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Full text of "Mitteilungen"

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THE  ROYAL  CANADiÄN  INSTRü  i 


t 


MITTHEILUNGEN 


DER 


DEUJSCH^X  GESELLSCHAFT 


O' 

FÜR 


.NATUR-  UND  VÖLKERKUNDE  OSTASIENS. 


HERAUSGEGEBEN  VOM  VORSTANDE. 


BAND  VII. 

(3THEILE,  HER  AUSG.  1898- 1899.) 

MIT  EINER  TAFEL. 


TOKYO. 


FÜR  EUROPA 
IM  ALLEINVERLAG  VON  ASHER  &  Co. 

lin  W.,  Unter  den  Linden  13. 


Die  Schreibweise  japanischer  Namen  ist  die  phonetische,  mit 
nur  wenigen  unwesentlichen  Abweichungen  von  der  in  Wörter- 
büchern wie  Hepburn  (4^"  Auflage)  gebräuchlichen. 

Die  Vokale  werden  also  wie  im  Deutschen  gesprochen  ;  "  ei  " 
fast  wie  "  e." 

ch wie  tsch. 

j     ,,     dsch. 

s    ,,     sz  (s  scharf). 

sh ,,     seh. 

z    ,,    ds  (s  weich). 

y    • ».   j- 

Im  Anfange  eines  Wortes  steht  "y"  vor  "e"  oder  "ei" 
nur  noch  in  allbekannten  Wörtern  wie  Yedo,  Yen  etc.;  man 
suche  also  "  Yebi  "  unter  "  Ebi  "  u.  a. 

"i"  hinter  "  ch  "  vor  "ü"  ist  weggelassen;  man  suche  ein 
Wort  wie  "  chiügoku  "  unter  "  chOgoku." 


Das  Redactiöns-Comite. 


^  .   o  .  si 


h^n 


INHALT  DES  VII.  BANDES. 

(DER  WIEDERABDRUCK  DER  AUFSÄTZE  IST  NUR  MIT 
ANGABE  DER  QUELLE  GESTATTET.) 

THEIL  I. 

Seite 
Die    Ursachen    der  Vertreibung    der  Portugiesen  aus  Japan 

(1614-1639),   von  Dr.  LUDWIG  RIE.SS     i 

Bemerkungen   und    Berichtigungen  zu    Lange's    Einführung 

in  die  japanische  Schrift,  von  Dr.  Karl  Florenz    53 

Über  Lepra  in  Hawaii  und  das  Aussätzigen-Heiin  in  Molokai, 

von  Dr.  F.  Habkrer TJ 

Die  Ärzte   Chinas,  von   Dr.   FranCLS  T.  B.  Fest 94 

Formosanische  Volkslieder,  nach  chinesischen   Quellen,  von 

Dr.  Karl  Florenz    iio 

Sitzungsberichte     154 

Jahresbericht  für  1897  169 

Mitgliederverzeichniss 179 

Liste  der  Gesellschaften,  Institute,  Redactionen  etc 184 

THEIL    11. 

Die    Lieder   der    hundert    Dichter    (Hyakunin    Isshü),    von 

P.  Ehmann 193 

Über  Jujutsu  oder  Yawara,   von  Dr.   K.  MiURA 273 

Stimmungsbilder  aus    Manila,    von    Major    FALKNER    VON 
Sonnenburg 285 


Seite. 
Die  Inschrift  des    Denkmals  im   Közan-en  bei    Yamaguchi, 

von  Dr.  A.  Gramatzky.  (Mit  einer  Tafel.)  293 

Sitzunc^sberichte 302 

Jahresbericht  für  1898  307 


THEIL    III. 

Über  ein  unentdecktes  Goldland.  Ein  Beitrag  zur  Ge- 
schichte der  Entdeckungen  im  nördlichen  Grossen 
Ocean,  von  Dr.  0.  Nachod 311 


DIE  URSACHEN  DER  VERTREIBUNG 


DER 


PORTUGIESEN  AUS  JAPAN  (1614-1639). 


VON 

LUDWIG  RIESS. 


I. 

lyeyasu  als  Feir.d  des  Christentums.  (1614-1616.) 

In  den  ersttMi  vierzehn  Jahren  seiner  unbestrittenen  Herrschaft 
hat  IyeyASU  der  Verbreitung  des  Christentums  in  Japan  kein  ernst- 
liches Hindernis  in  den  Weggelegt.  Aber  plötzlich,  am  27.  Januar 
1614,  erliess  er  das  Gebot,  dass  alle  katholischen  Geistlichen  im 
Lande,  Fremde  wie  Eingeborene,  nach  Nagasaki  geschafft  und  von 
dort  nach  Macao  und  Manilla  übergeführt  werden  sollten.  Zugleich 
wurde  den  Landeslierren  befohlen,  in  ihrem  Gebiete  die  Kirchen 
zu  zerstören  und  ihre  christlichen  Unterthanen  zur  Aufgabe  ihres 
Glaubens  zu  bewegen.  Dieses  Edikt  wurde  das  Sisfnal  zu  einer 
immer  weiter  greiferden  Christenverfolgung,  durch  die  innerhalb 
26  Jahren  nach  unzähligen  Martern  der  schon  weit  verbreitete  neue 
Glaube  mit  Stumpf  und  Stiel  ausgerottet,  zugleicli  aber  auch  Japan 
in  den  Zustand  der  Abgeschlossenheit  versetzt  wurde,  in  dem  es 
zvxeihundert  Jahre  lang  verblieb.  Die  Frage  nach  den  Ursachen 
dieser  veränderten  Politik  und  ihrer  rücksichtslosen  Weiterbildung 
hat  deshalb  immer  wieder  das  Interesse  der  Beobachter  des  japa- 
nischen Sonderlebens  wach  gerufen.  Jedoch  auch  in  den  beiden 
neuesten  Bearbeitungen  dieses  Gegenstandes  ist  das  Ursprungs- 
motiv der  für  Japan  so  verhängnissvollen  Entschliessung  des 
IyeyasU  offenbar  unrichtig  angegeben. 

Die  im  Auftrage  des  japanischen  Unterrichtsministeriums  1893 


2  RiESS,  ViCRTRElBUNG   DER    PORTUGIESEN. 

herausgegebene  "'History  of  tlie  Empire  of  Japan''  wälzt  die  ganze 
Schuld  auf  die  Holländer,  die  dadurch  ja  zum  Handelsmonopol  in 
Japan  gelangten.  "  Die  hrlländischen  Ansiedler  (so  heisst  es  auf 
Seite  308  der  englischen  Ausgabe)  machten  die  wahre  oder  vorgeb- 
liche Entdeckung,  dass  die  portugiesischen  und  spanischen 
Missionare,  mit  den  japanischen  Christen  verbündet,  ein  Complott 
schmiedeten,  um  die  japanische  Regierung  zu  stürzen."  Der  fast 
ausschliesslich  auf  holländischen  Quellen  fussende  deutsche  Autor, 
der  soeben  mit  einer  umfangreichen  Monographie  über  Japan 
hervorgetreten  ist,*  sieht  in  der  "  \^erfolgung,  die  IyeyASU  gegen 
die  katholischen  Priester  und  die  ihnen  ergebenen  japanischen 
Christen  begann,  nur  das  Vorspiel  zu  dem  von  ihm  gegen  seinen 
Schwiegersohn  HiDEYORI  zu  eröffnenden  Kampf."  Beide  Erklärun- 
gen können  jedoch  vor  einer  ernsten  Prüfung  nicht  bestehen  ;  sie 
beruhen  auf  mangelhafter  Kenntnis  des  historischen  Alaterials,  das 
wir  zur  Lösung  dieser  Frage  besitzen. 

Vor  allen  Dingen  muss  man  doch  beachten,  was  die  Nächst- 
betheiligten,  die  damals  in  Japan  residierenden  Priester,  als  den 
Grund  für  ihre  Austreibung  angeben.  In  einem  Schreiben  an  König 
Philipp  ni.  von  Spanien  vom  i5ten  November  1612  äussert  sich  der 
IMschof  von  Jipan,  LuiS  DE  CerqUEIRA,  über  die  Gründe  der 
Ungunst  von  Nagasaki  aus  ;  sein  designierter  Nachfolger  VALENTIN 
CaRVALHO  giebt  nach  der  Vertreibung  dem  Papste  Aufklärung 
von  Macao  aus  (am  28.  December  1614) ;  einige  angesehene  Portu- 
giesen in  Nagasaki  wandten  sich  in  derselben  Sache  an  den  Papst.f 
Da  finden  wir  denn  im  Ganzen  vier  Gründe  aufgeführt,  um 
derentwillen  die  Machthaber  in  J.ipan  ihre  Politik  den  Glaubensbo- 
ten gegenüber  geändert  haben.  Erstens  die  Hartnäckigkeit,  mit  der 
verfolgte  Christen  dem  Gebote  ihres  Landesherren  trotzten.  Zwei- 
tens die  Verehrung,  die  einige  Christen  den  Überresten  eines  wegen 
eines  Münzverbrechens  gekreuzigten  Individuums  bezeigten.  Für 
diese  beiden  Gründe  beruft   sich   der  designierte   Bischof  nicht   nur 


*  Oskar  Nachod.  Die  Beziehungen  der  niederländisch-ostindischen  Kompagnie  zu 
Japan  im  siebzehnten  Jahrhundert  (Leipzig  1897).  S.  164. 

1  Diese  drei  Aussagen  finden  sich  abgedruckt  bei  Pages  Mistoire  de  la  Religion 
cliretienne  au  Japon.  Annexe  Xo  22.  23.  24.  26  Lh  habe  zu  dem  historischen  Wahrheits- 
gefühl des  fleissigen  Autors  das  Zutrauen,  dass  die  von  ihm  angedeuteten  Auslassungen 
nichts  Wesentliches  betreffen. 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen.  3 

auf  das  allg-emciiie  Gerücht,  sondern  auch  auf  zwei  Briefe  von 
Männern  aus  der  Umoebung  des  Shoguns  ;  ja  PageS  ist  in  der  Lage, 
uns  die  beglaubigte  Übersetzung  eines  dieser  beiden  Briefe  mitzu- 
theilen.  Als  dritten  Grund  führen  die  Hetheiligten  das  unkluge  Ge- 
bahren  einiger  spanischer  Glaubensboten  und  spanischer  Schiffsof- 
ficiere  an.  Die  Portugiesen  warfen  ihnen  vor,  dass  "sie  mehr  um  Pro- 
vinzen als  um  Seelen  zu  gewinnen  gekommen  schienen  "  und  dass  "es 
ihnen  in  vielen  Dingen  an  Klugheit  gefehlt  hätte."  Im  Besondern 
beklagen  alle  Beurtheiler,  dass  ein  spanisches  Schiff,  auf  dem  sich 
der  Gesandte  des  Vicekönigs  von  Mexico  und  der  Franziskaner- 
mönch LuiS  SOTELO  befanden,  im  Jahre  161 1  im  östlichen  Japan 
Küsten-und  Hafenvermessungen  vorgenommen  habe.  Denn  da- 
durch seien  viele,  selbst  christliche  Japaner  in. einem  Argwohn 
bestärkt  worden,  den  einst  im  Jahre  1596  die  Prahlerei  eines 
spanischen  Navigationsofficiers  entfacht  hatte.  Es  hatte  nämlich 
damals  FRANCISCO  DE  Landa,  der  Lotse  eines  bei  Urato  in  Tosa 
gestrandeten  Schiffes,  dem  vom  Daimyo  abgesandten  Beamten 
MaSUDA  YemONNOJO  auf  einer  Landkarte  .die  weiten  Besitzungen 
seines  Königs  gezeigt  und  aul  die  Frage,  wie  alle  diese  Länder 
vereinigt  worden  seien,  geantwortet,  dass  zuerst  Mönche  hingegan- 
gen wären  und  ihre  Beligion  gepredigt  hätten,  worauf  dann 
Kriegsmannschaften  folgten  und  die  Länder  eroberten." — Als 
vierten  Grund  geben  die  Betheiligten  die  üble  Nachrede  an,  die 
Kapitän  AdamS,  die  Holländer  und  die  eben  erst  eingetroffenen 
Engländer  den  Jesuiten  und  Mönchen  machten. 

Von  einer  "wahren  oder  angeblichen  Entdeckung"  eines 
Complottes  der  Missionare  mit  den  japanisclien  Christen  oder  von 
einem  Zusammenhange  der  allgemeinen  Christenverfolgung  mit 
dem  Kampfe  gegen  PHdeyori,  der  in  der  That  keine  ernstlichen 
christenfreundlichen  Negungen  hatte,  ist  bei  den  Betheiligten  und 
Augenzeugen  auch  später  nicht  die  Rede.  Wohl  aber  können  wir 
aus  der  Situation  des  Jahres  161  3  vermuthen,  dass  auch  noch  zwei 
specielle  Veranlassungen  mit  hinzugekommen  seien,  um  IVEVASU 
mit  Verdacht  und  Widerwillen   gegen   die   fremden  Glaubensboten 


*  In  dem  1609  in  Mexico  gedruckten  Buche  Antonie  de  Morga's  über  die  Philippinen 
etc.  zuerst  gemeldet.  In  der  von  der  Hakluyt  Society  publicierten  Übersetzung  von 
Stanley  S.  78  £.     Die  jaj:anischen  Namen  sind  im  Texte  von  mir  rectificiert  worden. 


4  RiKss,  Vertreibung  der  Portugiesen. 

und  ihre  Lehre  zu  erfüllen.  Der  Sohn  und  Erbe  des  Daimyo 
Arima  in  Kiushiu  hatte  sich  1610  von  seiner  ihm  kirchlich 
angetrauten  Gemahlin  getrennt  und  eine  Grossnichte  des  IVEVASU 
geheiratet.  Aus  einem  christlichen  V^erächtcr  des  Kirchengebots 
wurde  er  sofort  zum  fanatischen  Christenfeind.  Als  er  seinen 
eio-nen  Vater  wegen  hochverrätherischer  Pläne  denunciert  hatte 
und  statt  seiner  zum  Daimyo  eingesetzt  war,  begann  er  eine  scharfe 
Verfolo-une.  bei  der  die  heimgesuchten  Christen  neben  ihrem 
Glaubenseifer  auch  ihren  Abscheu  gegen  den  unnatürlichen  Sohn 
zum  Ausdruck  brachten.  Aus  dem  schon  erwähnten  Briefe  des 
Münzmeisters  GOTO  Shosaburo  erkennen  wir,  dass  IVEVASU,  als 
er  davon  erfuhr,  sehr  ungehalten  war  und  die  Priester  dafür 
tadelte.*  Denn  offenbar  war  die  Renitenz  planvoll  organisiert. 
Der  Bischof  von  Japan  rü'.imt  in  seinem  Briefe  an  den  König  von 
Spanien  vom  5.  October  161 3,  dass  die  Verfolgten  in  Arima  gewisse 
Associationen  (japanisch  Kwni)  gebildet  hätten,  in  denen  nur 
Christen,  die  für  ihren  Glauben  zu  sterben  entschlossen  waren, 
Aufnahme  fänden.  Sie  kämen,  um  sich  in  ihrem  P^ifer  zu  stärken, 
bald  in  diesem,  bald  in  jenem  Hause  häufig  zusammen  und  hätten 
für  ihren  Zweck  besondere  Erbauungsbücher  und  bestimmte 
Statuten.  Schon  verbreiteten  sich  diese  geistlichen  Übungen  über 
die  Grenzen  Arimas  hinaus,  und  auch  Kinder  von  10,  11  und  12 
Jahren  hätten  ähnliche  Verbrüderungen  mit  ihrem  zarten  Alter 
angemessenen  Statuten  gebildet.f  Wir  werden  sehen,  wie  diese 
auf  den  Märtyrertod  vorbereitenden  Veranstaltungen  in  dem  Edikte 
des  IyeyaSU  einen  Widerhall  fanden.  Die  zweite  Veranlassung 
für  das  greise  Staatsoberhaupt,  gegen  die  Missionare  starken 
Verdacht   zu   hegen,   war   die   Sendung  einer  Gesandtschaft  an  den 


*  Die  betreffende  Stelle  (Pages  Annexe  25,  p.  112;  lautet:  "  Nachdem  der  D\imyo 
Arima  Befehl  gegeben  hatte,  mehrere  Menschen,  die  nicht  aufhören  wollten  Christen  zu 
sein,  lebendig  zu  verbrennen,  kamen  die  Anhänger  desselben  Glaubens,  schnitten  wetteifernd 
Theile  ihrer  Leichen  ab  und  trugen  sie  als  Reliquien  davon.  Seine  Hoheit,  von  diesen 
Thatsachen  bennchrichtiet,  sagte,  es  sei  doch  eine  schlechte  Sache  solche  Leute  anzubeten  ;  und 
er  tadelte  die  Prediger  des  christlichen  Glaubens  heftig.  Obgleich  es  wahrscheinlich  ist,  dass 
er  die  Christen  nicht  bestrafen  wird,   so  scheint  es  mir  doch  unnütz  und  gefährlich,  einem 

Glauben  anzugehören,  den  seine  Hoheit  verabscheut." (^Geschrieben  am  23.  December 

1613.) 

■\  Pages  Annexe  23.  p.  108. 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen.  5 

Papst  und  an  den  König  von  Spanien.  Date  Masamuxe,  der 
Dainiyo  von  Sendai,  hatte  sie  ausgesandt,  und  der  Franziskaner 
Luis  SotelO,  der  sich  bereits  auf  dem  spanischen  Schiffe,  das  die 
Vermessungen  ausführte,  missHebig  gemacht  hatte,  war  die  eigent- 
hche  Seele  dieses  neuen  Unternehmens.  Am  28.  Oktober  161 3 
kam  die  Gesandtschaft  in  Neu-Spanien  an.  Wenn  man  die  Briefe 
liest,  die  SOTELO  im  Namen  des  Fürsten  von  Sendai  in  Rom  und 
Madrid  abgab,  so  kann  man  sich  nicht  wundern,  dass  IVEYASU 
gegen  diese  Anknüpfung  von  Beziehungun  zwischen  dem  nicht 
zum  Christentum  bekehrten  Fürsten  im  Norden  und  dem  Papst 
und  dem  König  von  Spanien  schwere  Bedenken  hatte.  Date  war 
zuo-leich  Schwiegervater  von  IVEVASU'S  zweitem  Sohne,  der  mit 
dem  ihm  zugedachten  Erbtheil  unzufrieden  war  und  wegen 
bewiesener  Un Zuverlässigkeit  von  seinem  älteren  Bruder  später 
hart  gestraft  wurde.  Indem  IyeyaSU  sein  Edikt  gegen  das 
Christentum  erliess.  sicherte  er  sich  und  seinen  Nachfolger  auch 
o-eo-en  die  ferneren  Machinationen,  die  der  unternehmende  Fran- 
ziskaner  anspinnen  konnte.  Da  schien  ihm  denn  wohl  der 
Zeitpunkt  gekommen,  allen  fremden  Glaubensboten  das  Land  zu 
verbieten. 

Der  Wortlaut  der  entscheidenden  Proclamation  des  IVEYASU 
ist  in  englischer  Übersetzung  von  SiR  Ernest  Satow  bekannt 
<Temacht  worden.^  Wir  entnehmen  daraus  die  einzigen  drei 
Absätze,  die  sich  auf  die  Gefährlichkeit  des  Christentums  beziehen. 
Sie  lauten  in  deutscher  Wiedergabe  : 

"Aber  die  Christenbande  ist  nach  Japan  gekommen,  indem 
sie  nicht  nur  ihre  Kauffahrteischiffe  sendet,  um  Handelsgüter 
auszutauschen,  sondern  auch  darnach  trachter,  ein  übles  Gesetz 
auszu-äen  und  die  rechte  Lehre  über  den  Haufen  zu  werfen,  so 
dass  sie  die  Regierung  des  Landes  verändern  und  den  Besitz  des 
Landes  erlangen  können.  Das  ist  der  Keim  zu  grossem  Unglück 
und  muss  zermalmt  werden." 

"Die  Faktion  der  Patres  (Bateren)  empören  sich  gegen  diese 
(d.  h.  die  buddhistische)  Weltordnurg.  Sie  glauben  nicht  an  die 
Weee  der  Götter  und  höhnen  das  wahre  Gesetz,  verletzen  Recht- 
thun  und  beleidieen  die  Götter.     Wenn  sie  ein  verurteiltes  Subjekt 


*  Siehe  Anhang  No  i. 


6  RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen. 

sehen,  laufen  sie  ihm  mit  Freuden  zu,  bücken  sich  vor  ihm  und 
erweisen  ihm  Verehrung.  Das,  sagen  sie,  sei  die  Essenz  ihres 
Glaubens.  Wenn  das  nicht  ein  übles  Gesetz  ist,  was  denn? 
Wahrlich,  sie  sind  die  Feinde  der  Götter  und  Buddhas  !  Wenn 
dies  nicht  schleunig  verboten  wird,  so  wird  später  die  Sicherheit 
des  Staates  gewiss  gefährdet  sein  ;  und  wenn  die  mit  der  Leitung 
der  Geschäfte  Beauftragten  dem  Übel  keinen  Einhalt  gebieten, 
so  setzen  sie  sich  der  Zurechtweisung  des  Himmels  aus." 

"Weil  das  christliche  Gesetz  lehrt,  dass  diejenigen,  die  den 
Tod  verachten,  durchs  P\^uer  gehen  können,  ohne  verbrannt  zu 
werden,  oder  ins  Wasser  geworfen  werden  können,  ohne  zu 
ertrinken,  und  dass  diejenigen,  die  ihr  eigenes  Blut  vergiessen 
lassen,  gerettet  werden,  schreitet  das  Reichsgesetz  streng  ein. 
Deshalb  müsst  Ihr  solche  Leute  prüfen,  die  sich  aus  dem  Tode 
nicht  viel  machen." 

Man  sieht,  die  bemerkenswerthe,  durchweg  von  religiösem 
Schwünge  belebte  Proclamation  des  lYEVASU'^  entspricht  den 
Eindrücken,  die  von  den  betroffenen  Bischöfen  und  ihren  Freunden 
bei  dem  gewaltigen  Manne  vorausgesetzt  wurden  oder  sich  aus  den 
ihn  nahe  angehenden  Thatsachen  als  selbstverständlich  erweisen. 

Nachdem  sich  die  Angaben  der  zunächst  beteiligten  Augen- 
zeugen in  Bezug  auf  die  Sinnesänderung  des  lyeyasu  so  glaub- 
würdig erwiesen  haben,  verlohnt  es  sich  auch  der  Mühe  zu 
untersuchen,  ob  sie  über  die  Aufstachelung  der  Japaner  durch  die 
Holländer  und  Kapitän  ADAMS  nur  Thatsächliches  berichten  oder, 
was  in  ihrer  Lage  ja  erklärlich  wäre,  zu  unbegündeten  Insinuationen 
greifen.  Auch  über  diesen  Punkt  kommen  wir  zu  einem  befriedi- 
genden Result  it,  wenn  wir  uns  nur  an  die  gleichzeitigen  Berichte 
halten  und  spätere  Umdeutungen  bei  Seite  lassen. 

Beginnen  wir  mit  dem,  was  der  bei  Iyevasu  so  angesehene 
Adams  in  dieser  Periode  zum  Schaden  der  Glaubensboten  gethan 
haben  soll. 

Aus  seinem  Exil  in  Macao  schreibt  der  designierte  Bischof  von 
Japan,  VALENTIN  Carvaliio.  über  Adams'  P^inwirkung  im  Jahre 
i6ii  :  "Der  englische  Schiffsführer  stand  immer  in  freund- 
schaftlichen Beziehungen   zu  den  Spaniern,  denen  er  gern  beistand 

*  Sic  ist  im  Aiiluuig  Nu  i  vollständig  wicdergegel)en. 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen.  7 

und  die  er  in  sein  Haus  aufnahm,  wenn  sie  krank  waren  ;  aber  in 
Bezug  auf  den  katholischen  Glauben  war  er  unzugänglich."  Als 
im  Jahre  161 1  der  spanische  Gesandte  NUXO  DE  SOTOMAVOR  in 
Japan  verlangte,  (so  fährt  der  Bischof  fort)  "  dass  man  den  Hol- 
ländern nicht  mehr  erlaubte,  in  den  Häfen  zu  verweilen,  indem 
er  erklärte,  dass  sie  Rebellen  gegen  ihren  König  und  Leute  seien, 
die  nur  den  Portugiesen  und  Chinesen  geraubte  Waaren  bringen 
könnten,  wurde  NUNO  nicht  gehört,  da  die  Gunst  des  Schiffsführers 
Adams  immer  die  Holländer  beschützte."*  Auf  das  Zeugniss 
eines  Franziskaners,  der  im  November  161 2  aus  Centraljapan  kam, 
berichtet  der  damals  in  Nagasaki  residierende  Bischof  von  Japan, 
dass  Adams,  "ein  grosser  Günstling  des  Souverains  und  sehr 
intelligenter  Mann,  aber  ein  Ketzer,  dem  Fürsten  eine  Weltkarte 
erklärte  und  ihm  verschiedene  Gegenden  vorwies,  aus  denen  man 
die  Priester  vertrieben  hatte.  Er  gab  Gründe  dafür  nach  seinem 
Sinne.  Und  der  Souverain  antwortete  ihm  :  "  "  Wenn  ich  sie  also 
selbst  verjage,  so  \\'ird  das  keineswegs  eine  neue  Sache  sein."  " 
Nun,  man  braucht  sich  nur  in  den  Geist  der  Epoche  zu  versetzen, 
in  der  diese  Dinge  geschahen,  um  Adams  von  dem  Vorwurf 
boshafter  Hetzerei  gegen  die  Spanier  und  die  Priester  vollkommen 
freizusprechen. 

Nicht  ganz  so  gut  besteht  die  Handlungsweise  der  Holländer 
vor  einem  unparteiischen  Richterstuhle.  Freilich,  was  der  Bischof 
ihnen  vorwirft,  nämlich  dass  sie  behaupteten,  "  die  Priester 
predigten  nicht  das  Evangelium  so  wie  Jesus  Christus  es  gelehrt 
und  der  Welt  hinterlassen  habe,  sondern  dass  sie  dazu  hinzufügten 
was  ihnen  gefiele  "t  wird  kein  Unbefangener  als  mehr  als  die 
wahre  Überzeugung  der  protestantischen  Niederländer  betrachten. 
Aber  davon  sind  sie  nicht  freizusprechen,  dass  sie  schon  im  Jahre 
1610  und  161 1  ihren  religiösen  Gegensatz  zu  den  Katholiken  zu 
gewissenlosen  Verunglimpfungen  ihrer  kaufmännischen  Concur- 
renten  benutzt  haben.  Den  Beweis  dafür  finde  ich  in  einer 
Eingabe  an  den  Shogun  Hidetada,  von  der  ich  im  India  Office 
in  London  eine  Abschrift  genommen  habe,  die  ich  im  Anhange 
unter  No  2  mitteile.  Li  diesem  Schriftstücke  warnen  sie  den 
Shogun  vor  "dem  König  von  Spanien  und  seinen  Unterthanen,  die 


*  Pjges,  Annexe  40.  pag.  162.  f  P^ges,  Annexe  22.  pag.  104. 


8  RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen. 

bereits  als  feste  Ansiedler   in   Lucon  und   Macao  eingezogen  sind." 
Sie    beziehen    sich    darin    auf   "eine    Demonstration,    die    sie    dem 
Vater  On-Goshosama    (d.i.  IVEVASU)   im  I5ten   Jahre  der  Periode 
Keicho,"  also  i6io,  gegeben  haben.     Diese  Demonstration  besitzen 
wir  nicht  mehr;  aber   auf  Grund  eines  am  7.  Januar  1610  im  Hafen 
von  Nagasaki  stattgefundenen   tragischen   P^reignisses   können  wir 
schliessen,     dass    grade    damals    die    Holländer    eine     besonders 
günstige   Gelegenheit  hatten,    für   die   Schlechtigkeit   und   Gefähr- 
lichkeit der  Portugiesen  bei   lyeyasu  zu  plaidieren.     IyeyaSU  hatte 
nämlich   dem   Daimyo  Arima  Shuri  NO   TAVU,    der   sich   am    11. 
Oktober   1606  die  Erlaubnis    erteilen   Hess,  nach    Champa    an    der 
Ostküste  von  Hinterindien  Handel  zu  treiben,"    5000   Goldyen   und 
kostbare  Geschenke  übergeben,   um  dafür  feines  Parfüm  mitbringen 
zu  lassen.     Das    stark  bemannte  und   wahrscheinlich   von    AdAMS 
geführte    Schiff  suchte    auf  der    Rückreise    vor    einem    Sturme    im 
Hafen  von    Macao  Schutz.     Dort  bekam  ein  Theil  der  Mannschaft 
Streit  mit  Portugiesen,   wobei  viele  Japaner  totgeschlagen  wurden. 
Auch  wurde  das  japanische   Schiff  überfallen   und   seiner  Kostbar- 
keiten beraubt.     Die  Japaner   konnten   weder    Schadenersatz  noch 
die   Bestrafung   der   Übelthäter   erlangen  ;  vielmehr   entschied   der 
Gouverneur     ANDREA     PeSSOA,     dass     die     Japaner     die     allein 
Schuldigen    seien.      Als    nun,    nach    feststehender    portugiesischer 
Praxis,    dieser    Gouverneur    als    Kapitän    des    Königsschiffes    1609 
nach    Japan    ging,     verlangte    die    Centralregierung    da    AdamS 
in    ihm    den    ungerechten    Richter     von     Macao     wiedererkannt 
hatte,     dass     dieser    PesSOA    zur     Bestrafung    an    das    kaiserliche 
Gericht    ausgeliefert    werden    sollte.       Da    dies    verweigert   wurde, 
erging  IVEVASu's  Befehl  an  den  Daimyo  Arima.  das  portugiesische 
Schiff  mit  Allem,  was  darauf  war,   zu  zerstören.       Wohl  schössen 
die    Portugiesen    die    gegen  sie  gesandten   Brandschiffe   mit    ihren 
Kanonen  in  den   Grund  ;  aber  wegen  des  widrigen  Windes  war  an 
kein  Entrinnen  zu  denken.     Am  7.  Januar  gelang  es  den   zahlrei- 
chen japanischen   Kriegsbooten,   trotz   der  Breitsalven  sich  an  dem 
grossen  portugiesischen  Schiff  festzuhaken,  so  dass  die  rachedürsti- 


*  Der  Erlaubnisschein  wird  in  ber  Liste  bei  SugANUMA  Sadatame  S.  421  aufgeführt  in 
dem  äusserst  fleissigen  Buche  Dai  Nihoti  Shos^yo  shi  (llandelsgeschichte  Japans)  des  bereits 
mit  25  Jahren  in  Manilla  verstorbenen  A''erfassers. 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen.  9 

gen  Gewappneten  hinübersteigen  konnten.  Da,  am  Mittag-  dieses 
7.  Januars,  Hess  Pessoa  die  Lunte  an  die  Pulvermagazine  legen 
und  flog  mit  seinen  Gefährten  und  zahlreichen  Japanern  in  die 
Luft.* 

Diese  günstige  Gelegenheit,  ihren  Concurrenten  für  ihre  üble 
Nachrede  heimzuzahlen,  Hessen  die  Holländer  nicht  unbenutzt 
vorübergehen.  Sie  legten  in  einer  besonderen  Eingabe  an 
lyeyasu,  auf  die  sie  noch  nach  eilf  Jahren  Bezug  nahmen,  die  Notwen- 
digkeit dar,  die  Portugiesen  vom  Handel  in  Japan  auszuschHessen. 
Sie  hatten  aber  mit  ihren  Vorstellungen  keinen  Erfolg. f  Da  kam 
ein  Jahr  später  ein  am  18.  December  1610  vom  Prinzen  Moritz  von 
Nassau  an  den  Shogun  geschriebener  Brief  an,  der  auch  Warnun- 
gen vor  den  Lügen  der  Portugiesen  und  Spanier  und  vor  den 
Intriguen  der  "Jesuiten  und  Väter  der  Gesellschaften"  enthielt. 
Diesen  Brief  übersetzten  die  Holländer  in  Hirado  ins  Spanische 
und  gaben  ihn  an  den  Reichrath  HONDA  KOSUKE  XO  KAMI  ab. 
Dabei  veränderten  sie  aber  den  Wortlaut  und  auch  den  Sinn  so, 
dass  ihre  eigene  Beschuldigung  der  Portugiesen  dadurch  eine 
Bestätigung  erhielt.  Wir  besitzen  noch  ein  Facsimile  der  Überset- 
zung dieses  spanischen  Textes  mit  der  Unterschrift  von  JACQUES 
Specx  (dem  damaligen  Oberhaupte)  und  Hendrick  Brouwer, 
(seinem  Nachfolger);  sie  ist  um  einen  auf  den  japanischen  Ge- 
schmack berechneten  Eingangssatz  reicher,  sonst  aber  kürzer  und 
schärfer  als  das  Original.  Im  Anhang  No.  4  lassen  wir  die 
Übersetzung  eines  Teiles  dieser  sorgfältig  aufgehobenen  japa- 
nischen Wiedergabe  folgen.  Gleich  damals  wusste  sich  ein 
japanischer  Christ  eine  andere  japanische  Übersetzung  dieses 
Aktenstückes  zu  verschaffen.  Der  in  Nagasaki  weilende  Priester 
Calvalho  Hess  davon  eine  Rückübersetzung  ins  Portugiesische 
machen,  die  er  einem  Berichte  nach  Europa  beilegte  :  wir  teilen  sie 
zum  Vergleich  mit  dem  Original  ebenfalls  im  Anhang  No.  4  mit. 
Der  Priester  erklärte  das  ganze  Schriftstück  als  ein  aus  der  Luft 
gegriffenes  Machwerk  der   holländischen    Kaufleute    in  Nagasaki. 


*  über  die  Quellen  für  diese  Episode  sishe  Anhang  No  3. 

"j"  Der  Shogun  seilest  liess  den  portugieschen  IMissonaren  mittlieilen,  dass  ihre  Lands- 
leute in  alter  Freiheit  und  ohne  Scheu  ihren  Handel  in  Japan  wieder  aufnehmen  sollten,  da 
die  Holländer  keine  passenden  Waaren  brachten.     ^^SUGANUMA  S.  504.) 


lo  RiEss,  Vkrtrkiüun'g  der  Portugiesen. 

Das  geht  zu  weit.  Aber  wahr  bleibt  es,  dass  die  Holländer  in 
ihrer  spanischen  IJbersetzungÄnderunj^en  des  Sinnes  vorgenommen 
haben,  die  einer  Fälschung  sehr  nahe  kommen.*  Sie  haben  aus 
dunklen  Andeutungen  des  Statthalters  die  JBeschuldigung  gemacht, 
dass  die  in  Japan  ll.mdel  treibenden  Portugiesen  und  Spanier 
mit  den  Priestern  zusammen  Ranke  schmiedeten,  diese  Priesteraber 
ihren  Bekehrten  Abscheu  vor  allen  Andersgläubigen  einflössten, 
dann  Streitigkeiten  mit  anderen  Sekten  schaffen  und  Revolutionen 
verursachen,  die  ihnen  ganz  Japan  dienstbar  machen  sollen. 

Wie  weit  diese  Auflietzungen  von  holländischer  Seite  wirklich 
dazu  beigetragen  haben,  lYEYASU  zu  der  zwei  Jahre  später  erlas- 
senen Proclamation  gegen  die  Missionare  zu  bestimmen,  entzieht 
sich  unserer  Beurtheilung.f  Jedenfalls  haben  die  portugiesischen 
und  spanischen  Kaiifleute,  solange  Iyeyasu  lebte,  von  den 
Verleumdungen  der  Holländer  keine  Nachwirkung  zu  spüren 
bekommen.  In  seiner  Antwort  an  den  Prinzen  MORITZ  von 
Nassau  geschieht  der  Portugiesen  und  Priester  gar  keine 
Erwähnung. 


*  Vergleiche  Anhang  No.  4. 

-j-  Ein  enger  Zusnmmenhang  zwischen  dem  angeblichen  Briefe  des  Prinzen  Moritz 
und  der  Proclamition  ist  meiner  Meinung  n:ich  nicht  anzunehmen.  Die  bemerkenswerte- 
sten Grundgedanken  der  Proclamation  finden  sich  nämlich  schon  in  einem  Schreiben  des 
Iyeyasu  an  den  Gouverneur  der  Philippinen  Don  Pedro  de  Acuna  vom  Jahre  1603. 
In  diesem  freundschaftlichen  Briefe  schreibt  der  Gebieter  Japans  schon  damals,  also  lange 
vor  der  Festsetzung  der  Holländer :  "  Dieses  Gebiet  heisst  S/iin  koku,  das  bedeutet  Land 
der  Götter,  die  seit  den  Zeiten  unserer  Vorfahren  bis  jetzt  immer  mit  der  höchsten  Achtung 
geehrt  worden  sind  und  deren  Thaten  ich  allein  weder  ungeschehen  machen  noch  zerstö- 
ren kann.  Aus  diesem  Grunde  ist  es  keineswegs  angängig,  dass  Ihr  Glaube  in  Japan 
gepredigt  und  verbreitet  werden  sollte."  (De  Morga,  The  Philippine  Islands,  Molucc.ts, 
Siam,  Cambodja,  Japan  und  China  at  the  close  of  the  sixteenth  Century,  translated  by  THE 
Hon.  Henry  E  J.  Stanley.  London,  Hakluyt  Society.  1868.)  Ähnhche  Wendungen 
kehren  in  der  Proclamation  von  1614  wieder. 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen.  ir 


II. 

Hidelada's  Politik  und  die  Entdeckung  eines  verrälherischen 

Briefes  im  Jahre  1817. 

In  dem  weitausgedehnten  japanischen  Feudalstaate  Hess  sich 
aber,  da  es  an  einem  festen  Beamtenorganismus  gebrach,  ein  so 
einschneidendes  Edikt  wie  das  vom  Jahre  1614  gar  nicht  einheit- 
lich durchführen.  Vielmehr  hing  es  von  dem  Willen  der  lokalen 
Dynasten,  der  Daimyos,  ab,  wie  weit  die  genau  bestimmten 
Massregeln  zur  Unterdrükung  des  Christentums  durchgeführt 
werden  sollten.  In  einigen  Bezirken,  besonders  auf  Kiushiu,  ging 
man  viel  schroffer  vor,  als  es  verlangt  wurde  ;  in  anderen  geschah 
wenig  oder  gar  nichts.  Mit  Connivenz  der  Localbehörden  konnten 
sich  viele  fremde  Priester  im  Lande  verborgen  halten  und  der 
Seelsorge  obliegen,  Processionen  veranstaltet  werden  und  neue 
Priester  in  der  Verkleidung  als  Kaufleute  ins  Land  kommen. 
Bei  der  Ausführlichkeit,  mit  der  uns  in  Crasset's  und  Pages 
Darstellungen  die  Martern  und  Unterdrückungen  vorgeführt  wer- 
den, verschwinden  die  gegenteiligen  Bemerkungen  über  Nachsicht 
und  Duldung  gar  zu  leicht  vor  dem  geistigen  Auge  des  Lesers  ;  ich 
will  daher  ein  Paar  Fälle  herausheben,  um  darzuthun,  wie  sich  die 
Gewalthaber  zugleich  mit  den  Pflichten  des  Gehorsams  und  ihren 
eicrenen  Auschauuncjen  und  Interessen  abfanden.  In  Aki  und 
Bungo  Hess  der  Daimyo  sofort  einige  Christen  ins  Gefängnis  werfen 
und  bestrafen  ;  aber  nach  wenigen  Tagen  schon  gab  er  das  vorge- 
schriebene Nachforschen  auf.*  Dicht  bei  Nagasaki  befahl  ein 
Daimyo  seinen  Beamten  zwar,  das  Edikt  zu  procIamieren,  bedeu- 
tete sie  aber,  dass  es  nur  zur  Form  geschehe  und  dass  die  Christen 
ihre  Religion  frei  ausüben  könnten,  wenn  sie  es  nur  ohne  Lärm 
thätcn  und  ihn  nicht  compromittierten.f  Ein  Gouverneur  von 
Nagasaki  beteiligte  sich  mit  seiner  Familie  an  einer  christlichen 
Procession.:j:  Der  Fürst  von  Tamba  und  sein  Sohn  widersetzten 
sich  der   Ausführung   des   Ediktes   in   ihrem  Gebiete,  und  IyeyaSU 

*  Pages  S.  263.         1  Pages.  S.  272.         %  PagösS.  275. 


12  RiEss,  Vertreiüuxg  der  Portugiesen. 

"machte  die  Au£:^en  zu."*  Trotz  aller  Erncuerunc^en  und 
Verschärfungen  der  christenfeindlichen  kaiserlichen  Befehle 
verschaffte  der  Daimyo  von  Yonezawa  seinen  zahlreichen  christ- 
lischen  Unthertanen  dadurch  Ruhe,  dass  er  bis  zum  Jahre  1626 
regelmässig  an  das  Bakufu  in  Yedo  berichtete,  bei  ihm  gäbe  es 
keine  Christen.!  Aus  den  Berichten  der  Augenzeugen  der  Ver- 
folo-ungen  üeht  es  deutlich  hervor,  dass  die  buddhistischen  Priester 
der  rivalisierenden  Sekten  diese  günstige  Gelegenheit,  mit  den 
Mitteln  äusseren  Zwanges  widerstrebende  Anhänger  für  ihren 
Glauben  zu  gewinnen,  fast  völlig  unbenutzt  vorübergehen  Hessen. 

Dass  aber  durch  die  veränderte  Politik  des  IVEVASU  das 
Christentum  in  die  feindseligste  Opposition  gegen  die  Herrschaft 
des  Tokugawahauses  gedrängt  war,  zeigte  sich  bereits  bei  der 
Eroberung  Osakas  im  Jahre  161 5.  Unter  den  geworbenen  und 
freiwillig  zuströmenden  Kriegsschaaren  des  HiDEYORl  waren  die 
in  ihrem  Heimatbezirk  verfolgten  Christen  sehr  zahlreich  ;  auch 
einer  der  drei  Generale  in  Osaka,  Akashi,  war  ein  eifriger 
Katholik.  Von  acht  Pranziskanern  und  Augustinern  wissen  wir 
positiv,  dass  sie  in  Osaka  bei  der  eingeschlossenen  Armee 
amtierten  ;  meist  konnten  sie  beim  Brande  der  Stadt  ihr  Leben 
retten.  lYEYAsu  Hess  sich  durch  die  Theilnahme  so  vieler  Christen 
am  Kampfe  für  HiDEYORl  nicht  zu  noch  schärferen  Massregeln 
gegen  das  Christentum  hinreissen.  Der  Catalogus  Occisoritin  in 
odiinn  fidci  enthält  sehr  wenig  Bemerkenswertes  für  die  Jahre  161 5 
und  1616,  und  PAGES  fasst  sein  Urteil  dahin  zusammen,  dass 
"  während  aller  dieser  Kriege  und  bis  zum  Tode  des  Iyeyasu 
die  Religion  sich  ziemlicher  Ruhe  erfreute.":}:  Er  dehnt  dies 
Urteil  sogar  noch  auf  die  erste  Zeit  der  Alleinherrschaft  des 
HlDETADA  aus  und  führt  die  vorgekommenen  Gewaltakte  auf 
Zornausbrüche  der  Territorialherren,  nicht  auf  das  Gebot  der 
Centralregierung  zurück. S 

Aber  den  in  Japan  residierenden  Fremden  entging   nicht,  dass 
HlDETADA  ein    viel    bitterer    Feind    der    "römischen  Religion" 

*  Pages  S.  284. 

■\  Narratio  Persecutionis  adversus    Christianos  excitatae  in  variis  Japoniae  regnis  anii. 
1628,   1629,   1630.     Antwerpen   1635,  p.  5. 
X  Pagfes  S.  315. 
§  Ib.  S.  340. 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen.  13 

war  als  sein  Vater.  In  seinem  eigenen  Territorium  und  den 
Hauptstädten  Yedo  und  Miyako  verbot  er  seinen  Unterthanen  bei 
Todesstrafe,  zum  Christentum  überzaitreten.  Um  sicher  zu  sein, 
dass  nicht  in  der  Gewandung  von  Kaufleuten  heimliche  Missio- 
nare unter  der  Menge  wirkten,  verbot  er  allen  Fremden  den 
dauernden  Aufenthalt  in  den  grossen  Städten  Yedo,  Osaka, 
Miyako  und  Sakai  ;  auch  die  Engländer  und  Holländer  mussten 
ihre  Niederlassungen  dort  aufgeben.*  Seine  Politik  soll  gewesen 
sein,  auch  im  übrigen  Lande  den  Zuzug  von  fremden  Priestern 
zu  verhindern,  damit  aus  Mangel  an  Hirten  auch  die  Gläubigen 
allmählich  den  fremden  Glauljcn  vergässen.  Den  Fürsten  von 
Omura,  einen  Christen,  Hess  er  bei  der  Neujahrsfeier  161 7  hart 
an,  weil  er,  dem  die  Aufsicht  über  die  Entfernung  aller  Mis- 
sionare im  Jahre  1614  aufgetragen  war,  berichtet  hätte,  dass  sie  alle 
nunmehr  ausser  Landes  seien,  während  doch  noch  so  viele  (es 
waren  mindestens  49)  heimlich  in  den  westlichen  Provinzen  ihr 
Wesen  trieben  und  offenbar  von  den  Obrigkeiten  begünstigt 
würden. 

Es  war  den  Zeitgenossen  in  Japan  klar,  dass  für  diesen  Fürsten 
die  LTnterdrückung  des  Christentums  mit  allen  Mitteln  der  Angel- 
punkt seiner  Politik  war.  Seit  dem  Jahre  1618  füllt  sicli  denn  auch 
der  Catalog  der  Märtyrer,  die  wegen  ihres  katholischen  Glaubens  in 
vielen  Teilen  Japans  geköpft,  verbrannt,  in  Schwefelquellen 
geworfen  und  mit  allen  erdenklichen  Martern  zum  Tode  befördert 
wurden. 


*  Die  Engländer  in  Hirado  vermutheten  anfangs,  dass  die  Einschränkung  ihres  Handels 
auf  Hirado  und  Nagasaki  nur  vorgeblich  wegen  der  Jesuitenfurcht  decretiert  sei,  während  in 
Wahrheit  die  Machinationen  ihrer  japanischen  Concurrenten  in  den  Hauptstädten  daran 
schuld  seien.  Am  i6.  December  1616,  nach  seiner  Hofreise,  ül>erzeugte  sich  Richard 
Cooks  aber,  dass  der  einzige  Grund  der  Abänderung  ihrer  Privilegien  die  Thatsache 
war,  dass  die  Jesuiten  sich  heimlich  in  allen  Theilen  Japans  einschlichen  um  zu  liekehren 
mid  zu  taufen,  und  dass  der  Shogun  das  nicht  dulden  wollte.  (Calendar  of  State  Papers, 
East  Indies  ed.  Sainsburgy  vol.  I.  No.  1180.)  Wie  gross  die  Furcht  vor  den  heimlichen 
Priestern  war,  geht  aus  einem  Edikt  des  HidktADA  vom  ig.  September  1616  hervor,  das 
SuGANUMA  (S.  521)  mittheilt  :  "  Da  den  Bateren  entgegengetreten  werden  muss,  so  sollen 
die  Daimyos  an  der  Seekiiste  auch  englische  Schiffe,  die  sich  bei  ihnen  einfinden,  sofort 
nach  Nagasaki  und  Hirado  senden."  Zwei  Jahre  später  wird  der  Befehl  erneuert  und 
darauf  hingewiesen,  dass  die  Eng'änder,  die  auch  Christen  seien,  ihre  Religion  nicht  in 
Japan  verbreiten  dürften. 


14  RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen, 

Um  diese  plötzliche  Verschärfung  der  Massregeln  gegen  die 
japanischen  Christen  und  ihre  Seelsorger  zu  motivieren,  wird  in 
japanischen  Quellen  ein  Vorgang  aus  dem  Jahre  1617  berichtet,  auf 
den  unter  den  Fremden  zuerst  SlR  Erxest  Sa  i  OW*  richtig 
hingewiesen  hat,  den  er  aber,  wie  wir  sehen  werden  mit  Unrecht, 
als  eine  "  zt'<?//  supported  story  of  English  aiui  DutcJi  tj'cachery'" 
interpretiert.  Wir  müssen  deshalb  auf  den  Thatbestand  näher 
eingehen. 

In  der  jetzt  im  Auswärtigen  Amt  aufbewahrten  Sammlung  der 
auf  den  Fremdenverkehr  bezüglichen  Schriftstücke  des  Bakufu  (sie 
besteht  aus  413  Bänden)  findet  sich  in  der  Abtheilung  der  Informa- 
tionen die  kurze  Notiz  zum  3ten  Jahre  Genua  (1617)  :  "  Bei  Sakai 
wurde  von  den  Holländern  ein  ausländisches  Schiff  erobert ;  es 
gehörte  JORCHIN  und  brachte  Briefe  von  Portugiesen.  Als  diese 
von  Übersetzern  in  Hirado  interpretiert  wurden,  fand  sich,  dass  die 
südlichen  Barbaren  die  japanischen  Christen  ermuthigten,  einen 
Aufstand  zu  machen." 

Mein  College,  Professor  Ml  KAMI,  dem  ich  die  Übersetzung 
dieser  Eintragung  verdanke,  hatte  auch  die  Freundlichkeit,  mir  die 
auf  denselben  Vorgang  bezügliche  Stelle  aus  ''  Nagasaki-shi''' 
mitzuteilen  :  "  Im  dritten  Jahre  Genua  (loi/j  traf  ein  holländ  sches 
Schiff  auf  dem  Meere  eine  chinesische  Dschunke,  in  der  Priester 
verborgen  sein  mochten.  Deshalbt  brachte  das  holländische  Schiff 
die  Dschunke  nach  Hirado,  benachrichtigte  den  Daimyo  MatSU- 
URA,  der  seinerseits  den  Gouverneuren  in  Nagasaki  Meldung 
machte.  Als  man  die  Dschunke  näher  untersuchte,  erkannte  man, 
dass  sie  einem  Kaufmann  in  Sakai,  JöCHiN,  mit  Namen,  gehörte, 
und  dass  sie  auf  der  Heimreise  von  Lugon  war.  Schliesslich  fanden 
sich  in  der  Dschunke  Briefe  in  portugiesischer  Sprache.  Als  man 
sie  durch  MORI  Sukevemox,  den  Dolmetscher  in  Hirado,  über- 
setzen Hess,  erwiesen  sie  sich  als  eine  geheime  Correspondenz 
zwischen  Portugiesen  und  in  Japan  verborgen  lebenden  Priestern. 
Der   Sinn   eines    Briefes  war:   ""Sobald   die   Nachricht,    dass    die 


*  In  seinen  vortrefflichen  "  ö/ui7'7'«//^^«j-  u/^on  the  causes -ckich  led  to  the  dorviifall  of 
thc  Christian  Mission  in  ya/an."     (Transnctions  of  the  Asiatic  Society  vol.  VI.  p.  44. 

■j-  Man  erkennt  deutlich  die  Ausflucht,  mit  der  die  Holländer  ihre  Kaperei  in  japanischen 
Gewässern  zu  rehtfertigen  suchten. 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen.  15 

Zalil  der  japanischen  Christen  zahlreich  genug-  ist,  kommt,  werden 
Kriegsschiffe  gesandt  werden  etc."  "  Infolge  dessen  wurden  die 
Priester  und  JöCHIN  nach  Nagasaki  gebracht  und  lebendig 
verbrannt."^ 

Wir  können  nicht  zweifeln,  dass  die  Kaperei  der  Dschunke  im 
dritten  Jahre  Genna  (1617)  stattgefunden  hat.  Denn  COCKS 
berichtet  in  seinem  Tagebuch  am  14  Januar  1618  :  "  Die  Holländer 
brachten  die  Dschunke,  die  sie  den  Chinesen  abgenommen  hatten, 
auf  den  Strand  und  reparierten  sie  ..  .  "t  Der  Kaufmann,  den  die 
officielle  Quelle  JORCHIN  nennt,  war  ein  mit  einer  Japanerin 
verheirateter  Portugiese  DOMliSGO  JORGE,  der  infolge  des  Gebots 
des  Shoguns  bald  darauf  Sakai  verlassen  musste  und  nach  Naga- 
saki übersiedelte.  Dort  wurde  er  am  13.  December  161 8,  als  er  die 
beiden  Jesuiten  CARLO  SPINOLA  und  Ambrosio  Fernandez 
bei  sich  bewirtete,  mit  diesen  zusammen  verhaftet  und  vor  den 
Gouverneur  geführt.  Am  18  November  1619  wurde  er  in  Nagasaki 
le^)endig  verbrannt.  Die  beiden  Jesuiten  haben  wahrscheinlich 
mit  der  straffälligen  Correspondenz,  für  deren  Besorgung  JORGE 
litt,|  nichts  zu  thun  gehabt  ;  denn  man  liess  sie  nicht  mit  ihm 
büssen.  Die  Holländer  haben  diese  Complication  eines  portugie- 
sischen Kaufmannes  mit  den  bösen  Plänen  der  Missionare  jedenfalls 
benutzt,  um  die  Austreibung  der  Portugiesen  aus  Japan  zu  befür- 
worten. Wenigstens  berufen  sie  sich  in  dem  im  Anhang  No  2 
mitgeteilten  Schriftstücke  auch  auf  ihre  Eingabe  an  den  Shogun 
im  dritten  Jahre  Genna  (1617.) 

Satow,  der  von  einer  irrigen  Voraussetzung  aus,  auf  die  wir 
nocli  zu  sprechen  kommen  werden,  auch  die  Engländer  für  diese 
Kaperei  mit  verantwortlich  macht,  hält  es  für  "  absurd,  zu  glauben, 
dass  diese  Briefe,  die  angeblich  Mitteilungen  über  verrätherische 
Absichten  der  Spanier  in  Manilla  enthielten,  echt  gewesen  sein." 
Er  hält  sie  für  Fälschungen  der  Holländer. §  Ich  glaube  mit 
Unrecht.     Denn  wenn  man   sich   in   die   Situation  des  Jahres   1617 

*  Der  von  Satow  üliersetzte  Passus  aus  dem  modernen  Werke  Ihkija  Kwattkai-roku 
ist  wohl  nur  eine  Wiedergalie  der  obigen  Stelle  aus  .Vagasaki-shi. 

f  Diary  of  Richard  Cocks,  cape-mei-chant  in  ihe  En^^/is'i  Factory  in  Japan  1615-1622, 
ediied  hy  EDWARD  Maunde  Thompson.     (London  1883,  Hakluyt  Society)  vol.  IL  p.  5. 

X  In  Macao  bewahrt  man  Keinen  nochen  und  eine  Hand  dieses  Märtyrers  als  Reliquie. 

§  a,  a.  O.  45. 


i6  RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen. 

versetzt,  als  die  Nachrichten  über  den  glänzenden  Erfolg-  der 
Gesandtschaft  aus  Japan  unter  Führung  des  spanischen  P>anzis- 
kaners  SOTELO  nach  den  Philippinen  gelangten,  wo  damals  viele 
exilierte  Japaner  und  aus  Japan  vertriebene  Missionare  lebten,  so 
kann  man  sich  wohl  denken,  dass  einige  sanguinische  Gemüther 
unter  diesen  den  in  verzweifelter  Lage  arbeitenden  Glaubensboten 
in  Japan  Mut  machen  und  einen  in  absehbarer  Zeit  auch  nach 
menschlichem  Ermessen  zum  Ziele  führenden  Weg  der  Christia- 
nisierung Japans  zeigen  wollten.  Mit  den  Namen  verborgen  le- 
bender Missionare  waren  die  Holländer  wohl  kaum  vertraut,  und 
die  Gouverneure  haben  sich  Zeit  genug  gelassen,  die  Sache  zu 
untersuchen,  ehe  sie  JORGE  verhafteten  und  den  Holländern  das 
Schiff  zusprachen.  Besonders  der  schliesslich  das  Urteil  fällende 
Gouverneur  Hasegawa  Gonroku  erhielt  sich  in  den  Berichten 
der  Verfolgten  den  Ruf,  dass  er  Alles  that,  um  sie  vor  der  Strenge 
der  Gesetze  zu  schützen. 

Man  ersieht  aber  aus  diesem  Vorgange,  wie  sehr  sich  die 
plündernden  Holländer  den  Hass  der  leitenden  japanischen  Kreise 
gegen  das  Christentum  zu  Nutze  machten.  Noch  zwei  Jahre  zuvor 
(1615)  wagte  das  Oberhaupt  der  Factorei  in  Hirado,  JaCQUES 
SpeCX,  an  IyeyaSU  nur  die  Bitte  zu  richten,  ihm  die  Eroberung 
portugiesischer  und  spanischer  Schiffe  zu  gestatten,  wogegen  er 
versprach,  dass  "  seine  Majestät  zu  keiner  Zeit  hören  wird,  dass 
wir  irgend  welche  Japaner,  Chinesen  oder  eine  andere  Nation, 
denen  wir  auf  See  begegnen,  im  allermindesten  beschädigen."* 
Sie  waren  damit  für  das  japanische  Seegebiet  nicht  durchgedrun- 
gen ;  jetzt  brachten  sie  eine  nach  Japan  segelnde  chinesische 
Dschunke,  auf  der  sie  verfängliche  Briefe  gefunden  hatten,  ohne 
Gefahr  nach  Hirado. 

*  Eingabe  vom  15  Sept.  1615,  abgedruckt  bei  Nachod,  Anhang  S.  XLV'  f. 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen.  17 


III. 


Die  Entdeckung  zweier  verkappter  Missionare  auf  einer  von 

den  vereinigten  englischen  und  holländischen 

Flotten  gekaperten  Frigatte.    1620. 

Zwei  Jahre  nach  der  Einbringung  der  chinesischen  Dschunke 
in  Hirado  schlössen  die  enghschen  und  holländischen  Compagnien 
für  die  Meere  Ostasiens  ein  Abkommen,  dem  sie  den  wie  Ironie 
klingenden  Titel  ''Treaty  of  Dcfencc"'  gaben.  (16.  Juli  i6ig.) 
Darnach  sollten  sich  5  englische  und  5  holländische  Schiffe  zu 
einer  ''  Fleet  of  Dcfencc''  vereinigen,  um  gemeinsam  den  Seeraub 
im  grossartigen  Maasstabe  zu  betreiben.  Hirado  wurde  zu  dem 
Hafen  bestimmt,  wohin  alle  Beute  (Schiffe,  Ladung,  Gefangene) 
gebracht  werden  sollte,  um  gleichmässig  verteilt  zu  werden.  Die 
Instruction  an  die  Kapitäne  ging  dahin,  Japanern  und  nach  Japan 
segelnden  Chinesen  keinen  Schaden  zu  thun,  weder  ihren  Schiffen 
noch  Personen  noch  Gütern.  Portugiesen  und  Spaniern  sollte  aber 
aller  mögliche  Abbruch  geschehen,  selbst  an  den  Küsten  Japans. 
Man  überschätzte  wohl  die  Tragweite  der  christenfeindlichen  Politik 
des  Shoguns  infolge  der  harten  Behandlung  des  unglücklichen  DO- 
MINGO Jorge  und  übersah  ganz,  dass  bis  dahin  die  portugiesischen 
Kaufleute  in  Japan  nicht  mehr  zurückgedrängt  worden  waren  als 
die  Engländer  und  Holländer  auch. 

Am  5.  August  1620  brachten  die  vereinigten  Seeräuber  ihre 
erste  portugiesische  Prise,  eine  kleine  Frigatte  aus  Macao,  die  das 
englische  Schiff  Elizabeth  geLapert  hatte,  in  den  Hafen  \on 
Hirado.  Da  japanische  Händler,  [die  nach  Macao  Geschäft  mach- 
ten, beim  Shogun  Beschwerde  führten,  so  hielt  es  der  Daimyo  für 
seine  Pflicht,  das  Geschehene  an  das  Bakufu  in  Yedo  zu  berichten. 
Die  Holländer  und  P^ngländer  fühlten  sich  so  sicher,  dass  sie  in 
einer  gemeinsamen  Petition  an  den  Shogun  baten,  dass  keine 
Schiffspapiere  mehr  für  Macao  und  Lucon  ausgestellt  werden 
sollten.  "Denn,  solange  die  Fahrten  von  Japan  nach  Lugon  und 
Macao   fortgehen,    werden    trotz    des    gegenteiligen    Befehls    ¥.\\ . 


i8  RiESs,  Vertreiijung  dkr  Portugiesen'. 

Majestät  immer  wieder  Ordensbrüder  von  dort  kommen."*  Falls 
der  Kaiser  nicht  darauf  eingehen  sollte,  auch  seinen  eigenen 
Untcrthanen  die  Fahrt  dorthin  zu  verbieten,  so  sollte  ihnen  doch 
wenigstens  das  Befördern  spanischer  und  portugiesischer  Passagiere 
und  Güter  untersagt  werden.  Mit  dieser  kühnen  Forderung  hatten 
aber  die  verbündeten  Compagnien  kein  Glück.  Vielmehr  wurde 
ihnen  strenge  Ahndung  in  Aussicht  gestellt,  wenn  sie  nicht  ihre 
Behauptung  beweisen  könnten,  dass  sich  zwei  verkappte  Priester 
an  Bord  der  gekaperten  Frigatte  befunden  hätten.  Die  Unter- 
suchung darüber  zog  sich  deshalb  so  sehr  in  die  Länge,  weil  die 
in  der  That  als  Passagiere  mitgereisten  Patres,  der  Dominikaner 
Luis  FloreS  und  der  Augustiner  PEDRO  DE  ZUNIGA,  trotz  aller 
angewendeten  Tortur  standhaft  auf  ihrem  Kaufmannscharacter 
beharrten  und  viele  Japaner,  die  den  Augustiner  von  früher  her 
kannten,  im  Einverständnis  mit  dem  als  Richter  fungierenden 
Gouverneur  von  Nagasaki  Hasegawa  Goxroku  ihn  nicht  identi- 
ficieren  wollten.  Endlich  im  December  1621  erkannten  die  Richter 
den  Beweis  als  vollgültig  erbracht  an.  Die  Fremden  erhielten  die 
leere  Frigatte  zugesprochen,  während  die  Ladung  an  Hasegawa 
GonrOKU  ausgeliefert  werden  musste  ;  die  beiden  Geistlichen  und 
der  Kapitän  JOACHIM  DiAZ  HlRAYAMA,t  ein  ehemaliger  Coad- 
jutor  des  Jesuitenordens  in  Japan,  wurden  bei  langsamem  Feuer 
am  18.  August  1622  verbrannt,  12  japanische  Matrosen,  Kaufleute 
und  Passagiere  enthauptet. 

Mit  dieser  grausamen  Bestrafung  war  der  Vorfall  in  einer  für 
die  Holländer  und  Engländer  günstigen  Weise  erledigt  und  der 
Beweis  erbracht,  dass  unter  den  in  Japan  ankommenden  portu- 
giesischen Kaufleuten  in  der  That  verkappte  Missionare  zu  finden 
waren. 


*  Siehe  Anhang  No  2. 

f  Der  Name  dieses  unglücklichen  Mannes  erscheint  bei  CocKS  (Diary  II,  221)  als 
YocHlAN  Dies.  Satovv  stellt  die  irrige  Vermutung  auf,  dass  der  in  seiner  japanischen 
Quelle  erwähnte  Eigentümer  des  chinesischen  Schiffes  von  1617  JöjiN  wahrscheinlich  dieser 
Joachim  sei,  worauf  er  dann  die  weiteren  Schlussfolgerungen  basiert,  von  denen  oben  die 
Rede  war.  Bestärkt  wm-de  Satow  in  seiner  Vennuthung  auch  durch  die  Explication,  die 
seine  (secundäie)  Quelle  dem  wohl  aus  N'agasaki-shi  entnommenen  ^Berichte  gegeben  hat. 
In  japanischen  Quellen  würde  dieser  japanische  Kapitän  aber  als  Hirayama  erscheinen. 


RiEss,  Vertreibung  der  Portugiesen.  19 


IV. 

Neue  Maasregeln  zur  Abwehr  der  fremden  Missionare. 

1623-1625. 

Der  Handel  der  Portugiesen  und  Spanier  mit  Japan  wa- 
damals  im  blühendsten  Zustande  und  unvergleichlich  gewinnbrin- 
gender als  der  Umsatz  beider  vereinigten  Compagnien  zusammen- 
genommen. ]Macao  hatte  das  Monopol  des  chinesischen  Marktes 
in  Kanton,  wo  Gold,  Seide  und  Seidenstoffe  billig  zu  haben  waren, 
um  in  Japan  dafür  Silber,  Weizen,  Lackwaaren  und  Schiffsmaterial 
umzutauschen.  Der  Überschuss  an  Silber  machte  es  mög-lich, 
Macao  in  die  Stadt  der  Palaeste  und  sybaritischen  Wohllebens  zu 
verwandeln,  wie  Avir  es  aus  den  Beschreibungen  des  I7ten  Jahr- 
hunderts kennen  lernen. 

In  diesen  regen  Verkehr  griff  nun  infolge  der  Phitlarvung  der 
beiden  als  Kaufleute  reisenden  Geistlichen  die  Politik  des  Bakufu 
ein. 

Im  Jahre  1623  machte  HiDETADA  seinen  Sohn  IVEMITSU,  den 
durchgreifendsten  und  eigenwilligsten  aller  Shogune,  zu  seinem 
Mitregenten.  Sofort  regnete  es  Verordnungen,  die  eine  Wieder- 
kehr solcher  Vermummung  verhindern  sollten.  Zunächst  sollten 
(so  entnimmt  PAGES  den  Berichten  der  Geistlichen)  alle  Spanier 
und  Portugiesen  regelmässig  mit  dem  Monsun  Nagasaki  verlassen, 
um  erst  im  nächsten  Frühjahr  wiederzukommen  ;  nur  ihre  Frauen 
und  Töchter  (denn  von  denen  war  keine  priesterliche  Thätigkeit 
7.U  befürchten)  durften  dauernd  in  Nagasaki  wohnen.  Aus  den 
Zuständen  der  nächsten  Jahre  ergiebt  sich  aber,  dass  diese 
Verordnung  nur  einmal  oder  wahrscheinlich  gar  nicht  ausgeführt 
worden  ist.  Es  wurde  dafür  den  Portugiesen  nur  verboten,  bei 
japanischen  Christen  Wohnung  zu  nehmen.  Einen  Ersatz  dafür 
scheint  man  in  Massregeln  gefunden  zu  haben,  die  der  Einschmug- 
gelung  von  Geistlichen  direkt  entgegen  wirkten,  aber  den  legitimen 
Handel  wenig  störten.  So  wurde  von  den  in  Japan  landenden 
Kapitänen  eine  genaue  Liste  aller  Passagiere  verlangt,  für  deren 
Richtigkeit  sie  mit  ihrem  Kopfe  einstanden.     Den  in  Japan  erschei- 


20  RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen. 

nendcn  Geistlichen  und  denen,  die  sie  herbeigeschafft  hatten,, 
wurde  der  Feuertod  als  Strafe  festgesetzt.  Japanische  Christen 
sollten  ausserhalb  des  Landes  keinen  Handel  treiben." 

Da  es  augenscheinlicli  war,  dass  die  Reichsbehörden  in 
Japan  die  Verbreitung  des  Christentums  in  ihrem  Staatsgebiet  mit 
allen  Mitteln  zu  verhindern  entschlossen  waren,  glaubten  auch  die 
leitenden  Kreise  in  INIacao  und  den  Philippinen  darauf  Rücksicht 
nehmen  zu  müssen,  um  wenigstens  den  schwunghaft  betriebenen 
Handel  ihren  Unterthanen  zu  erhalten.  Der  spanische  Vicekönig 
der  Philippinen,  AlONSO  FaxardO,  untersagte  1623  allen  Geist- 
lichen seines  Gebiets  sich  nach  Japan  zu  begeben,  und  der 
P>zbischof  Garvia  Terrano  unterstützte  dieses  Verbot  mit  seiner 
o-eistlichen  Autorität.  In  Macao  überwachte  man  den  Schiffs- 
verkehr,  um  ähnliche  Vorgänge  wie  den  vom  Jahre  1620  zu 
verhindern.  Aber  der  Bekehrungseifer  der  spanischen  Mönche 
auf  den  Philippinen  Hess  sich  dadurch  nicht  abschrecken.  Do- 
minicaner, Franciskaner  und  Augustiner  thaten  sich  zusammen, 
miethe^-en  heimlich  ein  Boot  und  entsandten  10  Missionare,  die  sie 
sorgtältig  ausgewählt  hatten,  nach  Japan.  Im  Juni  1623  kamen 
die  als  Kaufleute  verkleideten  Missionare  in  Satsuma  an.  Es 
gelang  ihnen,  Jahre  lang  der  Wachsamkeit  der  Behörden  zu 
entgehen.  Aber  nach  4  Jahren  traf  .di'ei  von  ihnen  die  harte 
Strafe,  die  allen  Glaubensboten  in  Japan  angedroht  war  ;  zwei 
von  ihnen  wussten  ihr  Martyrium  bis  1632,  drei  sogar  bis  1634 
hinauszuschieben,  sodass  diese  Entsendung  immerhin  einen 
gewissen  seelsorgerischen  P^rfolg  hatte.  Auch  sonst  wussten 
glaubenseifrige  Missionare  auf  japanischen  und  chinesischen 
Dschunken  nach  Japan  zu  gelangen  und  sich  dort  für  einige  Zeit 
in  der  Verborgenheit  zu  behaupten  ;  von  Rom,  Lissabon  und 
Spanien  trafen  immer  wieder  todesmutige  Bekehrer  in  Ostasien 
ein,  um  den  Aufmunterungen  der  Ordenscongregationen  und  der 
heiligen  Propaganda  entsprechend  das  in  Japan  gewonnene 
Terrain  für  die  Kirche  zu    behaupten. 

Aus  Mis\ergnügen  über  diese  fortwährende  Übertretung  der 
japanischen  Gesetze  durch  die  Unterthanen  des  Königs  von 
Spanien  wurde  die  ausserordentliche  Gesandtschaft,  die  die  Thron- 


*  Pages.    S.  546. 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen.  21 

besteigung  Philipps  IV.  melden  sollte,  in  Japan  sehr  ungnädig 
empfangen  und  den  spanischen  Schiffen,  die  1624  an  den  Küsten 
Japans  erschienen,  sogar  das  Einnehmen  von  Trinkwasser 
versagt. 

Unter  den  Verfolgungen  des  nun  folgenden  Jahrzehnts 
gelang  den  japanischen  Behörden  im  Sommer  1633  ein  besonders 
bedeutender  Fang.  Der  Jesuit  SEBASTIAN  VlEYRA,  der  nach 
längerer  Wirksamkeit  in  Japan  im  Jahre  1614  von  dort  verbannt 
worden  war,  hatte  in  Rom  die  Aufmerksamkeit  des  Papstes  auf 
sich  gezogen  und  in  Jahre  1626  nach  längeren  Berathungen  den 
Auftrag  erhalten,  die  Mission  in  Japan  wieder  aufzunehmen. 
Der  Papst  hatte  ihn  mit  dem  Versprechen  entlassen,  ihn,  im 
Falle  er  seinen  Untergang  in  seinem  Berufe  fände,  "  zum  Märtyrer 
der  Kirche  Gottes  zu  erklären."  In  Lissabon  schlössen  sich 
viele  opferfreudige  Bekehrer  an  VlEYRA  an  ;  mit  zehn  Genossen 
gelangte  er  in  chinesischer  Kleidung  im  Jahre  1632  an  das 
ersehnte  Ziel.  Er  war  Träger  apostolischer  Segensbriefe 
für  die  Christen  in  verschiedenen  Gegenden  Japans.  Aber  nach 
nur  einjähriger  Thätigkeit  wurde  er  auf  einer  Barke  bei  Osaka 
entdeckt  und  auf  Befehl  der  Centralregierung  nach  Yedo  ge- 
schafft. In  portugiesischer  Ordenskleidung  erschien  er  vor  den 
Reichsräthen.  Man  bewilligte  ihm  ein  langes  Verhör  und  theilte 
seine  Aussagen  sogar  dem  Shogun  mit.  Aber  sein  Schicksal 
konnte  nicht  zweifelhaft  sein.  Er  wurde  mit  sieben  Genossen 
am  6.  Juni  1634  in  Yedo  lebendig  verbrannt.  Das  gleiche 
Schicksal  traf  auch  einen  Portugiesen  aus  Macao,  der  einen 
Brief  eines  Geistlichen  an  einen  Japaner  bei  sich  trug.  Da 
VlEYRA  damit  die  Bedingung  für  seine  Beatification  erfüllt  hatte, 
so  liess  der  ihm  befreundete  Gouverneur  von  Macao,  MANGEL  DE 
Camara  E  Noranha,  ihm  zu  Ehren  ein  zehntägiges  Freuden- 
fest feiern. 

Dem  selbstherrlichen  Shogun  war  durch  den  Process  des 
VlEYRA  vor  Augen  geführt  worden,  dass  trotz  seiner  strengen 
Verbote  und  grausamen  Strafen  noch  immer  fremde  Geistliche 
unerkannt  ihren  Weg  ins  Innere  Japans  fanden  und  dass  sie  nicht 
nur  von  den  Portugiesen  sondern  auch  von  seinen  eigenen 
Unterthanen  in  ihrem  ungesetzlichen  Treiben  unterstützt  wurden. 
Um  für  die  Zukunft  solche  Einschmuggelung    von  Geistlichen  zu 


22  RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen. 

verhindern  und  doch  den  Handel  mit  Macao  fortzuführen,  wurde 
nach  reiflicher  Überlegung  gegen  Ende  des  Jahres  1635  ein 
letzter  verzweifelter  Versuch  gemacht.  .  Am  7.  December  1635 
wurde  das  kaiserliche  Edikt  bekannt  gemacht,  das  den  Handel 
mit  den  Portugiesen  auf  Nagasaki  und  die  dorthin  befohlenen 
Kaufleute  aus  den  hauptsächlichsten  Städten  beschränkte.  Den 
Japanern  \\urde  jeder  Besuch  fremder  Länder  mit  eigenen  oder 
auf  fremden  Schiffen  untersagt  ;  wer,  ohne  von  diesem  Verbote 
'/AI  wissen,  nacli  längerer  Abwesenheit  im  Auslande  nach  seiner 
japanischen  Heimat  zurückkehrte,  sollte  ohne  Weiteres  (so  grau- 
sam war  man)  zum  Tode  geführt  werden.  Zugleich  wurde  für 
die  portugiesischen  und  spanischen  Kaufleute  auf  einer  künstlichen 
Insel  im  Hafen  von  Nagasaki  ein  "  Gefängnis  "  geschaffen,  das 
nur  durch  eine  scharf  bewachte  Brücke  mit  der  übrigen  Stadt 
zusammenhing  und  das  Niemand  ohne  besondere  Erlaubnis 
betreten  oder  verlassen  durfte.*  Unter  so  scharfer  Überwachung 
hat  sich  noch  einige  Jahre  lang  ein  erheblicher  Austausch  portu- 
giesischer Importe  und  japanischer  Waaren  in  Nagasaki 
vollzogen. 


*  Diese  scharfe  Be\\achuiig  iiinii;  mit  dem  Entweichen  des  einflussreichen  japanischen 
Paters  Kintsuba  Jihei  im  Jahre  1635  zusammen.  A'ergleichc  \Yoolley  Historical  Notes- 
011  N'agasalci  (Transactions  vol.  IX.  p.   135.) 


RiKss,  Vertreibung  der  Portugiesen.  2 


0 


V. 

Ein  erfolgloser  holländischer  Aufhetzungsversuch 
gegen  die  Portugiesen.  1636. 

Dass  die  an  dem  japanischen  Handel  interessierten  Holländer 
an  dieser  Zurückdrängung  ihrer  portugiesischen  Concurrenten  ihre 
Freude  hatten,  ist  aus  der  Schwäche  der  menschlichen  Natur 
erklärlich  genug.  Der  damalige  Generalgouverneur  in  Batavia, 
Hexdrick  Brouwer,  der  22  Jahre  früher  in  Japan  als  Oberhaupt 
gewirkt  hatte  und  damals  den  Engländern  als  ein  hinterhaltiger 
Intriguant  erschienen  war,  glaubte  aber  noch  durch  eine  kleinliche 
Angeberei    nachhelfen      zu     müssen.  Nachod    hat     sich     das 

Verdienst  erworben,  zwei  darauf  bezügliche  Bruchstücke  von 
Aktenstücken  zu  veröffentlichen,*  bei  ihrer  Verwerthung  aber 
einen  methodischen  Fehler  gemacht,  der  ihn  zu  Annahmen  führt, 
deren  Haltlosigkeit  sich  erweisen  lässt. 

Die  Holländer  hatten  nämlich  auf  einem  gekaperten  portu- 
giesischen Schiff  die  von  Macao  nach  Goa  zu  beförndernden 
Postsachen  erbeutet.  Darunter  befand  sich  auch  ein  Bericht  des 
Gouverneurs  von  Macao  über  das  zehntägige  Fest  zu  Ehren  des 
Märtyrers  SEBASTIAN  VlEYRA.  Diesen  Brief  schickte  er  am  5. 
Juli  1635  nach  Hirado,  um  ihn  "  den  Regenten  von  Nagasaki 
oder  des  Kaiser  Käthen  vorzuzeigen  und  mitzuteilen,  damit  Seine 
Majestät  um  so  klarer  sehen  möchte,  welche  grosse  Ehre  die 
Portugiesen  jenen  thun,  denen  er  als  Verräther  seines  Staats  und 
seiner  Krone  durch  Edikt  sein  Land  verboten  hat."  Er  knüpft 
daran  die  Hoffnung,  "  dass  darob  wol  etwas  Grosses  zum  Nach- 
teil unserer  Feinde  und  zu  unserm  merklichen  Nutzen  nachfolgen 
dürfte."  Nachod  t  erkennt  dieses  Schriftstück  als  eigentlich 
ganz  unbedeutend  an,  sodass  von  ihm  kaum  eine  Wirkung  zu 
erwarten  war.  Aber  indem  er  die  Erzählungen  späterer 
Reisenden  über  den  oben  erwähnten  Vorgang  von  1617  damit 
combiniert,  macht  er  sich  die  Sache  dadurch  "erklärlich,"  "dass 


*  Beilage  No.  43.  S.  CXXXVIT.  und  No.  53.  S,  CLXVI.         f  ^-  242 


24  RiESs,  Vertri:;ibung  der  Portugiesen-. 

die  japanische  Regierung  es  zweckmässig  erachtete,  in  der 
Bevölkerung  Furcht  vor  Umsturzplänen  zu  verbreiten;"  so  dass 
die  "  als  Folgen  jenes  angebliclicn  Komplotts  "  berichteten 
Ereignisse  "  wirkliche  Thatsachen  sind."  Er  traut  also  der  japa- 
nischen Regierung  zu,  dass  sie,  um  für  ihre  Politik  Stimmung  zu 
machen,  die  Mittheilung  der  Holländer  zu  einer  Sensationsnach- 
richt "  aufeebauscht  "  habe.  Gründlicher  kann  man  die  rücksichts- 
lose  und  gcheimnissvolle  Regierungspraxis  der  Tokugawa-Zeit 
wohl  nicht  verkennen.  Er  hätte  sich  von  der  völligen 
Haltlosigkeit  dieser  Vcrmuthung  überzeugen  können,  wenn  er  in 
den  Tagebüchern  der  P'aktorei  zugesehen  hätte,  was  die  Holländer 
mit  diesem  Corpus  delicti  thaten  und  erreichten.  Zunächst  zeigten 
sie  es  erst  am  28.  März  1636  vor,  also  drei  Monate  nach  dem 
Erlass  des  Ediktes  vom  7.  December  1635  und  während  des 
Baues  von  Deshima.  Sodann  erhielt  P^RANgOIS  Caron,  als  er 
in  vorgeschriebenem  Geschäftsgange  dem  Daimyo  von  Hirado 
das  Originalschreiben  vorlegte,  die  Antwort,  dass  solche  und 
ganz  ähnliche  Vorgänge  der  japanischen  Regierung  durch 
Schreiben,  Druckschriften  und  Erzählungen  der  Renegaten  wohlbe- 
kannt seien.  "  Hiermit  will  ich  Euch  also  sagen  (setzte  der  Daimyo 
hinzu),  dass  der  Brief  die  Portugiesen  nicht  verhasster  machen 
kann,  als  sie  ohnedies  sind  und  dass  er  Euch  nicht  den  gering- 
sten Nutzen  bringen  kann."*  Wir  brauchen  uns  also  nicht  zu 
wundern,  wenn  in  den  General-Missiven  auf  diesen  fehlge- 
schlagenen Versuch   nicht  mehr  zurückgekommen  wird. 

Zugleich  dient  uns  aucli  dieser  kleinliche  Verhetzungsversuch 
zum  Beweise  dafür,  dass  die  dreiste  Angabe  Tavernier's,  dass 
der  sprachenkundige  Fraxcois  Caron  einen  den  Portugiesen 
ungünstigen  Brief  fabriciert  und  in  Yedo  verwertet  habe,  als 
Jrere  Verleumdung  bei  Seite  zu  werfen  ist.f  Denn  hätte  man 
t  iiie  Fälschung  riskiert,  so  hätte  man  sich  gewiss  nicht  mit  so 
unbedeutenden  und  gleichgiltigen  Kleinigkeiten  begnügt.  Die  auf 
den  Berichten  der  Glaubensboten  beruhenden  ausführlichen 
Darstellungen  von  Crasset  und  PageS  enthalten  deshalb  auch 
Nichts  von   dieser  Briefzustellung  des  Jahres    1636. 


*  Siehe  Anhang  No.  5.         ^  Siehe  Anhang  Xo.  6. 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen.  25 


VI. 

Das  Ende  des  Handelsverkehrs  der  Portugiesen 
nach  Japan.    1639. 

Noch  einmal  ist  die  Ruhe  des  mehr  und  mehr  durch  schroffen 
Despotismus  zusammen  gehaltenen  japanischen  Feudalstaates  im 
i/ten  Jahrhundert  gewaltig  erschüttert  worden.  Im  December 
1637  brach  der  Aufstand  von  Shimabara  aus,  der  nur  mit  Aufbie- 
tung aller  Kräfte  Kiushius  von  der  Reichsregierung  unterdrückt 
werden  konnte.  Diese  Erhebung  hängt  mit  den  Territorialverän- 
derungen in  dem  westlichen  Theile  der  Insel  seit  dem  Anfang  der 
Jahrhunderts  und  den  sich  daran  knüpfenden  Bedrückungen  der 
Bevölkerung  zusammen  ;  sie  hatte  aber  in  der  Hinneigung  zum 
Christentum  das  ideale  Ferment,  ohne  das  weitgreifende,  opfer- 
freudige Erhebungen  so  vieler  Tausende  nicht  zu  Stande  kommen 
können.  So  weit  unsre  Kunde  reicht,  sind  fremde  Geistliche  an 
diesem  Aufstande  in  keiner  Weise  beteiligt  gewesen.  ^  Aber  ein 
in  Japan  residierender  Portugiese,  der  alte  Kriegsmann  und  See- 
fahrer Duarte  Correa,  ist  im  Herbste  1638  ins  Gefängnis  gewor- 
fen worden,  weil  er  unerlaubte  Beziehungen  unterhielt.  Aus  seiner 
genauen  Berichterstattung  f  über  die  Vorgänge  in  den  aufstän- 
dischen Bezirken  vor  der  Erhebung  können  wir  schliessen,  dass  er 
den  Leitern  derselben  nicht  fern  stand  ;  er  ist  am  5.  August  1639 
langsam  zu  Tode  geröstet  worden.  Mit  dieser  Bestrafung  eines 
portugiesischen  Laien  hängt  wahrscheinlich  die  in  demselben 
Monat  erfolgte  Austreibung  der  Portugiesen  aus  ihrer  letzten 
Zuflucht  Deshima  zusammen.     Das  Edikt  darüber  lautet:]:  : 

"  Der  Shogun  hat  erfahren,  dass  die  Portugiesen  aus  Macao 
das  im  ganzen  japanischen    Reiche   veröffentliche   Gesetz  verletzen, 


*  Eine  quellenmässige  Darstellung  dieses  Aufstandes  von  Shimabara  habe  ich  im  V. 
Bande  dieser  Mittheilungen  (S.  191 — 214)  publiciert. 

t  Abgedruckt  bei  Pagfs  Annexe  119.  Seite  403 — 411. 

X  Es  ist  in  dem  schon  oben  citierten  Catalogus  Occisorum  in  odium  fidei  wiedergegeben, 
den  Cardim  1646  in  Rom  publicierte.  Ich  habe  die  Unterschriften  der  Reichsräthe  nach 
japanischen  Quellen  rectificiert. 


26  Riifss,  VertrkibUxMg  der  Portugiesen. 

indem  sie  wider  göttliches  Recht  heimlich  aus  Macao  Prediger  des 
Evangeliums  entsenden,  die  durch  Verführung  der  Japaner  zum  Re- 
ligionswechsel und  zur  Annahme  des  Christentums  die  schwersten 
todeswürdigen  \"erbrechen  begehen.  Ferner,  dass  die  Portugiesen 
aus  Macao  ebenfalls  Getreide  und  andre  Lebensmittel  herbeischaf- 
fen und  solche  Priester  und  Christen,  die  im  Verborgenen  in  Japan 
leben,  unterstützen,  ^vas  ebenso  durch  Gesetz  verboten  ist. 

Deshalb  untersagt  er  allen  Portugiesen  durch  öffentliches 
Edikt  die  Schiffahrt  nach,  und  den  Handel  mit  Japan  bei  Strafe  des 
Todes  und  der  Verbrennung  von  Schiffen  und  Ladung. 

Am  4.  August  1639. 

Hotta  Kaga  no  Kami. 

Sakai  Sanuki  no  Kami. 

Doi  Oi  no  Kami. 

Matsudaira  Idzu  no  Kami. 

Abe  Pungo  no  Kami. 

Yagiü  Tajima  no  Kami. 

Da  dieses  Edikt  streng  aufrecht  erhalten  wurde,  so  war  es  für 
immer  mit  dem  portugiesischen  Handel  vorbei.  Die  Holländer 
mussten  1640  in  das  von  ihren  Concurrenten  geräumte  Deshima 
ziehen.  Sie  allein  bildeten  den  schwachen  Verbindungsdraht  des 
abgeschlossenen  Japan  mit  der  Gemeinschaftlichkeit  der  Cultur- 
welt. 

Fassen  wir  zum  Schluss  das  Resultat  kurz  zusammen  :  Die 
Portugiesen  sind  in  den  25  Jahren  von  1614  bis  1639  in  Japan  im- 
mer mehr  zurückgedrängt  und  schliesslich  ganz  verdrängt  worden, 
weil  sie  ihren  Zusammenhang  und  ihre  Sympathien  mit  der  katho- 
lischen Propaganda  nicht  aufgeben  konnten,  der  sich  die  Reichs- 
regierung in  Japan  immer  schroffer  widersetzte.  Die  Holländer,  und 
während  einer  kurzen  Periode  auch  die  Engländer,  haben  von 
Anfang  an  in  ihrer  Feindschaft  und  Handelsconcurrenz  gegen  die 
Portugiesen  mit  Erfolg  Anlehnung  gesucht  an  den  Antipathien  der 
Behörden  gegen  die  heimlichen  Priester.  Sie  haben  später  noch 
einmal  vergeblich  eine  kleinliche  Intrigue  versucht.  Aber  den 
Ausschlag  hat  gegeben,  dass  damals  der  propagandistische  En- 
thusiasmus der  Kirche  in  der  romanischen  Welt  stärker  war  als  die 
Tendenzen  der  Wohlfahrtspolitik  und  die  Interessen  des  Handels, 
denen     er     indirekt     entgegenwirkte.        Auf    dem     Trümmcrfelde 


RiESs,  Vertreibung  der  Portugiesen.  27 

dieses  Zerstörungsprocesses  ist  das  holländische  Handelsmonopol 
in  Japan  entstanden,  das  für  lange  Zeit  der  Schlussstein  für  den 
hochgespannten  Finanzbau  der  holländischen  Ostindischen  Com- 
pagnie  war  und  dadurch  das  holländische  Colonialreich  in  Süd- 
ostasien in  die  Napoleonische  Periode  hinübergerettet  hat.  Macao 
ist  seit  dem  Aufhören  des  japanischen  Handels  die  Ruine  geworden, 
als  die  es  heute  erscheint. 


Anh.\ng  Xo   I. 

Das  Edikt  von  1614. 

Die  am  27.  Januar  1614  veröffentlichte  Proclamation  des  lye- 
yasu  ist  von  SiR  ErneST  Satow  im  6tcn  Bande  der  Transactions 
of  tJic  Asiatic  Society  of  Japan  (S.  46  ff.)  übersetzt  worden.  Ich 
gebe  sie  darnach  hier  in  deutscher  Sprache  wieder  und  knüpfe 
einige  kurze  Bemerkungen  daran,  die  ich  zum  Theil  der  freundli- 
chen   Belehrung  durch  ProfessorlMiKAMI  verdanke. 

"Proklamation  von  Iyeyasu." 

"  Das  positive  Princip  ist  der  Vater,  das  negati\'e  Princip  die 
Mutter,  durch  die  der  Mensch  erzeugt  ist.  und  mit  seiner  Geburt 
sind  die  Drei  Mächte  vollständig." 

"Japan  war  von  Anfang  an  das  Land  der  Götter.  Die  Uner- 
gründlichkeit der  positiven  und  negativen  Principien  wird  Gott 
genannt,  und  wer  wird  dem  Wesen  alles  dessen,  was  heilisf  und 
geistig  ist.  Ehrfurcht  und  Ehrerweisung  verweigern  .''  Der  Mensch 
verdankt  seine  Existenz  völlig  den  W'irkunijen  des  Positi\en  und 
Negativen ;  mit  seinen  fünf  Gliedern,  seinen  sechs  Quellen  der 
Wahrnehmung,  wenn  er  sich  bewegt  oder  ruhig  hält,  ist  er  auch 
nicht  einen  Moment  von  Gott  unabhängig.  Die  Gottheit  wird 
anderswo  gesucht;  aber  überall  ist  der  Mensch  mit  einer  Gottheit 
versehen,  enthält  er  eine  vollständige  Gottheit  in  seinem  Innern. 
Das  ist  die  Form,  die  die  Gottheit  annimmt." 

"Japan  wird  das  Land  Buddhas  genannt,  und  nicht  ohne 
Grund.  Es  steht  geschrieben:  ""Dies  ist  das  Land,  wo  die 
göttliche    Klarheit    wiedererscheint,    dies   ist  das   Geburtsland    der 


28  RiEss,  Vertreibung  der  Portugiesen. 

Sonne.""  Die  Lotusblume  des  Gesetzes  sagt:  ""Die  Macht, 
durch  die  die  Buddhas  die  Welt  retten,  ist  ihre  vollkommene 
Allwissenheit,  durch  die  sie  alle  Lebewesen  glücklich  machen  und 
um  derentwillen  sie  die  unermessliche  göttliche  Allmacht  offen- 
baren."" Das  ist  ein  goldenes  Wort,  eine  wundersame  Stelle. 
Gott  und  Buddha  sind  im  Namen  verschieden,  aber  ihr  Sinn  ist 
nur  einer,  grade  als  ob  die  beiden  Hälften  eines  Spaltholzes  zusam- 
meno-efüQt  würden.  Die  Priester  und  Laien  des  Altertums  fuhren 
mit  o-öttlicher  Hilfe  über  den  Ocean  und  besuchten  das  entfernte 
Land  China  auf  der  Suche  nach  dem  Gesetze  Buddhas  und  den 
Lehren  über  die  Principien  des  Wohlwollens  ;  unermüdlich  brachten 
sie  die  esoterischen  und  exoterischen  Schriften  hierher.  Seit  jener 
Zeit  ist  die  Lehre  in  ungebrochener  Succession  von  Lehrer  zu 
Lehrer  überliefert  worden,  und  der  Ruhm  des  buddistisichen 
Gesetzes  ist  weit  grösser  gewesen  als  in  anderen  Ländern.  Dies 
erhärtet  die  Wahrheit,  dass  ""das  Gesetz  Buddhas  allmählich 
ostw^ärts  wandert."  " 

"Aber  die  Christenbande  ist  nach  Japan  gekommen,  indem 
sie  nicht  nur  ihre  Handelsschiffe  sandte  um  Waaren  auszutau- 
schen, sondern  auch  darnach  trachtete,  ein  böses  Gesetz  zu 
verbreiten,  die  rechte  Lehre  umzustossen,  so  dass  sie  die  Regierung 
des  Staates  verändern  und  vom  Lande  Besitz  ergreifen  könne. 
Das  ist  der  Samen  grosser  Zwietracht  und  muss  zermalmt  werden." 

"Japan  ist  das  Land  der  Götter  und  Buddhas;  es  ehrt  Gott 
und  verehrt  Buddha.  Die  Principien  des  Wohlwollens  und  des 
Rechtthuns  werden  als  von  höchster  Bedeutung  betrachtet,  und 
das  Gesetz  von  gut  und  übel  ist  so  gesichert,  dass  sich  findende 
Übelthater  nach  der  Schwere  ihres  Verbrechens  sich  den  fünf 
Strafen  der  Brandmarkung,  der  Nasenspaltung,  des  Abschneidens 
der  Füsse,  der  Castration  und  des  Todes  aussetzen.  In  dem  Buche 
über  Etiquette  heisst  es  :  "  "  Die  Stufen  der  Trauer  sind  zahlreich, 
und  die  angemessene  Kleidung  fünferlei.  Verbrechen  sind  viele, 
und  die  angemessenen  Strafen  sind  fünf.""  Wenn  irgend  Jemand 
eines  Verbrechens  verdächtig  ist,  so  lasst  die  Götter  Zeugniss 
ablegen.  Durch  Eid  soll  das  Vergehen  und  seine  Bestrafung 
bestimmt  werden,  und  die  Unterscheidung  zwischen  schuldig  und 
unschuldio-  soll  nicht  um  eines  Haares  Breite  abirren.  Verbrecher 
jeden  Grades   sind   ein    Greuel  vor  Buddha,  Gott,  der  Dreieinigkeit 


RiEss,  Vertreibung  der  Portugiesen.  29. 

der  Kleinodien,  der  Menschheit,  dem  Himmel  und  allen  lebenden 
Wesen.  Das  Ubermass  angehäufter  Bosheit  soll  nicht  entrinnen; 
durch  Kreuzigung  oder  Verbrennung  soll  die  Strafe  ertheilt  werden, 
denn  dies  ist  der  Weg,  um  das  Gute  zu  ermutigen  und  das  Böse  zu 
züchtigen.  Obwohl  man  wünschen  mag,  das  Böse  niederzuhalten, 
häuft  es  sich  doch  mit  Leichtigkeit  auf;  obwohl  man  wünschen 
mag,  im  Guten  Fortschritte  zu  machen,  ist  es  doch  schwer  nur 
darin  zu  beharren ;  deshalb  muss  Wache  gehalten  werden.  So 
ist  es  im  gegenwärtigen  Leben  ;  und  im  zukünftigen  Leben 
können  weder  alle  vergangenen,  gegenwärtigen  und  zukünftigen 
Buddhas  uns  vor  den  Vorwürfen  des  Höllenkönigs  retten,  noch 
die  Generationenreihe  unserer  Vorfahren  uns  helfen.  Fürchtet 
Euch   und    zittert  !  " 

"Die  Partei  der  Bateren  (  =  Patres)  lehnen  sich  gegen  diese 
Ordnung  auf.  Sie  glauben  nicht  an  den  Weg  der  Götter,  sondern 
schmähen  das  wahre  Gesetz,  verletzen  das  Rechtthun  und  thun 
dem  Guten  Abbruch.  Wenn  sie  einen  Verurteilten  sehen,  laufen 
sie  freudig  zu  ihm,  bücken  sich  vor  ihm  und  erweisen  ihm  Vereh- 
rung-. Das,  sasren  sie,  sei  das  Wesen  ihres  Glaubens.  Wenn  das 
kein  böses  Gesetz  ist,  was  denn  ?  Wahrhaftig,  sie  sind  die  Feinde 
der  Götter  und  Buddhas.  Wenn  dies  nicht  schleunig  verboten 
ward,  so  wird  später  gewiss  die  Sicherheit  des  Staates  gefährdet 
werden  ;  und  wenn  diejenigen,  denen  die  Ordnung  seiner  Ange- 
legenheiten obliegt,  nicht  dem  Übel  ein  Ziel  setzen,  so  werden  sie 
sich  der  Zurechtweisung  des  Himmels  aussetzen." 

"Jene  müssen  augenblicklich  weggefegt  werden,  so  dass  auch 
nicht  ein  Zoll  Erde  in  Japan  ihnen  bleibt,  um  ihre  Füsse  darauf 
zu  setzen,  und,  wenn  sie  sich  weigern  diesem  Befehl  zu  gehorchen, 
werden  sie  die  Strafe  fühlen.  Wir  sind  durch  den  Auftrag  des 
Himmels  begnadet  worden  Herr  von  Japan  zu  sein,  und  haben 
Jahre  lang  über  dieses  Reich  die  Gewalt  geführt.  Nach  aussen 
haben  wir  die  Vollkommenheit  der  fünf  Cardinaltugenden  offenbart, 
während  w-ir  zu  Hause~"zu  der  Lehre  der  Schriften  zurückgekehrt 
sind.  Aus  diesen  Gründen  blüht  das  Land,  und  das  Volk  freut 
sich  des  Friedens.  Die  Schrift  sagt :  ""  Wenn  das  gegenwärtige 
Leben  friedreich  und  ruhig  ist.  so  wird  in  dem  zukünftigen  Leben 
ein  guter  Platz  bereitet  sein.""  Confucius  hat  auch  gesagt: 
""Körper,    Haar    und    Haut    haben    wir    von    unserm   Vater   und 


30  RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesex. 

unserer  Mutter  empfangen  ;  sie  nicht  zu  verletzen  ist  der  Anfang 
kindlicher  Pietät."  "  Seinen  I.eib  zu  bewahren  heisst  Gott 
verehren.  Schnell  werft  das  böse  Gesetz  aus  und  verbreitet  unser 
wahres  Gesetz  mehr  und  mehr  ;  um  des  Weges  der  Götter  und 
Buddhas  willen  trotz  der  Verkommenheit  dieser  Spätzeit  zu  blühen, 
ist  das  Kennzeichen  eines  guten  Herrschers.  Lasst  den  Himmel 
und  die  vier  Meere  dies  hören  und  gehorchen  !  " 

So  weit  das  Edikt  vom  27.  Januar  1614.  Obwohl  uns  der 
salbungsvolle  Predigerton  an  einem  alten  Krieger  und  Staatsmann 
wie  IyeyaSU  auffallen  muss,  so  ist  doch  an  der  Autheuticität  dieses 
Aktenstückes  nicht  zu  zweifeln.  Etwas  anders  steht  es  mit  den 
15  Bestimmungen,  die  in  neueren  Werken  als  ein  Anhang  zu 
Iyeyasu'S  Proclamation  gegeben  werden.  Sie  finden  sich,  wie  mir 
Professor  MiKAMi  mittheilte,  in  gleichzeitigen  Aufzeichnungen 
nicht  und  sind  in  einem  für  officielle  Erlasse  sonst  nicht  üblichen 
Stil  abgefasst.  Andrerseits  wissen  wir,  dass  sie  später  regelmässig 
in  vielen  Theilen  Japans  vorgelesen  worden  sind.  Da  nun,  wie 
mir  Herr  MiKAMi  ebenfalls  mittheilte,  einige  alte  Abschriften  das 
Datum  des  23.  Juni  161 3  tragen,  so  ergeben  sich  einige  Schwierig- 
keiten, die  sich  aber  durch  eine  aufmerksame  Kritik  des  Inhalts 
doch  wieder  heben. 

Wir  müssen  deshalb  zunächst  eine  vollständige  Übersetzung  der 
fünfzehn  Paragraj^hen  nach  Satow  folgen  lassen,  um  dann  einige 
kritische  Bemerkungen  und  Erläuterungen  hinzuzufügen. 

I 

"  Da  das  Christengesetz  lehrt,  dass  diejenigen,  die  den  Tod 
verachten,  durchs  Feuer  gehen  können  ohne  verbrannt  zu  werden, 
oder  ins  Wasser  geworfen  werden  können  ohne  zu  ertrinken,  und 
dass  diejenigen,  die  sterben  indem  sie  ihr  eigenes  Blut  vergiessen, 
gerettet  werden,  so  ist  das  Gesetz  des  Reiches  sehr  strict.  Deshalb 
müsst  Ihr  solche,  die  sich  wenig  aus  dem  Tode  machen,  prüfen." 

"  Denen,    die    den    Christen   folgen,  wird  aus  Dattau  land*  eine 

■■■  Dattan.  land  ist  ein  Gebiet  in  der  !\Iandschurci,  hat  also  mit  den  japanischen  Christen 
nichts  zu  tlum.  Offenbar  liegt  ein  Misverständniss  des  Verfassers  dieses  Paragraphen  vor. 
Er  hatte  wohl  gehört,  dass  die  Unterstutzungen  von  einem  grossen  weit  im  Westen  gelegenen 
Königreich  kamen,  und  identificiortc  es  mit  dem  westlichsten  Lande  seines  Gesichtskreises. 


RiESs,  Vertreibung  der  Portugiesen.  31 

tägliche  Unterstützung-  von  sieben  Rin  gewährt,  um  das  Reich  zu 
Christen  zu  bekehren.  Es  ist  ein  böses  Gesetz,  das  das  Land  der 
Götter  schädigt.  Da  die  Anhänger  dieser  Lehren  das  Gesetz 
Sakya's  nicht  befolgen,  so  weigern  sie  sich,  Beiträge  zu  dem 
Tempel  ihres  Sprengeis  zu  zahlen,  und  hassen  den  Buddhismus. 
Solche  Lente  müsst  Ihr  prüfen. 

Diejenigen  hervorragenden  Gemeindemitglider,  die  sich  am 
Jahrestage  des  Gründers  ihrer  Secte,  an  BUDDHA'S  Todestage, 
beim  Box,  HiGAN,  und  dem  Todestage  ihrer  Ahnen  nicht  ein- 
stellen, sollen  ihr  Certificat  verlieren  und  dem  Amt  für  Religions- 
sachen angezeigt  Averden. 

Sie  müssen  bestimmt  geprüft  werden. 

4- 

Personen,  die  zu  den  Christen  oder  zu  der  Fi/Ji/-fii.zeSect&* 
gehören,  lehnen  den  Besuch  des  Priesters  am  Jahrestage  ihrer 
Vorfahren  ab.  An  diesem  Tage  machen  sie  zwar  gewöhnlich  dem 
Tempel  ihrer  Secte  einen  formlosen  Besuch,  versammeln  aber  dann 
im  Geheimen  ihre  Familie  ohne  die  Priester  ;  kommt  der  Priester, 
so  sehen  sie  unzufrieden  aus  und  verschmähen  seine  Hilfe. 

Ihr  müsst  sie  deshalb  prüfen. 

5- 
Ihr  müsst  vrissen,  dass  unter  Fuju-fiize  solche  Lente  gemeint 
sind,  die  ihren  Gemeindebeitrag  nicht  zahlen,  sich  selbst  überlassen 
die  Amtierung  des  Hauptpriesters,  der  die  Zugehörigkeit  zur  Secte 
bescheinigt,  verschmähen,  an  den  Kosten  des  Tempels  ihrer  Secte 
nicht  in  richtigem  Verhältniss  zu  ihrem  Vermögen  beisteuern  und 
in  ihrem  Herzen  ein  böses  Gesetz  hochhalten. 

*  über  die  Fiifii-fiize-'iecte  hat  mein  College  MiKAMi  in  der  Shigaku  Zasshl  im 
September  1897  eine  Studie  veröffentlicht.  Es  ist  eine  Abzweigung  der  Nichiren-Sectc, 
die  in  Kiushiu  vor  22  Jahre  wieder  an  die  Öffentlichkeit  trat.  Der  Xame  bedeutet  "  Nicht 
geben,  nicht  empfangen"  und  erldäj:t  sich  aus  der  strengen  Abgeschlossenheit,  die  diese 
Secte  zum  Princip  erhob.  Sie  erlaubt  weder  den  Besuch  anderer  Tempel,  noch  die 
Verteilung  von  Almosen  an  Priester  anderer  Secten,  noch  die  Annahme  von  Unterstüt- 
zungen von  Leuten,  die  nicht  zu  dieser  Secte  gehören.  Je  15  Gläubige  dieser  Secte  sollen 
eine  Gesellschaft  (Koslia)  und  je  10  solcher  Gesellschaften  eine  Mission  bilden.  An  der 
Spitze  aller  Missionen  soll  ein  Älann  stehen,  der  als  Stellvertreter  NiCHlREN's  anzusehen 
ist.  Dem  japanischen  Forscher  ist  die  Ähnlichkeit  der  Organisation  mit  der  der  Gesellschaft 
Jesu  sofort  aufgefallen.  Die  heiligen  Schriften  dieser  Secte  werden  im  Tempel  Miyokakuji 
in  Bizen  aufbewahrt.     Augenblicklich  soll  die    .Vnzahl  der    Gläubigen    etwa  200obetragen 


32  RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen. 

6. 

Das  Gesetz  der  Fuju-fuzc  ist,  dass  ihre  Anhänger  nichts 
von  dem  hören  wollen,  was  im  Tempel,  ihrer  Secte  ihnen  gesagt 
wird,  nichts  beitragen  wollen  zu  den  Kosten  des  Sectengründers, 
der  Reparatur  der  Idole  und  zu  den  allgemeinen  Tempelabgaben  und 
nichts  mit  einer  anderen  Secte  zu  thun  haben  wollen.  Das  ist 
ein  böses  Gesetz. 

Das  wahre  Gesetz  ist,  dass  menschliche  Wesen,  die  des  Himmels 
Wohlthaten  empfangen,  der  Erde  geben  sollen  ;  dass,  wer  von 
seinen  Eltern  Wohlthaten  empfangen  hat,  seinen  Kindern  geben  soll 
und  wer  von   BuDDHA  empfangen  hat,  den  Priestern  geben  soll. 

Deshalb  werdet  Ihr  sie  prüfen. 

7- 
Christen,    die     ///rttvz-Secte*      und    die    Fujn-Ftize   sind     drei 

Zweige  einer  Secte. 

Der  Gott,  den  sie  anbeten,  heisst  Godsu-Kirishitan-Teidzu- 
BUTSU  ;  und  Teidzu  nannte  sicli  selbst  Deus.  Mit  Hilfe  dieses 
Gottes  sehen  sie,  wenn  sie  in  einen  Spiegel  sehen,  das  Antlitz 
eines  Gottes  ;  wenn  sie  aber  ihre  Religion  verändert  haben, 
erscheinen  sie  wie  Hunde.  Das  ist  ein  Spiegel  des  bösen  Gesetzes. 
Wer  einmal  hineinschaut,  glaubt  fest  an  GODZU-KiRISiilTAN, 
Teidzu-BDTSU  und  betrachtet  Japan  als  ein  Land  der  Teufel. 

Da  es  nun  aber  das  Land  der  Götter  ist  und  die  Secten 
heimsucht,  so  halten  sie  sich  zum  Schein  zu  ihrer  Secte  und 
verkehren  mit  anderen  Leuten  ;  aber  im  Herzen  wollen  sie 
weder  geben  noch  empfangen,  noch  Gemeinschaft  mit  dem  Tempel 
ihrer  Secte  haben. 

Sie  müssen  deshalb  geprüft  werden. 

8. 

"  Obgleich  die  Eltern  seit  Generationen  zweiiellos  zu  einer 
der  acht  oder  neun  Secten  gehört  haben,  so  ist  man  keineswegs 
sicher,  dass  nicht  die  Kinder  in  ihrem  Herzen  überredet  sind, 
sich   dem   bösen   Gesetze  anzuschliessen. 

Der  Tempel  der   Secte.   zu  der   sie  gehören,  muss  sie  prüfen." 


*  Hiden  bedeutet  Almosen.  Von  einer  Secte  dieses  Namens  fand  MiKAJsn  nur  eine 
einzige  Erwähnung  ausser  der  obigen.  Im  Jahre  1694  wurden  drei  Tempel  bestraft,  weil 
sie  die  verbotenen  Satzungen  der  Fuju-fuzc  unter  dem  Manien  llidtn  angenommen  hatten. 
Sie  sollten  sich  der  y// ///;<•  (Empfange  und  gebe  nicht)  oder  einer  andern  Secte  conformieren. 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen.  33 

9- 

"Das  Gesetz  Buddha's  muss  durch  Predigt  und  Erklärung 
gefördert  werden,  und  das  Volk  muss  veranlasst  werden,  die 
Tempel  zu  besuchen.  Sie  müssen  angehalten  werden,  ihre  Pflicht 
zu  thun  durch  Beiträge  zu  den  Gemeindeausgaben,  Tempcl- 
diensten,  Bauten  und  Reparaturen.  Die  Anhänger  eines  bösen 
Gesetzes  oder  einer  bösen  Secte  thuen  nichts  für  den  Tempel. 
Sie  verkehren  wenig  mit  Andern  und  brechen  in  ihrem  geheimen 
Herzen  das  Gesetz  Buddhas,  da  sie  die  Ermahnungen  der 
Priester  nicht  befolgen, 

Deshalb  muss  geprüft  werden. 

10. 

"  Nach  dem  Tode  wird  das  Haupt  der  Leiche  kahlgeschoren 
und  ein  posthumer  Name  gegeben.  Der  Hauptpriester  muss  die 
Leiche  inspizieren  und,  nachdem  er  festgestellt  hat,  dass  sie  nicht 
zur  bösen  Secte  gehörte,  die  Sesfnung  vollziehen. 

Sorgfältige  Prüfung  muss  geschehen." 

II. 

"  Besondere  Sorgfalt  ist  erforderlich,  um  etwaige  Fälle  zu 
untersuchen,  in  denen  jemand  den  Tempel  seiner  eigenen  Secte 
übergeht,  den  Priester  eines  andern  Tempels  auffordert,  die 
Gebräuche  bei  einem  Leichenbegängnis  zu  vollziehen,  und  den 
Hauptpriester  seines  eigenen  Tempels  abweist. 

Sorgfältige  Prüfung  muss  geschehen  wegen  der  bösen  Secten 
und  des  bösen  Gesetzes." 

12. 

"Jetier  Person,  die  klärlich  dem  wahren  Gesetze  folgt,  soll 
ein  besiegeltes  Sectenzeugnis  gegeben  werden.  Savnirai  sollen 
ihr  Siegel  in  dem  Zeugnisregister  des  Tempels,  zu  dem  sie 
gehören,  eintragen.  Diejenigen,  die  mit  ihrem  Blut  keinen  Siegel- 
abdruck machen  können,  sollen  ein  von  einem  Bürgen  beglaubigtes 
Zeugnis  einsenden." 

13- 

"  Es  ist  streng  verboten,  die  Totenfeier  für  die  Ahnen  nach 
einem  andern  Tempel  zu  übertragen  und  dort  Gottesdienst 
abhalten  zu  lassen.       Dies    gilt  aber  nicht    für    solche    Fälle,   in 


34  RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen. 

denen  der  Tod  in  einer  fremden  Stadt  oder  Pi'ovinz  stattc^efunden 

liat.       Die     Hausaltäre,     Statuen     und     Bilder     von     l>uddha     und 

die  Opfcrhandlungen  müssen  sorgfältig  überwacht  werden.     Jedes 

Jahr,   wenn     der    Priester    zur  Zeit    des    7^ö//-festes    seine  Runde 

macht,     muss    er    die    Hausaltäre     derer,    die    zu     seiner     Secte 

gehören,  prüfen." 

14. 

"  Wenn  Jemand  stirbt,  müssen  die  Anordnungen  des  Secten- 
tempels  in  Allem  befolgt  werden. 

'.5. 

"  Die  Feinde  des  Reiches  und  der  Gegenstand  der  Feind- 
schaft des  Volkes  sind  die  Christen,  die  Fiijii-fiize  und  die  Hiden- 
Secte,  VVen.n  Verwandte  eines  Bateren  (Paters)  sterben,  muss 
dem  Tempelamt  Nachricht  gegeben  werden,  das  eine  Untersu- 
chung befehlen  wird,  und  der  Priester  der  Secte,  zu  der  der  Verstor- 
bene gehörte,  soll  das  Begräbnis  leiten.  Wenn  das  Begräbnis 
stattfindet,  ehe  das  Amt  benachrichtigt  ist,  wird  der  Priester 
verantwortlich  gemacht  werden.  Sorgfältige  Untersuchung  ist 
notwendig.  Der  Gemetndepriester  darf  keinesfalls  ohne  Grund 
einen  höheren  Betrag  verlangen,  als  den  Mitteln  seines  Gemeiri- 
demitgliedes  angemessen  ist.  Das  wahre  Gesetz  ist,  dass  der 
Mensch  das  Gesetz  Buddhas  und  das  Gesetz  des  Souverains  mit 
vollkommener  Treue  ehren   soll." 

"  Wenn  ein  einziges  von  diesen  fünfzehn  Gesetzen  nicht 
befolgt  wird,  so  sei  der  Schuldige  der  göttlichen  Bestrafung 
verfallen  durch  Bonten  TaisHAKU,  die  vier  grossen  himmlischen 
Könige,  die  dunkeln  Beamten  der  fünf  Höllen,  TenSHO-Daijin- 
Gu  von  Ise  in  Japan.  Hachiman  Daibosatsu,  KaSUGA 
DaimyöjIN,  ferner  durch  seinen  Schutzgott  und  alle  Götter  der 
sechzig  und   einigen   Provinzen  Japans." 


Der  erste  dieser  fünfzehn  Paragraphen  giebt  als  Kennzeiclicn 
christlicher  Gesinnung  Todesverachtung  und  Hoffnung  auf  Erlö- 
sung an  und  schreibt  die  Prüfung  aller  todesfreudigen  Menschen 
als  des  Christentums  verdächtig  vor.  Alle  übrigen  Artikel 
beschäftigen  sich  mit  Massregeln  zur  Aufrechterhaltung  specieller 
buddhistischer  Bräuche  mittels  einer  geeigneten  Controlle  der 
Einzelnen.       Der  ganze  Ton    ändert    sich    mit    Paragraph  2,    der 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen'.  35 

mit  Anführung  der  Gründe  anhebt,  weshalb  eine  sorgfältige 
Aufsicht  im  Interesse  der  buddhistischen  Religion  nötig  ist.  Ich 
glaube  nicht  zu  irren,  wenn  ich  annehme,  dass  der  erste  für  sich 
allein  stehende  Paragraph  die  Anweisung  des  Iyeyasu  enthält, 
die  er  gab,  als  er  von  den  Priestern  Hilfe  zur  Aufspürung  von 
Christen  verlangte.  Die  detaillierten  Vorschriften,  die  dann 
folgen,  sind  von  buddhistischen  Priestern  gemacht  worden,  die 
vom  Wesen  des  Christentums  keine  Vorstellung  hatten,  es  mit 
andern  ihnen  misliebigen  Secten  identificierten  und  auf  allerlei 
Mittel  zur  Stärkung  der  (in  buddhistischen  Ländern  wenig  ent- 
wickelten) parochialen  Ordnung  sannen.  Der  äusserliche  und 
naiv-materielle  Geist  aller  Paragraphen  bis  auf  den  ersten  fällt 
deutlich  in  die  Augen  und  verräth,  im  Gegensatz  zu  der  das 
politische  und  nationale  Interesse  stark  hervorhebenden  Procla- 
mation,  den  mönchischen  Ursprung.  Die  Secten,  die  mit  den 
Christen  in  dieselbe  Kategorie  gestellt  werden,  haben  auf 
Kiushiu  ihre  Hauptverbreitung  gehabt.  Wahrscheinlich  haben 
Mönche  aus  dem  Daimyat  des  dem  Herrscherhause  verschwä- 
gerten Arima  schon  vor  der  Veröffentlichung  der  Proclamation 
im  Auftrage  des  lYEYASU  diese  Massregeln  zur  Aufifindung  der 
religiös  Verdächtigen  zusammengestellt,  so  dass  sich  das  frühere 
Datum  der  älteren  Handschriften  rechtfertigt. 

Ich  habe  deshalb  im  vorangehenden  Aufsatz  nur  den  ersten 
Paragraphen  zur  Beleuchtung  von  Iyeyasu's  Auffassung  über 
das  Christentum  herangezogen,  das  Übrige  aber  bei  Seite 
gelassen. 


t> 


Anhang  No.  2. 

Hingabe  der  verbündeten  Holländer  nnd  EfiglänJer  an  den 
Shogmi.     Hirado,     28.  August  1620. 

(Nach  der  im  India    Office    befindlichen    englischen    Überset- 
zung des  holländischen  Originals  zum  ersten   i\Iale   publiciert.) 

"Wir  theilen  ehrfurchtsvoll    der    Majestät    des   Kaisers   mit: 
Jetzt  ist  die  Differenz,    die,    wie    Eure  Majestät   wissen,   zwi- 
schen der  englischen   und  niederländischen  Nation  bestanden  hat, 
zu  Ende,  wie  verschiedene  in   Jacatra  angekommene    Schiffe,  eins 


36  RiESs,  Vertreibung  der  Portugiesen. 

aus  England  und  eins  aus  Holland,  gemeldet  haben,  und  aller 
frühere  Zwist  zwischen  uns  ist  bei  Seite  gelegt  und  völlig  geendigt. 
Deshalb  sind  wir  übereingekommen  und  entschlossen,  alle  Portu- 
giesen und  Spanier,  wo  wir  sie  auch  treffen,  anzutasten  und  zu 
schädigen,  weil  er  (der  König  von  Spanien)  behauptet,  er  sei  der 
Monarch  von  ganz  Europa.  In  dieser  Beziehung  bitten  wir  Eure 
Majestät,  an  das  Vorgehen  des  Königs  von  Spanien  und  seiner 
Unterthanen  zu  denken,  die  bereits  als  feste  Ansiedler  in  Lucon 
und  Macao  eingedrungen  sind. 

Mögen  Sie  geruhen,  im  Interesse  der  Erhaltung  Ihres  Staa- 
tes ihr  Thun  besonders  im  Auge  zu  behalten,  wie  wir  Eure  Majestät 
zum  Beispiel  auf  unsere  letzte  Demonstration  verweisen,  die  wir 
Ihrem  Vater  Ongoshosama  im  i5ten  Jahre  KeicJio  (i6ii)  und 
nachher  Eurer  Majestät  im  ßten  Jahre  Genua  (1617)  bezüglich 
des  Vorgehens  ihrer  Priester  eingereicht  haben.  Und  mögen 
Sie  nicht  denken,  dass  wir  es  aus  Feindschaft  thun,  weil 
wir  so  viele  Jahre  mit  Spanien  Krieg  geführt  haben,  sondern  nur, 
(wie  es  in  Wahrheit  geschieht)  um  Eurer  Majestät  Land  nnd  Staat 
vor  den  verrätherischen  Ränken  der  Priester  zu  schützen,  die  ja 
in  sich  eine  genügende  Warnung  sind.  Eure  Majestät  wird,  wenn 
Sie  nur  ihre  Thaten  überwachen,  mit  der  Zeit  die  Wahrheit  von 
alledem  finden. 

Im  Auftrage  unserer  Fürsten  sind  wir  nunmehr  mit  zehn  grossen 
Schiffen  (englischen  und  niederländischen)  in  Hirado  angekommen 
und  wollen  möglichst  bald  nach  Lucon  und  ]\Iacao  in  See  gehen,  um 
anzutasten  und  zu  schädigen,  wen  wir  dort  finden.  Deshalb  bitten 
imd  ersuchen  wir  Eure  Majestät  ernstlich,  keine  Pässe  oder 
Briefe  mehr  an  irgend  welche  Dschunken  für  die  erwähnten  Plätze 
auszustellen.  Denn  durch  sie  wird  unser  Feind  mit  Lebensmit- 
teln und  Kriegsmaterial  versehen,  was  doch  nur  wenigen  japa- 
nischen Kaufleuten  Vorteil  bringt.  Eurer  Majestät  Länder  und 
Staaten  aber  sehr  schädigt.  Denn  so  lange  die  Fahrten  von 
Japan  nach  Lucon  und  Macao  fortgehen,  mögen  Eure  Majestät 
versichert  sein,  dass,  obwohl  es  strict  verboten  werden  mag,  sie 
doch  nicht  aufhören  werden,  Ordensbrüder  von  dort  zu  bringen, 
so  lange  ihnen  dieser  Handel    erlaubt  ist. 

Wenn  aber  Eure  Majestät  nicht    geruhen   wollen,     uns  hierin 
zu  begünstigen,  so  werden  wir  dennoch  mit  grösstem  Eifer  jedem 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen.  37 

von  Eurer  Majestät  Uiiterthanen,  wo  wir  ihn  auch  treffen, 
helfen  und  nützh"c]i  sein,  da  wir  von  unsern  Fürsten  den  Auftrag 
haben,   es   zu  thun. 

Um  nun  alle  Differenzen  und  Mishclligkeiten  zwischen 
uns  und  Eurer  Alajestät  Unterthanen  zu  vermeiden,  so  bitten  und 
ersuchen  wir  ernstlich,  dass  Eure  Majestät  geruhen  möge,  den 
Kapitänen  der  Dschunken,  die  von  Japan  nach  verschiedenen 
Plätzen  segeln,  zu  befehlen,  keine  Spanier  oder  Portugiesen  oder 
irgend  welche  ihnen  gehörige  Güter  an  Bord  zu  nehmen,  wie  sie 
es  oft  und  fast  jedes  Jahr,  auch  dieses  Jahr  wieder  in  Macao, 
gethan  haben.  Denn  gewisse  japanische  Dschunken,  die  nach 
ihrem  Pass  nach  Cochinchina  fahren  sollten,  haben  Macao 
angelaufen,  wo  zwei  unserer  Schiffe  sie  vor  Anker  liegend  fanden 
und  auf  Grund  Eurer  Majestät  Pass  nicht  nur  nicht  belästigten, 
sondern  sogar  freundlich  behandelten.  Auch  sagte  uns  der 
Kapitän  von  einer  dieser  Dschunken,  dass  er  durch  schlechtes 
Wetter  gegen  seinen  Willen  dorthin  getrieben  wäre,  was  sich 
nachher  als  falsch  herausstellte,  denn  fast  seine  ganze  Ladung 
bestand  aus  portugiesischen  Gütern  und  er  hatte  auch  Portugiesen 
als  Passagiere.  Damit  kam  er  in  Hirado  an  und  fuhr  sogleich 
nach  Nagasaki,  sodass  die  Portugiesen  sich  nicht  entblödeten, 
uns  zu  necken,  da  sie  uns  getäuscht  und  Eurer  Majestät  Pass 
nicht  getreu  befolgt  hatten.  Denn  statt  nach  Cochinchina  lenkten 
sie   ihren  Kurs  nach  Macao. 

Wenn  Eure  Majestät  all  diese  Dinge  wohl  bedenken,  so  hof- 
fen wir,  dass  eine  Verordnung  erlassen  werden  wird,  dahingehend, 
dass  künftig  alle  Dschunken  dorthin  gehen,  wohin  Eurer 
Majestät  Pass  es  vorschreibt,  ohne  den  Platz  zu  ändern,  und  dass 
sie  weder  portugiesisclie  Güter  annehmen  noch  irgend  welche 
Portugiesen  als  Passagiere  transportieren.  In  solchem  Falle 
versprechen  wir,  ihnen  alle  mögliche  Freundschaft  und  Gunst  zu 
erweisen,  wenn   wir  sie  auf  hoher  See  oder  an  der   Küste    treffen. 

Gegeben    Hirado,  den  28.  August   1620." 


38  RiEss,  Vertrkihung  dkr  Portugiesen. 

Anhang  No.  3. 

Über  die  Quellen  für  die  i ragische  Episode  vom  7. 

Januar  i6ior 

Kaempfer  hat,  wie  er  selbst  angiebt,  "in  einem  japanischen 
Manuscripte  eines  Nangasackischen  Bürgers "  die  Vernichtung 
eines  fremden  Schiffes  und  seiner  Bemannung  im  Hafen  von 
Nagasaki  erzählt  gefunden. f  Der  Zusatz  am  Rande  in  der 
Handschrift  seines  Neffen,  "  ist  vor  80  lahren,  also  etwa  um  das 
Jahr  1610  geschehn,"  lässt  keinen  Zweifel  übrig,  dass  es  sich  um 
die  Episode  handelt,  die  auch  in  unserer  Darstellung  eine  Stelle 
gefunden  hat.  Der  fleissige  Autor  "zweifelte  nicht"  an  der 
Wahrheit  der  Begebenheit  und    "trug  daher  kein  BedenkL-n,  sie 

nach     der     japanischen      Erzählung     von     Wort      zu     Wort 

einzurücken." 

In  der  That  giebt  es  eine  japanische  Monographie  über 
diese  traurige  Episode.  Sie  führt  ^(t\\  Titel  Kiirofime  Hanchinki 
(lllüll#iitttl),  "  Bericht  über  die  Zerstörung  des  schwarzen 
Schiffes  "  ;  denn  der  dunkle  Anstrich  der  europäischen  Fahrzeuge 
hat  ihnen  bei  den  an  ungestrichene  Holzboote  gewohnten 
Japanern  diesen  von  der  Farbe  hergenommenen  Gattungsnamen 
verschafft.  Die  Monographie  ist  1661  abgefasst,  klar  geschrieben 
und  mit  einer  interessanten  Illustration  versehen.  Vergleicht 
man  sie  aber  mit  der  angeblich  wortgetreuen  Übersetzung  bei 
Kaempfer,  so  ergiebt  sich  bei  aller  Aehnlichkeit  die  störende 
Differenz,  dass  der  deutsche  Autor  von  einem  "grossen  spani- 
schen Schiff"  spricht,  das  in  Nagasaki  vernichtet  wurde,  um  den 
Raub  einer  japanischen  Dschunke  "  unweit  Manilla  "'  durch  die 
"  Castilianer  "  zu  rächen,  während  die  japanische  Quelle  von 
Macao  und  den  Portugiesen  spricht. 

Es  kann  aber  kein  Zweifel  sein,  dass  KÄMPFER  im  Irrthum 
ist.  Denn  nicht  nur  sind  alle  japanischen  Quellen,  die  wir 
besitzen,  darüber  einig,  dass  es  sich  um  ein  portugiesisches 
Schiff  aus  Macao  handelte;  sondern  auch  die  von  PageS  benutzten 


*  Siehe  die  obige  Darstellung  auf  Seite  S  und  g. 
t  Viertes  Buch,  fünftes  Kapitel,  S.  67. 


RiESs,  Vertreibung  der  Portugiesen.  39 

Berichte  der  in  Japan  residierenden  Geistlichen  sprechen  nur  von  dem 
portugiesischen  Scln"ff  La  Madre  de  Diosr  In  der  Zeit  zwischen 
dem  Scharmützel  in  Macao  im  Jahre  1607  und  dem  Erscheinen 
der  La  Jfadre  de  Dios  ist,  angeblich  wegen  der  holländischen 
Piraterien,  kein  Schiff  von  Mac<io  nach  Japan  entsandt  worden. 
Der  Führer  des  unglückliclien  Königsschiffes  vom  Jahre  if  09  war 
der  Exgouverneur  ANDREA  PeSSOA,  wie  wir  aus  portugiesischen 
Quellen  wissen. 

Von  japanischen  Berichten  kommen  ausser  der  bereits 
erwähnten  Monographie  nur  wenige  ältere  Compilationen  in 
Betracht.  Ich  gebe  nur  die  Titel  der  von  mir  herangezogenen 
Quellen  an.  Die  Zoku  Nagasaki-shi  (,li:gll||^>)  enthält  Noti- 
zen, die  in  den  Daten  ungenau  sind.  Ebenso  verhält  es  sich 
miX.  LOichö  Nikki  (^^SBta).  Aus  Keichö  Nenrokn  (^-g^^^) 
theilt  SuGaNUMA  (Seite  468}  einen  vom  24.  August  1609  datierten 
Brief  an  den  Vorsteher  von  Macao  mit,  worin  IyeyasU 
anerkennt,  dass  Japaner,  die  in  Macao  sich  vergangen  haben, 
nach  den  dortigen  Gesetzen  bestraft  werden  sollen.  Damals 
befand  sich  der  Adressat  bereits  länger  als  zwei  Monate  in 
Japan.  Es  ist  ein  interessanter  Überrest  der  Verhandlungen,  die 
der  endgültigen  Weigerung  Pessoa'S,  sich  dem  japanisclien 
Gerichte   zu  stellen,   vorangingen. 

Von  holländischer  Seite  haben  wir  einen  lirief  des  Ober- 
hauptes SpecX  aus  demselben  Jahre  1610,  worin  er  den  Vorgang 
kurz  in  ähnlicher  Weise  darstellt,  wie  die  japanischen  Quellen 
auch.  Wir  erfahren  ferner  von  den  Holländern,  dass  sieben  Jahre 
später  durch  Taucher  wertvolle  Waaren  aus  dem  Wrack  geborgen 
seien.  Ja  nach  dem  Tagebuch  der  Factorei  haben  sich  noch  1653, 
also  43  Jahre  nach  dem  PLreignis,  3  Barren  Silber  und  anderes 
heraufholen  lassen. 

KaemtfeR  hatte  also  ganz  Recht,  an  der  Wahrheit  der  Bege- 
benheit nicht  zu  zweifeln.  Die  Argumente,  mit  denen  sein  sorg- 
fältiger Herausgeber  DOHM  die  Wahrscheinlichkeit  der  Erzählung 
bestreitet,  sind  einfach  eine  Überspannung  der  Methoden 
objectiver  Kritik,  wie  sie  uns  bei  einem  Zeitgenossen  VoLTAIRE's 
und   DiderOT'S   nicht   Wunder   nehmen   können. 


*  Eine  Handschiift  nennt  das  Schiff  Nossa  Setthora  da  Gra(}a. 


40  RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen. 


Anhang  No.  4. 

Der  Brief  des  Prinzen  Moritz  von  Nassau  an  den  Shognn  vom 
18.  Dezember  1610  nnd  seine   Übersetzungen. 

Ein  lano-er  und  bemerkenswerther  Brief  an  den  Shogun,  den 
der  Stadthalter  den  Bewindhebbcren  der  Ostindisclien  Coinpag- 
nie  am  18.  December  1610  hat  zustellen  lassen,  damit  diese  ihn 
durch  ihre  Factorei  in  Hirado  an  seine  Adresse  beförderten,  ist 
uns  im  holländischen  Texte  *  noch  erhalten.  Dieser  Brief  ist 
Iyeyasu  nach  der  Angabe  des  Oberhauptes  BrOUWER  t  in 
spanischer  Übersetzung  zugestellt  worden.  Diese  verloren  ge- 
gangene spanische  Wiedergabe  ist  von  zwei  in  Japan  residie- 
renden Holländern  unterschrieben,  d.  h.  doch  wohl  beglaubigt 
worden  ;  denn  in  der  facsimilierten  japanischen  Übersetzung,  die 
an  den  Reichsrath  HONDA  KOSUKE  NO  Ka^II  adressiert  ist,  findet 
sich  am  Schluss  die  Bemerkung  :  zwei  Überbringer,  Hendrick 
Brouwer  und  Jacques  (Jacob)  Specx.:|:  Von  dieser  spanischen. 
Wiedergabe  wurde,  wahrscheinlich  in  Nagasaki,  eine  japanische 
Übersetzung  gemacht,  deren  wichtigster  Theil,  von  einem  japani- 
schen Christen  ins  Portugiesische  übersetzt,  von  PaGES 
französiscli  mitgeteilt  worden  ist.§  Eine  etwas  abgekürzte 
Fassung  in  japanischer  Sprache  ist  das  oben  erwähnte,  an  den 
Reichsrath  Honda  Kosuke  nO  Kami  adressierte  Aktenstück, 
das  in  einem  alten  Facsimile  im  Hi.storiographischen  Bureau  noch 
erhalten  und  bei  SUGANUMA  S.  505-507  gedruckt  ist.  Aus  einer 
andern  correcten  Kopie  hat  es  Yamagata  ShozO  mitgeteilt, 
Wir  besitzen  also  drei  Fassungen  des  Briefes  vom  18.  December 
1610:  erstens  die  originale,  zweitens  eine  portugiesische  Rückü- 
bersetzung des    Hauptteiles    aus     dem    Japanischen,  drittens  eine 


*  Abgedruckt  bei  van  Dijk,  lets  over  onze  vroegste  Betrekkingen  met  Japan.  (Am- 
sterdam 1858.)  S.  36—39.     Deutsch  wiedergegeben  von  Nachod  als  Beilage  lo. 

f  in  seinem  Briefe  vom  13.  Febr.  1613,  mitgetheilt  bei  Xachod,  Beilage  12,  S. 
XXXVIII. 

\  im  japanischen  Kana  sehen  diese  Namen  so  aus  :  Andreikohoroim'arii  und  Jakau- 
bestisehekuse.     Jacques  Specx  war  damals  Olierhaupt  der  Faktorei  in  Hirado. 

§  Im  Annexe  No.  18,  S.  93 — 94. 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen. 


41 


grade  im  Ilauptteile  abgekürzte  japanische  Wiedergabe.  Die 
beiden  letzteren  gehen  nicht  auf  das  Original,  sondern  auf  die 
in  Japan  von  den  Holländern  gemachte  spanische  Übersetzung 
zurück.  Das  ausführlichere  Bruchstück  kommt  an  vielen  Stellen 
dem  Original  näher  ;  wo  es  aber  stark  abweicht,  hat  auch  die 
abgekürzte  Wiedergabe  des  Ganzen  übereinstimmende  Ab  weich  un- 
cren.  Daraus  können  wir  schliessen,  dass  an  diesen  Stellen  in 
der  spanischen  Überarbeitung  nicht  das  stand,  was  das  Original 
enthält,  sondern,  was  die  japanischen  Übersetzungen  geben.  Zur 
Gewissheit  wird  diese  Annahme,  dass  die  übersetzenden  Holländer 
sich  mit  dem  Briefe  des  Statthalters  grosse  Freiheiten  erlaubt 
haben,  durch  einen  offenbar  in  Japan  ausgeheckten  Zusatz  am 
Anfange  und  eine  Veränderung  am  Schlüsse,  die  auf  japanische 
Anschauuncfen  Rücksicht    nimmt. 

Im  Folgenden  stelle  ich  dem  vollständig  abgedruckten 
Üriginalbriefe  die  in  Japan  entstandenen  Wiedergaben  gegenüber, 
indem  ich  starke  Abweichungen  in  beiden  Columnen  durch 
Cursivdruck   markiere  : 


(Nachod's    Übersetzung    des 
Originals) 
"Au      den     grossviäcJitigstcn 
Kaiser    und  König  von  Japan, 
Gruss  ! 


Euer  Kaiserlichen  Majestät 
Brief  habe  ich  mit  grosser 
Ehrerbietung  empfangen  und 
sehr  gern  vernommen,  dass  Euer 
Kaiserliche  Majestät  belieben, 
die  Holländer,  meine  Untcr- 
thanen,  so  gnädig  in  Euer 
Kaiserlichen  Majestät  gross- 
mächtigem, weltberühmtem  und 
sehr    angesehenem     Kaiserreicli 


(Aus  dem    Japanisclien.) 
An    den     Fürsten     Minamoto 
lyeyasn.  ! 

Etv.  Ditrchlaucht  RuJini  als 
Kriegsheld  ist  ohne  Beispiel 
unter  dem  Himmel.  Ich  begluck- 
zvnnsche  Sie  .zu  dem  Friede n^ 
tvclcJien  Sie  fiir  Ihr  Land 
geschaffen  haben. 

Sie  haben  mir  von  Ihrem 
entfernten  Lande  einen  Brief 
zugesandt,  wofür  ich  Ihnen  nicht 
srenuo-  danken  kann.  In  diesem 
Briefe  sagen  Sie,  dass  Hollän- 
der, die  nacli  Japan  kommen, 
dort  die  Freiheit  des  Handels 
Qeniessen  sollen.  Auch  dafür 
empfangen  Sie  meinen  Dank. 


4^ 


RiESs.  Vertreusunc;  der  Portugiesen. 


zu  empfangen,  indem  ihnen 
Erlaubniss  erteilt  wird,  in  allen 
unter  Euer  Kaiserlichen  Maje- 
stät Gebot  stehenden  Plätzen, 
Ländern  und  Inseln  Handel 
treiben  zu  dürfen  und  sie  unter 
Euer  Kaiserlichen  IMajestät 
Schutz  gennommen  werden, 
was  mir  selir  angenehm  ist  ; 
und  danke  ich  F.uer  Kaiserlichen 
Majestät  für  so  onädigeWohlthat 
aufs  höchste. 

Wohl  wünschte  ich  mit  Euer 
Kaiserlichen  Majestät,  dass  die 
Länder  meines  Gebietes  denen 
von  Euer  Kaiserlichen  Majestät 
näher  gelegen  wären,  damit 
auch  Euer  Kaiserlichen  Majestät 
Ünterthanen  kommen  möchten, 
um  dieselben  zu  besuchen  ; 
dann  würde  ich  mit  der  That 
meine  Geneigtheit,  dankbar  zu 
sein  für  die  Gunst,  die  Euer 
Kaiserliche  Majestät  meinen 
Unterthai'.en  erzeigt  und  bewie- 
sen haben,  beweisen  können  ; 
da  dieses  jedoch  wegen  der 
erossen  Entfernung  der  Länder 
nicht  geschehen  kann,  so  lioffe 
ich  dennoch,  dass  mit  der  Zeit 
sich  Gelegenheit  bieten  wird, 
von  meiner  guten  Zuneigung 
zu  unserer  begonnenen  Freund- 
schaft weiteren  Beweis  liefern 
zu  können. 

Euer  Majestät  haben  vor 
einigen  Jaliren  ihre  Gunst  und 
Gnade  den  Holländern  bewiesen, 


Wären  unsere  Länder  ein- 
ander näher,  so  würden  ohne 
Zueifel  einige  Ihrer  Landsleute 
auch  unsere  Küsten  besuchen, 
so  dass  wir  dann  eine  Gelegen- 
heit hätten,  Ihre  Gastfreund- 
schaft zu  erwidern .  Da  dies 
aber  unmöglich  ist,  so  weiss  ich 
nicht,  wie  ich  Ihre  Freundlich- 
keit vergelten  soll. 


I.)  Vor  einiger  Zeit,  als  unser 
Land  Ihnen  noch  unbekannt 
war,    hatte  eins  unserer    Schiffe 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen. 


43 


sogar  zu  einer  Zeit,  wo  der 
holländische  Name         Euer 

Kaiserlichen  Majestät  noch  un- 
bekannt war,  durch  die  dem 
Kapitän  Jacob  Jansz.  Ouaecker- 
naeck,  der  in  sehr  elendem  Zu- 
stand mit  seinem  Schiff  und  Volk 
in  Euer  Kaiserlichen  Majestät 
Land  gekommen  war,  erzeigte 
grosse  Gunst  und  Wohlthat,  ohne 
Rücksicht  auf  die  Falschheit  und 
Lügen,  womit  die  Portugiesen 
sie  beschuldigten  ;  wegen  aller 
dieser  Wohlthaten  wird  der  Name 
derPersonEuer  Kaiserlichen  Ma- 
jestät bei  mir  und  meinen  Unter- 
thanen  in  solch  grosser  Achtung 
und  Weisheit  gehalten,  als  Grund 
dazu  ist  und  als  sich  gebührt. 

Meine  Unterthanen  haben 
vordem*  auch  grosse  Arbeit  und 
Unkosten  gehabt,  um  ihren 
Handel  im  Reiche  von  China 
zu  betreiben,  und  sind  bisher 
auf  drei  verschiedenen  Reisen 
mit  ihren  Schiffen  an  den  Flüs- 
sen dieses  Reiches  sjewesen 
und  haben  entweder  Kaufleute 
oder  Gehilfen  an  Land  gehabt ; 
sofort  aber  haben  die  Portu- 
giesen nach  ihrer  alten  Ge- 
wohnheit mit  ihren  Lügen, 
Falschheiten  und  Geschenken 
so  viel  bei  den  Gouvernören 
oder    Mandarinen      zuwege    ge- 


Mangel an  Lebensmitteln  und 
lief,  um  sie  sich  zu  verschaffen, 
in  einen  Ihrer  Häfen  ein.  Bei 
dieser  Gelegenheit  wurde  Ihnen 
von  den  Portugiesen  gesagt, 
dass  die  Holländer  eine  Bande 
von  Piraten  seien.  Aber  Sie 
schenkten  der  Angabe  keinen 
Glauben  und  leisteten  unseren 
Landsleuten  Hilfe.  Das  war 
eine  besondere  Freundlichkeit. 


Drei  Mal  hintereinander  habe 
ich  meine  Schiffe  nach  China 
geschickt,  um  Handelsbezie- 
huneen  mit  diesem  Königreiche 
anzuknüpfen,  und  auf  einem 
dieser  Schiffe  habe  ich  eine 
Gesandtschaft  an  den  König 
geschickt.  Aber  die  Portu- 
giesen haben  dem  König  von 
China  bedeutende  Geschenke 
angeboten  und  haben,  indem 
sie  alle  möglichen  Mittel 
anwandten,  die  Gesandtschaft 
verhindert.  Der        Gesandte 

ist       zurückgekommen,        ohne 


*  Nachod  übersetzt  das    "  voor  dezen  " 
des  holländischen  Originals  mit  "  seither." 


44 


RiESs,  Vertreiüuxg  der  Portugiesen. 


bracht  und  meine  Unterthaucn 
so  schlecht  gemacht,  dass  sie, 
ohne  echört  worden  zu  sein, 
das  Land  und  die  Flüsse  wie- 
derum liaben  räumen  müssen. 

Und  obschon  ich  wohl  meine, 
dass  diese  Portugiesen  und 
Castilianen  mit  aller  möglichen 
Arglist  und  Betrug  in  ihrer 
alten  Gewohnheit  fortfahren 
werden,  beson.ders  dahin  zu 
trachten,  dass  meine  Unter- 
thanen  aus  Euer  Kaiserlichen 
Majestät  mächtigem  Kaiser- 
reich ausgestossen  werden 
sollen,  nicht  des  Schadens  Jialbcr^ 
den  sie  ihnen  im  Handel 
zufügen  könnten,  sondern  wegen 
der  Furcht,  die  sie  haben,  dass 
die  von  ihnen  beanspruchte 
Herrschaft  über  die  ganze  Welt 
offen  zur  Schau  kommen 
könnte,  zum  grossen  Schaden 
derselben  :  so  ersuche  ich  Euer 
Kaiserliche  Majestät  freundlich, 
dass  Euer  Kaiserliche  Majestät 
beliebe,  ihren  Lästerungen,  da 
sie  aus  feindlichem  Munde 
kommen,      keinen     Glauben     zu 


etwas     auszurichten,     j  i      ohne 
selbst  landen    zu  dürfen.* 


D.i  die  Portugiesen  nnd 
Spanier  meine  Feinde  sind,  so 
kann  es  sich  ereignen,  dass  sie 
in  Japan  ebenso  handeln,  und 
dass  sie  Eure  Hoheit  zu 
bestimmen  suchen,  den  Hol- 
ländern nicht  das  Wohnen  in 
Iliren  Staaten  zu  erlauben,  in- 
dem sie  angeben,  dass  sie  selbst 
und  ihr  Handel  mit  Japan 
schon  alten  Datums,  dass  aber 
die  Holländer  erst  zwn  gestern 
seien,  und  dass  durch  das 
Fussfassen  der  Holländer  in 
jfapan  der portttgiesische  Handel 
Schaden  leiden  würde.  Aber 
Eure  Hoheit  darf  solchen 
Reden,  die  in  allen  Punkten 
falsch  sind,  keinen  Glauben 
schenken. 

Die  W^ahrheit  ist,  dass  die 
Portugiesen  und  Spanier  den 
Ehrgeiz  haben,  die  Welt  zu 
erobern,  und  dass  sie  die  Ankunft 


'■  In  der  kürzeren  japanischen  Fassung 
lautet  dieser  Passus  : 

"  Wir  versuchten  vor  einiger  Zeit,  mit 
China  Handelsverkehr  zu  eröffnen  und 
sandten,  um  ein  Biinrlniss  mit  jenem  Lande 
zu  schliessen,  zweimal  Lriefe  und  einmal 
einen  Gesandten  ;  aber  alles  ohne  Erfolg 
wegen  der  Ijestcchungen  durch  die  Portu- 
giesen. 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen. 


45 


schenken,  ^\ührend  sie  zweifel- 
los noch  in  ilireni  eigenem 
Strick  "•eiansr'^n   werden   sollen. 


Wie  es  vor  einigen  Jahren  zu 
Bantam,  Patani  und  andern 
Plätzen  sich  erzeigt  hat,  wo  sie 
dergleichen  Händel  gepflegt 
und  ernstlich  danach  getrachtet 
haben,  jedoch  durch  ihre 
Betrügerei,  Aufgeblasenheit 

und  erkannten  Lügen  daraus 
Verstössen  und  meine  Unter- 
thanen  seither  in  aller  Freund- 
schaft und  Treue  behandelt  und 
empfangen  worden  sind. 

Und  damit  sie  in  allen  ihren 
Vorhaben  vereitelt  mögen  wer- 
den, ersuche  ich,  dass  Euer 
Kaiserliche  Majestät  beliebe, 
mit  guter  und  sorgfältiger 
Vorsichtigkeit  den  doppelten 
Durchtriebenheiten  der  jcsni- 
ten  oder  Väter  der  Gesellschaf- 
ten vorzubeugen,  die  mit  dem 
Schein  religiöser  Heiligkeit 
Euer  Kaiserlichen  Majestät 
vortreffliches  Königreich  durch 
Veränderung  der  Religion 
langsamer      Hand       in       Zwist, 


meiner  Schiffe  in  den  Ländern 
Eurer  Hoheit  und  die  Entdeck- 
ung ihrer  Absichten  fürchten. 
Zu  diesem  Zweclce  verbreiten 
sie  tausend  Unwahrheiten,  um 
meine  Untertanen  zu  diskre- 
ditieren. Die  Zeit  ■ivird  meine 
Behaiiptiingen  bestätigen.'^' 

In  Patani  und  den  anderen 
Gegenden,  wo  die  Portugiesen 
gewohnt  hatten,  sind  meine 
Scliiffe  von  den  P>ingeborenen 
mit  Freundscliaft  empfangen 
und  behandelt  worden.  Darauf 
haben  die  Portugiesen  tausend 
Beschuldigungen  gegen  sie  vor- 
gebracht ;  aber  man  hat  ilire 
Treulosigkeit  erkannt,  und  sie 
sind  verjagt  worden,  während 
die  Holländer  jede  Begünsti- 
gung empfangen    haben. 

Ich  benachrichtige  Eure 
Hoheit  ferner,  dass  es  von  der 
höchsten  Wichtigkeit  ist,  die 
Ränke  zu  entwirren,  die  die 
Portugiesen  und  Spanier  mit 
ihren  Priestern  schmieden,  die 
Ihre  Staaten  besuchen.  IJ'enji 
sie  nänilicJi  irgend  tvelclie 
persönliche  Schivierigkeit  zu 
ihrem  Ziele  zu  kommen  finden, 
so  bemühen  sie  sich,  mittels 
ihrer  Priester,  und  zivar  mit 
einer  unendlichen  Verschmitzt- 
heit, ihre  Zwecke    zu    erreiche7i. 


*  Dieser  letzte    Satz    findet  ?icli  auch  in 
der  kürzeren  japanischen  Fassung. 


46 


RiEss,  Vertreibung  der  Portugiesex. 


Partcischaft  und  weiter  zum 
Bür^^crkricg  vxx  bringen  suclicn, 
umso  desto  besser  zu  ihrem 
Vorhaben  7.u  -gelangen,  weil  sie 
auf  andre  Weise  zu  keiner  Zeit 
hierzu  kommen  könnten. 


Ich  danke  Seiner  Kaiserhchcn 
Majestät  auch  höchHch  für  die 
Zusagen  an  die  Personen,  die 
zur  Ausführung  des  Kaufhan- 
dels alldort  in  Seiner  Kaiser- 
lichen Majestät  Landen  bleiben, 
indem  Seinr  Kaiserliche  Maje- 
stät dieselben  in  Seiner  Majestät 
Beschirmunc;-  nimmt  und  Seiner 
Majestät  Gunst  ur.d  Hilfe  zu 
allem  zusagt  ;  ich  habe  die 
Zuversicht,  dass  Seine  Kaiser- 
liche Majestät  zu  aller  Zeit 
darin  fortfahren  wird. 

P^crner.       da      meine      Üntcr- 
thancn        ^eiKigt         sind,        alle 


Übrigens  ist  das    Interesse,  das 
diese      Priester      anlockt,      kein 
anderes,     als       unbemerkt      die 
P^ingeborenen  für  ihre  Lehre  zu 
gewinnen    und    ihnen    Abscheu 
vor  den  Bekennern  jedes  andern 
Glaubens     einzuflössen.         Bald 
schaffen   sie  dann    Streitigkeiten 
mit  den    verschiedenen     Secten 
und    verursachen     Revolutionen 
und   Kriege,   zvoraiis  resultieren 
kann,    dass    diese    Priester    die 
Herren     des      ganrjen      Reiches 
ZV  er  den. "^ 

(Aus  der  Abkürzung,) 
Da  Euer  Hoheit  so  freundlich 
war  zu  sagen,  dass  Sie  alles, 
was  die  Holländer  Ihnen  mit- 
teilen \\ürden,  beachten  wer- 
den, habe  ich  gewagt,  Ihnen 
solches  zu  schreiben. 


fr  cm 


Da     wir     wünschen,       unsi  rn 
den     Handel     auszudehnen, 


:■    In     der      kürzeren       Fassung'      nach 
Übersetzung  des  Herren    Prof.  Mikami  : 

"  Die  Absicht  der  Priester  ist,  alhnählich 
die  T-ipa-'ier  zu  bekehren,  und  daini  mag  in- 
folge eines  religiösen  Contlicts  grosser 
Sti-eit  entstehen.  2ii  difSc'in  Falle  vjird 
Japan  ivcrdcn,  ivas  die  Priester  wünschen 
s  '.Verden  zu  lassen y 


RiESs,  Vertreibung  der  Portugiesen. 


47 


Länder  und  Plätze  zum 
Handel  in  Freundschaft  und 
in  Aufrichtigkeit  zu  besuchen, 
so  ersuche  ich  aucli  pAire 
Kaiserh'che  Majestät,  dass 
dieselben  durch  Eurer  M.ijestät 
Gunst  und  Hilfe  den  Handel 
auf  Korea  geniessen  mögen, 
um  auch  bei  gelegener  Zeit  die 
Nordküste  von  Japan  mit 
befahren  zu  dürfen,  wodurch 
mir  eine  besondere  Freund- 
schaft geschehen   soll. 

Hierin  it,  gr  o  s  smäcJit  ig  c  r 
Kaiser  und  König,  zverde  ich  den 
Allmögenden  Gott  bitten,  dass 
Er  Eure  Kaiserliche  Majestät 
in  langer  Gesundheit  2ind  glück- 
seliger Regierimg  er  Ji  alten  möge. 

Gravenhage,  den  i8.  Dezem- 
ber  i6io. 


werden  wir  in  kurzer  Zeit 
Schritte  thun,  um  Handelsver- 
bindungen mit  Korea  zu 
eröffnen.  Daher  erwarten  wir, 
dass  Sie  uns  einen  Pass  für 
jenes  Land  geben   werden. 


Mit  grosser  Elirerbietnng  habe 
ich  das  Obige  geschrieben.  Ich 
zuerde  mit  grosser  Sorgfalt 
thun,  was    Sie  von    mir  gethan 

ZV  üu  seilen. 

1620,    18.   December.     Japanisch 
15.   Keichö   II.   Monat  2.   Tag. 

Obicres     ist     der      Brief      des 
Königs      von       Holland      ohne 
Auslassung. 
(Gezeichnet  :) 

Andreiko  Horowaku. 
Jakaube  Susehesuke. 
Iihrerbietig  überreicht  an  : 
Honda  Köduke  Sama. 

Resitltat  : 

Der  ausführlicliere  Text,  den  wir  dem  originalen  Briefe 
gegenübergestellt  haben,  ist  durch  nicht  weniger  als  fünf  Überset- 
zungen von  ihm  getrennt.  Erst  haben  ihn  die  Holländer  ins 
Spanische,  dann  ein  japanischer  Regierungsdolmetscher  in 
Nagasaki  ins  Japanische,  dann  ein  japanischer  Christ  ins  Portu- 
giesische, dann  Pages  ins  Französische,  endlich  ich  ins  Deutsche 
übertragen.     Dennoch  ist  ;in  vielen   Stellen  die  Übereinstimmung 


48  RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen. 

so  genau,  wie  wir  sie  nur  erwarten  können.  Wo  wir  aucli  dem 
Sinne  nach  starke  Abweichungen  bemerken,  wird  seine  Zuverläs- 
sigkeit dadurch  gewährleistet,  dass  .auch  die  abgekürzte  an 
Honda  KöZUKE  NO  KAMI  addressierte  japanische  Übersetzung 
ganz  entsprechende  Sätze  enthält.  Darüber  hinaus  hat  die 
Abkürzung  einen  vom  holländischen  Original  ganz  verschiedenen 
Anfang  und  Schluss.  Die  nach  Lage  der  Dinge  allein  haltbare 
Erklärung  des  Thatbestandes  ist,  dass  die  holländischen 
Kaufleute  in  Japan  ihre  officielle  spanische  "Übersetzung" 
bereits  so  abgeändert  haben,  wie  sie  die  beiden  durchs  Japanische 
gegangenen  Wiedergaben   uns  erscheinen  lassen. 

Die  Wendungen  und  Gedanken,  die  auf  diese  Weise  in  den 
Brief  eingeschmuggelt  worden  sind,  ehe  er  an  seine  Adresse 
gelangte,  sind  aber  keineswegs  dem  Geiste,  den  der  originale 
Brief  atmet,  und  der  Intention,  in  der  er  concipiert  war,  entge- 
gengesetzt. Sie  sind  Verdeutlichungen,  nähere  Explicationen  der 
vagen  Andeutungen  des  Originals  ;  man  hat  den  spanischen 
Text  so  aufgeputzt  und  vergröbert,  dass  er  den  Eindruck,  den 
der  Briefschreiber  mutmasslich  beabsichtigte,  in  Japan  ganz  sicher 
hervorrufen  musste.  Die  Holländer  in  Hirado  haben  sich  in 
ihrer  Übersetzung  von  ihrem  Standpunkte  aus  "Verbesserungen" 
erlaubt,  die  formell  nur  als  "  Verfälschungen "  bezeichnet 
werden  können,  ihnen  aber  auch  wohl  deshalb  erlaubt  schienen, 
weil  sie  sicher  waren,  dass  der  Prinz-Statthalter  gern  ihre 
Wendungen  in  den  Brief  übernommen  hätte,  wenn  er  geglaubt 
hätte,  der  Compagnie  in  Japan  damit  nützen  zu  können. 

Anhang  No.  5. 
A7/S  dem   TagcbncJic  der  holländisclieii  Factor  ei  in  Hirado, 

(Zum  ersten   Male  publiciert.) 

Auf  seiner  Hofreise  nach  Yedo  schrieb  Fran(;ois  Ca  RON  den 
Vorgang  der  Übergabe  des  aufgefangenen  Briefes  folgcnder- 
massen   nieder  : 

"Am  28.  März  (1636).  Da  wir  gehört  hatten,  dass  seine 
Excellenz  (der  damals  in  Yedo  residierende  Daimyo  von 
Hirado)  zu  Hause  und   uns    zu    empfangen    bereit  war,  so  gingen 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen.  49 

wir  nach  seinem  Hause  und  zeigten  ihm  den  Originalbrief,  den 
der  General-Capitain  von  Macao,  Mannuel  de  Camara,  an  den 
Vicekönig  von  Goa,  Le  Conde  DE  LiNHARTE,  geschrieben  hatte. 
Wir  erläuterten  ihn  nach  dem  Wortlaut  der  Übersetzung  und 
den  Umständen,  die  in  dem  Briefe  des  Hochedlen  General- 
gouverneurs vom  5.  Juli  1635  enthalten  sind,  und  wie  und 
wodurch  der  vorgenannte  Brief  in  die  Hände  der  Holländer 
gekommen  ist. 

Seine  Excellenz  antwortete  darauf,  dass  infolge  der  scharfen 
und  strengen  Naclisuchung  der  Regenten  in  Japan  zu  verschie- 
denen Zeiten  solche  und  ähnliche  gedruckte  Flugschriften 
gefunden  worden  seien  über  die  Verherrlichung  und  Anbetung, 
sowie  über  grosse  Feste  in  allen  Ländern  für  die  Märtyrer,  die 
in  Japan  hingerichtet  worden  waren  ;  ebenso  Sclireiben,  dass  alle 
Christen  (wenn  Notli  am  Mann  ist)  ihren  Glauben  abschwören 
mögen,  wenn  nur  ihr  Herz  treu  bliebe ;  ferner  Anzeigen,  dass 
jeder,  der  das  Fleisch  oder  die  Knochen  eines  Märtyrers  bekom- 
men und  aus  Japan  fortschaffen  könnte,  so  und  so  viel  Geld 
erhalten  sollte;  wer  die  Asche  brächte,  soundsoviel,  und  viele 
abergläubische  Dinge  dieser  Art.  Früher  sei  es  auch  in  dieser 
Weise  gehandhabt  worden  ;  aber  jetzt,  wo  die  Regenten  wissen, 
dass  man  aus  diesen  Sachen  Kleinodien  und  Kostbarkeiten 
macht,  verhinderen  sie  es.  Denn  Alles,  was  einem  Märtyrer 
gehört,  werde  nach  seinem  Tode  mit  ihm  zu  Asche  verbrannt, 
diese  Asclip  sorgfältig  bewahrt  und  in  die  Tiefe  des  Meeres 
versenkt. 

Hiermit  (fuhr  er  fort)  will  ich  Euch  sagen,  dass  solche 
Dinge  nicht  neu  sind,  dass  er  (der  Brief)  die  Portugiesen  nicht 
verhasster  machen  kann,  als  sie  es  schon  sind,  dass  er  nichts 
helfen  kann,  Euch  im  geringsten  zu  verbessern,  weil  Seine 
Majestät  all  diese  Dinge  und  Vorgänge  aus  ihren  (der  Portu- 
giesen) eigenen  Schreiben  und  von  den  abgefallenen  Papisten 
genügend  kennt." 


50  RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen. 


Anhang  No.  6. 

Die  Entstehung  der  Sage,  dass  die  Holländer  in  Japan 

einen  Brief  über  eine  beabsichtigte    Verschwörung  japanischer 

Christen  verfasst  nnd  als  gefunden  in 

Hirado  abgeliefert  haben. 

Die  erste  einigermassen  befriedigende  und  zuverlässige 
Beschreibung  von  Japan  für  ein  grösseres  Publicum  hat  der 
langjährige  Beamte  der  ostindischen  Compagnie  FrancOIS 
CarON,  von  dem  in  dem  vorangehenden  Aufsatze  die  Rede  war, 
im  Jahre  1648  in  holländischer  Sprache  erscheinen  lassen.  Der 
in  den  Annalen  wissenschaftlicher  Länderbeschreibung  rühmlich 
o-enannte  Bernardus  VareniUS  hat  sie  ein  Jahr  darauf  in  der 
eleganten  lateinischen  Monographie,  die  er  über  Japan  schrieb, 
benutzt  und  überholt,  Caron  hat  denselben  Gegenstand  dann 
noch  einmal  im  Jahre  1662  in  Form  von  Fragen  und  Antv\  orten 
behandelt.  In  dieser  noch  jetzt  interessanten  kleinen  Schrift 
entwirft  er  ein  Bild  der  Martern,  die  japanische  Christen  über 
sich  ergehen  lassen  mussten,  giebt  aber  keine  Gründe  an,  weshalb 
die  japanische  Regierung  das  Christentum  so  grausam  ausrottete. 
Diese  Lücke  haben  drei  deutsche  und  ein  französischer 
Reiseschriftsteller  ausgefüllt,  die  sich  zum  Theil  auf  ihnen 
persönlich  bekannte  Holländer  als  ihre  Gewährsleute  berufen. 
Es  ist  interessant  zu  beobachten,  wie  sich  dadurch  das  Bild  der 
oben  geschilderten  Vorgänge  in  kurzer  Zeit  völlig  verschob. 

Der  erste  Er^änzer  des  CARON'schen  Berichtes  kam  schon 
in  der  deutschen  Übersetzung  von  Cakox's  zweitem  Büchlein  im 
Jahre  1663  zu  Worte.  Es  war  der  weitgereiste  "Chirurg  und 
Barbier  "  JOHANN  JaCOB  Mercklein.  Er  hat  als  Schiffsarzt  der 
Holländischen  Ostindischen  Compagnie  von  1644  bis  1653  gedient 
und  als  solcher  "von  etlichen  der  Holländischen  Compagnie 
Dienern "  Aufklärung  darüber  bekommen.  Bei  ihm  erscheint 
bereits  "ein  Brief,  welcher  in  einem  portugiesischen  Schiff,  das 
aus  Japan  nach  Goa  fahren  sollte,  gefunden  worden."  Dieser 
Brief  war  vom  portugiesischen  Bischof  in  Nagasaki  an  den 
Vicekönig  in  Goa  geschrieben  ;     aus  ihm    vernahm  der  Kaiser  in 


RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen.  51 

Japan,  dem  er  "  zu  banden  kam,"  dass  die  Spanier  und  Portu- 
giesen "  unter  dem  Deckmantel  der  Religion  das  ganze  Land 
Japan  unter  ihre  Gewalt  zu  bringen  trachteten."  Auf  diesen 
einzigen  Brief  hin  sollen  dann  die  Spanier  und  Portugiesen 
ausgetrieben  und  zum  Theil  totgeschlagen  worden  sein,  worauf  man 
dann  den  Holländern,  denen  früher  wegen  der  Verleumdungen 
ihrer  Concurrenten  "  kein  Handel  ist  gestattet  worden,"  auf  der 
Insel  Hirado  und  zum  Handel  in  Japan  zugelassen  habe.  Man 
sieht,  der  brave  "  Chirurg  und  Barbier"  iiat  über  die  Chronologie 
der  Ereignisse  ganz  verkehrte  Vorstellungen  ;  von  einem  aus 
einem  oortucficsischen  Schiff  entnommenen  Brief,  wie  er  in  der 
That  von  den  Holländern  1636  vorgewiesen  wurde,  muss  er 
aber  etwas  gehört  und  in  falschen  Zusammenhang  gebracht 
haben. 

Der  zweite  deutsche  Reiseschriftsteller,  der  sich  über  die 
Ursachen  der  Vertreibung  der  Portugiesen  äusserte,  war  JÜRGEN 
Andersen  aus  Schleswig,  der  ebenfalls  im  Dienste  der  Com- 
pagnie  stand  und  sogar  kurze  Zeit  in  Japan  war.  Er  spricht  nur 
allgemein  und  dunkel  von  Verdächtigungen  der  Portugiesen  und 
Katholiken  durch  die  Holländer  und  damit  übereinstimmenden 
Berichten  japanischer  Spione.  Der  gelehrte  Bibliothekar  des 
Herzogs  von  Holstein,  Olearius,  der  Andersen's  Beschreibung 
zum  Druck  beförderte,  zählt  beide  Versionen  (die  von  MeRCK- 
LEIN  und  Andersen)  auf,  ohne  sich  für  eine  von  ihnen  zu 
entscheiden,  fügt  aber  aus  seinem  eigenen  Kopfe  noch  die 
Möglichkeit  hinzu,  "  ob  auch  ein  solch  verdächtig  Schreiben 
etwa  durch  andere  in  das  Schiff  partieret  und  hernach  angegeben, 
wie  solche  Kunst  die  Russen  gar  meisterlich  können." 

Der  französische  Baron  Tavernier,  dessen  Reisebeschrei- 
bungen zuerst  1776  erschienen,  beruft  sich  auf  die  mündlichen 
Mittheilungen  von  Holländern,  die  er  in  Hugly  in  Bengal  kennen 
gelernt  habe,  giebt  aber  im  Wesentlichen  nur  die  Angaben 
Mercklein's  mit  dem  Zusatz  wieder,  dass  CarON  den  ver- 
hängnissvollen Brief  einfach  fabriciert  habe.  Wir  haben  oben 
gesehen,  dass  dieser  Verdacht  unhaltbar  ist. 

Wie  ganz  anders  erscheinen  dagegen  KäMPFER's  Angaben  ! 
Was  er  mittheilt,  passt  fast  genau  auf  den  Vorgang  von  1617, 
wie   wir  ihn   oben  nach    japanischen     Quellen    geschildert    haben. 


52  RiESS,  Vertreibung  der  Portugiesen. 

Der  portugiesische  "  Capitän  Moro,"  der  "an  einem  Pfahl 
lebendig  gebraten  und  verbrannt  "  wurde,  wäre  kein  andrer,  als 
Domingo  Jorge,  der  dieser  grässlichcn  Tortur  am  i8.  August 
1619  in  der  That  erlag.  Allerdings  spricht  er  von  einem  Briefe 
dieses  unglücklichen  Mannes  an  den  König  von  Spanien  ;  aber 
absolute  Genauigkeit  in  historischen  Angaben  ist  überhaupt  nicht 
KäMPFER's  Stärke.  Von  der  Möglichkeit  einer  Briefunterschie- 
bung ist  bei  ihm  keine  Spur. 

Also  Olearius,  der  an  den  ihm  vorliegenden  Berichten  von 
dem  rationalistischen  Skepticismus  seiner  Zeit  aus  Kritik  übte, 
und  Tavernier,  der  seinem  persönlichen  Feinde  Caron  alles 
Böse  zutraute,  haben  das  Mährchen  einer  Briefunterschiebung 
durch  die  Holländer  in  die  Welt  gesetzt,  das  noch  immer  nicht 
völlig  abgestorben  ist. 


BEMERKUNGEN  UND  BERICHTIGUNGEN 

zu 

LANGE'S  EINFÜHRUNG   IN  DIE  JAPANISCHE  SCHRIFT. 

VON 

Dr.  KARL  FLORENZ. 

„EINFÜHRUNG  IN  DIE  JAPANISHE  SCHRIFT'^  VON  PROF.  DR.  RUDOLF  LANGE. 

STUTTGART  U,  BERLIN,  W.  SPEMANN  1895  (XVI  UND  162  S.  8.) 

BAND  XV  DER  LEHRBÜCHER  DES  SEMINARS  FÜR 

ORIENTALISCHE  SPRACHEN  IN  BERLIN. 

Durch  die  Veröffentlichung  des  vorliegenden  Buches  hat  sich 
Herr  Dr.  Lange  ein  nicht  zu  unterschätzendes  Verdienst  erwor- 
ben, und  wir  begrüssen  das  Werk  mit  um  so  grösserer  Freude, 
als  damit  ein  erster  und  im  ganzen  auch  erfolgreicher  Versuch 
gemacht  worden  ist,  dem  Anfänger  den  Weg  durch  das 
Labyrinth  der  japanischen  Schrift  zu  weisen.  Nach  einigen 
einleitenden  Bemerkungen  behandelt  der  Verfasser  das  Kata-kana 
auf  Seite  2 — 16,  das  Hira-gana  mit  allen  seinen  Variationen 
S.  i6 — 56,  den  Gebrauch  des  Katakana  und  Hiragana  S.  57—62, 
die  Rechtschreibung  des  Kana  {Kana-zukai)  S.  62—64  und  die 
chinesischen  Zeichen,  wie  sie  in  Japan  Verwendung  finden,  S. 
64 — 144.  Den  Schluss  bilden  Anmerkungen  S.  145  — 152  und  ein 
Sach-  und  Namen-Verzeichnis  S.  153 — 162.  Es  muss  anerkannt 
werden,  dass  der  Verfasser  eine  unendliche  Menge  von  Fleiss 
und  Mühe  auf  die  Herstellung  seines  Buches  verwendet  hat, 
und  dass  er  darin  vielerlei  giebt,  was  nicht  nur  dem  Anfänger, 
sondern  auch  dem  fortgeschritteneren  Studenten  zu  willkommener 
Belehrung  dient.  Im  allgemeinen  trägt  das  Werk  den  Cliaracter 
einer  systematischen  Darstellung  ;  von  methodisch-praktischen 
Gesichtspunkten  lässt  sich  der  Verfasser  eigentlich  nur  bei 
Aufstellung  der  auf  Seite  98—123  gegebenen,  nach  189  Lautzei- 
chen geordneten,  Liste  gebräuchlicher  chinesischer  Zeichen 
leiten.  Nach  meiner  Ansicht  ist  dieser  Abschnitt  der  wichtigste 
und     brauchbarste     für    den     Studierenden     und     wird  es   noch  in 


54         Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen. 

erhöhtem  Masse  sein,  wenn  er  bei  einer  etwaipfen  neuen  Ausgabe 
auf  das  zwei-  bis  dreifache  vermehrt  werden  sollte.  Es  könnte 
auf  diese  Weise  leicht  das  hauptsächlichste  Zeichenmaterial  zum 
Studium  dargeboten  werden.  Ich  will  hier  nicht  der  Frage 
näher  treten,  ob  es  nicht  vielleicht  fiir  eine  "  Einführung  "  in  die 
japanische  Schrift  ratsamer  wäre,  den  darzubietenden  Stoff  von 
Anfang  an  methodisch,  vom  Leichteren  zum  Schwereren  fort- 
schreitend, aufzubauen,  zumal  da  sich  Dr.  Lange  wahrscheinlich  in 
dem  versprochenen  Übungs-  und  Lesebuche,  das  er  uns  recht 
bald  bescheren  möge,  auf  diesen  Standpunkt  stellen  wird.  Nur 
so  viel  möchte  ich  bemerken,  dass  mich  seine  Darstellung  der 
Hiragana-Schriftarten  durch  Abdruck  und  Erklärung  des  -Jl^-S 
^5jg^  Kaiiajirnishü  nicht  befriedigt  :  etwas  weniger  wäre  hier 
mehr  gewesen.  Statt  uns  das  an  und  für  sich  ganz  gute,  aber 
mit  seinen  vielen  ungebräuchlichen  Formen  auf  den  lernenden 
Europäer  verblüffend  und  abschreckend  wirkende  Werkchen  zu 
reproducieren,  hätte  der  Verfasser  lieber  aus  eigenen  Mitteln 
eine  lichtvolle  Darstellung  der  verschiedenen  Hiragana-Schreib- 
weisen,  ilires  Gebrauchs  und  ihrer  Ableitung,  geben  sollen.  Ich 
kann  mich  des  Eindrucks  nicht  erwehren,  dass  das  Kanajiriiishü 
mehr  eine  graphische  Verschönerung,  als  wünschenswerte 
Bereicherung  des  Buches  ist.  Doch  will  ich  auf  diesen  Umstand 
bei  einem  sonst  tüchtigen  Werke  kein  Gewicht  legen.  Bedenk- 
licher sind  die  zahlreichen,  fast  überall  zu  Tage  tretenden 
Ungenauigkeiten,  ja  direkt  unrichtigen  Angaben  in  Lesung  und 
Interpretation,  so  dass  ich  mit  Bedauern  gestehen  muss,  dass 
derjenige  Grad  von  Akribie  nicht  erreicht  ist,  welchen  man  von 
einem  philologischen  Werk,  namentlich  einem  solchen,  das 
Lehrzwecken  dient,  zu  erwarten  wohl  berechtigt  ist.  Zur  Ent- 
schuldigung mag  freilich  dienen,  dass  es  dem  Verfasser  in 
Berlin  an  einem  kompetenten  japanischen  Berater  gefehlt  zu 
haben  scheint,  aber  dadurch  wird  die  Thatsache  nicht  verscho- 
ben, dass  das  Buch  einer  gründlichen  Durchkorrektur  bedarf, 
um  seinem  Zwecke  Genüge  zu  thun.  Ich  habe  mir  daher  die 
Aufgabe  gestellt,  im  folgenden  in  möglichst  eingehender  Weise 
an  die  schadhaften  Stellen  des  Werkes  eine  bessernde  Hand 
anzulegen  und  ausserdem  da,  wo  der  Verfasser  ohne  ersichtlichen 
Grund    wiciuige    Lesungen    u.    dergl.     nicht    angegeben    hat,   die 


Florenz,  BemerkUiNGen  und  Berichtigungen.  55 

Zufügung  derselben  in  Vorschlag  zu  bringen.  Es  mag  mir  trotz 
wiederholter  Durchsicht  immerhin  noch  mancherlei  entschlüpft 
sein,  doch  hoffe  ich,  dass  es  mir  gelungen  sein  wird,  alle  wesent- 
lichsten "  Vorschläge  zur  Verbesserung  und  Vervollkommnung 
des  Buches "  beigebracht  zu  haben,  um  welche  der  Verfasser 
selbst  im  Vorwort  ersucht.  Auf  theoretische  Erörterungen  rein 
wissenschaftlicher  Fragen  habe  ich  mich  nicht  eingelassen, 
obp-leich  ich  auch  da  mancherlei  zu  sagen  hätte. 

Es  sei  noch  bemerkt,  dass  die  äusserst  schwierige  Druck- 
legung des  Buches  von  der  Reichsdruckerei  in  Berlin  bewerk- 
stelligt worden  ist  ;  dies  mit  so  trefflichem  Erfolge  ermöglicht 
zu  haben,  gehört  nicht  zu  den  geringsten  Verdiensten  des 
unermüdlich  thätigen   Verfassers. 


Seite  X  zu  Xo.   5.  motoyui    wird    in     Tokyo     gewöhnlich     mpttoi 
ausgesprochen. 

,,      ,,   zu  No.  6  lies  SJiiobara  statt  SJiiozvara, 

,,       ,,    ,,      ,,7   lies  Sö:~a  statt  Sösaii. 

,,     XI  ,,      ,,    14.  Dies  ist  wohl  identisch  mit  No.   10. 

,,     XVI.  Seisahi  ist  wohl  kaum  gebräuchlich. 

,,  XVII,  Zeile  6  v.  u.  ||-§-  ist  zwar  A  -y  ^  In-iue  zu 
schreiben,  wird  aber  stets  Iii-ite  ausgesprochen.  Ebenso 
spricht  man  jt%  Gen-we  (Seite  22)  wie  Gcn-ne  aus,  ^^ 
itii-un  wie  wi-nun  u.  s.  w.  Der  dentale  Nasal  n  wird  als 
Gleitlaut  eingeschoben. 

„  2,  Zeile  6  ff.  Das  koreanische  W^  ^^ido  (sie  !)  und  Onnmn 
fMX  sind  nicht  identisch,  wie  Lange  annimmt ;  sondern 
ersteres  ist  eine  aus  den  chinesisclien  Charakteren 
abgeleitete  syllabische  Schriftart,  während  letzteres  aus 
den  Sanskrit-Zeichen  abgeleitet  und  eine  Lautschrift  ist. 
Vgl.  Aston  in  Trans.  As.  Soc.  Jap.  vol  23,  Seite  2  f. 
und  Cüurant,  ibid.     Seite   13  ff. 

Die  orthodoxe  japanische    Lesung    für    ;|f^  s/ä/2ji    ist 
Ka/i-na  (aus  Kainu-na). 

,,  2,  ,,  20.  A-siii-a  ist  weder  chinesisch  noch  japanisch. 
Die  Japaner  sprechen  A-ji-a  ;  die  chinesische  Transskrip- 


56         Florenz.  Bemerkungen  und  Berichtigungen. 

tion,   wenn  diese  beabsichtigt  ist,    wie    es   scheint,  würde 
Ya-hsi-ya  (Pekinesisch  und  Mittelchinesisch)  sein. 
Seite  3,  Zeile  9  v.  u.    Lies  Konsonanten  statt  Laut,    denn  a,   i,   u 
sind  doch  auch  "einfache  Laute." 

,,      4,       ;,       5  lies  go-jü-on  statt  gojüin,   und  so  überall. 

,,  ,,  ,,  6  ,,  gö-jü-re7i-on  oder  vielmehr  itsiire  no  koye, 
welch  letzteres  die  eigentlich  technische  Ausdruckweise  ist. 

,,  ,,  ,,  II  ff.  Auch  die  Silbe  j/^'  hat  thatsächlich  existiert, 
wie  durch  den  Lautwandel jj'*?.?/// — yoshi,  Yeshinti — Yoshinu 
etc.   zur  Evidenz  bewiesen  wird. 

,,      5,       ,,       12.     Lies  :     Beide  La^itgriippen. 

,,  6,  ,,  3.  Nach  Lange's  Beschreibung  wäre  im  Westen  das 
s  von  se  ein  konsonantischer  Diphthong.  Aber  das 
einfache  Faktum  ist,  dass  s  vor  dem  palatalen  Vokal  e 
in  ähnlicher  Weise  palatalisiert  wird,  wie  dies  vor  dem 
palatalen  i  in  allen  Dialekten  Japans  der  Fall  ist.. 
Wenn  wir  daher  die  Aussprache  von  jap.  i/  phonetisch 
als  "si  darstellen,  würde  die  von  -t  im  Westen  und  in 
einigen  anderen  Gegenden  Japans  durch  se  wiederzu- 
geben sein. 

,,  ,,  ,,  5.  Ungenau.  Im  vulgären  Dialekt  von  Tokyo  und 
Umgegend  tritt  einfach  der  Laut  shi  i/  an  Stelle  von 
/i/  b ,  so  dass  dann  die  beiden  ursprünglich  verschiede- 
nen Laute  in  einen  zusammeniallen.  Kein  einigermassen 
gebildeter  Mensch  gestattet  aber  seiner  Zunge  diesen 
Lapsus. 

,,  ,^  ,,  14.  Das  betreffende  g  (nicht  nur  in  ga,  gn,  sondern 
ebenso  in  der  Verbindung  gi,  ge,  go,  z.  B.  in  nagt 
"Windstille,"  nagekii  "sich  sehnen,"  ngohi  "sich  be- 
wegen") ist  nasaliertes  g  (g)  und  lässt  sich  meines 
Erachtens  phonetisch  geradezu  mit  dem  gutturalen 
Nasal  //  identificieren.  Also  Nagasaki  oder  Nahasaki. 
9  ,,  20.  A  tf  [;^]  jj/-'/ hat  die  Bedeutung  "  haben,  besitzen, 
vorhanden  sein,"  ist  aber  nie  die  einfache  Copula  "  sein." 
Seite  10,  Z.   13  v.  u.  Lies  5fif#. 

II,  ,,  18.  Lies  iniji  statt  mishi  {mx^  Nigori  !),  also  nega- 
tives Futurum  von  mim  "  [ich]  werde  nicht  sehen  "  (so 
von    Otsuki     u.     s.     w.     interpretiert).        Der     berühmte 


Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen.         57 

Japanologe  Prof.  Kurokaua  liest  asaki  yinne  mi  shi  cJii 
mo  sczu,  wobei  ;///  wie  chi  Stammform  ist  und  zu  beiden 
die  Nec^ation  sczil  gehört  ;  sJii  ist  dann  Bindepirtikel. 
Beide  Interpretationen  kommen  dem  Sinn  nach  auf  eins 
heraus.  Dagegen  ist  Lange's  Deutung  von  viisJii  als 
positives  Praeteritum  unzulässig  und  wendet  den  Sinn 
gerade  ins  Gegenteil.  Die  Übersetzung  des  letzten 
Vrrses  clii  mo  sezii  fehlt.  Da  nocli  kein  europäischer 
Japanologe  eine  richtige  Interpretation  dieses  so  bekann- 
ten Gedichtes  gegeben  hat,  sei  hier  eine  kurze  Darle- 
gung gegeben. 

ü-o  ha  ist  nicht  Subjekt,  sondern  adverbiale  Bestimmung, 
etwa  "was  die  Farbe  anbelangt."  Als  grammatisches 
Subjekt  zu  niJioliedo  und  cJiirimirit  ist  hana  "Blüten" 
(Baumblüten,  nicht  Blumen)  zu  ergänzen  ;  zvo  bedauernder 
Ausruf  "ach,  kider;"  mvi  ^^  etwa  "die  Welt  der 
Thätigkeist"  im  Gegensatz  zu  Nirväna,  ein  buddhistisch- 
chinesisches Lehnwort  ;  oku-yama  "  tiefes  Gebirge,"  etwa 
=  "  äusserste  Grenze." 

"Obgleicli  in  ihren  Farben  [die  Blüten]  lieblicherglänzten, 

Sind  sie  zu  Boden  gefallen,  ach  ! 

Wer  denn  in  unsrer  Welt 

Wird   wohl   von   Bestand   sein  '? 

Die  äusserste  Grenze  der  vergänglichen  Welt 

Heute  überschreitend, 

Werde  [ich  von  nun  an]  keinen  seichten  Traum  mehr 
träumen 

Und  auch  nicht  mehr  im  Rausch  befangen  sein." 

Die  Buddhistische  Weltentsagung  durchweht  also  das 
Gedicht.  Der  Dichter,  der  ja  ein  buddhistischer  Priester 
ist,  will  sich  nicht  mehr  von  den  irdischen  Begierden 
beeinflussen  lassen,  sondern  durch  Verzicht  auf  die 
Freuden  und  Genüsse  dieser  Welt  zur  höchsten  Erkennt- 
nis, ins  Nirvana,  eingehen.  Es  liegen  dem  Gedicht  in 
der  That  vier  Verse  aus  dem  gmS  Nehan-gyö,  d.  i. 
Nirvana-sTitra  zu  Grunde,  nämlich  : 

Wf1%%-  ^irli-rMfi.  ^-MJ^a-  W^"^^  so  dass  je  zwei 
Verse  des  japanischen  Gedichtes  einem  Verse  des  Sutra 


58  Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen. 

entsprechen.     Das  Sütra  wörtlich  übersetzt  würde  lauten  : 

"  Alle  Dinge  sind  unbeständig  ;  Sie  sind  Dinge(ö)\velche 
entstehen  und  [dann]  vergehen.  [Alles]  Entstehen  und 
Vergehen  endigt  in  einem  [letzten]  Vergehen(=Nirvana)  ; 
Und  im  Nirvana  können  wir  [endlich]  Seligkeit  finden." 

Mit  der  häufig  am  Schluss  des  Gedichtes  befindlichen 
"unverständlichen  Silbe  kyö''  hat  es  folgende  Be- 
wandtnis. In  vielen  Wörterbüchern,  wie  den  in  Kyoto 
veröffentlichten  fjj^^  Sctsii-yöshü  findet  sich  am 
Schluss  nach  den  47  Silbenzeichen-Artikeln  noch  ein 
Zusatz  als  48.  Artikel  mit  der  Überschrift  "^^  kyö 
"Hauptstadt"  (das  sog.  J^^  kyö-lni),  worin  die  vielerlei 
in  der  Litteratur  vorkommenden  Namen  von  Kyoto,  wie 
KiyamacJä-döri,  NisJiiki  110  köji  u.  s.  \v.  mit  den  dazu 
gehörigen  chinesischen  Schreibweisen  aufgeführt  sind. 
Bei  Hersagung  des  Kana-Alphabetes  setzte  man  daher 
früher  (in  den  Tera-koya  Privatschulen)  kyö  als  No.  48 
des  Alphabets,  wie  es  in  den  Wörterbüchern  erschien, 
hinzu,  teilte  dann  aber  beim  Hersagen  das  Iroha  mit 
Zerstörung  des  Sinnes  in  lauter  7  silbige  Zeilen,  also  : 
I  ro  ha  ni  ho  he  to,  chi  ri  nu  ru  wo  wa  ka,  yo  ta  re 
so  tsu  ne  na  u.  s.  w.  Das  ist  jetzt  veraltet. 
Seite  12,  Z.  15  ff.  Die  Übersetzung  des  Motowori'schen  Gedich- 
tes ist  nicht  ganz  glücklich.     Sie  sollte  etwa  lauten  : 

"Das  Wasser,  das,  wenn  es  regnet,  die  Dämme 
übersteigt,  [auf  die  Felder]  verteilend  standen  die  Leute 
ruhig  und  friedlich  da  und  pflanzten  in  Büscheln  die 
Reispflänzchen  in  Reih  und  Glied.  In  wie  trefflichen 
Ähren  gedeihen  diese  Reispflanzen  !  ,"  oder  mit 
genauerer  Beibehaltung  der  jap.  Konstruktion  : 

"  O  diese  Reispflanzen  !  [diese]  Reispflänzchen  büschel- 
förmig gepflanzt  in  Reih  und  Glied  von  den  Leuten, 
indem  sie  ruhig  und  friedlich  [in  den  Reisfeldern]  stan- 
den und  [auf  dieselben]  das  Wasser  verteilten,  das  die 
Dämme  übersteigt,  wenn  es  regnet  !  In  wie  trefflichen 
Ähren  gedeihen  sie  ! 

Arne  fw'eba  iseki  ivo  koyiirii  ist  nur  Einleitung  zu  dem 
Worte  luidzii. 


Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen.         59 

Seite  13,  zur  Ableitunfrstabelle  der  Katakana-Zeichen.  oi  JX 
gehört  mit  viel  grösserem  Rechte  in  die  Reihe  der  pala- 
talen  Spiranten  mit  dem  Lautwert  ye  ;  der  Lautwert  e, 
und  somit  dessen  Einreihung  in  die  Vokalgruppe,  ist 
erst  sekundär.  Dagegen  gehört  -^^  nicht  in  die  pala- 
tale,  sondern  in  die  labiale  Spirantenreihe  als  tve ! 
Ferner  fehlt  in  der  letzteren  ^^  ivi"^  (also  das  Knn 
des  chinesischen  Zeichens^  mit  seiner  Variante    #:^. 

,,  14,  Z.  I  Die  Ableitung  von  ^  /'/  aus  dem  Kopfteil  von  § 
verdient  vielleicht  den  \"orzug.  Vgl.  Ochiai,  Nihon 
Dai-buntcn,  vol.  i,  pag.  21. 
,,  ,,  12.  Das  Zeichen  ^  satsu  allein  bedeutet  nicht 
Bodhisattva,  sondern  ist  nur  ein  Bestandteil  in  der 
phonetischen  Schreibung  dieses  Wortes  ^^^j§|j^,  abge- 
kürzt ^^  Bosatsu. 

,,        ,,     ,,15.  Nach  Anderen  von  ^  (jap.  iiji). 

,,        ,,     ,,    II   v.  u.     Nach   Otsuki's  Kö-nihon-bunten   wäre    )y  tsii 
aus  der  j.ip.  Lesung  von  )\\  entstanden. 

,.  ,,  ,,  5  v.  u.  ^  jap.  besser  mue  zu  lesen,  obgleich  auch 
die  Lesung  sora  richtig  ist. 

,,       ,,     ,,  2  V.  u.     Besser  toviaru    "  aufhören." 

,,  15,  ,,  13.  Lange  stimmt  mit  einigen  japanischen  Gram- 
matikern darin  überein,  dass  er  x  75  '^0  als  jap.  Lesung 
(Kun)  betrachtet,  und  bemerkt,  es  sei  "auch  Genetiv- 
partikel ;  "  fasst  das  Zeichen  75  also  ideographisch,  nicht 
phonetisch  auf.  Ich  möchte  mir  trotzdem  erlauben,  die 
Richtigkeit  dieser  Auffassung  in  Zweifel  zu  ziehen,  da 
das  chinesische  75  nai  (sinico-jap.  ;/«/,  dai)  meines 
Wissens  niemals  die  ideographische  Bedeutung  einer 
Genetivpartikel  haben  kann,  und  somit  nur  die  phoneti- 
sche Auslegung  am  Platze  scheint,  no  muss  eine,  mir 
allerdings  bis  jetzt  unerklärliche,  Differenzierung  von 
nai  sein.  Man  wende  mir  nicht  den  scheinbaren  geneti- 
vischen Gebrauch  von  75  in  Heispielen  wie  lljÄJj^75®^ 
Yamato  no  kuni  ha  (ManyöshQ  1,1),  ^75§Älil  Aina  no 
Kagu-yama  (Manyöshü  1,2)  fg:;^£75l5'^  zvaga  oho-kimi 
no  asJiita  ni  ha  (Manyöshü  1,3)  u.  s.  w.  ein,  denn 
Niemanden,  der  mit  der  Schreibweise    der    alten    japani- 


6o         Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen. 

clien  Texte  vertraut  ist,  könnte  es  beikommen  in  diesen 
Fällen  75  anders  denn  als  phonetische  Darstellung^  der 
Gcnetivpartikel  iio  zu  nehmen.  Hierzu  lässt  sich  als 
Analogen  anführen,  dass  die  eigentliche  Genetivpartikel 
^  in  den  alten  Texten,  wie  im  Manyöshü,  meist  nicht 
in  ihrer  ideographischen,  d.  i.  grammatischen  ]^edeutung 
als  solche,  sondern  gewöhnlicher  als  phonetisches 
Äquivalent  von  shi,  z.  B.  in  Verbalformen  wie  ^^ 
koshi,  angewendet  wird. — Wie  ich  nachträglich  in 
Erfahrung  bringe,  stimmen  alle  besten  japanischen 
Autoritäten  mit  meiner  Auffassung  vollkommen  überein. 
Seite  i6,  Z.  4.  ]^,  ive  oder  kei,  ist  substantivisch  megumi 
"Güte"  oder  verbal  megwnu  "bemitleiden,  gütig 
bciiandeln,"  nicht  adjektivisch.  Das  Adjectiv  müsste 
durch  einen  Zusatz,  wie  megumi-arii  ]^  r  /v^,  ausgedrückt 
werden. 

„  ,,  ,,  16.  Die  Ableitung  des  Zeichens  »7  aus  ^0  zva  hat 
mehr  Wahrscheinlichkeit  für  sich.  Was  will  der  Verfas- 
ser übrigens  mit  der  in  Klammer  stehenden  Bemerkung 
"jap.  in,  Schriftspr.  auch  hvakti''  besagen.-*  Die  Form 
in  {if2i)  gehört  doch  der  Schriftsprache  ebensogut  an 
wie  der  gesprochenen  Sprache,  und  andererseits  kommt 
hvakii,  wiewohl  recht  selten,  aucli  in  der  Umgangs- 
sprache vor.  ///  und  hvaku  sind  eben  verschiedene 
grammatische  Formen  eines  und  desselben  Verbums,  und 
die  eingeklammerte  Bemerkung  ist  daher  überflüssig  und 
irreführend. 

,,  ,,  ,,  19.  ^  ist  allerdings  von  =^  (chinesisch  Jiü,  hu) 
abgeleitet,  aber  nicht  von  seiner  Funktion  als  Frage- 
partikel, sondern  als  Ausriifpartikel  (beide  Bedeutungen 
im  Chinesischen).  Die  alte  japanische  Ausrufpartikel  ist 
ivo  (vgl.  z.  B.  jManyöshü  3,16  If^^-^^  tabi yjtku  wäre  zvo  !) . 
Wäre  es  von  ^  in  seiner  Funktion  als  PVagepartikel 
hergenommen,  so  würde  die  jap.  Lesung  ka  oder  ya, 
aber  nicht  ivo  sein. 

„     20,   ,,    8  Masunii,  nicht  ^fasasunii. 

„      ,,     ,,    10  iiarnbi  ni  statt   iiarabi. 

f,      ,,     ,,    10  V.   u.   ISesser  Nehaugyö. 


Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen.  6i 

Seite  20,  Z.  7  v.  u.   t>   statt   i/n. 


-7 


,.    ^  umziehen    {iitsnru),    übertragen,    verlegen, 
versetzen   {ittsiisii). 

„  ,,  ,,  I  V.  u.  ;^  hat  das  Kuii  kokoro  oder  kokoro-base 
"Gesinnung,  Gefühl."  ko kor o-.':;as/n  v:\rd  gewölinlich  7g 
geschrieben. 

,,      21,    .,    4  besser  Finitform  kotojian. 

,,  22,  ,,  I  Kzvaiso.  Die  korrumpierten,  der  T5k\ö  Umgangs- 
sprache angehörenden  Formen  wie  kai  statt  kivai,  gai 
statt  gwai,  ka  statt  i-zc'«,  u.  s.  \\.  sollten  doch  in  jedem 
Werke,  das  nach  Exaktheit  strebt,  und  namentlich  in 
solchen,  die  sich  mit  der  jap.  Schrift  befassen,  unter 
allen  Umständen  vermieden  werden. 

>>  ..  >>  3  TC'^  ist  Gcn-zve,  gesprochen  Gen-7ic,  nicht  Genkai 
(resp.  Genkzuai). 

,,  ,,  ,,  6  V.  u.  fJc  bats'  "abschneiden,  hauen"  (z.  B.  Holz), 
schlagen,  (den  Feind)  bekämpfen,"   kirn,  7its7i. 

,,  24,  ,,  3  Die  Form  zuazitrazvashii  ist  doch  nur  Umgangs- 
sprache !  Es  ist  ja  klar,  was  der  Verfasser  sagen  will, 
aber  die  Ausdrucksweise  ist  zu  ungenau.  Die  Verbal- 
form  wazuran  "krank  sein,  leiden  an"  möchte  ich  hier 
nicht  gern  vermissen. 

,,       ,,     ,,    6  V.  u.  ergänze  amaneku. 

,,       ,,     ,,    3  ..    M    M  /^^^2  heisst  "  Zettel  " /«^rt:.  Lange  verwech- 
selt das  Zeichen  mit  ^. 
Zu  ^  noch  jap.  hotori  "  Nähe,   Umgegend." 

,,      25,   ,,    2  -4*A  lies  kin-jin  oder  kon-jin  statt  inia  110  Iiito. 

,,       ,,     ,,  9  :  kakarctareba  statt  kakarekereba. 

,,  ,,  ,,  II  :  Neben  Kogentei  ist  auch  die  Lesung  Kogeii  no 
kakehashi  gebräuchlich  und  vielleicht  vorzuziehen. 

,,  ,,  ,,  13  ff.  Die  Übersetzung  muss  lauten  :  "  [Das 
Zeichen  wird]  vom  Hofadligen  Sari  und  den  jetzt 
Lebenden  für  das  Kana  ^  gebraucht.  Über  die 
Grundform  dieses  Zeichens  giebt  es  zwar  verschiedene 
Ansichten,  aber  in  den  Vorschriftsheften  des  Gishi 
u.  s.  w. 

»       ,,     ,,  9   V.   u.   |)*  bai  "  aufwarten  "     (nicht   "  begleiten  "). 

>>       ,,     ,,  6    ,,    ,,   Usü  statt  ShisTi  {ff-  nicht   ^). 


62  Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen. 

Seite  25,  Z.  2  V.  u.  ^  tö  liat    die    jap.    Lesung   uoborii    "  hinauf- 
steigen."    Wie  kommt  Verfasser   zur  Bedeutung  "  Opfer- 
gefäss  "  ? 
^  genauer  do  "Grad,"  tabi  "Mal". 

,,      26,   ,,    2  setze  zu  Jf7  die  sinico-jap.   Aussprache  kau.     Denn 
ob  das    betreffende    Zeichen    eraön    oder    sonst    wie  auf 
Japanisch    gelesen    wird,     ist    hier    absolut    gleichgültig, 
dagegen  ist  der  Kernpunkt  der    Sache,    dass   es  das  On 
kan,  nicht  to  hat. 

,,       ,,      ,,    4  :  dokii  nur  in  Compositis  ! 

,,       ,,      ,,   I   V.  u.  besser  "regieren"  statt  "leiten". 

,,  27  ,,  12  ff  Genauer  :  es  vereinigt  jedoch  beide  Teile  in 
sich,   den  linken  u.  s.   av. 

,,  ,,  z.  17.  Dass  HJ  A  I^IeiJin  fresp.  chines.  Ming-jcii) 
der  Name  eines  chinesischen  Kalligraphen  sei,  be- 
zweifle ich  stark.  Es  ist  wohl  ]\Tiinpito,  d.  h.  "  Leute 
zur  Zeit  der  Ming-Dynastic  "  (i36(S  bis  gegen  1640)  zu 
lesen. 

,.       „     „    3  V.  u.  M  "Princip". 

,,      28,   ,,   2    ,,    ,,    "aufeinander  liegen''. 

,,      29.   ,,   5    ,,    ,,    schreibe    ?■  ^y    statt   ^y. 

,,       ,,     ,,  4   ,,    ,,    ergänze  die  jap.  Lesung  kocni,  kosJi. 

,,  ,,  ,,  I  .,  ,,  ^  j/"  A^ ,  nicht  yö\  Auch  hier  ist  die  jap. 
Aussprache  xvo  massgebend  gewesen. 

,,  30,  ,,  6  -^  Goon  iva,  Kanon  tvi,  i.  Ersteres  gebräuch- 
licher. 

,,       ,,     ,,   4  V.  u.    ^    auch   ga,    z.  B.   ga  sunt    "gratulieren.'^ 


Phonetisch  sowohl  für  ka  als  für  ga  gebraucht. 
,,      ,,     I   V.  u.   ^  setze    die    sinico-jap.      Aussprache    ketsu. 
Auch  hier  steht  das  On,     nicht    des  Kun    des    Zeichens 
im  Brennpunkt  der  Frage  (wie  Seite  26,  Z.  2). 

31.  ..   15  ^  ergänze  x\oc\\  \  yovii  surii  "loben,   schätzen." 
,,      ,,  4  V.   u.  ^  ist  wohl  ein  anderes    Zeichen    für    ^    ga 

"  ich." 

32,  ,,     15    besser  "  Ruhm." 

,,      ,,     16  richtiger  "  im  voraus." 
,,      ,,     2  V.  u.  ö-kzvakn  statt  öga. 


Florenz,  Bemerkungex  und  Berichtigungen. 


63 


Seite  2,2,  Z.    6  lies  sJio-tai  statt  shoriii. 
,,       ,,     M    20  f.  lies:   "und  zwar  ist  der  Querstrich  von"  statt 
"  und  zwar  sind  die  Striche." 
,,    10  V.   u.  lies   "Schreibweisen"  statt   "Büchern." 
34,    .,    II   lies  laß  statt  ^a;/a. 

-.14  f-   lies  ibiikashi  to  nii-miii  ?A.-a\.\.  fushin  nari. 
,,    ig  ff.    Muss  heissen  :    Es    ist    unbegreiflich,     warum 
bei  diesem  Zeichen  allein  Kanon  gebraucht  wird. 
».       ,.5   ^' ■  >-••  lies  Akihagijö. 

,,    4   ,,    ,,    ergänze   "für  ft  "   hinter  Kana-Zeichen. 
,,      ,,    3    ,,    ,,    lies  unnvashii  statt  ittstikusJiii. 
3  trenne  shi  kitareru. 

9  lies   "Handschriften"  statt  "Büchern." 
II   V.  u.   "Schicht"  statt  "Stufe"  oder    "Grad." 


t  r 

0^» 


10 


ergänze  noberu. 


er 


M      .,4     "    >.    ergänze  ^o  hinter  nari. 

36,  ,,   12    f.    streiche    die    Worte     "zur    Zeit    der    Than 
Dynastie."     ^±   Tödo  ist  hier  einfach  "  China,"  gleich 
gültig  zu  welcher  Zeit. 

,,      ,,    16  besser  "vulgäres"  statt  "gewöhnliches." 

,,     ,,   5   V.  u.  ^  shtn  "  Hafen"  tsii. 

,,     ,,  4  ,,    .,    lies   "Gefährte"   statt   "Menge." 

37,  M  I  .,  .,  lies:  7iei  "ruhig  und  friedlich "  j«.f///;  und 
ergänze  miisJiiro   "Heber." 

38,  ,,  5  V.  u.  streiche  rö  bis  kakaru.  ^  ist  ra  !  Die 
gebräuchlichen  jap.  Lesungen  sind  avii  "  Netz  "  und 
nsumono  "dünnes  Gewebe." 

,,  I  V.  u.  besser  :  gewöhnlich  bii.  Die  Aussprache  imt 
ist  sehr  selten  ;  sie  findet  sich  z.  B.  im  Namen  der 
Provinz  lilusashi  ^^. 

39,  ,,    6  f  lies  shi  kitareru. 
,,     ,,    8  lies  shoyiL   {u  kurz  !) 
,,     ,,19  lies  raknhits\ 

,,     ,,    5  V.  u.   lit.    sondern  es  ist  ein  Ding,    wo  die   beiden 
Striche  implicite  in  dem  Pinselstrich  {rakiihitsii  "gefällter 
Pinsel,     ein     technischer     Ausdruck     der     Schreibkunst) 
enthalten  sind. 
40.    .,    3   "Handschriften"  statt  "Büchern." 


64         Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen. 

Seite  40,  Z.  6  ^    yu    heisst     "  liabcn,"    am    "  sein,     vorhanden 

1) 
sein. 

,,       ,,      ,,    4  V.  u.  schreibe  %  statt  ^. 

,,       ,,      ,,    2   ,,    ,,    ^  heisst  yiidanerJL    "  anvertrauen,"   kinvashii 

"ausführlich,"  und  seltener  tstibitsa  {tsubusa  ui)  "  genau." 

tswnabiraka  ist  nicht  richtig. 

41,    ,,    3  schreibe  f^  und  lies  j/ö/v/  (Adverb!)  statt  j/^/. 

,,     ,,     5   /w  heisst  "  dicht,  dick  "    (Adjektiv!),    nicht    "dick 


sein." 


,,  ,,  ,,  I  v.  u.  NiJioti  "Japan"!  Die  Anmerkung  will  besa- 
gen :  diese  Schreibweise  kommt  in  Japan  vor. 

,,  42,  ,,  6  ergänze  die  jap.  Lesung  sonaerv.  hinter  "  versehen 
sein  mit." 

,,      43,    ,,    I   v.  u.  inidari  vi  "  gesetzlos." 

,,      44,    ,,    4  ,,    ,,     lies    :?»  7    statt    i^  ^^ . 

,,       ,,      ,,    2  ,,    ,,    ergänze  mösii  hinter  "  benachrichtigen." 

,,  ,,  ,,  I  ,,  ,,  lies  :  gewöhnlich  kai.  Die  Lesung  ke,  welche 
Lange  suggeriert,  ist  übrigens  falsch ;  es  muss  ge 
heissen,  wie  auch  in  der  Tafel  oben  durch  Setzen  des 
Nigori  richtig  gegeben  ist.  ge  z.  B.  in  ^^  7yaku-ge 
"abgekürzter  Kommentar." 

,,      45,    ,,    I   lies/"«  statt  //. 

,,      ,,    2     ,,     Kyokin  statt    Kyotci. 

>>     >>    5  ergänze  sJiits'  hinter  ^.     Das   On  muss  hier  gege- 
ben werden  ! 

,,       ,,      ,,    4  V.  u.    2i  l^^t  meist  die  Aussprache  ki. 

,,  46,  ,,  2  ergänze  go  hinter  3i-  Auch  in  der  Tafel  ist  das 
Nigori  gesetzt. 

,,  ,,  zu  12  lies  kokon  ("S't*)  statt  kokin.  Dagegen  spricht 
man  Kokin-zvo.kashTi . 

,,       ,,      ,,13  lies  kaj'i  statt  kaiiaji. 

,,      48,    ,,    4  ergänze  mederit  hinter    "  lieben." 

,,        ,,      ,,5   V.  u.  passender  "  zart,  anmutig." 

,,      49,    ,,    2  lies  chigai  statt  tagai. 

,,  ,,  ,,  I  V.  u.  Zu  ^  noch  ayamarn  "  um  Verzeihung 
bitten." 

,,      50,   ,,     3  Man  spricht  In-ne  aus. 

i>       >.     .'     5   fö!  S^  besser  "  Fähigkeit,   Fertigkeit." 


Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen.         6$ 


Seite  50,   Z.   3  V.   u.      ergänze  ''für    ^  "   hinter  "  Kana." 
51.    ••    I   '^■-  '-'•     gewöhnlich  /;/  "schön"    iitskushii. 
,.      53.    -.    4  ^'  (•^).   urspr.  lue. 

,,      ,,    7  li'ei  --^  -i  ,   nicht  yet  / 
,,      54,   ,,    2  Das  Zeichen  ^   (fflJt)  ist  als  phonetische  Schreibung- 
für  ///  wohl  in  Gebrauch,  z.  B.   Manyöshü  5   u.   17,  etc. 
,.      ,.4  ergänze  />/  hinter  ^  Vgl.    die    Tafel  darüber. 
,,        ,,      ,,    7  V.  u.  lies  /v7/V  statt  kanaji. 
,,       ,,     ,,    6  ,,    ,,    lies  ryaku  sJii  kitarem  nite  kinjin  {konjiii)  no 

omoem  u.  s.  w. 
..      55'    •'    I   J^  ^'^0  (o  kurz  !). 

^  s/iö  "Rock.  Unterkleid  der  Frauen"  mo,    "Kleider- 


saum "  inositso. 


,,     „4  V.  u.  lies  Fukzuö  statt  Hakkö  oder  Hokö. 

M     ..    3   ..    ,.    bemerke,  dass  ^    eine    seltenere    Nebenform 

für  die  Hauptform  ^  ist. 
,,      M    I   V.  u.  ergänze    "für  ^"    hinter    "  Kana-Zeichen." 

^  ze  "dies"  köre.     Vgl.  die  Tafel,  wo  Nigori  steht. 
56,    ,,    4    kotolmki     "Gratulation,"      kotolnikii     "  glückwün- 

schen,"  im  Briefstil  als  Verb  kotoJiogiL  "glückwünschen." 

60,  ,,  14  V.  u.  lies  "getrocknete  Iwashi  "  statt  "  rote  Iwa- 
shi  "  (nicht  etwa  eine  rote  Species  von   Iwashi  gemeint). 

61.  ,,  6.  Wenn  man  sinico-jap.  TencJä-JiöJian  liest,  muss 
man  konsequenter  Weise  ^ffi  auch  tencJiTt  (statt  aine  no 
naka)  lesen. 

(ij,  ,,  13  f.  Schiefer  Ausdruck  !  Teniivoha  ist  doch  keine 
"  Benennung  für  die  Deklination  und  Konjugation," 
sondern  Terminus  technicus  für  die  teilweise  unflektier- 
baren, teilweise  flektierbaren  Partikeln  und  P^ndungen, 
mit  deren  Hülfe  die  Deklination  und  Konjugation 
gebildet  wird. 

70,    ,,    2  V.  u.  ergänze  minami  hinter  1^. 

72,  ,,  4.  Das  Goon  und  Kanon  von  '^  sind  nicht  gleich  ! 
Goon  tsu  ()y),  Kanon  tö  (  h  ♦ }. 

,,  ,,  10  ff.  Was  uns  Lange  als  "Peking-Dialekt"  in 
seinem  Buche  vorführt,  möchte  ein  Chinese  wohl  meist 
nicht  als  solchen  erkennen.  Peking-Chinesisch,  Mittel- 
chinesisch    und     Anderes     gehen     durcheinander.        Im 


66         Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen. 

Eingang  der  vergleichenden  Tabelle  wäre  es  auch 
angebracht  zu  bemerken,  dass  in  der  Transskription  des 
jap.  und  chin.  Lautsystems  der  Buchstabe  /  ganz 
verschiedene  Laute  darstellt  ;  dass  während  nämlich  im 
jap.  System  j  dem  englischen  j  nahe  kommt,  es  im  chin. 
System  etwa  wie  französisches  j  lautet  (daher  eigentlich 
besser  mit  :;  zu  transskribieren,  wie  z.  B.  Gabelentz  und 
Arendt  thun). 
Seite  72,  Z.  12  B  Peking  7T  (.:T),  nicht  yT. 
,,  ,,  M  13  M  M  ^^^^  {=  gutturaler  Spirant  +  dentaler 
Zischlaut  +  Vokal  /).  Lange  schreibt  stets  s/i  (also  s) 
statt  /is  (xs).  Hält  er  etwa  die  Schreibung  /^s  für  eine 
mutwillige  Abwechslung,  welche  sich  die  Sinologen 
erlauben  ?  Oder  war  der  Druckfehlerteufel  so  konsequent 
boshaft  ? 

4,  ,,  ,,  M-  'T*  Peking  c/ii/^  (aus  urspr.  A-i'u).  kon  ist  Goon, 
khi  ist  Kanon  ! 

,,       ,,     ,,15  on  ist  Goon,  in  Kanon  ! 

„       ,,     ,,     16  fx  Peking  hsiiig  (aus  urspr.  hing). 

„  ,,  ,,  18  ^  ,,  cJiiiig  (aus  urspr.  i^^iug,  was  noch 
mittelchinesisch  etc). 

^,       ,,     M    -O  iSC  Peking,  besser  iven. 

,,        ,,      ,,    -i   ^I»        ,,         li-'tii  (aus  urspr.   ngai). 

,,        ,,      ,,    22   "1^         ,,         Jisia  (aus  urspr.  Jiid). 

,,  y^,  ,,  20  Das  Beispiel  -^B  ii'OHnic/ii  passt  jedenfalls  gar 
nicht  hierher,  da  auch  -^  kou  Goon  ist  !  Lange  wollte 
wohl  •^  B  mit  der  Aussprache  koujitsu  anführen,  wo 
kon  Goon,   wwdi  Jitsit  Kanon  ist. 

,,      74,   ,,     13  Die  Aussprache  Bninbii  tcnnö  ist  nicht  üblich. 

,,       ,,     ,,     18  lies  kakubiki  statt  kakiiJiiki. 

,,  ,,  ,,  19  ,,  dai:zen  ,,  taizen.  Dies  heisst  "  voll- 
ständig," nicht  "  in  einem  Bande."  Daher  bei  einbändi- 
gen sowie  mehrbändigen  Werken  auf  dem  Titelblatt. 

,,       ,,     ,,    22  lies  ^  statt  H. 

,)  ,,  ,,  27  Tu  (J^)  ist  keine  "  Periode,"  sondern  "  Dy- 
nastie." 

.,,  ,,  ,,  5  V.  u.  Die  Vergleichung  mit  dem  Mittelchinesischen 
(z.  B.   Nanking)     Hegt    teilweise    näher  als    die    mit  dem 


Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen.         ^y 

Pekinesischen,  da  z.  B.  in  ersterem  wie  im  Tö-in  noch 
der  alte  Anlaut  k  vor  /  erscheint,  während  er  im 
Pekinesischen  vor  i  zu  ch  wird.  Vgl.  ;^  ]\I.  C.  king, 
Pek.  chiug,    Tö-in  ki/i. 

Seite  75,  Z.  4  -f^  Peking   hsiiig. 
'%        ,,         <;/^///^. 

m        ,,         cJi'ing  (aus  ts'ing). 
\%        ,,         ch'iiig  (aus  ts'iug). 

,,  ,,  ,,  13  richtiger  f^  statt  ^,  obwohl  letzteres  auch  vor- 
kommt. 

„  ,,  ,,17  Die  Japaner  lesen  diese  3  Namen  :  Berrin^ 
Oranda,  Furansu.  Die  Chinesen  schreiben  für  Holland 
aber  gewöhnlich  fq^^H  Ho-laii-kno  oder  nur  3^^  Ho- 
kiio  (letzteres  neuerdings  im  diplomatischen  Verkehr, 
ersteres  volkstümlich). 

,,       ,,      ,,22  lies  siiitö  statt  siiidö. 

,,  ,,  ,,  2  v.  u.  lies  Fo-Ian-Jisi  !  Das  On  fittsit  kommt  wohl 
kaum  vor. 

,,      76,    ,,    9  lies  kobun  statt  koniou. 
„    19    ..    ^  statt  ^. 

„  24  ergänze  das  On  san  hinter  ^  (san-dzukuri). 
„     5   HJ  akiraka=   "hell,"   nicht  "glänzend," 
,,    10  l^   saegiru  !  tojirii  ist  p^. 

,,     2  V.  u.  Bf  besser  hare  "  klares  Wetter,   klar,"    und 
Jiareru  "sich  aufklären." 
»       ,,     ,,    I   V.  u.  ^  ergänze  kiiromc ;    auch  Jütovii  "Pupille" 
gelesen. 

j>      79»    ..    I  ^  yasiisJii. 

>»       >>      >,    -  Sra  tombo.     Streiche  den  Zusatz  (Schriftspr). 
»»       ..     ..    7  M  yosoou  {yosohoßt). 
»»       ,»     ,,    12  Streiche  das  in   Klammer  stehende. 
»      80,   ,,  7  V.  u.     lies    ataeru.    "geben"    statt    agerii    "heben, 
hinaufgeben." 

,,     81,    ,,    7  ergänze  zu   J]   noch  die  Bed.  marui  "  rund." 

5>       >»     M     10  ergänze  das  Kun  karada. 

»>       »     ,>    14         r,         zu  ^  die  Lesung  kazu. 


>» 

J  > 

77, 

>> 

78, 

68         Florenz,  Bemerkuxgex  und  Berichtigungen, 

Seite  ^2,  Z.  21   ergänze  zu  fn  7cv/  "  Ruhe,"  yaivaragcrv  "  besänf- 
tigen." 

,,      ,,    8    V.     u.    ^^    lieisst     nicht     "  kollationiert,"     sondern 
"  Orientierung." 

,,       85,    „    14  ergänze    zu    J\^    noch    die    Lesung    Jiats     neben 
hachi. 

,,  ,,  ,,  16  besser  kainvntri. 

,,  ,,  ,,  20  lies  ^J^  statt  ^  und  ergänze  das  On  Jiyö    (t.  3  ^) 

,,  86,  ,,  6  ergänze  zu  %l,  das  On  ylt  (  ^  ^ ). 

,,  ,,  ,,  10  V.  u.  lies  7i-kamimiri. 

,,  8y,  ,,  16  lies  in-nyTi  statt   iiiyli. 

,,  ,,  ,,  9  V.  u.   ^   tatarj-umu  heisst  "  stehen   bleiben." 

,,  ,,  8  ,,     ,,    ff  gyö  "  Betragen." 

,,  %8,  ,,  Klz.  71     setze  ein  Komma  hinter  "nicht." 

,,       ,,      84     -^  wird  selbständig  als  Abkürzung   von    ^ 
ki   gebraucht. 

,,      ,,      87  ergänze  das   On  so. 

,,      89,   Klz.  91      lies  katakata  statt  katagata. 

,,  1 10  ergänze  Jioko  ;    bö. 

,,  III  ,,         das  On   sJii. 

,,      90,     ,,  114         ,,         tori. 

,,  116       lies      ana-kannniiri. 

,,  127  ,,  tagayasii  (^  if^  7^)  statt  tagacs'  ; 
tagaes'  ist  eine  ältere  Form. 

,,      91,     ,,       152    zu    ^    ergänze    die    Lesung    inoko     ( #  y  n ) 
"  Schwein." 

,,       154  ergänze  das  On  bai  {km  ist  Kun). 

,,      92,     ,,       163  lies    ff    ö.-:;ato-hcn    (wie  unten  Klz.   170    ko.'^afo- 
hen). 

»>      93»     »>      201   ergänze  das  zweite  wichtige  On  0  {  '7  ■^  ). 
,,      202  ,,         das  On  s/io. 

,,      206         ,,  ,,       ,,     iei. 

94,     ,,      208         ,,  ,,       .,    so. 

,,  210  ,,  zu  JiitosJdi  noch  die  gewöhnlichere 
Bedeutung  "  gleichmässig."  Das  On  von  ^  ist 
nicht  sai,   sondern  sei ! 


>>  >  > 

> » 


Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen.  69 

Seite  96,  Zeile    9    der     rechten       Kolumne      lies     tsiizwni    statt 
tsJitsumi. 
,,      99-      "       5   lies  ^    :^  ^    ikö  !),   nicht    ^  er . 
,,       ,,        ,,        17  (Lautz.   5)    börjeji  sJiite  iru    heisst     "in    Verle- 
genheit sein,   verdutzt  sein,"    und    ist    mit    dem  Zeichen 
f£  statt  tt   zu  schreiben. 

5  V.  u.  "^   ir  V   auch  noki  "  Vordach." 
3   ,,    ,,    streiche   -t  ^  . 
100,     ,,       6  J^  heisst  iinaji  "  Nacken,"  nicht  viitsugi.     'Letz- 
teres wird   ^  geschrieben  ! 
,,       ,,       >,        12  V.  u.  kiorcii  heisst  auch  "Ära"  ganz  im  allge- 
meinen. 
,,       ,,        ,,       9  V.  u.  gg  gehört  nicht  unter  dieses  Lautzeichen! 

^  mit   Ei   verwechselt, 
,,       ,,        ,,       7  V.   u.  Auch    slihiobn    ist    eine    wichtige  Lesung 

von   S,. 
,,      loi,    ,,  5   Moxa  wird  auch  auf  anderen  Körperteilen  als 

Rücken  und  Beinen  gesetzt. 

10  V.  u.  yobö-siirii  besser  "  verhüten,  vorbeugen" 
(trans.) 

2  v.  u.    7 -Y    "Muster,   F'iguren  im  Stoff"  gehört 
vor  ^,   denn  es  wird  mit  dem  Zeichen   '^   geschrieben. 

.»       102,      ,,  3  zu  ^  ergänze  die  jap.  Lesung  katahtna. 

M        M  ,.       12    ,,    1^  ^  V        ,,  ,,       ,,  ,,  kusagiru. 

,,        ,,  ,,       21    ,,    j^  Jian    ist     das     Kun     ita     "Brett"     zu 

beinerken. 
«•        ,,         ,,       3  V.  u.  |j^    >">  -^    gehört  nicht  hierher  ! 
f>        ..  ,,       I    ,,    „    "^  sasaerii  heisst    "stützen,  unterhalten." 

sasaerit  "verhindern"  wird  '^  oder  ^   geschrieben. 

),        1,         ,,       18  y^   hat  das  On  to,   nicht  ko  1 

..       104,      ,,       I   1^     7V     magirent     {^  ^  \^  jv)      "verwechselt 

werden  "  Merke  auch  die    Verdoppelung  des  On  fitmpim 

to  shite  "  durch  einander." 

5   V.   u.   shijin  statt  shufin  ist  vulgär. 
,,      4  ,.    ,,    sosogu       "  giessen,       sprengen"       (nicht 
"  waschen  "). 

•  05,      ,,        14  kyozetsii  besser   "  verweigern." 


>  >        >  >       »I 


»«        >> 


>»        »> 


70         Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen. 

Seite   105,   Zeile   15  zu    ^    ergänze     die    wichtige    Lesung     saru 
"  entfernt  sein." 
,,        ,,         ,,       16    bcshi    ist    eigentlich    ein    Adjektivum,    nicht 

Verbum,  und  wird  blos  von  uns  verbal  übersetzt. 
„        ,,  ,,       17  Ppl^  kashaku   "  Folter  "    kashaku  sunt    "  fol- 

tern "   (z.  B.  jigoku  110  kashaku,  oni  110  kashaht,   Marter 
der  Hölle,   Tcufelsmarter). 
,,       106,      ,,       2  zu     Ig     die    wichtige    Lesung    viotoyori    "von 

Anfang  an  ;  selbstverständlich." 
,,        ,,  ..      4  i^  =»--^,    nicht     n.---.     Die    Bedeutung     "ver- 

storben "    wird    nur  mit    dem    On  ko  \crknüpft,   nie  mit 
dem  Kun  yiie. 

9  "  sieden  "  statt  "  aufsprudeln." 

12  2ikagait  "  besuchen." 

i"^  yashiro  einfach  "Tempel"   (Shintötempel). 

20  ergänze    die   jap.    Lesung    tsJigu  ( V  ^)  zu  $g 

1 1  Jiirakiinösu    t  7  2^  -v  ^  X    ist  kaum  gebräuch- 

,,  ,,  17  ;*  »>  ^  ;i^  könmni  "  auf  dem  Kopf  tragen,  von 
einem  Höheren  erhalten." 

108,  ,,      6  f[i  Kun  tomo  "Gefährte,"  tovionan  "begleiten." 
I   \,  u.  ^    T  •■/   ist    Substantivum    und    bedeutet 

"Plan,   Entwurf."     Verbal    ist    es    anzurn    7  v  x*  ;i^  mit 
der   Bedeutung  "  besorgt  sein,  der  Meinung  sein." 

109,  ,,       10  ergänze  zu  ^    ^  t^    das  Kun    x '<  ;^  siibeni  ; 
besser   "  zusammenfassen." 

„  ,,  13  ^  "Y  >>  heisst  nicht  "Schmerz,"  sondern 
"juckend"  ■)]  ^  A  kayiii,  "jucken"  (intr.)  ti=^1ff^ 
kayjfgaru. 

14  Auch  ^J^  tsJiyö  heisst  nicht  "Schmerz," 
sondern  "Schmerz  und  (oder)  Jucken,"  jeder  Bestandteil 
des  Kompositums  hat  also  seine  eigene  Bedeutung.  Vgl. 
die  Redensart  •,'^I^^^BJ^  tsüyö  ai-kzvansezit  "  es  ist 
[mir]  gleichgültig,  ob  es  ihn  schmerzt  oder  juckt."  Der 
Ausdruck  ist  nicht  nur  Schriftspr.,  sondern  wird  auch  in 
der  Umgangssprache  der  Gebildeten,  besonders  von 
Studenten,  viel  gebraucht. 


>> 

>>             >> 

>J 

>>             >  > 

>  > 

J)                      5  » 

>> 

»'                      >  > 

-fe    ^. 

J » 

107,             „ 

lieh. 

>  ■> 

>»  >  J  » > 


>» 


Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen.         71 

Seite  109,  Zeile   iS  ^    ;>  y  v    statt   *  -/. 
,,        ,,         ,,       21   ergänze  das  On    i/   zu  f^. 

,,         ,,       3  V.  u.  lies  ^   f-'  statt  ^. 
,,      "O,      ,,      y  ^    i/=^  heisst    nicht    "alte    Münze,"    sondern 
ist  der  Name  einer  ganz    bestimmten  alten  rechteckigen 
Silbermünze  im  Werte  von  ^  Bit. 
,,        ,,         ,,      8  WiM^^^  chübatsii  siinc  als  Verb  heisst  immer 
nur  "mit  dem  Tode  bestrafen." 
„      Zeile   19    Neben    dem    Goon    ^    ^  ir  ^     ist    auch   das 
Kanon    :*  i^    viel  im    Gebrauch.       Siehe    die    zahlreichen 
Verbindungen  bei  Gubbins,   pag.  351  f. 

14    odorii    mit    dem    Zeichen   ^  geschrieben  ist 
besser  durch  "  springen  "  zu  übersetzen. 
„       III.       ,,       7  la     ^  ^,   nicht    Y  ^  . 

„        ,,  ,,       15   zu  5E    7  >>    ergänze  ökami    ;!- *  ;^  i    "Wolf." 

zu  IH    :7  ■>    ergänze  das  Kun    *^ify:)j, 

17  besser  "Herr"  statt  "Person." 
>,        ,,         ,,       8  V.  u.  ^  wohl  sehr    selten     h  3%   gelesen.     Bes- 
ser wäre  vielleicht    die    Lesung    tatsii     ^  y     "  Drache," 
welche  das  Zeichen  im  Tierkreis  hat,  hinzuzufügen. 
■,,        ,,  ..4   zu  Ig    1/ -y     ergänze    das    Kun     =1.  i^  ^^  7^   nigi- 

UHlSlt. 

,,       112.      ,,      6  lies  katarit    :^  s^  }v  statt    -"• -i- x  . 

14  ergänze  zu  ^^    ^  ^    das  Kun    =1  i  ^ . 

15  „  ,,    ^   ^  ^      ,,       ,,        ^^  ^        (Unter- 
schenkel), 

^.  113.  '.  I  ergänze  zu  ^  noch  die  Avichtigen  Lesungen 
-^  i?  i    "Schmerz"   und    >f  ^  ^    "schmerzen." 

..        .,         ,,       10  V.  u.  streiche  den  Zusatz  "  Schrifspr." 

^'  .,  ,,  3  M  ,,  =»  x*^  lieisst  "Baumwipfel,"  nicht 
"Unterzweige  eines  Baumes"  (aus  ko  "Baum"  und  sue 
"  oberes  Ende  "), 

>.  114.  ».  6  lies  -f-  \Y)^  "in  die  Höhe  halten,  (einem 
Höheren)  darreichen,"   statt    jyj^y. 

»>        "  .,       12  ^^  ;    3  ;t^   "  sich  nähern,  gemäss    sein,     ent- 

sprechen ;  einkehren,    vorsprechen.  " 

»»      115.     •,.       2  ergänze  zu  ^    -fe  y    das  Kun   -ß  —    zcni. 

»»        ..         .,       9  lies    -^^  A  -i]  A    statt    -►»  ^  ^^  7  ^    (ohne  lu  !). 


72         Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen. 

Seite   115,  Zeile   13  zu    j^     ^4     ergänze    das    Kun      *  V  y^  i/ ;^ 
hodobasJiim ;    die     Bedeutung     ist     nicht     "zerstreuen," 
sondern  "  spritzen,  planschen  "  (intrans). 
^^   heisJiiitsii  siiru-  besser   "  sprühend  hervorquellen." 

,,        ,,  ,,       17  ^    nur    als  On    -b  -^     x  ;v  gebräuchlich,   und 

meist  durch  "  anfertigen  "  zu  übersetzen.  Die  Bedeu- 
tung  "zubereiten"  ist  passend  in  Redensarten  wie  cha 
wo  sei  surn  "  Thee  zubereiten,"  ^^  tcsei  stirn  "im 
eigenen  Hause  (Speisen)  zubereiten."  3  'y  y  ^  )^  wird 
immer  ^    v  V   geschrieben. 

,,        ,,         ,,       8  V.   u.  ergänze    A  ^/ -r  ^    ishi-bmni  zu  -^    t . 

,,        ,,  ,,       3    ,,    ,,    lies  7  iva  "Ring,  Rad"  statt    ^  ;^ -v . 

,,       116,       ,,       I  ,.     Ä    ^  7    statt    -^ .    Ebenso    ^     ^  V, 

H  i^  «7 .  Dagegen  (Zeile  2)  "^  y  statt  •)]  ;  so  in  dem 
jetzt  viel  diskutierten  H|$^A  ratai-bijin  "  nackte 
Schöne  (schönes  nacktes  Weib)." 

,,        ,,  ,,      4  ergänze  zu  ^    a  -y   das  Kun    -^  5^  ;i^. 

,,        ,,         ,,       5  lies  ^^  statt  f^.  Ebenso  Zeile  6. 

,,        ,,  ,,       8  ergänze  zu  P^  das  Kun    b -^ -s  ;i/  "  recitieren." 

,,        ,,         ,,       12  ergänze  zu   ^    die  wichtige  Lesung    ^  b  3  V 
"  von  Anfang  an,  selbstverständlich." 

,,  18  5^  TA  hat  das  Kun  i^  y"  ^  "Huf,"  nicht 
einfach  y  ;^ .  Ibidem  ^^  J- A  7- y  heisst  "Hufeisen," 
nicht  "  Pferdehuf." 

,,  ,,  ,,  19  zu  '^  7-  A  ergänze  noch  das  Kun  -y -^  tv 
"  (fest,  dicht)  geschlossen  sein." 

,,  ,,  ,,  2  und  I  V.  u.  lies  #  statt  A.  Ebenso  Seite  117 
Zeile   I   und   2    #    resp.      #  F . 

,,       117,      ,,      2  besser    A -^    statt    -^Irjv. 

,,        ,,         .,      4  ergänze  das  Kun   ;^  '^  /w  kaerii  zu  ^. 

,,        ,,  ,,       6  zu  fg         ,,       „       t.  ^  v^  n.   hitoe  vi  "gänzlich, 

ausschliesslich." 

,,        ,,         ,,       7  zu  m  das  Kun    7  -^  ^  ^    aniancht. 

,,        „  ,,       9    ,,    ;^     .,        ,,       T  £>    avui  (weben). 

,,  ,,  ,,  12  Man  sagt  nicht  :}J  A  y  ^  "^  )^ ,  sondern 
braucht  f^^  •)]  A  y  ^  nur  substantivisch  "  das  zusam- 
men Altwerden,  d.  i.  innige  Zuneigung  zwischen  Mann 
und  Frau." 


Florenz,  Bemerkungen  une  Berichtigungen. 


73 


Seite   117,   Zeile   13  ergänze  das  Kun    ^if^^'S/  kizahashi  zu  |^. 

19  S  fi-ir  sich  allein  wird  nicht  ^  ^,  sondern 
^  ;&  ^  7    takanmra  gelesen  und  bedeutet  "  Bambushain." 

7  V.  u.  fix  wird  mit  dem  Kun  3  ^.  ;i^,  nicht  ]♦ 
b--  n  --^  yv  gelesen. 

5  V.  u.  Das  richtige  Zeichen  für  ^i  v  "Veranda" 
ist  aber  |^,   nicht  ,^. 


>  > 
) » 


>  • 

>  > 


18,      „ 
^  7. 


->»  :Ä  jV 

nmter 

M   y  ^  ■ 

A  "^  \ 

»» 

'1   y  ^  • 

V  r^* 

>i 

m  ^y^- 

7    5/    ;,? 

;v 

. . 

m  ^>^- 

7  -y'  ^> 

fc. 

{ivazazuai)     hinter 

I 
I 

3 


8  lies  "Unterschied"   statt  "verschieden." 


10  ergänze    -i- ^  ^    hinter 


II 


y  -?  y'  i> 


zu 


in    der    Bedeutung 


> » 


"  stolpern." 

13  lies   -32.  T/    statt    -i. -y . 

14  besser  "  weite  Entfernung." 

15  lies     3   >>  J2:  V     statt     n   »>  oc  -y . 

3  ^^-  '•'•  1^   ^  "-^  besser  "  Bescheidenheit,    Demut" 
ergänze  das  Kun  Jierik2idaru   "  sich  demütigen." 

119.  ,,  9  fÜ  "T  =^  hat  das  Kun  £/ :?  ^  )v  "tröpfeln"; 
^/  9  ^  yy  "  Tropfen  "  giebt  es  nicht,  höchstens  sehr 
selten    ->  :?•  \    •;  .     Auch    -y  y  ^    "Tropfen"  gelesen. 

,,  ,,       20  ergänze    ^  v  3  »>     {tadayoii)    hinter     j^    ^  *  ; 

es   bedeutet    auch    allgemein     "  umhergetrieben   werden," 
z.  B.  tadayou  k?ijno   "  umhertreibende  Wolken." 

120,  ,,       3  richtiger   "  ausbessern  ;  "    dazu    das    Kun    y  ^ 
p  V  . 

,,  ,,       10  lies    ;>  V  ;v  {kugunc)  "  tauchen,     t.  y  a    {hiso- 

imi)  "  sich  verborgen  halten." 
,,      Zeile   17  ergänze    ^  p?  ;i^     "gerade  machen"   hinter   ^ 

,,         ,,       8  V,  u.  kaiishakii  wird  ^^  geschrieben. 

,,  ,,      4  ,,    ,,   lies   :X^  ^  )^^   statt   ^  ^  7    und   streiche  die 

Klammer  ;    ^  -v  7    wird  ^^,   nicht  |f  geschrieben. 
,,  ,,       I   V.  u.   lies    ;*  ^  iJ-  y    statt    fj  ^  i^  '*)  . 


74         Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen. 

Seite  121,  Zeile  i  ergänze  das  Kun  y  v- ;i^  [soshini)  zu  "ver- 
leumden." 

,,        ,,  ,,       4  lies   ^^  ^y  P    statt   ^■«v>:^/i^. 

,,         ,,  ,,       S   besser   "  bemühen  "  statt  "  bitten." 

,,        ,,  ,,       13  Als  On  von    ^  gieb     fc. ,     nicht     ^^.       Lies 

sodann  t.  '>  3  statt  -^  ^  ->  3  ,  da  letztere  Aussprache 
nur  \'on  Ungebildeten  gebraucht  wird.  Die  Überset- 
zung "Sommerfrische"  ist  schief,  denn  die  genaue 
Bedeutung  ist  "  das  in  die  Sommerfrische  Gehen,  lit. 
das  der  Hitze    ¥.r\.tge:h.Qr\''  —  ats2isa-yoke. 

,,  ,,  ,,  19  streiche  "  gefahrv^oll"  und  setze  statt  dessen 
das  Kun    ^  ■'^  z/  A    "  steil." 

,,       122,       ,,       I    lies    =1  ^    statt    7  'y  A   \ 

,,        ,,  ,,      3  Das  Zeichen  ^  ist  auch  für  sich  in  dem  Kom- 

positum ^^  kö g%v an  =■  killt ama  "  Hoden  "  gebräuchlich. 
Lies  ferner  -V  ^  statt  ^  i^  .  Zu  |^  ^  ^  ergänze  das 
Kun    »>  -^ -\'    oder    >>  -v -^  K. 

,,        ,,  ,,      4  streiche  "  bereichern."     Verfasser    denkt    wohl 

an  die  Lesung  »>;i^*  7  nniou  "feucht  sein,  bereichert 
werden,"  wofür  aber  besser  f^  gebraucht  wird.  Bemerke 
noch,  dass  ■l^ -">  in  der  älteren  Sprache  "reichlich" 
bedeutet.  1 

,,        ,,  ,,       5   ergänze  das  Kun     h  i>    zu  ^   "erklären." 

,,        ,,  ,,       8  lies  Klz.   210.  Als  On  von  ^  als  selbständigem 

Zeichen  ist  -t  ^  ,  nicht  f-  -^  anzugeben.  Lies  "  gleich- 
massig  "  statt  "eben."  Gebräuchlich  ist  übrigens  nur 
das  Adverb    t  h  v/  ^  . 

,,        ,,  ,,       II   motovier2i    "fordern,  Nachfrage  halten  nach" 

wäre  wohl  schärfer. 

,,        ,,      Zeile  8  v.  u.  ergänze    3  ^>  x    {koivasn)  zu  "  zerstören." 

„        ,,  ,,       5   ,,    ,,         „  die     wichtige      Bedeutung     (Ur- 

bedeutung) "vertrauen  auf"  zu    ^  y  -u . 

,,         ,,       IV.  u.  ergänze  das  Kun    »>  1^  ^V-  •>  -^    zu  |ä, 
123,       ,,      6   ^    mit    der    Lesung     ^7^^;^    ist    jedenfalls 
nicht  gebräuchlich.     Das  Gleiche  gilt    von    ^    7  iv  ^  />^, 
wo  mir  ausserdem  der  Zusatz    "  Schriftspr."    unverständ- 
lich ist. 


FLORENZ,  Bemerkungen  und  Berichtigungen. 


75 


Seite  123,  Zeile  9  fifl  7-  v  liest  man  gewöhnlich  mit  dem  Kun  3 
P  -r,  nicht  9  -7  \y  n^  \  für  letzteres  wird  besser  -^J  ^  >> 
gebraucht. 

,,  ,,  Zeile  12  besser  "beauftragen"  statt  "befehlen"  und 
"  um  eine  Gunst  bitten." 

,,  125,  ,,  12  V.  u.  Die  Hypothese,  dass  j^  phonetisch  für 
J|l  "schnell"  stehe,  ist  nicht  einmal  nötig,  da  schon  das 
Zeichen  ~^  selbst  auch  die  Bedeutung  "  eilig,  nachlässig 
ausgeführt"  (Giles  :  careless,  roughl}-  executed)  hat.  Vgl. 
Verbindungen  wie  i^^,  ^^fi,  ^^  li.  s.  w.  im  Chine- 
sischen. 

,,        ,,  ,,       <S  V.  u.  Senjinwn  wäre  doch  besser  durch  "  Buch 

der  tausend  Zeichen  "  zu  übersetzen. 

,,       126,   unten  lies   ^    yv    statt   ir  ^y . 

,,      128,  Zeile   17  und   15  v.  u.    sollte    der    Deutlichkeit    wegen 

mit  Bindestrichen  On-ic-ryTt  und  Sei-ren-in    transskribiert 

werden. 
,,      129,       ,,       I   u.  2  V.    u.    genauer  :     so    dar/    bei    ihnen    die 

Unterweisung  von  seiten  der  Eltern  nicht  minder  streng 

als  bei  den  Knaben  sein. 

„      135,      ,,       10  lies  ^   statt  ^. 

139,      ,,      4       ,,     Tstitae  iu  statt    Tstitaete  in. 
,,         ,,       5        ..    dochü  ,,      tochü. 

,,  ioshi-doshi  ,,  nen-ncn. 
Die  Transskriptionsmetliode  Lange's  rek'shi  statt  rekt- 
shi  u.  s.  w.  (Zeile  7  v.  u.)  ist,  mild  gesagt  keine  Ver- 
besserung der  herkömmlichen  Schreibweise.  Ich  halte 
sie  für  ganz  ungerechtfertigt,  und  weiss,  dass  die  anderen 
Japanologen  mir  darin  zustimmen. 


143. 

145. 
147, 


148, 


12  :3c  ist  nicht    ^  ■^7  ,   sondern     h    oder     \  ^. 

10  V.  u.  Vgl.  das  zu  Seite  2,   Zeile  6  Gesagte. 

I   lies  Aziiina-inaro  ^MM)  statt  Azuma. 

19  Man  sagt  santaijin. 

29  lies  KanndcJion  statt  KanateJion. 


0- 


A  kögishi 


AkaogisJii. 
shTijTi. 


^6         Florenz,  Bemerkungen  und  Berichtigungen. 

Seite   148,  Zeile   25  $£  ist  richtig. 
,,       149.      M       8  V.   u.   lies     "Fliege    im     5.     Monat"     statt  "5 

Monatsfliege." 
,,       150,       ,,       9    ^%    kc     {Jcatsurcx)     ist     der    Zimmtbaum    oder 

Kassienbaum. 
,,        ,,  ,,       10  V.  LI.  Da  die  anderen  Namen    in    chinesischer 

Aussprache    gegeben     sind,    sollte     auch     für    -^^     die 
Aussprache   Ch'ang-an  gegeben  werden. 
,,        ,,  ,,       I   V.    u.    Auch    in    China    fällt    die    Anzahl    der 

Jahre  des  Nengö  keineswegs,  wie  der  Verfasser  sagt, 
mit  der  Regierungszeit  der  Kaiser  zusammen.  So  gab 
es  unter  Kaiser  T'ai  Tsii  von  der  Liao  Dynastie  3 
Nengö,  unter  seinem  Nachfolger  T'ai  Tsiing  3,  wobei 
das  eine,  T'icn  Hicn,  aus  der  Regierung  des  einen  in  die 
des  anderen  hineinreichte,  unter  Tao  Tsung  5  u.  s.  w. 
„      153,  (im  Index). 

Statt  AkaJiagicJiö  lies  Akahagijö. 

,,      Annaka  Sösan.  ,,     A.  So  ca. 

,,      Genkai  (chin.  Kall.)         ,,     Gen-nc,  und  streiche  die 
Zahlen  41,  147,   149.    Die  beiden  letzteren  gehören  zu 
Genkai  (Lexikon). 
'"      Sy^'^^^  ^i^s  gojTion. 

M      gojTirenin         ,,     gojürenon  resp.  itsura  no  koye. 
,,      Hakkö  ,,     Fukivö. 

,,      Inkai,  chin.  Kalligraph     lies    In-ne    i^In-ive),    Buch. 

Streiche  :  Jinn,  chin.  Kalligraph  50. 
,,      Kaisö  lies  Kwaisö. 

,,      Kampö  ,,    Kwavipö 

,,      Kana  no  kai  ,,     Kana  no  kzvai. 

,,      KaJinon  ,,     J\zvan)io)i. 

,,      Kyotei  ,,     Kyokin. 

,,      Ömnmn  ,,     önniini. 

,,      Rito  (kor.  Wort)  ,,     Nido. 

,,      Sen  Shisfi  ,,      567/   Uiü. 

,.      Shiowara  ,.     SJiiobara. 

,.      SJioyü  .,     Slioyu. 

,,       TausendivörterbiicJi  ,,      Tausend 'Jeichenbnch. 


UEBER  LEPRA  IN  HAWAII 

UND 

DAS  AUSSÄTZIGEN-HEIM  IN  MOLOKAI. 

VON 

Dr.  f.   haberer. 

(VO.^TRAG,  GEHALTEN  IN  DER  SITZUNG  DER  DEUTSCHEN  GESELLSCHAFT 

FJR   NATUR-  UND   VÖLKERKUNDE  OSTASIENS  ZU  YOKOHAMA 

AM  28.  SEPTEMBER  1897.) 

Die  Lepra  ist  die  älteste  bekannte  constitutionelle  Krankheit 
des  Menschengeschlechtes;  in  den  ältesten  Kulturländern,  Aegyp- 
ten,  Indien,  China,  war  sie  seit  alter  Zeit  wohl  bekannt  und  be- 
schrieben. Wo  sie  ihren  Ursprung  hatte,  lässt  sich  heute  nicht 
entscheiden.  Ob  in  den  mosaischen  Bestimmungen  die  heutige 
Lepra  gemeint  ist  oder  eine  venerische  Krankheit,  ist  bei  der 
Mangelhaftigkeit  der  Angaben  schwierig  festzustellen  ;  jedenfalls 
ist  darüber  viel  gestritten  worden. 

Die  Krankheit  bemächtigte  sich,  auf  den  Verkehrsstrassen  der 
Menschheit  entlang  ziehend,  allmälig  grosser  Länderstrecken  und 
richtete  oft  bei  den  damaligen  schlechten  sanitären  Verhältnissen 
unter  den  Menschen  grosse  Verheerungen  an.  Im  Mittelalter  ver- 
breitete sich  der  Aussatz  über  ganz  Europa,  wohin  er  ungefähr  um 
das  Jahr  looo  eingeschleppt  worden  war  und  später  durch  die 
Kreuzfahrer  von  Land  zu  Land  getragen  wurde.  So  zählte  man  im 
IS''^"  Jahrhundert  in  den  christlichen  Ländern  bereits  20000  Lepra- 
niederlassungen, da  die  Kranken,  von  der  Gesellschaft  ausgestos- 
sen,  eigene  Dörfer  gründen  mussten. 

In  Asien  bildete  und  bildet  heute  noch  Indien  den  Hauptherd 
der  Lepra  ;  ihm  steht  zur  Seite  China,  das  über  weite  Länderstre- 
cken die  Krankheit  hat,  allerdings  in  nicht  so  grosser  Häufigkeit  wie 
Indien.     Verliältiiissmässig  spät  hat  Japan  die  Lepra  acquiriert  ;  sie 


y8  IIAIIERER,   ÜLJEK   LKPRA  IN   HAWAII. 

soll  hier  etwa  seit  dem  I3*''"jalirluindert  existieren.  Wernich  hat 
über  japanische  Lepra  vor  etwa  20  Jahren  berichtet  ;  seiner  Ansicht 
nach  ist  die  Lepraverbreitung  daselbst  unter  dem  armen  Volke 
derart  gross,  dass  jeder  Bettler  als  lepraverdächtig  anzusehen  sei. 
Aus  eigener  Erfahrung  aber  kann  ich  feststellen,  dass  diese  Angabe 
für  die  jetzigen  Verhältnisse  Japans  nicht  mehr  passt.  Ausser 
der  alten  Lepraheilstätte  an  den  heissen  Quellen  von  Kusatsu 
existieren  in  Japan  3  von  der  Regierung  in  den  achtziger  Jahren 
gegründete  Leprosorien,  von  denen  eines  allein  innerhalb  6  Jahren 
nach  Tebb  über  4000  Leprose  beherbergt  hat ;  ein  katholisches 
Asyl  besteht  zu  Gotemba. — Folgt  man  den  Dampferlinien,  welche 
nach  Osten  inid  Südosten  den  stillen  Ocean  durchziehen,  so  sind 
es  zunächst  die  Aleuten,  im  Norden,  welche  Lepra  in  massiger 
Verbreitung  haben,  weiter  südlich  die  Sandvvichinseln,  auf  welche 
erst  in  diesem  Jahrhundert  die  Krankheit  importiert  wurde.  Wie 
ich  einer  Notiz  entnehme,  breitet  sich  auch  unter  der  Eingeborenen 
von  Samoa  der  Aussatz  in  neuerer  Zeit  in  besorgnisserregender 
Weise  aus  ;  es  seien  schon  mehrere  Todesfälle  zu  verzeichnen.  Die 
schreckliche  Krankheit  sei  durch  mehrere  hawaiische  Aussätzige, 
denen  es  gelungen  war,  nach  Samoa  zu  entkommen,  verbreitet 
worden. 

Nach  dem  Bericht  des  Dr.  FiTCH  1884  an  den  Gesundheitsrat  in 
Honolulu  war  der  erste  Fall  von  Lepra  auf  den  hawaiischen  Inseln, 
der  die  öffentliche  Aufmerksamkeit  auf  sich  zog,  ein  Mann  in  der 
Leibgarde  von  Kamehameha  IIL,  Nainens  Ahia,  im  Jahre  1840. 
Man  glaubt  aus  dem  Worte  Maipake  (Chinesenkrankheit),  der  Be- 
zeichnung des  Kanaken  für  Lepra,  auf  das  Land  schliessen  zu 
können,  von  dem  die  Seuche  auf  die  hawaiischen  Inseln  gekommen 
sei,  aber  es  ist  merkwürdig,  dass  da  gepjenwärtig  keine  chinesischen 
Aussätzigen  existieren  ;  auch  sind  wenig  Weisse  mit  dieser  Krank- 
heit behaftet.  Dieselbe  beschränkt  sich  fast  ausschliesslich  auf 
die  eingeborene  kanakische  Bevölkerung  ;  aber  es  verkehrten  in 
der  damaligen  Zeit  an  den  hawaiischen  Inseln  auch  Wallfischfän- 
ger, die  von  der  sibirischen  Küste  kamen,  und  Hessen  da  wiederholt 
Mannschaften  am  Lande  zurück.  Wie  dem  auch  sei,  als  die  Seuche 
auf  den  Inseln  festen  Fuss  gefasst  hatte,  wurde  sie  für  die  Kanaken 
eine  der  grössten  Plagen,  die  je  ein  Volk  heimgesucht  hat.  Vierzig 
Jahre   später,   also   1880,   weist  die  42000  Seelen  zählende  eingebo- 


HABERKR,  ÜBER    LEPRA  IN  HAWAII.  79 

rene  Bevölkerung  der  Sandwichinseln  nach  Erliebung  der  Doctoren 
Wood,  White  und  Tryon  bereits  gegen  2000  Leprose  auf.  Die  Seuche 
muss  in  den  ersten  Jahren  ziemlich  selten  gewesen  sein,  denn 
Hillebrandt,  der  seit  1851  auf  den  Inseln  practicierte,  hat  erst  seit 
Ende  der  fünfziger  Jahre  Leprafülle  zu  Gesicht  bekommen,  die  sich 
von  da  ab  r.isch  vermehrten.  Li  einem  Bericht  an  den  Gesundheits- 
rat zu  Honolulu  1863  macht  er  auf  die  rapide  Verbreitung  der 
neuen  Krankheit  aufmerksam,  die  er  in  zahlreichen  Fällen  zu 
Gesicht  bekommen,  und  er  verlangt  durchgreifende  sanitäre  Massre- 
geln zur  Steuerung  des  weitern  Umsichgreifens  der  Krankheit.  Li 
der  Sitzung  des  Gesundheitsrates  vom  10.  August  1864  wurde  von 
Dr.  Hillebrandt  abermals  über  die  rasche  Verbreitung  der  Lepra 
Bericht  erstattet  und  die  Ansicht  ausgesprochen,  dass  Isolierung 
der  Kranken  wohl  der  einzige  Weg  sei,  um  die  Verbieitung  zu  ver- 
hindern. Er  empfahl  einige  abgelegene  Tliäler  auf  verschiedenen 
Inseln,  wo  die  Leprosen  angesiedelt  werden  sollten.  Es  wurde 
darauf  vom  Gesundheitsrate  ein  Beschluss  gefasst,  den  Dr.  Hille- 
brandt zum  Studium  der  Krankheit  als  Specialconimissär  nach 
China  zu  entsenden  ;  ihm  verdanken  wir  einen  sehr  interessanten 
Bericht  über  dass  grösste  Lepradorf  nahe  bei  Canton,  den  ich  hier 
anzulühren  mir  gestatte:  ,,  Es  ist  ungefähr  zwei  und  einehalbe  Meile 
von  den  Vorstädten  von  Canton  auf  einer  kleinen  P^rhöhung  in  der 
Mitte  von  bebauten  Feldern  gelegen,  und  beherbergt  zwischen  vier 
und  fünfliundert  Le[)rose  mit  ihren  Kindern,  welche  in  dem  Asyl 
geboren  sind.  Alle  Personen  sind  anerkannte  oder  von  den 
I^ehörden  bezeichnete  Leprakranke  und  sind  hierher  geschickt. 
Es  giebt  in  der  Nähe  von  Canton  drei  solche  Dörfer.  Keinem  Ehe- 
mann oder  Ehefrau  oder  Kind  wird  erlaubt,  den  Kranken  in  das 
Dorf  zu  begleiten,  aber  es  ist  ihnen  gestattet,  sich  unter  den  Kranken 
einen  neuen  Ehegenossen  zu  wählen.  Die  Kincler  aus  solchen 
Verbindungen  verbleiben  in  dem  Dorfe.  Ich  sah  eine  grosse  Zahl 
derselben,  vom  Kindesalter  bis  zu  25  Jahren,  und  in  der  That,  nach 
der  grossen  Zahl  gesunder  Menschen  in  der  Niederlassung  zu 
urtheilen,  scheinen  ihre  Nachkommen  so  zahlreich  zu  sein  wie  die 
der  rechtmässigen  Inhaber  des  Ortes.  Nur  ein  Kranker  gab  zu,  der 
Sohn  eines  Leprosen  zu  sein,  der  damals  im  Dorfe  war.  Regelmäs- 
sig suchen  sie  ihre  Abk-unft  von  kranken  Personen  zu  verbergen. — 
Das  Dorf  selbst  bildet  ein  Rechteck,  umgeben  von  Ziegelmauern  von 


8o  IIABERER,    ÜBER  LEPRA  IN  HAWAII. 

12  Fuss  Höhe  mit  einem  Gitter,  welches  jede  Nacht  geschlossen 
wird.  Die  folgende  Beschreibung  giebt  eine  Vorstellung  von  der 
innern  Einrichtung.  Eine  Strasse  von,  etwa  14  Fuss  Breite  (breiter 
als  jede  Strasse  in  Canton)  führt  von  dem  Wege  ab,  welcher  gerade 
hinauf  zu  einem  Tempel  geht.  Von  dieser  Strasse  zweigen  sich  im 
rechten  Winkel  an  jeder  Seite  ungefähr  14  enge  Gassen  ab,  3^  Fuss 
breit,  je  zwei  getrennt  durch  ein  einzelnes  niederes  Gebäude, 
dieses  wiederum  getrennt  durch  eine  Mauer  in  der  Länge  und 
Breite,  so  dass  24(.?)  enge  Gemächer  gebildet  werden.  In  diese 
kleinen  Löcher  wird  die  ganze  Bevölkerung  jede  Nacht  ein- 
gesperrt. Von  dem  Schmutz,  den  ich  da  vorfand,  will  ich  gar 
nicht  reden.  W^älirend  des  Tages  sind  die  Gitter  geöffnet,  und  die 
Leprosen  schweifen  in  Freiheit  umher,  um  in  den  Strassen  Cantons 
zu  betteln.  Sie  erhalten  daneben  einen  kleinen  täglichen  Zuschuss 
von  der  Regierung  und  da?  Monopol,  Tauvverlv  zu  verfertigen, 
wodurch  sie  etwas  dazu  verdienen.  Die  Kranken  verlassen  tagsüber 
das  Dorf  nach  Gutdünken,  und  ihre  Freunde  kommen  dahin  sie  zu 
besuchen,  Umstände,  welche  weit  davon  entfernt  sind,  die  allgemein 
herrschende  Ansicht  zu  beweisen,  dass  die  Ansteckung  körperlicher 
Natur  sei,  nicht  flüchtig  oder  sich  ausbreitend,  und  dass  längeres 
Zusammenleben  nötig  sei,  um  die  Krankheit  von  einer  Person  auf 
die  andere  zu  übertragen." 

Soweit  der  Ijericht  des  Dr.  Hillebrandt.  Kr  schildert  dann  die 
Symptome  der  Krankheit,  welche  ich  nachher  kurz  besprechen 
werde.  —  Inzwischen  hatte  der  König  Kameb.ameha  III.  den  Befehl 
gegeben,  ein  Grundstück  in  der  Nähe  von  Honolulu  zu  kaufen  und 
ein  Hospital  für  Leprakranke  einzurichten.  Zugleich  wurden  die 
Aerzte  auf  den  Inseln  \'erpflichtet,  jede  mit  Lepra  behaftete  Person 
dem  Gesundheitsrate  anzuzeigen,  welcher  die  Kranken  durch  eine 
Commission  noch  einmal  untersuchen  Hess  und  sie  dann  in  das  am 
13.  Nov.  1865  eröffnete  Kalihihospital  überführte.  Da  aber  in  kurzer 
Zeit  etwa  300  Personen  zur  Auhiahme  angemeldet  waren,  so  erwies 
sich  das  Hospital  als  viel  zu  klein,  und  es  wurde  für  die  schwereren 
Fälle  die  einsame  aber  fruchtbare  Halbinsel  Kalawao  auf  Molokai  von 
der  Regierung  angekauft  ;  ferner  auch  ein  Gesetz  erlassen,  wonach 
Leprose,  die  geeignet  ui'iren,  die  Gesundheit  anderer  zu  gefährden, 
nach  dieser  Halbinsel  geschafft  werden  sollten.  Es  wurden  im  Jahre 
1866    141    Leprose    dahingebracht,   nachdem  ihnen   vorher   Häuser 


HABER  ER,  ÜBER  LEPRA  IN  HAWAII.  8l 

gebaut  worden  waren.  Jedes  Jahr  kam  neuer  Zuwachs  von  Personen, 
die  von  den  Aerzten  der  Inselg'ruppe  dem  Gesundheitsrate  als  ver- 
dächtig oder  krank  augezeigt  wurden,  dann  eine  kurze  Beobach- 
tungszeit in  Kalihi  bei  Honolulu  durchzumachen  hatten  und  auf 
Abstimmung  des  Gesundheitsrates  endgültig  nach  Molokai  zum  dau- 
ernden Aufenthalte  übergeführt  wurden.  In  einzelnen  Jahren  war 
die  Zahl  der  Deportierten  ungewöhnlich  gross,  was  vielleicht  mit 
politischen  Ereignissen  oder  mit  Wechsel  in  den  leitenden  Kreisen 
zusammenlüingt.  So  wurden  in  dem  Jahre  der  Thronbesteigung 
Kalakauas  487  Leprose  nach  Mo'.okai  gebracht,  und  im  Jahre  1S88, 
als  ein  Wechsel  im  Gesundheitsrate  stattfand,  gar  579  Kranke.  Die 
grösste  Einwohnerzahl  hat  das  Jahr  1890  mit  1213  Leprosen. 

Es  erhoben  sich  bald  nach  der  Gründung  der  Niederlassung 
auf  Molokai  1866  bei  der  zwangsweisen  und  gewaltsamen  Methode 
der  Deportation  Stimmen,  welche  derartige  Massregeln  energisch 
bekämpften  und  die  persönliche  Freiheitsberaubung  der  Kranken 
aufs  schärfste   kritisierten.      Es  kam  soo-ar  in   den   wilden    Berjjen 

o  o 

von  Kauai  zwischen  Leprosen  und  Regierungstruppen,  welche  zur 
zwangsweisen  L^eberführung  derselben  nach  dieser  Insel  geschickt 
worden  waren,  zum  Kampfe,  wobei  die  Truppen  mit  Hinterlassung 
einiger  Toter  das  Feld  räumen  musstcn.  Nicht  am  wenigsten 
beeinflusste  die  öffentliche  Meinung  der  Standpunkt  vieler  Aerzte 
der  Inselgruppe,  welche  die  Lepra  für  keine  ansteckende 
Krankheit  erklärten. 

In  der  wissenschaflüchen  Welt  galt  damals  die  von  Daniellsen 
und  Boekh  gelehrte  Nichtübertragbarkeit  der  Lepra  für  festgestellt. 
Diese  norwegischen  Forscher  hatten  1848  ihre  epochemachende 
Arbeit  veröffentlicht.  ,,  Unter  den  Hunderten  von  Leprosen  (so 
lautet  die  einschlägige  Stelle),  welche  wir  täglich  gesehen  haben, 
war  nicht  ein  einziges  Beispiel,  welches  durch  Ansteckung  veran- 
lasst worden  war  ;  wir  kennen  viele  Verheiratete,  deren  einer  Teil 
lepros  ist,  welche  jahrelang  zusammenleben,  ohne  dass  der  gesunde 
Teil  angesteckt  würde."  Auch  die  Entdeckung  des  Leprabacilius 
durch  Hansen  1871  änderte  an  der  Sachlage  wenig.  Trousseau,  ein 
in  Honolulu  prakticierender  Arzt,  nennt  die  Lepra  1S73  in  einem 
Bericht  die  am  wenigsten  ansteckende  Krankheit ;  praedisponierende 
Ursachen  seien  Syphilis,  Scrophulose  und  auch  Vererbung, 
meistens    aber    sei    der    Genuss    von    Salzfleisch  und  das  Wohnen 


82  IIABERER,  ÜBER  LEPRA  IN  HAWAII. 

in  schlecht  ventilierten  und  dunkeln  Häusern  daran  schuld  ;  der 
Fremde  sei  daher  niciit  so  in  Gefalir  wie  der  Eingeborene.  Dr. 
Fitsch.,  welcher  Arzt  im  Zweighospital  v^on  Kalihi  war,  behauptete 
sogar  1882,  die  Lepra  sei  identisch  mit  Sypliihs  in  ihrem  vierten 
Stadium  und  daher  nicht  so  sehr  ansteckend.  Er  schrieb  im  Jahre 
1884  einen  interessanten  Bericht  über  seine  und  anderer  Aerzte 
Ansichten  und  Erfahrungen  über  die  Lepra.  Nach  Citierung  von 
Daniellsen  und  ]Joekh  führt  er  weitere  19  Aussprüche  von  erfahrenen 
Aerzten  aus  allen  Ländern,  in  denen  Lepra  vorkommt,  an,  welche 
sich  im  selben  Sinne  wie  die  norwegischen  Forscher  äussern.  Er 
selbst  führt  dann  aus  der  eigenen  Praxis  etwa  40  Fälle  an,  dass  Ge- 
sunde mit  Leprosen  verheiratet  sind  oder  im  innigen  Verkehr  zusam- 
menleben, ohne  dass  Ansteckung  erfolgt  wäre.  Ebenso  erwähnt 
er  acht  Fälle,  wo  leproses  Material  in  frische  Wunden  unabsichtlich 
gebracht  worden  sei,  ohne  dass  Ansteckung  erfolgte.  Er  kommt 
zu  dem  Schlüsse,  dass  Lepra  eine  durchaus  nicht  ansteckende  und 
von  Person  zu  Person  blos  durch  Erblichkeit  übertragbare  Krank- 
heit sei.  Kv  vertritt  also  den  Standpunkt,  den  ich  auch  in  Palästina 
gefunden  habe,  wo  man  die  Leprosen  durch  strenge  Gesetze  zu 
hindern  sucht,  Kinder  zu  zeugen,  im  übrigen  sie  aber  in  der  freien 
Bewegung  nicht  beschränkt.  Sie  werden  da  biosaus  den  grösseren 
Städten  ferngehalten,  um  den  Einwohnern  den  ekelhaften  Anblick  zu 
ersparen. — Auf  Anrathen  des  Dr.  Hillebrandt  hatte  der  Gesund- 
heitsrat beschlossen,  einen  bakteriologisch  gebildeten  und  von 
Autoritäten  empfohlenen  deutschen  Arzt  zu  berufen,  und  ArniNG 
wurde  dazu  ausersehen.  Derselbe  suchte  die  Frage  der  Uebertrag- 
barkeit  der  Lepra  von  Person  zu  Person  dadurch  zu  entscheiden, 
dass  er  einen  zum  Tode  verurteilten  Hawaiier  mit  Lepramaterial 
impfte,  nachdem  die  Regierung  für  den  Fall  eines  solchen  Versuches 
Begnadigung  zu  lebenslänglicher  Zuchthausstrafe  zugesichert 
hatte.  Arning  vergewisserte  sich,  dass  der  Verbrecher  Keanu  in 
der  Ascendenz  keine  Lepra  hatte  und  selbst  völlig  gesund  sei. 
Nachdem  Keanu  hierauf  unter  die  h3'gienisch  günstigsten  Bedin- 
gungen versetzt  worden  war,  schritt  Arning  am  30.  Sept.  1S84  zur 
Impfung.  Durch  ein  Tags  vorher  gelegtes  Blasenpflaster  hatte  er 
am  rechten  Vorderarm  Keanus  eine  pralle  Blase  erzeugt.  In  diese 
hinein  wurde  Eiter  von  einem  granulierenden  leprösen  Geschwür 
injiciert,  sowie  von  demselben  Eiter  in  das  frisch  scarificierte  linke 


HABERER,  ÜBER  LEPRA  I\  HAWAII.  83 

Ohrläppchen  eingerieben.  Der  Eiter  enthielt  massenhaft  Lepra- 
bacillen.  Am  linken  Vorderarm  nähte  Arning  einen  frischen  nicht 
ulcerierten  Lepraknoten  \n  eine  bis  auf  die  Muskelfascie  geführte 
Incision  ein.  Beide  Arme  wurden  mit  Watte  verbunden.  Antisep- 
tica  waren  nicht  zur  Anwendung  gekommen.  Während  die  Impfung 
am  Ohr  und  rechten  Vorderarm  resultatlos  blieb,  am  Ohr  unter 
einem  Blutschorf  die  Heilung  eintrat  und  am  Arm  die  Blase 
unter  späterer  starker  Schuppung  heilte,  spielten  sich  am  linken 
Arme  pathologische  Erscheinungen  ab.  Es  traten  Nervenschmer- 
zen auf,  der  linke  Ulnarnerv  begann  anzuschwellen  (ein  für  Lepra 
charakteristisches  Symptom).  Am  17.  Februar  1885  wurde  in 
der  Narbe  am  linken  Vorderarm  ein  linsengrosser,  wachsartig 
gelblich  durchscheinender  Granulationstumor  bemerkt,  dessen 
Gewebsflüssigkeit  am  19.  März  untersucht  wurde  und  eine  Masse 
von  Leprabacillen  aufwies.  Zwei  Jahre  später  wurde  Keanu 
von  den  Doctoren  Emerson  und  Kimball  untersucht,  welche 
an  ihm  deutlich  ausgesprochene  tuberöse  Lepra  constatierten  ; 
er  wurde  darauf  nach  Molokai  gebracht  und  starb  dort  vor  vier 
Jahren. 

Die  Beweiskraft  dieses  Experimentes  wurde  vielfach  angefoch- 
ten. Abgesehen  davon,  dass  Swift,  ein  Arzt  auf  Molokai,  nachwies, 
dass  Keanu  doch  Lepra  in  der  Familie  hatte,  bleibt  es  doch  ein 
einzelner  individueller  Fall,  der  auf  Generalisation  keinen  An- 
spruch erheben  darf,  und  dann  gehört  Keanu  einem  Volksstamme 
an,  der  mit  Lepra  so  durchseucht  ist,  dass  das  Verhältniss 
der  Kranken  zu  den  Gesunden  11  :  360  oder  3,  2)%  beträgt;  das 
Anfangsstadium  der  Lepra  ist  so  schleichend  und  schwierig  zu 
erkennen,  dass  absolutes  Freisein  von  Lepra  bei  einem  Hawaiier 
nicht  festgestellt  werden  kann. 

Andere  Impfexperimente  wurden  schon  vor  Arning  mit  Lepra- 
material gemacht,  alle  mit  negativem  Resultat ;  so  impfte  Daniellsen 
sich  und  drei  Hospitalgehilfen  ;  1846  wiederholte  er  den  Versuch 
an  sich  und  mehreren  Unterärzten,  1856  abermals,  185S  zum  letzten 
Male  an  sich  selbst  mit  gleichbleibendem  negativem  Resultat. 

Es  werden  aber  auch  Fälle  berichtet  von  Hillebrandt,  Moor 
und  Saxe,  wo  Kinder  durch  leprose  Spielgefährten  inficiert  wurden, 
indem  durch  Nadeln  oder  Federmesser,  welche  sich  diese  in  ihre 
anaesthetischen  Flecken  stiessen,  um  dann  dasselbe  Experimt- nt  an 


84  KABERER,  ÜBER  LEPRA  IX  HAWAII. 

gesunden  Kindern    zu     wiederholen,    die    Uebertragung    erfolgte. 
13iese  P'älle  werden  von  den  hawaiischen  Inseln  berichtet. 

Auch  Coffin  erwähnt  eines  gefangenen  Kanaken,  der  sich 
Secret  von  leprosen  Geschwüren  in  den  rechten  Arm  geimpft  hatte 
und  nach  zwei  Jahren  Erscheinungen  der  Lepra  bekam. 

Ganz  anders  die  Ansteckungsfähigkeit  der  Lepra  beweisend 
scheinen  mir  solche  Fälle  wie  der  des  Paters  Damian,  eines 
geborenes  Belgiers;  derselbe  war  einige  Jahre  Priester  im  Lepra- 
heim zu  Molokai  und  bekam  1SS4  die  erste  typische  Empfin- 
dungslosigkeit, 1886  das  erste  Infiltrat  des  Gesichtes  und  starb 
bereits  im  Juni  1889  "'•  Folge  der  durch  lepra  tuberosa  hervorgeru- 
fenen Entkräftung.  Solche  Fälle,  die  auf  offenbarer  Ansteckung 
beruhen,  werden  noch  einige  in  der  Litteratur  berichtet. 

Arning  war  der  erste  Arzt  auf  den  hawaiischen  Inseln,  der  die 
Lepr.i  im  eine  ausserordentlich  ansteckende  Krankheit  ansah  und 
dem  Gesundlieitsrate  die  strengste  Isolierung  der  E^rkrankten 
anempfahl  und  durchsetzte.  Bis  dahin  war  man  in  der  Isolierung 
nachlässiger  gewesen,  man  hatte  Familienrücksichten  und  Ver- 
mögensverhältnisse gelten  lassen  ;  nur  ganz  schwere  Fälle  wurden 
nach  Molokai  gebracht,  Kranke,  von  denen  sich  die  Angehörigen 
ihres  ekelhaften  Aussehens  halber  zurückgezogen  und  die  sie  ihrem 
Schicksale  überlassen  hatten.  Auch  der  Lepra  der  Kinder  wandte 
er  grosse  Sorgfalt  zu  und  zeigte,  dass  dieselbe  in  viel  früherem  Alter 
vorkommt,  als  man  bisher  angenommen.  Dr.  Fitch  giebt  im  Bericht 
von  1884  das  früheste  Vorkommen  von  leprosen  Ercheinungen  bei 
Kindern  um  die  Zeit  des  Z  dmwechsels  an,  und  glaubt,  dass  die 
Lepra  um  diese  Zeit  selten  sei  ;  er  habe  unter  2000  Leprosen  keinen 
Fall  gesehen,  der  vor  dieser  Periode  gewesen  sei.  Aber  Arning 
hat  durch  sorgfältige  und  wiederholte  Untersuchung  der  Schulkin- 
der mehrere  derselben  als  mit  Lepra  behaftet  ausscheiden  können. 
Er  erzählt  einen  Fall,  dass  trotz  genauer  Untersuchung  ein  kleines 
eingeborenes  Mächen  ih  Jahre  als  gesund  passiert  sei  und  dann 
Zeichen  des  Initialstadiums  der  Lepra  gezeigt  habe  ;  er  fand  auf 
dem  Rücken  des  Mädchens,  das  bereits  wiederum  ein  Zeugniss 
seiner  Gesundheit  erhalten  hatte,  die  unleugbaren  Zeichen,  glänzen- 
de pigmentarme  Flecke.  Mir  selbst  wurden  7  Kinder  unter  10 
Jahren  vorgestellt,  ^\•elche  unzweifelhafte  Zeichen  von  Lepra 
aufwiesen.      Ein    Kind   hatte   schon   mit  zwei    Jahren  Zeichen    von 


HABERER,  ÜBER  LEPRA  IN  HAWAII.  85 

Lepra  und  ist  jetzt  fünf  Jahre  alt,  ein  vorgeschrittener  Fall  von 
Lepra  tuberosa.  Bei  Neugeborenen  ist  diese  Krankheit  auf  Hawaii 
bis  jetzt  nicht  beobachtet  worden.  Interessant  wären  genauere 
statistische  Berichte  über  die  Ehen  resp.  den  Kindersegen  Leproser, 
aber  ich  finde  nur  eine  kurze  Notiz,  dass  von  den  Kindern,  welche 
von  2864  Leprosen  gezeugt  worden  waren,  die  innerhalb  18  Jahren 
(1S66 — 1884)  in  Kalawao  untergebracht  wurden,  am  Schluss  dieser 
Periode  26  lebten,  von  denen  nur  2  lepros  geworden  waren.  Jetzt 
leben  im  Lepraheim  57  von  leprosen  Eltern  dort  geborene  Kinder, 
von  denen  50  keine  Zeichen  von  Lepra  zeigen,  und  nur  7  ausgespro- 
chene Leprose  sind.  Es  stimmt  das  mit  der  bereits  aus  andern  Län- 
dern bekannten  Thatsache,  dass  die  Ehen  Leproser  eine  ganz 
beträchtliche  Reduction  des  Kindersegens  erfahren,  so  dass  die 
Lepra  einer  Gegend  rapide  abnehmen  würde,  wenn  sie  sich  aus- 
schliesslich durch  Vererbung  fortpflanzen  müsste.  Die  englische 
Commission  in  Indien  berechnet  z.  B.  (>J,'J%  Sterilität  für  Ehen,  in 
denen  beide  Teile  lepros  sind,  59%"  für  solche,  wo  nur  der  Mann, 
70,  \%  für  Ehen  wo  nur  die  Frau,  lepros  ist. 

Die  Lepra  ist  eine  Krankheit,  deren  Incubationszcit  sich  auf 
lange  Jahre  hinaus  erstreckt ;  es  wird  berichtet,  dass  Leute,  welche 
sich  vor  15 — 20  Jahren  in  einem  Lepradistrict  aufgehalten  hätten, 
plötzlich  in  einer  leprafreien  Gegend  von  den  Symptomen  dieser 
Krankheit  befallen  worden  seien. 

Im  Mittel  nimmt  man  als  Zeitraum  zwischen  der  stattgehabten 
Communication  mit  Leprosen  und  dem  Auftreten  manifester  Le- 
praerscheinungen 3 — 5  Jahre  an.  Es  kann  sich  aber  der  Verlauf 
auch  bedeutend  abkürzen,  wie  wir  bei  den  Fällen  Damian  und 
Keauu  gesehen  haben.  Arning  hat  bei  einer  Dame  in  Honolulu, 
welche  aus  einer  leprafreien  Gegend  Nordamerikas  gekommen  war, 
bereits  nach  3  Monaten  einen  roten  erhabenen  Flecken  an  einem 
Arm  constatieren  können.  Ein  Jahr  später  wurde  diese  Stelle  un- 
empfindlich, nach  zwei  Jahren  war  die  Erkrankung  noch  immer 
localisiert.  Nach  Excision  dieser  Partie  gelang  es  Arning,  Bacillen 
darin  nachzuweisen. 

Diese  roten  Flecken  im  Gesicht,  an  den  Extremitäten,  auf 
dem  Rumpfe  müssen  als  Anfangssymptome  der  Lepra  angesehen 
werden  ;  meist  kommen  und  schwinden  sie  rasch,  sind  nur  einige 
Tage   deutlich   ausgeprägt,  können  aber  auch    Wochen  bestehen. 


86  HABERER,  ÜBER  LEPRA  IN  HAWAII. 

Neben  diesen  Flecken  hat  das  Individuum  auch  sensible  Störungen, 
und  zwar  sowohl  an  den  obern  wie  untern  Extremitäten.  Haupt- 
sächlich werden  sie  im  Ulnarisgebiet  zuerst  bemerkt,  das  heisst  eine 
Unempfindlichkeit  in  den  drei  letzten  Fingern  der  Hand.  Dazu 
kommt  Kältegefühl  in  den  Extremitäten,  Digestions-  und  catar- 
rhalische  Störungen. 

Im  weitern  Verlaufe  scheidet  sich  die  Krankheit,  je  nachdem 
sie  das  Bindegewebe  oder  das  nervöse  System  mehr  befällt,  in  die 
Knollen-  und  in  die  Nervenform  (Lepra  tuberosa  und  Lepra 
nervorum). 

Die  erste  Form,  welche  ich  mehr  bei  Männern  gesehen  habe, 
zeichnet  sich  durch  massenhafte  bindegewebige  Wucherungen  und 
Knollenbildungen  am  ganzen  Körper  aus.  Diese  Knollen  haben  die 
Tendenz  zu  zerfallen  und  zu  eitern,  und  die  Krankheit  ist  dann  in 
ein  Stadium  eingetreten,  welches  für  die  Umgebung  wenig  erquick- 
lich ist. 

Das  Bild  der  Nervenform  ist  ein  wesentlich  anderes,  obgleich 
die  beiden  das  Anfangsstadium  mit  einander  gemeinsam  haben. 
Das  Specifische  dieser  Form  wird  dargestellt  durch  das  Hervortre- 
ten der  Erkrankung  der  peripheren  Nerven  und  der  dadurch 
bedingten  Störungen  in  der  Gefühls-  und  Bewegungssphäre  des  von 
ihnen  versorgten  Gebietes.  Die  Krankheit  zeichnet  sich  nicht 
durch  Knollenbildung  aus,  sondern  hauptsächlich  durch  Lähmun- 
gen jeglicher  Art. 

Ich  gehe  jetzt  zur  Beschreibung  der  Niederlassung  auf  Molokai 
über.  Die  schwachbevölkerte  Insel  Molokai  (die  Einwohnerzahl 
beträgt  mit  Einschluss  der  Aussätzigen  nur  etwa  2500  Bewohner) 
liegt  zwischen  Mani  und  Oahu,  von  der  letztern  durch  einen  25 
engl.  Meilen  breiten  Kanal  geschieden.  Das  Ostende  besteht  aus 
einem  centralen  Berge,  welcher  sich  ungefähr  350J  Fiiss  über  das 
Meer  erhebt,  während  die  westliche  Hälfte  eine  Ebene  ist,  deren 
höchster  Teil  ungefähr  lOOo  Fuss  hoch  liegt.  Die  Ost-  und  Nordküste 
ist  steil  und  felsig,  ohne  guten  Hafen,  während  an  der  Südküste 
verschiedene  Zufluchtsorte  für  Schiffe  in  stürmischem  Wetter 
existieren.  An  der  Nordseite  Hegt  das  sogenannte  Lepersettlement, 
ungefähr  in  der  Mitte  zwischen  den  äussersten  westlichen  und 
östlichen  Puncten,  auf  der  ganz  abgeschlossenen  Halbinsel  Kalawao, 
die  eine  Bodenfläche  von  etwa  6002  Acker  entl;ält.     Die  Halbinsel 


HABERER,  ÜBER  LEPRA  IN  HAWAII.  87 

ist  ganz  und  gar  vulkanischen  Ursprungs  und  verdankt  ihre 
Entstehung  dem  längst  erloschenen  3500  F'uss  hohen  Vulkan 
Kahukoo,  der  dieselbe  an  der  alten  Küstenlinie  abschliesst  und  nur 
auf  einem  halsbrecherischen  Saumpfade'überschritten  werden  kann. 
Die  Absperrung  der  Leprosen  im  Settlement  wird  von  den  Behörden 
mit  ziemlicherStrenge  durchgeführt.  Die  Erlaubniss  des  Besuches 
der  Niederlassung  wird  blos  ausnahmsweise  an  Medicinalpersonen 
gegeben,  und  so  bekam  auch  ich  eines  Tages  durch  die  Vermittlung 
unseres  Consuls  einen  Schein  zugestellt,  wonach  mir  die  Betretung 
des  Settlements  auf  unbestimmte  Zeit  gestattet  wurde. 

Von  Honolulu  geht  wöchentlich  ein  kleines  Schiff  von  etwa  70 
Tonnen  mit  Vorräten  für  die  Leprosen,  die  ihnen  vom  Staate 
geliefert  werden,  nach  Kalaupapa  auf  Molokai  ab.  Dasselbe,  der 
Mokoli,  hat  keine  Passagiereinrichtung,  und  ich  wurde  in  der 
Kapitänskajüte  untergebracht.  Die  Schilderung  der  Reise  durch 
die  interessante  Insel,  ihre  Wälder  und  Schluchten  muss  ich 
mir  der  Kürze  der  Zeit  halber  versagen.  Ich  landete  in  Kaunakahai 
und  ritt  in  einer  Tagestour  nach  Kalae,  dem  Sitz  des  Gouverneurs. 
Am  andern  Morgen  brach  ich  mit  einem  Führer  auf,  um  zu  Fuss 
ein  Hochplateau  von  etwa  2500  Fuss  Meereshöhe  zu  erklimmen. 
Auf  der  Höhe  wandte  sich  der  Weg  nach  Osten,  und  ich  befand 
mich  plötzlich  auf  dem  Plateau  eines  steil  ins  Meer  abfallenden 
2500  Fuss  hohen  Felsengebirges.  In  diese  grausige  Tiefe  schauend 
erblickte  ich  nordöstlich  die  weissgemalten  Häuser  von  Kalaupapa, 
den  westlichen  Teil  des  Lepersettlements,  auf  einer  grünen,  ziemlich 
flachen  Halbinsel.  In  etwa  20  Minuten  erreichten  wir  zwei  ver- 
schlossene Thore.  Hier  ist  die  Grenze  der  Niederlassung.  Um 
allen  Versuchen  der  Leprosen,  zu  entkommen,  vorzubeugen,  hat  die 
Regierung  blos  diesen  einen  schmalen  Gebirgspfad  gangbar  erhal- 
ten ;  ein  anderer  Weg,  der  weiter  östlich  ähnlich  wie  dieser  aus  der 
Niederlassung  führte,  wurde  vor  Jahren  durch  Abgraben  und 
Sprengen  zerstört.  Auch  der  Pfad,  den  ich  ging,  wurde  um  diese 
Zeit  zu  einem  schmalen  Steige  verengt,  besonders  an  den  Thoren, 
wo  man  eine  Strecke  weit  über  eine  Brücke  zu  gehen  hat.  Der 
für  nicht  schwindelfreie  Personen  gefährliche  Abstieg  nahm  etwa 
drei  Stunden  in  Anspruch. 

Die  Häuser  bilden  ein  hübsches  Dorf,  alle  weissgemalt  und  in 
gutem  Zustande  gehalten.     Zwischen  den  zahlreichen  kleinen  Cot- 


88  HABERER,  ÜBER  LEPRA  IX  HAWAII. 

tages,  wie  der  Amerikaner  sie  nennt,  welche  die  P^bene  auf  zwei 
Meilen  oder  mehr  bedecken,  sind  einige  grössere  Gebäude,  zwei 
Kirchen,  die  Wohnungen  des  Superintendenten,  der  Priester  und 
Pfleger,  das  Gefängniss  etc.  Ausser  vielen  Privatwohnungen  giebt 
es  430  Gebäude,  die  der  Regierung  gehören.  Unten  von  der  Nieder- 
lassung aus  aufblickend  konnte  ich  die  Höhe  der  jäh  abstürzenden 
Felsen  bewundern.  Natur  und  Menschen  haben  im  Bau  dieses  Ge- 
fängnisses gewetteifert ;  selbst  die  Kanaken,  welche  sonst  in  Lei- 
besübungen trefflich  geschult  sind,  wagen  nicht,  diese  Felsen  auf  ver- 
botenen Wegen  zu  betreten.  Nach  der  Landseite  ist  die  H-albinsel 
also  völlig  abgeschlossen  ;  das  Meer  aber  ist  auf  der  Nordseite  der 
Insel  Molokai  durch  Passate  und  sonstige  Stürme  immer  so  unruhig, 
die  Küste  der  Halbinsel  so  felsig  und  so  steil  etwa  100  Fuss  ins  Meer 
abfallend,  dass  es  ein  Sprung  in  den  Rachen  des  Todes  wäre,  sich 
auf  einem  kleinen  Boote  hinaus  zu  wagen.  Trotzdem  ist  dies  schon 
öfter  geschehen,  wie  das  Verzeichniss  der  Vermissten  beweist. 
Grössere  Segelboote  zu  bauen  ist  im  Settlement  strengstens  ver- 
boten. 

Die  Lage  der  Halbinsel  ist  eine  der  reizendsten  und  gesunde- 
sten auf  Molokai ;  das  ganze  Jahr  von  den  kühlen  Nordwindeii 
bestrichen,  grünt  es  dort  fortwährend,  was  nicht  zum  mindesten  der 
ausgezeichneten  und  überreichlichen  Wasserleitung  zu  danken  ist 
denn  der  leichte,  aus  vulkanischem  Gestein  zusammengesetzte 
Boden  braucht,  um  fruchtbar  zu  sein,  fortwährende  Bewässerung. 
Drei  Thäler  werden  innerhalb  des  Settlements  von  den  P'elswänden 
gebildet,  welche  sich  von  Norden  nach  Süden  erstrecken,  wovon 
das  eine,  sehr  wasserreich,  das  Erosionsmaterial  von  den  Bergen 
erhalten  und  vegetabilischen  Humus  seit  alters  angesetzt  hat,  des- 
halb sehr  fruchtbar  ist.  Es  liegt  auf  der  östlichen  Seite  der  Halbinsel 
und  ist,  wie  das  in  der  Nähe  liegende  zweite  Lepradorf  Kalawao,  vor 
den  Nordwinden  durch  eine  kleine  Bodenerhebung  gescliützt,  die 
ihre  Entstehung  einem  kleinen  längst  erloschenen  Vulkan  verdankt. 
Hier  ist  im  allgemeinen  auch  die  Luftfeuchtigkeit  grösser  als  in 
Kalaupapa,  das  den  Nordwinden  zu  sehr  ausgesetzt  ist  und  Baum- 
vegetation deshalb  entbehrt ;  dieselbe  ist  in  Kalawao  üppig, 
Bananen  und  californische  Holzbäume,  auch  Küchengewächse 
wie  Salat,  Bohnen,  Kohl  wurden  von  den  katholischen  Brüdern  in 
Kalawao  eingeführt  und  gedeihen  in   reichlicher  Fülle. 


HABERER,  ÜBER  LEPRA  IN  HAWAII.  89 

Während  meines  Aufenthaltes  im  Settlement  nahm  ich  Quartier 
bei  einem  deutschen  katholischen  Geistlichen,  dem  Pater  Wendelin, 
der  schon  acht  Jahre  in  Kalaupapa  wohnt,  der  Nachfolger  des 
1889  an  der  Lepra  verstorbenen  belgischen  Priesters  Pater 
Damian. 

Die  Erziehung  der  Geschlechter  findet  im  Settlement  an 
getrennten  Orten  statt ;  in  Kalawao  durch  5  geistliche  katho- 
lische Brüder  die  der  Knaben,  in  Kalaupapa  durch  4  katholische 
Schwestern  die  der  Mädchen  ;  letztere  Anstalt,  das  sog.  Bishopshome 
enthält  121  Kanakenmädchen  von  6—22  Jahren,  darunter  nur 
wenige  haibweisse. 

Man  kann  hier  nun  die  verschiedensten  Stadien  der  Krankheit 
beobachten.  Bei  vielen  sieht  man  weiter  keine  Erscheinungen  als 
einzelne,  bei  den  dunkeln  Kanaken  durch  Pigmentarmut  heller 
scheinende,  auffallende  Flecken  au  den  verschiedensten  Teilen  des 
Körpers;  bei  Berührung  oder  bei  Nadelstichen  erweisen  sich  die 
Flecke  als  unempfindlich.  Auf  diesen  Befund  hin  wird  vom 
Gesundheitsrate  in  Honolulu  die  Ueberführung  der  Befallenen  in  das 
Settlement  beschlossen.  Bei  vielen  Insassen  ist  eine  der  Lepra- 
formen in  voller  Entwicklung,  und  die  enstellten  jugendlichen  Ge- 
sichter cre währen  für  den  Besucher  einen  traurigen  Anblick.  In 
einigen  Gebäuden  in  der  Nähe  befinden  sich  die  Krankensäle  für 
die  Bettlägerigen,  welche  entweder  an  Complicationen  erkrankt, 
oder  durch  allgemeine  Entkräftung  und  durch  Resorptions- 
fieber an  das  Lager  gebannt  sind.  Die  Säle  sind  sehr  gut  ventiliert 
und  reinlich  gehalten,  und  allenthalben  mit  aromatischen  Ingredien- 
zien parfümiert,  um  des  Übeln  Geruches  Herr  zu  werden,  der  von 
den  Kranken  ausströmt. 

In  Kalawao  befindet  sich  die  Schule  für  Knaben  und  ein  Spital 
für  männliche  Kranke,  geleitet  von  Mr.  Dutkes,  einem  vormaligen 
amerikanischen  Officier,  der  beschlossen  hat,  sein  Leben  unter  den 
Leprosen  zu  verbringen.  Man  sieht  hier  auffällig  viel  Lepra  tube- 
rosa  in  vorgeschrittenem  Stadium,  das  oft  einen  chirurgischen  Ein- 
griffnötig macht.  Im  Ganzen  erleichtert  die  Gleichgültigkeit  und 
Empfindungslosigkeit  der  Patienten  die  Eingriffe  sehr;  ich  sah 
grosse  Abcesshöhlen  mit  der  Sonde  untersuchen,  eine  Operation, 
welche  andere  Kranke  wohl  nicht  ohne  Chloroform  hätten  aushalten 
können. 


90  HABERER,  ÜBER  LEPRA  IN  HAWAII. 

Besonderes  Interesse  wandte  ich  den  im  Settlement  zerstreut 
wohnenden  Kaukasiern  zu  ;  es  sind  etwa  zwanzig  an  der  Zahl, 
darunter  drei  Deutsche.  Beinahe  alle  gaben  an,  aus  einer  leprafreien 
Gegend  zu  stammen  und  die  Krankheit  auf  den  hawaiischen  Inseln 
acquiriert  zu  haben.  Ich  habe  beide  Aussatzformen  an  ihnen 
beobachtet,  jedoch  keines  in  vorgeschrittenem  Stadium,  und  ich 
möchte  das  ihrem  regelmässigen  Lebenswandel  und  dem  Gebrauch 
von  Medicamenten  zuschreiben,  wie  es  mir  auch  von  Pater  Wandelin 
bestätigt  wurde.  Der  Kanake  thut  von  alledem  das  Gegenteil,  er 
ist  auch  als  Leproser  ein  Lebemensch.  Alcohoh'ca  sind  auf  der 
Halbinsel  verboten  und  nur  auf  ärztliche  Vorschrift  zu  erhalten, 
der  Kanake  aber  braut  sich  heimlich  ein  rumartiges  Getränk  aus 
der  Wurzel  der  Kipflanze,  einer  Art  Topinambur,  und  Trunkenheit 
und  Ausschreitungen  gröbster  Art  sind  oft  die  Folge  davon.  Es 
wird  dessen  in  jedem  Jahresbericht  Erwähnung  gethan,  und  von  Zeit 
zu  Zeit  kommt  ein  Richter  in  das  Settlement,  um  die  Schuldigen 
abzuurteilen. 

Eheschliessungen  kommen  unter  den  Leprosen  wenig  vor ; 
weitaus  die  meisten  Kinder  werden  unehelich  geboren,  und  die  guten 
Schwestern  liaben  grosse  Mühe,  ihre  Pflegebefohlenen  einigermassen 
auf  dem  Pfade  der  Tugend  zu  erhalten. 

Eine  regelmässige  Beschäftigung  haben  die  Kranken  im  Settle- 
ment nicht;  nur  wenige  suchen  durch  Flechten  von  Hüten  und 
Strohmatten  einigen  Erwerb.  Ihr  ganzer  Lebensunterhalt  wird  vom 
Staate  bestritten,  der  dafür  eine  jährliche  Summe  von  120,000  S 
(Gold-Dollars)  ausgiebt.  Jeder  Kranke  oder  im  Settlement  Ange- 
stellte erhält  wöchentlich  21  Ib  Paiai  (eine  Art  Mehl  aus  der  Taro- 
pflanze,  wovon  das  Nationalgericht  Poi  gemacht  wird),  oder  9  Ib  Reis, 
oder  8|^Ib  Brod,  oder  i2lbMehl  ;  dazu  9  Ib  Fleisch,  oder  gesalzenen 
Lachs,  oder  frische  Fische.  Die  Fische,  welche  die  Kranken  in  der 
See  fangen,  werden  ihnen  extra  vergütet.  Sehr  interessant  ist  ein 
Ausflug  nach  dem  klippenreichen  Strande,  wo  man  bei  ruhiger  See 
die  Kanaken  fischen  sehen  kann.  Sie  waten  mit  ihren  Netzen,  bis 
auf  den  Lendengurt  völlig  unbekleidet,  in  das  Wasser,  und  man  hat 
Gelegenheit,  ihren  schönen  Körperbau  zu  bewundern.  Eine  ausseror- 
dentlich ebenmässige  Anordung  der  Muskelgruppen  zeichnet  die 
schlanken  Körper  aus,  deren  Hautfarbe  den  verschiedensten  indivi- 
duellen Schattierungen  unterworfen  ist ;  die  Bewegungen  entbehren 


HABERER,  ÜBER  LEPRA  IN  HAWAII.  9I 

aber  der  kraftvollen  Gewaiidheit  der  Japaner;  sie  sind  langsamer, 
beinahe  träumerischer,  obgleich  die  Kanaken  in  Leibesübungen 
Meister  sind  und  sich  besonders  im  Klettern  und  Schwimmen  aus- 
zeichnen. 

Trotz  dieses  kräftigen  Körperbaues  sind  die  Kanaken  für  die 
Lepra  und  andere  Lifectionskrankheiten  ein  ausserordentlich  em- 
pfängliches und  leicht  erliegendes  Volk.  Im  Anfang  dieses 
Jahrhunderts  wütete  die  Pest,  in  den  fünziger  Jahren  die  Cholera, 
und  forderten  zahlreichere  Opfer,  als  diese  Krankheiten  bei  einem 
andern   Volksstamme  je   gefordert  haben. 

Auch  Krankheiten,  die  im  allgemeinen  eine  geringe  Sterbe- 
ziffer aufweisen,  wie  Masern  und  Scharlach,  werden  den  Kanaken  in 
verhängnissvoller  Weise  verderblich.  Dazu  kommt  noch  eine 
gewisse  Unfruchtbarkeit  der  Frauen,  eine  übermässige  Neigung  zum 
Opium  und  Alkohol,  welche  den  Volksstamm  rasch  seinem  Unter- 
gange entgegenführen.  Auch  sonstige  Einflüsse  der  Civilisation 
mögen  dazu  beisteuern,  die  veränderte  Nahrung,  z.  B.  Salzfleisch  und 
Conserven,  die  viel  und  oft  ausschliesslich  genossen  werden.  Das 
Tragen  von  Kleidern  in  einem  Klima,  das  keine  Kleider  erheischt, 
hat  Verweichlichung  und  Widerstandsunfähigkeit  des  Körpers  gegen 
Witterungseinflüsse  zur  Folge.  Ist  doch  jetzt  auch  die  Lungen- 
tuberculose  unter  den  Kanaken  weit  verbreitet,  während  der  Arzt 
Alonzo  Chapin,  welcher  1838  über  die  Krankheiten  auf  den  hawaii- 
schen Inseln  schrieb,  dieser  Krankheit  keine  Erwähnung  thut. 
In  früherer  Zeit  waren  die  Kanaken  gewohnt,  sich  durch  lange 
Bäder  im  Meere  zu  stärken  und  zu  erholen,  und  es  war  eine 
Volksbelustigung,  sich  in  der  grössten  Brandung  zu  tummeln. 
Durch  die  Europäer  wurde  das  verboten,  und  das  ehemals  reinliche 
Volk  ist  jetzt  zu  einem  schmutzigen  geworden,  ebenso  wie  der 
Japaner  durch  Veränderung  seiner  Lebensverhältnisse,  z.  B.  im 
Auslande,  seine  Liebe  zur  Reinlichkeit  verliert. 

Um  Ansteckungsgefahr  kümmert  sich  der  Kanake  absolut  nicht. 
Er  isst  und  trinkt  und  schläft  mit  einem  Leprosen  unbedenklich  zu- 
sammen, und  wer  die  Art  und  Weise  des  Essens  mit  den  Händen  aus 
einem  gemeinsamen  Topfe  beobachtet  hat,  kann  an  einer  Uebertra- 
gung  von  Infectionskeimen  schon  auf  diesem  Wege  nicht  zweifeln. 

Alle  diese  Umstände  haben  zur  raschen  Ausbreitung  der  Li- 
fectionskrankheiten, insbesondere  der  Lepra,  beigetragen.    Man  hat 


92  HABERER,  ÜBER  LEPRA  IN  HAWAII. 

auch  die  Syphilis  beschuldigt,  dass  sie  g-ewissermassen  für  die  Lepra 
eine  Basis  bilde,  und  man  hat  behauptet,  dass  die  Durchseuchung 
mit  ihr  auf  den  hawaiischen  Inseln  die  Verbreitung  der  Lepra  vor- 
bereitet habe.  Aber  genaue  Feststellungen  Arnings  und  anderer 
haben  gezeigt,  dass  Syphilis  durchaus  nicht  die  angenommene 
Verbreitung  unter  den  Kanaken  h?.t,  und  dass  vieles  für 
Syphilis  gehalten  worden  ist,  was  nichts  mit  dieser  Krankheit 
gemein  hat.  Beide  Krankheiten  können  sehr  wohl  bei  einem  Indivi- 
duum von  einander  unabhängig  vorkommen,  und  ihre  Symptome 
können  vom  kundigen  Arzte  leicht  erkannt  und  geschieden  werden. 

Es  bleibt  noch  übrig,  etwas  über  die  im  Settlement  angewandte 
Therapie  zusagen.  Voretwa  lO  Jahren  führte  ein  japanischer  Arzt, 
der  sich  zum  Studium  der  Krankheit  auf  den  Inseln  aufhielt,  Goto, 
eine  Behandlungsweise  für  Leprose  ein,  die  sich  bis  heute  erhalten 
hat.  Er  giebt  ihnen  2 — 3  mal  täglich  Bäder  von  36 — 40"  C.  In  diese 
Bäder  mischt  er  gewisse  Baumrinden;  das  Mittel,  das  von  Japan 
importiert  wird,  nennt  er  koigio  kioso  yokiiyakii.  Die  Kranken 
nehmen  diese  Bäder,  die  zum  fortwährenden  Gebrauch  unentgeltlich 
bereit  stehen,  gern,  und  hegen  zu  ihnen  grosses  Vertrauen  ; 
sie  wirken  auf  die  offenen  Schäden  reinigend  und  adstringierend. 
Sonst  werden  noch  gewöhnliche  Heisswasserbäder  und  solche  mit 
Carbolsäure  und  hypermangansaurem  Kali  vermischt  angewendet. 
Innerlich  wird  besonders  Fowlersche  Lösung  in  grossen  Quantitäten 
gegeben  und  sehr  gelobt,  dann  salicylsaures  Natron,  Salol  und 
Creosot. 

Was  die  Prognose  betrifft,  so  scheint  sie  bei  den  Kanaken 
eine  ziemlich  schlechte  zu  sein,  Stillstand  der  Krankheit  und  Bes- 
serung wurden  beobachtet,  aber  niemals  vollständige  Heilung  ;  über 
letztere  wird  neuerdings  öfters  bei  Mongolen  und  Kaukasiern  berich- 
tet, so  dass  eine  gewisse  Disposition  jener  Rasse  für  diese  Krank- 
heit ganz  offenbar  vorliegt. 

Trotz  dieser  trostlosen  Aussichten  auf  Genesung,  und  trotzdem 
dass  angesichts  dieser  Thatsachen  jede  Hoffnung  für  die  Unglück- 
lichen schwinden  muss,  dieses  Gefängniss  verlassen  zu  dürfen,  ist 
die  psychische  Depression  keineswegs  gross,  vor  allem  nicht  beim 
Kanaken,  und  Selbstmorde  kommen  äusserst  selten  vor  ;  Pater 
Wendelin  wusste  blos  von  zweien  zu  berichten.  Im  Gegenteil 
stehen    die    Kanaken  im  Ruf,  sich  gern  auf  künstlichem  Wege    die 


HABERER,  ÜBER  LEPRA  IX  HAWAII.  93 

Lepra  zu  verschaffen,  nur  um  das  sorgenfreie  Leben  in  Molokai 
geniessen  zu  können.  Dr.  Swift,  der  längere  Zeit  auf  den  hawaii- 
schen Inseln  practicierte,  sagt  in  seiner  Schrift  über  das  Lepraheim, 
dass  es  ihm  nicht  schwer  fallen  würde,  genug  Versuchsobjecte  zu 
Impfungen  mit  Lepramaterial  zu  bekommen,  wenn  er  es  darauf 
anlegte.  Auch  Pater  Wendelin  und  ein  englischer  Arzt  auf  Molokai 
erzählten  mir  Ahnliches.  Ganz  anders  als  mit  dem  Kanaken,  der  hier 
in  seinem  Heimatslande  sein  Heim  gefunden  hat,  verhält  es  sich  mit 
dem  internierten  Kaukasier,  der  durch  sein  furchbares  Loos  hierher 
gebannt  ist,  und  diese  Unglücklichen  verdienen  unser  Mitleid  vor 
allem.  Wenn  man  jedoch  bedenkt,  wie  sie  in  der  Aussenvvelt  von 
ihren  Mitmenschen  geflohen  und  von  der  Gesellschaft  ausgestossen 
sind,  wie  sie  hier  aber  unter  ihresgleichen  ruhig  und  friedlich  leben 
können,  in  einer  schönen  Natur,  mit  allem  was  zum  Leben  nötig  ist, 
so  hat  der  Gedanke  an  ihr  Schicksal,  an  das  sie  sich  schliesslich 
gewöhnen,  etwas  weniger  Schreckliches. 

Die  socialen  Erfolge,  welche  das  streng  durchgeführte  Sepa- 
rieren bewirkt  hat,  sind  in  den  letzten  Jahren  ersichtlich  gewesen. 
Die  Lepra  auf  den  hawaiischen  Inseln  ist  in  der  That,  wenn  auch 
nicht  im  Abnehmen  begriffen,  so  doch  zu  einem  gewissen  Stillstand 
gekommen,  der  gegen  die  rasche  Ausbreitung  der  Krankheit  in  den 
60"'  und  /o*"''  Jahren  sehr  bemerkenswert  ist.  Mit  der  grössten 
Strenge  und  Sorgfalt  wurde  im  Aufsuchen  und  in  der  Untersuchung 
Lepraverdächtiger  besonders  in  den  Jahren  1888,  1889  und  1890 
vorgegangen,  in  welchen  Jahren  allein  1089  Leprose  in  das  Settle- 
ment  gebracht  wurden.  Vielfache  Klagen  wurden  gehört,  dass 
damals  auch  einige  Nichtleprose  interniert  worden  seien  ;  einer  von 
diesen  wurde  mir  von  Pater  Wendelin  gezeigt;  derselbe  hat  sogar  eine 
leprose  Frau  im  Settlement  geheiratet.  Seit  diesen  Jahren  ist  die 
Zahl  der  jährlich  nach  Molokai  Gebrachten  bedeutend  geringer 
und  betrug  im,  Jahre  1895   nur   106  Kranke, 

So  hat  dieses  kleine  Staatswesen  die  Leprafrage,  die  für  dasselbe 
zur^^socialen  geworden  ist,  mit  grossen  Opfern  aufs  glänzendste 
gelöst,  im  Geiste  der  modernen  Humanität  :  fortiter  in  re,  suaviter 
in  modo  ! 


DIE  AERZTE  GHINA'S. 

VON 

De.  FRANCIS  T.  B.  FEST. 

Man  ist  gewohnt,  von  den  Ärzten  Chinas  in  einer  Weise  zu  lesen 
oder  sprechen  zu  hören,  die  den  Thatsachen  keineswegs  entspricht. 
In  der  Regel  denkt  man  sich  unter  einem  solchen  Arzt  einen  eifrigen 
Jünger  der  alten  medizinischen  Klassiker,  gründlich  beschlagen  in 
den  alten  Werken,  die  ja  auch  hauptsächlich  die  Quellen  der  alten 
japanischen  Medizin  bildeten.  Während  die  Arzte  Chinas  wohl 
früher  durch  ihr  konservatives  Anhängen  an  die  Lehren  ihrer  alten 
Klassiker  durch  ein  gewisses  System  zu  einer  Körperschaft  vereinigt 
waren,  fällt  heutzutage  dies  Bindemittel  fast  völlig  hinweg ; 
ein  Arztestand  als  Zweig  des  Gelehrtenstandes  existiert  nicht 
mehr,  oder  doch  nur  in  äusserst  geringem  Maasstabe  ;  denn 
diejenigen  chinesischen  Arzte  dürften  zu  zählen  sein,  die  einen  der 
drei  akademischen  Grade  nachweisen  können.  Man  hat  die 
Fusstapfen  der  Alten  verlassen.  In  neuerer  Zeit  fanden  sich  nur 
wenige  selbständige  Forscher  ;  diese  wurden  übersehen,  wie  der 
äusserst  interessante  Waug  CJiingjen  (i-^i^),  welcher  unter  dem 
Titel  I-Un-kai-tso  (-p-l^^^)  im  Jahre  1850  seine  eignen  Forschungen 
auf  dem  Gebiete  der  Anatomie  veröffentlichte,  worin  er  die  Lehren 
der  Alten  über  den  Haufen  warf,  ohne  jedoch  selbst  der  Wahrheit 
viel  näher  zu  kommen.  Somit  befindet  sich  die  chinesische  Medizin 
sogar  vom  chinesischen  Standpunkte  aus  im  Verfall. 

Die  Zeiten  sind  längst  vorüber,  in  denen  die  Kaiser  sich  be- 
strebten, tüchtige  Arzte  zu  sein,  und  der  Arzt  unter  allen  Umstän- 
den eine  Eiirenperson  war. 

Jetzt  ist  der  Durchschnittsarzt  meist  nur  Charlatan,  soweit 
überiiaupt  von  Ärzten  als  Ausübenden  der  Heilkunde  gesprochen 
werden  kann  ;  denn  seit  dem  Umgreifen  der  taoistischen 
Tendenzen  wurde  die  Heilkunde  mit  dem  crassesten  Aberglauben 
verquickt ;  die  Bonzen  sind  zugleich  Arzte,  und  Beschwörungen 
bei  Krankheiten  an  der  Tagesordnung. 


FEST,    DIE   ARZTE   CHINA  S.  95 

Der  Charakter  oder  das  Ideogramm  für  Arzt  ist  ■^,  i.  Der 
Begriff  "  Arzt  "  und  "heilen"  werden  durch  das  gleiche  Zeichen 
ausgedrückt.  Der  Begriff  "  Arznei  "  steht  nicht  in  Verbindung  mit 
"  Arzt"  oder  "  heilen,"  wie  der  deutsche  A.usdruck,  sondern  ist  ein 
selbständiger  und  bezieht  sich  auf  den  vorwiegenden  Gebrauch  von 
Kräutern  (^,  yoh);  dieser  Begriff  schliesst  die  Thätigkeit  des 
Arzneiverabreichens  ein. 

In  der  Anrede  wird  der  gewöhnliche  Titel  für  "  Herr  "  mit 
"Arzt"  verknüpft:  i-sheng  (■§^).  Zuweilen  begegnet  man  auch 
der  Bezeich ung :  i-che  (^^),  welche  Zusammenstellung  das 
Particip  vertritt  und  demnach  etwa  "Heiler"  oder  "der  Heilende" 
bedeutet. 

In  älteren  Büchern  findet  sich  eine  Bezeichnung,  die  auf  das 
sehr  hohe  Ansehen  des  Standes  hinweist,  nämlich  kwa-sheu  (I^^), 
"des  Reiches  Arm."  Allerdings  heissen  auch  Schach-Cham- 
pions so.  Auch  findet  sich  die  Bezeichnung  tai-fu  (^^)  "grosser 
Gelehrter." 

Jeder  Arzt  in  Staatsdiensten,  sei  'es  Militär  oder  Zivil,  heisst 
i-kwan  (^'g),  was  Arzt-Beamter  bedeutet. 

Der  Chirurg  wird  als  "  Arzt  der  äusseren  Abteilung  "  bezeich- 
net (wai-ko-chi-i-sheng,  ^h^"^-^^).  Der  Zahnarzt  heisst  gemäss 
seiner  Thätigkeit  :  ye-ko-i-sheng  (^t^^^),  Arzt  des  Zahnftichs. 

Die  gewöhnliche  Bezeichnung  für  Quacksalber,  wang-lum-pa 
(5-^/^),  bezieht  sich  auf  den  Umstand,  dass  sie  meistens 
Wanderärzte  sind  und  gleich  den  Wahrsagern  um  Honorar  betteln. 

Seit  der  Yuendynastie  (i  280-1 380)  befindet  sich  ein  Kollegium 
in  Peking,  Hier  wird  aber  nicht  unterrichtet,  auch  nicht  exami- 
nirt.  xA-lIerdings  hat  dies  Kollegium  das  Recht,  gewisse  Titel  zu 
verleihen,  allein  diese  beziehen  sich  nur  auf  seine  Mitglieder  und 
Beamten.  Die  Mitglieder  sind  nicht  klüger  und  nicht  dümmer  als 
ihre  Kollegen  im  Hinterland  ;  meist  brachte  sie  der  weise 
Gebrauch  fremden  und  eignen  Kapitals  in  diese  Stellung.  Dieses 
Kollegium  führt  den  Namen  :  t'ai-i-yuen,  ±,W^  hohes  Arzt- 
Kollegium.  Besonders  hervorragende  Ärzte,  oder  solche,  die 
sich  in  hohe  Gunst  zu  setzen  verstanden,  bilden  eine  Art  Vorstand  ; 
sie  führen  den  Titel  :  sze-i  (nulg),  Meister-Arzt.  Der  Direktor  des 
Vorstands  führt  den  Titel:  ta-i-kien  (^g^),  etwa:  hoher  Arzt 
Inspektor;   oder  auch:    ta-liang-siang   (^^^H'fB)»   hoher  geschickter 


^  FEST,    DIE  ÄRZTE   CHINA'S. 

Direktor.  Dem  Arzneibereitungs-Department  steht  der  shang- 
yoh-kien  (1i^^^),  kontrollierender  Arznei-Inspektor,  vor.  Eine 
Art  hygienischer  Inspektor  ist  der  tai-i-lang  {-js.^^)^  hoher  Arzt- 
Beamter.  Dem  Vorstande  gehören  ferner  zwei  Proktoren  an,  ein 
Senior-Proktor  mit  dem  Titel  :  tai-i-ching  (:^-^^),  hoher  Arzt- 
Magistrat,  und  dessen  Beisitzer  oder  Junior-Proktor  :  tso-yeu- 
yuen-pan  (^^1^^'!]),  beisitzender  Kollegiats-Richter. — Diesem 
Kollegium  gehören  die  kaiserlichen  Leibärzte  an  mit  verschie- 
denen Amtstiteln  ;  am  gebräuchlichsten  sind :  yu-i  (^-g), 
kaiserlicher  Arzt,  und  shi-i  (■^■^),  aufwartender  Arzt.  Sämmtli- 
chen  Mitgliedern  steht  der  Titel  zu  :  tai-i-poh  sze  (:;^Stiit).  hoher 
Arzt-Professor. 

Wie  wird  man  in  China  überhaupt  Arzt }  Sehr  einfach.  Man 
nennt  sich  einfach  so,  und  man  ist  es;  denn  mit  der  Praxis  sind  ja 
keine  Titel  oder  Würden  verknüpft. 

Die  bessere  Klasse  der  chinesischen  Arzte  verbringt  aller- 
dings einige  Jahren  bei  Präzeptoren.  Will  nämlich  ein  junger 
Mann  Arzt  werden,  so  begiebt  er  sich  zu  einem  Heilkünstler  von 
Ruf  und  schliesst  einen  Vertrag  mit  ihm.  Er  spielt  dessen 
Handlanger,  liest  fleissig  seines  Meisters  Rezepte,  hört  andächtig 
auf  jedes  Wörtchen  Weisheit,  das  seines  Lehrers  Lippen  entfällt, 
und  liest  hin  und  wieder  in  den  alten  medizinischen  Klassikern,  falls 
solche  vorhanden.  Dann  lässt  er  sich  nach  Ablauf  der  ausgemachten 
Zeit  als  selbständiger  Praktikus  irgendwo  nieder,  indem  er  den 
Leuten  auf  einem  roten  Schilde  sein  enormes  Wissen  erzählt  und 
seines  Meisters  Namen  annimmt.  In  der  Regel  spricht  diese 
Klasse  noch  sehr  weise  von  dem  fabelhaften  SJien-Nting,  der  alle 
Kräuter  an  sich  selbst  probierte,  oder  es  wenigsten  gethan  haben 
soll  ;  während  andere  Werke,  wie  Ts'o-pim,  nur  dem  Namen  nach 
bekannt  sind. 

Am  meisten  noch  vererbt  sich  der  Stand  von  einer  Generation  auf 
die  andere,  und  so  giebt  es  ganze  Familien  von  Ärzten,  deren 
männliche  Mitglieder  seit  Jahrhunderten  sämtlich  in  gleicher  Weise 
Praxis  ausüben,  da  sich  die  etwa  vorhandenen  Rezepte  und 
medizinischen  Bücher  stets  mit  vererben  und  den  gemeinsamen 
Quell  ihres  Wissens  ausmachen.  Im  allgemeinen  hat  man  das 
meiste  Zutrauen  zu  solchen  Ärzten,  die  eine  lange  Reihe  von 
Berufsahnen    aufzuweisen    haben.     In    der    Cheu-Dynastie    schon 


FEST,  DIE  ÄRZTE  CHINA  S.  9/ 

warnte  man  das  Publikum  vor  solchen  Ärzten,  die  nicht  wenigstens 
drei  Generationen  von  Ärzten  hinter  sich  hatten. 

In  der  Nähe  von  CJäng-Po  befinden  sich  zwei  Dörfer,  Mang-Jio 
und  Tsung-ko,  jedes  gänzlich  bewohnt  von  einem  Ärzteclan ; 
alle  Männer  sind  Heilkünstler.  Sie  sind  so  berühmt,  dass  die 
Kranken  von  nah  und  fern,  oft  aus  den  entferntesten  Provinzen, 
hinpilgern.  Als  noch  vor  wenigen  Jahrzehnten  die  Kaiserin-Mutter 
erkrankte,  gebot  es  die  Ehre,  dass  man  für  ihre  Majestät  die 
berühmtesten  Männer  des  Landes  konsultierte.  Man  verschrieb 
sich  die  weisesten  Herren  aus  jenen  beiden  Ortschaften,  Hess  ihnen 
durch  die  Leibärzte  die  kaiserlichen  Leiden  erzählen,  forderte  sie 
auf,  ihre  Meinung  zu  Papier  zu  bringen,  und  entliess  sie  mit 
hohen  Ehrenbezeugungen,  ohne  jedoch  von  ihren  Verordnungen 
Gebrauch  zu  machen. 

Einige  Heilkünstler  erlernen  ihre  Kunst  sozusagen  aus 
dem  Stegreif.  So  war  einer  der  beliebtesten  Ärzte  Shanghais 
anfangs  Aufseher  im  Kiangnan-Arsenal.  Als  er  dann  diesen 
Posten  verlor,  war  er  längere  Zeit  arbeits-  und  obdachlos, 
bis  ihn  ein  buddhistischer  Priester,  der  etwas  Kurpfuscherei 
betrieb,  aufnahm.  Des  Priesters  Wissensquelle  war  ein  uralter 
Band  eines  Rezeptbuches.  Dieses  Buch  entführte  er  seinem 
Wohlthäter,  eignete  sich  einen  Teil  der  Formeln  an  und  teilte 
bald  der  Menschheit  mit,  dass  er  im  Stande  sei,  allen  Leiden 
abzuhelfen. 

Aus  dem  Gesagten  geht  hervor,  dass  der  Bildungsgang  äusserst 
einseitig  ist ;  jeder  befasstsich  nur  mit  dem  Lehr- oder  Lesematerial 
seines     Präzeptors  ;  folglich  sind  alle  chinesischen  Ärzte  Speziali- 
sten, und  es  sind  ihnen  in  der  That  sehr  enge  Grenzen  gezogen.     Für 
jeden  Teil  des  Körpers  haben  die  Chinesen  ihre   Spezialisten.     Der 
eine    behandelt    nur  Geschwüre,   der    andere  nur   Knochenbrüche, 
wieder  einer  widmet  sich  der  Chirurgie  und  ein  anderer  den  inneren 
Erkrankungen.     Als  unhöflich  gilt  es,  sein  Fach   zu  überschreiten. 
Von  dieser  Courtoisie  erzählt  man  sich  folgendes  Stückchen.     Ein 
Mann   wurde    von    einem    Pfeil    getroffen,    dessen    Spitze  fest    im 
Fleisch    steckte.     In  der  Eile  wurde    der  nächst  wohnende    Arzt 
gerufen,  der  zufällig  Spezialist  für  Hautkrankheiten  war.     In  Folge 
dessen  schnitt   er  den  Schaft  eben  mit  der  Haut  ab  und  bedauerte, 
dass  er  nicht  im   Stande   sei,  mehr   zu   thun.     Es  musste  also  ein 


o8  FREST,    DIE   ÄRZTE   CHINA'S. 

Chirurg  gerufen  werden,  und  da  der  Pfeil  unter  der  Haut  sass,. 
entspann  sich  womöglich  noch  eine  Debatte  zwischen  dem  Chi- 
rurgen und  einem  Mediciner  für  das  Innere,  in  wessen  Sphäre 
eigenth'ch  die  Behandlung  fiel. 

Verschrieben  vvird  stets  nach  dem  Prinzip:  Viel  hilft  Viel  ! 
Die  Pillen  haben  häufig  die  Gestalt  grosser  Haselnüsse  ;  Mixturen 
werden  tassenweise  verordnet,  und  man  kann  die  Leute  ganze 
Krüge  voll  Arznei  aus  den  Apotheken  wegtragen  sehen.  Oft  ist 
der  Arzt  sein  eigener  Apotheker  ;  in  diesem  Falle  befindet  sich 
Offizin  und  Konsultationszimmer  in  einem  Lokal.  Die  Stuben  der 
Arzte  sind  immer  offen,  und  wenn  der  Arzt  zugleich  dispensiert, 
so  besielit  er  seinen  Patienten  auf  der  einen  Seite  des  Lokals  mit 
wichtiger  Miene,  befühlt  dessen  Puls,  verschreibt  ein  Rezept ;  dann 
begiebt  sich  der  Abgefertigte  auf  die  andere  Seite,  woselbst  ein 
Assistent  die  Medizin  anfertigt.  Untersucht  wird  weiter  nicht ; 
der  Puls  ergic-bt  alles.  Die  Arznei  wird  nach  einer  gewissen  Taxe 
bezahlt.  Honorar  verlangt  der  Arzt  nicht.  Im  Lokal  befindet 
sich  ein  Kasten  mit  einem  Schlitz  im  Deckel  ;  dahinein  wirft  der 
Patient,  was  er  für  angemessen  hält.  Häufig  werden  nur  zwanzig 
Cash  als  Honorar  gegeben  ;  hingegen  sah  ich,  dass  die  Arznei 
einen  mexikanischen  Dollar  und  dann  und  wann  noch  mehr  zu 
stehen  kam. 

Der  Wert  der  Reklame  ist  in  China  vollkommen  bekannt,  und 
wohl  alle  Heilkünstler  bedienen  sich  derselben.  Als  Beispiel  sei 
folgende  Anpreisung  der  Cheii-Fuh-lan-taiig  Offizin  in  Canton 
citiert : 

,,Da  vor  Kurzem  erst  Hongkong  und  die  ganze  Provinz 
,,  Kwantung  von  der  Pestseuclie  heiingesucht  wurde,  sc;  hat  die 
,,  hohe  provinziale  Regierung  ein  Rezept  veröffentlicht,  "die  Pest- 
,,medizin"  genannt,  ein  Mittel,  welches  unfehlbar  ist.  Unsere 
,,  Offizin  hat  diese  Arznei  hergestellt  für  die  beiden  grossen  VVohl- 
,,  thätigkeitsanstalten  Cantons,  woselbst  sie  mit  unwandelbarem 
,,  Erfolg  angewendet  wurde.  In  dieser  Rezeptformel  befindet  sich 
,,  ein  Bestandteil,  "steinerner  Drachensohn"  genannt,  welcher 
,,  nur  in  den  Bergender  Provinz  (T/^^Z'/«;/^  gefunden  wird.  Durch 
,,  Hülfe  unserer  Zweigofifizin  in  Haugcliow  konnten  wir  eine  beson- 
,,  ders  gute  Art  dieses  "steinernen  Drachensohns"  auftreiben  und 
,,  haben    daraus,    zusammen    mit    anderen     wertvollen     Ingredien- 


FEST,    DIE   ÄRZTE   CHINA's. 


99 


,,  zien,  die  Mixtur  bereitet.  Während  der  Bereitung  haben  wir 
,,  andachtsvoll  ein  Tausend  Sprüche  gesagt.  Jetzt  bieten  wir  die 
,,  Arznei  dem  Publikum  an  und  geben  die  Abbildung  des  "  stei- 
„nernen  Drachensohns"  als  Schutzmarke.  Die  Mixtur  ist  nicht 
,,nur  unfehlbar  wirksam  bei  der  Pest,  sondern  sie  ist  auch  unge- 
,,  wohnlich  wirksam  bei  den  verschiedenen  Arten  der  Cholera, 
,,  Erbrechen,  Durclifall,  Kolik.  Schlagflüssen,  Sonnenstich,  Ohn- 
,,  macht,  Typhus,  Schiffsfieber,  Wechselfieber,  Bräune,  Leber-  und 
,,  Magenschmerzen,  Starrkrampf,  Blatterngift,  Sumpfifieber  und 
,,  allen  Arten  Geschwülsten  und  Entzündungsgiften." 

Gez.     Chen-Fiih-lan-tang. 
Um  eine  Probe  von  gewöhnlichen  Anpreisungen  zu  geben,  sei 
hier  eine  Anzahl  angeführt,    die    nicht  Apotheken,    sondern    den 
Läden  solcher   Arzte    entnommen   wurden,   die    zugleich    Medizin 
verabfolgen. 

"X^     Alle  Arten  wachsüberzogener  Pillen. 

9&     Widmet     sich     der 


Heilung 


der    Augen    als 


Spezialität. 

^W^'MT^i-fc-hZlJ^  Widmet  sich  der  Behandlung 
von  Aussatz  und  zweiundsiebzig  Krankheiten. 

I?  ^  ^  /h  ^b  1^  Wi  Bei  Mann  und  Weib,  Gross  und 
Klein,  innerlich  und  äusserlich  werden  die  Pulse  verglichen. 

M  |S^  Ji>$  7K  ^  W  ^  2e  Wirksame  Amulette  und  Zauber- 
wasser gegen  loooo  (alle)  Krankheiten. 

IE  ^  W^.     Kuchen  zum  Fettmachen  der  Kinder. 

^  ^  ^  f@  Medizinischer  Wein  zum  Austreiben  der 
Winde. 

H  -^  "g"  ;^  /"j:  \on  den  Vorfahren  ererbte  lOO  (viele) 
Rezepte  für  Salben. 

^  W  tt  M  ^  >^  Arzneiwaaren  aus  allen  Provinzen  und 
Plätzen. 

^  IS  ^     Skrofel-  und  Aussatzmedizin. 

^  *J®  ^   §1   Ä>  Die  Opium-Abstinenz  erleichternde  Pillen. 

fö  JfD  ^  1^  :^     Glückerhaltende  Buddhapillen. 

^  M.W  %.  ^  m  m.  n  -^  m  ^  ^  -^^  Aufs  beste  zube- 
reitete Choleramedizin.  Alle  Medizinen  gut  wirkend,  und  Am- 
brosia-Mittags-Thee. 


100  FEST,   DIE  ÄRZTE   CIIINA'S. 

/h  Ä  [b)  ^  :l^  Für  die  Unpässlichkeiten  kleiner  Kinder, 
Frülijahrsmedizin. 

W  "^   ^   l.i,  "Ai     Für  Frauen,  weisse  Piiönixpillen. 

A  S  3t  19  0^  ^  ^  Aus  acht  wertvollen  Ingredienzien 
bestehende  Medizin,   um  die  Augen  scharf  zu  machen. 

Wohl  nirgends  ist  man  so  erpicht  auf  männliche  Nachkom- 
menschaft als  in  China.  Natürlich  versteht  auch  hier  der  spekulie- 
rende Heilkünstler,  aus  diesen  Wünschen  Geld  zu  schlagen.  Wenn 
man  in  chinesischen  Städten  durch  die  Strassen  wandelt,  fallen 
einem  allenthalben  grosse,  bunte  Brettschilder  auf,  deren  goldene 
Charaktere  stets  dieselben  sind.  Wenn  man  ein  solches  Schild 
kopiert  und  dann  in  Müsse  den  Sinn  entziffert,  so  findet  man, 
dass  Dr.  X  in  den  bombastischsten  Ausdrücken  verspricht,  längst 
entschwundene  Fähigkeiten  wieder  erwachen  zu  lassen. 

Erwähnt  wurde  schon,  dass  die  Arzneien  oft  ungewöhnlich 
teuer  sind  im  Verhältniss  zu  den  übrigen  Preisen  in  China.  Dies 
hat  einen  berechtigten  Grund  ;  denn  die  Droguen,  deren  sich  unsere 
mongolischen  Kollegen  bedienen,  sind  der  Schwierigkeit  ihrer 
Herbeischaffung  wegen  oft  recht  kostspielig.  Der  gewissenhafte 
Arzt  Chinas  verlangt,  dass  der  Apotheker  Tigerknochen,  Bärenle- 
ber, Bärenklauen  etc.  eclit  vorrätig  hält.  Bärenpfoten  geben  eine 
beliebte  Gallerte,  deren  Wirkung  als  unübertreffliches  Stärkungs- 
mittel einzig  da  stehen  soll.  Jedenfalls  ist  der  Gestank  einer 
solchen  Bärenpfote  aus  dem  Hinterland,  wenn  sie  halb  gedörrt  und 
halb  faul  in  Canton  ausliegt,  auch  einzig  zu  nennen. 

Obwohl  diese  Abhandlung  nicht  bezweckt,  auf  die  Prinzi- 
pien der  chinesischen  Medizin  einzugehen,  so  sind  doch  einige  der 
Medikamente  zu  interessanter  Natur,  um  nicht  wenigstens  Erwäh- 
nung zu  verdienen. — Nach  den  Lehren  der  Alten  entsteht  der  Mensch 
aus  dem  Blute  der  Mutter  und  der  Essenz  des  Vaters.  Wird  dem 
Menschen  die  verlorene  Substanz  auf  die  eine  oder  andere  Art 
wieder  zugeführt,  so  muss  sich  natürlich  der  Kräftezustand  verbes- 
sern. Demnach  ist  das  Fleisch  der  Kinder  das  beste  Stärkungs- 
mittel für  die  Eltern.  Häufig  lassen  sich  pietätvolle  Kinder  des- 
halb Stücke  aus  Arm  oder  Bein  schneiden,  um  dem  altersschwa- 
chen Vater  mit  der  kräftigsten  aller  Fleischbrühen  zu  helfen.  Jeder 
echt  chinesische  Arzt  wird  eine  solche  Operation  ohne  Weiteres 
vornehmen.     Die   "kaiserliche  Gazette"    in    Peking   veröffentlicht 


FEST,   DIE   ÄRZTE   CHINA'S.  IOI 

jährlich  eine  stattliche  Reihe  von  Namen  solcher  getreuen  Kinder, 
die  sich  für  ihre  Eltern  auf  diese  Weise  aufopferten. 

Ein  weniger  grausames  Medikament  sind  die  sogenannten 
"goldenen  Bohnen,"  deren  Herstellung  teilweise  im  menschlichen 
Körper  geschieht.  Der  Koth  eines  gesunden  Mensclien  w^rd  in 
Nüsse  von  der  Grösse  einer  Kastanie  geformt,  in  einem  Topf  her- 
metisch versiegelt,  und  dieser  für  mehrere  Jahre  vergraben.  Wieder 
liervorgeholt  sehen  sie  grau  aus,  mit  einer  dünnen  weissen  Kruste 
von  aufgetrocknetem  Schimmel,  und  haben  die  Konsistenz  etwa 
unserer  Lakritze.  Diese  Nüsse  werden  vergoldet  und  sind  alsdann 
zum  Gebrauch  als  Pillen  oder  für  Dekokte  fertig. 

Ein  ähnliches  Mittel  ist  der  Urin  kleiner  Kinder.  In  Bezug  auf 
die  Frage,  ob  diese  Flüssigkeit  stets  ohne  Gefahr  angewendet 
werden  kann,  sind  sich  die  Gelehrten  noch  nicht  ganz  einig.  Wenn 
man  sie  z.  B.  dem  Kinde  gäbe,  welchem  sie  entstammt,  so  könnte 
vielleicht  eine  Refiexwirkung  eintreten,  weiche  die  Lebenskräfte 
gefährdet. 

Dass  es  eine  Klasse  Arzte  giebt,  die  sich  ganz  der  Behandlung 
der  venerischen  Erkrankungen  widmet,  liegt  auf  der  Hand.  Diese 
Heilkünstler  werden  aber  von  ihren  Kollegen  verachtet,  vielleicht 
auch  nur  des  Verdienstes  wegen  beneidet,  denn  ihre  Schwellen  sind 
immer  belagert.  Die  Schankergeschwüre  sind  allgemein  unter  dem 
Namen  "  Canton  Geschwüre  "  bekannt  und  sind  sehr  verbreitet. 
In  Canton  ist  eine  Rezeptformel  sehr  beliebt,  die  unter  dem 
hochtrabenden  Namen  "  Triplex  Engel  Elixir "  bekannt  und  aus 
■Quecksibersublimat  und  Opperment  zusammengesetzt  ist.  Sehr 
häufig  w  ird  auch  Salpeter  mit  Kalomel  verschrieben. 

Dem  chinesischen  Publikum  sind  die  üblen  Wirkungen  des 
Ouecksilbers  wohl  bekannt  ;  häufig  verlangen  die  Krank-en,  dass 
keinn  Quecksilber  angewendet  werde,  und  lassen  sich  dies  kontrakt- 
lich versprechen.  Allein  da  der  chinesiche  Arzt  für  die  Folgen  von 
Liebessünden  kein  besseres  Mittel  keimt  als  Quecksilber,  so 
verspricht  er  dies  zwar  ganz  bereitwillig,  giebt  aber  dann  die 
Arznei  selbst,  und  diese  enthält  natürlich  ein  Ouecksilberpräparat. 

Bemerkenswert  ist  die  Art  und  Weise,  wie  Zahnheilkünstler  zu 
Werke  gehen.  Ich  suchte  mit  Vorliebe  die  Schilder  der  Zahnärzte 
auf  und  ergötzte  mich  an  ihrer  schwindelhaften  Thätigkeit.  Vom 
chinesischem     Standpunkte    aus    entstehen    Zahnschmerzen     und 


102  FEST,    DIE   ÄRZTE   CHINA'S. 

Zahnhöhlen  in  Folge  der  nagenden  Thätigkeit  der  Zahnwürmer. 
Diese  Würmer  haben  einen  schwarzen,  harten,  spitzen  Kopf  und 
einen  braunen  Körper.  Das  rationelle  Bestreben  des  Zahnarztes 
muss  nun  natürlich  sein,  den  bösen  Wurm  zu  töten,  oder  besser 
noch,  ihn  ganz  zu  entfernen  und  womöglich  dem  Patienten  als 
Triumph  der  Wissenschaft  zu  zeigen.  Da  man  aber  nie 
einen  natürlichen  Wurm  findet,  so  muss  der  Charlatan  seine 
Zuflucht  zur  Kunst  nehmen  ;  das  heisst,  er  muss  künstliche  Würmer 
in  den  Zähnen  finden.  Das  Volk  glaubt  nun  einmal  an  Würmer, 
mithin  ist  der  Charlatan,  der  doch  auch  leben  will,  gezwungen, 
den  Ansichten  des  Volkes  gerecht  zu  werden.  Der  Vorgang 
hierbei  ist  folgender.  Der  Kranke  wird  aufgefordert,  seinen 
Mund  so  weit  als  möglich  zu  öffnen,  damit  der  Zahnheilkünstler 
möglichst  viele  Finger  einführen  kann.  Zur  einfachen  Linderung 
der  Schmerzen  wird  der  Zahn  mit  einer  Paste  oder  einem  Pulver 
bedeckt.  Nach  einigen  Minuten  stochert  der  Charlatan  mit  einem 
dünnen  Bambusstäbchen  in  und  an  dem  Zahn  herum  und  entfernt 
auch  wirklicli  einen  kleinen  braunen  Wurm  mit  schwarzem  Kopf. 
Ist  keine  schadhafte  Stelle  am  Zahn  zu  entdecken,  so  wird  die 
Wange  der  schmerzenden  Seite  mit  einer  braunen  Schmiere  be- 
handelt, welche  stark  nach  Pfefferminz  riecht.  Nach  kurzer  Zeit 
wird  dann  ebenfalls  ein  Wurm  gefunden,  und  zwar  merkwürdi- 
ger Weise  im  Ohr  oder  im  Auge.  Der  Leidende  scheint  jedesmal 
Linderung  zu  spüren — auf  jeden  Fall  ein  guter  Beweis  für  die 
Macht  der  Einbildung.  Woraus  die  Würmer  bestehen,  konnte 
leider  nicht  festgestellt  werden.  Ich  bin  der  Meinung,  dass  sie  aus 
einem  ähnlichen  Material  bestehen  wie  die  hier  in  Japan  allgemein 
bekannten  Bambusblumen,  und  dass  sie  durch  die  Feuchtigkeit  des 
Mundes  aufschwellen.  Die  Linderung  der  Schmerzen  ist  wol  auch 
teilweise  der  angewendeten  Paste  zuzuschreiben,  welche  als 
Gegenreiz  wärkt. 

Ist  der  Zahn  so  schlecht,  dass  er  entfernt  werden  nmss,  so 
gestaltet  sich  die  Sache  schon  schwieriger,  denn  einen  festsitzenden 
Zahn  kann  der  Chinese  nicht  entfernen.  Der  Zahn  muss  erst 
gelockert  werden  ;  dabei  wird  der  Leidende  aufs  neue  angeführt. 
Zur  Lockerung  bedient  man  sich  ebenfalls  eines  Pulvers  oder  einer 
Paste,  die  in  das  Zahnfleisch  gerieben  wird  ;  in  der  That  aber  lockert 
die  heftige   damit  verbundene  Manipulation  den  Zahn.     Die  Paste 


FEST,    DIE  ÄRZTE   CHINA'S.  IO3 

soll  ganz  absonderliche  Wirkung  haben,  denn  nacli  der  allgemeinen 
Ansicht  wird  der  Zahn  durch  die  Paste  so  gelockert,  dass  man  ihn 
mit  den  Fingern  entfernen  kann  ;  wenigsten  glaubt  dies  das  grosse 
Publikum.  Nach  der  Zusammensetzung  des  Mittels  zu  schliessen 
darf  man  allerdings  eine  aussergewöhnliche  Wirkung  erwarten. 
Eine  sehr  alte  Formel  für  die  Paste  ist  nämlich  :  Ciimabar,  Salpeter, 
Pferde-  und  Schildkrötenharn,  und  als  Pulver  empfiehlt  zu  diesem 
Zwecke  der  alte  als  klassisch  anerkannte  ]Vang-  ein  Gemisch  von 
getrocknetem  Knoblauch  und  pulverisierten  Drachenknochen. 

Nachdem  der  Dentist  das  Lockerungsmittel  in  entsprechender 
Weise  appliziert  hat,  wartet  er  eine  Weile,  bis  die  Wirkung 
eingetreten  ist,  und  schreitet  zum  zweiten  Akt  des  Gaukel- 
spiels, dem  eigentlichen  Entfernen  des  Zahnes.  Hierzu  greift 
er  mit  der  rechten  Hand  in  den  Mund  des  Patienten  und  verabfolgt 
ihm  mit  der  linken  ein  paar  Backpfeifen.  Die  Hand,  welche 
den  Zahn  ergreift,  ist  in  der  Regel  mit  einem  Stüclc  dünnen  Papiers 
oder  Seide  bedeckt,  je  nach  der  Vornehmheit  des  Zahnarztes.  Mit 
dieser  Hand  werden  reibende  Bewegungen  ausgeführt  ;  in 
Wahrheit  aber  sollen  diese  Bewegungen  das  Ansetzen  eines 
hebelartigen  Instrumentes  verdecken,  das  der  Schlauberger  im 
Tuche  oder  im  Papier  verbirgt.  Da  die  Backpfeifen  und  der  Ruck 
am  Zahn  zu  gleiclier  Zeit  erfolgen,  so  bleibt  der  Leidende  über  den 
eigentlichen  Vorgang  im  Unklaren.  Häufig  muss  das  Lockerungs- 
mittcl  mehrere  Mal  angewendet  werden. 

Wie  der  Arztestand  im  äusseren  Ansehen  gesunken  ist,  so  sind 
dementsprechend  auch  die  Anerkennungen  gesunken.  Obwohl  hier 
und  da  ein  Arzt  den  fünften  oder  gar  den  dritten  Knopf  trägt,  so  ist 
das  goldene  Zeitalter  doch  längst  entschwunden,  in  dem  die  Väter 
der  Heilkunde  auf  erhöhten  Stühlen  sassen,  wie  SJtamiug  und  Wang. 
Damals  gab  es  aber  auch  nicht  nur  finanzielle,  sondern  auch  Aner- 
kennungen besonders  hoher  Art.  Heutzutage  operiert  niemand 
mehr  in  China  an  den  Knochen  zukünftiger  Kriegsgötter  herum,  wenn 
sie  von  vergifteten  Pfeilen  getroffen  werden,  wie  Wa-fo  am  Kzvan- 
fu-ts^.  Dieser  besass  aber  auch  besondere  Fähigkeiten  ;  denn  er  war 
im  Stande,  dem  Sohne  seines  Kaisers  ein  Auge  zu  entfernen  und  dies 
durch  ein  anderes  zu  ersetzen.  Ein  äusserst  schlauer  Mensch  muss 
6"?^«-.y,c'-7/m/(^^,g,j^)  gewesen  sein,  wenigstens  war  seine  Feinfühlig- 
keit einzig.     Als  eine  Kaiserin  der  T'ang  Dynastie  niederkommen 


104  FEST,    DIE  ÄRZTE   CHINA'S. 

sollte  und  die  Geburt  nur  langsam  vor  sich  ging-,  wurden  die  Hofärzte 
unruhig  und  konsultierten  Sun-s.'::'-iniu.  Er  durfte  sich  natürlich 
der  hohen  Patientin  nicht  nahen.  Doch  er  wusste  sich  zu  helfen  ; 
er  Hess  der  Kaiserin  das  Ende  eines  langen  Seils  um  das  Gelenk 
binden  und  hielt  selbst  das  andere  zwischen  den  Fingern.  Auf 
diese  telephonische  Weise  konnte  er  feststellen,  dass  das  Kind  das 
Herz  der  Mutter  gefasst  liatte  und  sich  mit  beiden  Händen 
daran  festhielt,  daher  die  Verzögerung  der  Geburt.  Er  schlug 
Akupunktur  vor  ;  der  Stich  that  dem  bösen  Kinde  so  weh,  dass  es 
sofort  losliess  und  sogleich  geboren  wurde.  Kein  Wunder,  dass 
der  tüchtige  Arzt  zu  einem  Gott  der  Heilkunde  erhoben  wurde  ! 

Der  gelehrte  Pin-tse7ik  (j^H)  nahm  bei  einem  der  Genien 
Unterricht  und  lebte  für  die  Dauer  von  dreissig  Tagen  nur 
von  Thau ;  dafür  erfand  er  aber  auch  die  Pulslehre  und 
braclite  Akupunktur  und  Moxen  in  grosses  Ansehen.  Er  lebte 
unter  der  Herrschaft  des  grossen  Kaisers  We-lih  (468  bis  440 
V.  Chr).  Ihm  zu  Ehren  wurden  später  Tempel  gebaut,  und  er 
genoss  schon  bei  Lebzeiten  grosse  Ehren. — Schlechter  ging  es 
hier  auf  Erden  dem  schon  erwähnten  IVa-i'o,  der  schon  damals 
den  Leuten  den  Bauch  aufschnitt,  die  Eingeweide  abwusch 
und  die  Wunde  zunähte.  Das  Bemerkenswerte  dabei  ist,  dass  die 
Leute  nicht  gestorben  sein  sollen.  Nervosität  wurde  in  damaliger 
Zeit  von  Winden  verursacht,  welche  den  Leuten  im  Kopfe 
herumzogen.  JVa-fo  schlug  deshalb  vor,  dem  tapferen  General 
Tso-Tso,  der  äusserst  nervös  war,  ein  Loch  in  den  Kopf  zu 
bohren  und  den  Wind  herauszulassen.  Der  biedere  Haudegen 
jedoch,  der  sich  keiner  Windigkeit  bewusst  war,  nahm  die  Sache 
krumm  ;  er  Hess  den  vorwitzigen  Doktor  ohne  weiteres  von  seinem 
hohen  Stuhle  herunter  werfen  und  um  Kopfeslänge  kürzer  machen. 
Jetzt  wandelt  der  unglückliche  Doktor  unter  den  Genien  umher  ; 
auch  wurde  er  zu  einem  Gott  der  Ärzte  erhoben.  Tsan-Kwei 
erhielt  den  gleichen  Rang,  ohne  vorher  den  Kopf  zu  verlieren. 
Geköpft  können  die  chinesischen  Ärzte  noch  heutzutage  werden, 
aber  das  Zumgottmachen  hat  aufgehört. 

Dass  das  Honorar  ein  spärliches  ist,  wurde  schon  erwähnt. 
Dies  hat  seinen  Grund  in  der  Art  and  Weise,  wie  die  chinesischen 
Ärzte  ihre  Visiten  machen.  Bedarf  der  Chinese  eines  Arztes,  so 
richtet  er  sich  nicht  immer  nach   dem  Rufe   des   Heilkünstlers,  son- 


FEST,    DIE   ÄRZTE   CHINAS.  105 

dern  er  entscheidet  es  häufig  durch  das  Loos  oder  lässt  einen  Bon- 
zen für  ihn  entscheiden,  welchem  Arzt  er  das  meiste  Vertrauen 
schenken  soll.  Er  schickt  dann  dem  Arzt  eine  Sänfte  und  drei 
Träger.  Der  Arzt  kommt,  befühlt  die  verschiedenen  Pulse,  macht 
ein  wichtiges  Gesicht  und  verschreibt  ein  Rezept ;  bei  vornehmen 
Kranken  schreibt  er  den  Namen  der  Krankheit  auf,  den  Verlauf 
derselben,  den  Ausgang,  Verhaltungsmassregeln  und  was  er 
verordnet  hat.  Zum  zweitenmal  macht  man  keine  Krankenvisite, 
denn  um  ungerufen  zu  kommen  haben  unsere  chinesischen  Kolle- 
gen doch  noch  zu  viel  Standesbewusstsein. 

Rechnungen  werden  nicht  geschickt.  Der  Familienvorstand 
übergiebt  dem  Doktor  das  Honorar,  je  nach  seinem  Vermögen  hoch 
oder  niedrig,  in  rotes  Papier  eingeschlagen,  gemäss  der  in  China 
üblichen  Art  und  Weise,  Geschenke  zu  überreichen.  Dies  Honorar 
nennt  man  "goldenen  Dank  "  oder  auch  "Dankesweg."  Natürlich 
zahlt  man  auch  stets  die  Sänftenträger. 

Der  arme  Patient  nimmt  getreulich  seine  Medizin  zu  Ende, 
dann  aber  sucht  er  meist  einen  andern  Arzt  auf.  Die  Wohlhabenden 
haben  weniger  Geduld.  Sie  holen  Arzt  auf  Arzt,  oft  mehrere  zu 
gleicher  Zeit,  bis  der  Kranke  entweder  besser  wird  oder  stirbt. 

Diese  Sitte  oder  Unsitte  verwendet  der  taoistische  Philosoph 
Lic-ts:z  (^(J^)  zu  einer  Satire,  geschrieben  ungefähr  im  Jahre  300 
n.  Chr.  [Liciiis  vi,  6),  die  hier  citiert  werden  mag  : 

,,  Ein  Freund  Yang-clms  (des  alten  Materialisten)  war  Ki-liang. 
,,Der  Letztere  wurde  plötzlich  krank,  und  seine  Krankheit  nahm 
,,  sieben  Tage  lang  zu.  Seine  Söhne  umstanden  ihn,  beklagten 
,,  seine  Leiden  und  riefen  mehrere  Ärzte.  Äfz'-Z/Vn/^  sagte  darauf 
,,zu  Yaiig-cJiu:  Meine  Söhne  sind  so  grosse  Thoren  ;  willst  Du 
,,mir  nicht  etwas  vorsingen  und  versuchen,  es  sogar  ilmen 
„verständlich  zu  machen  .'' — •  Yaug-chu  sang  : 

,,  Was  dem  Himmel  unbekannt  ist, 

,,  Wie  könnten  es  Menschen  verstehen  ! 

,,  Weder  kommt  Hülfe  vom  Himmel, 

,,  Noch  Schwäche  von  den  Menschen  ; 

,,  Sollte  ich,  solltest  du 

,,  Nicht  dieses  wissen  .' 

,,  Arzte  und  Zauberer, 

,,  Sollten  die  es  wissen.''  " 


I06  FEST,    DIE  ÄRZTE   CHINA'S. 

,,  Die  Söhne  verstaiKlen  den  Sinn  nicht  und  riefen  trotzdem 
,,  drei  Arzte  herbei,  mit  Namen  Kiii,  Y//  und  Z//.  Diese  studier- 
,,ten  den  Fall  sorgfältig  und  diagnostizierten  folgendermas- 
.,,  sen  : 

,, Dr.  Kill  sagte:  "Deine  Wärme  und  deine  Kälte  decken 
,,  einander  nicht,  Leere  und  P'üUe  sind  nicht  gleichmässig.  Diese 
,,  Krankheit  rührt  von  der  Unregelmässigkeit  im  Essen  und  von 
,,  Ausschweifungen  her,  und  weil  du  deine  Gelüste  nicht  deinen 
,,  Wünschen  entsprechend  befriedigen  kannst,  so  ist  dein  Gemüt 
,,  getrübt.  Weder  Schicksal  noch  böse  Geister  sind  die  Ursache  ; 
,,  aber  obwohl  das  Leiden  vorgeschritten  ist,  kann  es  doch  noch 
,,  geheilt  werden.  " 

,,Ki-liajig  antwortete:  "Nur  ein  gewöhnlicher  Pfuscher!" 
,,  und  jagte  ihn  fort. 

,,Dr.  Y?i  sagte:  "Deine  Lebenskräfte  sind  ungenügend  vom 
,,  Mutterleibe  an,  die  Muttermilch  war  zu  reichlich.  Deine  Leiden 
,,  sind  nicht  akut,  sondern  chronisch.  Du  kannst  nicht  geheilt 
,,  werden  !  " 

,,Ki-liaug  bemerkte:  "Ein  guter  Arzt.  Man  trage  ihm 
,,  auf  zu  essen  !  " 

,,  Dr.  Z// sagte  alsdann:  "Deine  Krankheit  stammt  weder 
,,  vom  Himmel,  noch  von  Menschen,  noch  von  bösen  Geistern. 
,,  Beim  Beginne  deines  Seins  wurde  deine  Gestalt  empfangen, 
,,  wie  sie  jetzt  ist,  und  alles  war  in  ihr.  W^as  für  Nutzen  könnten 
,,  dir  Kräuter  und  Medizinen  schaffen  .'  " 

,,  Ki-liang  jauchzte  :  "  Ein  genialer  Arzt !  "  Er  machte  ihm 
,,  reiche  Geschenke  und  entliess  ihn. 

,,  Ki-liangs  Krankheit  besserte  sich  ohne  Zuthun.  " 

Diese  Satire  zeigt  uns,  dass  die  Chinesen  ihern  Ärzten  gegen- 
über sehr  skeptisch  sein  können,  und  dass  die  chinesischen  Ärzte  es 
verstehen,  ihren  Patienten  zu  Munde  zu  reden. 

Zuweilen  gehen  Arzt  und  Patient  ein  kontraktliches 
Verhältniss  ein,  besonders  bei  chronischen  Krankheiten  und 
vorzugsweise  bei  venerischen.  Der  Heilkünstler  bedingt  sich 
eine  gewisse  Summe  aus  für  den  Fall,  dass  der  Kranke  innerhalb 
eines  gewissen  Zeitraums  kuriert  wird.  Ein  diesbezüglicher 
Kontrakt  wird  aufgenommen  und  beglaubigt.  Dem  Charak- 
ter der  Chinesen  gemäss  sucht  nun  natürlich  eine  jede  Partei   die 


FEST,    DIE  ÄRZTE   CHINAS.  IO7 

andere  zu  betrügen.  Der  Patient  beliebt,  am  Ende  der  Frist  die 
Kurmethode  iür  Humbug  zu  erklären,  bezahlt  den  versprochenen 
Preis  nicht  und  sucht  sich  einen  andern  Arzt,  dessen  Dienste  er 
wieder  eine  Zeit  lang  gratis  hat.  Höherstehende  und  wohlhabende 
Personen,  besonders  ältere,  machen  wohl  auch  den  Vertrag,  dass 
der  Arzt  solange  ein  Fixum  erhält,  als  sie  gesund  bleiben. 

Da  man  den  Ärzten  seit  dem  Umgreifen  der  taoistischen  Ten- 
denzen immer  weniger  Vertrauen  entgegenbrachte,  so  befasste  sich 
auch  die  Gesetzgebung  mit  der  ärztlichen  Praxis,  aber  nicht  durch 
Regulierung  derselben,  sondern  durch  das  Verhängen  von  Strafen 
für  etwaige  Übergriffe  der  Ärzte.  Ein  altes  Gesetz  verlangt,  dass 
bei  den  Erkrankungen  der  Kaiser  Diagnose  und  Prognose  niederge- 
schrieben wird,  und  bestrafte  etwaige  Unregelmässigkeiten  im 
Verlauf  der  Krankheit.  Von  Glück  konnte  der  Leibarzt  reden, 
der  ein  gutes  Ahnungsvermögen  besass  oder  die  Fähigkeit  hatte, 
seine  Worte  in  orakelhaftes  Dunkel  zu  hüllen.  Während  der 
Cheu-Dynastie  bestand  sogar  die  Verordnung,  dass  der  Kaiser  nur 
dann  die  Arzneien  einnehmen  durfte,  wenn  sie  erst  von  dem 
Premierminister  gekostet  waren  ;  Zuwiderhandeln  brachte  die  Köpfe 
des  Arztes  und  des  Ministers  in  bedenkliche  Unsicherheit. 

Der  chinesisclie  Strafkodex  bestimmt,  dass,  wenn  ein  Heil- 
künstler aus  Unwissenheit  Arznei  in  einer  von  der  anerkannten 
Norm  abweichenden  Weise  verordnet,  und  der  Kranke  dann 
stirbt,  der  Arzt  wegen  zufälligen  Totschlags  zu  belangen  ist, 
und  dass  er  in  Zukunft  nicht  mehr  ärztliche  Praxis  ausüben  darf. 
Behandelt  der  Arzt  aber  absichtlich  den  Kranken  entgegen  den 
festgesetzten  Regeln,  in  der  Absicht,  sich  direkt  oder  indirekt  zu 
bereichern,  und  tötet  hierdurch  den  Kranken,  so  v/ird  der  Übelthäter 
enthauptet.  Allein  das  gerechte  Bestrafen  ist  in  China  nicht  an 
der  Tagesordnung,  und  wenn  auch  gelegentlicli  ein  Clan  Privatrache 
an  einem  Pfuscher  nimmt,  so  geht  man  offiziell  dem  Quacksalber 
doch  niclit  zu  Leibe  ;  denn  in  China  herrscht  wie  anderweitig  der 
Grundsatz,  dass  eine  Krähe  der  andern  kein  Auge  aushackt. 
Höchstens  wird  dem  Charlatan  sein  rotes  Doktorschild  zerschlagen 
und  er  aus  der  Stadt  verwiesen.  Und  doch  thäte  jetzt  die 
Anwendung  dieses  Paragraphen  sehr  not.  So  verspricht  z.  B.  eine 
grosse  Anzahl  unserer  bezopften  Kollegen  dem  Publikum  Heilung 
von  der  Opiumsucht    durch   den    Gebrauch   einer   neuen    Medizin  ; 


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FEST,    DIE   ÄRZTE   CHINA'S. 


diese  neue  Medizin  ist  aber  nur  Morphium,  das  von  den  Fremden 
massenhaft  an  die  chinesischen  Grossdroguistcn  verkauft  wird. 
Die  Folge  ist,  dass  an  Stelle  der  Opiumsucht  Morphiunisucht 
tritt,  und  das  Opfer  g'anz  in  Händen  des  Charlatans  ist,  denn  nur 
von  ihm  kann  es  das  Gift  erhalten. 

Vielleicht  ist  man  so  gelinde  im  Hinblick  auf  einen  höheren 
Gerichtshof  der  Chinesen,  denn  man  glaubt,  dass  die  Geister  der 
todtgedokterten  Patienten  die  Schwellen  des  unglücklichen 
Pfuschers  belagern,  der  Schuld  an  ihrem  Tode  war. 

In  China  wie  bei  uns  befasst  sich  der  Volkswitz  mit  Vorliebe 
mit  den  Ärzten  ;  es  seien  zum  Schluss  einige  Sprichwörter 
angeführt,  die  zum  Theil  beweisen,  dass  man  den  Ärzten  nicht 
allzu  grosses  Vertrauen  entgegen  bringt. 

W  ^  ö!  ^  Gift  durch  Gift  heilen. 


+ 


pT 


+ 


Wenn  zehn  Ärzte  zusammen  kommen,  so  sind 


zehn    Arten  (Meinungen)  da. 

W  ^  '^   Ä  ^  I^^r  Arzt  sorgt  nicht  für  den  eignen  Körper. 

W  1^  '^  ia  :^  fi  Hundert  Arzneien  sind  nicht  so  gut  wie  ein 
einziges  gutes  Heilmittel. 

.g  M  ^  )lg  ;\  Der  Arzt  vermag  nicht  in  den  Bauch  zu 
kriechen. 

>^  S  ^x   A   l-^*-'*'  gewöhnliche  Arzt  bringt  die  Leute  um. 

m  ^  -^  ^  W  '^M^^  ^  mf^  M,  Der  Wanderdoktor 
(Charlatan)  heilt  den  Koj)f  der  Krankheit,  der  Arzt  heilt  auch 
den  Schwanz  der  Krankheit. 

/S.    «J^    säi 


JUi^ 


pW  .^2.  fül  Bei  schlimmer  Krankheit   rufe   drei  erfahrene 


Meister  (Ärzte) ! 

W  ^  ^  ^  B  f^  'Ci*  Heilung  kann  erreicht  werden  für  den 
Körper,  keine  Heilung  kann  erlangt  v/erden  für  das  Herz. 

;^  ^  ^  n  ^'J  ^  V^  Gute  Arznei  ist  bitter  für  den  Mund,  aber 
nützlich  bei  Krankheit. 

W  '^  ^  1}^  '^  ^  Die  Ärzte  verlängern  die  Krankheit. 

W^^W-^^'^Es  giebt  Heilung  für  Krankheit,  aber 
es  giebt  keine  Heilung  für  das  Schicksal. 

^flJ  ^  piJc  ^(ß  ®  '^  i^  W  P>in  Lehrer  spricht  nicht  über  Lehrer, 
und  ein  Arzt  nicht  über  Ärzte. 


FEST,    DIE  ÄRZTE   CHIXA'S.  ,Oq 

grosser    Magier      sterben      oft      durch     Dämonen,     Söhne     guter 
Ärzte  sterben  oft  an  Krankheit. 

^1  ^-f-  mm  mm  m  m  ^iäm  Die  akupunktierenden 
pflasterschm.erenden  Arzneil)ändler  gebrauchen  nur  nachgemachte 
Medicinen. 

fg  W  :^    S   ®  Der  geschickte   Arzt    kann   sich   selbst   nicht 
kurieren. 

m  m  m  m  m  ^'ne  rückfällige  Krankheit  kann  keine  Median 
kurieren. 


FORMOSANISGHE  VOLKSLIEDER. 

NACH  CHINESISCHEN  QUELLEN 

VON 

Dr.  KARL  FLORENZ. 

I.  Einleitung. 

Band  14  bis  16  des  umfangreichen,  von  der  chinesischen  Re- 
gierung herausgebenen"  Werkes  ^j>^j]^^  Tahvau-fn-cJii  *'  Berichte 
über  die  Präfektur  Taiwan  (Formosa)  "  enthalten  höchst  wertvolle 
Aufzeichnungen  über  Sitten  und  Gebräuche,  Sprache  und 
Litteratur  derjenigen  wilden  oder  halbwilden  Stämme  der 
Urbevölkerung  Formosas,  mit  welchen  die  Chinesen  in  Berührung 
gekommen  waren.  In  Band  14  und  15  (25  und  23  Blätter)  wird  eine 
Beschreibung  der  Lebensweise  der  Barbaren  gegeben  :  sämtliche 
Stämme  sind  nach  ihren  Wohnsitzen  in  zwölf  Gruppen  geteilt,  und 
bei  jeder  Gruppe  wird  das  Wissenswerte  unter  den  Rubriken 
Wohnung,  Nahrung,  Kleidung,  Heirat,  Begräbnis,  Werkzeuge, 
und  Appendix  (Citate  aus  verschiedenen  Quellen;,  mitgeteilt. 
Band    16   enthält  auf  Blatt    i    bis   4  ein   systematisch    geordnetes 


*  Das  "Jüiuian-fu-chi  existiert,  wie  mir  Herr  Dr.  Ahwjiro  Miirakami  freundlichst 
mitteilt,  in  vier  v  cbciitlich  von  einander  verschiedenen  Ausgaben  : 

A.  ^^/{5^,i;  Taiwan-Ju-chi,  lo  Bde,  publiciert  im  33.  Jahre  Kang-hsi,  d.  i.  1694. 
Nicht  aufzutreiben. 

S-  MM  (MM'^  li^iS  Chung-sicH  Taiwan-fu-chi  "  zum  zweiten  Mal  abgefasste  Berichte 
über  die  Präfektur  Taiwan,"  30  Bde,  publ.  im  6.  Jahre  K'ien-lun,  d.  i.  1741.  Exemplar  in 
der  Uyeno  Bibliothek  zu  Tokyo  (Teikoku-zushokwan). 

C.  t^WWMM^-^  Suh-sicu  Taiwan-fu-chi  "  zur  Fortsetzung  abgefasste  Berichte  über 
diePr.äfekiur  Taiwan,"  25  Bde,  publ.  im  11.  Jahre  K'ien-lun,  d.  i.  1746.  Die  bei  weitem 
vollständigste  Ausgabe  in  Bezug  auf  Sprache,  Litteratur  und  Sitten  der  Ureinwohner.  In 
meinem  Besitz,  und  Grundlage  des  vorliegenden  Aufsatzes. 

D.  W^'W'^1^'^^  Sin-sieu  Taiwan-fu-chi  "  Neu  abgefasste  Berichte  über  die  Präfektur 
Taiwan,"  26  Bde,  publ.  im  2g.  Jahre  K'ien-lun,  d.  i.  1764.  Bis  jetzt  noch  nicht  zu  verschaf- 
fen. Die  Mehrzahl  der  vorhandenen  Exemplare  scheint  im  letzten  formosanischen  Feldzuge 
za  Grunde  gegangen  zu  sein. 


FLORENZ,    FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER.  Hl 

formosanisch-chinesisches  Vokabular,  dem  die  Sprache  von  Stäm- 
men aus  dem  Regierungsbezirk  Tsu-lo  {Chu-lo)  ^,||  (d.  i.  Kagi)  zu 
•Grunde  zu  liegen  scheint,  da  es  den  Vermerk  "  alles  Obige 
kommt  in  den  Annalen  von  Tsu-lo  vor  "  trägt.  Hierauf  folgt  auf 
Blatt  4  bis  lO  eine  Sammlung  von  33  Liedern  der  Barbaren  : 
Originaltext  in  Transskription  mittels  chinesischer  Zeichen,  nebst 
chinesischer  Interlinearversion  Vers  für  Vers.  Vor  jedem  Gedicht 
ist  bemerkt,  welchem  Stamm  es  angehört  ;  auch  ist  eine  Über- 
schrift beigegeben.  Auf  Blatt  10  bis  25  (Schluss  von  Band  16) 
endlich  folgt  eine  vermischte  Abhandlung  über  allerhand  Einrich- 
tungen und  Gebräuche  nach  verschiedenen  schriftlichen  Quellen, 
unter  dem  Titel  |tf§?i#  "  Allgemeine  Untersuchungen  über  die 
Sitten  der  Barbaren." 

Auf  das  Vokabular  und  die  Lieder  hat   zuerst  G.  M.  H.  Play- 
FAIR  in  vol.  7,  pag.  342-45  der  Clima  Revieiv  aufmerksam  gemacht 
(1879).     Er  giebt  etwa  die  Hälfte  des  Vokabulars,  nämlich  129  aus 
253  Wörtern,  in  lateinischer  Transskription    mit   Hinzufügung  von 
entsprechenden  Wörtern  aus  BULLOCK'S  Formosanischem  Vokabu- 
lar, das  in  vol.  3  derselben  Zeitschrift  erschienen  war.     Abgesehen 
davon,  dass  Playfair  ohne   ersichtlichen  Grund   nur  die  Hälfte  des 
Wortschatzes  mitteilt,   wird  der  Wert  seiner  Veröffentlichung  auch 
dadurch  beeinträchtigt,  dass    er  an   mehreren   Stellen   sich   in   der 
Gruppierung     der     Wörter    und      der    zugehörigen    Bedeutungen 
getäuscht  hat.     Von  den   33  Liedern   giebt   er    4   in    freier   versifi- 
^ierter  Übertragung  auf  Grund  der  chinesischen  Interlinearversion. 
•Gegen  solche   poetischen  Versuche  ist  ja    an  und  für   sich    nichts 
einzuwenden,  und   ich   bin    wohl   der    letzte,   der  da  mit  Steinen  zu 
werfen  sich  erkühnen  dürfte  ;    aber   wo  es  sich    um  Gedanken   und 
Herzensergüsse  von  so  unendlicher  Naivität   wie   im  vorliegenden 
Falle   handelt,    ist   zunächst   wenigstens    nichts   Anderes    als    eine 
wörtliche  Prosaübersetzung  am  Platze. 

Chinesische  Transskriptionen  entstellen  fremdsprachliche 
Texte  bis  zur  absoluten  Unkenntlichkeit.  Aus  ihnen  einen  lesbaren 
Originaltext  wieder  herauszutifteln,  gehört  zu  den  schwierigsten 
Kunststückchen  philologischer  Rekonstruktion  ;  die  Aufgabe  wird 
schier  unlöslich,  wenn  man  von  der  Sprache  des  Originals  so  wenig 
Genaues  weiss,  wie  wir  bis  jetzt  von  den  formosanischen  Sprachen 
wissen.     Ich  habe  indessen  hier  nicht  die  Absicht,  den  Leser  in  den 


112  FLORENZ,    FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER. 

Irrgarten  linguistischer  Untersuchungen  dieser  Art  zu  führen,  so 
ausserordentlich  wichtig  und  interessant  sie  auch  für  den  Sprach- 
forscher sind.  Was  für  den  allgemeinen  I^eser,  der  seine  Kenntnis 
der  Weltlitteratur  bereichern  will,  vor  allem  in  Betracht  kommt, 
ist  eine  genaue  Übersetzung  der  Lieder  ohne  alle  Zuthaten  und 
Ausschmückungen.  Freilich  sollte  sich  diese  Übersetzung  direkt 
auf  das  formosanische  Original  gründen  ;  da  aber,  wie  schon 
bemerkt,  bei  dem  jetzigen  Stande  der  Wissenschaft  eine  erfolgreiche 
kritische  Herstellung  des  Originaltextes  noch  in  weitem  Felde 
liegt,  so  müssen  wir  uns  vorläufig  mit  einer  Interpretation  der 
chinesischen  Interlinearversion,  die  auf  Treu  und  Glauben  hinzuneh- 
men ist,  genügen  lassen.  Glücklicherweise  darf  man  den  Chinesen 
einen  ziemlich  hohen  Grad  von  Vertrauen  entgegenbringen, 
denn  bei  aller  nationalen  Voreingenommenheit  und  Schwerfällig- 
keit arbeiten  sie  in  der  Regel  mit  anerkennenswerter  Sorgfalt  und 
Objektivität.  Der  Inhalt  der  Lieder,  Volkslieder  im  eigentlichsten 
Sinne  des  Wortes,  ist  für  die  Kenntnis  der  Sitten  und  Lebensanschau- 
ungen der  formosanischen  Wilden  so  wichtig,  dass  sie  ohne 
weitere  Bedenken  auch  in  ihrer  sekundären  Form  dem  Publikum 
zuo-änglich  gemacht  zu  werden  verdienen.  Meine  linguistischen 
Untersuchungen  über  das  Vokabular  und  den  Originaltext  der 
Gedichte  werde  ich  an  anderer  Stelle  mitteilen. 

Man  könnte  die  Gedichte  ihrem  Inhalt  nach  in  einige  wenige 
Gruppen  verteilen,  wie  Lieder  zwn  Lobpreis  der  AJinen  (Lied  J\'o. 
3,  4,  5,  6,  24,  27,  33)  ;  Liebes-  und  Heiratslieder  (2,  13,  16,  18,  25, 
28,  29,  30,  31);  Festlieder  (i,  11,  14);  Arbeit,  öffentliche  Pflichten 
u.  s.  w.  (7,  10,  12,  15,  17,  21,  22,  32);  Jagd-  lind  Trinklieder  (8,  9, 
19,  20,  23,  26),  Manche  Lieder  lassen  sich  in  mehrere  Gruppen 
einreihen.  Ich  habe  aber  die  ursprüngliche  Anordnung  beibehalten, 
einesteils  um  eine  eventuelle  Bezugnahme  auf  den  formosanischen 
oder  chinesischen  Text  zu  erleichtern,  andernteils  auch  deshalb, 
weil  diese  Anordnung  eine  systematische  geographische  ist.  Die 
Stämme,  denen  die  einzelnen  Lieder  angehören,  sind  nämlich  in 
derselben  Reihenfolge  aufgeführt  wie  in  Band  14  und  15  bei  Gele- 
genheit der  Darstellung  ihrer  Sitten  und  Gebräuche.  So  gehören 
I  bis  2  zum  Reg-Bezirk  Tai-ivan,  3  bis  1  i  zum  Reg-Bezirk  Hong- 
soa,  {Feng-shan),  12  bis  19  zum  Reg-Bezirk  Tsu-lo  {CJm-ld),  20  bis 
29  zum  Reg-Bezirk  Chiong-hiva,  [Chatig-hua),  30  bis  33  zur  Unter- 


FLORENZ,    FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER.  II3 

Präfektur   Tmn-siii  (alle  diese   Benennungen    nach    der    Einteilung 
alten  Stils  vor  dem  Jahre  1885). 

Die  in  Betracht  kommenden  Stämme  gehören  mit  ein  oder 
zwei  Ausnahmen  nicht  zu  den  vollständig  wilden  Urbewohnern  der 
Berge,  den  Sen^-hoan*  (Ife^)  "  rohen  Barbaren  "  welche  sich  als 
Kopfjäger  und  unversöhnliche  Feinde  der  Chinesen  einen  so  üblen 
Ruf  erworben  haben  (vgl.  Mackay,  From  Far  Formosa,  pag.  251- 
277),  sondern  zu  den  Halbwilden,  welche  mehr  oder  weniger  die 
Oberhoheit  der  Chinesen  anerkannten  und  diesen,  wie  auch  in 
mehreren  Liedern  erwähnt  wird,  Abgaben  zahlten.  Es  sind  Stäm- 
me der  sogenannten  Pe-po-hoati  (^i^^)  "  Barbaren  der  Ebene," 
und  Sek-hoan  (f^^)  "  gare  oder  reife,  d.  i.  befreundete  Barbaren  " 
(im  Gegensatz  zu  den  rohen  oder  feindlichen).  Daher  spielt  auch 
der  t'ong-siL  (jiS^)  "Dolmetscher"  wiederholt  eine  wichtige  Rolle. 
Im  Gegensatz  zu  den  die  tiefen  Berge  bewohnenden  wilden  Barba- 
ren, für  welche  im  Tahvan-fii-chi  auch  der  Name  Ya-Jioan  (i^*^) 
gegeben  ist,  werden  die  zahmen  auch  T'o-Jioan  -f*.^  und  Pe-te-kin- 
hoan  (^M^^)  "nahe  Barbaren  des  flachen  Landes"  genannt. 
Von  letzteren  ist  besonders  bemerkt,  dass  sie  nicht  wie  die  Wilden 
Stamm  für  Stamm  scharf  von  einander  getrennt  leben,  sondern  sich 
unter  einander  vermischen. 

Unter  der  Überschrift  des  ersten  Liedes  findet  sich  die 
Bemerkung  1^1^ äß^j^fgl;;^^:  das  Folgende  kommt  alles  im  Hoan- 
siok-liok-k'ao  iFan-su-liii-k'ao)  "  Sechs  Untersuchungen  über  die 
Sitten  der  Barbaren  "  vor.  Es  ist  dies  eine  der  zahlreichen  Schrif- 
ten, welche  bei  der  Kompilation  des  Tahvan-fu-c/n  henntzt  worden 
sind.  Ich  gebe  die  Aussprache  der  in  den  Überschriften 
genannten  Namen  der  Stämme  (frt  sia  ist  vielleicht  manchmal 
besser  durch  "Dorfschaft"  als  durch  "Stamm"  wiederzugeben) 
so,  wie  sie  jetzt  bei  den  Formosanern  selbst  gebräuchlich  ist;  wenn 
mir  anderswo  die  Kenntnis  derselben  nicht  zur  Verfügung  stand, 
habe  ich  mich  mit  der  ihr  am  nächsten  kommenden  Amoy-Aus- 
sprache  der  Zeichen  nach  William's  Syllabic  Dictionary  beholfen. 
Stellenweise  habe  ich  auch  die  nordchinesische  Aussprache  noch 
hinzugefügt,  wenn  sie  zur  Erkennung  von  Namen  geeignet 
erschien. 

Ch'i-hoan  (Macl^ay  i-tc.),   Chin-iüan  (Scheteli^). 


114  FLORENZ,    FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER. 

Von  den   zahlreichen   Hinweisen   auf  das   Vorhandensein   von 
Gesängen  und  Tänzen  will  icli  die  Bemerkungen  Taintor's,  eines 
der  sorgfältigsten  Beobachter,  aus  seinem  Aufsatz    The  Aborigines 
of  Northern  Formosa  (Journal  of  the  North-China   Brauch   of  the 
Royal  Asiatic  Society,  New  Series,  No.  IX,  1875),  Seite  62  f.  repro- 
duzieren :     "  Wir   wurden    mit    einer    Anzahl    von    seltsamen    und 
interessanten  Vorstellungen,  in  denen   Gesang  und  Tanz  vermischt 
waren,  unterhalten.     Männer  und  Weiber  fassten  sich  bei  der  Hand 
und  sangen  mit  langsamer,  einfacher  und  gar  nicht  unmelodischer 
Weise  ihre  Volksballaden,    wobei    sie    mit    den    Füssen  den  Takt 
angaben,  gelegentlich  bei  geeigneten  Stellen   durch   Fussstampfen 
oder  Kniebeugen    Nachdruck   gaben,    und    manchmal    ihre   Leiber 
langsam  rückwärts  und  vorwärts  wiegten.     Im  Verlauf  des  Gesan- 
ges wurden  sie   immer  animierter,   die   Melodie   wurde  lebendiger, 
und  die  Körperbewegungen    häufiger   und   markierter.     Der   letzte 
Ton  jeder   Strophe    wird   ad    libitum  ausgehalten.     Die    Melodien 
sind  alle  sehr  einfach  und  gehen  selten  über  2  oder  3  Noten  hinaus. 
Bei  einem  Gesang    fiel   nach   einein   von    den  Männern  gesungenen 
Halbchor  die  ganze  Gruppe  von  etwa  30  Männern  und  Weibern  im 
Chor  ein,  was  einen  ganz  einzigen  Effekt  hervorbrachte.     In  einem 
anderen,  und  vielleicht  dem   gefälligsten   Gesang,    sangen   sie   mit 
leiser  klagender  Stimme  die  Geschichte  der  ihnen  von  den  Chinesen 
zugefügten  Unbilden,  die  sie   aus   ihren   Heimstätten   ausgetrieben, 
ihre   Ländereien   an    sich    gerissen   und   ihre   Leute  getötet  hätten. 
Nach     einem    der    Gesänge    wurde     von    mehreren  Weibern  eine 
seltsame  Ceremonie,   offenbar   religiösen   Charakters,    veranstaltet. 
Die  eine  setzte  sich  auf  die  Erde  und  nahm  den  Kopf  einer  anderen, 
die  so  that  als  ob  sie  tot  sei,    auf  den  Schoss.     Zwei  andere  hielten 
ihr  die  Hände,    in   deren  jede   ein   kleiner  grüner   Zweig  gesteckt 
war.       Darauf    begannen    die     drei     einen    langsamen,     traurigen 
Gesang,    und    eine    von    ihnen    schwenkte    einen    Becher   vor   dem 
Gesicht  der  Schläferin  hin  und   her.      Nach   einigem    Singen    stand 
die  eine  auf,  wedelte  mit  dem  Zweige   himmelwärts  und  schrie  der 
Liegenden  laut  ins  Ohr.     Diese  erwachte  sofort  und  stand  auf,  und 
alle  nahmen  an  einem  lebhaften   Tanz   und   Gesang   teil,    wobei  sie 
im  Kreise  oder   in   Schlangenwindungen   umhergingen.     Bei   noch 
einem  anderen  Tanze  kam  zuerst  ein  munteres  Solo  von  einer   der 
Frauen,  dann  fielen  die  übrigen   ein   und   brachen  plötzlich  in   den 


FLORENZ,    P^ORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER. 


115 


Ruf  ]ii !  hi  !  hi !  aus,  indem  sie  jeden  Schrei  mit  einem  tiefen  Bück- 
ling begleiteten.  Bei  vielen  dieser  Gesänge,  die  nach  Stil  und 
Haltung  verschieden  waren,  hielten  einige  der  Singenden  grüne 
Zweige  in  der  Hand." 

Von  den  Liedern  und  Balladen  der  Formosaner  ist  ausser  deu 
4  sclion  erwähnten,  von  Playfair  nur  allzu  frei  übersetzten 
Stücken  der  vorliegenden  Sammlung,  und  2  von  GUERIN  in  seiner 
Abhandlung  Vocabulaire  du  dialecte  tayal  ou  aborighie  de  tile 
Formose  in  Text  und  Übersetzung  gegebenen  Gesängen  meines 
Wissens  in  einer  europäischen  Sprache  nichts  bekannt  geworden. 

Die  beiden  von  GUERIN  mitgeteilten  Stücke  haben  wegen  der 
Beigabe  des  Originals  und  einer  Analyse  besonderes  Interesse,  und 
da  die  Abhandlung  nicht  überall  zugänglich  sein  dürfte,  will  ich  sie 
hier  noch  einmal  dem  Leser  vorführen  (mit  teilweise  veränderter 
Schreibung). 


(l    LtED   EINES   TaYAL-BaRBAREN,  welcher    auf  DIE  Jagd 
NACH   CHINESISCHEN   KÖPFEN   GEHT  : 


Lanka         kiiin  '^     putgiai 
[ich]  thue         ich         laufen 

lanka  inataj/gtin 

[ich]  thue  erreichen  den  Abhang 

gegenüber 
sangiin 
überraschen 

mo         patiis 
schiessen  Flinte 
kutan 
töten 

panga  toloch  taiikon 
tragen  Kopf  Netz 
panga  g  aus  aP^ 
tragen  Haus 
kmita  kanilit  ^^ 
sehen  Mädchen 


Ich  werde  drauflosstürzen  ; 

[werde]       den       Abhang      dort 
drüben    überschreiten  ; 

[werde  den  Feink]  übberfallen, 

und  mit  der  Flinte  schiessend 

[ihn]  töten. 

[Ich     werde    seinen]     Kopf     in 

meinem  Netz  mitnehmhn, 
[und  ihn]  nach  Hause  bringen. 

[Wenn]      das      Mädchen      [ihn] 
sieht. 


i^^Richtiger  Kinin. 


-)  richtiger  "gasü/. 


3)  oder  Kannclil. 


ii6 


FLORENZ,    FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER, 


rnab  e         kanilit 

schlafeil  Mädchen 

mabe  sasan  tiiliek 

schlafen  morgen    sich  erheben 

malak  shiliek 

gut  [ist]  weissagender  Vogel 


[Wird]  das  Mädchen  [mit  mir] 
schlafen, 

schlafen  [bis  zum]  Aufstehen  am 
nächsten   Tag. 

Der  weissagende  Vogel  [weis- 
sagt]  guten   [Erfolg].^' 


II.    Von  EINEM  Junggesellen  bei  einer  Heirat 

GESUNGEN. 


Kia  in  all  kl  li 
sein  Bursche,   (Mann) 
iniekan  kotoch^^    kanilit 
bezahlen  ein       Mädchen 
ongad^^  kanilit  knin 
nicht     Mädchen  ich 
ongad  kabalai  liikns 
nicht    machen  Kleid 
ongad  panga     gae 
nicht  tragen   Bataten 
ongad  panga  nniek 
nicht    tragen   Holz 
ongad  panga  kntsia 
nicht    tragen  Wasser 
ongad      viakunia 
nicht  Feld  bebauen 


Es  giebt  [hier]  einen  Burschen, 

der   hat   ein   Mädchen   [sich  zur 

Frau]  gekauft, 
[aber]   nicht  habe  ein    Mädchen 

ich. 
Keine       [Frau]       macht      [mir] 

Kleider, 
Keine      trägt       [mir]      Bataten 

herbei, 
keine  trägt   Holz, 

keine  trägt  W^asser, 

keine  bebaut   [meine]  Felder, 


^)  Vgl.  Mackay,  a.  a.  o.  pag.  259  über  den  Glauben  an  Erfolg  oder  Misslingen  der 
Unternehmungen  weissagende  VögeL  Im  Tai-wan-fii-chi  vol  14,  Seite  6  b  heisst  es 
darüber:  "Wenn  sie  im  Begriff  stehen  auf  die  Hirschjagd  zu  gehen,  so  lauschen  sie 
zuerst  auf  die  Stimme  eines  Vogels  und  so  prophezeien  sie  Glück  oder  Unglück.  Die  Farbe 
des  Vogels  ist  weiss,  er  hat  einen  langen  Schwanz:  es  ist  nämlich  der  ^^  P'^j'^^  (?)  (Pek. 
pichHao)  \  in  Barbarensprache  bantsai.  Wenn  die  Stimme  vi. II  und  hell  tönt,  so  [bedeutet 
es]  Glück,  wenn  sie  matt  und  dünn  tönt,  so  [bedeutet  es]  Uiii^lück."  Der  Glücksruf  soll 
■wie  shio-shio,  der  Unglücksruf  wie  shie-shie  klingen  (naih  Inö,  Tokyo  Anthr.  Zschr. 
1897,  Juni).  Auch  die  Richtung  des  Flugs  wird  konsultiert:  es  ist  ein  glückliches  Omen, 
wenn  der  Vogel  parallel  mit  der  Linie  fliegt,  in  der  man  zum  Schauplatz  der  Kopfjägerei 
ziehen  will ;  unglücklich,  wenn  er  die  Linie  kreuzt. 

5)  oder  kutiich.         O  besser  itumd. 


FLORENZ,    FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER. 


ii: 


ongad  apne 
nicht  kochen 

ni-ai         kitin 
ausgehungert  icli 
ongad  hnagaon  gansal 
nicht     ausfegen     Haus 
ongad  iiialahan  kidii 
nicht       helfen       ich 
mahin  inankiiriek  sikoliek 
wissen     stehlen       andere 
makun  kotoch  nanak         e 
wissen     eine    einzi: 
mali  passona  ^^ 
ongad  sJiiu-un 
kotoch  nanak        e 
eine      einzige  Person 
k'örkiiran 

Herumträger  (?  colporteur) 
iigiek  saunian 
feucht  abwischen 
pekkil  kw'on  kiiron 


Person 


keine  kocht  [mir  Essen], 
[so  dass]  ich  ausgehungert  bin. 
keine  fegt   [mein]   Haus, 
keine  hilft   mir  ; 

[ich]  weiss,  dass  andere   [mich] 

bestehlen, 
wissend  dass  [ich]   eine  einzelne 

Person  bin. 
Die  Nacht  auf  dem  Lager  (?) 

[ich]  ganz  allein 

[bin  wie  ein]  Lastträger  (?), 


[der  sich  den]feuchten[Schweiss] 

abwischt. 
Ich      bin      meines        Schicksals 

müde  (?). 

Im  Juniheft  der  Tökyö-JinriLigakkivai-zasshi  "Zeitschrift  der 
Tokyo  Anthropologischen  Gesellschaft."  1897,  giebt  der  zur  Zeit 
in  Taipak  residierende  Japaner  INÖ  YOSHINORI  einen  Artikel  über 
die  Kopfjägerei  bei  den  rohen  Barbaren  des  Nordens,  und  teilt  bei 
der  Gelegenheit  mehrere  Kopfjäger-Gesänge  mit,  welche  er  von 
einem  jungen  Tayal  vom  Stamme  der  Toakoham,  Namens  Ivan, 
damals  17  Jahre  alt  und  in  Taipak  im  Hause  des  Dr.  Ogawa 
wohnend,  erhalten  hat.  Ivan  besitzt  eine  gute  Kenntnis  des 
Chinesischen  und  Japanischen  und  konnte  daher  die  Lieder  ziemlich 
genau  erklären.  Ich  gebe  den  Text  in  InÖ's  lateinischer  Umschrift 
mit  Analyse  und  Übersetzung  auf  Grund  seiner  Arbeit.  Ein 
kleiner  dialektischer  Unterschied  ist  zwischen  diesen  Liedern  und 
denen  GuerinS  wahrnehmbar,  vorausgesetzt  dass  die  Verschieden- 
heiten nicht  auf  Hörfehlern  beruhen. 


7)  Die  Analyse  fehlt.     Die  Bedeutung  der  letzten  Zeilen  ist  recht  unsicher. 


n8  FLORENZ,    FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER. 

I. 

Nanii  yasavarai  kaninnua 

was  vortrefflich  (?)  dies  Ding  ? 

kiiyiin  viosa         kutan        sajin  paramokan, 

ich       gehen  schneidend-  zwei       Fremde 

töten 
kiiyim  hanniJio        makoas 

ich    hierseiend  Lied  singen 
iso-kiuära     inoha     kaineta 

ihr  kommen  sehen 

kitynin     kanio^     sajin    paramokan, 

ich  töten       zwei  Fremde 

iso-kwära     inoha         hiynn         ngasal    ma-nnyak     koivao 

ihr         kommen  ich  (mein)       Haus  essen  Wein 

iso     htyun     inoha     inasarevTi     inasateyal 
du         ich      kommen     rund  Tanz 

iso-kivara     varrTi^^      pasakntao. 

ihr  gut  Sinn 

Übertragung:   "Dieses  Ding,  wie  vortrefflich  ist  es  ! 

Ich  bin    gegangen     und    habe    zwei    Fremde    durch     [Kopf-] 

abschneiden  getötet. 
[Deshalb]  bin  ich  hier  und  singe, 
Kommt  ihr  herbei  und  sehet 
Die  von  mir  getöteten  beiden  Fremden  ! 
Kommet  ihr  her  in  mein  Haus  und  trinket  Wein  ! 
Du  und  ich,  wir  wollen   einen  Rundtanz  aufführen  ; 
Seid  frohen  Sinnes  !  " 

II. 

Kuynn     inosa     kaino^     paramokan ; 

ich       gehen     töten  Fremden 

iso  otoJio     usa     kaniayal  kavasTtyan  yava      yaya      yiitas 
du  Geist  gehend  sagen        Brüder    Vater    Mutter    Grossvater 
givashl^, 
Grosmutter 


FLORENZ,   FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER.  II9 

kuynn     kutan. 

ich        töten 
Übertrag-ung- :       "Ich    bin     gegangen    und   habe    einen   Fremden 
getötet ; 

Du  Geist  [des  Getöteten]  gehe  und  rufe  deine  Rrüder, 
Vater,   Mutter,  Grossvater  und  Grossmutter, 
Ich  will   [auch  sie]  töten." 
Dies  kurze  Lied   wird  von    dem    Mörder    gesungen,    indem   er  in 
den  Mund  des  abgeschnittenen  Kopfes,  den  man  auf  ein  Postament 
gestellt  hat,   Wein    eingiesst,    und  indem  der  eingegossene  Wein 
mit  Blut  vermischt  unten  aus  dem  Halse  wieder  herausläuft.       Die 
Barbaren  von   Gilan   trinken  sogar   dies  scheussliche  Gemisch. 

III. 

Iso  via^gal  tonnoJui, 

du  bringen  Menschenkopf 

Heya-kzuära  varra^  pasakotao 

sie  gut         Sinn. 

Übertragung:     "  Du  bringst  jetzt  einen  Menschenkopf 

Alle  diejenigen,   welche   [ihn  sehen],  sind  hoch 
erfreut." 
Dies  Lied  wird  von    den     anderen     Barbaren     gleichsam    als 
Responsorium  auf  No.  II  gesungen. 

IV. 

Ataiyal  kavio*  paramokan  nanu  kaino^ 
Ataiyal  töten  Fremde  was  töten, 
Ataiyal  kutan  tonnohu  inaki  kivara  viaki  kzvara, 

schneidend-töten     Kopf   seiend    viel    seiend     viel 
varra^  Ataiyal,  yasavarai  Ataiyal,  masakuru  Ataiyal. 

gut  vortrefflich  tapfer 

Ataiyal  u^^ga^  kanioi  paramokan, 

nicht    töten     Fremde 
Kuynn    yava    yaya     ra^^han     kuynn 

mein      Vater  Mutter  hassen     mich 
kuymi        kavasüyan  sisoai  ra^' Jian     kuynn 

meine  älteren  Brüder  jüngeren  Brüder  hassen     mich 


120  FLORENZ.    FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER. 

kiiytin  kanairel  ra^  hau  knyun 

mein       Weib       hasst       mich 

kuyiiji     sakorek     ra^  hau     kuyini 

meine     Freunde     hassen     mich. 

yasa        Ataiyal  mappo-mateyii-mapitoo  kaiuas 

deshalb  i6  oder   17  Jahre 

kira-kii-a     inosa     raheyal    kanio^     paranwkan 

immer      gehen        Dorf        töten         Fremde. 
paramokan  koto  kazvas         kutan         inaJiokel 

Fremde       ein      Jalir     schneidend-     sterben 

töten 
maki  koto-kavahol,  saj'in-kavahol,  tugal-kavaJiol. 
sind  100  200  300 

Übertragung  :     "  Dass  wir  Ataiyal  Fremde  töten,   warum  ist  es  } 
Weil  ein  Ataiyal,  der  viele,   viele  Köpfe  abschneidend  tötet, 
Ein  guter  Ataiyal  ist,    ein   vortrefflicher   Ataiyal,    ein   tapferer 

Ataiyal. 
Wenn  wir  Atai3'al  keine  Fremden  töten, 
So  verabscheuen  uns  unsere  Väter  und  Mütter, 
So  verabscheuen  uns  unsere  älteren  und  jüngeren  Brüder. 
So  verabscheuen  uns  unsere  Weiber, 
So  verabscheuen  uns  unsere  Freunde. 
Daher  [soll]   ein  Ataiyal  vom  löten  oder   17^^11  Jahr  an 
Immer  aus  dem  Dorfe  gehen  und  Fremde  töten. 
Der  Fremden,  die  in  einem  Jahre   [von  uns]   getötet  sterben. 
Sind   [daher]  hundert,  zweihundert,  dreihundert." 


II.      ÜBERSETZUNG   UND    KOMMENTAR. 

Die  folgende  Übersetzung  der  33  formosanischen  Lieder  des 
Taiwan-fu-chi  stützt  sich,  wie  schon  oben  näher  begründet  wurde, 
lediglich  auf  die  chinesische  Version,  und  ist  so  wörtlich  als  irgend 
möglich  gehalten.  Für  diejenigen,  welche  sich  an  der  Recon- 
struktion  des  mit  chinesischen  Charakteren  phonetisch  geschriebenen 
formosanischen  Urtextes  beteiligen  wollen,  gebe  ich    im  Appendix 


FLORENZ,    FORMOS ANISCHE   VOLKSLIEDER.  121 

eine  lateinische  Umschrift  nach  nord-tahuajiesischer  Aussprache. 
Letztere  verdanke  ich  der  freundlichen  Mitteilung  des  Herrn 
Ogawa  in  Taipak  ;  die  in  Klammer  hinzugefügten  Lautvarianten 
geben  die  verschiedene  Aussprache  des  Dialektes  von  Taiiian, 
welche  Herr  N.  MURAKAMI  nacli  Angaben  eines  chinesischen 
Gelehrten  am  Orte  festgestellt  hat. 

I.     Staimn  der   faiketten  {Toaketten)   (::^^'^fEt). 
Gedicht  zur  [Neu-]  Jahrsgratulation. 

**  Jetzt  haben  wir  das  Jahr  zurückgelegt  (d.  i.  jetzt  feiern  wir  das 
Neujahrsfest)  ; 

Wir  haben  Reismehl-Kuchen  gemacht  und  ein   Huhn  geschlachtet, 

[Und]  verehren   Himmel  und  Erde. 

Wir  wünschen,  dass  das  neue  Jahr  das  vergangene  Jahr  übertref- 
fen möge, 

Dass  die  Ernte  sich   verdopple  und    die    Nahrung    unerschöpflich 


seh" 


Anm.  *)  Der  Jahresanfang  ist  nicht  an  einen  bestimmten  Kalen- 
dertag gebunden,  wie  bei  uns  oder  wie  bei  den  Chinesen.  Dies 
ergiebt  sich  auch  aus  einer  bei  Taintor  a.  a.  O.  Seite  72 
citierten  Stelle  aus  der  geographischen  und  statistischen  Beschrei- 
bung des  Kcmalan  oder  Kapsulan  Thaies,  des  Konialan-t'ing-cJiih : 
"  Die  Barbaren  haben  keine  Idee  vom  Jahre,  oder  von  den  vier 
Jahreszeiten.  Das  Blühen  des  tz'e-t'-img-h'iva  i^Wi^^  eine  Art 
Panax,)  ist  für  sie  der  Anfang  einer  bestimmten  Periode.  Wenn 
die  Vegetation  beginnt,  so  kleiden  sich  die  Frauen  in  ihre  besten 
Kleider  und  machen  bei  ihren  Freunden  in  den  benachbarten 
Stämmen  Besuche."  Ahnliches  besagen  mehrere  Stellen  im 
■l'atzuan-fn-chi :  man  rechnet  das  Jahr  von  einer  Ernte  zur  andern. 
Die  Loiigkiau  Stämme  berechnen  iiir  Jahr  nach  der  Reisernte  ;  da 
sie  jährlich  3  Mal  ernten,  so  ist  für  sie  3  Jahre,  was  nach  unserer 
Ansicht  ein  Jahr  ist. 

Diejenigen  Stämme,  welche  mit  den  Chinesen  in  nahe  Berüh- 
rung gekommen  sind,  feiern  wahrscheinlich  ihr  Neujahrsfest 
gleichzeitig  mit  dem  der  Chinesen.      Die  Stämme  von  Tsulo,  welche 


*)     Vom  Übersetzer  liinzugefügt. 


122  FLORENZ,    FORMOSAXISCHE   VOLKSLIEDER. 

durch  Lied  12  bis   18   vertreten   sind,   feiern    ihr   Neujahr  am    2ten 
Tage  des  2ten  Monats  chinesischen  Kalenders. 

Vgl.  auch  Lied  21  und  27. 

2.     Stannn  der-  Sinkang  (llfi^frt)- 
Abschied  von  der  Frau. 

"  Ich  liebe  deine  schöne  Gestalt, 

Nicht  kann   [ich  dich]   vergessen. 

In  der  That,  in  der  That  gedenke   [ich  immerfort  deiner]. 

Ich  gehe  jetzt  fort  Hirsche  zu  fangen  ; 

Im  Herzen  wälzt  es  sich  um,   und  melir   und   mehr  kann   [ich  dich] 
nicht  vergessen. 

Warte  [bis  ich]  den  Hirsch  gefangen   habe  ; 

Wenn  [ich]  zurückkehre,  dann  mache  [ich  ilm  dir]  zum  Geschenk." 

Aiun.  Geschicklichkeit  im  Fangen  der  Hirsche  gehört  zu 
den  gepriesensten  Mannestugenden.  Sie  stellt  auf  gleicher  Stufe 
mit  Tapferkeit  gegen  den  Feind,  Schnelllaufen  und  väel  trinken 
können  ohne  betrunken   zu  werden.     Vgl.   Gedicht  24. 

Die  Sinkang  sind  die  Sinkan,  Siiickan,  Xincan  (7  verschiedene 
Schreibungen  ;  verschieden  von  Saccam  !)  der  Holländer,  in  deren 
Sprache  uns  die  von  Gravius  abgefasste  Übersetzung  des  Mat- 
thäus-Evangeliums,  sowie  andere  Dokumente  erhalten  sind. 


3.     Stamm  der  Biilok 

Lobpreis  der  A.hnen. 

^'  Hi-a-ho-hai-ya-ha  !  ^^ 

In  früheren  Zeitabschnitten 

Konnten  unsere  Vorfahren  gut  den  Küi-lui^^  Widerstand  leisten. 

Hörend,  dass  [unserer  Vorfahren]    Wesen  so  furchtbar  sei, 

Fürchten  sich  jetzo  noch  immer  die  Kiii-lui, 

Und  wagen  nicht  unsere  Grenzen  im  Überfall  zu  überschreiten." 


FLORENZ,    FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER.  123 

Anm.  i)  Eine  Art  Jauchzer  ;  etwa  wie  unser  Heisa  JucJiheisaX 
Die  chinesische  Version  bemerkt  dazu  :  "  Dieser  Vers  gilt  als  das 
Lied  anhebende  Weise." 

2)     Der  Stamm  der  Bitlok  sowohl  als  die  ihnen  als  Erbfeind 
gegenüberstehenden    Stämme   der    Kni-lui   \%%^     (oder  kwei-lei'i) 
wohnen  im    Regierungsbezirk  Hong-soa  {Feng-sJian),  also  im  Süd- 
westen der  Insel.     Die  Btilok  werden  in  der  Überschrift  der  ersten 
Unterabteilung  des  Bezirks  auf  Seite  5b  von  Band    14,  die    Küi-hii 
in    der    zweiten    Unterabteilung  auf    Seite    loa    desselben    1^-andes 
genannt  und  zwar  heisst  es    da    von    den   letzteren  :     27  Stämme 
der  Küi-lui-soa  {Kwei-lei-shan)    f^j^llj,    d.    i.    der    Küi-lui  Berge. 
Vgl.  die  Lage  des  Gebirgszugs  Kwei-lei-shan  auf  den  Karten,   z. 
B.  von  Campbell  zu  seiner  kleinen  Schrift    Fast   and  Fittiire   of 
Forniosa.     Der  Gebirgszug  hat  seinen  Namen  wahrscheinlich  von 
den  ihn   bewohnenden  Stämmen  bekommen  ;   das  Umgekehrte  ist 
freilich  auch  inöglich.      Die  Küi-bii    gehören    zu  den   ^H  seng- 
hoa?i  "rohen  Barbaren."     Band  14  Blatt    12  bis  14  des    Taizvan-fit- 
chi    handelt  ausführlich    von  ihnen.       Ich    gebe    einige    Auszüge  : 
"Die  Küi-lui  sind  sehr  mordsüchtig.     Sie  spalten  [ihren  getöteten 
Feinden]    den    Kopf    und     nehmen    ihn   mit  fort.        Den  Schädel 
schmücken  sie  mit  Gohl   und   betrachten   ihn    als   ein   Schatzstück. 
Die  Kinder  und   Nachfolger  von  ermordeten  Barbaren  gehen  nach 
Ablegung  der  Trauerkleider    nach    vier    Monaten    aus,    ermorden 
Leute,  nehmen  deren  Kopf  und    opfern    [ihn    den   Manen  des   Er- 
schlagenen].      Die    Taibu  und  die  Leklek    (vgl.  Lied    8  ;    ob    hier 
TaibiL  der  Name  eines  besonderen  Stammes  ist,  oder  ob  :k.^^^ 
Taibii-leklek  als  ein  einziger  Name  aufzufassen  ist,  lässt  sich  bei  dem 
Interpunktionsmangel    des  chinesischen  Textes   nicht  entscheiden) 
sind  am  wildesten   und   stärksten,    und   deshalb    betritt   man   nicht 
ihre  Grenzen.  —  —  —  Der  Südosten  von  Hong-soa  (im  Text  |m,g, 
Hong-ip,  Hauptstadt  von  Hong-soa)  ist  sehr  felsig  und  unzugäng- 
lich.    Vor  dem    Gebirge   (d.   i.    westlich   davon)  sind    72  Stämme, 
nämlich    die    ;ffni:^  Ka-pang,   llj^^   Soa-te-mb,  ^I^Ä  Bong-a4ip 
u.  s.  w.  Oben  (nördlich)  grenzt  [ihr  Gebiet]    an    die    i?^j5    J^^'- 
lai-iii  im  Regbez.  Tsu-lo.  unten   (im  Süden.)   erstreckt   es  sich   bis 
zu    den   %\^^    Sia-pit-ek  im  Regbz.   Hong-soa.  Hinter    (östlich) 
dem   Gebirge  sind    wieder  72  Stämme    der  ^^^  Pi-lani-bek  (  = 
Pi-iam  an  der  Ostküste).     Nördlich  führt  es  zu  den  %^   Tsong- 


124  FLORENZ,    FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER. 

ngan"  und  südlich  reicht  es  bis  zu  (1q\\  ^il|5  Long-kiau  (vgl. 
Gedicht  ii).  Dies  Alles  sind  Wohnsitze  der  küi-liii  Barbaren. 
Jeder  Stamm  hat  einen  i'o-kzvan  (siehe  Anm.  zu  Gedicht  8)  ; 
ausserdem  giebt  es  Neben-T'okwan  und  ^j^  kong-kai  (Peking  : 
k7ing-c]ii'e,  wohl  eine  Würde  unter  dem  fo-kwan\  W.  WILLIAMS 
erklärt  :  a  public  office,  away  from  the  chief  yamun  ;  a  magistra- 
tc's  lodging,  or  where  he  temporarily  holds  his  court.  Kong-kai 
ist  auch  die  chinesische  Bezeichnung  für  die  bei  vielen  Stämmen 
existierenden  "  JunggescUenhäuser,"  worin  die  gesamte  unverhei- 
ratete junge  Burschenschaft  des  Dorfes  untergebracht  ist.  Hier 
muss  es  Bezeichnung  einer  persönlichen  Würde  sein,  vielleicht  = 
Aufseher  eines  kong-kai  \  dafür  spricht  auch,  dass  an  einer  anderen 
Stelle  in  einer  Anmerkung  Bd.  14,  Seite  9  steht  :  ^^  kiuan-su 
"  Amtsführer"  und  ggg  Vo-bok  "  Vorsteher  "  werden  auch  kong-kvi 
o-enannt.)  Ein  kleiner  Stamm  hat  jnur  €\x\ftx\t'o-kzvan,  ein  grosser 
Stamm  (meine  Stammföderation)  umfasst  über  10  Stämme  oder 
mehrere  Stämme  ;  im  ganzen  [sind  es]  54  Stämme  (d.  h.  54  Stamm- 
föderationen und  kleine  Einzelstämme,  wobei  eine  Stammföderation 
als  eine  Einheit  gezählt  ist.  ^  wird  also  zugleich  in  einer  engeren 
und  weiteren  Bedeutung  gebraucht). 

"  Keine  Barbaren  sind  ärmer  als  die  Küi-hii.  Sie  leben  von 
jeher  abgeschlossen  in  den  Bergen.  Die  Rothaare  (d.  h.  Holländer) 
und  der  Usurpator  CJieiig  (Koksinya's  Sohn  oder  Enkel)  dachten 
oft  daran,  ihnen  den  Gar.ms  zu  machen  ;  aber  da  ihre  Wohnsitze  so 
hoch  gelegen  waren,  und  die  Barbaren  in  den  steilen  Zugängen 
ihren  Stützpunkt  fanden,  so  wurde  stets  ohne  Erfolg  gekämpft. 
Alle  Expeditionen  musste  man  lialben  Weges  fallen  lassen. 
Neuerdings  haben  sie  sicli  nach  und  nach  vermehrt.  Ihre  barbari- 
sche Natur  ist  ganz  unbezähmbar.  Überdies  sind  sie  von  Jugend 
auf  an  den  Gebrauch  von  Wurfspiess,  Schwert,  Bogen  und  Pfeilen 
gewöhnt,  so  dass  leichte  Vögel  und  listige  wilde  Tiere  dem  Schuss 
ihrer  Wurfspiesse  und  Pfeile  nicht  entgehen  können.  Sie  sind  wild, 
unbändig  und  mordsüchtig,  und  bilden  in  der  That  eine  seltsame 
Species,  die  ausserhalb  aller  Civilisation  steht." 

Über  die  Bulok  und  die  PLntstehung  unseres  Gedichtes  erfahren 
wir  Bd.  14,  Seite  9  b  noch  folgende  Einzelheiten  :  "  Der  Stamm 
der  Bulok  ist  der  kleinste  von  den  8  [obenerwähnten]  Stämmen.  Sie 
sind  von  sehr  kühner  Gesinnung  und  wohnen  nahe  bei   den   Küi-lu' 


FLORENZ,  FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER.  125 

Berg-eii.  Früher  verachteten  die  rohen  Küi-lui  Barbaren  sie  wegen 
der  Kleinheit  des  Stammes  und  der  geringen  Anzahl  ihrer  Leute, 
und  versuchten  sie  zu  vernicliten.  Die  Häuptlinge  [der  Bulok] 
riefen  die  Barbaren  des  Stammes  zusammen,  gingen  in  den  Kampf, 
brachten  den  rohen  Barbaren  eine  grosse  Niederlage  bei  und  töteten 
zahllose  derselben.  Deshalb  fürchten  sich  die  Küi-lui  vor  ihnen 
uud  unternehmen  nichts  mehr  gegen  sie.  Die  Nachkommen  des 
Bulok  Stammes  machten  ein  Gedicht  und  priesen  darin  die  grossen 
Thaten  ihrer  Vorfahren.  Im  Winter  und  Frühling  beim  Hirsch- 
fangen und  Brennholzholen  (aus  den  Bergen)  singen  sie  es  mit 
einander,  und  die  Melodie  ist  sehr  gewaltig.  Die  rohen  Barbaren, 
die  den  Gesang  hören,  wissen  dann  [sofort],  dass  [die  Sänger]  zum 
Stamm  der  Bulok  gehören,  und  wagen  sich  nicht  aus  den  Bergen 
heraus  in  den  Bereich  ihrer  Lanzen." 

4.     Stamm  der  R-tavisiii  (^Untcr-Tainsiii)    ~V'i!k^YM^- 
Lobpreisung  der  Ahnen. 

"  Bitte  setzet  euch  hin  und  höret  zu  ! 

[Ich    will  euch]  vortragen,  dass  unsere  Ahnen    gleicli    wie  grosse 

Fische  waren. 
Stets  beim   Gehen  und  Laufer.  waren  sie  sicherlich  voran. 
Welch  [grosse]  Helden  ! 

Jetzo  sind  wir  Nachkommen  [ihrer]  unwürdig  ; 
Wie  Wind  tanzen   [wir  ihnen]  nach. 
Bitte  setzet  euch  hin  und  höret  zu  !  " 

Anm.     Man  beachte  die  Wiederholung  der  einleitenden  Worte 
am  Ende  des  Gesangs — eine  echt  volksliedermässige  Wendung. 

5.     Stamm  der    Jalau  fg^flfct- 

Gedenkend  wie  die  Ahnen  von  einer  Wasserflut 

betroffen  wurden.'^ 

"  Hai-o-o-hai-o-ha  !  -' 
Zur  Zeit  der  Ahn-Herren 

Litten  [unsere  Leute]   den  Angriff  des  Hereinstürzens  von  Wasser- 
fluten. 
Der  ganze  Barbaren  [stamm]  machte  sich  ans  Weglaufen  ; 


126  Fr.ORF.XZ,  FORMOSANISCIIE   VOLKSLIEDER. 

Laufend  sticken  sie  in  die  Berge. 

Da  war  nicht  vorhanden  Reisig  [zum  Brennen]  noch  Reis, 

Auch  waren  da  nicht  Acker  —  — 

Der  ganze  Barbarcn[stamm]  h'ebte  Not  und  Beschwerlichkeiten^^" 

Anm.  i)  Interessant  wäre  es,  dem  Ursprung  dieser  Flutsage 
und  ihrer  Verbreitung  bei  den  formosanischen  Stämmen  nachzu- 
forschen. Zweifellos  liegen  ihr  aktuelle  Vorgänge  zu  Grunde,  die 
sich  entweder  auf  formosanischem  Boden  oder  in  einer  früheren 
Heimat  der  eingewanderten  Stämme  abgespielt  haben. 

2)  Zu  Vers  i  bemerkt  die  chinesische  Version  wie  zu  Vers  i 
von  Lied  No.  3  :   Dieser  Vers  gilt  als  das  Lied  anhebende  Weise. 

3)  Die  drei  letzten  Verse  entsprechen  dem,  was  MaCKAY  über 
die  Sitten  der  rohen  Barbaren  sagt  :  *'  Sie  betrachten  es  als  eine 
Pflicht,  ihre  Vorfahren  wegen  der  von  ihnen  erduldeten  Mühselig- 
keiten zu  preisen  und  zu  verehren  "   (vgl.  Anm.  zu  Lied  Sj. 

6.     Stamm  der  Aho  {AkaiL)   ppjff^^. 
Lobpreisung  der  Ahnen. 

"  [Ich  will]  erzählen  von  unseren  Vorfahren  : 
Fürwahr,  sie  waren  brave  Männer, 
Keine  Stämme  waren  [ihnen]  gewachsen. 
Wer  hätte  gewagt  mit  ihnen  zu  kämpfen  }  " 

7.     Stamm  der  CJtö-tainsni  {Obcr-Tavis2il)  Ji^7K^- 
Bearbeitung  der  Reisfelder. 


t> 


"  Diese  Zeit  gilt  als  Jahreszeit  zur  Bearbeitung  der  Reisfelder. 
Der  Himmel  lässt  jetzt  Regen  fallen, 
Zur  rechten  Zeit  säen  wir  ; 

Wir  stecken  die  Schösslinge  ein  und  rotten  das  [Un-]kraut  aus. 
Die  Zeit  des  segenbringenden  Regens  ist  in  der  Folge  gekommen. 
Das  Besäen    der    Reisfelder    ist     herrlich    [geschehen]  ;     wohlan  ! 
kommt  und  trinket  Wein  !  " 

Anmr    Oder:     das  Besäen  der   Reisfelder   ist    offenbar    gut; 
kommt  und  trinket  Wein  !  (?j 


FLORENZ,  FORMOSAXISCHE   VOLKSLIEDER.  127 

8.     Stamm  der  Leklck  'fj'Jj^i:. 
Wein  trinken  und  Hirsche  fancren. 

*'Wir  kommen  und  veranstalten  eine  festliche  Ceremonie.^^ 

Wir  haben  Ingwer  gepflanzt  ; 

Wir  gehen  und  tauschen  [dafür  ein]   klebrigen  Reis, 

Wir  kommen  und  brauen  Wein.-^ 

Wir  haben  guten  Wein  fertig  gebraut, 

Und  bitten  die  Häuptlinge  ^^  zu   kommen  und  Wein  zu  trinken. 

Nachdem  wir  genug  Wein   [getrunken  haben], 

Gehen  wir  Hirsche  zu  fangen. 

Hirsche  gefangen  [habend]   kehren  wir  [ins  Dorf]  zurück  ; 

Wir  kommen  Avieder  und  veranstalten,  eine  festliche  Ceremonie." 

An7n.   i)    ^$1  sai-//si ;  i-<^/  "  wetteifern,"    /isi    "spielen,    auf- 
führen,"   so    dass     das     Kompositum     "Wettspiele    veranstalten" 
bedeuten    könnte,     sni  hat    aber    auch    die    Bedeutung  "  (religiös) 
verehren  "=jap.  viatsitrii,  und  so  scheint  es  hier  gebraucht,  sai-hsi 
besagt  dann  ungefähr  :   "  eine  religiöse  Feier  mit  mimischen  Auf- 
führungen veranstalten."     Man  vgl.  damit  die  japanischen  Kagiira 
u.  s.   w.     Die    Feier  besteht    vor    allem    in    der    Darbringung    von 
Opfergaben,  womit  man  den  Göttern  für  ihre  Fürsorge  dankt.    Vgl. 
No.  12,  wo  den  Feldgö.tern  auf  den  Fluren  geopfert  Avird  ;   No.  26; 
No.  27,  wo  neuer  Wein  als  Opfergabe  für  die  Ahnen  gespendet  und 
€ine    religiöse    Mimik    insceniert    wird.       Folgende    Stellen    aus 
Mackay's  Frovi  Far   Formosa    mögen    zur    weiteren    Illustration 
•dienen  und   liaben  allgemeine   Geltung   für  den   vom  Chinesentum 
nicht  berührten  Ureinwohner.     Seite  258:   "Alles  was  die  Wilden 
von    Religion    besitzen,     kann    Naturdienst   genannt  werden.     Sie 
haben  durchaus  nichts  von  den  Begriffen  oder  Symbolen  des  chine- 
sischen Götzendienstes.     Sie  beugen  sich  niclU  nieder  irgend  etwas 
Sich.tbares  oder  Unsichtbares  zu  verehren  und  haben  keine  Vorstel- 
lung von  einem  höchsten   persönlichen  Gott.      Sie  besitzen  jedoch 
Feste  mit   einer   gewissen   religiösen   Bedeutung.       Am   Ende  der 
Ernte  haben  sie  Tanz  und  Feier,  um  ihre  Ehrfurcht   und   Dankbar- 
keit gegen   Himmel  und  Erde   auszudrücken.     Sie  glauben  auch  an 
die   Existenz    und    den   fortwährenden   Einfluss  unzähliger  Geister, 
der  Seelen  ihrer  Vorfahren  und  grosser  Helden,  welche  den  Körper 


128  FLORENZ,   FORMOSANISCIIE   VOLKSLIEDER. 

verlassen  liaben.  Der  Unterschied  zwischen  Seele  und  Körper 
wird  durch  besondere  Wörter  gekennzeichnet  —  ta-ni-saJi  bedeutet 
"  Seele,"  und  cgyp  "  Körper."  Ihre  Begriffe  von  dem  Aufenthalts- 
ort der  abgeschiedenen  Geister  sind  sehr  vag  und  allgemein,  aber 
der  Glaube  an  ihre  schreckliche  Macht  ist  die  Quelle  fortwährender 
]'urcht  und  Qual.  Speise  und  Wein  werden  oft  den  Geistern  der 
Abgeschiedenen  vorgesetzt  und   dann    mit   einer   Art  Anrufung  an 

dieselben   um   Glück    und    Segen    aufgezehrt." Seite    259: 

"  Einige  Stämme  haben  drei  Mal  im  Jahre  Ceremonien  in  Verbin- 
dung mit  der  Verehrung  ihrer  Ahnen.  Sie  betrachten  es  als  eine 
Pflicht,  ihre  Vorfahren  wegen  der  von  ihnen  erduldeten  Mühselig- 
keiten und  wegen  ihrer  Geschicklichkeit  im  Töten  der  Eber  und 
Hirsche  zu  preisen  und  zu  verehren.  Der  Stamm  versammelt  sich 
auf  einem  freien  Platze  im  Dorfe  ;  Männer  und  Weiber  fassen  sich 
bei  der  Hand  und  stellen  sich  im  Kreise  lun  Wein,  Kuchen,  Hirse 
luid  gesalzenen  Fisch  auf,  Dinge  die  man  für  die  Geister,  deren 
Anwesenheit  man  erwartet,  hingestellt  hat.  Manchmal  bilden  sie 
eine  lange  Reihe  mit  angefassten  Händen,  wobei  zwei  oder  drei 
der  Anführer  rotweisse  an  langen  Bambusstangen  befestigte 
Fahnen  schwenken.  Diese  Ceremonie  findet  immer  in  der  Nacht 
statt,  und  es  ist  ein  unheimlicher  Anblick,  wie  sich  ihre  halbnack- 
ten Leiber  vorwärts  und  rüclvwärts  beugen,  wie  sie  oft  wild  in  die 
Luft  springen,  wie  die  Fahnen  im  düstern  Fackellicht  wehen  und 
wie  die  ganze  Zeit  über  die  unheimlichsten  gellenden  Schreie 
ertönen,  als  ob  alle  bösen  Geister  losgelassen  wären." 

2)  Band  14,  Seite  i  b  wird  über  die  Stämme  des  Rgbz.  Taiwan 
berichtet,  dass  es  zwei  Arten  Wein,  oder  richtiger  Reis-Bier, 
analog  dem  japanischen  Sake,  gebe,  welche  folgendermassen 
bereitet  werden.  Die  erste  Art  :  man  stampft  klebrigen  Reis 
(dasselbe  wie  jap.  mocJiigovie,  Oryza  glutinosa  ;  durch  das  Stampfen 
werden  die  Hülsen  von  den  Körnern  abgesondert),  und  lässt  ihn 
zerstückeln.  Durch  Kauen  des  Reises  (also  ähnliche  Zubereitung 
wie  beim  Kava  Saft  der  Polynesier)  bereitet  man  Hefe.  Diese  lässt 
man  auf  der  Erde  liegen,  und  über  Nacht  gerät  sie  in  Gährung. 
Man  rührt  (wohl  :  gestampften  Reis  mit  der  Hefe)  ordentlich 
•  durcheinander  und  bewahrt  [die  Mischung]  in  einem  Topfe.  Nach 
einigen  Tagen  gerät  sie  in  Gährung  und  schmeckt  säuerlich-süss. 
Sie   nennen  [diesen  Wein]  Kotai.      Wenn   eine  Heirat  stattfindet^ 


FLORENZ,    FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER.  129 

oder  ein  Haus  gebaut  wird,  oder  Hirsche  gefangen  werden,  so  trägt 
man  diesen  Wein  auf,  welchen  man  mit  Wasser  begiesst  (verdünnt). 
Man  sitzt  auf  der  Erde  und  mit  einer  Kalabasse  oder  Tasse  aus 
Kokosnuss  schöpft  und  trinkt  man  ;  wenn  sie  vom  Wein  ange- 
heitert sind,  so  singen  und  tanzen  sie,  und  erst  tief  in  der  Nacht 
gehen  sie  auseinander.  Die  zivcite  Art  wird  bereitet,  indem  man 
klebrigen  Reis  gar  dämpft  und  mit  Hefe  gemischt  in  einen  Bam- 
buskorb hineinthut.  Diesen  Korb  legt  man  auf  die  Mundöffnung 
eines  Topfes,  worauf  der  Saft  hinuntertröpfelt  (Seiheprozess  wie 
bei  der  Kava-Bereitung).  Nach  längerer  Aufbewahrung  wird  er 
aromatisch  und  wohlschmeckend.  Dieser  Wein  wird  nur  vorneh- 
men Gästen  vorgesetzt,  um  sie  zu  ehren,  und  man  kostet  immer 
vorher  davon,  ehe  man  ihn  dem  Gaste  darbietet  (d.  h.  man  trinkt 
dem  Gaste  zu)." 

Ahnlich  die  Beschreibung  Taintor's  in  TJie  Aborigines  of 
Northern  Forinosa,  nacli  dem  Komalan-Ving  chiJi  :  "Ihr  Wein 
wird  aus  klebrigem  Reis  bereitet.  Jede  Person  nimmt  eine  Hand- 
voll Reis  in  den  Mund  und  kaut  ihn  weich.  Dann  wird  er  in  ein 
irdenes  Gefäss  gethan,  und  bis  zum  nächsten  Tage  ist  er  gegohren, 
so  dass  durch  Hinzufügung  von  Wasser  Wein  erzeugt  wird.  Sehr 
saurer  Wein  gilt  ihnen  als  der  beste." 

Vgl.  auch  Mackay  a.  a,  O,  Seite  262  (Besuch  bei  rohen  Barba- 
ren) :  "  Sie  boten  uns  ein  geistiges  Getränk  an,  das  aus  Berg-Reis 
bereitet  war,  das  sie  sehr  gern  trinken  und  wovon  sie  schläfrig  zu 
werden  scheinen.  Der  englische  Konsul  Herr  E.  C,  Baber,  der 
mit  mir  auf  einer  der  Touren  war,  i)rüfte  das  Getränk  und  erklärte 
es  als  poor  stuff  (elendes  Zeug)." 

Das  formosanisch-chinesische  Vokabular,  von  dem  ich  oben 
gesprochen    habe,  kennt   drei  Wörter   für   "Wein": 

ek.  {yak  }),  vielleicht  mit  /mk  "  Wein  "  der  Pepohoan  zwischen 
Sao  Bai  und  Gilan,  oder  auch  mit  Baksa //^  in  Linie  zu 
stellen  .'' 

buJiaJi^vuliJia  im  jetzigen  Ta-n}-au  (Tabi)  Dialekt. 
talafso   {taiiaso). 

Von  diesen  Wörtern  ist  mir  bisher  im  Originaltext  der  Lieder 
nur  buhall  in  Gedicht  14  aufgestossen. 


130  FLOREN/,    FORMOSANISCIIE    VOLKSTJKDER. 

3)  zL*^^  t'o-k'i.van  bedeutet  würtlicli  "  Lokalbcamter  "  und  ist 
d.is  cliinesischc  Äquivalent  für  "  Häuptlinc^  oder  Altester  eines 
Stammes."  Jeder  Stainm  erwalilt  aus.  seiner  Mitte  einen  oder 
mehrere  T'o-kti'an.  Im  Appendix  zum  Hong-soa  Bezirk,  Band  14 
Seite  9  a,  ist  bemerkt,  dass  es  Haupt-  und  Neben-T'okwan  (jEi'JS' 
und  Äilj  Ji'ß )  bei  jedem  Stamme  giebt  :  ein  grosser  Stamm  hat  5  bis 
6,  ein  kleiner  Stamm  3  bis  4.  Das  soll,  mit  der  crsteren  Angabe 
zusammengehalten,  vielleicht  heissen,  d.iss  neben  ein  bis  zwei 
Haupt-T'okwan  i-ioch  2  bis  4  Neben-T'okwan  vorhanden  sind. 
Weiter  heisst  es  daselbst  :  "  Sie  teilen  sich  unter  einander  in  die 
kovg-kai  (5^^  vgl.  Anm.  zu  Gedicht  3),"  d.  h.  jeder  von  ihnen 
hat  gewisse  {oXw  ?)  kong-kai  unter  sich.  "Wenn  es  Geschäfte  giebt, 
so  versammeln  sie  die  Menge,  um  zu  beraten."  An  anderer  Stelle: 
"  Sie  sind  in  der  That  nicht  viel  verschieden  von  deii  li-chang{'^^ 
"  Dorfältesten  "  und  pao-chaiig"  {^^)  "  Gemeindevorstehern  [in 
China]."  Vgl.  auch  Taintor,  a.  a.  O.  Seite  'ji  aus  dem  Komalan- 
Ping  chUi  :  "  In  jedem  Clan  oder  Dorfe  giebt  es  i  oder  2  Leute, 
welche  kalo  (fplljS)  genannt  werden  \\w(\.  den  Dorfältesten  oder 
Vorstehern  der  Chinesen  entsi)rechen."  Das  formosanisch- 
chir.esische  Vokabular  enthält  als  formosanisches  Äquivalent  das 
aus  der  Zeit  der  Holländer  her  eingeführte  kapitan  für  T'okwan. 
SciIETELIG,  Sprache  dc7'  UreinivoJiiicr  Forinosa  s,  Z.  f.  \"ölkerps\-ch. 
u.  Sprachw.  Band  5,  Seite  454  giebt  (ür  "Häuptling"  die  wahr- 
scheinlich damit  identischen  Wörter  Shekwan  Kar}-  styün  und 
Chinwan  Kap  s7i  yäii. 

Zur  Vergleichung  sei  bemerkt,  was  MacKAY  a.  a.  O.  pag.  255 
von  den  Wilden  der  Berge  sacjt:  "Sie  leben  frevvöhnlich  in 
Dörfern,  die  auf  ilcw  Gipfeln  der  Berge  oder  auf  Hochplateaus 
gebaut  sind.  Das  grösste  von  mir  gesehene  Dorf  hatte  ungefähr 
700  Bewohner  ;  die  Durchschnittsbevölkerung  beträgt  ungefähr  150. 
Jedes  Dorf  hat  einen  Vorsteher,  und  jeder  Stamm  einen  Häuptling. 
Der  Tapferste,  der  am  meisten  zum  Befehlen  Geeignete,  ist 
gewöhnlich  Häuptling  ;  und  wemi  sein  Sohn  tapfer  und  beliebt  ist, 
so  folgt  er  ihm  manchmal  im  Amte.     Die  Autorität  des  Häuptlings 


*  Pap-cIiai!g  =  \\QX  Oberste  eines  Pao,  Gemeindevorsteher,  Vorsteher  einer  Zehentschaft. 
10  Familien  machen  in  China  ein  <r/j/rt  (t{1)  "  Zehentsciiaft,"  lo  cIiia€\wpao  (lg)  "  Stadt- 
bezirk "  aus. 


FLORENZ,   FOKMOSANISCIIE   VOLKSLIEDER.  131 

ist  eine  absolute,  aber  er  hat  eine  Art  von  Rat  neben  sich,  der  aus 
einem  halben  Dutzend  der  älteren  Tapferen  besteht,  und  mit  dem 
er  sich  bei  Angelegenheiten  von  aussergewöhnlicher  Bedeutung 
berät."  (Es  wird  den  Leser  vielleicht  wundern,  dass  ich  so  oft  Ein- 
richtungen der  ganz  wilden  Barbaren  zur  Erläuterung  herbeiziehe, 
als  ob  ich  den  Unterschied  zwischen  ro/uvi  und  zaJiiiien  Barbaren 
übersähe.  Es  muss  aber  im  Auge  behalten  werden,  dass  die  Sitten 
und  Einrichtungen  wenigstens  derjenigen  rohen  Barbaren,  welche 
wie  die  Pepohoan  malaio-polynesischen  Ursprungs  sind,  im  allge- 
meinen einen  ursprünglicheren  Zustand  der  formosanischen  Stämme 
repräsentieren,  während  bei  den  zahmen  Stämmen  infolge  des  Kon- 
taktes mit  dem  Chinescntum  viel  Originelles  verwischt  oder  verloren 
gegangen  ist.  Auch  ist  zu  beachten,  dass  die  Lieder  und  ethnolo- 
gischen Schilderungen  des  Taiwan-fu-chi  Spiegelungen  einer  schon 
etwas  zurückliegenden  und  daher  urwüchsigeren  Zeit  sind). 

Die  Häuptlinge  geniessen  ganz  besondere  Vorrechte  vor  allen 
anderen  Barbaren,  wie  aus  i\ew  Sittenschilderuiigen  in  Band  14  und 
15  ersichtlich  ist.  Einige  Eigentümlichkeiten  in  Hong-soa  sind  : 
"Die  T'okivan  verheiraten  sich  unter  einander,  und  nicht  mit 
gewöhnlichen  Barbaren. Bei  den  T'okivau  tritt  ohne  Unter- 
schied von  Mann  oder  Weib  jedesmal   das   erstgeborene    Kind   die 

Erbfolge  an. Bei  Heiraten  [von  gewöhnlichen  Barbaren]  werden 

ein  dreifüssiger  Kessel,  Perlen,  ein  Schwert  und  Tuch  als  Geschenk 

benutzt.      Der      T'okivau     nimmt     sich     die    Hälfte    davon. 

Verwandte  und  Freunde  grüssen  sich  mit  der  Nase,  indem  sie 
einmal  ihre  Nasen  aneinander  reiben.  Ein  junger  B.irbar  grüsst 
den  T'okivau,  indem  er  mit  seiner  Nase  an  dem  hintern  Teil  des 
Nackens  desselben  an  der  Grenze  des  Haarwuchses  eiimial  reibt.  — 
—  Wenn  ein  T'okivau  [eines  Hauptstammes  .^]  stirbt,  so  tragen  Alt 
und  Jung  des  Hauptstammes  sowie  alle  zugehörigen  Stämme  sechs 
Monate  lang  Trauer  (wenn  ein  gewöhnlicher  Barbar  des  Haupt- 
stammes stirbt,  so  ist  die  allgemeine  Trauer  nur  etwas  über  20 
Tage  ;  die  Verwandten  des  Verstorbenen  allein  tragen  6  Monate 
Trauer)  "  u.  s.  w.  Auch  in  Bezug  auf  Tättowierung,  Farbe  und 
Muster  von  Kleidern  u.  s.  w.  finden  Rangunterschiede  statt.  Bei 
den  Soau-tc-iuo  des  Regsbez.  Hongsoa  z.  B.  tättowieren  sich  die 
T'okwan  auf  Schulter,  Rücken,  Brust,  Hand,  Ellenbogen  und 
unter  den  Achselhöhlen  mit  menschlichen  Figuren,  die  mit  Nadeln 


132  FLORENZ,  FORMOSAXISCIIE   VOLKSLIEDER. 

gestochen  und  mit  Tusche  ausgerieben  werden  ;  die  Neben-T'okwan 
und  Kongkai  mit  schwarzen  Blumen.  Die  weiblichen  T'okwan 
tättowieren  sich  auch  mit  schwarzen  Blqmcn  auf  Schultern,  Ellen- 
bogen und  beiden  Flächen  der  Hände.  Im  Hause  der  T'okwan 
wird  Zeug  von  roter  und  indigoblauer  Farbe  gewebt,  und  in  das 
Kopfende  der  Gürtel  werden  menschliche  Figuren  eingewoben. 
Die  gewöhnlichen  Barbaren  haben  aber  hierzu  kein  Recht :  ihre 
Weiber  weben  gewöhnliches  Zeug  aus  Hanf;  u.  s.  w. 

9.     Stamm  der  Katin  ^[jl^l^t. 
Wein  trinken. 

"  Bitte  kommt  mit  und  trinket  Wein  ! 
Setzt  euch  mit  hin  und  trink-et  mit  ! 
Kehret  niclit  zurück  ohne  betrunken  zu  sein  ! 
[Die  Andern]  antworten  :  Wir  danken  euch  vielmals  ! 
Jetzo  wohlan  lasst  uns  gehen,  uns  zu  vergnügen  und  zu  spielen  ; 
Wenn  ihr  nicht   mitgehen    und   euch   vergnügen   und  spielen  wollt, 
dann  ceht  wieder  fort  nach  Hause  !  " 


fc> 


10.     Stamm  der  Paugso  ;^^ffi- 
Ingwer  pflanzen. 

"  Zu  dieser   Zeit   ist  es   der  Himmel  (Klima)  des   dritten  Monats  ; 

wohlan,    lasst   uns   gehen   und  die  Felder  pflügen. 
Ohne  Unterschied  von  Mann  oder  Weib,  Alt  oder  Jung 
Gehet  mit  die  Felder  zu  pflügen  mit  gutem  Ingwer  Samen. 
AVir  warten  bis  der  Ingwer  heraus  kommt,  dann  kommen  wir  wieder 

und  trinken  Wein." 


II.     Stauivi  der  Longkiaii  j^ilj^fi. 
Einem  Gaste  aufzuwarten. 

"  Du  bist  gekommen  nach  Longkiau  ^^ 

Und  dieser  Ort  ist  nicht  ähnlich  dem  Inneren  Lande. '^ 

Du  bist  gekommen,  [aber]   es  gicbt  keine  guten  Sachen  dich  damit 

zu  bewirten  ; 
Ich  habe  mich  vergangen,  habe  mich  vergangen. ^^ " 


FLORENZ,    FORMOSANISCIIE   VOLKSLIEDER.  133 

Anin.  l)  Band  14,  Seite  14  b  heisst  es  in  der  Überschrift  zur 
dritten  Unterabteilung  des  Regbz.  Hong-soa  :  "  18  Stämme  der 
Lougkiaii.  Die  Namen  der  Stämme  kommen  unter  den  \'orherge- 
lienden  Barbarenstämmen  vor."  Aus  der  Beschreibung- ihrer  Sitten 
sei  folgendes  ausgezogen  :  "  Alle  Barbaren  vermählen  sich  von 
selbst  (d.  i.  ohne  Vermittler)  mit  einander,  selbst  wenn  [die  andere 
Ehehälfte]  das  Kind  eines  älteren  oder  jüngeren  Onkels  ist.  Nur 
die  T'okivaii  gehen  keine  Ehe  mit  den  [gewöhnlichen]  Barbaren  ein. 
IMänner  und  Frauen  spielen  in  den  Bergen  die  Schnabellaute  (i^^ 
ch^tii-kHiu)  und  singen  gemeinschaftlich  Lieder.  Wenn  sie  an 
einander  Gefallen  finden,  so  pflegen  sie  geschlechtlichen  Verkehr 
und  schenken  sich  gegenseitig  was  sie  gerade  bei  sich  tragen.  Nach 
der  Rückkehr  machen  sie  ihren  Eltern  und  den  T'okwan  davon 
Mitteilung.  Zu  besonders  dazu  bestimmter  Zeit  stellen  sie  Schwei- 
ne und  Wein  bereit,  versammeln  den  T'okwan  und  ihre  Verwandten, 
und  [der  junge  Mann]  tritt  als  Gemahl  ins  Haus  der  Frau  ein. 
AVenn  [die  Eheleute]  mit  einander  nicht  in  gutem  Einvernehmen 
stehen,  so  heiratet  der  Mann  wieder  ein  anderes  Weib,  wälirend  die 
Frau  die  Kinder  nimmt  und  eine  neue  Ehe  eingeht.  Der  Sitte  nach 
schätzt  man  die  Mutter  hoch,  den  Vater  aber  nicht.  Kinder  von 
derselben  Mutter  und  von  verschiedenen  Vätern  betrachten  sich  als 
Geschwister,  aber  solche  von  demselben  Vater  und  von  verschie- 
denen Müttern  betrachten  sich  geradezu  als  Fremde  (Züge  des 
IMutterrechts.)  Man  nennt  sowohl  den  Vater  als  auch  den  Onkel 
väterlicher  und  mütterlicherseits  aiini^^  ;  th'e  Mutter  sowie  die  Frau 
■des  jüngeren  Vaterbruders  und  die  Schwester  der  Frau  ina'-\  Die 
Eheleute  reden  sich  mit  Rufnamen  an.  Nach  der  Geburt  badet  sich 
[die  Wöchnerin]  mit  dem  neugeborenen  Kinde  in  einem  Gebirgs- 
bach,  was  auch  in  ;|1:0  Pak-lo  (d".  i.  Nord-Formosa)  der  Fall  ist. 
Die  Geburt  von  zwei  Söhnen  zu  gleicher  Zeit  gilt  als  ein  böses 
Omen.  Man  bindet  dann  die  neugeborenen  Kinder  an  die  Spitze 
eines  Baumes  und  lässt  sie  so  sterben.  Auch  wird  dann  die  Woh- 
nung [aus  abergläubischen  Rücksichten]  nach  einem  anderen  Orte 
verlegt.  Die  Longkiaii  Stämme  ^^  vermählen  sicli  gern  mit  (\>t\\ 
Chinesen,  wobei   4  Doppelstücke  blaues  Tuch,  eine  kleine  eiserne 

i)  =  Tagala,  Ilokisch  aiiia,  ^L-lIaiisch  raiiia  u.  s.  w.         2)  =  Ta<jala,  Ilokisch,  Lampong 
yna,  B.itta  inaiig  u.  s.  w.         3)  Oder  :  Ein  Stamm  der  Longkiau  (^?j. 


134  .FLORENZ,  FORMOSANISCIIE  VOLKSLIEDER. 

riannc,  um!  je  unsefälir  ein  Catty  Reis  und  Perlen  zum  Hochzeits- 
CTCSChenk  c^cmacht  werden  (tl.  h.  wohl  von  dem  chinesischen  Freier 
an  den  Stamm  oder  die  Familie  der  Braut).  Zur  angesetzten 
Stunde  macht  man  es  bei  Fleisch  und  Wein   den  Verwandten   und 

dem  Tokuan  bekannt  und  feiert  die    Hochzeit. Wenn   ein 

Barbar  stirbt,  so  konstruiert  man  in  seinem  eigenen  Hause  eine 
steinerne  Höhle  [unter  dem  Erdboden],  begräbt  ihn  darin  und 
deckt  sie  mit  einer  Steinplatte  fest  zu.  Die  Hinterbliebenen  ziehen 
nicht  um  (bei  vielen  Stämmen  ist  es  nämlich  Sitte,  nach  einem 
Todesfall  das  Haus,  ja  sogar  das  ganze  Dorf  zu  verlassen  und  sich 
neu  anzusiedeln  ;  vgl.  MaCKAY,  a.  a.  O.  Seite  264).  Als  Trauerkleid 
trägt  man  ein  weisses  Oberkleid  (|^)  und  hüllt  s;ch  in  weisses  Tuch 
ein.  [Diese  Sitte]  ist  von  der  der  übrigen  Stämme,  welche  schwar- 
zes Tuch  zur  Trauertracht  nehmen,  verschieden." 

2)  Es  handelt  sich  offenbar  um  Bewirtung  eines  besseren 
Gastes,  vielleicht  eines  Chinesen.  Unter  dem  J^j^di  "Inneren 
Lande"  ist   China  zu  verstehen. 

3)  D.   h.   Entschuldige    mich  ! 

Der    Stamm    der    Loiigkiait    war    den    Holländern    wohl    bekannt 
(Lonckjou  geschrieben). 

12.     Siavini  der  Siaiilaug    ifii||ff±- 
Reis  pflanzen. 

"  Mit  einander  sind  wir  hier. 

Zur  rechten  Zeit  säen  und  pflanzen  wir. 

Wir  verlangen  nach  Regenfall. 

Wenn  wir   Segen  und  glücklichen  Jahres  Winter  erlangen, 

Dann  werden  wir,  nachdem  der  Winter  gekommen  ist  und  es  reift, 

Alle  sicherlich  Opfergegenstände  bereiten, 

Uns  in  die  Felder  begeben  und  dem  Feldgott  danken." 

ÄniJi.  Vgl.  Anm.  i  zu  Lied  8.  Die  Siaulaiig  sind  die  Soclaiig 
oder  Soulaiigh  der  Holländer.  (7  verschiedene  Orthographien 
des  Namens  bei  ihnen). 

13.     Stamm  der  Moatmi     /^bfiS^i- 
Sehnsucht  nach  dem   Frühling.^' 

"  In  der  Nacht  ist  es  [mir]  unmöglich  zu  schlafen, 

[Denn]  früher  habe  ich  einmal  ein  schönes  Mädchen  angetroffen  ; 


J-LOREXZ,   FORMOSANISCIIE   VOLKSLIEDER,  135 

Gestern  Nacht  habe  ich  sie  im  Traume  gesehen  ; 
Jetzt  suche  ich  [sie]  auf  und  gelange  vor  ihr  Thor  : 
Die    Freude    und  Lust  in    [meinem]   Herzen    ist    es   uninöglicli    zu 
beschreiben." 

Aiiin.  1)  "  Frühh'ng  "  ist  hier  eine  oft  gebrauclite  cliincsische 
Metapher  für  "  sinnh'chen  Liebesgenuss." 

Playfair  a.  a.  O.  pag.  345  übersetzt  das  I.ied  wie  folgt  (Über- 
schrift:  Tiebeslied  vom  Ma-tou  (Hifiii)  SIic,  der  auf  der  Karte 
lialbwegs  zwischen  T'ai-wan-fu  und  Kagi  verzeichnet  ist)  : 

The  long  night  through  slecp  from  mc  flies  ; 
I  toss  and  turn,  but  closc  my  eycs 
In  vain. 

I  think  of  her  I  mct  }'estreen, 
The  sweetest  lass  that  c'er  Avas  seen, 
When  shall  I  see  theo,  sweetest  my  qucen, 
Again  ? 

Last  night  I  dreamtd  I  saw  tliee,  dear  ; 
This  morn  I  sought  thcc  far  and  ncar  ; 

Some  spell 
Led  me  before  thy  cottagc  door. 
Thou  slialt  be  mine  for  evermore  ! 
My  perfect  joy  words  are  too  poor 

To  teil. 

Recht  hübsch,  aber  etwas  stark  idealisiert. 

Die  Moatajc  oder  Illatan  sind  die  MataiL  [Mattaiv,  MattaiLzUi 
Mattou  u.  s.  w.  geschrieben)  der  Holländer, 

14.     Stavuii  der   Tsulosan      fSMlilfii- 
Segens-Jahr. 

"Jetzt  begegnen  wir  der  grossen  Ernte  eines  segenreichen  Jahres. 

Berufet  zusammen  alle  Leute  des  Stammes  ; 

Sie  alle  sollen  schönen  Wein  brauen, 

Alle  gleichmässig  kommen  und  eine  festliche  Ccremonic  veranstal- 
ten ! 

O  dass  das  kommende  Jahr  dem  gegenwärtigen  Jahre  ähnlich 
wäre  !  "  ' 


136  FLORENZ,    FORMOSANISCIIE  VOLKSLIEDER. 

Aiiin.  Tlaveair  a.  a.  O.  übersetzt  frei  : 

Brave  lads,  a  f^lorious  liarvcst  year  ! 
The  stalk  iiods  'ncath  the  lieavy  ear. 
Comc  (Iriiik  aiul  lau^cjh,  come   dance   aiul    sin^ 

Ilurr.ih   for  the  g-olden  graiii  ! 
And  as  yoiir  mirthful  ditties  ring, 
Be  this  tlieir  glad  refrain  : 
When  as  days  run  on 
Tvvelve  months  are  gone 

May  we  have  such  a  crop  again. 

Tsulosan  bei  den  Holländern  Tsuloscn  genannt. 

15.     Stavnn  da-   Tolokok^^     "^PW^K^- 
Ein  Motat"-^  überbringt  ein  obrigkeitliches  Schreiben. 

^*  Ich  überbrincfe  ein  obripkeitliches  Schreiben  ^^ ; 
Ich  muss  unbedingt  schnell  hingelangen. 
Laufend  [so  schnell]  wie  ein  fliegender  Vogel 
Darf  ich  [den  Brief]  nicht  verlieren. 
Wenn  ich  mich  verspäte  und  das-Ziel-verfehle, 
Dann  werde  ich  vom  Dolmetscher^^  bestraft." 

Anm.   i)  Oder  besser   Toloku  (nach  Tainan  Aussprache), 

2)  ÄJ^  luo-tat  bedeutet  in  der  Barbarensprache  einen  unver- 
heirateten jungen  Burschen.  Besonders  tüchtige  Schnellläufer 
dienen  als  Briefträger  von  Amtswegen.  Vgl.  Tahvan-fii-chi  V>d.  14, 
Seite  2  b:  "Die  JMo-tat  laufen  und  tra^ren  öffentliche  Schreiben. 
Sie  steck'cn  sich  eine  Fasanenschwanzfeder  an  den  Kopf;  an  dem 
Rücken  der  Iland  haben  sie  ein  Sat-lco-gi  (Art  Klingel)  ange- 
bunden, welches  aus  Eisen  gemacht  ist,  wie  ein  zusammengerolltes 
Lotosblatt  aussieht  und  ungefähr  3  Zoll  lang  ist.  Sie  laufen  ge- 
schwind mit  gestreckten  Beinen  ;  die  Fusssohle  ist  [beim  Laufen] 
mehr  als  einen  Fuss  vom  Boden  entfernt,  und  mit  den  Hacken 
schlagen  sie  bis  an  den  Hintern.  Staub  erhebt  sich  und  der  Wind 
fliegt.  Ihr  Armband  (aus  Eisen  oder  Kupfer ;  sowohl  Männer  als 
Weiber  tragen  gern  Ringe  an  den  Hand-  und  Fussgelenken)  und 
das    Sat-ko-gi    schlagen    an     einander     und     verursachen     so     ein 


FLORENZ,  FORMOSAXISCHE   VOLKSLIEDER.  137 

Geiäuscli,  das  man  weithin  hören  kann.     In  kürzester   Frist   laufen 

sie  mehrere  Zehente  von  Meilen."     Ibidem  Seite  7a:    " das 

Sat-ko-gi  (der  Mo-taf)  schlügt  gegen  das  Armband  und  bringt  so 
ein  Geräusch  hervor.  Ausserdem  nehmen  die  Motat  Eüsenstücke 
und  hängen  sie  an  ihre  Hüften,  wodurcli  das  GekLapper  nocli 
vermehrt  wird.  Auf  diese  Weise  befördern  sie  die  obrigkeith'chen 
Schreiben.  Je  rascher  sie  hiufen,  desto  weiter  ist  das  Getön  ver- 
nehmbar, Sie  glauben  (lit.  sagen),  dass  zur  Nachtzeit  böse  Wesen 
ihnen  den  Weg  versperren  ;  aber  sie  setzen  ihr  Vertrauen  in  das 
GekLapper  (welches  die  bösen  Wesen  verscheuchen  soll)  und  fürch- 
ten sich  nicht," 

3)  Im  Originaltext  ^;/;,  was  so-lyok  oder  so-lat  (Tainan)  zu 
lesen  ist.  Hier  ist  offenbar  letztere  Aussprache  massgebend,  und 
wir  haben  das  einer  ganzen  Reihe  von  formosanischcn  und  anderen 
malaio-polynesischen  Sprachen  gemeinsame  Wort  solat  "  Schrei- 
ben" vor  uns,  z.  B.  Shikang  (Sideia)  soiilat  "Euch,"  wovon  das- 
Verbuni  s-in-oiilat  "  schreiben"  etc,  Tagala  siilat,  Malaiisch  sitrat,. 
Javaniscli  sX' rat  u.  s.  w. 

4)  M^  Vong-sit.  Der  "  Dolmetscher  "  ist  immer  ein  Chinese, 
der  sich  die  Sprache  der  Eingeborenen  zu  eigen  gemacht  hat  und, 
amtlich  eingesetzt,  der  Repräsentant  der  chinesischen  Behörden 
bei  den  Stämmen  ist.  Er  ist  eine  hochwichtige  Persönlichkeit  und 
nutzt  seine  Stellung  nicht  selten  in  bedrückendster  Weise  den 
armen  unwissenden  Barbaren  gegenüber  aus,  worüber  ich  unten 
sogar  ein  chinesisches  Zugeständnis  anführen  w^erde.  Das  Wort 
T'ongsu  ist  als  chinesisches  Lehnwort  in  die  formosanischcn 
Sprachen  übergegangen  und  k'ommt  daher  auch  im  Originaltext 
unseres  Liedes  vor. 

Band  16,  Seite  13  b  heisst  es  :  "  In  den  Piäfekturen  (gl)j  und 
Regierungsbezirken  (H)  schätzen  die  Bemittelten  (Chinesen)  die 
[an  die  chinesischen  Behörden  zu  entrichtenden]  Abgaben  der 
Stämme  ab.  Diese  Leute  heissen  ffi^fj  Sia-siong  {sJie-shang), 
d.i.  "Stamm-Händler."  Die  5/^/-5/6';/^  überlassen  ihre  Sache  (d, 
h.  die  Erhebung  der  Abgaben)  den  Tongsu  "Dolmetschern"  und 
^fz  Hc-ch'iojig  {hu'o-ch'ang)  "  Hauptteilhaber  am  Geschäft,"  welche 

bei  den  Stämmen  zu  wohnen  haben. Jede  Sache,  die  im  Besitz 

der  Barbaren  ist,   wird  [im  Auftrag  der  Sia-siong  von  den  T'ongsuJ 
genau  aufgezeichnet.     Wenn   Hirsche   gefangen   werden,   so   wird 


138  FLORENZ,    FORMOSANISCIIE   VOLKSLIEDER. 

[von  ihnen]  sowohl  das  Fleisch  genommen  und  zum  trocknen 
Fleisch  gemacht,  als  auch  das  Fell  genommen  (die  Eingeborenen 
behalten  in  der  Regel  nur  die  gesalzenen  Eingeweide).  Dies 
beides  ist  mehr  als  hinreichend  zur  Bezahlung  der  Abgaben. 
Dennoch  schaben  und  scharren  sie  alles   zusammen  und  betrachten 

die  Besitztümer  der   Barbaren   als   wären  es  ihre  eigenen. Sie 

verheiraten  sich  oft  mit  Barbarenfrauen  "  (die  sie  nicht  selten  mit 
■Gewalt  an  sich  rcissen). 

Der  Stamm  der  Tolokok  hat  übrigens  die  eigene  Sitte,  dass 
Mann  und  Frau  sich  nach  der  Eheschliessung  je  zwei  Oberzähne 
ausbrechen  und  dieselben  sorgfältig  aufbewahren  zum  Zeichen,  dass 
•sie  zeitlebens  ihren  Sinn  nicht  wechseln  wollen. 

16.     Stavnn  der   Tabyau^^      tTilufÜ- 
Abendliche  Kurzweil  der  Barbarenjünglingc. 

"  Ich  gedenke  deiner,  ich  liebe  dich  ; 
Ich  warte  wahrlich  im  Herzen  sehnsüchtig  auf  dich. 
Wie  [sehr]  liebst  du  mich  } 
Ich  kehre  jetzt  nach  Hause  zurück. 

]\lit    was    für    Gegenständen   wirst    du    mich    [zum  Zeichen    deiner 
Liebe]  beschenken  .''^^  " 

Amn.   i)  Auch  Ta-nyaii  oder  Taba  gelesen, 

2)  Dies  Gedicht  findet  vielleicht  seine  Erklärung  in  einer 
ähnlichen  Sitte  wie  der,  die  ich  in  Anm.  i  zu  Gedicht  11  (Stamm 
der  Longkiau)  citiert  habe  :  "  Männer  und  Frauen  spielen  in  den 
Bergen  die  Schnabellaute  und  singen  gemeinschaftliche  Lieder. 
Wenn  sie  an  einander  Gefallen  finden,  so  pflegen  sie  geschlechtli- 
chen  Verkehr    und    schenken    sich    gegenseitig    was    sie    bei   sich 


tragen." 


17.     Stamm  der   'Palibit    flliM^ti- 
Der  Häuptling  erkennt  die  Abgaben  an.'^ 

"  Bitte,  alle  Leute  des  Stammes,  höret  meiner  Rede  zu  ! 

Ich  [will]  jetzt  mit  dem  Dolmetscher  die  Abgaben  anerkennen. 

Ihr  sollt  säen  und  pflanzen  ! 


FLORENZ,    FORMOSANJSCIIE   VOLKSLIEDER.  139 

Hütet  euch,  dass  ilir  nicht    [zur  Unzeit]    Wein   trinket   und  die  Zeit 

verfehlt  ! 
Wartet  bis   die  Ai^erkennung   der   Abf^aben   zu   Ende  ist  ; 
[Dann]  bitte  ich  euch  zu  kommen  und  \\"ein  zu  trinken." 

Aniii.   i)  Der   Ausdruck    f^Sfl^  jin-Jiioug-  {jhi'Jisiang)    bereitet 
Schwierigkeit,  und  ich  bin  nicht  sicher,   ob  ich  das  Richtige  getrof- 
fen habe.     ^  hyoiig  ist  zweifellos  "  Abgaben,  Steuern,"  welclie  die 
Barbaren  an  die   chinesische   Behörde,  die  durch  den  Dolmetscher 
vertreten  ist,  abzuführen  haben.     Wenn   f^.  hier   "anerkennen,    das 
Eingelieferte  als  richtig  anerkennen  "    bedeutet,   so   sclieinen  wir  es 
mit  der  Ablieferung  der   Abgaben  an   den   Dolmetscher  in  Gegen- 
wart  des  als   amtlicher   Zeuge   fungierenden   T'okzvan   zu  thun   zu 
haben.     Die   Abgaben   selbst    scheinen  gewöhnlich   in    Silber  ent- 
richtet zu  werden,  welches  die  Barbaren  durch  Verkauf  der  Hirsch- 
felle etc.  von  den  chinesischen   Kaufleuten,   welche   von  der  Regie- 
rung das  Handelsmonopol  mit  den  betreffenden  Stämmen  gepachtet 
haben,"'  eintauschen.     Vgl.   dazu  No.  20  :    "  Für  den   Hirsch  Silber 
eintausch.end  zahlen   wir   unsere  Abgaben  "  ;  No.  27  :    "  Wir  fangen 
Hirsche,  tauschen  Silber  dafür   ein    und  bezahlen  damit  unsere  Ab- 
gaben ;  "    No.   22:    "Eintauschend  dafür    Abgaben-Silber,   können 
wir    früh   die   Abgaben    bezahlen."     (Der     Ausdruck    "  Abgaben- 
Silber "  ist   in    Gedicht  22   in  anderem   Sinne  gebraucht  als  in   der 
unten  angeführten  Fussnotc.)     Man  berücksichtige  aucli  Anm,  4  zu 
No.  15  :  "  die  Bemittelten  schätzen  die  Abgaben  der  Stämme,"  u.s.w. 

Im  gegenwärtigen  Gedicht  ist  an  beiden  Stellen  der  chinesi- 
sche Ausdruck  |]^  Jiyong  als  Lehnwort  auch  im  furmosanischen 
Originaltext  zu  finden. 

Bemerkt  sei  noch,  dass  die  von  Giles  unter  No.  5609,  erste 
Spalte  unten,  gegebene  Bedeutung  für  f^v^]  in  der  Phrase  f;Sf|Rl 
^Wc  "  to  farm  a  tax, — i.e.  to  pay  a  given  sum  for  the  i:irivilege  of 
collecting  a  tax  "  auf  unseren  Fall  nicht  passt. 


*  Band  16,  Seite  14  b:  Kaufleute  erwerben  ein  Monopol  für  den  Handel  mit  ge- 
^vlssen  Stämmen  von  der  Obrigkeit,  wofür  sie  eine  bestimmte  Summe  zu  zahlen  haben. 
Diese  Abgabe  heisst  fp)^  hyong-gun  "Abgaben-Silber."  Kein  Anderer  darf  dann  mit 
diesem  Stamme  Handel  treiben. 

Als  Handelsagenten  funktionieren  die  Lied  15,  Anm.  4  genannten  T^ong-su  und 
He-chHonz. 

o 


140  FLORENZ,    FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER. 

18.     Stamm  der  Taulakinoug     SJ-T^cf'^fi. 
Von  Einem,  der  ein  Weib  heiratet,  selbst  hergesagt. 

"  Heute  heirate  ich  ein  Weib. 
Bitte  kommt  und  trinket  Wein  ! 

Nach  Tagen  werde  ich  Kinder  zeugen  und  Enkel  zeugen. 
Zum    zweiten   Male   [werde  ich]    ein    Weib   nehmen   und  abermals 
dann  [euch  |  bitten  zu  kommen  und  Wein  zu  trinken." 

Anui.  Der  Inhalt  des  Liedes  ist  nicht  gerade  tröstlich  für  die 
Frau.  Der  Schwerenöter  denkt  schon  bei  der  Hochzeit  daran  seine 
einstige  "  Alte "  mit  einer  jüngeren  und  hübscheren  zu  vertau- 
schen, wenn  sie  ihm  nicht  mehr  reizvoll  genug  ist.  Variatio 
delectat.  Jedenfalls  verdient  die  rührende  Offenheit  unsere  Aner- 
kennung. Die  Leichtigkeit  der  Ehescheidung  wird  überhaupt 
häufig  im  sittenschildernden  Teil  des  Tahuan-fu-cJii  Qx\\'i\\\w\..  Man 
vgl.  das  in  Anm.  i  zu  Gedicht  11  Angeführte,  sowie  folgende  Stelle 
aus  den  Heiratsgebräuchen  der  Stämme  des  Rgbz.  Taiwan : 
*'  Wenn  Mann  und  Frau  nicht  in  gutem  Einvernehmen  stehen,  so 
tritt  Ehescheidung  ein.  Wenn  der  Mann  sich  von  der  Frau  trennt, 
so  werden  ihm  zur  Busse  ein  Krug  Wein  und  drei  pcng  (■^) 
"Fladen"  Barbarensilber  auferlegt.  Wenn  eine  Frau  sich  von 
ihrem  Manne  scheidet  oder  auf  Untreue  ertappt  wird,  so  wird  das 
nämliche  von  ihr  gefordert.  Bei  den  L^nverheirateten  existiert 
kein  Verbot  [in  Bezug  auf  geschlechtlichen  Umgang].  Wenn  das 
eheliche  Verhältnis  lange  dauert,  so  wird  die  Frau  auf  einem  hohen 
Gestell  unter  den  verschiedenen  Stämmen  umhergetragen,  und  die 
Barbaren  schenken  ihr  gefärbtes  Tuch.  Nach  der  Rückkehr 
bewirtet  sie  die  Mitglieder  desselben  Stammes.  Dann  tritt  eine 
Ehescheidung  nicht  leicht  mehr  ein." 

Die  speziellen  Heiratsgebräuche  des  Stamms  der  Tanlakmoug, 
der  mit  anderem  Namen  auch  ^^  Tsa-li  heisst,  und  der  in  den 
Ueberschriften  von  Lied  12  bis  17  genannten  Stämme,  sind  nach 
Band  14  des  Taizvan-fii-cJii  :  "  Heirat  heisst  [in  der  Barbarenspra- 
che dieser  Stämme]  tai-in-no,  ein  Junger  Barbar  (Junggeselle) 
heisst  ta-ba-sii.  Bei  der  Eheschliessung  schenkt  die  Familie  des 
Mannes  [der  Braut]  eine  Kopfbinde   aus  Gras,   welche   tak-tak-kan 


FLORENZ,    FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER.  141 

heisst.  Auch  wird  ein  Becken  mit  !$|5f  ch'e-ngo  {ch'c-ao  ;  Giles  No. 
95  :  a  shell  like  the  Spondyhis.  An  immense  bivalve,  under  which 
fishermen  are  fabied  to  build  a  fire  to  open  the  shell  and  obtain  the 
flesh.  Probably  the  great  CJimna)  zum  Verlobungsgeschenk 
gemacht.  Bei  der  Hochzeit  werden  die  Verwandten  der  beiden 
Familien  in  Anspruch  genommen,  um  den  Bräutigam  ins  Haus  der 
Braut  zu  begleiten  und  die  Hochzeit  zu  feiern.  Der  gesamte  Stamm 
trinkt  Wein  zur  allgemeinen  Gratulation,  was  via-ln-bii-ha  {buJia  — 
Wein)  heisst.  Die  Familie  des  Bräutigams  schenkt  der  Familie  der 
Braut  wieder  Armringe  aus  Kupfer  oder  Eisen,  sowie  Fleisch  und 
Wein.  Wenn  Mann  und  Frau  sich  von  einander  trennen,  so 
werden  dem  Mann,  der  sich  von  seinem  Weibe  trennt,  zehn  Pikul 
(;0)*  Hirse  [zur  Busse]  auferlegt;  das  Gleiche  wird  von  einer 
Frau  gefordert,  die  sich  von  ihrem  Manne  trennt.  Wenn  der  Mann 
nicht  wieder  heiratet,  so  darf  auch  die  Frau  keine  neue  Ehe 
eingehen.  W'enn  sie  dieser  Vorschrift  zuwiederhandelt,  so  werden 
ihr  zwei  Dollar  i^^van  ;  yüan  ;  Jap.  Yeii)  Barbarenmünze  f  als 
Busse  auferlegt.  Wenn  man  bei  heim.lichem  Geschlechtsverkehr 
ertappt  wird,  so  wird  man  dem  Häuptling  {t^o-kivan)  ausgeliefert 
und  muss  zur  Busse  Schweine  und  Wein  liefern.  Auch  wird  die 
Sache  Allen  bekannt  gemacht.  Beim  zweiten  Mal  beträgt  die 
Busse  zwei  Dollar  Barbarenmünze.  Die  Unverheirateten  brauchen 
nichts  zu  liefern." 

19.     Stamm  der  Taibulang  {Toabulang)     -}<i^tM^- 
Pflügen,   Fangen  und  gemeinsames  Trinken. 

"Im  Pflügen  und  Säen  übertreffen  wir  die  vergangenen  Jahre  ; 
Gehet  mit,  erschlaget  den  Hirsch,  treffet  nicht  rohe  Barbaren'^  an! 

*  Jap.  kokit  gelesen. 

t  ^H  J^oan-chin  (fan-ts'iai).  Unter  "  Barbaren  "  sind  hier  die  Europäer,  speziell  die 
Holländer  zu  verstehen,  deren  Münzen  noch  geraume  Zeit  nach  ihrer  Vertreibung  im 
Umlauf  blieben  und  daher  in  chinesisch-formosanischen  Dokumenten  oft  erwähnt  werden. 
Sie  heissen  (die  Silberstücke)  gewöhnlich  g-gj  hoan-giin  "  Barbaren -Silber  ;"  ^gj!)^  Jwan- 
ken-gun  "  Barbaren-Schwert-Silber"  (in  Schwertform  oder  mit  aufgeprägtem  Schwerte?) ; 
l^flM^ /"''-'''"' "ö""'^  "  Buddhakopf-Silber,"  d.  i.  gute  Münze.  Es  waren  spanische  Realen, 
deren  sich  ja  auch  die  Holländer  ein  Zeit  lang  in  Indien  bedienten,  und  sog.  holländische 
Rt'ah'7i-van-achtcn  (vgl.  Archief  voor  de  Geschiedenis  der  Oude  Hollandsche  Zending,  Bd. 
in,  Seite  173). 


1^2  FLORENZ,  FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER. 

Alle  Leute  des  Stammes  sollen   schönen  Wein    brauen, 
Allesamt  kommt,  überlasst  euch  den  Freuden  und  trinket  Wein  bis 
zum  Trunkensein  !  " 

Atan.  i)  lt#  scng-hoan  "rohe  Barbaren,"  von  dem  Typus 
der  in  No.  3,  Anm.  2  beschriebenen  Küi-lui.  Ä^  ki-bii  im 
Originaltext  könnte  vielleicht  ^/iT///-//// sein  (?). 

20.     Stamm  der   Taibukun     :A:K^tl:- 
Hirschfang. 

"  Heute  freudig  versammelt  trinken  wir  Wein  ; 

Morgen  noch  in  der  Frühe  fangen  wir  Hirsche. 

Wieder  zurückkehrend  unter  den  Stamm, 

Muss  ein  jeder  ohne  Ausnahme  [seinen]  Hirsch[-Anteil]  bekommen. 

Für  den  Hirsch  tauschen  wir  Silber  ein  und   zahlen  [damit]  unsere 

Abgaben  ; 
Nach    Zahlung    der    Abgaben    kommen    wir    wieder    und    trinken 

versammelt." 


Anm.     Vgl.   Lied  17,  21  und  22. 

21.     Stämme  der   Tang-sai-le^^     ~MMMML' 
Beim  Zurücklegen  des  Jahres. 

"  Wir  pflügen  die  Felder, 
Wir  lieben  die  Ernte  des  Jahres, 
Wir  fangen  Hirsche, 

Tauschen  Silber  [dafür]  ein  und  bezahlen  [damit]  die  Abgaben  ^^ 
Wir   wollen    gehen    und    Wein    brauen,    um    das    Neujahrsfest    zu 
feiern^'. 

Anm.  i)  Es  sind  2  Stämme,  der  Stamm  der  Tang-le  oder 
"östlichen  Le''  und  der  Stamm  der  Sal-le  oder  "westlichen  LeT 
Ausführliches  über  sie  und  die  anderen  zum  Rgbz.  Chiong-hwa 
gehörenden  Stämme  (Lied  20  bis  29)  siehe  Band  15,  Blatt  i  bis  14. 

2)  Vgl.  Lied  17,  20  und  22. 

3)  Wie  Lied  i,  Vers  i  j^^p,  wörtlich  "Zurücklegung  des 
Jahres,  das  Jahr  bis  zu  Ende  verbringen  "  ;  d.  i.  das  Neujahrsfest 
feiern.     Derselbe  Ausdruck  Lied  27. 


FLORENZ,    FORMOSANTSCHE   VOLKSLIEDER.  143 

22.     Drei  Stämme  der  Jilim,  Toatut  iind  Matsilin 

Zahlung  der  Abgaben. 

"Wir  pflügen  die  Felder, 

Wir  lieben  den  Prospekt  eines  guten  Jahres, 

Hirsche  zu  fangen  gehen  wir  ; 

Die  Hirsche  können  uns  nicht  entfliehen. 

Eintauschend  [dafür]  Abgaben-Silber,  können  wir  früh  die 
Abgaben  bezahlen  ^^, 

Und  werden  (können)  die  Liebe  und  Teilnahme  des  Alten -^  gewin- 
nen. 

Wir  kommen  zurück,  vergnügen  und  freuen  uns,  trinken  Wein  und 
singen  in  weinheiterer  Stimmung." 

Anm.      i)  Vgl.  Lied   17,  20  und  21. 

2)  ^lü  lo-ya  {Ido-ye)  "der  alte  Vater;  Herr,"  wohl  seitens 
der  Barbaren  als  höfliche  Bezeichnung  für  den  T'okzvan 
"Häuptling"  gebraucht.  Eine  in  Lied  32  vorkommende  Parallel- 
stelle mit  diesem  Vers  mag  als  Beleg  dienen:  "  Ihr  sollt  unsere 
Ahnen  nachahmen  und  im  Pflügen  und  Fangen  eifrig-  und  sorcffältigf 
sein;  dann  wird  euch  der  T'okwan  lieben  und  an  euch  Anteil 
nehmen." 

Der  von  den  Chinesen  in  der  Bedeutung  "Herr,  monsieur " 
gebrauchte  Ausdruck  ^fp  scheint  mit  der  Aussprache  loya  auch 
in  die  Sprache  der  civilisierteren  Barbaren  übergegangen  zu  sein, 
und  ich  glaube  ihn  in  unserem  Vers  unter  der  Schreibung  p^P^ 
lo-ya  wiederzuerkennen.  Da  ich  jedoch  die  übrigen  Silben  des 
Verses  bis  jetzt  noch  nicht  zu  analysieren  weiss,  fürchte  ich,  dass 
sich  meine  Vermutung  schliesslich  nur  als  eine  Hallucination 
herausstellt. 

23.     St  au  im  der  Lam     'i^l^. 
Versammelt  trinken. 

"  Die  Felder  pflügend  treffen  wir  ein  glückliches  Jahr  an  : 
Wir  haben  Hanf  geerntet  und  haben  Reis  geerntet; 
Überdies  haben  wir  Hirsche  zahlreich  gefangen. 


144  FLORENZ,    FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER. 

Vater   und    Sohn,    Grossvater    und  Enkel  kommen  allesamt   und 

trinken  Wein  ; 
Freudig  johlend  und  Lieder  singend  vergnügen  wir  uns." 

24.     Stamm  der  Asok     PpJ^ffi. 
Lobpreis  der  Ahnen. 

**  Unsere  Ahnen  [waren]  im  höchsten  Grade  tapfer  ; 
Antreffend  den  Hirsch,  konnten  sie  [ihn]  lebendig  fangen  ; 
Im  Wettlauf  [waren  sie]  vollkommen  gleich  einem  Pferde  ; 
Antreffend  den  Wein,   wie   viel   sie   auch  tranken,  wurden  sie  nicht 
betrunken." 


Aiiin.  Dies  Lied  zählt  uns  die  vier  Kardinal tucfenden  im 
Sinne  der  Barbaren  auf,  Tugenden,  in  denen  die  Ahnen  grösser 
waren  als  die  lebende  Generation  (vgl.  Lied  4)  :  Tapferkeit, 
Jagdgeschick,  Schnellläuferei  und  Trinkfestigkeit.  Wie  hier  mit 
Pferden,  wurden  Lied  4  die  Ahnen  xmt  grossen  Fischen  verglichen. 
Die  Stamm  der  Asok  war  auch  den  Holländern  bekannt ;  sie  schrie- 
ben den  Namen  Assoek,  Assiik  und  Asock. 

25.     Slämine  der  Lam-pak-tati^^     "^4fcfött- 
Gratulation  zur  neuen  "^  Hochzeit. 

"  Du  heiratest  neu  (  =  eben)  ein  Weib. 

Ich  behänge  mich  mit  Perlen  und  schmücke  [mich]  mit  Muscheln  ; 
[Ich]  gratuliere  zur  neuen  Hochzeit. 

Du    sollst    mich   aufhalten    und    [mir]    Gratulationswein  zu  trinken 
geben." 

Anni.  i)  Es  sind  zwei  Stämme:  die  Laiii-tau  oder  südlichen 
TaJi,  und  die  Pak-tan  oder  nördlichen  Tmt. 

2)  Der  Ausdruck  0f  "neu"  in  der  Überschrift  und  im  Lied 
bedeutet  "eben  stattgefunden  "  oder  "  eben  stattfindend." 

Grosse  Schmausereien  und  Zechgelage  sind  bei  allen  Stämmen 
die  beliebte  Begleiterscheinung  der  Plochzeiten.  Die  Verwandten 
der  beiderseitigen  Familien,  der  Häuptling,  der  Dolmetscher,  ja  oft 
der  ganze  Stamm,  nehmen  an  der  Feier  teil.  Schweinefleisch  und 
Wein  sind  dabei  die  Hauptgenussmittel.  Für  das  "Gratulations- 
trinken "    giebt    es  besondere   Bezeichnungen,    z.  B.    nyau-ta-JcTi-li 


FLORENZ,    FORMOSAXISCHE   VOLKSLIEDER.  145 

bei  den  Taiwan  Stämmen  (Taiketten,   Sinkang-  und  Takau),  ma-lu- 
bii-Jia  bei  den  Tsulo  Stämmen  (vgl.  Anm.  zu  Lied  18)  u.  s.  w. 

26.     Stcnnin  der  Poansan     ^,||^^. 
Versammelt  trinken. 

"  Wir  haben  Hirsche  gefangen, 
Wir  haben  Reis  geerntet, 
Wir  haben  Wein  bereitet ; 

[Ihr]  Leute  des  Stammes  allesamt  kommet,  veranstaltet  eine   fest- 
liche Ceremonie  und  trinket  im  Verein  !  " 

27.     Stamm  der  Toato     -}\%Mt, 
Verehrung  der  A.hnen. 

"  Heute  feiern  wir  das  Neujahrsfest : 

Wir  stellen  alle  neuen  Wein  bereit  und  veranstalten  eine  festliche 

Ceremonie  zur  Verehrung  der  Ahnen. 
Wenn  wir  der  Altvorderen  gedenken,  was  für  Helden  waren  sie  ! 
Möchten   doch   Söhne   und   Enkel  vollständig  wie  die  Altvorderen 

Helden  sein  !  " 

28.     Zzvci  Stäuime  der  Ginna  und  Salok  [Soalok)  ^^ 
Sehnsucht  nach  Rückkehr. 


ii 


Ich  gehe  fort  in  die  Berge  und  fange  Hirsche. 
Plötzlich  erinnere  ich  mich  meiner  Kinder  und  meiner  P>au, 
Ich  will  schnell  nach  Hause  zurückkehren  und  [dann]  wieder  kom- 
men Hirsche  zu  fangen  ; 
So  werde  ich  dessen  überhoben  sein,  dass  W^eib  und  Kind  zu  Hause 
sich  nach  mir  sehnen." 

Anm.  i)  Giima  und  Salok  sind  nach  Band  15,  Seite  lOa  die 
alten  Namen  für  die  gg  s.  Kavi-ün  (A.)  und  jg^  Ch'iaii-sian  (A.) 
Diese  modernen  Namen  wurden  den  Stämmen  von  der  chinesischen 
Regierung  gegeben,  nachdem  sie  die  Oberhoheit  der  Chinesen 
anerkannt  halten.  Sie  sind  Epitheta  ornantia  und  bedeuten 
iu?7;z-?;//  =  "  Dankbarkeit  fühlend,"  Ch'iaii-simi^''  sich  zum  Guten 
wendend." 


146  FLORENZ,  FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER. 

Playfair  a.  a.  o.  übersetzt  : 
To  chase  the  wild  deer 
Up  the  mountains  I  roam, 
But  thoughts  will  arise 
Of  my  darlings  at  home. 

For  awhile  the  wild  deer 
Unhunted  inay  roam  ; 
For  me  I  must  fly 
To  my  darlings  at  home. 

They  watch  and  they  long 
While  far  from  them  I  roam. 
No  more  shall  ye  watch 
My  own  darlings  at  home. 

29.     Stamm  der  Babiisa  {Niaiibüsa)     ^ffi^f^jict. 
Männer  und  Weiber  vereint  trinken  und  halten  ein 

Zwiegespräch. 

'*  Der  junge  Barbar  bittet  das  Barbarenweib  zuerst  zu  singen  ; 
Das  Barbarenweib  bittet  den  jungen  Barbaren  zuerst  zu  singen. 
Der  Barbar  spricht  :  Du  Weib  bist  weise  und  noch  dazu  schön  ; 
Das  Weib  sagt  :  Du  Mann  bist  ein  Held  und  verstehst  dich  zugleich 

auf  das  Schnelllaufen. 
Der  Barbar  spricht :     Du  Weib  kannst  zu   Hause  die   Hühner  und 

Schweine  pflegen  und  kannst  Wein  brauen  ; 
Das  Weib   spricht :     Du   Mann    steigst   in    die   ]]erge   und    kannst 

Hirsche  fangen,  und  kannst  auch  die  Felder  pflügen. 
Jetzt  sind   [wir]   Alle   im   ganzen   Stamme   in   grosser   Freude   und 

Dust,  und  zum  Gesang  einstimmend  trinken  [wir]   Wein." 

Anm.  Vers  i,  3  und  5  werden  wohl  von  jungen  Barbaren, 
Vers  2,  4  und  6  von  Barbarinnen,  Vers  7  vom  ganzen  Chorus 
gesungen.  Die  rollenverteilenden  Ausdrücke  im  Anfang  der  6 
ersten  Verse  :  i^^tM,  ^Wtn^  #B.  M^  scheinen  nur  Zusätze  des 
chinesischen  Übersetzers  zu  sein. 


FLORENZ,  FORMOSANISCriE  VOLKSLIEDER.  I47 

30.     AcJit  Stamme  der  Hoiigsoa  {Hongsaii)  ^lUA^« 

Liebesgedicht. 

"In  der  Nacht  lausche  ich  auf  den  Ton  eines  Liedes. 

Ich  liege  allein  da  und  bin  schwermütig  im  Herzen. 

Auch  lausche  ich  dem  Singen  einer  Vogelstimme  und  glaube,  dass 

ein  alter  Freund  komme  und  mich  besuche  : 
Ich  stehe  auf  und  laufe  hin  und   selie,   aber  es   ist   die   Stimme   des 

Windes,  der  im  Bambus  bläst ; 
Dies  alles  ist  wohl  blos  deshalb,  weil  mein  sich  nach  der  [geliebten] 

Person  sehnendes  Gefühl  so  inbrünstig  ist." 

A?iin.  Dies  ist  das  poetischste  von  allen  Liedern  der  Samm- 
lung. Es  versetzt  sich  wolil  in  die  Seele  eines  Mädchens,  das  auf 
das  Kommen  eines  Liebhabers  wartet.  Zu  dieser  Vermutung 
führt  mich  folgende  Stelle  aus  der  Beschreibung  der  Sitten  der 
Hongsoa  (Rgbz!)  Stämme:  "  Wenn  ein  Mädchen  mannbar  wird, 
so  baut  sie  sich  ein  Haus  und  wohnt  allein.  Derjenige  Barbaren- 
jüngling, der  sie  zu  erlangen  wünscht,  spielt  ein  Musikinstrument, 
genannt  Schnabellaute  und  bleibt  [vor  ihrem  Hause]  stehen  (folgt 
Beschreibung  der  Laute).  Wenn  dies  dem  Mädchen  gefällt,  so 
kommt  sie  heraus  und  lädt  den  Betreffenden  ein,  worauf  sie  beisam- 
men wohnen.  Dies  nennt  man  das  "  Handziehen."  Nach  Ablauf 
von  einem  Monate  maclit  jedes  seinen  Eltern  davon  Mitteilung  und 
sie  schenken  (wohl  der  Bräutigam  der  Braut)  Gazeschleier  und 
blaues  und  rotes  Tuch  (Anm.  Reiche  Leute  gebrauchen  Gaze- 
schleier, Arme  nur  blaues  und  rotes  Tuch).  Die  Eltern  des  Mäd- 
chens richten  Fleisch  und  Wein  her,  versammeln  die  Verwandt- 
schaft und  nehmen  ihren  Schwiegersohn  auf;  "  u.  s.  w. 
Playfair  a.  a.  o.  übersetzt : 

I  heard  a  sound  of  sinr^ing 

As  I  lay  with  sad  thoughts  alone  ; 

I  heard  a  bird's  notes  ringing 

And  it  seemed  like  a  spirit's  moan. 

I  rose  and  looked  forth.    It  was  only 

The  sigh  of  the  wind  in  the  trees  ; 

Silk  fancies  of  one  that  was  lonely, 

Of  a  heart  that  was  ill  at  ease. 


148  FLORENZ,  FORMOSANISCHE  VOLKSLIEDER. 

31.     Stamm  der  Aiilang     ^ifl^. 
Sehnsucht  nacli  den  Kindern. 

"Ein  seltsamer  Vogel  fliegt  weg, 
Des  Flicgens  müde  sitzt  er  auf  dem  Baum  ; 
Beim.  Anblick  seiner  bin  icli  im  Herzen  schwermütig, 
Ich  erinnere  mich  meiner  Kinder, 

Wieder  nach  Hause  fortgehend  werde  ich  [nach  ihnen]  sehen ; 
Alle  Verwandten  einladend  werde  ich  Wein  trinken  und  mir  so  die 
Schwermut  vertreiben." 

32.     Stamm  der  Tekch'am     YiWMi- 
Der  T'okwan  '^  (Häuptling)  giebt  den  Barbaren  Rat. 

"  Das  Stammesoberhaupt '^  bittet  euch  zu  kommen  und  Wein  zu 
trinken. 

Unsere  ^^  Ahnherren  fingen  am  besten  Hirsche  und  bebauten  [am 
besten]  die  Reisfelder. 

Ihr  kleinjährigen  Kinder  und  Enkel  sollt  hören  auf  meine  Unter- 
weisung und  Leitung  : 

Ihr  sollt  unseren  ^'  Ahnen  nachahmen  und  im  Pflügen  und  Fangen 
eifrig  und  sorgfältig  sein. 

Der  T'okwan  liebt  euch  dann  und  nimmt  an  euch  Anteil ; 

Auch  wird  er  [euch]  zu  sich  einladen  und  Wein  zu  trinken  geben." 

A7im.  i)  Siehe  No.  8,  Anm.  3. 

^)  nt^  =  it. 

3)  $§  kann    natürlich   auch   singularisch    "meine"    sein,    aber 
die  plurale  Bedeutung  scheint  mir  besser. 

33.     A/'e  Stämme  von  Tamsiti  i(!^7jC^Ö- 
Verehrung  [der  Ahnen]. 

"  Andächtig  bitten  wir  die  Ahnherren, 

Andächtig  bitten  wir  die  Ahnmütter  : 

Kommt  ihr  [Ahnen]  und  empfanget  Wein  ! 

Kommet  ihr  und  empfanget  gekochten-Reis  und  Gemüse  ! 

Unterstützet  und  segnet,  dass  Jahr  für  Jahr  der  Ackerbau  gedeihe, 

Dass  von  Ost  und  West  gute  Ernte  sei, 


FLORENZ,  FORMOSANISCHE  VOLKSLIEDER.  I49 

Dass   auch    beim    Hirsche-Fangen    das    Lebendig-fangen    schnell 
gehe!" 

Anin.  Vgl.  das  Anm.  i  zu  No.  8  über  den  Ahnenkultus 
Gesagte  :  "  Speise  und  Wein  werden  oft  den  Geistern  der  Abge- 
schiedenen vorgesetzt  und  dann  mit  einer  Art  Anrufung  an  diesel- 
ben um  Glück  und  Segen  aufgezehrt  ;  "  u.  s.  w.  Mackay  a.  a.  O. 
Seite  258  f.  giebt  noch  folgenden  interessanten  Beitrag  :  "  Ich  war 
einmal  gegenwärtig,  als  ein  Stamm  in  dieser  Ceremonie  begriffen 
war.  Die  rechte  Hand  wurde  mit  ausgestrecktem  Zeigefinger  in 
die  Höhe  gehalten,  und  Alle  stimmten  in  die  Anrufung  ein  :  Na-e- 
^7^  (Himmel),  liang-ni-ngi-sa-i-a-kii  (gieb  uns  friedevolle  Herzen, 
gieb  uns  langes  Leben,  gieb  uns  Gedeihen)  ;  Jian-pai-kiL  (wir 
stehen  im  Begriff  zu  essen).  Zu  gleicher  Zeit  wurde  der  Zeigefinger 
vier  Mal  in  den  Wein  getaucht,  und  dann  wurden  die  folgenden 
Worte  hinzugefügt  :  Ma-ra-nai  (Erde),  han-pai-kii  (wir  stehen  im 
Begriff  zu  essen) ;  ai-imi-na-va-hi  (ihr  abgeschiedenen  Geister,  gebt 
uns  Frieden)." 


FLORENZ,  FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER.  I5f 


APPENDIX. 


Formosanischcr  Urtext  in  lateinischer  Umschrift  der  cJiinesischen 
Zeichen  nach  taizvanesischer  Aussprache. 


I. 


Lim-lim-ki-to(tau)-in 

Sim-ya-ki-sip-pak-kek-ki-ke-kah 

Si-li-se-ki-bun-lim 

Pau(pii)-ta-lim-ki-to(tau)-in-ba(mo)-Iyang-ki-to(tau)-in 

Tah-hak-ha-kat-ki-i(o)-in. 


2. 


Ma-bu-gai-ki-li 

Yok-bu-hong-bi-lo 

Ka-ba(mo)-bu-ti-kok-kau 

Ba(mo)-kok-pa-ke-li-bun-Ian-bi(mi)-lo 

Ts'a-bi-kau-o(a)-o(a)-put(pui)-tim-tim-yok-bu-liong-bi-Io 

He-ji-tit-lok-ke-li-ki-bun-lan 
Ts'a-ha-lek-ju-lia-ba(mo)-ka(kya,  kau). 


3. 


Hi(i)-a(o)-ho-hai-ya-ha 

Mih-len-kyu 

Tin-li-o-lyu-tsi-tet-ya 

Na-li-peng-ki-yau-bi(mi) 

Tin-a-ki-yau-bi(mi) 

Ki-ji(ni)-yam(am)-ji(ni)-ta(tau)-san-ha. 


152  FLORENZ,  FORMOSANISCIIE   VOLKSLIEDER. 


Pa-kan-lyap(na)-ga-lyap(na)-ga-lyu 

Tsau(ta)-bi*(mi)-kya'ka)-kya(ka)-han-len-to-lo-go-lok 

Tsau(ta)-bi(mi)-o(a)-kan-lok-o(a)-len 

O(a)-tsi-ma-ba(byau)-oai-o(a)-len-to 

I(ü)-ma-tsau(ta)-tok-ki-ga-len-o-tsi-ma 

Bu-lo-ha-Ien 

Pa-kan-lyap(na)-ga-lyap(na)-ga-lyü. 


5. 


Hai-o-o-hai-o-ha 

Ka-to-in 

Ma-phok-ki-1  o-I  o  n  g 

Tah(tap)-hak-ki-si-a-hong 

Mo-k  at-to-b  u-ki  n 

Ka-su-ki-ka-hen-ka-hyü 

Ka-su-ki-i(ü)-ma 

Ba(mo)-tap-kut-ki-tali-hak. 


6. 


Hai(ai)-o-o-hai(ai)-a-tek(tit)-i(ü)-lo(no) 
Tsin-bong-ki-kyu-len 
Tsau(ta)-a(o)-lyu-tek-mih-mih 
Tsau(ta)-lyu-mih-mih-len. 

7. 

Hai(ai)-o-o-li-ban-li-ban-na-mo-o-bai 

Ki-i(ü)-lo(n5)-ki-ba(byau)-ha-hai(ai) 

Ki-pai-ka-ke(ki)-long-en 

Ka-ba(mo)-let-ki-o(a)-li(lu)-bun 

Ki-ba(byau)-le-le-ha-len 

Ki-ba(mo)-ban-let-ki-hi-let. 


8. 


Bun-lo-ki-a-ts*ya 
Tan-leng-ki-ban-ban 


FLORENZ,  FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER.  155 

Pai-li-ki-le-su(tai) 

I-long-ki-lo-lek 

Ba(mo)-kut-li-ki-lo-lek 

Pau(pü)-si(su)-ki-ba(mo)-in-jim-ban-ki-Io-lek 

Ma-Iyong-ki-lo-Iek 

Mo-per'.g-Iek-ki-bun-lan 

Mo-li-ki-ki-peng-lek 

Bun-Io-ki-a-ts'ya. 

9. 

Kin-o(a)-k'oan-ki-oai 

Tsau(ta)-Ien-lim-ban-lim-ban-ki-oai 

Ba(byau)-o-na-to-ba(byau]-o-k'oan 

Tai-lai-na-ki-oai 

Hi-to-ban-na-o-k'oan-ki-oai 

Kui(kü)-ba(byau)-o(a)-boan-tsau(ta)-k'oan-ki-oai. 

10. 

Lyam-Iyam-to-lok-ki-bu-lan-ma-lyang-to-mo-ga-ki-i(u)-ma 
Bu-long-ek-tsau(ta)-lyap(na)-lo(no)-oai-tsau(ta)-ma-bok 
Ben-sen(se)-un-mo-ga-bek-to-ma-lim-ki-ban-ban 
Ma-bi-ki-ban-ban-pa-l'i-yang(yong)-go-lyang(lyong)-ai-bi-ki-li-o. 

II. 

Lip-sun-o(a)-bong(bang)-tit 
Lyok(lak)-kah-o(a)-tam-bi-tam-bi 

Na-kui-o(a)-bong(bang)-tit-bu-ts'yang(ts'yong)-li-o(a)-long-ya 
Ma-sc-ma-3o. 

12. 

0(a)-tah-yong-ki-tsau(ta) 

Ka-tsu-ma-ti-li-ki-ba(moa)-ji(zu) 

Pau-o-tau-o-tat 

Hu-ka-lyang(lyong>ki-to(taLO-it 

Ti-hyap-tah-chak-tsau(ta)-to(tau)-it 

Tau-boan-seng-ki-kya-ts'yam-lam 

Pi-li-li-tai-beng-im-ben-tan 


154  FLORENZ,  PORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER. 

13. 

Su(ai)-ka-an-li(lu)-en 

Im-na-ma-bu-lck-kc-tsi-yau 

Tsau(ta)-ma-ke-tsau(ta)-lo-im-mo-hoan 

But-seng-kau-ya-im-mo-hu 

Hai-ji(zu)-bi-seng-tsi-len. 

14. 

Ba(mo)-jen-leng-ba(mo)-sip-lo-lim 

Ban-lam-bu-ke(ka)-su-mo(mng)-cha 

U-let-jen-i(u)-sa-bu-liah 

U-let-lo-lai-no(lo)-mo-sa-hat-hi 

Ba(mo)-sip-ba(byau)-jen-ba(mo)-sip-sip. 

15. 

Hat(hoa)-t'eng-ki-so-lyok(lat) 

Ba(mo)-sip-sok-ki-sip-sok 

Sa-be-ki-o(a';-yam(am) 

In-jim-ki-ba(byau)-Iim 

In-na-ki-lam-pau-t'ong-su-ki-hong-hat(hoa)-tau, 

16. 

Ba(mo)-o(a)-na-nai-lyLi-li-hoa-ni 
Ba(mo)-sip-kin-u-lo-hoa 
Hoa-san-bu-na-nai-lo-ba(mo) 
Ba(mo)-hc(ha)-lyu(Iau)-lo-in-na-su-li(lu)-lyu-ba(mo) 

17. 

Tsau(ta)-pa-si(su)-ma-hat(hoa)-se(su)-len 

In-lap-sut-sok-ga-t'ong-su-han-heng(hyong) 

In-hi(hu)-ba(mo)-pa-na 

Ai-hoa-bi-t'yam-bu-na 

Han-na-lai-ga-han-heng(hyong'-ts'yet-ya 

Bin-lyu-bi-t'yam-lam-ya-moh. 


FLORENZ,  FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER,  155 

18. 

Ya-ba(byau)-poat-li(lu)-ba(byau)-he(ha)-li(lu) 
Pet-gan  (gen)-mo-hah-ya-ho 
Yu-ya-ba(byau)-i-lim-yu-lim 
Yu-poat-Ii(lui)-pet-gan(gen)-mo-hah-ya-ho. 

19. 

Mo-bu-ba(mo)-lyang(lyong)-ki-to(tau)-in 
Hat(at)-tau-ma-lyok-bun-na-ki-lui 
Ma-mo-mai-jeng(geng)-gai-ki-ta-lyok 
Bi-gak(lok)-hang-bit-tap-ki-ta-lyok-ma-beng. 

20. 

Kak-hu-ba(mo)-hi-ban-it-tan 

Ba(mo)-kak-im-na-ba(mo)-tso-tau-Iyok-hu-ma 

Ba(mo}-hi-beng-tat-a-tau-ba(byau) 

Ba(byau)-im-na-o-long-a-tau-lyok-hu-ma 

Tau-lyok-hu-ma-ba(mo)-lek-pai-lin-sui 

Ha-sui-oa-goan-hi-ban-it. 

21. 

Pa-oan-pa-tat-si(su)-boe(moa)-lin-bu-na 

Ma-lyu-peng-ya-tin-na-ba(mo)-Iyu-o(a)-tap 

Hu-kah-ma-lyu-bun-lan 

Kam-hoan-ba(mo)-bun-hin-ba(mo)-lek 

Bit-lim-ma-lyu-ya-ho-hui(ui)-ham. 

22. 

Pa-oan-pa-tat-si-boe-lin 

Ki-ma-ya-tin-na 

Hu-kah-ma-lyu-bun-lan 

Ki-bun-lan-thi-li 

Kam-hoan(oan)-lyu-sa-bafmo)-lek-tsi(ki)-kam-hoan(oan) 

Ma-yu-ya-lo-ya-ki-li-im-ya 

Ui-ham-o-soah-peng-ban-ya-ho-ki-lam-mai-it. 


156  FLORENZ,  FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER. 

23. 

Pa-lo(no)-oan-ki-ma-lyu-boat-si 

Pa-su-sa-le-pa-su-lok-so 

Ma-lyu-bun-lan-ki-ta-hai 

Ta-mau-ta-nai-ta-pau(pü)-kong-sim-ya-ts'ya 

Tsau(tsiau)-bi(mi]-lyu-ho-ki-lam-mai-it. 

24. 

Ma-lyu-ya-mau-bu-ma-pa-na 
Ba(mo)-li-bi-bun-lan-po-bu-bu-pa-na 
Pa-ts*ut-li-ki-kah-mai-ta-chau 
Po-bu-bu-pot(put)-o(a)-sa-bi(mi)-ham. 

25. 

In-lo-lun-tc-hun 
Ki-i-to-bi(mi)-ta-lat 
Ban-it-tan-lun-to-liun 
In-lo(no)-kak-hu-ba(mo)-hi-ban-it-tan. 

26. 

Tsin-kak-hu-kah-bun-Iam 
Tsi-pi-sin-o(a)-ta 
Bit-Iim-ma-lyu-o(a)-ho 
Po-bu-bu-ki-a-syau-ban-sip-o(a)-ho. 

27. 

I(u)-a-i(u)-ba(mo)-In-hui(ui)-sip 

Bi(mi)-o(oa)-ba(mo)-yong-a-bu-lo-ma-tsyau(ta)-k'it-i-san 
Su-i  n-i-sa  n  -ba(mo)-ki-l  i  m 
Ya-lo-bu-lek-i-san-bo(mo)-k'i-lim. 

28. 

Z  u(su)-ma-ha-k  'it-bu-lek 
Sc-to-Iam-jim-hui(ui)-si(su)-tsi(ki>3an-bun 


FLORENZ,  FORMOSANISCHE   VOLKSLIEDER.  157 

Mai-tset-zu(su)-li-ma-ha-k'it-bu-lek 
Kat-mai-so-san-bun-lam-jim-tsi(ki)-in-tsi. 

29. 

Ji(ni)-ba(nyau)-sin-bok 

Ji(ni)-tat-ja-bu-nau 

Ji(ni)-ba(nyau)-lek-mai-mai-yu-lie-in-li-k'it-ba(mo)-yong 

Ji(ni)-tat-ja-ba(mo;-tat-ma-lin-ki-sip-kek 

Ji(ni)-ba  nyau)-lek-mai-mai-hu-ma-k'it-ta-lo-boat-lok-in-Iok-sat 
Ji(ni)-tat-ja-tat-hek-hek-ba(mo)-un(in)-to-teng-bung-Iam-k'it-bong- 
koh-ma 

Bi-sip-koh-hai-ya-oaii-li-chak(chok)-kin-bo(mo)-bu-naLi(Io)-tsi(ki)-in- 
no-sat. 

30. 

Tim-ya-lo-hyap-pok-ping-ga-li-nai-lo 
Boat-lek-yau-ek-tat-se(sia) 
Boat-Ii-lyu-po-ma-ts'ye-tok-ha-i-ha-lam 
Tat-kok-le-bok-hat-ma-kau-ha-to(tau)-li 
Bok-ha-yau-leng-lim-lut-bok-ho  m-i-ha-lam-ga-bi*. 

31. 

Ei  -ti-ko-mo-oat(jit) 

Yau-bok-yau-kam-tsai-lo(no)-ba(nyau)-lun 

Boat-lek-hi-li(lu  )-yau 

Mo-ha-yau-bok-hyu-ya-lim-lo 

Bok-hat(at)-yau-oat-ya 

A-cha-mo(mi)-im-li(lu)-yau. 

32. 

Ong-ki-jam-k'it-pet-en-mo-tap-ya-ho 

Ta-a-po-lyu-ba(nyau)-lok-ek-ki-lo-kyu-en-lo 

Ek-t'am-ya-lim-yu-ya-lim-tsin-ma-pa-tap-lam 

Yu-pai-k'it-ta-po-ba(nyau)-lok-ek-t'oan-o(a)-lok-un 

Ta-o(a',-ba(nyau)-bu-ho-pet-en 

Ki-ya-lim-lim-mo-tap-ya-ho. 


158  FLORENZ,   FORM  OS  AN  ISCHE   VOLKSLIEDER. 

33. 

Ti-boan-bok-ki-lyu-sip 

Ti-boan-bi(mi) 

Ke-nai-bit-nai-long 

Ke-nai-bit-nai-su-mai-tan-bun 

Ta-syau-ta-syau-pok-kya(ka)-sat-lo-syok-bok 

Pok-kya(ka)-sat-lo-tsu-ma-kai-chak(chok)-kai 

Ba(mo)-ts'ya-tsi-su-ba(mo)-lo-ba(mo)-sat-lyap 


SITZUNGSBERICHTE. 


SITZUNG  IN  YOKOHAMA 

am  25.  September   1895. 


Vorsitzender  :    Herr  R.  Lehmann. 


In  die  Gesellschaft  eingetreten  sind  die  Herren 
Kanzleivorsteher  Sachse,  Tokyo. 
Baron  VON   SeckendORFF,   Kaiserl.  Deutscher  Consul  in 

Tientsin. 
H.  SpöRRY,  Yokohama. 
Eugen  Fox,  Kobe. 
Alexis  Lew,  Hamburg-. 
Ferner  theilte  der  Vorsitzende  der  Versammlung  mit,  dass  der 
Vorstand  an   Stelle  des  nach   Deutschland   zurückgekehrten  Herrn 
Dr.  Grasmann    Herrn    Dr.    RiESS    cooptirt    hat,    wozu    die    Ver- 
sammlung ihre  Zustimmunsf  sfab. 


'fc>   fc.' 


Daraufhielt  Herr  Dr.  Low  einen  Vortrag  "Über  Sakeberei- 


tung. 


SITZUNG  IN  TOKYO 

am  30.  October   1895. 


Vorsitzender  :    Herr  Baron  von  Gutschmid. 


Neu  eingetreten  sind  die  Herren 

Legationssecretär  VON  Treutler,  Tokyo. 
Premierlieutenant     Meincke,  d2 

Charles  von  Böse,  Hamburg. 
Von  Herrn  B.  H.  Chamberlain  ist  als  Geschenk  die  von  ihm 
verfasste   Broschüre    "The   Luchu    Islands  and  their  Inhabitants  " 
eingegangen. 

Herr  Dr.  RiESS  hielt  den  zweiten  Theil  seines  Vortrages  "Zur 
Geschichte  von  Formosa." 


l6o  SITZUNGSBERICHTE. 

SITZUNG  IN  YOKOHAMA 

am  26.  November   1895. 


Vorsitzender:  Herr  R.  Lehmann. 


Neu  eingetretene  Mitglieder  : 

Herr  Director  JÜNGERMANN, 
,,      Capitän  z.  See  a.  D.  Masciike, 
,,      Capt-Lieutenant  a.  D.  MiRRE, 
Hauptmann  a.  D.  PlORKOWSKI, 
— alle  in  Tokyo. 

Als  Geschenke  sind  der  Gesellschaft  zugegangen  : 

Stockvis,   Manual  d'Histoire  de   Genealogie  et  de  Chrono- 
logie de  tous  les  Etats  du  Globe.     3.  I3de.     Geschenk 
von  Herrn  Grafen  Bylandt. 
Geschichte   der   Friedrichs-Universität   in    Halle   a/S.    Ge- 
schenk vom  Auswärtigen  Amt  in  Berlin. 
Mit  der  "  Faculte  des  Sciences"  in  Marseille  ist  Austauschver- 
kehr angeknüpft  worden. 

Herr  Lieutenant  a.  D.  R.  Schuhmacher  hielt  einen  Vortrag 
über  "  Formosa  und  seine  Bewohner  während  der  japanischen 
Expedition." 


GENERALVERSAMMLUNG  IN  TOKYO 

am   18.   December   1895. 


Vorsitzender:  Herr  V.  Ehmann  (i.  V.). 


Von  Herrn  Minister  a.  D.  M.  VON  Brandt  sind  der  Gesell- 
schaft folgende  von  ihm  verfasste  Schriften  zum  Geschenk 
gemacht  worden  : 

Aus   dem  Lande   des  Zopfes. — Die   Zukunft    Ostasiens. — 
Mädchen  und  Frauen  (Sittenbilder  aus  Chinal. 
Von  Herrn  Viceconsul  DE  Flesch  : 

La  Hongrie  a  la  vieille  du  millenaire. 
Der  Vorsitzende  theilte  darauf  der  Versammlung  mit,  dass  der 
Vorstand  beschlossen   habe,    Sir   Ernest  Satow  in  Anerkennung 
seiner  hervorragenden  Verdienste  um  die   wissenschaftliche  Erfor- 
schung Japans  zum  Ehrenmitglied  der  Gesellschaft  vorzuschlagen, 


SITZUNGSBERICHTE.  l6l 

und  ertheilte  Herrn  Dr.  RiESS  zur  Begründung  dieses  Antrages 
das  Wort.  Darauf  wurde  Sir.Ernest  Satow  durch  einstimmip-en 
Beschluss  der  Versammlung  zum  Ehrenmitgliede  ernannt. 

Hierauf   hielt    Herr    Pfarrer    Dr.    CilRiSTLIEB    einen    Vortrao- 
"Über  einige  in  Japan  aufgefundene  Mähayäna  Sütra's.""-) 


SITZUNG  IN  TOKYO 

am   19.  Juni   1897. 


Vorsitzender  :  Herr  von  Treutler. 


Als  Mitglied  ist  der  Gesellschaft  beigetreten 
Herr  ViCTOR  HERRMANN,   Tokyo. 

Herr  H.  Baehr  ist  auf  die  Liste  der  abwesenden  Mitglieder 
gesetzt  worden. 

Herr  R.  Lehmann  hielt  einen  Vortrag  über  "  Kinderspiele  in 
Japan,"  der  durch  Demonstrationen  erläutert  wurde. — Der  Sitzung 
wohnte  eine  Anzahl  Damen  bei. 


SITZUNG  IN  YOKOHAMA 

am  29.  September   1897. 


Vorsitzender  :  Herr  R.  Lehmann, 


Der  Vorsitzende  theilte  zunächst  der  Versammlung  mit,  dass 
eine  Anzahl  neuer  Mitglieder  der  Gesellschaft  beigetreten  ist.  Es 
sind  dies  die  Herren 

Gutsbesitzer  Th.  Stöpel,  z.  Z.  in  Tokyo. 

R.  Becker,  Hongkong. 

R.  N.  Ohly,  Taipeh   (Formosa). 

F.  L.  DiJRBiG,  Leipzig. 
O.  Fischer,     Kobe. 
RuD.  Milberg,  d° 

G.  Thomas,        d? 
P.  Holm,  d? 

Wiedereingetreten  ist  Herr  A.  FisCHER,   Berlin. 
Herr  Legationssecretär  von  Treutler    ist    lebenslängliches 
Mitglied  geworden. 

■')     Durch    einen    Zufall    ist    der    Abdruck    der  vorstehenden   vier   Sitzungsberichte 
verspätet  worden. 


l62  SITZUNGSBERICHTE. 

Die  Gesellschaft  hat  zwei  ihrer  Mitglieder  durch  den  Tod 
verloren  :  Herrn  wirkl.  Legationsrath  VON  ScHELLING  (t  i6. 
Mai  1897  in  Berlin),  und  Herrn  T.  Lenz  (f  16.  August  1897  in 
Braunschweig).  Die  Versammlung  ehrte  das  Andenken  der  beiden 
Verstorbenen  durch  Erheben  von  den  Sitzen. 
An  Geschenken  sind  eingegangen  : 

G.  Kaufmann,    Geschichte    der   deutschen   Universitäten, 

von  Herrn  W.  Spemann  in  Berlin. 
R.  Lange,     Einführung    in    die    japanische    Schrift,    von 

Herrn  W.  Stemann   (zur  Besprechung), 
Ein    zweites    Exemplar    desselben    Werkes,    vom    Orient. 

Seminar  in  Berlin. 
D.  Kztao,  Über  die  Wasserbewegung  in  Böden,  vom  Ver- 
fasser. 
A.  Fischer,  Bilder  aus  Japan,  vom  Verfasser. 
Maurice  Conrant,  Bibliographie  Coreenne,  vom  Verfasser. 
Chart  of  the  World,   von    Herrn  JuST.   PERTHES  (zur  Be- 
sprechung). 
Ferner  eine  Anzahl  von  Büchern  und  Broschüren  verschie- 
denen Inhalts,  von  Herrn  Dr.  Haberer. 
Mit  folgenden  Avissenschaftlichen   Zeitschriften  ist  die  Gesell- 
schaft in  Austauschverkehr  getreten  : 

Annotationes  zoologicae  japonenses,  Tokyo. 
Relatorio  annual  del  Instituto  Agronomico,  Campinas. 
The  Australasian  Anthropological  Journal,  Sydney. 
Herr    J.    JansON     legte     wegen     einjährigen    Urlaubs    nach 
Europa  sein  Amt  als  Schriftführer   nieder   und   schlug    Herrn    P. 
P^HMANN  zu    seinem    Nachfolger    vor.     Die   Versammlung  geneh- 
migte den   Vorschlag   und   drüclxte   Herrn  jANSON  durch  Erheben 
von  den  Sitzen   ihren    Dank   für   seine   verdienstvolle  Thätigkeit  im 
Vorstande  aus. 

Hierauf  ertheilte  der  Vorsitzende  Herrn  Dr.  Haberer  das 
Wort  zu  seinem  Vortrage  "  Über  Lepra  in  Hawaii  und  das  Aussätzi- 
genheim  in  Molokai."  In  der  sich  daran  anschliessenden  Discus- 
sion  fragte  Herr  Dr.  RiESS,  ob  es  einem  in  Molokai  internirten 
Kranken  möglich  sei,  von  dort  wieder  in  die  Aussenwelt  zurückzu- 
kehren, was  von  Herrn  Dr.  Haberkr  verneint  wurde.  Herr  Dr. 
Fest    behauptete   gelesen   zu   haben,    dass   die   Lepra    durch    zwei 


SITZUNGSBERICHTE.  163 

Chinesen  nach  Hawaii  eingeschleppt  worden  sei,  und  theilte  ausser- 
dem mit,  dass  die  Leprosarien  in  der  Nähe  von  Canton  eigentlich 
keine  solchen  seien,  sondern  nur  isolirte  Ansiedelungen  einer 
gewissen  Bettlerkaste,  in  denen  auch  Nicht-Leprakranke  unter- 
gebracht würden. 

Der  Vorsitzende  sprach  zum  Schlüsse  Herrn  Dr.  Haberer 
den  Dank  der  Gesellschaft  für  seinen  interessanten  Vortrag,  sowie 
für  die  von  demselben  geschenkten  Bücher  aus. 


SITZUNG  IN  TOKYO 

am  27.  October   1897. 
Vorsitzender  :  Herr  von  Treutler. 


Neu  eingetretene  Mitglieder  : 

Herr  Prof.  E.   Rahlsen,   Tokyo. 
F.  Weiirle,  d2 

K.  Reimmann,  d2 

Dr.  Fest,  Yokohama. 
Dr.  H.  Schumacher,  Berlin. 
Moritz  Schanz,  Chemnitz, 
letzterer  als  lebenslängliches  Mitglied. 

Herr  Baron  VON  GUTSCHMID  hat  der  Gesellschaft  das  Werk 
"Krieg  und  Sieg,"   2  Bde,  zum  Geschenk  gemacht. 

Herr  Dr.  TakahaSHI  hielt  einen  Vortrag:  "Über  giftige 
Schlangen,"  wobei  er  zur  Erläuterung  einige  Präparate  und 
lebendige  Schlangen  vorzeigte. 

SITZUNG  IN  YOKOHAMA 

am  24.   November   1897. 

Vorsitzender  :  Herr  R.  Lehmann. 


Der  Vorsitzende  theilte  mit,  dass  der   Gesellschaft   beigetreten 
sind 

Herr  F.   H.  Noltenius,  Tokyo. 

,,      Graf  H.  Künigsmarck,     d2 
,,     Dr.  Kurt  Bieler,  d2 

,,      A.   MaSON,  Yokohama. 


104  SITZUNGSBERICHTE. 

Herr  L.  BOBSIEX,  Yokohama. 
,,     E.  Kellmann,  Kobe. 
,,     R.  Retef,  d? 

,,      Dr.     VV.    Knappe,    Kaiserl.    Deutscher    Consul    in 
Canton. 

r.  SCHABERT,   Taipeh   (Formosa). 
,,      G.   Hartig,   Dresden. 

An  Geschenken  hat  die  Gesellschaft  erhalten  : 

Wissenschaftliche  Meeresuntersuchungen,  neue  Folge, 
l?d.  II,  Heft  2.  Geschenk  vom  Kgl.  Preuss.  Unterrichtsmi- 
nisterium. 

Ve7-beek  et  Fcnuevia,  Description  geologique  de  Java  et 
Maduras.  2  Bde  mit  Atlas.  Geschenk  von  der  Direction  de  l'In- 
stitut  publique  des  Cultes  et  de  1' Industrie  in  Batavia. 

Mit  dem  "  Allgemeinen  Reichsarchiv  "  im  Haag  ist  Austausch- 
verkehr angeknüpft  worden. 

Nach  Erledigung  dieser  geschäftlichen  Mittheilungen  ertheilte 
der  Vorsitzende  Herrn  TPL  StöPEL  das  Wort  zu  einem  Vortrage 
"Über  die  Entwicklung  des  japanischen  Bankwesens  und  die  ev. 
Gründung  einer  deutschen  Überseebank  in  Japan." 


SITZUNG  IN  TOKYO 

am  22.  December  1897. 


Vorsitzender  :  Herr  R.  Lehmann. 


Als  neues  Mitglied  ist  eingetreten 

Herr  FRANZ  Hoffmann,  Yokohama. 
Der  Gesellschaft  sind  folgende  Geschenke  zugegangen  : 
Schfött,  Samlede  philologische  Afhandinger. 
Sars,  Fauna  Norvegica,  I. 
BartJi,  Norrönaskaller. 
Bang,  Dokumenter  og  Studier,   I. 
— sämmtlich  von  der  Universität  in  Christiania. 

Eine  Anzahl  von  Vereinen  etc.,  mit  denen  die  Gesellschaft 
bisher  im  Austausch  gestenden  hat,  die  aber  schon  seit  längerer 
Zeit  keine  Publikationen  mehr  schicken,  ist  von  der  Austauschliste 
gestrichen  worden. 


SITZUNGSBERICHTE.  165 

Die  Versammlung-  beschloss,  dem  Ehrenmitgliede  der  Gesell- 
schaft Herrn  VON  HOLLEBEN  zu  seiner  Ernennung  zum  Botschaf- 
ter in   Washington  ein  Glückwunschschreiben   zugehen  zu  lassen. 

Der  Antrag  des  Vorstandes,  vom  7.  Bande  an  das  Format 
der  "Mittheilungen"  zu  ändern  und  dieselben  statt,  wie  bisher, 
in  Quart,  in  Gross-Octav  erscheinen  zu  lassen,  wurde  ange- 
nommen. 

Herr  Dr.  FLORENZ  besprach  sodann  Lange  s  "Einführuno-  in 
die  japanische  Schrift."  (Diese  Besprechung  erscheint  in  gegen- 
wärtigem Hefte.)  Daraufsprach  Herr  Dr.  RiESS  :  i)  "Über  die 
Wahrheit  der  vielbesprochenen  Intrigue  der  Holländer  gegen  die 
Portugiesen  i.  J.  1636"  (in  diesem  Hefte  als  Theil  des  Aufsatzes: 
Die  Ursachen  der  Vertreibung  der  Portugiesen  aus  Japan)  ; 
2)  Über  "  Psalmanazaar's  Beschreibung  der  Insel  Formosa." 


GENERALVERSAMMLUNG  IN  YOKOHAMA 

am   I.  Februar   1898. 

Vorsitzender  :  Herr  von  Treutler. 


Der  Vorsitzende  verlas  den  Jahresbericht  für  1897  (in  diesem 
Heft  abgedruckt).  Nachdem  dem  Vorstande  von  der  General- 
versammlung Decharge  ertheilt  war,  wurde  auf  Antrag  von  Herrn 
Dr.  Bälz  der  bisherige  Vorstand  durch  Acclamation  wieder- 
gewählt.    Derselbe  besteht  demnach  wieder  aus  den   Herren 

VON  Treutler,  Kaiserl.  Geschäftsträger,  i.  Vorsitzen- 
dem ; 

R.  Lehmann,  2.   Vorsitzendem; 

Dr.  M.  Christlieb,  und 

P.  Ehmann,  Schriftführern  ; 

Dr.  L.  RieSS  und 

H.  Kessler,   Bibliothekaren  ; 

P.  Pietzcker,  Schatzmeister. 

P^rner  beschloss  die  Generalversammlung,  §  9  der  Statuten 
dahin  abzuändern:  nach  "wohnenden"  soll  "nur  die  Hälfte. 
Die  Mitglieder,  die  in  Deutschland  ihren  Wohnsitz  haben, 
können"  gestrichen,  und  nach  "  Jaliresbeitrag  von"  soll  einge- 
fügt werden:     "6  Yen    oder    12   Mark    oder   12    Shilling    oder    15 


l66  SITZUNGSBERICHTE. 

Francs  ;  "  sodass   die   betreffende   Stelle    nunmehr  folgenden  Wort- 
laut hat  : 

"  Die    ordentlichen    Mitglieder    in    Tokyo    und    Yokohama 
"  zahlen  einen  monatlichen  Beitrag  von   i  Yen,  alle  ausser- 
"  halb    dieser    Plätze    wohnenden    einen   Jahresbeitrag  von 
"  6  Yen  oder  12  Mark  oder  12  Shilling  oder  15  Francs." 
Auf    Antrag   von    Herrn    Dr.    BÄLZ    wurde    beschlossen,    der 
"Japan  Daily  Mail"  einen  Bericht  über  die  gegenwärtige  General- 
versammlung incl.  eines  Auszuges  aus  dem  Jahresbericht  für  1897 
zur  Veröffentlichung  zu  schicken. 

Hierauf  hielt  Herr  Dr.  BÄLZ  einen    Vortrag  :  "  Bemerkungen 
über  die   Ainu's." 


SITZUNG  IN  TOKYO 

am  2.  März  1898. 


Vorsitzender  :  Herr  von  Treutler. 


Es  sind  folgende  neue  Mitglieder  eingetreten  : 
Herr  Edm.  Stucken,   Kobe. 

,,       G.   POLLITZ,  d2 

,,       F.    POPERT,  d2 

Ferner  sind  wiedereingetreten  : 

Herr  E,  W ismer,   Yokohama. 
,,     A.  L.  Koch,        d? 
Herr  B.  H.  Chamberlain  hat  der  Gesellschaft    die   3.  Auf- 
lage seines  "  Handbook  of  Colloquial  Japanese"   geschenkt. 

Herr  P.  P^hmann  hielt  einen  Vortrag  über:  "Die  Lieder 
der  hundert  Dichter  {Hyaktinm-Isshü) ,''  und  Herr  Pfarrer  Dr.  M. 
Christlieb  über  :  "  Eine  aufgefundene  Abschwörungsformel  aus 
der  Zeit  der  Christenverfolgung  im   17.  Jahrhundert." 


SITZUNG  IN  TOKYO 

am  26.  März  1898. 


Vorsitzender  :  Herr  von  Treutler. 


Als  neue  Mitglieder  sind  eingetreten 
Herr  A.  Fl  SC  HER,   Tokyo.  . 
,,      E.  NISSLE,  d2 


SITZUNGSBERICHTE.  167 

Herr  F.  Lüdecke,  Kobe. 
C.  Kalkhof,     d? 
O.  Mever,   Bombay. 
Da    sich    lierausgestellt  hat,    dass  in  Folge  der    bedeutenden 
Zunahme  unserer  MitgHederzahl  und  unserer  Austauschverbindun- 
gen die  bisherige  Auflage  der  "  Mittheilungen,"  die  500  Exemplare 
betrug,   nicht   mehr   ausreicht,   so   soll  dieselbe  auf  700  Exemplare 
erhöht  werden. 

Herrn  Prof.  Dr.  Scriba's  Vortrag  für  diese  Sitzung:  "Über 
Durchleuchtung  des  menschlichen  Körpers  mittelst  Röntgen- 
strahlen, mit  Demonstrationen  "  fand  im  Hospital  der  Kaiserli- 
chen Universität  statt. 


SITZUNG  IN  YOKOHAMA 

am  27.  April   1898. 


Vorsitzender  :  Herr  von  Treütler. 


Neu  eingetretene  Mitglieder  : 

Herr  W.  HussMANN,  Yokohama. 
,,     F.  Kern,  d2 

,,     E.  Kroneck,  d2 

,,     C,  Heuser,  d° 

,,  Consul  E.  Hernsheim,  Charlottenburg. 
Herr  VON  Treutler  legte  den  Vorsitz  nieder  und  schlug  den 
Kaiserlichen  Gesandten  Herrn  Grafen  VON  Leyden  zu  seinem 
Nachfolger  vor,  was  von  der  Versammlung  einstimmig  angenom- 
men wurde.  Herr  R.  Lehmann  sprach  darauf  Herrn  VON 
Treutler  im  Namen  der  Gesellschaft  für  seine  ebenso  hingebende 
wie  erfolgreiche  Thätigkeit,  die  er  als  Vorsitzender  der  Gesellschaft 
bei  jeder  Gelegenheit  entfaltete,  herzlichen  Dank  aus. 

Von  dem  Kaiserlichen  Botschafter  in  Washington,  Herrn  VON 
Holleben,  ist  ein  Antwortschreiben  auf  den  Glückwunsch  des 
Vorstandes  zu  seiner  Ernennung  eingetroffen.  Dasselbe  wurde  in 
der  Sitzung  verlesen. 

Hieraufhielt  Herr  Dr.  Fest  einen  Vortrag  "Über  chinesi- 
sche Arzte,"  der  in  diesem  Heft  abgedruckt  ist. 


j68  SITZUNGSBERICHTE. 

SITZUNG  IN  YOKOHAMA 
am   I.  Juni   1898. 


VORSITZKNDER  :    HERR    GRAF   VOV   LeYDEN. 


Als  neue  Mitglieder  sind  aufgenommen  worden  : 
Herr  Rev.  J.  E.  WoOD,   Tokyo 
,,      S.  Tachibana,  d2 

Folgende  Geschenke  sind  der  Gesellschaft  gemacht  worden  : 
TJi.  Stößel,    Über    japanisches    Bankwesen  und  Deutsch- 
lands   Antheil   am    Welthandel    und     der    Industrie 
Japans.     Geschenk  vom  Verfasser. 
Dr.  Schmelts,  Ethnographische  Musea  in  Midden-Europa. 
Geschenk  von  Herrn  R.  Lehmann. 
Ferner  hat    Herr   Maler    C.  Wuttke  sein    Ölgemälde,   nach 
dem  das  Titelblatt  der  Tischkarte  zur  letzten  Kaisersgeburtstags- 
feier chromo-lithographirt    worden   ist,    der  Gesellschaft    zum    Ge- 
schenk gemacht. 

Den  Vortrag  für  die  Sitzung  hatte  Herr    Dr.  Weipert  über 
nommen  ;  derselbe  sprach  "Über  das  Bonfest." 


SITZUNG  IN  TOKYO 

am  9.  Juli  1898. 


Vorsitzender  :  Herr  R.  Lehmann. 


Als  Mitglieder  sind  der  Gesellschaft  beigetreten  : 

Herr  E.  Baltzer,     Kgl.    Preuss.     Eisenbahn-Bau-     und 
Betriebsinspektor,  Tokyo. 
,,     Charles  Rhine,  Yokohama. 
,,     Dr.  John  Herz,  Hamburg. 
Herr    Dr.    K.    MlURA    hat    der    Gesellschaft  seine  Abhand- 
lung "Über  l'heredoataxie  cerebelleuse  Marie's  "  (Separatabdruck 
der    Medic.     Facultät    der    Kaiserl.    Universität)    zum    Geschenk 
gemacht. 

Herr  Landgerichtsrath  Dr.  LÖNHOLM  hielt  einen  Vortrag  : 
"Über  die  neueste  japanische  Gesetzgebung,  mit  besonderem 
Bezug  auf  das  Familien-  und  Erbrecht." 


SITZUNGSBERICHTE.  169 

SITZUNG  IN  YOKOHAMA 

am  28.  September   1898. 


Vorsitzender  :  Herr  R.  Lehmann. 


Neu  eingetretene  Mitglieder  : 
Herr  Fritz  Ellon,  Tokyo. 

,,     Paul  Helm,  Yokohama. 

,,     Wilhelm  Müller,      d? 

,,     Karl   Heit.mann,        d2 

,,     A.  Nirrnheim,    Kobe. 

,,     James  Favre,  Osaka. 

,,     Prof.  Oscar  Göriz,  Kyoto. 

,,     Karl  Lührs,  Chemulpo. 

,,     Karl  Wolter,      d2 

,,     Dr.  Berthold  Laufer,  Köln  a/Rh. 
Herr  Th.  StöpEL  hielt  einen  Vortrag   "Über  Kiautschou. 


JAHRESBERICHT  FÜR  1897. 

Die    JMitgliedersaJi.1    hat    während    des   Jahres   ungewöhnlich 
zugenommen,  indem  sie  von  219  auf  251   (6  Ehrenmitglieder  und  245 
ordentliche  Mitglieder)  gestiegen  ist.     Die  Zahl  der  neu  eingetre- 
tenen Mitglieder  beträgt  43,   die  der  Austritte  7.     Ausserdem  hat 
die  Gesellschaft  folgende  4  Mitglieder  durch  den  Tod  verloren  : 
Herrn  F.  Grunwald,  f  in  Kobe  am   19.   April. 
C.   Koppe,  t  in  Kobe  am  2.  Mai. 
Legationsrath  Dr.  K,  VON  SCHELLING,  t  in  Berlin 

am  16.  Mai. 
T.  Lenz,  t  in  Braunschweig  am  16.  August. 
Die    Vertheilung    der    Mitglieder    nach    ihrem    Wohnort    ist 
folgende  : 

Tokyo (1896  :     45)       44 

Yokohama (    ,,  38)       53 

Übriges  Japan (     ,,  31)       37 

,,        Ostasien (    ,,  12)       12 

Andere  Länder (     ,.  93)     105 

Sa (1896  :  219)     251 


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lyo  JAIIRKSBEKICHT    FÜR    1897. 

Über  die  finanzielle  Lage   der   Gesellschaft   giebt   der  Kassen- 
bericht, der  weiter  unten  folgt,  günstige  Auskunft. 

Mit  folgenden  wissenschaftlichen   Instituten   und   Zeitschriften 
sind  AnstaiisclLvcrbindiiiigen  angeknüpft  worden  : 

American  Museum  of  Natural  History,  in  New  York. 
Wiener  Zeitschrift  für  die   Kunde  des  Morgenlandes. 
Allgemeines  Reichsarchiv',   im  Haag. 
Annotationes  Zoologicae  Japonenses,  in  Tokyo. 
Relatorio  Annual  dcl  Instituto  Agronomico,  in  Campinas. 
Australasian  Anthropological  Journal,  in  Sydney. 
Dao-es-en  musste  der  Austausch   mit  einer  Reihe  von  Vereinen 
und  Zeitschriften  eingestellt  werden,  weil  sie  schon  seit  längerer 
Zeit  aufgehört  hatten,  Veröffentlichungen  zu  schicken. 
Es  sind  dies  die  folgenden  : 

Geographisch-Commercielle  Gesellschaft,  in  Aarau. 
Eotan.  Verein  f.  d.  Provinz  Brandenburg,  in  Berlin. 
Archiv  für  Anthropologie,  in  Braunschweig. 
Verein  Deutscher  Studenten,  in  Breslau. 
Royal  Asiatic  Society,  in  London. 
Zoological  Society,  in  London. 

Minnesota  Academy  of  Nat.  Sciences,  in  Minneapolis. 
Geogr.  Gesellschaft,  in  München. 
Societa  Africana,  in  Neapel. 
Societa  Reale,  in  Neapel. 
Verein  für  Naturkunde,  in  Offenhach. 
Academie  des  Sciences,  in  Paris. 
Societe  Academique  Indo-Chinoise,  in  l'aris. 
Museum  of  American  Archaeology,  in  Philadelphia. 
Societe  d'histoire  naturelle,  in  Toulouse. 
New  Jersey  Natural  History  Society,  in  Trenton. 
In  den  zehn  Sitzungen,  die   im  Laufe   des  Jahres  stattfanden, 
sind  folgende    Vorträge  gehalten  worden  : 

Neueste  Litteratur  über  Japan   (in  zwei  Theilen  vorgetragen), 
von  Pfarrer  Dr.  M.  Christlieb  (siehe  Sitzungsber.) 

Besessenheit,  religiöse  Ekstase  und  Verwandtes  in  Japan,  von 
Geh.  Hofrath  Dr.  E.  BALZ  (siehe  Sitzungsber.) 

Über   Distoma   pulmonale,   von   J.   L.  JANSON  (siehe  Sitzungs- 
ber.) 


JAHRESBERICHT   FÜR    1897.  171 

Über  scheinbare  Geschlechtsmetamorphose  bei  Hühnern,  von 
J.  L.  Janson  (siehe  Sitzungsber.) 

Reise  durch  Formosa  und  Besteigung  des  Mount  Morrison,  von 
Dr.  S.  Honda. 

Über  die  Bereitung  der  Shöyusauce,  von  Dr.  O.   Low. 

Ein  Neujahrsausflug  nach  Tzu  no  Oshima,  von  Dr.  L.  RiESS. 
(siehe  Sitzungsber.) 

Über  Kinderspiele  in  Japan,  mit  Demonstrationen,  von  R. 
Lehmann. 

Über  Lepra  auf  Hawaii  und  das  Aussätzigenheim  in  Molokai, 
von  Dr.  Haberer. 

Über  giftige  Schlangen,  von  Dr.  Takahashi. 

Über  die  Entwicklung  des  japanischen  Bankwesens  und  die 
ev.  Gründung  einer  deutschen  Überseebank  in  Japan,  von  K. 
Stöpel. 

Besprechung  von  R.  Lange's  Einführung  in  die  japanische 
Schrift,  von  Dr.  K.  Florenz. 

Über  die  Wahrheit  der  vielbesprochenen  Intrigue  der  Hollän- 
der gegen  die  Portugiesen  im  Jahre  1636,  von  Dr.  L.  RiESS. 

Pzalmanazaar's  Beschreibung  der  Insel  Formosa,  von  Dr.  L. 
RiESS. 

Von  den  ''■Mittheilungen''  sind  drei  neue  Hefte,  No  58,  59 
und  60,  erschienen  ;  dieselben  enthalten  folgende  Aufsätze  : 

(58.     Heft) 

Das  Shinto-Gebet  der  grossen  Reinigung,  von  Dr.  H.  Wei- 
pert. 

Beiträge  zur  Kenntniss  der  japanischen  Musik,  von  R. 
DiTTRICH. 

In  den  Sitzungsberichten  : 

Philipp  Franz  von  Siebold.     Festrede  von  Dr.   PL.  BALZ. 
Kunstgewerblicher  Unterricht  in  Japan,  von  W.  ElkAN. 
Rothe  Plefearten,  von  Dr.  O.  Low. 
Verwendung  des  Bambus  in  Japan,  von  H.  SPÖRRY. 

(59.     Heft) 
Geschichte  der  Insel  Formosa,  von  Dr.  L.  RiESS. 


172  JAHRESBERICHT    FÜR    1897. 

(60.      Heft) 

Buddhistische  Gnadenmittel,  von  Rev.  A.  LLOYD. 
Eine  Besteigung  des  Mount   Morrison   auf  der   Insel  Formosa, 
von  Dr.  S.  Honda. 

Über  die  Bereitung  der  Shöyusauce,  von  Dr.  O.  LOW. 
Ausserdem  sind  als  SjtpplementJiefte  erschienen  : 

Nihongi,  IIL  Theil,  Buch  30,  von  Dr.  K.  FLORENZ. 
Die  Sprichwörter  und  bildlichen   Ausdrücke    der    japani- 
schen Sprache,  Theil  I  und  II,  von  P.  Ehmann, 
Zum    Schluss    wird    dem    Vorstande    des    Club    Germania    für 
freundliche  Überlassung  des  Saales  zu  den  Sitzungen  in  Yokohama 
hiermit  wieder  der  allerbeste  Dank  ausgesprochen. 


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MITGLIEDERVERZEIGHNISS. 

(December   1898.) 


VORSTAND. 

Erster  Vorsitzender Graf  vox  Leyden. 

Zweiter  ,,  R.  Lehmann. 

Schriftführer    Dr.   M.  ChriSTLIEB. 

P.   EHMANN. 
Bibliothekare Dr.  L.  RiESS. 

H.  Kessler. 
Schatzmeister     A.  Gerdts. 

EHREN-MITGLIEDER. 

1.  S.   Königl.  Hoheit  Prinz  Heinrich  von  Preussen. 

2.  M.  von  Brandt,  Wirkl.  Geh.  Rath  und   Kaiserl.  D.  Gesand- 

ter a.  D.,  Exe,  Wiesbaden. 

3.  Th.   von    Holleben,     Dr.   jur.,     Kaiserl.     D.    Botschafter    in 

Washington,  Exe. 

4.  R.  Lehmann,  Tokyo. 

5.  Sir    Ernest    Satow,     Kgl.    Grossbritannischer    Gesandter  in 

Tokyo. 

6.  Dr.  A.  Bastian,  Professor  und    Geli.    Oberregierungsrath  in 

Berlin. 

ORDENTLICHE  MITGLIEDER. 

(Die  mit*  bezeichneten  sind  Mitglieder  auf  Lebenszeit.) 

TOKYO. 

1.  Aoki,  Vicomte  S.,  Minister  des  Ausseren,  Exe. —  Köjimachi, 

Kami  Nibanchö   15. 

2.  Bahlsen,  E. — Hongö,   Kagayashiki   ii. 

3.  Baltzer,   F. — Azabu,   liguramachi   rokuchöme   13. 


MITGLIEDERVERZEICHNISS.  175 

4.  Balz,    Geheimer     Hofrath     Dr.    E. — Köjimachi,     Nagatachö 

nichöme  7, 

5.  Bieler,   Dr.  K. — Koiri.iba,   Nöka  Daig^aku. 

6.  Burton,   Prof.  W.  K. — Köjimachi,   Nagatachö   itchöme  7. 

7.  Chrisilieb,  Pfarrer  Dr.  M. — Koishikawa,   Kami-Tomizakachö 

39. 

8.  Eckert.      F.,     KgL       Musikdirector.— Ushigome,       Ichigaya 

Nakanocho   53. 

9.  Ehmann,  P. — Yotsuya,  Minami-Igamachi  41. 

10.  Elton,   Fr. — Akasaka,   Aoichö   3. 

11.  Fischer,   A. — Tsukiji  48. 

12.  "-Florenz,  Dr.   K.  A.  —  Koishikawa,   Haramachi   102. 

13.  Haas,  Pfarrer  H. — Koishikawa,   Kami-Tomizakachö  39. 

14.  Herrmann,  V. — Tsukiji  48. 

15.  Janson,  J.  L. — Komaba,    Nöka  Daigaku. 

16.  Katsura,  T.  Vicomte,   General   und    Kriegsminister,   Exe. — 

Shiba,  Mita  itchöme  46. 

17.  Kessler,  H. —  Tsukiji  48. 

18.  Köber,  Dr.  R.  von.— Koishikawa,  Hakusan,  Gotenmachi  108. 

19.  Königsmarck,  Graf  von. — Imperial  Hotel. 

20.  Kozakow,   G.,   Dolmetscher  der  Kais.   Russ.   Gesandtschaft. 

— Köjimachi,   Ura-Kasumigaseki   i. 

21.  Leybold,  L. — Tsukiji   51. 

22.  Leyden,  Graf  von,  Kaiserl.  D.  Gesandter. — Köjimachi,  Naga- 

tachö itchöme   14. 

23.  Lloyd,  Rev.  Arthur. — Tsukiji  56. 

24.  Lönholm,  Dr.  L.  H.,  Kgl.  Sachs.  Landgerichtsrath. — Hongö, 

Kagayashiki  8. 

25.  Lüthy,  E.  — Nippon   Ke-ito  Boseki   Kwaisha,    Honjö,   Go  no 

hashimachi   19. 

26.  MacCaulay,   Prof.  Clay. — Shiba,  Yuiitsukwan. 

27.  Maschke,    E.,    Kapitän    z.  S.  z.    D. — Köjimachi,  Nagatachö 

itchöme    18. 

28.  May,   Paul,  Erster  Sekretär  der  Kgl.  Belg.  Gesandtschaft. 

29.  Meincke,  Premier-Lieutenant  M. — Kais.   D.  Gesandtschaft, 

30.  Miura,  Dr.   K. — Surugadai,  Kita-Kögamachi  3. 

31.  Miyashita,  Dr.  med. — Kyöbashi,   Inabachö  7. 

32.  Mosle,  A.  G. — Ginza  sanchöme  19. 


176 


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33-     Nagai,   Dr.   VV.   N. — Ao}'aina,   Minamichö  sliiclTicIiöme. 

34.  Nissle,  E. — Tsukiji  48. 

35.  Noltenius,   F.   H. — Tsukiji   28. 

36.  Ohrt.   Dr.   E..    Dolmetsclier-EIeve'  der  Kaiserl.    D.  Gesandt- 

schaft.—Köjimachi,   Nac^atachö  itcliöme   14. 

37.  Putzier,   Fr. — Köjimachi,   Shiino-Nibanchö   i. 

38.  Reimmann,    K. — Koisiiikawa,  Suidöbata-machi  nichöme    52. 

39.  *Riess,  Dr.  E. — Hont^ö,   Kagayashiki  7. 

40.  Robert,   R. — Tsukiji  sanchöme   15. 

41.  Rosen,   Baron  von,    KaiserL  Russischer  Gesandter. 

42.  Sachse,   R.,    Geh.    exped.    Sekretär    der  Kais.  D.   Gesandt- 

schaft.— Köjimachi,  Nagatachö  itchöme   14. 

43.  Schiller,  E.,   Pfarrer. — Koishikavva,    Kami-Tomizak.ichö   39. 

44.  Schmidt,   P. — Tsukiji,    Minami-Odavvarachö    10. 

45.  Scriba,   Prof.  Dr.  J. — Köjimachi,   Hirakawacliö  gochöme    19. 

46.  Specka,  Dr.  G.,  Dolmetsclicr-Elcvc  der  Kaiserl.  D.  Gesandt- 

scliaft. — Köjimachi,   Nagatachö   14. 

47.  Tachibana,  S. — Yotsuya.    Aizumichö  79. 

48.  Vautier,  P. — Tsukiji,   Akashichö   5  1-5. 

49.  Wada,  Dr.  T,,  Direktor  der  Kais.  Jap.  Stahlwerke  in  Yawata- 

mura,  Chikuzen. — Ushigome,   Sanaizaka  26. 

50.  Wehrle,  R. — Tsukiji   50. 

51.  Weipert,     Dr.     H.,     Secretaire     Interprete     der    Kaiserl.  D. 

Gesandtschaft — Köjimachi,   Nagatachö  itchöme    14. 

52.  Wendt,   A.,  Pfarrer, — Köjimachi,  Dote-Sambanchö   15. 

53.  Wood,  Rev.  J.  E. — Köjimaclii,   Kami-Nibanchö    14. 

54.  Wydenbruck,  Graf  C.,    K.    u.  K.    Österr.-Ung.  Gesandter. — 

Köjimachi,   Kioichö. 


YOKOHAMA. 


55.  Abegg,   H. — No.  90  A. 

56.  Bahr,  H. — No.  70. 

57.  Becker,  E.    H.— No.  40. 

58.  Bielfeld,  F.— No.   54. 

59.  Büller,  P. — No.  25. 

60.  Danckwerts,  F. — No.  256. 


MITGLIEDERVERZEICHNISS.  177 

61.  Daniels,   W. — Yama  248  B. 

62.  Deck,   H.  C— No.  95. 

63.  Egli,  A. — No.  90  A. 

64.  Engert,   M. — No.  92. 

65.  "Feicke,  J. — No.  73  D. 

66.  Flesch,  A.  de,  K.  u.  K.  Österr.-Ung.  Consul. — Yama  /6  B. 

67.  Fox,  E. — No.  27. 

68.  Geräts,  A.— No.  24  A. 

69.  Grautoff,  W.— No.   153. 

70.  Haesloop,  H. — No.  40. 

71.  Hagen,  W.,   Kaiser!.  D.  Vice-Consul. — No.   24. 

72.  Heckert,  H. — -Yama   123. 

73.  Heitmann,   C. — No.    198. 

74.  Helm,    P. — Yama  65. 

75.  Herb,   F.— No.   y6. 
']6.  Heuser,  C. — No.  256. 
"jy.  Hoffmann,  Fr. — No.   199. 
>]%.  Holm,  J.  H.— No.  54. 

79.  Kallen,  R.,   Kais.   D.  Viceconsul. — No.  24. 

80.  Karcher,  E. — No.    198. 

81.  Kaufmann,   M. — No.  25. 

82.  Keil,  O.— No.  60/61. 

83.  Kern,  J. — No.  90  A. 

84.  Klein  wort,  A.  O.— No.    176  A. 

85.  Koch,  W.— No.    202. 

86.  Kocli,  Oberstabsarzt  Dr. — Yama  40. 
Zy.  Koch,  A.  L.— No.  48. 

88.  Kroneck,  E.--N0.  29. 

89.  Lord,  O. — No.   153. 

90.  Luther,   H. — No.   235. 

91.  Mason,  A. — No.   176  A. 

92.  Meyer,   O. — No.  46. 

93.  Müller,  W.— No.  j-j. 

94.  Münster,  B. — No.  23. 

95.  Naudin,   G. — No.    153. 

96.  Orth,  E.— No.    199. 

97.  Pfister,  R.—No.  90  B. 

98.  Pietzcker,  P.  Th.— No.    199. 


1^8  MITGLIED  KKVERZEICriNISS. 

99.  Rctz,  F.— No.  214. 

100.  Schcdel,  J.-No.  •]■]. 

TOI.  Schmidt-Scharff,  R.— No.  208. 

102.  Seekamp,   A. — No.  70. 

103.  Seel,   R..  Architekt— Yama  33   15. 

104.  Stock.   A.— No.   54. 

105.  •■Stöpel,   K.   Th.— Grand   Hott-l. 

106.  Strahler,   F. — No.  208. 

107.  Strauss,   S. — No.  204. 

108.  Sürth,   M.— No.  29. 

109.  Temme,  L. — No.  29. 
HO.  Unger,   Alfr.— Yama  28. 

111.  Urhan,   F. — No.  95. 

112.  Wilckens,   A.— No.  2  B. 

113.  Wismer,   E. — No.  29. 


JAPAN,  AUSSER  TOKYO  UND  YOKOHAMA. 

114.  AiHon,  J.  A.— Köbe   50. 

115.  Albrecht,   Dr.   Rev.  G.  E.— Maebas'ni. 

116.  Bräss,  Gh.— Köbe  91. 

117.  Bobsien,  L. — Köbe  47. 

118.  Boyes,  R. — Köbe,   Ikuta-shita   i. 

119.  Braune,   L.  W.  W. — Köbe  82. 

120.  Bunge,  Th. — Köbe  30. 

121.  Büschel,   A.— Köbe   12. 

122.  De  la  Camp,   Gh.  Lange. —  Köbe   121. 

123.  Evcrs,   A. — Köbe    101. 

124.  Favre,  J. — Osaka,   Kawaguclii    10. 

125.  Fischer,   O. — Köbe   121. 

126.  Göriz,  Prof.  A. — Universität  Kyoto. 

127.  Greppi,   A. — Köbe,   Sakaimachi   19. 

128.  Hansen,  H. — Bakan. 

129.  Heitmann,  W. — Köbe  68. 

130.  Hofmann,  A. — Köbe   10. 

131.  Holm,   P. — Köbe  ^6  B. 

132.  Hussmann,    W. — Köbe   56  B. 


MITGLIEDERVERZEICHNISS. 


179 


133.  Junker,  E. — Kanazawa,   Kötö  Gakkö. 

134.  Kalkhof,   L. — Köbe  75. 

135.  Kellmann,   E. — Köbe   115   B, 

136.  Kochen,  M.  W. — Köbe   12. 

137.  Krencki,   R.  von,   Kaiserl,   D.  Consul. — Köbe  5. 

138.  Lüdecke,   F. — Köbe   loi. 

139.  Milberg,   R. — Köbe   121. 

140.  Müller,  Dr.  W.,  Dolmetscher-Eleve. — Kaiserl.  D.  Consulat, 

Taipeh  (Formosa). 

141.  Müller-Beeck,   G.,   Kaiserl.  D.   Consul. — Nagasaki. 

142.  Neubert,   G. — Köbe. 

143.  Nirrnheim,   A. — Köbe  8  A. 

144.  Oestmann,   A. — Köbe  47. 

145.  Ohly,  R.   N.— Adr.   Butler  &  Co,   Taipeh  (Formosa). 

146.  PapeUier,  Dr.  med.  E.   M.— Köbe,    Yama. 

147.  Pollitz,  G.— Köbe  66. 

148.  Popert,    F. — Köbe   10. 

149.  Popp,   E. — Köbe,  Yama  66. 

150.  Pors,  M.— Köbe  8. 

151.  Ramseger,   H. — Köbe  40. 

152.  Raspe,  H. — Köbe  91. 

153.  Raspe,  M.— Köbe  91. 

154.  Refardt,   C— Köbe  91. 
155-  Reiff,   R.— Köbe  8  A. 

156.  Schabert,  P.— Adr.   Butler  &  Co,   Taipeh  (Formosa). 

157.  Simon,  A. — Köbe  loi. 

158.  Stucken,  E.-^Köbe  66. 

159.  Stürke,  J.— Köbe  26. 

160.  Thiel,   F.,   Verweser  des  Kaiserl.   D.  Consulats.— Köbe. 

161.  "••Toppe,   Ingenieur  G. — Chikuzen,  Yavvatamura. 

162.  Wilm,  A.,   Kaiserl.  Rus.sischer  Consul.— Na^rasaki. 


OSTASIEN,  AUSSER  JAPAN. 

163.  Becker,  R.— Hongkong,   Adr.  Sander  &  Co. 

164.  BoUjahn,  J.— Adr.  Kaiserl.  D.  Consulat,  Söul,   Korea. 


l80  MITGLIEDERVERZEICHNISS. 

165.  Goltz,     Freiherr    von    der,     Dolmetscher    der    Kaiserl.    D. 

Gesandtschaft. — Peking. 

166.  Hart,  Sir  Robert,   G.  C.  M.  G.,  Inspector  General,  Imperial 

Maritime  Customs. — Peking. 

167.  Heyking,  Baron  von,  Kaiserl.  D.  Gesandter. — Peking. 

168.  Knappe,   Dr.  W.,  Kaiserl.  D,   Gcneralconsid. — Shanghai. 

169.  Lührs,   Karl. — Adr.  E.  Meyer  &  Co,  Chemulpo,  Korea. 

170.  Krien,   F.,   Kaiserl.  D.   Consul. — Söul,   Korea. 

171.  Marcuse,   S. — Adr.  Schlieper  &  Co,   Soerabaja. 

172.  Marx,  E. — Hongkong,   Adr.  F.  Blackhead  &  Co. 

173.  Möllendorf,   P.   G.  von,   Sekretär  der   Getieralzollinspektion. 

— Imperial  Customs,   Ningpo. 

174.  Reinsdorf,   Kaiserl.  D.  Consul. — Söul,   Korea. 

175.  Scherer,   Otto. — Manila. 

176.  Schönicke,  J.   F.,  Zolldirektor. — Kingchovv,   China. 

177.  Wolter,   Karl. — Adr.  E.  Meyer  &  Co,  Chemulpo,   Korea. 


EUROPA,  AMERICA  ETC. 

178.  Abegg,   F. — Zürich,   Seefeldquai  47. 

179.  Eair,  M.   M.,    Kais.    D.  Consul    a.    D. — Paris,     Avenue    de 

Vi  Hier   104. 

180.  l^alk,   Oscar. — Roslyn,   Dunedin,   New  Zealand. 

181.  Beenken,   H.,   Ingenieur. — Hamm  a/S. 

182.  Bergmann,  J.,   Oberlandesgerichtsrath. —  Celle. 

183.  Bibra,  Freiherr  von,  Lieutenant  z.  S.  an  Bord  von   S.  M.  S. 

"Prinzess  Wilhelm." 

184.  Blumenstein,   H. — Pulverfabrik  Au  a/S. 

185.  Blüthgen,   W.,   Director  des  Elektricitätswerks,   Chemnitz. 

186.  Böse,   Ch.  von. — Hamburg,  Adr.  Carlovvitz  &  Co. 

187.  Burchard.  M.,  Kais.  Jap.  Consul. — Hamburg. 

188.  Busse,    Prof.  Dr.  L. — Königsberg  i.  Pr. 

189.  Coudenhove,   Graf  H. — Ronsberg  (Böhmen). 

190.  Courant,  M. — Paris,  Vinsuil   par  Chantilly,   Oise. 

191.  De  la  Camp,  H.  O.— New    York,     108    North  Street,   P.  O. 

box   173. 


MITGLIIIDERVLI  ZEICHNISS.  l8l 

192.  Delbrück,   E.,   Regierungsratli. — Berlin,    \V.  Lützowufer  24. 

193.  Dönhoff,   Graf,   Freiherr     zu   Krafft,     Kgl.    Preussisclicr    Ge- 

sandter z.  D. — Berlin,  Ausw.  Amt. 

194.  Dümelin,  A. — Frauenfeld,  Schweiz. 

195.  Dürbig,   F.  L. — Leipzig,    Centralstr.   18   II. 

196.  Ehrenreich,   Dr.   med.   Paul. — Berlin,   W.   Bendler  Str,  35   I. 

197.  Eisendecher,     K.     von,      Kgl.      Preussischer     Gesandter. — 

Karlsruhe. 

198.  Elkan,   \\\ — Plamburg,   Harvesterhuderweg  39. 

199.  Eschenburg,   G. — Lübeck,   Katharinensti".   37. 

200.  Fesca,   Prof.  Dr.   M. — Berlin,   N.  W.  Pritzwalker  Str.  4. 

201.  Fest,  Dr.   Francis  T.  B.— Detroit,  Mich.  U.  S.  A. 

202.  Finckenstein,   Graf, — Reitwein,   Reg.  Bez.  Frankfurt  a/0. 

203.  Fischer,   A. —  Berlin,   Nollendorff  Plalz   i. 

204.  Freyvogel,   E. — Adr.   \V.  Baader,   Basel. 

205.  Fritze,  Dr.   A.,  Priv.itdc^ccnt. — Genf,  Ruc  Argaud   3,   I. 

206.  Fritzsche,    Karl. — Leipzig,    Adr.   Schimnu-i    &   Co. 

207.  Gottsclie,   Dr.  C.  —  Hamburg,   Adr.   Naturhist.  Museum. 

208.  Grasmann,   Dr.   E.— Adr.   München,   Arnulf  Str.  20  IIL 

209.  ''-Groth,  Oberlehrer  Dr.   A. — Berlin,   N.    \V.  Thurmstr.  47  A. 

210.  Grutschreiber,   Oberst  Freiherr  von. — Berlin,    Adr.   General- 

stabsgebäude. 

211.  Hake,  Th. — Wiesbaden,   Parkstr.   15. 

212.  Hartig,   G. — Drescien,  Winckelmannstr.   31. 

213.  Hartogli,    M.     H.,     Oberingenieur    der     AI  lg.     Elektricitäts- 

Ges.,    Berlin. —  Hamburg. 

214.  Hernsheim,   Consul  Ed. — Charlottenburg,   Schlüterstr.  J^. 

215.  Hertz,   Dr.  J. — Hamburg,   Ernst  Merckstr,   28. 

216.  Heyden,   Dr.  W.  van   der. — Adr.  Mad.   Rolin,  Avenue  Tru- 

daine  27,  Paris. 

217.  Hütterott,   G.,   Kais.  Jap.   Consul. — Triest. 

218.  Illies,   C. — Hamburg,  Glockengiesserwall. 

219.  Jankowich,   B.   von. — Budapest,    Kerepesi  Bazar. 

220.  Jauss,    K.,    Direktor   der   Rottweiler   Pulverfabrik. — Rottweil 

a/N. 

221.  "Jüngermann,   Director  des    "Vulkan." — Bredow    bei  Stettin. 

222.  "Kamp,   R.    fL — Hamburg. 

223.  Kassel,   E.,    Rechtsanwalt   u.   Notar. — Schweidnitz. 


I82  MITGI.IEDICRVER/.KTCIINISS. 

224.  Kellner,   Dr.  O.,   K^l.   Säclis.    llofr.ith,    Direktor  der  Land- 

wirthschaftl.   Versuchsstation  in   Möckern   b.  Leipzig. 

225.  Keinperinann,   P.,  Geh.  Legationsr.ath  und   Kaiserl  D.  Gene- 

ralconsul.— Sydney. 

226.  Kcmpte,  Dr.   H.— Adr.  Leopold    Casella    &    Co,   Bombay. 

227.  Kleffel,   Oberstabsarzt  Dr.  R.— Wilhelmshaven. 

228.  Kü^i^ler,  Oberstabsarzt   i.   Klasse  Dr.  F.— Berlin,  Lützowstr. 

6. 

229.  Lange,   Prof.  Dr.  R.— Berlin,   N.   \V.  Werftstr.    11. 

230.  Laufer,  Dr.  Berthold.— Köln  a/Rh.    Hohe  Str.    125. 

231.  Lentzc,   Dr.  Albr.,   Kais.  D.   Consul. — Montreal,    Canada. 

232.  Levy,   Alexis. — Adr.  H.  M.  Nachmaim,   Libau. 

233.  Löhr,  von,   Kais.  D.  Consul.  — Sarajewo,   Bosnien. 

234.  Lynian,  Prof.  B.  S.— Philadelphia,  Locust  Street  708. 

235.  Marx,  Bergassessor  W. — Siegen  a/R. 

236.  Meister,  Dr.   H.,— Frankfurt  a/M.,   Savigny  Str.  3. 

237.  Merck,   Dr.  W.— Darmstadt. 

238.  Meyer,  O. — Adr.    Messrs  Gaddum  &  Co,    Bombay. 

239.  Merian,  J.  R.— Basel,  Missionsstr  24. 

240.  *Mirre,     A.,     Kapitänlieutenant.  —  "Vulkan,"     Bredow     bei 

Stettin. 

241.  *Mosle,  G.   P.— Berlin,  N.  W.  Schumannstr.   5.  L 

242.  Mosse,  A.,  Oberlandesgerichtsrath. — Königsberg  i.   Pr. 

243.  Mosthaf,  H.,  Kgl.  Würtembergischer  Ministerialrath. — Adr. 

Stuttgart,   Ministerium  des   Innern. 

244.  Piorkovvski,   Hauptmann  von.— Adr.  ALindl  &  Co,   Shanghai. 

245.  Posse,  E.,  Redacteur. — Adr.   Kölnische  Zeitung,  Köln  a/Rh. 

246.  Pschorr,  Dr.  phil.— München,   Bayer  Str.   32. 

247.  Rathgen,  Prof.  Dr.   K.— Marburg. 

248.  Reddelin,   G. — Hamburg,   Goethe  Str.,  Uhlenhorst. 

249.  Reimers,  O. — Hamburg,   Alsterdamm  6,  L 

250.  *Rembielinsky.   Graf — Paris. 

251.  Rohde,   C. — Hamburg,   Rolandsbrücke  4. 

252.  *Rumschöttel,     Director    R.  —  Berlin,     Adr.     Schwartzkopff, 

Chausseestr.    17/18. 

253.  Runkwitz,   Oberstabsarzt  Dr. — Wilhelmshaven. 

254.  "Schäffer,   E. — Adr.   Messrs  Takata   &  Co,  London. 

255.  "Schanz.   Moritz. — Chemnitz,  Weststr.  28. 


MITGLIEDERVERZEICHNISS.  183 

256.  Schauenburg-,    Aug. — Lahr  (Baden). 

257.  Scheube,  Sanitätsrath  Dr.  B. — Greiz  i.  V. 

258.  "Schinzinger,     A.,     Hauptmann     a.     D.  —  Atlr,     Fr.     Krupp, 

Essen. 

259.  Schmidt-Leda,  Dr..  Kaiserl.   D.   Ministerresident. — Caracas. 

260.  Schmiedel,  Pfarrer  O. — I^isenach,   Sachsen-Weimar. 

261.  Schumacher,  Dr.  jur.   H. — Adr.    Berh'n  W.  Ministerium  der 

öffentl.  Arbeiten. 

262.  Schwartz,  jun.,   Werner, — Bocholt  (Westfalen). 

263.  Seckendorff,  Freiherr  von,   Kaiserl.  D.  Consul. — Prag. 

264.  Seydlitz  und  Ludwigsdorf,  von,   Kammergerichtsreferendar. 

— Berlin. 

265.  Siebold,  Baron  A.  von. — Schloss  Holmberg  b.  Anspach. 

266.  Siebold,  Baron   H.  von.— Schloss    Freudenstein  bei    Eppau, 

Bozen,  Tirol. 

267.  *SoItmann,  A. — Berlin,  S.  VV.   Hollmann  Str.  25. 

268.  Sonnenburg,   Major  Falkner  von. — Adr.    Justizrath  Dr.  von 

Kraussold,   München,   Herzog  Max  Str.   3, 

269.  Spörry,   H. — Adr.   H.  Meyer-Pestalozzi,  Zürich. 

270.  Spring-Rice,  C.  A.,   Kgl.  Brit.    Legationssekretär. — Berlin. 

271.  Techow,  H.,  Kgl.  Preussischer  Oberverwaltungsgerichtsrath, 

— Berlin,   Kurfürsten  Str.    112. 

272.  Thomas,   Gottfried. — Coblenz  a/Rli.,   Casino  Str.   3. 

273.  *Treutlcr,   C.  G.   von,    Legationssekretär. — Adr.  Auswärtiges 

Amt,   Berlin, 

274.  Waldthausen,      B.     von,      Kgl.     Preussischer     Regierungs- 

assessor.— Essen  a.  d.  Ruhr. 

275.  "Waldthausen,     J.     von,      Kaiserl.     D.     Legationsrath     und 

Generalconsul. — Caicutta. 

276.  Wirth,   Dr.  Albrecht, — Frankfurt  a/M,   Hermannstr.  42. 

277.  Wollant,  G.    de,    Kaiserl.    Russischer    Legationssecretär. — 

Washington,    U.  S.  A. 

278.  Wood,   Dr.   A. — Adr.    John  Hopkins  Univcrsity,  Baltimore. 

279.  Ziegler,   C. — Winterthur,   zum  Rychberg. 


i84 

LISTE  DER  GESELLSCHAFTEN,  INSTITUTE,  REDACTIONEN 

ETC.,  AN  WELCHE  DIE  "MITTHEILUNGEN" 

VERSANDT  WERDEN. 


ALTENBURG.  i.  S. 

1.  Natiirforschende  Gesellschaft  des   Osterlandes. 

AMSTERDAM. 

2.  Koninklijke  Akademie  van   Wetenschappen. 

3.  Koninklijk  Zoologish  Genootschap  "  Natura  Artis  Magistra." 

BASEL. 

4.  Universität. 

BATA\TA. 

5.  Bataviaasch  Genootschap  van   Künsten  en  Wetenschappen. 

6.  Koninklijke    Natuurkundige    Vereeniging    in    Nederlandsch- 

Indie. 

7.  Nederlandsch-Indische     Maatschappij     van     Nijverheid     en 

Landbouw, 

BELFAST. 

8.  Natural  History  and  Philosophical  Society. 

BERLIN. 

9.  Königl.   Akademie  der  Wissenschaften, 

10.  ,,  Cultus-Ministerium. 

11.  .,  Bibliothek. 

12.  ,,  Meteorologisches  Institut. 

13.  ,,  Orientalisches  Seminar. 

14.  Ethnologische  Abtheilung  der  Königl.  Museen. 

15.  Gesellschaft     für     Anthropologie,     Ethnologie     und     Urge- 

schichte. 

16.  Gesellschaft  für   Erdkunde. 

17.  Centralverein  für  Handelsgeographie. 

18.  Redaction   der   "  Deutschen  Literaturzeitung." 

19.  Professor  Dr.  Virchow. 

20.  ,,  ,,     Freiherr  F.   von  Richthofen. 


LISTE  DER  GESELLSCHAFTEN,   INSTITUTE,    REDACTIONEN  ETC.        185 

21.  Kaiserl.  Japanische  Gesandtschaft. 

22.  Deutsche  Colonialgesellschaft. 

BERN. 

23.  Geograpliische  Gesellschaft. 

BONN. 

24.  Naturhistor.    Verein    der    preussischen     Rheinlande,     West- 

falens und  des  Reg-Bezirks  Osnabrück. 

25.  Professor  Dr.  J.   J.  Rein. 

BOSTON. 

26.  Society  of  Natural  History. 

BRAÜNSCHWEIG. 

27.  Verein  für  Naturwissenschaft. 

BREMEN. 

28.  Geographische  Gesellschaft. 

29.  Naturwissenschaftlicher  Verein. 

BRÜSSEL. 

30.  Academie  Royale  des  Sciences,  des  Lettres  et  des  Beaux- 

Arts  de  Belgique. 

31.  Societe  Royale  Beige  de  Geographie. 

32.  ,,  ,,         Malacologique  de  Belgique. 

BUENOS  AYRES. 

33.  Instituto  Geografico  Argentino. 

CALCUTTA. 

34.  Asiatic  Society  of  Bengal. 

35.  Geological  Survey  of  India. 

CAMBRIDGE,   MASS.,  U.  S.  A. 

36.  Museum  of  Comparative  Zoology  at  Harvard  College. 

CAIMPINAS. 

37.  Instituto  Agronomico. 


l86       LISTE  DER  GESKLLSCHAFTEN,    INSTITUTE,     REDACTIONEN  ETC. 

CASSEL. 

38.  Verein  für  Naturkunde. 

CHAPEL  HILL,   RALEIGH,   N.  C,   U.   S.    A. 

39.  Elisha  Mitchell  Scientific  Society. 

CHEMNITZ. 

40.  König).  Sachs.  Meteorolog.  Institut. 

CHICAGO. 

41.  Fiele!  Columbia  Museum. 

CHRISTIANIA. 

42.  Königl.   Universität. 

43.  Videnscabs  Selskabet. 

CINCINNATI. 

44.  Society  of  Natural  History. 

DANZIG. 

45.  Naturforschende  Gesellschaft. 

DAVENPORT  (IOWA). 

46.  Davenport  Academy  of  Natural  Sciences. 

DRESDEN. 

47.  Isis,  Naturw.  Gesellschaft. 

48.  Verein  für  Erdkunde. 

EDINBURGH. 

49.  Royal  Society  of  Edinburgh. 

FRANKFURT  a/M. 

50.  Senckenbergische    Naturforschende    Gesellschait, 

51.  Neue  Zoologische    Gesellschaft. 

52.  Physikalischer  Verein. 

FRANKFURT  a/0. 

53.  Naturwissenschaft!.    Verein    des    Regierungsbezirks    Frank- 

furt. 

FREIBURG  i.   Br. 

54.  Naturforschende  Gesellschaft. 


LISTE  DER  GESELLSCHAFTEN,   INSTITUTE,    REDACTIONEN  ETC.        l87 

GIESSEN. 

55.  Oberhessische  Gesellschaft  für  Natur-   und  Heilkunde. 

GOTHA. 

56.  Redaction   der   "  Petermann'schen   Mittheiluneen." 

GÖTTINGEN. 

57.  Königl.   Gesellschaft  der  Wissenschaften. 

GREIFSWALD. 

58.  Geographische  Gesellschaft. 

HAAG. 

59.  Allgemeines  Reichsarchiv. 

HAARLEM. 

60.  Musee  Teijler. 

HALLE  a/S. 

61.  Leopoldino-Carolina,   Kaiserl.   Akademie. 

62.  Verein  für  Erdkunde. 

HAMBURG. 

63.  Deutsche  Seewarte. 

64.  Geographische  Gesellschaft. 

65.  Verein  für  Naturwissenschaftl.   Unterhaltung. 

66.  Naturwissenschaft!.   Verein. 

HAVRE. 

67.  Societe  de  Geographie  Commerciale  du  Havre. 

HELSINGFORS. 

68.  Societe  de  Geographie  de   Finlande. 

H  ER  jNI  ANNSTADT. 

69.  Siebenbürg.   Karpathen-Verein. 

IRKUTSK. 

70.  Ostsibirische  Sektion  der  Kais.  Geogr.  Gesellschaft. 

JENA. 

71.  Geographische  Gesellschaft  für  Thüringen. 

KARLSRUHE. 

72.  Redaction     der    "Zeitschrift    für    wissenschaftliche  Geogra- 

phie." 


l88       LISTE  DER  GESELLSCHAFTEX,    INSTITUTE,     REDACTIONEN  ETC. 

KIEL. 

73.  Naturwissenscliaftliclicr  Verein  für  Schleswig-Holstein. 

KOBE. 

74.  Club  Concordia. 

KÖLN. 

75.  Redaction  der   "  Kölnischen  Zeitung."' 

KÖNIGSBERG. 
"J^.     Physikalisch-Ökonomische  Gesellschaft. 

LANDS  HUT. 
yj.     Botanischer  Verein. 

LEIDEN. 

y^.     Redaction  des  "  Internationalen  Archivs  für  Ethnographie." 

79.  Prof  Dr.  G.  Schlegel. 

LEIPZIG. 

80.  Naturforschende  Gesellschaft. 

81.  Verein  für  Erdkunde. 

82.  Redaction  des  "Literarischen  Centralblattes." 
Z"^.  Museum  für  Völkerkunde. 

LISSABON. 
84.     Sociedade  de  Geographia. 

LONDON. 

85.  Redaction  der  "  Nature." 

%6.  Royal   Geographical  Socict}'. 

Zy.  Japan    Society. 

Z'^.  Trübner  &  Co. 

IMADISON  (WISCONSIN). 

89.  Wisconsin  Academy  of  Sciences,   Arts  and  Letters. 

MARSEILLE. 

90.  Faculte  des  Sciences. 

METZ. 

91.  Verein  für  Erdkunde. 


■1! 


LISTE  DER  GESELLSCHAFTEN,   INSTITUTE,     REDACTIONEN  ETC.        I  SQ 

MODENA. 

92.  Real  Academia  di  Scienze,   Lettere  ed   Arti. 

MOSKAU. 

93.  Societe  Imperiale  des  Naturalistes. 

MÜNCHEN. 

94.  Königl.  Akademie  der  Wissenscliaften. 

95.  Redaction  der   "  Allgemeinen  Zeitung." 

96.  Deutsche    Gesellschaft    für    Anthropologie,     Ethnologie     u, 
Urgeschichte. 

NEUCHATEL. 

97.  Societe  Neuchateloise  de  Geograpliie. 
NEW  HAVEN,   CONN.,  U.  S.  A. 

98.  Redaction  des   "  American  Jounuil  of  Science." 

NEW  YORK. 

99.  American   Museum  of  Natura!    History,   Central   Park. 

ODESSA. 

100.     Societe  des  Naturalistes  de  la   Nouvelle  Russie. 

PARIS, 
loi.     Societe  Asiatique. 

102.  Societe  Geographique. 

103.  Musee  Guimet. 

104.  Ecole  d'Anthropologie  de  Paris. 

PETERSBURG. 

105.  Kaiscrl.  Akademie  der  Wissenschaften. 

106.  ,,  Geographische  Gesellschafi. 

107.  ,,         Botanischer  Garten. 

108.  ,,         Ministerium     der      Reichsdomänen.     (Geologisches 
Institut). 

109.  Kaiser!.  Mineralog.  Gesellschaft. 

PHILADELPHIA. 
HO.     Wagner  Free  Institute  of  Science. 


190       LISTE  DER  GESELLSCHAFTEN,    INSTITUTE,    REDACTIONEX    ETC. 

ROM. 

111.  Real  Academia  dei   Liiicei. 

112.  Societa  Geografica  Italiana. 

113.  Bibliotheca  Nazionalc  Centrale. 

114.  Redaction  des   "  Cosmos." 

SAN  FRANCISCO. 

115.  California  Academy  of  Sciences. 

SANTIAGO  (CHILE). 

116.  Deutscher  Wissenschaftlicher  Verein. 

117.  Societe  Scientifique, 

SAO  PAULO  (BRASILIEN). 

118.  Institute  Agrinomico. 

SHANGHAI. 

119.  North-China  Brauch  of  the  Royal   Asiatic   Society. 

120.  Imperial  Maritime  Customs. 

SINGAPORE. 

121.  Straits  Brauch  of  the  Royal  Asiatic   Society. 

ST.  LOUIS,   MISSOURI. 

122.  Academy  of  Science. 

123.  Botanical  Garden  of  Missouri. 

STOCKHOLM 

124.  Kgl.  Akademie  der  schönen   Wissenschaften,  der  Geschich- 

te und  Alterthumskunde. 

STUTTGART. 

125.  Verein  für  Handels-Geographie  etc. 

SYDNEY. 

126.  The  Australasian  Anthropological  Journal. 

TOKYO. 

127.  Kaiserl.  Deutsche  Gesandtschaft. 


LISTE  DER  GESELLSCHAFTEN,   INSTITUTE,    REDACTIONEN  ETC.        I9I 


128 

129 
130 

132 


Kaiserl.  Jap.    Unterrichts-Ministerium. 

Teikoku  Daigaku    (Kaiserl.  Universität). 

Chishitsu  Kyoku  (Kaiserl.  Geolog.  Reichsanstalt). 

Asiatic  Society  of  Japan, 

Japan  Times. 

Annotationes  Zoologicae  Japonenses. 


TORONTO. 


134.     Canadian  Institute. 


TSCHITA  (OST-SIBIRIEN). 

135.  Transbaikalische  Filialabtheilung    der    Kaiserl.  Russ.  Geo- 

graph.  Gesellschaft  im  Amur-Gebiet. 

UPSALA. 

136.  Königl.   Universitäts-Bibliothek. 

WASHINGTON. 

137.  Smithsonian   Institute. 

138.  Bureau  of  Ethnology. 

139.  Chief  Signal   Office. 

140.  United  States  Geological    Survey. 

141.  National  Medical  Library  of  the  United  States. 

142.  U.  S.  Department  of  Agriculture. 

WIEN. 

143.  Kaiserl.   Akademie  der  Wissenschaften. 

144.  Kaiserl.   Geograph.   Gesellschaft. 

145.  Kaiserl.  Oesterreich.  Gesellschaft  für  Meteorologie 

146.  K.   u.   K.   Geolog.  Reichsanstalt. 

147.  K.  u.  K.  Naturhistor.   Hof-Museum. 

148.  K.  u.   K.  Oesterreichisches  Handelsmuseum. 

149.  Orientalisches  Museum. 

150.  Ornitholog.  Verein. 

151.  Wiener  Zeitschrift  für  die  Kunde  des  Morgenlandes. 

152.  Redaction  der  "  Deutschen  Rundschau  für  Geographie  und 

Statistik." 


192       LISTE  DER  GESELLSCHAFTEN,   INSTITUTE,    REDACTIONEN    ETC. 

WÜRZ  BURG. 

153.  Physikalisch-Medicinischc  Gesellscliaft. 

YOKOHAMA. 

154.  Club  Germania. 

155.  Redaction  der  "Japan  Weekly  Mail." 

ZÜRICH. 

156.  Naturforschende    Gesellschaft. 

ZWICKAU. 

157.  Verein  für  Naturkunde. 


t 


DIE  LIEDER  DER  HUNDERT  DICHTER, 

(HYAKUNIN  ISSHÜ.) 
EINGELEITET   UND   ÜBERSETZT 

VON 

P.  EHMANN. 


Das  Hyahniin  Isshü\  ("gA-^"^).  clie  "  Lieder  der  hundert 
Dichter,"  genauer:  "  von  hundert  Dichtern  je  ein  Lied,"  ist  ohne 
Zweifel  die  bei  weitem  populärste  Gedichtsammlung  in  Japan.  Sie 
verdankt  jedoch — um  dies  gleich  hier  zu  erwähnen— diese  Popularität 
weniger  ihrem  litterarischen  Werthe,  der  von  den  Japanern  selbst 
nicht  allzuhoch  angeschlagen  wird,  als  dem  zufälligen  Umstände, 
dass  sie  schon  seit  Jahrhunderten  die  Grundlage  eines  Gesellschafts- 
spieles bildet,  das  in  Japan  zur  Neujahrszeit  überall  von  Alt  und 
Jung  gespielt  wird.  Über  dieses  Spiel  hat  K.  LEHMANN  bereits  1884 
in  seinem  Aufsatz  :  "Gesellschaftsspiele  der  Japaner  "  (im  30.  Heft 
dieser  Mittheilungen)  ausführlich  berichtet,  und  daselbst  auch  über 
die  Entstehung  der  Sammlung  Hyakunin  Isshü  Mittheilungen 
gemacht. 

Die  Sammlung  rührt  her  von  TeikaJcyö  (^^fP),  dessen 
eigentlicher  Name  F?tjhvara  no  Sada-ie  {MM-^%'^)  ^^"^^-  -^^  lebte 
um  das  Jahr  1200;  sein  Vater  Toshinari  war  seiner  Zeit  als 
Dichter  berühmt.  Es  wird  berichtet,  dass  Teikakyö  (unter  welchem 
Namen,  der  aus  den  beiden  chinesisch  gelesenen  Zeichen  seines 
persönlichen  Namens  Sada-ie,  und  kyö,  seinem  Titel  als  Minister, 
zusammengesetzt  ist,  der  Verfasser  unserer  Sammlung  jetzt  vorzugs- 
weise bekannt  ist)  in  seiner  Jugend  einmal  im  kaiserlichen  Palaste 
mit  Mmamoto  no  Masayuki  Streit  hatte,  wobei  er  diesen  mit  einem 
Leuchter  an  den  Kopf  schlug.  In  Folge  dessen  verlor  er  seinen 
Ransr.  Sein  Vater  war  darüber  sehr  betrübt  und  verfasste  auf  diesen 


194 

Vorfall   ein   Gedicht,    welches   auch   dem   Kaiser  Go  Shirakawa  zu 
Ohren  kam  und  diesem  so  gefiel,  d.iss  er  dem  Sohne  seinen  früheren 
Rang    wieder    verlieh.    Teikakyö    stieg   dann    immer    höher    und 
erreichte    schliesslich  sogar  einen   höheren   Rang    als    sein    Vater, 
nämlich   die   obere   zweite   Rangstufe  {jö  ni-i),  während  sein  Vater 
nur  die  obere  dritte  Rangstufe  {Jö  smiiuii)  innehatte,  was  für   etwas 
ganz    Ausserordentliches    galt,    und    worauf  er    auch    sehr    stolz 
eewesen  sein  soll.    Er  bekleidete  ausserdem  das  Amt  eines  Staats- 
raths   {sangi)  und   eines  mimbiikyö   (^^piP).   ^^as  jetzt  etwa    dem 
Posten  eines  Finanzministers  entsprechen  würde.  (Das  iniuibusliö, 
dessen  Chef  den  Titel   miinbnkyö  führte,   war   eine  der  acht  Behör- 
den, die  im  7.  Jahrhundert  n.  Chr.  unter  Kaiser  Tenchi  eingeführt 
wurden,  und  hatte  es   besonders  mit   der  Feststellung   des   Census 
der   Bevölkerung,   der  Erhebung  und  Verwaltung  der  Steuern,  der 
Aufsicht  über  die  Getreidespeicher  der  Regierung  u.  dgl.  zu   thun.) 
Im    I.  Jahre  Tempuku   (1233)  legte   er,    schon   siebzigjährig,  seine 
Ämter  nieder  und  zog  sich  nach  seinem  Landhause  am  Ogurayama 
in  Yamashiro  zurück.   In  diesem  Landhause,  welches    Ogura-Sansö 
(/M"LLI^±)    hiess,     veranstaltete      er    im    Auftrage    des    früheren 
Kaisers  Go  Toba-no-in  mit  vier  andern   Mitarbeitern")  eine  Samm- 
luncr  von   Gedichten   unter  dem   Tite!    Shin  Kokinshn,  d.  h.  neues 
Kokinshü,    indem   er  auf  den   Titel   Kokinshü,   eigentlich    Kokin- 
waka-shü,  Sammlung  von  alten  und  leuen  japanischen  Gedichten, 
anspielte,  die  von  Ki  no  Tsurayuki  und  drei  andern  etwa  330  Jahre 
vorher  unter  Kaiser  Daigo  veranstaltet  war.  Die   meisten   Gedichte 
des  Shin  Kokinshü  finden  sich  jedoch  schon  im  Kokinshü,  Shüishü, 
Go  Shüishü  und  anderen   Sammlungen  ;  auch  sonst   hält   die   neue 
Sammlung   mit   den   früheren,    speciell   mit   dem   Kokinshü,  keinen 
Vergleich  aus  und  ist  daher   ziemlich   unbekannt  geblieben. — Aus 
dieser    Sammlung     nun    wählte   Teikakyö    zu    seinem   Vergnügen 
hundert   Gedichte,  jedes   von    einem    andern    Verfasser,    aus    und 
schrieb   sie   d,Mi\6:\^  fusiima  (Papierwände j   seines  Landhauses    am 
Ogurayama,   weswegen    die   Sammlung  oft  auch   Ogura-hyakiinin- 
isshü,  die  hundert  Lieder  von  je  einem  Dichter  von  Ogura,  genannt 
wird.     Dieses  Landhaus,  mit    den    auf    die  fusuma  geschriebenen 


•;    Die   Namen  dieser    Mitarbeiter    sind:    Michitomo    (-i^:^),     Ariie    (^^),    Ictaka 
{Karyti)  (^1^)  und  Masatsune  (3^1^),  alle  aus  dem  Hause  Fiijiioara. 


195 

liundert  Gedichten,  soll  noch  jetzt  vorhanden  sein.  Teikakyö's 
Sohn,  Tanic-ie,  hat  dann  später  die  Gedichte  chronologisch  geord- 
net und  herausgegeben. 

Es  wird  jedoch,  im  Gegensatz  zu  dieser  gewöhnlich  angenom- 
menen Tradition,  von  einigen  Commentatoren  auch  behauptet,  dass 
die  hundert  Gedichte  gar  nicht  von  Teikakyö  selbst  ausgewählt 
seien,  sondern  von  dessen  Freunde  Naka-uo-in  Nyndö.  und  dass 
Teikakyö  sie  nur  für  seinen  Freund  Naka-no-in  abgeschrieben  habe, 
weil  er  wegen  seiner  schönen  Handschrift  berühmt  gewesen  sei. 
Dies  soll  sich  aus  Teikakyö's  eigenem  (nur  handschriftlich  vor- 
handenen) Tagebuch  nachweisen  lassen. 

Teikakyö  hat  ausser  der,  ihm  allerdings,  wie  wir  soeben 
gesehen  haben,  nicht  ganz  unbestritten  gebliebenen  Sammlung  der 
hundert  Lieder  noch  zwei  andere  Werke  hinterlassen  ;  das  eine  ist 
das  soeben  erwähnte  Tagebuch,  das  den  T'xtoX  Mcigctsit-ki  (BJ^ 
fti),  Aufzeichnungen  des  glänzenden  Mondes,  führt ;  das  andere 
ist  eine  Sammlung  seiner  eigenen  Gedichte,  betitelt  Slin-i  Gusö 
(fö^l'Si^J.  nachträglich  gesammeltes  thörichtes  Allerlei  (thörich- 
tes  =  von  mir).  Er  starb  im  2.  Jahre  Ninji  (1242)  im  Alter  von  80 
Jahren, 

Die  Sammlung  der  hundert  Lieder  umfasst,  von  Kaiser  Tenchi 
in  der  zweiten  Hafte  des  7.  Jh.  n.  Ciir.  an  bis  in  die  erste  Hälfte 
des  13.  Jh.  hinein  alle  Dichter  und  Dichterinnen,  die  zu  Teikakyö's 
Zeit  einen  Xamen  hatten,  doch  mit  einigen  Ausnahmen  ;  so  fehlt 
z.  B.  Otonio  no  Kuronushi,  einer  der  berühmtesten  Dichter  der 
alten  Zeit,  der  auch  zu  den  Rokkasen  (s.  die  Anm.  zu  No.  35) 
gehört. —  Li  wie  hohem  Masse  sich  damals  die  Frauen — wenig- 
stens die  Frauen  am  Hofe — am  Dichten  betheiligten,  zeigt  der 
Umstand,  dass  unter  den  100  Dichtern  des  Hyakunin  Isshü  21 
Frauen  sind — rühren  ja  doch  auch  nicht  wenige  der  besten 
Werke  der  japanischen  classischen  Litteratur,  wie  z.  B.  Genji- 
inonogatari,  Eigica-inonogatari,  Makura  no  Sös/ä,  von  P'rauen  her. 

Es  muss  jedoch  noch  einmal  hervorgehoben  werden,  dass  die 
Auswahl  auch  nach  japanischem  Urtheil  keine  .sehr  glückliche  ist. 
Die  Sammlung  ist  zu  ungleichartig  ;  es  sind  zwar  gute  Gedichte 
darunter,  aber  auch  viele  mittelmässige — kurz,  die  Gedichte  sind 
von  sehr  ungleichem  Werth,  und  der  Verfasser  wird  deshalb 
vielfach  getadelt,   z.  Th.  auch  zu  entschuldioren  gesucht.      Es  ver- 


196 

steht  sich  von  selbst,  dass  auch  der  Stil  äusserst  ungleichartig  ist,. 
was  natürlich  dem  Sammler  nicht  zur  Last  gelegt  werden  kann, 
da  ja  hundert  verschiedene  Dichter,  und  noch  dazu  jeder  nur  ein- 
mal, zu  Worte  kommen — manchmal  ist  der  Stil  sehr  klar  und 
einfach,  manchmal  aber  auch  sehr  dunkel  und  schwer  verstündlich. 
Auch  der  Inhalt  ist,  wie  nicht  anders  zu  erwarten,  sehr  mannie- 
faltiger  Natur  ;  am  stärksten  vertreten  ist  die  Classc  der  Liebes- 
gedichte. 

Es  giebt  eine  grosse  Anzahl  von  Comnientaren,  die  jedoch 
hier  nicht  alle  aufgezählt  werden  sollen.  Es  existirt  überhaupt 
kaum  eine  Ausgabe  olmc  Commentar,  sodass  man  fast  sagen  kann  : 
soviele  Ausgaben,  soviele  Commentare.  Der  Hauptgrund  hiervon 
soll  der  sein,  dass  die  100  kurzen  Gedichte  olmc  Conunentar  abge- 
druckt zu  wenig  Seiten  füllen  würden  —  ein  so  dünnes  Büchelchen 
würde  niemand  kaufen.  Diese  Ausgaben  enthalten  ausser  dem 
Commentar,  der  oft  das  20 — 30  fache  des  Raumes  beansprucht,  den 
die  Gedichte  einnehmen,  oft  auch  kurze  Biographien  der  Dichter 
mit  ihren  Abbildungen. 

Was  nun  Vbcrsctcinigen  dieser  Gedichte  betrifft,  so  ist  bisher 
erst  eine  erschienen,  das  ist  die  englische  von  F.  W  Dickins. 
Der  Verfasser  hat  sicli  durch  verschiedene  andere  Publicationen, 
unter  denen  seine  Übersetzung  von  Chikamatsu  Monzaemon's 
berühmtem  Schauspiel  6"////j-/^/;/^//rc2f  (Vasallentreue)  hervorzuheben 
ist,  bekannt  und  verdient  gemacht.  Von  seiner  Übersetzung  des 
Hyakunin  Isshü  lässt  sich  jedoch  nicht  viel  Gutes  sagen  ;  es  ist 
dies  auch  nicht  zu  verwundern,  wenn  man  bedenkt,  dass  dieselbe 
schon  1866  erschienen  ist,  also  zu  einer  Zeit,  als  die  japanische 
Sprache  noch  so  gut  wie  unerforscht  war  — selbst  die  Hoffmann'- 
sche  Grammatik  ist  erst  1S68  erschienen,  von  dem  classischen 
Aston'schen  Werke,  dessen  erste  Auflage  1872  erschien,  gar  nicht 
zu  reden. — Ferner  finden  sich  25  Gedichte  des  H}'akunin  Isshü  in 
de  Rosny  s  "Anthologie  japonaise  "  (1871);  aber  auch  von  diesen 
lässt  die  Mehrzahl,  was  Richtigkeit  der  Übersetzung  betrifft,  viel 
zu  wünschen  übrig. — Ich  selber  habe  bereits  vor  einem  Jahre  eine 
Übersetzung  in  poetischer  Form  veröffentlicht,  die  in  der  japani- 
schen Monatsschrift  Givaikoktt  Gogakn  ZassJii  ("Zeitschrift  für 
fremde  Sprachen  ")  in  den  4  Nummern  vom  Februar  bis  Mai  1S98 
erschienen  ist.     Da  mich  aber  die  gewählte  Form  nicht  befriedigte, 


197 

•so  habe  ich  nun  den  Versuch  gemacht,  die  Form  des  Originals 
beizubehalten,  wobei  ich  jedoch  betone,  dass  es  mir  auch  bei  dieser, 
ebenso  wie  bei  der  früheren  Übersetzung,  in  erster  Linie  um  eine  viög- 
lichst  ge7iaue,  zuortgetre2ie\\[\ede.rg3.hQ  des  Originals  zu  thun  war, 
mit  möglichster  Erhaltung  auch  der  grammatischen  Construktion. 
Auf  Abweichungen  vom  Original  habe  ich  bei  den  betreffenden 
•Gedichten  aufmerksam  gemacht  ;  im  Übrigen  beschränken  sich  die 
Anmerkungen  zu  den  einzelnen  Gedichten  auf  das  zum  sachlichen 
Verständniss  Nothwendige  und  auf  kurze  Mittheilungen  über  die 
Dichter.  Alle  rein  grammitischen  Erklärungen  dagegen  sind,  um 
die  Anmerkungen  zu  den  einzelnen  Gedichten  nicht  zu  über- 
laden  und  sie  Lesern,  denen  an  solchem  grammatischen  Beiwerk 
wenie  eelecren  ist,  nicht  zu  verleiden,  dem  Vokabular  einverleibt 
worden. 

Die  Form,  die  die  loo  Gedichte  des  Hyakunin  Isshü  haben, 
ist  die  des  kurzen  uta  {tanka),  oder  Jita  schlechthin.  Ein  nta 
besteht  bekanntlich  aus  2  Zeilen:  der  oberen  Zeile  {kaiiii  110  ku), 
von  17  (5.7,5)  Silben,  und  der  unteren  Zeile  {sltimo  no  kii),  von 
14  {j,y)  Silben.  (Die  Ausdrücke  "Obersatz"  und  "Untersatz" 
halte  ich  aus  dem  Grunde  für  nicht  glücklich  gewählt,  weil  sie 
-entschieden  mehr  an  Logik  erinnern  als  an  Poesie.)  Die  Silben 
sind  alle  gleichartig  ;  ein  Metrum,  ein  Unterschied  der  Quantität 
oder  der  Betonung  ist  nicht  vorhanden. 

Zwei  Eigenthümlichkeiten,  die  weniger  die  Form  als  den  Sinn 
betreffen,  verdienen  noch  besonders  erwähnt  zu  werden — die 
makitra-kotoba  und  i\.\QJo.  Die  makura-kotobo  (Kissenwörter),  von 
Mabuchi  kamuri-kotoba  (Mützenwörter)  genannt,  bilden,  wo  sie 
vorkommen,  fast  immer  den  Anfang  der  Oberzeile  und  bestehen  in 
der  Regel  aus  5  Silben,  oder  aus  4  Silben  und  der  nachfolgenden 
Genetivpartikel  no.  ALan  muss  sie  als  schmückende  Beiwörter  be- 
trachten, allerdings  von  einer  ganz  besonderen  Art  und  dem,  was 
wir  darunter  verstehen,  oft  wenig  entsprechend.  B.  H.  Chamber- 
LAIX  hat  diesen  "Kissenwörtern"  im  5.  Bde  der  Transactions 
der  Asiatic  Society  of  Japan  einen  eingehenden  Aufsatz  gewidmet; 
ich  beschränke  mich  hier  auf  die  in  den  lOO  Liedern  vorkommenden. 
Die  Zahl  derselben  ist  nur  klein,  und  sie  können  fast  alle  als  schmü- 
ckende Beiwörter  auch  in  unserm  Sinne  betrachtet  werden.  So  ist 
shiroiae  no  in  Xo.  2  ein  alter  poetischer  Ausdruck  für  "  weiss"  und 


198 

steht  dcmgemäss  immer  vor  weissen  Gegenstünden  ;  chibayaburit 
in  No.  17  bedeutet:  schnell,  gewaltig,  furchtbar,  und  steht  vor 
(\q.\\  Namen  von  Gottheiten  ;  hisakata  no  in  No.  33  und  76  soll 
entstanden  sein  aus  Jiisago  no  katachino,  der  (Gen.)  Kürbisgestalt; 
es  steht  vor  "  Himmel"  (No.  'jG),  obgleich  uns  der  Vergleich  der 
Gestalt  der  Himmels  mit  einem  Kürbis  sonderbar  berührt  ;  dann 
auch,  wie  in  No.  33,  vor  Wörtern,  die  zu  "Himmel"  in  irgend 
einer  Beziehung  stehen,  kurokauii  no,  des  schwarzen  Haares,  oder  : 
wie  schwarzes  Haar,  steht  in  No.  80  vor  inidaretc,  verwirrt,  taka- 
sag-o  710  (Ko.  /S),  "hochsandig,"  ist  ein  makura-kotoba  für  Berge. 
Dunkel  ist  die  Bedeutung  von  asJäbiki  no  (No.  3),  was  ebenfalls 
immer  xoy  yania,  Berg,  oder  vor  Wörtern,  die  mit  yama  anfangen,, 
steht. 

Weit  störender  für  den  Übersetzer  als  diese  viaknra-kotoba  sind 
die  sogenannte ny(9  o^qx joshi — "  Einleitungen  "—eine  Art  erweiter- 
ter Kissenwörter,  von  denen  sie  sich  hauptsächlich  dadurch  unter- 
scheiden, dass  sie  nicht  aus  einem,  sondern  aus  mehreren  Wörtern 
bestehen,  also  länger  sind.  Für  ihre  Länge  oder  Silbenzahl  giebt 
es  keine  Regel  ;  nicht  .selten  nimmt  das  7"^  die  ganze  Oberzeile  ein. 
Dabei  hat  aber  diese  sogenannte  "Einleitung"  in  den  meisten 
Fällen  zu  dem  Inhalt  des  Gedichtes  gar  keine  Beziehung,  sondern 
bildet  nur  eine  Art  Vorspiel  zu  einem  bestimmten  Wort.  Nach 
unsern  Begriffen  ist  ein  solches  jo  eine  leere  Spielerei,  die  ganz 
unbeschadet  des  Sinnes  fortbleiben  könnte  und  ganz  unnöthiger- 
weise  den  ohnehin  so  schmal  bemessenen  Raum  derart  einschränkt, 
dass  von  den  31  Silben  dieser  Liliputaner-Poesie  für  den  eigentli- 
chen Inhalt  des  Gedichts  oft  weniger  als  die  Hälfte  übrig  bleibt. — 
Diesej'ö  sind  im  Hyakunin  Isshü  weit  häufiger  als  die  makura-kotoba, 
die,  wie  schon  erwähnt,  in  dieser  Sammlung  verhältnissmässig  selten 
vorkommen.  Ich  will  als  Beispiel  zunächst  eins  der  wenigen  jo 
anführen,  die  einen  Sinn  haben.  Es  sind  dies  die  Worte  ashibiki 
no  \  yamadori  no  o  no  \  sliidari-o  no  im  3.  Gedicht;  die  ganze 
Oberzeile  ist  hiery'«?  zu  dem  nachfolgenden  naga-nagasJn  {-s^hg^QV-rnzt 
für  naga-nagasJiiki) :  die  lange,  lange  {jiaga-nagasJii)  Nacht  {yo) 
[des  herabwallenden  Fasanschweifes  (d.  h.  die  so  lang  ist  wie  etc.)]. 
Dabei  ist  das  Wort  o,  Schweif,  unnöthiger  Weise  zweimal  gesetzt  ; 
die  Anfangsworte  ashibiki  no  sind,  wie  schon  erwähnt,  ein  Kissen- 
wort  (zu  yamadori),   dessen   Sinn   unaufgeklärt  ist  und  das  daher 


199 

unübersetzt  bleiben  musste. — Dagegen  entbehrt  jeglichen  Sinnes 
das  aus  den  Worten  Smni-no-c  no  \  kishi  ni  yorii  naiiii  gebildete 
jo  in  No.  i8:  die  Wellen,  die  an  das  Gestade  von  Sumi-no-e 
schlagen.  Diese  "Einleitung"  hat  zu  dem  folgenden  ;/ö;7/,  Naclit 
wie  überhaupt  zu  dem  Inhalt  des  ganzen  Gedichts,  gar  keine 
weitere  Beziehung,  als  den  Gleichklang  der  Wörter  j^?;'?/,  (ans  Ufer) 
schlagen,  und yorti,  Nacht. — Ahnlich  ist  das/^  in  No.  27,  das  die 
ganze  Oberzeile  ausfüllt  :  Alika  no  hara  \  ivakite  nagariiru  \  Izinni- 
gaiva,  der  Izumifluss,  der  sprudelnd  durch  das  Feld  von  Mika 
strömt — dessen  Beziehung  zum  folgenden  itsii  viiki,  wann  habe  (ich) 
eesehen,  nur  darin  besteht,  dass  die  drei  ersten  Silben  von  Izinni- 
gaiva  und  von  itsii  ;;///&/ gleichklingen. — Es  könnten  aus  den  "  100 
Liedern  "  noch  viele'solche  Beispiele  angeführt  werden,  doch  werden 
die  bisherigen  wohl  schon  genügen. 

So  unbequem  diese  beiden  Eigenthümlichkeiten,  die  viakura- 
ko'.obj,  (die  speciell  für  das  Hyakunin  Isshü  allerdings,  wie  schon 
erwähnt,  nicht  so  sehr  in  Betracht  kommen)  und  die/i?  für  den  Über- 
setzer auch  sind,  so  ginge  es  immer  noch  an,  wenn  die  zahlreichen 
Wortspiele  nicht  wären.  Was  auf  diesem  Gebiete  in  den  gesuchtesten 
Doppelsinnigkeiten  geleistet  wird,  ist  ganz  erstaunlich,  und  dem 
Übersetzer  bleibt  hier  oft  nichts  weiter  übrig,  als  zu  erläuternden 
Noten  seine  Zuflucht  zu  nehmen.  Eine  besondere  Art  von  Wort- 
spielen sind  die  kenyögen  (^Jf]"!"':  "  Wörter  mit  doppeltem  (gemein- 
schaftlichem) Gebrauch";  dasselbe  Wort  wird  zugleich  mit  dem 
Vorangehenden,  und  in  einer  anderen  I^edeutung  mit  dem  Nach- 
folgenden verbunden  aufgefasst.  Man  muss  sich  hier  dadurch 
helfen,  dass  man  das  betreffende  Wort  zweimal  übersetzt,  wie  es  z. 
B.  in  No.  10,  51,  95,  97  und  100  (in  der  Anmerkung  daselbst) 
geschehen  ist. 

So  wenig  wie  alle  diese  mehr  die  Form  betreffenden  Künste- 
leien nach  unserm  Geschmack  sind,  so  wenig  wird  der  europäische 
Geschmack  sich  auch  mit  dem  Inhalt  mancher  Gedichte  befreunden 
können.  Stellen  wie  z.  B.  das  Klopfen  (Walken)  des  Tuchs  in  94, 
der  Vergleich  der  Liebesgluth  mit  dem  zur  Salzgewinnung  einge- 
kochten Seewasser  in  95,  der  heimlichen  Liebe  mit  den  Steinen  im 
Meere,  die  auch  bei  der  Ebbe  nicht  sichtbar  werden  (92),  das 
Ziehseil  der  Kähne  in  93,  der  Bluthhöhemesser  in  20,  die  Fisch- 
korbpfähle in    64,  der   Thürspalt    des    Schlafzimmers    in    85.    die 


200 

Ärmel  der  Fischer  in  90  u.  dgl.  werder.  auf  den  abendländischen 
Leser  einen  sonderbaren  Eindruck  machen  und  ihm  kaum  geeignet 
scheinen,  eine  poetische  Wirkung  hervorzubringen,  während  der 
japanische  Leser  daran  durchaus  keinen  Anstoss  nimmt.  Doch 
fehlt  es  auch  nicht  an  Gedichten,  die  uns  sympathisch  berüh- 
ren, und  die  auch  in  unserm  Sinne  von  poetiscliem  Werthe  sind. 

Erwähnt  sei  noch,  dass  in  den  Gedichten  auch  personificirende 
oder  anthropomorphistische  Vorstellungen  gar  nicht  selten  vorkom- 
men. Dahin  gehören  besonders  solche  Apostrophen  wie  z.  B.  die 
an  Fischerboote  (No.  11),  an  die  Winde  (No.  12),  an  einen  einsamen 
Bergkirschbaum  (No.  66),  an  das  Leben  {tama-no-o yo  !)  in  No.  89, 
auch  die  personificirenden  Vorstellungen,  die  an  das  Ahornlaub  in 
No.  26,  an  den  Mond  in  No.  30,  die  Blüthen  in  No.  33,  den  Herbst 
in  No.  47,  den  Thürspalt  in  No.  S5  geknüpft  werden.  So  ausgeführte 
und  bis  ins  Einzelne  gehende  Personificationen  und  allegorische 
Darstellungen  wie  in  der  europäischen  Litteratur  trifft  man  freilich 
in  der  japanischen  Litteratur  nicht  an,  doch  kann  man  andererseits 
auch  nicht  sagen,  dass  Fersonification  etwas  sei,  was  in  der  japa- 
nischen Dichtkunst  gänzlich  fehle.  (Für  das  Gebiet  der  Sprich- 
wörter und  bildliclien  Redensarten  habe  ich  schon  früher  auf  das 
hier  sogar  sein"  häufige  Vorkommen  von  Personificationen  auf- 
merksam gemacht.) 

Zum  Schluss  noch  einige  Mittheilungen  über  den  L^rsprung  der 
Verwendung  dieser  hundert  Gedichte  zu  einem  Kartenspiel  und 
über  dieses  Spiel  selbst.  Ich  verdanke  dieselben  Herrn  T SUJI  Taka- 
HIRA,  Lehrer  der  deutschen  Sprache  an  der  Adelsschule  in  Tokyo, 
der  mich  überhaupt  bei  dieser  ganzen  Arbeit  durch  seine  freund- 
liche Unterstützung  zu  grossem  Danke  verpflichtet  hat. — Das  Wort 
karuta  (phonetisch  'J]W^0'  geschrieben)  für  "  Karte  "  ist  bekannt- 
lich kein  japanisches,  sondern  stammt  (höchst  wahrscheinlich)  aus 
dem  Portugiesischen  oder  Spanischen,  obgleich  es  auch  eine  kühne 
japanische  Etymologie  giebt,  die  es  von  kam-ita,  leichtes  Brett, 
ableiten  will.  Der  Gebrauch  solcher  kanita  ist  jedenfalls  von 
Europa  entlehnt  und  soll  zuerst  in  der  Periode  Tenshö  (1573  — 1591) 
aufgekommen  sein  ;  die  damals  verfertigten  Karten  sollen  daher 
^Q.\\  Namen  TensJiö-gaj-iita  geführt  haben.  Über  dieselben  ist 
sonst  nichts  Weiteres  bekannt,  ausser  dass  ihre  Zahl  48  betrug. — 
Es    sei    jedoch     auch    erwähnt,   dass   der    Gebrauch    der    Karte» 


20I 

von  einigen  aus  China  abgeleitet  wird  ;  zur  Unterstützung  dieser 
Ansicht  dient,  dass  für  Karte  oder  Spieltäfelchen  auch  der  chine- 
sische Ausdruck /^(^//-ä/ («g*!}^)  gebräuchlich  ist,  d.  h.  "Knochen- 
brettchen  " — so  genannt,  weil  solche  Karten  oder  Täfelchen  in 
China  früher  aus  Elfenbein  angefertigt  sein  sollen. — Wie  dem  auch 
sei,  so  steht  so  viel  fest,  dass  das  Spiel  selbst  schon  lange  vor 
Einführung  der  Karten,  also  auch  schon  lange  vor  der  Bekannt- 
schaft mit  Europa,  in  Japan  bekannt  war  ;  man  benutzte  anstatt  der 
Karten  die  Schalen  der  Jiamagit.ri-'yi\xs>z\\Q\.  (Cytherea  meretrix),  um 
die  Gedichte  darauf  zu  schreiben,  und  das  Spiel  führte  daher  früher 
den  Namen  iita-gai  (^H.),  Liedermuscheln.  In  dieser  Form  ist 
das  Spiel  in  Japan  wahrscheinlich  schon  seit  sehr  alter  Zeit  üblich 
geivesen,  doch  konnte  ich  über  die  Zeit  der  Entstehung  nichts 
Bestimmtes  feststellen.  Alan  benutzte  aber  dazu  ursprünglich  nicht 
bloss  die  Lieder  der  hundert  Dichter,  sondern  überhaupt  Lieder 
jeder  Art,  z.  B.  aus  Kokinshü,  Genji-nionogatari,  Ise-inonogatari 
und  anderen  Werken.  Der  Hauptzweck  dabei  war,  neben  der 
Unterhaltung,  die  Lieder  auswendig  zu  lernen  und  sich  durch  das 
Spielen  in  der  gründlichen  Keniitniss  derselben  zu  befestigen.  Erst 
allmählich  haben  die  Lieder  der  hundert  Dichter  die  andern  ver- 
drängt ;  die  vorherrschende,  jetzt  fast  ausschliessliche  Verwendung 
dieser  hundert  Gedichte  zum  Kartenspiel  datirt  erst  seit  der 
Periode  Genroku  (1688 — 1703J. 

Das  Spiel  wird,  seitdem  man  es  mit  Karten  anstatt  der  Mu- 
scheln spielt,  Tita-gantta  (Liederkarte)  genannt.  Es  giebt  noch 
zwei  ähnliche  Spiele;  das  eine  ist  das  zroha-gariita-?>p\e\,  bestehend 
aus  48  Karten  mit  je  einem  Sprichwort*),  das  andere  heisst  s/u- 
gariita  (t^ -fi"  ;^  ^  ) ,  chinesische  Liederkarte,  und  besteht  aus  100 
Karten,  auf  denen  chinesische  Gedichte  stehen,  die  meist  der 
Sammlung  Töshiscn  (^ffi^),  ausgewählte  Gedichte  der  Tang- 
Dynastie,  entnommen  sind.  Bei  allen  diesen  Spielen  spielt  man 
nicht  um  Geld,  sondern  nur  des  Vergnügens  halber;  allenfalls 
werden  Früchte,  Kuchen  u.  dgl.  als  Gewinn  ausgesetzt.  Die 
Japaner  haben  nur  ein  Kartenspiel,  bei  dem  um  Geld  gespielt  wird, 
das    ist    das   bekannte    hana-aivase  oder    hana-garuta*^),    dessen 

*)  vgl.  hierüber  li.  Law^e,  Mitth.  Bd.  I,  10,  S.  34. 

**)  siehe  hierüber  den  Aufsatz  Hana-azuase  von  IL  S.  Paliitcr  in  Bd.  XIX  der  Trans- 
xictions  of  the  Asiatic  Society  of  Japan. 


202 

Karten  auch  unsern  Spielkarten  dadurch  ähnHch  sind,  dass  sie  keine 
Inschriften,  sondern  Bilder  enthalten,  und  zwar,  wie  schon  der 
Name  sagt,  Bilder  von  verschiedenen  Blumen.  Ausserdem  sind  in 
der  neuesten  Zeit  auch  europäische  Karten — taranipii  (vom  engli- 
schen trimip)  genannt — gebräuchlich  geworden,  besonders  in  den 
höheren  Kreisen  ;  doch  ist  auch  in  diesen  neuerdings  wieder  das 
hana-awase  mehr  in  Aufnahme  gekommen. 

Die  Art  und  Weise,  wie  das  Spiel  gespielt  wird,  ist  in  dem 
schon  erwähnten  Aufsatz  von  R.  Lehmann  "  Gesellschaftsspiele  der 
Japaner"  ausführlich  dargestellt  worden.  Einige,  zum  Theil  er- 
gänzende, Angaben  mögen  hier  folgen. — Es  giebt  verschiedene 
Methoden,  die  jedoch  alle  in  ihren  Grundzügen  übereinstimmen. 
Das  Spiel  besteht  aus  200  Karten  ;  auf  dem  einen  Hundert  stehen 
die  Oberzeilen  [kaini  110  hi),  auf  dem  andern  die  Unterzeilen  {shimo 
no  ku).  Nur  die  letzteren  werden  an  die  Spieler  vertheilt ;  ein  selbst 
am  Spiele  ünbetheiligter  liest  nun  eine  Oberzeile  nach  der  andern, 
wie  ihm  die  Blätter  in  die  Hand  kommen,  vor,  und  die  Besitzer  der 
dazugehörigen  Unterzeilen  legen  ihre  Karten  weg.  Wer  zuerst  mit 
seinen  Karten  fertig  ist,  ist  erster  Sieger  u.  s.  w.,  bis  zuletzt  nur 
noch  einer  übrig  bleibt,  der  sogenannte  o-fitkuro,  d.  h.  Sack — so 
genannt,  weil  ihm,  früher  wenigstens,  zur  Strafe  ein  Sack  über  den 
Kopf  gezogen  wurde.  Auf  die  weiteren  zum  Theil  recht  compli- 
cirten  Feinheiten  will  ich  nicht  eingehen,  zumal  da  sie  in  der 
erwähnten  Arbeit  von  R.  Lehmann  schon  beschrieben  sind. — Die 
drei  Hauptmethoden  des  Spieles  sind  folgende.  Die  gebräuchlichste 
Art  ist  das  Kwni  (i|M.)  ;  ihren  Namen  hat  sie  davon,  weil  sie  sie  in 
verschiedenen  Abtheilungen  oder  Gesellschaften  {kitini)  gespielt 
wird.  Es  gehört  dazu  eine  grössere  Zahl  von  Spielern,  etwa  12  — 
15.  Diese  theilen  sich  in  4 — 5  hinni  (Abtheilungen),  jede  aus  3 
(selten  4)  Personen  bestehend.  Jede  Abtheilung  erhält  gleichviel 
Karten  mit  Unterzeilen,  also,  wenn  es  4  kiiini  sind,  25  ;  diese 
werden,  mit  der  Inschrift  nach  oben,  in  Reihen  gelegt,  und  die 
Spieler  setzen  sich  darum  herum,  etwa  in  der  Weise,  wie  es  Fig. 
I  veranschaulicht : 


f 


205 

(Fig.  I.) 


i  E  S  i 

s  g  a  i 

1  1  a  B 

S  B  B  E 


r_j^sE^^  BäHSaQ^J 


8    111 

I  g  i  I 


Nun  liest  der  Vorleser  eine  Oberzeile  ;  natürlich  sucht  nun 
jeder  bei  den  Karten  seiner  Partei  ;  ist  die  Partei  nicht  schnell 
genug,  so  wird  die  Karte  von  einer  andern  Partei  weggenommen, 
und  es  werden  dafür,  je  nachdem  es  vorher  abgemacht  ist.  2 — 3, 
auch  mehr  Karten  liinübergeschoben  ;  diese  Straf  karten  heissen 
okiiri,  Gabe  oder  Geschenk.  Es  wird  gespielt,  bis  nur  noch  ein 
^?/w/ übrig  ist ;  das  ist  dann  o-fiihiro  und  bekommt,  zwar  nicht 
einen  Sack  über  den  Kopf  gezogen,  aber  häufig  einen  weissen 
Strich  oder  Ring  auf  die  Stirn  oder  Nase  mit  o-shiroi-VL&\\\,  oder 
auch  einen  schwarzen  Strich  mit  5///;// (Tusche). — Man  kann,  be- 
sonders wenn  die  Zahl  der  Spieler  nur  klein  ist,  das  Spiel  natürlich 
auch  so  spielen,  dass  jeder  eine  Anzahl  Karten  bekommt  und  für 
sich  allein  spielt ;  diese  Abart  heisst  Wake — getheilt,  oder  getrennt 
(spielen). 

Die  ziveite  Methode  heisst  Gevipei  i^^J^) — so  genannt  nach 
den  beiden  feindlichen  Parteien  der  Minamoto  (Gen)  und  Taira 
(Hei),  den  japanischen  Weifen  und  Ghibellinen.  Sie  unterscheidet 
sich  von  der  Ä"?^;w-Methode  nur  dadurch,  dass  es  nur  zwei  Parteien 
giebt,  die  sich  gegenübersitzen,  wie  Fig.  2  zeigt : 


204 


(Fig.    2.) 

Q  9  9  V 

ilBIBEISeiEBegiiSIBBaiBII 
BBIIBBIEÜBiäüSgEBSÜSSg 


iigiiiiBiiiiiiiiBSySBIEI 
BEGIEBE§ii§3liiiS!EiS!Eil 

6  ß  Ä  ö 


Sonst  ist  das  Verfahren  ganz  ähnlich,  auch  mit  den  o/cnri  oder 
Straflxarten.  Gespielt  wird,  bis  eine  Partei  keine  Karten  mehr 
hat. 

Die  dritte  hxX.  (Fig.  3)  heisst  ChirasJii  (^),  "durcheinander 
gestreut."  Hier  spielt  jeder  auf  seine  eigene  Rechnung.  Die 
Spieler  sitzen  im  Kreise,  und  die  Karten  liegen  in  der  Mitte,  aber 
nicht  in  Reihen  geordnet,  wie  bei  Knini,  Jluikc  und  Gempei,  sondern 
wirr  durcheinander,  woher  der  Name — alle  jedoch  mit  der  Kwi- 
schrift  nach  oben. 

(Fig.  3-) 


Ob      'S.i'Vl     ^ 


CP 


^h 


"o 


Hierbei  ist  erster  Sieger  {icJiiban-agari),  wer  die  meisten  Karten 
Taekommt,  dann  kommt  der  niban-agari  (zweite  Sieger),  saniban- 
agari  (dritte  Sieger)  u.  s.  w.;  wer  die  wenigsten  oder  gar  keine 
Karten  hat,  ist  o-fiihiro. 


205" 

Das  Spiel  wird  fast  nur  zur  Neujahrszeit  gespielt,  dann  aber 
auch  in  jedem  Hause,  hauptsächlich  von  jungen  Leuten.  Dabei 
herrscht  die  grösste  Fröhlichkeit,  und  nicht  selten  kommt  es  vor, 
dass  das  Spiel  die  ganze  Nacht  hindurch,  bis  zum  Sonnenauf^ano- 
dauert. — Bei  schwachen  Spielern,  die  mit  den  Gedichten  nicht 
recht  vertraut  sind,  wird  häufig  nicht  nur  die  Oberzeile,  sondern 
das  ganze  Gedicht  vorgelesen,  sodass  also  gar  keine  Kenntniss  der 
Gedichte  nöthig  ist ;  dazu  gehören  natürlich  Karten,  auf  denen  das 
ganze  Gedicht,  nicht  nur  eine  Zeile,  steht.  Früher  dagegen,  als 
man  in  diesen  Dingen  noch  besser  beschlagen  war,  Hessen  starke 
Spieler  nicht  die  Oberzeile,  sondern  die  Unterzeile  lesen,  und 
suchten  die  Oberzeile  dazu  auf,  wozu  natürlich  eine  viel  genauere 
Kenntniss  der  Gedichte  erforderlich  ist  als  bei  der  gewöhnlichen 
Spielweise. 


Ich  lasse  nun  die  hundert  Gedichte  in  transscribirter  Form  mit 
Übersetzung  und  erläuternden  Anmerkungen  folgen.  Die  Trans- 
scription ist  auch  mit  Interpunction  versehen  worden,  da  eine 
solche  oft  nicht  unwesentlich  dazu  beiträgt,  das  Verständniss  des 
Textes  zu  erleichtern.  Von  der  Übersetzung  und  den  Anmer- 
kungen gilt  das  oben  (S.  197)  Gesagte;  das  vollständige  Material 
zu  einer  streng  wörtlicheri  Übersetzung  ist  im  Wörterverzeichniss 
am  Schluss  enthalten.  Auch  ist  zur  Bequemlichkeit  derer,  die  sich 
mit  der  Sammlung  eingehender  beschäftigen  wollen,  ein  alphabe- 
tisches Verzeichniss  der  Dichter  und  ein  ebensolches  der  Gedicht- 
anfänge hinzugefügt  worden.  Die  Wiedergabe  des  Textes  in 
japanischer  Schrift,  sowie  die  Anwendung  chinesischer  Zeichen  im 
Wörterverzeichniss  ist  als  unnöthig  unterblieben  ;  nur  im  Ver- 
zeichniss der  Dichter  sind  auch  die  btttr.  chinesischen  Zeichen 
angegeben,  da  sie  dem,  der  mit  diesen  Zeichen  vertraut  ist,  für 
das  Verständniss  der  daselbst  vorkommenden  Namen,  besonders 
auch  der  zahlreichen  sinico-japanischen  Titel  willkommen  sein 
dürften. 


206 


1.  Tenchi  Tennö.— Kaiser  Tenchi. 

A/d  no  ta  no  \  kario  no  io  no  \  toina  ivo  aranii 
Waga  koroniode  zva  \  tsuyn  ni  mire-tsiitsii. 

(Die  Nacht,  wie  traurig  !) 
Die  Ärmel  meines  Kleides 

Von  Thau  befeuchtet, 
Denn  undicht  ir-t  die  Dachung 
Der  dürfto-en  Hütt'  im  Herbstfeld. 


"i:^' 


Statt  "Dachung"  heisst  es  im  Original  "Strohmatte"  {toina);  eine  solche  diente  als 
Dach  der  Hütte. — Zu  dem  Gedicht  wird  die  Erklärung  gegeben,  dass  der  Kaiser  Tenchi 
(reg.  668—672  n.  Chr.)  den  Wunsch  gehabt  habe,  sich  von  den  Entbehrungen  und  Leiden 
der  Landleute  einen  Begrift"  zu  machen  ;  zu  diesem  Zwecke  habe  er  eine  Nacht  in  einer 
solchen  dürftigen,  nur  mit  Strohmatten  gedeckten  Hütte  zugebracht,  und  dann  das  Gedicht 
gemacht. 


2.  Jilö  Tennö.— Kaiserin  Jitö. 

Harn  sugitc  \  iiatsn  kitarurasJii.    \    Shirotae  no 
Koronio  hosldtari,  \  Avia  no  Kagiiyama. 

Nun  scheint  der  Frühling 
Vorüber,  und  der  Sommer, 

Scheints,  ist  gekommen. 
Schon  bleicht  man  weisse  Kleider 
Am  Berg  Ama-no-Kagu. 

Die  Kaiserin  Jitö  regierte  von  690—696.  Einige  ihrer  Gedichte  stehen  im  ManyisJni. 


3.  Kakinomolo  no  Hitomaro. 

A  sJiibiki  no  \  yaniadori  no  o  no  \  sliidari-o  no 
Naga-nagasJii yo  ivo  \  Jiitori  ka  ino  nen. 


20/ 

Die  Xaclit,  die  lange, 
Die  dem  lantj  niederwairnden 

Schweif  des  Fasanes 
An  Länge  gleicht,  werd  ich  nun 
Allein  wohl  schlafen  müssen  ! 

^lit  diesem  Gedicht  hat  Xo.  91  grosse  AhnHchkeit. — Hitoniaro  (f  737,  nach  andern  schon 
724)  ist  der  beriihmteste  aller  japanischen  Dichter  ;  er  steht  in  so  hohem  Ansehen,  dass  man 
ihm  Tempel  errichtet  hat.  Ueber  sein  Leben  ist  sehr  wenig  bekannt  ;  um  so  mehr  hat  sich 
die  Mythenbildung  seiner  bemächtigt  (vgl.  Chamberlain,  Classical  poetry  of  the  Japanese,  p. 
217). 


4.  Yamabe  no  Akahito, 

Tago  no  iira  yii  \  iichi-idctc  uiireba,   \  inasJiiro  ni  zo 
Fuji  no  takane  ni  \  yuki  zva  fiirikern  ! 

Von  Tago's  Strande 
Komm  ich  und  schau  umher — 

Da  hat  der  Schnee  schon 
Auf  Fuji's  hohem  Gipfel 
Zu  fallen  angefangen  ! 

Unübersetzt  geblieben  ist  inasliiro  ni,  ganz  weiss.  Akahito,  ein  Zeitgenosse  Hitomaro's, 
steht  an  Berühmtheit  und  Werthschätzung  hinter  diesem  kaum  zurück  ;  er  ist  unter  allen 
japanischen  Dichtern  der  einzige,  den  man  als  Nebenbuhler  des  gefeierten  Ilitomaro  gelten 
lässt.  Beide  zusammen  werden  auch  mit  dem  Namen  Ryösei  (^^),  "  die  beiden  Weisen," 
bezeichnet. — Ueber  seine  Lebensumstände  ist  noch  weniger  bekannt  als  iaber  die  Hitomaro's. 
Die  von  beiden  noch  vorhandenen  Gedichte  stehen  im  Manyöshü. 


5.  Sarumaru  Tayu, 

Oknyania  rd  \  inomiji finni-ivake  \  naku  shika  no 
Ko£  kiku  toki  zo  \  akizva  kanashiki  ! 

W'c nn  man  die  Stimme 
Des  Hirsches  hört,  der  rufend 

Das  farbge  Laub  im 
Einsamen  Berg  durchschreitet — 
Wie  trauri":  dann  der  Herbst  ist  ! 


ö 


208 

Vgl.  das  iihnliche  Geflieht  unter  No.  83. — Dar  Dichter  blähte  im  8.  Jahrh.  unter  der 
Kaiserin  Genshö  und  dem  Kaiser  Shörnu.  Sein  Familienname  scheint  unbekannt  zu  sein  ; 
Tayü  war  ein  Ehrentitel  für  15eamtc  des  5.  Ranges. 


6.  Ch'jnagon  Yakamochi.— Kaiserlicher  Rath 

Yakamochi. 

/\c7sas(f_i,''i  110  I  ivataseru  JiisJii  ni  \   okii  shimo  no 
Shiroki  ico  niireba,   \  yo  zo  fiikc  iii  kern  ! 

Es  ist  fürwalir  sclion 
Tief  in  der  Nacht  geworden. 

Wenn  ich  das  Weisse 
Des  Reifes  auf  der  Treppe 
Zum  Kaiserschlosse  sehe. 

Gedichtet  im  Sinne  eines  kaiserlichen  Palastwächters,  der  im  Schlosshofe  Nachtwache 
hält. — Der  vollständige  Name  des  Dichters  ist  Otonw  iio  Siihmc  Yakamochi  :  C/uvmj^cu  ist 
sein  Amtstitel,  urigefälu-  einem  "Kaiserlichen  Rath"  entsprechend.  Ausser  durch  seine 
eigenen  Gedichte  ist  er  auch  dadurch  berühmt,  dass  er  im  Verein  mit  Tachibana  no  Moroc 
und  einigen  anderen  die  älteste  und  berühmteste  aller  japanischen  Gedichtsammlungen,  das 
Manyöshü,  zusammengestellt  hat.     Er  starb  i.  J.  781^. 


7.  Äbe  no  Nakamaro. 

Aina-no-hora  \  Uirisakc-viircba,  \  Kastiga  nani 
Mikasa  no  ynina  ni  \  idcsJii  tsuki  ka  nio  ? 

Am  weiten  Himmel 
Rings   um  mich  schauend  denk  ich  : 

Ob  das  der  Mond  wohl, 
Der  überm  Berg  Mikasa 
In  Kasüga  aufo-eganijen  } 


ö 


Das  Gedicht  gehört  nach  japanischem  Urtheil  zu  den  schönsten  der  Sammlung.  Der 
Dichter,  Abc  no  N'akamaro,  ging  im  2.  Jahre  Reiki  (716)  nach  China,  um  dort  zu  studiren. 
Nach  35jährigem  Aufenthalt  in  China  schiffte  er  sich  im  4.  Jahre  Tcmpei  >  hohö  (753)  als 
Begleiter  von   Fujiwara   110  Kiyokawa   ein,  um  nach  Japan    zurückzukehren.  Das  Gedicht 


209 

drückt  des  Dichters  Sehnsucht  nach  der  Heimath  aus  ;  ei-  dichtete  es  in  China  bei  der 
Abfahrt.  Übrigens  hat  er  Japan  nie  wiedergesehen,  denn  das  Schiff  wurde  durch  einen 
Sturm  wieder  nach  China  zuriichgetrieben,  und  hier  ist  er  dann  schliesslich  gestorben. — Nach 
chinesischer  Überheferung  soll  er  auf  der  Heimfahrt  im  Meere  umgekommen  sein,  und 
folgende  Stelle  in  einem  Gedichte  Litaipe's  soll  sich  darauf  beziehen,  die  (in  japanischer 
Uebersetzung)  lautet ;  vieigetsii  kaeraztt  hchikai  ni  shiztiiiui,  der  glänzende  Mond  (d.  i. 
Nakamaro)  ist  nicht  heimgekehrt,  sondern  im  grünen  Meere  versunken. 


8.  Kisen  Höshi.— Priester  Kisen. 

Waga  iori  tva  \  viiyako  no  tatsv.mi,   \  sJiika  zo  suvm  ! 
Yo  ivo  Ujiyama  to  \  Jiito  v-'a  iu  nari. 

Es  steht  mein  Hüttchen 
Südöstlich  von  der  Hauptstadt  ; 

Da  wohn  ich,  meidend 
Die  Welt,  drum  "  Berg  des  Meidens  " 
Nennen  den  Ort  die  Leute. 

über  das  Wortspiel  in  [yo  ivo)  Ujiyama  s.  im  Vocab.  unter  7iji. — Der  Dichter,  nach 
seinem  Wohnort  oft  "der  Priester  von  Ujiyama"  genannt,  ist  einer  der  Rokkasen  ;  sein 
eigentlicher  Name  und  seine  Lebensverhältnisse  sind  unbekannt.  Tsurayuki  (vgl.  No. 
35)  tadelt  an  ihm  Dunkelheit ;  er  gleiche  dem  Monde,  wenn  er  im  ITerl'St  durch  Wolken 
verhüllt  sei. 


9.  (Frau)  Ono  no  Komachi. 

Hana  no  iro  zua,  \  utsuri  ni  kcri  na  !  \  Itaziira  ni 
Waganii  yo  ni  furn  \  nag  ante  scsJii  ma  ni. 

Wie  sind  die  Farben 
Der  Blumen  hingeschwunden, 

Indess  ich,  thöricht 
Leichtfertge   Blicke  werfend, 
Die  Welt  durchwandert  habe  ! 

Das  Wortspiel  mit  yo  nifuni  nagaiiie,  \\as  auch  als  "der  in  der  Nacht  fallende  lange 
Regen  "  [iiagame  für  nas^a-amc)  aufgefasst  werden  kann,  musstein  der  Übersetzung  unberück- 
sichtigt bleiben.  Dieser  Nebensinn  soll  dazu  dienen,  die  in  dem  Gedicht  ausgedrückte  melan- 
cholische Stimmung  noch  zu  erhöhen.— Die  Dichterin  ist  unter  den  Rokkasen,  den  sechs 
berühmten  Dichtem  (s.  No.  35),  die  einzige  Dichterin.     Sie  war  gleich  ausgezeichnet  durch 


210 

ihr  Dichtertaient,  ihre  Schöulieit  und  ihren  Leichtsinn,  den  sie  in  diesem  Gedichte,  das  zu 
den  besten  der  Sammlung  gerechnet  wird,  voll  wehmüthiger  Reue  beklagt,  Ihre  Bluthezeit 
fällt  in  die  Mitte  des  9.  Jahrhunderts,  doch  kennt  man  weder  ihr  Geburtsjahr  noch  Zeit  und 
Ort  ihres  Todes  ;  nur  das  wird  berichtet,  dass  sie  in'  grösstem  Elend  als  Bettlerin  an  der 
Landstrasse  gestorben  sei.  Sie  ist  bekanntlich,  in  den  verschiedenen  Stadien  ihres  Lebens, 
ein  beliebter  Gegenstande  der  Malerei,  worüber  Näheres  in  AnJcrson's  Katalog  zu  finden 
ist. — Übrigens  wird  von  neueren,  kritisch  veranlagten  japanischen  Gelehrten  ihre  ganze 
Existenz  stark  in  Zv,-eifel  gezogen. 


10.  Semi  Maru. 

Köre  ya  kono  \  yiikii  vio  kaei-ii  uio  \  luakare-tsiUsii 
SJiiru  ino  shiraim  ino  \  Aiisaka  110  seki. 

Hier,  wo  sich  Gehende 
Und  Kommende,  Bekannte 

Und  Unbekannte 
Scheidend  begegnen,  ist  das 
"  Thor  des  Begcgnungshügels." 

Ein  Wortspiel  mit  dem  Namen  der  Stadt  Aiisaka  (L)saha),  über  welche  Näheres  unter 
No.  62. — Der  Dichter,  auch  als  Biwa-Spieler  berühmt,  l^ekleidete  unter  Kaiser  Uda  (reg. 
888—897)  ein  Amt  am  Hofe. 


11.  Sangi  Takamura.— Slaatsrath  Takamura. 

Wada-no-Jiara  \  yaso  shiina  kakete  \  kogi-idemi  to 
Hito  ni  iva  tsiigeyo,  \  auia  no  tsuribnne  ! 

Ihr  F"ischerboote, 
Bringt  Kunde  doch  den  Leuten 

(Der  Hauptstadt),   dass  ich 
Des  weiten  Meers  unzählgen 
Insehi  entgegenfahre  ! 

Eigentlich  :  dass  ich  hinausgerudert  bin. — Der  Name  des  Dichters  war  Ono  no  Taka- 
mura; er  machte  dieses  Gedicht,  als  er  von  der  Hauptstadt  Kyoto  nach  den  Oki-Insehi 
verbannt  wurde. 


2ir 


12.  Söjö  Henjö.— BischofHenjö. 

Ama-tsii-kaze,  \  kunio  no  kayoi-ji,  \  fuki-tojiyo  ! 
Otome  no  siigata  \  shibashi  todonien. 

Ihr  Himmelswinde, 
Weht  und  verschliesst  die  Strasse 

Zwischen  den  W^olken, 
Ein  Weilchen   noch  zu  halten 
Die  Form  der  jungen  Mädchen  ! 

Der  eigentliche  Name  des  Dichters  ist  Yoshiiiüne  no  Mimesada.  Er  war  von  vornehmer 
Abkmaft  und  stand  bei  Nimmyö  Tennö  (reg.  834—850)  in  hoher  Gunst.  Nach  dem  Tode 
dieses  Kaisers  ging  er  ins  Kloster,  wurde  886  Bischof  und  starb  bald  darauf.  Er  gehört  zu 
denRokkasen;  Tsuraynki  (in  der  Vorrede  zum  A'c/Jvwwrt/^rtj/i« — vgl.  No.  35)  erkennt  sein 
Formtalent,  seine  geschickte  Versification  an,  aber  vermisst  wahres  Gefühl  ;  er  vergleicht 
ihn  mit  jemand,  der  eine  künstliche  Leidenschaft  zu  einem  gemalten,  nicht  wirklichen 
Mädchen  fassen  wolUe.  Auch  sein  (vermuthlicher)  Sohn  Sosei  Höshi  (Priester  Sosei — s.  No. 
21)  ist  als  Dichter  berühmt.— Es  war  Sitte,  dass  zu  Ehren  des  Kaisers  jährlich  einmal  in 
Kyoto  von  den  schönsten  jungen  Mädchen — Töchtern  der  Hofbeamten — Tänze  aufgeführt 
wurden  ;  indem  der  Dichter  die  Mädchen  wegen  ihrer  Schönheit  mit  Engeln  vergleicht, 
fürchtet  er,  dass  sie  zum  Himmel  entschweben  möchten,  und  richtet  daher  an  die  Winde 
diese  poetische  Apostrophe. 


13.  Yözei  Tenno.— Kaiser  Yözei. 

TsukiiJiane  no  \  mine  yo7-i  otsuru  \  Minanogaiva 
Koi  zo  tsumoritc  \  fiicJii  to  nai-imim  ! 

Dem  Fluss  Minano 
Gleich,  der  von  Tsukuhane's 

Gipfel  herabstürzt, 
So  ist  zu  dir  die  Liebe, 
Sich  sammelnd,  tief  geworden. 

Der  Kaiser    Yözei  regierte  von  877—884  ;  er  ist  der  Vater  des  als  Dichter  bekannten 
Prinzen  Mototoshi  (s.  No.  20). 


212 


14.  Kawara  no  Sadaijin.— Der  Staalsminister 
von  Kawara. 

MicJiinokii.  no  \  S/iinobii  mocJnr:uri,  \  tai-c  yne  in 
Midaren  to  ovioii  \  zvare  iiaranakiL  ni. 

Nicht  bin  ich  einer, 
Der  vvejjen  einer  andern 

In  Liebeswirren 
Geriethe,  gleich  den  wirren 
Tuclnnustern  Michinoku'.s. 

Der  Anfang  bis  nwcliizuri  ist  Einleitung  ( /c)  zu  miliaren — vgl.  im  Vokab.  unter 
I\nc/tinoku,  Shiiioi'U  und  mocJtizitri.  St.itt  "geriethe"  eigentlich  "zu  gerathen  gedächte." 
— Der  Dichter,  ein  Sohn  des  Kaisers  Saga,  blühte  in  der  Mitte  des  9.  Jahrhunderts  ;  sein 
Name  ^var  Minamoio  no  TCvii.  Er  bekleidete  unter  Nimmyö  Tennö  (reg.  834 — 850)  das 
Amt  eines  Sadaijin  ("linker,"  d.  h.  erster  Staatsminister)  und  wohnte  als  solcher  in  Kyoto 
im  Palast  Kawara-no-in  ;  daher  sein  Titel  in  der  Überschrift. 


15.  Kwökö  Tennö.— Kaiser  Kwckö. 

Kimi  ga  tainc  \  haru  no  no  ni  idctc  \  zvakana  tsnniii, 
IVaga  koroniodc  ni  \  yttki  ica  fnri-tsntsn. 

Um  deinetwillen 
Geh  ich  aufs  Lenzgefilde 

Und  pflück',  indessen 
Der  Schnee  auf  meine  Ärmel 
Noch  fällt,  dir  junge  Kräuter. 

Der  Kaiser  K'vökö  (reg.  885 — 887)  war  durch  kindliche  Tugenden  ausgezeichnet,  was 
auch  in  seinem  (posthumen)  Namen  (Ali'J/J'^;  [^[;^]  =  glänzende  kindliche  Liebe)  ausgedrückt 
ist.  Das  Gedicht  ist  an  seine  Grossmutter  gerichtet,  für  die  er,  um  ihr  ein  Zeichen  seiner 
Liebe  zu  geben,  an  einem  rauhen  Frühlingstage  noch  bei  Schneewetter  junge  Sprossen  und 
Kräuter  gepflückt  hatte. 


213 


16.  Chünagon  Yukihira.— Kaiserlicher  Rath  Yukihira. 

Tachhvakare.  \  Inaba  no  yama  no  \  mine  ni  ofiini 
Mats2i  to  sJii  kikaba,  \  iina  kaeri-kon. 

Nun  nehm  ich  Abschied, 
Doch  hör  ich,  dass  du  harrest 

Auf  mich  so  treu  wie 
Die  Kiefern  von  Inaba, 
So  kehre  gleich  ich  wieder. 

Eigentlich:  die  Kiefern,  die  auf  dem  Gipfel  von  Inaba 's  Bergen  wachsen.  Diese  Stelle 
(von  Inaba  bis  ofitru)  ist  nur  Einleitung  (jo)  zu  inaisii,  was  zugleich  "Kiefer"  und 
"warten"  bedeutet;  "  auf  mich  so  treu  wie  "  ist  des  besseren  Sinnes  wegen  eingeschaltet. 

Der  vollständige   Name  des    Dichters   ist   Ariwara    no    Yukihira  .-Ison ;    er    war    ein 

Bruder   des  berühmteren  Xarihira  (s.  Xo.  17),  und  lebte  von  819 — S93. 


17.  Ariwara  no  Nariliira  Ason. 

Chibayabtirii  \  kamiyo  1110  kikaz2i,  \    TatsutagaiiJa 
Kai-a-kiLTcnai  ni  j  ini:zii  kukum  to  z^'a. 

Zur  Götterzeit  selbst 
Hat  man  doch  nie  vernommen 

Vom  Tatsütagawa, 
Dass  er  sein  Wasser  färbe 
Mit  China's  Scharlachfarbe. 

Gemeint  sind  die  im  Herbst  auf  dem  Flusse  schwimmenden  rothen  Ahornblätter 
(Vgl.  No.  69.)  Das  Kissenwort  chibayalmru  (s.  Vokab.)  ist  in  der  Übersetzung  weggefallen  ; 
statt  "färbe"  eigentlich  "binde";  vgl.  im  Vokab.  unter  kiiknru.—  Visx  Dichterlebte  von 
825— 8S0.  Von  vornehmster  x\bkunft  (er  war  von  väterlicher  wie  mitterlicher  Seite  Enkel 
eines  Kaisei-s),  grossem  Dichtertalent  und  ungewöhnlicher  Schönheit  (sein  Name  [Narihira] 
ist  noch  heute  far  einen  schönen  Mann  sprichwörtlich)  spielte  er  in  dem  üppigen  Hofleben 
semer  Zeit  eine  hervorragende  Rolle.  Das  Isc-monogatari  (von  einem  unbekannten  Verfasser  ; 
einige  sclireiben  es  Narihara  selbst  zu)  hat  seine  zahlreichen  Liebesabenteuer  zum  Gegen- 
stande ;  unter  anderm  wurde  er  einmal  wegen  einer  Liebschaft  mit  der  Kaiserin  nach  dem 
Osten  verbannt.  Er  gehört  zu  den  Rokkasen  (s.  No.  35),  doch  ist  sein  Stil  nach  Tsurayuki's 


214 

Urthcil  allzu  gedrängt  und  dunkel. — Der  noch  öfter  in  den  Überschriften  vorkommende  Titel 
Asoii  bezeichnete  ursprünglich  die  zweite  der  unter  Temmu  Tennö  i.  J.  6S4  eingeführten 
8  Rangclassen  der  alten  Stammesfamilien  (?///) ;  später  ein  blosser  Ehrentitel. 


f: 


18.  Fujiwara  no  Toshiyuki  Ason. 

S2imi-no-c  no  \  kishi  ni yor2i  nami  \  yom  sae  ya 
Yumc  no  kayoi-ji  \  liito-me  yoJatran. 

Die  Wellen  schlagen 
An  Sumi-no-e's  Küste  ; 

Selbst  in  der  Nacht,  auf 
Dem  Weg  zu  dir  im  Traume, 
Meid  ich  der  Menschen  Augen. 

über  die  beiden  ersten  Verse  der  Übersetzung  vgl.  das  in  der  Einleitung  S.  199 
Gesagte.  Statt  "meid  ich"  eigentlich  "werde  ich  meiden." — Der  Dichter,  auch  als 
Kalligraph  berühmt,  starb  907  im  Alter  von  nur  27  Jahren. 


19.  (Frau)  Ise. 

Nanizva-gata  \  viijikaki  ashi  no  \  fiisJii  no  ma  nio 
Azuade  kono  yo  zvo  \  sngusliite  yo  to  ya  ? 

Ists  denn  beschlossen, 
Dass  ich  durch  dieses  Leben 

Soll  wandern,  ohne 
Auch  noch  so  kurzen  Zeitraum 
Dich  einmal  noch  zu  sehen  ? 

Wörtlich  :  selbst  eine  (so  kurze)  Zeit  wie  ein  Abschnitt  des  kurzen  Schilfrohrs  der  Bucht 
von  Naniwa. — Der  Inhalt  des  Gedichts  erinnert  an  No.  56.— Die  Dichterin,  deren  eigent- 
licher Name  unbekannt  ist,  lebte  Ende  des  9.  und  Anfang  des  10.  Jahrhunderts.  Ihr  Vater 
hiess  Fitj'iiuara  n-o  Tsiigukas^c ;  den  Namen  Ise,  unter  dem  sie  der  Nachwelt  bekannt  ist, 
soll  sie  von  der  Provinz  Ise  haben,  wo  ihr  Vater  Gouverneur  war,  und  wo  sie  vermuthlich 
geboren  wurde.  Erst  Hofdame  der  Kaiserin,  wurde  sie  dann  die  Geliebte  des  Kaisers  Uda 
(reg.  888 — 897)  und  durch  ihn  Mutter  des  talentvollen  Prinzen  Katsui-a.  Nach  dem  Tode 
des  Kaisers  scheint  sie  in  Armuth  gerathen  zu  sein,  stand  aber  noch  immer  als  Autorität 
in  litterarischen  Dingen  in  hohem  Ansehen.     (Vgl.  Chamberlain,  Classical  Poetry,  p.  220.) 


215 


20.  Wlotoyoshi  Shinno.— Prinz  Moloyoshi. 

Wabmtireba,  \  iina  Jiata  onaji.  |  Nanizva  narn 
Mi  wo  tsiihtsJiite  mo,  \  aivan  to  co  ovioit  ! 

In  meinem  Untjlück 
Ist  alles  einerlei  mir  : 

Dich  sehen  will  ich, 
Und  sollt  ich  auch  darüber 
Das  Leben  selbst  verlieren  ! 

Wörtlich  :  und  sollte  ich  auch,  (wie)  der  Fluthhohemesser  in  Na.ni\va,  mich  zu  Grunde 
richten.  A^anhva  nartt  ist  jo  zu  mi  wo  tsiikjishi{ti'),  indem  ;;//  -wo  tsithusJii  zugleich  in 
seiner  Bedeutung  "  Fluthhöhemesser  "  gebraucht  ist.  (Ebenso  in  No.  88.) — Der  Dichter,  ein 
Sohn  des  Kaisers  Yözei  (vgl.  No.  i;^),  lebte  um  das  Jahr  goo  :  sein  Leben  war  reich  an  Liebes- 
abenteuern. 


21.  Sosei  Höshi.— Priester  Sosei. 

Inia  kon  to  \  iislii  bakari  ni,  \  nagazitki  no 

Ariake  no  tsnki  zvo  \  macht,  idet 5217-21  km2a  ! 

Nur  weil  du  sagtest, 
Du  kämest  gleich,  so  hab  ich 

Geharret  deiner, 
Bis,  ach,  nun  aufgegangen 
Der  Mond  der  Morerenfrühe  ! 


h." 


Unübersetzt  geblieben  ist  nai^azidd  no,  (Mond)  des  9.  Monats.  Auch  miisste  es,  streng 
wöitlich,  "auf  den  Morgenmond  wartend"  (ist  er  leider  erschienen)  heissen,  was  aber 
keinen  rechten  Sinn  giebt. — Ähnlichen  Inhalts  ist  No.  59. — Der  Name  des  Dichters,  bevor 
er  Priester  wurde,  war  Yoshtmine  no  Hironolm.  Er  lebte  Ende  des  9.  Jh.  und  war  wahr- 
scheinlich ein  Sohn  des  berühmteren  Süjü  Ilenjö  (No.  12). 


22.  Bunya  no  Yasuhide. 

Fukii  kara  ni  \  aki  120  k2isa-ki  no  \  shi  or2ircba, 
M2ibe  yainaka::e  wo  \  aj-ashi  to  i2irai2. 


2l6 

Wenn  durch  sein  Wehen 
Im  Herbst  er  bricht  die  Zweige 

Der  Bäum'  und  Kräuter, 
Kann   man  mit  Recht  wohl  nennen 
Den  Bergsturm  den   "Verheerer." 

Eigaitlich  :  wenn  er  die  Zweige  der  Kriiuter  und  Bäume  des  Herbstes  bricht. — üer 
Dichter,  einer  der  Rokkasen,  lebte  Ende  des  9.  Jahrhunderts.  Tsurayuki  (s.  No.  35)  wirft 
ihm  vor,  tlass  die  schöne  Form  oft  zu  dem  Inhalt  nicht  recht  passe,  und  vergleicht  ihn  als 
Dichter  mit  einem  Kaufmann,  der  über  seinen  Stand  gekleidet  ist. — Der  Dichter  von  No.  37 
ist  Yasuhide's  Sohn. 


23.  Oe  no  Chisalo. 

Tsiiki  uiireba,  \  cJiiji  ni  mono  koso  \  kanashikere  ! 
Wagauii  Jiitotsu  no  \  aki  ni  wa  arauedo. 

Wenn  ich  betrachte 
Den  Mond — wie  traurig  scheinen 

Mir  alle  Dinge  ! 
Obgleich  es  doch  kein  Herbst  ist. 
Der  mir  allein  gehörte. 

Der  Dichter  will  sagen,  seine  Traurigkeit  sei  so  gross,  als  habe  der  Herbst  seinen 
ganzen  traurig  stimmenden  Einfluss  auf  ihn  allein  ausgeübt. — Auch  dieser  Dichter  lebte 
am  Ende  des  9.  Jahrhunderts. 


24.  Kwanke. 

Koro  tabi  iva,  \  nusa  vw  tori-aezii,  \   Taviukeyaina 
Momiji  no  nisJdki  \  kaini  no  viani-jnani. 

Ich  konnte  diesmal 
Nicht  Opferzweige  bringen. 

Drum  weih'  den  Göttern 
Ich  nun  die  rothe  Seide 
Des  Laubs  vom  Tamükeyama. 


217 

KioMil-c' (fg^,  lla.us  S//i;'a)  ist  der  ah  Staatsmann,  Gelehrter,  Kalligraph  und  Dichter 
hochberühmte  Si/j^awara  no  Michisane.  Er  war  Minister  (Udaijin)  unter  den  Kaisern  Uda 
(reg.  8S8— 897)  und  Daigo  (898 — 930),  wurde  aber  durch  die  Intriguen  seines  Feindes 
Fujiwara  no  Toldhira  nach  Chikuzen  verbannt,  wo  er  im  Alter  von  59  Jaliren  starb. — Er 
gilt  als  der  grösste  Gelehrte  chinesischer  Wissenschaft,  den  Japan  jemals  hervorgebracht  hat ; 
bald  nach  seinem  Tode  wurden  ihm  Tempel  errichtet,  und  noch  heute  wird  er  überall 
unter  dem  Namen  Teinman  Tenjin  oder  Tcnjin-sama  als  Gott  der  Gelehrsamkeit,  insbe- 
sondere der  hier  von  Alters  her  in  so  hohem  Ansehen  stehenden  Schreibkunst,  verehrt. — Der 
Dichter  hat  beim  Besuch  des  Tempels  auf  dem  Tamukeyama  bei  Nara  keine  7uisa :  Sakaki- 
Zweige  mit  Hanffäden,  auch  Seide  oder  Papierstreifen,  als  Opfer  mitgebracht  ;  darum  bietet 
er  den  Göttern  als  Ersatz  das  rothe  Herbstlaub  als  "Seide"  an.  Die  Bezeichnung  des 
rothen  Laubes  als  7i!s/ü/;i—]etzt  Brokat,  früher  ein  einfacher  Seidenstoff  von  verschiedener 
Farbe— ist  bei  Dichtern  häufig.  (Vgl.  No.  69.) 


25.  Sanjö  Udaijin.— Slaalsminisler  Sanjö. 

Na  ni  sJii  oi^Hiba,  \  Ausaka-yaina  no  \  sanc-kazura, 
Hito  iii  shirarede,  \  kurii  yoshi  luogana  ! 

Gäbs  doch  ein  Mittel 
Dass  du  könnt'st  kommen  ohne 

Der  Menschen  Wissen  ! 
Der  Ranke  gleich  des  Schlafes 
Auf  dem  Begegnungshügel. 

Diese  Gedicht  zeichnet  sich  durch  ganz  besondere  Künstlichkeit  aus,  so  dass  es  sich 
kaum  noch  verständlich  übersetzen  lässt.  Ausaka-yatni  tw  sane-kazitra,  die  schlafende 
Ranke  von  Ausaka-yama  (als  "  Begegnungshügel  "  übersetzt)  ist  Einleitung  (/t»)  zu  y^wr«, 
was  ausser  "  kommen "  auch  "abrollen,  abwickeln"  bedeutet.  Wie  man  diese  Ranke 
beim  Streifen  durch  den  Wald  abrollt  und  nach  sich  zieht,  ohne  es  zu  wissen,  so  soll  die 
Gehebte  zu  dem  Dichter  kommen,  ohne  dass  die  Leute  es  wissen— jedenfalls  eine  wenig 
glückliche,  höchstens  ihrer  Sonderbarkeit  wegen  bemerkenswerthe  Ideenverbindung !  Un- 
übersetzt  geblieben  ist  der  Anfang  na  ni  shi  owaha,  "wenn  mit  den  Namen  übereinstimm- 
te," d.  h.  wenn  die  Schlafranke  (die  Geliebte)  wirklich  (mit  ihm)  schlafen  will,  und  wenn  der 
Name  ^/wrtZ-,?,  "  Begegnungshügel "  wirklich  auf  eine  Zusammenkunft  mit  der  Geliebten 
deutet.— Der  Dichter  hiess  eigenthch  Ftijhvara  no  Sadakata;  der  Zweig  der  Fujiwara- 
Familie,  zu  dem  er  gehörte,  erhielt  den  Namen  Sanjö  nach  der  Sanjö-Strasse  in  Kyoto,  in 
derer  wohnte.  Er  war  Udaijin  ("rechter  Minister")  unter  Daigo  Tenn5  und  starb  i.  J. 
932. 


2l8 

26.  Teishin  Kö.— Fürst  Teishin. 

Ogiirayaina  \  iniue  no  moviijiba  \  kokoro  araba, 
Iina  Jiitotabi  iio  \  viiyuki  matanan  ! 

Wenn  fühlen  könnte 
Das  bunte  Laub  am  Gipfel 

Ogurayama's, 
Hätts  doch  den  zweiten  Kaiser- 
Besuch  erwarten  sollen  ! 

Der  Dichter  hiess  Ftijiivara  no  Tadahira:  Teishin  Kö  ist  der  ihm  vom  Kaiser  veriiehene 
posthume  Name  und  Titel.— Das  Gedicht  bezieht  sich  darauf,  dass  einmal  der  ehemaHge 
Kaiser  Uda  (nach  seiner  Abdankung  Uda  JüG  genannt)  den  Ogurayama  bei  Saga  (Yama- 
shiro)  besuchte,  um  die  Schönheit  der  herbstlichen  Laubfärbung  zu  bewundern.  Als  sein 
Sohn  und  Nachfolger,  der  regierende  Kaiser  Daigo,  davon  hörte,  begab  er  sich  einige  Tage 
später  ebenfalls  dahin  ;  es  war  aber  schon  zu  spät,  die  Blätter  waren  schon  abgefallen  ; 
daher  die  Klage  des  Dichters. 


27.  Chünagon  Kanesuke.— Kaiserlicher 
Ralh  Kanesuke. 

Mika  no  hara  \  ivakite  nagaj'iini  \  I:::umigaii'a, 
Itsu  miki  tote  ka  ?  \  koisJiikariirari. 

Izumigawa, 
Der  rauschend  du  durchströmest 

Mika's  Gefilde— 
Wann  sah  ich  je  sie  früher. 
Die  ich  nun  lieben  werde  .' 

Man  vergleiche  das  auf  dieses  Gedicht  Bezügliche  auf  S.  199  der  Einleitung.  Die  hier 
gegebene  Übersetzung  der  Oberzeile  des  Originals  ist  natürlich  nur  ein  Nothbehelf.— Der 
Dichter  hiess  Fujiivara  no  KancsnJcc  und  lebte  im  Anfang  des  10.  Jahrhunderts. 


219 


28.  Minamoto  no  Muneyuki  Ason. 

Yama::ato  zva,  \  ßtyu  zo  sabisJiisa  \  masarikcrit  ! 
Hito-me  mo  kiisa  vio  \  kareini  to  ovioeha. 

Fürwahr,  das  Bergdorf 
Ist  doch  am  einsamsten 

Im  Winter  ;  denkt  man, 
Wie  mit  dem  welken  Laube 
Die  Menschen  auch  verschwunden  ! 

Eigentlich  :  wenn  man  daran  denkt,  dass  sowohl  die  Augen  der  Menschen  (der  Berges- 
besucher) als  das  Kraut  (Laub)  nun  verwelkt  sind.— Der  Dichter  starb  i.  J,  940.  (tjl)cr  den 
Titel  Aso7is.  No,  17.) 


29.  Ochiköchi  no  Mitsune. 

Kokorc-ate  ni  \  orabaya  !  ornn  \  hatsiisJiimo  no 
Oki-madoivaserji  \  sJiiragiku  no  'liana. 

O  könnt  ich  pflücken, 
Wie  mir  das  Herz  es  eingiebt ! 

Vielleicht  dann  pflückt  ich 
Die  Weissaster,  die  täuschend 
Der  erste  Reif  verhüllet. 

Der  Dichter,  der  um  das  Jahr  900  leine,  war  einer  von  Tsnrayuki's  (No.  35)  drei 
Mitarbeitern  am  Kohinshn. 


30.  Mibu  no  Tadamine. 

Ariake  no  \  tsnrenaku  mies  hl  \  zvakare  yori, 
Akatsuki  bakari  \  nki  mono  zva  nasJii. 

Seit  ich  beim  kalten 
Lichte  des  Morgenmondes 

Von  ihr  geschieden, 
Gleicht  nichts  an  tiefer  Trauer 
Der  Zeit  der  Morgendämmrung. 


220 

Der  Dichter,  der  965  im  Alter  von  99  Jahren  gestorben  sein  soll,  war  ebenfalls  einer  der 
drei  Mitarbeiter  Tsurayuki's  am  Ä'o/dus/iü.— Das  Gedicht  gehiirt,  nach  dem  Urtheii  der 
Japaner,  zu  einem  der  schönsten  nicht  nur  der  Sammlung,  sondei n  der  ganzen  japanischen 
Littcratur. 


31.  Sakanoue  no  Korenori. 

Asaborake  \  ariakc  no  tsukito  \  mini  iiiad':  ni 
Yoshino  no  sato  ni  \  fiircru  sJiirayuki. 

O  seht  den  weissen 
Schnee,  der  im  Dorf  Yoshino 

(Des  Nachts)  gefallen, 
Dass  nun  beim  Tagesgrauen 
Er  glänzt  wie  Licht  des  Frühmonds  ! 

Das  "o  seht"  der  Übersetzung  ist  eine  fremde  Zuthat.  to  viirii  iiiadc  ni,  "sodass 
man  (den  Schnee)  für  (den  Morgenmond)  ansieht,"  d.  h.  so  dass  er  so  aussieht  (_in  der 
Übersetzung  :  glänzt). — Der  Dichter  war  ein  Zeitgenosse  des  vorigen. 


32.  Harumichi  no  Tsuraki. 

Yaniakazva  ni  \  kazc  no  kaketaru  \  shigarami  zva, 
Nagare  vio  acnu  \  nioniiji  narikeri. 

Die  von  dem  Winde 
Am  Bergesstrom  gebaute 

Schutzwehr  der  Ufer — 
Es  ist  nur  buntes  Laub,  das 
Nicht  weiter  schwimmen  konnte. 

Eins  der  vielen  Gedichte,  die  das  rothe  llerbstlaub  zum  Gegenstande  haben.      (Vgl. 
No.  17,  24,  26,  69.) — Der  Dichter  blühte  um  das  Jahr  900. 


221 


33.  Ki  no  Tomonori. 

Hisakata  7io  \  Jdkari  nodokeki  \  kam  vo  Jii  ni, 
SJiizii-kokoro  naku  \  hana  no  cliiriiran  ! 

Am  sonnig-klaren, 
Still  heitern  Frühlingstage — 

Dass  doch  die  Blüthen, 
Im  Herzen  keine  Ruhe, 
(So  bald)  verwehen  werden  ! 

A'iiio  T^wöWi^;-/,  ein  Neffe  von  Ki  no  Tsurayuki  (Xo.  35),  war  einer  von  dessen  drei 
Mitarbeitern  an  der  Sammlung  Kokinskii :  ei-  starb  905.  kurz  vor  ihrer  Vollendung,  die  noch 
in  demselben  Jahre  stattfand. 


34.  Fujiwara  no  Okikaze. 

Tare  U'o  ka  mo  \  sJiirn  Jiito  ni  sen  ?  \   Takasago  no 
Matsu  VW  mnkaslii  no  \  touio  narannku  ni. 

Wen  wohl  zum  Freunde 
Sollt  ich  erwählen?  Sind  doch 

Die  Kiefern  selbst  nicht 
Von  Takasac^o  Freunde 
Von  mir  aus  alten  Zeiten  ! 

Das  Gedicht  macht  einen  etwas  gezwungenen  Eindruck  und   ist   nicht  einmal  recht 
verständlich. — Der  Dichter  blühte  in  der  Periode  Engl  (901—922). 


35.  Ki  no  Tsurayuki. 

Hito  ica,  isa  \  kokoro  mo  shirazn.  \  Furusato  iva, 
Hana  r:o  mukashi  no  \  ka  ni  nioikcru  ! 

Wies  mag  bestellt  sein 
Ums  Herz  der  Menschen,  weiss  ich 

Zwar  nicht  ;  doch  duften 
Noch  wie  in  alten  Zeiten 
Im  alten  Dorf  die  Blumen. 


222 

Eigentlich  :  duften  mit  dem  Dufte  der  alten  Zeit. — Der  Dichter,  berühmt  als  Verfasser 
des  Tosa  A'i/cki,  "Tagebuchs  von  Tosa,"  und  der  "  Sammlung  alter  und  neuer  japanischer 
Gedichte"  (/vo/dn-val-as/ui,  gewühnlich  abgekürzt:  Kokinshü),  bekleidete  mehrere  hohe 
Ämter  (u.  a.  war  er  eine  Zeitlang  Gouverneur  der  Provinz  Tosa)  und  starb  946  im  Alter  von 
62  Jahren.  Vom  Tosa  Nikki  ist  ein  Theil  von  Aslon  in  den  Transactions  (III,  2)  der  Asiat. 
Soc.  ins  Englische  übersetzt  worden  ;  von  den  20  Heften  des  Kokinshü,  das  Tsurayuki  im 
Auftrage  des  Kaisers  Daigo  (reg.  898—930)  mit  drei  Mitarbeitern  (No.  29,  30  und  33) 
verfasste,  hat  A'.  Zrt^^a' die  ersten  drei  Hefte  (die  "Frühlingsgedichte"  und  die  "Sommer- 
gedichte"), und  A.  Graniatzky  das  6.  Heft  (die  "Wintergedichte")  ins  Deutsche  übersetzt. 
Tsurayuki's  Vorrede  zum  Kokinshü  (von  R.  Lange  nach  Motoori's  Umschreibmig  übersetzt) 
ist  gleich  dem  Tosa  Xikki  wegen  ihrer  classisch-vollendeten  Prosa  berühmt  und  enthält 
interessante  Urtheile  über  sechs  Dichter  der  Sammlung  :  Kisen  Höshi  (No.  8),  Frau  Ono  no 
Komachi  (Xo.  9),  Söjö  Ilcnjö  (No.  12),  Ariwm'a  no  iVarihira  Ason  (No.  i']),  Biinya  no 
Yasiihidc  (No.  22)  und  den  im  Hyakunin-Isshü  nicht  verti-etenen  TJtomo  no  Kitromishi — 
denen  man  später  den  Elu-entitel  Rokkascn  (:;^|^flH),  "die  sechs  Dichterzauberer,"  beigelegt 
hat.  Doch  ist  dabei  nicht  zu  vergessen,  dass  Hitomaro  und  Akahito,  nach  allgemeinem, 
auch  von  Tsurayuki  ausgesprochenem  Urtheil,  einen  Platz  noch  weit  über  den  Rolckasen 
einnehmen. 


36.  Kiyowara  no  Fukayabu. 

Natsic  no  yo  zca,  \  inada  yoi  nagara,  \  akeniiru  wo  ! 
Kuino  no  i::uko  iii  \  tsiiki  yadornran  ? 

Noch  war  es  Abend, 
Da  ist  die  Sommernacht  schon 

Dahingeschwunden  ! 
Wo  in  den  Wolken  mag  wohl 
Der  Mond  sich  noch  verweilen  } 

über  den  Dichter  ist  wenig  bekannt. 


37.  Bunya  no  Asayasu. 

Shiratsnyn  ni  \  ka.'^e  no  fuki-sJiikii-  \  aki  no  no  iva, 
Tsiiramiki-tonienu  \  tama  r:o  chirikerii  ! 

Im  Herbstgefilde, 
Wo  übern  Thau  beständig 

Der  Wind  dahinweht — 
Wie  sind  ringsum  verstreuet 
Unaufgereihte  Perlen  ! 


223 

Statt  "Thau"  steht  im  Original  "weisser  Thau  ". — Der  Dichter  ist   der  Sohn  von 
Bunya  no  Yasuhide  (Xo.  22),  doch  nicht  so  berühmt  wie  dieser. 


38.  (Frau)  Ukon. 

Wasurariiru  \  vii  ivoba  omoiua^u,  \  chikaitesJii 
Hito  no  inochi  no  \  oshikn  nio  M'n  kana  ! 

Nicht  meiner,  die  ich 
Vergessen  bin,  gedenk  ich  ; 

Doch,  ach  !  das  Leben 
Des  Mannes  bleibt  mir  theuer, 
Der  einst  mir  Treu'  geschworen. 

Der  Vater  der  Dichterin  war  der  General  Kata  no  Suetsuna. 


39.  Sanai  Hiloshi.— Staalsrath  Hitoshi. 


"o 


Asaji-fu  no  \  o-no  no  sJiinohara  \  sJiinoburedo, 
Aviarite,  nado  ka  \  hito  no  koisJiikif 

Wohl  kann  im  Schilffeld 
Das  Bambusgras  sich  bergen  ; 

Doch  meine  Liebe 
Ist  allzu  gross — waium  auch 
Ist,  die  ich  lieb',  so  reizend  ? 

Asaji-fu  no  o-no  no  shinohara,  das  Bambusgrasgebüsch  auf  dem  kleinen  Felde,  wo 
Schilf  wächst,  ist  nui  als  Einleitung  {jo)  zu  shinolnircdo  zu  betrachten,  was  in  der  doppelten 
Bedeutung  " obgleich  sich  (das  Bambusgrasgebüsch)  verbirgt"  und  "obgleich  ich  (meine 
Liebe)  verberge"  gebraucht  ist;  das  Gedicht  beginnt  also  eigentlich  erst  mit  sJnnobiiredo 
(vgl.  No.  40,  das  inhaltlich  verwandt  ist,  und  auch  mit  demselben  Worte  beginnt). — Die 
Stelle  nado  ha  hito  no  koishihi  ist  grammatisch  nicht  recht  klar  ;  vgl,  im  Vokab.  unter 
amarite. — Der  Dichter,  ein  Nachkomme  des  Kaisers  Saga,  hiess  -Minanioto  no  HitosJd  und 
lebte  um  die  Mitte  des  10.  Jahrhunderts. 


i 


224  ^ 

40.  Taira  no  Kanemori. 

Shinoburedo,  \  iro  ni  idc  ni  keri  \  Uhiga  koi  zun. 
Mono  ya  oinoii  to  \  hito  vo  ton  viade. 

Wie  ich  die  Lieb'  auch 
Verberge — dennoch  spricht  sie 

Aus  meinem  Antlitz, 
So  dass  die  Leut'  mich  fragen, 
Welch  Kummer  mich  denn  drücke. 

Sinngeti-cuer   wäre:     "ob   icli   denn   Kummer  habe," — Der    Diclüer   blähte    um    die 
Periode  Tenreki  (947 — 956). 


41.  Mibu  no  Tadami. 

Koi  SU  tt'fu  I  li'aga  na  wa  madaki  \  tackt  ni  keri  ; 
Hito  skirß.-'it  koso  \  ouioi-soniesJii  ka. 

Schon  allbekannt  ist 
Der  Ruf  von  meiner  Liebe  ; 

Da  ich  doch  glaubte, 
Ich  hätt'  ganz  ohne  Wissen 
Der  Leute  mich  verliebet ! 

Die  Worte  •'  da  ich  doch  glaubte  '"  sind  intcrpolirt,  indem  nach  /vr  etwa  zu  ergänzen  ist : 
to  pinoti  IIP  ni. — Der  Dichter  war  ein  Sohn  von  Miliu  no  Tadamine  (No.  30). 


42.  Kiyowara  no  Motosuke. 

CJiigiriki  na  !  \  katanii  ni  sodc  wo  \  shiori-tsntsn, 
Site  no  Matsnyania  \  nanii  kosaji  to  zua. 

Dass  nie  die  Welle 
Über  den  Matsuyama 

Soll  steigen, [haben 
Geschworen  wir,  die  feuchten 
Ärmel  einander  trocknend. 


i 


225 

Unübersetzt  geblieben  ist  Siu-  >io,  "  von  Sue  "  (ein  Ortsname).  Die  Ärmel  sind  feucht 
von  Thränen,  vgl.  im  Vokab.  unter  shiori-tsiitsti.  Die  Welle,  die  nicht  über  den  Sue-no- 
Matsuyama  (Name  eines  Berges  in  Öshü)  steigen  soll,  bezieht  sich  auf  ein  altes  Gedicht, 
welches  lautet : 

Kimi  wo  okite,  \  adas M-s^okoro  too  \  'va  o;a  inotaba, 
Sue  no  Matsuyama  \  luvtii  vio  hoyuran. 

"  Wenn  ich,  dich  verlassend,  ein  anderes  (wankelmlithiges,  falsches)  Herz  hätte,  so 
würden  wohl  selbst  die  Wellen  über  Sue-no-Matsiiyama  steigen."  Die  Anspielung  hierauf 
(in  No.  42)  hat  also  den  Sinn,  dass  die  Liebenden  einander  ewige  Treue  geschworen  haben. 
— Der  Dichter  starb  i.  J.  989. 


43.  Chünagon  Atsulada— Kaiserlicher  Rath  Atsutada. 

Ai-mite  no  \  nochi  no  kokoro  ni  \  kurabnreba, 
MitkasJii  zca,  mono  wo  \  onioioazarikeri. 

Ach,  im  Vergleich  mit 
Dem  Zustand  meines  Herzens 

Nach  der  Begegnung 
Mit  ihr — wie  lebt  ich  früher 
Doch  gänzlich  ohne  Sorgen  ! 

Der  Dichter  gehi>rte  dem  Hause  Fujiwara  an. 


44.  Chünagon  Asatada.— Kaiserlicher  Ralh  Asatada. 

An  koto  no  \  tacte  sJii  naknba,  \  nakanaka  ni 
Hito  wo  mo,  ini  zvo  vw  \  nramizaramashi. 

Wenn  man  mit  niemand 
Zusammenkäme,  würde 

Man  sicher  weder 
Auf  andre  Hass  empfinden, 
Noch  auch  sich  selber  hassen. 

Der  Dichter  war  der  Sohn  von  Sanjö  Udaijin  (No.  25). 


226 

45.  Kentoku  Kö— Fürst  Kentoku. 

Azuarc  to  mo  \  in  beki  Jiito  tu.i  \  oinohoede, 
Mi  HO  itacnra  ni  \  narinu  beki  kana  ! 

Da  ich  nicht  glaube, 
Dass  sie  selbst  auch  nur  Mitleid 

Mit  mir  wird  haben, 
So  wird  mein  Leben  leider 
Wohl  zwecklos  gehn  zu  Grunde  ! 

Wörtlich  :  dass  eine  auch  nur  sagen  wird  :  (ich  habe  mit  dir)  Mitleid.— Ä'dvz/c/i«  Kö  ist 
der  posthume  Name  (und  Titel)  des  Dichters  (vgl.  No.  26)  ;  sein  wirklicher  Name  war 
Fiijiii'ara  no  Koretada.  Er  blühte  um  die  2.  Hälfte  des  10.  Jh.'s  und  war  Mitarbeiter  an 
der  Sammlung  Gosenshü. 


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46.  Sone  no  Yoshilada. 

Yura  110  to  ivo  \  ivatarufunabito  \  kaji  zvo  tae, 
Yiikne  1110  sliii-anii  \  koi  no  niicJii  kana  ! 

O  Weg  der  Liebe, 
Bei  dem  man  selbst  das  Ziel  nicht 

Kennt,  gleich  dem  Schiffer, 
Der  ohne  Steuer  über 
Yura's  Meerenge  schiffet. 

über  diesen  und  die  sechs  folgenden  Dichter  ist  nicht  viel  mitzutheilen  ;  ihre  Blüthezeit 
fällt  in  die  2.  Hälfte  des  10.  Jahrhunderts. 


47.  Eikei  Höshi.— Priester  Eikei. 

Yae-mogura  \  shigcrcru  yado  no  \  sabishiki  ni 
Hito  koso  inicnc,  \  aki  zoa  ki  ni  kcri. 


22/ 

Da  gar  so  einsam 
Die  hopfenumrankte  Hütte, 

So  sieht  man  freilich 
Hier  keine  Menschen,  aber 
Der  Herbst  ist  doch  gekommen. 


48.  Minamoto  no  Shigeyuki. 

Ka^e  ivo  itaini  \  iiva  iitsii  naini  no  \  onore  no  iiii 
Kudakete  mono  wo  \  omon  koro  kana  ! 

O  Zeit  voll  Kummer, 
Wo  man  den  eignen  Körper 

Zerbrechen  möchte, 
Gleich  Wellen,  die  vom  Winde 
Gepeitscht  die  Felsen  schlagen  ! 

Statt  "vom  Winde  gepeitsclit  "  im  ürit^inal  "durch  die  Gewalt  des  Windes." 


49.  Onakatomi  no  Yoshinobu  Ason. 

Mikaki-inori  \  cji  no  taku  hi  no  |  yorit  zua  inoe, 
Hirit  zua  kie-tsntsu,  \  mono  zi'o  koso  omoc  ! 

Mein  Sehnen  gleichet 
Dem  Feuer,  das  die  Wächter 

Des  Kaiserschlosses 
Entzünden  :  in  der  Nacht  nur 
Brennts,  doch  am  Tag'  erlischt  es. 

Die  Übersetzung  giebt  den  Sinn  nur  unvollkommen  wieder.  Die  Worte  yorii  u<a  vioe, 
kirn  wa  kie-tsntstt  beziehen  sich  doppelsinnig  sowohl  auf  das  Feuer  als  auch  auf  den 
Dichter  ;  eine  wörtliche  Übersetzung  mässte  lauten  :  Ich  leide  wahrlich  Liebeskummer  wie 
das  Feuer,  das  die  Palastwächter  anzünden,  indem  ich  in  der  Nacht  (vor  Liebe)  brenne  und 
am  Tage  (vor  Sehnsucht,  oder  Traurigkeit)  vergehe  (erlösche). 


228 


50.  Fujiwara  no  Yoshitake  » 

Kimi ga  tainc  \  oshikarazarisJii  \  iuochi  sae, 
N'agaku  mogana  to  \  omoikcrii  kana  ! 

Acli,  selbst  dies  Leben.  f5 

Das  werthlos  mir  geworden, 

Seit  ich  dich  h'ebte — 
Jetzt  wünsch  ich  nur,  dass  lange 
Es  doch  noch  dauern  möge  ! 

Ä?W,^«/ffWi-,  "um  deinetwillen,"  liier  in  freier  Üliersetzung  :  "seit  ich  dich  lichte." 
Die  Liebe,  die  erst  hofihungslos  schien,  ist  jetzt  erhört  worden.    Vi;l.  No.  84. 


51.  Fujiwara  no  Sanekala  Ason. 

Kaku  to  dani  \  e  ya  iva  ibuki  no  \  saslii-viogiisa 
Sasliimo  sJiiraji  na  \  inoynrn  ovioi  li'o. 

Darf  man  sein  Herz  denn 
Entdecken  ?  Meine  Liebe, 

Die  glühend  brennet, 
Wie  Moxa  vom  Ibuki, 
Soll  niemand  je  erfahren  ! 

ilnild  ist  als  kenyögen  gehrau.cht  :  1)  =  ///  U-ki  :  c  ya  ?.',;  i//  bcki  ^  wird  man  denn 
sagen  können  =  darf  n.an  denn  sagen  ?  2)  =  Ibuki{yama),  Name  eines  Berges  in  Mino.  Der 
Anfang  wörtlich:  darf  man  denn  nur  (ohne  Weiteres)  sagen:  so  (ist  es)?  Statt  sashimo 
{=.siww),  "ganz  so,"  "gerade  so,"  steht  in  der  Übersetzung  "glühend";  das  stark 
emphatische  na  nach  shiraji  ist  duich  "niemand  je  "  angedeutet.— Der  Dichter  starb  i.  J. 
998. 


52.  Fujiwara  no  Michinobu  Ason. 

Akemtreba  \  kurnrn  uicno  to  ica  \  shiri-nagara, 
Nao  tiravicsJiiki  \  asaborake  kana  ! 


J 


229 


Man  weiss  es  freilich, 
Dass  es,  wenns  tagt,  auch  Abend 

Wird  wieder  werden  ; 
Doch,  ach,  es  bleibt  doch  immer 
Verhasst  die  Morgendämmrung ! 

Weil  sich  der  Dichter  dann  von  der  Geliebten  trennen  muss. — Vgl.  No.  30. 


53.  üdaisho  IWichitsuna  no  haha.— Muller  des 
Generals  der  Kaiserlichen  Leibwache  Michilsuna. 

Nageki-tsiitsu  \  hitori  nuru  yo  no  \  ahtru  uia  iva, 
Ika  ni  Jiisashiki  \  mono  to  ka  iva  shirii  ? 

Ob  du  wohl  ahnest, 
Wie  sehr  die  Zeit  mir  lang  wird, 

Bis  endlich  weichet 
Die  Nacht,  die  ich  mit  Seufzen 
Nach  dir  einsam  verbringe  ! 

Der  Inhalt  ist  dem  von  Xo.  85  sein-  ahnlich. — Die  Dichterin,  die  auch  das  Kagerö  Nikkl 
verfasst  hat,  gehört  zu  den  drei  von  Alters  her  berühmtesten  Schönheiten  Japans  (che  andern 
beiden  sind  Ono  no  Komachi — s.  Xo.  9— und  Kömyö  Kögö,  Gemahlin  des  Kaisers  Shömu). 
Sie  war  aus  dem  Hause  Fujiwara  und  heirathete  den  Kwambaku  (Regenten)  Fujiwara  no 
Kane-ie. 


54.  Gidö  Sanshi  no  haha.— Müller  des  Gidö  Sanshi. 

VVasJireji  no  \  ynkiisne  niade  tua  \  katakereba, 
Kefu  li'o  kagiri  no  \  inochi  to  inogana  ! 

Da's  gar  zu  schwer  doch 
Dir  wäre,  mich  auch  künftig 

Nie  zu  vergessen, 
Wärs  besser,  wenn  noch  heute 
Mein  Leben  enden  wollte. 


230 

Die  Übersetzung  ist  im  streng  grammatischen  Sinne  nicht  ganz  genau,  weil  sie  sonst 
gai  zu  undeutsch  khiigen  würde. —Die  Dichterin  lebte  ums  Jahr  looo  und  war  die  Gemahlin 
des  Regenten  Pujiwara  no  Michitahe  ;  der  Name  ihres  Sohnes  ist  Fujiwara  no  Korechika  ; 
GidC)  Sanshi  ist  nur  sein  Titel.  Vielleicht  hicss  er  der  Gidö  Sanshi  deshalb,  weil  er  der  erste 
war,  der  diesen  Titel  erhielt,  (Vgl.  Taikö  =  Hideyoshi,  obgleich  nach  Hideyoshi  noch  viele 
diesen  Titel  führten . ) 


55.  Dainagon  Kintö.— Kaiserlicher  Ralh  Kinlö. 

Taki  110  oto  IV a  \  taeie,  hisasJiikii  \  narimiredo, 
Ä^a  hoso  nagarctc  \  nao  kikockcri  ! 

Zwar  schon  seit  lange 
Hat  aufgehört  das  Rauschen 

Des  Wasserfalles, 
Doch  immer  weiter  strömt  noch 
Und  wird  gehört  sein  Name. 

Obgleich  der  Wasserfall  nicht  mehr  vorhanden  ist,  erinnert  man  sich  doch  noch  seiner 
einstigen  Schönheit.  (Es  ist  von  einem  künstlichen  Wasserfall  die  Rede,  den  Kaiser  Saga— 
reg.  810—823— hatte  anlegen  lassen,)— Der  Dichter  gehörte  der  Fujiwara-Familie  an  ;  er 
war  in  den  drei  schönen  Künsten  :  der  chinesischen  Dichtkunst,  der  japanischen  Dichtkunst 
und  der  iSIusik  (shi-ka-Jr.miigcn,  |#»j^  ^^^i.  ;  kwangen  eigentlich  :  Blase-  und  Streichinstru- 
mente) gleich  ausgezeichnet,  sodass  es  bei  einer  vom  Kwambaku  (Regenten)  Michinaga  auf 
dem  Öigawa  veranstalteten  Lustfahrt,  wobei  die  Theilnchmer,  je  nach  der  Kunst,  in  der  sie 
sich  auszeichneten,  in  drei  Boote  vertheilt  wurden,  unentschieden  lilieb,  in  welches  Boot  er 
einzusteigen  habe.— Der  Dichter  von  No.  64  ist  sein  Sohn. 


56.  (Frau)  Izumi  Shikibu. 

Arazaran.  \  Kono yo  no  Jioka  no  \  onioi-ide  ni, 
Inia  Jiitotabi  no  \  au  koto  viogaua  ! 

Bald  wird  mein  Leben 
Wohl  enden.    Könnt  ich  doch  nur, 

Um  mich  im  Jenseits 
Daran  noch  zu  erinnern, 
Einmal  dich  wiedersehen  ! 


231 

Vgl.  No.   19.— Die  Dichterin,    Gemahlin   des   Gouverneurs   von    Izumi    Tachibaiia  no 
MicJiisada,  lebte  gleich  den  sechs  folgenden  Dichterinnen  am  Hofe  des  Kaisers  IchijG  (reg. 

087 loii).  Sie  ist  die  Verfasserin  des  Werkes  Izumi  SJiiMbu  Isikki  und  zeichnete  sich 

auch  durch  Gelehrsamkeit  in  buddhistischen  Dingen  aus. 


57.  (Frau)  Murasaki  Shikibu. 

Megtiri-aite  \  inishi  yn  ?  sorc  to  vw,    \  %uakanu  via  ni 
Kiimo-gakurc  ni  sJii  \  yoJta  vo  tsiiki  kann  ! 

Ob  ich  denn  wirklich 
Ihn  sah  .'  Und  war  ers  auch,  so 

Wars  nur  der  Mond,  der 
Eh'  man  ihn  recht  cjesehen. 
Sich,  ach  !  in  Wolken  hüllte. 

Unübersetzt  geblieben  ist  vtci::iin-aitc,  sich  auf  der  Reise  begegnend  ;  yoha  no,  (Mond) 
der  Mitternacht.  Die  Dichterin  klagt,  dass  das  Wiedersehen  mit  dem  Gehebten  allzu 
kurz  gewesen  sei ;  die  Doppelsinnigkeit,  mit  der  der  Mond  und  der  Geliebte  behandelt 
sind,  so  dass  sie  ganz  in  einander  übergehen,  gilt  als  grosse  Schönheit.— Das  Hauptwerk  der 
Dichterin,  Ge)iji-ino7iogatari,  gehört  zu  den  bewundertsten  und  gepriesensten  Prosawerken 
der  ganzen  japanischen  Litteratur  ;  ein  anderes  berühmtes  Werk  von  ihr  ist  das  Mitrasaki 
Shikibu  Nihki.  Die  Dichterin  war  die  Tochter  des  Gelehrten  Fujiwara  no  Tametoki  und 
Gemahlin  von  Fujiwara  no  Nobutake.  Nach  dessen  Tode  blieb  sie,  obgleich  wegen  ihrer 
Schönheit  und  Talente  vielumworben,  unvermählt,  und  lebte  am  Hofe  Ichijö  Tennö's  als 
Hofdame  der  Kaiserinmutter  Jötö  Mon-in.  Auch  ihre  Tochter  (s.  No.  5S)  zeichnete  sich  als 
Dichterin  aus. 


58.  Daini  no  Sammi.-Sammi,  (Frau)  des  Daini. 

Arimayama  \  Ina  no  sasahara  \  kaze  fukeba, 
Idesoyo  hiio  zuo  \  zi-asure  ya  wa  sunt  ? 

Vom  Arimayama 
Auf  Ina's  gras'ge  Fluren 

Rauscht  leis  der  Wind  hin. 
Wie  könnte  den  Geliebten 
Ich  jemals  wohl  vergessen  ! 


232 

Die  ganze  Oberzeile  ist  nur  Einleitung  (jo)  zu  dem  soyo  in  idesoyo  ;  zwischen  dieser 
Einleitung  und  der  ünterzeile  findet  keine  weitere  Beziehung  statt,  als  dass  idesoyo,  "  wie", 
"wie  denn,"  an  j'^'j'f  (auch  j-t^jv-i-crf),  ein  Klangwort  für  das  sanfte  Rauschen  des  Windes 
über  Gräser  etc.,  erinnert. — Die  Dichterin  ist  die  Tochter  der  vorigen  ;  Daini  war  der 
Titel  ihres  Gemahls,  Fujiwara  no  Naribumi. 


59.  (Frau)  Akazome-emon. 

Yasinuarade  \  nettamashi  mono  ivo  !  \  sayo  fukcte, 
Katabukii  made  no  j  tS2iki  ivo  viisJii  kana  ! 

Hätt  ich  doch  lieber 
Geschlafen,  statt  zu  warten  ! 

Zum  Monde  .schaut  ich, 
Bis,  ach,  in  später  Nacht  er 
Zum  Untergang  sich  neigte. 

Yasinoaradc,  ohne  Zeit  zu  versäumen,  ist  hier  durch  "  statt  (auf  dich)  zu  warten  " 
wiedergegeben.  Der  Inhalt  erinnert  an  No.  21. — Die  Dichterin  lebte  am  Hofe  des  Kaisers 
Ichijü  (vgl.  No.  56)  und  ist  Verfasserin  des  Eigxva-monogatari,  worin  die  Prachtliebe  der 
Fujivvara-Familie  geschildert  wird. 


60.  Koshikibu  no  NaishL- Hofdame  Koshikibu. 

Oeyania  \  Ikuno  no  viichi  no  \  tökereba, 

Mada  funii  ino  viizu  \  Ania-no-has hidate . 

Da  noch  so  weit  ist 
Der  Weg  nach  Iküno  über 

Den  Oeyama, 
Ist  noch  kein  Brief  gekommen 
Und  keine  Himmelsleiter. 

Das  Wortspiel  mit  madafiunl  ino  inizu  lässt  sich  in  so  knapper  Form  nur  unvollkommen 
wiedergeben  ;  die  Worte  bedeuten  i)  habe  noch  nicht  einmal  einen  Brief  erhalten  ;  2)  habe 
noch  nicht  einmal  (Ama-no-hashidate)  versucht  zu  betreten.  Ama-no-hashidate  ("  Himmels 
leiter  ")  ist  eine  wegen  ilirer  landschaftlichen  Schönheit  berühmte  lange,  schmale  Halbinsel 


233 

in  Tango.  Die  Dichterin  mnchte  dieses  Gedicht,  als  sie  von  Kyüto  zu  ihrer  in  Tango 
wohnenden  Mutter  reiste;  ihr  Weg  führte  über  Ueyama  und  Ikuno,  zwei  Örtlichkeiten  in 
der  Provinz  Tamba.  Mit  dem  Briefe  ist  ein  Brief  von  ihrer  Mutter  gemeint. 


61.  (Frau)  Ise  no  Daisuke. 

IiiisJiie  no  \  Nara  no  viiyako  no  \  yaczakura, 
Kefu  kokonoe  ni  \  nioinnrn  kann  ! 

Wie  lieblich  glänzen 
Der  alten  Hauptstadt  Nara 

Achtfach  gefüllte 
Kirschblüthen  heut'  im  neunfach 
Umwallten  Kaiserschlosse  ! 

Gedichtet,  als  man  blühende  Zweige  der  alten  Kirschbäume  aus  Nara  nach  der  neuen 
Kaiserresidenz  Kyoto  gebracht  hatte.  — Die  Dichterin,  deren  Name  auch  Ise  no  Ostike 
gelesen  wird,  gehörte  dem  Kreise  gelehrter  Frauen  und  Dichterinnen  am  Hofe  Ichijö 
Tennü's  an  (vgl.  No.  56).  Nach  einigen  rührt  das  Isc-tiionogatari  {5.  No.  17)  von  ihr  her. 


62.  (Frau)  Sei  Shönagon. 

Yo  zvo  komete,  \  tori  no  sorane  iva  \  hakarii  to  vw, 
Yo  ni  Ansaka  no  \  seki  wa  yurnsaji. 

Wohl  mag  die  Wächter 
Das  nachgeahmte  Krähen 

Des  Hahnes  täuschen  ; 
Doch  an  dem  Liebeswachtthor 
Darf  man  nichts  durchgehn  lassen. 


't)' 


Unübersetzt  gebheben  ist  yo  wo  komete ^in  der  Nacht,  vor  Tagesanbruch  ^vgl.  im 
Vokab.  unter  komete),  und  yo  ni,  in  der  Welt,  hier  nur  als  Verstärkung  der  Verneinung. 
Atisaka  110  seil,  das  Thor  von  Ö(au)saka  (nicht  zu  verwechseln  mit  dem  heutigen  Usaka), 
von  dem  auch  in  No.  10  die  Rede  ist,  lag  zwischen  Kyoto  und  Ötsu  ;  es  fand  hier  eine 
strenge  ControUe  aller  nach  und  von  der  Hauptstadt  Kyoto  Reisenden  statt.  Die  Dichterin 
■spielt  hier  auf  die  wrirtliche  Bedeutung  "  Thor  des  Begegnungshügels  ",  in  dem  Sinne  von 


234 

"  Liebssbeziehungen  "  an.  Der  Geliebte  hat  sich  in  der  Nacht  früh  von  ihr  entfernt,  und 
sich  nachher  damit  entschuldigt,  er  habe  den  Hahn  krähen  hören  und  daher  geglaubt,  es  sei 
schon  spät.  Daher  die  scherzhafte  Mahnung  der  Geliebten,  sie  nicht  mit  dem  erdichteten 
Krähen  des  Hahnes  zu  täuschen,  wobei  die  Dichterin  auf  folgende  alte  chinesische  Anekdote 
ir.spielt.  Jemand  wollte  in  der  Nacht  aus  einer  Stadt  entfliehen,  aber  die  Thore  -waren 
geschlossen.  Er  täuschte  die  Thorwächtcr  dadurch,  dass  er  das  Krähen  des  Hahnes  nachahmte; 
die  Wächter  glaubten,  es  sei  schon  Morgen,  und  i>ffneten  das  Thor,  sodass  er  entfliehen 
konnte.  Es  ist  übrigens  anzunehmen,  dass  die  ganze  Situation  fingirt  ist,  nur  um  die  Anspie, 
lung  auf  diese  chinesische  Geschichte  anzubringen.— Frau  Sei  Shönagon  lebte  gleich  den 
sechs  vorigen  Dichterinnen  am  Hofe  des  Kaisers  Ichijö  und  ist  die  Verfasserin  des  LFahira 
no  SdsJti,  eines  Werkes,  das  wegen  seines  Stiles  ausserordentlich  geschätzt  wird  und  zu  den 
berühmtesten  W'erken  der  classischen  Litteratur  Japans  gehört.  (Einige  Abschnitte  daraus 
ns  Englische  übersetzt  von  Purcell  und  Aston  in  Trans.  XVI,  3.) 


63.  Sakyö  no  Tayu  Michimasa.— Michimasa,  Statthalter 
der  linken  Hauptstadt. 

Tina  zva,  tada  \  omoi-iaenan  \  to  bakari  ivo, 
Hitoziite  naradc,  \  'iu  yosJii  viognna  ! 

O  hätt  ich  jetzt  doch 
Ein  Mittel,  ohne  Boten 

Ihr  selbst  zu  sagen 
Das  Eine  nur  :  ich  werde 
Aus  Liebe  zu  dir  sterben  ! 

Der  Dichter  hat  seine  Geliebte,  eine  Prinzessin,  früher  heimlich  besucht ;  jetzt  aber,  wo 
es  bekannt  geworden,  w  ird  sie  streng  bewacht. — Er  war  aus  dem  Hause  Fujiwara  und 
blühte  im  Anfang  des  11.  Jahrhunderts.  Sein  Titel  erklart  sich  daraus,  dass  die  Haupt- 
stadt Kyoto  fi'üher  in  eine  linke  [Sakyö]  und  eine  rechte  Hälfte  [Ukyö)  eingetheilt  war. 


64.  Gon-Chiinagon  Sadayori.— Kaiserlicher 
Rath  Sadayori. 

Asaborake  \   Uji  no  kawagiri  \  taedae  ni, 
Araivare-zv at am  \  scse  no  ajiro-gi. 


235 

Wie  in  der  P'rühe 
Der  Nebel  auf  dem  Flusj^e 

Von  Uji  schwindet, 
Erscheinen  an  den  Schnellen 
Des  Stroms  die  Fischkorbpfähle. 

Statt  "  erscheinem  "  eigentlich  "werden  übtTall  sichtbar." — Sadayori  war  der  Sohn 
von  Dainagon  Kintü  (Xo.  55),  also  aus  dem  Hause  Fujiwara  ;  er  zeichnete  sich  ebensosehr 
durch  Schönheit  wie  durch  Talente  aus.  {Goii,  ^,  in  Gon-Chünagon  entspricht  etwa  unserni 
"interimistisch  ",  oder  auch  '•  Yice  ".) 


65.  (Frau)  Sagami. 

Urami-tvabi  \  Jiosami  sode  daui  \  am  mono  zi'o  ! 
Koi  nl  kiicliiiian  \  na  koso  osliikcre  ! 

Ach,  wie  vor  Kummer 
Nicht  einmal  meine  Ärmel 

Je  trocknen  !  Wie  ich 
Bedaure,  dass  mein  Name 
Durch  diese  Lieb'  wird  leiden  ! 

Eigentlich:  vor  Groll  und  Kummer.  Zu  "Ärmel"  vgl.  Xo.  42.  Genauer  übersetzt 
lautet  die  Unterzeile:  am  meisten  dauert  mich  mein  Xame  (Ruf),  der  durch  die  Liebe 
schlecht  werden  wird. — Frau  ^^z^irrw/ lebte  im  11.  Jahrb.;  sie  ^\■ar  die  Tochter  von  Mina- 
moto  no  Yorimasa  und  heirathete  Oe  no  Kinsuke,  Gouverneur  von  Sagami,  von  welcher 
Provinz  auch  Ihr  X'ame  entlehnt  ist. 


66.  Saki  no  Daisöjö  Gyöson.— Der  frühere 
Erzbischof  Gyöson. 

Morotomo  ni  \  azvarc  to  onioe,  \  yaniazahira  ! 
Haiia  yori  hoka  ni  \  sJiirit  hito  ino  nasJii. 

Lass  miteinander 
Uns  Mitgefühl  empfinden, 

O  Bergeskirschbaum  ! 
Auch  ich  hab'  keine  Freunde 
Als  einzig  deine  Blüthen. 


236 

Der  Dichter  bedauert  den  einsams'.i  Kirschbaun  im  Gebirge,  weil  niemand  ausser  dem 
Dichter  seine  Blüthen  sieht  und  bewundert,  und  tröstet  ihn  damit,  dass  auch  er  nur  die 
Blüthen  des  Kirschbaums  zu  Freunden  habe,  sie  also  auf  einander  angewiesen  seien. — 
Der  Dichter  war  eine  Zeitlang  Erzbischof  im  Tempel  Enrryakuji  auf  dem  Hieizan  bei  Kyoto. 
Er  zeichnete  sich  auch  als  Maler  aus. 


67.  Suwö  no  Naishi.— Hofdame  Suwö. 

Harn  no  yo  no  \  yiinie  bakari  nai  u  |  tamakiira  ui 
KainakiL  tatan  \  na  koso  osJtikerc  ! 

Dass  ich  der  einen 
Nacht  wegen,  die  so  kurz  nur  ^ 

Wie  ein  Frühlingsnachtstraum,  ■ 

In  schlechten  Rufsoll  kommen, 
Das,  wahrlich  !   kränkt  mich  bitter. 

kainakii  (s.  Vokab.)  ist  unübersetzt  geblieben.  Das  Gedicht  hat  einige  Ähnlichkeit  mit 
No.  65. — Frau  Sinuö  lebte  am  Hofe  von  Go-Reizei  Tennö  (reg.  1046^1068)  und  war  ihrer 
Zeit  als  Dichterin  sehr  geschätzt.  Ihren  Xamen  hat  sie  daher,  dass  ilur  Vater  Taira  no 
Tsugunaka  Gouverneur  der  Pi-ovinz  Suwö  war.  (Beispiele  ähnlicher  Namengebung  für 
Frauen  siehe  unter  No.  19,  56,  61,  65,  72  und  92.) 


68.  Sanjö-no-in. 

Kokoro  ni  ino  \  arade,  nkiyo  ni  \  nagaraeba, 
KoisJdkaru  beki  \  yoJia  no  tsnki  kana  ! 

Zwar  ists  mein  Wunsch  nicht, 
Doch  sollt  ich  länger  leben 

In  dieser  Welt  noch — 
Wie  werd  ich  dann  ersehnen 
Den  Mond,  den  mitternächtgen  ! 

Sanjö-no-in  ist  der  (posthume)  Titel  des  Kaisers  Sanjö  (reg.  1012 — 1016)  nach  seiner 
Abdankung.  Das  Gedicht  drückt  den  Kummer  aus,  den  ihm  seine  (unfreiwillige)  Abdan- 
kung verursachte. 


237 


69.  Nöin  Höshi.— Priester  Nöin. 

ArasJiißtku  \  Mivuiro  no yavia  no  \  moinijiba  zua, 
Tatsnta  no  kaiva  no  \  nisJiiki  narikeri. 

Die  bunten  Blätter 
Von  Miinuro-no-yama, 

Dem  sturmumwehten, 
Nun  sind  sie  rothe  Seide 
Des  Flusses  Tatsütao-awa. 


*fc5' 


Vgl.   No.  17,  auch  [32. — D^r  Name  des  Dichters  war    TacJiibana  no  A'ai^ayasti.  Er  ist 
Verfasser  des  Gengcnshü  (;^  ^  ^),  einer  nicht  sehr  bekannten  Gedichtsammlung. 


70.  Ryözen  Höshi.— Priester  Ryözen. 

Sabisliisa  ni  \  yjdo  zuo  tachi-idete  \  nagamureba, 
Isiiko  mo  onaji  \  aki  no  yügnrc. 

Mich  einsam  fühlend 
Geh  ich  vors  Haus  und  schaue 

Umher — da  finde 
Ich  überall  dieselbe 
Herbstliche  Abenddämmrung. 

über  diesen  Dichter  ist  wenig  bekannt. 


71.  Dainagon  Tsunenobu.— Kaiserlicher  Rath 

Tsunsnobu. 

Yü  sarcba,  \  kado-ta  r.o  iuaba  \  oto:~:irete, 
Ashi  1:0  niaroya  i:i  \  akika:zc  zo  fjiku. 


238 

Der  Abend  naht  sich, 
Vor  meiner  Thür  die  Halme 

Des  Reisfelds  rauschen, 
Und  übers  runde  Schilfdach 
Weht  (sanft)  dahin  der  Herbstwind. 

Der  Name  des  Dichters  ist  Fiijhvai-a  no  Tstincnohu.  Er  zeichnete  sich,  gleich  Dai- 
iiagon  Kintö  (s.  No.  55)  in  allen  drei  schönen  Künsten  gleichmässig  aus  ;  auch  wird  von  ihm 
eine  ganz  ähnliche  Anekdote  (drei  Boote  betreffend)  erzählt  wie  die  unter  No.  55  mitgetheilte. 


72.  YiishuNaishinnö-ke  no  Kii.— (Frau)  Kii  im  Hause 
der  Prinzessin  Yüshi. 

Oto  ni  kiku  I    Takashi  no  havia  no  \  adanami  wa 
Kakeji ya  !   sode  no  \  nitre  nio  koso  snre  ! 

Nicht  an  die  flüchtgen 
Wellen  des  hochberühmten 

Takashi-Strandes 
Will  ich  mein  Herze  hängen, 
Denn  Thränen  würden  folgen. 

oto  ni  kiku  Takashi  no  hania,  des  berühmten  Strandes  von  Takashi,  isty^»  zu  adanami, 
was  "flüchtige  Wellen"  bedeutet  und  zugleich  poetische  Metapher  für  flatterhaften  Sinn, 
Unbeständigkeit  in  der  Liebe,  treulosen  Geliebten  ist.  Die  Dichterin  will  sich  vor  der  Liebe 
zu  dem  schönen,  aljer  treulosen  Manne  hüten,  sodc  no  nitre  ino  koso  surc,  hier  sehr  frei  mit 
"denn  Thränen  würden  folgen  "  übersetzt,  lautet  wörtlich  "gewiss  würden  meine  Ärmel 
sogar  nass  werden  "  (von  Thränen — vgl.  No.  42).  —Frau  Kii  war  die  Tochter  Fujiwara  no 
Tsunekata's  und  lebte  am  Hofe  Horikawa  Tennös  (reg.  1087 — 1107).  Ihren  Namen  soll 
•sie  daher  haben,  dass  ihr  älterer  Bruder  Shigeo  Gouverneur  von  Kii  war  (vgl.  hierzu  No.  67.) 


73.  Gon-Chunagon  Masafusa.— Der  Kaiserliche 
Ralh  Masafusa. 

Takasago  no  \  onoc  no  sakitra  \  saki  ni  kcri. 
Toyavia  no  kasttnii  1  tata.':u  mo  aranan  ! 


239 

Nun  stehn  am  Abhang 
Des  hohen  Bergs  die  Kirschen 

In  voller  Blüthe. 
Dass  nur  von  den  Vorbergen 
Kein  Nebel  sich  erhebe  ! 

Der  Dichter,  Öe  no  Masafiisa,  war  ein  berühmter  Gelehrter. — Zu  Gon  im  Titel   vg . 
No.  64. 


74.  Minamoto  no  Toshiyori  Ason. 

Ukarikcru  \  Idto  wo  Hatsuse  no  \  yauia-oroshi 
Hageshikare  to  tua  \  inorami  mono  zuo  ! 

Dass  die  so  grausam 
Gewesene  nun  werde 

Noch  umbarmherzger, 
Dem  Bergsturm  gleich  von  Hatsüse, 
Hab  ich  doch  nicht  erbeten  ! 

Der  Dichter  hatte  vorher  in  Hatsuse  =  Hasedera,  einem  Kwannontempel  in  Yamato, 
um  Erhörung  seiner  Liebe  gel)etet.  Das  "lOo  nach  hito  ist  grammatisch  unverständh'ch  ; 
vielleicht  corrumpirt  für  7i>a  /—Der  Dichter  von  No.  85  ist  Toshiyori's  Sohn. 


75.  Fujiwara  no  Motoloshi. 

Chigiri-okislii  \  sascino  ga  tsiiyit  zvo  \  iiiocJii  nite, 
Aivare  1  kotosJii  no  \  aki  ino  inumeri. 

Den  fest  versprochnen 
Thau  deiner  Gnade  macht  ich 

Zur  Lebenshoffnung  ; 
Doch,  ach,  es  scheint  zu  schwinden 
Der  Herbst  auch  dieses  Jahres  ! 


240 

Zu  ergänzen  :  ohne  dass  d.'e  Hoffnung  in  Erfüllung  ginge.  Uniibersetzt  geblieben  ist 
sasano  ga,  (Tliau)  des  Heifusses,  wofür  das  im  Original  nur  implicite  vorhandene  "deiner 
Gnade"  gesetzt  worden  ist. — Der  Regent  Fujiwara  no  Tadamichi  (der  Verfasser  des 
folgenden  Gedichtes)  hatte; dem  Dichter  versprochen,  seinem  Sohn  ein  gewisses  Amt  zu 
geben,  aber  dieses  Versi' rechen  nicht  gehalten. 


76.  Höshöji  no  Nyüdö,  saki  no  Kwambaku  Daijödaijin.— 

Der  in  den  Tempel  Höshöji  eingetretene  frühere 

Regent  und  Ministerpräsident. 

Wada-nO'hara  \  kogi-ide  viireba,  \  Jtisakata  no 
Kuvioi  ni  viagau  \  ]oki-ts!i  sJiiranami. 

Hinaus  aufs  weite 
.Meeresfeld  rudernd  schau  icli 

Umher — es  mischen 
Sich  mit  des  Himmels  Wölbung 
Die  weissen  Wellen  der  Ferne. 

Der  Dichter,  Fiijhi'ara  710  Tadantic/ii,  war  Kwambaku  (Regent)  unter  vier  Kaisern  und 
starb  1165  im  Alter  von  68  Jahren.  Der  Dichter  von  Xo.  95  ist  sein  Solin. — Der  in  der 
Überschrift  angegebene  Titel  ist  wegen  seiner  I^.^nge  sprichwörtHch  geworden. 


77.  Sutoku-in. 


Se  wo  Jiayavii  \  iiva  ni  sekarnrn  \  takigaxva  no 
Warete  ino,  site  ni  \  azcan  to  zo  oniott  ! 

Bin  ich  von  dir  auch 
Getrennt,  wie  ein  durch  Felsen 

Gehemmter  Sturzbach — 
Mein  Wille  bleibts  :  ich  muss  dich 
Zuletzt  doch  wiedersehen  ! 

Der  Kaiser  Sii/oku,   nach  seiner  Abdankung  Sittohi-in  genannt,  regierte  von  11 24  — 


1141. 


241 

78.  Minamoto  no  Kanemasa. 

AwajisJiima  \  kayou  cJiidori  iw  \  naku  koe  iii, 
Iku-yo  neaauienu  \  Swna  no  sekimoin? 

In  wieviel  Nächten 
Die  Thorwächter  von  Suma 

Wohl  schon  erwacht  sind 
Vom  Schrei  der  Möwen,  fliegend 
Nach  Awaji  hinüber  ! 

Gedichtet,  als  der  Dichter  eine  Nacht  in  Suma  (einem  Ort  in  Settsu,  der  der  Insel 
Awajishima  gegenüber  liegt)  zugebracht  hatte. — Kanemasa  starb  i.  J.  1112  ;  er  ist  Verfasser 
der  (wenig  bekannten)  Gedichtsammlung  Horikcnva-in  nochi  710  HyahtsJiü. 


79.  Sakyö  no  Tayu  Akisuke.— Akisuke,  Statthalter 
der  linken  Hauptstadt. 

Akika"e  ni  \  tanabikti  kwno  no  \  taema yori 
More-ismnt  tsuki  no  \  kage  no  sayakesa  ! 

O  welche  Klarheit 
Des  Mondlichts,  das  herausströmt 

Zum  Spalt  der  Wolken, 
Die  sanft  vom  Herbsteswinde 
Dahingetragen  hinziehn  ! 

Die  Wörter  "sanft"  und  •' dahingetragen  "  sind  dem  Metrum  zuliebe  hinzugefügt. — 
Der  Dichter  war  aus  dem  Hause  Fujiwai-a  ;  über  seinen  1'itel  vgl.  No.  63.  Er  starb  i.  J. 
1155.  Auch  seine  drei  Söhne  Kiyosuke  (No.  84),  Shige-ie  und  KenshS  Höshi  thaten  sich  als 
Dichter  hervor  ;  sie  verfassten  im  Auftrage  des  Kaisers  Sutoku  die  Sammlung  SliitioasJm 


242 


80.  Taiken  Mon-in  no  Horikawa— (Frau)  Horikawa, 
(im  Dienste)  der  KaiserinmuUer  Taiken. 

Nagakaran  \  Icokoro  vio  shirasii,  \  kiirokami  no 
Midarete  kesa  iva  \  mono  zvo  koso  oiiioe  ! 

Dein  Herz  nicht  kennend, 
Des  Liebe  wohl  nicht  lange 

Wird  dauern,  ist  mir 
Ganz  wirr  der  Sinn  heut  Morgen, 
Und  banger  Kummer  drückt  mich, 

Uniibersetzt  geblieben  ist  kurokami  no,  wie  schwarzes  Haar,  makura-kotoba  zu  vtidare- 
te,  verwirrt. 


I 


81.  Go  Tokudaiji  no  Sadaijin.— Der  spätere  Staatsminisler 

von  Tokudaiji. 

Hototogisu  I  jiakitsuru  kata  wo  \  nagmnureba, 
Tada  ariake  no  \  tsukl  zo  nokoreni ! 

Wie  nach  der  Seite 
Ich  schaue,  wo  der  Kuckuck 

Eben  gerufen, 
Ist  in  der  Morgendämmrung 
Der  Mond  nur  noch  zu  sehen. 

Statt  "  ist  nur  noch  der  Mond  zu  sehen  "  eigentlich  :  "  ist  nur  noch  der  Mond  da  ". — 
Der  Dichter  hiess  Fiijhvara  no  Sanesada.  Tokudaiji  ist  der  Name  eines  Tempels,  den 
einer  seiner  Vorfahren  gegründet  hatte,  und  nach  dem  dann  die  Familie  benannt  wurde. 
(Auf  dieselbe  Weise  hat  ein  anderer  Zweig  der  Fujiwara-Familie  den  Namen  Saionji  erhalten 
— s.  No.  96.) 


243 


82.— Doin  Höshi.— Priester  Döin. 

Omoi-iuabi  \  säte  ino,  inocJii  zua  \  am  mono  wo  ! 
Uki  ni  taeim  wa,  \  naniida  nai-ikeri. 

Wie  sehr  durch  Lieb'  ich 
Auch  leide,  bleibt  mir  leider 

Doch  noch  das  Leben. 
Nur  meine  Thränen  können 
Den  Schmerz  nicht  länger  tragen. 

Der  Name  des  Dichters  ist  Fujiwar a  no  Afsiiyori. 


83.  Kwötai  Kögu  no  Tayu  Toshinari.— Tayu  Toshinari, 
(im  Dienste)  der  Kaiserinmutter. 

Yo  no  naka  yo  \  inichi  koso  nakcre  !  \  Omoi-irii 
Yama  no  okn.  ni  nio  \  shika  zo  naku  narii  ! 

Ach,  auf  der  Welt  ist 
Für  mich  kein  Weg  !  Selbst  hier 

In  den  geliebten 
Entlegnen  tiefen  Bergen 
Hör  ich  des  Hirsches  Klagen. 

Im  Original  nur  :  ruft  ]fürwahr  [zo)  der  Hirsch,  (Verwandten  Inhalts  ist  No.  5.) — 
Name  des  Dichters  :  Fujiwara  no  Toskinori;  über  den  Titel  Tayü  vgl.  No.  5.  Er  starb, 
92  Jahr  alt,    i.  J.  1205.   Verfasser  eines   Werkes    über  poetischen  Stil:    Korai  Ftitaishö 


84.  Fujiwara  no  Kiyosuke  Ason. 

Nagaraeha^  \  mata  konogoro  ya  \  shinobaren. 
Ushi  to  mishi  yo  zo  \  ima  zua  koisJiiki! 


244 

Leb  ich  noch  länger. 
So  ward  ich  wohl  das  Leben 

Auch   Avieder  lieben. 
Die  Welt,  die  sonst  so  traurig 
Mir  schien,  ist  reizend  wieder. 

7nata  konogoro  ya  shinobareii,  hier  mit  "  werde  ich  wohl  das  Leben  auch  wieder  lieben  " 
übersetzt,  heisst  wörtlich  :  "  werde  ich  wohl  auch  wieder  die  jetzige  Zeit  ertragen  ".  Der 
Inhalt  des  Gedichtes  erinnert  an  |No.  50. — Der  Dichter  war  ein  Sohn  von  Fujiwara  no 
Akisuke  (No.  79).  Mitarbeiter  an  der  Sammlung  Shikiuashü  (vgl.  unter  No.  79)  und 
Verfasser  mehrerer  anderer  Werke,  darunter  auch  eines  Zohi  Shikwas/iü  (JK^^^). 


85.  Shunkei  Höshi.— Priester  Shunkei. 

Yoviosugara  \  mono  oinoii  koro  tva,  \  ake-yarade 
Neya  no  Jiinia  sae  \  ts2irenakarikeri. 

Wenn  ich  in  Kummer 
Die  ganze  Nacht  verbringe, 

Ist  selbst  der  Thürspalt 
Des  Schlafzimmers  gefühllos, 
Da's  immer  noch  nicht  tasfet. 


-fc)^ 


Vgl.  das  ähnhche  Gedicht  unter  No.  53.  Der  Thürspalt  des  Schlafzimmers  ist  gefülillos 
(gleich  der  Gehebten),  weil  er  dem  Diclitcr  noch  immer  nicht  den  Anbruch  des  Tages,  d.  h. 
das  Ende  der  langen  Nacht,  inj^der  er  sich  nach  der  Gehebten  sehnt,  verkünden  will.— Der 
Dichter  war  ein  Sohn  von  jNIinamoto  no  Toshiyori  Ason  (No.  74). 


86.  Saigyö  Höshi.— Priester  Saigyö. 

Nageke  tote  \  tsuki  ya  zva  mono  tuo  \  omoiuasiiru  ? 
Kakochigao  narii  |  ivaga  namida  kann! 


245 

Obs  denn  der  Mond  ist, 
Der  mir  befiehlt  zu  seufzen 

Und  Liebeskummer 
Verursacht  ?  Ach,  die  Thränen 
In  meinem  traur'gen  Antlitz  ! 

Der  eigentliche  Name  dieses  sowohl  durch  seine  Gedichte  als  auch  durch  seine  weiten 
abenteuerlichen  Wanderungen  berühmten  Dichters  ist  Fiijiwara  no  N'orikiyo. 


87.  Jakuren  Höshi.— Priester  Jakuren. 

Mnrasaine  no  \  tsnyu  nio  niada  hinu  \  maki  no  ha  ni 
Kiri  taclii-noborn  \  aki  no  yügure  ! 

Herbstliche  Dämmrung, 
Wenn  von  den  Maki-Blättern, 

Die  noch  nicht  trocken 
Von  Regenschauertropfen, 
Die  Nebel  sich  erheben  ! 

Dämmei"ung  =  Abenddämmerung  ;  maki :  ein  Nadelbaum  mit  breiten,  weichen  Nadeln 
(Podocarpus  macrophyllns). — Der  Dichter  war  ein  Neffe  von  Fujiwara  no  Toshinari 
(No.  83). 


88.  Kwöka  Mon-in  no  Bettö.— (Frau)  Betlö,  (im  Dienste) 
der  Kaiserinmutter  Kwöka. 

Naniwa-e  no  \  asJii  no  karine  no  \  hitoyo  yue 
Mi  zuo  tstikusJiite  ya  \  koi-tvatant  beki  ? 

Soll  ich  denn  wegen 
Der  einen  Nacht,  die  kurz  wie 

Der  flüchtge  Schlaf  des 
Schilfrohrs  von  Nanivva,  leben 
In  Liebe  bis  zum  Tode  .'* 


246 

statt  "von  Naniwa  "  eigentlich:  "der  Bucht  von  Naniwa."  karine,  flüchtiger, 
kurzer  Schlaf,  zugleich  "abgeschnittene  Wurzel",  d.  h.  Stoppel  (des  Schilfrohrs).  In 
mi  "WO  tstthushite  steckt  (durch  das  vorangehende  Nannva  angedeutet  dasselbe  Wortspiel 
wie  in  No.  20. — Die  Dichterin  war  die  Tochter  von  Fujiwara  no  Toshitaka. 


89.  Shikiko  Naishinnö.— Prinzessin  Shikiko. 

Tama-no-o  yo,  \  taenaba  taene  !  \  Nagaraeba, 
SJanolutrii  koto  no  \  yozvari  ino  zo  snrn  ! 

O  Lebensfaden, 
Willst  reissen  du,  so  reisse  ! 

Denn  wenn  ich  länger 
Noch  lebte,  könnt'  die  Liebe 
Ich  nicht  mehr  unterdrücken. 

Eigentlich :  würde  sogar  das  Unterdrücken  (der  Liebe)  ermatten  (nachlassen).— Die 
Prinzessin  Shikiko  war  die  dritte  Tochter  des  Kaisers  Go-Shirakawa  (reg.  1156— 1158)  ;  sie 
war  als  Dichterin  und  auch  als  Malerin  berühmt. 


90.  Impu  Mon-in  no  Taiyii.— (Frau)  Taiyu,  (im  Dienste) 
der  KaiserinmuUer  Impu. 

Misebaya  na  !  \   Ojima  no  avia  no  \  so  de  dani  vio, 
Nitre  ni  zo  niiresJii  \  iro  iva  kawarazu. 

Könnt  ich  doch  zeigen 
(Dir  meine  Ärmel) !  Bleibt  doch 

Stets  unverändert 
Die  Farbe  selbst  der  Ärmel 
Der  Fischer  von  Ojima. 

Unübersetzt  gebliebn  ist  nitre  ni  zo  mires/ii,  (die  Farbe)  die  nass  (von  neuem)  nass 
geworden  ist.  Die  Dichterin  wünscht  dem  Geliebten  zu  zeigen,  wie  ihre  Ärmel  durch  dag 
Trocknen  von  Thi-änen  entfärbt  sind,     Sie  war  eine  Tochter  von  Fujiwara  no  Nobunari. 


247 


91.  Go  Kyögoku  no  Sesshö  Daijodaijin.— Der  spätere 
Regent  und  Ministerpräsident  Kyögoku. 

Kirigirisit  \  naku  ya  shiinoyo  no  \  saninsJiiro  ni 
Koromo  katasJiiki  \  Jiitori  ka  mo  neu. 

Nun  werd  allein  ich 
Wohl  schlafen,  mein  Gewand 

Ausbreitend  über 
Der  Matte  in  der  Frostnacht, 
Indess  die  Heimchen  zirpen. 

Erinnert  an  No.  3.— Der  Dichter    hiess   Kyögoku   no    Yoshitstine  (Kyögoku  ist   ein 
Zweig  des  Fujivvara-Hauses)  ;  er  starb  i.  J.  1206. 


92.  Nijö-no-in  no  Sanuki.— (Frau)  Sanuki,  (im  Dienste) 

von  Nijö-no-in. 

Waga  sode  wa,  \  sJiioJii  ni  iiiienu  \  oki  no  ishi  no, 
Hito  koso  shirane,   \  kazvaku  nia  mo  nashi. 

Gleich  Meeressteinen, 
Die  selbst  zur  Zeit  der  Ebbe 

Nicht  sichtbar  werden, 
So  haben  meine  Ärmel 
Nicht  einmal  Zeit  zum  Trocknen. 

Wie  die  Meeressteine  (wörtl :  die  Steine  im  hohen  Meere)  nie  trocknen  köiuien,  so  auch 
die  Ärmel,  da  sie  die  Dichterin  unaufhörlich  mit  ihren  Thränen  benetzt  (vgl.  das  ähnliche 
Gedicht  unter  No.  90).  Unübersetzt  geblieben  ist— da  es  die  Knappheit  der  Form  nicht 
gestattete— /^//(7  koso  shirane,  die  Menschen  wissen  es  wahrlich  nicht,  was  sich  zugleich  auf 
die  Liebe  und  auf  die  Steine  im  Meere  bezieht :  beides  bleibt  den  Menschen  unbekannt,— Frau 
Samiki,  eine  Tochter  von  Minamoto  no  Yorimasa,  war  ihrer  Zeit  eine  berühmte  Dichterin  ; 
Nijö-no-in:  der  frühere  Kaiser  Nijö  (reg.  1159 — iiös). 


248 


93.  Kamakura  no  Udaijin.— Der  Staatsminister 
von  Kamakura. 

y'o  110  naka  lua  \  tsniic  ni  iiioga  mo  na  !   \    Nagisa  kogu 
Ama  110  obiine  no  1  tsunade  kanashi  mo. 


O  war  die  Welt  doch 
Von  Dauer  !   Selbst  das  Ziehseil 

Der  kleinen  Kähne 
Der  Fischer,  die  am  Strande 
Hinrudern,  war  erfreulich. 

Ob  CS  statt  "war  erfreulich"  nicht  etwa  richtiger  "  ist  ei-freulich  "  heissen  muss,  geht 
aus  dem  Wortlaut  nicht  klar  hervor  ;  auch  muss  der  Widerspruch,  der  in  dem  "Ziehseil" 
und  dem  "Rudern"  zu  liegen  scheint,  auf  sich  beruhen  bleiben. — Der  "Staatsminister 
von  Kamakura"  ist  Miiiamoto  no  Sauet omo,  der  durch  sein  unglückliches  Ende  bekannte 
letzte  Sohn  Yoritomo's  ;  er  wurde  1219  von  seinem  Neffen,  dem  Priester  Kugyö,  ermordet  ; 
mit  ihm  starb  Yoritomo's  Familie  aus.  Sadaie  (Teikakyö),  der  Verfasser  des  Hyakunin 
Isshü,  war  sein  Lehrer  in  der  Dichtkunst ;  auch  soll  die  Sammlung  Kinkai  Wdkasliü  (H;^ 
^)  von  Sanetomo  herriiliren. 


94.  Sangi  Masatsune.— Staatsrath  Masatsune. 


Miyoshino  no  \  yama  no  akikaze,    \    sayo  fukete, 
Furnsato  samnku,  \  koronio  utsn  nari. 

Indess  der  Herbstwind 
In  tiefer  Nacht  aufs  alte 

Dorf  kalt  herabweht 
Von  Yoshino's  Bergen,  hört  man, 
Wie  Kleidertuch  geklopft  wird. 

Eine  unsern  Begriffen  von  Poesie  selrr  fern  liegende  Vorstellung  ! — Der  Dichter,  aus  dem 
Hause  Fujiwara,  war  einer  der  besten  Schüler  Fujiwara  no  Toshinari's  (No.  83). 


249 


95.  Saki  no  Daisöjö  Jien— Der  frühere  Erzbischof  Jien. 

ÖkeJiaku  I  iikijo  no  tami  ni  \  öit  katia  ! 

Waga-tatsu-soma  tii  \    siimi.zome  no  sode. 

Auf  dem  Hieizan 
Wohnend,  trag  ich  die  schwarzen        -^ 

Ärmel  (der  Priester), 
Und  sorg',  obgleich  nicht  würdig 
Des  Amts,  fürs  Heil  des  Volkes. 

siimi  in  sumizome  ist  ein  kenyögen,  also  doppelt  zu  übersetzen  :  i)  wohnend  (auf  dem 
Hieizan);  2)  (gefärbt  mit)  Tusche,  d.  h.  schwarz,  ithiyo  no,  (Volk)  der  vergänglichen  Welt, 
ist  unübersetzt  geblieben,  ebenso  hana,  leider,  ach  !— Der  Dichter  war;em  Sohn  von  Fujiwara 
no  Tadamichi  (No.  76). 


96.  Nyüdö  saki  no  Daijödaijin.-Der  Priester  gewordene 
frühere  Ministerpräsident. 

Hana  sasou  \  arashi  Vto  niwa  no  \  yuki  narade, 
Piiri-yiihi  mono  zva,  \  icagami  narikeri. 

Nicht  ists  im  Garten 
Der  Schnee  (der  Blüthen),  die  der 

Sturmwind  davonführt — 
Ich  selber  bins,  der  älter 
Und  älter  werdend  welket. 

Ein  (hier  sehr  frei  wiedergegebenes)  Wortspiel  mit  furi-yuku :  l)  herabfallend  (vom 
"Schnee"  der  Blüthen);  2)  (die  Welt)  duixhwandernd,  d.  h.  alt  werdend  (vom  Dichter).— 
Der  Dichter  hiess  Fujhoara  no  Kintsunc  :  er  starb  1244  im  Alter  von  74  Jahren.  Nach 
einem  Tempel,  den  er  1225  gründete,  hat  seine  Familie  später  den  Namen  Saionji  erhalten. 
(Vgl.  No.  81.)  ■ 


250 


97.  Gon-Chünagon  Sada-ie.— Der  Kaiserliche 
Rath  Sada-ie. 

Kouu  hito  wo  \  MatsuJio  iio  iira  iio  \  yünagi  iii 
Yaku  ya  moshio  iio  \  ini  ino  hogare-tsiitsu. 

Vor  Lieb'  so  glühend 
Wie  Seewasser,  das  Abends 

An  Matsüho's  Strande  * 

Erhitzt  wird,  harr'  der  Liebsten 
Ich,  die  nicht  will  erscheinen. 

jnatsn  in  Matsziho  ist  ein  kenyögen  :  i)  ich  warte  ;  2)  Theil  des  Ortsnamens  Matsuho. 
Yünagi  ni  eigentlich :  in  der  Abendstille. — Der  Dichter  ist  Fitjiivara  no  Sada-ie  ( Teikakyö) , 
der  Verfasser  dieser  Sammlung  (s.  die  Einleitung). 


98.  Junii  letaka. 

Kaze  soyogii  \  nat'a  no  ogazva  no  \  yTigiirc  zva, 
Misogi  zo  natsu  no  \  shirushi  narikern  ! 

Wenn  sanft  im  Winde 
Am  Bach  die  Eichen  rauschen 

Zur  Abendstunde, 
Dann  ist  der  Priester  Sühnbad 
Des  Sommers  einzig  Zeichen. 

Es  ist  am  Abend  schon  so  kühl,  dass  nur  das  misogi — eine  Ceremonie  der  Shintöpriester 
im  6.  Monat  a.  St.:  symbolische  Reinigung  von  Sünden  durch  Baden  in  kaltem  Wasser — daran 
erinnert,  dass  es  noch  Sommer  ist. — Der  Dichter  heisst  Fiijiwara  no  letaka  :  yünii,  sein 
Rangtitel,  bedeutet :  zweite  Classe  des  zweiten  Ranges.  Bekannter  ist  er  unter  dem  Namen 
Karyü,  der  cliin.  Aussprache  der  Zeichen  für  letaka  (^|^).  Er  war  einer  der  Mitarbeiter 
des  vorigen  am  Shin  Kokinshü  (vgl.  Einleitung,  S.  194),  und  soll  während  seines  Lebens 
nicht  weniger  als  60000  Gedichte  gemacht  haben. 


251 

99.  Go  Toba-no-in. 

Hito  mo  oshi,  \  hito  ino  iiranieshi.  \  Ajikinaku 
Yo  wo  ojnou  yiie  ni,  \  mono  oiuou  mi  wa. 

Ich,  der  in  Kummer 
Ich  lebe,  weil  die  Welt  mir 

Unleidlich  scheinet — 
Ich  traure  um  die  Todten 
Und  hasse  die  Lebendgen. 

Der  ehemalige  Kaiser  Go-Toba  (reg.  1184— 1198)  giebt  in  diesem  Gedicht  seinem 
Kummer  darüber  Ausdruck,  dass  erder  Regierung  hat  entsagen  müssen.  (Vgl.  das  ähn- 
liche Gedicht  unter  No.  68.)  Mit  dem  ersten  hito  sollen  des  Kaisers  verstorbene  Freunde 
mit  dem  zweiten  seine  Feinde,  die  ihn  vom  Throne  verdrängt  haben,  gemeint  sein. 


100.  Juntoku-in. 

Momoshiki ya  \  furuki  nokiba  no  \  shinobii  ni  mo, 
Nao  amaj'i  am  \  tmikasJii  narikeri. 

Das  Kaiserschloss  ist 
Selbst  durch  das  alte  Vordach, 

Auf  dem  nun  Gras  wächst, 
Mir  eine  kummervolle 
Erinnrung  alter  Zeiten. 

Die  Übersetzung  schliesst  sich  an  das  Original  nicht  so  genau  an,  wie  dies  bei  den 
übrigen  Gedichten  versucht  worden  ist ;  wörtlich  würde  sie  lauten :  Selbst  dmxh  das 
Famkraut  auf  dem  alten  Vordach  stellt  der  kaiserhche  Palast  nun  die  für  das  sehnsüchtige 
Erinnern  noch  übermässiger  gewordene  alte  Zeit  dar.  {slnnobii  ni  1120  als  kenyögen  ist 
zweimal  übersetzt:  i)  selbst  durch  das  Farnkraut;  2)  für  das  sehnsüchtige  Erinnern.) — 
Das  Gedicht  list  dem  Inhalt  nach  mit  No.  68  und  99  verwandt.  Kaiser  ytintohi  regierte 
von  1211 — 1221  und  trat  dann  von  der  Regierung  zurück. 


ALPHABETISCHES  VERZEICHNISS  DER  DICHFER. 

(Die  Zahl  bezeichnet  die  Nummer  des  Gedichtes.) 


A. 

AbenoNakamaro  (^ffoftfiliS)     7 

Akazome-emon  (#^^P^)  59 

Ariwara  no  Narihira  Ason  (^I^OÜ^ISE) i7 

B. 

Bunya  no  Asayasu  (33CM<^^^)    37 

„      ,,  Yasuhide  (    ,,      J^^)    •  22 

c. 

Chünagon  Asatada     (4'f^"sl9.S)    44 


„        Atsutada     (  „    ,.  m.SO    43 

,,        Kanesuke    (  ,,    ,,  ^fi)    27 


Yakamochi  (  ,,    ,,  ^W)    ^ 

Yukihira     (  ,,    ,,  ff^)    16 


D. 

Dainagon  Kintö      (rXWi'm^^ii)    55 

„      Tsunenobu  (      ,,    ifMff)    71 

Daini  no  Sammi  {■X%<DBia.)    58 

DöinHöshi  (mmmU)    ^2 

E. 

EikeiHöshi  (Mmmm)    47 

F. 

Fujiwara  no  Kiyosuke  Ason  (MM  ^  '^ra  $119  E)    ^4 

,,  Michinobu  ,,      (   ,,      Mit    ,,    )    52 

„  Mototoshi           („      Äf^  )  75 


253 

Fujiwara  no  Okikaze             (Ül^^^M.) 34 

,,        ,,  Sanekata  Ason  (     ,,     ^ijM^) 51 

„        ,,  Toshiyuki    ,,    (     ,,     iS:ff  ,,    ) 18 

„        ,,  Yoshitaka         (     ,,     ^#)     50 

G. 

Gidö  Sanslii  no  haha  (HIrI^^©®) 54 

Go  Kyögoku  110  Sesshö  Daijödaijin  i^^^M.'^M^'k^i^.^)  91 

GoToba-no-in  (^.ft^i^K)     99 

GoTokudaijinoSadaijin(^@:^#OÄ^E)  81 

Gon-Chünagon  Masafusa  (I14'IS'b§M)  73 

,,           Sadaie       (       ,,       ^^)  97 

„           Sadayori  (       ,,       :^®  64 

Harumichi  no  Tsuraki  i^j^cDM^)  32 

Höshöji  no  Nyüdö  saki  no  Kwambaku  Daijödaijin  (fi'I^^pC7)A^ 

■m<^m^±i^-km  76 

I. 

Impu  Mon-in  no  Taiyü  (^-gP^r^©:;^!!) 90 

Ise  (##)    _. 19 

Ise  noDaisuke  (Usuke)  ('g»|Jö:;fs:li)  61 

Izumi  Shikibu  c;pn|^^=gp) • 56 

J. 

JakurenHöshi  (ixÜf^fifi)    87 

JitöTemiö  mm^-Md  2 

Jünii  letaka  (^^Ilfö^^) 98 

Juntoku-in  (/li^^)  100 

K. 

Kakinomoto  no  Hitomaro  (tiij;$:o  AÄS) 3 

Kamakura  no  Udaijin  (^^©^;:^g.)  93 

Kawarano  Sadaijin  (MW-^co&i^^)  14 

Kentoku  Kö  (MW-^) 45 


254 

Ki  no  Tomonori  (-lEco^HiJ) 33 

„    TsurayukK  ,,    S;^) 35 

KisenHöshidJ^JS^ÜJ) 8 

Kiyowara  no  Fukayabu  (?fl^®g^^^)    36 

,,          Motosuke   (     ,,     "TC    11)    42 

Koshikibu  no  Naishi  (/h^ipP©Rf#) 60 

Kwanke  (^^)   24 

Kwöka  Mon-in  uo  Bettö  (^BP^l^f^liiJ^)    88 

Kwöko  Tennö  i^^^M) i5 

Kwotai  Kögu  no  Tayü  Toshinari    (M>^^^©>!^^f^^)  83 

M. 

Mibuno  Tadami  (i^co*.Ä) 41 

„    Tadamine  (     ,,     ^^.^) 30 

Minamoto  no  Kanemasa          (i[|©^§i) 7^ 

„         Muneyuki  Ason  (    ,,   ^^^E) 28 

„         Shigeyuki           (   ,.   MZ) 48 

„         Toshiyori  Ason   (   ,,    ftMÜS)  74 

Motoyoshi  Shinnö  (TCK^i)     20 

Murasaki  Shikibu  (^Äill5) 57 

N. 

Nijö-no-in  noSanuki  (Hfll^öJ^ö^llß^)    29 

NöinHöshi(tg@?i(Iili) ? 69 

NyüdösakinoDaijödaijin  (Aitflje):;(i:g$C:^E)    96 

o. 

Öchiköchi  no  Mitsune  (/LlRrR<^l?tI)  29 

Oeno  Chisato  (:^D:0T-*M) 23 

Ouakatomi  no  Yoshinobu  Ason  (it  4» E© f g;i;fg g)   49 

Ono  no  Komachi  (/M^CD/hBl) 9 

R. 

RyözenHöshi  (KsÜSÜS)     • 70 

s. 

Sagami  (;fBt^)    65 

Saigyö  Höshi  (MffJSHI)  86 


255 

Sakanoue  no  Korenori  (i5±0;i:MiJ)  31 

SakinoDaisöjö  Gyöson  (B5«:;^f^IEff#)    ^6 

,,        „        Jien      (     ,,       ,,      ^,il) 95 

Sakyö  HO  Tayü  Akisuke    (<&M<^:^^^lifi) 79 

„        „      Michimasa  (         ,,         5IS) 63 

SangiHitoshi      (#^^) 39 

,,   Masatsune  (    ,,   SifS) 94 

„   Takamura  (   ,,    M)    n 

SanjöUdaijin  (H#.^:^E) 25 

Sanjö-no-in  (H-fll®^) 68 

Sarumaru  Tayü  mX±^)     5 

SeiShönagon  iW'PWiB)  62 

Semi  Maru  (jii;^)   10 

ShiMko  Naishinnö  (^i^ft^i)     89 

ShunkeiHöshi  (f^lfä^üj)   85 

Söjö  Henjö  (fflEii.fR) 12 

Sone  no  Yoshitada  ("WM^O^^t^)    46 

SoseiHöshi  (m'^^iM)     21 

Sutoku-in  (#BI%)    77 

Suwöno  Naishi  (;iP;5c^p3f#)  67 

T. 

TaikenMou-iimoHorikawa  (f#f-p^f^©H|ll)  80 

Taira  no  Kanemori  i^co^^) 40 

TeishinKö  (Mit^) 26 

Tenchi  Tennö  m^X^)    i 

u. 

TJdaishö  Michitsuna  no  haha  {^iz^^MM^W 53 

Ukoü  (:&i£)   38 

Y. 

Yamabe  no  Akahito  (il]i§0^>A) 4 

YözeiTennö  (H^^^)    13 

Yüshi  Naishinnö-ke  no  Kii  (jf^J-^^'S.^'^^^P) 72 


ALPHABETISCHES  YERZEICHNISS  DER 
CtEDICHTANFÄNGE. 

■  (Die  Zahl  bezeichnet  die  Nummer  des  Gedichtes.) 


A. 

A i-inite  no  \  nochi  no  kokoro  ni  \  kurabiircba, 43 

A  kenureba  \  kiiniru  mono  to  zva  \  shiri-nagara ,    52 

A  ki  no  ta  110  \  kario  110  io  no    \    toma  wo  araini  i 

A  kikaze  ni  \  tanabikn  kiimo  no  \  taema  yori  79 

A ma-no-Jiara  \  ßirisake-niireba ,  \  Kasnga  narn 7 

A  nia-tsn  kaze,  \  knmo  no  kayoiji  \  fitki-tojiyo  !    12 

ArasJiifiikn  \  Mimuro  no yania  no  \  niomijiba  zua,   69 

Arnzaran.  \  Kono yo  no  hoka  no  \  omoi-ide  ni,    56 

Ariake  no  \  tsnrenakuniicslii  \  zuakarc yori    30 

Ariniayama  \  Ina  no  sasahara  \  kaze  fnkeba,     , 58 

A  saborake  \  ariake  no  tsuki  to  \  mim  inade  ni  31 

A  saborake  \   Uji  no  kazvagiri  \  taedae  ni,   64 

A  saji-fu  no  \  o-no  no  shinohara  \  shinobnredo,   39 

AsJiibiki  710  \  yaniadori  no  o  no  \  skidari-o  no    3 

An  koto  no  \  taetc  shi  naknba,  \  nakanaka  ni 44 

A zvajisJiima  \  kayoii  chidori  iio   \  naht  koe  ni '/'& 

A zvare  to  nio  \  in  beki  hito  zva  \  onwJioede, 45 

c. 

Chibayaburn  \  kaniiyo  mo  kikazit,  \    Tatsntagazva     17 

Chigiri-okishi  \  sasemo  gatsnyiLzvo  \  inocJii  nite,     75 

Chigiriki  na!   \   katami  ni  sodc  zvo  \    shiori-tsuts7i,  42 

F. 

Fiiku  kara  ni  [  aki  no  kiisa-ki  no  \  sJii  ornreba,..., 22 


H. 

Hana  no  iro  zi'a,   \  Jttsuri  ni  kcri  na  !  \  Itnzttra  ni 9 

Hana  sasoTi  \  arasJii  uo  nkva  no  \  ynki  narade, 96 

Harn  siigitc  \   Jiatsti  kitarurasfu.   \   Shirotae  no 2 

Harn  HO  yo  no  \  yiime  bakari  nai'it  \  tamakiira  ni d'j 

Hisakata  no  \  Jiikari  nodokckl  \  Jiarn  no  hi  ni,  33 

Hito  ino  oshi,   \   Jiito  nio  n raniesJii.  \    Ajikinaku  99 

Hito  Iva,  isa  \   kokoro  vio  shirar:n.    \    Fnrusato  iva     35 

Hototogis2i  \   nakitsurn  kata  1V0  \  naganiureba, 81 

I. 

Inia  kon  to  \  iishi  bakari  ni,    \    nagazuki  no    21 

Imawa,  tada  \  onioi-taenan  \  to  bakari  ivo  63 

InisJiie  no  \  Nara  no  niiyako  no  |  yaerjaknra , 61 

K. 

Kakn  to  dani  \  c  ya  iva  ibuki  no  \  sashi-mognsa    51 

Kasasagi  no  \   zvatasern  JiasJii  ni  \  okn  sJiinio  no  6 

Kaze  soyogu  \   nara  no  ogaiva  no  \  yngnre  iva,  98 

Kaze  ivo  itanii  \  iiva  ntsn  nanii  no  \  onore  no  nii    48 

Kimi  ga  tanie  \  harn  no  no  ni  idete  \  luakana  tsnnut,   15 

Kinii  ga  tarne  |  osliikarazarislii  \  inochi  sae •  •  •  5^ 

Kirigirisn  \  nakn  ya  shivw-yo  no  \  sa-ninsJiiro  ni  91 

Koi  SU  tefn  \  luaga  na  iva  inadaki  \  tacJii  ni  kcri, 4^ 

Kokoro  ni  ino  \  aradc,  7ikiyo  ni  \  nagaraeba,  68 

Kokoro-ate  ni  \  orabaya  !  oran  \  JiatsnsJiinio  no 29 

Kono  tabi  iva,  \  nnsa  nio  tori-acrju,  \    Taniukeyania  24 

Konu  hito  ivo  \  Matsnho  no  nra  no  \  yünagi  ni    97 

Köre  ya  kono  \  ynkn  nio  kaern  ino  \   wakare-tsjitsn   10 

M. 

Megiiri-aite  \  mishi ya  ?  sore  to  ino,   \  ivakann  ina  ni    57 

MicJiinohi  no  \  Shinobu  inochi.'::nri,  \  tare  yue  in    14 

Mikanohara  \  ivakite  nagarnrn  \  Lzuniigaiva  27 


258 

Mikaki-inori  \  cji  no  takii  hi  iio,  \  yorii  i^'a  inoe, 49 

Misebaya  na  !   \    Ojiuia  no  aina  no  \  sode  dani  nio,     90 

Miyoshino  no  \  yania  no  akikaze,  \  sayo  fukcte,    94 

MoniosJiiki ya  \  furuki  nokiba  no  \  sJiinobii  ni  ino  lOO 

Morotonio  ni  \  awarc  to  onioe,  \  yamazakura  !    ^^ 

Mjirasanie  no  \  tsiiyn  vio  viada  hini;.  \  niaki  no  ha  ni    ^J 

N. 

N'a  ni  shi  ozi'äba,    \    Ansaka-yama  no  \  sane-kazura,   25 

Nagakaran  \  kokoro  mo  shira.zn,  \  knrokanii  no    80 

Nagaraeba ,  \  inata  konogoro  ya  \  sJdnobaren, 84 

Nageke  tote  \  tsuki  ya  zva  mono  zvo  \  onion'asnrn  ?  %6 

Nageki-tsutsn  \  hitoj-i  mint  yo  no  \  aknrn  ina  wa,     53 

Nanitva-e  no  \  asJii  no  karine  no  \  Jiitoyo  yne  88 

Naniiua-gata  \  viijikaki  ashi  no  \  fuslii  no  nia  ino 19 

Natsn  no  yo  zva,   \  inada  yoi  nagara,  \  akcnurn  zvo  ! 36 

o. 

Oeyania  \  Iknno  no  miclii  no  \  iökcreba,   60 

Ognrayama  \  inine  no  inomijiba  \  kokoro  ai'aba,    26 

Okenakn.  \  nkiyo  no  tanii  ni  \    ön  kana  !  95 

Oknyama  ni  \  nioniiji  funii-zuake  \  naku  shika  no 5 

Onioi-zvabi  \  säte  vio,  inocJii  zva  \  am  mono  zvo  ! 82 

Oto  ni  kiku  |    Takashi  no  Jiania  no  \  adananii  zv.i  72 

s. 

Sabishisa  ni  \  yado  zvo  tacJii-idete  \  nagamnreba,  JO 

Se  zvo  hayanii  \  izva  ni  sekamrn  \   takigazva  no TJ 

SJiinobnredo,  \  iro  ni  ide  ni  keri  \  zvaga  koi  zva, 40 

Shiratsnyu  ni  |  kaze  no  fiikisJiikii  \  aki  no  no  zva, 37 

Sumijwe  no  \  kisJii  ni yorn  nami,  \  yorn  sac  ya  18 

T, 

Tachizvakare.  \  Inaba  no  yania  no  \  mine  ni  ofnru 16 

Tago  no  nra  yu  \  itclii-idete  mireba,  \  mashiro  ni  zo 4 


259 

Takasago  110  \  onoe  no  sakiira  \  saki  ni  kcri. 73 

Taki  no  oto  li'ii  \  taetc,  hisashikic  \  narimiredo, 55 

Tama-no-o  yo,  \  taenaba  taeue  !  \  Nagaraeba,    89 

Tare  wo  ka  mo  \  shiru  Jiito  ni  sen?  \    Takasago  no  34 

Tsnki  mireba,  j  c/nj'i  ni  mono  koso  |  kanashikere  ! 23 

Ts2tkuJiane  no    \  viine  yori  otsnrtt  \  Minanogazva    13 

u. 

Ukarikeru  \  Jiito  lijo,  Hatsiise  no  \  yama-oroshi 74 

Uranii-ii'abi  \  Jiosann  sode  dani  \  am  mono  wo!   65 

w. 

Wabimireba,  \  ima  Jiata  onaji.  \  Naniwa  naru  20 

Wada-no-hara  \  kogi-ide  mireba,  \  Jiisakata  no 7^ 

Wada-no-Jiara  \  yaso  shima  kakete  \  kogi-idenu  to    1 1 

Waga  iori  zva,  \  miyako  no  tatsumi,  \  sliika  zo  S7imti! 8 

Waga  sode  zua,  \  shiohi  ni  mienii  \  oki  no  ishi  no 92 

Wasurarnrn.  \  mi  zvoba  oniowazu,  \  cJiikaitesJii 3^ 

Wasureji  no  \  ynkusne  made  zua  \  katakcreba 54 

Y. 

Yaemogura  \  sliigereru  yado  no  \  sabisJnki  ni   47 

Yamakazva  ni  \  ka:je  no  kaketarii-  \  shigarami  zua,  3^ 

Yamazato  zua,  \  fuyu  zo  sabisJiisa  \  niasarikeru  ! •  •  28 

Yasiirazuade  \  nenamashi  mono  zuo  !  \  Sayo  fnkete,   59 

Yo  no  naka  zua,  \  tsune  ni  moga  mo  na  !  \  Nagisa  kogn  93 

Yo  no  naka  yo  \  michi  koso  iiakere  !  \   Omoi-im ^Z 

Yo  zuo  konietc,  \  tori  no  sorane  zua  \  hakaru.  to  mo,    62 

Yoniosiigara  \  mono  omou  kor o  zua,  \  ake-yarade    ....  85 

Yü  sareba,  |  kado-ta  no  inaba  \  oto  zur  et  e, 7^ 

Ynra  no  to  zvo  \  zuatarn  fiinabito  \  kaji  zuo  tae,    4^ 


WÖliTKRVEliZElCHiMSS. 


(Nui-  die  im  Text  der  Gedichte  vorkommeiulen  Bedeutungen  sind  angege'oen  ;  alle 
Eigennamen,  auch  die  in  den  Überschriften  vorkommenden  Titel,  sind  weggelassen.  Die 
Zahlen  bezeichnen  die  Nummern  der  Gedichte.) 


adanami  (72)  flüchtige  Wellen  ;  Neben- 
bedeutung :  unbeständiger  Sinn,  untreu- 
er Geliebter.  Die  vorangehenden  Worte 
bis  hama  110  sind  nur  Einleitung  { jo)  zu 
adajiayni , 

aenu  (32)  nicht  könnend. 
ai-mite  no  ncclii  (43)  nach  der  Begeg- 
nung (mit  der  Geliebten). 

ajikinaku  (99)  adv.  von  ajikinahi,  un- 
erfreulich, uninteressant,  zuwider. 

ajirogi  (64)  Fischkorb-Pfahl. 

akatsuki  (30)  Tagesanbruch,  Morgen- 
dämmerung. 

akenureba  (52)  indem  es  völlig  Tag 
wird.    (s.   -«//;■;/). 

akenuru  (36)  statt  akc-nu — vgl.  li'o — (die 
Nacht)  hat  sich  geöfinet,  d.  h.  es  ist  Tag 
geworden. 

ake-yai-ade  (85)  ohne  hell  zu  werden. 

aki  Herbst. 

akikaze  Herbstwind. 

akuru  (53)  hell  werden. 

ama  Fischer. 

ama  (jetzt  a»ie)  Himmel. 

ama  no  hara  (7)  Himmelsfeld,  poetisch 
für  Himmel.     (Vgl,  zvada  no  hara.) 

amari  aru  {\oo)  =  aiuarcni,  ist  zu  viel  ge- 
worden. 

amarite  (39)  nach  den  Commenlarcn  = 
omoi-amarite,  zu  sehr  liebend,  aber  in 
welcher  gramm.  Verbindung  ?  Vielleicht 
eher  auf  kois/tiki,  Liebreiz,  als  Subjekt  zu 


beziehen  ;  ein  Hauptverb  des  fVagesatzes 
ist  nicht  vorhanden. 
araba  (26)  wenn  wäre,  wenn  es  gäbe. 
arami  (1)  Rauheit,  Undichtigkeit;  das  zvo 

davor  =  durch,  wegen. 
aranan  (73)  o  dass  doch  wäre  !  (s.  -7uui). 
aranedo  (23) :  ;// —  —  iiaran-cdo,  obgleich  es 

nicht  ist. 
arashi  Sturm  ;  eigtl.  rauher,  wilder  Wind 
[ara-ski]  ;    erinnert  auch   an    arasti,  ver- 
heeren. 
araware-wataru    (64)    überall    sichtbar 

werden. 
arazaran    (56)    (ich)    werde   wohl    nicht 

vorhanden  sein,  werde  bald  sterben. 
ariake  (30)  Abkürzung  für  ariake  no  tstiki, 
der  Mond,    der    bei    Tagesanbruch   noch 
scheint   (der  da  ist,  ari,  WQwn  yo-akc-,  die 
Morgendämmerung,  schon  beginnt). 
asaborake   (  —  asa/nrakc)    Morgendämme- 
rung. 
asaji-fu    (39)     v.o    asaji    (e.    Schilfgras) 
wächst.         (///     ^.=kae-sliigcni,      dicht 
w  achsen.) 
ashi  c.  Schilfart. 

ashibiki  no  (3)  makura-kotoba  von  yama 
oder  mit  yama  zusammengesetzten  Wör- 
tern ;  Bedeutung  zweifelhaft. 
an  zusammentreften,  sich  begegnen. 
Ausaka  s.  Anm.'zu  No.  62.  In  10  ist  das 
au  von  Ausaka  zugleich  als  selbst.  Verb  : 
"sich  begegnen"  gebraucht  (ein  kenyü- 
gcn;. 

awan  to  zo  omou  (20,  77)  will  durchaus 
(^zo')  (mit  dir)  zusammenkommen,  dich 
sehen. 


26l 


awade  (ig)  ohne  zu  begegnen, 
aware  (45)  Mitleid,  Erbarmen  :   (66)   Mit- 
gefühl, Liebe  ;  (75)  ach  1 

bakari  nur  ;  (30)  =  /lodo,  so  sehr  wie. 

-baya  nach  negat.  Verbalstamm  =  o  dass 
doch  !  Besonders  hoffnungslosen  Wunsch 
ausdrückend. 

beki  an  Schlussform  (nur  scheinbar,  in 
Wirklichkeit  an  Attrib-Form — vgl.  Aston, 
p.  165  Anm.)  angehängtes  Suffix,  drückt 
je  nach  Umständen  Zukunft,  Möglichkeit, 
Verpflichtung  aus.  /«  bcld  /lito  (45),  eine 
die  sagen  wird,  iiarimi  beld  (45)  wird  (zu 
nichte)  ^^•erden  ;  bckl  statt  beshi,  wegen 
kana  (s.  d.).  In  88  ebenfalls  behi  statt 
beshi,  wegen  ya. 

chibayaburu  (17)  schnell,  gewaltig,  furcht- 
bar. Steht  als  makura-kotoba  vor  kami, 
Gott,  und  ähnlichen  Wörtern. 

chidori  (78)  Strandläufer  (e.  Vogel,  Trin- 
ga)  ;  vielleicht  auch  eine  Möwenart  ? 

chigiri-okishi  (75)  fest  versprochen. 

daigiriki  (42)  (wir)  haben  geschworen. 
Das  folgende  na  ist  emphatisch. 

cliikaiteshi  (38)  =  chikaitarishi,  geschwo- 
ren habend.  (-/,•  Stamm  von  -tsziru 
(s.  da);  shi  attributive  Perf.-Endung.) 

chiji  ni  (23)  tausend-tausendfach,  in  jeder 
Beziehung. 

chirikeru  (37)  (statt  chirikerl,  s.  zo)  sind 
nunmehr  verstreut. 

chiruran  {n)  werden  wohl  verweilen  od. 
abfallen. 

I>. 

dani  nur  ;  in  51  :  nur  so  ohne  weiteres. 
!Mit  Neg.:  nicht  einmal. 

E- 
e,  (51),  Stammform  von  nrii,  bekommen  ; 
vor  neg.  Verben,  oder  in  Fragen  mit  ver- 
neintem Sinn,  wie  hier,  =  (nicht)  können. 
e  ya  taa  ibiikl  =  e  in  beki  ya  lua?  wird  man 
denn  sagen  können  ? 


eji  (49)  ^±:  (kaiserliche)  Leibwache. 

F. 

fuclii  tiefe  Stelle  (im  Wasser). 

fuke  ni  kern  (6)  -fukekeru,  ist  tief, 
spät  geworden  (von  der  Nacht).  Vgl.  so. 

fukeba  (58)  indem  weht. 

fukete  (59,  94)  tief,  spät  werdend. 

fuki-sh.iku  (37)  unaufliörhch,  beständig 
\\-chen  {shikii,  jetzt  shikini,  unauf- 
hörlich sein). 

fuki-tojiyo  (12)  wehe  und  schliesse  ! 

fuku  wehen. 

fumi  mo  mizu  (60)  ein  kenj^ügen  :  i) 
nicht  einmal  Brief  gesehen  ;  2)  nicht  einmal 
versucht  zu  betreten  (Ama-no-hashidate). 

fumi-wake  (5)  für  fitmi-ii<akete,  durch 
Schreiten  theilend,  durchschreitend. 

funabito  (46)  Schiffer. 

fureru  (31)  gefallen  seiend,  gefallen 
(Schnee). 

fvirikeru  (4)  (statt  fin-ikeri,  vgl.  zo)  fällt 
nunmehr  (Schnee,  Regen  etc.). 

furi-sake  (7)  für  furi-sakete,  um  sich 
schauend,  weithin  überblickend. 

furi-tsutsu  (15)  indem  (Schnee)  fällt. 

f uri-yuku  (96)  in  doppelter,  wortspielender 
Bedeutung  :  i)  P^f  J  herabfallen  (Schnee)  ; 
2)|g^f  (dieWelt)  durchwandern,  im  Sinne 
von  älter  od.  alt  werden. 

furu  (9)  jetzt  heni,  hindurchgehen,  verge- 
hen (Zeit),  ti  ber  das  Wortspiel  in  9  siehe 
7iagame. 

fux-uki  alt. 

furusato  (35)  altes  Dorf;  oft  (aber  nicht 
hier)  =  Heimath  ;  in  94  :  das  alte  Dorf 
des  Kaisers,  d.  i.  die  ehemalige  Residenz 
Voshino  in  Yamato. 

fushi  Abschnitt  am  Stengel  einer  Pflanze, 
Internodium. 

fuyu  Winter. 


ga  Genetivpartikel 


ha  Blatt. 


G. 


II, 


202 


hageshikare  (74)  sei  wild,  unl^armhcrzig. 
Uatsuse  110  yama-oroshi  wolil  nur  alsy'i) 
hierzu  aufzufassen. 

hakaru  (62)  täuschen. 

liaina  Strand. 

hana  Blumen,  bes.  Kirschblüthen. 

liara  Feld,  bes.  Bergwiese. 

harn  Frühling. 

liashi  Brücke. 

liata  {2o)  =  /iafas/titt\  schliesslich. 

liatsushimo  (2g)  der  erste  Reif  im 
Herbst. 

hayami  (77)  Schnelligkeit,  das  Tl'*?  davor  = 
durch,  wegen. 

lii  (33)  Tag. 

lii  (49)  Feuer. 

liikari  (33)  für  Jdkarile,  glänzend. 

hima  (85)  Spalte,  Lücke. 

hinu  (87)  nicht  trocken. 

hiru  (49)  Tag  (Gegensatz  zu  Nacht). 

hisakata  no  (33,  76)  s.  Einl.,  p.  19S. 

hisashiki  (53)  lang  (Zeit). 

hisashiku  (55)  Adverb  von  hisashUd. 

hito  Mensch  ;  oft  =  der  (oder  die)  Ge- 
liebte ;  die  Leute.  In  99  sollen  mit  dem 
ersten  hito  des  Kaisers  verstorbene 
PVeunde,  mit  dem  zweiten  seine  Feinde, 
die  ihn  vom  Throne  verdrängt  haben,  ge- 
meint sein. 

tito-nie  Augen  der  Leute. 

liitori  allein. 

liitotabi  einmal. 

liitotsu.  eins,  einzig. 

hitoyo  (SS)  eine  Nacht. 

liitozute  (63)  mündliche  Botschaft  (durch 
einen  andern). 

lioka  s.  110  Jioka  110  MXi<\yori. 

liosanti  (65)  nicht  troclaien  (tr.) 

lioshitai-i  (2)  man  trocknet. 

hototogisu  (Si)  e.  kuckuckähnlicher 
Vogel,  doch  mit  ganz  anderem  Rufe  als 
der  Kuckuck. 

I. 

ibuki  (51)  ein  kenyögen  :  \)  =  iu  bckl  wird 
sagen  (vgl.  e) ;  2)=Ibuldyama,  ein  Berg  in 
Mino. 


ide    ni   keri    {Ap)=idekeri,    ist    nunmehr 

zum  Vorschein  gekommen, 
ideslii  (7)  herausgekommen,   aufgegangen 

(Mond),    hier   (wegen  des    ka)   statt  der 

Schlussform  idcki,  ist  aufgegangen.     (Vgl. 

ka). 
idesoyo  (58)  wie,  wie  denn  (sollte)  !      Die 

Oberzeile  ist  hierzu  Einleitung  {jo),  weil 

idesoyo   an   soyo    od.   soyo-soyo   erinnert : 

onomatopoetisch  für  das  sanfte  Rauschen 

des  Windes  über  Gräser  etc. 
idete  (15)  hinausgehend. 
idetsuru  (2 1 )  statt  der  Schlussform  idetstt, 

\\egen  des  folgenden   kana,    (der  Mond) 

ist  schliesshch  aufgegangen, 
iishi  (22)  gesagt  habend. 
ika  ni  (53)  wie  (interrog.) 
ikuyo  (78)  wieviele  Nächte, 
itna  jetzt ;   gleich. 
ima  hitotabi   (26,  56)  =  vw  hitotahi,  noch 

einmal. 
inaba  Reisähren. 
inisbie  alte  Zeit. 
inoranti  (74)  nicht  erbeten. 
inochi  Leben. 

inumeri     (75)    scheint   zu   vergehen    (vgl. 

-Dient). 
io  (I)  Hütte, 
iori  (8)  =  /('. 

iro  Farbe,  auch  (40)  =  Gesicht, 
isa  sbirazu  (35)  verstärktes  :  weiss  nicht, 

{isa  siSA^ina,  also  selbst  schon  Negation 

sein.) 
ishi  Stein. 
itami    (48),    Heftigkeit,    Gewalt  ;   das    tvo 

davor  =  dm-ch,  wegen. 

itazura  ni  (9,45)  zwecklos,  eitel ;  gedan- 
kenlos. 

itsu  wann.  Wegen  des  in  27  vorangehen- 
den _/'<?  s.  Einl.  p.  199. 

iu  sagen,  nennen.  Vgl.  to  in. 

iuran   (22)   wird   \\ohl  sagen  od.   nennen 

(vgl.  -ran). 
iwa  Felsen, 
izuko  mo  (70)  überall. 
izuko  ni  (36)  wo  (interrog.) 


263 


-ji  Suffix  lieg.  Verbalstän-ime  =  \vird  nicht, 
darf  nicht.  Dieselbe  Form  dient  als 
Schluss-  und  als  Attributforni,  und  daher 
auch  (54)  als  Substantivform. 


Iv, 


ka  Fragepartikel  ;  vielleicht  ;  in  41  nach 
ka  zu  ergänzen  to  oniou  no  ni,  obgleich 
ich  dachte.  In  Sätzen  mit  ka  steht  das 
Verb  in  der  Attributform  (slatt  der 
Schlussf.). 

ka  (35)  Duft. 

ka  mo  ob  wohl,  ob  vielleicht,  ach  wohl — 1 

kado-ta  (71)  Reisfelder  vor  dem  Thore 
(des  Hauses). 

kaeri-kon  (16)  werde  zurückkommen. 

kaeru  zurückkehren,  in  10  substantivisch  : 
Heimkehrende. 

kagiri  Ende,  Grenze. 

kainaku  (67)  umsonst,  vergeljüch,  zweck- 
los ;  hier  =  wegen  einer  so  kleinen  Ur- 
sache. 

kaji  Steuerruder. 

kakeji  (72)  werde,  soll  nicht  hängen  (vgl. 
-Ji).  Das  folgende  ya  Interjektion,  = 
dem  vo  .'  der  Umgspr. 

kaketaru    (32)   aufgehängt,  hier  =  gebaut. 

kakete  (,\\)  =  (}'aso  s/iivta  e)  7?tuketL-,  in  der 
Richtung  nach. 

kakcchigao  (86)  trauriges,  kummervolles 
Gesicht. 

kaku  (51)  so. 

kami  ShintG-Gottheit. 

kamiyo  Zeitaller  der  Götter. 

kana,  aus  ka  entstandene  Interjektion,  = 
ach  !  leider  !  Hat  auf  ein  vorangehendes 
Verb  denselben  Einfluss  wie  ka,  zo,  ya  u. 
a.:  an  Stelle  der  Schlussform  tritt  die  Attri- 
but-form.  (\gl.  zo). 
kanashiki  (6)  traurig  =  Traurigkeit  er- 
regend, traurig  machend  (stimmend)  ; 
auch  (kanashi  in  93)  :  lieblich,  erfreulich. 
kara  ni  {i2)-kara,  durch. 


kara-kurenai  (15)  scharlachrothe   Farbe 

aus  China  {^Kard). 
karenu  (28)  ist  (sind)  schliesslich  vertrock- 
net, verwelkt.  (S.  -nu.)  Von  Menschen 
(ebendaselbst)  =  sind  fremd  geworden,  ähn- 
lich unserm  poetischen  "  (dem  Herzen) 
abgestorben,"  d.  h.  lassen  sich  nicht 
mehr  sehen. 
karine    (88)    i)    vorübergehender,   kurzer 

Schlaf ;  2)  aT)geschnittene  Wurzel. 
kario    {\)  —  kari-io,    nur    zeitweilige,  tem- 
poräre Hütte  ;  also  kario  no  ?£?=•  Hütte  der 
zeitweihgen  Hütte.     (Vgl.  shidari-o). 
kasasagi  Elster,  k.  no  ivatascrn  Jiashi  (6), 
die  Brücke,  die  die  Elstern  übeischreiten 
lassen,  d.    h.    die    von    Elstern    gebaute 
Brücke,   ein  poetischer,  aus  China  stam- 
mender   Name     der    Milchstrasse ;     hier 
Name  einer  Brücke,  d.  h.  eines  verbinden- 
den Corridors,  im   kaiserlichen  Palast  zu 
Kyoto, 
kasumi  Nebel,  Dunst. 
kata  Seite,  Richtung. 
katabuku  (59)  {  =  kalaiiiiikii)  sich  neigen, 
katakereba     (54)    indem    (zu)     hart,    zu 

schwer  ist. 
katami  ni  (42)  gegenseitig. 
katashiki  (91)  iäv  ka/askiki/c-,  (nach  einer 

Seite)  ausbreitend. 
ka"wa  Fluss. 
kawa-giri  Flussnebel. 
kawaku  trocknen. 
kawarazu  (90)  verändert  sich  nicht, 
kayoi-ji  (12,  18)  Weg,  wo  man  geht  und 

kommt,  Strasse  (poetisch). 
kayou    (78)    gehen  und  kommen,    hier  : 

hinüberfliegen  (nach  Awajishima). 
kaze  Wind. 
kefu  (spr.  kyö)  heute. 
-keri  s.  -kern. 

-keru  altes  Perf.  von  ktirii,  dient  als 
Suffix  von  Verbalstämmen,  um  einen 
nunmehr  eingetretenen  Zustand  auszu- 
drücken (  =  -te  kita  der  Umggspr.)  Schluss- 
form :  -keri.  Für  -keru  {-keri)  oft  ni  kern 
[ni  keri). 
kesa  heute  Morgen. 


264 


ki  ni  keri  {47)  =  kihcri,  ist  nunmehr   ge- 
kommen. 

kie-tsutsu  (49)  indem  (das  Feuer)  aus- 
j;elit. 

kikaba  (16)  wenn  (icli)  hören  sollte. 

kikazu  nicht  hören  ;  in  17  grammatisch 
als  Schlussform  ans  Ende  gehörig. 

kikoekere  (55)  statt  Jdkockcri  (s.  koso) 
wird  nunmehr  gehört. 

kiku  hören. 

kimi  Herr,  in  Gedichten  :  du. 

kirig-irisu  (91)  Heimchen. 

kish.i  Uter,  Gestade. 

kitaruraslii  (2)  scheint  d.iss  gekommen 
ist.  (S.  -rasJii.) 

koe  Stimme. 

kogare-tsutsu  (97)  indem  versengt  ^vird. 

kogi-ide  (76)  für  kogi-idete,  hinaus- 
rudei'nd. 

kogi-idenu  (11)  (hin)  völlig  hinausgeru- 
dert. 

koi  Liebe. 

koi  SU  (41)  lieben. 

koishikaru  (6S)  liebenswerth  sein. 

koisliikaruran  (27)  wird  wohl  geliebt, 
tlieuer  sein  (vgl.  -run). 

koisliiki  (84)  statt  koislii  (wegen  zo,  s.  d.), 
ist  lietenswerth,  reizend  ;  in  39  substan- 
tivisch :  Liebreiz. 

koi-wataru  (88)  liebend  leben. 

kolionoe  ni  (61)  ein  Wortspiel  :  i)  im 
kaiserlichen  Palast  (so  genannt,  weil  er 
früher  neun  Wälle  oder  Umzäunungen 
gehabt  haben  soll)  ;  2)  auf  neunfache 
Weise,  neunfach. 

kokoro  Herz,  Gefühl,  Wunsch,  kokoro 
lü  ino  aradc  (68)  =  kokoro  mo  naraJc  ohne 
selbst  mein  Wunsch  zu  sein,  indem  es 
nicht  einmal  mein  Wunsch  ist. 

kokoro-ate  ni  (29)  nach  Vermuthung 
des  Herzens. 

komete  (62)  :  yo  tcc  koinete,  die  Nacht 
hineinnehmend,  d.  h.  in  der  Nacht,  vor 
Tagesanbruch. 

kon  (21)  (Fut.  von  kiini)  werde  kommen. 
kono  dieser,  e,  es. 


konogoro  (84)  in  letzter  Zeit;  hier  = 
diese  Zeit. 

konu  (97)  nicht  l<ommend. 

kore  ya  kono  (10)  pleonastisch  für /!<';v, 
dies. 

koro  Zeit. 

koronio  Kleid,  Gewand  ;  in  94  wohl  für  : 
Tr.ch. 

kovoniode:=j'ö(/^,  Ärmel. 

kosaji  (42)  wird  od.  soll  nicht  überschreiten 
(übersteigen). 

koso  emphatische  Partikel  :  wahrlich,  für- 
wahr. Erfordert  für  das  zugehörige  (in  der 
Regel  nachfolgende)  Verb  oder  Adjektiv 
statt  der  Schlussform  die  alte  "  Perfekt- 
fonu  "  (Aston)  auf  e,  also  statt  viiezu: 
inicnc  :  statt  oiiiou  :  omoc. 

koto  Sache. 

kotoshi  dieses  Jahr. 

kucliinan  (65)  wird  faul,  schlecht  werden. 

kudakete  (48)  zerbrechend,  zerschmet- 
ternd. 

kukuru  liinden.  kara-kttrc-nai  ni  mizu 
kiikiini  (17),  das  Wasser  mit  Scharlach- 
roth binden,  bezieht  sich  auf  eine  Färbe- 
methode, die  shibori-zome  heisst  :  viele 
Stellen  des  Zeuges  werden  vor  dem  Ein- 
tauchen in  den  Farbstoff  mit  Fäden  um- 
wickelt, damit  sie  ungefärbt  bleiben. 

kumo  Wolke. 

kumo-gakure  ni  (57)  in  der  Wolken- 
Verbergung,  in  den  Wolken  verborgen 
(.f///  ohne  Bedeutung). 

kumoi  (76)  "Wolkenbrunnen."  ])oetisch 
für  :   Himmel. 

kurabui'eba  (43)  indem  (ich)  vergleiche. 

kurokami  no  (So)  des  schwarzen  H  lares, 
makura-kotoba  zu  midarctc. 

kusa  Gras,  Kräuter. 

kusa-ki  Kräuter  und  Baume. 

kuru  (25)  s.  saiie-kaziira. 

kururu  (52)  dunkel  werden. 

m:. 

ma  Zwischenraum,  Zeitraum ;  (92)  Zeit, 
niachi  (21)  für  niachite,  wartend. 


205 


mada  nocli. 

madaki(4i)  schon. 

made,  made  ni  bis  ;  oft  (31,  40)  =  so  sehr 
dass. 

inadowaseru  irre  führen  ;  hier  (29)  :  un- 
nnterscheidbar  machen. 

magau  (76)  sich  vermischen  mit,  ununter- 
scheidbar  sein. 

maki  (87)  e.  Baum  (Podocari3us). 

mani-mani  (24)  nach  Beheben.  Dahinter 
zu  ergänzen  :  tatcmatsiiru,  bringe  dar. 

inaroya  (71)  rundes  Dach. 

masarikeru  (28)  ist  grösser  (am  grössten) 
geworden  (statt  der  Schlussform  masari- 
kcri,  wegen  zo). 

-maslii  Suffix  an  neg.  Verbalstämme  = 
würde,  bes.  nach  rein  hypotlietischem, 
nicht  erfülltem   Conditionalsatz. 

masliiro  ni  (4)  ganz  weiss. 

mata  wieder. 

matanan  (26)  o  dass  doch  wartcte(n) 
od.  gewaltet  hätte(n) !     S.  -nan. 

inatsu  Föhre,  Kiefer. 

matsu  warten.  In  16  kenyögen  mit 
Kiefer  als  zweiter  Bedeutung,  ebenso  in 
97,  indem  matsu  zugleich  Theil  des  Orts- 
namens Matsiiho  ist. 

meguri-aite  (57)  sich  beim  Umherwan- 
dern,  auf  der  Reise  treffend. 

-ineru  (Schlussform  -meri),  aus  mic  am 
"Anschein  sein,  scheinen"  entstandenes 
Suffix  an  Attribut-,  auch  Schlussform  (75), 
=  scheint,  wahrscheinlich. 

mi  Leib,  man  seilest,  oft  =  ich.  Vgl.  isiiht- 
shite. 

michi  Weg,  Strasse. 

Michinoku  (i4)  =  ;«/t7^/ wö  okii,  entlegen- 
ter,  fernster  Weg,  alter  Name  der  nörd- 
lichsten Provinz  Mutsu. 

midaren  (14)  wohl  in  Verwirrung  gcrathen 
werden. 

midarete  (So)  in  Verwirrung. 

miene   (47)  wird   (werden)  nicht  gesehen, 

statt  viifzti  (vgl.  Jwso). 
mienu  (92)  unsichtbar. 
mieshi  (30)  ist  erschienen  (aufgegangen). 
mijikaki  kurz. 


mikaki-mori  (49)  Wächter  des  kaiser- 
lichen Zaunes,  =  Palastwächter. 

miki  (27)  habe  gesehen. 

mine  Gipfel. 

mireba  indem  (ich.)  sehe. 

miru  sehen,  to  viirti  (31)  ansehen  als  = 
halten  für  ;  ebenso  (o  mishl  (84),  gehalten 
haben  für. 

misebaya  (90)  o  dass  (ich)  zeigen  könnte  ! 
Das  folgende  iia  dient  als  Verstärkung. 

mishi  (57)  (statt  ;w7v—s.jv7)  habe  gesehen  ; 
(84)  :  s.  unter  miru. 

misogi  (98)  e.  Ceremonie  der  kannushi 
(Shintöpriester)  im  6.  Monat  a.  St.:  sym- 
bolische Reinigung  von  Sünden  durch 
Baden  in  kaltem  Wasser. 

miyako  Hauptstadt,  d,  i.  (seit  794  n.  Chr.) 
Kyoto. 

Miyoshino  (94)  das  kaiserliche  Yoshino, 
weil  früher  Residenz  des  Kaisers. 

miyuki  (26)  der  kaiserliche  Zug. 

mizu  Wasser. 

mo  selbst,  sogar  ;  oft  bedeutungslos  nur  der 
Silbenzahl  wegen  hinzugefügt  (z.  B.  34), 
oder  nur  verstärkend  (38). 

mo  — mo  sowohl-als  auch. 

mochizuri  (14)  Name  eines  mit  wirren 
Pflanzenmustern  bedruckten  Tuches.  Der 
Anfang  bis  vioclnzuri  ist  Einl.  {jo)  zu 
midaren. 

moe  \^Of)  =  nioe-tsit!su  indem  l?rennt. 

moga  mo  na  {()T,)=moga!ia. 

mogana  o  dass  doch  ! 

niomiji  rothcs  Herbstlaub. 

moniijiba  rolhe  Laubblätter. 

moiuoshiki  (100)  poet.  Name  des  kaiserl. 
Palasts  (aus  vionio  isla  ki,  100  Steine- 
Schloss).  Das  ya  dahinter  ohne  Bedeu- 
tung. 

mono  Sache,  Ding,  mono  zco  omou,  sich 
Sachen  denken,  d.  h.  sich  Gedanken  od. 
Kummer  machen  ;  besonders  von  Liebes- 
Icummer. 

mono  wo  (59,  65,  82)  stark  emphitisch, 
drückt  Bedauern,  Reue  etc.  aus  :  leider  ! 
Li  74  emi^hatisch  vorwurfsvoll. 


266 


more-izurii   (79)    hcraussickcrnd,    hcraus- 

fliesseiid. 
morotomo  ni  (66)  zusanmuii  mit. 
mosliio  (97)  Seewasser. 
moyuru  {51)  brennen(d). 
mute  (22)  richtig,  mit  Recht. 
mukashi  alte  Zeit,  vormals. 
murasame'  (S7)  nur  hier  und  da    tauender 

Regen,  Strichregen. 


IV. 

na  Xame,  Ruf.  na  tcci  iachl  ni  keri  [/[i), 
(mein)  Name  hat  sich  erhoben  =  das  Ge- 
rücht (ül)er  mich)  hat  sich  verbreitet  ;  na 
ni  s/ii  o'ti'ai'i!  (25)  S.  O'iuada. 

na  nach  der  Schlussform  (9,  42,  51),  auch 
nach  der  Wunschf.  (90)  emphatische, 
verstärkende  Partikel. 

nado  ka  (39)  =  einfaches  nndo,  warum. 

nagakaran  (Sc),  ^\•ird  wohl  nicht  lang 
sein. 

nagaku  lange. 

nagame  (9)  blick  ;  zugleich  Wortspiel 
mit  yo  ni  fiirit  nagame  [  =  naga-ai!!c),dtiv 
in  der  Nacht  fallende  lange  Regen. 

nagamureba  (70,  Si)  indem  (ich)  sehe. 

naga-nagashi  (3)  (statt  naoa-nagas/uki) 
verstärkte  Form  von  nagas/ii,  lang. 

-nagara  indem,  während. 

nagaraefca  (6S,  84)  «enn  länger  lel'cn 
wiirde  od.  sollte. 

nagare  (32)  Fliessen. 

nagaruru  (27)  fliessen,  strömen  (Attrib.- 
form). 

nagazuki  (21)  langer  Mond,  poetischer 
Name  des  g.  Monats. 

nageke  (86)  seufze ! 

nageki-tsutsu  (53)  indem  (ich)  seufze. 

nagisa  (93)  das  flache  Meer  dicht  am 
Strande. 

naka-naka  ni  (44)  ganz  und  gar  nicht 
(mit  Neg.). 

nakere  (S3)  statt  n-asJii,  wegen    koso  (s.  d.) 

nakitsuru  (Si)  geschrieen,  gerufen 
habend  ;  vgl.  -tsuni. 


naku  schreien,  rufen,  nakii  narii  (83) 
statt  nakn  nari,  wegen  zo  (s.  d.),  "  es  ist 
Schreien  "  =  schreit. 

naku  ohne. 

nakviba  (44)  wenn  nicht  wäre,  wenn  es 
nicht  gäbe.  Das  s/ii  davor  ohne  Bedeu- 
tung. 

nami  Welle. 

namida  Thräne. 

-nan,  das  Fut.  von  -nunt  (s.  d.),  dient,  an 
Verhalstämme  angehängt,  zur  Bildung 
von  Futuren. 

-nan  als  Suffix  negativer  Verbalstämme 
drückt  Wunsch  aus  :  o  dass  doch  ! 

nao  noch  ;  auch  (52) :  doch. 

nara  (98)  e.  Eichenart.  Vgl.  Xara  no 
oga7va. 

narade  (96)  (es)  nicht  seiend  ;  in  63  = 
ohne. 

naranaku  ni  (14,  34)  da  od.  obgleich  doch 
nicht  ist  (in  14  :   bin). 

Nara-no-ogawa  (98)  "  Liehen bach,"  ist 
auch  Name  e.  Flusses  in  Vamashiro. 

nari  Schlussform  von  nai-it,   sein  (Copula). 

narikeri  ist  (sind)  nunmehr  (vgl.  -kcrit). 

narinuredo  (55)  obgleich  es  schliesslich 
(lange)  geworden  ist -obgleich  es  lange 
her  ist. 

narinurti  (13)  (statt  narinu,  wegen  des 
vorangehenden  zo)  ist  sciiliesslich  gewor- 
den (s.  -nitrii). 

narii  (  =  «/  ant)  seiend;  Schlussfonn : 
nari.  Die  ursprüngliche  Bedeutung  ni 
a/-ie="hi"  z.B.  in  7,  20,  86. 

naslii  ist  nicht,  giebt  es  nicht. 

natsu  Sommer. 

nen  (3,  gi)  werde  wohl  schlafen. 

nenamashi  (59)  würde  geschlafen  haben, 
hätte  schlafen  können  oder  sollen  ;  aus 
n.cna-,  dem  negativen  Stamm  von  ncnin-n, 
geschlafen  haben,  und  -»lashi  (s.  da). 

neya  (S5)  Schlafzimmer. 

nezamenu  (78)  sind  (schliesslich)  erwacht 
(vgl.  -mint). 

ni     auf,    in  ;    durch,    mit    (Abi.  instrumen- 

talis)  ;  als  (56)  ;  zu  (vor  sttni). 
ni  keri  s.  kern. 


267 


nioikeru  (35)  duften  nunmehr  (stntt 
nioiheri — vgl.  s^.)  niou  heisst  in  der  class. 
Sprache  gewöhnhch  "glänzen"  (von 
Blumen)  ;  jetzt,  und  mitunter  auch  schon 
in  der  alten  Sprache  =  duften. 
nioinuru  (61)  sind  erglänzt  (stalt  iiioimi, 

vgl.  kana). 
nisliiki  s.  Anm.  zu  24. 
nite  (75)   seiend,    Partie,   des   nicht   mehr 
existirenden   Verbs    im   (Aston,   p.    120). 
Das  vorangehende   7vo    ist    grammatisch 
unklar. 
niwa  Garten. 
no  Genetiv-Partikel,  sehr  oft  fehlend.    Steht 

auch  oft  für  vo  f^otol;ii,  w'vt. 
no  Feld,  Flur. 

no  lioka  no  (56)  der  andern  (Welt). 
nochi  nach,  nachher. 
nodokeki   (33)   milde,  licitcr,    ruhig   (vom 

Wetter). 
nokita  (100)  Dachvorsprung,  Vordach. 
nokoreru   (81)    statt  jwhorcri  (s.   zo),   ist 

übrig  geblieben,  ist  noch  da. 
-nu  s.  -mint. 

nure  :  nitre  vio  stire  (^z)  :  {siirc  =  sii,\;Q'g'in 
koso],  würden  sogar  nass  werden,  nure 
iii  tii/reshi  [<^o)  =  m!7'c'shi  11c  ni  mo  mire- 
shi,  nachdem  nass  geworden,  wieder 
nass  geworden  =  immer  wieder  nass  ge- 
Avorden. 
nure-tsLitsu  (i)  indem  nass  ist. 
nuru  (53)  schlafen. 

-nuru  (Schlussf.-««),  aus  iniirii,  \\-eggehcn, 
entstandenes  Suffix  von  Verbalstämmen, 
mit  perfektischer  Bedeutung,  um  abge- 
schlossene Handlung  oder  Thatsache  aus- 
zudrücken {  =  -te  sJiimmi  der  Umggspr.). 
nusa  :  s.  Anm.  zu  24. 

O. 

O  (3)  Schwanz,  Schweif. 
obune  (93)  kleines  Boot. 
ogawa  (98)  Bach, 
ofuru  (16)  wachsen  (  =  oini). 
Ökenakti  (95)  Adv.   von    ökcnaki,    unver- 
dient. 


oki  (29)  für  okite,  indem  (der  Reif)  liegt. 
oki   (92)   weit  auf  dem  Meere,  fern  von  der 

Küste. 
oki-tsti      (76)     des      hohen       (entfernten)- 

Meeres  (vgl.   tsii). 
oku  liegen  (von  Schnee,  Reif  etc.) 
oku  der  fernste,  entlegenste  Theil. 
okuyatna  (5)  entlegener,  einsamer    Berg, 

tiefes  Gebirge. 
omoe  (So)  für  omon  (s.  koso). 
onioe  (66)  halte  für!  (des  Mitgefühls,  der 

Liebe  werth,  habe  Mitgefühl). 
omoeba    (28)      indem    (man)    denkt     od. 

bedenkt. 
omolioede,    (45)   ohne   zu   denken  od.    zu 

glauben,  von  o/iiokoyiint. 
omoi    (51)    I/iebe.       Das    folgende  wo    ist 
nicht   emphatisch,     sondern    von    skiraji 
abhängiger  Accus, 
omoi-ide  (56)  Andenken,  Frinnerung. 
cmoi-iru   yama   (83)  kann    bedeuten   i) 
die  Berge,  die  ich  sehr  {irii)  liebe  ;  2)  die 
Berge,  in  die  ich  (sie,  die  Perge)   liebend 
gehe. 
omoikeiu    (50)    (statt   onwikeri — s.    kana) 

denke  nunmehr. 

omoi-someslii  (41)  (statt  sonwki — vgl.  ka) 

habe   angefangen    zu   h'eben,    habe    mich 

verliebt. 

omoi-taenan     (63)    Avcrde      (schliesslich)- 

liebend  od.  vor  Lielje  sterben.  (Vgl.-W7«). 

omoi-wabi    (82)      für      omoi-wabite,     an 

Liebeskummer  leidend. 
omou   denken,    glauben  ;    lielien  ;     auch  : 
gedenken,  beabsichtigen,  wünschen,  wol- 
len,    mono  1V0  omou  s.  mono. 
omowasurii  (86)  denken  lassen. 
omowazarikeri    (43):    mono    tw— (vgl. 
mono)  habe  mir  keinen   (Liebes)kummer 
gemacht. 
omowazti  (38)  denke  nicht  an.    Vielleicht 
;//   shUc   zu   ergangen  :    ohne    daran    zu 
denken. 
onaji  gleich,  dasselbe. 
ono  (39)  kleines  Feld,  hier  nur  =  Feld. 
onoe  (73)  Bergabhang. 
onoi'e  man  selbst,  oft  =  ich. 


268 


orabaya  (29)  o  dass  (ich)  pflückte  ! 
oran    (29)     werde   wohl,    werde    vielleicht 

pflücken. 
orureba  (22)  indem  zerbricht  (trans.) 
oshikarazarishi    (50)    nicht    wcrthvoU, 

nicht  darum  schade  gewesen. 
oshikere    (65,    67)    (statt   os///,—s.    /coso) 

ist  beklagen werth. 
oshiku  (38)    adv.   von  os/iikl,   bedauerns- 

werth,    schade    (weil   von  Werth).  oshiku 

mo  am  (statt  oshikti  iiio  ivi — vgl.  kana)  = 

osldkaru  {mo  nur  verstärkend),  ist   bckla- 

gens  werth. 
oto   Klang,  Geräusch;  oto   lüjcikii   {"]?.)  = 

berühmt. 
otonie  (12)  junges  Mädchen,  Jungfrau. 
otozurete   (71)  Botschaft  schickend,  d.  h. 

(hier)  :   rauschend. 
Otsuru  heralislürzen,  fallen. 
Öu    (95)    bedecken  ;    faiiii   iii   äii  das  Volk 

schützen,  ihm  dienen. 
Owaba  (25)  wenn  trüge  ;  na  ni  oii^uiba  (das 

shi  vor  owaba  steht  nur  aus  phonetischen 

(jründen,   ist  ohne   Bedeutung),  wenn  als 

Namen   trüge,    d.    h.    wemi    dem    Namen 

entspräche. 

Jt£> 

-ran,  (entstanden  aus  aran,  wird  wohl 
sein),  Suffix  an  verbale  oder  adjectivale 
Attributstämme,  verleiht  die  Bedeutung  : 
wird  wohl  (leiser  Zweifel). 

-1-ash.i  indcclin.  Suffix  der  Schlussform  : 
scheint,  wird  wohl. 


sashimo  {'^i)=saiiio,  ganz  so,  grade   so. 

sabishiki  (47)  Einsamkeit. 

sabisbisa  Einsamkeit. 

sae  selbst,  sogar. 

saki  ni  keri  (73)  =  .(■(j-Mw/,  sind  nun 
erblüht. 

sakura  Kirsch(bnum  od.-blülhen). 

samuku  (94)  kalt,  dahinter  sliite  zu  er- 
gänzen :  kalt  seiend. 


samushiro  .91)  kleine  Matte. 

sane-kazura  (25)  e.  Sehlingpflanze  (Ka- 
zura  japonica).  sane  heisst :  kleiner  .Schlaf, 
Schläfchen.  Ausaka-yama  710  sane-kazura, 
die  Schläfchenranke  vom  Begegnungs- 
berge, ist  ein  jo  zu  kuru,  weil  kuru  ausser 
"kommen"  auch  die  Bedeutung  "ab- 
wickeln, al)rollen,  abrollend  nach  sich 
ziehen  (die  Ranke)  hat. 

sareba  (71) -.f///  arrba  {s/u  ohne  l'edeu- 
tung),  wenn  ist. 

sasahara  (58)  Bambusgras-Wicse. 

sasemo    {"j^)  — sashimo,     Abkürzung    von 

sashimogtisa. 
sasliimogusa    {i,i)  -  nwgusa,  der    Beifnss 

{.Irtc-iiiisia),  das  Kraut,  aus  dem  man  die 

moxa  macht. 
sasou  (96)  einladen,  abholen,  mitnehmen, 
säte  mo    (82)  =  juo   allein  ;  safe  dient   nur 

zur  Verstärkung. 
sato  Dorf. 

sayakesa  (79)  Klarheit. 
sayo  (59,  94)  eigtl.  "  kleine  Nacht,"  hier  nur 

=  Nacht,  sayo  fukctc   (59,  [94)   in    tiefer 

Nacht. 
se   (77)   flache,   zugleich  reissende  Stelle  im 

Flusse,  Stromschnelle. 
sekaruru  (77)  gestaut  werden. 
seki  Schranke,  Thor. 
sekimori  Thorwächter. 
sen  (34)  (Fut.  von  suru)  werde  machen. 
sese  (64)  flache  Stellen  ;  Stromschnellen, 
seshi  (9)  gethan. 
sM  (22)  Zweig. 
shi  bedeutungslose  Partikel  ;  oft  gebraucht, 

wenn  eine  Silbe  fehlt,  um  das  Metrum  voll 

zu  machen, 
sbibashi  (12)  ein  Weilchen. 
shidario-o  (3)    herabhängender    Schweif; 

also  shidari-o  no   o.    Schweif  des   herab- 
hängenden Schweifes.   (Vgl.  kario.) 
shigarami  (32)  Pfahlwerk  am  Flusse  zum 

Schutze  der  Ufer,  Uferwehr. 
sbigereru  (47)  um\\uchert. 
shika  Hirsch. 
shika  (8)  so. 
shima  Insel. 
sbimo  Reif. 


269 


shimoyo  (91 )  Reifaacht. 

sh-inobu  (100)  Wortspiel:  i)  Name  einer 
Farnart  (Davallia  bullata)  ;  2)  sich  sehnen 
(nach  der  Vergangenheit).  In  14  ausser 
in  der  Bedeutung  "  Farnkraut "  auch=: 
S/iiitol'ugöri,  Kreis  Shinobu . 

shinoburedo  (39)  obgleich  sich  (das  Bam- 
busgras) verbirgt  ;  zugleich  auch  :  ob- 
gleich (ic!i)  verheimliche,  unterdrücke 
(die  Liebe).  Der  Anfang  bis  sliino-hara  ist 
als  /('  zu  sliinohitrcdo  zu  betrachten. 

shinobiiru  (89)  unterdiücken,   verbergen. 

shinc-liara  (39).  Hier  bedeutet  hara  nicht 
Feld,  Wiese,  sondern  nur  Kusch,  Gebüsch. 
shino :  eine  Art  Bambusgras;  also  = 
Bambusgrasgeb  lisch. 

shiohi  (92)  Ebbe. 

shiori-tsutsu  (42)  indem  (wir)  auswan- 
den (unsere  Ärmel).  slnorn  =  sliihorii. 
"Die  Ärmel  auswinden"  (von  den  ver- 
gossenen Thränen)  poet.  Mcta]ihcr  für 
"  weinen." 

sliiragiku  (29)  weisses  Chrysanthemum. 

shiraji  (51)  soll  (sollen)  nicht  wissen.  Das 
folgende  na  emphatisch  (vgl.  na). 

shiranami  weisse  Wellen. 

sliirane  (92)  statt  shimzii  (iii  s/ii/c), 
nicht  wissen(d),  wegen  /coso  (s.  d.) 

slliranti  (46)  nicht  wissend  ;  unbekannt  ; 
in  10  subst :  Unbekannte. 

shirarede  (25)  ohne  gewusst  zu  werden. 

shiratsuyu  weisser  Thau. 

sliirayuki  weisser  Schnee. 

shirezu  (41)  nicht  wissen  künncnd,  ohne 
zu  wissen  («/  s/litt'  zu  ergänzen). 

sliiri-nagara  (52)  indem  man  weiss, 
hier  :  obleicli  man  weiss. 

shiroki  (6)  das  Weisse. 

shirotae  no  (2)  poetisch  für  weiss 
(makura-kotoba). 

sLiru  wissen,  auch  :  lieben,  s/iirii  Iiito  (34 
66)  — Freund,  shirti  in  10  subst:  Be- 
kannte. 

sliirushi  (98)  Zeichen,  Anzeichen. 

shizu-kokoro  (33)  ruhiges  Herz. 

scde  Armcl.  In  95  ist  hinter  sodc  zu  er- 
gänzen iiitt-,  mit. 


sorane  (62)  nachgeahmte  Stimme. 

sore  (57)  er  ;  sorc  to  1/10,  wenn  er  es  auch 
Mar. 

soyogu  (98)  sanft  rauschen  :  vorher  ;«" 
zu  denken. 

SU  (41)  Schlussform  von  siini,  machen. 

sue  ni  (77)  schliesslich. 

sugata  (12)  Gestalt. 

sugite  (2)  indem  vorüber  ist. 

siigusJiite  (19)  {  =  sii!;oshilL')  hindurch- 
gehend :  (  vo  7C'o — ),  die  Welt  durchwan- 
dernd, d.  h.  durchs  Leben  wandernd  ; 
mit  nachfolgendem  iv  =  Befehlsform. 

stimi-zome  no  (95)  mit  schwarzer  Farbe 
gefärbt.  Ein  kenyögen,  indem  simii 
zugleich  in  der  Bedeutung  "wohnend" 
auf  das  vorangehenden  ]]'aq-a-/atsii-so!iia 
id  zu  beziehen  ist. 

sure  (72)  statt  sii,  w-egen  koso  (s.  d.) 

T. 

ta  Reisfeld. 

tabi  mal ;  in  24  zugleich  Wortspiel  mit 
/a/ii.  Reise, 

tachi  üi  keri  {.\\)  =  tai/iik.-r!,  ist  nun- 
mehr bekannt  geworden  (vgl.  na). 

tachi-idete  (70)  hinaustretend. 

tachi-noboru  (87)  aufsteigen. 

tachi-wakare  (16)  Al);chiednchmcn,= 
Lebewohl ! 

tada  nur  :  in  63  noch  durch  vakari  ver- 
stärkt. 

tae  (46)  für  iaiic;  endigend,  d.  li.  verlie- 
rend . 

taedae  ni  (64)  nach  und  nach  abnehmend, 
allmählich  schwindend. 

taema  (79)  Zwischenraum,  Spalte. 

taenaba  (89)  wenn  du  endigen  (reisscn) 
solltest,  -naba  ist  Condit.  von  -viini  (s.d.) 

taene  (89)  endige,  reisse  !  (-«<■  alte  Impera- 
tiv-Endung.) 

taenu  (82)  nicht  ertragen. 

taete  (55)  aufliörend,  zu  Ende  seiend. 

taete  (44)  gänzlich  (mit  Neg.).  Das  foU 
gende  shi  ohne  Bedeutung. 

takane  (4)  l^oher  Gipfel. 


270 


takasago   no    (73)    "  hoclisanJit;  " ;    ma- 

kura-kotoba  vor  Gipfel,  Berg  u.  ilgl. 
taki  Wasserfall. 
takigawa    (77)    Sturzbach  ;    nach   j!o   ist 

gotohi,  wie,  zu  ergänzen. 
taku  (49)  anzünden. 
tama  Kugel  ;  Edelstein. 
ta-makura      (66)     Armkissen,     poetische 

Metonymie  fLir  "Liebesnacht." 
tama-no-0  (89)    Edelsteinschnur,   poet.  — 

Leben, 
tarne  wegen,  für. 
tami  Volk. 

tanabiku  (79)  dahin  ziehen,  schweben. 
tare  wer  ?  in  14  wohl  statt  farc  ka. 
tare   ka  jemand,  jemand  anders  ;  manch- 
mal (34)  auch  =  wer? 
-tari    {=^-tc  ari)    Suffix    von  ■  Verbalstäm- 
men,  mit    gew()hnlich    priisentischer    Ec- 
deutung. 
tatan   na   (67)    der    Name,    der  sich     er- 
heben wird  =  der  schlecht  werden  wird  ; 
der  Umstand,  dass  (ich)  einen  schlechten 
Ruf  bekommen  werde,      [na  ga  iatsjt.  hat 
auch    in    Prosa    die    Bedeutung  :     einen 
schlechten  Ruf  bekommen.) 
tatazu  ino  aranan  (73)  möge  das  Nicht- 
aufsteigen   sein,     möge   nicht    aufsteigen 
(vgl.  -naii). 
tatsumi  (S)  Südosten. 
tefu  (spr.  cliö)  (41)  =  /;;  in. 
to  {\(i)-=scto,  Meerenge. 
to  dass  ;  (31)  wie  ;  (vor  uaru,  werden)  zu. 
to  iu  sagt  (sagen)  dass. 

to  mini   (31)      1 

.  ^  .        '        s.  imrii. 
to  misni   (04)    \ 

to  rao  weim  auch. 

to  wa  (17,  42)  elliptisch  für  to  iu.  kulo  10a, 
eine  solche  (so  genannte)  Sache.  In  42 
sollte  auf  to  7va  nach  gewöhnlicher  Wort- 
stellung der  Anfang  chigirikl  na  !  folgen. 

todomeu  (12)  werde  wohl,  oder  (wie  hier) 
möchte  wohl  zurückhalten.  Vielleicht  ist 
hier  auch  tote  zu  ergänzen  :  um  zurück- 
zuhalten. 

tökereba    (60)     indem    weit    ist.     Beach- 


tenswerth  der  subst.  Gebrauch  der  Form 
(vorangehendes  no). 
toki  Zeit, 

toma  (i)  Strohmatte. 
tomo  Freund. 
tori  Vogel,  in  62  :  Hahn, 
tori-aezu  (24)  kann  nicht  mitnehmen. 
tote   (86)  = /t» //Vc',  sagend  ;  in27  =  /ö  m  no 
de   {am  ka),  wann,  von  welcher  Zeit  ist 
das  Sagen  (sagt  man)  dass  (ich  sie  gese- 
hen habe),  d.  h.  wann  soll  ich  sie  gesehen 
haben  ? 
tou  fragen. 
toyama  [']2,)-soloyatJia,  die  andern  Berge, 

d.  h.  die  davorliegenden  Berge, 
tsu  alte  Genetivpartikel. 
tsugeyo  (11)  theile  (thcilt)  mit ! 
tsuki  Mond. 

tsukusliite  (20,  88)  erschöpfend,  endi- 
gend, nii  li'o  tsithishite  ino  (20),  selbst 
den  Leib  endigend  (wegwerfend),  d.  h. 
das  Leben  von  mir  werfend ;  enthält 
zugleich  ein  kenyogen,  indem  nii  tvo 
tsitkiishi  auch  :  Pfahl  (in  Naniwa),  der  die 
Fluthhöhe  anzeigt,  Fluthmesser  bedeutet. 
mi  1V0  tsukushite  ya  (88),  ob  wohl  das 
Leben  endigend,  d.  h.  ob  wohl  bis  zum 
Tode. 
tsumorite  (13)  sich  anhäufend. 
tsvimu  pflücken. 

tsimade  (93)    Seil  zum  Ziehen  des  Bootes. 
tsune  ni  (93)  immer,  beständig. 
tsuranuki-tomenu(37)  unaufgereiht,  von 
tsnranuki-tomeru,   durchbohren  und  auf- 
reihen (auf  eine  Schnur). 
tsurenakarikeri  (85)  ist  (nun)  gefähllos. 
tsurenaku  (30)  gefühllos,  herzlos  (adv.) 
tsuribune  (II)  Angelboot,  Fischerboot. 
-tsuru  (Schlussf.  -tsii)  wahrsch.  aus  hatsit- 
rii,   endigen,   zu  Ende  sein  entstandenes 
Suffix  von  Vcrbalstämmen,  mit  derselben 
Bedeutung  wie  -mint;  also  dem  -te  shimati 
der  Umgspr.  entsprechend. 
-tsutsu  Suffix  von  Verbalstiimmen  :  wäh- 
rend, indem, 
tsviyu  Thau. 


2/1 


XJ. 

uclii-idete  (4)  herauskommend. 

uji    in    Ujiyaina    (8)    ein  kenyögen  ;    steht 

für    2tsJii.  :  yo   'i'o   itsJd   {lo   omoii),    (ich) 

halte    die   Welt   für    elend,    traurig,   (ich) 

meide  sie. 
ukarikeru  (74)  nun  traurig  seiend,  d.  h. 

Traurigkeit  erregend,  grausam. 
uki   (30)  traurig,    unglücklich  ;    in    82    als 

Substantivform  :  das       Schmerzliche, 

Traurige. 
ukiyo  (68,  95)  yergänglichc,  traurige  Welt. 
ura  Strand. 

urameslii  (99)  (sind)  verhasst. 
uramesliiki  (52)  {%\.^.i\.w-amcsJii—  s.  hana) 

(ist)  verhasst. 
urami-wabi  (65)  tir  nrami-iüabite,  Hass 

(Groll)  und  Schmerz  empfindend. 
uramizaramaslii     (44)     (man)      \\ürde 

nicht  hassen,  {uratuuru  od.  tiramiru  Nebf. 

von  tiranui.) 
utsu  schlagen,  klopfen,    ntsii   nari  (94)  = 

iitsif,  man  schlägt,  klopft  (das  Tuch). 
iitsuri  ni  keri  {c))  =  tttsiirika-i,  sind  nun 

dahingegangen. 


\Y 


"wa  was  anbetrifft. 

wabinureba  (20)  indem  (ich)  einsam, 
verlassen,  unglücklich  bin. 

wada  no  hara  (11)  Meeresfeld,  Meer 
(vgl.  anic  110  hara).  wada  soll  eigtl.  lüata 
sein,  und  mit  wator«,  "(das  Meer)  über- 
schreiten," zusammenhängen. 

waga  mein. 

wagami  ich. 

Waga-tatsu-soma  (95)  ein  Name  des  Hi- 
cizan,  eines  IJerges  bei  Kyoto. 

wakana  junge  Kräuter. 

wakanu  (57)  nicht  unterscheiden  (kön- 
nen). 

wakare  (30)  Trennung,  Abschied. 

wakare-tsutsu  (10)  indem  (sie)  sich 
trennen. 

wakite  (27)  sprudelnd. 


wäre  ich. 

warete  mo  (77)  obgleich  getrennt. 

wasuraruru  (38)  Pass.  von  -coastn-t/.,  alte 
Form  für  das  jetzige  wasiireni,  vergessen. 

wasure  ya  wa  suru  {Kß)  =:wasure  wa 
sunt ya.^  werde  ich  wohl  vergessen? 

wasureji  (54)  nicht  vergessen  dürfen. 

wataru  überschi-eiten,  hinüberfahren. 

wataseru  (6)  überschreiten  lassen. 

wo  Accusativ-Partikel;  sehr  oft  fehlend.  Das 
wo  nach  hito  in  74  zweifelhaft,  vielleicht 
corrumpirt  aus  7üa  ;  vgl.  auch  nitc.  Am 
Ende  des  Satzes  bezeichnet  wo  einen  etwas 
emphatischen  Haltepunkt,  etwa  einem 
Ausrufungszeichen  mit  nachfolgendem  Ge- 
dankenstrich entsprechend  (so  z.  B.  in  36)  ; 
das  vorangehende  Verb  erhält  dann  statt 
der  Schlussform  die  Attributform.  Vor 
Adjektiv-Substantiven  auf  ;///  hat  7i<o  die 
Bedeutung :  wegen,  durch. 

woba  =  wo  7i<a. 

ya  Fragepartikel,  meist  nur  rhetorisch  ; 
drückt  oft  auch  Zweifel  aus.  Wenn  fra- 
gend, so  steht  das  Verb  gewöhnlich  in  der 
Attributform  (statt  der  Schlussf.).  Oft 
auch  nur  Interjektion  =yo  !  (so  z.  B.  in 
72)  ;  ferner  auch  oft  wie  sJii  ohne  be- 
sondere Bedeutung,  nur  das  Metrum  aus- 
füllende Partikel  (18,  91,  97). 

yado  Haus. 

yadoruran  (36)  wird  sicli  wohl  aufhalten. 

yae-mogura  (47)  Labkraut  (Galium  apa- 
rinc  (?)  ). 

yaezakiira  (61)  "achtfache,"  d.  h.  ge- 
füllte Kirchblüthen. 

yaku  (97)  backen,  rösten,  hier  =  erhitzen 
Das  folgende  ya  ohne  Bedeutung. 

yania  Berg,  yaiiia  no  oku  i^^)  =  ohiyama. 

yamakawa  Bergfluss. 

yamakaze  Bergwind. 

yamaoroshi  (74)  Bergsturm. 

yamazakvira  (66)  Bergkirschbaum. 

yamazato  (28)  Gebirgsdorf. 

yaso  (11)  achtzig,  für  :  unzählig. 


272 


yasurawade   (59)  ohne  auszurulicn,  hier  : 

oline  Zeit  zu  verlieren. 
yo  Welt,  jv   ni  (62),  in  der  Welt,  hier  nur 

als  Verstärkung  der  Verneinung,      yo  no 

naka,  in  der  Welt  ;  die  Welt, 
yo  Nacht. 

yo  emphatische  Partikel. 
yolia  Mitternacht. 
yoi  Abend. 

yoktiran  (iS)  (ich)  werde  vermeiden, 
yomosugara  (85)  die  ganze  Nacht. 
yori  von,   von — her  ;  (30)    seit,  yori  Jioka 

iü  (66)  ausser. 
yoru  Nacht. 

yorvi  (iS)  («/—),  schlagen  an  (von  Wel- 
len). 

yoshi  Mittel. 

yoshi  e.  Schilfart. 

ycwari  nie  suru  (S9)  (statt  sit,  wegen 
zo')-yo'iiH';ni,  wird  schwach  werden. 


yu  (4)  =_!■('''■/,  von,  von— her. 
yü  Abend. 

yue  (ni)  .weil ;  wegen. 
yügure  (70)  Abenddämmerung. 
yuki  Schnee. 

ytiku  gehen,  in  10  subst :   Gehende. 
yukue  (46)  Ziel  (des  Weges). 
yukusue  (54)  Zukunft,  Ende. 
yume  Traum.  \ 

yurusaji    (62)    wird,    darf    nicht   erlauben 
(vgl--.//). 


Z. 


zo  emphatische  Partikel  :  fürwahr  ;  oft  nur 
einem  Ausrufungszeichen  entsprechend. 
In  Sätzen  mit  zo  steht  statt  der  Schluss- 
form   immer    die    Attributivform    (z.    B. 

statt  fitrikcri  :  fiirikcni  :  statt  hanasJii  : 
kaiiashiki). 


ÜBKI!  JLJUTSU  ODRl!  YAWARA. 


VON 


K.  MIURA. 

(Vortrag,  gehalten  beim  25  jährigen  Jubiläum  der  Gesellschaft,  am  29.  October  1898.) 


Das  ytijutsii  oder  Yaivar'a  bildete  früher  gleich  dem  Fechten, 
Reiteri,  Bocjenschiessen  u.  do;l.  ein  wichtisfes  Glied  in  der  Er- 
Ziehung  der  Samurai  (Krieger),  und  wird  noch  jetzt  von  den  Poli- 
zisten und  Amateuren  eifrig  getrieben,  teils  zum  Schutze  des 
eigenen  Körpers,  teils  zur  gymnastischen  Übung. 

Die  Geschichte  dieser  Ringkunst  muss  in  ihrer  primitiven 
Form  ebenso  alt  sein  wie  das  Menschengeschlecht  selbst,  denn 
beim  individuellen  Kampf  ohne  Waffen  muss  man  sich  zu  vertei- 
dicren     und     anzusfreifen    wissen.        Trotzdem     taucht     das    Wort 

O  ■TD 

Yazuara  oder  jftijiitsti  erst  gegen  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  auf, 
und  vor  dieser  Zeit  scheint  das  Verfahren  nicht  zu  einer  besonde- 
ren Kunst  ausgebildet  worden  zu  sein.  Die  Angaben,  von  wem 
die  Kunst  stammt,  lauten  sehr  verschieden.  Am  meisten  ver- 
breitet ist  die  Ansicht,  dass  ein  Chinese,  Namens  CJiingen-pin 
(PJ^TClf  J.  welcher  gegen  1659  (Periode  Manji  2)  nach  Japan  kam 
und  sich  im  Kokushöji  (^iE'#)'  einem  Tempel  in  Nishinokubo 
(MA'^>  aufhielt,  drei  Japaner:  Fiikuno  SJiichiröemon  {M^^-\l% 
^^P«^),  Miura  Yojiemon  (Hfi:^'^^^P^)  und  Terada  Hcizaemon 
(^[gzji^:^ptj)  in  dieser  Kunst  unterrichtet  habe,  welche  dieselbe 
dann  weiter  ausbildeten  und  verbreiteten.  Nach  einer  anderen 
Ansicht  ist  Jöjutsu  die  Erfindung  von  Fukuno  selbst.— In  einem 
^v\z\\Q,\iQ.'dt€\X  Karyoki  Ziiihitsu  (^K^F.iif)'  heisst  es:  Zur  Zeit 
von  Tokugawa  leyasu  lebte  ein  Mann,  Namens  Sekigiichi  Jüshin 
(IMn^-ll-)  ;  dieser  war  erst  ein  Unterthan  von  Honda  (einem  Vasal- 
len von  leyasu),    später  von    Kishü  Dainagon  (einem  Sohne  von 


274  K.   MIURA,    ÜBER   JUJUTSU. 

leyasu),  und  soll  das  Yawara  erfunden  haben  ;   er  hiess  daher  auch 
Jüjutsu. 

Nach  der  Angabe  des  Directors  Ino2ie  Keltarö,  welcher  uns 
heute  diese  Ringkunst  vorführen  wird,  ging  ein  Mann,  aus  Hizen, 
Akiyama  SJiiröbci  (^LÜlZ^^Ii^^)  genannt,  zur  Zeit  der  Ming- 
Dynastie  (1368- 1662)  nach  China,  um  dort  Medicin  zu  studieren, 
und  hörte  jeden  Tag  in  der  Nähe  seiner  Wohnung  einen  sonder- 
baren Lärm.  Als  er  danach  fragte,,  bekam  er  die  Antwort,  es 
sei  die  Übung  von  "  Hakuden."  Er  wollte  gern  sehen,  was  das 
wäre,  es  wurde  ihm  jedoch  nicht  erlaubt  zuzuschauen,  ehe  er  selbst 
ein  Schüler  geworden  wäre.  Seine  Neugierde  wurde  immer  leb- 
hafter, und  er  entschloss  sich  daher,  lieber  in  diese  Schule  einzu- 
treten, als  Medicin  zu  studieren.  Darauf  übte  er  diese  Kunst  3  Jahre 
lang  und  lernte  3  Arten  von  Griffen.  Als  er  später  nach  Japan 
zurückkam  und  seine  Kunst  anderen  Leuten  lehren  wollte,  waren 
seine  Schüler  bald  mit  jenen  3  Griffen  vertraut,  und  es  wollte  sich 
niemand  weiter  mit  dieser  Kunst  beschäftigen.  Shiröbei  entschloss 
sich  daher,  weitere  Methcvden  zu  ersinnen;  er  fastete  21  Tage 
lang  im  Tempel  Dazai-Tenjin  {-k.'^Jiy^  und  vermehrte  die  Zahl 
der  Griffe  auf  300.  Es  war  Winter,  und  am  21.  Tage  seines  Fastens 
trat  ein  starker  Schneefall  ein  ;  als  er  in  den  Garten  sah,  waren 
fast  alle  Bäume  unter  der  Last  des  Schnees  gebrochen,  nur  der 
Weidenbaum  widerstand  wegen  seiner  Elasticität,  und  daher  soll 
er  seine  Methode  TensJiin  SJiinyöryü  (^if»$Äf;§öit>  genannt  haben 
{Tens hin  oder  7>/(/'/;/ Name  des  Tempels,  .f/;//^  =  wahr,  j(?==  Weide, 
ryü  — Methode). 

Welche  von  diesen  Überlieferungen  die  richtige  ist,  lässt  sich 
schwer  entscheiden,  doch  geht  aus  allen  diesen  Angaben  hervor, 
dass  das  Jüjutsu  wahrscheinlich  chinesischen  Ursprungs  ist  und  seit 
etwa  250  Jahren  systematisch  bei  uns  getrieben  wird.  Was  vor 
dieser  Zeit  existierte,  wurde  nicht  Jüjutsu  genannt. 

Es  existiert  jetzt  eine  grosse  Zahl  von  Schulen  des  Jüjutsu, 
Darunter  scheinen  Takcnoiichi-ryu  {^^/^,  RyöisJiintö-ryü  (^^'d» 
%^,  Shibiikazva-ryTi  (fit^HIi^lt)  und  Kitö-ryü  (g§ij;)fti  die  ältesten 
zusein.  Ausserdem  giebt  es  SekigucJii-ryü  (lißPiTtt).  YösJiin-ryTi 
(?if't!i»Öft).  TensJiinyöshin-ryü  (^ipf  |"^'Ci>öfe)  und  viele  andere. 

Worin  besteht  nun  Jüjutsu  oder  Yawara } 

Das  Wort  Jitjutsit  bedeutet  so  viel  wie  "  weiche  "  oder  "  weich- 


K.    MIURA,    ÜBER   JUJUTSU.  2/5 

elastische  Kunst'"'    und   weist   schoii  darauf  hin,  dass  man  mit  möo-- 
liehst  wenig  Kraftaufwand  seinen  Gegner  zu  überwinden  sucht. 
Zu  diesem  Zweck  dienen  folgende  Mittel. 

1.  Man  sucht  sich  die  Kräfte  des  Gegners  nutzbar  zu  machen, 

2.  Man  sucht  den  Angriffen  des  Gegners  auszuweichen. 

3.  Beim  Ringen  sucht  man  die  Stellung  des  Gegners  möglichst 
(ungünstig  zu  gestalten  und  zugleich  seine  eigene  aufrecht  zu  er- 
halten, 

4.  Beim  Angreifen  sucht  mau  den  schwächsten  Punkt  des  Geg- 
ners auf. 

5.  Zum  Umwerfen  des  Gegners  benutzt  man  hauptsächlich 
die  Hebelwirkung. 

6.  Zum  Festhalten  des  niedergeworfenen  Gegners  werden 
Gelenkhemmungen,  Druck  auf  schmerzhafte  Stellen  u.  dgl.  in 
Anwendung  gebracht. 

7.  Bei  manchen  Angriffen  sucht  man  den  Feind  durch  Stoss 
oder  Schlag  auf  bestimmte  Körperteile  in  Ohnmacht  zu  ver- 
setzen. 

8.  Daher  wird  auch  gelehrt,  wie  man  einen  Ohnmächtigen 
wieder  beleben  kann. 

Demnach  zerfällt  die  Kunst  des  Yawara  in  4  Hauptarten  : 

1.  Randori  (JLlS)  oder  Ringen  ohne  bestimmte  Ordnung, 
dient  zur  Übung  des  Körpers  und  zur  Übung  der  unter  No.  i — 6 
aufgezählten  Regeln. 

2.  Kata  (J^)  oder  typische  Griffe.  Dieselben  dienen  zu  dem- 
selben Zweck,  doch  sind  hier  specielle  Umstände  vorausgesetzt, 
sodass  man  in  bestimmter  Reihenfolge  systematisch  vorgeht. 

3.  Atenii  C^J^)  oder  auch  Sappö  (^^)  genannt :  die  Methode, 
den  Gegner  in  Ohnmacht  zu  versetzen  oder  sogar  zu  tödten. 

4.  KwatsiL  (^g) :  die  Methode,  den  Ohnmächtigen  wieder  zu 
beleben. 

Ich  werde  diese  Methoden  im  Folgenden  etwas  genauer  be- 
schreiben. 

1.    Randori  dLH). 

Dies  ist  eine  Art  Ringen,  wobei  man  den  Gegner  umzuwerfen 
und  ihn  dann  unbeweglich  festzuhalten  sucht.     Je  nach  den  ver- 


2/6  K.   MIUKA,    ÜBER    JUJUTSU. 

schiedenen  Schulen  hat  man  selbst  für  dieselben  Methoden  ver- 
schiedene Namen,  und  in  alle  diese  Einzelheiten  einzugehen  würde 
zu  weit  führen.  Ich  beschränke  mich  daher  hier  auf  die  wichtig- 
sten Griffe.  Vorher  möchte  ich  aber  mit  einigen  Worten  auseinan- 
dersetzen, wie  wir  stehen  können,  wann  wir  umfallen,  und  wie  wir 
einen  andern  zum  Umfallen  bringen  können.  Wir  wissen,  dass  das 
Stehen  des  Menschen  ohne  grosse  Muskelanstrengung  nur  dann 
möglich  ist,  wenn  die  vom  Schwerpunkt  des  Körpers  gezogene 
Lotlinie  innerhalb  derjenigen  Fläche  fällt,  welche  durch  die  äussere 
Begrenzung  der  Fusssohlen  gegeben  ist.  Der  Schwerpunkt  des  Kör- 
pers liegt  beim  geraden  Stehen  nach  Mayer  im  zweiten  Kreuzbein- 
wirbel, nach  Braune  und  Fischer  mehr  nach  vorn  über  der  Verbin- 
dungslinie der  beiden  Hüftgelenke,  und  die  Lotlinie,  welche  durch 
den  Schwerpunkt  geht,  fällt  nahe  dem  hinteren  Rand  der  erwähn- 
ten Unterstützungsfläche.  Macht  man  die  Entfernung  der  Füsse 
weiter,  so  wird  dementsprechend  die  Unterstützungsfläche  breiter, 
und  bei  verschiedener  Stellung  des  Körpers  ändert  sich  die  Lage 
der  Schwerlinie  zur  Unterstützungsfläche  ebenfalls  in  verschiedener 
Weise.  Sobald  nun  die  Schwerlinie  ausserhalb  der  Unterstützungs- 
fläche fällt,  muss  der  Körper  fallen.  Bei  allen  japanischen  körper- 
lichen Übungen  ist  es  Hauptprincip,  den  Körper  gerade  zu  halten 
und,  wie  man  sagt  "die  Kraft  im  Nabel  oder  im  Unterleib  zu  con- 
centrieren,"  d.  h.  das  Zwerchfell  in  den  mittleren  Stand  zu  ver- 
setzen und  sowohl  die  Bauch-  als  auch  die  Rückenmuskeln  zu 
spannen  und  so  die  Lage  der  Schwerlinie  aufrecht  zu  erhalten. 
So  wird  auch  beim  Jojutsu  viel  Gewicht  darauf  gelegt,  den  Leib  in 
allen  Lagen  aufrecht  zu  halten  und  "  die  Kraft  im  Nabel  zu  concen- 
trieren."  Um  andererseits  den  ruhenden  Schwerpunkt  des  Gegners 
in  Bewegung  zu  setzen,  sucht  man  durch  kleine  Körperwendungen, 
durch  leichten  Zug  oder  Druck,  durch  Beugung  oder  Streckung  der 
Glieder,  welcher  der  Gegner  folgen  wird,  die  Lage  der  Schwerlinie 
des  Gegners  so  zu  ändern,  dass  dieselbe  nahe  der  ßegrenzungslinie 
der  Unterstützungsfläche  zu  liegen  kommt.  Auch  sucht  man 
dadurch  gewisse  Muskeln  des  Gegners  zu  erschlaffen,  oder  man 
wartet  den  Moment  ab,  wo  die  Unterstützungsfläche  des  Körpers  am 
kleinsten  ist,  d.h.  wo  der  Körper  nur  auf  einem  Beine  ruht.  Letzteres 
kann  man  dadurch  erreichen,  dass  man  den  Gegner  durch  Anziehen 
zum  langsamen  Schreiten  zwingt  u.  dgl. 


K.    MIURA,   ÜBER   JUJUTSU.  277 

Was  weiter  zur  Wirkung  kommt,  ist  hauptsächlich  die  Hebel- 
wirkung-, unterstützt  durch  Druck  und  Zug.  Nehmen  wir 
einige  Beispiele,  so  wird  z.  B.  beim  Noborikake  ('^#)  erst  der 
Gegner  an  sich  gezogen  und  zum  Schreiten  gezwungen,  und  in 
dem  Moment,  wo  die  Schwere  des  Körpers  auf  einem  Beine  ruht, 
wird  der  rechte  Oberschenkel  des  eigenen  Beins  an  die  Aussen- 
fläche  des  linken  Oberschenkels  des  Gegners  gelegt,  und  indem 
man  dies  als  Hypomochlion  benutzt,  wird  am  rechten  Ärmel 
o-ezogen  und  zugleich  an  der  linken  Schulter  gedrückt.  So  wird 
der  Körper  des  Gegners  in  zwei  Hebelarme  umgewandelt  und 
um  den  Oberschenkel  herum  gedreht,  sodass  er  fallen  muss.  Beim 
Ashiliarai  i&j^i  wird  die  Plantarflache  des  Fusses  an  die  Aus- 
senseite  des  Unterschenkels  gelegt  und  der  Gegner  ebenfalls  am 
Ärmel  gezogen  und  von  der  entgegengesetzter  Seite  gedrückt. 
Auch  hier  wirkt  der  Fuss  als  Hypomochlion,  um  welches  der  Kör- 
per gedreht  wird.  In  diesen  beiden  Fallen  bildet  der  Rumpf  und 
das  Bein  vermöge  der  Gelenkhemmungen  einen  ziemlich  steifen 
Hebel,  welcher  durch  Anlegen  des  Oberschenkels  resp.  des 
Fusses  in  zwei  Arme  geteilt  wird.  Nun  sind  die  Muskeln  des 
Körpers  hauptsächlich  an  der  vorderen  und  hinteren  Fläche  des- 
selben angeordnet,  und  bewirken  Beugung  und  Streckung,  sowie 
durch  einseitige  Wirkung  seitliche  Bewegungen.  Nach  den  dia- 
gonalen Richtungen  aber,  d.  h.  von  links  hinten  nach  rechts 
vorn,  oder  von  links  vorn  nach  rechts  hinten,  entfalten  sie  nur 
ganz  schwache  Wirkungen,  und  daher  soll  sowohl  der  Zug  als 
auch  der  Druck  ausschliesslich  in  dieser  Richtung  geschehen. 
Ausserdem  soll  nicht  etwa  in  gerader  Richtung,  sondern  in  bogen- 
oder  schraubenförmiger  Linie  gezogen  und  gedrückt  werden  ;  denn 
wenn  man  einen  Hebel  um  den  Unterstützungspunkt  dreht,  so 
beschreibt  seine  Spitze  immer  einen  Bogen  oder  einen  Kreis,  und 
in  den  angeführten  beiden  Fällen  bezwecken  wir  nicht  nur  eine 
Drehung  des  Körpers  um  seine  Querachse,  sondern  auch  zugleich 
eine  solche  um  seine  Längsachse. 

Nehmen  wir  jetzt  ein  anderes  Beispiel,  so  wird  beim  Küshiguriima 
K^%)  der  Körper  des  Gegners  dadurch  in  zwei  Hebelarme  verwan- 
delt, dass  man  ihn  über  die  Lendengegend  legt  und  drehend  darüber 
hinweggleiten  lässt.  Man  wird  dabei  also  sozusagen  von  dem  An- 
greifer auf  den  Rücken  gelegt  und  nach  dereinen  Seite  hin  abgesetzt. 


2/8  K.   MIURA,    ÜBER   JUJUTSU. 

Es  g-iebt  noch  unzählig'e  andere  Methoden,  welche  alle  zu 
ihrem  Princip  Hebelwirkung',  Druck  und  Zug"  in  der  erwähnten 
Weise  haben,  doch  darauf  genauer  einzugehen  würde  zu  umständ- 
lich sein  ;  ich  muss  mich  hier  daher  auf  die  wichtigsten  Züge  des 
Randori  beschänken.  Hierbei  lernt  man  auch  die  Kunst  des 
Umfillens,  d.  h.  man  übt  sich  darin,  wie  m.an  am  besten  fallen 
muss,  ohne  sich  zu  verletzen,  falls  man  umgeworfen  wird.  Für 
gew^öhnlich  schlägt  man  mit  dem  Handteller  auf  den  Boden, 
bevor  der  Körper  denselben  berührt.  Hierdurch  wird  der  Körper 
elastisch  vom  Boden  abgehoben,  ähnlich  wie  ein  Gummiball, 
und  der  Kopf  berührt  den  Boden  nicht.  Beim  Aufstehen  schlägt 
man  auch  wolil  mit  der  Ferse  eines  l^usses  auf  den  Boden,  um 
auch  hierbei  eine  gewisse  Elasticität  zu  gewinnen. 

Im  Obigen  habe  ich  ausschliesslich  vom  Umwerfen  des  Geg- 
ners gesprochen,  doch  begnügt  man  sich  nicht  immer  damit,  son- 
dern man  sucht  ihn  auch  festzuhalten,  sodass  er  sich  nicht  rühren 
kann.  Diese  Methode  nennt  man  Katauie  oder  Shiiiie  ;  sie  besteht 
darin,  dass  man  ihn  am  Halse  schnürt,  oder  ihm  einen  Körperteil 
torsiert  oder  so  fest  hält  (meist  mittelst  Gelenkhemmungen),  dass 
schon  geringe  Bewegung  ihm  heftige  Schmerzen  verursacht,  oder 
dass  man  ihn  in  Ohnmacht  versetzt,  wie  es  beim  Schnüren  des 
Halses  öfters  vorkommt.  Danach  unterscheidet  man  auch  Nage- 
shöbu  (J^^M)  und  Shimc-shöbu  (i^>#ft),  d.  h.  Entscheidung 
des  Siemes  durch  Umwerfen  oder  durch  Festhalten. 


'fe' 


II.    Kala  (?^) 

Dies  ist  eine  in  gewisser  Ordnung  und  Reihenfolge  auszu- 
übende  Angriffs-  und  Vertheidigungsweise,  wobei  Umwerfen, 
Fixieren  und  Schlag  oder  Stoss  auf  gewisse  Körperteile  in  An- 
wendung gebracht  wird.  In  Wirklichkeit  werden  beim  Üben 
Schläge  und  Stösse  natürlich  nur  angedeutet  und  nicht  wirklich 
ausgeführt.  Da  solches  immerhin  mit  einiger  Gefahr  verbunden 
ist,  so  hat  man  dabei  eine  gewässe  Reihenfolge  und  Ordnung 
der  Griffe  festgesetzt.  Bei  der  Übung  beteiligen  sich  zwei  oder 
mehrere  Personen  ;  wenn  es  zwei  sind,  so  ist  der  eine  activer 
Angreifer  und  der  andere  passiver  Verteidiger,  aber  während 
des    Angriffes    wird    der  erste    Angreifer    passiv    und    daher    muss 


K.   MIURA,    ÜBER   JUJUTSU.  2/9 

dieser  immer  der  geübtere  sein,  da  er  den  Angriff  des  Vertei- 
dio-ers  auszuhalten  hat.  Man  kleidet  sich  hier  wie  bei  allen 
Übuncren  des  Yawara  mit  einem  dicken,  baumwollenen  und,  um 
Zerreissen  zu  vermeiden,  gestickten  Mantel  ;  beim  Kata  trägt 
man  auch  Hakama  (weite  Hosen),  während  man  beim  Randori 
nacktbeinig  zu  sein  pflegt. 

Bei  der  Übung  von  Kata  steht  also  eine  active  und  eine 
passive  Person  sich  gegenüber  ;  sie  verbeugen  sich  gegenseitig 
und  der  active  Teil  greift  mit  einem  Ruf  den  Gegner  an,  dieser 
aber  weicht  in  diesem  Augenblick  durch  geschickte  Körperwen- 
duno-  etc.  dem  Angriff  aus.  greift  activ  jenen  an,  wirft  ihn  nieder, 
fixiere  ihn,  deutet  eventuell  einen  Schlag  oder  Stoss  an  und  lässt 
ihn  erst  los,  wenn  er  mit  der  Hand  oder  mit  dem  Fuss  auf  den 
Boden  schlägt.  Dies  ist  auch  in  anderen  Fällen  ein  Zeichen  der 
Unterwerfung.  Hierdurch  lernt  man  specielle  h'älle  des  Angriffs 
und  der  Verteidigung  kennen,  und  durch  Combination  und  Modi- 
hcation  der  Methoden  kann  man  sich  in  allen  Lagen  zurechtfinden. 
Beim  Kata  sind  repräsentiert :  Verteidigung  beim  Angriff  im 
Sitzen,  im  Stehen,  beim  Zusammentreffen,  beim  Angriff  mit  Schlag 
oder  Stoss,  l.eim  Angriff  von  hinten,  bei  bewaffnetem  und  un- 
bewaffnetem Angriff  und  entsprechender  Verteidigung  u.  s.  w. 

Man  könnte  natürlich  unzählige  Fälle  ausdenken  und  dement- 
sprechend unzählige  Methoden  angeben,  doch  hat  man  zum  Un- 
terrichte nur  wichtigere  Fälle  ausgewählt.  Man  beginnt  mit  der 
leichteren  Methode  und  geht  zur  schwierigen  über,  und  danach 
hat  man  bei  Tenshin  Sliinyö-rylt  z.  B.  sechs  Hauptabteilungen, 
welche  ihrerseits  aus  zahlreichen  Griffen  bestehen.  Diese  sechs 
Arten  sind  : 

1.  Tehodoki{^^^  F  ^  )  d.  h.  Anfangsgründe  des  Kata. 

2.  SJiodan  (^15:).  Kata  der  unteren  Klasse. 

3.  CJüidan  (4« Ix).  Kata  der  mittleren  Klasse. 

4.  Sliiai-7ira  (ffc^^),  rückseitiger  Angriff. 

5.  Nagesiite  (^1^^),  Wegschleudern. 

6.  Jödan  (±|^),  Kata  der  oberen  Klasse. 

In  anderen  Schu'en  unterscheidet  man  Idori  (^H)  und 
Tachidori  [^M),  je  nachdem  die  Übung  im  Sitzen  oder  im  Stehen 
geschieht.      Andere     unterscheiden     wieder    Urakata  i^j^)    und 


28o  K.    MIURA,    ÜBER   JUJUTSU. 

Omotekata  (^^),  d.  h.  Kata  der  zug-ekehrten  und  der  abgekehrten 
Seite,  je  nach  der  Form  der  Griffe. 

Ich  beschränke  mich  liier  auf  die  Grundzüge  und  allgemeine 
Beschreibung  des  Kata  und  gehe  nicht  auf  die  einzelnen  Griffe 
ein,  da  dieselben  nicht  durch  Beschreibuno^en,  sondern  nur  durch 
Sehen  oder  noch  besser  durch  eigene  Übungen  verstanden  werden 
können. 

Hier  ist  noch  eine  Modification  von  Kata  kurz  zu  erwähnen, 
welche  in  der  letzten  Zeit  von  Director  Inoue  unter  dem  Namen 
Goshinjntsii  (|^^fil5),  "  Körperschützkunst,"  in  die  Praxis  ein- 
geführt worden  ist.  Diese  Methode  bezweckt  ähnlich  dem  Kata 
Übungen  im  Angriff  und  in  der  Verteidigung,  ist  jedoch  bedeutend 
vereinfacht  und  zum  gleichzeitigen  Unterricht  vieler  Personen, 
sowie  zur  Übung  in  gewöhnlicher  Kleidung  (auch  in  europäischer) 
eingerichtet.  Da  ich  mich  hierin  eingeübt  habe,  kann  icli  aus 
eigener  Erfahrung  die  Erlernung  dieser  Methode  einem  jeden 
empfehlen,  der  nicht  nur  seinen  Körper  kräftigen  will,  sondern 
auch  Mut  und  Geistesgegenwart  durch  geeignete  Pflege  aus- 
zubilden wünscht. 


III.    Alemi  oder  Sappö  (##p^^x?i)- 

Wenn  man  gleichzeitig  von  vielen  Feinden  angegriffen  wird, 
so  würde  man  kaum  im  Stande  sein,  dieselben  alle  umzuwerfen, 
und  man  würde  schliesslich  durch  die  Überzahl  besiegt  werden. 
In  solchem  Falle  ist  es  absolut  notwendig,  die  Feinde  durch  Schlag 
oder  Stoss  auf  wichtige  Körperteile  in  Ohnmacht  zu  versetzen 
oder  eventuell  sie  zu  tödten.  Dazu  dient  Atemi  oder  Sappö,  d.  h. 
die  Methode  des  Tödtens  durch  Schlag  oder  Stoss.  Hierüber  und 
über  Kwatsu  wurde  schon  im  i6.  Jahre  Meiji  (1883)  von  Herrn 
Prof.  Dr.  Osawa  .«^enior  in  der  Zeitschrift  Gakiigci  Shirin  (»^^ 
'MV^)  jßd.  15,  S.  371  genauer  berichtet,  und  ich  folge,  was  Atemi 
betrifft,  teilweise  dieser  Arbeit. 

Atemi  wird  ausgeführt  durch  Schlag  oder  Stoss  mittelst 
der  Faust,  des  Ellbogens,  des  Knies  und  des  Fusses,  oder 
mittelst  der  Ulnarseite  der  Hand  u.  dgl.,  und  zwar  an  folgenden 
Stellen  des  Körpers.  Am  Kopfe  entspricht  Tcntö  (^M)  der 
Stelle,  wo  die   Coronal-   und   Sagittalnath   zusammentreffen.      Udo 


K.   MIURA,    ÜBER   JUJUTSU.  28 1 

(.'^  ^)  entspricht  der  Nath  zwischen  Stirnbein  und  Nasenbein. 
Kasnmi  f^)  entspricht  der  Schläfe,  und  AV;z^/^?7  (A^')  der  Stelle 
unterhalb  der  Nase  zwischen  dieser  und  dem  Munde. — Ein  Schlag 
auf  die  genannten  Stellen  ruft  Commotio  cerebri  und  starken 
Schmerz  hervor. 

Gegen  die  Brust  gerichtet  sind  Karishita  (J^T) :  Umgebung 
der  Mammae;  S/iö/iö  (»pij):  unteres  Ende  des  Corpus  sterni. 
und  Snigetsn  CtK^)-  unteres  Ende  des  Processus  xyphoideus 
sterni  (wird  als  besonders  wirksame  Stelle  angesehen).  Die  Mitte 
des  Sternums  wird  noch  als  DancJni  (®4*)  unterschieden. 

Die  Erschütterung  des  Brustkorbes  wirkt  nach  den  Experi- 
menten von  Meola,  Riedinger  und  Reineboth  dadurch  gefährlich, 
dass  die  Gefässe  der  Lunge  erweitert  und  die  Blutzufuhr  zum 
linken  Ventrikel  des  Herzens  beschränkt  werden,  sodass  ein 
Sinken  des  allgemeinen  Blutdrucks  zu  Stande  kommt.  In  anderen 
Fällen  wirkt  der  Stoss  direkt  aufs  Herz,  Zwerchfell  oder  die 
Leber  und  wird  dadurch  schädlich. 

Auf  dem  Rücken  stösst  man  auf  den  6.  oder  7.  Brustwirbel  ; 
die  Stelle  wird  Denkö  Mitsuatari  ( ^ 7t H  i^  "^  V  )  genannt.  Wahr- 
scheinlich wirkt  hier  ein  Stoss  ähnlich  wie  ein  Stoss  auf  die  schon 
genannten  Stellen  der  Brust,  oder  durch  Erschütterung  des 
Rückenmarks  und  Sistiren  der  Athmung. 

Am  Bauchteil  unterscheidet  man  die  Stelle  unterhalb  des 
Rippenbogens  rechts  als  Lnazuma  (;^^),  dieselbe  Stelle  links  als 
Tsitkikage  (.^f^),  dann  eine  Stelle  unterhalb  des  Nabels  als 
Myöjö  (a/]M)-  Stoss  auf  diese  Teile  wirkt  entweder  ähnlich  dem 
Goltz'schen  Klopfversuch  durch  Erweiterung  der  Gefässe  in  den 
Baucheingeweiden,  oder  durch  Vermittlung  von  Leber  und  Milz 
aufs  Zwerchfell. 

Sehr  wichtig  sind  noch,  Tsitrigane  (^^J^)  oder  die  Hoden, 
welche  durch  Stoss  oder  Schlag  mittelst  des  Fusses,  Knies  oder 
der  Faust  luxiert  oder  gequetscht  werden.  Wir  wissen  aus  der 
Chirurgie,  dass  sowohl  die  Luxatio  als  auch  die  Contusio  testis 
Ohnmacht,  Erbrechen,  Athem.not  etc.  hervorrufen,  ohne  dass  man 
nach  dem  Tode  bedeutende  Veränderungen  finden  kann.  Daher 
werden  die  Hoden  bei  der  Übung  von  Kata  mit  den  Händen  ge- 
schützt. 

Ausser  den  genannten  Stellen,   welche  beim  Hervorrufen  von 


282  K.    MIURA,    ÜBER   JUJUTSU. 

Ohnmacht  durch  Schlag  oder  Stoss  in  Betracht  kommen,  gleht  es 
noch  solche,  welche  wegen  ihrer  Schmerzhaftigkeit  bei  Druck 
zum  Festhalten  des  Gegners  in  Anwendung  gebracht  werden. 
Diese  sind  :  Dokko  (i^§[^),  unterhalb  des  Ohres  zwischen  dem 
Unterkieferast  und  dem  Proc.  mastoideus,  wegen  ihres  Nerven- 
reichtums bei  Druck  schmerzhaft  ;  Shahitaku  (/^^),  an  der 
Streckseite  des  Vorderarms,  wirkt  durch  Druck  auf  den  Nervus 
radialis;  und  Kusajinbiki  (^^),  am  Musculus  gastrocnemius, 
wirkt  durch  Druck  auf  den  Nervus  tibialis. — Endlich  noch  Hichü 
(?i54')'  zwischen  den  Ansätzen  der  Musculi  sternocleidomastoidel 
am  Sternum,  entsprechend  der  Trachea  ;  Matsitkaze  (fö^),  rechts, 
und  Murasame  (#]^)  links  oberhalb  des  Musculus  omohyoideus. 
Dieselben  kommen  hauptsächlich  bei  der  Strangulation  in  Betracht. 


IV.    Kwalsu  oder  Kwappo  (rSr*). 

Dies  ist  die  Methode,  einen  Ohnmächtigen  wieder  zu  beleben. 
Es  ist  nichts  anderes  als  eine  Art  künstlicher  Respiration,  nur  mit 
dem  Unterschiede,  dass  man  bei  Kwatsu  nicht  wie  bei  der  gewöhn- 
lichen künstlichen  Respiration  gewisse  Manipulationen  in  regel- 
mässiger Reihenfolge  wiedei^iolt,  sondern  dass  man  sich  meist 
mit  einem  einfachen  Stoss,  Schlag  oder  Druck  begnügt,  oder  höch- 
stens die  Manipulationen  nur  einige  Male  wiederholt.  Hierbei 
wirkt  man  auf  die  Brustorgane  entweder  von  vorn  oder  von  hinten 
durch  Druck  oder  Stoss,  manchmal  auch  vom  Unterleibe  her  auf 
das  Zwerchfell.  War  der  Hoden  luxiert,  so  reponiert  man  ihn 
zuerst,  bevor  man  zur  künstlichen  Respiration  übergeht. 

Kwatsu  ist  nur  anwendbar  innerhalb  der  ersten  zwei  Stunden 
nach  Beginn  der  Ohnmacht.  Bei  Scheintod,  welcher  länger 
als  zwei  Stunden  gedauert  hat,  ist  wenig  Hoffnung  auf  Wieder- 
belebung. Um  Scheintod  von  wirklichem  Tode  zu  unter- 
scheiden, hat  man  verschiedene  Methoden  angegeben.  So  ist 
ein  Ohnmächtiger,  dessen  Augäpfel  nach  der  einen  oder  andern 
Seite  verdreht  sind,  oder  dessen  Pupillen  noch  erweitert  sind,  noch 
zu  retten.  Ferner  deutet  es  auf  das  Vorhandensein  des  Lebens, 
wenn  ein  Spiegel  bei  der  Annäherung  desselben  an  den  Mund 
oder  die   Nase   sich   trübt,   oder  wenn  die  Oberfläche  des  Wassers 


K.    MIURA,    ÜBER   JUJUTSU.  283 

sich    bewegt,    welches    in    ein   Tellerchen    gegossen    und    auf    die 
Herzgegend  des  Betreffenden  gestellt  wird  u.  dgl. 

Folgende  Darstellung  ist  eine  directe  Übersetzung  von  dem, 
was  Herr  Prof.  Dr.  K.  Osawa  im  Gakugeishirin  nach  den  Angaben 
des  Directors  Inoue  Keitarö  beschrieben  hat,  worunter  auch  einige 
Wiederbelebungsmethoden,  die  speciell  für  das  Jüjutsu  nicht  in 
Betracht  kommen. 

1.  Sasoi  kwappö  (|f  ig^)  oder  die  (die  Athmung)  hevorlockende 
Methode.  Man  setzt  den  Scheintodten  aufrecht,  legt  die  linke  Hand 
auf  die  Brust  und  drückt  mit  dem  rechten  Handteller  die  Gegend 
des  4. —  5.  Brustwirbels,  sodass  eine  Expiration  hervorgerufen 
wird.  Oder  man  setzt  das  rechte  Knie  auf  die  genannten  Wirbel 
und  legt  den  Kopf  des  Betreffenden  auf  die  eigene  Brust,  legt  die 
beiden  Hände  auf  die  musculi  pectorales  und  drückt  von  vorn  und 
hinten  gleichzeitig  auf  den  Thorax. 

2.  Eri-kwappij  (^^igfi  ;  £^rz'=Hals  oder  Nacken). 

Man  setzt  sich  auf  die  rechte  Seite  des  Ohnmächtigen,  legt 
den  linken  Arm  von  hinten  her  um  den  Hals,  setzt  ihn  aufrecht, 
legt  die  Finger  der  rechten  Hand  etwa  3  Zoll  unterhalb  des  Nabels 
direct,  so  dass  die  vier  Finger  und  der  Daumen  die  Form  eines  V 
bilden.  Nachdem  dies  geschehen  ist,  drückt  man  die  rechte  Hand 
nach  oben,  wälirend  man  mit  dem  linken  Arm  gleichzeitig  Schul- 
ter und  Nacken  nach  unten  drückt,  sodass  eine  Expiration  bewirkt 
wird.  Auch  ein  kräftiger  Schlag  auf  den  zweiten  Lendenwirbel 
soll  in  dieser  Beziehung  wirksam  sein. 

3.  Innökzvappö  (F^fti^^  ;  Intiö  =  Hoden)  wird  angewendet, 
wenn  eine  Luxation  des  Hodens  in  den  Leistencanal  stattgefunden 
hat.  Man  lässt  die  Beine  strecken  und  untersucht,  ob  der  Hoden- 
sack leer  ist  oder  nicht.  Ist  er  leer,  dann  legt  man  die  beiden 
Arme  unter  die  Achselhöhle  des  Betreffenden,  hebt  ihn  in  die 
Höhe  und  lässt  ihn  14—15  Mal  sanft  auf  den  Boden  fallen,  darauf 
stösst  man  mit  den  Fussspitzen  die  Gegend  des  Kreuzwirbels 
ebenso  oft.  Hierauf  legt  man  ihn  auf  den  Rücken,  steht  reitend 
darüber,  kniet  mit  dem  rechten  Bein,  legt  die  Hände  an  den 
Nacken,  kreuzt  die  Finger,  setzt  ihn  aufrecht,  legt  die  PZlIenbogen 
in  der  Gegend  des  Proc.  xyphoideus  zusammen,  und  indem  man 
hier  drückt,  zieht  man  die  Hände  am  Nacken  nach  vorn,  sodass 
dadurch  eine  Expiration  hervorgerufen  wird. 


284  K-   MIURA,    ÜBER  JUJUTSU. 

4.  Sö-kivappö  {^\^W).  d.  h.  allgemein  anwendbare  Pele- 
bungsmethode.  Man  legt  den  Schcintodten  auf  den  Rücken,  legt 
die  beiden  Hände  drei  Zoll  unterhalb  des  Nabels  und  drückt  nach 
der  Brust  zu.  Eine  Modification  hiervon  besteht  darin,  dass  man 
die  Hände  in  die  beiden  fossae  iliaceae  legt  und  nach  der  Brusthöhle 
zu  drückt.     Auch  hierdurch  wird  eine  Expiration  hervorgerufen. 

5.  Dekishi-kwappö  (jü^igi'ä),  d.  h.  Belebungsmethode  für 
Ertrunkene.  Ist  es  eine  männliche  Person,  so  legt  man  sie  auf 
den  Bauch,  ist  es  eine  weibliche,  auf  den  Rücken.  Man  schiebt 
dann  ein  weiches  Kissen  unterhalb  der  Lendengegend  resp.  unter- 
halb des  Nabels,  knetet  und  streicht  von  unten  nach  oben  und 
übt  Sö-kwappö,  wie  es  eben  beschrieben  wurde.  Bevor  man  jedoch 
dazu  schreitet,  stopft  man  alle  Körperöffnungen  mit  Ausnahme  des 
Mundes,  um  das  Ausflicssen  von  Excrementen  und  Schleim  zu 
verhüten.  Man  thut  gut,  wenn  man  dabei  auch  die  Brust  und  den 
Leib  erwärmt. 

6.  EssJii-kivappö  (^^iSf^).  d.  h.  Belebungsmethode  für  Er- 
hängte. Der  eine  hält  den  Erhängten  an  der  Brust  oder  dem  Bauch 
mit  den  Armen,  indem  ein  anderer  den  Strick  löst.  Sobald  dieser 
lose  geworden  ist,  drückt  der  erstere  Brust  resp.  Bauch  des  Ya- 
hängten  stärker  und  nimmt  ihn  herunter.  Man  legt  ihn  auf  den 
Rücken,  stopft  alle  Körperöffnungen  und  verfährt  nach  Sö-kwappö. 

7.  Darakii-kzvappö  (iSi^iS^i)-  Belebungsmethode  für  Herun- 
tergefallene. Man  bringt  den  Körper  des  Betreffenden  in  eine 
hockende  Stellung,  indem  man  um  den  Nacken  und  die  Kniekehle 
eine  Binde  legt,  darauf  wird  Eri-kwappö  ausgeführt,  nachdem  man 
alle  Körperöffnungen  verstopft  hat. 

Bei  Hunger-  und  Erfrierungstod,  sowie  in  allen  anderen 
Fällen  wird  Sö-kwappö  in  Anwendung  gebracht. 


\ 


STIM.MUNGSBILDER  AUS  MAMLA. 


VON 


MAJOR  FALKNER  VON  SONNENBURG. 

(Yortiag,  gehalten  in  der  Sitzung  am  30.  November  1S98.) 


Ich  habe,  meine  Herren,  vor  allem  andern  um  Entschuldigung 
zu  bitten,  dass  ich  es  unternehme,  in  einer  gelehrten  Körperschaft 
für  eine  halbe  .Stunde  das  Wort  zu  nehmen.  Das  schwere  Rüstzeug 
der  Wissenschaft  ist  nicht  meine  Waffe  ;  ich  bin  von  der  leichten 
Infanterie,  und  so  muss  es  denn  mein  Erstes  sein,  für  mich  selbst 
bei  Ihnen  auf  mildernde  Umstände  zu  plädiren. 

Schon  in  der  Taufe  meines  Vortrages  beginnt  die  Unbeschei- 
denheit  und  Unzulänglichkeit.  Ich  versprach  :  Stimmungsbilder 
aus  Manila  vorzuführen.  Ja,  meine  Herren — Bilder  erfordern  einen 
Künstler,  und  der  bin  ich  bei  Gott  nicht ;  also  nehmen  Sie  mit  den 
schlechten  Skizzen  vorlieb,  die  ich  Ihnen  in  einfacher  Plauderei 
heute  unterbreite. 

Die  traurige  Seeschlacht  bei  Cavite  war  geschlagen ;  im 
gefechtsmässigen  Scheiben-Schiessen  nach  unbeweglichen  Zielen 
war  eine  ganze  schöne  Flotte  vernichtet,  Hunderte  von  braven 
Seeleuten  hatten  den  Tod  in  den  Wellen  gefunden.  Die  Masten 
und  Schornsteine  ilirer  zerstörten  Schiffe  ragen  da  und  dort  noch 
aus  den  Wassern  der  weiten  Manila-Bai  hervor  ;  hart  neben  ihnen 
aber  ankern  die  Panzer  und  Kreuzer  des  Siegers  auf  dem  nassen 
Schlachtfelde. 

Von  allen  Seiten  eilten  die  Schiffe  der  Neutralen  auf  den 
Schauplatz  der  Ereignisse,  und  bald  war  auf  der  sonst  so  stillen 
Rhede  der  spanischen  Stadt  ein  mächtiges  Geschwader  aller 
Nationen  versammelt.  Fünf  deutsche  Schiffe,  zwei  französische, 
zwei  englische  und   ein  japanisches  lagen  auf  etwa  3  Seemeilen  vor 


286        F.  VON  SONNENBURG,  STIMMUNGSIilLDER  AUS  MANILA. 

der  Münduii"'  des  Pasip-,  des  Flusses,  der  Manila  durchströmt,  vor 
Anker. — An  einem  glühendheissen  tropischen  Junimorgen  sah 
ich  von  der  Commandobrücke  S.  M.  S.  Prinzess  Wilhehn  aus  zum 
ersten  Male  die  Stadt  vor  mir  ausgebreitet — Kirchen,  nichts  als 
Kirchen,  Palmen  und  Bananen,  das  war  der  erste  Eindruck  ! 
Welch  ein  Unterschied  gegenüber  den  gewaltigen  Handelsstädten 
des  Ostens,  gegenüber  Shanghai  und  Hongkong,  mit  ihren  glän- 
zenden, belebten  Strassen,  mit  ihren  Docks  und  Werften,  ihrem 
Handel  und  Wandel,  mit  ihren  Hunderten  von  Schiffen  aller 
Nationen,  die  im  Austausch  der  Güter  von  Nord  und  Süd,  von  Ost 
und  West  dort  versammelt  liegen  !  Und  hier — beschauliche,  fast 
klösterliche  Ruhe  allenthalben  !  Ein  halbvollendeter  Molenban, 
an  dem  schon  seit  einem  halben  Menschenalter  gearbeitet  wird, 
ragt  von  der  Pasigmündung  melancholisch  in  die  Bai  hinein,  um 
auf  der  taifun-gesegneten  Rhede  wenigstens  einen  einigermassen 
sicheren  Ankerplatz  zu  schaffen  ;  am  Leuchthurm  geht  es  dann, 
den  tiefen  Pasig-Fluss  hinauf,  in  die  Stadt  hinein.  Zur  Rechten 
liegt  die  eigentliche,  die  alte  Spanierstadt  Intramuros,  in  der  ein- 
stens, vor  über  300  Jahren,  eine  zahlreiche  blühende  japanische 
Kolonie  gelebt  hat,  bis  endlich  kirchliche  und  politische  Unduld- 
samkeit auch  den  letzten  aus  dem  Lande  vertrieben  hatte.  Halb- 
verfallene Festungswerke,  altersgeschwärzte  Mauern  umschliessen 
diesen  ältesten  Theil  der  Stadt,  dessen  Gebäulichkeiten  mindestens 
zu  einem  Drittel  aus  Kirchen  und  Klostergut,  zu  einem  weiteren 
Drittel  aus  Regierungsgebäuden  und  Kasernen,  und  nur  mit  dem 
letzten  Drittel  aus  Privat-  und  Geschäftshäusern  bestehen. — Betritt 
man  durch  die  dunklen  Festungsthore  die  wenig  reinlichen  Stras- 
sen dieser  düsteren,  altspanischen  Niederlassung,  so  umweht  es 
den  Beschauer  wie  mit  mittelalterlichem  Geiste  !  Man  sieht  die 
gewaltigen  Gestalten  jener  spanischen  Eroberer  wieder  vor  sich 
aufsteigen,  die  im  Geiste  eines  Pizzaro  und  Cortez  die  Segnungen 
des  Christenthumes  mit  blutigem  Schwerte  verbreiteten,  und  deren 
Gefolge  aus  Mönchen  und  Rittern  zu  gleichen  Theilen  gebildet  zu 
sein  pflegte.  Aber  niit  unerbittlicher  Logik  folgt  solchen  Rück- 
blicken in  die  Vergangenheit  die  Feststellung  der  traurigen  That- 
sachen  der  Gegenwart.  Manila,  die  schöne,  die  mächtige  Kolonie 
vergangener  Tage,  ist  heute  eine  hart  bedrängte  belagerte  Stadt. 
Kaum    3     Kilometer     von     ihrem     Mittelpunkte     entfernt     lagert 


F.  VON'  SONXENBURG,  STIMMUNGSBILDER  AUS  MANILA.        28/ 

rings  herum  in  geschlossenem  Ringe  das  Tagalenvolk  und  bedroht 
mit  den  Waffen  in  der  Hand  seine  bisherigen  Herren  auf  das  Äus- 
*  serste.  Draussen  auf  der  See  aber  ist  die  Blokade  erklärt,  und  die 
spanische  Flotte  liegt  zerstört  auf  dem  Boden  des  Meeres.  Wahr- 
lich, es  ist  eine  harte,  grausame  Sprache,  mit  der  die  Geschichte 
ihre  Lehren  zu  ertheilen  pflegt  ! — Leben,  froh  pulsirendes,  frisches 
Leben,  finden  wir  in  Manila  nur  drüben  in  der  fremden  Stadt,  in 
Binondo,  auf  dem  andern  Ufer  des  Pasig,  dem  alten  Intramuros 
gegenüber.  Dort  sind  die  Geschäfte  der  Kaufleute  aller  Nationen  ; 
Engländer,  Deutsche,  Amerikaner,  Franzosen,  Schweizer  haben 
sich  dort  niedergelassen,  und  man  hat  mir  gesagt,  dass  die 
deutschen  Literessen  mit  etwa  j\,  die  englischen  mit  y<V.  die  fran- 
zösischen mit  yV,  und  die  übrigen  fremden  mit  dem  letzten  Zehntel 
im  Handel  und  Wandel  von  Binondo  vertreten  seien.  Fast  hat  es 
den  Anschein,  als  ob  die  traurige  Lage  der  Stadt  nur  geringen 
Einfluss  auf  das  Leben  und  Treiben  der  Bewohner  ausgeübt  habe. 
Die  Kaffee-  und  Bierhäuser  sind  überfüllt,  die  weitaus  grösste  Zahl 
der  Geschäfte  ist  geöffnet,  die  Pferdebahnen  sind  im  regsten  Be- 
triebe, und  eine  zahlreiche  Bevölkung  fluthet  auf  der  Escolta — der 
Hauptstrasse  von  Binondo — fröhlich  auf  und  nieder.  Nur  die 
überaus  grosse  Zahl  von  Uniformen  erinnert  dort  an  die  kriegeri- 
schen Zeiten.  An  allen  Strassenecken  stehen  Posten  der  .spani- 
schen Freiwilligen,  in  öffentlichen  Gebäuden  starke  Wachen  der- 
selben. Die  Voluntarios,  in  ihren  tadellos  sitzenden,  kleidsamen, 
oft  elegant  und  kokett  ausgestatteten  Uniformen,  haben  sich  die 
Ausübung  des  Wachtdienstes  in  der  Stadt  vorbehalten,  und  ihre 
Mitwirkung  draussen  in  den  Laufgräben  vor  der  Stadt,  in  den 
täglichen  aufreibenden  Kämpfen  dort  abgelehnt !  Die  Last  und 
Ehre  dieses  Dienstes  haben  sie  den  Regulären  überlassen.  Bei 
diesen  draussen  sieht  es  nun  freilich  etwas  anders  aus  als  in  der 
vornehmen  Escolta  und  den  mit  Voluntarios  überfüllten  Kaffee- 
und  Bierhäusern.  Geht  man  von  Binondo  nach  der  Peripherie  der 
Stadt,  so  ändert  sich  die  Physiognomie  bald  gar  wesentlich. 
Immer  öder  und  einsamer  werden  die  Strassen  ;  ausser  einzelnen 
indifferenten  Tagalen  sieht  man  auf  ihnen  nur  müde  und  abgerissen 
aussehende  Soldaten  in  kleinen  Abteilungen  sich  bewegen — 
einzelne  Reiter,  Ablösungscommandos  und  Patrouillen,  die  von 
dem  Schauplatz   der   Kämpfe   zurückkehren   oder  nach    ihren   Posi- 


288        F.  VON  SONNENBURG,  STIMMUXGSBILDE[>1  AUS  MANILA. 

tionen  marschieren.  Die  Sicherheit  ist  keine  unbedigte  mehr  ;  hin 
und  wieder  zischt  schon  ein  Geschoss  über  die  Köpfe,  oder  durch- 
schlägt die  elenden  Rohrwände  der  indischen  Häuser. — Wir  nähern 
uns  den  Trincheas,  den  Laufgräben,  die  in  einer  Ausdehnung  von 
fast  20  Kilometern  um  die  .Stadt  herum  angelegt  sind,  und  in  denen 
sich  die  armen  spanischen  Soldaten  Tag  und  Nacht  seit  Monaten 
mit  den  aufständischen  Tagalen,  den  Insurrectos,  herumschlagen. 
In  dem  sumpfigen  Gelände  rings  um  Manila  ziehen  sich  diese 
schlecht  ausgeführten  Vertheidigungslinien  in  einem  grossen  Halb- 
kreis um  die  Stadt,  mit  ihren  beiden  Flügeln  an  das  Meer  an- 
gelehnt. Nur  einige  wenige  Stützpunkte,  wie  das  Polverin  bei 
Malate,  sind  mit  ein  paar  Geschützen  ausgerüstet ;  sonst  liegt  die 
ganze  Last  des  Kampfes  auf  der  Infanterie.  Aber  nicht  nur  des 
Kampfes,  sondern  auch  einer  wirklich  traurigen  Existenz  ! 

In  den  durch  tropische  Regengüsse  und  Grundwasser  gleich- 
massig  versumpften  Laufgräben  monatelang  im  feindlichen  Feuer 
leben  zu  müssen,  ohne  durch  einen  sorgfältig  geregelten  Ablösungs- 
und Bereitschaftsdienst  sich  zeitweise  körperlich  und  geistig  er- 
frischen und  erheben  zu  können,  ist  eine  harte  Anforderung.  Die 
spanischen  Soldaten  und  deren  Frontofficiere  haben  mit  musterhafter 
Geduld  und  Ausdauer  diese  schwere  Probe  bestanden  und  auch  in 
den  täglichen  Kämpfen  vollauf  ihre  soldatische  Pflicht  und  Schuldig- 
keit gethan.  Freilich — die  Lazarethe  füllten  sich  dabei  täglich 
mehr  ! — Wenn  durch  Verwundungen  im  Durchschnitt  täglich  nur 
gegen  7  Mann  in  diesen  in  Zugang  kamen,  so  betrugen  die  Erkran- 
kungen an  Fieber,  Dysenterie  und  allgemeiner  Erschöpfung  doch 
sicher  mehr  als  das  Doppelte.  Genaue  Zahlen  waren  hierfür  nicht 
zu  erhalten.  Der  Lazarethdienst  war  gut  gehandhabt ;  durch  den 
Umstand,  dass  Manila  Universität  ist,  stand  ein  reiches  Personal 
von  Ärzten  und  jungen  Medizinern  zur  Verfügung,  und  waren  alle 
Einrichtungen  den  modernen  wissenschaftlichen  Errungenschaften 
entsprechend.  In  solcher  Weise  äusserten  sich  wenigstens  die 
Sachverständigen  anderer  Nationen,  denen  die  Lazarethe  mit 
grösster  Liberalität  zugänglich  gemacht  v.-urden.  Anerbietungen 
dagegen,  die  von  verschiedenen  commandirenden  Offiziere  der 
neutralen  Schiffe  für  Abstellung  von  Ärzten  an  die  Lazarethe 
gemacht  waren,  wurden  von  den  spanischen  Behörden  mit  Dank 
abgelehnt. — Auffallend   waren   für    die   medizinischen   Sachverstän- 


F.  VON  SONNENBURG,  STIMMUNGSBILDER  AUS  MANILA.        289 

digen  die  günstigen  Schusswirkungen,  im  humanen  Sinne  gespro- 
chen, des  kleinkalibrigen  spanischen  Mausergewehres,  einer  ganz 
hervorragenden  Waffe,  die  sicli  in  grossen  Mengen  in  den  Händen 
der  Aufständischen  befand.  Da  die  beiderseitigen  Linien,  jene  der 
Insurrectos  und  die  der  Spanier,  im  Durchschnitt  500 — 700  Meter 
von  einander  entfernt  lagen,  waren  die  gefürchteten  Explosions- 
wirkungen auf  bluterfüllte  Gefässe,  Organe  und  Markknochen 
nirgends  aufgetreten,  und  Ein-  und  Austrittsöffnung  ohne  Compli- 
kation.  Die  Knochen  waren  zumeist  glatt  durchgeschlagen,  so- 
dass die  Krankengeschichten  oft  überraschend  kurze  Behandlungs- 
zeit für  recht  schwere  Schussverletzungen  ergaben.  Das  neue 
englische  Dum-Dum-Geschoss  hat  ja  inzwischen  diesem  humanen 
Rückfall  und  Übelstand  ein  gründliches  Ende  bereitet! — Sehr 
zahlreich  und  schwer  waren  die  Verletzungen  mit  der  tagalischen 
blanken  Waffe,  dem  Volo,  einem  kurzen,  sehr  schweren,  schwert- 
artigen Messer.  Geräuschlos  wie  die  Schlangen  streiften  die 
Indier  durch  die  mit  tropischer  Vegetation  bedeckten  Räume  vor 
den  spanischen  Stellungen,  und  wehe  der  armen  Schildwache,  die 
vielleicht  von  der  fernen  Heimath  träumend  für  Aueenblicke  in 
ihrer  Aufmerksamkeit  erlahmt  war  !  Ein  mit  tödlicher  Sicherheit 
und  Kraft  geführter  Streich — und  die  nächste  Ablösung  des  Vor- 
postens fand  ihren  Kameraden  bewusstlos  im  Blute  liegend  ! — 
Gänzlich  unbewegt  von  allen  Ereignissen,  von  den  Gräueln  des 
Krieges  draussen  in  den  Laufgräben,  von  der  gesprächigen,  A\ort- 
reichen  und  lauten  Tapferkeit  der  Voluntarios  drinnen  und  den 
schweren  geschäftlichen  Sorgen  der  Chefs  der  grossen  fremden 
Firmen  in  Binondo,  blieben  nur  die  Chinesen.  Sie  arbeiteten  Tag 
und  Nacht,  wie  stets — der  Himmel  mag  wissen,  für  wen  ?  aber 
— sie  arbeiteten,  die  einzigen  wohl  von  den  200,000  Einwohnern 
Manilas!  Der  leidenschaftliche  Hass  der  Indier  und  Mestizen 
gegen  ihre  spanischen  Herren,  der  hoffnungslose  Verzweiflungs- 
kampf dieser  zu  Land  und  zur  See  gegen  eine  überwältigende 
Übermacht,  die  Nachrichten,  die  von  Europa  und  Amerika  über 
den  Stand  der  Dinge  spärlich  genug  eintrafen — das  Kabel  nach 
Hongkong  war  ja  durchschnitten  worden — alles  dies  Hess  die 
geschäftigen  30 — 40000  Zopfträger  Manilas  scheinbar  gänzlich  un- 
bewegt. Aber  wer  vermöchte  die  Volksseele  dieses  räthselhaften 
Volkes  zu  ergründen   und    deren  letzte   Gedanken   zu    errathen  ? — 


290        F.  ^■0^■  SONNENBURG,  STIAKMUNGSllILDER  AUS  MAMl.A. 

Noch  eine  Gemeinschaft  war  in  Manila,  wo  in  kühler,  überlegener 
Ruhe,  mit  dem  durchgeistigten,  bewussten  Muthe  des  Gelehrten, 
die  Ereignisse  betrachtet  wurden.  Es  war  die  Hochstütte  physi- 
kalisch-meteorologischer Wissenschaft  in  diesem  Theile  des  P2rd- 
balles,  das  Observatorium  der  Jesuiten.  Draussen  in  Paco,  dem 
Schauplatz  der  Kämpfe  bei  Malate  recht  fühlbar  nahe,  liegt  diese, 
mit  den  schärfsten  wissenschaftlichen  Waffen  glänzend  aus- 
gestattete Hochburg  der  menschlichen  Forschung.  Magnetische, 
seismographische,  photographische,  astronomische  und  meteoro- 
logische Instrumente  sind  dort  in  verblüffender  Zahl,  Kostbarkeit 
und  Güte  in  schönen,  grossen,  luftigen  Gebäuden  aufgestellt,  und 
der  Einbau  eines  gewaltigen  Refraktors  in  das  eben  neuerrichtete, 
hochragende  Kuppelgewölbe  einer  neuen  Sternwarte  nahm  ruhig 
seinen  Fortgang.  Auf  der  obersten,  halbvollendeten  Gallerie  der 
eisernen  Drehkuppel  stehend,  von  der  aus  die  Stadt  und  die  feind- 
lichen Stellungen  gleich  gut  zu  überblicken  waren,  wird  mir  das 
milde  Lächeln  meines  Führers,  des  Vorstandes  der  wissenschaft- 
lichen Arbeiten  des  Observatorio,  für  alle  Zeiten  unvergesslich 
bleiben,  als  einige  vorbeizischende  Geschosse — brutal  nahe — den 
wissenschaftlichen  Frieden  des  Ortes  zu  stören  suchten.  Der  Herr 
Pater  deutete  ruhig  auf  mannigfache  andere  Kugelspuren  und 
bedauerte  die  Unterbrechung  des  Kabels  und  damit  der  Verbindung 
mit  der  Welt  offenbar  nur  deshalb,  weil  hierdurch  der  Austausch 
und  die  wissenschaftliche  Verarbeitung  der  Ablesungen  von  den 
selbstregistrirenden  Instrumenten  der  verschiedenen  Wetterwarten 
aufgehoben  wurde,  und  hierdurch  die  Taifunwarnungen  seines  Insti- 
tuts an  die  Admirale  an  wissenschaftlichem  Werthe  verlieren  muss- 
ten  !  Und  während  oben  in  den  Instrumenten-Sälen  die  eisig-kühle 
Atmosphäre  des  Denkens  herrschte,  war  im  Stockw^erk  darunter  das 
menschliche  Herz,  und  wohl  auch  tiefster  Forschung  in  diesem,  zu 
seinem  Rechte  gekommen.  Die  weiten,  arkaden-umsäumten  Höfe 
des  Jesuitencollegiums  waren  mit  2000  Vertretern  tiefsten  mensch- 
lichen Elends  angefüllt.  Obdachlose  Tagalen-  und  Mestizenfami- 
lien kampirten  dort  unten  seit  Wochen — die  milde  Fland  der 
Patres  hatte  ihnen  ein  Asyl  gegeben  und  versorgte  sie  mit  allem, 
was  zu  des  Lebens  Nothdurft  gehörte. — Auch  diese  Stätte  durch- 
wanderte ich  mit  meinem  wissenschaftlichen  Führer.  Von  allen 
Seiten  stürzte   sich  die  elende  Menschheit  auf  den  stolzen   Mann, 


F.  VON  SONNENBURG,  STINLMU.\GSBILDER  AUS  MANILA.        291 

um  ihm  die  Hand  oder  den  Saum  seines  Talars  zu  küssen.  Ein 
milderes  Licht  sah  ich  dabei  nicht  aus  seinen  durchgeisti"-ten 
Forscheraugen  strahlen — er  las  hier  unten  die  Herzen  ab,  wie  dort 
oben  seine  Instrumente  !  So  hatte  sich  der  Orden  Jesu,  für  alle 
Fälle,  in  unübertrefflicher  Seelenkunde  eine  Leibgardevon  Elenden 
und  Unglücklichen  gescliaffen.  Die  Tagalen  mochten  stürmen 
und  sengen  und  brennen  in  ]^Ianila — das  Asyl  der  obdachlosen 
Frauen  und  Kinder  ihres  Stammes  konnte  solchen  Ereicrnissen  mit 
Ruhe  entgegensehen.  Wissen  ist  Macht,  in  der  That !  Während 
die  vier  übrigen  auf  den  Philippinen  herrschenden  Mönchsorden 
gehasst  werden  mit  der  ganzen  Kraft  einer  seit  drei  Jahrhunderten 
unterdrückten  Rasse,  werden  dem  Jesuitencollegium  von  allen 
Seiten  reichliche  Sympathien  entgegengebracht. 

Weniger  ruhig  als  hier  sah  man  den  Ereignissen  in  unserer 
deutschen  Kolonie  entgegen.  Die  deutsche  Konsularbehörde 
hatte  im  Einvernehmen  mit  dem  Admiral  von  Diederichs  muster- 
gültige Anordnungen  getroffen,  um  im  schh'mmsten  Falle  das 
Leben  ihrer  Landsleute  sicher  zu  stellen.  Es  waren  4  spanische 
Dampfer  der  Compagnia  Maritima  im  Einverständniss  mit  Ad- 
miral Dewey  gescliartert  worden,  die  den  Deutschen  und  ihren 
Familien  ein  relativ  sicheres  Asyl  gewährten.  Nothsignale  waren 
vereinbart  worden,  auf  welche  liin  armirte  Boote  den  Pasig  hinauf- 
fahren sollten,  um  die  Schutzbefohlenen  aufzunehmen  und  auf  die 
Asyldampfer  zu  bringen.  Diese  lagen  unter  den  Kanonen  der 
deutschen  Flotte,  führten  die  deutsche  Flagge  und  hatten  kleine 
Signal-  und  Matrosendetachements  der  Kriegsschiffe  als  Sauve- 
garde  an  Bord.  Damit  waren  sie  neutralisirt.  Einzelne  Familien 
haben  monatelaiig,  in  völliger  Sicherheit,  wenn  auch  mit  geringer 
Bequemlichkeit,  an  Bord  dieser  Schiffe  gelebt  ;  deren  Gitten  und 
Söhne  kamen  häufig  heraus  auf  die  Rhede,  um  die  Ihrigen  zu  sehen 
und  sie  mit  dem  Nötigsten  zu  versorgen.  Allenthalben  herrschte 
vortreffliche  Ordnung  und  Sicherheit  in  der  Fürsorge  für  unsere 
schmerzgeprüften  Landsleute.  Als  aber  allmählig  Admiral  Dewey 
seine  so  überaus  human  gehandhabte  Blokade  etwa  schärfer  durch- 
führte, als  die  Lebensmittel  immer  theurer — ein  Ei  etwa  30 
Pfennig— wurden  und  später  überhaupt  kaum  mehr  zu  bekommen 
waren,  als  ich  endlich  bei  Dr.  Krüger,  unserm  liebenswürdigen  und 
thatkräftigen    Konsular-Vertreter,    wehmütliig   die    letzte  Blokade- 


292        F.  VON  SONNENBURG,  hTIMMUNGSBILDEK  AUS  MANILA. 

gaiis  verzehrt  hatte — da  war  es  an  der  Zeit,  die  noch  tapfer  an 
Land  aushaltenden  Familien  auf  die  Gefaliren  aufmerksam  zu 
machen,  die  sie  laufen  könnten,  wenn  sie  ihre  Übersiedelung  auf 
die  Asyldampfer  im  Pralle  des  J^ombardements  oder  Sturmes  bis 
zum  letzten  Augenblicke  hinausschöben.  Eine  Versammlung  im 
deutschen  Klub  wurde  durch  den  Konsul  einberufen,  und  Vortrag 
über  die  überaus  kritische  Lage  bei  grober  See  oder  gar  Taifun, 
die  technischen  Schwierigkeiten  der  Ein-  und  Ausschiffung  in 
diesem  Falle,  und  Ähnliches,  an  die  Herren  erstattet.  Das  Er- 
gebniss  war,  dass  von  der  Mehrzahl  vernünftigerweise  beschlossen 
wurde,  diesen  Anregungen  Folge  zu  geben. — Herzerfrischend  für 
einen  alten  Soldaten  war  aber  bei  dieser  Gelegenheit  das  Verhalten 
der  jungen  Herren,  die  iu  den  verschiedenen  Firmen  angestellt 
waren.  Sie  Hessen  in  der  Versammlung  durch  einen  Vertreter 
erklären,  dass  sie  es  als  selbstverständlich  ansähen,  wenn  ihre 
Prinzipale  nach  den  Asyldampfern  gingen  ;  sie  aber  wollten  als 
gute  Soldaten  in  den  Geschäften  und  Magazinen  aushalten,  möge 
kommen  was  da  wolle  ;  sie  wollten  diese  gegen  plündernde  Solda- 
ten verteidigen,  so  gut  sie  könnten — das  sei  ihre  Pflicht  und  dabei 
solle  es  bleiben  ! — Ein  herzliches  "  Bravo"  möchte  ich  auch  heute 
noch  öffentlich  einem  solchen  Geiste  zurufen  ! 


DIE  LNSCHIUFT  DES  DExNKMALS  IM 
IvÜZA^-EN  BEI  YAMAGUClll. 


MITGETEILT   VON 

A.  GRAMATZKY. 


Vor  kurzem  hat  micli  das  Schicksal  nach  einem  der  in  his- 
torisch-politischer Beziehung  interessantesten  Teile  Japans  geführt, 
nach  Yamaguchi,  der  Hauptstadt  des  Yamaguchi-kens,  d.  h.  des- 
jenigen japanischen  Regierungsbezirks,  dem  seit  der  Restauration, 
oder  vielmehr  schon  seit  alten  Zeiten,  viele  der  bedeutendsten 
Staatsmänner  Japans  entstammen.  Es  liegt  demnach  für  mich 
nahe,  allen  Japanforschern,  und  insbesondere  meinen  deutschen 
Fachgenossen,  den  Text  einer  Inschrift  mitzuteilen,  umzuschreiben 
und  zu  übersetzen,  der  in  wenigen  hundert  Schriftzeichen  und  in 
markigen,  begeisterten  Worten  den  Beginn  der  Geschichte  Japans 
Mit-  und  Nachwelt  verkündet.  Eine  zum  Teil  nicht  leichte  Auf- 
gabe, bei  der  ich  aber  von  einigen  hiesigen  Japanern  auf  das 
liebenswürdigste  unterstützt  worden  bin.  Das  Denkmal  in  euro- 
päischem Stil  und  Geschmack  befindet  sich  in  allernächster  Nähe 
des  reizend  von  allen  Seiten  mit  Bergen  umgebenen  Yamaguchi, 
und  zwar  im  sog.  Közan-en,  einem  kleinen,  malerisch  am  Fuss  des 
Közan  gelegenen  Park,  unmittelbar  neben  der  stattlichen  Gra- 
nittreppe, die  zu  den  Gräbern  des  Fürsten  J\Iöri  Takachika 
und  seines  Adoptivsohnes  Möj-i  Gentohi  führt.  Die  Zeitschrift 
Taiyö  (:^[^),  Bd.  IV  No,  13  (20.  6.  1898)  giebt  unter  dem  Titel 
^!/ßi35C©^#  Chokusembiin  no  döJd  (Ein  Denkmal  aus  Erz  mit 
einer  auf  Allerhöchsten  Befehl  verfassten  Inschrift)  einen  Abdruck 
der  auf  der  Vorderseite  des  Denkmals  befindlichen  Inschrift  und 
bemerkt  hierzu  P'olsfendes  : 


294  A.  GRAMATZKY,  INSCHRIFT  IM  KOZAN-EX. 

"  Alle  Welt  weiss,  dass  Fürst  Möri  Takachika,  dem  nach 
dem  Tode  der  zweite  Grad  der  ersten  Rangklasse  verliehen  wor- 
den ist  (der  Vater  des  verstorbenen  Fürsten  Möri  Gentoku)  wäh- 
rend der  Restauration  ein  berühmter  Mann  gewesen  ist.  Da  er 
die  rechte  Hand  seines  Kaisers  war,  so  hat  S.  Majestät  seine  ver- 
dienstvollen Thaten  huldvollst  zu  verkünden  geruht  und — wie  wir 
hören — auf  Höchsteigenen  Wunsch  ein  Denkmal  aus  Erz  neben 
dem  im  Közan-en  des  Kreises  Yoshiki  im  Reg.  Bez.  Yamaguchi 
befindlichen  Grabe  des  Fürsten  errichten  lassen,  dessen  Inschrift 
auf  Allerhöchsten  Befehl  verfasst  worden  ist.  Wie  wenige  Men- 
schen hat  es  gegeben,  denen  eine  derartige  Ehre  zu  teil  geworden 
ist  !  Dies  dürfte  doch  wohl  der  grösste  Ruhm  sein,  den  der  Fürst 
und  sein  Geschlecht  sich  erworben  haben.  Nachstehend  geben 
wir  die  auf  Allerhöchsten  Befehl  verfasste  Inschrift  wieder." 

(Der  soeben  mitgetheilte  Text  des  Taiyö  nebst  Umschrift 
lautet  folgendermassen  : 

So    ju-ichii    INIori    Takachika    kyo     (ko    Mori  Gentoku  ko  no 

sendai)  ga  ishin  chukö  no  meishin    naru    koto  wa,  amaneku  sejin 

no  shiru  tokoro  naru   ga,    kashikoki    gohen    ni     okaserarete     wa, 

kyö    no    kungyo    wo    hyosho  sen    to    no  atsuki  oboshimeshi  yori 

LT.  ifw    i:  i^T '     lü   n  ^     1^  m  ti^    #  iii  a 

shite,   tokushi  wo    motte    Yamaguchi-ken    Yoshiki-gun     Kozan-en 
naru  kyo    no   bohan    ni,    chokusembun    dohi    wo  kensetsu  serare- 

7^  i)  ^  Ä^  T^^    A  ^  r  Lx  nt©  Sil  t     mi6 

tari     to     iu.        Korai    jinshin    ni    shite    kono    ongu    wo    komureru 

^co    ^tr    fMA  t^h6    m_  n    ^m     -p^   -^ 

mono  hatashite  ikunin  ka  aru  !     Kyo    wa  mochiron    ichimon  ikke 

CO     ^ß:     Sifp  <      Zn^   i^C   mt    ^<^)  hh^^6  ^^   7x1)       &     iZ 
no     koei    osoraku  köre   ni   kosu  mono  arazaru  beki  nari.       Sa    ni 

%co    W]  m  35C    k    m<^ 

sono  chokusembun  wo  kakagu  :) 

Ich  lasse  nun  Text,  Umschrift  und  Übersetzung  der  Inschrift 
selbst  folgen.  Die  Wortstellung  des  in  chinesischem  Stil  verfassten 
Textes  folgt  aus  praktischen  Gründen  der  Wortstellung  der  die 
japanische  Lesung  wiedergebenden  Umschrift. 


A.  GRAMATZKY,  INSCHRIFT  IM  KOZAN-EN. 


295 


Zoju-ichii  IMori   Ko  ikun  mei. 


mr 


Sambo-socho 


rikueun-taisliö 


*^  H 


daikun-i--'    ko    nikyu"'^   Akihito 


Shinno  tengaku. 


Ko      Chobo-Kokushu    zojü-ichü 
IMori  Ko  ikun  mei. 


Ko  no   iinina   Takachika,   azana 

Shijo,     sei    Oe. 
Sono  saki  Amanohi    no  mikoto 

yori  izLi. 
Yoyo  keisho  ni  ressu. 


Inschrift  (betreffend)  die  Helden- 
thaten  des  Fürsten  Möri,  dem 
der  zweite  Grad  der  ersten 
Rangklasse  verliehen  worden 
ist." 

(Diese)  Überschrift  (in)  Ten{shd) 
(ist  verfasst  von  dem)  Kaiser- 
lichen Prinzen  Akihito,  Chef 
des  Generalstabs,  General- 
feldmarschali, Inhaber  des 
Chrysanthemum-Ordens^^  und 
des       Kinshi- Ordens      zweiter 


Chi 


asse 


3) 


Inschrift  (betreffend)  die  Helden- 
thaten  des  verstorbenen  Für- 
sten vom  zweiten  Grade  der 
ersten  Rangclasse,  des  frü- 
heren Daimyö  der  Provinzen 
Chöshü  und  Böshü  (Nagato 
und  Suwö). 

Des  Fürsten  tniina^^  (war)  Taka- 
chika, (sein)  asana^^  Shijo, 
(und  sein)  sei^^  Oe. 

Seine  Vorfahren  stammten  von 
Amanohi  no  mikoto  ab. 


In  allen  Zeiten  waren  Mitglieder 
dieser  Familie  die  höchsten 
Staatsbeamten. 


i)  Dieser  Rang  wurde  ihm  nach  seinem  Tode  verliehen. 

2)  Mit  dem  höchsten  "  Kun  "  Titel  verbunden. 

3)  Mit  dem  "  Kö  ''  Titel  verbunden  ;  ein  neuer  Orden  seit  dem  chinesischen  Kriege,  der 
etwa  unserm  eisernen  Kreuz  entspricht. 

4)  Vorname  =  Nanori. 

5)  Beiname. 

6)  Familienname. 


296 


A.  GRAMATZKY,  INSCHRIFT  IM  KOZAN-EN. 


M^j^Hfö       7C  Ti 


Köjichü*^     zöjü-san-i    Motonari, 

sono      ko     Bichu     no     Kami 

PlTC  ^       .      ß 

Takamoto  to  tomo  ni  mikoto- 

nori  wo  höji,  zoku  wo  uchi. 


San-in  Sanyo  jü  yo   shu  wo  ryo 


SU. 


K5    sunawachi    san-i  juroku  sei 
no  mago. 

■5fe^   ^±_    mn_    .  iMi 

Sentei    kinjo    ryocho     ni    rekiji 

m  tt}        iL 

shi,     shi     wo     iclashi,  ran    wo 

osame,    chükö  samei    genkun 


to  naru. 

Hö  wo  maslii,  chitsu  wo  hei  su. 


jünii  Gon-Dainagons^  ni  itaru. 


In  (der  Teriode)  Köji^^  züchtigte 
Motonari,  dem  nach  dem  Tode 
der  Grad  der  dritten  Rang- 
klasse verliehen  wurde,  zusam- 
men mit  seinem  Sohne  Taka- 
moto, dem  Daimyö  von  Bichü, 
auf  Befehl  des  Kaisers  die 
Empörer. 

Er  beherrschte  mehr  als  10  Pro- 
vinzen des  Sanindö  und  San- 
yödö. 

Der  Fürst  ist  ein  Nachkomme 
dieses  Ahnen  in  der  16.  Gene- 
ration. 

Er  diente  dem  vorigen  Kaiser 
und  dem  gegenwärtigen.  Mit 
Waffengewalt  unterdrückte  er 
die  Empörer.  Er  war  eine 
Stütze  der  Restauration  und 
erwarb  sich  das  grösste  Ver- 
dienst um  den  Staat. 

Er  vergrösserte  (durch  die  Gnade 
seines  Kaisers)  sein  Gebiet 
(und)  erhöhte  (so  sein)  Ein- 
kommen. 

Er  erreichte  den  zweiten  Grad 
der  zweiten  Rangklasse  und 
war  Gon-Dainagon.s^ 


Pj^J^       5^^             HH          -'"f  Er    starb    am    28.    Tage    des  3. 

Meiji    shimmi  sangwatsu    nijü-  Monats  des  Jahres  Meiji  Shim- 

A           H  ^              ^%— fö  mi   (£871),    und   es   wnn-de  ihm 

hachi     nichi  ko    su.       Juichii 


7)  1555—1558- 

8)  stellvertretender  erster  Staatsrat. 


A.  GRAMATZKY,  INSCHRIFT  IM  KOZAN-EX. 


297 


WO  okui'u. 


^ 


n 


Ima  koko  ni  heishin  mikotonori 

m^_  S     11 

shite  dohyo  wo   täte,  shin  Ko 


wo    shite    mei   seshimu. 
0 


Mei 


ni  nva 


ku: 


K^    mm 

Bushin    bakko 


^        m    _ 

Te  ni  koklco  wo  tori, 

m      -km       m, 

Tare  ka  taigi  w^o  benji, 


Shü 


to 


shite 


kinno 


wo 


ff 


lEI 

tonaen  ? 


^vm. 


Gwaiko  shutsubotsu 


__       mm. 

Shikyo  wo  kwanshi  su, 

Tare     ka     chösaku     wo  kvvaku 
shite 


Shu  to  shite  kaibo  wo  osamen  ? 
Kokuyo  kyubo, 

m      mit        n 

Tare  ka  choso  wo  mokeii  ? 
Fukyo  suitai, 


nach  dem  Tode  der  zweite 
Grad  der  ersten  Rangklasse 
verliehen. 

Jetzt  im  Jahre  Heishin  (1S96)  er- 
richtet man  ihm  auf  Kaiser- 
h'chen  Befelil  ein  Denkmal  aus 
Erz.  Mir  wurde  von  Sr. 
IMajestät  der  ehrenvolle  Auf- 
trag- zu  teil,  die  Inschrift  abzu- 
fassen.    Sie  lautet : 

(Als)  das  Shogunat  (in  seiner) 
Anmassung  die  Zügel  der 
Regierung  ergriffen  hatte — 
wer  sah  (damals  trotzdem) 
ein,  (dass  nur  der  Kaiser) 
gerechte  Ansprüche  (auf  die 
Regierung  hatte),  (und  wer 
war)  der  erste,  (der  uns  darü- 
ber) aufklärte,  (dass  wir  dem 
wahren)  Herrscher  zu  dienen 
haben .'' 

(Als)  die  äusseren  Feinde  kamen 
(und)  gingen  (und)  das  ganze 
Land  zu  erforschen  (gesucht) 
— wer  entwarf  (da)  den  (er- 
sten) Plan  (und  wer  war  der) 
erste,  (der  den  vaterländi- 
schen) Strand  scliützte  besser 
(denn  je)  ? 

(Als)  es  schlecht  um  die  Finan- 
zen des  Reiches  stand — wer 
errichtete  (da)  Speicher  ?  (Als) 
gute  Sitte  (und)  Bildung  nicht 
mehr  gepflegt  wurden — wer 
baute    (wieder)    Schulen     (um 


Tare    ka    joslio      wo      hirakan  ?  dem    Übel    zu   steuern)?      An 


298 


A.  GRAMATZKY,  INSCHRIFT  IM  KUZAN-EX. 


Toki 
kana 


nai'u 


kana, 


toki 


nani 


^  mm        m . 

Ten  teisho  wo  hasshi, 

m     mA      ^.. 

Koto   ni  ijin   wo  shoji, 

Oi  ni  kikkyö  wo  kitasu. 

^^  _   B  t^  . 

Tenshi  iwakii  :    yoshi, 

Junin  kei  ni  ari. 
Kg  hai  keishu, 

«     mm       ^ 

Chikatte  seimei  ni  kotau. 


Kimpu  ichimö'^ 
FoCTun  shiio  wo  itasu. 

o 

Kokusei  ittei, 
Shuzoku  clomei. 


Kare  ean  ni   shite  go 


^^yi 


Goju  renke. 

Ko  sono  bu  wo  furui, 

Keiei  naru  wo  tsugu. 


der  Zeit  war  es   wahrlich,  an 
der  Zeit  war  es  wahrlich  ! 


Der  Himmel  kehrte  (alles)  zum 
Guten.  Absichtlich  Hess  er 
einen  Retter  des  Vaterlandes 
erstehen.  Ein  grosses  Heil 
war  es  (für  das  Land). 

Der  Kaiser  sprach  :  Fürwahr, 
eine  schwere  Aufgabe  hast 
du,  Fürst !  Der  Fürst  voll 
Ehrfurcht  verneigte  sich  tief. 
Er  gelobte  (unerschütterliche 
Treue  und)  folgte  (den  Wei- 
sungen seines)  erlauchten  Her- 
ren. 

Nachdem  das  (kaiserliche)  Bro- 
katbanner einmal  entrollt  war, 
da  streckte  das  Heer  (des 
Usurpators)  im  Osten  die 
Waffen,  da  hatte  die  gerechte 
Sache  des  Kaisers  mit  einem 
Schlage  gesiegt,  und  viele  Pro- 
vinzen thaten  sich  zusammen 
(um  treu  zum  Kaiser  zu  hal- 
ten). 

Aber  die  anderen  (die  Anhänger 
des  Shöguns),  starrköpfig  und 
hochfahrend,  vereinigten  sich 
(auch  und)  schlössen  einen 
festen  Bund.  Der  Fürst  bot 
seine  Kriegsmacht  auf,  (und 
bald      darauf     war    die    alte) 


I)  oder  (statt  ichimo)  :  hitotabi  sashi-maneite. 


A.  G41AMATZKY,  INSCHRIFT  IM  KOZAN-EN. 


299 


Sunawaclii  bu  naru  to  iedomo, 
Bunji    imada      sakaii    narazu. 
Sai    wo    nuki,    ketsu  wo  age, 


^ 


m 


'S» 


Köre   wo  byodo  ni  susumu. 


B        n         &: 

Iwaku  :      wäre     matsurigoto    ni 

.^ 

shitagau. 

Kanarazu  ya  na  wo  tadasu. 
Futen  odo, 

gi    kau    bekarazLi. 

Sunawaclii    hanto      wo     kaeshi, 
Mazu  hosho  wo  tessu. 

mm_  M      m 

Rekko  fu  wo  kiki, 

M_      m  ^       m 

Chi    wo  ire,  liei  wo  tol<u. 


2^ 
Goki 

hachido, 

Tosai 

nikyo, 

l^35C     IrJUL 
Dobun  doki, 

Mm 

Oka 

yoyo. 

Staatsordnung   wieder    herge- 
stellt. 

Jedoch,  ob  weil  1  der  Krieg 
(glücklich)  zu  Ende  geführt 
war,  (war  doch)  die  Verwal- 
tung im  Innern  noch  nicht  mu- 
stergiltig.  Die  besten  Köpfe 
machte  er  (nun)  ausfindig  und 
die  Trefflichsten  wählte  er 
(zu  seinen  Ratgebern).  Diese 
stellte  er  (sodann  seinem)  kai- 
serlichen Herrn  vor. 

Mit  den  Worten  :  (Wenn)  ich  die 
Regierung  in  die  Hand  nehme, 
so  muss  unbedingt  der  richtige 
Herrschername  (im  Lande) 
wieder  zur  Geltung  kommen  ; 
das  ganze  Reich  gehört  ja  dem 
Kaiser,  und  der  Pflicht  (gegen 
den  Kaiser)  kann  man  nicht 
treulos  werden. 

Daraufgab  er  (dem  Kaiser  sein) 
Gebiet  zurück.  (Er  war  wieder) 
der  erste,  der  seine  Festungen 
schleifte.  Andere  Fürsten 
folgten  (seinem)  Beispiel,  ver- 
zichteten auf  (ihr)  Land  (über- 
liessen  es  dem  Kaiser)  (und) 
entliessen  (ihre)  Krieger. 

Den  5  Stammprovinzen  und  den 
8  grossen  Landstrassen  (mit 
ihren)  beiden  Hauptstädten 
(in)  Ost  (und)  West,  eine  ein- 
zige Regierung  und  Verwal- 
tung (wurde  ihnen  wieder  zu 
teil  wie   in   alten  Zeiten),  (und 


30C 


A.  GRAMATZKY,  INSCHRIFT  m  KuZAN-EX. 


Oyoso  kono  ikun 

Ko  )io  chutdi  ni  yoru. 

Rui  wo  tamai,  shaku  wo  okuru. 

Kwanko  taru  tensho! 


Yoshiki  no  gur,, 
Kozan  no  ei, 

Mei   wo   kinseki  ni  roku  shi, 

B    n     ^  ^ 

Jitsu  getsu  hikari    wo  arasou. 
Meiji  nijuku-nen  ichigetsu. 
Kyuchu      komonkwan      jusan-i, 

m    mm    35c#     tf± 

kun   shito,     bungaku    hakushi 

j\\m    m 

Kawada  Ko 

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mikotonori  wo  hojite  erabu. 


PeO  mm   jEHfö 

Kinkei    no     ma    giko    shosan-i, 
kun  nitö 


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Noinura  ]Motosuke 


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mikotonori  wo  hojite   sho   su. 


es      crscliallten)      begeisterte 
Jubellieder. 

Alle  diese  Ereignisse  sind  auf 
die  Treue  und  edle  Gesinnung 
(dieses)  Fürsten  zurückzufüh- 
ren. Der  Kaiser  selbst  sandte 
ein  allerhöchstes  Beileids- 
schreiben und  erhob  den  Sohn 
des  Fürsten,  in  den  Fürsten- 
stand. Welch  ein  ehrenvol- 
ler Lohn  ! 

(Im)  Kreise  Yoshiki  neben  dem 
Grabe  (des  Fürsten)  auf  dem 
Közan  trägt  nun  diese  Worte 
ein  Denkmal  aus  Erz  und 
Stein.  Es  strahlt  (der  Ruhm 
des  Fürsten)  so  hell  wie  Sonne 
und  Mond. 

Im  I.  Monat  des  29.  Jahres 
Meiji  (1896). 

Geheimrat  Dr.  phil.  Kawada 
Kö,  Inhaber  des  zweiten  Gra- 
des der  dritten  Rangklasse 
und  des  Ordens  der  aufge- 
henden Sonne  vierter  Klasse 
hat  auf  Allerhöchsten  Befehl 
(die  Inschrift)  verfasst, 

(und)  Kinkeinomagikö  Nomura 
Motosuke,  Inhaber  des  ersten 
Grades  der  dritten  Rangklasse 
und  des  Ordens  der  aufgehen- 
den Sonne  zweiter  Klasse,  hat 
(die  Inschrift  kalligraphisch) 
ausgeführt. 


A.  GRAMATZKY,  INSCHRIFT   IM  KOZAX-EN.  3OI 

Die   mit   Hilfe    meines    Collegen,    des  Herrn  Prof.  Dr.  TOBARI 
angefertigte   Umschrift   und    Übersetzung    hat     Herr    Kamiyama, 
dessen    Famih'enname — sein   Vater   war  ein  getreuer  Anhänger  des 
Fürsten — auf  einer  der  Steinlaternen  vor  den  Fürstengräbern  steht, 
und  der  sich  während  seiner  Studienzeit   in   Deutschland  eine  recht 
gute   Kenntnis   des   Deutschen    angeeignet    hat,    einer  sorgfältigen 
Durchsicht  und  Kritik  unterzogen.     Ausserdem  waren  Herr  Direc- 
tor  KÖCHI  und  einige  andere  Collegen  so  gütig,  mir  ihre  Auffassung 
einiger    schwieriger    Stellen    mitzuteilen.       Ich    hoffe    somit,    eine 
möglichst  richtige  Umschrift   und   Paraphrase   gegeben   zu   haben  ; 
die  letztere  gibt  zugleich  bei   Unterdrückung  des  Eingeklammerten 
eine  wenigstens   annähernd   wortgetreue  Übersetzung. — Die  beiden 
Zeichen  r\  auf  dem  Unterteil   der   Gitterthürflügel  (vgl.    die    Abbil- 
dung)   heissen  icJii  vi  viilsuboshi  und  sind   das  Hauptwappen  des 
Fürsten  Möri,  welches  man  in  Yamaguchi,  besonders  bei  festlichen 
Gelegenheiten,  als  Häuserschmuck  u.  dgl.  noch  jetzt  häufig  sieht. 


SITZUNGSBERICHTE. 


JUBILÄUMS-SITZUNG  IN  TOKYO 
am  29.  October  1898. 


Vorsitzender  :  Herr  Graf  von  Leyden. 


Die  Sitzung  war  dazu  bestimmt,  das  25jährige  Bestehen  der 
1873  gegründeten  Gesellschaft  festlich  zu  begehen.  Der  Sitzungs- 
raum des  Gesellschaftsgebäudes  war  mit  Fahnen,  Blumen  etc.  aus- 
geschmückt, und  sowohl  aus  Tokyo  wie  aus  Yokohama  hatte  sich 
eine  ungewöhnlich  grosse  Anzahl  Mitglieder  eingefunden. 

Nachdem  der  Vorsitzende  die  Sitzung  mit  einer  Ansprache 
eröffnet  hatte,  wurden  Glückwunschtelegramme  von  Herrn  Consul 
Müller-Beeck  in  Nagasaki  und  Herrn  Aug.  Evers  und  sämmtlichen 
Köbe-Mitgliedern  verlesen. 

Als  neu  eingetretene  Mitglieder  wurden  angekündigt  : 
.    Herr  E.  LiJTHY,   Tokyo. 

O.   Meyer,   Yokohama. 

\V.  Hagen,  Kaiserlicher  Viceconsul  in  Yokohama. 
,,       Ingenieur  G.  ToPPE,  Yawatamura  (Chikuzen). 

Der  Letztgenannte  hat  durch  Zahlung  von  100  Yen  die  lebens- 
längliche Mitgliedschaft  erworben. 

Hierauf  ertheilte  der  Vorsitzende  das  Wort  Herrn  Dr.  L. 
RiESS,  der  einen  von  ihm  verfassten  "  Abriss  der  Geschichte  der 
Gesellschaft "  verlas.  (Derselbe  wird  später  in  der  Festschrift 
veröffentlicht  werden,  die  zur  Erinnerung  an  das  25jährige  Jubi- 
läum herausgegeben  werden  wird.) — Es  folgte  ein  Vortrag  von 
Herrn  Dr.  K.  MlURA  :  ''  Über  Jüjjitsu  oder  Yawara''  (in  diesem 
Heft  abgedruckt),   der   dann  von   Herrn   Director  Inoue  Keitarö 


SITZUNGSBERICHTE. 


303 


und  vier  seiner  Schüler  durch  VeranschauHchungf  der  wichtigsten 
Griffe,  Darstellung  von  typischen  Kampfscenen  etc.  praktisch 
erläutert  wurde. 

Nach    der    Sitzung    fand    ein    Festessen    statt,   woran  sich  ein 
längeres  gemüthliches  Beisammensein  schloss. 


SITZUNG  IN  YOKOHAMA 
am  30.  November  1898. 


Vorsitzender  :  Herr  R.  Lehmann. 


Neu  eingetretene  Mitglieder  : 

Herr  Major  FALKNER  VON  SONNENBURG,   München. 
Consul  F.  Reinsdorf,  Soul. 
H.  Haeslop,  Yokohama. 
,,     O.  Lord,  ,, 

A.  Gerdts, 
Herr  K.  Th.  StöPEL  ist  lebenslängliches  Mitglied  geworden. 
Ferner    theilt    der   Vorsitzende    den     Eingang   folgender    Ge- 
schenke mit  : 

Wissenschaftliche  Meeresuntersuchungen,  3.  Band,  geschenkt 
vom  Auswärtigen  Amt  in  Berlin. 

Chmnberlain,  A  Ouinary  System  of  Notation  employed  in 
Luchu  on  the  wooden  tallies  termed  Sho-Chu-Ma,  geschenkt  vom 
Verfasser. 

Der  neuen  Kaiser  Wilhelms  Universitäts-Bibliothek  in  Posen 
ist  ein  vollständiges  Exemplar  der  "Mittheilungen"  zum  Ge- 
schenk gemacht  worden. 

Herr  Major  Falkner  von  Sonnenburg  hielt  einem  Vor- 
trag :  "  Stimuiitngsbilder  aus  Manila,'"  der  in  diesem  Heft  abge- 
druckt ist. 


504  SITZUNGSBERICHTE, 

SITZUNG  IN  TOKYO 

am  21.  December   1898. 


Vorsitzender  :  Herr  R.  Lehmann, 


Der  Vorsitzende  meldet  folgende  neue  Mitglieder  an  r 

Herrn  P.   May,  Ersten  Sekretär  der  Kgl.  Belgischen  Ge- 
sandtschaft zu  Tokyo. 
„      Pfarrer  H.  HAAS,  Tokyo. 
,,      A.  Egli,  Yokohama. 
,^      A.  SCH AUENBURG,  Lahr  in  Baden. 
,,      Werner  Schwartz  jr.,  Bocholt  in  Westfalen. 
Herr   Dr.  K.  MiURA  hat  der   Gesellschaft  folgende   zwei  von 
ihm  verfasste  Abhandlungen  zum  Geschenk  gemacht  : 

Über  Veränderungen  der  Knochen  an  Händen  und  Füssen  bei 
Lepra  mutilans. — Zwei  Fälle  von  Geschwülsten  des  Thalamus  op- 
ticus. 

Ferner  sind  geschenkt  worden  : 

F.  Hirth,  Shangtung  und  Kiautschou,  (Vom  Verfasser.) 
Jahresbericht  des  Vereins  für  Naturkunde  in  Krefeld. 
Herr  P.  PiETZCKER  legt  wegen  Rückkehr  nach  Deutschland 
sein  Amt  als  Schatzmeister  nieder.     Herr  A.  Gerdts  wird  an  seiner 
Stelle    gewählt.     Der    Vorsitzende    hob    hervor,    wie    sehr    Herr 
Pietzcker  durch  tüchtige  Führung  der  Kassengeschäfte  die  Interes- 
sen   der    Gesellschaft    befördert    habe,    worauf    die    Versammlung 
durch  Erheben  von  den  Sitzen  den  Dank  der  Gesellschaft  kundgab. 
Hieraufhielt  Herr   Dr.   K.  Florenz  einen  Vortrag  "  tJber  den 
Shintökultus^''     den     er   an    einer    grossen    Anzahl    von     Shintö- 
Symbolen,    Shintö-Geräthen    etc.,  die  im    Sitzungssaal    aufgestellt 
waren,    illustrirte.        Wegen    allzu    vorgerückter    Zeit     wurde    die 
Discussion   über   diesen    Vortrag   auf  die    nächste    Tokyo-Sitzung 
verschoben. 


SITZUNGSBERICHTE. 


305 


GENERALVERSAMMLUNG  IN  YOKOHAMA 

am   I.  Februar   1899, 


Vorsitzender  :  Herr  R.  Lehmann. 


Der  Vorsitzende  gedachte  in  warmen  Worten  des  am  vorher- 
gehenden Tage,  dem  31.  Januar,  verstorbenen  Mitgliedes  Herrn 
O.  Keil,  der  unserer  Gesellschaft  24  Jahre  lang  angehört  hat,  und 
hob  dessen  immer  hilfsbereite,  aufopfernde  Thätigkeit  im  Dienste 
der  Allgemeinheit  hervor.  Die  Anwesenden  ehrten  das  Andenken 
des  Verstorbenen  durch  Erheben  von  den  Sitzen. 

Es  wurden  folgende  neue  Mitglieder  angemeldet  : 
Herr  A.  Hartmann,  Shanghai. 

Redacteur  Carl  Fink,  Shanghai. 

Ernst  Behrendt,  ,, 

Bergassessor  W.  FriCK,  Kiautschou. 

Dr.  ErdmannsdöRFFER,  Kumamoto. 

Dr.  A.  Gramatzky,  Yamaguchi. 

J.  SpöRER,  Tokyo. 

F.  Gensen,  Yokohama. 

C.  Manuel, 

H.   DOHRN, 
Als  Geschenke  sind  eingegangen  : 

M.  Courant,  Seele    Chinoise    du    Royaume   de    Kokonrye. 
(Vom  Verfasser.) 

Dr.  y.  Kitao,  Über  das  Schwinden  der  Hölzer.     (Vom  Ver- 
fasser.) 

Mit  der  medicinischen  Fakultät  der  Universität  Tokyo  ist 
Austauschverkehr  angeknüpft  worden. 

Ferner    theilte   der   Vorsitzende   mit,  dass  von  den  "  Mitthei- 
lungen "  der  I.  Theil  des  VH.  Bandes  erschienen  sei,  sowie  der  5. 
(letzte)    Theil    der  "  SpricJnvorter   und  bildlichen    Ausdmcke    der 
japanischen  Sprache,''  yon  P.  Ehmann. 

Es  folgte  die  Verlesung  des  Jahresberichts,  und  die  Vorlegung 


306  SITZUNGSBERICHTE. 

des  Kassenberichts  für  1898,  worauf  der  Vorstand  sein  Amt  nieder- 
legte. Auf  Antrag  des  Herrn  Consuls  Kallen  wurde  dem  Vor- 
stande Entlastung  ertheilt,  und  darauf  ebenfalls  auf  Antrag  des 
Herrn  Consuls  Kallen  der  bisherige  Vorstand  durch  Acclamation 
wiedergewählt. 

Hierauf  verlas  Herr  Dr.  Christlieb  den  von  Herrn  Con- 
sulatsdolmetscher  FORKE  in  Tientsin  eingesendeten  Aufsatz  : 
"  Die  Pekinger  Laden  Jtnd  ihre  Abzeichen.'" — In  der  sich  anschlies- 
senden Discussion  machte  Herr  Lehmann  darauf  aufmerksam,  dass 
sich  viele  dieser  Abzeichen  auch  bei  den  japanischen  Läden  finden. 

Herr  Dr.  RiESS  wies  auf  die  in  japanischen  Städten  überall 
sichtbaren  Kamban  (Ladenschilder)  und  Noren  (Ladenvorhänge) 
hin,  die,  nach  dem  eben  gehörten  Vortrage  zu  schliessen,  in  China 
nicht  üblich  seien. 

Herr  Lehmann  sprach  sich  dahin  aus,  dass  die  grossen  Schilder 
über  den  Läden  {yane-kaviban)  eine  von  Europa  resp.  Amerika 
entlehnte  Neuerung  seien. 

Herr  Haltzer  erwähnte  noch,  dass  demnächst  auch  die 
Eisenbahnwagen  im  Innern  mit  Reklamebildern  etc.  versehen 
werden  sollen. 

Nach  Schluss  der  Discussion  machte  Herr  Dr.  Christlieb 
noch  eine  Mittheilung,  betitelt  :  "'Eine  Rettung  Japanischer  Schiff- 
brüchiger dnrch  ein  deutsches  Schiff'  vor  50  Jahren.'^ 


SITZUNG  IN  TOKYO 
am  22.  Februar   1899. 


Vorsitzender  :  Herr  R.  Lehmann. 


Nachdem  der  Vorsitzende  die  Sitzung  eröffnet  hatte,  ertheilte 
er  Herrn  Dr.  A.  Haberer  das  Wort  zu  seinem  Vortrage:  "  Über 
Artbegriff  lind  Artabändernngi'  Hieran  schloss  sich  eine  Discus- 
sion, an  der  sich  Herr  Hofrath  Dr.  BALZ,  Herr  KESSLER  und  Herr 
Lehm.\NN   betheiligten. — Es  folgte   eine   Discussion  über  den  Vor- 


SITZUNGSBERICHTE. 


307 


trag,  den  Herr  Dr.  FLORENZ  in  der  Decembersitzung  gehalten  hatte 
(Über  Shintöcultus).  Herr  Dr.  BALZ  äusserte  sich  dahin,  dass  die 
shintoistischen  Gebräuche  mit  manchem,  was  sich  in  Korea  finde, 
AhnHchkeit  hätten,  und  dass  der  Shintoismus  möglicherweise 
nichts  ursprünglich  Japanisches  sei.  Herr  Dr.  MiURA  bemerkte 
noch,  dass  die  sog.  Götterschrift  nicht  in  Japan  erfunden,  son- 
dern aus  dem  koreanischen  Alphabet  abgeleitet  sei. 


JAHRESBERICHT  FÜR  1898. 

Die  Zahl  der  Mitglieder  betrug  am  Ende  des  Jahres  287  (6 
Ehrenmitglieder  und  281  ordentliche  Mitglieder);  von  diesen 
wohnten  : 

in  Tokyo  .....     (1897 


in  Yokohama    . 
im  übrigen  Japan 
,,         ,,        Ostasien 
in  anderen  Ländern 

Sa 


44)  57 

53)  61 

37)  48 

12)  15 

105)  106 


(1897  :  251)  287 
angeknüpft  mit  folgenden 


Neue  Austauschverbindungen  wurden 
Gesellschaften  und  Instituten  : 

Kaiserl.  Mineralogische  Gesellschaft,  Petersburg. 
Medicinische  Fakultät  der  Kaiserl.     Universität  zu  Tokyo. 
Botanical  Garden,  St.  Louis  (Missouri). 
Museo  Paulista,  Sao  Paulo  (Brasilien). 
Der  Kassenbericlit  folgt  weiter  unten. 

Am  29.  October  feierte  die  Gesellschaft  das  Fest  ihres  25 
jährigen  Bestehens  ;  in  Anlass  desselben  wird  eine  besondere  Fest- 
schrift herausgegeben  werden,  enthaltend  einen  Abriss  der 
Geschichte  der  Gesellschaft,  nebst  einem  die  ganze  Zeit  von  1873 
bis  1898  umfassenden  Mitgliederverzeichniss,  und  einem  General- 
Index  sämmtlicher  in  den  ersten  6  Bänden  der  "  Mittheilungen" 
erschienenen  Aufsätze  und  Abhandlungen. 

In  den  10  Sitzungen  des  Jahres  sind  folgende  Vortrage  gehal- 
ten worden  : 

Bemerkungen  über  die  Ainu's,  von  Dr.  Baelz. 


308  JAHRESBERICHT   FÜR    1898. 

Die  Lieder  der  hundert  Dichter  {Hyaktmin  Isshü),  von  P. 
E  HM  ANN. 

Eine  aufgefundene  Abschwörungsformel  aus  der  Zeit  der  Chri- 
stenverfolgung im  17,  Jahrhundert,  von  Dr.  Christlieb. 

Über  Durchleuchtung  des  menschlichen  Körpers  mittelst 
Röntgen-Strahlen,  mit  Demonstrationen,  von  Prof.  Dr.  Scriba. 

Über  chinesische  Ärzte,  von  Dr.  FEST. 

Über  das  Bonfest,  von  Dr.  Weipert. 

Über  die   neueste  japanische   Gesetzgebung,    mit   besonderem 

Bezug  auf  das  Familien-  und   Erbrecht,   von  Landgerichtsrath  Dr. 
LÖNHOLM. 

Über  Kiautschou,  von  Th.  Stüpel. 

Über  das  jQjutsu,  mit  Demonstrationen,  von  Dr.  MlURA. 

Stimmungsbilder  aus  Manila,  von  Major  VOX  SOXNENBURG. 

Über  den  Shintokultus,  von  Dr.  FLORENZ. 

Von    den  "  Mittheilungen  "  ist  der  i.  Theil    des  VII.   Bandes 

erschienen,  der  folgende  wissenschaftliche  Beiträge  enthält : 

Die  Ursachen  der  Vertreibung  der  Portugiesen  aus  Japan  (1614 
— 1639),  von  Dr.  L.  RiESS. 

Bemerkungen  und   Berichtigungen  zu  Lange's   Einführung  in 

die  japanische  Schrift,  von  Dr.  K.  FLORENZ. 

Über  Lepra  in  Hawaii  und  das  Aussätzigen-  Heim  in  Molokai, 
von  Dr.  A.  Haberer. 

Die  Ärzte  China's,  von  Dr.  F.  FEST. 

Formosanische  Volkslieder,  nach  chinesischen  Quellen,  von 
Dr.  K.  Florenz. 

Ferner  sind  Theil  III — V  der  "  Sprichwörter  und  bildlichen 
Ausdrücke  der  japanischen  Sprache,"  von  P.  Ehmann,  als  Supple- 
menthefte erschienen,  womit  die   Sam.mlung  ihr  Ende  erreicht  hat. 

Von  Heft  2,  3  und  58,  welche  vergriffen  waren,  ist  ein  Neu- 
druck veranstaltet  worden. 

Die  BibliotJiek  hat  sich  wieder  durch  Neuanschaffungen  und 
Geschenke  vergrössert.  Von  den  seit  1892  neuerworbenen  Bü- 
chern ist  als  Ergänzung  des  Katalogs  ein  Verzeichniss  angefertigt 
und  gedruckt  worden. 

Für  freundliche  Überlassung  des  Saales  zu  den  Sitzungen  in 
Yokohama  wird  dem  Vorstande  des  Club  Germaiiia  hiermit  wieder 
der  beste  Dank  der  Gesellschaft  ausgesprochen. 


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EIN  UiNENTDECKTES  GOLDLAiNa 

EIN  BEITRAG  ZUR  GESCHICHTE  DER 

ENTDECKUNGEN  IM  NÖRDLICHEN 

GROSSEN  OZEAN 

VON 

0.  NACHOD. 


KAP.  I.     EINLEITUNG. 

DAS  STREBEN  NACH  GOLDLÄNDERN 
IM  ALLGEMEINEN. 

"  Nach  Golde  drängt, 
Am  Golde  hängt 
Doch  alles  !  " 


Nie  ist  dieser  mit  wenigen  Worten  so  viel  sagende  Ausspruch, 
welchen  Göthe  in  den  harmlosen  Mädchenmund  seines  Gretchens 
legt,  und  der  durch  sein  scharfe  Weltwahrheit  längst  zum  geflügel- 
ten Worte  geworden  ist,  mehr  zum  sichtbaren  Ausdruck  gelangt, 
als  in  solchen  Zeiten,  in  denen  auf  einmal  der  bisherige  Kreis  der 
Oekumene,  das  der  wirtschaftlichen  Thätigkeit  des  Menschen 
offenstehende  Gebiet,  eine  bedeutende  Erweiterung  erfuhr. 

Bereits  im  Altertum  lassen  sich,  im  engsten  Zusammenhang 
mit  Fortschritten  auf  den  Gebieten  der  Schiffahrt  und  des 
Schiffsbaus,  des  Fremdhandels  und  der  Völkerkunde,  bei  den 
Phöniciern  und  Juden  in  der  Fahrt  nach  dem  immer  noch 
unaufgeklärten  Goldlande  Ophir,  bei  den  Griechen  in  dem 
Argonautenzuge  nach  dem  Goldenen  Vliesse  am  Schwarzen  Meere, 
solche  Erscheinungen  nachweisen. 

Im  höchsten  Masse  entfesselt  aber  wurde  die  Sucht  nach 
Gold,  als  am  Ende  des  15.  Jahrhunderts  durch  zwei  nur  um  sechs 
Jahre  aus  einander  liegende  Ereignisse,  jedes  an  sich  schon 
welterschütternd  genug,  plötzlich  der  Zugang  zu  Gebieten  eröffnet 


312  o.  XACiiOD,  Eix  uxextdecktf:s  goldlaxd. 

wurde,  deren  Ausdehnung  alles,  was  dem  Abendlande  bisher  von 

der  Erde  bekannt  gewesen,  weit  übertreffen  sollte  :  die  Entdeckung 

Amerikas   durch  Columbus  (1492)  und    infolge  der  Umseglung  des 

Kaps    der    Guten     Hoffnung    durch    Vasco    de    Gama    (1498)    die 

Erschliessung  des  Indischen  und  dadurch  auch  des  Grossen  Ozeans. 

Nun  wurde  die  Erinnerung  an  das  Ophir  Salomos  wieder  wach; 

zum    sichtbaren     Ausdruck    gelangte    sie,    indem    der    spanische 

Kapitän   Mendana   einer    1567  von   ihm  in  der   Südsee  entdeckten 

Inselgruppe  den  noch  heute  geltenden,  verheissungsvollen  Namen 

Salomon-Inseln    verlieh,    ohne    dass  jedoch    die    von   ihm    hieran 

geknüpften   Hoffnungen  auf  grosse   Goldfunde  zur  Verwirklichung 

gelangt  sind.     Beständig   neuen    Anhalt  fand  die  Sehnsucht  nach 

einem    unermesslich    reichen    Goldlande,     dem     spanischen     "El 

Dorado",   Avie  der  Name  seither  geblieben  ist,  auch  an  den  durch 

die  junge  Buchdruckerkunst  weit  verbreiteten,  die  Schätze  Asiens 

so  glänzend   schildernden  Darstellungen  des  berühmten  venetiani- 

schen  Reisenden  Marco  Polo,  sowie  an  anlockenden  Berichten  von 

Eingeborenen  der   neu    entdeckten   Länder ;    und   zwar    wird    hier 

immer  mit  der  Bezeichnung  Gold  stillschweigend  auch  der  Gedanke 

an  das  fast  eben  so   heiss   begehrte  Silber  verbunden,    dessen  Wert 

im  Mittelalter  ja  noch  im  Verhältniss  zu  Gold  etwa  dreimal  so  hoch 
als  heute  war. 

So  sehen  wir  denn,  wie  sich  gar  bald  unter  dem  ungestümen 
Vordringen  in  die  unbekannten  Länder  an  verschiedene  Gegenden 
die  Kunde  von  einem  Goldlande  anknüpft. 

In  Amerika  suchten  es  die  Spanier.  Bereits  im  Jahre  1524 
berichtet  Hernan  Cortes  dem  Kaiser  Karl  V.,  man  habe  ihm  von 
einer  Amazonen-Insel  gesagt,  die  voll  Gold  und  Perlen  sei.^) 
Später  war  es  vor  allem  Guayana  und  das  Gebiet  des  Orinoko  mit 

1)  Dieser  Brief  vom  15.  Oktober  1524  aus  Termuxtitan  oder  Mexiko  ist  erwähnt  in  der 
unter  dem  Titel  "Natürliche  und  biirgerh'che  Geschichte  von  Cahfornien "  (3  Teile, 
Lemgo  1 769-1 770;  Teil  I,  Seite  S9-92)  erschienenen  Uebersetzung  des  spanischen  Werkes 
"Noticia  de  la  California  "  von  M.  Vcncgas  (Madrid  1757,  3  Bände).     Es  heisst  dort : 

"An  einer  andern  Stelle  eben  dieses  Briefes  giebt  er  dem  Kaiser  von  den  Zurüstungen 
Nachricht,  die  er  wegen  der  Eroberung  der  Provinz  Colina  im  Südmeer  gemacht  habe : 
i\Ian  habe  ihm  von  einer  Amazoneninsul  gesagt,  die  voller  Gold  und  Perlen  sey,  und  setzt 
hinzu,  dass  einige  Indianer  da  gewesen  wären,  und  dass  er  nichts  unterlassen  würde,  sie  zu 
entdecken.  Diese  Amazoneninsul  war  ebenso  ein  Hirngespinste,  als  eine  andre  Provinz  am 
Amazonenflusse,  die  von  ihm  den  Namen  haben  sollte.  Das,  was  er  von  den  Perlen  sagt, 
macht  mich  glauben,  er  rede  hier  von  CaKfornien  und  dessen  Golfo."     (Seite  92.) 


O.  NACHOD,  EIX  UXEXTDECKTES  GOLÜLAND.       313 

der  fabelhaften  Goldstadt  Omagua,  wo  man  das  Eldorado  zu  finden 
hoffte.  Hierher  wandte  man  sich  auch  von  englischer  Seite ; 
Walter  Raleigh,  der  bereits  1595  einen  beträchtlichen  Teil  des 
Orinoko  hinaufgefahren  war,  unternahm  im  Jahre  1617  einen  neuen 
Zug  dorthin  mit  dem  Versprechen,  seinem  König  Jakob  I.  eine 
■Goldmine  zu  verschaffen.  Nach  England  zurückgekehrt,  ohne  sein 
Wort  einlösen  zu  können,  musste  er  den  Misserfolg  mit  seinem 
Kopfe  büssen,  indem  das  seit  Jahren  über  ihn  verhängte,  aber  nicht 
ausgeführte  Todesurteil  nunmehr  vollzogen  ward.  Einer  geschicht- 
lichen Darstellung  aller  der  im  16.  und  17.  Jahrhundert  in 
Amerika  unternommenen,  vergeblichen  Züge  nach  dem  so  heiss 
begehrten  Goldlande  hat  Junker  von  Langegg  ein  ganzes  Buch^) 
gewidmet  und  darin  ein  erschütterndes  Bild  voll  Grausamkeit  und 
Verrat  von  der  blutigen  Conquistadoren-  Romantik  entrollt.  Eine 
geographische  Klarstellung  der  in  Amerika  mit  der  Sage  vom 
Eldorado  verknüpften  Oertlichkeiten  hat  bereits  Alexander  von 
Hjunboldt  ge.\\Q{&\-t  und  deren  Armut  an  Gold  dabei  nachgewiesen.^) 
Hofften  die  Spanier,  das  Goldland  in  Amerika  zu  finden,  so 
suchten  die  Portugiesen  dasselbe  in  dem  jenseits  des  Aequators 
liegenden  Teile  des  durch  päpstlichen  Schiedsspruch  ihnen 
zugesagten  unbekannten  Erdgebiets,  und  zwar  in  der  im  16. 
Jahrhundert  noch  so  wenig  durchforschten  vSüdsee.  Der  Sohn 
eines  portugiesischen  Edelmanns  aus  dessen  Ehe  mit  einer  malai- 
ischen Königstochter,  Emanuel  Godinho  de  Eredia,  welcher  bei 
den  Jesuiten  in  Goa  gründliche  Studien  gemacht  hatte  und  dort  seit 
dem  Jahre  1594  das  mit  der  Leitung  der  Entdeckungsangelegen 
heiten  betraute  Amt  eines  "  Descobridor''  bekleidete,  unterbreitete 
-Zwischen  1597  und  1600  dem  damals  auch  Portugal  beherrschenden 
König  von  Spanien  eine  Denkschrift^),  worin  er  einen  Zug  nach  der 
■Goldinsel  vorschlug,  von  der  er  durch  Fischer  aus  der  Sunda-Insel 


1)  Geschichte  der  Entdeckungsreisen  nach  dem  Goldlande  El  Dorado  im  16.  und  17. 
Jahrhundert.     Leipzig  1888. 

2)  Relation  historique  II,  Kap.  24.,  Seite  675  u.  ff. 

3)  Dieselbe  tragt  den  Titel  "  Informa^ao  da  Aurea  Chersoncso  ou  Teninsula  e  das  ilhas 
Auriferas,   Carbunculas  e  Aromaticas  "  und  wurde  veröffentlicht  von  Antonio  J^oiircufo 

Caminha  in  den  "  Ordenaljaos  de  India  do  Senhor  Rei  Don  Manoel "';  Lissabon  1807. 


314       O-  NACHOD,  EIX  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

Solor  Kunde  erlangt  hatte. ^)  Auch  in  einem  im  Archiv  zu  Lissabon, 
befindlichen  Briefe,*)  dem  leider  die  Angabe  des  Adressaten  und 
des  Datums  fehlt,  der  aber  vermutlich  an  den  Vizekönig  in  Goa 
gerichtet  ist,  erbietet  sich  Godinho  de  Eredia  dringend  zur 
Entdeckung  jener  "  felice  Ilha  do  Oro  ",  zu  welcher,  wie  er 
schreibt,  "  sein  Gewissen  ihn  drängt  und  ihm  sagt,  dass  sie  iiim. 
gelingen  wird,  weil  Gott  ihm  helfen  wird".  Die  durch  die 
zunehmenden  Angriffe  der  Holländer  bedräno-te  Laee  der 
Portugiesen  in  Indien  scheint  jedoch  das  Vorhaben  Godinhos 
vereitelt  zu  haben. 


KAP.     II. 

DENKSCHRIFT     EINES     BEAMTEN     DER 

NIEDERLÄNDISCHEN  OSTINDISCHEN  KOMPAGNIE 

ÜBER    DIE    "GOLD-   UND     SILBERREICHEN    INSELN" 

ÖSTLICH  VON  JAPAN. 


Das  Goldland  indessen,  von  dem  hier  die  Rede  sein  soll,, 
wurde  weder  in  Amerika,  noch  südlich  vom  Aequator  gesucht, 
sondern  in  östlicher  Richtung  von  Japan  mitten  im  Stillen  Ozean, 
in  jenem  mächtigen  Meeresbecken,  welches  auch  heute  noch  auf  den 
Karten  zwischen  Kalifornien  und  Japan  eine  von  keinem  festen 
Punkte  unterbrochene  Wasserstrasse  von  rund  8000  Kilometer 
zeigt. 

Willem  Versteegen,  ein  rühriger  Kolonial-  Beamter  der  zu 
jener  Zeit  sehr  mächtigen  und  angesehenen  Niederländischen 
Ostindischen  Kompagnie  war  es.  der  im  Jahre  1635    die   Aufmerk- 

»)  Die  vorstehenden  Angaben  bezüglich  Godinho  de  Eredia  sind  entnommen  dem  von 
eil.  Kiickns  verfassten  Vorwort  zu  "  Malaca,  linde  Meridionale  et  le  Cathay  ;  manuscrit 
original  autographe  de  Godinho  Eredia,  reproduit  et  traduit  par  ]\[.  Leon  yanssen^'; 
Brüssel  1SS2.  Es  bildet  dies  eine  grössere  geographisch-geschichtliche  Arbeit,  welche 
Godinho  de  Eiedia  im  Jahre  1613  an  den  König  Philipp  III.  von  Spanien  richtete. 

*)  Dieser  Brief  wurde  im  Facsimile  und  in  französischer  Uebersetzung  veröftentlicht  in 
darneben  genannten  Werke  "Malaca,  l'Inde  Meridionale  et  le  Cathay"  (das  Facsimile 
hinter  dem  portugiesischen  Text,  die  LTebersetzung  Seite  99-100),  sowie  in  holländischer 
Uebersetzung  in  Ki'onijk  van  het  Historisch  Gcnootschap  te  Utrecht,  Jahrgang  1875^ 
Seite  351-360. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       315 

samkeit  der  Holländer,  damals  der  ersten  seefahrenden  Nation,  auf 
die  "Gold-  und  Silberreichen  Inseln" — so  heissen  sie  nach  der 
spanischen  Bezeichnung  "Rica  de  Oro"  und  "Rica  de  Plata" — lenkte 
durch  eine  ausführliche  Denkschrift^}  an  die  Indische  Regierung  zu 
Batavia,  der  obersten  Behörde  seiner  Kompagnie  in  den  Kolonien, 

Die  Kunde  davon  lautet  in  diesem  Schriftstück,  möglichst 
wortgetreu  übersetzt,  wie  folgt:  "Vor  sehr  geraumer  Zeit  ist 
ein  gewisses  Fahrzeug,  welches  aus  Manilha  abgefahren  war 
mit  dem  Vorhaben,  seine  Reise  nach  Nova-Hispania  zum 
Handel  in  einem  dieser  Plätze  zu  machen,  östlich  von  Japan 
in  der  Südsee  auf  der  Höhe  von  2)72  Grad,  ungefähr  380-390 
Meilen-)  vom  Lande,  einem  grossen  und  sehr  gewaltigen,  schweren 
Unwetter  begegnet,  sodass  es  seinen  Mast  verloren  hat  und 
genugsam  genötigt  war,  umzukehren  oder  das  erste  Land  anzu- 
laufen. Als  das  Wetter  sich  etwas  beruhigt  und  abgenommen 
hatte,  sahen  sie  mit  dem  Aufklaren  des  eilenden  Windes  grade  zu 
ihrem  Glücke  ein  grosses  und  hoch  emporragendes  Eiland,  worüber 
sie  in  ihrem  Gemüt  nicht  wenig  erfreut  waren.  Den  Kurs  genau 
dorthin  gerichtet,  fanden  sie  beim  Landen  dasselbe  fremd  und 
niemand  bekannt ;  das  Volk  von  schöner  Gestalt,  weiss  und  wohl 
proportionirt,  sehr  liebreich  und  freundlich,  wie  man  es  sich  nicht 
besser  wünschen  könnte,  um  damit  umzugehn.  Allwo  sie  es  nach 
einip-er  Zeit  dermassen  beschaffen  fanden,  dass  sie,  nachdem  sie 
einen  Mast  bekommen,  wieder  aufnahmen,  ihre  Reise  fortzusetzen, 
und  waren  alle  so  befriedigt,  dass  ihnen  dünkte,  es  könne  nie  mehr 
ihnen  an  etwas  gebrechen  zum  Unterhalt  des  Lebens  als  grosse 
Herren  oder  Ritter  ;  fortgesetzt  prahlten  sie  so  sehr  damit,  nicht 
anders   als   ob   man  das  Gold  und  Silber   so   zu   sagen  beinahe  nur 


1)  Dieselbe  Ijefindet  sich  im  Reichsarchiv  im  I  laag  und  ist  im  Wortlaut,  jedoch  nicht  ganz 
frei  von  kleinen  auf  Schreib-  oder  Lesefehlern  beruhenden  Abweichungen,  veröffentlicht  von 
F.  A.  Leiipc  in  "  Reis  naar  de  Eilanden  tcn  N.  en  O.  van  Japan  door  :Mrt.  Gerr.  Vries,  in 
1643  "'  Amsterdam  1858,  Seite  35-40. 

2)  Hier  sind  spanische  Meilen  oder  Leguas  gemeint ;  dies  geht  hervor  aus  der  später  zu 
besprechenden  Instruktion  für  Vries  (vergl.  Seite  93),  wo  es  heisst,  dass  Versteegen  von 
ungefähr  400  spanischen  oder  343  niederländischen  ]\Ieilen  berichtet  habe.  (Vergl.  den  von 
Lc2ipc  veröffentlichten  Wortlaut  der  Instruktion  in  Reis  naar  de  Eilanden  ten  N.  en  O.  van 
Japan  door  ^ht.  Gerr.  Vries,  in  1643,  Seite  11-34.)  Die  niederländische  entsprach  der 
deutschen  oder  geographischen  Meile.— An  einer  andern  Stelle  seines  Berichtes  spricht  Verstee- 
gen von  "  wie  gesagt  nur  380  bis  90  Meilen  oder  höchstens  400  Meilen  von  Japan." 


3l6  O.    XACIIOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAND. 

vom  Strand  aufraffte,  ja,   sogar  ihre   Kessel   und    andre    Kochge- 
rätschaften seien  daraus  geschmiedet." 

Nachdem  sodann,  unter  mancherlei  Abschweifungen  von  der 
Sache  selbst,  berichtet  worden,  wie  im  Jahre  i6io  oder  1611  auf 
Befehl  des  Königs  von  Spanien  der  in  Mexiko  residirende  Vize- 
könig im  Hafen  Acapulco  eine  Yacht,  genannt  San  Francisco,  zur 
Fahrt  nach  jenem  Lande  habe  ausrüsten  lassen,  heisst  es  Aveiter  : 
*'  Nach  dem  Eintreffen  in  Japan  sollte  aus  dem  Erlös  der  Waaren^ 
wie  auch  wegen  der  guten  Schiffsgelegenheit,  noch  eine  zweite 
Yacht  zu  Oringua^),  so  wie  man  es  dort  für  das  Geeignetste  erachten, 
würde,  gezimmert  werden  ;  und  wird  das  Volk  zu  genanntem  Zuge 
angenommen,  und  war  als  General  an  die  Spitze  gestellt  Jan 
Bastiaen  Busquaine^),  eine  alte,  greise,  gesetzte  Person  von  nicht 
weniger  als  70  Jahren,  nebst  welchem  alle  andren  und  geringeren 
Personen  sich  zur  bestimmten  Zeit  an  der  befohlenen  Stelle  in 
Mexica  und  vor  dem  Vizekönig  einfanden,  allwo  eine  königliche 
Verordnung  öffentlich  vor  allem  Volk  bekannt  gemacht  und 
verkündigt  wurde,  worin  gesagt  war,  dass  Seine  Majestät  auf  die 
Ankündigung  hin  für  gut  gefunden  hatte,  zwei  Yachten  auszurüs- 
ten, um  die  Gold-  und  Silber-Insel,  gelegen  in  der  Südsee  auf  der 
Höhe  von  S7i  Grad  nach  Sichtbarwerden  derselben  zu  erobern  und 
unter  sein  Gebot  zu  bringen,  indem  er  versprach,  einem  jeden,  vom 
Höchsten  bis  zum  Niedrigsten,  nach  Verdienst  einen  Anteil  daran 
zu  geben  und  mehr,  worauf  ihnen  zu  diesem  Zwecke  der  Treueid 
abgefordert  wurde....  In  Japan  angekommen,  hat  der  genannte 
General,  wiewohl  er  alt  und  betagt  war,  sich  angeschickt,  über  alle 
Massen  zu  zechen,  mit  Weibern  sich  einzulassen,  zu  würfeln  und 
zu  spielen,  sodass,  wie  es  heisst,  er  weder  auf  sich  noch  auf  irgend 
etwas  sonst  Acht  gab.  Als  die  Zeit  ihrer  Abreise  heranrückte, 
sind  sie  gemeinsam,  sowol  die  neue,  dort  hergestellte,  als  die  alte, 
mitgenommene  Yacht,  unter  Segel  gegangen  ;  durch  Unvorsich- 
tigkeit jedoch  ist  die  neue  am  hellen  Tage   bei   einer   Insel,    welche 

1)  Hiermit  ist  jedenfalls  der  am  Eingange  der  Bucht  von  Tokyo  gelegene  Hafen  Uraga 
gemeint,  für  den  sich  in  den  damaligen,  holländischen  Berichten  auch  die  Schreibweisen 
Oeringoua  und  Woringouw  und  ähnliche  finden.  In  spanischen  Berichten  lautet  der  Name 
Urangava. 

2)  Eine  Entstellung  des  Namens  Sebastian  Vizcaino,  von  dessen  Träger  noch  ausführlich 
die  Rede  sein  wird. 


O.  NACHOD,  EIX  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       317 

vor  oder  nicht  weit  von  Oringauvva*)  liegt,  auf  einmal  gestrandet, 
und  die  andere,  welche  nicht  ordentlich  ausgebessert  war,  fanden 
sie  so  beschaffen,  dass  sie  genötigt  waren,  wieder  dahin,  von  wo 
sie  kamen,  zurückzukehren  und  die  Yacht  aus  einander  zu  nehmen. 
Alsdann  wurde  weiter,  was  etwa  noch  übrig  blieb,  durchgebracht ; 
denn  es  schien  weder  Rast  noch  Ruhe  zu  sein,  ehe  nicht  alles 
aufgezehrt  war ;  dadurch  Avurde  es  auch  unmöglich,  selbst  ein 
eigenes  Fahrzeug  zur  Rückreise  machen  zu  lassen,  und  nach 
Verbleiben  von  noch  einem  Jahr  waren  sie  genötigt,  sich  auf  einem 
Schiffe  einzuschiffen,  welches  Massamad'^),  ein  grosser  Landesherr 
(in  dessen  Hafen  sie  geankert  gewesen  waren)  auf  seinen  Namen 
machen  und  auf  seine  eigene  Gefahr  mit  denjenigen,  die  einwil- 
ligten sich  einzuschiffen,  nach  Aquapulco  fahren  Hess,  während 
einige  aus  des  Königs  Dienst  traten  und  alsdann  frei  waren. 
Welches  Schiff,  was  mehr  ist,  genanntes  Eiland  selbst  zu  Gesicht 
bekommen,  viel  im  Wasser  hat  treiben  sehn  und  von  Turteltauben 
scliier  angefüllt  worden  ist ;  indessen  mussten  sie,  da  die  Japaner 
die  Herren  waren,  nach  deren  Pfeife  tanzen." 

Soweit  das  Thatsächliche,  das  in  den  weitläufigen  Angaben 
Versteegens  enthalten  war.  Zum  Beweise  für  deren  Glaubwürdig- 
keit nennt  er  als  seine  Gewährsmänner  zwei  Augenzeugen  jener 
Begebenheiten,  nämlich  einen  Holländer  Namens  Marcus  Symon- 
sen,  welcher  selbst  zur  Schiffsmannschaft  der  genannten  Yacht 
San  Francisco  gehört  habe,  sowie  einen  andern  Landsmann, 
Vincent  Romeyn  ;  dieser  habe  zur  betreffenden  Zeit  in  Mexiko 
gelebt  und   nicht   nur  die   erwähnte  Bekanntrnachung  mit  eigenen 


1)  Hiermit  ist  wieder  Hafen  Uraga  (vergl.  Seite  316,  Anm.  i)  gemeint.  Bei  Lcnipc  (Seite 
37)  steht  an  Stelle  dieses  Namens  der  Buchstabe  G  nebst  vier  Punkten  (G... . ).  Anscheinend 
hat  er  den  im  Original  etwas  undeutlich  geschriebenen  Namen  nicht  entziffern  können  ;  das 
Wort  ist  hier  nämlich  abgeteilt,  indem  die  ersten  vier  Buchstaben  das  Ende  einer  Zeile  und 
die  fünf  anderen  den  Anfang  der  nächsten  Zeile  bilden.  Von  diesem  Teil  des  Wortes 
(gauwa)  hat  Leupe  nun  den  Anfangsbuchstaben  G  ermittelt  und  die  anderen  vier  durch 
Punkte  angedeutet. 

2)  Es  war  dies  der  Daimyo  von  Mutsu,  der  nördlichsten  Provinz  der  japanischen 
Hauptinsel  Hondo.  Dieser  damals  sehr  christenfreundliche  Fürst,  dessen  Name  gewöhnlich 
Date  Masamune  geschrieben  wird,  ist  bekannt  geworden  durch  seine  unter  Führung  des 
Franziskaners  Ludwig  Sotelo  1615  in  Rom  eingetroffene  Gesandtschaft  an  den  Papst. 
(Anstatt  ]Mutsu  erscheint  bisweilen  auch  der  Name  Oshiu,  Oosioe  oder  Voxu.)  Näheres 
über  Date  Masamune  siehe  Seite  39-42. 


3l8  O.    NACHOD,    EIN   UNENTDECKTES   C.OLDLx\ND. 

Ohren  gehört,  sondern  sogar  eine  der  mit  dem  japanischen  Schiffe 
zurückgekehrten  Personen  gesprochen,  welche  ihm  erklärt  hätte, 
die  Insel  wirklich  gesehen  zu  haben.  Versteegen  war  von  1634- 
1635  als  Vertreter  der  damals  noch  in  Hirado  befindlichen, 
japanischen  Faktorei  der  Niederländischen  Ostindischen  Kompagnie 
ein  Nagasaki  angestellt,  wo  auch  Symonsen  und  Romeyn  wohnten. 
Der  Erstere  gehörte  zu  den  im  Jahre  1600  mit  dem  ersten 
niederländischen,  nach  Japan  gelangten  Schiffe  an  der  dortigen 
Küste  Gestrandeten  ;  der  Letztere  trieb  dort  Handel  in  Gemein- 
schaft mit  Melchior  van  Santvoort,  einem  der  anderen  der 
erwähnten,  im  Jahre  1600  nach  Japan  gelangten  Holländer. 
Versteegen  war  nun  der  Schwiegersohn  van  Santvoorts,  der 
vermutlich  eine  Japanerin  zur  Frau  genommen  hatte,  geworden 
und  hatte  so  durch  seine  persönlichen  Beziehungen  Gelegenheit 
gefunden,  die  in  seiner  Denkschrift  berichteten  merkwürdigen 
Begebenheiten  zu  erfahren.') 

Zwei  selbständige  und  zeitlich  von  einander  getrennte 
Thatsachen  bilden  den  Gegenstand  des  Versteegenschen  Berichtes: 
erstens  die  durch  ein  vom  Sturm  verschlagenes  Schiff  zufällig  er- 
folgte Entdeckung  des  Goldlandes  unter  Bestimmung  von  dessen 
Lage  nach  geographischer  Breite  und  nach  Meilenabstand  von 
Japan,  leider  aber  ohne  Angabe  der  Jahreszahl,  an  deren  Stelle 
nur  der  sehr  wenitr  sasfende  Ausdruck  "vor  sehr  geraumer  Zeit 
(seer  ruymen  tyt  geleden)  "  vorkommt ;  zweitens  die  infolgedessen 
im  Jahre  1610  oder  161 1  seitens  der  spanischen  Regierung  dorthin 
unternommene,  wegen  der  näheren  Umstände  jedoch  erfolglos 
gebliebene  Entdeckungsreise. 

Prüfen  wir  nun,  ob  und  inwieweit  diese  beiden  Angaben, 
welche  später  zum  Ausgangspunkt  für  wichtige  Forschungsreisen 
geworden  sind,  auf  Wahrheit  beruhen. 


1)  Näheres  hierüber  siehe  N'ac/iod,  Die  Beziehungen  der  Niederländischen  Ostindischen 
Kompagnie  zu  Japan  im  17.  Jaiirhundcrt,  Seite  225,  271,  307. 


().  XACHOD,  EIN  UNENTDKCKTES  GOLDLAND.       3  I  (j 

KAP.     III. 

ANGEBLICHE  AUFFINDUNG  DER  GOLD-  INSEL  DURCH 
EIN    DORTHIN    VERSCHLAGENES    SCHIFF. 


Den  ersten  Punkt  anlangend,  wäre  es  gewiss  kaum  möglich 
gewesen,  ein  solch  merkwürdiges  Ereigniss  auf  die  Dauer  geheim 
zu  halten  ;  denn  die  bald  nach  allen  Richtungen  zerstreute 
Mannschaft  des  Schiffes  würde  die  Kunde  davon  sicher  verbreitet 
haben.  Daher  müsste  man  erwarten,  in  einem  der  vielen  Berichte 
über  die  Entdeckungsreisen  jener  Zeit  einer  Bestätigung  oder  doch 
wenigstens  einer  Erwähnung  dieser  Sache  zu  begegnen.  Soweit 
denselben  aber  nicht  die  Denkschrift  Versteegens  mittelbar  oder 
unmittelbar  zu  Grunde  liegt,  habe  ich  darin  auch  nicht  den 
eerinesten  Anhalt  hierfür  finden  können.  Es  muss  dies  umsomehr 
auffallen,  als  es  durchaus  nicht  an  Aufzeichnungen  und  Schiffstage- 
büchern damaliger,  mit  dem  betreffenden  Meeresgebiete  vertrauter 
Steuermänner  fehlt.  So  enthält  z.  B.  das  zuerst  zu  Amsterdam  im 
Jahre  1595  gedruckte,  die  streng  gehüteten  Geheimnisse  der 
spanisch-portugiesischen  Schiffahrt  der  ganzen  Welt  offenbarende 
Werk  des  Holländers  Jan  Huygcn  van  Linse Jiotcn  "  Reys-Gheschrift 
van  de  navigatien  der  Portugaloysers  in  Orienten",  Avelches  eine 
Zusammenstellung  von  solchen  Steuermann-Anweisungen  unter 
Hinw^eis  auf  die  zu  begegnenden  Hindernisse  bildet,  nicht  weniger 
als  fünf  Kapitel,  in  denen  die  spanische  Schiffahrt  zwischen  Mexiko 
und  Ostasien  behandelt  wird.  Neben  dem  Bericht  einer  Reise  aus 
Makao  nach  Mexiko  ohne  Jahreszahl  (Kap.  50.)  und  einem  1585  in 
Makao  niedergeschriebenen  Steuermannsbericht  über  eine  Reise 
von  den  Philippinen,  bez.  von  Makao,  nach  Mexiko  (Kap.  51)  teilt 
van  Linschoten  eine  w^örtliche  Uebersetzung  des  von  dem 
spanischen  Kapitän  und  Pilot  Franciscode  Gualle  ^)  verfassten 
Aufsatzes  mit  über  dessen  Reise  von  Acapulco  nach  den  Philippinen 
(1582,  Kap.  52).,  von  Manila  nach  Makao  (Kap.  53)  und  von  dort 
nach  Acapulco   zurück  (1584,  Kap.  54),   und  zwar  nach  einer  dem 


1)  In  spanischen  Quellen  lautet  dieser  Name  auch  Francesco   Gali  oder,  wie  bei   de 
Navarretc,  Biblioteci  INIaritima  Espanola,  Band  I,  Seite  465,   Francisco  Quelle, 


320  O.   NACHOD,    EIN    UXEXTDECKTES   GOLDLAX D. 


Vizekönig  von  Indien  in  Goa  gesandten  Abschrift  des  Originals  ; 
durch  seine  damah'ge  Stellung  im  Dienste  des  Erzbischofs  zu  Goa 
mochte  es  vcdi  Linschoten  wol  gelungen  sein,  sich  die  Kenntniss 
derartiger  Schriftstücke  zu  verschaffen.  Gualle  schildert  nun 
ausdrücklich  die  Meeresstrecke  bis  700  Meilen  jenseits  Makao  und 
200  Meilen  Entfernung  von  Neu-  Spanien  als  eine  geräumige  See 
ohne  Hindernisse'),  sowie  dass  sein  Kurs  ihn  nach  der  Küste  von 
Neu-Spanien  auf  der  Höhe  von  37^  Grad  gebracht  habe, 
sonderbarerweise  genau  dieselbe  Breite,  in  der  die  Goldinsel  nach 
dem  Vcrsteegenschen  Berichte  liegt.  Von  dieser  und  ihrer 
merkwürdigen  Entdeckung  wird  aber  weder  bei  Gualle  noch  in  den 
beiden  andern  spanischen  Berichten  auch  nur  das  Geringste 
erwähnt ;  im  Gegenteil  weist  Gualle  ja  ausdrücklich  darauf  hin, 
dass  diese  Meeresstrecke  frei  von  irgend  welchen  Hindernissen  sei, 
wie  sie  eine  solche  Insel  für  die  Schiffahrt  doch  zweifellos  bedeuten 
Avürde.  Auch  in  dem  andren  berühmten  Werke  van  LiiiscJioteiis 
über  die  Schiffahrt  nach  Ostindien^),  welches  eine  Beschreibung  von 
Asien  nebst  den  während  van  LinscJiotens  Anwesenheit  dort 
vorgefallenen  Ereignissen,  sowie  in  einem  Anhang  eine  Schilderung 
der  damals  bekannten  Länder  Afrikas  und  Amerikas  enthält,  ist 
der  angeblichen  Goldinsel  mit  keiner  Silbe  gedacht,  sodass 
anzunehmen,  dass  das  Gerücht  hiervon  erst  nach  der  1582  erfolgten 
Abreise  Gualles  aus  Neu-Spanien  dort  aufgekommen  und  in  Indien, 
das  Linschoten  1589  verliess,  damals  noch  nicht  verbreitet  war. 

Dagegen  ergibt  sich  aus  Handschriften,  welche  im  Archivo 
General  de  Indias  zu  Sevilla'^)  aufbewahrt  sind,  dass  seit  den 
achtziger  Jahren  des    16.   Jahrhunderts    die    spanischen  Behörden, 

1;  "  een  ruyme  ende  spacieuse  Zee  sonder  eenighe  mocyte  ofte  swarigheyt  van  eenighe 
verhinderinghe  in  den  wegh  te  hebben."     (Seite  104.) 

2)  Itinerario,  Voyage  ofte  Schipvaert  van  Jan  Hiiygeti  van  LinscJiotcn  naer  Oost  ofte 
Portugaels  Indien  ;  Amsterdam  1596. 

3)  Die  Kenntniss  der  hauptsächlich  in  diesem  Kapitel  und  in  dem  2.  Abschnitt  des 
nächsten  benutzten,  bisher  unvcrüffentlichtcn  Handschriften  aus  dem  Archivo  General  de 
Indias  zu  Sevilla  vei-danke  ich  der  grossen  Liebenswürdigkeit  des  Herrn  Dr.  J.  E.  Heeres, 
Professor  am  Kolonial-  Institut  zu  Delft,  bekannt  durch  seine  Verdienste  um  die  Herausgabe 
und  Bearbeitung  der  im  Reichsarchiv  im  Haag  befindlichen,  für  die  Entdeckungs-  und 
Kolonial-Geschichte  so  überaus  wichtigen  Akten  der  Niederländischen  Ostindischen 
Kompagnie.  Derselbe  veröffentlichte  jüngst  ein  in  der  Ausstattung  ebenso  vornehmes,  als 
dem    Inhalt    nach    wertvolles    Prachtwerk    unter   dem    Titel :       Abel    Tanszoon    Tasman's 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAXD.       321 

sowohl  in  Neu-  Spanien  als  in  den  Philippinen,  sich  mit  der  An- 
gelegenheit der  Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata  bereits  befassten, 
und  zwar  war  es,  wie  so  häufig  in  der  Geschichte  der  spanischen 
Entdeckungen,  ein  gelehrter  Geistlicher,  der  Bruder  Andres  de 
Aguirre,  der  die  Veranlassung  dazu  wurde.  Dieser,  einer  der 
Gefährten  Legazpis  bei  dem  Zuge  zur  Unterwerfung  der  Philippinen 
(1564),  "ein  kluger  und  zuverlässiger  Kenner  der  Weltbeschreibung 
(cuerdo  y  acertado  cosmögrafo)  ",  wie  ihn  in  einem  Berichte  an  den 
König  von  Spanien  ein  späterer  Vizekönig  in  Mexiko  bezeichnet^),, 
beschreibt  in  einem  Briefe  an  den  Erzbischof  Don  Pedro  Moya  de 
Contreras,  den  damaligen  Guvernör  und  General-Kapitän  von  Neu- 
Spanien,  wahrscheinlich  vom  Jahre  15S3  oder  1584"),  die 
Entdeckung  von  Inseln  östlich  von  Japan,  welche  allerdings  nicht 

Journal  of  his  discovery  of  Van  Diemens  Land  and  Xew  Zealand  in  1642,  with  documents 
relating  to  his  exploration  of  x\ustralia  in  1644,  being  photo-  lithographic  facsimiles  of  the 
original  manuscript  in  the  colonial  archives  at  the  Hague,  with  an  Enghsh  translation  and 
facsimiles  of  original  maps  to  which  are  added  Life  and  Labours  of  Abel  J'anszoon  Tasman 
(Amsterdam  1898).  Indem  letzteren,  auf  gründlicher  Sachkenntniss  beruhenden  Teile  ist 
ein  besonderes  Kapitel  (Seite  15-37)  den  Inseln  Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata  gewidmet,  da 
Tasman  der  Kapitän  eines  der  im  Jahre  1639  zur  Entdeckmig  dieser  Inseln  ausgesandten 
beiden  Schiffe  war.  Ausser  einer  ausführlichen  Schilderung  dieser  Unternehmung  enthält 
dasselbe  eine  Uebcrsicht  über  die  sämmtlichen  auf  die  Entdeckung  des  Wunderlandes 
gerichteten  Bestrebungen  unter  besonderer  Berücksichtigung  der  Quellen,  der  Ergebnisse 
und  der  Litteratur.  Betreffs  der  hierzu  erforderlichen  spanischen  Unterlagen  hatte  sich 
Professor  Heeres  an  den  durch  seine  Forschungen  über  die  Philippinen  bekannten  Herrn 
W.  E.  Retana  in  Madrid  gewandt.  Mit  grösster  Liebenswürdigkeit  besorgte  ihm  dieser 
Auszüge  von  zahlreichen  Dokumenten  aus  dem  Archiv  zu  Sevilla,  welche  auf  die  Rica  de 
Oro  und  Rica  de  Plata  Bezug  haben,  und  deren  wesentlichsten  Inhalt  hier  Professor  Heeres 
zum  ersten  .Male,  wenn  auch  entsprechend  dem  hierzu  vei'fügbaren  knappen  Raum  in 
gedrängter  Kürze,  bekannt  macht.  Diese  Auszüge  nun,  eine  Sammlung  von  einigen 
vierzig  Nummern,  meist  im  Wortlaut  gehalten,  die  eine  Fülle  von  bisher  unbekannten 
Einzelheiten  darbieten,  hatte  Professor  Heeres  die  grosse  Güte,  mir  zur  eingehenden 
Bearbeitung  im  vorliegenden  Aufsatz  zu  überlassen,  und  sei  es  mir  gestattet,  auch  an  dieser 
Stelle  ihm  meinen  verbindlichsten  Dank  hierfür  auszudrücken. 

1)  Brief  des  Vizekönigs  von  Neu-  Spanien,  Don  Luis  de  Velasco,  .Marquis  de  Salinas, 
vom  21.  Oktober  1609  an  den  König  von  Spanien,  Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 

2)  Dieses  ebenfalls  im  Archiv  zu  Sevilla  befindliche  Schreiben  wurde  veröffentlicht  in 
Coleccion  de  documentos  ineditos,  relativos  al  descubrimiento,  conquista  y  organizacion  de 
las  antiguas  posesiones  Espanolas  en  America  y  Oceania,  sacados  de  los  Archivos  del  Reine, 
y  muy  especialmente  del  de  Indias,  Band  XIII,  Seite  545-549,  Madrid  1870  (der  Kürze 
halber  im  Weiteren  als  Documentos  ineditos  XIII  zitirt).  Es  trägt  hier  die  Ueberschrift  : 
"  Brief  von  Fray  Andres  de  Aguirre  an  den  Hochwürdigsten  Herrn  Erzbischof  von  Mexico, 
Guvernör  und  General-Kapitän  von  Neu-Spanien,  Kunde  gebend  von  der  Entdeckung  der 


322 


O.   NACIIOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAXI). 


Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata  von  ihm  genannt  werden;  die  ganze 
Darstellung  zeigt  aber  neben  mancherlei  Abweichungen  so  auffal- 
lende Uebereinstimmungen  mit  den  Angaben  im  Berichte  Ver- 
steegens, ja  fast  wörtliche  Anklänge  in  gewissen  Einzelheiten^),  dass 
zweifellos  diese  Angaben  Aguirres  es  sind,  welche  der  Kunde  über 
•die  angebliche  Auffindung  der  Gold-  und  Silberinseln  zu  Grunde 
liegen. 

Am  Beginn  seines  Schreibens  rühmt  Aguirre  die  Wichtigkeit 
der  vom  Erzbischof  beabsichtigten  Entdeckungen  sowol  in  dem 
westlich  von  Neu-  Spanien  liegenden  Gebiete  des  Stillen  Ozeans, 
als  an  der  unbekannten  Verlängerung  der  Küste  von  Kalifornien, 
nördlich  über  den  41.  Ikeitengrad  hinaus;  "denn,"  so  setzt  er  hinzu, 
"es  gilt  für  sicher,  dass  sie  zusammenhängt  mit  der  Küste  von 
China,  wenn  sie  nicht  durch  eine  schmale  Meeresstrasse,  die  von 
Anian  genannt,  getrennt  sind  ;  soweit  bekannt,  ist  dies  am 
äussersten  Ende  der  von  China  entdeckten  Küste  in  52  Grad  Breite. 
Nach  einem  Berichte  eines  portugiesischen  Kapitäns  an  den  Padre 
Fray  Andres  de  Urdaneta  gibt  es  in  jenem  Gebiete  und  in  dem 
zwischen   den    Inseln   von   Japan   bis   zum   äussersten  von  unserer 

Islas  de  Armenio  genannten  Inseln  an  der  Siidseeküste  (Jahr  1583)."  Das  Schreiben  selbst 
trägt  kein  ]:)atum,  und  es  herrsclit  bezüglich  der  Jahreszahl  keine  Sicherheit  ;  denn  nach  dem 
■oben  (Anm.  i)  erwähnten  Schreiben  des  Vizekönigs  von  Neu-Spanien,  dem  eine  Abschrift 
•des  Briefes  von  Aguirre  beigefügt  war,  stammte  dieser  aus  dem  Jahre  1584,  während  der 
Herausgeber  der  Documentos  ineditos  der  Aufschrift  in  Klammer  die  Jahreszahl  1583 
beigefügt  hat  und  im  Register  dieses  Bandes  (Seite  575)  1588  angegeben  ist ;  Letzteres 
dürfte  aber  \\-ohl  nur  ein  Druckfehler  sein.  In  dem  von  de  Xavarrcte  in  seiner  Biblioteca 
Maritima  Espanola  (Madrid  1851,  2  Bände)  Aguirre  gewidmeten  Ai-tikel  (Band  T,  Seite 
70-74)  wird  der  fragliche  Brief  auch  besprochen  und,  zum  Teil  im  Wortlaut,  zum  Teil  im 
Auszug,  mitgeteilt,  und  zwar  als  eine  an  den  Guvernör  von  Neu-Spanien  gerichtete 
Denkschrift  mit  dem  Titel  :  Discurso  ö  sea  informe  en  que  espone  la  importancia  dellevar  ä 
efecto  la  resolucion  de  S.  Ilma.  sobre  la  continuacion  de  los  descubrimientos  hacia  cl  Poniente 
desde  los  41  o.  de  latitud.  Auch  de  Ä'^avarreie  svigt,  dass  man  das  Datum  des  Schriftstücks 
nicht  kenne,  dass  es  aber  ohne  Zweifel  erst  nach  Aguirres  Rückkehr  von  Spanien  nach  Mexiko 
(1567  oder  1568)  geschrieben  sei.  ßezüghch  der  nicht  im  Wortlaut  berichteten 
Reichtümer  auf  der  Insel  des  Armeniers  spricht  de  Xavarrcle  (Seite  74)  irriger  Weise  u.  a. 
auch  von  Gold  und  nicht  von  Silber,  während  in  Wirklichkeit  Aguirre  doch  nur  Silber,  Gold 
aber  nicht  nennt. 

=5)  Man  vergleiche  die  Worte  Versteegens  "  't  volcq  van  schoondcr  gedaente,  blanck 
ende  wel  geproportioneert,  seer  min  ende  vriendelyck  "  (Lcupe,  Seite  35-36)  mit  denen  von 
Aguirre  "  la  gente  blanca  y  bien  dispuesta,  bien  tratada  y  vestida  de  sedas  y  ropa  fina  de 
algodon,  gente  amorosa  y  muy  afable  "  (Documentos  ineditos  XIII,  Seite  548). 


i 


O.  NACHOD,  EIN  UNEXTDECKTES  GOLDLAND.       323 

Küste  entdeckten  Ende  sehr  reiche  Insehi,  stark  bevölkert  mit 
Menschen  von  vieler  Höflichkeit  (islas  muy  ricas,  muy  pobladas  de 
gente,  de  mucha  policia)." 

AgLiirre  beschreibt  nun,  wie  er  Kenntniss  erhalten  \^on  diesem 
"Berichte,  welchen  "ersah  und  las."  Wie  schon  erwähnt,  hatte 
Aguirre  die  berühmte  Eroberungs-  und  Entdeckungsreise  unter 
Legazpi  mitgemacht,  an  welcher  auch  Urdaneta  Anteil  hatte,  und, 
so  fährt  Aguirre  fort,  "  auf  welcher  die  Philippinen-Inseln 
entdeckt^)  und  besiedelt  und  die  Schiffahrt  dorthin,  sowie  von  dort 
nach  Neu-Spanien  zurück,  entdeckt  wurde."  Später  waren  Beide, 
Urdaneta  und  Aguirre,  nach  Spanien  zurückgekehrt,  um  dem 
König  über  die  Reise  Meldung  zu  machen  ;  auch  den  von  jenem 
portugiesisclien  Kapitän  erhaltenen  Bericht  überlieferte  hier 
Urdaneta  dem  Könige.  In  Aguirres  Brief  heisst  es  dann  aber 
weiter  :  "  und  ich  nahm  Abschrift  davon  und  bewahrte  sie  auf,  bis, 
als  ich  mit  dieser  Flotte  aus  Spanien  reiste,  das  Schiff  unterging,  in 
welchem  ich  kam,  und  mit  ihm  verlor  ich  den  Bericht  und  alles, 
was  ich  mit  mir  führte  und  womit  Seine  Majestät  mir  Gnade  und 
Almosen  erwiesen  hatte."  Aus  dem  Gedächtniss  teilt  nun  Aguirre 
mit,  dass  den  Inhalt  des  Berichtes  in  Kürze  Folgendes  bildete  : 

"  Ein  portugiesisches  Schiff  fuhr  von  Malakka  nach  den  Inseln 
von  Japan  und  lud  in  der  Stadt  Canton  chinesische  Waren  ein,  und 
als  es  sich  dem  Gesichtskreise  von  Japan  näherte,  gab  es  einen- 
Weststurm,  so  heftig,  dass  man  diese  Inseln  nicht  erreichen 
konnte.  Und  man  lief  mit  schwachem  Segel  acht  Tage  bei  sehr 
nebligem  Wetter,  ohne  irgend  welches  Land  wahrgenommen  zu 
haben.  Am  neunten  Tage  Hess  das  Wetter  nach  und  klärte  sich 
auf,  und  sie  bekamen  zwei  grosse  Inseln  zu  Gesicht ;  sie  landeten 
an  einer  derselben  in  einem  guten  Hafen,  wo  sich  eine  grosse,  mit 
guter  Steinmauer  umgebene  Stadt  befand.  In  diesem  Hafen  waren 
viele  grosse  und  mittlere  Schiffe.  Nach  ihrer  Einfahrt  in  den 
Hafen  fanden  sich  bei  dem  Schiffe  vom  Lande  viele  Leute  ein,  gut 
gekleidet  und  gepflegt.  Und  indem  er  denen  vom  Schiff  viel 
Liebes  erwies,  und  da  er  erfuhr,  dass  es  Kaufleute  seien,  sandte  der 
Herr  jener  Insel  und  Stadt,  um  dem  Kapitän  des  Schiffes  zu  sagen, 
dass  er  nebst  seinen  Leuten,  die  er  wünsche,  an  Land  ginge,   ohne 

1)  Entdeckt  waren  die  Philippinen  bereits  1521   auf  der  Erdumseglung  von  Magalhacä 
undi543  unter  Villalobos  auf?  Neue  besucht  worden. 


324       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

irgend  welche  Besorgniss,  dass  ihnen  ein  Leid  geschehe,  vielmehr 
biete  er  ihnen  durchaus  gute  Aufnahme  an,  und  dass  er  ein 
Verzeichniss  der  Waren  mitnehme,  welche  sie  in  ihrem  Schiffe 
führten,  damit  sie  sie  ihm  zu  seiner  Zufriedenheit  abnähmen  und 
eintauschten.  Der  Kapitän  teilte  dies  seinen  Leuten  mit  und 
entschloss  sich,  den  Schiffsschreiber  nach  der  Stadt  zu  senden  mit 
dem  Verzeichniss  der  Waren  und  mit  zwei  Kaufleuten,  einem 
Portugiesen  und  einem  Armenier,  welche  Bürger  von  Malakka 
waren.  Der  Herr  des  Landes  empfing  sie  in  seinem  Hause, 
welches  gross  und  wohlgebaut  war,  und  behandelte  sie  mit  vieler 
Freundschaft  und  Bewirtung.  Sie  verstanden  sich  durch  Zeichen 
und    [vernahmen],   dass   das   Reich  sehr  fruchtbar  war  und  reich 

an   Silber  und   andern   Dingen,   an   Seide  und  Stoffen ^)  Der 

portugiesische  Kaufmann  kehrte  zurück  nach  dem  Schiff,  um  die 
Waren  in  ein  Haus  zu  bringen,  welches  sie  ihm  gaben.  Und  der 
Armenier  blieb  bei  dem  Herrn  des  Landes  und  wurde  behandelt 
tnit  guter  Bewirtung,  bis  die  Waren  an  Land  gebracht  waren,  wo 
■eine  grosse  Zahl  Leute  herbeilief,  um  gegen  Silber  in  grosser 
Menge  einzutauschen  ;  in  dreissig  und  etlichen  Tagen  verkauften 
sie  alle  ihre  Waren,  wobei  sie  grossen  und  reichen  Gewinn  machten, 
mit  welchem  sie  alle  sehr  reich  abzogen,  und  während  der  Zeit,  wo 
sie  auf  dieser  Insel  waren,  beluden  sie  ihr  Schiff  mit  Silber;  und  sie 
vernahmen,  dass  der  Herr  derselben  auch  Herr  der  andern  Insel 
war,  welche  in  einer  F^ntfernung  von  vier  Meilen  sichtbar  war;  und 
von  andern,  welche  es  in  der  Nähe  gab,  alle  reich  an  Silber  und 
sehr  bevölkert,  die  Leute  weiss  und  gut  gewachsen,  gut  gekleidet 
und  angethan  mit  Seide  und  feinen  Stoffen  aus  Baumwolle, 
liebreiche  und  sehr  gefällige  Leute,  deren  Sprache  verschieden  von 
der  der  Chinesen  und  Japaner  und  leicht  zu  lernen  war,  da  in 
weniger  als  vierzig  Tagen,  welche  die  Portugiesen  auf  dieser  Insel 
verblieben,  sie  sich  mit  den  Eingeborenen  verstanden.  Diese 
Inseln  sind  fruchtbar  an  guten  Lebensmitteln  :  Reis,  welches  das 
von  ihnen  benutzte  Brod  ist.  Vögel  wie  die  unsrigen  in  grosser 
Menge,  zahme  Gänse  und  viele  Schweine,  Ziegen,  Büffel  und  viel 
Rotwild  und  Wildschweine,  in  grosser  Menge  von  verschiedener 
Gestaltung,  und  Geflügel,  viele  gute  Fische  und  eine  grosse  Menge 
von  Früchten  vieler  Arten.     Das  Klima  des  Landes  [ist]  sehr  gut 

^)  Hier  ist  im  Original  eine  kleine  Lücke. 


O.  XACHOD,  EIX  UXENTDECKTES  GOLDLAND.       325 

und  gesund  :  es  waren  diese  Inseln  in  der  Breite  von  fünfunddreis- 
sig  bis  vierzig  Grad  ;  die  Länge  von  Japan  bis  zu  ihnen  konnte 
nicht  ermittelt  werden,  weil  man  mit  Sturm  und  sehr  nebÜGrem. 
dunklem  Wetter  gefahren  war.  Sie  fuhren  von  Japan  nacli  Osten 
und,  nachdem  sie  ihren  Tauschhandel  gemacht,  kehrten  sie 
zurück  nach  Malakka.  Als  Namen  gaben  sie  jenen  Inseln  aus 
Achtung  für  den  armenischen  Kaufmann,  welcher  unter  den 
Leuten  des  Schiffes  sehr  angesehen  war,  Islas  de  Armenio." 

An  diese  eingehende  und  anziehende  Schilderung  knüpft 
Aguirre  die  Worte  :  "Das  ist  das,  was  ich  von  diesem  Berichte  im 
Gedächtniss  habe  "  und  schliesst  sein  Schreiben  miteinig-en  kurzen 
Bemerkungen  über  die  Wichtigkeit  und  die  Ausführung  dieser  und 
anderer  in  jenem  Meeresgebiete  zu  machenden  Entdeckungen. 

Der  Erzbischof  zögerte  nicht,  die  Sache  in  die  Hand  zu 
nehmen.  Bereits  in  einem  Briefe  vom  22.  Januar  1585  ^)  teilt  er 
dem  König  von  Spanien  mit,  dass  er  die  Anfertigung  von  zwei 
Fregatten  befohlen  habe,  bestimmt  zur  Erforschung  und  Ent- 
deckung der  pazifischen  Küste  Neu-  Spaniens.  Dieser  Schiffsbau  un- 
terblieb zwar,  aber,  wie  einige  Monate  später  gemeldet  wird,  erhielt 
der  Kapitän  Francesco  Gali,  über  dessen  Reise  im  Grossen  Ozean 
1582-1584  wir  durch  vaii  LinscJioten — er  heisst  dort  Francisco  de 
Gualle — unterrichtet  sind  (vergl.  Seite  13-14)  Befehl,  mit  dem 
Schiffe  San  Juan,  mit  dem  er  1584  nach  Acapulco  zurückge- 
kehrt war,  nach  den  Philippinen  zu  segeln,  um  von  dort  aus  die 
Entdeckungsreise  anzutreten  und  "aufzunehmen  das  feste  Land 
von  Japan,  die  Islas  del  Armenio  und  alle  übrigen  (Inseln),  wozu 
er  Grund  hätte,  in  der  Südsee  und  an  der  Küste  von  Neu-  Spanien," 
eine  trotz  der  Kürze  des  Ausdrucks  gar  viel  umfassende  Aufgabe, 
zu  deren  Lösung  er  am  25.  März  1585  absegelte.^) 


^)  Brief  des  Erzbischofs  Don  Pedro  Moya  de  Contreras,  Vizekönigs  von  Neu-  Spanien, 
aus  :\Iexiko  an  den  König  von  Spanien,  Abschnitt  29  ;  Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 

2)  Brief  desselben  an  den  König  aus  Mexiko  vom  8.  Mai  1585,  Abschnitt  33-40,  und 
Brief  seines  Nachfolgers,  des  Marquis  de  Villamanrique,  an  den  König  aus  Mexiko  vom  10. 
Mai  1586,  Abschnitt  14  ;  beides  Handschriften  im  Archiv  zu  Sevilla.  Die  zitirten  Worte 
sind  aus  dem  letzteren  Schreiben. 


326  O.   NACHOI),    EIX   UNEXTDECKTES   GOLDLAXD. 

Wie  diese  von  statten  ging  oder  vielmehr  misslang,  erfahren 
wir  aus  einem  Berichte  von  Galis  Nachfolger'),  dem  Kapitän  Pedro 
de  Unamunu.  Es  heisst  hier,  dass  er  von  den  Islas  Babuyanes  aus, 
einer  kleinen  Inselgruppe  nördlich  von  Luzon,  seinen  Kurs  nach 
einer  Insel,  genannt  Rica  de  Oro  nahm,  welche  auf  einigen  Seekarten 
in  der  Höhe  von  29  bis  31  Grad  gemalt  war.  Nachdem  er  unter  25 
Grad  zwei  unbewohnte  Inseln  angetroffen,  forschte  er  nach  der 
Insel  Rica  de  Oro,  jedoch  ohne  jeden  Erfolg,  ebenso  wie  nach  der 
Insel  Rica  de  Piata ;  er  glaubte  sich  daher  zu  der  Annahme 
berechtigt,  dass  genannte  Inseln  überhaupt  nicht  existiren,  und  dass 
jemand,  der  nur  durch  Hörensagen  von  ihnen  v^ernommen,  ihre 
P^intragung  auf  der  Karte  veranlasst  habe.  Ebensowenig  vermochte 
er  die  Isla  del  Armenio  zu  finden,  deren  Lage  zwischen  34  und  35 
Grad  angesetzt  war.^) 

Hier  also  zum  ersten  Male  erscheinen  die  Namen  Rica  de  Oro 
und  Rica  de  Plata,  leider  ohne  jeden  andern  Hinweis,  woher  sie 
stammen,  als  die  Annahme  Unamunus,  dass  sie  auf  blosses 
Hörensagen  hin  in  die  Karten  ein.getragen  worden.  Neben  ihnen 
ist  hier  noch  ausdrücklich  die  Rede  von  der  Insel  des  Armeniers, 
Avährend  dieser  Name  später  nicht  mehr  vorkommt  und  alles 
hierauf  Bezügliche  einfach  auf  die  Inseln  Rica  de  Oro  und  Rica  de 
Plata  übertragen  wird.  Dass  dies  nicht  nur  eine  Vermutung  ist, 
sondern  wirklich  der  Fall  war,  ergibt  sich  aus  einem  Schreiben 
eines  späteren  Vizekönigs  von  Neu-Spanien  an  den  König  ^),  dem 
eine  Abschrift  jenes  Schreibens  von  Aguirre  an  den  Erzbischof  de 
Contreras  beigefügt  war  mit  dem  Bemerken,  dass  darin  über  die 
Inseln  Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata  berichtet  werde,  Avährend 
diese  Namen  darin  doch  gar  nicht  vorkommen  und  immer  nur  von 
den  Islas  de  Armenio  die  Rede  ist. 

1)  Wie  in  einem  Briefe  des  Vizekönigs  von  Xeu-Spanien,  Marquis  de  Villamanrique,  an 
den  König  vom  lo.  Dezember  1587  aus  Mexiko  (Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla) 
berichtet  Avird,  konnte  Gali  die  Entdeckungsreise  nicht  machen,  weil  der  Präsident  de 
Philippinen,  Dr.  Santiago  de  Vera,  ihn  daran  verhindert  hatte. 

2)  Relacion  y  derrotero  del  A'iage  y  navegacion  (Bericht  und  Schiffstagebuch  der  Reise 
und  Schiffahrt),  gemacht  durch  den  Kapitän  Pedro  de  Unamunu  von  Macau  (Makao)  aus 
l^.is  Acapulco  in  der  Fregatte  Nucstra  Senora  de  la  Espeianza  ;  Handschrift  von  1587  im 
Archiv  zu  Sevilla. 

3)  Brief  des  Vizekönigs  von  Neu-Spanien  Marijuis  de  Sa'iaas  vom  21.  Oktober  1609, 
Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 


O.    NACHOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAND.  32;^ 

Sehr  frühzeitig  schon  fanden  die  Namen  Rica  de  Oro  und  Rica 
de  Plata  Eingang  in  die  Litteratur  ;  die  erste  Erwähnung  kommt 
vor  in  einem  1609  zu  Mexiko  gedruckten  Buche  über  die  Philip- 
pinen^), dessen  angesehener  Verfasser  Antonio  de  Morga  zuvor  in 
Manila  hohe  Staatsämter  bekleidet  hatte.  Bei  Besprechung  der 
Schiffahrt  zwischen  Manila  und  Neu-  Spanien  bemerkt  er,  dass  die 
Schiffe  in  einer  Entfernung  von  400  Meilen  von  den  Philippinen 
die  Vulkane  und  Klippen  der  bis  24  Grad  reichenden  Ladronen- 
Inseln  wahrnehmen,  dann  zwischen  andren,  selten  gesehenen 
Inseln  fahren  und  bei  38  Grad  in  der  Nähe  der  Insel  Rica  de  Oro 
und  Rica  de  Plata,  welche  selten  erkannt  würden,  Stürmen  und 
kaltem  Wetter  begegnen^).  Dies  Wenige  ist  leider  alles,  was  de 
Morga  über  die  Letzteren  berichtet,  und  noch  dazu  mit  dem 
bedenklichen  Zusätze,  dass  die  fraglichen  Inseln  "  selten  erkannt 
würden."  Wie  man  Kunde  von  ihnen  erlangt,  übergeht  de  Morga 
mit  Stillschweigen,  als  ob  für  die  betreffenden  Seefahrer  die  Sache 
gar  keinem  -Zw^eifel  unterläge.  Bemerkenswert  erscheint  seine 
Angabe  über  die  geographische  Breite  ;  sollte  diese  aber  vielleicht 
nicht  auf  den  blossen  Umstand  zurückzuführen  zu  sein,  dass  man 
wusste,  der  Kurs  der  spanischen  Schiffe  bei  der  Rückfahrt  nach 
Amerika  liege  zwischen  37  und  38  Grad,  und  hieraus  einfach  für 
diese  Inseln  dieselbe  Breite  ableitete  } 

Ergibt  sich  aus  den  angestellten  Erörterungen  auch  nicht  mit 
Klarheit,  wie  eigentlich  das  abenteuerliche  Gerücht  von  den  Inseln 


^)  Ein  Verdienst  der  Hakhiyt  Society  war  es,  dieses  sehr  selten  gewordene  Buch  wieder 
allgemein  zugänghch  zu  machen,  indem  sie  eine  englische  Ausgabe  davon  bewirkte  unter 
dem  Titel:  The  Philippine  Islands,  Moluccas,  Siam,  Cambodia,  Japan,  and  China  at  the  close 
of  the  i6th.  Century,  translated  by  Henry  E.  j.  Stanley  (London  1868).  Seit  einigen 
Jahren  besitzen  wir  auch  eine  mit  kritischen  Anmerkungen  versehene  Ausgabe  in  der 
Ursprache,  ein  dankbar  anzuerkennendes  Werk  des  hoffnungsvollen,  unglücklichen,  philip- 
pinischen Patrioten  Rizal,  der  bekanntlich  seine  Reformbestrebungen  mit  dem  Tode  büssen 
musste.  Es  trägt  den  Titel  :  Sucesos  de  las  Islas  Fib'pinas  por  el  Doctor  Antonio  de  Morga. 
Obra  publicada  en  Mejico  el  aiio  de  1609,  nuevamente  sacada  ä  luz  y  anotada  por  Jose 
Rizal  y  precedida  de  un  prologo  del  Prof.  Fernando  Blumentritt  (Paris  1890). 

2)  Rizal' sc\\e.  Ausgabe  Seite  371  ;  Stanley' sc\\Q  Ausgabe  Seite  356.— Vergl.  auch 
James  Btirncy,  A  chronological  history  of  the  discoveries  in  the  South  Sea  or  Pacific 
Ocean  ;  5  Bände,  London  1803-1817  ;  Band  11,  Seite  261. 


328  O.    NACIIOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAND. 

Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata  entstanden^),  und  mag  in  spanischen 
Archiven  ausser  den  hier  benutzten,  vielleicht  nicht  ganz 
lückenlosen  Auszügen  aus  Sevilla  noch  diese  oder  jene  ergänzende 
Nachricht  verborgen  sein,  so  dürfte  soviel  doch  feststehn,  dass  die 
Erzählung  über  die  angebliche  Auffindung  des  merkwürdigen 
Landes  keine  andre  Grundlage  hat  als  den  von  Aguirre  erstatteten 
Bericht. 

Dieses  Aktenstück  aber,  so  wertvoll  auch  seine  Erhaltung  und 
Veröffentlichung  für  uns  ist,  und  so  sehr  uns  sein  Inhalt  anzieht, 
bietet  doch  leider  dem  kritischen  Standpunkte  nur  eine  unge- 
nügende Sicherheit.  Denn,  haben  wir  auch  keinen  Grund,  an  der 
Zuverlässigkeit  und  Glaubwürdigkeit  eines  Urdaneta  oder  Aguirre 
zu  zweifeln,  so  bildet  der  Bericht  doch  leider  ja  nicht  das  unmit- 
telbare Zeugniss  dieser  Persönlichkeiten  selbst,  sondern  nur  eine 
Wiedergabe  von  ihnen  aus  zweiter  oder  gar  erst  aus  dritter  Hand 
gemachten  Mitteilungen.  Hätten  wir  wenigstens  den  Bericht,  wie 
ihn  Urdaneta  verfasst  haben  soll  und  dessen  Abschrift  Aguirre 
durch  den  Schiffbruch  einbüsste  ;  merkwürdigerweise  scheint 
dieser  aber  auch  bereits  zu  Anfang  des  17.  Jahrhunderts  in  den 
spanischen  Archiven  nicht  mehr  gefunden  worden  zu  sein,  obgleich 
doch  die  Aufmerksamkeit  der  spanischen  Regierung,  welche  der 
Angelegenheit  der  Rica  de  Oro  und  Rica  de  l^lata  damals  die 
grösste  Beachtung  schenkte,  durch  das  schon  erwähnte  Schreiben 
des  Vizekönigs  von  Neu-Spanien  vom  21.  Oktober  I6G9  (vergl, 
Seite  326)  ausdrücklich  auf  diesen  Punkt  gelenkt  war.  Nirgends 
aber  ist  von  diesem  Berichte  Urdanetas  in  den  zahlreichen,  auf 
diese  Inseln  bezüglichen  Schriftstücken  später  noch  die  Rede. 
Wir  sind  also  einzig  auf  die  von  Aguirre  aus  dem  blossen 
Gedächtniss  entworfene  Darstellung  angewiesen,  und  diese  zeigt 
doch  recht  befremdliche  Punkte,  beziehentlich  Lücken.  So  wird, 
ganz  gegen  den  üblichen  Gebrauch,  weder  der  Name  jenes  portugie- 
sischen Kapitäns,  noch  der  seines  Schiffes  genannt ;  das  Jahr  des 
merkwürdigen   Ereignisses   wird   verschwiegen   und   bezüglich  der 

1)  Jiizal,  der  Herausgeber  von  de  I\Iorgas  Sucesos  de  las  Islas  Filipinas,  erwähnt  (Seite 
371-372)  folgendes,  auf  die  Entstehung  des  Namens  hezügliche  Gerücht.  Aus  irgend 
welchem  Zufall  sei  auf  einem  nach  jenen  Inseln  gelangten  Schiffe  etwas  Erde  vom  Lande  in 
das  Herdfeuer  gebracht  worden,  und  durch  die  Hitze  sei  eine  beträchtliche  Anzahl  von 
Goldkörnern  daraus  entstanden.     Woher  aber  dann  der  Name  Rica  de  Plata  ? 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       329 

Zeit  auch  nicht  die  mindeste  annähernde  Angabe  gemacht ;  und 
grade  diese,  doch  gewiss  leicht  zu  merkenden  und  wichtigen 
Punkte  sollten  der  so  viele  Einzelheiten  bewahrenden  Erinnerung 
Aguirres  entgangen  sein  ?  Auch  die  Nachricht  des  Kapitän 
Unamunu  über  seinen  gänzlich  vergeblichen  Versuch,  diese  Inseln 
wiederaufzufinden,  legt  die  Annahme  nahe,  dass  vielleicht  dem 
Berichte  irgend  welche  ganz  abweichende  Thatsachen  zu  Grunde 
liegen,  welche  die  oft  wunderbare  Kraft  der  Einbildung  allmählich 
so  weit  umzugestalten  vermocht  hat. 

Wir  kommen  somit  zu  dem  Ergebniss,  dass  der  Bericht 
Versteegens  über  die  Auffindung  und  die  Reichtümer  des  Wun- 
derlandes— die  letzteren  sind  übrigens  durchaus  nicht  so  blendend 
dargestellt  bei  Aguirre,  der  ja  von  Gold  überhaupt  nicht,  sondern 
nur  von  Silber  spricht,  ebensowenig  wie  von  Kochgerätschaften 
aus  Edelmetall — auf  Quellen  beruht,  die  an  sich  durchaus  nicht 
einwandsfreier  Natur  waren  und  durch  mündliche  Uebertragung 
erst  recht  zu  stark  aufgebauschten  Gerüchten  wurden.  Die 
Glaubwürdigkeit  dieser  Angaben  in  seinem  Berichte,  und  damit 
des  ursprünglichen  Ausgangspunktes  für  alles  Weitere,  muss  daher 
als  äusserst  zweifelhaft  erscheinen. 


KAP.     IV. 


ENTDECKUNGSREISE  DER  SPANIER  NACH  DEN  GOLD- 

UND  SILBERINSELN  UNTER  SEBASTIAN 

VIZCAINO  1611-1614. 

I.   Manuskript     der     spanischen     Nationalbibliothek, 
enthaltend  den  Bericht  über  die  Reise. 


Anders  liegt  es  mit  dem  zweiten  Punkte  der  Versteegenschen 
Denkschrift,  mit  der  1610  oder  1611  unternommenen  Entdeckungs- 
reise der  Spanier.  Diese  hat  thatsächlich  stattgefunden,  und 
Versteegens  Angaben  darüber  erweisen  sich,  wenn  auch  als  etwas 
lückenhaft,  so  im  ganzen  doch  als  zutreffend,  selbst  in  den  meisten 
Einzelheiten    untergeordneter    Art,     und     zwar    finden    sie    ihre 


330         O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

Bestätigung  durch  ein  obwohl  seit  dreissig  Jahren  veröffentlichtes,, 
bisher  doch  wenig  beachtetes ')  Manuskript  der  spanischen  National- 
Bibliothek"),  welches  eine  ausführliche,  tagebuchartige  Beschreibung' 
dieser  wenn  auch  nicht  grade  erfolgreichen,  so  doch  an  bemerkens- 
werten Zwischenfällen  reichen  Unternehmung  enthält. 

Das  mit  der  Unterschrift  des  Vizekönigs  de  Velasco  versehene, 
offiziell  beglaubigte  Schriftstück  ist  ausgestellt  unterm  22,  Januar 
1614  und  trägt  die  Aufschrift  :  "  Kopie  des  Berichtes,  welchen 
Sebastian  Vizcaino  dem  Vizekönig  von  Neu-Spanien  über  die  Reise 
einsandte,  welche  er  machte  zur  Entdeckung  der  Inseln  Ricas  de 
Oro  y  Plata,  angeführt  in  dem  Kapitel  II  des  Briefes  von  den 
Kriegen  der  Philippinen  und  Japan  vom  8.  Februar "  (Jahres- 
zahl unleserlich,  weil  das  Papier  zernagt').  Die  umfangreiche 
Handschrift  selbst  hat  zum  Titel  :  "  Bericht  der  Reise,  gemacht  zur 
Entdeckung  der  "Eicas  de  Oro  y  Plata"  genannten  Inseln, 
gelegen  in  Japan,  als  Vizekönig  von  Neu-  Spanien  Don  Luis  de 
Velasco  war  und  sein  Sohn,  und  unter  Sebastian  Vizcaino  als 
General  der  Expedition,"^) 

Der  Bericht  scheint  nicht  von  Vizcaino  selbst,  von  dem  immer 
in  der  dritten  Person  gesprochen  wird,  sondern  in  seinem  Auftrag, 
wahrscheinlich  durch  einen  der  geistlichen  Teilnehmer  des  Zuges,, 
verfasst  zu  sein. 


1)  Ausser  von  Heeres  in  dem  Abschnitt  Life  and  Labours  of  Abel  Janszoon  Tasman 
seines  genannten  Werkes  (Seite  19)  ist  das  Schriftstück  meines  Wissens  in  der  Entdecknngs- 
geschichte  bisher  nicht  berücksichtigt, 

2)  Es  trägt  das  Zeichen  J.-37  und  ist  veröffenthcht  in  der  Coleccion  de  documentos- 
ineditos,  relatives  al  descubrimiento,  conquista  y  organizacion  de  las  antiguas  posesiones 
Espanolas  de  America  y  Oceania,  sacados  de  los  Archivos  del  Reino,  y  muy  especialmente 
del  de  Indias,  Band  VIII,  (der  Kürze  halber  ferner  als  "  Documentos  ineditos  VIII  "  zitirt) 
Seite  loi-igg,  Madrid  1867. 

3)  Documentos  ineditos  VIII,  Seite  198-199. 

•*)  "  Relacion  del  viaje  hecho  para  el  descubrimiento  de  las  islas  llamadas  "  Ricas  de  oro 
y  plata  ",  situadas  en  el  Japon,  siendo  Virey  de  la  Nueva  Espana  D.  Luis  de  Velasco,  y  su 
hijo,  Sebastian  Vizcaino,  general  de  la  espedicion  "  (Documentos  ineditos  VIII,  Seite  lOi). 
Der  Vermerk  "y  su  hijo  (und  sein  Sohn)  "  ei scheint  mir  hier  nicht  recht  verstXndlich,  d.-» 
doch  nur  immer  eine  Person  das  Amt  des  Vizekönigs  inne  hatte. 


O.   XACHOD,   EIN   UXENTDECKTES   GOLDLAND.  331 

2.  Vorverhandlungen  und  Persönlichkeit  des  Vizcaino. 


Gar  manche  Besprechung  musste  erst  gehalten  und  zahl- 
reiche Schriftstücke  zwischen  Madrid,  Mexiko  und  Manila  ge- 
wechselt werden,  ehe  das  Unternehmen  in  Wirklichkeit  treten 
konnte. 

Das  durchaus  verneinende  Ergebniss  der  von  dem  Kapitän  de 
Unamunu  nach  jenen  Inseln  unternommenen  Entdeckungsreise 
(vergl.  Seite  326)  war  nach  dessen  im  November  1587  erfolgter 
Rückkehr  nach  Neu-Spanien  ^)  alsbald  auch  nach  Madrid  gemeldet 
worden^)  und  mochte  wol  hier  wie  dort  dazu  führen,  die  Frage  der 
Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata  als  abgethan  zu  betrachten. 

Fast  zwei  Jahrzehnte  vergingen  in  der  That,  ehe  man  begann, 
sich  wieder  mit  der  Angelegenheit  zu  befassen  ;  die  Anregung 
erfolgte,  wie  es  scheint,  von  den  Kolonien,  und  zwar  von  Manila 
aus.  Hier  hatte  man,  angeblich  aus  japanischer  Quelle — zwischen 
den  Philippinen  und  Japan  bestand  damals  noch  ein  ziemlich  regel- 
mässiger und  reger  Schiffs-,  Handels-  und  Missionar-Verkehr — , 
von  den  Gold-  und  Silber-  Inseln  Kunde  erhalten  und  im  Jahre 
1606  Vorstellungen  an  den  Hof  nach  Madrid  gerichtet,  in  welchen 
auf  die  Vorteile  derselben  für  die  Schiffahrt  nach  Neu-Spanien 
hingewiesen  wurde.^) 

1)  Brief  des  Vizekönigs  von  Neu-  Spanien  Marquis  de  Villamanrique  an  den  König  aus 
JNIexiko  vom  ic.  Dezember  1587,  Handsclirift  im  Archiv  zu  Sevilla. 

2)  Brief  desselben  an  den  König  aus  Mexiko  vom  29.  X'ovember  1588,  Abschnitt  18, 
worin  er  sagt,  dass  er  einen  Bericht  des  Kapitän  de  Unamimu  über  die  Islas  Eica  de  Oro  y 
Rica  de  Plata  mitschickt,     Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 

3)  James  Btwney,  A  chronological  history  of  the  discoveries  in  the  South  Sea  or  Pacific 
Ocean,  Band  II,  Seite  263.  Die  Stelle  lautet :  "The  Spaniards  in  Manila,  giving  a  ready 
and  willing  belief  to  the  Japanese  account,  scnt  representations  to  the  court  of  Spain  as  early 
as  the  year  1606,  setting  forth  the  convenience  and  utility  which  the  Islands  Rica  de  Oro 
and  Rica  de  Plata  (so  the  Japanese  names  were  rendered)  might  afford  in  the  navigation  to 
Xew-Spain."  Auf  japanischen  Ursprung  dieser  Kunde  scheint  Btirney  zu  schliessen,  weil 
Kämpfer  (Buch  I,  Kap.  4) — Burney  zitirt  diese  Stelle  vorher — vonGinsima,  der  Silberinsel, 
und  Kinsima,  der  Goldinsel  der  Japaner,  spricht,  welche  von  diesen  besonders  vor  Europäern 
sehr  geheimgehalten  würden  und  bereits  deren  Begier  erregt  hätten.  Wie  dies  bei  vielen, 
nicht  auf  eigener  Anschauung  beruhenden  Angaben  des  sonst  so  vorzüglichen  Werkes  von 
JCämpfer  der  Fall  ist,  so  äussert  er  sich  auch  über  diese  Inseln  in  selir  unbestimmter  Weise 
tmd  zum  Teil  irrig  ;  die  Reise  Vizcainos  z.  B.  verlegt  er  in  das  Jahr  1620  anstatt  1611-1614. 
— Eine  ausdrückliche  Bestätigung  der  im  Jahre  1606  von  Manila  aus  gemachten  Vorstel- 
Imigen  enthält  der   Briefwechsel  zwischen   der   spanischen   Regierung  und  dem  Guvemör 


332       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAXD. 

Im  gleichen  Sinne  berichtete  im  nächsten  Jahre  der  Vizekönig 
von  Neu-Spanien  an  den  König,  indem  er  betonte,  Avie  zweckmässig 
es  wäre,  die  zwischen  34  und  35  Grad  n.  Br.  gelegenen  Inseln 
Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata  zu  entdecken,  weil  die  Schiffe  aus 
den  Philippinen  dort  Schiffbruch  erlitten.  Als  einen  für  diese 
Entdeckungsreise  geeigneten  Leiter  bezeichnet  der  Vizekönig 
Sebastian  Vizcaino  und  schlägt  vor,  dass  derselbe  als  General  der 
nach  den  Philippinen  segelnden  Schiffe  aus  Acapulco  abfahren  und 
die  Entdeckung  von  Manila  aus  mit  zwei  Schiffen  unternehmen 
solle').  Woher  die  Angabe  der  geographischen  Breite  stammt,  wird 
leider  nicht  angegeben. 

Dieser  Vorschlag  fand  im  Rate  von  Indien  sofort  Beifall,  wie 
aus  einem  noch  in  demselben  Jahre  unterm  18.  September  erstat- 
teten Gutachten  der  Junta  de  Guerra  de  Indias")  hervorgeht. 
Dementsprechend  wurde  im  nächsten  Jahre  eine  Königliche 
Verfügung  (Real  Cedula)  an  den  Vizekönig  von  Neu-Spanien  Don 
Luis  de  Velasco  erlassen,  laut  welcher  er  Sebastian  Vizcaino  mit 
der  Entdeckung  eines  Hafens  in  irgend  einer  der  Islas  Rica  de 
Oro  oder  Rica  de  Plata  beauftragen  sollte")  ;  gleichzeitig  wurde  der 
Guvernör  der  Philippinen  hiervon  unterrichtet,  mit  der  Weisung, 
das  Unternehmen,  so  viel  er  könne,  zu  fördern^). 

Bei  dem  bereits  mehrfach  genannten,  an  die  Spitze  des 
bedeutungsvollen  Unternehmen  zu  stellenden  Sebastian  Vizcaino 
haben  wir  es  mit  einer  in  der  Geschichte  der  Entdeckungen 
keineswegs  unbekannten  Persönlichkeit  zu  thun,  und  zwar  in 
Bezug  auf  Kalifornien. 

Obgleich  bereits  1536  Cortes  dorthin  gelangt  war  und 
spanische    Schiffe    seitdem    verschiedentlich    seine    Küsten    passirt 


dei"  Philippinen  anlässlich  der  im  18.  Jahrhundert   wieder  aufgenommenen   Besfrebungen 
zur  Entdeckung  der  Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata.  (Vergl.  Seite.  432-433.) 

*)  Brief  des  Vizekönigs  von  Neu-Spanien,  Marquis  de  Montes  Claros,  an  den  König  aus- 
Mexiko vom  24.  Mai  1607,  Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 

2)  Consulta  der  Junta  de  Guerra  de  Indias,  datirt  Madrid,  18.  September  1607  ;  Hand- 
schrift im  Archiv  zu  Sevilla. 

3)  Abschrift  einer  Cedula  an  den  Vizekönig  von  Neu-Spanien,  Don  Luis  de  Velasco,. 
datirt  Martin  Munoz,  27.  September  1608  ;  Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 

■*)  Real  Cedula  an  den  Guvernör  der  Philippinen  vom  gleichen  Datum  ;  Handschrift  im. 
Ai'chiv  zu  Sevilla. 


O.    NACHOD,    EIN   UN'ENTDECKTES   GOLDLAXD. 


333 


hatten,  und  obgleich  der  Weltumsegler  und  Freibeuter  Drake  1578 
dort  gelandet  und  unter  dem  Namen  Neu-Albion  für  England,  wenn 
auch  wirkungslos,  davon  Besitz  ergriffen  hatte,  so  war  doch  dieses 
Land  am  Ende  des  16.  Jahrhunderts  noch  so  gut  wie  unbekannt. 
Von  der  spanischen  Regierung  war  daher  im  Jahre  1596  an  den  Gra- 
fen von  Monte-Rey,  den  Vizekönig  in  Mexiko,  der  Befehl  gelangt^), 
in  Kalifornien  Entdeckungen  zu  machen  und  Niederlassungen  zu 
gründen.  Nachdem  bereits  drei  Jahre  zuvor  Vizcaino  nebst  einigen 
andern  Rhedern  vertragsmässig  das  Recht  der  Fischerei  von  Perlen, 
Thunfisch,  Kabeljau,  Sardinen  und  dergleichen  vom  mexikanischen 
Hafen  Navidad  (südlich  von  Kap  Corrientes)an  bis  nach  Kalifornien 
für  20  Jahre  erhalten  hatte'),  war  er  es,  der  nun  mit  der  bedeutenden 
und  schAvierigen  Aufgabe  der  Erschliessung  Kaliforniens  betraut 
wurde,  ohne  zunächst  jedoch  dieselbe  lösen  zu  können  ;  denn  auf 
dem  noch  im  Jahre  1556  unternommenen  Zuge  gelangte  er  nur  bis 
in  den  Süden  der  Halbinsel  (Bai  de  la  Paz)  und  musste  bald  wegen 
Proviantmangel  ohne  erheblichen  Erfolg  zurückkehren^). 

Nicht  abgeschreckt  durch  diesen  Fehlschlag  und  infolge  des 
immer  dringender  werdenden  Bedürfnisses,  für  die  von  den 
Philippinen  zurückkommenden,  den  Stürmen  vielfach  ausgesetzten 
Schiffe  an  der  Küste  von  Kalifornien  einen  sichern  Hafen  zu  finden, 
rüstete  auf  Befehl  des  Königs  von  Spanien  (vom  27.  September 
1599)  der  Vizekönig  eine  neue  Unternehm.ung  aus,  an  deren  Spitze 
abermals  Vizcaino  gestellt  wurde.  Für  die  ihr  beigemessene 
Bedeutung  spricht  die  diesmal  bessere  Ausstattung.  Drei 
Fahrzeuge  mit  ungefähr  200  Mann   Besatzung  segelten  am  5.  Mai 


1)  Natürliche  und  bürgerliche  Geschichte  von  Californien,  Teil  I,  Seite  iii — 112. 

2)  Dieser  Vertrag  ist  erwähnt  bei  t/^?  Aß^wr/v/c",  Biblioteca  Maritima Espanola,  Band 
II,  Seite  3S9-390,  unter  dem  Titel:  Asiento  y  capitulacion  que  hizo  D.  Luis  de  Velasco  con 
Sebastian  Vizcaino  y  otros  armadores  en  16  de  noviembre  de  1593,  para  hacer  por  20  anos 
las  pesquerias  de  perlas,  atun,  bacalao,  sardina,  etc.,  desde  el  puerto  de  la  Navidad  hasta  las 
Californias  (Vertrag  und  Abkommen,  gemacht  am  16.  November  1593  von  Don  Luis  de 
Velasco  mit  Sebastian  Vizcaino  und  andern  Rhedern,  um  für  20  Jahre  die  Fischerei  von 
Perlen,  Thunfisch,  Kabeljau,  Sardinen  etc.  vom  Hafen  von  la  Navidad  bis  nach  Kalifornien 
zu  betreiben),  und  befand  sich  Abschrift  davon  im  Depösito  Hidrogräfico  zu  Madrid  in  Band 
19  der  Manuskripte. — Velasco  war  damals  Vizekönig  von  Neu-Spanien. 

^)  Juan  de  Torqitemada,  Primera — tercera  parte  de  los  veinte  i  un  iibros  rituale  i 
monarchia  Indiana,  3  Bände,  Madrid  1723  ;  Band  I,  Buch  5,  Kap.  XLI-XLII,  Seite  682—686. 
Natürliche  und  bürgerliche  Geschichte  von  Californien,  Teil  I,  Seite  iii  — 115. 


334       O-  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

1602  aus  Acapulco  unter  dem  Befehl  des  Generals  Vizcaino  ab,  dem 
eine  Reihe  tüchtiger  Offiziere,  Kapitäne  und  Steuermänner,  sowie 
zwei  in  der  Erdkunde  erfahrene  Gelehrte  beigegeben  waren ;  mit 
Proviant  und  sonstigen  Bedürfnissen  waren  die  Schiffe  für  ein  Jahr 
genügend  versehen,  eine  zweckmässige  Massregel,  da  die  Rückkehr 
nach  Acapulco  in  der  That  erst  fast  nach  Jahresfrist,  am  22.  März 
603,  erfolgte.  Diesmal  waren  die  Bemühungen  nicht  vergeblich 
gewesen.  Eine  ganze  Anzahl  guter  Häfen  war  entdeckt  worden, 
von  denen  der  unter  37  Grad  gelegene,  nach  dem  Vizekönig  von 
Neu-Spanien  Monterey  genannte  als  besonders  günstig  für  die  aus 
den  Philippinen  ioder  aus  China,  bez.  Japan,  kommenden  Schiffe 
bezeichnet  wurde  ;  mit  den  Eingeborenen  waren  vielfach  freund- 
liche Beziehungen  angeknüpft,  das  Land  als  fruchtbar  und  holzreich 
erkannt  und  von  den  Küsten  und  Häfen  Karten  aufgenommen 
worden  ;  man  hatte  bei  Cap  Blanco  eine  Höhe  von  43  Grad  erreicht, 
einen  Grad  mehr  als  die  Breite  des  bereits  zuvor  bekannt  gewese- 
nen Cap  Mendocino'). 

Bald  darauf  begab  sich  Vizcaino  persönlich  nach  Spanien,  um 
beim  Könige  die  Erlaubniss  zu  einem  neuen  Zuge  nach  Kalifornien 
zu  erlangen,  und  zwar  diesmal  auf  seine  eigenen  Kosten  ;  man 
würde  fehlgehen,  ein  Zeichen  besonderen  patriotischen  Opfermuts  in 
einem  solchen  Angebote  zu  erblicken,  weil  dann  auch  der  Ertrag, 
bez.  die  oft  beträchtliche,  aber  auch  meist  grausam  erpresste  Beute, 
dem  Unternehmer  und  nicht  der  Regierung  zufiel,  wobei  nicht  nur 
die  Kosten  der  Conquistadores  gedeckt,  sondern  ein  glänzender 
Gewinn    von    ihnen    erzielt    zu    werden    pflegte.       Bei    Hofe    fand 


1)  Diese  Angaben  beruhen  auf  einem  im  Archiv  zu  Sevilla  l^efindhchen  Briefe  des 
Königs  von  Spanien  an  den  Guvernör  der  Philippinen  Don  Pedro  de  Acunha  vom  19. 
August  1606,  welcher  in  Natürliche  und  bürgerliche  Geschichte  von  Californien,  Teil  I, 
Seite  117— 122,  veröffentlicht  ist,  sowie  auf  einem  ausführlichen  Bericht  des  als  einer  der 
beiden  "Cosmögrafo"  dabei  beteiligt  gewesenen  Barfüssermönches  Antonio  de  la 
Asumpcion  an  den  König  von  Spanien  vom  21.  Dezember  1620.  Derselbe  ist  veröffentlicht 
in  den  Documentos  ineditos.  Band  VIII,  Seite  537— 574  (vergl.  besonders  Seite  539— 560). 
Ein  anderer  Bericht  desselben  Mönches  liegt  auch  der  ausführlichen  Beschreibung  zu 
Grunde,  welche  sich  in  Juan  de  Torquemada,  Monarchia  Indiana,  Band  I,  Buch  V,  Kap. 
XLV— LVIII,  Seite  693—725,  findet ;  eine  deutsche  Wiedergabe  hiervon  enthält  die  Natür- 
liche und  bürgerliche  Geschichte  von  Californien,  Teil  III,  Seite  80-129.— Die  Lage  des  Cap 
Mendocino  wird  auf  modernen  Karten  etwas  abweichend  von  obiger  Darstellung  mit  40  ^ 
Grad  angegeben. 


O.   NACHOD,   EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAXD.  335 

Vizcaino  anscheinend  nicht  die  erwartete  günstige  Aufnahme 
seiner  Vorschläge,  sondern  wurde  hingehalten  und  kehrte  deshalb 
schliesslich  missmutig  nach  Mexiko  zurück.  Kurz  nach  seiner 
Abreise  aus  Spanien  aber,  im  Jahre  1606,  befahl  der  König,  wie  er 
in  einem  den  Guvernör  der  Philippinen  hiervon  unterrichtenden 
Schreiben')  sagt,  dem  Vizekönig  von  Neu-Spanien,  "dass  er  alle 
mögliche  Sorgfalt  anwende,  den  General  Sebastian  Vizcaino,  der 
die  gedachte  Entdeckung  (von  Kalifornien  nämlich)  gemacht  und 
die  Küste  von  Acapulco  bis  ans  Cap  Mendozino  befahren  hat, 
aufzusuchen,  und  im  Fall,  dass  er  todt  sei,  den  Befehlshaber  seines 
Schiffes  zu  suchen,  und  wenn  man  ihn  gefunden  hat,  ihm  Befehl  zu 
geben,  mit  seinem  und  des  erwähnten  Befehlshabers  Steuermanne 
mit  aller  der  Sorgfalt,  die  dieser  wichtige  Dienst  verlanget,  nach 
diesen  Inseln")  zu  segeln."  Dem  Guvernör  der  Philippinen  erteilt 
das  Schreiben  folgende  Vorschriften:  "Unter  andern  sollt  Ihr 
auch  zwei  tüchtige  Personen  mit  dem  besagten  General  Vizcaino  in 
die  angeführten  Inseln  schicken,  dass  sie  den  Hafen  untersuchen 
und  den  General  und  Kommandanten  der  Schiffe,  die  von  Acapulco 
im  Jahre  1608  nach  diesen  Inseln  abgehn  sollen,  wieder  zurück- 
fahren können.  Weil  Sebastian  Vizcaino  Auftrag  hat,  daselbst  ein 
Etablissement  anzulegen,  so  ist  Unser  Wille  und  Begehren,  das 
ihr  ihm  und  seinem  Kapitän  alle  Hülfe  verschafft,  die  sie  etwan 
werden  nötig  haben.  Auch  ist  Unser  Wille,  dass  sie  eben  den 
Sold  erhalten,  den  die  andern  Generale  und  Befehlhaber  auf 
besagter  Reise  gehabt  haben,  und  dies  auf  die  gewöhnliche  Art  und 
Weise."^) 

Der  Plan  fand  Widerspruch  in  Mexiko.  Wie  der  Vizekönig 
von  Neu-Spanien,  Don  Luis  de  Velasco,  dem  König  unterm  29. 
August  1607  berichtete^),  hatte  er  mit  seinem  Vorgänger,  dem 
Marquis  de  Montes  Claros,  über  die  Besiedelung  des  Hafens  von 
Monterey    verhandelt.       Nach    dessen    Meinung    könne    man    die 

1)  Es  ist  der  auf  Seite  334,  Anmerkung  i,  nüher  bezeichnete  Brief  vom  19  August  1606. 

2)  Unter  diesen  nicht  mit  Namen  naher  bezeichneten  Insehi  können,  wie  auch  aus  dem 
weiteren  Inhalt  des  Schreibens  ersichtlich,  nur  die  in  Kahfornien  gemachten  Entdeckungen 
gemeint  sein.  Ob  überhaupt  Kalifornien  eine  Halbinsel  oder  Insel  sei,  war  damals  noch 
nicht  festgestellt. 

3)  Natürliche  und  bürgerliche  Geschichte  von  Californien,  Teil  I,  Seite  120-122. 
*^  Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 


336  O.    NACIIOD,    EIN    UNENTDECKTES   GOLDLAND. 

gänzlich  erfolglosen  Kosten  sparen,  da  die  Schiffe  aus  den  Phi- 
lippinen keinen  Wert  darauf  legten  dort  anzulaufen,  eine  Auffas- 
sung, welche  Vizcaino  beim  König  zu  entkräften  suchte  durch  den 
Hinweis,  dass  sie  auf  persönliche  Feindschaft  des  Marquis  de  Mon- 
tes  Claros  gegen  ihn  zurückzuführen  sei^). 

Der  Meinungsstreit  wurde  hinfällig,  und  die  für  das  Jahr  1608 
geplante  Unternehmung  unterblieb,  weil,  wie  bereits  berichtet 
(vergl.  Seite  332),  der  König  mit  Cedula  vom  27.  September  1608^) 
Vizcaino  zum  Führer  der  Entdeckungsreise  nach  den  Islas  Rica  de 
Oro  und  Rica  de  Plata  bestimmt  und  zugleich  darin  angeordnet 
hatte,  die  Eesiedelung  von  Monterey  zu  unterlassen.  Eine  etwas 
abweichende  Darstellung  enthält  das  1739  verfasste  Werk  des 
Spaniers  Mi£-?/eI  Veiiegas  "  Noticia  de  la  California,"  im  Deutschen 
als  "Natürliche  und  bürgerliche  Geschichte  von  Californien" 
erschienen.  Nach  diesem  hatte  zwar  der  Vizekönig  den  Vizcaino 
sofort  aufsuchen  lassen  ;  man  hatte  ihn  auch  gefunden.  "  Unter 
der  Zeit  aber,"  so  heisst  es  dort  weiter,  "dass  er  sich  zu  einer 
Unternehmung  vorbereitete,  deren  wahre  Vortheile  man  erst 
durch  Hülfe  der  Zeit  und  der  Erfahrung  eingesehen  hat,  fiel  er  in 
eine  Krankheit,  die  ihn  ins  Grab  brachte,  und  dadurch  verschwand 
alle  Hoffnung,  die  man  sich  von  dieser  Unternehmung  gemacht 
hatte.". . .  .^)  Von  Bedeutung  erscheint  diese  an  sich  ja  unerhebliche 
Abweichung  deshalb,  weil  das  sonst  gut  unterrichtete  und  vielfach 
auf  Aktenstücken  beruhende  Werk  des  Venegas  durch  Ueber- 
setzung  in  viele  Sprachen  grosse  Verbreitung  gefunden  hat,  und 
daher  wahrscheinlich  nur  diese  irrige  Notiz  von  dem  vorzeitigen 
Tode  Vizcainos  daran  Schuld  ist,  dass  von  der  im  Weiteren  zu 
schildernden,  für  die  Erdkunde  nicht  ganz  bedeutungslosen 
Unternehmung  des  Vizcaino  in  den  zahlreichen,  der  Geschichte 
der  Entdeckungen   gewidmeten    Spezial-  und   Sammelwerken,   mit 


J)  Brief  von  Sebastian  Vizcaino  an  den  König  aus  San  Lucar  vom  3.  Dezember  1607, 
Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 

2)  Abschrift  einer  Cedula  an  den  Vizekönig  von  Neu-Spanien  Don  Luis  de  Velasco, 
Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 

3)  Natürliche  und  bürgerliche  Geschichte  von  Californien,  Teil  I,  Seite  122.  An  einer 
andern  Stelle,  Seite  117,  wird  übrigens  an  die  missmutige  Rückkehr  Vizcainos  nach  Neu- 
Spanien  die  den  obigen  Angaben  nicht  ganz  entsprechende  Bemerkung  geknüpft :  "  wo  er 
den  Rest  seiner  Tacre  in  der  Ruhe  und  Stille  zubrachte." 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAXD       337 

Ausnahme  des  mehrfach  genannten  jüngsten  Werkes  von  Heeres^), 
nichts  zu  finden  ist,  während  seine  anderen  beiden  Entdeckunn-s- 
reisen  (1596  und  1602—03)  in  vielen  derselben  beschrieben  oder 
doch  wenigstens  erwähnt  werden. 

Obleich  nun  die  Königliche  Verordnung  vom  Jahre  1608 -)  das 
Unternehmen  anbefohlen  liatte,  so  erlitt  es  doch  noch  weitere 
Verzögerungen,  indem  ein  lebhafter  Meinungsstreit  über  die  Art 
der  Ausführung  entbrannte,  so  eingehend  und  umständlich,  dass 
es  nicht  weniger  als  siebzehn  Schriltstücke  aus  den  Jahren  1609 
und  1610  sind,  die  im  Archiv  von  Sevilla  davon  Kunde  geben^).  Es 
handelte  sich  dabei  im  wesentlichen  darum,  ob  die  Entdeckungs- 
reise aus  Acapulco  oder  aus  den  Philippinen  erfolgen  solle,  eine 
für  die  Beteiligten  deshalb  wichtige  Entscheidung,  weil  im  ersten 
Falle  der  Vizekönig  von  Neu-Spaiiien  es  war,  in  dessen  Händen 
das  ganze  Unternehmen  und  seine  Ausrüstung  lag,  im  andern 
aber  der  Guvernör  der  Philippinen.  Die  massgebende  Behörde  in 
Spanien,  der  Rat  von  Indien,  wurde  veranlasst,  seine  anfänglich 
für  Acapulco  als  Ausgangsort  günstige  Auffassung  aufzugeben 
durch    die    Eingaben    des    Procurador    General   (Oberrichter  ?]   der 


1)  Abschnitt  Life  and  I.abours  of  Abel  Janszoon  Tasnian,  Seite  19. 

2)  Vergl.  Seite  332. 

3)  I.Eingabe  von  llernando  de  los  Rios  Coronel,  Procurador  General  (Oberrichter?) 
de  Filipinas,  vom2.  März  1609.— 2.  Borrador  (Entwurf?)  des  Rats  von  Indien  vom  20.  Märr 
1609.— 3.  Eingabe  von  Hernando  de  los  Rios  Coronel  über  die  Kosten  der  Entdeckungs- 
reise ;  ohne  Datum,  wol  von  1609.— 4.  Consulta  (Gutachten)  des  Rats  von  Indien  vom  9.  April 
1609. — 5.  Testimonio  (urkundliches  Zeugniss)  einer  Real  Cedula  an  den  Vizekönig  von  Neu- 
Spanien  de  Velasco  vom  13.  Mai  1609. — 6.  Brief  des  Vizekönigs  von  Neu-Spanien  de  Velasco 
an  den  König  vom  24.  Mai  1609.— 7.  Testimonio  der  Junta  (Versammlung),  abgehalten 
durch  den  Vizekönig  in  Mexiko  am  12.  Juli  1609. — 8.  Testimonio  einer  Verordnung  des 
Vizekönigs  de  Velasco  vom  12.  Juli  1609. — 9.  Testimonio  der  Junta,  abgehalten  durch  den 
Vizekönig  in  Mexiko  vom  Oktober  1609. — 10.  Absclmft  aus  einem  Briefe  des  Fiskals  von 
Mexiko  Don  Francesco  de  Leoz  an  den  König  vom  20.  Oktober  i6og. — 11.  Brief  de& 
Vizekönigs  von  Neu-Spanien  de  Velasco  an  den  König  vom  21.  Oktober  1609. — 12.  Brief  von 
Hernando  de  los  Kios  Coronel  an  den  König  aus  Sevilla  vom  27.  Januar  1610.— 13.  Gutachten 
des  Rats  von  Indien  vom  23.  April  1610. — 14.  Real  Cedula  an  den  Vizekönig  von  Neu- 
Spanien  de  Velasco  vom  Jahre  1610. — -15.  Brief  von  Hernando  de  los  Rios  Coronel  an  den 
König  aus  Mexiko  vom  31.  Dezember  1610. — 16.  Ansicht  von  Hernando  de  los  Rios  Coronel, 
ausgesprochen  in  einer  vom  Vizekönig  in  Mexiko  versammelten  Junta ;  von  1610  (ohne 
Datum). — 17.  Ansicht  von  Hernando  de  los  Rios  Coronel  über  die  Inseln  Rica  de  Oro  und 
Rica  de  Plata  ;  ebenfalls  ohne  Datum,  wohl  von  1610. 


338  O.   NACIIOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAND. 

Philippinen  Heniando  de  los  Rios  Coronet),  welcher  damals  grade 
in  Spanien  anwesend  und  dort  von  der  Regierung  mit  nautischen 
Untersuchungen  betraut  war.  Zuerst  Offizier  und  später  Geistli- 
cher, verdankte  er  seinem  vieljährigen  Aufenthalte  in  den  Philippi- 
nen seit  158S,  sowie  seiner  Beteiligung  an  den  allerdings  miss- 
lungenen  Zügen  der  Spanier  nach  den  Molukken  und  Kambodja, 
die  ihn  auch  nsch  China  führten,  eine  gründliche  Kenntniss  der 
betreffenden  Verhältnisse,  besonders  auf  dem  Gebiete  des  Seewe- 
sens. Auf  diesem  hatte  er  sich  auch  ausgezeichnet  durch  ein  1597 
von  ihm  erfundenes  Astrolabium,  mit  welchem  man,  wie  er  dem 
Könige  berichtete,  zu  jeder  Tageszeit  die  Polhöhe  und  die  Breite 
irgend  einer  Gegend  aufnehmen  und  zugleich  die  Stunde  feststellen, 
sowie  Beobachtungen  über  die  Abweichung  der  Magnetnadel  und 
über  die  Sterne  machen  könne.")  Ferner  war  er  der  Erfinder  eines 
Instruments  aus  Kupfer,  welches  Seewasser  in  Süsswasser 
verwandelte  ;  dasselbe  kostete  nur  300  Realen  und  ward  im  Jahre 
1610  vom  Rate  von  Indien  für  alle  überseeischen  Schiffe  bestimmt.^) 
S]3äter  verfasste  er  auch  ein  im  Jahre  1622  gedrucktes  Buch  über 
die  Philippinen.^) 

Auf  die  Vorstellungen  von  de  los  Rios  Coronel  hin,  in  welclien 
er  u.  a.  darauf  hingewiesen  hatte,  dass  er  es  gewesen  sei,  der  den 
Vizekönig  Marquis  de  Montes  Claros  von  diesem  Gegenstande 
unterrichtet   und   mithin   er  der  Urheber  der  Bestrebungen  sei,  die 


1)  Vergl.  den  ausführlichen  Artikel,  den  ch  A-avarrete  in  seiner  Biblioteca  Maritima 
Espauola  ihm  widmet  (Band  i,  Seite  636 — 647),  sowie  de  Morga,  Sucesos  de  las  Islas 
Filipinas,  Ausgabe  von  /iVr;//,  Seite  129  u.  ff,,  Ausgabe  von  Stanley,  Seite  119  u.  ff.  .  Das 
Wort  Coronel  ist  hier  nicht,  wie  zuweilen  irrtümlich  geschehn,  mit  Oberst  zu  übersetzen, 
sondern  gehört  zu  seinem  Namen. 

2)  Das  an  den  König  gerichtete  Schreiben  hat  den  Titel:,  "Denkschrift,  welche 
Hernando  de  los  Rios  Coronel  an  den  König  richtete  aus  Manila,  datirt  27.  Juni  1597, 
und  worin  er  ihm  von  einem  Buche  meldet,  welches  er  zu  verfassen  beschäftigt  war,  über 
den  Gebrauch  des  Astrolabium  und  der  Kunst  der  Schiffahrt,  sowie  über  die  Wichtigkeit, 
einen  Hafen  auf  dem  Festland  von  China  zu  erlangen  und  zur  rechten  Zeit  in  Isla-Hermosa" 
(Formosa).     Siehe  de  Navarrde,  Band  I,  Seite  637 — 8. 

3)  De  Navarrctc,  Band  I,  Seite  644—5. 

■»)  Memorial  y  relacion  de  las  Philipinas,  de  lo  queconviene  remediar,  y  de  las  riquezas 
<jae  hay  en  ellas  y  en  las  islas  del  Maluco.  Vergl.  de  Navnrrcte,  Band  I,  Seite  645 — 7,  die 
Ueberschriften  der  14  einzelnen  Kapitel. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLÜLAND.       339 

Inseln  Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata  zu  entdecken^),  war  im  Rate 
von  Indien  unterm  20.  März  1609  beschlossen  worden,  dass  der 
Vizekönig  von  Neu-Spanien  die  Entdeckungsreise  suspendiren  und 
diese  von  den  Philippinen  aus  erfolgen  solle').  Dementsprechend 
verkündete  eine  Königliche  Verordnung  vom  13.  Mai  1609  dem 
Vizekönig  de  Velasco,  dass,  wenn  noch  nicht  damit  begonnen, 
die  Unternehmung  dem  Guvernör  der  Philippinen  übertragen 
werde.^)  In  einer  hierauf  vom  Vizekönig  im  Oktober  1609  zu  Mexiko 
abgehaltenen  Beratung  ward  beschlossen,  dem  König  erst  noch- 
mals über  die  Vor-  und  Nachteile  der  Unternehmung,  je  nachdem 
sie  von  Acapulco  oder  von  den  Philippinen  aus  stattfinde,  zu 
berichten^).  Ein  Gutachten  des  Rats  von  Indien  vom  23.  April 
1610  bestimmte  hierauf,  dass  die  Vorstellungen  von  de  los  Rios 
Coronel  dem  Vizekönig  mitgeteilt  werden  und  dieser  dann  in 
Mexico  aufs  Neue  eine  Versammlung  einberufe,  um  über  die  Sache 
schlüssig  zu  werden.^)  De  los  Rios  Coronel  sollte,  wie  eine  König- 
liche Verfügung^)  anordnete,  persönlich  derselben  beiwohnen. 
Dieser  war  auf  der  Rückreise  nach  Manila  im  Jahre  1610  aus 
Spanien  in  Mexiko  eingetroffen.'')  Wie  er  von  hier  dem  Könige  mit 
Schreiben  vom  31.  Dezember  1610^)  berichtet,  hatte  er  in  dieser 
Versammlung  sein  Gutachten  für  die  Zweckmässigkeit,  die  Reise 
von  den  Philippinen  aus  zu  machen,  abgegeben ;  es  seien  aber 
einige  der  Ansicht  gewesen,  dass  der  Entdecker  sich  mit  dem 
Schiffe,  welches  eine  Anzahl  Japaner  aus  Mexiko  zurückbringen 
solle,  nach  Japan  begeben  und  von  dort  aus  die  Reise  unterneh- 
men solle,  was  ihm  auch  gut  erscheine  ;  übrigens  habe  der  Vizekönig 
in  derselben  Sache  nochmals  eine  Junta  einberufen.  In  dieser 
scheint  die  Reise  von  Acapulco  aus  über  Japan  endgiltig  festgestellt 

^)  Memorial  von  Hernando  de  los  Rios  Coronel  vom  2.  März  1609,  Handschrift  im 
Archiv  zu  Sevilla. 

2)  Borrador  del  Consejo,  Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 

3)  Testimonio  de  Real  Cedula,  Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 

••)  Testimonio  de  la  Junta,  abgehaUen  in  Mexiko  im  Oktober  1609,  Handschrift  im 
Archiv  zu  Sevilla. 

s)  Consulta  del  Consejo  de  Indias,  Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 

^)  Real  Cedula  vom  Jahre  1610  an  den  Vizekönig  von  Neu-Spanien,  Marquis  de 
Saunas  (diesen  Titel  führte  Luis  de  Velasco  auch),  Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 

'^)  c/c-  ^avarrcte,  Biblioteca  Maritima  Espanola,  Band  I,  Seite  644. 

«)  Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 


340       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

worden  zu  sein  ;  denn  unterm  i8.  März  1611  kann  der  Vizekönigf  dem 
Könige  endlich  berichten,  dass  das  von  den. Japanern  gekaufte  Schift 
sich  bereit  maclie  zur  Entdeckung  der  Islas  Rica  de  (3ro  und  Rica 
de  Plata,  welche,  nachdem  die  Japaner  in  ihr  Land  zurückgebracht, 
von  dort  aus  unter  Sebastian  Vizcaino  erfolgen  solle.') 

Die  Gutachten  von  Hernando  de  los  Rios  sind  besonders 
deshalb  bemerkenswert,  weil  er  darin  nilhcre  Angaben  über  jene 
Inseln  macht,  von  denen  er  zwar  nicht  weiss,  ob  sie  bevölkert  sind, 
über  deren  Lage  er  aber  berichtet,  dass  sie  150  Leguas  von  Japan 
entfernt  seien'),  und  zwar  die  Rica  de  Plata  in  der  Höhe  von  36,  die 
Rica  de  Oro  von  29  Grad  ;  er  wisse  es,  weil  er  viele  Seekarten 
gemacht  und  die  Inseln  gesehen  habe,  als  er  von  den  Philippinen  ge- 
kommen sei.^)  Gleichviel,  ob  diese  Angaben  mehr  auf  Selbsttäu- 
schung —  denn  von  einem  wirklichen  Sehen  vom  Schiffe  aus  konnte 
;bei  seiner  Fahrt  doch  nicht  die  Rede  sein  —  oder  auf  Wiedergabe  der 
darüber  unter  Seeleuten  umgehenden  Gerüchte  beruhten,  den 
späteren  Untersuchungen  zufolge  sprechen  sie  nicht  grade  für  die 
Zuverlässigkeit  von  de  los  Rios  Coronel.  Uebrigens  weichen  sie 
auch  ab  von  der  nicht  weniger  zweifelhaften  Auffassung  der  am  12. 
Juli  1609  vom  Vizekönigin  Mexiko  abgehaltenen  Versammlung ; 
hiernach  lagen  die  Inseln  zwischen  31  und  33  Grad  Breite,  und  war 
die  Kunde  davon  allerdings  aucli  durch  einige  auf  dem  Wege  von 
^den  Philippinen  vom  Weiten  vorbeigefahrene  Schiffe  erlangt/) 


3.     Der  Reiseplan. 


In  der  vom  Vizekönig  Don  Luis  de  Velasco  zu  Mexiko  ein- 
'berufenen  Versammlung  hervorragender  und  mit  der  Schiffahrt 
vertrauter  Persönlichkeiten,    zu  welchen  auch  ausser  dem   General 


1)  Brief  des  Vizekönigs  von  Neu-Spanien,  Marquis  de  Saunas,  an  den  König  aus  Mexico, 
Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 

2)  Parecer  (Gutachten)  von  Hernando  de  los  Rios  Coronel,  ohne  Datum,  beigefügt 
seinem  Schreiben  an  den  König  aus  IMexiko  vom  31.  Dezember  1610 ;  Handschrift  im 
Archiv  zu  Sevilla. 

3)  Parecer  de  Hernando  de  los  Rios  Coronel,  ebenfalls  ohne  Datum,  jedenfalls  von  1610; 
Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 

4)  Testimonio  de  la  Junta,  abgehalten  in  Mexiko,  Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 


O.  NACnOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAXD.       341 

Vizcaino  und  einigen  Steuermännern  Don  Antonio  de  Morga  zählte, 
der  Verfasser  jenes  Buches  über  die  Phih'ppinen,  in  welchem  die 
Kunde  von  den  Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata  zum  ersten  Male  in 
der  Litteratur  erscheint  (vergl.  Seite  327),  war  man  zu  dem  bereits 
erwähnten  Beschluss  gekommen,  das  Schiff  nicht  wie  sonst  zuerst 
nach  den  Philippinen,  sondern  aus  dem  Hafen  Acapulco  in  grader 
Richtung  direkt  nach  Japan  segeln  zu  lassen.  Die  Ursache  lag 
einmal  in  der  Vizcaino  anvertrauten  Gesandtschaft  nebst  den  damit 
verbundenen  Geschenken  für  den  japanischen  Kaiser,  wie  der  Sho- 
gun  bezeichnet  wird,  und  für  dessen  Sohn  ;  sodann  handelte  es  sich 
darum,  eine  Aiizahl  Japaner  in  ihr  Vaterland  zurückzubringen. 
Diese  waren  im  Jahre  1610  nach  Mexiko  gelangt  auf  einem  Schiffe, 
welches  der  Shogun  leyasu  durch  den  in  seinen  Diensten  stehen- 
den, englischen  Steuermann  William  Adams,  einem  der  mit  dem 
ersten  holländischen  Schiff  in  Japan  1600  Gestrandeten,  hatte 
anfertigen  lassen  für  den  Guvernör  der  Philippinen  Rodrigo  de 
Vivero  y  Velasco,  als  dieser  im  Jahre  1608  auf  der  Heise  nach 
Acapulco  an  der  japanischen  Küste  Schiffbruch  erlitten  hatte^). 
Nach  seiner  Ankunft  in  Japan  sollte  Vizcaino  vom  Shogun  die 
Erlaubniss  einholen,  die  Häfen  und  Buchten  zu  vermessen  und 
aufzunehmen  an  der  ganzen  Küste  von  Nagasaki  bis  zum  Cap  de 
Cestos,  welches  als  das  Nordende  von  Japan  galt.  Während  der 
Ueberwinterung  in  Japan  sollten  alle  Vorbereitungen  getroffen  und 
ein  zweites  Schiff  dort  angefertigt  werden,  um  dann  im  nächsten 
Frühjahr,  nach  Erhalt  der  Rückantwort  des  Shoguns  und  seines 
Sohnes  an  die  Gesandtschaft,  zu  geeigneter  Jahreszeit  die  Entde- 
ckungsreise nach  den  Inseln  Ricas  de  Oro  y  Plata  zu  unternehmen. 
Ueber  diese  selbst,  ihre  Lage  und  wie  man  Kunde  von  ihnen 
erhalten,  verlautet  an  dieser  Stelle  des  Vizcainoschen  Berichtes, 
dem  vorstehende  Angaben  entnommen,  leider  niclits'). 


1)  Vergl.  den  Bericht  des  Vivero  in  Thomas  Rundall,  JMemorials  of  the  Empire  of  Japon 
in  the  XVI  and  XVII  Centuries,  Seite  171— 186,  Ausgab:  der  Ilakluyt  Society,  London 
1S50 ;  ferner  Arnoldus  Monfaiins,  Gedenkwaerdige  Gesantschappeii  der  Oost-Indische 
Maetscliappy,  Seite  193,  Amsterdam  1669. 

2)  Documentos  ineditos  VIII,  Seite  103  —  104. 


342  O.    NACHOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAND. 

4.     Verlauf  der  Reise  bis  zur  Ankunft  in  Japan. 


Am  7.  ]\Iärz  161 1  verliess  Vizcaino  Mexiko,  begleitet  von  den 
23  Japanern,  als  deren  Oberhaupt  ein  Don  Francisco  de  Velasco, 
mit  anderem  Namen  Jocuquendono  genannt,  bezeichnet  wird  ;  ver- 
mutlich hatte  er  sich  in  Mexiko  taufen  lassen  und  hierbei  den 
Namen  des  dortigen  Vizekönigs  erhalten,  der  vielleicht  sein 
Taufpate  Avar.  Am  ig.  März  erfolgte  die  Ankunft  in  Acapulco, 
und  am  22.  März  verliess  das  Schiff "  San  Francisco"  diesen 
Hafen  ;  unter  den  übrigen  Teilnehmern  werden  hervorgehoben 
der  Obersteuerman  Benito  de  Palacios,  sein  Vertreter  (acompaüado) 
Lorenzo  Vazquez,  ferner  drei  Franziskanermönche  nebst  drei 
Laienbrüdern  im  Auftrage  ihres  Ordens,  ein  Geheimschreiber 
und  51  Seeleute\)  Angaben  über  die  Grösse,  Tüchtigkeit  und 
Ausrüstung  des  Fahrzeugs  fehlen  hier  leider;  an  einer  andern 
Stelle  aber  wird  bemerkt,  dass  das  Schiff,  welches  aus  den  Philip- 
pinen nach  vielen  Stürmen  mitten  im  Winter  in  Acapulco  angekom- 
men, dort  nur  kalfatert  worden  sei  mit  Talg  und  Kalk,  dass  ein 
Teil  des  zu  liefernden  Proviants  gefehlt  habe  und  obendrein  der 
übrige,  sowie  das  Wasser,  teilweise  verdorben  gewesen  sei^). 

Anfang  Mai  1611  war  die  Gegend  der  Ladronen  passirt,  und  am 
23.  Mai  hatte  das  Schiff,  von  den  Winden  bis  dahin  begünstigt,  den  33- 
Breitengrad  hinter  sich    und  war  also  fast  auf  der  Ilöhe  des  Hafens 
Uraga  am  Eingange  der  Bucht  von  Tokyo,   der  das  nächste  Reise- 
ziel bildete.     Abgesehen  von  Streitigkeiten  zwischen  den  Japanern 
und  den  spanischen  Matrosen  um    die    Feuerstätten,   welche  durch 
Vizcaino  schliesslich  durch  strenge  Androhungen  an  beide  Natio- 
nen   beschwichtigt    wurden,    war    bisher   nichts    Bemerkenswertes 
vorgefallen.     Vom  25.  Mai   ab   aber  erfassten  furchtbare  Südwest- 
stürme das   Schiff,   die  es  ernstlich  beschädigten   und   aus   seinem 
Kurse  trieben,  sodass  man  fürchtete,  nach  ,,  Gross- Tartarien  (Gran 
Tartaria)  "  oder    Korea  verschlagen  zu  werden.      Am  7.  Juni  ver- 
sammelte Vizcaino   einen   Schiffsrat,   in    welchem  angesichts  der 
fortdauernden  Stürme,  der   Schiffsschäden    und   des   mangelhaften 
Proviants   beschlossen    ward,    unter   allen  Umständen   zu  suchen, 

^)  Documentos  ini^ditos  VIII,  Seite  102 — 104. 
»)  Ebenda,  Seite  108. 


O.    XACHOD,    EIN    UNENTDECKTES   (}OLDLAXD.  343 

Land  zu  erreichen,  gleichviel  auf  welclier  Ilölie  und  wenn  es  gleich 
50  Grad  wären.  Am  nächsten  Tage  wurde  auch  wirklich  Land 
entdeckt  und  zwar  auf  der  Höhe  von  38  Grad,  und  am  9.  Juni  er- 
reichte man  die  Küste,  wo  man  einigen  japanischen  Barken  begegnete 
und  erfuhr,  dass  der  Hafen  von  Uraga  40  Meilen  entfernt  sei.  Nicht 
ohne  viele  Mühe  gelang  es  Vizcaino,  einen  der  mit  der  Küste 
bekannten,  eingeborenen  Schiffer  gegen  Bezahlung  dazu  zu  be- 
wegen, das  Schiff  nach  diesem  Hafen  zu  geleiten,  wo  es  endlich  am 
Abend  des  10.  Juni  161 1  nach  achtzigtügiger  Fahrt  eintraf'). 


0- 


Verhandlungen  mit  der  japanischen  Regierung. 


Noch  unter  gleichem  Datum  (10.  Juni  1611)  fertigte  Vizcaino 
Briefe  ab  an  den  Shogun  leyasu,  sowie  an  dessen  zum  Nachfolger 
ernannten  Sohn  Hidetada^).  Die  Uebersetzung  des  Ersteren  lautet 
wie  folgt : 

"  Durchlauchtigster  Kaiser  der  Reiche  und  Provinzen  von 
Japan. 

Sebastian  Vizcaino,  General  und  Gesandter  des  Königs  von 
Spanien,  Don  Philipp  HL,  seines  Herrn,  und  des  Marquis  von 
Salinas^),  Vizekönigs  von  Neu-Spanien  und  dessen  Statthalters, 
und  der  Pater  Frai  Pedro  Bautista,  vom  Orden  des  Pater  San 
Francisco,  thun  E.  M.  zu  wissen,  wie  wir  heut  Sonnabend  den  10. 
Juni  161 1  diesen  Hafen  Urangava  erreichten  in  einem  Schiffe,  in 
welchem  wir  abfuhren  aus  Neu-Spanien  vom  Hafen  Acapulco  am 
22.  März  dieses  Jahres  graden  Wegs  nach  diesem  Reiche,  lediglich 
um  E.  M.  Bescheid  zu  bringen,  wie  der  genannte  Marquis  die  Pässe 
und  die  Gesandtschaft  empfing,  welche  der  Pater  Frai  Alonso 
Munoz  im  Namen  von  E.  M.  ihm  überbrachte  ;  und  ebenso  um  nach 
dissem  Reiche  zu  bringen  Josquendono  und  die  übrigen  japanischen 
Unterthanen  E.  M.,  welche  im  vergangenen  Jahre  von  hier  nach 
Neu-Spanien  mit  Don  Rodrigo  de  Vivero  gingen,'')  und  um  das  Silber 

1)  Documentos  in6ditos  VITI,  Seite  105-113.  Der  Ort,  wo  die  Spanier  gelandet  waren, 
hiess  nach  Angabe  der  Japaner  Tuginahama  (Seite  112);  es  dürfte  dies  wohl  Onahama  in  der 
Provinz  Iwaki  sein. 

2)  Beide  Briefe  im  spanischen  Wortlaute  veröffentlicht  in  Documentos  indditos  VIII, 
Seite  114 — 116. 

»)  Der  Vizekönig  Luis  de  Velasco  führte  auch  den  Titel  eines  Marquis  von   Saunas. 
■*)  Vergl.  Seite  341. 


344  <>•    XACIIOD,    EIN   UXFA'TDECKTES   GOLDLAND. 

zurückzugeben,  welclies  auf  Befehl  von  E.  M.  g-enanntem  Rodrigo 
geliehen  wurde,  und  den  Wert  des  Scliiffe.s  San  Buenaventura,  das 
der  genannte  Marquis  im  Namen  seines  Königs  und  Herrn  kaufte, 
obwol  es  nicht  geeignet  war,  um  damit  nacli  diesem  Reiche  zurück- 
zukehren,  aus  Gründen,  über  die  der  genannte  Josquendono  und 
die  andern  Japaner  E.  M.  unterrichten  werden,  wie  über  die  gute 
Behandlung,  welche  ihnen  bei  der  Hinreise  uud  dem  Aufenthalt  in 
Neu-Spanien  und  bei  der  Rückkehr  in  diese  Reiche  von  Seiten  des 
genannten  Marquis  und  von  mir  zuteil  geworden,  indem  wir  sie 
achteten,  ehrten  und  bewirteten  als  Diener  und  Unterthanen  E.  M.  . 
Und  obgleich  der  genannte  Marquis  sie  über  die  Inseln  von  Luzon 
hätte  abschicken  können,  so  that  er  es  nicht,  in  Anbetracht,  dass 
der  Weg  lang  und  gefährlich  ist,  sowol  bezüglich  der  Schiffahrt, 
als  der  bei  den  genannten  Inseln  befindlichen  Menge  von  hol- 
ländischen Schiffen,  Freibeutern,  welche  auf  Raub  ausgehn  und 
sich  gegen  meinen  König  und  Herrn  empört  haben,  und  um  sie 
(die  Japaner)  nicht  in  Gefahr  zu  bringen,  noch  die  Rückgabe  des 
genannten  Silbers  und  des  Wertes  des  Schiffes  und  des  Uebrigen, 
was  wir  von  dem  genannten  Marquis  im  Namen  meines  Königs  und 
Herrn  herbringen.  Da  uns  daran  liegt,  vor  E.  M.  zu  erscheinen,  so 
erbitten  wir  demütig  Erlaubniss,  an  den  Hof  zu  kommen,  um  E.  M- 
die  Hände  zu  küssen  und  damit  zu  warten  nach  E.  M.  Belieben, 
nach  Massgabe  des  Anfangs  und  des  Friedens  und  der  guten 
Beziehungen,  wclclie  bestehn  mit  E.  M.  und  seinen  Reichen,  dessen 
Leben  unser  Herr  verlängere  mit  mehr  Reichen  und  Staaten. — Von 
Urangava  etz." 

Von  ähnlicliem  Inhalt,  aber  kürzer  war  das  Schreiben  an 
den  jungen  Shogun.  Bemerkenswert  erscheint,  dass  also  von  dem 
eigentlichen  Zwecke  der  Reise,  der  Entdeckung  der  Ricas  de  Oro 
y  riata,  sowie  von  der  beabsichtigten  Vermessung  und  Aufnahme 
der  Häfen  und  Küsten,  zunächst  noch  geschwiegen  ward. 

Bezüglich  der  Staatsgewalt  bestand  in  Japan  ein  Dualismus, 
welcher  sich  am  besten  mit  dem  Hausmeiertum  der  Karolinger 
unter  den  Merovingern  vergleichen  lässt.  Die  Würde,  der  Titel 
der  Staatshoheit,  war  dank  seiner  als  göttlich  angesehenen  Abstam- 
mung dem  uralten  Herrschergeschlechte  der  Mikado  verblieben; 
die  Regierungsgewalt  selbst  aber  übte  in  seinem  Namen,  jedoch 
gänzlich  unabhängig,  der  Shogun  aus,  den  daher  die  Europäer  all- 


I 


O.  XACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLD  LAND.        345 

gemein,  wenn  auch  irrig,  als  Kaiser  von  Japan  bezeichneten.  Die 
Erschlaffung  der  Zentralgewalt  war  von  den  Daimyo,  den  einzelnen 
Territorialherren,  in  jahrhundertelangen  Bürgerkriegen  benutzt 
worden,  um  sich  immer  unabhängiger  hiervon  zu  machen  und  ihr 
eigenes  Ländergebiet  auf  Kosten  andrer  Daimyo  zu  vergrössern. 
Erst  im  letzten  Drittel  des  16.  Jahrhunderts  war  es  gelungen, 
diese  Bestrebungen  zu  unterdrücken,  indem  Nobunaga  und,  nach 
dessen  Ermordung,  Hideyoshi  durch  militärische  Erfolge  sich  die 
Oberherrschaft  zu  sichern  verstanden  hatten.  Nach  des  Letzteren 
Tode  (1598)  war  es  der  Daimyo  leyasu  Tokugawa,  der  sich  diesel- 
be erkämpfte  und  durch  kluge  Massregeln  es  dahin  brachte,  in 
seiner  Familie  das  Shogunat  erblich  zu  machen;  mit  der  Tokugawa- 
Herrschaft,  die  fast  bis  in  unsre  Tage  w^ährte,  brach  für  Japan 
endlich  eine  Zeit  des  Friedens  von  fast  vierteltausendjähriger  Dauer 
an.  Seinen  zum  Nachfolger  bestimmten  Sohn  Hidetada  hatte 
leyasu  nach  japanischem  Brauch  schon  bei  Lebzeiten  vom  Mikado 
zum  Shogun  ernennen  lassen;  es  war  dies  jedoch  nicht  viel  mehr  als 
eine  blosse  Form,  zur  Vermeiduner  von  Thronstreiti£;"keiten  bei 
seinem  Ableben  bestimmt;  denn  die  Regierungsgewalt  behielt 
leyasu  bis  zu  seinem  Tode  (1616)  ausschliesslich  in  seinen 
Händen. 

Nach  einigen  Tagen  traf  die  Antwort  auf  Vizcainos  Schreiben 
an  den  jungen  Shogun  aus  dem  nahen  Yedo  ein,  der  heutigen 
Hauptstadt  Tokyo,  wo  Hidetada  Hof  hielt  ;  sie  erteilte  die  Ge- 
nehmigung zu  der  erbetenen  Hofreise/)  Aus  der  breit  gehaltenen 
Darstellung^)  in  dem  Berichte  Vizcainos  über  den  Aufenthalt  in 
Yedo  und  die  feierliche  Audienz  bei  Hidetada  seien  die  langwierigen 
Verhandlungen^;  hervorgehoben,  welche  sich  um  die  zu  erfüllen- 
den Förmlichkeiten  entspannen.  Vizcaino  weigerte  sich,  seine 
Botschaft  dem  Shogun  kniend  mit  zu  Boden  geneigtem  Gesicht 
auszurichten,  wie  es  die  japanische  Sitte  mit  sich  brachte,  die  auch 
selbst  von  den  Daimyo  erfüllt  wurde,  da  die  Würde  seines  von  ihm 
vertretenen,  mächtigen  Königs  dies  nicht  erlaube  ;  er  wusste  in 
der  That,  es   schliesslich    durchzusetzen,  dass    der    Empfang  nach 


^)     Documentos  ineditos  VIII,     Seite  118— 119. 
*)     Ebenda,  Seite  119 — 130. 
3)     Ebenda,  Seite  122 —124. 


346  O.    ^■ACH01),    EIX   UXENTDECKTES   GOLDLAND. 

spanischem  Zeremoniell  stattfand,  indem  er  angeblich  drohte,  sonst 
ohne  Botschaft  zurückzukehren.  Dieser  anscheinende  Erfolg,  sowie 
das  glUnzenkc  Waffe ngepränge.  mit  dem  die  Gesandtschaft  auftrat, 
trug  aber  in  den  Augen  des  einflussreichen,  auf  die  alten  Gebrauche 
Wert  legenden  japanischen  Beamtenadels  scliwerlicli  dazu  bei,  die 
Spanier  beliebt  zu  machen  und  deren  weitere  Pläne  zu  fördern. 

Nach  etwa  zehntägigem  Aufenthalt  in  Yedo  kehrte  die  spani- 
sche Gesandtschaft  nach  Uraga  zurück,  um  nun  von  dort  sich  nach 
Suruga ')  zu  begeben  (29.  Juni  161 1),  wo  der  mächtige  Shogun 
leyasu  Hofhielt;")  diese  jetzt  Shidzuoka  genannte  Stadt,  südwest- 
lich vom  heutigen  Yokohama  gelegen,  soll  damals  zu  den  bedeu- 
tendsten und  volkreichsten  von  Japan  gehört  haben. 

Auf  der  Reise  waren  die  Spanier  der  Gegenstand  ehrender 
Aufmerksamkeiten  und  zuvorkommender  Bewirtung,  was  der 
Bericht  nicht  ohne  Stolz  wiederholt  hervorhebt,  obgleich  in  Japan 
dies  allen  Gesandtschaften  gegenüber  allgemeiner  Brauch  war  ; 
die  feierliche  Audienz  bei  leyasu  verlief  in  ähnlicher  Weise  wie 
bei  seinem  Sohne  in  Yedo.  Unter  den  Geschenken  des  Vizekönigs 
in  Mexiko  befanden  sich  Gemälde  des  Königs,  der  Königin  und 
des  Kronprinzen  von  Spanien,  welche  der  Shogun  aufmerksam, 
betrachtete  f)  auch  in  Yedo  hatte  Vizcaino  die  sorgfältig  eingerahm- 
ten und  mit  Vorhängen  versehenen  Bilder  dem  jungen  Shogun 
zeigen  müssen  ;  derselbe  liess  ihm  seinen  Beifall  kundgeben,  nicht 
ohne  die  eigentümliche  Frage  zu  stellen,  ob  die  schöne  Farbe  der 
Wangen  wirklich  so  oder  nur  künstlich  gemacht  sei.^)  Eine 
lohnende  Aufgabe  wäre  es,  nach  diesen  in  Japan  vielleicht  noch 
vorhandenen  Gemälden  nachzuforschen  ;  wer  weiss,  ob  man  damit 
nicht  wertvolle  Kunstwerke  bedeutender  spanischer  Maler  dem 
Schicksal  der  Vergessenheit  entreissen  würde  .'' 

In  den  nächsten  Tagen  erhielt  Vizcaino  die  Aufforderung,  eine 
schriftliche  Eingabe  seiner  Wünsche  an  die  japanische   Regierung 

1)  In  dem  Berichte  des  Vizcaino  ist  dieser  Name  mit  (^orumba  M-iedergegeben.- — In  der 
erwähnten  Schilderung  (vergl,  Seite  341)  des  Guvernörs  der  Phihppinen  {^Kundall,  Seite  17S) 
wird  Suruga  als  eine  Stadt  von  500000-600000  Einwohnern  bezeichnet,  eine  wol  sehr 
übertriebene  Schätzung. 

2)  Documentos  ineditos  VIII,  Seite  136-137. 

3)  Ebenda,  Seite  141. 

^)  Ebenda,  Seile  129-130. 


O.  XACHOD,  EIX  UNEN1DECKTES  GOLDLAND.       347 

zu  machen.  Kr  that  dies  in  drei  Schreiben,  ■")  worin  er  die 
Erlaubniss  erbat,  erstens  wegen  der  Schiffsgefahr  für  die  aus  den 
Phih'ppinen  kommenden  spanischen  Schiffe  die  Häfen  ander  ganzen 
Küste  zu  vermessen  und  ihre  geographische  Lage  zu  bestimmen  ; 
zweitens  an  dem  hierzu  am  besten  geeigneten  Orte  unter  Aufsicht 
der  japanischen  Behörden  gegen  die  bei  diesen  übh'che  Bezahlung 
von  einheimischen  Werkleuten  ein  Schiff  zur  Rückreise  nach  Neu- 
Spanien  herstellen  zu  lassen  ;  drittens  die  mitgebrachten  Waaren, 
deren  Erlös  zur  Bezahlung  seiner  Leute  und  des  anzufertigenden 
Schiffes  bestimmt  sei,  frei  und  ungehindert  verkaufen  zu  dürfen, 
was  ihm  in  Uraga  nicht  gestattet  worden  sei,  angeblich  Aveil  die 
Waaren  für  den  Hof  des  Shogun  benötigt  würden.  Der  Bericht 
über  die  Aufnahme  der  Häfen  sollte  in  einem  Exemplar  dem 
Shogun,  in  dem  andren  dem  König  von  Spanien  erstattet  werden. 

Alle  drei  Gesuche  wurden  bald  genehmigt ;  das  Streben  der 
Abschliessung  gegen  das  Ausland  erlangte  erst  einige  Jahre  später 
in  Japan  Geltung,  nach  dem  Tode  des  leyasu,  der  eifrig  und  nicht 
ohne  Erfolg  bemüht  war,  die  technischen  Kenntnisse  der  Fremden, 
in  denen  sie  seinen  Unterthanen  überlegen  waren,  in  seinem  Lande 
zu  verbreiten  und  zur  Hebung  der  wirtschaftlichen  Lage  Japans 
auszunützen. 

Nach  P2rlangung  dieser  wertvollen  Zugeständnisse  machte 
Vizcaino  geltend,  sein  Hauptzweck  sei  zu  erfahren,  ob  der  Shogun 
den  Holländern  Freundschaft  und  den  Zutritt  zu  seinem  Reiche 
gewähren  wolle,  da  da  im  der  König  von  Spanien  seinen  Unter- 
thanen nicht  gestatten  könne,  nach  diesem  Reiche  Handel  zu 
treiben  ;  die  Holländer  seien  Seeräuber,  die  in  den  Philippinen 
chinesische,  japanische  und  andre  Schiffe  beraubt  hä.';ten,  bis  sie 
der  dortige  Guvernör  besiegt  habe.  Der  Beschluss  der  japanischen 
Behörden  hierüber  lautete  nach  verschiedenen  Verhandlunsfen 
schliesslich,  Vizcaino  solle  nur  zunächst  ruhig  nach  Uraga  zurück- 
kehren ;  bevor  er  Japan  verlassen  würde,  sollte  ihm  endgiltiger 
Bescheid  über  diese  Angelegenheit  zuteil  werden.^)  Zwei  Jahre 
vorher  waren  die  ersten  beiden  Schiffe  der  Vereinigten  Nieder- 
ländischen  Ostindischen  Kompagnie  (gegründet  1602)  nach  Japan 
gekommen    und    hatten    freundliche    Aufnahme    und    vorteilhafte 

1)  Im  spanischen  Wortlaut  verr.ftentlicht  in  Documentos  ineditos  VIII,  Seite  143-145. 
')  Documentos  incditos  VIII,  Seite  146-148. 


348       O.  NACIIOl),  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

Freibriefe  zum  Handel  in  Japan  von  leyasu  erlangt,  zu  dem  ihr  in 
den  indischen  Gewässern  erworbener  Kriegsruhm  sicher  gedrungen 
war  und  für  dessen  Pläne  sie  geeigneter  erscheinen  mochte,  als  die 
anspruchsvollen  Spanier  und  Portugiesen.  Auch  hatten  die  Hol- 
länder einen  einflussreichen  Fürsprecher  in  dem,  wie  bereits 
erwähnt  (vergl.  Seite  341),  im  Dienste  des  Shogun  stehenden  Wil- 
liam Adams,  der  im  Jahre  1600  mit  dem  Schiffe  einer  der  damals 
in  Holland  bestehenden  ostindischen  Rhedereien  in  Japan  gestran- 
det war  (vergl.  Seite  318). 

So  verliess  denn  am  16.  Juli  161 1  die  spanische  Gesandtschaft 
Surusra  und  traf  nach  vier  Tagen  wieder  in  dem  Hfen  Urap-a  ein. 
Hier  bemühte  man  sich  aufs  eifrigste  um  den  Verkauf  der  mit- 
gebrachten Waaren,  aus  denen  jedoch  nicht  viel  gelöst  werden 
konnte,  angeblich  weil  die  Tuche  und  Serge  zu  fein  und  in  Japan 
nur  für  geringwertige  Kleidung  zu  verwenden  waren.  Für  die 
Anfertigung  eines  Schiffes  von  weniger  als  100  Tonnen  wurden 
8000  Tael  verlangt  (damaliger  Wert  ungefähr  50000  Mark)  ;  da  nun 
Vizcaino  einsah,  dass  der  zu  erwartende  Erlös  der  Waaren  hierzu 
und  zu  den  Kosten  der  Rückreise  nicht  ausreichen  würde,  ent- 
schloss  er  sich,  lieber  sein  altes  Schiff  ausbessern  zu  lassen  und  aut 
das  neue  zu  verzichten.') 

Diese  Angelegenheiten  scheinen  ziemlich  viel  Zeit  beansprucht 
zu  haben  ;  denn  es  vergingen  mehrere  Monate,  ehe  man  sich 
anschickte,  die  Untersuchung  der  Häfen  in  Angriff  zu  nehmen. 
Erst  am  6.  Oktober  begaben  sich  die  Spanier  nach  Yedo,  um  dorf 
die  Pässe  der  Shogunatsregierung,  sowie  einen  Beamten  derselben 
als  Führer  des  Zuges  zu  erlangen,-)  deren  sie  zum  freien  Eintritt 
und  Durchzug  der  zunächst  zu  besuchenden  nördlichen  Provinzen 
bedurften  und  wodurch  die  lokalen  Behörden  angewiesen  wurden, 
die  Spanier  mit  Verpflegung,  Transportmitteln  und  sonstigen 
Erfordernissen  in  ihrem  Unternehmen  zu  imterstützen.  Auch 
erbot  sich  der  Shogun  Hidetada,  das  neue  Schiff,  auf  welches 
Vizcaino  aus  finanziellen  Rücksichten  bereits  geglaubt  hatte 
verzichten  zu  müssen,  selbst  für  ihn  anfertigen  zu  lassen.  Gern 
ging  Vizcaino  hierauf  ein  und  stellte  folgende  Bedingungen  :  Das 
Schiff  solle   einen   Gehalt  von   nicht  mehr  als  100  Tonnen  haben  ; 

i)  Documentos  indditos  VITI,  Seite  148-151. 
2)  Ebenda,  Seite  152. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       349 

die  ganze  Besatzung'  solle  unter  dem  Befehle  Vizcainos  stehn, 
darunter  nicht  mehr  als  zwei  Japaner  als  Faktoren  des  Shogun  ; 
dem  König  von  Spanien  sollten  Kosten  nicht  erwachsen;  bei  Ankunft 
des  Scliiffes  in  Acapulco  solle  es  dem  Vizekönig  von  Neu-Spanien 
freistehn,  das  Schiff  zu  massigem  Preise  zu  kaufen/)  Der 
Bericht  verschweigt,  ob  und  inwieweit  der  Shogun  auf  diese  für 
die  Spanier  sehr  günstigen  Forderungen  einging;  erfüllt  wurden  sie 
jedenfalls  nicht,  wie  die  im  weiteren  Verlauf  dieses  Schiffsbaus  durch 
die  Japaner  \'izcaino  bereiteten  Acrgernisse  beweisen,  über  die  seine 
Darstellung  wiederliolt  bitter  Iclagt  (vergl.  Seite  360 — 362).  Die 
japanische  Regierung  d.ichte  jedenfalls  bei  ihrem  Vorschlage  auch 
gar  nicht  daran,  sich  irgendwie  von  Vizcaino  hierbei  Vorschriften 
machen  zu  lassen  ;  ihr  lag  vermutlich  nur  daran,  für  ihre  eigenen 
Zwecke  sich  der  seekundigen  spanischen  Mannschaft  zu  bedienen. 


6.     Reise  der  Spanier  an  der  Ostküste  von  Japan. 

Am  22.  Oktober  161 1  verliessen  die  Spanier,  versehn  mit 
zehn  der  genannten  Freipässe-)  für  die  verschiedenen  Daimyo  der 
zu  bereisenden  Gebiete,  die  Stadt  Yedo  in  nördlicher  Richtung  und 
schlugen  den  Landweg  nach  Sendai  ein.^)      Unterwegs  wurden   sie 

1)  Docuincntos  ineditos  VIII,  Seite  154-155. 

2)  Documentos  ineditos  VIII,  Seite  153. 

3)  Der  Reisebericht  Vizcainos  nennt  die  folgenden  Orte,  von  denen  ich  leider  nur  einige, 
und  auch  diese  mehr  oder  minder  abweichend  von  der  spanischen  Schreibweise,  auf 
Karten  zu  ermittehi  vermochte.  (Die  in  Klammern  beigefügten  Zahlen  geben  die 
betreffenden  Seiten  der  Documentos  ineditos  VIII  an.)  Hinreise :  Coningay  (155)  ; 
Coga  (155),  moderne  Schreibweise  Koga,  in  der  Provinz  Shimosa  ;  Cucimonio  (155)  ; 
Vecinomia  (155 — 156),  vielleicht  Utsunomiya  in  der  Provinz  Shimotsuke  ;  Tonchie  (156),  viel- 
leicht Tochigi  in  der  Provinz  Shimotsuke  ;  Otaura  (156),  Xiracagua  (156),  jedenfalls  Shira- 
kawa  in  der  Provinz  Iwaki;  Xesindo  (156)  ;  Bacamechi  (156— 158)  =  Wakamatsu  (siehe 
nächste  Seile);  Yonan2ua(  159),  wahrscheinlich  identisch  mit  Yonezawa  in  der  Provinz  L'zen; 
Gonday  (15g — 162),  das  ist  Sendai ;  Xivongama(i63),  der  an  der  Sendai-Bucht  liegende  Ort 
Shiogama;  Matasima  (163-164),  das  ist  Matsushima  ;  Ozca  (164);  Miato  (164),  vielleicht  der 
unter  39  Grad  gelegene  Hafen  Minato;  Condaque  (164);  Chiquimura  (164):  Guindazu  (164); 
Onvara  (164);  Cubruchi  (165)  ;  Uran gava  (165) ;  Ichibama  (165)  ;  Uragi  (165);  Ongachi 
(165-I66)  ;  Michufaraa  (165-166)  ;  Baque  (165-166) ;  Oritatc  (167) ;  Iturra-Antacho  (167); 
Quexonoma  (167)  ;  Imayzumi  (j68)  ;  Zacari  (168)  ;  Oquinay  (168);  Combazu  (169).— 
Rückreise:  Maynzumi  (170)  ;  Sendai  (171-173);  Camura  (173-174),  jedenfalls  Nakamura 
in  der  Provinz  Iwaki ;  Ondazudo  (174) ;  Fumangava  (174) ;  Tomena  (174)  ;  Tairacibando 
(174),  wahrscheinlich  Taira,  die  Hauptstadt  der  Provinz  Iwaki;  Oymaluca  (175);  Fu- 
gunaliama  (175),  wol  Onahama  in  der  Provinz  Iwaki  (vergl  auch  Seile  343,  Anm.  i)  ;  Amito 
(176),  das  ist  Mito,  die  Hauptstadt  der  Provinz  Hitachi. 


350  o.  NACiioi).  i-:ix  unenjdlckjes  goldland. 

überall  sehr  _L;ut  aufgenommen  und  verpflegt  ;  zuweilen  wurden 
Geschenke  mit  den  Daimyo  ausgetauscht.  In  dem  Orte,  den  sie 
Bacamechi  nennen  und  der  jedenfalls  dem  heutigen  Wakamatsu 
entspricht,  einer  Stadt  von  jetzt  ink  r  20OCO  Einwohnern  in  der 
Provinz  Iwashiro,  Hess  der  Landesfürst,  ein  Schwiegersohn  des 
Shogun  leyasu,  ein  I^hrengeschenk  von  30  Silberbarrren  dem 
General  Vizcaino  übergeben.^)  Die  glänzendste  Aufnahme  aber, 
die  sich  auch  für  die  weiteren  Pläne  Vizcainos  als  besonders 
bedeutungsvoll  erweisen  sollte,  far.den  die  Spanier  in  Sendai,  einer 
schon  damals  als  Residenz  des  Daimyo  Date  Masamune  an- 
sehnlichen und  noch  heut  wichtigen  und  über  70000  Einwohner 
zählenden  Stadt  in  unmittelbarer  Nähe  der  pazifischen  Küste.  Der 
genannte  Fürst,  über  den  wir  gut  unterrichtet  sind^),  gehört 
neben  Hideyoshi  und  leyasu  zu  den  anziehendsten  und  unter- 
nehmendsten Persönlichkeiten  der  damaligen,  thatenreichen 
Geschichte  Japans.     Geboren  1567'),  und  sehr  jung  zur   Herrschaft 

1)  Documentos  indditos  VIII,  Seite  158.  Diese  kleinen  Silberbarren  gehörten  zu  den 
gangbarsten  Tauschwerten  in  Japan  und  hatten  einen  festen  Wert  von  4,3  Tael ;  der  Tael 
war  eine  Rechnungsmiinze  im  Gewicht  von  37,565  Gramm  Feinsilber,  welche  damals 
einem  Wert  von  6-7  Mark  entsprach.  Niiheres  hierüber  in  .Vac/md,  Die  Beziehungen  der 
Niederländischen  Ostindischen  Kompagnie  zu  Japan  im  17.  Jahrhundert,  Seite  133-6. 

2),  C.  Mirhvsthcr  hat  in  den  Transactions  of  the  Asiatic  Society  of  Japan  (Band  XXI, 
Seite  I  -105,  Yokohama  1S93)  unter  dem  Titel  "A  sketch  of  the  life  of  Date  IMasamune  and  an 
account  of  bis  embassy  to  Rome"  eine  Monographie  veröftentlicht,  in  der  mit  grossem  Fleiss 
aus  europäischen,  wie  japanischen  Quellen  reiches  Material  zu  einem  übersichtlichen,  lebens- 
wahren Bilde  zusammengetragen  ist.  Wertvollen  Aufschluss  über  Dates  Bestrebungen  enthält 
auch  der  von  il/v-Ä'^'t'/Z'fr  vielfach  benutzte,  in  dem  "  Archivio  Veneto  "  (Band  XIII,  Teil 
II.  Seite  245-285,  Band  XIV,  Teil  I,  Seite  150-203,  Venedig  1877)  erschienene  Aufsatz  Le 
antiche  ambasciate  giapponesi  in  Italia  von  Giigäcliiio  Bereitet,  welcher  eine  grosse  Anzahl 
hieravif  bezüglicher  Aktenstücke  aus  italienischen  Archiven  veröffentlicht.  Endlich  sind  viele 
interessante  Einzelheiten,  wie  auch  einige  der  von  BcrcJut  mitgeteilten  Briefe,  enthalten  in 
dem  Schriflchen  eines  allerdings  nicht  grade  unparteiischen  Zeitgenossen,  nämlich  des 
Römers  Scipioiic  Amati,  welcher  die  Gesandtschaft  Dates  von  Spanien  nach  Italien  als 
Dolmetscher  und  Geschichtsschreiber  begleitete.  Dasselbe  erschien  in  Rom  1615  unter  dem 
etwas  langatmigen  Titel :  Ilistoria  del  regno  di  Voxv  del  Giapone,  dell'  antichita,  nobilta, 
e  valore  del  svo  re  Idate  Masamvne,  delli  favori,  c"ha  fatti  alla  Christianitä,  e  desiderio  che 
ienc  d'csser  Christiane,  e  dell'  aumento  di  nostra  santa  Fede  in  quelle  parti.  E  dell' 
tambasciata  che  ha  inuiata  alla  Stil,  di  N.  S.  Papa  Paolo  V.  c  delli  suoi  succcssi,  con  altre 
varie  cose  di  edeficatione,  e  gusto  spirituale  de  i  Lettori.  Dedicata  alla  Stä.  di  N.  S. 
Papa  Paolo  V.  Fatta  per  il  Dottor  Scipione  Amati  l\omano,  Interprcte,  e  Historico  dell' 
Ambasciata. 

8).  McriivetJuT  Seite  6. 


O.  XACHOD,  EIX  UXENTDECKTES  GOEDLAXD.       35t 

gelangt,  hatte  er  es  verstanden,  durch  mih'Ulrische  Erfolge,  wie 
durch  List,  in  den  unter  den  Daimyo  damals  so  üblichen  Nach- 
barfehden sein  ererbtes  Gebiet  bedeutend  zu  erweitern,  und  er 
gehörte  zu  den  letzten  der  Landesherren,  welche  sich  der  ciurch 
Hideyoshi  verkörperten  zentralen  Staatsgewalt  gefügt  hatten, 
jedoch  ohne  dabei  etwas  von  seinem  Ländererwerb  herausgeben  zu 
müssen.  Sein  Gebiet,  gewöhnlich  Mutsu  oder  Oshiu^)  genannt,  weit 
ausgedehnter  als  die  der  meisten  andren  Daimyo,  umfasste  fast  den 
ganzen  Norden  der  Insel  Nippon  (Hondo);  es  enthielt  1073  Ortschaf- 
ten") und  gewährte  ein  Einkommen  von  jährlich  15-20  Millionen 
Mark^).  An  dem  Eroberungsfeldzug  Hideyosliis  gegen  Korea  hatte 
Date  Masamune  ruhmreichen  Anteil  mit  seinem  Heere  genommen  ; 
dennoch  erregte  sein  kaum  verhohlener  Ehrgeiz  auch  später  noch 
das  Misstrauen  Hideyoshis,  und  wol  auch  nicht  grundlos.  Beiin 
Tode  des  Letzteren  (1598)  schloss  sich  Date  Masamune  dem  bald 
2ur  vollen  Macht  gelangenden  leyasu  an,  dessen  Sohn  nun  sein 
Schwiegersohn  wurde.^)  Uebrigens  begnügte  der  Daimyo  von 
Sendai  sich  nicht  mit  kriegerischem  Ruhm  allein  ;  er  errichtete  in 
seiner  Residenz  ein  festes  Schloss  und  in  dem  nahen  Ort  Matsu- 
shima  einen  wegen  seiner  Pracht  berühmten  Tempel  ;  er  beschäf- 
tigte sich  mit  Kanälen  und  Bewässerungsarbeiten  f)  er  sorgte  für 
Neuanpflanzung  von  Bäumen,'')  und  auch  die  Dichtkunst,  von  jeher 
in  seinem  Gesclileclit  erfolgreich  gepflegt,  zählte  ihn  zu  ihren 
eifrigen  Jüngern.') 


1)  Häufig  kommen  hierfür  auch  die  Schreibweisen  Oosioe  und  Voxu  vor  (sprich 
Ohschiu). 

-)  Mei-hi'cther,  Seite  27. 

3)  Das  nach  Landessitte  in  Reis  ausgedrückte  Einkommen  betrug  nach  Mcrhoether, 
Seite  27,  625731  Koku(ä  180,  39  Eiter),  ein  von  ihm  auf  4  ^Millionen  Dollars  Gokl  geschätz- 
ter ^^ert.  Monianiis  nennt  in  seinen  Gedenkwaerdige  Gesantschappen,  Seite  61,  64 
Tonnen  Gokl  ;  das  sind  6,400000  Gulden  holländisch,  deren  Wert  am  Anfang  des  17. 
Jahrhunderts  2  Mark  war.  Nach  meinen  Untersuchungen,  vergl.  Die  Beziehungen  der 
Xiederlündischen  Ostindischen  Kompagnie  zu  Japan  im  17.  Jahrhundert,  Seite  136-137,  war 
der  Durchschnittswert  von  i  Koku  Reis  damals  Mark  29,  gl. — Xach  i\Ioii'amis  gab  es  nur 
drei  Daimyo,  deren  Einkommen  noch  etwas  hölier  war. 

••)  ylAv/wcMd';-,  Seite  20-23. 

5)  Ebenda,  Seite  29. 

")  Ebenda,  Seite  85-36. 

')  Ebenda,  Seite  36-38. 


352  O.   NACIIOD,    EIN   UNEXTDECKTES   GOLDLAXD. 

Bei  einem  Besuche,    den  der   Daimyo  von  Sendai  dem  Shogun 
in  Ycdo   abgestattet   hatte,   war   eine   seiner   Nebenfrauen,    die   er 
besonders  liebte,   erkrankt,  olme  dass  die  besten  Aerzte  des  Hofes 
sie  zu  heilen  vermochten.     Da  erfuhr   Date    Masamune   von  einem 
durch  seine  wunderbaren  Kuren  rühmhchst  bekannten  Laienbruder 
in  dem  zur  damals  in   Yedo   befindhchen    Kirche  der  Franziskaner 
gehörigen  Hospitale.     Diesem  gelang  es  in  der   That,    die    Kranke 
zu  heilen.     Voll  Dankbarkeit  Hess  hierauf  der  Dairnyo  den  Oberen 
der  Franziskaner,  den  Pater  Ludwig  Sotelo  aus  Sevilla,   nebst  dem 
Arzte    zu    sich   kommen,    um    ihnen    kostbare    Geschenke  zu  über- 
reichen.       Er    war    nicht    wenig    erstaunt,     als     Sotelo    dieselben 
zurückwies  mit  dem  Bemerken,   dass  den    Mönchen    die   Annahme 
-weltlicher    Gaben   versagt   sei    und   sie    nur   aus   Liebe  zu  Gott  die 
Heilkunst  ausübten.      Nach  einer  sehr  ehrenvollen  Bewirtung  fand 
Sotelo,  der  mit  der  japanischen  Sprache  bereits  vertraut  geworden, 
die  Gelegenheit,   dem  Daimyo  über  die   Cln-isten  und  ihre  Religion 
mancherlei  zu  berichten,  und  als  er  schliesslich  die  Bitte  aussprach, 
nach    Sendai    kommen   zu    dürfen,    um    die    christliche  Religion   zu 
verkünden,     ging    der    Daimyo    bereitwillig   hierauf  cin.^)      Dieser 
versprach  sich  jedenfalls   von    der   Thätigkeit   der  mit   mancherlei 
Kenntnissen  ausgerüsteten  fremden  Priester  eine  P^örderung  seiner 
Pläne  für  die  wirtschaftliche  Hebung  seiner  Unterthanen. 

So  stand  Sotelo  an  dem  Hofe  zu  Sendai  in  grossem  Ansehn 
und  entwickelte  eine  rege  Bekehrungsthätigkeit,  als  die  Spanier 
unter  Vizcaino  dort  eintrafen.  Auch  diesen  Hess  der  Daimyo  alle 
Gunst  widerfahren  ;  es  fand  feierlicher  Empfang,  ähnlich  wie  in 
Yedo  und  Suruga,  unter  dem  üblichen  Austausch  von  Geschenken 
statt;  Festlichkeiten  wurden  zu  Ehren  der  spanischen  Gesandt- 
schaft veranstaltet,  die  acht  Tage  in  der  Residenz  verweilte  (vom 
8.  bis  15.  November  1611);  vor  allem,  aber  wurde  den  Spaniern  alle 
Hilfe  zugesagt  bei  der  Untersuchung  der  Küsten,  und  Date 
Masamune  äusserte,  wie  er  sich  freuen  würde,  wenn  sie  in  seinem 
Lande  gute  und  geeignete  Häfen  für  ihre  Schiffe,  sowol  aus  Manila 
als  aus  Neu-Spanien,  fänden,  denen  er  gute  Aufnahme  zusicherte, 
wie  er  überhaupt  wünsche,  gute  Beziehungen  mit  ihrem  König  und 
den  Vizekönigen  in  Ne^'-Spanien  zn  unterhalten.'-)      ^^^ 

^)  Aiiiali,  Seite  7. 

2)  Documentos  indditos  VIII,  Seite  159-162. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       353 

Von  Sendai  wandten  sich  die  Spanier  nach  der  nahen  Küste, 
um  in  nördh'cher  Riclitung  dieselbe  zu  untersuchen.  Bei  Shiogama 
(Xivoiigama),  eine  Tagereise  von  Sendai,  fanden  sie  einen  Hafen, 
der  sich  aber  nur  für  kleine  Schiffe  als  geeignet  erwies.^)  Hierauf 
gelangten  sie  nach  Matsushima  (Mataxima),  wo  sie  auf  Wunsch  des 
Daimyo  den  von  ihm  errichteten,  prachtvollen  buddhistischen 
Tempel  besichtigten,  dessen  kunstvolle  Holzschnitzereien  die 
lebhafteste  Bewunderung  der  Spanier  erregten.^)  Diese  zogen  nun, 
bald  zu  Lande,  bald  in  japanischen  Dschonken,  weiter  die  in  vielen 
Einbuchtungen  verlaufende  Küste  entlang  und  fanden  eine  ganze 
Reihe  von  guten,  auch  für  grössere  Schiffe  geeigneten  Häfen,  welche 
sie  kartographisch  aufnahmen  ;  Zeichnungen  davon  übersandten  sie 
dem  Daimyo  von  Sendai,  der  über  diese  Fülle  von  guten  Häfen  in 
seinem  Lande  sich  nicht  \venig  erfreut  zeigte  ;  grosse  Bedeutung 
konnten  dieselben  jedoch  nicht  erlangen,  weil  die  Scheidewand 
der  küstennahen  Längsgebirge  das  Hinterland  vom  Verkeiu'  mit 
ihnen  abschliesst.  Diese  Häfen  lagen  zwischen  38  und  40 
Grad  n.  Br.  nacli  den  spanischen  Messungen,  A\elche  jedoch  nicht 
ganz  richtig  zu  sein  scheinen  ;  denn  obgleich  Sendai  bereits  auf 
38i  Grad  liegt,  führt  der  spanische  Bericht  den  erst  acht  Tage 
später  erreichten  Hafen  Condaque  mit  nur  38  Grad  an,  und  Minato, 
was  sicherlich  identisch  ist  mit  dem  noch  einen  Tag  vor  Condaque 
berührten  Ort  Miato,  liegt  bereits  nur  wenige  Minuten  südlich  vom 
39.  Grad.  Die  spanischen  Messungen  scheinen  also  um  etw^a  einen 
Grad  zu  niedrig  zu  sein,  wofür  die  damals  noch  unvollkommenen 
Messwerkzeuge  wol  eine  genügende  Erklärung  bieten.  Eigentüm- 
lich berührt  das  Verfahren  der  Spanier,  den  von  ihnen  gefundenen 
Häfen  ohne  Rücksicht  auf  die  einheimischen  Bezeichnungen 
spanische,  aus  dem  Hciligcnkalender  gewählte  Namen  beizulegen.^) 

Der  nördlichste  von  den  Spaniern  erreichte  Ort  namens 
Combazu  lag  nach  ihren  Angaben  auf  40  Grad  n.  T?.,  w^as  also  etwa 
41  Grad  entsprechen  und  von  der  äussersten  Nordspitze  der  Insel 
Nippon    nur    um    einen    halben    Grad   entfernt   sein   dürfte.      Hier 


1)  Documentos  inedilos  VIII,  Seite  163. 

2)  Ebenda,  Seite  163.  il/6';77L'<7//tr,  Seite  30— 32,  gibt  eine  sehr  anziehende  Schilderung 
dieses  Prachtbaus,  welclae  er  der  Zeitung  Japan  Daily  Mail  vom  17.  Dezember  189I 
entnommen  hat. 

3)  Documentos  incditos  VIII,  Seite  164 — 16S. 


354  O-    NAClIOl),    EIX    UXEXTDECKTES    OOEDLAXD. 

vernalim  Vizcaino  von  den  Eingeborenen  auf  seine  Frage,  wieviel 
Tage  es  noch  sei  zur  Nord-  und  Nord\vest-Küste,  es  gebe  dort 
noch  zwei  grosse  Reiche  Vanbondono  und  Mazamaydono,  deren 
I'^ndc  man  nicht  in  30  Tagen  erreiche  ;  jenseits  davon  wende  die 
Küste  nach  Westen ;  von  dort  nach  Korea  sei  die  Entfernung 
gering,  nicht  ganz  60  INIeilen,  und  bevor  man  die  Tartarei  erreiche, 
h'ege  in  der  Meeresstrasse  eine  grosse  Insel,  Yeso  genannt;  deren 
Einwohner  seien  Wilde,  ganz  mit  Haar  bedeckt,  sodass  nur  die 
Augen  sich  zeigten  ;  im  Juli  und  August  kämen  sie  nacli  Japan,  um 
gegen  Fische,  Tierhäute  und  andre  Tauschwaaren  Baumwol- 
lenzeuge und  ihre  sonstigen  Bedürfnisse  anzuschaffen  ;  dagegen 
könne  man  in  der  übrigen  Jahreszeit  durch  diese  Meeresstrasse 
nicht  fahren,  da  dann  die  Stürme  die  Schiffe  zerschellten.')  Sind 
diese  geographischen  Angaben  auch  nicht  ganz  einwandsfrei,  so 
erscheint  doch  bemerkenswert,  dass  hier  bereits  deutlich  Ytzo  als 
Insel  bezeichnet  wird  (  "  una  isla  grande  "),  ein  Punkt,  der  im  17. 
und  18.  Jahrhundert  bei  europäischen  Forschern  noch  eip.en 
Gegenstand  des  Zweifels  gebildet  liat.  Vanbondono  und  Mazamay- 
dono dürften  die  Titel  japanischer  Daimyo  sein,  von  denen  der 
Letztere  seine  Residenz  in  dem  Ort  Matsumaye  (Matsmai)  an  der 
Südspitze  der  Insel  Yezo  hatte.  Die  japanische  Endung  "dono" 
ist  ein  Titel,  der  so  viel  wie  Herr  bedeutet  ;  Mazam.aydono  lieisst 
also  der  Herr  von  jNIatsmai. 

Da  so  viele  gute,  in  den  geeigneten  Breitengraden  liegende 
Häfen  gefunden,  während  die  etwa  an  der  weiteren  Küste  noch 
befindlichen  für  die  Schiffe  aus  den  Philippinen  kaum  von  Nutzen 
sein  dürften,  und  da  in  diesen  Breiten  auch  der  harte  Frost  des  nun 
einiretretenen  Monats  Dezember  hinderlich  sein  werde,  so  be- 
schloss  Vizcaino  nach  Beratung  mit  den  Steuermännern  nicht 
weiter  vorzudringen,  sondern  die  Rückkehr  anzutreten,  um  nun  die 
Küste  südlich  von  Sendai  bis  Uraga  aufzunehmen,  ehe  noch  Kälte 
und  Schnee  sich  vermehrten  (4.  Dezember  i6ii).-) 

Auf  gefrorenen  Wegen  erreichten  die  Spanier  am  5.  Tage 
Sendai.  Der  Daimyo  hatte  sich  inzwischen  nach  Suruga  an  den 
Hof  des  Shogun  begeben  und  seinem  Statthalter  aufgetragen,    dem 


^)     Documentos  iiicditos  VIII,  Seite  169-170. 
*)     Ebenda,  Seite  170. 


O.    XACHOD,    EIN   UXENTDECKTES    GOLDLAND.  355 

General  Vizcaino  zu  eröffnen,  dass  der  Daimyo  gern  ein  Schiff 
anfertigen  lassen  wolle,  um  darin  Geschenke  an  den  König  von 
Spanien  und  den  Vizekönig  in  Mexiko  zu  senden,  so  wie  um 
Mönche  zu  erbitten,  die  in  seinem  Reiche  das  Evangelium  ver- 
künden sollten.  Vizcaino  erwiderte,  dass  eine  so  wichtige  Sache 
reiflicher  Erwägung  bedürfe  und  er  dem  Daim}'o  in  Yedo  darüber 
berichten  werde;^)  er  mochte  wol  befürchten,  dieser  Plan  könne  bei 
der  Shogunatsregierung  Bed^enken  erregen.  Der  unterneh- 
mungslustige Date  Masamune  hatte  in  der  That  vor,  eine  Gesandt- 
schaft nach  Xeu-Spanien  und  Europa  zu  schicken,  und  zwar  wollte 
er  den  von  ihm  so  glänzend  aufgenommenen  Franziskaner  Sotelo 
damit  betrauen.  Wenige  Tage  nach  dem  ersten  Besuche  Vizcainos 
in  Sendai,  am  23.  November  161 1,  hatte  der  Daimyo  einen  P>lass 
verkündigt,  dass  in  seinem  Lande  das  Christen.tum  gepredigt  und 
verbreitet  werden  solle.  Er  selbst  könne  zwar,  wie  er  dem  Pater 
Sotelo  offen  eingestand,  aus  politischen  Rücksichten  nicht  Ciirist 
werden,  wolle  aber,  dass  seine  Unterthanen  sich  taufen  liessen^). 
Wie  klar  auch  hieraus  ersichtlich  ist,  dass  der  kluge  Daimyo  in  den 
Mönchen  nur  ein  Mittel  erblickte,  direkten  Verkehr  mit  dem 
Auslande  zu  erlangen  und  seine  wirtschaftlichen  Pläne  zu  fördern, 
und  dass  nichts  ihn  hinderte,  den  seinen  Unterthanen  jetzt 
anbefohlenen  neuen  Glauben  ihnen  später  ebenso  wieder  zu  ver- 
bieten, so  suchten  doch  Sotelo  und  die  andren  Spanier  in  ihren 
Berichten  die  Sache  so  darzustellen,  als  ob  es  ihm  wirklich  nur  um 
das  Glaubensheil  seiner  Unterthanen  zu  thun  gewesen  wäre. 

Von  Sendai  gelangten  die  Spanier  nach  Camura,  womit 
jedenfalls  Nakamura  in  der  Provinz  Iwaki  gemeint  ist ;  hier  fanden 
sie  zwei  Einschnitte  des  Meeres,  die  von  nur  wenig  Nutzen 
erschienen.''')     Auf  die  Untersuchung  der  weiter    südlich  liegenden 

^)     Documentos  ineditos  VIII,  Seite  171-172. 

2)  Amati,  Seite  13-14.  Der  Daimyo  äusserte  sich  angeblich  wie  folgt  :  "  Senza 
dubbio  mi  farei  Christiano,  se  non  sappessi  di  causarmi  l'odio  de'  miei  parenti,  e  amici ; 
anzi  impossibilitarmi  per  ascendere  all'  Imperio."  Der  letzte  Punkt  erscheint  besonders 
unwalii-scheinlich ;  denn  wenn  auch  vielleicht  seinem  Ehrgeiz  die  Erlangung  des  Shogunats 
vorschweben  mochte,  so  war  er  doch  sicher  zu  klug,  sich  so  offen  darüber  zu  äussern,  und 
'f hatsache  ist,  dass  er,  gleichviel  ob  freiwillig  oder  aus  zw-ingenden  Gründen,  die  Treue  dem 
Shogun  leyasu  und  seinen  Nachfolgern  bis  an  sein  Ende  bewahrt  und  deren  Herrschaft 
thatkräftig  unterstützt  hat.     (Vergl.  Mcrhvcthcr,  Seite  24-26.) 

3)  Documentos  ineditos  VIII,  Seite  173-174. 


356  O.    NACHOD,   EIN   UiNENTDECKTES   GOLDLAND. 

Küste  geht  der  Bericht  Vizcainos  nicht  ein  ;  er  begnügt  sich  mit 
der  Aufzählung  der  passirten  Orte  und  der  ihm  dort  bereiteten 
Aufnahme  ;  u.  a.  berührten  die  Spanier  Onahama,  oder  wie  sie  hier 
schreiben  Fugunahama,  den  kleinen  Ort,  wo  sie  bei  ihrer  Ankunft 
aus  Neu-Spanien  gelandet  waren/)  und  Mito  (sie  schreiben  Amito), 
die  Hauptstadt  der  Provinz  Hitachi,  wo  ein  Sohn  des  Shogun  leyasu 
residirte,  welcher  jedoch  grade  am  Hofe  seines  Vaters  weilte').  Von 
Mito  aus  erreichten  die  Spanier  am  30.  Dezember  161 1  wieder 
Yedo,')  wo  der  ebenfalls  dort  weilende  Daimyo  von  Sendai  nicht  ver- 
säumte, den  General  Vizcaino  nebst  dem  Pater  Sotelo  mit  hohen 
Ehrenerweisungen  zu  bewirten  und  seiner  Wertschätzung  der 
christlichen  Religion  lebhaften  Ausdruck  zu  verleihen.^)  Am  4. 
Januar  1612  traf  die  spanische  Geandtschaft  Avieder  in  Uraga  ein, 
nicht  wenig  befriedigt,  wie  der  Bericht  Vizcainos  hervorhebt,  über 
den  gelungenen  Verlauf  der  Reise,  welche  das  V^orhandensein  so 
vieler  passender  Häfen  festgestellt  und  dabei  dem  Königlichen 
Schatz  nicht  viel  über  300  Tael  nur  gekostet  habe  (ungefähr  2000 
Mark).-"^) 


7.  Benachrichtigung  der  japanischen  Regierung  von 
den  spanischen  Absichten  auf  die  Goldinsel  durch  die 
Holländer. 


Durch  einen  japanischen  Christen  erhielt  in  Uraga  Vizcaino 
Kunde,  dass  die  in  Japan  befindlichen  Engländer  und  Holländer 
dem  Shogun  und  seinem  Sohne  Mitteilung  gemacht  hätten  von 
seinem  bisher  gänzlich  verschwiegenen  Hauptziele,  der  Entdeckung 
der  Goldinseln,  über  die  sie  Folgendes  berichtet  hätten  :  Durch 
Zufall  sei  ein  verirrtes  Schiff  der  Portugiesen  dorthin  verschlagen 
worden;  dieses  sei  einige  Tage  dortgeblieben,  und  man  habe  gesehen, 
dass  das  Land  Silber  und  Gold  enthalte,  auch  bevölkert  und 
fruchtbar  sei ;  über  die  Breitenlage,  die  Gegend  und  den  Meilenab- 

^)     Documentos  ine'ditos  VIII,  Seite  175-176.     Vergl.     auch  Seite  343,  ATim.     i. 

2)  Documentos  ineditos  VIIT,  Seite  176. 

3)  Ebenda. 

■•)     Ebenda,  Seite  176-177. 
^)     Ebenda,  Seite  178. 


O.    NACHOD,    EIN    UNEXTDECKTES    GOLDLAXD.  357 

stand  von  Japan  hätten  die  Holländer  aber  nichts  Sicheres 
anzugeben  vermocht.  Auch  hätten  sie  den  Shogun,  da  er  den 
Spaniern  die  Erlaubniss  zur  Aufnahme  der  Häfen  und  Küsten  erteilt, 
vor  deren  Zulassung  in  Japan  gewarnt ;  denn  die  Spanier  seien  eine 
kriegerische,  waffengeübte  Nation  und  könnten  leicht  mit  einer 
grossen  Armada  kommen,  um  ihm  seine  Herrschaft  zu  entreissen. 
Die  stolze  Antwort  leyasus  habe  aber  gelautet,  die  Spanier  auszu- 
schliessen,  würde  feige  erscheinen,  auch  machten  sie  ihm  durchaus 
keinen  solchen  Eindruck,  und  übrigens  habe  er  Mannschaften 
genug  zur  Verteidigung,  wen.n  auch  ganz  Spanien  gegen  ihn  zöge. 
Was  die  zu  entdeckenden  Inseln  anbelange,  so  würde  er  sie  ver- 
teidigen, vorausgesetzt,  dass  die  Kenntniss  von  ihnen  und  ihrem 
Reichtum  sich  wirklich  bestätigen  sollte  und  sie  zu  seinem  Reiche 
gehörten  ;  sei  dies  jedoch  nicht  der  Fall,  dann  könnten  die  Spanier 
die  Inseln  ruhig  suchen  und  sich  freuen,  falls  sie  sie  fänden  ;  im 
Uebrigen  seien  sie  zuverlässig  im  Halten  von  Verträgen,  und  das 
schätze  er  hoch  ;  nach  etwas  andrem  aber  frage  er  nicht. ^) 

Die  Kenntniss  der  Holländer  —  Engländer  gab  es  ausser  dem 
mehrfach  erwähnten,  im  Dienste  leyasus  stehenden  Steuermann 
Adams  (vergl.  Seite  341  und  348)  vor  1613  in  Japan  überhaupt  noch 
nicht  —  von  dem  Vorhaben  Vizcainos  erklärt  sich  leicht  durch  die 
sowol  in  dessen  Bericht  als  auch  von  holländischer  Seite  erwähnte, 
gleichzeitige  Anwesenheit  der  Spanier  und  der  Gesandten  der  Nie- 
ländischen  Ostindischen  Kompagnie  zu  Uraga  am  25,  August  161 1. 
Die  Letzteren  mussten  diesen  Hafen  auf  der  Rückreise  von  Yedo 
passiren,  während  nach  Vizcainos  Darstellung  sie  nur  dorthin  ge- 
kommen waren,  um  durch  einen  englischen  Steuermann  —  damit  ist 
sicherlich  der  die  holländische  Gesandtschaft  geleitende  Adams 
gemeint  —  dem  spanischen  General  Vorwürfe  machen  zu  lassen, 
dass  er  bei  leyasu  die  Niederländer  als  Seeräuber  und  Rebellen 
geschildert  hatte,  was  Vizcaino  nicht  nur  zugab,  sondern  dessen 
er  sicli  auch  rühmte.^)  Nun  befanden  sich  aber  unter  der  Mann- 
schaft des  in  Uraga  liegenden,  spanischen  Schiffes  San  Francisco 
zwei  Holländer  (über   den   einen   davon,  Marcus   Symonsen,  vergl. 


1)    Documentos  ineditos  VIII,  Seite  178-179. 

*)     Documentos  incflitos  VIII,  Seite  151.      Monlaniis,  Gedcnkwaerdige  Gesantschap- 
pen,  Seite  193. 


35S       O.  NACHOD,  KIX  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

Seite  318).  und  sicher  hatten  diese  ihren  Landsleiiten  die  Kunde  von 
dem  wunderbaren  Goldlande  mitgeteilt. 


8.     Christenfcindlichc  Stimmung  der  japanischen  Re- 


gierung. 


Bedenklicher  noch  als  das  Bekanntwerden  der  Absichten  Viz- 
cainos  auf  die  Goldinseln,  welche  die  japanische  Regierung  ohnehin 
nicht  sehr  ernst  zu  nehmen  schien,  drohte  den  Spaniern  zugleich  ein 
andrer  Umstand  zu  werden,  nämlich  ein  Umschwung  in  den  Gesin- 
nungen leyasus  gegen  die  Christen.  Dieser  hatte  zwar  die  v^on 
seinem  Vorgänger  Hideyoshi  gegen  die  neue  Lehre  erlassenen, 
scharfen  Strafbestimmungen  nicht  aufgehoben,  sie  aber  bisher 
stillschweigend  unberücksichtigt  gelassen,  weil  es  grade  die  ka- 
tholischen Priester  waren,  deren  er  bedurfte,  um  seine  auf  den 
Handel  mit  den  spanisch-portugiesischen  Kolonien  und  auf  die 
Hebung  der  heimischen  Produktionsverhältnisse  durch  die  Frem- 
den gestützten  Pläne  zur  Sicherung  seiner  Dynastie  durchzuführen. 
Vizcaino  berichtet  nun,  ein  höherer  Beamter  des  Shogun  habe  sich 
bestechen  lassen  ;  seine  Untreue  sei  aber  entdeckt  w'orden,  und 
da  er  bekannt  habe,  dass  er,  wie  seine  Gattin  und  viele  andre 
Beamte  des  Shogun,  Christen  seien,  so  habe  sich  dessen  Zorn 
gegen  die  Bekenner  der  neuen  Lehre  gewandt.  Alle  Christen  am 
Hofe  seien  in  Haft  gekommen  und  verurteilt  worden,  ihren  Glau- 
ben abzuschwören  ;  andrenfalls  habe  sie  bei  Verlust  von  Stellung, 
Vermögen  und  Einkommen  das  Los  der  Verbannung  getroffen,  ein 
hartes  Schicksal,  das  viele  von  ihnen  gewählt  hätten.^)  Hierzu  sei 
noch  gekommen,  dass  grade  während  der  für  Bekehrungszwecke 
so  günstigen  Fastenzeit  die  Kirche   und   das   Kloster   der  Franzis- 

^)  Documentos  indditos  VIII,  Seite  iSo.  Aehnliches  berichtet  auch  das  hiervon 
ganz  unabhängige  Büchlein  .linatis,  Seite  20.  Hier  wird  auch  der  bei  Vizcaino  unaus- 
gefüllt  gelassene  Name  des  verräterischen  Eeamlen  genannt ;  es  war  der  "  Vicesegretario 
deir  Imperatore"  (d.  h.  des  Shogun)  Don  Dayfachi ;  ausserdem  erwähnt  Amaii  noch  den 
ebenfalls  cliristlichen  "  König  ■'  von  Arima  ;  beide  hätten  gegenseitig  ihre  Vergehen  auf- 
gedeckt. Die  Quelle  für  Amatis  Angaben  bildet  jedenfalls  der  Mtinch  Sotelo. — Die  Bezie- 
hungen des  Daimyo  von  Arima  zu  Daifachi,  sowie  deren  für  Beide  verhängnissvollen 
Ausgang,  sind  auch  erwähnt  l^ei  iJon  Pages,  Histoire  de  la  Religion  Chretienne  au  Japon, 
2     Bände,  Paris  1869-70  ;  Band  i.  Seite  193,  208. 


O.  NACHOD,  EIN  UXEXTDECKTES  GOLDLAXD,        359 

kaner  zu  Yedo  niedergerissen  worden  sei,  angeblicli  wegen  Ver- 
grösserung  der  Stadt,  wie  Vizcaino  etwas  naiv  angibt,  mit  dem 
wehmütigen  Zusatz,  die  Armut  der  Mönche  verhindere  sie,  ein 
Kloster  oder  Haus  wieder  zu  errichten,  und  die  Christen  seien 
auch  alle  arm  und  ohne  Unterstützung  der  Mächtigen'). 

Der  eigentliche  Grund  für  den  Stimmungswechsel  des  Shogun 
lag  sicher  tiefer  und  wurzelte  in  der,  gleichviel  ob  mit  Recht  oder 
Unrecht,  von  ihm  vermuteten  Gemeinschaft  der  christlichen  Sache 
mit  den  gegen  die  Tokugawa-Herrschaft  und  sogar  vielleicht  gegen 
die  Ur.abhängigkeit  Japans  überhaupt  gerichteten  Bestrebungen. 
Die  genannten  Begebenheiten  aber  bildeten  neben  anderen  Punkten, 
auf  die  zuerst  Herr  Professor  Riess  in  seinem  Aufsatz  über 
die  Vertreibung  der  Portugiesen  aus  Japairj  in  geistvoller 
Weise  hingewiesen  hat,  wol  nur  ein  Glied  in  jener  Kette  von  Er- 
scheinungen, welche  die  Katholiken  allmälig  aus  seiner  Gunst  ver- 
drängt haben  und  schliesslich  zu  dem  ihnen  so  unerwarteten,  ver- 
hängnissvollen \'erbannungsedikt  gegen  ihre  Geistlichen  von  1614 
führen  sollten,  in  welchem  leyasu  das  Endziel  der  Christen  ja 
ausdrücklich  in  die  Worte  zusammenfasst,  "  die  rechte  Lehre 
umzustossen,  sodass  sie  die  Regierung  des  Staates  verändern  und 
vom  Lande  Besitz  ergreifen   können."") 


9.     Reise 'der  Spanier  an  der  Südküste  von  Japan. 


Diese  veränderte  Sachlage  erschwerte  Vizcaino  die  ihm  nach 
seiner  Rückkehr  aus  dem  Norden  zufallende  Aufgabe,  aus  dem 
Erlös  seiner  Waaren  die  Mittel  zur  Bestreitung  der  weiteren  Aus- 
gaben  zu  beschaffen,  wie  sehr  er  sich  auch  darum  bemühte,  uud 
obgleich  er  gern  die  Waaren  fast  zu  dem  Preise  Hess,  den  sie  in 
Mexiko  kosteten.  Gar  sehr  klagt  sein  Bericht  über  die  Schwierig- 
keit,  Geld  hereinzubekommen  ;  wenn  es  aber  darin  heisst,  der  Shogun 
halte  die  Adligen  so  in  Verschuldung,  dass  sie  kaum  einen  Kredit 
von  10  Realen  genössen,^)  so  ist  dies  wol  nur  eine  auf  die  begreifliche 
Verstimmung    der    Spanier    zurückzuführende  Uebertreibung. 


1)  Documcntos  in^ditos  VIII,  Seite  180-181. 

2)  jNIitteilungen  der  Deutschen   Gesellschaft   für  Natur-uiid  Völkerkunde  Oslasiens, 
Band  VII,  Teil  i,  Seite  i-io,  Tokyo  1S98. 

3)  Ebenda,  Seite  5,  28. 

■*)     Documentos  in6ditos  VIII,  Seite  iSi. 


360      O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

So  vereineen  die  ersten  vier  Monate  des  Jahres  1612,  ehe 
Vizcaino  die  Aufnahme  der  Südküste  in  Angriff  nahm/)  Zunächst 
begab  ersieh  zur  See  nach  dem  kleinen  Hafen  Ito  (Provinz  Izu),  wo 
das  ihm  vom  Shogun  Hidetada  angebotene  Schiff  (vergl.  Seite  348- 
349)  angefertigt  wurde,  um  zu  sehn,  wie  es  damit  stünde.  Er  fand 
dasselbe  wol  in  gvitem  Zustande,  hatte  aber  viele  Schwierigkeiten 
mit  den  Leuten,  besonders  in  Geldangelegenheiten.  Von  hier 
reiste  Vizcaino  über  Suruga  nach  Miyako  (heutiger  Name  Kyoto), 
der  Residenz  der  Mikado.  In  dieser  grossen  Stadt,  deren  Reichtum 
an  glänzenden  Tempeln  Vizcaino  rühmt,  verweilte  er  vom  28.  Mai 
bis  15.  Juni,  ohne  dass  sein  Bericht  einen  Grund  für  diesen  langen 
und  gewiss  nicht  wenig  kostspieligen  Aufenthalt  angibt.  Von  hier 
ging  es  über  Fushimi  nach  Osaka,  dessen  festes  Schloss  und 
viele  Kriegsmannschaften  Vizcaino  erwähnt,  ebenso  wie  das 
bedauernswerte  Geschick  des  jungen  Hideyori,  welchen  leyasu 
als  Knaben  von  der  Nachfolge  seines  Vaters,  des  berühmten 
Regenten  von  Japan  Hideyoshi,  verdrängt  und  nur  im  Besitze  von 
drei  Provinzen  mit  dem  allerdings  sehr  reichen  Einkommen  von 
jährlich  650000  Koku  Reis^),  (etwa  20  Millionen  Mark)  gelassen 
hatte.  Sein  Hof  in  der  Burg  zu  Osaka  bildete  den  Mittelpunkt 
aller  der  mit  dem  straffen  Regimente  leyasus  unzufriedenen  Kreise, 
darunter,  wie  auch  in  seinem  Heere,  viele  Christen,  deren  Glauben 
anzugehören,  Hideyori  auch  selbst,  allerdings  wol  grundlos, 
verdächtigt  wurde.  Von  Osaka  wandten  sich  die  Spanier  nach 
dem  nahen,  als  Hafen  und  Handelsplatz  damals  bedeutenden  Ort 
Sakai.  Hier  trafen  sie  zusammen  mit  ihrem  Steuermann  Lorenzo 
Vazquez,  welcher  den  Seeweg  genommen  hatte  zur  Aufnahme  der 
Küsten.  Ob  dieser  bis  Nagasaki,  dem  von  den  Portugiesen 
benutzten  Hafen,  welcher  eigentlich  das  östliche  Ziel  dieser  Reise 
bilden  sollte,  vorgedrungen,  geht  aus  dem  Bericht  nicht  hervor; 
jedenfalls  gelangte  Vizcaino  selbst  nicht  dorthin  ;  denn  von  Sakai 
begaben  sich  die  Spanier  wieder  zurück  nach  Miyako,  wo  sie  sich  bis 
zum  2.  Juli  aufhielten,  diesmal  unter  Angabe  eines  stichhaltigen 
Grundes.     Sie  Hessen  hier  nämlich   die  ganze   von   ihnen  bewirkte 

1)  Nach  Documentos  inSditos  VIII,   Seite   182,  erfolgte  die  Abreise  aus  Uraga  am  i. 
Mai,  nach  Seite  181  dagegen  am  13.  Mai. 

2)  History  of  the  Empire  of  Japan,  Seite  290,  Tokyo  i893,  ein  von  der  japanischen 
Regierung  herausgegebenes  Buch. 


O.  NACHOD,  EIN  UXENTDECKTES  GOLDLAXD.       361 

Aufnahme  auf  vier  Blätter  malen,  und  zwar  ein  Exemplar  für  den 
Shogun  und  dessen  Sohn,  wie  versprochen,  uud  das  andre  für  den 
König  von  Spanien  ;  welche  Häfen  von  Vazquez  besucht  worden 
und  welchen  Erfolg  seine  Aufnahme  der  Südküste  ergeben,  da- 
rüber verlautet  in  dem  Berichte  nichts.  Am  16.  Juli  1612  trafen 
die  Spanier  wieder  in  Uraga  ein.^) 


10.     Ungünstige   Lage  der   Spanier  vor  ihrer  Abreise  aus 
Japan. 


Zv^^eierlei  Aufgaben  harrten  nun  noch  Vizcainos,  ehe  er  endlich 
die  Entdeckungsreise  nach  den  Goldinseln  antreten  konnte : 
einmal  die  Erlaubniss  zur  Abreise  seitens  der  japanischen  Obrigkeit 
nebst  deren  Antwort  an  die  spanische  Regierung ;  sodann  die 
Abwickelung  des  Waarenverkaufs,  die  viel  Schwierigkeiten 
verursachte,  sodass  die  Spanier  sich  beständig  in  Geldverlegenheit 
befanden.  Zunächst  ging  Vizcaino  nach  Yedo,  um  von  dem 
jungen  Shogun  den  Abschied  zu  erlangen.  Dieser  zögerte  damit, 
bis  er  Nachricht  von  seinem  Vater  hatte,  ohne  den  er  nichts 
unternehmen  konnte.  Schliesslich  erhielt  Vizcaino  von  ihm  die 
erbetene  Erlaubniss  zur  Abreise,'  auch,  wie  üblich,  ein  Ehrenge- 
schenk für  den  Vizekönig  von  Neu-Spanien,  gleichzeitig  aber  die 
Aufforderung,  seine  Schulden  zu  decken  und  die  ihm  geliehenen 
2000  Tael  zurückzuzahlen  ;  um  Deckung  zu  schaffen,  musste 
Vizcaino  sein  Silber  und  andre  Sachen  seines  Haushalts  hingeben.-) 

Nach  Uraga  zurückgekehrt,  empfing  Vizcaino  auch  vom 
Shogun  leyasu  das  Antwortschreiben  und  die  Geschenke  für  den 
Vizekönig  von  Neu-Spanien ;  Ersteres  lautete  allerdings  ganz 
anders  als  das  ursprüngliche  Versprechen  des  Shogun,  die  Christen 
zu  begünstigen  ;  aber,  wie  dieser  schrieb,  gefiel  ihm  deren  Lehre 
nicht.^) 

Zu  all  diesen  Widerwärtigkeiten  gesellten  sich  noch  unange- 
nehme Verhandlungen  bezüglich  des  von  den  Japanern  gebauten 
Schiffes  (vergl.  Seite  348-49  und  360),  welches  zwar  in  Uraga 
inzwischen  eingetroffen,  aber  grösser  als  vereinbart  und  ungenügend 

1)  Documentos  in^ditos  VIII,  Seite  182-1S4. 

2)  Ebenda,  Seite  184-185. 

3)  Ebenda,  Seite  1S5. 


362  O.   NACIIOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAND. 

bemannt  war.  Gegenüber  den  von  japanischer  Seite  hierbei 
erhobenen,  angeblich  unbilligen  Ansprüchen,  über  welche  Vizcainos 
Bericht  sich  bitter  beklagt,  befand  sich  angesichts  der  vorgeschrit- 
tenen Jahreszeit  der  spanische  General  nun  in  einer  Zwangslage, 
sodass  er  Zugeständnisse  machte,  die  anscheinend  nicht  ganz 
unbedenklich  waren,  da  es  in  dem  Berichte  etwas  dunkel  von  ihnen 
heisst,  darüber  werde  Vizcaino  seiner  Zeit  dem  König  von  Spanien 
und  dem  Vizekönig  Rechnung  erstatten.^) 


II.      Misslungene  Entdeckungsreise  nach  den  Goldinseln. 

Am  16.  September  1612  endlich  konnten  die  Spanier  ihre 
Entdeckungsreise  beginnen,  welche  nach  ihrer  Instruktion  (vergl. 
Seite  341)  freilich  bereits  im  Frühjahre  hätte  stattfinden  sollen. 
Aber  trotz  dieses  Zeitverlustes  und  der  oben  erwähnten  Zugeständ- 
nisse an  die  Japaner  mussten  sie  deren  Schiff  doch  schliesslich 
zurücklassen,  weil  es,  wie  sie  angeben,  "nicht  wol  vorbereitet  und 
mit  dem  Nötigen  versehen  war."-) 

So  trat  denn  der  San  Francisco  die  Reise  allein  an.  Nachdem 
schon  am  nächsten  Tage  ein  Sturm  die  Spanier  gezwungen  hatte, 
einige  Sachen  über  Bord  zu  werfen,  waren  sie  am  25.  September 
doch  bereits  glücklich  nach  einer  Fahrt  von  über  200  Meilen 
(Leguas)  auf  die  Höhe  gelangt,  in  der  die  gesuchten  Inseln  liegen 
sollten,  allerdings  ohne  Anzeichen  von  ihnen  zu  finden  ;  leider  gibt 
der  Bericht  den  Längen-  und  Breitengrad  dieser  Stelle  nicht  an.  In 
dem  hier  abgehaltenen  Schiffsrat  wurde  beschlossen,  nach  Süden  zu 
segeln,  und  zwar  bis  zur  Höhe  von  34  Grad  n.  Br.  Aber  obgleich 
das  Wetter  günstig  und  klar  war,  auch  Tag  und  Nacht  viele 
Wachen  ausgestellt  waren,  so  forschte  man  doch  auch  liier  ver- 
geblich nach  den  gesuchten  Inseln  ;  an  Zeichen  von  nahem  Lande 
fehlte  es  allerdings  nicht,  und  nennt  der  Bericht  als  solche  grosse 
Mengen  von  Bimstein  (?  piedras  pomes),  welche  in  ganzen  Reihen 
schwammen,  sodass  das  Schiff  kaum  hindurch  konnte,  ferner  Schild- 
kröten und  Gänse  (?  patos).  Da  nichts  zu  finden,  befahl  Vizcaino 
rückwärts  —  das  bedeutet  wol  westlich  nach    Japan    zu    und    nicht 


*)  Documentos  ineditos  VIII,  Seite  185. 
2)  Ebenda,  Seite  189-190. 


O.    NACIIOD,    EIN.  UX ENTDECKTES   GOLDLAXD.  363 

nördlich  nach  dem  Punkte,  von  wo  man  gekommen  war  ?  — zu  segehi 
und  die  üussersten  Anstrengungen  zu  machen,  um  die  Absicht 
Seiner  Majestät  zu  erfüllen  ;  denn  niemand,  heisst  es  weiter  in  dem 
Berichte,  dachte  daran,  nach  Acapulco  zurückzukehren,  ohne  zu 
wissen,  ob  die  Inseln  existirten  oder  nicht,  und  unsagbar  waren  die 
o-emachten,  ausserordentlichen  Bemühungen.  Die  allgemeine 
Glut  dieses  Pflichteifers,  die  sich  vielleicht  nur  in  den  Augen  des 
Berichterstatters  spiegelte,  war  jedenfalls  gar  bald  erloschen; 
denn  bereits  unterm  12.  Oktober  spricht  der  Bericht  davon,  dass 
einige  Matrosen  zu  verzagen  anfingen,  ja  dass  sogar  der  Ober- 
steuermann einfach  erklärte,  solche  Inseln  gäbe  es  in  der  Welt 
überhaupt  nicht,  und  er  habe  seine  Verpflichtungen  erfüllt  und  mehr 
gethan,  als  der  Vizekönig  verlangt  habe.  Welche  Gesinnung  an 
Bord  herrschte,  geht  aus  der  bezeichnenden  Angabe  hervor,  dass 
manche  frech  wurden,  nicht  nur  in  Worten,  sondern  sogar  auch 
schriftlich,  sodass  Vizcaino,  dem  es  an  Soldaten  oder  andrem 
Beistande  gefehlt  habe,  angesichts  der  aufgeregten  Stimmung 
und  um  von  seinen  Leuten  nicht  getödtet  zu  werden,  die  weitere 
Forschung  nach  den  Goldinseln  habe  aufgeben  müssen.  In  den 
nächsten  Tagen  wurde  das  Schiff  von  furchtbaren  Stürmen  erfasst, 
die  II  Tage  dauerten  und  es  so  beschädigten,  dass  man  jeden 
Augenblick  den  Untergang  befürchtete  ;  dabei  kam  die  Mannschaft 
fast  um  vor  Hunger  und  Durst,  weil  man  die  Schiflsluken  nicht 
öffnen  und  daher  keinen  Proviant  heraufholen  konnte.  In  dieser 
traurigen  Lage  und  ohne  Aussicht,  dass  das  Schiff  Neu-Spanien 
erreichen  könne,  beschloss  nun  der  Schiffsrat,  nach  Japan  zurück- 
zukehren, dort  dieVorbereitungen  zu  treffen,  um  im  nächsten  Jahre 
nach  Neu-Spanien  zu  segeln,  und  im  Namen  des  Königs  von 
Spanien  vom  Shogun  das  hierzu  Nötige  zu  leihen.  So  wurde  auf 
der  Höhe  von  36^  Grad  der  Kurs  wieder  nach  der  japanischen 
Küste  genommen  ;  das  Wetter  hatte  sich  beruhigt,  und  schliesslich 
erreichten  die  Spanier,  wenn  auch  nicht  ohne  Schwierigkeiten, 
am  7.  November  1612  wieder  den  Hafen  von  Uraga.^) 

Hier  vernahmen  sie,  dass  das  von  ihnen  zurückgelassene 
Schiff  der  Japaner  doch  ausgelaufen,  aber  eine  Meile  vom  Hafen  auf 
Grund  geraten  war,^)  ein  Missgeschick,  über  welches  wir  auch    aus 

i)     Documentos  ineditos  VIII,  Seite  190-192. 
J)     Ehemla,  Seite  192. 


364       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

andrer  Quelle,  und  zwar  aus  dem  mehrfach  erwähnten  Berichte 
des  Römers  ^;/z«//,  unterrichtet  sind.  Aus  diesem  geht  aber  auch 
hervor,  dass  das  Schiff  nicht  etwa,  wie  es  die  Angaben  Vizcainos 
gern  hinstellen,  eigens  für  den  spanischen  General  und  dessen 
Leute,  sondern  in  erster  Linie  für  den  Franziskaner  Sotelo  her- 
gestellt worden  war,  weil  dieser  als  Gesandter  des  Shogun  an  den 
König  von  Spanien  sich  darauf  nach  Mexiko  hatte  begeben  sollen, 
eine  Absicht,  welche  leyasu  auch  nach  dem  Umschwung  in  seineiT 
Gesinnungen  gegen  die  Christen  anscheinend  nicht  aufgegeben 
hattet) 


12.    Vizcainos  gescheiterte  ^'ersuche,  in   Japan  Mittel 
zur  Heimkehr  zu  beschaffen. 


Sofort  nach  seiner  Ankunft  meldete  Vizcaino  dem  Shogun 
leyasu  und  dessen  Sohne  die  durch  seine  traurige  Lage  bedingte 
Rückkehr,  durch  die  er  genötigt  sei,  sich  in  Japan  für  die  Rück- 
reise im  nächsten  Jahre  auszurüsten.  Die  Antwort  lautete,  dass 
sie  ihn  in  Erwägung  seines  Elends  nicht  in  Not  lassen  und  mit  dem 
Nötigen  versehn  wollten  ;  er  solle  sich  nach  Yedo  begeben,  wo  alles 
geregelt  werden  würde.") 

Fünf  Monate  lang  betrieb  nun  hier  Vizcaino  seine  Angelegen- 
heit, ohne  jedoch  zum  Ziel  zu  kommen,  ja  ohne  auch  nur  eine  Zusage 
oder  Abweisung  erhalten  zu  können  ;  und  zwar  macht  sein  Bericht 
nicht  die  Japaner  hierfür  verantwortlich,  sondern  christliche 
Mönche,  die  er,  aus  Rücksicht  auf  ihren  Orden,  wie  es  etwas 
verdächtisr  lautet,  nicht  namhaft  machen  will.  Einer  derselben 
sollte  angeblich  dem  Shogun  eine  Schrift  überreicht  haben,  worin 
es  hiess,  er  habe  vernommen,  dass  Vizcaino  ein  Darlehn  von  6000 
Pesos,  rückzahlbar  in  Neu-Spanien,  begehre;  dieser  handle  aber 
nicht  im  Namen  Seiner  Majestät,  noch  des  Vizekönigs,  und  sei 
selbst  auch  nicht  im  Stande  zur  Rückzahlung,  welche  daher 
zw^eifelhaft  bliebe  und  für  die  auch  weder  der  Verfasser  des 
Schreibens,  noch  die  andren  Geistlichen  aufkommen  könnten. 
Ebenso  vereitelte  ein  anderer  Mönch  die  Unterhandlungen,  welche 


1)  Aiiiati,  Seite  19. 

2)  Docunientos  inöditos  VIII,  Seite  192. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       365 

Vizcaino  in  Nagasaki  behufs  Aufnahme  eines  Darlehns  angeknüpft 
hatte.^)  Der  Umstand,  dass  Vizcaino  weder  die  Namen  der 
Mönche,  noch  ihres  Ordens,  zu  nennen  wagt,  spricht  zwar  nicht 
grade  für  die  Glaubwürdigkeit  dieser  Vorwürfe.  Allein  ganz 
grundlos  dürften  dieselben  bei  dem  Gegensatz  der  Interessen  und  bei 
der  Eifersucht,  die  in  der  That  damals  in  Japan  zwischen  Jesuiten 
und  Franziskanern,  sowie  zwischen  den  nur  durch  Personal-Union 
verbundenen  Portugiesen  und  Spaniern  bestanden,  doch  kaum 
gewesen  sein.  Ein  Brief  des  portugiesischen  Bischofs  zu  Nagasaki 
an  den  Jesuiten-General  in  Rom  drückt  auch  ganz  deutlich  den 
lebhaftesten  Unwillen  über  den  durch  die  Franziskaner  gefördertei\ 
Handel  und  Verkehr  Japans  mit  Amerika,  sowie  die  Befriedigung 
über  das  Missliugen  der  von  Vizcaino  in  Japan  unternommenen 
Mission  aus.") 


13.     Schiessliche    Rückkehr    der    Spanier    auf  einem 
Schiffe  des  Daimyo  von  Sendai. 


Aus  der  argen  Notlage,  in  welche  die  Spanier  durch  das 
klägliche  Scheitern  aller  Pläne  Vizcainos  zur  Beschaffung  von  Mit- 
teln geraten  waren,  wurden  sie  schliesslich  befreit  durch  den 
mächtigen  Daimyo  Date  Masamune,  der  ihnen  seine  Gunst  bereits 
in  Sendai  bei  ihrer  Aufnahme  der  japanischen  Nordostküste 
zugewandt  hatte  und  damals  so  grossen  Wert  auf  direkte  Bezie- 
hungen mit  Amerika  und  Spanien  legte.  Er  erklärte  sich  bereit, 
Vizcaino  und  seine  Leute  in  den  Stand  zu  setzen  heimzukehren  ; 
die  Einzelheiten  solle  der  spanische  General  mit  einem  seiner 
Beamten  vereinbaren.  Nach  ziemlich  langwierigen  Verhandlungen 
kam  in  der  That  ein — wenn  man  dem  Berichte  Vizcainos  in  diesem 
Punkte  trauen  darf — für  die  Spanier  recht  günstiger  Vertragt)  zu 
Stande.  Hierin  verpflichtete  sich  der  Daimyo,  noch  im  selben 
Jahre  den  Spaniern  ein  Schiff  zur  Reise  nach  Mexiko  zu  stellen  und 

^)     Documentos  ineditos  VIII,  Seite  193 — 194. 

2)  Der  Wortlaut  dieses  vom  5.  Oktober  16 13  datirten  Briefes  war  einer  Depesche 
beigefügt,  welcher  der  venetianische  Gesandte  in  Rom,  Simon  Contarini,  unterm  31. 
Oktober  1615  an  seine  Regierung  richtete.  Beide  Schreiben  sind  veröffentlicht  von  Bcrchct 
im  Archivio  Veneto,  Band  XIV,  Teil  I,  das  Erstere  auf  Seite  184-186,  das  Letztere  auf  Seite 
193 — 194;  enghsche  Uebersetzung  des  Ersteren  bei  Merhüethci',  Seite  81-83. 

=*)  Im  Wortlaut  mitgeteilt  in  den  Documentos  ineditos  VIII,  Seile  196-197. 


366       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

auf  seine  Kosten  vollständig' auszurüsten,  sie  nebst  ihrem  Gepäck 
für  seine  Rechnung  nach  dem  Ausgangshafen  bei  Sendai  zu  bringen 
und  26  Personen  von  ihnen,  darunter  Steuermänner  und  Offiziere, 
sofort  denselben  Gehalt  und  Verpflegung  wie  im  spanischen  Dienste 
bis  zur  Ankunft  in  Acapulco  zu  gewähren,  auch  eine  grössere 
Anzahlung  darauf  sogleich  zu  leisten.  Die  Bezahlung  des  Generals 
selbst,  des  Wundarztes  und  noch  einiger  anderer  höherer  Offiziere 
sollte  dagegen  auf  Rechnung  des  Königs  von  Spanien  gehn,  da  sie 
dessen  Beamte  verblieben.  Die  ganze  Mannschaft,  Spanier  sowol 
als  Japaner,  sollten  unter  dem  Befehle  des  Generals  Vizcaino 
stelin  ;  weil  kein  Auftrag  des  Vizekönigs  vorlag,  Japaner  nach 
Mexiko  herüberzubringen,  sollten  auch  nur  wein'ge  Eingeborene 
mitgehn  als  Faktoren  des  Schiffes,  sowie  wegen  Mangel  an  Mann- 
schaft einige  japanisclie  Schiffsjungen. 

Ueber  den  Verbleib  des  spanischen  Schiffes  San  Francisco  ist 
weder  in  diesem  Vertrage  noch  in  dem  sonstigen  Berichte 
Vizcainos  etwas  erwähnt;  hier  heisst  es  nur,  es  sei  zu  alt  und 
abgenutzt,  um  diese  Reise  ohne  grosse  Gefahr  machen  zu  können. 
Aus  andrer  Quelle  aber,  und  zwar  aus  dem  oben  erwähnten  Briefe 
des  portugiesischen  Bischofs  in  Nagasaki  an  den  Jesuiten-General 
in  Rom  (vergl.  Seite  365),  verlautet,  dass  Vizcaino  dasselbe  für  90 
Realen  (etwa  450  Mark)  habe  verkaufen  müssen,^)  eine  Angabe, 
die  bei  seiner  finanziellen  Bcdrängniss  durchaus  begreiflich 
erscheint. 

Auch  bei  Abschluss  des  Vertrages  mit  dem  Daimyo  von 
Sendai  spielt  in  dem  Vizcainoschen  Bericlit  wieder  ein  ebenfalls 
nicht  namhaft  gemachter  Mönch,  der  dabei  als  Dolmetscher 
diente,  eine  bedenkliche  Rolle.  Vizcaino  hatte  ihm  sein  Verlangen, 
ihn  nach  Mexiko  zurückzubringen,  abgeschlagen,  weil  er  angeblich 
sich  gegen  den  Willen  seines  Oberen  dorthin  begeben  wollte.  Nun 
klagt  der  Bericht  darüber,  die  Bedingungen  des  obigen  Vertrags 
wären  noch  günstiger  für  die  Spanier  ausgefallen,  wenn  nicht 
dieser  Mönch,   um  mit   Hilfe   der  Japaner   seinen  Reiseplan  durch- 


1)  Meriwei/ier,  Seite  46-47,81-8^.  Bci-chct,  Arcliivio  Veneto,  Band  N IV,  Teil  I,  Seite 
185.  In  dem  italienischen  Texte  ist  die  Rede  von  90  "  Scudi ",  was  Alcriwether  mit 
"crowns"  übersetzt;  jedenfalls  sind  damit  Realen  gemeint,  wonach  die  Spanier  und 
Portugiesen  in  Japan  zu  rechnen  pflegten. 


O.   NACHOD,    EIN   UXENTDECKTES   GOLDLAXD,  367 

zusetzen,    Letzteren    g-eraten    hätte,    wie    sie    ihre    Absichten    am 
besten  erreichen  könnten.^) 

In  Wirklichkeit  lagen   diese    Dinge  aber  wol  etwas  anders,  als 
sie  der  Bericht  Vizcainos  gern  darstellen   möchte.     Denn  während 
es  nach  diesem  so  erscheint,  als  ob  der   Daimyo  von   Sendai  eigens 
für  die   Heimkehr  der   Spanier  das  Schiff  habe  anfertigen  lassen,  so 
lao-  Letzterem  dabei  nur  daran,  die  günstige  Gelegenheit  zu  benut" 
zen  für  sein  Vorhaben,  durch  eine  Gesandtschaft  direkte  Beziehun- 
o-en   mit   Amerika   und    Europa   anzuknüpfen.      Einmal  war  dieser 
Plan   bereits    misslungen,    indem   der  Franziskaner  Sotelo,  der  sich 
als  Gesandter  des  Shogun  an  den  König-  von  Spanien,  und  zugleich 
als  Vertreter  des  Daimyo  von  Sendai,   nach  Europa  hatte  begeben 
sollen,   bei   Uraga   Schiffbruch  erlitten  hatte    (vergl.   Seite  364)  auf 
dem  Fahrzeuge,  welches  der  Shogun  für  ihn  hatte  herstellen  lassen 
und   nicht   eigens   für  die  Spanier,  wie   Vizcainos   Bericht  auch  bei 
diesem   Schiffe   unter   mancherlei    Klagen  mehrfach  darzuthun    be- 
strebt ist.  (Vergl.  Seite  348-349,  360-362.)     Um  dennoch  zu  seinem 
Ziele  zu  gelangen  und  jedenfalls  unter   dem   Einflüsse  des  bei  dem 
Schiffbruch   unversehrt  gebliebenen   Sotelo   hatte  nun  der  Daimyo 
von  Sendai  beschlossen,  da  der  Shogun  auf  die  Sache  keinen  Wert 
mehr  zu  leeen  schien,    selbst  eine   Gesandtschaft  abzuschicken,  an 
deren   Spitze   er  neben    Sotelo   einen   seiner   mit   grossem   Gefolge 
ausgestatteten,     höheren     Beamten    stellte;     zu    diesem     Zwecke 
lediglich  Hess  er  das  Schiff  erbauen.     Da  aber  seine  eigenen  Leute 
mit  einer  solchen  Fahrt  natürlich  nicht  vertraut  waren,  so  musste  es 
ihm  allerdings  von  besondrem   Werte  für  die   sichere   Ausführung 
seines     Planes    erscheinen,    die    erfahrenen    spanischen    Seeleute 
Vizcainos   hierfür   zu   gewinnen.      Das    Eingreifen   jenes    Mönches 
aber,  der,   wie  aus  dem  Weiteren  hervorgeht,  kein  andrer  als  eben 
der   PVanziskaner  Sotelo  war,  erscheint  unter  diesen  Umständen  in 
ganz  andrem  Lichte,  als  Vizcaino  es  hinstellt.      Mit   dem  Oberen, 
der  ihm  die  Reise  nach  Neu-Spanien  untersagt  haben  sollte,  meint 
Vizcaino  wahrscheinlich   den   schon   erwähnten    Bischof  von  Naga- 
saki, welcher  den   Plan   des   Fürsten   von    Sendai  im  Literesse  der 
Jesuiten   gern   hintertrieben  hätte,  weil  ein  Franziskaner,  eben  der 
Pater   Sotelo,   an  der   Spitze   der   Gesandtschaft   stehen  sollte  und 


1)  Documentos  in&litos  VIII,  Seite  195,  197. 


303  O.    NACHOl),    EIN    UNENTDFX'KTES   GOLDLAND. 

diese  daher  geeignet  war,  den  in  Europa  verbreiteten  Ruhm  der 
Jesuiten  um  die  Bekehrung  der  Japaner,  sovyie  auch  ihren  vorherr- 
schenden P^influss  in  Japan  selbst,  zu  schmälern;  auch  sah  er  wol 
ein,  dass  bei  dem  bereits  in  dem  Shogun  leyasu  gegen  die 
Christen  erwachten  Zorn  ein  solches  Unternehmen  jetzt  leicht 
verhängnissvoll  für  das  ganze  Christentum  in  Japan  überhaupt 
werden  könnte 

Unter  den  geschilderten  Umständen  kann  es  nicht  befremden, 
wenn  die  Ereignisse  sich  nun  anders  entwickelten,  als  Vizcaino 
nach  seinem  'Vertrage,  wenn  derselbe  wirklich  so  zu  Recht  bestand, 
hätte  erwarten  und  verlangen  dürfen.  Er  klagt  über  die  grosse 
Not,  die  er  mit  den  Japanern  hatte,  "den  schlechtesten  Leuten, 
die  es  in  der  Welt  gibt  ";  an  gar  manchem  Hessen  sie  es  fehlen, 
besonders  bezüglich  der  Mundkost,  welche  nicht  für  die  Hälfte  der 
Reise  genügte ;  während  nach  dem  Vertrage  Vizcaino  den 
Oberbefehl  gehabt  hätte,  war  es  der  genannte  Mönch,  welcher 
das  Schiff  abfertigte  und  von  den  Japanern  einschiffte,  wen  er 
wollte,  ja  sich  zum  "Gobernador  und  Capitan "  davon  machte, 
Vizcaino  aber,  der  einsah,  dass  er  all  dies  nicht  ändern  könne, 
rühmt  seine  eichene  Nachsicht,  die  er  ijeübt,  um  noch  grösseres 
Uebel  zu  verhindern,  und  schiffte  sich  als  einfacher  Passagier 
ein  ;  hätte  er  anders  gehandelt,  so  klagt  wörtlich  der  Bericht,  wie 
die  Japaner  waren,  sie  hätten  uns  gekreuzigt.^) 

Ueber  das  Schiff  selbst  und  seine  Herstellung,  welche  ein 
ehrenvolles  Zeugniss  ablegt  für  die  in  so  wenigen  Jahren  auf 
Veranlassung  des  Shogun  leyasu  mit  Hilfe  des  Steuermanns 
William  Adams  von  den  Japanern  erworbenen  Kenntnisse  im 
Bau  überseeischer  Schiffe,  äussert  Vizcaino  nichts.  Nach  japa- 
nischer Quelle  aber  war  dasselbe  ic8  Fuss  lang,  33  Fuss  breit  und 
84  Fuss  tief  und  hiess  "  Kinjo  Hion".-)  Auf  einer  Ausstellung  in 
Kyoto  wurde  vor  einiger  Zeit  ein  Modell  davon  gezeigt.')  Die 
Herstellung  soll  in  45  Tagen  mit  einem  Aufgebot  von  800  Zim- 
merleuten,    700   Schmieden   und    3000   andren    Arbeitern    bewirkt 


^)     Documentos  ineditos  VIII,  Seite  198. 

^)     "  Bericht  über  die  Gesandtschaft  nach  dem  Süden,  "  eine  von  Rleriwcthcr  benutzte, 
japanische  Schrift;  vergl.     Merkvcther,  Seite  47  und  103-104. 
3)     Berchet,  Archivio  Veneto,  Band  XIII,  Teil  II,  Seite  277. 


O.   NACIIOD,    EIX    UXEXTDECKTES   GOLDLAXD.  369 

worden  sein/)  und  zwar  in  einem  Orte  namens  Tsukinoura  bei 
Oginohama,  etwa  40  Meilen  südlich  von  Sendai.(?)^)  Das  japanische 
Gefolge  der  Gesandtschaft  bestand  nach  Amati  aus  150  Personen,') 
während  der  japanische  Bericht  von  180  Personen  an  Bord  spricht, 
darunter  60,  die  der  Gesandtschaft  beigegeben  waren,  und  auch 
viele  Kaufleute,  die  Waaren  zum  Verkauf  nach  Mexiko 
brachten/) 

Ende  Oktober  1613^)  ging  das  Schiff  bei  Tsukinoura  in  See. 
Obgleich  dasselbe  schwere  Stürme  zu  bestehn  hatte,  scheint  die 
Reise  doch  glücklich  von  statten  gegangen  und  ohne  Zwischenfälle 
verlaufen  zu  sein.  Wenigstens  widmet  ihr  der  bis  dahin  so 
eingehende  Bericht  Vizcainos  nur  w^enige  Zeilen,  nach  welchen 
übrigens  auch  hierbei  von  den  Goldinseln,  trotzdem  man  deren 
angebliche  Lage  passirt  und  ihnen  einige  Aufmerksamkeit 
(algunas  diligencias)  gewidmet  habe,  wieder  nichts  bemerkt 
\vorden  sei.^)  Am  26.  Dezember  bekam  man  das  Kap  Mendocino 
zu  Gesicht '),  und  am  25.  Januar  1614  erreichte  das  Schiff  den 
Hafen  von  Acapulco^)  ;  einen  drei  Tage  jüngeren  Datum  (vergl. 
Seite   330)  trägt  der  Bericht  des  Vizcaino.^) 


^)     Ainati  Seite  21. 

2)  yl/t'r/zcv//;^;-,  Seite  46-47.  Dessen  Zusatz  '-etwa  40  Meilen  südlich  ven  Sendai " 
lässt  auf  eine  Verwechselung  mit  dem  ähnlich  lautenden  Ort  Onahama  (vergl.  Seite  343,  349, 
356)  in  der  Provinz  Iwaki  schliessen.  Für  diesen  Schiffsban  konnte  aber  wcl  nur  ein  Ort  im 
Gebiete  des  Daimyo  von  Sendai  in  Betracht  kommen,  tmd  wird  daher  wol  Oginohama 
gemeint  sein,  welches  östhch  von  der  Stadt  Sendai  nahe  bei  der  Insel  Kinkwazan  liegt. 

3)  Amati,  Seite  27. 

■*)     Meriwether,  Seite  47. 

5)  Der  Datum  wird  nicht  ganz  übereinstimmend  angegeben.  Nach  den  Documentos 
ineditos  VIII,  Seite  19S,  war  es  der  27.  Oktober,  nach  Amati,  Seite  27,  der  28,  Oktober 
und  nach  yJ/t'riWt-///^;-,  Seite  47,  der  21.  Oktober,  bez.  der  15.  Tag  des  9.  Monats  im  18. 
Jahre  Keicho  nach  japanischer  Zeitrechnung. 

6)  Documentos  ineditos  VIII,  Seite  19S. 

7)  Ebenda. 

8)  Amati,  Seite  27.  Nach  Meriwether,  Seite  47,  wäre  das  Schiff  über  Luzon  gefahren, 
wo  es  im  November  angekommen  sei,  eine  mit  den  oben  genannten  Daten  der  Abfalirt  aus 
Japan  und  der  Ankunft  in  Acapulco  kaum  in  Einklang  zu  bringende  Angabe. 

ö)  Auf  die  anziehenden,  weiteren  Schicksale  imd  Erfolge  der  Gesandtschaft  des  Dai- 
myo von  Sendai  kann  hier  nicht  weiter  eingegangen  werden,  und  sei  daher  auf  die  diesen 
Stoff  in  interessanter  und  erschöpfender  Weise  behandelnden,  mehrfach  erwähnten  Schiiften 
von  Meriwether,  Bcrchet  und  Amati  verwiesen. 


3/0       O.  XACHOD,  EIN  UXEXTDECKTES  GOLDLAXD. 

14.     Ergebnisse  der  Vizcainoschen  Entdeckungsreise 
1611-1614. 


So  war  denn  eine  mit  grossen  Gefahren  und  Entbehrungen 
verknüpfte  Reise  nach  fast  dreijähriger  Abwesenheit  unter  Verlust 
des  Schiffes  zu  einem  Abscliluss  gebracht,  der  für  die  an  dieses 
kostspieh'ge  Unternehmen  geknüpften,  so  überschwenglichen  Hofif- 
•nungen  eine  arge  Enttäuschung  bedeutete.  Das  so  viel  verheis- 
sende  Goldland  war  nicht  nur  nicht  gefunden  worden,  sondern  die 
vergeblichen  Nachforschungen  Hessen  wol  überhaupt  kaum  eine 
Hoffnung  darauf  übrig  und  mussten  die  ganze  Kunde  davon  in  das 
Gebiet  der  Einbildung  oder  Täuschung  verweisen,  wenn  es  auch 
nicht  ganz  an  Anzeichen  in  der  betreffenden  Gegend  des  Meeres 
gefehlt  hatte,  welche  sonst  Nähe  von  Land  anzukündigen  pflegen. 
Aber  nicht  nur  die  Hauptaufgabe  war  gescheitert  ;  auch  das  an- 
fänglich seitens  der  japanischen  Regierung  der  Gesandtschaft 
entgegengebrachte,  grosse  Wolwolien  war  schliesslich  einer  sehr 
kühlen  Haltung  gewichen,  wofür  allerdings  wol  weniger  der  ungern 
gesehene  und  so  grundlose  Hochmut  der  Spanier  als  der  Um- 
schwung in  den  Gesinnungen  des  Shogun  leyasu  gegen  die  Christen 
und  deren  Priester  die  Ursache  bildete.  Gänzlich  aussichtslos  er- 
schien unter  diesen  Umständen  der  sehnliche  Wunsch  der  Spanier, 
ihre  Todfeinde,  die  Holländer,  aus  Japan  zu  verdrängen.  Als 
einziges  erfreuliches  Ergebniss  für  sie  bleibt  also  nur  die  erfolgte 
Aufnahme  der  Häfen  und  Küsten  zu  nennen,  die  auf  eine 
Verminderung  der  Schiffbrüclie  hoffen  Hess,  denen  die  von  den 
Philippinen  nach  Neu-Spanien  segelnden  Schiffe  anscheinend  sehr 
häufig  ausgesetzt  waren.  Auch  für  die  Erdkunde  hätte  dieser  erste 
Besuchder  den  Europäern  noch  lange  so  gut  wie  gänzlich  unbekann- 
ten Nordostküste  von  Japan  einen  erfreulichen  Fortschritt  bedeutet, 
wenn  nicht  Vizcainos  Bericht,  und  vor  allen  Dingen  seine  Karten, 
in  den  spanischen  Archiven  jahrluindertelang  vergraben  gewesen 
wären. 

Liegt  es  nahe,  aus  dem  ]Misserfolg  eines  Unternehmens  auf 
die  Brauchbarkeit  des  Führers  zu  schliessen,  so  sei  dagegen  auf 
das  hohe  AnSehn  hingewiesen,  dessen  sich  Vizcaino  bis  daliin  in 
den  Augen  der   Spanier  erfreute.     Der  König    selbst    hatte    ihn    in 


O.  XACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       37 1 

einem  Schreiben  an  den  Guvernör  der  Philippinen  ^)  bezeichnet  als 
"  einen  sehr  erfahrenen  Schiffsmann  ",  auf  den  der  Vizekönig-  von 
Neu-Spanien  anlässlich  der  Entdeckungsreise  nach  Kalifornien 
"seineanzes  Vertrauen  setzte."  Auch  der  Geschichtsschreiber 
Torqiieviada,  der  allerdings  nur  Vizcainos  Reisen  nach  Kalifornien 
berichtet  und  die  nach  Japan  nicht  gekannt  zu  haben  scheint,  gibt 
ihm  das  Zeugniss  "  eines  Mannes  von  gutem  Urteil  und  eines  guten 
Soldaten, erfahren  in  solchen  Sachen"  (Entdeckungsreisen)").  Auch 
muss  Vizcaino  ein  Mann  von  Vermögen  und  Ansehn  gewesen  sein  ; 
denn  er  war  Inhaber  einer  Encomienda^);  mit  diesem  Namen  bezeich- 
nete man  ein  Gebiet  in  den  Kolonien,  dessen  P>trägnisse  aus  dem 
von  den  Eingeborenen  bewirtschafteten  Grund  und  Boden  die 
spanische  Regierung  einem  ihrer  Leute  überwies  in  Anerkennung 
seiner  Verdienste.  Im  schroffen  Gegensatz  zu  den  Spaniern  fasst 
der  ihm  natürlich  feindlich  gesinnte  Holländer  Versteegen  in  seinem 
Berichte  an  die  Niederländische  Ostindische  Kompagnie  (vergl.  Seite 
314-317)  die  Persönlichkeit  Vizcainos  als  einen  Schwächling  und 
trotz  seiner  70  Jahre  vergnügten  Zecher,  Spielerund  Mädchenjäger 
auf.  Die  Wahrheit  dürfte  wol  auch  hier  in  der  Mitte  liegen  ;  dass 
jedoch  die  Vorwürfe  Versteegens  nicht  ganz  unbegründet  waren 
und  der  spanische  General  jedenfalls  nicht  mit  seineu  Mitteln  zu 
rechnen  verstand,  dafür  spricht  der  eigene  Bericht  Vizcainos,  der 
seine  fortwährende  Geldverlegenheit  und  den  Misserfolg  beim 
Verkaufe  der  Waaren  zugibt  und  dabei  den  kostspieligen,  langen 
Aufenthalt  in  den  vergnügungsreichen  grossen  Städten  Japans 
unbegründet  lässt.  Wie  musste  aber  das  Ansehn  der  Spanier 
überhauptin  Japan  leiden  durch  den  Gegensatz  in  dem  ursprünglichen 
und  dem  späteren  Verhalten  Vizcainos  !  Zuerst  das  herausfordernde 
Auftreten,  als  er  drohte,  eher  ohne  Botschaft  abzureisen,  als  sich  dem 
demütigenden  Hofzeremoniell  der  Japaner  zu  fügen  (vergl.  Seite 
345),  und  als  er  glaubte,  dem  Shogun  Vorschriften  machen  zu  können 
bezüglich  des  von  diesem  für  die  Rückreise  der  Spanier  zu  bauenden 


1)  Es  ist  der  bereits  erwähnte  Brief  (vergl.  Seite  334,  Anm.  i)  vom  19.  August  1606, 
veröffentlicht  in  Natürliche  und  bürgerliche  Geschichte  von  Californien,  Teil  I,  Seite 
1 17-122. 

*)     Torqtiemada,  Monarchia  Indiana,  Band  I,  Buch  V,  Kap.  XLI,  Seite  682. 

3)  In  den  Documentos  ineditos  VIII,  Seite  102,  wü-d  Vizcaino  in  seinem  Berichte 
bezeichnet  als  "  encomendero  de  los  pueblos  de  la  provincia  de  Ä'valos,  vecino  de  Mexico  ". 


372       O.  NACHOD,  EIN  UXENTDECKTES  GOLDLAXD. 

Schiffes  (vergl.  Seite  348-349).  Und  am  Ende  die  das  Mitleiden  er- 
regende, äusserste  finanzielle  Hilflosigkeit  des  erst  so  stolzen 
spanischen  Gesandten,  der  nun  nicht  einmal  Kredit  bei  seinen 
eigenen  Glaubensgenossen  zu  finden  vermochte  ! 

Die  kolonialpolitische  Rolle  Vizcainos  scheint  mit  dem 
kläglichen  Ausgang  seiner  Reise  ausgespielt  gewesen  zu  sein  ; 
wenigstens  sind  weitere  Unternehmungen  von  ihm  nicht  bekannt. 
Auch  die  spanische  Regierung  scheint  zunächst  die  ganze  Angele- 
genheit der  Goldinseln  als  erledigt  betrachtet  zu  haben,  obwol  es 
ja,  wie  bereits  hervorgehoben,  an  Anzeichen  von  Land  nicht  ganz 
und  gar  gefehlt  hatte  und  Vizcaino  nach  seinem  Berichte  die 
Nachforschungen  auf  dem  Schiffe  San  Francisco  gern  länger  fort- 
gesetzt hätte,  wäre  er  nicht  durch  seine  Leute  zur  Umkehr 
gezwungen  worden.  Für  Spanien  waren  damals  wol  auch 
die  Schwierigkeiten,  sein  ungeheures  Kolonialreich  zu  erhalten  und 
zu  erschliessen,  sowie  die  drohende  Lage  in  Europa,  Grund  genug, 
auf  so  zweifelhafte  Unternehmungoi  sich  nicht  weiter  einzulas- 
sen. 


KAP.     V. 


BESTREBUNGEN    DER    HOLLÄNDER    ZUR 

ENTDECKUNG    DER     GOLD-    UND 

SILBERINSELN  1635— 1643. 


I,     Die  Entdeckungsreise  unter    Quast    und    Tasman 
1639. 


So  dauerte  es  über  zwei  Jahrzehnte,  ehe  die  Kunde  von  dem 
Goldlande  aus  der  Vergessenheit  wieder  auftauchte,  um  aufs  Neue 
den  menschlichen  I^ntdeckungstrieb  zu  bedeutsamen  Unterneh- 
mungen anzuregen. 

Es  geschah  dies  durch  die  bereits  nach  Inhalt  und  Glaubwürdig- 


O.   NACHOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAND.  3/3 

keit  einstellend  erörterte  Denkschrift  vom  5.  Dezember  1635'),  welche 
der  eine  Reihe  von  Jahren  im  Dienste  der  holländischen  Faktorei  in 
Japan  gewesene  Willem  Versteegen  der  Indischen  Regierung  zu 
Batavia  bei  seiner  Rückkehr  unterbreitete.  (Vergl.  Seite  314-317.) 
Diese  säumte  nicht,  bereits  unterm  4.  Januar  1636  der  Direktion  in 
Amsterdam  die  bedeutsame  Kunde  mitzuteilen,  sowie  ihre  Absicht, 
"ihr  in  Zukunft  Aufmerksamkeit  zu  schenken,"  da  sie  die  Sache 
hielt  "  von  grosser  Bedeutung  in  Anbetracht  des  Klimas  und  der 
Lage  des  genannten  Landes,  in  dessen  Breite  die  reichsten  Schätze 
der  Welt  zu  finden  waren,"  und  weil  sie  hoffte,  dass  "  europäische, 
indische  und  chinesische  Waaren  dort  für  Kleidung  verlangt 
werden  und  einen  schlanken  Verkauf  finden  würden"^;. 

In  ähnlichem  Sinne  und  mit  regem  Anteil  äusserte  sich  der 
damals  aus  seinem  Amte  scheidende  niederländische  General- 
Guvernör  von  Indien  Hendrik  Brouwer  in  einem  Briefe  an  seinen 
Nachfolger  vom  31.  März  1636,  worin  er  diesen  über  schwebende 
Regierungs-Angelegenheiten  seine  Ansichten  mitteilt.  Bezüglich 
der  Ausführung  rät  er,  dass  Vincent  Romeyn  (über  diesen  vergl. 
Seite  317-318),  der  sich  Versteegen  gegenüber  dazu  erboten  hatte, 
"  beweg-t  werden  müsse  mitzufahren  und  zu  diesem  Zwecke  nach 
Batavia  zu  kommen,  von  wo  aus  .um  den  ersten  Mai  die  Fahrt 
stattfinden  müsste,  und  nicht  von  Japan  aus,  um  durch  dieses 
verdorbene  (gedebaucheert  !)  Land  keine  Zeit  und  Gelegenheit  zu 
verlieren,  sowie  um  nicht  unter  dem  Winde  zu  sein.  Und  nach 
meiner  Ansicht  würde  es  sich  empfehlen  zu  fahren,  indem  man 
ungefähr  am  ersten  Mai  aus  Batavia  scheidet,  nördlich  von  Borneo 
hält,  item  nördlich  von  Celebes,  den  Molukken  und  der  Küste  von 
Moro  oder  Gamca  nouro,^)  um  so  über  Wind  zu  kommen  in  die 
Südsee  und  dann  nördlich  zu  halten  möglichst  nahe  dem  Kurse, 
den  die  Acapulco-Fahrer  nehmen,  um  östlich  von  Japan  die 
Nordwestwinde  zu  suchen.     Doch   nach    vollbrachter  Entdeckung 


1)  In  dem  Abdruck  bei  Lcnpe,  Seite  40,  ist  der  Datum  irriger  Weise  mit  dem  7. 
Dezember  angegeben,  was  Ilccrcs,  Seite  15,  wie  oben  berichtigt  mit  dem  Hinzufugen,  dass 
die  Denkschrift  der  Indischen  Regierung  unterm  12.  Dezember  eingereicht  wurde.  (Vergl. 
die  Anmerkungen  7  und  8). 

2)  Brief  der  Indischen  Regierung  an  die  Direktion  in  Amsterdam  im  Reichsarchiv  im 
Haag,  siehe  Heo-es,  Seite  19. 

3)  Das  ist  Gamma  Koenoera  auf  Dschilolo. 


374       O.  NACHOD,  EIN  UXENTDECKTES  GOLDLAND. 

sollte  man,  je  nach  der  Gelegenheit  der  Winde,  Japan  oder 
Tayouan  (Tai-wan  auf  Formosa)  anlaufen,  und  noch  besser  würde 
es  sein,  auf  nächstem  Wege  nach  Batavia  zu  kommen.  Auch  ist 
es  dienlich,  alle  die  Entdecker  mit  einer  guten  Prämie,  je  nach  dem 
Verdienste  der  Entdeckung,  zu  animiren,  um  desto  mehr  Hoffnung 
auf  Erfolg  haben  zu  dürfen"'). 

Brouwers  Nachfolger  als  General-Guvernör  war  der  thatkräftige 
Anthonio  van  Diemen,  bekannt  durch  seine  erfolgreichen 
Bestrebungen,  den  Handel  und  die  Herrschaft  der  Niederländischen 
Kompagnie  auf  neue  Gebiete  auszudehnen,  besonders  durch 
Erforschung  des  zu  jener  Zeit  selbst  in  seinen  Umrissen  noch  so 
wenig  bekannten,  als  das  Grosse  Südland  bezeichneten  Australien. 
Auch  bei  ihm,  wie  bei  den  Direktoren  in  Amsterdam,  fand  der 
Plan,  die  schätzereichen  Inseln  für  die  Kompagnie  aufzusuchen,  die 
e^ünstigste  Aufnahme. 

Unterm  26.  Mai  1636  bereits  wurde  im  Rate  der  Indischen 
Regierung  zu  Batavia  das  Unternehmen  ausdrücklich  beschlossen  '-) 
und  unterm  31.  Mai  Nicolaes  Couckebacker,  das  Oberhaupt  der 
niederländischen  Factorei  in  Japan,  der  eben  im  Begriffstand,  von 
einem  Besuche  in  Batavia  nach  Japan  zurückzukehren,  beauftragt, 
dort  über  die  Reise  mit  dem  Kapitän  Quast  und  den  sonst  an- 
wesenden, erfahrensten  Kapitänen  und  Obersteuermännern  zu 
beraten  und,  falls  die  Interessen  des  Handels  es  gestatten  würden, 
zwei  Schiffe  unter  Befehl  von  Ouast  zu  diesem  Zwecke  auszurüsten  ; 
Versteegen  und  Romeyn  sollten  persönlich  an  der  Unternehmung 
teilnehmen.^) 

In  der  beratenden  Versammlung,  welche  dementsprechend 
Couckebacker  in  der  holländischen  Faktorei  zu  Hirado  am  24. 
September  1636  abhielt,  wurde  indessen  einstimmig  beschlossen, 
die    Entdeckungsreise    zu    verschieben,    erstens,    weil    die    Schiffe 


1)  Brief  von  Hendrik  Erouwer  an  A.  van  Diemen,  vou  Bord  des  Schiffs  Nieuw- 
Amstcrdam  beim  Robben-Eiland,  Kap  der  Guten  Hoffnung,  vom  31.  März  1636.  Eine 
Abschrift  hiervon  befindet  sich  in  einem  früher  in  Privatbesitz  gewesenen,  jetzt  im  Reichs- 
archiv im  Haag  aufbewahrten  IManuskriptheft  aus  verschiedenen  Jahrgängen.  Die 
Jahreszahl  lautet  hier  1638,  was  auf  einen  Sclu-eibfehler  zuiückzuführen  ist,  da  Brouwers 
Heimreise  in  das  Jahr  1636  fiel  und  er  1638  längst  nach  Holland  zurückgekehrt  v.ar. 

2)  I/eeres,  Seite  ig. 

3)  Heeres,  Seite  19 — 20. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       375 

anderweit  vorteilhafter  zu  verwenden  seien,  uud  zweitens,  weil  die 
Sachverständigen,  und  unter  ihnen  auch  Quast,  in  Uebereinstim- 
mung  mit  dem  früheren  General-Guvernör  Brouwer,  aber  im 
Gegensatz  zur  derzeitigen  Indischen  Regierung  zu  Batavia,  der 
Ansicht  waren,  dass  von  Japan  aus  die  Unternehmung  kaum  durch_ 
führbar  sein  würde,  wenigstens  nicht  zu  dieser  Jahreszeit,  wegen 
der  herrschenden,  ungünstigen  Winde,  wogegen  sie  als  Ausgangs- 
punkt Formosa,  die  Molukken  oder  das  Kap  Espiritu  Santo  (in 
den  Philippinen)  vorschlugen^). 

Die  Indische  Regierung  zu  Batavia  schloss  sich  nun  dieser 
Ansicht  an,  wie  aus  ihrem  Schreiben  an  die  Direktion  in  Amster- 
dam vom  28.  Dezember  1636  hervorgeht,  in  welchem  sie  übrigens 
die  ganze  Sache  als  etwas  weniger  verheissungsvoU  anzusehen 
scheint'^). 

Sowol  aus  letzterem  Grunde,  wie  auch  wegen   Mangel    an    ge- 
eigneten Schiffen,  verlief  das   Jahr  1637,    ohne   dass    in    der    Sache 
etwas  erfolgte^).     Als  aber  die  Direktion  zu  Amsterdam    voll  Hoff- 
nung,   für    den    überaus    einträglichen,   aber    damals    öfters    recht 
bedroht  erscheinenden  Handel   in  Japan  in  unbekannten   Gebieten 
nördlich    und    westlich    davon    lohnenden    Ersatz    zu    finden,   mit 
Schreiben  vom   16.  September  1638  das    Unternehmen    aufs    Neue 
mit  Nachdruck  empfahl,  trat  man  auch  in  Batavia  der  Sache  wieder 
ernstlich   näher.     In   ihrer   Sitzung  vom    24.  Mai    1639    ward    von 
der  Indischen  Regierung  die  Entdeckungsreise  endgiltig    beschlos- 
sen, welche    unter    Befehl  von  Quast  auf  den   besonders    geeignet 
erscheinenden    beiden  Schiffen  Engel  und  Gracht  erfolgen  sollte/) 
Die  Verzögerung  begründet  van   Diemen  in   einem  Schreiben  mit 
den    Worten:     "Die    Aufsuchung    von    gold-    und    silberreichen 
Inseln,  im  Osten  von  Japan  gelegen,  ist  vor  lauter  Schwäche  (enckel 
onvermogen)  und  weil  wir  überhaupt  trachten,  den    Plandel  vorzu- 
ziehen vor  irgend  welchen  Sachen,  Unternehmungen  und  Entdeck- 
ungen von  fremden  Landen,  sehr  gegen  unsern     Willen    seit  anno 


1)  Ilccrc-s,  Seite  20. 

2)  Ebenda. 

3)  Ebenda. 

■» )  Ilccrcs,  Seite  2 1 . 


376  O.    XACIIOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAND. 

1636     aufgeschoben      und      suspendirt      geblieben"^). 

Noch  am  folgenden  Tage  nach  jener  Sitzung  berief  ein  Be- 
schluss  der  Indischen  Regierung  den  Kapitän  Quast,  welcher  an  der 
Nordvvestküste  von  Java  nach  feindlichen  Schiffen  kreuzte,  nach 
Batavia  zurück,")  und  unterm  i.  Juni  bereits  ist  die  ihm  am  Tage 
vor  der  Abfahrt  übergebene  "  Instruktion  für  den  Kommandör 
Matthijs  Quast  und  den  Schiffsrat  der  Schiffe  Engel  und  Graft,^) 
bestimmt  für  die  Entdeckung  der  Länder  und  Inseln  östlich  von 
Japan,  sowie  der  Küsten  und  Länder  von  Tartarien  und  Korea, 
nordwestlich  und  südwestlich  vom  genannten  Reiche  Japan " 
ausgestellt,  welche  von  van  Diemen  selbst  nach  w'iederholten 
Besprechungen  mit  den  erfahrensten  Sachverständigen  entworfen 
war.*) 

Jedes  der  beiden  Schiffe  zählte  eine  Besatzung  von  45  Mann, 
darunter  5  Soldaten,  und  war  mit  Proviant  für  ein  Jahr  versehn. 
Der  Oberbefehlshaber  Mathys  Quast,  ein  erfahrener  Seemann,  der 
bereits  seit  einer  Reihe  von  Jahren  sowol  in  den  indischen,  wie  in 
den  chinesischen  und  japanischen  Gewässern  die  Flagge  der 
Kompagnie  geführt  hatte,  wurde  zwei  Jahre  nach  dieser  Entdeck- 
ungsreise aus  seiner  Laufbahn  durch  den  Tod  gerissen,  welchen  er 
erlitt  infolge  einer  bei  einem  Kriegszuge  nach  Goa  im  Kampfe 
gegen  ein  portugiesisches  Schiff  erhaltenen  Wunde.     Quast  befand 


1)  Brief  van  Diemens  an  die  Direktoren  in  Amsterdam  vom  iS.  Dezember  1639; 
siehe  P.  A.  Letipe,  Reis  naar  de  Eilanden  ten  N.  en  0.  van  Japan  door  Mrt.  Gerr.  Vries, 
in  1643,  Seite  4;  Amsterdam  1858  (in  der  Folge  der  Kürze  halber  nur  als  "Leupe" 
zitirt). 

2)  Heeres,  Seite  21. 

3)  Der  Name  dieses  Schiffes  wird  verschieden  gesclu'ieben.  Heeres,  Seite  21,  begriindet 
die  Schreibweise  "  Graft  "  mit  Hinblick  auf  ein  Dorf  gleichen  Namens  in  Nordholland.  Bei 
Lezipe  findet  sich  dafür  "  Grafif"  und  zwar  (Seite  4)  in  dem  oben  erwähnten  (siehe  Anmerkung 
l)  Briefe  von  van  Diemen  vom  18.  Dezember  1639  und  (Seite  236)  in  einem  Beschlüsse 
der  Indischen  Regierung  zu  Batavia  vom  17.  Januar  1643;  ^''^^  dürfte  aber  wol  nur  auf  die 
vielleicht  etwas  unleserliche  Schrift  des  Originals  zurückzuführen  sein,  da  ähnliche  Ab- 
weichungen mehrfach  bei  Leztpe  vorkommen.  Am  richtigsten  wird  wol  die  Schreibweise 
"  Gracht  "  sein,  deren  sich  z^^«  Siebold  auf  Grund  des  von  ihm  benutzten,  noch  zu  be- 
sprechenden Tagebuches  bedient,  in  welchem  ausdrücklich  erwähnt  ist,  dass  eine  der 
entdeckten  Inseln  nach  dem  Schifife  den  Namen  "  Gracht-Eylant  "  erhielt;  diese  wird  auch 
bei  ij^t'rt'j,  Seite  29  und  30,  mit  "  Gracht 's  Island  "  liezeichnet.  Sowol  Graft  als  Gracht 
entsprechen  unsrem  Worte  "  Graben." 

*)    Heeres,  Seite  22. 


O.    NACHOD,    EIN   UXEXTDECKTES   GOLDLAND.  377 

sich  an  Bord  des  Engel,  dessen  Kapitän  Lucas  Albertsen  war,  der 
später  eine  Entdeckungsreise  nach  der  Nordküste  von  Borneo 
ausführte  (1645).  Den  grössten  Ruf  unter  den  Teihiehmern  des 
Zuges  aber  geniesst  der  Kapitän  der  Gracht,  der  später  durch  seine 
Entdeckungen  in  der  Südsee  so  berühmt  gewordene  Abel  Janszoon 
Tasman,  welcher  für  den  Fall  von  Quasts  Tod  als  dessen  Nach- 
folger bestimmt  war.^)  Zur  Ladung  gehörten  verschiedene  Arten 
von  Spezereien,  Proben  von  Gold,  Silber,  Kupfer,  Zinn,  Eisen  und 
Zink,  sowie  wollene  und  seidene  Stoffe,  sowol  aus  der  Heimat  als 
aus  Indien,  "um  sie  den  Einwohnern  der  zu  entdeckenden  Länder 
zu  zeigen  und  sofort  dadurch  zu  ermitteln,  ob  sie  in  ihrem  eigenen 
Lande  etwas  davon  haben  oder  danach  begehren  und  so  die 
Absicht  der  Kompagnie  auf  einen  einträglichen  Handel  zu 
fördern."-)  Um  den  Eifer  der  Seeleute  zu  beleben,  waren  Prämien 
ausgesetzt  für  diejenigen,  die  zuerst  unbekannte  Länder,  Küsten  und 
Untiefen  entdecken  würden,  im  Betrage  von  sechs  Gulden,  der 
später  (31.  August)  auf  10  Gulden  erhöht  ward.  Strengste 
Geheimhaltung  des  Erfahrenen  war  ausdrücklich  vorgeschrie- 
ben.^) 

Ueber  ben  einzuschlagenden  Weg  enthielt  die  Instruktion  für 
Quast  folgende  Vorschriften.  Von  der  im  Norden  von  Batavia 
gelegenen  Insel  Banka  aus  sollte  der  Kurs  ostnordöstlich  nach  der 
Bucht  von  Manila  genommen  und  hierbei  die  teilweis  unbekannte 
See  westlich  von  der  Insel  Palawan  (oder  Paragua)  und  öslich  von 
den  Paracel-Inseln  erforscht  werden.  Bevor  jedoch  die  Bucht  von 
Manila  erreicht  werde,  sollte  auf  die  Nordwestspitze  der  Insel 
Mindoro  zugesteuert  und  durch  die  beiden  Sankt-Bernardino- 
Strassen  hindurch  nördlich  von  der  Insel  Samar  der  Eingang  in 
den  Pazifischen  Ozean  gewonnen  werden.  Es  war  dies  der  Weg 
der  spanischen  Schiffe  von  Manila  nach  Acapulco,  wie  aus  einer  in 
Batavia  beschafften  spanischen  Karte  hervorging.  Die  Schiffe 
sollten  auf  diesem  Wege  durch  die  Philippinen  ernstlich  auf  ihrer 
Hut  sein,  da  man  feindliche  Zusammenstösse  mit  den  Spaniern  zu 
vermeiden  wünschte.     Alsdann  würde  man  sich    nördlich    wenden, 


^)     I leer  es,  Seite  21 — 22. 

*)     Bcschluss  dei-  Indischen  Regierung  zu  Batavia  vom    25.    Mai    1639  ;    siehe   Heeres, 
Seite  21. 

3)     Heeres,  Steit  25. 


378       O.  NACnOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

um  an  der  Ostküstc  von  Japan  in  Nordwestwinde  zu  kommen. 
Hierauf  sollte  loo,  150  bis  200  Meilen  nach  zwischen  dem  30.  und 
36.  nördlichen  Breitengrade  liegenden  Inseln  geforscht,  sodann 
das  Hauptziel  400  Meilen  östlich  von  Japan  in  der  Breite  von  37 
bis  38  Grad  gesucht  und,  wenn  nichts  zu  finden,  "ohne  deshalb 
die  gewohnte  Geduld  oder  den  Mut  zu  verlieren,  "  noch  weitere 
200  Meilen  östlich  auf  derselben  Höhe  gesegelt  werden.  Blieb 
auch  dies  nutzlos,  so  sollte  man  trachten,  nach  Tartarien  und 
Korea  zu  kommen,  falls  die  Winde,  woran  allerdings  zu  zweifeln, 
es  gestatten  würden,  und  bei  der  Rückkehr,  falls  kein  Nordwind  zu 
erreichen,  abermals  200  Meilen  in  östlicher  Richtung  ablaufen,  und 
wäre  es  auch  bis  zur  Küste  von  Westindien,  um  dann  mit  demx 
Südostpassat,  je  nach  Jahreszeit,  Wind  und  Wetter,  entweder  nach 
Tai-wan  auf  der  damals  im  Besitze  der  Kompagnie  befindlichen 
Insel.  Formosa  oder  nach  Batavia  zurückzukehren  und  im  Vorbei- 
fahren auch  die  Islas  de  Ladrones  (Marianen-Inseln)  kennen  zu 
lernen  und  zu  besuchen.^) 

Was  man  in  Batavia  über  die  zu  entdeckenden  Länder  wusste, 
stammte  nach  der  Instruktion  aus  Mitteilungen  von  Personen, 
welche  in  Japan  gewesen  waren,  —  wol  ein  Hinweis  auf  Versteegen 
—  sowie  aus  spanischen  Büchern  und  den  darin  enthaltenen  Karten; 
leider  fehlt  hierüber  jede  nähere  Angabe  ;  das  Werk  von  de  Morga 
dürfte  nicht,  oder  v.'enigstens  nicht  allein  damit  gemeint  sein,  da 
dieses  keine  Karte  enthält.  Bemerkenswert  erscheint  die  Angabe 
der  Instruktion,  "  dass  die  zwei  Eilande,  welche  in  der  spanischen 
Karte  niedergelegt  sind  zwischen  35  und  36  Grad,  genannt  werden 
Armeneti  und  Rico  de  Plata,  das  heisst  'reich  in  Silber'"  ;  200 
spanische  Meilen  östlich  von  Japan  sollten  diese  Inseln  liegen,^) 
von  denen  Armeneti  wol  einen  Anklang  an  die  von  den  Spaniern 
längst  aufgegebene  Isla  del  Armenio  bildet.  Ferner  erwähnt  wird 
eine  in  der  spanischen  Karte  2  Grad  nördlicher  und  50  Meilen  west- 
licher als  Rico  de  Plata  gelegene  Insel,  in  Länge  von  etwas  über 
30  Meilen  von  Süden  nach  Norden.'")  Dies  würde  also  wol  die  Rica 
de  Oro  sein  ;  jedoch    nennt    die    Instruktion    keinen    Namen    dafür. 

1)     //cY7vj-,  Seite  23 — 24;     Brief  von  van  Diemen  vom  iS.  Dezember    1639   bei   Lcupi\ 
Seite  4 — 5. 

*)     IJcltcs,  Seite  25. 
3)    Ebenda. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.        379 

Sowol  auf  die  Entdeckung  der  einen,  wie  der  anderen,  wird 
grosser  Wert  gelegt  ;  jedoch  solle  Rico  de  Plata  den  Vorzug 
haben.') 

Inwieweit  das  Quast  angegebeiie,  umfangreiche  Programm 
seiner  Reise  zur  Verwirklichung  gelangt  und  wie  der  Zug  verlaufen, 
darüber  wusste  man  lange  Zeit  nicht  viel  mehr,  als  dass  die  Schiffe, 
ohne  ihr  Ziel  erreicht  zu  haben,  in  sehr  elendem  Zustande  in 
Formosa  eingetroffen  waren.")  Da  gelang  es  im  Jahre  1S42  dem 
berühmten  Japan-Forscher  P.  F.  von  Siebold  unter  Mitwirkung 
von  P.  S.  de  Munnick'xva  Archive  der  Niederländischen  Ostindischen 
Kompagnie  das  bis  dahin  gänzlich  unbekannte,  an  Bord  des 
Engel  geführte  Tagebuch  von  Quast,  eine  Schrift  von  72  Folio- 
seiten, den  Zeitraum  vom  2.  Juni  bis  24.  November  1639  umfassend, 
aufzufinden'^)  und  dadurch  die  Bedeutung  dieser  Reise  für  die 
Geschichte  der  Entdeckungen  klarzustellen.  Dem  Tagebuch 
beigefügt  waren,  wie  von  Siebold  berichtet,  zwei  Karten  :  die  eine 
von  den  Philippinen,  die  andre  von  dem  Gebiete  zwischen  17  und  38 
Grad  n.  B.,  worin  Japan  so  dargestellt  ist,  wie  es  den  Holländern 
im  Jahre  1638  bekannt  war,  und  die  1639  gemachten  Entdeckungen 


1)  Heeres^  Seite  25. 

2)  Die  erste  kurze  Erwähnung  des  Unternehmens  findet  sicli  in  dem  sehr  selten  gewor- 
denen Euche  "  Eenige  Oefeningen  in  God-h'jcke,  Wiskonstige,  en  Natueriijcke  dingen  "  des 
Astronomen  und  Mathematikers  Dirck  Rcmbraiitsz  van  A'icrop,  welches  zuerst  zu  Amster- 
dam 1669  und  sodann  1674  unter  wenig  verändertem  Titel  erschien.  (Vergl.  Heeres,  Seite 
35).  Noch  im  gleichen  Jahre  wurde  eine  englische  Uebersetzung  von  dem  betreffenden 
Abschnitte  dieses  Buches  in  den  "  Philosophical  Transactions,"  Band  IX,  No.  109,  Seite 
197 — 207,  London  1674,  veröffentlicht,  auf  welche  spätere  Angaben  in  der  Litteratur  meist 
zurückgehn.  Einige  Notizen  über  die  Quast-Tasmansche  Reise  enthält  auch  das  zuerst  1692 
gedruckte  Buch  des  Amsterdamer  Bürgermeisters  Nicolaas  IVitseii,  "  Noord  en  Oost- 
Tartaryen "  (Band  I,  zweiter  Druck,  Seite  156,  Amsterdam  1785).  Vergl.  ferner  James 
Btirney,  A  chronological  history  of  the  discoveries  in  the  South  Sea  or  Pacific  Ocean,  Band 
III,  Seite  55—58. 

^)  Die  Kunde  von  dem  bis  heut  noch  ungedruckten,  im  Reichsarchiv  im  Haag  befind- 
lichen Tagebuche  veröffentlichte  von  Siebold  zuerst  in  einem  Aufsatz  im  Journal  de  la  Haye 
(30.  Dez.  1842  und  9. — 11.  Jan.  1843);  ^i^^  Besprechung,  sowie  einen  Auszug  des 
Tagebuches  enthält  vott  Sieholds  "Nippon,  Archiv  zur  Beschreibung  von  Japan  und  dessen 
Neben — und  Schutzländern  "  (7  Bände,  Leiden  1S36 — 1852),  Band  I,  Seite  59—61  und 
147 — 150»  ^'"6  auf  gründliohem  Quellenstudium  beruhende,  eingehende  Darstellung,  welche 
in  der  seit  1S97  erscheinenden,  zweiten  Auflage  leider  weggeblieben  ist. 


380  O.   NACIIOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAND. 

angezeiciuiet  sind.')  Durch  die  Veröffentlichung  dieser  Karte, 
welche  eines  der  Verdienste  des  neuen  Werkes  von  Heeres  über 
Tasman  bildet,  sowie  durch  sonstige  von  Heeres  aus  noch  unbe- 
kanntem IMaterial  des  Reichsarchivs  im  Haag  geschöpfte  Angaben 
ist  neues  Licht  über  die  Ouast-Tasmansche  Reise  verbreitet 
M'orden.-) 

Nachdem  am  2.  Juni  1639  die  Abfahrt  der  beiden  Schiffe 
von  Batavia  erfolgt,^)  war  man  schon  in  den  ersten  Wochen  zu 
kleinen  Abweichungen  von  dem  beabsichtigten  Wege  veranlasst 
weil  die  Schiffe  nicht  gut  ausgerüstet  und  besonders  die  Gracht  nur 
"  kümmerlich  mit  Brennholz  und  Wasser  versehn  und  eänzlich 
entblösst  von  Ballast  war  ".*)  Die  Schiffe  lagen  daher,  nachdem 
sie  den  Lingga-  und  Riouw-Archipel  passirt  hatten,  vom  9.  bis  13. 
Juni  vor  Anker  an  einer  der  kleinen  Inseln  östlich  von  der  Südspitze 
der  malaiischen  Halbinsel,  wo  sie  sich  mit  dem  Fehlenden 
versehen  konnten.^) 

Ebenso  wurde,  als  man  am  24.  Juni  sich  den  Inseln  bei  Manila 
näherte,  nicht,  wie  in  der  Instruktion  vorgeschrieben,  der  Weg 
durch  die  Bernardino-Strassen  südlich  von  der  Insel  Luzon,  sondern 
nördlich  davon  eingeschlagen,  da  nach  den  herrschenden  Winden 
sich  dieser  günstiger  erwies.  Bei  Umsegelung  der  Nordküste  der 
Insel  Luzon  liefen  die  Niederländer  Gefahr,  mit  Eingeborenen 
zusermmenzustossen.  Diese  kamen  eines  Tages  unter  Führung, 
eines  spanischen  Padre  längs  Tasmans  Schiff,  und  zogen  die  Hol- 
länder vor,  sich  aus  der  bedenklichen  Lage  dadurch  zu  befreien, 
dass  die  sich — als  Engländer,  auf  einer  Reise   von  Malakka  nach 

i)  \o\\  den  beiden  Karten  way  nach  von  Sidwid  die  von  den  Philippinen  in  dem  16S0 
erschienenen  See-Atlas  von  Johannes  van  Keulen  (Köln)  veröffentlicht  worden,  während  die 
andre  unausgegeben  blieb  und  zur  Zeit  von  Siebolds  sich  in  der  Bibliothek  des  Prinzen 
Heinrich  der  Niederlande  befand.  Hierzu  bemerkt  Heeres,  Seite  26,  dass  die  während  der 
Reise  selbst  hergestellte,  am  8.  Januar  1640  von  Batavia  der  Direktion  in  Amsterdam  ein- 
gesandte Karte  nicht  mehr  vorhanden  ist,  wol  aber  eine  hiernach  unter  Tasmans  Augen  Ende 
1640  von  Arend  Dierckszoon  in  Japan  angefertigte.  Diese  bis  1880  im  Besitze  des  Prinzen  der 
Niederlande  gewesene  und  seitdem  im  Reichsarchiv  in  Haag  aufbewahrte  Karte,  von  der 
von  Siebohi  spricht,  ist  es,  welche  Heeres  reproduzirt  hat. 

2)  Heeres,  Seite  26 — 33. 

3)  Brief  van  Diemens  vom  18.  Dez.  1639  bei  i«//^',  Seite  4. 

^)     Beschluss  des  SchifTsrats  vom  6.  Juni  1639  ;  siehe  Heeres,  Seite  26. 
5)     Heeres,  Seite  26-27. 


O.   NACIIOD,    EIN    UNENTDECKTES    GOLDLAND.  381 

Manila  begriffen,  ausgaben  !  Von  dem  Padre,  der  seinen  Sitz  auf 
einer  der  Babuyan-Inseln  hatte,  erfuhren  sie,  dass  dort  3000 
Eingeborene  und  Mestizen  lebten,  unter  denen  er  der  einzige 
Spanier  sei.') 

Am  10.  Juli  1639  verliessen  die  Schiffe  die  Ostküste  von  Luzon, 
und  bereits  unterm  17.  Juli  wurde  eine  ihnen  unbekannte  Bank  von 
i4-  Meile  Länge  entdeckt  und  nach  dem  Admiralsschiff  die 
Engelsdroogte  genannt.  Sie  liegt  zwischen  20  und  21  Grad  n.  Br. 
und  zwischen  136  und  137  Grad  ö.  L.  v.  Gr.  ;  früher  unter  dem 
Namen  Parece  Vela  bekannt,  heisst  sie  jetzt  meist  nach  dem 
Engländer  Douglass,  der  sie  am  15.  September  1789  auffand  und 
beschrieb,  die  Douglass-Klippe.-) 

In  den  nächsten  Tagen,  vom  20.  bis  22.  Juli,  wurden  drei 
Inseln  entdeckt,  von  denen  zwei  nach  den  Schiffen  Engels-Eylandt 
und  Gracht-Eylandt,  die  dritte  Hooge  Meuven-Eylandt  (Hohe 
Möwen-Insel)  genannt  wurden.  Diese  zur  Bonin-Gruppe  gehörigen 
Inseln  waren  dieselben,  welche  bereits  im  Jahre  1543  von  Bernardo 
de  Torres  gesehn  wurden  und  seitdem  unter  dem  Namen 
Maloabrigo  und  Los  Dos  Hermanos  auf  vielen  älteren  Karten 
vorkommen.^)  Von  den  Japanern,  denen  die  Bonin-Inseln  heut 
gehören,  wurden  sie  zuerst  in  den  Jahren  1 592-1595  entdeckt  und 
von  ihnen  Munin-(daher  das  Wort  Bonin)  Shima,  d.  h.  unbewohnte 
Inseln,  oder,  nach  dem  Entdecker,  Ogasawara-Shima  genannt. 
Genauere  Kenntp.iss  davon  bekamen  sie  erst  1675  durch  eine  mit 
Genehmigung  der  japanischen  Regierung  von  drei  Gelehrten  aus 
Nagasaki  dorthin  unternommene  Expedition,  wobei  etwa  80  Insel- 
chen entdeckt  und  nach  Grösse,  Vegetation  und  Erzeugnissen  unter- 
sucht und  beschrieben  wurden.*]  In  Europa  erhielt  man  genauere 
Kunde  von  diesen  Inseln  durch  Kapitän  Beechey,  welcher  1827  dort 
war,  sie  beschrieb  und  ihre  geographische  Lage  mit  26  Grad  30  M. 


^)  //tvrt'j,  Seite  27. 

')  Von  Sicbold,  Archiv  von  Isippon,  liand  I,  Seite  60,  147.     Heeres,  Seite  29 — 30. 

^)  Von  Siedo/d,  Archiv  von  Nippon,  Land  I,  Seite  60,  94,  147 — 149. 

")  Ebenda,  Seite  96— 9S. 


382  O.    NACIIOD,    EIN    UNENTDECKTES   GOLDLAND. 

bis  27  Grad  44  M.  n.R.  und  142  Grad  5  bis  15  M.  ö.  L.  feststellte.') 

Am  24.  Aug-ust  bekamen  Engel  und  Gracht  die  Ostküste  von 
Japan  unter  37  J^  Grad  n,  B.  zu  Gesicht  und  nahmen  dieselbe  auf,  bevor 
sie  weiter  nach  Osten  steuerten,^)  nach  dem  schätzereichen  Hauptziel 
ihrer  Reise.  Diese  wenn  auch  vergebliche  Fahrt  auf  unbekannter 
Wasserbahn  rühmt  von  Siebold  mit  folgenden  Worten:  "  Die  gehofif- 
ten  Gold-  und  Silberinseln  wurden  nicht  entdeckt,  obgleich  die  beiden 
Schiffe  im  Osten  von  Japan  zwischen  dem  37.  und  40.  Breitengrade 
kreuzend  bei  600  geographische  Meilen  weit  (nach  ihrer  Schiffsrech- 
nung bis  zum  79.  Grade  52  Minuten  östliche  Länge  von  Pulo  Timoan 
[175  Grad  53  Minuten  westl.  Länge  von  Greenwich]),  somit  weiter  in 
diesem  Gebiete  des  Grossen  Ozean  vorgedrungen  sind,  als  je  vor 
ihnen  auf  diesem  Grad  der  Breite  ein  europäischer  Seefahrer  gekom- 
men ist.  Mit  bev/underungswürdiger  Ausdauer  suchten  diese 
Seehelden  das  ihnen  vorgesteckte  Ziel  zu  erreichen,  wäln-end  die 
Umsicht,  womit  sie  dabei  zu  Werke  gingen,  und  die  zur  Entdeckung 
von  Land  genommenen  Massregeln  als  Beispiel  der  ehemaligen 
Schiffszucht  dienen  können.  Dass  ihrer  Aufmerksamkeit  nichts 
entging,  dafür  zeugt  das  mit  den  Kielen  des  Engels  und  der  Gracht 
gepflügte  Gebiet  des  Grossen  Ozean,  wo  sich  bis  jetzt  noch  nicht 
eine  Insel  hat  entdecken  lassen."  ") 

Am  24.  September  1639  meldet  ein  Beschluss  des  Grossen 
Schiffsrats,  dass  die  Seefahrer  zu  sein  glaubten,  "  in  Länge,  von 
Japan  gerechnet,  von  ungefähr  600  deutschen  oder  700  spanischen 
Meilen  Entfernung  nach  Osten  zu  in  der  vorgeschriebenen  Breite  ", 
und' zwar,    "  ohne   während    all    dieser   Zeit    Land    gesichtet    oder 


1)  Von  Siebold,  Archiv  von  Nippon,  Band  I,  Seite  95-96.  Eine  eingehende  Darstel- 
lung der  wiederholten  Entdeckungen  dieser  Inseln  gibt  von  SirboIJ  auf  Seite  92-95  und  fugt  auf 
Seite  160  eine  chronologische  Uebei'sicht  bei,  worin  die  einzelnen  Gruppen  nach  den  ihnen 
jeweilig  gegebenen,  verschiedenen  Namen  angeordnet  sind.  —  Einen  Auszug  von  der  Bcechey^- 
schen  Beschreibung  der  Bonin-Inseln  enthalten  die  Transactions  of  the  Asiatic  Society  of 
Japan,  Band  VI,  Teil  III,  Seite  478-485,  Yokohama  1S78. 

2N     Von  Siehold,  Archiv  von  Nippon,  Band  I,  Seite  60. 

3)  Ebenda,  Seite  59-60.  Bezüglich  der  Mannszucht  fahrt  zwi  Sicbold  in  einer 
Anmerkung  (Seite  147)  als  Beleg  folgenden  Schiffsrats-Beschluss  vom  24.  September  1639 
an  :  "  Um  so  viel  möglich  dem  LTnheil  und  Unglück  vorzukommen,  das  leicht  durch  Nach- 
lässigkeit der  Wachen  geschehn  kann,  so  ist  beschlossen  worden:  diejenigen,  welche  auf  dem 
Wachposten  eingeschlafen  betroffen  werden,  für  das  erste  Mal  mit  Abzug  von  einem  Monat 
Sold  und  50  Schlägen  am  Mäste;  das  zweite  Mal  nach  Umständen  mit  dem  Strange  zu 
strafen.     Die  doppelte  (?  !)  Strafe  trifft  den,  der  seinen  Posten  verlassen  hat." 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.        383 

irgend  welche  sichere  Zeichen  von  Landnähe  erspäht  zu 
haben  ".^)  Nachdem  eine  so  lange  Strecke  vergeblich  durchsegelt 
und  seit  dem  Monat  August  besonders  der  Tod  unter  der  von  Erfri- 
schungen entblössten  und  von  Krankheit  erschöpften  Mannschaft 
reiche  Ernte  gehalten,^)  und  da  der  Wind  sich  günstig  zeigte,  be- 
schloss  Quast,  nun  nach  Westen  zu  kehren,  um  im  Norden  von  Japan 
die  Küste  von  Tartarien,  Korea  und  China  anzulaufen.  Auch  bei  der 
Rückfahrt,  zwischen  38  und  42  Grad  n.  B.  kreuzend,  suchten  die 
Niederländer  vergeblich  nach  Land.^)  Schliesslich  mussten  auch 
die  Pläne  bezüsflich  der  Nordostküste  des  asiatischen  Festlandes 
aufgegeben  werden,  da,  wie  es  in  dem  schmerzlich  verzagenden 
Beschlüsse  des  Schiffsrats  vom  25.  Oktober  heisst,  "  beide  unsere 
Schiffe  und  Mannschaften  gegenwärtig  in  sehr  schlechtem  und 
gefährlichem  Zustande  sind,  da  nämlich  infolge  von  beständigem 
hohem  Seegang  die  Schiffe  furchtbare  Lecks  bekommen  haben 
und  frischer  Takelage  und  Kalfaterung  dringend  bedürftig  sind  ; 
item,  auf  dem  Engel  der  Bugspriet  gebrochen,  die  Gracht  mit 
ihren  gefischten  (?)  Masten  kaum  länger  Widerstand  leisten  kann  und 
beide  Schiffe  über  und  über  leck  sind,  so  arg,  dass  bei  stürmischem 
Wetter  die  Pumpen  beständig  im  Gange  gehalten  werden  müssen, 
während  andrerseits  alle  unsere  Zimmerleute  krank  darnieder- 
liegen ;  auf  dem  Engel  hat  es  bis  jetzt  elf  Todte  und  20  Krank- 
heitsfälle gegeben,  item  sind  auf  der  Gracht  11  Todte  und  iS  Mann 
krank,  welche  alle  an  der  Pforte  des  Todes  zu  sein  scheinen  ;  und 
diejenigen,  welche  sich  noch  grade  auf  ihren  Beinen  halten  können 
und  durch  die  wir  mit  Gottes  Hilfe  das  Schiff  zu  führen  vermögen, 
sind  nicht  frei  von  Meer-Leiden  (da  sie  vier  Monate  lang  und 
darüber  keine  Erfrischungen  gekostet  haben),  sondern  leiden 
ernstlich  unter  jedem  Wechsel  des  Wetters  und  fühlen  ihre  Kräfte 
täglich  abnehmen."  So  wurde  beschlossen,  nunmehr  den 
Rückweg  nach  Formosa  ungesäumt  einzuschlagen.^) 

Am  I.  November  1639  erreichten  die  Schiffe  wieder  die 
Ostküste  von  Japan  in  der  Höhe  von  34  Grad  54  Minuten  n.  Br,; 
sie  steuerten  südwestlich   längs   derselben  und  konnten  die  Bucht 


^)  Heeres,  Seite  31. 

2)  Heeres,  Seite  28. 

^)  Brief  von  van  Diemen  vom  8.  Januar  1640  bei  Leupe,  Seite 

*)  Heeres,  Seite  28. 


384       O,  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

der  Provinz  Sagami  wahrnehmen  mit  dem  malerisch  empor- 
ragenden, meist  schneebedeckten  Haupte  des  etwa  20  geographische 
Meilen  entfernten  Vulkans  Fujiyama  (Höhe'  3793  Meter),  einem  auf 
fast  allen  kunstgewerblichen  Gegenständen  angebrachten  und 
daher  auch  bei  uns  vielfach  bekannten  Wahrzeichen  Japans.  Von 
der  Südostspitze  der  Insel  Nippon,  dem  von  den  Portugiesen  Cabo 
de  Bosho  genannten  Vorgebirge  der  Provinz  Awa,  segelten  sie 
südsüdwestlich  und  fanden  mehrere  Inseln,  welche  sich  zwischen 
139  und  140  Grad  ö.  L.  v.  Gr.  in  einem  Bogen  bis  32  Grad  40 
Minuten  n.  Er.  nach  Süden  erstrecken  und  zu  den  Izu-no-Shichi  tö 
(Sieben-Inseln  von  Izu)  gehören.  Von  dieser  Inselkette  enthält 
ihr  Tagebuch  treffliche  Ansichten,  sowie  berichtigende  Angaben 
über  deren  geographische  Lage.^) 

Am  13.  November  bekamen  die  Holländer  die  Südostspitze  der 
Insel  Kiushiu  zu  Gesicht,  der  südwestlichsten  von  den  4  grossen 
Inseln,  aus  denen  Japan  besteht.  An  der  Bucht  von  Osumi 
vorbei,  deren  Lage  sie  genau  bestimmten,  segelten  sie  nun  in  die 
später  nach  van  Diemen  genannte  Meeresstrasse,  deren  Küsten  und 
Inseln,  wie  von  Sicbold\\Qx\ox\\Q.h\.,  von  ihnen  *'  mit  bewunderungs- 
würdiger Genauigkeit  aufgenommen  und  in  Profilansichten  darge- 
stellt" wurden.  Nachdem  sie  die  geographische  Lage  der  Südspitze 
von  Kiushiu  mit  31  Grad  und  die  eines  hohen  Kegelberges  am 
Eingange  der  Kagoshima-Bucht  mit  31  ,Grad  16  Minuten  festge- 
stellt hatten,  erreichten  sie  am  15.  November  den  Ausgang  der 
Van-Diemen-Strasse  und  segelten  an  einigen  der  jetzt  nach  van 
Linschoten  benannten,  von  diesem  bereits  als  die  Zeven  Gezusters 
(Die  Sieben  Geschwister)  beschriebenen  Gruppe,  sowie  an  den 
Inseln  Tanegashima  und  Yakushima  (Jakunoshima)  vorbei,  von 
denen  allen  ihr  Tagebuch  eine  sehr  deutliche  Beschreibung 
enthält.-)  Am  24.  November  1639  endlich  liefen  die  beiden 
Schiffe  in  Taiwan  ein,  jedoch,  wie  van  Diemen  berichtet,  "sehr 
elend  und  schwach  an  Mannschaft,    indem  sie  auf  beiden  Schiffen 


^)  Von  Siebold,  Archiv  von  Nippon,  Band  I,  Seite  60.  Die  oben  erwähnte  Bucht 
bezeichnet  von  Sichold  nach  der  daran  liegende!!  Stadt  mit  dem  Namen  von  Wodawara 
(Odawara)  und  den  Vulkan  Fuji  mit  Fuzinojama. 

2)  Von  Sichold,  Archiv  von  Nippon,  Band  I,  Seite  6c-6i,  150.  Die  Bucht  von  Osumi  ist 
hier  mit  dem  Namen  Kasivabara  bezeichnet. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       3S5 

38  Mann,  also  beinahe  die    Hälfte   der   ausgefahrenen   Leute,    ver- 
loren hatten."^) 

Da  die  Hoffnungen  der  Niederländischen  Ostindischen 
Kompagnie  auf  ein  neues  Goldland  unerfüllt  geblieben  waren,  so 
galt  für  diese  der  Zug  als  ein  Fehlschlag  trotz  der  geographischen 
Erfolge,  welche  um  so  wertvoller  waren,  als  man  in  Europa  bisher 
von  der  Ostküste  von  Japan  fast  gar  nichts  und  von  der  Südküste 
nur  sehr  wenig  wusste ;  denn  die  1611-1612  unter  Vizcaino  in 
Japan  gemachten,  spanischen  Aufnahmen  von  Küsten  und  Häfen 
waren  ja  nicht  bekannt  geworden.  Auch  für  die  Erdkunde  büsste 
aus  dem  gleichen  Grunde  der  Ouast-Tasmansche  Zug,  so  belang- 
reich er  sonst  für  sie  gewesen  wäre,  sehr  an  Bedeutung  ein,  da  von 
den  so  wertvollen  Küstenaufnahmen,  Profilansichten,  Gradfeststel- 
lungen und  dergleichen  ausser  der  Karte  von  den  Philippinen 
(vergl.  Seite  379-380)  kaum  etwas  bekannt  wurde,  bevor  1842  das 
Tagebuch  aufgefunden  ward. 


2.     Die  Entdeckungsreise  unter  Vries  1643. 


A.     Vorbereitungen  und  Instruktion. 


'fc> 


Durch  diesen   Misserfole  Hess  sich  aber   die   vom    Werte  der 


t> 


Edelmetalle  so  ganz  durchdrungene  Direktion  der  Niederländi- 
schen Ostindischen  Kompagnie  ebensowenig  abschrecken  als  ein 
so  entdeckuncrseifriger  Mann  wie  der  General-Guvernör  van 
Diemen.  Zwar  hatte  dieser  nach  Amsterdam  kurz  nach  Rückkehr 
der  so  arg  mitgenommenen  Schiffe  Engel  und  Gracht  berichtet  : 
"Der  Kommandör  (Quast)  meint,  dass  die  betreffenden  Länder 
niemals  in  der  besprochenen  Breite  werden  gefunden  werden;  wir 
beabsichtigen,  weitere  Untersuchungen  in  dieser  Sache  anzustellen, 
wenn  die  Kapitäne  und  Obersteuermänner  hier  eingetroffen  sein 
werden.  Für  jetzt  erlauben  wir  uns  inzwischen.  Euer  Edeln  ihre 
Tagebücher  und  Karten  zu  behändigen,  woraus  Sie  im  Stande  sein 
werden,  genaue  Einzelheiten  ihrer  Reise  und  der  von  ihnen  ein- 
gehaltenen Kurse  zu  schöpfen.     Es  ist  nicht  unsere  Absicht,  diese 

^)  Brief  von  van  Diemen  vom  8.  Januar  1640  bei  Letipc,  Seite  5 


386  O.    XACIIOD,    EIN    UXEXTDECKTES   GOLULAXD. 

Entdeckung  ein  zweites  Mal  in  die  Hand  zu  nehmen,  wir  werden 
aber  bezüglich  dieser  Sache  den  Rat  von  Euer  Edelen  abwarten."^) 

Demgegenüber  hatten  sich  aber  die  Direktoren  in  Amsterdam 
bereits  in  ihrem  Schreiben  vom  ii.  September  1640  für  Wiederauf- 
nahme der  Angelegenheit  erklärt,  eine  Ansicht,  welche  sie  mit 
Brief  vom  11.  April  1642  noch  schärfer  betonten.")  Inzwischen 
hatte  auch  die  Indische  Regierung  zu  Batavia  wieder  Meinung  für 
die  Sache  gewonnen  ;  denn  unterm  30.  November  1640  schreibt  sie 
der  Direktion  in  Amsterdam:  "Gleicherweise  fahren  wir  fort 
geneigt  zu  sein  für  weitere  Untersuchungen  nach  den  Ländern 
östlich  von  Japan  ".^j  Bereits  zuvor  hatte  sie  in  dieser  Angelegen- 
heit an  den  Leiter  der  holländischen  Faktorei  in  Japan,  den  mit  den 
dortigen  Zuständen  sehr  vertrauten  Francois  Caron,  ein  Schreiben 
gerichtet,  worin  es  u.  a.  heisst:  "  Hätten  sie  (Quast  und  seine 
Gefährten)  in  Japan  angelegt  und  frische  Lebensmittel  dort 
eingenommen,  so  würden  sie  das  Leben  vieler  ihrer  Leute  gerettet 
haben  ;  da  sie  aber  fürchteten,  dass  die  Japaner  es  übel  deuten 
würden,  v/enn  sie  es  thäten,  so  verzichteten  sie  darauf,  an  un- 
gewohnten Plätzen  des  genaimten  Landes  Anker  zu  werfen.  Sie 
haben  kein  Land  gesehn,  andrerseits  aber  zahlreiche  unverkenn- 
bare Zeichen  davon  bemerkt.  Wir  beabsichtigen,  dasselbe  Un- 
ternehmen   im    Laufe    des    nächsten   Jahres    zu  erneuern Wir 

ersuchen  Sie,  uns  wissen  zu  lassen,  ob  eine  Entdeckungsreise 
dieser  Art  geeignet  sein  würde,  üble  Stimmung  auf  Seiten  der 
japanischen  Behörden  zu  verursachen,  und  ob  im  Falle  dringender 
Notwendigkeit  die  Schiffe  der  Kompagnie  ohne  Gefahr  an  der 
japanischen  Küste  ankern  könnten,  zum  Zwecke  Lebensmittel  dort 
einzunehmen."'')  Ganz  unbemerkt  waren  die  Schiffe  Engel  und 
Gracht  in  Japan  übrigens  nicht  geblieben,  wie  aus  einem  Eintrag  in 
dem   Tagebuch  der  holländischen  Faktorei  zu  Hirado  hervorgeht.^) 

Trotz  der  so  günstigen  Stimmung  für  das  Unternehmen    wurde 

^)  Brief  der  Indischen  Regierung  zu  Batavia  an  die  Direktion  in  Amsterdam  vom  10. 
Januar;  siehe  Heeres,  Seite  33. 

2)  Heeres^  Seite  33-34. 

3)  Heeres,  Seite  34. 

*)  Brief  der  Indischen  Regierung  zu  Batavia  an  Francois  Caron  in  Hirado  vom  13. 
Juni  1640;  siehe  Heeres,  Seite  34. 

5)  Fran^-ois  Valentijn.  Oud  en  Xieuw  Dost  Indien,  Teil  V,  Stück  II,  Buch  9,  Seite 
81;  Amsterdam  und  Dordrecht  1724-26 


O.    NACHOU,    EIX    UXEXTDECKTES    GOLDLAXD.  38/ 

es  jedoch  durch  wichtigere  Angelegenheiten,  wie  die  Belagerung  von 
Malakka,  der  Angriffauf  Ceylon  und  die  Entdeckungsreise  Tasmans 
in  der  Südsee,  um  einige  Jahre  verzögert.  Unterm  17.  Januar  1643 
aber  wurde  im  Rate  der  Indischen  Regierung  zu  Batavia  erklärt, 
*'  dass  man  immer  noch  so  begierig  und  geneigt  war,  die  un- 
befahrenen Festländer  und  Inseln,  im  Norden  von  Japan  und 
östlich  von  dort  gelegen,  zu  besuchen  und  zu  entdecken,  ins- 
besondere die  Ostküste  von  Tartarien  und  darunter  das  berühmte 
Königreich  Cathaya,"  und  der  Beschluss  gefasst,  aufs  Neue  zwei 
Schiffe  hierzu  und  nach  "dem  vorgeblichen  Gold-  und  Silberreichen 
Eiland  östlich  von  Japan  "  auszurüsten.^)  Für  die  diesem  Schritte 
beigemessene  Bedeutung  spricht  der  Umstand,  dass,  und  zwar  mit 
einem  zum  Teil  chiffrirten  Schreiben,  bereits  am  23.  Januar  1643. 
der  Direktion  in  Amsterdam  das  Unternehmen  und  die 
beabsichtigte  Reiseroute  angekündigt  wurde.'") 

Der  einzuschlagende  Weg  der  für  diesen  Entdeckungszug  als 
besonders  geeignet  ausgewählten  zwei  Schiffe  Castricum  und 
Breskens  wurde  in  der  genannten  Sitzung  des  Rates  von  Indien  in 
den  Grundzügen  festgestellt  und  eines  seiner  Mitglieder  damit 
beauftragt,  die  Instruktion  für  das  Unternehmen  mit  dem  Beistand 
des  an  die  Spitze  desselben  gestellten  Kommandörs  Maerten  Gerritsz. 
Vries  dementsprechend  auszuarbeiten,  während  einem  der  andren 
Räte  von  Indien  die  Aufgabe  zufiel,  für  die  Beschaffung  der  zu 
Mustern  und  Geschenken  erforderlichen  Metalle,  Waaren  und 
Seltenheiten  zu  sorgen.^) 

Vries,  ein  von  der  Pike  auf  gedienter  Seemann,  war  im  Jahre 
1622  als  einfacher  Matrose  nach  Batavia  gekommen  und  hatte  es 
im  Jahre  1640  zum  Kapitän  (schipper)  gebracht  mit  einem 
Monatsgehalt  von  75  Gulden.^j  In  einem  Briefe  des  Guvernörs 
von  Formosa  an  die  Indische  Regierung  in  Batavia  werden  die 
Verdienste  gelobt,  die  sich  Vries  beim  Ein-und  Auslaufen  der  Schiffe, 


1)  Wortlaut  des  Besclilusses  bei  Leitpe,  Seite  235-240. 

2)  Wortlaut  bei  Leitpe,  Seite  6;  Auflösung  der  Chiffern  Seite  261. 

3)  Leiipe,  Seite  236-238. 

*)     Beschluss  der  Indischen  Regierung  zu   Batavia   vom   31.    Dezember  1642;   siehe 
Lejipe,  Seite  254. 


388  O.    XACIIOD,   EIN    UNEXTDFXKTES   GOLDLAXD. 

bei  den  Befestigungs-Arbeiten,  vor  allem  aber  als  Verfertiger  einer 
zuverlässigen  Karte  von  ganz  Formosa  erworben,  welche  für  die 
von  uud  nach  Japan  segelnden  Schiffe  von  grösstem  Nutzen  sei.^) 
Um  eine  hierauf  zurückzuführende  Belohnung  dürfte  es  sich  wol 
handeln,  wenn  im  Jahre  1642  die  Indische  Regierung  in  ihrem 
Berichte  nach  Haus  die  Direktion  in  Amsterdam  ersuchte,  "der 
Ehefrau  des  Kommandörs  de  Vries  600  Gulden  für  extra  gute, 
bewiesene  Dienste  zu  zahlen  ".^)  Unterm  i.  Dezember  1642  sicher- 
te sich  die  Kompagnie  die  Dienste  Vries'  aufs  Neue  für  drei  Jahre 
und  zwar  zu  einem  Monatsgehalt  von  loo  Gulden,  "  in  Berücksich- 
tigung der  Dienste,  welche  derselbe  ausser  seinem  Kapitänsamt  im 
Landmessen,  Abbilden  von  Ländern  und  anderen  vorfallenden 
Gelegenheiten,  worin  er  Kenntnisse  hat,  der  Kompagnie 
leistet  ".3) 

Für  die  der  ganzen  Angelegenheit  beigemessene,  liohe 
Bedeutung  spricht  auch  die  sehr  gründliche  und  ausführliche 
Instruktion  "für  den  Befehlshaber  ("  Schipper-Commanueur ") 
IMaerten  Gerritsen  Vries  und  den  Rat  des  Schiffes  Castricum  und 
der  Yacht  Breskens,  bestimmt  zur  Entdeckung  der  imbekannten 
Ostküste  von  Tartarien,  des  Königreiches  Cathaija  und  der 
Westküste  von  Amerika,  sowie  der  gold-  und  silberreichen  Eilande 
östlich  von  Japan  ",  ein  recht  umfangreiches  Schriftstück,^)  welches 
einen  an  interessanten  Einzelheiten  reichen  Einblick  gewährt  in  die 
mit  Entdeckungsreisen  damals  verknüpften  Aufgaben  und  die  Art 
und  Weise,  dieselben  zu  lösen. 

Zunächst  sollten  sicli  die  Schiffe  nach  Ternate  begeben, 
um  sich  dort  reichlich  mit  Proviant,  besonders  lebendem, 
zu  versehn  ;  dem  dortigen  Vize-Guvernör  der  Molukken  befahl  die 
Indische  Regierung  aufs  dringendste  an,  Vries  in  jeder  Weise  zu 
unterstützen  und,  "  weder  Kosten,  noch  Rindvieh  zu  sparen  ",    den 


^)     Sehreiben  des  Guvernörs  von   Formosa   Traudenius  an  die  Indische  Regierung  in 
Batavia  vom  10.  Januar  1641;  siehe  Lciipe,  Seite  255-256. 

2)  Leu/c,  Seite  256. 

3)  Beschluss  der   Indischen   Regierung  zu  P3atavia   vom   31.   Dezember    1642;   siehe 
JLcupe,  Seite  254. 

■»)     Datii't  vom  2,  Februar  1643  und  im  Wortlaut  abgedruckt  bei   Lciipe,   Seite    11-31. 


O.  NACHOD,  EIX  UXEXTDECKTES  GOLDLAND.       389 

Plan  aber  so  geheim  wie  möglich  zu  halten  und  vorzugeben,  dass 
es  sich  um  eine  Beutefahrt  nach  Manila  handle.') 

Nachdem  dies  erledigt  und  der  sogenannte  Signal-Brief  (sein- 
brieff)  festgestellt,  d.h.  vereinbart  war,  wo  und  Avann  die  Schiffe 
einander  erwarten  wollten,  für  den  Fall  sie  durch  Sturm  oder 
sonstiges  Missgeschick  getrennt  würden,  sollte,  wenn  nicht  früher, 
dann  am  i.  April  die  Reise  angetreten  und  der  Kurs  nicht,  wie 
1639  Quast  vorgeschrieben,  durch  die  S.  Bernardinc-Strassen  in 
den  PhilipjDinen,  sondern  jenseits  von  Dschilolo  in  nordöstlicher 
Richtung  direkt  auf  die  Ostküste  von  Japan  zu  genommen  werden, 
um  diese  bei  ungefähr  37  Grad  zu  Gesicht  zu  bekommen  ;  mit  den 
auf  diesem  Wege  etwa  zu  begegnenden,  zur  Ladronen-Gruppe 
gehörenden  Inseln  sollte  keine  Zeit  durch  Landen  versäumt,  wol 
aber  auf  unbekannte  Klippen  und  Sandbänke  eifrig  geachtet 
werden.'"^)  Der  von  Versteegen  und  einem  erfahrenen  Obersteuer- 
mann (Piloot-Major)  gemachte  Vorschlag,  zwischen  Japan  und 
Korea  durchzusegeln,  war  von  der  Indischen  Regierung  wegen  der 
Unsicherheit  einer  geeigneten  Durchfahrt  und  der  Wahrscheinlichkeit 
vieler  Klippen  und  Sandbänke  als  zu  gefährlich  verworfen  worden.") 

Nachdem,  wie  zu  hoffen,  ungefähr  am  20.  bis  25.  Mai  die 
Ostküste  von  Japan  erreicht,  sollte  längs  und  in  Gesichtsweite 
derselben  so  lange  nach  Norden  und  Nordwesten  gesegelt  werden, 
bis  diese  ihr  Ende  erreicht,  um  nebenbei  festzustellen,  wie  weit 
Japan  im  äussersten  Norden  sich  erstrecke,  und  ob  das  von  den 
Japanern  Yezo  genannte,  in  dieser  Richtung  anzutreffende  Land  zu 
China  oder  Tartarien  gehöre,  oder  ein  besondres  zwischen  Beiden 
liegendes  Land,  oder  endlich  eine  Insel  sei.  Allzuviel  Zeit  sollte 
jedoch  hierauf  nicht  verwendet  und  der  Kurs  nordwestlich  so  lange 
verfolgt  werden,  bis  die  Küste  von  Tartarien  oder  Cathaya 
entdeckt  sei,  und  zwar  so  südlich  als  Yezo  und  der  Wind  es 
gestatten  würden,  vermutlich  zwischen  40  und  45  Grad.  Hierauf 
sollte  nördlich  gesegelt  werden,  bis  der  Fluss  Polisangi  und  die 
Katai'schen    Seestädte    Jangio    und    Brema    oder  sonstige   für    die 


^)     Brief  der  Indischen  Regierung  an  den    Vize-Guvernör   Wouter   Seroyen  in  Tcrnate 
vom  31.  Januar  1643,  bei  Lciipe,  Seite  6-7. 

2)  Leiipc,  Seite  15-16. 

3)  Z«/pt',  Seite  13-14. 


390  O.    NACIIOD,    EIN   UNENTDECKTES    GOLDLAXD. 

Schiffe  gcignete   Häfen,    Buchten    oder    Flüsse   gefunden   und    die 
Beschaffenheit   des    Landes    klargestellt  .sei.') 

Die  Kunde  von  dem  Polisangi  stammte  jedenfalls  von  Marco  Polo 
her,  welcher  von  diesem  Flusse  berichtet,  dass  man  ihm  zehn  Meilen 
westlich  von  der  Stadt  Cambalu  begegnet  und  dass  er  in  den 
Ozean  fliesst.-)  Die  Stadt  Cambalu  (Khanbalik,  die  Stadt  des 
Khan)  lag  in  der  Nähe  von  dem  1280  an  deren  Stelle  als  neue 
Residenz  errichteten  Peking.-"';  Unter  dem  Polisangi  dürfte  daher 
der  Hun-ho  zu  verstehen  sein,  welcher  im  Westen  von  Peking  sich 
südlich  nach  Tientsin  wendet,  sich  dort  mit  dem  Pai-lio  vereinigt 
und  unter  39  Grad  das  Gelbe  Met-r  erreicht. 

Der  Name  Jangio  kommt  vor  auf  der  1375  für  den  König  Karl 
V.  von  Frankreich,  gezeichneten,  sogenannten  Catalanischen 
Erdkarte,  Avclche  zum  ersten  Mal  Angaben  Marco  Polos  über  China 
kartographisch  verwertete.  Vermutlich  besass  man  in  Batavia  eine 
Kopie  hiervon  oder  andere  danach  angefertigte  Karten.  Jangio 
entspricht  der  alten,  am  Yang-tsze-kiang  liegenden  Stadt  Jang- 
tscheu  (Yanju),  deren  Verwaltung  Marco  Polo  einige  Jahre  im 
Auftrage  Kublai  Khans  leitete.^)  Die  Herkunft  und  Bedeutung 
des  Namens  Brema  vermochte  ich  nicht  zu  ermitteln. 

Wie  aus  den  vorstehenden  Angaben  der  Instruktion  ersicht- 
lich, glaubte  man  damals  selbst  in  den  sonst  so  erdkundigen, 
leitenden  Kreisen  der  Niederländischen  Ostindischen  Kompagnie 
noch  nicht  an  die  Identität  von  China  und  Katai;  kein  Wunder, 
wenn  man  dann  Jangio,  das  unter  33  Grad  lag,  nördlich  vom  45. 
Breitengrad  zu  finden  hoffte. 

Nachdem  bis  etwa  Ende  Juli  oder  spätestens  Anfang  August 
in  Katai  und  Tartarien  alle  Aufgaben  erledigt,  sollten  die  Schiffe 
v/ieder  in  See  gehn  und  in  südöstlicher  Richtung  nach  der  Ostspitze 
von  Japan  segeln  ;  gelangten  sie  hierbei  nach  dem  noch  unbekann- 
ten Teile  der  Westküste  von  Nord-Amerika,  so  sollte  dieses  Land, 
jenachdem  Wind   und  Wetter  dazu  angethan,   erforscht    und  dann 

i)  Laife,  Seite  16. 

2)  Marco  Folo,  Ausgabe  der  Scciet6  de  Geographie,  Paris  1S24,  Kap.  CV,  Seite  117. 

3)  Carl  Ritter,  Geschichte  der  Erdkunde  und  der  Entdeckungen,  Berlin  1880,  Seite 
228. 

4)  S.  Rüge,  Geschichte  des  Zeilalters  der  Entdeckungen,  Berlin  1881  ;  Seite  65,  539 
und  die  Wiedergabe  der  Catalanischen  Karte  zwischen  Seite  78  und  79.  Auf  neueren 
Karten  lautet  der  Name  der  Stadt  Yang-tschou. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       39I 

von  dort  aus  die  Reise  nach  der  Ostspitze  von  Japan  fortgesetzt 
werden,  um  diese  etwa  gegen  20. -25.  August  in  der  Höhe  von  37|- 
Grad  zu  erreichen.  Von  diesem  Punkte  aus  sollte  nun  die 
Entdeckung  der  Gold- und  Silberreichen  Insehi  in  Angriff  genom- 
men und  auf  dem  genannten  Breitengrad  zunächst  350  Meilen 
östlich  und,  wenn  dies  erfolglos,  noch  weitere  100  Meilen  in  der- 
selben Richtung  gesegelt  werden,  und  zwar  des  Nachts  langsam, 
um  nicht  vergeblich  vorbeizulaufen.  Blieben  die  Inseln  dann 
unentdeckt,  so  könnte  man  versichert  sein,  dass  sie  nicht  auf  diesem 
Breitengrade,  sondern  augenscheinlich  nord-  oder  südwärts  davon  zu 
suchen  seien.  Von  diesem  etwa  am  20.  September  zu  erreichen- 
den Punkte  aus  sollte  Vries  die  Entdeckungsreise  auf  einem  der 
beiden  folgenden  Wege  fortsetzen.  Entweder  würde  er,  kreuzend 
zwischen  35  und  37  Grad,  westlich  nach  Japan  zurückkehren,  um 
festzustellen,  ob  auf  dieser  Strecke  das  gesuchte  Land  oder 
vielleicht  die  angeblich  100  bis  150  und  200  Meilen  östlich  von 
Japan  zwischen  30  und  36  Grad  liegenden  und  ebenfalls  als  silber- 
reich geltenden  Inseln  zu  finden  seien,  und  sich  dann  südwestlich 
nach  Formosa  zu  wenden  ;  oder  aber,  wenn  dieses  Vorhaben  durch 
den  Westpassatwind  verhindert  würde,  so  sollte  er  den  Kurs  nördlich 
nach  der  Küste  von  Amerika  nehmen,  um  diese  oberhalb  des  Gap 
Mendocino  zu  erreichen  und  wenn  möglich  in  einer  der  Buchten  zu 
ankern,  wo  der  Engländer  Thomas  Candish  (Cavendish)  1587  auf 
der  Höhe  von  38  Grad  eine  gute  Rhede  gefunden.  Nach  Feststel- 
lung des  etwaigen  Vorkommens  von  Gold  und  Silber  durch 
Entnahme  von  Erdproben,  sowie  nach  Erneuerung  von  Proviant, 
Trinkwasser  und  Brennholz,  sollte  dann  der  Kurs  südwestlich  nach 
Japan  genommen  und,  wenn  auch  auf  dieser  Strecke  nichts  zu 
finden,  in  Formosa  die  Reise  beendigt  werden.^) 

Zu  dem  für  den  Zug  bestimmten  Schiffsrat  gehörten  von  der 
Castricum  ausser  dem  Kommandör  Vries,  der  den  Vorsitz  führte^ 
der  Kapitän  Pieter  Willemsz.  Knechtjes,  welcher  als  Kapitän  des 
Engel  den  Zug  von  1639  mitgemacht  hatte, ^)  der  Obersteuermann 

*)  Letipe,  Seite  23-26. 

*)  Beschluss  der  Indischen  Regierung  vom  23  Jan.  1643  '■>  siehe  LeiiJ>e,  Seite  240.  Diese 
Angabe  steht  allerdings  im  Widerspruch  mit  der  von  Heeres,  Seite  22,  (vergl.  Seite  377) 
wonach  der  Kapitän  des  Enge!  Lucas  Alhertsen  hiess.  Vielleicht  war  dieser  erkrankt  und 
Knechtjes  dann  an  seine  Stelle  getreten. 


392       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

Cornelis  Jansz.  Coen  und  der  Unterkaufmann  Abraham  Pittavin 
als  Sekretär  ;  ferner  von  der  Breskens  der  Kapitän  Hendrick 
Cornelis  Schaep,  der  Unterkaufmann  Willem  Byleveld  und  der 
Obersteuermann  Jeuriaen  Bruyn.  Für  den  Fall,  dass  der  Kom- 
mandör  Vries  sterben  sollte,  bestimmte  die  Instruktion  Schaep  als 
seinen  Nachfolger.  Ausser  mit  den  genannten  6  Of^zieren  war 
jedes  Schiff  bemannt  mit  50  Matrosen  und  5  Soldaten  ;  die  Schiffe 
waren  mit  Proviant  für  12  Monat,  sowie  mit  Munition  und  Ge- 
rätschaften, reichlich  versehn.') 

Nicht  ohne  Interesse  ist  auch  das  ausführliche,  der  Instruktion 
beigefügte  Verzeichniss  von  den  Vries  mitgegebenen  Büchern, 
Karten,  Denkschriften  u.  dergl.;  erwähnt  hiervon  seien  die 
Denkschrift  Versteegens  von  1635  (vergl.  Seite  373)  und  ein 
Auszug  aus  einem  Aufsatze  desselben  über  die  Entdeckung  der 
unbekannten  Küsten  von  Korea,  Yezo  und  Japan  nebst  den  östlich 
davon  gelegenen  Inseln,  ferner  die  an  Quast  für  seinen  Zug  1639 
erteilte  Instruktion  nebst  dessen  und  Tasmans  Tagebuch,  sowie 
zwei  Karten  über  die  von  ihnen  zur  Entdeckung  der  Goldinsel 
gesegelten  Kurse  und  zwei  Kärtchen  von  der  Goldinsel,  "  so  wie 
dieselbe  in  den  japanischen  Beobys  stellt."''^)  Ueber  diese  Kärt- 
chen, sowie,  was  unter  Beobys  zu  verstehn,  darüber  verlautet 
leider  nichts  Näheres. 

Sehr  ausführliche  Vorschriften  finden  sich  in  der  Instruktion 
über  das  Verhalten  auf  der  Reise  und  den  Verkehr  mit  unbekann- 
ten Völkern. 

In  dem  sorgfältig  zu  führenden  Tagebuche  war  über  alle 
Begebenheiten  Bericht  zu  erstatten,  sowie  eine  Beschreibung  der 
besuchten  Gegenden  und  Orte,  der  Völker  nebst  ihrer  Regierungs- 
und Lebensweise,  ihren  Sitten  und  Erzeugnissen,  zu  geben ; 
regelmässige  geographische  und  nautische  Messungen  waren  vorge- 
schrieben ;  die  passirten  Gegenden  waren  kartographisch  auf- 
zunehmen, und  befand  sich  an  Bord  ein  Zeichner,  um  die  Profilan- 

*)  Leiipe,  Seite  29-30,  240.  Die  Bezeichnung  Kaufmann,  bez.  Oberkaufmann  und 
Unterkaufmann,  war  ein  technischer  Ausdruck,  der  weit  über  den  allgemeinen  Begriff 
hinausging  und  eine  ganz  bestimmte  Stellung  im  Rahmen  der  zur  Niederländischen 
Ostindischen  Kompagnie  gehörenden  Beamten-Hierarchie  bedeutete.  Ebenso  wie  im 
Handel,  fand  der  Kaufmann  auch  im  diplomatischen,  militärischen  und  Marine-Dienst 
der  Kompagnie  Verwendung. 

»)  Letipe,  Seite  32-34. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       393 

sichten  anzufertigen/)  Für  den  Fall  die  Reise  zur  Entdeckung  von 
reichen  und  für  die  Kompagnie  nützlichen  Ländern  und  Inseln 
führen  würde,  sollten  Führer  und  Mannschaft  entsprechend  ihren 
Verdiensten  besonders  belohnt  werden  ;  ebenso  sollte  Vries 
angemessene  Prämien  aussetzen  für  diejenigen,  die  zuerst  un- 
bekannte Länder,  Inseln,  Untiefen,  Bänke,  Klippen  und  dergl. 
wahrnehmen  würden^). 

Von  den  mitgegebenen  Waaren  im  Betrage  von  Gulden 
13740.8.4.  war  die  eine  Hälfte  für  Katai,  die  andere  für  die  Inseln 
östlich  von  Japan  bestimmt,  und  war  die  Ladung  auf  beide  Schiffe 
gleichrnässig  verteilt ;  über  die  Verwendung  derselben  hatte  der 
Unterkaufmann  Byleveld  Buch  zu  führen  und  Rechnung  abzu- 
legen'^). 

Den  unbekannten  Eingeborenen,  die  möglichen  Falls  noch 
Wilde,  sollte  mit  der  grössten  Vorsicht,  aber  mit  freundlicher 
Milde  begegnet  und  über  kleine  Diebereien  hinweggesehn  werden*)« 
Zur  Vermittelung  des  Verkehrs  in  dem  jedenfalls  bereits  zivilisirten 
Reiche  Katai  befand  sich  ausser  4  Soldaten,  welche  polnisch  oder 
moskowitisch  sprachen,  sogar  ein  geborener  Tartare  an  Bord^)  ; 
dieser  war  als  Knabe  von  Russen  gefangen,  an  einen  englischen 
Kaufmann  verkauft  worden  und  so  nach  Holland  gekommen,  wo  er 
in  den  Dienst  der  Kompagnie  getreten  war^).  Bei  der  unsicheren 
Kunde,  welche  man  bisher  von  Katai  hatte,  waren  es  besonders 
die  folgenden  Einzelheiten  deren  Klarstellung  die  Instruktion 
begehrte  :  Die  Grösse  und  Beschaffenheit  des  Landes  ;  welche 
Orte,  Flüsse,  Berge  und  Wüsten  daselbst  und  wo  und  wie  diese 
gelegen,  sowie  an  welche  Länder  jede  Provinz  grenzt ;  die  Lage, 
Grösse  und  Art  der  Hauptstadt  Cambalu/)  welche  See-  und 
Handelsstadt  ihr  am  nächsten  gelegen,  und  wie  man  dorthin  reist ; 
Näheres  über  die  Schiffahrt  und  den  Handel,  auch  mit  den 
Nachbarländern,  und  in  welchen  Waaren  dieser  hauptsächlich 
getrieben    wird  ;     welche    Früchte,    Tiere   und    Mineralien  es  dort 

1)  Leupf,  Seite  17-19.    » 

2)  Leiipe,  Seite  27-28. 
^)  I.eupc,  Seite  20. 

*)  Leiipe,  Seite  18-19. 

5)  Leupe,  Seite  19. 

ß)  Moniamis,  Gedenkwaerdige  Gesantschappen,  Seite  316. 

')  Vergl.  Seite  390. 


394       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

gibt,  und  welches  die  wichtigsten  Erwerbszweige  sind  ;  die  Art 
oder  Arten  des  Gottesdienstes  und  ob  auch  das  Christentum 
oder  der  Muhamedanismus  verbreitet  ist ;  ob  die  Staatsform 
Könio-reich.  Adelsherrschaft  oder  Republik,  und  in  ersterem 
Falle,  ob  der  Fürst  der  Gross-Khan  der  Tartaren  sei,  sowie  worin 
seine  Kriegsmacht  und  sein  Reichtum  besteht ;  endlich  sein 
friedliches  oder  kriegerisches  Verhältniss  zu  andren  Staaten  und 
sein  Verfahren  gegen  Fremde.  Falls,  wie  zu  erwarten,  Katai  sich 
als  ein  Land  erweisen  sollte,  mit  welchem  die  Kompagnie  in 
vorteilhafte  Handelsbeziehungen  treten  könnte,  so  sollte  mit  der 
dortio-en  Regierung  möglichst  ein  Handelsvertrag  abgeschlossen, 
auf  ihren  Wunsch  auch  einige  Beamte  der  Kompagnie  zur  Errich- 
tung eines  Kontors  dagelassen  werden.  Falls  dort  ein  mächtiger 
Reo-ent  herrsche,  würde  es  sich  empfehlen,  eine  Reise  nach  der 
Hauptstadt  an  seinen  Hof  zu  machen,  um  ihm  einen  Teil  der 
mito-enommenen  Seltenheiten  als  Geschenk  darzubringen.  Was 
die  Erlano-ung  von  Edelmetallen  anbetrifft,  so  sollte,  um  deren 
hohen  Wert  nicht  zu  zeigen,  so  gethan  werden,  als  gelte  bei 
den  Holländern  Gold  und  Silber  nicht  so  viel  als  das  zu  Mustern 
von  ihnen  mitgenommene  Kupfer,  Zinn  und  Blei,  während  sie  ihre 
Waaren,  besonders  die  Tuche,  als  ausserordentlich  wertvoll 
erscheinen  lassen  sollten^). 

Von  besonderem  Interesse  in  kolonialpolitischer  Hinsicht 
sind  die  eino-ehenden  Vorschriften  der  Instruktion  in  Bezug  auf  die 
Besitzero-reifung  der  zu  entdeckenden  Länder  für  "  die  Hoch- 
mö^enden  Herren  Generalstaaten  als  die  Suveräne  der  Republik 
der  Freien  Vereinigten  Provinzen  der  Niederlande."  In  unbe- 
wohnten oder  herrenlosen  Ländern  hatte  dies  ohne  Weiteres  zu 
geschehn  durch  Aufrichten  eines  Gedenksteins  oder  des  Landes- 
wappens oder  der  sogenannten  Prinzenflagge.  In  bevölkerten 
oder  zweifellos  einen  Herrn  habenden  Gebieten  bedurfte  es  zur 
Besitznahme  der  Zustimmung  des  Volkes  oder  Königs  ;  dieselbe 
«relano'te  zum  Ausdruck  durch  auf  freundliches  Zureden  erfolgende 
Uebero-abe  eines  Bäumchens,  gepflanzt  in  etwas  Erde,  oder  durch 
gemeinsames  Aufrichten  eines  Steines  oder  Wappens  oder  auch 
durch  Aufziehen  der  Prinzenflagge,  zum  Andenken  der  "  freiwil- 
lieen "   Unterwerfung.       Da   aber   anzunehmen   sei,   dass   sowol  in 

1)  Lciife,  Seite  20-23. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       395 

Tartarien  als  auf  den  gesuchten  Inseln  zivilisirte  Völker  mit 
gesetzlichen  Obrigkeiten  lebten  und  diese  nicht  freiwillig  auf  ihre 
Suveränität  verzichten  würden,  so  würde  es  nötig  sein,  mit  diesen 
Nationen  oder  ihren  Fürsten  Freundschaftsverträge  abzuschliessen, 
wozu  die  Errichtung  der  genannten  Gegenstände  als  Gedenkzeichen 
dienen  könnte'). 

So  trefflich  die  Vorbereitungen  für  den  Zug  dieses  Mal 
getroffen  waren,  so  vorzüglich  man  Offiziere  und  iVTannschaft 
gewählt  hatte,  und  so  umfassende  Verhaltungsmassregeln  die 
umfangreiche  Instruktion  darbot,  so  enthielt  diese  doch  eine  Lücke, 
welche  bei  der  gewohnten  Vorsicht  der  Kompagnie  um  so  erstaun- 
licher ist  und  nicht  ohne  verhängnissvolle  Folgen  bleiben  sollte. 
Es  betrifft  dies  den  sehr  nahe  liegenden  Fall  eines  unliebsamen 
Zusammenstosses  mit  den  Behörden  in  Japan,  die  von  Argwohn 
und  Feindseligkeit  gegen  die  Fremden  erfüllt  w^aren.  Unter  den 
Nachfolgern  des  Shogun  leyasu  waren  die  Verfolgungen  gegen  die 
Christen,  welche  man  als  die  Feinde  der  den  nationalen  Einheits- 
staat verbürgenden  Tokugawa-Dynastie  ansah,  unter  furchtbaren 
Grausamkeiten  auf  die  äusserste  Spitze  getrieben  worden.  Hatten 
ursprünglich  nur  die  einheimischen  Christen  und  von  Fremden 
lediglich  die  diesen  verbotenen  Glauben  verkündenden  Geistlichen 
darunter  zu  leiden,  so  ging  schliesslicli  der  Hass  auf  alles  Fremde 
über.  Nachdem  schon  im  dritten  Jahrzehnt  mit  Spanien  der 
Verkehr  abgebrochen,  wurden  1639  die  Portugiesen  aus  Japan 
verbannt,  und  ein  im  nächsten  Jahre  von  diesen  dennoch  unternom- 
mener Versuch,  wieder  zugelassen  zu  werden,  ward  durch 
Hinrichtung  der  portugiesischen  Gesandtschaft  blutig  gerächt. 
Einzig  und  allein  von  allen  Europäern  blieb  den  Niederländern, 
dank  den  ihnen  von  leyasu  verliehenen  Freibriefen  und  ihrer 
Enthaltung  von  Glaubens-Propaganda,  der  Zugang  zu  Japan 
geöffnet,  wenn  auch  unter  sehr  drückenden  Beschränkungen.  Ihre 
stattliche  Faktorei  auf  der  Insel  Hirado  mussten  sie  1640  nieder- 
reissen    und    künftig    mit    einer    urprünglich    für    die   Portugiesen 

1)  Zertßc.',  Seite  28.  Die  Farbe  der  Prinzenflagge,  also  der  Fahne  der  Prinzen  von 
Oranien,  so  sollte  man  vermiaten,  wäre  einfarbig  orange.  Dies  scheint  aber  nicht  der  Fall  zu 
sein.  IV.  F.  Groeiievt^ldt  teilt  in  seinem  Werk  De  Nederlanders  in  China  (Amsterdam  1897, 
Band  i,  Seite  80)  mit,  dass  die  Prinzenflagge  orange,  weiss  und  blau  war,  und  dass  an  Stelle 
von  orange,  besonders  in  Indien,  oft  rot  trat.  Im  letzteren  Falle  würde  also  die  Prinzenflagge 
der  heutigen  Trikolore  der  Niederlande  entsprechen. 


396       O.  NACnOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

errichteten  Einschliessung  auf  dem  im  Hafen  von  Nagasaki 
liegenden  Inselchen  Deshima  sich  begnügen.  Auch  ihnen  war  nun 
streno-  verboten,  einen  andren  Hafen  als  Nagasaki  anzulaufen. 
Einen  Hinweis  hierauf,  sowie  auf  die  in  Jajaan  eingeführte  Küsten- 
bewachung, hätte  die  Instruktion  zum  mindesten  enthalten  sollen. 
Jeder  Daimyo  war  verpflichtet  worden,  Wachthüuser  auf  den  am 
Meere  liegenden  Bergesspitzen  seines  Landes  zu  errichten,  um  alle 
sichtbar  werdenden,  fremden  Schiffe  der  Regierung  des  Shogun  in 
Yedo  und  deren  hierzu  in  den  Provinzen  bestellten  Beamten 
sofort  durch  Eilboten  zn  melden.  Nach  einem  Erlass  von  1640 
sollte  jedes  in  irgend  einem  Hafen  erscheinende,  portugiesische 
Schiff  ohne  Weiteres  vernichtet,  jedes  andere  fremde  Fahrzeug 
aber  nach  genauer  Zählung  und  Prüfung  der  Mannschaft,  ohne 
jemand  an  Land  zu  lassen,  unter  guter  Bewachung  nach  Nagasaki 
geschafft  werden.  Das  Fehlen  einer  diesbezüglichen  Warnung  in 
der  sonst  so  ins  Kleinste  dringenden  Instruktion  befremdet 
umsomehr,  als  die  Indische  Regierung  zu  Batavia  auf  ihre  dies- 
bezügliche Aufrage  (vergl  S.  386)  von  ihrem  damaligen  Vertreter 
in  Japan,  dem  mit  den  dortigen  Zuständen  vorzüglich  vertrauten, 
durch  sein  vielfach  wiedergegebenes  Buch  über  Japan  bekannt 
gewordenen  Francois  Caron,  auf  eine  solche  Gefahr  ausdrücklich 
hino-ewiesen  worden  war'j.  Hierzu  kam  noch,  dass  zwar  Schaep, 
der  Kapitän  der  Breskens,  schon  zweimal  in   Hirado  gewesen,  aber 


1)  Vergl.  Xachod,  Die  Beziehungen  der  Niederl.  O.  I.  Komp.  zu  Japan  im  17.  Jahrhun- 
dert, Seite  309  und  CLXVII-CLXVIIL  In  dem  hier  aus  den  Handschriften  des  Reichsarchivs 
im  Haag  veröffentHchten  Briefe  Carons  vom  20.  Nov.  1640  heisst  es  in  möghchst  getreuer 
Uebersetzung  :  "Wir  sind  sicher,  dass  die  gesuchten  Insehi  im  Osten  nicht  zu  Japan 
gehören,  da  w'w  wol  unterrichtet  sind,  dass  der  Japaner  kein  Land  hat,  dessen  Jurisdiktion 
er  beansprucht,  400  deutsche  Meilen  östlich  in  See  gelegen.  Nach  unserem  Urteil  ist  es 
daher  unnötig  und  auch  ungeraten,  von  dieser  Reise  Kenntniss  zu  geben,  umsomehr  als 
keinesfalls  und  um  keinerlei  Gründe  willen  das  Land  von  Japan  mit  leeren  Schiffen  an 
ungewohnten  Plätzen  angelaufen  werden  darf,  in  Sonderheit  in  diesen  strengen  Zeiten,  da  sie 
ohne  allen  Streit  als  Spione  des  Landes  angeklagt  werden  würden,  während  bei  beladenen 
Schiffen  voll  gewöhnlicher,  japanischer  Ladung  wenigstens  der  Anschein  gegeben  werden 
könnte,  dass  sie  durch  Sturm  und  schlechtes  Wetter  dahin  vertrieben  seien  ;  immerhin 
würde  das  nicht  ohne  Gefahr  ablaufen,  weil  seit  dem  Beginn  bis  heut  es  noch  nie  geschehn 
ist  und  es  nicht  gelingen  M'ird,  diese  neue  Irreführung  sauber  zu  begränden  ;  ausserdem 
steht  zu  befürchten,  dass  augenscheinlicher  Weise  das  Schiff  in  einen  langen  Arrest,  sodass 
die  Ladung  darin  beinahe  verdirbt,  und  wir  aus  einem  guten  Ruf  in  einen  üblen  Verdacht 
geraten." 


O.  NACHOD,  EIN  UNEXTDECKTES  GOLDLAND.       397 

unvorsichtiger   Weise   niemand   an    Bord   des  Japanischen  mächtig' 
war'). 


B.     Fahrt  der  Castricum. 


Nachdem  alle  Vorbereitungen  für  das  Unternehmen,  den 
geschilderten,  gründlichen  Bestimmungen  der  Instrulrtion  gemäss, 
sorgfältig  getroffen  waren,  konnten  am  3.  Februar  1643')  die  beiden 
Schiffe  Castricum  und  Breskens  Batavi.i  verlassen,  um  zunächst  in 
Ternate  die  vorgeschriebenen  Lebensmittel  einzunehmen  und  den 
Signalbrief  zu  vereinbaren,  worauf  sie  von  hieraus  am  4.  ApriP)  ihre 
Entdeckungsreise  antraten.  Ueber  diesen  für  die  Geschichte  der 
Erdkunde  bedeutungsvollen  Zug  sind  wir  eingehend  unterrichtet 
durcli  das  von  dem  Obersteuermann  der  Castricum  Coen  gehaltene, 
ausführliche  Schiffstagebuch,^)  auf  welchem  die  nachstehende 
Darstellung  beruht. 

Zunächst  segelten  die  Schiffe  in  nordnordöstlicher  Richtung, 
Hessen  im  Westen  in  einiger  Entfernung  die  Philippinen  liegen 
und  erreichten  am  29.  April  einen  Punkt  unter  17  Grad  n.  B.  und 
150  Grad  ö.  L.  von  Teneriffa,^)  wo  der  von  Vries  berufene  Schififsrat 
beschloss,    den  Kurs   nordöstlich   zu   nehmen   bis  zur  Höhe  von  24 

i)  Leupe,  Seite  74-75.  (Vergl.  .Seite  401). 

')  Leiife,  Seite  41-44,  240-241. 

3)  Leupe,  Seite  45. 

*)  Dasselbe  ist  im  Wortlaut  nebst  der  dazu  gehörigen  Karte  veröffentlicht  in  dem 
mehrfach  bereits  zitirten  Werke  von  Leupe,  Seite  45-233,  und  umfasst  den  Zeitraum  vom 
4.  April  bis  18.  November  1643. 

5)  Was  die  Angaben  der  geographischen  Länge  anbetrift't,  so  legt  das  Coensche  Tagebuch 
den  Meridian  von  Teneriffa  als  Nullgrad  zu  Grunde,  ein  wahrscheinlich  auf  das  Vorbild  des 
damals  noch  sehr  massgebenden  Ptolemäus  zurückzuführendes  Verfahren,  welcher  die  Grade 
von  den  Canarischen  Inseln  an  in  östlicher  Richtung  zählte  ;  hierauf  beruht  wol  auch  die 
immer  noch  viel  gebräuchliche  Rechnung  nach  Ferro,  einer  der  anderen  zu  dieser  Gruppe 
gehörenden  Inseln.  Der  Unterschied  zwischen  dem  Meridian  von  Ferro  and  dem  heut  den 
Seekarten  meist  zu  Grunde  liegenden  von  Greenwich  beträgt  17  Grad  393  Minuten  (//, 
Guthe''s  Lehrbuch  der  Geographie,  Hannover  1882,  Band  i.  Seite  16),  während  der  Längen- 
grad von  Teneriffa  i  Grad  8  Minuten  östlich  von  dem  von  Ferro  angegeben  wird  [Joseph 
Bratdi,  Handbuch  der  Erdkunde,  Köln  1827,  Band  i,  Seite  131.  Mithin  beträgt  der 
Unterschied  zwischen  Teneriffa  und  Greenwich  16  Grad  31 1  ^Minuten.  Dem  mehrfach 
zitirten  Werke  ven  Leupe  ist  nun  unter  dem  Titel  Aardrijks-  en  Volkenkundige  Toelichtingen 
(Erd-  und  Völkerkundige  Erläuterungen)  von  P.  F.  von  Siebold  €\\\  sehr  wertvoller  Anhang 


398       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

Grad  n.  B.  und  bis  zur  Länge  der  Ostküste  von  Japan  und,  nachdem 
diese  erreicht,  bis  37I  Grad  nördlich  zu  segehi,  um  dort  die  Küste 
anzulaufen*). 

Am  7.  Mai  war  unter  151  Grad  ö.  L.  v.  T.  der  24.  Breitengrad 
erreicht;  Land  war  noch  nicht  zu  sehn,  obwol  es  an  Anzeichen  für 
dessen  Nähe  nicht  fehlte^).  Am  nächsten  Tage  jedoch  wurde  ein 
niedrio-es  Inselchen  von  ungefähr  anderthalb  Meilen  Länge 
entdeckt,  dessen  Lage  mit  24  Grad  43  Minuten  n.  B.  und  151  Grad 
31^  Minuten  ö.  L.  v.  T.  ermittelt  und  welches  nach  dem  Schiff 
Breskens,  von  wo  aus  es  zuerst  wahrgenommen  worden,  Breskens- 
Eylant  genannt  wurde  ;  auf  der  Vries  mitgegebenen  Karte  (vergl. 
Seite  392)  war  diese  Stelle  leer,  während  die  Lisel  Malabrigo  21 
Meilen  westlich  davon  liegen  sollte-'^).  Von  Sübold  {der  den  Unter- 
schied zwischen  Teneriffa  und  Greenwich  mit  21  Grad  20  Minuten 
beziffert  [vergl.  S.  397,  Anm.  5])  hält  das  Breskens-Eylant  für 
identisch  mit  einem  Inselchen,  welches  1807  durch  die  französische 
Fregatte  La  Canonniere  unter  24  Grad  30  Minuten  n.  B.  und  130 
Grad  i8i-  Minuten  ö.  L.  v.  Gr.  und  sodann  im  Jahre  1815  durch  die 
spanische  Fregatte  Magelan  unter  24  Grad  26  Minuten  40 
Sekunden  n.  B.  und  131  Grad  3  Minuten  46  Sekunden  ö.  L.  v.  Gr. 
entdeckt  und  von  der  Letzteren  Isla  Rasa  genannt  wurde*),  ein 
Name,  welcher  sich  auch  jetzt  noch  auf  den  Karten  findet. 

beigefügt  (Seite  263-440),  in  welchem  der  mit  so  gründlicher  Sachkenntniss  ausgerüstete 
Verfasser  an  der  Hand  des  Coenschen  Tagebuches  den  Verlauf  und  die  Ergebnisse  des 
Vries'schen  Zuges  beleuchtet  unter  besonderer  Berücksichtigung  der  auf  die  geographische 
Lage  bezüglichen  Angaben.  Merkwürdigerweise  berechnet  aber  von  Siebold  den  Unterschied 
zwischen  Teneriffa  und  Greenwich  mit  21  Grad  20  Minuten  24  Sekunden  (z.  B.  Seite  267)  und 
nimmt  einen  auf  die  in  den  fraglichen  Gebieten  herrschende,  starke  östliche  Strömung  begrün, 
deten  Irrtum  von  2  Grad  an,  um  die  er  die  Längengrad-Zahlen  des  Tagebuches  bei  seiner 
Umrechnung  in  Grade  östlicher  Länge  von  Greenwich  einfach  erhöht.  (Seite  271-273). —Da 
die  geographische  Lage  der  japanischen  Küste  heut  völlig  klargestellt  ist,  lässt  ein  Blick  auf  die 
Karte  leicht  erkennen,  inwieweit  hier  die  Angaben  von  Vries  von  der  Wirklichkeit 
abweichen  ;  die  meisten  der  sich  hierbei  ergebenden  Unterschiede  dürften  in  der  Unvollkom- 
menheit  der  damaligen  Messinstrum'^nte  wol  ihre  genügende  Begründung  finden.  Die  in 
dem  Tagebuch  angegebenen  Minntenzahlen  habe  ich  meist  bei  Bruchteilen  unter  30  Minuten 
Tsreggelassen  und  bei  solchen  darüber  zu  einem  Grade  ergänzt. 

1)  Lett/'c-,  Seite  53-54. 
^)  Leupe,  Seite  56. 

3)  Leupc,  Saite  56-57. 

4)  Aardrijks-  en   Volkaikundige   Toelichtingen   von   P.  F.  von   Siebold,   Anhang  zu 
Leitpe,  (der  Kürze  halber  im  Weiteren  als  Leupe-Siebold  zitirt)  Seite  270. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       399 

Am  Abend  des  19.  Mai  bekam  die  Castricum  wieder  Land  zu 
Gesicht,  und  zwar  von  ziemlicher  Höhe,  dessen  Lage  sie  mit  158 
Grad  5i|-  Minuten  ö  L.  v.  T.  und  33  Grad  22  Minuten  n.  B.  angibt^). 
Es  herrschte  eine  Todtenstille  auf  dem  Wasser,  wie  sie  dem  Sturm 
voranzugehn  pflegt ;  die  Castricum  gab  einen  Warnungsschuss  ab 
für  die  zicmhch  weit  zurückgebliebene  Breskens  und  ging  vor 
Anker.  In  der  Nacht  erhob  sich  der  Sturm  so  heftig,  dass  die 
Ankertaue  der  Castricum  rissen.  Als  endlich  der  Morgen  graute, 
lag- das  Schiff  nur  "einen  Pistolenschuss  von  der  Brandung  und 
den  Klippen  des  Landes,  sodass  für  Menschenaugen  hier  kein 
Entrinnen  schien  und  sie  ihr  Vertrauen  auf  den  Allmächtigen 
Gott  setzten."  Schliesslich  gelang  es  aber  doch,  mittelst 
eines  günstigen  Windes  vom  Ufer  abzukommen  ;  vergeblich 
indess  forschten  die  Geretteten  nach  der  Breskens,  von  der  sie  in 
der  Nacht  noch  einmal  die  Feuer  bemerkt  hatten,  und  mussten 
daher  daran  zweifeln,  ob  ihre  Gefährten  wol  der  Gefahr  entronnen 
seien.  Deshalb  nannten  sie  die  Insel,  bei  der  sie  vor  Anker 
gelegen  hatten,  Ongeluckich  Eylant  (Unglücksinsel)^).  Es  war 
dies  Hachijö,^)  die  südlichste  der  von  der  japanischen  Regierung 
als  Verbannungsort  benutzten  Izu-no-Shichitö  (Sieben-Inseln  von 
Izu),  an  welcher  Inselgruppe  auch  Quast  und  Tasman  bei  ihrer 
Rückfahrt  vorbeigekommen  waren  (vergl.  Seite  384).  Ucbcr  die 
Unglücksinsel,  wie  über  einige  der  andern  zu  dieser  Inselkette 
gehörenden  Glieder,  enthält  das  Tagebuch  ausführliche  Angaben 
bezüglich  Ausdehnung,  Höhe,  Küstengestaltung,  Vorkommen  von 
Bergen,  Flüssen,  Häusern,  Bäumen,  Tieren  und  dergl.^) 

Am  2  I.Mai  bekam  die  Castricum  das  eigentliche  Land  von  Japan, 
die  Hauptinsel  Nippon  (Hondo),  zv/ischen  34  und  35  Grad  n.  B.  und 
zwischen  159  und  160  Grad  ö.  L.  v.  T.  zu  Gesicht^).      Am  nächsten 

1)  Lcupe,  Seite  64. 

*)  I.eitpe,  Seite  60-63. 

^)  Von  Siebold  wendet  die  Schreibweise  Fatsi  sjö  anstatt  Hacliijö  an  ;  auf  manchen 
Karten  lautet  der  Name  auch  Fatsidschio  oder  ähnlich,  zuweilen  mit  der  Endung  -  shima 
(gleich  Insel). 

4)  Lciipc,  Seite  63-65.  Eine  ausführliche  und  anziehende  Schilderung  der  Insel 
Hachijö  enthalten  die  Transactions  of  the  Asiatic  Society  of  Japan  (Band  VI,  Teil  III,  Seite 
435-489,  Yokohama  1878)  unter  dem  Titel  "  Notes  of  a  visit  to  Hachijö  in  1878,  by 
F.  V.  Difkins  and  Em  est  Salow.'' 

ß)  Lcupe,  Seite  65. 


400       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

Tage  erreichte  sie  die  Südostspitze  von  Japan,  welche  damals  Kap 
Bosho  genannt  wurde,  eine  von  den  Portugiesen  nach  dem  nahgele- 
genen Hafenort  Höjö  gewählte  Bezeichnung').  Die  geographische 
Lage  des  Cap  Bosho  gibt  das  Tagebuch  mit  35  Grad  I4i-  Minuten 
n.  B.  und  159  Grad  18  Minuten  ö.  L.  v.  T.  an  und  schildert  dessen 
Gestaltung  und  Umgebung^). 

Hier  hatten  die  niederländischen  Seefahrer  die  erste  Begeg- 
nung mit  Japanern  ;  einzelne  Fischerbarken  derselben  kamen  an 
die  Castricum  heran,  und  es  fand  ein  freundlicher  Austausch  statt, 
indem  die  Japaner  für  frische  Fische  Reis  erhielten.  Auch 
bestätigten  diese,  dass  das  nahe  Land  das  Cap  Bosho  sei  und 
wiesen  daraufhin,  dass  Nagasaki  im  Westen  läge  und  die  Hollän- 
der dorthin  müssten  ;  denn  im  Norden  tauge  es  nichts  für  sie,'"*)  eine 
Warnung,  welche  dem  erwähnten  Erlass  entsprach,  durch  den  alle 
anderen  Häfen  den  Niederländern  verboten  worden  waren  (vergl. 
Seite  396). 

Die  Castricum  verfolgte  nun  ihren  Weg  nördlich  an  der 
Ostküste  von  Japan  entlang,  über  deren  Gestaltung  das  Tagebuch 
ausführliche,  für  die  Schiffahrt  wichtige  Nachricht  gibt.  Die  für 
die  Vorsprünge  und  Einbuchtungen  von  Vries  nach  deren  Anblick 
gewählten,  auf  vielen  älteren  Karten  vorkommenden  Namen  haben 
sich  nicht  eingebürgert  ;  es  sind  dies  in  nördlicher  Richtung 
zwischen  dem  Cap  Bosho  und  dem  38.  nördlichen  Breitengrade  : 
de  Witte  Hock  (die  Weisse  Spitze)  in  der  Nähe  des  Ortes  Kominato; 
de  Lage  Inbogt  (die  Niedrige  Einbuchtung),  zwischen  Kominato 
und  der  an  der  Mündung  des  Flusses  Tonegawa  liegenden  Stadt 
Chöshi  ;  de  Zandduinige  Hoek  (die  Sanddünen-Spitze),  in  der  Nähe 
von  Chöshi  ;  de  Walvischbogt  (die  Walfischbucht),  wo  die  Hol- 
länder viele  Walfische  und  Delfine  wahrnahmen,  zwischen  dem 
Zandduinigen  und  dem  Lage  Hoek  (Niedrige  Spitze),  welch 
Letzterer  in  der  Nähe  von  der  Stadt  Mito  liegt ;  Boompjeshoek 
(Bäumchenspitze),  ein  steiler  Vorsprung  mit  einer  den  Holländern 
auffallenden  Baumgruppe  in  der  Nähe  des  Ortes  Taira ;  einige 
Meilen  nördlich  davon  de  Gecartelde  Hoek  (die  Einschnittspitze), 
so  genannt  nach  den  viele   Einschnitte   bildenden,   kleinen  Boden- 

1)  Letipe-Siebold,  Seite  278  ;  für  den  Ort  HöjG  findet  sich  hier  die  Schreibweise  Fösjo. 

2)  Letif>e,  Seite  66-67. 

3)  Leupc,  Seite  67. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       4OI 

Erhebungen,  einige  Minuten  nördlich  vom  37.  Breitengrade 
gelegen^).  Diesen  Punkt  hatte  die  Castricum  am  24.  Mai  erreicht ; 
unterwegs  hatte  wieder  verschiedentlich  freundschaftlicher  Verkehr 
mit  japanischen  Fischerbarken  stattgefunden,  wobei  die  Nieder- 
länder wiederholt  vor  der  Fahrt  nach  dem  Norden  vergeblich 
gewarnt  wurden  ;  auch  erboten  sich  Japaner  bisweilen,  sie  in  einen 
Hafen  zu  geleiten.  Einmal  wies  auch  ein  Boot  mit  dem  Rufe  Toy 
nach  Norden,  um  sie  dorthin  zu  bringen;''^)  hiermit  war  die  kleine 
Insel  Kinkwasan  an  der  Sendai-Bucht  gemeint^). 

Die  Niederländer  versuchten  natürlich,  von  den  Eingeborenen 
möglichst  viel  zu  erfahren,  Avaren  aber  klug  genug,  sich  nicht  in 
einen  Hafen  locken  zu  lassen.  Am  27.  Mai  gelangte  u.  a.  eine  von 
Norden  kommende,  mit  Reis  beladene  Küstenbarke  dicht  an  die 
Castricum  ;  die  hierbei  geführte  Unterhaltung  schildert  das 
Tagebuch  wie  folgt:  "  Wir  fragten,  woher  sie  kamen  ;  sie  wollten 
es  aber  nicht  sagen  ;  aber  einer  von  ihnen  sprach  etwas  portugie- 
sisch. Er  sagte  in  dieser  Sprache,  dass  sie  nach  Meaco^)  wollten, 
und  sagte,  dass  nördlich  von  uns  eine  grosse  Bucht  lag,  und  dass 
da  eine  Insel  vorlag,  welche  Toy  hiesse,  und  dass  man  mit  dem 
Schiff  wol  zwischen  der  Küste  und  Toy  durchsegeln  möchte  oder 
könnte,  und  dass  nördlich  von  Japan  Eso  (die  Insel  Yezo)  lag,  dass 
es  aber  da  nichts  für  sie  taugte  und  sehr  kalt  war,  und  dass  es  auch 
in  der  Bucht  hinter  Toy  für  sie  nicht  taugte.  Wir  würden  sicher 
noch  mehr  von  ihm  vernommen  haben,  wenn  wir  jemand  gehabt 
hätten,  der  japanisch  hätte  sprechen  und  verstehn  können  ;  ihm 
sind  2  Realen  für  einen  Ballen  Reis  geboten  worden,  aber  er  sagte, 
dass  er  keinen  Reis  verkaufen  dürfte  und  dass  seine  Kaufleute,  die 
ihn  befrachtet  hatten,  in  Meaco  wohnten."^) 


1)  Leiipe,  Seite  67-71.  Lciife-Siebold,  Seite  2S0-284  ;  das  Verständniss  der  hier 
gemachten  Angaben  wird  leider  sehr  erschwert,  weil  die  japanischen  Ortsnamen  auf  neueren 
Karten  häufig  anders  lauten,  als  von  Siebold  sie  bezeichnet. 

2)  Leiipe,  Seite  71. 

3)  Leitpc-Sicbold,  Seite  2S6-2S7. 

•*)  Hiermit  ist  jedenfalls  die  alte  Hauptstadt  Miyako  (jetziger  Name  Kyoto)  gemeint;  es 
gibt  allerdings  auch  einen  kleinen  Hafen  namens  Miyako  an  der  Ostküste  von  Japan 
zwischen  39  und  40  Grad  n.  B.,  welcher  damals  jedoch  nach  den  Berichten  der  Holländer 
Nabe  oder  Nambu  hiess  (Vergl.  Seite  403"). 

s)  Leiipc,  Seite  74-75. 


402       O.  NACHOD,  EIN  UXENTDECKTKS  GOLDLAND. 

Während  der  letzten  Woche  des  Mai  kreuzte  die  Castricum  an 
der  Küste  auf  der  verabredeten  Höhe  von  37^  Grad  n.  B.,  um  nach 
der  Breskens  zu  forschen  ;  daher  erhielt  das  nahe  Gecartelde  Hoek 
zugleich  auch  den  Namen  Caep  de  Kennis,  d.  i.  Kundschafts-Kap^). 
Trotz  der  in  der  Nacht  angebrannten  Wachtfeuer  und  der  von  Zeit 
zu  Zeit  abgegebenen  Signalschüsse  wurde  aber  nach  der  Breskens 
vergeblich  gesucht-),  sodass  am  31.  Mai  der  von  Vries  berufene 
Schiffsrat  beschloss,  da  die  mit  der  Yacht  vereinbarte  Zeit 
abgelaufen  war,  nach  der  erhaltenen  Instruktion  die  Reise  allein 
fortzusetzen^).  Nur  auf  den  nun  beginnenden  Teil  derselben 
bezieht  sich  die  dem  Tagebuche  beigefügte  Karte,  deren  südliche 
Grenze  der  "i^j.  Breitengrad  bildet. 

Die  Castricum  folgte  nun  weiter  dem  Laufe  der  Küste  in  nörd- 
licher Richtung  und  näherte  sich  der  kleinen  Insel  Toy 
(Kinkwasan),  deren  Gestaltung  und  Lage  das  Tagebuch  genau 
feststellt,^)  ohne  dabei  näher  auf  die  wichtige  Bucht  einzugehn,  zu 
deren  östlichen  Ausläufern  Toy  gehört  und  die  nach  der  einige 
Meilen  landeinwärts  liegenden,  bei  dem  Zuge  Vizcainos  mehrfach 
erwähnten,  grossen  Stadt  Sendai  benannt  ist.  Toy,  sowie  drei 
unbenannte  Nachbarinseln,  sind  auf  der  Karte  eingetragen,  deren 
Darstellung  der  Küste  hier  wenig  der  Wirklichkeit  entspricht. 

Am  3.  Juni  zeigte  sich  zwischen  39  und  40  Grad  n.  B.  "eine 
steile,  hohe,  vielfach  eingeschnittene  Spitze,  welche  wir  das  Caep 
de  Goeree  (Kap  der  guten  Rhede)  nannten,  weil  zwischen  Beiden 
viel  Häfen  und  Eilande  zu  liegen  schienen^)".  Mit  dem  Wort 
Beiden  ist  hier  ausser  dem  Caep  de  Goeree  ein  in  der  Nähe  von 
Toy  durch  die  Niederländer  wahrgenommener,  hoher,  flacher  Berg 
gemeint,  den  sie  Tafelberg  genannt  hatten^). 

Fortgesetzt  fand  freundlicher  Verkehr  mit  japanischen 
Fischerbarken  statt,  wobei  zumeist  ein  Austausch  von  frischem 
Fisch  gegen  Reis,  sowie  Bewirtung  der  Japaner  mit  Tabak  und 
Arak  erfolgte.  Das  Tagebuch  berichtet  unterm  3.  Juni  über  einen 
solchen  Besuch  :   "  Da  (beim  Caep  de  Goeree)  kamen  zwei  bis  drei 

1)  Leiipe-Sicbold,  Seite  2S3. 

')  Lctijye,  Seite  73. 

3)  Leupe,  Seile  77. 

•*)  Lcttpe,  Seite  76-79. 

5)  Lcupe,  Seite  80. 

*')  Laipe,  Seile  79. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       405. 

Japaner  herüber,  welche  sich  erboten,  uns  in  einen  Hafen  zu 
bringen,  und  den  Platz  Nabo  nannten  und  einen  anderen  Schay  ;. 
als  sie  sahen,  dass  wir  nicht  begehrten,  hier  in  einen  Hafen  zu 
gehen,  sind  sie  mit  Freundschaft  geschieden."')  Der  Hafen  Nabo 
oder  Nambu,  wie  er  gewöhnlich  genannt  wird,  heisst  jetzt  Miyako 
und  Schay  Kuji") ;  der  erstere  Ort  liegt  südlich,  der  letzere  nördlich 
vom  40.  Breitengrad.  Auf  der  Vries'schen  Karte  ist  Schay  als 
eine  kleine  Insel  östlich  von  der  ebenfalls  darauf  befindlichen  "  Bay 
Nambo  "  eingetragen. 

Die  Aveitere  Fahrt  ist  in  übersichtlicher  Weise  auf  der 
Vries'schen  Karte  durch  eine  Linie  veranschaulicht,  welche  die 
durchsegelte  Strecke  nebst  Datum-  und  andren  Angaben 
wiedergibt  und  mit  dem  Vermerk  beginnt  :  "  3.  Juni  verlassen  sie 
die  Küste  von  Japan  und  setzen  ihre  Reise  nördlich  fort." 

Das  in  den  nächsten  Tagen  herrschende,  neblige  und 
regnerische  Wetter  erschwerte  die  Nachforschungen.  Unterm' 
6.  Juni  berichtet  das  Tagebuch,  dass  man  suchte,  "  so  viel  Nord  zu 
gewinnen  als  möglich,  um  nicht  in  die  Bucht  zwischen  Japan  und 
Eso  zu  verfallen,"^)  und  als  am  nächsten  Tage  das  Wetter  etwas 
aufklarte,  erblickten  die  Niederländer  auf  der  Höhe  von  162  Grad 
I  Minute  ö.  L.  v.  T.  und  41  Grad  24  Minuten  n.  B.  hohes  Land, 
welches  sie  mit  Recht  für  Yezo  hielten*).  Es  war  die  Südostspitze 
von  Yezo  namens  Erimozaki''). 

Auf  die  damals  und  noch  lange  nachher  in  Europa  viel 
umstrittene  Frage,  ob  Nippon  und  Yezo  zusammenhängen  oder 
Letzteres  eine  Lisel  für  sich  sei,  geht  Vries  gar  nicht  ein,  obgleich 
seine  Instruktion  ihn  auf  die  Lösung  dieser  Frage  ausdrücklich 
hinwies,  allerdings  mit  dem  Vermerk,  dies  nur  "  en  passant  "  zu 
thun  und  "  keine  sonderliche  Zeit  damit  zu  konsumiren  "^;.  (Vergl. 
Seite  389.)  Bei  dem  herrschenden  Nebel  konnte  Vries  auf  eine 
rasche  Klarstellung  der  Frage  kaum  hoffen  und  glaubte  jedenfalls 


^)  Lettpe,  Seite  80. 

2)  Leupc-Siehold,  Seite  289-290. 

^)  Leupe,  Seite  82. 

*)  Leupe,  Seite  83. 

=)  Leitpe-Siebold,  Seite  296.  Der  Xame  lautet  hier  Kaap  Jerimo  ;  das  Vries'sche 
Tagebuch  gibt  dafür  an  einer  Stelle  (Seite  86)  den  Namen  Groen,  an  einer  anderen  (Seite 
174)  Caep  Eroen  nach  Aeusserungen  von  Eingeborenen  an. 

«)  Latpe,  Seite  16. 


404  O.    NACHOI),    EIN    UXENTDECKTES    GOLDLAND. 

deswegen,  lieber  darauf  verzichten  zu  sollen.  Wie  widerspruchs- 
voll aber  die  Ansichten  über  diesen  Punkt  waren,  geht  klar  daraus 
hervor,  dass  das  Tagebuch  (siehe  S.403)  von  einer  ""  BiicJit  zwischen 
Japan  und  Eso"  spricht,  während  die  beigefügte  Karte,  wahrschein- 
lich im  Anschluss  an  die  Vries  mitgegebenen  japanischen  Karten 
(vergl.  Seite  392),  klar  und  deutlich  Nippon  durch  eine  Wasserstrasse 
von  Yezo  trennt.  In  Japan  selbst  scheint  die  Thatsache,  dass 
Yezo  eine  Insel  ist,  schon  länger  ausser  Zweifel  gewesen  zu  sein, 
wie  dies  auch  aus  dem  bereits  im  Jahre  161 1  durch  die  Ein- 
geborenen im  Norden  von  Nippon  dem  General  Vizcaino  erteilten 
Bescheid  hervorgeht  (vergl.  Seite  354). 

Am  9.   Juni   bekamen    die    Niederländer    die   ersten   Aiiio   zu 
■Gesicht ;     eine    zutreffende    Schilderung    dieser    damals    noch    so 
unbekannten    Eingeborenen    der    Insel   Yezo   enthält  der   Bericht 
über   diese   Begegnung,    welche   das  Tagebuch  wie  folgt  schildert  : 
"  Nachmittags  kam  ein  Fahrzeug  an  Bord,  worin  zwei  Männer  mit 
einem  Jungen   waren  ;  sie  hatten  zwei  Elentier-Häute  nebst  etwas 
getrocknetem   Lachs   bei   sich,  ferner  Pfeile  und  jeder  einen  Bogen 
mit    einem    Säbel ;    sie  kamen  willig  herüber  in   unser   Schiff  und 
;fragten  nach  Tabak,  indem  sie   "  tambacko  "  sagten  ;  wir  konnten 
sie   nicht  verstehn  ;  sie  schenkten  an  den  Edlen   Kommandör  den 
geräucherten  Lachs  —  doch  war  derselbe  nicht  gesalzen  —  und  eine 
Elentier-Haut  ;  sie  sind  traktirt  worden  mit  etwas  Arak  und  Tabak 
und  waren  recht  in  ihrem  "  schick."     Es  waren  kurze,  gedrungene 
Leute  von  brauner  Haut  mit  rauhen,  schwarzen  Barten,  am  Leibe 
sehr  rauh  von  schwarzem  Haar  ;  vorn  am  Haupt  sind  sie  geschoren, 
während    hinten    das    Haar    lang    von    der    Hälfte    ihres    Hauptes 
hcrniederhängt ;     beim    Trinken    heben   sie    ihren    Knebelbart  mit 
einem  Finger  auf.     Sie  hatten  grobe  Röcke  von  Hanfleinen  an  und 
darüber  aus   Fellen  gemachte   Röcke  ;    sie  hatten   Löcherchen   in 
ihren   Ohren,   worin   Schnuren   hingen  ;    einer   hatte  einen  Ring  in 
seinem   Ohr,   welcher  von   einer   Art  war,    wie    Kupfer    und    halb 
Gold  ;  sie  hatten  Messer  am  Leibe,  die  Hefte  mit  Silber  eingelegt ; 
an  den  Klingen  ihrer  Säbel,  die  nach  japanischer  Art  waren,  war 
auch  Silber  ;  sie   kannten  gut   Gold  und   Silber  und  rühmten,  dass 
ihre  Pfeile  sehr  geschickt  gemacht    waren,  manche  mit  Gift   be- 
strichen.     Sie  wiesen  nach  Nordwesten,  dass  sie  dort  wohnten  und 
dass  der  Platz  Tacaptie  genannt  war,  und  die  hohe  steile  Spitze 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND,       405 

von  Eso  nannten  sie  Groen,  und  die  Bucht  mit  dem  Fluss  Goutsiaer, 
und  einen  Platz  im  Nordosten  Cyrarca  ;  auch  nannten  sie  einen 
Platz  namens  Goutsiote.  Nachdem  sie  mit  etwas  Tabak  und  Arak 
traktirt  worden  waren,  sind  sie  fröhlich  an  Land  gefahren  ;  ihr  Boot 
war  vorn  und  hinten  platt;  sie  ruderten  mit  schmalen  Rudern  "^). 
Mit  Tacaptie  ist  das  ansehnliche  Dorf  Tokatsi  gemeint  an  der 
Mündung  des  Flusses  Usibets,  des  zweitgrössten  der  Insel,^) 
während  Goutsiaer  dem  nordöstlich  von  Tokatsi  mündenden  Flusse 
Kusuri  entspricht^).  Unter  Goutsiote  ist  vielleicht  der  kleine  Hafen 
Kushiro,  nördlich  von  Tokatsi,  zu  verstehn.  Groen  ist  die  bereits 
erwähnte  Südostspitze  von  Yezo  namens  Erimozaki  (Kap  Jerimo). 
(Vergl.  S.  416) 

In  den  nächsten  Tagen  setzte  die  Castricum  die  Untersuchung 
der  Küste  von  Yezo  in  nordöstlicher  Richtung  fort.  Am  11.  Juni 
wurde  eine  Landspitze  entdeckt,  welche  den  Namen  Caep  de 
Manshooft  (Kap  Mannshaupt)  erhielt,  weil  ihre  Gestalt  einem 
menschlichen  Haupte  ähnelte^).  Es  war  dies  die  Ostspitze  von 
Yezo,  ein  Umstand,  den  die  Castricum  nicht  erkannte  ;  hier  hielt 
man  vielmehr  die  in  den  nächsten  Tagen  erblickten,  in  nordöstli- 
cher Richtung  Yezo  vorgelagerten  Inseln  Kunashiri  und  Shikotan 
immer  noch  für  Teile  von  Yezo.  Dieser  Irrtum  erscheint  begreiflich, 
wenn  man  das  überaus  neblige  Wetter  an  dieser  Küste  berück- 
sichtigt, worüber  das  Tagebuch  wiederholt  bitter  klagt ;  so  heisst 
es  z.  B.  unterm  11.  Juni:  "Wir  werden  soviel  betrogen  von  dem 
Nebel,  dass  wir  zuweilen  Nebel  für  Land  und  Land  für  Nebel 
ansahen  "").  Dennoch  enthält  auch  in  diesen  Tagen  das  Tagebuch 
manche  wertvolle  Angaben  über  die  Gestaltung  der  Küste^). 

Am  15.  Juni  bekam  man  die  Nordostspitze  des  Eilands 
Shikotan   zu   Gesicht,    welche    Caep    de    Canael    genannt    wurde, 


*)  Leupc  Seite  85-86. 

2)  Lntpe-Siebold.  Seite  297-298.  Auf  der  Karte  von  Rein  hat  das  Dorf  den  Namen 
Tokachigori  und  der  Fluss  heisst  Tokachi. 

3)  Leupe-Siebold,  Seite  298. 
■*)  Leupe,  Seite  88. 

=)  Leupe,  Seite  88. 

®)  Verschiedene  Inselchen  wurden  wahrgenommen  und  auf  der  Karte  eingetragen,  von 
denen  sie  eine  die  Barbaren-  und  eine  andre  die  Walfischinsel  nannten  ;  ferner  wurde  ein 
Fluss  bemerkt,  der  Hokiurbets.     Vergl.  Leupe-Siebold,  Seite  303-6. 


406  O.   NACIIOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAND. 

weil  hier  ein  Durchgang  nach  Norden  sich  zu  öffnen  schien  ;^)  es 
war  die  Strasse  zwischen  den  beiden  südhchsten  Kurilen  Kunashiri 
und  Iturup"). 

Bis  zum  20.  Juni  setzten  die  Niederländer  ihre  Fahrt  in 
nordöstlicher  Richtung  an  der  Südküste  der  von  ihnen  Staetenland 
genannten  Insel  Iturup  fort ;  der  fast  immer  herrschende  Nebel 
hinderte  sie,  viel  mehr  zu  erkennen,  als  die  meist  mit  Schnee 
bedeckten  Berggipfel.  Als  am  20.  Juni  die  Sonne  durchbrach, 
hatten  sie  die  Ostspitze  der  Insel  hinter  sich,  welche  sie  Kap 
Vries  nannten,  während  östlich  von  der  Castricum  sich  ein 
andres  Land  erhob.  "Wir  konnten,"  so  berichtet  das  Tagebuch, 
"im  Nordwesten  kein  Land  sehn,  hoffend  nunmehr  in  der 
Tartarischen  See  zu  sein.  Nach  meiner  Ansicht  waren  wir  nachts 
zwischen  dem  Lande,  wo  wir  nun  geankert  lagen,  und  einigen 
klippigen  Untiefen  durchgetrieben,  immer  längs  des  Ufers,  erst 
nordwestlich  und  dann  nördlich ;  ich  danke  dem  Allmächtigen 
Gott,  dass  er  uns  so  bewahrt  hat  "^).  Es  war  die  Strasse  zwischen 
den  beiden  Kurilen  Iturup  und  Urup,  die  noch  jetzt  den  Namen  von 
Vries  trägt ;  die  geographische  Lage  gibt  das  Tagebuch  ziemlich 
zutreffend  mit  168  Grad  9  Minuten  ö.  L.  v.  T.  und  46  Grad  6 
Minuten  n.  B.  an*). 

Die  Castricum  ankerte  an  dieser  Stelle  vom  20.  bis  zum  24. 
Juni  ;  mittelst  Booten  wurde  an  verschiedenen  Stellen  gelandet, 
um  Trinkwasser  zu  holen  und  die  Beschaffenheit  des  Landes  zu 
erkunden.  Dieses  erwies  sich  als  unbewohnt,  obwol  es  an 
Anzeichen  von  Menschen  nicht  ganz  fehlte.  Es  gab  einige 
verlassene  Hütten  ;  in  einer  derselben  hatte  man  ein  Gerippe  nebst 
Todtenkopf  bemerkt ;  auch  war  ein  halbfertiges  Boot,  sowie  ein 
Säbel,  wie  ihn  die  anderen  Eingeborenen  trugen,  jedoch  ziemlich 
verrostet,  gefunden  worden.  In  den  Thälern  blühten  Frühlings- 
blumen und  hörte  man  Lerchen  singen  ;  sonst  waren  an  Tieren 
nur  einige  Füchse  bemerkt  worden.  Von  einem  der  Berge,  der 
den   Holländern   metallreich   vorkam,  wurden  Proben   von  Gestein 


1)  Lettpe,  Seite  93. 

2)  Die  geographische  Lage  gibt  das  Tagebuch  an  diesem  Tage  ziemlich  zutreffend  mit 
165  Grad  27  Minuten  ö.  L.  v.  T.  und  44  Grad  3  iNIinuten  n.  B.  an.  {Laife,  Seite  93). 

3)  Lenpe,  Seite  98. 

■')  Letipe,  Seite  98-99. 


O.  NACHOD,  EIX  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       407 

mitfjenommen,  welches  sicla  jedoch  bei  späterer  Untersuchung 
als  wertlos  erweisen  sollte^).  Am  23.  Juni  erfolgte  auf  einem 
steilen  Berge  durch  Vries  die  amtliche  Besitzergreifung  des  Landes 
für  die  Kompagnie,  welchen  Vorgang  das  Tagebuch,  wie  folgt, 
schildert:  "Nachdem  wir  heraufgeklommen  waren,  hat  der 
Kommandör  auf  einem  sich  erhebenden  Hügclchen  ein  hölzernes 
Kreuz  aufrichten  lassen,  worauf  Folgendes  stand  :l^anno  1643.  So 
hat  er  im  Namen  unserer  Edlen  Herren  Meister  Besitz  von  diesem 
Lande  genommen  und  ihm  den  Namen  Companyslant  (Land  der 
Kompagnie)  gegeben  und  diese  Spitze  den  Cruyshoek  (Kreuzspitze) 
genannt.  Wir  haben  auf  dem  Companyslant  gegessen  und  getrun- 
ken und  zur  Ehre  unserer  Edlen  Herren  Meister  drei  Musketensal- 
ven abgegeben  und  sind  gegen  Abend  an  Bord  gefahren  "^).  Dabei 
war  es  so  kalt,  dass  die  Niederländer  sich  mit  Schneeballwerfeii 
belustigen  und  Schnee  mit  an  Bord  bringen  konnten'). 

Eine  sehr  anschauliche  Abbildung  des  steil  aus  dem  Meere 
emporragenden,  felsigen  Companyslant  so,  wie  der  Zeichner  aii 
Bord  der  Castricum  es  erblickte,  enthält  das  Werk  des  um  die 
Wende  des  18.  Jahrhunderts  lebenden,  länderkundieen  Büreer- 
meisters  zu  Amsterdam  Nicolaas  Witsen^).  Welch  irri2"eti 
Vorstellungen  man  sich  an  Bord  der  Castricum  über  die  Zuge- 
hörigkeit des  neuentdeckten  Landes  hingab,  geht  aus  dem  fol- 
genden Vermerk  des  Steuermanns  Coen  im  Tagebuche  hervor: 
"Dieses  Land,  worunter  wir  geankert  lagen,  vermute  ich  eine 
Insel  zu  sein,  dicht  bei  der  Küste  von  Amerika  gele<7en,  oder  dass 
es  eine  hervortretende  Spitze  von  dessen  Küste  ist  ".'')  Berück- 
sichtigt man,  dass  die  ganze  Inselkette  der  Kurilen  damals  noch 
vollständig  unbekannt  und  die  Ansicht  allgemein  war,  dass 
Amerika  nur  durch  eine  Meerenge,  die  angebliche  Strasse  voa 
Anian,  von  Asien  getrennt  sei,  so  erscheint  diese  Vermutung 
Coens  nicht  ijrade  überraschend. 


^)  Letipe,  Seite  99-101. 

2)  Leupe,  Seite  102.  Die  verschlungenen  Buchstaben  V.  O.  C.  sind  die  Initialen  der 
Kompagnie  (Vereenigde  Oostindische  Compagnie)  ;  unsere  Edlen  HeiTen  Meister  war  der 
Titel,  mit  denen  die  Beamten  die  Direktoren  der  Kompagnie  zu  bezeichnen  pflegten. 

3)  Lenp-e,  Seite  103. 

*)  Nooid  en  Oost  Tartaryen,  Teil  i,  Seite  155,  2.  Druck,  Amsterdam  1785. 
*>)  Leitpe,  Seite  100. 


408  O.    NACHOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDI,AND. 

Am  24.  Juni  segelte  die  Castricum  in  nördliclier  Richtung  vom 
Companyslant  ab  und  verfolgte  bis  zum  27.  Juni  bei  meist  nebligem 
Wetter  diesen  Kurs,  ohne  Land  wahrzunehmen.  Alsdann  wurde 
auf  der  Höhe  von  166  Grad  56  Minuten  ö.  L.  v.  T.  und  47  Grad  48 
Minuten  n.  B.  beschlossen,  nach  Westen  zu  steuern/)  Auch  auf 
dieser  Strecke  wurde  nichts  wahrgenommen,  sodass  am  29.  Juni  auf 
der  Höhe  von  164^  Grad  ö.  L.  v.  T.  sich  der  Schiffsrat  entschied, 
so  lange  nach  Süden  zu  segeln,  bis  man  wieder  die  nordwestlich 
vom  Companyslant  liegende  Küste  zu  Gesicht  bekäme.^) 

Am  30.  Juni  gewahrten  die  Niederländer  Land,  in  welchem  sie 
am  nächsten  Tage  das  Staetenlant  (Iturup)  erkannten^),  an  dessen 
Südküste  sie  auf  der  Fahrt  nacli  dem  Companyslant  (Urup)  vorbei- 
gefahren waren,  und  dessen  Umseglung  daher  ihr  Kurs  nun 
beinahe  entsprach.  Sie  nahmen  nun  die  schmale  Westküste  von 
Staetenlant  auf,  gaben  verschiedenen  Bergen  dieser  Insel  Namen 
[Caep  Trou  (Kap  der  Treue),  Boeren  schuer  (Bauernscheune, 
nach  der  Form  des  Berggipfels,)  Croonberch  (Kronenberg)]  und 
gingen  am  3.  JuH  vor  Anker  unterhalb  des  von  ihnen  Pieck  Antony 
(Antonspitze,  eine  nach  dem  Vornamen  des  General-Guvernqrs  van 
Diemen  gewählte  Bezeichimng)  genannten  Bergesam  Nordende  der 
Insel  Kunashiri,  welche  sie  für  die  Nordostspitze  von  Yezo  hielten 
(vergl.  Seite  405);  die  geographische  Lage  dieser  Stelle  gibt  das 
Tagebuch  ziemlich  zutreffend  mit  164  Grad  4  Minuten  ö.  L.  v.  T. 
und  44  Grad  43  Minuten  n.  B.  an"*). 

Die  Castricum  lag  hier  bis  zum  1 1.  Juli  vor  Anker,  um  sich  mit 
Trinkwasser  und  Holz  zii  versehen  ;  aucli  wurde  viel  Fisch 
gefangen.  Mit  den  Eingeborenen  knüpften  die  Holländer  freund- 
lichen Verkehr  an,  und  enhillt  das  Tagebuch  viele  wertvolle 
ethnographische  Bemerkungen  über  diesen  damals  noch  so  wenig 
bekannten  Stamm  der  Aino.  Einen  eigentümlichen  Zwischenfall 
schildert  dasselbe  wie  folgt :  "Einer  von  unseren  Leuten  fand  ein 
hölzernes  Kreuz  stehen,  brachte  dasselbe  nach  dem  Strand  und 
zeigte  es  den  Einwohnern  ;  aber  diese  erschraken,  als  sie  dasselbe 
sahen,  und  zeigten,    man  solle  es  ins  Wasser  werfen  ;  ja  derjenige, 

1)  Laipc,  Seite  104-105. 

2)  Leup^,  Seite  105-106. 

3)  I.eKpe,  Seite  106-107. 
■»)  Lt'7ipe,  Seite  108-110. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       409 

welcher  das  hölzerne  Kreuz  angefasst  hatte,  durfte  ihnen  nicht  zu 
nahe  kommen,  sondern    musste   erst   seine   Hände  waschen  ;  dann 
war  es  gut,      Sie   lachten    und   zeigten   ihre   Freude,    als  man   das 
hölzerne   Kreuz   ins   Wasser   warf;  es   stand    noch    ein    derartiges 
Kreuz  vorn  im   Walde  "^).      l'''on  Sieöo/d  gibt  hierzu   die  folgende 
Erläuterung:    "Zweifellos   waren   dies   christliche    Gedenkzeichen 
und  wahrscheinlich  Grabsäulen  von  Christen.       Bereits  1622  wurde 
das  Christentum  aus  dem  Norden  von  Japan    nach  Yezo   (Matsmae) 
herübergebracht,  und  da  seit  1639  ^^'"  christliche  Glaube  bei  Todes- 
strafe  verboten   ward,    waren  es  bekehrte   Japaner  oder  Aino,   die 
dorthin  geflüchtet  und  gestorben  sind.       Bei  den   Aino  wird   alles, 
was  mit  einem  Todten  oder  dessen   Habe  in  Berührung  kommt,   für 
unrein   gehalten,    und    daher   der   Abscheu   der   Eingeborenen  vor 
•diesen  Kreuzen.      Möglich  auch,  dass  durch  Ueberlieferung  ihnen 
jenes     strenge     Verbot     und     die      Christenverfolgung      bekannt 
geworden  war  "-). 

Von  einer  Besitzergreifung  dieses  Punktes  berichtet  das 
Tagebuch  nichts  ;  jedoch  erwähnt  es,  dass  Vries  dem  Aeltesten 
der  Eingeborenen  am  8.  Juni  eine  Prinzenflagge  überreicht  und 
zwei  Tage  darauf  durch  den  Steuermann  Coen  einen  Brief  übersandt 
habe  f)  leider  verlautet  nichts  über  dessen  dem  wackeren  Aino 
jedenfalls  völlig  unverständlichen  Inhalt. 

Der  Versuch,  durch  die  Strasse  zwischen  Kunashiri  und  Iturup 
ganz  hindurchzufahren,  wurde  nach  gemeinsamer  Beratung 
schliesslich  aufgegeben,  da  dies  "  bei  solchem  Nebel  und  hartem 
Strom  ohne  sichtbare  Gefahr  für  Schiff  und  Mannschaft  nicht 
geschehen  konnte  "*). 

So  wurde  am  10.  Juli  der  Beschluss  gefasst,  die  Reise  nach 
Tartarien    fortzusetzen,^)    und    am    nächsten    Morgen   veriiess   die 


1)  Lei//,;,  Seite  117. 

*)  Leiipe-SiehoUi,  Seite  314.  Christliche  ^^lissionsversuche  scheinen  bereits  um  das  Jahr 
1617  in  Yezo  gemacht  zu  sein  ;  vergl.  IVitseit,  Noord  en  Oost-Tartaryen,  Band  i,  Seite 
143-145  ;  2.  Druck,  Amsterdam  1785.  Das  Christentum  v,-ar  bei  Todesstrafe  den  Japanern 
bereits  lange  vor  1639  verschiedentlich  verboten  worden.— Die  Auffassung,  dass  die 
Berührung  von  Leichen  verunreinigt,  teilen  die  Aino  mit  den  Japanern  und  andren 
•ostasiatischen  Völkern. 

3)  Leu/>e,  Seite  11 7-1 18 

■»)  Lc2ipc\  Seite  116. 

*)  Letipe,  Seite  118. 


4IO       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

Castricum   ihren   Ankerplatz   in   nordwestlicher    Richtung^       Bei 
wiederum   meist   nebligem    Wetter   fülirte   sie   dieser    Kurs    in    die 
Bucht  von  Aniwa,  in  welche  die  langgestreckte,    uns   damals   noch 
cränzlich    unbekannte    Insel    Sachalin  nach    Süden    ausläuft.      Die 
schmale  Meeresstrasse  zwischen   Yezo   und   Sachalin,    welche   den 
We"-  zu  der  so  eifrig  gesuchten  Küste  von  Tartarien,  der  jetzt  den 
Russen   o-ehörigen   sogenannten    Küstenprovinz,  erschlossen  hätte^ 
blieb  den   Niederländern   verborgen,  jedenfalls  infolge  des  starken 
Nebels.     In  ihren  Augen  bildete  die  Küste  der  von  ihnen  entdeck- 
ten  Aniwa-Bucht   immer   noch   einen  Teil  von  Yezo,  wie  auch  ihre 
Karte  es  darstellt.      Erst  144  Jahre   später,    am    11.  August  1787, 
wurde    diese    wol    mehr    für    die    Erdkunde    als   für  die   Schiffahrt 
wichti"-  gewordene   Strasse  aufgefunden    und    trägt  heut  noch  den 
Namen    ihres     unglücklichen,     berühmten     Entdeckers,    des    auf 
seiner    späteren    Fahrt    spurlos    verschwundenen    Franzosen     La 
Perouse.     Dieser  kundige  Seefahrer   äussert   sich  über  jenes  Miss- 
freschick    der    Holländer    in    seinem    Tagebuche   wie    folgt :    "  Ce 
detroit  leur  avait   ete  sans  doute  cache  par  des  brumes  ;  et  il  est 
vraisemblable  que  des  sommets  de  montagnes  qui  sont  sur  l'une  et. 
l'autre   ile,   leur  avaient  faire  croire  qu'ils  etaient  lies  entr'eux  par 
des    terres    basses :    d'apres    cette    opinion    ils    avaient    trace    une 
continuation  de  cote  dans  Tendroit  meme  oü  nous  avons  passe.     A 
cette   erreur  pres,  les  details  de  leur  navigation  sont  assez  exacts." 
An   einer   anderen  Stelle  bemerkt  La  Perouse  :    "  Si  le  detroit  que 
nous  avons  decouvert  a  echappe  a  leurs  recherches,  les  marins  qui 
connaissent  les  parages  a  brumes,  en  seront  peu  surpris"'). 

Am  13.  und  14.  Juli  hatte  sich  die  Castricum  in  der  Nähe  der 
La-Perouse-Strasse  befunden  ;  am  15.  war  sie  nördlich  davon,  in 
der  Hoffnung,  bei  Verschwinden  des  Nebels  Land  zu  sehen,  vor 
Anker  gegangen  an  einer  Stelle,  worüber  es  im  Tagebuch  heisst  : 
"  Wir  hatten  viel  Schilf,  Grünes  und  Holz  treiben  sehen  ;  ob  wir  in 
einem  Durchgang  oder  in  einer  Bucht  geankert  lagen,  wussten  wir 
nicht  "^).  Als  aber  am  nächsten  Morgen  das  Wetter  aufklarte, 
erkannten   die   Niederländer,    dass   sie  sich  in  einer  grossen  Bucht 

1)  Leufc,  Seite  119. 

2)  Voyagecle  La  Ferousc  autour  du  monde,  publie  conformöment  au  decret  du  22 
avril  1791,  et  i-6dig6  par  M.  L.  A.  Miht-Mwean  ;  4  Bände  nebst  Atlas,  Paris  1797.  Band 
III,  Seite  92  und  113. 

3)  Letipe,  Seite  123. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       411 

befinden,  in  der  Nähe  eines  Dorfes,  welches  die  bald  an  Bord 
kommenden  Eingeborenen  Tamary^)  nannten.  Bei  einer  halben 
Meile  En.tfernung  hiervon  wurde  die  geographische  Lage  mit  160 
Grad  58  Minuten  ö.  L.  v.  T.  und  46  Grad  40  Minuten  n.  B.  ermittelt. 
Wie  in  Yezo,  so  fand  auch  hier  freundlicher  Verkehr  und  Aus- 
tauscli  mit  den  Eingeborenen  statt,  welche  sich  von  den  bereits 
bisher  angetroffenen  Aino  im  allgemeinen  nicht  unterschieden^). 
Im  Einzelnen  berichtet  das  Tagebuch  von  einem  sehr  alten, 
gebrechlichen  Mani^e  mit  flachsweissem  Haar  und  Bart,  welcher 
mit  einem  Rock  aus  blauem  Kattun  an  Bord  kam,  auf  dessen 
Rücken  japanische,  goldene  Buchstaben  gedruckt  waren.  "Er 
zeigte  seinen  Ri.icken,  indem  er  sagte  oder  bedeutete,  man  solle  es 
lesen  ;  aber  wir  hatten  niemand,  der  es  verstehen  konnte  "').  Auf 
der  Vries'schen  Karte  findet  sich  bei  der  Stelle  des  Dorfes  Tamary 
folgender  Vermerk  :  "  Hier  kamen  zu  ihnen  (den  Holländern)  viel 
Einwohner  an  Bord,  welche  ihnen  bedeuten  wollten,  dass  hier  im 
Gebirge  Silber  im  Ueberfluss  zu  bekommen  ist ;  auch  halten  sie 
das  Eisen  wertvoller  als  das  Silber."  Ein  grosser  Reichtum  an 
Silber  \var  aber  in  Tamary  nach  den  ausführlichen  Berichten  des 
Tagebuchs  nicht  erblickt  worden,  wenn  auch  eine  grössere  Anzahl 
von  Personen  silberne  (Jlirringc  trug  und  die  Waffen  vielfach  mit 
etwas  Silber  verziert  waren.  Jedenfalls  vermochten  die  Holländer 
bei  ihren  wiederholten  Besuchen  in  verschiedenen  Hütten  der 
Eingeborenen  und  trotz  der  freundschaftlichsten  Aufnahme  und 
Bewirtung  nichts  über  die  Herkunft  des  Silbers  zu  erfahren.  Nach 
Eisen  war  allerdings  eine  lebhafte  Nachfrage  ;  das  Angebot  der 
Aino  bestand  hauptsächlich  in  Fellen  und  Röcken  ;  auch  ein 
lebender  schwarzer  Bär  wurde  von  den  Niederländern  erworben. 
Die  ganze  Bucht  war  ausserordentlich  reich  an  Fischen,  weshalb 
sie  den  Namen  Salmbay  erhielt;  die  Eingeborenen  bedienten  sich 
zum  Fischen  abgerichteter  Hund-e*). 

Dem  Angesehensten  wurde  auch  hier  eine  Prinzenflagge  nebst 
Brief  verehrt,  was  Coen  wie  fol^t  im  Tagebuche  vermeldet: 
"  Mit    einem    höflichen    Wesen   habe    ich  dem   Ang-esehensten  die 


'!-> 


i)  Tamary  heisst  Wohnort  ;  von  Siebold  nennt  den  Ort  dalier   Aniwa-Tamary  ;  siehe 
Leiipe-Siebold,  Seite  337. 

2)  Leiipe,  Seite  123-125. 
')  Leupe,  Seite  125-126. 
<)  Leupe,  Seite  126-132,  135. 


412       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

Prinzenflagge  mit  dem  Briefe  gegeben  ;  er  zeigte  sich  ganz 
dankbar  und  lachte,  als  er  den  Brief  von  innen  besah.  Ich 
wies  darauf  hin,  er  solle  ihn  aufbewahren,  und  wenn  wir  wie- 
derkämen, so  müsste  er  ihn  uns  wieder  sehen  lassen  ;  er  hat  den 
Brief  creborgen  und  liess  die  Flagge  wehen  ;  ich  bedeutete  ihn, 
wenn  wieder  ein  Schiff  hierher  käme,  müsste  er  die  Flagge  von 
seinem  Hause  wehen  lassen,  was  er  andeutete,  thun  zu  wollen. 
Darauf  tranken  wir  einmal  Arak,  und  ich  liess  den  Trompeter 
Wilhelmus  van  Nassouwen^)  blasen,  was  ihnen  sehr  gefiel,  Sie 
o-uckten  in  die  Trompete,  indem  sie  nicht  wussten  oder  begreifen 
konnten,  wo  die  Laute  herkamen."-) 

Die  Anweisungen  Coens  scheinen  nicht  das  richtige  Verständ- 
niss  «T-efunden  zn  haben  ;  denn  als  am  nächsten  Tage,  nachdem 
zahlreiche  Eingeborene  zum  Abschied  an  Bord  gekommen  waren, 
die  Castricum  weitersegelte,  sah  man  den  fraglichen  Brief  in  der 
Ku-^elkiste  hinter  einer  Kanone  liegen,  "  wobei  wir  verwundert 
waren,  was  sie  damit  meinten,  oder  durch  welche  Ursache  sie 
diesen  Brief  dahingelegt",  wie  das  Tagebuch  hierzu  bemerkt.^) 

Die  Niederländer  fuhren  nun  an  der  Ostküste  der  Bucht  ent- 
lang nach  Süden  bis  zum  21.  Juli,  an  welchem  Tage  sie  sich  auf  45 
Grad  39^  Minuten  n.  B.  und  161  Grad  42  Minuten  ö.  L.  v.  T.,  4 
Meilen  nordöstlich  von  der  Spitze  der  Bucht,  welche  sie  Kap 
Aniwa  nannten,  befanden.'')  Sie  umsegelten  an  diesem  Tage  die 
Landspitze  und  folgten  dann  der  nach  Norden  gerichteten,  dem 
Ozean  zugewandten  Ostküste  von  Sachalin,  von  der  sie  am  23.  Juli 
auf  der  Höhe  von  46  Grad  28  Minuten  n.  B.  und  162  Grad  25 
Minuten  ö.  L.  v.  T.  eine  Landspitze  zu  Gesicht  bekamen,  welche  sie 
nach  der  Aehnlichkeit  mit  dem  Kopfe  eines  Thunfisches  Tonyns 
hoeck  (Thunfisch-Spitze)  nannten.^) 

Die  Castricum  gelangte  nun  in  die  grosse  Bucht,  in  welche 
sich  die  Insel  Sachalin  n  ich  Südosten  öffnet;  am  nördlichen  Ende 
derselben  wurden  am  Abend  des  26.  Juli  einige  Mann  an  Land 
geschickt.      Diese   fanden    am    nächsten    Morgen    zuerst   nur   eine 

^)  Niederländisches  Nationallied. 

2)  Lcupc,  Seite  133. 

3)  Lciipc,  Seite  136. 

••)  Leiipc,  Seite  136- 137. 
5)  Letipc,  Seite  138. 


O.  NACHOD,  EIN  UXENTDECKTES  GOLDLAND.       413 

Anzahl  mit  Holzschnitzereien  nicht  kunstlos  verzierte  Gräber  und 
verlassene  Hütten.  Als  sie  aber  weiter  vordrangen,  begegneten 
sie  schliesslich  auch  Eingeborenen,  mit  denen  in  gewohnter 
Weise  Freundscliaft  angeknüpft  wurde,  und  die  den  bisher 
begegneten  Aino  ebenfalls  entsprachen.  Sie  hatten  Hunde,  durch 
welche  sie  ihre  Boote  auf  dem  Lande  zieh.en  Hessen  ;  bei  dem 
üblichen  Tauschverkehr  wurde  die  Tierwelt  auf  der  Castricum  aufs 
Neue  vermehrt,  indem  Coen  von  seinem  Wirte  einen  lebenden 
Adler  zum  Geschenk  erhielt.  Ein  Angebot  von  Silber  fand  auch 
hier  nicht  statt  ;  eher  schienen  die  Eingeborenen  selbst  Bedarf 
darin  zu  haben.^) 

Diese  Stelle,  welche  das  Tagebuch  mit  48  Grad  54  Minuten  n. 
B.  und  163  Grad  i  Minute  ö  L.  v.  T.  angibt,-')  bildet  den  nördlich- 
.sten  Punkt,  bis  zu  dem  die  Castricum  vorgedrungen  ist  ;  nie  vorher 
hatte  im  Grossen  Ozean  ein  europäisches  Schiff  einen  so  hohen 
Breitengrad  erreicht. 

Die  Castricum  segelte  nun  südlich  weiter,  entlang  der 
Westküste  jener  langen,  schmalen  Landzunge,  welche  den  östli- 
schen  Abschluss  der  grossen  Bucht  von  Sachalin  bildet  und  in  eine 
Spitze  ausläuft,  der  die  Holländer  den  Namen  Caep  Patientie'*) 
(Geduld-Kap)  gaben,  eine  im  Tagebuche  nicht  näher  begründete 
Bezeichnung.  Eine  nahe  gelegene,  kleine  Insel,  welche  am  28. 
Juli  besichtigt  wurde,  erwies  sich  als  umgeben  von  gefährlichen, 
unter  Wasser  liegenden  Riffen  ;  wegen  der  hier  hausenden,  nach 
Tausenden  zählenden  Seehunde  wurde  sie  die  Robben-Insel 
genannt.^) 

Bei  meist  ungünstigem,  nebligem  Wetter  befand  sich  die 
Castricum  in  den  nächsten  Tagen  südlich  vom  Kap  Patientie.  Eine 
Umsegelung  desselben  nach  Norden  fand  nicht  statt  ;  es  wurde 
vielmehr  am  3.  August  auf  der  Höhe  von  48  Grad  Sh  Min.  n.  B. 
und  164  G.  43  M.  ö.  L.  v.  T.'')  beschlossen,    "da  unsere  bestimmte 


1)  Lcupe,  Seite  142-152. 

2)  Leiipe,  Seite  142. 

3)  Letipe,  Seite  225.  Im  Texte  des  Tagebuches  ist  dieser  Name  überhaupt  nicht 
erwähnt  ;  er  findet  sich  jedoch  in  dem  dazu  gehörigen  Anliang  {Letipc,  Seite  21S-233), 
welcher  eine  Aufstellung  der  täglich  gesegelten  Kurse  nebst  Angabe  der  geographischen 
Lage  und  andre  kurze  Bemerkungen  enthält. 

*)  La(pe,  Seite  152-153. 
•'■■)  Lc-iipL-,  Seite  226. 


414  O.    XACHOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAXD. 

Zeit  gemäss  der  Instruktion  des  Edlen  Herrn  General  (-Guvernör) 
und  der  Räte  von  Indien  abf^elaufen  ist,  dass  man  unser  Bestes 
thun  sollte,  um  zu  suchen,  wieder  in  die  Südsee  zu  kommen,  und 
deslialb  unsern  Kurs  nach  dem  Kanal  de  Vries  zu  stellen."')  Die 
Stelle  in  der  Instruktion,  worauf  hier  Bezug  genommen  ist,  besagte, 
dass  die  Schiffe  Ende  Juli  oder  spätestens  Anfang  August  wieder 
nach  der  Ostspitze  von  Japan  zurückkehren  sollten  (vergl.  Seite  390, 
bei  Leiipc  Seite  23).  Angesichts  dieser  bestimmten  Vorschrift 
scheint  der  Umstand,  dass  die  Castricum  die  Küsten  von  Tartarien 
und  Katai,  bez.  des  asiatischen  Festlandes  überhaupt,  nicht  zu 
finden  vermocht  hatte  und  ihre  erste  Hauptaufgabe  mithin  völlig 
misslungen  war,  zu  einer  Erörterung  im  Schiffsrate  keinen  Anlass 
gegeben  zu  haben  ;  sonst  würde  wol  sicher  etwas  darüber  stehn  in 
dem  so  ausführlichen  Tagebuche,  welches  aber  hierüber  mit  Still- 
schweigen, wie  über  etwas  Selbstverständliches,  liinweggeht. 

Der  Wind  war  ihrem  Kurse  günstig,  sodass  bereits  am  5. 
August  die  Niederländer  durch  die  Vries-Strasse  zwischen  Com- 
panyslant  (Urup)  und  Staetenlant  (Iturup)  durchfahren  konnten. 
Auch  hierbei  gedenkt  das  Tagebuch  wieder  der  Zugehörigkeit  des 
Companyslant  zu  Amerika.  Die  Stelle  lautet  :  "  Wir  sahen  dann 
den  Mincralberg  auf  dem  Companyslant  im  Nordnordosten  10  bis 
Ji  Meilen  von  uns  und  sahen  auch  einen  Augenblick  Land  im 
Südesten,  welches  wol  22  bis  23  Meilen  von  uns  zu  liegen  schien  ; 
icli  vermute,  dass  dieses  vom  Companyslant  aus  mit  dem  Land  von 
Amerika  fest  zusammenhängt  ;  es  könnte  wol  sein,  dass  auch  da 
noch  einige  Durchgänge  nach  Norden  sind.""}  Vielleicht  handelt 
es  sich  hier  um  eines  der  an  Urup  sich  anschliessenden  Glieder  der 
Kurilen-Inselkette.  Der  erwähnte  Mineralberg  war  es,  dem  bei 
dem  ersten  Besuch  der  Castricum  die  für  silberreich  gehaltenen 
Erzproben  entnommen  waren  (vergl.  Seite  406-7).  Nachdem  die 
Vries-Strasse  passirt  war,  .segelte  die  Castricum  südwestlich  längs 
des  Ufers  von  Staetenlant.  Mit  dem  6.  August  endet  auf  der 
Vries'schen  Karte  leider  die  Linie,  welche  die  durchsegelte 
Strecke  veranschaulicht.  Unterm  7.  August  berichtet  das 
Tagebuch   von    einem   vergeblichen    Versuch,    auf   Staetenlant    zu 

^)  Lfiipe,  Seite  156.  P'on  Siehold  berichtet,  dass  das  Kap  Patientie  gelegentlich  der 
Rückkehr  auch  den  Namen  Caep  Keer  Weer  (Kap  Wiederkehr)  erhielt  {Leiipe-Siebold,  Seite 
352)  ;  im  Tagebuche  kommt  diese  Bezeichnung  nicht  vor. 

')  Latbc,  vSeite  157-158. 


O.  NACHOD,  EIN  UXENTDECKTES  GOLDLAXD.       41 5 

landen,  um  "von  v,'e<:^en  der  Edlen  Herren  Staaten,  dem  Prinzen 
von  Oranien  und  der  Vereinigten  Privilegirten  Ostindischen  Kom- 
pagnie, unsern  Edlen  Herren  Meistern,  das  Land  in  Besitz  zu 
nehmen  und  dort  einen  Pfahl  aufzustellen  mit  dem  Anzeichen  der 
Staaten  und  der  Kompagnie."  Infolge  zu  starker  Brandung  musste 
diese  Absicht  schliesslich  aufgegeben  werden.') 

Die  Castricum  segelte  nun  weiter  die  im  Juni  befahrene 
Strecke  zurück.  Am  12.  August  wurde  geankert  bei  einer  der 
Kunashiri  vorgelagerten,  kleinen  Inseln,  um  Holz  an  Land  zu 
suchen,  was  jedoch  vergeblich  war.-)  Dass  Kunashiri  und  Shikotan 
nicht  zu  Yezo  gehören,  sondern  selbständige  Inseln  bilden,  wurde 
auch  dieses  Mal  wieder  übersehen. 

Am  15.  August  gelangten  die  Niederländer  in  eine  trefflich  für 
sie  geeignete,  in  der  Nähe  der  Ostspitze  von  Yezo  (Caep  Manshooft) 
gelegene  Bucht,  welche  sie  die  Bay  de  Goede  Hoop  (Bucht  der 
guten  Hoffnung)  nannten.')  Hier  blieben  sie  bei  dem  Dorfe  i\ckys 
(jetzige  Schreibweise  Akkeshi)  vom  16.  August  bis  i.  September 
vor  Anker.  Während  dieser  Zeit  wurde  das  Schiff  ausgebessert, 
der  Bedarf  für  die  weitere  Reise  an  Holz  und  Trinkwasser  an  Bord 
gebracht  und  der  Proviant  aufgefrischt,  indem  der  P^ischfang  reiche 
Beute  lieferte  und  von  den  Eingeborenen  Hagebutten  und  andre 
Früchte  eingetauscht  wurden  ;  zugleich  wurde  mit  kleinen  Booten 
häufig  gelandet,  um  die  Lage  des  Ufers  der  Buclit,  den  Laufeines 
darin  mündenden  Flusses  und  die  sonstige  Beschaffenheit  des 
Landes  zu  erforschen.*; 

Auch  mit  den  Bewohnern  des  Dorfes  Akkeshi  wurden  freund- 
schaftliche Beziehungen  unterhalten,  wodurch  die  Holländer 
Aufschluss  über  die  in  Yezo  vermuteten  Silberschätze  zu  erlangen 
hofften.  Dem  angesehensten  Eingeborenen  namens  Noiasack  war 
an  Bord  ein  silberner  Löffel  gezeigt  worden,  worauf  er  bedeutete, 
wie  das  Erz  zuerst  gegraben,  dann  gesiebt  und  hieraufgeschmolzen 
werde,    sowie    dass    in    einem    westsüdvvestlich     o-eleeenen     Platze 


1)  Leuße,  Seite  15g.  Mit  dem  Ausdi-uck  "Staaten"  bezeichnete  man  die  regierenden 
Körperschaften  der  einzelnen  Provinzen,  welche  den  Staatenbund  der  Vereinigten  Nieder- 
lande bildeten  ;  an  der  Spitze  der  gesammten  Republik  standen  die  von  den  Staaten 
ernannten  Generalstaaten. 

^'j  Leupe,  Seite  162. 

3)  Lcupe,  Seite  164-165,  179. 

*)  Latpe,  Seile  165-180. 


4l6       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

namens    Cirarca    sich    eine    solche    Mine    befände.       Gegen    einen 
seidenen  Rock   versprach   er,    die   Niederländer   dorthinzubringen. 
Seine   Angaben   erwiesen    sich    aber    als    völlig    unzutreffend    und 
waren  wol  nur  auf  die  Erlangung  des   seidenen    Rockes   zurückzu- 
führen ;     denn    als    die  Niederländer  an    der  Stelle,    wohin   er    sie 
geleitet   hatte,    nachgruben,    fanden  sie  nichts  als  Sand,  genau  wie 
er  am   Strande  lag.     Auch  ein  andrer  alter  Einwohner  hatte  Vries 
versprochen,    gegen   ein    bis   zwei    Gewänder  den    Holländern  eine 
Mine  zu  zeigen,  eine  Aussicht,  welche  sich  aber  ebenso  trügerisch 
erwies.       Infolge  des   Misserfolges  machte  Noiasack   zwar  Miene, 
den    Rock   zurückzugeben  ;   man    Hess   aber  ihm   und  dem  andren 
alten    Aino    grossmütig    die   Gewänder,    weil    man   an    dem    einen 
Tage  so  viel  Fisch  gefangen  hatte,  als  man  in  zwei  Tagen  aufessen 
konnte. (!)')     Später  vernahmen   die   Holländer  dann  von  den   Ein- 
geborenen,   "  dass  Silber  zu   kriegen   war  in   Cirarca   und    Gold   in 
Tacapsy,    dass  aber  dort   ihre   Feinde  wären  und  Noiasack  daher 
mit  unsern  Leuten   nicht    dorthin    hatte    gehen    dürfen."^)       Kurz 
darauf  traf  bei    Akkeshi   eine  japanische    Handelsbarke  ein,  deren 
Führer  den   Holländern  bestätigte,    dass   es   in   Cirarca  Gold  und 
Silber,  in  Tacapsy  Gold  gebe,    und  an  Vries  ein  kleines  Stückchen 
Berggold   von  jedem  dieser   Plätze   schenkte.")       Tacapsy    ist    das 
ansehnliche  Dorf  Tokatsi  (Tokachi)  an   der   Mündung   des    Flusses 
Usibets,  von  wo  die  ersten  Aino  waren,  denen  die  Castricum  am  9. 
Juni  an  der  Südostküste  von    Yezo  begegnet  wav  ;  den   Ort  Cirarca 
hatten  diese  als  im  Nordosten  liegend  ebenfalls  erwähnt.       (Vergl. 
Seite  404-5)     Das  japanische  Schiff  kam    aus    Matsumaye    (jetziger 
Name    Fukuyama),     eineni    Hafen     am     westlichen     Ausgang    der 
Tsugarstrasse,    der   vor  dem   modernen    Aufblühen   von   Hakodate 
der   bedeutendste   Ort   auf  Yezo   war.      Der  Kapitän  des  Schiffes 
berichtete   den    Holländern,    "  dass  Matsmadonna  seinen    Hof  hielt 
in    Matsimay    und    dass    dabei    ein    scliöner    Hafen    lag,     genannt 
Camenda  ;   er  sagte  auch,  dass  Matsmadonna,  wenn  er  jährlich  zum 
Kaiser  (Shogun)  ziehe  und  ihm   Geschenke  von    Fellen  zum  Tribut 
bringe,    seine   Reise   zu   Wasser   nach   Nabo   mache,   südlich  beim 


1)  Leiipc,  Seite  167-170. 

2)  Latpe,  Seite  171. 

3)  Leiipc,  Seite  173-174- 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       417 

Caep  Goe  Ree  vorbei,  und  dann  über  Land  nach  Yedo."')  Den 
Umstand,  dass  in  Matsumaye  sich  ein  japanischer  Regent  befand 
und  dieser  Platz  mithin  zu  Japan  geliörte,  liebt  das  Tagebuch 
besonders  hervor,  da  diejenigen  Teile  von  Yezo,  wo  die  Holländer 
selbst  gewesen  waren,  ihnen  gänzlich  unabhängig  erschienen  oder 
doch  wenigstens  die  japanische  Staatshoheit  dort  nirgends  zur 
sichtbaren  Ausübung  gelangt  war.  V^on  dem  japanischen  Kapitän 
berichtet  das  Tagebuch  ferner  :  "Er  sagte  auch,  dass  Eso,  also 
dieses  Land  (Yezo),  eine  Lisel  wäre  und  zeichnete  aus  dem  Kopfe 
mit  Bleistift  die  Form  auf  ein  Stück  Papier  mit  Japan  dabei,  wie  es 
in  dem  Handzeichenbuch  zu  ersehen  ist.'"-) 

Die  Ladung  des  japanischen  Kapitäns  bestand  aus  Reis, 
Kleidung,  Sake  (Reisbranntwein)  und  Tabak,  wofür  er  von  den 
Aino  P'elle,  Thran  und  Walfischspeck  eintauschte.  Die  Nieder- 
länder, von  denen  er  ebenfalls  etwas  Geschirr  und  Stoffe  ein- 
getauscht hatte,  forderte  er  auf,  nach  Matsumaye  zu  kommen,  wo 
sie  für  solche  Waaren  so  viel  Silber,  als  sie  nur  begehrten,  be- 
kommen würden.^) 

Auch  mit  den  Eingeborenen  in  Akkeshi  fand  Tauschhandel 
statt ;  u.  a.  erwarben  hier  die  Holländer  vier  Adler  für  zwei  Hände 
voll  Java-Tabak.^)  Eine  ernstliche  Verstimmung,  welche  Noiasack 
gezeigt  hatte,  weil  ein  Matrose  einem  kleinen  Mädchen  mit  der 
Hand  den  Kopf  berührt  hatte,  war  den  Holländern  gelungen, 
durch  Bestrafung  des  Uebelthäters  an  Bord  vor  den  Eingeborenen 
und  durch  beschwichtigende,  kleine  Geschenke  wieder  gutzuma- 
chen, und  so  schieden  sie  denn,  mit  Vorräten  reichlich  versehen,  am 
2.  September  in  bester  Freundschaft  von  den  Einwohnern  von 
Akkeshi,  nachdem  sie  auch  an  Noiasack  die  übliche  Prinzenflagge 
verehrt  hatten.^) 

Die  Rückfahrt  wurde  nun  in  südwestlicher  Richtung  fortgesetzt 
und  auf  der  Höhe  von  37  Grad  38  Minuten  n.  B.  und  161  Grad  6 
Minuten  ö.  L.  v.  T.  in  einer  Plntfernung  von  ungefähr  lo-ii  Meilen 
von    der    Ostküste    von    Japan    der    Beschluss    gefasst,    den    Kurs 

^)  Leupc,  Seite  174. 

2)  Lcitpe,  Seite  174.  Ueber  dieses  "  Handzeichenbuch  "  verlautet  nichts  Näheres. 

3)  Leupe,  Seite  174-175. 
*)  Leiipe,  Seite  180. 

s)  Lciipe,  Seite  \1'i-\1().,  iSi. 


4lS       O.  XACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

östlich  ZU  stellen  zur  Entdeckung  der  Gold-  und  Silberreichen 
Inseln.  Es  war  dies  ain  lo.  September,^)  während  in  der  Instruk- 
tion die  Erreichung  dieses  Punktes  bereits  für  den  20.  bis  25. 
August  in  Aussicht  genommen  war.     (Vergl.  Seite  391.) 

In  dieser  Richtung  segelte   nun   die   Castricum   zwischen   dem 
37.  und  39.  Breitengrade  ohne  besondere  Wahrnehmungen  zunächst 
bis  zum  23.  September.     An  diesem  Tage  sah  man  einige  "puyste- 
byters"   (Hirschkäfer?)    rund    um    das   Schiff  fliegen,    sowie    viele 
graue  und  weisse  Möven  nebst  einigen  Schwalben  ;  an  Landvögeln, 
welche  als  Anzeichen   von   Landesnälic   gelten,    hatte    es   übrigens 
auch    schon    vorher   nicht   gefehlt.       Das   Tagebuch    berichtet   nun 
weiter:    "  Und  da  wir  vermuten,   dass  diese  puystebyters  aus  dem 
Südosten  kommen,  so  ist  beschlossen  worden,  unsern  Kurs  ungefähr 
50  Meilen    ostsüdöstlich   zu   stellen,  um  zu  untersuchen,  ob  wir  der 
Insel  Rica  de  Plate  dort  begegnen  möchten.     Wind  südsüdwcstlicli; 
abends    nahmen    wir  keine   puystebyters  mehr  wahr  ;    bei  Sonnen- 
untereane  schienen  wir,  Land  südwestlich  von  uns  zu  sehen,    wohin 
wir  uns  gewandt  haben."     Die  geographische  Lage  diser  Stelle  gibt 
das  Tacrebuch  mit  iSi  Grad  12  Minuten  ö.  L.v.  T.  und  37  Grad  31 
Minuten  n.  E.  an,  ungefähr  240  Meilen   östlich   von    der    Küste  von 
Japan.-)       Bemerkenswert   erscheint,    dass   die    Rica    de    Plata    auf 
einigen  Karten  in  der  Tb.at  niclit  weit  von  dieser  Stelle  verzeichnet 
ist.^j     Bis  zum   26.    September   wurde   dieser    Kurs   verfolgt,   ohne 
jedoch  Land  in  Sicht  zu  bekommen,  obgleich  das  Wetter  schön  und 
klar    war.       Am  Abend  des  26.    September   wurde   daher   auf  der 
Höhe  von    1S5  Grad  iS  Minuten  ö.  L.  v.  T.  und  36  Grad  5  Minuten 
n.    B.    der    Kurs    wieder     ostnordöstlich     gestellt.'*)       Ohne     Land 
wahrzunehmen,  trotzdem  Vögel  immer  sichtbar  blieben,  wurde  nun 
bis  zum  I.Oktober  östlich    weitervorgedrungen;  an    diesem   Tage 
befand   sich   die    Castricum   auf  der  Höhe  von  198  Grad  37  Minuten 
ö.  L.  V.  T,  und  36  Grad  56  Minuten  n.  B.    in   einer   P:ntfernung   von 
460    Meilen   von  der  Küste  von  Japan,  also  noch  10  Meilen  weiter, 
als  die  Instruktion    vorschrieb   (vergl.  Seite  391).     Hier  wurde  be- 

1)  Leupe,  Seite  185. 

2)  Lctipe,  Seite  189-190. 

3)  So  gibt  sie  z.  B.  die  K.irte  Coohs  (.\  voyage  to  the  Pacific  Oceau  by  Cool;,  Clcrhe 
and  Gore  in  the  Resolution  and  Discovery,  London  1776/85)  mit  34  Grad  n.  Br.  und  164  Grad 
ö.  L.  V.  Greenwich  an,  was  iSoJ  Grad  ö.  L.  v.  Teneriffa  (vergl.  Seite  397,  Anm.  5)  entspricht, 

■»)  Lctipc,  Seite  190,  228. 


O.  XACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.        419 

schlössen,  westlich  zurückzusegeln.')  Die  Castricuin  kreuzte  nun 
südlich  von  der  zuerst  befahrenen  Linie  zwisclien  33^  und  37^  Grad 
n.  B.;-)  aber  aucli  hier  blieben  die  Bemühungen  gänzlich  ohne 
Erfolg,  und  befand  sie  sich  am  26.  Oktober  wieder  einige  Meilen 
voll  der  japanischen  Küste  auf  der  Höhe  von  161  Grad  54  Minuten 
ö.  L.  V.  T.  und  36  Grad  8  Minuten  n.  B.^).  So  war  aucli  das  zweite 
Hauptziel  der  Unternehmung,  ebenso  wie  die  Entdeckung  von 
Tartarien  und  Katai,  gänzlich  unerreicht  geblieben. 

Bei  der  Weiterreise,  entlang  der  japanischen  Küste,  begegnete 
die  Castricum  am  27.  Oktober  beim  Santduynige  Hoek  (vergL 
Seite  400)  vier  bis  fünf  Fischerbarken,  welche  viel  Fisch  hatten, 
den  Niederländern  aber  trotzdem  nichts  davon  verkaufen  wollten^ 
worüber  diese,  wie  über  das  veränderte,  störrische  Wesen  der 
Japaner,  sehr  erstaunt  waren. ^)  Dieser  Gesinnungswechsel  wurde 
ihnen  erst  begreiflich,  als  sie  später  die  noch  zu  berichtenden 
Schicksale  der  Breskens  erfuhren.  Nach  Umsegelung  des  Kap 
Bosho  erreichten  die  Niederländer  am  nächsten  Tage  die  Izu-no- 
Shichitö-Gruppe  (vergl.  Seite  399) ;  die  hierzu  gehörigen  Inseln 
Mikura  nannten  sie  Prinse  Eylant  (Prinzen-Insel)  und  Mijake  nach 
einem  dort  befindlichen  rauchenden  Berge  Barneveits  oder 
Brandend  Eylant  (Brennendes-Feld-Insel  oder  Brennende  Insel) 
und  nahmen  deren  Lage  auf.^)  Am  29.  Oktober  begegneten  sie 
in  der  Rhede  des  ebenfalls  zu  dieser  Inselgruppe  gehörenden 
Ongeluckich  Eylant  einer  japanischen  Barke  mit  8  bis  10  Mann 
Besatzung,  welche  sich  weigerten,  an  Bord  zu  kommen,  aber  den 
Holländern  winkten,  an  Land  zu  gehen.  In  der  Hoffnung,  etwas 
über  die  hier  verlorer.e  Breskens  zu  vernehmen,  wurde  am  nächsten 
Tage  der  Steuermann  Coen  mit  einigen  Leuten  an  Land  gesandt; 
jedoch  konnte  er  nichts  darüber  erfahren.  Es  gelang  üim  aber, 
etwas  Proviant  von  den  Japanern  einzutauschen,  welche  ihn  auf- 
forderten, am  nächsten  Tage  wiederzukommen  ;  die  Holländer 
liielten  es  aber  für  besser  weiterzusegeln.";  Sie  steuerten  auf  die 
Südostspitze  von  Shikoku  zu,  der  kleinsten  von  den  vier  japanischen 

^)  Letipe,  Seite  191. 

2)  Leiipe,  Seite  22S-230. 

3)  Leupe,  Seite  200. 

■*)  Leupe,  Seite  200-201. 

^)  Leiipe,  Seite  201-202  ;  Leiipc-Siehold,  Seite  273. 

«)  Letipc,  Seite  202-204. 


420       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

Hauptinseln,  deren  Lage  auf  der  Karte  der  Kompagnie  sie 
erheblicli  berichtigen  konnten,  indem  diese  Spitze  dort  wol  25 
Meilen  zu  südlich  eingetragen  war.')  Am  9.  November  bekamen 
sie  südlich  von  der  Insel  Shikoku  auf  der  Höhe  von  31  Grad  37^ 
Minuten  n.  B.  und  14S  Grad  19  Minuten  ö.  L.  v.  T.  ein  Segel  in 
Sicht,  und  als  sie  dasselbe  erreichten,  erkannten  sie  zu  ihrer  nicht 
geringen  Ueberraschung  und  Freude  die  verloren  geglaubte 
Breskens.'-'j  Nachdem  die  beiden  Schiffe  am  nächsten  Tage  durch 
die  Strasse  zwischen  den  Inseln  Kiushiu  und  Tanegashima,  welcher 
sie  den  noch  heut  geltenden  Namen  Van-Diemen-Strasse  beilegten,^) 
durchgesegelt  waren,  erreichten  sie  am  18.  November  ohne 
weitere  Zwischenfälle  gemeinsam  das  Endziel  ihrer  Reise,  den 
Hafen  Tai-wan  auf  der  Insel  Formosa.'*) 


C.     Fahrt  der  Breskens. 


Verhängnissvoller  als  das  Schicksal  der  Castricuai  hatte  sich 
das  der  Breskens  gestaltet,  wiewol  es  auch  ihr  gelungen  war,  die 
Gefahren  der  Sturmnacht  des  20.  Mai  beim  Ongeluckich  Eylant  zu 
überstehen.  Auch  sie  hatte  zur  vereinbarten  Zeit  und  Stelle 
vergeblich  nach  dem  Schwesterschiff  ausgeschaut  und,  da  daher 
die  Castricum  als  verloren  angesehen  werden  musste,  die  Ent- 
deckungsreise  allein  fortgesetzt,  anscheinend  etwas  später  als  die 
Castricum.  Denn  vom  10.  bis  11.  Juni  ankerte  die  Breskens  in  der 
Bucht  von  Nambu,  um  ihren  dringenden  Bedarf  an  Trinkwasser  zu 
decken,^)  während  die  Castricum  ungefähr  eine  Woche  früher  diese 
Stelle  der  Küste  passirt  hatte  und  am  ir.  Juni  bereits  das  Kap 
Manshooft,  die  Ostspitze  von  Yezo,  entdeckte.")  Die  Breskens 
scheint  von  Nambu  au:5  grade  denselben  Weg  wie  die  Castricum 
weitereeseeelt  zu   sein,    eine    durch   die   herrschenden   Winde    und 

1)  Lcupe,  Seite  206-207. 

2)  Leupe,  Seite  210. 

3)  Leupe,  Seite  212. 

••)  Leupe,  Seite  216-217. 

5)  Montanits,  Gadenkwaerdige  Gesantschappen,  Seite  315,  351. 

*)  Vergl.  Seite  403  und  405. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.      42 1 

Strömungen  leicht  erklärliche  Erscheinung-.  Auch  sie  entdeckte 
im  Monat  Juni  —  genauer  sind  wir  über  die  Zeit  nicht  unterrichtet  — 
das  Land  von  Yezo,  wie  von  Witscn  berichtet  wird,  "nachdem  sie 
den  Durchgang  zwischen  Japan  und  Yezo  übersegelt  hatte.  Dies 
geschah  auf  der  Breite  von  41  Grad  50  Minuten  und  auf  der  Länge 
von  164  Grad  48  Minuten  "\i  (jedenfalls  östlich  von  TenerifTa).  Auf 
Grund  dieser  Angabe  hat  man  der  Breskens  die  Ehre  zuerkennen 
wollen,  die  Tsugar-Strasse  entdeckt  zu  haben.-)  Allein  hiervon 
kann  wol  nicht  die  Rede  sein,  wenigstens  nicht  nach  dem  Wortlaut 
bei  WitscJi ;  denn  hiernach  hat  sie  nur  den  östlichen  Ausgang  der 
Strasse  berührt.  Wäre  sie  dagegen  hindurchgesegelt,  —  und  nur 
dann  könnte  man  doch  von  einer  Entdeckung  derselben  wirklich 
sprechen  —  so  würde  sie  sich  der  vergeblich  so  eifrig  gesuchten  Küste 
von  Tartarien  genähert  haben,  und  wäre  dann  der  Verlauf  ihrer 
Reise  wol  ein  ganz  anderer  geworden.  Als  Entdecker  der  Tsugar- 
Strasse  kann  daher  wol  nur  Broughton  gelten,  der  sie  1797  zuerst 
durchfahren  hat. 

Nordöstlich  weiter  segelnd,  erblickte  die  Breskens  verschiedent- 
h'ch   Land   zwischen  43   und  45    Grad   n.  B.;  auch  wurde  mit  den 
Aino  freundschaftlicher  Verkehr  gepflegt  und  manche   interessante 
ethnographische  Einzelheit,  ähnlich  wie  von   der  Castricum,  wahr- 
genommen.     Unter  45    Grad    12    Minuten   n.  B.  und  169  Grad  36 
Minuten  (vermutlich  ö.  L.  v.  T.)  wurde   ein  unbewohntes,    vielfach 
mit    Schnee     bedecktes     Gebiet     entdeckt,    wo    gelandet    wurde  ; 
wahrscheinlich    war    dies    das    Staetenlant    (Iturup),    an    dessen 
Südküste  Vries  am  7.  August  einen  vergeblichen  Landungsversuch 
hatte  machen  lassen  (vergl.  Seite  414-5).     Auf  der  Höhe  von  46  Grad 
15  Minuten  n.  B.  und  zwischen    172    und    173   Grad    Länge   zeigten 
sich   hohe   Gebirge  und   bei  47  Grad  8  Minuten  n.  B.  und  173  Grad 
53  Minuten  Länge  wurde  abermals  Land  entdeckt,  welches  jedoch 
nicht    betreten    ward.       Es    heisst    darüber    bei    ]Vitsen:   "Dieses 

1)   Witscn,  Noord  eu  Oost  Tartaryen,  Band  i,  Seite  138  ;  2.  Druck,  Amsterdam   1785. 

(" na  dat  hat  de  doortogt  tusschen  Japan  en  Jesso  hadde  over  gezeilt.     Dit  geschag  op  de 

breette  van  41  graden  en  50  minuten,  en  op  de  lengte  van  164  graden  en  48  minuten.") 
Ausschliesslich  auf  die  leider  nur  spärlichen  Angaben  bei  IVitsen  (Seite  138-139)  stützen 
sich,  direkt  oder  indirekt,  alle  späteren  Berichte  über  die  Reise  der  Breskens.  Nur  LeuJ),: 
hat  ausserdem  einiges  aus  den  Handschriften  des  Reichsarchivs  im  Haag  geschöpft. 

^)  P.  JMelvill  de  Carnbcc,  Moniteur  des  Indes  Orientales  et  Occidentales,  Band  in,  Seite 
402,  Haag  1849. 


422       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

Land,  sagt  die  auf  dem  Schiff  Breskens  gehaltene  Tagesliste,  liegt 
12  Grad  östlicher  als  die  Ostspitze  von  Japan,  welche  auf  38  Grad  4 
Minuten  liegt/)  bei  einem  Breitenunterschied  von  9  Grad  38 
Minuten,  von  Nordosten  nach  Osten  und  von  Südwesten  nach 
Süden  streichend  ;  es  ist  zu  glauben,  dass  dies  die  feste  Küste  v^on 
Amerika  ist."-)  Wahrscheinlich  handelt  es  sich  hier  um  das  von 
der  Castricum  für  die  Kompagnie  in  Besitz  genommene  Companys- 
lant  (Urup)  ;  wenn  dessen  geographische  Lage  in  Wirklichkeit  von 
diesen  Angaben  etwas  abweicht,  so  erklärt  sich  dies  wol 
hinreichend  durch  die  Unvollkommenheit  der  damaligen  Mess- 
Instrumente.  Später  scheint  man  an  Bord  der  Breskens  erkannt 
zu  haben,  dass  dieses  Land  nicht  "  die  feste  Küste  von  Amerika" 
war,  sondern  eine  Insel  für  sich  bildete.  Denn  von  Stedo/d  berichtet 
von  einer  Karte,  bezeichnet  "  Gedaene  ontdeckinghe  onder  den 
Commandeur  ]\L  G.  Vries,"  worauf  "  das  Companyslant  als  eine 
Insel  gezeichnet  und  durch  eine  Strasse  von  einer  ausgedehnten 
Landstrecke  getrennt  ist,  auf  welcher  die  Worte  '  Americae  Pars  ' 
stehn,  während  in  dieser  Strasse  geschrieben  steht  :  *  Hier  ist  die 
Yacht  Breskens  gewesen  '."^)  Da  auf  der  in  dem  Coenschen 
Tagebuche  der  Castricum  enthaltenen  Karte  das  Companyslant 
ohne  Ende  gezeichnet  ist,  so  würde  also  der  Breskens  die  Erken- 
nung desselben  als  Insel  zu  danken  sein.  Eine  ausdrückliche 
Bestätigung  dafür,  dass  auch  die  Breskens  sowol  Staetenlant  als 
Companyslant  wirklich  entdeckt  hat,  findet  sich  in  den  von  Leupe 
veröffentlichten  Handschriften  aus  dem  Reichsarchiv  im  Haag.*) 
Dass  die  Breskens  in  der  Tliat  östlich  hier  erheblich  weiter 
vorgedrungen  ist,  ergibt  der  Vergleich  der  erreichten  Längengrade, 
Das  Tagebuch  der  Castricum  verzeichnet  den  östlichsten  Punkt 
unterm  19.  Juni  mit  168  Grad  19  Minuten,^)  während,  wie  eben 
erwähnt,  die  Breskens  eine  Länge  von  173  Grad  53  Minuten  er- 
reicht hat.  Nach  der  von  der  Castricum  entdeckten  und  allerdings 
von    ihr    irrigerweise    für   einen   Teil    von    Yezo    gehaltenen    Insel 

^)  Hiermit  dürfte  die  Insel  Kinkwazan  bei  Sendai  gemeint  sein. 

2)  Witsen,  Noord  en  Ocst  Tartaryen,  Band  i,  Seite  139. 

3)  Leiife-Sichold,  Seite  327. 

*)  Schreiben  der  Indischen  Regierung  aus  Batavia  an  die  Direktion  in  Amsterdam  vom 
4.  Januar  1644  (/.(■/c/^,  Seite  246) ;  Dagh-Register  zu  Batavia,  Eintrag  vom  2.  Mai  1644 
{Lt'tijie,  Seite  253). 

s)  Leiipc,  Seite  96,  222. 


O.    NACHOD,    EIN   UNEXTDECKTES   GOLDLAND.  423 

Sachalin  scheint  dagegen  die  Breskens  nicht  auch  gelangt  zu  sein. 
Weshalb  die  Breskens  dann  auf  die  Aufgabe,  Tartarien  zu 
entdecken,  verzichtet  hat,  wird  nicht  angegeben ;  ungünstige 
Winde  und  Nebel  waren  vermutlich  die  Ursache,  vielleicht  auch 
Proviantmangel.  Denn  gegen  Ende  Juli  finden  wir  sie  wieder  in 
der  Bucht  von  Nambu,^)  um  Nahrungsmittel  einzutauschen,  dort, 
wo  sie  bereits  am  10.  bis  ii.  Juni  sich  mit  Trinkwasser  versorgt  hatte 
(vergl.  S.  420.).  Hier  sollte  es  sich  zeigen,  welch  bedenkliche 
Folgen  der  Umstand  hatte,  dass  in  der  Instruktion  für  Vries  über 
die  in  Japan  gegen  fremde  Fahrzeuge  getroffenen  Massregeln  trotz 
der  eindringlichen  Warnung  Carons  nichts  erwähnt  war  (vergl. 
Seite  396).  Die  Eingeborenen  hatten  sich,  wie  beim  ersten  Besuch 
der  Breskens,  zuerst  sehr  freundlich  gezeigt  und  den  Holländern 
bereitwillig  Proviant  gegen  Waaren  geliefert.  Um  das  Schiff  mit 
weiteren  Vorräten  zu  versehen,  liess  sich  der  Kapitän  Schaep 
verleiten,  nebst  dem  Unterkaufmann  Byleveld  mit  6  Matrosen  und 
zwei  Schiffsjungen  an  Land  zu  gehen,  ein  um  so  bedenklicherer 
Mangel  an  Vorsicht,  als  die  Instruktion  ausdrücklich  vorschrieb, 
dass  derKommandör  —  und  das  war  Schaep,  nachdem  er  Vries  mit 
der  Castricum  verloren  hatte  —  "sich  nicht  leichtfertig  von  Bord 
begeben,  sondern  stets  in  den  Schiffen  bleibensolle,  bis  der  Dienst  der 
Kompagnie  nach  Gutfinden  des  Schiffsrats  das  Gegenteil  erheischen 
sollte."-)  In  dem  nahen  Dorfe  freundlich  empfangen  und  bewirtet, 
wurden  die  Holländer  von  der  Küste  weggelockt  und  sahen  sich 
plötzlich  einer  zahlreichen  bewaffneten  Macht  gegenüber  ; 
vergeblich  suchten  sie  nun,  an  den  Strand  zu  fliehen  und  wurden 
sämmtlich  gefangen  genommen.  Das  hinterlistige  Benehmen  der 
Japaner  erklärt  sich  durch  die  gegen  das  Einschleppen  von 
christlichen  Geistlichen  in  Japan  erlassenen  Verordnungen,  nach 
welchen  streng  befohlen  war,  alle  in  einem  andren  Hafen  als 
Nagasaki  landenden  Fremden  bis  auf  weitere  Order  unter  scharfer 
Bewachung  zu  halten.  Die  Holländer  wurden  nun  unter  wieder- 
holten Verhören  zuerst  nach  der  nahen  Stadt  Nambu  und  dann 
nach  der  Hauptstadt  Yedo  gebracht.  Anfangs  hatte  man  sie 
überhaupt  nicht  für  Holländer  halten  wollen,  und  auch  als  man  sie 

1)  Montaims,  Gedenkwaerdige  Gesantschappen,  Seite  290.  Genaue  Ajigabe  des  Datums 
fehlt  leider. 

*)  Letipe,  Seite  23. 


424       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

als  solche  erkannt  hatte,  blieben  sie  im  Verdachte,  nicht  zur 
Ostindischen  Kompagnie  zu  gehören,  sondern  im  Auftrag  von  den 
Portugiesen  aus  Makao  oder  von  den  Spaniern  aus  Manila  nach 
Japan  gesandt  zu  sein,  um  dort  christliche  Missionare  einzuschmug- 
geln. Erst  nach  vielen,  eingehenden  Verhören  und  nachdem  der 
aus  Deshima  eingetroffene  Leiter  der  niederländischen  Faktorei 
ihre  Aussagen  bestätigt  hatte,  erlangten  sie  im  Dezember  1643  die 
Freiheit  aus  ihrer  allerdings  stets  milde  gehandhabten  Haft ; 
jedoch  mussten  sie  ein  Schriftstück  unterzeichnen,  worin  sie 
erklärten,  an  der  Einführung  portugiesischer  und  spanischer 
Priester  nach  Japan  unschuldig  zu  sein,  und  versprachen,  sollte 
ihnen  die  Unwahrheit  nachgewiesen  werden,  sich  jederzeit  den 
japanischen  Gerichten  stellen  zu  wollen,  wo  sie  sich  auch  immer 
befinden  sollten  ;  auch  der  Leiter  der  holländischen  Faktorei 
musste  sich  hierfür  unter  Verpfändung  der  Schiffe  und  Waaren  der 
Kompagnie  verbürgen.  Als  den  Zweck  ihrer  Reise  hatten  die 
Holländer  nach  gemeinsamer  Abrede  nur  die  Entdeckung  von 
Tartarien  angegeben,  ohne  der  Gold-  und  Silberreichen  Inseln  zu 
erwähnen,  und  das  Anlaufen  der  japanischen  Küste  mit  Mangel  an 
Nahrunosmitteln  und  Unkenntniss  der  betreffenden  Verordnung 
begründet.^) 

Auf  Veranlassung  des  die  Holländer  überwachenden  japa- 
nischen Beamten  hatte  Schaep  kurz  nach  ihrer  Gefangennahme 
einen  Brief  an  die  Breskens  gerichtet,  worin  er  das  Vorgefal- 
lene mitteilte  und  bestimmte,  dass  die  Breskens  während 
des  für  den  Zug  nach  Yedo  erforderlichen  Monats  auf  sie  warten 
und  den  Japanern  freundlich  begegnen  solle.  Am  i.  August 
bereits  empfing  Schaep  die  wenig  verheissende,  schriftliche 
Antwort  von  Bord,  dass  man  so  lange  warten  würde,  als  einiger- 
massen  thunlich  sei.  Hierauf  schrieb  Schaep  abermals  an  die 
Breskens,  sie  müsse  liegen  bleiben,  und  sollte  es  auch  vier  Monate 
dauern,  damit  die  Gefangenen  vor  der  japanischen  Obrigkeit  nicht 
als  lügenhaft   befunden    werden    und   dort   beweisen  könnten,   dass 


1)  Montainis  gibt  in  den  Gedenkwaerdige  Gesantschappen,  Seite  290-357,  eine  etwas 
breit  gehaltene,  an  interessanten  Einzelheiten  aber  reiche  Darstellung  von  dem  Schicksale 
der  gefangenen  Holländer  in  Japan,  anscheinend  auf  Grund  eines  von  diesen  geführten 
Tagebuches.  Vergl.  auch  iVachod,  Die  Beziehungen  der  Niederländischen  Ostindischen 
Kompagnie  zu  Japan  im  17.  Jahrhundert,  Seite  31 1-315. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.        425 

die  Breskens  wirklich  ein  holländisches  Schiff  sei ;  sonst  würde 
der  japanische  Handel  der  Ostindischen  Kompagnie  und  das 
Leben  der  Gefangenen  die  äusserste  Gefahr  laufen.^)  An  Bord 
der  Breskens,  wo  jetzt  der  Obersteuermann  Jurriaen  Bruyn,  der 
einzige  vom  Schiffsrat  übriggebliebene  Of^zier,  den  Befehl  führte, 
scheint  man,  und  wol  nicht  mit  Unrecht,  geglaubt  zu  haben,  das 
Interesse  der  Kompagnie  besser  zu  wahren,  indem  man  die 
Gefangenen  ihrem  Schicksale  überliess  und  sich  der  Hauptaufgabe 
des  ganzen  Zuges,  der  Entdeckung  der  Gold-  und  Silberreichen 
Inseln,  zuwandte.  Jedenfalls  bildet  es  ein  glänzendes  Zeugniss  für 
die  Ausdauer  und  den  Unternehmungsgeist  der  damaligen  holländi- 
schen Seefahrer,  wenn  wir  jetzt  sehen,  wie  der  Steuermann  Bruyn 
trotz  seiner  erheblich  verminderten  jMannschaft,  und  ohne  Kapitän 
und  Kaufmann,  die  Entdeckungsreise  nach  dem  Goldlande  auf 
gänzlich  unbekannter  Wasserbahn  aufnimmt  und,  wenn  auch 
vergeblich,  zu  Ende  führt.  Gemäss  der  Instruktion  segelte  die 
Breskens  zunächst  zurück  bis  auf  37  Grad  zur  Ostspitze  von  Japan; 
von  hier  aus  drang  sie  480  Meilen  weit  östlich  vor,  also  noch  20 
Meilen  weiter  als  die  Castricum,  ebenfalls  ohne  Land  zu  finden, 
obwol  sie  vielfach  für  dessen  Nähe  sprechende  Anzeichen,  Avie 
Vögel  und  Lisekten,  die  von  Norden  nach  Süden  flogen,  und 
treibendes  Schilf  angetroffen  hatte.  Krankheiten  und  Todesfälle 
veranlassten  schliesslich  auch,  die  Breskens  dazu,  unverrichteter 
Dinge  zurückzukehren  f)  wunderbar  erscheint  es,  besonders  bei 
dem  herrschenden  klaren  Wetter,  dass  die  beiden  Schiffe  sich  nicht 
schon  auf  dem  Hin-  oder  Rückwege  zwischen  dem  36.  und  39. 
Breitengrade  einmal  begegnet  sind,  und  dass  dies  erst  bei  der  Insel 
Shikoku  geschah,  nachdem  die  Breskens  einen  Tag  später  als  die 
Castricum  das  Ongeluckich  Eylant  wiederpassirt  hatte.  Wie  deren 
Tagebuch  berichtet,  traf  sie  die  Breskens  in  traurigem  Znstande  ; 
Bruyn  war  krank,  ebenso  ein  grosser  Teil  der  Mannschaft,  und  18 
Todte  hatte  sie  auf  dem  Zuge  nach  dem  Osten  verloren  !^) 


^)  jMontanits,  Gedenkwaerdige  Gesantschappen,  Seite  292-294  ;  die  Briefe  teilweis  im 
Wortlaut  wiedergegeben. 

2)  IVitsen,  Noord  en  Oost  Tartaryen,  Band  I,  Seite  139.  In  deii  Tagebuche  der 
Castricum  wird  die  Zahl  der  von  der  Breskens  östlich  gesegelten  Entfernung  sogar  mit  500 
JMeilen  angegeben,  wol  aber  nur,  um  eine  runde  Zahl  zu  nennen  (siehe  Leupe,  Seite  210). 

3)  Letipe,  Seite  210. 


426  O.    NACIIOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAND. 


D.     Ergebnisse  der  Entdeckungsreise. 


So  war  denn  auch  der  zweite,  so  planvoll  ins  Werk  gesetzte 
und  mit  so  grossen  Hoffnungen  verknüpfte  Versuch  der  Nieder- 
ländischen Ostindischen  Kompagnie,  im  nördlichen  Grossen 
Ozean  neue  metallreiche  Gebiete  zu  erwerben  oder  ihrem  Handel 
zu  erschliessen,  ohne  den  gewünschten  Erfolg  verlaufen.  Von  den 
Gold-  und  Silberreichen  Inseln  war  keine  Spur  entdeckt  worden, 
und  nach  den  gründlichen  Durchforschungen  des  Ozeans  durch  die 
Castricum,  wie  durch  die  Breskens,  blieb  nichts  weiter  übrig,  als 
die  o-anzen  von  Versteegen  übernommenen,  so  verheissungsvollen 
Angaben  der  Spanier  über  das  Wunderland,  wenigstens  für  das 
hierin  bezeichnete  Meeresgebiet,  einfach  in  das  Reich  der  Fabel  zu 
verweisen.  Aber  auch  die  von  vornherein  weniger  zweifelhaft 
erschienene  Aufgabe,  im  Nordosten  das  asiatische  Festland  zu 
erreichen,  war  ungelöst  geblieben  ;  die  dahin  führende,  schmale 
Fahrstrasse  verbarg  sich  im  Nebel ;  unberührt  blieb  die  Schwelle 
von  Tartarien  und  dem  geheimnissvollen  Katai  mit  seiner 
Hauptstadt  Cambalu,  seinen  Häfen  Jangio  und  ßrema,  seinem 
Strome  Polisange,  und  den  hierüber  ausgebreiteten  dichten  Schleier 
vermochten  auch  die  im  Nordosten  angetroffenen  Inselbewohner 
nicht  im  mindesten  zu  lüften,  denen  diese  Bezeichungen  völlig 
fremd  waren.  Ungelöst  blieb  ferner  die  allerdings  nur  als  weniger 
erheblich  hingestellte  Aufgabe,  festzustellen,  ob  Yezo  eine  Insel 
für  sich  bilde,  oder  mit  welchem  andrem  Lande  es  zusammenhänge, 
und  irrig  war  das  vom  Norden  von  Yezo  erhaltene  Bild,  indem  die 
beiden  südlichsten  Glieder  der  Kurilenkette,  Shikotan  und 
Kunashiri,  und  sogar  die  grosse  Insel  Sachalin  für  Teile  von  Yezo 
angesehen  wurden  ;  irrig  auch  die  Ansicht,  im  Companyslant  die 
Nordwestküste  von  Amerika  erreicht  zu  haben.  Endlich  —  und  für 
die  Kompagnie  war  das  wol  nicht  minder  bedauerlich  wie  das 
Schwinden  der  Hoffnung  auf  das  Goldland  —  keine  Spur  von 
lohnendem  Handelsverkehr,  die  gefundenen  Eingeborenen  nur 
arme  Jägervölker,  deren  ganzer  Reichtum  in  etwas  Fellen  bestand, 
und  die  das  wenige  Silber,  das  sie  besassen,  selbst  hochzuschätzen 

verstanden  ! 

Dieser  Reihe  von  Misserfolgen  gegenüber  stehen  aber  wichtige 
und  wertvolle  Ergebnisse  der  Entdeckungsreise,  welche  mit  Recht 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.      427 

daher  durch  z'f?;^  Siebold  "als  einer  der  belangreichsten  Seezüge 
des  17.  Jahrhunderts"  gerühmt  vvird.^)  Weiter  als  je  vorher  war 
man  in  den  unbekannten  Norden  des  Grossen  Ozeans  vorgedrungen 
und  hatte  dort  zwei  ansehnliche  Inseln  entdeckt  und  für  die 
Kompagnie  in  Besitz  genommen,  die  zwar  arm  an  Menschen  und 
Tieren,  vielleicht  aber  nicht  an  Bodenschätzen,  zu  sein  schienen, 
die  beiden  Kurilen  Staetenlant  (Iturup)  und  Companyslant  (Urup), 
deren  Besitzrecht  man  allerdings  in  Holland  nicht  gewürdigt  hat 
und  die  ja  auch  heut  noch  einen  wirtschaftlichen  hohen  Wert  nicht 
einnehmen.  Von  gänzlich  unbekannten  Gebieten  wurde  ferner 
entdeckt  der  südliche  Teil  der  Insel  Sachalin  ;  näher  beschrieben 
wurde  der  Osten  von  Yezo  und  von  der  japanischen  Hauptinsel 
Nippon,  weite  Strecken,  von  denen  man  in  Europa  ebenfalls  noch 
so  gut  wie  nichts  wusste  und  deren  Erforschung  von  Siebold  mit 
den  folgenden  Worten  würdigt:  "  Vries  hat  man  die  Entdeckung 
und  Aufnahme  der  ganzen  Küste  vom  Hoek  Bosho  bis  an  die 
Nordspitze  von  Japan  (von  34  Grad  58  Minuten  bis  41  Grad  25 
Minuten  n.  B.)  zu  danken,  eine  Küstenstrecke,  die  bis  zur  Oeffnung 
der  Häfen  von  Simoda  und  Hakotade  (auf  Jezo)  durch  keinen 
Seefahrer  ausser  1739  durch  Kapt.  Spangberg  und  Walton,  1779 
durch  Kapt.  King  und  1796  und  1797  durch  Kapt.  Broughton 
besucht  worden  ist."^)  Auch  die  Kenntniss  von  den  Inselketten 
im  Süden  von  Japan,  besonders  den  Sieben-Inseln  mit  dem  so 
verhängnissvollen  Ongeluckich  Eylant  (Hachijö)  wurde  erheblich 
erweitert. 

Wertvoller  als  für  die  Kompagnie,  welcher  mehr  an  klingenden 
Erfolgen  gelegen  sein  musste,  waren  diese  Ergebnisse  für  die 
Erdkunde,  der  sie  diesmal  nicht,  wie  bei  den  Zügen  Vizcainos, 
Ouasts  und  Tasmans,  vorenthalten  blieben.  Bereits  um  das  Jahr 
1650  gab  Johannes  Janssonius  eine  Karte  von  Japan,  dem  Lande 
Yezo  und  umliegenden  Inseln  heraus,  auf  welcher  die  Vries'schen 
Entdeckungen  berücksichtigt  sind.^)  Besonders  aber  im  18. 
Jahrhundert,  in  welchem  die  Inselgestalt  Yezos,  sowie  die  angebli- 

^)  Leupe-Siebold,  Seite  265. 

2)  Letipe-Siebold,  Seite  276-277. 

3)  Lctipe-Siebold,  Seite  277  ;  der  Titel  dieser  Karte  ist  hier  wie  folgt  angeführt :  "  Nova 
et  accurata  Jopaniae,  terrae  esonis  ac  insularum  adjucentium  ex  novissima  detectione 
descriptio  apud  Joannem  Janssonhim.'''' 


428       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

eben  Gold-  und  Silbennsein  und  überhaupt  die  Erforschung  des 
nördlichen  Grossen  Ozeans  nicht  nur  bei  erfahrenen  Geographen^ 
sondern  auch  bei  gelehrten  Staatsmännern  zu  den  Lieblings- 
Problemen  zählten,  ist  es  stets  die  Reise  von  Vries,  vor  allen 
Dingen  nach  den  Berichten  van  NieropSy  Witsens  und  des  hierauf 
fussenden  berühmten  Btiacke^),  die  den  Untersuchungen  zu  Grunde 
gelegt  und  den  späteren  Forschungsreisenden  als  wertvolles 
Material  mitgegeben  wird. 

Aber  auch  von  der  Ostindischen  Kompagnie  wurde  die 
Bedeutung  des  Zuges,  wenn  er  auch  die  daran  geknüpften 
Hoffnungen  nicht  verwirklicht  hatte,  keineswegs  verkannt.  Sie 
erfüllte  das  in  der  Instruktion  enthaltene  Versprechen  von 
Belohnungen,  indem  Vries  und  seine  Offiziere  bei  ihrer  Rückkehr 
nach  Batavia  eine  Ehrengabe  von  2  Monat  Gehalt  und  die  Mann- 
schaft eine  solche  von  einem  Monat  erhielten.-)  Ein  von  Vries 
verfasster  Bericht  wurde  nebst  dem  von  dem  Obersteuermann  Coen 
geführten  Tagebuche  und  den  dazu  gehörigen  Karten  der  Direktion 
nach  Amsterdam  eingesandt  f)  anscheinend  hat  man  nur  das  von 
Lenpe  veröffentlichte  Tagebuch  nebst  einer  Karte  wiedergefunden, 
während  von  dem  Bericht  von  Vries  nichts  mehr  verlautet.  Die 
Anerkennung  seiner  Verdienste  durch  die  Indische  Regierung 
gelangte  zum  sichtbaren  Ausdruck  durch  die  sich  ihm  nun 
eröffnende,  ehrenvolle  Laufbahn.  Im  Februar  1644  wurde  Vries  das 


1)  Philippe  Buache,  Consid6rations  G6ographiques  et  Physiques  sur  les  nouvelles 
ddcouvertes  au  nord  de  la  Grande  Mer,  appellee  vulgairement  la  Mer  du  Sud  ;  avec  des 
Cartes  qui  y  sont  relatives;  Paris  1753.  (Beigefügt:  Mdmcire  sur  les  pays  de  l'Asie  et  de 
l'Am6rique  situes  au  nord  de  la  Mer  du  Sud  von  M.  de  Vaiigondv,  Paris  1774,  und  gleicher 
Titel  von  J.  K.  Buache,  dem  Sohne  des  Ersteren,  Paris  1775.)  Umfangreiche  Litteraturan- 
gaben,  sowie  die  getreue  Wiedergabe  vieler  seltena-,  alter  Karten  und  der  von  Witsen  zuerst 
veröffentlichten  Abbildungen  und  Profilansichten  <aus  dem  Vries'schen  Tagebuche  erhöhen 
den  Wert  dieses  interessanten  Werkes.  Vergl.  ferner  Dirck  Remhrantsz  van  Xicrop,  Ecnige 
Oefeningen  in  God-lijcke,  Wiskonstige,  en  Natuei-lijcke  dingen  ;  Amsterdani  1669  und 
sodann  1674  ;  englische  Uebersetzung  in  den  Philosophical  Transactions,  London  1674,  Seite 
197-207,  sowie  Nicolaas  Witsen,  Noord  en  Oost  Tartaryen,  2.  Druck,  Amsterdam  17815, 
Band  i,  Seite  132-155. 

2)  Beschluss  der  Indischen  Regierung  vom  21.  Dezember  1643,  siehe  Leute,  Seite  256. 

3)  Bi-ief  der  Indischen  Regierung  in  Batavia  an  die  Direktoren  in  Amsterdam  vom 
4.  Januar  1644  ;  siehe  Leupe,  Seite  243.  (Neben  dem  "  journael  van  den  Stierman  Coen,  ende- 
daeraff  gemaeckte  caerten "  ist  hier  ausdrücklich  eine  "  descriptie  ofte  relaes  van  den 
Commandeui  de  Vries  ' '  genannt.) 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       429 

wichtige  Amt  übertragen,  die  Schiffsjournale  aller  nach  Batavia 
kommenden  Kapitäne  und  Steuerleute  zu  prüfen,  eine  Stellung,  in 
der  er  jedoch  nicht  lange  verblieb,  da  er  bereits  im  Oktober 
desselben  Jahres  den  Befehl  über  zwei  Schiffe  und  eine  Yacht 
erhielt,  mit  welchen  er  den  Spaniern  in  Manila  Abbruch  thun 
sollte.  Zu  dem  gleichen  Zwecke  ward  er  im  Jahre  1646  mit  sieben 
und  im  Jahre  1647  mit  neun  Fahrzeugen  nach  den  Philippinen 
gesandt.  Während  bisher  seine  Unternehmungen  ihm  vollen 
Beifall  erworben  hatten,  fiel  in  diesem  Jahre  der  Zug  ungünstig  aus, 
da  der  Anschlag  auf  Manila  missglückte.  Zwar  ward  dort  das 
reiche  Kloster  San  Domingo  mit  14000  Realen  eine  Beute  der 
Holländer;  aber  diesen  gingen  vier  Schiffe  verloren  und  reichlich 
600  ]\Iann  büsste  die  Flotte  durch  Krankheiten  ein,  darunter  auch 
den  Befehlshaber  Vries  selbst.  Ueber  diesen  Ausgang,  den  man 
der  Unachtsamkeit  des  Kommandörs  zuschrieb,  war  man  in  Batavia 
sehr  unzufrieden  ;  jedoch  liess  man  die  von  Vries  getroffene 
Verteilung  der  Beute  unbeanstandet,  wonach  diesem  selbst  2400, 
der  Mannschaft  6600  und  der  Kompagnie  die  verbleibenden  5000 
Realen  zugefallen  waren.') 

Die  in  Batavia  den  Entdeckungen  der  Castricum  und  der 
Breskens  beigemessene  Bedeutung  geht  anschaulich  aus  dem 
Schlüsse  eines  hierüber  an  die  Direktion  in  Amsterdam  gerichteten 
Schreibens  hervor,  in  welchem  die  Indische  Regierung  sich 
folgendermassen  äussert  :  "  Und  da  uns  durch  die  Berichte  und 
Diskurse  von  de  Vries  grosse  Aussichten  zur  Entdeckung  von  noch 
vielen  andren  Ländern  und  jenem  unbekannten  Nord-Gebiete 
eröffnet  werden,  nebst  der  Hoffnung,  dass  diese  durch  das 
Auffinden  von  reichen  Mineralen  und  darauffolgendem  Handel  für 
die  Kompagnie  nützlich  sein  können,  so  bleiben  wir  wieder  der 
Absicht,  die  begonnenen  Entdeckungen  von  Eso,  Tartarien, 
Amerika  und  darum  gelegenen  Reichen  im  kommenden  April  mit 
zwei  Yachten  und  einer  Quel  (?)  unter  Befehl  des  genannten  de 
Vries  und  des  Steuermanns  Coen  ernstlich  weiterzuverfolgen,  mit 
der  festen  Hoffnung,  dass  solches  für  die  Allgemeine  Kompagnie 
dienlich    und    zu    seiner   Zeit   nützlich    werden    soll,    worüber    wir 


^)  Resolutionen  der  Indischen  Regierung  zu  Batavia  vom  6.  Februar  und  17.  Oktober 
1644,  17.  Februar  1646,  2i.  Januar  1647  und  20.  Januar  1648  ;  siehe  Leupe,  Seite  257-259. 


430      O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

hoffen,  nächstes  Jahr  Euer  Eclelen  guten  Erfolg  melden  zu 
können."')  Ein  Jahr  darauf  verkündet  der  Bericht  der  Indischen 
Regierung  allerdings,  dass  diese  Absicht  trotz  grosser  Neigung 
dazu  "durch  dringendere  Angelegenheiten  und  durch  Mangel 
geeigneter  Schiffe  noch  zurückgehalten  worden  sei."') 

Wie  man  bemerken  wird,  war  bei  den  weiteren  Entdeckungs- 
Absichten  der  Kompagnie  wol  noch  von  Tartarien,  Yezo  und 
Amerika,  aber  nicht  mehr  von  den  angeblichen  Gold-  und 
Silberreichen  Inseln  östlich  von  Japan  die  Rede.  Man  sollte  daher 
wol  annehmen,  dass  nach  dem  Kundwerden  von  den  wiederholten, 
durchaus  verneinenden  Ergebnissen  der  Holländer  nunmehr  diese 
ganze  Angelegenheit  endgiltig  als  abgethan  betrachtet  worden 
wäre.  Dem  war  aber  keineswegs  so  ;  sondern  noch  mehr  als  ein 
Jahrhundert  lang  und  für  mehr  als  eine  seefahrende  Nation  blieb 
das  Wunderland  ein  mit  Ernst  und  Eifer  gesuchtes  Ziel  der 
Begehrlichkeit. 


KAP.     VI. 


SPÄTERE  BESTREBUNGEN  ZUR  ENTDECKUNG 
DER  GOLD-  UND   SILBERINSELN. 


I.  Russische  Bestrebungen  unter  Peter  dem  Grossen. 


Im  i8.  Jahrhundert  zuerst  soll  von  russischer  Seite  die  Aufgabe 
ins  Auge  gefasst  worden  sein,  und  zwar  von  dem  durch  seinen 
lehrreichen  Aufenthalt  in  Holland  für  solche  Pläne  ebenso 
empfänglichen  als  unternehmungslustigen  Zar  Peter  dem  Grossen. 
Er  entsandte  zwei  Zöglinge  der  von  ihm  errichteten  See-Akademie 

1)  Brief  der  Indischen  Regiei'ung  an  die  Direktoren  in  Amsterdam  vom  4.  Januar  1644; 
siehe  Leupe,  Seite  247.  Mit  der  Bezeichnung  Quel  ist  jedenfalls  ein  kleines  Schiff  gemeint ; 
vielleicht  ist  dies  eine  Abkürzung  für  Caravelle  ?  Dem  Namen  von  Vries  scheint  man  nach 
seiner  grossen  Entdeckungsreise  meist  das  vornehm  klingende  Wörtchen  de  vorgesetzt  zu 
haben. 

2)  Brief  der  Indischen  Regierung  an  die  Direktoren  in  Amsterdam  vom  23.  Dezember 
1644,  siehe  Leiipe,  Seite  248. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.        43I 

nach  den  Kurilen,  um,  wie  O.  PescJiel^)  nach  Angaben  Ä'.  £".  z/^w 
Baers^)  berichtet,  in  dieser  Inselgruppe  nach  jenen  metallreichen 
Gebieten  zu  suchen.  Von  Baer  hat  dies  jedoch  nur  als  eine 
Hypothese  hingestellt,  gestützt  auf  den  Umstand,  dass  Peter  d.  Gr. 
berichtet  Avorden  sei,  die  Japaner  holten  von  einer  der  Kurilen  ein 
Metall,  und  dass  zu  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  die  Entdeckungs- 
reise der  Castricum  ein  vielbesprochener  Gegenstand  gewesen 
sei.^j  Gleichviel,  welche  Absichten  dem  Zaren  wirklich  hierbei 
innewohnten,  auch  Jewremow  und  Lushin  —  so  hiessen  die  beiden 
Forschungsreisenden  —  vermochten  das  Wunderland  nicht  zu  ent- 
decken. 


2.  Erneuerung  der  spanischen  Bestrebungen. 


Nachdem  das  Trugbild  so  bis  zum  äussersten  Osten  Europas 
gewandert,  sehen  wir  es  auf  einmal  wieder  aufleben  auf  der  Stätte 
seines  Ursprungs,  in  Spanien. 

Nach  dem  kläglichen  Ausgang  der  Unternehmung  Vizcainos 
hatte  man  hier  sich  um  die  Sache  nicht  weiter  gekümmert.  Dass 
aber  die  Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata  keineswegs  vergessen 
waren  bei  den  spanischen  Seeleuten,  ergibt  sich  aus  der  Be- 
schreibung einer  Weltreise,  auf  welcher  im  Jahre  1696  der  Italiener 
Gemelli  Careri  mit  einem  spanischen  Schiffe  von  den  Philippinen 
nach  Mexiko  segelte.  Dieser  berichtet,  wie  man  am  30.  September 
1696  die  Breite  von  31  Grad  58  Minuten  erreicht  und  schon 
geglaubt  habe,  "  auf  der  Höhe  einer  gewissen,  imaginären  Insel  zu 
sein,  welche  man  Rica  de  Oro  nennt  und  auf  den  Karten  unter  32 
Grad  weniger  einige  Minuten  setzt,  obgleich  es  gewiss  ist,  dass 
niemals  jemand  eine  solche  Insel  gesehen  hat".*)  Bezüglich  der 
Rica  de   Plata  wird   unterm    3.  Oktober  1696  von    Cay^eri  erwähnt, 

^)  O.  Peschcl,  Geschichte  der  Erdkunde ;  2.  Auflage,  INIiinchen  1877,  Seite  381, 
Anmerkung  i. 

')  K.  E.  von  Baer,  Peters  des  Grossen  Verdienste  um  die  Erweiterung  der  geographi- 
schen Kenntnisse,  St.  Petersburg,  1872,  Seite  35-38. 

3)  Ebenda,  Seite  38. 

•*)  Voyage  du  tour  du  monde^  traduit  de  1'  Italien  de  Gemelli  Careri  par  L.  M.  M., 
Band  V  :  Des  Isles  Phihppines,  Paris  1719  ;  Buch  IIl,  Kap.  6,  Seite  309. 


432       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

dass  zwei  Enten  in  der  Nähe  des  Schiffs  vorbeigeflogen  seien  und 
man  einen  andren  kleinen  Vogel,  welcher  sich  auf  den  Schiffstauen 
ermüdet  niedergelassen,  gefangen  habe ;  es  sei  nun  von  dem 
Steuermanne,  den  Untersteuerleuten  und  den  Passagieren  darüber 
gestritten  worden,  woher  das  Tierchen  stamme,  und  man  sei  zu  der 
Ansicht  gelangt,  "  dass  es  ohne  Zweifel  von  der  30  Meilen  nach 
Süden  entfernten  Insel  Rica  de  Plata  gekommen  sei  und  der  Wind 
es  davongetragen  habe  ;  man  befand  sich  auf  der  Höhe  von  34 
Grad  7  Minuten."  Hierzu  bemerkt  der  nicht  so  leichtgläubige 
und  erfahrene  Weltreisende  Careri'.  "  Die  Steuermänner  glauben, 
dass  die  Inseln  Rica  de  Oro,  Rica  de  Plata  und  mehrere  andere  in 
der  Umgebung  die  Salomonsinseln  sind  ;  was  mich  anbetrifft,  so 
glaube  ich,-  dass  sie  imaginär  sind,  weil  seit  der  langen  Zeit,  seit 
der  man  diese  Reise  macht,  man  sie  niemals  gesehen  hat."*)  (Die 
1567  durch  Mendana  entdeckten  Salomonsinseln,  welche  man 
seitdem  vergeblich  versucht  hatte  wiederzufinden,  wurden  erst 
1767-1769  von  Carteret,  Bougainville  und  Surville  aufs  Neue 
entdeckt,  waren  also  zur  Zeit  Careris  nicht  bekannt.)  Die 
angebliche  Lage  der  Rica  de  Plata  gibt  Careri  mit  34  Grad  30 
Minuten  an.^) 

In  den  Steuermanns-Ueberlieferungen  und  auf  den  Seekarten 
der  Spanier  lebten  also  die  beiden  wunderbaren  Inseln,  obwol  man 
sie  nie  zu  Gesicht  bekam,  unter  ihren  verlockenden  Namen  ruhig 
fort,  ohne  dass  man  sich,  wie  es  scheint,  weiter  viel  um  sie 
kümmerte,  oder  sich  veranlasst  sah,  ihr  Vorhandensein  nach- 
zuweisen. 

Eine  Aenderung  in  dieser  gleichgiltigen  Anschauungsweise 
trat  im  dritten  Jahrzehnt  des  18.  Jahrhunderts  ein;  unterrichtet 
hierüber  sind  wir  aus  zweierlei  Quellen,  die,  ohne  völlig  übereinzu- 
stimmen, sich  dennoch  ergänzen;  einmal  durch  Handschriften  im 
Archiv  von  Indien  zu  Sevilla,  und  sodann  durch  in  der  BibHothek 
von  Alexander  Dalrymplc  vorhanden  gewesenen  Abschriften, 
deren  Veröffentlichung  wir  James  Biirney  verdanken.^)  Danach 
gestaltete  sich  die  Angelegenheit  in  folgender  W^eise. 

*)  Gevtelli  Careri,  Tour  du  monde,  Buch  III,  Kap.  6,  Seite  31 1-3 12. 
2)  Ebenda,  Seite  314-31S. 

^)  yames  Bttrney,  A  chronological  history  of  the  discoveries  in  the  South  Sea  or  Pacific 
Ocean,  Band  II,  Seite  263-265. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       433 

Durch  einen  Marquis  de  Monte  Castro  waren  der  spanischen 
Regierung-  Vorschläge  gemacht  worden  zur  Entdeckung  und 
Besiedelung  der  Inseln  Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata.^)  Hierauf 
wahrscheinlich  beruht  eine  Aeusserung  des  Guvernörs  der  Phi- 
lippinen aus  dem  Jahre  1729,  worin  er  bekundet,  indem  er  sich  auf 
einen  Jesuiten  Pater  Oviedo  beruft,  dass  jene  Inseln  nach  der 
übereinstimmenden  Ansicht  aller  Kenner  der  Fahrt  zwischen  China 
und  Neu-Spanien  auf  dem  Kurse  der  dorthin  fahrenden  Gallionen 
liegen.^)  Im  Juni  1730  erfolgte  nun  ein  Erlass  der  spanischen 
Regierung,  worin  unter  Bezugnahme  auf  die  Vorschläge  des 
Marquis  de  Monte  Castro  bestimmt  wurde,  dass  von  den  Steuer- 
männern und  andren  Personen,  welchen  die  Rica  de  Oro  und  Rica 
de  Plata  bekannt  seien,  Nachrichten  hierüber  eingeholt  würden, 
und  zwar  bezüglich  dreier  Fragen :  i.  Ob  dieselben  Ursachen, 
welche  im  Jahre  1606  in  Manila  zu  Vorstellungen  beim  Hofe  wegen 
Besiedelung  der  Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata  geführt  hatten,*) 
noch  fortbeständen.  2.  Ob  die  Schiffahrt  nach  Neu-Spanien  noch 
auf  demselben  Wege  stattfinde,  wie  zu  jener  Zeit.  3.  Was  be- 
züglich der  genannten  Inseln  bekannt  sei.*) 

Das  Wesentliche  der  von  vier  Steuermännern  hierauf  ein- 
gegangenen, schriftlichen  Antworten,  welche  leider  den  dritten 
und  wichtigsten  Punkt  kaum  berühren,  besteht  nach  Btivney  in 
folgenden  Auszügen')  : 

I.  Da  die  Schiffahrt  von  den  Philippinen-Inseln  nach  Neu- 
Spanien    nicht    mit    dem    allgemeinen    Passatwind    bewirkt    wird, 

1)  Brief  des  Königs  von  Spanien  an  den  Giivernör  der  Philippinen  vom  12.  Dezember 
1741  ;  siehe  Bttrney,  Band  II,  Seite  263,  265. 

=»)  Brief  von  Don  Jose  Patino  an  den  Guvernör  der  Philippinen  Don  Fernando  Valdes 
Tamon  aus  Cazalla  vom  25.  Juni  1730,  Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla,  Hierin  wird 
obige  Angabe  aus  dem  Briefe  von  Tamon  vom  12.  März  1729  wiedergegeben. 

3)  Vergl.  Seite  331. 

■»)  Biirney,  Band  II,  Seite  263.  Während  nach  Burney  im  Juni  1730  dieser  Erlass 
erfolgte,  gibt  eine  im  Archiv  zu  Sevilla  befindliche  Real  Cedula  dem  Guvernör  der  Phi- 
lippinen den  fast  wörtlich  gleichen  Auftrag,  welche  ater  das  Datum  des  12.  März  1738  trägt. 
Wahrscheinlich  handelt  es  sich  hier  um  eine  Erneuerung,  welche  vielleicht  durch  einen 
Wechsel  in  der  Person  des  Guvernörs  der  Philippinen  ihre  Ursache  hatte.  Für  die 
Richtigkeit  des  von  Burney  angegebenen  Datums  spricht  der  Umstand,  dass  die  von  ihm 
beigebrachten,  hierauf  erfolgten  Gutachten  aus  dem  Jahre  1733  stammen,  der  Eilass  von 
1738  also  nicht  der  erste  gewesen  sein  kann. 
^)  Bitrjtey,  Band  II,  Seite  263-264. 


434  ^-    NACHOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAND. 

sondern  mit  allen  Winden,  so  kann  es  keine  feste  Route  geben. 
Aber  es  ist  immer  der  Brauch,  nach  dem  Norden  zu  segeln,  indem 
man,  jetzt  wie  früher,  die  Inseln  (Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata) 
rechter  Hand  lässt.  Ein  Zwischenhafen  zwischen  den  Philippinen 
und  Neu-Spanien  würde  jederzeit  zweckdienlich  sein.     Manila,  den 

i8.  Nov  1733. 

(gez.)  Henrique  Herman. 

2.  Den  Seekarten  zufolge  liegt  die  Insel  Rica  de  Oro  vom 
Kap  del  Espiritu  Santo  (in  den  Philippinen)  660  Meilen  (Leguas) 
entfernt  Ost-Nord-Öst  ^  Nord  und  unter  29  Grad  45  Minuten 
nördliche  Breite.  Und  Rica  de  Plata  liegt  vom  selben  Kap  760 
Meilen  Nord-Ost  zu  Ost  entfernt  und  unter  33  Grad  36  Minuten 
n.  Er.  .  25.  Nov.  1733. 

(gez.)  Geronimo  Riomero. 

3.  Nach  meiner  sphärischen  Karte  streicht  Rica  de  Oro  vom 
Vulkan  San  Agustin  (zur  Ladronen-Kette  gehörend),  welcher  unter 
19  Grad  25  Minuten  n.  Br.  liegt,  nach  Nordost  zu  Ost  und  liegt 
unter  29  Grad  25  Minuten  n.  Br.  in  einer  Entfernung  von  342 
französischen  Meilen  von  dem  Vulkan.  Rica  de  Plata  liegt 
Nordost  bei  Ost  3  Grad  Nord,  von  dem  Vulkan  420  Meilen  entfernt 
und  unter  32  Grad  50  Minuten  n.  Br.  .  Sie  werden  von  derselben 
Nützlichkeit  sein,  als  früher  angenommen  worden  ist,  wenn  sie  in 
den  genannten  Parallelen  liegen,  was  ich  für  sehr  unsicher  halte. 
2.  Dez.  1733. 

(gez.)  Pedro  Laborde  Faujias. 

4.  Bei  vier  Reisen,  welche  ich  von  den  Philippinen  nach  Neu- 
Spanien  gemacht  habe,  bin  ich  zwischen  den  Inseln  Rica  de  Oro 
und  Rica  de  Plata  hindurchgefahren,  indem  ich  die  eine  im  Norden 
und  die  andre  im  Süden  liegen  Hess,  d.  h.  indem  ich  hielt  zwischen 
den  Parallelen  von  30  und  36  Grad  n.  Br.,  in  welchen  jene  Inseln 
liegen.  10.  Dez.  (Jahreszahl  fehlt.) 

(gez.)  Manuel  Galvez. 
Anschliessend  an  diese  Berichte  enthält  die  Dalryinplesz\iQ 
Handschrift  eine  Vorstellung  einiger  Kaufleute  aus  Manila  gegen 
den  Vorschlag  des  Marquis  von  Monte  Castro,  dessen  Annahme 
nach  ihrer  Versicherung  sich  schädlich  erweisen  würde,  sowol  für 
das  Einkommen  des  Königs  als  für  den  Handel.^) 

'^)  Biirney,  Band  II,  Seite  264. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.      435 

Zu  diesem  Gegenvorschlag  und  den  sO  wenig  besagenden  und 
dabei  noch  widerspruchsvollen  steuermännischen  Gutachten 
gesellte  sich  noch  ein  durchaus  abratender  Bericht  des  Guvernörs 
der  Philippinen,  welchen  er  auf  Grund  der  betreffenden,  von  ihm 
durchforschten  und  abschriftlich  beigefügten  Akten  1740  der  spani- 
schen Regierung  erstattete.  Ohne  die  Möglichkeit  des  Nutzens 
einer  solchen  Entdeckung  zu  verkennen,  kommt  er  zu  seinem 
ablehnenden  Standpunkte,  "da  in  so  viel  Jahren,  als  seit  1606  bis 
jetzt  verflossen  sind,  die  Gallionen  dieser  Fahrt  gesegelt  sind,  ohne 
dass  sie  sich  genötigt  gesehen  haben,  den  Hafen  dieser  Inseln  zu 
suchen,  deren  Lage  keinen  festen  Punkt  bildet,  indem  die  einen 
ihnen  mehr  und  die  andren  weniger  Grade  der  Länge  und  Breite 
beimessen,  da  bis  zu  dieser  Stunde  niemand  sie  gesehen  hat,  und  da 
alle  ihre  Grössen  nicht  kennen,  noch  wissen,  ob  Menschen  sie 
bewohnen  oder  ob  sie  durchaus  unbevölkert  sind."^) 

Unter  diesen  Umständen  kann  es  nicht  wundern,  dass  nunmehr 
die  spanische  Regierung  auf  das  Unternehmen  verzichtete.  Die 
Ablehnung  des  Planes  erfolgte  im  Jahre  1741  durch  folgendes,  an 
den  Guvernör  der  Philippinen  gerichtetes  und  dessen  Ausführungen 
sich  fast  wörtlich  anschliessendes  Schreiben  des  Königs  :  "  All  die 
erhaltenen  Nachrichten  gewähren  keine  verständige  Ermutigung, 
die  genannte  Entdeckung  zu  versuchen,  da  in  einer  so  langen  Zeit, 
seit  dem  Jahre  1606,  in  welchem  Kunde  von  diesen  Inseln 
empfangen  wurde,  bis  zu  dieser  Stunde,  die  Gallionen  auf  diesem 
Wege  geschifft  sind,  ohne  genötigt  zu  sein,  nach  ihnen  zu  suchen  ; 
überdies  ist  ihre  Lage  nicht  klargestellt,  da  in  manchen  Berichten 
diese  mehr  Grade  beträgt,  als  in  anderen  ;  noch  ist  ihr  Umfang 
bekannt,  ebensowenig  als  die  Art  der  Bewohner,  und  ob  sie  über- 
haupt bewohnt  sind  oder  nicht.  Und  die  Mittel,  welche  der 
Marquis  von  Monte  Castro  für  die  Bewirkung  dieser  Entdeckung 
vorgeschlagen  hat,  erscheinen  undurchführbar. — Es  wird  daher 
befohlen,  dass  keine  Abweichung  gemacht  werde  von  dem  Wege, 
auf  welchem  die  Gallionen  jährlich  nach  Neu-Spanien  gesegelt 
sind.     Gegeben  12.  Dezember  1741."^) 


1)  Brief  des  Guvernöi's  der  Philippinen  Don  Caspar  de  la  Torre  aus   Manila  vom  13. 
Juli  1740,  Handschrift  im  Archiv  zu  Sevilla. 

2)  Biinuy,  Band  II,  Seite  264-265. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       436 

Damit  scheint  für  die  Spanier  das  Streben  nach  diesen  interes- 
santen Insehi  endgiltig  zum  Abschluss  gekommen  zu  sein,  wiewol 
dieselben  von  ihren  Karten  nicht  verschwanden. 


3.  Französische  Bestrebungen  unter  La  Perouse. 


Bei  andren  seefahrenden  Nationen  aber,  denen  die  eben 
geschilderten,  spanischen  Massnahmen  mit  ihrem  verneinenden 
Ergebnisse  natürlich  unbekannt  blieben,  weckte  der  vor  allem  an 
den  Namen  Cooks  sich  knüpfende  Beginn  jener  Periode  der 
sogenannten  wissenschaftlichen  Entdeckungsreisen  wieder  mächtig 
den  Trieb  nach  unbekannten,  schätzereichen  Ländern. 

Sosehen  wir  denn,  wie  in  Fankreich  in  jener  bewegten  Zeit, 
da  die  neuen  Ideen  der  Aufklärung  das  gebrechlich  gewordene 
Staatsschifflein  bereits  in  bedenkliches  Schwanken  versetzt  hatten, 
noch  eine  ruhmvolle  Geistes-Aufgabe  nach  vorzüglichen  wissen- 
schaftlichen Methoden  und  mit  fernsichtiger  Gründlichkeit 
sorgfältig  vorbereitet  und  kraftvoll  ins. Werk  gesetzt  wird:  die 
Entdeckungs-Weltreise  unter  Führung  von  La  Peroitse}) 

Zu  den  sehr  zahlreichen  Aufgaben  auf  den  verschiedensten 
wissenschaftlichen  Gebieten,  mit  denen  die  Expedition  betraut 
wurde,  zählte  aber  auch  wieder  einmal  die  Entdeckung  jener  gold- 
und  silberreichen  Inseln  östlich  von  Japan. 

Das  sehr  ausführliche  "  Memoire  du  Roi  pour  servir  d'instruc- 
tion  particuliere  au  sieur  De  La  Perouse"  vom  26.  Juni  1785 
schreibt  Letzterem,  nachdem  er  Anfang  August  1788  den  Hafen 
von  Avatscha  (Kamtschatka)  verlassen  haben  werde,  Folgendes 
vor:    '•  II  viendra   se   mettre   par  la  latitude  de  37  degres  ^  Nord, 

^)  Die  Tagebücher  des  unglücklichen  La  Fcrouse,  welche  dieser  vor  dem  letzten  Teile 
seiner  Reise,  auf  der  er  spurlos  mit  seinem  Schiffe  verschwand,  nach  Frankreich  hatte 
senden  können,  sind  unter  der  ersten  französischen  Republik  mit  wertvollen,  auf  die  Reise 
bezüglichen  andren  Schriftstücken  auf  Staatskosten  veröffentlicht  worden  unter  dem  Titel : 
Voyage  de  La  Perouse  autour  du  monde,  public  conformement  au  decret  du  22  avril  179I, 
et  redigfe  par  M.  L.  A.  Milet-Mureau;  4  Bände  nebst  Atlas,  Paris  1797.  Auf  dieses 
vornehm  ausgestattete,  verdienstvolle  Werk  stützen  sich  meine  Angaben  bezüglich  der  La 
Jtrö^Jd-'schen  Reise.  (Vergl.  auch  die  deutsche  Ausgabe  von  Forster  und  Sprengel,  2 
Bände,  Berlin  1799-1800.) 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLULAND.       437 

sur    le    meridien    de  iSo    degres.^)      II  fera  route   a  l'Ouest,  pour 
rechercher   une   terra  ou  ile  qu'on  dit  avoir  ete  decouverte  en  1610 
par  les  Espagnols  (note  48}  ;  il  poussera  cette  recherche  jusqu'au 
lösieme  degre  de  longitude  Orientale.        II  se  dirigera  ensuite  dans 
le  Sud-Ouest  et  Sud-Sud-Ouest,    pour  reconnaitre   les   iles  eparses 
situees  sur  cette  direction,  au  Nord-Est  des  iles  des  Larrons  ou  iles 
Mariannes."^)      Die   hier   erwähnte,   zu   den  der  Instruktion    beige- 
gebenen,    zahlreichen    Anmerkungen   gehörende    Note    48    lautet: 
"  Grande   Ile,    peuplee  et  riche,  qu'on  dit  avoir  ete  decouverte  par 
les  Espagnols,  vers  l'annee  1600.^)      On  trouve  sur  cette  ile  la  note 
suivante   dans  les  Philosophical    Transactions  of  the  royal   society, 
etc.  (No.  109,  page  20r,  Paragraphe  11,  de  l'annee  1674,  finde  tome 
VII,  VIII,  IX.)    '  Dans  la  mer  du  Sud,  par  37  degres  4-  de  iatitude 
septentrionale,    et    a    environ    4C0    milles    d'Espagne,    ou    343    de 
Hollande,   de    15   au  degre,  c'est-a-dire,  a  28  degres  de  longitude  ä 
rOrient  du  Japon,  il  y  a  une  ile  elevee  et  tres-grande,   habitee   par 
des  peuples  blancs,   beaux,  doux  et  civilises,  excessivement  riches 
en   or  et  en   argent,    comme    l'a    eprouve,    il    y   a    longtemps,    un 
vaisseau    espagnol    qui    faisait    voile    de    Manille    a    la    Nouvelle 
Espagne;  de  sorte  que  le  roi   d'Espagne  envoya,   en  1610  ou  161 1, 
un  vaisseau  d'Acapulco  au  Japon,  pour  prendre  possession  de  cette 
ile.     Cette  entreprise,  mal  conduite,  n'eut  aucun  succes  ;  et  depuis 
ce  temps  on  a  neglige  de  tenter   cette   decouverte.'"*)      Man  sieht 
hieraus,  alles  was  man  in   den   gelehrten   und   Regierungs-Kreisen 
Frankreichs   damals   über   die   Sache   wusste,   beschränkte  sich  im 
Wesentlichen   auf  die   spärlichen   Mitteilungen  aus  der  1643   Vries 
erteilten  Instruktion,   welche  zuerst  durch  va72  Nierop^)  veröffent- 
licht worden  waren. 

Nachdem  La   Perouse    am    30.    September    1787^)   von    Kam- 
tschatka   abgesegelt    war,    widmete    er    sich    auch    diesem    Teile 


^)  Der  Unterschied  zwischen  Paris  und  Greenwicli  beträgt  2  Grad  20  .Minuten  g 
Sekunden  ;  180  Grad  östl.  Länge  von  Taris  entspricht  also  rund  1S2  Grad  'C>.  L.  oder  178 
Grad  westl.  I,.  v.  Gr. 

•)  Voyage  de  La  Pcroiise,  Band  I,  Seite  150-151. 

3)  Diese  Jahreszahl  ist  natürlich  nur  ein  Druckfehler  und  muss,  wie  aus  dem 
vorhergehenden  und  folgenden  Text  hervorgeht,  1610  heissen. 

*)  Voyage  de  La  Pä'cuse,  Band  I,  Seite  150-15 1. 

5)  Vergl.  Seite  379,  Anm.  2  und  Seite  428,  Anm.  i. 

6)  Voyage  de  Za  Pcroiise,  Band  III,  Seite  155. 


43S       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

seiner    Aufgabe   mit    dem    ernstesten    Eifer    und    der    zuversicht- 
lichsten   Hoffnung;    welchen   Wert    er    auf  die    Entdeckung   des 
Goldlandes  legte,   bezeugen  seine  eigenen  Worte  :  "  II  me  parais- 
sait    que,    parmi    las    differentes    recherches   qui    m'etaient    plutot 
indiquees   qu'ordonnees  par  mes   Instructions,   celle-la   meritait  la 
preference."^)     Derselbe  Eifer  beseelte  die  ganze  Mannschaft ;   war 
doch    nicht    nur    demjenigen,    der    zuerst    das    Land   wahrnehmen 
würde,  eine  ziemlich   ansehnliche   Belohnung   zugesagt  ;  auch  der 
Ehrgeiz  war  geweckt,  indem  La  Perouse   versprochen  hatte,    dass 
das  Wunderland  den  Namen  desjenigen  tragen  solle,   der  es  zuerst 
entdecken  würde.      Am  14.   Oktober,   um  Mitternacht,   wurde  auf 
dem  165.  Meridian  (ö.  L.  v.  Paris)  die  vorgeschriebene   Höhe  von 
37  i  Grad   n.  B.  erreicht  und   nun  der  Kurs  östlich  gestellt   und 
langsam  gesegelt.     Die  Wachen  auf  den  Masten  der  beiden  Schiffe 
hielten  beständig  Ausschau,  begünstigt   von   sehr   klarem   Wetter. 
Wie  allen   seinen  Vorgängern  auf  dieser  Strecke,  so  fehlte  es  auch 
La    Perouse    nicht  an   verheissungsvollen    Anzeichen   für  Landes- 
nähe in   Gestalt   von   Küstenvögeln,   w^odurch    beständig    die    leb- 
haftesten   Hoffnungen    genährt    Avurden,    ohne   doch   je    erfüllt    zu 
werden ;     denn    nach    wirklichem    Land    wurde    stets    vergeblich 
ausgeschaut.^)      Nachdem  der    175.   Grad   (ö.  L.  v.  Paris)   erreicht 
war,  hörten  die  Anzeichen  von  Land  plötzlich  auf ;  dennoch  wurde 
der   Kurs  w^eiter  verfolgt,   bis   man   am  22.   Oktober  Mittags  den 
180.  Grad  (ö.  L.  v.  Paris),   die    La   Perouse    für    diese    Entdeckung 
gesetzte  östliche  Grenze,  um  20  Minuten  überschritten  hatte.      So 
musste  auch   dieser   kühne   Entdecker    unverrichteter    Dinge    von 
dannen  ziehen,  und  er  fasst,  gewiss  schweren  Herzens,  in  folgenden, 
bemerkenswerten  Worten  sein  Urteil  zusammen  über  "  l'ile  dont  la 
recherche  nous  coütait  tant  de  fatigues,  et  qui  certainement  existe 
dans  les  environs   de  la  route   que    nous  avons   parcourue.      Les 
indices  de  terre  ont  ete  trop  frequens  et  d'une  nature  trop  marquee, 
pourque  nous  puissions  en  douter.      Je  suis  porte  ä  croire  que  nous 
avons   couru   sur  un   parallele   trop  septentrional  ;    et   si  j'avais   ä 
recommencer  cette  recherche,  je  naviguerais  en  suivant  le  parallele 
de  35  degres,  depuis  160  jusqu'ä  170  degres  de  longitude :  c'est  sur 
cet  espace  que  nous  apercümes  le   plus   d'oiseaux  de  terre  ;  ils  me 

1)  Voyage  de  La  Perouse,  Band  III,  Seite  i66. 
*)  Ebenda,  Band  III,  Seite  166-168. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       439 

paraissaient  venir  du  SiiJ,  et  avoir  ete  pousses  par  la  violence  des 
vents  qui  avaient  souffle  de  cette  partie.  Le  plan  ulterieur  de  notre 
campagne  ne   me    laissait   pas   le   temps   de    verifier  cette   conjec- 

ture."^) 

Die  Zuversicht,  welche  La  Perouse  hier  äussert,  steht  im 
Widerspruch  mit  den  Ergebnissen  der  Castricum,  welche  das 
Gebiet  zwischen  den  fraglichen  Meridianen  nicht  nur  auf  der  Breite 
von  37  l  Grad  befahren,  sondern  in  südlicher  Richtung  noch  über 
den  35.  Breitengrad  ])inaus  vergeblich  dort  gekreuzt  hat  (vergl. 
Seite  418-9),  sowie  mit  den  Gutachten  der  spanischen  Steuermänner, 
welche  die  Silber-und  Goldinseln  in  noch  etwas  niedrigere  Breiten 
verlegen,  ohne  allerdings  auch  dort  sie  je  zu  Gesicht  bekommen  zu 
haben  (vergl.  Seite  433-434).  Wie  zähe  aber  auch  anderweit  der 
Glaube  an  das  Vorhandensein  tlieser  wunderbaren  Inseln  war, 
und  noch  an  der  Schwelle  unseres  Jahrhunderts,  das  beweist  die 
zuversichtliche  Anmerkung,  welche  der  gelehrte  Herausgeber  des 
La  Perotiseschen  Werkes,  der  General  de  Brigade  dans  le  Corps  du 
Genie    und    Directeur    des   fortifications    Milet-Miireau,   an   dessen 

Bericht   knüpft   und   worin   er   sagt:   " les  frequents  indices  de 

terre  qu'ont  eus  les  navigateurs,  doivent  faire  regretter  que  La 
Perouse  n'ait  pas  pris  le  parti  de  suivre  le  37e  ou  le  38e  parallele. 
Les  terres  anciennement  decouvertes  s'etant  presque  toutes 
retrouvees  de  nos  jours,  cette  ile  sera  sürement  l'objet  de  nouvelles 
recherches,  et  il  y  a  lieu  d'esperer  qu'on  la  trouvera  en  parcourant 
le  parallele  de  36  d.  30  m.^)  Der  Umstand,  dass  es  in  der  That  wie- 
derholt gelungen  ist,  lange  vergeblich  gesuchte,  ursprüngliche 
Entdeckungen,  wie  z.  B.  die  Salomons-Inseln,  schliesslich  doch 
wiederzufinden,  verleiht  einer  solchen  zuversichtlichen  An- 
schauung allerdings  einen  gewissen  Schimmer  von  Ikrechtigung. 


4.     Englische  Bestrebungen. 


Auch     die     im     Entdecken     so     eifrigen     und    erfolgreichen 
Engländer    versäumten    nicht,    im    letzten    Viertel   des   18.   Jahr- 

i)  Voyage  de  La  Fcroiise,  Band  III,  Seite  16S-169. 
2)  Voyage  de  La  Fcroiise,  Band  III,  Seite  167. 


440       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

hunderts  der  Frage  der  Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata  ihre 
Aufmerksamkeit  zuzuwenden.  Ihre  Kunde  von  diesen  Insehi  be- 
ruhte nicht  mehr  allein  auf  den  viel  verbreiteten  Berichten  der 
Holländer,  sondern  war  durch  einen  zufälligen  Umstand  erweitert 
und  neu  belebt  worden. 

Dem  englischen  Admiral  George  Anson^)  war  es  am  20. 
Juni  1743  in  der  Nähe  der  Philippinen  gelungen,  das  von 
Mexiko  dorthin  segelnde,  reich  beladene,  spanische  Schiff 
Nuestra  Senora  de  Cabadonga  abzufangen  und  nach  kurzem 
Kampfe  zu  erobern.  Neben  der  sehr  wertvollen  Ladung  wurde  bei 
dieser  Gelegenheit  auch  eine  Karte  vom  nördlichen  Teile  des 
Stillen  Ozeans  die  Beute  der  Engländer.  Auf  dieser  Karte  war 
der  Weg  eingezeichnet,  den  das  Schiff  auf  der  Reise  von  Acapulco 
nach  den  Philippinen  und  umgekehrt  gesegelt  war,  und  u.  a.  waren 
daher  auch  die  Inseln  Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata  darauf 
angegeben.')  Von  einem  geistlichen  Teilnehmer  der  englischen 
Unternehmung,  Richard  Walter,  welcher  Kaplan  an  Bord  des 
Admiralschiffes  von  Anson  war,  wurde  eine  Beschreibung  dieser 
Reise  veröffentlicht,'')  worin  auch  die  spanische  Karte  wiedergege- 
ben war,  welche  nun  auch  bezüglich  der  Rica  de  Oro  und  Rica  de 
Plata  für  viele  spätere  Karten  mittelbar  oder  unmittelbar  zur 
Grundlage  wurde.  Auf  einer  anscheinend  aus  der  zweiten  Hälfte 
des  18.  Jahrhunderts  stammenden,  ansehnlichen  englischen  Karte 
vom  nördlichen  Grossen  Ozean, ^)  worin  ausdrücklich  auf  die  unter 

^)  Ueber  dessen  Unternehmung  vergl.  Voyage  round  the  world  by  Commodorc 
George  Anson  in  Btirney,  A  cliroiiological  history  of  the  discoveries  in  the  South  Sea  or 
Pacific  Ocean,  Band  V,  Seite  38-39,  London  1817  ;  ferner  Commodore  Anson's  Voyage 
round  the  world  in  yohn  Barroic,  A  collection  of  voyages  and  discoveries,  3  Bände,  London 
1765,  Band  III,  Seite  1-185. 

2)  Biirney,  Band  V,  Seite  8I-S3,  Barrow,  Band  IN,  Seite  160-167. 

3)  Btirnev,  Band  V,  Seite  40  und  83.  Titel  und  Jahreszahl  des  Buches  wird  hier 
leider  nicht  angegeben.  Bei  Barrow,  Band  III,  Seite  162,  findet  sich  eine  sehr  kleine 
Wiedergabe  der  spanischen  Karte. 

•»)  Sie  befindet  sich  in  der  Königlichen  Bibliothek  zu  Dresden  und  hat  die  Aufschrift: 
"  Chart  containing  the  Coasts  of  California,  New  Albion,  and  Russian  Discoveries  to  the 
North  ;  with  the  Peninsula  of  Kamchatka,  in  Asia,  opposite  thereto;  and  Islands,  dispersed 
over  the  Pacific  Ocean,  to  the  North  of  the  Line.  Publish'd  according  to  Act  of  Parliament 
and  Printed  for  Rob.  Sayer  in  Fleet  Street  and  Thos.  Jefferys  in  the  Strand."  Die 
Jahreszahl  ist  leider  nicht  angegeben.  Da  aber  die  Wege  verschiedener  Reisen  um  die  Erde 
darauf  eingetragen  sind,  worunter  die  von  Anson  die  jüngste  ist,  während  die  von  Cook 
fehlen,  so  wird  sie  jedenfalls  aus  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  stammen. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       441 

Anson  erbeutete  Karte  der  Nuestra  Senora  de  Cabadonga  Bezug 
genommen  ist,  sind  die  beiden  Inseln  in  folgender  Weise 
dargestellt.  Die  Rica  de  Oro,  zwischen  30  und  31  Grad  n.  Br.  und 
zwischen  183  und  184  Grad  westliche  Länge  von  Ferro  (gleich 
158-159  Grad  ö.  L.  v.  Gr.)  gelegen,  hat  etwa  ^  Grad  Ausdehnung 
von  Süd  nach  Nord  und  etwa  i  Grad  von  West  nach  Ost  ;  ihre 
Gestalt  ist  wurmartig.  Die  Rica  de  Plata,  zwischen  33  und  34 
Grad  n.  Br.  und  zwischen  178  und  179  Grad  westliche  Länge  von 
Ferro  (gleich  164-165  Grad  ö.  L.  v.  Gr.)  gelegen,  hat  dagegen  die 
Form  eines  hohlen,  mit  den  Spitzen  nach  oben  gerichteten  Zahnes 
bei  einem  Umfang  von  etwa  ^  Grad  im  Quadrat. 

Die  Rica  de  Plata  war  es,  die  auf  der  sogenannten  dritten 
Cookschen  Reise^)  vom  9.  bis  11.  April  1779  einen  Gegenstand  der 
Forschung  bildete,  als  die  Route  der  von  Manila  nach  Neu-Spanien 
fahrenden  spanischen  Schiffe  in  der  angeblichen  Nähe  dieser  Insel 
gekreuzt  wurde.  Wie  ihren  Vorgängern,  z.  B.  Vries  (vergl.  Seite 
418),  so  fehlte  es  auch  den  Engländern  an  dieser  Stelle  nicht  an 
Zeichen  von  nahem  Land ;  ein  tropischer  Vogel,  sowie  ver- 
schiedene andre  Arten  von  Seevögeln,  als  Tauchenten,  Seepapa- 
geien, Sheerwaters  (.'*)  und  Sturmvögel,  wurden  wahrgenommen  ; 
auch  begegnete  man  mehreren  Bündeln  Seegras,  sowie  einem 
Baumstamm ;  aber  Land  selbst  wurde  nicht  erblickt.  Die 
geographische  Lage  der  durchsegelten  Strecke  war  zwischen  32  Grad 
16  Minuten  und  35  ^  Grad  n.  Br.  und  zwischen  166  Grad  40  Minuten 
und  165  Grad  45  Minuten  ö.  L.  v.  Gr.").  Auf  der  dem  Cookschen 
Werke  beigefügten  Karte  liegt  die  Rica  de  Plata  unter  34  Grad  n. 
Br.  und  164  Grad  ö.  L.,  die  Rica  de  Oro  unter  30  Grad  n.  Br.  und 
155  Grad  ö.  L.,  während  bemerkt  wird,  dass  auf  der  bei  der  Reise 
benutzten  Karte  von  De  Lisle  die  Rica  de  Plata  unter  33  ^  Grad  n. 
Br.  und  166  Grad  ö.  L.  eingetragen  sei.^)  Man  vergleiche  hiermit 
die  annähernden  Angaben  auf  der  von  den  Spaniern  erbeuteten 
Karte;  von  den  früher  so  wichtig  erachteten,  holländischen  Nach- 
richten scheint  dagegen  keine  weitere  Notiz  genommen  zu  werden. 


^)  A  voyage  to  the  Pacific  Ocean  by  Cook,  Clerke  and  Gore  in  the  Resolution  and 
Discovery,  Band  I  und  II  von  Cook,  London  1776-1780,  Band  III  von  James  King,  London 
1785. 

2)  Ebenda,  Band  III,  Euch  VI,  Kap.  L  Seite  177-178. 

3)  Ebenda. 


442  O.   NACIIOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAND. 

Einen  zweiten  vergeblichen  Versuch  von  englischer  Seite 
berichtet  das  Tagebuch  des  bewährten  Entdeckers  und  Kapitäns 
Broughton  mit  den  Worten:  "Da  wir  am  25.  (August  1796)  in 
der  Parallele  der  Breite  der  Insel  Rica  de  Plata  waren,  so  steuerten 

wir  West   bei   Süd,  um  auf  dieselbe   zu  stossen Wäre  diese 

Insel  auf  Cooks  Charte  richtig  angegeben,  so  hätten  wir  sie  des 
Mittags  sehen  müssen,  da  wir  aber  auch  am  29.  noch  nichts  von 
ihr  wahrnehmen  konnten  und  auch  nicht  die  geringste  Anzeige  von 
der  Nähe  eines  Landes  zu  bemerken  war,  so  richteten  wir  unseren 
Lauf  eesfen  Westen."^) 


5.     Bestrebungen  von  Krusensterns. 


Noch  an  der  Schwelle  unseres  Jahrhunderts  ist  eine  Reise  um 
die  Welt  ausgerüstet  worden,  zu  deren  Aufgaben  die  Entdeckung 
der  Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata  wieder  zählte,  und  zwar  von 
russischer  Seite  :  die  durch  den  Bericht  ihrer  wechselvollen 
Sehicksale  vielfach  bekannt  gewordene  Unternehmung  unter  y^. 
J.  von  Kmsenstern?)  Dieser  berichtet:  "Seine  Erlaucht,  der 
Graf  Romanzoff,  hatte  mir  bei  meiner  Abreise  aus  Russland  eine 
sehr  ausführliche  Instruktion  über  das  Aufsuchen  eines  Landes 
gegeben,  welches  schon  in  früheren  Zeiten  von  den  Spaniern  und 
Holländern  zu  mehreren  malen  gesucht  worden  ist."^)  Zweimal 
hat  von  Krusenstern  danach  geforscht :  vom  3.  bis  7.  Juli  1804  und 
einige  Tage  im  Oktober  1805.  Aber  auch  er  hat  gar  nichts  finden 
können  ;  er  klagt  allerdings  über  Nebel/) 

Nicht  unmöglich  wäre  es,  dass  noch  andere  Bestrebungen  zur 
Entdeckung  jener  vielgesuchten  Inseln  stattgefunden  haben ; 
jedoch  ist  meines  Wissens  in  der  Litteratur  nichts  davon  bekannt 
geworden. 


1)  Broiightons  Entdeckungsreise.  Aus  dem  i:nglischen  übersetzt  von  T.  F.  Ehrmann, 
Weimar  1805.    Buch  I,  Kap.  4,  Seite  81. 

*)  A.y.von  Knisenstern,  Reise  um  die  Welt  in  den  Jahren  1803,1804,  1805  und 
1S06;  Berlin  Teil  I  181 1,  Teil  II,  Abteilung  i   iSii,  Abteilung  2  1812. 

■•>)  Ebenda,  Band  I,  Seite  293. 

*)  Ebenda,  Band  I,  Seite  293-297  ;  Band  11,  Abteilung  2,  Seite  60-69. 


O.   NACHOD,   EIN   UNENTDECKTES    GOLDLAND.  443 

6.     Die  Entdeckung'  von  "  Lots  Weib." 


War  bei  allen  bisher  geschilderten  Bestrebungen  das  Ergebniss 
durchweg  verneinend  gewesen,  so  hat  thatsiichlich  einmal  eine 
wirkliche  Wahrnehmung  stattgefunden,  die  Entdeckung  von  "Lots 
Weib,"  welche  in  Beziehung  zur  Insel  Rica  de  Oro  gebracht 
worden  ist,  sodass  man  häufig  auf  den  Karten  die  Bezeichnung 
sieht  "  Rica  de  Oro  "  und  daneben  in  Klammer  "  Lots  Weib  "  oder 
auch  "  Lots  Weib  oder  Rica  de  Oro."  Wie  wenig  begründet  aber 
dieses  Verfahren,  und  dass  es  sich  dabei  um  nichts  weniger  als  um 
eine  dem  Begriff  von  Rica  de  Oro  entsprechende,  reiche  Insel 
handelte,  sondern  nur  um  eine  kahle  Felssäule,  das  geht  aus  der 
nachstehend  kurz  wiedergegebenen  Beschreibung  des  Entdeckers 
selbst  hervor. 

Im  Jahre  1788  machte  John  Meares  als  Kapitän  eines  engli- 
schen Kauffahrers  eine  Handels-  und  Entdeckungsreise  von  China 
nach  dem  hohen  Norden  der  Westküste  von  Amerika.^)  Von  den 
Philippinen  aus  hatte  das  Schiff  den  Kurs  nordöstlich  quer  über  den 
Ozean  genommen.  Mitten  auf  dem  Meere,  nahe  dem  30.  Breiten- 
grade, Avurde  am  9.  April  1788  voll  Erstaunen  ein  mächtiges 
Segelschiff  entdeckt,  eine  auf  dieser  Strecke  des  Meeres  ungewöhn- 
liche Erscheinung,  welche  sich  erst  aufklärte,  als  man  sich  dem 
vermeintlichen  Fahrzeug  auf  zwei  Meilen  genähert  hatte.  Da 
erkannte  man  es  mit  dem  Fernglas  als  einen  mitten  aus  dem 
Wasser  emporragenden,  mächtigen  Felsen,  welcher  den  Namen 
"  Lot's  Wife  "  erhielt  und  von  Meares  bezeichnet  wird  als  "  one 
of  the  most  wonderful  objects,  taken  in  all  its  circumstanccs,  which 
I  ever  beheld."  Er  beschreibt  den  Fels  mit  den  folgenden 
Worten:  "  It  rose  almost  perpendicular  to  the  height,  according 
to  the  tables,  of  near  three  hundred  and  fifty  feet.  A  small  black 
rock  appeared  just  above  the  water,  at  about  forty  of  fifty  yards 
from  its  Western  edge.  There  was  a  cavern  on  its  South  Lastern 
side,  into  which  the  waters  rolled  with  an  awful  and  tremendous 
noise.     In  regarding  this  stupendous  rock,   which  stood  alone  in  an 


1)  John  Meares,  Voyage  made  in  the  years  1788  and  1789,  from  China  to  the  north 
West  coast  of  America;  London  1790.  Vergl.  auch  die  in  Einzelheiten  nicht  ganz  über- 
einstimmende Wiedergabe  bei  Bttrney,  Band  IL  Seite  267. 


444  O.    NACflOD,    EIN   UNENTDECKTES   GOLDLAND. 

immense  ocean,  we  could  not  but  consider  it  as  an  object  vvhich 
had  been  able  to  resist  one  of  those  great  convulsions  of  nature 
that  change  the  very  form  of  those  parts  of  the  globe  which  they 
are  permitted  to  desolate."')  Diese  Schilderung  ergänzt  das  Werk 
von  Mearcs  durch  zwei  hübsche  Zeichnungen,  eine  kleinere,  "  Lot's 
Wife,  when  taken  for  a  sail  bearing  ENE  distant  7  Leagues,"  und 
eine  grössere,  "  Lot's  Wife,  bearing  N.  distant  2  Miles  near  300 
feet  above  the  level  of  the  Sea." 

Was  nun  die  geographische  Lage  dieses  merkwürdigen  Punktes 
anbelangt,  so  ist  dieselbe  in  der  als  Anhang  beigefügten  Uebersicht 
über  die  täglich  gesegelten  Kurse")  mit  29  Grad  50  Minuten  n.  Br. 
und  157  Grad  4  Minuten  ö.  L.  v.  Gr.  angegeben,')  während 
merkwürdigerweise  im  Texte  selbst  als  Länge  142  Grad  23  Minuten 
genannt  wird.^)  Gleichviel,  worauf  letztere,  unter  den  Druck- 
fehlern nicht  aufgeführte  Ziffer  beruht,  dass  es  sich  dabei  um  einen 
Irrtum  handelt,  das  beweist  schon  die  mit  dem  Anhang  der  Segel- 
kurse übereinstimmende  Längen-Angabe  des  vorhergehenden 
Tages  (8.  April)  von  154  Grad  I9  Minuten,  da  das  nach  Nordosten 
steuernde  Schiff  doch  unmöglich  in  einem  Tage  12  Längengrade 
nach  Westen  gelangen  konnte. 

Unklar  ist,  wie  der  von  lileares  entdeckte  Felsen  Lots  Weib 
mit  der  Rica  de  Oro  identifizirt  werden  konnte  ;  denn  Meares  selbst 
erwähnt  hiervon  kein  Wort,  obgleich  auf  der  seinem  Werke 
beigefügten  Karte  etwa  ein  Grad  westHch  von  Lots  Weib  auf  dem 
30.  Breitengrad  ein  Inselchen  mit  dem  Namen  Roca  de  Oro  ein- 
getragen ist ;  ebenso  findet  sich  hier,  genau  der  Karte  von  Cook 
entsprechend,  unter  164  Grad  ö.  L.  v.  Gr.  und  34  Grad  n,  Br.  eine 
etwas  grössere  Insel  mit  dem  Namen  Rica  de  Plata,  eine  Stelle,  in 
deren  Nähe  sich  Meares  zwischen  12.  und  13.  April  befand. 
Obgleich  er  also  diese  Bezeichnungen  doch  kannte,  so  werden  sie 
in  seiner   Beschreibung  überhaupt  nicht  erwähnt.       Jedenfalls   hat 


1)  Meares,  Seite  96-97. 

2)  Meares,  Appendix,  Tafel  II,  Seite  3. 

3)  Bei  Biirticy,  Eancl  II,  Seite  267,  lieisst  es  unter  Bezugnahme  auf  den  ^'IA'(?;vj'schen 
Appendix  etwas  abweichend  29  Grad  51  Minuten  n.  Br.  und  157  Grad  7  Minuten  ö.  L.  v. 
Gr.  . 

-»)  "By  noon  we  were  abreast  of  it ;  when  it  bore  East  North  East  four  miles.  The 
latitude  was  29  o  50  North,  and  the  longitude  142  o  23  East  of  Greenwich."    (Seite  97) 


O.  NACHOD,  EIN  UXENTDECKTES  GOLDLAND.        445 

man  also  erst  später,  und  zwar  wahrscheinlich  wegen  der  an- 
nähernden Uebereinstimmung- der  geographischen  Lage,  die  beiden 
Bezeichnungen  Rica  de  Oro  und  Lots  Weib  mit  einander  kombinirt. 
Vielleicht  ist  es  zuerst  durch  Biirney  geschehen,  der  einfach  sagt : 
"  The  Island  which  in  the  Spanish  chart,  published  with  the 
voyage  of  Commodore  Anson,  is  marked  Rica  de  Oro  was  seen  by 
Mr.  IMeares  in  1788."  Allerdings  setzt  er  hinzu:  "and  his 
description  will  show  how  ill  the  name  is  applied."^)  Das  Merk- 
würdigste dabei  aber  ist,  dass  auf  den  modernen,  massgebendsten 
Karten,  so  z.  B.  der  von  der  englischen  Admiralität,")  das  mit 
"  Lot's  Wife  or  Rica  de  Oro"  bezeichnete  Inselchen  nördlich  von 
der  Bonin-Gruppe  unter  29  Grad  50  Minuten  n.  Br.  und  140  Grad 
20  Minuten  ö.  L.  v.  Gr.  eingetragen  ist.  Sollte  die  erwähnte 
Angabe  im  Texte  des  Mcares'szho.n  Werkes,  die  um  nur 
zwei  Grad  hiervon  abweicht,  vielleicht  hierzu  Veranlassung 
gegeben  haben,  während  doch  der  von  Meares  entdeckte 
Fels  in  Wirklichkeit  unter  157  Grad  ö.  L.  gefunden  ward? 
Jedenfalls  steht  jene  Angabe  der  englischen  Admiralitäts- 
karte im  vollen  Widerspruch  zu  der  über  die  Gold-und  Silber- 
Inseln  geltenden,  ursprünglichen  Anschauung,  dass  sie  sich  nahe 
dem  Kurse  der  von  den  Phillippinen  nach  Neu-Spanien  segelnden, 
spanischen  Gallionen  befänden  ;  denn  dieser  lag  weit,  weit  ab  von 
den  Bonin-Inseln  nach  Osten.  Ueberdics  wusste  man  längst,  dass 
weder  unter  dieser  Gruppe,  noch  unter  den  andren  Japan  südlich 
vorgelagerten  Inselchen  sich  irgend  welche  befanden,  die  den  mit 
Rica  de  Oro  und  Rica  de  Plata  verbundenen  Vorstellungen  im 
geringsten  entsprachen. 

So  vermag  auch  die  Entdeckung  des  Felsens  "Lots  Weib" 
die  Frage  der  Gold-  und  Silber-Inseln  nicht  aufzuklären ;  es  sei 
denn  vielleicht  insofern,  als  durch  einen  solchen,  wahrscheinlich 
nicht  immer  so  hoch  aus  dem  Wasser  hervorragenden  und  deshalb 
sonst  nicht  bemerkten  Felsen  sich  das  Vorkommen  der  in  dieser 
Gegend  vielfach  wahrgenommenen  Vögel  erklärt. 

1)  Biirney,  Band  II,  Seite  267. 

')  Karte  781,  Pacific  Ocean,  North  West  sheet  ;  compiled  from  the  most  recent 
surveys  in  the  Hydrographie  Office,  1881 ;  small  corrections  III.  97  IV.  97.  Jedenfalls  auf 
Grund  dieser  Quelle  findet  sich  in  Debcs  Handatlas,  Leipzig  1895,  auf  Karte  No.  51,  genau 
auf  derselben  Stelle  wie  in  der  englischen  Admiralitätskarte,  auch  ein  Inselchen  mit  der 
Angabe  "  Rica  de  Oro  (Lot's  AVeib)." 


446  O.    NACHOD,    EIN   UNEXTDECKTES   GOLDLAND. 

KAP.     VII. 

SCHLUSSBETRACHTUNG. 


Durch  einen  Zeitraum  von  fast  drei  Jahrhunderten  haben  wir 
die  Bestrebungen  nach  den  Gold-  und  Silber-Inseln  verfolgen 
können  ;  betrachten  wir  nun,  welches  Ergebniss  wir  daraus 
ableiten  dürfen,  so  handelt  es  sich  zunächst  um  die  zwei  Fragen: 
Ist  das  Wunderland  überhaupt  je  gefunden  worden  ?  Welche 
Umstände  sprechen  für  sein  Vorhandensein  und  welche  dagegen? 
Was  die  erstere  Frage  anbelangt,  so  wurde  nachgewiesen 
(vergl.  Seite  32S),  dass  die  Kunde  von  der  angeblichen  Auf- 
findung des  Wunderlandes  lediglich  auf  die  von  Aguirre  berichtete 
Entdeckung  der  Islas  del  Armenio  zurückzuführen  ist.  Welche 
von  den  zahlreichen  Inseln  des  Pazifiks  südöstlich  von  Japan  jener 
portugiesische  Kapitän  damit  entdeckt  hat,  das  lässt  sich  heut  aus 
den  vorhandenen  Angaben  kaum  erraten.  Soviel  aber  geht  aus 
der  an  sich  übrigens  nicht  ganz  einwandsfreien  Darstellung 
Aguirres  hervor,  dass  die  hier  entdeckte  Insel  keineswegs  den 
Vorstellungen  von  Schätzen  entsprach,  mit  denen  die  Gold-  und 
Silberinseln  verknüpft  Avurden  ;  jedenfalls  also  scheidet  damit  die 
einzige  thatsächliche  Angabe  aus,  welche  allenfalls  dafür  sprechen 
könnte,  dass  überhaupt  jemand  das  Wunderland  je  erreicht  habe. 

Könnten    wir    umgekehrt    annehmen,     dasselbe    sei    wirklich 

einmal     gefunden      worden,      so      wäre     aus     den      vergeblichen 

Versuchen   es   wiederzuentdecken   vielleicht   zu   schliessen,  es   sei 

später   durch  irgend  welche   Erschütterungen  oder  Senkungen  der 

Erdkruste  zerstört  oder  von  den  Meereswellen  überflutet  worden. 

Für  ein  gewaltiges  Naturereigniss  solcher  Art,  wie  es  ja  mehrfach 

feste   Gebilde   von   der   Oberfläche  des  Ozeans  in  historischer  Zeit 

noch  hat  verschwinden    lassen,    würde   der   von   Mcares   entdeckte 

einsame   Meeresfelsen   Lots   Weib   vielleicht  einen  Hinweis  bilden, 

eine  Anschauung,    die   Meares    selbst  ja  auch  ausspricht.     Müssen 

wir  aber  daran  zweifeln,  dass  die  Gold- und  Silberinseln  überhaupt 

e  gefunden   waren,   so   genügt  dieser   eine   Umstand  wol  nicht  für 

eine  solche,  doch  immerhin  recht  gewaltsam^e  Hypothese,  an  deren 

Bestätigung  durch  anderweite  Thatsachcn  es  durchaus  mangelt. 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 


447 


Ist  aber  die  Kunde  von  den  Gold-  und  Silber-  Inseln  auch  nicht 
auf  eine  thatsächliche,  ursprüngliche  Entdeckung  zurückzuführen, 
so  beweist  dies  an  sich  noch  nichts  gegen  das  Vorhandensein 
dieser  Inseln  überhaupt.  Es  bleibt  also  die  Frage  offen,  welche 
Umstände  für  ein  solches  Vorhandensein,  beziehentlich  dagegen, 
sprechen. 

An  erster  Stelle  sind  hier  wol  all  die  eifrigen,  mühsamen, 
gefahrvollen,  kostspieligen  Unternehmungen  zu  nennen,  die 
sämmtlich  erfolglos  verliefen  und  sich  an  die  Namen  Unamunu 
(1585-87),  Vizcaino  (1611-14),  Quast  und  Tasman  (1639), 
Vries  (1643),  und  La  Perouse  (1787)  hauptsächlich  knüpfen. 
Es  sei  auch  erinnert  an  die  durchaus  verneinende  Ansicht 
des  Weltreisenden  Careri,  welcher  schon  1696  klar  und 
bündig  sagte  :  Ich  glaube,  dass  sie  (die  Rica  de  Oro  und  Rica  de 
Plata)  imaginär  sind,  weil  seit  der  langen  Zeit,  seit  der  man  diese 
Reise  macht,  man  sie  niemals  gesehen  hat"  (vergl.  S.  432)  ;  ferner 
an  die  nicht  minder  abfälligen  Urteile  des  Guvernörs  der  Philip- 
pinen und  des  Königs  von  Spanien  aus  den  Jahren  1740  und  1741 
(vergl.  Seite  435). 

Ganz  besonders  aber  sind  es  die  über  diese  Inseln  vorhandenen 
Angaben  selbst,  welche  den  lebhaftesten  Zweifel  daran  verursachen, 
durch  die  bedenklich  von  einander  abweichenden  Ansichten  über 
deren  Lage.  Wie  unzuverlässig  dieselben  waren,  geht  klar  aus 
der  folgenden  Aufstellung  hervor. 

ISLAS  DEL  ARMENIO. 


Name. 


Jahreszahl. 


Nördl.  Breite. 


Agairre. 


Pedro  de 
Unamunu. 


Spanische 
Karte  im  Besitze 
der  Niederländi- 
schen 

Ostindischen 
Kompagnie. 


ca.  1583- 

15  S4. 


1587. 


1639. 


zw.  35  und  40 
Grad. 


34  und  35 
Grad. 


zw.  35  und  36 
Grad. 


Länge. 


konnte  nicht 
ermittelt 
werden. 

Nicht  erwähnt. 


200  ]Meilen 

östlich   von 

Japan. 


Bemerkungen. 


Brief  an  den  Erz- 
bischof von  Mexiko, 
siehe  Seite  321. 

Angaben  seiner  See- 
karten, ohne  dass  er  die 
Insel  dort  gefunden  hat. 
Siehe  Seite  326. 

Der  Name   der    Insel 

lautet  hier  :  Ai-meneti. 
Siehe  Seite  378. 


448 


O.   NACIIOD,    EIN    UNENTDECKTES   GOLDLAND. 


jS'ame. 


RICA  DE  PLATA. 


RICA  DE  ORO.      I 


Jahres- 
zahl. 


Pedro  de 
Unamunu. 


de  Montes 
Claros,   Vize- 
könig von 
Neu-Spanien, 

Antonio  de 
Morga. 

•  Junta,  ab- 
gehalten in 
INIexiko. 

Hernando  de 
los  Rios 
Coronel. 

Willem 
Versteegen. 


Spanische 

Karte  im 

Besitze  der 

Niederl. 

Ostind.  Kom 

pagnie, 

Careri. 


Geronimo 

Riomero, 

spanischer 

Steuermann. 


Pedro 

Laborde 

Faujias, 

spanischer 

Steuermann, 


Nördl. 
Breite. 


1587. 


1607. 


1609. 


1609. 


1610. 


1635- 


1639. 


1696. 


1733. 


Länge. 


nicht 
erwähnt. 


54-35^ 


?8=. 


33° 


36° 


01710 
372  • 


Nördl. 
Breite. 


nicht       zw.  29  und 
erwähnt.  31°. 


zw. 


1733- 


55°  und 


36= 


342 


33°.  36'. 


32°.  50'. 


nicht 
angegeben. 


nicht 
angegeben 

nicht 
angegeben. 


150  I  ;guas 
von  Japan 


400  span 

Mtib  n=343 

deutsche 

Meilen 

östlich 

von  Japan 

bez.  380- 

390  span. 

■  Meilen. 

2C0  spani- 
sche Meilen 
östlich  von 
Japan. 


nicht 
angeGT^b'^n. 


760  I  ?s,Jas 

iN.O.  zu.  U. 

von  Kap 

Espiritu 
Santo. 

420  franz. 
Meilen  von 
dem  nnter 

19°.  25'. 

liegenden 

Vulkan  San 

Agustin 

(Ladronen) 

NO.  b.  O. 

T°.   N. 


34-35' 


38= 


.31" 

1-.0 


37^- 


Länge. 


2  Grad 

nördlicher 

als  Rico  de 

P'nta. 


32°  weniger 

einige 

Minuten. 


29°.  45'. 


'  nicht 
angegeben, 


nicht 
angegeb2n. 


nicht 
angegeben. 

nicht 
angegeben, 


150  Le^  aas 
von  Japan 


400  span 

=  343 

deutsche 

Meilen 

östlich  von 

Japan ;  bez 

380-390 

span. 
Meilen. 

50  Meilen 
westlicher 
als  Rico  de 
Plata. 


Angaben  seiner  See- 
karten; er  selbst  ;he- 
zweifelt  das  Vorhan- 
densein dieser  Inseln. 


Siehe  Seite  326. 
Brief  an  den 
von  Spanien. 
Seite  332. 


29".  25'. 


Bemerkungen. 


König 
Siehe 


Siehe  Seite  324. 
„    340- 

.,     340. 


Denkschrift  für  die 
Indische  Regierung 
zu  Batavia. 

Siehe  Seite  315. 


ni:ht 
angegeben 


660  Leguas 

ONO|  N 

von  Kap 

Espiritu 

Santo. 

342französ. 

Meilen  von 

dem  unter 

19°.  25'. 

liegenden 
Vulkan  San 

Agustin 
iLadronen) 
NO  zu  O. 


Der  Name  lautet 
anstatt  Rica  Rice»  de 
Plata ;  die  andre 
Insel  ist  nicht  ge- 
nannt. 

Siehe  Seite  378. 

Angaben  spanischer 
Seeleute;  Careri  selbst 
hält  die  Inseln  für 
imaginär. 

Siehe  Seite  432. 

Siehe  Seite  434. 


Grundlage:  seine 
sphärische  Karte; 
hält  selbst  die  Breiten- 
angaben für  sehr 
unsicher. 

Siehe  Seite  434. 


O.  NACHOD,  EIX  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 


449 


RICA  Dt;  LLAl  A. 

RICA  DL  URO.       1 

S    U  — «    B 

ftName.  , 

Jahres- 
zahl. 

Kördl. 
Breite. 

Länge. 

Nördl. 
Breite. 

Länge. 

Bemerkungen. 

Manuel 

Galvez, 

spanischer 

Steuermann. 

Englische 
Karte. 

Cooks  Karte. 

Debes 
Handatlas. 

Englische 
Admiralitäts- 
karte. 

Globus  von 
Henry  Lange. 
Berlin, 
Geogra- 
phischartisti- 
sche Anstalt 

L.  J. 
Heymann. 

? 

2.  Hälfte 
des  i8. 
Jahr- 
hunderts. 

1785. 
1895. 

1881  bez. 
1S97. 

ca.  1895. 

zw.  30  und 
36  Grad. 

zw.  33  und 
34  Grad. 

34°. 

nicht 
angegeben. 

zw.  164°. 

und  165°. 

ö.  L.  v.  Gr. 

164°.  ö.  L. 
V.  Gr. 

zw.  30  und 
36  Grad. 

zw.  30  und 
31  Grad. 

30=. 
30°. 

29°.  50'. 

nicht 
angegeben. 

zw.  158°. 

und  159°. 

ö.  L.  V.  Gr. 

155°.  ö.  L. 
V.    Gr. 

140°.  ö.  L, 
V.   Gr. 

140°.  20'  ö. 
L.  V.  Gr. 

Jahreszihl  nicht  an- 
gegeben, wahrschein- 
lich auch  1733. 

Siehe  Seite  434. 

Grundlage :  die  von 
Anson  erbeutete  spa- 
nische Karte. 

Siehe  Seite  440-441. 

Siehe  Seite  441. 

Karte  N=.  51.  Name 
lautet:  "  Rica  de  Oro 
(Lots  Weib)." 

Siehe  Seite  445. 

N.imf'  lantet"   '*  f  .nf<; 

32=. 

188='.  ö.  L. 

V.  Ferro  ( = 

170°.   ö.   L. 

V.  Gr.) 

WifeorRicadeOro." 
(466   feet  above    sea 
ievel.) 
Siehe  Seite  445. 

Nnme  lanfpt'  ^^Porij 

de  Plata." 

Eine  Lö.sung  der  Frage  nach  den  Gold-  und  Silberreichen 
Inseln  könnte  man  vielleicht  auch  geneigt  sein,  in  Kalifornien  zu 
suchen,  das  sich  seit  etwa  fünfzig  Jahren  ja  in  Wirklichkeit  als  ein 
Gold-  und  Silberland  erwiesen  hat ;  seine  Lage  östlich  von  Japan 
am  Stillen  Ozean,  die  den  Berichten  Aguirres  und  Versteegens 
ziemlich  entsprechende  geographische  Breite  seiner  Fundstätten,  all 
dies  spricht  auf  dtw  ersten  Blick  in  der  That  für  eine  solche 
Auffassung.  Allein,  sieht  man  näher  hin,  so  ergeben  sich  doch 
bedenkliche  Widersprüche.  Wie  konnte  z.  B.  bei  Kalifornien  von 
einer  weissen,  wolgekleideten  Bevölkerung  die  Rede  sein  ?  Ferner 
ist  dieses  Land  ja  keine  Insel,  und  nicht  die  Küste,  die  man  ja 
überdies  im  17.  und  noch  mehr  im  18.  Jahrhundert  schon  einiger- 
massen  kannte,  erwies  sich  als  reich  an  Edelmetall,  sondern 
ziemlich  weit  davon  abliegende  Gebiete  des  Inneren.  Endlich  ist 
die  gewaltige  Entfernung  von  Japan   unmöglich  in  Einklang   zu 


450       O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND. 

bringen  mit  den  von  Versteegen  genannten  rund  4c  ">  Meilen  und 
noch  weniger  mit  der  von  Aguirre  berichteten  neuntägigen  Reise. 

Ebensowenig  Aussicht  bietet  der  Gedanke  an  die  durch  Cook 
erst  gefundenen  Sandwich-Insehi.  Wenn  auch  deren  Lage  nicht 
wesentHch  die  angebliche  östliche  Entfernung  von  Japan  über- 
schreitet, so  weicht  doch  die  geographische  Breite  —  südlich  vom 
Wendekreise  —  erheblich  von  den  massgebenden  Angaben  ab,  mit 
denen  die  ohnehin  an  Edelmetall  nicht  reichen  Sandwich-Inseln 
auch  sonst  kaum  in  Einklang  zu  bringen  sind.  Ob  nicht  doch 
vielleicht  hierher  jener  portugiesische  Kapitän  verschlagen  worden, 
der  an  Urdaneta  seine  P\ahrt  berichtet  haben  soll,  das  erscheint 
nicht  grade  ausgeschlossen  ;  die  Angaben  Aguirres  aber  —  und 
andere  besitzen  wir  nicht  darüber  —  gewähren  für  eine  solche 
Vermutung  kaum  genügenden  Anhalt. 

Neben  den  betrachteten,  verschiedenartigen  Gründei^,  welche 
gegen  das  Vorhandensein  der  angeblichen  Gold-und  Silberinseln 
sprechen,  können  dafür  nur  jene  Anzeichen  von  nahem  Lande  in 
Anspruch  genommen  werden,  welche  vor  allem  in  Gestalt  von 
Küstenvögeln  von  den  meisten  der  betreffenden  Seefahrer 
beobachtet  wurden.  Soweit  diese  die  geographische  Lage  der 
bezüglichen  Stellen  angegeben  haben,  kommt  dafür  hauptsächlich 
das  Gebiet  zwischen  34  und  35  Grad  nördlicher  Breite  und  162-172, 
oder  genauer  164-167  Grad  ö.  L.  v.  Gr.,  in  Betracht  (vergl. 
Vizcaino  Seite  362,  Vries  Seite  418,  La  Perouse  Seite  438,  Cook 
Seite  441).  Da  aber  die  zahlreichen  Versuche,  das  durch  solche 
Anzeichen  verkündete  Land  zu  finden,  alle  vergeblich  blieben,  so 
kann  man  Letzteren  keinen  Wert  beimessen,  sondern  muss  sie  als 
trügerisch  ansehen  ;  eine  Erklärung  für  das  Vorkommen  der  Vögel 
bietet  übrigens  der  von  Meares  gefundene  Fels  Lots  Weib,  welcher 
wahrscheinlich  sonst  nicht  so  hoch  aus  dem  Wasser  emporragt  und 
daher  von  den  andren  Seefahrern  niciit  gesehen  wurde. 

Nach  den  angestellten  Erwägungeu  über  das  Vorhandensein 
der  angeblichen  Gold-  und  Silberinseln  schwindet  die  Aussicht, 
dieselben  je  zu  finden,  und  es  empfiehlt  sich,  von  unseren  Karten 
und  Globen  endlich  auch  die  Namen  Rica  de  Oro  und  Rica  de 
Plata  zu  entfernen,  was  wenigstens  bezüglich  der  Letzteren  auf  der 
Englischen  Admiralitätskarte  bereits  geschehen  ist. 

Müssen  wir  aber  auch  das  vielgesuchte  Wunderland  östlich 


O.  NACHOD,  EIN  UNENTDECKTES  GOLDLAND.       451 

von  Japan,  ähnlich  wie  es  mit  so  manchem  andrem  Eldorado  schon 
geschehen,  in  das  Gebiet  der  geographischen  Sagen  verweisen,  so  hat 
es  dennoch  Reichtümer  für  den  Menschen  gezeitigt,  allerdings  nicht 
n  Form  von  klingendem  Metall,  wol  aber  auf  geistigem  Gebiete, 
durch  die  Verbreitung  der  Kenntniss  von  unserer  Erde,  welche  die 
damit  verknüpften  Entdeckungsreisen  bewirkten,  ein  Vorgano-, 
welcher  sicherlich  eine  Vermehrung  des  Vermögens  der  Menschen 
im  allgemeinen  bedeutet. 


I 


SUPPLEMENT  .  ^^,  3 


DER 

"Mittiif.ilungen"  der  Deutschen- Gesellschaft  für  Natur- 
UND  \  ölkerkunde  Ostasiens. 


,         DIE 

SPRICHWÖRTER 

UND 

BILDLICHEN  AUSDRÜCKE 

DER 

JAPANISCHEN  SPRACHE. 


GESAMMELT,  ÜBERSETZT  UND  ERKLÄRT 


VON 


P.    EHMANN. 

{ALLE  RECHTE  VORBEHAL  TEN.) 


->*4- 


TOKYO, 

Druck  der  Tokyo  Tsukiji  Type  Foundry. 

1897. 


Vorwort. 


All  Arbeiten,  die  auf  Jni^an  Bezug  haben,  herrscht  bekanntlich 
durchaus  kein  Mangel ;  eine  um  so  auffallendere  Thatsache  ist 
es,  dass  den  japanischen  Sprichwörtern  bisher  eine  verhältniss- 
massig  ziemlich  geringe  Aufmerksamkeit  zu  Theil  geworden  ist, 
und  dass  sich  niemand  der  ebenso  anziehenden  als  dankbaren 
Aufgabe  unterzogen  hat,  eine  Sammlung  davon  zu  veranstalten. 
Unsere  Kenntnisse  über  dieses  Land  haben  in  den  wenigen 
Jahrzehnten,  die  seit  seiner  Wiedereröffnung  verflossen  sind, 
durch  ungemein  zahlreiche  grössere  und  kleinere  Arbeiten  eine 
ausserordentliche  Bereicherung  erfahren;  wer  sich  davon  über- 
zeugen will,  wie  erstaunlich  die  Litteratur  über  Japan  auf  den 
verschiedenartigsten  Gebieten  in  dieser  Zeit  angewachsen  ist, 
braucht  nur  die  Wenc^siern' sehe  Bibliographie^^  zur  Hand  zu 
nehmen,  die  338  Seiten  stark  ist,  obwohl  sie  nur  die  Zeit  von 
1859  bis  1893  umfasst,  und  sie  mit  der,  in  demselben  Werke 
als  Anhang  abgedruckten  "Bibliographie  japonaise"  von  Leon 
Pages  zu  vergleichen,  die  alle  von  der  Mitte  des  16.  Jahr- 
hunderts bis  z.  J.  1859  erschienenen  Werke  und  Aufsätze  enthält, 
aber  doch  nur  68  Seiten  füllt. 

Um  so  mehr  muss  es,  wie  gesagt,  auffallen,  dass  noch  immer 
keine  einzige  Sammlung  der  japanischen  Sprichwörter  existirt, 
d.  h.  eine  Sammlung,  die  diesen  Namen  wirklich  verdiente. 
Es  sind  zwar  mehrfach  japanische  Sprichwörter  und  sprich- 
wörtliche Redensarten  gesammelt  und  veröffentlicht  worden ; 
zuerst  während  der  Jahre  1871-1873  von  einem  ungenannten 
Sammler    in    der  monatlichen  Zeitschrift  "  Phönix '^^;  darauf  in 

1)  A  Bibliography  of  the  Japanese  Empire,  compiled  by  Fr.  von  Wenckstern. 
Leiden,  1895. 

2)  Bd.  II,  S.  127-128,  151-152  und  191;  Bd.  III,  S.  30-31  und  199. 


11 


diesen  "  Miuheilungen  "  von  A.  von  Knobloch  (1874)*^  und 
A'.  Lange  (zwischen  1875  und  1880/',  endlich  1881  von  M.  C. 
Harris  in  der  inzwischen  gleich  dem  "  Phönix  "  längst  einge- 
gangenen Monatsschrift  "  Chrysanthemum"^'.  Aber  die  Zahl 
aller  dieser  Sprichwörter,  die  lange  Zeit  die  einzigen  blieben, 
die  ausserhalb  Japans  bekannt  wurden,  war  nur  gering ;  sie 
beträgt,  die  zahlreichen  Wiederholungen  abgerechnet,  und  mit 
Einschluss  von  etwa  160  Sprichwörtern,  die  schon  in  der 
zweiten  Auflage  (1872)  des  japanisch-englischen  Wörterbuchs 
von  J.  C,  Hcpbiirn  enthalten  sind^\  nur  370.  Hierzu  kamen 
später  noch  25  Sprichwörter,  die  sich  theils  in  B,  H.  CJiaui- 
berlains  "  Romanized  Japanese  Reader"  (1886),  theils  im  1888 
erschienenen  "Handbook  of  Colloquial  Japanese"  desselben 
Verfassers  finden  (Wiederholungen  älterer  Sprichwörter  ebenfalls 
ungerechnet),  sowie  endlich  388  von  mir  1893  in  diesen 
"  Mittheilungen  "^^  veröffentlichte  Sprichwörter  und  sprichwört- 
liche Redensarten,  die  (bis  auf  30,  die  schon  in  der  2.  Auflage 
des  Hepburn'schen  Wörterbuchs,  aber  noch  in  keiner  andern 
Sammlung  standen)  bis  dahin  unbekannt  waren.  Der  Voll- 
ständigkeit wegen  sei  auch  noch  die  1895  in  den  Transactions 
der  "Japan  Society"  in  London  von  N.  OkosJä  unter  dem 
Titel  "  Japanese  proverbs  and  some  figurative  expressions  of 
the  Japanese  langiiage  "  veröffentlichte  kleine  Sammlung  erwähnt, 
die  aber  ziemlich  werthlos  ist,  da  die  darin  enthaltenen  Sprich- 
wörter fast  ausschliesslich  aus  längst  bekannten  bestehen,  und 
sich  auch  unter  den  "  figurative  expressions  "  nur  sehr  wenig 
Neues  befindet®^ 


1)  Bd.  I,  Heft  4,  S.  23-26. 

2)  Bd.  I,  Heft  8,  S.  50-52;  Heft  9,  S.  59-60;  Heft  10,   S.  34-37;   Bd.  II, 
Heft  20,  S.  415-421. 

3)  Bd.  I,  S.  41-45.  87-91,  222-225  und  347-349- 

4)  höchst    wahrscheinlich    auch    in    der    ersten,    schon    1867  erschienenen 
Auflage,  die  mir  aber  nicht  zu  Gesicht  gekommen  ist. 

5)  Bd.  VI,  Heft  53,  S.  70-102. 

G)  In  der  Wenckstern'schen  Bibliographie    sind    noch    folgende    zwei,   mir 
unbekannt  gebliebene  Werke  erwähnt : 


—      111      — 

Es  sind  also,  alles  in  allem,  noch  nicht  800  Sprichwörter 
und  sprichwörtliche  Redensarten,  die  bis  jetzt  bekannt  geworden 
sind.  Statt  nun  aus  der  von  mir  im  Laufe  der  letzten  Jahre  zu- 
sammengebrachten Sammlung  weitere  Bruchstücke  mitzutheilen, 
hielt  ich  es  für  zweckmässiger,  einmal  alle  bisher  erschienenen 
Sprichwörter  zusammenzufassen,  und  im  Verein  mit  den  in 
meinem  Besitze  befindlichen,  noch  ungedruckten  in  Form  einer 
grösseren,  alphabetisch  geordneten  Sammlung  herauszugeben, 
um  so  jenem  bereits  erwähnten,  entschieden  fühlbaren  Mangel, 
soweit  es  in  meinen  Kräften  stünde,  endlich  abzuhelfen.  Diese 
nun  abgeschlossene  und  hier  vorliegende  Sammlung  umfasst 
etwas  über  3000  Sprichwörter  resp.  sprichwörtliche  Redensarten 
und  Ausdrücke,  sodass  sie  also  zum  bei  weitem  grösseren 
Theile  aus  neuem  Material  besteht,  während  zugleich  die  älteren 
Beiträge,  von  vielen  Irrthümern  befreit,  dem  Publikum  zum 
ersten  Male  sowohl  vollständig,  als  auch  in  geordneter  Form 
geboten  und  damit  eigentlich  erst  zugänglich  gemacht  werden. 

Es  ist  vielleicht  am  Platze,  über  die  Natur  der  beiden 
Elemente,  aus  denen  sich  die  Sammlung  zusammensetzt  :  der 
eigentlichen  Sprichwörter  und  der  sog.  sprichwörtlichen  Redens- 
arten (von  mir  als  "  bildliche  Ausdrücke  "  bezeichnet)  hier  einige 
Bemerkungen  einzuflechten. — Der  Begriff  "Sprichwort  "  ist  sehr 
dehnbar,  und  seine  Definitionen  lauten  daher  sehr  verschieden. 
Mir  scheint,  dass  zu  dem  Begriffe  des  echten,  eigentlichen 
Sprichworts  folgende  drei  Erfordernisse   gehören  : 

i)  der  Inhalt  muss  ein  allgetneiner  Satz  sein,  der  entweder 
eine  Erfahrung {^*  \\q.\xq,  Besen  kehren  gut"),  oder  eine  Meinung, 
d.  h.  ein  Urtheil  (**  ein  Sperling  in  der  Hand  ist  besser  als  eine 
Taube  auf  dem  Dache  "),  oder  auch  beides  zugleich  enthält,  wie 
z.  B.  manche  in  Form  einer  Vorschrift  oder  Warnung  gegebenen 

F.  Sarazin,  Nihon  no  kotowa7.a;  dictons  et  proverbes  japonais.  Paris, 
1873. — Leider  ist  weder  Seitenzahl  noch  Zahl  der  Sprichwörter  angegeben  ; 
da  der  Preis  aber  nur  75  Centimes  beträgt,  so  kann  es  sich  nur  um  ein  ganz 
dünnes  Schriftchen  handeln. 

F.  Steenackers  et  Ueda  Tokunosuke,  Cent  proverbes  japonais.  (Mit  Illu- 
strationen.) Paris,  1885. 


—         IV         -** 

Klugheitsregeln  ("  man  soll  den  Tag  nicht  vor  dem  Abend 
loben "),  die  im  Grunde  nichts  als  auf  Erfahrung  beruhende 
Urtheile  sind.  Dieser,  sei  es  eine  Erfahrung,  sei  es  ein  Urtheil 
entlialtende  allgemeine  Satz  ist  sehr  häufig  (wie  in  den  ange- 
führten Beispielen)  in  der  Form  eines  Bildes  gegeben  und  stellt 
dann  eine  volkstJiüinliche  Allegorie  dar ;  doch  giebt  es  bekanntlich 
auch  viele  Sprichwörter  ohne  jeden  bildlichen  Ausdruck  ("  aller 
Anfang  ist  schwer  "  ;  "  Ende  gut,  alles  gut "  etc.). 

2)  ist  zum  Begriff  des  echten  Sprichworts  volksthüniliche 
Sprache  und  feststehende  Form  erforderlich — womit  durchaus 
nicht  im  Widerspruch  steht,  dass  sich  von  manchen  Sprich- 
wörtern Varianten  finden,  da  auch  von  jeder  dieser  Varianten 
gilt,  dass  ihre  Form  stehend  und  nicht  der  Willkür  des 
Sprechenden  unterworfen  ist. 

3)  dass  es  /;;/  Volke  (sei  es  im  eigenen  oder  einem  fremden) 
entstanden  ist  und  im  Volksmnnde  lebty  d.  h.  vom  Volke  ge- 
sprochen wird,  oder  doch  wenigstens  in  früheren  Zeiten 
gesprochen  wurde — daher  der  Name  Sprichwort  1  In  diesem 
voll^sthümlichen  Ursprünge,  sowie  auch  in  der  volksthüinlichen 
Ausdruckweise,  liegt  der  Unterschied  der  echten  Sprichwörter 
von  Sentenzen,  Citaten,  geflügelten  Worten,  Sinnsprüchen, 
Denksprüchen  und  anderen  Sprüchen,  die  alle  in  der  Regel 
entweder  aus  Büchern  stammen,  oder  von  einzelnen,  wenn 
auch  manchmal  nicht  mehr  nachweisbaren  Persönlichkeiten 
herrühren,  in  jedem  Falle  aber  nicht  aus  dem  Volke,  sondern  aus 
den  Kreisen  der  Gebildeten  hervorgehen  und  daher — gewisse 
Ausnahmen,  zu  denen  z.  B.  manche  Bibelsprüche  gehören,  ab- 
gerechnet— auch  nur  in  diesen  Kreisen  bekannt  und  in  Gebrauch 
sind. 

Die  Definition  des  Spiichworts  würde  also  hiernach  lauten: 
Ein  Sprichwort  ist  ein  im  Volke  entstandener  und  umlaufender 
allgemeiner  Satz  in  volksthümlicher  Sprache  und  feststehender 
Form.  —  Dagegen  haben  die  sogenannten  spricJnv'örtliclien 
Redensarten  zwar  mit  den  Sprichwörtern  die  volksthümliche 
Ausdrucksweise    und    feststehende  Form,  sowie    den    Ursprung 


und  lebendigen  Gebrauch  im  Volke  gemein,  unterscheiden  sich 
von  ihnen  aber  dadurch,  dass  sie  keinen  in  sich  abgeschlossenen 
Satz  bilden,  dass  ihnen  mithin  ein  eigentlicher  Inhalt,  eine 
vvirkh'che  Aussage  fehlt.  Erst  dadurch,  dass  sie  zu  Sätzen 
vervollständigt  werden,  bekommen  sie  einen  Inhalt,  der  dann  aber, 
im  Gegensatz  zu  den  Sprichwörtern,  nie  allgemeiner  Natur,  sondern 
je  nach  dem  besonderen  Falle,  auf  den  die  Redensart  angewendet 
wird,  verschieden  ist.  Sie  sind  immer  rein  bildlich  \xnd  können 
daher  bezeichnet  werden  als  volksthihnlichc  Metaphern  ("vom  Pferd 
auf  den  Esel  kommen";  "im  Trüben  fischen";  "  sich  mit  fremden 
Federn  schmücken";  "um  des  Kaisers  Bart  streiten");  oder  als 
volkstlii'imliche  Gleichnisse  ("hungrig  wie  ein  Wolf";  "arm  wie  eine 
Kirchenmaus  ";  "  lustig  wie  der  Fink  im  Hanfsamen  "  ;  "  um  eine 
Sache  herumgehen  wie  die  Katze  um  den  heissen  Brei"), 

Ich  war  zuerst  etwas  im  Zweifel,  ob  ich  solche  bildlichen 
Redensarten  mit  aufnehmen,  oder  ob  ich  die  Sammlung  auf 
die  eigentlichen  Sprichwörter  beschränken  sollte.  Da  aber  diese 
Redensarten  für  die  Sprache  und  das  Volk  nicht  weniger 
charakteristisch  sind  als  die  Sprichwörter,  besonders  da  grade 
in  ihnen  der  Eilderreichthum  des  japanischen  Sprachschatzes 
uns  so  recht  vor  Augen  tritt,  so  glaubte  ich  sie  nicht  ausschliessen 
zu  dürfen  ;  wozu  auch  um  so  weniger  Anlass  vorlag,  als  es 
nach  dem  Zeugnisse  Wander  ^^  keine  einzige  grössere  Samm- 
lung giebt,  in  der  eine  solche  Trennung  der  Sprichwörter  von 
den  bildlichen  Redensarten  vorgenommen  worden  wäre^\ 

Ein  Theil  der  neuen  Sprichwörter  und  Bilder  ist  auf  münd- 
lichem Wege,  resp.  auf  dem  der  Lektüre  gesammelt ;  die  allermei- 
sten stammen  jedoch  aus  folgenden  drei  japanischen  Sammlungen: 

1^  in  der  Vorrede  zum  ersten  Bande  seines  "  Deutschen  Sprichwörter- 
lexikons", S   XI. 

^'>  Solche  Redensarten,  die  zwar  idiomatisch  sind,  aber  nichts  Bildliches 
enthalten,  wie  z.  B.  shikata  ga  nai;  o-inachidö-sama  ;  tachigiki  sunt  u  dgl. 
sind  nicht  berücksichtigt  worden,  da  sie  dem  durch  den  Titel  der  Sammlung 
bezeichneten  Gebiete  nicht  angehören.  Wenn  dennoch  einige  mit  unter- 
gelaufen sein  sollten,  so  möge  dies  mit  der  zuweilen  grossen  Schwierigkeit  der 
Sonderung  entschuldigt  werden. 


VI  — 


Kotoivasa-gusa  {^^),  von  Kaibar a  Kcko  (^i^Jf^^).  7  Bde, 
erschienen  im   14.  Jahre  Genroku  (1701). 

Rigenshn  {^%%)y  von  Kinkivacn  Slmjin  (M^SI±A)-  i  Bd, 
erschienen  im  23.  Jahre  Meiji  (i8go). 

Kokon  Rigenshn  (-^-^Mf^l^),  von  Okamoto  Kcichö  {^i^^ 
.f^).   I  Bd,  erschienen  im  26.  Jahre  Meiji  (1893). 

Es  scheint,  dass  es  ausser  diesen  keine  anderen  japanischen 
Sammlungen  von  Wichtigkeit  giebt ;  wenigstens  ist  es  mir  trotz 
vieler  Bemühungen  nicht  gelungen,  mehr  ausfindig  zu  machen. 
Es  giebt  zwar  noch  einige  Sammlungen  neusten  Datums,  wie 
Wakan  Taisci  Kototvaza-gtisa  (|D^^®  Z.  ^  i>5'W)  und  ein  paar 
ähnliche  im  Verlage  von  Rangivaidö  (^^1»^)  in  Tokyo  er- 
schienene Werke;  sie  bieten  jedoch  theils  nur  Wiederholungen, 
theils  Übersetzungen  von  chinesischen  und  europäischen,  be- 
sonders englischen,  Sprichwörtern  und  Sentenzen. — Dagegen 
erwies  sich  als  sehr  brauchbar  das  Wakim  Shiori  (IdHII^) 
von  Tanigaiva  SJiisci  (^ill±#),  das  34  Bde  umfasst  und 
im  13.  Jahre  Bunsei  (1830)  erschienen  ist.  In  diesem  Werke, 
welches  japanische  Worterklärungen  und  Etymologien — letztere 
allerdings  oft  höchst  zweifelhafter  Art — enthält,  finden  sich 
hier  und  da  zerstreut  auch  ziemlich  viele  Sprichwörter  und 
Redensarten,  besonders  der  älteren  Zeit,  angeführt. — Ferner  ist 
mir  für  chinesische  Sprichwörter  und  Ausdrücke,  die  sich  in 
Japan  eingebürgert  haben,  das  Kangaku  Soknsei  i^^^;^'^  von 
Naitd  Chisö  (p9lil;|l),  in  2  Bdn  im  26.  Jahre  Meiji  (1893) 
erschienen,  von  grossem  Nutzen  gewesen.  Ein  anderes,  mir 
sehr  empfohlenes  Werk :  Seiva  Shinasö  {\tW^M'W-\  ^^s  im 
Anfange  der  Tokugawa-Herrschaft  erschienen  sein  soll,  konnte 
ich   leider  nicht  auftreiben. 

Auch  die  bekannten  Wörterbücher  von  Hepbunif  Gubbins 
und  BrinkUy  habe  ich  sorgfältig  und  mit  nicht  geringem  Gewinn 
für  die  Sammlung  durchgesehen.  Zwar  erwiesen  sich  die 
darin  vorkommenden  eigentlichen  Sprichwörter  sämmtlich  als 
solche,  die  die  Sammlung  schon  enthielt ;  dagegen  verdanke 
ich  diesen  Werken — besonders  dem    Gitbbins^ sc\\Qn — eine    Reihe 


Vll 


von  bildlichen  Ausdrücken,  die  dem  Sinico- Japanischen  ange- 
hören, während  das  Wörterbuch  von  Hepbiini  und  besonders 
das  neue,  im  October  1896  erschienene  "  Unabridged  Japanese- 
EngHsch  Dictionary  "  von  F.  Brinkley,  F.  Nanj'd  und  Y.  Izvasaki 
mir  eine  grössere  Anzahl  von  in  der  Sammlung  noch  nicht 
vorhandenen   rein  japanischen   Redensarten  lieferte. 

Es  bedarf  wohl  kaum  der  Erwähnung,  dass  die  Sammlung 
weit  davon  entfernt  ist,  auch  nur  annähernd  vollständig  zu  sein,  da 
sich  Vollständigkeit  auf  einem  solchen  Gebiete  niemals  erreichen 
lässt,  besonders  wenn  es  noch  so  wenig  bearbeitet    worden  ist, 
wie  das  vorliegende.     Dass   vor  allem    die    Zahl    der    bildlichen 
Redensarten  weit  grösser  sein  muss  als  die  der  in  dieser  Sammlung 
vorhandenen.    Hegt   auf  der  Hand  ;  insbesondere  sind  die  zahl- 
reichen rein  poetischen  Ausdrücke  dieser  Art  fast  ganz  unberück- 
sichtigt geblieben.     Jedenfalls    aber    ist    damit,   dass    nun    eine 
gedruckte  Sammlung  vorliegt,  der  erste  Schritt  gethan,  und  eine 
Grundlage  gegeben,    auf   der    weiter    gebaut  werden  kann.     Es 
lässt  sich  jedoch,  trotz  der  dieser  Sammlung  nothwendigerweise 
anhaftenden    grossen    Unvollständigkeit,    wohl    annehmen,  dass 
sie,  was  die  eigentlichen  Sprichwörter  betrifft,  den  grössten  Theil 
der  in  wirklichem,    allgemeinem    Gebrauch    befindlichen   bereits 
enthalten  dürfte,  und  dass  die  bei  weitem  überwiegende  Mehrzahl 
der  noch  ungesammelten  solche  sein  werden,  die  veraltet,  oder 
auf  bestimmte  Localitäten  oder  Berufsklassen  beschränkt  sind,  oder 
endlich  dem  Dialekt  angehören.     Denn  es  liegt  kein  Grund  vor, 
anzunehmen,  dass  es  sich  in  dieser  Hinsicht  mit  den  japanischen 
Sprichwörtern  anders  verhalten  werde  als  z.  B.  mit  den  deutschen : 
die  Zahl  der    Sprichwörter,    die  allgemein  bekannt  sind  und  in 
jedem  Munde  leben,  ist  verhältnissmässig  seJir  klein,   wie  schon 
ein  Blick  in  eine  grössere   Sammlung,    z.  B.    das     Wander  sc\\q. 
"Sprichwörterlexikon",    dieses    Wunderwerk    eines    leider    gar 
zu  kritiklosen  Sammelfleisses  mit  seinen  rund   225000  deutschen 
und    75000    sinnverwandten  fremden  Sprichwörtern   und  Volks- 
redensarten   lehrt.     "  Bei    weitem    die    wenigsten     Sprichwörter 
gehören  dieser  Classe  an  "  (Wander). 


VIU 


Was  die  äussere  Form  der  japanischen  Sprichwörter  belrifift, 
so  erlaube  ich  mir  hier  einige  Bemerkungen  zu  wiederholen, 
die  ich  bereits  in  der  Einleitung  zu  den  früher  von  mir  in  den 
"Mittheilungen"  veröffentlichten  Sprichwörtern  gemacht  habe. 

Die  Sprache  ist  z,  Th.  die  heutige  Umgangssprache,  z.  Th.  die 
Schriftsprache.  Bei  Sprichwörtern  der  letzteren  Art  behält  man, 
auch  wenn  sie  in  mündlicher  Rede  gebraucht  werden,  die  die 
ältere  Form  der  Sprache  darstellende  Schriftsprache  bei,  ähnlich 
wie  sich  in  manchen  deutschen  Sprichwörtern  ältere  Wortformen 
und  Wendungen  im  Volksmunde  lebendig  erhalten  haben,  z.  B. 
"  wie  die  Alten  siingeii,  so  zwitschern  auch  die  Jungen  ";  "  niemand 
kann  ^xueen  Herren  dienen";  '^ gut  Ding  will  Weile  haben'' ; 
''gebranntes  Ä7;z<r/ scheut  das  Feuer";  '^  %ves  Brot  ich  esse,  des 
Lied  ich  singe  "  u.  dgl. 

Es  liegt  nahe,  zu  folgern,  dass  die  der  Schriftsprache 
angehörigen  Sprichwörter  (es  ist  hier  nur  von  den  einheimischen 
Sprichwörtern  die  Rede,  nicht  von  denen,  die  aus  dem  Chi- 
nesischen in  die  Schriftsprache  übersetzt  worden  sind)  älteren 
Ursprunges  sind,  als  die  Sprichwörter,  die  die  Form  der  heutigen 
Umgangssprache  haben  ;  doch  muss  ich  dahingestellt  lassen, 
inwieweit  diese  Vermuthung  zutrifft. 

Ich  weise  noch  auf  die  eigen'. hümliche  Willkür  im  Ge- 
brauch oder  Nichtgebrauch  der  Partikeln  toa,  ga  und  wo  hin, 
die  sich  manchmal  sogar  innerhalb  eines  und  desselben  Sprich- 
wortes findet,  z,  B.  Jiotoke  tsukurite  ine  wo  akenu  ;  liito  wo  mite 
hö  toke  !  \\.  ?i.  Für  die  Anwendung  oder  Nichtanwendung  dieser 
Partikeln  ist  ein  gewisses  dem  Geist  der  japanischen  Sprache 
eigenthümliches  Gefühl  für  Rhythmus  entscheidend  gewesen, 
das  wa,  ga  und  loo  überall  da  weggelassen  hat,  wo  es  das  rhyth- 
mische Gleich<jewicht  störte.  — Eine  ähnliche  scheinbare  Willkür 
ist  es,  wenn  7.  B.  in  demselben  Sprichwort  Formen  wie  noburu 
und  nobiru  {issun  nobiireba  shaku  nobirii),  oder  tsumorite  und 
tsumotie  {inizu  tsumorite  fucJii  to  nari,  gaku  tsumotte  kcn  to  narii) 
neben  einander  vorkommen — ebenfalls  in  Folge  eines  gewissen 
dem  japanischen  Ohre  eigenthümlichen  Gefühls  für  Wohlklang. 


IX 


Sehr  oft  zeigen  die  Sprichwörter,  die   ja    alle    ihrer    Natur 

nach    poetisch    sind,    auch    poetische  Form,    und    bestehen  dann 

gewöhnlich   aus    zwei    Theilen     (Versen),    die    entweder    beide 

7  silbig  sind,    oder    von   denen  der  eine  7,  der  andere   5  Silben 

hat.   (Bekanntlich  kennt    die    japanische    Poesie    eigentlich    nur 

Verse  von    5     oder    7  Silben  ;     solche  von    4,  6  oder  8  Silben 

kommen  nur  ausnahmsweise,  als   Unregelmässigkeit,   vor,    etwa 

wie    bei    uns    unter  5  füssigen    jambischen    Versen    auch    wohl 

einmal  ein  6  füssiger   mit    unterläuft.)     Beispiele  der  ersten  Art 

(7,  7)  sind  : 

Onore  zao  semete  \  Jiito  ivo  semnricna  ! 

Aku  zvo  mitaraba,  \  tacJiiviacJii  sakeyo  ! 

Mizu  no  nagare  to  \  hito  no  yiihisue. 

Tori  iva  tatedomo  1  ato  zoo  nio-osazii. 

1  O 

Nani  iva  iya  imri,  \  ovioit  2va  narazii. 
Mits7{cro  zuo  kikite  I  asase  zvo  zvatam. 

O  1 

Beispiele  dieser  Art  sind  sehr  häufig.     Noch  häufiger  findet 
sich  ein  7silbiger  Vers,  gefolgt  von  einem   5silbigen  : 

Wataini  sekai  ni  \  oni  zva  nasJii. 

Hana  ?ii  arashi  no  \  sazuari  ari. 

Shi  zvo  tsukuru  yori  \  tu  zco  tsnkurc  ! 

Kikite  gohirakii,  \  mite  jigoku. 

ho  110  azvabi  no  \  kata-omoi. 

Oya  zva  naknte  mo  \  ko  zva  sodatsu. 

Setsnnai  toki  no  \  kami-danonn. 

Yabu  zvo  tsiitsnkite  j  liebi  zvo  dasit. 

Yome  to  shütovie^ ',  |  sani  to  inii. 

Kiji  mo  nakazuba,  \  utaremaji. 

Kokoro  no  oni  ga  \  mi  zvo  semcnt. 

Ato  zva  no  to  nare,  \  yama  to  nare  / 
u.  s.  w.  u,  s.  w. — Weit  seltener  dagegen  ist  der  umgekehrte  Fall 
(5,  7))  als  Beispiele  mögen    dienen: 

Ami  naknte  \  fiicJd  ni  nozomnna  ! 

Yoki  hana  zva  \  yoki  mi  zvo  motanu. 

^)  Lange  Vokale  zählen  als  Dappelsilben. 


Hieraus  erklären  sich  auch  viele  der  oben    erwähnten  Un- 
regelmässigkeiten, wenn  auch  keineswegs  alle.    So  z.  B.  müsste  in 

Mizu  shirizokite  \  ishi  hitnt 
in  der  Umgangssprache  nach  niizu,  und  ebenso  nach  isJii  die 
Partikel  ga  stehen  ;  ferner  müsste  es  statt  shirizokite  (jetzt 
sJiirizoite)  :  sJdrizokeba,  und  statt  iznrn :  dem  heissen — dadurch 
würde  aber  die  poetische  Form  vollständig  zerstört  werden. 
In  dem  schon  angeführten 

Hotokc  tsiikurite  \  me  zvo  akemi 
würde  der  Anfang  in  heutiger  Prosa  Jiotoke  %vo  tsiihitte  lauten  ; 
da  es  aber  ein  \''ers  ist,  so  fällt  wo  dem  Versmass  zu  Liebe  aus, 
und  statt  der  Form   Isiikutte,    die    in    einem    Verse    undenkbar 
wäre,  steht  die  alte  und  daher  poetische  Form  tsukiiritc.     In 

Hana  wa  saknra  iii  \  Jiito  zva  bnshi 
ist    das  ziemlich  überflüssige  ni  offenbar   nur  dem  Versmass  zu 
Liebe  hinzugefügt,  u.  dgl.  mehr. 

Der  Gedanke,  dass  manche,  wo  nicht  die  meisten  dieser 
metrischen  Sprichwörter  Reste  alter  Gedichte  (besonders  von 
tanka,  oder  iita  schlechthin)  sein  möchten,  liegt  zwar  nahe  ; 
doch  dürfte  er  nur  in  sehr  wenigen  Fällen  zutreffen.  Es  giebt 
allerdings  einige  Sprichwörter,  die  aus  Gedichten  stammen  ; 
man  merkt  ihnen  aber  diesen  Ursprung,  der  sich  gewöhnlich 
schon  durch  Unregelmässigkeiten  der  Wortstellung  verräth, 
sehr  leicht  an  ;  sie  gehören  daher,  streng  genommen,  nicht  zu 
den  echten  Sprichwörtern,  die  immer  unmittelbar  aus  dem 
Volksmunde  hervorgegangen  sind,  also  einen  durchaus  selb- 
ständigen Ursprung  haben  und  nicht  erst  anderswoher  abgeleitet 
sind.  Ein  Beispiel  für  ein  solches,  das  Überbleibsel  eines  iita,. 
und  zwar  sehr  alter  Zeit,  darstellendes  Sprichwort  ist  : 

Naniiva  no  asJii  mo  \  Ise  de  Jiamaogi. 
Aus  neueren,  sog.  hayari-itta  (*'  Modeliedcrn",  d.  h.  Volksliedern) 
stammen  beispielsweise  : 

Saita  saknra  ni  \  naze  kouia  tsnnagn  ? 
YaJiari  no  ni  oke  \  rcngesö^^  / 

^)  fi  am  Ende  einer  Silbe  wird  als  besondere  Silbe  gerechnet. 


Sakuragi  zvo  \  kudakite  mite  iiio  \  Jiana  zva  nasJii 
— wovon  das  letzte  Beispiel    der    Form    nach    das  vollständige 
kaniinohi  eines  tanka  bildet. 

Eine  andere  die  Form  betreffende  Eigenthümlichkeit  ist 
der  mitunter  vorkommende  Parallelisinus  der  Glieder,  d.  h.  die 
Wiederholung  desselben  Gedankens  in  ähnlicher  (parallellau- 
fender) Form ;  eine  Wiederholung,  die  bekanntlich  der  he- 
bräischen Poesie  besonders  eigenthümlich  ist,  und  auch  in  der 
chinesischen,  sowie  in  der  rein  japanischen  (classischen)  Poesie 
als  tsuikii  eine  ziemlich  grosse  Rolle  spielt.  Bei  den  chinesischen 
Sprichwörtern  ist  diese  Form  beinahe  die  Regel,  und  es  findet 
sich  daher  unter  den  aus  China  stammenden,  durch  einen  Stern 
(* — siehe  weiter  unten)  bezeichneten  Sprichwörtern  der  Sammlung 
eine  grosse  Zahl  von  solchen  Beispielen,  Rein  japanische 
Sprichwörter  dieser  Art  sind  jedoch  ziemlich  selten  ;  als  Beispiele 
seien  angeführt : 

Kyoto  HO  y  11  Ute,   Osaka  no  yinnc. 

Köri  zvo  cJiiribavii,  vdzit  ni  egaku. 

Kabe  ni  iniiid  ari,  sJidji  ni  me  ari. 

Uwo  xva  mizn  ni  sunde    niizu    zvo    nigosJd,  tori  zva 
ki  ni  siinde  ki  wo  karasn. 
Es    ist    sogar    noch   sehr  zweifelhaft,  ob   nicht  auch   die  soeben 
angeführten  Beispiele,  wenigstens  die  drei  letzten,  ihren  Ursprung 
in  China  haben. 

Dagegen  i>t  eine  andere,  ebenfalls  die  Form  betreffende 
Eigenthümlichkeit  ebenso  häufig  als  echt  japanisch  :  die  Vor- 
liebe für  Wiederholung  desselben  Wortes  oder  derselben  Silbe, 
sowie  für  Verbindung  ähnlich  klingender  Wörter  oder  Silben. 
Es  Hegt  hier  dasselbe  Motiv  vor,  dem  auch  so  viele  deutsche 
Sprichwörter  und  Redensarten  ihren  Urs[)rung  und  ihre 
Beliebtheit  verdanken  :  die  Freude  am  Klange ;  nicht  nur  als 
Klang  an  sich,  sondern  auch  als  Hilfsmittel  zur  Verstärkung  des 
Sinnes. 

Beispiele  für  Wiederholung  desselben  Wortes  sind,  neben 
vielen  anderen  : 


XU         

Mukaslii  lua  vmkashi,  iuia  iva  inm. 

AsJiiia  lua  asJiita  no  kaze  ga  fuhi. 

Atarii  1110  hakke,  atarami  ino  hakke. 

Mochi  iva  mocJiiya. 

Mocldya  mochi  kuzvazu. 

lya  iya,  savibai  jüsavibai. 

BaucJtö  ni  itc  BancJiö  shirasu. 
Als    Beispiele    für    Verbindung    ähnlich    klingender   Wörter 
seien  angeführt  : 

Kiiso  1110  misü  ino  issJio. 

Mi  areba  iiwi  ari. 

Totta  ka  mita  ka  ? 

Tanki  wa  sonki. 

Rö  shitc  kö  nashi. 
Nicht  sehen  kommt  auch  gradezu  mwrw^'ifr  Gleichklang  vor  : 

Kowashi  initashi. 

NagasJd  inijikashi. 

lyashi  zva  kuyasJii. 

Gakiisha  nutshaknsha. 

Dainashite  nio  snkasJnte  ino. 

Hito  ni  zva  säte  iniyo,  nnia  ni  tva  nottc  iniyo  ! 
Weniger  häufig  als  die  Wiederholung  desselben  Wortes  ist 
die  Wiederholung  derselben  Silbe;  daneben  kommt  auch  die 
Verbindung  ähnlich  klingender  Silben  vor,  sowohl  solcher  mit 
demselben  Consonanten  (Allitteration),  als  solcher  mit  demselben 
Vocal  (Assonanz).  Dabei  ist  jedoch  zu  bemerken,  dass  reine 
Allitteration  (Stabreim),  wie   z.  B.  : 

Knchi  kara  Köya  e  ynku 
äusserst  selten  ist,  ebenso  wie  reine  Assonanz.  Da  auch  die 
Wiederholung  derselben  Silbe  selten  ganz  rein  auftritt,  so 
handelt  es  sich  in  den  allermeisten  Fällen  um  ein  eigen- 
thümliches  Gemisch  aus  allen  dreien,  also  um  Silbenwiederholung 
als  Haupterscheinung,  verbunden  mit  allitterirenden  und  as- 
sonirenden  Nebenerscheinungen,  wie  folgende  Beispiele  zeigen 
mögen  : 


—         Xlll         — 

Oya  HO  kokoro  ko  shirazu. 

Kusiiri  kiisöbai. 

Oya  ni  niini.  ko  oniko. 

Nokutc  nanakiise. 

Ne'nihni  ni  vii.zu. 
Erwähnt  sei  noch,  dass  Wortspiele  in  den  japanischen 
Sprichwörtern  zwar  auch  vorkommen,  aber  keineswegs  so  häufig, 
wie  man  vielleicht  anzunehmen  geneigt  sein  sollte.  Da  sie  in 
jedem  einzelnen  Falle  erklärt  worden  sind,  so  kann  auf  die 
Anführung  von   Beispielen  an  dieser  Stelle  verzichtet  werden. 

Nach     ihrem      Ursprünge    zerfallen    die    Sprichwörter    und 
Redensarten  der  Sammlung  in  zwei  Arten  :  solche,  die  im  Lande 
selbst  entstanden  und  also  rein  japanisch  sind,  und  solche,  die 
aus  China  stammen.     Die  Zahl  der  zweiten  Art  ist  bekanntlich 
sehr  gross,  und    sehr    viele    davon,    die    schon    in    uralter  Zeit 
herübergewandert  sind,  haben   sich  in  Japan  so  vollständig  ein- 
gebürgert,   dass     man    ihren    fremden     Ursprung     kaum     noch 
empfindet,   während  die  übrigen  erst  in  späterer    Zeit    in  Japan 
eingeführt    und    daher    nicht   in  den  Volksmund  übergegangen 
sind,    sondern    nur    in    der    Schriftsprache    angetroffen  werden. 
Bei    diesen    letzteren   bin   ich  —  während  sonst   für  diese  Samm- 
lung   der    Satz  :    "  all    is    fish  that  comes  to   net  "  massgebend 
war — mit  einifjer  Auswahl  verfahren,  und  habe  nur  solche  auf- 
genommen,  die  als  besonders  charakteristisch   und  repräsentativ 
gelten    können. — Es    schien    mir  begreiflicherweise   wünschens- 
werth,     in     der     Sammlung     alle      ursprünglich      chinesischen 
Sprichwörter    und    Redensarten    von  den    rein   japanischen     zu 
unterscheiden,  und  sie  zu  diesem  Zwecke  durch  einen  Stern  (*) 
kenntlich    zu    machen ;    doch    bemerke    ich    ausdrücklich,   dass 
diese    Unterscheidung    nicht    vollständig    durchgeführt    werden 
konnte,    da    es  manchmal  sehr  schwierig  ist,  mit  Sicherheit  zu 
entscheiden,  was  echt  japanisch  und  was    aus  China  eingeführt 
ist.     Ich  habe  daher  nur  danii  einen  Stern    gesetzt,  wenn  über 
den    chinesischen    Ursprung-    kein    Zweifel    möglich    war,    ohne 

IT  ö  O  ' 

jedoch  damit  die  Sicherheit  zu  übernehmen,  dass  sich  nicht  auch 


XIV         

unter    den    Sprichwörtern    und    Redensarten,    die    mit     keinem 
Stern  bezeichnet  sind,  noch  solche  befinden   mögen. 

Was  die  Übersetzung  betrifft,  so  habe  ich  mich  immer 
möglichst  genau  dem  japanischen  Text  angeschlossen,  auch  da, 
wo  eine  weniger  genaue,  aber  idiomatischere  Übersetzung  nahe 
lag.  Dies  glaubte  ich  besonders  im  Interesse  derer  tlmn  zu 
müssen,  die  die  Sammlung  als  Hilfsmittel  beim  Studium  der 
japanischen  S[jrache  benutzen  wollen.  Trotzdem,  glaube  ich, 
wird  man  im  allgemeinen  finden,  dass  die  Übersetzung  immer 
noch  lesbar  ist,  und  dass  es  mein  Bestreben  war,  sie  bei  mög- 
lichst engem  Anschluss  an  die  japanische  Construction  doch 
von  gezwungenen  Wendungen  so  weit  als  möglich  frei  zu  halten 
— ein  Ziel,  das  zu  erreichen  mir,  wie  ich  gern  gestehe,  manchen 
Stosseufzer  gekostet  hat.  Wörter,  die  im  japanischen  Text 
nicht  stehen,  die  ich  aber  der  grösseren  Deutlichkeit  wegen 
hinzugefügt  habe,  sind  gewöhnlich  in  Klammern  eingeschlossen. 
Ausserdem  habe  ich  überall,  wo  es  nöthig  schien,  ErläiLterungen 
hinzugefügt — wobei  allerdings  in  vielen  Fällen  nicht  ausge- 
schlossen ist,  dass  das  Sprichwort  ausser  der  angegebenen  auch 
noch  andere  Bedeutungen  haben  mag  ;  ferner  habe  ich,  wo  nur 
irgend  möglich,  sinnverwandte  deutsche  Sprichwörter  angeführt. 
In  den  meisten  Fällen  ist  es  mir  allerdings  leider  nicht  gelungen, 
ein  entsprechendes  deutsches  Sprichwort  ausfindig  zu  machen, 
was  aber  meiner  Meinung  nach  nur  an  meiner  beschränkten 
Kenntniss  des  deutschen  Sprichwörterschatzes  liegt ;  denn  ich 
zweifle  nicht  daran,  dass  es  für  jedes  japanische  Sprichwort  (es 
ist  hier  nur  von  den  Spriclnvörtern,  nicht  von  den  bildlichen 
Ausdrücken  die  Rede)  irgend  ein  ähnliches  deutsches  Sprich- 
wort geben  wird,  und  umgekehrt.  Dies  gilt  natürlich  nur  von 
Sprichwörtern,  denen  eine  allgemein  menschliche  Bedeutung 
zukommt,  nicht  aber  von  solchen,  die  sich  nur  auf  bestimmte 
locale  Verhältnisse  oder  sociale  Zustände  beziehen.  Ein 
Sprichwort  wie  z.  B.  Komika  sangö  mottara  ninko  ni  yukuna  / 
(wenn  du  auch  nur  noch  drei  Mass  Kleie  hast,  so  werde  kein 
Adoptivschwiegersohn  !)    ist    selbstverständlich     nur    in    einem 


XV         — 

Lande  mit  den  Familieneinrichtungen  Japans  denkbar. — Der 
Fall  freilich,  dass  sich  ein  Sprichwort  der  einen  Sprache  mit 
einem  der  anderen  vollständig  deckt,  ist  verhältnissmässig  nicht 
häufig.  Gewöhnlich  decken  sich  die  Sprichwörter  nur  theilweise  : 
ein  Theil  der  Bedeutung  des  japanischen  Sprichworts  steckt  zwar 
in  dem  deutschen  (oder  umgekehrt),  der  andere  Theil  aber  nicht, 
sondern  dieser  ist  in  einem  zweiten,  oder  auch  noch  mehreren 
anderen  Sprichwörtern  enthalten. 

Ich  möchte  hieran  noch  die  allgemeine  Bemerkung  knüpfen, 
dass  ein  grosser  Theil  des  Reizes,  den  die  Beschäftigung  mit 
den  Sprichwörtern  einer  fremden  Sprache  und  ihre  Vergleichung 
mit  denen  der  eigenen  hat,  darin  besteht,  dass  man  sich 
dabei  der  allem  menschlichen  Denken  zu  Grunde  liegenden 
Übereinstimmung  so  recht  bewusst  wird.  Auf  der  anderen 
Seite  liegt  der  Reiz  dieser  Sprichwörtervergleichung  wieder 
gerade  in  der  äusserst  charakteristischen  Verschiedenartigkeit 
der  in  den  meisten  Fällen  der  Welt  des  Concreten  entnomme- 
nen Ausdrucksmittel  für  denselben   Gedanken. 

Bei  dieser  Gelegenheit  möchte  ich  auch  darauf  hinweisen, 
dass  die  mehrfach  geäusserte  Meinung:  der  japanischen  Sprache 
.seien  Personificationen  jeder  Art,  seien  es  Personificationen  concre- 
ter  oder  abstracter  Dinge,  ihrem  Wesen  nach  durchaus  fremd  und 
gehörten  daher  zu  den  allerseltensten  Ausnahmen,  durch  die  japa- 
nischen Sprichwörter  und  Bilder  aufs  entschiedenste  widerlegt 
wird.  Schon  dass  überhaupt  Ausnahmen  zugegeben  werden,  ist  in 
diesem  Falle  ein  höchst  verdächtiger  Umstand.  In  einer  Sprache, 
die  ihrer  ganzen  Natur  nach  angeblich  keine  Personificationen 
kennte,  wären  solche  ganz  vereinzelt  dastehenden  "  Ausnahmen  " 
einfach  unbegreiflich  ;  sie  wären  eine  so  heterogene  Erscheinung, 
dass  einem  nichts  übrig  bliebe,  als  sie  für  unechte  Eindringlinge  zu 
halten.  I^s  wäre  auch  schwer  verständlich,  warum  bei  der  aus- 
gesprochenen Vorliebe  der  japanischen  Sprache  für  Bilder  grade 
diese  eine  Kategorie — die  Verbildlichuno-  von  Dingen  ins  Mensch- 
liehe — fehlen  sollte.  Es  verhält  sich  mit  dieser  angeblichen 
Abneigung    gegen     Personificationen    wie     mit    jener     anderen, 


XVI 


ebenso  fraglichen,  aber  bei  vielen  ebenfalls  gradezu  zum  Axiom 
gewordenen  Behauptung  :  der  Japaner  denke  "  unpersönlich," 
während  der  Europäer  "  persönlich  "  denke — in  beiden  Fällen 
kommt  man  bei  näherer  Prüfung  zu  dem  Resultat,  dass  man 
es  mit  haltlosen  Theorien  zu  thun  hat,  die  mit  der  thatsäch- 
lichen  Erfahrung  in  vollständigem  Widerspruch  stehen.  Was 
zunächst  die  zuletzt  erwähnte  Behauptung  betrifft,  so  beruht  sie, 
bei  Lichte  besehen,  lediglich  auf  der  VerwechsLiUg  der  gram- 
matischen Form  mit  dem  geistigen  Inhalt.  Der  Japaner  denkt 
selbstverständlich  genau  ebenso  persönlich  wie  irgend  ein 
anderer  Mensch ;  die  Person  ist  auch  in  den  Fällen,  wo  das 
"  ich  "  u.  s.  w.  in  der  Sprache  nicht  ausgedrückt  ist,  ebenso 
lebendig  in  seinem  Bewusstsein,  wie  in  den  Fällen,  wo  die 
Sprache  von  ihren  so  überaus  reichen  Mitteln,  die  Person,  und 
nicht  nur  die  blosse  Person,  sondern  auch  das  Verhältniss,  in 
dem  sie  zu  dem  Sprechenden  steht,  bis  auf  die  feinsten  Unter- 
schiede auszudrücken,  Gebrauch  macht.  Oder  soll  man  etwa 
glauben,  dass  der  Japaner,  wenn  er  sagt:  tegaini  zuo  kaite  im, 
im  Sinne  von  unserm  deutschen  "  ich  schreibe  einen  Brief",  dies 
nicht  persönlich  empfinde,  sondern  nur  als  ein  ganz  leeres, 
unpersönliches,  in  der  Luft  schwebendes  "  einen  Brief  schreiben", 
nur  weil  zufällig  die  wörtliche  Übersetzung  ins  Deutsche  nichts 
auf  eine  bestimmte  Person  Bezügliche  aussagt  ?  Soll  deswegen, 
weil  tcgavii  wo  kaite  im  unter  Umständen  auch  "du,"  "  er  "  etc- 
"schreibt  einen  Brief"  bedeuten  kann,  der  Japaner  mit  diesen 
Worten  die  Vorstellung  des  "  ich,"  oder  des  "  du,"  "  er  "  etc.  je 
nach  dem  Falle,  nicht  ebenso  deutlich  verbinden  können  wie  wir, 
wenn  wir  das  Pronomen  durch  ein  besonderes  Wort  ausdrücken  ? 
Oder  wenn  ein  japanisches  Kind  sagt :  liara  ga  itai — "  der 
Bauch  thut  weh  ";  ist  dies  weniger  persönlich  empfunden  und 
gemeint,  ;ds  wenn  ein  deutsches  Kind  sagt :  mir  thut  der  (cder 
noch  persönlicher  :  iiiciii)  Bauch  weh — nur  weil  im  Deutschen 
die  Person  durch  ein  besonderes  Wort  ausgedrückt  ist,  im 
Japanischen  aber  niclit  ?  Was  wäre  das  für  eine  sonderbare 
Sprache,  was  (ür  noch  sonderbarere   Menschen  !     Mit  demselben 


XVIl        — 

Rechte  könnte  man  behaupten,  dass  ein  Deutscher,  der  die 
üble  Gewohnheit  hat,  in  Briefen  das  "  ich  "  regelmässig  weg- 
zulassen, deswegen  aufgehört  habe,  persönlich  zu  denken. 
Vielleicht  bringen  wir  es,  wenn  die  soeben  erwähnte  Art  von 
Stil  noch  weiter  überhand  nimmt,  schliesslich  dahin,  dass  wir 
ebenso  unpersönlich,  d.  h.  ohne  Fürwörter,  reden  wie  die 
Japaner — würde  aber  darum  bei  uns,  selbst  wenn  die  die  Per- 
sönlichkeit doch  nur  rein  äusserlich  bezeichnenden  Fürwörter 
wirklich  wegfielen,  auch  das  Empfinden  der  Persönlichkeit,  das 
"  persönliche  Denken  "  aufhören  ?  Daraus,  dass  der  Japaner  in 
jedem«  Falle,  wo  irgend  ein  Zweifel  entstehen  könnte,  nie  vergisst, 
die  Person  durch  ein  Fürwort  oder  durch  besondere  Verbformen 
auszudrücken,  geht  doch  deutlich  genug  hervor,  dass  er  sich 
auch  da,  wo  er  es  nicht  thut,  weil  er  es  nicht  für  nöthig  hält,  und 
es  auch  in  der  That  nach  seinem  Sprachgebrauch  nicht  nöthig  ist, 
der  Person  deshalb  nicht  weniger  klar  bewusst  ist.  Es  wird  wohl 
niemand  behaupten,  dass  die  Griechen  und  Römer,  die  doch  von 
den  persönlichen  Fürwörtern  als  Subjekt  im  Satze  einen  noch  weit 
sparsameren  Gebrauch  machten  als  die  Japaner,  deshalb  weniger 
persönlich  gedacht  haben  als  wir  ;  auch  wird  sich  wohl  jeder 
aus  seiner  Schulzeit  der  wohlbekannten  Phrase  :  "  das  Subjekt 
steckt  im  Verbum''  erinnern.  Warum  sollte  denn  im  Japanischen 
das  Subjekt  nicht  ebenso  gut  im  Verbum  stecken  können,  selbst 
o/iue  die  äusserliche  Differenzirung  der  Person  durch  die  Endung, 
die  wir  im  Lateinischen  und  Griechischen  finden  ?  Könnte 
man  nicht  sogar,  wenn  man  wollte,  ebenso  gut  behaupten,  das 
Gefühl  für  das  Persönliche  müsse  im  Japaner  stärker  entwickelt 
sein  als  bei  uns,  grade  weil  er  solcher  äusseren  Hilfsmittel  der 
Sprache,  zwar  nicht  entbehrt,  aber  nicht  so  häufig,  nicht  so  in 
jedem  Falle  bedarf,  wie  wir? 

Soviel  üher  die  Fiction  des  "  Unpersönlichen,"  dieser 
angeblichen  "Seele  des  fernen   Ostens", 

\\'as  die  andere  Behauptung  :  die  japanische  Sprache,  resp. 
der  japanische  Volksgeist  kenne  keine  Personificationen,  betrifft, 
so  braucht  man   nur  an  die  bekannten  japanischen  Thiermärchen 


XVUl     — 

zu  denken,  an  die  Personification  von  Sonne,  Mond,  Donner, 
Wind,  Feuer,  Wasser,  Erde,  ]\Teer  etc.  im  Volksglauben,  sowie 
an  die  Rolle,  die  Fuchs,  Dachs  {tanuki),  Katze,  Wiesel,  Schlangen 
und  Drachen  darin  spielen  ;  an  die  zahllosen  Verwandlungen  von 
Körpertheilen,  Kleidern  etc.  in  Götter  unKoJiki,  worin  bekanntlich 
sogar  ganze  Inseln  als  Götter,  sowie  Thiere,  wie  Hase,  Fasan, 
Seebrasse,  Krokodile  etc.  nach  Art  von  Menschen  redend  und 
handelnd  auftreten — um  die  völlige  Grundlosigkeit  dieser  Be- 
hauptung einzusehen.  Ist  doch  die  älteste  japanische  Religion, 
gleich  der  der  indogermanischen  Völker,  eine  Naturreligion, 
d.  h.  ein  Naturdienst;  selbst  Berge  und  Flüsse,  Bäume  und 
Kräuter^'  wurden  als  die  Nachkommen  von  Göttern  angesehen, 
und  ihnen  deshalb  göttliche  Verehrung  erwiesen  ;  legt  doch  der 
Japaner  selbst  Pflanzen  verschiedenes  Geschlecht  bei  und  spricht 
von  männlichem  und  weiblichem  Bambus  {p-take  und  ine-takc), 
von  männlichen  und  weiblichen  Kiefern  (o-matsu  und  iiie-matsii), 
ja  sogar  von  männlichen  und  weiblichen  Dachziegeln  {p-gaivara 
und  ine-gazvard) ;  von  Greis- Bambus  und  Kinderbambus  [okina- 
dake  und  cJdgo-dake)  u,  s.  w.  Ein  neuer  Beweis  dafür,  dass  Per- 
sonification dem  japanischen  Volksgcist  eine  durchaus  vertraute 
Sache  ist,  wird,  wie  schon  gesagt,  durch  die  Thatsache  geliefert, 
dass  unter  den  japanischen  Sprichwörtern  und  Bildern  Ver- 
menschlichungen von  Dingen,  sowohl  abstracter  als  concreter 
Natur,  die  Thiere  mit  eingeschlossen,  ebenso  häufig,  wenn  nicht 
noch  häufiger,  vorkommen  als  bei  uns. 

Beispiele  hierfür  sind  in  der  Sammlung  überall  anzutreffen  ; 
doch  mögen  hier  aus  dem  Anfange  derselben  einige  besonders 
auffallende — keineswegs  alle — angeführt  sein:     Akire  ga   rei   ni 


1)  Interessant  ist  in  dieser  Hinsicht  eine  Stelle  im  Ö-harai  no  kotoba , 
wonach  das  göttliche  Ahnenpaar  ( Takann-mitsidn  no  mikoio  und  die  Sonnen- 
göttin Amaierasii)  "  die  bis  dahin  redenden  Felsen,  Bäume  und  Blätter  zum 
Verstummen  brachte  "  (nach  der  Übersetzung  von  Weiperi  im  58.  Heft  der 
"  jNIittheilungen "). — Dass  der  Fuchs  in  alter  Zeit  als  "Fuchs-Baumgeist" 
{Jdtsune-k'-'dama)  bezeichnet  wurde,  steht  vielleicht  mit  dem  noch  immer  so 
dunkeln  Ursprung  der  Verehrung  des  Fuchses  als  göttliches  Wesen  (dem 
/«<7r/diensl)  in  Zusammenhang. 


XIX         

knni ;  Akiiji  senri  ivo  Jiasliini,  köji  vion  %uo  iderju ;  Ari  110 
Kivannon-mairi ;  Ari  no  omoi  mo  tcn  iiiadc  todoku  ;  Ashita  no 
koto  luo  in  to  tenjö  de  nezumi  ga  tvarau  ;  Daikai  %va  cJdri  zvo 
erabazH  ;  Demono  haremono  iokoro  kirawazu  etc.  etc. 

Obgleich,  streng  genommen,  nicht  mehr  in  den  Rahmen 
dieses  Vorworts  gehörig,  sei  hier  auch  noch  jener  scherzhaften 
Verballhornisirung  der  japanischen  Sprichv/örtcr  gedacht,  die 
dem,  der  mit  der  Sprache  vertrauter  ist,  wohlbekannt  sein 
wird.  Wie  es  bei  uns  nicht  wenige  Leute  giebt,  die  sich  über 
gewisse  Sprichwörter  lustig  machen,  sie  in  komischer  Art  ver- 
drehen oder  ihnen  einen  lächerlichen  Zusatz  geben,  der  dann 
manchmal  selbst  zum  Sprichwort  wird,  so  auch  in  Japan,  in 
dessen  Bewohnern  ja  der  Sinn  für  das  Komische,  die  harmlose 
Freude  am  Lächerlichen,  ganz  besonders  lebhaft  entwickelt  ist. 
Ich  meine  solche  Verdrehungen  wie  z.  B.  :  kommt  Zeit,  kommt 
Konrad — Vorsicht  ist  die  Mutter  der  Porzellankiste — Alter 
schützt  vorm  Thorweg  nicht — mehr  Glück  als  Ferdinand — 
Arbeit  macht  das  Leben  süss,  Faulheit  stärkt  die  Glieder  u,  s.  w. 
Folgendes  sind  japanische  Beispiele  ähnlicher  Art.  Statt  des 
Sprichworts  vuiri  ga  töreba,  döri  Jdkkonm  (wenn  die  Gewalt 
durchdringt,  zieht  sich  das  Recht  zurück)  sagt  man,  indem 
man  statt  der  ursprünglichen  Wörter  vmri  und  döri  ähnlich 
klingende  setzt  :  fnri  ga  töreba,  zöri  hikkoniu  (wenn  der  Regen 
eindringt,  ziehen  sich  die  Strohsandalen  zurück — d.  h.  man 
nimmt  sie  von  der  Veranda  ins  Haus).  Statt  jödan  kara  hoviina 
ga  dem  (aus  Scherz  geht  Wahrheit  hervor)  heisst  es  :  liyötan 
kara  kovia  ga  deru  (aus  dem  Flaschenkürbis  kommt  ein  Fohlen 
heraus) — eine  Verdrehung,  die  selbst  zum  Sprichwort  geworden 
ist  (man  sagt  so  bei  einem  sehr  merkwürdigen  Vorfall  ;  auch, 
wenn  jemand  sehr  lügt).  Das  Sprichwort  dai  zva  shö  wo  kaniirii 
(das  Grosse  schliesst  das  Kleine  in  sich)  wird  scherzhafter  Weise 
folgendermassen  ergänzt :  dai  iva  shö  zvo  kamirii  mo,  nagainocJn 
zva  inakura  ni  narazii  (das  Grosse  schliesst  zwar  das  Kleine  in 
sich,  aber  ein  Kleiderkasten  wird  nicht  zum  Kopfkissen).  Noch 
ein  dem  letzten  ähnliches  Beispiel :  nn  zua  ten  ni  ari,  botamochi  zva 


—        XX        — 

tana  ni  ari  (das  Schicksal  Hegt  beim  Himmel,  die  Reiskuchen 
liegen  auf  dem  Wandbrett).  Solche  lächerlichen  Verdrehungen 
sind,  wie  gesagt,  sehr  beliebt ;  es  giebt  sogar  ganze  gedruckte 
Sammhmgen  davon'\ 

Zum  Schlüsse  komme  ich  noch  einmal  auf  das  im  Anfange 
dieses  Vorwortes  Gesagte  zurück,  indem  ich  wiederhole :  den 
japanischen  Sprichwörtern  ist  bisher  eine  verhältnissmässig  ge- 
ringe, oder  besser :  eine  viel  zu  geringe  Aufmerksamkeit  zu 
Theil  geworden.  Auch  die,  die  hier  leben,  haben  ihnen  bei 
weitem  nicht  die  Aufmerksamkeit  geschenkt,  die  sie,  wie  die 
Sprichwörter  eines  jeden  Volkes,  unter  dem  man  lebt,  verdienen. 
Ist  doch  die  Kenntniss  der  Sprichwörter  eines  Volkes  in  m.ehr 
als  einer  Hinsicht  von  Interesse  und  auch  von  praktischem 
Wertlie.  Vor  allem  sind  sie  ein  vorzügliches  Mittel,  uns  un- 
mittelbar in  die  Werkstätte  des  Volksgeistes  einzuführen  und 
uns  mit  seinen  Anschauungen,  seinem  Fühlen  und  Denken 
vertraut  zu  machen.  Grade  für  ein  Land  wie  Japan  ist  dieses 
Mittel  von  um  so  grösserem  Werthe,  als  das  allerdings  noch 
weit  bessere  Mittel  :  das  Studium  der  Litteratur,  besonders 
der  Volksromane,  wegen  der  ausserordentlichen  Schwierigkeiten, 
die  die  Erlernung  der  Schrift  bietet,  und  da  es  auch  an  Über- 
setzungen fast  gänzlich  fehlt,  für  die  allermeisten  so  gut  wie 
ausgeschlossen  ist.  Die  japanischen  Sprichwörter — um  bei  diesen 
zu  bleiben — verstatten  uns  ferner  viele  interessante  Einblicke  in 
japanisches  Leben,  japanische  Sitten  und  japanische  Häuslich- 
keit ;  wir  lernen  durch  sie  den  glücklichen  japanischen  Volks- 
humor kennen,  der  sich  über  alles  Missgeschick  leicht 
hinwegsetzt,  und  dem  doch  andererseits  eine  ernste,  oft  dü.-tere 
Lebensauffassung  gegenüber  steht.  Und  nicht  nur  der  Mensch, 
auch  sein  Hausrath,  seine  Umgebung,  die  belebte  und  unbelebte 
Natur,  der  Himmel,  das  Wasser,  die  Blumen  und  Bäume,  die 
Thiere  treten    auf,    um    als    Beispiele    für    Tugenden    und    Un- 

')  Man  findet  solche  in  der  Share-  (Witz  und  Wortspiel-)  Litteratur, 
z.,  B.  in  Werken  wie  Kangaeinono  Senshü  (#if^ß|^),  Sharc  Shiiianjo  (iS?'Ua 
f^J^'f)  und  ähnlichen, 


XXI        — 

tutenden,  für  die  wechselnden  Launen  des  Schicksals  u.  s,  w,  zu 
dienen  und  so  den  Volksgeist  noch  lebendiger  zu  illustriren. 
Selbst  für  den,  der  nie  in  Japan  gewesen  ist,  der  aber  für 
Volksthum,  Volksleben  und  Volksäusserungen  einen  offenen 
Sinn  besitzt,  müssen  die  Sprichwörter  dieses  Landes  interessant 
und  lehrreich  sein — wieviel  mehr  für  den,  der  hier  lebt  und  mit 
dem  Volke  selbst  verkehrt !  Eine  rechte  Volksken ntniss  ohne 
Kenntniss  seiner  Sprichwörter  und  Bilder  ist  kaum  denkbar, 
und  ganz  besonders  gilt  dies  für  das  japanische  Volk,  das 
seine  Sprichwörter  in  so  überaus  lebendigem  Gebrauch  erhält — 
vielleicht  mehr  als  irgend  ein  anderes  Volk.  Grac'ezu  unent- 
behrlich ist  daher  die  Bekanntschaft  mit  diesen  Sprichwörtern 
für  den,  der  mit  dem  Volke  in  dessen  eigener  Sprache  reden 
will,  besonders  wenn  er  sich  die  wirkliche  Beherrschung  dieser 
Sprache  zum  Ziele  gesetzt  hat.  Von  einer  solchen  kann  keine 
Rede  sein,  so  lange  er  sich  nicht  den  japanischen  Sprich wörtcr- 
und  Biiderschatz  gänzlich  zu  eigen  gemacht  hat. 

Es  bleibt  mir  noch  die  angenehimc  Pflicht  übrig,  der  Hilfe, 
die  mir  bei  der  Abfassung  dieser  Sammlung  von  japanischen 
Freunden  zu  Theil  geworden  ist,  dankbar  zu  gedenken.  Vor 
allem  bin  ich  Herrn  Tokunaga  Atstishi  zu  Danke  verpflichtet, 
der  den  grössten  Theil  der  Sammlung  aufs  sorgfälligbte  durch- 
gesehen hat  und  mir  in  sehr  vielen  zweifelhaften  Fällen  über  die 
Bedeutung  der  Sprichwörter  und  Redensarten  Aufklärung  gab  ; 
auch  verdanke  ich  seitien  Mittheilungen  eine  Anzahl  neuer 
Beiträge.  Ferner  haben  sich  die  Herren  Nishida  Kitaro  und 
Kambara  Sliigesane  um  die  Sammlung  dadurch  sehr  verdient 
gemacht,  dass  sie  je  einen  Theil  revidirten  und  mit  werthvoUen 
Anm.erkungen  versahen.  Ebenso  bin  ich  Herrn  Dr.  Ueda  Sciji 
für  die  freundliche  Auskunft,  die  er  mir  über  eine  grosse  Anzahl 
von  Sprichwörtern  gegeben  hat,  zu  grossem  Danke  verpflichtet. 
In  vielen  Fällen  wurde  auch  der  Rath  der  japangelehrten  Herren 
Murakami  Chinkya  und  TakaJiashi  Tomie  eingeholt,  die  gleich 
den  Vorgenannten  an  dem  hiesigen  Gymnasium  {Kötö  Gakko) 
Ihätig   sind.     Auch  darf  ich  an  dieser  Stelle    die    mir  früher  in 


XXll        

Tokyo  zu  Theil  gewordene  Beihilfe  der  Herren  Onmra  Jintarö, 
Kiigo  Geiichd  und  Tsiiji  TakaJiira  nicht  unerwähnt  lassen.  Allen 
Genannten  wird  hiermit  für  ihre  freundliche  Unterstützung,  die 
soviel  dazu  beigetragen  hat,  den  Werth  der  Sammlung  zu 
erhöhen,  mein  herzlichster  Dank  ausgesprochen  ! 

Bei  der  Drucklegung,  die  mit  nicht  geringen  Schwierig- 
keilen verbunden  war,  hat  mir  unser  Ehrenmitglied,  Herr 
R.  Lehnann,  der  unermüdliche  Beförderer  aller  Interessen  der 
"  Deutschen  Gesellschaft ",  unausgesetzt  mit  Rath  und  That 
zur  Seite  gestanden.  Er  übernahm  niclit  nur  die  mühevolle 
und  zeitraubende  Leitung  des  Druckes,  sondern  auch  einen 
Theil  der  Correcturlesung  ;  seiner  thätic^en  Bemühung  ist  es  in 
erster  Linie  zu  verdanken,  dass  die  Sammlung  in  Bezug  auf 
äussere  Foim  so  gut  ausgefallen  ist.  Ich  bedurfte  seiner  freund- 
lichen Unterstützung  um  so  mehr,  als  ich  vom  Druckort  weit 
entfernt  wohne,  und  es  gereicht  mir  daher  zu  ganz  besonderer 
Freude,  auch  an  dieser  Stelle  anzuerkennen,  wie  sehr  ich  Herrn 
Lehmann  für  die  Opfer  an  Zeit  und  Mühe,  die  er  dieser  Sache 
gebracht  hat,  zu  Danke  verpflichtet  bin. 

Ich  schliesse  mit  dem  Wunsche,  dass  die  Sammlung  bei 
allen,  die  an  Japan  ein  Interesse  nehmen,  eine  günstige  Auf- 
nahme finden  möge,  und  mit  der  Bitte,  mich  von  etwaigen 
Auslassungen,  sowie  Unrichtigkeiten  in  der  Übersetzung  oder 
Deutung  freundlichst  in  Kenntniss  zu  setzen,  damit  diese  Er- 
gänzungen und  Berichtigungen  am  Schlüsse  als  Nachtrag 
hinzugefügt  werden  können.  Für  eine  jede  derartige  Mittheilung 
würde  ich  aufrichtig  dankbar  sein. 

Kanazawa,  im  Mai   1897. 

P.  Ehmann. 


A. 


I.     Abu  mo  iorazii,  Jiachi  ino  torazii.  H  i  Sit  ?>T)  ^^  i  Hx  ?)T'  Weder 

Bremse  noch  Wespe  fangen. 

Wer  zweierlei  zugleich  will,  bekommt  keins  von  beiden. 
Auch  abgekürzt :  abii-hachi  torazu. 

*2.     Ahura  kazvakite  tökzva  inessu.    -M^^'Z^'Kß.'t    Wenn    das 
Öl  austrocknet,  geht  das  Lampenlicht  aus. 

3.  Ahiira  zvo  torii.  vI/^Ixä    Das    Fett   abnehmen. 

Jemand  den  Hochmuth  austreiben,  ihn  in  seine  Schranken 
zurückweisen. 

4.  Abiira  zvo  7iru.  \^^%h   Öl  feilhalten. 

Müssig  umherlungern  ;  z.  B.  von  einem  Diener,  der  etwas  zu 
kaufen  ausgeschickt  ist  und  dabei  ungebührlich  lange  ausbleibt. 

5.  Abura-ase  %uo  kaku.  vtl»f'^t)»<    Öischweiss  schwitzen. 

Sehr  angestrengt  arbeiten. 

6.  Abura-fjcnni  e  hi ga  tsnita  yö.  'M^^k'oH'^^'tM  Wie  wenn 

Ölpapier  Feuer  gefangen  hat. 

Von  dem  schnellen,  unaufhaltsamen  Redestrom  eines 
Schwätzers  ;  es  hört  sich  an  wie  das  Prasseln  und  Knattern  von 
brennendem  Oelpapier      Auch:  leicht  in  Zorn  gcrathen. 

7.  Abura-itiKshi.  v*^  Ölinsekt  ("Schabe,"  Blatta  orientalis). 

Bezeichnung  für  einen  langweiligen,  lästigen  Menschen. 

8.  Ada  ni  hei  wo  kasu.  'f/ll-^4-Ä1'  Dem  Feinde   Waffen  (od. 

Truppen)  leihen. 

9.  Ageashi  zvo  tont.   %^^^h     Das    aufgehobene    Bein     er- 

greifen. 


Die  schwache  Seite  des  Gegners  benutzen  ;  besonders  sich 
beim  Wortgefecht  einen  dem  Gegner  entschlüpften  unbedachten 
Ausdruck,  Sprachfehler  u.  dgl.  sogleich  zu  Nutze  machen.  Vgl. 
unser  „einem  ein  Bein  stellen." 

10.  Agcinahi  no  koro.  |!§.Ä^®  Die  Zeit  der  agemaki. 

In  der  Kinderzeit.  Agemaki  heissen  die  beiden  Haarbüschel, 
bis  auf  die  der  Kopf  kleiner  Knallen  kahlgeschoren  wird  ;  daher 
ist  ageviaki  auch  ein  Ausdruck  für  "kleiner  Knabe" 

11.  Ago  de  Jiac  wo  oh.  JltTÜ^-iS^-  Die  Fliegen  mit  dem  Kinn 

vertreiben. 

So  matt  sein,  dass  man  sich  kaum  rühren  kann  ;  besonders 
in  Folge  von  Ausschweifung. 

12.  Ago  de  hito  ivo  tsiikajt.  'H'CA^'ßi-J-  (Die  Leute)  mit  dem  Kinn 

brauchen  (commandiren). 

Sehr  hochfahrend  sein  ;  den  Dienern  seine  Befehle  nur  mit 
dem  Kinn  zuwinken. 

13.  Ago  de  oi-maivasu.   fUTiiüT    Mit  dem  Kinn    (die  Diener) 

umherjagen. 
Wie  12. 

14.  Ago  wo   hazHshite  zvarau.    ^l-t^  LX^i^   Lachen,  dass  man 

sich  das  Kinn  verrenkt. 

15.  Ahiru  ga  bnnko  tvo  sJidta  yd.  B*'''^'f-^WMy:ti-  Wie    eine 

Ente  mit  einem  Bücherkasten  auf  dem   Rücken. 
Von  kleinen  dicken  Leuten  mit  watschelndem  Gange. 

16.  A/nni-  ?ii  bunko  zvo  oivashita  yö.   Ill-^Ü^^Ä^  L?:<ä   Als    ob 

man  einer  Ente  einen   Bücherkasten  aufgeladen  hätte. 
Variante  von  15. 

17.  Ahiru  no  kyalian.  ^'^M^  Die  Gamaschen   der  Ente. 

Wenn  die  Ente  auch  Gamaschen  trüge,  würde  sie  doch  ebenso 
ungeschickt  watscheln  wie  zuvor.  Mängeln  abhelfen  wollen,  gegen 
die  es  keine  Mittel  giebt. 

18.  Ahö  ineiba  ni  norn.  ^^^^^%\'-%h    Ein  Dummkopf  auf  einem 

schönen   Pferde. 

19.  Aiai,  kiai.  -w-l:-  ^S    Es    giebt  natürliche,  es    giebt    auch 

sonderbare  Zuneigungen  (Liebhabereien). 
"Über  den  Geschmack  lässt  sich  nicht  streiten." 


—      3      — 

20.  Aietif  kieii.    o"^-^!^    Es  giebt  Verhältnisse,  die  zu  einander 

passen  (die    natürlich    sind),    aber    auch  merkwürdige 
Verbindungen  (die  man  nicht  begreift). 

Besonders  auf  auffallende  Ehebündnisse  angewendet. 

21.  Aikivan    komogomo    itaru.     ^iC!^li£^     Leid  und   Freud 

wechseln   ab. 

22.  Aihyö  ga  koborem.    ^5g-ö^'^tl^S      Die     Liebenswürdigkeit 

läuft  über. 

Sehr  liebenswürdig  sein. 

23.  Aita  kuchi  ni  botainocid    io^.o-hagi).    ^^^1\^\'-Vth^    Ein 

Zucker-Reiskuchen  in   den  offenen   Mund. 

Wenn  einem  etwas  grade  recht  gelegen  kommt ;  grade  das, 
was  man  sich  gewünscht  hatte. 

24.  Alte  JiosJiiya!    tQ^g^cL-^    (Ich)    sehne    mich     nach     einem 

Gesellschafter! 

Der  Zustand,  wenn  man  allein  ist  und  sich  nach  jemand 
sehnt,  der  einem  Gesellschaft  leiste.  Auch  scherzhaft  von  einem 
Streitsüchtigen :  er  sucht  einen  Gegner. 

25.  AiU  kaivarcdo  mishi  kaiuarazu.  fflf-f^^c:'±f^  f>T  Die   Gäste 

wechseln  zwar,  aber  der  Wirth   wechselt  nicht. 

Was  für  den  einen  ein  Vergnügen,  ist  für  den  andern,  der  es 
immer  thun  muss,  eine  Last;  ferner  mit  Bezug  auf  Streitsüchtige, 
Schwätzer  etc. :  sie  streiten  oder  schwatzen  ununterbrochen,  bald 
mit  diesem,  l^ald  mit  jenem ;  die  Gegner  resp.  Zuhörer  werden 
bald  müde,  imd  einer  macht  dem  andern  Platz ;  sie  aber  werden 
nicht  müde. 

26.  Aiie    HO    nai   kenkwa    zva    dekinu.  'tB^^J^jrv^Pt'iiUäiJßW    Ein 

Streit  ohne  Gegner  ist  unmöglich. 

Scherzhaft  gesagt,  wenn  es  an  irgend  etwas  fehlt ;  man  möchte 
z  B.  eine  Reise  machen,  aber  es  fehlt  am  nöthigen  Gelde.  Ferner 
um  jede  Widerrede  abzuschneiden:  nun  sage  nichts  weiter,  denn 
für  mich  ist  die  Sache  zu  Ende;  du  würdest  doch  keine  Antwort 
bekommen.  Auch  wenn  z.  B.  irgend  ein  Schaden  angerichtet  isf 
und  man  nicht  weiss,  wer  es  gethan  hat,  in  dem  Sinne:  man 
kann  nicht  einmal  jemand  dafür  auszanken.  In  diesem  Falle 
muss  jedoch  koik-iü.i  ino  (statt  kcnkzua  züq)  stehen. 


—      4      — 

2/.      Aimichi  zvo  iitsit.  t0M4»?^'5  Zusammen  hämmern. 
Jemand  in  allem  Recht  geben;  ihm  zum  Munde  reden. 

28.  AJiro    110    invo    110  yb.    M^'^^P^^     Wie    ein     Fisch    im 

Bambskorbe. 

Sich  sehr  beengt  und  behindert  fühlen. 
Aha  (Schmutz). 

29.  Aka   ni  kmvarete  vio   shini  iva  scnu.    ^i-:^liH'Ct5€l-ll^W 

Man  stirbt  nicht,  selbst  wenn  man  vom  Schnmtze  auf- 
gefressen  wird 

Scherzhafte  Redensart,   wenn    man  z.  B.    an    seiner    Kleidung 
einen  Schmutzfleck   bemerkt,    oder  keine  Lust  hat,  sich  zu  baden. 

AUa  (nackt). 

30.  Aka  HO  tanin.  E^flfcA  Ein  nackter  Fremder. 

Ein  vollständig  Unbekannter. 

31.  Akahcidaka  ni  siiru.  Hr^lJRl-'f  ^   Ganz  nackt   machen. 

Jemand  vollständig  ausrauben,  ihn  "vollständig  ausziehen." 

32.  Aka-hvashi  IMIi  Getrocknete  (wörtlich:  rothe)  Sardine. 

Ein  von  Rost  ganz  verdorbenes  Schwert  oder  Messer. 

33.  Akai  kokoro.  ^»vsC»  Ein  rothes  Herz. 

Ein  treues,  aufrichtiges  Herz. 

34.  Akamhö  no  ude  ivo  ncjini.  Ir^iS^M't^^    Den  Arm  eines 

Säuglings  umdrehen. 

Von  Dingen,  die  sehr  leicht  sind.     "Das  ist  kein  Kunststück.'' 

35.  Akarurni  ni  dasn.  bJ^I-uH'T   Ins  Helle  bringen. 

An  die  Öffentlichkeit  bringen. 

16.     Aki  no   konoha   no  gotokit.    ^O;t:^0ÄiK    Wie    Blätter    im 
Herbst. 

So  zahlreich. 

37.  Aki  no   konoha   loo  chirasu  yd.  ft'^^^Vül'fit   Als  ob   (der 

Wind)  die  Herbstblätter  zerstreut. 
So  fliehen  die  Feinde  nach  allen  Seiten. 

38.  Akidana  no  Ebisu  e  o-sonae   zvo  ageta  yd.  ^tl^^ibÄ'^-l^ 

13^'^/'j?±!(t7:-^  9    Als  ob   man  dem  leeren  Alter  des  i:?;«// 

(eines  der  sieben   Glücksgötter)  ein    0[)fer  dargebracht 

hätte. 

Von  jemand,  der  sich  sehr  freut.   Vgl.  39. 


—     5     — 

39-     Akidana  no  Ebisu-san  mita  yö.  ^ffi'?>^JtÄ  ?  ^  %V-\k  Aussehend 
wie  ein  Ebisn,  dessen  Altar  leer  ist. 

Wenn  jemand  um  etwas  bittet,  etwas  gern  haben  möchte, 
macht  er  ein  fieundlich  lächelndes  Gesicht  und  sieht  dann  einem 
solchen  Ehisii  ähnlich. 

40.  Akika^e  ga  tatsu.   ^^K-^^'^-o  Der  Herbstwind  kommt. 

Der  Verfall  beginnt;  "seine  Zeit  ist  um." 

41.  Akiiiai  zva  inoto  711  ari.   iSoMt^^i:^<'j    Der  Handel  beruht 

auf  dem  Capital. 

42.  Akinai  %va  ushi  no  yodare.   iSÄlI'H^^J^  Der  Handel   ist   wie 

der  ununterbrochen   fliessende  Speichel  des  Ochsen. 
Beim  Handel  darf  man  nie  die  Geduld  verlieren. 

43.  Akiiiasubi  yoine  ni  kmvaseruna  !  '^CiäS^l^l-i^ltti^  ^j:   Lass 

eine  junge  Frau   nicht  akinasubi  essen! 

Akijiasubi  ist  eine  spättragende  Art  der  Eierfrucht  und  enthält 
wenig  oder  gar  keine  Samenkerne;  daher  die  scherzhafte  Warnung 
für  junge  Frauen,  davon  zu  essen,  weil  sie  sonst  keine  Kinder 
bekämen. 

44.  Aklndo  ni  kcisu  nashi.    ^K\'~%%^L  L    Der  Kaufmann  hat 

keinen  Stammbaum. 

45.  Akindo  no  ko  wa  soroban  no  oto  de  me  zvo  santasn.    ^A'^ 

^ItilSäOtTB^Äi-t    Das    Kind    des    Kaufmanns    er- 
wacht beim  Klange  des   Rechenbretts, 

"Was    ein  Häkchen  werden  will,  krümmt  sich  bei  Zeiten." 

46.  Akire  ga  rei  7ii  kum.  ^\X'^H^\'-'^h  Das  Erstaunen  kommt 

zu  grüssen. 

Nicht  genug,  dass  jedermann  staunt,  kommt  auch  noch  das 
Erstaunen  selbst,  um  zu  diesem  ungewöhnlichen  Vorfall  seine 
CoiiTplimente  zu  machen. 

47.  Akii  wo  initaraba    tachimachi  sakeyo  !    W^^V^h\X'^.V-&^)  l 

Wenn  du  Böses  siehst,  so  entferne  dich  sogleich! 
48.*  Akmjen  no  iama  lua  vdgakl-gatasJii.    Ms^^U^^liL    Der 

Edelstein  böser  Worte  ist  schwer  zu  schleifen. 

Kränkende  Worte  lassen  sich  schwer  oder  nie  wieder  gutmachen. 
4g.     Akuji  mi  ni  tomaru.  M%M\-}tth     Die    bö.e  That  bleibt 

bei   dem  Thäter. 

Sie  bleibt  in  seinem  Gewissen,  ih:e  Folgen  suchen  ihn  heim 
u.  s.  w. 


—     6      — 

5o.*  Ahiji  sciiri  xvo  liashiri,  köji  inon  ivo  idczit.  M$^^M^i£''J, 
■^'^^V^''^\^t  Die  böse  That  eilt  tausend  Ri  weit,  die  gute 
That  eeht  nicht  zur  Thür  hinaus. 

Von  Bösem  wird  mehr  gesprochen  als  von  Gutem;  böse 
Nachrichten  verbreiten  sich  schneller  als  gute.  Das  Spr.  oft  auch 
in  der  aljgekürzten  Form  Akiiji  senri. 

51.  Ahnjo  kagavii  %vo  iitomu.  M"^ll^i5feL'  Ein  hässliches  Weib 

scheut  den  Spiegel. 

Der  Schlechte  hasst  den  Guten,  weil  durch  den  Vergleich  mit 
ihm  seine  eigene  Schlechtigkeit  um  so  mehr  hervortritt. 

52.  Akujo    HO   fuka-nasake.     M^Oi^i'M    Das    tiefe     Gefühl    der 

hässlichen   Frau 

Schöne  Frauen  sind  gewöhnlich  eitel  und  lieben  nur  sich;  eine 
Frau,  die  hässlich  ist,  bemüht  sich  um  so  mehr,  ihrem  Gatten  zu 
gefallen. 

53,*  Akujri  mo  nao  sono  nti  wo  oiitou.  Mit  Ui*-0*<R^/^i>  Böse 
(bässliche)  Thiere  lieben  ihres  Gleichen   \\\w  so  niehr. 

Eltern  lieben  ihre  Kinder,  auch  wenn  sie  hässlich  oder  schlecht 
sind. 

54.  Akusai    zuci    rokujü-nen    110  fit  saht.  ^SU:^<+¥<^^ft2   Ein 

böses  Weib  ist  eine  sechzigjälrrige  Missernte. 

Sechzigjährig=lebenslänglich  ;  wer  ein  böses  Weib  hat,  ist  sein 
Leljenlang  gestraft. 

55.  AkMsen  ini  ni  tsukazu.  ^tS:il'^^'T*   Böser  Gewinn  bleibt 

nicht  bei  seinem  Herrn. 

"Unrecht  Gut  gedeihet  nicht." 

56.  Ama-ashi  ga  Jiayai.  nS.£*"'-?-i''  Die  Füsse  des  Regens  sind 

schnell. 

Es  regnet  stark.  Ähnliche  Ausdrücke  sind :  kiiino-asJn  ga 
Jiayai,  die  Wolken  ziehen  schnell;  hi-asJii  ga  Jiayai,  die  Sonne 
rückt  schnell  vorwärts,  d.  h.  es  ist  schon  spät  am  Tage. 

57.  Amadare  ishi  zto  iigatsji.  WT\^^^  Die  Dachtraufe  höhlt 

den  Stein. 

58.  A^naki  mono  wa  i/nine  ni  nazumii.    "H"d4^iiB(^l*ifet'    Süsse 

Sachen  liefTen  einem   im   Maiien. 

Warnung  vor  zu  Ireundlich  thuenden  Menschen. 


59-  Amarinioiio  iii  iva  fuku  ga  am.  t^i'J^^^i;  (tffii?^*Tf  ^  In 
übrig  gebliebenen   Dingen   ist  Glück 

Manchmal  ist  das,  was  übrig  bleibt,  grade  das  Beste. 

60.  Amauke-bana.  Ml!^^-  Eine    Nase,    die    den  Regen  auf- 

nimmt. 

Eine  Nase  mit  aufwärts  gerichteten  Nasenlöchern, 

61.  Anihni.  ^%  Salzpflaumen  (od.   Pflaumensalzung). 

Urprünglich  nur  die  Beschaffenheit  von  Salzpflaumcn  (ob  zu 
stark  gesalzen  oder  zu  wenig),  dann  von  Speisen  allgemein  (z.  B. 
ob  zu  lange  gebraten  oder  nicht  lange  genug) — endlich  überhaupt 
"Zustand,"  besonders  der  Zustand  der  Gesundheit.  (In  der 
ursprünglichen  Bedeu'aing  "Salzpflaumcn"  werden  die  Zeichen 
jetzt  einbai  gelesen.) 

Aine  (Regen). 

62.  Arne  fiiite  ji    katamaru.    W^-^XW^th     Wenn    es    regnet) 

wird  der  Boden  hart. 

Auf  Sturm  folgt  Ruhe,  auf  Krieg  Frieden  etc. 
Arne  (Himmel). 

63.  Aine  ga  shita,  %'^'^^    Unter  dem  Himmel. 

Ein  Ausdruck  für  "Japan,"  oder  für  "die  ganze  Welt." 
A^iie  (Stärkezucker). 

64.  Arne    zvo    kinvascru  (od.  ncbiiniscni).     %t^%\^^'k  (M^-^^ 

Stärkezucker  zu  essen   geben. 
Jemand  schmeicheln. 
6s.*  Ami    nahitc  fucJii   m    nosoimina!    WiK\'^\''lt\J^L    Gehe 
nicht  oliiu;   Xi  tz  ans  Wasser    (wenn  du  Fische   fangen 
willst). 

Eine  ältere  Form  ist  ami  nakiitc  fucJii  na-nozomizo ! 

66.  Ami  HO  me  kam  te  ga  dem.  ^^^•^^h^'^^'Ah  Durch  die 
Maschtn  des  Netzes  geht  die  Hand  hindurch  (d.  h. 
kann   man   die   Hand   hindurchstecken). 

Von  unzureichenden  Massregeln,  die  ihren  Zueck  verfehlen, 
gleichwie  ein  Netz  mit  zu  grossen  Maschen  zum  Fischfang  unlaug 
lieh  ist.  Auch  :  von  allen  Seiten  um  etwas  gebeten  oder  angebettelt 
werden,  als  wenn  sich  durch  die  Maschen  eines  Netzes  voller 
Fische  von  allen  Seiten  Hände  strecken,  so  dass  man  sich  ge- 
zwungen sieht  aufzurufen:  ina>ude  auii  710  dw  kam  te  ga  dem 
yo  da  ! 


—      8      — 

6/.  Ajui  no  ine  ni  käse  famam.'j7i.  M^V\\'■.W^v\^'P  In  den 
Maschen    eines    Netzx's  sammelt   sich  kein  Wind. 

\^on  zwecklosen  reniühungcn,  Anslrenyungcn,  die  von  vorn 
herein  vergeblich  waren,  Dingen,  an  denen  "Malz  und  Hopfen 
verloren  "  ist. 

68.*  Ami  sJiitc  kavie  7Vo  toni  iva  sono  kö  wo  toran  oa  taute. 
liL'Ca^IlK^(i3C-Ol]^4'Ili(f)^t»^■:^l  Wer  mit  dem  Netz 
Schildkröten  fängt,  thut  es,  um  Schildpatt  zu  bekümmen. 

Reichthum  bringt  Gefahr ;  wer  nichts  hat,  ist  vor  Dieben  etc. 
sicher. 

69.  An  tvo  tataite  katarii.  ^^l^'CpSZ)     Reden,  indem  man   auf 

den  Tisch  schlägt. 

Sehr  nachdrückhch  sprechen. 

70.  Ana  ga  areba  hairitai.  'K'^'^ ^XWtM.'K'']  V~^^  Wenn  ein  Loch 

da  wäre,  möchte  man  hineinkriechen. 

Sich  sehr  schämen. 

71.  Anjivu  yori  tiuni  ga  yasiii.  %\ih  l  »J  ^üu^'^i^^  Kinder  ge- 

bären ist  leichter,  als  für  sie  sorgen. 

Auch  in  dem  Sinne  :  es  ist  leichter,  ein  Unternehmen  ins  Leben 
zu  rufen,   als  es  dauernd  in  Gang  zu  halten. 

72.  AnhoroiHOcIri  de  Jid  wo  (od.  shin  zvo)  tatakarcru.  ^^^-h 

e)?T*S4'(K^)fn'-''n5    Mit  einem  Kuchen  auf  dij  Backen 
(od.   ^Q.\\   Hintern)  geklopft  werden. 

Es  werden  einem  Hoffnungen  gemacht,  die  aber  nicht  in 
Erfüllung  gehen ;  der  Kuchen,  mit  dem  man  auf  die  Backen 
geklopft  wurde,  kommt  nie  in  den  Mund. 

73.  Aodatanii  wo  shiita  yd.  ^&'^^'%.^^tM    Als  ob  man   blaue 

Matten  ausgebreitet  hätte. 

Von  e'.ner  ganz  ruhigen,  glatten  See. 

74.  Aolli  megane  zvo  kakiireba,  bavibiitsu  niina  aoshi.M^^^^^ 

JH«  <  nit',^,#/itff  L     Wenn    man    eine    grüne  Brille  trägt, 
so  ist  alles  grün. 

75.  Aohusai  mono.  ff:^i''^^'(#)  Grünriechendes  (noch  halbrohes) 

Gemüse 

Ein  unerfahrener,  unreifer  Mensch  ;  ein  "grüner  Junge." 


^6.     Aoiniiite    tsnba    zvo    haku.     Wln]i^t'®^-n±<      Nach     oben 
spucken. 

Sich  durch  eigene  Bosheit  schaden,  oder  auch:  sich  in  einen 
ungleichen  Kampf  einlassen,  der  Staatsgewalt  trotzen  wollen  u.  dgl. 

IJ .     Aona  lii  sJiio  no  yd.    ff^l-li'?>'^  t     Wie    Salz    auf    grünes 

Kraut. 

Wenn  das  für  den  Winter  einzulegende  Kraut  mit  Salz  be- 
streut wird,  so  schrumpft  es  schnell  zusammen  und  verliert  seine 
grüne  Farbe;  ähnlich  verhält  sich  ein  junger  leichtsinniger  Mensch, 
wenn  ihm  von  seinem  Vater  oder  seinem  Herrn  verdiente  Vorwürfe 
gemacht  werden ;  er  schämt  sich  und  "  wird  ganz  klein." 

78.  Ao-nisai  W^^  Der  giüne  zweijährige  Junge. 

Ein  unerfahrener,  unreifer  junger  Mensch. 

79.  Aval  kazc  ni  vio  atenu.  3it>''Mr- l'^i"CW    (Sein  Kind)    auch 

dem  rauhen  Winde  nicht  aussetzen. 

Alle  Vorsicht  und  Sorgfalt  anwenden  (gewöhnlich  mit  dem 
Nebensinn,  dass  alles  umsonst  war). 

80.  Avaine  no  yd.  )^ft€)^9  Wie  araine  (ein  essbarer  Seetang). 

Groljfädig,  nicht  fein ;  sehr  nachlässig  gemacht. 

81.  Avi  HO  Kzvannon-inairi.  ^'^Mj^ta^)    Die  /we^z/wc/^-Wallfalirt 

der  Ameisen. 

Kwaiinon:  Name  einer  Imddhistischen  Gottheit,  die  Göttin  der 
Gnade.     In  dichten  Schaaren  ziehen. 

82.  Ari  no  onioi  vio  tcn  made  todoku.    lÜ^iSv»  t5^ig.@  <      Selbst 

die  Wünsche  einer  Ameise  reichen  bis  zum  Himmel. 

83.  Avigata-^neiwaku,  ^üil^  Die    Verlegenheit,    für  die 

man  noch  danken  muss. 

Eine  Verlegenheit,  in  die  man  durch  eine  vermeintliche  Ge- 
fälligkeit gesetzt  wird. 

84.  Avisö  de  nai  no  ga  kam,  nasasö  de  am  no  ino  kane.  W^ 

•}  XÄv^0«^'#:.  M§  13T^50^^  Geld  ist  manchmal 
nicht  da,  wo  man  es  vernmthet;  und  ist  manchmal 
da,  wo  man  es  nicht  vermuthet. 

85.  Avil  te  kara    koborerii.    '^h^'^^hWii^h     Es    läuft    aus    der 

habenden  Hand. 

Wer  viel  hat,  giebt  auch  viel  aus. 


—       lO      — 

Asa  (Morgen). 
86.     Asa  daimoku  ni  yii  nembntsu.    ^2S@l-3'iSti5    Morgens    und 

Abends  beten. 

Immer  dasselbe  thun.  daimoku  ist  die  Gebetformel  der  Nichi- 
rcnsekte  {iiaDiit  myöhö  ycngc-kyö),  ue))ibittsu  die  der  übrigen  budd- 
histischen Sekten  {tiafiiu  Aviida  Butsii). 

Asa  (Hanf). 
87.*  Asa   ni  tsiireni  youiogi.   Äl-l^^iX  Der    Beifuss    in    Gesell- 
scliaft  des  Hanfes. 

Der  sonst  krumme  Beifuss  soll  dann  seine  Natur  ändern  und 
gleich  dem  Hanf  grade  aufwachsen.  Man  soll  guten  Umgang 
suchen,  um  seilest  gut  zu  werden. 

88.*  Asa  HO   naka   no  yoniogi.  Ä<^4"^X  Der   Beifuss    im    Hanf 

Gleich  87. 
89      Asai  kazva  vio  fukaku  ivatan !  iS«'-'!!  i%<iSH    Auch  (\&\\ 
seichten   Fluss  durchsclireite,  als  ob  er  tief  wäre. 

Mahnung  zur  Vorsicht,  auch  wo  sie  unnöthig  scheint. 

90.  Asameshi-mae  no  o-chazuke.  DÜSmi'^^ij'^iÄ   Der  Reis  vor 

dem  Frühstück. 

Etwas,  das  keine  Mühe  macht,  was  leicht  zu  machen  ist, 
wie  o-cJiazuke :  gekochter  Reis,  auf  den  Thee  gegossen  wird,  ohne 
weitere  Zuthaten 

91.  AsamesJii'Viae  no  slngoto.  l^l5Bil'?)ft^  Die    Arbeit    vor  dem 

Frühstück. 

Eine  sehr  geringfügige  leichte  Arbeit,  die  man  vor  dem 
Frühstück  erledigen  kann;  "Kinderspiel." 

92.  Asane  no  yoimadoi.  ^W^^%Ü^    Das    Umlierbimimchi  des 

Langscliläfers  am  Abend. 

93.  Asane(i)i)bö  no  yofnkashi-  ^^W^)j'^W^  L   Das  lange  Auf- 

bleiben  des   Langschläfers. 

94.  Asaoki  tva  füki  no  moto.  ^^^Vl%m.o:>ii?>  Frühaufstehen  ist 

die  Grundlage  des   Reichthums. 
"Morgenstunde  hat  Gold  im  Munde." 

95.  Asaoki  zua  mitsu  toku  ari.  l/J&^IIHo^.^jiJ .    Früliaufstehen 

hat  drei  Tugenden. 


—     II     — 

96.  Asaokiiva  sainiiion  no  toku  ari'  I^S^IIH^'?)f§-#)''J    Früliauf- 

slchcii  bringt  drei  Heller  Gewinn. 
Parodie  von  95. 

97.  AsJti  ga  bö  ninaita yd.  Äf-*#l-;Ä<5f:^9    Als  ob  die  Beine 

zu  Stöcken  (zu   Holz)  geworden   wären. 
Von  grosser  Müdigkeit  der  Beine. 

98.  AsJii ga  snrikogi  ni  natta  yd.   /^«  ti^i- ■/■<<: '^■f'--^  9    Als  ob  die 

Beine  zu   Reibehölzern  geworden   wären. 

Ahnlich  97  ;  wenn  ein  Reibeholz  lange  in  Gebrauch  ist,  so  wird 
es  immer  kürzer;  also  gleich  unserm  "sich  die  Beine  ablaufen." 

99.  AsJii  wo  araii.  ^'Mk^^  Die-  Füsse  waschen. 

Einen  entehrenden  Beruf,  z.  B.  den  einer  Dirne,  aufgeben. 

100.  Ashi  wo  snkim.   ^^Wi-  Die  Beine  wegschöpfen. 

Jemand  (beim  Ringen  etc.)  ein  Bein  stellen. 

10 1.  Ashida  züo  amu  fo  a;;ie gaßiru.  ^fA^it^'l-^M^'f'^Z   Wenn 

man    die     Holzschuhe    wäscht    (um    auszugehen),    so 
regnet  es. 

102.  Ashida  zvo  Jiaitc    kuhikiri  (od.    kubittake).   /'SSt^^i^'C^'-t)!I<'J 

('M'-i^it)    Auf  Stelzschuhen,  bis  zum  Genick. 

Die  Bedeutung  dieser  idiomatischen  Redensart  ist  "ganz  und 
gar;"  sie  entspricht  je  nach  Umständen  unserm  "bis  an  den  Hals" 
(in  Schulden);  "bis  über  die  Ohren"  (verliebt)  u.  dgl. 

103.  Ashida  wo  hakii.   /'2Sic4>^<   Stelzschuhe  anziehen. 

Auf  den  Preis  des  Eingekauften  aufschlagen;  sich  Marktgeld 
machen. 

104.  Ashinioto  ga  kurai   /"STtJ^'Blfi-    Vor    den    F'üssen    ist  es 

dunkel. 

In  Ungewissheit  über  seine  Lage  oder  seine  Zukunft  sein. 

105.  AsJdvioto  kam  tori ga  tatsu.  JST-b'  ^.ib*-'*Äo  Vor  6qu  Füssen 

fliegt  ein  Vogel  auf. 

Von  unerwartet  plötzlich  eintretenden   Dingen- 

106.  AsJdiiioto  HO  akanii  itcJn.  J£Te)n;3a  i^tf»   So  lange  es  vor  den 

Fi^issen  noch   hell   ist. 

Vor  Dunkelwerden;  bei  Zeiten. 


12      — 

lo/-     Asliinioto  110  akand  nchi  ni  kacru.  äT^O^^^  i^t|i|i||i  Sich 

zurückziehen,  so  lange  es  vor  den    Füssen    noch  hell 

ist. 

Seinen  Abschied  nehmen,  bevor  einem  der  Al^schied  gegeben 
wird 

108.  Äshhnoto  1V0  uiirn.   /S-T^^Ä?»    Die  Gegend    vor  den   Füssen 

sehen. 

Die  Sachlage  erkennen,  die  Absicht  des  andern  merken  ; 
"sehen,  wie  der  Hase  läuft." 

109.  Ashimoto  wo  mite  isuke-agaru.  ÄT^Ä'C'ftltÄ   Beim  Sehen 

(Merken)    der    Sachlage    (eigtl.    der    Gegend   vor  den 

Füssen)  anspruchsvoll  werden. 

Wenn  7..  B.  ein  Kaufmann  merkt,  dass  dem  Käufer  an  einem 
Gegenstande  ganz  besonders  gelegen  ist  und  in  Folge  dessen  den 
Preis  steigert. 

HO.  Ashita  no  koto  zvo  m  to  tenjd  de  ncziivii  ga  warmi.  010  O 
^;^5i>;i  ^^'CÄ.t/'"^^>  Wenn  man  von  dem  spricht, 
was  morgen  geschehen  soll,  so  lachen  die  Ratten  auf 
dem  Dachboden. 

111.  Ashita  zua  ashita  110  kaze  gafuhi.  55  0  II M  0  0M-'?''i!JC  <  Morgen 

weht  der  Wind  von  morgen. 

Man  soll  sich  nicht  um  den  anderen  Tag  Sorge  machen;  "es 
ist  genug,  dass  jeder  Tag  seine  eigene  Plage  hal)e." 

112.  Asu  zva  anie-fuii,  hito  iva  dorobd  io  oinoe !    njJB  Hi^Ff'Ji  flli 

AUiSM^'S'"    Für  morgen    rechne    auf    Regen,  fremde 
Leute  halte  für  Diebe  ! 

113.  Atama  Jiagctc  mo  iiwaki  zua  yajiiann.    sK^'C  lv?MIIltiw 

Der  Leichtsinn    hört    nicht    auf,  wenn  der  Kopf  auch 
kahl  wird. 

"Alter  schützt  vor  Thorheit  nicht." 

1 14.  Ataina  soran  (od.  ivo  soni) yori  kokoro  zvo  sorc!  ßMlfJ?)^i  '■J 

(C'^ftlKT-   Schere   lieber  das  Herz  als  den    Kopf! 

Gilt,  wie  Korovio  %uo  soniuru  yori  kokoro  luo  soiiiutc  yo,  zu- 
nächst lasterhaften  Priestern. 


—     13     — 

115-     Atama  wo  harn.  M.^Wih   An  den  Kopf  schlagen. 

Sich  von  untergebenen  oder  sonst  abhängigen  Personen  einen 
gewissen  Procentsatz  ihrer  Einnahme  geben  lassen. 

11 6.  Attnua  wo  kakushite  shiri  wo  kakusazu.  1^4-g  L'C^^»®  §T* 

Wenn  man  den   Kopf    versteckt,    versteckt    man  nicht 
den   Hintern. 

Durch  irgend  etwas  verräth  man  sich  doch.  Gedacht  ist  dal^ei 
an  Fische,  die  auch  vor  allem  den  Kopf  zu  verstecken  suchen, 
wobei  aber  der  Schwanz  sichtbar  bleuet — analog  dem  "Vogel 
Strauss." 

117.  Atama  zuo  osacnt.  ITx^'^^h   (Einem)  den    Kopf    herunter- 

drücken. 

Ihn  demüthigen. 

n8.     Atauia  wo  sagcru.  El^-T^)   Den  Kopf  beugen. 
Sich  unter\\"ürfig  betragen. 

119      Atava  hana  zuo  cJiirasu.  '^'^VL^'^h't   Die  Blumen  leider 
entblättern. 

Von  Mädchen,  die  in  der  Blüthe  der  Jugend  sterben  ;  auch  von 
solchen,  die  ihre  Jungfrauschaft  vor  der  Hochzeit  verlieren. 

120.  Atara  kuchi  e  kaze  zuo  irerii.  "^^Vi^W^XX^h   Leider  ver- 

geblich Wind  in  (\(tw   Mund  nehmen. 

Wenn  alles  Reden  umsonst,  "  in  den  Wind  geredet "   war. 

121.  Atavu  7120  hakke,  ataranu  vio  hakke.  läh  lA%hTSh)oiA^ 

Manchmal  trifft  hakkc  ein,  manchmal   nicht. 

Hakke,  "acht  Zukunftszeichen,"  ist  der  Name  der  Kunst,  mit- 
telst des  Legens  von  Stäbchen  zu  wahrsagen.  Sinn :  ein  Unterneh- 
men kann  ebenso  gut  glücken  als  nicht ;  man  soll  auf  jeden  Fall 
einen  Versuch  machen. 

122.  Atatte  kudakero!  'ßTo-Cfit-^   Stosse  dagegen  und  zerbrich  ! 

Erst  versuche  es,  dann  urtheile  darüber. 

123.  Atelzoto  to  Etchn-fundosJii  mitkö  kam  Jiaziireru.  'sT^i  Mcf'l?!"] 

.j.D'fj^^j    Dinge,  auf  die  man  sich  verlässt,  und  EtcJiTi- 
Lendengürtel   werden  von  der  Gegenseite  aufgelöst. 

Von  Hoft'nungen,  die  fehlschlagen,  weil  der,  auf  dessen  Beil- 
stand oder  Versprechen  man  gebaut  hatte,  einen  im  Stich  lässt. 
Das  Spr.   beruht  auf   einem   schwer  übersetzbaren  Wortspiel   mit 


—     14     — 

iitttkö :  i)  die  Gegenseite,  d.h.  die  andere  Seite,  der  andere ;  2) 
(in  Be-^ug  auf  den  Lendengürtel)  die  Vorderseite,  vorn  ;  EichTt  ist 
Name  einer  Provinz.  Die  gemeinte  Art  Lendengürtel  wird  nicht 
hinten,  sondern  vorn  zugebunden.  Ebenso  ist  hazurcrii  in  dop- 
peltem Sinne  gebraucht:  i)  vereitelt  werden;  2)  sich  lösen,  auf- 
gehen. Das  Spr.  hat,  ausser  der  obigen,  auch  die  ganz  allgemeine 
Bedeutung:  es  kommt  oft  ganz  anders,  als  man   gedacht  hat. 

124.  Ato  710  gan   ga  saki   ni   naru.    ^<?)Hi^'':5fel-;j5cS     Die    letzte 

Gans  (in  eineni  Fluge  von  Wildgänsen)  wird  die  erste. 

125.  Ato  110  matsuri.  ''ik'^^  Das  nachträgliche  Tenipelfest. 

"  Post  festum." 

■126.     Alo  110  tsuviari.  '^^%^)    Das  Ende  vom  Letzten, 

Das  was  schliesslich  bei  der  Sache  herauskommt ;  "  das  Ende 
vom  Liede." 

127.  Ato  wa  110  io  nare yaina  to  nare  !  ^USf  iJ^HUl^j^^x  Nach- 

her werde  es  (meinetwegen)  ein  Feld  oder  ein   Berg. 
"Nach  uns  die  Sündfluth !" 

128.  Ato  2V0  Jdku.  ^^ÜK    Das  Folgende  nach  sich  ziehen. 

Immer  mehr  Ansprüche  machen,  immer  mehr  fordern. 

129.  Atoashi  de  suna  wo  kakii.  ^/ü.T?ii4'l^(  Mit  den  Hinter- 

beinen den  Sand  kratzen. 

Sich  aus  dem  Staube  machen,  ohne  danach  zu  fragen,  was 
aus  den  andern  wird;  nur  an  sich  denken;  ohne  Rücksicht  auf 
andere  handeln. 

130.  Atoha-ra  ga  yaincru.  ^ISS&'^»^^    An   Nacluvehen  leiden. 

Die  Folgen  seines  Leichtsinns  tragen;  später  für  die  Kosten 
aufkommen  müssen  u.  dgl. 

131.  Atsuniono   in  korite  namasn  ivo  fitku.    Kl-üS") 'C^4'B^< 

Wer  sich  an  der  Suppe  verbrannt  hat,  bläst  a.u(  uamasn. 
^\a/nas!/  ist  ein  kaltes  Gericht  aus  Fisch  und  Essig. 

132.  Aisusa  samusa  vio   Jdgan    made    S  §  ^  §  t  tSp^:  ä;  T'    Hitze 

wie  Kälte  danern  (nur)  bis  zur  Tag- und  Nachtgleiche. 

n3.      iitta  tokl  fn(od.  toki  koso)  kasa  %vo  nugc!  ^of:BJl-??'^Elf 
Nimm  zur  gelegenen  Zeit  den  Hut  ab! 

Indem  man  den  breiten,  schweren  Bambushut  abnimmt,  macht 
man  es  sich  bequem;  daher  der  Sinn:  man  soll  sich  keinen  un- 
nöthigen  Zwang  auferlegen,  insbesondere  sich  nicht  erst  lange  zum 
Essen  nötliigen  lassen 


-     15    — 

134-  ^''''  ivn  tvakare  710  Jiajiuie.  "^i^lt^^LOSp*^  Zusammenkom- 
men  ist  der  Anfang  der  Trennung. 

135.  Awa  fuku.  ?&'}^<    Schaum  blasen. 

In  Vedegenheit,  sehr  verwirrt  sein. 

136.  Aiva  hm.  rt,Äi-  Schaum  essen. 

Gleich  135. 

Aivahi  HO  kata-onwi:  s.  Iso  no  aiuabi. 

137.  Aivasemono  zm  Jianarcmono.  -u-tfif^idX^flM^  Was  (leicht) 

zusammengefügt   wird,  trennt  sich  (leicht). 
Besonders  in  Bezu;^  auf  manche  Ehen. 

13S.  Äyamachi  no  kömyö.  ii^^^^  Die  aus  einem  Fehler 
hcrvordcsrancrene  grosse  That. 

139.*  AyashiL'i  tvo  mite  ayashimasareba,  sono  kzvai  onoztikara 
messu.  'lf:^4-  l.'C  'gJ:  S'nit,  %  tl  Ö  ^  i^t  Wenn  man 
Wunderbares  sieht  und  sich  nicht  wundert,  hört  das 
Wunder  von  selbst  auf. 

140.  AzuJ:ari-nushi    zun    Jiambun.    ?M''J±lt^:^    Der  Aufbe- 

wahrende hat  die   Hälfte. 

Was  man  aus   den  Händen  giebt,  ist  oft  schwer  wiederzube- 
konmien. 

141.  Ai^inna-oloko  ni  Kyö-onna.   '^M^V-'M.-k    Der   Mann   aus 

Azuma  (Ost-Japan)   und  die  Fiau  aus  Kyoto  (sind  die 
besten). 


»'►•4«< 


B. 


142.  Baha-sofJachi  zva  sambyahi-mon  yasui.  %.WW^\^^'U'X 
^^^  Das  von  der  Grossmutter  erzogene  Kind  ist  300 
Heller  billiger. 

Grossmütter  verziehen  die  Kinder 


—     i6    — 
143.*  Baka.  ^M  rferd-Hirscli. 

Ein  Ausdiuck  für  "Dummkopf"  odnr  "Dummheit,"  der  als 
Abkürzung  von  "ein  Pferd  für  einen  Hirsch  halten''  zu  betrachten 
ist  und  darauf  beruhen  soll,  dass  in  China  einst  ein  mächtiger 
Minister,  um  zu  sehen,  wie  weit  seine  Autorität  reichte,  ein  Pferd 
für  einen  Hirsch  ausgab,  wobei  niemand  ihm  zu  widersprechen 
wagte. 
144  Baka  i^a  tcppö  ivo  JianasJiita  yd  na  Icao.  ^^^^^^BM^V^ttM 
UM  Ein  Gesicht,  als  ob  ein  DunimlvO|)f  (aus  Versehen) 
ein   Gewehr  abLjeschossen   halte. 

145.  Ba/ca  ?ii  kauiau  to  hi  ga  kiinru.   ißlSl-IH-^i  fl^'-^S    Wenn 

man  auf  den  Dummen  achtet,  geht  die  Sonne  unter. 

146.  Baka  ni  isickem  kiismi  ga  nashi.  .il^l-#Si^o'"M  L    Gegen 

Dummheit  giebt  es  keine  Arznei. 

147.  Baka  710  hitoisu  cboe.    .fll^O — ^^'^   Der  eine  Gedanke  des 

Dunmien. 

Er  kann  nicht  zwei  Dinge  zugleich  im  Kopfe  behalten. 

148.  Baka  110  kangae yas2ium  ni  nitari.  .l!5{i^#'^l^tM-fÖf: 'J    Das 

Nachdenken  des  Dummen  gleicht  dem  Schlafen. 

149.  Baka  no  ö  gnrai.  %%'^:>'k'%^^  Das  Vielessen  des  Dummen. 

150.  Baka  to  hasatni  zva  tsnkai-yö  de  iigoku.  M^i  l57Jllß!i'"'P  9 

Ti)]<    Der  Dumme  und  die  Schere  bewegen  sich,  wie 
man  sie   handhabt  (wie  man  will). 

15  [.  Baka  io  sölni  ni  7va  kaienu.  .(!Si^iffl^i-lt|^-C«  Gegen 
Dummheit  und  gegen  den  Curs  kann  man  nicht  auf- 
kommen. 

"  Mit  der  Dummheit  kämpfen  Götter  selbst  vergebens." 

152.  Baka  yori  koivai  mono  wa  nashi.  ^M^  "-Jf^Wl^^ltif-  L   Nichts 

ist  so  zu  fürchten   wie  ein   Dummer. 

153.  Bake  Jio  kawa   ga    aratvareru.     4fc^i$t)-"gHns    Die    Haut 

des  Gespenstes  kommt  zum  Vorschein. 

Das  Fell  des   Fuchses,  der  menschliche  Gestalt  angenommen 
hatte,  wird  sichtbar,  d.  h.  der  Betrug  kommt  an  den  Tag. 


—     17    — 

154-  Bake  no  kazva  zvo  arazuasit  (od.  Jtagii).  -ft^^ii^i-Mil-r  (IU*) 
Das  Ffll  des  Gespenstes  (Fuchses)  enthüllen  (od.  ab- 
ziehen). 

Jemand  entlarven  ;  einen  Betrug  aufdecken. 

155.  Bake    110    kazua    zuo    kaburu.  ^Olk^Wi^'^h     Das    Fell    des 

Gespenstes  (Fuchses)  trafen. 

Sich  verkleiden,  oder  sich  einen  falschen  Namen  beilegen,  um 
andere  zu  täuschen. 

156.  JiaJciiclil    zva    kateba    sliitaku,    inakcte  mo  inata  shltasJii. 

tM(tS-f'Cll'fi:.li^<,M'Ct31'«Ö:iaL  Wenn  man  im  Spiel  ge- 
winnt, möchte  man  spielen,  (aber  auch)  wenn  mau 
verliert,  möchte  man  doch  wieder  spielen. 

157.*  Bcikijaku  zco  arazmsu.  MSiP'ifMIIT  Den  Pferdefuss  zeigen. 
Seine  böse  Absicht  verrathen.     . 

158.*  Haucdcn  in  Z'Jj  Jiajune  to  s/n,  hyakkö  kö  zvo  liojiine  to 
SU.  ^.^r^^'-t^  L.  Wff#J!^Jti-r  Vow  zehntausend  (allen) 
Lastern  ist  die  Wollust  das  erste  (grösste),  von  hundert 
Tugenden  die  Kindesliebe. 

159.  Jiancliö    ni   ite    Bancho    shirasu.    HSJI-^- '  #0T^n  P)T-    Im 

BancJiö  v/ohnen   und  nicht  darin   Bescheid  wissen. 
Bancho  ist  der  Name  eines  Stadltheils  in  Tokyo. 

160.  Baut  -HO  tcfü.  .H^Oj^iM.  Wind  in  die  Ohren  des  Pferdes. 

"Tauben  Ohren  predigen." 
161.*  Baiiji  snkini  bcshi,  sJd  zva   sukuu    bekarazn.    ^M^^-'^L, 
^il$Sc-5^pJ'3' ?>T  Bei  allen  Dingen  lässt  sich  helfen,  nur 
beim  Tode  nicht. 

"Gegen  den  Tod  kein  Kraut  gewachsen  ist.'' 
162.     Banji  ymme  no  gotosJii.  Wi^^<Z>jiuL   Alle    Dinge    sind  wie 

Träume. 
•:  Auch  :  dar/j'i  7va  yiivic,   alles   ist  ein  Traum. 

162,*  Baul^otsii    kante    isshö    no    kö.  .^%^\^'^~l%^^i    Wenn 
zehntausend    Knochen    vertrocknen,   (so    gilt    es     als) 
./i.i   :.;verdienstliclie  That  eine's  Feldherrn.     ,    V  , 


—     i8    — 

164,*  Hanno  vio  issliin  no  zen  ni  wa  sfdkazu.  /J^at  l-^'d»?)^-!^ 
IIAU«"T*  Selbt  zehntausend  Talente  kommen  nicht 
einer  von  ganzem  Herzen  ausgeübten  Tugend    gleich. 

165.  BetiLyö    tva    köfuku    fio    haha    nari.  M?£ll^l3?)f5:lil   Der 

Fleiss  ist  die   Mutter  des  Glücks. 

166.  ßen'^etsit    mizti    no    nagamrii    gotoshi.   W^7]s.<^^h  ^  iaL 

Beredsamkeit  ist  wie  das  Strömen  von  Wasser. 

167.  JBcppin  ^'Jn"    Eine  andere  Sorte. 

Ein  Ausdruck  für  " ein  schönes  Mädchen.'' 

168.*  ßi  tachite  na-nagare,  chö  kiwaviatte  %vazawai  dslii.  SIAS 
-C^iüKla,  flMo-cläJ^c^L  Hervorragende  Schönheit  ver- 
liert den  guten  Namen,  zu  grosse  Gunst  bringt  viel 
Unglück. 

169.  Hiidoro    wo    sakasa    ni  tsiirnshita  yd.  ?^T-^i?M5  l'lll  L?:^ 

Wie  umgekehrt  aufgehängtes  Glas. 

Für  etwas   sehr  Schönes,   besonders   von   schönen   Mädchen. 
Was  das  "umgekehrt"  hierbei  bedeuten  soll,  war  nicht  zu  ermitteln. 

170.  Jiljin  no  sue  ino  sani  ni  naru.  ÜA^^^Jai-^S  Auch  ein 

schönes    Weib    wird    schliesslich    zum    Affen    (d.    h. 
hässlich). 

171.  ßijo    wa    akuj'o    no   oda.  ü^HMiC^f/L  Die  schöne  Frau 

wird   von  der  hässlichen  gehasst. 
Wie  43. 

172.  Bijo    wa   keshö  wo  yd  sezu.   il:&lt'H:%E^fllt£"f*  Ein  schönes 

Weib  braucht  keine  Schminke. 

173.  JMliuni  ni  kushi  zvo  dase  to  in.  ihE/Sl-lf  ^tüts  i  f-^.  Von 

der  Nonne  einen  Kamm  fordern. 

Die  Nonnen  in  Japan,  gleich  den  buddhistischen  Mönchen  und 
Priestern,  sind  kahlgeschoren. 

174.  Biknni   no    kann    zvo  yiin.    JtE/S.?)^^^*^  Die  Haare  der 

Nonne  frisiren. 
S.  173. 

175.  Buiihö  hima  nashi.  ÄShSML  Arme  haben  keine  Zeit. 


—     19    — 

176.  ^Binihö-gakl  no  taue  takusan.  ©SM'5?Ii?Ui  In  der  Kaki- 

fruclit  des  Armen  sind  viele  Kerne. 

177.  Bimhö-gami  ga  mai-komu,  ©Sltt^^'Süü  E»er  Gott  der 

Arniuth  tanzt  herein. 
In  Anmith  gerathen. 

178.  Bhnhö-nin  no  ko  takusan.  S^A^Jf  Ul  Arme  Leute  haben 

viele  Kinder. 

179.  Bimbö-nin  no  kcizu-banashi.  RSAO^IJÜSL  Das  Reden  des 

Armen   von  seiner  Ahnentafel. 

180.  Bö  hodonegatle  Jiari  hodo  kanau.  ^flÜ-o-cH-llft^-    Etwas 

von  der  Grösse  eines  Pfahles  wünschen  und  nur  etwas 
von  Nadelgrösse  bekommen. 

181.  Bö  wo  nonda  yö.    #^^^/;*^7     Als    ob  (er)   einen  Stock 

verschluckt  hätte. 

Sich  beim  Grüssen  kaum  oder  garnicht  verneigen. 

182.  Böfuri  ino  imishi  no  ucJiL  ??l^O^  Auch  die  Moskito- 

larve ist  ein   Insekt. 

183.*  Böjaku-hujhu  t^-^MA  Als  ob  niemand  in  der  Nähe 
wäre. 

Frech,  unverschämt,  schamlos, 

184.*  BöliO    hydka    no    to.    ^Äf^M^tl    Leute,    die    den    Tiger 
aufscheuchen   und  (ohne  Kahn)  über  Ströme  setzen. 
Tollkühne  Burschen,  die  vor  nichts  zurückschrecken. 

185.*  BoL'utaka  zuo  narasu.  7tcll^1^?>1'  Die  Holzglocke  ertönen 
lassen. 

Von  sich  reden  machen,  berühmt  werden, 

•186.  Boniini-sakari  ni  kaud-tatari  nasJii.  -'li^^'J  l-Jüt^'J  ML 
Wenn  ein  gewöhnlicher  Kerl  in  Blüthe  steht  (Glück 
oder  Elfolg  hat),  trifft  ihn  keine  Strafe  der  Götter. 

Gegen  den,  in  dessen  Händen  die  Macht  ist,  kann  man  nichts 
ausrichten,  sei  er  auch  im  Übrigen  noch  so  wenig  werth. 

■187.     Bon  to  shögzvatsu  ga  issho  ni  kitayö,  gL^  iE>^  5'-^;f  i:^f;  V  ? 

Als    ob    das    Laternenfest    (im  Juli)    und  Neujahr  zu- 
sammenfielen. 

Wenn  man  plötzlich  sehr  viel  zu  thun  bekommt. 


—      20      — 

i88.*  Honen  no  iovio.    l^>^OlZ    Freunde,  die    die    Jahre  (den 
Unterschied  der  Jahre)  vergessen. 
Freunde  von  sehr  ungleichem  Lebensalter. 

189,*  Jiönen-hwai.  ^.¥t"  Das  Fest  des  Jahresvergessens. 

Ein  Fest  am  Jahresschlüsse,  um  alle  Sorgen  des  nun  fast  ab- 
gelaufenen alten  Jahres  zu  vergessen. 

190.  Sösalvl  %vo  kirn.  #3fe^tij5    Vom  Stocke  vorn  ein  Stück 

abschneiden. 
Wie  100. 

191.  BotamocJii  de  hö  zvo  iatakareru.  ^Mft^^i-.l^a'ns    Mit 

einem  Reiskuchen  auf  die  Backe  geklopft  werden. 
Gleich  65. 

192.  Hözn  ga  nikitkereba  kcsa  viadc  nihii.  i^T^*"'*MlTlT.ll'ää^l;"C' 

Mv'  Wenn  man  den  Priester    hasst,    hasst    man  sogar 
seine  Schärpe. 

193.  Bözii  no  fusliinjiu.  iS±'?>T-^'£i>  Die  mangelnde  Frömmigkeit 

des  Flieste rs. 

Hat,  gleich  vielen  ähnlichen  Ausdrücken  (z.  B.  ^7/^  no  fuyöjo ; 
kottya  no  sJiirobakania  etc.)  ein2n  ähnlichen  Sinn  wie :  richtet  mich 
nach   meinen  Worten,  nicht  nach  meinen  Werken  ! 

194.*  J5«i    ;//   sJntc    tcnka    osamaru.    M®  I- L'C^TfuI;  S     Wenn 
nichts  gethan  wird,  so  ist  das   Reich  in  Ordnung. 
Man  soll  an  1  e.vährten  alten  Einrichtungen  nichts  ändern. 

195.*  Hiuiihö   shiyü.    ^W^K  Die    vier    Freunde    des    Studir- 
zimmers. 

Ein  Ausdruck  für  di3  vier  Dinge,  die  man  in  Japan  zum 
Schreiben  braucht :  Pinsel,  Tusche,  Tuschreibstein  und  Papier. 

196.*  Hninbu  ni  tovni.  Xff^l-St*  An  Wissenschaft  und  Kriegs- 
kunst reich  sein. 

Sowohl  in  Wissenschaften  wie  in  der  Kriegskunst  bewandert 
sein  ;  s'ch  zugleich  als  Gelehrter  und  als  Kriegsheld  auszeichnen. 

197.*    'Buinhii  ryörin  710  gotosJn.  ^ff^fßlra^^itn  L  Wissenschaft  .und 
Kriegskunst  sind  wie  die  beiden  Räder  eines  Wagens. 
In  einem  gut  regierten  Staate  darf  keins  von  beiden  vernach- 
lässigt werden. 


—      21      — 

198.*  BiiuJaJiHf    bukyd.     3:ll5t3S    Gelehrte    Verweichlichung, 
kriegerische  Kraft. 

Ein  Reich,  wo  nur  die  Künste  des  Friedens  gepflegt  werden, 
kann  sich  gegen  eine  kriegerische  Nation  nicht  behaupten. 

199.  Jßiippö  to  zvaraya  110  ame  iva  idete  kike !  (''ßri^^MoMllJä 

"C  V  KiT  Die  Predigt  und  den  Regen  auf  dem  Strohdach 
höre,  indem  du  hinausgehst! 

Auf  einem  Strohdach  macht  der  Regen  fast  kein  Geräusch  ; 
man  muss  also,  wenn  man  in  einem  solchen  Hause  wohnt,  hinaus- 
gehen, um  sich  zu  überzeugen,  dass  es  regnet.  Ebenso  kann  man 
eine  Predigt  nicht  hören,  wenn  man  nicht  zu  diesem  Zwecke  ausgeht. 
Scherzhafte  Redensart,  wenn  man  jemand  zuredet,  auszugehen, 
um  etwas  zu  sehen  oder  zu  hören. 

200.  Buslii  ni  nigon  naslii.  Äil^  — sM  L  Der  Krieger  {Samurai) 

hat  nicht  zweierlei  Rede. 
"  Ein  Wort,  ein  Alann." 

201.  Biishi  110  ko  li'a  kutsniva  no  oto  de  ine  ivo  samasu.    K±0 

■T-IXW^^TS^^i-f    Das    Kind    des    Kriegers  erwacht 
bein  Klange  des  Zügelrings. 
^02.     Bushi  no  tamasJni.  ^±<^%tt^    Die  Seele  des  Kriegers. 

Das  altjapanische  Schwert.  Vgl.  die  Stelle  aus  dem  36.  Gesetz 
von  leyasu  :  das  umgegürtete  Schwert  ist  die  Seele  des  Samurai; 
doch  ist  der  Ausdruck  biisJii  no  iamashii  für  "  Schwert  "  schon  älter. 

203.  Bushi  2va  ahni-tagai.  5t±'ltBilS   Krieger  helfen  sich    ge- 

genseitig. 

"Eine  Hand  wäscht  die  andere." 

204.  Bushi  %va  kiiwanu    to    taka-ydji.    ^±[t%{XmW§M.  Wenn 

der  Krieger  nicht  isst,  (bedient  er  sich  wenigstens  eines) 
langen  Zahnstochers. 

Der  Samurai  bleibt  immer,  auch  wenn  er  in  Armuth  geräth, 
seines  Standes  eingedenk. 

205.  Biita  110  karuzvaza.  ^Ol21  Die  Kunststücke  des  Schwei- 

nes. 

Etwas  thun  wollen,  was  man   nicht  versteht;  wobei  man  sich 
nur  blamirt. 

206.  Buta  no  ki-nobori.  icO/t^ä'J    Das  auf  den    Baum    klettern 

des  Schweines. 
Wie  205. 


—      22      — 

207.*  I^^^ta  1V0  nusimde  hone  wo  hodohosu.  ^^ir■■^^T• 'i'^fö~f   Ein 
Schwein  stehlen  und  dann  die  Knochen  verschenken. 

208.  Bnifö  (od.  hntjii)  ino  ichigo.  ti%l-'^    Auch  die  Biiyö- 

FJiefre  hat  ein  Leben, 

Die  ^///ö- Fliege  soll  nur  wenige  Stunden  leben. 

209.  Blföhu   zuo   taosii  yd.    ^E^tllfVi     Als    ob    man    einen 

Faltschirm  umwirft. 

Der    japanische    FaUschirm    besteht    gewöhnlich     aus    sechs- 
Theilen  ;   fällt  einer  um,  so  fallen  alle  andern  mit  ihm. 


»|>«<H 


c. 


210.  Cha  ni  yotta  furi.  ^l-i?of:ig  sjch  anstellen,  als  ob  man- 

von  Thee  betrunken  wäre. 

Sich  wie  ein  Betrunkener  benehmen  (obgleich  man  doch  nur 
Thee  getrunken  hat). 

211.  Cha  wo  hiku.  3^^5l<    (Sie)  pulvert  Thee. 

\'on  einer  Dirne,  um  auszudrücken,  dass   sie  bei  den  Gästen^ 
wenig  beliebt  ist,  also  viel  freie  Zeit  hat. 

212.  Chahara  vio  ittoki.  ^HSl— nf    Selbst    Thee    sättigt    eine 

Zeitlang. 

213.  Chanonii-tomoäachi,  ^^^ItM  Thee-Trinkfreunde. 

Freunde,  die  sich  in  der  Noth  nicht  bewähren. 

214.  Chaican  to  chawan  110  yö.  ^föi  ^^0^9  Wie  Tasse  uncJ 

Tasse  (d.  h.  wie  wenn  zwei  Tassen   zusammenstossen). 
Von    unverträglichen   Leuten,   besonders   von    Eheleuten,    die 
immer  zanken, 
Chi  (Blut). 

215.  Chi  de  cid  wo  arau.  lfiL'C'IÖL^i>i:{fe.5>  Blut  mit  Blut  abwaschen. 

216.  Cid  in  viajinba  akaku  naru.  lfiLl-m:(T.(fS  <  ^Ü  Was  sich,  mit 

Blut  vermischt,  wird  roth. 

Durch  schlechte  Gesellschaft  wird  man  selbst  schlecht. 


—     23     — 

Chi  (Verstand). 
217.*   Chi  naki  mono   zva  bokuseki  ni  hitosJii.    ^M^^'Ia^TiI-^  L 
Menschen  ohne  Verstand  sind  wie  Holz  oder  Stein. 

Chi  (Friede). 
218.*   Chi  ni  ite   ran  tvo  zvasjireritna !  f&l-;©  tiL^S2>^i:    Vcrgiss 
im  Frieden  nicht  den  Krieg! 

219.  Chichi  no  on  %va  yama  yori  iakakii,  haha  no  an  tva  iinii 

yori  fukashi.  ^t^muUl  i  "J  iS  < ,  ^OBllJ^i  'J  i^  L  Die  Güte 
des  Vaters  ist  höher  als  die  Berge,  die  Güte  der  Mutter 
ist  tiefer  als  das  Meer. 

220.  Chicliikusai  viojio.  fL:^"«'^  Einer,  der  noch  nach  Milch 

riecht. 

Der  "  noch  nicht  hinter  den  Ohren  trocken  "  ist. 

221.  Chie ga  iiiaivam.  ^M^^^Mh   Der  Verstand  circulirt. 

Klug  sein, 

222.  Chie  no  kaganii  mo  kumoni.  ^^?5^t^3  Auch  der  Spiegel 

der  Klugheit  trübt  sich. 

Auch  khige  Leute  sind  in  manchen  Dingen  beschränkt. 

223.  CJiic  no  viocJii-gtisarc.  ^^'^It^l^tT-  Das  Faulen  der  zurück- 

gehaltenen  Klugheit.        ' 

Wenn  man  einen  guten  Rath   u.  dgl.   weiss,  soll  man  damit 
nicht  zurückhalten. 

224.  Chie  no  nai  ko  ni   chie    wo  tstikern.  ^.l^.«5Mi''-Ti'©^Mt^ 

Dem  unverständigen    Kinde    Klugheit    (in    schlechtem 

Sinne)  geben. 

Einen  Unerfahrenen  zu  schlechten  Dingen  anstiften. 

225.  Chien  tsiiki  wo  toni.  l?n3^B4>Si5   Der  dumme  Affe  greift 

nach  dem   Monde. 

Von  solchen,  die  nach  Unerreichbarem  trachten. 

226.  Chi-hihl  no  isJiiwa  iigokasji  to  vio,  oya  ni  zva  katarezu.  T^5I 

o;G(Iilt)'t  i  tüLlIUEnf-  Selbst  wenn  man  einen  Stein, 
an  dem  tausend  Menschen  zu  ziehen  haben,  bewegen 
könnte,  kann  man  doch  nichts  gegen  die  Eltern  aus- 
richten. 


—     24    — 

22/.  CJiiisaJ^a  to  mo  Jiari  2va  noviaremi.  -"h  <  ^  (.  Il'll^i^iw 
Obtrleich  die  Nadel  klein  ist,  kann  man  sie  doch  nicht 
verschlucken. 

228.*  Chijin  yunie  wo  toku.  SiJA^^i^<  (Nur)  Narren  deuten 
Träume. 

229.*  ChiJ^ahl  wo  motte  toki  wo  shiri,  hi  ivo  motte  iiiei  tvo 
sliiru.  i^^^a-CJs^^^^J»  ti^X'XXmf^'mh  Durch  Nahes 
kennt  man  Fernes,  durch  Dunkles  kennt  man  Helles. 

230.*  Chikaki  wo  siitete  toki  wo  hakaru.  j£^^^'CM^^j?I^^  Das 
Nahe  ausser  Acht  lassen  und  das  Ferne  erwägen. 

23 1.  Chikashiki  naka  ni  mo  reigi  ari.  1^  L d  4»  1'-  i. iMkh'')  Auch 
bei  intimer  Freundschaft  sind  Formen  zu  beobachten. 

232.*   Chiknha  no  tomo.  ^%<^K  Ein  Freund  aus  der  Stelzenzeit. 

Ein  Freund,  mit  dem  man  in  der  Kinderzeit  Stelzen  gelaufen 
ist;  ein  Jugendfreund, 

233*   Chlkuhakii  7il  tarer7t.'^^\''^^  An  Bambustafeln  hängen. 
In  alten  Büchern  stehen. 

234  *  Chlkiesö,  sckiki.  Ittl»  '^^  Bambusspeere,  Strohmatten- 
fahnen, 

Eine  Metonymie  für  "  Bauernaufstand." 

235.*  Chimpit  yo  no  narai.  }Ji??ifi:^^  Untergehen  und  wieder 
auftauchen  ist  der  Lauf  der  Welt. 

236.  Chin    ga   kusame    tvo    shita  yd  na  kao.   #5^'5S^  Lf:^tjM 

Ein  Gesicht,  als  ob  ein  Mops   geniest  hätte. 

237.  Chin  ncko  baba  kodomo  iya-iya.    ^PilS'äliFt^t-'sf  ^  v  ».      Hunde, 

Katzen,  alte  Weiber  und  Kinder  sind  unbeliebt. 
Sie  wirken  in  einer  Gesellschaft  störend, 

238.  Chin  no  kao  e  ogc  wo  shita- yö.  ^fOlä-^Jil^  Lf-^  t    Als  ob 

man  in  das  Gesicht  eines  Mopses  Falten  eingelegt  hätte. 

239.  Chlnju  no  niima  ni  mo  orochi  wa  siimu.    li*^i^®JSl-  tSfElI 

tat'  Selbst  in  dem  Moor,  das  unter   dem  Schutze  der 
Landesgottheit  steht,  wohnt  eine  furchtbare  Schlange. 
Böse  Menschen  giebt  es  überall,  in  jedem  Stande  etc. 


—    25    — 

-240.  Chiri  isitmotte  yaina  to  nari.  MB.O "C  lü  i  ;ä  'J  Aufgehäufter 
Staub  wird  zum  Berge. 

Oft  in  dem  Sinne:  Wer  den  Pfennig  nicht  ehrt,  ist  des  Thalers 
nicht  werth. 
^41.      Chisha  ino  senryo  (od.  sendan)  ni  issJdtsii  ari.    ^^"l=FJt 
(fl^)l--^fc>'J     Auch    der    Weise    hat    unter    tausend 
]\Ieiiuingen    eine    falsche. 

Oft  abgekürzt :  chisha  110  isshitsii,  der  eine  Irrthum  des  Weisen. 

^42.  Chiwa-genkwa  inu  mo  kamazvanii.  ^I5ni^;^t^b« 
Nicht  einmal  ein  Hund  kümmert  sich  um  einen  Streit 
zwischen  Liebesleuten.  - 

243.  Chf)   yo    haiia  yo    to    sodateni.    ^iibi^W^     Wie  einen 

Schmetterling  oder  eine  Blume  aufziehen. 
Eine  Tochter  mit  liebendster  Sorgfalt  erziehen. 

244.  CJiöcMn   de    viocJn    ivo    tsiiku.    ^^'^W^^kK     IMit  einer 

Papierlaterne  Reiskuchen  stampfen. 

Ein  Mittel,  das  nicht  zum  Ziele  führen  kann  ;  ein  erfolgloses 
Bemühen ;  speciell  auch  ein  scherzhafter  Ausdruck  für  Impotenz. 

245.  ChdcJdn  to  tsurigane.  iS^i^ljM'  Laterne   und   Glocke. 

Von  grosser  Unähnlichkeit, 

246.  ChöcJiiii-niochi  ga  liori   e   hamariL    iSi'n't^  Bt^-E'^i^^  i 

Der  L'tternenträger  fällt  in   den  Graben. 

Der  die  andern  führen  soll,  geräth  selbst  in  die  Irre. 

247.  ChdcJdn-mocJd   zva    saki   ni   täte!    Wf^^%o\t.%'%\l'tLX    Den 

Laternenträger  lasse  vorangehen  ! 

248.  CJiöcJdn-niocJd  wo  sunt.  ^icT^IS^^Ta    Den  Laternenlräger 

machen. 

Gegen  jemand  servil,  liebedienerisch  sein. 

249.  Chöcliöshii   wn  same-yas2ishi.    nj*  LtMlÄ^^^  L     Eifrige 

Schwätzer  lassen  bald  nach. 
"  Moment-Enthusiasten." 

250.  Choito  nameta  ga  ini  no  tsumari.    —  TfSSn-ö^'Jl  0^^^J     Das 

Wenige,  was  man  gekostet  hat,    wird    zum   Ende  des 
Lebens. 


—      26      — 

251.  Cliöja    ni   hin    wo    katanma!   ;^^I*Ä'V3§^^*   Mit  einem 

Reichen  muss  man  nicht  über  Armuth  sprechen. 

Man  soll  nicht  mit  jemand  über  Dinge  sprechen,  die  ihm  un- 
bekannt sind,  oder  die  für  ihn  kein  Interesse  haben. 

252.  Chdja  no  mandd,  hin  no  ittö.  M^'^Jjf^,   tt«?)— ^    Zehnlau- 

send Kerzen  des  Reichen,  eine  Kerze  des  Armen. 
Die  Bedeutung  ist  gleich  der  des  folgenden  : 

253.  Chöj'a  no  scntö yori  hinjo  no  ittö.  ^^<^^''^l  '•Jft^'?)— i^  Eine 

(Oprer-)kerze  der  armen  Frau  ist  mehr  werth  als  tausend 
Kerzen  des   Reichen. 

254.  CJiöja  iojui  ni  akazn.  ^"^  %^\'-^'^"'^  Der  Reiche  wird  des 

Reichthums  nicht  überdrüssig. 

255.  (Jhöjalzii  eda  no  fiikaki    ni  atsmnaru.   ^'■W^^^'^  V~%^  h 

Kleine  Vögel  versammeln  sich  in  der  Tiefe  der  Zweige 
(da,  wo  die  Zweige  am  dichtesten  sind). 

Reiche   haben   viele   Freunde ;    mächtige,    berühmte    Männer 
werden  von  vielen  Leuten  aufgesucht  u.  dgl. 
256  *    Chöiuon  no  issJiin.  ^P^O— it  Eine  Nadel  auf  dem  Scheitel- 
punkt des  Kopfes. 

Ein  Wort,  das  einen  tief  verletzt ;  ein  kränkender  (weil  verdien- 
ter) Vorwurf. 

257.*   Chösani-hoslii  no  itonavn.   '^^'^WM'^'^'h-  Ein  Beruf,   bei 
dem  man  Morgens  drei  und  Abends  vier  Heller  verdient. 
Eine  Beschäftigung,  die  wenig  einbringt,  bei  der  man  "kaum 
das  Salz  auf  dem  Brote ''  hat. 

258.*   Chörel  bokai.    I^^IM    Das  am  Morgen    Befohlene    am 
Abend  wieder  ändern. 
Chöshl  (Am  Morgen  vier), 
259.*   Chöshi,    bosan.    IS01>  ^H    Am    Morgen    vier,    am    Abend 
drei  (sagen). 

Unzuverlässig  sein. 
Chöshl  (Stimmung). 
260.      Chöshi  ga  kiiriin.  llT*^'|£i,    Die    Slinmiung    (der    Instru- 
mente) ist  in  Unordnung, 

Den  Kopf  verlieren;   aus  seinem  gewohnten  Geleis  gebracht 
werden. 


—      27      — 

201.  Chöshizvo  mvasii.  i^^^B'"T  (Die  Instrumente)  gleichmässig^ 
stimmen. 

Eine  Sache  mit  jemand  abkarten,  ihm  Vorschub  leisten. 

262.  Chöshi  ZOO  haziisit.  M^f^ff'X  Aus  der  Stimmung  kommen. 

Eine  günstige  Gelegenheit  versäumen. 

263.  Chöshi-ziihi.  I^^#<    An  der  Stimmung  festhalten. 

Auf  etwas  pedantisch  bestehen,  etwas  zu  wichtig  nehmen;  sich 
wichtig  machen. 
264.*   Chötan  zuo  zvakatsu.  :1^I^:S'<5    Das   Lange    und    Kurze 
trennen  (entscheiden). 

Die  richtige  Entscheidung  treffen, 
265.     Cliü   ga  fiicJiH    ni  7tarn.  ,'£>*''*^,S<liJÄ5     Treue   wird    zum 
Verrath. 

So  z.  B.  wenn  ein  Diener  blindlings  alles  thut,  was  sein  Herr 
will,  ohne  zu  bedenken,  ob  es  diesem  schaden  könnte  ;  wenn  er  aus 
zu  grossem  Respekt  zu  dessen  schlechten  oder  thörichten  Hand- 
lungen schweigt;  oder  auch,  wenn  er  ilim  mit  der  besten  Absicht 
einen  Rath  giebt,  der  sich  später  als  verderblich  erweist. 

266.*  Chüffcii  (od.  Chüf/oh'u)  HO  shika  zvo  oii.  "^U  (tf  ^)  (^^^ 
iii>  Den  Hirsch  im  Felde  (od.  den  Landeshirsch)jagen. 

Nach  der  leitenden,  höchsten  Gewalt  streben. 

267.*  Cliüv\jTi  ni  fune  zvo  Jisldnacba,  ikko  (od.  ippatsti)  mo  seu' 
kin.  tf-i)i£i-Ä5^j'c^li% -tli(-S)  IT^^  Wenn  man  mitten 
im  Strome  das  Schiff  verliert,  ist  selbst  ein  Kürbis 
(od.  ein   Haar)  tausend  Goldstücke  wertli. 

"  Der  Ertrinkende  klammert  sich  an  einen  Strohhalm." 

268.*   Clmsliin  jiknn    ni   tsitkaezn.    S.Er^Sl'-^t-     Ein    treuer 

Diener  dient  nicht  zwei  Herren. 

Erinnert  zwar  an  "niemand  kann  zween  Herren  dienen,"  docrt 
ist  die  Bedeutung  eine  andere  :  ein  treuer  Diener  bleibt  dem  Herra 
auch  nach  clesicn  Tode  treu  und  dient  keinem  zweiten  mehr. 

269.*   ChUso  no  shin.  ä^'^E  Ein  Grundstein  von  Vasall. 

Ein  Vasall,  der  die  Hauptstütze  seines  Herrn  ist. 
270.*   Chüto  ni  sJiite  yavin.    tf^l-L'Citt'  Auf    iialbem    Wege 
siel  en  bleiben. 


►»•<«■<• 


—    ^8     — 


D. 


271.*  Dachin  suni.  ^St^'f  3  Das  Ruder  zum  Kopflvissen 
machen. 

Eine  Seereise  machen, 

272.  J)ai  wa  shö  ivo  kanurn.   ü^;  li  <I^  ^i»^  S   Das  Grosse  schliesst 

das  Kleine  in  sich. 

273.  Dai  zva  shö   wo    kanuni    vio,    nagaviochi   wa    mahira    ni 

narazu.  ■k\t'V^^'>th  i:g:^#U^i:JÄ  ?)T  Das  Grosse  schliesst 
zwar  das  Kleine  in  sich,  aber  eine  Kleiderkiste  wird 
nicht  zum  Kopfkissen  (kann  man  nicht  als  Kopfkissen 
gebrauchen). 

Scherzhafte  Verdrehung  von  272. 

274.*  Daidöf  shöi  i<M}  'h^  Im  Grossen  übereinstimmend,  im 
Kleinen  verschieden. 

In  der  Hauptsache  gleich. 

275.  J}ai(ffjo  zua  shöchi  ni  sjimazu.  i;^(X<lMlö,i:}i  Ji"!"  Grosse 
Fische  loben  nicht  in  kleinen  Teichen. 

2^6.  Datji  110  inae  no  sliöji.  -X%^%A<^'h'^  Die  kleine  Sache 
vor  der  grossen. 

Das  Unwichtige  mehr  berücksichtigen  als  das  Wichtige. 

277,*  Daiji  shö  ni  kwa  shi,  sliöji  inu  ni  kzua  sn.  -^<M^W-%\.i  f\^% 
^l-ft.'f  Grosse  Sachen  verwandeln  sich  in  kleine, 
kleine  Sachen   verwandeln  sich  in  nichts. 

278.  Daijöbu  kane  no  zuaki-zashi.  :^5t;^üce)EII  So  sicher 
wie  ein  eisernes  Schwert. 

Die  Bedeutung  der  vier  Wörter  ist  ganz  dieselbe  wie  die  des 
Wortes  daijobii  allein:  es  ist  ganz  sicher;  man  kann  sich  fest 
darauf  verlassen  ;  die  folgenden  drei  Wörter  sind  nur  scherzhaft 
hinzugefügt,  wodurch  zugleich  ein  Wortspiel  mit  daijobu  (i,  sicher; 
2.  grosser  Krieger  \jöbii^öfn\\  also:  des  grossen  Kriegers  eisernes 
Schwelt)  entsteht. 


—      29      — 

279-*  I>(likai  chiri  zvo  erabazn.    'KW&^eWX'^    Das    Meer    liest 
sich   nicht  den  Staub  ab. 

Grosse  Männer  achten  nicht  auf  Kleinigkeiten. 

280.*  Daikai  no  ittcki.  %M^—^  Ein  Tropfen  vom  Meere. 

Eine  Höflichkeitsphrase,  wenn  man  sich  für  einen  grossen 
Dienst  nur  durch  ein  kleines  Geschenk  dankbar  zeigen  kann : 
was  man  schenkt,  ist  nur  ein  Tropfen  von  dem  Meere,  das  man 
bekommen  hat. 

281.     Dahnyö  ü-viiviL  "X^^J^  Ein  Dcdiuyj  ij^xxxs''^  hat  grosse 
Ohren. 

Man  muss  mit  den  Äusserungen  über  andere,  besonders  über 
hochstehende  einflussreiche  Personen  vorsichtig  sein,  da  es  ihnen 
durch  Zwischenträger  leicht  zu  Ohren  kommen  könnte. 

282.*  JJcntan  futeki  {na  mono).  -kMTA%  Ein    Mensch  von  gros- 
ser Leber  und  ohne  Scheu  (od.  Furcht). 

Ein  verwegener  Bursche,  der  vor  nichts  zurückschreckt  (die 
Leber  ist  nach  chinesischen  Vorstellungen  der  Sitz  des  Muthes  ; 
vgl.  kinio);  oft=rrech,  unverschämt. 

283.  Dcnnashite  ino  sukashite  mo  {in  koto  kikann).  KfeL'CiilL 

"C  l    Er  hört  nicht,  ob  man    ihm  auch    noch    so    sehr 

sclimeichelt  und  zuredet. 

Daiiiasu,  eigtl.  "betrügen,"  hat  hier  dieselbe  Bedeutung  \\A& 
sukasu :  ein  Kind  durch  Schmeicheln,  Liebkosen  etc.  begütigen  und 
ruhig  machen.  Sinn:  trotz  aller  Ermahnungen  und  Bemühungen, 
jemand  zu  bessern,  ändert  er  sich  nicht. 

284.  Dainasu  ni  te  nasJii.  S^tl-^ML  Ge*en  Betrug  giebt  es 

kein  Mittel. 

285.  Damatte  ireba  Jiözu  nashi.  S^C«ön.!t'i5cüfef- L    Wenn   man 

nichts  sagt  (jemand   ruhig    gewähren   lässt),  so  nimmt 
es  (sein  schädliches  Thun)  nie  ein  Ende. 

286.*  Dasshi  sunt.  M.M-T  h  Die  Strohsandalen   ausziehen. 
Sein  Amt  niederlegen. 

287.     Date  no  usugi.  Ü^^^^visS  Die  dünne  Kleidung  des  Stutzers. 
Im  Winter  trägt  man  viele  Kleider  über  einander,  wodurch  man 
aber  dick  und  unförmlich  aussieht;  der  Stutzer  fiiert  lieber,  als  dass 
er  unelegant  erschiene.    - 


—     30    — 

288.*  Dat. Hill    sascni.   IsiiKJ-tfS     Das    Priesteikleid    ausziehen 
lassen. 

Jemand  aus  dem  Piiesterstande  aiisstossen. 
289.*  Datfai,   kwankotsu.   fiJt^>  ^^    Den    Körper  ablegen,  die 
Knochen  wechseln. 

Das  Werk  eines   andern  mit  einigen  Abänderungen,  anderer 
Anordnung  des  Inhalts  u.  d^l.  als  sein  eigenes  herausgeben  ;   ein 
Plagiat  geschickt  zu  verhüllen  suchen. 
290.     Dehabüchö-saivagi.    ÜiiUlSTSld"    Ein     Küchenmesser- 
Tuniult. 

Ein  Streit,  wobei  es  zu  blutigen  Thätlichkeiten  kommt;    "Mord 
und  Todtschlag." 

291.*  DelcJiTi    no    hachisu    no  goloku.    ö^'l'OjlOjin  <     Wie    die 
Lotosblume  im  Schlamm. 

Buddhistisches  Sinnbild  der  Reinheit   des  Herzens  in  sündiger 
Umgebung. 

292.  JJeiri  o-a  am.  fÜA'J*'*^^   Aus-und  Eingang  haben. 

Ein    Haus    irgend    welcher  Geschäfte  halber  häufig  besuchen, 
z.  B.  als  Hausarzt  [deiri  no  is/ia),  als  Milchlieferant  u.  dgl. 

293.  Dcjuono    haremono    tokoro    kiraiuazu.     '^^W^'^Ji'^^WM'P 

Ausschläge  und  Geschwüre  scheuen  keinen  Ort. 

294.  Dem  kiti  wa  nmni  ni  utareru.   ^^h^WAV-Wcih   Der  (aus 

dem  Wasser)  hcrausragende  Pfahl  wird  von  den  Wellen 
geschlagen. 

Wer  sich  auszeichnet,  hat  viele  Neider. 
295.*  T>oha    ni   otpru.  ^.'.Sl-5^5    Schlechter    als    ein    altes    ab- 
getriebenes Pferd. 
296.     Dohutsu  no  j/iizn-asoln.  ±fl507jiiSü^'  IDie  Wasserfahrt  des 
thonernen  Buddha. 

Ein  gefährliches  Vergnügen,  denn  wenn  er  nass  wird,  so  weicht 
der  Thon  auf. 

297.*  Dohö gzvLikai.  ±^%M-  Erdschutt  und  zerbrochene  Ziegeln. 
Metaphorischer  Ausdruck  für  ein  völlig  geschlagenes  Heer,  oder 
für  Zerrüttung  eines  Landes  durch  Kriegswirren  etc. 
298.*  Döjitsu  no  ron  ni  narami..  I^H<?5lrai:^j:  ?>»  Verdient  nicht, 
an  demselben  Tage  erwähnt  zu  werden. 
"Kann  man  nicht  in  demselben  Athem  nennen." 


_     31     — 

299'     Döketsu     no     iaimki.     Inl/t^51     Taniiki    (dachsähnliche 

Thiere)  aus  demselben  Bau. 
"Unter  einer  Decke  stecken." 
300.*  DöJH  ai-viotonie,    döbyö    ai-aivaremu.   If^ffl^*,   RI^W^L" 

Gleiche  Gemüther  suchen  einander  auf,  gleiche  Kranke 

haben   mit  einander  Mitleid. 
30T.     jyoho  no  nma  no  hone  ka  sJiinnu.  fcTSTfO.lO'^^-^n«  Man 

kann    nicht  wissen,  von  welchem  Pferde  die  Knochen 

sind. 

Man  weiss  nicht,  von  welcher  Herkunft  er  ist. 

302.  Doko  tvo  knze  ga  fnku  ka  to  in  koto  zuo  shimiin  ga  gotohi. 

fsiff4-i.t)^"flJC<-5'i5i'ä^4'^f,WtJ-''Än<     Als    ob    man    nicht 
wisse,  wohin  der  Wind  weht. 

Grosse  Gleichgültigkeit,  die  sich  um  nichts  bekümmert. 

303.  Doko  zvo  oseba  sonna  ne  ga  dem?    fp]5'r^MtiltÄfxla5"*Ui  S 

Wo  drückst  du,  dass  solch  ein  Ton  entsteht? 

Wie  kannst  du  mir  solche   Lügen  sagen!  (z.  B.   ein  Vater  zu 
seinem  ungerathenen  Sohne). 

304.  T>oUii  knivaba,  sara  viade  ino.  ^ÄiHlTMlT' l     Wenn  du 

schon  einmal  Gift  isst,  dann  bis  auf  den  Teller. 

Man  soll  n'chts  halblhun;  "wenn  schon,  denn  schon!'' 

305.  Dokn  to  kusiivi to  chauipon.  %t^t  S^^!l•^  Gift  mit  Arznei 

abwechselnd. 
306.*  Dokn  zvo  motte  doku    zvo    seniu,    #^Ö'C#4'ÄL*    Gift    mit 

Gift  bekämpfen. 
307.*  DolvHslii    ni  kakarn.    %^\'-\^h     In    die    Giftzähne    (der 

Schlange)  gerathen. 

Von  einem  Unschuldigen,   der  in  Folge  von  Verleumdungen 
verunheilt  wird, 

308.     DoJx'uyakii  hcnjite  kusnri  to  narn.  #^'J!C  tK^J.^S  Gift 

wird  zur  Arznei. 
309.*  J)ovo  no  naka  no  hachisu.  üßOtt'?)^  Die  Lotosblume  im 

Schlamm. 
S.  291. 


—     32     — 

310.  Doro  wo  nagele  sono  he  gare  wo  in  zvo  ivut.  iJfi^iffö^f'C  ^  O?^ 

?ifSi>:^5lL*  Mit  Schmutz  werfen,  aber  sich  scheuen,  von 
der  BeschmutzunfT  dadurch  zu  reden. 

Sich  schämen,  seine  eigene  Schande  einzugestehen. 

311.  Dorobö  ni  oi-sen.  ISfö£l-ii.*'^l.l  Geld  zur    Verfolgung    des 

Diebes. 

Sich  unnütze  Kosten  machen. 

312.  Dorobö  wo  tsukamaete  nazva  zvo  iiau.  ^£^4 4'M'^'^  114^.5-  Den 

Strick  er.st  machen,  wenn  man  den  Dieb  gefangen  hat. 
Etwas  zu  spät  thun. 

313.  Tioroitiixu  ni  sJnnii-koinu.  i^7jti:?SAü  Ins  Sch'ammwasser 

eintauchen. 

Zu  einer  Dirne  herabsinken. 

314.*  DösJiUi,  JieiryohL    (od.    kyöryoku).    ^'b^  il^l^imah)  Gleiche 

Herzen,  zusamm.envvirkende  Kräfte. 
"Ein  Herz  und  eine  Seele." 

315.  Doifö  minoko,  kan  katabira.  ±/Ij-^T>  %^k'^   In  der  Hitze 

Winterkleider,  in  der  Kälte    Sommerkleider. 

Könnte  "verkehrte  Wirthschaft"  bedeuten,  doch  soll  die  Re- 
densart nur  sagen,  dass  der  Sommer  ungewöhnlich  kühl,  resp.  "der 
\Yinter  ungewöhnlich  milde  ist. 

316.  Doyö-m iinai  no  dduiydji  no  fnkiiro  no  yd.    ±^.fL%'^W^\ 

^^m^'Pi  (Er  sieht  aus)  wie  das  übliche  Geschenk 
in  der  heissen  Zeit,  ein  Sack  voll  kleingeschnittener 
Reiskörner. 

Man  pflegt  sich  zur  Zeit  der  grössten  Hitze  (wie  auch  zur  Zeit 
der  grössten  Kälte)  Besuche  abzustatten,  um  sich  nach  der  Gesund- 
heit zu  erkundigen;  wobei  es  Sitte  ist,  ein  Geschenk  mitzubringen.' 
Die  Redensart  wird  auf  sehr  dicke  Personen  angewendet. 


I 


—     33     — 


E. 


317.     J^  ni  kaita  jisJiin.  ffil-^^'f^iÄR  Ein    gemaltes  Erdbeben. 
Es  thiit  keinen  wirklichen  Schaden,     Von  unnöihigen  Befürch- 
tungen etc. 

318.*  E  ni  kaita  mochi.  ffil-St-^f-g)?  Gemalter  Kuchen. 

Man  kann  ihn  nicht  essen.  Ein  bloss  vorgestelltes  Glück, 
ein  "schöner  Gedanke,"  der  nie  zur  Wirklichkeit  werden  kann. 
Ahnlich  320. 

319.  E  ni  ino  kakarcnu,    Sl-lft-«*Hw    Man    kann  es  selbst  in 

einem  Bilde  nicht  (so  schön)  malen. 

320.  E  no  liana  7ii  zua  nioi  nashi.  ffi'^^Ttl-II^t/:  L   Gemalte  Blu- 

men riechen  nicht. 

321.  E  sora-goto.  fi^  ?>^  Bilder  täuschen. 

322.  Kbi  de  tai  lio  tsunt.  IST'M^llJS    Mit  einem  Krebs  einen 

Tai  angeln. 

Der  Trt/ ist  der  geschätzteste  Seefisch  Japans.  "Mit  der  Wurst 
nach  der  Speckseite  werfen."  Auch  höfliche  Redensart  beim  Aus- 
tausch von  Geschenken. 

323.  Eda  zi'o  narasanu  iniyo.  tfe^^ll  ?>  2«i3lf^  Ein  Zeitalter,  das 

nicht  (einmal)  die  Zweige  rauschen  lässt. 
Ein  Zeitalter  tiefen  Friedens. 

3 24.  JEäo  no  kataki  wo  Nagasaki  de  iitsu.  Ö:^  O ü  ^^^-^Vi  o   Sich 

an   dem   Feinde    von    Edo    (des    heutigen    Tokyo)    in 
Nagasaki  räcb.en. 

Sich  für  eine  Kränkung  auf  indirekte  Weise  rächen;  den 
Gegner,  dem  man  selbst  nicht  beikommen  kann  (etwa  weil  er  zu 
mächtig  ist),  in  der  Person  eines  anderen  treffen;  seinen  Zorn  an 
einem  Schwächeren  auslassen  u.  dgl. 

325.  Edo  no  viannaka  zva  tsucJii  isshö  kane  isshd.    ?I^'^t|'ÄiX± 

~-1\^—1\    In  der  Mitte  von  Edo  gilt  eine  Metze  Erde 
eine  Metze   Geld. 


—     34    — 
326.     Edo  zva  monomi-dakasJii.  Jl.^U'Ji^Jla  L   Edo  läuft  zusammen, 


wo  es  etwas  zu  sehen  gtebt. 
Die  Ä/ö-Leute  sind  sehr  neugierig. 


327.  EdokL'O    no    shaJd-shaJd.    vi;^^^  l^->  L^^     Die     Auf- 

irewecktheit  des  Edo- Kindes, 

o 

Diese  sprichwörtlich  gewordene  "  Aufgewecktheit  des  Edo- 
Kindes "  wird  auch  auf  Nicht-Edoer  angewendet,  um  einen  be- 
sonders hohen  Grad  von  Aufgewecktheit  zu  bezeiclmcn. 

328.  Edokko  tua  kl ga  hayai.X^Plr\'lMfi^^-^^  Die  Leute  aus  Edo 

sind  sclmell  von  Begriffen  (fassen  schnell  auf,  sind  geistig 
geweckt). 

329.  J^do-r,iiirasülil  ni  Kyö-hnro.  ^■CLJ^'^V-'U^^    Das  Violett 

von  EIo  und  das  Scharlachroth   von  Kyoto  (sind  durch 
ihre  Scliönheit  in  ganz  Japan  beiühmt). 

330.  Hl]fö  ni  sugite  mochi  no  kazva  inuku.  ^Sl-i^-y'Cäff'^^ifeÜK 

Wem  es  zu  gut  geht,  der  schält  den  üT^r///- Kuchen  ab 
(und  isst  nur  das  Innere). 

331.  Elyn   hito  ivo  azamuku.  ^^SA^J^s    Ein  grosser  Mann 

iüiirt  andere  irre. 

Der  Klang  seines  berühmten  Namens  verleitet  leicht  dazu,  seine 
Ans'cht  ungeprüft  für  richtig  zu  halten  ;  man  soll  nicht  blindlings 
der  Meinung  eines  andern  folgen,  sondern  selbst  prüfen. 

332.  E.i)ni  iro  7uo  konoiuK.  i'ii^S^^JL"  Grosse  Männer  sind  (ge- 

wöhnlich) der  Liebe  ergeben. 

Grosse  Männer  sind  häufig  wollüstig. 
333,*  EiyU   nambi  tatazu.    5iit^6^'j£f;f    (Zwei)    gro?se    Männer 
können  niclit  neben  einander  bestehen. 

Der  eine  muss  dem  andern  weichen. 

334.  JllTiauie   iw    viizH   gcko    shimzu.    WS.^iKX^'ß'^h-^    Wer 

niciu  trinkt,  weiss  nicht,  (wie  gut)  Wasser  nach  einem 
Rausche  (schmeckt). 

335.  Eizame  no  viizu  lua  kanro  no  aß.    @?3I^7K(I-H"ÄOb^    Dem 

vom    Rausche    Erwachenden    schmeckt    Wasser    wie 
süsser  Thau. 


\ 


—      03       — 

330.     ^ini  Jto  iicJii  ni yaibii  zuo  fukumn.  ^^Op^i'iÜ^j^^V  Lächeln 
und  dabei  eine  Schwerlklinfre  im   Munde  führen. 
Unter  fieundüchem  Betragen  eine  böse  Absicht  verbergen. 

2$y.  Eniuui  ga  sJdokam  zvo  nameta  yd.  X^M.'^'^W^^'^-V-'p  i  Als 
ob  Emma  salzige  Fische  gegessen  hätte. 

Emma,  der   Richter   über  die  Todten,  wird  immer  mit  einem 
sehr  finsteren,    furchteinfiössenden    Gesicht    abgebildet ;    wenn  er 
obendrein  noch   salzige  Fische  isst,  so  wird  er  sein  Gesicht  noch 
schrecklicher  verziehen, 
JEn  (Veranda). 

338.  Ell  HO  sJiita  110  cJükara-moclu.  It^T^yjfJ  Der  starke  Mann 

unter  der  Veranda. 

Seine  Kraftproben  werden  von  niemand  gesehen  ;  daher  sagt 
man  so,  wenn  jemand  mit  etwas  prahlt,  wovon  er  noch  keine 
Beweise  gegeben  hat.     "Hie  Rhodiis,  hie  salta  !" 

i'il  (Beziehung  ;  Schicksal). 

339.  Ell  naki  sJnijö  iva  do  shi-gntasJd.  ^M^4illf?  IM.  L  ]\Tan  kann 

.sich    nicht    um    Leu'.e    kümmern,    zu    denen    man    in 
keiner  Beziehung  steht. 

SIuijj  (alles  Lebende)  und  do  siiru  (eigtl.  saldo  ^i^  surti), 
retten,  sind  buddlüstische  Ausdrücke ;  shüjb  wo  saldo  siiru,  die 
ganze  Menschheit  retten. 

340.  Ell  to  tsiiki  hi  zva  viatsit  ga  yosh'i.    ^ÜlOlXtJo-öU  L  Das 

Schicksal  und  die  Zeit  warict  man  am  besten  ab. 
34r.     Ell  loa   inamono.    ^,x^'Sii,0    Die    Verbindung    (od.    das 
Schicksal)  fällt  anders  aus  (als  man  wünscht). 

Besonders  mit  Bezug  auf  Mädchen,  die  statt  des  gewünschten 
IMannes  einen  andern  bekommen. 

342.*  Ellen   tcji   wo    kogasii   ga   gotoshi.    /^'ia^^,1^ttJ^*^D  L    Als 
ob  die  Flammen  den   Himmel  versengen. 
\o\\  einer  Feuersbrunst. 

.343.*  JUnjaliu  nanzo  kökö  no  kokorozashi  wo  shiran  ya  ?  ?lü'S 
MiJ|?i|<?)j£i^^  f)^■^  Was  wissen  Schwalben  und  Sperlinge 
von  den  Absichten  der  Gänse  und  Schwäne  ? 

344.*  Eiijlii   no   chi.   «SM^ifi    Ein  Ort  voll  Rauch  und  Staub. 

Ein  verkehrsreicher  Ort. 


-     36    - 

34S-*  J^nlKci  sliite  matsu.  S?3  L'C^o    Mit  ausgestrecktem  Kalse 
warten. 

Sehr  gespannt  sein. 

346.     Enkd  ga  tsuki  -wo  toni.  ^n^ö'-^'t^i   Der  Affe  greift  nach 
dem  Monde. 

Nach  Un  erreichbarem  streben. 

347.*  Eiikwa  no  gohku.  '^•h^ysi^    Wie  Rauch  und  Feuer. 
So   vergänglich. 

348.  JEnrijo  hidartisld,    daic  sannisJii.    jtiiG^f'^  L»  ■P^^  L    Bei 

übertriebener  Förmlichkeit  bleibt  man  hungri;^,  in 
eleganter  Kleidung  friert  man. 

349.  Enryo  zva   busala.    MtSlI^i^'v^v    Übertriebene    Förmlichkeit 

ist  (ebenso  unangenehm)  wie  Mangel  an  Aufmerksam- 
keit. 
350.*  JEiisaku    Jidziu    ai-irczu.    lSlS:^lltQAHT    In    ein    rundes 
Loch  passt  kein  viereckiger  Pflock. 

351.  Unshü  Hamamats2i  iva  oJina  no  yolHii.^')'i\'^^'i^\^'k<^^m.ü' 

In  Hamamatsu  in  Enshü  besuchen  die  Mädchen  nächt- 
lich den   Geliebten. 

Schlechter  Ruf  der  dortigen  weiblichen  Bevölkerung. 

352.  Enshü    710    nannara-cliaziike.    Mj)'l'IOti:^tC  ?)^^  Die  freund- 

liche Einladung  der  Leute  von  Enshü,   Reis  zu  essen. 
Eine  Freundlichkeit,  die  nicht  von  Herzen  kommt. 

353.  Eslil  to  daigcnnhi  no  te  ni  kakareba,  shiroi  mono  mo  sugu 

ni  kiiroku  naru.  ffißiiii^i-AO^llJ-^nit',  Öv^  t  O  t  ignm  <  U 
h  Wenn  etwas  in  die  Hände  des  Malers  oder  des 
Advokaten  fällt,  so  wird  aus  Weiss  sofort  Schwarz. 

Wortspiel  mit  ie  ni  kakareba  :  wenn  es  in  die  Hände  (des  Ad- 
vokaten) fällt;  oder:  wenn  es  von  der  Hand  (des  IMalers)  gemalt 
wird. 

354.  Mta-mura  c  sJnsJd.  %kt'^'^%    Ins    ^^^-dorf   ein    wildes 

Schwein. 

Eta :  frühere  Pariakaste,  die  das  Schinder-  und  Gerberhandwerk 
ausübte.  Ein  Schv.ein  im  ^Az-dorf  würde  bald  getödtet  werden. 
"Gelegenheit  macht  Diebe." 


—     37    — 

355-  EtG  iii  ho  zuo  agmt.  'ü^\~^h'^h  Dem  guten  Winde 
Segel  geben. 

Ete,  eigentlich  "  besondere  Geschicklichkeit,"  bedeutet  in  der 
Schiffersprache  auch  "guten  Wind."  Der  Sinn  ist  also:  sich  eine 
günstige  Gelegenheit  zu  Nutze  machen. 

356.*  Etsujlii  zva  Etsu  ni  anji,  Sojin  iva  So  ni  anzu.  MAItM 
I^SC,  SAI:r^i:-^f  Der  Mann  aus  Etsu  ist  in  Etsu 
glücklich,  der  Mann  aus  So  ist  in   So  glücklich. 

Etsu  und  So  (chin.  Yüeh  und  Tsii)  sind  die  Namen  zweier 
chinesischer  Staaten  im  2.  Jh.  v.  Chr. 


»»>»<n 


F. 


357.  Fii  zvo  azvasu.  vF^-n-T   Die  Hälften  des  Siegels  aneinan- 

derfügen. 

Sich  von  der  Richtigkeit  einer  Sache  überzeugen. 

358.  ITaho  HO  on  fiikaki  koto  säkai  110  gotoshi.    Änj:^Bäl^yit 

?S?)i(nL    Die    Güte    der    Eltern    gleicht   an  Tiefe  dem 
Meere. 

359.*  JPabolvU   motte   hashira   to  nasu  bekarazu,  hijin  motte  s/m 

to  nasu  bekarazn.    ^^^-Cöi^St  pJ  ?)1*, -^Aa-CiSH-f  pT 

^T' Aus  faulem  Holz  kann  man  keinen  Pfeiler  machen, 

aus  einem  gemeinen  Menschen  kann  man  keinen  Herrn 

(od.  Fürsten)  machen. 

Facht  (Reisration). 

360.     Fuchi  ni  hanarcru.  Äf$l-^tli5   Von  seinem  Reisgehalt  ge- 
trennt werden. 

Entlassen  werden,  seinen  Abschied  bekommen.    Die  Redensart 
stammt  aus  der  Feudalzeit,  wo  das  Gehalt  in  Reis  ausgezahlt  wurde. 


-     38     - 

Fnvhi  (tiefes  Wasser). 
361.*  Fnclii  ni  no::onde  tiivo  wo  tirayavm  iva  shiiizoite  aini  zva 
aimi  vi  shikazit.  Mr-E5^Tm4'?}^;LMIiI^^-C^^^r^Ül:ft^^*-?^ 
Statt  ans  Wasser  zu  gehen  und  sich  Fisclie  zu  wünschen 
ist  es  besser,  nach  Hause  zu  gehen  und  ein  Netz  zu 
stricken. 

362.  Fucle  wa  ken  yori  mo  tsiiyoku  am.  ¥(tBi  'J  i?£<  fcS  Der 

Pinsel  (die  Feder)  ist  mächtiger  als  das  Schwert. 

363.  Füfii-fjculxii'a  iim  vw  kaina%vanii.  p^^ntßi;^ t^lin  Nicht 

einmal  ein  Hund  kümmert  sich  um  einen  Streit  zwischen 
Eheleuten. 

Auch  in  der  Form :  Füfit-geJikiva  lua  inu  mo  kirMamt,  einen 
Ehestreit  frisst  selbst  kein  Hund. 

364.  Fiign  zva  kuitashi,  iiiochi  zva  oshisJii.   fsj^lX^ir^?:  L,  ^Ufö  L 

Man  möch.te  den  giftigen    Fisch    wohl  essen,  es  wäre 
aber  schade  um  das  Leben. 

Der  giftige  Fiigii-Y\'?><:\\  (eine  Tetrodon-Art)  soll  sich  durch 
ganz  besonderen  Wohlgeschmack  auszeichnen.  Die  Anwendung 
auf  andere  Verhältnisse  liegt  nahe. 

365.*  Fiilici  li'o  ckcsu.  B,)jXh'^'^   Wind  und   Wellen  erregen. 
Unfrieden  stiften. 

366.  Füjci  no  mandö  yori  hinja  no  iitö.     %^^%W\l'')'k^^~Wi 

Ein  Kupferslück  des  Wrmen  ist  mehr  werth  als  zehn- 
tausend des   Reichen. 

367.  Fviji-hitai.  ^±?H  Eine  /vz/V-Stirn. 

Eine  Stirn,  die  vom  Haarwuchs  so  begrenzt  wird,  dass  sie  dio 
schöne  regelmässige  Form  des  /v/yzberges  {Fuji  110  yama  od. 
Fiijisan)  hat ;   sie  gilt  bei  Frauen  als  besondere  Schönheit. 

368.*  Füjiu  i-ainen  wo  ovtoi,  kyujvi  ganzen  7vo  oiiwu.  ^A?R¥- 
?i-©DSS5ASP.3ll4-ÄU.  Der  Reiche  denkt  an  (sorgt  für) 
das  nächste  Jahr,  der  Arme  an  den  gegenwärtigen 
Augenblick. 

369.  JF?f,//f/?7  wo  tsnne  to  omoeba  fnsokii  nasJii.  ^iÄ^^i*S 
"^ItT^/EML  Wenn  man  den  Ubelstand  als  etwas  Ge- 
wöhnliches ansieht,  fühlt  man  seine  Mängel  nicht. 


—     39    — 

370.  FitL'eha  tolm yd.  5^i?lt'fll-5>^9  (So  schwach)  dass  man  vom 
Anblasen  wegfliegt. 

371.*  Fülii  tcn  ni  an.  'SÄ5^l-fe"'J  Reichsein  hängt  vom  Himmel 
ab. 

372.*  Fiiki  mien  tio  gotoshi.  "^^MW^ys^L  Reichthum  ist  wie 
Wolken  und  Rauch. 

'^i'Jl,  IL\iJ^ii  no  kaini  ivo  inofu  yori  Jiito  110  htclii  zuo  herase ! 
m<^t^f-£f^o  l  'J  AO P 4-i$S-tf  Statt  zum  Glücksgott  7m  beten 
vermindere  lieber  die  Mäulerzahl  deiner  Diener. 

Vermeide  unnütze  Ausgaben. 

374.*  FuL'uciifl  tö  aii.  K^t^T/^fJ  Im  Bauche  (im  Herzen)  ist 
ein   Schwert. 

Böses  im  Sinne  haben. 

375.  FnliHVO  110  nezinni  110  yö.  SOEOv-5  Wie  die  Maus  im 
Sack. 

376.*  Fiüiusui  ftitatabi  hon  ni   kderazu.  WY^t^^V-Uh't'  Aus- 
gegossenes Wasser  kehrt  nicht  wieder  ins  Gefäss  zurück. 
Verscherztes  Glück  kehrt  nicht  wieder. 

377.*  FuJcidttsii  luofiitmi.  Slal4-5aL'  Im  umgeworfenen  Geleise 


gehen. 


Einen  Weg  fahren,  auf  dem  schon  oft  Wagen  umgewoifen 
sind;  sich  durch  fremden  Schaden  nicht  warnen  lassen. 

378.     Ftthutoku  HO  sanncin-nie.  ^Mi^HipB  Das  diitte  Jahr  des 

Glücks. 

Ob  das,  was  man  für  ein  Glück  hält,  wirklich  ein  Glück  sei, 
kann  nur  die  Zeit  lehren.  Oft  als  Ausruf,  sowohl  in  dem  Sinne: 
Hat  der  ein  Glück  !  als  in  dem  entgegengesetzten:  Welch  trauriges 
Schicksal  hat  ihn  (der  vorher  so  glücklich  vsar)  betroften  ! 

379.*  Fukiva  tvo  kisoii.  5?II^M-J-  Mit  schwimmenden   Blumen 

wetteifern. 

Sich  um  einen  Vorrang  streiten,  der  nur  auf  Eitelkeit  beruht; 
einen  Prunk  entfalten,  der  den  wirklichen  Verhältnissen  nicht  ent- 
spricht u.  dgl. 


—     40     — 

380.  Fuini  zua yarltashi,  kaku  te  %va  viotazn.  Ä-^ltia^W:  U  HC 

^IIJ#f:'r"  Man  möchte  einen  Brief  schicken,  kann  aber 

nicht  schreiben. 

Aus  einem  hayari-uta  (Volkslied).  Man  hätte  zu  einer  Sache 
wohl  Lust,  es  fehlt  aber  an  irgend  etwas. 

381.  Fnuii  ivo  yaru  iii  mo  kahl  te  iva  motaiuL.  '^h-^^hV-  ()#< 

^(IJ#f:iO    NiclU    einmal   so  viel  Schreibkunst  besitzen, 
um  einen  Brief  zu  schicken. 

Sehr  ungebildet  sein.  Die  Redensart  befindet  sich  unter  den 
48  Sprichwörtern  des  IroJia-garuia  Spiels,  ist  aber  sonst  wenig 
gebräuchlich. 

382.  TTaitipatsu  wo  sunba  nezumi  mo  neko  wo  hamu.    S^^ 

-^ X^\t%,\>^te%^j  Wenn  sie  alle  Kräfte  anstrengt,  frisst 
die  Maus  die  Katze. 
Wer  will,  kann  auch. 

Jfunanori  wa  s.  Fuue  iii  notte. 

383.  JT^indoshi  ni  zua  mijikasJü,  temigui  ni  zva  nagashl  Wi-II 

M  L>  ^l^i-II:^  L    Zum  Lendengurt  zu   kurz,  zum  Hand- 
tuch zu   laug. 

384.  Fiindoslii  HO  kazva  nagare  de  kui  7ii  kakatte  im.  l^'^-'HSSlx'C' 

<j/tl-M'C^S  Das  Hängenbleiben  des  im  Flusse  schwim- 
menden  Lendengürtels  an  einem  Pfahle. 

Wortspiel  mit  kui  ni :  i)  am  Pfahle;  2)  beim  Essen.  Soll  be- 
deuten :  sich  beim  Essen  durch  nichts  stören  lassen,  nicht  einmal 
durch  die  Ankunft  eines  Besuchers. 

385.  Fiuie  ni  notte  suikd  sjtru  zva  i^snn  no  jigokii.    Ci-^'C7j<^f 

-t  h\X-^<^iWA  Wenn  man   eine  Wasserfahrt  macht,  hat 
man  einen  Zoll  unter  sich  die  Hölle  (den  Tod.) 

Auch  in  der  Form  :  Funaiiori  lua  itago  saiizun  shiia  jigoku, 
bei  einer  Fahrt  zu  Schiffe  ist  unter  dem  dreizölligen  Brette  die  Hölle. 

386.  Fiuie  zua  scndö  ni  inakdseyo !  miW^\'--^^l     Das    Schifif 

überlasse  den  Schiffern  ! 

Überlasse  die  Sache  denen,  die  sie  verstehen  ! 

387,*  Jfunkei    (od.    Fiinkyö)    no    viajiw.vi.    ^iJ?!^^"!)     Eine 
Freundschaft  bis  zum  Köpfen. 
Freundschaft  bis  in  den  Tod. 


—    41     — 

388,*  IfiniJ^'otsu,  sais/im.Ml'f^M  Die  Knochen  zei'pulvern,  den 
Leib  zerschmeltern. 

Alles  mögliche  aufbieten,  alles  daransetzen. 

389.  Furarcte  kaeni  kwahd-viono.   WO-'^^hW^^   Wer  abge- 

wiesen heimkehrt,  ist  glücklich. 

Zw  furarcte,  "abgeschüttelt,"  vgl.  Jn:o  %üo  ficrii.  Wer  in  der 
Liebe  kein  Glück  hat,  ist  hinterdrein  manchmal  besser  daran,  als 
der  es  hatte.  Vgl.  die  Stelle  aus  einem  bekannten  Studentenliede: 
"  Denn  schon  manchen  hört  ich  klagen,  dass  er  allzu  glücklich  war.'* 

390.  Fiirisode  de  ino  cii  no  Jiajime.  tßllÜT  tl3t7)öf;i6  Auch  ein 

(Streifen    mit    dem)  Ärmel    wird   der  Anfang  von  Be- 
ziehungen. 
391.*  Taröna  no  bcnzetsu,  Shanbiitsu  no  cJii.  ati^H-^^S",  '^V\%<^ 
^  Die  Beredsamkeit  Furöna's,  die  Weisheit  Shaributsu's. 
Fiiröna  und  Shaributsu  sind  die  Namen  zweier  Schüler  Buddhas. 

392.  Faru-daaulzl.  "ST?!  Ein  alter  tanuki. 

Der  t.inuki  ist  ein  dachsähnliches  Raubthier  (Nyctereutes  vi- 
verrinus) ;  der  Ausdruck  entspricht  genau  unserm  "  ein  alter  Fuchs." 

393.  Fiirukaiva  ni  viizu  taezu.  ■S'^5ll*7j<?gl"f"  Einem  alten  Fluss 

geht  das  Wasser  nicht  aus. 

Ein  Reicher  wird  selbst  durch  bedeutende  Verluste  noch  nicht 
arm ;  ein  geriebener  Fuchs  weiss  sich  immer  zu  helfen  u.  dgl. 
394.*  Faraki  zuo  satte   alarashiki  ni  tsiiku.    «5c^^^Ä'CiTd-i-SÄ< 
Das  Alte  verlassen  und  dem  Neuen  folgen, 

395.*  Fnritki  wo  taziinete  atarashiki  %vo  sJiini.  &^^9X^^^i-^IiS 
Wenn  man  das  Alte  erforscht,  kennt  man  auch  das  Neue. 

396.  Fuvuneko  no  Jienge.  "öTiS^^ifc  Die  Verwandlung  der  alten 

Katze. 

Eine  alte  Katze,  die  nicnschliche  Gestalt  angenommen  hat, 
d,  h.  ein  boshaftes  altes  Weib. 

397.  Fitsai  yo  wo  hedaterii  ada  nashi    ^SS^Fi  t  if/LtC  L    Es 

giebt  keine  Feind?chaft,  die  ein  Ehepaar  in  der  Nacht 
trennen  könnte. 

398.  Fase  nai  kyo  ni  zua  kesa  zvo  hazusic{od.  otosu).  ^Wl^^H 

i:ilSail^^t(f^t)    Bei  einer  Messe,    für  die  nichts  be- 
zahlt wird,  nimmt  (der  Priester)  seine  Schärpe  ab. 
Er  macht  sichs  bequem. 


—     42     — 

399-*  Fifsei  snhete  yiune  no  gotosJii,  röshö  viata  nanzo  kotonaraniu 
n^^V^3^!ml,^'}i>lrMxmhn  Die  ganze  Welt  ist  wie 
ein  Traum,  zwischen  Jung  und  Alt  ist  k'ein  Unterschied. 

400.'*"  JTiishii  sunt.  WM'^  ^    Sich  wie  Enten  versammehi. 
In  grosser  Zahl  zusammenkommen. 

401.*  Fufaha  uo  iicJii  vi  tatazareba,  ftietsn  inirn  nio  oyobi-gatashi. 
W.^^V-tfst.'SiWl.,  1^W.Kh  »  l  Ikü^WL  Wenn  man  feinen 
]-?aum)  nicht,  so  lange  er  Keimling  ist,  abschneidet,  so 
i-st  ihm  (später  selbst)  mit  der  Axt  kaum  beizukommen. 
"  Principiis  obsta !" 

402.  Fut€i(jolKOro-inono.  -T^-t»^"  Ein  doppeltlierzlger  Mensch. 

Ein  Mensch  mit  falschem  Charakter. 

403.  Fnfanie  to  viirarenu.'^^  t^h  U«(So  hässlich  oder  schreck- 

lich, dass  man  es)  nicht  zum  zweiten  Male  sehen  kann. 

404.  Fatatsii,  licnji  de  kuni.  zi<)iSiStTJ!4  2)  Zweimal  antwortend 

konmien. 

Zwehnal  ja  sagen,   äusserst    hereihvilli;^    auf  einen    Vorschlag 
eingehen. 

405.  FntoL'oro  sabishikn  ouiou.   IS'ÄK.Si^    Den  Busen  einsam 

fühlen. 

Von  einer  Mutter,  die  ihr  Kind  verloren  hat. 

406.  Fiiyu  110 yiiki-iiri   ^^SK"/  Im  Winter  Schnee  verkaufen. 

Ahnlich  wie   "Eulen  nach  Athen  tragen." 


-+-»-»-4»-4- 


407.     Ga  1V0  oni.  ft4>^S   Sein  Ich  brechen. 
Den  Muth  verlieren. 

408.*   Galhots^i  wo  kou.  ^t^^'c.i-  Um  seine  Knochen  bitten. 
We^en  hohen  Alters  um  seinen  Abschied  einkommen. 


—     43     — 

409.  GaA'L  ^Ä  Hungriger  Teufel. 

So  heissen  die  im  Pandämonium  des  vergröberten  Buddhismus 
zu  ewigem  Hunger  Verdammten  ;  im  Volkswitz  für  "Jungen,"  wegen 
ihres  beständigen  Appetits,  also  ganz  unserm  "  SchKngel "'  ent- 
sprechend. 

410.  Gah  7110  sennin.  ^JlfiT'A  Selbst  tausend  arn^e  (hungrige) 

Teufel. 

Auch  Schwache  werden  durch  grosse  Zahl  stark. 

411.  Gaknslia     vmshahisha.     ^S-t'L^<  L^     Gelthrte    sind 

confus. 

"Gelehrte,  Verkehrte." 

412.  GakiisJia  no  fu-iniiuocJd.    ^^'OT-M^^    Die    Lasterhaftigkeit 

des  Sittenlehrers. 

Giikusha,  "Gelehrter,"  hier  im  alten,  confucianischen  Sinne. 

413.  Gan  ga  tatcba  hato  vio  tatsu.  f?gt)^i:-Cltfc4  ISlo   Wenn  die 

Gans  wegfliegt,  fliegt  auch  die  Taube  weg. 

414.*   Gan  li'a  kcitci  zvo  sJiini.  MHÄ^^-^-liS  Die  wilde  Gans  kennt 
ihre  Geschwister. 

415.*   Gancliä  Jäto  nasJd.  BR^liAfSlL  Niemand  ii-n  Auge  haben. 
Vor  niemand  Furcht  haben,  ohne  Alenschenfincht  reden. 

416.*   Gnnka  no  gekirin  ni  furern.    rM  F'^i^f^l'-ii-S     Gegen    die 
Schuppen   unterm  Kinn  (des  Drachen.s)  stossen. 
Sich  die  Ungnade  des  Kaisers  zuz'elien. 

417.*   Ganka  no  tama  %vo   nru.    'v3^f<^'^f)^Vih    Das    Juwel    unter 
dem   Kinn   (des  Drachens)   bekommen. 

Etwas  erreichen,   was  sehr  gefährlich  oder  schwierig  zu  errei- 
chen war. 

418.*  Garü  no  höcJiü  zuo  inamoru  ga gotokn.WM.<^^W:^^'^h'<i^^x^K 
Als  ob  ein   hungriger  Wolf  die  Küche  bewaclile. 
Als  ob  man  "  den  Bock  zum  Gärtner  "  setzte. 
419.     Gei  Iva  miwo  tasnkertt.  ÜllJl^Sl»JS  Künste  helfen  einem 
durchs  Leben. 

Wer  etwas  gelernt  hat,  findet  sein  Brot, 


—     44     — 

420.     Gci  ga   Uli  wo  tasjikerii  hodo  no  fu-sJiiaivase.   Wt^'^'f^'^\'] h 

fiOT^ft-H*  Je  mehr  Künste  einem  durchs  Leben  helfen, 

desto  schlimmer  ist  es. 

Wenn  ein  armes,  ins  Unglück  gerathenes  IMädclien  in  Folge 
einer  guten  Erziehung  viele  Fertigkeiten  besitzt,  so  kann  sie  dem 
Schicksal,  Sängerin  {Geisha)  zu  werden,  kaum  entgehen.  Auch 
Vorzüge  können  einem  zum  Unheil  gereichen. 

421.*  Geklriti  nl furent.  a^fill'ßl^    Gegen    die    Schuppen    (des 
Drachens)  stossen. 
Gleich  416. 

422.     Geho  no  tatctani  kura  ino  nasin.  fU^WihMi^L  Kein 
Magazin  ist  von  Leuten  gebaut,  die  niclit  trinken. 
Wer  nicht  trinkt,  spart  doch  nichts. 

423.*  Genihiin  tama  no  gotokn,  yakubnn  ishi  no  gotoshi.  W^^ 
Oin  <  ,  il^TlOjtii  L  Ein  Originaltext  ist  wie  ein  Edelstein, 
eine  Übersetzung  ist  wie  ein  (gewöhnliclier,  werthloser) 

Stein. 

424.*  Genien  l/osatsn  no  goioku,  naisJun  yasha  no  gotoshi.  ^M 
^Ü^iüK..  H't-'UX^^'kwL  Das  Äussere  des  Gesichts 
gleicht  einem  Heiligen,  das  Innere  des  Herzens  einem 
Dämon. 

425,*  Geiikö  itcJii  sJii-gatasJd.  Blf-JJcf±lil  L  Worte  und  Thaten 
lassen  sicii  schwer  in  Übereinstimmung  bringen. 

426.*  Gcnvo  zi'o  dökai  {od.  kailsü)  siiru.  W^^Mfi  dlS)  Ti  Den 
Pfad  der   Worte  gangbar  machen. 

Die  Wünsche  des  Volkes  zum  Throne  dringen  lassen. 
427.*  Genro  ivofusagn.  '^l^^%  <    Den  Pfad  der  Worte  verschlies- 
sen. 

Der  Stimme  des  Volkes  kein  Gehör  geben. 

428,  Gesu  no  chie  zva  ato  kam.  y^<^^3.\t''&.^'^    Die  Weisheit 

des  Thoren  kommt  hinterher. 

429,  Gcs2L  no  issnn,  noroma  no  sansnn,  baka  no  ake-Jianashi.  T§)0 

-Tj-,  0-?.rBl^H>],  Ö^^^gjXL  Der  Dumme  lässt  die  Thür 
einen  Zoll  offen,  der  Faule  drei  Zoll,  der  Narr  ganz. 


—    45     — 

430.  Gcsu  uj  kucJiibirn  to  yogl  no  sode.  TolcD#i^^O|i!i  Die- 
Lippen  des  Dummen  und  die  Ärmel  des  Nachtkleides. 
Beide  sind  unnütz  ;  der  Dumme  redet  nur  Albernheiten,  und 
die  Ärmel  ^z'^  yogi  (der  japanischen  "Zudecke,"  die  in  der  Form 
dem  Tageskleide  nachgeahmt  ist  und  daher  auch  Ärmel  hat), 
sind  überflüssig. 

43  r.     Geta  ni yake-miso .  Tlil-iüst^  Bohnensauce  auf  Holzschuhe 
(schütten  ?). 

Findet  sich  (vertauschbar  mit  gei  lua  jp.i  iüo  /asukeru)  unter 
den  48  Sprichwörtern  des  Iroha-garuta  Spieles,  ist  al:)er  sonst  kaum 
gebräuchlich  ;  daher  auch  über  den  S'nn  kein  genügender  Aufschluss 
zu  erhalten  war.  Vielkicht=e'.wa3  lecht  Dummes  thun  (vgl.  niüo 
tüo  tsiikcnt). 

432.  Gcta  wo  araii  to  mnc  gafnni.  fWsiVck.  J-  ^  pS^'I^'?  h   Wenn  man 

die  Holzschuhe  wä-^cht,  (um  auszuf^ehen),  so  regnet  es. 

433.  Givi  to fundoshi  tva  kakannu.  ©äfi^ll^h«  Seine  Schul- 

digkeit und  den  Lendengürtel  darf  man  nicht  bei  Seite 
setzen. 

Kakaroui,  hier  mit  "nicht  bei  Seite  setzen''  übersetzt,  bedeutet 
i)  es  nicht  daran  fehlen  lassen  (an  der  Pflichterfüllung);  2)  nicht 
umbinden,  weglassen  (den  Lendengürtel). 

434.  Givi  to  Jdtoiue  ga  nakcreha  donna  koto  de  mo  sannt.    ßS 

iK^^m^^mt€A.■fr^'<'l%i^Z  Wo  nicht  Pflichtgefühl 
und  Aufpasser  sind,  ist  alles  möglich  (ist  man  vor 
nichts  sicher). 

Oft  abgekürzt :  giri  to  hitome,  Pflichtgefühl  und  Beobachtung 
durch  andere. 

435.*   Gisliin  ajiki  ivo  sközu.   IS-'!l'32j3l.'V&T-    Ein  argwöhnisches 
Herz  bringt  einen  schwarzen  Teufel  hervor. 

Ein  argwöhnischer  Mensch  bildet  sich  leicht  Dinge  ein,  die 
gar  nicht  existiren. 

436.*  Giyü  %va  kötekiyori  kiken  nari.  ®Ä(t  £rSi  l  ^J  ^t^-C  'J  Falsche 
Freunde  .sind  gefährlicher  als  offene  Feinde. 

437.     Go  de  katsu  mono  tva  shogi  de  inakerii.    ^T'iif '5li"itJi'?^T' 
Ms   Wer  im   Go  gewinnt,  verliert  im  Schach. 
Go  Name  eines  Brettspiels, 


-     46     - 

438.  Gö  ni  Ute  wa gö  ni  shitagae!  ^ili^Ao-CU^ii:^-^  Wenn  du 

in  ein  (andere.-;)  Land  kommst,  so  richte  dich  nach  ihm! 

439.  Gohö  Jiodo  na  0  zvo  fulte  knru    'H^S'fitCJl^'ll'C^S     Einen 

Schwanz,    so    lang    wie    eine    K'eltenwurzel,    wedelnd 

kommen. 

Von  schmeichelndem,  kriechendem  Betragen. 

440.  GofiilxU  no  7icJn  ju  zvo  motte   saki  to    sn.   SM'?)ftÄ^£i'C 

5fc^iT     Unter    &<i\\    fünf    Lebensgütern     schätzt    man 
langes  Leben  am  höchsten. 

Die  fünf  Lel:;ensgüter  (^^r7////'/v)  sind  i.  langes  Leben  (7/.'^), 
2.  Reichthum  {fiikii  %),  3.  Gesundheit  [Jcbnci  ,iß^),  \-  Tugendü- 
bung {shükbtoku  pJJi;*;)  und  5.  glückliches  Lebensende  {rdshüiiiei 

441.  Gohei-l^atsiKji .  %'^^'^b'  Ein  Gohckx'i.'gtx. 

Ein  abergläubischer  Mensch.  GoJiei  sind  weisse,  zickzackförmig 
gesch.nittene  Papierstreifen  an  einem  Stabe,  ein  Symbol  der  Kami 
(Shintögotter). 

442.*  Gojippo  nigete  Jiyappo  zvo  zvaniuna!  3Ll-#ji'C'S"#^^^^*i 
Wenn  du  fünfzig  Schritte  wegläufst,  so  lache  nicht  über 
den,  der  hundert  Schritte  wegläuft 

443,*  Gojippo  zvo  motte  Jiyappo  zvo  zvaraii.  JL't^^^Jü'C'S'^^^^'' 
Selber  funf/i-j;-  Schritte  weglaufen  und  über  den,  der 
hundert  wet' läuft,  lachen. 

442  und  443  auch  in  der  abgekürzten  Form  gy'ippo  kyappo^ 
fünfzig  Schritte,  hundert  Schritte. 

444.  Gonia  zvo  sunt.  iÖJE^ff -S    Olsamen  reiben. 

Durch  Reiijen  der  Samenkörner  von  ^oma  (Sesamum  Orientale) 
eihalt  man  Ol  ;  in  bildlichem  Sinne  :  sich  bei  jemand  einschmei- 
cheln, den  Zwischenträger  machen,  klatschen  u.  dgl.  Daher  auch 
_^'-ö///(7.v,v/'/,  "  Olreiber,"  für  einen  solchen  Menschen. 

445.  Gomanic  mo  t.zvo  no  ioto-majin.  II  t  ^^.^^.al^J   Auch  der 

goniame  (Name  eines  sehr  kleinen  Fisches)  mischt  sich 
unter  die  grossen  Fische. 

446.  Gomaine  no  ha-gishiri.   l3il^(EI)5]l-y  L'J    Das  Zälineknir- 

schen  des  gomaine. 
Ohnmächtiger  Zorn. 


—     47     — 

447'     Gonihei  taue  maku,  karasu  ga  hofikunc.  W-^w,WS  <  >  .%t)-*|2.  ^ 

<  h  Gonibci  (bei  Bauern  und  anderen  niedrigen  Leuten 

liäufiger  Name)  streut  den  Samen,  der  Rabe  pickt  ihn  auf. 

448.  Gonibei  TardbcL  ^^kt^.kS^-^'ßM  Gombei  Taröbei. 

Zwei  "Vornamen"  (in  japanischen  Namen  steht  der  "Vor- 
name ''  JiUiier  dem  Familiennamen),  die  bei  den  niederen  Classen 
sehr  häufig  sind;  daher  ein  Ausdruck  für  "Plebs." 

449,  Go^>nld(ii!ie  ni  isunt.  M.M^hK'-'^  Ein  Kratiicli  auf  einem 

Keb.richtliaufen. 

Ein  grosser  ?»Iann  in  einer  seinen  Fähigkeiten  nicht  ent- 
sprechenden Stelhmg,  oder  im  Dienste  einer  schlechten  Sache  u.  dgl. 

450.*   Gougo-ilüdan.    slifli'f    Zerschneidung    der    Worte    des 
Weges  (der  Vernunft). 

Ein  Ausdruck  für:  ganz  unglaublich,  gar  nicht  zu  sagen,  "da 
hört  alles  auf." 

451.  Goryß  de  obi  tvo  halte  sawyd  de  kukerii.  JL^T^r^-S'^'CH 

MT<iTo  Zeug  zuni  obi  iür  fünf  Goldstücke  kaufen  und 
drei   Goldstücke  für  Näharbeit  ausgeben. 

Der  obi  besteht  bei  Frauen  aus  einem  fussbreiten,  aus  Seide 
gewebten  Gürtel,  der  über  der  Kleidung  getragen  und  hinten  in 
eine  grosse  abstehende  Schleife  gebunden  wird.  Sinn  :  die  durch 
eine  Sache  verursachten  Nebenkosten  steb.en  zu  ihrem  Werthe  in 
keinem  Verhältniss. 

452.  Gosho-dairl  no  koio  vio  Lrge  de  iü.i  in.   SPi^r^^K^'^  IF« 

TltSi-  lai  Geheimen  spricht  man  selbst  vun  den  Dingen 

des  kaiserlichen  Palastes. 

V\'enn  man  unter  sich  ist,  sagt  mnn  manches,  v.-as  man  öfientlich 
nicht  sagen  würde  ;  auch  in  dem  Sinne :  niemand  ist  vor  Nachrede 
sicher. 

453.  Go-s7ii7f/l  ni  körn  to  oya  no  shiniine  ni  acmi.  ^t^^iti^S 

^^OJEür-ii--^  Wer  sich  ins  Go-  oder  Schachspiel  zu 
sehr  vertieft,  kann  (sogar)  bei  der  Sterbestunde  der  Eltern 
nicht  zugegen  sein. 

454.*  Götan  wo  fnrnu.  S^'tMi-  Die  Haarspitze  schwingen. 
Den  Pinsel  führen,  d.h.  Schriftstellern. 


-     48     - 

455-     Goio-mai  ni  koshi   ivo    kagavicru.  S4>!i('SI4-3'*  ^    Für 
(ein  Gehalt  von)  fünf  Scheffel   Reis  verbeugt  man  sich. 
Für  weniger  nicht.    "Was  Brot  ich  esse,  des  Lied  ich  singe." 

456.  Go-iichi  ni  loki  nashi.  ^t  '^I-B^ML  Für  den  6'ö-spieler  ist 
die  Zeit  nicht  vorhanden. 

457'     Gitnin   ni  ton  zvä  nnicki.  iS.Al-fi^ltM^    Ein    Disput    mit 
■  Narren  ist  nutzlos. 

458.*  Giüiin  no  aai  tuo  vuisahoru  iva  Jn-tonmtisJii  no  shikzva 
ICO  amanz2tru  ga  gotoshl  MAOflt^Ä;^  (t?:K0^f4^lt1'-i-ö> 
%\  L  Das  Begehren  des  Dummen  nach  Reichlhum  ist 
dasselbe,  a's  wenn  er  die  Mette  um  ihren  Feuertod 
beneiden  wollte. 

459.*  Gtiuh'el  no  naka  no  ikkaku.  «^EI>^^''hO— S|  Ein  Kranich 
mitten  in  einer  Hühnerschaar. 

Der  einzige  tüchtige,  hervorragende  Mann  unter  lauter  unbedeu- 
tenden Collegen. 

460.*   GunslkO   ni  sJiür)ö   snru.    W^-'-'-W^'^  h     In    Bibliotheken 

waten  und  jagen. 

Sich  ganz  in  Büchern  vergraben. 

46t.*  Gusha  VW  Sanyo  ni  ittoku  ari.  jS'.S' If  fföl-— tü-^ 'J  Auch 
beim  Dummen  ist  unter  tausend  ]\Icinungen  eine  richtige. 

"Auch  eine  bünde  Henn2  findet  ein  Korn.''     Oft  abgekürzt: 
gusha  720  itiokii',  das  eine  Mal,  wo  der  Dumme  Recht  hat. 

462*  Gusha  ni  vio  ittoku  ari  iS.^"!- 1  ^^.^f ''J  Selbst  in  dem 
Dummen  steckt  eine  Tugend. 

463.*  Gwaliei  to  naru.  ^Wit^h   Zu  gemaltem  Kuchen  werden. 
"  Zu  Wasser  werden." 

464.     Gyö  zvo  viigaku.  il^§c  <  Den  Beruf  blank  machen  (poliren). 

Sich  in  einer  Fertigkeit  oder  Kunst  durch  fleissige  Uebung  ver- 
vollkommnen. 

465.*  Gijo-en  no  ri.  ^SS'^f'J  Der  Vortheil  v^on  Fisch  und  Salz. 

Der  Gewinn,  den  das  Meer  gewährt. 


—     49     — 

466.*  Gfjohusel^i-l^onL'ö.  iE^jl-vS  Das  Vermengen  von  Edel- 
steinen mit  gewölinlichen  Steinen. 

Kritiklose  Vermischung  ;  oder  ein  Zustand  der  Verwirrung. 

467.*  Gyösoku  sJiite  mint  (od.  matsii).  M/E  Lt.a2.(f5o)  Die 
Füsse  erhöhend  (d,  Ii.  auf  den  Zehenspitzen)  sehen  (od. 
warten). 

In  grosser  Spannung  se'n. 

468.*  Gyütö  Tl'c  motte  kci  wo  saku  ga  gotoku.  '^TJ^H'ClI^liJ  <  ^■>' 
itD  <  Als  ob  man  ein  Huhn  mit  einem  Ochsenmesser 
zerlegen  wollte. 

Wegen  einer  Kleinigkeit  grosse  Umstände  machen  ;  etwas  zu 
wichtig  nehmen. 


►  >>«<<< 


IIa  (Zahn). 

469.  Ha  ga  iikn.  ^^'r}^    Die  Zähne  schwimmen. 

Von  sauren  Sachen  stumpfe  Zähne  bekommen. 
Ha  (Flügel). 

470.  Ha  wo  kikasii  (od.    nobasii).  ^^fi^'t  (f^liirt)    Die  Flügel 

entfalten. 

Seine  Macht  geltend  machen,  die  Oberhand  haben. 

471.  Haha  -wo  kikasti{Q6.  suni).  ip5^f'J"f  ("f  «)  Breite  entfallen. 

Gleich  470. 

472.  Hahalzavi  ni  ynkn.  1f>'Ji:ff<    Nach  dem  zu  Scheuenden 


gehen. 


Ein  Bedürfniss  zu  verrichten  gehen  (nur  von  Frauen  gebrauchter 
Ausdruck). 


—     so    — 

473.  Hacliiböxu  ga  kouie  uo  koboshita  yö.  I*i^±^^'->fe  ^i-S  Lf: 

•^  9      Als  ob  der  Bettelmönch  (wörtl  :  "  Mönch  mit  der 
Schüssel" — worin  er  die  Gaben  sammelt)  den  (geschenk- 
ten) Reis  verschüttet  hat. 
Murren,  unzufrieden  sein. 

474.  HacJiiJü  110  initsiigo.    A'V^'Bro^-    Das  kleine  Kind  von 

achtzig  Jahren. 

475.  Hachijü    HO    toiarai.    A'Y'^^M     Das  Schreibenlernen  des 

Achtzigjährigen. 

476,*  Huchiku  HO  ikioi  nite.   ^'it'?>^l-'C    Mit  bambiispaltender 
Kraft. 

Mit  unwiderstehlicher  (jcwalt. 

477.  Hachinioji  luo  fiium.  A'X'^f^l'aV   Achten  treten. 

Beim  Gehen  die  Füsse  einwärts  setzen,  sodass  die  Fusspuren 
die  Form  des  Schriftzeichens  für  8  (A)  haben. 

478.  llada  lüo  nugii.  M^^>t<*  Sich  nackt  ausziehen. 

Sich  ernstlich  an  che  Arl^e't  machen. 

479.  Hadaka  de  döchu  im  dekinn.  ^f  Citfl'ltlh.^o    Man  kann 

nicht  nackend  reisen. 

Zum  Reisen  gehört  Geld.  Ebenso  auch  auf  andere  Dinge,  zu 
denen  Geld  nöthig  ist,  angewendet;  oft  in  der  Form:  hadaka  de 
dochii  ga  Jtai-jf  mono  ka ?  kann  man  denn  nackend  reisen? 

480.  ILae  ga  töshin  i^'o   motta  yö   in   niocliiagundc  ii-ii.   il"5-''^iC> 

4■J$■o^:ttl:|^fg^TK•5  Einer  Sache  so  überdrüssig  sein 
wie  eine  Fliege  des  (brennenden)  Lampendcchts  (von 
dem  sie  nicht  wieder  loskommen  kann). 

481.  Hae  ga  töshin  zi'o  tsnkau  yö.  ti-5'^.C«^f!lU>'P  5     Als  ob  die 

Fliege  den  Lampendocht  bearbeitet  (um  sich  los- 
zumachen). 

482.  Ha-gayui   yö.    iSif^v^v  5     Als    ob    einem    die     Zähne 

jucken. 

Eine  Sache  kaum  noch  länger  mit  ansehen  können ;  mit 
Mühe  an  sich  halten. 


—     51     — 

Hai  (Ascbe). 

483.  Hai  110  naka  i^<o  ariiku yd.  Fc^l'-V^  <  -^  9  Als  ob  man  durch 

Asche  watete. 

Von  einem  sehr  sandigen  Wege ;  ohne  sonstige  Bedeutung. 

H.al  (Trinkschale). 

484.  Hai  tvo  katamiikeni.  S^M'>T  h    Die  Trinkschale   neigen. 

Sake  trinken. 

485.*  Haifa  ii.'o  ayatoasu.    ÄlM^iHT    Lunge    und    Eingeweide 
zeigen. 

Sein  Innerstes  enthüllen. 

486.  HaifaM  e  noseta  käme  110  ko  no yö.  B^nJc-^Sctf  f'-^O^Ov^ 

Wie  eine  junge  Schildkröte,  die  man  auf  einen  Asch- 
becher (d.i.  ein  hohles  Bambusrohr)  gesetzt  hat. 

Sie    kann    zwar   ihre  Beine  Ijewegen,  kommt  aber  nicht  vom 
Fleck. 

487.  Haifiiki  karaja  ga  dcta.WX'^^h^'^''ÄV-.  Aus  dem  Bambus-^ 

Aschbecher  ist  eine  grosse  Schlange  herausgekommen. 

Bei  erstaunlichen  BegelDenheiten  ;  auch,  wenn  Jemand  sehr  lügt. 

Haihan  (Rückenschweiss). 

488.*  Haikan  niitaru.  1l?T-i*MX  Bis  zum  Schwitzen  des  Rückens. 
Tiefe    Beschämung    fühlen  ;    eine    Redensart,    die   oft  nur  die 
Bedeutung  einer  höflichen  Ablehnung  hat. 

489.*  Haikaiirinnntari.'HW'M'^V^'')  Der  Rückenschweiss  tröpfelt. 
Gleich  48  8. 

-ßrrr«Ä.YfH.  (Lunge  und  Leber). 

490.*  Haikan  ivo  kiidahi.  Mfff  ^5?  <  Lunge  und  Leber  zerbrechen. 
"Sich  den  Kopfzerbrechen." 

491.  Haji  no  nicannri  ivo  sunt,  ffit'^l^^'f  h   Die  Schande  noch 

einmal  anstreichen  (od.  lackiren). 

Seine  Schande    oder    seinen    schlechten  Ruf  durch  eine  neue 
schlechte  That  noch  vergrössern. 

492.  Haß  ZOO  sosogu.  Vi^^M\    Einen  Schimpf  abwaschen. 

493.  Hajinie  areba  ozcari  ari.  ^^Hltl^fc";    Wo    ein    Anfang 

ist,  ist  auch  ein  Ende.- 


—     52     — 

494.  HaK'tiha  iio  inu  de  hito  tvo  kuu.  ll'S'5:^vTA^:&^>  Der  Hund 

des  Kirchhofs  frisst  Menschen. 

Ein  arbeitsscheuer,  lasterhafter  Mensch  wird  schhesslich  durch 
die  Noth  gedr;in;4t  zu  Ruchlosigkeiten  übergehen,  v.ie  ein  müssiger 
Hund  auf  dem  Kirchhof  vor  Hunger  sogar  Leichen  frisst  {de=^de  aite, 
indem  ist), 

495.  MakavUjoto  wa  initsn  naru  besJii.  IX#II^^£  h^l.  Was  man 

plant,  muss  man  c^eheim  halten. 

496.  JUtal^e  de  Idita yö.  il]^Tb'I>'"f:|5^  Wie  mit  dem  Bürstcnpinsel 

gezogen. 

z.  B.  von  einem  l^reiten,  dunkeln  Wolkenstreifcn. 

497.  MaUidainc  120  tsuru.  ^\^<^%%  Ein  Kranich  auf  einem  Keh- 

riclithaufen. 

S.  449. 

498.  JlaLA'ö   no    viura    ni   vio    cJmsJnn  ari.  APOtifl- i.S>S^'J 

Selbst  in  einem  Dorfe  von  acht  Einwohnern  findet  sich 
ein  Patriot. 
499.*  IlaMvU  geki  %vo  siigiim  ga  gotoku.   ÖlsJFl^M^ti^ln  <    Wie 
ein  weisses  Fohlen,  das  an  der  Lücke  (im  Zaun)  vor- 
beiläuft. 

Man  sieht  es  nur  einen  Au'^enblick  ;  ebenso  rasch  vergeht  die 
Zeit.  Daher  auch  :  Iiima  110  konia,  das  Fohlen  der  Lücke  ;  ein 
Ausdruck  für  :  das  Eilen  der  Zeit. 

500.  llako-irl-inusunie,  IhA'JM  Ein  in  einem  Kasten  ver- 

wahrtes Mädchen. 

Ein  sorgsam  gehütetes  Mädchen,  ein  Mädchen  aus  gutem  Hause. 
Auch  :  o-Jiako-iuusiiine. 

501.  Hctn'onc  hachi-ri  zva  nma  de  vio  kosu.  fafSAEIt.HT  tM^f 

Selbst    die    acht    Ri  des    Hakone-Passes   überschreitet 
man  zu  Pferde. 

Aus  einem  Volksliede,  das  vollständig  lautet :  Hakane  hachi-ri 
iva  ttma  de  nio  kosu  ga,  kosi/  ni  kosarcnu  koi  110  michi :  Selbst 
die  acht  Ri  des  Hakone-Passes  überschreitet  man  zu  Pferde, 
aber  den  Weg  der  Liel^e  kann  man  nicht  (bis  zu  Ende)  zurücklegen 
(über  die  Liebe  kommt  man  nicht  hinweg). 
502*  HaUuchu  wo  sadameni.  fÖft^S>6i  E^ntscheiden,  wer  der 
ältere  und  wer  der  jüngere  Bruder  ist. 

Entscheiden,  was  von  zwei  Dingen  besser  ist. 


503.*  JIa7,'ii7ij/ö  luo  fnuiu  ga  gotoku.  S^Mat^^'i^K   Wie  wenn 
man  auf  dünnes  Eis  tritt. 

Sehr  behutsam  vorgehen,  da  man  sich  auf  einem  gefährlichen 
Gebiete  bewegt;  ein  heikles  Thema  berühren  etc.  Vgl.  unser  "wie 
auf  Eiern  gehen." 

504.*  Mctkuinen-sliosei.    ÖSiö4.    Ein    Student  mit    weissem 
Gesicht. 

Ein  unerfahrener  junger  Mann. 

505.*  MaLuren  tökcn   sunc   no  gotoku.    Öt1MET^©in<     Wie 
wenn  weisse  Seide  niederhängt. 
Von  einem  Wasserfall. 

506.*  Hakusen  tökeu  suru  710  gotoku.   Ö^fftMto0i(n<    Wie  ein 
umgekehrt  hängender  weisser  Fächer. 

Ein  besonders  für  den  (im  Winter)  schneebedeckten  Gipfel  des 
Fujisan  gebrauchter  Vergleich. 

507.*  Makiva  no    toshi.  5S0;€>¥  Das  Jahr  der   sich  spaltenden 

Melone. 

Das  Alter  von  16  Jahren  (bei  Mädchen). 

508.  Mania  no  isago  (od.   viasago)  no  yd.  M^^^W.  Wie  Sand 

am   ]\Ieeresstrande  (so  zahh-eicli). 

509.  Hania  no  inatsu-kazc,    'B.^"^^    Der  Wind  in  den  Kiefern 

am  Strande. 

Dinge,  die  bedeutungslos  sind,  auf  die  niemand  achtet. 
5  10.     Maino  nio  ichigo,  ebi  mo  ichigo.  Wh  (.  —^-i  ^^  \>  — 1^  Sowohl 
der  Seeaal  als  der  Krebs   haben    (nicht  mehr  als)    ein 
Leben. 

Jeder,  der  Grosse,  Mächtige  so  gut  wie  der  Kleine,  Geringe 
muss  einmal  sterben. 

Hana  (Nase). 

511.  Hana  ga  aku.  #-ö^*M  <    Die  Nase  steht  offen. 

Sehr  erstaunt  sein,  ein  verdutztes  Gesicht  machen. 

512.  Hana  ga  takai.  #t)^"iftir^   Die  Nase  ist  hoch. 

"  Hochnäsig  sein." 


—     54    — 

513.  Hana    kara    shircni.    ^'^"h^^h    Schon    durch   die    Nase 

wissen  können. 

Leicht  zu  merken  sein ;  es  jemand  "  schon  an  der  Nase 
ansehen." 

514.  Hana  kara  sJdreni  imt  to  sani.  $i''^"h^\\'h-^t^  Der  schon 

mit  der  Nase  zu  merkende  Hund  und  Affe. 

Hund  und  Affe  sind  in  Japan  als  P'einde  ebenso  sprichwörtlich 
wie  bei  uns  Hund  und  Katze.  Eine  Feindschaft,  die  auch  ein 
Dritter,  Unbetheiligter  leicht  merkt. 

515.  Hana  ni  kakeru.  ^V-^^lh   An  die  Nase  hängen. 

Sich  mit  etwas  brüsten. 

516.  Hana  no  sJiita  li'o  nagakii  snni.  ^-OT4-:^<"f^   Die  Ober- 

lippe lang  machen. 

Etwas  gern  haben  wollen,  danach  lüstern  sein. 

517.  Hana  wo  akasu.  ^-^l^^'T  (Jemand)  die  Nase  aufmachen. 

Jemand  in  Erstaunen  setzen,  ihn  aus  der  Fassung  bringen. 

518.  Hana  i^'o  hishign.  :^'-^ti<*  (Jemand)  die  Nase  zerdrücken. 

Jemand  demüthigen,  ihm  den  Hochmuth  legen. 

519.  Hana  z^'o  orn.  Ä-'^lfS    (Jemand)  die  Nase  brechen. 

Gleich  518. 

520.  Hana  ico  shikantern.  ^'h%.^h   Die  Nase  runzeln. 

Gleich  unserm  "  die  Nase  rümpfen." 

521.  Hana  ivo  takavieru.  #^1^*^^    Die  Nase  hochtragen. 

Dieselbe  Bedeutung  wie  im  Deutschen. 

522.  Hana  wo  fsuku.  #-4*^<    Sich  die  Nase  stossen. 

Mit  etwas  kein  Glück  halben  ;  schlechte  Erfahrungen  machen  ; 
"sich  die  Finger  verbrennen.'' 

523.  Hana  zvo  tsninamarerii  yö.    #^^i^  v  ^ -5     Als    ob  einem 

die  Nase  zugehalten  würde. 

Bezeichnet  grosse  Finsterniss  ;  "  so  dunkel,  dass  man  nicht  die 
Hand  vor  Augen  sehen  kann." 

524.  Hana  %vo  tsnnmnde  nigedas7i  yd.  #^l[§^T^^h"f -^9    Sodass 

man  die  Nase  zuhaltend  davonlaufen  möchte. 

Etwas  kaum  länger  mit  anhören,  kaum  k'inger  ertragen  kön- 
nen ;  vgl.  unser  "  es  ist  zum  Davonlaufen." 


—    55    — 

Ha  na  (Blume). 

525.  Hana  ga  chini.  Tfc-ö^'fts   Die  Blume  entblättert  sich. 

Die  Schönheit  einer  Frau  beginnt  abzunehmen. 

526.  Hana  ni  nrasJd  no  sazcari  ari.    ttl-l^'^F^ft  "J    Die   Blumen 

haben  den   Sturm  zum  Feinde. 

527.  Hana  no  o-Edo.  iftOifJlP   Das  blumenreiche  Edo. 

528.  Hana    %va  hankai,  sake  zva  büui.    -ft  It  ^  5^.  ?S  It  ^^    Bei 

Blumen  (sind)  die  erst  halberblühten,   beim  Weine  ein 
nur  leichtes  Angeheitertsein  (am  angenehmsten). 

529.  Hana  zva  ne  ni  kaeru.  itltlfil-^^  Die  Blume  kehrt  wieder 

zur  Wurzel  zurück. 

Sagt  man,  wenn  etwas  in  seinen  alten  Zustand  zurückkehrt, 
7.  B.  wenn  ein  durch  Zufall  reich  Gewordener  wieder  arm  wird. 
"  Art  lässt  nicht  von  Art  "  ;  "  Wo  Wasser  war,  kommt  Wasser 
wieder." 

530.  Hana  zva  sakura  (jii)  Iiito  zva  biishi.  ?b(I®l-A(lSt±  Unter 

Blumen  die  Kirschblüthe,  unter  Menschen  der  Krieger. 

Was  unter  Blumen  die  Kirschblüthe,  ist  unter  .Menschen  der 
Krieger  ;  beide  sind  die  vornehmsten  ihrer  Art, 

531.  Hana  yori  dango.  iti  ^HT-  Klösse  sind  besser  als  Blumen. 

532.  Haiiage  ga  nagai.  #€-ö^';giv-  Die  Nasenhaare  sind  lang. 

\"on  jemand,  der  sich  alles  gefallen  lässt  (besonders  von 
Weibern). 

533.  Hanage  zvo  nnkareru.  #-^^föti'H4    An   den  Nasenhaaren 

gerupft  werden. 

In  scherzhafter  Weise  angegriffen,  oder  zum  Narren  gehalten 
werden  (besonders  von  einem  Mädchen). 

534.  Hanage  zvo  nobasu.  M-^^^'f  Die  Nasenhaare  lang  machen. 

Hinter  einem  Mädchen  sehr  her  sein. 

535.  Hanage  zvo    nukn.    #€4-fö<     Die    Haare    aus    der    Nase 

ziehen. 

Jemand  zum  Narren  haben. 

536.  Hanage  zvo  yomareru.  ä-^f^W.iiini   Sich    die    Nasenhaare 

zählen  lassen. 

Betrogen  oder  zum  Narren  gehalten  werden. 


-     56    - 

537-     Hanage  xvo  yoinn.  $;''%^%\J  Die  Nasenhaare  zählen. 
Wie  535. 

538.  IIunailH  zvo  kagii.  Ä-i.^^l^C  Den  Nasenathem  beriechen. 

Jemand  sehr  genau  beobachten. 

539.  Hanashi  hamlmn  ni  klke  !  15  L4^5M-r^'J   Vom  Erzählten 

liöre  (glaube)  nur  die  Hälfte  ! 

540.  HanasJti  110  incijin    zua   11  so  no  mcijin.    öJit^O-«  Alt,^W5-^  A 

Wer  gut  reden  kann,  kann  auch   gut  lügen. 

541.  HanasJd  zvo  otosii.  IS^j^T   Eine  Geschichte  fallen  lassen. 

Eine  (scherzhafte)  Geschichte  plötzlich  (laniit  abbrechen,  dass 
man  mit  Hilfe  eines  unerwarteten  Wortspiels  die  Weitererzählung 
für  unmöglich  erklärt. 

542.  Ilanaxoine  no  ntsuroi-yasiiki  hito-gokoro.  itffe'^n^J^^B^A'il» 

Das  Men5:chcnherz,  das  so  veränderlich  ist  wie  ein  mit 
Blumensaft  gefärbtes  Kleid. 

543.*  Handö  (od.  hanrOf  od.  hanto)  de  koto  zi^'o  jwnu.  ^"^.i^ 

"th  ^i^it)  T#^itü  Auf  halbem  Wege  die  Sache  einstellen. 
Eine  Sache  nicht  zu  Ende  führen. 

544.  Mane  ga  hacte  tobu  yd.  ^i?^*^l'C?i^i^^ -5    Rennen,  als  ob 

einem  Flügel  gewachsen  wären. 

545.  Hanjö  no  chi  ni  zoa  kusa  hae.zu.    ^liOiiki*  It^^lT    An 

einem  verkehrsreichen  Orte  wächst  kein   Gras. 

546.*     Manslii  hamhö.  ^?E^4  Halbtodt,  halblebendig. 

Gleich  unserm  "  halbtodt "  (vor  Ermüdung,  vor  Hunger  u.  s.  w.) 

547.*  Hanshö  no  aida,  JK^<?)Fb1  Im  Handumdrehen. 

Gleich  dem  deutschen  Ausdruck. 

548.  HanshoKa  daijin.  ■^ÄAE    Ein   Minister,  der  (nur)  (mit 

den  andern)  zusammen  isst. 

Ein  unfähiger  Minister  ;  einer,  der  nur  Strohmann  ist.     Ebenso 
JiiDisIioku  saisJiö  (j^^^tg),  ein  ebensolcher   Premierminister. 

Jlava  de  zvarau  :  s.  Hara  no  ucJd. 

549.  Hara  c  haini.  M.'^M.K^   In  den  Bauch  hineingehen. 

Verstehen,  begreifen. 


—     57     — 

550.  Hara  ga  im.  ßS^^'o'-i'  Die  Bäuche  stimmen  überein. 

Derselben  Ansicht  sein. 

551.  Hara  ga  heni.  5St>%5.  ^    Der  Bauch  wird  klein. 

Hungrig  werden. 

552.  Hara  (od.  o-naka)  ga  siiUa  toki  ni  inesJii   wo   kittta  yd  na 

ivake  ni  ikanai.  B.^'^  ^.^^U  m'-  Wl^  -k^V-  Wi  Ui-  ^^^^^U^^ 
Es  geht  nicht  so  (Icich.t),   a's  ob  man  isst,  wenn   man 
Hunfjer  hat. 
Die  Sache  ist  nicht  so  einfach,  geht  nicht  so  schnell. 

553.  Hara  ga  iatsu.  5S"5^'J£<>  Der  Baucli  steht  auf. 

Zornig  werden. 

554.  Hara  ga  tcaruL  fl5'5^',^;v^  Der  Bauch  ist  schlecht. 

Einen  schlechten   Charakter  haben. 

555.  Hara  vio  vii  no  zicJii.  EStiÄi^i^  Auch    der   jNIagen  gehört 

zum  Körper. 

Wenn  man  zum  Essen  über  Gebühr  genöthigt  wird  ;  man  soll 
an  den  Magen  keine  unvernünftigen  Anforderungen  stellen. 

556.  Hara  ni  int.   ßll-AS    In  den  Bauch  hineingehen. 

Einem  gefallen. 

557.  Hara  ni  omoii.  Hi-iS^-  Im  Bauche  denken. 

Bei  sich,  im  Innern  denken. 

558.  Hara  ni  osanicru.  Kl-^*^>^    Im  Bauche  aufbewahren. 

Sich  etwas  für  später  merken  ;  Hintergedanken  haben. 

559.  Hara  no  fuioi  mono,  '^^-k.'^^^    Ein    Mensch    mit   dickem 

Bauche. 

Grossherzig,  nicht  kleinlich. 

560.  Hara  no  icnai  mono.    H'D^'^sfi^^    Einer,    dessen    Bauch 

(Gemüth)  nicht  heilt. 

Ein  Mensch  von  nachtragendem,  rachsüchtigem  Charakter. 

561.  Hara  no  kawa  ga  yoreru.  ^OÄi3^BHS  (Lachen,  dass)  der 

Bauch  sich  in  Falten  legt. 

562.  Hara  no  nai  mono.  ^^M.^^^  Ein  Mensch  ohne  Bauch. 

Ein  kleinlicher,  ängstlicher  ^Mensch. 


-     58    - 

563.  Ilara  no  ökii  luoiio.  KOictr»^-    Ein    Mensch    mit  grossem 

Bauche  (Gemüthe). 
Wie  559. 

564.  Ilara  no  uchi  de  %vara7i.  BS'^tt'T^i-  Im  Bauche  lachen. 

Sich  innerlich  freuen,  "sich  ins  Fäustchen  lachen".  Auch 
hara  de  zcaran,  mit  dem  Bauche   lachen. 

565.  Ilara  zva  karimono.  IMltfa  "J't^  Der  Bauch  ist  (nur)  geliehen. 

Hara,  "Bauch",  steht  hier  für  "Mutter";  der  illegitime  Sohn 
eines  vornehmen  Mannes  wird  als  vornehm  betrachtet,  wenn  die 
Mutter  auch  \on  niederem  Stande  ist;  die  Abstammung  vom 
Vater,  nicht  von  der  Mutter,  entscheidet. 

566.  Hara  zvo  kojasii.  BÄ^'^T   Seinen  Bauch  mästen. 

Für  seinen  eigenen  \'ortheil  sorgen ;  sich  bereichern. 

567.  Hara  zvo  sagurii.  .^^i?ß?Ä    Den  Bauch  befühlen. 

Jemand  ausholen,  seine  Gesinnung  erforschen. 

568.  Hara   ivo    suete    kotaeru.    IS44'I'^"C^'^X      Mit     gesetztem 

Bauche  antworten. 

Eine  gefasste,  wohlüberlegte  Antwort  geben. 

569.  Hara  zvo  taterit.  fiS^'Ä'C  h    Den  Bauch  aufrichten. 

Gleich  553. 

570.  Hara  zvo  yont,  M4-KS5   Den  Bauch  falten. 

Gleich   561. 

571.  Ilarasuji  zvo  yorn.  lä.Wi-'^h   Die  Bauch linien  falten. 

Gleich  561. 

572.  Ilava-tsn^^inni  zvo  Jitsti.    ^Wi-tSo     Die  Bauchtrommel 

schlagen. 

Sich  auf  den  Bauch  klopfen ;  sehr  zufrieden  sein. 

573.  Marawafa    zvo    sJäboru.    "W^Wth    Die    Eingeweide   aus- 

drücken. 

Sehr  zornig  sein. 

574.  Harazvata  zvo    taisn.    %hM\^    Sich    die    Eingeweide    zer- 

schneiden. 

Sich  sehr  grämen. 


—    59     - 

575.     Hareiuono  e  sawani  yö.  M.^'-^^h^  i   Als  ob  man  eine 

Geschwulst  berührt. 

"Einen  wunden  Punkt  berühren";  oft  auch  nur  in  der  Be- 
deutung: etwas  sehr  behutsam  anfassen,  wie  z.  B.  ein  kostbares 
Kunstwerk. 

576.*  Ha  vi  arai^areba  ito  ivo  hikazii,  mhn  nakereba  fiine  zvo 
zvatasazu.  lt^5"nit'M^^h't-,  7hMnitlß4^üSf  S  t"  Wo  keine 
Nadel  ist,  zieht  man  keinen  Faden  (näht  man  nicht), 
wo  kein   Wasser  ist,  setzt  man  kein  Schiff  über. 

577.  Hari  de  cid  zvo  sasii  yö.  IfCiÄ^-l'Jt^ -3     Als    ob  man  mit 

einer  Nadel  in  die  Erde  stäche. 

Keine  Wirkung  haben,  nutzlos  sein;  oft  gleich  "  in  den  Wind 
reden." 

578.  Hati    hcdo    no    kcto    ivo    bö  liodo  ni  in.  Itfii^-^^^-^ISl-^^' 

Von  einer  Sache,  die  so  gross  wie  eine  Nadel  ist, 
sprechen,  als  ob  sie  so  gross  wäre  wie  ein  Pfahl  (oder: 
von  einer  Nadel  wie  von  einem  Pfahle  sprechen). 

Übertreiben;  "aus  einer  Mücke  einen  Elephanten  machen ''. 

579.  Hari  no  ana  kara  bö  no  yö  na  kazc  ga  töru.  It^^xt^'  ?>#?> 

t*^<CMt)''ilS   Aus  dem    Nadelöhr    kommt    ein    Zugwind 

wie  ein  Pfahl. 

Kleinigkeiten  können  einem  grossen  Verdruss  bereiten. 

580.  Hari  no  ana  kara  ten  (zco)    nozokn.  it?>/t^' ?)??4'fllü<    Den 

Himmel  durch  ein   Nadelöhr  betrachten. 


Einen  sehr  l^eschränkten  Masstab  anlegen.  \'on  dieser  Re- 
densart gicbt  es  viele  \^arianten,  z.  B.  kagi  no  ana  kara  ten  nozokii, 
den  Himmel  durch  ein  Schlüsselloch  ansehen;  kuda  no  ana  kara 
(od.  take  no  kuda  kara)  ten  nozoku,  den  Himmel  durch  ein  Rohr 
(od.  durch  ein  Bambusrohr)  betrachten ;  yosJii  no  ziii  kara  ten 
nozoku,  durch  das  Hohle  eines  Schilfrohres  u.  dgl.  mehr. 

581.  Hari  no  imisJdro  e  smvarn  yö.  ^'^M'^^h'^ -,  Wie  auf  einer 

Matte  voller  Nadeln  sitzen. 
"Wie  auf  Kohlen  sitzen." 

582.  HariKo  no  Dannna.  SIÜ?)^^  Ein  Dharma  aus    Papier- 

mache. 


—     6o     — 

So  heisst  ein  Spielzeug,  das  unserm  "  Stehauf"  entspricht 
(jap.  oki-agari)  und  die  Gestalt  des  indischen  Heiligen  Dharma: 
einer  sitzenden  Figur  ohne  Füsse,  hat.  Von  jemand,  der  trotz 
vieler  Schicksalsschläge  immer  wieder  emporkommt ;  der  gleich 
einer  Katze  "  immer  auf  die  Füsse  fällt ''. 

583.  Ilaru  aki  iil  ioniu.  'W^\\-'^\J  An  Frülilingen  und  Herbsten 

reich  sein. 

Noch  jung  sein,  noch  ein  langes  Leben  vor  sich  haben. 

584.  Iluscinii  to  Jükdnin  wa  ts2ikai-yd  ni  yorii.   ^i^i^AHi^D^ 

tll-ÄS    ]ici  Scheren  und  Dienstboten  kommt  es  darauf 
an,   wie  man  sie  behandelt. 

Hashi  (Brücke). 

585.  Hashi  naki  ogazua  zva  wataransu.  ^lM^4^JlIi<^  ?)!Tr   Man 

kann    (selbst)    über    einen    Bach    nicht    ohne    Brücke 
kommen. 

Mashl  (Esstäbchen). 

586.  Hasld  de  vicsJii-jazvan  zuo  tatahi  to  gaki  ga  hiru.  ^TiS^^ 

^Pn<  t^5i-ö^'^S   Wenn  man    mit    den    Esstäbchen    auf 
die   Reisschale  klopft,  kommt  ein  hungriger  Teufel. 
Sagt  man  zu  Kindern,  um  ihnen  diese  Unart  abzugewöhnen. 

587.  IlasJii  vio  viotauu  mani-yake.   i?  ll$T:w^ti    Eine    Feuers- 

brunst, bei  der  man  nicht  einmal  die  Esstäbchen  behält. 
Ein  Feuer,  das  nichts  verschont,  das  nicht  einmal  die  Esstäbchen 
übrig  lässt. 

588.  Hashi  ni  vio  bo  ni  vio  kakaranu.  ^1-  l#l'  U^?)W   Man  kann 

(ihm)  weder  mit  Esstäbchen  noch  mit  Knütteln  beikom- 
men. 

Er  lässt  sich  weder  durch  feine  noch  durch  grobe  Kunstgriffe 
fangen.     "  Mit  allen  Hunden  gehetzt  sein.'' 

589.  Hashi  HO  age-oroshi  ni  in.  ^<^^^1U  Li:i"^>  Über  das  Auf- 

nehmen und   Niederlegen  der  Esstäbchen  reden. 

Fortwährend  etwas  zu  tadeln  finden,  wie  z.  B.  manche  Stief- 
mutter ihren  Stiefkindern  gegenüber. 

590.  Hashi  no  taoreta  ni   ino    odorokn.    ^Ofil^Lt:!!  {.||<     Sogar 

über  das  Umfallen  der  Esstäbchen  erschrecken. 


—     6i     — 

591.  HasJii  1V0  tezvatasJd  ni  suni  to  naka  ga  zvariihi  nam.  ^^ 

^i}k\- -t  bi  ^'ü-'M iUZ  Wenn  man  jemand  die  Esstäbchen 
mit  den   Händen  überreicht,  so   giebt  es  Feindschaft. 

Man  soll  sie  auf  einem  kleinen  Präsentirteller  überreichen. 
Eine  der  vielen  in  volksthümlich  fassliche  Form  eingekleideten 
Regeln  der  Schicklich]:eit,  Höflichkeit  u.  dgl. 

592.  llashii'i-uv.ia  ga  kuso  xvo  tarcrit  yd.  ßä^J  .sr.-ö^'Jä^i-^S^ -5 

Wie  wenn  ein  rennendes  Pferd  Mist  fallen  lässt. 
Spöttisch  von  einem  ungeschickten  Läufer. 

593.  HasliU'ii  wna  in  iiutcid.  f%.h%\'-\%.  Dem  rennenden  Pferde 

die  Peitsche. 

Die  äussersten  Anstrengungen  machen,  um  et'.vas  zu  erreichen. 

594.  Mata-ivo.  /iftS  P'ahnenfarbe. 

Die  Aussicht  auf  Sieg  (in  einer  Schlacht). 

Hatalxe  atte :  s.  Incclii  atte. 

595.  Hatake  ni  Jiamagini  i^o  vwtoimrnt,    ^l-iu^'-r;^    Auf  dem 

Felde  nach  Musclieln  suchen. 

596.  Jiatal:e-siiiven.  S];JvM  Auf  trocknem  Lande  schwimmen 

lernen. 

Etwas  unpraktisch  anfangen.  Auch  :  auf  trocknem  Lande 
schwimmen  ;  dann  mit  der  Bedeutung  :  sich  unnütze  Mühe  machen. 

597.  Hato  ga  viamc-deppö   wo    kumita  yö.    \i,^' UMM'^^'^V-'^  ^ 

Wie  eine  Taube,  die  von  der  Erbsenfiinte  getroffen  ist. 
Ein  sehr  bestürztes  Gesicht  machen. 

598.*  Hato  ni  sansh.i  no  rci  ari,  karasit  ni  havibo  no  ko  ari.  /'.Il- 
HfeOfg^'J,  ;^i:i^iiic7)#fevj  Die  Taube  hat  die  Höflich- 
keit des  dritten  Astes  (sich  drei  Äste  tiefer  zu  setzen 
als  ihre  Eltern),  der  Rabe  hat  die  kindliche  Tugend, 
(den  Eltern)  die  Nahrung  zu  vergelten. 

599.     Ilatsuiuo}io  ivo  kuu  to  sJiichiju-go-nicJä  iki-nobiru.    l!j4^4* 

'kl^t.^i'Y^'^^^h    Wenn  man  das  Neueste  der  Saison 

isst,  lebt  man  75  Tage  länger. 

Scherzhafte  Redensart,  um  die  kostspielige  \'or!iebe  für  hatsu- 
mono  (die  ersten  Früchte,  Gemüse  etc.  der  Jahreszeit)  zu  ent- 
schuldigen. 


—      62      — 

6oo.  Hatte  uio  kurouiamc.  llo-ct.'riS  Selbst  wenn  man  (ihn) 
schlägt,  (sagt  er,  es  sei)  eine  schwarze  Bohne. 

Von  jemand,  der  nicht  zugeben  will,  dass  er  sich  geirrt,  oder 
dass  er  l"nrecht  gehabt  hat. 

6oi.  Jlattengii  i^'o  hataraku.  K^W^e^lK  Arbeiten  wie  acht 
Tengu. 

"Arbeiten    wie    ein    Pferd."      Die    Erklärung    von    Tengu    s. 
daselbst. 

602.  Half  ahn,  obocru  mono  wa  hayaku  zvasurcrii.  •?<ÄÜ^iI 

-?-</"Sn;ö   Wer  schnell  lernt,  vergisst  auch  schnell. 

603.  llaijaranu,    mise    wa    takai.    Wii^r  f)W/5lJ^t'    Ein  wenig 

besuchter  Laden  ist  theuer. 

604.  Haijavlrnono  %va  sutarcm.  wS^f^it^ns    Was  Mode  ist, 

kommt  auch  wieder  aus  der  Mode. 

605.  Haxe  wa  tonde  vio  ichldai,    7inagi  ica  noinette  ino  icJiidai. 

vi-^^ltJÜ^Tl-fi,  Kill  (D  *?>;>' -C  l-'f^  Obgleich  die  Meer- 

grundel  immer  Sprünge  macht,  und  der  Aal  sich  immer 

gleitend  bewegt,  haben  beide  doch  (nur)  ein  Leben. 

OI3  man  sich  das  Leben  schwer  oder  leicht  macht  —  der  Tod 
macht  schliesshch  alles  gleich. 

606.  He  hitotsu  wa  kusurl  sevibiiku  ni  atani.  jK-ollÜTSßl-'efS 

Väw   Wind  (crepitus)    ist    so    gut   wie  tausend  Arznei- 
dosen. 

607.  }Ie  züo  kitte  shiri  ivo  tmbomcni.  i£  4=:5X -^ 'C  K  ^-iß)*^  3    Den 

Hintern  zusammenziehen,  wenn  man  den  Wind  gelassen 
hat. 

Eine  Sache  ändern  wollen,  wenn  es  zu    spät    ist.  "  Wenn  das 
Kind  in  d:n  Brunnen  gefallen  ist,  deckt  man  den  Brunnen  zu." 

60S.*  Hehl  ni  ashi  nashi,  nioo  ni  niinii  nashi.  ifEl-zSM  ( ,  %\'-%%L 
Die  Schlange  hat  keine  Füsse,  der  Fisch  hat  keine 
Ohren. 

Trotzdem  können  sie  doch  gehen  resp.  hören ;  man  muss  mit 
seinem  Urtheil  nicht  voreilig  sein. 


-     63     - 

609.  Hehi  imna-magari  inagattc  iiw,    zvagami    no    magatta  koto 

wo  shimmt.  !lrS'l:ffl''J  ffl-C  UüHOffit:  :  i  4-^11  f>w  Wenn  die 
Schlange  sich  auch  siebenmal  windet,  so  weiss  sie  doch 
nichts  von  ihrem  Gewundensein. 

Jeder,  auch  der  Schlechteste,  hält  sich  für  fehle;  frei. 

610.  Ilcbi  ni  kaniarcta  viono  iva  kuchinazva  ni  ojinc.  iCElti®  ilaf: 

^iti^JUCi^CS  Wer  von  einer  Schlange  gebissen  wor- 
den ist,  fürchtet  sich  vor  einem  faulen  Strick. 

Kuchhiaiua,  früher  ein  Euphemismus  für  "  Schlange  ",  ist  hier 
in  seiner  eigentlichen  Bedeutung  "  verfaulter  Strick ''  gebraucht. 

611.*  Hein  no  c  ni  asJd  ivo  son.  SrE'^^l-SL^i-J^.-S-    Dem    Bilde  der 

Schlange  Füsse  hinzufügen. 

Etwas  Unnöthiges,  ganz  Ui^crflüssiges    thun  ;    eine  Sache  ver- 
bal Ihornisircn. 

612.  Hcbi  no  nania-gorosJn  no  yo  na  kokoroniocJii  z^'O  sunt.    §fE'?> 

^i5LO^^;.i:^ii4--ra  Sich  wie  eine  halbtodt  geschlagene 
Schlange  fühlen. 

Ein  Gefühl  grosser  Kränkung   empfmden. 

613.  Hcbi  no  n.inia-gorosJii  no  yd  na  nie  )ii  az^iascni.  tß^J4.lxL?> 

tÄ^xSl-u-tfS  Jemand  behandeln  wie  eine  halbtodt  ge- 
schlagene Schlange  (behandelt  wurde). 
Jemand  tief  kränken. 
614.*  Hebt  K'a  takezntsu  ni  int  nio,  kyoknsci  lua  aratame-gatashi. 
ilTEitit^r-A^  ifflttitEJc*6lüL  Selbst  wenn  die  Schlange  in 
ein  (grades)  l^ambusrohr  kriecht,  kann  sie  doch  ihre 
krumme  Natur  (ihre  Gewohnheit,  sich  zu  winden) 
nicht  ändern. 

615.  Hechiiiia  to  nio  omozvanai.  ISlOlt  l^MU^^  Nicht  einmal 

für  eine  Schlangengurke  achten. 

Für  nichts  achten  ;   "  das  kümmert  mich  keinen  Pfifferling  ". 

616.  Heljl  ga  nri  zvo  kösaku  sureba,  Genta  ga  sa  shite  köre  wo 

knmu.  ^rtj-Uk^-fffl^tnif,  ^igiCij'^L'C^^üjS^i^  Heiji  baut 
die  Melonen,  Genta  sitzt  dabei  und  verzehrt  sie. 


-     64     - 

617.  Meike  zl<j  Jiorobosu  zva  Heike.  ^%^^'t:\'i'^  Vi^%  Die  Fiimilie 
Taira  hat  sich  selbst  zu   Grunde  gerichtet. 

Von  jemand,  der  durch  eigene  Schuld  ins  Unglück  geräth. 

618.*  llenocu-ffoL-ii  z^'o  kcssiiru  nakarc  I  fi'^fA'f^'^'^  h  ^\x 
Verurtheile  nicht  zum  Gefängniss  auf  eine  einseitige 
Aussage  hin  ! 

619.  Ileraxjt-gm'hi  7i'o  kikii.   l'Jc  ?>  T  P '^ ^  <     Sprechen,    ohne 

den  IMund  in  Scb.rankcn  zu  halten  (eigtl.  zu  verkleinern). 
L'nverschänit    reden. 

620.  lleso  de  cJia  i^'O  ivakasii.  Wi'^'WJ^M't  Auf  dem  Nabel  Thee 

kochen. 

Spöttische  Redensart,  wenn  jemand  eine  lächerliche  Behaup 
tung  aufstellt,  mit  etwas  prahlt   u.  s.  w. 

621.  Heso  de  i^'arau.   KT^i^i^   P.Iit  dem   Nabel   lachen. 

"  Sich  ins  PYuistchen  lachen." 

622.  Heso  ii'o  kaum  to  mo  oyobanu.  K^-'^L^i  {.Alf«  Es  würde 

nichts  helfen,  .^elbst  wenn  man  sich  in  den  Nabel  beissen 
wollte. 

Klagen  und  Jammern  vermag  an  dem  einmal  Geschehenen 
nichts  zu  ändern 

623.  Hefa  vio  viapposJd.  SH^  l  MM    Auch    der    ungeschickte 

Schütze  trifft  einmal  das  Schwarze  in  der  Scheibe. 

"Auch  eine  blinde  Henne  findet  manchmal  ein  Korn.'" 

624.  Hefa  110  dö^ndate,  ?J4^?>iMÄ^ii  Das  Prunken  des  Un- 

geschickten mit  (kostbaren)    Gerätiien    (mit    denen    er 
nicht   umzugehen   weiss). 

Er  hat  z.  B.  ein  kostbares  Schreibzeug,  ist  aber  im  Schreiben 
ein  Stümper  u.  dgl.  Wenn  man  date  mit  dem  Zeichen  -^  schreibt, 
so  lautet  die  Übersetzung  :  Die  Geräthe-Aufstellung  des  Ungeschick- 
ten, und  bezeichnet  dann  nur  eine  ungeschickte  Anordnung  von 
irgendwelchen  Dingen. 

625.  Heta  no  kajiya  vio  ichido  zva  vieikcn.  ÜB^^^JuISC -Sll^felJ 

Auch  dem  ungeschickten   Schwertschmied  gelingt  ein- 
mal ein  gutes  Schwert. 


-     65     - 

626.  Heta  no  kangae  yasimm  ni  miari.  T^?)#'^^üiliüt:''J    Das 

Nachdenken    des    Tölpels    gleicht    dem    Schlafen   (hat 
ebenso   wenig  Erfolg). 

627.  Heta  710  Jiaga-dangi.   T^O^g^l^S    Die    lange    Predigt    des 

Ungeschickten  (des  noch  ungeübten  jungen  Priesters). 

Unnöihig  viele  Worte  machen,  wo  ein  paar  Worte  genügen 
würden. 

628.  Heta  110  teppö  1110  karAi  nteba  ataru.    ilH-^^MsM  t  ttÖtiVES 

Auch    das    Gewehr    des    Ungeschickten    trifft    einmal, 
wenn  er  oft  schiesst. 

629.  Heta  )io  yoko-zuki.  T^^li^^  Die  verkehrte  Vorliebe  des 

Ungeschickten  (für  Künste  etc.,  zu  denen  er  kein  Talent 
hat). 
lli  (Feuer), 

630.  Hl  ga  fjiru  yd.  tk^^\^^-h'Pi    Als  ob  es  Feuer  regnete. 

Plötzliche  dringende  Nothwendigkeit ;  "  es  brennt  einem  auf  den 
Nägeln." 

631.  Hi  ga  kieta  yö.  'Atf'^tlti'P  5    Wie  wenn  das  Feuer  ausge- 

gangen   ist. 

Ganz  still  werden ;  "  es  geht  ein  Engel  durchs  Zimmer." 

632.  ///  no  kurinna.  *h^%  Feuerrad. 

Ein  Ausdruck  für  grosse  Leiden,  Armuth,  äusserste  Noth  u.  s,  w. 
Das  "Feuerrad"  ist  eins  der  Strafmittel  der  buddhistischen 
Hölle. 

633*.  Hi  1V0  kon  sciga  iva  honoo  Jii  yakare,   hana   7uo    imisaborii 
funchö  u'a  knvio  no  i  ni  kakaru.   A^l?.J>Wfe1i^^är-'^^^*n, 
Yt^-Ä^I^SlI^^Sl-l^^    Die  das  Feuer   liebende   Motte 
wird  von  der  Flamme    verbrannt,    der    die  Blume  be- 
gehrende Schmetterling  fängt  sich  im  Netze  der  Spinne. 

Jli  (Sonne). 
634.     Hi  ga  nislii  kara  dete  higashi  ni  im  toki.   Hd'®«' ?>  {0*011 1- 
Aft$  Wenn  die  Sonne  im    Westen    auf-  und  im  Osten 
untergeht. 

D.  h.  niemals,  in  keinem  Falle. 


—     66     — 

635.     m  iva  doko  de  mo  atani.    H  HM^fTi 'ä^*  Die  Sonne  scheint 
überall. 

Die  Welt  ist  gross,  man  kann  auch  ausserhalb  der  Heimatli 
sein  Glück  finden.  Auch  in  der  Bedeutung:  es  ist  schon  ülDer- 
all  bekannt. 

H^l  (Tag). 

^16.     Hi  ni  initabi  ini  7i'o  kaeriiiiiru.    0  i-^lS^'^i-'Ä'ö     (Man    soll) 
täglich  dreimal  sich  selbst  [MÜfeii. 

637.  Ill-al  kam  nisshoku.  ivo  ogauin.  P»"'*  b  n§i4"'-f-L'    Durch 

eine  Thürspalte  die  Sonnenfinsterniss  anbeten   (sehen). 
So  gut  wie  nichts  sehen  können. 

638.  MibosJii  ni  narii.    0l£i-.^^   Von    der    Sonne  ausgedörrt 

werden. 

Hunger  leiden  ;  verhungern. 

639.  IlUlari-niae  ni  sunc.  l^wW-'t  h   13ie  linke  Seite  zur  vor- 

deren (zur  ersten)   maclien. 

Mae,  "  vordere  ''  (Seite)  ist  hier  zeitlich  gedacht :  zuerst  die 
linke,  dann  die  rechte  Seite  des  Kleides  vorn  über  der  Brust 
zusammenlegen,  sodass  also  die  rechte  über  der  linken  zu  liegen 
kommt,  statt  umgekehrt,  ^vie  es  Regel  ist.  Sinn  :  etwas  verkehrt 
machen.  Auch  sagt  man  ;  hidariuiae  ni  naru,  "  linkszuerst  wer- 
den '',  für :  zu  Grunde  gehen. 

640.  Ilidarl-uclnwa  de  kiirasH.  :£'IlfflP.T^T    Leben,  indem 

man  sich  mit  der  linken   Hand  fächelt. 
Ein  leichtes,  arbeitsloses  Leben  führen. 

641.  Hige  wo  naderu.  fS^iSo   Sich  den   Bart  streichen. 

Sehr  zufrieden  und  vergnügt  sein. 

642.*  HUfurete  inichi  tdshi.   H^lt-Xil^L  Wenn  es  dunkelt,  ist 
der  Weg  weit. 

Wenn  man  schon  zu  alt  ist,  um  das  Ende  eines  angefangenen 
Unternehmens  zu  erleben;  auch,  v.enn  man  sagen  will,  dass  die 
Kräfte  für  das  begonnene  Werk  nicht  ausreichen.  Auch :  Jiigiire- 
inicJii  toihi,  der  dunkelnde  Weg  ist  v>eit. 

643.     lllUil  HO  Jdki-taosln.  ^^^"^WW-   Der  Sturz  durch  partei- 
ische Begünstigung. 

Zu  grosse  Gunst  oder  Parteilichkeit  wird  dem,  den  man  be- 
günstigen will,  manchmal  verderblich. 


-    67    - 

■644-  Ill-ita"HV(t  zvo  sunt  to,  ncshöben  ivo  snru.  ASI^-fä^Sä^h 
M^"f  S  Wenn  man  mit  Feuer  spielt,  nässt  man  in  der 
Nacht  das  Bett. 

Eine  an  Kinder  gerichtete  Warnung,  die  auch  bei  uns  ge- 
bräuchhch  ist. 

Hiji  (Gelieimniss). 

645.  Hiß  zü.i  viatsugc.  I^?l?llll    Gehcimaiss — Augenwimpern. 

Über  ein  Geheimniss  soll  man  sich  kaum  durch  einen  Wink 
mit  den  Augenwiinpern  \erstandigen. 

mji  (Ellbogen). 

646.  Hiji  7l'l>  Jiaru.  /U^-M^    Den   Plllbogen  ausstrecken. 

Eigensinnig  auf  etwas  bestehen. 

647.  injldepx)ö    zl'ü    kuH:    WiMMJi^'k^-    Einen    Ellbogenstoss 

bekommen  (eigtl.   Ellbogenschuss  essen). 

Abgewiesen  werden,  einen  Korl3  bekommen.  Transitiv:  hiji- 
deppo  wo  kiizjaserii,  einen  Ellbogenstoss,  d.  h.  einen  Korb  geben. 

648.  Hijlki  no  gyjyetsu.  ßlÄ^^^tr^Ü  Der  Aufzug  des  lajiki  (ein 

essbarer  Seetang). 

Von  einer  sehr  ungeschickten,  unleserlichen  Handschrift;  sie 
sieht  aus,  wie  eine  Kelte  von  Seetang. 

649.  Hljlvl  vio  toki  ni  aiva::;;i.  i3lü$i'Ültt'  Audi  der  Weise 

passt  (manchmal)   r.icht  für  seine  Zeit. 

650.*  Ilijß  110  soniokii  inade  naniida  zvo  idasu yd.  f^'^^'^M^'XWi 
1ie%'t^  So  dass  selbst  die  fühllosen  Pflanzen  weinen. 
Vgl.  unser  "  zum  Steinerbarmen." 

651.  nUcage  no  vioino  (od.  viamc)  ino  toki  ga  knreba  Jiazeru. 

H:^^-Om(fi)iH$i3^'*nifmi5  Auch  die  Pfirsiche(od.  Bohnen) 

im  Schatten  platzen,  wenn  die  Zeit  (der  Reife)  kommt. 

Wenn  ein  Mädchen  auch  noch  so  sorgsam  gehütet  wird,  er- 
wacht in  ihm  doch  die  Liebe.  Auch  :  Jiikage  no  viamo  no  ki  na 
vö,  wie  ein  Plirsichbaum  im  Schatten. 

652.  Hikage  (od.  kage)  no  nashi.  %^%  Die  Birne  der  Schatten- 

seite. 

Sie  sieht  gut  aus,  schmeckt  aber  nicht. 


—     68     — 

653-     Hikage-mono.   HP«#  Einer  im  Scliatten. 

Einer,  der  aus  irgend  einem  Grunde  eine  Zeitlang  in  der 
Zurückgezogenheit  leben  muss,  oder  zu  leiten  vorzieht. 

654.  HiKaremono  no  ko-2ita  (od.  hana-t(ta).  '3I«'|i^-'?)^J-'!H(^-l!a) 

Das  Liedchensummen  des  VorgeRihrten    (des   vor  den 
Richter  Geführten). 

Sich  eine  unbefangene,  sorglose  Miene  geben. 

655.  nUiui  tokoro  in  mirju  tajuani .  ■ßi.'^l'7lci35    An  niedrigen 

Stellen  sanimelt  sich  Wasser. 

Dem  Armen  geschieht  viel  Unrecht;  "über  einen  niedrigen 
Zaun  springt  jeder."     Auch  :  Jiikuini  ni  viizjc  ianiant. 

Hitna  no  kouia  :     s.   Hakkii  gcki  wo  (499). 

656.  Hi-niixu  HO  tatakai  no  yd.   'A^JcOEIJ?)^  5    Wie  ein    Streit 

zwischen  Feuer  und  Wasser. 

657.  Tllmojil  ioki  viazui  mono  fias/n.  V"  i  11^ '^^^'^'^'^kU  L  Wenn 

man  hungrig  ist,  schmeckt  alles. 
"  Hunger  ist  der  beste   Koch.'' 

Hin  (Armuth). 

658.  Hin  no   ittö,    cliöja   no    mandö.  %<^-''^,^'^^^'^  Die  eine 

Kerze  des  Armen,  die  zehntausend  Kerzen  des  Reichen. 

S.   252  und  253. 

659.  Hin  no  nuswni,  koi  no  nia.  SOME*^?  ^BOW\    Diebstahl    aus 

Armuth,   Gesang  aus  Liebe. 

Aus  Armuth  stiehlt  man,  aus  Liebe  singt  mau.  Scherzhafte 
Redensart,  um  zu  sagen:  wer  verliebt  ist,  fühlt  sich  zum  Singen 
begeistert,  wenn  er  auch  sonst  kein  Silnger  ist. 

660.  Hin    sureba    don  snrn.  ÄTUlt'M'r^.     Wenn  man  arm  ist, 

ist  man  dumm. 

661.  Hin  Iva  yainai  yori  kurushi.    Ä  II  j^  i  "J  ^  L    Armuth    ist 

schmerzlicher  als  Krankheit. 

Min  (Art). 
Ci^2.     Hin  zvo  mite  hö  wo  tohi.  no^i*ÄtTi;VR?<    Erst  die  Art  (der 
Zuhörer)  ansehen  und  dann  das  Gesetz  erklären  (d.  h. 
predigen). 

S.  699. 


-     6g     - 

66^.     Minata-kiisai  HlnJÄ«^  Nach  Sonnenschein  riechend. 

Spötticher  Ausdruck  für  Mädchen  vom  Lande,  deren  Gesicht 
von  der  Sonne  gebräunt  ist. 

664.*  Rinlzei  no  ashita  sunt  iva  köre  ie  no  kuzuniru  nari.  ^l:l|Ol3-t 
zn  Ziri'^'^Mi^  Wenn  die  Henne  kräht,  so  bedeutet 
es  den  Untergang  des  Hauses. 

Die  Frau  soll  nicht  die  Rolle  des  Mannes  spielen. 

665.     Hiniku  no  arasoi.  Ä^'2)^\,^    Ein    Streit   zwischen  Haut 

und   Fleisch. 

Ein  Streit  zwischen  Verwandten  ;  ein  Familienzwist. 
666*.   Hiniku  no  koto  zvo  in.  Ä^Oi$^^5.5^  Von  Haut  und  Fleisch 

reden. 

Sachen  sagen,  die  einen  andern  sehr   empfindlich    berühren ; 
persönlich  werden. 

(ß"].^  Hinsen  nareba  tsmnako  vio  karonji,  füki  nareba  ianin  nw 
omonzii.  Ä^?inlt•S^tl5^l:,  ^Ä^j:nit*filiAiS^T  Wenn 
einer  arm  und  gering  ist,  so  verachten  ihn  selbst  sein 
eigen  Weib  und  Kind  ;  wenn  einer  reich  und  vornehm 
ist,  so  schätzen  ihn  selbst  fremde  Leute  hoch. 

668.  Hinsen  tomo  snknnashi.  Ä^Ä^^ü  L    Der  Arme  hat  wenig- 

Freunde. 

669.  Hinsö  no  kasane-toki,  ^M^^W^'k  Das  Vorrathessen  (sich 

für  längere  Zeit  satt  essen)  des  armen   Priesters. 

670.  Hinxuvii  toki  zua  nusumi  su.  RTi  BliliS^T  Wenn  man 

arm  ist,  stiehlt  man. 

671.  Hippari-dako   ni    saruru.    HI^  (f^J  Ml- ?  ^  »    Von    allen 

Seiten   gezogen  werden,  wie  ein   Drache,   der  sich   mit 
andern  verwickelt  hat. 

Sehr  beliebt  sein,  von  allen  Seiten  eingeladen  werden  u.  s.  w. 

672."^  Uippö  wo  fnnai.  ^iJ^jffEi^    Die   Speerspitze  des  Pinsels 
(der  Feder)  schwingen. 
Mit  der  Feder  kämpfen. 


—     70    — 

673«     IliiYff/nnio    110  yö.    ^^JiSnOV-?     Wie    eine    breite,    flache 
Spinne. 

In  zur  Erde  gestreclvter  Stellung  biUen  ;  sich  vor  jemand  sehr 
erniedrigen. 

674.  mvoinuslii    7ca    Junnbun.  ^0^±lt^5j"    Der    Finder  hat 

die  Hälfte. 

Der  Finder  hat  an  das  Gefundene  gewisse  Ansprüche. 

675.  Hirn  iii  shio  no  yd.  ^l-ü'^tl  Wie  Salz  auf  einen  Blutigel. 

Sehr  wirksam  sein,  besonders  \ox\  Ermahnungen  ;  \gl.  ']']. 

6/6.     jHlriifOinbi.  SS  Ein  Tages-Tombi. 

Tojulii  ist  der    Name    eines    Raubvogels    (Milviis    melanotus). 
Ein  Dieb,  der  am  hellen  Tage  stiehlt ;   speciell   ein  Taschendieb. 

6^1.  lILsasJii  i^'o  kasJiitc  onioya  tvo  torarcvu.  JDt4-l^  L'CIEM^t? 
hX^h  Wenn  man  den  Dachvorsprung  verleiht,  wird 
einem  das  ganze   Haus  weggenommen. 

678.  Hisashi  zvo  karite  ovioya  zvo  torii.  Iffi^-ft  "J  "CaM^Hii  Den 
Dachvorsprung  leihen   und  das  ganze  Haus   nehmen, 

679.*  Missei  ryö  no  gotoshi.  iE^ylil'^iin  L  Die  Kraft  des  Pinsels 
gleicht  dem  Drachen. 

Von  einer  kühnen,  meisterhaften  Handschrift. 

Hlio  (Mensch). 

680.  Ilito  itaUc  kashikokereba  tomo  nasJii.  AStKtmit'Äfe  L  p:in 

ausserordentlich  kluger  Mensch  hat  keine   Freunde. 

681.  Hito  koetaru  ga  yiic  ni  tattokararju.     AM-^f:  otj^'öci:^«*  ?)T- 

Dass    er  dick    (reich,    angesehen    etc.)    ist,  macht  den 
Menschen  nocli  nicht  achtungswerth. 

682.  Hito  inaseba  ini.zu  masu.  Ait^lt'7]<itT  Wenn  die  Menschen 

zunehmen,  nimmt  auch  (der  Bedarf  an)  Wasser  zu. 

Wenn  sich   die   Familie  -vergrössert,  so  \ergrössern  sich  auch 
die  Ausgaben. 

683.*  Hito  mazusliikereba  cJii  mijikakn,  7ima  yasereba  ke  nagasJn. 
AÄ'JniitM<,  .rilSnif^^L  Wenn  der  Mensch  arm  ist, 
so  \A  sein  Verstand  kurz;  wenn  das  Pferd  mager  ist, 
so  sind  seine  Haare  lang. 


684.  Hito  nl  Jdto-kuse.  A!-— 1#    Der    Mensch    hat    (wenigstens) 

einen  Fehler. 

Wortspiel    mit    Jiito-l;iise  :    i)    ein    Fehler;    2)    menschlicher 
Fehler.  Vgl.  auch    Nakuie  naiiakusc. 

685.  Hito  in  um  viina  vtusJd  ga    oni.  Al-lt-^^-ö^'^-S    In  jedem 

Menschen  steckt  ein  Insekt. 
Jeder  rächt  sicli,  wenn  er  kann. 

686.  Hito  ni  wa  säte  viiro,  mna  ni  lua  notte  iniro!    Ai-iti^o-c 

M.^,Mr- itmoX  ^S     Mit  einem    Menschen    versuche 
zusammen  zu  leben,  ein  Pferd  versuche  zu   reiten  ! 
Vorher  kann  man  nicht  über  sie  urtheilen. 

687.  Hito  HO  issJiü  wo.  07/! oni  wo  öte  tö-michi  zoo  yiiku  ga  gotosJii. 

A'^^-iUmr^^^Ä-Ciiit^t^f  <  ^'%\i  L  Das  menschliche  Leben 
ist,  wie  wenn  man  einen  langen  Weg  mit  einer  schweren 
Last  auf  dem   Rücken   geht. 

688.  Hito  HO  kokoro  wa  iwa-ki  ni  arasu.  A'5'iLMlS^ci:W  f.f  Das 

Herz  des  Men.schen  ist  nicht  von   Stein  oder    Holz. 

Auch    nur:    /tito    lua    iwa-ki  ni   arazii,    der  Mensch  ist  kein 
Stein  oder  Holz. 

689.  Hito  no  yo  wo  wataru  wa  nianiki-basJn  wo  zvatani  ga  gotoshi. 

Kco^fi^i&hnm^^^i&h^^'kwL  Das  Wandern  durch  die 
Menschenwelt  gleicht  dem  Gehen  über  ein  rundes 
Brückenholz. 

690.  Hito  wa  bainbiitsH  no  rci.  A(t^,l?<?)M  Der  Mensch  ist  die 

Seele  aller  Dinge. 

691.  Hito  wa  bokuseki  ni  arazu.  K\lÄ<Ki\'-'^h'^'  Der  Mensch  ist 

nicht  von  Holz  und  Stein. 

Der  Mensch  soll  nicht  gefühllos  sein. 

692.  Hito  zua  ichidai,  na  zva  matsudai  (od.  bandai).  Ad— -R,  ^ 

[IM^i^^)  Der  Mensch  lebt  eine  Generation,  der  Name 
bis  ans  Ende  aller  Generationen. 

693.  Hito  wa  kzva  ni  shikazu.  All^U^JtP    Für    die    Menschen 

giebt  es  nichts  Besseres  als  in  Frieden  zu  leben. 


694-  ^^^^  ^'■'^^  viikake  ni yorami  mono.  AU  Ä AI -5*  f>»lO  Der 
Mensch  (sein  Charakter)  entspricht  nicht  (immer)  seiner 
äusseren   Erscheinung. 

6q5.*  HUo  zva  na  zco  osJiimi,  tora  wa  ke  wo  osliiniu.  AU-^^j?'!«^, 
)%\X^^^\a\J  Der  Mensch  schätzt  seinen  Namen  (seinen 
Ruf),  der  Tiger  schätzt  sein   Fell. 

696.  Hito  zva  sanzim  no  shita  zvo  motte  goshakii  iio  mi  zvo  hason 
SU.  A(lHTj-^^/tlil-CÄ;^<?>:i^gcmt  Der  Mensch  thut  mit 
der  drei  Zoll  langen  Zunge  dem  fünf  Fuss  langen  Leibe 
Schaden. 

697.*  Hito  tva  shi  sJiite  na  zvo  toinc,  tora  zun  shi  sJiitc  ke  zvo  toviw 
Alt^  L'C«4.jt»(),l^it^L'C^4-iL-.i'  Wenn  der  Mensch 
stirbt,  so  endigt  er  seinen  Namen  (d.  h.  er  kann  für 
seinen  Ruf  nichts  mehr  thun),  wenn  der  Tiger  stirbt, 
so  endigt  er  sein   Fell. 

698.  Hito  zva  zcn-ahi   no    touio    ni  yoru.  Alt^^sOÄl-^O  ^     Der 

Mensch  (sein   Charakter)    hängt  davon  ab,   ob  er  gute 

oder  schlechte  Freunde  hat. 

"  Sage  mir,  mit  wem  du  umgehst,  imd  ich  will  dir  sagen,  wer 
du  bist." 

699.  Hito  zvo  mite  Jiö  toke  !  A^£,XJe^IJ"    Predige  je    nach  dtw 

Menschen,  die  du  vor  dir  siehst ! 

Man  muss  sich  nacli  der  Fassungskraft,  auch  nach  dem 
Stande  etc.  der  Zuhörer  richten. 

Hito  (andere  ;  die  Leute). 

700.  Hito  ni  kasH  to  mo,  karakasa  zvo  hin  ata  c  Jiositnal  'ft&Al-a 

-fi  t^^BlMj'^lLt^i    Trockne  den  Schirm  nicht  in  der 
Sonne,  selbst  wenn  du  ihn  an  andere  verleihst  ! 

■  • 

Der  japanische  Schirm  ist  aus  Ölpapier  gemaclit ;  wenn  man 
ihn  in  der  Sonne  trocknet,  so  bekommt  das  Papier  leicht  Risse. 
Kine  sonstige  Bedeutung  hat  die  Redensart  nicht. 


70  t.     Hito  no  chöchin  de  akafi  zvo  toru.  'flllA©i§'ia'T9q^9?S    Von 
einer  fremden  Laterne  Licht  bekommen. 


—    72>     — 

Aus  der  Bemühung  anderer  Nutzen  ziehen  ;  ruhig  warten,  bis 
man  durch  einen  andern  der  eigenen  Mühe  überhoben  wird ;  wie 
jemand,  der  dem  Lichte  einer  fremden  Laterne  folgt,  seine  eigene 
Laterne  nicht  anzuzünden  braucht. 

702.  Hito  HO  fundoshi  de  nnnö  ivo  ioru.  i'iLK'^M'^Wimf^Mh     Mit 

dem  Leiidengürtel  eines  andern  ringen. 

"  Mit  einem  fremden  Kalbe  pflügen " ;  "  bich  mit  fremden 
Federn  schmücken." 

703.  Hito  ?w  furi  mite  zvaga  furi  naose  /  Vä.K^Wi^X^l'^'^.^-^  Sieh 

das  Betragen  anderer  und  bessere  danach  dein  eigenes! 

704.  Hito  HO  gobö  de  höß  zvo  sunt.  JlJiAO^^Tii$;^t  S    Mit  der 

Gobö- Wurzel  anderer  den  Vorfahren  ein  Opfer  bringen. 

Am  Todestage  eines  Vorfahren  bringt  man  ihm  auf  dem 
Hausaltar  ein  Opfer  dar,  bestehend  aus  6^c?(^i;-(K!etten-)  wurzeln, 
Älohrrüben,  Lotosrhizomen  und  einigen  andern  Gemüsen ;  auch 
wird  im  Hause  von  einem  buddhistischen  Priester  eine  Art  See- 
lenmesse {/löji)  gelesen.     Bedeuiung  v\ie  die  von  703. 

705.  Hito  HO  Jiatake  ni  im.  fliiAOMi' A3  In  das  Feld  eines  andern 

gehen. 

Etwas  thun,  was  bei  dem  andern  Verdacht  erregt. 

706.  Hito  HO  issitn  onore   no   isshaku,    fillA'i)— tJ'S'^-^X    Was  in 

anderer  Leute  Augen  ein  Zoll  ist,  ist  für  den  Besitzer 
ein  Fuss. 

707.  Hito  110  kaka  ni  iva  ynbi  de  ino  sasuna  I  'flllA'^J^-i-U^^a'C  liS 

'f"'i  Aufdie  Frau  eines  andern   muss  man  nicht  einmal 
mit  dem  Finger  zeigen. 

Alan    soll    nicht    mit    der    Frau  eines  andern  irgend  etwas  zu 
thun  halben,  oder  sich  gar  mit  ihr  in  ein  Liebesverhältniss  einlassen. 

708.  Hito  no  kao    ni   doro    too    nunc.    'ft£A'^ül-'i?il^l^3     Finem 

Schlamm  ins   Gesicht  schmieren. 

Jemand  durch  seine  schlechte  Aufführung  Schande  machen. 

709.  Hito  no  kata  ivo  rnotsu.    MAOJff^^^o  Einem  die  Schulter 

halten. 

Ihm  Beistand  leisten. 


—     74     — 

710.  Hito  no  koshi  zvo    osn.     MA<?)Bil^-pPPT     Einem   die    Lenden 

stützen. 

Gleich  709. 

711.  Hito  110  laichini  to  i<:o  tatcrarenu.  'fi]lA'?>Pi--P4'5£^/t«  Dem 

Munde  der  Leute  kann  man  kjine  Thür  bauen. 

712.  Hito  no  kitcld  osoroshi.   flliA<?>  P aS  L    Der    Mund  der  Leute 

ist  schrecklich. 

713.  Hito  no  me  zco  nukii  (od.  nusnnni).  fillA^B44S<  (ÜStO  Eiiiem 

die  Augen  ausreissen  (od.  stehlen). 

Jemand  einen  Streich  spielen,  ihn  hinters  Licht  führen. 

714.  Hito  no  nagareru  kazoa  (od.   se)    ni  nagarciit.    MA^nS  i  jll 

(ilS)  l-v7i5S  Im  Flusse  (od.  in  der  Stromschnelle)  schwim- 
men, in  dem  die  andern  scluvimmen. 

Thun  wie  die  andern  ;  "  mit  dem  Strome  treiben." 

715.  Hito  no  saifit  de  loanigncin  wo  narasu.  MAO^^T.^! P^Hl  ?> 

"T   Mit    dem    Geldbeutel    anderer    an    die   Gebeta;!ocke 
schlagen. 

Der  Besucher  eines  Shintütempels  wirft  erst  einige  Münzen 
in  den  Opferkasten,  dann  ergreift  er  das  Seil,  das  über  diesem 
Kasten  hängt,  und  schlägt  damit  an  den  neben  dem  Seile  hängen- 
den Gong,  um  die  Aufmerksamkeit  der  Gottheit  zu  erregen  ;  hierauf 
spricht  er  sein  Gebet.  Es  ist  also  gemeint,  dass  man  einen  andern 
erst  Geld  opfern  lässt,  und  dann  seilest  mit  dem  Seile  läutet,  um 
sich  so  auf  fremde  Kosten  den  Beistand  des  Gottes  zu  verschaften. 

716.  Hitono  senkt  zvo  zutsTi  ni  yannt.   •fliiA'5yii}^4-EH-/i*!*^t'    Das 

Lendenweh  anderer  als  Kopfschmerz  mitfühlen. 

Man  soll  sich  wegen  fremder  Leiden,  bei  denen  man  nicht 
helfen  kann,  nicht  unnütz  das  Herz  schwer  machen.  Statt  hilo 
kann  auch  ioiiati,  Nachbar,  stehen. 

717.  Hito  no  shii'i  de  luna  ni  norti.  MA'^^M'C'.lll-^S    Ein  Pferd 

mit  dem  Hintern  eines  andern  reiten. 

718.  Hito  no  sJdri  ni  tsnJcH.    fiiiA'^Kl-FfK     Zum    Hintern    eines 

andern  gehören. 

Sich  jemand  ganz  unterordnen,  nur  sein  Anhängsel  sein. 


—     /  :>      — 

719-     Hito  HO  sdhaht  li'o  hirmi.  flllAOffifö^-Ä  f)-5>  Den  Rückstand 
(Bodensatz)  eines  andern  essen. 

Jemand  in  allem  sklavisch  nachahmen. 

720.  Hito  110  iabane  wo  sunt.  ^K^%^'t  h  Ix-ute  in  ein  Bündel 

binden. 

Leute  unter  sich  haben,  ilir  Vorgesetzter  sein. 

72 1.  Hito  710  tan  ivo  in  nakare  !  llk  AOM^R-^^ri  Sprich  niclit  über 

die  Mängel  anderer  ! 

722.  Hito  110  tana-orosJii   snru.    \^K^)^'§^L't  ^    Anderer    Leute 

Inventar  aufnehmen. 

Über  andere  zu  Gericht  sitzen. 

723.  Hito  no  tsnra-yogoshi  ti'o    sunt.    'fillA^ffif.'S  L^i?"»" -S    Jemand 

das  Gesicht  sclimutzig  machen. 

Wie  70S :    seinen    Ellern,    oder    seinem    Herrn  etc.    Schande 
machen. 

724.  Hito  110  uina  iii  zua  noriina !  \^K'^%\'-\'%h*i.    Reite   nicht 

auf  einem  fremden   Pferde  ! 

725.  Hito  no  7ircu  (spr.   7iryo)  n'o  mitara  nrce  yo !  -flliAOj^-^^Ä 

'fi?).f.'^i     Wenn    du    siehst,    dass    andere    trauern,     so 
trauere  mit  ihnen  ! 

726.  Hito    no    nwasa    vio    sJiicJiijTi-go-nicIii.    A'^'^S  i't^'^5.H    Das 

Gerede  der  Leute  dauert  fünfundsiebzig  Tage. 
Schliesslich  nimmt  es  doch  einmal  ein  Ende. 

727.  Hito  no  yorckobn  wo  kikaba  yorokobc  !  ^l!lA.0S:^;^fjS:)'ift^-: 

Wenn  du   hörst,  dass  andere  sich  freuen,  so  freue  dich 
mit  ihnen  1 

728.  Hito  no  yue  ivo  mitara  zvagami  zvo  onioe  !  \^KP^^^%'^^^^ 

'^^'^   Wenn  du  die  Sache  (das  Schicksal)  eines  andern 
siehst,  so  denke  an  dich  selbst ! 

729.  Hito  no  yumi  z^'o  hikn.  'fiäA'5^;^jf^<  Mit  dem  Bogen  eines 

anderen  schiessen. 

730.*  Hito  sJiöken  nakuba  viise  wo  hiraku  zvo  yanieyo  !  A^it^i  < 
\t]^f)e^^  <  ^i^t>  l    Wer    den    Leuten    kein    freundHchcs 
Gesicht  machen  kann,  soll  keinen   Laden  aufmachen. 


-     7^    - 

7^)1.     Hito  to  kata  zuj  narabcni.  flllA^M^*^'^^  Seine  Schulter  mit 
der  eines  andern  in  gleiche  Reihe  setzen. 
Es  jemand  gleich  thun,  ihm  gewachsen  sein. 

732.  Hito  wa  iwanu  ga,  wäre  iuiia  !  'fl!lAltWitWt>%  WWi^'^j:  Andere 

sagen  nichts,  aber  sage  (auch)  selber  nichts  ! 

So  Imge  man  sein  Geheimniss  nicht  selbst  verrüth,  werden 
es  auch  andere  nicht  verrathen. 

733.  Ililo  zva  südshiku  seyo  !  AII^B^.  L  <  t£  i    Behandle  die  Leute 

massvoll  (mit  INIilde)  ! 

734.  Hito  ivo  fiini.  A'^Mo   Jemand  abschütteln. 

Sich  ihn  vom  Halse  schaffen  ;  speciell  wenn  eine  Geisha,  oder 
ein  Mädchen  im  Bordell  einem  unwillkommenen  Gaste  einen  Korb 
giebt. 

735-     Hito  2i'o  Jiito  to  1110  sczn.  'fillA^-A^  »itfT'  Jemand  (od.  andere 

Leute)  nicht  einmal  zu  den  Menschen  rechnen. 

Auf  andere  hochmüthig  herabsehen, 

736.*  Hito  wo  kagaini  to  sunt.  -fiäA^^i  'f  h  Andere  zum  Spiegel 
machen. 

Sich  das  Beispiel  anderer  zur  Lehre  dienen  lassen.  Die  Re- 
densart beruht  auf  einer  Stelle  in  Möshi  (Mencius),  die  japanisch 
lautet :  JciinsJti  mizii  luo  kagami  to  sezii,  Iiito  wo  kagaini  to  sji, 
der  Gute  nimmt  nicht  das  Wasser,  sondern  seine  ^Mitmenschen 
zum  Spiegel. 

717.  Hito  wo  katsugu  {od.  katsiiide  yani).  illlA^JtC  Jemand  auf 
6c\\  Schultern  tragen. 

Hinzuzudenken  ist :  wohin  man  will.  Jemand  zum  Besten 
haben;  ihm  "über  sein",  ihn  "hineinlegen"  u.  dgl. 

738.*  Hito  wo  kizii  tsukern  ichigo  toki  koto  töken  no  gotoshi.  A^ 
^-fti-IH?i]^*77^ye)j(DL  Ein  Wort,  das  einen  andern 
verletzt,  gleicht  an  Schärfe  einem  Schwerte. 

739.  Hito  wo  initam  dorobö  to  omoe  I  ■fi&A^i*Ä?:  ?>^AS®'^    Wenn 

du  jemand  siehst,  so  halte  ihn  für  einen  Dieb  ! 

Man  soll  Unl^ekannten  gegenüber  vorsichtig  sein.    Vgl.  112. 

740,  Hito  wo  norocba  aiia  futatsu.    A^5fi'^ltÄ~^    Wenn    man 

jemand  flucht,  so  giebt  es  zwei  Gräber, 


Ermahuung  zur  Friedfertigkeit  und  \'ersöhnlichkeit :  wer  seinen 
Feind  verderben  will,  richtet  sich  oft  mit  zu  (irunde.  "  Wer 
andern  eine  Grube  gräbt,  fällt  selbst  hinein." 

741.  Hito  wo  orosti.  -fllA'VSi'f   Jemand  herabsetzen. 

Wie  bei  uns  :  von  ihm  schlecht  sprechen. 

742.  Hito   -ci'o    tsukmi   iva    tsiikaivarent.  -ftilA^ßi^-Uf'ÜU^^?»   Wer 

Leute  bi'aucht,  \viid  .selber  von  ihnen  gebraucht. 

Besonders  als  Klage  der  Hausfrauen  über  ihre  Dienstboten  : 
sie  werden  immer  übermüthiger,  machen  immer  meb.r  Ansprüche 
und  wollen  womöglich  die  Herreu  spielen. 

743.  Hito  1k.'0  yuriisu  to  vio,  onore  wo  ynritsnna  /  fJlA^'fr'f  i  i  S^ 

fi"•T^£  Gegen  andere  magst  du  nachsichtig  sein,  aber 
nicht  gegen  dich. 

744.  Hitohiichi-^nono  de  hö  zvo yaku.  —  P  (.  O T^M ^j?fc*<    Sich 

mit  einem  Bissen  die  Backen  {kIqw  Mund)  vei brennen. 

745.  lUto-hul-inud  ni  mo  ai-hichi  ari.  K  1S-  c'>  %  V-  l  -^  P  fc  "J 

Selbst    für    die    wildesten    (eigtl.    menschenfressenden, 
oder  -beissenden)  Pferde  giebt  es  Zähmungsmittel. 
Jeder  hat  eine  schwache  Seite,  bei  der  man  um  fassen  kann. 

746.  mio-me    HO    scki.    A0?)il    Die    Schranke    der    Augen 

anderer. 

Die  Zurückhaltung,  die  z  B.  Liebenden  die  Anwesenheit 
anderer  auferlegt. 

747.  Jlito-iiiasari  no  iiyobb  ica  kaue  110   tvaraji  de  sagashite 

mo  motef  -flilAi^'J  0icMiIilO|p:|ITIt  L'C  U#  t  Nimm  eine 
tüchtige  Frau,  und  wenn  du  sie  auf  eisernen  Sandalen 
suchen  müsstest  ! 

Über  die  Redensart  l'ajie  no  icamji  de  sagasu  s.  dort. 

748.  Hitovl-vmstune  ni  innko  JiacJiinin.  —K^V-^^K  Für  eine 

Tochter  acht  Schwiegersöhne. 

Starkes  Angebot  bei  geringer  Nachfrage. 

749.  Ilitotsa-aua  no  mnj'ina.  —  ^I^^IS-  Dachse  aus  demselben 

Bau. 

"  Unter  einer  Decke  stecken."     Vgl.  299. 


-     78     - 

750.     Hitotm  nahe  no  mono  wo  hm.    —y^A^':>W^%l-    Aus  einem 

Napfe  essen. 

Von  selii'  en.ijer  Freundschaft. 

751,*  llitsuhohu.  no  gyd,  ^%.'^^%.    Der  Beruf  des  Pinsels  und 

der  Tusche. 

Der  Sclinftstclleibcruf. 

752.*  Hitsujl    ni   kinyü   no    on.    ari.  #^i-£t?L->EUj 'J    Das  Schaf 

erzeigt  die  WohUhat,  (dem  Lamm)    die  Milch   kniend 

zu  reiciien. 

Eine  Wohltliat,  für  die  das  Lamm  (als  Kind)  zu  Dankbarkeit 
verpfliclitet  ist.  Vgl.  KoJiitsuji  wa. 

753.*  Hitsn/'i  no  kokctsu  ni  iran  ga  gotokn.  ^^<^JC^y^:l-  A?)^«'■j!^< 
Als  ob  das  Schaf  in  die  Ilölile  des  Tigers  gehen 
wollte. 

754.*  Ilitsnji  züo  hüte  kogun   ni  iru.^^^^Ü'-X)%t^-\'~Xh   Ein  Schaf 
(am  Strick)  führend  in  eine  Tigerheerde  gerathen. 

755.  IliuchUmko  no  yö.    'htiB^'Pi     Wie    ein    Feuerzeug-- 

kästen. 

Ein  kleiner  viereckiger  Kasten  mit  Stahl,  Feuerstein  und 
Zundor.     Von  einem  sehr  kleinen,  engen  Hause. 

756.  lllyaase  li'o  nagasn/ta'i'^^x^'t  Kalten  Schweiss  vergiessen. 

Ang3tsch\vei.=s  schwitzen. 

757.  Hhjaineslil-kni.  (^U%0-   Die  kalten   Reis  Essenden. 

Ein  Ausdruck  für  "jüngere  Brüder";  so  genannt,  weil  sie 
gegen  den  ältesten  in  allen  Dingen  zurückstehen  müssen. 

758.*    Hit/okti  no  tori.  lt%'^%  Der  Vogel  Hiyoku. 

Ein  chinesischer  fabelhafter  Vogel,  bei  dem  Männchen  und 
V\''eibchen  nur  einen  halben  Körper  mit  je  einem  Flügel  halsen 
und  deshaüj  immer  vereinigt  {/äyoku,  mit  vereinigten  Flügeln) 
fliegen.    Symbol  für  ein  treues,  inizertrennliches  Liebes-oder  Ehepaar. 

759,*  lüyokiL-renri  no   cJiigiri.    ib  S  iS  ?1  ^  ^  "J     Der    zusammen- 
gewachsene Bund  des  Hiyoku- Vogels. 
Eine  unauflösliche,  glückliche  Ehe. 
760.     HUjovl  200  viim.   SW^ÄÄ   Das  Wetter  beobachten. 


—     79    — 

Von  jemand,  der  einstweilen  noch  nicht  Partei  nimmt,  sondern 
erst  die  Entscheidung  abwartet,  um  sich  dann  zum  Sieger  zu 
schlagen.  Daher  auch  hiyorliiü,  Wetterseher,  für  solche  Wetter- 
politiker. 

761.  llir:a  to  juo  dankö.  Bi'  tS^a"    Berathe    dicli    mit  jemand, 

und  wenn  es  auch  nur  dein  Knie  wäre  ! 

762.  Hiza  zvo  oni.  I^'tJri    Die  Kniee  beugen. 

Sich  vor  jemand  erniedrigen. 

763.  Hizagashira  de  Edo  e  yiiku.  ßSM'vJjI^'-^lf  <  AufdenKnieen 

nach  Edo  gehen. 

Gehört  zu  den  48  Spr.  des  Iroha-garitta  Spieles,  wird  aber 
gewöhnlich  durch  No.  175  [Bimbö  hiiiia  ncisJii)  vertreten.  Ausser- 
halb dieses  Spieles  scheint  die  Redensart  niclit  gebräuchlich  zu 
sein ;  sie  soll  wohl  etwas  Unmögliches,  nicht  zu  Verlangendes 
ausdrücken.  Nach  einer  andern  Erklärung  wäre  ihr  Sinn  jedoch  : 
mit  Gedi'.ld  und  Fleiss  kann  man  alles,  selbst  das  Schwierigste, 
leisten. 

764.  IIö  ga  ochiru  yö.  ^'^H&h'Pi    (So  eifrig  essen),  dass  man 

die  Kinnbacken  verliert. 

765.  Hü  ivo  fnkumsu.  *14'SI?)T   Die  Backen  aufblasen. 

Zornig  werden. 

766.  llodaslil  ni  kakant.  '^\'~%h    In   Fessehi  h'egen. 

Frau  und  Kinder  haben. 

767.  Hofßit  ni  suru.  KtXC-'t  h   Zu  altem  Papier  machen. 

Zu  nichte  machen  ;  d.  h.  nicht  erfüllen  (z  B  ein  \"ersprechen  . 
einen  Vertrag  etc.)  Auch'passivisch  :  hogu  tii  naru,  zu  altem 
Papier  werden,  in  demselben  Sinne. 

778.*  Jlo-itsu  110  tatakai.  fifSl^ilo^  Der  Streit  zwischen  Muschel 
und  Reiher. 

En  Streit,  bei  dem  der  Dritte  (der  Fischer)   gcv.innt. 

769.     Mö-kahiU'l  7i'o  s/iite  h(u.  ^M''}  ^£-L'(i^Z'  ]\Iit  zugebunde- 
nen Kinnbacken  essen. 

Etwas  sehr  Gutes  essen ;  der  Zweck  des  Festbindens  der 
Kinbacken  ergiebt  sich  aus  764..  Auch :  etwas  heimlich  essen,  um 
andern  nichts  abzugeben  zu  brauchen. 


—     8o     — 

770.*  Höhen  zva  resslii  iii  oknri,  kdfiin  zva  Injhi  ni  okuru,  %M 
{tlA±V-^'] ^UlSWX^KV'^h  Ein  kostbares  Schwert  giebt 
man  dem  patriotischen  Krieger,  Schmiinke  und  Puder 
der  Schönen. 

TJi.  Ilöhi  de  Jiakn  hodo.  #T'lw  <  fl  So  viele,  dass  man  sie 
mit  dem  Besen  zusammenkehren  kann. 

Geringschätzig  von   Menschen,    an    denen    nichts    Besonderes 
ist ;  "  Dutzendmenschen.'' 
yy2.     Höki-so.ki  ni  im  to  baka  ni  narn.  #^1-  Wiht  ,!?5^I-Jä ^   Wenn 
man  (beim  Ausfegen)  vor  dem  Besen  steht,  wird  man 
dumm. 

Scherzhafte  Mahnung,  beim  Ausfegen  nicht  ini  Wege  zu 
stehen. 

773.  hloh'he  ga  hotoke  ni  nareba,  us/ii  no  kuso  ga  niiso  ni  narn. 

m^^ '^^  1 : fiJin  (t'^^"^-i3^*9iDtl : r^  h  We nn  ei n  //^;/'/vpr iester 
zum  Buddha  wird,  so  wird  Ochsenmist  zu  miso  (Boh- 
nensauce). 

Schlechter  Ruf  der  Priester  der  Hokke-  oder  Nichirensekte. 

774.  HoJxL-oL'ti-kannnan  de  kita  nari.    :1h  ^  11  T 1^  ? :  J^  §    Der 

beim   Donner  im  Norden  getrasfene  Anzusf. 

Ein  scherzhafter  Ausdruck  für  jemand,  der  nur  einen  Anzug 
hat,  der  also  immer  in  demselben  Anzüge  erscheint.  Der  Ausdruck 
klingt  dem  Japaner  besonders  komisch  wegen  der  doppelsinnigen 
Wörter  kiia  nari,  die  zugleich  "getragener  Anzug"  und  "  nördlicher 
Donner  "  bedeuten.  Man  sagt  auch  :  IioJcIcoku-yü dacht  de  kita 
nari,  der  beim  Platzregen  im  Norden  getragene  Anzug  (nördliche 
Donner). 

775.  Höhönin-konjö.  ^ÄAlSit  Bedientennatur. 

Unedle,  niedrige  Gesinnung,  die  auf  nichts  als  den  eigenen 
Vortheil  bedacht  ist. 

'j'jG.'^  Ilöhwan,  gekitaku.  teil,  ^r?  Thorhüter,  Wachtholz- 
schkäger  (Nachtwächter). 

Ausdruck  für  Leute  niedrigster  Stellung. 

yj^,  Homare  amn  (od.  aru)  yori  sos/tiri  nakare  !  «^  ?>  ^  t  ''J  if 
»Jfi^'lx  Trachte  mehr  danach,  frei  von  Tadel  zu  sein, 
als  nach  Lob  (Ruhm)  ! 


—     8i     — 

778.*  Hönnatsu  ni  zokn  sn.  MM^'-M't   Zum  Schaume  gehören. 
"  Zu  Wasser  werden." 

779.  Homer u  %va  sosldru  no  inoto.  #2>ltp5^7C    Lob    ist  der 

Ursprung  des  Tadels. 

780.  Hon  no  nmshi.  :4^^ib  Bücherwurm. 

Hat  dieselbe  Bedeutung  wie  im  Deutschen. 

78  [.  Hone  ga  nakercba  issho  ni  naritai.  •H-ö^*M'Jnit*-i5'rl*;Ä<'J  t:i^ 
Man  möchte  zu  eins  werden  (mit  einander  verschmelzen), 
wenn  die  Knochen  nicht  wären. 

"Jemand  vor  Liebe  autlressen  wollen," 

882.     Hone  ga  oreru.  #t)*^n3    Die  Knochen  brechen. 
Sehr  anstrengend  sein. 

783.  Hone  ni  kotaeru  (od.  sliiinii).  'i'l'^'^S  ("Jfeüj  Bis  in  die  Kno- 

chen dringen. 

Einen  tiefen  Eindruck  machen. 

784.  Ho}ie    zuo    nebntte    sara    ni   oyoöu.    'H-^SSotMltfc  ii^    Die 

Knochen  bis  auf  den  Teller  ablecken. 
Von  gierigem,  unanständigem  Essen. 

785.  Hone  wo  oru.  #'^^^   Sich  die  Knochen   zerbrechen. 

Sich  sehr  anstrengen.     Daher  honeori-shii^olfl,    eine    Knochen 
zerbrechende,  d.  h.  sehr  anstrengende  Arbeit. 

786.  Hone  %vo  oshhnu.  ^'^Ih  t'  Seine  Knochen  schätzen  (schonen). 

Sich  nicht  anstrengen  wollen. 

787.  Honenuki-dojö.  #^^11  Eine  Schmerle  ohne  Knochen. 

Ein  hederlicher,  ausschweifender  Mensch ;    ein    Mensch   ohne 
Energie. 

788.  Honeori-zon    no    kutabirc-vwke.    %^'')^^^%\X^^)    Er- 

müdung als  Gewinn   für  die  verlorene  Anstrengune. 

789.  Honeotte  shikararem.  #^'Cnb-a^f>ns  (Zum  Dank)  für  die 

Anstrengung   gescholten  werden. 
Vgl.  hierzu  Kasaya  710  kozb. 

790.  Hova  %vo  fuku.  JSil^BJc<    Das  Muschelhorn  blasen. 

Ruhmredig    sein,    prahlen,    aufschneiden      Daher    nennt   man 
einen  Prahler  homfuki,  Aluschelhornbliiser. 


—       82       — 

791.  Ilorcvarcta  g-a  ingzva.  t^.  ■iJUT:«^'!!^   Geliebt  werden  ist 

eine  Strafe. 

Die  Liebe  stürzt  oft  ins  Unglück. 

792.  Iloreta yohunc  de  yohi  mieni.  föt;l5l3Tftf  <  .^'^  ^    Einem 

verliebten  Auge  erscheint  es  schön. 

793.  llorete  kayocba  senri    ino    ichiri.  tSTii'^(l''T'E  i— M    Wer 

auf  verliebten  Wegen  geht,  für  den  sind  selbst  tausend 
Meilen   nin-  eine  Meile. 

794.  Iloshi  110  gotoku.  ^"^^11  <    Wie  Sterne   (so  zahlreich). 

795.*  Iloshi  iva  Jiiru  iiucz7l,  hi  iva yoni  terasazji.  Mdft^'^"?',  HU 
SM§T'  Die  Sterne  sieht  man  nicht  am  Tage,  die  Sonne 
scheint  nicht  in  der  Nacht. 
Alles  hat  seine  Zeit. 
796.*  Hösö  zvo  ßiniu.  ^^^^V    Wohlriechende  Fusspuren  be- 
treten. 

Einem  tugendhaften  Beispiele  folgen. 

797.  Hoso i  kemuri  vw   tachi-kaneru  yd.    t^'^^^^)  l'^'b'^^YXh'P ^ 

(So  arm),    dass    selbst    nicht  der  kleinste  Rauch  (aus 
der  Küche)  aufsteigen  kann. 

798.  HotoJx'e    Jiottoke,    kavii   kamatina !    f§:fe5cs  IT,  pjfi^tx    Wirf 

Buddha  weg,  kümmere  dich  nicht  um  die  Götter  ! 

Scherzhaft,  etwa  in  dem  Sinne  von :  weniger  beten,  mehr 
arbeiten !  Zugleich  ein  gutes  Beispiel  für  Verbindung  ähnlich 
klingender  Wörter. 

799.  Hoiokc  ino  vioto  lua  bonibu.  t'HTCll-'li^   Selbst  ein  Buddha 

war  im  Anfange  ein  gewöhnlicher  Mensch. 

Jeder  kann  ein  Buddha  werden,  wenn  er  ernstlich  will. 

800.  Hotoke  HO  Jiikari  mo  kane  shidai.  f^OJfJ  t^^^  Selbst  der 

Strahlenglanz  Buddhas  richtet  sich  nach  dem    Gelde. 

801.  Hotoke  HO  kao  vio  sando.  fJ'^'MtSJg    Selbst    ein    Buddha 

wird  zornig,  wenn   man   ihm    dreimal    mit    der    Hand 
übers  Gesicht  fährt. 


-     Ss     - 

Selbst  der  Siinftmüthigste  verliert  schliesslich  die  Geduld.  Nach 
sando  ist  etwa  zu  ergänzen :  nazureba  hara  ga  tatsit  (vgl.  die 
Übersetzung).  Statt  hotoke  sagt  man  auch  Jho  (d.  i.  eine  poiJuläre 
buddhistische  Gottheit,  die  in  allerlei  Nöthen  hilft). 

802.  Hotoke  710  nai  tera-mairi.  ^^tC«''^!! "J    Ein  Tempelbesuch 

zu  einer  Zeit,  wo  der  Gott  nicht  da  ist. 

Wenn  man  jemand  nicht  zu  Hause  triiTt ;  oder  wenn  man 
einen  weiten  Weg  gemacht  hat,  um  etwas  zu  sehen,  und  es  grade 
dann  nicht  zu  seilen  ist  u.  dgl. 

803.  Hotoke  tanonde  jigoku  e  ochmi.  [WXL'^iW.'^t^h   Sl in  Ver- 

trauen auf  Buddha  setzend  in  die  Hölle  kommen. 

Von  einem  felschen  Freunde  im  Stich  gelassen  oder  verrathen 
werden. 

804.  Hotoke  tsukurite  vie  loo  akcnu.  -^f^  "J  t  @  ^-Pfl  t  J  "f-  Einen  Buddha 

machen  und  ihm  keine  Augen  geben. 
Das  Wichtigste  vergessen. 

805.  Hotoke  wo  tsukuttc   tainasJiii  wo   irezii.    %^\'^^XW^'K\i'V' 

Einen  Buddha  machen   und  ihm  keine  Seele  geben. 
Gleich  804. 

806.  Hyaku   mo  shöchi,    ni-hyaku  1110  gaten.   W  1 7?:^n.  — W  t  ^^ 

Ich  verstehe  hundert  und  z\veihundert(mal). 
Ich  habe  die  Sache  vollständig  begriffen. 

807.  Hyakkzuan  110  iaka  uio  lianasaneba  shirezu.  WS'?).'^  lS5c?  illt 

^^'V'  Selbst  einen  Fjlken  für  hundert  Thaler  kennt 
man  nicht  eher,  als  bis  man  ihn  (auf  den  Reiher)  los- 
lässt. 

808.  Hyakit-byö    zva    ki    kara    okorii.     W^lii^^' ?>&?>      Hundert 

Krankheiten  entspringen  aus  dem  Geiste. 

Die  Begierden  des  Herzens  sind  die  Ursachen  von  vielen 
Krankheiten. 

809.  Hyaku-bumvaikken  ni  shikazu.   Wriait  — ai^-^'o''^  Hundert- 

mal hören   ist  nicht  so  gut  wie   einmal  sehen. 

810.  Hyaht-gei  wa  icJdgei  no  hizvashiki  ni  shikazu.  WBll— SO 

ii^B  L^llin«*"?*  Hundert  Künste  sind  nicht  so  gut  wie 
eine  Kunst  gründlich  betrieben. 


-     84     - 

8i  I.*  HyakU'Jiatsu,  Jiyaku-chTi.  WIIW^I*  Hundert  Schüsse,  hundert 
Treffer. 

Bei  allen  Unternehmungen  Erfolg  haben. 

8 12.  Hyahi-vion  de  katta  iima  no  yö.  'S'^TKt^fiS'D^  t    Wie  ein 

Pferd  für  hundert  Heller. 

Von  grosser  Trägheit ;  besonders  von  jemand,  der  beim  Gehen 
sehr  langsam  ist. 

8 1 3.  Hyakn-nichi  no  seppd,  he  Idtotsn.  'S' B  <^WikMr-o  Die  hundert- 

tägige Predigt  (schliesst  mit)  ein(em)  Wind  (crepitus). 

Die  Arbeit  vieler  Tage  wird  in  einem  Augenblick  durch  einen 
unglücklichen  Zufall  vernichtet. 

814.*  Hyakii-ri  wo  yukn  mono  hijTiku-ri  wo  motte  nakaba  to  su. 
■SM4*^<  i,(DUii-YW.^liXX^it  Wer  hundert  Meilen  ge- 
hen will,  muss  neunundneunzig  als  die  Hälfte  ansehen. 

815.*  Hyakn-sen,  Jiyaku-Jiai.  "5"i£,  "S"I5:  Hundert  Schlachten,  hundert 

Niederlagen. 

Stets  geschlagen  werden  ;    in   allen  Unternehmungen  Unglück 
haben. 

816.*  Hyaku-sen,  Jiyaku-shd.  Wi?,  W^  Hundert  Schlachten,  hundert 
Siege. 

Stets  siegreich  sein  ;  immer  Erfolg  haben. 

817.*  Hyaku-shahi  kantö  sara  ni  ippo  wo  susjimn.  Wi^^I^Sl-— #^ 
jit'  Am  Gipfel  einer  Stange  von  hundert  Fuss  noch 
einen  Fuss  (eigtl.  Schritt)  höher  klettern. 

Alle  andern  übertreffen,  etwas  Ungewöhnliches  leisten. 

818.*  Hyaku-shö,  Jtyaku-hai.  W^,  WSi:  Hundert  Siege,  hundert 
Niederlagen. 

Mit  unentschiedenem,  wechselndem  Glück  kämpfen. 

819.  llifalzrisliö  no  mannö.  WÜ?>^Hb  Die  zehntausend  Künste 
des  Landmannes. 

Auf  dem  Lande  muss  jeder  sein  eigener  Schneider,  Zimmer- 
mann, Haarschneider  etc.  sein,  da  es  dort  keine  Handwerker 
giebt. 


—    85     — 

820.*  Hjjöki  gyokkotsu  sennin  no  gotoku.  ?^J3]l^'B*^A^iin  ^  Wie 
eine  Fee  mit  einer  Haut  (so  glatt)  wie  Eis  und  mit 
Knochen  wie  Edelsteinen. 

Von  einer  sehr  schönen  Frau. 

821.*  Myöri  hai)ipuhi  no  hito.  MMFxM^^A  Einer,  der  aussen  und 
innen  umkehrt. 

Ein  unzuverlässiger,  wankehnüthiger  Mensch. 

822.*  Hydri  no  setsu.  %%'^^  Meinungen  (Aussagen)  wie  aussen 
und  innen. 

Sich  widersprechende  Aussagen  oder  Meinungen. 

823.  Ilyöshi  ga  yoi {od.  tvarni).  *ä-^t)>JJ(,'  (M(<0  Der  Takt  ist 

gut  (od.  schlecht). 

Eine  günstige  Gelegenheit  finden  und  geschickt  benutzen,  Glück 
haben ;  resp.  das  Gegentheil. 

824.  Hyöshi-mike  ga  suru.  ^^WJ^^'t  h    Aus  dem  Takte  kommen. 

Die   rechte   Zeit   verpassen,    sich    eine   günstige   Gelegenheit 
entgehen  lassen. 

Hyötan  (Eis  und  Kohle). 

825.*  Hyötan  ai-irezu.  ^WM'UX^'V  Eis  und  Kohle  lassen  sich  nicht 
mischen. 

Grundverschiedene  Naturen  passen  nicht  zu  einander. 

826.*  Hyötan  kokiibyakn  no  gotoku.  *^I^Ö0J!n<  Wie  Eis  und 
Kohle,  wie  schwarz  und  weiss. 

Hyötan  (Flaschenkürbis). 

827,  Hyötan  de  namazu  tvo  osaeru yö.   ^W^'kt^^^h'^  1    Als  ob 

man   mit  einem  Flaschenkürbis  einen  Wels  festhalten 
wollte. 

Sowohl  Flaschenkürbis  als  Wels  sind  sehr  glatt. 

828.  Hyötan   kara    koma    ga    dem.    lEW^'o' ?il»l5^'Öi*    Aus  einem 

Flaschenkürbis  kommt  ein  Fohlen  heraus. 

Scherzhafte  Verdrehung  von  j'xian  kara  homma ga  derii{%.  d.). 
Von  einem  merkwürdigen  Vorfall;  auch,  wenn  jemand  aufschneidet. 


—     86    — 

829.     Hyötan  ivo  kukutta  yö.   im^-tS^:/':^ -i    Als  ob  man  einen 
Flaschenkürbis  geschnürt  hätte. 

Der  Flaschenkürbis  ist   schon  von  Natur  in  der   Mitte  einge- 
schnürt.    Von  jemand,  der  den  Gürtel  zu  fest  umgebunden  hat. 


•I»>^<— 


I. 


J  (Brunnen). 
830.     /  HO  liotori  ni  cliigo  zi'o  okic.    ^Oii!i:^l^g<    Ein  Kind  an 
den  Brunnenrand  setzen. 

Ein  hoher  Grad  von  Leichtsinn  oder  Gedankenlosigkeit. 

831.*  I  HO  iiaka{od.  i  no  nchi)  no  kaiuazii  daikai  ivo  shimsu.  ^'^ 
f\>iDik:kW=^^h't-  Der  Frosch  im  Brunnen  weiss  nichts 
vom  Meere. 

Oft  abgekürzt :  /  ;it>  uchi  no  kaiuazu,  der  Frosch  im  Brunnen. 

I  (Arzt). 
832.*  I  zva  shi  sezani  byösha  zvo  naosii.   ^U?E-tf  S'^i^^'r'Ä'T    Der 
Arzt  heilt  (nur)  den  Kranken,  der  nicht  stirbt. 

Wenn  das  Schicksal  beschlossen  hat,  dass  der  Kranke  sterben 
soll,  so  ist  alle  ärztliche  Kunst  vergebens. 

Ichi  (Marktplatz). 

833.  Ichi  ni  tora  wo  hanatsii  yö.  "fUi-/^4>i5c-o^9   Als  ob  man  auf 

einem  Marktplatz  einen  Tiger  losliesse. 

834.  IcJii  no  uchi  ni  inja    ari.  "iU?)!^!*^^^^     Mitten   auf   dem 

Marktplatz  ist  ein  Einsiedler. 

Man  findet  manchmal    Dinge  da,   wo  man  sie  nicht  erwarten 
sollte. 

835 .  IcJii no  ucJii  no  inkyo  noyö.  fU?) 4» ^öH^O-P  -5  Wie  ein  Einsiedler 

auf  dem  Markte. 

Ein  inkyo  ist  eigentlich  jemand,  der  sich  von  den  Geschäften 
zur  Ruhe  gesetzt  hat. 


-     87    — 

Ichi  (Eins). 

836.  Ichi  Fuß,  ni  taka,  sau  nasiibi.  — ^±,  — fll,  HSK^  Zuerst  der 

Fuji,  dann  der  Falke,  dann  die  Eierfrucht. 

Eine  alte  Redensart  von  den  drei  besten  Träumen  :  ein  Traum, 
in  dem  man  den  Fujiberg  sieht,  hat  die  beste  Vorbedeutung  ;  dann 
kommt  das  Träumen  von  Fali<en,  dann  das  Träumen  von  Eierfrüch- 
ten (Solanum  melongena). 

837.  Icldhira,  nia'aki,  san  obiti.  — ^,  — Ife^,  HMCA  Zuerst(das  Kind) 

auf  dem  Schooss,  dann  das  auf  dem  Arm,  dann  das  auf 
dem  Rücken. 

838.  leid  hodo,  in  kaue,  san  kiryo  (od.  yösliokii).  —%%  — #,  H#'6, 

Zuerst   Rang,  dann  Geld,  dann  Schönheit. 

839.  Ichi  ka  bacJd  ka yatte  mini.  — '5'lt*!»t)*ISi'CÄS   Versuchen,  ob 

eins,  ob  acht. 

Etwas  wagen,  aufs  Gerathewohl  thun. 

840.  IcJd  ni  kavibyö,  ni  ni  kusuri.  —V-^M^  :^l-^  Zuerst  Pflege, 

dann  Arznei. 

Pflege  in  der  Krankheit  geht  vor  Arznei. 

841.  Ichi  ni  itn-gao,  ni  ni  inaru-g-ao.  —C-I^ISit  ^i~^  ^"^  Zuerst  ein 

Melonengesicht,  dann  ein  rundes. 

Ein  melonenförmiges  (längliches)  Gesicht  ist  schöner  als  ein 
rundes. 

842.*   Ichi  iva  hambutsu  no  hajiniari.    -'\tBM<^%»'')    Eins  ist  der 
Anfang  aller  Dinge. 

843.  Ichi  wo  kitte ßi  wo  shirn.  — 'VfiBv^'Ci'^'^S  Eins  (einen  Theil) 

hören  und  gleich  zehn  (das  Ganze)  wissen. 
Sehr  intelligent  sein. 

844.  Ichi-do  ga  matstidai.  — St'TiCf^  Einmal  ist  für  alle  Zeiten. 

Das  Gegentheil  von  unserm  "  einmal  ist  keinmal." 

845.*  Ichi-ganno  kamiuki-kiniau.  -Rae)Är?^^l'-^i'   Die  einäu- 
gige Schildkröte  trifft  auf  ein  schwimmendes  Holz. 
Unerwartete  Hilfe  in  der  Noth. 


/  _     88     — 

846.  IcJd-ji  ga  banji.  ^^11 Ü^^  Wie  eine  Sache  ist,  so  sind  alle 

Sachen. 

Bedeutet  ebenfalls  (wie  844)  das  Gegentheil  von  "  einmal  ist 
keinmal."  Wer  einmal  etwas  Böses  thut,  der  thut  es  auch  wieder 
u.  s.  w. 

847.  Ichi-ji  Uten  zvo  yunikase  iii  sezu.  — ^— IÄ^.^,-tii:-ti-f-  Nicht 

ein  Wort,  nicht  einen  Punkt  nachlässig  behandeln. 

Etwas  sehr  genau  nehmen  ;  sehr  sorgfältig  und  gewissenhaft 
verfahren, 

848.  IcJii-ji  Uten  wo  yumsazu.    --^— Ifi^tH^St"'   Nicht  ein  Wort, 

nicht  einen  Punkt  erlauben  (od.  einräumen). 
Sehr  streng  sein  ;  nichts  durchgehen  lassen. 

849.  IcJu-ji  senkin.   — ^T'^   Ein  Schriftzeichen  ist  tausend  Gold- 

stücke werth. 

850.*  IcJd-jitsu  sansJiTi  no  gcioshi.  -'  H  Hflf^^jtp  L  Ein  Tag  ist  so  lang 
wie  drei  Herbste. 

Wenn  man  etwas  (besonders  den  Gelieljten  oder  die  Geliebte) 
mit  grosser  Ungeduld  erwartet. 

85  I.*  Ichi-juno  kage,  ikka  no  nagare.  — ^?)Ü— MO^Ii  Der  Schat- 
ten desselben  Baumes,  das  Wasser  desselben  Stromes. 

Abgekürzt  aus:  ichiju  no  kage  ni yadori,  ikka  710  nagare  ivo 
kuniit  vio,  niina  k'ore  iaaJio  no  ^«  (■fiji^'?))!^)  nari — auch  wenn  wir  im 
Schatten  desselben  Baumes  ruhen,  oder  aus  demselben  Strome 
Wasser  schöpfen — es  ist  alles  die  Folge  von  Beziehungen  in  einem 
anderen  (früheren)  Leben.  Das  Spr.  ist  aus  der  buddhistischen  Welt- 
auffassung hervorgegangen,  nach  der  alles,  was  uns  in  diesem  Leben 
begegnet,  als  Vergeltung  {ingwa)  unserer  Thaten  in  einer  früheren 
Existenz  anzusehen  ist. 

852.*  IcJä-ini,  ddshin.  — BlcJ^iC'  P2in  Geschmack,  dasselbe  Herz. 
Mit  einander  übereinstimmend,    zu  derselben   Partei  gehörig. 
Auch  :    icJiiiiii  no  mono,  "  einer  von  gleichem   Geschmack,''    für 
Gesinnungs-oder  Parteigenosse. 

853.*  IcJd-viü  shTunö  wo  Idki-ai-hute  kwakö  niirii.  —  W^W'i'^l^+BI? 
Ü^X'k^V-Xh  Wenn  ein  Bünder  die  blinde  Menge  leitet, 
fallen  sie  in  die  P'euergrube. 


-     89    - 

854-  Ichi-mon-ashimi  no  Jiyaku  shirazu.  —'^\h^^'U'X^^'P  Auf 
einen  Heller  Werth  legen  und  sich  um  hundert  Heller 
nicht  kümmern. 

In  Kleinigkeiten  sparsam  sein  und  dann  wieder  mit  vollen 
Händen  ausgeben  ;  oder  auch  :  sich  um  eines  kleinen  Gewinnes 
willen  einen  grossen  entgehen  lassen. 

855.  IcJn-mon-zeni  de  nania-ziime  wo  hagasti.  —XI5T4/K^f !!*■»' -f 
Sich  wegen  eines  Hellers  die  Nägel  (beim  Suchen) 
abreissen. 

Zu  weit  getriebene  Habgier,  die  Schaden  bringt. 

856.*  Ichi-nen  no  hakarigoto  iva  gwanjitsu  ni  an,  tsmna  ivo  osliiyiiru 
zi'a  shokefi  ni  ari.  -¥Ost "J  r  i  Utc  H  i:  ^  "J ,  g^H'J)  h  li  ÜOÄ 
l-fe'J  Den  Plan  für  das  Jahr  macht  man  am  Neujahrs- 
tage, die  Belehrung  der  Frau  beim  ersten  Sehen. 

857.  Ichi-nen  ten  m  tsüzu.  —^ViV-MrP  Ein  Gedanke  reicht  bis 
zum  Himmel. 

Was  man  ernstlich  will,  das  erreicht  man  auch. 

858.*  Ichi-nicJd  no  koto  tva  asa  ni  ari,  ichi-neti  no  koto  wa  gwan- 
jitsu ni  ari.  -BO^UI^r-fc^J, -^^^fl^lXTcHUfe^J    Das  Ge- 
schick  eines   Tages  beruht  auf  dem  Morgen,   das  Ge- 
schick eines  Jahres  auf  dem  Neujahrstage. 

Es  ist  von  Wichtigkeit,  wie  man  den  Tag  oder  das  neue  Jahr 
beginnt,  da  dem  Anfange  gewöhnlich  auch  der  Fortgang  und  das 
Ende  entsprechen. 

859.     IcJ'.i-nichi  no  shi  wo  ino  utonzu  bekarazu.  ~  H  Oßip/^  i  I^^T  pJb* 
h't'  Auch  den  Lehrer  nur  eines  Tages  soll  man  nicht 
kalt  behandeln. 

860.*  Ichi-ri  areba  ichi-gai  ari.  — ^IfeiHt— W*)  "J    Wo  ein  Vortheil 
ist,  ist  auch  ein  Nachtheil. 
"  Keine  Rose  ohne  Dornen." 

861.     Ichi-ryit  mambai  to  narii.   -'%l^^ti^h    Ein  Reiskorn  ver- 
zehntausendfacht  sich. 

Eine  geringe  Gefälligkeit,  die  einem  reich  vergolten  wird. 


—    90    — 

862.  IcJii-ya  akuvcba  Olli ga  rei  ni  kurU:  — SM^itÄt'jfigU^Ä  Wenn 

noch  eine  Nacht  vergeht,  so  kommt  (selbst)  der  Teufel 
zu  gratuh'ren. 

Gemeint  ist  die  Nacht  vor  dem  Neujahrstage  ;  "  Teufel "  be- 
deutet '•  Gläubiger."  So  unangenehm  die  letzten  Tage  vor  Neujahr 
sind,  weil  alsdann  alle  Rechnungen  des  alten  Jahres  erledigt  werden 
müssen,  so  frei  fühlt  man  sich  am  Neujahrstage,  von  wo  ab  man  vor 
seinen  Gläubigern  bis  zum  Ende  des  neuen  Jahres  wieder  Ruhe  hat. 

863.  IcJd-ya  akuvcba  shakkintori  1110  iigidsu  no  koe.  — ^M^ilffa^SX 

"J  i'M<^%   Wenn  noch  ehie  Nacht  vergeht,  so  hat  selbst 
der  Gläubiger  die  Stimme  der  Nachtigall. 

Weil  er  nicht  zu  mahnen,  sondern  zu  gratuliren  kommt. 

864.*  IcJii-yö  ocJiitc  tenka  no  aki  wo  shiru.  —  ^^t^^T'^l^c^^PÄ 
Wenn  ein  Blatt  fällt,  so  weiss  man,  dass  es  nun  überall 
auf  der  Welt  Herbst  ist. 

Aus  einem  einzelnen  Anzeichen  kann  man  oft  auf  einen  allge- 
meinen Zustand  der  Dinge  schliessen. 

865.*   IcJd-yokii  wo  Jishhiau.  —"^^^i^  Einen  Flügel  verlieren. 
Eine  Hauptstütze  verlieren. 

866.*  Ichö  yama  no  gotoht.  '^#lll'?)ijp  <  Auf  einander  gehäuft 
wie  Berge. 

867.  Idaten-bashiri    ni    liashiri-yiiku.      $l!c?cj^''J  It^'Jfi' <      So 

schnell  laufen   wie  Idaten. 

IdatcJi  ist  der  Name  eines  buddhistischen  Gottes,  der  sich  nach 
dem  Volksglauben  durch  Schnelligkeit  im  Laufen  auszeichnet. 

868.  Idobata  no  chazvan  no  yö.  ^fö-O^^O^  ■?    Wie  eine  Tasse 

auf  dem  Brunnenrande. 

Von  etwas,  das  in  grosser  Gefahr  ist. 

869.  Idobata-kzvaigi.  ^I^Wü  Die  Berathung  am  Brunnen. 

Scherzhaft  von  Weibern,  die  am  Brunnen  zusammenstehen  und 
klatschen, 

870.  le  niazusJdkii  sJdte  kösldizuni.  ^Ä  <  L'C^iF/US    Wenn  die 

Familie  arm  wird,  so  werden  gute  Kinder  offenbar. 

Sie  haben  dann  Gelegenheit,  ihre  Liebe  zu  den  Eltern  durch 
Opfer  zu  bewähren. 


—    91     — 

S/i.     le  ni  katta  taiko.    %\'--%V^%1ä    Die  Trommel,  die  man  für 
ein  Haus  eingehandelt  hat. 

Grosse  Thorheit  beim  Kauf  oder  Tausch. 

872.  le  ninu subito  WO  kmina  !   %\'-^K^^^>^i.    Halte  dir  keinen 

Dieb  im  Hause  ! 

873.  le  yovi  kama  takashi.  ^i''JS^L   Der  Flerd  ist  höher  als 

das  Haus. 

Starkes  Missverhältniss  ;  wenn  z.  B.  jemand  eine  kostspielige 
Liebhaberei  hat,  wozu  seine  Mittel  nicht  ausreichen. 

874.  li  ato  zm  wami,  ivarui  ato  zva  iL  Sv^^U^v^  M^^^UKv- 

Auf  Gutes  folgt  Böses,  auf  Böses  folgt  Gutes. 

875.  li  tokoro  totcha  hm  tokoro  nashi.  Ä^\9f ^  'h^%i>4yM  L  Wenn 

man  das  Beste  vorwegnimmt,  so  bleibt  nichts  (Gutes)  zu 
essen  übrig. 

876.  li-daslii-he.     tJc/HlLM    Der   Wind  (crepitus),   von  dem 

man  anfängt  zu  sprechen. 

Wer  in  einer  Gesellschaft  auf  eine  Unschicklichkeit,  deren 
Urheber  man  nicht  kennt,  zuerst  aufmerksam  macht,  ist  oft  der 
Schuldige.  "  Inmier,  wer  fragt." 

877.  litai  koto  iva  ashita  ie  !   sv^f'-v^^^U^B  e^    Was  du  sagen 

willst,  sage  morgen  ! 

Wenn  man  zornig  ist,  soll  man  dem  Zorn  nicht  durch  Worte 
Luft  machen,  sondern  mit  dem  Reden  warten,  bis  der  Zorn  voiüber- 
gegangen  ist.  Auch  scherzhafte  Redensart,  um  z.  B.  einer  Bitte  um 
ein  Geschenk  vorzubeugen. 

878.  Ikavii  %va  teki  to  oinoe  !  BSlIit^i^'^   Den  Zorn  betrachte 

als  Feind  ! 

879.  n^evu  inu  iva  shi  shitaru  tora  ni  niasani.    :4  3:^11^1:4;^ 

l-^S  Ein  lebendiger  Hund  ist  besser  als  ein  todter  Tiger. 
Vgl.  Pred.  Sal.  9,  4  :  Ein  lebendiger  Hund  ist  besser  als  ein 
todter  Löwe. 

880.  JA-/  110  0  ga  kinm  (od.  taerii).  4'5lt*-''irrn  4  (?g  Ä )•  Die  Schnur 

des  Athems  reisst  (od.  endigt). 
Poetisch  für  "  sterben." 


—    92     — 

88 1.  Ikino  sJiitani.  ,i.'?)Tl*   Unter  dem  Athem. 

Beim  Sterben  ;  in  den  letzten  Zügen. 

882.  Ikigake  no  dachin.  ^fÖi>OlU:K  Der  beim  Davongehen  milge- 

nommene  Lohn. 

Dinge,  die  vermisst  werden,   nachdem   z.    B.    ein    Dienstbote 
entlaufen  ist ;  die  er  hat  "  mitgehen  heissen." 

883.  Iklhaji  kaku  yori  shinu  ga  mashi.     ,l,l't'«"<  l  «J  ?E«*^*^  L 

Sterben  ist  besser  als  in  Schande  leben. 

884.  Jhhna  siiki  mo  iiai.  äMW.^  lU^'  Nicht  einmal  eine  Pause 

zum  Athmen. 

Alle  Hände  voll  zu  thun  haben. 

885.  Ikiunia  no  ine  %vo  nuku.  ^^.^€)Bß^?S<    Einem  lebendigen 

Pferde  die  Augen  stehlen  (ohne  dass  es  es  merkt). 

Von  geschickten  Taschenspielern,  überhaupt  von  geschickten 
Menschen. 

886.*  Ikken  kyo  luo  hoete,  banken  koe  ni  Jiocru.  —'X'^f^^-LX% 
:^^l-e^l^  Wenn  ein  Hund  um  nichts  bellt,  so  bellen 
zehntausend  Hunde  aus  vollem  Halse  mit. 

Unwahre  Gerüchte  verbreiten  sich  schnell.  Auch  :  ikkc7i  kyo  wo 
hoefc,  banken  jitsu  wo  tsutaii,  wenn  ein  Hund  etwas  Unwahres  bellt, 
so  verbreiten  es  zehntausend  Hunde  als  Wahrheit. 

887.*  Jkki  tosen.  —W^'^^  Ein  Reiter,  der  es  mit  tausend  Reitern 
aufnimmt. 

Ein  ungewöhnlich  tapfeier  oder  hervorragender  Mann. 

888.*  Ikkokti  atai  senkin.  —^'MT^  Eine  Stunde  ist  tausend 
Goldstücke  werth. 

889.*  Ikkoku  sensJin.    — ^IlTft   Eine  Stunde  (wird  einem  so  lang 
wie)  tausend  Herbste. 
Siehe  No  S50. 

890.*  Ikkyo  ryötokn.  — ^M#  Mit  einer  Bemühung  beides 
bekommen. 

"  Zwei  Fliegen  mit  einer  Klappe." 


—    93     — 

891.*  Ikkyo-sJiu,  ittö-sohi.    —%^i  ~^^   (Es  ist  nur)  eine  Hand- 
bewegung, ein  Fussheben. 

Um  in  sagen  :  (was  Sie  wünschen)  ist  eine  Kleinigkeit;  es  macht 
mir  nicht  die  geringste  Mühe. 

892.*  Jhö  döon.   ^V^Wh    Verschiedener  Mund,  derselbe  Klang, 
Sich  übereinstimmend  äussern  ;  Einstimmigkeit. 

893.  Ikura  rikinde  mo  cliikara  ni  amarii  koto  zva  dekinu.   SS^ 

:^^TlÄl:^;S^(tffi^^5W  Wie  man  sich  auch  rühmt,  man 
kann  nicht  über  seine  Kräfte. 

"  Ein  Schehn  giebt  mehr  als  er  hat," 

894.  Ihusa  mite  ya  %uo  /lagu.    U^^X^^%\<:     T3ie  Pfeile  erst 

dann  Schäften,  wenn  man  Krieg  sieht. 

Wie  312  :  etwas  thun,  wenn  es  zu  spät  ist. 

895.  TinadoJ^i  no  ancsau  {od.   nesaii)  yudan  zva   naranu.    ^B3f 

(Dmt  UmiitU  hn    Mit    den    heutigen   Dienerinnen  (im 

Tlieehause)  muss  man  vorsichtig  sein. 
Die  heutigen  Schenkmädchen  taugen  nichts. 

896.  Iniamairi  hatsiika.    -t^^'J— i'S    Die  zwanzig  Tage  des 

Neugekommenen. 

Wer  neu  in  den  Dienst  tritt,  pflegt  in  den  ersten  Tagen  sehr 
eifrig  zu  sein.  "  Neue  Besen  kehren  gut.'' 

897.  Inio  HO  kashira  de  ino  kashira  ni  narc  l   ^'OglT  Ißll-^a 

Werde  ein  Haupt,  wenn  auch  nur  das  Haupt  einer 
Kartoffel ! 

Bringe  es  zu  einer  commandirenden  Stellung,  wenn  auch  nur  in 
einem  kleinen  Kreise,  kashira,  "  Haupt,"  ist  hier  gleichzeitig  in 
der  Bedeutung  "  Hauptmann,''  "  Anführer ''  und  {i'wo  no  kashira) 
"Hauptstamm  der  Taropflanze''  (der  japanischen  Kartoffel,  Colocasia 
antiquorum)  gebraucht. 

898.  Ivio  HO  nieta  mo  gosonjinai.   ^^^.Ll^^i'&i'^llU^^  Er  weiss 

nicht  einmal,  was  gekochte  Kartoffeln  sind  (kann  nicht 
einmal  gekochte  Kartoffeln  von  ungekochten  unter- 
scheiden). 

Um  zu  sagen  :  er  hat  von  der  Sache  keine  Ahnung,  obgleich 
er  so  thut,  als  verstände  er  etwas  davon ;  besonders  auch  =  er  ist 
ein  blosser  Theoretiker,  ohne  jede  praktische  Erfahrung. 


—     94     — 

899.  Imo  zvo  aran  yö.    ^-ViJfc-^^  1     Wie  wenn  man   Kartoffeln 

wäscht. 

Von  grossem  Gedränge  ;  die  Menschen  drängen  sich  so  zu- 
sammen wie  die  Kartoffeln  ini  Topfe. 

900.  l^npu  vi  umazn-me  öshi.   f^^l-Tl^f^  L    Sinnliche  Frauen 

sind  oft  unfruchtbar. 

901.  Ttiaxiniia  ni  abura  tsiiketayö.  ^^i-rÄf^iJ:/':il  Ah  ob  man 

einen   Blitz  geölt  hätte. 

Ausserordentlich  schnell  ;  "  wie  ein  geölter  Blitz." 

902.  Tufjyö  iva  kubi  to  ts2iri-gae  !  EpJ^ll^- liilf -^  Hänge  deinen 

Stempel  im  Gleichgewicht  mit  deinem  Kopfe  auf! 

Mit  seinem  Stempel  (der  in  Japan  die  Unterschrift  vertritt)  soll 
man  so  vorsichtig  umgehen  wie  mit  seinem  Kopfe. 

903.*  TiHfiva  tekimen.   Bll^riSW  Die  Strafe  folgt  (der  bösen  That) 
auf  dem  Fusse. 

904.*  Inliö  anba  sJiömci  ari.  ilfi'fcnitM^*>''J    Es  giebt  verbor- 
gene Tugend,  aber  auch   glänzenden   Ruhm. 

905.     Jiiovhi  atte  110  mono-dane.   ■^^"'^'CO'f^fi   Wenn  das  Leben 
da  ist,  (so  ist)  der  Grundstock  (die  Hauptsache)  da. 

Genauer  :  der  Grundstock  des  da  seienden  Lebens,  oder  :  der 
Grundstock,  der  da  ist,  wenn  das  Leben  noch  da  ist.  Hat  nicht, 
wie  sonst  angegeben,  den  Sinn  einer  tröstenden  Zurede  :  so  lange 
das  Leben  da  ist,  lässt  sich  noch  alles  hoffen,  ist  noch  nichts 
verloren — sondern  soll  sagen,  dass  es  besser  ist,  auf  eine  Sache  zu 
Acrzichten,  wenn  sie  mit  allzu  grosser  Gefahr  verbunden  ist.  Oft 
auch  ironisch  von  jemand,  der  nichts  wagen  will ;  sowie  auch  als 
scherzhafte  Beschönigung  für  bewiesenen  Mangel  an  eigenem  Muth. 
Auch  wird  scherzhaft  als  Parodie  hinzugefügt :  Jiaiake  aiie  110 
imoddiic,  die  Saatkartoffeln,  die  da  sind,  wenn  nur  der  Acker  da  ist. 

906.*  Inoc/ii  nagakereba  haßösIii.'v^^^TkiitM.^l..  Ein  langes  Leben 
bringt  viele  Beschämungen. 

907.  Inoclii  ni  kacnt.  takava  nasJii.    ■p^i'^'^  ■SS^ftlL     Das   Leben 

ist  für  keine  Schätze  feil. 

908.  Inoclii  no  oya.  i$<^^  Vater  des  Lebens. 

Für  :  "  Lebensretter.'' 


—    95     — 

909.  Inoclii  110  sentaku  wo  suni.    <^'^^W^'T  Z    Das  Leben  wa- 

schen. 

Sich  gründlich  (mehrere  Tage  lang)  ausruhen. 

910.  /;!oc/n  wa  füzen  110  tomoski-di.    f^ltUM^^'^'h    Das   Leben 

ist  ein  Licht  im  (eigtl.   vor  dem)  Winde. 

911.  InocJii  wa  takara  no  tnkara.  -p^l^K^K   Das  Leben  ist  der 

Scliatz  der  Schätze. 

912,*  JnoTxO  wo  idakite  kusaki  wo  sJiu'azn.  it^t^^'CÄ^i'^  f>T" 
Ein  Schwein  auf  dem  Arm  tragen  und  nichts  von 
seinem  Gestank  merken. 

913.  Inosliishi-inusha.  if^tS^-ei'  Ein  Krieger  wie  ein  Wild- 
schwein. 

Ein  Krieger  von  grosser  Unerschrockenheit,  aber  von  rohen, 
ungeschlachten  Sitten.  Auch  :  blinde,  sinnlose  Verwegenheit. 

914.*  Intoltu  areba yöhö  ari.  r^MWUlXHIRWJ  Es  giebt  verbor- 
gene Tugend,  aber  auch  glänzenden  Lohn. 

Oft  abgekürzt  :  inloku  yo/io,  verl^orgene  Tugend,  glänzender 
Lohn. 

915.  Inn  Jione-oite  taka  ni  torareni  {od.   eratrrii).    'X^^^'^'M^'- 

Mhk^h  {'\%hirth)-  Der  Hund  strengt  sich  an,  vom  Falken 

aber  wird  (der  Vogel)  gefangen. 

Die  Früchte  fremder  Arbeit  ernten.  Auch  in  der  Form  :  ///;/ 
Jione-otte  taka  110  ejiki,  der  Hund  strengt  sich  an,  aber  es  wird 
das  Futter  (die  Beute)  des  Falken. 

916.  /////  ino  anikeba,  bö  ni  ataru.  :;^  i^ffl?(I"#l-^c    Selbst  der 

Hund  trifft  beim   Herumlaufen  auf  Schläge. 

Scherzhafte  Redensart  bei  unerwarteten  Glücksfällen.  Jeder  hat 
einmal  einen  glücklichen  Tag. 

917.  Inu  mo  liöbai,  taka  ino  höbai.    ^^t  t  MIÜä»  K  i  S9lt    Auch    der 

Hund    hat    seine    Freunde,    auch    der   Falke    hat  seine 
Freunde. 

918.  Inu  ?ii  natte  ino,   ddoko  no  inu  ni  nare  !  i<.\'-l^'^  \^%W\(^ hV- 

^H  Wenn  du  schon  einmal  ein  Hund  wirst,  dann  werde 
wenigstens  der  Hund  eines  grossen   Hauses. 


-     g6     - 

919.  Iiiu  HO  kawabata-aruki.  ::^'5jllJi^#1f->   Das  Umherlaufen  des 

Hundes  am  Flusse. 

Von  Leuten,  die  sich  wohl  ein  Vergnügen  verschaffen,  aber  kein 
Geld  datür  ausgeben  möchten  ;  die  sich  z.  B.  die  blühenden  Kirsch- 
bäume am  Flusse  bei  Muköjima  ansehen  und  dann,  ohne  in  ein 
Theehaus  eingekehrt  zu  sein,  wieder  nach  Hause  gehen. 

920.  /////  HO  ko !  itO^   Ein  kleiner  Hund! 

Mit  diesem  Zuruf  beruhigt  man  Kinder,  Ijesonders  wenn  sie 
vor  etwas  erschrocken  sind.  Überhaupt  gilt  der  Hund  als  Schutz- 
geist der  Kinder.  Gewöhnlich  mehrmals  hintereinander  :  /«//  no  /co, 
imi  710  ko!  auch  :  innoko,  innoko  gesprochen. 

92 1 .  Imi  110  kuso  de  kataJd  wo  ntsu.  'k<^M'^W^V[^  Sich  an  seinem 

Feinde  mit  Hundemist  rächen. 

Sich  auf  gemeine,  niederträchtige  Weise  rächen. 

922.  I/ui  110  kuso  to  Samurai ga  koivakute  wa  Edo  e  korarenu.  "^^ 

^if#t>"I^<'CUö:^'^^f>n»  Wer  sich  vor  Hundekoth  und 

vor  Samurai's  fürchtet,  soll  nicht  nach   Edo  gehen. 

Grosse  Häufigkeit  der  Samurai  im  alten  Edo,  der  Residenz  des 
Shögun  mit  seinen  80000  Hatamoto,  wozu  noch  die  vielen  Tausend 
Gefolgsleute  von  mehr  als  250  Daimyö  kamen,  die  die  Hälfte  des 
Jahres  dort  wohnen  mussten.  Dass  die  Zahl  der  Hunde  in  Edo 
früher  ungemein  gross  gewesen  sein  muss,  geht  auch  aus  No  952 
hervor. 

923.  /;///  lo  saru  no  yd.  :^i^<?)'P5    Wie  Hund  und  Affe. 

Entspricht  unserm  "  wie  Hund  und  Katze.''  (Vgl.  No  514.) 

924.  Inu  110  toshi-toritaru gotoku.    -)K'^^M''M\h\\\K    Wie  das  Alt- 

werden  des  Hundes. 

Alter,  aber  nicht  klüger  werden. 

925.  Imi  no  7imare-gatvari.  s^^^H^'J    Die  Wiedergeburt  eines 

Hundes. 

Ein  Mensch  von  so  niedriger  Sinnesart,  dass  er  in  seiner  früheren 
Existenz  ein  Hund  gewesen  sein  muss. 

926.  /;///  zva  inikka  katvaniru  io  sannen  zvasurenn.  üi^ltHQfnJII  S  ^ 

^  HiäjiSnw     Wenn   ein   Hund  drei  Tage  lang  gefüttert 
wird,   so  vergisst  er  es  nicht  in  drei  Jahren. 


—     97    — 

927.*  Inn  zva  tstibnte  ni  fobi-kakaredomo,  köre  zvo  nagetaru  Jiito  ni 
kakamzn.  •^\imX-%m'\-€  t ,  Z^\^V,  h  KV-^hn  Der  Hund 
läuft  zwar  dem  Stein  nach,  aber  nicht  dem,  der  ihn 
geworfen   hat. 

928.  Inu-Jini  sunt,    'k^'t  h    Einen   Hundetod  sterben. 

Einen  ruhmlosen  Tod  sterben  ;  "  für  nichts  und  v.ieder  nichts  '' 
sterilen. 

Ipimi  (eine   Schale,  d.  h.  Wein). 

929.  Ippai  Jiito  sake  ivo  1107111,  nihai  sake  sake  wo  iiomi,  sambai 

sakc  Jiito  zvo  novin.  — ^A?@'i'^'^>  ~%W^^^h--  H$f?SA^ 
^"t"  Bei  der  ersten  Schale  trinkt  der  Mensch  den  Wein, 
bei  der  zweiten  trinkt  der  Wein  den  Wein,  bei  der 
dritten  trinkt  der  Wein  den   Menschen. 

J/>7>f// (eine  Niederlage). 

930.  Ippai   issliö   Jieika    no   ts7ine.    ~^~'B%%<^%W    (Bald)  eine 

Niederlage,  (bald)  ein  Sieg  ist  des  Soldaten  gewohntes 
Loos. 

931.*  Ippan  no  tokii  mo  kanarazn  nmkiiyti.  — tS'^^. '.  i^^ü'J'  Selbst 
die  Gutthat  einer  Mahlzeit  muss  man  vergelten. 

932.*  Jppatsu  mo  iresu.  —SiAfiT  Nicht  einmal  ein  Haar 
einfügen  können. 

Ganz  eng  bei  einander. 

933-*  Ippntsn  senkin  zvo  tsnrn.  —M^Jr^B^i  An  einem  Haare 
tausend  Pfund  aufhängen. 

Ein  sehr  gewagtes  Spiel  spielen  ;  "  alles  auf  eine  Kaite  setzen." 

934.*  Ippi  no  cJiikara  zvo  tsnkusu.  —  W?>:^4'M'f  Die  Kraft  eines 
Ellbogens  erschöpfen. 

Sich  für  einen  andern  sehr  bemühen. 

935.*  Ippikl  no  tima  ga  knnieba  sembiki  knrun.  —  EO.aStJ^'Ö'^lt'f 
nEGi>  Wenn  ein  Pferd  wild  wird,  so  werden  tausend 
Pferde  wild. 


-    9^     - 

936.*  Ippo  kotoni  snrcba,  tözai  scnn  iiochi  iii  itaritc  sei  seri.  — 
#^i:fnil'ifi®T'a^r-M^J-C^HÜt£vJ  VVenn  man  (die  Rich- 
tung) um  einen  Schritt  ändert,  so  macht  es  nachher 
einen  Unterschied  von  tausend  Ri  nach  Osten  oder 
Westen. 

937.  Iramt,  mono  mo  sannen  taicba  yd  %vo  nasu.    <PH]4^  IH#-IM'C 

{XW^'ßi't    Auch  was  man  jetzt  nicht  braucht,  ist  nach 
drei  Jahren  wieder  von   Nutzen. 

Man  soll  nichts  leichtsinnig  wegwerfen,  denn  man  könnte  es 
später  einmal  wieder  brauchen. 

938.  lri-inaine  ni  hana  {ga  saku).    l^Sl'TtCö^'i^O-     Auf  gerö- 

steten Bohnen  (blühen)  Blumen. 

Von  Dingen,  die  schwierig  oder  unmöglich  schienen,  z.  B.  wenn 
ein  Kranker,  den  man  schon  aufgegeben  hatte,  wieder  gesund  wird. 
Die  Worte  ga  saki/,  Ijlühen,  werden  gewöhnlich  weggelassen. 

Jvo  (Farbe). 

939.  Iro  no  shiroi  wa  sJiichi-nan    wo   kaknsu.     '&'?)Ö*'Mt-t:lf(^t 

Weisse    Hautfarbe   deckt    sieben    anderweitige    Mängel 

zu  (macht  sie  gut). 

Weisse  Farbe  der  Haut  gilt  in  Japan  als  Haupterforderriiss 
weiblicher  Schönheit. 

940.  Iro  -wo  mite  aku  ivo  sassu.    'fe^Ä'CB^^'^     An   der  Farbe 

(am  Gesicht)  erräth  man  das  begangene  Böse  (oder  :  die 
schlechte  Gemüthsart). 

Jvo  (Liebe). 
941.*   Iro  liito  wo  7naj'0zvasa.':u,  hito  niizukara  niayou.  "fiAVI^d  ST'« 
Aä  ?)jii'  Die  Liebe  verführt  den   Menschen  nicht,  der 
Mensch  wird  durch  sicii  selbst  verführt. 

942.  Iro  ni ]dgc{o^.  khui)no  hcdate  nashi.    -£.1:^ T(ä?S)  ^litML 

Die   Liebe   kennt   keinen    Unterschied   zwischen    Hoch 
und  Niedrig. 

943.  Iro  no  torimochi  zva  oya  yori  kazvaiu     'e.e)3i:f$lllli  *J  pI^v» 

Der  Liebesvermittler  ist  einem  lieber  als  die  Eltern. 


—     99 


944-     ^^(^  "'-^''^  sJiian  no  hoka.  "feUiS^i^^il-  Die  Liebe  lijgt  ausserhalb 
der  Überlegung. 

945.  Iro  iva  tosJdma.   'S.lt^^  Zur  Liebe  (eignen  sich  am  besten) 
Frauen  mittleren  Allers. 

946.  Iro-ke  yori  kui-ke.  ^m.1  "JÄM  Zu  grosser  Hang  zum  Essen 
ist  besser  als  zu  grosser  Hang  zur  Liebe. 

Scherzhafte  Redensart,  mit  der  man  seine  Vorliebe  für  gutes 
Essen  und  Trinken  entschuldigt. 

947.  Iro-otoko  kaue  to  chikam  wa  nashi.     '^%^^tfi\\%L     Der 
Wüstling  hat  weder  Geld  noch  Kräfte. 

Weil  er  beides  durchgebracht  hat. 

948.*  Isago cJüjite kvao  to  naru.  '^%'CXWi i]^h    Wenn  das  Sand- 
korn wächst,  wird  es  zimi   Felsen. 

949.     Isngo  110  naka  no  koganc  no yj.   '^^^^'^3%^^'^^    Wie  Gold 
im  Sande. 

Eine  gute  Bemerkung  in  einem  schlecliten  Buche;  ein  gebil- 
deter Mann  in  einem  Dorfe  unter  Bauern  ii.  dgl.  "  Eine  Oase  in 
der  Wüste." 

950.*  Isagü   wo   atsuincte   D    to    nasn.     l^^^'^^^X^-if^-t      Durch 
Anhäufen  von  Sandkörnern  macht  man  sie  zum  Hügel. 

951.  Ise  e  nanatabi,  Kuuiano  e  mitabi.  Fl^'^-fc:^.  flsS^-^HSf  Nach 
Ise  siebenmal,  nach   Kumano  dreiniii!  (pilgern). 

Ise  und  Kumano  sind  berühmte  Wallfahrtsorte.  Sinn:  man 
kann  auch  des  Guten  zu  viel  thun. 

952.  Iseya  Inarl  ni  inn  no  knso.   ^'i^M.\ui^\'--X'Z>%%    Iseya,   Inari 
und   Hundemist, 

Nach  dieser  Redensart  zu  schliessen,  die  sich  auf  das  alte  Edo 
bezieht,  muss  daselbst  die  Zidil  der  Läden,  die  den  Namen  hcya, 
d.  h.  Ise-Laden  (nach  der  Provinz  Ise  benannt)  führten,  sowie  die 
der  Tempel  des  Inari-Go\.\.Q.s  und  die  der  Hunde  sehr  gross  gewesen 
sein. 

1^953.     Isha  mo  saß  zvo  nageni.  ^^"tSk^föS  Selbst  der  Arzt  wirft 
den  Arzneilöffel  (als  nutzlos)  bei  Seite. 

Es  ist  nicht  mehr  die  geringste  Hoffnung  vorhanden. 


lOO      — 

954.  hlia  110  fuydjö.    ^^"Ol^g^fe    Des  Arztes  Vernachlässigung 

seiner  eigenen   Gesundheit. 
Siehe  No  193. 

955.  Islui  no gcnkivan.  SS'^ili^  Der  Hauseingang  des  Arztes. 

Er  sieht  möglichst  statthch  aus,  um  den  Kunden  Vertrauen 
einzuflössen. 

956.  hha  no  saji-kagen.   ^O^fttl/Jic   Das  richtige  Verhältniss  des 

Löffels  (der  Arzneidose)  des  Arztes. 

Zu  wenig  oder  zu  viel  ist,  wie  bei  Arzneidosen,  so  auch  bei 
vielen  anderen  Dingen  vom  Übel. 

957.  Jshi  ga  nagarete  konoJia  ga  sldziunn.  ^5'0iJ<T.'C/i;€)||ö''v^L' 

Wenn  die  Steine  schwimmen,   sinken  die   Baumblätter 
un'.er. 

Sagt  man  besonders,  wenn  grosse  unerwartete  Personalverän- 
derungen eintreten,  hohe  Beamte  ihre  Stelle  verlieren  und  dafür 
andere,  bisher  untergeordnete  Persönlichkeiten  ans  Ruder  kommen. 

958.  Isla  ni  Iiana   sakii.    X\\'~\t^^K     Auf  einem    Steine    blühen 

Blumen, 

Gleich  938. 

959.  hhi  ni  in  ivo  om  yd.   Sl-PP't^l' -^  7     Wie  ein  Stempel  in 

Stein   gcdiückt. 

Ganz  sicher,  unbedingt  zuverlässig  (\"on  \'ersprechungen,  Abma- 
chungen etc.). 

960.  IsJii  no  ne  ni  nio  sanjien.     ^0±.l-tH-^    Selbst  auf  einem 

Stein  (kann   man)  drei  Jahre  (sitzen). 

Mahnung  zur  Beharrlichkeit.  Die  vollständige  Form  des  Spr, 
die  al)er  nie  gebraucht  wird,  soll  lauten  :  iihi  no  ne  ni  mo  sannen 
crelni  atafaniatif,  selbst  wenn  man  auf  einem  Stein  drei  Jahre  sitzt, 
wird  man  warm. 

961.*  Is/ii  WO  idakitefnchi  ni  im.  S^lfe^'Ci)flll-A5  Mit  einem  Stein 
auf  dem  Arme  ins  tiefe  Wasser  gehen. 

962.     Ishibashl  7vo  tataitc  watam  yd.  li^^^]}Xikh^i   Als  ob 
man  beim  Gehen  über  eine  steinerne  Brücke  (bei  jedern.^ 
Schritte  erst)  klopfte  (ob  sie  auch  fest  genug  sei). 
Übertriebene,  unnöthige  Vorsicht. 


lOI       

963.  Ish  ihe  KinkichiKanakahuto.  SBlfe^'E%  Steinort,  Metallgut, 

Eisenhelm. 

Die  Verbindung  dieser  drei  Namen  dient  zur  scherzhaften  Be- 
zeichnung eines  Mannes,  dessen  Herz  gegen  Weiber  so  unemp- 
findlich ist  wie  ''  Stein,  Metall  und  Eisen." 

964.  Tsliiusu-gci.  ?4ÖB  Die  Fertigkeit  des  Steinmörsers. 

Von  jemand,  der  alles  kann  und  über  alles  urtheilt — wie  der 
Steinmörser  alles  zerreibt,  was  ihm  ^orkonnrit — aber  nichts  gründ- 
lich versteht. 

965.*  Isholmtarite  reisetsuokoru.  '^%^'')X7MM^h  Wenn  Klei- 
dung und  Nahrung  genügend  vorhanden  sind,  entsteht 
feine  Sitte. 

Feine  Lebensart  bildet  sich  erst  aus,  nachdem  für  den  Lebens- 
unterhalt hinlänglich  gesoigt  ist. 

966.*   IshTi  snru.  taÄt  h  Sich  wie  Stachelschweine  versammeln. 
Sehr  zahlreich  zusammenkommen. 

967.^X50  110  azvabi  110  kata-omoi.  ^^M'^^^-So^  Die  einseitige 
Liebe  des  Seeohrs  am  Strande. 

Ein  Ausdruck  für  unerwiederte  Liebe.  Das  Seeohr  (Haliotis) 
ist  eine  Schnecke,  deren  flaches,  breites  Gehäuse  der  Hälfte  einer 
Muschel  ähnlich  ist,  zu  der  es  aber  natürlich  keine  entsprechende 
andere  Hälfte  giebt. 

968.  Isogeba  maivare !   vtcliflt'Mlx    Wenn   du   in   Eile   bist,   so 

mache  einen  Unuveg  ! 
"  Eile  mit  Weile." 

969.  Issai  kuu  yakii.  ~^%i-''&.  Bei  (vor)  allem  ist  Essen  Pflicht. 

Essen  ist  die  erste  Pflicht ;  eine  scherzhafte   Redensart,    z.  B. 
wenn  (bei  einer  Gesellschaft)  das  Essen  beginnt. 

JssJiin{e\n  Herz).  ^ 

970.  JssJiin  iii  mikata  nashi.  —^bV-^^liU  L  Wer  fest  entschlossen 
ist,  hat  (braucht)  keinen  Genossen  (Helfer). 

"  Der  Starke  ist  am  mächtigsten  allein." " 


—       102      — 

TssJiiii  (ein  Körper). 

971.*  Isshiu,  rj'ökö.    ~MMfi    Ein  Körper,  zwei  Wege. 

A\"enn  man  zu  zwei  Dingen  Lust  hat,  die  sich  nicht  vereinigen 
lassen,  wie  es  z.  B.  der  Fall  ist,  wenn  man  an  zwei  verschiedenen 
Stellen  gleichzeitig  eingeladen  ist.  "  Wer  die  Wahl  hat,  hat  die 
Qual." 

IsshO  (das  ganze  Leben). 

972.  Isshö  keinmei  ni.    —  :^-^^p^1-    Indem  man  das  ganze  Leben 

ans  Leben  liängt  (einsetzt). 

Aus  allen  Kräften  ;  "  als  ob  das  Leben  davon  abhinge." 

973.  Issliü  110  haiia.  —  äiOlp  Die  Blume  des  ganzen  Lebens. 

Die  bedeutendste,  ruhmreichste  That  eines  Lebens. 

974.  Issliö  yimie  110  gotoshi.  —^^OjmL  Das  ganze  Leben  gleicht 

einem  Traume. 

IssJiö  (einmal  lesen). 

975.*  Isshd,  saiitan.    — "aHf^    Einmal  lesen,  dreimal   seufzen. 

"\'on  dem  Inhalt  eines  Buches  oder  Briefes  sehr  ergriffen 
werden. 

976.  Isshö-hulkUro   iva   isshd.    —ftSU— 51"    Li    einen    Beutel 

von  einem  ^//'J  (Cubikmas.«^)  geht  niu'  ein  shö. 

977.  IsshO-dolA'uri   ni  insliö   wa   iranii.     —  ?i"^.f']l-  — ?i'llA  ?>« 

Li  eine  Flasche  von  einem  shö  gehen  nicht  zwei  shö. 

978.  Issliö- UH  110  Jiisago  Iva  isshö  110  hoka  iva  imzii.  —  ThA'J  OSS 

[^^^(r^^^^-^^ty-p    Li  eine   Kürbisflasche  von   einem   shö 
geht  nicht  mehr  als  ein  shö  hinein. 

979.  Issliti  110  ri zi'o  arasou.  — l^<?>|iJ^^-5-   Sich  um  den  Gewinn 

eines  shii  streiten. 

Sich  um  eine  Kleinigkeit  streiten,  i  iV(!//'(ehemalige  Münze)\var=i 
bii,  oder=-i'ij  ry7>  {kobaa),  u%l  hatte  einen  Werth  von  33  Pfennigen. 

980.  Isstiniwlmrcba.  sliaknnohini.  — "d'W'^ltKfijii   Was  um  einen 

Zoll  länger  wird,  wird  auch  um  einen  Fuss  länger. 
Wer  einen  Zoll  breit  nachgiebt,  giebt  auch  noch  weiter  nach. 


—     I03     — 

981.*  Issim  110  kivöin  karonzu  bekamzti,  — ^i"'^3tIf^lS^T•öIt)*  f>f* 
(Selbst)  einen  Zoll  der  Zeit  (einen  Augenblick)  soll  man 
nicht  geiincr  achten. 

982.  Issiin  110  imisiii  ino  gobu  no  tamashü.  — ifO^  i  S^Oz^  Selbst 

ein  zollanges  Insekt  hat  eine  Seele  von  einem  halben 
Zoll. 

]\Ian  soll  auch  den  Niedrigsten  nicht  verachten,  ihn  nicht  reizen 
etc,  denn  jeder  vermag  sich  zu  rächen  (vgl.  No  685 \ 

983.  Issuii  saki ica yanii.  —TfJfeUH  Einen  Zoll  weiter  ist  Nacht. 

Die  Zukunft  ist  uns  verborgen,  wir  wissen  nicht,  was  der 
nächste  Augenblick  bringen  wird.  Das  Spr.  ist  entstanden  aus 
einem  Liede,  welches  mit  den  Worten  beginnt:  Nome ya  utae ya, 
issun  saki  yami  no  yo!  Trinket  und  singet,  (denn)  einen  Zoll  vor 
uns  ist  dunkle  Nacht. 

984.  Ita-hasaml  ni sarern.  ^^\'-  %\^h   Zwischen  /.wei  Brettern 

eingeklemmt  sein. 

Sich  in  einer  schwierigen  Lage  befinden ;  "  zwischen  Baum 
und  Borke." 

985.  Jtai  ue  iii  hari.  ^'it'Jil-H-    Eine  Nadel  auf  die  schmerzende 

Stelle. 

986.  Itaherki  hanasc  !  ^^)  «J  '^Hk-^  Wenn  es  weh  thut,  lasse  los  ! 

Wenn  jemand  um  eine  Sache  sehr  gebeten  und  gedrängt  wird, 
oder  durch  ihren  Besitz  viele  Unannehmlichkeiten  hat,  sodass  es, 
um  den  Arger  los  zu  werden,  am  besten  ist,  sie  fahren  zu  lassen. 

987.  ItaJxiinalKi  {od.  itöiiaki)  Jiara   wo   sagurarcijii^na  !    ^{U 

^^^^bti^U  Lasse  dir  nicht  den  Leib  befühlen  (unter- 
suchen), (d.  h.  lasse  es  nicht  dazu  kommen,  dass  man 
dir  etc.),  wenn  er  dir  nicht  weh  thut  ! 

Auch  der  Unschuldige  muss  auf  der  Hut  sein,  dass  nicht 
Verdacht  auf  ihn  fällt.     Vgl.  auch  No  567. 

988.  Itaniu  ue  shio  wo  niiru  yd.    JlSL'±Ü^^^4^    Als  ob  man 

auf  die  schmerzende  Stelle  Salz  striche. 

Schon  im  Manyöshu  findet  sich  derselbe  Vergleich  : /Az/CV /v!?« 
7ii  wa  karas/iio  wo  sosogii  ga  gotokic,  als  ob  man  auf  die 
schmerzende  Wunde  chinesisches  Salz  streute  (eigtl  :  gösse). 


—     I04    — 

989.  Itanoma  ivo  hataraku.  W^^'^^    Die  Bretterdielen  bear- 

beiten. 

Offenlliche  Badehäuser  (deren  Boden  nicht,  wie  in  gewöhnUchen 
Häusern,  mit  Matten,  sondern  mit  Holzdielen  gedeckt  ist)  besuchan, 
um  darin  zu  stehlen. 

990.  Jtaslii  kayusld.  i'i  L#  L   Schmerzend,  juckend. 

Wenn  man  kratzt,  schmerzt  es,  wenn  man  nicht  kratzt,  juckt 
es  ;  sich  in  einem  Zustande  grosser  Sorge  oder  Ungewissheit  befin- 
den; nicht  wissen,  was  man  thun  soll. 

99 1."-*'  Itcliö  isseki  ni  lua  hakobanai.  — 1^—3^1 -itillf/j:»/^  An  einem 
Morgen  und  Abend  (an  einem  Tage)  bringt  man  es 
nicht  zu   Stande. 

Die  Sache  ist  nicht  so  leicht,  n:cht  so  einflich. 

992,*  ItcJtö  isseki  110  ytie  ni  arazu.  —M— -^ <^Wl\'-^'P  Es  ist  nicht 
bloss  wegen  eines  Morgens  oder  eines  Abends. 

Die  Sache  hat  einen  tieferen  Grund ;  es  ist  nicht  bloss  wegen 
dieser  einen  Sache,  sondern  es  ist  schon  eine  alte  Klage. 

993.  Ite  ܀  kuso  zi'o  sitru.  '^^''i^XM^'t  h  Immer  sitzen  und  Koth 

machen. 

Von  trägen,  saumseligen  Menschen. 

994.  Itc  VW  tattc  vio  imremi  yd.    ^"C  iiÄt  t/Ä  f»^«^ -3     Als  ob 

man   weder  sitzen  noch  stehen  könnte. 
Weder  aus  noch  ein  wissen. 

995.  ItoJ^o-döshi  7m  kavio  110  aji.  ^3i^}lR]iSll1!SOl*  Ein  Liebes- 

vcrhältniss  mit  einer  Cousine  schmeckt  wie  Entenbraten. 

Auch  als  scherzhafte  Empfehlung  der  Hcirath  zwischen  Ge- 
schwisterkindern. 

996.  Itsunio  tsukiyo  to  koine  no  mesJii.    f^lHl  l  ^S^^ftOtS    Eine 

Mondnacht  und  gekochten  Reis  (hat  man)  immer  (gern). 

997.  Ilsuvio  yanngi  110  shita  ni  dojö  %va   oranu.     =§:0JFf911'5Ti*MlI 

Jti^io     Es  sind  nicht  immer  dojd  unter  der  Weide  (wo 
man  einmal  welche  gefunden  hat). 

Dojö  ist  der  Name  eines  kleinen  Fisches,  einer  Art  Bartgrun- 
del  (Misgurnus  rubripennis). 


—     I05     — 

998.*  ItteUf  baujö.    -^ism    Ein   Himmel,  zehntausend  Streit- 
wagen. 

Ein  alter  aus  China  entlehnter  Ausdruck  für  "Japan."  Daher 
auch  dajijo  uo  kimi,  der  Fürst  der  zehntausend  Streitwagen  =  der 
Kaiser. 

999.*  Inen,  shikai.    ~'^m%    Ein  Himmel,  vier  Meere. 
Gleich  99S. 

lOOO.*  Jtietsuzi'ofiimu.  -IM^^L' (Immer)  in  demselben  Geleise 
gehen. 

Einseitig,  eigensinnig  sein.  So  auch  :  iiteisu-inono,  oder  ittetsu 
110  hito,  der  Mann  eines  Geleises,  d.  h.  ein  eigensinniger,  be- 
schränkter Mensch. 

looi.*  litd  rjddan  na  saht.    -HWmx^m    Ein   Plan,  der  wie  ein 
Schwerlslreich  (die  Schwierigkeil)  durchh.aut. 

Ein  kühner,  energischer  Plan  ;  eine  durchgreifende  Massregel. 

1002.  Ittokl  110  ci/cK'.i  ni  scnnen  %vo  nobiiru.     — Bf ^»i^ibUf-ff 4- 

5i-5^S    Durcii  den   Luxus  einer  Stunde  verlängert  man 

(sein   Leben)  um   tausend  Jahre. 

Scherzhafte  Redensart,    wenn  man  sich  etwas  Besonderes  zu 
Gute  thut. 

1003.  Iltoki  sanri  zva  iiito  no   micJu.    -ajHUKIA^iifl    In  zwei 

Stunden    diei    Ri  (rechnet    man    auf  den)  Weg    eines 
Menschen. 

1004.  Ittohu  arebaisshitsu  ari.  -'\%h\C\.\t  —  -%h'']   Wo  ein  Gewinn 

i.st,  ist  auch  ein   Verlust. 

Wird  Hlcku  — ^  geschrielDen,  so  lautet  die  Übersetzung :  wo 
eine  Tugend  ist,  ist  auch  ein  Fehler.  "  Wo  Licht  ist,  ist  auch 
Schatten'';  "keine  Rose  ohne  Dornen."  Oft  abgekürzt:  ittohu, 
issJiilsu. 

1005.*  Iwa  vio  mono  in.  ^t^fesi.  Selbst  die  Steine  reden. 

Ahnlich  wie  :  "  es  ist  nichts  so  fein  gesponnen,  es  kommt  doch 
ans  Licht  der  Sonnen." 

J006.     Itvanu  ga  hana.   tllßt^'ft   Nichtreden   ist  die  Blume. 

Besonders  in  der  Bedeutung  :  am  besten  ist  es,  darüber  zu 
schweigen,  den  "  Mantel  christlicher  Liebe"  darüber  zu  decken. 


—     io6    — 

1007.  Iivann  tva  121  ni  inasarii.    sUßlls^li^S    Schweigen  ist 

besser  als  Reden. 

"  Reden  ist  Silber,  Schweigen  ist  Gold." 

1008.  Twashi  de  noiidc shöjin  otosji.  SiXa^c'Cinürl'f   Mit  Saidinen 

beim  Trinken   das  Fasten  brechen. 

Am  Jahrestnoe  des  Todes  von  Eltern,  Grosseltern,  Geschwistern 
etc.  sollen  Buddhisten  sich  des  Genusses  von  Fisch  und  Fleisch 
enthalten  ;  auf  Wein  (Sake)  dagegen  erstreckt  sich  das  Verbot  nicht. 
Die  Sardine,  der  gemeinste  Fisch  Japans,  wird  auch  am  wenigsten 
geschätzt.  Die  Übertretung  des  Fastens  ist  unter  allen  Umständen 
imrecht,  aber  ganz  besonderen  Tadel  \erdient  es,  wenn  man  eine  so 
grosse  Sünde  um  eines  so  gemeinen  Fisches  willen  begeht.  Der 
Sinn  der  Redensart  ist  also  :  einer  Kleinigkeit  wegen  etwas  Wichtiges 
versäumen  ;  selbst  einer  kleinen  Versuchung  nicht  widerstehen 
können,  obgleich  man  dadurch  Grosses  aufs  Spiel  setzt. 

1009.  Jziashi  HO  ataina  vio,  sJunJin-gara.  Sl'^m'^.t'^^  Selbst  den 

Kopf    einer    Sardine  (kann    man    anbeten),    wenn    der 
nöthige  Glaube  vorhanden   ist. 

10 lü.  Itvasliite  okeba  hdzH  nashi  sit  L'C^tni':55cli|£  L  Wenn 
man  ihn  immer  weiter  reden  lässt,  so  ist  (des  Lügens) 
kein  Ende. 

Scherzhafte  Redensart,  wenn  jemand  sehr  aufschneidet. 

loir.  Jijfi  na  tsinna  mo  ricn  sJnta  toki  zva  sambyakui^nioii) son 
shita  kokocJii  sunt.  mJs.m  i  %m  l  r:B*llHWÄil  L  1:>bi%-t  h 
Selbst  bei  der  Scheidung  von  einer  Frau,  die  man 
nicht  liebtj  ist  einem,  als  habe  man  dreihundert  Heller 
verloren. 

1012.  lya  to  kabiiii  ii<o  tüte  iii fit nt.    ^*  M^tliEi-iß^     Nein  sagen, 

und   dabei  mit  dem  Kopfe  nicken. 
Vgl.  imter  Kabtni. 

10 13.  lya-iya    saiubai,  jüsainbai.     ■^■«f Hß+HfiV     Immer    "nein, 

nein  !  "  sagen   und  dabei  dreimal  und  dreizehnmal  so 
viel  essen  (als  die  andern). 


—      10/      — 

1014.  Iijaslii  Iva  hiyasJii.    v^^Llt'fSL    Zu  grosse  Gier  bringt 

Reue. 

"Allzuviel  ist  ungesund." 

1015.  lyaslihnii  konagi  de  nie  zvo  tsiiku.     -^t*  ItC-yCBß;^^  C 

Sich  mit  dem  verachteten   Zweige  ins  Auge  stechen. 
Man  soll  auch  vor  einem  geringen  Gegner  auf  der  Hut  sein. 

1016.  Ii^avi  samhyakii-mon.  Bl^fHW^  Selbst  ein  kleiner  Umzug 

kostet  dreihundert  Heller. 

Izari :  eigentlich  ein  Krüppel,  der  sich  nur  noch  mit  den 
Händen  auf  kurze  Strecken  fortl^ewegcn  kann  ;  dann  auch  :  ein 
Umzug  nach  einem  Hause  ganz  nalie  bei  der  alten  Wohnuni'". 


•^**«- 


J. 


Ja  (grosse  Schlange). 

1017.  Ja  ga  desö  de  ka  ino  denn.  ^'^^'^  ^  1  X'iX  l  fliw  P>st  soll  eine- 

grosse    Schlange   hervorkommen,    dann    kommt   niclit 
einmal  eine  Mücke. 

1018.  Ja  ga  musJdzvo  nonda  yd.  4fEt?'4>C'^§/:'tÄ  Als  ob  eine  grosse 

Schlange  eine   Mücke  verschluckt  hätte. 
"  Ein  Tropfen  auf  einen  heissen  Stein." 

1019.  Ja  no  kuchi  ncgareta  yd.  iE?)Pi^<'if:f=i   Als  ob  man  dem 

Rachen  einer  grossen  Schlange  entflohen  wäre. 

1020.  Ja  no  inichi  zua  Jicbi  ga  sJdrn.  4f£'5iill4!:Et)»';^ni    Die  kleine 

Schlange  kennt  den  Weg  der  grossen  Schlange. 

Die  Bösen  durchschauen  einander  leicht.     Abgekürzt  :  ja  no- 
viichi  hebt. 


—     io8     — 

I02I.  Ja  110  Sushi  de  mo  kuisö.  ^'^Si^'C.lifeO^^c  i  Er  würde  wahr- 
scheinlich sogar  Schlangenj'//^/'/  essen. 

Von  einem  grossen  Fresser,    sits/n  ist  der  Name  eines  Gerichts 
ans  Reis  mit  Fisch  und  allerlei  anderen  Zuthaten. 

1022.*  Ja  wa  jnnare-nagara  ni  shite  novm  ki  ari.  4^1t^Utj:t>' f>|l  fC 
^L'^^'J  Die  Schlange  hat  schon  von  Geburt  an  den 
Trieb   zum  Verschhngen. 

Ja  (Böses). 

1023.*  /?  Iva  sei  ni  katcnu.  ^PIliElt.lt'CW  Das  ]?öse  kann  nicht 
über  das  Gute  triumphiren. 

1024.  Jakö  mo  ökit  kageba  nd  niiru.  ^^  t  ^  ( '^%^1\ilik\'-Xh  Auch 
Moschus  geht  ins  Gehirn  (betäubt),  wenn  man  zu  viel 
davon   rieclit. 

J025.  fJaliO  110  toto-inajiri.  ^^€)^iä''J  Des  kleinen  Fisches  Zu- 
sammenschwimmen mit  den  grossen   Fischen. 

1026.*  Jasokii  1V0  kuzvaeni{od.  jasokii  wo  sunt),  t^^^tia^h 
Seil lan gen füsse  hinzufügen. 

Etwas  Überflüssiges  thim  ;  vgl.  No  61  r. 

1027.  Jl  K'o  sliini  wa  uni  no  liajinie.  ^^J^^S  ilS?)>fö»?)  Die  Kennt- 
niss  der  Schrift  ist  der  Anfang  der  Sorgen. 

1028.*  Jlbiimva  ganken  ni  shikazu.  :^r?1ll!lR|Ll'-i(nt)'t-  Hören  ist 
nicht  so  gut  wie  Sehen. 

1029.  Jiffciiie  ICO  dasu.    it^^tUT    Das  gemeine  Metall  (unter 

der  Vergoldung)  zum  Vorschein  kommen  lassen. 
Seine  unedle  Natur  an  den  Tag  legen. 

1030.  Jujö  jitokn.   Öl^Sf^  Eigene  Thaten,  eigener  Lohn. 

Gleich   unserm  "  wie  mans  treibt,  so  gehts  "    immer  nur  in 
schlechtem  Sinne  angewendet. 


—     109    — 

I03I.     Jigohu  de  hotoke  ni  atta  yö.    iUiT^Sl'-it:^  f:v  3    Als  ob 
man  in  der  Hölle  einem  Buddha  begegnete. 

\\q.\\\\  man  einen  Bekannten  an  einem  Orte  trifft,  wo  man 
ihn  nicht  erwartet  hätte ;  auch  in  der  Bedeutung,  dass  man  in  der 
Noth  unerwartete  Hilfe  erhält.  Oft  aljgekürzt  :  jigckii  de  Jiotokc, 
ein  Buddha  in  der  Hölle. 

^03--     ßgoku  mo  snviika.    iMU-tfe^    Selbst   in   der   Hölle   lässt 
sich  leben. 

^'^11-    ßgoku  7ii  VW  sJiini  iiito  ari.    W^XV-  i^öÄ  A^j  "J     Selbst  in  der 
Höile  findet  man  Bekannte. 

1034.  Jigoku  110  sata  vw  kaue  shilai.   M%X^W^kl±^%    Selbst  die 

Urtheile  der  Hölle  richten  sich  nach  dem  Gelde. 
"  Geld  regiert  die  Welt."  Vgl.  No  800. 

1035.  JUiix^'u  kmniyori  kiidani.  'Ml\-^lSm)l'')y  h   Das  Mitleid 

steigt  von  oben  (od.  von  den  Götlern)  herab. 
Kami  bedeutet  zugleich  "  oben  "  und  "  Gott." 

1036.  Jihi  zvo  sm-eba  kiiso  zvo  snni.  ^^^1^1" nitE^^I"  o   A\'enn  man 

mitleidig  ist,  so  macht  er  Mist. 

Von  jemand,  bei  dem  Wohlthaten  übel  angewendet  sind,  der 
dadurch  in  seiner  Faulheit  nur  bestärkt  wird. 

1037.*  Jijö  110  kokoro  iva  rel  no  has/n  nari.  5?ao.iLWIiri'?)^Td^j:  ^J  Ein 
demüthiges  Herz  ist  der  Anfang  (wahrer)  Höflichkeit. 

1038.*  JiL-ei  no  dcn{o6.  td)ivo  iagayasu.  ~^\.<^W^%\'i  p:in  Reisfeld 

von  zwei  Morgen  bebauen. 

Sein  Amt  niedergelegt  und  sich  ins  Prixatleben  zurückgezogen 
haben. 

1039.  Ji^tian  köman  baka  no  ncJn.  a'll^'IiÖ€e)t{i  Eigenlob  und 

Stolz  sind  Eigenschaften  des  Narren. 

A'ereinigt  in  sich  die  beiden  deutschen  Spr:  "Eigenlob  stinkt  " 
und  "  stultus  und  stolz  wachsen  an  einem  Holz." 

1040.  Jiniö  zva  toriko  nisesarc/  n^ll^li-cfS'n  Mache  zweierler 

Haar(d.  h.  einen  alten  Mann)  nicht  zum  Gefangenen  ! 
Einen  alten  Mann  muss  man  rücksichtsvoll  Ijeliandeln,  selbst 
wenn  er  Unrecht  hat. 


—       I  lO       

1041.*  Jiti  Clv?  kyjsha  iii  kac/ii,  toku  iva  fiislid  zvo  nozoku.  "tltW 
'Sl-^  ^»  Mil^iS^^^  <  Barmherzigkeit  überwindet  den 
l^ösen,  Tugend  räumt  das  Unglück  aus  dem  Wege. 

1042.*  Jin-en,  KM  ^Nlenschenrauch. 

Eine  ]\Ietonyniie  für  "  menschliche  Wohnung.'' 

1043.  rTitiL'a  sengen  archa  ai-viochi  ni  kiiraseru.  A^T'$F^3h(ttB 

^$l-^tf  i    Wo  tausend  Häuser  sind,   kann  man  mit  den 
andern  zusammen  leben. 

Wo  viele  Menschen  wohnen,  d.  h.  in  einem  grossen  Orte,  findet 
man  leicht  sein  Brot. 

Jinlxö  (Räucherholz). 

1044.  Jinkd  ino  takazn,  he  nio  hirazu.  vAf  iii's't'.  iä  lÄf>"r  Er 

verbrennt    weder    Räucherholz,    noch    lässt    er    einen 

Wind. 

Er  zeichnet   sich   in   nichts   aus,    weder   im  Guten   noch   im 
Schlechten. 

JhiJ^ö  (Mund  der  Leute). 

1045.  Jinkj  in  ki^j.islui  sunt.    APi-Ss^tS     lun   Gericht  in  der 

Leute  Mäulern   werden. 

Den  bösen  Zungen  Stoff  liefern ;  stadtkundig,  überall  bekannt 
werden.  '"In  den  Mund  der  Leute  kommen." 

1046.*  Jliwal  HO  gotokii.  aS'^'?)i(n<    Wie  i)lötzlicher  Donner. 

1047.*  Jinsiel  Jtjci  110  gotoshi.  K'iM^<^}k\\L  Das  menschliche 
Leben  ist  wie  Schaum  und  Schatten  (od.  wie  der  Schat- 
ten einer  Wasserblase). 

Ein  bu:ldhistischer  Ausdruck. 

1048.  Jinsci yuuie  110  gotosJii.  Ai^^iüi  L  Das  menschliche  Leben 
ist  wie  ein  Traum. 

1049.*  JinsclKt  sJngckereba yama  mo  kubomu.   ASJ^'J<^ll^IlJ  Umt* 
Selbst  ein  Berg  vertieft  sich,  wenn  die  Fusstapfen  der 
]\Ienschen  sehr  dicht  (sehr  zahlreich)  sind. 
Ahnhch  wie  "der  Tropfen  höhlt  den  Stein." 


—     III     — 

1050.*  J insha  iii  tcki  nasin.    "t^l-lt^j:  L     Der  Mensclier.freuiid- 
Hche  liat  keinen   Feind. 
Er  hasst  niemanden. 

1051.  Jmsha  zva  inochi  Jiagaslii.  i^^it'wi^L  Ocr  ^Nlcnschenfreund- 

licbe  lebt  lange. 

1052.  Jippa  hito-karage.    i'^-Mtf    Zehn  Bündel  in  eins  zu- 

sammengebunden. 

Von  schlecht  geordnetem,  confusem  Erzählen. 

1053.  Jippen  yovm  yoriippen  ntsuse  !   "MsSü  * 'J  — ÜS^    Statt 

zehnmal  zu  lesen  schreibe  lieber  einmal  ab  ! 

1054.*  Jisalni  ßj'ii.     ift^ä^J    Was   man   selbst   thut,   bekommt 
man  selbst. 

Gleich   1030,  speciell  in  buddhistischem  Sinne 

1055.  Jishftl^u  tcts2i  zvo  suedcvw,  isJd  zco  sHzoazii.    ^M'xW^^e^A'^  £' 

i.IT4'!S5ilT*  Der  Magnet  zieht  zwar  Eisen  an,  aber  nicht 
Stein. 

1056.  rJlshhi, kaminari, k-ivaji, oyaji.  :^S.  ^»  A^«  ^^Jt  Erdbeben, 

Donner,  Feuer  und  Vater(sind  am  nuisten  zu  fürchten). 
Veranschaulicht    ausdrucksvoll,    dass   es   in    der  japanischen 
Familie  gegen   die  unumschränkte  väterliche   Gev.ali   kein  Mittel 
giebt,  auch  wenn  sie  zur  grausamen  Härte  wird. 

1057.  JitO-kazez.'oftikitsn.it%%.^''^K^^-^  Den  Crundherrenwind 

wehen  lassen. 

Auf  seine  Stellung  oder  ^^lacht  pochen  ;  "  sich  aufs  hohe  Pferd 
setzen." 

1058.*  J^itsu-yetsu  mo  Jiikari  wo  kyokkc/su  ni  shikii  ataivazu, 
sJiüfü  VW  navii  luo  seilet  ni  aguni  atazvasu.  0^  \,%^]f)e 
ffl:^r-}S<tfe.lt^  ®aUJ^4'^!&i:gC-5tSltT'  Selbst  Sonne 
und  Mond  können  ihr  Licht  nicht  in  eine  krumme 
Höhlung  verbreiten,  selbst  der  stossende(hertige)  Wind 
kafnn  im  Grunde  des  Brunnens  k'eine  Wellen  erregen. 

1059.  Ji-u  ga  fiirii  ga  gotokn.  B$Pf^J^'l^9'j(n<  Wie  wenn  ein 
plötzlicher  Regen  fällt. 


112       — 

io6o.*  Jo  iva  onore  n'o  yorükobu  mono  no  taine  ni  katacJii-zJiknri, 
sJn  ti>a  onore  ivo  sliini  mono  no  tarne  ni  sJii  sii.  icHS. 
\xf^'^l^^^%\-~'U^  <  'J  .drllE^£fi?.^^:?5i:5ET  Das  Weib 
schmückt  .'ich  für  den,  dem  sie  gefallt  (eigtl  :  der  sich 
an  ihr  ci  freut),  der  Krieger  stirbt  für  den,  der  ihn 
beherrscht. 

io6i.     Jödan  kara  Jionima  <ra  dem.  fil^^'  ?>?I^EiJ'iti  h  Aus  Scherz 

o 

geht  Wahrheit  hervor. 

"  Aus  Spass  wird  Ernst."  A'gl.  No  S2S. 

1062.  Jödan  ni  mo  Jiodo  ga  am.  tSl^l- tfl^'fcS  Selbst  der  Scherz 

hat  seine  Grenzen. 

1 06 3 .  JCkj i  de  oshita yö  ni sJiitai  to  onion.  %R\'^LV.'P  i\'~ih1\^'t 

i©-5>  Ks  -SO  "enau  machen  wollen  wie  mit  dem  Lineal 
gezogen. 

Yon  Pedanten. 

1064.  JöjrKfi  no  Jiaregi  nashi.  ^Ji#0|tH3!cfe|  L  Wer  immer  seine 

besten  Kleider  tnägt,  hat  keinen  Sonntagsanzug. 

1065.  JöK'O  JionsJtö  li'o  arazvasn.    ±i^;*^H4'^lt'r     Der  Trinker 

offenbart  seinen  wahren   Charakter. 
"  In  vino  veritas." 

1066.  Jöko  zva  dükn  wo  sJiirazn,  geko  -zca  knsnri  wo  sldrazu.  Ji^lt 

#^:^?)t-.  TP  11^4-^11  f)-f  Der  Trinker  kennt  nicht  die 
schädliche,  der  Nichttrinker  kennt  nicht  die  heilsame 
Wirkung  (des  Weines). 

IC67.  Jovö  kactte  kyakii  to  naru.  -kM^X^ffi.  h  Die  Dirne  wird 
im  Gegentheil  zum  Gast. 

Wenn  der  Gast  eines  Freudenhauses  sich  in  eine  Dirne  verliebt, 
so  wird  diese  leicht  seine  Herrin.  ''  Sich  jemand  über  den  Kopf 
wachsen  lassen.'' 

1068.  Jorö  ni  viakolo  ga  areba,  manii  tamago  wa  släkaku  ni  naru. 
^RlJUÄ^rffnifilv'^llEÄI-^X^  Wenn  in  einer  Dirne 
Wahrheit  ist,  so  wird  das   runde  Ei  viereckig. 


—      11^,     — 


1069.  Jorö  ni  viakoto  ga  areba,  inisoka  ni  isiiki ga  dem.   icM\'-WM'^ 

/tn!I'ßtHi:;3t;-iIii  Wenn  in   einer  Dirne  Wahrheit  ist, 
so  gellt  am  Letzten  des  Monats  der  Mond  auf. 

Nach  dem  alten  Mondkalender  endete  der  Monat  mit  dem 
Neumonde,  also  konnte  am  Ende  des  Monats  von  Mondschein 
oder  von  einem  Aufgehen  des  Mondes  keine  Rede  sein. 

1070.  Jor'o  110  hisatm  yd.  icfiPOJ^J)' fi'P  9  (So  schlecht)  wie  eine 

ganz  verdorbene  Dirne. 

107 1.  Jord-kai  no  hiroi-zvaraji.   ■kWK<Z>Y^i}'WM.   Die  aufgelesenen 

Strohsandalen    des   Dirnenfreundes  (eigtl      Dirnenkäu- 
fers.) 

Er  schein  die  Ausgabe  für  neue  Strohsandalen  und  begnügt 
sich  mit  solchen,  die  er  auf  der  Strasse  findet,  um  seiner  Leiden- 
schaft für  Dirnen  fröhnen  zu  können.  Verdächtige,  übelange- 
brachte  Sparsamkeit. 

1072.  Jorö-kai  no  nnkamiso-jirn.    'kWm.U '^^■^^t'i\    Die  Kleien- 

sauce des  Dirnenfreundes. 

Gleich  1071.  In  diesen  beiden  Redensarten  kann  statt  jorö-kai 
auch  das  gleichbedeutende  k.zsci-kai  stehen. 

1073.  Joslii  to  shöjin  to  wa  yashinai-gatashi.  'k^i  fVKt  \X%üW.\. 

Frauen  und  gemeine  Leute  sind  schwer  zu  behandeln. 
Wegen  ihres  beschränkten  Verstandes. 

1074.  Jözii  110  tc  kara  misu  ga  moru.  Ji^ä?)^'o*  ?)7j^t)^ÖI&    (Auch) 

durch  die  Hände  des  Geschickten  läuft  das  Wasser 
hindurch. 

Auch  der  Kluge  macht   mitunter  eine  Dummheit. 

1075.  Jii  de  s/nndö,  jugo  de  saishi,  hatachi  sugite  %va  tada  no  hito. 

-hTÄlfÄ,  i'S:T^^. -+Ü^-C1XP^0A  Mit  zehn  Jahren 
ein  Wunderkind,  mit  fünfzehn  Jahren  talentvoll,  nach 
dem.  zwanzigsten  Jahre  ein  gewöhnlicher  Mensch. 


—     114     — 

1076.  *Tu  ni  Jiikcnva  sunt.  ttl*0;^5    Die  Kotostcge  festleimen. 

Das  Kofo,  ein  liarfenartiges  Instrument  mit  13  Saiten,  hat 
für  jede  Saite  einen  besonderen  Steg ;  diese  Stege  werden  beim 
Spielen  oft  hin  imd  her  geschoben  und  müssen  also  beweglich 
sein.  Auch  sagt  man  :  Ji/  ni  iiikawa  shite  ko^o  luo  shirabent, 
die  Kofos\.Qge  anleimen  und  dann  Koio  spielen. 

1077.  Jühah'O  110  smni  wo  ydji  de  arau  (od.  hoßru).    SII<?^Pfl^ 

^feT3^i>  (InS)  Die  Ecken  des  Reiskästchens  mit  dem 
Zahnstocher  auskratzen. 

Schmutziger  Geiz  ;  auch  von  übertriebener,  pedantischer  Ge- 
nauigkeit. 

1078.  JTthuii  %va  koboreru.    '^'^[V&Vih    Das  Volle  läuft  i^iber. 

Jedes  Glück  hat  seine  Grenze. 

1079.  <Jii-(fO-}'okii  HO  inusiime  wa  hashi  no  taoreta  zao  vw  okashi- 

garu.  i'S;^OMit^e)Mn/:/i-t  pI^Lt)'*Ä  Junge  Mädcheii 
von  fünfzehn  oder  sechzehn  Jahren  halten  selbst  das 
Umfallen  der  Esstäbchen  für  einen  Grund  zum  Lachen. 

1080.  Jii-Jcu  tachimachi,  Jiatsuka yoi-yami.  i*AÄS^  S.  — "hHff^ 

Am  19.  erwartet  man  den  Mond  noch  im  Stehen  (noch, 

während  man   auf  ist),   am   20.  ist  der   Abend   schon 

dunkel. 

Die  Schnelligkeit,  mit  der  die  Zeit  vergeht,  und  mit  der  sich 
alles  ändert.  Der  Mond  geht  bekanntlich  in  dem  Masse,  wie  er 
zunimmt,  immer  später  auf.  Im  alten  Mondkalender  hiess  daher 
der  Mond  des  17.  Tages  tachi}nachi{'^^)7io  tsiiki — der  Mond, 
den  man  stehend  (noch  am  Tage)  erwartet  ;  der  des  18.  imachi 
(M1$)  fio  tsitki — der  Mond,  den  man  sitzend  (Abends  im  Hause) 
erwartet;  und  der  des  lg. /iis/iwiac/ii{^^)  710  tsiiki — der  !Mond, 
den  man  liegend  (im  Bette)  erwartet.  Es  ist  daher  aurtallend,  dass 
nach  diesem  Spr.  tachhiiac/n  a.ui  den  19.  (statt  auf  den  17.)  fällt — 
w-enn  nicht  vielleicht  iachiutachi  hier  nur  in  seiner  gev.öhnlichen 
Bedeutung  "  sogleich  ''  gebraucht  ist. 


—     115     — 

io8i.*  rJü-^noJtH  HO  mint  tokoro,  jTt-shi  no yiibizasu  tokoro.  +B<?> 
M^hfßi^  "t'ia'?)^^a'Tfr  Was  zehn  Augen  sehen,  worauf  zehn 
Finger  zeigen. 

Diese  Redensart  stammt  aus  dem  Ron^^o — einer  Sammlung 
von  Aussprüchen  des  Confucius — und  bedeutet  :  etwas,  das  ganz 
offenkundig  ist  (in  schlechtem  Sinne). 

1082.  Jil-neu  Jiito-imtkasJd.  +■¥— ^h"   Zehn  Jahre  sind  (schon) 

ein  "  ehemals." 

1083.  JTi-nhi  7iaini.   +A3&    Von  zehn   Menschen  der  Durch- 

schnitt. 

Ein  Durchschnittsmensch ;  doch  gewöhnlich  nur  von  Frauen 
in  dem  Sinne  :  mittelmässig  hübsch. 

1084.  jTL-nin  to-hara.  +Ai'^  Zehn  Mensclien,  zehn  Meinungen. 

"  Viele  Köpfe,  viele  Sinne.''  Ebenso  das  folgende  : 

1085.  Jn-nin  yoreba  to-iro    +A^i^ll'+li   Wenn  zehn   Menschen 

zusammenkommen,  so  sind  zehn  Arten  (verschiedene 
Ansichten)  da. 

rJutihei  110  hiyorimi :  s,   Tsutsui  Jiinkei. 

1086.  Jiinsai  no yö  na  stißtvo  dasu.  M^OW.^l%%^il^-t  Die  Adern 

hervortreten  lassen   wie  ein  Brasenia-Blatt. 

Die  Blätter  von  Brasenia  peltata,  einer  Wasserpflanze,  haben 
stark  hervortretende  Adern.  Sehr  zornig  werden,  sodass  "  die 
Zornadern  anschwellen." 

1087.*  Juyö  ten  ni  ari.  »^5^1-^"^  Langes  Leben  oder  früher 
Tod  steht  beim  Himmel. 


»>»«<»^- 


ii6 


.K«  (Mücke). 

1088.     Ka  110  stine  110  yd.  t^'^SS'^'^ö    Wie  ein  Mückenbein. 

Von  den  Armen  oder  Beinen  einer  (besonders  in  Folge  von 
Krankheit)  sehr  abgemagerten  Person. 

K£i  (Heirath), 

1089.*  Ka  sJdte  iva  otto  Jii  shitagai,  oite  tva  ko  ni  shitagaii.  5S  L'Cü 
^ci:^0^.  5g6\-CIJir-r-^i>  Wenn  (die  Frau)  sich  verhei- 
rathet,  so  gehorcht  sie  dem  Manne  ;  wenn  sie  alt  wird, 
so  gehorcht  sie  den  Kindern. 

Nach  dem  Tode  ihres  Mannes  steht  die  Frau  (nach  dem  con- 
fucianischen  Famihensystem)  unter  der  Vormundschaft  des  ältesten 
Sohnes. 

1090.  Kahe  ni  iniip.i  ari,  s/iöji  ni  ine  ari.  Ml-^fc"!).  F^Tl-Sfc'J 

Die  Wände  haben  Ohren,  die  Fenster  haben  Augen. 

109 1.  Kabe  ni  nnia  wo  noii-kakern  yö.  Mi-Mi^^l'-JI^Ä^  ALs  ob 

man  mit  dem  Pferde  gegen  die  Wand   ritte. 
"  Mit  dem  Kopf  durch  die  Wand  wollen.'' 

1092.  Kabe-nmd  wo  in.  Mll^J^Si-  Den  W^ändewiderhall  reden. 

Jemand  in  allem  beipflichten,  stets  seiner  Meinung  sein. 

1093.  Kabe-sosJid  snni.  MS^fä  t  h   Wandklagen  machen. 

Etwas  nicht  direkt,  sondern  durch  einen  Vermittler,  gleichsam 
durch  eine  Wand,  sagen  ;  z.  B.  den  Diener  auf  etwas  aufmerksam 
machen,  in  der  Hoffnung,  dass  es  durch  ihn  dem  Herrn  zu  Ohien 
kommen  werde. 

1094.  Kahocha  ni  me-hana  ivo  tsnkeia  yö.     f^HII- i#^#'f-'PT 

Wie    ein    Kürbis,    dem    man    eine    Nase    und    Augen 

eingesetzt  hat. 

Von  einem  sehr  hässlichen  Gesicht. 


—     117    — 

1095-     Kahu  lüo  viainoru.  '^^^'^  i   Den  Baumstumpf  bewachen. 
Ein  Bauer,  der  einmal  bei  einem  Baumstumpf  einen  Hasen 
gefangen  hatte,  wartete  bei  demselben  Baumstumpf  Tag  für  Tag, 
■weil  er  glaubte,  er  werde  dort  wieder  einen  Hasen  finden, 

1096.  Kahiivi  zuo  täte  ni  fiiru  Saganii  no  onna.     Sl^Sl-M^^I^ 

'^ic  Die  Mädchen  von  Sagami,  die  (wenn  sie  "  nein  " 

sagen,  dabei)  mit  dem  Kopfe  nicken. 

Sich  stellen,  als  wolle  man  nicht,  und  doch  die  Sache  lebhaft 
wünschen.     S.  auch  No  1012. 

1097.  Kachikuri  ga  kusame  zvo  shita  yd.  f^^ö"'?!'^  Lf:-^^    Als 

üb  eine  runzlige  Kastanie  geniest  hätte. 

Kachiktiri,  in  Dampf  gekochte  Kastanien,  sind  sehr  runzlig; 
daher  :  ein  runzliges,  hässliches  Gesicht. 

1098.  Kado  ga  tatsu.  ^^^Hl^   Ecken  bekommen. 

Argerlich  werden  ;  einen  gereizten  Ton  annehmen;  eigensinnig 
sein.  Vgl.  kakuja  (s.  d.),  ein  eckiger,  d.  h.  rechthaberischer,  eigen- 
sinniger Mensch. 

1099.  Kado  zuo  tateru.  %h;M^Xh    Ecken   aufsetzen. 

Gleich  1089. 

1 100.  Kndochigai  zuo  sunt.  P^^i'^'f  h  Das  Hausthor  verwech- 

sehi. 

Jemand  mit  einem  andern  verwechseln,  sich  in  der  Person 
irren. 

iioi.  .Kadonidtsu  zua  meido  no  tabi  no  ickiri-suka.  P5föUK± 
OjgO— M.^  Die  Neujahrskiefer  ist  ein  Meilenstein  auf 
dem  Wege  zum   Grabe. 

1102.  Kaerl-nclii  ni  mi.  iIlti-ia-?>  Von  dem  getödtet  werden, 

dem  man  selber  den  Tod  zugedacht  hatte. 

"  Wer  andern  eine  Grube  gräbt,  fällt  selbst  hinein.'' 

1103.  KaeVH  mo  uta  no  nakania  nari.  ^\,'^<^\^Wl'')    Auch  der 

Frosch   ist  ein   Gesangskamerad. 


—     ii8     — 

1104.  Kacrii  no  Jiö-kanmrino yd.    4I<?>*S5E''J 'i^fl     "Wie  ein  Frosch 

mit  verbundenen  Backen. 

Wenn  sich  der  Frosch  die  Backen  nüt  einem  Tuche  verbinden 
wollte  (wie  man  es  in  Japan  manchmal,  besonders  Abends,  thut, 
um  sich  unkenntlich  zu  machen),  so  würde  er  sich  damit  zugleich 
auch  die  Augen  verbinden  ;  daher  von  jemand,  der  unbesonnen 
handelt,  blindlings  in  eine  Gefahr  rennt  etc. 

1105.  Kaeni  no  ko  wa  kaerit.  4i'?>T(life  Die  Kinder  des  Frosches 

sind  Frösche. 

1 106.  Kagami  zva  otina  no  tainasliii.    illlic'?)ij|    Der  Spiegel 

ist  die  Seele  der  Frau. 

1107.  Kagaiiii-togi  ga  mmiganc  ivo  dasa.  ^^-y-övlc^^Hli"    Der 

Spiegelpolirer  giebt  Wassermetall  aus. 

Beruht  auf  einem  Wortspiel  mit  vüsiis;aiie.  Der  Spiegelpolirer 
gebraucht  "  Wassermetall,"  d.  h.  Quecksilber,  um  Spiegel  wieder 
blank  zu  machen ;  unziigane  wo  dasu  od.  tsukau  hat  aber  auch 
die  Bedeutung  :  Geld  wie  Wasser  ausgeben.  Daher  dient  die  Re- 
densart, tun  zu  sagen  :  \o\\  mir  hast  du  kein  Geld  zu  erwarten  ; 
gehe  zum  Spiegelpolirer,  der  giebt  "  Geld  aus  wie  Wasser." 

1 108.  Katfe  ino  katacJii  mo  inicnu.  1^  t  Jf^  t  Ä '^  io  Weder  Schatten 

noch   Gestalt  ist  zu  sehen. 

Spurlos  verschwunden  sein. 

1109.  Kage  ni  yoru.    P^l-fö^    Vom  Schatten  (jemandes)  abhän- 

gen. 

Durch  seinen  Einfluss  unterstützt  werden. 

11 10.  Kage  vo  gotoku  tsiiki-iuato7i.   I^Oitn  <  l'^lli-   Jemand  wie 

sein  Schatten  begleiten. 

IUI.     Kage  110  kusa.  MP^"^  Das  Kraut  im  Schatten. 

Ein  schwächlicher-,  verkümmerter,  auch  scheuer,  grillenhafter 
Mensch,  der  nie  in  Gesellschaft  geht ;  ein  Stubenhocker. 

Kage  110  nasJii :  s.  Hikage. 

II 12.     Kage  wo  kaktisu.  i^^llf.1"   Den  Schatten  verbergen. 
Sich  verstecken. 


—     119     — 

II 13-     Kage  wo  konoimt  mono  wa  liieru.  Fä^^L'^U^pS  Wer  den 
Schatten  liebt,  wird  kalt. 

Wer  sich  immer  auf  andere  verlässt,  wird  nichts  eireichen. 
{Kagc,  "Schatten,"  bedeutet  auch  "Gunst,"  "Beistand.")  "Selbst 
ist  der  Mann." 

11 14.  Kage  WO  kuwareru  to yaserii.   l^4>Älin^^^^    Wenn  der 

Schatten  gegessen  wird,  so  magert  man  ab. 

Man  soll  einem  andern  beim  Essen  nicht  im  Lichte  stehen. 

1115.  Kage-Benkei.  WM%  Schatten- Benkci. 

Dieser  Ausdruck,  der  "  Prahlhans "  bedeutet,  ist  anzusehen 
als  Verkürzung  eines  Satzes  wie  :  kagc  de  wa  Beiikei  no  gotokii 
ibaru — wenn  der  Feind  nicht  da  {kage  de  "  im  Schatten  ")  ist,  thut 
der  Prahlhans  so  gross  wie  der  berühmte  starke  Held  Benkei. 

11 16.  Kage-böshi.  i^^ßip  Schattenpriester. 

Ein  Ausdruck  für  den  Schatten  eines  Menschen. 

11 17.  Kage-ddrö.  f^MII  Schattenlaterne. 

Eine  viereckige  weisse  Papierlaterne,  in  der  sich  Figuren 
drehen,  die  auf  die  Wände  lange,  schmale  Schatten  werfen  ;  daher 
ein  Ausdruck  für  einen  langen,  mageren  Menschen. 

1 11 8.  Kage-goto (od.  Kage-guchi)wo  in.  ^s" (f^P ) ^ü-  Schatten- 

rede (od.  Schattenmund)  sprechen. 

Heimlich,  hinter  dem  Rücken  jemandes  von  ihm  Schlechtes 
reden  ;  jemand  verleumden. 

11 19.  Kage-hinata  zvo  siiru.   ^Hl^^'f  S    Schatten   und  Sonnen- 

schein  maclien. 

Doppelzüngig  sein  ;  eine  doppelte  Rolle  spielen  ;  auch  :  sich 
in  Gegenwart  des  Herrn  sehr  fleissig  stellen,  in  seiner  Abwesen- 
heit faulenzen  u.  dgl. 

Kagi  no  ana  kara  ten  nozohi :  s.  Hai  i  no  ana. 

Kugo  de  inisjc  wo  hinm  :  s.  Mekago. 

1120.  Kago  ni  norn  lato,  katsngn  Jiito.    ^Hfll-^SA»  IfCA    (Es 

giebt)  Leute,  die  in  der  Sänfte  getragen  werden,  und 
solche,  die  sie  tragen. 

Das  Loos  der  Menschen  ist  verschieden. 


I20      — 

1121.  Kago  no  tori  110  yd.  ü'^.^"^^  Wie  ein  Vogel  im  Käfig. 

Nicht  thiin  können,  wie  man  will,  weil  man  durch  die  Verhält- 
nisse behindert  ist ;  nicht  sein   eigener  Herr  sein,  wie  z.   B.  ein 
Soldat,  eine  Geisha  etc.  Vgl.  auch  No  28. 

1 122.  Kai-imi  ni  te  zto  kamareru  (od.  kuwarerii).   IÖ6'^:^|t^^n^ 

k^h     Von  dem  eigenen  Hunde  in  die  Hand  gebissen 
werden. 

Undank  ernten. 

II 23.*  JKairö  döketsit  no  chigiri.  ^^WX<^%^)  Der  Bund  des 
zusammen  Altvverdens  und  gemeinschaftlichen  Grabes. 

Ein  treuer  Ehebund 

1 124,  Kaita  mono  zua  mono  wo  m.  %'*^V^  t  Oll^lJ^si^  Geschrie- 

bene Sachen  reden. 

So  z.  B.  vor  Gericht  die  Briefe,  die  der  Angeklagte  geschrie- 
ben hat  etc. 

1 125.  Kojin  lua  i-nagara  meisho  wo  shiru.    IJ^AU^'^  ^^-Bfi^^ns 

Der  Dichter  kennt  die  (durch  Dichter)  berühmten  Orte, 
obgleich  er  (immer)  zu   Hause  bleibt. 

Er  kennt  sie  aus  den  Werken  anderer  Dichter.  Es  ist  nicht 
nöthig,  dass  man  alles  selbst  gesehen  hat,  oder  überall  selbst  gewe- 
sen ist ;  man  kann  auch  ohne  das  über  eine  Sache  Kenntnisse 
haben. 

I126.*  KaL'Cii  tva  sairyTi  wo  erabazu  ytie  ni  dai  nari,  taisan  zva 
äoj'ö  wo  yiizurazu  yue  ni  takashi.  M?/^lt^IilJ5ß'^Sl1'Ttfel- 
-K'^L'') ,  %mt±W^m^-t-m'-%L  Die  Ströme  und  das 
Meer  sind  gross,  weil  sie  die  kleinen  Flüsse  nicht  aus- 
wählen (nicht  verschmähen)  ;  der  grosse  Berg  ist  hoch, 
weil  er  die  Erdschollen  nicht  ablehnt. 

Ein  ]\Iächtiger  soll  guten  Rath  nicht  verschmähen,  wenn  er 
auch  von  einem  Geringen  kommt ;  der  Weise  lernt  auch  vom 
Unwissenden ;  ein  weiser  Arzt  z.  B.  beachtet  auch  die  Ansichten 
des  Volkes,  da  sie  oft  auf  Erfahrung  iDcruhen.  "  Prüfet  alles,  und 
behaltet  das  Beste  !  "  Eine  andere,  kürzere  Form  lautet  :  Kakai 
iva  savyu  wo  zfowasi/,  die  Ströme  nnd  das  Meer  meiden  (ver- 
achten) die  kleinen  Flüsse  nicht. 


—     I  ?  I     — 

II27.*  RaX'ei  zvo  karonjite  yachi  zvo  ai  su.  ^II^IS^  CCSP^^S 
"f  Das  Haiishuhn  geringschätzen,  den  wilden  Fasan 
lieben. 

1128.     Kakenu  nionoriniutoshi{od.  ntonsu).  i£¥^"?li'ML   Wer 
nicht  schreiben  kann,  ist  mit  der  Vernunft  unbekannt. 
Der  Unwissende  ist  der  Vernunft,  der  Logik  unzugänglich. 

II 29.*  KaJ^kwa  söj'ö  no  nageki.  WMWf'^'^^  Der  Kummer, 
dass  man  die  juckende  Stelle  nur  durch  den  trennen- 
den Stiefel  hindurch  kratzen  kann. 

Wegen  der  Bedeutung  s.  die  japanische  Lesung  :  kutsu  luo  he- 
daUtc  etc. 

II 30.  Kakuja  sekeii  ga  watararezu.  Ä  C'PltrBlt^^'jt  ?,nT-  Der 
Rechthaberische  kommt  nicht  durch  die  Weit. 

1131.*  Kakiinien,  scnshin.  ^ffii«  i'Jfe'C»  Das  Gesicht  liäuten,  das 
Herz  waschen. 

Sich  bessern,  "einen  neuen  Menschen  anziehen." 

1132.  Kakuretaru  yoi'i  arazuaretanc  zva  nashi.     MiXV-'h  1"]^ 

^"f^^iJÜL    Nichts  ist  offenbarer  als  das  Verborgene 
(das,   was  man   verbergen   will). 

1 133.  Kakusei  no  hito  no  gotoku.  FSffiOA'^AD  <  Wie  ein  Mensch 

aus  dem  Jenseits. 

Ein   Freund,  den  man  sehr  lange  nicht  gesehen  hat. 

11 34.  Kakusii  koto  araivare-yasusJd.    ^."^JM^^l-L    Was  man 

verbergen   will,  konimt  leicht  an   den  Tag.  v 

1135.*  Kamba  ni  viitchi.  Jf.ffl'l^  Den  schwitzenden  Pferde  die 
Peitsche. 

Die  äussersten  Anstrengungen  machen,  um  etwas  zu  erreichen. 

1 136.     Kanibati  ni  itsinvari  nashi.  W-feli-® 'J  M  L  Das  Aushänge- 

schiid   lügt  nicht. 

Scherzhaft  z.  B.  zu  Kindern,  die  irgend  etwas  Verbotenes 
gegessen  haben,  was  sich  am  Munde  verräth  ;  ebensowohl  auf 
andere  äussere  Merkmale  anwendbar. 


—        122       — 

II37'*  Kcnnhoka    ui  asobu.     I^MI-jSe^-     Sich    mit   Pinsel    und 
Tusche  die  Zeit  vertreiben. 

Sich  litterarisch  beschäftigen. 

Kauie  (Topf). 
1 1 3S.     Käme  ni  ocJiitaru  nezuini  no  gotoku.  ^"f&X'-^hV-h  %J^b\\  <    Wie 
eine  Maus,  die  in  einen  Topf  gefallen  ist. 
Sich  keinen  Ausweg,  keinen  Rath  wissen. 

Katne  (Schildkröte). 

1 139.  Käme  no  kö yori  toslii  no  ko.    %.<^m  "J  ^<5?^    ]3as  kö  (Ver 

dienst)  des  Alters  ist  besser  als  das  kö  (Schildpatt)  der 
Schildkröte. 

Kami  (Gott). 

1 140.  Kamitua  hinizuo  iLkezii.  I'llt^fil^^lj'r  Die  Götter  nehnieii 

Mangel  an  Ehrerbietung  nicht  ruhig  hin. 

K.aini  (Haar). 

1141.  Kami  no  yiiitate  %va  oya  de  mo  honr/i.  S^ln0^i"C(I|^Tl 

tuJS  In  eine  soeben  gemachte  Haarfrisur  verlieben  sich 
sogar  die  Eltern. 

Line  frischgemachte  Frisur  verschönert  jedes  Gesicht.  Die 
kunstvolle  Haarfrisur  der  japanischen  Mädchen  und  Frauen  erfor- 
dert nicht  nur  viel  Zeit,  sondern  auch  einige  Kosten,  und  wird  daher 
gewöhnlich  niu'  alle  drei  Tage  erneuert. 

Kami  (oben). 

1142.  Kami  wo  inanabu  shimo{kara).  Jb-^^J^T  Um  das  Obere 

zu  erlernen,   muss  man   mit  dem  Unteren  anfangen. 

Eine  andere  Übersetzung  und  Erklärung  lautet :  wer  den  Obe- 
ren nachahmt,  fängt  \on  unten  an,  d.  h.  er  ahmt  gewöhnlich  nur 
ihre  schlechten  Eigenschaften  nach. 

1143.  Kamifjata-inono  wa  ki  ga  nagaku,  Kzvantö-inoiio  wa  ki 

ga  hayai.  l.-)j^\tnM^^K  ^mp.^^xn.^'^-^^  Die  Leute 
von  Kamigata  (Gegend  von  Kyoto  und  Osaka)  sind 
geduldig,  die  aus  dem  Osten  fassen  schnell  auf(sind 
intelligent). 


—       123      — 

II44-     Kainigata-zeitakn.  -h^^Ki^  Der  Luxus  von  Kamigata, 

Sprichwörtlich  gewordene  Verschwendungssucht  der  Ein- 
wohner von  Kamigata,  d.  h.  der  Gegend  von  Kyoto  und  Osaka. 

1145.*  Kaminavi  wa  fuyii  hassezu,  shiuio  %va  natsu  furasit.  ^ 
U^^^'1MlllMP^?.-r-  Der  Donner  kommt  nicht  im 
Winter  vor  (eigtl  :  hervor),  der  Reif  fallt  nicht  im 
Sommer, 

"  Alles  hat  seine  Zeit." 

1146.  Kaviinari  iva  heso  zuo  toru.  WI^M^SX-S    Der  Donner  nimmt 

den   Nabel  weg. 

Zu  Kindern  gesagt,  damit  sie  nicht  nackend  umherlaufen. 

1147.  Kaviinaj'i  iva  noru  toki  bakari  saina  ivo  tsuke  !  WUl^SBf 

If'S*''] tm^-'fttT     Nenne    den    Donner    nur    dann    "  Herr 
Donner",  wenn  es  donnert. 

1148.  Kamishinio  ivo  tsiikeru.     iT't^iTo      Das  Amtskleid 

anziehen. 

Formell  weiden. 

1149.  Kmniyul  kanii  yinvazu.  Wit'^^Wit^'^'t'  Der  Haarmacher 

frisirt  sein  eichenes   Haar  nicht. 
Siehe  Xo  193. 

11 50.  Kanae   no  zvakii  yd.    it€);f/<1i    Wie   das    Kochen   des 

Kessels. 

Ein  wirres,  tumultuarisches  Durcheinander,  wie  das  siedende 
Wallen  des  Wassers  im  Kessel. 

115 1.  'Kanalzugl  no  orc  no  yd.   iW^^<T-<^if   Wie  zerbrochene 

Nägel. 

Von  einer  ungeschickten,  hässlichen  Handschrift  (speciell  der 
Kaisho-Yox\-n). 

1152.  Kanazuchi  HO  kawa-nagare  no  yd.    ^M^)\\^kX^W    Wie 

das  Schwimmen   des  Hammers  im  Flusse. 

Ein  Hammer  schwimmt  mit  dem  Kopfe  (der  im  A^erhältniss 
zum  hölzernen  Stiel  allerdings  sehr  klein  sein  müsste)  nach  unten; 
daher  bildlich  für  :  sich  vor  jemand  sklavisch  bücken. 


—      124      — 

II53-     Kandan  wo  noberu.     ^§S^^S      Von  Kälte  und  Hitze 
sprechen. 

Sich  zur  Zeit  der  grössten  Hitze  oder  Kälte  nach  der  Gesund- 
heit erkundigen, 

1 154.  Ji.ande  fukumeru.  "MT^*  h  (Kindern  das  Essen)  vorkauen 

und  dann  in  den  Mund  stecken. 

Jemand  das  Lernen  so  leicht  als  möglich  machen  ;  sich  grosse 
Mühe  beim  Unterricht  geben. 

1155.  Kandc  haki-dashita  yö.    ©TqtfH  1?:^^      Wie  gekaut  und 

ausgespuckt. 

Von  einer  sehr  widerwärtigen  Physiognomie. 

Xrnie  (Metall). 

11 56.  Kane  no  zvaraji  de    sagasu.     li^^Ti^i>^''f      Mit  eisernen 

Sandalen  suchen. 

Etwas  sehr  eifrig  imd  lange,  mit  grosser  Ausdauer  suchen; 
etwas  suchen,  was  sehr  selten  und  schwer  zu  linden  .ist  (vgl. 
No  747). 

11 57.  Kanc  %va  hi  de  kokoromi,  Jiito  iva  sake  de  kokorovm.  -^li 

AT^^.  AlIfSTItÜ     Metall  prüft    man    durch    Feuer, 
Menschen  durch  Wein. 

Kaue  (Glocke). 

11 58.  Kane  mo  shumoku  110  atari-yö.  M  tlt-i^''3'^<'j  tf  Die  Glocke 

klingt,  wie  das  Glockenholz  angeschlagen  Iiat. 

"  Wie  es  in  den  Wald  schallt,  so  schallt  es  wieder  heraus." 
Die  japanischen  Glocken  haben  keinen  Klöppel,  sondern  werden 
durch  ein  wagerecht  schwingendes  Holz  von  aussen  angeschlagen. 

11 59.  Kane  to  taiko  de  sagasti.   M-icMTilT    Mit  Glocken  und 

Trommeln  suchen. 

Ahnlich  wie  No  1156  :  etwas  sehr  Seltenes  und  daher  schwer 
zu  Findendes  suchen. 

Kane  (Geld). 

1160.  Kane  ga  hvaserii  danna.  ^^''Slitf^ij-lSP  Jemand,  den  man 

nur  seines  Geldes  wegen  "  danna  "  (Herr)  nennt. 


—     125     — 

Ii6i.     Kane  ga  ka?te  wo  yobit.  ^•ö^'^*i'''f-^>  Geld   ruft  Geld. 
Wo  Geld  ist,  da  strömt  Geld  zu. 

1162.  Kaue  ga  kataki  no  yo  no  naka.    ^-ö'^JOütOtfi     Die  Welt, 

in  der  das   Geld  der  (grösste)  Feind  ist. 

Das  Geld  ist  de  Ursache  vieler   Sorgen   und   Leiden,   auch 
\'erbrechen  etc. 

1163.  Kane  naki  mono   zta  kane  %vo  tsnkmi.    ^M^^^.l'^^^rHS^- 

Leutc,  die  kein   Geld  haben,  geben   Geld  aus. 

1164.  Kane  ni  kinoko  ga  haent  yö.  ^i-:^^-^^^^  iW  So  dass  im 

Gelde  Pilze  wachsen. 
Von  einem  sehr  Reichen. 

1 165.  Kane  no  hikari  de  baka  vio  nkö  ni  inicni.  ^<D^  "-J  X'^M  l  M  P 

l-JL'-^S    Im  Glänze  des  Geldes  sieht  selbst  ein  Dumm- 
kopf klug  aus. 

Gegenstück  zu  No  660. 

11 66.  Kane  no  naru  ki  tva  motami.    ^«^^^^TJ^liJ^t:«    Man  hat 

(es  giebt)  keinen   Baum,  der  als  Frucht  Geld  trägt. 
Geld  lässt  sich  nicht  ohne  Anstrengung  erwerben. 

1167.  Kane  sae  arcba,  tcnka  ni  teki  nasJii.  #  2 '^^^ait^TUt^M  L 

Wenn  man   !iur    Geld  hat,   so  hat  man   keine   Feinde 
in  der  Welt. 

1168.  Kam  7C'o  inazvasu.  "^^'^-t   Geld  circuliren  lassen. 

Sein  Geld  auf  Zinsen  lehren. 

1169.  Kane  zvo  nekasu.  ^^?S^'f    Geld  schlafen  lassen. 

Sein  Geld  nicht  zinsbar  anlegen. 

1 1 70.  Kane  ivo  nbau  mono  zva  korosare,  knni  zvo  nbau  mono  wa  ö 

tonarii.  'kf^%i,-^i\tm%n^W^%X^-^\1^^)^h   W^tx  Geld 

raubt,   wird    hingerichtet,    wer   ein    Land   raubt,    wird 

Köniir. 

Soll  der  Räuber  Ishikawa  Goemon  zu  Hideyoshi  gesagt  haben, 
"  Kleine  Diebe  hängt  man,  grosse  lässt  man  laufen.'' 


—       120      — 

iiyi.     Kane-iHochi  to  haifuki  to  iva  tamarn  Jiodo  kitanahi  nani. 

t  HiK  i  ii;S  ^  ?lf5'  <  U  h  Der  Reiche  und  der  Aschbecher 
werden  um  so  schmutziger,  je  mehr  sich  (Geld  oder 
Asche)  anhäuft. 

1172.  Kane-uke  suru  to  ino,  hito-iike  surnna  .'  -^t^älT  4  i  lAUJcIS 

"^ h'^i  Selbst  wenn  du  für  Geld  Bürgschaft  leistest, 
bürge  niemals  für  einen   ]\Ienschen  ! 

1173.  Kant  wa  körn  ni  nisete  ana  zvo  horu.   MII^I-IH'C/C^IBä 

Die  Krabbe  giebt  dem  Loch,  das  sie  gräbt,  die  Form 
ihrer  Schale. 

Der  Schlechte  beurtheilt  andere  nach  sich. 

1174.  Kanjö  atte  zejil  tamzu.    fidS-^'CII/S  f)-f    Die  Rechnung 

stimmt,  aber  das   Geld  reicht  nicht. 

1175.*  Kanko  koke  wo  shözu.    Is^Si^^^'f    Die  Klagetrommel 

bewächst  mit  Moos. 

In  alter  Zeit  stand  vor  dem  Pahirt  des  cliinesischen  Kaisers 
eine  Trommel,  die  jedesmal  geschlagen  wurde,  wenn  jemand  eine 
Bittschrift  einreichte.  Die  Regierung  des  Kaisers  Yao  (um  2350  v. 
Chr.)  soll  so  glücklich  gewesen  sein,  dass  von  dieser  Trommel  nie 
Gebrauch  gemacht  wurde,  und  sie  schliesslich  mit  Moos  bewuchs. 
Daher  die  Redensart,  die  einen  glücklichen,  zu  keinen  Klagen  An- 
lass  gebenden  Zustand  des  Landes  bezeichnet.  Auch  :  kanko  koke- 
nameraka  nari,  die  Klagetrommel  ist  vom  Moose  glatt, 

1176.*  Kaiikii    zvo    navuni.  "Er^^#i6  6    Süsses    und    Bitteres 
kosten. 

Allerlei  Gutes  und  Böses  durchmachen. 

1177,*  Kankiva  7vo  tigokasu.    fX^eWl'^^'t    Schilde  und  Speere 
bewegen. 

Feindseligkeiten  betrinnen. 

1178.     Kannakiizti  e  hi ga  tsuita  yö.    IS/f '^;^o\'';j7:^  •i     Als  ob 
Hobelspähne  in  Brand  gerathen. 

Von  Dingen,  die  sich  sehr  schnell  verbreiten  ;  \gl.  unser  *'  wie 
ein  Lauffeuer". 


127      — 

II79-*  Kanncui  nanji  xvo  taina  ni  sti.   MiW.fk^'^\'-f    Die  Noth 
iTiacht  dich  zum  Edelstein, 

Sie  bessert  den   Menschen,    spornt  ihn  an,   macht  ihn  klug 
u.  s.  w. 

1180.  Kan}iui  goryö,   makcte  samyd.    ^,^.3^M>  Ä'CHM?    Sanft- 

muth    ist    fünf  Goldstücke    wcrth,   sich  (aus    Nachgie- 
bigkeit) überwinden  lassen,  drei  Goldstücke. 

1181.  Kannin  loa  bitji-cJiökyü  no  moioi.    ^<^.(i*iV:^:XoS    Geduld 

(Sanftmuth)  ist    die    Grundlage   von   immerwährender 
Sorgenfreiheit. 

1 182.  Kannin-bukuro  no  0  ga  kinru.  ^S;SO*i-!3->"t]]n*  Die  Schnur 

des  Geduldsackes  icisst. 
"  Der  Geduldfaden  reisst," 

1183.*  Kaiiilö  tuo  knriisJiivieru.  ^3.^'^^h    Lebtr  und   Gehirn 
quälen. 

Sich  den  Kopf  zerbrechen.  Vgl.  No  490  und  1187. 

1184.*  Kaiio  kishi  ni  itam.     tS0^i:i!l5     Am  jenseitigen    Ufer 

ankommen. 

Ein  buddhistischer  Ausdruck  für  "  ins  Paradies  kommen." 

1185.*  Kansfiii   wo   nameni.    "^^^^^h     Süsses    und    Saures 
kosten. 

Wie  No  II 76. 

1186.*  Kaiitan  zvo  hakte.  ffF5i4>n±<    Leber  und  Galle  \on  sich 
geben, 

"  Sein  ganzes  Herz  ausschütten.''  Vgl.  No  485. 

II 87.*  Kantan    ivo   kiidaku.     fflF3i-Mi<      Leber    und    Gallenblase 
zerbrechen. 

Sich  ausserordentliche  Mühe  geben ;  sich  den  Kopf  zerbrechen. 

1188,  Kao  ga  sagani.  M«-''T-ö->'ä   Das   Gesicht  sinkt. 

Der  Ruf  wird  schlecht. 

11 89,  Kao  ga  iirem,  Mo'Ä^^   Das  Gesicht  wird  verkauft. 

Überall  wohlbekannt  seia 


—       128       — 

1 190.  Kao  kara  hl  ga  dem  yd.  ^'o^h'h'^'^'^h'^  ^    Ah  ob  aus  dem 

Gesicht  Feuer  käme. 

\'on  einem  (\or  Zorn,  Schani,  oder  auch  durch  Sake\\€vc^  sehr 
reihen  Gesicht. 

1191.  Kao  vi  niniL  zva  kokoro.    IÄI-iÖ*^lt'd»     Was   dem   Gesicht 

nicht  gleicht,  ist  dis  Herz. 

1192.  Kao  iw  atstii  mono.     M^j?v^;^-     Kjn    Mensch   mit  einem 

dicken   Gesicht. 

Ein  unverschämter,  "  dickfelhger "  Mensch. 

1193.  Kao  zvo  tsiibiisit.  M^^i"  (Jemand)  das  Gesicht  zerbrechen. 

Ihn  beschämen,  aus  der  Fassung  bringen. 

1194.  Rappa  ni  ketsu  zvo  nukarcia  yd.  MÄI-JfiL^M«'HT:ti  Als 

ob  einem  von  der  Kappa  das  Blut  ausgesogen  wäre. 

Kappa  ist  ein  Falaelvvesen  von  menschenähnlicher  Gestalt, 
welches  in  Flüssen  lebt  und  Badenden  nachstellt,  um  ihnen  das 
Blut  auszusaugen.  Sehr  ermattet  oder  erschöpft  sein ;  besonders 
von  der  Erscliöpfung,  die  einem  Vergnügen  folgt. 

1 195.  Kappa  ni  siiiren  wo  os/iiyu  bekamr:u.    ?^al-7lc^^^'iPpJt)*?»'T" 

Der  Kappa  braucht  man  niclit  Schwimmunterricht  zu 
geben. 

1 196.  Kappa  ?io  he.  MW^M.  Der  Wind  (crepitus)  der  ICappa. 

Etwas,  das  keinen  Effekt  hat. 

1197.  ICappa  no  kangeiko.     Ma'^^^'Ä'     Die   Winterübung   der 

Kappa. 

Im  Winter  stellt  man  manchmal  körperliche  Übungen,  beson- 
ders Fechtübungen,  im  P'reien  an  ;  wer  jedoch  in  einer  Kunst  so 
geschickt  ist,  wie  die  Kappa  im  Schwimmen,  hat  dies  nicht  nöthig. 

1198.  Kappa    no    kaiua-nagare.      ^M<^J>)\\x^^      Das    im    Flusse 

schwimmen  der  ICappa. 

Wendet  man  auf  einen  guten  Schwimmer  oder  Taucher  an. 

1199.*  Karasii  ni  hambo  no  kö  ari.  .%l-/x.Bil'5#*)  "J    Der  Rabe 
hat  die  Tugend,  (den  Eltern)  die  Nahrung  zu  vergelten. 

Er  soll  ihnen,  wenn  sie  alt  und  hilflos  sind,  Futter  bringen. 
Während  bei  uns  der  Rabe  als  unmenschlicher  Vater  etc.  sprich- 
wörtlich ist,  gik  er  in  China  und  Japan  als  Symbol  kindlicher  Dank- 
barkeit gegen  die  Eltern.  Vgl.  auch  No  598. 


—       129      — 

1200.  KarasH  ni  knn.  .%1-^  Dem  Raben  eine  Kastanie  (anver- 

trauen). 

Der  Rabe  soll  Kastanien  sehr  lieben  und  sie  manchmal  in 
die  Erde  vergiaben  ;  wenn  er  sie  jedoch  wieder  ausgraben  will, 
soll  er  die  Stelle  nicht  wiederfinden  können.  Daher  sagt  man  so 
zu  jemand,  der  sehr  vergesslich  ist ;  der  eine  Sache  nicht  wieder- 
finden kann,  die  er  selber  weggelegt  hat. 

1201.  KarasH  no  atama  no  shiroku  nani  koto  naslii.  .%'^EK'^ä^ 

tCo^tSL   Der  Kopf  des   Raben  wird  nie  weiss. 

1202.  Karasii  no  atama  shiroku  narii  made.  .^'^SIÖ  <  tC  X  jS   Bis 

der  Kopl  des   Raben   weiss   wird. 


Ad  calendas  graecas." 


1203.  Karasu  110  gyoziii  no  yo.   .ij^tr^K'^tf.  Wie  das  Baden  des 

Raber-. 

Ein  15ad,  das  nur  kurze  Zeit  dauert  und  daher  kein  gründliches 
Baden  ist ;  dann  auch  überhaupt  im  Sinne  von:  unwirksam,  erfolglos. 

1204.  Karasu  no  u  no  mane  :  s.    U  no  viane  wo  suru  etc. 

1205.  Karasu  ica  sannen  saki  zuo  satorn.  p3\^'^^9c^%h  Der  Rabe 

weiss  die   Dinge  drei  Jahre  voratis. 
1206.*  Karasu  wa  oya  no  on  wo  niukuyu.  .^|I?ii^3S'.^W5^  Der  Rabe 
vergilt  die   VVoliUhaten   der  Eltern. 
Vgl.  No  II 99. 

1207.  M.arelii  vio  yama  no  nigiyakashi.  ^i^TJii  Ui-vüßt'P^*  L  Selbst 

der  dürre  Baum  belebt  Berg  (macht  ihn  malerisch). 

1208.  Kareki  ni  hana.  JföM'Cl-^ft   Blumen  auf  einem  dürren  Baum. 

Gleich  No  928. 

1209.  -Kari  ga  tateba  kuso-bae  nw  ha-zukuroi  su.    M-ö^'Ä'C  It^fc! 

t^imi-'t     Wenn   die   Wildgans   auffliegt,   macht  auch 
die  Schmeissfliege  ihre  Flügel  (zum  Fluge)  zurecht. 

12 10.*  Kari  ni  cJwshö  710  retsit  ari.   MV-Wy^^Mh'')    Die  Wildgäiise 
fliegen   nach   der  Grösse  geordnet. 

I2fi,     K.ari-gl  yori  arai-gi.  'ft "Jd^i  "Jöfef 'iK   Gewaschene  Klei- 
der sind  besser  als  geliehene. 


—     I30    — 

12 12.  Kar  im  toki  no  Jizö-gao,  kaes.u  toki  no  Enuna-gao.    ^h 

B^F^Üfei^M«  il^  n^m^m     Zm-    Zeit   des    Entleihens   ein 

Gesicht  wie  Jisö,  beim  Wiedergeben  ein   Gesicht  wie 

Emma. 

Jizd  :  ein  freundlicher,  hilfreicher  Gott;  Emt/ia  :  der  Richter 
der  Unterwelt.  Statt  karsu,  wiedergeben,  kann  auch  tiastt  (j^), 
Schulden   bezahlen,   stehen. 

12 13.  Karite  kita  neko  no  yö.    ^X^VM^*^    Wie  eine  Katze, 

die  man  sich  geh'ehen  hat. 

Sie  fängt  im  fremden  Hause  keine  Mäuse,  ist  also  daselbst 
von  keinem  Nutzen. 

12 14.  Kasa  to  shirami  %va  kakusu  hodo  ni {od.  kakusti  to)fiiern. 

3t^a(lll-flSi:?i5    Die  Syphilis  und  Läuse  nehmen  um 
so  mehr  zu,  je  mehr  man  sie  verheimlichen  will. 

12 15.  Kasaya  no  kozö  Jioneotte  shikarareru.    ^^^J/Mt'H-^-tPpf 

?><T-4     Der   Lehrjunge   des    Schirmmachers   wird   ge- 
scholten, obgleich  er  sich  Mühe  giebt. 

Scherzhafte  Redensart,  wenn  man  eine  Sache  recht  gut  machen 
will  und  sie  dabei  verdirbt ;  ein  Wortspiel  mit  honeo/ie  :  "  sich 
Mühe  gebend  "  (s.  Äone  wo  oru) ;  oder  :  "  die  Schirmstäbe  zerbre- 
chend." 

12 16.  Kasef/u  ni  oitsiiku  binibö  nashi.    ^Cltü.'ft  <  ^E^i  L     Die 

Armuth  kann  den  Fleiss  nicht  einholen. 

1 2 1 7.  Kasliira  nijbnd  zvo  iiadaku.  SMI-  ::i^4'MS  <  Auf  dem  Kopfe 

zweierlei   Haar  belcomnien. 
Grau  werden. 

I  2 1 8.      lCa.shita  viono  zva  zvasiirenu  mono.  Ät:!J^ it.'SKwt^  Sachen, 
die  man  andern  geliehen  hat,  vergisst  man  nicht. 

12 19.*  Kaasri  to  nio  tosen  no  inizti  wo  nomazn.  ?äT  ^  V-^ik^')'^^^ 
^"t'     Selbst  wenn  man  Durst  hat,  trinkt  man  nicht  von 
dem  Wasser  der  Diebesquelle. 

Die  Noth  ist  keine  Entschuldigung  für  Verbrechen. 


—     131     — 

1220.  K.ata  de  iki  luo  siiru.    M'C.I/jf'l'o      Mit    den    Schultern 

athmcn. 

Von  schwerem,  mühsamem  Athm.en  (bei  manchen  Krankhei- 
ten, oder  nach  schwerer  Anstrengung). 

122 1.  Kaia  de  kaze  zvo  kitte  anikit.  M'C*S;^t7J t  #  <  Mit  der  Schulter 

den  Wind  durchschneidend  gehen. 
Einherstolziren, 

1222.  Kata ga  siiboru.  %^^^h    Die  Schultern  sind  eingezogen. 

Sich  schämen. 

1223.  Kala  zi'o  nukii.  M^Wi^    Die  Schultern  herausziehen. 

Sich  aus  einer  unangenehmen  Lage  oder  aus  einer  schlimmen 
Angelegenheit  glücklich  herausziehen. 

1224.  Katachl  wa  itntcdomo,  kokoro  tun  umazii.   J^  11 4*6^  t  it» 

114  JT"  Man  gebiert  zwar  den  Körper,  aber  nicht  das 
Herz. 

Von  Kindern,  die  den  Eltern  zwar  äusserlich  gleichen,  aber 
nicht  an  Charakter;  die  ganz  anders  sind,  als  die  Eltern  es  wün- 
schen. 

1225.  Katachitvo  aratauieru.  j^^^ebh    Den  Körper  (die  Körper- 

haltung) ändern. 

Eine  ernste  Haltung  annehmen. 

1226.  Kataliada  müde  kakaru.   ^T'MIäv^T^''^)    Eine  Schulter 

entblössen  und  anfangen  (zu  arbeiten). 

Sich  ernstlich  an  die  Arbeit  machen.  (Vgl.  No  478.) 

1227.  Kataliara  itai.    f\'^%^^   Die  Seiten  thun  weh  (vor  La- 

chen). 

Die  Sache  ist  einem  lächerlich. 

1228.  KataJ^i  no  ie  ni  yukite  vio  kuchi  wo  iturasazu  ni  kaeru 

mono  de  nashi.  Wi-^WX-^Xl  P ^Ji ?  t'  1  *-  If  -5  l  ^ T Jü  L 
Selbst  wenn  man  in  das  Haus  des  Feindes  geht,  kehrt 
man  nicht  zurück,  ohne  den  Mund  angefeuchtet  zu 
haben. 

Selbst  dem  Feinde  muss  man  etwas  zu  trinken  (in  Japan  ge- 
wöhnlich Thee)  vorsetzen. 


—     152     — 

1229.     Katall i  110  S2ie  no  yö.   '^^^.^^^  Wie  die  Nachkommen  von 
Feinden. 

Von  Leuten,   die  gegen  einander  unversöhnliche   Feindschaft 
hegen. 

1230.*  liatahuchl  kiitc  vi  zvo  tsukeruna  !  f\Vi^X^f^\^hU   Ur- 
theile  nicht,  wenn  du  nur  eine  Seite  gehört  hast! 
"Audiatur  et  altera  pars."  Vgl.  No  618. 

1 23 1.  Kntaini  ga  hiroku  naru.  MM  t?^'®-  <  ^ 4  Die  Körperhaltung 

dehnt  sich  aus. 

Eine  stolze  Haltung  annehmen. 

1232.  Katami  ga  seinahinarit..  M:i^''$^<^2    Die  Körperhaltung 

zieht  sich  zusammen. 

Sich  beschämt,  gedrückt  fühlen. 

1233.  K.atana  wa  biishi  no  tainashii,  kagami  zua  onna  no  tamasJiii. 

3J(1S^.±£?)e1,  i4(t:feOEi|  Das  Schwert  ist  die  Seele  des 
Kriegers,  der  Spiegel  ist  die  Seele  der  Frau. 

1234.  Katate  de  kau.   M'^TR-i-  Fi^ir  eine  Hand  kaufen. 

"  Eine  Hand,"  d.  h.  fünf  Finger,  bedeutet  hier  nur  die  Zahl 
fünf;  also  etwas  für  5  Sen(oder  5  Yen  etc.)  kaufen. 

1235.  Kataude  zuo  mogareta  yd.  /i'fl^VM^"''nf:tl  Als  ob  einem 

ein  Arm  ausgerissen  wäre. 

Wenn  man  seine  beste  Stütze  verliert,  z.  B.  ein  Meister  seinen 
besten  Gesellen. 

1236.  Katami  zvo  nomii.  MM^^^^ii  Speichel  verschlucken. 

Aufs  höchste  gespannt  sein. 
Katsu  (siegen). 

1237.  KatsiL  koto  bakari  sliitte  niakeni  koto  zvo  sJiirami  zva  gai 

ari.  ßto-^lttJ-^J^-CM^^iv/^^P  hnW'^h'')  Es  ist  ein  Nach- 
theil, wenn  man  nur  Siege  und  niemals  eine  Nieder- 
lage kennen  lernt. 

1238.  KatsH  koto  yori  makenu  koto  zvo  kankö  seyo  !   ^i^'-^l^)% 

lji0^4'^#t£j:  Statt  zu  überlegen,  wie  du  gewinnst, 
überlege  lieber,  wie  du   nicht  verlierst  ! 


—     133     ~ 

1239.  KatsH  VW  makcru  mo  vn  sJiidai,  Ht '^  i  M 'f>  i  il^ ?t5    Siegen 

wie  Unterliegen   hängt  vom  Glück  ab. 

Katsu  (Durst). 

1240.  Katsu   ni  nozonde  ido   wo  liorii.     il(l-Kj^T^^■1!?iS2      Den 

Brunnen  (erst  dann)  graben,  wenn   man   durstig  ist. 

1241.  Kattai  no  kasa-iirami.    '%M'^%\%h-    Der  Neid  des  Aus- 

satzes auf  die  Syphilis. 

Selbst  der  Unglückliche  wird  von  andern,  noch  Unglückliche- 
ren beneidet.  (Aussatz  gilt  für  noch  schlimmer  als  Syphilis.) 

1242.  Katte  kabiito  no  o  ivo  shwieni  {od.  shimeyo /).   K'C^OM 

4*Li6S      Nach  dem  Siege  (muss  man)  das  Helmband 
fester  binden. 

Man  soll  sich  nie  der  Sorglosigkeit  überlassen. 

1243.*   'K.attö  ga  okoni.  ^li*"''ilS   Es  entstehen  Schlingpflanzen. 
Die  Sache  wird  verwickelt. 

Kawa  (Haut). 

1244.  Kawa  wo  Jdkeba  mi ga  itaimi.  Ä^BUJltJ|t>-'*5'iü  Wenn  man 
die   Haut  z.upft,  thut  es  dem   Körper  weil. 

Kawa  (Fluss). 

1245.*  Kaii'a  ni  cJnkaki  cid  zva  iiruoi,  yavia  ni  cJukaki  ki  zva  naga- 
shi.  Mi'i£^ilillli4^o^.  lUr-iE^/iciIÄL  Der  Boden  in  der 
Nähe  des  Flusses  i.st  fruchtbar,  die  Bäume  in  der  Nähe 
des  Berges  sind   hoch. 

"Wer  den  Papst  zum  Vetter  hat"  etc 

1246.  Kaiva  ni  nn.zu  wo  Jiakobn.  )\\\'-i)s^&'E..l-  Wasser  in  den  Fluss 

tragen. 

"  Eulen  nach  Atlien  tragen." 

1247.  Kawa  no  naka  ni  iva  tatedonio,  Jdto  no  naka  ni  zva  tatarezii. 

;il0cl'i:|IÄ'C£'i.  A^^'lJI-ltinnt-  Im  Flusse  kann  man 

zwar   stehen,   aber   inmitten  der  Menschen  kann   man 

nicht   stehen  bleiben. 

Man  kann   in  der   Welt   nicht  auf  demselben   Fleck    stehen 
bleiben,  man  kommt  entweder  vorwärts  oder  zurück. 


—     134     — 

1248.  Kinva  %vo  Jicdatcte  sliiro  %vo  kizuku.  Jll^I^S'C  ^  i^^^  <   Schon 

durch   den    Fluss    getrennt  (geschützt)  noch   ein  festes 

Schloss  bauen. 

Ganz  sicher  gehen  ;  "  doppelt  hält  besser." 

1249.  Kaiva-dachi  kawa  de  hateni .  )\V'Wh)\\'^^^h    Wer  am  Flusse 

aufgewachsen  ist,  stirbt  in)   Flusse. 

Dem  Beruf,  in  dem  man  erzogen  ist,  l)lcibt  man  bis  zum  Tode 
treu.  Nach  anderer  Erklärung  :  obgleich  jemand  sehr  tüchtig  ist 
und  bei  kühnen,  gefahrvollen  Unternehmungen  schon  oft  Erfolg 
hatte,  geht  er  schliesslich  doch  in  einer  solchen  zu  Grunde — ähnlich 
unserm  "der  Krug  geht  so  lange  zum  Brunnen,  bis  er  bricht",  doch 
ohne  dessen  schlechten  Sinn.  Das  Wort  kawadachi  kommt  sonst 
nicht  vor ;  im  Wakiin  SJiiori  wird  es  als  "  der  im  Flusse  aufstei- 
gende (Schwimmer)"  erklärt ;  wahrscheinlicher  ist,  dass  das  Wort 
iMS  kawa-sodachi,  "der  am  Flusse  Aufgewachsene",  entstanden 
ist. 

1250.  Kawa-iiiiikö  no  keiikwa.    <sjfRji>Otmiii    Der  Streit  auf  der 

anderen  Seite  des  Flusses. 

Dinge,  die  einen  nicht  persönlich  betreffen.    Ebenso: 

125 1.  Kcnva-miikd  no  kxvaji.    MrpÜi'€)j/<^i^    Die   Feuersbrunst  auf 

dem  jenseitigen  Ufer  des  Flusses. 

1252.  Kaivail  ko  niwa  tahizvo  sase  !  pJ^i^^T-l-UiJJ^^Sfi  Schicke 

das  Kind,  das  du  liebst,  auf  Reisen  ! 

Damit  es  auch  mit  dem  "rauhen  Leben"  in  Berührung  kommt, 
allerlei  Erfahrungen  macht,  sich  an  Entbehrungen  etc.  gewöhnt. 
Statt  kaivaii  ko  heisst  es  auch  oinou  ko. 

1253.  Kazvaü  ko  wa  bö  de  sodatero  !    pTS^ ^ T- il #T W '^  h     Erziehe 

die  Kinder,  die  du   liebst,  durch  Schläge  ! 

1254.  Kaivaigaravete  vii  no  tsninari.  pJS«^■f)i^X^0M''J    Ge- 

liebt sein   heisst  behindert  sein. 

1255.  Kmvaigararete  vn  no  is:iki.  i^IS«^' ?>f^'Cil^|£^  Geliebt  wer- 

den  ist  das  Ende  des   Glücks. 

Glück  in  der  Liebe  wird  oft  verderblich.  (Vgl.  No  791  u.  389, 
mit  dem  1255  eigentlich,  als  zweite  Hälfte  eines  dodoiisu — populären 
Liedes — zusammengehört.) 


—     135     — 

1256.  K^aivain'eriya  koso  Kanda  kara  kayoii.     pISi?  "J-^  -  ^sif 

EElT>'f)Mi^  Nur  \vc;.^cn  der  Liebe  geht  man  von  Kanda 
hin   lind   zurück. 

Wer  verliebt  ist,  scheut  keine  Entfernung.  Das  Spr.  stammt 
aus  einem  Volksliede  {hayan-utd)  aus  Edo  (Tokyo) ;  Kanda  heisst 
ein  Stadttheil  daseÜDst. 

1257.  Kaivanagare  yio  fundoslü  de  nmri-jimari.  )\\^'^%X.%'^ 

M^)  Als  (d.  h.  wie  ciii)  Lendengurt  des  Ertrunkenen 
übermässig  fest  gebunden. 

Für  einen  Gürtel,  der  den  Körper  zu  fest  einschnürt  (wie  der 
Lendengurt  einer  geschwollenen  Wasserleiche)  ;  auch  :  sehr  be- 
drängt, in  Nöthen. 

1258.  Kaiuanagare  110  gouii  zoa  kiii  ni  kakatte  atama  agarami. 

Jllr5U€)M(ltn:(:^c;^)i:Jit'i:lI^?>«  Wenn  der  Schlamm  im 
Flusse  an  einem  Pfahle  hängen  bleibt,  kriegt  er  den 
Kopf  nicht  in  die  Höhe. 

Von  einem  eifrigen  Esser,  der  den  Kopf  nicht  aufrichtet ;  kidni, 
"an  einem  Pfahle,"  kann  auch  heissen  "beim  Essen"  (vgl.  No  380). 

1259.  Kawcdal^e  no  nagare  710  vii.  M  1t "?> <)?£'?> 4  Das  Leben  am 

Schilfflusse. 

Das  Leben  einer  Dirne. 

1260.  Ka-iva-tare-doki.  fSlIfilBl  Die  Zeit  (wo  man  fragt)  :  wer 

ist  das  ? 

Die  Zeit  der  Morgendämmerung,  wo  es  schwer  ist,  jemand  zu 
erkennen.    Daher  auch  kiuvatare-boshi,  der  Morgenstern. 

1261.  Kaivayusa  aviatte  mkusa  hyaku-bai.    pJS§l^<5ttt?"S'® 

Auf  übermässige  Zuneigung  folgt  hundertfältige  Abnei- 


gung. 


1262,     Katvcizu  no  tsura  ni  mizu.   4i^Mi'7j^   Wasser  ins  Gesicht 
des  Frosches. 

Ermahnungen  oder  \'or\vürfe,  die  keinen   Eindruck  machen, 
weil  man  es  mit  einem  ganz  verhärtften,  schamlosen   .'\!enschen 
zu  thun  hat ;  sie  gleiten  an  ihm  ebenso  wirkungslos  ab,  wie  das 
Wasser  an  eneim  Frosche. 


—    136    — 

1263.  Kayui   tokoro  ni  te  ga   todokanu.    ??v>^i:^t/"jgt)*w    Die 

Hand  reicht  nicht  bis  an  die  juckende  Stelle. 

Man  ist  auiser  Stande,  einem  Übel  abzuhelfen.  Wenn  man 
dagegen  endlich  ein  Mittel  gefunden  hat,  sich  von  dem,  was  einen 
lange  belästigt  hat,  zu  befreien,  oder  wenn  ein  lange  gehegter 
Wunsch  in  Erfüllung  geht,  so  sagt  man  :  kayici  ickoro  ni  te  ga 
todoku  yo,  wie  wenn  die  Hand  die  juckende  Stelle  (endlich)  erreicht. 

1264.  KazaJ^a'nii  ni  mo  okenu  yd.  M.-hl-  i^iTßtl  So  dass  man 

(ihn)  nicht  einmal  auf  die    Windseite   stellen  kann. 

Von  einem  boshaften,  übelwollenden  Menschen  ;  der  Wind 
würde  seine  Bosheit  herüberwehen  ;  überhaupt  von  Dingen,  die 
man  nicht  leiden  kann. 

1265.  Ka^e  eaa  %vo  narasanu  miyo.  Efe^'il  ?>  3  n'»^'^  Ein  Zeitalter, 

in  dem  der  Wind  die  Aste  nicht  rauschen  lässt. 
Gleich  No  323  :  ein  glückliches,  friedliches  Zeitalter. 

1266.  Kaze  no  tayori  de  kiku.  M.'^^M'CH  <    Durch  Mittheilung  des 

Windes  erfahren. 

"  Ein  Vöglein  singen  hören." 

1267.  Kaze  to  tsiiki  no  sai{pA.  ■Awxix).  %iif^^^{'^K)  Das  Talent 

(od.  der  Herr)  von  Wind  und  Mond. 
Ein  poetischer  Ausdruck  für  "  Dichter." 

1268.  Kaze  zva  hyaku-byö  no  meto.  E^UItW;^ ^-U  Der  Wind  (Erkäl- 

tung) ist  der  Anfang  von  hundert  Krankheiten. 

1269.  Kaze  zuo  fukaseru.  M^-iJ^^'t^S    Wind   wehen  lassen. 

Seinen  Einfluss  unnöthig,  übertrieben  geltend  machen  ;  "  sich 
aufs  hohe  Pferd  setzen"  (vgl.  No   1057). 

1270.  Kaze  zuo  kurau.  M'^&.i'  Wind  essen. 

Ein  verdächtiges  Gerücht  hören  ;  "  von  etwas  Wind  bekom- 
men." 

1271.*   Kaze  zvo  oi,  kagc  zvo  toru.     EVIE 0^-^4-^:3      Dem   Winde 

nachjagen,  den  Schatten   fangen, 
1272.     ILe  zvo  fidte  kku  zvo  viotomeru.    ^^!'^Ci'*'CiE4'>]<>6  Z>     Die 

Haare  wegblasen  und  nach  einer  Wunde  suchen. 
Alte  Geschichten  aufrühren  ;  das  Gespräch  auf  Dinge  bringen, 

die  nur  zu  Streit  führen  können  u.  dgl. 


—     137     — 

1273-     KechiiRbö  HO  kaki  jw  tane.  ^'UK<^A^<^M  Die  Kerne  der 
Kaki-Fiucht  des  Geizhalses, 

Der  Geizhals  wirft  selbst  die  Kerne  nicht  weg,  sondern  hebt 
sie  sorgfältig  auf.  Ähnlich  :  kcchiinbo  no  kaki  )w  heia  (^),  der 
Kelch  (calyx)  der  Kaki-Frucht  des  Geizigen.  Der  Kelch  dieser 
Frucht  ist  bleibend  und  hat  in  zusammengetrocknetem  Zustande 
einige  Ähnlichkeit  mit  einer  viereckig  durchlöcherten  Scheide- 
münze. 

1274.     K.€ga  no  környö.    '^a^^^^S    Die  aus  einem  Fehler  her- 
vorgegangene grosse  That. 
S.  No  138. 

Kfii  (Respekt). 

1275.*  Kei  shiic  tözakeru.  ^VX^%'\Th  Etwas  respektvoll  fern- 
halten. 

Auf  höfliche  Weise  ablehnen. 

£"6/ (Aussicht). 

1276.*  Kei  wo  mite  jd  zvo  shözu.  ^^%X'\^f^&'t'  Wenn  man  die 
Aussicht  sieht,  bildet  man  (bekommt  man)  die  Empfin- 
dung. 

Selber  sehen  ist  mehr  werth  als  die  beste  Beschreibung. 

1277.*  Keiei  ai-awaremu.  J^¥^mV  Körper  und  Schatten  be- 
dauern einander. 

(Mit  seinem  Schatten)  allein  sitzen  und  traurig  sein. 

1278.*  Kein  ai-toiiiünaii.  J^^t0#U>  Einander  (wie)  Körper  und 
Schatten  begleiten. 

Immer  beisammen,  unzertrennhch  sein.  Vgl.  No  11 10. 
1279.*  Keiki  ga  yoi{oL\.  wand).  ftÄö^*üg=t' (Mi^)  Der  Anschein 
(od.  Zustand,  ei  :tl  :  Schattengeist)  ist  gut  (od.  schlecht). 
Der  Handel,  die  Geschäfte  gehen  gut  (resp  das  Gegentheil). 
1280.*  Keihö  to  iiaru  vio,  gyübi  to  naru  nakai^e  /  ^UtUh  ^  -^M^ 
;Ä?-ijn     Werde  lieber  der  Schnabel  eines  Huhns  als 
der  Schwanz  eines  Ochsen. 

"  Lieber  in  einem  Dorfe  der  erste,  als  in  Rom  der  zweite."  Statt 
/v/Zv,  Hühnerschnabel,  auch  keitö,  Hühnerkopf. 


-     138     - 

I28i.*  Keikoku  no  hijin.  M^'^üA  Ein  Weib  von  landruinirender 
Schönheit. 

Eine  Favoritin,  die  durch  ihre   Schönheit  den  (chinesischen) 
Kaiser  völlig  beherrscht  und  das  Land  zii  Grunde  richtet. 

1282.*  Keirohu  zvo  sakn  ni gyütd  wo  inocJdizii.  El)]ij4>t!l  \  l-'^TJ^^^ 
Ü-'t'  Um  Huhnrippen  zu  zerlegen  braucht  man  kein 
Ochsenmesser. 

S.  No  468.  Statt  keirokii  auch  bloss  kci,  Huhn. 

1283.*  Keisei.  M^  Umstürzerin  von  Schlössern. 

Ein  Weib,  das  durch  seine  Schönheit  selbst  Schlösser  zu  Grunde 
richtet;  vgl.  No  1281.  Jetzt  ein  Ausdruck  für  "Dirne." 

12S4.  Kcisei  ni  iiiakoto  nasJü.  fi^i-lJÄM  L  In  einer  Dirne  ist  keine 
Wahrheit. 

Vgl.  No  1068  und  1069. 

1285.  Keisei  no  seinniai  kisJiö.  W^'^'^'^^^^^  Die  tausend  Verspre- 

chungen  der  Dirne. 

1286.  Keisei  no  soranaki.  ^^^'^  hlft^  Die  erheuchelten  Thränen 

der  Dirne. 

1287.  Keisei-kai — s.  Jor'o-kai. 

1288.*  Keisctsu  no  kö  zvo  tsuviu.  ^Ä'^J^j^-Mt"  Leuchtkäfer-  und 

Schneeverdienst  anhäufen. 

Mit  ausserordentlichem  Fleiss  studiren.  Bezieht  sich  auf  eine 
chinesische  Erzählung  von  zwei  Jünglingen  [S/iain  :^)aL  und  So}i- 
kd  W^))  von  denen  der  eine  aus  Armuth  in  der  Nacht  bei  dem 
Lichte  von  Leuchtkäfern,  der  andere  bei  dem  des  Schnees  vor 
seinem  Fenster  studirte.  Auch  :  keisetsti  no  niado  ni  in/,  am  Fen- 
ster des  Leuchtkäfers  und  Schnees  sitzen. 

1289.*  Keitei  magaki  ni  scrnegedoino,  hoka  sono  anadori  wo  fuse- 
o-u.  R.^j^\~mf€ls.^^%<^m^m<:  wenn  Brüder  auch 
innerhalb  der  Plecke  (in  ihrem  Hause)  zanken,  so  weh- 
ren sie  doch  ausserhalb  des  Hauses  Beleidigungen 
(gemeinsam)  ab. 


—     139    — 

Keltö  to  nani  vio  etc. — s.  Kcikö  to  varii  ino. 

1290.*  Kekkö.  ^a^  Einfassung;  Umzäunung. 

Aus  dieser  ursprünglichen  Bedeutung  entwickelte  sich  die  Be- 
deutung "  Construction  ",  ''  Bauart  ",  dann  "  prächtiger  Baustil  "- 
zuletzt  gleichbedeutend  mit  "  prachtvoll  ",  "  vorzüglich  ",  "  ausge; 
zeichnet ''. 

1291.*  Keniha  110  rd  zvo  tsukusii.  :^.i?>'^^4'iJf  Die  Anstrengung 
von   Hund   und  Pferd  erschöpfen. 
Sich  sehr  anstrengen. 

1292.  Keriinto  hororo  ?io  aisatsu.  l.?^  \.\t,h\  (D^W  Ein  unfreund- 

licber,  grober  Gruss. 

Über  den  Ursprung  des  Ausdruckes  kemmo  hororo  konnte 
nichts  ermittelt  werden. 

1293.  Keniono  kumo  ni  Jioerii.    i^Sl-O^S     Tiiiere  heulen   die 

Wolken  an. 

Gleich  unserm  "  der  Hund  bellt  den  Mond  an  "  (ohne  dass  der 
Mond  darauf  achtet).  Die  Redensart  kommt  schon  im  Kokinshü 
vor  :  kedainono  no\kiciuo  nl  hoeken,  mögen  die  Thiere  die  Wolken 
anheulen. 

1294.  Kemushi  no  yö.   ^^^%  Wie  eine  Haarraupe. 

Vor  einem  Menschen,  dessen  Gesicht  einem  zuwider  ist. 

1295,*  Keil  yori  sha  ni  ine  tva  yasukn,  sha  yori  ken  ni  int  zva 
katashi.  Iti ''J#i:A^lt^  <  ,  #i  vj  ^i:;^ ^  itliL  Von 
der  Sparsamkeit  zur  Verschwendung  überzugehen  ist 
leicht,  von  der  Verschwendung  zur  Sparsamkeit  über- 
zugehen ist  schwer. 

1296.*  Keuga  ai-sessu.  -X^^^^-T  (Wie)  Hundezähne  in  einander 
übergreifen. 

Von  Landstücken,  deren  Grenze  sehr  unregelmässig,  mit  vielen 
vorspringenden  Ecken  und  Zipfeln  \'erläuft. 

1297.  Kenjö  no  kamo  no  yd.  i^-h'^^,!^^  Wie  eine  als  Geschenk 
angebotene  Wildente. 

Nämlich  eine  solche,  die  äusserlich  zv.ar  gut  aussieht,  aber 
innen  schon  "  angegangen  "  ist.   Dem  Schein  ist  nicht  zu  trauen. 


—     )40     — 

1298*  Kenkeil  no  niizii  köka  wo  nasti.    \^  1 0yKitMh^^.'t     Das 
Wasser  der  kleinen  Bäche  bildet  den  grossen  Strom. 

1299.*  Kenhö  hitsudeii,  51M$H  Mit  dem  Tuschstein  und  Pinsel 

ackern. 

Von  Schriftstellerei  leben. 

1300.*  Kenivwa  ryö-seibai.  iti^^SilSE  Bei  einem  Streite  sind  beide 
Theile  zu  bestrafen. 

Ein  alter  Grundsatz,   der  von  der  Anschauung  ausgeht,  dass 
bei  einem  Streite  kein  Theil  ganz  ohne  Schuld  ist. 

1301.  Kenkwa  siigite  {od.  sundc)no  bd-chigiri.  ngif  iit  (^^T)  0^ 

J^-tO"!  Einen  Stock  abbrechen,  wean  der  ^streit  zu  Ende 
ist. 

1302.  Kenkwa-döshi  110  noki-narabi.    ^^%isi-^%^'^Ü^    Das    Dach 

an  Dach  wohnen  der  streitenden  Parteien. 

1303.  Kenslici  iva  guzetsu  710  tarne  ni  ugokazii.  K^iIiSl§"^:^l-IÖ 

■5"f'    Der  Kluge  bewegt  sich  nicht  wegen  der  Zunge 
des  Dummen. 

Er  lässt  sich  vom  Dummen  nicht  überreden. 

1304.*  Ketsunilx'U.  U.^  Blut  und  Fleisch. 

Wie  unser  "(mein,  resp.  sein  etc.)  eigen  Fleisch  und  Blut" 
ein  Ausdruck  für  "  Blutsverwandte  ". 

1305.*  Ketsuro  wo  Jdraku.  J5lS&^!l  <    Sich  einen  blutigen  Weg 

bahnen. 

Sich  mit  deni  Schwerte  durch  die  Feinde  hindurchschlagen. 

1306.  Ketcliaku  HO  tokoro.  ^W?^S?r  Der  Ort  des  Entschlusses 

(das,  wozu  man  entschlossen  ist). 

Der  niedrigste  Preis,  zu  dem  der  Verkäufer  die  Waare  lassen 
kann. 

Ki  (Holz). 

1307.  Ki  de  hana  zuo  kukuita  yd.    :^'^^^t^'>VM    Als  ob  man 

Blumen  mit  Holz  zusammengebunden  hätte. 

Höflichkeiten  sagen  oder  Freundlichkeiten  erweisen,  aber  auf 
hölzerne  ?>Ianier,  oder  :  nicht  gern,  mit  widerwilliger  Miene. 


—     141     — 

Ki  (Baum). 

1308.  Ki  kara  ocJiita  samt  no  yd.  a^-"^' ^\Ul.f&-^Ak  Wie  ein  Affe, 

der  vom  Baume  gefallen  ist. 

Ohne  Eltern  und  Verwandte,  ganz  allein  in  der  Welt  daste- 
hen. (Hat  mit  ^^/r«  ino  ki  kara  ocJihit  [s.  d.]  nichts  zu  thun.) 

1309.  Ki  ni  vwcJii  ga  naru  yö.  ;t«l'Df«"/fe  S^  Als  ob  auf  einem 

Baume   Reiskuchen   wüchsen. 
Über  Erwarten  Glück  haben. 

13 10.  Ki  ni  take  zvo  tsiigiL.    ^Ki-lt^^C  Auf  einen  Bauin  Bambus 

pfropfen. 

Leute  zusammenbringen,  die  nicht  zu  einander  passen,  u.  dgl. 
Auch  sagt  man  z.  B  :  ki  ni  take  wo  tsnidn  yd  na  hanashi,  eine 
Geschichte,  als  ob  man  Bambus  auf  einen  Baum  pfropfte,  d.  h. 
eine  unsinnige,  unmögliche  Geschichte. 

13 11.  Ki  ni  yotte  lavo  wo  inotomeni.  ^f^i-^t^^jRiö  h    Auf  einem 

Baume  nach  Fischen  suchen. 

Ahnlich  wie  die  im  Don  Ouixote  \orl:ommende  Redensart : 
"Bratwürste  aus  dem  Wasser  angeln  wollen." 

13 12.  Kl  no  Uli  xva  ki  no  moto.    ^'<>%V^^<^7:i     Die  Frucht  des 

Baumes  (gehört  an   den)  Ursprung  des  Baumes. 

D.  h.  in  die  Nähe  des  Stammes.  Soll  nicht  denselben  Sinn 
haben  wie  unser  "  der  Apfel  fällt  nicht  weit  vom  Stamm  ",  sondern 
angewendet  werden,  wenn  z.  B.  eine  Frau  von  ihrem  Manne  zu 
den  Eltern  zurückgeschickt  wird ;  überhaupt  wenn  etwas  in  seinen 
früheren  Zustand  zurückkehrt  (vgl.  No  529). 

13 13.  Ki  HO  Uli  zva  meto  e  ocJiini.  -it'^ÄltTC'^jSa    Die  Frucht  des 

Baumes  fällt  auf  den  Boden  (dem  sie  entsprossen  ist). 

Soll  nicht  blosse  Nebenform  von  131 2,  sondern  selbständig 
sein  und,  wie  No  49  u.  1030,  bedeuten,  dass  die  Folgen  einer 
bösen  That  auf  das  eigene  Haupt  des  Thäters  zurückfallen. 

13 14.  Ki  no  mi  wo  tcdania  ni  tont  to  yoknnen  narami.    tilOK4'^3i 

l-Ii^S  i§£^^  f)iQ  Wenn  man  mit  (^iQ.\\  Früchten  eines 
Baumes  Bali  .'spielt,  so  bringt  er  im  nächsten  Jahre 
keine  Frucht. 


—     142     — 

1315«  Ki  wo  tsngeba  Jiana  wa  niimmeru  ga,  cht  wa  nusiimaremi. 
^^^^nt-^it^^  h-oK  l(iliJjf^J;^i.n  Wenn  man  einen  Baum 
pfropft,  so  kann  man  zwar  Blumen  bekommen  (eigtl. 
stehlen),  aber  das  Blut  lässt  sich  nicht  stehlen. 

Der  Mensch  lässt  sich  nicht  so  leicht  veredeln  wie  ein  Baum  ; 
ein  Dummkopf  wird  dadurch  nicht  klüger,  dass  ihn  ein  kluger 
Mann  adoptirt ;  man  kann  einem  andern  wohl  seinen  Namen,  aber 
nicht  sein  Blut  geben. 

K^l  (Geist). 

1316.  Ki  de  ki  wo  yaviu.  fkX%,'f^%\j  Im  Geiste  am  Geiste  leiden. 

Sich  selbst  quälen,  hypochonderisch  sein. 

13 17.  Ki ga  cJiigau.  Äi'''Mi?^'i-  Der  Geist  ist  verschieden. 

Verrückt  sein  ;  daher  kichigai^  Verrückter. 

13 18.  Ki  ga  fiireini.  M:^^W^■h   Der  Geist  geht  irre. 

Ausser  sich  gerathen,  wie  von  Sinnen  sein. 

13 19.  Ki  ga  fiisagarii.   M^^'^f'^    Der  Geist  ist  verschlossen. 

Muthlos,  traurig  sein. 

1320.  Ki  ga  Jiayai.  M*'''-?-!''   Der  Geist  ist  schnell. 

Sich  schnell  zu  etwas  entschliessen,  impulsiv  sein. 

1321.  Ki  ga  Jwru.  Ä^'ilS^    Der  Geist  wird  klein. 

Etwas  zu  verlieren  fürchten. 

1322.  Ki  ga  ki  ja  nai.    ä«'"'ä^'-^M|''     Der  Geist  ist  kein  Geist 

mehr. 

In  grosser  Verwirrung  oder  Aufregung  sein  ;  "  nicht  wissen,  wo 
einem  der  Kopf  steht." 

1323.  Ki  ga  kiku.  U.'^^Mk    Der  Geist  wirkt. 

Khig,  aufgeweckt,  intelligent  sein. 

1324.  Ki  ga  uunvaru.  M.'^^'^h   Der  Geist  dreht  sich  im  Kreise. 

Argwöhnisch,  eifersüchtig  sein.  Ebenso  :  ki  wo  uiaiuasu,  den 
Geist  im  Kreise  drehen. 


—     143     — 

1325.     Ki  ga  mayoit.  M«'jÜ-  Der  Geist  irrt  umher. 
Im  Zweifel  oder  in  Verwirrung  sein. 

132Ö.     Ki  ga  mijikai.  M^'^I«'*  Der  Geist  ist  kurz. 
Leicht  ungeduldig  oder  zornig  werden. 

1327.  Ki  ga  moineru.  Mf'^^i    Der  Geist  wird  zerrieben. 

Sich  beunruhigen,  sich  Sorgen  machen.    El^enso  :  ki  wo  vioum, 
den  Geist  kneten  oder  reiben. 

1328.  Ki  ga  iinisHboreru.  UJ^'-'4a\t\^h   Der  Geist  ist  gebunden. 

Wie  No   13 19. 

1329.  Ki  ga  nagai.  U^)"^^^^  Der  Geist  ist  lang-. 

Geduldig,  "  langmiithig  "  ;  auch  :  langsam  von  Begriffen  sein. 

1330.  Ki  ga  di.  ^«^'^t^   Die  Geister  (Absichten)  sind  zahlreich. 

Seine  Entschlüsse  leicht  ändern  ;  unbeständig,  wankelmüthig 

sein. 

1331.  Ki  ga  sjisuimt.  ^^'''jIü  Der  Geist  rückt  vor. 

Eifrig,  willig  sein, 

1332.  Ki  ga  tatsu.  Mt)->'i-o   Der  Geist  erhebt  sich. 

Erregt,  zornig  werden, 

1333.  Ki  ga  tendd  stiru.    Ät)^'f.|il)-r  i     Der  Geist  kehrt  sich  um 

und   um. 

Gleich  No   1322. 

1334.  Ki  ga  tojini.  %,^^^^h    Der  Geist  ist  verschlossen. 

Gleich  No  1319. 


1335-     Ki  ga  töku  naru.  Mfi'^^K)kh   Der  Geist  wird   fern. 
Ohnmächtig  werden. 

133'').     Ki  ga  tsuku.  ^^M>t<    Der  Geist  haftet. 

Die  Aufmerksamkeit  wird  erregt ;  etwas  bemerken. 

1337.     Ki  ga  tsniiiaru.  %J^^t^^'^    Der  Geist  ist  verstopft. 
Gleich  No  1319. 

133S,     Ki  ni  ataru.  ^X-'^h    Den   Geist  treffen. 
Sich  über  etwas  ärgern. 


—     144     — 

1339-     Ki  ni  furcru.  Ml-^iHo   An  den  Geist  stossen. 

Jemand  verletzen,  ihn  Iseleidigen.  Statt  fureru  auch  das 
gleichbedeutende  sawarii. 

1340.  Ki  ni  im.  M,\'-K'k    In  den   Geist  eingehen. 

Gefallen  erregen,  gefallen. 

1341.  Ki  ni  kakaru.  Ml'^'^'^    Im   Geiste  hängen. 

Sorge  vei  Ursachen ;  sich  wegen  einer  Sache  Sorgen  machen. 

1342.  Ki  ni  kakern.  ^1-^IT5    An  den   Geist  hängen. 

Jemand  etwas  ans  Herz  legen  ;  auch  :  sich  Sorgen  machen. 

1343.  Ki  ni  kuzvanit.  ÄI'Äli^   Im  Geiste  nicht  essen. 

Von  Dingen,  die  einem  nicht  gefallen,  oder  von  Personen, 
dis  einem  unangenehm  sind,  denen  man  nicht  traut  u    dgl. 

Ki  ni  sazuant :     s.  Ki  ni  furerii. 

1344.  Ki  ni  tomerii.  Ml'it^^    Im  Geiste  anhalten. 

Einer  Sache  Aufnoerksamkeit  zuwenden  ;  sich  etwas  zu  Herzen 
nehmen. 

1345.  Ki  no  dokn.  MJ^%  Gift  für  das   Herz. 

Etwas  sehr  Beklagenswerthes.  Nur  von  dem,  was  einen  andern 
betrifft,  und  daher  gewöhnlich  mit  vorangesetztem  0  :  es  thut  mir 
(für  Sie)  sehr  leid. 

1346.  Ki  no  kiita  bakemono  no  hikkoniu  jilnin.  W^^MV.\W&'^~'^\Sh\J^^ 

^  Die  Zeit,  wo  sich  kluge  Gespenster  zurückziehen. 
Scherzhaft  für  :  Zeit,  nach  Hause  zu  gehen. 

1347.  Ki  lua  kokoro.  ^il'il^  Das  Gefühl    ist  das  Gefühl. 

Ki,  Geist,  Gefühl,  Wille,  und  /cokoro,  Herz,  Gefühl,  Wille, 
sind  in  dieser  Redensart,  gleichbedeutend.  Sinn  :  das  Gefühl,  die 
(gute)  Absicht  ist  die  Hauptsache  ;  auch  :  gegen  das  Gefühl  lässt 
sich  nichts  machen,  mag  es  auch  auf  Einbildung  beruhen. 

1348.  Ki  7V0  hikn.  M^^l  <    Den   Geist  (heraus)  ziehen. 

Jemand  ausholen  ;  "  auf  den  Busch  klopfen  ". 

1349.  Ki  zvo  kaneru.  M^^WiYl^  Den  Geist  (jemandes)  mitumfas- 

sen. 


I 


—     145     — 

Für  jemand  fühlen,  auf  seme  Empfindungen  Rücksicht 
nehmen  ;  darauf  bedacht  sein,  ihm  keinen  Anlass  zu  Unzufrieden- 
heit oder  Verdruss  zu  geben  u.  s.  w. 

1350.  Ki  %vo  kubarii.  ^^iE5    Den   Geist  austheilen. 

Auf  seiner  Hut  sein.     Auch  :  Jd-kiibari  suru. 

Ki  wo  inawasn  :     s.  Ki  ga  maivaru. 
Ki  1V0  luoimi :     s.  Ki  ga  moineru. 

1351.  Ki  ivo   noimt.    M^^L"  Den  Geist  (eines  andern)  verschlu- 

cken. 

Ahnhch  wie :  "den  Spiess  umkehren";  "jemand  mit  seinen 
eigenen  Waffen  schlagen  ". 

1352.  Ki  zvo  otosu.  M.^^^   Den  Geist  fallen  lassen. 

Den  Muth  sinken  lassen. 

1353.  Ki  zvo  shimeru.  M.^^'^^    Den   Geist  festbinden. 

Auf  seiner  Hut  sein. 

1354.  Ki  zvo  sucru.  MJ^^'^h    Den   Geist  setzen. 

Sich  beruhigen. 

1355.  Ki  zvo  tsitkau.    ^^ßi-J-    Den   Geist  gebrauchen    (od.   ver- 

wenden, anwenden  etc.). 

Nämlich  um  sich  Sorgen  zu  machen.    Gleich  No  1327.  Auch 
ki-zukau. 

1356.  Ki  zvo  tsukeru.  MJ^^^I  h   Den  Geist  (auf  etwas)  heften. 

"  Seine  Aufmerksamkeit  auf  etwas  heften  ";  aufpassen,  sich 
]\Iühe  geben,  achtsam  sein. 

1357.  Ki  zvo  tishinau.  U,^%^-  Den  Geist  verHeren. 

Bewusstlos,  ohnmächtig  werden. 

1358.  Ki  zvo  yurusu.  M.^'-^^~f   Den  Geist  lockern. 

Nicht  auf  seiner  Hut  sein. 

AnjJi.  In  den  Redensarten  No  1325,  1341,  1342,  1344,  1348, 
i35o>  1354.  135Ö  und  1358  kann  statt  ki,  Geist,  auch  kokoro,  Herz, 
stehen. 

Ki  (Kleidung). 

1359.  Ki  nojiii  ki  no  maina.   ^?)<^¥'2>ri   Die  Kleidung  nur  (wie) 

der  Zustand  der  Kleidung  (grade  ist). 


—     146    — 

"Wie  man  geht  und  steht'';  wenn  von  einem  Mädchen  die 
Rede  ist,  auch  in  dem  Sinne  :  ohne  Aussteuer. 

Ki  (Gelegenheit). 

1 360. "^  Ki  nl  nozovii,  hen  ni  djite.  W\'-lmh-^M.'<'--M.^X  Der  Gelegenheit 
entgegrenkommend,  dem  Wechsel  entsprechend. 

BehandUing  einer  Sache  je  nach  Gelegenheit  und  Umständen. 

1361.  Ki  ni  yotte  hö  wo  toke  !  Pl-IM'CvS^^lT    Erkläre  das  Gesetz 

(d.   h.  predige) je  nach  der  Gelegenheit! 

Vgl.  No  662  u.  699 

1362.  Ki  710  niac  ni  hisuri  nashi.  M?>hüI-^^J:  L  Vor  der  Gelegen- 

heit giebt  es  keine  Arznei. 

Man  muss  erst  abwarten,  was  aus  der  Sache  wird.  "  Kommt 
Zeit,  kommt  Rath." 

1363.*  Kibl  ni  tmku.    .ISMl-#<     Dem  Schwänze  des  schnellen 

Pferdes  folgen. 

Jemand,  der  Erfolg  hat,  nacheifern. 

1364.  KleliUjai  vtizu  tvo  kobosazn.  ÖA^K^i^M  2  "f"  Der  Verrückte 

verschüttet  kein  Wasser. 

Manchmal  gelingt  ein  schwieriges  Unternehmen  wider  Erwar- 
ten grade  dem,  der  dazu  am  wenigsten  geeignet  schien. 

1365.  KicJiigai  7ii  Jiamono  lüo  tvatasu yd.    ÖAl'^l^^^itl''^  5     Als 

ob  man  einem  Verrückten  ein   Messer  gäbe. 

1366.  Kichigai  no  matagura  e  liaclii ga  Jiaitta  yd.   CEA'5^#'^S^5^'it 

AT--^T  Als  ob  einem  Verrückten  eine  Wespe  zwischen 
die  Beine  gekrochen  wäre. 

1367.  Kichu  no  ie  no  inu  no  yd.  ^■.^OM'Di^O'P  3  Wie  der  Hund 

eines  Trauerhauses. 

"  Eine  Leichenbittermiene  machen." 

1368.*  Kiden  snni.  Mffl'f  s   Zum  Felde  zurückkehren. 
Sich  ins  Piivatleben  zurückziehen. 

1369.     Kigen  zuo  ioru.  III^^Il^S      Die   Laune  (jemandes)   ein- 
nehmen. 

Jemand  für  sich  gewinnen,  ihn  "  für  sich  einnehmen." 


—     147     — 

I370-*  K.igwa  7V0  toif.  ISS^^FhI^^  Nach  Aufstehen  und  Schlafen- 
gehen fragen. 

Sich  nach  dem  Befinden  erkundigen. 

1371.  Kiiroi  koe.  Äif"^  Gelbe  Stimme. 

Eine  helle,  jugendliche  Stimme. 

1372.  Kiite  gokurakn^viite  jigoht.  ^^XWM.^  %X%W^  Wenn  man 

davon  hört,  so  ist  es  ein  Paradies,  wenn  man  es  sieht, 
so  ist  es  eine  Hölle. 

1373.  Kiiji  mo  nakasuba  ntareinaji.  ^^  Ul-s'-f'lt^f^n  i  C  Wenn 

der  Fasan  nicht    schrie,    würde  er  nicht  geschossen. 

1374.*  Klkhyö  kivafiiku  wa  asanaerii  nazva  no  gotoshi.  a^fS/lall 
^^'^  5ll?)i(ii  L  Gutes  und  böses  Schicksal,  Unglück  und 
Glück  sind  wie  ein  zusammengedrehtes  Seil. 

Sie  sind  mit  einander  so  eng  verbunden,  wechseln  mit  einander 
so  ab  wie  die  Stränge  eines  gedrehten  Seiles. 

1375.*  Kilio  röton  WO  mamorii  ga  gotoku.  ^J!t$M4''3=2>t)^'i(n<  Als 
ob  ein  hungriger  Tiger  die  eingepferchten  (zum  Opfer 
bestimmten)  Schweine  bewachte. 

"Den  Bock  zum  Gärtner  setzen."  (Vgl.  No  418.) 

1376.*  Kiku  ni  tagazvazn.    ^I^I-jiUT'    Von  Zirkel   und  Viereck 
nicht  abweichend. 
Ganz  correkt. 

1377.*  Kihwai  zva  e-gatakit,  nshinai-yasushi.  li't'ltMSfK  .  ^C/^w  l 
Eine  gute  Gtlcgenheit  ist  schwer  zu  bekommen,  leicht 
zu  versäumen. 

1378.*  Kikyo  wo  ton.  la^^^f^gi.  Nach  Aufstehen  und  Sitzen 
fragen. 

Gleich  No  1370. 

1379.*  KikyTiwots?iguM^^^<:  Das  Sieb  und  Pelzkleid  erben. 
Dem  Berufe  der  Eltern   folgen.     Der   Ausdruck    beruht    auf 
irgend    einer    alten    chinesischen    Erzählung,   doch  konnte  nichts 
Näheres  ermittelt  werden. 


—    148    — 

1380.*  Kitni  hasukasJiWK  rantreba,  shin  slii  sii.  ^^^^L^  hhi'x  [t^M 

"f    Wenn  dem  Herrn  ein  Schimpf  widerfälirt,  so  stirbt 

der  Diener. 

Er  muss  den  Schimpf  des  Herrn  rächen,  sollte  es  ihm  auch 
das  Leben  kosten. 

1381.*  Khiti  iK.'a  fune^  shin  70a  niirjii,  inizu  yoku  fipie  ivo  nosc,  viata 
yoknfune  zvo  kiitsugaesii.  :§'i^lS.  E(l7j«.  7J<h^  <  ÄS^Igtf ,  tP;^ 
tE<«&^H'^t  Der  Herr  ist  das  Schiff,  der  Diener  das 
Wasser  ;  das  Wasser  kann  das  Schifflcicht  tragen,  aber 
auch  leicht  umwerfen. 

1382,     Kiiui  wo  omou  zva  mi  wo  ovioii.     ^i^Si'lIji  ^i??>i-     Wer 
seinen   Herrn  liebt,  liebt  sich  selbst. 

\\'er  für  das  Wohl  seines  Herrn  sorgt,  sorgt  d.imit  zugleich 
auch  für  sein  eigenes  Wohl. 

1383.*  Kinio  ga  isiibiireni.  Äf-ö^'ÄH^   Die  Leber  zerbricht. 

Sehr  erschrocken  sein ;  aus  der  Fassung  gerathen.  Die  Re- 
densart, wie  noch  andere,  weiter  unten  folgende,  erklärt  sich 
daraus,  dass  in  China  die  Leber  als  Organ  des  Muthes  gilt. 

1384,*  Kwio  ni  mciziini.  Wl-^gf*^    In  die  Leber  einschreiben. 
"  Sich  etwas  hinter  die  Ohren  schreiben." 

1385.*  Kivw  ni  sJmmt.  ^V-Vk^J  In  die  Leber  eindringen. 
Tief  berühren,  sehr  bekümmern.     Vgl.  No  783. 

1386.*  Kivw  no  fiitoi  mono.    ^'^X'^^^   Ein   Mensch    mit   dicker 
Leber. 

Ein^kühner,  unerschrockener  Mensch.     Vgl.  No  282. 

1387.*  Kivw  zuo  hiyasii.  W-tt-^pl    Die   Leber  kalt  machen. 
Vor  etwas  schaudern. 

1388.*  Kimo  wo  iru.  IFF^^lfffS    Die  Leber   rösten. 

Sich  grosse  Sorge  um  etwas  machen.  Auch:  Idmo  ivo  irasefu< 
ebenfalls  =  die  Leber  rösten,  aber  mit  der  Bedeutung  :  jemand 
grossen  Kummer  machen. 

1389.*  Kimo  wo  tsnbusu  (auch  kimo  wo  kesn  od.  kudahi).  fP^fÄi" 
Die  Leber  zerbrechen. 
Gleich  No  1383. 


—     149    — 

139<^-*  ICiinoii  ni  atam.  iUP^I-'ifS   Au  das  Teufelsthor  stosseti. 
Nach  Nordosten  liegen — der  Himmelsgegend,  aus  der  die  bösen 
Geister  kommen. 

1391*.  Kingeii    miuii   ni   sakau.    ^5^l-ai^>     Goldene    Worte 

widerstreben  den  Ohren. 

"Goldene  Worte  "  =  wahre  Worte,  weise  Aussprüche,  gute 
Lehren.  Man  hört  sie  oft  nicht  gern  ;  "  die  Wahrheit  will  keiner 
hören." 

1392.*  Kingyokii  no  kotoba.  ^BEi^tsI  Gold-und  Edelsteinwortc. 

Gleich  "goldene  Worte"  in  No  1391. 

1393.  Kiujü  surn  ko  wo  ai  su.  'kW't  b  T-'^'St't  Selbst  die  Thiere 
lieben  ihre   Jungen. 

1394.*  Kinkwa  ichijitsu  no  ei.  <i?b— H«?)^  iJie  Pracht  der  Win- 
denblume dauert  nur  einen  Tag. 

1395.  Kino  no  ßichi,  kyö  no  se.  Bt^BOi^,  ^0  i?)jl3  Gestern  tiefes 

Wasser,  heute  eine  seichte  Stelle. 
Grosse  Veränderlichkeit  der  Welt. 

1396.  Kind  wa  kyö  no  nmkashi.    Bi^0  II't'H  ■^'h     Gestern    ist    das 

einst  von  heute, 

1 397.*  Kuiviii  wa  kabe  zvo  hedatsuru  nishika.zii,  kabc  %oo  hedatsnru 
wa  kado  wo  tai  snru  ni  sJdkazn.  >£PliIll4'PS'^^l-i(n^'ir'. 
M^-HoaiXPg^-irr^ilJtn^'T  Eine  trennende  Wand  ist 
besser  als  (zu)  nahe  Nachbarschaft,  der  Hausthür  ge- 
genüber (durch  die  Strasse  getrennt)  wohnen  ist  besser 
als  Trennunsf  durch   eine  Wand. 


'fc> 


1398.  liAntcuna  nw  tsurikata.  %%\¥^'')'^"V-.  Auch  die  Testikeln 

sind,  wie  sie  hängen. 

Die   Bedeutung  ist  ähnlich  wie  die  von  No  1490:  man  muss 
sich  in  die  Umstände  schicken. 

1399.  Kintoln  ga  kivaji-vninai  ni  kita  yd.  ^0Jt3*A?^imi-^t:<i 

Als    ob   Kintoki    einen    Beileidsbesuch    beim    Brande 
machte. 


—     ISO    — 

Um  auszudrücken,  dass  jeitiand  (\on  Wein,  oder  vor  Zorn 
etc.)  sehr  roth  ist.  Sakafa  Kiiitoki,  der  vornehmste  der  vier  Helden, 
die  Raiko  {Minamo/o  Yorzmifsie)  bei  seinen  Abenteuern  begleiteten, 
ist  ein  Lieblingsheld  der  Kinderwelt  und  wird,  besonders  als  Knabe, 
immer  mit  ganz  rothem  Gesicht  dargestellt ;  beim  Widerschein  des 
Feuers  erscheint  es  noch  röther,  daher  die  Redensart. 

1400.  Kintsiihd  sasu  ka,  komo  kaburu  ka?  ^If^l"^*,  SS^Sd^ 

Wird  er  (ein  Schwert  mit)  Goldsticliblatt  tragen,  oder 
wird  er  sich  eine  Strohmatte  umhängen  ? 

Wird  er  ein  reicher  Mann  oder  ein  Bettler  werden  ?  Wird  seine 
Unternehmung  glücklich  oder  unglücklich  enden  ? 

1401.  Kinti  ito  sanziin,  nazva  isshaku  am  wa  siUeruna!  »inaiHiJ*. 

M— K.tf  5  ItSstC  hin  Seidenstück  von  drei  Zoll,  einen 
Strick  von  einem  Fuss  Länge  soll  man  nicht  weof- 
werfen. 

Warnung  vor  Verschwendung. 

1402.  ILlrete   vw  nishiku     l^tl^    y\uch    zerrissen    bleibt    es 

Brokat. 

Was  von  Hause  aus  v.erth\oll  war,  kann  seinen  Werth 
niemals    ganz   verlieren. 

1403.  Klri  loa  fiikiiro  %vo  tösu.  ^ili^-^MI'    Der  Bohrer  durch- 

bohrt den  Sack  (in  dem  man   ihn  aufbewahren  will). 

1404.*  Kiri  wo  tateni  ji  mo  nashi.  i^^'iL'^h^\,^.\,  Nicht  einmal 
soviel  Platz,  einen  Bohrer  aufzustellen. 

So  voller  Menschen,  dass  "  kein  Apfel  zur  Erde  kann." 

1405.  Kiridori    gödö  wa  busid  no  nami.    ■tjJSü3ä'^itS^±0Wo\ 

Tödten,  Plündern  und  Rauben  sind  des  Kriegers  Ge- 
wohnheit. 

1406.  Kiriii  1110  oinureba  dobm  ni  otoni.   WMl'^f'^\^\t1$,%\'-'^h 

Selbst  das  Kirin  ist,  wenn  es  alt  wird,  schlechter  als 

ein  abgetriebenes  Pferd. 

Kirin  :  das  chinesische  Einhorn ;  ein  Fabelthier,  dem  allerlei 
wunderbare  Eigenschaften  zugeschrieben  werden.  Das  Spr.  besagt 
das  grade  Gegentheil  von  No  1402. 


—     151     — 

1407.     KWia  HO  sakiblki  zvo  sunt.    MM'<^^'%\^^'^  h    Den  Vor- 
spann der  Eisenbahn  machen. 

Sich  ausserordentliche  Mühe  geben,  alle  übertreffen  wollen. 
Die  Redensart  ist  besonders  wegen  ihres  modernen  Urspruno-s 
bemerkenswerth. 

1408.*  Rishln  ni  ddö  nashi.    M^\'-WM.^.L    Die    Götter    o-ehen 
keine  krummen   Wege. 
Was    sie  thun,  ist  gerecht. 

1409.     KisJiin  ni  yokoshiina  naslii.  %Mky'-W^^,L  Die   Götter  thiui 
nie   Unrecht. 

1410.*  Kitetsu    %vo  fuviu.    iTÜÜMaL'    Ins  Wagengeleisc  (eines 
andern)  treten. 

Jemand  "  nachtreten." 

141 1.*  Kltsugai  suru.  ^f^-f  Z    Um  seine  Knoclien  bitten. 

Gleich  No.  408  :  wegen  hohen  Alters  um  seine  Entlassung 
bitten. 

14 12.  Kitsune   ga    tsuita    yd.    ^%.'o^\^VM     Wie    vöm     Fuchse 

besessen. 

Als  ob  (er)  den  Verstand  verloren  hätte,  wie  toll.  Auch  ..kitsune 
ni  bakasat'efa  (od.  dantasa7-eUi) yö,  wie  vom  Fuchse  bezaul^ert  (od. 
betrogen). 

1413.  Kitsune  no yome-iri.  3!1\^MJA"'J    Der  Einzug  der  Fuchsbraiit 

in  das  Haus  ihres  Gatten. 

In  freierer  Übersetzung :  der  Fuchs  macht  Hochzeit ;  sagt  man, 
wenn  während  des  Regens  die  Sonna  scheint. 

14 14.  Kitsune  zvo  uuia  e  noseta  yd.  1k^)^%^Wu-^V.%.  Als  ob  man 

einen  Fuchs  auf  ein  Pferd  setzte. 

Um  auszudrücken,  dass  man  eine  Geschichte  für  unwahr- 
scheinlich oder  unmöglich  hält. 

1415.  Kitte  ino  kimrenu  naka.  -tfl'C  m^kin^  Freundschaft,  die 

selbst  durch  Schneiden  nicht  zerschnitten  wird. 

Unauflösliche  Freundschaft.  Auch  sonst  w^ird  der  Ausdruck 
kii/e  ino  kirarenu  oder  kitte  nio  kiremi  gebraucht,  um  Unauflös- 
lichkeit, oder  Unmöglichkeit  zu  trennen,  Unzertrennlichkeit  zu 
bezeichnen. 


—     152     — 

1416.  Kitte  tsugi-ki  zvo  siiru.  -tjJ'C^^K^^T  5  Indem  man  schneidet, 
pfropft  (veredelt)  man  den  Baum. 

Was  jetzt  Schmerz  verursacht,  dient  zum  künftigen  Glück ; 
insbesondere  als  Trost  für  Liebende,  die  sich  trennen  müssen : 
die  Freude  des  Wiedersehens  wird  später  um  so  grösser  sein. 

14 17.*  Kilyo  ittctsu  nideru  atawazu.  ^#-|ir-ilJ  Ät&dl^  Tadel  und 
Lob  können  nicht  in  einem  Geleise  laufen. 

1418.  Kiyö  biinbü.  tl^ttS.  Geschickte  Leute  sind  arm. 

Von  Leuten,  die  geschickt  oder  talentvoll  sind,  und  doch  auf 
keinen  grünen  Zweig  kommen. 

14 19.  Kiyo^nizu  no  biitai  kam  tobi-orini  yd.  mi^'^%^^^hWf 

"Jä^t    Als  ob  man  von  der  Brüstung  des  Kiyomizu- 
Tempels  hinabspränge. 

Ein  berühmter  Tempel  in  Kyoto,  der  am  Rande  eines  steilen 
Abhanges  steht. 

1420.  Ko  ga  ouiou  yori  oya  zoa  hyaknbai  ni  omou.    ^■»■''<Si-i  "J 

iliiWfn!-'Sl.5-    Die    Liebe    der    Kitern    ist  hundertmal 
grösser  als  die  Liebe  der  Kinder. 

142 1.  Ko  takara.  ^Ä  Kinder  sind  Schätze. 

1422.  Ko  wa  fufu  no  aida  no  kasugai.    ^It^ü^Tf^'^^    Kinder 

sind  das  Band  zwischen   Eheleuten. 

1423.  Ko  zva  sangai  110  kubikase.  -TltH^OSIS  Kinder   sind   in 

(allen)  drei  Welten  Halsfesseln. 

Die  andern  beiden  Welten  sind  (in  buddhistischem  Sinne)  : 
die  dieser  Existenz  vorangegangene,  und  die  ihr  folgende,  zukünf- 
tige Existenz. 

1424.*  Ko  %vo  azvareinaba  ökn  bö  tvo  atacyo,  ko  wo  nikuiiiaba  ökii 
shoku  zvo  ataeyo  !  -T  ^%  i  \t^  <  #^^^-  i  ,  T^tt  3t  If^  <  Ä 
/^|ta-N  i  Wenn  du  deine  Kinder  liebst,  so  gieb  ihnen 
viele  Schläge,  wenn  du  sie  hassest,  so  gieb  ihnen  viel 
zu  essen. 

Vgl.  No  1253. 


—     153     — 

1425.  Ko   ZOO    mini  iva  oya    ni  shikazii.    ^^^S  |l||,lt^'5'-f-  Im 

Sehen  (Beurtheilen)  der  Kinder  kommt  niemand  den 

Eltern  gleich. 

Auch  :  ko  wo  shiru  lua  oya  ni  sJiiku  mono  nas/ii,  niemand 
kennt  die  Kinder  so  gut  wie  die  Eltern,  Dass  aber  auch  das 
Gegentheil  richtig  ist,  lehren  Sprichwörter  wie  z.  B.  oya  no  yokume 
und  oya  baka. 

1426.  Ko  zvo  motte  oya  no  on  wo  shiru.   ^'^^$'Cll,'5E4'^n-?.   \^'enn 

man  selbst  Kinder  hat,  erkennt  man  (erst)  die  Liebe 
der  Eltern. 

Auch  in  der  Form  :  ko  wo  motte  sJiiru  oya  no  on,  die  Güte 
der  Eltern,  die  man  versteht,  wenn  man  (selbst)  Kinder  hat. 

1427.  Ko  wo  suteru  yabu  atte  mo,  oya  wo  suterii  yabii  iva  nasJii. 

'^te^-hm^Xl%V^^hWLWi.l-  Es  j^icbt  zwar  Bambus- 
gebüsche,  wo  man  seine  Kinder  aussetzen  kann,  aber 
nicht  solche,  wo  man  seine  Eltern  aussetzen  kann. 

Die  Pflicht  gegen  die  Eltern  geht  über  die  Pflicht  gegen  die 
Kinder;  zuerst  muss  man  für  die  Eltern,  dann  erst  für  die  Kinder 
sorgen.  Man  sagt  aber  auch  :  ko  wo  suteru  yabu  atte  mo,  oya 
wo  suteru  yabu  wa  nas/n,  man  kann  zwar  seine  Kinder  in  einem 
Bambusgebüsch  aussetzen,  aber  nicht  sich  selbst ;  d  h.  man  muss 
im  Leben  viel  aushalten,  viele  Leiden  durchmachen  ;  ob  man  will 
oder  nicht,  man  kommt  nicht  drum  herum  ;  wohl  nur  eine  mehr 
oder  weniger  scherzhafte  Umkehrung  von  ;///  wo  suteru  yabu  wa 
etc.   (s.  dort.) 

1428.  Ko  yori  mo  mago  iva  kazuaii.  ^  i  "J  (.^^ItpJ^i'    Ein   Enkel 

ist  noch  reizender  (wird  noch  mehr  geliebt)  als  ein 
eigenes  Kind. 

1429.  Ko ytie  ni yami  ni  viayou.   ^öcl'ffll-^i^  Wegen  der  Kinder 

im  Dunkel  umherirren. 

Sich  wegen  der  Kinder  viele  Sorgen  machen. 

1430.*  K.önooimrizvafnl)otuoardwasu.  ^OH"]  (t^S:^Mii"f  Das 
Ende  (Ziel)  der  kindlichen  Liebe  ist,  die  Eltern  (rühm- 
lich) bekannt  zu  machen. 

Der  Sohn  soll  sich  hervorthun,  damit  er  den  Ehern  Ehre 
macht;  dies  muss  das  Hauptziel  kindlichen  Ehrgeizes  sein.  Der 
Satz  stammt  aus  dem  Kongo  (s.  Erklärung  zu  No.   1081). 


—     154    — 

143^-*  I^ö  iva  Jiyakkö  HO  inoto.  #lt1T^f'?5^  Kindlicher  Gehorsam 
ist  die  Grundlage  von  hundert   guten  Thalen, 
D.  h.  die  Grundlage  von  allen  andern  Tugenden. 

1432.  Kohan  no  miiiii,  '■V¥\'^^j%  Das  Ohr  des  Goldstücks. 

Von  Dingen,  die  zwar  geringen  Werth  haben,  die  man  aber 
doch  nicht  wegwerfen  soll ;  von  scheinl^ar  unbedeutenden  Aus- 
gaben, die  aber  mit  der  Zeit  ins  Gewicht  fallen  u.  dgl.  "Wer 
den  Pfennig  nicht  ehrt,  ist  des  Thalers  nicht  werth." 

1433.  Kobarci  WO  tateru.  'h'fä.h^iLXh    Einen  kleinen  Baucli  auf- 

richten. 

Sich  ärgern.   (Vgl.  No.  553  und  569) 

1434.  Köbö  7ii  niofude  no  ayaniaii.  SivSl-  ts^OM^J    Selbst  Köbö 

hat  einen   Schreibfehler  gemacht. 

Kdbo,  gewöhnlich  Köbo  Z>^/w/// genannt,  buddhistischer  Priester, 
berühmt  als  Stifter  der  Shingonsekte  und  PIrfinder  des  Hiragana» 
einer  der  beiden  japanischen  Silbenschriften  (f  835  n.  Chr.) 

1435.  Köboim  iva  kaze  7ti  ore-yastii.  ^:^[iU.\~^^B'^"  Ein  hoher 

Baum  wird  leicht  vom  Winde  gebrochen. 
Warnung  vor   Hochmuth. 

1436.  Kohohii  zvo  utsnsliite  karc  %vo  inicJiibiku.  '^^^^\%  L  'C^4-^  C 

Wenn  man  einen  alten  Baum  versetzt,  so  führt  man  sein 
Welken  herbei. 

1437.  ILoboiUlö  ni  ko   nasJii.    ^'M'lil-dF-ML    Die    sich    Kinder 

sehr  wünschen,  kriegen  keine. 

1438.  Kobore-zahvai.  3S#  Überlaufendes  Glück. 

Ein  unverhofftes  Glück. 

1439.  Kobözti  ni  tcngu  hackiiwi.  ''>i^±l-5'?i^JAA  Gegen  einen 

Prieslerknaben  acht  Tengu, 

Über  Tengu  s.  unter  Tcngu  ni  naita.  Da  diese  Berggeister 
übermenschliche  Kräfte  besitzen,  so  ist  die  Bedeutung  dieselbe 
wie  von  tasei  ni  busei :  gegen  unverhältnissmässige  Übermacht 
kann  man  nichts  ausrichten. 

1440.  Kohukuro  to  komiisumc  wa  yndan  ga  naranu.  d^^^^l''^ 

(tvÄllüö^-^j:  ?>W  Die  Geldtasche  (?)  und  ein  junges   Mäd- 
chen darf  man  nicht  aus  den  Augen  lassen. 


—     155    — 

144 !•*  l^OcIiö  shi  shite  ryokyü  kakuni.  im.^5!:  L'CÄ^^S  Wenn 
der  edle  Vogel  eilegt  ist,  so  tritt  der  gute  Bogen- 
schütze in   die  Verborgenheit  zurück. 

1442,     Kodakara    zvo    vwketa    yd.    ^'hÄMti^l:^    Als  ob  man 
einen   kleinen  Schatz  erworben  hätte. 
Wenn  man  sich  über  eine  Sache  sehr  freut. 

1443.*  Ködei  Stirn.  WiJi't  Z   Schmutz  greifen. 

Ergeben  sein  in  schlechten  Sinne,  z.  B.  saie  ni  kodei  suru, 
dem  Weine  ergeben  sein ;  auch :  sich  an  den  Buchstaben  halten, 
z.  B.  kisoku  ni  kodei  siirii,  ein  Gesetz  zu  buchstäbhch  anwenden. 

1444.  Kodonio  nio  neko  ni  iva  inasJii.    dFdH^föl-HM  L    Kinder 

sind  immer  noch  besser  als  Katzen. 
Scherzhafte  Redensart. 

1445.  Kodomo  ni  kikiii  nasJii.    ■Tföl-PAIIML    Für    Kinder    giebt 

es  keine  Hungersnoth. 

Für  sie  wird  immer  zuerst  gesorgt. 

1446.  Kodouio  no  kenkzva  ni  oya  ga  dem.  T^Onti^uM 'r'iü  h  Vm'nw 

Streite  der  Kinder  kommen  die  Eltern  heraus. 

Um  für  ihre  Kinder  Partei  zu  nehmen.  Erinnert  an  "  kleine 
Ursachen,  grosse  Wirkungen." 

1447.  Kodouio   zua   käse   no   ko.    ir^lI.ILO^    Die    Kinder    sind 

Kinder  des  Windes. 

Kinder  erkälten  sich  selten,  sie  sind  gegen  Wind  und  Wetter 
unemptindlich. 

1448.  Koe  nakute  lato  zvo  youu.  M^i  <  tA^-nf ^^  Die  Leute  ohne 

Stimme   herbeirufen. 

Von  schönen,  sehenswerthen  Dingen,   z.  B,  Blumen. 

1449.  Koe  züo  hisomerii.     ^^'-^^h    Die  Stimme  verbergen. 

Flüs.ern. 

1450.  Koetovi  ni  nigiri-bc  zvo  kagascta  yd.    HE^^J  l-li^JK-^'^l-tj'" 

^VM  Als   ob   man   dem   Mistausräumer  einen   gegri.^- 
fencn   Wind  zu  riechen   gäbe. 

Eine  ähnliche  vulgäre  Redensart  im  Deutschen  lautet:  "gegen 
einen   Mistwairen   anstinken  wollen,'' 


—     ISO     — 

145 1.*  K.öfukii  ivo  yasJiinau.  P0^^^^  Mund  und  Bauch  er- 
nähren. 

Sich  grade  am  Leben  erhalten. 

1452.  Koffane  no  kaina   wo  Jioriciasldta    yd.    ^'^»^^•MJli  LT:^ 

Als  ob  man  einen  goldenen  Kessel  ausgegraben  hätte. 
Von  grosser  Freude  ;  vgl.  No  1442. 

1453.  Kogatana    ni   tsuöa.    'hTJl-ü    Ein    Stichblatt    für    ein 

Messer. 

Etwas  Unnöthiges,  da  nur  Schwerter  Stichblätter  zu  haben 
pflegen. 

1454.  Kogatana- zaiku.  'hJiMX-  Messerarbeit. 

Kleinliche,  halbe  Massregeln,  die  die  Sache  nur  hinhalten. 

1455.*  Kogoetani  vwno  wa  tankatsu  ivo  ri  to  slii,  iictani  mono 
zva  söJiaku  %vo  amanzu.  J^f:  ä^-U*III^?'1-  L>ilt:^#(t 
tii^4•"B*^■f  Der  Frierende  benutzt  (auch)  ein  kurzes 
Kleid,  dem  Hungrigen  schmeckt  (auch)  der  Rückstand 
der  Maische. 

1456.  Kogomi-onna  ni  sori-otoko.  T[B]icl-i!Ä"'J^  Die  vorwärts 
gebeugte  Frau,  der  rückwärts  gebeugte  Mann. 

Für  die  Frau  gilt  eine  leichte  Neigung  nach  vorn,  für  den 
Mann  eine  etwas  hintenüber  gebeugte  Haltung  des  Körpers  als  die 
beste. 

1457.*  K^oyyf>  ^'0  gotoku.  JHÄ'^jtiK  Wie  ein  Fisch,  dem  das 
Wasser  ausgetrocknet  ist. 

In  einer  ungewohnten  oder  hilflosen  Lage  sein. 

1458.*  Köhai  wo  ayamani.  Wn'^^eWih  Vorderseite  und  Rücken 
verwechseln. 

Etwas  verkehrt  machen. 

1459.*  Kohakii  chiri  zco  suedovio,  kegare  wo  sinuazn.  St^ÖS^ 
fö'^s'i  .  ?5n 4-^25 Itt-  Der  Bernsteia  zieht  zwar  Staub 
an,  aber  keinen  Schmutz, 

• 

1460.*  Koliitsiijl  wa  Jiizamaznite  cJiicJii  wo  nouin.  ''h^(I£t''''C 
?L^i-t^L'  Das  Lamm  trinkt  die  Milch  knieend. 


—     157     — 

Kinder  sollen  die  Elteni  ehren.  Diese  Form  des  Spr ,  die 
Rein  (I,  p.  495)  anführt,  habe  ich  sonst  nirgends  angetroffen.  Im 
chinesischen  Original  (s.  No  752)  kniet  nicht  das  Lamm,  sondern 
dessen  Mutter. 

Koi  (Liebe). 

146 1.  Koi  ni  jdge  {ol\.  kiscji)   no  liedate  nashi.  ffil-±T(ÄlS)  P^PSt 

IS  L    Die    Liebe    kennt    keinen  Unterschied    zwischen 
Hoch   und   Niediig. 

Dasselbe  Spr.  auch  unter  iro  (No  942). 

1462.  Koi  no  ikon  to  kuiinono  no  ikon  wa  osoroshii.    ^^-OitS'Ißi^ 

^^'^^^'IfiilSä-?)  L   Liebesneid  und  Brotneid  .sind  .sclueck- 
lich. 

1463.  Koi  iva  kusemono.  flUffl^"  Die  Liebe  ist  eine  Betrügerin. 

1464.  Koi zva  shian  no  Jioka .  ^BX^'^%'^'A  Die  Liebe  liegt  ausser- 

halb der  Überlegung. 
Identisch  mit  No  944. 

Ab*  (Macht  des  Tigers). 

1465.*  Koi  zvo  fiirmt.  Jl^^^-M-S^  Die  Macht  des  Tigers  ausüben. 

Anmassend,  rücksichtslos  sein. 

1466.*  Köji  ma   wo  idasu.  W#^=^tHT    Gute  Thaten  vertreiben 
die  Teufel  (od.  die  Gespenster). 

1467.  Kojiki  no  ko  iva  chazvan  no  oto  de  nie  wo  saniasn.  ^^ 

O^^lt^^O^TS^Äi-f   Das  Kind  des  Bettlers  erwacht 
beim  Klange  der  Almosenschale. 

Vgl.  No  45  und   201,  mit  denen  14^^17  eigentlich  zusammen- 
gehört. 

1468.  Kofiki  zvo  mikka  sureba  yamerarenu.    ■S^'^HHT ^ll'lh>6  ^ 

^O    Wenn  man  drei   Tage    gebettelt    hat,  kann    man 
das  Betteln  micht  mehr   lassen. 

1469.  Köjhnachi  no  ido  de  soko  ga  shirenu.  SHT'5^^T!&t)->*;^p 

n«    Beim    Brunnen    von    Köjimachi   kennt    man    den 
Boden  nicht. 


-     158     - 

Um  zu  sagen,  dass  man  jemand  nicht  traut.  Für  die  Tiefe 
der  P>runnen  in  Köjimachi,  dem  Stadttheile,  der  die  Milte  von 
Tokyo  bildet,  sprechen  auch  die  beiden  folgenden  Redensarten: 

1470.  Köjimachi  110  ido  e  awabikai  (od.  isJii')  zvo  nagekonda  yd. 
Wio^-f^^--lt^^^^2-LVM  Wie  wenn  man  in  einen 
l^mnnen  von  Köjimachi  eine  M\ischelschale  (od.  einen 
Stein)  geworfen   hat. 

Für  etwas,  was  ohne  Wirkung  oder  Resultat  bleibt,  z.  \\.  ein 
Brief,  auf  den   man  keine  Antwort  bekommt  u.  dgl. 

147  r.  Köjimachi  110  ido yori  fnkai.  ^BT'?)^'^  i  "Jv^^^  Tiefer  als  ein 
Brunnen  in    Köjimachi. 

Besonders  von  der  Liebe  gesagt. 

1472.*  Kojin  HO  nagare  wo  kumu.  '^X<^J^^\'kV  Aus  dem  Strome 
der  Alten  schöpfen. 

Sich  die  Alten  zum  Muster  nehmen,  aus  ihren  Schriften  lernen. 

1473.*  Kojin  110  söhaku  zvo  nameru.  iS'A.Ofi^^W*  ^  Die  Rück- 
stände der  Alten  essen. 

Gleich  1472,  aber  in  schlechtem  Sinne. 

1474.*  JKoJö  rakujitsti  HO  gotoku.  Mf^,^0 '?)i'.D  <  Wie  ein  einsames 
Schloss  am  Abend. 

Sich  einsam  und  von  aller  Welt  verlassen  fühlen. 

1475.  I^oJHto-hitori  oni-sembikini  atarii  (od.  mukau).  ''hiÄ— AÄ 
^"151- «TS  Ein  Schwager  (od.  eine  Schwägerin)  ist  so 
schlimm  wie    tausend  Teufel. 

Gemeint  sind  die  Brüder,  besonders  aber  die  Schwestern  des 
Mannes,  die  nach  diesem  Spr.  gegen  die  Frau  oft  noch  härter  sind 
als  selbst  die  Schwiegermutter.  (Unter  om,  Teufel,  wird  hier,  wie 
oft,  die  Schwiegermutter  der  Frau  verstanden.) 

1476.*  'Köhakii j sannen  mise  zvo  kaesu,  köten  salinen  kakii  wo 
kaezu.  ^^Hi^^^i-^-sf  .0'SH¥§^m'^T  Ein  guter 
Kunde  wechselt  ^^\\  Laden  drei  Jahre  lang  nicht, 
ein  guter  Laden  wechselt  die  Kunden  drei  Jahre  lang 
nicht. 


—     159     — 

1477-     KoLe  no  koromo.  ^O^  Mooskleid. 

Prieslerkleider;  auch :  das  zurückgezogene  Leben  eines  Priesters. 
Auch  sonst  bezeichnet  koke,  Moos,  poetisch  '' Zurückgezoge'nheit," 
"  i insamkeit,"  z.  B,  /'>,{''  iio  to,  Moosthür ;  /'  ^Jce  uo  iori,  Moos- 
hütte. 

r  47  8 .  *   Koket  Sil  ni  irazareba  koji  wo  erarezu .    )^'X\-A^^i^ltJ^ 
i^Vfl?)H"f'  Wenn  man  nicht  in   die   Hölsle  des  Tiqers 
geht,  kann   man  seine  Jungen  nicht  bekommen. 
'•  Wer  nicht  wagt,  gewinnt  nicht." 

1479.*  Kokka    110    cJmseki.     i!^'?)!^^     Die     Grundpfeiler    des 
Staate?, 

Um  den  Staat  hochverdiente  Männer. 

1480.*  Kokka  no  jimoku.   W^<^%^    Die  Ohren    und  Augen   des 
Staates. 

Wie  No  1479. 

148 1.  ILoko  bakari  hi  wa  teranu.  JÜ5'röt''J  0  (IM  ?>»  Die  Sonne 

sclieint  nicht  hier  allein. 

Wie  No  635,  doch  ohne  dessen  zweite  Bedeutung. 

1482.  KökÖ  no  shitai  jibun  (od.  toki)  ni  wa  oya  zva  nashi.   "^IfO 

Lnv^a^l'-ltfÄlIiEL  Wenn  man  seine  Kindespflicht  erfül- 
len will,  sind  die  Eltern   nicht  mehr   am   Leben. 
Die  Reue  kommt  zu  spät  (vgl.  No  15 16). 

Kokö  (Radien   des   Tigers). 

1483.  Koka  zvo   nogareta  yö.  J!^P  VälMf:!^^    Als    ob    man    dem. 

Rachen  des  Tigers  entronnen   wäre. 

1484.  Kokö  ZOO  nogarete  ryüketsn  iiiiru.  ^P4'^K'^bI!^I*A2)  Dem 

Rachen  des  Tigers  entronnen  in  die  Höhle  des  Drachen 
gerathen. 

"  Aus  dem  Regen  in  die  Traufe  kommen.'' 

Kokö  (Bein  und  Arm). 

1485.*   Kokö  no  sJiin.    ^5B£^E    Ein  Vasall,  der    Bein    und   Arm 
(seines  Herrn)  ist. 

Ein  Vasall,  auf  den  sein  Herr  sich  fest  verlassen  kann. 


—     i6o    — 

i486.     Kokoro  futatsu  ni  mi  wa  hitotsu.    'd^i^oi-ll  ii— o     Zwei 
Herzen  und   (nur)   ein  Körper. 

Man  möchte  am  liebsten  beides,  es  geht  aber  nur  eins  (wenn 
z.  B.  an  verschiedenen  Orten  zu  gleicher  Zeit  eine  Festlichkeit 
stattfindet).     Vgl.  No  971. 

1487.  Kokoro  ga  inagaru.  't'^^'ÖÖS    Das   Herz  ist  krumm. 

Unredlich,  falsch,  verrätherisch  sein. 

1488.  Kokoro  ga  todoku.  'Ci»t)^*Jg  <   Das  Herz  (der  Wunsch)  kommt 

an. 

Der  Wunsch,  das  Sehnen  wird  erfüllt. 

1489.  Kokoro  Jiodo  710  yo  %vo  heni.  it^llOfö^lS^    Durch  die  dem 

eigenen  Herzen  entsprechende  Welt   gehen. 
Jeder  lebt  in  seiner   eigenen  Welt, 

1490.  Kokoro  nio  (od.  wo)  iiwcJiiyö.    '!l»t$#5^    Auch  das   Herz 

ist,  wie  man  es   hält. 

Man  soll  nicht  unzufrieden  sein,  sondern  sein  Herz,  seine 
Begierden  zu  zügeln  wissen,  sich  in  die  Umstände  schicken 
u.  s.  w. 

1491.  Kokoro  ni  nozomi  okoraba,  konk)ni  shita  toki  wo  oinoe !  'CM- 

Miaf.lt*EIILf:Bf-4'.^.'^  Wenn  in  deinem  Herzen  Un- 
zufriedenheit rege  wird,  so  gedenke  an  die  Zeit,  als 
du    in   Noth   warst ! 

1492.  Kokoro  ni  ochirii.  "bV-^h    Ins  Herz  fallen. 

Etwas  verstehen,  begreifen. 

1493.  Kokoro  nisoinanu.  'tM-'^ä«  Das  Herz  nicht  färben. 

Nicht  gefallen  ;  keinen  Anklang  finden. 

1494.  Kokoro  no  koma,  't^'^lnj  Das  Fohlen  des  Herzens. 

Phantasie,  Einbildung  ;   auch  :  Wünsche,  Luftschlösser. 

1495.  Kokoro  no  kiinio.  it^i?)©  Eine  Wolke   im   Gemüth. 

Ein  Zweifel,  ein  Bedenken. 

1496.*  Kokoro  no  onajikarazaru  wa  onioti.  no  gotoshi.  it>0lRl'^*?) 
§'a|l^^i(nL  Die  Herzen  gleichen  sich  ebenso  wenig 
wie  die  Gesichter. 


—     i6i     — 

1497.  Kokoro  no  oni ga  ini  wo  semerii.  iCi»0  5Ö>t)-'*||^a  5  Die  Teufel 
des  Herzens  peinigen  den  Leib. 

Die  Begierden  haben  für   den   Körper  oft  Leiden  zur  Folge ; 
oder  auch:  den  Bösen  peinigt  sein  Gewissen. 

1498.*  Kokoro  110  sJii  to  nare,  kokoro  wo  shi  to  sunt  nakarc  !  »b^^ 
«;Ä(ajil>4>gili2-f  h^k\^  Werde  der  Meister  deines  Herzens, 
aber  mache  es  nicht  zu  deinem  Meister  ! 

1499.  Kokoro  no  soko  zuo  iichi-akeru.  'C»'?5I&4'IT[f3l?  S    Den  Boden 

des   Herzens  eröft'nen. 
Sein  Innerstes  enthüllen. 

1500.  Kokoro  no  yami  ni  viayou.  'Ci^OFJ|ijÜ>  In  der  Nacht  des 

Herzens  umherirren. 

In  grosser  Bedrängniss  sein ;  weder  aus  noch   ein  wissen. 

1501.  Kokoro  öshi,  yo  mijikasJii.   'C.>^  LiÖ:^  L  Die  Wünsche  sind 

zahlreich,  die  Welt  (das  Leben)  ist  kurz. 

1502.  Kokoro  zun  kao  no  fori.   »t^ltM^M^J    Die  Herzen  sind  wie 

die  Gesichter. 

D.  h.  ebenso  verschieden  (vgl.  auch  No  1191  und  1496). 

Kokoro  wa  mochi-yö :  s.  kokoro  mo  mocJii-yö. 

1503.*  Kokoro  zva  suishö  no  miya,  Jiitotabi  kozvarete  shufjikn  naramt. 
iHMt^Jtg?)^.  -imiWXW^^i  e."  Das  Herz  ist  ein  Tempel 
aus  Krystall,  einmal  zerbrochen  kann  es  nicht  wieder 
hergestellt  werden. 

1504.  Kokoro  zvo  kudaku.   'C^^«^  <    Das  Herz  zerbrechen. 

Sich  grosse  Mühe  oder  Sorge  um  etwas  machen. 

1505.  Kokoro  %vo  inigakn.  it'^^<    Das  Herz  poliren. 

Sich  bessern. 

1506.  Kokoro  zvo  motte  kokoro  zvo  tsiitan.  'C^^Htii:,>^^i>  Mit  dem 

Herzen  das  Herz  überliefern. 

"  Von  Herzen  gehen."     Statt  kokoro  wo  isuiau  auch  kokoro  ni 
tsiifau  ;  die  Bedeutung  ist  dann  :   "  von  Herz  zu  Herzen  gehen." 

1507.  Kokoro  wo  okii.  't»^^  <    Das  Herz  wegsetzen. 

Zurückhaltend  sein. 


l62      

1508.     Kokoro  ivo  Olli  ni sunt.   "t^^^fkV-'^  h    Das  Herz  zum  Teufel 
machen. 

Den  Muth  zu  etwas  finden ;  "sich  ein  Herz  fassen." 

1509.*   Kokoro  wo  shi  to  sitru  nakare  !  ^t^hU'^'t  hfyi\x  Mache  das 
Herz  nich.t  zu  deinem  Meister  ! 

Lasse  deine  Begierc^en  nicht  Herz  über  dich  werden  !  Vgl. 
No  1498. 

15 10.  Kokovo  IVO  sosogii.  >b^^{*  Das  Herz  waschen. 

Aufmerksam  sein. 

15 11.  Kokoro  ICO  torokasu.  ^'C^^^'"^  Das  Herz  sclimelzen. 

Jemand  für  sich  einnehmen,  ihn  fesseln,  bezaubern. 

15 12.  Kokoro  1V0  yasinncru.  '^'•te^t>h    Das  Herz  ruhen  lassen. 

Sich  erholen. 

Ajun.  Um  Wiederholungen  zu  vermeiden,  sind  die  Redens- 
arten, in  denen  kokoro,  Herz,  mit  ki,  Geist,  vertauscht  werden 
kann,  hier  nicht  aufgeführt;  es  wird  für  dieselben  auf  die  An- 
merkung zu  No  1358  verwiesen. 

15 13.  Kokoro-hosoi.  Eng  ums  Herz. 

In  trauriger,  bedrückter  Stimmung,  zugleich  etwas  ängstlich, 
wie  man  sich  z.  B.  fühlt,  wenn  man  in  der  Nacht  im  Hause  ganz 
allein  ist. 

1 5 1 4.  KoJiOfo^ashi  nara  niatsu  no  ha  ni  isiitsiime  !  ^  ?*  L  ^J:  ?> föt?) 

Hl-tL»'-)  Wenn   die  (gute)  Absicht  da  ist,   wickle   (dein 
Geschenk)  in  eine  Kiefernadel  ! 

Der  Sinn  ist  etwas  dunkel ;  eine  Erklärung  lautet :  selbst  ein 
kleines  Geschenk  (das  man  in  eine  Kiefernadel  einwickeln  könnte) 
hat  Werth,  wenn  es  von  Herzen  kommt ;  wobei  die  Kiefernadel 
zugleich  als  Sinnbild  der  Treue  (da  sie  auch  im  Winter  grün  bleibt) 
dienen  soll.  Nach  anderer  Ansicht  soll  das  Spr.  bedeuten,  dass 
man  seine  Absicht  beharrlich  verfolgen  soll ;  besonders  wenn  es 
in  der  abgekürzten  Form  kokorozasJii  wa  inatsic  no  ha  gebraucht 
wird,  die  dann  folgendermassen  zu  übersetzen  wäre:  die  Absicht 
(der  feste  Wille)  ist  (soll  sein  wie)  die  Nadeln  der  Kiefer. 
Zugleich  soll  dann  luatsii  no  ha,  "  Kiefemadel,"  die  Neben- 
bedeutung "  Blatt  des  Wartens  "  haben. 

15 15.  Kokü  wo  tsitkamu.  J^S^lit"  In  die  leere  Luft  greifen. 

In  ( )hnmacht  fallen. 


—     i63     — 

15  i6.     l^öliWüi  sakini  tatazu.  ^'I$^i-i:f:t"*  Die  Reue  geht  nicht 
voran. 

Die  Reue  kommt  erst   nach  der  That. 

15 17.*  KoJxyö  böji-gatashi.  iS'^'^CML  Die  Heimath  kann  man 
nicht   vergessen. 

15 18.  Kokyö  e  iva  nisJiiki  wo  kazare  !  iS'^'^im^t*!?^  Nach  der 
Heimath  (zurückkehrend)  schmücke  dich  mit  Brokat ! 
Man  soll  nicht  eher  nach  der  Heimath  zurückkehren,  als  bis 
man  es  zu  etwas  gebracht  hat ;  auch  :  die  Leute  zu  Hause  nicht 
merken  lassen,  wenn  es  einem  in  der  Fremde  schlecht  geht. 
Oft  abgekürzt:  kokyö  c  iiishiki,  nach  der  Heimath  (bringe) 
Brokat ! 

Koma  (Pferd  aus  Ko). 
15  19.*  Koma  hokufä  ni  inanakiy  Etchö  nanshi  7ii  snkim.  iS^.SS4bEl- 
'1^.  ^tÜ1Sl-Ä^>  Das  Pferd  aus  Ko  wiehert  dem  Nord- 
Vv'ind  entgegen,  der  Vogel  aus  Etsn.  baut  sein  Nest  auf 
einem  südHchen  Aste. 

Beide  sehnen  sich  nach  ihrer  Heimath — Ko  (chin.  Hii)  im 
Norden,  Etsu  (chin.    YüeJi)  im  Süden  von  China. 

Koma  (Fohlen). 

1520.  Kovia  110  tsinnaznki.   ISjOSt-^   Das  Stolpern  des  Fohlens. 

Ein  wohl  nur  poetischer  Ausdruck  für  Streiche,  die  einem  die 
Liebe  spielt,  der  aus  folgender  Stelle  eines  alten  Gedichtes  stam- 
men soll :  Jiito  ni  koirarureba  noriiant  kovia  nio  tncniazukit  mono, 
wenn  man  von  jemand  geliebt  wird,  so  stolpert  selbst  das  Fohlen, 
auf  dem  man  reitet. 

1521.  Korne  zvo  sojiiatsic  ni  sunt  to,  ine  ga  wariiku  narit.  ^'^'^ 

^A'-'t  hi.W;.^^%K-(i.h    Wenn    man    Reis    ungebührlich 

behandelt,  so  bekommt  man  schlimme  Augen. 

Eine  besonders  an  Kinder  gerichtete  Ermahnung,  nicht  mit 
Reis  zu  spielen  oder  ihn  muthwillig  zu  vergeuden,  wie  sie  bei  uns 
nicht  mit  Brot  spielen  sollen. 

1522.  Kome-tsiiki-bata  ga  rei  ni  kita  yd.  M%M^'^Hä\'-'^tM  Als  ob 

die    Reisstampfheiischrecke    zum    Besuch    gekommen 
wäre. 


—     164    — 

Von  jemand,  der  sich  aus  übertriebener  Höflichkeit  fortwäh- 
rend verneigt,  wie  die  erwähnte  Heuschrecke,  die  ihren  Namen 
von  dem  l^eständigen  Auf-  und  Niederbewegen  des  Kopfes  hat, 

1523.  Kome-ya  to  shicJa-ya  wa  sandai  tsuzukazii.  :^MiKMUH'f^ 

J^ffl^'T"  Eine  Reishandlung  und  ein  Pfandladen  blei- 
ben nicht  drei  Generationen  hindurch  bei  derselben 
Familie. 

1524.  Kovie-ya  iva  sando-me  ni  kacru.  ^MUHSSl-®'^  ^   Beim 

dritten  Male  (muss  man)  den   Reishändler  wechseln. 

Reishändler  messen  den  Kunden  im  Anfange  reichUch,  um 
sie  7X\  fesseln,  lassen  aber  bald  damit  nach. 

1525.  T^orno  no  itc  ni  vio   sangtvan.    ^<?)_hl-tHS;    Selbst   auf 

einer  blossen  Strohmatte  (kostet  die  Geburt)  drei  kwan. 

3  kwaii  sind  =  3000  nion,  was  nach  heutigem  Gelde  30  seji 
(60  Pfennig)  beträgt,  aber  bei  dem  mindestens  um  das  Zehnfache 
höheren  Geldwerthe  der  früheren  Zeit  für  arme  Leute  schon  eine 
bedeutende  Summe  war. 

1526.  Kojno-setsuin.  ESU  Matten-Abtritt. 

Auf  dem  Lande  pflegt  vor  dem  Abtritt  eine  Matte  zu  hängen, 
die  den  Eingang  von  selbst  schliesst.  Von  jemand,  der  die  Thür 
offen  lässt ;  er  kommt  w'ohl  vom  Lande  und  weiss  es  nicht  besser. 

1527.  Kömori  mo  tori  no  uchL  ÜägtEoi'g  Auch  die  Fleder- 

maus gehört  (rechnet  sich)  zu  den  Vögeln. 

1528.  Komitsunie  no  kankin,  toshiyori  710  yo-aruki.  •'^MOo''^ 

#^.  ^K^^^^  Das  Zornigwerden  des  kleinen  Mäd- 
chens, das  nächtliche  (auf  Liebesabenteuer)  Ausgehen 
des  alten  Mannes. 

Sich  nicht  so  betragen,  wie  es  sich  für  sein  Alter  schickt. 

1 5 29.*  Kon  wa  ai  yori  idete  ai  yori  aos/ii.  ^UH  i  "J  {tt  t ,  ^  £  vj  #  L 

Das  Indigo  stammt  zwar  von  der  Aipflanze,  ist  aber 

weit  blauer. 

Aus  den  Blättern  des  al  (Polygonum  tinctorium)  wird  ein 
dunkelblauer  Farbstoff  gemacht.  Von  Kindern,  die  ihre  Eltern 
übertreffen. 


-     i65     - 

1530.  Koiiaya  no  dorobö  710 yd.  *^E<?)iSAO^  Wie  der  Dieb  des 

Mehlladens. 

Er  veriäth  sich  durch  die  Mehlspuren  an  seiner  Kleidung. 

1531.  Konnyaliu  110  yTirei  no  yd.  ^Il0^ffi€)|g  Wie  ein  Kon- 

nyaku-Gespenst. 

Konnyaku  ist  ein  aus  der  Wurzel  von  Conophallus  konjak 
hergestelltes  gelatinöses  Nahrungsmittel ;  der  "  Geist "  oder  das 
"  Gespenst "  dieser  Gelatine  bezeichnet  also  den  höchsten  Grad 
von  Weichheit,  und,  in  übertragenem  Sinne,  von  Schwäche  und 
Willenlosigkeit. 

1532.  Kötiögaki  no  yomenu  tokoro  ni  kikime  ari.    ^^/ttÄ^flK) 

iQ^I-fy@fc''J    (Grade)  das  in  der  Arzneianpreisung,  was 
man  nicht  lesen  kann,  kommt  zur  Wirkung. 

D.  h,  die  Stellen,  wo  der  Druck  unleserlich  ist.  Soll  bedeuten, 
dass  aus  jemand,  der  in  seiner  Jugend  ein  "  Taugenichts "  ist, 
doch  noch  etwas  Tüchtiges  werden  kann, 

1533.*  Kononde  vianoatari  hito  zuo  hörnern  mono  wa,  inata  konon- 
de  2isJd/o  nite  köre  wo  soshiru.  if^T®  "J  A4'#Ä^"(i.  ^^ö^ 
^'C#I-'C^'^^^.  Wer  andere  gern  ins  Gesicht  lobt, 
tadelt  sie  auch  gern  hinter  dem   Rücken. 

1534*  Koiitan-öanashi  lüo  siiru.  ilSitSL^-f^  Von  seiner  Seele 
und  Leber  erzählen. 

Über  seine  Privatangelegenheiten  spiechen. 

1535.  Konuka  sangö  viottara  vmko  ni  ynkuna  !  i^üH^^^f;  h% 
l-=ff<''i  Wenn  du  auch  nur  noch  drei  Mass  Reiskleie 
hast,  so  werde  kein  Adoptiv-Schwiegersohn  I 

Muko,  Schwiegersohn,  steht  hier  als  Abkürzung  von  7nt(ko- 
yöshi,  Adoptivschwiegersohn,  wie  auch  die  Verbindung  des  Wortes 
mit  iiL  yitkii  (analog  yoine  ni  yuku)  zeigt.  Familien,  in  denen  nur 
Töchter  vorhanden  sind,  pflegen,  um  den  Familiennamen  nicht 
untergehen  zu  lassen,  einen  jungen  Mann  zu  adoptiren,  der  dann 
die  Erbin  des  Hauses  heirathct.  Die  Stellung  eines  solchen 
Adoptivschwiegersohnes  bringt  aber  manches  Demüthigende  mit 
sich,  weshalb  sich  junge  Leute  nur  in  Fällen  grosser  Noth  zu 
einem  derartigen  Schritte  entschliessen.  Statt  mi(ko  ni  ynkiina 
auch  yöshi  ni  yukuna  :  werde  kein  Adoptivsohn — aus  gleichen 
Gründen. 


—     i66     — 

1536.  Konya    no    asatte.    /1$&MoM^H     Das    Übermorgen    des 

Färbers. 

Die  Färber  stehen  ganz  besonders  im  Rufe  der  Unpünkt- 
lichkeit, 

1537.  Konya  no  sJdro-bakaina.  ^MOÖ^  Die  ungefärbten  Hosen 

des  Färbers. 

Er  färbt  die  Kleider  anderer  Leute,  aber  nicht  seine  eigenen  ; 
anderen  gute  Lehren  geben,  sie  aber  nicht  selbst  befolgen.  Vgl. 
No  193. 

1538.  Kö-Otsu  zvo  tsukeru.    ^Zi'he\^h    Nummer   i   und    2  an- 

heften. 

Entscheiden,  wer  (oder  was)  von  zweien  besser  ist,  den 
Vorrang  verdient. 

1539.  Koppai  mißn  7ii  S2iru.   'W]JiWM\~'t  ^   Zu  Knochenascheii- 

pulver  machen. 

Gänzlich  zerstören. 

1540.  Korl  no  sninika,  HLW^MlW.  Der  Wohnort  von  Fuchs  und 

Tanuki. 

Eine  wilde,  einsame  Gegend,  wo  sich  "  Füchse  und  Wölfe 
gute  Nacht  sagen." 

1541.*  K.övi  zoa  viizu yoriidete  mizu yori saniHsJii.  5lclt7jci  "J  tH'C  ^ 
7jti  "J^L  Das  Eis  entstellt  aus  Wasser,  ist  aber  kälter 
als  Wasser. 
Wie  No  1529. 

1542.*  Kdri  %vo  chiribanii,  viizu  ni  egaku.  %^^^i^\~^^    In  Eis 
einritzen,  auf  Wasser  malen. 
Vgl.  No  67,  auch  160  u.  a. 

1543.*  Küvi  100  kirite  hi  ivo  viotomc,  isago  ivo  assJiite  abiira  wo 
motoiim.  a^^lfJ-C^^-s!«*,  iJ^PtüL-CvÄ^-^ü  Durch  An- 
einanderreiben  von  Eis  E'euer  erhalten  wollen,  durch 
Auspressen  von  Sand  Ol  zu  bekommen  suchen. 

"  Trauben  \on  den  Disteln  pflücken "  ;  vgl.  auch  No  595 
und  131 1. 

1544,  Korohanu  sa/a  110  tsue.  it\tio9cQ:>^  Der  Stock  vor  dem 
Falle. 


—     16/     — 

Wenn  man  schon  hingefallen  ist,  kann  einem  der  Stock 
nichts  mehr  nutzen ;  auf  der  Hut  sein,  bevor  das  Unglück 
geschehen  ist. 

1545.*  Kovomo  zva  atarashiki  ni  sJiikmva  nashi,  Jiito  iva  funiki 
ni  shiku  zua  nashi.  3S(X^  L  ^U^<  UE  L.  All'fi'i  ^i:^  < 
(tBL  Kleider  sind  am  besten,  wenn  sie  neu,  Menschen, 
wenn  sie  alt  sind. 

1546.  Koroiiio  züo  Sonic ru  yori  kokoro  wo  somcyo  /  tir^Vk^hhl^] 

>b^^)^l    Färbe  lieber  dein  Herz  als  dein  Kleid! 

Koro/iio,  Kleid,  wird  jetzt  gewöhnlich  nur  für  das  Kleid  eines 
Priesters  gebraucht;  das  Spr.  bezieht  sich  also,  wie  das  ähnliche 
unter  No  114,  zunächst  auf  lasterhafte  Priester. 

1547.  Koroiide   ino  tada  okinii.    fi^T•lKlaw    Er   steht   nicht 

einmal  umsonst  auf,  wenn  er  hingefallen  ist. 
Er  thut  nichts  umsonst. 

1548.  KöshaJ^'ushi  mite  kita  yd  na  11  so  zvo  tsukii.  nMi^^X-^ 

f:'^^j:?is^o  <   Der  Erzcähler  lügt  (mit  so  ernster  Miene), 
als  habe  er  die  Sache  soeben  mit  angesehen. 

1549.  Koshi  ga  nukern.  m^'m^l  h   Die  Lenden  werden  locker. 

"  Das  Herz  fällt  in  die  Hose."  Daher  auch  der  Ausdruck 
koshinuke,  "  lendenlocker,"  für  "  Feidin'T." 

1550.  Kos/u  HO  mono.  M'?)4^  Das  Ding  an  der  Seite. 

Ein  Ausdruck  für   "Schwert." 

155 1.  Koshi  ZVO  sageru.  Sg^T;?.   Die  Lenden   senken. 

Sich  gegen  jemand  sehr  unterwürfig  benehmen. 

1552.  Köshi  mo  toki  ]ii  azvasti.  ?L^  lB#i:Mllf  Selbst  Confucius 

passte  nicht  für  seine  Zeit. 

Grosse  Männer  werden  von  ihren  Zeitgenossen  selten  ver- 
standen.    Statt  Köshi  auch  /üjiri,  der  Weise  (s.  No.  649). 

1553.  Kosh  i-hari  tsiiyoku  shite  ie  zvo  taosu.  WtMB.  <  L  "C ^4>g!l  f 

Dadurch  dass  man  die  Wand  mit  zu  starkem  Papier 
beklebt,  das  Haus  umstürzen. 

Koshibari  heisst  das  Papier,  mit  dem  man  den  unteren  Theil 
der  Wand  dicht  am  Fussboden  beklebt ;  zugleich  ist  das  Wort 
hier  in  seiner  Nebenbedeutung   "  ausschweifender   Mensch  "    ge- 


—     i68     — 

braucht,    sodass    sich   als   Sinn   ergiebt :   durch    ausschweifendes 
Leben  seine  Familie  ruiniren, 

1554.     Koshi-hone    wo    oru.    Wi'^^^h     Sich    das    Steissbein 

brechen. 

Sich  die  grösste  Mühe  geben.    Vgl.  No  785. 

1555.*  Köshitsii  no  majiwari.  P^"^^")    Eine  Leim-  und  Lack- 
freundschaft. 

Eine  sehr  feste  Freundschaft, 

Koshö  (Pfeffer). 
1556.     Koshö  mani-nomi.  Wm^i^^  Den  Pfeffer  (das  Pfefferkorn) 
ganz  verschlucken. 

Wenn  etwas  Unangenehmes  gethan  werden  muss,  es  ohne 
langes  Besinnen  sogleich  thun. 

Koshö  (eine  Hand), 
1557.*  Koshö  zva  namsJd-gatasld.  IRf^ltiil  LUL  Mit  einer    Hand 
ist  schlecht  klatschen. 

Zu  einem  Handel,  einer  Abmachung  etc.  gehören  immer 
zwei ;  ohne  die  Einwilligung  der  Gegenseite  kann  nichts  zu 
Stande  kommen, 

1558.  Kotatsii-Benkei.  'l^MPMM  Der  Benkei  hinterm  Ofen. 

S.  Kage-Benkci.  Auch  sagt  man  kotatsii-heihd  (;^^),  die 
Kriegskunst  hinterm  Ofen, 

K.oto  (Sache). 

1559,  Koto  ga  kireru.  5«''tO/T-S   Die  Sache  wird  durchschnitten. 

Der  Tod  macht  der  Sache  ein  Ende. 

1560.*  Koto  WO  ryötan  ni  snru.     ^^M^\'-'t  h   Eine  Sache  zwei- 
endig machen. 

Sie  auf  doppelte  Weise  (von  beiden  Enden  zugleich)  laetrei- 
ben,  d.  h.  zweideutig  handeln,  ein  doppeltes  Spiel  spielen. 

Koto  (Worte). 

1561.     Koto  ^vo  Jiamu.  W^-ÄL'  Seine  eigenen  Worte  essen. 
Sein  Wort  nicht  halten  ;  zum  Lügner  werden. 

1562.*  Kotö  no  nioto  nl  tatsu.  '^'^<^%\'-iLo  Am  Eusse  des  Wai- 
senlichtes stehen. 
Allein,  einsam  sein. 


—     169    — 

1563.*  Köto  shi  shite  ryöken  nirarii.  $^^?E  L'CK::^^  ?>  ^  Wenn 
der  schlaue  Hase  erlegt  ist,  so  wird  der  gute  Hund 
gekocht. 

"  Undank  ist  der  Welt  Lohn."     Bekanntlich  werden  in  China 
(woher  dieses  Spr.  stammt)  Hunde  gegessen. 

1564.     Kotoba  ga  nigorii.  Wi'^^'&h    Die  Worte  sind  trübe. 
Sich  unbestimmt  oder  zweideutiy;  ausdrücken. 


'ö 


1565.  Kotoba  iiiamaru.  IbII-^S    Für  Worte  zu  viel  sein. 

Die  Worte  fehlen  einem ;  es  lässt  sich  gar  nicht  durch  Worte 
ausdrücken. 

1566.  Kotoba  ökereba  shina  snkunashi.  fsl^t'Jhlt'qp^lJ'^i:  L  Wo  viel 

Worte  sind,  sind  wenig  Waaren. 
"Viel  Geschrei  und  wenig  Wolle." 

1567.  Kotoba  wo  aratameru.  lä^ßJc/)^   Die  Sprache  ändern. 

Einen  andern  (strengeren)  Ton  anschlagen. 

1568.  Kotoba  %üo  nigorasu.  f^V(l?>i"    Die  Worte  trüben. 

Wie  No  1564. 

1569.  Kotoba-jiri  zvo  tont.    Wik^^h     Ein  Wort   beim    Hintern 

packen. 

Sich  einen  unvorsichtigen  Ausdruck  des  Gegners  zu  Nutze 
machen.     (Vgl.  No  9.) 

Kotojii  ni  nikatva    siirii :  s.  Ju  ni, 

1570.  Koisuha  %vo  kamu  yö.  pKH^^I^üIä  Wie  wenn  man  Baum- 

blätter kaut. 

Ohne  Geschmack ;  auch  z.  B.  \  on  dem  Stile  eines  Schrift- 
stellers. 

1571.*  Kotsu-^ui  ni  tessiiru.  'i-Kl-fä'f  *  Bis  ins  Mark  der 
Knochen  dringen. 

Von  Erbitterung,  Hass  u.  s.  w.  "  Bis  ins  innerste  Mark." 

1572.  Kotte  wa  sldan  7ii  atatvazu.  M'CliÄ^^l^t&ltT  Wenn  man 
sich  zu  sehr  in  etwas  vertieft,  konmit  einem  der  richtige 
Gedanke  nicht. 

Man  soll  nicht  zu  lange  über  dieselbe  Sache  nachdenken 
sondern  sie  sich  lieber  eine  Weile  aus  dem  Sinne  schlagen,  dann 
f^illt  einem  nachher   das    Gesuchte  viel  eher  ein. 


—     I/o     — 

1573.     Kowashi    niitasJä.    'Mi  L jlt:  L    Sich  vor  etwas    fürchten 
und  es  doch  gern  sehen  wollen. 

1574.*  Közetsu  siiru.  Wi^'t  h   Mit  der  Zunge  pflügen. 

Sich  seinen  Lebensunterhalt  durch  Reden  verdienen,  z.  B. 
ein  Geschichtenerzähler  {hanashika)  sein. 

1575.  Kubi   MO    ma^varanu  yd.    ■M"ilsl?>«ti    Dass   man    nicht 

einmal  den  Hals  drehen   kann. 

"  Bis  über  die  Ohren  "  in  Schulden  stecken  ;  vgl.  No  102. 

1576.  Knbi-hiki  ivo  suru.    "i'^l4"'f  2>    Einander  mit  dem  Genick 

ziehen. 

Eine  Kraftprobe,  wobei  zwei  auf  dem  Boden  sitzende  Per- 
sonen ihren  Kopf  durch  je  eine  Schlinge  am  Ende  eines  Strickes 
stecken  und  nun  einander  durch  die  Stärke  ihrer  Nacken  vom 
Platze  zu  ziehen  suchen.  Figürlich  z.  B.  von  zwei  Käufern,  die 
sich  zu  überbieten  suchen  ;  überhaupt  von  Leuten,  die  sich  in 
irgend  einer  Weise  mit  einander  messen. 

1577.  Kmhu  kiirin  uiuzukashii.  %'^%%'^^W.^^  Es  ist  9  Theile 

9  Zehntheile  schwierig. 

Es  gelingt  unter  hundertmal  nur  einmal. 

1578.  K'iichi  ga  has/iini.   Pt?^i^3    Der  Mund  läuft  davon. 

Sehr  schnell  und  viel  sprechen  ;  auch  :  sich  beim  Sprechen 
"  vergaloppiren." 

1579.  Kiichi  ga  liiru.  P*^'l£5    Der  Mund  trocknet  aus. 

Hungrig  sein. 

1580.  KucJd  ga  kitanai.   Pt>^"^t*  Der  Mund  ist  schmutzig. 

Sich  gemein  ausdrücken  ;  niedrige,  unanständige  Wörter 
gebrauchen. 

1581.  KiicJd  ga  uiagaru  yö.   P"ö^*ffi^li  So  dass  man  den  Mund 

krümmt  (verzieht). 

Von  etwas  sehr  Salzigem  ;  bildlich  :  ein  unzufriedenes  Gesicht 
machen. 

1582.  Kudii  ga  nigete  yiikii  yd.  P'^'iä'C^r  <  fl!  Als  ob  der   Mund 

davonliefe. 

Sehr  schnell  essen. 

1583.  KncJii  ga  Silbern.      Pti^'Jiti    Der  Mund   gleitet  aus. 

Sich  versprechen. 


—     171     — 

1584.  Kiichi  ga  sugiru.   Pt>^'iiä^'Ä    Der  Mund  geht  zu  weit. 

Beleidigend  werden, 

1585.  Kuchi ga  siippakii  naru  liodo.  P^^'^it  <  ^/  i^  So  dass  einem 

der  Mund  sauer  wird. 

Von  vielem,  aber  erfolglosem,  vergeblichem  Reden.  Auch : 
kuchi  ga  siihi  naru  iiiade,  (reden)  bis  einem  der  Mund  sauer 
wird. 

1586.  KiicJii  ga  zvanii.   P-^'M»*^  Der  Mund  ist  sclilecht. 

Von  andern  Schlechtes  reden  ;  über  sie  boshafte  Bemerkungen 
machen. 

1587.  Kjichi  hodo  zva  zuasa  ga  dekinii.    PlSIt^tj'iUjfj«    So,  wie 

der  Mund  (prahlt),  kommt  die  That  nicht  zu  Stande. 
Von  solchen,  die  einen  "  grossen  Mund  "  haben. 

1588.  Ktichi  kara  Köya  e yuht .   P*"  ?)i^if --^r  <    Durcli  den  Mund 

nach  Köya(san)  kommen. 

Kbyasan  ist  ein  berühmtes,  schon  von  Kobo  Daishi  ge- 
gründetes Kloster  in  Kii,  wohin  sich  besonders  früher  viele 
zurückzogen,  um  für  ihre  Sünden  Busse  zu  thun.  Der  Sinn  ist 
also  :  sich  durch  Reden  ins  Unglück  stürzen. 

1589.  Kuchi  kara  inoreru.   P^'?)i^ni    Durcli  dca  Mund  sickern. 

Ausgeplaudert  werden. 

1590.  Kuchi  kara  saki  e  umartta  yd.    P'^' 5>Ä'^.^Ut:'®    Als  ob 

er    mit  dem   Munde    zuerst    auf   die  Welt  gekommen 

wäre. 

Von  Leuten  mit  gutem  Mundwerk. 

1591.  Kuchi  1/10  hatcliö,  tc  mo  hatcJid.   P  IAHT.  ^lABI  Sowohl  der 

Mund  als  die  Hände  (reichen)  acht  Chö  (ein  Wegemass) 

weit. 

Sehr  einflussreich  sein. 

1592.  Kuchi  nao  cJd-kusashi.    PfsJJ'L^L    Der  Mund  riecht  noch 

nach  Milch. 

Noch  sehr  unerfahren  reden.     Vgl.  No  220. 

1593.  Kuchi  in  doyo  ga  Junrite  iru  uchi  iva  shisuka  nari.   Pl*± 

m^mKXmh^^iimU"]  VVenn  die  Erntezeit  in  den  Mund 
einzieht,  ist   er   ruhig. 

Er  schweigt  nur,  während  er  isst. 


—     172    — 

1594«     Ktuhi  ni  kökd  siirii.    Pl-^fi^t*    Dem    Munde  Gehorsam 
erweisen. 

Gern  etwas  Gutes  essen. 

1595.  Kuchi  in  niitsii.  Pl-^  Honig  im  Munde  (haben). 

Ahnlich  wie  No  336. 

1596.  Kticld  ni  mono  %va  irazu.    Pl-4^US?>^    Für    den    Mund 

(d.  h.   zum  Reden)  braucht   man  nichts. 
Reden  ist  leichter  als  Handeln. 

1597.  Kuchi  ni  wa   tsukaivareru.    Pl-U^ltfiJ     Man  wird  vom 

Munde  regiert. 

Man  arbeitet  nur  für  den  Mund,  d.  h.  um  zu  essen. 

1598.  KiicJii  wa  chüJiö  na  mono.   Plil^Stct^  Der  Mund  ist  eine 

nützliche  Sache. 

Nur  in  schlechtem  Sinne  gebraucht ;  z.  B.    von  jemand,  der 
sich  herausreden  will,  Ausflüchte  macht  u,  dgl. 

1599.  K7ichi  loa  %vazazvai  no  kado.  Plti^"?)?^  Der  Mund  ist  das 

Thor  des  Unglücks. 
Vgl.  No  1588. 

1600.  Knclii  wo  kesn.   P^^i^'T  Den  Mund  auslöschen. 

Jemand  durch  Geld  zum  Schweigen  bringen. 

160 1.  Kuchi  li'O  tojiru.   P^PflVS   Den  Mund    schliessen. 

Schweigen,  "  den  Mund  halten.'' 

1602.  Kuchibashi  loo  ircru.  %f)eX\^h   Den  Schnabel  hinein- 

stecken. 

Sich  in  etwas  mischen,  das  einen  nichts  angeht. 

1603.  Kuchi-Beiilvei,  P^lg  Mund-Benkei. 

S.  Kage-Benkei. 
1604.*  Ktichihivu  Jiorobite   (od.  yalnirete)  ha  saniushi.    #"tcA"C 
{Wc^'V)%%L    Wenn    die  Lippen    vernichtet    (od.  zer- 
brochen) sind,  werden  die  Zähne  kalt. 

Mahnung  zur  Eintracht,  besonders  unter  Verwandten.  Wenn 
z.  B.  der  eine  Bruder  den  andern,  statt  ihn  zu  retten,  zu  ruiniren 
hilft,  so  kommt  nachher  die  Reihe,  ruinirt  zu  werden,  an  ihn 
selbst. 


—     173     — 

1605.  Knchibiru  no  usui  mono  zva  oshaberi.  ^'^%^^^\^^^^)  Leute 

mit  dünnen  Lippen  schwatzen  viel. 

Im  IVakitn  Shiori  wird  kitchibiru  hosoki  mono — ein  schmal- 
lippiger  Mensch — als  Ausdruck  für  "  guter  Redner  "  erwähnt. 

1606.  Ktichibtie  wo  fiikii.   PkT^b^s    Die  Mundflöte  blasen. 

Pfeifen. 

1607.  Kuchidonie  (od.  Kuchifnsagi)  wo  suni.  PJh(PS)4« 

'T  h   Jemand  den  Mund  anhalten  (od.  verschlie.ssen). 

Ihn  durch  Geld  zum  Schweigen  bringen;  daher /v/r/z/c/öw^- 
kin,  MundanhaUungsgeld  =  Schweigegeld. 

1608.  Kuchigurunia  tii  nosent.  P$l-^t£2)   Jemand  auf  dem 

Mundwagen   fahren. 
Jemand  beschwatzen. 

1609.  Kiichitsuzumi    wo    naras^i.    Püt4'iil?)'t     l^ie    Mund- 

trommel hören  lassen. 

Einen  gewissen  schnalzenden  Ton,  der  Arger  ausdrückt,  hören 
lassen — ganz  verschieden  von  shitaucJii stiru,Ci?i^,  wie  das  deutsche 
"  mit  der  Zunge  schnalzen,"  immer  nur  Vergnügen  ausdrückt. 

1610.  KuchiwaUi  HO  ki  nani  mono.  ^"^MUZ^  Einer,  dessen 

Mundwinkel  noch  gelb  sind. 

Gleich  dem  deutschen  "  Gelbschnabel,"  und  wie  dieser  eine 
Anspielung  auf  den  Schnabel  junger  Vögel. 

16 II.*  KücJiü    710    rökakii.    ^t^^^tllS    YÄw   hohes   Haus   in  der 

Luft. 

Ein  '•  Luftschloss." 

Kuda  (Röhre)- 

Kjuia  no  ana  kam :  s.  Hari  no  ana. 

JKuda  (Spindel). 

1612.     Ktida  wo  maku.  ^^^^  <    Die  Spindel  drehen. 
Endlos  schwatzen. 

161 3.*  Kudohu  iva  daikai  no  gotoshi.  ^'^lli;S^^nL  Verdienst- 
liche Thaten  sind  wie  das  Meer. 

1614.*  Kugai  ßinen.  S^^+¥  Bittere  Welt,  zehn  Jahre  (od:  ein 
zehnjähriger  Kummer). 


—     174    — 

Sa'^t  man,  wenn  man  mit  seinem  Schicksal  selir  unzufrieden 
ist,  grossen  Verdruss   hat  etc. 

1615.  Kugai  no  isiitome.  '^^^^\^   Der  Dienst  der  bittern  Welt. 

Der  Ausdruck  "  bittere  Welt "  wird  besonders  von  dem 
Schicksal  einer  Dirne  gebraucht  ;  "  Dienst  der  bittern  Welt '' 
also  gleich  "  Dirnenberuf." 

16 16.  IsAiije  7ii  VW  tsuzure.  Ä^I-l^jS  Auch   Hofadlige  tragen 

Limipen. 

Die  früheren  Hofadligen  in  Kyoto  lebten  meist  in  grosser 
Armuth. 

1617.  K^ige  110  kurai-daore.    ^hM'^^Wx    Der   Ruin  der  Hofad- 

ligen  durch  ihren  Rang. 

161 8.  K:ugiri  ivo  tsukeru.  ^tg^-'ftiT^    Den  Punkt  setzen. 

Eine  Sache  abmachen  oder  entscheiden. 

Kümo    (Wolke). 

1619.  Kwno  zvo  tsJikainu  yd.  S^Ht'!=l  Als  ob  man  nach   den 

Wolken  griffe. 

Von  unerreichbaren  Dingen,  immöglichen  Projekten  e(c. 

1620.  Kuiuo  wo  tsukavm  yd   na   Jianashi.    S^Mü^'^.ClSL    Eine 

Geschichte,  als  ob  man  nach  den  Wolken  griffe. 

Ein  Paeden  ohne  Sinn  und  \'erstand.  Eine  ähnliche  Redens- 
art ist : 

1621.  Kuiiio  wo  tsiikande  hana  wo  kainn  yd.  S'i•S^T*Ä•^5't'^ 

Als  ob  man  die  Wolken    ergriffe  und  sich  damit  die 

Nase  schnaubte. 

Von  phantastischen  Plänen,  Luftschlössern  u.  dgl. 

1622.  Kiiino  ni  kakehaslii.  8l-^ii  Eine  Leiter  zu  den  Wolken. 

Von  phantastischen,  unausführbaren  Projekten. 

1623.  Ktimo  zvo  tsuku.  8^^<    An  die  Wolken  stossen. 

Sehr  gross  sein. 

1624.  Kiimo-mizu  HO  gotoku.  S7j«?>i(rK  Wie  Wolken  und  Wasser. 

Immer  wandernd  ;  ein  Wanderleben  führen. 
KuDio  (Spinne). 

1625.  Kjano  de  (od.  K21V10  110  sn  de)  ivakani.  ^%'^  (ä^i^OÄT)  S?  h 

An  der  Spiime  (od.  am  Spinnennetz)  erkennen. 


—    175    — 

Ein  Vorgefühl  haben,  als  ob  der  (oder  die)  Geliebte  kommen 
werde.     Die  Redensart  soll  auf  einem  alten  Gedicht  beruhen. 

1626.  Kümo  no  ko  wo  cJdrasJtita   yö.    ^lli^?)T^ti  Lt'-ti    Als   ob 

man  junge  Spinnen  ausgestreut  hätte. 

Die  Feinde  in  die  flucht  schlagen,  sodass  sie  nach  allen 
Seiten  auseinanderlaufen,  wie  junge  Spinnen,  wenn  sie  aus  dem 
Eiersack  ausschlüpfen.     Vgl.  No  37, 

1627,  Knimotta    kagavii   ni   iro    iitsuranu.    &f:ill-'S.&^  f^  W    In 

einem  trüben  Spiegel   spiegeln    sich   die  Farben   nicht 

wieder. 

So  wird  z.  B.  ein  geistvoller  Schriftsteller  von  einem  einfältigen 
Leser  nicht  verstanden. 

1628.*  ^innpu  no  ada  to  zva  tomo  ni  ten  zvo  üadakezii.  ^^"^ 
f/Li  IIÄl-^4'El?'T'  Mit  dem  Feinde  seines  Herrn  oder 
seines  Vaters  kann  man  nicht  unter  demselben  Him- 
mel leben  (eigtl  :  kann  man  nicht  denselben  Himmel 
empfangen). 

Ein  von  Confucius  herrührender  Grundsatz. 

1629.     Kuni  ga  hirakent.  tä^-^'H^lT^    Das  Land  öffnet  sich. 

Es  wird  civilisirt,  resp.  seine  Civilisation  macht  Fortschritte 
Transitiv  :  kuni  wo  hiraku,  ein  Land  aufmachen,  d.  h.  civilisiren 

1630.*  Kuni  inidarete  cJmshin  arazvarn.  ÜILfi'C.^.gLilll  h  Wenn 
das  Land  von  Unruhen  erschüttert  wird,  zeigt  sich 
(bewährt  sich)  der  treue  Patriot. 

1631.*  Kitni  ni  itte  loa  mazu  hin  zvo  toe  !  Sl-A^»  t  U^<5^^[!3'^ 
Wenn  du  in  ein  Land  gehst,  so  erkundige  dich  zuerst 
danach,  was    verboten    ist. 

1632.  Kuni  ni  nusubito,  ie  ni  lua  neziuui.  ISi-^A^I-  US.  Im  Lande 
Diebe,  im   Hause  Ratten. 

Man  ist  nirgends  vor  Schaden  sicher. 

1633.*  Kiinshi  wa  aymiki  ni  chikayorazu.  ^^\X%^V-'A^h'^  Der 
Weise  begiebt  sich  nicht  in  Gefahr. 
Gefahr  hier = Versuchung. 


—     1/6     — 

i634-*  Kiinshi  wa  kabiin  wo  haßsu.    :§'TltTri94'E'"f   Der  Weise 
schämt  sich  nicht,  Niedere  zu  fragen. 
Vgl.   No  II 26. 

1635.*  Knnshi  tva  kiichi  wo  oshiini,  koJiyo  wa  t sinne  wo  oshhnu. 
STltPVlV^^>,  ;^|^1I/RVI^A  Der  Weise  schont  (eigtl. 
schätzt)  seinen  Mund,  Tiger  und  Leopard  schonen 
ihre  Klauen. 

1636.*  KunsJii  wa  scitokit  attc,  yöbd  gii  natu,  ga  gotosJii.  ^Tit® 
#.Wo-C#R^tj:  StJ-'-Jin  L  Der  Weise  besitzt  grosse  Tugend 
mit  einer  Miene,  als  ob  er  einfältig  wäre. 

1637.  Kiii^ctge  VW  hone  ni  an.  \^H  ii-f-l-S-^  Selbst  die  Qualle 

stösst    manchmal    auf    Knochen    (obgleich    sie    selbst 
keine  hat). 

Scherzhaft  von  unerwarteten  Glücksfällen.     (Vgl.  No  916.) 

1638.  Kuraku  %ua  shögai  no  michhiire.  "S^lilt^^.JMfJii^fa  Leid 

und  Freude  sind  die  Begleiter  des  Lebens. 

1639.  Kitraya^ni  de  mono  wo  hat  to  cJwja  ni  naru.    Hs^Tt^ 

hr^X^i^^V-^h   Wer   im  Dunkeln  isst,  wird   reich. 
Scherzhafte  Mahnung  zur  Sparsamkeit. 

1640.  Kurayami  kara  nshi   wo    hikidosii    yö.    B*^«' ^-^^^iMT^ 

VA'ie  wenn  man  einen  Ochsen  aus  dem.  Dunkeln  her- 
vorzieht. 

Der  Ochse  sträubt  sich,  es  kostet  grosse  Mühe,  ihn  aus  dem 
dunkeln  Stalle  herauszuziehen.  Ahnlich  ist  es,  wenn  jemand  in 
Gesellschaft  nichts  sagt  und  trotz  aller  Versuche,  ihn  zum  Sprechen 
zu  bringen,  nur  mit  ja  oder  nein  antwortet  ;  kurz,  sehr  lang- 
weilig ist. 


'ö 


1641.  Kn$'ayanii  no  Jiaji  %vo  akarnnii  £  dasu  yö.    ^Wi^M.^^J^  ^  ^>  ^ 

ihi'^    Als  ob  man  die  Schande   der    Dunkelheit  ans 
helle   Licht  brächte. 

1642.  Knrayand  no  hö-kabiirl.  ^Wi'^WS.^)    Sich  in  dunkler  Nacht 

das  Gesicht  verhüllen  (um  nicht  erkannt  zu  werden). 
Überflüssige  Vorsicht. 


—     ^77    — 

1643.  Ktirhnnshi  710  yö.  ^ÄOlf  Wie  ein  Kastaiu'eninsekt. 

Von    einem    sehr    dicken    Menschen.      Welches    Thier   mit 
"Kastanieninsekt"  gemeint  ist,  war  nicht  zu  ermitteln. 

1644.  Kiirol  vie  no  vchi.    Mva^^l^    Während  der    schwarzen 

Augen. 

So  lange  die  Augen  schwarz  sind,  d.  h.  so  lange  man  lebt. 

1645.  Kuro-inti  ni  kuzvaretc  Jiai  no  tarekasn  ni  osorcnt.  H::^!- 

ÄIKi-CK^SfliiJSns  Von  einem  schwarzen  Hunde 
gebissen  worden  sein  und  sich  (dann)  vor  schwarzer 
Asche   fürchten. 

Man  bereitete  früher  aus  Asche  eine  Lauge  zum  ^^'aschen  ; 
gemeint  ist  der  schwarze  Rückstand  dieser  Asche.  Vgl.  No  131 
und  610. 

1646.  Kuröto.  BA  Schwarzer  Mensch. 

Einer,  der  die  Sache  gründlich  versteht,  ein  Mann  vom  Fach, 
Im  Gegensatz  dazu  heisst  einer,  der  nicht  "  vom  Fach,"  sondern 
nur  Dilettant  ist,  s/izröfo  (^A),  weisser  Mensch.  Die  Ausdrücke 
gehen  zurück  auf  den  früher  üblichen  Ausdruck  s///so  0f!^m) 
"  Schwarze  und  Ungefärbte  (Weisse),"  d.  h.  Priester  und  Laien. 

1647.  Kuroj/ama  710  yö.  ^ÜJOti  Wie  ein  schwarzer  Ber^ 

Von  grossem  Menschengewimmel.     Vgl.  No  899,  auch  81. 
1648.*   Kiiruma    no    ryörin    no   gotoku.  ^0mi^«>^U<    Wie    die 
beiden   Räder  eines  Wagfens. 

Immer  zusammen,  von  einander  unzertrennlich. 

1649.*  Kunnna  zva  sanzun  no  kusabi  wo  motte  senri  tvo  yuhi. 
$(iHTf0|f4'ö-C^M.^1f  <.  Der  Wagen  läuft  vermittelst 
des  (nur)  dreizölligen  Radnagels  tausend  Meilen. 

Kusabi  ist  der  keilförmige  Nagel,  mit  dem  das  Rad  an  der 
Wagenachse  befestigt  ist. 

1650.  KiirusMi  toki  ni  %va  hanawo  vio  sogn.  S-  L  i-^BJi:  HÄ./^  i 

5'JC  Zur  Zeit  der  Nolh  schneidet  man  sich  sogar  die 
Nase  ab. 

"Noth  kennt  kein  Gebot";  "  Noth  bricht  Eisen." 

165 1.  KurusJiii  tohi ni  zva  oya  zvo  dasei  S- Li^fi^ltlXlÄ^-iUtf   Zur 

Zeit  der  Noth  rufe  die  Eltern  heraus  ! 


-     178     - 

Wende  dich  an  deine  Eltern ;  sie  meinen  es  am  treusten 
lind  %\erden  am  ehesten  Rath  schaffen. 

1652.  Kuries/iii  toki  vo  kami-danoiui.  '^t^^'^^^t^M.h-  Das  Flehen 

zu  (Xcw   Göttern  in   der  Zeit  der  Notb. 

"  Noth  lehit  beien.''  Statt  ki/rns/iii  toki  heisst  es  auch 
setsunai  toJä  oder  kyü  (§5)  •'•hita  ioki — beides  mit  kunishii  toki 
(Zeit  der  Noth)  gleichbedeutend. 

1653.  Kusa   wo   scsette    hebi  wo  dasu.    :^^fflo'C4:E^m-f    Beim 

Stören  im  Grase  eine  Schlange  aufjagen. 
"  In  ein  Wespennest  stechen." 

1654.  Kiisa  7üO  zvakete  mo  sagashi-dasn.    ^^35"C  tJ^tÜT     Etwas 

ausfindig    machen,  und   sollte    man    selbst    das    Gras 
theilen  (durchsuchen), 

1655.  Kiisaba  HO  kage,  ^^^1^  Der  Schatten  des  Grases. 

Das  Grab. 

1656.  Ktisai  mono  mi  sJdrazu.  Ät^  i.  0:i:fei  ?)-f*  Wer  stinkt,  weiss 

es  selbst  nicht. 
Vgl.  No  912. 

1657.  Kusai  mono   ni  futa.   %^^%W~'%.    Auf  Übelritchendes  ein 

Deckel. 

Wie  No  1006:  es  ist  am  besten,  darüber  zu  schweigen.  Vgl. 
den  u.a.  auch  im  Don  Quixote  vorkommenden  Ausdruck  :  je  mehr 
man  darin  rührt,  desto  mehr  stinkts. 

1658.  Kiisai  mono  ni  Jiae  ga  yoni.  :^v^^^l-i®5'''W2)    Auf  stinkenden 

Dingen  versammeln  sich  Fliegen. 

"Wo  ein  Aas  ist,  sammeln  sich  die  Adler." 

1659.  Kusa-niakura    wo   suru.    M-^^'t  h     Das    Graskissen 

machen. 

Im  Freien  übernachten. 

1 660.  Kusfinie  zuo  lütotsn  surcba  homerare,  fiitatsu  sureba  niku- 

jnarc,  mits2i  snreba  horerare,  yotsn  surcba  käse  zvo  Jiikn. 

514— i'nir#f.n,  n-rnitttn.  H-fnittg?.n.  n-^\^\t%M 

^^I  <    Einmal  Niesen  bedeutet,  dass  man  gelobt  wird  ; 


—     179     — 

zweimal,  dass  man  gehasst  wird  ;  dreimal,    dass    sich 
jemand  in  einen  verliebt  hat ;  viermal,  dass  man  einen 
Schnupfen  hat  oder  bekommt. 
Scherzhafte  Redensart, 

1661.  Kiisnre-eit  ■zckz  liananzu.  ^n^ltM(xf    Eine    schlechte 

(eigentlich  :  faule)  Verbindung  wird  man   nicht  los. 

Besonders  von  der  Ehe  mit  einer  P'raii,  die  einem  nicht 
gefällt. 

1662.  Kusare-nawa  iii  tori-tsukii  o-a  ^otoku.  ^t.li-fl)C#  <  s-'^dC 

Als    ob    man    sich    an    einem   morschen    Strick   fest- 
hielte. 

1663.  Kuscitte  mo  tai.  ^"Cil^   Zwar    schon    faul,    aber  doch 

ein  Tai. 

Ein  sehr  geschätzter  Seefisch  (Serranus  marginalis).  Vgl. 
Xo  1402. 

1664.  Kushi  no  ha  wo  Jiiku  yd.  \B^^f-AkK\^   Wie  wenn  man 

die  Zähne  eines  Kammes  sägt. 

Um  zu  sagen,  dass  eine  Nachricht  nach  der  andern,  oder 
ein  Bote  nach  dem  andern  kommt  —  wohl  wegen  der  grossen 
Schnelligkeit,  mit  der  Kammacher  die  Zähne  des  (hölzernen) 
Kammes  aussägt.  ("Einen  Kamm  machen"  heisst  im  Japa- 
nischen kusJii  7U0  hikii,  einen  Kamm  sägen.) 

1665.  K.USO  1110  miso  ino  issho.  ^-iB^'tl— ß^   Mist  und  Bohnen- 

sauce zusammen. 

Alles  durcheinander;  "wie  Kraut  und  Rül:)en." 

1666.  Ktiso    no    iiia    ni    1110   azvanu.  %'<>^^\'-  t-w'ilW  Eignet  sich 

nicht  einmal   zum  Pvlist. 
"  Keinen  Strohhalm  weith." 

1667.  Kusobunc  no  tazvasJdno  yd.  ^J.'l-^^r.ii.l^ti  Wie  der  Kehr- 

wisch eines  mit  Dünger  befrachteten   Kahnes. 
Höchster  Grad  von  Schnuitzigsein. 

1668.  Kusufiuttagarmiu  inona  zva  maotoko  no  ko.  Pe-^  1'-.'^'' ^ 

«^-iI^;^OT   Wer  nicht  kitzlig  ist,  ist  d.is  Kind  eines 
Ehebrechers. 

Scherzhafte  Redensart. 


—      1 8o     — 

1669.  Kusitn  g-ol}?(.  'K'^i.^  9  Zoll  5   Linien. 

Ein  Ausdruck  für  das  Messer,  mit  dem  das  Jiarakiri  (Bauch- 
aufschneiden) vollzogen  wurde. 

1670.  Kiisuri  liito  zvo  korosazu,  islia   Jiito  ivo   korosu.  ^A^i-Hc 

St-,  W^K^Wt  Nicht  die  (falsch  angewendete)  Arznei, 

sondern  der  Arzt  bringt  den  Menschen   ums  Leben. 
Der  Urheber,  nicht  das  Werkzeug,  ist  verantwortlich. 

1671.  Kusuri  ku-söbai.  %'hM^u   Arzriei   (kostet)    das    Neunfache 

(oder :  bringt  das  Neunfache  ein). 
Vgl.  unser  ..Apotheken echnung." 

1672.  Kusuri  nb-gaJd  Jiodo  hikazu.  ^fi.^MM'^^'t'  Die  Arznei  ist 

nicht  so  ^^•irksan),  wie  die  An[ux'i-ung  ihrer  Wirkun- 
gen besagt. 

Meistens  wiid  mehr  verjproclien  als  gehalten.  "Es  ist  nicht 
alles  Gold,  v,as  glänzt." 

1673.*  Kufsit  atarasJiii  to  icdonw  kavivu/ri  to  sczu.  '%M^^'^W^ 
^i-cff"  Wenn  der  Scliuh.  auch  neu  ist,  kann  man  ihn 
doch  nicht  als  Mütze  brauclien. 

1674.*  Kittsn  wo  hedatcte  kayiiki  %vo  (od.  asJii  wo)  hakii  ga  go- 

toku.  %V^%X\^^te{'^f^Y^K'J^K    Wie   wenn  man  sich 

durch  den  Stiefel  die  juckende  Stt;lle  (od.  den  Fuss) 

kratzt. 

Sich  am  Fusse  kratzen,  ohne  den  Stiefel  auszuziehen  ;  keine 
rechte  Wirkung  thun  ;  halbe  Massregeln.  Auch :  kuisii  110  ue 
kara  kakaio  luo  kakit,  durch  den  Stiefel  hindurch  die  Ferse  kratzen. 
Vgl.  No  II 29. 

1675.  Kinvcizu  Jdnmkii.  ÄilT^M'!  Das    nichts  essende  Glück 

der  Armuth. 

Von  Leuten,  die  lieber  hungern  als  arljeiten. 

1676.  Kmvazu-girai.  Äl^tUlo^    Widerwillen    gegen    etwas,    was 

man  nie  gegessen  hat. 

Abneigung  gegen  eine  Sache,  die  man  nicht  kennt. 
1677.*  Ivuxetsii  no  arasoi.   PS'^^Jf^^D^   lü'n  Streit  zwischen  Mund 
luid  Zunge. 


—     i8i     — 

Ein    Streit    zwischen    Gatten,     Brüdern  etc.  ;    ein    häuslicher 
Zuist. 

1678.*  Kiva  zva   shn  ni  tcki  sezu.  Ä(t^l-Si-tiT*  Wenige  können 

nicht  mit  vielen  streiten. 

1679.*  l^wadeii  ni  kutsii  zvo  irezu  (od.  nugazii).  flS.ffll-S^AI^t' 
(ää^'T")  In  einem  Melonenfelde  zieht  man  sich  nicht  die 
Schuhe  an  (od.  aus). 

Weil  es  so  aussehen  würde,  als  wollte  man  Melonen  stehlen. 
Man  soll  auch  den  Schein  des  Bösen  vermeiden.     Vgl.  Rika. 

1680.*  Kwafa  HO  uwnzen  zehi  öshi.  MM^'^^ti^^^  L  Vor  dem 
Thor  einer  Wittwe  wird  viel  Wahres  und  Falsches 
gesprochen. 

Sie  muss  ihren  Ruf  sorgfältig  hüten. 

168 1.*  Kwafiikii  zua  azanaeru  nawa  no  gotosJii.  WM\^^^h^ 
Ojtn  L  Unglück  und  Glück  sind  wie  ein  zusammen- 
gedrehtes Seil. 

1682.'^  Kioafiihi-vion  nashi,  tada  Jiito  no  inanekii  tokoro  nari. 
SaiisnML.PiA'^töCM^X^J  Es  giebt  kein  Thor  des  Un- 
glücks oder  Glücks,  (beide  kommen)  nur  (auf)  die 
Einladung  des  Menschen. 

1683.*  Kwcifßen  Jiitutabi  izurcöa,  shinie  nio  ou  bekarazii.  i^»— Ä 
a'.nitM.l  iiii>-'s'?)t-  Wenn  das  unbedachte  Wort  ein- 
mal heraus  ist,  kaiui  man  es  selbst  mit  vier  Pferden 
nicht  wieder  einholen. 

1684.*  Kivaijijü  no  tsnno-amsoi.  ^^'\-<^f\^ü^  Der  Hörnerstreit 
der  Schnecken. 

Lächerliche  Zänkereien. 

1685.  Kwaliö  ivo  netc  viate  !  ÄIS^-SM-CfJ-C   Erwarte  das  Glück 

schlafend  ! 

Das  Glück  kommt  im  Schlaf,  ohne  unser   Zuthun  ;    oft  auch 
ironisch,  zu  jemand,  der  sich  nicht  anstrengen  will. 

Kwaikei  (Bezahlung). 

1686.  Kzvaikci  Jioji  ivo  sosogii.  'i'stftt^-SC  Bezahlung  wacht  die 

Schande  ab. 


—       lS2       — 

KtvciiL'ei  (Name  eines  chinesischen   Berges). 

1687.*  Kwaikei   no    Jiajl   z^'o    sosogii.  't'^^fth^-^  C  Die   Schande 
von  Kwaikei  abwaschen. 

Einen  grossen  Schimpf  rächen.  Der  Redensart  liegt  folgende 
alte  chinesische  Geschichte  zu  Grunde.  Kosen,  der  König  von 
Etsu,  lieferte  sich  auf  dem  Berge  Kwaikei  seinem  Feinde  Fusa, 
dem  Könige  von  Go,  mit  seiner  Gemahlin  aus.  Um  die  Bitter- 
keit dieser  Schande  nicht  zu  vergessen,  leckte  er  täglich  an  der 
Gallenblase  eines  Rindes,  bis  es  ihm  endlich  nach  zehn  Jahren 
gelang,  Rache  zu  nehmen  und  seinen  Feind  zu  tödten. 

1688.  Kivajl  to  süsJiiki  ni  yukeba  kandö  vw  ynrini.  A^J^iPÄI- 

^Vl\tWui\,s^'^)  h  Wenn  man  zu  einer  Feuersbrunst 
oder  zum  Begräbnisse  geht,  wird  selbst  die  Ver- 
stossung  aus  dem  Hause  vergeben. 

Der  Tod,  oder  grosses  Unglück,  gleicht  alles  aus. 

1689.  Kwaji  zca  E'Jo  no  Jiana.  ^^spdJl^'?)^    Die    Feuersbrunst 

ist  die  Blume  von  Edo. 

Grosse  Häufigkeit  der  Brände  im  alten  Edo,  wie  nicht  min- 
der im  jetzigen  Tükyö. 

1690.  Kivaji-go  110  hi  no  ydjin.  •hW^^'h^:>Wi^i!'  Die  Vorsicht  nach 

dem  Brande. 

"Wenn  das  Kind  in  den  Brunnen  gefallen  ist,  deckt  man 
den  Brunnen  zu." 

1691.*  KivajO  al'uni  zuo  S071.  ^±vÖ'*i-V'Si^  Auf   Feuer  Ol  giessen. 
Das  Übel  noch  ärger  machen. 

1692.*  Kival^aJxiino  arasoi.  i^lk'^^Ü-  Der  Streit  der  Sclinecken- 
hörner. 

Gleich  No  1684. 

1693.*  IsJwaJ^aisK  no  shinrui.     EB'^DfilK    Melonen ranken-Ver- 
waiidte. 

Sehr  entfernte,   weitläufige  \^ervvandtc. 

1694.'"  KivaK'l  zal  tvo  slwzu.    %\\MM^ie'!iL'P  Ein  freundliches   Ge- 
müth  bringt   Reichthum. 

1695.*  KivaJxO  no  koto  akiraka  naru  koto  kago.ini  no  gotoku,  mirai 
HO  koto  kiiraki  koto  urnsJd  no  gotoshi.    iS^''J)¥?^ö'tf:  ^  J  ^ 


—     .83     — 

Oj(n<.  ^^^D^Hg^  im^DMiL  Die  Vergangenheit  ist  hell 
wie  eil)  Spiegel,  die  Zukunft  ist  dunkel  wie  der 
Lack.  , 

1696.*  Kwakurin  ni  itani.  m.^\'~^h  Soweit  kommen,  dass 
man  das  Einhorn  fängt  (od.  Idirzer :  das  Einhorn 
fangen). 

Eine  Metapher  für :  die  letzten  Zeilen  eines  Werkes  schreiben, 
es  glücklich  iDeendigen. 

1697.*  Kwan  wo  öte  nochi  hajimete  sono  hito  no  hyö  sadavtaru. 

tf^l-CBSS-CÄAOlf^i  h  Erst  wenn  der  Sarg  zugedeckt 

ist,  stellt  der  Ruf  des   Menschen   fest. 
1698.*  Kivangakttin  no  szizume  zva  Mögyii  wo  aaezuru.  llft^^O 

SlI^^^#o';S  Die  Sperlinge  bei  der  Schule  zwitschern 

das  Mögyü. 

Sammlung  von  Biographien  berühmter  chinesischer  Männer, 

für  Kind.r  geschrieben.     Einfluss  der  Umgebung. 

1699.  Kivantö  no  kui-daon,  Kamigata  no  ki-daore.    %W^<^'kWi\^ 

±':)j'^J^Mln   Im   Kwantö  (Osten)  ruinirt  man  sich  durch 
Essen,   im   Kamigata  (Gegend   von   Kj'öto  und  Osaka) 
durch  Kleidung. 
Vgl.  No  171 1. 

1700.  Kzvantd  no  tsure-sJwbcn.     ^1fi'?5ÜH''>'fc&  Das  gemeinschaft- 

liche Wasserlassen  (der   Reisenden)  im   Kwantö. 

Scherzhafte    Ivedensart,  wenn  man  z.  B.  bei  einer  Kneiperei 
zufällig  mit  einem  andern  gleichzeitig  hinausgeht. 

1701.*  Kivatsunö  suru.     JSBt  *    Den   Beutel  zubinden. 
Sparsam  sein. 

1702.  Ktvöin  hito  tvo  viatazii.    'k^v%K^^%V^'V    Tag    und  Nacht 

warten  nicht  auf   den   Menschen. 

1703.  Kwöin  ni  sekivwri  nasJii.    %\^X-W^-^.L     Für  die  Zeit  giebt 

es  keine  Schranken. 

Die  Zeit  lässt  sich  nicht  aufhaken. 

1704.*   Kzuöin  ya  no  gotosJn.    %^%^<ö1mL  Die  Zeit  fliegt   wie  ein 
Pfeil. 


—     i84    — 

1705.*  Kivösen  no  kaku  to  naru.    stÄO^t/^S     Der  Gast  der 
gelben  Quelle  (der  Unterwelt)  werden. 
,  Sterben. 

1706.*  Kwösen    no    rojö    röshö  nashi.    ^^^0"&±^'J?M  L  Auf  dem 
Wege  zur  Unterwelt  giebt  es  kein  Alt  und  Jung. 
Der  Tod  macht  zwischen  Jung  und  Alt  keinen  Unterschied. 

1707.  Kyakii  mmieite  kyaku-uravii.    ^^^^X^fkh  Durch  Ein- 

ladung von   Gästen    zieht    man    sich    den    Hass    der 
Gäste  zu, 

1708.  Kyakii  zvo  tsiirii.  ^^^"ü    Einen  Gast  angeln. 

Nur  von  Dirnen. 

Kyö  (Vergnügen). 

1709.  Kyö  ga  s/iirajnu.     I5t)->'öü   Das  Vernügen  wird  weiss. 

Die  Lust,  die  Fröhlichkeit  lässt  nach,  geht  zu  Ende.    Auch 
kyö  ga  sameru  (X^^hh),  das  Vergnügen  erkaltet. 

K:yö  (Hauptstadt). 

17 10.  Kyö  ni  vto  inaka  ari.   tCl-tH^fe^J    Auch  in  der  Haupt- 

stadt giebt  es    Bauernthum  (grobe  Menschen). 

171 1.  Kyö  no  ki-daon',  Osaka  no  kui-daorc.  'M.^'^Wi<^^%Wi,<^%W(X 

In   K)-5to  ruinirt  man  sich  durch  Kleidung,  in  Osaka 
durch   Essen. 
Vgl.  No  1699. 
I^yö  (Heute). 

171 2.  Kyö  iva  hito  no  nii  no  ?ii\  asliita  wa  waga  vii  no  tie.  "4*0  llflfe 

^*-'A^Jl^±.  B;iaiI5iC:i'^±    Heute  das  Schicksal  eines 
andern,  morgen   das  eigene  Schicksal. 
Vgl.  "heute  mir,  morgen  dir." 

171 3.*  JKyödai  no  naka  ni  viie  zva  iranu.    5L^Ot|J|:^tt5|lA  ?>>o 
Unter   Biüdern   ist  keine   Affeetation   nöthig-. 

Brüder  (oder  Geschwister)  brauchen  sich  vor  einander  nicht 
zu  geniren. 

17 14.*  Kyödal  wa  rydte  no  gotoshi.    >L^II^^^itP  L  (Zwei)  Brüder 
sind   wie  ein   Paar  Hände. 


-     i85     - 

1715.  Kyddaiiua  tanin  no  hajiniayi.  Ä^!I'ft!iA'^l?Jä  'J  Brüderschaft 
ist  der  Anfang  der  Entfremdung. 

17 16.*  Kyöel  700  motte  koto  %vo    shirit.    ^Jl^^^^'C^^^ns     Eine 

Sache  durch  Echo  und  Schatten  kennen. 

Über  etwas  nichts  Sicheres  wissen;  es  nur  vom  Hörensagen 
kennen, 

17 17.*  Kyöjiii  ga  Jiashireba  fnkyöjin  1110  hashini.  $EA'''^iT-ll"^ 
HAl^S  Wenn  der  Verrückte  rennt,  rennt  auch  der 
Nichtverrückte. 

"  Ein  Narr  macht  viele.'' 

1718.*  Kyokö  7U0  c/iökai sunt.  EP^-ßg^Sts  Den  grossen  Alund 
überlaufen   lassen. 

Prahlen,  "  grossmäulig  sein.'' 

KyöHhö  (tapferer   General). 

1719.*  Kyösho  no  nioto  ni  jakusots7i  Jiashi.   ?S'if  ^T 1-114^^^  L   Unter 
einem  tapferen   General  dient    kein   feiger  Soldat. 
Statt  kyöskö  auch  das  gleichbedeutende  i>tosh'o  (^Üf). 
Kyöshö  (starke  Kiefer). 

1720.*  Kyöshö  zva  saikan  7ii  araware,  tciihin  zva  kiini  )io  ayatiki 
ni  araivani.  S5Jlfö(^S^i'-S^n.  AElIffl^):^:  ^l'-Äit  ^  Die 
starke  Kiefer  bewährt  sich  zur  Zeit  der  grössten  Kälte, 
der  treue  Unterthan  zeigt  sich  (seine  Treue)  in  der 
Landesgefahr. 

172 1.*  Kyöten  no  Jioshi  no  gotokii.  ^^'^JM^itnC  Wie  die  Sterne 
am  IMorgenhimmel. 

Eine  sehr  kleine  Anzahl ;  selten. 

1722.     Kyoto  no  yuine,  Osaka    no  ytanc.     'MU^^^^'^3    Der 
Tiaum  von  Kyoto,  der   Traum  von  Osaka. 
Erinnerung  an  die  Heimath  ;   Heimweh. 

Kyil  sJuta  toki :     s.  Knriishii  toki, 

1723.*  Kyüboka   zva  chö  su  bekarazu.     ^M^W>-t'^'^^h'\'     Aus 
faulem  Holz  lässt  sich  nichts  schnitzen. 
Vgl.  Xo  359. 


—     i86     — 

1724,*  K.yüc]iö  futokoro  vi  ini  toki  wa  rydfii  vw  köre  ivo  koro- 
sazu.  l?,l>1Si:A^.Bj(:3g^^^4>SSt-  Wenn  der  -eäng- 
stigte  Vogel  in  die  Brusttasche  (des  Menschen)  flüchtet, 
wird  ihn  selbst  ein  Jäger  nicht  tödlen. 

Auch  in  der  Form  :  Kyuch  >  gu  futokofo  ni  iniba,  kariicdo 
vto  köre  wo  awaremu,  wenn  der  geängstigle  Vogel  in  die  Erust- 
tasche  flüchtet,  hat    selbst  ein  Jäger  mit  ihm  Mitleid. 

1725.*  Kyügyü  110  icJujnö.  A^O-^  (Nicht  einmal)  ein  Haar 
von    neiui  Ochsen. 

Immer  mit  einer  Negation  verbunden  und  in  dem  Sinne: 
nicht  den  kleinsten  Theil  eines  erwiesenen  grossen  Dienstes  ver- 
gelten können.     Vgl.  No.  280. 

1726.*  Kyil/^afsu  zuo  kau.  ^B^-^i^   Das  Pelz-  (Winter-)  kleid 
mit  dem  Sommerkleid  vertauschen. 
Metapher  für :  ein  Jahr  ist  vergangen. 

1727.*  Kyüshi  isshö.  ^^c-^  Neunfacher  Tod  (und  nur)  ein 
Leben. 

Eine  lebensgefährliche  Lage  oder  Unternehmung. 

1728.*  KyTisJii  %vo  idete  isshö  zvo  iirii.   %yi^tr'Ä'^ .  —  f^f:e\^ h    Einem 
neunfachen  Tode  entgehend  das   Leben   retten. 
Der  grössten  Todesgefahr  glücklich  entgehen. 

1729.*  Kyüso  kactte  neko  zvo  kamu.  ^B.JxoXfäf^'^V  Die  in 
die   Enge  getriebene   Ratte   beisst  die  Katze. 

1730.*  KyilsO  no  dai  ino  tsucJd  yori.  -)lM<^M.  l  ^Üfei  'J  Auch  ein 
neunstöckiger  Thurm  wird  vom  Erdboden  (von  unten) 
angefangen. 


— >*^«?- 


O-T-fl-* 


1731.  3Iahn  no  atai  (od.  Maotoko-dai)  zva  s/dchiryö  nibu.  ^^O 
Mll-b^H^  Der  Preis  des  Ehebrechers  beträgt  jl 
Goldstück. 


-     i87     - 

Soviel  soll  früher  die  gesetzliche  Geldstrafe  für  Ehebruch 
betragen  haben.  Scherzhafte  Warnung  vor  intimen  Beziehungen 
zu  der  Frau  eines  andern. 

1732.     Machi  ni  zvasaivai  vjo  kmi.     BXi:j^^ä-5^     In   der  Stadt 
Unglück  kaufen. 

Wenn  einem  ein  Unglück  widerfährt,  wo  man  sich  sicher 
geglaubt  hatte.  Die  Redensart  bezieht  sich  ursprünglich  auf 
Bauern,  die  die  (gefährliche)  Reise  nach  der  Stadt  ohne  Unfall 
zurücklegten,  aber  in  der  (sicheren)  Stadt  selbst  zu  Schaden 
kamen. 

^72)'i-     j^Icida  ka-iva  no  am  nein  ni  Jiito-Jione  zuo  viiyo  !  ^ii&J^ 

^"S(^l--"3*'VÄi.  Versuche  eine  Tliat,  so  lange  du  noch 

in   der  Haut  steckst  ! 

Leiste  etwas,  so  lange  du  noch  am  Leben  bist !  hone, 
Knochen,  ist  hier  im  Sinne  von  "  Thatkraft ''  oder  "  That '' 
gebraucht,  und  miya,  sieh  !  für  yattc  viiyr,  versuche  ! 

1734.  3Lne  c  futa-ashi,  usJiiro  c  vii-asJii.     M -^^ ^'f^-^H^    Zwei 

Schritte  voiwärt^,  drei  Schritte   rückwärts. 

1735.  Maclo  kam  öd  isuki-dashita  yö.  :€.«"  ^#^tli  Ll:^  Als  ob 

durchs  Fenster  (plötzlich)  ein    Stock    gesteckt  würde. 
Von  etvvMs  ganz  Unerwartetem. 

1736.  McHjaraneha  yo  ni  tatarczu.    ^hn\X'&\'-tLV.\\--t'    Ohne 

sich   zu  bücken    konmU   man  in  der  Welt  nicht  in  die 
Höhe. 

Mago  (Pferdeknecht). 

1737.  Mago  ni  mo  isJio.  %i\'~i'WBi  Selbst  einem   Pferdeknecht 

(stehen)  schöne   Kleider. 
"  Kleider  machen  Leute." 
3La(jo  (Enkel). 

1738.  Mago  wo  katvnigaru  yori  imi  zuo  kae !    J^^'iIS^'''i  l  ^]%^ 

ffil'^     Statt  deinen   linke!  zu   verhätschehi    halte  lieber 
einen   Hund  ! 

Enkel  sind  gegen  ihre  Grosseltern  oft  undankbar. 

1739.  Magiive-atari.    \%^'^     Ein   verlaufener  Treffer. 


—     i88     — 

Ein  zufälliger  Treffer;  z.  15.  eine  aufs  Geraihewohl  gegebene 
Antwort,   die  zufällig  das  Richtige  trifft. 

1740.  Magnre-atari.     ^^^f#   Imh   verlaufenes  Glück. 

Unvermudietes,  oder  auch  :  unverdientes  Glück. 

1741.  3Iakanu  taue  ga  Jiacnu.    sjij'iolltj'^l«  Ungesäte  Saat 

geht  nicht  auf. 

"Aus  nichts  wird  nichts." 

1742.  31ahevu  wa  kachi.    Ä'v^SUÜ^B     Die  Niederlage  ist  ein 

Sieg. 

1743.  Makie  m  tcmhin-katsitgi.  hI^'^)^^^^*   Der  Träger  der 

goldlackirten  Tragstange. 

Einer,  der  trotz  seines  niedrigen  Standes  den  grossen  Herrn 
spielen  möchte 

1744.  Malxka  na  uso  (od.  itsuzuari).    S#^j:pJ  (©'J)   Eine  ganz 

rot  he  Lüge. 

Eine  offenbare  Lü=re. 

1745.  3IahJcö  namcta  Emma   no  yö.     \%^'^VM%.<^^    Wie  ein 

Emma,  der  RäucherpiMver  geleckt  hat. 

Von  einem  sehr   hässlichen    oder    grimmigen    Gesicht.     Vgl. 
No  337. 

1746.  3Iakara    700    kaivasu.     *^^i^-f     Die    Kopfkissen   aus- 

tauschen. 

In  demselben  Bette  schlafen. 

1747.  Makura   wo   takaku    sunt.     %%^-^%^'^  h      Das    Kopfkissen 

hoch   machen. 

Friedlich,  ohne  Sorgen  schlafen. 

1748.  Makura- :;ösJd  )io  tonosama  HO  yd.    ^f^^^R^^ltO^  9      Wie 

der  Held   in  einem   Liebesroman. 
Ein  so  schöner  Mann. 

1749.  Mama  ni  narnmi  zva  ukiyo  no  narai.  fill'-^i  ^iolljfttt?)^ 

Dass    es    nicht    so    geht,  wie   man   will,  ist  der  Lauf 
der  Welt. 

Oft   abgekürzt:    inama  natanu  ukiyo,   die    Welt,   in   der  es 
nicht  nach  dem  eigenen  Willen   Ereht. 


—    189    — 

I750.     3lamagoto  no  yö.    -ßS^  Wie  ein  Kinderdiner. 

Für  etwas  seiir  Kleines,  oder  etwas  Unzureichendes,  mit  zu 
geringen  Mitteln  Unternommenes. 

175  r.     Mamatsiibu  (od.  Mcshitsubii)  de  iai  (.zuo  tsnrii).    fg^Tg!! 
{^i^i'ih)    Mit  einem   Reiskorn   einen  Tai   (angeln). 

Wie  No  322.  Auch  sagt  man  iiwginicsJii  de  fai,  mit  Ger- 
stenreis einen  T;\i  (angeln),  und  7niso  de  fai,  für  Bohnensauce 
einen  Tai  (bekonimen). 

3I(nue  (gesund). 
1752.     ]\Iaiuc  7ia  ga  kaue,  ^äfitCt'^  Gesundheit  ist  Geld. 

Maine  (Bohnen). 
1753.*  Manie  zvö  iiiie  mamegara  tvo  taku.    S^i-^.'CH^^'iK    Um 
die  Bohnen  zu  kochen  ein  Feuer  aus  den  Bohnenhülsen 
anmaclien. 

Von  Leichtsinnigen,  die  ihr  Leiztes  weggeben,  nur  um  sich 
ein  \'ergnügen  zu  verschaffen. 

1754.  31cnn}iwhu  mina  ynki.  ^0'^S  Soweit  man  sieht,  alles 
Schnee. 

iNletapher  für:  Soweit  man  sieht,  lauter  Kirschblüthen. 

1755-  3L<nnorite  ni  suki  ga  am  luo,  juisubito  ni  siiki  nasJii. 
-'?'Jf-i:pjtJ-^S  io.^Ai:F:0M-L  Der  Wächter  ruht  zwar 
manchmal,  aber  die  Diebe   ruhen   nicht. 

1756.  MiUiahl  no  niaclo    ^o^'^JSf.  Das  Studirfenster. 

Statt :    Studirzimmer,  auch  statt :    Schule. 

1757.  Plannen  mo  naßnda  chinkoro.  M¥  lil!^/:'T-Jä  Der  Mops, 

mit    dem    man    zehntausend  Jahre    gut    bekannt    ge- 
wesen  ist. 

Ein  Ausdruck  für  "Liebling."'  (?) 

1758.  Mannen  shinzö.    B^^-WM.  Die  junge  Frau  von  zehntausend 

Jahren. 

Scherzhaft  für  eine  Frau,  die  auch  im  Alter  immer  noch 
schön  bleibt. 

1759.*  3Iannö  aritc  isshin  tarazu.  ^t^'-^^J  "C— •Cv'S  ?)'f  Bei  zehn- 
tausend Künsten  (Talenten)  mangelt  es  an  einem 
Herzen. 


IQO      

Auch:  inaniw  iii  fans/ii/c  iss/iiu  ialazii,  in  zehntausend  Künsten 
bewandert  sein  und  von  Herzen  nichts  taugen. 

1760,*  Matisofsu  wa  e-)'asjikH,isshö  wa  e-gatasJii.  i^l^^iiiS^^  <  » 
—1%\V'^ML  Zehntausend  Soldaten  findet  man  leicht, 
aber  einen  General  zu  finden    ist  schwer. 

1 76 T .     Jlaotoho  shimnu  iva  tcishu  bakari.   ^:^4-^a  f. « |l^±ll*7)- »j 
Der  einzige,  der  <.\<^.\-\   Ehebrecher  nicht  kennt,  ist  der 
Ehemann. 

Maotoko-dai :     s,  JSTabu  no  atai. 

1762.  3Iarotie  suru.  BISTä    Rund  schlafen. 

Angekleidet  schlafen. 

1763.  Mavuhon  e  me-hmia  wo  isuketa  yö.    M^^^^-^^^IV^^ 

Als  ob  man  einem  runden  Theebrett  Augen  und  Nase 
angefügt  hätte. 

Von  einem  hässlichen  Mädchen. 

1764.  MarulmdaJia  ni  na}u.  %\^\'~)^o    Ganz  nackt  werden. 

In  die  grösste  Noth   gerathen.     Vgl.  No  31. 

1765.  JLanti  tmnas^o  mo  kiri-yö  de  shikaku  7ii  narit  (od.  kiri-yö  de 

kado  gatatsii).  Blw^^B  UTJ^J  tfcTPJÄr-;Ä3  C^t^'^o)  Selbst 

das  runde    Ei    wird    durch  Schneiden   viereckig  (od: 

bekommt  Ecken). 

Es  kommt  alles  auf  die  Art  und  Weise  an;  durch  un- 
geschickte Behandlung  kann  man  es  dahin  bringen,  dass  selbst 
ein  Ei  Ecken  bekommt,  d.  h.  zornig  wird  (vgl.  kado  ga  iaisu). 
Insbesondere  kommt  viel  darauf  an,  wie  man  etwas  sagt;  daher 
soll  man  in  seiner  Ausdrucksweise  vorsichtig  sein.  Das  Spr. 
stammt  aus  folgendem  dodoiisii  (populärem  Liede) :  iiiariii  iamago 
7/10,  kiriyö  de  sJiikakii,  mono  vio  üyo  de,  kado  ga  ta/sit,  auch 
das  runde  Ei  wird  durch  die  Art  des  Schneidens  viereckig;  auch, 
was  man  sagt,  bekommt  durch  die  Art,  wie  man  es  sagt,  Ecken. 

1766.  Jlartih'ii  osamcru.     HKfoi^S    Rund  erledigen. 

In  Güte  abmnchen. 

1767.  Masaffo  710  7iaka  HO  dgon.  ÄÖ?^'t'<^{'i<fe   Gold   (oder:   ein 

Goldstück)  im  Sande. 
Wie  No  949. 


—     191     — 

1768.  Jlalaret'ii  to  nio  matsn  mi  ni  nanina  !    ^f:n2>^  i^o 

^V-^h'^i      Lass  lieber  auf    dich    warten,  als    class  du 
selbst  wartest  ! 

1769.  Mateha  (od.  matte  xvii)  kanro  no  Jiiyori  ari.  ^'C(t"H'E^ 

BflJ^'J     Wenn    man     wartet,    ist    (wird)  das  schönste 
Wetter. 

Mahnung  zur  Geduld;  man  soll  nicht  gleich  "die  Flinte  ins 
Korn  werfen."  Auch  :  maleba  kanro  no  kairo  {%t^)  ari,  wenn 
man  wartet,  so  hat  man  die  schönste  Seereise. 

1770.  Mato  naki  ytimi  ni  yagoe  mo  dözcn.    ÖÜ^j:  ^^i-^^l  [^^ 

Wie    ein   Signal    zum    Bogenschiessen    ohne    (vorher 
festgesetztes)  Ziel. 

Sich  in  ein  unüberlegtes,  unsinniges  Unternehmen  einlassen. 

177 1.  Matsti  no  Jia.  1S^^  Kiefernnadel. 

Metapher  i)  für  ein  Geschenk,  das  man  111/icht  (wegen  des 
ihm  beigelegten  geringen  Werthes)  ;  2)  für  das  Leben  eines 
Einsiedlers. 

1772.*  Matiu  zun  issun  ni  shite  töryö  no  sei  ari.  föiX—TJ"!!  L"^^^ 
O'I^^Di'J  Wenn  die  Kiefer  auch  nur  ^eiuen  Zoll  lang 
ist,  hat  sie  doch  die  Fähiglceit,  ein  Dachbalken  zu 
werden. 

j^Iatte  zva  kanro  no  Jiiyori  ari :     s.  Matcba. 

1773.  Maivata  de  knbi  wo  shinieru.    ÄftU^'^^föo     Den  Hals 

mit  Watte  zuschnüren. 

Jemand  sanft,  aber  doch  fest  gegenübertreten.  "  Suaviter  in 
modo,  fortiter  in  re." 

1774.  Maivata  ni  hari  zuo  tsiitsnniu.    ät.^'CII^&L'    Eine  Nadel 

in   Walle  einwickeln. 

Unter  einer  freundlichen  Miene  eine  böse  Absicht  verbergen. 

1775.*  JSLayuge  ni  hi  ga  tsuku  yö.  M^l*-^t)Mt  <tt  Als  ob  die 
Augenbrauen  zu  brennen  anfangen. 

In  grosser  Eile  sein,  etwas  sehr  Dringendes  zu  thun  haben. 
^77^-     Mayiige  ni  tsnba  zvo  tsiikeru.     ü^l-Hf  ^#0     Die    Augen- 
brauen  mit  Speichel  benetzen. 


—     192     — 

Nach  dem  Volksglauben  können  Fuchs  und  Wiesel  mit  einem 
Blicke  die  Haare  der  Augenbrauen  zählen ;  um  dies  zu  ver- 
hindern— weil  man  sonst  bezaubert  wird — pflegt  man,  wenn  man 
einen  Fuchs  oder  ein  Wiesel  sieht,  die  Augenbrauen  schnell 
mit  dem  Finger  zu  benetzen.  Daher  in  übertragener  Bedeutung: 
vor    Betrug  oder  Uberlistung  auf  der  Mut  sein. 

1777.  Mayuge  wo  yomareru,     M^'^^^Hi    Sich   die  Haare  der 

Augenbrauen  zählen    lassen. 

Sich  betrügen  lassen;   sehr  einfältig  sein.     Vgl.    No  1776. 

1778.  3Ie  ga  akaim.  I^-ö^'ü»   Die  Augen    sind   nicht  offen. 

Für  etv/as  blind  sein. 

1779.  ^^^  S'^-  i}i<^wani.  BI«-''üs    Die  Augen   drehen  sich. 

Ohnmächtig  werden. 

1780.  Me    hacldbun    ni   motsu.    W<.A5^\'A%o  Die  Augen    in  acht 

Zehntel  Höhe  (des  Körpers)  halten. 

Vorschrift  für  Dienerinnen,  die  Augen  nicht  hin  und  her 
gehen  zu  lassen  ;  auch  das  Theebrett  etc  in  einer  bestimmten 
Höhe  zu  halten.     Ahnlich  das  folgende  : 

178 1.  Ale  hassun.     W%A~ix      (Von  den)   Augen   aclU  Zoll. 

So^•iel  soll  die  Entfernung  des  Theebretts  von  den  Augen 
betragen. 

1782.  ]\Ic  kam  Jiana  e  niikcrn  yd.    Ü:'»"  b  ffl.'sjgaff    So    dass    er 

durch  die  Augen  zur  Nase  herauskommt. 
Sehr  gewandt  und  gerieben  sein. 

1783.  Mc  kam  hi  ga  dem  yd.    W<.'o^h'K'^^^hW.  Als  ob   aus  den 

Augen  Feuer  käme. 

Grosse  Schmerzen  haben. 

1784.  lile   ino  aterarcnu  yd.  RS  tlft:  ?)^i«IS    So  dass  man  selbst 

die  Augen   nicht   hinwenden  kann. 

Ein  unerträghcher  Anblick ;  so  schrecklich,  dass  man  die 
Augen  abwenden  muss. 

1785.  Ale    7)10    kiichi  hodo  mono    zuo    in.    Bß:i  nfli-4^4'öi-    Die 

Augen   sagen  so  viel  wie  der  IMund. 

1786.  IlTe  ni  aviani.     IlF«l*t^2>     Für  die  Augen  zuviel  sein. 

So  hässlich,  oder  unanständig,  dass  man  wegsehen  muss; 
auch  =  unerträglich. 


I 


—     193     — 

l/S/'     Me  7ii  kado  ivo  tatern.     Ixi-:^^1ia      Den  Augen  Ecken 
aufsetzen. 

Einen  unwillig,  ärgerlich  ansehen. 

1788.  Me    ni    viono    viiseru.     Bßl*$^M.t£Ä      Den    Augen    etwas 

zeigen. 

Eine  Redensart,  mit  der  man  jemand  droht ;  (einem)  "  zeigen, 

was  'ne  Harke  ist." 

1789.  Me  no  kuroi  uchi.    IS^Mt*^!^     So  lange  die  Augen  noch 

schwarz    sind. 

So  lange  man  noch  am  Leben  ist.     (S.  No  1644.) 

1790.  Me  no  shakkin  wo  kacsii.    !IS'?>1a^^i^-f     Den  Augen   die 

Schulden  bezahlen. 

Versäumten  Schlaf  nachholen. 

1791.  Me  no  shita  nimini.  BSOTl-^?)   (Jemand)  als  unter  seinen 

Augen  betrachten. 
Ihn  geringschätzen. 

1792.  Me  no  takai  mono.  ßSO^^.^^-  Jemand  m.il:  hohen  Augen. 

Jemand   mit  richtigem  Blick,    mit  gesundem  Urtheil ;  scharf- 
sinnig. 

1793.  Me  no  ue  no  kobu  ga  gotoku.     iß;€>±i?)?St3-'*^i!<      Wie    ein 

Auswuchs  über  dem  Auge. 
Etwas  sehr  Lästiges. 

1794.  Me    no  yorii  tokoro  e  tmna  ga  yoru.     rjiKJvj'>3v?'^S^'*W4 

Wohin  sich  der  Blick  wendet,    wendet  sich  aucl*   der 
Augapfel. 

Wenn  jemand  Erfolg  hat,  sj  findet  er  viele  Nachahmer. 

1795.  Me  no  yoru  tokoro  tanii.    HIO^^-ürrZE    Wohin   sich  (alle) 

Augen  wenden,  da  ist  der  Edelstein. 

Alle  Augen  richten  sich  dorthin,  wo  das  Schönste  ist. 

1796.  Me  to  hana  no  aida.  ISiÄ-'^rBl  Der  Zwischenraum  zwischen 

Augen  und   Nase. 

Ganz  nahe  bei  einander,  wie  z.  B.  zwei  Nachbarhäuser    etc. 

1797-       Me  wo  azvaseru.     Eß^^'tfS    Die  Augen   zusammenthun. 
Einschlafen. 


•      —     194    — 

lygS.     Ale    zvo    kakeru.      B^^U*       Die    Augen    (an    jemand) 

hängen. 

Ihm    seine    Gunst    zuwenden,  ihn    bevorzugen.     Daher  auch 
der  Ausdruck  inekake  für:     Geliebte,  Concubine. 

1799.  Me  wo  kubaru.     ?^4@E^      Die  Augen  vertheilen. 

Sehr  aufpassen ;  "  die  Augen  überall  haben.'' 

1800.  Me    wo    vianikit    siiru.      II^-EI  <  "f  S      Die    Augen    rund 

machen. 

Sehr  erstaunt  sein ;  "  grosse  Augen  machen.'' 

1801.  Me  wo  viawasu.  ^^Ml"  (^(I-f)  Die  Augen  umhergehen 

(od.  tanzen)  lassen. 
Ohnmächtig  werden. 

1802.  Me  zvo  inuku.  '^^M^    Die  Augen  schälen. 

Die  Augen  weit  aufreissen. 

3Ie  WO  niikii  (od.  niisumii)'.  s.   Hito  110  me  wo  (No  713). 

1803.  Me   zvo  sara  no  yd  ni  sitrii.     '^^^WZ)%\'-'t  h     Augen  wie 

Teller  machen 

Sich  über  etwas  sehr  wundern ;  "  grosse  Augen  machen.'' 

1804.  Me  wo  ts7il?uni.     B^^Pfli-i   Die  Augen  schliessen. 

Ein  Ausdruck  für  "  sterben.'' 

1805.  3Ie-akl  sennin,  mekiira  sennin.  ISW^A»W'f'A  Auf  tausend 

Sehende  kommen  tausend    Blinde. 

Die  Zahl  der  Unwissenden,  oder  Thoren,  ist  gross. 

1806.  Medaka  uio  uzvo  no  uc/ä.   ^'^^^^t^  Auch  der  Medaka 

ist   ein   Fisch. 

Obgleich  er  sehr  klein  ist.     Vgl.  No  iS2. 

1807.  Medo  zvo  viiru  (od.  ni  siiru).  iMl^^h  (i:-f  o    Das  Nadel- 

öhr ansehen  (od.   etwas  zum  Nadelöhr  machen). 
Sich  etwas  zum  Ziele  setzen. 

1808.  Meguru  zva  ttkiyo  no  narai.    i«i?>  It??ifr0^tt  Sich  (be- 

ständig) im   Kreise  drehen  ist  der  Lauf  der  Welt. 
"  Nichts  ist  dauernd  als  der  Wechsel.'' 


—     195     — 

1809.  Mehana  ga  kiku  (od.  aku).   @Ä--5*^iJ<  (^1<)  Augen  und 

Nase  sind    wirksam  (od.  stehen  offen). 
Gut  aufpassen,  "  die  Augen  offen  halten.'' 

1810.  3Leliaslii  ga  kiku.     Ii^s'^ij<     Der  Augenwinkel  wirkt 

(zeigt  Ausdruck). 

Schnell  von  Begriffen,  geistig  geweckt  sein, 

18 11.  jSIei  zva  gi  ni  yotte  karoshi.  ^ll^l^'föo'ClSL  Das  Leben 

ist  leicht  je  nach  der  Rechtschaffenheit. 

Der  Rechschaffene  hat  ein  leichtes,  sorgenloses  Herz. 

1812.  Mei  wa  sJiokii  ni  ari.   ^üÄi^-lfJ    Das  Leben  beruht  auf 

dem  Essen. 

18 13.  Meiba  ni  zua  kuse  ari.  ^,il*  IX|iü^t)''J    Ein  schönes  Pferd 

hat   Untugenden. 

Selbst  das  beste  Pferd  hat  seine  Fehler.     "  Keine  Rose  ohne 
Dornen." 

1814.  3l€Ulo  e  tabi  suru.  %±--W.'t  h   Nach  dem  dunkein  Lande 

reisen. 
Sterben. 

18 15.  Meijin  fude  wo  erabazu.     ^A^^^lft*     Der  Schreib- 

künstler sucht  sich  nicht  erst  lange  den   Pinsel  aus. 

1816.  Meijin  wa  hito  wo  soshirasu.  ^Alt'fläA^ti  ?)t-  Ein  Mann, 

der  selbst  vorzüglich  ist,  lästert  nicht  auf  andere. 

18 17.  Mehago  de  mizii  zvo  kumu  (od.  sukiiii).     BIITpiKiVÖitCJ^J^ 

Mit  einem  Maschenkorbe  Wasser  schöpfen. 

Mit  einem  Korbe,  der  nicht  dicht,  sondern  durchbrochen 
geflochten  ist.  Vgl.  "Wasser  in  ein  Sieb  schöpfen."  Auch  nur: 
kago  de  niizu  wo  kumu,  mit  einem  Korbe  Wasser  schöpfen. 

1818.  Meliki  ga  hagcrii.  ^t^'mi h    Die  Vergoldung  blättert 

sich  ab. 

Der  schlechte  Charakter,  oder  die  Unwissenheit  etc.  kommt 
zum  Vorschein.     Vgl.  No.  1029. 

1819.  Mehuhase  zvo  sunt.   HSGti^l'S   Die  Augen  vertheilen. 

Mit  den  Augen  Winke  geben. 


—     ig6     — 

1820.  3lekura  ga  tsuc  ivo  nakiishita  yö.    W^'fi:^^?^  Lf:t5    Wie 

ein  Blinder,  der  seinen   Stock  verloren  hat. 

182 1.  Mekiira  Jicbi  wo  oßsii,     öK^^ll'f     Der    Blinde   fürchtet 

sich  nicht  vor  der  Schlange. 

1822.  Mekura  vicppdkai.  WAM^^  Blinde  Vernichtung. 

Dieselbe  Bedeutung  wie  ineppökai  allein  :  sinnlos,  alles  Mass 
übersteigend,  etwas,  wobei  "alles  aufhört;"  z.  B.  mekura  meß- 
pokai  no  hanashi,  eine  unglaubliche,  sinnlose  Geschichte. 

1823.  Mekura  1110  kyd  e  noboru.    WtM'^-t^)    Auch    der  Blinde 

reist  nach  der  Hauptstadt. 

Obgleich  er  dort  ebenso  wenig  sieht  wie  zu  Hause.  Auch: 
mekura  tio  kj7>  e  noboru,  das  Reisen  des  Blinden  nach  der 
Hauptstadt. 

1824.  Mekura  ni  viegane  wo   kasu   yö.    Wl'BM'^ÄtlS    Als   ob 

man  dem  Blinden  eine  Brille  liehe. 
Jemand  etwas  für  ihn  Unnützes  geben. 

1825.  Mekura  ni  tsue  zvo  kas?i  yö.  Wl-S4'Ä"f  tl  Wie  wenn  man 

dem  Blinden  einen  Stock  leiht. 

Jemand  aus  der  Noth  helfen  ;  ihm  grade  das  geben,  was  er 

braucht. 

1826.  Mekura  no  kaki-7iozoki.  W'^iliil^  Das  Gucken  des  Blinden 

durch  den   Zaun. 

Z.  B.  etwas  lesen,  ohne  es  zu  verstehen. 

1827.*  Mekura  no  käme  ukandaru  ki  ni  au.  ■Ä■<?>^5?^•^/:'■5?Nl-^i' 
Die  blinde  Schildkröte  trifft  auf  ein  schwimmendes 
Holz. 

Wie  No  845. 

1828.  Mekura  no  kantci.   n<^W^  Das  Urtheil  des  Blinden. 

Von  solchen,  die  eine  Sache  beurtheilen,  ohne  etwas  davon 
zu  verstehen. 

1829.  Mekura  sennin,  meaki  sennin.    W'PASö'l'I^A    Auf  tausend 

Blinde  kommen  tausend  Sehende, 
Blosse  Umstellung  von  No  1805. 


f 


—     197     — 

1830.  Mekiiso  ga  hanakuso  wo  warau.  BÄ^^'Ä-S^"!-^-  Der 
Augenschmutz  macht  sich  über  den  Nasenschmutz 
lustig. 

"  Der  Topf  sagt  zum  Kessel :  du  Schwarzbauch  !  " 

1831.*  MeViiholxU  ga  nai.  W@-ö-'*Mv'  Ohne  Gesicht  und  Augen 
sein. 

Sich  sehr  schämen. 

1832.*  Meinboku  ni  kakawaru.  MBcHilS  Es  handelt  sich  um 
Gesicht   und  Augen. 

Der  Ruf  steht  auf  dem  Spiele. 

1833.*  Memboku  zuo  hodokosu.  Mg^fiT  Gesicht  und  Au^^en 
austhcilen. 

Berühmt  werden. 

1834.*  Memboku  wo  tisltinau.  ^@4-^i-  Gesicht  und  Augen 
verlieren. 

Gleich  No  1831. 

1835.*  Mendö.  Mill  Das  Gesicht  umwerfen. 

Ein    Ausdruck    für    Mühe    z.  B.  mendö  wo  kaka-u,  jemand 
Mühe  machen. 

1836.     Mendö-kusai.  M©J;Ät^   Nach  Mühe  riechend. 
Lästig,  umständlich. 

1837.*  Mendori  susumete  ondori  toki  zuo  tsiikuru.  Ki^iiSö^tÜli 

Bj^j?"&i    Der  Hahn  kräht  auf  Anstiften   der  Henne. 

"Die  Frau  hat  die  Hosen  an."    Auch  inendoritokiwo  isukuru, 
die  Henne  kräht,  in  demselben  Sinne. 

1838.*  Mendori  iitaeba  ie  ga  horobu.  ^%^^\X%'(i^ilx^  Wenn  die 
Henne  kräht,  geht  das   Haus  zu   Grunde. 

Die  Frau  soll  nicht  die  Rolle  des  Mannes  spielen. 

1839.*  ^^enjU  wa  cJiTi  ni  arazii.  W^i^W^.V-n't-  Liebedienerei  ist 
nicht   Treue. 

1840.*  3Ienshoku  tsnchi  no  gotoshi.  M S.±'=3j(n  L  Die  Gesichts- 
farbe ist  wie  Erde. 

Ein  "  erdfahlem  "  Gesicht. 


—     iqS     — 

1841.  3Ies7ii  no  hisatta  no  zva  kutte  mo  ataranu.  l50^ot:<Dlt 

^o-cttt»?)«  Selbst  wenn  man  verdorbenen  Reis  isst, 

schadet  er   nicht. 

Charakteristisch  für  die  Achtung,  die  nian  vor  dem  Reis 
hat. 

1842.  Meshi  no  ne  no  hae  no  yd.    tS^_tOi®0#    Wie  Fliegen  auf 

gekochtem    Reis. 

Lästige  Zudringlichkeit. 

1843.  Meshi  zvo  kuitate  ni  neru  to  nshi  ni  naru.    iS^ÄCAÄ'CI-^ 

hi'^V-^h  Wenn  man  sich  gleich,  nachdem  man  Reis 
gegessen  hat,  schlafen  legt,  so  wird  man  zu  einem 
Ochsen. 

Man  soll  nicht  mit  vollem  Magen  schlafen  gehen, 

1844.*  Lleshi  wo  kuröte  usJii  no  shinkii  zvo  shirasu,  koromo  zvo 
ugaite  Jiövien  no  Jdto  zvo  shirasu.  W.^^^-X'^'^'^'^^^ 
h-p.^f^^^xm^<^K^%'lih't-  Wenn  man  Reis  isst, 
denkt  man  nicht  an  die  Mühe  des  Ochsen  (der  ihn 
bauen  half),  wenn  man  in  das  Kleid  hineinfährt, 
denkt  man  nicht  an  den,  der  das  Zeug  gewebt  hat. 

1845.  Heshita  ni  mini.    ^TT-ÄJ     Als    unter   seinen  Augen 

ansehen. 

Jemand  "  von  oben  herab  ansehen,"  ihn  verachten  (gleich  No 
1791);  auch  gajika  ni  iniru  gelesen,  jiieshita,  unter  den  Augen, 
auch = Untergebener. 

JSLesliitsnhii  de  tai  zvo  tsuni :     s.  Mamatsubu  de  tai, 

1846.  3Ietsiira  7iaiyatsu.   WWi.^^W.  Ein  Kerl  ohne  Augen  und 

Gesicht. 

Ein  unverschämter,  "abgebrühter"  Kerl. 

1847.  Meyaini  no  hito-mazjüari  zva  shicJnß-nichi.      S^'^— Mit 

-b+0    Die  Woche  eines  Augenkranken   hat   70  Tage. 

1 848.  Meyami-07ina  ni  kazehiki-otoko.  @ ^^icl* E th^%  Eine  Frau, 

die  an  den  Augen,  und  ein   Mann,  der  an  Erkältung 
leidet. 


—     199     — 

Beide  sollen  in  Folge  ihres  Leidens  besonders  sanftmütliig 
und  deshalb  liebenswürdig  sein. 

3Ii  (Körper). 

1849.  Mi  areba  mei  ari.  J^KII'-Ptr:^'!]   Wo  ein  Leib  (ein  Leben) 

ist,  ist  auch  ein  Schicksal. 

1850.  Mi  de  mi  wo  kuii.  :iT^^ii^^«  Mit  dem   Leibe  den  Leib 

verzehren. 

Den  Körper  durch  Ausschweifungen  ruiniren. 

185 1.  Mi  mo  fiita  mo  nashi.  jil^iilL  Weder  Körper  (Korb) 

noch  Deckel. 

Mi  hier:  der  "  Körper"  eines  Gefässes  (im  Gegensatz  zum 
Deckel).  Ohne  Sinn  und  Verstand  reden;  "  weder  gehauen  noch 
gestochen  "  ;  "  weder  Fisch  noch  Fleisch.'' 

1852.  Mi  mo  yo  mo  ararenii  yd.    M  ilä:  i^  ?)Hwtt    Als  ob  man 

selbst  und  die  ganze  Welt  nicht  existiren  könnte. 
Sich  sehr  traurig  fühlen. 

1853.  Mi  ni  aviarii.     ^V-^-.h   Zuviel  für  den  Körper. 

Über  seinen  Stand ;   über  Verdienst. 

1854.  Mi  no  akari  ga  tatsu.    :i0BJ<'Ji'^'±o    Die  Helligkeit  des 

Körpers  steht  (fest). 

Die  Unschuld  ist  erwiesen. 

1855.  Mi  no  ke ga  yodatsu.     M<^^^HiLO  Das  Haar  am  Körper 

sträubt    sich. 

"  Die  Haare  stehen  einem  zu  Berge.'' 

1856.  Mi  no  mawari.     M'Z>M^}    Was  um  den  Körper  ist. 

Die  Kleidung. 

1857.  -^^^  ^^  ^'^  ^^^  akariiht  suru.  ^  0±^^  <  "f  *  Seine  Umstände 

hell   machen. 

Seine  Unschuld  beweisen. 

1858.  Mi  sae  kokoro  ni  iiiakasenii.     41  ? '^Sl-'ttt^w    Selbst  den 

eigenen    Leib    kann    man    dem    Herzen    nicht    anver- 
trauen. 

Noch  viel  weniger  werden  sich  andere  Dinge  nach  unserh 
Wünschen   richten. 


—       200       

1859.  ^^i  ''<-^o  kaiuatake  ni  shizumu.     ^'f^M'tS\'A%\:  Den  Leib  in 

das  Schilf  des  Stromes  versenken. 
Eine  Dirne  werden. 

1860.  Mi  wo  kirarerii  yö.     ^f^^h\Xh%    Als  ob  einem  in  den 

Leib  geschnitten  würde. 
Sich  sehr  schämen. 

1861.  Mi  WO  ko  ni  sunt.  M  ^Zi\'~'T  h  Den  Leib  zu  Pulver  machen. 

Sich  sehr  anstrengen,  sich  die  grösste  Mühe  geben. 

1862.  Mi  %vo  higai  ni  sliiznimi.    ^^•^fFl-i^L'  Den  Leib  in  die 

bittere  Welt    versenken. 

Zur  Dirne  werden.     Vgl.  No  161 5. 

1863.  Mi  zvo  kiiziisu.    %^Wt    Den  Leib  zerbrechen. 

Ein  liederliches  Leben  führen. 

1864.  Mi  ivo  suteru  yabii  zua  aredo,  ko  zvo  siiteni  yahn  wa  nashi, 

:i^föi^lt^H2\^^^S^lI®L  Es  giebt  zwar  Bambus- 
dickichte, wo  man  sich  das  Leben  nehmen  kann,  aber 
nicht  solche,  wo  man  seine  Kinder  aussetzt. 

Man  kann  sich  zwar  tödien,  aber  nicht  seine   Kinder.      Vgl. 
No  1427. 

1865.  Mi  wo  sntete  koso  ukabu  se  mo  ari.    :i^Jt'C  ^^i?i^^  t^^J 

Selbst  wenn  man  sich  in  den  Fluss  wirft,  giebt  es  flache 
Stellen,   wo  man  wieder  auftaucht. 

Im  Nothfall  soll    man  alles  wagen  ;    man    soll    nicht  an  die 
Gefahr  denken,  sondern  auf  Glück  hoffen. 

311  (Klinge). 

1866.  Mikara  acta  sabi.  ^^^h'ÄVM  Der  aus  der  Klinge  gekom- 

mene Rost. 

Selbstverschuldetes  Unglück    (Doppelsinn    von    vii :    Klinge; 
der  Leib,  man  selbst). 

Mi  (Frucht). 

1867.  Mino  naru  ki  wa  geijutsu,    Ä'^^^^Uffi®    Künste  und 

Fertigkeiten  sind  ein   Baum,  der  Früchte  trägt. 


—       20I       — 

i868.  Mi  no  naru  ki  wa  liana  kara  sJiireru.  Ä<?5^37{c|iif£i3' ?> 
^H^  Den  fruchttragenden  Baum  erkennt  man  an 
den  Blüthen. 

Das  Talent  zeigt  sich  schon  in  der  Jugend. 

1869.*  31iclii  hanika  ni  shite  baryokii  wo  shiri,  koto  hisashü  shite 

jinshin  wo  miru.    W-&'^^\'-%ti^^^'')  ^'^>-.  ^  \^X  K^^^f^^h 

Wenn  der  Weg  weit  ist,  erkennt   man  die    Kraft  des 

Pferdes,  wenn  eine  Sache  lange  dauert,  sieht  man  die 

Gem.üthsart  des  Menschen. 

1870.  MicJii  ni  kiite  iniclii  ni  tohi.  'M.V-f^^^'VAV-WiK  Auf  der 
Strasse  Gehörtes  auf  der   Strasse  weitererzählen. 

1871.*  MicJii  %vo  07iajü  sunt  mono  wa  ai-ai  shi,  gei  wo  onajü  sunt 
mono  wa  ai  nctamii.  it^[^9"Ti;#iltBSL>  K^IrI^T^^ 
Iltiä^Ü  Leute,  die  denselben  Weg  haben,  sind  einander 
freundschaftlich  gesinnt.,  Leute,  die  dieselbe  Kunst  aus- 
üben, sind  aufeinander  eifersüchtig. 

1872.  3Iichibatct  tio  hana.  iiföOTS  Eine  Blume  am  Wege. 

Ein  Ausdruck  für  "Freudenmädchen.'' 

1873.  Michibata  no  niokuge  wa  uma  ni  kinuareni.    iä^'^Mitlt.H 

\'-"^\l\Xh  Der  Eibisch  am  Wege  wird  von  den  Pferden 

gefressen. 

Mokiige  (Hibiscus  syriacus),  der  japanische  Eibisch,  dient 
häufig  zu  Hecken.  Von  Vorwitzigen  ;  "  wer  sich  grün  macht,  den 
fressen   die  Ziegen." 

1874.  3Iida  no  Jiikari  mo  kam  shidai.    W^^^")  t^^^  Auch 

der  StrahlenghiMZ  Mida's  richtet  sich  nach  dem  (ge- 
opferten) Gelde. 

Älida  ist  Abkürzung  von  Afiiida,  des  von  der  Shinsekte 
ausschhesslich  verehrten  Buddha.     Vgl.  No  800  und  1034. 

1875.  3Hgi    zvo    taterela    Jiidari  ga    tatanu,  ryöJiö  tatereba  mi 

ga  tatanu.  ^^i-cnitÄtj'ir;«.  M-^^-^liVC M  ^^ :iLim 
Wenn  man  die  rechte  Seite  hinstellt,  steht  die  linke 
Seite  nicht ;  wenn  man  beide  Seiten  hinstellt,  steht 
man  selbst  nicht. 


202       — 

]VIan  kann  es  nicht  mit  zwei  Parteien  zugleich  halten. 
"  Niemand  kann  zween  Herren   dienen." 

1876.  Miira-tori  ga  iniiraninaru.   :^lb^W)^^M7b^V''^h   Wer 

iniira  holen  will,  wird  selbst  zu  iniira. 

Müra,  eigentlich  "  Mumie/'  soll  als  Arznei  dienen,  das  Holen 
dieser  Arznei  aber  mit  Lebensgefahr  verlxmden  sein.  Nach  einer 
buddhistischen  Erzählung  findet  man  diese  "  müra "  nur  in 
Ländern,  die  so  heiss  sind,  dass  jeder,  der  sich  hineinwagt, 
sogleich  zu  einer  "  Mumie ''  verdorrt.  Die  Redensart  wendet  man 
scherzhaft  an,  wenn  jemand  sehr  lange  ausbleibt,  und  nun 
derjenige,  der  ausgeschickt  wird,  um  ihn  zu  holen,  ebenfalls 
nicht  wiederkommt,  sondern  an  demselben  Oite  hängen  bleibt. 
Neben  müra  existirt  auch  die  Form  niini. 

1877.  ßZikau  ga  kiiroku   naru  jibun   ni  iva   isha   110   kao  ga 

aoku  nam.  ^W«^S<^  <  U  h  HJ^  i:  (t  ^^"OMt^^'ff  <  "H  h 
Wenn  die  Apfelsinen  gelb  werden,  wird  das  Gesicht 
des  Arztes  grün. 

Der  Herbst  gilt  als  die  gesündeste  Jahreszeit ;  das  Gesicht 
des  Arztes  wird  im  Herbst  grün  vor  Arger,  weil  er  nichts  zu 
thun  hat. 

1878.  3Iikka  bözu.  HHiJ±  Der  dreitägige  Priester, 

Jemand,  der  keine  Ausdauer  hat,  der  eine  angefangene  Sache 
schnell  wieder  aufgiebt. 

1879.  'MJikoslii  zvo  agern.  t^%'fie}L\1  h    Die  Götterlragbahre  auf- 

heben (und  weiter  tragen). 

Wenn  ein  Besuch,  der  einen  mit  wichtig  thuendem  Ge- 
schwätz lange  aufgehalten  hat,  endlich  weggeht. 

1880.  31ikudari-han  zvo  yani.  H^T4^^iiS  Drei  und  eine  halbe 

Zeile  geben. 

Seiner  Frau  den  Scheidebrief  (der  unveränderlich  denselben, 
aus  drei  und  einer  halben  Zeile  bestehenden  Wortlaut  hat) 
geben. 

1 88 1 .  ISli maif   kikuinai,  hanasumai.    %^^'f:^^  ^'^^th't  k^^     Ich 

werde  nichts  sehen,  nichts  hören,  nichts  sagen. 


I 


—      203      — 

Ich  werde  in  der  Sache  gar  nichts  thun,  mich  ganz  passiv 
verhalten.  (Anspielung  auf  das  buddhistische  Symbol  der  drei 
Affen,  die  man  oft  in  Stein  dargestellt  sieht,  von  denen  der  eine 
sich  die  Augen  zuhält,  der  andere  die  Ohren,  der  dritte  den 
Mund,  um  auszudrücken,  dass  man  Böses  weder  sehen,  noch 
hören,  noch  reden  soll.) 

1882.  3Ii'nie  yori  kokoro.  /SSi'J't'   Das  Herz  ist  mehr  werth 

als  das   Gesicht. 

1883.  3Hnieguri  no  torii  to  yürci  lua  koshi  kara  sliita  ga  nai. 

=M<^%mtmm.\tW^^  h  y^'U  ^^  Das  Tempelthor  von 
Mimeguri  und  Gespenster  haben  von  den  Lenden 
abwärts  kein  UntertheiL 

Mimeguri  Inari :  ein  Tempel  in  Mukojima  (Tokyo),  von 
dessen  Säulenthor  (Jorii)  man  von  aussen  nur  den  oberen  Theil 
sieht,  da  dicht  davor  eine  hohe  Mauer  steht.  Gespenster  werden 
auf  Abbildungen  immer  so  dargestellt,  dass  sich  ihre  Gestalt 
nach  unten  in  einen  Nebel  verliert,  also  ohne  Füsse.  Ange- 
wendet auf  jemand,  der  sich  von  einem  andern  ganz  be- 
herrschen lässt,  ihm  gegenüber  keinen  eigenen  Willen  hat. 

1884.  3Iiini  ga  chikai.  %'^''&^-  Die  Ohren  sind  nahe. 

Gut  hören ;  auch  in  übertragenem  Sinne  :  das  Gehörte  sogleich 
'         richtig  verstehen  ;  "  hellhörig  sein." 

1885.  Mimi  ga  toi.  I^tJ^'M*'"   Die  Ohren  sind  weit. 

Schwerhörig  sein. 

1886.  Mimi  ga    tombogaeni   yd.    ^5'"SB^Ä4-St|    Als  ob  sich  die 

Ohren  (in  der  Luft)  überschlagen. 

Der  Schreck  bei  einem  plötzlichen  lauten  Knall. 

1887.  Mimi  ni  tako  ga  dekirit  yd.  ^i"t&t)->'iH3fjS^   So  dass  man 

in  den  Ohren  Schwielen  bekommt. 

Wenn  man  immer  wieder  dasselbe  anhören  muss. 

1888.  Mimi  wo  öte  (od.  zvo  fusagite)  siizit  zvo  nustumi.    ^'Vl^'C 

ip'jf^L'  Mit  zugestopften  Ohren  eine  Klingel  stehlen. 
Analog  dem  Vogel  Strauss,  der  den  Kopf  in  den  Sand  steckt, 
um  nicht  gesehen   zu  werden. 

1889.  Mimi  zvo  tateru.  ^^ü    Die  Ohren  aufrichten. 

"  Die  Ohren  spitzen." 


^i 


204      — 

1890.  Mimi  luo  tottc  hana  e  tsitkeni  yd.     ^^IX'C^'^'f^i^     Als 

ob  man   die  Ohren  abnähme  und  an   die  Nase  setzte. 
Um  etwas  Absurdes  zu  bezeichnen. 

1 89 1 .  Mimi-kaki  de  atsiunete  kinnade  de  kakidasu.  53S'C  Ife  «6  'C Bs^ 

TSJÜi"  Mit  dem  Ohrlöffcl  zusammenscharren   und  mit 
der  Harke  wieder  auskehren. 

In  Kleinigkeiten  genau,  im  Grossen  verschwenderisch. 

1892.  3Mniochi  wo  kiizusu.  :i^^^T  Die  Körperhaltung  (das 

Betragen)  zerbrechen. 
Wie  No  1863. 

1893.  Iliiiamoto  kazvakcba  nagare   tsitkiru.    M^hJ'ii^iri%^ h 

Wenn  die  Quellen  austrocknen,  versiegt  der  Strom. 
Vgl.  No  2. 

1894.  3Ilnu  mono  kiyoshi.  ÄW^^vt  L  Was  man  nicht  sieht,  ist 

rein. 

Der  Schmutz,  den    man    nicht  bemerkt,  ist  so  gut  wie  nicht 
vorhanden.     "Was  ich  nicht  weiss,  macht  mich  nicht  heiss." 

1895.  Miravemi  to  in  hodo  viitashi.    Ä  ?>  H»  ^^  s'^-fEÄf:  L    Je 

mehr    gesagt  wird,  dass  man    nicht  sehen  soll,  desto 
mehr  möchte  man  sehen. 
Der  "  Reiz  des  Verbotenen." 

1896.*  JSUren  ga  nokoru.  ^Iti'"'^^  Es  ist  (noch)  eine  ungehärtete 
Stelle  übrig. 

Man  hat  sich  an  eine  Trennung,  oder    einen    schmerzlichen 
Verlust  noch  nicht  gewöhnt. 

1897.  3Iirii  kage  ino  nasJd.    fL^^ci  {^M  L  Nicht  einmal  ein  Schat- 

ten zu  sehen. 
Sehr  armselig. 

1898.  3Iiru  zva  me  HO  doku.   ^^(1@'^$  Sehen  ist  Gift  für  die 

Augen. 

Es  ist  gefährlich,  ein  schönes  Mädchen  zu  sehen. 

1899.  31ise  WO  Jdraku  wa  yasiikii,  niise  zvo  Diamoru  zva  katashi. 

m^m  <  il^  <  >  Jä^'^iitm  L  Einen  Laden  zu  eröffnen  ist 
leicht,  ihn   zu  behalten   ist  schwer. 


—      205      — 

Mi  so  de  tai :     s.    Mainatsubu. 

1900.  Miso  wo  tsiikerti.  Bfcßf^^'ftS    Bohnensauce  verschütten. 

Keinen  Erfolg  haben  ;  sich  blamiren. 

190 1.  Mito-ppö  zua  goß.    TK^^ii^I'lt    Leute    aus    Mito    sind 


eigensinning. 


1902.  3Iitsitgo   ni  kaviisori.    ^'^^ii^iJTj     Einem    dreijährigen 

Kinde  ein   Rasirmesser   (geben), 

1903.  Mits2igo  110  kokoro  rokiiß.  made.  Ho^(?>(Ci>;?^i'i^  Die  Seele 

des  dreijährigen  Kindes  bleibt  dieselbe  bis  zum  sech- 
zigsten Jahre. 

Der  Mensch  ändert  seinen  Grundcharakter    niemals.     "  Das 
Kind  ist  des  Mannes  Vater." 

1904.  Mitsugo  no  tauiashii  Jtyaku  made  nio.  Ho^Os^.'g'i^  (.   Der 

Seele  des  dreijährigen  Kindes  bleibt  dieselbe  selbst  bis 
zum  hundertsten  Jahre. 

1905.  Mitsugo  wo  Mite  asase  tvo  zvataru.   Ho^p^PS-v^-t-^Si/^it* 

Ein  dreijähriges    Kind    um    Rath    fragend    durch    die 
Fürth  gehen. 

1906.  Mitsu-Iianae  de  hanasu.  HofffCISI"  Beim  dreifüssigen 

Kessel  plaudern. 

Eine  Unterhaltung  zwischen  dreien. 

1907.  Ifli-tsulxerareia  ga  hyakunem-me.  Ä.#  ?)|i?:«"'"S'¥i   Als 

es  entdeckt  wurde,  war  es  das   hundertste  Jahr. 
Die  Sache  konnte  unmöglich  länger  verborgen  bleiben. 

1908.  ^litsnreha  kakcru  yo  ?w  narai.    ^Hlt^lJ  ^iÖrO^  Wenn 

(der  Mond)  voll  ist,  nimmt  er  ab,  das  ist  der  Lauf  der 
Welt. 

Kein  Glück  ist  von  Dauer. 

1909.  Mitira  Misaki  %va  onna  no  yobai.   H}iH^|t:^€)SMo^   In 

Misaki    in    Miura    gehen    die    Frauen    nächtlich  (auf 
Liebesabenteuer)    aus. 
Vgl.  No  351. 


—       206      — 

1910.  lliyöf  mi-mane.  %M  ÄEffil  Wie  man  sieht,  so  ahmt  man 

das  Gesehene  nach. 

Was  man  oft  sieht,  ahmt  man  unwillkürlich  nach. 

191 1.  31i^u  imzu   no   naka.    i^X^'t''^^    Ein  Verhältniss,    in 

welches  kein  Wasser  eindringt. 
Sehr  enge  Freundschaft. 

19 12.*  ]\fizii  itatte  kiyokereba  uwo  siimazii,  Jiito  itatte  kiyokereba 
viajkvaru  mono  siikutiashi.  ^KMotvtlTHIt^Äi'f ,  A^ 
o-CilUnit^d-S^föL  In  sehr  klarem  Wasser  leben 
keine  Fische,  mit  einem  sehr  sittenreinen  Manne  ver- 
kehren   (nur)  wenige. 

Gewöhnlich  sagt  man  nur :  7nisu  kiyokereba  uwo  swnazu, 
wenn  das  Wasser  klar  ist,  leben  keine  Fische  darin,  in  dem 
Sinne :  wer  zu  tugendhaft  oder  zu  gewissenhaft  ist,  hat  in  der 
Welt  kein  Glück. 

1913.     Mizii  ino  morasami  naka.  7jdM2Wtli   Ein  Verhältniss,  das 

selbst  kein  Wasser  durchlässt. 
Gleich  No  191 1, 

19 14.*  Mizn   ni  minamoto  ari,  ki  ni  ne  ari.    7)s\'~M.h^]  ^  'MV-^h'^) 
Das  Wasser  hat  Quellen,  der  Baum   hat  Wurzeln. 

Alles  hat  seine  Ursache,  seinen  ''  guten  Grund." 

1915.  Mizii   no   aiva   ni   naru.    7K'5?äl-JÄ5     Zu    Wasserschaum 

werden. 

Ganz  gleich  unserm  "  zu  Wasser  werden." 

19 16.  Mizn  no  nagare  to  hito  7io  ytiknsue.  yY-^^iCi'i \<^fi^  Der 

Lauf    des  Wassers    und    die    Zukunft    des   Menschen 
(sind  beide  ungewiss). 

19 17.  Mizn  no  tareni yd.  7K'?)^5ü  Als  ob  Wasser  herabtropfte. 

Ein  eigenthümlicher  Ausdruck  für  grosse  Schönheit,  besonders 
von  Mädchen.  Das  Gesicht  glänzt  von  Schönheit  wie  Wasser, 
sodass  es  zu  tropfen  scheint. 

1918.  Miz2i  shirizokite  ishi  iznriL.  ^KjI^'CSÖio'i   Wenn  das  Was- 

ser zurücktritt,  treten  die  Steine  hervor. 
Wenn  das  eine  fällt,  so  steigt  das  andere. 


—       20/       — 

19 19'*  Mizu  sunieba  uwo  izu.    7Kvra*^lt'^-©1*    In    klarem  Wasser 
sind  keine  Fische. 
S.  No  1912. 

1920.*  Mizu  tswnorite  ftichi  to  nari,  gakii  tsumotte  ken  to  naru. 
im.'')  X-^-^U  'j .  ^ao-CKi  0.  h  Angesammeltes  Wasser 
bildet  eine  tiefe  Stelle,  angesammeltes  Lernen  wird  zur 
Weisheit. 

1921.  Mizu  iva  hikiiki  ni  nagaruriL.  iY\'^%^V-^h  \  Das  Wasser 
fliesst  nach  der  Tiefe. 

1922.*  Mizu  zva  /wen  no  utsmva  ni  shitagai,  hito  zun  zenaku  no 
iomo  ni  yoru.  7W<')i^<^T^\'~mi> ^  AU#M?>Äi:ft5  Das 
Wasser  richtet  sich  (in  der  Form)  nach  dem  eckigen 
oder  runden  Gefäss,  der  Mensch  (im  Charakter)  nach 
guten  oder  schlechten  Freunden. 

Ge\vöhnlich  wird  nur  die  erste  Hälfte  gebraucht  {niizti  iva 
hoen  710  iitsnwa  ni  shitagau),  mit  der  Bedeutung  der  zweiten 
Hälfte. 

1923.  Mizu  wo  sasu.  i^^T&'t   Wasser  dazugiessen. 

Vermitteln,  Frieden  stiften.  Der  Ausdruck  stammt  von  der 
Ringerbühne  und  bezeichnet  eigentlich  das  Unterbrechen  des 
Ringens  durch  den  Schiedsrichter  (worauf  den  Ringern  Wasser 
zum  Trinken  gereicht  wird). 

1924.  Mizu  zuo  shiru  mono  wa  mizu  ni  oboreru.    7J^4-^5^'U7M- 

5ll(x2>     Wer  mit  dem  Wasser  vertraut  ist,  ertrinkt  im 
Wasser. 

Zu  grosse  Sicherheit  bringt  Gefahr,  weil  sie  leichtsinnig 
macht. 

1935.  3Iizukalie-7'o)i.  ^Sni^m  Eine  Debatte,  wobei  man  einander 
(nur)   li'.it  Wasser  besprengt. 

Ein  müssiger,  resultatloser  Wortstreit. 

1926.  31i^uJ\ara  maneita  zvazawaiwa  nogarcmi.  ß  ?)föi''f".ISi^ 
li^^T-jQ  Dem  Unglück,  das  man  selbst  verschuldet 
(eigtl.  eingeladen)  hat,  entgeht  man  nicht. 


—       208       — 

1927,     3li:^H-L-us(iL  71--%^^  Nach  Wasser  riechend  (d.  h.  ohne 
Geschmack,  nach  nichts  schmeckend). 
Ohne  Mitgefühl,  herzlos. 

1928.*  Trlöbo  HO  sansen.  :Si3:OHM  Der  dreimah'ge  Wohnungs- 
wechsel der  Mutter  des  Mencius. 

Sprichwörtliches  Beispiel  der  Sorgfalt,  mit  der  Mencius  von 
seiner  Mutter  erzogen  wurde ;  sie  wechselte  mehrmals  ihre 
Wohnung  wegen  des  ungünstigen  Einflusses  der  Nachbarschaft 
auf  ihren  jungen  Sohn. 

31ochi  ni  tsnht :     s.  Mono  wo  viochi  ni  tsiikii. 

1929.  Mochi  wa  kojiki  ni  yakase,  uzuo  wa  daimyö  ni  yakasero  ! 

m\t^%\'M^>  %\tX^\-M-^h  Mochi  (Reiskuchen)  lasse 
vom  Bettler  backen,  Fische  vom  Daimyö  ! 

Reiskuchen  müssen  bei  schwachem,  Fische  bei  starkem  Feuer 
gebacken  werden. 

1930.  MocJii  wa  mochiya.    Dfl^l'fM    MocJii  zu  machen   ist  Sache 

des   Mochi-xx\z.c\\tx's,. 

Man  soll  nichts  thun,  was  man  nicht  versteht ;  es  will  alles 
gründlich  gelernt  sein. 

193 1.  Mochi  zuo  tsuku.  Dr^tli  <    Reiskuchen   stampfen. 

Bildlich  für  cohabitiren.     Vgl.  No  244. 

1932.  Mochi  yori  an  takaku  narit.    Pi  "J  tSi^  <JäS      Das  Bohnen- 

muss  wird  theuter  als  der   Reiskuchen. 

Die  Kuchen  werden  oft  mit  solchem  Muss  (das  billiger  ist 
als  7nochi)  gefüllt.  Die  Nebenausgaben  betragen  mehr  als  die 
Sache  werth  ist.     Vgl.  No  451. 

1933.  3Iocliiya  mochi  kinvazu.  %\MM%\'Vt'  Der   Mochi-m^^ohtK 

isst   keine    inocJii. 

Man  macht  sich  nichts  aus  dem,  womit  man  alle  Tage 
hantiren  muss. 

1934.*  3Iochiyureba  iora  to  nari,  niocJiiizareba  nezuvii  to  naru. 
;Bi>nit'it£'^^J>  ;i^t^?'nirm^^S  Wenn  man  ihn  (seine 
Dienste)  gebraucht,  so  wird  er  ein  Tiger;  wenn  man 
ihn  nicht  gebraucht,  so  wird  er  eine  Maus. 


209      — 

Von  einem  tüchtigen  Beamten  ;  wenn  er  seinen  Posten 
verliert,  so    sind    seine    Talente    für    das    Land    nicht    mehr  von 

Nutzen. 

1935.  3Ioe-derti  j/ö.   i^tU^li  Als  ob  es  brennt. 

Von  einem  sehr  lebhaften  Roth. 

1936.  Woeru  aburagaini  no  yd.    iSl^vÖ^Ä'?)^    Wie    brennendes 

Ölpapier. 

Variante  von  No  6. 

1937.  Moeni  hi  Jii  takigi.  '&h'hV-^  Dem  Feuer  noch  Brennholz 

(zutragen). 

Vgl.  No   1691. 

1938.  Moe-kui  ni  hi  ga  tsuki-yasiii.    )^l' A^^'^^^t^     Ein  an- 

gekohltes Holz  ist  leicht  in  Brand  zu  setzen. 

1939.*  3IöhatsH  iuiö  no  gotoshi.  ^^^I^^jtn  L    Die  Haare  sind 
wie  die  Haare  (Stacheln)  eines  Igels. 

1940.*  3IöM  no  7ikiki  ni  au  ga  gotoku.  WÄ?)5?7M'^i-i?^'i[n  < 
Wie  wenn  die  blinde  Schildkröte  einem  schwimmen- 
den Holze  begegnet. 

Unerwartete  Hilfe  in  der  Noth  (vgl.  No  845  und  1827).  Auch : 
moki  710  fiiboku  ()^?|c),  das  schwimmende  Holz  der  blinden 
Schildkröte. 

1941.  3Iokke  no  saiwai.  iIftO#  Ein  Glück,  wo  man  auf  Unter- 

gang gerechnet  hatte. 
Ein  unvermuthetes  Glück. 

1942.  3Iokiigyo  ga  sJiicJd  ni  okarcta  yd.  ^%J^^%\-^\^tM  Als 

wenn  die  Gebettrommel  zum  Pfände  gegeben  worden 
wäre. 

Als  höchster  Grad  von  Leichtsinn  und  Nachlässigkeit  ist  hier 
der  Fall  angenommen,  dass  ein  buddhistischer  Priester  die  zum 
täglichen  Gebet  unentbehrliche  (mit  den  Händen  geschlagene, 
hölzerne)  Gebettrommel  versetzt  hätte. 

1943.  3Iotniäe  zuo  sunt.    ^^/^T  *     Die  Hände   aneinander 

reiben. 

In  Verlegenheit  sein;  nicht  wissen,  was  man  sagen,  oder  wie 
man  sich  entschuldigen  soll. 


—       2IO      — 

1944-     Moiniji  no  yd.    lE^Otl  Wie  ein  Ahornblatt. 

So  fein  und  zierlich.    Man  vergleicht  damit  die  Hände  schöner 
Mädchen  oder  Frauen. 

1945.  Moiniji  wo  chimsu.  MM.^W^'t   Rothes  Laub  verstreuen. 

Vom  Erröthen  schöner  Mädchen. 

1946.  31omo  kuri  sannen y  kaki  hachinen,  ytizu  wa  kunen  de  nari- 

kakarn.  Wi^^^>mA^^m[t%^'^^')'o^  ^  h  Pfirsich  und 
Kastanie  fangen  im  dritten  Jahre  an,  Früchte  zu 
tragen,  der  Kakibaum  im  achten,  der  Citronenbaum 
im  neunten. 

Es  hat  alles  seine  bestimmte  Zeit ;  das  eine  geht  nicht  so 
schnell  wie  das  andere  ;  man  muss  daher  Geduld  haben.  Gewöhn- 
lich wird  nur  der  Anfang  {/novio  kuri  sanneji,  kaki  hachineti) 
gebraucht. 

1947.  31on  no  niae  no  yase-inu.  f\^'^<^Wk  Der  magere  Hund 

vor  dem   Thore. 

Ein  schlechtes  Zeichen. 

1948.  Mon  zuo  iziireba  sJiicJiinin  no  teki  ari.  üV^v^'fX^Vi-kiK^M.h^) 

Wenn  man  aus  der  Thür  tritt,  sind  sieben  Feinde  da. 
"  Der  Mann  muss  hinaus  ins  feindliche  Leben." 

1949.  3IOilO    ni   toki   ari.    ^^I-Blffe'!)     Die    Dinge    haben    ihre 

Zeit. 

"Alles  hat    seine  Zeit." 

1950.  Mono  710  kasii  to  mo  sczu.  ^^'^üi  ttft'  Ohne  die  Dinge 

auch  nur  zu  zählen. 

Ohne  sich  um  die  Gefahr  zu  kümmern. 

195  I.*  Mono  sakan  nareba  otoroii,  toki  kiivaniatte  sJiiköshite  tenzu. 
*^^^fJ:(a|■r:Ri>.  EJS-crnL-ClIt-  Wenn  etwas  blüht,  so 
vergeht  es  (bald),  wenn  die  Zeit  ihr  Ende  erreicht  hat, 
so  erfolgt  die  Umwälzung. 

1952.  Mo7io  shite  mono  sareru.  %Lt4j^2HS  Was  man  andern 
thut,  geschieht  einem  selbst. 

"Was  du  nicht  willst,  das  man  dir  thu,  das  füg  auch  keinem 
andern  zu." 


211       

1953'*  Mono  teimi  7tashi,  hichi  ni  kanati  mono  zva  chinuni  nari. 
#!^^iSL^  Pi:Üi4^lt^?^fj:'J  Die  Dinge  haben  keinen 
bestimmten  Geschmack,  (nur)  wenn  sie  zum  Munde 
passen,  sind  sie  wohlscimieckend. 

1954.  Mono  ino  ii-yö  de  kado  ga  tatsii.  ^K^'^ü-WXfk^^tL.o  (Auch 

gutgemeinte)  Dinge  ärgern  einen  durch  die  Art,  wie 
sie  gesagt  werden. 
Vgl.   No  1765. 

1955.  Mono  %va  södan.  ^^It^Wi  Bei  jeder  Sache  (ist)  Berathung 

mit  andern  (nothwendig). 
Vgl.  No  761. 

1956.  Mono  wa  tanieshi.     4^ällM:L    Jede  Sache  kommt  auf  den 

Versuch  an. 

1957.  Mono  wo  mocJd  ni  tsiiku.  ^^Df  l'?Ä  <  Etwas  zu  inochi  (Reis- 

kuchenteig) stampfen. 

Sich  um  etwas  imnöthig  viel  Mühe  oder  Sorgen  machen. 

1958.  31onto  mono  shirasu.  Y^W^'k^h'f  Die  Montopriester  wis- 

sen nichts. 

Scherzhafte,  durch  den  Gleichklang  von  Mon/o  und  mo7to 
entstandene  Redensart.  Monto :  Name  einer  buddhistischen  Sekte, 
die  auch  Shinshü  oder  IkkdsJiü  heisst. 

1959.  3Ion^e}i  no  kozö  zua  naraivann  kyö  tvo  yomti.  P^^^^'J^fi' 

It^UWlS^-SL'  Der  Knabe  vor  dem  Tempelthore  liest 
die  heiligen  Bücher,  die  er  nicht  lesen  gelernt  hat. 

Wenn  man  in  der  richtigen  Umgebung  lebt,  lernt  man  die 
Dinge  ganz  von  selbst.     Vgl.  No  1698. 

i960.     Monzen-ichi  tvo  nasic.    ^^mti^l^'t   Einen    IMarktpIatz   vor 

der  Hausthür  machen. 

Wenn  vor  der  Hausthür  viele  Leute  stehen  bleiben,  sodass 
sie  das  Ein-  und  Ausgehen  hindern. 

1961.     MoraimoHO  de  giri  wo  sum.  WM'^^M.f^'t  h    Mit  dem 

Geschenk  (des  einen)  sich  (bei  einem  andern)  revan- 

chiren. 

Seinen  Verpflichtungen  auf  Kostesn  anderer  nachkommen  ; 
auf  fremde  Kosten  splendide  sein  u.  dgl. 


—       212      

1962.  Momimoiio  nara  gzvanjitsu  no  toimirai  de  iiio  yoi.  Rfe^X  5» 

7C0  fiiO'-T  ifii'^  Wenn  es  ein  Geschenk  ist,  so  nimmt 
man  selbst  mit  einem  Begräbniss  am  Neujahrstage 
vorlieb. 

"  Einem  geschenkten  Gaul  sieht  man  nicht  ins  Maul.'' 

1963.  Morabnono  nara  natsii  mo  kosode.    Kl^ätC  f)S  i-'Mfl    Wenn 

es  ein  Geschenk  ist,  so  nimmt  man  selbst  im  Som- 
mer ein  Winterkleid. 

1964.  Morohoshi  shihyaku-yo  sltU.    %W^'^W\\    Die   Mohren- 

hirse   (gedeiht)    in    404   Ländern. 

D.  h.  überall.     (Mohrenhirse :    Sorghum  vulgare.) 

3Iöshö  no  moto  ni  jahisotsu  naslii'.  s.  KydsJiö. 

1965.  3Ioio  no  moku-Ämi.  %^^HM  Der  ursprüngliche  Holz- 

Amida. 

Das  Bildniss  Amida's,  des  Buddhas,  der  von  der  67;/;z-Sekte 
aussschliesslich  verehrt  wird,  ist  gewöhnlich  vergoldet,  aber  im 
Laufe  der  Zeit  wird  die  Vergoldung  abgerieben  und  das  ursprüng- 
liche Holz  kommt  zum  Vorschein.     Vgl.  No  1029  und  1818. 

1966.  3Iotoki    ni   masaru    nraki  nashi.    7K^<l'^Slt^-^j;  L    Das 

Wipfelholz  ist  nie  besser  als  das  Stammholz. 

Der  Schüler  kann  nicht  mehr  lernen  als  der  Lehrer  weiss 
u.  dgl. 

1967.  JMotosu    no    shireta    tsuchigwno.     7t%^U\iV-±M^    Die 

Erdspinne,  deren  Ursprungsnetz  bekannt  ist. 

Einer,  dessen  Herkunft  man  wohl  kennt  (in  verächtlichem 
Sinne). 

1968.  3Iotta  ga  yaviai  iva  Jiaommi.  JJ"f:t3'^(Ir1p  ?>ä2  Ein  einge- 

wurzeltes Übel  lässt  sich  nicht   heileji. 
Von  unverbesserlichen  Charakteren. 

1969.  Motta  ktise  wa  kakusenu.  %^V-M\tW-^y^  Ein  eingewurzelter 

Hang  lässt  sich  nicht  verheimlichen. 

1970.*  .Miien  no  shüjö  wa  saldo  shi-gatashi.  ^IMiO^^W^"^  LH  L 

Man  kann  nicht  Leute  (eigtl  :    alles  Lebende)  retten, 

zu  denen  man  keine  Beziehungen  hat. 
S.  No  339. 


—      213      — 

igyi*  Mngei  taisJwhi.  ^M^%  Keine  Kunst  verstehen,  (aber) 
viel  essen. 

3Iughneshi  de  tai\  s.  Mamatsiibu. 
1972.     JSLuiha  110  sliöbii  (od,  ayanie),    töka  no  kiku.    ^^'^^^^ 
+  0^'^  Die  Iris  (Schwertlilie)  des  sechsten,  die  Kiku- 
blume  des  zehnten  Tages. 

Beide  kommen  "einen  Posttag  zu  spät''  (statt  am  5.  des  5. 
Monats,  resp.  am  9.  des  9.  Monats — nach  altem  Kalender).  Vgl. 
No  125. 

1973.*  Mtijö  110  kaze.  Ift'^oa  Der  Wind  der  Vergänglichkeit. 
Der  Tod. 

1974.  Mxikaslii    no  uta  zva   ima  zua  iitaenu.    ^€)i:lt<^ili;l» 

Man  kann    heute    nicht    mehr    die    Lieder    der    alten 
Zeit  singen. 

Was    früher    gut  war,   passt  nicht  mehr  für  die  heutige  Zeit ; 
die  Zeiten  haben  sich  geändert. 

1975.  Mukashi  totta  kine-ziika.    'u'ik^'OtA^:^    Der    Reisstösser, 

den  man  schon  vor  langer  Zeit  in  die  Hand  genom- 
men hat. 

Die  Geschicklichkeit,  die  man  durch  langjährige  Übung 
erworben  hat ;  kein  Neuling  mehr  sein. 

1976.  Mukashi  iva  nmkasJii,  ima  wa  ima,    "slt  h",  •n^it'T*  Früher 

war  früher,  jetzt  ist  jetzt. 
Vgl.  No  1974. 

1977.*  3Iiika-u  no  sato.  M^^^^M  Das  Dorf  (Land),  das  keine 
Leiden  hat. 

Ein  vollständig  glückliches  Land. 

1978.     3Liiko  xva  zashiki  kara  morae,  yomc  wa  niwa  kara  morae  ! 

miliSmt)'  f,K  ^.-^.i^ll^^'  f.«-^  Den  Schwiegersohn 

nimm  aus  dem  besten    Zimmer,  die  Schwiegertochter 

nimm  vom  Hofe  ! 

Als  Schwiegersohn  ist  ein  ]Mann  aus  guter  Familie  wünschens- 
werth ;  zur  Schwiegertochter  dagegen  wählt  man  besser  ein 
Mädchen  von  bescheidener  Herkunft,  weil  sie  ihre  Pflichten 
besser  erfüllen  wird  als  eine  Schwiegertochter,  deren  Familie 
höher  steht  als  die  ihres  Mannes,  und  die  in  Folge  dessen 
hochmüthig  zu  sein  pflegt. — Statt  nhva,  hiof,  auch  goniitafue, 
Kehrichthaufen. 


214      — 

1979'     Miilxö-sangen,  ryö-donari.    fi^^^HlfMP  Die  gegenüberlie- 
genden drei  Häuser,  die  beiden  Nachbarhäuser. 

Die  fünf  Häuser,  mit  deren  Bewohnern  man  gute  Nachbar- 
schaft halten  muss,  denen  man  auch  beim  Einzug  Buchweizen 
nudeln  (sobajiieski)  schickt. 

1980.  Uliikiiroji  sannen  inigakedomo  sJnroku  narasit.    tKÜ^H 

¥lSvJ  £'  l  Ö  <  ^  h'P  Wenn  man  die  Mukuroji-Nuss  auch 
drei    Jahre    lang  polirt,  wird  sie   doch  nicht  weiss. 

Mukitroji,  der  Seifennussbaum  (Sapindus  mukurosi),  hat  sehr 
harte  schwarze  Früchte.     "Einen  Mohren  weiss  waschen.'' 

198 1.  3Iline  ga  fiisagaru.  S^tj^'^S    Die   Brust  ist  verschlossen. 

Niedergeschlagen  sein. 

1982.  Mnne  ga  hari-sakeru.  yd.     B^f'lI^Ä^    Als    ob  einem  die 

Biust  zerreisst. 

Von  grossem  (geistigen)   Schmerz. 

1983.  Mnne  ga  moeru.  fi^^'"if;S2)    Die  Brust  brennt. 

Voll  Leidenschaft  (besonders  Eifersucht)  sein. 

1984.  Mujte  ni  ichiinotsn  am.  B^l-— 't^fci    In   der  Brust  ist  eine 

Sache. 

Es  geht  einem  etwas  im  Kopfe  herum ;  etwas  im  Sinne 
haben  oder  im   Schilde  führen. 

1985.*  Miine  ni  inumyd  no  Jii  wo  yaku.    fi^l-MBJ'^A^ii  <    In  der 
Brust  ein   dunkles  (imreines)  Feuer  brennen  lassen. 

Ein  buddhistischer  Ausdruck  für :  irdische  Leidenschaften  im 
Herzen  tragen. 

1986.  Mnne  ni  tatande  okn.    Si^l'S^T§<    In  die  Brust   zusam- 

mengefaltet weglegen. 

»       Etwas  im  Herzen  behalten. 

1987.  Mune  ni  ukab^i.    Wi\'~'&i.-    In   der    Brust  schwimmen  (od. 

auftauchen). 

Es  kommt  einem  etwas  in  den  Sinn ;  etwas  im  Sinne  haben. 

1988.  Mnne  no  hi  zuo  jnoyasn.  B^^A^-fö^t   Das  Feuer  der  Brust 

anzünden. 

Von  Zorn,  Leidenschaft,  Eifersucht  etc.  entflammt  werden. 
Statt  Jii,  Feuer,  av.ch  /lofnara  oder  /louö,  Flamme. 


1 


—      215      — 

1989.  Mune  %vo  Jiiyasu.    ßiäj^-rtt   Die  Brust  kalt  machen. 

Sehr  erschrecken. 

1990.  Mioie  zvo  kog-asn.  ßi^^jf.'H'   Die  Brust  versengen. 

Leidenschaftlich   empfinden. 

1991.  3Iurasaki  zua   smne-yasushi.     ^(t  3  »6^  L    Die    violette 

Farbe  verblasst  leicht. 

Von  schnellvergänghcher  Schönheit.  "  Was  glänzt,  ist  für 
den  Augenblick  geboren.'' 

1992,*  Mnrasaki  zva  sJm  zvo  nbai,  teisei  wa  gagaku  zuo  midasu. 
^{t^^M^ü^mmtm'W^'ärt  Die  violette  Farbe  raubt  die 
zinnoberrothe  (d.  h.  stellt  sie  in  den  Schatten),  die 
schlechte  Musik  verwirrt  (ruinirt)  die  classische. 

Violett  gilt  für  schöner  als  Zinnoberroth ;  seine  Schönheit 
ist  aber  nicht  von  Dauer,  während  die  Farbe  des  Zinnobers  sich 
nie  verändert.  Teisei  (nach  dem  Lande  Tel  benannt)  ist  eine 
Art  Musik,  die  für  unmoralisch  gilt.  Das  Unechte  verdrängt  das 
Echte,  das  Schlechte  verdrängt  das  Gute.  Gewöhnlich  wird  nur 
die  erste  Hälfte  {mnrasaki  wa  shii  ivo  iibaic)  als  Spr.  gebraucht. 

1993.  JSlari  ga  tdreba,  döri  ga  hikkoimi.  lft]lt)'Mmt'5iil«'"giat' 

Wo  die  Unvernunft  durchgeht,  zieht  sich  die  Vernunft 
zurück. 

1994.  Miishi    ga    hau   yd.    4ö-äii>'lf    Wie    wenn    ein    Insekt 

kriecht. 

So  langsam  "wie  eine  Schnecke." 

1995.  Mushi  ga  shiraseta.    ^«'"^  f)tf -f:   Die    Würmer    haben    es 

(mir)   mitgetheilt. 

Ein  inneres  Gefühl  haben,  als  ob.  (Mit  "  Würmern "  sind 
hier  die  Eingeweidewürmer  gemeint !) 

1996.*  Miishi  kcra  no  yd.  ^^föe)^  Wie  Insekten  und  Heu- 
schrecken. 

Von  niedrigen  Menschen  :   so  gering  und  verächtlich. 

1997.  Mushi  1)10  korosanu  yö.  Äi^?Wti  So  dass  er  selbst 
keinen   Wurm  (kein  Insekt)  tödtet. 

Von  einem  sehr  mitleidigen,  oder  sehr  rechtschaffenen  Men- 
schen, der  niemand  ein  Unrecht  zufügt. 


—       2l6      — 

1998.  Mushi    no    iki   no   yd.     ÄO.g,©^    Wie  der    Athem  eines 

Insekts  (oder  Wurmes). 

1999.  Mushi   ivo    osaeru.  ^^M^h    Die  Würmer  (s.  No   1995) 

unterdrücken. 

Seine  Empfindung,  seinen  Zorn  unterdrücken. 

2000.  3Liisume  ga  kataziiite  im.  Mt^^'^i'I^fti'^'CK'S    Das  Mädchen 

ist  bei  Seite  gesetzt  (untergebracht). 
Es   ist  verheirathet. 

2001.  Muslime  ni-Jiachi.  M— A  Mädchen  (sind  am  schönsten  im 

Alter  von)  zwei  mal  acht  Jahren. 

2002.  Miistune  zvo  katasukeru.     Jiß4>frPH"lTÄ     Ein    Mädchen    bei 

Seite  setzen  (unterbringen). 
Es  verheirathen. 


-l»k^^ 


N. 


2003.  "Nci  ga  sagarii.    ^^"^f^^h   Der  Name  steigt  abwärts. 

Der  Ruhm  oder  der  gute  Ruf  nimmt  ab.     (Vgl.  No  1188.) 

2004.  Na  ga  tatsit.     ^^^tLO  Der  Name   (Ruf)  erhebt  sich. 

Nur    in    schlechtem    Sinne,    also=einen    schlechten  Ruf  be- 
kommen. 

2005.  Na  ga  ureru.  ^*^'Ä<t.S    Der  Name  verkauft  sich. 

Berühmt  sein.     (Vgl.  No  1189.) 

2006.  Na  iva  tai  wo  araiuasn.  ^Uft^^lti"  Der  Name  zeigt  das 

Wesen  an. 

"  Nomen  est  omen.'' 

2007.  Na  %uo  otosu.  ^^^ni"    Den   Namen  fallen  lassen. 

Gleich  No  2003. 

2008.  Na  tuo  um.  ^^VH^   Den  Namen  verkaufen. 

Bekannt,  berühmt  werden. 


21/      

2009.  ^cigai  mono  niwa  makarerii.  :&v';#i:|t^^'ia^  Von  einer 

langen  Sache  wird  man   umwickelt. 

Nagai  mono,  "  lange  Sache,"  kann  auch  bedeuten  "  reicher 
Mann."  Gegen  einen  Reichen  kann  man  nichts  ausrichten.  Der 
Ausdruck  "  umwickelt  werden  ''  erinnert  an  unsere  vulgäre  Re- 
densart:  "  von  jemand  eingewickelt  werden." 

2010.  Nagai  ukiyo  ni  mijikai  inocJii.    7lcV'^iftliM*'"P^    Die   lange 

Welt  und  das  kurze    Leben. 

Siatt  iikiyo,  Welt,  auch  tsukihi,  "  Monate  und  Tage,"  d.  h. 
Zeit. 

201 1.  Naga-i  wa  osore  ari.    ÄMÜ^Hfe^J    Ein  langer  Besuch 

ist  etwas  Schreckliches. 

2012.  ^((ganiocJii  no  Jie  ni  namagome  nanatmbu.  ^%%<^^\'-^ 

^-tä^     Sieben    rohe     Reiskörner    auf    einem    langen 
Kasten. 

Nichts  weiter  als  ein  Beispiel  eines  schwer  schnell  zu 
sprechenden  Satzes,  wie  z.  B.  bei  uns  "  Fischers  Fritz  fängt 
frische  Fische.''  Obgleich  kein  Sprichwort,  weil  ohne  Sinn,  möge 
es  doch  als  Vertreter  seiner  Classe  hier  stehen, 

2013.*  ^agare  wo  kurnite  ininamoto  %vo  sJiiru.  ^'^xfk^'^'W^^^h 
Wenn  man  (Wasser)  aus  dem  Strom  schöpft,  kennt 
man  auch  (das  Wasser  der)  Quelle. 

Man  schliesst  von  den  Kindern  auf  die  Eltern,  von  der 
Gegenwart  auf  die  Vergangenheit  u,  s.  w. 

2014.  Nagare-gawa  de  scntakit  sJiita  yd.    iTiiJllT'j^Ji  Ll:^  Als  ob 

man  am  Flusse  Wäsche  abgehalten   hätte. 

Sich  ganz  frei  und  erleichtert  fühlen;  "einen  Stein  vom 
Herzen  haben." 

2015.  Nagare-gawa  de  shiri  wo  aratta  yö.    ^JilTK^^T^Ä    Als 

ob  man  sich  im  Flusse  den  Hintern  gewaschen  hätte. 
Wie  No  2014. 

2016.  JSiagaslil  mijikashi.  ^\.^L  Zu  lang,  zu  kurz. 

Zu  nichts  brauchbar ;  "  weder  hin  noch  her.''   Vgl.  No  383. 

2017.  Xaga-sode,  ^%^  Langärmel. 

Verächtlicher  Ausdruck  für  Adlige,  die  ohne  Fähigkeiten 
sind,  nichts  taugen   u.  s.  w. 


—       2l8       — 

2018.  Naga-ivaki^ashi,  :^flS^  Langschwert. 

Ein  Ausdruck  für  "  Spieler." 

2019.  yageta  uiakura  tii  toga  zva  nashi.    föl::|!fel-'olXM  L    Die 

maknra  (hölzernes  Kopflsiissen),  mit  der  man  geworfen 

hat,  trifft  keine  Schuld. 
Ähnlich  wie  No  1670. 

2020.  Nai  ga  iken  no  sö-jimai.  l**''0^"MÄ'^Äft^  Das  Allevverden 

(des  Geldes)  ist  das  Ende  der  Ermahnungen. 

Das  beste-  Mittel,  einen  leichtsinnigen  Sohn,  bei  dem  alle 
Ermahnungen  nichts  fruchten,  zu  bessern,  ist,  ihm  jede  Geldunter- 
stützung zu  entziehen. 

2021.  Nai   ko    de    wa    nakarenu.    M^''^X'UJ4'^'^W    Wer    keine 

Kinder  hat,  kann  nicht  weinen. 

Da  er  die  Liebe  zu  eigenen  Kindern  nicht  kennt. 

2022.  Nai  mono  hat  ga  hito  no  kiise.    Mi'*^i'Ä-J-*'''AOli    (Grade 

das)  essen  wollen,  was  nicht  da  ist,  ist  die  Sucht  der 

Menschen. 

Man  wünscht  sich  immer  das,  was  man  nicht  hat, 

2023.  Nai  mono-ncdari.  iSt^f^n /;*"(]  Durchaus  haben  wollen,  was 

nicht  da   ist. 

2024.  Nai  sode  wa   fjtrarenu.    ^»'"lÖÜUM  ?)n»    Den  Ärmel,  den 

man  nicht  hat,  kann   man   nicht  schütteln. 

Ahnlich  wie :  "  wo  nichts  ist,  hat  der  Kaiser  sein  Recht 
verloren." 

2025.  JSfaishohu  s?iru   yori  kenyaku  shiro  !    ^I^T  4  i  "J  1^^  L  ^ 

Statt    dir     Nebenverdienst    zu     machen     übe     lieber 
Sparsamkeit ! 

2026.  Naite    knrasn  ino  isshd,  tvaratte  knrasu  uio  isshö.    J4*'''C 

^T  t -~:4.>p^o'CS"f  t  —  ^    Ob  man  das   Leben   weinend 
oder  lachend  verbringt,  es  ist  ein  Leben. 

Da  man  doch  nur  ^mal  lebt,  so  ist  es  besser,  fröhlich  als 
traurig  zu  sein.     "  Man  lebt  nur  einmal  in  der  Welt.''     Vgl.  No  605. 

2027.  IfalH  kazu  ni  im.    "t^^l^AS     In    die  Zahl   der  Nicht- 

vorhandenen  eintreten. 

Zu  den  Todten  gezählt  werden. 


1 


—      219      — 

2028.  Naki  koto  zvo  kosJiiraeru.  Ü^^^JI'^^   Etwas  nicht  Vor- 

handenes fabriciren. 

Eine  Geschichte  erdichten ;  lügen. 

2029.  NaJci-neiri  zvo  sunt  {od.  7ii  nani).  i^^^A^J  ^-f  i{lt^i) 

Sich  in  Schlaf  weinen. 

Bildlich  für :  schmerzlich  verzichten,  sich  in  etwas  ergeben. 

2030.  Nakizura  wa  hachi ga  sasji.  i4MU4i«-'iE"f  Ein  weinendes 

Gesicht  stechen  die  Wespen. 

Ein  Unglück  kommt  selten  allein.  Abgekürzt :  nakiziira 
(auch  nakigaö)  ni  hacJii,  in  ein  weinendes  Gesicht  Wespen. 

2031.  Naködo  wa  yoi  710  mono.  '(tAltW^i'O    Der  Liebesver- 

mittler ist  (nur)  für  den  Abend. 

Nicht  für  die  Nacht.  "Der  Mohr  hat  seine  Schuldigkeit 
gethan,  der  Mohr  kann  gehen.'' 

2032.  Naködo-guchi  zva  ate  ni  narasu.    ftAPlI^l-tf;  ?)T   Auf  die 

Aussage  des  Heirathsvermittlers  kann  man  sich  nicht 
verlassen. 

Auch  in  dem  allgemeinen  Sinne :  übermässige  Anpreisung 
einer  Sache  erregt  Verdacht.  Als  Abkürzung  dieses  und  des 
folgenden  dient  schon  allein  das  Wort  nakodo-giichi.  Aussage 
des  Heirathsvermittlers, 

2033.  Naködo-giichi  zva   uso  happyaku  710  kakcne  aj'i.    "ftAPllJS 

eA'S''^^ii;fe>'J  Bei  den  Aussagen  des  Heirathsver- 
mittlers ist  der  Werth  um  achthundert  Lügen  zu 
hoch. 

2034.  Naku  ko  to  jitö  7ii  kate7iu.  JÄ<iFiifiBli:0-C«  Gegen  ein 

schreiendes  Kind  und  dttn  Gutsherrn  kann  man  nicht 
aufkommen. 

2035.  Naku  ko  wa  sodatsn.  "t  <  ^!t  nfo  Kinder,  die  (viel)  schreien, 

werden  gross. 

2036.  Isakute  nanakuse,   atte   yakuse.    M  <  "t-btiWCAJg    Ohne 

(diesen  Fehler  sind  es)  sieben,  mit  ihm  acht  Fehler. 


220       — 

Jeder  hat  seine  Fehler,  wenn,  er  auch  in  diesem  oder  jenem 
Punkte  davon  frei  sein  sollte.  Gewöhnlich  sagt  man  nur  :  nakide 
7ia7takusi\  ohne  (diesen)  sind  es  sieben  Fehler.  Von  einem  be- 
sonders schlimmen  Fehler  auch :  nakiite  nanakuse,  atte  shijü- 
hacki  kuse,  ohne  ihn  sind  es  sieben,  mit  ihm  aber  sind  es  48 
Fehler,  d.  h.  jeder  hat  zwar  seine  Fehler,  aber  diesen  Fehler 
darf  man  nicht  haben.     Vgl.  auch  No  684. 

2037.  'Namahyöliö  ö-kizii  no  inoio.  4:^i4i;^07C  Mangelhafte 

Taktik  ist  die  Ursache  grosser  Wunden  (Niederlagen). 
Gefährlichkeit  des  Halbwissens. 

2038.  ^aniagusaki  kaze  ga  ßiku.  llÄ;-^Mö'e^<    Es  weht  ein 

Wind,  der  nach  Blut  riecht. 

Es  liegt  irgend  ein  Unheil  in  der  Luft. 

2039.  jS'amagoine  %vo  kaum  yd.  ^^^^\j^  Wie    wenn  man 

rohen  Reis  kaut. 

Von  einer  sehr  mühsamen  oder  langweiligen  Sache. 

2040.  Namakeinono   no  sekku-batamki.    titS^OlfJ-fa®^    Das 

Arbeiten  des  Faulenzers   am  Feiertage. 

Grade  dann  arbeiten  wollen,  wenn  es  nichts  zu  thun  giebt, 

2041.  Nmjiakemotio  710  shoku-isogi.  'B^)^'^%^b'  Des  Faulenzers 

Eile  beim  Essen. 
S.  auch  No  1971. 

2042.  Ifainaki  zvo  saku  yd.  ÜL^^^^eWi  <  ü  Als  ob  man  einen  le- 

benden  Baum  spaltete. 

Das  Gefühl  bei  einer  schweren,  schmerzlichen  Trennung, 

2043.  Bamako  zvo  zvara  de  shibani    (od.  hikurii)  yd.  MMJ)t^ 

Tl^^t^  Wie  wenn  man  Trepang  mit  Stroh  zusammen- 
bindet. 

Er  wird  dadurch  weich  und  zerfliesst ;  eine  ähnliche  Wirkung 
hat  auf  den  Mann  die  Liebe. 

2044.  Xanimnono.  &^^  Rohes  (ungekochtes)  Gemüse. 

Ausdruck  für  einen  unerfahrenen,  unreifen  Menschen  (vgl. 
No  75.) 

2045.  Naniari  tva  kuni  (od,  shökohi)  no  tcgata.  ')i'^\t§L%<^^f&' 

Der  Dialekt  ist  der  (beste)  Heimathsausweis. 


—       221       

2046.  Nainayoi  homhö  tagazuazu.  ^S?*ti^iff   Der  Trunkene 

handelt  nicht  gegen  seinen  wahren  Charakter. 

"  In  vino  veritas."     (A"gl.  No   1065.) 

2047.  ^dini-gurunia.  ^$  Wellenwagen. 

Ein  Ausdruck  für  Boot  oder  Schiff. 

2048.  Nami-kasc  odayaka  ni.  iSÄlfl-  Bei  Windstille  und  ruhigen 

Wellen. 

In  ruhigem,  friedlichem  Zustande. 

2049.  Nami-kaze  wo  ckosit.  iSÄ^ISI'  Wind  und  Wellen  erregen. 

Japanische  Lesung  von  No  365. 

2050.  Nami-makura    wo    suru.    ^■Si%%'^'^  5     Das    Wellenkissen 

machen. 

Eine  Seereise  machen.     (Vgl.  No  271   und   1659.) 

2051.  Wana-e  no  hizawo  ya-e  ni  orn.  'bS?)SS4'ASi-^Ä    Das 

siebenfach  gebeugte  Knie  zum  achtenmale  beugen. 
Übertriebene,  sklavische  Demuth  an  den  Tag  legen. 

2052.  Nana-korobi,  ya-oki.    -ÜIIAS    Siebenmal    fallen,  achtmal 

aufstehen. 

Sich    auch    durch    häufigen    Misserfolg    nicht    entmuthigen 
lassen. 

2053.  Nana-tabi   taziinete    hito    zuo    ntagae !    -bM^^H'C'fiA^^'^ 

Forsche    erst    siebenmal    nach,    ehe    du   jemand  ver- 
dächtigst ! 

2054.  Nmiats7i  yatsu  wa  nikiimare-sakari.  ■^^A^W^kXi^^)   Das 

siebente  und  achte  Jahr  ist   der    Höhepunkt  der  Un- 
ausstehlichkeit. 

Die  japanischen    "  Flegeljahre". 

2055.  Nani  knwanu  kao.    W%\tYM,    Ein  Gesicht,  als  ob  man 

nichts  gegessen  hätte. 

Eine  unschuldige  Miene  machen,  als  ob    man    "  nichts   aus- 
gefressen "  hätte. 

2056.  INanitva  no  asJii  ino  Ise  de  hamaogi.   M^'?^^  if'^T'^Dc 

Das  asJd  von  Naniwa  heisst  in  Ise  hamaogi. 


222       

Ashz  und  hamaogi  sind  zwei  verschiedene  Namen  für  dieselbe 
?iö\\\{-[Phraginites)  art.  Naniwa  ist  der  alte  Name  der  heutigen 
Stadt  Osaka,  he  Name  einer  Provinz.  Sinn :  der  Name  ändert 
nichts  an  der  Sache,  Die  Redensart  stammt  aus  einem  alten 
Uta. 

2057.*  -^^öt^'J*    iii   idcte  nanji  ni  kacru.  ^V-^'VikV-Mlh  Was  von 
dir  ausgegangen   ist,  kehrt  zu  dir  zurück. 

Böse  Thaten  fallen  auf  das  eigene  Haupt  zurück.  (Vgl.  No 
1030  und  1952.) 

2058.*  Nanka    no    icJiiinu.    ÜMO— ^    Der    eine    Traum    von 
Nanka. 

Nanka :  ein  Land,  das  ein  chinesischer  Weiser  im  Traume 
sah.     Es  ist  nur  ein  Traum,  lässt  sich  nicht  verwirklichen. 

2059.  JS'amiyo  zva  onozukara  sazuke-iikezu.   I^icltg  ?)t§lT^lJ't' 

Das  Gesclilecht  kann  man  natürlich  nicht  (gegen  ein 
anderes)  austauschen. 

Der  Mann  muss  sich  als  Mann  benehmen,  die  Frau  als  Frau. 

2060.  JS'anshi  yainn  ioki  wa  ie  otoroe,  nyoslii  yainu    toki  zva 

iro  otorou.  ^^l^üBlIi^Ä'^icT^ÜBf |i'e.|*.j>  Wenn  der 
Mann  krank  ist,  gehts  mit  der  Famih'e  bergab  ;  wenn 
die  Frau  krank  ist,  mit  der  Liebe. 

2061.  ^arai    sei   to    nani,    lli'^tt^;^^.     Gewohnheit  wird    zur 

Natur. 

Statt  sei  auch  zoku  (■(g^). 

2062.  Naranu  kamiin  suni  ga  kannin.  ^  f)VOÖ,^;t  «t^'iJJS  Auch 

dann  geduldig  bleiben,  wenn  es  uimiöglich  scheint, 
das  ist  wahre  Geduld. 

Als  Mahnung-,  die  Geduld  nicht  zu  verlieren.  Auch  in  der 
Form :  A\xru  kantiin  lua  dare  mo  steni,  iiaranu  kannin  siiru 
ga  kanniit,  die  gewöhnliche  Geduld  (Selbstbeherrschung)  hat 
jeder,  aber  auch  das  geduldig  ertragen,  was  andere  nicht  ertragen 
können,  das  ist  (wahre)  Geduld. 

2063.  Narau  yo7'i  nareni.    Wi>i: ''J'It^S    Erfahrung  geht  über 

Studiren. 

l!i^arii  kannin :  s.  Naranu  kannin. 


—       223       — 

2064.  Naru  to  naranu  zva  memoto  de  shireru.  ^Ä^^^ittltgTcT 

^Xih    Ob  es  wird  oder  nicht  wird,    erkennt  man  am 
Augenausdruck. 

D.  h.  ob  einer  will  oder  nicht  wil], 

2065.  Naru  zva  iya  nari,  omou  zva  narazu.  f^i  W^U  ^J  ^S^-It^  ^-p 

Was    wird,    will    man    nicht ;    was     man     will,    wird 
nicht. 

2066.  Nasake  zva  hito  no  tarne  narazu.   ^A1'^Ko:>%'tlh't    Das 

Mitleid  ist  nicht  (nur)  für  andere. 

Es  liegt  im  eigenen  Interesse,  mitleidig  gegen  andere  zu  sein. 

2067.  Kashi  ino  tsubute  vio  nashi.    ^i^iÜL    Weder  Birnen 

noch  Steine  (um   damit  zu  werfen). 
Ganz  wehrlos  sein. 

2068.  Nashi  no  kazva  zva  koj'iki   ni    inukase,    uri   no    kazva    zva 

daimyö    ni    mukasero !    ^«^JÄlIfeÄi-liitf >  B.^&.{1%^\'-. 

f!l-tf-?>    Eine    Birne    lasse  vom  Bettler  abschälen,  eine 

Melone  vom  Daimyö. 

Birnen  müssen  dünn  geschält  werden,  Melonen  dick.  (Vgl. 
No  1929.) 

2069.  Nashi  no   shiri  ni  kaki  no  ataina.    ^'^KV-\%<^'W<    Bei    der 

Birne    ist    der   unterste  Theil,  bei  der  Kakifrucht  der 
oberste  Theil  das  Beste. 

2070.  Nashi  to  onna  zva  kctsu-nerai.    ^ÜcUxCJäo^    Bei    Birnen 

und    Weibern    strebt    man    (greift    man)    nach    dem 

Hintern. 

Der  "  Hintere  der  Birne  "  ist  der  untere  Theil,  der  für  wohl- 
schmeckender gilt  als  der  obere. 

2071.  JS'atsii  no  ame  zva  uvia  no  se  zvo  zvakeru.    K'^U{^^<?>'^ 

'^^h  Der  Sommerregen  theilt  (scheitelt)  den  Rücken 
der  Pferde. 

So  zu  verstehen,  dass  nur  die  eine  Seite  des  Rückens  nass 
wird,  die  andere  trocken  bleibt.  Von  plötzlichen  Sommerregen, 
die  auf  ein  kleines  Gebiet  beschränkt  sind. 


—       224      — 

20/2.*  Natsu  no  mushi yuki zvo  shirazn.  'K'^^M^^M^'P  Das  Som- 
merinsekt weiss  nichts  vom  Schnee. 

Von  jemand,  der  in  irgend  etwas  keine  Erfahrung  besitzt. 

JV^e  (Wurzel). 

2073.     Ne    mo  ha  mo   nakushite  shimatta.    tSi^  liS'C  L'Cffc^of: 
Sowohl  Wurzeln  als  Blätter   sind  alle  geworden. 
Nichts  mehr  besitzen,  sein  ganzes  Vermögen  verloren  haben. 

2074.*  Ne  wo  tachite  ha  wo  karasii.  tfi^i'rB'C^^tt-f  Wenn  man 
die  Wurzel  abschneidet,  so  macht  man  das  Laub 
welken. 

JV^e  (Stunde  der  Ratte). 

2075.  Ne  nifusJiite  to7'a  ni  okuu.  ^l-g\L'^>^l-|E:^  In  der  Stunde 

der  Ratte  (soll  man)  schlafen   gehen,  in  der  Stunde  der 
Tigers  aufstehen. 

Nach  der  alten  Stundenrechnung  war  die  Stunde  der  Ratte 
von  ii-i  Nachts,  die  des  Tigers  von  3-5  Morgens. 

2076.  Neharite  mo  mochiya  no  kaka  wa  kosha.  Jl^Ä  "J  "C  t  üfM^^ 

^ltJ5^  Obgleich  die  Frau  des  Mochi-machers  klebrig 
ist  (klebrige  Hände  hat),  ist  sie  doch  sehr  geschickt. 

JMocJii:  eine  Art  Kuchen,  die  aus  Reis  gemacht  wird  und 
klebrig  ist. 

2077.  We-doif  ha-doi.    WiX^ü'M.^niü^    Nach  Wurzel  und  Blättern 

fragen. 

Endloses,  lästiges  Fragen. 

2078.  NeliO-baba  ni  sunt.  !l9lt*  *♦  l-"f  ä  Als  Katzenmist  behandeln. 

Ein  unschuldiges  Gesicht  machen,  wie  die  Katze,  nachdem 
sie  ihren  Unrath  verscharrt  hat ;  thun,  als  ob  man  von  nichts 
wüsste. 

2079.  Neko  ga  kao  tvo  arait.  to  amc  ga  furu.  ^^^'^^^^-'^M'^'^% h 

Wenn  die  Katze  ihr  Gesicht  wäscht,  so  regnet  es. 

Auch  sagt  man :  neko  ga  kusa  wo  kim  to  ame  ga  furu, 
wenn  die  Katze  Gras  frisst,  so  regnet  es.  (Bei  uns  bedeutet 
bekanntlich  das  Erste  das  Kommen  eines  Gastes;  in  der  zweiten 
Redensart  sagen  wir  statt  Katze :  Hund.) 


~    225    — 

2080.  Neko  ga  kuso  zvo  kahisJiita  yd  na  kao.  3®*»^4>g  Lti^/i® 

Ein  Gesicht,   wie    eine  Katze,  die    ihren    Unrath  ver- 
scharrt  hat. 
S.  No  2078. 

208 1 .  Neko  ga  nezumi  wo  totta  yd.  5St)-''JR;VI?-o  TM.  Wie  eine  Katze, 

die  eine  Maus  gefangen  hat. 
Sich  sehr  freuen. 

2082.  Neko  mo  sliakushi  mo.  ^i^^i   Selbst  die  Katze  und  der 

Schöpflöffel   (sind  ausgegangen). 

"  Alles,  was  Beine  hat "  ist  ausgegangen,  z.  B.  zur  Kirsch- 
blüthenschau  im  April. 

2083.  Neko  ni  atta  nezuvn  no  yd.  '^V-%.V-%>^->^  Wie  eine  Maus, 

die  (plötzlich)  der  Katze  begegnet. 

2084.  Neko  ni  kambnkuro  zvo  kabnseta yd.  MV-'SM.^'^-^VM.  Wie 

wenn  man   der  Katze  einen  Papiersack  aufsetzt. 

Sie  geht  dann  immer  rückwärts.  Von  jemand,  der  von  einer 
Sache  nichts  wissen  will.  (Der  japanische  "Papiersack"  ent- 
spricht unserm  "  Papierkorb.'') 

2085.  Neko  ni  katsuobushi.  äSl-fölü  Der  Katze  getrockneten  Fisch 

(geben  oder  zeigen). 

Jemand  von  einer  Sache  sprechen,  auf  die  er  sehr  erpicht 
ist ;  oder,  wenn,  wie  im  Wakun  Shiori,  azukerti  (anvertrauen) 
ergänzt  wird,  gleich  der  Redensart  "  den  Bock  zum  Gärtner 
machen," 

2086.  Neko    7ii    koban.     3föl-''>^J     Der     Katze     ein     Goldstück 

(geben). 

Von  ähnlicher  Bedeutung  wie  das  weniger  schöne  "  Perlen 
vor  die  Säue  werfen." 

2087.  Neko  ni  matatabi.    ^i'-^XM  Der  Katze  matatabi  (geben 

oder  zeigen).  - 

Für  die  Früchte  des  matatabi  (eines  Kletterstrauches,  Actinidia 
polygama)  haben  Katzen  eine  ebenso  grosse  Vorliebe  wie  für 
Baldrianwurzeln, 

2088.  Neko    no    hitai    no    yd.    JS'^tH?)^    Wie    die    Stirn    einer 

Katze. 

So  eng,  so  klein. 


—       226      — 

2089.  Neko  no  ko  %vo  inoratta  yd.  •3fö'^T-^K'^t-lÄ    Als  ob  man 

eine  junge  Katze  geschenkt  bekommen  hätte. 

Von  einer  Frau,  die  nicht  die  geringste  Aussteuer  mitbe- 
kommen hat. 

2090.  Neko  no  me.  ^2>i^  Das  Auge  der  Katze. 

JVIan  kann  an  der  Pupille  des  Katzenauges  die  Tageszeit 
erkennen,  worüber  folgendes  inanako  no  tita  ("  Lied  von  der 
Pupille")  nähere  Auskunft  giebt :  mtitsu  niaroku,  sJii-hachi 
urisanc,  go  io  shichi  fo,  ;ta»iago  ni  iiar'lte,  kokonotsii  iva  hari ; 
(die  Stundeneintheilung  ist  die  alte ;  in  der  Übersetzung  sind 
die  europäischen  Stunden  in  Klammern  hinzugefügt) :  Um 
6  (6-8  Morgens)  rund,  um  4  (10-12  Vorm.)  und  8  (2-4  Nachm.) 
ein  Melonenkein,  um  5  (8-10  Vorm.)  und  7  (4-6  Nachm.)  ein 
Ei,  um  9  (12-2  Nachm.)  eine  Nadel. 

2091.  Neko  no  mono  zvo  nesuini  ga  nerau.    tS^f^'^Äö^'^ä^^    Die 

Maus  strebt  nach  dem,  was  der  Katze  gehört. 

2092.  Neko  no  shiri  e  saiziicJii  no  yd.  3t§'?)M'^  2  t^'M^srl   Wie  ein 

grosser  Holzhammer  auf  den  Hintern  einer  Katze. 
Die  Bedeutung  ist  ganz  ähnlich  der  von  No  468. 

2093.  Neko    no    shippo    no   yd.    Wi^%%<Z>W    Wie    ein     Katzen- 

schwanz. 

So  unnütz  und  überflüssig.  Der  Vergleich  ist  deshalb  noch 
passender  als  er  bei  uns  sein  würde,  weil  die  japanischen  Katzen 
meistens  nur  einen  ganz  kurzen,  kauai  beweglichen  Stummel- 
schwanz haben. 

2094.  N'eko    wa    sannen    katte    vto,    mikka    talcba    sono    on    wo 

wasurern.  ^sä  (X  H¥  HSJo'ClHBÄ'CitÄoB^^na  Wenn 
man  eine  Katze  aii/li  drei  Jahre  lang  iüttert,  so 
vcrgi-sst  sie  diese   VVohllhat  doch  in  drei  Tagen. 

Auch  auf  undankbare  Menschen  angewendet.  (Vgl.  hierzu 
No  926.) 

2095.  N^eko  wo  kabiirn.  ^JS'^Iä*    Die  Katzenmaske  aufsetzen. 

Eine  unschuldige  Miene  machen. 

2096.  Neko    tvo    korosu   to  shichidai   tatant.    %^^fk'^ '^  ■\i\\^^h 

Wenn  man  eine  Katze  tödtet,  so  wird  man  sieben 
Generationen  hindurch  bestraft. 


227       — 

2097.  Neko-nade-goe.  WMM  Katzenstreichel-Stimme. 

Eine  sanfte,  schmeichelnde  Stimme. 

2098.  Neko-konjö.  %,W&.  Katzencharakter. 

Ein  falscher,  heuchlerischer  Charakter. 

2099.  Xe-nihni  ni  mizji.    M.%\'-i^  Kaltes  Wasser  in  das  Ohr 

des  Schlafenden. 

Von    überraschenden    Neuigkeiten,  ganz  unerwaiteten  Nach- 
richten etc. 

2100.  l^eii  ni  wa  neu  luo  ircro  f  '^\'•^\l'k^^X\^h   Bei  der  Sorgfalt 

wende  Sorgfalt  an  ! 

Man  kann  nie  sorgfältig  genug  sein. 

2101.  XenrlM  iwa  zvo  tösu.  ±::^:S^MtDie  Willenskraft  durch- 

bohrt (selbst)  Felsen. 

Auch  omoii  nenriki  etc.,  die  wollende  Willenskrat't. 

2102.  l^erii  ga  gokumku.  M.h'^'^W^  Schlafen  ist  das  Paradies. 

2103.  Ncru   nie    mo    neziL    ni.    ^SSt^o'lt    Indem    selbst    das 

schlafende  Auge  nicht  schläft. 

Ohne  Rast  und  Ruhe  ;  ohne  sich  jemals  Ruhe  zu  gönnen. 

2104.*  Isessliite  im  akiibokii  no  kage  ni  ikoivazu.  #??  L  t  i  M?k'?> 
FJl-^lt"^  Auch  wenn  einem  heiss  ist,  ruht  man  nicht 
im  Schatten  eines   schlechten  Baumes  aus. 

Man  muss  sich  auch  im  Unglück   nicht  zu  unrechten  Hand- 
lungen erniedrigen.     Vgl.  No  1219. 

2105.  Keyu    zvo    nomascru.     W^.f^Wlk-^h     Den     Schlafenden 

h.eisses  Wasser  trinken  lassen. 

Von  jemand  hinter  seinem  Rücken  Nachtheiüges  sprechen ; 
ihm  hinterlistig  Verlegenheiten  bereiten. 

2106.  Xezimii  tom  neko  zva  tswne  kakiisu.  MMh^it^M^  Die 

Katze,  die  Mäuse  fangen  will,   verbirgt  die  Krallen. 

2107.  ^ido  am  {06.  atiä)  koto  zua  sando  ari.  -S^iVItH^^tJ 

Was  zweimal  geschieht,  geschieht  auch  dreimal. 

Meist  in  schlechtem  Sinne;  nur  selten  im  Sinne  von  unserm 
"  aller  guten  Dinge  sind  drei." 


—       228       — 

2io8.     Nido   bikkuri.    —ItCA'o  <  vj     Beim    zweiten  Mal  erschrickt 

man, 

Z.  B.  von  einem  Mädchen,    das    von    hinten  gesehen  schön 
aussah,  von  vorn  gesehen  aber  enttäuscht. 

2109.     Nido  no  matsuri.  — S^'?>^  Die  zweimalige  Feier. 
Gleich  No  125. 

2  HO.     Niga-tnuslii  wo  kid-tsiibtishita  yö.    ^ä^dMILT:^    Als 
ob  man  ein  bitteres  Insekt   zerbissen  hätte. 

Ein  sehr  enttäuschtes,  unzufriedenes  Gesicht  machen. 

21 11.  Nigerii  ga  ichi  no  te.  j*?)^'— ?)^  Fliehen  ist  der  beste 

Plan. 

Es  ist  besser,  Versuchungen    zu    fliehen,  als  sich  der  Gefahr 
auszusetzen,  ihnen  zu  unterliegen. 

21 12.  Nigerii  ga  kacin.     3ü2)-ö-''0S   Fliehen  heisst  siegen. 

Vgl.  das  vorige  und  No  1633. 

21 13.  Nigeru  mono  inichi  zvo  crabazu.  a^^^il'tSl'f'f*  Der  Flie- 

hende sucht  sich   nicht  erst  den  Weg  aus. 
Jedes  Mittel  ist  recht,  um   sich  zu  retten. 

21 14.  Nigeta   namazti  iva  ökihi    viicni.    x^"f:,f!;(X:^  <  ü'^  ^    Der 

(durchs  Netz)  entschlüpfte  Wels  sieht  gross  aus. 

21 15.  Nii-makura.  M^  Das  neue  Kopfkissen. 

Die  Brautnacht. 

Nilra-tori  s.  Miira-tori. 

2 116.  Nihai  kara  vie-s:us2tri.    —  P§«'^II^  Vom  oberen  Stock- 

werk    (dem  Patienten    unten)    Arznei    Rir    die  Augen 
(appliciren   wollen). 

Thörichte,  unpraktische  Idee. 

21 17.  Nikai   kara    shiri   ivo    abiini.    ^l^'^^hU.te^h     Sich    vom 

oberen  Stockwerk  aus  den   Hintern  (an  einem  Feuer, 
das  unten   ist)  wärmen. 

Ganz  unzureichende  Mittel  anwenden, 

21 18.  iViA'A'ö  zvo  viinai  uchi  wa  kekkö  to  mna  !   H3t^Ä.ti:v^^ll 

^^iS^ti   Wer  Nikkö   nicht  gesehen   hat,  soll  nicht 
"  prachtvoll  "   sagen. 


229      

Nikkö  ist  berühmt  durch  seine  prachtvollen  Tempel,  errichtet 
zu  Ehren  des  i.  und  3.  Tokugavva-Shogun,  die  hier  begraben 
liegen. 

21 19.*  Nihu  WO  saite  kizu  zuo  oginait.  ^^"M^^'UM^M^-  Durch 
Abschneiden  von  Fleisch  die  Wunde  ersetzen  (aus- 
füllen). 

Z.  B.  eine  neue  Schuld  machen,  um  eine  alte  zu  bezahlen. 
Vielleicht  noch  gebräuchlicher :  iiiku  ivo  saite  hara  ni  rnitasii, 
sich  Fleisch  abschneiden  und  den  Bauch  damit  füllen. 

2120.  Niku  zvo  unc.     ^'^Äi    Sein  Fleisch  verkaufen. 

Sein  letztes  Hab  und  Gut  verpfänden  oder  verkaufen,  um 
sich  ein  Vergnügen  zu  verschaffen  (vgl,  No   1753). 

2 121.  ^ikui  mono  ni  cba  zvo  ataeyo  !  ^t'^^l-ß^Ä'^  i    Einem 

bösen  Thiere  gieb  Futter  ! 
Um  es  zahm  zu  machen. 

2122.  Nihumar'e-go  (od.  Nihimare-mono)  yo  ni  habikoru.  tt^ 

^^iftl-^Ji^.  Gehasste  Kinder  (od.  Leute)  breiten  sich 

in  der  Welt  aus. 

Manche  Leute  haben  trotz  ihrer  UnbelielDtheit  in  der  Welt 
Erfolg.  Auch  als  Trost  gesagt  für  solche,  denen  es  in  der  Jugend 
schlecht  geht,  besonders  für  Kinder,  die  von  der  Stiefmutter  hart 
behandelt  werden. — Statt  habikoru  auch  habakaru  (in  derselben 
Bedeutung :  sich  ausbreiten). 

2123.*  KikushoUu  no  to.  %%^'^  Die  fleischessende  Gesell- 
schaft. 

Die  besseren  Stände. 

2124.*  Nimai-jlta  zvo  tsukmi.  ^i!ÄS"^f^i-  Zwei  Zungen  ge- 
brauchen. 

"  Doppelzüngigkeit." 

2125.*  NinimeUf  fiishin.  A®i^C^  Das  Gesichteines  Menschen, 
das   Herz  eines  Thieres. 

2126.*  Kill  zvo  mite    Jiö    wo   toke /    A^I.'t^^sÄlJ     Predige   je 
nach  den  Leuten,  die  du   vor  dir   siehst! 
S.  No  662  und  669. 


—      230      — 

21 27-*  fingen  banji  Said  ga  uma.  KM^'~^%m^^^  Es  ist  mit 
allen  inenschlicben  Dingen  wie  mit  Saiö's  Pferd. 

Was  ein  Unglück  scheint,  ist  oft  ein  Glück,  und  umgekehrt. 
Einem  weisen  alten  Manne  in  China,  Namens  Saiö,  entlief  einst 
sein  Pferd ;  seine  Freunde  bedauerten  ihn  deshalb,  er  aber  sagte 
nur :  Wer  weiss,  ob  das  nicht  ein  Glück  ist !  Nach  einigen 
Monaten  kam  das  Pferd  wieder  und  brachte  ein  zweites,  weit 
schöneres  Pferd  mit ;  aber  als  seine  Freunde  ihm  nun  Glück 
wünschten,  sagte  Saiö :  Wer  weiss,  ob  das  nicht  ein  Unglück 
ist !  In  der  That  zeigte  sich  bald,  dass  er  Recht  gehabt  hatte, 
denn  als  sein  Sohn  eines  Tages  auf  diesem  schönen  Pferde  ritt, 
fiel  er  herunter  und  brach  sich  den  Arm.  Aber  auch  diesmal 
erwies  sich,  wieder  nach  Saiö's  Vorhersage,  das  Unglück  als  ein 
glücklicher  Zufall,  denn  als  bald  nachher  der  Bau  der  chinesischen 
Mauer  begonnen  wurde,  blieb  der  Sohn  wegen  seines  lahmen 
Armes  von  dem  Frohndienst  daran  frei. 

2128.*  Nmgen  isshd  yiime  no  gotoslii.  hS^-''^3-'^%\,  Das  mensch- 
liche Leben  gleicht  einem  Traume. 

Auch  unter  No  974. 

2129.*  Ningeji  itam  tokoro  ni  scisan  ari.  KW^hWW'-^^'^'^}  An 
dem  Ort,  wo  der  Mensch  (schliesslich)  ankommt,  ist 
der  blaue  Berg. 

Seizafi,  "  blauer  Berg,''  ist  ein  poetischer  Ausdruck  für  "  Grab.'' 

2130.*  Ningen  no  eiyö  wa  füzen  no  cJiiri  no  gotoslii.  K^^^^M.\^ 
M.^O^OjtnL  Menschliche  Pracht  und  Herrlichkeit  ist 
wie  Staub  vor  dem  (im)  Winde. 

213 1.*  Ningen  no  inochi  tva  füzen  no  tomoshibi.    \WiZ>'^[tUim^s>^ 
ik.  Das  menschliche    Leben    ist    wie    ein    brennendes 
Licht  im  Winde. 
Auch  unter  No  910. 

2132.  Ningen  no  kireppaslii.  KX^^:>W\y\  Ein  Stück  von  einem 
Menschen. 

Ohne  verächtliche  Bedeutung,  sondern  nur  im  Sinne  von 
"  immer  noch  ein  Mensch,''  z.  B.  kojikhno  ni7igen  no  kireppashi, 
selbst  ein  Bettler  ist  immer  noch  ein  Mensch  (muss  mensch- 
lich behandelt  werden). 


—      231      — 

2133-  Ningen  zva  yamai  no  titsinva.  APBTU^e)^  Die  Menschen 
sind   Gefässe  der  Krankheiten. 

2134.  Ningen  wazuka   gojü-ncn.  AfeTiiEi'^  Der    Mensch    lebt 

kaum  fünfzig  Jahre. 

2135.  Ningyö  zvo  tsitkaii.  A?^4>®.5-  Puppen   gebrauchen. 

Sich  anderer  als  Werkzeuge  bedienen,  aber  selbst  hinter  der 
Scene  bleiben  (wie  ein  Puppenspieler  die  Puppen  nach  seinem 
Willen  bewegt,  aber  selbst  unsichtbar  bleibt). 

2136.*  Nhlin  kokoro  zvo  onajtL  seba,  ödo  hcnjite  kin  to  naru.  — 
A.t^^^lRiCtfltı®C'C^^^,i  Wenn  zwei  Menschen 
ihre  Herzen  ganz  einig  machen,  so  verwandelt  sich 
(durch  ihre  vereinigte  Willenskraft)  gelbe  Erde  in 
Gold. 

2137.  Ninjiu    nondc    kubi-kiikimi.  AB^ÄjX^Z   Erst  Ginseng 

nehmen  und  sich  dann  aufhängen. 

Die  Ginsengwurzel  (Panax  ginseng)  ist  in  China,  und  war 
im  alten  Japan,  das  berühmteste  und  auch  theuerste  Heilmittel. 

2138.  Nippachi-gzvatsu  wa  sendö  no   agumi-doki.    — A^UÄSsB 

©i^B$  Der  zweite  und    der    achte    Monat    sind    die 
Leidenszeit  der  Schiffer. 

Nach  jetzigem  Kalender  der  dritte  und  der  neunte  Monat, 
die  Zeit  der  Aquinoctialstürme. 

2139.  Nise    no   yokusoku.    — fÜ:«?)^:^  Das    Gelöbniss  für  beide 

Welten. 

Das  Gelöbniss,  in  dieser  und  der  künftigen  Welt  als  Ehepaar 
vereint  zu  sein.  Auch :  nise  no  cJiigiri,  das  Bündniss  zweier 
Welten  =  Ehebund. 

2  140.  Nislii  no  kwii  de  Jiyakuman-goku  mo  totte  iru  yö.  MOS 
T'@"^,5i^I-^^^4^  Als  ob  er  im  Westen  Einkünfte 
von   einer  Million   Koku   Reis  besässe. 

Sich  ein  grosses  Ansehen  geben.  (Anspielung  auf  den 
Fürsten  von  Kaga,  der  der  reichste  unter  allen  Daimyö  war  und 
über  eine  Million  (1027000)   Koku  Einkünfte  hatte.) 


—     23-:     — 

2 141.     yishih'i    Jdni  tatami    no  ue  Jio  kojiki.    ^^5iS<?)±O^Ä 
Bettler,   die   Brokat  tragen  und  auf  den  Zimmermatten 

sitzen. 

Solche,  die  ein  bequemes,  arbeitsloses,  aber  verachtetes  Leben 
führen,  wie  z.  B.  Dirnen  oder  Geisha's  (Sängerinnen). 

2142.*  Nishiki  no  ue  ni  hana  wo  sou.  ll'?)±l-ib4'Y2si>  Auf  Brokat 
Blumen  streuen. 

Auf  eine  verdienstliche  That  eine  zweite  folgen  lassen  ;  sich 
von  neuem  mit  Ruhm  bedecken,  "  sich  selbst  übertreffen.'' 

2143.*  ^ishin  1V0  idaku.    rii^^1S<    Zwei    Herzen    im    Busen 

tragen. 

Falsch,  verrätherisch  sein.  (Vgl.  No  402.) 

2144.  I^isoJiU    710   waraji  wa    hakenu.    — Ä?>?^li^iJ»    Man 

kann     nicht     zwei      Paar      Strohsandalen      (zugleich) 
tragen. 

Man  kann  nicht  zwei  Dinge  zu  gleicher  Zeit  thun.  (Vgl,  No 
I  und  2150.) 

2145.  Nisoku  sanimon.  — .SH^  Für  zwei  Paar  drei   Heller. 

Etwas  unter  allem  Werthe  verkaufen. 

2146.  Nita  mono  füfu.  im7':^^Üf  Was    sich    ähnlich    sieht,  ist 

ein  Ehepaar. 

An  der  Ähnlichkeit  (der  Gesinnung)  erkennt  man,  dass  es 
ein  Ehepaar  ist ;  oder  auch :  was  sich  ähnlich  ist,  findet  sich 
zusammen  und  tvird  ein  Ehepaar. 

2147.  ^itarl  yottari.  iÖf:  "J^t:  "J    Was  ähnlich  ist,  findet  sich 

zusammen. 

"  Gleich  und  Gleich  gesellt  sich  gern.'' 

2148.  NitcJii  vio  satchi    ino    ncirann.    —  ütSiil^^f»«     Weder 

zwei  Schritte  noch   drei  Schritte  (machen)  können. 

Weder  vorwärts  noch  rückwärts  können  ;  in  einer  bedräng- 
ten Lage  sein. 

2149.  ^it*i  ino    yaite    vio    kuenu.  #.'C  li^X  t  Ä'^^2    ]Man    kann 

(ihn)  weder  gekocht  noch   gebraten  essen. 

Von  jemand,  dem  auf  keine  Weise  Ijeizukinnmen  ist.  Vgl. 
No  588. 


2150.*  Nito  ou  mono  lua  itto  wo  ezu.  i:^ü,^>:§lt— 5&^f§^f   Wer 
zwei  Hasen  zugleich  verfolgt,  fängt  keinen. 
Vgl.  No  I. 

215 1.  WiivaJza  mekiira  no  tsue-ushinai  no  yo.  ^WA 00:^0^0 IIS 
Wie  der  Blinde,  der  plötzlich   seinen  Stock  verliert. 

Auch  noch  die  letzte  Stütze,    die    letzte    Hoffnung    verlieren. 
Vgl.  No  1820. 

2152.*  Niivatori  no  kuchi  to  nani  to  vio,  ushi  no  shiri  to 
naruna  /  %(DÜi]^ht  i'^<^M.^j^hU  Werde  noch  eher 
der  Schnabel  eines  Huhns  als  der  Hintere  eines 
Ochsen  ! 

Japanische   Lesung  von    No    1280    (doch   statt    o,   Schwanz : 
s/nri,  Hinterer).     Vgl.  auch  No  897. 

2153.*  Niwatori  sanmku  sJiite  ki  ni  nobori,  kamo  saniuhi  shite 
jnizu  ni  kudaru.  il^<  L-C7ici:±vJS!l^  <  L-CtKüT*  Das 
Huhn  geht,  wenn  es  kalt  wird,  auf  den  Baum  hin- 
auf, die  Ente  geht,  wenn  es  kalt  wird,  ins  Wasser 
hinab. 

2154.*  Nhvatori  wo  saku  ni  gyütö  wo  viochiynrti.  H'^S'J  <  l-^];^^ 
f?i^^h  Uni  ein  Huhn  zu  zerlegen  ein  Ochsenmesser 
gebrauchen. 

Variante  von  No  468  oder  12S2. 

2155.  JVo  am  taka  lua  tswne  %vo  kakusti.  tl^SlSltnS.'^M-f    Ein 

kluger  Falke  verbirgt  seine  Klauen. 
Vgl.  No  2106. 

2156.  Nö  nashi  no  jiki-takiiini.  ^^^LOÄ^   Des    Ungeschickten 

Geschicklichkeit   im  Essen. 
Vgl.  No  1971. 

2157.  iVo&e  no  okiiri  zvo  suru.  ifäOigi'J  ^t -5  Nach  dem  P'elde 

das  Geleit  geben. 

Dem  Begräbnisszuge  folgen  ;  "  das  letzte  Geleit  geben.'' 

2158.  Xodeppö  zvo  2itsu  ip^.  JianatsJL).  MWiM^Wi-^   Ein  Gewehr 

im   Felde  abfeuern. 

Ins  Blaue  hinein  reden ;  auch  :  prahlen. 


—     234     — 

2159«  ^odomoto  sugurcba  atsnsa  wastireni.  "BTCiä^ilf^^^Si 
Wenn  (der  heisse  Bissen)  durch  den  Schlund  hindurch 
ist,  ist  die  Hitze  vergessen. 

Wenn  die  Noth  vorüber  ist,    vergisst  man    den    Wohlthäter. 
Statt  nodomoto  sugureba  auch  nodotnoto  wo  töreba. 

2160.  Isöja  (od.  JVöJO  fude  wo  crabazu.  t^#(tS^)«4>®:X*t  Der 

Schreibkünstler  sucht  sich  nicht  erst  den  Pinsel  aus* 
Variante  von  No  181 5. 

2 161.  IKojuK'U  zvo  sHr2i.  Sf^^^^T^   Feldherberge  machen. 

Im  Freien  übernachten. 

2162.  Noliorimoiio  ni  zua  fuku  ga  am.   ll''J^^I-(l^t?*feS    In 

übrig  gebliebenen  Dingen  ist  Glück. 
Gleich  No  59. 

2163.  l^onianeha    kusiiri  mo    köno    nasld.    ^tYi\tM\^^]WS-\~ 

Auch  Arznei  kann  nicht  wirken,  wenn  man  sie  nicht 
einnimmt. 

2164.  yoine  ya  ntae  ya,    issun  saki  yami  110   yo.  I^j'^'PHa'^  i. , 

— "*f:^S'5S  Trinket  und  singet,  (denn)  einen  Zoll  vor 
uns  ist  dunkle  Nacht. 

Aus  einem  Liede ;    vgl.  No  9S3. 

If^ani  (Floh). 

2165.  NoDii   no    atama    zvo    0110  de    zvarii.  SOM-V^TIÜS    Den 

Kopf  eines   Flohs  mit  einer  Axt  spalten. 

\g\.  No  468. 

2166.  Noini  no  jTtfu  no  yd.  M<?5^^?)^  Wie    ein    Flohpärchen. 

Von  eineni  Ehepaar,  bei  dem  die  Frau  grösser   ist   als    der 

Mann. 

2167.  Nomi  no  kintama  no  yd.  :S'^I^Ä<^^    Wie    die    Testikeln 

eines  Flohs. 

Um  äusserste  Kleinheit  auszudrücken. 

2168.  Noviiton-manako.  -SfflilS  Flohfänger-Auge. 

Ein  scharf  aufpassendes  Auge. 

Komi  (Meissel). 


—     235     — 

2169.  Noini  to  ieba  tsuchi.  ^^ ff'^lffl  Wenn  man  sagt  Meissel, 
(so  gehört  dazu  auch)  ein   Hammer. 

Es  versteht  sich  von  selbst,  dass,  wenn  man  einen  Meissel 
braucht,  ein  Hammer  dabei  sein  muss. 

2170.*  N^o^ni-hiii  ni  wa  tanin  atsuntari,  iiki  koto  ni  zva  shin- 
zoku  tsudou.  t^Äl-  (iMAm^J  >ffi^#i:  It^M^i.  Zum  Essen 
und  Trinken  kommen  (auch)  Fremde,  bei  einem 
Trauerfalle  versammeln   sich   (nur)  die  Angehörigen. 

2 171.*  Nöinin  no  iki  ga   ten  c    noboru.    f^^^M.^'^^^^^h    Der 
Athem   des  Landmanns  steigt  bis  zum  Himmel  empor. 
Man  soll  den  Landmann  nicht  verachten,  denn  er  steht  unter 
dem  Schutze  des  Himmels. 

2172.*  li^OiUK  ni  herazit  ni,  snu  ni  kern.  tftLM-M  ?)'ri->©^-l-i^^ 
Es  wird  nicht  durch  Trinken  weniger,  sondern  durch 
Saugen. 

Nicht  eine  einmalige  grosse  Ausgabe,  sondern  eine  dauernde 
kleine  Ausgabe  macht  arm  u.  dgl. 

2173.  KonulxCi  no  ippon  sugi.  M^^—^^  Der  einzige    Ceder- 

baum  mitten  auf  (weitem)  Felde. 
Einsam,  ohne  Freunde  sein. 

2174.  yo7H~kakatfa  /une.  M^}^<^'f:^a    Das    Schiff,    mit  dem 

man  die  Fahrt  schon  begonnen  hat. 

Man  soll  den  einmal  ergriffenen  Beruf  nicht  leichtsinnig 
aufgeben  ;  auch  gleich  :  "  wer  A  sagt,  muss  auch  B  sagen." 

2175.  Norii  ka  soru  ka   yatte  mim.   %h^^lyLh'^^'^^X%h   Ver- 

suchen, ob  es  einen  trägt  oder  ob  es  sich  biegt. 

Die  Worte  uoru  ka  soru  ka,  "  fahren  oder  sich  biegen " 
sind  ziemlich  sinnlos  und  nur  des  Gleichklangs  wegen  gewählt. 
Etwas  auf  jeden  Fall  versuchen,  weide  es  wie  es  wolle  ;"  biegen 
oder  brechen.'' 

2176.  No^oki    hachiinon.    M.^A'X    (Durch    den    Zaun)    sehen 

kostet  (nur)  acht  Heller. 

Ahnlich  wie :  Sehen  kostet  nichts. 

2177.  N^iii^ue  ga  warau.  ^^^^%2>-  Die  Naht  lacht. 

An  der  Naht  des  Kleides  ist  eine  aufgetrennte  Stelle. 


—    236    — 

2178.  Kuka  ni  kugi.  ^X'-Ü  Einen  Nagel  in  Reiskleie  (schlagen). 

Von  erfolglosen  Bemühungen ;  besonders  in  der  Bedeutung : 
"  tauben  Ohren  predigen.'' 

2179.  Niika  wo  iicbutte  kasu  ni  oyobosu.  '^^-SSotlfltÄlti'   Die 

Kleie   leckend  bis  auf  den  Bodensatz  kommen. 
Alles  rein  aufessen. 

2180.  Nukanii    taitö    no    kdmyö.    iä-o'^^7J<?>^^    Eine  grosse 

That,  ohne  das  Schwert  zu  ziehen. 

2181.  Nuregimi     ivo     kisem.    ^S^^-tfa      (Jemand)     nasse 

Kleider  anziehen. 

Ihn  fälschlich  beschuldigen. 

2182.  Nuf'e-nezutni  no  yd.  Wc^%J^^  Wie  eine  nasse  Maus. 

Vom  Regen  vollständig    durchnässt    sein.      "  Nass   wie  eine 
Katze." 

2183.  ^urenu  saki  koso  tsnyu  wo  vio  itoe  /  M^t%\^M^iW.^ 

Vermeide  den  Thau,  bevor  du  nass  bist ! 
Vgl.  No  1544. 

2184.  Nure-te  de  awa  wo  tsukami-dori.    ?i^'Clg^Ji'5^l?5    Mit 

nassen   Händen  Hirse  greifen. 

Geld  verdienen,  ohne  sich  anzustrengen.     Auch  :  ttttre-ie  awa 
no  tsiikami-dori. 

2185.  Nuslii  am  hana  wo  oruna  .'  ^^hlxi^^h'^L  Pflücke  nicht 

Blumen  ab,  die  einen   Eigenthümer  haben  ! 

2186.  'Kusuhito  ni  kagi  wo  watasu  yd.  iSAl-^^i'i'l'f  tt  Als  ob 

man  dem  Diebe  die  Schlüssel  (des  Hauses)  gäbe. 

Abgekürzt :  jiusubito  ni  k.igi,  dem  Diebe  die  Schlüssel. 

2187.  Nusubito  ni  katc.  ^Al-4S  Dem  Diebe  Proviant. 

Dem  eigenen  Feinde  helfen.     (Vgl  No  8.) 

2188.  Nusubito  ni  ino  jingi  ari.  "^Al- itfö^j^J    Auch  der  Dieb 

(Räuber)  hat  Menschlichkeit. 

2189.  Nusubito    ni   oi-sen.  ^Al-ü.!!   Geld  zur    Verfolgung    des 

Diebes. 

In  ein  verfehltes  Unternehmen  noch    mehr    Geld   hineinste- 
cken ;  sich  nutzlose  Kosten  machen.     (Variante  von  No  31 1;) 


—     237     — 

2190.  Numbito  no  hau  ni  wa  nusubito  wo  tsiikae  !  ^A^Sl-U^ 

A^fö*^  Zum  Wächter  gegen  Diebe  nimm  einen  Dieb  ! 

2 191.  Nustibito  no  Jiima  wa  aredo,  mamori-te  no  hima  wa  nashi. 

•^A'^^EiU^tns'.^'AOlJÜXilL  Wenn  auch  der  Dieb  ruht, 
der  Wächter  darf  nie  ruhen. 
Sagt  das  Gegen theil  von  No  1755. 

2192.  Nusubito    no     hirune.    ^AO^I^      Der     Tagesschlaf    des 

Diebes. 

Zu  einem  grossen  Unternehmen  Kräfte  sammeln. 

2193.  Nusubito  no  hirune  wa  atekoto  an.  ^A0lBil1*Vfc''J  Auf 

den  Tagesschlaf  des  Diebes  kann  man  sich  verlassen. 

Scherzhaft  zu  jemand,  der  nur  deshalb  fleissig  ist,  um  mit 
der  Arbeit  desto  eher  fertig  zu  sein  und  dann  ausruhen  zu  können. 

2194.  Nusubito    take-dakeshi.    !SA"f:l.Tf:'l)  \.^'    Diebe     sind    ver- 

wegen, 

2195.  Nusubito  wo  mite    nawa   zvo    nau.    "^A^^tll^llI^    Den 

Strick  erst  machen,  wenn  man  den  Dieb  sieht. 

Etwas  zu  spät  thun  (Vgl.  No  312  u.  894,'.  Gemeint  ist  nicht 
etwa  der  Strick  zum  Hängen,  sondern  zum  Binden  des  ergriffenen 
Diebes. 

2196.  Nisubito  wo  toraete  mireba,  tvaga  ko  nari.  "^A^^ii'^'CÄH 

It^T^X^J    Wenn  nian   den    gefangenen    Dieb    ansieht, 
ist  es  das  eigene  Kind. 

Wenn  sich  z.  B.  jemand  über  etwas  beklagt,  und  es  sich 
dann  herausstellt,  dass  er  selbst  daran  schuld  ist. 

2197.  N^usiitni  suru    ko  iva    7iikukara(jt)de,  naxva    kakeru  Jitto 

ga  urameshi.  '^^ f  'S  ^ Itft^ ^  h  Tll^if  h  Au^'tB*^  L  Man 
hasst  nicht  den  Sohn,  der  stiehlt,  sondern  denjenigen, 
der  ihn  mit  Stricken  bindet. 

Man  hasst  nicht  seine  eigene  Schlechtigkeit,  sondern  den, 
durch  welchen  sie  an  den  Tag  kommt. 

2198.  Kyobö  ga  tsuno  wo    hayasti.    icM^'Ä^^-^'f    Die    Frau 

streckt  die   Hörner    hervor    (eigtl.    lässt    die    Hörner 

wachsen). 

Sie  wird  eifersüchtig. 


—     238     — 

2199-  Nyobö  to  kovie  no  meshi  ni  wa  akatiu.  icM^^^tSI*  UiÖ«' 
<^  Seiner  Frau  und  gekochten  Reises  wird  man 
nicht  überdrüssig. 

2200.  Nyobö  to  tatmni  %va  atarashiki  ga  yo&hi.  ic^ifiU^  L^*-»* 

Ä  L  Frauen  und   Zimmermatten  sind  am  besten,  wenn 
sie  neu  sind. 

2201.  Nyobö  zua  ie  no    dögu.    iCj^(i^O-^Ä    Die    Frau    ist    das 

(werthvoilste)   Geräth  des  Hauses. 

Dögu,  "  Geräth,"  schliesst  manchmal  den  Begriff  "  werthvoll," 
"  Schatz,"  "  höchstes  Gut "  etc.  in  sich,  z.  B,  toln  no  iii07io  iva 
chonai  no  dögu  da,  die  Feuerwehr  ist  der  rettende  Hort  des 
Stadtviertels. 

2202.  Nyobö    iva    ie    no    takccra.    ic^U^^Ä   Die  Frau    ist  der 

Schatz  des   Hauses. 

2203.  Nyobö  tva  yama  no  kamt  kurai,  hyakkoku  no  knrai.   icM 

Itlll^'fö,  W^S  Die  Frau    hat    den   Rang  der  Berges- 
göttin und  von  hundert  Koku  Reis. 

Die  Frau  ist  eine  sehr  wichtige  Person.  ( Yama  no  kamt 
"  Gott  (od.  Göttin)  des  Berges,"  ist  ein  Ausdruck  für  "  Frau," 
besonders  für  eine  solche,  die  im   Hause  die  erste  Rolle  spielt.). 

2204.  .JS^i/UsIiü  no  kiichi.  ¥LÄOP   Ein   Mund,  der   (noch)  nach 

Milch  riecht. 
Gleich  No  220. 


->^<« 


2205.  O  ni  0  wo  tsukcni.  Ml-M^ftlTS   Dem    Schwanz    immer 

noch  einen   Schwanz  ansetzen. 
Übertreiben. 

2206.  O  %vo  furu  inu  wo  utsn  mono  nasJii.    M^^*::^'^^<?^ilL 

Einen  Hund,  der  mit  dem    Schwänze  wedelt,  schlägt 
niemand. 


—     239    — 

2207.     O  zva  jüzen,  kann  wa  kuzen.^\t-\'^.W^{t%^  Der  König 

hat    zehn  Tugenden,    die    Götter    haben    (nur)    neun 

Tugenden. 

Der  König  ist  mächtiger  als  die  Götter;  man  hat  vor  ihm 
noch  grösseren  Respekt,  fürchtet  ihn  noch   melir. 

2208.*  O-lnine  wo  ngokasu  roJioso  wa  isshaku  ni  tarazti.  'k^^ 
iS^'tM^(t-Xr-Ä  ?.T  Der  Ruderzapfen,  der  das  grosse 
Schiff  bewegt,  ist  nicht  einmal  einen  Fuss  lang. 

2209.  '  Oltuft'  to  üba  '  dakarcyo'  to  in.    Äi<^  9  ^51ltlflJ^"^5 

i5>J>  Wenn  man  sagt:  ich  werde  dich  auf  dem 
Rücken  tragen,  sagt  er:  ich  will  auf  dem  Arm 
getragen  werden  ! 

Von  jemand,  der,  wie  ein  eigensinniges  Kind,  immer  das 
Gegenlheii  von  dem  will,  was  ein  anderer  vorschlägt. 

2210.  Tß-huroshiki  wo  Jdrogcta  yd  na  hito.  -K'W^.^tk^MltM'^S. 

A  Ein  Mann,  als  wenn  er  ein  grosses  Einwickeltuch 
ausgebreitet   l)ätte. 

Ein  Prahler ;  einer,  der  sich  zu  allem  vermiest.  Auch  nur : 
i-burosJiiki  Jio  hit,i,  der  Mann  des  grossen  Einwickeltuches. 

Obutta  ko  -s.   Ota  ko. 

22 11.  O-cha  zvo  nigosu.  i^%t^^  Den  Thcc  trüben. 

Eine  Redensart,  mit  der  man  um  Entschuldigung  bittet,  dass 
man  (z.  B.  durch  eine  Ansprache,  durch  den  Vortrag  eines 
Musikstückes  etc.)  die  allgemeine  Aufmerksamkeit  einige  Zeit  lang 
in  Anspruch  nimmt. 

2212.  OchiinuslHi  simiki  710  ho  ni   ozurn.    j?5\^ill<?>^,i-:^T*^ 

Der  Ausreisser  erschrickt  selbst  vor  den  Ähren  des 
Susuki-Grases. 

2213.  Ochireba  onaji  tanigazva  no  niizu.  ??nitl?5j  CS jiJO/K  In- 

dem es  (Regen,  Schnee  u.  s.  w.)  niederfällt,  (wird  alles 
zum)  Wasser  desselben  Thalflusses. 

Es  ist  schliesslich  alles  eins.  Das  Spr.  stammt  aus  einem 
Volksliede. 


—       240       

2214«     Ochisö  de  ocJiimi    tua  hatacJii-bözu  to  nshi   no    kintama, 

ochisö   VW    nakiite    ochim    wa    gojü-bösu    to    shika    no 

tsuno.  ^5^5T^S»II-+i;5±«1^€)gÄ.  J^^^9T^i:<'C 

•^'bhXI'E.-Ym^.i^^n  Was  aussieht,  als    ob    es  fallen 

könnte,  aber  nicht  fallt,  ist  ein  zwanzigjähriger  Priester 

und  die  Testikeln  des    Stieres  ;    was    scheinbar  nicht 

fallen    kann    und    doch    fällt,    ist    ein    fünfzigjähriger 

Priester  und  das  Geweih  des  Hirsches. 

Oc/ilru,  fallen,  abfallen,  hat  den  Nebensinn  :  sündigen.  Der 
junge  Priester  überwindet  die  sinnlichen  Triebe  trotz  ihrer  Stärke, 
weil  er  noch  voll  Eifer  ist ;  beim  alten  Priester  dagegen  hat  der 
Eifer  schon  nachgelassen,  sodass  er,  trotz  seiner  Jahre,  der  Ver- 
suchung leichter  unterliegt  als  der  junge. 

2215.  Ochitam  Jiochi  ni  iakavii   wo    osorti.     ^1~h'^\-'^^^W 

h    Wenn  man  gefallen  ist,  fürchtet    man  die  Höhe. 

"  Gebranntes  Kind  scheut  das  Feuer." 

2216.  OcJiite    im    inoiio  wo    Jiiromia !    MX^  i^^t^J>-U    Hebe 

nicht  auf,  was  am  Boden  Hegt  I 

2217.  Odan-yanii  no  Jiito  ni   zva    nani   mono   mo  mina  kiiro 

ni  viiyit.  ffiia^OAl-ltMiia  i  ^^Ül-Ä<5>  Dem   Gelbsüch- 
tigen erscheinen  alle  Dinge  gelb. 
Vgl.  No  74. 

2218.  Oclate  to  mokko    ni   zva  noritakunai.    ffiW)iÄI-(t^''J  "f:  < 

'^L^^  Man  hat  ebensowenig    Lust,    sich    aufhetzen    zu 
lassen,  wie   in  einem  viokko  getragen  zu  werden. 

Mokko  ist  ein  Flechtwerk  aus  Stricken,  das  dazu  dient,  Erde 
fortzutragen,  früher  aber  auch,  Verbrecher  zu  transportiren.  Auch  : 
odate  to  mokko  ni  nori-yasui,  (er)  lässt  sich  leicht  überreden  und 
im  mokko  trogen. 

2219.  Odaivara-chöchin.  'hfflüü^  Eine   Odawara-Laterne. 

Die  nach  der  Stadt  Odawara  benannten  Papierlaternen  sind 
lang  cylindrisch  und  zum  Zusammenklappen  eingerichtet.  Ein 
scherzhafter  Ausdruck  für  Impotenz.     (Vgl  No  244.) 

2220.  Odazvara-hyogi.  'hHÜ^fPIS    Die  Berathung  von  Odawara. 


—    241     — 

Langes  resultatloses  Hin-  und  Herreden.  Das  Odawara- 
Schloss,  der  Sitz  der  Höjö-Familie,  wurde  1590  von  Hideyoshi 
durch  einen  plötzlichen  Handstreich  genommen,  während  man 
drinnen  noch  immer  beim  Kriegsrath  sass  und  sich  nicht  einigen 
konnte. — Statt  hyögi  auch  hyijd  (I^IS). 

2221.  Odazvara-hyögi  de  matomaranai.   'J^HMI^IiTilÄ  ^j^j;*.^  Bei 

einer  Odawafa-Berathung  einigt  man  sich  nicht. 

Wenn  jeder  eine  andere  Meinung  hat,  so  kommt  man  zu 
keinem  Resultat. 

2222.  O-dori  S2im  yori  ko-dovi  seyo  !  ^^"^  S  i  "J  ^M?tf  l  Nimm 

Heber  7x\  wenig  als  zu  viel  ! 

Ofiüzu :  s.  Okame. 

2223.  Ogoru     mono    wa    hisashikarasii.    ^^^ItA.  L^"  ?>"?*    Zu 

anmassende,  übermüthige  Leute  treiben  es  nicht  lange. 
"  Hochmuth  kommt  vor  dem  Fall";  "gestrenge  Herren 
regieren  nicht  lange."  Auch  sagt  man :  ogoru  Heike  7va  hisashi- 
karazu,  die  übermüthige  T^mz-Familie  hat  nicht  lange  gedauert. 
Die  7^?/nr-Familie  [Heike]  gelangte  durch  Taira  710  Kiyomori 
(t  I181)  zur  unumschränkten  Herrschaft,  wurde  aber  wenige 
Jahre  nach  dessen  Tode  völlig  vernichtet, 

2224.  O-hachi  ga  mawatte  ktiru.  i^l^'^^MX^h   Der  Reiskübel 

geht  im  Kreise  uirJier. 

Es  kommt  an  jeden  die  Reihe,  z.  B.  zu  gewinnen ;  aber 
auch  zu  verlieren. 

2225.  0-hacJdbarai  no  meshi  wo    hm  to  shiissei   sJiinai.    ^W^Ü^ 

^t54-Äi>=i  ttiiS:  XJi.'^^  Wenn  man  den  aus  dem  Reiskübel 
ausgekratzten  (letzten)  Reis  isst,  wird  inan  nicht  sein 
Glück  in  der  Welt  machen. 
Man  soll  sich  nicht  wegwerfen, 

O-haJiO-viusuine :  s.  Hakoiri-vmswne. 

2226.  O-heso  de  (od,  gd)  cha  wo  wakasu.    i>"ifT^4'i^»1'   jAuf 

dem  Nabel  Thee  kochen. 
S.  No  620, 

2227.  O-liige  no  chiri  zvo  haraii.    ip'feOM^-l^i^    Einem  andern 

den  Bart  abstäuben. 

Sich  gegen  jemand  kriechend  benehmen ;  ihm  schmeicheln. 


—       242      — 

2228.  O-hira  no  naga-imo  no  yd.  -fcf^^igt^O^  Wie  die  Yams- 

wurzel der  flachen  Schüssel. 

Von  einem  Mädchen  mit  weissem,  aber  nichtssagendem, 
dummem  Gesicht.  "  Flache  Schüssel "  ist  der  Name  eines  bei 
japanischen  Mahlzeiten  regelmässig  aufgetragenen  Ganges,  der 
aus  Yamswurzeln,  Pilzen  und  noch  anderen  Gemüsen   besteht. 

2229.  Oire    no   gakumon.   ^^OJ^fSJ    Das    Studiren    des    alten 

Mannes. 

Vgl.  No  475.  Statt  oire,  alter  Mann,  auch  oioore,  vor  Alter 
kindisch  gewordener  Mann. 

2230.  Oitarii  wo  chichi   to   seyo .'    ^«^f:  2)=^^^'tf  i     Behandle 

einen  alten   Mann  wie  deinen  Vater  ! 

2231       Oite  zva   futatabi  cJngo  to  naru.   %X\V^Ü^'^t]B^h    Wenn 
man  alt  wird,  so  wird  man  wieder  zum  Kinde. 

2232.  Oite   %va    ko    ni   shitagau.  ^'^\'l^\'~'^^-    Wenn    man    alt 

ist,  gehorcht  man  den  Kindern. 

2233.  O-hahii  wo  in.     ii^^Si-   Den  Baumstumpf  reden. 

'■  Baumstumpf"  hier  gleich :  das,  worauf  man  immer  wieder 
zurückkommt,  worum  es  einem  hauptsächlich  zu  thun  ist. 

2234.  O-kage  de.   fc"^T  Durch  Ihren  Schatten. 

Durch  Ihren  Einfluss. 

Okame  (Name  einer  populären  Figur). 

2235.  Okmne  ga  aviazake  (od.  shirozake)  ni  yotta  yd.  iJt>^ii^i}^"H' 

?@!:S$o-f;^  (So  vergnügt)  als  ob  Okame   von  süssem 

Sake  berauscht   wäre. 

Okame   (auch    OJukii    oder  Oiafukit)    ist    der    Name    einer 

volksthümlichen,    oft    abgebildeten    Figur,     die     ein     lachendes 

Mädchen  mit  schmaler  Stirn,  stumpfer  Nase  und  dicken  Backen 

darstellt — ein     Symbol    ausgelassener    Fröhlichkeit.       Auch    ab- 

.  .  gekürzt :   Okavie  ni  ainasake,  der  Okame  süssen  Sake  (geben). 

Okame  (Zuschauer). 

2236      Okame  liachi-moku.  ^IIA@  Zuschauer  haben  acht  Augen. 
Ein  unbetheiligter  Zuschauer  sieht  die  Sache  richtiger  an  als 
die  Betheiligten ;  andere  können  uns  besser    beurtheilen    als    wir 
selbst. 


—     243     — 

2237-  Ökanii  ga  koromo  zvo  kita  yd.  W-^^^tM.  Als  ob  ein 
Wolf  ein  Priesterkleid  angezogen   hätte. 

Nicht  etwa  gleich  unserm  "  Wolf  im  Schafskleide,"  sondern 
soll  nur  sagen,  dass  das  Kleid  für  den  Träger  viel  zu  gross  ist. 
Auch  :  ökami  koromo  Jii  kiseru  ga  gotoku,  als  ob  man  einem 
Wolfe  Priesterkleider  anzöge.     Abgekürzte  Form  :  okavii  koromo. 

2238.  Okami-mono.  3S  i  "^^  Ein  Mensch  wie  ein  Wolf. 

Ein  Heuchler  ;  ein  gewissenloser  Mensch. 

2239.  O-ka^ari  no  shita  wo  yokei  kugiirite    im.    i>'|(^'?>T'V^lt 

i^'J'C^i    Sich    (beim  Durchgehen)   unter    dem   Neu- 
jahrs-Thorschmuck  zu   sehr  bücken. 
Schon  vom  Alter  gebeugt  sein. 

2240.  O-haze  no  ato  no  yd.  icE'?^^^^  Wie  nach  einem  gros- 

sen Sturme. 

Alles  verwüstet  und  in  Unordnung. 

2241.  Ohovi-fiirul  ga  töji  ni  yuku   yö.  ^^i'^'li?&l-fi'<^  Als 

ob  ein  F'ieberkranker  ins  Bad  reiste. 

Das  Baden  in  dem  Wasser  der  heissen  Quelle  würde  seine 
Krankheit  nur  schlimmer  machen. 

2242.*  Ohii  shokn  scba  jinii  snkiinakn,  snkitnakii  sliokn  sebajimi 
J.y/«.  ^<Ätfli'5^i*'J;<.'J?<Ä-d:it^*^L  Wenn  man  viel 
isst,  ist  der  Wohlgeschmack  gering,  wenn  man  wenig 
isst,  ist  der  Wohlgeschmack  gross. 

2243.  Okiiha  c  mono  ga  hasamatta  yd.  Ä®'^1^^«'*3^i<3'r:^  Als 

ob    sich     etwas      in     den     Backenzähnen     festgesetzt 

hätte. 

Von  einer  Sache,  an  die  man  immer  wieder  denken  muss, 
die  einem  keine  Ruhe  lässt. 

2244.  Okiihyö-gami  ni  sasowarn.  WM¥^'y'"M\'^^   Vom  Gotte  der 

Feigheit  abgeholt  werden. 
Das  Hasenpanier  ergreifen. 

2245.  Okubyö-kase  ni  fiikareru.  M^El-S^'o'US    Vom  Winde  der 

Feigheit  angeweht  werden.  _ 

Gleich  No  2244. 


—     244     — 

2246.  Ohihyö-moiio  zva  kozvashi.  fli^#(tWlt  L   Ein  Feigling  ist 

zu  fürchten. 

Vor  einem  Feigling  muss  man  sich  in  Acht  nehmen. 

2247.  Okure  wo  toru.  ^H^S?o    Verspätung   bekommen. 

Besiegt  werden  ;  sich  den  Rang  ablaufen  lassen  ;  "  den  Kür- 
zeren ziehen." 

2248.  Okure-base  ni.  ^l^-^il-   Hinterher  laufend. 

Nachträglich. 

2249.  Otnae  hyaku  made,  watashi  kiijü-ku  made.    fetUWiS.  "^1% 

+:^ig  (Mögest)    du    bis     100,    ich   bis    99    Jahre    (alt 

werden)  ! 

Sagt  die  Frau,  oder  die  Geliebte,  zum  Manne.     (Vulgär.) 

2250.*  Oinae  isuisJiö  sunt,  vioiio  wa  kanarazu  kage  de  sosliiru. 
fc^iität-f  S^Ujif^t-ffiT'P^  Wer  in  deiner  Gegenwart 
schmeichelt,  verleumdet  dich  gewiss  hinter  deinem 
Rücken. 

Ebenso  Xo  1533. 

2251.  O-nie  ni  kakaru.  0S0t-Si>-J*^   An  Ihren  Augen  hängen. 

Ein  höflicher  Ausdruck    für :    von   jemand  gesehen    werden, 
d.  h.  mit  ihm  eine  Zusammenkunft  haben. 

2252.  0-ine  ni   kakcru.   ^Bl-öi'lTJ     An    Ihre    Augen    hängen. 

Höflich  für :  jemand  etwas  zeigen. 

2253.  0-ine  ni  mini.  %^\'-%h    Mit  grossem  (grossmüthigem) 

Auge  ansehen. 

Grossmüthig  hingehen  lassen,  verzeihen.  Auch  o-vie  iii  mite 
oku,  mit  grossmüthigem  Auge  sehend  weglegen,  oder  'ö-vie  ni 
77ii-nogasu ,  mit  grossmüthigem  Auge  sehen  und  laufen  lassen. 

2254.  O'^medania  chödai.  ■^WM-'W^W,    Ich    habe    Augäpfel   be- 

kommen. 

Er  (der  Herr,  daher  das  respektvolle  0  und  clwdai)  hat 
mich  mit  grossen,  zornigen  Augen  angesehen ;  ich  bin  sehr 
gescholten  worden, 

2255.  ÖmUdorobd    ni    Ise-kojiki.    i^ÜSMl-'^l^tlÄ  Die    Diebe 
von   Omi,  die  Bettler  von  Ise. 


—     245     — 

Die  Leute  aus  der  Provinz  Oiiii  stehen  in  Bezug  auf  Ehr- 
lichkeit in  schlechtem  Rufe,  während  den  Einwohnern  von  he 
nachgesagt  wird,  dass  sie  sehr  knickerig  seien. 

2256.  Omina  shichibn,  otoko  sambii,   ic-tr^.  ^HS"  Der  Antheil 

der    Frau    (bei    der    Erziehung)    beträgt    7,    der  des 
Mannes  3. 

Wichtigkeit  der  Mutter  für  die  Erziehung  der  Kinder. 

2257.  Omoi  viune  ni  initsii.  /®6^S^i:j^o  Der  Gedanke  füllt  die 

Brust. 

An  etwas  ausschliesslich  denken;  voll  Sorge,  auch  voll 
Erwartung  sein. 

2258.  OjJtoi  WO  kiidakii.  >®C;\^5?<    Die  Gedanken  zerbrechen. 

Sich  grosse  Mühe  geben. 

2259.  Omoi-idasu  mo  hada  ni  awa  ga  dekiru.    ^b^^^M^  \,W-M. 

*'*/I15Ks     Schon    bei    der    Erinnerung    bekommt    man 
auf  der  Haut  Hirse. 

D.  h.  eine  "  Gänsehaut." 

2260.  Omoi-tatta  ga    kicJdnichi.   ^ü^m.'^1:^''SB    Der    Tag    des 

Entschlusses  ist  ein   Glückstag-. 

Man  soll  die  Ausführung  des  Entschlusses  nicht  aufschieben. 

2261.*  Onioi-iichi  ni  areba,  iro-soto  ni  avaivam.  ^ü^'^\~'^\X\t^  "6, 
^\'~M.\Xh  Was  innen  in  den  Gedanken  ist,  zeigt  sich 
aussen  an  der  Farbe  (im  Gesicht). 

2262.  Oinoko  ni  tabi  wo  saseyo .'  S-=FI'M^5tii    Schicke    das 

Lieblingskind  auf  Reisen  ! 
S.  No  1252. 

2263.  Omoni  ni kozukc.  W^\'-^Y^  Zu  einer  grossen  Last  noch 

eine  Kleinigkeit. 

Es  macht  keinen  Unterschied.  "  Kommt  man  über  den 
Hund,  kommt  man  auch  über  den  Schwanz." 

2264.  Omoni   luo  oroshita  yd.  Ä1^^^  LTM.  Als   ob   eine  grosse 

Last  abgenommen  wäre. 

Sich  sehr  erleichtert  fühlen  ;  "  einen  Stein  vom  Herzen 
haben." 


—    246    — 

220$ ■  Oniote-masari  no  ura  ^osode.  '^W)  ^M^hiii  Das  gefüt- 
terte Seidenkleid,  dessen  Innenseite  (Futter)  besser 
ist  als  die  Aussenseite. 

Wenn  die  Frau  den  Mann  übertrifft,  zu  gut  für  ihn  ist. 

2266.  Omote   1110  fiirann.  WiM^W    Nicht    einmal  das    Gesicht 

umwenden. 

So  sehr  in  etwas  vertieft  sein,  dass  man  auf  nichts  anderes 
achtet. 

2267.  Oniou  hito  ni  wa  hodasaruru.   <l^-J-Al-(iS2  5  ^    Man  ist 

durch  die,  die  man  liebt,  gefesselt. 

Ein  Familienvater  z.  B.  erträgt  Frau  und  Kindern  zu  Liebe 
manches,  was  er  sonst  nicht  ertragen  würde.  Auch  :  omou  hito 
lua  hodashi  io  narit,  die  man  liebt,  werden  zur  Fessel. 

Omou  ko :  s.  Kazuaii  ko. 

2268.  Omou  koto  isiika  no  hashi  to  ktn-c/dga?c.  ®i>¥^Bi,%<J>?^i 

iitc;^^i>  Was  man    wünscht,    kreuzt    sich  (geht  quer) 
wie  der  Schnabel  des  Kreuzschnabels. 
Vgl.  No  1749. 

2269.  Omou     iiaka     no     ko-isakai.     jUi-t^O-'Mf 0^     Ein    kleiner 

Freundschaftsstreit. 

Ein  kleiner  Streit  unter  Freunden  oder  Liebenden,  der  nichts 
auf  sich  hat. 

Omou  tienriki :  s.  Netiriki, 

2270.  Omou    ni   sowa{ji)de  omowami    ni   sou.    iS^-l*^llT»SitW 

\'-Wii-    Nicht  mit   dem    Geliebten,    sondern    mit    dem 
Ungeliebten  verheirathet  werden. 

2271.  Omou    tokoro    ni  kaze    kitani   yd.    ^i-d\\'--MMliZ'^  Wie 

wenn  der  Wind   dahin  kommt,  wo  man  ihn  wünscht. 
Von  etwas,  das  grade  gelegen  kommt. 

2272.  Omou  yori  umu  ga  yasui.  ^i>l  "J  ^»'^t'    Die  Geburt  ist 

leichter,  als  man  denkt. 

Es  wird  nicht  so  schlimm  werden,  wie  man  denkt ;  "  es 
wird  nichts  so  heiss  gegessen,  wie  es  gekocht  wird."  (Identisch 
mit  No  71  ;  die  dort  angegebene  Bedeutung  ist  unrichtig,  und 
statt  ihrer  die  hier  gegebene  zu  setzen.) 


l 


—     247     — 

2273-*  Oniu  yoku  mono  wo  in  ino  chöniitvo  hanarezu.    illS^< 
^^5^i,fe^^linf     Wenn    der    Papagei*    auch    gut 
sprechen  kann,  hört  er  doch  nicht  auf,   ein  Vogel  zu 
sein. 

2274.*    On    %uo    ada    de    hözuru   (od.    iiasn).    M^^f/iT^T^  (^T) 
Wohltliaten   mit  Feindschaft   vergelten. 

2275.*   On  wo  ttkete  on  wo  shiranu  wa  kichiku  no  gotoshi.  .^^i^ 
-cm^-^f.ßltÄWo'iÖDL     Wer    empfangene     Wohlthaten 
vergisst,  gleicht  einem  teuflischen  Thiere. 
O-naka  ga  sidta  toki  ni  etc.  :  s,  Hara  ga  sinta. 

2276.  Ondeni-byakiishb  tsiikw'i-dori.  ^H'S"üf^''JI?'J  Der  Bauer 

des  verheimlichten  Ackers  behält  die  ganze  Ernte. 

Er  entrichtet  keine  Abgaben,  enden  hiessen  früher  solche 
Reisfelder,  die  der  Regierung  nicht  angemeldet  waren. 

2277.  Oni  ga  junö  wo  kakacta  yd.    Ä-ö^'-j-bI^^-^?:^    Als    ob 

der  Teufel  eine  Kohlenschaufel  im  Arm  hielte. 
Wenn  ein  hässlicher  Mann  samiseti  (Guitarre)  spielt. 

2278.  Oni  ino  jü-/iachi  {od.  ju-shichi),  bancha  mo  nibana.    Äi  + 

A(+-t:).|||£i;f.?£  Auch  der  Teufel  ist  einmal  achtzehn 
(od.  siebzehn)  Jahr  alt,  auch  schlechter  Thee  hat 
einen  ersten  Aufguss. 

Jugend  vermag  selbst  ein  wenig  hübsches  Gesicht  anziehend 
zu  machen.     (Gewöhnlich  sagt  raz^x  ju-hachi.) 

2279.  Oni    mo    ini-naretarn   ga  yoshi.   Ä  iÄiH*:  2)t3^'.g  L    Es    ist 

gut,  sich  sogar  an  den  Anblick  des  Teufels  zu  ge- 
wöhnen. 

Mit  "Teufel''  ist  hier  eine  hässhche  Frau  gemeint.  Es  ist 
immer  noch  besser,  eine  hässliche  Frau,  wenn  sie  sonst  brav  ist, 
zu  behalten  und  sich  an  sie  zu  gewöhnen,  als  eine  andere  zu 
nehmen,  die  vielleicht  in  anderer  Beziehung  noch  schhmmer 
wäre. 

2280.  Oni  ni  kanabö.  ÄI-^#  Dem  Teufel  eine  Eisenstange. 

Dem  ohnehin  schon  starken  Teufel  auch  noch  eine  solche 
Stange  zu  geben  ist  nicht  rathsam. 


—    248    — 

228 1.  Oni  ni   kobu    wo    torarerii    yd.    %\'~^^Mh'^h%.    Als   ob 

einem  vom  Teufel  ein  Auswuchs  weggenommen  würde. 
Man  wird  auf  einmal  etwas  Unangenehmes  los.     Die  Redens- 
art bezieht  sich  auf  ein  bekanntes    Märchen    (s.  S.    191    in    Mit- 
ford's  "  Tales  of  Old  Japan  "). 

2282.  Oni    710    kimba    110    yö.    ÄO^®«?)^     Wie    die    goldenen 

Zähne  des   Teufels. 

Hiermit  vergleicht  man  die  Körner  von  gekochtem  Reis, 
wenn  sie  recht  schön  und  gross  sind. 

2283.  Olli  110  kishö  Diini  yd.    ^^^HÄ^^^    Als    ob    man    den 

Schwur  (Vertrag?)  des  Teufels  sähe. 
Der  Sinn  blieb  unaufgeklärt. 

2284.  Oni   no    kiibi   wo    totta  yd.  ÄO"i"^??of:ti    Als    ob  man 

den   Kopf  des  Teufels  bekommen  hätte. 

Vor  Freude  ausser  sich  sein.  Statt  oiii  no  kubi  auch  oni  no 
tede,  Arm  des  Teufels. 

2285.  Oni  no  kwakuran.  Ä'?>SSL  Die  Cholera   des  Teufels. 

Wenn  ein  sehr  kräftiger,  gesunder  Mann  plötzlich  eine 
schwere  Krankheit  bekommt  oder  stirbt.  (Der  Teufel  dient  als 
Symbol  der  Stärke.) 

2286.  Oni  no  nie  ni  ino  naniida.    Ä^Bl-iP    Selbst    im    Auge 

des  Teufels  sind  Thränen. 

Selbst  der  Härteste  zeigt  manchmal  Gefühl  oder  empfindet 
Mitleid. 

2287.  Oni  no  ncnibutsu.  %.'^'k>^  Das  Gebet  des  Teufeis. 

Verdächtige  Frömmigkeit. 

2288.  Oni  no  nyobö  ni  kijin   ga    naru.    ^«^ic^i-Älfs^fj:  i     Die 

Teufelin   wird  die   Frau  des  Teufels. 

Sagt  man,  wenn  die  Frau  eines  strengen,  harten  Mannes 
ebenfalls  streng  und  hart  ist. 

2289.  Oni  no  rusu  ni  scntaku    suru.    ^'^^TFi-i^ü'^^     Wäsche 

abhalten,  wenn  der  Teufel  nicht  zu   Hause  ist. 

Ahnlich  unserm :  "wenn  die  Katze  nicht  zu  Hause  ist,  tanzen 
die  Mäuse  auf  Tischen  und  Bänken."  Mit  oni,  Teufel,  ist  hier 
häufig  die  Schwiegermutter  der  Frau  gemeint  (vgl.  Anm.  zu  No 
1475).  seniaku  siiru,  Wäsche  abhalten,  hier  in  einem  ähnlichen 
Sinne  wie  in  No  906. 


—     249     — 

Oni  HO  udc  :  s.  Oni  no  hibi. 

2290.  O-niiva  710  sakura  de  viita  bakavi.  iiU.^W^%tM^)  Nur 

als  Kirschbaum  im  Garten   eines  andern  gesehen. 

Von  Dingen,  die  man  sich  wünscht,  die  man  aber  nie  be- 
sitzen kann,  da  sie  schon  ein  anderer  hat. 

2291.  Onna  e  te  ga  tsiiku.  :*:'^?-i3^'ft  <  Die  Hand  streckt  sich 

nach  der  Frau. 

Bezeichnet  die  Verführung  eines  Mädchens,  besonders  die 
Schwängerung  einer  Dienerin  durch  ihren  Herrn  oder  dessen 
Sohn.  Transitiv  :  oiina  e  ie  wo  isjikeru,  die  Hand  an  eine  Frau 
legen,   d.  h.  sie  schwängern. 

2292.  Onna  ga  ftttaguri  zvo  kim  io,  fidago  wo  lumi.    :&*^'zlM4' 

'^iiy'tzL^fie^V  Wenn  eine  Frau  eine  Zwilling-skastanie 
isst,  so  bekommt  sie  Zwilh'nge. 
Scherzhafte  Redensart. 

2293.  Onna  nara{ii)dc  zva  yo  mo  id  mo  akenu.    icU  hXlt^i  H  i 

?5lTW  Wenn  es   keine  Frauen  gäbe,  so  nähme  weder 
Nacht  noch  Tag  ein   Ende. 

2294.*   Onna    ni    sJiicJd-kyo    ari.    •k\--\i^h^)     Die    Frau    verlässt 
(das   Haus  des  Mannes)  auf  siebenerlei  Art. 

Bezieht  sich  auf  die  sieben  Scheidungsgründe,  die  nach  dem 
Taihoryö  (einem  701  n.  Chr.  erschienenen,  nach  chinesischem 
Muster  verfassten  Gesetzbuche)  dem  Manne  zustanden  :  Kinder- 
losigkeit, Ehebruch,  Ungehorsam  der  Frau  gegen  die  Schwie- 
gereltern, Schwatzhaftigkeit,  Dieberei,  Eifersucht  und  erbliche 
Krankheit. 

2295.  Onna  ni  ukimi  wo  yatsnsti.  ici-y^J^ST  Sich  wegen  einer 

Frau  in  armselige  Kleidung  stecken. 

Sich  einer  Frau  zu  Liebe  durch  Verschwendung  ruiniren. 

2296.  Onjia  no  ekubo  ni  wa  shiro  ivo  vio    kataninhi.    :^'?)^l-ll 

^itiM<    Wegen  der  Lachgrübchen  einer  Frau  ruinirt 
man  selbst  ein  Schloss. 
Vgl.  No  1283. 

2297.  Onna  no  icJdncn  iwa  wo  mo    tösn.    ici2)— ;t:^V  tä'äf    Der 

eine  Wille  der  Frau  durchbohrt  selbst  Felsen. 


—      250      — 

Wenn  eine  Frau  sich  etwas  in  den  Kopf  gesetzt  hat,  so 
setzt  sie  es  auch  durch.     (Eine  Art  Parodie  zu  No  2101.) 

2298.*  Onna  no  ippatsu  no  hiku  chikara  iva  gyüsha  yori  tsiLyoshi. 
*O-g0BKÄIi^$i>'J3äL  Ein  Haar  der  Frau  zieht 
stärker  als  ein  Ochsenwagen  (gezogen  wird). 

2299.*  Onna  no  kaniisuji  zco  yorern  Unna  ni  zva  daiz~)  ino  tsuna- 
garu.  ic^^li^ginÄ«^!-!!:^!!.*.^»'^  Mit  einem  aus 
Frauenhaaren  gedrehten  Seile  wird  sogar  ein  grosset 
Elephant  gebunden. 

Der  Macht  weiblicher  Reize  kann  auch  der  Stärkste  nicht 
widerstehen.  Varianten :  onna  no  kurokami  lua  daizö  ino 
istmagu,  das  schwarze  Haar  der  Frau  fesselt  selbst  den  grossen 
Elephanten ;  onna  no  kamoji  ni  wa  daizo  vio  kakaru  (od. 
to/narii),  im  Chignon  der  Frau  fängt  sich  selbst  der  grosse 
Elephant. 

2300.  Onna  no  mc  ni  wa  siizu    zvo    hare,  otoko    no    ine    ni   zva 

ito  zvo  hike!  ^*?)ar-(t|^^Mn.»l50@r- |t5^.J^BIt:r  Auf  das 
Auge  der  Frau  spanne  eine  Schelle,  über  das  Auge 
des  Mannes  ziehe  einen  Faden  ! 

Diese  seltsame  Redensart  soll  den  Sinn  haben,  dass  man 
bei  Frauen  runde  Augen,  bei  Männern  schmale  Augen  für  schön 
hält,  {suzn,  die  japanische  Schelle,  hat  immer  eine  runde  Form.) 

2301.  Onna  no  nenshi  zva  sangzuatsu  inadc.  'k'^^Uail'^Ä  i 'C  Die 

Neujahrsgratulationen  der  Frauen  dauern  bis  zum 
dritten   Monat. 

2302.  Onna    no    netanii   naki    zva    Jiyahi    no    tsntanaki   zvo    du. 

^OÄ5>&^^^(iW^föl^^JSi>  Abwesenheit  der  Eifersucht 
bei  einer  Frau  deckt  hundert  Unvollkommenheiten  zu. 

2303.  Onna    sannin  yorcba    kashiniashii.    "ifHA^^IlÄi'*     Wenn 

drei  Weiber  zusammenkommen,  so  geht  es  geräusch- 
voll zu. 

2304.  Onna  no  sarn-jie.  icO^^l?   Der  Affenverstand  der  Frau. 

"  Affenverstand  ''  bedeutet  hier  "  geringer  Verstand  '';  auch 
steht  in  dieser  Redensart  oft  statt  sariijie :  asajie  (seichter  Ver- 
stand). 


t 


—   251   — 

2305.  Onua    HO    shiri   in    shikarerii.    icOMl-E'^J'^o   Unter    den 

Hintern  der  Frau  gelegt  werden. 
Unter  dem  Pantoffel  stehen. 

2306.  Onna  sakaskikii    sJiite    ushi   nri-sokcnau.    ic^<  fC^ÄÄ-S^ 

Wenn  die   Frau     schlau    thun  will,  verkauft    sie    6.&n 
Ochsen  mit  Verlust. 

Es  ist  nicht  gut,  wenn  die  Frau  klüger  sein  will  als  der 
Mann.  (Bezieht  sich  auf  die  Geschichte  von  einer  Frau,  die 
eine  gute  Gelegenheit,  den  Ochsen  zu  verkaufen,  vorübergehen 
Hess,  in  der  eiteln  Hoffnung,  einen  noch  besseren  Käufer  zu 
finden.) 

2307.*  Onna  nji  naku  shite  tama  no  koshi  iiinoru.  ic^%l.  L'C3E'5 
ÄI-^Ä  Eine  Frau  von  nicht  vornehmer  Abkunft 
wird  (dennoch)  in  einer  Edelstein-Sänfte  getragen 
(wenn  sie  schön  ist). 

Bei  einem  Mädchen  sieht  man  mehr  auf  Schönheit  als  auf 
Herkunft ;  wenn  ein  armes  Mädchen  schön  ist,  kann  sie  selbst 
einen  Vornehmen  heirathen.  Oft  abgekürzt :  iiji  iiaku  shiie  tama 
110  koshi,  ohne  vornehme  Abkunft  eine  Edelsteinsänfte. 

2308.  Onna  wa  onna.  icit-k  Frau  bleibt  Frau, 

Wenn  eine  Frau  auch  sehr  klug  ist,  so  ist  ihr  ein  kluger 
Mann  an  Verstand  doch  überlegen. 

2309.  Onna    zva  sangai  ni  ic   nashi.    :^UH^|i^iSL    Die    Frau 

hat  in  allen  drei  Welten  kein  (eigenes)  Haus. 

Sie  steht  während  ihres  ganzen  Lebens  unter  der  Herrschaft 
zuerst  ihres  Vaters,  dann  ihres  Mannes  und  zuletzt  ihres  ältesten 
Sohnes  (vgl.  No  1089). 

2310.  Onna  yiie  ni.  'k^V-    Wegen    einer    Frau    (oder:    wegen 

der  Weiber). 

Der  Ausdruck,  ohne  weiteren  Zusatz,  bedeutet,  dass  sich 
jemand  durch   Weiber  ruinirt  hat. 

23 11.  Onna-yamovie  ni   hana  ga  saki,  otoko-yamonie    ni   uji  ga 

waku,    i:i:i'-rtiö-(^^.  :^ül"-Mt)^'Ji<    -Bei    einer    Wittwe 
blühen  Blumen,  bei  einem  Wittwer  entstehen  Maden, 
Einer  Wittwe  sucht  jeder  beizustehen,  das  Hauswesen  eines 
Wittwers  dagegen  geräth  in  Unordnung. 


—      252      — 

2312.  Onohore  to  kasake  no  nai  mono  wa  tiai  Qfö^üi^MO-^j: 
t^^iiM*'^     Es    giebt   keinen,    der    von    Eitelkeit    und 

Ausschlag  frei   wäre. 

Statt  onobore  oft,  aber  vulgär,  imubore. 

2313.*  Onoga  ta  e  inizu  zvo  hihi.  B«"'ffl'^7jt'tBI  <  Das  Wasser 
(des  Nachbarn)  auf  das    eigene   Reisfeld  leiten. 

Nur  auf  den  eigenen  Vortheil  bedacht  sein.  Auch  gesagt, 
wenn  z.  B.  jemand  einen  andern  auf  seine  Seite  zu  ziehen  sucht, 
oder  einem  andern  eine  tüchtige  Kraft  abspenstig  macht  u,  dgl, — 
Statt  onoga  in  weniger  gut  jibun  no  ta. 

^314.*  Onove  Jiito  no  oya  zvo  nyamacba,  Jiito  mata  onore  no 
oya  wo  uyamau.  B^AOli^-^-lt,  -teA^^B^il^©:^' 
Wenn  m.-in  die  Eltern  anderer  ehrt,  so  ehren  sie 
auch  die  Eltern  von  einem. 

2315.  Onore  no  atavia  no  Jiae  zuo  oe !  B'^H^Ü^'Ü'^  Ver- 
scheuche die  Fliegen,  die  auf  deinem  eigenen  Kopfe 
sitzen  ! 

"Jeder  fege  vor  seiner  Thür." 

2316,*  Onorc  no  chösho  wo  tohi  nakare  !  ^i^^^^^^^^h-  Setze 
nicht  deine  Vorzüge  auseinander! 

Mache  nicht  zu  viel  Aufhebens  von  dem,  was  du  alles 
kannst. 

2317.*  Onore  no  Jiossesaru  iokoro  wa,  hito  ni  Iiodokosu  koto 
nakare  .1  S^^^tt^  J'ig/rimAI-SfitV^in  Was  du  dir 
selbst  nicht  wünschest,  das  thue  auch   nicht  anderen  ! 

2318.  Onore  no  koto  wa  tana    e    agete    oku.    £.OVlit93'^_h'CE  < 

Die  eigene  Sache  aufs  Wandbrett  bei  Seite  legen. 

Von  seiner  eigenen  Schuld  nicht  reden,  oder  darüber  leicht 
hinweggehen. 

2319.  Onore  zvo   senietc  hito    zvo    scniuruna !    '^^%X^K^%hlL 

Tadele  dich  selbst,  aber  nicht  andere  ! 
Vgl.  No  743. 

2320.  Oiujöslii  ini  no  tie  shirazu.'l^'?k^%'^}ü'!^^h'?   Der  Wahr- 

sager weiss  nichts  über  sein  eigenes  Schicksal. 


—     253     — 

2321.  O-otoho  ni  zva  chic  ga  mazvari-kanern.  :^^l*  U^^'O'Ü'!) 

^h    In  einem   Riesen  bewegt  sich    (eigtl.    kreist)  der 
Verstand  nur  mit  Mühe. 

Bezieht  sich  besonders  auf  die  japanische  Ringerzunft.  Häufig 
sagt  man  auch:  b-oioko  sdmi  {%%)  ni  T.vr  etc.,  im  ganzen 
Körper  des  Riesen. 

2322.  Ore  zva  izvanu  ga,  zvare    iuiia  f    ^\ln\tr:>t\^ni-U    Ich 

werde  nichts  sagen,  sage  (auch  du)  selbst  nichts  ! 

Gleich  No  732.  Der  Rath,  seine  eigene  Missethat  oder 
sein  Geheimniss  nicht  auszuplaudern,  wird  hier  in  den  Mund 
des  Gottes  gelegt,  dem  man  gebeichtet  hat,  daher  orc,  das  "  ich  " 
des  Höherstehenden. 

2323.  07nme  tadashihi.   tnU'S.L^.     Mit    regelrechtem    Falten- 

wurf. 

Mit   sehr  förmhchem  Benehmen, 

2324.  O-sato  ga  shircru.  ü^^'m^h    Die  Htimath    (die    Her- 

kunft) giebt  sich  zu  erkennen. 

Man  merkt  aus  dem  Betragen  einer  Frau,  aus  was  für  einer 
Familie  sie  stammt. 

2325.  O-share  sharete  nio,  Jwrc-te  ga  nai.  fc- L^H  L^^i-C  tfö^- 

'^'o-iL\i^  Wenn  der  Stutzer    sich    auch    putzt,    verliebt 
sich   doch  niemand  in   ihn. 

Scherzhafte  Redensart,  wenn  jemand  sich  besonders  fein 
gemacht  hat.  Zugleich  Wortspiel  mit  sharete  (sich  putzend)  und 
hore-te  (Verliebter  resp.  Verliebte). 

2226.*  OshidoH  zva  füfu  no  chigiri  fukashu  ÄEll^iwOMi^  L 
Bei  den  Mandarinenten  ist  der  Ehebund  tief  (dauer- 
haft). 

Die  Mandarinente  (Anas  galericulata)  lebt  immer  paarweise 
und  ist  daher  in  China  Sinnbild  der  Gattentreue. 

2327.  Oshievu  zva  manabu  no  nakaba.   fc-^  4  (i:^j:c7)4i  Lehren 

ist  die  Hälfte   des  Lernens. 

2328.  O-shiri  kara.  io-Bt^^c,   Vom  Hintern  aus  (von   hinten). 

Ein  ironischer  Ausdruck,  um  das  Gegentheil  einer  Sache 
auszudrücken,  wie  z.  B.  in  der  folgenden  Redensart: 


—     254     — 

2329.  O-sJiiri  kara  idiiban,  ge  110  kashira.  i^M'"  ?>-^.TOBl  Der 
Erste  von  hinten,  der  Anführer   von  unten. 

Für :  der  Letzte,  der  Schlechteste.  Man  sagt  so  besonders 
auch  von  sich  sellDst,  als  bescheidene  Ablehnung  von  Lobsprü- 
chen. 

2330»     Osoroshii  toki  HO   ncmbjitsu.    SS  Lt'^a$'5<'§;^    Das    Gebet 
in  der  schrecklichen   Zeit. 
S.  No  1652. 

.2331.  Oia  ko  iil  oshierarcte  asase  zvo  watarii  yo.  Äi>t:^l-t5(  ?> 
n-C-^^^it2>1i  Als  ob  man  durch  eine  Fürth  ginge, 
indem  man  sich  von  dem  Kinde,  das  man  auf  dem 
Rücken  trägt,  belehren  lässt. 

"  Das  Ei  will  klüger  sein  aL  die  Henne.'' 

2332.  Öta  ko  yori  daita  ko.  Ä^f:^i ''Jife'^t:^    Lieber  das  Kind 

auf  dem  Arme  als  das  auf  dem  Rücken. 

Wenn  eine  Frau  zwei  Kinder  zugleich  zu  tragen  hat,  so 
nimmt  sie  das,  was  ihr  lieber  ist,  auf  den  Arm,  und  trägt  das 
andere  auf  dem  Rücken.  "  Das  Hemd  ist  näher  als  der  Rock." 
Statt  öta  ko  in  dieser  und  der  vorigen  Redensart  auch  obutta  ko. 

Otafiiku  :  s.  Okame. 

2333.  O-taiko  ga  yoi.  ij'icaSö^'iJi''  (Ihre)  Tronmiel  ist  gut. 

Em  Ausdruck  für:  gut  zu  reden  wissen,  geschickt  schmei- 
cheln. 

2334.  Otamajakushi   wa  kaern  ni   narn  (od.  bakeni).  %^\^ 

äil-^2i(4fc3)  Die  Kaulquappe  wird  zum  (od.  verwandelt 

sich  in  einen)  Frosch. 

.  Wenn  z.  B.  ein  Armer  plötzlich  zu  Geld  kommt. 

2335.  O-tanie-gokashi  iii.  -fa^r^'H:     Unter  dem  Vorvvande : 

Ihretwegen. 

Einen  Gefallen  verweigern,  eine  liitte  abschlagen  u.  dgl., 
unter  dem  Vorvvande,  man  thue  dies  nur  im  eigenen  Interesse 
des  Bittenden. 

2336.  O-te  ga  naitam  shöshi  to   satore  !    ü^^^^V- ^i%^  ^  1  \%\\ 

Wenn   mit  den   Händen   geklatscht    wird,  so    errathe, 
dass  CS  eine  Flasche  Sake  (Reiswein)  bedeutet  ! 


—     255     — 

Zu  einem  Schenkmädchen  gesprochen  zu  denken.  Sinn  : 
Man  soll  auch  auf  blosse  Andeutungen  oder  Winke  aufmerksam 
sein  und  sie  richtig  verstehen. 

2337.*   Otö  nagayiinc  ga  gotoshi.  WM^h  v  o^Jtn  L    Als    wenn   die 
treffenden  Antworten   nur  so  strömen. 
Sehr  schlagfertig  sein. 

2338.     Otogai  zvo  aku.  61^5^  <    Das   Kinn  aufmachen  (?). 

Den  Eltern  nicht  gehorchen,  sich  ihrem  Willen  widersetzen. 

2339-      Otogai  zuj  tataku.  ^hM  <    Das    Kinn   abklopfen. 
Sich  die  Lippen  lecken. 

2340.*   Otogai  zvo  toku.  W^WrK    Sich  das   Kinn   ausrenken. 
"Sich  todtlachen."     (Vgl.  No  14.) 

2341.  Otoko  no    Jiikarl  zva    nana-hikari.  H^^^iJ  ll-tri;^'5'>'J     Der 

Glanz  des  Mannes  ist  siebenfacher  Glanz. 

Der  Mann  gilt  mehr  als  das  Weib ;  insbesondere  in  dem 
Sinne,  dass  man  als  Kinder  lieber  Söhne  hat  als  Töchter. 

2342.  Otoko    110  kintama,    onna    no    chichi.  ^'^^%.^-k'^%B    Die 

Testikeln  des  Mannes,  die  Brüste  der  Frau. 

Die  Theile,  deren  Verletzung  am  lebensgefährlichsten  sein 
soll. 

2343.  Otoko  110  ko  zva  chichi  ni  shitagai,  onna  no    ko    zva  haha 

ni  shitagau.  BO^ll^i:i^O^^0^ll©i:^i>  Die  Knaben 
gehorchen   dem  Vater,  die  Mädchen  der  Mutter, 

2344.  Otoko  no  kokoro  to  aki  no  sora.  H^-t^i^O^    Das   Herz 

(die   Liebe)  des   Mannes   und  der   Himmel  im  Herbst. 
Beide  sind  sehr  veränderlich  und  unzuverlässig. 

2345*  Otoko  no  kuchi  kara  deta  koto  zva  Jiogu  ni  naranu.  %'^'C\ 
i>*?)thf:5(i;x-fi'i:^f)«     Das     aus      dem     Munde     des 

Mannes  hervorgegangene  Wort  wird  nicht   zu  nichte. 
F.in  Mann  muss  sein  Wort  halten.      (Über  hogu  ni  naru  s.  d.) 

2346.  Otoko  no  shiju  zva  fnmbetsti-sakari.  %'^BrY\t5tWi^'')  Im 
vierzigsten  Jahre  des  Mannes  ist  sein  Verstand  auf 
der  Höhe. 


—    256    -— 

2347-  Otoko  lua  ki  de  motsn.  ^ll^T(>-o  Der  Mann  hält  sich 
durch  seinen   Muth. 

Ein  Mann  muss  muthig  sein,  {ki,  Geist,  steht  als  Abkür- 
zung  für  yvki,   Muth.) 

2348.  Otoko  zva  Jiikii  zvo  viatageba,  shichinm  110  teki  ari.    ^Uü: 

m^'^\1\t^lK<^fXh^)     Wenn    der    Mann    die    Schwelle 
überschreitet,  sind   sieben   Feinde  da. 

Erinnert  (wie  No  1948)  an  :  "  der  Mann  muss  hinaus  ins 
feindliche  Leben." 

2349.  Otoko  zvo  taterii.  j^^Ä'C  h    Einen   Mann   hinstellen. 

Jemand  aus  der  Noth  helfen,  ihm  "  wieder  auf  die  Beine 
helfen." 

2350.*  Otoshi-cina  sJüte  tora  zvo  torii  mono  zva,  sono  kazva  ivo 
hagan  ga  tavic.  I§^  L'CJ^^Ü;S^it,Ä^;i,fg^t,>j|  Wer 
den  Tiger  in  einer  Fallgrube  fängt,  thut  es,  um  ihm 
das  Fell  abzuziehen. 

Vgl.  No  68. 

2351.  OtosJii-ana     zvo    kaniaerii.    I^^'t^'- ■?>      Eine     Fallgrube 

machen. 

Bildhch  gleich  unserm  "  jemand  eine  Falle  stellen.'' 

2352.  Otoshi-dane.  ^HL  Fallengelassener  Same. 

Das  uneheliche  Kind  eines  vornehmen  Mannes. 

2353.  Dtsu-e    HO    Asiuiia-kudari.   ;'v^tliO#j!iT^]     Das    Reisen 

der  komischen  Bilder  nach  dem  Osten. 

Ein  Ausdruck  für:  lächerliche  Reisegefährten.  C/i-//-.?  heisst 
eine  Art  komischer  Bilder  oder  Karrikaturen  (nach  der  Stadt 
Otsu  in  der  Provinz  Omi). 

2354.  Otto    in    taishite    tsuba  zvo    kaesiina !    :^i-©  L'C'Ü^'ig'f  tj: 

Spucke  deinen  Mann   nicht  wieder  an    (wenn   er  dich 
angespuckt  hat) ! 

tsuba  wo  Icacsu,  wörtlich  "  den  Speichel  zurückgeben,''  hat 
die  bildliche  Bedeutung :  auf  eine  zornige  Anrede  ebenso  zornig 
antworten  ;  wüederschimpfen,  wenn  man  geschimpft  wird. 


|: 


—    257    — 

2355«     O-iiba  higasa.  i-'fLMH^  Der  Sonnenschirm  der  Amme. 
Sie  hält  ihn  so,    dass    er    mehr    sie,    als    das    Kind    schützt. 
[o-uba  wird  auch  oml?a  gesprochen.) 

2356.     Owari-hatsiunono.  ^"JIU^   Die  Erstlinge  vom  Ende. 

Also  eigentlich  ="  Letztlinge "  ;  der  scherzhafte  Aus^huck 
bezeichnet  das  letzte  Obst,  Gemüse  u.  dgl.  der  Jahreszeit,  im 
Gegensatz  zu  hatstiniono,  den  ersten  auf  den  Markt  kommenden 
Früchten. 

2357-     Ö!/^  baka.  I^.RS^  Eltern  sind  dumm. 

Sie  haben  von  ihren  Kindern  oft  eine  zu  hohe,  verkehrte 
Meinung.     Vgl.  jedoch  No  1425. 

2358.  Oya  ga  jord  kai,  ko  ga  goshö  negau.  ^M'^'kW^.l} -1-'^"^^ 
^■5>  Der  Vater  geht  zu  Dirnen,  der  Sohn  betet  für 
sein  (des  Vaters)  Seelenheil. 

Sagt  man,  wenn  ein  guter,  tugendhafter  Sohn  einen  lieder- 
lichen Vater  hat. 

2359-  Oya  ga  ko  no  ai  ni  oboreru.  l|-ö^"^Ogi:ü^S  Die  Eltern 
ei  trinken  in   der  Liebe  zu   ihren  Kindern. 

Sie  richten  sich  durch  übermässige  Liebe  zu  ihren  Kindern 
manchmal  zu  Grunde. 

2360.  Oya  naki  nochi  %va  ani  ga  oya.  H-ü^tiltÄ^'M  Nach  dem 

Tode  des  Vaters  ist  der  älteste  Bruder  der  Vater. 

2361.  Oya    ni   ninii    ko    oni-ko.  WC-^Xm-%,^    Kinder,    die    den 

Eltern   nicht  ähnlich  sehen,  sind  Teufelskinder. 
Auch  in  der  Form :  oya  ni  nhiit  lua  oni-ko. 

2362.  Oya  no  liikari  iva  nana-hikari.  ^'^^^"'J  (t-b3t"J    Der  Glanz 

der   Eltern  ist  siebenfacher  Glanz. 

Von  solchen,  die  ihr  Glück  in  der  Welt  nur  dem  Einfluss 
ihrer  Eltern  verdanken.  (In  der  Form  sehr  ähnlich  No  2341.) 
Statt  nana-hikari,  siebenfacher  Glanz,  sagt  man  auch :  nana- 
hikari  ya-hikari,  siebenfacher  und  achtfacher  Glanz. 

2363.  Oya  no  vigiva  ga    ko    ni   mnkuyu.    ^'5>@ll«^*^l-^-J^   Die 

(in  einer  früheren  Existenz   begangenen)  Sünden    der 
Eltern  werden  an  den  Kindern  vergolten. 

Wenn  ihnen  Kinder  geboren  wirden,  die  z.  B.  lahm  oder 
mit  sonstigen  Gebrechen  behaftet  sind. 


—     258     — 

2364-     Oja  HO  kokoro  ko  shirazii.  H'^'C^T-^n  ?)"f'  Das  Kind  kennt 
nicht  das  Herz  (die  Liebe)  der  Kitern. 
Vgl.  No  1420. 

2365.  Oya  no  kubi  e  natva  zvo  kakeni  (od.    tsukerii).    ll'?>i"'^M 

^^5 (#4)  Um  den  Hals  der  Eltern  einen  Strick 
leeren. 

Den  Eltern  Schande  bereiten.     V^l.  No  708  und  723. 

2366.  Oya  no  omou  liodo    ko   wa    omoivami.    llOSU-fl^(ij®lt» 

Die   Kinder  lieben  nicht  so  sehr  wie  die  Eltern. 
S.  No  1420  und  2364. 

2367.  Oya  no  an  zua  kaeseru  ga,  inisii  no  on  zva  kaesenu.    HO 

Eltig -^tf^u^^KO.^iiigtf«  Die  Wohlthaten  der  Eltern 
kann  man  vergelten,  aber  die  Wohlthaten  des  Wassers 
kann  man  nicht  vergelten. 

Als  Mahnung,  mit  dem  Wasser  nicht  zu  verschwenderisch 
umzugehen, 

2368.  Oya  no  setsiiin  bakari  e  kuso  zvo  sunt.  M.<^9W\t^"^]  ^Wi^ 

*f  S    Nur  auf  dem  Closet  der  Eltern   zu  Stuhl    a;ehen. 
Von  erwachsenen  Söhnen,  die   sich  noch    immer    von    ihren 
Eltern  ernähren  lassen. 

2369.  Oya  no  sune-kajiri.  il©liiS''J    Das  Nagen  am  Schienbein 

der  Eltern. 

Von  Söhnen,  die,  statt  zu  arbeiten,  ihren  Eltern  zur  Last 
liegen. 

2370.  Oya  no  yokiivic.  Il<?><^'?9    Die    wünschenden    Augen    der 

Eltern. 

Eltern  sehen  an  ihren  Kindern  nur  das,  was  sie  zu  sehen 
wünschen;  für  ihre  Fehler  sind  sie  gewöhnlich  blind.  Vgl.  No 
2357. 

2371.  Oya  zva  nakute    mo  ko  zva    sodatsu.    ^IIM<  "C  i  ^(i:4:^o 

Ein  Kind  wird  gross,  auch  wenn  es  keine  Eltern   hat. 

2372.  Oya  zvo  tiiramu  to,    hirame  ni   narii.   ^^VSSü^Jt 0^1-^2» 

Wer  die  Eltern  zornig  ansieht,  wird  zu  einer  Scholle. 
Die  Augen  dieses  Fisches  stehen  bekanntlich  auf  einer  Seite 
neben  einander.     Eine  an  Kinder  gerichtete  Warnung. 


-     259     - 

2373-  Oyabune  ni  notta  yd.  m^r,i?^^tM  Wie  wenn    man  auf 

einem  grossen  Schiffe  fährt. 
Sich  ganz  sicher  fühlen. 

2374-  Oj'abune  ni  notte  chinkoro  ni  hoerareru  yd.   W^\'-^^JX=^it^ 

i-5^?)ns^  Als  ob  man,  auf  einem  grossen  Schiffe 
falirend,  von  einem  Ideinen  Hunde  (am  Ufer)  ange- 
bellt würde. 

2375-  Oya-ko    de    vio    zcni-kane    wa    tanin.    lÄTT  i  ?l#Uft6A 

Selbst  Eltern  und  Kinder  sind,  was  Geld  betrifft. 
Fremde. 

"In  Geldsachen  hört  die  Gemüthlichkeit  auf." 
2376.      Oya-omol    no    slm-daoshi.    mSo^O^HilL    Seinen     Herrn 
aus  Liebe  zu  den  Eltern  zu   Grunde   richten. 

Über  den  Pflichten  gegen  die  Eltern  die  Pflichten  gegen  den 
Herrn  vernachlässigen. 

Ozel  ni  busci:  s.   Tasci. 


\ 


**>•**•<. 


P. 


2377.  ^evori    sanshö-miso.    --^ -^  "J  UltJ^tf     Leicht     hinuntercre- 

schluckt  wie  Bergpfeffersauce. 

So  wohlschmeckend  ;  auch  :  so  leicht,  sansh'o-wiso  ist  eine 
mit  den  Blättern  oder  Früchten  von  Zanthoxylon  piperitum 
gewürzte  Sauce. 

2378.  Potsu-potsii  sannen,  navii    Jiachinen.    l?o'  \  \  H¥>^A¥ 

Ein   Punkt  (ein  Tropfen  ?)  drei  Jahre,  eine  Welle  acht 
Jahre. 

Soll  sich  auf  Gemälde  beziehen,  die  scheinbar  mühelos 
hingeworfen  sind,  während  doch  der  Maler  selbst  die  unbedeu- 
tendsten Dinge  mit  grosser    Sorgfalt    ausgeführt    hat. 


>;»»•■<«  4 


26o     — 


R. 


2379.*  Jicichi ga  akanu,  ^'a^'^'o^n   Der  Zaun  hat  keine  Öffnung. 
Die    Sache    zieht    sich    lange    hin,    entscheidet    sich    nicht ; 
langweilig,  ermüdend ;  auch  :  albern,   absurd. 

2380.*  RacJii  100  akeru.  *$^B^2i    Den  Zaun  öffnen. 
Endlich  eine  Entscheidung  treflen. 

2381.='   Bachü.  ^^  Nacktes  Insekt. 

Hat  dieselbe  Bedeutung  wie  bei  uns  "armer  Teufel." 

2382.*   Haidö  siirn.  Mf^'TS   Mit  dem  Donner  zusammengehen. 
Immer  der  Mehrheit  folgen  ;  kein  eigenes  Urtheil  haben. 

2383.  Hainen  710  koto  zvo  iu  to  karasii  (od.  oni)  ga  warau. 
jK^03p4.ti.5£.gj(^)«>-^^  Wenn  man  von  den  Dingen 

des  nächsten   Jahres  spiicht,  so  lacht  der  Rabe  (oder  : 
der  Teufel.) 

Vgl.   No    110.       Statt  rahien  no  koto   auch  sannen  saki   na 
kolo,  die  Dinge  nach  drei  Jahren. 

2384.*  KciJxJnva  cda  ni  kacrazn.  ^Ttftl-if  ^"f  Abgefallene 
Blumen   kehren   nicht  zum  Zweige  zurück. 

2385.*  Rakkiva  yokö  ari.  r^7tföWfc''J  Abgefallene  Blumen  lassen 
ihren  Duft  zurück. 

Grosse  oder  gute  Menschen  hinterlassen  ein  dankbares,  gutes 
Andenken. 

2386.*  Baku  areba  kn  ail.  l^fchlt^*i''J  Wo  Freude  ist,  ist 
auch  Leid. 

2387.  Raku  no  hito  %va  tvakaku  iniynrii.  lg^.cAU^<  Ä'if  *  Wer 
sich  keine  Sorgen   macht,  sieht  jung  aus. 

2388.*  Raku  Iva  ku  no  tane,  ku  wa  rahi  no  taue.  IS?lt^<5>?I»^ 
IIS^OM  Vergnügen  ist  die  Quelle  des  Leidens,  Leiden 
ist  die  Quelle  des  Vergnügens. 


—      26l      — 

2389.*  Rakio-gaki  ni  meihitsu  nashi.  U^V-^^ii  L  Unter  Wand- 
kritzeleien findet  man  kein  kalligraphisches  Meister- 
werk. 

2390.*  Ba^mna  no  gotoku.  iLÜOjtD<    Wie  verwirrter  Hanf. 

In  grosser  Unordnung  und  Verwirrung. 

2391.*  Ransei  ni  tnnareiaru  kodomo  zva  hösei  ni  odorokazu. 
iLt&r-4nr:5irÄ(J;lfi^i:|g^>f  Ein  in  Kriegszeiten  ge- 
borenes Kind  fürchtet  sich  nicht  vor  dem  Kanonen- 
donner. 

2392.*  Mei  VW  sugiinba    shitswei   to    nari.  täVAb'Viit^^iJ^^] 

Auch  Höflichkeit  wird,    wenn  sie  zu    weit  geht,    zur 

Unhöflichkeit. 

Alan  kann  auch  das  Gute  übertreiben.     Statt  shitsurei  auch 
burei. 

2393.*  Keiri  narn  atania  ni  wa  tojitaru  kuchi  ari.  ^Wlhlf^V- 
lt^f:iPfcvJ  Ein  kluger  Kopf  hat  einen  geschlossenen 
Mund. 

KUige  Leute  sind  keine  Schwätzer. 

2394.*  Beisoku  sunt.  SJSJt-5   (Das  Meer)   mit    einer  Muschel 

messen. 

Beschränkte  Ansichten  haben,  grosse  Männer  kleinlich  beur- 
th  eilen  etc. 

2395.  Hengi  de  hara  zvo  kiru  yö.  W^'^l&f^'^hM.  Als  ob  man 
sich  mit  einem  Reibeholz  den  Bauch  aufschneiden 
wollte. 

2396.*  Rengi  tori  to  bake,  viogiim  kzva  shite  iizum  to  nari. 
M7|^,^^ftir.üÄ4fcL'Cg|e^^J  Das  Reibeholz  verwandelt 
sich  in  einen  Vogel,  der  Maulwurf  verwandelt  sich 
in  eine  Wachtel. 

Soll  bedeuten,  dass  manchmal  das  für  unmöglich  Gehaltene, 
Unerwartetste  geschieht. 

2397.*  Jii  ni  katte  hi  ni   ocJiini.  "^V-M^xnV-^h    In    der    Ver- 
nunft siegen,  in  der  Unvernunft  fallen  (besiegt  werden). 
Im  Grunde  Recht  haben  und  doch  Unrecht  bekommen. 


202      — 

2398'*  ^^  "^^'^  yabnru  Jid  iva  aredonio,  hö  zuo  yahiini  rixva  nashi. 
Sit:§SÄ}£|i:frn£'UJi4-?S^iiU/j:LEs  giebt  zwar 
Gesetze,  die  gegen  die  Vernunft  Verstössen,  aber 
keine  Vernunft,  die  gegen  die  Gesetze  verstiesse. 

2399,  Sichigi'niono  ko  iahisan.  #M#T?ilÜ  Rechtschaffene 
Leute  haben  viele  Kinder. 

2400.*  Rika  ni  kamnmri  wo  tadasasti,  kzvaden  ni  hitsu  ivo 
ircziL  (od.  nugazii).  ^Tr-^;^iE5  t^EHr-M^Ant"  (E*'' 
"f)  Unter  einem  Birnbaum  rückt  man  sich  nicht  die 
Mütze  zurecht,  in  einem  Melonenfelde  zieht  man  sich 
nicht  die  Schuhe  an  (od.  aus;. 

Man  soll  auch  den  Schein  des  Bösen  vermeiden. 

240 1 .  Bikö  na  ko  yori  baka  na  ko  zva  nao  kazvaii.  M  P  "^jJ  T  i  ^) 
ÖiSn-^i^lI^pT^i.*  Das  dumme  Kind  liebt  man  noch 
mehr  als  das  kluge. 

2402.*  Mi^igen  ase  no  gotoshi.  ^S'ff'^iin  L  Kaiservvorte  gleichen 
dem   Schweiss. 

Sie  können  nie  zurückgenommen   oder  widerrufen  werden. 

üinhi  (Eifersucht). 

2403.  Rinki  scnn    onna  tva  hazumami   mari.   't^Mt^w:^|t^^«^ 

Eine  Frau,  die  nicht  eifersüchtig  ist,  ist   wie  ein  Ball, 
der  nicht  springt. 

2404.  Rinki-onna    m    zva    tsnno   ga    hacrii.    'l'§Ä^I-llÄi?'*4fe'^  ?> 

Einer  eifersüchtigen  Frau  wachsen   Hörner. 

Weil   sie    den    Mann    wie   ein  Teufel  (auf  den    die    Hörner 
anspielen)  plagt.  Vgl.  No  2198. 

Hinki  (der  Gelegenheit    entgegenkommen). 

2405.*  Rinki,  öhen.  I^^?i.^-  Der  Gelegenheit  entgegenkommen, 
dem  Wechsel  entsprechen. 

Chinesische  Lesung  von  No  1360. 

2406.*  üinvitsit  HO  gotokn.  t^ii^itu  <    Wie  ein  Wald   stehen. 
Von  dem  "  Mastenwald ''   eines  Hafens. 


—      203       - 

2407«  JRisokit  zvo  tovii  yori  risoku  wo  haraima  I  f'JJ£^5?i ''Jf'J 
Ä^^i'^i  Bezahle  Heber  keine  Zinsen,  als  dass  du 
Zinsen  nimmst  I 

Scherzhaft  für :  der  Gläubiger  macht  sich  wegen  des  Geldes, 
was  er  verliehen  hat,  mehr  Sorgen,  als  der  leichtsinnige  Schuldner 
wegen  der  zu  bezahlenden  Zinsen. 

2408.*  Hissul  vio   nashi.    ÄHiML    Man    kann    nicht    einmal 
einen  Bohrer  stellen. 
S.  No  1404. 

J?ö  (Mühe). 

2409.*   Rö  sJiitc  kö  nashi.   ^L'^WS.  L  Grosse  Mühe,   kein  Erfolg. 
Vgl.  No  788. 

Hö  (Ein  chinesisches   Reich). 

2410.*  Rö  wo  ete  SJioku  zvo  nosovm.  Ü^if'C^^ML'  Wenn  man 
das  Reich  Rö  erobert  hat,  will  man  das  Reich 
Shoku  haben. 

Anspielung  auf  einen  chinesischen  Herrscher,  der,  mit  der 
Eroberung  von  Rö  (chin.  Liaig)  nicht  zufrieden,  auch  das  be- 
nachbarte Shoku  (chin.  Shuh,  jetzt  Sze-c/iwafi)  erobern  wollte. 
Bei  diesem  Versuch  wurde  er  aber  geschlagen  und  verlor  in 
Folge  dessen  auch  Rö. 

241 1.     JRo  wo  Jiirakii.  ;^^P3  <    Den  Herd  aufmachen. 
Gepulverten  Thee  bereiten. 

2412.*   Röa  clio  no  kiiraki  no  zvo    tvaröte  shishü    tva    satori-ezii. 
^tlftOM^^^-^^-CiSliiÄiJ^t-    Der    alte    Rabe    lacht 
über  die  schwarze  Farbe   des    Schweines    und    weiss 
nichts  von  seiner  eigenen  Hässlichkeit. 
Vgl.  Xo  1830. 

2413.*  JRöchö  sora  zvo  sJiitan.  ^.fe^^^i-  Der  Vogel  im 
Käfig  sehnt  sich  nach  dem  (freien)  Himmel. 

2414.*  Mögi  no  gotoku.  4i^?>i(D  <    Wie  Grillen  und  Ameisen. 
Gleich  No  1996. 

2415.*  Hogyo  no  ayamari.  ^W^^^"*)  Die  Verwechslung  von 
ro  (®)  und  gyo  (^). 


—      204      — 

Beim  Abschreiben  entstandene  Schreibfehler.  (Vgl.  unter  Sho 
iniiabi.) 

2416*  Hojö  no  setsuwa  söri  ni  hito  ari.  8&Ji'^l8;t5^'^l-A^*J 
Beim  Gespräch  auf  dem  Wege  sind  im  Grase  Men- 
schen. 

Gleich  No  1090. 

2417.*  HoTxUgu  zvo  shiniete  kara  senjö  e  nozonie  l  /^Ä-täi^tlo' 
?>K^'^ES'^  Erst  lege  die  sechs  Rüstungsstücke  an 
und  dann  gehe  aufs  Schlachtfeld  ! 

Die  sechs  Rüstungsstücke  sind  Helm,  Visir,  Brust-  und 
Rückenharnisch,  Arm-  und  Beinschienen.  Auch  in  der  Abkür- 
zung :     7-okugu  1U0  sJiimeru,  die  sechs  Rüstungsstücke  anlegen, 

2418.  Mohujii  no  nmshiro-yahiri.  ^+0'^^^"'J  Das  Stroh- 
mattenzerreissen    des    Sechzigjährigen. 

Spöttisch  von  alten  Leuten,  die  der  Liebe  noch  nicht  entsagt 
haben. 

2419.*  Hofiiei  "WO  tsnnagii.  S^^MC  Ein  Thauleben  zusam- 
menknüpfen. 

Ein  Leben  von  so  ungewisser  Dauer  führen  wie  der  Thau  ; 
sich  kaum  durchschlagen  ;  "  aus  der  Hand  in  den  Mund  leben." 

2420.*  Konipö  zvo  inukcni.  %n^^^^)  h  Den  Argumentpfahl 
(gegen  etwas)  richten. 

Gegen  etwas  argumentiren  ;  Argumente  ins  Feld  führen. 

2421.*  Man  ni  makete  ri  ni   katsii.  y^l'-ÄlT-Cili'-Sfo   Im     Wort- 
gefecht unterliegen,  in  der  Sache  siegen  (Recht  haben). 
Vgl.  No  2398. 

2422.  Ron    yori    shoko.     fmiUlt^     Beweise     sind     besser    als 

Argumente. 

2423.  Hongo-yomi  ga  Kongo    shirazn.   tralf  II^-&"''fml§^  h^    Der 

Rongo-\^^sQ.x  versteht  das  Kongo  nicht. 

Kongo,  eins  der  kanonischen  Werke  des  Confucianismus, 
enthält  Gespräche  zwischen  Confucius  und  seinen  Jüngern. 

2424.  JiotiTiUVU  mono  iva  naka  kara  tore !   trafSlOiIttJtj'f,!? 

n  Nimm  die  Argumentirenden  aus  der   Mitte  ! 
"  Die  Wahrheit  liegt  in  der  Mitte." 


—     265     — 

2425.*  Hui  zua  iomo  zvo  yohu.  ^IIÄ^-nJ-J-*  Verwandtes  ruft 
seines  Gleichen. 

"  Gleich  und  Gleich  gesellt  sich  gern.''     Ebenso : 

2426.*  Riii  zvo  motte  atsiimani.  W^^X%^  h  Sich  mit  seines 
Gleichen  zusammenfinden. 

2^27.^  Ritiran  yori  mo  ayaiisJii.  ^ISi^Ji^L  Es  ist  noch 
gefährlicher  (in  noch  grösserer  Gefahr)  als  ein  auf- 
gethürmter  Eierhaufen. 

2428.  Ruvi  ino  Jiari  mo  teraseba  hikaru.  jS^  i  s^^  t  ßM  t£ (t* ^  4 
Sowohl  Sapphir(?)  als  Glas  glänzen,  wi-nn  man  sie 
beleuchtet. 

Vielleicht  ist  terasii,  beleuchten,  hier  in  dem  Sinne  "  glän- 
zend machen,"  d.  h,  "schleifen"  zu  verstehen, 

2429.*  Byö  ga  mizu  zvo  eru  gotoku.  tWi^^'i%ht^<  Wie  ein 
Drache,  der  Wasser  erhält. 

Wasser  gilt  als  das  Lebenselement  des  Drachen.  "  In 
seinem  Element  sein.'' 

2430.*  Ryöha  ni   shite  tatazarcba,  tsui  ni  ono  zvo  mochiyitrti  iii 

itaru.   MiUi:  L'Ciii?-niiM.§i:^^;B^>5r-MS    Wenn    man 

(einen  Baum)  nicht  mit  dem    Messer   abschneidet  (so 

lange    er   jung    ist),    so    muss     man    schliesslich    die 

Axt  gebrauchen. 

Je  länger  man  ein  Übel  anwachsen  lässt,  desto  schwerer  ist 
es  zu  beseitigen.  (Vgl.  das  hiermit  fast  identische  Spr.  unter 
No  401.) 

2431.*  Byöhö  kikite  geji  zvo    seyo !    M::^li'CT^Vtf  i    Urtheüe 
erst,  wenn  du  beide  Seiten   gehört  hast  ! 
Vgl.  No  618  und  1230. 

2432.  Ryöliö  tatereba  mi  ga  tatazii.  M:J5:ö:nit*:ii>'''Äf:T"  Wenn 
man  beide  Seiten  hinstellt,  steht  man  selbst    nicht. 

Wer  es  beiden  Parteien  recht  machen  will,  kommt  am  Ende 
selbst  in  Verlegenheit.     (Vgl.  No  1875.) 

2433.*  Hyöjö   kunsJn.    ^•±©^    Die  Weisen    auf  der    Brücke. 

Ein  humoristischer  Ausdruck   für  Räuber. 


—    266    — 

2434-*  Hyökin  zva  ki  zvo  erandc  simin.  K^II^^^^T^iü  Ein 
edler  Vogel  wählt  sich  den  Baum  aus,  auf  dem  er 
wohnt. 

Hyöko  (Drache  und  Tiger). 
2435.*   Ryöko  710  arasoi.  bIJI^'^^ü^  Der  Kampf  zwischen  Drache 
und  Tiger. 

Ein  Kampf  zwischen  zwei  gewaltigen  Gegnern. 

2436.*  Ryöko  110  ikioi.  nt^'^^  Die  Kraft  von  Drache  und  Tiger. 
Eine  unwiderstehliche  Gewalt. 

Hyöko  (guter  Kaufmann). 

2437.*   Ryöko  zva  fukaku  kakiisJiite  iminashiki  ga  gotoku,  kunshi 

zva  scitohi  ni  sJiite  yöbö  gii  7iaru  ga  gotosld.    SRUj^  < 

Ü  L  -c  ;t  L  ^  1?^'  iD  <  .  ^  ^  It  ^  ^  r-  L  -c  #  1%  m  ^X  2.  «'*  ^  t 
Ein    guter    Kaufmann    verbirgt    (seinen     Reichthum) 

sorgfältig,  als    ob   (seine  Kasse)  leer  wäre,  ein  guter 
Mensch  ist  reich  an    Tugend    mit    einer    Miene,    als 
ob  er  dumm  wäre. 
Vgl.  No  1636. 

2438.*  Ryöte  ni  hana  zvo  inotsn  yö,  M^\-^^t^oW  Als  ob 
man  in  beiden   Händen   Blumen   hielte. 

Alles  haben,    was  man  wünscht ;    sehr   glücklich    sein ;    be- 
sonders auch,  wenn  man  zwischen  zwei  schönen  Mädchen  sitzt. 

2439.  *I^yötetu{h/i)  ni  kakeru.  MXM\-^^1  ^  An  beide  Arme 
der  Wage  anhängen. 

Sich  nach  beiden  Seiten  hin  sichern,  so  dass  man,  was  man 
auf  der  einen  Seite  verliert,  auf  der  andern  gewinnt. 

2440.*  Hyötö-tsukai.  MHikO'  Einer,  der  zwei  Schwerter  hand- 
habt. 

Einer,  der  in  zwei  Sachen  gleich  geschickt    ist,    zwei    starke 

Seiten  hat. 

2441.*  Jlyöyalia  kucJii  ni  nigakii,  kangen  zva  niimi  ni  sakarau. 
K^Pi:^<.|*tlt:^i:äi.S^  Gute  Arznei  ist  im  Munde 
bitter,  Ermahnungen    widerstreben  den   Ohren. 

Gebräuchlich    ist    nur  die    erste    Hälfte    {ryoyaku    kuchi  ni 
nigashi).     Vgl.  No  1391. 


26/      — 

2442-*  Jüi/öyJi  narabi  tatazu.  WA'^^'tLV-^f  Zwei  Helden  be- 
stehen  nicht  neben  einander. 

Sic  haben  nicht  neben  einander  Raum  ;  einer  von  beiden 
muss  weichen.     (Ebenso  No  333.) 

2443.*  Kyuha  no  tswnasuki.  tl  .1  ^^  ffl  ^  Das  Stolpern  des 
Flügel-  (eigtl.  Drachen-)pferdes. 

Selbst  der  Beste  macht  einmal  einen  Fehler.     Vgl.  No  1434. 

2444.*  Hyucliu  nigaki  zvo  shirazu,  shosho  kusaki  tuo  shirazii. 
»^^  ^  ^^  f)-?*.  ^m.%  ^  ^^  f.  T  Das  Wasserpfeffer- 
Insekt  weiss  nichts  von  Bitterkeit,  die  Made  weiss 
nichts  von  Gestank. 

RyTt,  jap.  tade,  ist  der  auch  in  Deutschland  durch  den  beis- 
senden  Geschmack  seiner  Blätter  bekannte  Wasserpfeffer  (Poly- 
gonum  hydropiper). 

2445.*  JRyügen  ase  ?io  gotoshi.ttWt^^%\iL    Drachenworte    sind 

wie  der   Schweiss. 

Gemeint  sind  :  die  Worte  des  Kaisers.   (S.  No  2402.) 

2446.*  MyüryTi  sJiinkii.  S^*^^  Jedes  Reiskorn  (kostet  dem 
Landmann)  schwere  Mühe. 


»»>«^«< 


s. 

2447.  Saha    no    iki-gusare.    If^^^n    Das    lebendige    Faulen 

der  Makrele. 

Die  Makrele  hält  sich  nur  sehr  kurze  Zeit  und  ist  daher 
sprichwörtlich  für  leicht  verderbende  Dinge.  Statt  iki-gusare 
auch  tiania-gusare. 

2448.  Sagi  ga    dojö   zuo  fmnu  yö.    Itj^lg^jfgü^    Wie    wenn 

ein   Reiher  auf  Schmerlen   tritt. 

Von  hochmüthigem  Betragen  Hochsteheader  gegen 
Niedere  (?). 


—     268    — 

2449*  ^^ü^^  7V0  karasu  to  ii-hironuru.  M^.^^ij^/>5  Den 
Reiher  durch  Worte  so   schwarz   machen    wie    einen 

Raben. 

"Aus  Weiss  Schwarz  machen."     Abgekürzte  Form :  sagiivo 
karasu. 

2450.  Saifti-ßn  wo  tsukamn.  W^K^ÜL-  Den  Hintern  des 
Geldbeutels  packen. 

Ihn  schütteln,  ob  nichts  mehr  herausfällt ;  mit  seinem  Gelde 
zu  Ende  sein. 

2451.*  Saigetsii  geki-ku  no  gotoshl  ^^PJS9'?>i(n  L  Jahre  und 
Monate  (die  Zeit)  sind  wie  das  Fohlen  der  (Zaun-) 
Lücke. 

S.  No  499. 

2452.*  Saigetsii  Jiito  zvo  inatazji.  ^^Kh/^V^'f  Jahre  und  Monate 
warten  nicht  auf  den  Menschen. 

2453.  Saihai  zvofiiru.  TJJiE^tÜ  Den  Feldherrnstab  schwingen. 

Etwas  leiten,  an  der  Spitze  stehen. 

2454.  Sciikii  wa  ryfiryü,  sJiiage  tuo  goröjiro  !  IfflKlJJK-*  »ft^ii/'^ 

WM.^h   Eine  schöne  Arbeit  (kann  man)  auf  verschie- 
dene Weise  (machen);  sieh  sie  dir  an,  wenn  sie  fertig 

ist! 

Warnung  vor  voreiligem  Tadel.     "  Das  Ende  krönt  das  Werk.'' 

2455.  Saishi  ni  yaviai   dslii.    :^^l'^^L    Begabte    Menschen 

haben  viele    Krankheiten. 

Bezieht  sich  auf  die  schwächliche  Constitution  der  gebilde- 
ten Classen,  besonders  der  Gelehrten. 

2456.  Saita  sakura  ni   nazc   koma    tstinagu  ?    ^VMV-^^lWi^ 

Warum  an    den    blühenden    Kirschbaum  ein    Fohlen 
binden  ? 

Freundschaftliche  Warnung,  wenn  jemand,  besonders  beim 
Gelage,  etwas  Hässliches  oder  Rohes  thun  will.  (Aus  einem 
populären  Liede.) 

2457.  ^(^3^  '^vo  iiageru.  Sfe^t^s    Den    Medicinlöffel    wegwerfen. 

Eine  Sache  aufgeben,  weil  alle  Mühe  vergeblich  ist.  (Vgl. 
No  953.) 


—    269    — 

2458.  Sakalx'O  no  yiimc.  ai^€)^  Der  Traum  von  einer  Steiss- 

geburt. 

Ein  beängstigender  Traum. 

2459.  SaJ^a^ieji    zvo    kuwasem.   a^M'^iÄUtta     Den    in   umge- 

kehrter Richtung  gedrehten  Faden  zu  essen  geben. 
"  Den  Spiess  umkehren.'' 

2460.  Sahata  no  Kintoki  no  yö.  ^PEI'^&Bf^lÄ  Wie    Sakata  no 

Kintoki. 

So  roth  im  Gesicht — vgl.  No    1399. 

2461.  Saka-toinho  no  yö.  M^^<<>^  Wie  die  verkehrt  sitzende 

Libelle. 

Wenn  sich  die  Libelle    an    einen    Zweig    setzt,  so  richtet  sie 

den  langen  Hinterleib  senkrecht  in  die  Höhe ;    daher    Ausdruck 

für :  mit  dem  Kopf  nach  unten. 

2462.  Sah'cin  naru  mono  zva  otorou.  ^^£^^(tm^  Wenn  etwas 

in   Blüthe  steht,  beginnt  der  Verfall. 

2463.  Hahaya  e  sanri,  töfuya  e  niri.  S?SM'^HS.>^M'*— M  Zum 

Sake-(Reisvvein-)händler    drei    Ri,    zum    Bohnenkäse- 

händler  zwei   Ri. 

In  einer  vom  Verkehr  ganz  abgelegenen  Gegend  wohnen. 

2464.  Saka^iilii  wa  tatami  no  vioyö  de  zva  nai.    SltfiO^^I; 

U'*!'"   Die  Sakeschälchen  sind  keine  Mattenmuster. 

Scherzhafte   Mahnung,  die  Sakeschälchen  nicht  vor  sich  auf 
der  Matte  stehen  zu  lassen,  sondern  sie  weiterzugeben. 

2465.  Sakaziiki   wo   katamukeru.    '^^%.^1  h     Die    Trinkschale 

neigen, 

Sake  trinken   (gleich  No  484). 

2466.  Hake    ni   nomarcni.   ?@i-§iliS     Vom    Sake  (Reis wein) 

getrunken   werden. 

Berauscht  werden.     Vgl.  No  929. 

2467.  Sake  no  seki    ni   zva    c/iin,    neko,    baba.    ?30^i:il#ig^« 

Wenn  man   beim  Sake  sitzt,  (liebt  man  nicht)  Hunde, 
Katzen  und  alte  Weiber. 

Wohl  weniger   gegen    Hunde  und    Katzen,    als    gegen    alte 
Weiber  gerichtet.    Vgl.  No  237. 


—    270    — 

2468.  Sake    zva   hyaku-yahi    110  chö.  ?@llW^O^   Der   Sake   ist 

die  oberste  von  Inindeil  Arzneien. 

2469.  Sake  zva  kan,  sakana  zva  sasJdmi,  shakn  zva  tabo.  ?Sll!^» 

#|l$.'J:i>S^|tiS^  Beim  Sake  Hitze,  beim   '¥\'^z\\  sashhni, 
beim  Einschenken   ein    Chignon. 

Der  Sake  muss  von  einem  Mädchen  eingeschenkt  werden, 
wenn  er  schmecken  soll,  ebenso  wie  man  ihn  heiss  trinken 
muss,  und  Fisch  am  besten  als  sasJnmi  (so  heisst  der  in  Streifen 
geschnittene  rohe  Fisch,  der  mit  Soyasauce  gegessen  wird) 
schmeckt. 

2470.  Sake    zva    nonde    1110    noinarenma !     }@Ut^^T  {it^ä^S'^i 

Man  kann    zwar    Sake    trinken,    aber    man   soll    sich 
nicht  von   ihm  trinken  lassen. 
S.  No  2466  lind  929. 

2471.  Sake  zva  vei  ni  Jiajiniatte   raji  ni  ozvani.    WXi^V-^uk^'^^ 

\'-%h      Der    Sake     (das     Saketrinken)     beginnt     mit 
Förmlichkeiten  und  endet  mit  Tumult. 

2472.  Sake  zva   nrei   no    tama-höki.  ?BllS^3Ei^    Der    Wein    ist 

ein   unvergleichlicher  (eigtl.  Edelstein-)  Besen  für  die 
Sorgen. 

2473.  Sake  zvo  katte  shiri  zvo  kirarerii   yd.    \W^'^'^M^^^^h\% 

Als  ob  man  (jemand)  Sake  kaufte    und  dann    in  den 
Hintern   geschnitten   würde. 

D,  h.  als  ob  man  für  jemand  Sake  bezahlt  hätte  und  dann 
n^it  ihm,  weil  er  betrunken  geworden  ist,  Streit  bekäme.  ['"ür 
gute  Absicht  schlechten  Dank  ernten. 

2474.  Saht  zva  sahodo  ni    ovwzvanu.   [ti]  ^UÄfll->®IIiO    Drüben 

(auf  der  Gegenseite)  denkt  man  nicht  so. 
Wenn  man  mit  etwas  "  keine  Gegenliebe  findet." 

2475.*  Sakin^uveha    Jiito    zvo   sei   su.    :Jfe^'^HIt*A^!tilJ■f     Wer 
ztierst  da  ist,  commandirt  die  andern. 

"  Wer  zuerst  kommt,   mahlt  zuerst.'' 

2476,     Salxiiva     zva    hana     ni    araivani.     t^lltei-M(ti       Der 
Kirschbaum   wird  an  seinen  Blüthen  erkannt. 


—      271      — 

2477-  Sakuragi  ivo  kudakite  nute  vio,  Jiana  zua  nasJii.  ^^^'^^ 
'CI.'C  ittdiSL  Wenn  man  den  Kirschbaum  auch 
kurz  und  klein  bricht,  sind  doch  keine  Blüthen  da. 

Man  darf  nichts  zur  Unzeit  verlangen.  Das  Spr.  (aus  einem 
scnryjt,  Volkslied,  hervorgegangen)  drückt  auch  Enttäuschung 
nach  vorhergegangener  grosser  Erwartung  aus. 

2478.  Sambeu  maivatte  tabako   ni   seyo !    H^M^'^'CÜ^I--tf  3 

Erst    wenn    du     dreimal     die     Runde    gemacht    hast, 
rauche  eine   Pfeife  ! 

Lieber  etwas  zu  vorsichtig  als  nicht  vorsichtig  genug !  (Die 
Redensart  bezieht  sich  zunächst  auf  den  Nachtwächter.) 

2479.  Saimnei  sazuagashi.  H^|ft)-''L    Drei    Personen    machen 

Lärm. 

Zwei  führen  noch  ein  ruhiges  Gespräch,  aoer  wenn  drei  oder 
mehr  beisammen  sind,  so  wird  die  Unterhaltung  lebhaft  und 
geräuschvoll.     Vgl.   No  2302. 

2480.  Saimikl  toki  ni  kitanaki  mono  (od.  kitanaki-viono)  nashi, 

-^^H^i:^^:!^(^t1^)itL    Wenn    es    kalt    ist,    giebt    es 

keine  schmutzigen  Kleider. 

Man  zieht,  je  kälter  es  ist,  desto  mehr  Kleider  an,  darunter 
dann  auch  die  alten,  schlechten,  die  man  z.  B.  im  Sommer 
nicht  tragen   würde. 

2481.  San  sanryö    ni    shini  goryö.  4HMl*^l-iS^    Die  Geburt 

kostet   drei    Goldstücke,    der    Tod    (das    Begräbniss) 
fünf  Goldstücke. 

2482.  Sando-mc  ga  jd  no  me.  HÄBtJ'Ä'^g   Das    drittemal  ist 

das  entscheidende  Mal. 

Das  drittemal  ist  das  letztemal,  giebt  den  Ausschlag.  Sagt 
man,  wenn  man  eine  Sache  schon  zweimal  ohne  Erfolg  ver- 
sucht hat.     "Aller  guten   Dinge  sind   drei.'' 

2483.  Sando-me  no  kami  wa  shöjiki.    ^Sie^jj^üiEit    Der    Gott 

des  dritten  Males  ist  gerecht. 

Wie  No  2482. 

2484.  Sangwatsu    no    Iiana-guntori.  H^'DTb&''J    Die   Wolken 

der  Blumen  des  dritten  Monats, 


—       2/2      — 

Der  dritte  Monat  des  alten  Kalenders  entspricht  ungefähr 
dem  April,  dem  Monat,  wo  die  Kirschbäume  blühen,  zugleich 
aber  auch  meist  trübes  Wetter  herrscht. 

2485.  Sangivatsn  no  Jianaini-jiyaini.  H^'DifEM.ll    Die  Läuse   der 

Blumenschau  des  dritten   Monats. 

In  dieser  Zeit  beginnen  die  Insekten  und  auch  die  Läuse 
zum  Vorschein  zu  kommen,  daher  man  vorsichtig  sein  muss. 

2486.  Sangwatsii  sagari-dako.    H^T'J^ti^    Das    Herunterlassen 

des  Drachen   im  dritten   Monat, 

Keine  weitere  Bedeutung,  als  dass  das  Drachensteigenlassen 
im  April  ein  Ende  hat.  Die  Redensart  verdankt  ihre  Entstehung 
wohl  nur   der  Allitteration  von  sangwa/su   and  sagari. 

2487.  Sanjü   fnrisode,    slnjn    shimada.     H+Mlfl^  M+BH     Mit 

dreissig  Jahren  ein  Furisode-Kleid,  mit  vierzig  Jahren 

eine  Shimada-Frisur. 

furisode  ist  ein  gewöhnlich  sehr  buntfarbiges  Kleid  mit 
lang  herabhängenden  Ärmeln,  wie  es  kleine  Mädchen  von  6 — 8 
Jahren  tragen ;  sJüviada  der  Name  einer  Haarfrisur  junger  Mäd- 
chen  von    16 — 18  Jahren.     "Eines  schickt  sich  nicht  für  alle." 

2488.  Sanßi  110  shui-ktihii'i.    H+O^fö"]     Des    30jährigen   sich 

den  Hintern   zubinden. 

Von  jemand,  der  erst  spät  anfängt,  solide  zu  werden. 

2489.  Sanßi-kn  ja  mono,  Jiana  ja  mono.  H+AC^  i  0.i£C"P  ii  <?> 

Weil   es  das  39.    Jahr  ist,    weil    es    die    Blüthe    (des 
Lebens)  ist. 

(ja  =  da,  }nono=kara,  weil.)  Zu  ergänzen  :  kann  man  Dinge 
leisten,  die  man  fiüher  nicht  leisten  konnte. — Vgl.  No.  2346. 

2490.*  Sanfü-rokkei  nig7irn  ni  sJdkazu.  H+Z^ltaicf^l' ^.li-s'T*  Sechs 
und  dreissig  (Schlacht-)  Pläne  kommen  dem  Davon- 
laufen nicht  gleich. 

2491.     Sannen  kojiki  sureba  shögai  wasiircrarezu.    H^p-S^i" Ixit" 
4S-1an?>n-f'    Wenn    man    drei    Jahre    gebettelt    hat, 
vergisst  (verlernt)  man   es  das  ganze   Leben   nicht. 
Variante  von  No  1468. 


—     273     — 

2492.  Sannen  ni  sJiiie  ko  naki  tsuma  zva  saru.   H¥l-  LX^^^\% 

\t^h   Von  einer  Frau,  mit  der    man    in   drei  Jahren 
keine  Kinder  liat,  Lässt  man  sich  scheiden. 

2493.  Sannen  no  fimikizn  tvo  sagiiru.  ^^<Z>-^%^^h   Nach  der 

alten,  dreijährigen   Wunde  suchen. 

Eine  alte,  längst  abgethane  Sache  wieder  aufrühren.  (Vgl. 
No  1272.) 

2494.  Sannen  no  koi  mo  samcfn.^^^W^lMh   Auch  eine  Liebe 

von  drei  Jahren   erkaket. 

Schhesslich  nimmt  alles  einmal  ein  Ende. 

Sannen  saki  no  koto  :  s.  Rainen  no  koto. 

2495.  Sannen  tateba    mitsu    ni   narit.    Hi^jitlfHivr-^S     Nach 

drei  Jahren   wird  (das  Kind)  ein  dreijähriges. 

Das  neugeborene  Kind  wird  über  die  erste  gefährlichste 
Zeit  schon  hinwegkommen  ;  mit  der  Zeit  wird  alles  besser  werden  , 
man  darf  nur  den  Muth  nicht  verlieren.  "  Mit  der  Zeit  pflückt 
man  Rosen";  auch:   "aller  Anfang  ist  schwer." 

2496.  Sanniii  de  antku  to  nakama-haziirc  ga  dekiru.    HAT# 

K-im^^<\.^'^^h     Wenn    man    zu    dreien     geht,    so 
sondert  sich  einer  ab. 

Beim  Gehen  ist  nur  ein  Gespräch  zwischen  zweien  möglich  ; 
der  dritte  geht  stumm  nebenher. 

2497.  Sannin  yorcba  idtonaka.     HA^HIf  A*    Wenn    drei    sich 

versammeln,  so  ist  es  eine  Gesellschaft. 
"  Tres  faciunt  collegium." 

2498.  Sannin  yoreba    kashhnashi.    HAWI^I1■S  L    Wo    drei    bei- 

sammen sind,  ist  es  geräuschvoll. 
S.  Ko  2479. 

2499.  Sannin  yoreba  Monju  no  chie.  HA^HIt'Ä^O^l^  Wo  drei 

Personen  zusammenkommen,  ist  die  Weisheit  Monju's. 

Monju,  einer  der  Jünger  Buddha's,  ist  seiner  Weisheit  wegen 

sprichwörtlich.       Man    soll  sich  nicht  auf  seine  eigene  Weisheit 

verlassen,  sondern  auch  andere    zu  Rathe    ziehen.    (Vgl.  No  761 

und  1955.) 


y 


—     274     — 

2500.*  Sansha  ivo  sakeru.  H'^^-^tJs  Drei  Poststationen  weit 
aus  dem  Wege  gehen  (weichen). 

Jemand  weit  nachstehen  ;  überflügelt  werden. 

2501.  Scnishö  %va  ko-tsiibu  de  1110  Jiiriri  to  karashi.  llIISil''hi!iiT 

^lj\^]  \  £  $  L    Der    Bergj)fefifer    ist    aucli    als    kleines 
Korn  sehr  scharf  beissend. 

Von  kleinen,  aber  energischen  Leuten.  (Bergpfeffer :  Zan- 
thoxylum  piperitum.) 

2502.  Sansai  no  okina  ari,  hyahtsai  110   döji   ari.    H^O^^yJ, 

"^^^mr^h^)    Es  giebt    Greise    von   drei    Jahren    und 
Kinder  von  hundert  Jahren. 

Es  giebt  kluge  Kinder  und  dumme  Greise. 

2503.*  Sanzun  no  sJiita  no  ne  wa  sakushi  110  teppeki.  Htj"<5S"*2) 
föd^iO^M  Die  dreizöllige  Zunge  ist  der  eiserne 
Wall  des  Politikers. 

2504.  Sanzun  no  shita    zvo   /um.  HTj'<?)S"^fi  S     Die   dreizöllige 

Zunge  schütteln. 
Ein  Ausdruck  für :  eifrig  und  gewandt  reden. 

2505.  Sanzun  no  sJdta  zvo  Fnnina  no    bensai.    HTj'OS'^i-'S^XO 

1?^  Die  dreizöllige    Zunge    schütteln,    Furuna's    Be- 
redsamkeit. 

Ein  Wortspiel  von  der  Art,  die  man  kcnyogefi  nennt :  fiiru 
in  Furi/na  gehört  einerseits  in  der  Bedeutung  "schütteln"  zu 
dem  vorangehenden  sanzun  no  shita  wo  ;  andererseits  bildet  es 
den  Anfang  des  Eigennamens  Furitna  (corrumpirt  aus  Fii7-ona  : 
s.  No  391). 

2506.  Sanznn-iki  tayiireba  banjiyasumii.  HTj*,S>$g<xlt',¥i^lHct'  Wenn 

der    Athem    von    drei    Zoll    aufhört,    so    haben     alle 
Dinge  ein  Ende. 

2507.  Sao   ga   sannen,    ro   ga    mi-tsnki.  ^t)»'H¥»i'l?ti'''B>^     Eine 

Ruderstange  drei  Jahre,  ein   Ruder  drei  Monate. 

Ein  Schiffersprichwort,  wonach  die  richtige  Führung  der 
Ruderstange  erst  in  drei  Jahren  erlernt  wird,  die  des  Ruders 
schon  in  drei  Monaten. 


—    275     — 

2508.  Sao    HO    saki  e    su:su  luo  tsukcta  yd.  ^'^9ii^^'^^A^\)VM 

Als  ob  man  an  der  Spitze  einer  Stange  eine   Klingel 

befestigt  hätte. 

Von  einem  geächwätzigen  Hohlkopf.  Abgekürzt :  sao  ho 
saki  ni  sitzu. 

Savii  (Affe). 

2509.  Sanc  ga  kosiic  wo  watarii  yd.  ^tj-ftViSs^     Wie    wenn 

ein  Affe  von  einer  Baumspitze  zur  andern  springt. 
Von  grosser  Geschwindigkeit  oder  Geschickhchkeit. 

2510.  Saru  vio    ki   kam    ochini.    ?t  Uli^' f)v'^5    Selbst  der   Affe 

fällt  vom   Baume. 

Vgl.  No  1434  und  2446. 

25 11.  Sam    ni  cboshi.    \%\'~%'§i^    Dem    Affen    eine  vornehme 

Mütze  (aufsetzen). 

Sagt  man,  wenn  jemand  über  seinen  Stand  gekleidet  ist, 
oder  über  sein  Verdienst  erhöht  wird.  Statt  cboshi  auch  kam- 
muri,  ebenfalls  eine  (früher  übliche)  Kopfbedeckung  Adliger. 

2512.  Sarii  710  hito-mane.  ®^AÄföt  Das  Mensrhen-Nachahmeti 

des   Affen. 

Von  Menschen,  die  wie  Affen  alles  nichmachen. 

2513.  SariL   no   shiri-zvarai.  ^^K^l^    Das    Lachen    des    Affen 

über  den  Hintern  (des  andern). 

Er  lacht  darüber,  dass  der  Hintere  des  andern  Affen  roth 
ist  (der  japanische  Afte  hat  rothe  Gesässchwielen),  und  weiss 
nicht,  dass  der  seinige  ebenso  roth  ist.  (Vgl.  Xo  1830  und 
2412.) 

2514.  Saru  iva  ningai  ni  sanibo7i  ke  ga  taranu.    ^iliArall-HTK^ 

*'''/S.f)W   Dem  Affen  fehlen   zum  Mensclien    (nur)  drei 
Haare. 

So  gross  ist  seine  Klugheit. 

Sai'ii  (weggehen). 

2515.  Saru    1110710    Jiihi    7ii    ntoshi.    äj^  "^H  *  1-2^  L    Abwesende 

werden  täglich   freir.der. 

Ahnlich  wie  "aus  den  Augen,  aus  dem  Sinn.'' 


—       2/6      — 

2516.  Sasci  HO  tsuyu  ni  1110  yon  Jtodo.  ^'?>Mi- (.5'?^>fS    So  dass 

(er)  selbst  vom    Thaii    des    Bambusgrases    betrunken 
wird. 

Von  jemand,  der  nichts  vertragen  kann. 

2517.  Sasatsiiba  c  Ja  ga  tsuita  yd.   B£^^'^At)-''ft/':t«    Wie   wenn 

(dürres)  Bambusgras  in  Brand  geräth. 
Vgl.  No  6  und  1178. 

2518.  8ala  no  kagiri.  Wfk^^^'')    Das  Ende  der  Nachricht. 

"  Über  alle  BegrilTe  "  (in  schlechtem  Sinne). 

2519.  ^ato  110  kanc  nl  iva  tsiimaru  ga  narai.   jSM.<?)^I-|1;^Si?'* 

^  Im  Freudenhause  geht    einem    in    der    Regel  das 
Geld  aus. 

2520.  Satobara  inikka.  MIKHÜ    Das  im   Elternhause  Gegessene 

hält  drei  Tage  vor. 

Am  dritten  Tage  nach  der  Hochzeit  macht  die  Braut  ihren 
Eltern  einen  Besuch,  der  sato-gaeri  (Rückkehr  in  die  Heimath) 
genannt  wird.  Da  sie  nun  im  Hause  ihres  Mannes  während 
der  ersten  Tage  aus  Schüchternheit  sehr  wenig  gegessen  hat,  so 
benutzt  sie  dies2  Gelegenheit,  sich  wieder  einmal  satt  zu  essen. 

2521.  Satöya  no  moe  zuo  kakete   tötta.    #f'#M<?>H'I^li'Ciif:    Es 

ist  am  Zuckerhändler  vorbeigelaufen. 
Von  Dingen,  die  nicht  süss  genug  sind. 

2522.  Satvaranu  kann    ni  tatari    nashi.    W^  ^W\-^^)  U  L 

Nichtbeleidigte  Götter    strafen  nich.t. 

Man  soll  sich  nicht  ohne  Noth  Feinde  machen. 

2523.  Saivciri  sainbyakii.  Sf'JHW  Anfassen  kostet  300   Heller. 

Mit  dieser  Redensart  halten  sich  Kellnerinnen  zudringliche 
Gäste  vom  Leibe. 

2524.  Sa^ae    ni    kompeitö.    ^^I-^¥IS    Stachelschnecke    und 

spitzes  Confekt. 

Von  jemand,  der  sehr  reizbar  ist,  der  sogleich  "  Ecken  be- 
kommt "  (s,  No  1098).  sazae  ist  eine  essbare  Seeschnecke 
(Turbo  cornutus)  mit  sehr  stachligem  Gehäuse;  das  kompeitö 
(vom  spanischen  cojifeiio)  genannte  Confekt  besteht  aus  Zucker 
und  hat  die  Gestalt  einer  Kugel  mit  vielen  Spitzen. 


—      2TJ      — 

2525.  /S'e    ni   hara    tuo    kaerarenu.    ^l-SS^f^  ?>n>o    Man    kann 

niclit  d.Qw  Bauch  mit  dem  Rücken   vertauschen. 

"  Bauch  ''  bedeutet  hier  :  die  eigene  Person  ;  "  Rücken  ": 
fremde  Leute ;  also  gleich  unserm  "  das  Hemd  ist  näher  als  der 
Rock,''  oder  "jeder  ist  sich  selbst  der  Nächste." 

Hei  (Leben). 

2526.  Sei  am  mono  zva  shi  ari.    ^^'Ä^^i^^E'WJ     Was    geboren 

ist,  muss  auch  sterben. 
Vgl.  Xo  493. 

Sei  (Naturanlage). 

2527.  Sei    zva    michi    ni  yotte    kashikoshi.    ttliiil-fö'CSL    Die 

Naturanlage  entwickelt    sich,  wenn  sie  den   (rechten) 
Weo'   einschläo-t,  zur  Weisheit. 

2528.*  Seiet  taikai  wo  shirazu.  ft^}^^ft^^'t   Der    Frosch    im 
Brunnen   weiss  nichts  vom   Meere. 

Auch  sein  no  kejt  (^),  der  Gesichtskreis  des  Fiosches  im 
Brunnen,  oder  seia  no  goiokii,  wie  ein  Froich  im  Brunnen.  S. 
No  831. 

2529.*  Seifun  ni  naru.  W^\-'^h   Zu  Mehl  werden. 

Durch  Krieg  aufgerieben  werden  (z.  B.  ein  Heer,  die  An- 
hänger einer  Partei]  ;  durch  Krieg  ruinirt  werden  (z.  B,  eine 
Familie).     Vgl.  No  1593. 

Seijin  (der  Rechtschaffene). 

2530.  SeiJin  ni  kane  nashi.  vbA1-^"^j:  L   Der    Rechtschaffene  hat 

kein   Geld. 

Vgl.  No  191 2. 

Seijin  (der  Weise). 

2531.  Stijin  ni  ytivie  nashi,  ^AI-^lftL    Der    Weise    hat    keine 

Träume. 

"  Träume  sind  Schäume."     Vgl.  No  228. 

2532.*  Seikai    ni    oyogn.     i^?ll-r^<*     Im    Meere     der    Politik 
schwimmen. 

Politik  treiben. 

2533.*  SeiJxOku  ni  atarn.  '^^V-%h   Die  wahre  Gans  treffen. 


—     278     — 

Von  der  Form,  die  die  chinesischen  Schiesscheiben  früher 
gehabt  haben  sollen;  also  =  das  Rechte  treffen,  richtig  handeln. 
Analog:  seikokn  wo  ayawarii,  die  Scheibe  verfehlen, =et\vas 
Falsches  thun,  einen  Fehler  begehen. 

2534.  Sei-kurabe  nara  yoko  de  koi  to  in  yo.  ^^'<*l  h\%X^ 
t«;:;SifÄ  (So  dick)  dass  man  beim  Vergleichen  der 
Grösse  zu  ihm  sagt  :  lege  dich  quer  ! 

Von  jemand,  der  klein,  aijer  sehr  dick  ist,  so  dass  man 
von  ihm  scherzhaft  sagt,  er  sei  ebenso  dick  \\ie  hoch. 

2535.*  Seishiii  itsii  ni  itaraba,  nanigoto  ka    narazaran?   tnlt^ 
l-MblfM^^'/Ä^  §' ^^     Wenn     der     Wille     auf     eins 
gerichtet  ist,  was  sollte  nicht   gelingen  ? 
Vgl.  No  2101. 

2536.  Seite  wa  koto  zvo  shi-sonjirn.  :^;t!135^^f±Mlü  Wenn 
man  zu   ungeduldig  ist,  so  verdirbt  man   die  Sache. 

2537.*  Heiiin  710  kokorozashi.  ffS'^iSL  ]3as  Ziel  der  blauen 
Wolken. 

Ein  sehr  hohes,  ehrgeiziges  Ziel. 

2538.  8ejl  wo  in.  iHr^^S"^-  Weltdinge  reden. 

Complimente  machen.  Daher  auch  seji  no  yoi  hito,  ein 
Mensch,  der  in  V.'eltdingen  gut  (gewandt)  ist  =  einer,  der  gut 
Complimente  zu  machen  weiss. 

2539.  Sehen    s/nmzn    no     taka-viaknra.     \t\^^^h't''^%S%     Der 

ruhige   Schlaf  dessen,  der  von  der  Welt  nichts  weiss. 
Zu    dem    Ausdruck     taka-iiiakura,     "hohes    Kopfkissen  "  = 
ruhiger  Schlaf,   vgl.  No  1747. 

2540.  Scken  wo    seniaku    siiru.     BtPpi^i^i  <  "f  5     Seine    Welt   eng 

machen. 

Seinen  Bekanntschaftskreis  einschränken. 

2541.*  SeJH-aJiu  no  ic  ni  yoö  ari.  !A-^;?>^l-tl?!Ji?-)  ^J  In  einem 
Hause,  wo  sich  Böses  angehäuft  hat,  bleibt  (für  die 
Nachkommen)  UngKick   zurück. 

"  Die  Sünden  der  Väter  werden  an  den  Kindern  gestraft.'' 
Vgl.  auch  No  2363  und  die  Erklärung  zu  No  2545. 


—     279    — 

2542.*  Sekljö  ivo  vmsnbu.  %W^%^üi^  Den  rothen  Strick  knüp- 
fen. 

Sich  verheirathen. 

2543.*  Sekisö  gonö  ichigi  wo  nasmu.  llÄStl-fö^jÄSf  Die 
Heuschrecke  hat  fünf  Fähigkeiten,  aber  keine  voll- 
kommene  Fertigkeit. 

Sie  kann  (nach  einer  chinesischen  Erklämng  dieses  Spr.) 
laufen,  aber  nicht  schnell ;  fliegen,  aber  nicht  hoch ;  klettern, 
aber  nicht  auf  Bäume ;  schwimmen,  aber  nicht  über  Flüsse ; 
Löcher  graben,  aber  nicht  gross  genug,  um  sich  darin  zu  verste- 
cken.    (Vgl.  No  810.) 

2544.*  Sekisun  zvo  arasou.  R-^^^:k^  Um  Fuss  und  Zoll 
streiten. 

Sich  um  Kleinigkeiten  streiten.     Vgl.  No  97g, 

2545.*  Sekizen  no  ie  ni  im  kanarazii  yokei  ari.  lt#?)^l-Ui^»T 
^^h^]  In  einer  Familie,  in  der  von  jeher  Tugend 
geherrscht  hat,  herrscht  sicher  auch  Glück, 

Der  Ausdruck  sekizen,  "  angehäufte  Tugend,"  bedeutet,  dass 
schon  eine  lange  Reihe  von  Vorfahren  Tugend  geübt  hat ;  ihrem 
Verdienste  verdanken  die  Nachkommen  ihr  "  übrig  gebliebenes 
(d.  h.  ererbtes)  Glück  "  (j^'o/cei).  Vgl.  No  2541. 

2546.*  Sekkaku,  ^Ä  Abgebrochenes  Hörn. 
Vergebliche  Mühe. 

2547.  Sekki  110  ka:;c  zva    hatte  mo   hike  !    0P'?JJS.¥*ltR'C  1 5liT 

Am   Ende  des  Jahres  hole  dir  eine    Erkältung,    und 
wenn  du  sie  kaufen  müsstest ! 

Um  den  Gläubigern  gegenüloer  eine  Entschuldigung  zu 
haben,  denn  am  Jahresschlüsse  müssen  alle  P.cchiuingen  und 
Schulden  bezahlt  werden.  (Vgl.  No  862  und  863.) 

2548.  Senihei  no  yö.  Mm'^W  Wie  Sembei. 

So  dünn  und  hart;  speciell  von  alten,  schlechten  Matratzen 
[fufoji)  gesagt.  {snnl?ei  ist  eine  Art  sehr  dünner  Kuchen  aus 
Reismehl.) 

Semben  (tausend  Bücher). 

2549.*  Seniöcny  icJiiritsu.  T^M— #    Tausend  Bücher,  eine  Tonart. 
Ermüdende  Gleichförmigkeit,  Monotonie. 


—     28o     — 

Semben  (erste  Peitsche). 

2550.*  Semben  zvo  tstikcrii.  :^ll^'ftS  Den  ersten  Peitschenhieb 
geben. 

Der  erste  sein,  den  andern  zuvorkommen. 

Senihihi  no  isJii  %va  etc. :  s.   CJiiJdki. 
2551.     Semi  no  Jtagoromo.  ^O^^  Das   Flügelkleid  der  Cikade. 
Ein    Kleid    aus    durchsichtiger    Rohseide.     Ursprünglich   ein 
poetischer    Ausdruck ;    jetzt    scherzhaft    gebraucht,    z.     B.    wenn 
jemand  bei  schon  kühlem  Wetter  noch  Sommerkleider  trägt. 

2552.*  Senifiiaii-gokii  mo  slioku  ippai.  'T'/fiStÄ— ^  Auch  bei 
zehn  Millionen  koku  Reis  kann  man  nicht  mehr  als 
sich  satt  essen. 

2553-     ^^^  no  hira  yori  ko  ga  takani.    "^^M  l  "J^^^'Ä    Kinder 
sind  ein  grösserer  Schatz  als  tausend   Magazine. 
Erweiterte  Form  von  No   142 1. 

2554.  Senaka  ni  ine  zva  nasJii.  W^t^l-^HML  Der  Rücken  hat 
keine  Augen. 

2555.*  Sendan  wa  futa-ba  yori  köbashii.  tlitzi ^i  •-Jf^lfLi''  Der 
Sendan   duftet  schon  vom  Keimblatt  an. 

Das  Holz  des  sc7idan    (Melia  azedarach)    ist    wohlriechend  ; 
' rml  fiitaba  "zwei  Blättern,"  sind   die    beiden    Keimblätter    oder 
Cotyledonen  gemeint.       Das  Talent  kündigt    sich    schon    in    der 
Jugend  an.     Vgl.  No  1868. 

2556.*  Sendatmi  sunt.  SPET^  Die  Cikadenhäutung  vorneh- 
men. 

Sich  \er\vandeln,  in  einen  neuen  Zustand  übergehen. 

2557.     Sendö    öhitc  fune   yama    c    noboru.    I&M^  < 'C^f}^J'^g^> 
Wenn    viele    Kapitäne    da  sind,    so    fährt    das  Schiff 
auf  einen  Felsen. 

"  Viele  Köche  verderben  den  Brei.'' 

2558.*  SengoJ^u  mangohi  vio  shoku  ippai.  'T^S.IfjS  i  Ä—J^  Auch 
bei  tausend  und  zehntausend  kokii  Reis  isst  man 
sich  (nur)  satt. 

Variante  von  No   2552. 


—      28l       — 

2559.*  Senjö  110  shiro  mo  ari  no  ikkctsu  yori  kuziireru.  =^^<^'^ 
iÜO-;?:i  "J^ns  Selbst  ein  zehntausend  Fuss  hohes 
Schloss  stürzt  durch  ein   Ameisenloch  ein. 

2560.*  Senjö-jilH  ni  nerit  mo  icJiijö.  =P#iCi:^2.  t-#  Selbst 
wenn  man  auf  tausend  Matten  schläft,  (braucht  man 
zum  Schlafen  doch  nur)  eine  Matte. 

2561.*  Senlxin  no  ko  wa  icJii  ni  shi  sczn.  T^'?)^inlii:^ti:t"- 
Das  Kind  des  Reichen  (eigtl.  das  Kind  von  tausend 
Goldstücken)  stirbt  nicht  auf  dem  Marktplatz, 

Hat  auch  die  Bedeutung  :  jeder  soll  seinem  Stande  gemäss  leben. 

2562.*   Senkyö  ni  im  ga   gotoku.  fi^il^A-'-u-^ln  <    Als  ob    man 

ins  Feenland  käme. 
So  schön. 

2563.*  Senuichi  katta  kaya  nio  itchö  ni  nioynrn.  ^0xij?:Äi  — 
MV-^^h  Auch  an  tausend  Tagen  geschnittenes  Schilf- 
gras verbrennt  an  einem   Morgen, 

D.  h.  in  kurzer  Zeit — vgl.  No  991   und  992. 

2564.*  Senuichi  no  kingaku  yori  icJiijitsu  no  mcishi.  ^PHOÜi^iU 
—  0  0^ gl  Besser  als  tausend  Tage  eifrigen  Studiums 
ist  ein  Tag  bei  einem  vorzüglichen  Lehrer. 

2565.*  Hennyu  shu  to  jiant,  :5feA±^tC^.  Was  (im  Geist)  zuerst 
Eingang  findet,  wird  (sein)  Herr, 

Eine  vorgefasste  Meinung  wird  man  schwer  wieder  los. 

2566,*  Senri  no  niicJii  vio  ippo  yori  haßniaru.  f-M?)3l  i  —  ^  i  tj 
ipiS  Selbst  ein  Weg  von  tausend  Ri  fängt  mit 
einem  Schritte  an. 

2567.*  Senri  no  iiina  zva  aredonw,  ichinm  no  Hakuraku  zva  nas/ii. 
T'a0.S}ilWni  i.-A^fÖlSilXfeL  W^enn  auch  ein  Pferd 
von  tausend  Ri  (was  tausend  Ri  laufen  kann)  da 
ist,   so  ist  doch  kein   Hakuraku  da. 

Hakuraku :  Name  eines  berühmten  chinesischen  Reiters 
und  Pferdekenners.  Sinn  .  grosse  Männer  werden  von  der 
Mitwelt  selten  verstanden  und  gewürdigt  (vgl.  ^No  649  und 
1552).  Auch  in  der  Form:  senri  no  zinia  ino  Hakuraku  ni 
awazu,  auch  ein  Pferd  von  tausend  Ri  findet  keinen  Hakuraku. 


282       

2568.*  Senryo  no    isshitsu.    =^^.<^-%    Die    eine  falsche    unter 
tausend  (richtigen)  Meinungen. 

Abkürzung  von  No  241. 

2569.  Senriiö    no    kata    ni   kasa    ikkai.    ^PSf^JS^üS— ^  Als 

Pfand     für      tausend      Goldstücke    einen      Bambushut 
(anbieten). 

2570.  Sensö  no  nocJii  ni  Jarno  zuo  kataku   immihu.    IJc^^'^^^l-S 

^Fä<l#-5;    Nach  6^\-    Schlacht    das     Helmband  fester 
binden. 

In  dieser  Form  wenig  gebräuchlich.  Die  übliche  Form 
dieses  Spr.  s.  unter  No  1242. 

2571.*  Senyokii   no  gotoku.    ife?R't)j[D<     Wie    die    Flügel    der 
Cikade. 

So  klar  und  glänzend  (besonders  \on  Seide). 

2572.*  Hessin,  yakiamn.  'in^MWl  Mit  den   Zähnen  knirschend, 
die  Arme   zusammenpressend. 
Von  äusserster  Wuth. 

2573.  Sefsiiin  de  yari  zuo   tsukau  yd.  ÄüTIt^-fsli^^    Als    ob 

man     auf     dem     Closet      eine     Lanze      gebrauchen 
wollte. 

Die  Enge  des  Raumes  macht  den  Gebrauch  der  Lanze 
unmöglich. 

Setsiiucii  toki  no  kanii-danomi :  s.  KnrusJdi  toki. 

2574.  Seiva  ga  yakern.  i&ISiJ'ilÄ    Die  Bemühung  brennt. 

Viel  Mühe  oder  Sorgen  haben,  gewöhnlich  mit  dem  Neben- 
sinn :  unnöthiger  Weise. 

2575.  Sezva  zvo  yakn.  WM^^^^    Beistand  brennen. 

Sich  Mühe  und  Sorgen  machen ;  auch :  sich  unnöthig  um 
fremde  Dinge  bekümmern  ;  daher  der  Ausdruck  seivayaki  für 
jemand,  der  sich  gern  in  fremde  Angelegenheiten  mischt. 

2576.  Shacliihoko-dachi    sunt.    Mi^t*    Wie    ein    Delphin 

stehen. 


—     283     — 

Auf  dem  Kopfe  stehen  (vgl.  No  2464).  Man  sieht  öfters 
auf  beiden  Enden  des  Daches  die  Figur  eines  auf  dem  Kopfe 
stehenden  Delphins  als  Schmuck  ;  die  berühmtesten  sind  die  auf 
dem  Schlosse  von  Nagoya,  die  aus  reinem  Golde  bestehen  sollen. 
Wahrscheinlich  gleich  dem  an  Dachziegeln  so  häufigen  Wellen- 
wappen {tomoemon)  und  den  metallenen  Wellenornamenten  am 
Fusse  von  Tempelthoren  {ün-ii)  ein  symbolischer  Schulz  oQ.^e,n 
Feuer. 

2577.  Shajiku  wo  nagasu  yd.  ^lÄ^^M-ffl    Ais    ob    es  Deich- 

seln gösse. 

Von  einem  starken  Regen. 

2578.  SJiaka  ni  Daiba.  l^äsr-i^-^  Shaka  (Buddha)  und  Daiba. 

Sprichwörtlich  für  zwei  grundverschiedene  Naturen,  oder  für 
zwei  Gegner.  (Daiba  vertritt  dem  guten,  menschenfreundlichen 
Shaka  gegenüber  das  böse,  menschenfeindliche  Princip.) 

2579.  Shaka  ni  sckkyö.  ifäSKiÄIJc    Dem    Buddha    eine    Predi^rt 

(hahen   wollen). 

2580.  Shaka  ni  s(pp5,  Köshi  ni  godü.    mM'-W^.^V^V-WM.    Dem 

Buddha  predigen,  dem  Confucius  Belehrung  ertheilen. 

2581.  SJwkkin  no  shiri  zvo  nugim.  ^%^^K^\^i^  Den  Schulden 

den   Hintern  abwischen. 

Die  Schulden  eines  andern  bezahlen. 

2582.  Shakkin  zvo  shichi  ni  okii.   'ft^^Ki-^<     Seine    Schulden 

zum  Pfände  setzen. 

Unter  sehr  schwierigen  Umständen  versuchen,  Geld  zu  borgen. 
Auch :  alles  aufbieten,  um  etwas  zu  erreichen,  sein  Äusserstes 
thun. 

2583.*  Shakurö    no   gotoku.    "^^i^?)j(n<     Als    ob    man    Wachs 
kaute. 

Von  einem  uninteressanten,  langweiligen  Stil,  Vgl.  No  1570. 

2584.     Shakiishi  jögi   wo    in.  ii=^T;£l|itl"^^    Schöpfkelle    und 
Lineal  reden. 

Etwas  mit  Sicherheit  behaupten,  wo\on  man  nur  ungenü- 
gend unterrichtet  ist ;  auch  :  willkürlich  Grades  (Lineal)  und  Ge- 
bogenes (Schöpfkelle)  für  einander  setzen.     Abgekürzt:  shakusJii 


—     284     — 

2585.*  Sha1kNtori-viusI/i  nobin  to  suru  ni,  juas?/.  sono  iiii  luo 
chijimu.  HM<^\A^Ü^kjt-t  7A'~9i.^%^^^^\:  Wenn  die 
Spannraupe  sich  ausstrecken  will,  zieht  sie  erst  ihren 
Leib  zusammen. 

2586.  Slianii  kara  sugn  ni  cJwrö  ni  %va  nararcnu.  •ii>jlo' ?)El- 
:^^l' IXfjR  f)fi.W  Aus  einem  Novizen  kann  nicht  gleich 
ein  Abt  werden, 

Shi  (Viergespann). 

2587.*  Ski  ino  sJiita  ni  oyobazn.  ®9  tUl-Jbltt  Selbst  ein  Gespann 
von  vier  Pferden   kann  die  Zunge  nicht  einholen. 

Ein  einmal  ausgesprochenes  Wort  lässt  sich  nicht  ungespro- 
chen machen.  (Variante  von  No  1683.) 

HM  (Tod). 

2588.  S/ii  wa  yasnku,  sei  wa  katashi.    ^i^^<>^lIISL    Sterben 

ist  leicht,  leben   ist  schwer. 

HM  (Gedicht). 

2589.  Shi  wo  tsnhirn  yori  ta    zuo    tsiikure !    If^f^S  i  ^J  H^fl^H 

Statt  Verse  zu  bauen  baue  lieber  das  Feld  ! 
HM  (Krieger). 

2590.*  Shi  zvo  yashinaii  scnnichi,  yö  wa  itchö  ni  ari.  tfc^^-J>=PH» 
^il  — l^ll^vj  Man  ernährt  den  Krieger  tausend  Tage 
und  braucht  iiin   nur  einen   Morgen. 

Zu  i/cho,  ein  Morgen,  vgh  No   2563. 

2591.  Hhiage  wa  kanjin.  f±±(Iiff'C»  Das   Letzte  der  Arbeit  ist 

das  Wichtigste. 

"  Das  Ende  krönt  das  Werk";  "  Ende  gut,  alles  gut.'' 

2592.  HMaivase  ga  sugiru  to,  juniyd  ga  viijikai.  ft-^t-'M^'Ä  S 

Ä^^-^'^lt^  Wenn  das   Glück    zu    gross    wird,    ist    das 
Leben  kurz. 

2593.  Hhilnihawa  ga    vmkcta  lato.   iiiit^'|iJ'Tt:A    Einer,    bei 

dem   die  Linenrinde  (schon)  abgeschält   ist. 

Einer,  der  schon  viel  Erfahrung  hat,  der  kein  Neuling  mehr 
ist. 


-     285     - 

2594«  Shichi  ni  torareta  Darwna  no  yö.  %\'--'^y>iXt-MM^W 
Wie  ein  Dharma,  der  zum  Pfände  genommen  worden 
ist.  -      * 

Sehr  erstaunt  dasitzen.  (Die  Erklärung  von  Dharma  s.  unter 
No  582.) 

2595.  Sliichiniti  no  ko  7vo  nasu  to  mo,  onna  ni  kokoro  zuo 
ynrusiina!  -bA^^^:^T^  <.  >ici:-t>^t1=-f  ^.i:  Sei  bei  einer 
Frau  auf  der  Hut,  wenn  sie  dir  auch  sieben  Kinder 
geboren  hat ! 

2596.*  Shichirl  kekkai.  -bSI^^  Die  Welt  (um  sich)  auf  sieben 
Meilen   (gegen  böse  Geister)   abschliessen. 

Der  Ausdruck  ist  buddhistischen  Ursprungs  ;  man  erreicht 
dieses  Abschhessen  durch  das  Hersagen  gewisser  magischer,  die 
bösen  Geister  bannender  Sprüche,  Im  gewöhnhchen  Leben 
angewendet  bedeutet  die  Redensart :  von  etwas  nichts  wissen 
wollen,  mit  einer  Sache  durchaus  nichts  zu  thun  haben  wollen. 

2597.*  Shiclii-shakii  satte  shi  no  kage  wo  fumazu.    -trX^-Cßiü 

<^%f^l^^t'  Sieben    Fuss  (vom  Lehre: )  entfernt  bleiben 

und   nicht  auf  seinen  Schatten  treten. 

Man  soll  seinen  Lehrer  mit  grösster  Hochachtung  behandeln. 
Vgl.  No  850, 

2598.  ShicJiiya  wa  tatami  no  uc   no  shariki.  KMl4:#iD±0$::^ 

Der  Pfandleiher  ist  ein   Karrenschieber  auf  den  Zim- 
mermatten. 

Spöttisch  in  dem  Sinne :  er  verdient  Geld  ohne  jede 
Arbeit. 

2599.  8Mde  no  tabiji.  ^Eth^MJ^  Der  Reisepfad  des  Todes. 

2600.  Shiga     7ii    kakaiu.    %^\~WM^     Nicht    an     die    Zähne 

bringen. 

Als  unwichtig  übergehen. 

2601.  Shigakii  no  tosJii.  jS^^O^    Die    Jahre,    wo   man    gern 

lernt. 

Die  Zeit  vom  15. — 20,  Jahre. 


—     286    — 

2002.  Shlgoto  7ca  Kanda  de,  o-uiannnawa  Echigo.  ft^UfffflT» 
üW.[tm''ek  Was  (gute)  Arbeit  betrifft,  (steht)  Kanda 
(obenan),  was  Reis   betrifft,  Ecliigo. 

Kanda  ist  ein  Stadttheil  in  Tokyo,  Echigo  Name  einer  Provinz. 

2603.*  SJiigoto  Iva  ösci,  uniai  jucno  zva  kozei.  ^'^[V)^^ ."^ l>^\X 
/>^  Wo  es  Arbeit  giebt,  da  (möglichst)  viele,  wo 
es  etwas  Gutes  zu   essen  giebt,  da  (möglichst)  wenige. 

2604.*  Shiliijaku  shi-byö  no  zvasiirai  yon  vio  hin  Jiodo  tsiirai 
mono  wa  nashi.  WüBM^'M,^  ^J  iÄflSv^^f^riM  L  Armuth 
ist  das  schlimmste  Leiden,  schlimmer  als  404  (sämmt- 
liche)  Krankheiten. 

Die  Zahl  sämmtlicher  Krankheiten  soll  404  betragen  ;  doch 
wird  diese  Zahl  auch  für  "  unzählige,  alle "  gebraucht  (vgl.  z. 
B.  No  1964).  Eine  etwas  verschiedene  Form  lautet :  shihyakii 
shi  byo  yori  Jim  no  yamai  iva  nao  fsi/rai ;  noch,  kürzer  unter 
No  661. 

2605.*  Shiiy  sosan.  f'&Äfi  Todter  Rang,  blosses  Essen. 

Von  Beamten,  die  es  nur  dem  Namen  nach  sind  ;  die  ihr 
Gehalt  beziehen,  ohne  etwas  dafür  zu  leisten. 

2606.  Shijlnii  ga  kaniisJdnio  zco  kita  yd.  ölt/^JiT^»^?:^    Als 

ob  die  Shijimi-Muschel   ein  Kamishimo  tiüge. 

SJiijimi  ist  der  Name  einer  kleinen,  essbaren  ^Muschel 
(Corbicula)  ;  ka/nis/iimo  ein  ärmelloser  Uberwiuf  mit  hohen, 
flügelartigen  Schultern,  der  früher  bei  festlichen  Gelegenheiten 
getragen  wurde.     Vgl.  No  2234. 

2607.  Shijimi-gai  de  ido-gac  zvo  siwu  yd.  ßJET^i^^^t  t^^    Als 

ob     man      mit     einer     Shijimi-Muschelschale      einen 
Brunnen  reinigen   wollte. 

2608.*  SJdjiini-gai  wo  motte  daikai  zvo  siikrni  ga  gotoku.  iliäM^^ 
X-XM^V^-^^^^k\i^      Als    ob    man    mit     einer     Shijimi- 

Musclielschale  das  Meer  ausschöpfen  wollte. 
Vgl.  No  2394. 

2609.     ShiJTl  kiiragari.  ra-h^Btt^-'-J  Mit  vierzig  Jahren  wird  es 

dunkel. 

Mit  vierzig  Jahren  nimmt  die  Sehschärfe  ab. 


—     28;     — 

26  lo,  ShijTi-otoko  HO  ttzvaki  to  nanatsii-sagavi  no  ame  tva  yaviami., 
©+-^Oj?M^-b03FTOMnilJh^o  Der  Leichtsinn  eines 
vierzigjährigen  Mannes  und  ein  Regen  nach  vier 
Uhr  Nachmittag  nehmen  beide  kein   Knde. 

261 1.  Shijuiide.  K+^M  Der  vierzigjährige  Arm. 

Mit  dem  vierzigsten  Jahre    beginnt    der   Arm    schwächer  zu 
werden. 

2612.  Shika  ou  rydshi  yama    zvo   viizu.    W^^MM^^f^^-t'  Der 

Jäger,  der    den  Hirsch   verfolgt,    sieht    nicht    (achtet 
nicht  auf)  den  Berg, 

Man  kann  nicht    zweierlei    zugleich    thun.     Auch :  shika  wo 
Oll  mono  wa  yama  tuo  mizu. 

2613.*  Hhihai  (od.  Shikai  no  ticJii  zva)  inina   keitei    {nari).  EifS 
■^iL^(-til)  Innerhalb  der  vier  Meere  sind  alle  Brüder. 
Alle  Menschen  sind  Brüder. 

2614.  Shikaliu  ni  naru.  H1^\'~r^h    Viereckig  werden. 

Eine  steife  Haltung  annehmen,  förmlich  werden. 

2615.  Shikaku    shiinen    no    Juto.     Eli^MMOA    Ein    viereckiger, 

viergesichtiger  Mensch. 

Ein  steifer,  förmlicher  Mensch  ;  ein  Pedant. 

2616.  Shikil  ga  takaku   natta.    ®:^t?'*,g  < /ä<5|:    Die    Schwelle 

ist  hoch  geworden. 

Der  Besuch  in  einem  Hause,  wo  man   sich    lange  nicht  hat 
sehen  lassen,  fällt  einem  schwer. 

2617.*  Shikkui  chökzva  siiru.  ^.9llfn"f  5  Die  Harfen  stimmen 
zusammen. 

Von  einem  Ehepaare,  das  in  glücklicher  Harmonie  lebt. 

2618.  Hhlkokii-zaru  no  yd.  MH^^Ii  Wie  ein  Affe  aus  Shi- 
koku. 

Grob,  ungeschlacht. 

2619.*  Shi-kunshi  no  giva.  0g"^Ofi  Das  Bild  der  vier 
Vortrefflichen. 

Metaphorischer    Ausdruck    für    ein    Gemälde,    das    Bambus, 
Pflaumenblüthe,  Chrysanth  emum  und  eine  0,rchidee  ( ? )  darstellt. 


—     288     — 

2020.*  Shiinhi  sunt.  ff|»MT5   Die  Augenbrauen  strecken. 
Sich  erleichtert  fühlen,  eine  Sorge  los  sein. 

2621.*  Shiiiibö  ni    oitsuku  biinbö    naslii.    ^"fel-iKt '  ^S^j:  L    Es 
giebt  keine  Armuth,  die  die  Ausdauer  einholte. 
Variante  von  No  12 16. 

2622.*  Shiin-hosatsu  no  menzcn  ni  kako  zvo  takii  nakare  !  E 
^gi'^->Slltil-fS^^S^<^^  Verbrenne  vor  einem  wahren 
Heiligen  keinen   unechten  Weihrauch  ! 

Mit  dem  Wahrhaften  muss  man  wahrhaft  sein. 

2623.  Shittihiitsii-ko7ikd,    kwaji-kakeai.    tffUL^MAV^o'    Ohne 

Unterschied  zwischen   Göttern    und    Buddhas,    (auch) 

bei  einer  Feuersbrunst  aushelfend. 

Von  jemand,  der  bei  allen  Gelegenheiten  ohne  Unterschied 
dieselben  Kleider  trägt,  oder  dieselben  Geräthe  gebraucht,  wäh- 
rend es  doch  üblich  ist,  sich  für  den  Besuch  eines  Shintötempels 
anders  zu  kleiden  als  für  den  Besuch  eines  buddhistischen 
Tempels,  und  wieder  anders  beim  Beileidsbesuch  nach  einem 
Brande.     Vgl.  No  774. 

2624.  Shinimai     no    akindo.     ^T^^fSA    Der    Kaufmann    des 

neuen   Reises. 

Einer,  der  zum  ersten  Mal  Kaufmann  ist.  Derselbe  Ausdruck 
{shimmai  no)  auch  von  anderen  Berufsarten. 

2625.  Shiniinotsu  %vo  htrent  hito  ni  ynidan  siirima!   'M^^^^ 

2  Al-rÄifT  ^tj;   Sei  nicht    unbesorgt  (sei  auf  der  Hut) 
vor  dem,  der  dir  ein  Geschenk  giebt  I 

2626.  Shimo-gare     mitsiiki.    ^^IiH;3     Die    frostverwelkten 

drei  Monate. 

So  heissen  die  drei  letzten  Monate  des  Jahres,  weil  in  ihnen 
der  Besuch  aller  Vergnügungsanstalten  sehr  schwach  ist ;  theils 
in  Folge  der  eintretenden  Kälte,  vor  allem  aber  wegen  des  he- 
ranrückenden Jahresschlusses,  der  allgemeinen  Bezahlungszeit, 
für  die  man  sein  Geld  sparen  muss. 

Hhin  (Verwandte). 


—    289    — 

2627.*  S/iin  wa  naki-yori,  tanin  zva  hii-yori.   lllIrÄ^^'J  .fl&AU:^c;^ 

^"J     Die     Verwandten    kommen    zusammen,    um    zu 

weinen  ;  fremde  Leute,  um  zu   essen. 

Meistens  sagt  man  nur  die  eiste  Hälfte  {shin  wa  naki-yori). 
Vgl.  No  2170.  , 

Silin  (Frömmigkeit). 

2628.  Shin  zva  shigoio  no  saviatagc.   'fsUft^Ojij;:/  Frömmigkeit 

(Beten)  ist  ein   Hinderniss  der  Arbeit. 

2629.  Shinagatva-nori  zva  Isn  no    isomochi.    nuJ)ISS=Uß*fi0?S 

&(  Das  7iori    von    Shinagawa    heisst    in  Izu    isomochi. 
Nori  ist  eine    als    Speise    sehr    beliebte    diinkelgiüne  Alge  ; 
isomochi  bedeutet  wörtlich  "  Strandkuchen."     Vgl.  No  2056. 

2630.  Shiiiamono  zvo  hoinctmn  hito  ni  hm  tanicsJii  nashi.  n» 

!}#^^»6t:sAr-Mi^^J^j:L    Es    giebt  kein    Beispiel,  dass 
jemand  Waaren,  die  er  gelobt  hat,  gekauft  hätte. 

2631.  Shinda  ato    no    niatsnri.    K/^f''ik^f^    Das    Tempelfest, 

(das  stattfindet,)  nachdem  man  schon    gestorben    ist. 

Es  kommt  zu  spät.     Vgl.  No   125. 

2632.  Shinda  ko    no  toshi  zvo    karsocru  yö.    ?E^/:■^0¥^f:'^Ül^ 

Als  ob  man  die  Jahre    eines    todten    Kindes    zählen 
wollte. 

Von  nutzlosen    Klagen  über  geschehene  Dinge.       Auch  ab- 
gekürzt :  shinda  ko  no  toshi. 

2633.  Shinda  to  oviozvareta  mono  zva  nagaiki  zvo  snrn.    ^AjIü 

^■^[tii1i^\1Wmfi^-T  h    Wer    für    todt    gehalten    wurde, 
lebt  lange. 

Wer  fälschlich  todtgesagt  wurde,  lebt  um  so  länger. 

2634.  Shliidai  zvo  tatamu.  ^W^^^j  Sein   Vermögen  zusam- 

menfalten. 

Bankrott  machen. 

2635.  Shinde  zva  hana  ga  sakann.  ^Titittj'i^u"«  Wenn  man 

todt  ist,  so  blühen  keine  Blumen  mehr. 


—     290    — 

2636.*  SJiui-en  zvo  nozomu  ga gotoku.''^M^^'^\J^'^y^^^  Wie  wenn 
man  sich  einem  tiefen  Wassersclilunde  nähert. 
Von  einer  gefährlichen  Unternehmung. 

2637.*  SJiiitgen  zva  bi  nara.zu,  bigcii  iva  sliiii  narazu.   'ftWIi^'^i 
?)T>ill"ii'ft^j:  ^j'T   Ein    wahres  Wort  ist    nicht    schön, 
ein    schönes  Wort  ist  nicht  wahr. 

2638.  Shininie  no  nodo  wo  Jiosn.  ^ES'^^og^^-f  (Einem)  in  der 

Sterbestunde  die  Kehle  vertrocknen  lassen. 

Einem    auch    noch    das    Letzte    entreisscn ;    ihn    hilflos    zu 
Grunde  gehen  lassen. 

2639.  Shinhnizu  zvo  tottc  hinru.  ^i^f^^oX%h    Das    Ster- 

bewasser reichen. 

Einem  Sterbenden  den  letzten  Trunk  Wasser  reichen ;    ihm 
den  letzten  Liebesdienst  erweisen. 

2640.  Shini-'nionogurul     ni    nam.     5E*^G(*JäS     In   Todes- 

raserei verfallen. 

Von  Verzweiflung  ausser  sich  gerathen. 

2641.  Shhiui  ni  kuchi  nashi.  ?EAI-PML  Der  Todte  hat  keinen 

Mund. 

Er  kann  sich  nicht  vertheidigen. 

2642.  Shinjln  vw  toku  no  ainari.  'fH'CHM'?)§i;''J    Auch  Fröm- 

migkeit ist  nur  der  Rest  der  Tugend. 

Von  allen  Tugenden  bleibt  zuletzt    nur    noch  die  Frömmig- 
keit übrig. 

2643.*  Shiiisan  zvo  namcru.  ^Wif^%hh  Scharfes  und  Saures 
kosten. 

Viele  Leiden  durchmachen.     (Vgl.  No  1176  und  1185.) 

2644.  Sl linset  SU- siiku  ga  kurö  no  tane.  5^^i^•S<*^■^'^0?I  Uber- 
grosse  Freundlichkeit  (gegen  andere)  ist  die  Quelle 
von  Sorgen. 

2645.*  Shinshi  710  gotoku.  ©^Oiü]<    Wie  Lippen  und  Zähne. 
So  dicht  bei  einander. 


—    291     — 

2646.  Shlushö  wo  hataku.  ı^^^<  Sein  Vermögen  ausklop- 

fen. 

Sein  ganzes  Vermögen  durchbringen. 

2647.  SJiinshö    1110    kainado    ino    iranii.    ÄJitSiA?)«    Weder 

Vermögen  noch  Küchenofen   ist  nöthig. 

Ein  Mädchen  ohne  Rücksicht  auf  Vermögen  liebei-u 

2648.  S/iinshü    no    umkudori.     -fti'H^ÖaH^    Die    Staare    von 

Shinano. 

Ein  Ausdruck  für  Einwohner  der  Provinz  Shinano,  die  beim 
Eintritt  des  Winters  nach  den  grossen  Städten,  besonders  nach 
Tokyo,  wandern,  um  hier  Arlieit  zu  suchen,  da  sie  im  Winter 
in  ihrer  Heimath  keine  Beschäftigung  haben. 

2649.  SJihital    koko    ni    kku.inuini.  iiiliSi^iiSJl  5    Vor-  und 

rückwärts  ist  hier  zu  Ende. 

Weder  vor-  no:h  rückwärts  können,  sich  keinen  Rath  wissen. 
Vgl.  No  2148. 

2650.  Shinn  ko  iva  mimeyoshi.  ^o^llälL  Das  todte  Kind  ist 

schön. 

Was  man  verloren  hat,  erscheint  besonders  schön.  Aus 
Tosa  Nikkt,  wo  die  Stelle  lautet :  shiithhi  ko  kao  yokariki,  das 
Gesicht  des  gestorbenen  Kindes  war  schön. 

2651.  Shinn  mono  bimbö.  f^n'4i^lL  Der  Todte  ist  arm. 

Der  Tod  macht  Reich  und  Arm  gleich. 

2652.*  Sliinyö  wa  nnikci  no  zaisan.  \nM\lW^<Z>^M.    Credit    ist 
ein   unsichtbares  Vermötjen. 

2653.*  Shin-:etsu  zvo  isidyasu.    #S"^S-f    Lippen    und    Zunge 
verscliwenden. 

Sehr  geschwätzig  sein. 

2654.  Sliippo  ivo  dasti.  U.Wie'\\-t  Den  Schwanz  hervorstrecken. 

Seinen  wahren  Charakter  vcrrathen. 

2655.  Sldppo    %üo    tsukamacru,    M^^'fö'^S     Beim    Schwänze 

packen. 

Jemand  bei  etwas  ertappen. 

2656.*  Silippu,  moku-u.  \^^.^\f^m  Im  Winde  (die    Haare)  käm- 
men, sich  im  Regen  baden. 

Sich  den  Beschwerden  einer  anstrena^enden  Reise  unterzielieru 


2657-     Shlo  )ii  momareni.  Ssl-i^iU*  Mit  Salz  gerieben  werden. 
Viele  Leiden  dvirchmachen. 

2658.  Shiraha.  ÖK  Weisse  Zähne. 

Ein  Ausdruck  für  "  ein  lediges  Frauenzirrimer.''  Im  alten 
Japan  herrschte  bekanntlich  die  Sitte,  dass  verheirathe'e  Frauen 
ihre  Zähne  schwärzten. 

2659.  Slü rahige.  Ö^  Weisser  Bart. 

Ein  Grei?. 

2660.*  Sliiranauü.  ti'SL  Weisse  AVellen. 

Ein  Ausdruck  für  "  Räuber'',  nach  einem  Orte  in  China 
(ÖlÄ^))  '^^o  ein  berüchtigter  Räuber  lebte. 

2661.  SJnrann    ga     hotokc.    ^fl?)iOö'^    Wer    nichts    (davon) 

weiss,  ist  ein  Buddha  (d.  h.  ist  glücklich). 

Nichtwissen  ist  oft  besser  als  Wissen.  "  Viehvissen  macht 
Kopfschmeizen"  ;  "  Was  ich  nicht  weiss,  macht  mich  nicht 
heiss.'' 

2662.  Sliiva-invo  ivo  narabcta  yd.  t^^^lk-^-VM.    Als    ob  man 

weisse  Fische  neben  einander  gelegt  hätte. 
Von  schönen  weissen  Fingern. 

'2()(ö}^.  Slnra::nha  liamkui-ne.  ^-u^'f'lf^^^ffi  Wenn  rnan  (den 
Werth)  nicht  kennt,  bietet  man  die  Hälfte  des  (ge- 
forderten) Preises. 

2664.  Shiri  ga  liayai.  M^"'-'?-i'*   Der  Hintere  ist  schnell. 

\o\\  Frauen,  die  schnell  zur  Liebe  bereit  sind. 

2665.  Sliiri  ga  zvarcta.  F\^'^%\'^1'-   Der  Hintere   ist  geplatzt. 

Die  Lüge  ist  an  den  Tag  gekommen. 

SJiiri  kara  :  s.   O- shiri  kara. 

2666.  Shiri  ni  ho   kakcni.    Kl-WiS    Am    Hintern    Segel    auf- 

hissen. 

So  schnell  als  möglich  davonlaufen. 

2667.  Sliiri  no  ana  no  kc  viadc    mihi.    ^L^'X^'^tXM^,     Selbst 

die  Haare  aus  dem  Hintern  ziehen. 

Von  jemand  übermässig  holte  Zinsen  nehmen,  ihm  aucli 
noch  das  Letzte  abpressen.  Auch :  einen  zum  Besten  hal>en 
(vgl.  No  533)- 


—     ^93     — 

266S.     Shirino  nagai mono.  W^^'^^^  Leute  mit  hngem  Hintern. 

Leute,  die  beim  Besuch  oder  beim  Kneipen  etc.  sehr   lange 

sitzen  zu  bleiben  pflegen,  die  "  Pech  am  Hintern  haben,"    Daher 

auch  der  Ausdruck  nagajiri,  langer  Hinlerer,  für :  langer,  lästiger 

Besuch. 

2669.  Shh'i  110  omoi  hito.  K^^i>K  Ein  Mensch  mit  schwerem 

Hintern. 

Ein  langsamer,  schwerfälliger  Mensch. 

2670.  SJiiri  %oj  knrae !  Ä^^'^   Iss  den  (meinen)  Hintern! 

Ein  Ausdruck  grosser  Verachtung,  der  einer  wohlbekannten 
deutschen  Redensart  entsi^richt.  Durch  den  tapferen  Mitsugi  no 
Ikina,  der  562  n.  Chr.  unter  der  Regierung  Kimmei  Tenno's  an 
der  Expedition  g<^en  das  koreanische  Reich  Shiragi  theilnahm, 
ist  dieser  Ausdnick  sogar  historisch  geworden  ;  er  gab  ihn,  als 
er  in  Gefangenschaft  gerathen  war,  dem  feindlichen  General  zur 
Antwort — vgl.  den  Goethe'schen  Götz  von  Berlichingen. 

2671.  Shiri  wo  tsutsukareni.  ^^>^''Hi  Am  Hintern  gestochert 

werden. 

Angetrieben,  "aufgestachelt"  werden  (in  schlechtem  Sinne). 

2672.  Sliiri-kin  tombo  110  yd.  ^'•^iiip2>it    Wie  eine  Libelle  mit 

abgeschnittenem  Hintern. 

Von  jemand,  der  ein  auffallend  kurzes  küiiono  (I-vleid) 
trägt. 

2673.  SJiin-kucJd  de  mono  wo  in.  K.PTi^^Wi"  Mit  dem  Hinteren 

und   mit  dem  Munde   reden. 

Bald  so  und  bald  so  reden;  ähnlich  wie  Xo  11 19  und 
2124. 

2674.  Shiri-kurai  Kivaiinon.  ^ÄO^IIa    Die   den  Hintern  essende 

Kvvannon. 

Eine  Redensart,  mit  der  man  sich  aus  dem  Staube  macht 
(vgl.  No  127  und  129).  Über  Kwannon  s.  unter  No  87.  Der 
Ursprung  der  sonderbaren  Redensart  blieb  unaufgeklärt. 

2675.  Shiri  oshi  wo  suru.  ^P?^t5   Hinten  nachschieben. 

"Hinter  Jemand  stehen",  ihm  den  Rücken  decken  (in 
schlechtem  Sinne).     V^gl.  No  709  und  710. 


—     294     — 

2676.  Shiri-2ima  ni  noru.  ))l'^i\'-%h    Auf    dem    Hinteithcil    des 

Pferdes  reiten. 

Sich  mit  der  zweiten  Rolle  begnügen,  das  Echo  eines  andern 
sein.     (Vgl.  No  718,) 

2677.  Shiroi  ha  wa    miseraremt.     ÖD-@ltÄt£  f>nw    Man    darf 

nicht  weisse  Zähne  zeigen. 

D.    h.    man    darf    nicht    lachen,    z.    B.    über   Unarten  von 
Kindern  ;  man  muss  sie  vielmehr  mit  strenger  Miene  tadeln. 

2678.*  Shirolin     no    tonwgarn.    PM^M.    Die     Todtengehälter 
(beziehende)  Gesellschaft. 

Müssige  Staatspensionäre.     (Vgl.  No  2605.) 

2679.     SJiirowe  de  vtini.   ÖüHTÄS     Mit    weissen    Augen    an- 
sehen. 

Jemand  wüthend  ansehen ;  die  Augen  weit  aufreissen. 

Shiröto :  s.  Kurdto. 

2680.*  Shisei  vici  ari.  W^L^h'')    Tod  und  Leben  ist  Schicksal. 

ShisJii  (Löwe). 

2681.  S/iis/ii  no  ko-sodate.  M1-<^1-^X  Die  Kindererziehung  des 

Löwen. 

Eine  strenge,  harte  Erziehung.     (Vgl.  das  folgende.) 

2682.  Shishi  zva  zvaga  ko  zvo  iani  ni  nagcru.  ißT^üKT^^l-föS 

Der  Löwe  wirft  die  eigenen  Jungen  in  die  Schlucht. 
Dies  geschieht,  um  ihre  Kräfte    zu   prüfen  :    die    schwachen 
werden  zerschmettert,  und  nur  die  starken  bleiben  am  Leben. 

2683.*  Sliishi-shinchü  no  vmsln.  M"^ ^b"^^"^    Der  Wurm  im  Her- 
zen des  Löwen. 

Shishi  (Wildschwein). 

2684.     Shis/ii  kutta  viukiii.  ^%VMü^    Die   Vergeltung    für    das 
gegessene  Wildschwein. 

Der  Genuss  von  Wildschwein  soll  oft  einen  Ausschlag  im 
Gesicht  zur  Folge  haben.  Metaphorisch  für  Übel,  die  man  sich 
selbst  zuzuschreiben  hat. 


—    295     — 

2685.  ShisJii  zvo  mikakete  ya  zvo  hagu.    5t^ÄtlHJ'C^^^?I<    Den 

Pfeil    Schäften,     wenn    man    das    Wildschwein    eben 
sieht. 

Vgl.  No  894. 

SMta  (unten). 

2686.  S/iita  c  ino  okanu  yd.  T'^i^fl'io^    So    dass    man   (ihn) 

ja  nicht  nach  unten  legt  (od.  setzt). 

Wenn  man  sagen  will,  dass  man  jemand  mit  grösster  Rück- 
sicht und  Hochachtung  behandelt  hat. 

2687.  Shita  kara  dem.  Tt)'f,jUÄ   Von  unten  kommen. 

Bescheiden,  demüthig  thun. 

2688.  Shifa   kara   dcrcba    tsuke-agaru.    T^'?)Uin(t#±5    Wenn 

man  bescheiden  ist,  wird  er  unverschämt. 

2689.  Shitame    ni    mint.    TBRUl^a     Als    unter    seinen    Augen 

ansehen. 

Variante  von  No  1845. 

2690.  SJüia-te    ni   dem.    T^ltiÜS     Zur    unteren    Seite  heraus- 

kommen. 

Demüthig,  unterwürfig  sein  oder  thun. 

Shita  (Zunge). 

2691.  Shita  ga  viazvam.  ^^'Mh    Die  Zunge  dreht  sich. 

Die   Zunge  "steht  keinen  Augenblick  still." 

2692.  Shifa  110  viazvaramt  hodo.  ^(^Mhrn^s.   So    dass    sich    die 

Zunge  nicht  mehr  dreht. 

So  betrunken,  dass  man  nicht  mehr  sprechen  kann. 

2693.  Shita  tua  luasawai  110  ne.  S'di^Oi;^    Die    Zunge    ist    die 

Wurzel  des  Unglücks. 
Vgl.  No  1599. 

2694.  Shita  "WO  chijwieni.  ^^IS*6  5   Die  Zunge  zurückziehen. 

Sehr  erstaunt,  überrascht  sein. 

2695.  Shita  ivo  fjirnu.  ^^^i-   Die  Zunge  schütteln. 

Vor  etwas  schaudern. 


—    296    — 

2696.  S/iita  1V0  v.iuiao  ni  tsukau.  l5"4'::itJcl*fö-5-  Die  Zunge  dop- 

pelt gebrauchen. 

Doppelzüngig  sein  (Variante  von  No  2124). 

2697.  Shitaji  lua  snki  iiari,  gyo-i  iva  yoshi.    TfillltiJ^j:  «J  ,t5p,^il 

Ä  L  Im  Grunde  Hebe    ich  es,  (auch  ist)  Ihr  geehrter 
Wille  günstig. 

Wenn  man  zum  Saketrinken  aufgefordert  wird  :  da    ich    den 
Sake  im  Grunde  liebe  und  es  auch  Ihr  Wille  ist,  so  trinke    ich. 

2698.  Shitte  shirazarc  I  ^-o-C^p  ?>  $'^a  Sei  wissend  unwissend! 

Sage  nicht  alles,  was  du  weisst. 

2699.  Shiwa'inhö  no  kaki  no  taue.  ®^^WOfi  Die  Kerne  der 

Kaki-Frucht  des  Geizhalses. 

S,  No  1273. 

2700.  Sliiwasu,    rönin,    fiiyu     amigasa.     fiili^vßA^^lil^       Im 

Decembcr    ein    Rönin,     im    Winter    ein   geflochtener 
Binsenhut. 

Von  jemand,  der  "  friert  wie  ein  Schneider.''  Könin  :  herrenlos 
gewordene  Vasallen  der  früheren  Zeit,  die  meistens  gänzlich 
mittellos  im  Lande  umherwanderten. 

2701.*  HliUjTi  zvo  kcssuru.  Jltiiü^JJtt  ä  Entscheiden,  was  Weib- 
chen   und  was  Männchen  ist. 

Einen  zweifelhaften  Punkt  aufklären. 

2702.     Slii^olzu   110  sJülid.  dtS^'^iSvS  Der  Handel  des  Samurai. 
Ein  unpraktisch  betriebener  Handel,  bei  dem  man  nur  verliert. 
Das  Spr.  ist  ganz  modernen  Ursprungs. 

2703.*  SJiizianeha    iikabu.  'A<h\X'^J^    Wenn    man    untersinkt, 
wieder  auftauchen. 
Vgl.  No  235. 

2704.*  Slio  goto  ni  sJiinsnreba,  slio  naki  ni  sliikasu.  Ä^I-'f^T^ 
lX.#Jffi^i:iP^*f  Wer  jedem  Buche  glaubt,  ist  schlim- 
mer daran,  als  wer  gar  kein  Buch  kennt. 

2705.*  SJio  viitabi  ntsiiseba,  gyo  nio  ro  to  nani.  ÄH^^-tfll'^t^ 
'tlkh  Wenn  man  ein  Buch  dreimal  abschreibt,  wird 
aus  einem  gyo  {%,  Fisch)  ein  ro  (©,  dumm). 


—    297    — 

Durch  oft  wiederholtes  Abschreiben,  wobei  immer  die  letzte 
Abschrift  als.  Vorlage  dient,  entstehen  leicht  Irrthümer.  (Ab- 
gekürzte Form  unter  No  2418.) 

2706.*  Sho  wo  inanabcba  kami  tsiiie,  i  wa  manabeha  Jiito    tsityii. 
»^t^-^lXiJta-.^^^-^ltASf'iP    Wenn    man    schreiben 
lernt,  so  wird  Papier  verbraucht;    wenn    man    medi- 
ciniren  lernt,  so  werden  Menschen  verbraucht. 
Shö  (klein). 

2707.*  SJiö  710  vmshi  koroshite,  dai  110  viushi  luo  iastiheru.  ''h^^lfe 
^LX%<^^f^mih  Dadurch  dass  man  das  kleine 
Insekt  tödtet,  das  grosse  retten. 

Man  muss  das  Unwichtige  dem  Wichtigen  opfern, 

Hliö  (Belohnung), 

270S.*  SJiö  li'a  cnkyü  zvo  ronsesu,  batsn  tva  kotsuniku  zvo  ronr^czti. 
m!^^m^f^-ci-1\  ffiltl^-^t^tüt-  Die  Belohnung  fragt 
nichts  nach  Feindschaft,  die  Strafe  fragt  nichts  nach 
Verwandtschaft. 

Man  soll  ohne  Ansehen  der  Person  richten,  unparteiisch 
sein. 

2709.  SJiöhai  ada-gataki  (od.  tomo-gataki).  F^JÄf/LÜK^ii)   Beim 

Handel  ist  jeder  des  andern  Feind. 
"  Im  Handel  giebt  es  keine  Freundschaft.'' 

2710.  Shöbai    micJn    ni    yotte    kashikosJd.    'i^siÄül-fö'CS  L    Der 

Handel  (Kaufmann)  ist  auf  seinem  Wege   klug. 

Jeder  versteht  sein  eigenes  Fach  am  besten.  Vgl.  No  386, 
1930,  auch  2527. 

271 1.  SJiöbai   zva    inotonc    ni   ari.    I^ÄIißiMl-^""'J    Der    Handel 

beruht  auf  dem  Kapital.. 
Identisch  mit  No  41. 

2712.  SJiöhen  itchd,  //.r^-/// zV/z/n. 'M^—BT'tS—M.  Wasserabschla- 

gen jeden  Chö,  essen  jeden  Ri. 

Scherzhaft  von  Leuten,  die  beständig  irgend  ein  Eedürfniss 
haben.  Ein  ri  ist  etwas  über  eine  halbe  deutsche  Meile,  ein 
cJib  ist  der  60.  Theil  eines  ri. 


—    298    — 

2/1 3-*  Shöbi  110  ^ß'i.MM^^  Die  Eile  der  versengten  Augen- 
brauen. 

Sehr  dringende  Eile.     Vgl.  No  1775. 

2714.*  Shöhit  (od.  SIlöhai)  zva  toki  110  un  in  yoru.  ^Ä(^I5:) 
(tB|€)ill-ßIi  Gewinnen  oder  Verlieren  hängt  vom 
Glück  der  Stunde  ab. 

SJiöcliTi  (im  Lächeln). 

2715.*  SJiöcJm  ni  tö  ari.  ^t?l-7J^jU  Im  Lächeln  ist  ein  Schwert 
(verborgen). 
Gleich  No  336. 

Shöchü  (in  der  Hand). 

2716.  Shöchü  no  tama.  W^'^'^  Der  Edelstein  in  der  Hand. 

Eine  Sache,  die  einem  besonders  werth,  "  ans  Herz  gewach- 
sen "  ist. 

2717.  Shögi  tva  haya-wna  110  gotokii,   go    iva  nshi  no  gotoshL 

}l?»ll¥.?^^i(n<.^il^'?)i(nL  Das  Schach  gleicht  einem 
schnellen  Pferde,  das  Go-Spiel  einem  (langsamen) 
Ochsen. 

2718.  Shögi-daoshi.  .Wä^'J  L  Das  Umwerfen  der    Schachsteine. 

Kinder  spielen  mit  Schachsteinen  (wie  bei  uns  mit  Domino- 
steinen) in  der  Weise,  dass  sie  eine  lange  Reihe  aufrecht  neben 
einander  stellen,  und  dann  durch  Umwerfen  des  vordersten  alle 
zum  Fallen  bringen.  Besonders  auf  den  Sturz  einer  politischen 
Partei  (nachdem  ihr  Führer  gefallen)  angewendet.     Vgl.  No  209. 

2719.  Shögicatsu  ga  initsu  tsuznitam.  iE>^*>H':>^w^f:  ^  Wenn 

dreimal  hintereinander  Neujahr  ist. 

Ad  calendas  graecas.     (Vgl.  No  634  und  1202.) 

2720.  Hhöliö  ni  fusJdgi  nasJii.  iE}ill^,Sli^i:  L  Wahre    Religion 

hat  keine  Wunder. 

Shöji  ni  ine  ari:  s.  No   1090. 

2721.  Shöjiki  no    köbe    ni   kami  yadoru.    'SJä.'^'^V-W&h    Auf 

dem  Haupte  des  Redlichen  wohnen  die  Götter. 
Vgl.  unser  "Ehrlich  währt  am  längsten." 


—     299     — 

2/22.     Sliöjiki  (od.  shöjiki-siigiru)  ica  baka  no  moto  (od.  hajiuiari). 

iEÜCiEÜJiSjCiriÜO^CiäJivj)  Ehrlichkeit  (od.  zu  grosse 

Ehrlichkeit)  ist  der  Anfang  der  Dummheit. 
2723.*  Shöjiti  kankyo  shite  fiizcn  zvo  nasu.    ^hXWif^LX^'^h-'ßi 

i"   Wenn   ein  gewöhnlicher  Mensch  ohne  Arbeit  lebt, 

so  thut  er  Schlechtes. 

"  Müssiggang  ist  aller  Laster  Anfang." 

2724.*  Shöjin  tania  zvo  idaite  tsumi  ari.  ''>A5^ifei«'*'C||fc''J  Wenn 
ein  gewöhnlicher  Mensch  einen  Edelstein  besitzt,  so 
erhält  er  Strafe, 

Der  Besitz  eines  Gutes,  das  er  nicht  verdient,  bringt  ihm  nur 

Unglück. 

2725.*  Shöjö  no  cJiigai.  ffÄ<5>ji  Ein  Unterschied  wie  zwischen 
Himmel  und   Erde. 

2726.  Shökl-sama  Jio  yd.  M-mSiOfe«  Wie  Herr  Shöki. 

Der  Name  des  chinesischen  Kriegsgotts,  dessen  zorniges 
rothes  Gesicht  man  in  Japan  oft  auf  Drachen  abgebildet  sieht. 
Von  einem  sehr  rothen  Gesicht  (vgl.  No   1399). 

2727.  Shoh'uniii  biinbö,  Jiito  takara.  ISAÄ2.'d!ASt  Die  Armuth 

der  Arbeiter  ist  der  Reichthum  der  andern. 

2728.*  Hliöniolm  no  gotoku.  1%'^<^%\K  Wie  Wimpern  und 
Auge. 

Sehr  dich.t  ])ei  einander.     Vgl.  No  2645. 

2729.  SJiömoii    no  dasJn-okurc.    ^^'^iü  L'^H  Das  schriftliche 

Zeugniss  zu  spät  zeigen. 

2730.  SJiönion  züo  maite  yaru.  If.'Ä^^'^iSs     Das    Zeugniss  zu- 

sammengerollt (zurück)geben. 

Einen  Diener  auf  seinen  Wunsch  vor  Ablauf  des  Contraktes 
entlassen. 

2731.  Shönin    ada-gataki    (od.     ionw-gataki).     ^  Ai'iSic(ß^i©) 

Kaufleute  sind  einander  Feinde. 
Variante  von  No  2709. 

2732.*  Shöri,  taison.  '>^iJo';Ä  Kleiner  Gewinn,  grosser  Verlust. 
Vgl.  No  854. 


—     300    — 

2733-*  ShöroJt'U  no  yitme  no  gotoku.  ??^^Op€)jti)  <  Wie  der 
Traum  von  Banane  und  Hirsch. 

Jemand  (in  China)  träumte  einst,  er  hätte  einen  Hirsch  mit 
der  Faser  eines  Bananenblattes  gefangen  ;  daher  dieser  Ausdruck, 
der  etwas  sehr  Lächerliches,  Unmögliches  bezeichnet. 

2734.*  SJiöshö  no  ttcJii.  W^m'^^  Innerhalb  der  Hecke. 

Von  einem  Unglück,  das  seinen  Ursprung  nicht  aussen, 
sondern  im  Hause  hat;   von  häuslichem  Zwist  u.  dgl. 

2735.  Shotai  zvo  tatanm.  W\^i^^\^  Den  Haushalt  zusammen- 

falten. 

Sein  Hauswesen  oder  sein  Geschäft  wegen  Schulden  aufgeben, 
Bankrott  machen  (vgl.  No  2634). 

2736.  Shöteki  no  kataki  iva  taiteki  no  toiiko.  'MlioM^UicMO 

\%    Die    Festigkeit    des    kleinen    Feindes  macht    den 
grossen  Feind  zum  Gefangenen. 

2737.  Shötcki    to    mite    anadoniua  /     'Mi^^'Cf^a^j;      Verachte 

nicht  den  Feind,  der  klein  aussieht  ! 

2738.  Hliöyu  de  ni-sJdmcta   yd.    ^JvÖT^.  L^f:!!    Als    wenn    es 

in  Soya  gekocht  wäre. 

Z.  B.  von  einem  Kleide  voller  Schmutzflecken,  shoyu  (Soya): 
eine  dunkelbraune  Sauce. 

8hu  (Herr). 

2739.*  SJiu  ga  shit  nara,  kerai  ino  kcrai.  ±  ütC  ?).^Jl5 1^^ 
Wenn  der  Herr  Herr  ist,  so  ist  auch  der  Diener 
Diener. 

"  Wie  der  Herr,  so's  Gescherr,'' 

2740.  Shu  to  yaniai  ni  zva  katcnu.  ±i^i- I^St'CW  Gegen  den 
Herrn  und  gegen  Krankheit  Icann  man  nicht  auf- 
kommen. 

Mit  "  Herr ''  ist  hier  besonders  der  Hausherr  gemeint. 

2741.*  SJiu-onioi  no  slm-odosld.  ^-So^'^Di^L  Das  den  Herrn 
bedrohen  des  den   Herrn  liebenden  Dieners. 

Da  er  es  mit  seinem  Herrn  treu  meint,  so  scheut  er  sich 
auch  nicht  davor,  ihm  die  Wahrheit  zu  sagen,  ihn  zu  warnen 
etc.     Vgl.  No  265. 


—     301     — 

Shii  (Zinnober). 

2742.*  S/ut    ni   majhvareba    akcl'u    nani.    :^l-^^ttt^<;Ä^    Wer 
mit  Zinnober  umgeht,  wird  roth. 

"Wei-  Pech  angreift,  besudelt  sich."     Vgl.  No  216. 

2743.*  Shü  zuo  tishinaeba  kuni  zvo  2ishinaii.  ^^^^^\t^f^^!>-  Wenn 
man  die   Menge  verliert,    so   verliert  man  das  Land. 
Ein  Fürst  muss  die  Herzen  seines  Volkes  zu  gewinnen  suchen. 

2744.*  SJnihl   ga  yoi   (od.    zvarni).    ■i"Mt?^*5?V'(M»'")    Kopf    und 
Schwanz  sind  gut  (od.  schlecht). 

Es  läuft  alles  glücklich   ab,    die    Sache    geht   gut,  nimmt  ein 
gutes  Ende  (resp.  das  Gegentheil). 

2745.*  Shngan    no    hito.    ^W<^K    Ein    Mensch    mit    rothem 

Gesicht. 

Ein  junger  Mensch. 

2746.     Slnüxlze  Stirn  (od.  shiikke  u^o  togcni).  Hi^T  ^({U^'t^^) 
Aus  der  Familie  austreten. 
Buddhistischer  Priester  werden. 

2747.*  ShTiko  kill  tuo  torokasH.    ??cPl^^lf '^'t    Der    Mund    der 

Menge  schmilzt  (selbst)  Metall. 

Die  Macht  der  öffentlichen  Meinung  ist  imwiderstehlich. 

2748.     ShTiJavan  zca  sJibcn  to  narn.   "^'^'^f^^^tUh     Gewohn- 
heiten kommen  von  selbst. 
2749.*  ShTimohit  no  mim  tokoro.  ^^<^%hWi  Der  Ort,  auf  den 

alle  Augen  sehen. 

Das,    worauf  die    allgemeine    Aufmerksamkeit   gerichtet  ist. 
(Vgl.  No  1081.) 
2750.     Shun  San,  ka  rohi,  sliTi  itsu,  inu    to.    #H.5:5f^.^c-'.M^. 
Im  Frühling  (monatlich)  dreimal,  im  Sommer  sechs- 
mal, im  Herbst  einm.al,  im  Winter  garnicht. 

Eine  hygienische  Vorschrift,  der  aber  wohl  nur   selten    nach- 
gelebt wird. 
2751.*  Shiinhijö    wo  fuvm  ga  gctoku.    #,>I^^!f3f  An<      Wie 
wenn  man  auf  P^ühlingseis  tiitt. 
Wie  No  503. 


—      302      — 

2752.*  SJiuniku  ni  akii.  ?il^l-uÖ<    Des  Weines  und  Fleisches 

überdrüssig  sein. 
Im  Übeifiuss  leljcn. 
2753.*  Shunshö  ikkoht  atai  senkin.  #W— ^OMT-^  Eine  Stunde 

eines  Fiühlingsabends  ist  tausend    Goldstücke  wcrtli. 

2754.*  SJiusai  sJlo  zvo  ronfi,  toko  cJio  tvo  dan.zu.  5f  ^'ilr^fira  L^Jf 
P'^f^Hk'f  Der  Gelehrte  disputirt  über  Schriften,  der 
Schlächter  spricht  von  Schweinen. 

2755.*  Shusei  110  j'örd  wa  kogetsii  no  dokuvici  ni  shikazu.   ^M. 
om^  (Xj!IJl05aB^!:j(Dvt  Der  Glanz  aller  Sterne  kommt 
dem  alleinigen   Glänze  des  einen  Mondes  nicht  gleich. 
Nichts  kann  mit  der  Macht  des  Kaisers  verglichen  weiden. 

ShnsJiu  (Hände  im  Ärmel). 

2756.'"  Shushn  bökivan  s?irii.  '^^ttläT  ^  Mit  den  Händen  im 
Ärmel  zusehen. 

Unthätig  bleiben,  "  die  Hände  in  den  Schooss  legen."' 

ShusJiu  (alle  Hände). 

2757.*  Sliüshu  no  ynbizasn  tokoro.  ^'^<^%%%''^ fJx  Der  Ort,  wohin 
alle  Hände  zeigen. 

Das,  was  die  öffentliche  Meinung  will. 

2758.*  ShiisOf  ryotan.  1ä%M^  Rattenkopf,  an  beiden  Enden. 
Von  jemand,  der  nicht  weiss,  was  er  thun  soll,  oder  von  dem 
man  nicht    weiss,    was    er  thun    wird,    gleich    einer    gefangenen 
Ratte,    die    nicht  weiss,    wohin    sie    sich    wenden    soll,    die    den 
Kopf  bald  nach  dieser,  bald  nach  jener  Seite  richtet. 

2759*  HhusoUii  wo  okn  ni  iokoro    nasJii.    ^-zS^-iK^rML    Kein 
Ort,  wohin  man   Hände  und  Füsse  legen  könnte. 
In  grosser  Verlegenheit  sein. 

2760.*  Shiisul  no  gütoku.  ^C7jt0jti)<  Wie  Herbstwasser  (so 
ruhig  luid  klar). 

Von  dem  kalten  Glänze  einer  Schwertklinge. 

2761.*  SJiiitsiijin  snru.  iUSti    Den  Erdenstaub  verlassen. 
Der  Welt  entsagen. 


—      i^ö     — 

2762.*  Shutsuvan  110  sai.  mil^:t  Das  aus  der  Indigopflanze 

hervorgegangene  Talent. 

Ein  Talent,  das  das  Talent    das    Vaters    übertrifft.    {Vgl.    No 
1529.) 

2763.  Hö  zva  toiya  de  orosanai.  ^Itf^lMTill  §  ^ii<'  So  verkauft  es 

der  Grosshändler  nicht. 

Wenn  z.  B.  jemand  eine  zu  starke  Behauptung  aufstellt  ;  oft 
gleich  :  "  wenn  Sie  sich  nur  nicht  schneiden."     Vgl.  No  2474. 

2764.  Hoha-TZiie  zco  kuu.  MÖ:4-ä-5'    Nebenschläge  bekommen. 

Wörtlich :    den    Nachbarstock   essen.       Bei    einem    Streit    als 
unbetheiligt  danebenslehender  Zuschauer  etwas  abbekommen. 

2765.  Sode  furc-au  mo  tashö  no    en.    Iilis§n^i' Uill^<?)li  Selbst 

eine  (zufällige)   Armelberührung  (wird  manchmal  der 
Anlass   einer)  Verbindung    in  der  Zukunft. 

Selbst  eine  (zufällige)  Armelberührung  ist  die  Folge  von  Be- 
ziehungen aus  einem  früheren  Leben.     \'gl.  No  85 1. 

2766.  Sode  ga  chigireru.  %^'^^WC-h   Die  Ärmel  werden  zerrissen. 

Von  den  Frauen  sehr  geliebt  werden  (und  daher  von  allen 
.Seiten  an  den  Ärmeln  gezogen  werden). 

2767.  Sode  HO  ame.  %^OM  Der  Regen  des   Armeis. 

In  ( iedichlen  für  "  Thränen.''  Ahnliche  poetische  Ausdrücke 
für  "  Thränen "  sind :  sode  no  kori,  tis  des  Ärmels ;  sode  jw 
inizu,  Wasser  des  Ärmels ;  sode  no  tsuyii,  Thau  des  Ärmels. 
Besonders  Frauen  dienen  die  weiten  Ärmel  des  Kleides  zum 
Trocknen  der  Thränen,  daher  die  in  Gedachten  so  häufige  Ideen- 
verbindung von  Ärmel  mit  Thränen. 

2768.  Sode  ivo  hiku.  li^Ä  <    Am  Ärmel  zupfen. 

Jemand  einen  heimlichen  Wink  geben. 

2769.  Sode  1V0  sJdborii.  ffi^l^S    Die  Ärmel  ausvvinden. 

Poetisch  für  "  weinen."     Vgl.  No  2767. 

2770.  Sode-iUsiishi  ni  mono  zvo  yaru.  %t\%\'-^]S^'M.h  Etwas  geben, 

indem  man  es  in  CL(^n  Ärmel  (eines  andern)  schlüpfen 
lässt. 

Jemand  etwas  unbemerkt  zustecken,  oder  auch  zuflüstern. 


—     304     — 

277 1-*  Södoi  Jienjite  inui  to  naru.  ^ffl^C-CS^JÄ^  Das  Maul- 
beerfeld verwandelt  sich   und  wird  zum  Meere. 

Im  Laufe  der  Zeit  vollziehen  sich  die  grössten  Veränderungen. 

2772.*  Söga  110  sJii.  ;R:9^'?)±  Ein  Krieger  mit  Klauen  und 
Zähnen. 

Ein  zuverlässiger  Mann,  der  "  Haare  auf  den  Zähnen  "    hat. 

2773.*  Höjö  HO  ßn,  Bisei  HO  sJiin.  $jcS<?)'t:.Mi'?>fR  Die  Menschen- 
freundlichkeit des  Söjö,  die  Treue  des  Bisei. 

Sdjo  (chin.  Su7tg-siang)  war  ein  chinesischer  General,  der 
eine  Gelegenheit,  den  Feind  zu  vernichten,  aus  Menschenfreund- 
lichkeit unbenutzt  liess  und  in  Folge  dessen  am  andern  Tage 
selbst  mit  seinem  ganzen  Heere  von  den  Feinden  getödtet  wurde. 
Bisei  (chin.  Wei-shcng)  versprach  seiner  Geliebten,  sie  unter 
einer  Brücke  zu  erwarten  ;  obgleich  der  Fluss  immer  höher  stieg, 
sodass  er  flast  ertrank,  glaubte  er  doch,  den  verabredeten  Ort 
unter  der  Brücke  nicht  verlassen  zu  dürfen.  Der  Sinn  des  Spr. 
ist  also,  dass  auch  Tugenden  falsch  angewendet  oder  üljertrieben 
werden  können. 

2774.*  Hölza  HO  liana    no    yd.    faTt^^t'?)^    Wie    Blumen    unter 

dem  Reif. 

Vom  geduldigen  Ausharren  im  Unglück,  besonders  von  der 
Treue  der  Frau. 

2775.^=  Söl^ai  no  iltcki.  \%%^-W\  Ein  Tropfen  vom  Meere. 

Vgl.  No  2S0, 

2776.*  Sökai  iva  hcnjite  söden  to  naru.  \^M\^^^'^%^-^^h     Das 

Meer  verwandelt  sich  in  ein  IN'Iaulbeerfeld. 
Wie  No  2771. 

2777.  SoliO  ga  niicru.  i&t)^*Ä'^i   Der  Boden  wird  sichtbar. 

Der  A^orratli  ist  erschöpft,  das  Geld  ist  alle  u.  dgl 

2778.  Soko  wo  Uttaku.  Is^i'IJ  <    Den  Boden  klopfen. 

Den  \'orralh  erschöpft  haben,  mit  etwas  zu  Ende  sein. 

Sühö  (Kleie). 

2779.*  S'okö  no  sni  iva  dd  yori  hidasazv.  ^fJ^'?)^il^i  "JP^ST 
Die  Frau  der  Kleie  (mit  der  man  einst  Kleie  zusam- 
men gegessen  hat)  verstösst  man  nicht  aus  dem 
Hause. 


—     305     — 

Eine  Frau,  die  früher  mit  einem  Armiith  und  Unglück  getheilt 
hat,  soll  man  auch  später  im  Glück  behalten. 

Söli'ö  (so  und  so). 

2780,  Sökö  snni  vchi  in  toshi  ga  kiircni.     ?  ?  ^  -5  "f  ^  ftl'^t^^'^H 

h   Während    man    so   und    so    macht    (hin    und    her 
redet),  geht  das  Jahr  zu   Ende. 

Wenn  jemand  vor  lauter  Reden  und  unnützen  Anstalten  nicht 
zum  Handeln  kommt. 

2781.  Solionuhe  jdgo.  I&fö±^   Ein  Trinker  ohne  Boden. 

Auch  bloss  sokonuke,  "ohne  Boden,"  für   "starker  Trinker." 

2782,  Son  shita  viinato  ni  func  tsmiagc  !  la  Lt:?ii:i55Mtf  Binde 

dein  Schiff  im  Hafen  an,  wo  du  Verlust  erlitten  hast! 
Man  soll  sich  durch  einen  Misserfolg  nicht  entmuthigen  lassen, 
sondern  grade  nach  einem  Verluste  auf  Gewinn  hoffen. 

2783.  Son  shite    toku    ivo  torc !    ^\.X\%tfM^    Ziehe    aus    dem 

Schaden  Vortheil  ! 

"Durch  Schaden  wird  man  klug";  "Lehrgeld  bezahlea" 

2784.*  Son-ö,  jö-i.  SiÄ^  Den  Kaiser  verehren,   die  Barbaren 
verjagen. 

Ein  politisches  Schlagwort  vor  der  Restauration,  das  jetzt 
längst  der  Geschichte  angehört.  Besonders  führten  es  die  Gegner 
des  Gotairö  //  Kamon  no  Kami  im  Munde,  der  für  den  jungen 
Shogun  lemocJii  die  Regierung  fühlte,  aber  1S60  diesen  Gegnern, 
die  in  seiner  weitblickenden  Politik  nichts  als  Fremdenfreund- 
lichkeit sahen,  zum  Opfer  tiel, 

2785.*  Sonso  no  aida  ni  kcssiiru.  tt^aora^iu^-f  *    Zwischen   den 

Weintischen  abmachen. 

In  Freundschaft,  auf  dem  Wege  der  Güte  abmachen. 

2786.  8ora  %vo  fuku.  ^'tB^<    Den  Himmel  anblasen. 

Nicht  Acht  geben  ;  nicht  auf  das  hören,  was  ein  anderer  sagt. 

2787.  Hori    ga    azvayiu.    K^J  f^'-o-ii«    Die    Wölbungen    passen 

nicht  auf  einander. 

Mit  jemand  nicht  harmoniren,  sich  von  ihm  abgestossen 
fühlen. 


—     3o6    — 

2788.  Söron  iva  Jiitokata  no  kannin  ni  owaru.    ^Iwli  — :5^^S 

l-^S    Ein  Wertstreit  endet  durch  die  Nachgiebigkeit 
des  einen  Theiles. 

2789.  Soro-Horo    ittc    vio    ta    zua    nigoru.    t^^fi'o-c  t  Hllv^?> 

Auch  wenn  man  (es)  langsam  geht,  wird    das    Reis- 
feld schlammig  (d.  h.  bewässert). 

Als  Mahnung,  die  Geduld  nicht  zu  verlieren. 

2790.*  Söryo  Jiajivie  no  gotokiunba,  jöbutsu  amari  ari.  fi"1S  b3  *')  "?> 
jtB<  ^ll^;^('$§lfc''J    Wenn    die    Priester  so    blieben  wie 

im  Anfang,  so  gäbe  es  unzählige  Buddhas. 
"  Neue  Besen  kehren  gut." 

2791.     Sövyö  nojinroku.  ÄM^ä^  Der  Dummkopf  von  ältestem 

Sohne. 

Er  bleibt  dumm,  weil  er  (gewöhnlich)  verzogen  wird. 

2792.*  Hösö  no  heu.  ti^?)^  Die  Verwandlung  des    Meeres  in 
ein   Maulbeer(feld). 
S.  No  2776. 

2793.     Sotto    möseba     gatto    vidsu.     ^-oi  t^tf  ittj^'o  i  t^  t     Wenn 
(der  andere)  leise  spricht,  laut   sprechen. 

Immer  widersprechen,  was  der  andere  auch  sagt.  Vgl.  No 
2209. 

2794.*  Söj/ti  ni  bossiini.  ^M5i-ilT  h    Zwischen  Maulbeerbäumen 
und  Ulmen  verschwinden. 

Ein  Euphemismus  für  "  alt  werden.'' 

2795.  Sil    de    vio    konnyaku    de    vio    kuenu.    S^'C  i^HT  lÄ''^ 

Man  kann  (ihn)  weder  mit  Essig  noch  mit  konnyaku 

(einer  Art  Gelatine)  essen. 

Von  jemand,  der  sich  weder  durch  scharfe  noch  durch  sanfte 
IMittel  lenken  lässt.  Auch  =  ein  "unverdaulicher''  Mensch. 
Vgl.  No  2149. 

2796.  Hahanashl    de     %va    onioshirokunai.     ^Ir^'Cit fc(®ä  < /;>.' 

Ein  blosses  Gespräch  (ohne  etwas    dabei  zu  trinken) 
macht  kein  Vergnügen. 


—     307     — 

2797-     '^^^^  1^0  hyahnnon  yoj^i  iina  no  gojTimon.  %^'^^l  ^J-t-0  5 

+5:  Besser  als  hundert  Heller  am  Ende  sind  funfzie 

Heller  jetzt  gleich. 

"  Ein  Sperling  in  der    Hand    ist    besser   als    eine    Taube  auf 
dem  Dache." 

2798.  Sueben  kiiii'mm  zva  otcko  no  haß.  ^BfÄli-oU^Offl:  Ein 
angebotenes  Gericht  nicht  zu  essen  ist  für  den  Mann 
eine   Schande. 

D.  h.  angebotene  Liebe  zu  verschmähen. 

2799.*  Siigitarii  zua  oyobazaru  gotosJii.  ii§^7:  XUÄlt  S'^itn  L 
Zuviel  ist  dasselbe  wie  zuwenig. 

Sui  '^Elegante  Fertigkeit). 

2800.  Sia  ga  Uli  zvo  hin.  ^l>'^^M'^'ki-    Elegante    Künste  ver- 

zehren   den   Leib. 

Wer  sich  zuviel  mit  "  brotlosen  Künsten "  abgiebt,  kommt 
in  seinem  eigenthchen  Beruf  zurück.  Das  Wort  stii  lässt  sich 
schv.er  wiedergeben ;  es  bezeichnet  nicht  nur  gewisse  gesell- 
schaftliche Fertigkeiten  (wenn  z.  B.  jemand  im  Samisenspiel  oder 
im  Vortragen  von  joruri  oder  gidayu  Meistex  ist),  sondern  auch 
dadurch  erworbene  grosse  Beliebtheit ;  daher  der  Ausdruck  siä 
na  hito  für  jemand,  der  wegen  seiner  gesellschaftlichen  Talente 
überall  beliebt  ist. 
Siil  (sauer). 

2801.  Sni  1110  amai  vio  shöcJii.  ^  ffft"  l7|c:^P    Er  kennt    sowohl 

Sauer  als  Süss. 

Er  kann  sich  nicht  mehr  mit  Unwissenheit  entschuldigen,  er 
kennt  das  Böse  ganz  gut ;  trotzdem  thut  er  es. 

2802.*  Snlbö  ni  ki  su.  i^'^K'-U'X  Zu  Wasserschauin  werden. 
Zu  nichte,  zu  Wasser  werden.  (Gleich  No  778  und  191 5.) 

2803.  Huifiivo-ohe  de  gobö  zvo  amu  yd.  7J<Ei31i'C^^^i^i-^ 
Als  ob  man  in  der  Badewanne  Klettenwurzeln 
wüsche. 

Die  Badewanne  ist  für  diesen  Zweck  viel  zu  gross. 

2804.*  Siiigyo  no  majizvari  (od.  ovwi).  7}^^(D^^]i,^.L^)  Die 
Freundschaft  zwischen  Wasser  und  Fisch. 


—     308     — 

Wasser    und  Fisch  gelten    (nach    chinesischem   Vorbilde)  als 
Symbol  guten  Einvernehmens,  vollkommener  Harmonie. 

2805.*  Stiikiva  ai-iresu.    7j^^>cta§nt""    Wasser    und    Feuer  ver- 
binden sich  nicht. 
Vgl.  No  825. 

2806.*  Siihnö  sJiite  kisu   wo    viotonmru.    ^k^LXW^'^'*>  h     Die 

Haare  wegblasen  und  nach  der  Wunde  suchen. 
Vgl.  die  japanische  Lesung  unter  No  1272. 

Hiiki  (Vorliebe). 

2807.  Sjiki  koso  mono  no  jdzu  nare  /  1t}^  li^^O^^j^iri  Werde 

in  dem  geschickt,  was  du  wirklich  liebst. 
Man  soll  nichts  invita  Minerva  treiben. 

2808.  Suki   ni  zva    nii    %vo  yatsusii,    $?^I-UÄ^ST     Für    das, 

was  man   liebt,  sich  armselig    kleiden. 

Man  erträgt  viel  dem,  was  man  gern   thut,  zu    Liebe.      (Vgl. 
auch  No  2295.) 

Huhi  (lÄicke). 

2809.  Snki  ni  tstike-irii.  PSi'FflAi    In  die  Lücke  eindringen. 

Aus  dem  Li'nglück  eines  anderen  Nutzen  ziehen. 

2810.  SuMma  kam  hiru  käse  wa  samiishi.  Pifsl«' ?)Jt5  2)M.lt^  L 

Der  Zugwind,  der  aus    einer  Spalte   kommt,  ist  kalt. 

Vgl.  No  579. 

281 1.  Suki-te  no  ine  yori  wa  abata  vio  eknbo.    ^'%K^^l  "J  It 

^Itel^    Für    das    Auge    des  Liebhabers  sind    selbst 


Pockennarben  Lachgrübchen. 

Abgekürzt :  abata  7110  ekubo. 

2812.  Sunieba  iniyako.  tti^lt'SP  Wo  man    wohnt,    da    ist    die 

Hauptstadt  (der  beste  Ort). 

Man  gewöhnt  sich  schliesslich  an  jeden  Ort.      Vgl.  No  1032, 

2813.  Siiini  wo  nagashita  yö.  M^i5!S  L?:^  Als  ob    man  Tinte 

ausgegossen  hätte. 

Von  einem  mit  schwarzen  Wolken  bedeckten  Himmel. 


—     309    — 

2814.  Suinikakl  no  naka  kam  uieiken  ga  dem.  wi^^^'^'h^ 
ÜJ-ö^'tÜ  i  Aus  einem  Schüreisen  f^eht  ein  vorzügliches 
Schwert  hervor. 

Auch  aus   niedrigem    Stande  können    grosse   Männer   hervor- 
gehen. 

2815.*  Hinufnno  wo  ucte  viomo  to  narasii,  azva  wo  uete  mame 
shözezii.  ^^M-^^^fei^i^T-»  Tf^^-M-CH^ti'f  Wenn  man 
einen  Pflaumenbaum  pflanzt,  wird  es  kein  Pfirsich- 
baum ;  wenn  man  Hirse  pflanzt,  wachsen  keine 
Bohnen. 

2816.     Suna  110  soko  kara  tama  o-a  dem.  «i^'?)!^«' ^rEtJ^'ÜJ  4   Aus 

dem   Grunde  des  Sandes  geht  eiii  Edelstein  hervor. 
2817.*  Swia  tvo  shibotte    ahura    zvo    tom  yd.    %^Wi^X^M^'^h^ 

Als  ob  man   Sand  ausquetscht,  um  Ol  zu  bekommen. 
Vgl.  No  1543. 

2818.  Sitnda  koto  wa  siigita   koto.    Mk>U~^\V^^1\^    Was    zu 

Ende  ist,  ist  vorbei. 

Was  geschehen  ist,  ist  nicht  zu  ändern. 

2819.  Swida  koto  zvo  m  to  nezumi  ga  xvarau.    ^^/:*^^5i^^JiL 

t»■''^^^  Wenn   man   von    vergangenen    Dingen   spricht, 
so  lachen   die   Ratten. 

Gleich  dem  vorigen  ;  vgl.  auch  No  2632. 

2820.  Sune  ni  kisu  vwtsii.  M.\'-%^^^   Eine  Wunde  am  Schien- 

bein  haben. 

Ein  schlechtes  Gewissen  haben. 

2821.  S7tne  7ii  kizii  inotcha  susiiki  nio  sasara.  I^l'ffift  ^-^^  t^^ 

Wenn     man    eine    Wunde    am    Schienbein     hat,    ist 
selbst  Gras  (so  schmerzhaft)  wie  eine   Bambusbürste. 

2822.*  Sim-iri  ino  anki  no  zuakare-vie.  ifPt  ^3c^i?):^n@  Selbst 
ein  Augenblick  trennt  Sicherheit  und  Gefahr. 

Vgl.  "  zwischen  Lipp '  und  Kelchesrand  schwebt  der  dunkeln 
Mächte  Hand." 

2823.*  Siinfefsu  hito  wo  korosu.  7l'^A^I*t  Ein  Zoll  Eisen 
tödtet  den  Menschen. 


—    3IO    — 

Eine  Kleinigkeit  am  richtigen  Ort,  ein  Wort  zur  rechten  Zeit 
kann  viel  ausrichten. 

2824.*  Sunzeii  sJiahnna.   ■»J*#R^    Ein    Zoll    Gutes,    ein    Fuss 
Schlechtes. 

2825.  Siippon    ga    toki    ivo    tsugeru   yd.    JJfiffitö'BJ^'a-S^    Als 

wenn  die  Schildkröte  (wie  ein   Hahn)  krähte. 

2826.  Surikogi    de  jTtbako    ivo    harau.    ^f^'CMS'V^^-     Das 

Reiskästchen  mit  einem   Reibeholz  reinigen. 

Das  Reibeholz  ist  dazu  viel  zu  gross. 

2827.  Surikogi  ni  hanc  ga  haeru  yd.    tm^l'i^»'^'^  Z>^    Als    ob 

an  einem  Reibeholz  Flügel  wüchsen. 
Für  etwas  Unmöghches. 

2828.  Smikogi  110  ana  e  ito  wo  tösu  yd.   ^A<.<Z>'X'^^,f^'M.'tW  Als 

ob  man  in  das  Loch  des    Reibeholzes    einen    Faden 
einfädelte. 

F"ür  etwas  sehr  Leichtes,     (^'gl.  No  34.) 

2829.  Sushi  1U0  oshi-tsiiketa  yd.  ^'^WAVM.    Als    wenn    sushi 

zusammengepresst  werden. 

Sushi :  ein  beliebtes,  aus  Reis,  Fisch  und  Essig  bereitetes 
Gericht,  das  in  Kästen,  in  grosser  Zahl  nebeneinander  gereiht, 
feilgeboten  wird.     Von  grossem  Gedränge,  z.  B.  im  Theater. 

2830.  Sutene    de    nni.    i^ülTÄS     Zum    Wegwerf-Preise    ver- 

kaufen. 

"  Spottbillig.'' 

2831.  Hutevii  kaini  arcba,  tasiikerii  kami  mo  am.  ÄSiüf^^lf. 

ßÖifl'iWS      Es    giebt    Götter,    die    einen     im    Stich 
lassen,  aber  auch  Götter,  die  einen   retten. 

2832.  Suzutne  hyakii  niadc  mo  odori  ivo  xvasureim.    ^B"i^i5i 

"J-^^^W   Der    Sperling    vergisst    das    Tanzen    selbst 
bis  zum  hundersten  Jahre  nicht. 

Was  man  gern  thut,  was  einem  Vergnügen  macht,  verlernt 
man  nicht. 


J 


—     311     — 

2833»  SiLzinne  kaichü  ni  itte  Jiamagjiri  to  narii.  '■k%'^\~XX^'t 
^S  Wenn  Sperlinge  ins  Meer  fliegen,  werden  sie 
zu   Muscheln, 

Um    auszudrücken,    dass    scheinbar    unmögliche    Dinge    sich 
manchmal  doch  ereignen.     (Vgl.  No  2396.) 

2834.  Siizianc  no  nainida  hodo.  ^^tK^l    (Nur)    soviel    wie    die 

Thräne  eines  Sperlings, 

Nur  ganz  wenig,  "  nur  eine  Idee.'' 

2835.  Suzitrne  no  saezurii   yö.    '■^^Mh^   Wie    das    Zwitschern 

von  Sperlingen. 

Von  unauiliörlichem  Plaudern. 

2836.  Suzunie  no  sen-koe  yori  tsuni  Jio  Jiito-koe.    ^€)^Ki  "JÜI?) 

—  ^Ä    Eine.  Stimme    des    Kranichs    ist    besser     als 
tausend  Sperlingsstiinmen. 


•^►^<- 


T. 


2837.  ^^  ^^0  hiro  no  kagashi  no  yd.  ffl?)i8^0^llJ^O^  Wie  eine 

Vogelscheuche  auf  dem  Feldrain. 

Von  einem  langweiligen  Menschen,  der  nichts  sagt,  mit  dem 
nichts  anzufangen  ist. 

2838.  Tahi  no  haß  %va  kaki-sute !  MOffihll-s'^i^'C    Auf  Reisen 

wirf  die  Scham  weg  ! 

Es  macht  nichts  aus,  wenn  man  aut  einer  Reise  z.  B. 
schlechte  Kleider  trägt  oder  barfuss  geht,  da  einen  die  Leute  nicht 
kennen,  {kaki  ist  nur  verstärkendes  Präfix,  wie  z.  B.  auch  in 
kaki-kiru,  abschneiden,  kaki-yaburu  zerreissen,  kaki-kumoru  sich 
bewölken  u.  a.) 


—     312     — 

2839-  ^'^^^  ""-^^^  i!iic/iiz7in,  yo  iva  nasake.  ISltüjl'iärdlt  Auf  der 
Reise  einen  Gefährten,  in  der  Welt  Mitgefühl  (zu 
finden  ist  wünschenswerth). 

2840.  Tabi   iva    ui    vioJio,    tsuj-ai    mono.    iSHS*''^"»^!''^'     Das 

Reisen  ist  eine  traurige,  schmerzensreiche  Sache. 

Besonders  auf  den  schlechten  Wegen  und  mit  den  unvollkom- 
menen Beförderungsmitteln  des  alten  Japan. 

2841.  Tabi-makura  tvo  simi.  WMit  h   Das   Reisekissen    machen. 

Auf  der  Reise  übernachten. 

2842.  Tachiha  zvo  iisJänau.    Ülf^^i-    Den     Platz,    wo    man 

steht,  verlieren. 

In    grosse    Verlegenheit    gerathen  ;    "  den    Boden    unter    den 
Füssen  verlieren." 

2843.  Tachigiki  wa  ji  ga  sanznn  heru.   S:riaitii*''H7j"iÖ6  2>   Wo 

jemand  horcht,  wird    der    Boden    um  drei    Zoll  nie- 
driger. 

Als  Warnung  vor  dem  Horchen. 

2844.  Tachiusii  e    komo  wo    inaita   yd.  tLh^^%.^^^VM. .  Als 

ob    man    einem    aufrechten    Reismörser    eine     Matte 

umgewickelt  hätte. 

Von  einer  dicken,  hässlichen  Frau.  (Der  japanische  Reis- 
mörser besteht  aus  einem  sehr  dicken  runden  Holz  mit  einer 
Vertiefung  in  der  Mitte.) 

2845.*  Tachiyoreha  iaijn  no  kage.  tLh^)ct\t%^<^^  Wenn 
man  (auf  der  Reise)  Rast  hält,  dann  im  Schatten 
grosser  Bäume  ! 

Man  muss  es  mit  mächtigen,  einflussreichen  Leuten  halten, 
ihre  Protektion  zu  erwerben  suchen.  "  Mit  rechten  Leuten  wird 
man  was."     Vgl.  auch  No  918. — Statt  taiju  auch  "oki  na  ki. 

2846.  Tada  Jwdo  yasni  mono  zva  nasJd.  9M}k^^^\'l'i^.'L    Nichts 

ist  so  billig,  dass  es  gar  nichts  kostete. 
"  Umsonst  ist  der  Tod.'' 

2847.  lade  kiiu  mushi   ino  suki-zuki    (od.    suki-bustiki).   W:%i- 

tX\j'Bb't'^  Auch  die  Insekten,  die  den  Wasserpfefifer 
fressen,  haben  verschiedene  Geschmäcker. 


—     313     — 

Das  eine  zieht  diese,  das  andere  jene  Art  von  Wasserpfeffer 
(Polygonum  hydropiper)  vor.  Jeder  hat  seinen  Geschmack; 
"  über  den  Geschmack  lässt  sich  nicht  streiten.''     Vgl.  No  2444. 

2848.  Tadon  e  me-hana   luo  tsukern  yd.    ^H'^  SÄ-^^tÄ^  Als 

ob  man  einer  Kohlenkugel  Augen  und  Nase  ansetzte. 
Von  einem  Menschen  mit  dunkler  Gesichtsfarbe  und  hässlicher 
Physiognomie. 

2849.  Toga    ga   yurimda.    W.^'W^U     Der     Reifen    hat    sich 

gelockert. 

Von  jemand,  der  im  Fleiss,  im  guten  Betragen  u.  dgl.  an- 
fängt nachzulassen. 

2850.*  Taibö  tva  bö  naraz7i.  -^<.%\lU'!i.h'V  Zu  grosse  List  ist 
keine  List. 

Erinnert,  wie  noch  eine  Anzahl  ähnlicher  (weiter  unten  fol- 
gender) mit  tai  anfangender  Ausdrücke  an  die  Redensart :  "  die 
Extreme  berühren  sich  ";  auch  an:  "allzuscharfmacht   schartig." 

2851.  Taihoku  c  scmi  ga  tomatta  yd.  i;;^'^lft)Mhof:^  Als  ob 
sich  eine  Cikade  an  einen  grossen  Baum  gesetzt 
hätte. 

Ein  kleiner  Mensch  neben  einem  grossen,  eine  kleine  Frau 
neben  einem  grossen  Manne,  oder  umgekehrt. 

2%^2,^  Ta'iclii  zva  chi  narazu.  i^^ü^Uh-f-  Zu  grosse  Klug- 
heit ist  keine   Klugheit. 

2853.*  Taigan  iio  kzvaji.  it^?>A^   Eine  Feuersbrunst  auf  dem 
gegenüberliegenden  Ufer  (des  Flusses). 
S.  No  1251. 

2854,  Taika  ato  nasJii.  'kW^'^l  L  Ein  grosses  Haus  hat  keinen 
Erben. 

Ein  grosser  Mann  pflegt  selten  einen  grossen  Sohn  zu  haben. 

2855.*  Taika  no  inasa  ni  hitsugaeran  to  siirn  ni,  ichibohi  no 
sasöru  atawazu.  :;k^0)l?r-S'^  f>^^  t  4  i:-7K©^.5.Ätfe(I 
~f  Wenn  ein  grosses  Haus  grade  einstürzen  will, 
kann  man  es  nicht  mehr  mit  einem  Balken    stützen. 

Tailian  (grosse  Dürre). 


—     314     — 

2856.*  Taikan  no  ungei  %vo  nozomu  ga  gotohi.  %^(^WM.^%\:^^ 
%W  <  (Ebenso  sehnlich)  wie  man  sich  bei  einer  grossen 
Dürre  nach  Wolken   und   Regenbogen  sehnt. 

Taihan  (grosse  Verrätherei). 

2857.*  Taikan  %va  chü  ni  nitavi.  :^if  (!-'£> l'-föf:  "J  Grosse  Verrä- 
therei gleicht  (manchmal)  der  Treue. 

2858.*  Taiki  bansä.  :^^^^  Ein  grosses  Talent  wird  spät 
fertig  (reif). 

2859.  TailiO  vio  bachi   710    atari-yd.  :*:I5  US O'^  «'J  ^    Auch    die 

Trommel  tönt,  wie  der  Schlägel  geschlagen  hat. 
Gleich  No  11 58. 

Taikö  (grosser  kindlicher  Gehorsam), 

2860.  Taikö  lua  kö  7iarazu.  :^#U^^j:  h'^  (Zu)  grosser  kindlicher 

Gehorsam  ist  kein  kindlicher  Gehorsam. 

Man  soll  über  der  Liebe,  mit  der  man  den  Eltern  dient, 
nicht  seine  andern  Pflichten  versäumen,  sonst  bringt  man  sich 
und  die  Eltern  ins  Unglück. 

Taikö  (grosses  Verdient). 

2861.*  Taikö  zva  saikin  wo  kaerimizu.  %'^\^MW^M.^'f  Bei 
Sfrossen  Verdiensten  achtet  man  nicht  auf  kleine 
Mängel. 

2862.*  Tairi  zva  vi  narazu.  i^flli^'J^X  ?)t"-  Zu  grosser  Vortheil 
ist  kein  Vortheil. 

2863.*  Taisan  ino  giketsu  yon  kuziircrn.  %^  \,  ^%  l  "*)  ^  h 
Selbst  ein  grosser  Berg  stürzt   durch    Ameisenlöcher 

ein. 

Vgl.  No  2559. 

2864.*  Taisan  zvo  zuaki-basandc  Jiokkai  wo  koyiini  ga  gotokit. 
:^^i^5g5^I^T*m^M'^/.D-•iD<  Als  ob  man  mit  einem 
grossen  Berge  unter  dem  Arm  über  das  Nordmeer 
schwimmen  wollte. 

Eine  Hyperbel  für  Unmöglichkeit. 


—     315     — 

2865.*  Taisei  wa  riji  ni  iri-gatashi.  :^^!tffl:?-i:A')li  L.  Hoch- 
tönende Phrasen  machen  auf  das  Ohr  des  einfachen 
Mannes  keinen  Eindruck. 

Man  muss  zu  jedem  so  reden,  dass  er  einen  versteht.      Vgl. 
No  699. 

2866.  Taisha  tatie  naslii.    :^^)bL^X  L    Ein    grosser    Mann    hat 

keine  Nachkommen. 
Im  Sinne  von  No  2854. 

2867.  Taishi  vi  Moriya.  X'^V-^U.  Taishi  und  Moriya. 

Sprichwörtlich  für  zwei  unversöhnliche  Gegner.  Taishi  ist 
Abkürzung  von  Shötokii  Taishi,  dem  posthumen  Namen  des 
kaiserlichen  Prinzen  Toyofoini  (um  600  n.  Chr.),  der  ein  eifrige 
Förderer  des  Buddhismus  war  und  dabei  an  Moriya  seinen 
entschiedensten  Gegner  hatte. — Vgl.  No  2578. 

2868.*  Taitelxi  to  mite  osoruni  iiakare,  shöteki  to  mite  anndorii 
nakarc  !    -kWi%'^'^.h\  ^ii.  /J>ic^  ^-^'W h  ^in    Fürchte 
dich   nicht  vor  dem  Feinde,  der  gross    aussieht,  und 
verachte  nicht  den  Feind,  der  klein   aussieht ! 
Die  zweite  Hälfte  auch  unter  No  2737. 

2869.*   Taiyoku    wa    vmyoku    ni   chikashi.    ^f^AtW^y-'&X-   Zu 
grosse  Habgier  kommt  der  Uneigennützigkeit  nahe. 
Wer  zuviel     haben     will,    verliert    darüber    oft,    was    er   hat. 

2870.*  TaiyTi  wa  yü  narazii.  'X^Vl'^^lh't  Zu  grosser  Muth 
ist  kein  Muth. 

2871.  Taha  no  tsnmc.  Ü^öl  Falkenklauen. 

Ein  Ausdruck  für  "  spanischer  Pfeffer,"  dessen  Schotenfrüchte 
an  der  Spitze  klauenartig  gekrümmt  sind. 

2872.  Jaka     mo     tobeba,    kusobac    mo    tobu.    fi  J,  ^-<lt*Äiii  ^-5^ 

Sowohl  der   Falke  als   auch  die  Schnieissfliege  (kann) 

fliegen. 

Doch  ist  zwischen  ihrem  FHegen  ein  grosser  Unterschied. 

2873.  Taka  zva  uetc  mo,  Jio  zvo   tsiunavtazu.    l^ii^'C  l^-^Ul^i'r 

Wenn    den     Falken    auch    hungert,     nirnmt    er    doch 
keine  Ähre  in  den  Schnabel. 


—     3i6    — 

Gilt  besoiide:s  vom  alten  Samurai,  der  eher  hungerte,  als 
dass  er  ein  bürgerliches  Gewerbe  ergriffen  hätte.  Auch  :  taka  wa 
sJiinurcdo,  ho  ii>o  tsmnazu,  wenn  der  Falke  aucli  sterben  müsste, 
pflückt  er  doch  keine  Ahie  ab. 

2874.  Takai  ki  iva  kaze  iii atari-yasiii.   '%^^^\^%\'~^^'')'S:^^    Ein 

hoher  Baum  ist  dem  Winde  sehr  ausgesetzt. 
Vgl.  No  1435. 

2875.  Takai  tokoro  e  tsiichi-vtochi  zuo  suruna  !   ^v'^'^±#i^'^  * 

■^.C    Mache  nicht  auf  einem  hohen  Platze    einen    Erd- 

liaufen  ! 

Man  soll  nicht  Dinge  dahin  bringen,  wo  man  sie  nicht 
braucht,  sich  nicht  unnöthige  Mühe  machen.     (Vgl.  No   1246.) 

2876.  TaL'OJö  110  ko  wa  yokii  hato  wo  narasu.    HE0Tltt^</iS 

'^.DlK      Das     Kind     des    Falkenmeisters    richtet    gut 

Tauben   ab. 

"  Was  ein  Häkchen  werden  will,  krümmt  sich  bei  Zeiten." 

2877.  TaJxCiki  ni  noboru  zva  liikuki  yori  hajiinaj'u.    iS^I'^Slt 

%^l^]iMth    Das    Besteigen    einer    Höhe    fängt    von 
der  Tiefe  an. 

2878.  Takaku  toiuaru.  ^<iliä;Ä   Hoch  sitzen. 

Stolz  thun  ;  "  sich  aufs  hohe  Pferd  setzen."  (Vgl.  unter  Zai- 
viokuya^ 

2879.  Takanii  nl  tsiichi  wo    moni.    'Uih\'~±he^h     Auf   einem 

hohen   Platz  Erde  aufschütten. 
Wie  No  2875. 

2880.  Takaini    no    kembutsu.    %h-<^%\%    Die  Ansicht   von    der 

Höhe  aus. 

Bei  einer  Gefahr  nicht  betheiligt  sein,  sich  in  Sicherheit 
befinden.  "  Vom  sichern  Port  lässt  sich  gemächlich  rathen." 
Auch  :  Gleichgültigkeit  gegen  fremdes  Unglück. 

2881.  Takara  vaku  shitc  viaclii  ni  nozomuna  .'  Um  L'CfJTl'f^ü^i 

Wenn  du  kein    Geld    hast,    so    gehe    nicht    auf    den 

Markt ! 

Vgl.  No  65. 


f 


—     317     — 

2882.  Takara  no  viochi-gusare.  StOl;??  t^l^fi  Das  Faulen  des 
Reichthums,  den  maa  festhält  (nicht  benutzt). 

Eine  Sache,  statt  sie  zu  gebrauchen,  nutzlos  verderben  lassen. 
Vgl.  No  223. 

2883.*  Takara  710  yavia  ni  irite  te  tvo  miinaskiku  sJate  kaeru.  M 
e)aJt:At^^SL<  L-Clf^  In  einen  Schatzberg  gehen 
und  mit  leeren   Händen  zurückkommen. 

Wer  z.  B.  in  die  Schule  geht,  ohne  etwas  zu  lernen. 

2884.  Takara  sakatte  ireba  sakatte  izurii.  Stif  o-CAWtlfo'Ctlioi 
Der  Reichthum,  der  widers-trebend  kommt,  geht 
auch  widerstrebend. 

Was  mit  grosser  Mühe  erworben    wurde,  hält    länger    an   als 
das  leicht  Gewonnene. 

2885.*  Takara  tva  nagaiiwchi  naslä,  saicJii  %vo  takara  to  scyo ! 
Ml^T^j^^^fj:  L.:tl?4-Mi-tf  X  Reichthum  ist  kein  dauernder 
Besitz,  (daher)  mache  Weisheit  zu  deinem  Reichthum! 

Take  no  knda  no  ana  :  5.  Hari  no  ana. 

2886.      Takc-yari  zva  kiri-oraicte  ino  nioto  no  yari.    Ü'it(It?I''Ji^  ?> 
^i'C  iTCOlt  Wenn  die  Bambuslanze  auch  durchschnit- 
ten wird,  bleibt  sie  doch  dieselbe  Lanze  wie  vorher. 
Durch    einen    schiefgefühlten    Schnitt    oder    Hieb    erhält    der 
Bambus  eine  scharfe  Spitze. 

2887.*  Takig i  zvo  idaite  Jd  ni  im  ga  gotoku.  l^^^c^'JÖvc^CA 
i'5'''jtn<  Als  ob  man  mit  einem  Arm  voll  Brennholz 
ins  Feuer  liefe. 

2888.  Tania    migakazarcba    hikari    nashi.     S^^'e  nit^fe'J  te  L 

Wenn  man  den  Edelstein  nicht  schleift,  hat  er  keinen 
Glanz. 

2889.  Tama  ni  kizii.  3El-^  Ein  Flecken  am  Edelstein. 

Ein  Makel  am  Namen  eines  grossen  Mannes. 

2890.  Tama  no  0  ga  taern  {od.  kirern).    2?)^i>^'|g-^ -Sl^TJUi)  Die 

Edelsteinschnur  endigt  (od.  reisst). 

Ein    poetischer    Ausdruck   für   "  sterben.''       Vgl.  unser  "  der 
Lebensfaden  reibst," 


-     3i8     - 

2891.  Tama  no  sakaznki  7ii  soko  iiaki  yo.  ^i^/El-lsit^t*  Als 
ob  einem  Edelstein-Sakebecher  der  Boden    fehlt. 

Von    einem    vortrefflichen     Menschen,    der    ungeachtet    aller 
seiner  guten  Seiten  an  einer  Schwäche  zu  Grunde  geht. 

2892.*  Tama  ivo  kacshite  hitstc  zvo  todonm.  ^^^M  L'CHI^'^L'  Den 
Edelstein  zurückgeben,  das  Futteral  behalten. 

Sehr  thöricht  handeln. 

2893.  Tama  zvo  migakii.  3E'V^  <    Den  Edelstein  schleifen. 

Die    Seele    veredeln,  [tama    bedeutet    zugleich    "Seele"  und 
"Edelstein".) 

2894.  Tcunago  e  mc-liana   zvo  tsukcru   yö.  III'^HS-^^'M*^^   Als 

ob  man  einem  Ei  Augren   und  Nase  anfügt. 

Von  einem  hübschen,  weissen,  ovalen  Gesicht  (im  Gegensatz 
zu     No  2848). 

2895.*  Tamago  zvo  motte  isJii  zvo  osu  ga  gotokzi.  IP'i'Ö'CS'VJt'f  ^* 
itn  <  Wie  wenn  man  mit  einem  Ei  einen  Stein  weg- 
schieben wollte. 

Auch :  iamago  zvo  Diotle  ishi  luo  utsu,    mit  einem    Ei  gegen 
einen  Stein  schlagen. 

2896.  TamasliH    mi   ni  sozvazu.  ^Äl-i^dt'  Die  Seele  bleibt 

nicht  beim  Körper. 
"  Den  Kopf  verlieren." 

2897.  Tamatama  koyitrcba  hare-yamai.  f^^Il'5>nifSin^  Wer 

(nur)  von  Zeit  zu    Zeit    dick    ist,  (heisst    nicht   dick, 
sondern)  ist  geschwollen. 

2898.  Taineru    naraba    zvaka-ki    110   nein.    1Ü  "^£  ?>  Ü'^^tcO  ^  B 

Wenn     man     (den     Baum)    gerade    biegen    will,    (so 
,  muss  man  es  thun)  so  lange  er  jung  ist. 

2899.*  Tcuni  no    köketstt    zvo    sJiiborn.    S'D^ifii'-t^s     Das    Fett 
und  Blut  des  Volkes  auspressen. 
Das  \'olk  "  aussaugen." 

2900.     Tamoto  ni  vic  an,  kabc  ni   mivd  ari.  ^l- S^^J  »ISl-^W 

"J      Die     Ärmel    haben    Augen,     die    Wände     haben 
Ohren. 

Vgl.  No  1090. 


—     319    — 

2901.  Tana  e  agete  oku,  M^±^XW^   Aufs  Wandbrett  legen. 

Sich  etwas  aus  dem  Sinne  schlagen,  nicht  mehr  daran  denken  ; 
besonders  im  Sinne  von  No  2318. 

2902.  Tana    kam    botamochi   ga    ocJiita.  W>"  h^f^^'i^^V-.    Vom 

Wandbrett  ist  ein  Zucker-Reiskuchen  heruntergefallen 
Ein  unverhofftes  Glück.     (Vgl.  No  23.) 

2903.*  Tanagokovo  (od.   Unohira)    zvo  kaesu  ga   gotoku.    ^^ 
Ä-f -»'jiD  <    Als  ob  man  die  Hand  umdreht. 

Sehr  schnell,  "  im  Handumdrehen."  (Japanische  Lesung  von 
Xo  547.) 

Taue  (Zurüstung). 

2904.  Taue    naki    tczuma    zua    tsnkaxvarezu.    fivi:  ^^nolH^(iH"f 

Ohne  Vorbereitung  kann  man  keine   Taschenspieler- 
kunststücke  machen. 

Zu  allem  ist  Vorbereitung  nöihig,  man  kann  nichts  "  aus  dem 
Ärmel  schütteln." 

Tane  (Samen). 

2905.  Tane  wo  yado  siini.  ?i4"^T  2>    Den  Samen  behei bergen. 

Schwanger  werden. 

2906.  Tang wanniii  no  nai  tokoro    ni   iva    saibanniii    vio  nai. 

^mK^^U^^^'n-itWiMKifl^^    Wo    kein    Kläger    ist,  ist 
auch  kein   Richter. 

Das  Spr.  ist  erst  in  neuester  Zeit  entstanden,  oder  vielmehr 
nur  eine  Übersetzung,  hat  sich  aber  so  eingebürgert,  dass  es 
unter  den  japanischen  Sprichwörtern  eine  Stelle  verdient. 

2907.  Taniii  majienu,  niizu  intzu.  '(iiiA*l'^«.7ltA  ?>  t*  Sich  nicht 

mit  Fremden  einlassen,  kein  Wasser  dazwischenkom- 
men (lassen). 

Eine  sehr  enge  Freundschaft  (sodass  "  kein  Wasser  eindringt  " 
— vgl.  No   191 1)  ist  nur  unter  Verwandten  möglich. 

2908.  Tanm  no  incsJä  ni   zva   hone   ga    aru.    'flllA'^iSi-l-'i'S^'fc  ö 

Im  Reis  fremder  Leute  sind  Knochen  (od.   Gräten). 
"  Fremdes  Brot  schmeckt  bitter." 

2909.  Tanin  no  meshi  wa  shiroi.  '(l&A<^ß5ilfiir"  Der  Reis  anderer 

Leute  ist  weiss. 


—     320     — 

Was  ein  anderer  hat,  scheint  besser  als  das  Eigene. — Statt 
tiDiin  auch  hito. 

2910.  Tani7i  no  saru-ni.  \^K'^W^X  Die  Affenähnlichkeit  fremder 

Leute. 

In  einer  Gesellschaft  von  Leuten,  die  man  zum  erstenmale 
sieht,  scheint  einer  dem  andern  so  ähnlich  wie  in  einer  Gesell- 
schaft von  Affen,  wo  auch  einer  dem  andern  gleich  sieht.  Man 
lernt  erst  allmählich  die  einzelnen  von  einander  unterscheiden. 

29 11.  Taniii  no  sora-ni.  'flllA'^;^f0l  Die  täuschende    Ähnlichkeit 

fremder  Leute. 
Wenn  Leute  sich    ähnlich    sehen    und    doch    nicht    verwandt 
sind. 

2912.  Timm  zva  kotuai  mono.  'flllAUW»'*^"    Fremde    Leute    sind 

zu  fürchten. 

Mit  Unbekannten  muss  man  vorsichtig  sein.  (Vgl.  No  112 
und   739.) 

2913.  Tau/H  mo  wäre,  kökzvai  mo  ivare.  @^  t  o^.^'^  i  w^   Den 

Zorn   hat  man  selbst,  (aber)  die   Reue  hat  man  auch 
selbst. 
2914.*    Tanki   zva  sonki.  MMUÄ^  Ein    jähzorniges    Gemüth  ist 
ein  schädliches  Gemüth. 
Zorn  bringt  Schaden. 

2915.  Tanomii  kokage  ?n  anic  ga  inorii.  M.\J':^^\'-M^^%h 
Durch  den  Baum,  unter  dem  man  Schutz  gesucht 
hat,  läuft  der  Regen  hindurch. 

Wenn  man  von  jemand  im  Stich  gelassen  wird,  auf  dessen 
Hilfe  man  gerechnet  hatte,  oder  wenn  ein  Freund  sich  auf  die 
Seite  der  Feinde  schlägt.  (Vgl.  No  803.)  Auch :  tanomu  ki  no 
7110/0  ni  ame  ga  furu,  es  regnet  am  Fusse  des  Baumes,  unter 
dem  man  Schutz  gesucht  hat. 

2916.*  Tanoshi^ni  arcba  kiiriishimi  ari.  I^^fcnit'^'^fc  "J  Wo 
Freude  ist,  ist  auch  Leid. 

Japanische  Lesung  von  No  2386. 

2917.*  TanseUl  ni  semaru.  .S.^'l'iäS    Von  Morgen  und  Abend 

gedrängt  werden. 

Einem  nahe  bevorstehen;  ''die  Tage  sind  gezählt." 


—     321     — 

2918.*  Taiishi  san  wo  nasazu,  kobokii  liayasJii  zvo  tiasasu.  WM. 
^4>^?t-.  ®:*ltc^JS5t-     Eine     Faser     macht     keinen 
Faden,  ein  Baum  macht  keinen   Wald. 
"  Eine  Schwalbe  macht  keinen  Sommer." 

2919.  Tanuki  ni   mesti    nashi,    viujina    ni  osii    nasJii.  31i*ftM 

L>ll-l-tfcML    Unter  Tanuki  giebt  es  keine   Weibchen, 
unter  Dachsen  keine   Männchen. 

Tatiuki :  ein  dachsähnliches    Thier    (Nyctereutes    viverrinus  ). 
Bedeutung  vielleicht  gleich  der  von  No  2923.  (?) 

2920.  Tamiki  no  Jiara-tsuzinui.  31^'MSS  Das  Bauchtrommeln  des 

Tanuki. 

Wenn  der  Tanuki  den  Mond  sieht,  soll  er  sich  vor  Vergnügen 
auf  den  Bauch  klopien,  was  einen  weithin  hörbaren  tiefen 
glockenähnlichen  Ton  giebt. — Von  jemand,  der  sehr  zufrieden 
aussieht  (vgl.  No  572), 

2921.  Taniiki-ne.  31Ä  Der  Schlaf  des  Tanuki. 

Ein  verstellter  Schlaf. 

2922.  Tarann  ica  amani  yori  yoshi.  /S  ?>W(J^S  i  "J  #  L   Nicht 

genug  sein   ist  besser  als  zuviel  sein. 
Vgl,  No  2222,  auch  2799. 

2923.  Tare  ka  karasu  no  shiyü  zvo  shirmi?    fS«'.i»'?)ft|ü^^  f>^ 

Wer  will  Weibchen    und    Männchen    des    Raben  er- 
kennen  (unterscheiden)  ? 

In  verächtlichem  Sinne,  um  zu  sagen :  der  eine  (von  diesen 
Menschen)  taugt  ebenso  wenig  wie  der  andere. 

2924.  Taru  koto  wo  shire !    ä^I^^^H    Man    muss  wissen, 

wann   es  genug  ist. 

"  Allzuviel  ist  ungesund." 

2925.*  T«sei  7ii  busei  wa  ■  kanawastc.  ^  tJ-l- M^  U  ®  I1 1* 
Gegen  grosse  Macht  kann  Ohnmacht  nichts  aus- 
richten. 

Sagt  man  besonders,  wenn  (bei  einem  Disput)  "  alle  über 
einen  herfallen."  Abgekürzt:  üisei  tii  busei;  statt  tasei  auch  'özei. 
—Vgl.  No  1678. 


—       322       — 

2926.  Tasuhi  ni  wa  nagashi,  obi  Jii  wa    mijikasJii.    fS?l-ll:MtL» 

^i-(tML  Zum   Armelciufschürzer  zu   lang,  zum  Gürtel 
zu  kurz. 

Vgl.  No  383.  Abgekürzt :  nagashi  inijikashi  (s.  da). 

2927.  TataJi'au  suzume  wa  hito  ino    osorezii.    K^^^ltA  t.tS^i'T 

Der  kämpfende  Sperling  fürchtet  selbst  den  Menschen 
nicht. 

2928.  Tataini  no  ue  no  ayamachi.    #'^±€)äl5    Das    Unglück 

auf  der  Zimmermatte. 

Ein  Unglück,  wo  es  nicht  zu  erwarten  war,  wo  man  sich  so 
sicher  gefühlt  hatte  wie  in  seinem  eigenen  Zimmer.  Vgl.  No 
1732. 

2929.  Tatami  no  ue  no  jindate.  fiO±OP^Ä'C   Die  Heeresaufstel- 

lung auf  der  Zimmermatte. 

2930.  Tatami  wo  tataku.  ^^^JP  <    Die  Matten  klopfen. 

Vor  Zorn  mit  den  Händen  auf  die  Matten  schlagen. 

2931.  Tate-ita  ni   mizu  nagasii  yd.  M^l-^^Jlß't^    Wie    wenn 

man  an  einem  aufrechten  Brette  Wasser  hinunterlaufen 
lässt. 

Hiermit  vergleicht  man  die  Geläufigkeit  der  Zunge.  Abge- 
kürzt :  iateifa  ni  mizu. 

2932.*  Tatoe  sekim  ni  mitsuni  takara  mo  sJiimmei  ni  ataru 
koto  nashi.  ^\--m^\'-mh%\.%^\'~%h\UL  Selbst  alle 
Schätze  der  Welt  kommen  dem  eigenen  Leben 
nicht  gleich. 

2933.  Tatsu  tori  mizu  zvo  nigosazii.  Ä<5-%7^^i^3"?*    Der  aufflie- 

gende Vogel  trübt  das  Wasser  nicht. 

Man  soll  in  dem  Ort,  den  man  verlässt,  keinen  schlechten 
Ruf  hinterlassen  ;  sich  in  einem  Amte  bis  zum  letzten  Tage  gut 
aufführen  u.  dgl.  "  Ende  gut,  alles  gut.''  Auch  :  tatsu  tori  ato 
wo  kegasazu. 

2934.  Tatsu  tori  no  ato    wo    tiigosuna  /    Ä'^.^OSt'^'i^T  ^j:   Trübe 

nicht  (das   Wasser)  hinter  dem   aufgeflogenen  Vogel ! 
Man  soll  von  Leuten,  die  nicht  mehr  da  sind,  nicht  Schlech- 
tes reden  ;  besonders  nicht  seinen  Vorgänger  schlecht  machen. 


—     323     — 

2935*  Tatte  ite  yd  zvo  tasu  mono  zva  denshhnbasJdra  to  yiibim- 
bako.  ±^  ^m'^mf)!^-^%)i\X%^i&im\^m  (Müssig) 
stehend  ihr  Geschäft  besorgen  (kann  nur)  die  Tele- 
graphenstange und  der  Briefkasten. 

Die  scherzhafte  Redensart  beruht  auf  einem  Wortspiel  mit 
tatte  im,  das  sowohl  einfach  "  stehen  "  als  auch  "  müssig  stehen  ' ' 
bedeutet.  Die  japanischen  Postbriefkästen  sind  ca  4  Fuss  hoch 
und  nicht  wie  bei  uns  an  den  Häusern  befestigt,  sondern  stehen 
frei  auf  einem  steinernen  Untersatz, 

2936.  Tattern  mono  tua  oya  de  mo  tsiikae  !  ^oXhik\t^'^\.^ 

'^.     Müssigstehende    nuiss     man     beschäftigen,    und 
wenn  es  die  Eltern  wären. 

Wer  grade  Zeit  hat,  den  lässt  man  die  Arbeit  machen— nur 
scherzhaft  gemeint,  und  nur  in  diesem  Sinne  ein  Seitenstück  zu 
unserm  :  "  Müssiggang  ist  aller  Laster  Anfang." 

2937.  Tattoi    tera    zva    inon   kara    shireru.   Äi-^^dF^«' ?)^^li 

Einen  erhabenen  Tempel     erkennt    man    (als  solchen 
schon)  vom   Thore  an. 

2938.  Te  ga  aku.  ^U'-'M  <    Die  Hände  sind  leer. 

Unbeschäftigt  sein. 

2939.  Te  ga  fusagaru.  ^^^Mz    Die  Hände  sind  voll. 

Vollauf  beschäftigt  sein,  keine  Zeit  haben. 

2940.  Te  ga  mazvaru.  ^^^M.h   Die  Hände  drehen  sich. 

Regsam,  thätig,  auf  dem  Posten  sein. 

2941.  Te  ga  okurerii.  ^tj^'jgHS    Die  Hand  kommt  zu  spät. 

Zu  spät  kommen. 

2942.  Te  ni  amaru.  ^I-^ä    Den  Händen  zu  viel  sein. 

Zu  schwer  sein,  die  Kräfte  übersteigen  ;  (von  einem  Men- 
schen :)  zu  schlau  für  einen  sein,  sich  nicht  regieren  lassen. 

2943.  Te    ni    ase    wo     nigirn.     ^l-fF^Ü^     Mit    den     Händen 

Schweiss  greifen. 

Machtlos  sein,  nichts  ausrichten  können  und  sich  darüber 
ärgern. 

2944.  Te  m  awami.  ^l-'n'IIW  Zur  Hand  nicht  passen. 

Zu  schwer  für  einen  sein. 


—     324     — 

2945-      ^  '^'^  inodoni.  ^\'~%.h    In  die  Hand  zurückkehren. 
Etwas  Verlorenes  wieder  bekommen. 

2946.  Te  ni  noru.  ^V--%h  Auf  die  Hand  (eines  andern)  steigen. 

Auf  die  Absicht  eines  andern  eingehen,  sich  von  ihm  düpiren 
lassen. 

2947.  Te  ni  toru  yö.  W\~Mhf^    Als  ob  man  es    mit  der  Hand 

friffe. 

So  deutlich  sehen,  resp.  hören  (von  fernen  Dingen). 


( 


g' 


2948.  Te  ni  tsubaki  sunt.  ^l-'®"f  3  Sich  in  die  Hände  spucken. 

Eine  Sache  ernstlich  in  Angriff  nehmen. 

2949.  Te  110  mai,  asJii  7to  fiaui  wo  shirasu.    ^•^^^»S'^Sa^^Q  ?>"?' 

Das  Tanzen  (die  Bewegungen)  der  Hände,  das  Treten 
der  Füsse   nicht  wissen. 

Nicht  wissen,  wo  einem  der  Kopf  steht. 

2950.  Te  no  nagai  mono.  ^'^^^^^  Jemand  mit  langen  Händen. 

Ein  "  Langfinger." 

2951.  Te  no  vchi  no  tama  zvo  torareta   yd.    ^^'^'^'^^M.hM'-.^ 

Als  ob  einem  ein    Edelstein    aus    der   Hand   genom- 
men worden  wäre. 

Vom  plötzlichen  Fehlschlagen  einer  Hoffnung;  sehr  betroffen 
sein,  "  ein  langes  Gesicht  machen." 

2952.  Te  no  uchi  %vo  mini.  ^^^he%h    Das    Innere    der   Hand 

besehen. 

Sehen,  was  einer  kann,  ihn  auf  die  Probe  stellen. 

2953.  Te  no  nra  zvo  kaesn.  ^^VieVK't   (Statt  des    Handtellers) 

den  Handrücken  wiedergeben. 

Unzuverlässig  oder  falsch  sein. 

2954.  Te  rokußi  made  agani.  ^A^+^iTpi^     Die  Schreibkunst 

schreitet  bis  zum  60.  Jahre  fort. 

In  der  Schreibkunst  macht  man  bis  zum  60.  Jahre  Fortschritte. 

2955.  Te  zvo  kae,    shina    zvo    kae.    ^^^'^»no-t^'^    Die  Hände 

wechseln,  die  Dinge  wechseln. 
Auf  jede  erdenkliche  Weise. 


—     325     — 

2956-     Te  wo  kacru.  ^'hs-^h    Die  Hände  wechseln. 

Das  Verfahren  ändern ;  es  auf  eine  andere  Weise  versuchen. 

2957.  Te  WO  kaesii  yori  mo  hayakii.  ^^läf  i  "J  i-?-<     Schneller 

als  man   die  Hand  umdreht. 

Vgl.  No  547. 

2958.  Te  wo  kasii.  ^^Ä"t    Die  Hand   leihen. 

Helfen. 

2959.  Te  wo  kirn,  ^'^^^h    Die  Hand  abschneiden. 

Eine  Verbindung  abbrechen. 

2960.  Te  zvo  inatuasu.  ^^MT   Die  Hände  umhergehen  lassen. 

Im  Geheimen  Erkundigungen  anstellen  lassen. 

2961.  Te  wo  moniu.  ^^%\J  Sich  die  Hände  reiben. 

Sehr  verlegen  sein. 

2962.  Te  wo  7iurasazu  ni  toru.    ^^^  2  "f  1-5X4    Nehmen,    ohne 

sich  die  Hände  nass  zu  machen. 

Etwas  bekommen,  ohne  sich  Mühe  zu  geben.     Vgl.  N02184, 

2963.  Te  wo  oku.  ^'^•^<    Die  Hände  wegsetzen. 

Sich  vor  etwas  scheuen,    es    nicht  thun  ;   "  die  Hände  davon 
lassen.'' 

2964.  Te  wo  oru.  ^^^5    Die  Hände  beugen. 

Sehr  unterwürfig  sein. 

2965.  Te  wo  ou.  ^^'Ä-t'  Die  Hand  (des  Gegners)  tragen. 

Eine  Wunde  erhalten. 

2966.  Te  wo  sageru.  ^^Tif  s   Die  Hände  senken. 

Um  Entschuldigung  bitten. 

2967.  Te  wo  tsukaneru.  ^f^%Vih   Die  Hände  falten. 

Müssig  sitzen. 

2968.  Te  wo  tsukusu.  ^^^"f  Die  Hände  erschöpfen. 

Alle  Mittel  aufbieten. 

2969.  Te  wo  ushinau.  ^^^-S-  Die  Hände    verlieren. 

Sein  Ziel  nicht  erreichen. 

2970.  Te  wo  Jitsu.  ^^t^'^   In  die  Hände  sehlagen. 

Einen  Handel  abschliessen. 


—     326     — 

2971-      ^  wo  yaku.  ^^ti  <    Sich  die  Hand  verbrennen. 

"  Sich  die  Finger  verbrennen.'' 

2972.  Tc-arai-sen.  ^öfcll  Handwaschgeld. 

Bestechungsgeld. 

2973.  Te-ashi  ga  mikete  yiiku  yö.  ^,51-5'''^l?'CtT<  ^  Als  ob  einem 

Arme  und  Beine  davongingen. 
Sich  so  matt  fühlen, 

2974.  Te-dori    baidori  {06.    baidon-gachi).    ^'^^)^^''){B'^)    Mit 

den  Händen   nehmen,  doppelt  nehmen. 
Unverschämt  viel  nehmen. 

2975.  Te-gaki   aredomo,  biin-gaki   nashi.    ^ÄfcHs*  t5l#tC  L    Es 

giebt  zwar  Schreiber,  aber  keine  Schriftsteller. 

2976.  Tegaini  zva  nambekii  uyamaiie  kake !  ^W^-'^Lh'<^%.'^M 

IT   Einen   Brief  schreibe   so  höflich  als  möglich  1 

2977.  Teguse  ga  warm.  ^t%'^^^>^^  Die  Gewohnheit  der  Hände 

ist  schlecht. 

Diebische  Neigungen  haben. 

2978.  Tel    tari-gatashi,    kei    tari-gatashi.     >^f:''JI^L»  ^•f:''JilL 

(Keiner  von   beiden)  kann  der    jüngere    Bruder   sein, 
keiner  kann  der  ältere  Bruder  sein. 

Von  zwei  Leuten,  die  sich  sehr  ähnlich  sehen. 

2979.*  Teijo  rydfu  ni  mamiezu.  A^M.^I-Ä?^"?*  Ein  treues  Weib 
hat  keine  Zusammenkunft  mit  zwei   Gatten. 

Gemeint  ist  die  erste  Zusammenkunft,  die  im  Beisein  der 
Verwandten  stattfindet,  nachdem  die  Ehe  bereits  festgesetzt  ist. 
Ein  treues  Weib  heiraihet  nach  dem  Tode  ihres  Gatten  nicht 
wieder. — Vgl.  No  268. 

2980.  Te-ike  no  liana.  ^ilj'O'fS    Die    mit    eigener  Hand    (in 

die  Vase)  gesteckten  Blumen. 

Was  man  selbst  gemacht  hat,  hält  man  für  besonders  schön. 

2981.  Tehiem-haya    zva    dekinai.    T^^f•*PlI^ti*^J:^^    Schön 

und   schnell  zugleich   geht   nicht. 

Etwas  schön  zu  machen,  braucht  man  Zeit. 


—     327     — 

2982.  Teishii    ga    suki   nara,  aka-eboshi.    ^±«'if  ^^i  h1t^%W^ 

Wenn  der  Haushei"'  es  liebt,  (so  trägt  man)  eine  rothe 
Mütze. 

Der  ebosJii,  eine  mützenartige  Kopfbedeckung  Vornehmer  im 
alten  Japan,  war  schwarz.  Im  Hause  muss  sich  alles  nach  dem 
Willen  des  Hausherrn  richten.  Auch  :  teisJin  110  suki  na  aka- 
eboshi,  die  rothe  Mütze,  die  der  Hausherr  liebt. 

2983.  Teisliu    no    kao    e    doro    zvo    nuni.    ^±oM'^iJ6^^*    Das 

Gesicht  des  Mannes  mit  Schmutz  beschmieren. 

Von  Frauen,  die  dem  Manne  durch  ihre  Aufführung  Schande 
machen.     (Vgl.  No  708.) 

2984.  Teishii  wo  sJiiri   m    shikit.    ^±^^l-ü:<    Den    Mann  (als 

Kissen)  unter  den   Hintern  legen. 

Von  Frauen,  die  den  Mann  "  unter  dem  Pantoffel  haben." 

2985.  Teisoku    (od.    TeAza)    shite   hanasu.     ÜÄ  (S^)  L-CÜ^f 

Einen  Dreifuss  bildend  sich  unterhalten. 
Ein  Gespräch  zu  dreien  führen. 

2986.  Teilt  ga  shiramu.  Ü^'Ö  L'  Der  Feind  wird  weiss. 

Der  Feind  beginnt  zu  weichen, 

2987.  Teki  ni  kate.  ^1-1®  Dem  Feinde  Proviant. 

Dem  eigenen  Feinde  helfen.     (S.  No  8  und  2187,) 

2988.  Temae-niiso  shio-karashi.    ^t\%'<%Wi'L    Eigene    (selbst- 

gemachte) Bohnensauce  ist  salzig. 
"  Eigenlob  stinkt,'' 

2989.*  Te/inmei  nogare-gatasJd.  ^^-^jShll  L  Seinem  Schicksal 
kann  man   nicht  entgehen. 

2990.*  Tetmnö  kzvmkwai  so  ni  shite  morasazu.  5^Hi'lS'c*j^l-  L'C 
S?>?"r  Das  Netz  des  Himmels  ist  gross  und  hat 
•weite  Maschen,  aber  lässt  nichts  durch. 

Wenn  auch  spät,  so  ereilt  den  Bösen  endlich  doch  die  Strafe. 

2991.  Temochi-busata.  ^^B^v^-iÜ:  In  Verlegenheit,  wie  man 
die  Hände  halten  ^beschäftigen)  soll. 

Nicht  wissen,  was  man  anfangen  soll ;  sich  langweilen. 


—     328     — 

2992.  Temori    liappai.     ^^"JA^       Selbstein^i^efüllter     (Reis) 

acht  Tassen. 

Scherzhaft,  wenn  man  beim  Essen  sehr  eifrig  zulangt. 

2993.  Tempo  yatsti-atari.  3^äA-o©kJ    Die    Gesetze   des    Him- 

mels treffen  nach  acht  (allen)  Richtungen. 

D.h.  ohne  Unterschied;  "der  Himmel  lässt  regnen  über 
Gerechte  und  Ungerechte."  Die  japanische  Redensart  wird  mehr 
scherzhaft  gebraucht,  so  wenn  z.  B.  der  Hausherr  sich  über 
etwas  geärgert  hat  und  nun  seinen  Arger  an  allen,  auch  den  Un- 
schuldigen, die  ihm  in  den  Weg  kommen,  auslässt. 

2994.*  Tempil  no  cht.  %M'^^  Ein  Land,  das  das  Vorrathshaus 
des  Hinmiels  ist. 

Ein  fruchtbares,  reiches  Land ;  besonders  auch  in  dem 
Sinne :  grosser  Handelshafen,  Stapelplatz  aller  Güter. 

Ten  (Himmel). 

2995.  Ten  e  mo  noboni  yö.  5^'^tlS4^  Als  ob  man  zum 
Himmel  emporstiege. 

Vor  Freude  "  an  die  Decke  springen.'' 

2996.*  Ten  ßiku-wo  meiniei  no  uchi  yori  tamau.  ^-fl^»^* '^^i  l) 
flS-J^  Der  Himmel    verleiht  das    Glück  aus   der    Dun- 
kelheit. 

Der  Grund,  weswegen  die  Glücksgüter  so  ungleich  vertheilt 
sind,  ist  "  unerforschlich." 

2997.*  Ten  icJmmi  wo  shdzureba,  chi  ikketsu  wo  shözii.  5^— A^^ 
*f  ^lt»fife— ^^4'?'  Wenn  der  Himmel  einen  Menschen 
schafft,  schafft  die  Erde  ein   Grab. 

Teil  kara  ftmdoshi :  s.   Tenjihc. 

2998.*  Ten  ni  oreba  hiycku  no  ton,  chi  ni  areba  renri  no  eda.  5? 
|t;Snirikm'?>.%.Äfei:^niT3ia^fe  im  Himmel  ein  Hiyo- 
ku- Vogel,  auf  der  Erde  ein  Paar  zusammengewach- 
sene Zweige. 

Ausspruch  eines  chinesischen  Kaisers,  als  er  ein  schönes,  aber 
niedrig  geborenes  Mädchen  zu  seiner  Gemahlin  erhob.  (Über 
hiyoku  no  fori  s.  No  758.) 


—     329     — 

2999-*  T^^^  '"  kuchi  nashi,  Jiito  zuo  motte  ivuashimu.  5^l-PML»A 
^iU'Cell  LL'  Der  Himmel  hat  keinen  Mund,  er  lässt 
Menschen  reden  (er  redet  durch   Menschen). 

3000.*  Ten  ni  nmkatte  tstibaki  snrcba,  kaette  onore  no  omo  wo 
kegasu.  ^cr-Wo-ct^tnirj^-CS^M^f^t  Wenn  man 
gegen  den  Himmel  spuckt,  so  beschmutzt  man  sein 
eigenes  Gesicht. 

Auch  kürzer :  ten  ni  imikatte  tsuba  hakii  ga  gotoku,  als  ob 
man  gegen  den  Himmel  spuckte.     Vgl.  No  yS. 

3001.*  Ten  no  ami  nogare-gatasJii.  5c0lli^^!|ftL  Den  Netzen  des 
Himmels  kann  man  nicht  entgehen. 

3002.*  Ten  710  atayuru  {atöru)  zvo  torazareba,  kaette  sono  toga 
100     nkeru.     5^^ll'.55^  ^|il?>  5'nit\ipÄ0^^^S      Wenn 

man  die  Gaben  des  Himmels  nicht  annimmt,  so    er- 
hält man   dafür  seine  Strafe. 

3003.*  Ten  no  toki  chiri  ni  shikasu,  cJiiri  jinkwa  ni  shikazn.  ^zO 
B^SÖl'jr-ifPö'-r.m^'JAWr-Jtp^'f  Die  Zeit  des  Himmels 
(die  glückliche  Stunde)  kommt  dem  Vortheil  des 
Terrains  nicht  gleich,  der  Vortheil  des  Terrains 
kommt  der  Eintracht  der  Leute  (der  Truppen)  nicht 
gleich. 

Vgl.  No  3015. 

3004.*  Ten  shirji,  chi  shini,  wäre  sJdni.  3^^i»ifi^o»^^i  Der 
Himmel  weiss  es,  die  Erde  weiss  es,  und  ich  weiss 
es. 

Mit  diesen  Worten  wies  Ybshin  (chin  ya)ig  Tsen  ^^),  ein 
hoher  Beamter  unter  der  Han-Dynastie,  eine  Bestechung  zurück, 
die  man  ihm  in  der  Nacht  gebracht  hatte. 

Ten  (Punkt). 

3005.  Ten  wo  utsu.  fh^fi^  Punkte  setzen. 

Kritisiren,  nach  Fehlern  suchen. 

3006.  Tenarai  wa  saka  ni  kuruma  zvo  osu  yd.  ¥^it$^4Sl*l¥ 

■f^  Das  Erlernen  der  Schreibkunst  ist,  wie  wenn  man 
einen  Karren  eine  Anhöhe  hinaufschiebt. 


—     330 


3007. 


30o8. 


Sowie  man  etwas  nachlässt,  geht  es  mit  der  Schreibkunst  wie 
mit  dem  Karren  bergab. 

Tenchi  kenkaku  110  söi.    ?^ifii^Pi?)tBiS    Ein    Unterschied 
wie  die  Entfernung  von  Himmel  und  Erde. 
Ein  "  himmelweiter  Unterschied," 

Tejichi  ni  fukyö  shite  hajizii.  ^^V-'^^  L'^^'V  Zum 
Himmel  aufblicken  und  zur  Erde  hinabsehen,  ohne 
sich  zu  schämen. 

Ein  reines  Gewissen  haben. 

Tenc/ii  no  chigai  (od.  TencJii  no  sä).  ^Jife'^H  Ein  Unter- 
schied wie  zwischen  Himmel  und  Erde. 

Tendai   ni  te    nashi.    ^a\-^U  L    Die    Tendai-Priester 

haben  keine  Hände, 

Scherzhafte,  allitterirende  Redensart.     Vgl.  No  1958. 

Tendö  zm  ni  fuhi  su.  5^3l#l-Su'T  Der  Himmel  giebt 
der  Tugend  (dem  Tugendhaften)  Glück. 

Tetigai   hirin     no    gotoshi.   5^5MJtP^'?)in  L    Der    Himmel 
(die  ganze  Welt)  ist  wie  die  Nachbarschaft. 
Die  Menschen  gleichen  s'ch  überall. 

Tengan  chikasJd.  5^BIi£  L  Die  Augen  des  Himmels 
sind  nahe. 

Tengu  ni  natta.  ^Jr]!-^^:  Er  ist  ein  Tengu  geworden. 
Ten^u  sind  fabelhafte  Wesen  von  menschlicher  Gestalt,  aber 
mit  Flügeln,  Klauen  an  den  Händen  und  einer  stark  verlänger- 
ten Nase  ;  bei  einer  Art  sind  Nase  und  Mund  durch  einen 
Rabenschnabel  ersetzt.  Sie  bewohnen  einsame  Gebirge  und 
gelten  für  zauberkundig  und  im  Besitz  übermenschlicher  Kräfte. 
Die  Redensart  bedeutet :  er  ist  sehr  stolz  geworden,  und  ist  eine 
Umschreibung  für  hana  ga  takai,  die  Nase  ist  hoch,  was  eben- 
falls ''Stolz''  bedeutet. 

3015.*  Te^}jif    chiri,  jinwa.    ^B^F.Hfe^'J.A^    Glückliche    Stunde, 
vortheilhafte  Stellung,   Eintracht  der  Truppen. 

Nach  chinesischer   Taktik    die    drei    Hauptbedingungen    zum 
Siege;  die  dritte  ist  die  wichtigste  (vgl.  No  3003). 


3CO9.* 
3010. 

301  I.* 
3012.* 

3013.* 
3014. 


—     331     — 

3016.  Tenjiku    kara  ßmdoshi.    ^^t>'f,^    Ein    Lendengürtel 

aus  Indien. 

Für  etwas  allzu  Langes,  oder  auch :  etwas  allzu  Umständliches. 
Statt   Tenjiku  auch  ten,  Himmel. 

3017.  Tenjiku-rönin.  X^MA  Der  herrenlose  Krieger  aus  Indien. 

Einer,  der  keinen  festen  Wohnsitz  hat,  von  dem  niemand 
weiss,  woher  er  kommt  (vielleicht  aus  Indien) ;  ein  Landstreicher. 

3018.  Tenjö  ga  ki  na  kusai  to  in   yd.    ^^tJ^^ftv'Tj  Si.^    Als 

ob    man  sagte :    die    Decke    riecht   nach  versengtem 

Papier. 

Die  Decke  der  Zimmer  besteht  aus  Holz  und  ist  nie  mit 
Papier  beklebt, 

3019.  Tenha      wawari-wochi.     ^TM*JI$B      Der     Besitz     des 

Reiches  wechselt. 

Reichthum  bleibt  nicht  lange  in  derselben  Familie. 

3020.*  Tenka  wa  ichinin  no  tenka  ni  arazii.  /'^TU— A<?)^Tl-^  ^ 
"^  Die  Welt  ist  nicht  die  Welt  eines  einzigen 
Menschen. 

3021.*  Tenka  wa  tenka  no  tenka  ni  shite,  tenka  no  tenka  ni 
arasu.  ^Td^^T^^cTi:  L-C^TO^cTl^W  ?>f  Der  Kaiser 
ist  der  Kaiser  des  Volkes,  nicht  der  Kaiser  des 
Landes. 

Te7ika  hat  in  diesem  alten  Sprichwort,  das  die  enge  Zusam- 
mengehörigkeit von  Kaiser  und  Volk  betont,  dreierlei  Bedeutung: 
i)  der  japanische  Kaiser  (jetzt  nicht  mehr  in  diesem  Sinne 
gebraucht)  ;  2)  das  japanische  Volk ;  3)  das  japanische  Reich. 

3022.  Tenka-hatto,  inikka-Jiatto.  5^TJ£^HEI^Ig  Die  Reichs- 
gesetze  sind   Gesetze  von   drei   Tagen. 

D.  h.  sie  werden  fortwährend  wieder  aufgehoben  und  umge- 
ändert (vgl.  No  258).  Die  Redensart  hat  etzt  nur  noch  histori- 
sche Bedeutung  ;  sie  entstand  und  war  gebräuchlich  in  der  Zeit 
des  Übergangs  vom  Shogunat  zur  Kaiserregierung. 

3023.*  TeiiJiö  wo  nbaii.  5^X^#i^  Die  Kunst  des  Hinimels 
stehlen. 

Eine  Metapher  für  ausserordentliche  Meisterschaft  eines 
Malers. 


—     332     — 

3024.*  Tennin  mo  gosjii.  "^Kl^M    Selbst    Engel    haben    fünf 

Mängel. 

"  Auch  die  Sonne  hat  ihre  Flecken." 

3025.     Tenseki  wa  kokyd    zvo    slwzczu.    $S^ltfftiP^4t£-t    Wer 
die  Ortsangehörigkeit  wechselt,  erwirbt  (dadurch)  keine 

Heimath. 

Der  neue  Wohnort  wird  nie  zur  Heimath. 

3026.*  TetiteM  islii  wo  ugatsu.   Sfi?®^^^<5  Der  Tropfen  durch- 
bohrt (höhlt)  den  Stein. 

Nicht  etwa  nur    eine    Übersetzung,  sondern    ein  altes  chinesi- 
sches Sprichwort. — S.  auch  No  57. 

3027.     Teppö'dania  no  tsiikai  de  kaeri  (od.  henjt)   ga  nai.  @i 
«g3i^{5l:CA'C|fi'J(ig^)i?^'^;i<>  Eine    Fiintenkugel    als   Bote 
kehrt  nicht  zurück  (od.   bringt  keine  Antwort). 
Gleich  No  1470.     Abgekürzt:  teppodania  no  tsukai. 

3028.*  Tentö    hito    wo    korosazu.     5^itA^ISSt'    Der    Himmel 
tödtet  niemand. 

3029.     Teva    kara    sato    e.    #9'f>E'^    Von    der    Schule    nach 

Hause. 

Mit  tera,  Tempel,  ist  hier  tcrakoya  gemeint,  eine  alte,  jetzt 
nicht  mehr  existirende  Art  von  Schulen,  die  unseren  mittelalter- 
lichen Klosterschulen  entsprachen.  Um  zu  sagen,  dass  einem 
eine  Sache  Vergnügen  macht,  dass  man  sie  gern  thut,  wie 
Kinder  gern  von  der  Schule  nach  Hause  gehen. 

3030.*  TesseM    710    gotoku.  ®^©to<    Wie  Eisen  und  Stein. 

Unnachgiebig. 
3031.*  Tesseki-shin    no    hito.  iJH'Ü^^A    Ein    Mann     mit     einem 
Herzen  aus  Eisen  und  Stein. 
Ein  Mann  mit  "  eisernem  Willen." 

3032.*  Tetsu  wo  fumu.  fSüSaü  Im  Fahrgeleise   gehen. 
Sich  nach  anderen  richten. 

3033.*  Tetsu-'inenipi  no  inotio.    W,^^^    Einer    mit  eisernem 

Gesicht. 

Ein  frecher  Mensch.  "  mit  eiserner  Stirn," 


—     333     — 

3034-     '^^  ^^'^  shivieni.  ^^'^^h   Die  Thür  zumachen. 

Den  Laden,  das  Geschäft  schliessen,  d.  h.  Bankrott  machen. 

3035.  Tobt  no  viotio.  M^^  Leute  des  Feuerhakens. 

Feuerwehrleute.  Der  Feuerhaken  (tobi)  hat  seinen  Namen 
von  der  japanischen  Weihe,  wegen  der  Ähnlichkeit  seiner 
Gestalt  mit  dem  gekrümmten  Schnabel  dieses  in  allen  japani- 
schen Städten  sehr  gemeinen  Raubvogels. 

3036.  Tohi-tntsii  )'d.  MÜ'"iLoW    (Sich    so    freuen)    dass    man 

aufspringt. 

3037.  Toboketa  basan  ko-oke  de    cha  ivo  nomn.    t^lTf:^  §^'^^'C 

^^t^L'    Eine    kindisch    gewordene    Alte    trinkt    den 
Thee  aus  dem   Kübel. 

3038.*  Tolni  koto  takakarasareba ,  tsuniazukii  vio  kizii  tsiikazu, 
Mli>JiS5"?>?ni:\M<  iÄ^-o'-f"  Wenn  man  nicht  hoch 
(hinunter)  springt,  so  thut  selbst  (an  einen  Stein) 
stossen  keinen   Schaden. 

3039.  Tohi  ton  vio  ocJnru  yö.  ?ll-5>-%t^4tft    So  dass  selbst  der 

fliegende   Vogel   herabfällt. 

Eine  Hyperbel  für :  sehr  mächtig  und  angesehen  sein ;  die 
Macht,  der  Einfluss  jemandes  sind  so  gross,  dass  kein  Vogel 
über  sein  Haus  hinwegzufliegen  wagt. 

3040.  Tödai-vioto  hirashi.  iftSTCS^  L  Am    Fusse  des    Leucht- 

thurms  (od.  des  Leuchters)  ist  es  dunkel. 

Über  Dinge,    die  uns  am    nächsten    angehen,    wissen    andere 
oft  mehr  als  wir. 

3041.  Todo  no  tsumari.  ic^^^^^J    Der  Schluss  vom  Ende. 

Das  Endergebniss,  das  "  Ende  vom  Liede."   (Vgl.  No  126.) 

3042.  Töfa  de  ha  luo  itameru.  S^T®iV0*  5     Sich    mit  Töfu 

(weichem  Bohnenkäse)  die  Zähne  beschädigen. 

3043.  Töfu  ni  kasiigai.  S^l'IK    Eiserne    Klammern    um    Boh- 

nenkäse (legen). 

An  dem  weichen  Bohnenkäse  können  eiserne  Klammern 
nicht  haften.  Etwas  Nutzloses  thun ;  "  tauben  Ohren  predigen.' 
(Vgl.  No  2178.)  In  Bezug  auf  unfolgsame  Kinder  oft  mit  der 
Erweiterung:  {fofu  ni  kasiigai,)  täte  tno  kr  kamt ;  (eiserne 
Klammern  um  Bohnenkäse,)  selbst  wenn  man  ihn  schlägt,  hört 
er  nicht. 


—     334     — 

3044-     lof^^  ^^0  yö'  S^'^^  Wie  Bohnenkäse. 

So  weich  (von  einem  schlaffen,  kraftlosen  Körper). 

3045.     Tögivamhtine  ga  tsiiita.  ^SL^^^^V-    Das  Kürbisschifif 
ist  angekommen. 

Von    einer  Versammlung   buddhistischer    Priester,  anspielend 
auf  ihre  kahlgeschorenen  Köpfe. 

3046.*  Toliö  ni  kiireru.    ~^')i\'-Mh   Wegen  der  Wegrichtung  im 

Dunkehl   sein. 

In  Verlegenheit  sein,  nicht  wissen  was  zu  thun. 

3047.*   Tohö  zvo  nshinau.  ää:&^^-S-  Die  Wegrichtung  verlieren. 
Wie  No  3046. 

Tohö  gwakai:  s.  Dohö  gwakai. 

3048.*   Tohö   tötet sn  mo  nashi.  ii:^iilai  t  M  L  Weder  Wegrichtung 

noch    Fahrgeleise. 

Gänzlich  im  Irrthum  sein  ;  ganz  falsch  oder  verkehrt  sein. 

Töi  shinrui  yori  chikai  tonari — s.    Töku  no. 

3049.  To-ita    ni  mame  korogasu  yd.  ^;^l-SIS*'*t  1i  Wie  wenn 

man  eine  Erbse  auf  einem  Thürbrett  rollen  lässt. 
Sehr  schnell  sprechen. 

3050.  Töjin  no  negoto  no  yd.  ^A^^f^^  Als  ob  ein  Chinese 

im  Schlafe  redete. 

Von  undeutlichem,  unverständlichem  Sprechen. 

3051.  Tohaku  imira  ni  wa  (od.  kinjo  ni)  koto   nakare !  ^Ä^ 

i:il(5S^;ri:^l^'^'"^  Auf  keinen  Fall  lass  dir  etwas 
auf  deinem  Dorfe  (od.  in  der  Nachbarschaft)  zu 
Schulden  kommen  ! 

"  Der  Fuchs  raubt  nie  auf  seinem  Bau." 

3052.  Tokaku    suru    nchi   ni  hi  ga    kurcru.     ^ÄT  *  ^1- B*""*^^ 

Indem  man  dies  und  das  treibt,  geht  die  Sonne 
unter. 

Über    allerlei  Nebendingen    wird    die    Hauptsache    vergessen. 
Vgl.  No  2780. 


—     335     — 

3053-*  Tökakii    zvo    arasou.    EKII^f=i>    Sich    die    Hörner    des 
Kopfes  streitig  machen. 

Sich  um  den  Vorrang  oder  die  Vorherrschaft  streiten. 
3054.*  Tdkaku  wo  arawasu.  SIÄ^Mt    Die    Hörner    des  Kopfes 
zeigen. 

Sich  geltend  machen. 

3055.*  TolH  ni  aeba  neztnni  nio  tora  ninaru.   a$l-5l'^lt'lL  llti:^ 

i    Zu  Zeiten  wird  selbst  eine  Maus  zum  Tiger. 
Ähnlich  No  282. 

3056.  Toki    110    tenka    ni   shitagae  '    B^O^cTl'-tat-^     Richte    dich 

nach  der  zeitweiligen   Regierung  ! 

Man  muss  es  mit  dem,  in  dessen  Händen  die  Macht  ist,  nicht 
verderben,  (Vgl.  No  186.)  Statt  tejika,  Reich  (hier  =  Reichsregi- 
ment), auch  shögun. 

3057.  Toki     no    yakunin,    hi    no    biigyö.     b3f€)^A- H'^^fi'     Der 

Beamte  der  Stunde,  der   Statthalter  des  Tages. 
Gleich  dem  vorigen. 

3058.  Toki  to  shina  ni  yoni.  BJ^nwI-fö*     Es    kommt    auf    Zeit 

und  Umstände  an. 

3059.  Toki  wo  sliiranu  yamabushi.   0#^^  ?>iOllJf^    Der    Wander- 

mönch, der  nicht  weiss,  wann  die  (rechte)  Zeit  ist. 

Abgekürzt  aus  ;  toki  wo  shiranu  yamabushi  lua  setsuin  no 
naka  de  hora  no  kai  wo  fiiku,  der  Wandermönch,  der  die  rechte 
Zeit  nicht  weiss  (der  alles  zur  Unzeit  thut),  bläst  die  Muschelflöte 
auf  dem  Closet. — Die  Yamabushi-Mönche  bedienen  sich  einer 
solchen  Flöte  bei  ihren  religiösen  Ceremonien. 

3060.*  Töhi  mizu  wa  cJiikaki  katsu  zvo  S7ikuwasu.  ^^^MlS^Jä 
^t^it'P  Das  ferne  Wasser  löscht  den  nahen  Durst 
nicht. 

Ahnlich  No  3068. 

3061.*  Töki  ni  yuku  wa  chikaki  yon  su.  3l^l-ff<(tj£^i''J"f 
Nach  der  Ferne  gehen  fangt  von  der  Nähe  an, 

3062.*  Töki  oinouipakari  nakereba,  kanarazu  chikaki  iirei  ari.^Mb 
^''JMlTnii:->ß^t-i£^ffii'*i^3'()  Wo  nicht  weite  Überlegung 
ist,  ist  sicher  naher  Kummer. 


—     336     — 

3063.  TolciyOf  jisetsu.  BJS^BjFÜf  Das  Zeitalter,  die  Zeitverhält- 

Tiisse. 

Um  auszudrücken :  die  Zeit  bringt  es  nun  einmal  mit  sich ; 
die  Zeiten  sind  nicht  mehr  wie  früher  u.  dgl, ;  meist  mit  hinzuge- 
fügtem shikaia  ga  nai,  es  lässt  sich  nicht  ändern. 

3064.  Tokoro     kawarcba,     shina     kawani.      -^'f^lK^lt'.pn'f^llS 

Wenn  der  Ort    wechselt,    wechseln    auch    die  Dinge 
(die  Sitten). 

3065.*  Toliu  ko  namzji,  kanarazu  tonari  ari.  ^55 1£  ?)"f  .ü^^f  l^^^i 
fc  "J  (Eine)  Tugend  ist  nicht  allein,  sie  hat  sicher 
einen  Nachbar. 

3066.*  Tohi  naki  bi  wa  ka  naki  hana  nari.  ^M^^lt^fe^^ti:  "J 
Schönheit  ohne  Tugend  ist  eine  Blume  ohne  Duft. 

3067.'^  lokii  tvo  motte  urami  ni  hözu.  ^^ö'^ffi.'^l-IS'?'  Feind- 
schaft mit  Güte  vergelten. 

3068.*  Tökii  no  shinrui  yon  chikaku  no  tanin.  ^  < '^H^Si  "J  ,£  < 
Ofi&A  Der  Fremde  in  der  Nähe  ist  besser  als  der 
Verwandte  in  der  Ferne.  \ 

Auch :  toi  shinrui  yori  chikai  tonari,  ein  naher  Nachbar  ist         # 
besser  als  ein  ferner  Verwandter.  ,  ' 

3069.  Tokitsha  sahisha  no  ki4shin  wo  shirazu.  M^f^^O^id^/^ 
^n?>T  Der  Leser  weiss  nichts  von  den  Mühen  und 
Soro;en  des  Verfassers. 


'  fc>^ 


3070.*  Tokiishitsu  v.'a  itcJiö,  eijohi  zva  senzai.  if^it— l^»^#(I 
^^  Gewinn  und  Verlust  dauern  nur  einen  Morgen, 
Ehre  und  Schande  dauern  tausend  Jahre. 

3071.*  Tokusho  Jiyappcn  gi  onozukara  arawaru  (od.  tsüzu). 
Itl^WiiSÖ  ^ÄI1S(M1*)  Wenn  man  ein  Buch  hundert- 
mal liest,  so  wird  der  Sinn  von  selbst  klar. 

3072.  Tökute  chikaki  wa  nannyo  no  naka.  M< 'CE^(t^:fe'2>ft' 
Fern  und  doch»  nahe  ist  das  Verhältniss  zwischen 
Mann  und  Weib. 


^—     337     — 

Die  Liebe  entsteht  plötzlich  ;  sie  ist  da,  ehe  man  sichs  ver- 
sieht. Die  Redensart  stammt  aus  dem  Makura  no  soshi  von 
Sei  Shonagon,  einer  berühmten  Dichterin  des  ii.  Jahrhunderts. 
Statt  naka  auch  michi,  Weg. 

3073.*  Tökwa  ki€7i  to  sJiite  hikari  wo  masu.  M'kW.tA<t  LX^") 
^@T  Wenn  das  Licht  im  Begriff  ist,  auszugeben, 
flammt  es  (noch  einmal)  auf. 

3074.  lonibi  ga    taka    wo    unda.    M'o^'W^^KjU    Der    Tombi 

(eine  Weihenart)  hat  einen  Falken  ausgebrütet. 

Sagt  man,  wenn  z.  B.  ein  dummer  Vater  einen  klugen  Sohn 
hat,  oder  der  Sohn  eines  geringen  Mannes  sich  auszeichnet  und 
berühmt  wird. 

3075.  Tombi  nakeba  kaze  fiiku.  'M^^'^\tMfi)l\    Wenn  der  Tombi 

schreit,  so  wird  es  windig. 
Eine  Wetterrege!. 

3076.  Tovibi  7ii  abura-age  wo  sarazvareta  (od.    toraretd)  yd.    M 

l-rfi^^tSlin'f:^    Als  ob    einem  der  gebackene  Fisch 
vom  Tombi  in  die  Lüfte  entführt  worden   wäre. 
Das  leere  Nachsehen  haben. 

3077.  Tombi  no  su-dachi.  M'^Mif.^    Das  Auffliegen  des  Tombi 

vom   Neste. 

Er  soll  dabei  einen  eigenthümlichen  Schrei  ausstossen ;  man 
vergleicht  damit  die  Töne,  die  ein  ungeschickter  Spieler  auf  der 
Flöte  hervorbringt. 

3078.  Tonibo  710  shi7'i  Jnyasu  yd.  ätipOK^pt^  Wie    wenn  eine 

Libelle  sich  den  Hintern  kühlt. 

Von  unruhigen,  immer  geschäftigen  Menschen,  die  kaum 
gekommen  schon  wieder  gehen  etc. 

3079.  Tome  bakari  710  hdki.  M@lt''J<2>#    Der  nur  von  weitem 

gesehene  Besen. 

Man  sieht  ihn,  kann  ihn  aber  nicht  erreichen  ;  von  Hoffnungen, 
die  nicht  in  Erfüllung  gehen  etc. 

30S0.*  Tomi  de  wa  ogo7'i,  77iaziLshikcreba  hetsia^au.  %X\t^h^^ 
iJ^lXfi-ä>  Im  Reichthum  übermüthig,  in  der  Arrauth 
kriechend. 


—     338     — 

308l.*  Tomi  tva  isshö  no  takara,  cht  zva  bandai  no  takara.%\'^^ 
^©at.^lt.^i'f^oat  Reichthum  ist  der  Schatz  eines 
Lebens,  Weisheit  ist  ein  Schatz  für  alle  Zeiten. 

3082.*  Toinu  ie  ni  yase-inu  nashi.  %\J%\'--^i<f^\.  In  einem 
reichen  Hause  ist  kein  magerer  Hund. 

Vgl.  No  1947. 

3083.*    Tomn  mono  jin  narazii,  jin  wo  sureba  toinazii.     '^L'^'tl^i: 
f,T,t:/^f nitg3i-r    Reiche    haben    keine    Menschen- 
freundlichkeit, wer  menschenfreundlich  ist,  ist  arm. 

3084.*  Toi  flu  to  icdomo  hm  wo  zvasunina !  ^ü^Si  (.  Ä^^»^''^ 
Vergiss  die  Armuth  nicht,  obgleich  du  reich  (ge- 
worden) bist. 

3085.  Tönnyö  no  hi  de  sJdri  zvo  abnrn.  i^MO^TK^^S  Sich 
an  der  Flamme  eines  Lichtes  äqx\  Hintern  wärmen. 

Vgl.  No  21 17. 

3086.*  Tonart  no  hana  de  shikata  ga  nai.  P^J  0?eTtt:^t)»fj:t<» 
Da  es  die  Blumen  des  Nachbarn  sind,  so  ist  nichts 
zu   machen. 

Wie  No  2290. 

3087.  Tonari   no  jinda-miso.  P^'^ffit^c^nt  Die  Kleiensauce  des 

Nachbarn  (hält  man  für  besser  als  die  eigene). 

Der  Neid  lässt  das,  was  andern  gehört,  besser  erscheinen  als 
was  man  selbst  hat.     Vgl.  No  2909. 

3088.  Tonari  no  vieshi  wa  iimashi.  P^^ISIt  a  L    Der  Reis  des 

Nachbarn    schmeckt    gut    (schmeckt    besser    aks    der 
eigene). 

3089.  Tonari  no  takara    zvo    kazocru   yö.    ^"J '?)M4'^'^  5^    Als 

ob  man  den   Reichthum  des  Nachbarn  zählte. 

Z.  B.  von  jemand,  der  die  Schriften  weiser  Männer  liest,  aber 
nicht  danach  strebt,  sich  ihre  Tugenden  anzueignen. 

3090.  Tonde  hi  ni  im  natsic  no  viiishi.  ?II^TAl-A^)a!Oäl  Das 

Sommerinsekt,  das  ins  Feuer  fliegt. 
Ein  leichtsinniger,  ihörichter  Mensch. 


—     339     — 

5091.*  Tora  ni  i  zvo  kam  kitsune.  )%\'-1^^^h%.  Der  Fuchs, 
der  seine  Macht  vom  Tiger  borgt. 

Sein  Ansehen  nicht  eigener  Kraft,  sondern  fremdem  Einfluss 
verdanken. 

3092.*  Tora  ni  tsubasa  ivo  tsukcni.  ikV-W^Uh  Dem  Tiger 
Flügel  ansetzen. 

Der  Tiger  ist  ohnehin  schon  stark  und  schnell  genug ;  es 
wäre  eine  grosse  Thorheit,  ihm  auch  noch  Flügel  zu  geben. 
Man  soll  einem  schon  allzu  Mächtigen  nicht  noch  mehr  Macht 
in  die  Hände  geben,  (Vgl.  No  2280.)  Gewöhnlich  nur :  tora  fti 
tsubasa. 

3093.*  Tora  110  ana  ni  irazareba,  tora  no  ko  ivo  erarenii.  1^^^% 
i:A?,?'nil'>^'5^^#f.n«  Wenn  man  nicht  in  die 
Höhle  des  Tigers  eindringt,  kann  man  seine  Jungen 
nicht  bekommen. 

Identisch  mit  No  1478. 

3094.*  Tora  no  ko  no  yd.  JI^O^O^  Wie  die  Jungen   des  Tigers. 
Von    Sachen,    die  einem  ganz   besonders  lieb  sind  (wie  dem 
Tiger  seine  Jungen). 

3095.  "^Tora  no  o  zvo  ftunu  ga  gotoku.    rjlOM^Söütj^'jtn  <    Als    ob 

man   einein  Tiger  auf  den  Schwanz  träte. 

3096.  ""Tora  nsobukcba,    kaze    sazvagu.  ;;li§lJlf>ESI<'    Wenn   der 

Tieer  brüllt,   erhebt  sich  der  Wind. 

Wenn  der  Vorgesetzte  kraftvoll  auftritt,  so  zeigen  die  Unter- 
gebenen sogleich  grösseren  Eifer. 

3097.  ""Tora  zva  scnri  no  yabu  tuo  koeru.  jr^li^S.'^^^il'^  ^    Der 

Tieer  läuft  durch    ein    Bambusdickicht    von    tausend 

Meilen, 

Ein  ungewöhnlicher  Mann  leistet  Ungewöhnliches. 

3098.  "^Tora  Iva  sJiindc  ino  kaiva  zvo  nokosii,    hito  zva    shinde  na 

zvo  nokosu.  JÄ(1?E^T  ißL^itt  ,A(l^^'C^^ia■f  Wenn 
der  Tiger  auch  stirbt,  lässt  er  doch  das  Fell  zurück  ; 
wenn  der  Mensch  stirbt,  hinterlässt  er  seinen  Namen. 
Gleich  No  697,  wo  für  ioiiiu  (heut.  Umggspr.  iomeru)  besser 
iodomu,  und  für  "  endigen  ":  "  zurücklassen  "  zu  setzen  ist. 


—     340     - 

3099-  '^Tom  tvo  katte  iirci  %vo  nokosii..  J^^tnl'CS'.i^i^J^-f  Wer  sich 
einen  Tiger  hält,  hinterlä^st  (seiner   Familie)  Sorgen. 

3100.  *Tora  wo  takeyabu  c    hanasu  yö.    l^^fiWt.'^W.'tW.    Als    ob 

man  einen  Tiger  in   ein  Bambusdickicht  losHesse. 

Tori  (Vogel). 

3101.  Tori    naki   sato    (od.  sliiuia)    no    koinon.    %%^^{%)<^W^ 

Die    Fledermaus    des    Doifcs    (od.    der    Insel)    ohne 

Vögel. 

"  Im  Lande  der  Blinden  ist  der  Einäugige  König." 

3102.  Tori  no  inachi  no  w'i-nokori.  M^l1i^R^''J    Auf  dem  tori- 

no-machi  unverkauft  übrig  geblieben. 

Tori-no-macJii  ist  Name  eines  Festes  im  11.  Monat  (des 
alten  Kalenders),  wobei  in  Buden  allerlei  bunter  Kram  feilge- 
halten wird,  darunter  auch  Figuren  der  Okame  (vgl.  die  Erklä- 
rung zu  No  2235).  Der  Ausdruck  bezeichnet  daher  ein  Mädchen 
vom  Typus  der  Okame — was  schon  an  und  für  sich  kein  Com- 
pliment  ist — und  noch  dazu  einer  Okame,  die  wegen  ihrer  ganz 
besonderen  Hässlichkeit  niemand  kaufen  wollte. 

3103.  Tori  zua  cda  110  fukaki  ni  atsumani.    .^(ift'^v^^l-ÄS  Die 

Vögel  versammeln  sich  in   der  Tiefe   der  Zweige. 
D.  h.  da,  wo  die  Zweige  am  dichtesten  sind.     S.  No  255. 

3104.  *Tori  iva  ki  zvo  crabedovw,  ki  iva  fori  ivo  crabazu.    %Vi'M 

teW^-t  t,7fc(t.t;^JfltT    Der    Vogel    sucht    sich    zwar 

den   Baum  aus,  aber    der  Baum  sucht  sich  nicht  den 

Vogel  aus. 

Für  die  erste  Hälfte  vgl.  No  2434;  der  Sinn  des  Ganzen  ist 
gleich  dem  von  No  25. 

3105.  Tori  zva  tatedomo  (od.  tatte  vio)  ato  wo    iiigosazu.    .^lÜ 

-C  s' i  M'^rl  3 1'  Auch  wenn    der  Vogel  (voiii  Wasser) 
auffliegt,  trübt  er  es  nicht  hinter  sich. 
Variante  von  No  2933. 

3106.  Tori  zvo   kiiu    to    1110,    dori   kimna !    .H^Ä-^»^  i  ^s'fJÄ-^^'^^ 

Den  Vogel  kannst  du  zwar  essen,  aber  iss  nicht  das 

dori  ! 

dori  soll  der  Name  eines  giftigen  Körpertheils  sein. 


—     341     — 

3107.  Tori-kage  ga  sasit  to,  kyaku  ga  kiim.     %^'^^^'t  i^^^^h 

Wenn  der  Schatten  eines  Vogels    (auf   der    Veranda 
oder  im   Garten)  erscheint,  so  kommt  ein  Gast. 

Tori  (Nehmen). 

3108.  Tori  7110  naosazii.  '<^VM.  Auch  am  Nehmen  nichts  ändern. 

Idiomatischer  Ausdruck  für :  nichts  anderes  als,   nichts   mehr 

und  nichts  weniger. 

3109.  Tori-dokoro  no  nai  hito.  MPfi'^U^^A  Einer  ohne  Ort  zum 

Anfassen. 

Ein  zu  nichts  brauchbarer  Mensch. 

31 10.  Tori-tsiiki-Jia    no    nai   kotoba.    ^\^^'^^.^^%    Worte    ohne 

Rand  zum  Anfassen. 

[/ia=hashi,  Rand.)  Worte,  die  zu  nichts  verpflichten,  an  die 
man  sich  nicht  halten  kann.  Statt  toritsuki-ha  .auch  yoritsiiki- 
ha. 

31 11.  *Törö  ga  kavia  tvo  motte  ryüsha  ni  viukau.  ^iRtJ'-'^^'tl'C 

t|$i:|n]^>     Die     Mantis-Heuschrecke    stellt    sich    mit 
ihrer  Sichel  dem  Kriegsvvagen  in  den  Weg. 

Sinnlose  Tollkühnheit ;  ohnmächtige  Versuche  machen  u.  dgl. 
Abgekürzt :  foro  ga  o>io,  die  Axt  der  Mantis-Heuschrecke. 

3 11 2.  Toru  mono  mo  tori-aezu.    ^h^a\>^W^'t'    Nicht    einmal 

das  IMitzunehmende  mitnehmend. 

Ohne  einen  Augenblick  Zeit  zu  verlieren  ;  "  alles  stehn  und 
liegen  lassen." 

Toshi  (eine   Pflanze). 

31 13.  "" Toshi   ne    naku   shite    oi,   hebt    ashi   naku    shite   yiiki,    uo 

mimi  naku  shite  kiki,  semi  kuchi  naku  shite  naku.    ^^ 
tßiK  L-c^c/',K/^fe<  LXfi^^.^:^M<  L-cra^,i?PM<  L'C 

ll<     Die     Toshi-Pflanze    wächst    ohne    Wurzel,    die 
Schlange    geht    ohne    Füsse,    der    Fisch    hört    ohne 
Ohren,  die  Cikade  singt  ohne  Mund. 
Vgl.  die  Erklärung  zu  No  608. 

TosM  (Jahr). 


—     342     — 

3 114-     Toshi  zva  loritaki  mono.  ¥USi("'Jt:^  l^  Jahre  sind  Dinge^ 
die  man  gern  nimmt. 

iosJii    wo     toru,    wörtlich    "  Jahre    nehmen'',    bedeutet    "  alt 
werden."    Jeder  möchte  gern  alt  werden. 

31 15.  Toshirna  110  adamono.  ^■'^0)h1i\s<^    Der    Liebreiz   der 

älteren  Frau. 

Von  einer  Frau  mittleren  Lebensalters,  die  noch  hübsch  ist 
(vgl.  No  1758). 

31 16.  Töshin  de  take  110    ko   wo    Jioru  yd.   i^'C^TIt'^^^®;?.^ 

Als  ob  man  mit  einem  Docht    Bambussprossen    aus- 
graben  wollte. 

Für  unmögliche,  oder  sehr  langweilige,  ermüdende  Dinge. 

31 17.  loshin  no  In    de  ketsu    wo   aburn.    ^^^'•'^ 'h'X%'^fih    Sich 

am  Feuer  eines   Doclites  den  Hintern  wärmen. 
Variante  von  No  3085. 

31 18.  TösJdn  wa  snhmakn  sJdtc  abnra  zuo  ökn   seyo !    ;^'£i^lld>< 

CCrÖi^^  <  tf  i:    Wenn   der   Docht  kurz  wird,   so  giesse 
mehr  Ol  auf ! 

3 119.  Toshitoveba  kane   yori  ko.  ¥5cHlt^i''J^    Wenn    man 

alt  wird,  so  sind  Kinder  besser  als  Geld, 

3120.  Toshiyori    no    hiyaviizu.    ¥^'^J'n7J^    Das    kalte  Wasser 

des  alten  Mannes. 

Alte  Leute  müssen  mit  ihrer  Gesundheit  vorsichtig  sein ;  eine 
Kleinigkeit,  z.  B.  ein  Trunk  kalten  Wassers,  kann  ihnen  den 
Tod  bringen. 

3121.  Toshiyori  no  ko  zva  kage  nashi.  ¥^^^li^l^L  Das  Kind 

eines  alten   Mannes  hat  keinen   Schatten. 

Kinder,  die  in  Alter  gezeugt  werden,  sollen  schwächlich  sein 
und  nicht  lange  leben. 

3122.  Toshiyori  no  sodatcru  ko  wa  sanibyaku  yasukn  narii.    ^^ 

0W'^%^UHW^S<^j:i     Kinder,    die    ein    alter  Mann 
erzieht,  sind  dreihundert  Heller  billiger. 
Sie  werden  von  ihm  verzogen.     (Vgl,  No  142.) 


—     343     — 

3123.  *Totaii    ni    kiirushiniu.    ^^l'^Lt'     In    Schlamm     und 

Kohlen   Leiden   erdulden. 

fjlan,  "  Schlamm  und  Kohlen,"  ist  ein  chinesischer  Ausdruck 
für :  grösste  Armuth,  äusserste  Noth. 

3124.  Totta  ka,  viita  ka?  ^V-'o^%V-.'o^  Hast  du  es  bekommen, 

hast  du  es  gesehen  ? 

Gleich  unserm  "  hast  du  nicht  gesehn'',  um  grosse  Schnellig- 
keit auszudrücken. 

3125.  Tou  ni  ocliizii,  katani  ni   ochini.    '^^^A'-^%'t\Wh\'~^'hh 

Nicht  durch  Fragen,  sondern  durch  Erzählen  (Aus- 
plaudern) stürzt  man  (ins  Unglück). 

Wenn  man  ausgefragt  wird,  so  ist  man  auf  der  Hut ;  viel  eher 
verräth  man  sich  in  unbedachten  Augenblicken. 

3126.  Ton  ni  tsnrasa  ga  viasaru.  Fi3^>i:@|§i3-'*it'6    Durch  Fragen 

wird  der  Schmerz  noch    grösser. 

An  schmerzliche  Dinge  soll  man  nicht  erinnern. 

3127.  *7ö;/  zva  töza  (od.    ittan')  no  haß,  tozvami  zva  ichidai  (od. 

isshö)  no  haß.  r«li-II^^(-0)  ci)5l:^F^II«.:-f^(-;^)0]fit 
Fragen  ist  für  den  Augenblick  beschämend,  Nicht- 
fragen  aber  bringt  Beschämung  inv  das  ganze 
Leben. 

3128.  *Tö%ai  wo  benzezu.  liM^^tf'T  Nicht   Osten   und  Westen 

unterscheiden. 

Von  etwas  nicht  die   geringste    Ahnung    haben,   gänzlich  un- 
wissend sein. 

3129.  Tozasanu  miyo.  PflSWSi'f^  Das  unverschlossene  Zeitalter. 

Ein  Zustand  allgemeiner  Ordnung  und  allgemeinen  Friedens, 
wo  man  nicht  nöthig  hat,  die  Thüren  zu  verschliessen ;  ein 
"  goldenes  Zeitalter." 

3130.  Tsuba  zvo  kacsii^   "^^oS-f     Den    Speichel    zurückgeben 

(od.   wiederspucken). 

Wenn    man    geschimpft    wird,    wiederschimpfen.       (Vgl.  No 

2354.) 


—     344     — 

3I3I'  Tsuitachi  zva  tsui  tatsu,  fiitsnka  iva  fiä  to  taisii,  niikka 
wa  minu  via  ni  tatsu.  5^0  lt^i^Äo,z:g  ll^jt^Äo^HB 
\^%nm'-lL^  Der  Erste  (des  Monats)  vergeht  im  Nu  ; 
der  Zweite  ist  vorbei,  ohne  dass  mans  denkt ;  der 
Dritte,  ehe  man  sichs   versieht. 

Ein  gutes  Beispiel  für  Verbindung  ähnlich  klingender  Wörter 
und  für  Wiederholung  derselben  Silbe. 

3132.  Tsifjitsuma   ga  awami.  ?&/]l« ■"*'»' II W  Die   Kleidersäume 

passen  nicht  aufeinander. 

Sie  decken  sich  nicht,  fallen  nicht  genau  zusammen,  da  die 
Kleider  von  verschiedener  Länge  sind.  Für  etwas  Ungereimtes 
sich  Widersprechendes. 

3133.  TsuUai-saJci  de  abura  tvo  2itte  amku.   ili'':^-^TfÖi^Ä'C 

^  (    Da,   wohin   man  geschickt  wurde,  Ol   verkaufen. 

Statt  sogleich  zurückzukehren,  wenn  man  den  Auftrag  aus- 
gerichtet hat,  erst  noch  stundenlang  mit  den  Dienern  des  andern 
Hauses  schwatzen.     (Vgl.  No  4.) 

3134.  Tsitkai-saki  de    as/dda    %vo    Iiaku.    ili':Jfe^T.£|ik4'^<    Da, 

wohin  man  geschickt  wurde,  Stelzschuhe  anziehen. 

Dem  Herrn  für  das  Eingekaufte  einen  höheren  Preis  anrech- 
nen, als  man  dafür  bezahlt  hat ;  "  sich  Marktgeld  machen." 
(Vgl.  No  103.) 

3135.  Tsiihiiti  mono  zva  tsukazvarcru.    ^^-^\t^\lh     Der    Ge- 

brauchende wird  (selbst)  gebraucht. 
S.  No  742. 

3136.  Tsuke-yakiba    zva   yaku    ni  tatazu.     P!f^^if^i:Äf:'t* 

Eine  nur  oberflächlich    angelöthete  Schneide    ist  von 
keinem   Nutzen. 

tsuke-yakiba,  angelöthete  Schneide,  bedeutet  in  übertrage- 
nem Sinne  einen  Menschen,  der  sich  mit  fremden  Federn 
schmückt,  mit  vorgeblichen  Kenntnissen  prahlt  u.  dgl.  Auch  : 
tsuke-yakiba  wa  hage-yasiii,  eine  angelöthete  Schneide  löst  sich 
leicht  ab. 

3137.  Tsuki  ga    kasa    zvo    kabutte    iru.    ^«-"^^-Si^t^Ä     Der 

Mond  trägt  einen  Hut. 
Er  hat  einen  "Hof". 


—     345     — 

3138.  Tstiki  ga  kasanani.  >^«'M"^;CS    Die   Monate  häufen  sich. 

Die  Schwangerschaft  nimmt  zu. 

3139.  Tsuki  ga  inilsuru.  ^«'"J^^   Die  Monate  sind  voll. 

Die  Zeit  der  Geburt  ist  da. 

3140.  "^  Tsuki  j'ügo    zvo    sugiireba    kivöniyd    iiaku,    Jiito    chtinen   iii 

itareba  banji  yanm.  -^i-S^3§nil'5t^Sft  <  .Atj^^l^iünif^ 
^^L'  Wenn  der  Mond  den  15.  Tag  überschreitet, 
geht  sein  Glanz  zu  Ende ;  wenn  der  Mensch  die 
l-ebensmitte  erreicht  hat,  lässt  er  in  allem  nach. 

3 141.  ^ Tsuki  mitsureba  kakeni   yo  no  narai.    ^^iilti^iTÄlftO^CA 

Wenn  der  Mond  voll  ist,  nimmt  er  ab,  das  ist  der 
Lauf  der  Welt. 

Abgekürzt :  tsuki  miisitrcba  kaku,  wenn  der  Mond  voll  ist, 
nimmt  er  ab. 

3142.  Tsuki  ni  imirakiuiw,    hana  ui   kaze.    .^l-^8,?El-®i    Dem 

Monde  (drohen)  Wolken,  den  Bhmien   Wind. 

Schönheit  und  Glück  sind  nicht  von  Dauer.     Vgl.  No  526. 

3143.  Tsuki  no  fune.  J\(^^  Das  Mondschiff. 

Poetischer  Ausdruck  für  "Mondsichel."     (So  im  ShJäshu.') 

3144.  Tsuki  110  katsiira.   ^^^  Der  Baum  im  Monde. 

Ein  poetischer  Ausdruck  für :  grosses    litterarisches  Verdienst. 

3145.  Tsuki  to  suppon  Jiodo  cJiigau.  i3-^f£3S^^    So   verschieden 

sein  wie  Mond   und  Schildkröte. 

Von  unvereinbaren  Dingen,  absurden  Ideen,  zur  Bezeichnung 
gänzlicher  Verschiedenheit  etc.  (Vgl,  No  245.)  Gewöhnlich 
abgekürzt :  isitki  io  suppon. 

3146.  Tsiikiya    110    Jii-inachi    no  yö.  #M^Bf#5  0li    Wie  die 

Himachi-Tage  des  Mochi-Machers. 

An  drei  Tagen  jedes  Monats  steht  man  vor  Tagesanbruch 
auf,  um  die  aufgellende  Sonne  zu  verehren  ;  dabei  werden  mochi 
(Reiskuchen)  geopfert.  Die  Mochi-Macher  und -Verkäufer  haben 
also  an,  oder  richtiger  vor  diesen  Tagen  sehr  viel  Arbeit ;  daher 
dient  der  Ausdruck,  um  zu  sagen,  dass  man  alle  Hände  voll  zu 
thun  hat. 


—     346     — 

3147-  TsuL'iyo  uw  jügo-nichi,  yami  ino  jügo-nichi.  ^^l+JLB» 
^l+.^H  Sowohl  Mondnächte  als  mondlose  Nächte 
dauern   15   Tage. 

3148.  Tsiikiyo  ni  kama  voo  iitikarcta  (od.  imsiiinaretä)  yd.   <^^^l- 

|g4-föi>iar:(^^inr:)^.  Als    ob    in  der    Mondnacht   der 
eiserne  Topf  gestohlen  wäre. 

Wenn  man  etwas  aufmerksamer  gewesen  wäre,  so  hätte  man 
es  (da  der  Mond  schien)  bemerken  müssen  ;  grosse  Achtlosigkeit. 

3149.  Tsuliinno-gainl.  ^-Y-hM  Seebinsenhaar. 

Aufgelöstes,  ungeordnetes  Haar. 

3150.  Tsmna  koiL  sJiika  iva  fiie  ni  yoni.  SSU-^d^fl-^S  Der 

Hirsch,  der  sein  Weibchen  sucht,  folgt  der  Tockpfeife. 

315  K  Tstiinahajikl  sirni.  /R  51  ^  "T  i  Fingerschnippchen 
machen. 

Jemand  "  abwinken  ";  ihm  zu  verstehen  geben,  dass  man  ihn 
nicht  haben  will. 

3152.  Tmimazukit  isJti  ino  e)i  110  hashi.    M<Stll<?)j!S  Selbst 

der  Stein,  über    den  man   stolpert,  kann  der  Anfang 
zu  Beziehungen  (mit  andern)  werden. 
Vgl,  No  390. 

3153.  Ts^nnhrt  ni  ongaku.  ÖI-b"!^  Dem  Tauben    Musik  (vor- 

spielen). 

3154.  Tswnhö  no  haya-mimi.  K?>-?-^    Die     schnellen  (scharfen) 

Ohren  des  Tauben. 

Für  Reden,  die  auf  einen  Bezug  haben,  hat  man  ein  scharfes 
Gehör ;  selbst  der  Taube  merkt  es,  wenn  von  ihm  die  Rede   ist. 

3155.  Tsiimbö  ö-banashi.  ^%^  Der  Taube   spricht   sehr  laut. 

3156.  Tsimie  ni  Jii  %vo    tobosu.    A\'-'h^'^~t    Die    Fingernägel 

anzünden. 

Um  Licht  zu  sparen.     Sehr  geizig  sein. 

3157.  Tsiivie  de  Jürotte  vii  de  akeru    (od.  kobosn).  /RTfö'CÄTl? 

i?X(:(i-f)  Mit  den    Nägeln    zusammenlesen,  mit  der 
Worfschaufel  ausschütten. 

In  Kleinem  sparen,  in  Grossem  verschwenden. 


—     347     — 

3158.  Tswne  ni  tsinne  naku,  tiri  tii  tsitme  ari,   /Ri-ZUtC  <  ,{K.l-/llfc 

'J    Der  Fingernagel  (/I^)  hat  keinen  Nagel,  die  Melone 
(IR)  hat  einen  Nagel. 

Die  beiden  Strichelchen,  die  die  Zeichen  für  Nagel  (Kralle) 
und  Melone  unterscheiden. 

3159.  Tswne    mo    tatami    yö.    /lltjif:WtK    So  dass  selbst  kein 

Fingernagel  stehen  kann. 
Wie  No  1404. 

3160.*  Tsiiini  ivo  nikundc  hito  wo  nikwnazu.  PI4•M^TA^M^'T' 

Das  Vergehen  hassen,   ohne  die  Person   zu  hassen. 

(Man  soll)  die  Strafe  nur  nach  der  Schuld  abmessen,  sich 
dabei  nicht  von  persönlichen  Abneigungen  oder  Rachegelüsten 
leiten  lassen. 

3 161.  Tsurnir)i  ga  magattc  im.  J^^-tj^'fflo-C^rS  Der  Haarwirbel 

steht  schief. 

D.   h.  nicht  in    der   Mitte    des    Kopfes.       Einen    schlechten, 
boshaften  Charakter  haben. 

3162.  Tsuno  zvo  dasu  (od.    Jiayasu).  Ä^vH'fC^-f)    Hörner  her- 

vorstrecken (od.   wachsen   lassen). 

Eifersucht  zeigen,  sich  eifersüchtig  betragen.  (Nur  von  der 
Frau  ;  die  "  Hörner  "  spielen  darauf  an,  dass  eine  eifersüchtige 
Frau  zu  einem  Teufel  wird — vgl.  No  2404.) 

3163.  Tswio  tc'o  naosu  tote  (od.  zvo    taincn  to  shite)  itsJii  koi'osti. 

Ä^iS"f  5 'C'^^^T  Beim  Versuch,  die  Hörner  grade  zu 
machen,  den  Ochsen   tödten. 

Zu  weit  gehen;  "das  Kind  mit  dem  Bade  ausschütten." 

3164.  Tsiira  no  kazva   ga    atsui.    M'?>/fet)Wv'    Die    Haut    des 

Gesichtes  ist  dick. 

Frech,  unverschämt  sein;  "ein  dickes  Fell  haben." 

3165.  Tsuri  otoshita  uo  zva    ökishi.    ^^X-V-W^k^  L   Der    von 

der  Angel  (ins  Wasser)  gefallene  Fisch  ist  gross. 

Was  einem  durch  einen  unglücklichen  Zufall  entgeht,  was 
man  fast  bekommen  hätte,  erscheint  einem  immer  besser,  als  es- 
in  Wirklichkeit  war.     Vgl.  No  21 14. 


-     348     — 

3i66.*  Tsiiri    surii    to    iiio    anii   siinina !     ItJt  *  ^  {.^üi"  St£     Du 
darfst  angeln,  aber  nicht  mit  dem  Netze  fischen. 

Soll  eine  confucianische  Vorschrift  sein.  Als  freundschaftliche 
Warnung  für  solche,  die  dem  Fischfang  und  der  Jagd  zu  sehr 
erg-eben  sind ;  auch  wohl  in  anderen  Fällen  als  bildliche 
Warnung. 

3167.  Tsuri  zva  tsiirete  mo  niata   yiikitakit,    tsiirenu    nio    inata 

yukitashi,    U^iW^ixX  lH^ ^ ?:  <  4ÜH»  i  tStr ^ f:  L    Wenn 
die  Angel  (wenn    man  mit  der    Angel)    etwas    fängt, 
so  möchte   man    wieder    (angeln)  gehen,   aber    auch, 
wenn  man  nichts  fängt. 
Vgl.  No.  156. 

3168.  Tsuri-awanu  wa  fuen    110    inoto.    ^^''J'&-li«U^i«'?>S    Un- 

gleichheit ist  der  Anfang  der  Trennung. 

Besonders  mit  Bezug  auf  die  Ehe :  es  ist  gut,  wenn  Mann 
und  Frau  von  gleichem  Stande  sind.  Scherzhafte  Verdrehung : 
chochin  iii  tsurigaiie  fuen  110  vioio,  Laterne  und  Glocke  ist  der 
Anfang  der  Trennung — vgl.  No  245. 

3169.  Tsuri- otos/iita    210  wa  ökii.    ^'^t^LV.'^iti^,^^    Der    von    der 

Angel  gefallene  Fisch  ist  gross. 
Vgl.  No  21 14. 

3170.  Tsiiru  käme!  SI&  Kranich,  Schildkröte! 

Diese  beiden  Wörter  sind  ein  gewöhnlicher  Ausruf,  wenn 
man  von  einem  Unglück  hört,  oder  wenn  eine  unglückbringende 
Sache  erwähnt  wird  (ähnlich  unserm  "  unberufen  !  "),  da  Kranich 
und  Schildkröte  als  glückbringende  Thiere  gelten,  insbesondere 
Symbole  langen  Lebens  sind  (s.  No  3172). 

3 171.  Tstirii  wa  kare-ki   ni  su    wo    amazit.    ^lUtt^l'Ä'ti^il* 

Der  Kranich  baut  sein   Nest  nicht    auf  einem  dürren 
Baume. 

Der  Edle  wirft  sich  nicht  weg.     Vgl.  No  2873. 

3172.  Tsuru  tva  senneii,  käme  wa  mannen   ikiru.    SIU^¥.ÄII^ 

¥^^a   Der  Kranich  lebt  tausend  Jahre,  die    Schild- 
kröte zehntausend  Jahre. 


—     349     — 

3173-     Tsuruhe'Uazva  igeta  zuo  iatsu.  ffiÜH^tff^-i'io  Der  Eimer- 
strick durchschneidet  den   Brunnenbalken. 
Gleich  No  3026. 

3174.  Tsiitsu-iiwtase.  üA^  Zeug  haben  lassen. 

Von    einem    Mann,  der   seine    Frau    für    Geld    etc.    anderen 
überlässt.     {tsiitsu  soll  der  Name  einer  Art  Zeug  sein.) 

3175.  Tsuzuve  wo  kite  ino,  kokoro  zva  nishiki.    ^^^'^'C  i  iM^JlS 

Wenn  man  auch  Lumpen   trägt,    das    Herz  ist    doch 
von  Brokat. 


->!^€|- 


u, 


V  (Hase). 

3176.  U  kam,  iatsu   vioino,     tora    senaka.    m&.^3M-i%'^'^     Am 

Tage    des    Hasen    der   Bauch,   an    dem    des  Drachen 
die  Schenkel,  an  dem  des  Tigers  der  Rücken. 
Eine  alte  Regel  für  das  Moxa-setzen. 

TJ  (Kormoran). 

3177.  U  no  inane  zvo  siirii  karasu  inizu  ni  oborerii.    M'^Ätö^t 

^-%7jtl-jp^    Der  Rabe,   der    dem    Kormoran    nachah- 
men will,  ertrinkt  im  Wasser. 

Oft  in  der   Abkürzung :    n    nc    viaite   ivo   sitru    karasu,    der 

Rabe,  der  dem  Kormoran  nachahmt,  oder  karasu  no  u  no  viane, 

das  Kormoran-Nachahmen  des  Raben. 

3178.  U    110    mc,    taka    no    mc.    ^%<^^M^^    Das    Auge    des 

Kormoran,  das  Auge  des  Falken. 

Ein  "  Adlerauge  ",  dem  nichts  entgeht,  besonders  nichts,  webe 


etwas  zu  gewmnen  ist. 


—     350    — 

3179.  TJchi  ni  wa  km  no  cliagama  ga  am  yd.     S^l-II^'5^11 

ti"''^5ti  Als  ob  man  zu  Hause  einen  goldenen  Thee- 

kessel  hätte. 

Thun,  als  ob  man  sehr  reich  sei. 

3180.  Uchi  110  tat  yori  tonari  110  kvashi.   i^Olli  "J^'J  ^1^    Die 

Sardine  des    Nachbarn  (hält  man  für)  besser  als  den 
tai  des  eigenen   Hauses. 

Die  Sardine  ist  der  gemeinste,  der  tai  der  geschätzteste  Fisch 
Japans. — Vgl.  No.  2909,  3087  und  3088. 

3 181.  UcJii  zuo  soto  ni  sunt.  S^^^l-'f  4   Sein  Haus  ausserhalb 

des   Hauses  haben. 

Liederlich  leben,  in  der  Nacht  nicht  nach  Hause  kommen. 

3182.  Uchi-Bcnkd.   UWßM  Der  Benkei  bei  sich   zu  Hause. 

In  seinem  eigenen  Hause  den  Benkei  spielen  ;    \gl.    die    Er- 
klärung zu  Ka^e-Bt'iikei. 

3183.  JJchiinalxii  no  hanasJii.  I^¥^t5L   Ein  Gespräch    inner- 

halb des  Vorhangs. 

Eine  vertrauliche  Unterhaltung. 

3184.  Uchiiiiaku  ZOO  saguni.     t^^^^ß«^     Das    Innere    des    Vor- 

hangs erforschen. 

Die    Privatangelegenheiten     eines     andern    erforschen,    seine 
Geheimnisse  zu  ergründen  suchen. 

3185.  Vchiniata-göyaku.  ftflS#^  Ein  Pflaster  auf  der  inneren 

Schenkelseite. 

Jemand,  der  es  mit  keiner  Seite    verderben    will,    der  jedem 
der  beiden  Gegner  Recht  giebt.     Auch  :  i/c/iitna/a-viono. 

3186.  Ude    ni  yori   zvo    kakcru.    W-'^")  ^^^h    Den    Arm    im 

Kreise  schwingen. 

Eine  Sache  mit  grossem  Eifer    betreiben. 

3187.  Ude  ivo  kitau.  B^^^i- Den   Arm  schmieden  (od.  härten). 

Sich  in  einer  Kunst  oder  Fertigkeit    üben,  sich  darin  vervoll- 
komnen.     Auch  :  ude  7uo  mi^akii,  den  Arm  poliren. 

3188.  Udo  no  daibokit.   %xh'^%-^  Der  grosse  Udo-Stengel. 


—     351     — 

Die  jungen  Stengel  des  udo  (Aralia  cordata)  dienen  als 
Gemüse ;  in  ausgewachsenem  Zustande  sind  sie  nicht  mehr 
geniessbar.     Ein  grosser,  r.ber  zu  nichts  brauchbarer  Mensch. 

3189.  TJdonge    m    Juma   saku  yö.    ®Ä'^'5Tti^<^  Als  ob  die 

Udonge-Blume  blühte. 

Udonge  ist  der  Name  einer  fabelhaften  Pflanze,  die  nur  alle 
tausend  Jahre  blühen  soll.  Für  etwas  sehr  Seltenes  oder  Un- 
wahrscheinliches.    Meistens  abgekürzt :  ttdoftge  no  hana. 

3190.  Udonge  no  haru  ni   atta   yd.    ■^fti^<^#l-^of:^    Als    ob 

man    dem    Frühling    (der    Blüthezeit)     der    Udonge 
begegnet  wäre. 

Wenn  sich  etwas  über  Erwarten  glücklich  trifft. 


ö' 


3 191.  JJe  zvo  mireba  ho  zu  nashi.    ±^Ä^ilti5clll^j:  L    Wenn    man 

nach   oben  sieht,  so  hat  es  keine  Grenzen. 

Es  ist  besser,  auf  die  zu  sehen,  denen  es  schlechter  geht,  als 
auf  die,  denen  es  besser  geht. 

3192.  Uera  toki  wa  shoku  wo  crabazu.  ^^SH^ItÄ'^^lt'"?'  Wenn 

man  hungrig  ist,    sucht    man    sich    das    Essen  nicht 
erst  aus  (ist  man   nicht  wählerisch). 

3193.  JJetaru  toki  ni  ajinaki  (od.  mazni)  mono  nashi.  ^t:^0^ 

UelcM^^^ML   Wenn  man  hungrig  ist,  schmeckt  niclits 
schlecht. 

Variante  von  No.  657. 

3194.*    TIgö  suru.  ^^'t  h   Eine  Rabenversammlung  abhalten. 

Von  allen  Seiten  zahlreich  zusammenkommen  ;  nur  in  Bezug 
auf  Rebellen  gebraucht. 

3195.  Uguisu  zva  tomodachi  wo  motomcrii.  iRilD3Ä4*^>6  ^  Die 

uguisu  sucht  ihre  Freunde  auf. 

Ugimii :  der  in  Japan  beliebteste  Singvo.;;el  (Cettia  cantans). 

Uji  naku  shitc  tania  no  koshi:  s.   Onna  uji  nakit   sJiite. 

3196.  Uji  yori  sodacJii.  Äi'JWB    Erziehung  ist  besser  als  vor- 

nehme Abkunft. 


—     352     — 

3197.  UA'abit  se  ga  nai.  5f-5>^Ii>^*^j:i/^  Keine    flache    Stelle,    wo 

man  auftauchen   könnte. 

Keine  Gelegenheit,  sich  hervoizuthun,  oder  sein  Loos  zu 
verbessern. 

3198.  JJkütHuhu  to  inizo  m  Jiainarii.    r?5-o  <  iJtHlJg^,     Wenn 

man   nicht   Acht  giebt,  fällt  man   in   den   Graben. 

3199.  JJke  fio  yoi  {zvanii)  mono,  fit "T?)Öf  !''(.#.'. ")S-    Ein   Mensch, 

dessen   Aufnalnne   gut  (lesp.  sciilecht)  ist. 
Ein  überall  beliebter  Mensch,  resp.  das  Gegentheil. 

3200.  JJkeai    no    s^nkzva    de    naka  viasshiro.    lf'n''?>0IIL'Ct1'EÖ 

Obgleich  es  eine  garantirle  Wassermelone  ist,  ist  sie 

doch  innen  ganz  weiss. 

Das  Fleisch  der  Wassermelone  ist  roth  ;  es  giebt  eine  sonst 
ganz  ebenso  aussehende,  aber  innen  weisse  Art,  die  nicht  essbar 
ist.  Man  sagt  daher  scherzhaft :  ukeai  no  siiikwa  de  vio  nai  ka  ? 
ist  es  auch  nicht  die  garantirte  Wassermelone  ?  in  dem  Sinne  : 
kann  ich  mich  auch  darauf  verlassen  ? 

3201.  JJkimi  zvo  yatsusti.'^Mh^-T    Das  traurige  Loos  (hinter 

sciiönen  Kleidern)  verbergen. 

Sich  im  Unglück  fröhlich  stellen  müssen,  wie  z.  B.  ein  Freu- 
denmädchen. 

3202.  TTkiyo.  vfffi:  Schwimmende  Welt. 

Ein  buddhistischer  Ausdruck  für  "  vergängliche  Welt."  Aus 
der  Doppelsinnigkeit  von  7/ki  (l.  schwimmend,  2.  unglücklich^ 
elend)  geht  die  Schreibart  gtH:  "  elende  Welt  "  hervor,  in  welcher 
i/kiyo  dem  christlichen  "irdischen  Jammerthal''  entspricht. 

3203.  Ukiyo  tva  inaivari-mochl    ??tä:IIMt#    Die  (schwimmende) 

Welt  ist   ein   wecliselnder  Besitz. 

Reichthum  bleibt  nicht  lange  bei  derselben  Familie, 

3204.  JJma  ni  viuhi  luo  viakascru.  %C-'M.^^^h    Dem    Pferde 

den  Weg  überlassen. 

Die  Dinge  gehen  lassen  wie  sie  wollen. 


ö^ 


Uma  ni  zva  notte  viiyo  :  s.   Hito  ni  zva  sotc  iniyo. 
3205.      Uma  no  ashi.  .HOÄ  Pferdebein. 


—     353     — 

Ein  der  Bühne  entlehnter  Ausdruck  für  jemand,  der  sich  noch 
in  der  untersten  Stellung  befindet,  der  ein  Anfänger  ist.  Pferde 
werden  auf  dem  Theater  künstlich  durch  Menschen  dargestellt, 
wobei  ein  Schauspieler  die  Vorderbeine,  ein  anderer  die  Hinter- 
beine übernimmt.  Hierzu  werden  natürlich  nur  ungeübte  An- 
fänger verwendet. 

3206.  Uina    no    Jianaumkc.     .ü^^^-InJlKIS)     Was    man    vor    der 

Nase  des  Pferdes  reicht. 

Ein  Abschiedsgeschenk,  was  man  dem  Abreisenden  reicht, 
wenn  er  schon  auf  dem  Pferde  sitzt.  Das  jetzige  hanavmke, 
Abschiedsgeschenk,  auch :  Abschiedsfest  dem  Abreisenden  zu 
Ehren — ist  (nach  dem  Wakun  Shiori)  die  abgekürzte  Form 
hiervon, 

3207.  U)iia    HO    viiiiii    ni   kose    (od.    nembutsii).    MO:^i:,W:t:^) 

Wind  (od.  Gebete)  in   das  Ohr  eines  Pferdes. 
"Tauben  Ohren  predigen."     Vgl.  No  160. 

3208.  Uma  tva  mnazure,  iishi  iva   iisJiiztire.    ^\^%'^Y^^^'\X'^WiX 

Das  Pferd    geht  mit  Pferden,   der  Ochse  mit   Ochsen. 

Sagt  man  z.  B.,  wenn  ein  dummer  Mann  eine  dumme  Frau 
hat. 

3209.  Utna  lao  ete  kura  zvo   Jishinait.  .?l^fa-'C^4-3^i-  Den  Sattel 

(grade)  verh'eren,  wenn  man  ein  Pferd  bekommt. 

3210.  Uma  ivo  sashitc  uma    nashi.    .i^^ta  L'C.^M  L    Wenn    man 

auf  das  Pferd  zeigt,  ist  es  nicht  da. 

321 1.  Uma  zvo  sJdka  {to    in).    .^^M^Si)    Ein    Pferd    Hirsch 

(nennen). 

Siehe  die  Erklärung  zu  baka. 

3212.*   TJfiiai  mono  tva  hitori  ga  ii,  shigoto  zva  öi  ga  iL    ^X}%^ 
It  -  A  "J  tj>  (r-  I  ,ft  V  |t  ^  ir»  0'  (,-  \   Bei  Sachen,  die  gut 
schmecken,  ist  es  gut,  wenn  man  allein    ist ;  bei  der 
Arbeit  ist  es  gut,  wenn  viele  da  sind. 
Auch  unter  No  2603. 

3213.      Umai  1110710  zva  yoi  ni  kiie  !   e^-'I^UWi-lft'^   Gute    Sachen 
iss  am  Abend  ! 

\).  h.  noch  an  demselben  Tage  ;  wenn   man  sie    aufhebt,  so 
gehen  sie  vielleicht  verloren,  oder  verderben.     (Scherzhaft ) 


;54 


3214. 


3215- 


3216. 


O-'/' 


3218. 


3219. 


3220. 


3221. 


3222. 


Umahata,  sendö,  o-chi  no  Jnto.  M>M'kl3.'i^%^K  Pferde- 
knechte, Schiffer  und  Ammen. 

Sie  stehen  alle  drei  in  keinem  guten  Ruf. 

JJ'uiave-nascara    tattoki   mono    nashi.    ^i^'^  ?>§^^"M  L 
Niemand   ist  von   Geburt  aus  hochgeehrt. 
Ehre  mu5s  durch  Thaten  erworben  weiden. 

Ulnare Jiu  saki  no    mntsuki-sadame.    ^\'^^'W\^^i^%^    Die 
VVindehi  besorgen,  ehe  (das  Kind)  geboren  ist. 
Sich  vor  der  Zeit  Sorgen  machen. 

Vnie  to  sahira  wo  ryöte  ni  molsu  yö.  ^i@4>M^l'*$'^f« 
Als  ob  man  in  beiden  Händen  Pflaumen-  und 
Kirschblüthen  h.ieUe. 

Sehr  glücklich  sein.     (^'gl.  No  243S.) 

Unie  zva  nioi  {ni)  scikura  wa  Itana.  tSli#l-®iI?£  Bei  der 
Pflaumenblüthe  ist  es  der  Duft,  bei  der  Kirschblüthe 
die  (Schönheit  der)  Blume. 

Urne  %vo  nozoiide  katsu  wo  todonie,  niocJn  zuo  egakite  ne 
ni  mitsti.  ^4•2^T?^^lL>6.Df4•ffi^T^l:7to  Durch  das 
Sehen  der  Pflaume  den  Durst  löschen,  durch  das 
Malen  des  Kuchens  den  Hunger  stillen. 

Vmi  (Meer). 

Utni  ni  senn.cn,  kaiva  ni  senncn.  %\~^^-)\\\'~^^  Tausend 
Jahre  zur  See,  tausend  Jahre  auf  dem  Flusse. 

Eine  Sache    schon    sehr  lange    treiben,    darin    gründlich    be- 
wandert sein.     (Vgl.  No  1975.) 

Und  no  koto  zm    ryösJd   ni    toe .'    M'^'^\<WÄn'-.\^'^    Über 
das  Meer  musst  du  i^^w  Fischer  fragen. 
"  Vor  die  rechte  Schmiede  gehen." 

Und    no  mono  ka  kaiva    no    mono    ka    mada    zvakaranu. 
flf-l^  lOi^'jlIe)  i0t)'ä;/:5)-f>«   P:s  ist  noch  nicht  klar,  ob 
es  sich  um  ein   Meer  oder  um  einen   Fluss  handelt. 
Es  ist  noch  zu  früh,  daiül^cr  zu  sprechen. 

Xml  (Geburt). 


355     — 


'^  O  O  '^ 


L^;m  110  on  yori  sodate  no  on.  M'^/'^Mi 'J  WtO,!  Die 
Woliltliat  der  Erziehung  ist  mehr  werth  als  die  der 
(blossen)   Geburt. 

3324.*  JJn  satte  kill  tctsH  to  nuri,  toki  kitatte  tctsu  kin  to  nam. 
iE^'-C ^ii i  ^  vj  .ß,fe>fs  •']  X mt  t  r>X  h  Wenn  das  Glück  geht, 
wird  Güld  zu  Eisen,  wenn  die  (glückliche)  Zeit 
kommt,  wird  Eisen  zu  Gold. 

3225.*  Un  iva  teil  711  an.  M^%\-^^  Das  Schicksal  steht  beim 
Himmel. 

3226,      U?i  zua  ten  ni  ari,  botaniodii  wa  tana  ni  an.  Mit^i-^'J» 
f±nm[m\'-h'')    Das  Schicksal  steht  beim  Himmel,  die 
Zucker-Reiskuchen  Hegen  im  Wandschrank. 
Scher^Iiafte  Verlänsjeruri'^  des  vori^ren. 


■j  -7  -> 


227,*  Uli  zvo  viatsu  zva  shi  -cuo  niatsu  ni  JntosJii.  il^iJoit^H^i« 
f#'^l-T^L  Auf  das  Glück  warten  ist  dasselbe  wie  auf 
den  Tod   warten. 

3228.  VncHji-nobori.  .?SJ-'i    Aal- Aufsteigen. 

Überall  glatt,  ohne  Schwierigkeit  durchkommen  ;  ohne  Unter- 
brechung immer  höher  steigen  (im  Amt). 

3229.  JJnda  ko  yori  daita  ko.    ;l^/:■^i 'J^i-^fzT    Das    Kind, 

das  man  auf  dem    Arme   trägt,    ist    einem  lieber    als 
das  Kind,  das  man  geboren  hat. 

Eine  Amme  liebt  das  fremde  Kind,  das  sie  nährt,  mehr  als 
ihr  eigenes ;  Freunde  sind  einem  manchmal  lieber  als  die  Ver- 
wandten. 

3230.  Unda  to  inj  tsnbiireta  to  1110  iivazu.  ^/--  tiR(tf:-  IS.tf 

Er  sagt  nichts,  ob  (das  Geschwür)  auch  schon  eitert 
oder  aufgeht. 

Er  schweigt  hartnäckig,  verräth  nich'.s,  so  schwer  es  ihiTi 
auch  wird. 

3231.*  JJndei  hanri  110  cJdgai.  'WiVÄ'^'^^'J'  Ein  gewalliger 
("  lausend  Meilen ")  Unterschied  wie  zwischen 
Wolken  und  Schlamm    (d.   h.    Himmel   und   Erde). 


—     356     — 

Auch  einfach  :  iindei  no  cJiigat\  ein  Unterschied  wie  zwischen 
Wolken  und  Schlamm.  Ubhch  ist  auch  :  iinien  bauten  iio  chigai, 
was  nur  corrumpiite  Form  des  obigen  sein  soll. 

3232.*    TJujö  HO  chigai.  S^'^^CA  Ein  Unterschied  wie  zwischen 
Wolken   und  Erde. 
Wie  No  3231. 

3233.*  JJnJx'a  no  gotoku  atsiimam.  SR'^^itn^Ä^  Sich  versanimehi 
wie   Wolken  und  Nebel. 

Sich  in  ungeheurer  Menge  versammeln. 

3234.*   TInsul  no  s'j.  S^K'^ff  Wolken-  und  Wasserpriester. 

Priester,  die  ein  Wanderleben  führen,  Bettelmönche.  (Vgl. 
No  1624.) 

Z^iiteii  bantcn :  s.    Undci. 

Zluihore  to  kasake  elc ;  s.   Onoborc. 

3235.*  JJo  zva  inizn  ni  siinde  viizu-  ivo  nigosln,  tori  wa  Jd  7ii 
sunde  ki  ivo  kanisn.  ^II7J<.l:tt^T7K^?^  L.,ili*l:{t^T 
?N^^i"  Der  Fisch  trübt  das  Wasser,  in  dem  er 
lebt,  der  Vogel  bringt  den  Baum  zum  Welken,  auf 
dem  er  wohnt. 

Beispiele  für  Undank. 

3236.*  Uo  zva  sono  e  zvo  knratte  simaivacJd  Jnkani,  Jnto  zva  sono 
rokn    zvo    knratte,    siinazuacJn    sono    kivn    ni  fnkii    s?f. 

Wenn  der  Fisch  den  Köder  verschluckt  hat,  so 
wird  er  (aus  dem  Wasser)  gezogen,  wenn  der  Mensch 
seine  Löhnung  verzehrt  (erhalten)  hat,  so  ist  er 
seinem  Herrn   unterthan. 

3237.*  I/o  zvo  etc  scn  zvo  zvasnru.  ^^i§-'C^^:ir\i  Den  Fisch 
fangen  (und  mitnehmen)  und  das  Korbnetz  liegen 
lassen. 

Thöricht  handeln — vgl.  No  2892. 

3238.  Uo-gokoro  areba  inizn-gokoro  ari,  ^'(^»fcHltVK't^fe  >J  Wenn 
beim  Fische  Wohlwollen  ist,  so  ist  auch  beim  Wasser 
Wohlwollen. 


—     357    — 

Freundlichkeit  gegen  andere  wird  durch  FreundHchkeit  er- 
wiedert.     "  Eine  Liebe  ist  der  andern  werth."     Vgl.  No  2804. 

3239.  TIra  zvo  in.  Ä^s^.  Die  Rückseite  sacren 

Ironisch  sprechen. 

3240.  Urahaia  zvo  in.    ÄK^i>g,5>    Die    Kehrseite    des    Bauches 

sagen. 

Sich  selbst  widersprechen. 
3241;-^^   XTvami    ivo    on  de   hözeyo !    ^.'^IJMX'IStf  i     Den    Hass 
vergilt  mit  Wohlthaten  ! 

3242.  Ut'anai  wa    mdja   ga    kita    to    in.     h^-(It:St)->*^r:S5^, 

Der  Wahrsager  sagt :  es  ist  ein  Todter  gekommen. 

Die  Wahrsager  sollen  ihre  Kunden  vwja,  "  Todte",  nennen, 
weil  sich  nur  solche  an  sie  wenden,  deren  Geist  von  Zweifeln 
und  Sorgen  gequält  "umherirrt"  {mayou—\^\.  No  1325)  gleich 
der  Seele  eines  Verstorbenen.  Spöttisch  zu  jemand,  der  sich  an 
einen  Wahrsager  wenden  will :  wenn  du  kommst,  so  wird  er  bei 
sich  denken:  ein  Todter  ist  gekommen,  d.  h,  er  wird  sich  im 
Stillen  über  dich  lustig  machen. 

3243.  \ri  futatsn  ni  zuatla  fö.    Enoicfijotz^    Als    ob    eine 

Melone  in  zwei  Plälften  geschnitten  wäre. 
Sich  gleichen  "  wie  ein  Ei  dem  andern.'' 

3244.*   Un  HO  taue  ni  nasnbi  zua  haenn.  iliL'5;^i:^nT(i41«    Aus 
Melonensamen  wachsen  keine  Eierpflanzen. 

In  derselben  Bedeutung  gebraucht  wie  unser  "  der  Apfel 
fällt  nicht  weit  vom  Stamm,"  Eine  etwas  verschiedene  Form 
lautet :  la-i  no  isurn  jiz  lüa  nasnbi  iiarazu,  an  Melonenranken 
wachsen  keine  Eierfrüchte. 

3245.      Uri  no  taue  wo  narabeta  yd.  lL<Z>^^^<1iW  Als    ob  man 
Melonenkerne  aneinander   gereiht  hätte. 
Von  schönen,  regelmässigen  Zähnen. 

3246.*    Uri  zvo  töjite  taina  zuo  etavi.   )^*^^MX^f^\%1\^)     Mit    der 
Melone  werfend  hat  er  den  Edelstein  bekommen. 

Vgl.  unser  "  mit  der  Wurst  nach  der  Speckseite  werfen'', 
auch  No  322  und  1751.— Beruht  auf  einer  chinesischen  Anek- 
dote. 


-     358     - 

3247-      Undaiie  %va  misuvieru  ga,  kodanc  wa  nustimenn.    ÄflUiS 
)i6Ä«^\^filIiS*^»    Man  kann  zwar    Melonensaatkerne 
stehlen,  aber  nicht  Kindersaatkerne. 
Sagen  Leute,  die  keine  Kinder  kriegen. 

3248.  JJri'hotoha  ni  kai-kotoba,  ^iJ  g4!l-Mc/^fiSl    Auf   die   Rede 

des  Verkäufers  die  Rede  des  Käufers. 

Wie  die  Rede  des  einen,  so  die  Antwort  des  andern  ;  wird  der 
eine  ausfallend,  so  bleibt  auch  der  andere  die  Antwort  nicht 
schuldig.  "  Wie  es  in  den  Wald  hineinschallt,  so  schallt  es 
wieder  heraus.'' 

3249.  JJriinono  ni  Jiana  kaznre  !  K?S/I-^I^H  Was  du  verkau- 

fen willst,  schmücke  mit  Blumen  ! 

3250.*    Z'sagi  nirarete  kitsiine    lu-en.   %%.h^xX%.t.i.>    Wenn  der 
Hase  gekocht  wird,  bekümmert  sich  der  Fuchs. 
Er  besorgt,  es  könne  ihm  ebenso  gehen. 

3251.*  Usagi  ivo  cte  tci  zvo  wastini.  ^4'?t'CEt^^»5  Den  Hasen 
fangen  (und  mitnehmen)  und  das  Fangnetz  liegen 
lassen. 

Ganz  ähnlich  No  3237. 

3252.  UsJii    ni   Jnkarete    Zcnköji   e    iiiairu  (od.    Zcnkdji-mairi). 

^l^Bh^n-C^pt^-^^i  Von  einem  Ochsen  geführt   zum 
Tempel  Zenköji  kommen. 

Wenn  man  irgendwohin  kommt,  ohne  es  eigentlich  zu  wollen, 
ohne  es  vorhergewusst  zu  haben,  nur  von  einem  andern  "  mit- 
geschleppt.'' Dia  Redensart  bezieht  sich  auf  eine  Geschichte 
von  einer  Frau,  die,  um  einen  verlorenen  Ochsen  zu  suchen, 
lange  umherwanderle  und  dabei  schliesslich  nach  dem  berühm- 
ten Tempel  Zenkoji  in  Nagano  kam. 

3253.  UsJii  ni  VW  nvia  ni  1110  fiiviarcnu  yö.  ^■\'-  i.lli-  iSSiH^^lt 

So    dass    er    schon     nicht    mehr    von     Ochsen     und 
Pferden  getreten  wird. 

Von  einem  Kinde,  das  schon  laufen  kann. 

3254*   Ushi  ni  iaishite  koto  wo  dan  su.   (od.  hajikn).   ^-l-SL'C^ 
'täiT   Dem  Ochsen  ai.f  der   Harfe  vorsi)ielen. 
Vgl.  No  3207  ;  oder  auch  No  20S6. 


—     359     — 

3255-*  Ushi  110  sJdri yori  wa  nnvatori  no  ataina.^'^Kl'')\^'W^<^l% 
Lieber  der  Kopf  eines  Huhnes  als  der  Hintere  eines 
Ochsen. 

Variante  von  No  2152. 

3256.  Usht  no  sJiöbeti  jühatchö.  i^^'J^M+AWr  Das  Wasserlassen 
des  Ochsen  dauert   18  chö  weit. 

cho :  ein  Wegemass  (s.  Anm.  zu  No  2712). — Von  sehr 
langsamen,  umständlichen  Menschen.  Auch  :  itshi  no  naga-shobai, 
das  lange  Wasserlassen  des  Ochsen. 

3257.*  UsJd  tva  viizu  zvo  iionde  chichi  to  shi,  ja  wa  mizii  wo 
tionde  doku  to  su.  ^U7^^t^v^'CfLi  L.!liSil7^^a^^T#i  t 
Wenn  die  Kuh  Wasser  trinkt,  macht  sie  daraus 
Milch,  wenn  die  Schlange  Wasser  trinkt,  macht  sie 
daraus  Gift. 

3258.  Ushi  tva  negai-gara  de  hana  e  fuji  wo  tösu.    'l^ltMCA**"'' ?> 

TÄ-'^Ü^M'f   Weil  der    Ochse    es    wünscht,    so  zieht 
man   ihm  einen   Strick  durch  die  Nase. 

Eigentlich :  eine  Ranke  des  Fuji-Schlingstrauchs. — "  Hof- 
fahrt muss  Zwang  leiden".     (?) 

3259.  Ushi  zvo  uvia  ni  iiori-kacru.  4''^.^!'^W'^^    Den  Ochsen 

mit  dem  Pferde  vertauschen. 

Das  Gegentheil  von  unserm  "  vom  Pferd  auf  den  Esel  kom- 
men." Besonders  von  einer  Frau,  die  nach  dem  Tode  ihres 
ersten  Mannes  (oder  nach  der  Trennung  von  ihm)  eine  zweite, 
vortheilhaftere  Verbindung  eingeht. 

3260.  JJshiroiJate     to     nani.    ^M-;äS     Ein     Rückenschild 

werden. 

Jemand  beschützen. 

3261.  JJso  Jiappyaku.  ^A^S"  800  Lügen. 

"  Von  A  bis  Z  erlogen." 

3262.  Uso  kara    deta    viakoto.  ^&^^h\^VM    Die    aus    der    Lüge 

hervorgegangene  Wahrheit. 

3263.  Uso  1110  höben.  PjL:^Ji^    Auch  die  Lüge  ist  ein  Auskunfts- 

mittel. 


—     3^0     — 

3264.  Uso  110  vianipacJn.  pJ'^Tt'A    iooS   Lügen. 

Wie  No  3261. 

3265.  Uso  to  bözu  no  atavia  wa  itta  koto  ga  nai.    üiliiSi'^Mlt 

t^o:f;^t5^'fj:t»   Ich  habe  keine  Lüge   gesagt  und  keinen 

Priesterkopf  frisirt. 

Scherzhafte  Redensart,  mit  der  man  den  Vorwurf  der  Lüge 
zurückweist ;  sie  beruht  auf  einem  Wortspiel  mit  Uta  :  i)  gesagt ; 
2)  frisirt,  "  die  Haare  gemacht" — was  bei  einem  Priester  eine 
Unmöglichkeit  wäre,  da  er  kahl  geschoren  ist. 

3266.  C/so  zm  niisubito  no  hajimc.    Bilt^A'^io*    Lügen  ist  der 

Anfang  zum  Diebe. 

Auch  :  jisoisukl  wa  dorobo  jw  /lajiman,  der  Lügner  ist  der 
Anfang  des  Diebes. 

3267.  Uso  wo  tsiiku  to,  Einvia  ni  sJiita  %vo  niikarcru.    1^4n±<  ^ 

!sl^l-"3''tfö'o*l^  ^    Wenn  man  lügt,  so  wird  einem  von 
Emma  (König  der  Unterwelt)   die  Zunge  ausgerissen. 
Eine    an    Kinder    gerichtete   Warnung.       Auch  :  jiso  ivo  ieba 
jigoku  ni  ochirii,  wenn  man  lügt,  kommt  man  in  die  Hölle. 

3268.  Usorashiki  uso  %vo    in  to  vio,  uiakotorashiki  nso  wo  iuna .' 

eif)  L^Pj|io<  2  l.Es?.  L^P>i4-5.J>"^j:  Man  darf  zwar 
Lügen  sagen,  die  wie  Lügen  aussehen  (die  niemand 
täuschen),  aber  nicht  Lügen,  die  wie  Wahrheit 
aussehen. 

Usotsuki  iva  doroöö  no  Jiajhnari :   s.    Uso  wa. 

3269.  JJsugami     zuo     hagasu   yd.    <S^Ä^|il1"tt    Als    ob    man 

dünnes  Papier   abrisse. 

Man  vergleicht  damit  das  ganz  allmählige  Besserwerden  eines 
Kranken. 

3270.  Jjtagai    wa    anchü    no    Jiitokage.     ^DMIBHttja)A§5     Wer 

Argwohn  hat,  (sieht    sogar)    in    der    Finsterniss   den 
Schatten  eines  Menschen. 
Vgl.  No  435. 

3271.  Jltati  1/10  jnau  nio  nori   no  koc.    1$^^  IS-MJ^i?)^    Auch 

Singen  uud  Tanzen  hat  seine  Gesetze  (wöril.  ist  die 
Stimme  des   Gesetzes). 


—     2>^i     — 

Man  soll  auch  beim  A'ergnügen  nicht  über  die  Grenzen  der 
Anständigkeit  hinausgehen.     (Aus  einem  Gedicht  des  Goshiii.) 

3272.  Vteha  hibiku.    ?Ttl-r#<     Wenn    man    anschlägt,    klingt 

es. 

Von  Ereignissen,  die  andere  Ereignisse  nach  sich  ziehen — 
ähnlich  wie  No  2718.  Auch  als  Warnung  vor  Dingen,  die  böse 
Folgen  haben  könnten. 

3273.  JJto,  .%^   Rabe  und   Hase. 

Sonne  und  Mond,  ein  Ausdruck  für  ''Zeit'';  z.  B.  uto  wo 
kurasit,  die  Zeit  zubringen.  Nach  einem  alten  Volksglauben 
lebt  in  der  Sonne  ein  dreibeiniger  Rabe,  im  Monde  ein  Hase. 

3274.  llsiiL'ushii  mono  ni   koriyo,    iögaraslii .'    HL^^I'^i» 

^IIZ  Hüte  dich  vor  schönen  Weibern,  (sie  sind    wie) 
rother  Pfeffer  ! 

3275.  Uwamai    ivo  tont  (od.    Jnmeru).    lM.i:e^h{[lYl  h)    Den 

oberen  Reis  wegnehmen. 

Das  Beste  unrechtmässiger  Weise  für  sich  vorwegnehmen. 

3276.  Uivftsa    ivo    siireba,    kage   ga    sasu.     ftS^-t  ^IlM^U'H'f 

Wenn  man   von    jemand    spricht,    so    erscheint    sein 
Schatten. 

"  V\'enn  man  vom  Wolf  spricht,  so  kommt  er." 

3277.*    Utjohu  ZUG  harn.  ^R^?I^    Die  Flügel  ausspannen. 

Seine  Macht  entfalten  oder  vergrössern.      Vgl.    No   470    und 
471. 
327S.  '^Uyoku  wo  ushinau.  ^R^^^>  Die  Flügel  verlieren. 

Seine  Stütze,  seinen  besten  Freund  u.  s.  w.  verlieren.  Vgl. 
No  865  und  1235. 


»>>»<«< 


—     3Ö2 


w. 


3279.  Wa  ni  wa  zvo  kakern.  Iml-lrai^^iTi    Dem    Rade    immer 

noch  ein   Rad  anhängen. 
Übertreiben.     (Vgl.  No  2205.) 

3280.  War/a  Eiraku  110  kama-darai.    ^«vk^'?)^!^  Der  eigene 

Kochkessel  als  Waschbecken  (aus  der  Periode  Eiraku). 
In  seinem  eigenen  Hause  ist  man  am  bequemsten,  kann  man 
thun,  was  man  will,  z.  B,  einen  Kessel  als  Waschbecken  benutzen. 
Eiraku  no,  aus  der  (chinesischen)  Periode  Eiraku,  der  Beiname 
eines  berühmten  alten  Porzellans,  steht  hier  nur  als  scherzhaflcr 
Zusatz. 

3281.  Waga  hotoke  iattoshi.     fit^'^^^^L    Der  eigene  Buddlia  ist 

prächtig. 

3282.  Waga    kuso    kiisakmiashi,    fitt\^-Ä  <  ^J:  L     Eigener     Mist 

stinkt  nicht. 

3283.  Waga  mono  no  hisai   to    kvanu.    I^t)-'*4t^^i'^i  51tw  Von 

dem   Gestank  der  eigenen  Dinge  redet  n^an  nicht. 

3284.  Waga  mono  to  omoeba,  karosJd  kasa  no  ynki.   ^ti^'if^i  ,Wl's 

11*.ML2£'?jS  Wenn  man  sicli   vorstellt,  dass   er  einem 
gehört,  ist  der  Schnee  auf  dem   Banibushute  leicht. 
Das  Spr.  stammt  aus  einem  Yolksliede. 

3285.  Waga  saiai  no  hito  ni  taisJnie    %va    kactte    mono   hvarezu, 

^ö^'g^OAr-itL-ClUil-Cit^S-lin«  Grade  der  Person,  die 
man  am  meisten  liebt,  darf  man  (seine  Geheimnisse) 
nicht  sagiMK 

3286.  Vf'af/aiiii  no    koto    iva    Jtilo    ni   toe .'    ?SJ^;$ilfiJ!Al' r«1'^ 

Über  dich  selbst  frage  andere  ! 

Man  täuscht  sich  gewöhnlich  über  sich  sellist. 


0O_3       

3287.*  Wagami  wo  taten  to  seba,  mnsu  hito  ivo  tatcyo !  ^M 
^ALXAjt^iX.^mA^^Xl  Wenn  du  selbst  in  der 
Welt  vorwärtskommen  willst,  so  hilf  erst  andern, 
vorwärtszukommen  ! 

3288.  Wagavii  7vo  tsiuuctie  hito  no  itavti  wo  sJnru.  f^^i^^i-IRo-CM 

A'?)#'^^^-ao    Wenn  man  sich  in  den   eigenen  Körper 
kneift,  w^eiss  man,  wie  weh  es  andern  thut. 

3289.  IVakn  iii  shishö  naslii.  ^if^i-ßipEtC  L  Für  die  Dichtkunst 

giebt  es  keinen  Lelirer. 

Das  Dichten  lässi  sich  nicht  erlernen,  man  muss   als  Dichter 
geboren  sein.      Waka  ist  die  nationale  japanische  Dichtkunst,  die 

6?fl-Dichtung,  neben   welcher  es  noch    eine   gelehrte  Dichtkunst 
nach  chinesischen  Vorbildern  giebt. 

3290.  Wakai  toki  wa  nido  iiashi.  ^»»^Bf  It— S^5SL    Die   Jugend 

kehrt  nicht  zum  zweitenmal  wieder. 

3291.  Waka-ki  no  moto  de  kasa    zvo  ni/ge !    ?r;^07r;T^^i?Eif 

Unter  einem  jungen   Baume  nimm  den  Hut  ab  ! 
Man  soll  die  Unschuld  der  Jugend  respektiren. 

3292.  Waki  no  shita  kara  Idya-ase  ga  dem  yd.  lä'^T«*  f)?^rPt>* 

ttiiti    Als    ob    unter    den    Achseln    kalter   Seh  weiss 
ausbräche. 

"  Angstschweiss  schwitzen". 

3293.  W(iku  iziivn    ni   vio    mizn-gare    ari.    fi  <  AI- i7Winfc''J 

Auch  bei  einer   fliessenden  Quelle  trocknet  (zuweilen) 
das  Wasser  aus. 

3294.'-^^  fVakivö-döfin.  fü^tl^^  Freundlicher  Glanz  (wird)  das- 
selbe wie  Staub. 

Eia  buddhistischer  Ausdruck  für  Götter,    die  Menschengestalt 
annehmen. 

3295.  Ji'aua  ni  kakeru.  ^i-^i*-?)    In  der  Pralle  fangen. 

Vgl.  No  235  r. 

3296.  JVara  de  tsnkutte  vio  otoko    zva    otvko.    HTfl^o'C  \.%\1% 

Mann  bleibt   Mann,  und  wenn   er  aus   Stroh   gemacht 
wäre. 


—   364   — 

3297-  Wavatte  son  sunt  mono  nashi.    ^'^'CÄ-f  ö^Mt    Durch 

Lachen   hat  noch  niemand  Schaden  gehabt. 

Man  soll  heiter  aussehen  ;  daher  sagt  man  von  jemand,  der 
immer  ein  mürrisches,  unzufriedenes  Gesicht  macht :  waraite  son 
shila  vo  na  kao,  ein  Gesicht,  als  ob  ihm  das  Lachen  schon 
einmal  Schaden  gebracht  hätte. 

3298-  Waran  kado  ni  fnkii   ga    kitaru.    ^Ä-l^nr-U^'^^    Zum 

lachenden  Thore  (zum  Thore,  wo  lachende  Menschen 
wohnen)  kehrt  das  Glück  ein. 

3299.  Ware  hito  wo    uyaniaeba,    liito    vtata    ivm-e  zvo  tiyamatt. 

^fll!A^t!c'^lt»tl!lA':'l'"fit^rl5ci>  Wenn   man  andere  ehrt,  so 
ehren  andere  einen  wieder. 
Vgl.  No  2314, 

3300.  Ware  saki  ni.  ^^W-   Ich  voran(strebend). 

Die  andern  zurückdrängend  (auch  im  eigentlichen  Sinne,  z. 
B.  in  einem  Menschengedränge) ;  sich  zur  Geltung  zu  bringen 
suchend. 

3301.  Ware-gane    no    yo.    ^li'^li     Wie    eine    gesprungene 

Glocke. 

Von  einer  unangenehm  klingenden  Stimme. 

3302.  Ware-nabe  ni  toji-lmta.  ^'^^V-W.'^M.  Auf  eine  gesprungene 

Pfanne  (gehört)  ein  geflickter  Deckel. 

Sagt  man  besonders,  wenn  eine  hässliche  Frau  einen  ebenso 
hässlichen  Mann  hat. 

3303.  Warui    koto    zva    dckinu    mono.    ^^i^^dthJÜ«  i  ©    Man 

kann  nichts  Böses  thun. 

Hinzu  zu  denken  ist:  ohne  dass  es  gleich  jeder  weiss.  Nur 
scherzhaft,  in  dem  Sinne :  man  ist  mehr  Leuten  bekannt,  als 
man  denkt ;  wenn  sich  z.  B.  herausstellt,  dass  man  da,  wo  man 
sich  unbekannt  glaubte,   wohlbekannt  ist. 

3304.  Wand    michi    ni   zua    iri-yasni.    ^st'sll-IXA'J  ^  L    Es    ist 

leicht,  auf  Abwege  zu  gerathen. 

3305.  Wand  taka  ni    e  zvo  kac !    ^t'!Si'0f-tflI'^    Einem   bösen 

Falken  reiche  Futter  (um  ihn  zahm  zu  machen)! 
Vgl.  No  2121. 


-     365     - 

3306.  Washl  no  ko.  IK^^  Das  Junge  des  Adlers. 

Wohl  gleich  No  3094. 

3307.  Watciri    ni  fune    li'o    ctaru   yö.    '^'')  \''W^\%V.  hm.    Wie 

wenn  man   an  der  Fäine  ein   Schiff  bekommen  hat. 

Von  etwas,  das    einem    grade    "zu   pass "    kommt    (vgl.   No 
2271),     Abgekürzt:  'luatari  ni  fune. 

3308.  Watmni  sckai  ni  oni  zm  nashi.    it^ffifrl-^ltM  l     Beim 

Wandern  durch  die  Welt  findet  man   nirgends  Teufel. 
Auch  die  schlechtesten  Menschen  haben    ihre    guten   Seiten ; 
auch  in  dem  Sinne  :  man  findet  überall  gute  Menschen. 

3309.  Wazawai    mo    sakvai  no    Jiashi  to  nari.    )%i^^^tUh 

Selbst  das  Unglück  wird   die  Brücke  zum   Glück. 

3310.  Wazawai  vw  sannen  okcba  yd  ni  iatsu.  i^c  l  H¥^-^«?  \tf^V-  io 

Selbst    das    Unglück    bringt    Nutzen,    wenn    man    es 
drei  Jahre  lang  aufhebt. 
Wie  No  937. 

33 11.  Wazatvai  zua  sliinio  kara.  i^<ltTo-f)  Das  Unglück  kommt 

von  unten. 

Gilt  z.  B.  von  Vorgesetzten,    die   für  die  Fehler   ihrer    Unter- 
gebenen büssen  müssen,  weil  sie  dafür  verantwortlich  sind. 


•i»»"^«5- 


Y. 


3312.      Ya    mo    täte    wo    taniarasu.    ^i^trS?>T*     Weder   Pfeil 
noch  Schild  halten  Stand. 

Von  etwas  ganz  Unwiderstehlichem,    wogegen  nichts  aufl^om- 
men  kann.     Vgl.  No  476. 


—     306     — 

3313-     Ya7)0    ni   nio    kö    fto    mono.    S?iKl*  i?^>5-S"    Audi    unter 
Leuten  ohne  Erziehung  giebt  es  tüclitige  IMänner. 
Statt  Y(xl>o  auch  yafit. 

3314.  Yiihu  kam  b'o.  W.'^'hW  Ein  Stock  aus  dem  Gebüsch. 

Von  etwas  Unerwartetem.     (Vgl.  No  1735.) 

3315.  Yabu  ni  uuia-guiva  no  yd.  WX-^^!^'^^    Wie   eine    Haike 

im   Dickicht. 

In  einem  Dickicht  kann  man  nicht  liarken  ;  also  von  etwas 
Unverwendbarem,  Unmöglichem. 

3316.  Yabu  wo  isutsiiite  hcbi  wo  dasu.  ^4'^oi^'C1^4-tl^T  Wenn 

man  im  Dickicht  stört,  jagt  man  Schhmgen  auf. 
Andere  Form  von  No  1653.     Meist  abgekürzt : /a^«  hebl. 

3317.  Ynhuislia  ga  tinl-körö  wo  Jdrotla  yd.  WiM\4^^W^'^h^^ 

\fx'^VM  Als   ob    der    Quacksalber  eine    Seeigelschale 
gefunden   hätte. 

Er  freut  sich,  weil  er  daraus  eine  Arznei  macht. 

Yafii  s.   Yabo. 

3318.  Yaharl  no  ni  okc  rengcso.  ^11  ^J  Sfi*  EU^"^^    Lass    das 

rengesö  noch  auf  dem  Felde  ! 

Aus  einem  Volkslied.  Roij^eso  ist  eine  schön  rothblü- 
hende Papilionacee  (Astragalus  lotoides),  die  Anfang  Mai  auf  den 
dann  noch  brachliegenden  Reisfeldern  sehr  häufig  ist.  Gleich- 
wie diese  Blume  auf  dem  Felde  hübsch  aussieht,  aber  wenn  man 
sie  abpflückt  und  in  eine  Vase  steckt,  ganz  unansehnlich  ist, 
so  verhält  es  sich  mit  einem  hübschen  Landmädchen :  sie 
würde  sich  in  der  Stadt  lange  nicht  so  gut  ausnehmen;  man 
soll  sie  daher  in  ihrem  Dorfe  lassen. 

3319.*  Yaibit  no  kizn  wo  iyasu  bcki,  kotoba  no  kizJi  iyasu 
bekarazu.  ^<^'Wt%.'t  ^ ^ .  Wy^'^.-^  ^^^  ^-^  Schwert- 
wunden  lassen  sich  Iveilen,  Wortvvunden  lassen  sich 
nicht  heilen. 

3320.  YaUeha  ni  döko  %vo  hiki-zimi  yd.  i%%\'-Wä.f£'^\t7:>^ü.  Als 
ob  man  einen  Kupfcikessv-l  über  einen  Brandplatz 
schleifte. 

Soll  eine  unangenehme,  krächzende  Stimme  bezeichnen. 


—   367   — 

33^1-  YaJ^ehokJziii  ni  iva  hi ga  tsuki-yasui.  i%W.\'AVhM'^^^- 
Ein  angekohltes  Siück  Holz  ist  leiclit  in  Brand  zu 
setzen. 

3322.  YiihcUlil  ni  vihu.  ilHi:7K  Wasser  auf  einen  ht-issen 
Stein. 

Wie  "ein  Tropfen  auf  einen  heissen  Stein"'. ' 

3323.-  Yakcno  110  Jdji,  yorn  no  tsurn.  i%M-^^.^^%%  Der 
Fa^an  im  brennenden  Felde,  der  Kranich  in  der 
Nacht  (verlassen  beide  ib.ie  Jungen  niclit). 

Beispiele    treuer    Elternliebe.       Statt    kiji,    Fasan,    auch    das 
gleichbedeutende  k  'gisit. 

3324.  Yaliela  ato  zva  tatsu  ga,  sJiinda  ato  zun  tatann.  ;fif:g$II 

Eo-&^^t^f:7*!Ii?:«  Eine  Brandruine  (ein  abge- 
branntes  Haus)  ei steht  wieder,  aber  die  Seele  eines 
Todten  nicht. 

Woitspiel    mit  ato,  das   hier  in    dem    Sinne    von    i)    Spuren, 
Tiümmer    (des    Brandes),    2)    Seele  (des    Abgeschiedenen)    ge 
braucht  ist;  ebenso  mit  tat;u  :    i)  wieder  aufgebaut  werden;  2) 
wieder  auferstehen. 

3325.  YakcTiura  Jii   ni   koiiziL.    i%ffiHi:I?1'    Ein    verbranntes 

Gesicht  scheut  sich  nicht  vor  der  Sonne. 

3326.  YiiMuiochi  züo  yaku.  W3kf)ei%^    Reiskuchen  backen. 

Eifersüchtig  sein. 

3327.  YakiinocJä  zvo  yaite  wo,  kui-te  nashi.  i%^'^Wi.^^X  i:^O^XU  L 

.  Wenn  man  auch  Reiskuclien   bäckt  (eifersüchtig  ist), 
uill  ihn  doch  keiner   essen. 

Scherzhaft  für :  durch  Eifersucht  macht  man  sich  nur  lästig. 
Die  Form  analog  der  von  No  2325. 

3328.  YakusJii  no  niae,  Jizö  no    ushiro.    ^W^W^M^^'^    Vor 

Yakushi,  nach  Jizö. 

Zwei  populäre  buddhistische  Gottheiten :  YakusJd  der  Gott 
der  Heilivunst,  Jizo  allgemeiner  Nothhelfer,  insbesondere  Schutz- 
gott der  Kinder.  Ihre  Namen  stehen  hier  für  die  T^ge,  an 
denen  man  sie  feiert :  \  'akitshi  am  8.,  Jizo  am  24.  Tage  des 
alten  Mondkalender-Monats.  Vor  dem  8.  und  nach  dem  24.  war 
kein  Mondschein,  daher  ist  der  Sinn  :  eine  stockdunkle  Nacht. 


.     -     368     — 

3329-      YaJcwctn  de    aznki   zvo    togu   yd.  ^IST>'>fi^®  Ctl    Wie 
wenn   man  in  einem  Metallkessel  Bohnen  wäscht. 

Hastiges,  unverständliches    Zcr.g  reden;  nicht  geordnet,  nicht 
der  Reihe  nach  erzählen. 

3330.  Yakwan  de  yiidcta  tako  110  yö.  iilST5if:liO^  Wie  ein  im 

Kessel  gesottener  Tintenfisch. 

"So  roth  wie  ein  gekochter  Krebs'';  besonders  in  Folge  eines 
sehr  heissen  Bades. 

3331.  Yakwan-otama.  ^HM  Ein  Theekesselkopf. 

Ein  Kahlkopf. 

3332.  Ymna  ga  atam  (od.  haziireni).  lUt^'^fi  S(M-Kä)  Der  Berg 

trifft  (od.  trifft  nicht). 

Die  Spekulation  gelingt  (oder:  schlägt  fehl).  "Berg"  steht 
ursprünglich  für  Berg-  od.  Minenunternehmung,  hat  dann  aber 
die  allgemeine  Bedeutung  "  Spekulation ''  bekommen ;  daher 
^\.\z\\  yaniashi  {^%)\  Spekulant,  Schwindler. 

Zl'hl'^   Ya7na    jii    Jiainaguri   zvo    motoinuni.    lÜi:4^4'^L'^      Auf 
dem  Berge  nach  Muscheln  suchen. 
Vgl.  No  595  und  131 1. 

3334.*  Yania  711  Ute  tora  zvo  toj-öru  zva  yasnkit,  kucld  zvo  hiraite 
zeni  wo  kar?i  zva  katashi.  ll]i:A'CJ[^^i£^^S(l^  <  .Pi^Pfl 
"CU^-fa  Ä  |t|i  L  (Selbst)  in  die  Berge  zu  gehen  und 
einen  Tiger  zu  fangen  ist  leicht,  aber  den  Mund  zu 
öffnen,  um   Geld  zu  borgen,  ist  schwer. 

3335-  Yavia  no  ivio  iinagi  ni  narn.  UlO^ISlt^S  Die  Kartoffel 
wird  zum  Aal. 

Scherzhaft,  wenn  jemand,  dem  man  nicht  viel  zugetraut  hat, 
es  plötzlich  zu  etwas  bringt. 

3336.  Yavia  110  kann.   ^<^t^  Göttin  des  Berges. 

Ein  scherzhafter  Ausdruck  für  "  Frau";  vgl.     No   2203. 

3337.  Yama    takaki  ga   yuc   ni   tattokayazu.    UliS  ^«^'ÖCl^Stj«  ?>-r 

Ein   Berg  ist  nicht  ehrwürdig,  weil  er  hoch  ist. 

Reichthum  oder  vornehme  Geburt  allein  geben  noch  keinen 
Anspruch  auf  Hochachtung. 


—     3^9    — 

333^.      Ya7na  to  ieba  kazva  to    in.    Uli^S'^ltVlIi  i^i-    Wenn    (ein 
anderer)   "  Berg  "  sagt,  "  Fluss  "  sagen. 
Immer  widersprechen  ;  vgl.  Xo  2793. 

3339.  YmnahulH  zm  hana  ga  saite  mi  ga   narami.  lUgJCli^*-" 

^^^X-^^'^bn    Der     Yamabuki    blüht,     aber    bringt 
keine  Frucht. 

Yamabuki  ist  ein  auch  in  Europa  beliebt  gewordener  Zier- 
strauch mit  gelben  Blüthen  (Kerria  japonica).  Von  schönen 
Frauen,  die  kinderlos  bleiben  (auch  ist  yamabuki  in  Gedichten 
ein  Ausdruck  für  schöne  Frauen  reiferen  Alters)  ;  auch  von 
Leuten,  die  viel  reden,  aber  nie  handeln.  Oft  abgekürzt: 
yamabuki  no  yö,  wie   der  Yamabuki-Strauch. 

3340.  Ymiiai  kiichi  yori  iru.M^  i'')XZ  Krankheiten  kommen 

durch  den   I\Iund. 

3341.  Yamcii   naorite    isha    okotani.    ^5^"!]  xB^-itS     Wenn    die 

Krankheit  sich  bessert,  wird  der  Arzt  nachlässig. 

3342.  Yamai   zvo    shinba,    iyiirit  ni    cJnkasliL  ^^^Hlf^S  ItiS  L 

Wenn    man    die    Krankheit    kennt,     so    ist    man   der 
Heilung  nahe. 

3343.  Yaniashl    no   gcnkzvan.    lü^ip^S^    Der    Eingang    zum 

Hause  des  Schwindlers. 

Er    macht    einen    stattlichen    Eindruck,    um    Vertrauen  zu  er- 
wecken.    Vgl.  No  955. 

3344.  YaviasJii   yama  de    hateru.    Ul^^lÜT^'C -S     Der  Spekulant 

(Schwindler)  endigt  in    einer   Spekulation. 

Wohl  dem  Spr.  No  1249  nachgebildet.       Vgl,    die  Erklärung 
zu  No  3332. 

3345.  Yaini  zm  aya  nashi.  S(t|SML   In    der  Nacht  sieht  man 

die  (schönen)   Muster  des    Stoffes  nicht. 

3346.  Yainiyo  ni  chdcJiin  zvo  eta  yö.  Sl^l-iSi:T^^Sf:li    Als  ob 

man  in  finsterer  Nacht  eine  Laterne  bekommen  hätte. 
Vgl.  No  3307. 

3347.  Yaviiyo  ni  ieppö.  "^^V-W^  Ein  Schuss  in    dunkler  Nacht. 


—     370     — 

Für  etwas,  das  keinen  Erfolg  haben  kann — wie  es  in  dunkler 
Nacht  unmöglich  ist,  etwas  zu  treften.  Auch:  jawij'o  ni  tsubutc, 
ein  in  dunkler  Nacht  geschleuderter  Stein. 

3348.  Yaviiyo  no  nishiki.  B|f^^;ISÜ  Brokat  in  dunkler  Nacht. 

Er  wird  von  niemand  gesehen. 

3349.  Yanagl  no  eda  ni  ynki-ore  nashi.  Wi5lil*Ä^|T-"^X  L    Bei 

Weiden  zwei  gen  kommt  keiii  Schneebruch   vor. 

Schwächliche  Leute  halten  oft  mehr  aus  und  leben  länger  als 
robuste.  Abgekürzt :  yanagi  ni  ytiki-ore  nasJii ;  auch  sagt  man 
statt  yuld-ore  :  kaza-ore,  ^^'indbruch. 

3350.  Yanagi  %va  inidori,  Jiana  wa  kwaiai.  W(l.i^.^(^^  Bei  der 

Weide  ist  Grün,  bei  Blumen  Roth  (die  schönste  Farbe)- 
Bedeutung  zweifelhaft. 

3351.  Yarazu    buttakuri.    il  f)"r-.i^of:  <  ij     Nichts  geben,    aber 

alles  an  sich  reissen. 

3352.  Yavl  ga  futte   vio.  l|t)^7$o-Cl    Selbst  wenn    es    Spiesse 

regnete. 

3353.  Yari  hilo-snji  no  bushi.  H^^S'^ffti  Der  Krieger  einer  Lanze. 

Ein  Samurai,  der  nur  einen  Lanzenträger  hat ;  ein  Samurai 
von  niedrigem  Range. 

3354.  Yarimochi     no     setsuin.    ^^^UW     Der    Abtritt   des 

Lanzenträgers. 

Variante  von  No  2573. 

3355.  Yarimochi  yari  zvo  tsiika-ivazu.  ^^^läfi^M'^'V    Der    Lanzen- 

träger gebraucht  die  Lanze  nicht. 

D.  h.  er  versteht  sie  nicht  zu  gebrauchen.  Ähnlich  wie  No 
2423. 

3356.  Yarisalx'l  no  köinyö.  H^fe^OJ^^  Der    Ruhm    der    Lan- 

zenspitze. 

Metapher  für :  kriegerisches  Verdienst,  Heldenthat. 

3357.  Yasashlhl  Jdto  ni  vio  chikara  ari.  M^Ai^  i:^^''J  Auch 

der    Gutmüthige    hat    Kräfte    (lässt    sich    nicht    alles 
gefallen). 
Vgl.  No  801. 


6/ 


I      — 


3358.  YasegaJci  no  taue  taJcusan.  B.'^^'^^M^  In  der  magern 

Kaki-Frucht  sind  viele   Kerne. 

Arme  Leute  haben  viele  Kinder — vgl.  No  178  und  176. 

3359.  Yasete  mo   karcte  ino    iiioto   ga   vtoto.    ^t  ifeX  t7C5-7t 

Auch  dürr  (eigtl.   abgemagert)  und  vertrocknet  bleibt 
der  Stamm  doch  Stamm. 

Einem  Reiclien  bleibt  auch  nach  grossen  Verlusten  immer 
noch  Geld  genug  übrig.     (Vgl.  No  393.) 

3360.  Yase-ude  ^M  Magerer  Arm. 

Einer,  der  nicht  viel  leistet,  der  auf  irgend  einem  Gebiete 
"  Schwachmaticus  "  ist. 

3361.  Yasc-udc  ni  mo  hone  ari.  ÜßJ^l- l 's-ft  "J    Auch   im  magern 

Arm  sind  Knochen. 

Man  soll  niemanden  verachten ;  vgl.  No  982. 

3362.  Yase-uma  ni  ni  ga    siigiru.  S-^l-i^Ä^^'i^^'^    Die    Last 

ist  für  das  magere   Pferd  zu  gross. 

Von  jemand,  der  z.  B.  krank  gewesen  ist  und  noch  nicht 
viel  leisten  kann.  Auch  :  yase-uma  ni  omoni  no  jo,  wie  eine 
schwere  Ladung  auf  einem  magern  Pferde. 

3363.  Yasha  ga  yome-in.  ^X^^^^^^'i    Die    Heirath    der  Teu- 

fe h'n. 

Wenn  ein  böses  Weib  heirathet. 

3364.  Yasui  mono  kacba,  hana   ga    ochirii.    '^^-%'n.^\t^'^'t%h 

Wenn  man  billige  Sachen    kauft,    so    fällt    (nachher) 

die  Nase. 

Zuerst  bildet  man  sich  auf  den  billigen  Kauf  etwas  ein,  bis 
man  einsieht,  dass  man  betrogen  ist.  {hana  ga  ocJiini,  die  Nase 
fällt,  bedeutet:  der  Hochmuth  legt  sieb,  ist  also  der  Gegensatz 
zu  hana  wo  takaineru—s.  d.) 

3365.  Yasulzarö    warukard.    ^^'bi^^^^hi      Wahrscheinlich 

billig,  wahrscheinlich  schlecht. 

3366.  Yasumoiio-Jtai  no  zcni-usldnal  S^^Oll^cA  Der  Verlust 

des  Geldes  beim  Kaufen  billiger  Sachen. 

Statt   zeni-itskinai  auch  zeni-hafashi,  das  Ende  des  Geldes- 


—     372    — 

3367-     Yatai-viisc  no  l-ani  110  yd.  WM^^%.^^  Wie  der  Krebs 
der  Schaubude. 

Von  Krebsen,  Fischen,  Früchten  etc.,  die  gross  sind,  aber 
nicht  besonders  schmecken. 

Yo  (Welt). 

3368.      Yo  ga  suc  ni  natta.  Üt^^'^l-i^ot:    Die  Welt  ist  am  Ende 
angelangt. 

Die  Welt,  die  Menschen  taugen  jetzt  nichts  mehr. 

3369.*    Yo  midarcte  gökctsu  arazvaru.  ffiEH'C^^JJllt  S   Wenn  die 
Welt  in  Verwirrung  ist,  ersteht  ein  Held. 

3370.*    Yo    mijikakn,    kokoro    dshi.    ■töM<.»t»^L  Die    Welt    (das 
Leben)  ist  kurz,  die  Wünsche  sind  zahlreich. 
Das  Leben  ist  zu  kurz,  um  jeden  Wunsch  zu  erfüllen. 

3371.  Yo  ni  idcru.  W\'~%h    In   die  Welt  hinausgehen. 

Berühmt  werden. 

3372.  Yo  wa  naiia-hidariy  nana-nobori.  iSIt-byj  .-trJi'J     In   der 

Welt  fällt  man  siebenmal  und  steigt  man    siebenmal. 
Vgl.  No  2052. 

Yo  (Nacht). 

3373.  Yo  zvo  hi  ni  tsitgu.    ^i^Bl-lsC    Die    Nacht    dem    Tage 

hinzufügen. 

Unermüdlich  arbeiten. 

3374.*   Yö    WO    tsiihmi  ga  gotohi.  IffiMI^  <  ^-ö^'itlK     Als   ob  man 
Thonpuppen  machte. 

Für:  etwas  Neues,  aber  Unnützes  erfinden.  Yo,  {=tsitchi- 
ning}>o)  sind  menschliche  Thonfiguren,  die  in  ältester  Zeit  an 
Stelle  der  Diener  dem  Kaiser  ins  Grab  mitgegeben  wurden. 

3375.  Yobiine  zvo  kogit.  ^'clSd' VJf  C  Das  Nacht.schiff  rudern. 

Im  Sitzen  einschlafen  und  dabei  mit  dem  Kopfe  nicken. 

3376.  Yöfuhu  icMzvari,    hige    niwari.  #ÄR-f'J.f£^l'il    Europäi- 

sche Kleidung  (erhöht)  um   10  Procent,  ein  Bart  um 

20  Prccent. 

Europäische  Kleidung  und  das  Tragen  e'mes  Bartes  (ebenfalls 
eine  europäische  Neuerung)  verschaffen  heutzutage  Achtung. 


0/3     — 

3377.  Yoha  ni  arasM.  K^^ltE    Ein  Sturm  um  Mitternacht. 

Ein  unvermuthetes,  plöt^-lich  eintretendes  Unglück. 

Yoi  (Rausch). 

3378.  Yoi  ga  mawaru.  M^^Mh   Der  Rausch  kreist. 

Betrunken  sein. 

Yoi  (gut). 

3379.  Yci   Jiana    zua   yoi    ini    wo    violanu.    SJt'^^lli?i''Ä4'#t:« 

Schöne  Bhimeii  tragen  nicht  schöne  Früchte. 

3380.  Yoi   naka    ni   kaki  wo    sliiro !  $?w*tt'l*iI4' L^    Setze  der 

Freundschaft  eine  Grenze  ! 

Lass  dich  mit  zweifelhaften  Leuten  nicht  zu  sehr  ein. 

3381.  Yoiijoshi  110  kam  wa  tsukawanu.  W^  LOirltitlt»  Das 

Geld,  das    über    die    Nacht    bleibt,    kann    man  nicht 
gebrauchen. 

Eine  scherzhafte  Redensart :  heute  muss  alles  verjubelt  werden, 
es  darf  nichts  übrig  bleiben. 

3382.  Yoipparl  no  asane{iii)bd.  '^\^<^^W^%  Das  lange  Schla- 

fen des  Spätaufbleibers. 

Yol-^artie  :  s.  Ei-zavie. 

3383.  Yöjin  %üa  okubyd  ni   scyo !    ffl-iLMtM^l-tf  I     Treibe    die 

Vorsicht  bis  zur  Ängstlichkeit  ! 
3384.*    YöUl  hassiirii  tokaro  kinscki  mata  tönt.    ^'^UM.'t  hW\'^'B,% 
M^    Wenn  man  Frohsinn  besitzt  (eigtl.   wo  Frohsinn 
ausgeht),  dringt  man  selbst    durch  Metall  und  Stein. 

3385.  loA'O  no  mono  ''.wo    täte    ni    nio    senu.     II?)|^^*-Ug|I  itfo 

Nicht  einmal  das  Schiefe  grade  stellen. 
Grosse  Trägheit  oder  Gleichgültigkeit. 

3386.  Yoko-gami  zvo  saku.  $iM.^§l<  Papier  quer  (gegen  die  Fa- 

ser) zerreissen. 

Ungerecht,  unvernünftig  behandeln. 

Yokii  (gut). 

3387.*   Yoku  im  mono  wa  mata  yoku  fusegu.  h&  ^M^^UXt^  <  ßö  C 
Wer  gut  schiesst,  vertheidigt  auch  gut. 


—     3/4     — 

3388.*    Yokn  oyogii  mono  zva    oborc,    yoku    noru    viono    zva   otsti. 
t^<i^<'^lt'^n.Hg<^S  lU^o    Der    gute    Schwimmer 
ertrinkt,  der  gute  Reiter  fallt  (vom  Pferde). 
Die  unwahrscheinlichsten  Dinge  kommen  vor. 

Yokit  (Begierde). 

3389.*  Yokit  HO  knmataka  mata  kam  sakeiii  (od.  vmta  ivo 
sakarcrii).  m<^^fAt^^  h^Si'i  h m.  ^M  0'  n  * )  Der  allzu 
gierige  Falke  wird  mitten   auseinander  gerissen. 

Bezieht  sich  auf  eine  Geschichte  von  einem  Falken,  der  zwei 
Wildschweine  neben  einander  liegen  sah  und  mit  jeder  Klaue 
eins  zu  greifen  gedachte ;  als  nun  die  Wildschweine  auseinander 
rannten,  wurde  er,  da  er  die  Klauen  zu  fest  eingeschlagen  hatte 
und  sie  nicht  mehr  zuiückziehen  konnte,  in  zwei  Stücke  zerrissen. 

3390.  Yoku  iii  itadaki  naslii.  S^I-^H^tt  L    Zu    grosse    Gier    be- 

kommt nichts. 

Yoku  im  engeren  Sinne  ist  die  Habgier. 

3391.  Yoku  ni  mc  nasJii.  Bl-S^iL  Die   Gier  hat  keine  Augen. 

3392.  Yohi  ni  soko  nashi.'^A'^'^l,    Habgier    hi.t  l:eir.cn  Fcdcn 

3393.  YokiL  no  7iai  mono  iva  kuji  ga  atarii.  ^OteiH  0|t|St)'i'ä*Ä 

Wer  niclU  habsüchtig  ist,  gewinnt  in  der  Lotterie. 
Scherzhafte  Redensart. 

3394.  '^Yohi  Stirn  taka  zva  tsnnie  %vo  otosn.  ^'!"f  ^üSIa/R^jÜ'  Der 

(zu)  gierige   Falke  verliert  die  Klauen. 
Variante  von  No  3389, 

3395.*  YoJmdo  no  tami  zva  sai  arazn.  öciOSlX^t'*»  ^'t  Die 
Bewohner  einer  fruchtbaren  Gegend  haben  keine 
geistigen  Fähigkeiten. 

3396.  Yolxtune  de  mim.  ^'iSTÄi     Mit    wünschenden   Augen 

sehen. 

Parteiisch  sein.     Vgl.  No  2370. 

3397.  Yonianu-döshi,    kakam-dcsJä.    ^i^I^±>Ä«•^I^I±     Die 

Gesellschaft  der  Lese-  und    Schreibunkundigen. 
Die  Einigkeit  der  Unwissenheit. 


—     375     — 

3398.  Yonie  no  namida  hodo.  ^^iR?l  So  viel  wie  die  Thränen 

einer  Schwiegertochter. 

Nämlich  beim  Tode  ihrer  Schwiegermutter ;  daher  ein  Aus- 
druck für:  sehr  wenig  oder  nichts  (vgl.  No  3401,  auch  No  2834). 

3399.  Yome    sliüto    nt    nani.    ^ifil-^^     Die    Schwiegertochter 

wird  (einmal)  Schwiegermutter. 

Wer  jetzt  eine  bescheidene  Stellung  hat,  kann  später  zu  gros- 
sem Einfluss  gelangen. 

3400.  Yome  to  na   ga  isnkcba,  zvaga  ko  de  vio  nikusJd.  S^^^t)» 

'fiJ-lJlt.^irTittL  Wenn  die  Braut  den  Namen  (des 
Mannes)  annimmt,  wird  selbst  das  eigene  Kind  ent- 
fremdet (eigentl.  verhasst). 

Wenn  die  Tochter  ihren  Mann  mehr  als  ihre  Eltern  liebt,  so 
sind  diese  missvergnügt. 

3401.  Yome    to    sJiTitome,    saru    io    inu.  ^^fö.^^::^  Schwieger- 

tochter und  Schwiegermutter  (sind  wie)  Affe  und 
Hund. 

Oder,  wie  man  bei  uns  sagt :  wie  Hund  und  Katze  (vgl.  No 
923).  Der  leidende  Theil  ist  dabei  die  Schwiegertochter,  die  von 
ihrer  Schwiegermutter,  in  deren  völliger  Gewalt  sie  ist,  oft  sehr 
hart  behandelt  wird. 

Yome  tva  nkua  kara  morac :  s.  Mnko. 

3402.  Yo-me,    tö-me,    kasa   no    itchi.    I^B.MS^^O^'    In    der 

Nacht  sehen,  von  weitem  sehen,  unter  dem  Schirme 
(vom  Schirm  bedeckt  sehen). 

In  allen  drei  Fällen  ist  es  nicht  möglich,  das  Gesicht  genau 
zu  erkennen,  oder  zu  wissen,  ob  man  ein  schönes  oder  hässliches 
Mädchen  gesehen  hat. 

3403.  Yomi  to  Uta.  Ä^^Ü^  Dichten  und  Lied. 

Vielleicht :  wie  man  dichtet,  so  ist  das  Lied  ?  Die  Bedeutung 
soll  sein :     "  wie  die  Arbeit,  so  der  Lohn." 

3404.  Yomichi    ni  Jd   iva  kiirezu.    ^iil- 0  H^h."^    Auf    dem 

Wege  in  der  Nacht  geht  die  Sonne  nicht  unter. 

Nachdem  die  Sonne  untergegangen  ist,  brennt  die  Lampe  die 
ganze  Nacht. 


—     37Ö    — 

3405'*  Yomogi  asa  )io  naka  ni  slioziireba,  tastikezit  shite 
onoznkara  imoshi,  JiahisJia  doro  m  areba,  somezti  shite 
onozttkara  hiroshi.  m.M<^^ i: ^T nif.^irt  LXUh^L.Ü 
mi\''^ki-\t^yik^'tLXUh^.L  Wenn  der  Beifuss  im 
Hanf  aufwächst,  so  wird  er  ohne  Hilfe  von  selbst 
grade ;  wenn  weisser  Sand  im  Schlamm  liegt,  so 
wird  er,  ohne   ihn  zu  färben,  von  selbst  schwarz. 

Der  Einfluss  guten,  andererseits  der  Einfluss  schlechten 
Umgangs  auf  den  Menschen.     Vgl.  No  87,   1922  u.  a. 

3406.  Yonioyama  no  Jianashi.  ß9:ÄtlJ^l5L    Gespräch  in  allen 

Richtungen. 

Ein  Gespräch  über  allerlei.  Yoinoyajiia,  "vier  Seiten-Berg", 
ist  eigentlich  yomoyavio  {^')]A,')j),  4  Seiten  8  Seiten,  d.  h.  alle 
Richtungen,  alle  Himmelsgegenden. 

3407.  Yonde  htm.  ^ki'^^h   Wenn  man  ruft,  kommt  er. 

Er  geht  in  die  gestellte  Falle,  giebt  die  Antwort,  auf  die  man 
gerechnet  hatte  u.  dgl. 

3408.  Yori  wo  inodosu.  ^"J'^HT   Den  Faden  aufdrehen. 

Etwas  wieder  rückgängig  machen ;  eine  verfahrene  Sache 
vi'ieder  in  Ordnung  bringen. 

Yoritsiilii'lia  no  nai  kotoba  :  s.   Toritsiiki-ha. 

3409.  Yöshi    711    zva    Jicso    no   ue    c    obi   zvo  shhneta  mono  zvo 

morae!  «^i:|i^O±'^=^4-^f:#4.K'^  Zum  Adoptiv- 
sohn nimm  einen,  der  den  Leibgurt  über  den  Nabel 
gebunden  hat. 

Einen,  der  einen  festen  Charakter  hat. 

Yoshi  no  zni  kara  icn  nozoku :  s.  Hart  no  ana. 

3410.  Yosliiwara  ga  akaniku  narcba,  ucJn  ga  yavii.    SM-ö^'5? 

:J^<;Änit\S^(Il!  Wenn  das  Yoshiwara  hell  wird, 
herrscht  im   Hause  dunkle  Nacht. 

Wer  Abends  das  Yoshiwara  (Name  eines  Bordellviertels  in 
Tokyo)  besucht,  dessen  Hauswesen  geht  zurück, 

341 1.  Yoso-nie  de  mita  hodo  yoku  zva  nashi.  ^@TÄ-f:flSl511te 

L  Nichts    begehrt    man    so    sehr,    als   was  man  von 
aussen  (eigtl.  mit  dem  Aussen-Auge)  gesehen  hat. 


—     377    — 

Was  ein  anderer  hat,  scheint  einem  schöner,  ab  was  man 
selbst  besitzt.    Vgl.  No  290p,  3087.  3088  u.  a. 

3412.*   Yötö  110  ji.  Ü®0*  FHegenkopf-Schriftzeichen. 
Eine  sehr  kleine  Schrift. 

3413.*  Yötd  110  ri  zvo  arasoii.  ^It^Mte^i-  Sich  um  den  Ge- 
winn eines  Fliegenkopfes  streiten. 

Sich  um   Kleinigkeiten  streiten.     Vgl.  No  979. 

3414.  Yoivai  mcno-ißme.M^'^\<-h'^   Das  Quälen  der  Schwa- 

chen (ist  unrecht). 

z.  B.  zu  Kindern,  die  ihre  jüngeren  Geschwister  schlecht  be- 
handeln. 

3415.  Yozvai   shin  wo  miscrn.    I^v^^;^^t£^    Einen   schwachen 

Hintern   zeigen. 

Seine  schwache  Seite  zeigen  ;  "  sich  eine  Blosse  geben''. 

3416.  Yoivaki  wo  tasukem  zua  Azuvia  no  tsune.    II^^HifÄlt 

'MM<^%  Den  Schwachen    beizustehen    ist   japanischer 
Brauch. 

3417.  Yoica-miisJii.  IIA  Schwaches  Insekt. 

In  derselben  Bedeutung  wie  bei  uns  "  schlapper  Kerl." 

3418.  Yowari-nie  ni  tatari-ine.  H^JSr.^'JB  Zum  schwachen 

Auge  ein  gottgestraftes  Auge. 

Die  Bedeutung  ist :  Unglück  auf  Unglück,  also  dieselbe  wie 
die  von  No  2030.  Auch  (irrthümlich)  :  yoiuarinie  ni  iadariine, 
zum  schwachen  Auge  ein  entzündetes  Auge. 

3419.*  Yöyu  ni  yiivii  wo  in.  ^ffii:^^si>  Dem  Yöyu  (Name 
eines  berijhmten  chinesischen  Bogenschützen)  vom 
Bogen  sprechen. 

3420.  Ya  misu  no  gotoku  kinscn  zvo   maki-chirasu .    ü^Jc^jcn  <  ^ 

lä^fiSiki'  Das    Geld    wie    heisses    und  kaltes   Wasser 

umherschütten. 

Sehr  verschwenderisch  sein.  Abgekürzt :  yu  mizii  no  yö,  wie 
heisses  und  kaltes  Wasser. 

3421.  Yu  1110  cJia  vio  waita.  ^i^l)f'i''f:  Sowohl    das  Wasser 

als  der  Thee  kocht. 
Für :  es  ist  alles  fertig. 


—     378     - 

3422.  Vu  no  jigi  zva  inizu.  ^?)Sf^lt7^  Wenn  man    das    heisse 

Bad  (zu  lange)  ablehnt,  wird  es  kalt. 

3423.  Yuhi-ori  no  7iclii.  ta^'J  Ot^i/:*  Innerhalb  der   gebogenen 

Finger. 

Es  giebt  nur  sehr  wenige  ;  die  wenigen,  die  es  giebt,  "  lassen 
sich  an  den  Fingern  zählen",  {vubi  wo  otte  kazoerit,  zählen, 
indem  man  die  Finger  umbiegt  =  an  den  Fingern  herzählen.) 

3424.*  Yitdan  taiteki.  \W\XM.    Nachlässigkeit    ist    ein   grosser 

Feind. 
3425.*    Yiidan  ivo  nerati  tora  ökami.    rÖJif^Ä^-^^I^^S    Der    auf   die 

Nachlässigkeit  lauernde  Tiger  und  Wolf. 

3426.  Yude-flako  no  jJ.  Wi^W^W  Wie  ein  gekochter  Tin- 
tenfisch. 

Wie  No  3330, 

3427.*  Yüi  Jiana  ivo  ncte  hana  hirakasn,  umshin  yanagi  %vo 
sashile  yanagi  kage  wo  nasu.  ^Jatt^^^ hX^^^^'t" M'L" 
MftWLXWM^^'^  Man  pflanzt  mit  Sorgfalt  Blumen, 
und  sie  blühen  nicht,  man  steckt  gedankenlos  einen 
Weidenzweig  (in  die  Erde),  und  die  Weide  giebt 
(nachher)  Schatten. 

3428.  Yuh'a  ga  taka-sugite  tenjö  ga  hiknkit  naru.  fK*^i^li'C5c 
±t)'-{£<^i  Wenn  der  Fussboden  zu  sehr  erhöht  wird, 
wird  die  Decke  zu  niedrig. 

3429.*   YuK'l  asslnlc  niatsu  no  inisao  zuo  shiru.  ^M  L'Cfö?)^^^ 

h   Wenn  der  Schnee  (die  Aste)  drückt,   erkennt  man 

die  Treue  der  Kiefer. 

In  der  Zeit  der  Noth  bewährt  sich  die  Treue.  (Mit  der  Treue 
der  Kiefer  ist  ihre  immergrüne  Farbe  gemeint.)     Vgl.  No  1720. 

3430.     Ynki  no  asJiita  %va  liadaka-vmsJii  no   sentaku.    §€>§SHII|t 

^'^'^•^  Am  Tage  nach  dem  Schneefall  halten    arme 
Leute  Wäsche. 

Über  den  Ausdruck  hadaka-nuisJii,  (chin.  Auspr.  racliii), 
nacktes  Insekt,  s.  No  2381.  Nach  einem  Schneefall  pflegt  warmes 
Wetter  einzutreten  ;  daher  benutzen  arme  Leute,  die  bei  grosser 
Kälte  alle  ihre  Kleider  auf  dem  Leibe  tragen,  diese  Gelegenheit 
zur  Wäsche. 


—    379    — 

3431-      ^^^<ki    HO    Jiate   zva    nehan.  Ä'^HIIS^     Das    Ende     des 
Schnees  ist  am  Tage  Euddlias. 

D.  h.  nach  diesem  Tage  fallt  kein  Schnee  mehr,  nchan, 
Nirvana,  steht  hier  für  Buddha,  und  Buddha  wieder  für  das 
Geburtsfest  Buddhas,  welches  am  8.  April  gefeiert  wird.  Nur 
eine  Art  Wetterregel. 

3432.  Yiiki  to  sinni  no  yd.  ^i^Ot*  Wie  Schnee  und   Kohle. 

So  verschieden  "  wie  Schwarz  und  Weiss."     (Vgl.  No  826.) 

3433.  Yiiki   zva    höncn  no  mitsugi.  ^lts;¥'?)R    Der    Schnee  ist 

die  Steuer  des  fruchtbaren  Jahres. 

Wenn  viel  Schnee  fällt,  so  giebt  es  ein  fruchtbares  Jahr. 
Statt  höneii  no  initsugi  auch  honen  no  chd  (5)^),  das  Anzeichen 
eines  fruchtbaren  Jahres. 

3434.  Yuki  zva  hm  no  obasan.  §(1::^^MS^  Der  Schnee  ist  die 

Tante  des  Hundes. 

Der  Hund  freut  sich  sehr  über  den  Schnee,  wälzt  sich  darin 
umher  u.  s.  w. 

3435.  Yuki-daUiiyö     ni    kacri-kojiki.    tt^;^^!-!!"^^^     Als 

Dainiyö  ankommen  und  als  Bcttlor  weggehen. 
Sein  ganzes  Geld  durchbringen  (besonders  im  Bordell). 

YuJi'igake  no  dachin :  s.  Ikigakc. 

3436.  Yuluvai  tua  inochi  no  sentaku.  tiu'l^lt^Oi^a  Freude  ist 

die  Wäsche  des  Thebens. 

inochi  no  sentaku,  Wäsche  des  Lebens  =  Erholung  (vgl.  No 
909). 

3437.  Yimie     ni    botamocJd.     ^l*7Ü:;ff     Ein     Reiskuchen     im 

Traume. 

Vgl.  No  318. 

3438.  Yitvic  ni  mo  oniowanii  {koto).  ^1- t*^>ltio(^)  Woran   man 

nicht  einmal  im  Traume  gedacht  hat. 
Etwas  sehr  Unerwartetes. 

3439.  Yunie  no  nkiyo.  ^Oy?tH:  Die  schwimmende  Traumwelt. 

Vgl.  No  3202. 


—     380     — 

3440-  Yuine  wa  saka-yunic.  ^Itj^'^  Träume  sind  verkehrte 
Träume. 

Sie  l^edcuten  ihr  Cegentheil. 

3441.  Yinne-ji  %vo  tadorn.  ^S&^üÜ^    Den  Traumweg  tasten. 

Sorglos,  "  wie  im  Traume ''  dahinleben. 

3442.  YuTYii    VW    Jdki-aezn.    ^IHI^Sfc'^'f    Nicht    einmal    den 

Bogen  (die  Bogensehne)  ziehen  können. 

Sofort,  in  demselben  Augenblick. 

3443.*  Yiimi  sunt  io  1110,  ne-toriwo  isii.  ^T  2>  ^  iÄ-^^ltl*  Auch 
wenn  man  ein  Bogenschütze  ist,  schiesst  man  nicht 
auf  einen  schlafenden  Vogel. 

Man  soll  keinen  Wehrlosen  angreifen. 


3444.  Yumi  to  tsunc  no  chigai.  ^i  3^0)1  D^  Ein  Unterschied  wie 

zwischen  Bogen  und  Sehne. 

Um  auszudrücken,  dass  der  eine  von  zwei  Wegen  ein  Umweg 
sei :  die  Krümmung  eines  gespannten  Bogens  ist  länger  als  die 
die  Bogenenden  verbindende  Sehne.  Auch  :  yiiiiil  to  tsiiru  Iiodo 
chigau,  sich  unterscheiden  wie  Bogen  und  Sehne. 

3445.  Yiimi  zvo  fiikiiro  ni  osameru.  ^'irSl-iS»6Ä  Den  Bogen  in 

den  Sack  stecken. 
Der  Streit  ist  zu  Ende. 

3446.  Yumi  ya  tone  mi.  ^5^^Sj   Einer,  der   Bogen  und  Pfeile 

führt. 

Ein  Krieger. 

3447.  Yürei  ni  hama-kaze.  ^Ml-'ME    Ein    Gespenst    und  der 

Wind  am  Strande. 

Für  etwas  Einsames,  Schauerliches. 

3448.  yTiri  ni  koi  nasJii,  kaue  ivo  motte  koi  to  su.  MEI-i?ML» 

^'tÖ'CjfJit   Im  Freudenhause  giebt  es  keine  Liebe, 
man  macht  das  Geld  zur  Liebe. 

D.  h.  das  Geld  vertritt  die  Stelle  der  Liebe. 

3449.*  Yüslii  iro  zvo  konomu.  W,±^^UV  Der  Tapfere  huldigt 
der  Liebe. 

Variante  von  No  332. 


-     38i     — 

3450.*  Yiishö  110  vioto  in  jakusotsu  iiasJti.  S5!f07Cl*  ^I^M  L 
Unter  einem  tapferen  General  giebt  es  keine  feigen 
Truppen. 

Schon  unter  No  17 19. 

345  [.*  YiiyoJxii  sunt.  J&St  ä  Den  rechten  Flügel  (eines 
andern)  bilden. 

Seine  "  rechte  Hand  "  sein. 


•I»>^<- 


£!• 


3452.*  7ai  shitc  hiracba  yavia  ino  iminashi.  ^  L'CÄ'^lt'UJ  l^L 
Wenn  man  nur  sitzt  und  isst,  wirH  selbst  ein  Berg 
(voller  Vorräthe)  leer. 

3453.  ZahnoJxuya  ?:o  tomhi  de  takakit  tomarii.  lt^M?>,'ffiT"I^ < 

Jt;?>     Da    es    der  tombi    des  Bauholzhändlers    ist,    so 

sitzt  er  hoch. 

\'on  einem  aufgeblasenen,  hochmüthigen  INIenschen  (vgh  No 
2S7S).  Über  tombi  (eigtL  tobi)  vgL  No  3035  und  3074  ff;  dieser 
Vogel  setzt  sich  gern  auf  die  hohen  Stangen,  die  aufrecht  neben 
einander  stehend  den  Vorrath  der  Bauholzhändler  bilden. 

3454.  Zo/.'O  HO  toto-maßri.  W^^'^Wl'')   Das  Zusammenschwim- 

men des  kleinen  Fisches  mit  dtw  grossen. 

Schon  unter  No  1025,  mit  der  irrthümlichen  Yoxm  jako. 

3455.  Zange-hanashi  zio  sureba,  sannen  no  tsnmi ga  Jwrobiru. 

®'l#iö^^t mtH¥©li*'^'t^-^"^     Wenn    man    beichtet,    so 
werden  die  Sünden   dreier  Jahre  getilgt. 

Meist  nur  im  Scherz  angewendet.  Kürzer :  zange  ni  wa 
san}te7t  no  etc. 


—     382     — 

345Ö-  Zatö  ni  viiso  ivo  tabcsasmi  yd.  ;iiMl-9S"t^Ä Stielt  Wie 
wenn    man    einem    Blinden    Bohnensauce    zu   kosten 

giebt. 

Einem  etwas  weiss  machen  wollen  ;  anfangs  hört  man  zu,  aber 
bald  merkt  man  die  Täuschung,  Avie  der  Blinde,  dem  man 
irgend  etwas  anderes  mit  der  Versicherung  giebt,  es  sei  Bohnen- 
sauce. 

3457.*  Zenunon  ni  tova  ivo  fiiscgeba,  kömon  ni  dkavii  wo 
siisunm.  t^n\'--W^WM\tAkn\'-'^Ä^%\J  Vom  Vorderthor 
den  Tic^^cr  abwehren,  zum  Hinterthor  den  Wolf  her- 
einlassen. 

3458.*  Zeil  ni  ino  isuyokcreba,  akii  7ii  7no  isi/j'os/ii.^-i'-  ^'i^^^i^l'^- 

Ml-l?SL    Wer    im     Guten    stark    ist,    ist    auch     im 

Schlechten  stark. 
3459.*  Zcn  ni  zva  zen  no  hö,  akn  ni  wa  aku  no  Jiö.  #l-U#'?5|g, 

Ml-liE'^IS  Gutes    wird    mit    Guten,    Böses  wird    mit 

Bösem  verg-olten. 

3460.     Zen  %ua  isogc  !  #it^it'  Was  gut  ist,  damit  eile! 

Man  soll  das  Gute  nicht  aufschieben,  sondern  gleich  thun. 

3461.*  Zen  %vo  tsunm  ie  ni  wa  yokei  ari.  #4'®l;^l-IItl;Rfc''J  In 
einem  Hause,  wo  Tugend  herrscht,  herrscht  auch 
Glück. 

Fast  gleichlautend  mit  No  2545. 

3462.  Zen-aUu  iovw  ni  s/ii  snrcba,  onaji   koke  no  moto.    ^-Mä 

l-?Etnit:iRlC^?)T    Wenn    Gute  und  Böse    zusammen 
sterben,  (so   ruhen  sie)  unter  demselben  Moose, 
Wie  No  2213. 

3463.  Zen-aku  zca,  tonw    wo  vüyo !    #BUÄ^Ji,i    Ob  (jemand) 

gut  oder  sclilecht — sieh  seine  Freunde   an  1 

"  Sage  mir,  mit  wem  du  umgehst,  und  ich  will  dir  sagen,  wei 
du  bist". 

3464.*  Zengo  snrn.   llü^"f  h   Vorn-hJnten  sein. 

In  gros;er  Unordnung,  in  wirrem  Durcheinander  sein. 


^t 


3465.  Zeni  am  toki  iva  oni  zvo  vio  isukciu.    lli)3BJIt^:^i^^^ 

Wenn    man  Geld  hat,  dient  einem  selbst  der  Teufel. 
Eigentlich  :  gebraucht  man  selbst  den  Teufel. 

3466.  Zeni  ga  arcba,  mokubutsu  ino  oinotc  ivo  kacsu.  H'^^hlO-Xt'^ 

i^lÄ^jä"f   Wenn  man    Geld    hat,  so  dreht  selbst  das 
hölzerne  Buddhabild  sein   Gesicht  (nach  einem)  um. 

3467.  Zeni  naki  ctoko  iva  ho  naki  func  no  gotoshi.  Wi  ^BUDl^j: 

^l&«JtIiL  Ein  Mann  ohne  Geld  ist  wie  ein  Schiffohne 
Segel. 

3468.  Ziui  zva  aslii  nakn  sJdte  yuhi.  fm/SM<  L'Cfir    Geld    hat 

keine   Beins  und  läuft  doch  (weg). 

3469.  Zeni  zva  viimi  nahi  shite  kiku.  ll(tfl^M<  L'CH^diJO  Geld 

hat  keine  Ohreu  und  hört  doch. 

Ein  Wortspiel    mit    kikii,  was  sowohl    "  hören  "  als  "  wirken, 
wirksam  sein  ''  bedeutet. 

3470.  Zeni  2V0  kegasu.  WieM^^'t  (Von  einer  INIünze  noch)  eine 

Münze  abreissen. 

Von  einem  Geizigen  :    er  möchte   ein  jedes    Geldstück    noch 
auseinander  reissen  oder  spalten. 

3471.  Zeni  zvo  kanm  yd,  I14'©tii  Als  ob  man  Geld  kaute. 

Wenn  man    etwas  isst,  was  sehr  theuer  ist. 

3472.  Zt7ii-kone   %va  wakiniono.  I^irll^i^?^    Das    Geld    ist  eine 

Sache,   die  (aus  der  Erde)  quillt. 

Eine    Beschönigung    der   Verschwendung :    Geld    kann    man 
immer  wieder  verdienen,  man  braucht  damit  nicht  zu  sparen. 

3473.  Zenitori-yamai     to     shini-yamai.     lÜ 'J/^D^  J^^l-j^D^      Die 

Krankheit    des    Geldverdienens    und    die    Krankheit, 
an  der  man  stirbt. 

Den  täglichen  Lebensunterhalt  zu  gewinnen  wird  armen  Leuten 
so  sauer,  dass  es  nächst  dem  Tode  nichts  Härteres  für  sie  giebt. 

3474.*  Zeiijhi  kl  zvo  nete  kdjin  ryö  zvo  u.  MAfM^I^'Ct^AtK^ii- 
Der  Vorfahr  pflanzt  den  Baum,  der  Nachkomme  erhält 
seinen  kühlen   (Schatten). 


—     3^4     — 

3475-*  ^(msJici  110  kutsiLgaeni  zvo  mite  kösha  no  iinaslinne  to  sii. 
H;j$:c7)S'sa;^^'Ct^£g0l5S/)i-r  Wenn  man  das  Umwer- 
fen des  vordersten  Wagens  sieht,  so  nimmt  man  es 
sich  zur  Warnung  für   die  nachfolgenden   Wagen. 

Sich  den  Schaden  anderer  zur  Warnung  dienen  lassen.     Auch  : 
scnsJia  no  kiitsiigacrii  lua  k'osJia  iio  isanie. 

3476.     Zenshü  ,ocm  nasJii.  M%'&%  L    Die    Zen-Sekte    hat  kein 

Geld. 

Wie  No  1958  und  3010  eine   mehr  oder    weniger  scherzhafte 
Allitteration,  oder  viehnehr  Silbenwiederhohing. 

3477.*  Zentetsu  %vo  finiiu,  ^fi-VSat'  In  das  frühere  Geleise 
treten. 

Andern  "  nachtreten". 

3478.*  Zettäi  zetsinnei  110  baai.  .M^M^^Iä^  PZin  Zustand,  wo 
Leib  und  Leben   aufhört. 

Ein  verzweifelter,  hoffnungsloser  Fall. 

3479.*  Zettö  7V0  motte  tatakau.  ^Üf-x'kkXM.l-  Mit  dem  Zungen- 

schwert  kämpfen. 
3480.*  Zokiijin  wo  saht.  \^Mte^\    Dem  Weltstaub    aus  dem 

Wege  stehen. 

Eni  buddhistischer  Ausdruck  für  :  der  Welt  entsagen. 

3481.*  Zokuvya  no  vi  zvo  amsou.   liM'?>^'J^j?^-i>    Sich    um  den 
Gewinn  eines  Hirsekorns  streiten. 
Vgl.  No  3413. 

3482.     Zu  ga  takai.  Wi^%'^^  Der  Kopf  ist  hoch. 

Von  jemand,  der    beim    Grüssen    kaum    den    Kopf  verneigt, 
also  sehr  eingebildet  und  hochmüthig  ist.     Vgl.  No  345-. 

3483.*  Zukan,  sohinctsn.  M'#ä^  Kalter  Kopf,  warme  Füsse. 
Wie    bei    uns    Gesundheitsregel;    auch    (scherzhaft)  =bei    mir 
zu    Hause  ist  alles  wohl  und  in  Ordnung. 


►>oJ=^S^=§c^ 


NACHTRAG. 


-►♦<- 


In  diesem  "  Nachtrage  "  lasse  ich  eine  Anzahl  von  Sprich- 
wörtern und  Redensarten  folgen,  die  sich  in  die  vorstehende 
Sammlung  nicht  mehr  einreihen  Hessen,  weil  sie  mir  erst 
später  bekannt  geworden  sind.  Für  Mittheilung  eines  grossen 
Theiles  derselben  bin  ich  einer  japanischen  Dame,  Frau  Arai 
Hana,  zu  grossem  Dank  verpflichtet,  die  sich  schon  seit  Jahren 
mit  bewunderungswürdigem  Eifer  und  Verständniss  dem 
Sammeln  von  japanischen  Sprichwörtern  widmet,  und  die  die 
grosse  Güte  gehabt  hat,  mir  ihre  Sammlung  zur  Verfügung 
zu  stellen.*)  Ein  anderer  Theil  stammt  aus  einer  Sammlung 
von  Herrn  Fujii  Oroo,  die  in  No  6  des  4.  Jahrgangs  (Juni 
1898)  der  Zeitschrift  "  Teikoku  Bungaku  "  erschienen  ist,  unter 
dem  Titel  :  SliTtkyö  ni  kzuan  siirti  rigen,  "  Sprichwörter,  die  auf 
Religion  Bezug  haben."  Auch  einer  im  December  1897  in  der 
"  Japan  Daily  Mail "  erschienenen  Kritik,  sowie  einer  Bespre- 
chung des  I.  Theils,  von  Herrn  Prof.  R.  Lange,  konnte  ich 
mehrere  neue  Sprichwörter  entnehmen.  Eine  Anzahl  endlich 
verdanke  ich  gelegentlichen  Mittheilungen  japanischer  Freunde. 
Unter  diesen  gebührt  meine  dankbare  Anerkennung  in  erster 
Linie  Herrn  Tsuji  Takahira,  dessen  ich  schon  im  früheren 
"  Vorwort "  zu  dieser  Sammlung  gedacht  habe,  und  zwar 
Anerkennung  nicht  nur  für  Mittheilung  neuer  Sprichwörter, 
sondern  noch  weit  mehr  dafür,  dass  er  mir  bei  der  Redaction 
der  Sammlung  etwa  von  ihrer  Mitte  an  bis  zum  Schluss  un- 
ausgesetzt  höchst  werthvolle  Dienste  geleistet  hat. 

Dass  auch  dieser  "  Anhang  "  der    Sammlung    noch   lange 


*)  Ein  Theil  derselben  konnte  noch    für  die   vorstehende  Sammlung    verw-erthet 
werden. 


—     386    — 

keinen  Anspruch  darauf  verleihen  kann,  etwas  "  Vollständiges" 
zu  bieten,  versteht  sich  von  selbst.  Ich  hoffe  aber,  dass  mein 
Beispiel  nicht  ohne  Nachfolge  bleiben  möge,  und  dass  in  nicht 
allzuferner  Zeit  andere,  vollständigere  Sammlungen  erscheinen 
werden. 

Bei  dieser  Gelegenheit  will  ich,  als  Ergänzung  zu  meinem 
früheren  "Vorwort,"  noch  bemerken,  dass  es  (wie  jedem 
einigermassen  Kundigen  von  vornherein  leicht  ersichtlich 
gewesen  sein  muss)  durchaus  nicht  in  meiner  Absicht  lag,  die 
Sammlung  auf  die  Sprichwörter  im  strengen  Sinne  zu  beschrän- 
ken, sondern  dass  auch  eine  Anzahl  sprichwörtlich  gewordener 
Citale  aus  chinesischen  Classikern,  sowie  solcher,  die  aus  budd- 
histischen Quellen  stammen,  darin  Aufnahme  finden  sollte  und 
gefunden  hat.  Ich  habe  in  der  Regel  auch  diese  letzteren, 
ihrer  meist  chinesischen  Form  wegen,  mit  einem  "Stern" 
bezeichnet,  obgleich  ihr  Ursprung  selbstverständlich  nicht  in 
China,  sondern  in  Indien  zu  suchen  ist. 

Tokyo,  im  November  1898. 

P.      Eh  ^I  ANN. 


—     387 


A. 


3484.*  Ada  zvo  OH    de   kaesc !   fJi^ETiitf    Feindschaft    vergilt 
durch  Wohllhaten  ! 

No  3241  ist  hiervon  Variante. 

3485.  Aisatsu  zva  toki  no  tijigami.  M^IXB#?)Ä#  Der  Schieds- 

richter ist  für  die  Zeit  (wo  man  ihn  anruft)   ein  Gott. 
Man  muss  sich  seinem  Urtheil  unbedingt  unterwerfen,  {aisatsu 
steht  für  atsaisu-niiii) 

3486.  Ahl-mckiira.  5^W  Sehend-Blinde. 

Ein  Ausdruck  für  Leute,  die  nicht  lesen  gelernt  haben. 

3487.  AMre  kactte funsotta.    ÄnEo-Ci^^•fof:  Das    Erstaunen 

hat  sicli  hintenüber  gebogen. 

Bezeichnet  das  erstaunte  sich  emporrichten,  wenn  man  z.  B. 
eine  unerwartete  Nachricht  erhält.     Vgl.  No  46. 

3488.*  Akii  ni  tsiiyoki  wa  zeit  ni  mo  tmyosJii.  Ml-?£^li#l-  l^SL 
Wer  im  Bösen  stark  ist,  ist  auch  im  Guten  stark. 

Hiernach  soll  von  einem  Bösewicht,  der  sich  bekehrt,  viel 
Gutes  zu  erwarten  sein.  Vgl.  die  Umkehrung  unter  No  3458- 

3489.  Aniida  mo  dgon  no  hikari.  nWi.\.n^^%'')     Auch    bei 

Amida  (thut  es)  der  Glanz  des  Goldes. 

Das  Bild  dieses  Buddha's  (s.  Anm.  zu  No  1965)  pflegt  stark 
vergoldet  zu  sein.  Eins  der  vielen  Spr.,  die  die  Macht  des  Geldes 
ausdrücken  (vgl.  No  800.  1034,  1165,  1167,  1874  und  unter 
"Z?;//").  Auch:  Amida  mo  kaue  lie  hikarit,  2iMc\).  Axn\d3. 
glänzt  durch  Metall  (Geld). 

3490.  Aiia-sngashi,  'KW  L  Lochsucher. 

Einer,  der  nach  den  Fehlem  oder  Schwächen  anderer    suclit. 

3491.  AodaJce  no   testiri  de    naniaziire.    ffit'^f-JfC^.'Tix    Als 

Geländer    aus    grünem    Bambus    ist    es    schon    jung 

abgerieben. 

Von  jungen  Taugenichtsen,  naseweisen  Mädchen  u.  d|[l, 


—     388     -. 

3492.     Arasoi  no  hashi  wo  Jiikidasv.  ^CAfDJ^^HIth-f  Den  Rand 
(das  Randende)  des  Streites  herausziehen. 
Streit  anfangen. 

3493.*  Avi  atswnaitc  taiju  wo  karasu.  ^,%t^'^%W3e^h'^ 
Wenn  viele  Ameisen  zusammenkommen,  machen  sie 
(selbst)  einen  grossen  Baum    welken. 

3494.*  Ari  110  aviafci  ni  atsumaru ga gotokn.  äiOtf  ^l-%i  ^*':^n  < 
Wie  wenn  sich  Ameisen  auf  Süssigkeiten  versam- 
meln. 

"Wie  Fliegen  nach  dem  Zucker". 

3495.*  Ali  no  ana  kara  tsittsitmi  ga  kowareru.  Si<^J^«' ^tltj'^H* 
Durch  Ameisenlöcher  bricht  ein  Damm  zusammen. 

Vgl.  No  2559. 

3496:     Asa    migi,   yn    hidari.    M^^^    Am  Morgen  links,    am 
Abend  rechts. 
Wie  No  258. 

3497.  Asane  hachi-koku  no  scn.  IBßAS^M    Langes    Schlafen 

(eigtl.  Morgenschlaf)  bringt  acht  Koku  Reis  Verlust. 

Vgl.  No  94  und  95. 

3498.  AsJii  no  nra  ni  kometsnhti  ga  tsiiita  yd.  /il<5Wl-^liti"'#t<' 

t:tl  Als  ob  an  der  Fussohle  ein  Reiskorn  klebte. 
Für  etwas  Lästiges ;  vgl.  No  2243. 

3499.  Asii  no  Jiyaku  yori  wia  no  gcjü.  ^H^Wi  "J^^S.i'  Lieber 

jetzt  fünfzig  als  morgen  hundert. 

"  Ein  Sperling  in  der  Hand  ist  besser  als  eine  Taute  auf  dem 
Dache."    Vgl.  No  2797. 

3500.  Atamci  no  kitroi  nesumi.  SlOJSfS.  Eine  schwarzköpfige 

Ratte. 

Scherzhaft    für    "Dieb,"    "Näscher" — schwarzköpfig,    da    die 
Japaner  alle  schwarze  Haare  haben. 

3501.  Aivateinono  hanninsoku.  P,^4-AJE  Der   Confuse  (zählt 

nur  als)  halber  Arbeiter. 
Weil  er  viele  Fehler  macht. 


—  389  — 

3502.*  Ayatnachi  wo  arataumm  ni  Jiahakaru  koto  nakare  1 
i§B^E5Cüai-t?i>*Äy^{T-  Schäme  dich  nicht,  einen 
Fehler  wieder  gut  zu  machen.     ■ 


B. 


3503.  Baka  ni  mo  ittoku.    .riÄi:i-'^.    Auch  der  Dumme  hat 

eine  Tugend. 

3504.  Baka   no    sambai-jim.  .l^OHSH*  Die   dreimalige  Suppe 

des  Dummen. 

Scherzhafte  Entschuldigung,  wenn  man  sich   (was   selten  vor- 
kommt) bei  einer  japanischen  Mahlzeit  die    dritte  Schale  Suppe 
geben  lässt. 
3505."!=  Bidai  fnmzvazii.     M^^mUt-    Wenn    der    Schwanz    (im 
Verhältniss  zum    Kopf)  zu  gross  ist,  rührt   sich  (das 

Ganze)  nicht. 

Es  ist  nicht  gut,  wenn  die  Untergebenen  klüger  oder  tüchtiger 
sind  als  der  Vorgesetzte. 
3506.*  Bijo  hakumei   öshi.    m^M^^t  Ein    schönes  Weib   hat 
im   Leben   viel  Unglück. 

Besonders  für   ein    armes   Mädchen   ist    Schönheit    eine    ver- 
derbliche Gabe,  vgl.  No  420.      Dem  Sinne  nach  verwandt  auch 
No  2455. 
507.     Bikliuti    shite    shakun    ga    tomatta.  1f  r»  L-t:«tt>^*jtior: 
Vor  Schrecken  hat  der  Schlucken  aufgehört. 
Scherzhaft  für:  ich  bin  sehr  erschrocken. 
3508.     Bomhu   mo.satoreba  Hotoke  nari.  R^  US ^ (::(■'& tfl   Auch 
ein  gewöhnlicher    Mensch  ist,    wenn  er  zur   Einsicht 
kommt,  ein  Buddha. 
Vgl.  No  799. 


j 


3509- 


03 


lo. 


3511. 


3512. 


—     390     — 

Bonnö  no  inu  ocdovio  sarazu.  W^^^A-^^  \,'^h't'  Wenn 

man    den    Hund  der    Sorgen    auch  verjagt,    er    geht 

nicht  weg. 

Die  Sorgen  wird  man  niemals  los.     Ebenso  das  folgende: 

Bonnö  zva    kiibi  ni   novit.    ^t^(I'M'l-^4     Die    Sorge    sitzt 
einem  (das  ganze  Lebenlang)  auf  dem  Genick. 

Sosatsu  mi  ga  ireba  jitstivmku,  ningen  vii  ga  ircha 
aomukn.  ^^lliJ^*Anift^<  .A{§lÄt>^-Anit1ipi^  <  Wenn  der 
Reis  Früchte  bekommt,  so  neigt  er  sich  ;  wenn  der 
Mensch  reich  wird,  so  bh'ckt  er  (stolz)  in  die  Höhe. 
Bosatsu  (sanscr.  bodhisattva),  Titel  der  Heiligen,  die  nur  noch 
eine  Stufe  zum  Buddhathum  (Nirvana)  zurückzulegen  haben ;  hier 
als  Ehrenname  des  Reises,  ein  Ehrenname,  der,  besonders  auf 
dem  Lande,  noch  heute  üblich  ist. 

^ömi  viammöke.  i.5±ÄM'T  Beim  Priester  ist  alles  reiner 

Gewinn. 

Er  hat  bei  seinem  Geschäft  keinerlei  Auslagen  oder  Unkosten , 
da  alles  von  den  Gläubigen  bezahlt  wird. 


C. 


3513.  Chajin,  ^A  Theemeister. 

Ein  absonderlicher,  excentrischer  Mensch.  Dafür  scherzhaft 
auch  miicJiajin  (M^A).  verrückter  Mensch  {tnucha  =  \tx\smi, 
verrückt). 

3514.  Clii  no  nainida.  lÖLi^iÄ  Blutige  Thränen. 

Dieselbe  Bedeutung  wie  im  Deutschen. 

3515.  Chidori-as/ii  ni   anikn.    =P4äi'#<     Mit    Regenpfeifer- 

Schritten  gehen. 

Die  Beine  über  einander  setzen,  wie  der  Regenpfeifer,  d.  h, 
betrunken  sein. 


—     391     — 

35 16.     Chie    nai  kami  ni  eine  wo  tsiikeru.  '^Wi^^Wi\'-'ff\%f)e\^ h 
Dem  Gotte,  der  keine  Klugheit  hat,  Klugheit  geben. 
Variante  von  No  224. 

3517-     Chikiishö  no   sakasa-tirmnL   ^^(^M"^^  Der  verkehrte 
Hass  des  Thieres  (auf  seinen  Wohlthäter). 
Vgl,  No  2275. 

3518.  Chöai  köjite  aina  ni  nasu.    flS^C-C/Eit^t    Wenn   die 

Liebe  zu  gross  wird,  so  macht  sie  (die   Tochter)  zur 
Nonne. 

Weil  den  Eltern    keiner    für    ihre    Tochter  gut  genug  ist,  so 
bleibt  diese  schliesslich  sitzen. 

3519.  Chöja  nidai  nashi.  ^^r,^^lL    Der    Reiche    hat    keine 

zweite  Generation. 

Was  der  Vater  erworben  hat,  bringt  der  Sohn  wieder  durch. 

3520.  ^Chügen  viimi  ni   sakarau.    ,^^S":?l:5ii^  Treue  Ermah- 

nungen  widerstreben  den   Ohren. 
Vgl.  No  2441. 


D. 

3521.*  Daikai  no  mizu  wo  sJdjiuii-gai  de  kaidasu  yö.    %M'^i\^ 
^iSÄTxSvÜ'f  ^  Als  ob  man  das  Meer  mit  einer  Shijimi- 
Muschel  ausschöpfen  wollte. 
Vgl.  No  2394. 

1^22*  Daikai  wo    te    nite    scku.  -kU^^^V-X^i,     Der    Meer  mit 
der  Hand  eindämmen. 

Auch:  daikai  %uo  ie  de  fusegu,  das  Meer  mit  der    Hand  ab- 
wehren. 


—     392     — 

3523.*  Dainan  no  shdnan.   :^lllO/Mt  Das  kleine  Unglück   des 
grossen  Unglücks. 

Das  Unglück  hätte  noch  weit  grösser  sein  können ;  "  mit 
einem  blauen  Auge  davonkommen". 

3524.  JDaiya  no  o~hachi  de  age-zoko  da.    ::kMO^I4JT±I&/:'  Da 

es  der  Reiskübel   des   Bordells  ist,    so    hat    er    einen 

hohen  Boden. 

Er  sieht  aus,  als  ob  viel  Reis  darin  wäre,  enthält  aber  nur 
wenig,  weil  der  Boden  stark  erhöht  ist.  Von  Dingen,  über  deren 
Grösse  oder  Inhalt  man  sich  leicht  täuscht,  [daiya  ist  ein  Spei- 
sehaus, das  Essen  für  Bordelle  liefert.) 

3525.  Daniarünono  no  he  wa  nanuka  kusai.  ^^«^^Mlt-tB^»'* 

Der  Wind  (crepitus)  des  Schweigsamen  stinkt  sieben 

Tage. 

Wenn  einer,  der  sonst  immer  zu  schweigen  pflegt,  seinem 
lange  unterdrückten  Ärger  endlich  einmal  Luft  macht,  so  ge- 
schieht dies  in  besonders  heftiger  Weise.  "  Stille  Wasser  sind 
tief". 

3526.  Dattiatte  im  hito  ni  yudan  sumna  /    ^o-c^i  Al-vĮT 

tu   Vor  einem,  der  nichts  redet,  sei  auf  der  Hut! 

3527.  Vango  mo  niochi  no    tsuki-ai.    Ili^  ii# «»'fj-'g-    Auch    ge- 

wöhnliche Reisklösse  verkehren  mit  Klebreiskuchen. 

Anch  Leute  in  geringer  Stellung  können  mit   Höhergestellten 
Umgang  haben.       Klebreis    ist    der    Name  einer  Reisart  (Oryza 
glutinosa).     Zugleich  ein  Wortspiel ;  tsuki-ai  kann  auch  bedeuten 
"  zusammen  gestossen  werden  "  ;  der  Reis,    sowohl    der  gewöhn- 
liche als  auch  der  Klebreis,  wird  durch  Stossen  in  einem  Mörser 
in  Teig  verwandelt. 
3528.*  Danshi  no  ichigon  kintetsu  no  gotoslii.  :^T-0— W^^^^in  L 
Das  Wort  des  Mannes  ist  wie  Metall  und    Eisen. 
Vgl.  No  200. 
3529.     X)ö  no  smvatta  hito.  Bll^fölloTiA    Einer    mit   gesetztem 
Rumpf. 

Ein  bedächtiger,  kaltblütiger  Mensch ;  einer,  der  sich  nicht 
aus  seiner  Ruhe  bringen  lässt. — Statt  db,  Rumpf,  auch  harciy 
Bauch  (vgl.  No  568). 


—     393     — 

35  30.     Donchö-shibai  de  hanamichi  ga  nai.  3^?S2®TtEiif'tj:(.* 
Beim  billigen  Theater  giebt  es  keinen  Blumenweg. 

haiiainicJii,  "  Blumenweg,''  (ein  erhöhter  Gang  im  Theater, 
auf  dem  sich  die  Schauspieler  nach  der  Bühne  begeben)  kann 
auch  "Nasenweg"  heissen.  Scherzhaft  von  jemand,  der  eine 
flache,  plattgedrückte  Nase  hat. 

3531.  Jyorohö  ga  naiva    wo  uramu.    ^Mf^'llMßt-    Der    Dieb 

hasst  den  Strick. 

Vgl.  die  Anm.  zu  No  2195. 

3532.  Dorobö-zake    no    dekimi    mono.  iS^?@OJh^>Q^  Einer,  der 

kein  heimlicher  Trinker  sein  kann. 

Von  jemand,  der  schon  von  ganz  wenig  Sake  ein  rothes 
Gesicht  bekommt. 


E. 

3533-  ^bi  odorcdomo,  kaiva  zvo  idczu.  %^W^^'  t  Wil4-th1*  Wenn 

der  Krebs  auch  (im   Flusse)  tanzt,  geht  er  doch  nicht 
aus   dem  Flusse  heraus. 

Seine  Natur  kann  niemand  aufgeben.     \V1.  No  2273. 

3534-  Echigo-innare  no  mono  zua  abarabo7ie  ga  sambon  tarinu. 

®'^jtno^-|:fl;j'ft?-'H;1s;Ä<'J«  Leute    aus    Echigo    haben 
drei  Rippen  zu    wenig. 

Soll  heissen :  es  fehlt  ihnen  an  Verstand. 

3535-  J^do    to    senaka   ga    mite    shinitai.    ?I>^^  Wt>-'*Ä'C?Ei:f:»r» 

Wenn    ich   Edo   imd  meinen   Rücken   gesehen    habe, 

will  ich  gern  sterben. 

Ein  Spr,  der  älteren  Zeit ;  charakteristisch  für  die  Schwierig- 
keiten, mit  denen  früher  (d.  h.  vor  etwa  30  Jahren)  eine  Reise 
nach  Edo  verbunden  war. 


—     394    — 

353Ö.     Edokko  wa  kuchi  bakari.  tr^^UPlt'^"'J    Die    Edo-Leute- 
haben  es  nur  mit  dem  Munde. 

Aus  folgendem  ky5ka :  Edokko  wa  \  saisuki  no  koi  no  \ 
fnki-nagashi,  \  kuchi-saki  bakari,  \  harawata  lua  nashi ;  die 
Edoleute  sind  wie  die  flatternden  Karpfen  des  5.  Monats :  nur 
ein  Mundstück,  aber  keine  Eingeweide.— Am  5.  Tage  des  5. 
Monats  lässt  man  auf  allen  Häusern,  in  denen  während  des 
letzten  Jahres  Knaben  geboren  worden  sind,  grosse  buntbemalte 
Papierkarpfen  wehen.  Diese  sind  hohl,  mit  ringförmig  aufge- 
sperrtem Maule,  sodass  sie  vom  Winde  leicht  aufgeblasen  und 
hin-  und  hergeweht  werden. 

3537.*  Wiho  siisui  kkvamari  nashi.  ^*a®Rtä'')"^i  L  Blühen  und 
Welken,    Gedeihen    und    Verfall    haben    keine    feste 

Grenze. 

Sie  gehen  unmerklich  in  einander    über.     Vgl.  No  195 1  u.  a. 

3538.*  Envyo    nakereba,    kin-yü    ari.    ^Ji^i:imit\i£Sfc''J     Wo 
nicht  ferne  Überlegung  ist,  ist  naher  Kummer. 

Chinesische  Lesung  von  No  3064. 

3539.     Btari,  kashikoshi!    il-f- "JKL    Ich    habe  es    bekommen,, 
ich    bin  sehr  klug  ! 

Ein  scherzhafter  Ausruf,  wenn  einem  etwas  gelungen  ist  und 
man  sich  darüber  freut. 


F. 


3540.     l'ufit  fiita-omote    naslii.    ^B~MU  L    Mann     und    Frau 
haben  nicht  zweierlei  Gesichter. 

Sie  sollen  immer  übereinstimmen,    immer    denselben    Willen 
haben.     Vgl.  No  2146. 


3541.  Fufu  lua  kttraku  zvo   tomo  ni   sn.  ^iw!t^=lg^Ält-t   Mann 

und  Frau  haben  Leid  und   Freud  gemeinsam, 

3542.  Fiifii  iva    nise  no  cJiigin.  i^^U— ffi<?)|?ij  Mann   und   Frau 

(schliessen)  einen  Bund  für  zwei  Welten. 
S.  No  2139. 

3543.  Fujisan  no  viieru  kiini  e  wa  bijin  ga  dekimi.  ^dblÜ?>Ä 

'^Ägl's|i||\u--tU)j5«    In  den  Provinzen,    die  man  vom 
Fujisan  aus  erblickt,  giebt  es  keine  schönen  Frauen. 

Schöne  Frauen  giebt  es  nur  im  Westen  ;  vgl.  No  141. 

3544.  Fiindoshi  wo  shUncte  kakarii.  %^%X^^^ h   Den    Len- 

dengurt festbinden. 
Einen  Entschluss  fassen. 


G. 

3545.  Ga  ivo  harn.  ?!t^3Ii    Sein   Ich  ausbreiten. 

Selbstsüchtig  sein.     Vgl.  No  407. 

3546.  Gakiiryoku  yori  kiniyokic.   ^Äi'J&;^J   Reichthum  gilt 

mehr  als  Wissen. 

Ein  Spr.  ganz  modernen  Ursprungs. 

3547.  Gakiisha  o  ni  {zv)o   wo    osoreru.    ^#*l- ^4-SS^tS   Der 

Gelehrte  ängstigt  sich   wegen  dts  o  C^)  und  (w)o  (^). 
Diese  beiden  Kana-Zeichen  werden  oft  verwechselt     Ein  Spott 
über  pedantische  Gelehrsamkeit. 

3548.  Gan  ga  tobeba,  ishigame  vio  jidanda  fuimi.  fi|t>'^'<lt*.S^ 

t  CnXrrjSt'  Wenn  die  Wildgans  wegfliegt,    so   hebt 
soear  die  steinerne  Schildkröte  die  Füsse. 

Wenn  ein  anderer  Glück  oder  Erfolg  hat,  so  bekommt   man 
Lust,  es  ihm  nachzuthun,  wenn  man  auch  ganz  und  gar  nicht  im 
Stande  dazu  ist;  man  möchte  es  auch  so  gut  wie  andere  haben, 
.    hat   aber  keine  Aussicht  dazu  u.  dgl. 


—     390    — 

3549-     Geha-susume.  T.^®  Die  Sperlinge  des  Vorplatzes. 

i^eha  (für  gehafo)  ist  der  Platz  vor  dem  Hause,  wo  man  vom 
Pferde  steigt ;  wenn  der  Herr  einen  Besuch  macht,  wartet  der 
Diener  hier  mit  dem  Pferde.  Wenn  nun  mehrere  solche  Diener 
zusammen  sind,  so  pflegen  sie  sich  eifrig  und  laut  (daher 
"Sperhnge")  zu  unterhalten,  besonders  über  die  Angelegenheiten 
ihrer  Herren.  Man  sagt  auch:  <^eba-hyl)  (T^l?),  das  Urtheil, 
die  Kritik  des  Vorplatzes. 

3550.  Geliö    no    kiidari-zaka.    W'it<^y')W.    Die    schiefe   Ebene 

des  Gottlosen. 

Es  nimmt  mit  ihm  ein  schlechtes  Ende. 

3551.  GeiiMUf  kakene    nasJii.  ^St^^Wi-X,    Baarzahlung,    kein 

Überpreis. 

In  Läden  findet  man  öfter  Schilder  mit  dieser  Inschrift  (vgl. 
unser  "  Feste  Preise  ").  Scherzhaft  von  einem  ganz  zuverlässigen, 
grundehrlichen  Charakter, 

3552.  Go  sJiicJii  tva  ante  no,   yatsu  Jtideri,  nmtsn  yotsu  naraba, 

itsumo  ö-kaze.  £-trlIPf  e).A^-."^^gfi  ?>ltfsiB^l±a  (Ein 
Erdbeben)  um  5  (8-10)  oder  7  (4-6)  Uhr  bedeutet 
Regen,  um  8  (2-4)  Regenlosigkeit,  um  6  (6-8)  oder 
4  (10-12)  bedeutet  immer  Sturm. 

Wie  aus  diesen  Memorirversen  hervorgeht,  soll  ein  Erdbeben 
je  nach  der  Stunde,  in  der  es  eintritt,  das  Wetter  vorherver- 
kündigen. (Die  eingeklammerten  europäischen  Stundenzahlen 
beziehen  sich  sowohl  auf  die  Stunden  vor,  als  auch  auf  die  nach 
Mitternacht.     Es  fehlt  9  (12-2).) 

3553«     Gogivatsu  no  nakaba  ni  kokoronashi  ni  yatozvartinina  ! 

S;3  0^i:.i:>MLi:li(I2,  V  ^j:   In  der   Mitte  des  5.  Monats 

vermiethe  dich  nicht  einem  Gefühllosen  ! 

Ein  gefühlloser  Herr  lässt  seine  Diener  vom  frühen  Morgen 
bis  zum  späten  Abend  ohne  Unterbrechung  arbeiten ;  in  der 
Mitte  des  5.  Monats  (nach  europäischem  Kalender  Juni),  wo  die 
Tage  am  längsten  sind,  verlangt  er  also  die  meiste  Arbeit. 
Als  Klage  über  unbarmherzige  Herren,  oder  als  Warnung  vor 
solchen. — Das  Gegenstück  dazu   siehe  unter  Jfig^uatsu. 


—     397    — 

3554-  Gokuraktt  negazvan  yori  jigohi  wo  tsuhmma  !  %%mt 
k.l^]^WM'^hii  Statt  das  Paradies  zu  erbeten  mache 
dir  lieber  keine  Hölle  ! 

Rechtschaffen  handeln  ist  mehr  werth  als  beten. 
3555.*  Govi  imichTi.  jEM^tt»  Auf  fünf  Ri  im  Nebel. 
Rathlos,  ganz  im  Dunkel  sein. 

3556.*  Gori  no  tagai  senri  no    ayamari.    3IS.'?:>3lo^^a'5^''J     Ein 
Unterschied   von  fünf    Meilen   macht    (nachher)  einen 
Fehler  von  tausend  Meilen. 
Vgl.  No  936. 

3557-  Goshö  da  kara.  Wi.U^^h  Da  es  ein  zukünftiges  Leben 
giebt. 

Wenn  man  sehr  dringend  um  etwas  bittet ;  wie  man  bei  uns 
bittend  oder  beschwörend  sagt :  "  um  Gottes  willen",  "  um  Ihrer 
Seligkeit  willen"  u.  dgl.  {gosho  hat  auch  die  Bedeutung:  ewige 
Seligkeit.) 

3558.  Goshd  daiji  ya,  kane  hosin  ya !  ^4;^^^.^li  L^  Das 
zukünftige  Leben  ist  wichtig,  (aber  auch)  Geld  möchte 
man  haben. 

A'on  solchen,  denen  Geld  über  alles  geht, 

3559.*  Givrtshin,  shötan.  g\^W3i  Auf  Reisig  liegen,  Galle 
lecken. 

Ein  Ausdruck  für:  grösste,  bitterste  Noth.  (Vgl.  No  3123.) 


H. 


3560.     Hada  e  (od.  ni)  azva  ga  dekirn.  m'-W^'^'^h    Auf  der 
Haut  kommen  Hirsekörner  hervor, 

(Vor  Furcht)  eine  Gänsehaut  bekommen.     Vgl.  2259. 


—     398     - 

3561.     Hadashi  de  nigeni.  ^fkX'MI h   Barfuss  davonlaufen. 

Sich  für  besiegt  erklären  ;  "  sich  vor  jemand  verstecken  müs- 
sen. 

3562.*  llaihanwo  unnitku.  BiSfff^Jl?Ä<  Lunge  und  Leber  durch- 
schauen. 

Jemand  ganz  durchschauen. 

3563.*  Haikan  zvo   toro    sunt.  tW^nlE  f  i     Lunge    und    Leber 
von  sich  geben. 

Seine  ganze  Meinung  sagen,  "sein  ganzes  Herz  ausschütten." 
Vgl.  No  485  und  1186. 

3564.  Sojinie  kara  chör')   vi  lua   narenu.  tö*«' ?>;&^l-UiÄ<aX) 

Man  kann   nicht  gleich  anfangs  ein  Abt  werden. 
"  Lehrjahre  sind  keine  Herrenjahre.''     Vgl.  No  2586. 

3565.  HalMii'l-nmsiune    ni  vinshi  ga  ts2tku.    IIA''J^i:^*M"t  < 

An  ein    gar    zu    sorgfältig  gehütetes    (eigtl.    in    den 

Kasten   gethanes)  Mädchen  kommen  die  Insekten. 

Grade  ein  solches  Mädchen  lässt  sich  wegen  seiner  Uner- 
fahrcnheit  leicht  verführen. 

3566.  MaJiOne  kara  JiigasJii  ni  bakcinono  nashi.  ®fö«*  ?>^l-4k^" 

■^i  L  Von    Hakone    nach    Osten    giebt    es   keine    Ge- 
spenster. 

Soll  den  Sinn  haben,  dass  die  Gegend  östlich  von  Hakone 
sehr  aufgeklärt,  auch  sehr  bevölkert  (also  für  Gespenster  nicht 
einsam  genug)  ist. — Statt  Jiigashi  auch  kochi,  was  eigentlich 
"  Ostwind  "  bedeutet. 

3567.  Hau  WO  kasJiite  vio,  Jnto-7tkc  surnna  !  ^O-^Ä  LT  l  AtS'f  ^tC 

Selbst     deinen    Stempel    magst    du    (einem    andern) 
leihen,  aber  bürge  niemals  für  einen  Menschen  ! 
Vgl.  No  1172,  auch  902. 

Mana  (Nase). 

3568.  Hana  ga  ocJiirn.  ^-^^fä^    Die  Nase  fällt. 

Der  Hochmuth  legt  sich  ;  kleinlaut  werden  ;  vgl.  No  3364. 

Hana  (Blumen). 


—     399     — 

3569-     Hana  Jiassobai.  ^A^f§  Blumen  (kosten)   das  Achtfache. 
An  Blumen    wird    unverhältnissmässig    viel  verdient.       Meist 
als  Zusatz  zu  No  167 1  ;  auch  gleich  diesem  durch  Wiederholung 
dersellsen  Silbe  "  allitterirend." 

3570.  Hana  to  saki,  hana  to  chiru.  ^ii^^iftigts  Wie  Blumen 

blühen,  wie  Blumen  verwehen. 

Mit  Blumen  sind  die  Blüthen  der  Kirschbäume  gemeint,  deren 
Pracht  nur  wenige  Tage  dauert.  Ein  Ausdruck  für  die  Ver- 
gänglichkeit der  Dinge. 

3571.  Hanashi  ga    shinw-gakari   ni   narcba,   shiuiai   ni  naru. 

mL^'-r\M\'-^n[t'±%\:Uh     Wenn    das    Gespräch   von 
unten  anfängt,  so  ist  es  (bald)  zu  Ende. 

Wenn  in  einer  Gesellschaft  die  Unterhaltung,  nachdem  der 
anderweitige  Gesprächsstoff  ausgegangen  ist,  auf  schlüpfrige 
Dinge  kommt,  so  erfolgt  bald  der  allgemeine  Aufbruch. 

3572.  Hanatai'e  jno  jnn-oknri.  -^miWi:^^)  Auch  Nasentropfen 

fallen  der  Reihe  nach. 

Eigentlich  :  haben  Beförderung  nach  der  Reihe.  Von  Un- 
fähigen, die  befördert  werden,  nur  weil  sie  grade  an  der  Reihe 
sind,  {hanalai-e  ist  auch  ein  Ausdruck  lür  "Dummkopf".) 

3573.  Hanshü-dorobö.  ^m^%.  Dieb  der  Feuercjlocke. 

Scherzhafte  Bezeichnung  für  einen  sehr  langen  Menschen ; 
er  ist  so  lang,  dass  er  eine  Feuerglocke  von  dem  hohen  Ort, 
an  dem  sie  angebracht  ist,  herunternehmen  könnte. 

3574-*  Hautoku  no  gncJd.  m^<^%m  Die  Dummheit  Hantoku's. 
Hantoku    soll    ein    Schüler    Buddha's    gewesen    sein ;    seine 
Dummheit  ist  ebenso  sprichwörtlich  geworden  wie   die   Weisheit 
Monju's,  eines  anderen  Schülers  von  Buddha  (s.  No  2499). 

3575-     Hara  no  kawa  ga  harcba,  me  no  kawa  ga  tarnmu.  Ä^ 
l^^'m.^\tM<^&.^'^\j  Wenn  sich  die  Haut  des  Bauches 
spannt,  wird  die  Haut  des  Auges  schlaff. 
Nach  dem  Essen  wird  man  schläfrig. 

357Ö.     Sarl-tsimieta  yumi  zua  itsiika  yowaru.  5I''JIÄ-*r:^ltfpI 

Bf«"lfi    Der  zu  stark  angespannte  Bogen  wird   einmal 
schlaff. 

Er  verliert  schliesslich  seine   Spannkraft.       Sinn:  man    muss 
sich  dann  und  wann  Erholung  gönnen. 


—    400    — 

3577«  JTaru  hana  sakanu  ki  wa  aki  minomsii.  #tEi^-5*)0^lt 
f^'CÄ'?)T  Der  Baum,  der  im  Frühling  nicht  blüht,  trägt 
im   Herbst  keine  Frucht. 

3578.  Ilashi   ornyeöct,    oya    ni   hanare;  kusJii  110    ha  kahinba, 

ko  ni  zvakaru.  ^^snirili:^n.  IIIi?)®J^<  nif  T-i:J?U 
Wenn  ein  Esstäbchen  zerbricht,  so  scheidet  man  von 
den  Eltern  (d.  h.  sie  sterben)  ;  wenn  ein  Zahn  des 
Kammes  ausbricht,  so  stirbt  einem  ein  Kind. 

ni  hanare{ni)  und  ni  wakarii  (jetzt  wakarern')  sind   Euphe- 
mismen für  "  durch  den  Tod  verlieren". 

3579.  Mato  ga    inaine   wo  Jiirou   yd.  /t|5'§^fö^>^  Wie    wenn 

eine  Taube  Erbsen  auf[)ickt. 
So  schnell  essen. 

3580.  Hato    no    niame-zukai.    /i^OSß!    Wie    die     nach    Erbsen 

geschickte  Taube. 

Von  einem  Boten,  der  das  Gekaufte  unterwegs  aufisst. 

3581.  SayaUu  shinu  ko  zva  rikö  na  viono.  ■?•  <  ^o^Uf'JP^j:  l  ^^ 

Das  früh  gestorbene  Kind  war  das  klügste. 
S.  No  2650, 

3582.  Haya-ineshi,    haya-kuso,    Jiaya-zanyd.    ^^WL^^%^■%y?i 

Schnelles  Essen,  schneller  Stuhlgang, 'schnelles  Rech- 
nen. 

Drei    Fertigkeiten,    die    ihrem     Besitzer     manchen     Vortheil 
bringen. 

3583.  Raya-oke  ni  kata-ashi.  ^W-^C^  Ein  Fuss  im    Sarge. 

Gleich  unserm  "mit  einem    Fuss    im   Grabe  stehen";  beson- 
ders von  schon  sehr  alten  Leuten  gesagt. 

3584.  Siiya-oJci  mc   no   hisnri.   -?-|B^^i«    Fiühaufstehen    ist 

gesund  für  die  Augen. 

Scherzhafte  Ermahnung  zum  Frühaufstehen. 

3585.  Haya-cki  sanryd,    sckken  goryö,  ^'^'BMM^'^M  Frühauf- 

stehen ist  drei  Goldstücke  werth,  Sparsamkeit  fünf 
Goldstücke, 


—     401     — 

3586.  Meta  ga  kactte  jöz2i.  y^'^^i-^-^  1.^    Grade    der    Dumme 

ist  der  Gescheite. 

Mancher  Kluge  vertraut  zu  seinem  Schaden  auf  seine  Klugheit 
zu  sehr, 

3587.  Meyazanii  sannen  tva  yauiabnshi  no  uünc-iri.    nl>MttH¥ 

UlÜf^?)-^A<'J     Drei    Jahre    bei    den    Eltern    zu    leben 
gleicht  der  Berg-Askese   des    Yamabushi-Mönches. 

heyazumi :  ein  erwachsener  Sohn,  der  ohne  zu  arbeiten  bei 
den  Eltern  wohnt.  Die  Yamabushi  Mönche  begeben  sich  zu 
gewissen  Zeiten  auf  die  Gipfel  heiliger  Berge,  um  dort  eine  Zeitlang 
ein  religiösen  Übungen  gewidmetes,  asketisches  Leben  zu  führen. 

m  (Feuer). 

3588.  Hi  ga  f litte    VW,   yari  ga  f7ttte  mo.  At)''P$'C  l.ltt^'P^t  t 

Selbst  wenn  es  Feuer  und  Spiesse  regnete. 
Vollständige  Form  von  No  3352. 

3589.  Hi  no  ie  wo  ogtrn.  'h<^^-h:^^h   Die  Plammen  anfachen. 

Jii  no  ie,  eigtl.  "Hände  des  Feuers"  =  Flammen.  Gleich 
unserm  "  ins  Feuer  blasen  '  (zum  Streit  aufhetzen). 

3590.  Hi   zva    Jiivwto    kara    satvagi-dasn.    'h[t'h-^^^  ^1%.%-^  Das 

Feuer  vom  Ursprung    des    Feuers  aus   lärmend    ver- 
künden. 

Der  Schuldige  (hier  ein  Brandstifter)  sucht  durch  scheinbare 
Entrüstung  über  die  That  etc.  den  Verdacht  von  sich  abzulenken. 
Vgl.  No  876. 

3591.  Hi  zvo  mitara  kzvaji  to    omoc !  'h^%1ih'}<Mri^^^     Wenn 

du  irgend  ein  Feuer  siehst,  so  halte  es  gleich  für  eine 
Feuersbrunst ! 

I'esser  zu  viel,  als  zu  wenig  Vorsicht.     Vgl.  No  21GO  und  3383. 

Hl  (Sonne). 

3592.  Hi    no    vioto  iva  onna  naradc  ii<a,   yo    vio  Jii   mo   akenn. 

He)7KU*^j:f.Ti:r»Sl0  IBjJiriO  Wenn  es  im  Sonnen- 
aufgangslande keine  Frauen  gäbe,  so  nähme  weder 
Tag  noch  Nacht  ein  Ende. 

Das  Leben  wäre  ohne  Frauen  sehr  trauiig.  Schon  unter  No 
2293,  doch  ohne  die  Werte  /li  no  vioto  tva,  ohne  die  die  Re- 
densart unvollständig  ist. 


—     402 


3593- 


3594- 


3595. 


3596- 


3597. 


;598. 


;599- 


3600. 


Ilideri  ni  avic  no  yd.  ^^\^'W^^  Wie  ein    Regen  in  der 

Dürre. 

Vgl.  No  2856. 

MUjashi  ni  chikakercba,  nisJd  ni  tdshi.  mr-i£^"imit\®r- 

^  L  Wenn  es  nach  Osten  nahe   ist,  ist  es  nach  Westen 

weit. 
Hihage    no   haß   tvo    Jii-omo  c   dasu.   HPt«^5&^HBl'^£Ü-r 

Die  Schande  des  Schattens  in  die  helle  Sonne  bringen. 
Vgl.  unser  "  seine    schmutzige    Wäsche    in  der  Öffentlichkeit 

waschen''.     Variante  von  No   1614. 

Hihiüashi-chigai.  ^Ä4aio^  Eine  Schubkasten- Verwechs- 
lung. 

Eine    getäuschte    Erwartung;    eine  Hoffnung,    die  auf    einem 
Missverständniss  beruhte  u.  dgl. 

Hiru-anJon.  Wfi'^  Eine  Laterne  am  Tage. 
Etwas  Unnöthiges. 

JiitO  (Mensch). 

Hi!o  no  kokoro  ga  wakaranakcrcba,  tonwdachi  zuo  viiro  / 
A^'C^>^'^?)^i^HtlUIIÄ'Va;S  Wenn  dir  der  Charakter 
eines    Menschen  nicht   klar  ist,  so  sieh  seine  Freunde 

an  ! 

Vgl.  No  698  und  No  3463. 

Hito  no  shinan  to  sunt,  sono  koto  ya  yoshi.  A€)?E^J:^^  t  0 
ÄOg^iiTL  Wenn  ein  Mensch  im  Begriff  ist  zu  ster- 
ben, so   sind  seine  Worte  gut  (aufrichtig). 

Wenn  es  sich  um  etwas  sehr  Wichtiges  handelt,  es  einem 
"an  den  Kragen  geht",  so  kann  man  annehmen,  dass  es  dem 
Menschen  ernst  ist  mit  dem,  was  er  sagt.— Nach  siiru  ist  toki 
wa  hinzuzudenken. 

Hito  no  zcn-aku  zva  narai  ni  yorn.   A^^^^l^Hl-fö*  Gut 
oder  Bc 
Iveit  ab. 


oder  Bösesein  der  Menschen   hängt  von  der  Gewöhn- 


"Gewohnheit  wird  zur  zweiten  Natur";  vgl.  No  2061. 


—     403     — 

3601.  Hito    to    iremono   wa  an-shidai.  A^  Ad  l  "^It  Yf^^  Men- 

schen und    Gcfässe    (gebraucht  man)  so   viele  als  da 

sind. 

Diener   und    Geflisse    (Töpfe,   Schüsseln,    Kästen   etc.)  kann 
man  nie  zuviel  haben. 

3602.  Hito  iva    Jiitonaka,    ta    tca    iauaka.    AUAt|i»Hltffl4'    Der 

Mensch  gehört    unter    Menschen,  das   Reisfeld    unter 
Reisfelder. 

Man  muss  danach  streben,  in  eine  grosse  Stadt  zu  kommen  ; 
auf  dem  Lande  kann  man  es  zu  nichts  bringen. 

Hito  (andere  ;  die   Leute). 

3603.*  Hito  ni  tsiirakenba,  hito  inata  wäre  ni  tsurasJii.  MAI 'S* 
lTdlt>fl!iAXS^|xl-0SL  Wenn  man  gegen  andere  hart 
ist,  so  sind  die  andern  auch  hart  gegen    einen. 

3604.  Hito  no  fiindoshi  de  girizuo  kaku.  'fillA'^^'CÄii^'*^' <  Sich 

mit  dem    Lendengürtel  eines   andern    revanchiren. 

Gleich  No  702  und    1961.       (Eigentlich  ^i^z>7  wö    siiru ;  kaku 
steht  hier  nur  wegen  des  vorangehenden  fuiidoshi.) 

3605.  Hito  no  hoc  yori   jilmn    no    Jiae  zvo  oe !  IlliA^Üi  "J  fi^^ 

tl^ii.'^   Verjage    Heber   deine  eigenen  Fliegen  als  die 
Fliegen  anderer  ! 

Variante  von  No  2315. 

3606.  Hito    wo    cJia    ni    siiyn.    'dH^^^i-'f  S    Jemand    zu    Thee 

machen. 

Jemand  lächerlich  machen,  ihn  zum    Besten   haben.— <r/^rt    ist 
vielleicht  Abkürzung  von  oinocha,  Spielzeug. 

3607.  Hito  1V0  vickura  ni  sunt  to,   vickura  ni  sarern.     fiÜA^^Wl- 

-f  S5,Wi:snÄ    Wenn  man  andere  blind  macht,  wird 

man  (selber)  blind  gemacht. 

Wer    andere  betrügt,  wird  von  ihnen  wieder   betrogen  ;  "  wie 
du  mir,  so  ich  dir''. 

3608.  Hito  ZVO   tasukunc  zm  shnkke  no  yaku.  fi&A^fiÜi  lt{li^O>($ 

Den  andern  Menschen   beizustehen  ist  die  Pflicht  des 
Priesters. 


—     404     — 

Oft  in  tadelndem  Sinne :  es  sollte  zwar  so  sein,  aber  die 
Priester  handeln  nicht  danach, 

3609.  Ilitovi  yögari.  ?I^#7*'*'J    Es  selber  Rir  gut  halten. 

I\Iit  etwas  zufrieden  sein,  unbekümmert  wie  die  andern  darüber 
denken,  ob  sie  auch  darüber  spotten  etc. 

3610.  Hiyorl    wo    mite  fuuc    wo    dasii.    ViW^%XW^^'^   Das 

Schiff  herausholen,  wenn  man  gutes  Wetter  sieht. 
"  Das  Eisen  schmieden,  wenn  es  warm  ist ''. 

361 1.  Moklx'e  hone  nasJii.  J£-^^'B'^X  L  Die  Hokke-Priester  haben 

keine  Knochen. 

Einer  der  "  allitterirenden'',  gegen  Priester  gerichteten  Spolt- 
verse  (vgl.  No  1958,  3010  und  3476).  "Keine  Knochen  haben"  \ 

bedeutet  "liederlich  sein"  (vgl.  No  787) ;  dass  die  Hokke-Priester 
in  dieser    Beziehung    in    schlechtem  Rufe  stehen,  zeigt  auch  No 

ITh- 

3612.  llomiirn  Jdto  wa    kau    tamesJd   iiashi.  Ä2)AllM^>'P!l?i  L 

Es  giebt  kein   Beispiel,    dass   einer,  der  lobt,  gekauft 
hätte. 

Variante  von  No  2630. 

3613.  JlösJii    110    knshi-dahnni.    ?£6$0tiIS  Des    Priesters    Ge- 

schicklichkeit, Kämme  zu  machen. 

Er  empfiehlt  seine  Kämme  anderen,  abci  benutzt  sie  nie  selbst 
(da  er  kahlgeschoren  ist) ;  anderen  gute  Lehren  geben,  sie  aber 
nicht    selbst  befolgen.     (Vgl.  No  193  etc.) 

3614.  Höshöjl  710  Nyüdö  saki   ito  Kzvainbakii  Daijödaijiii.  J^ft 

^e)A5lfi«?JilÖi:JE^;^;IS    Der    in    A^n    Tempel    Höshöji 
eingetretene  frühere  Regent  und  Ministerpräsident. 

So  heisst  im  Hya/amn:  IsshTi  der  Verfasser  des  76.  Gedichts ; 
für  ungewöhnlich  lange  Namen  oder  Titel  sprichwörtlich  ge- 
worden. 

3615.  JlotoJi'e  ino  kinshohi  ni  on-kotcmo  wo    arataimi.  •0&i^t5. 

\'~^t^f^s^X\:  Selbst  ein  Buddha  verschönert  sein  Kleid 
durch   Goldfarbe. 

Selbst  er  (sein  Bild)  bedarf  des  Goldes,  um  bei  den  Leuten 
im  Ansehen  zu  stehen.     Vgl.  No  3489. 


—    405     — 

3616.  Hotoke    ni   naru    mo    shami   zuo    kern.  ■^1-;^^  i>  J^äi^lS5 

Auch   wer  ein   Buddha    wird,    muss    (vorher)    durchs 
Noviziat  hindurch. 
Vgl.  No  2586. 

3617.  Hotoke    no  hikari  yori  kam  no  hikari.    ^<^%'^)  l^]'k<ö%^) 

Der  Glanz  des  Geldes  ist  besser  als   der  Glanz  Budd- 
ha's, 

\vi.  No  3489. 

3618.  Hotoke  110  uiae  ni  oni  gd  suiiiu.  -^UOHilli.^t^'tEt'  Vor  dem 

Buddha  wohnt  ein  Teufel. 

Vgl.  No  239 ;  erinnert  auch  an  das  spanische  Spr.  "  hinter  dem 
Kreuz  steckt  der  Teufel ". 

3619.  Hotoke  no  viane  zva  suredo,  cJiöja    no  inane    zva    naramt. 

^^Äm(t-fn£-:ii^-0ÄMil;S?.«    Man  kann    zwar  einen 

Buddha  nachahmen,  aber  nicht  einen  Reichen. 

Einem  Reichen  vermag  man  es  nicht  gleich  zu  thun,  wenn 
man  nicht  selber  reich  ist.     Vgl.  auch  No  2009. 

3620.  Hotoke  710  naki  dö  e  mairu.  %<^^^^'^%h   Einen  Tempel 

besuchen,  in  dem  kein  Buddha  ist. 
Variante  von  No  802. 

3621.  Höyii  zva  rikmhin   ni  kanaii.  MK[t:^^\'--M-S>-  p:in  Freund 

wiegt  die  ganze  Familie  auf. 

Unter  rikus/tin,  den  "  sechs  Verwandten,''  versteht  man  Vater, 
Mutter,  ältere  und  jüngere  Geschwister,  Frau  und  Kinder.— Vgl. 
No  3068. 

3622.  Hjjaku-jnon  isshö  de  o-kotozvari.  lSX-J\'^i^W\^]  (Jemand) 

mit   hundert  Hellern    und  einem  Mass  Reis  abfinden 
(eigtl   ablelinen). 

Um  auszudrücken,  dass  man  nur  seine  Schuldigkeit  thun  will, 
nur  soviel  geben  wie  dem  andern  zukommt  u.  dgl.,  aber  nichts 
darüber. — "  Hundert  Heller  und  ein  Mass  Reis  "  betrug  früher 
der  niedrigste  Satz  für  das  Geschenk,  das  man  dem  Priester 
machte,  wenn  er  beim  Bonfest  (Todtenfest)  ins  Haus  kam  und 
eine  Seelenmesse  {/loji — vgl.  No  704)  las.        _    - 


—    4o6    — 

3623.*  Hyahu-nin  wo  korosancba ,  yoki  isJia  ni  narcmi.    WA^-I*? 
ßlt.JJ^^^l'-JiXnw  Wer   nicht  hundert  Menschen  um- 
bringt,  kann  kein  guter  Arzt  werden. 

D.  h.  ehe  ihm  nicht  hundert  Patienten  gestorben  sind. 

3624.  Hyakit-ryö  no  kata  ni  amigasa  ifckai.  '^%<^W{'ü\'-M3.—  'M. 
Als  Pfand  für  hundert  Goldstücke  einen  geflochtenen 
Hut  (anbieten). 

Variante  von  No  2569. 


I. 


3625.*  J  %i'a  ßiißiim.  ^Utnii  Die  Heilkunst  ist   eine  menschen- 
freundliche Kunst. 

Ahnhch  wie  No  3608  gewöhnlich  mit  tadelndem  Nebensinn  : 
den  heutigen  Ärzten  ist  es  nur  um  das  Honorar  zu  thun. 

3626.*  Ihatsti  %vo    iihi.  äK^'l?^5^<     Priesterkleid    und    Schüssel 
empfangen. 

Amtsnachfolger  werden  ;  ursprünglich  nur  in  Bezug  auf  Priester, 
jetzt  allgemein  gebraucht. 

3627.  Inia-Bdikä.  'n^'^M  Ein  heutiger  Renkci. 

Bcnkei,  der  treue  Begleiter  Yoshitsune's,  war  berühmt  wegen 
seiner  Stärke. — Zwei  andere  sprichwörtlich  gewordene  Personen 
sind  der  Dichter  Narihha  und  die  Dichterin  Ono  110  Komachi, 
beide  wegen  ihrer  Schönheit ;  man  bezeichnet  daher  einen  durch 
Schönheit  ausgezeichneten  Mann  als  Ima-Narihira,  "  heutigen 
Narihira ",  und  ein  ungewöhnlich  schönes  Mädchen  als  Ima- 
Koinachi, 

3628.  l^nawa    710    ncmöutsii  dai-c  7/10  tonaeru. 'n-'^^'^'^MVkl^mh 

Das   Gebet  der  Sterbestunde  spricht  jeder. 

Jeder  betet  in  der  Sterbestunde  ;  "  Noth  lehrt  beten  ".  Vgl. 
No  1652. 


—    407     — 

3629.*  Ingwa  öhö.   0m^.#ß  Ursache  und  Wirkung  entsprechen 
sicli  und  vergehen  einander. 

Ein  buddhistischer  Ausdruck;  zu  hts^wa,  "Ursache  und  Wir- 
kung," vgl.  die  Anm.  zu  No  851.  Oft  mit  No  1030  und  1054 
gleichbedeutend. 

3630.  *l7igiva    wa    kunuiia    no    xva.    H^II^cD^    Ursaclie    und 

Wirkung  sind  wie  ein   Wagenrad. 

Sie  drehen  sich  stets  um  einander,  folgen  einander  unauf- 
hörlich. Buddhistisch,  in  dem  Sinne:  alles,  was  der  Mensch 
thut,  hat    eine  gute  oder  böse  Folge. 

3631.  Ivanu  kamisan  de  ino  sambyakii  sntcta  yori  osJiii.  A^rt 

«'^S^-C(,HW^^t:i  iJlt^^    Selbst    um    eine    Frau,   die 
man   nicht  braucht,  thut  es  einem  mehr    leid   als  um 
300  weggeworfene  Heller. 
Variante  von  No  loii. 

3632.  Iva  no  kiiroi  zva   nikimiarenu  ga,  kiichi  110  warni  ni  ni- 

kumareru.  -feOMv'UMI^n«*^  POM^Mi^iMS  Nicht 
die  schwarze  Farbe  wird  gehasst,  man  wird  wegen 
des  bösen   Maules  gehasst. 

Der  Rabe  ist  nicht  wegen  seiner  schwarzen  Farbe,  sondern 
wegen  seines  beständigen  Krächzens  unleidlich ;  der  schlimmste 
Fehler  einer  Frau  ist  nicht  Hässlichkeit,  sondern  ein  böses  Maul. 

3633.*  Islii  ni  tatsn  ya  mo  ari.  ^i-fJio^  l  ^"J    Es    giebt    auch 

Pfeile,  die  im  Steine  haften. 

Beruht  auf  einer  chinesischen  Erzählung.  Jemand  schoss  auf 
einen  vermeintlichen  Tiger  im  Gebüsch,  fand  dann  aber,  dass  es 
nur  ein  Stein  von  tigerähnlicher  Form  gewesen  war.  Trotzdem 
aber  war  der  Pfeil  nicht  abgeprallt,  sondern  haftete  im  Stein. 
Dieses  Wunder  ist  (nach  chinesischer  Anschauung)  nur  dadurch 
zu  erklären,  dass  der  Mann  im  Moment  des  Abschiessens  den 
festen  Willen  gehabt  hatte,  den  Tiger  zu  durchbohren. — Vgl.  No 
2101  und  2535;  auch  wird  man  an  unser  "der  Glaube  versetzt 
Berge  "  erinnert. 

3634.  Ishiki  sannen,  Gitsha  hachinen.  PSilH¥.fI^A¥  Das 
Ishiki  (zu  verstehen)  dauert  drei  Jahre,  das  Gusha 
acht  Jahre. 


—    4o8     — 

Ishiki-ron  und  GusJta-roii  sind  die  Namen  zweier   buddhisti- 
scher Werke.       Der   Sinn    ist    gleich    dem  von  No  1946  (woran  S| 
auch  die  Form  erinnert) :  ohne  Geduld  und  Ausdauer  kann  man 
nichts  erreichen. 

3635.  Jsörö  ni  okiibi-nari  no  viochi.   ItMiV-W^^^    Dem    unge- 

betenen    Kostgänger    giebt    man    die  dreieckigen  (d. 
h.  die  angebrochenen)  Stücke  mochi. 

Ein  ifoni  ist  einer,  der  kürzere  oder  längere  Zeit  bei  Verwandten 
oder  Freunden  auf  deren  Kosten  lebt,  okubi-nari  "  Gestalt  des 
okiibi"  {okitbi :  ein  dreieckiger  schmaler  Brusteinsatz  des  Kleides). 
Der  Müchi-Kuchen  wird  in  viereckige  Stücke  zerschnitten,  eine 
dreieckige  Form  haben  nur  Bruchstücke. 

3636.  Isdrö     oite     awazu,     itc    azvazu.    ^l^^v^'C'g'llt'.^'C'g'lI-^ 

Einen    isdrö  zu  halten    und    es    zu    sein    ist    (gleich) 
unerwünscht. 

3637.  hörd  sambai-me  ni  sctto  dasu.   ,S-1^Hä5@l- ^oi  {Ij-f  Wenn 

der  isörö  (bei  der  Mahlzeit)    zum  dritten    Male    Reis 

fordert,  so  hält  er  die   Reisschale  schüchtern  hin. 
Er  ist  seiner  abhängigen  Stellung  eingedenk. 

3638.  Isdrö  Iva,  inn  ni  ino  kawaigararcyo  !  ;S'^(i::^l- t  pJS*"' ?>^ 

i    Wenn  du  ein  isörö  bist,   so  mache  dich  selbst  beim 

Hunde  beliebt! 

Weil  selbst  der  Hund  im  Hause  eine  wichtigere,  geachtetere 
Stellung  einnimmt  als  der  isoni. 

3639.*  Isshin f  dötai.  — 'C^I^Iti  Ein   Herz,  derselbe  Körper. 

"  Ein  Herz  und  eine  Seele  ";  besonders  von  Eheleuten  gesagt. 

3640.  Itago  icJdmai  shita  zva  jigogn.  ^i*-— tiTllifiS^  Unter  der 

SchifTsplanke   ist  die   Hölle. 

Andere,  gebräuchlichere  Form  von  No  385. 

3641.  Itoko  hatoko  zaa  micidbata  no  inii  no  kuso.''^%%%'^^^ 

{tW&<öi<.<^%  Vettern  und  Vetterskinder  sind  (so  häufig 

wie)  Hundemist  am   Wege. 

Zu  entfernte  Verwandtschaft  hat  keinen  Werth. 

3642.  lu  koto  yastisJn,  okonai  katashi.   ei^^^c  L.ffO^II  L   Reden 

ist  leicht,  Handeln   ist  schwer. 
Vgl.  No  425,   15S7  und  1596. 


—    409     — 

.3643-  Z^atte  aruku  to  izari  ni  navJt.  Wffo-c^jf  <  egc^i 
Wenn  man  auf  den  Knieen  rutscht",  so  wird  man  ein 
Krüppel. 

Als  scherzhafte  Warnung  zu  Kindern  gesagt,  die  beim  Spiel 
nach  Art  von  Krüppeln  auf  den  Knieen  rutschen ;  ohne  sonstige 
Bedeutung. 


J. 

3644.  Jarajara-zuami  110  yatsiiziira-harashi.     ^•PhM'?h%tl^<?^ 

AMM?)  L   Das  Anschwellen  der  acht  Gesichter  dessen, 

der  (sonst  immer)  lustig  lacht. 

"  Anschwellen  der  acht  Gesichter  "  (oder  "  Backen  ")  bedeutet : 
in  heftigen  Zorn  gerathen.  Leute,  die  leicht  lachen,  werden  auch 
leicht  zornig. 

3645.  Jihun  no  kura  ni  hi  ga  tsuita   yd.     S^^#i:jAct>'#t^?:^ 

Als  ob  das  eigene  Magazin  in  Brand  gerathen   wäre. 
Von  grossem  Schreck. 

3646.  Jigoku   gokumku    zva    kokoro    ni    ari.   iläi^®IS^(t<W:  t)'J 

Hölle  und  Paradies  sind  im   Herzen. 

3647.  Jigoku  no  ue  no  issoku-tobi.  Ü&JI^OJi^-JSfUo^"  JMit  gleichen 

Füssen  in  die  Hölle  springen. 

Sich  in  eine  gefährliche  Unternehmung  stürzen. 

3648.*  Jigiva,  Jisan.   Öftöft  Eigenes  Gemälde,  eigenes  Lob. 
Von   jemand,    der  sein  eigenes  Werk   lobt ;  auch  als  scherz- 
hafte   Entschuldigung,    wenn    man  etwas    lobt,    \\as    man   selbst 
gemacht  hat.     Vgl.  No  2980. 

3649.     Jihi  ga    ada    ni   naru.    "^M^'^V-J^h    Das  Wohlwollen 
gegen  andere  wird  zum  Feinde. 

Für  Wohlthaten  Undank  und    Feindschaft    ernten.       Vgl.  No 
1122,  2274  und  2473. 


—     4IO     — 

3650.*  tTindo  ni  kegarern.    ®±l-!S<i.i    Vom    Erdenstaub    be- 
fleckt sein. 

Buddhistischer  Ausdruck  für :  mit  irdischen  Mängeln  be- 
haftet. 

3651.*  Jinshin  vicn    no   gotosJii.  A-L^iS'^ÄiL    Die    Herzen  der 
Menschen  sind  wie  ihre   Gesichter. 
D.  h.  ebenso  verschieden. 

3652.*  Jisetsu     tdrai.    B^lfSiiJjR     Das     Kommen     der     (guten)- 
Zeit. 

Oder :  die  gute  Zeit  wird  kommen  ;  d.  h.  nur  Geduld,  die 
Zeit  w  ird  alles  bringen.  Auch  sagt  man  :  j/st'/su  torai,  n»ia  no 
07'ai,  das  Kommen  der  guten  Zeit,  das  Vorbeikommen  des  Pferdes  ; 
die  drei  letzten  Worte  sind  ein  reimender,  bloss  scherzhafter 
sinnloser  Zusatz. 

3653.*  Jitsugetsu  viiada  chi  ni  ocJiku.  H.^^Ä&l-r^'?*  Sonne  und 
Mond  fallen  noch  nicht  auf  die  Erde. 

Der  Rechtschaffene  hat  nichts  zu  fürchten  ;  zuletzt  behält  doch 
das  Gute  die  Oberhand  über  das  Schlechte.     Vgl.  No  1023. 

3654.  tTiigwatsti  no  naka  no  töka  ni  kokoronasJii  %vo  yatouna  ! 

i';3'Dttie)  +  0i:-t>ML4'(i^^-^j:   In  den  mittleren  10  Tagen 
des   10.  Monats  miethe  keinen  Trägen  ! 

kokoronas/ii,  in  No  3553  ^Gefühlloser,  bedeutet  hier:  gleich- 
gültiger, träger  Mensch.  Da  die  Tage  sehr  kurz  sind,  so  würde 
er  so  gut  wie  nichts  leisten.  Die  Redensart  ist  weniger  bekannt 
als  die  unter  No  3553 ;  statt  des  10.  Monats,  der  im  alten. 
Kalender  ungefähr  dem  November  entspricht,  sollte  man  den. 
II.  Monat  =  unserm  December  erwarten. 

3655.  Jnvolzu-nichi  zva  jigoku  no  kmna  no  fitta  mo  aku.  +>^ 

0(til&m^|g'5^iB;3<    Am    16.    Tage   öffnet   sich    selbst 
der  Deckel  des  Höllenkessels. 

Mit  dem  "16.  Tage"  ist  der  16.  des  i.  und  der  16.  des  7.. 
Monats  gemeint.  Nur  an  diesen  beiden  Tagen,  d.  h.  am  Ende 
der  Keujahrszeit  und  zur  Zeit  des  Bon-Festes  (der  japanischen. 
Allerseelen feier)  dürfen  die  Dienstboten,  Ladendiener  etc.  von. 
der  Arbeit  ruhen  und  ihrem  Vergnügen  nachgehen. 


—     411     — 

3656.     Jtixu  bakari  de   oshü   %va    dekimt,    a^lill'^'")  TÜIfi^ltti'.^o 
Durch  den  Rosenkranz  allein  wird  man  nicht  Priester. 
Nicht  äussere  Abzeichen,  sondern  die    Gesinnung   macht  den 
Priester.     "  Die  Kapuze  macht  nicht  den  Mönch." 


K. 


Kaclo  (Ecke). 

3657.  Kado  ga  torcrn.  Ä^'IXHS    Die  Ecken  werden   abgenom- 

men. 

Abgeschhffen,  vernünftig  werden  ;  "  sich  die  Hörner  ablaufen." 

Kado  (Thor). 

3658.  Kado  ni  tatsu.  PTl-io  Am  Thore  stehen. 

Bettler  sein. 

3659.  Kaha-Daimyöjiii.  ■o' >■  :^bJ#    Die  Frau,  die  grosse  glän- 

zende Göttin. 

Daimyojhi  :  "  grosser  glänzender  Gott ''  ist  ein  Ehrentitel  so- 
wohl shintoistischer  als  buddhistischer  Gottheiten.  Scherzhaft  für 
eine  Frau,  vor  der  der  Mann  grossen  Respekt  hat ;  vgl.  No  2203. 

3660.  Kami  no  tsnna  vw,  hotokc  no    tsnna    vio    kire-Jiatsu.   It 

©«^Ul^ß'^m-tUn^o    Das    Seil    der    Götter    wie    das 

Seil  der  Buddhas  relsst. 

Das  Seil,  durch  das  man  an  sie  geknüpft  war.  Von  jeder- 
mann im  Stich  gelassen  werden. 

3661.  KamUau  inu  zva  yoln-gatashi.   ''®'&i-:^(t ßf 6^11  L  Hunde, 

die  sich  beissen,  sind  schwer  zu  rufen. 
Vgl.  No  2927. 

3662.  Kanemochi  wa  maivariuiochi.  M#llM>J^$^   Geldhaben 

geht  die  Reihe  herum. 

Reichthum  wechselt  leicht  seinen  Herrn  ;  vgl.  No  3019,  auch 
3519. 


—     412     — 

3663.*  Kangen    mbni   ni  sakarau.    Un%\'M.i-    Ermahnungen 
sind  den  Ohren  zuwider. 

Schon  unter  No  2441  als  zweite  Hälfte ;  wird  auch  selbständig  J 

<Tebraucht.     (In  der  Anm.  zu  No  2441  muss  es  statt  "Gebrauch- 
lieh  ist  nur"  heissen:  "Gebräuchlicher  als  das  Ganze  ist.") 

3664.  Katakl  mono  kotvare-yasiishi  M^^^M-^L  Harte  Dinge 

zerbrechen  leicht. 

3665.  Kai^mnuki  ga  wanii.    UM^^'^^^'    Die    Windrichtung 

ist  schlecht. 

Es  weht    ein    ungünstiger  Wind,    d.  h.    die  Verhältnisse    sind 
zur  Zeit  nicht  günstig. 

3666.*  Keivokii  zva  siite-gatashL.  HfliJlt^^ML  Huhnrippen  mag  \ 

man  nicht  gern  wegwerfen.  ! 

Obgleich  nur  wenig  Fleisch  daran  ist,  ist  es  doch  immer  noch 
besser  als  garnichts, 

3667.  Ke^ihiva    ni   hana    ga    sahi.    Bfif i:^i3'i^<     Auf    dem 

Streite  blühen  Blumen. 

Der  Streit  ist  noch  heftiger  geworden,  ist  auf  seiner  Höhe. 

3668.  ^l  no  viata  kam  iiinarenu.    ^<^X''^^h^t\^n    (Ich    bin) 

nicht  aus  der  Gabel  eines  Baumes  geboren. 

D.    h.    ich    bin    auch    ein    Mensch,   habe  auch   menschliches 
Gefühl.  Vgl.  No  691. 

3669.*  Ki  sliisiika  naran  to  hossuredomo,  käse  yainazu  ;  ko  yashina- 
%van  to  hossuredomo,  oya  matazii.  ^raftC  ?>  ^  S  ^-f  ja  £*  i .  S* 
JtJtT,  ^^(t^iS>:tn£'i♦  lÄ^nt-  Obgleich  der  Baum 
wünscht,  ruhig  zu  sein,  hört  doch  der  Wind  nicht  auf; 
wenn  der  Sohn  die  Eltern  auch  pflegen  will,  bleiben 
sie  (ihm)  doch  nicht. 

D.  h.  sie   sterben.     Vgl.  No  1482. 

3670.*  Kiko  no  ikioi  yamu  bekarazu.  IIÄ^^JkÜpJ^' f)-?*  Dem 
gewaltigen  Lauf  dessen,  der  auf  einem  Tiger  reitet, 
vermag  (der  Reiter)  nicht  Einhalt  zu  thun. 

Man    wird    oft    wider    seinen    Willen    durch    die    Gewalt  der 
Umstände  fortgerissen. 


—     413     — 

3671.*  Kimi  shiii  tarazareba,  shiii  sinn  tarazu.    SfBJS.?>  $'nii:>E 
g-f:  ?)t*  Wenn  es  dem  Herrn  an  Wahrhaftigket  fehlt, 
so  ist  der  Diener  l<ein  (guter)  Diener. 
Wortspiel  mit  den  verschiedenen  sinn  und  tarn. 

3672.     Kisha  110  ato-os/ti  zvo  suni.  \mM<^'^^^-t  Z     Den   Nach- 
schieber der  Eisenbahn  machen  (wollen). 

Bei  der  in  Ostasien  wohlbekannten  Jinrikisba— einem  kleinen 
zweirädrigen  Wagen,  den  ein  Kuli  zieht— schielet  oft  ein  zweiter 
Kuli  hinten  nach.  Für:  von  seinen  Fähigkeiten  oder  seiner 
Wichtigkeit  eine  lächerlich  hohe  Meinung  haben. 

3673.*  Kifsune  shi  sJiite  oka  zvo  inakura  ni  su.  ffi^L'Cfi^^ll 

"f    Der  sterbende  Fuchs    nimmt    seinen    p-Kicfel    zum 

Kopfkissen. 

D.  h.  den  Hügel,  in  dem  er  v.ohnt.  Jeder  wünscht  in  seiner 
Heimath  zu  sterben. 

3674.  Koehislmhu  de  te  ga  tsiikcrarcnu.  HEg^T^u^Xtl?  ^sHW 

Da  es  ein  Dünger-Schöpflöffel  ist,  mag  ihn   die  Hand 
nicht  anfassen. 

Von  Menschen,  mit  denen  niemand  etwas  zu  thun  haben  will. 

3675.  KoJxOro  %i'o    toj/ieru.    't>^i?Jk>6  2.     Das    Herz    (bei    etwas) 

anhalten. 

Seine  Aufmerksamkeit  auf  etwas  richten  ;  =  /?•/  [kokoro]  tco 
tsukerii  (No  1356). 

3676.  Kono  yo  zva  kari  no  yo.  iitOffillfge)]!!:    Diese    Welt    ist 

nur  eine  zeitweilige  (vorübergehende)  Welt. 
Als  Trost  im  Unglück  gesagt. 

3677.  Korohcha  knso  no  7ie.  fl-^ltSIOi    Wenn    (er)   hinfällt, 

(fällt  er)  auf  Koth. 

Von  jemand,  der  immer  Pech  hat.     Vgl.  No  2030. 

3678.  Kuchi  ga  cJiigan.   W'^^'M^-  Der  Mund  ist  verschieden. 

Die  Aussagen  widersprechen  sich. 

3679.  KiicJii    io   fnndosJd   zva    katakii  shiniu.  beshi.    PS^(t[S]<^ 

t'pJ  L  Dc;n    Mund    und    den    Lendengurt    muss    man 
fest  zubinden. 

Vgl.  No  1599  und  2393. 


—     414    — 

3680.  KucJii   to    saihi.    %va  shimeni   ga.ioku.     P  iRt>(ßlt^>?>  4t)^'i§- 

Beim    Mund  und    beim    Geldbeutel    bringt  Zubinden 
(Verschlossenhalten)  Gewinn. 

3681.  KncJd  wa  dcliairi  iii  to  wo  tatcro  !   X\[l^^K^)V'f^f^%Xh 

Beim     Munde    mache    eine    Thür    o"CGfen    Aus-    und 
Ein^raiiCT  ! 

3682.  Ku-shaK'H    ni-kcn    ni   to  ga    icld-iiiai.   ARiirsll-^tj-'—tS: 

Neun  Fuss  (breit)  und    12  Fuss  (lang)  und  eine  Thür. 

Spöttisch  für  ein  sehr  kleines,  armseliges  Haus ;  oder  als 
Entschuldigung,  dass  man  eine  so  enge  und  schlechte  Wohnung 
hat.     Abgekürzt :  kiisJiaku  nikeii. 

3683.*  Kwanri    tcnlö.    "MMMWi    Umkehrung    von    Mutze    und 
Schuh. 

Verkehrung  der  Begriffe ;  das  Hohe  gering,  das  Geringe 
hoch  schätzen. 


M. 


3684.  3Iatne  wo  kutteru.  S^Ä'^'^S  Bohnen   gegessen  haben. 

Es  ist  Sitte,  am  Neujahrstage  so  \iele  Bohnen  zu  essen,  als 
man  Jahre  zählt;  der  Sinn  der  Redensart  ist;  schon  oft  Neujahrs- 
bohnen gegessen  haben,  d.  h.  schon  alt  sein. 

3685.  Manie  zvo  kiiwaneba  yiarami.    'S.^e%\lX\\t'^i  bW    Er    muss 

erst  Bohnen  essen. 

Er  muss  erst  älter  werden  ;  er  ist  noch  zu  jung,  zu  unerfahren. 

3686.*  3Iani'ijoku.söc/m  kö  ittcn.  ^f^^^iJ^-Sfi  Mitten  im  über- 
all  grünen  Grase  ein  rolher  Punkt^. 

Für  etwas,  was  in  seiner  Umgebung  auftallt,  was  aus  der 
umgebenden  Mittelmässigkeit  hervorragt,  z.  B.  ein  begabter  Schüler 
in  einer  Classe  von   Dummköpfen.     \'gl.  No  459. 


I 


—    415     — 

3687.  Matsuvl  yori  viae  no  hi.  ^^'')  l']m^U    Besser    als   das 

Tempelfest  ist  der  vorhergehende  Tag. 
Bei  jeder  Freude  ist  das  Beste  die  Vorfreude. 

3688.  Migi  to  icba  hidari.  ^i5'^lt';fe   Wenn  man  rechts  sagt, 

(sagt  er)  h'nks. 
Gleich  Xo  2793. 

3689.  31inn   ga    Jiotoke,    sJdmnu   ga    kaini.    Aiou'fp»^  ?)iQtj'|$ 

Wer  nichts  sieht,    ist    ein    Buddha,    wer    von    nichts 
weiss,  ist  ein   Gott. 

Nicht  so  gebräuchhch  wie  No  1894  resp.  Xo  2661. 

3690.  Misosurl-bösu.  B$i!tÜ''JiS±  Der    Priester,  der  Bohnen- 

sauce reibt. 

Eiu  junger  Piiester,  ein  Priesterschüler,  der  noch  zu  solchen 
Arbeiten  verwendet  wird ;  dann  überhaupt  ein  scherzhafter  Aus- 
druck für:  Neuling,  Anfänger.     A'gl.  No  3205. 

3691.*  Moto  dai  nanba,  ri  mo  dai  nari.  Ä*:^-^j:WX.  Ml'k'Ti^] 
Wenn  das  Capital  gross  ist,  sind  auch  die  Zinsen 
gross. 

3692.     Äloto  mo  ko  1)10  naht  suru.  ^^^  i^^'t  ^    Sowohl  Capi- 
tal als  auch  Zinsen  zu  nichte  machen. 
Alles  einbüssen. 

3693.*  Mitjö  ßnsoku,  te^'ifiii  Der  Tod  ist  schnell. 
3694.*  Ilufd    no    kaze    iva  toki   ivo    erabazu.    ^^'^M.ItBj^^Jf  it'T 
Der  Wind  des  Todes  wählt  sich  die  Zeit    nicht  aus. 


N. 


3695.     3V<  ga  tatsu.  ^tj'j^o   Der  Name  erhebt  sich. 

Immer  in  schlechtem  Sinne  :  einen  schlechten  Ruf  bekommen. 


—    4i6    — 

3696.  JScfgasahl  koivameshi.  •^'^SSii  Der  furclubare   Reis  aus 

Nagasaki. 

kinuatncshi,  "steifer  Reis''  (Reis  mit  rothen  Bohnen  zu- 
sammengekocht) kann  auch  heissen  "furchtbarer",  "  grauhcher 
Reis".  Wenn  Kinder  eine  Gespenstergeschichte  oder  sonst  etwas 
Gruseliges  hören  wollen,  so  giebt  man  ihnen  dies  als  scherzhafte 
Antwort.  Auch  :  Niigasaki  no  kowai  za/co,  der  harte  (od.  gruse- 
lige) kleine  Fisch  von  Nagasaki.  Warum  aber  grade  Nagasaki, 
blieb  unerklärt. 

3697.  iV«/  ko  ni  wa  iiakade,  am  ko  ni    iiaku.    "^Xi-^T-l-l'Ü^'T» 

*boTr-r±<    Man  weint  nicht  darüber,  dass  man  keine 
Kinder  hat,  sondern  darüber,  dass  man   welche  hat. 

Als  Klage  über  die  Last  und  den  Arger,  den  man  mit  Kindern 
hat,  so  dass  man  manchmal  wünschen  möchte,  keine  zu  haben. 
Ähnlich  wie  No  2021,  doch  ohne  dessen  gute  Bedeutung. 

3698.  JS^auifJi'a  no  scppd  vut    ni   nasu.    ■■h^<^WttW-'^'t    Eine 

siebentägricTe  Prediijt  zu   nichte  machen. 
Bedeutung  wie  die  von  No  813. 

3699.  Kai'aicaim  kyö  zva  yovicnu.  l^l'iolIiiM'^*^   Die  Siitra, 

die  man  nicht  studirt  hat,  kann  man  nicht  lesen. 

3700.  Isassho    hara    oshd.    li^^r^' f)^n^     Aus    einem    Priesler- 

sclüiler  (kann  nicht  gleich)  ein  Priester  (werden), 
Variante  von  No  25S6. 

3701.  ^etsuh'e.  +S<t  Netsuke. 

Ein  oft  sehr  kunstvoll  geschnitzter  Knopf  aus  Elfenbein  etc., 
der  mit  einer  Schnur  am  Tabakstäschchen  oder  anderen  Uten- 
silien, die  man  im  Gürtel  trägt,  befestigt  ist,  um  zu  verhindern, 
dass  sie  durch  den  Gürtel  hindurchschlüpfcn.  Ein  scherzhafter 
Ausdruck  für  den  Begleiter  (gewöhnlich  eine  alte  Frau)  eines 
jungen  Mädchens  (junge  Mädchen  oder  Frauen  dürfen  ihres  Rufes 
wegen  nie  ohne  passende  Begleitung  ausgehen)  ;  auch  im  Allge- 
meinen wie  unser  "  Anhängsel "  eine  zugehörige,  abhängige 
Person  bezeichnend. 

3702.  Nichirenshü  wa  Tcndaishü  no  niusliikui.    HM^U^n^ 

<5^Pi^  Die  Nichircnsekte  ist  der  Raupenfrass  (der  Ruin) 
der  Tendaisekte. 


—    417     — 

Die  N.  sekte  ist  aus  der  T.  sekte  hervorgegangen  und  gelangte 
zu  grosser  Blütlie,  aber  auf  Kosten  der  T.  sekte,  mit  der  es  seit 
Gründung  der  N.  sekte  immer  mehr  bergab  ging.  Ebenso  ist 
zu  verstehen  :  Ikkosliu  wa  Jodoshu  no  mushikui,  die  Ikkö-(Monto 
oder  Shin)  sekte  ist  der  Ruin  der  Jödosekte,  und  Yamabttshi  wa 
Shingonshii  jio  mushikui,  der  Yamabushi-Mönchsorden  ist  der 
Ruin  der  Shingonsekte, 

3703.     Nikui  mono  wa  iketc  iniyo  !  Et'^lt^U'CÄi    Wenn  du 
jemand  hassest,  so  lass  ihn  weiter  leben  ! 

Vielleicht  bessert  er  sich  mit  der  Zeit,  oder  man  gewöhnt  sich 
mit  der  Zeit  an  ihn. 

3704.*  Ningen  no  hakku.  A  Tel  ^5  A  ^    Die    acht    Leiden    der 
Menschheit. 

Ein  buddhistischer  Ausdruck. 

3705.     ^ijii-go  no  bosatsii  ino  sore-zore  no  yakii.    H+i^^J^m 

^ifi^'t^O"^  Auch  von  den  25  Bosatsu  hat  jeder  sein 

(besonderes)  Amt. 

Jeder  soll  thun,  was  seines  Amtes  ist.      (Über  Bosatsu  s.  No 

35II-) 


O. 

3706.  O-hyaka  Daiinyöjin.    U%>Mt^    Der  grosse  glänzende 

Gastgott. 

Scherzhaft  für :  "  der  geehrte  Gast "  ;  vgl.  No  3659.  (Nur 
von  Gästen  eines  Wirthshauses  etc.) 

3707.  Oni    UM    tsuno    oru.    ÄiÄ^S    Auch  der    Teufel    bricht 

sich  die  Hörner. 

Wenn  er  "  sich  die  Hörner  abgelaufen'"  hat,  wird  er  fromm. 

3708.  Oni  ni  scnibd.  Äl-MDf  Dem  Teufel  Sembei  (geben). 

sembei :  sehr  dünne  Kuchen  aus  Reismehl,  die  zum  Thee 
gegessen  werden.  Für  :  nur  eine  Kleinigkeit  essen  oder  zu  essen 
anbieten.  (Meist  in  der  Form  :  oni  ni  sembei  da  kara,  da  es  nur 
sembei  für  den  Teufel  sind.) 


—     4i8     — 

3709.  Oya  ko  zva  tsse,  s/n  zua  sause.  l!.i'-II-ili:4?llHili:  p:itern 
und  Kinder  sind  für  eine  Welt,  der  Lehrer  ist  für 
drei  Welten. 

Vgl.  No  859  und  2597. 


R. 


3710.*  Böshö  fuj'ö.  ^^"^Ä  Alt  und  Jung  (stirbt)  ohne  Regel. 
Der  Tod  macht  keinen  Unterschied.     (Vgl.  No  1706.) 


S. 


371 1.  Hmnhö  mo  vwtcnasJd  kara.    Hg  l  t  "C^j:  L'O' f)    Auch    die 

drei  Schätze  hängen  von  der  (guten)  Aufnahme  ab. 

Unter  dem  buddhistischen  Ausdruck  "  drei  Schätze ''  versteht 
man  Buddha,  die  buddhistische  Lehre  und  den  buddhistischen 
Priesterstand.  Selbst  ihr  Ansehen  richtet  sich  nach  der  Werth- 
schätzung,  dem  Urtheil  der  Welt, 

3712.  Samurai  no  ko  zva  hava  ga  hctte  ino  himojTi  nai.  f#0^ 

\\Wi'\'k^X\.ü^lMiU^^  Wenn  das  Kind  des  Samurai 
auch  nichts  im  Magen  hat,  ist  es  doch  nicht  hungrig. 
Ähnlich  wie  No  204  und  2S77  :  ein  Samurai  muss  auch  in 
der  Noth  seines  Standes  eingedenk  bleiben ;  wenn  ihn  auch 
hungert,  darf  er  es  sich  doch  nicht  merken  lassen.  Die  Redens- 
art soll  aus  dem  berühmten  Schauspiel  Sendai  Hagi  stammen. 


—    419     — 

37 13«*  >^(tngai  ni  kaki  nasJii,  rokudö  ni  hc*o)d  nashi.  H^ltütC 
L.Aiil'lii  "JÜL  Die  drei  Welten  haben  keinen  Zaun, 
die  sechs  Wege  haben  keinen   Rand. 

Es  ist  keine  feste  Grenze  zwischen  ihnen,  man  kann  leicht 
aus  der  einen  Welt  resp.  dem  einen  Weg  in  den  andern  über- 
gehen. (Die  drei  Welten :  die  jetzige,  die  vergangene  und  die 
zukünftige  Welt ;  die  sechs  Wege :  die  sechs  Zustände,  in  deren 
einen  nach  buddhistischer  Lehre  die  Seele  nach  dem  Tode  über- 
geht.) 

3714.  Savii  110  toshi  7ii  zva  eiiziiki  wo  semi.    ^€>^i:U^^^t£io 

Im  Jahre  des  Affen  schliesst  man  keine  Ehe. 

Man  glaubt,  dass  eine  solche  Ehe  nicht  von  langer  Dauer 
sein  -würde,  und  zwar  deshalb,  weil  das  Wort  für  "  Affe  ",  saru, 
auch  "  weggehen,  sich  scheiden  "  bedeutet. 

3715.  Saivara  ni  bonnö.   SllSI-^tS  Wenn  man    daran  rührt, 

hat  man   Kummer. 

So  wie  man  sich  in  eine  Sache  einlässt,  sich  mit  etwas  be- 
fasst,  so  beginnt  auch  schon  Sorge  und  Kummer ;  am  besten  ist 
es,  mit  der  Welt  und  ihren  Versuchungen  nichts  zu  thun  zu 
haben. 

3716.*  Seisha  hitsnuictsu,  esha  firi.  4#!if»M.'t#/tll  Alles  Le- 
bende muss  vergehen  ;  was  zusammenkommt,  muss 
sich  trennen. 

Buddhistischer  Spruch  bei  Todesfällen.     Vgl.   No  134. 

3717.*  Senzai  ic/iigU.  ^^^M  In  tausend  Jahren  einmal  vor- 
gekommen. 

So  gut  wie  niemals. 

3718.  ShaKa  ni  vio  kyö  no yomi-chigai.  ^äSi'-  i^^e^Mür^  Selbst 
Shaka  (Buddha)  hat  beim  Lesen  der  Sütra's  Fehler 
gemacht. 

Vgl.  No  1434. 

3719.*  Shiino  ivo  fundc  kanpyö  no  itaru  tvo  shiru.  fl^?a^TS 
ac?)iijÄ^^a  Wenn  man  auf  (den  ersten)  Reif  tritt, 
so  weiss  man,  dass  (bald)  festes  Eis  kommt. 


—    420     —  I 

3720.  *Shin  arcba  toku  ari.    -^fcHlf^ffc*)     Wo   Glaube    ist,  da 
ist  auch  Gewinn. 

Frömmigkeit  bringt  Segen. 

3721.*  Silin    7va    sögon  yoti   okoni.  "^li^lSi 'J^i     Der  Glaube  w 

geht  aus  der  Pracht  hervor. 

Äussere  Pracht  der  Tempel,  Geräthe,  Priesterkleider  etc.  thut 
viel,  übt  auf  das  Gemüth  eine  starke  Wirkung  aus. 

3722.     Shitari-gao.    tV.^)U.    Ein  Gesicht  (dem  man  ansieht): 
ich  habs  gethan  ! 

Ein  Gesicht,  dem  man  die  Freude  über  einen  gehabten  Er- 
folg ansieht. 

3723.*  Shiyö  ni  wataru.  tt^i-iSa    Zu    Zweigen    und  Blättern 
übergehen. 

D.  h.  zu  den  weniger  wichtigen,  nebensächlichen  Fragen  oder 
Angelegenheiten.  (Als  Hauptsache  ist  in  diesem  Bilde  der 
Stamm  gedacht.) 

3724.*  Shuhisen  to  sci-kurabe.  IRä^lüä$l;<  h-<  Sich  an    Grösse 
mit  dem  Shubisen   messen. 

Shiibiscji  :  Name  eines  hohen  Berges  in  Indien.  Von  einem 
sehr  langen  Menschen — vgl.    No  3573. 

3725.*  Sö  ni  hö  ari,  ftl-^*)*)     Das    Gesetz    (die    Religion)  ist 

bei  den   Priestern. 

Auch  eine  gute  Religion  hat  wenig  Werth,  wenn  die  Priester 
nichts  taugen,  da  sie  in  ihren  Händen  ist;  ebenso  gute  Gesetze 
in  den  Händen  schlechter  Richter  u.  dgl.  mehr. 

3726.     Sinni  tva  gaki  ni  sumse,  fude  zva  oni  ni  toraseyo  !  MI^Ä 

Är-^?)t£.|||IÄI-lX?>tf  i    Die    Tusche    lass  von  einem 

Hungrigen  (Schwachen)  reiben,   den    Pinsel  lass  von 

einem  Teufel  führen  ! 

Man  soll  die  Tusche  schwach  anreiben,  den  Pinsel  kraftvoll 
führen. — Über  gaki  vgl.  No  409. 


—     421     — 


T. 


3727.  Tavöbö  uio  tübi  to  narite  zva,  tobi  dake  no  chie.  ;*clI5i^  i 

,l^;Ä''J-^|l,,l^•■l^^W^  Selbst  ein  Taröbö  hätte,  wenn 
er  ein  tombi  würde,  nur  den  Verstand  eines  tombi. 

Taröbö  ist  der  Name  des  Tengu  (s.  No  3014),  der  der  Sage 
nach  den  jungen  Yoshitsune  im  Fechten  vmterrichtete ;  io)nbi  der 
Name  eines  in  allen  japanischen  Städten  sehr  gemeinen  Raub- 
vogels. Der  Mensch  und  sein  Verstand  wird  nach  seiner  Stellung, 
nach  der  Rolle,  die  er  in  der  Welt  spielt,  beurtheilt.  Im  Sinne 
verwandt  sind  No  660  und  1165. 

3728.  Tora  no  kawa  no  fnndoshi  ivo    sJiuneru.    ^^&.<^%^%h 

Den  Lendengurt  aus  Tigerhaut  umbinden. 
Verstärkte  Form  von  No  3544. 

3729.*  Tora  iva  senri   Ute  stnri  kaeru.  JÄlI^M^fot^PEIf 3   Der 
Tiger  läuft  tausend  Meilen   hin  und  zurück. 
Wie  No  3097. 


->oJ=^(S^=4c^ 


BERICHTIGUNGEN  UND  ZUSATZE 

zu  No   I — 3483. 


S^O 

26. 

lf 

34. 

52, 

64. 

71- 

116. 

117. 

146. 

147. 

160. 

165. 

171 

176. 

190. 

191. 

204. 

209. 

211. 

215 

240 

257 

In  der  letzten  Zeile  der  Anm.  lies  wa  statt  wo. 

Mehr    in    dem   Sinne :    von    seiner    Macht    unrechten    Gebrauch 

machen ;  den  Schwachen,  der  sich  nicht  wehren  kann,  unter- 
drücken u.   dgl. 
Statt  fuka-nasake  besser  sJiinjd  zu  lesen. 
Auch  :  jemand  sicher  machen. 
Schon  unter  No  2272  berichtigt. 

Besser:  Den  Kopf  verstecken,  aber  den  Hintern  nicht  verstecken. 
Besser :    Sich    an    der    Suppe    verbrannt    haben,    und    dann  auf 

namasu  blasen. 
ga  nach  kusuri  zu  streichen. 
Besonders  von  einem    Diener,    der,  was    ihm    gesagt  wird,  thut, 

aber  nie  von  selbst  auf  etwas  kommt ;  dem  alles  ausdrücklich 

gesagt  werden  muss. 
Die  Form  bajt  töfü  ist  besser. 
Wahrscheinlich  nur  Übersetzung  (vielleicht  aus  dem  Englischen),. 

und  daher  besser  zu  streichen. 
Statt  "Wie  48"  lies  "Wie  51  ". 
BimUb-gaJä  heisst  nicht   "  Kakifrucht    des   Armen ",  sondern  ist 

der  Name  einer  geringwerthigen  Kaki-Sorte.     Hinzuzufügen  ist 

noch,  dass  die  Bedeutung  der  von  No  178  gleich  ist. 
Statt  "Wie  100''  lies  "Wie  103". 
Statt  "  Gleich  69  "  lies  "  Gleich  72  ". 
Statt  kiiwaiiu  io  besser  ktiwancdo. 
Abgekürzt :  byobn-daoshi. 
Besser :  Thee  pulvern. 
Bedeutet:    die    Folgen    einer   bösen    That  durch  eine  neue  böse 

That  beseitigen  wollen. 
Statt  iiati  lies  ftani. 
Statt  der  jetzigen  Anm.  zu  setzen :  Eine  Sache,    die  gedeiht,  bei 

der  man  vorwärts  kommt. 


—    423     — 

No       259.     "(sagen)"  ist    zu    streichen,    und    statt    "Unzuverlässig  sein "  zu 

setzen  :  Von  einer   Sache,    die,   statt  Fortschritte    zu   machen, 

Rückschritte  macht. 
„        282.     In  der  letzten  Zeile  der  Anm.  ist  "oft  =  "  zu  streichen. 
„        294.     Die  Bedeutung  ist  nicht  wie  angegeben,  sondern  gleich   der  von 

No  1873. 
„        328.     Kann  auch  heissen  :  Die  Leute  aus   Edo  sind   schnell   von   Ent- 

schluss,  sind  resolut.  (Vgl.  No   1320.) 
„        362,     Von  dieser  No  gilt  dasselbe  wie  von  No  165. 
„        370.     Nach  "(so  schwach}"  zu  setzen    "od.  so   wenig";    statt  "man": 

"es". 
,,        422.     Statt  1110  lies  wa. 
»       433-    gi>'^  bedeutet     nicht    "Schuldigkeit"     oder     "Pflichterfüllung'', 

sondern  nur  die    Pflicht,   sich    (z.  B.  für   ein    Geschenk — vgl. 

No  1961)  zu  revanchiren,  überhaupt    "sich    nicht    lumpen  zu 

lassen  ".     Am  ehesten  lässt   es  sich  durch  "  Anstandspflicht  " 

wiedergeben. — In  der  Anm.  muss    es  statt    "  nicht  umbinden, 

weglassen  ''  heissen  "  nicht  weglassen,  umbinden". 
„       436.     Auch  diese  No  ist  als  unecht  zu  streichen. 
„        440.     Statt  "  5)  glückliches  Lebensende  "  richtiger :  "  Lebensende  durch 

hohes  Alter.''       Die   Aufzählung    dieser    "fünf  Güter"  findet 

sich  in  einem  chinesischen  Werke. 
„       442.    (und  443).       Diese    Redensart    stammt    aus    dem    Buche    Moshi 

(Mencius). 
,,        526.     Abgekürzt:  hana  7ii  nrasJii. 
„        556.     Bedeutet:  etwas  vollständig    begriffen    haben.       Auch:   /iura    ni 

ochirii,  in  den  Bauch  fallen.     Statt  Jiara,  Bauch,  auch  fuitne, 

Brust. 
„        576,     In  China  hat  das  Spr.  die  Bedeutung :  ohne   Capital    kann  man 

nichts  anfangen  ;  also  ungefähr  wie  "  aus  nichts  wird  nichts''. 
„        600.     Hatte  !.'!o  ist  zu  übersetzen :  selbst  wenn  es  kriecht.      Dabei  hat 

man  sich  zu  denken,  dass  vorher  ein  Streit  darüber  stattfand, 

ob  der  betreffende  schwarze  Gegenstand  ein  schwarzer  Käfer 

(oder    sonstiges    initsJii — Insekt),    oder    eine    schwarze    Bohne 

sei. 
,,        653.     Hierher  auch  die  Redensart:  hikage    no    nii   (J|)    io    naru,    ein 

Körper  des  Schattens    ("  einer  im    Schatten  ")   werden,    d.  h. 

sich  in  die  Verborgenheit  zurückziehen. 
,,        697.     Schon  unter  No  3098  berichtigt. 
„        705.     Bedeutung  besser  :  in  das  Gebiet  eines  andern,  in  fremdes  Bereich 

übergreifen. 


—     424     — 

No      802.     Besser:  Einen  Tempel  besuchen,  in  dem  kein  Golt  ist. 

828.  Eine  Abkürzung  hiervon  ist :  /lyofan  nainazii,  Flaschenkürbis 
und  Wels ;  für  jemand,  der  nicht  zu  fassen  ist,  der  immer  aal- 
glatt ausweicht. 

„        845.     Statt  kann,  lies  käme. 

1002.     Statt  nobiini  lies  nobji.  (oder  auch  jiobirii). 

„  1022.  Auch :  ja  wa  sun  ni  shiie  sono  kl  ivo  arawasu,  die  Schlange 
zeigt  ihre  Natur  schon,  wenn  sie  einen  Zoll  lang  ist. 

„      1025.     Schon  unter  No  3454  berichtigt. 

,,  1030.  Auch  dies  ist  (wie  No  1054)  buddhistischen  Ursprungs  und  ent- 
spricht, wie  No  1054,  dem  biblischen  "  was  der  Mensch  sät, 
das  wird  er  ernten  ''. 

„  1044.  Besser :  Weder  Räucherholz  verbrennen,  noch  einen  Wind  lassen  ; 
und  dem  entsprechend  in  der  Anm  :  Sich  in  nichts  auszeichnen, 
weder  im  Guten  noch  im  Schlechten. 

„  1078.  Auch :  jübun  ni  nareba  kobore-yasi/i,  wenn  es  voll  wird,  läuft  es 
leicht  über. 

„      1099.     Statt  "Gleich  1089"  lies  "Gleich  1098", 

„      II 15.     In  der  Anm.  ist  kat^c  de  7m  Beiikei  no  gotokii    ibani  besser  zu 

übersetzen  :  wenn  der  Feind   nicht  da  ist,    so  gross    thun   wie 

Bcnkei. 

„      1143.     Auch  hier  (wie  bei  No  328)  kann  es  statt  "fassen  schnell    auf" 

etc.  auch  heissen :  "sind  resolut." 
,,      II 46.     Nach  Kaviiiiari  lies  ^rz  statt  7vn. 
„      1207.     Bedeutung:  selbst  ein    dürrer   Baum    ist    immer  noch  besser  als 

gar  keiner;  meist  auf  Menschen  angewendet. 
„      1281.     Die  Anm.  ist  dahin  abzuändern:     Der  Ausdruck,  der  "ein  sehr 

schönes  Weib  "  bedeutet,  bezieht  sich  auf  eine  Favoritin,  die 

beherrschte  und richtete. 

„      1294.     Statt  "Vor"  hes  "Von". 

„  1304.  In  dersell^en  Bedeutung  auch  kolsuuik:i  (#^),  Knochen  und 
Fleisch. 

„  1307.  Zweifelhaft,  ob  nicht  Jiana,  statt  mit  "Blumen",  mit  "Nase"  zu 
übersetzen  ist,  denn  die  Redensart  soll  auch  heissen  :  ki  de 
hana  7vo  nifguiia  fo,  als  ob  man  sich  die  Nase  mit  Hok 
abgewischt  hätte.  Dies  könnte  Parodie  sein  ;  doch  existirt 
auch  folgende,  in  der  Piovinz  Sagami  gebräuchliche  Redens- 
art :  koppa  de  hana  -wo  katnii  yd,  als  ob  man  sich  die  Nase 
mit  Holzspähnen  schnaubte.  Der  Sinn  bleibt  übrigens  der 
nämliche. 


—     425     — 


No     1320.     Zur  Erklärung    hinzuzufügen:    "Auch:    geistig    geweckt,    schnell 
von  Begriften  sein  ". 
„      1376.     Andere  Redensarten  mit  kiku  sind  : 

kikit  ga  tatanu,  Cirkel  und  Viereck  stehen  nicht ; 
kfkit  ni  Jiazitrerii,  von  Cirkel  und  Viereck  abweichen  ; 
kiku  wo  haztisu,  Cirkel  und  Viereck  nicht  innehalten ; 
alle   mit  der  Bedeutung:    nicht    regelrecht,    nicht   vorschrifts- 
mässig. 
1419,     Bedeutung:  so  fest  entschlossen;  "koste  es  was  es  wolle". 
1427,     In  der  3.  Zeile  der  Anm.  lies  statt  oya  :  iiü. 
I44_(..    Statt  neko  ni  wa  inashi  besser  iieko  yori  masJii  da. 
15 12.     Besser:  sich  beruhigen. 
1559.     Die    Bedeutung    ist    einfach    "sterben".       {koto   steht    hier    für 

"  Leben  ".) 
1584.     Bedeutet  nur:  zu  viel  reden,  schwatzhaft  sein. 
1591.     Bedeutung  richtiger:  in  jeder  Beziehung  tüchtig  sein. 
1618.     Besser:  eine  Sache  kurz  zu  Ende  bringen,  oder  auch:  sie  einst- 
weilen abbrechen. 
1623.     Statt  "Sehr  gross  sein"    besser    "Sehr    hoch    sein"    (z.  B.  von 

einem  Thurm). 
1628.     Statt  iiadakesH  besser    itadakazii ;   statt    "  empfangen ''  (in    der 

5.  Zeile)  besser:  "tragen". 
1660.     Kürzere  Form :  /c/ii  Jiovicrarctc,  ni  nikiiniareic,   sani-lwrcra7-elc, 
yo  kaze  hikii. 

1685.  Statt  T.'ö  lies  %ua. 

1686.  Die    Existenz    dieser    Redensart    scheint    zweifelhaft ;    wohl    nur 
missverständiiche  Verdrehung  von  No  1687. 

1740.     Statt  J\Iagitre-aiari  zu  setzen  Magiire-zaitvai. 

1793.     Statt  ga  lies  no. 

1800.     Die  gewöhnliche  Bedeutung  ist:    ein   zorniges    Gesicht    machen. 

Dasselbe  gilt  auch  für  No  1802  und  1803. 
1821.     Auch:  Mekiira  hebi  ni  ozezii  (jf.ti'T")'  ^^^  Blinde  kümmert  sich 

nicht  um  die  Schlangen. 
1858.     Statt  "  anvertrauen  "  besser  "  unterwerfen  ".      Bedeutung  wie  No 

1749- 

1905.     Nach  Mitsugo  lies  ni  statt  tuo. 

1911.  Statt  "Ein  Verhältniss  "  besser  "Eine  Freundschaft''.— Ebenso 
in  No  191 3. 

1930.     Auch  in  lobendem  Sinne  angewendet. 

1962.  Nicht  mit  1963  gleichbedeutend,  sondern  immer  nur  in  verächt- 
lichem Sinne,  von   jemand,    der    sehr  habgierig  ist,  der  alles 


—    426    — 

nimmt,  \\as  er  kriegen  kann,  selbst  das,  was  kein  anderer 
haben  will.  Die  Übersetzung  sollte  daher  lauten  :  Wenn 
es  ein  Geschenk  ist,  so  ist  ihm  sogar  ein  Begräbniss  am  Neu- 
jahrstage recht. — "Einem  geschenkten  Gaul"  etc.  ist  also 
hier  zu  streichen,  und  dafür  bei  No  1963  anzuführen. 
No     1977.     D.  h.  ein  ideales  Land,  wie  es  auf  Erden  nicht  zu  linden  ist. 

2030.     Statt  nakizura  besser  iiakitsura. 

2071.     Statt  "der  Pferde"  besser  "des  Pferdes". 

2090.  Statt  "  Lied  von  der  Pupille  "  muss  es  heissen  "  Lied  vom  Auge  ". 
C  Pupille  "  heisst  nicht  7nanaJca,  sondern  /n/oi/ii.) 

2122.  In  der  i.  Zeile  der  Anm.  ist  nach  "  haben ''  und  "  Unbeliebtheit  " 
je  ein  Komma  zu  setzen. 

2142.  Dieses  Spr.  bedeutet  in  China:  überladener  Reichthum,  ge- 
schmackloser Luxus  u.  dgl.,  hat  also  in  Japan  eine  ganz  andere 
Bedeutung  erhalten. 

2150.     Nach  NUo  ist  wo  hinzuzufügen. 

2160.     Statt  Nöja  besser  ^^'ojo  [itW)- 

2209.     Soll  vielmehr  die  Bedeutung   haben  :  wenn    man   jemand  etwas  A 

einräumt,  so  verlangt  er  gleich  mehr.  ■ 

2215.     Besser;  Nach  dem  Falle  die  Höhe  fürchten. 

2252.  Sehr  häufig  auch  für ;  jemand  etwas  zum  Geschenk  anbieten. 
(Auch  die  bekannte  Redensart  goran  ni  ircni  hat  neben 
ihrer  Hauptbedeutung  "zeigen"  die  Bedeutung  "schenken.'') 

2255.  Leute  aus  Ise  parodiren  das  gehässige  Isc-kojiki  in  Isc-ko 
sliojiki :  Ise-Leute  sind  rechtschaffen. 

2274.  Auch  in  der  Form:  On  ni  vtukuyitru  ni  ada  wo  motte  su,  die 
sogar,  wenigstens  unter  Gebildeten,  gebräuchlicher  sein  soll. 

2276.  Wird  gesagt,  wenn  man  von  einer  Sache  gar  keine  Unkosten 
hat,  wenn  alles  reiner  Gewinn  ist. 

2278.  In  der  Anm.  ist  "Gewöhnlich  sagt  xn-AW  ju-hachi"  zu  streichen, 
und  dafür  zu  setzen :  "  Abgekürzt :  oni  nio  jukacJity 

2289.     In  der  letzten  Zeile  der  Anm.  lies  statt    "  No  906":  "No  909"* 

2295.  Besser :  Wegen  einer  Frau  seinen  unglücklichen  Zustand  (seine 
Armuth)  verhehlen,  d.  h.  sich  reicher  stellen  als  man  ist. 

2312.     Statt   kasake,  Ausschlag,  auch  yainai,  Krankheit. 

2334.     Die  Stelle  "  wird  zum  (od."  besser  zu  streichen. 

2348.     Statt  hikii  lies  shikii. 

2387.     Statt  Raku  no  lies  Raku  na. 

2392.     Statt  nari  lies  nani.     Ebenso  in  No  2396. 

2402.  Nach  "Sie  können"  einzuschalten:  "nach  chinesischer  An- 
schauung ". 


—     427     — 

Ko  2408.  Gebräuchlicher :  Rissui  no  cht  (Jft)  nw  7iashl,  man  hat  nicht 
einmal  Platz,  einen  Bohrer  zu  stellen.  Statt  chi  auch  yocJii 
(#.^).  überflüssiger  Platz. 

„  2422.  Statt  "Beweise''  besser  "Thatsachen"  oder  "  thatsächliche 
Beweise.'' 

„      2423.     Gebräuchlicher  ist  Roiigo-yomi  no  statt  Rongo-yoiiii  ga. 

„  2426.  Auch:  diV'iu' {^i^)  ni  aisuinani,  sich  mit  derselben  Art  zu- 
sammenfinden. 

„  2427.  Die  Worte  "noch  gefährlicher''  nebst  der  darauf  folgenden 
Klammer  besser  zu  streichen. 

„  2430.  Ryoöa  ist  nicht  ^%  zweischneidig(es  Messer),  sondern  ^^, 
zwei  Blätter  (die  Cotyledonen),  was  gewöhnlich  fufaba  gelesen 
wird.  Die  Übersetzung  sollte  daher  lauten ;  Wenn  man 
(einen  Baum)  nicht  im  Cot\  ledonen-Zustande  abschneidet,  so 
etc. 

„      2431.     Statt  "  Urtheile"  besser  "  Entscheide". 

„      2441.     Schon  unter  No  3663  des  NaclUrages  berichtigt 

.,      2480,     Statt  "(od.  Idtiuiaki-niono)"  lies  ''(od.  kitaiia-kunond)''. 

„  2491.  Besser :  "  kann  man  es  das  ganze  Leben  nicht  vergessen  (ver- 
lernen)". 

„      2565.     Statt  Scnnyii  lies  Sennyli. 

„  2573.  Zur  Anm.  hinzuzufügen  :  daher  für  zu  grosse  Dinge  in  zu  kleinem 
Raum. 

„      2586.     Abgekürzte  Form  :  sJiatni  kam  chord. 

„  2600.  Meist  verächthch,  von  Dingen,  auf  die  man  keine  Rücksicht  zu 
nehmen  braucht. 

„  2636.  Besser :  Wie  wenn  man  in  einen  tiefen  Wasserschlund  hinab- 
blickt. 

„  2686.  Auch  sagt  man :  ski/a  e  ok.xrenu  mono,  einer,  den  man  nicht 
nach  unten  setzen  darf;  d.  h.  einer,  den  man  nicht  unter- 
schätzen darf,  vor  dem  man  sich  in  Acht  nehmen  muss. 

„      2720.     Statt /;/>■///>/ auch  kitoku  (^t#)- 

„  2749.  Statt  des  Hinweises  auf  No  io8r,  der  nicht  zutreffend  ist,  wäre 
besser  auf  No  2757  zu  verweisen. 

„  2765.  In  der  Anm.  nach  "  Leben  "  zu  setzen :  "  und  daher  auch  für 
die  Zukunft  von  Bedeutung."  Ausser  auf  No  85 1  ist  auch 
auf  No  330  hinzuweisen. 

„  2808.  Besser:  Der  (Frau),  die  man  liebt,  seine  Armuth  verhehlen  {tni 
h\tx=ukimi).  Die  Redensart  ist  nur  Variante  von  No  2295 
(vgl.  oben  unter  den  Berichtigungen). 

„      3051.     Ist  folgen dermassen  zu  ändern:    'Wöge  jedenfalls   im    Dorfe  (od. 


—     428     — 

in  der  Nachbarschaft)  nichts  passiren !  d.  h.  möge  das  Un- 
gUick  wenigstens  uns  verschonen  ! — Der  Hinweis  auf  "  der 
Fuchs  raubt  nie  auf  seinem  Bau"  fällt  demnach  selbstver- 
ständlich weg. 
^'o  331 7-  Statt  7/nz/cdrd,  Seeigelschale,  ist  zu  setzen  7t7tikdru  (vom  lat.  uni- 
cornu,  Einhorn),  der  Zahn  des  Narwal  (Monodon  monoceros). 


Hiermit  sind,  bei  der  mannigfaltigen  Anwendung  mancher 
Sprichwörter  und  Redensarten,  die  möglichen  Erklärungen 
wahrscheinlich  noch  nicht  erschöpft;  auch  ist  nicht  ausge- 
schlossen, dass  noch  immer  einige  Missverständnisse  unberichtigt 
geblieben  sein  mögen.  Die  ev.  Berichtigung  derselben,  sowie 
die  Berichtigung  kleinerer,  leicht  erkennbarer  Versehen  und 
Druckfehler  muss  einer  zweiten  Auflage  vorbehalten  bleiben  ; 
ebenso  die  Berichtigung  der  in  den  chinesischen  Zeichen  noch 
vorkommenden  Druckfehler,  die  Vervollständigung  der  Hinweise 
auf  sinnverwandte  Sprichwörter  und  Redensarten,  und  die 
strenge  Durchführung  des  Princips,  alle  aus  China  stammenden 
Sprichwörter  und  Redensarten  durch  einen  Stern  kenntlich  zu 
machen. 


%     Ende,     g: 


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