THE ROYAL CANADiÄN INSTRü i
t
MITTHEILUNGEN
DER
DEUJSCH^X GESELLSCHAFT
O'
FÜR
.NATUR- UND VÖLKERKUNDE OSTASIENS.
HERAUSGEGEBEN VOM VORSTANDE.
BAND VII.
(3THEILE, HER AUSG. 1898- 1899.)
MIT EINER TAFEL.
TOKYO.
FÜR EUROPA
IM ALLEINVERLAG VON ASHER & Co.
lin W., Unter den Linden 13.
Die Schreibweise japanischer Namen ist die phonetische, mit
nur wenigen unwesentlichen Abweichungen von der in Wörter-
büchern wie Hepburn (4^" Auflage) gebräuchlichen.
Die Vokale werden also wie im Deutschen gesprochen ; " ei "
fast wie " e."
ch wie tsch.
j ,, dsch.
s ,, sz (s scharf).
sh ,, seh.
z ,, ds (s weich).
y • ». j-
Im Anfange eines Wortes steht "y" vor "e" oder "ei"
nur noch in allbekannten Wörtern wie Yedo, Yen etc.; man
suche also " Yebi " unter " Ebi " u. a.
"i" hinter " ch " vor "ü" ist weggelassen; man suche ein
Wort wie " chiügoku " unter " chOgoku."
Das Redactiöns-Comite.
^ . o . si
h^n
INHALT DES VII. BANDES.
(DER WIEDERABDRUCK DER AUFSÄTZE IST NUR MIT
ANGABE DER QUELLE GESTATTET.)
THEIL I.
Seite
Die Ursachen der Vertreibung der Portugiesen aus Japan
(1614-1639), von Dr. LUDWIG RIE.SS i
Bemerkungen und Berichtigungen zu Lange's Einführung
in die japanische Schrift, von Dr. Karl Florenz 53
Über Lepra in Hawaii und das Aussätzigen-Heiin in Molokai,
von Dr. F. Habkrer TJ
Die Ärzte Chinas, von Dr. FranCLS T. B. Fest 94
Formosanische Volkslieder, nach chinesischen Quellen, von
Dr. Karl Florenz iio
Sitzungsberichte 154
Jahresbericht für 1897 169
Mitgliederverzeichniss 179
Liste der Gesellschaften, Institute, Redactionen etc 184
THEIL 11.
Die Lieder der hundert Dichter (Hyakunin Isshü), von
P. Ehmann 193
Über Jujutsu oder Yawara, von Dr. K. MiURA 273
Stimmungsbilder aus Manila, von Major FALKNER VON
Sonnenburg 285
Seite.
Die Inschrift des Denkmals im Közan-en bei Yamaguchi,
von Dr. A. Gramatzky. (Mit einer Tafel.) 293
Sitzunc^sberichte 302
Jahresbericht für 1898 307
THEIL III.
Über ein unentdecktes Goldland. Ein Beitrag zur Ge-
schichte der Entdeckungen im nördlichen Grossen
Ocean, von Dr. 0. Nachod 311
DIE URSACHEN DER VERTREIBUNG
DER
PORTUGIESEN AUS JAPAN (1614-1639).
VON
LUDWIG RIESS.
I.
lyeyasu als Feir.d des Christentums. (1614-1616.)
In den ersttMi vierzehn Jahren seiner unbestrittenen Herrschaft
hat IyeyASU der Verbreitung des Christentums in Japan kein ernst-
liches Hindernis in den Weggelegt. Aber plötzlich, am 27. Januar
1614, erliess er das Gebot, dass alle katholischen Geistlichen im
Lande, Fremde wie Eingeborene, nach Nagasaki geschafft und von
dort nach Macao und Manilla übergeführt werden sollten. Zugleich
wurde den Landeslierren befohlen, in ihrem Gebiete die Kirchen
zu zerstören und ihre christlichen Unterthanen zur Aufgabe ihres
Glaubens zu bewegen. Dieses Edikt wurde das Sisfnal zu einer
immer weiter greiferden Christenverfolgung, durch die innerhalb
26 Jahren nach unzähligen Martern der schon weit verbreitete neue
Glaube mit Stumpf und Stiel ausgerottet, zugleicli aber auch Japan
in den Zustand der Abgeschlossenheit versetzt wurde, in dem es
zvxeihundert Jahre lang verblieb. Die Frage nach den Ursachen
dieser veränderten Politik und ihrer rücksichtslosen Weiterbildung
hat deshalb immer wieder das Interesse der Beobachter des japa-
nischen Sonderlebens wach gerufen. Jedoch auch in den beiden
neuesten Bearbeitungen dieses Gegenstandes ist das Ursprungs-
motiv der für Japan so verhängnissvollen Entschliessung des
IyeyasU offenbar unrichtig angegeben.
Die im Auftrage des japanischen Unterrichtsministeriums 1893
2 RiESS, ViCRTRElBUNG DER PORTUGIESEN.
herausgegebene "'History of tlie Empire of Japan'' wälzt die ganze
Schuld auf die Holländer, die dadurch ja zum Handelsmonopol in
Japan gelangten. " Die hrlländischen Ansiedler (so heisst es auf
Seite 308 der englischen Ausgabe) machten die wahre oder vorgeb-
liche Entdeckung, dass die portugiesischen und spanischen
Missionare, mit den japanischen Christen verbündet, ein Complott
schmiedeten, um die japanische Regierung zu stürzen." Der fast
ausschliesslich auf holländischen Quellen fussende deutsche Autor,
der soeben mit einer umfangreichen Monographie über Japan
hervorgetreten ist,* sieht in der " \^erfolgung, die IyeyASU gegen
die katholischen Priester und die ihnen ergebenen japanischen
Christen begann, nur das Vorspiel zu dem von ihm gegen seinen
Schwiegersohn HiDEYORI zu eröffnenden Kampf." Beide Erklärun-
gen können jedoch vor einer ernsten Prüfung nicht bestehen ; sie
beruhen auf mangelhafter Kenntnis des historischen Alaterials, das
wir zur Lösung dieser Frage besitzen.
Vor allen Dingen muss man doch beachten, was die Nächst-
betheiligten, die damals in Japan residierenden Priester, als den
Grund für ihre Austreibung angeben. In einem Schreiben an König
Philipp ni. von Spanien vom i5ten November 1612 äussert sich der
IMschof von Jipan, LuiS DE CerqUEIRA, über die Gründe der
Ungunst von Nagasaki aus ; sein designierter Nachfolger VALENTIN
CaRVALHO giebt nach der Vertreibung dem Papste Aufklärung
von Macao aus (am 28. December 1614) ; einige angesehene Portu-
giesen in Nagasaki wandten sich in derselben Sache an den Papst.f
Da finden wir denn im Ganzen vier Gründe aufgeführt, um
derentwillen die Machthaber in J.ipan ihre Politik den Glaubensbo-
ten gegenüber geändert haben. Erstens die Hartnäckigkeit, mit der
verfolgte Christen dem Gebote ihres Landesherren trotzten. Zwei-
tens die Verehrung, die einige Christen den Überresten eines wegen
eines Münzverbrechens gekreuzigten Individuums bezeigten. Für
diese beiden Gründe beruft sich der designierte Bischof nicht nur
* Oskar Nachod. Die Beziehungen der niederländisch-ostindischen Kompagnie zu
Japan im siebzehnten Jahrhundert (Leipzig 1897). S. 164.
1 Diese drei Aussagen finden sich abgedruckt bei Pages Mistoire de la Religion
cliretienne au Japon. Annexe Xo 22. 23. 24. 26 Lh habe zu dem historischen Wahrheits-
gefühl des fleissigen Autors das Zutrauen, dass die von ihm angedeuteten Auslassungen
nichts Wesentliches betreffen.
RiESS, Vertreibung der Portugiesen. 3
auf das allg-emciiie Gerücht, sondern auch auf zwei Briefe von
Männern aus der Umoebung des Shoguns ; ja PageS ist in der Lage,
uns die beglaubigte Übersetzung eines dieser beiden Briefe mitzu-
theilen. Als dritten Grund führen die Hetheiligten das unkluge Ge-
bahren einiger spanischer Glaubensboten und spanischer Schiffsof-
ficiere an. Die Portugiesen warfen ihnen vor, dass "sie mehr um Pro-
vinzen als um Seelen zu gewinnen gekommen schienen " und dass "es
ihnen in vielen Dingen an Klugheit gefehlt hätte." Im Besondern
beklagen alle Beurtheiler, dass ein spanisches Schiff, auf dem sich
der Gesandte des Vicekönigs von Mexico und der Franziskaner-
mönch LuiS SOTELO befanden, im Jahre 161 1 im östlichen Japan
Küsten-und Hafenvermessungen vorgenommen habe. Denn da-
durch seien viele, selbst christliche Japaner in. einem Argwohn
bestärkt worden, den einst im Jahre 1596 die Prahlerei eines
spanischen Navigationsofficiers entfacht hatte. Es hatte nämlich
damals FRANCISCO DE Landa, der Lotse eines bei Urato in Tosa
gestrandeten Schiffes, dem vom Daimyo abgesandten Beamten
MaSUDA YemONNOJO auf einer Landkarte .die weiten Besitzungen
seines Königs gezeigt und aul die Frage, wie alle diese Länder
vereinigt worden seien, geantwortet, dass zuerst Mönche hingegan-
gen wären und ihre Beligion gepredigt hätten, worauf dann
Kriegsmannschaften folgten und die Länder eroberten." — Als
vierten Grund geben die Betheiligten die üble Nachrede an, die
Kapitän AdamS, die Holländer und die eben erst eingetroffenen
Engländer den Jesuiten und Mönchen machten.
Von einer "wahren oder angeblichen Entdeckung" eines
Complottes der Missionare mit den japanisclien Christen oder von
einem Zusammenhange der allgemeinen Christenverfolgung mit
dem Kampfe gegen PHdeyori, der in der That keine ernstlichen
christenfreundlichen Negungen hatte, ist bei den Betheiligten und
Augenzeugen auch später nicht die Rede. Wohl aber können wir
aus der Situation des Jahres 161 3 vermuthen, dass auch noch zwei
specielle Veranlassungen mit hinzugekommen seien, um IVEVASU
mit Verdacht und Widerwillen gegen die fremden Glaubensboten
* In dem 1609 in Mexico gedruckten Buche Antonie de Morga's über die Philippinen
etc. zuerst gemeldet. In der von der Hakluyt Society publicierten Übersetzung von
Stanley S. 78 £. Die jaj:anischen Namen sind im Texte von mir rectificiert worden.
4 RiKss, Vertreibung der Portugiesen.
und ihre Lehre zu erfüllen. Der Sohn und Erbe des Daimyo
Arima in Kiushiu hatte sich 1610 von seiner ihm kirchlich
angetrauten Gemahlin getrennt und eine Grossnichte des IVEVASU
geheiratet. Aus einem christlichen V^erächtcr des Kirchengebots
wurde er sofort zum fanatischen Christenfeind. Als er seinen
eio-nen Vater wegen hochverrätherischer Pläne denunciert hatte
und statt seiner zum Daimyo eingesetzt war, begann er eine scharfe
Verfolo-une. bei der die heimgesuchten Christen neben ihrem
Glaubenseifer auch ihren Abscheu gegen den unnatürlichen Sohn
zum Ausdruck brachten. Aus dem schon erwähnten Briefe des
Münzmeisters GOTO Shosaburo erkennen wir, dass IVEVASU, als
er davon erfuhr, sehr ungehalten war und die Priester dafür
tadelte.* Denn offenbar war die Renitenz planvoll organisiert.
Der Bischof von Japan rü'.imt in seinem Briefe an den König von
Spanien vom 5. October 161 3, dass die Verfolgten in Arima gewisse
Associationen (japanisch Kwni) gebildet hätten, in denen nur
Christen, die für ihren Glauben zu sterben entschlossen waren,
Aufnahme fänden. Sie kämen, um sich in ihrem P^ifer zu stärken,
bald in diesem, bald in jenem Hause häufig zusammen und hätten
für ihren Zweck besondere Erbauungsbücher und bestimmte
Statuten. Schon verbreiteten sich diese geistlichen Übungen über
die Grenzen Arimas hinaus, und auch Kinder von 10, 11 und 12
Jahren hätten ähnliche Verbrüderungen mit ihrem zarten Alter
angemessenen Statuten gebildet.f Wir werden sehen, wie diese
auf den Märtyrertod vorbereitenden Veranstaltungen in dem Edikte
des IyeyaSU einen Widerhall fanden. Die zweite Veranlassung
für das greise Staatsoberhaupt, gegen die Missionare starken
Verdacht zu hegen, war die Sendung einer Gesandtschaft an den
* Die betreffende Stelle (Pages Annexe 25, p. 112; lautet: " Nachdem der D\imyo
Arima Befehl gegeben hatte, mehrere Menschen, die nicht aufhören wollten Christen zu
sein, lebendig zu verbrennen, kamen die Anhänger desselben Glaubens, schnitten wetteifernd
Theile ihrer Leichen ab und trugen sie als Reliquien davon. Seine Hoheit, von diesen
Thatsachen bennchrichtiet, sagte, es sei doch eine schlechte Sache solche Leute anzubeten ; und
er tadelte die Prediger des christlichen Glaubens heftig. Obgleich es wahrscheinlich ist, dass
er die Christen nicht bestrafen wird, so scheint es mir doch unnütz und gefährlich, einem
Glauben anzugehören, den seine Hoheit verabscheut." (^Geschrieben am 23. December
1613.)
■\ Pages Annexe 23. p. 108.
RiESS, Vertreibung der Portugiesen. 5
Papst und an den König von Spanien. Date Masamuxe, der
Dainiyo von Sendai, hatte sie ausgesandt, und der Franziskaner
Luis SotelO, der sich bereits auf dem spanischen Schiffe, das die
Vermessungen ausführte, missHebig gemacht hatte, war die eigent-
hche Seele dieses neuen Unternehmens. Am 28. Oktober 161 3
kam die Gesandtschaft in Neu-Spanien an. Wenn man die Briefe
liest, die SOTELO im Namen des Fürsten von Sendai in Rom und
Madrid abgab, so kann man sich nicht wundern, dass IVEYASU
gegen diese Anknüpfung von Beziehungun zwischen dem nicht
zum Christentum bekehrten Fürsten im Norden und dem Papst
und dem König von Spanien schwere Bedenken hatte. Date war
zuo-leich Schwiegervater von IVEVASU'S zweitem Sohne, der mit
dem ihm zugedachten Erbtheil unzufrieden war und wegen
bewiesener Un Zuverlässigkeit von seinem älteren Bruder später
hart gestraft wurde. Indem IyeyaSU sein Edikt gegen das
Christentum erliess. sicherte er sich und seinen Nachfolger auch
o-eo-en die ferneren Machinationen, die der unternehmende Fran-
ziskaner anspinnen konnte. Da schien ihm denn wohl der
Zeitpunkt gekommen, allen fremden Glaubensboten das Land zu
verbieten.
Der Wortlaut der entscheidenden Proclamation des IVEYASU
ist in englischer Übersetzung von SiR Ernest Satow bekannt
<Temacht worden.^ Wir entnehmen daraus die einzigen drei
Absätze, die sich auf die Gefährlichkeit des Christentums beziehen.
Sie lauten in deutscher Wiedergabe :
"Aber die Christenbande ist nach Japan gekommen, indem
sie nicht nur ihre Kauffahrteischiffe sendet, um Handelsgüter
auszutauschen, sondern auch darnach trachter, ein übles Gesetz
auszu-äen und die rechte Lehre über den Haufen zu werfen, so
dass sie die Regierung des Landes verändern und den Besitz des
Landes erlangen können. Das ist der Keim zu grossem Unglück
und muss zermalmt werden."
"Die Faktion der Patres (Bateren) empören sich gegen diese
(d. h. die buddhistische) Weltordnurg. Sie glauben nicht an die
Weee der Götter und höhnen das wahre Gesetz, verletzen Recht-
thun und beleidieen die Götter. Wenn sie ein verurteiltes Subjekt
* Siehe Anhang No i.
6 RiESS, Vertreibung der Portugiesen.
sehen, laufen sie ihm mit Freuden zu, bücken sich vor ihm und
erweisen ihm Verehrung. Das, sagen sie, sei die Essenz ihres
Glaubens. Wenn das nicht ein übles Gesetz ist, was denn?
Wahrlich, sie sind die Feinde der Götter und Buddhas ! Wenn
dies nicht schleunig verboten wird, so wird später die Sicherheit
des Staates gewiss gefährdet sein ; und wenn die mit der Leitung
der Geschäfte Beauftragten dem Übel keinen Einhalt gebieten,
so setzen sie sich der Zurechtweisung des Himmels aus."
"Weil das christliche Gesetz lehrt, dass diejenigen, die den
Tod verachten, durchs P\^uer gehen können, ohne verbrannt zu
werden, oder ins Wasser geworfen werden können, ohne zu
ertrinken, und dass diejenigen, die ihr eigenes Blut vergiessen
lassen, gerettet werden, schreitet das Reichsgesetz streng ein.
Deshalb müsst Ihr solche Leute prüfen, die sich aus dem Tode
nicht viel machen."
Man sieht, die bemerkenswerthe, durchweg von religiösem
Schwünge belebte Proclamation des lYEVASU'^ entspricht den
Eindrücken, die von den betroffenen Bischöfen und ihren Freunden
bei dem gewaltigen Manne vorausgesetzt wurden oder sich aus den
ihn nahe angehenden Thatsachen als selbstverständlich erweisen.
Nachdem sich die Angaben der zunächst beteiligten Augen-
zeugen in Bezug auf die Sinnesänderung des lyeyasu so glaub-
würdig erwiesen haben, verlohnt es sich auch der Mühe zu
untersuchen, ob sie über die Aufstachelung der Japaner durch die
Holländer und Kapitän ADAMS nur Thatsächliches berichten oder,
was in ihrer Lage ja erklärlich wäre, zu unbegündeten Insinuationen
greifen. Auch über diesen Punkt kommen wir zu einem befriedi-
genden Result it, wenn wir uns nur an die gleichzeitigen Berichte
halten und spätere Umdeutungen bei Seite lassen.
Beginnen wir mit dem, was der bei Iyevasu so angesehene
Adams in dieser Periode zum Schaden der Glaubensboten gethan
haben soll.
Aus seinem Exil in Macao schreibt der designierte Bischof von
Japan, VALENTIN Carvaliio. über Adams' P^inwirkung im Jahre
i6ii : "Der englische Schiffsführer stand immer in freund-
schaftlichen Beziehungen zu den Spaniern, denen er gern beistand
* Sic ist im Aiiluuig Nu i vollständig wicdergegel)en.
RiESS, Vertreibung der Portugiesen. 7
und die er in sein Haus aufnahm, wenn sie krank waren ; aber in
Bezug auf den katholischen Glauben war er unzugänglich." Als
im Jahre 161 1 der spanische Gesandte NUXO DE SOTOMAVOR in
Japan verlangte, (so fährt der Bischof fort) " dass man den Hol-
ländern nicht mehr erlaubte, in den Häfen zu verweilen, indem
er erklärte, dass sie Rebellen gegen ihren König und Leute seien,
die nur den Portugiesen und Chinesen geraubte Waaren bringen
könnten, wurde NUNO nicht gehört, da die Gunst des Schiffsführers
Adams immer die Holländer beschützte."* Auf das Zeugniss
eines Franziskaners, der im November 161 2 aus Centraljapan kam,
berichtet der damals in Nagasaki residierende Bischof von Japan,
dass Adams, "ein grosser Günstling des Souverains und sehr
intelligenter Mann, aber ein Ketzer, dem Fürsten eine Weltkarte
erklärte und ihm verschiedene Gegenden vorwies, aus denen man
die Priester vertrieben hatte. Er gab Gründe dafür nach seinem
Sinne. Und der Souverain antwortete ihm : " " Wenn ich sie also
selbst verjage, so \\'ird das keineswegs eine neue Sache sein." "
Nun, man braucht sich nur in den Geist der Epoche zu versetzen,
in der diese Dinge geschahen, um Adams von dem Vorwurf
boshafter Hetzerei gegen die Spanier und die Priester vollkommen
freizusprechen.
Nicht ganz so gut besteht die Handlungsweise der Holländer
vor einem unparteiischen Richterstuhle. Freilich, was der Bischof
ihnen vorwirft, nämlich dass sie behaupteten, " die Priester
predigten nicht das Evangelium so wie Jesus Christus es gelehrt
und der Welt hinterlassen habe, sondern dass sie dazu hinzufügten
was ihnen gefiele "t wird kein Unbefangener als mehr als die
wahre Überzeugung der protestantischen Niederländer betrachten.
Aber davon sind sie nicht freizusprechen, dass sie schon im Jahre
1610 und 161 1 ihren religiösen Gegensatz zu den Katholiken zu
gewissenlosen Verunglimpfungen ihrer kaufmännischen Concur-
renten benutzt haben. Den Beweis dafür finde ich in einer
Eingabe an den Shogun Hidetada, von der ich im India Office
in London eine Abschrift genommen habe, die ich im Anhange
unter No 2 mitteile. Li diesem Schriftstücke warnen sie den
Shogun vor "dem König von Spanien und seinen Unterthanen, die
* Pjges, Annexe 40. pag. 162. f P^ges, Annexe 22. pag. 104.
8 RiESS, Vertreibung der Portugiesen.
bereits als feste Ansiedler in Lucon und Macao eingezogen sind."
Sie beziehen sich darin auf "eine Demonstration, die sie dem
Vater On-Goshosama (d.i. IVEVASU) im I5ten Jahre der Periode
Keicho," also i6io, gegeben haben. Diese Demonstration besitzen
wir nicht mehr; aber auf Grund eines am 7. Januar 1610 im Hafen
von Nagasaki stattgefundenen tragischen P^reignisses können wir
schliessen, dass grade damals die Holländer eine besonders
günstige Gelegenheit hatten, für die Schlechtigkeit und Gefähr-
lichkeit der Portugiesen bei lyeyasu zu plaidieren. IyeyaSU hatte
nämlich dem Daimyo Arima Shuri NO TAVU, der sich am 11.
Oktober 1606 die Erlaubnis erteilen Hess, nach Champa an der
Ostküste von Hinterindien Handel zu treiben," 5000 Goldyen und
kostbare Geschenke übergeben, um dafür feines Parfüm mitbringen
zu lassen. Das stark bemannte und wahrscheinlich von AdAMS
geführte Schiff suchte auf der Rückreise vor einem Sturme im
Hafen von Macao Schutz. Dort bekam ein Theil der Mannschaft
Streit mit Portugiesen, wobei viele Japaner totgeschlagen wurden.
Auch wurde das japanische Schiff überfallen und seiner Kostbar-
keiten beraubt. Die Japaner konnten weder Schadenersatz noch
die Bestrafung der Übelthäter erlangen ; vielmehr entschied der
Gouverneur ANDREA PeSSOA, dass die Japaner die allein
Schuldigen seien. Als nun, nach feststehender portugiesischer
Praxis, dieser Gouverneur als Kapitän des Königsschiffes 1609
nach Japan ging, verlangte die Centralregierung da AdamS
in ihm den ungerechten Richter von Macao wiedererkannt
hatte, dass dieser PesSOA zur Bestrafung an das kaiserliche
Gericht ausgeliefert werden sollte. Da dies verweigert wurde,
erging IVEVASu's Befehl an den Daimyo Arima. das portugiesische
Schiff mit Allem, was darauf war, zu zerstören. Wohl schössen
die Portugiesen die gegen sie gesandten Brandschiffe mit ihren
Kanonen in den Grund ; aber wegen des widrigen Windes war an
kein Entrinnen zu denken. Am 7. Januar gelang es den zahlrei-
chen japanischen Kriegsbooten, trotz der Breitsalven sich an dem
grossen portugiesischen Schiff festzuhaken, so dass die rachedürsti-
* Der Erlaubnisschein wird in ber Liste bei SugANUMA Sadatame S. 421 aufgeführt in
dem äusserst fleissigen Buche Dai Nihoti Shos^yo shi (llandelsgeschichte Japans) des bereits
mit 25 Jahren in Manilla verstorbenen A''erfassers.
RiESS, Vertreibung der Portugiesen. 9
gen Gewappneten hinübersteigen konnten. Da, am Mittag- dieses
7. Januars, Hess Pessoa die Lunte an die Pulvermagazine legen
und flog mit seinen Gefährten und zahlreichen Japanern in die
Luft.*
Diese günstige Gelegenheit, ihren Concurrenten für ihre üble
Nachrede heimzuzahlen, Hessen die Holländer nicht unbenutzt
vorübergehen. Sie legten in einer besonderen Eingabe an
lyeyasu, auf die sie noch nach eilf Jahren Bezug nahmen, die Notwen-
digkeit dar, die Portugiesen vom Handel in Japan auszuschHessen.
Sie hatten aber mit ihren Vorstellungen keinen Erfolg. f Da kam
ein Jahr später ein am 18. December 1610 vom Prinzen Moritz von
Nassau an den Shogun geschriebener Brief an, der auch Warnun-
gen vor den Lügen der Portugiesen und Spanier und vor den
Intriguen der "Jesuiten und Väter der Gesellschaften" enthielt.
Diesen Brief übersetzten die Holländer in Hirado ins Spanische
und gaben ihn an den Reichrath HONDA KOSUKE XO KAMI ab.
Dabei veränderten sie aber den Wortlaut und auch den Sinn so,
dass ihre eigene Beschuldigung der Portugiesen dadurch eine
Bestätigung erhielt. Wir besitzen noch ein Facsimile der Überset-
zung dieses spanischen Textes mit der Unterschrift von JACQUES
Specx (dem damaligen Oberhaupte) und Hendrick Brouwer,
(seinem Nachfolger); sie ist um einen auf den japanischen Ge-
schmack berechneten Eingangssatz reicher, sonst aber kürzer und
schärfer als das Original. Im Anhang No. 4 lassen wir die
Übersetzung eines Teiles dieser sorgfältig aufgehobenen japa-
nischen Wiedergabe folgen. Gleich damals wusste sich ein
japanischer Christ eine andere japanische Übersetzung dieses
Aktenstückes zu verschaffen. Der in Nagasaki weilende Priester
Calvalho Hess davon eine Rückübersetzung ins Portugiesische
machen, die er einem Berichte nach Europa beilegte : wir teilen sie
zum Vergleich mit dem Original ebenfalls im Anhang No. 4 mit.
Der Priester erklärte das ganze Schriftstück als ein aus der Luft
gegriffenes Machwerk der holländischen Kaufleute in Nagasaki.
* über die Quellen für diese Episode sishe Anhang No 3.
"j" Der Shogun seilest liess den portugieschen IMissonaren mittlieilen, dass ihre Lands-
leute in alter Freiheit und ohne Scheu ihren Handel in Japan wieder aufnehmen sollten, da
die Holländer keine passenden Waaren brachten. ^^SUGANUMA S. 504.)
lo RiEss, Vkrtrkiüun'g der Portugiesen.
Das geht zu weit. Aber wahr bleibt es, dass die Holländer in
ihrer spanischen IJbersetzungÄnderunj^en des Sinnes vorgenommen
haben, die einer Fälschung sehr nahe kommen.* Sie haben aus
dunklen Andeutungen des Statthalters die JBeschuldigung gemacht,
dass die in Japan ll.mdel treibenden Portugiesen und Spanier
mit den Priestern zusammen Ranke schmiedeten, diese Priesteraber
ihren Bekehrten Abscheu vor allen Andersgläubigen einflössten,
dann Streitigkeiten mit anderen Sekten schaffen und Revolutionen
verursachen, die ihnen ganz Japan dienstbar machen sollen.
Wie weit diese Auflietzungen von holländischer Seite wirklich
dazu beigetragen haben, lYEYASU zu der zwei Jahre später erlas-
senen Proclamation gegen die Missionare zu bestimmen, entzieht
sich unserer Beurtheilung.f Jedenfalls haben die portugiesischen
und spanischen Kaiifleute, solange Iyeyasu lebte, von den
Verleumdungen der Holländer keine Nachwirkung zu spüren
bekommen. In seiner Antwort an den Prinzen MORITZ von
Nassau geschieht der Portugiesen und Priester gar keine
Erwähnung.
* Vergleiche Anhang No. 4.
-j- Ein enger Zusnmmenhang zwischen dem angeblichen Briefe des Prinzen Moritz
und der Proclamition ist meiner Meinung n:ich nicht anzunehmen. Die bemerkenswerte-
sten Grundgedanken der Proclamation finden sich nämlich schon in einem Schreiben des
Iyeyasu an den Gouverneur der Philippinen Don Pedro de Acuna vom Jahre 1603.
In diesem freundschaftlichen Briefe schreibt der Gebieter Japans schon damals, also lange
vor der Festsetzung der Holländer : " Dieses Gebiet heisst S/iin koku, das bedeutet Land
der Götter, die seit den Zeiten unserer Vorfahren bis jetzt immer mit der höchsten Achtung
geehrt worden sind und deren Thaten ich allein weder ungeschehen machen noch zerstö-
ren kann. Aus diesem Grunde ist es keineswegs angängig, dass Ihr Glaube in Japan
gepredigt und verbreitet werden sollte." (De Morga, The Philippine Islands, Molucc.ts,
Siam, Cambodja, Japan und China at the close of the sixteenth Century, translated by THE
Hon. Henry E J. Stanley. London, Hakluyt Society. 1868.) Ähnhche Wendungen
kehren in der Proclamation von 1614 wieder.
RiESS, Vertreibung der Portugiesen. ir
II.
Hidelada's Politik und die Entdeckung eines verrälherischen
Briefes im Jahre 1817.
In dem weitausgedehnten japanischen Feudalstaate Hess sich
aber, da es an einem festen Beamtenorganismus gebrach, ein so
einschneidendes Edikt wie das vom Jahre 1614 gar nicht einheit-
lich durchführen. Vielmehr hing es von dem Willen der lokalen
Dynasten, der Daimyos, ab, wie weit die genau bestimmten
Massregeln zur Unterdrükung des Christentums durchgeführt
werden sollten. In einigen Bezirken, besonders auf Kiushiu, ging
man viel schroffer vor, als es verlangt wurde ; in anderen geschah
wenig oder gar nichts. Mit Connivenz der Localbehörden konnten
sich viele fremde Priester im Lande verborgen halten und der
Seelsorge obliegen, Processionen veranstaltet werden und neue
Priester in der Verkleidung als Kaufleute ins Land kommen.
Bei der Ausführlichkeit, mit der uns in Crasset's und Pages
Darstellungen die Martern und Unterdrückungen vorgeführt wer-
den, verschwinden die gegenteiligen Bemerkungen über Nachsicht
und Duldung gar zu leicht vor dem geistigen Auge des Lesers ; ich
will daher ein Paar Fälle herausheben, um darzuthun, wie sich die
Gewalthaber zugleich mit den Pflichten des Gehorsams und ihren
eicrenen Auschauuncjen und Interessen abfanden. In Aki und
Bungo Hess der Daimyo sofort einige Christen ins Gefängnis werfen
und bestrafen ; aber nach wenigen Tagen schon gab er das vorge-
schriebene Nachforschen auf.* Dicht bei Nagasaki befahl ein
Daimyo seinen Beamten zwar, das Edikt zu procIamieren, bedeu-
tete sie aber, dass es nur zur Form geschehe und dass die Christen
ihre Religion frei ausüben könnten, wenn sie es nur ohne Lärm
thätcn und ihn nicht compromittierten.f Ein Gouverneur von
Nagasaki beteiligte sich mit seiner Familie an einer christlichen
Procession.:j: Der Fürst von Tamba und sein Sohn widersetzten
sich der Ausführung des Ediktes in ihrem Gebiete, und IyeyaSU
* Pages S. 263. 1 Pages. S. 272. % PagösS. 275.
12 RiEss, Vertreiüuxg der Portugiesen.
"machte die Au£:^en zu."* Trotz aller Erncuerunc^en und
Verschärfungen der christenfeindlichen kaiserlichen Befehle
verschaffte der Daimyo von Yonezawa seinen zahlreichen christ-
lischen Unthertanen dadurch Ruhe, dass er bis zum Jahre 1626
regelmässig an das Bakufu in Yedo berichtete, bei ihm gäbe es
keine Christen.! Aus den Berichten der Augenzeugen der Ver-
folo-ungen üeht es deutlich hervor, dass die buddhistischen Priester
der rivalisierenden Sekten diese günstige Gelegenheit, mit den
Mitteln äusseren Zwanges widerstrebende Anhänger für ihren
Glauben zu gewinnen, fast völlig unbenutzt vorübergehen Hessen.
Dass aber durch die veränderte Politik des IVEVASU das
Christentum in die feindseligste Opposition gegen die Herrschaft
des Tokugawahauses gedrängt war, zeigte sich bereits bei der
Eroberung Osakas im Jahre 161 5. Unter den geworbenen und
freiwillig zuströmenden Kriegsschaaren des HiDEYORl waren die
in ihrem Heimatbezirk verfolgten Christen sehr zahlreich ; auch
einer der drei Generale in Osaka, Akashi, war ein eifriger
Katholik. Von acht Pranziskanern und Augustinern wissen wir
positiv, dass sie in Osaka bei der eingeschlossenen Armee
amtierten ; meist konnten sie beim Brande der Stadt ihr Leben
retten. lYEYAsu Hess sich durch die Theilnahme so vieler Christen
am Kampfe für HiDEYORl nicht zu noch schärferen Massregeln
gegen das Christentum hinreissen. Der Catalogus Occisoritin in
odiinn fidci enthält sehr wenig Bemerkenswertes für die Jahre 161 5
und 1616, und PAGES fasst sein Urteil dahin zusammen, dass
" während aller dieser Kriege und bis zum Tode des Iyeyasu
die Religion sich ziemlicher Ruhe erfreute.":}: Er dehnt dies
Urteil sogar noch auf die erste Zeit der Alleinherrschaft des
HlDETADA aus und führt die vorgekommenen Gewaltakte auf
Zornausbrüche der Territorialherren, nicht auf das Gebot der
Centralregierung zurück. S
Aber den in Japan residierenden Fremden entging nicht, dass
HlDETADA ein viel bitterer Feind der "römischen Religion"
* Pages S. 284.
■\ Narratio Persecutionis adversus Christianos excitatae in variis Japoniae regnis anii.
1628, 1629, 1630. Antwerpen 1635, p. 5.
X Pagfes S. 315.
§ Ib. S. 340.
RiESS, Vertreibung der Portugiesen. 13
war als sein Vater. In seinem eigenen Territorium und den
Hauptstädten Yedo und Miyako verbot er seinen Unterthanen bei
Todesstrafe, zum Christentum überzaitreten. Um sicher zu sein,
dass nicht in der Gewandung von Kaufleuten heimliche Missio-
nare unter der Menge wirkten, verbot er allen Fremden den
dauernden Aufenthalt in den grossen Städten Yedo, Osaka,
Miyako und Sakai ; auch die Engländer und Holländer mussten
ihre Niederlassungen dort aufgeben.* Seine Politik soll gewesen
sein, auch im übrigen Lande den Zuzug von fremden Priestern
zu verhindern, damit aus Mangel an Hirten auch die Gläubigen
allmählich den fremden Glauljcn vergässen. Den Fürsten von
Omura, einen Christen, Hess er bei der Neujahrsfeier 161 7 hart
an, weil er, dem die Aufsicht über die Entfernung aller Mis-
sionare im Jahre 1614 aufgetragen war, berichtet hätte, dass sie alle
nunmehr ausser Landes seien, während doch noch so viele (es
waren mindestens 49) heimlich in den westlichen Provinzen ihr
Wesen trieben und offenbar von den Obrigkeiten begünstigt
würden.
Es war den Zeitgenossen in Japan klar, dass für diesen Fürsten
die LTnterdrückung des Christentums mit allen Mitteln der Angel-
punkt seiner Politik war. Seit dem Jahre 1618 füllt sicli denn auch
der Catalog der Märtyrer, die wegen ihres katholischen Glaubens in
vielen Teilen Japans geköpft, verbrannt, in Schwefelquellen
geworfen und mit allen erdenklichen Martern zum Tode befördert
wurden.
* Die Engländer in Hirado vermutheten anfangs, dass die Einschränkung ihres Handels
auf Hirado und Nagasaki nur vorgeblich wegen der Jesuitenfurcht decretiert sei, während in
Wahrheit die Machinationen ihrer japanischen Concurrenten in den Hauptstädten daran
schuld seien. Am i6. December 1616, nach seiner Hofreise, ül>erzeugte sich Richard
Cooks aber, dass der einzige Grund der Abänderung ihrer Privilegien die Thatsache
war, dass die Jesuiten sich heimlich in allen Theilen Japans einschlichen um zu liekehren
mid zu taufen, und dass der Shogun das nicht dulden wollte. (Calendar of State Papers,
East Indies ed. Sainsburgy vol. I. No. 1180.) Wie gross die Furcht vor den heimlichen
Priestern war, geht aus einem Edikt des HidktADA vom ig. September 1616 hervor, das
SuGANUMA (S. 521) mittheilt : " Da den Bateren entgegengetreten werden muss, so sollen
die Daimyos an der Seekiiste auch englische Schiffe, die sich bei ihnen einfinden, sofort
nach Nagasaki und Hirado senden." Zwei Jahre später wird der Befehl erneuert und
darauf hingewiesen, dass die Eng'änder, die auch Christen seien, ihre Religion nicht in
Japan verbreiten dürften.
14 RiESS, Vertreibung der Portugiesen,
Um diese plötzliche Verschärfung der Massregeln gegen die
japanischen Christen und ihre Seelsorger zu motivieren, wird in
japanischen Quellen ein Vorgang aus dem Jahre 1617 berichtet, auf
den unter den Fremden zuerst SlR Erxest Sa i OW* richtig
hingewiesen hat, den er aber, wie wir sehen werden mit Unrecht,
als eine " zt'<?// supported story of English aiui DutcJi tj'cachery'"
interpretiert. Wir müssen deshalb auf den Thatbestand näher
eingehen.
In der jetzt im Auswärtigen Amt aufbewahrten Sammlung der
auf den Fremdenverkehr bezüglichen Schriftstücke des Bakufu (sie
besteht aus 413 Bänden) findet sich in der Abtheilung der Informa-
tionen die kurze Notiz zum 3ten Jahre Genua (1617) : " Bei Sakai
wurde von den Holländern ein ausländisches Schiff erobert ; es
gehörte JORCHIN und brachte Briefe von Portugiesen. Als diese
von Übersetzern in Hirado interpretiert wurden, fand sich, dass die
südlichen Barbaren die japanischen Christen ermuthigten, einen
Aufstand zu machen."
Mein College, Professor Ml KAMI, dem ich die Übersetzung
dieser Eintragung verdanke, hatte auch die Freundlichkeit, mir die
auf denselben Vorgang bezügliche Stelle aus '' Nagasaki-shi'''
mitzuteilen : " Im dritten Jahre Genua (loi/j traf ein holländ sches
Schiff auf dem Meere eine chinesische Dschunke, in der Priester
verborgen sein mochten. Deshalbt brachte das holländische Schiff
die Dschunke nach Hirado, benachrichtigte den Daimyo MatSU-
URA, der seinerseits den Gouverneuren in Nagasaki Meldung
machte. Als man die Dschunke näher untersuchte, erkannte man,
dass sie einem Kaufmann in Sakai, JöCHiN, mit Namen, gehörte,
und dass sie auf der Heimreise von Lugon war. Schliesslich fanden
sich in der Dschunke Briefe in portugiesischer Sprache. Als man
sie durch MORI Sukevemox, den Dolmetscher in Hirado, über-
setzen Hess, erwiesen sie sich als eine geheime Correspondenz
zwischen Portugiesen und in Japan verborgen lebenden Priestern.
Der Sinn eines Briefes war: ""Sobald die Nachricht, dass die
* In seinen vortrefflichen " ö/ui7'7'«//^^«j- u/^on the causes -ckich led to the dorviifall of
thc Christian Mission in ya/an." (Transnctions of the Asiatic Society vol. VI. p. 44.
■j- Man erkennt deutlich die Ausflucht, mit der die Holländer ihre Kaperei in japanischen
Gewässern zu rehtfertigen suchten.
RiESS, Vertreibung der Portugiesen. 15
Zalil der japanischen Christen zahlreich genug- ist, kommt, werden
Kriegsschiffe gesandt werden etc." " Infolge dessen wurden die
Priester und JöCHIN nach Nagasaki gebracht und lebendig
verbrannt."^
Wir können nicht zweifeln, dass die Kaperei der Dschunke im
dritten Jahre Genna (1617) stattgefunden hat. Denn COCKS
berichtet in seinem Tagebuch am 14 Januar 1618 : " Die Holländer
brachten die Dschunke, die sie den Chinesen abgenommen hatten,
auf den Strand und reparierten sie .. . "t Der Kaufmann, den die
officielle Quelle JORCHIN nennt, war ein mit einer Japanerin
verheirateter Portugiese DOMliSGO JORGE, der infolge des Gebots
des Shoguns bald darauf Sakai verlassen musste und nach Naga-
saki übersiedelte. Dort wurde er am 13. December 161 8, als er die
beiden Jesuiten CARLO SPINOLA und Ambrosio Fernandez
bei sich bewirtete, mit diesen zusammen verhaftet und vor den
Gouverneur geführt. Am 18 November 1619 wurde er in Nagasaki
le^)endig verbrannt. Die beiden Jesuiten haben wahrscheinlich
mit der straffälligen Correspondenz, für deren Besorgung JORGE
litt,| nichts zu thun gehabt ; denn man liess sie nicht mit ihm
büssen. Die Holländer haben diese Complication eines portugie-
sischen Kaufmannes mit den bösen Plänen der Missionare jedenfalls
benutzt, um die Austreibung der Portugiesen aus Japan zu befür-
worten. Wenigstens berufen sie sich in dem im Anhang No 2
mitgeteilten Schriftstücke auch auf ihre Eingabe an den Shogun
im dritten Jahre Genna (1617.)
Satow, der von einer irrigen Voraussetzung aus, auf die wir
nocli zu sprechen kommen werden, auch die Engländer für diese
Kaperei mit verantwortlich macht, hält es für " absurd, zu glauben,
dass diese Briefe, die angeblich Mitteilungen über verrätherische
Absichten der Spanier in Manilla enthielten, echt gewesen sein."
Er hält sie für Fälschungen der Holländer. § Ich glaube mit
Unrecht. Denn wenn man sich in die Situation des Jahres 1617
* Der von Satow üliersetzte Passus aus dem modernen Werke Ihkija Kwattkai-roku
ist wohl nur eine Wiedergalie der obigen Stelle aus .Vagasaki-shi.
f Diary of Richard Cocks, cape-mei-chant in ihe En^^/is'i Factory in Japan 1615-1622,
ediied hy EDWARD Maunde Thompson. (London 1883, Hakluyt Society) vol. IL p. 5.
X In Macao bewahrt man Keinen nochen und eine Hand dieses Märtyrers als Reliquie.
§ a, a. O. 45.
i6 RiESS, Vertreibung der Portugiesen.
versetzt, als die Nachrichten über den glänzenden Erfolg- der
Gesandtschaft aus Japan unter Führung des spanischen P>anzis-
kaners SOTELO nach den Philippinen gelangten, wo damals viele
exilierte Japaner und aus Japan vertriebene Missionare lebten, so
kann man sich wohl denken, dass einige sanguinische Gemüther
unter diesen den in verzweifelter Lage arbeitenden Glaubensboten
in Japan Mut machen und einen in absehbarer Zeit auch nach
menschlichem Ermessen zum Ziele führenden Weg der Christia-
nisierung Japans zeigen wollten. Mit den Namen verborgen le-
bender Missionare waren die Holländer wohl kaum vertraut, und
die Gouverneure haben sich Zeit genug gelassen, die Sache zu
untersuchen, ehe sie JORGE verhafteten und den Holländern das
Schiff zusprachen. Besonders der schliesslich das Urteil fällende
Gouverneur Hasegawa Gonroku erhielt sich in den Berichten
der Verfolgten den Ruf, dass er Alles that, um sie vor der Strenge
der Gesetze zu schützen.
Man ersieht aber aus diesem Vorgange, wie sehr sich die
plündernden Holländer den Hass der leitenden japanischen Kreise
gegen das Christentum zu Nutze machten. Noch zwei Jahre zuvor
(1615) wagte das Oberhaupt der Factorei in Hirado, JaCQUES
SpeCX, an IyeyaSU nur die Bitte zu richten, ihm die Eroberung
portugiesischer und spanischer Schiffe zu gestatten, wogegen er
versprach, dass " seine Majestät zu keiner Zeit hören wird, dass
wir irgend welche Japaner, Chinesen oder eine andere Nation,
denen wir auf See begegnen, im allermindesten beschädigen."*
Sie waren damit für das japanische Seegebiet nicht durchgedrun-
gen ; jetzt brachten sie eine nach Japan segelnde chinesische
Dschunke, auf der sie verfängliche Briefe gefunden hatten, ohne
Gefahr nach Hirado.
* Eingabe vom 15 Sept. 1615, abgedruckt bei Nachod, Anhang S. XLV' f.
RiESS, Vertreibung der Portugiesen. 17
III.
Die Entdeckung zweier verkappter Missionare auf einer von
den vereinigten englischen und holländischen
Flotten gekaperten Frigatte. 1620.
Zwei Jahre nach der Einbringung der chinesischen Dschunke
in Hirado schlössen die enghschen und holländischen Compagnien
für die Meere Ostasiens ein Abkommen, dem sie den wie Ironie
klingenden Titel ''Treaty of Dcfencc"' gaben. (16. Juli i6ig.)
Darnach sollten sich 5 englische und 5 holländische Schiffe zu
einer '' Fleet of Dcfencc'' vereinigen, um gemeinsam den Seeraub
im grossartigen Maasstabe zu betreiben. Hirado wurde zu dem
Hafen bestimmt, wohin alle Beute (Schiffe, Ladung, Gefangene)
gebracht werden sollte, um gleichmässig verteilt zu werden. Die
Instruction an die Kapitäne ging dahin, Japanern und nach Japan
segelnden Chinesen keinen Schaden zu thun, weder ihren Schiffen
noch Personen noch Gütern. Portugiesen und Spaniern sollte aber
aller mögliche Abbruch geschehen, selbst an den Küsten Japans.
Man überschätzte wohl die Tragweite der christenfeindlichen Politik
des Shoguns infolge der harten Behandlung des unglücklichen DO-
MINGO Jorge und übersah ganz, dass bis dahin die portugiesischen
Kaufleute in Japan nicht mehr zurückgedrängt worden waren als
die Engländer und Holländer auch.
Am 5. August 1620 brachten die vereinigten Seeräuber ihre
erste portugiesische Prise, eine kleine Frigatte aus Macao, die das
englische Schiff Elizabeth geLapert hatte, in den Hafen \on
Hirado. Da japanische Händler, [die nach Macao Geschäft mach-
ten, beim Shogun Beschwerde führten, so hielt es der Daimyo für
seine Pflicht, das Geschehene an das Bakufu in Yedo zu berichten.
Die Holländer und P^ngländer fühlten sich so sicher, dass sie in
einer gemeinsamen Petition an den Shogun baten, dass keine
Schiffspapiere mehr für Macao und Lucon ausgestellt werden
sollten. "Denn, solange die Fahrten von Japan nach Lugon und
Macao fortgehen, werden trotz des gegenteiligen Befehls ¥.\\ .
i8 RiESs, Vertreiijung dkr Portugiesen'.
Majestät immer wieder Ordensbrüder von dort kommen."* Falls
der Kaiser nicht darauf eingehen sollte, auch seinen eigenen
Untcrthanen die Fahrt dorthin zu verbieten, so sollte ihnen doch
wenigstens das Befördern spanischer und portugiesischer Passagiere
und Güter untersagt werden. Mit dieser kühnen Forderung hatten
aber die verbündeten Compagnien kein Glück. Vielmehr wurde
ihnen strenge Ahndung in Aussicht gestellt, wenn sie nicht ihre
Behauptung beweisen könnten, dass sich zwei verkappte Priester
an Bord der gekaperten Frigatte befunden hätten. Die Unter-
suchung darüber zog sich deshalb so sehr in die Länge, weil die
in der That als Passagiere mitgereisten Patres, der Dominikaner
Luis FloreS und der Augustiner PEDRO DE ZUNIGA, trotz aller
angewendeten Tortur standhaft auf ihrem Kaufmannscharacter
beharrten und viele Japaner, die den Augustiner von früher her
kannten, im Einverständnis mit dem als Richter fungierenden
Gouverneur von Nagasaki Hasegawa Goxroku ihn nicht identi-
ficieren wollten. Endlich im December 1621 erkannten die Richter
den Beweis als vollgültig erbracht an. Die Fremden erhielten die
leere Frigatte zugesprochen, während die Ladung an Hasegawa
GonrOKU ausgeliefert werden musste ; die beiden Geistlichen und
der Kapitän JOACHIM DiAZ HlRAYAMA,t ein ehemaliger Coad-
jutor des Jesuitenordens in Japan, wurden bei langsamem Feuer
am 18. August 1622 verbrannt, 12 japanische Matrosen, Kaufleute
und Passagiere enthauptet.
Mit dieser grausamen Bestrafung war der Vorfall in einer für
die Holländer und Engländer günstigen Weise erledigt und der
Beweis erbracht, dass unter den in Japan ankommenden portu-
giesischen Kaufleuten in der That verkappte Missionare zu finden
waren.
* Siehe Anhang No 2.
f Der Name dieses unglücklichen Mannes erscheint bei CocKS (Diary II, 221) als
YocHlAN Dies. Satovv stellt die irrige Vermutung auf, dass der in seiner japanischen
Quelle erwähnte Eigentümer des chinesischen Schiffes von 1617 JöjiN wahrscheinlich dieser
Joachim sei, worauf er dann die weiteren Schlussfolgerungen basiert, von denen oben die
Rede war. Bestärkt wm-de Satow in seiner Vennuthung auch durch die Explication, die
seine (secundäie) Quelle dem wohl aus N'agasaki-shi entnommenen ^Berichte gegeben hat.
In japanischen Quellen würde dieser japanische Kapitän aber als Hirayama erscheinen.
RiEss, Vertreibung der Portugiesen. 19
IV.
Neue Maasregeln zur Abwehr der fremden Missionare.
1623-1625.
Der Handel der Portugiesen und Spanier mit Japan wa-
damals im blühendsten Zustande und unvergleichlich gewinnbrin-
gender als der Umsatz beider vereinigten Compagnien zusammen-
genommen. ]Macao hatte das Monopol des chinesischen Marktes
in Kanton, wo Gold, Seide und Seidenstoffe billig zu haben waren,
um in Japan dafür Silber, Weizen, Lackwaaren und Schiffsmaterial
umzutauschen. Der Überschuss an Silber machte es mög-lich,
Macao in die Stadt der Palaeste und sybaritischen Wohllebens zu
verwandeln, wie Avir es aus den Beschreibungen des I7ten Jahr-
hunderts kennen lernen.
In diesen regen Verkehr griff nun infolge der Phitlarvung der
beiden als Kaufleute reisenden Geistlichen die Politik des Bakufu
ein.
Im Jahre 1623 machte HiDETADA seinen Sohn IVEMITSU, den
durchgreifendsten und eigenwilligsten aller Shogune, zu seinem
Mitregenten. Sofort regnete es Verordnungen, die eine Wieder-
kehr solcher Vermummung verhindern sollten. Zunächst sollten
(so entnimmt PAGES den Berichten der Geistlichen) alle Spanier
und Portugiesen regelmässig mit dem Monsun Nagasaki verlassen,
um erst im nächsten Frühjahr wiederzukommen ; nur ihre Frauen
und Töchter (denn von denen war keine priesterliche Thätigkeit
7.U befürchten) durften dauernd in Nagasaki wohnen. Aus den
Zuständen der nächsten Jahre ergiebt sich aber, dass diese
Verordnung nur einmal oder wahrscheinlich gar nicht ausgeführt
worden ist. Es wurde dafür den Portugiesen nur verboten, bei
japanischen Christen Wohnung zu nehmen. Einen Ersatz dafür
scheint man in Massregeln gefunden zu haben, die der Einschmug-
gelung von Geistlichen direkt entgegen wirkten, aber den legitimen
Handel wenig störten. So wurde von den in Japan landenden
Kapitänen eine genaue Liste aller Passagiere verlangt, für deren
Richtigkeit sie mit ihrem Kopfe einstanden. Den in Japan erschei-
20 RiESS, Vertreibung der Portugiesen.
nendcn Geistlichen und denen, die sie herbeigeschafft hatten,,
wurde der Feuertod als Strafe festgesetzt. Japanische Christen
sollten ausserhalb des Landes keinen Handel treiben."
Da es augenscheinlicli war, dass die Reichsbehörden in
Japan die Verbreitung des Christentums in ihrem Staatsgebiet mit
allen Mitteln zu verhindern entschlossen waren, glaubten auch die
leitenden Kreise in INIacao und den Philippinen darauf Rücksicht
nehmen zu müssen, um wenigstens den schwunghaft betriebenen
Handel ihren Unterthanen zu erhalten. Der spanische Vicekönig
der Philippinen, AlONSO FaxardO, untersagte 1623 allen Geist-
lichen seines Gebiets sich nach Japan zu begeben, und der
P>zbischof Garvia Terrano unterstützte dieses Verbot mit seiner
o-eistlichen Autorität. In Macao überwachte man den Schiffs-
verkehr, um ähnliche Vorgänge wie den vom Jahre 1620 zu
verhindern. Aber der Bekehrungseifer der spanischen Mönche
auf den Philippinen Hess sich dadurch nicht abschrecken. Do-
minicaner, Franciskaner und Augustiner thaten sich zusammen,
miethe^-en heimlich ein Boot und entsandten 10 Missionare, die sie
sorgtältig ausgewählt hatten, nach Japan. Im Juni 1623 kamen
die als Kaufleute verkleideten Missionare in Satsuma an. Es
gelang ihnen, Jahre lang der Wachsamkeit der Behörden zu
entgehen. Aber nach 4 Jahren traf .di'ei von ihnen die harte
Strafe, die allen Glaubensboten in Japan angedroht war ; zwei
von ihnen wussten ihr Martyrium bis 1632, drei sogar bis 1634
hinauszuschieben, sodass diese Entsendung immerhin einen
gewissen seelsorgerischen P^rfolg hatte. Auch sonst wussten
glaubenseifrige Missionare auf japanischen und chinesischen
Dschunken nach Japan zu gelangen und sich dort für einige Zeit
in der Verborgenheit zu behaupten ; von Rom, Lissabon und
Spanien trafen immer wieder todesmutige Bekehrer in Ostasien
ein, um den Aufmunterungen der Ordenscongregationen und der
heiligen Propaganda entsprechend das in Japan gewonnene
Terrain für die Kirche zu behaupten.
Aus Mis\ergnügen über diese fortwährende Übertretung der
japanischen Gesetze durch die Unterthanen des Königs von
Spanien wurde die ausserordentliche Gesandtschaft, die die Thron-
* Pages. S. 546.
RiESS, Vertreibung der Portugiesen. 21
besteigung Philipps IV. melden sollte, in Japan sehr ungnädig
empfangen und den spanischen Schiffen, die 1624 an den Küsten
Japans erschienen, sogar das Einnehmen von Trinkwasser
versagt.
Unter den Verfolgungen des nun folgenden Jahrzehnts
gelang den japanischen Behörden im Sommer 1633 ein besonders
bedeutender Fang. Der Jesuit SEBASTIAN VlEYRA, der nach
längerer Wirksamkeit in Japan im Jahre 1614 von dort verbannt
worden war, hatte in Rom die Aufmerksamkeit des Papstes auf
sich gezogen und in Jahre 1626 nach längeren Berathungen den
Auftrag erhalten, die Mission in Japan wieder aufzunehmen.
Der Papst hatte ihn mit dem Versprechen entlassen, ihn, im
Falle er seinen Untergang in seinem Berufe fände, " zum Märtyrer
der Kirche Gottes zu erklären." In Lissabon schlössen sich
viele opferfreudige Bekehrer an VlEYRA an ; mit zehn Genossen
gelangte er in chinesischer Kleidung im Jahre 1632 an das
ersehnte Ziel. Er war Träger apostolischer Segensbriefe
für die Christen in verschiedenen Gegenden Japans. Aber nach
nur einjähriger Thätigkeit wurde er auf einer Barke bei Osaka
entdeckt und auf Befehl der Centralregierung nach Yedo ge-
schafft. In portugiesischer Ordenskleidung erschien er vor den
Reichsräthen. Man bewilligte ihm ein langes Verhör und theilte
seine Aussagen sogar dem Shogun mit. Aber sein Schicksal
konnte nicht zweifelhaft sein. Er wurde mit sieben Genossen
am 6. Juni 1634 in Yedo lebendig verbrannt. Das gleiche
Schicksal traf auch einen Portugiesen aus Macao, der einen
Brief eines Geistlichen an einen Japaner bei sich trug. Da
VlEYRA damit die Bedingung für seine Beatification erfüllt hatte,
so liess der ihm befreundete Gouverneur von Macao, MANGEL DE
Camara E Noranha, ihm zu Ehren ein zehntägiges Freuden-
fest feiern.
Dem selbstherrlichen Shogun war durch den Process des
VlEYRA vor Augen geführt worden, dass trotz seiner strengen
Verbote und grausamen Strafen noch immer fremde Geistliche
unerkannt ihren Weg ins Innere Japans fanden und dass sie nicht
nur von den Portugiesen sondern auch von seinen eigenen
Unterthanen in ihrem ungesetzlichen Treiben unterstützt wurden.
Um für die Zukunft solche Einschmuggelung von Geistlichen zu
22 RiESS, Vertreibung der Portugiesen.
verhindern und doch den Handel mit Macao fortzuführen, wurde
nach reiflicher Überlegung gegen Ende des Jahres 1635 ein
letzter verzweifelter Versuch gemacht. . Am 7. December 1635
wurde das kaiserliche Edikt bekannt gemacht, das den Handel
mit den Portugiesen auf Nagasaki und die dorthin befohlenen
Kaufleute aus den hauptsächlichsten Städten beschränkte. Den
Japanern \\urde jeder Besuch fremder Länder mit eigenen oder
auf fremden Schiffen untersagt ; wer, ohne von diesem Verbote
'/AI wissen, nacli längerer Abwesenheit im Auslande nach seiner
japanischen Heimat zurückkehrte, sollte ohne Weiteres (so grau-
sam war man) zum Tode geführt werden. Zugleich wurde für
die portugiesischen und spanischen Kaufleute auf einer künstlichen
Insel im Hafen von Nagasaki ein " Gefängnis " geschaffen, das
nur durch eine scharf bewachte Brücke mit der übrigen Stadt
zusammenhing und das Niemand ohne besondere Erlaubnis
betreten oder verlassen durfte.* Unter so scharfer Überwachung
hat sich noch einige Jahre lang ein erheblicher Austausch portu-
giesischer Importe und japanischer Waaren in Nagasaki
vollzogen.
* Diese scharfe Be\\achuiig iiinii; mit dem Entweichen des einflussreichen japanischen
Paters Kintsuba Jihei im Jahre 1635 zusammen. A'ergleichc \Yoolley Historical Notes-
011 N'agasalci (Transactions vol. IX. p. 135.)
RiKss, Vertreibung der Portugiesen. 2
0
V.
Ein erfolgloser holländischer Aufhetzungsversuch
gegen die Portugiesen. 1636.
Dass die an dem japanischen Handel interessierten Holländer
an dieser Zurückdrängung ihrer portugiesischen Concurrenten ihre
Freude hatten, ist aus der Schwäche der menschlichen Natur
erklärlich genug. Der damalige Generalgouverneur in Batavia,
Hexdrick Brouwer, der 22 Jahre früher in Japan als Oberhaupt
gewirkt hatte und damals den Engländern als ein hinterhaltiger
Intriguant erschienen war, glaubte aber noch durch eine kleinliche
Angeberei nachhelfen zu müssen. Nachod hat sich das
Verdienst erworben, zwei darauf bezügliche Bruchstücke von
Aktenstücken zu veröffentlichen,* bei ihrer Verwerthung aber
einen methodischen Fehler gemacht, der ihn zu Annahmen führt,
deren Haltlosigkeit sich erweisen lässt.
Die Holländer hatten nämlich auf einem gekaperten portu-
giesischen Schiff die von Macao nach Goa zu beförndernden
Postsachen erbeutet. Darunter befand sich auch ein Bericht des
Gouverneurs von Macao über das zehntägige Fest zu Ehren des
Märtyrers SEBASTIAN VlEYRA. Diesen Brief schickte er am 5.
Juli 1635 nach Hirado, um ihn " den Regenten von Nagasaki
oder des Kaiser Käthen vorzuzeigen und mitzuteilen, damit Seine
Majestät um so klarer sehen möchte, welche grosse Ehre die
Portugiesen jenen thun, denen er als Verräther seines Staats und
seiner Krone durch Edikt sein Land verboten hat." Er knüpft
daran die Hoffnung, " dass darob wol etwas Grosses zum Nach-
teil unserer Feinde und zu unserm merklichen Nutzen nachfolgen
dürfte." Nachod t erkennt dieses Schriftstück als eigentlich
ganz unbedeutend an, sodass von ihm kaum eine Wirkung zu
erwarten war. Aber indem er die Erzählungen späterer
Reisenden über den oben erwähnten Vorgang von 1617 damit
combiniert, macht er sich die Sache dadurch "erklärlich," "dass
* Beilage No. 43. S. CXXXVIT. und No. 53. S, CLXVI. f ^- 242
24 RiESs, Vertri:;ibung der Portugiesen-.
die japanische Regierung es zweckmässig erachtete, in der
Bevölkerung Furcht vor Umsturzplänen zu verbreiten;" so dass
die " als Folgen jenes angebliclicn Komplotts " berichteten
Ereignisse " wirkliche Thatsachen sind." Er traut also der japa-
nischen Regierung zu, dass sie, um für ihre Politik Stimmung zu
machen, die Mittheilung der Holländer zu einer Sensationsnach-
richt " aufeebauscht " habe. Gründlicher kann man die rücksichts-
lose und gcheimnissvolle Regierungspraxis der Tokugawa-Zeit
wohl nicht verkennen. Er hätte sich von der völligen
Haltlosigkeit dieser Vcrmuthung überzeugen können, wenn er in
den Tagebüchern der P'aktorei zugesehen hätte, was die Holländer
mit diesem Corpus delicti thaten und erreichten. Zunächst zeigten
sie es erst am 28. März 1636 vor, also drei Monate nach dem
Erlass des Ediktes vom 7. December 1635 und während des
Baues von Deshima. Sodann erhielt P^RANgOIS Caron, als er
in vorgeschriebenem Geschäftsgange dem Daimyo von Hirado
das Originalschreiben vorlegte, die Antwort, dass solche und
ganz ähnliche Vorgänge der japanischen Regierung durch
Schreiben, Druckschriften und Erzählungen der Renegaten wohlbe-
kannt seien. " Hiermit will ich Euch also sagen (setzte der Daimyo
hinzu), dass der Brief die Portugiesen nicht verhasster machen
kann, als sie ohnedies sind und dass er Euch nicht den gering-
sten Nutzen bringen kann."* Wir brauchen uns also nicht zu
wundern, wenn in den General-Missiven auf diesen fehlge-
schlagenen Versuch nicht mehr zurückgekommen wird.
Zugleich dient uns aucli dieser kleinliche Verhetzungsversuch
zum Beweise dafür, dass die dreiste Angabe Tavernier's, dass
der sprachenkundige Fraxcois Caron einen den Portugiesen
ungünstigen Brief fabriciert und in Yedo verwertet habe, als
Jrere Verleumdung bei Seite zu werfen ist.f Denn hätte man
t iiie Fälschung riskiert, so hätte man sich gewiss nicht mit so
unbedeutenden und gleichgiltigen Kleinigkeiten begnügt. Die auf
den Berichten der Glaubensboten beruhenden ausführlichen
Darstellungen von Crasset und PageS enthalten deshalb auch
Nichts von dieser Briefzustellung des Jahres 1636.
* Siehe Anhang No. 5. ^ Siehe Anhang Xo. 6.
RiESS, Vertreibung der Portugiesen. 25
VI.
Das Ende des Handelsverkehrs der Portugiesen
nach Japan. 1639.
Noch einmal ist die Ruhe des mehr und mehr durch schroffen
Despotismus zusammen gehaltenen japanischen Feudalstaates im
i/ten Jahrhundert gewaltig erschüttert worden. Im December
1637 brach der Aufstand von Shimabara aus, der nur mit Aufbie-
tung aller Kräfte Kiushius von der Reichsregierung unterdrückt
werden konnte. Diese Erhebung hängt mit den Territorialverän-
derungen in dem westlichen Theile der Insel seit dem Anfang der
Jahrhunderts und den sich daran knüpfenden Bedrückungen der
Bevölkerung zusammen ; sie hatte aber in der Hinneigung zum
Christentum das ideale Ferment, ohne das weitgreifende, opfer-
freudige Erhebungen so vieler Tausende nicht zu Stande kommen
können. So weit unsre Kunde reicht, sind fremde Geistliche an
diesem Aufstande in keiner Weise beteiligt gewesen. ^ Aber ein
in Japan residierender Portugiese, der alte Kriegsmann und See-
fahrer Duarte Correa, ist im Herbste 1638 ins Gefängnis gewor-
fen worden, weil er unerlaubte Beziehungen unterhielt. Aus seiner
genauen Berichterstattung f über die Vorgänge in den aufstän-
dischen Bezirken vor der Erhebung können wir schliessen, dass er
den Leitern derselben nicht fern stand ; er ist am 5. August 1639
langsam zu Tode geröstet worden. Mit dieser Bestrafung eines
portugiesischen Laien hängt wahrscheinlich die in demselben
Monat erfolgte Austreibung der Portugiesen aus ihrer letzten
Zuflucht Deshima zusammen. Das Edikt darüber lautet:]: :
" Der Shogun hat erfahren, dass die Portugiesen aus Macao
das im ganzen japanischen Reiche veröffentliche Gesetz verletzen,
* Eine quellenmässige Darstellung dieses Aufstandes von Shimabara habe ich im V.
Bande dieser Mittheilungen (S. 191 — 214) publiciert.
t Abgedruckt bei Pagfs Annexe 119. Seite 403 — 411.
X Es ist in dem schon oben citierten Catalogus Occisorum in odium fidei wiedergegeben,
den Cardim 1646 in Rom publicierte. Ich habe die Unterschriften der Reichsräthe nach
japanischen Quellen rectificiert.
26 Riifss, VertrkibUxMg der Portugiesen.
indem sie wider göttliches Recht heimlich aus Macao Prediger des
Evangeliums entsenden, die durch Verführung der Japaner zum Re-
ligionswechsel und zur Annahme des Christentums die schwersten
todeswürdigen \"erbrechen begehen. Ferner, dass die Portugiesen
aus Macao ebenfalls Getreide und andre Lebensmittel herbeischaf-
fen und solche Priester und Christen, die im Verborgenen in Japan
leben, unterstützen, ^vas ebenso durch Gesetz verboten ist.
Deshalb untersagt er allen Portugiesen durch öffentliches
Edikt die Schiffahrt nach, und den Handel mit Japan bei Strafe des
Todes und der Verbrennung von Schiffen und Ladung.
Am 4. August 1639.
Hotta Kaga no Kami.
Sakai Sanuki no Kami.
Doi Oi no Kami.
Matsudaira Idzu no Kami.
Abe Pungo no Kami.
Yagiü Tajima no Kami.
Da dieses Edikt streng aufrecht erhalten wurde, so war es für
immer mit dem portugiesischen Handel vorbei. Die Holländer
mussten 1640 in das von ihren Concurrenten geräumte Deshima
ziehen. Sie allein bildeten den schwachen Verbindungsdraht des
abgeschlossenen Japan mit der Gemeinschaftlichkeit der Cultur-
welt.
Fassen wir zum Schluss das Resultat kurz zusammen : Die
Portugiesen sind in den 25 Jahren von 1614 bis 1639 in Japan im-
mer mehr zurückgedrängt und schliesslich ganz verdrängt worden,
weil sie ihren Zusammenhang und ihre Sympathien mit der katho-
lischen Propaganda nicht aufgeben konnten, der sich die Reichs-
regierung in Japan immer schroffer widersetzte. Die Holländer, und
während einer kurzen Periode auch die Engländer, haben von
Anfang an in ihrer Feindschaft und Handelsconcurrenz gegen die
Portugiesen mit Erfolg Anlehnung gesucht an den Antipathien der
Behörden gegen die heimlichen Priester. Sie haben später noch
einmal vergeblich eine kleinliche Intrigue versucht. Aber den
Ausschlag hat gegeben, dass damals der propagandistische En-
thusiasmus der Kirche in der romanischen Welt stärker war als die
Tendenzen der Wohlfahrtspolitik und die Interessen des Handels,
denen er indirekt entgegenwirkte. Auf dem Trümmcrfelde
RiESs, Vertreibung der Portugiesen. 27
dieses Zerstörungsprocesses ist das holländische Handelsmonopol
in Japan entstanden, das für lange Zeit der Schlussstein für den
hochgespannten Finanzbau der holländischen Ostindischen Com-
pagnie war und dadurch das holländische Colonialreich in Süd-
ostasien in die Napoleonische Periode hinübergerettet hat. Macao
ist seit dem Aufhören des japanischen Handels die Ruine geworden,
als die es heute erscheint.
Anh.\ng Xo I.
Das Edikt von 1614.
Die am 27. Januar 1614 veröffentlichte Proclamation des lye-
yasu ist von SiR ErneST Satow im 6tcn Bande der Transactions
of tJic Asiatic Society of Japan (S. 46 ff.) übersetzt worden. Ich
gebe sie darnach hier in deutscher Sprache wieder und knüpfe
einige kurze Bemerkungen daran, die ich zum Theil der freundli-
chen Belehrung durch ProfessorlMiKAMI verdanke.
"Proklamation von Iyeyasu."
" Das positive Princip ist der Vater, das negati\'e Princip die
Mutter, durch die der Mensch erzeugt ist. und mit seiner Geburt
sind die Drei Mächte vollständig."
"Japan war von Anfang an das Land der Götter. Die Uner-
gründlichkeit der positiven und negativen Principien wird Gott
genannt, und wer wird dem Wesen alles dessen, was heilisf und
geistig ist. Ehrfurcht und Ehrerweisung verweigern .'' Der Mensch
verdankt seine Existenz völlig den W'irkunijen des Positi\en und
Negativen ; mit seinen fünf Gliedern, seinen sechs Quellen der
Wahrnehmung, wenn er sich bewegt oder ruhig hält, ist er auch
nicht einen Moment von Gott unabhängig. Die Gottheit wird
anderswo gesucht; aber überall ist der Mensch mit einer Gottheit
versehen, enthält er eine vollständige Gottheit in seinem Innern.
Das ist die Form, die die Gottheit annimmt."
"Japan wird das Land Buddhas genannt, und nicht ohne
Grund. Es steht geschrieben: ""Dies ist das Land, wo die
göttliche Klarheit wiedererscheint, dies ist das Geburtsland der
28 RiEss, Vertreibung der Portugiesen.
Sonne."" Die Lotusblume des Gesetzes sagt: ""Die Macht,
durch die die Buddhas die Welt retten, ist ihre vollkommene
Allwissenheit, durch die sie alle Lebewesen glücklich machen und
um derentwillen sie die unermessliche göttliche Allmacht offen-
baren."" Das ist ein goldenes Wort, eine wundersame Stelle.
Gott und Buddha sind im Namen verschieden, aber ihr Sinn ist
nur einer, grade als ob die beiden Hälften eines Spaltholzes zusam-
meno-efüQt würden. Die Priester und Laien des Altertums fuhren
mit o-öttlicher Hilfe über den Ocean und besuchten das entfernte
Land China auf der Suche nach dem Gesetze Buddhas und den
Lehren über die Principien des Wohlwollens ; unermüdlich brachten
sie die esoterischen und exoterischen Schriften hierher. Seit jener
Zeit ist die Lehre in ungebrochener Succession von Lehrer zu
Lehrer überliefert worden, und der Ruhm des buddistisichen
Gesetzes ist weit grösser gewesen als in anderen Ländern. Dies
erhärtet die Wahrheit, dass ""das Gesetz Buddhas allmählich
ostw^ärts wandert." "
"Aber die Christenbande ist nach Japan gekommen, indem
sie nicht nur ihre Handelsschiffe sandte um Waaren auszutau-
schen, sondern auch darnach trachtete, ein böses Gesetz zu
verbreiten, die rechte Lehre umzustossen, so dass sie die Regierung
des Staates verändern und vom Lande Besitz ergreifen könne.
Das ist der Samen grosser Zwietracht und muss zermalmt werden."
"Japan ist das Land der Götter und Buddhas; es ehrt Gott
und verehrt Buddha. Die Principien des Wohlwollens und des
Rechtthuns werden als von höchster Bedeutung betrachtet, und
das Gesetz von gut und übel ist so gesichert, dass sich findende
Übelthater nach der Schwere ihres Verbrechens sich den fünf
Strafen der Brandmarkung, der Nasenspaltung, des Abschneidens
der Füsse, der Castration und des Todes aussetzen. In dem Buche
über Etiquette heisst es : " " Die Stufen der Trauer sind zahlreich,
und die angemessene Kleidung fünferlei. Verbrechen sind viele,
und die angemessenen Strafen sind fünf."" Wenn irgend Jemand
eines Verbrechens verdächtig ist, so lasst die Götter Zeugniss
ablegen. Durch Eid soll das Vergehen und seine Bestrafung
bestimmt werden, und die Unterscheidung zwischen schuldig und
unschuldio- soll nicht um eines Haares Breite abirren. Verbrecher
jeden Grades sind ein Greuel vor Buddha, Gott, der Dreieinigkeit
RiEss, Vertreibung der Portugiesen. 29.
der Kleinodien, der Menschheit, dem Himmel und allen lebenden
Wesen. Das Ubermass angehäufter Bosheit soll nicht entrinnen;
durch Kreuzigung oder Verbrennung soll die Strafe ertheilt werden,
denn dies ist der Weg, um das Gute zu ermutigen und das Böse zu
züchtigen. Obwohl man wünschen mag, das Böse niederzuhalten,
häuft es sich doch mit Leichtigkeit auf; obwohl man wünschen
mag, im Guten Fortschritte zu machen, ist es doch schwer nur
darin zu beharren ; deshalb muss Wache gehalten werden. So
ist es im gegenwärtigen Leben ; und im zukünftigen Leben
können weder alle vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen
Buddhas uns vor den Vorwürfen des Höllenkönigs retten, noch
die Generationenreihe unserer Vorfahren uns helfen. Fürchtet
Euch und zittert ! "
"Die Partei der Bateren ( = Patres) lehnen sich gegen diese
Ordnung auf. Sie glauben nicht an den Weg der Götter, sondern
schmähen das wahre Gesetz, verletzen das Rechtthun und thun
dem Guten Abbruch. Wenn sie einen Verurteilten sehen, laufen
sie freudig zu ihm, bücken sich vor ihm und erweisen ihm Vereh-
rung-. Das, sasren sie, sei das Wesen ihres Glaubens. Wenn das
kein böses Gesetz ist, was denn ? Wahrhaftig, sie sind die Feinde
der Götter und Buddhas. Wenn dies nicht schleunig verboten
ward, so wird später gewiss die Sicherheit des Staates gefährdet
werden ; und wenn diejenigen, denen die Ordnung seiner Ange-
legenheiten obliegt, nicht dem Übel ein Ziel setzen, so werden sie
sich der Zurechtweisung des Himmels aussetzen."
"Jene müssen augenblicklich weggefegt werden, so dass auch
nicht ein Zoll Erde in Japan ihnen bleibt, um ihre Füsse darauf
zu setzen, und, wenn sie sich weigern diesem Befehl zu gehorchen,
werden sie die Strafe fühlen. Wir sind durch den Auftrag des
Himmels begnadet worden Herr von Japan zu sein, und haben
Jahre lang über dieses Reich die Gewalt geführt. Nach aussen
haben wir die Vollkommenheit der fünf Cardinaltugenden offenbart,
während w-ir zu Hause~"zu der Lehre der Schriften zurückgekehrt
sind. Aus diesen Gründen blüht das Land, und das Volk freut
sich des Friedens. Die Schrift sagt : "" Wenn das gegenwärtige
Leben friedreich und ruhig ist. so wird in dem zukünftigen Leben
ein guter Platz bereitet sein."" Confucius hat auch gesagt:
""Körper, Haar und Haut haben wir von unserm Vater und
30 RiESS, Vertreibung der Portugiesex.
unserer Mutter empfangen ; sie nicht zu verletzen ist der Anfang
kindlicher Pietät." " Seinen I.eib zu bewahren heisst Gott
verehren. Schnell werft das böse Gesetz aus und verbreitet unser
wahres Gesetz mehr und mehr ; um des Weges der Götter und
Buddhas willen trotz der Verkommenheit dieser Spätzeit zu blühen,
ist das Kennzeichen eines guten Herrschers. Lasst den Himmel
und die vier Meere dies hören und gehorchen ! "
So weit das Edikt vom 27. Januar 1614. Obwohl uns der
salbungsvolle Predigerton an einem alten Krieger und Staatsmann
wie IyeyaSU auffallen muss, so ist doch an der Autheuticität dieses
Aktenstückes nicht zu zweifeln. Etwas anders steht es mit den
15 Bestimmungen, die in neueren Werken als ein Anhang zu
Iyeyasu'S Proclamation gegeben werden. Sie finden sich, wie mir
Professor MiKAMi mittheilte, in gleichzeitigen Aufzeichnungen
nicht und sind in einem für officielle Erlasse sonst nicht üblichen
Stil abgefasst. Andrerseits wissen wir, dass sie später regelmässig
in vielen Theilen Japans vorgelesen worden sind. Da nun, wie
mir Herr MiKAMi ebenfalls mittheilte, einige alte Abschriften das
Datum des 23. Juni 161 3 tragen, so ergeben sich einige Schwierig-
keiten, die sich aber durch eine aufmerksame Kritik des Inhalts
doch wieder heben.
Wir müssen deshalb zunächst eine vollständige Übersetzung der
fünfzehn Paragraj^hen nach Satow folgen lassen, um dann einige
kritische Bemerkungen und Erläuterungen hinzuzufügen.
I
" Da das Christengesetz lehrt, dass diejenigen, die den Tod
verachten, durchs Feuer gehen können ohne verbrannt zu werden,
oder ins Wasser geworfen werden können ohne zu ertrinken, und
dass diejenigen, die sterben indem sie ihr eigenes Blut vergiessen,
gerettet werden, so ist das Gesetz des Reiches sehr strict. Deshalb
müsst Ihr solche, die sich wenig aus dem Tode machen, prüfen."
" Denen, die den Christen folgen, wird aus Dattau land* eine
■■■ Dattan. land ist ein Gebiet in der !\Iandschurci, hat also mit den japanischen Christen
nichts zu tlum. Offenbar liegt ein Misverständniss des Verfassers dieses Paragraphen vor.
Er hatte wohl gehört, dass die Unterstutzungen von einem grossen weit im Westen gelegenen
Königreich kamen, und identificiortc es mit dem westlichsten Lande seines Gesichtskreises.
RiESs, Vertreibung der Portugiesen. 31
tägliche Unterstützung- von sieben Rin gewährt, um das Reich zu
Christen zu bekehren. Es ist ein böses Gesetz, das das Land der
Götter schädigt. Da die Anhänger dieser Lehren das Gesetz
Sakya's nicht befolgen, so weigern sie sich, Beiträge zu dem
Tempel ihres Sprengeis zu zahlen, und hassen den Buddhismus.
Solche Lente müsst Ihr prüfen.
Diejenigen hervorragenden Gemeindemitglider, die sich am
Jahrestage des Gründers ihrer Secte, an BUDDHA'S Todestage,
beim Box, HiGAN, und dem Todestage ihrer Ahnen nicht ein-
stellen, sollen ihr Certificat verlieren und dem Amt für Religions-
sachen angezeigt Averden.
Sie müssen bestimmt geprüft werden.
4-
Personen, die zu den Christen oder zu der Fi/Ji/-fii.zeSect&*
gehören, lehnen den Besuch des Priesters am Jahrestage ihrer
Vorfahren ab. An diesem Tage machen sie zwar gewöhnlich dem
Tempel ihrer Secte einen formlosen Besuch, versammeln aber dann
im Geheimen ihre Familie ohne die Priester ; kommt der Priester,
so sehen sie unzufrieden aus und verschmähen seine Hilfe.
Ihr müsst sie deshalb prüfen.
5-
Ihr müsst vrissen, dass unter Fuju-fiize solche Lente gemeint
sind, die ihren Gemeindebeitrag nicht zahlen, sich selbst überlassen
die Amtierung des Hauptpriesters, der die Zugehörigkeit zur Secte
bescheinigt, verschmähen, an den Kosten des Tempels ihrer Secte
nicht in richtigem Verhältniss zu ihrem Vermögen beisteuern und
in ihrem Herzen ein böses Gesetz hochhalten.
* über die Fiifii-fiize-'iecte hat mein College MiKAMi in der Shigaku Zasshl im
September 1897 eine Studie veröffentlicht. Es ist eine Abzweigung der Nichiren-Sectc,
die in Kiushiu vor 22 Jahre wieder an die Öffentlichkeit trat. Der Xame bedeutet " Nicht
geben, nicht empfangen" und erldäj:t sich aus der strengen Abgeschlossenheit, die diese
Secte zum Princip erhob. Sie erlaubt weder den Besuch anderer Tempel, noch die
Verteilung von Almosen an Priester anderer Secten, noch die Annahme von Unterstüt-
zungen von Leuten, die nicht zu dieser Secte gehören. Je 15 Gläubige dieser Secte sollen
eine Gesellschaft (Koslia) und je 10 solcher Gesellschaften eine Mission bilden. An der
Spitze aller Missionen soll ein Älann stehen, der als Stellvertreter NiCHlREN's anzusehen
ist. Dem japanischen Forscher ist die Ähnlichkeit der Organisation mit der der Gesellschaft
Jesu sofort aufgefallen. Die heiligen Schriften dieser Secte werden im Tempel Miyokakuji
in Bizen aufbewahrt. Augenblicklich soll die .Vnzahl der Gläubigen etwa 200obetragen
32 RiESS, Vertreibung der Portugiesen.
6.
Das Gesetz der Fuju-fuzc ist, dass ihre Anhänger nichts
von dem hören wollen, was im Tempel, ihrer Secte ihnen gesagt
wird, nichts beitragen wollen zu den Kosten des Sectengründers,
der Reparatur der Idole und zu den allgemeinen Tempelabgaben und
nichts mit einer anderen Secte zu thun haben wollen. Das ist
ein böses Gesetz.
Das wahre Gesetz ist, dass menschliche Wesen, die des Himmels
Wohlthaten empfangen, der Erde geben sollen ; dass, wer von
seinen Eltern Wohlthaten empfangen hat, seinen Kindern geben soll
und wer von BuDDHA empfangen hat, den Priestern geben soll.
Deshalb werdet Ihr sie prüfen.
7-
Christen, die ///rttvz-Secte* und die Fujn-Ftize sind drei
Zweige einer Secte.
Der Gott, den sie anbeten, heisst Godsu-Kirishitan-Teidzu-
BUTSU ; und Teidzu nannte sicli selbst Deus. Mit Hilfe dieses
Gottes sehen sie, wenn sie in einen Spiegel sehen, das Antlitz
eines Gottes ; wenn sie aber ihre Religion verändert haben,
erscheinen sie wie Hunde. Das ist ein Spiegel des bösen Gesetzes.
Wer einmal hineinschaut, glaubt fest an GODZU-KiRISiilTAN,
Teidzu-BDTSU und betrachtet Japan als ein Land der Teufel.
Da es nun aber das Land der Götter ist und die Secten
heimsucht, so halten sie sich zum Schein zu ihrer Secte und
verkehren mit anderen Leuten ; aber im Herzen wollen sie
weder geben noch empfangen, noch Gemeinschaft mit dem Tempel
ihrer Secte haben.
Sie müssen deshalb geprüft werden.
8.
" Obgleich die Eltern seit Generationen zweiiellos zu einer
der acht oder neun Secten gehört haben, so ist man keineswegs
sicher, dass nicht die Kinder in ihrem Herzen überredet sind,
sich dem bösen Gesetze anzuschliessen.
Der Tempel der Secte. zu der sie gehören, muss sie prüfen."
* Hiden bedeutet Almosen. Von einer Secte dieses Namens fand MiKAJsn nur eine
einzige Erwähnung ausser der obigen. Im Jahre 1694 wurden drei Tempel bestraft, weil
sie die verbotenen Satzungen der Fuju-fuzc unter dem Manien llidtn angenommen hatten.
Sie sollten sich der y// ///;<• (Empfange und gebe nicht) oder einer andern Secte conformieren.
RiESS, Vertreibung der Portugiesen. 33
9-
"Das Gesetz Buddha's muss durch Predigt und Erklärung
gefördert werden, und das Volk muss veranlasst werden, die
Tempel zu besuchen. Sie müssen angehalten werden, ihre Pflicht
zu thun durch Beiträge zu den Gemeindeausgaben, Tempcl-
diensten, Bauten und Reparaturen. Die Anhänger eines bösen
Gesetzes oder einer bösen Secte thuen nichts für den Tempel.
Sie verkehren wenig mit Andern und brechen in ihrem geheimen
Herzen das Gesetz Buddhas, da sie die Ermahnungen der
Priester nicht befolgen,
Deshalb muss geprüft werden.
10.
" Nach dem Tode wird das Haupt der Leiche kahlgeschoren
und ein posthumer Name gegeben. Der Hauptpriester muss die
Leiche inspizieren und, nachdem er festgestellt hat, dass sie nicht
zur bösen Secte gehörte, die Sesfnung vollziehen.
Sorgfältige Prüfung muss geschehen."
II.
" Besondere Sorgfalt ist erforderlich, um etwaige Fälle zu
untersuchen, in denen jemand den Tempel seiner eigenen Secte
übergeht, den Priester eines andern Tempels auffordert, die
Gebräuche bei einem Leichenbegängnis zu vollziehen, und den
Hauptpriester seines eigenen Tempels abweist.
Sorgfältige Prüfung muss geschehen wegen der bösen Secten
und des bösen Gesetzes."
12.
"Jetier Person, die klärlich dem wahren Gesetze folgt, soll
ein besiegeltes Sectenzeugnis gegeben werden. Savnirai sollen
ihr Siegel in dem Zeugnisregister des Tempels, zu dem sie
gehören, eintragen. Diejenigen, die mit ihrem Blut keinen Siegel-
abdruck machen können, sollen ein von einem Bürgen beglaubigtes
Zeugnis einsenden."
13-
" Es ist streng verboten, die Totenfeier für die Ahnen nach
einem andern Tempel zu übertragen und dort Gottesdienst
abhalten zu lassen. Dies gilt aber nicht für solche Fälle, in
34 RiESS, Vertreibung der Portugiesen.
denen der Tod in einer fremden Stadt oder Pi'ovinz stattc^efunden
liat. Die Hausaltäre, Statuen und Bilder von l>uddha und
die Opfcrhandlungen müssen sorgfältig überwacht werden. Jedes
Jahr, wenn der Priester zur Zeit des 7^ö//-festes seine Runde
macht, muss er die Hausaltäre derer, die zu seiner Secte
gehören, prüfen."
14.
" Wenn Jemand stirbt, müssen die Anordnungen des Secten-
tempels in Allem befolgt werden.
'.5.
" Die Feinde des Reiches und der Gegenstand der Feind-
schaft des Volkes sind die Christen, die Fiijii-fiize und die Hiden-
Secte, VVen.n Verwandte eines Bateren (Paters) sterben, muss
dem Tempelamt Nachricht gegeben werden, das eine Untersu-
chung befehlen wird, und der Priester der Secte, zu der der Verstor-
bene gehörte, soll das Begräbnis leiten. Wenn das Begräbnis
stattfindet, ehe das Amt benachrichtigt ist, wird der Priester
verantwortlich gemacht werden. Sorgfältige Untersuchung ist
notwendig. Der Gemetndepriester darf keinesfalls ohne Grund
einen höheren Betrag verlangen, als den Mitteln seines Gemeiri-
demitgliedes angemessen ist. Das wahre Gesetz ist, dass der
Mensch das Gesetz Buddhas und das Gesetz des Souverains mit
vollkommener Treue ehren soll."
" Wenn ein einziges von diesen fünfzehn Gesetzen nicht
befolgt wird, so sei der Schuldige der göttlichen Bestrafung
verfallen durch Bonten TaisHAKU, die vier grossen himmlischen
Könige, die dunkeln Beamten der fünf Höllen, TenSHO-Daijin-
Gu von Ise in Japan. Hachiman Daibosatsu, KaSUGA
DaimyöjIN, ferner durch seinen Schutzgott und alle Götter der
sechzig und einigen Provinzen Japans."
Der erste dieser fünfzehn Paragraphen giebt als Kennzeiclicn
christlicher Gesinnung Todesverachtung und Hoffnung auf Erlö-
sung an und schreibt die Prüfung aller todesfreudigen Menschen
als des Christentums verdächtig vor. Alle übrigen Artikel
beschäftigen sich mit Massregeln zur Aufrechterhaltung specieller
buddhistischer Bräuche mittels einer geeigneten Controlle der
Einzelnen. Der ganze Ton ändert sich mit Paragraph 2, der
RiESS, Vertreibung der Portugiesen'. 35
mit Anführung der Gründe anhebt, weshalb eine sorgfältige
Aufsicht im Interesse der buddhistischen Religion nötig ist. Ich
glaube nicht zu irren, wenn ich annehme, dass der erste für sich
allein stehende Paragraph die Anweisung des Iyeyasu enthält,
die er gab, als er von den Priestern Hilfe zur Aufspürung von
Christen verlangte. Die detaillierten Vorschriften, die dann
folgen, sind von buddhistischen Priestern gemacht worden, die
vom Wesen des Christentums keine Vorstellung hatten, es mit
andern ihnen misliebigen Secten identificierten und auf allerlei
Mittel zur Stärkung der (in buddhistischen Ländern wenig ent-
wickelten) parochialen Ordnung sannen. Der äusserliche und
naiv-materielle Geist aller Paragraphen bis auf den ersten fällt
deutlich in die Augen und verräth, im Gegensatz zu der das
politische und nationale Interesse stark hervorhebenden Procla-
mation, den mönchischen Ursprung. Die Secten, die mit den
Christen in dieselbe Kategorie gestellt werden, haben auf
Kiushiu ihre Hauptverbreitung gehabt. Wahrscheinlich haben
Mönche aus dem Daimyat des dem Herrscherhause verschwä-
gerten Arima schon vor der Veröffentlichung der Proclamation
im Auftrage des lYEYASU diese Massregeln zur Aufifindung der
religiös Verdächtigen zusammengestellt, so dass sich das frühere
Datum der älteren Handschriften rechtfertigt.
Ich habe deshalb im vorangehenden Aufsatz nur den ersten
Paragraphen zur Beleuchtung von Iyeyasu's Auffassung über
das Christentum herangezogen, das Übrige aber bei Seite
gelassen.
t>
Anhang No. 2.
Hingabe der verbündeten Holländer nnd EfiglänJer an den
Shogmi. Hirado, 28. August 1620.
(Nach der im India Office befindlichen englischen Überset-
zung des holländischen Originals zum ersten i\Iale publiciert.)
"Wir theilen ehrfurchtsvoll der Majestät des Kaisers mit:
Jetzt ist die Differenz, die, wie Eure Majestät wissen, zwi-
schen der englischen und niederländischen Nation bestanden hat,
zu Ende, wie verschiedene in Jacatra angekommene Schiffe, eins
36 RiESs, Vertreibung der Portugiesen.
aus England und eins aus Holland, gemeldet haben, und aller
frühere Zwist zwischen uns ist bei Seite gelegt und völlig geendigt.
Deshalb sind wir übereingekommen und entschlossen, alle Portu-
giesen und Spanier, wo wir sie auch treffen, anzutasten und zu
schädigen, weil er (der König von Spanien) behauptet, er sei der
Monarch von ganz Europa. In dieser Beziehung bitten wir Eure
Majestät, an das Vorgehen des Königs von Spanien und seiner
Unterthanen zu denken, die bereits als feste Ansiedler in Lucon
und Macao eingedrungen sind.
Mögen Sie geruhen, im Interesse der Erhaltung Ihres Staa-
tes ihr Thun besonders im Auge zu behalten, wie wir Eure Majestät
zum Beispiel auf unsere letzte Demonstration verweisen, die wir
Ihrem Vater Ongoshosama im i5ten Jahre KeicJio (i6ii) und
nachher Eurer Majestät im ßten Jahre Genua (1617) bezüglich
des Vorgehens ihrer Priester eingereicht haben. Und mögen
Sie nicht denken, dass wir es aus Feindschaft thun, weil
wir so viele Jahre mit Spanien Krieg geführt haben, sondern nur,
(wie es in Wahrheit geschieht) um Eurer Majestät Land nnd Staat
vor den verrätherischen Ränken der Priester zu schützen, die ja
in sich eine genügende Warnung sind. Eure Majestät wird, wenn
Sie nur ihre Thaten überwachen, mit der Zeit die Wahrheit von
alledem finden.
Im Auftrage unserer Fürsten sind wir nunmehr mit zehn grossen
Schiffen (englischen und niederländischen) in Hirado angekommen
und wollen möglichst bald nach Lucon und ]\Iacao in See gehen, um
anzutasten und zu schädigen, wen wir dort finden. Deshalb bitten
imd ersuchen wir Eure Majestät ernstlich, keine Pässe oder
Briefe mehr an irgend welche Dschunken für die erwähnten Plätze
auszustellen. Denn durch sie wird unser Feind mit Lebensmit-
teln und Kriegsmaterial versehen, was doch nur wenigen japa-
nischen Kaufleuten Vorteil bringt. Eurer Majestät Länder und
Staaten aber sehr schädigt. Denn so lange die Fahrten von
Japan nach Lucon und Macao fortgehen, mögen Eure Majestät
versichert sein, dass, obwohl es strict verboten werden mag, sie
doch nicht aufhören werden, Ordensbrüder von dort zu bringen,
so lange ihnen dieser Handel erlaubt ist.
Wenn aber Eure Majestät nicht geruhen wollen, uns hierin
zu begünstigen, so werden wir dennoch mit grösstem Eifer jedem
RiESS, Vertreibung der Portugiesen. 37
von Eurer Majestät Uiiterthanen, wo wir ihn auch treffen,
helfen und nützh"c]i sein, da wir von unsern Fürsten den Auftrag
haben, es zu thun.
Um nun alle Differenzen und Mishclligkeiten zwischen
uns und Eurer Alajestät Unterthanen zu vermeiden, so bitten und
ersuchen wir ernstlich, dass Eure Majestät geruhen möge, den
Kapitänen der Dschunken, die von Japan nach verschiedenen
Plätzen segeln, zu befehlen, keine Spanier oder Portugiesen oder
irgend welche ihnen gehörige Güter an Bord zu nehmen, wie sie
es oft und fast jedes Jahr, auch dieses Jahr wieder in Macao,
gethan haben. Denn gewisse japanische Dschunken, die nach
ihrem Pass nach Cochinchina fahren sollten, haben Macao
angelaufen, wo zwei unserer Schiffe sie vor Anker liegend fanden
und auf Grund Eurer Majestät Pass nicht nur nicht belästigten,
sondern sogar freundlich behandelten. Auch sagte uns der
Kapitän von einer dieser Dschunken, dass er durch schlechtes
Wetter gegen seinen Willen dorthin getrieben wäre, was sich
nachher als falsch herausstellte, denn fast seine ganze Ladung
bestand aus portugiesischen Gütern und er hatte auch Portugiesen
als Passagiere. Damit kam er in Hirado an und fuhr sogleich
nach Nagasaki, sodass die Portugiesen sich nicht entblödeten,
uns zu necken, da sie uns getäuscht und Eurer Majestät Pass
nicht getreu befolgt hatten. Denn statt nach Cochinchina lenkten
sie ihren Kurs nach Macao.
Wenn Eure Majestät all diese Dinge wohl bedenken, so hof-
fen wir, dass eine Verordnung erlassen werden wird, dahingehend,
dass künftig alle Dschunken dorthin gehen, wohin Eurer
Majestät Pass es vorschreibt, ohne den Platz zu ändern, und dass
sie weder portugiesisclie Güter annehmen noch irgend welche
Portugiesen als Passagiere transportieren. In solchem Falle
versprechen wir, ihnen alle mögliche Freundschaft und Gunst zu
erweisen, wenn wir sie auf hoher See oder an der Küste treffen.
Gegeben Hirado, den 28. August 1620."
38 RiEss, Vertrkihung dkr Portugiesen.
Anhang No. 3.
Über die Quellen für die i ragische Episode vom 7.
Januar i6ior
Kaempfer hat, wie er selbst angiebt, "in einem japanischen
Manuscripte eines Nangasackischen Bürgers " die Vernichtung
eines fremden Schiffes und seiner Bemannung im Hafen von
Nagasaki erzählt gefunden. f Der Zusatz am Rande in der
Handschrift seines Neffen, " ist vor 80 lahren, also etwa um das
Jahr 1610 geschehn," lässt keinen Zweifel übrig, dass es sich um
die Episode handelt, die auch in unserer Darstellung eine Stelle
gefunden hat. Der fleissige Autor "zweifelte nicht" an der
Wahrheit der Begebenheit und "trug daher kein BedenkL-n, sie
nach der japanischen Erzählung von Wort zu Wort
einzurücken."
In der That giebt es eine japanische Monographie über
diese traurige Episode. Sie führt ^(t\\ Titel Kiirofime Hanchinki
(lllüll#iitttl), " Bericht über die Zerstörung des schwarzen
Schiffes " ; denn der dunkle Anstrich der europäischen Fahrzeuge
hat ihnen bei den an ungestrichene Holzboote gewohnten
Japanern diesen von der Farbe hergenommenen Gattungsnamen
verschafft. Die Monographie ist 1661 abgefasst, klar geschrieben
und mit einer interessanten Illustration versehen. Vergleicht
man sie aber mit der angeblich wortgetreuen Übersetzung bei
Kaempfer, so ergiebt sich bei aller Aehnlichkeit die störende
Differenz, dass der deutsche Autor von einem "grossen spani-
schen Schiff" spricht, das in Nagasaki vernichtet wurde, um den
Raub einer japanischen Dschunke " unweit Manilla "' durch die
" Castilianer " zu rächen, während die japanische Quelle von
Macao und den Portugiesen spricht.
Es kann aber kein Zweifel sein, dass KÄMPFER im Irrthum
ist. Denn nicht nur sind alle japanischen Quellen, die wir
besitzen, darüber einig, dass es sich um ein portugiesisches
Schiff aus Macao handelte; sondern auch die von PageS benutzten
* Siehe die obige Darstellung auf Seite S und g.
t Viertes Buch, fünftes Kapitel, S. 67.
RiESs, Vertreibung der Portugiesen. 39
Berichte der in Japan residierenden Geistlichen sprechen nur von dem
portugiesischen Scln"ff La Madre de Diosr In der Zeit zwischen
dem Scharmützel in Macao im Jahre 1607 und dem Erscheinen
der La Jfadre de Dios ist, angeblich wegen der holländischen
Piraterien, kein Schiff von Mac<io nach Japan entsandt worden.
Der Führer des unglückliclien Königsschiffes vom Jahre if 09 war
der Exgouverneur ANDREA PeSSOA, wie wir aus portugiesischen
Quellen wissen.
Von japanischen Berichten kommen ausser der bereits
erwähnten Monographie nur wenige ältere Compilationen in
Betracht. Ich gebe nur die Titel der von mir herangezogenen
Quellen an. Die Zoku Nagasaki-shi (,li:gll||^>) enthält Noti-
zen, die in den Daten ungenau sind. Ebenso verhält es sich
miX. LOichö Nikki (^^SBta). Aus Keichö Nenrokn (^-g^^^)
theilt SuGaNUMA (Seite 468} einen vom 24. August 1609 datierten
Brief an den Vorsteher von Macao mit, worin IyeyasU
anerkennt, dass Japaner, die in Macao sich vergangen haben,
nach den dortigen Gesetzen bestraft werden sollen. Damals
befand sich der Adressat bereits länger als zwei Monate in
Japan. Es ist ein interessanter Überrest der Verhandlungen, die
der endgültigen Weigerung Pessoa'S, sich dem japanisclien
Gerichte zu stellen, vorangingen.
Von holländischer Seite haben wir einen lirief des Ober-
hauptes SpecX aus demselben Jahre 1610, worin er den Vorgang
kurz in ähnlicher Weise darstellt, wie die japanischen Quellen
auch. Wir erfahren ferner von den Holländern, dass sieben Jahre
später durch Taucher wertvolle Waaren aus dem Wrack geborgen
seien. Ja nach dem Tagebuch der Factorei haben sich noch 1653,
also 43 Jahre nach dem PLreignis, 3 Barren Silber und anderes
heraufholen lassen.
KaemtfeR hatte also ganz Recht, an der Wahrheit der Bege-
benheit nicht zu zweifeln. Die Argumente, mit denen sein sorg-
fältiger Herausgeber DOHM die Wahrscheinlichkeit der Erzählung
bestreitet, sind einfach eine Überspannung der Methoden
objectiver Kritik, wie sie uns bei einem Zeitgenossen VoLTAIRE's
und DiderOT'S nicht Wunder nehmen können.
* Eine Handschiift nennt das Schiff Nossa Setthora da Gra(}a.
40 RiESS, Vertreibung der Portugiesen.
Anhang No. 4.
Der Brief des Prinzen Moritz von Nassau an den Shognn vom
18. Dezember 1610 nnd seine Übersetzungen.
Ein lano-er und bemerkenswerther Brief an den Shogun, den
der Stadthalter den Bewindhebbcren der Ostindisclien Coinpag-
nie am 18. December 1610 hat zustellen lassen, damit diese ihn
durch ihre Factorei in Hirado an seine Adresse beförderten, ist
uns im holländischen Texte * noch erhalten. Dieser Brief ist
Iyeyasu nach der Angabe des Oberhauptes BrOUWER t in
spanischer Übersetzung zugestellt worden. Diese verloren ge-
gangene spanische Wiedergabe ist von zwei in Japan residie-
renden Holländern unterschrieben, d. h. doch wohl beglaubigt
worden ; denn in der facsimilierten japanischen Übersetzung, die
an den Reichsrath HONDA KOSUKE NO Ka^II adressiert ist, findet
sich am Schluss die Bemerkung : zwei Überbringer, Hendrick
Brouwer und Jacques (Jacob) Specx.:|: Von dieser spanischen.
Wiedergabe wurde, wahrscheinlich in Nagasaki, eine japanische
Übersetzung gemacht, deren wichtigster Theil, von einem japani-
schen Christen ins Portugiesische übersetzt, von PaGES
französiscli mitgeteilt worden ist.§ Eine etwas abgekürzte
Fassung in japanischer Sprache ist das oben erwähnte, an den
Reichsrath Honda Kosuke nO Kami adressierte Aktenstück,
das in einem alten Facsimile im Hi.storiographischen Bureau noch
erhalten und bei SUGANUMA S. 505-507 gedruckt ist. Aus einer
andern correcten Kopie hat es Yamagata ShozO mitgeteilt,
Wir besitzen also drei Fassungen des Briefes vom 18. December
1610: erstens die originale, zweitens eine portugiesische Rückü-
bersetzung des Hauptteiles aus dem Japanischen, drittens eine
* Abgedruckt bei van Dijk, lets over onze vroegste Betrekkingen met Japan. (Am-
sterdam 1858.) S. 36—39. Deutsch wiedergegeben von Nachod als Beilage lo.
f in seinem Briefe vom 13. Febr. 1613, mitgetheilt bei Xachod, Beilage 12, S.
XXXVIII.
\ im japanischen Kana sehen diese Namen so aus : Andreikohoroim'arii und Jakau-
bestisehekuse. Jacques Specx war damals Olierhaupt der Faktorei in Hirado.
§ Im Annexe No. 18, S. 93 — 94.
RiESS, Vertreibung der Portugiesen.
41
grade im Ilauptteile abgekürzte japanische Wiedergabe. Die
beiden letzteren gehen nicht auf das Original, sondern auf die
in Japan von den Holländern gemachte spanische Übersetzung
zurück. Das ausführlichere Bruchstück kommt an vielen Stellen
dem Original näher ; wo es aber stark abweicht, hat auch die
abgekürzte Wiedergabe des Ganzen übereinstimmende Ab weich un-
cren. Daraus können wir schliessen, dass an diesen Stellen in
der spanischen Überarbeitung nicht das stand, was das Original
enthält, sondern, was die japanischen Übersetzungen geben. Zur
Gewissheit wird diese Annahme, dass die übersetzenden Holländer
sich mit dem Briefe des Statthalters grosse Freiheiten erlaubt
haben, durch einen offenbar in Japan ausgeheckten Zusatz am
Anfange und eine Veränderung am Schlüsse, die auf japanische
Anschauuncfen Rücksicht nimmt.
Im Folgenden stelle ich dem vollständig abgedruckten
Üriginalbriefe die in Japan entstandenen Wiedergaben gegenüber,
indem ich starke Abweichungen in beiden Columnen durch
Cursivdruck markiere :
(Nachod's Übersetzung des
Originals)
"Au den grossviäcJitigstcn
Kaiser und König von Japan,
Gruss !
Euer Kaiserlichen Majestät
Brief habe ich mit grosser
Ehrerbietung empfangen und
sehr gern vernommen, dass Euer
Kaiserliche Majestät belieben,
die Holländer, meine Untcr-
thanen, so gnädig in Euer
Kaiserlichen Majestät gross-
mächtigem, weltberühmtem und
sehr angesehenem Kaiserreicli
(Aus dem Japanisclien.)
An den Fürsten Minamoto
lyeyasn. !
Etv. Ditrchlaucht RuJini als
Kriegsheld ist ohne Beispiel
unter dem Himmel. Ich begluck-
zvnnsche Sie .zu dem Friede n^
tvclcJien Sie fiir Ihr Land
geschaffen haben.
Sie haben mir von Ihrem
entfernten Lande einen Brief
zugesandt, wofür ich Ihnen nicht
srenuo- danken kann. In diesem
Briefe sagen Sie, dass Hollän-
der, die nacli Japan kommen,
dort die Freiheit des Handels
Qeniessen sollen. Auch dafür
empfangen Sie meinen Dank.
4^
RiESs. Vertreusunc; der Portugiesen.
zu empfangen, indem ihnen
Erlaubniss erteilt wird, in allen
unter Euer Kaiserlichen Maje-
stät Gebot stehenden Plätzen,
Ländern und Inseln Handel
treiben zu dürfen und sie unter
Euer Kaiserlichen IMajestät
Schutz gennommen werden,
was mir selir angenehm ist ;
und danke ich F.uer Kaiserlichen
Majestät für so onädigeWohlthat
aufs höchste.
Wohl wünschte ich mit Euer
Kaiserlichen Majestät, dass die
Länder meines Gebietes denen
von Euer Kaiserlichen Majestät
näher gelegen wären, damit
auch Euer Kaiserlichen Majestät
Ünterthanen kommen möchten,
um dieselben zu besuchen ;
dann würde ich mit der That
meine Geneigtheit, dankbar zu
sein für die Gunst, die Euer
Kaiserliche Majestät meinen
Unterthai'.en erzeigt und bewie-
sen haben, beweisen können ;
da dieses jedoch wegen der
erossen Entfernung der Länder
nicht geschehen kann, so lioffe
ich dennoch, dass mit der Zeit
sich Gelegenheit bieten wird,
von meiner guten Zuneigung
zu unserer begonnenen Freund-
schaft weiteren Beweis liefern
zu können.
Euer Majestät haben vor
einigen Jaliren ihre Gunst und
Gnade den Holländern bewiesen,
Wären unsere Länder ein-
ander näher, so würden ohne
Zueifel einige Ihrer Landsleute
auch unsere Küsten besuchen,
so dass wir dann eine Gelegen-
heit hätten, Ihre Gastfreund-
schaft zu erwidern . Da dies
aber unmöglich ist, so weiss ich
nicht, wie ich Ihre Freundlich-
keit vergelten soll.
I.) Vor einiger Zeit, als unser
Land Ihnen noch unbekannt
war, hatte eins unserer Schiffe
RiESS, Vertreibung der Portugiesen.
43
sogar zu einer Zeit, wo der
holländische Name Euer
Kaiserlichen Majestät noch un-
bekannt war, durch die dem
Kapitän Jacob Jansz. Ouaecker-
naeck, der in sehr elendem Zu-
stand mit seinem Schiff und Volk
in Euer Kaiserlichen Majestät
Land gekommen war, erzeigte
grosse Gunst und Wohlthat, ohne
Rücksicht auf die Falschheit und
Lügen, womit die Portugiesen
sie beschuldigten ; wegen aller
dieser Wohlthaten wird der Name
derPersonEuer Kaiserlichen Ma-
jestät bei mir und meinen Unter-
thanen in solch grosser Achtung
und Weisheit gehalten, als Grund
dazu ist und als sich gebührt.
Meine Unterthanen haben
vordem* auch grosse Arbeit und
Unkosten gehabt, um ihren
Handel im Reiche von China
zu betreiben, und sind bisher
auf drei verschiedenen Reisen
mit ihren Schiffen an den Flüs-
sen dieses Reiches sjewesen
und haben entweder Kaufleute
oder Gehilfen an Land gehabt ;
sofort aber haben die Portu-
giesen nach ihrer alten Ge-
wohnheit mit ihren Lügen,
Falschheiten und Geschenken
so viel bei den Gouvernören
oder Mandarinen zuwege ge-
Mangel an Lebensmitteln und
lief, um sie sich zu verschaffen,
in einen Ihrer Häfen ein. Bei
dieser Gelegenheit wurde Ihnen
von den Portugiesen gesagt,
dass die Holländer eine Bande
von Piraten seien. Aber Sie
schenkten der Angabe keinen
Glauben und leisteten unseren
Landsleuten Hilfe. Das war
eine besondere Freundlichkeit.
Drei Mal hintereinander habe
ich meine Schiffe nach China
geschickt, um Handelsbezie-
huneen mit diesem Königreiche
anzuknüpfen, und auf einem
dieser Schiffe habe ich eine
Gesandtschaft an den König
geschickt. Aber die Portu-
giesen haben dem König von
China bedeutende Geschenke
angeboten und haben, indem
sie alle möglichen Mittel
anwandten, die Gesandtschaft
verhindert. Der Gesandte
ist zurückgekommen, ohne
* Nachod übersetzt das " voor dezen "
des holländischen Originals mit " seither."
44
RiESs, Vertreiüuxg der Portugiesen.
bracht und meine Unterthaucn
so schlecht gemacht, dass sie,
ohne echört worden zu sein,
das Land und die Flüsse wie-
derum liaben räumen müssen.
Und obschon ich wohl meine,
dass diese Portugiesen und
Castilianen mit aller möglichen
Arglist und Betrug in ihrer
alten Gewohnheit fortfahren
werden, beson.ders dahin zu
trachten, dass meine Unter-
thanen aus Euer Kaiserlichen
Majestät mächtigem Kaiser-
reich ausgestossen werden
sollen, nicht des Schadens Jialbcr^
den sie ihnen im Handel
zufügen könnten, sondern wegen
der Furcht, die sie haben, dass
die von ihnen beanspruchte
Herrschaft über die ganze Welt
offen zur Schau kommen
könnte, zum grossen Schaden
derselben : so ersuche ich Euer
Kaiserliche Majestät freundlich,
dass Euer Kaiserliche Majestät
beliebe, ihren Lästerungen, da
sie aus feindlichem Munde
kommen, keinen Glauben zu
etwas auszurichten, j i ohne
selbst landen zu dürfen.*
D.i die Portugiesen nnd
Spanier meine Feinde sind, so
kann es sich ereignen, dass sie
in Japan ebenso handeln, und
dass sie Eure Hoheit zu
bestimmen suchen, den Hol-
ländern nicht das Wohnen in
Iliren Staaten zu erlauben, in-
dem sie angeben, dass sie selbst
und ihr Handel mit Japan
schon alten Datums, dass aber
die Holländer erst zwn gestern
seien, und dass durch das
Fussfassen der Holländer in
jfapan der portttgiesische Handel
Schaden leiden würde. Aber
Eure Hoheit darf solchen
Reden, die in allen Punkten
falsch sind, keinen Glauben
schenken.
Die W^ahrheit ist, dass die
Portugiesen und Spanier den
Ehrgeiz haben, die Welt zu
erobern, und dass sie die Ankunft
'■ In der kürzeren japanischen Fassung
lautet dieser Passus :
" Wir versuchten vor einiger Zeit, mit
China Handelsverkehr zu eröffnen und
sandten, um ein Biinrlniss mit jenem Lande
zu schliessen, zweimal Lriefe und einmal
einen Gesandten ; aber alles ohne Erfolg
wegen der Ijestcchungen durch die Portu-
giesen.
RiESS, Vertreibung der Portugiesen.
45
schenken, ^\ührend sie zweifel-
los noch in ilireni eigenem
Strick "•eiansr'^n werden sollen.
Wie es vor einigen Jahren zu
Bantam, Patani und andern
Plätzen sich erzeigt hat, wo sie
dergleichen Händel gepflegt
und ernstlich danach getrachtet
haben, jedoch durch ihre
Betrügerei, Aufgeblasenheit
und erkannten Lügen daraus
Verstössen und meine Unter-
thanen seither in aller Freund-
schaft und Treue behandelt und
empfangen worden sind.
Und damit sie in allen ihren
Vorhaben vereitelt mögen wer-
den, ersuche ich, dass Euer
Kaiserliche Majestät beliebe,
mit guter und sorgfältiger
Vorsichtigkeit den doppelten
Durchtriebenheiten der jcsni-
ten oder Väter der Gesellschaf-
ten vorzubeugen, die mit dem
Schein religiöser Heiligkeit
Euer Kaiserlichen Majestät
vortreffliches Königreich durch
Veränderung der Religion
langsamer Hand in Zwist,
meiner Schiffe in den Ländern
Eurer Hoheit und die Entdeck-
ung ihrer Absichten fürchten.
Zu diesem Zweclce verbreiten
sie tausend Unwahrheiten, um
meine Untertanen zu diskre-
ditieren. Die Zeit ■ivird meine
Behaiiptiingen bestätigen.'^'
In Patani und den anderen
Gegenden, wo die Portugiesen
gewohnt hatten, sind meine
Scliiffe von den P>ingeborenen
mit Freundscliaft empfangen
und behandelt worden. Darauf
haben die Portugiesen tausend
Beschuldigungen gegen sie vor-
gebracht ; aber man hat ilire
Treulosigkeit erkannt, und sie
sind verjagt worden, während
die Holländer jede Begünsti-
gung empfangen haben.
Ich benachrichtige Eure
Hoheit ferner, dass es von der
höchsten Wichtigkeit ist, die
Ränke zu entwirren, die die
Portugiesen und Spanier mit
ihren Priestern schmieden, die
Ihre Staaten besuchen. IJ'enji
sie nänilicJi irgend tvelclie
persönliche Schivierigkeit zu
ihrem Ziele zu kommen finden,
so bemühen sie sich, mittels
ihrer Priester, und zivar mit
einer unendlichen Verschmitzt-
heit, ihre Zwecke zu erreiche7i.
* Dieser letzte Satz findet ?icli auch in
der kürzeren japanischen Fassung.
46
RiEss, Vertreibung der Portugiesex.
Partcischaft und weiter zum
Bür^^crkricg vxx bringen suclicn,
umso desto besser zu ihrem
Vorhaben 7.u -gelangen, weil sie
auf andre Weise zu keiner Zeit
hierzu kommen könnten.
Ich danke Seiner Kaiserhchcn
Majestät auch höchHch für die
Zusagen an die Personen, die
zur Ausführung des Kaufhan-
dels alldort in Seiner Kaiser-
lichen Majestät Landen bleiben,
indem Seinr Kaiserliche Maje-
stät dieselben in Seiner Majestät
Beschirmunc;- nimmt und Seiner
Majestät Gunst ur.d Hilfe zu
allem zusagt ; ich habe die
Zuversicht, dass Seine Kaiser-
liche Majestät zu aller Zeit
darin fortfahren wird.
P^crner. da meine Üntcr-
thancn ^eiKigt sind, alle
Übrigens ist das Interesse, das
diese Priester anlockt, kein
anderes, als unbemerkt die
P^ingeborenen für ihre Lehre zu
gewinnen und ihnen Abscheu
vor den Bekennern jedes andern
Glaubens einzuflössen. Bald
schaffen sie dann Streitigkeiten
mit den verschiedenen Secten
und verursachen Revolutionen
und Kriege, zvoraiis resultieren
kann, dass diese Priester die
Herren des ganrjen Reiches
ZV er den. "^
(Aus der Abkürzung,)
Da Euer Hoheit so freundlich
war zu sagen, dass Sie alles,
was die Holländer Ihnen mit-
teilen \\ürden, beachten wer-
den, habe ich gewagt, Ihnen
solches zu schreiben.
fr cm
Da wir wünschen, unsi rn
den Handel auszudehnen,
:■ In der kürzeren Fassung' nach
Übersetzung des Herren Prof. Mikami :
" Die Absicht der Priester ist, alhnählich
die T-ipa-'ier zu bekehren, und daini mag in-
folge eines religiösen Contlicts grosser
Sti-eit entstehen. 2ii difSc'in Falle vjird
Japan ivcrdcn, ivas die Priester wünschen
s '.Verden zu lassen y
RiESs, Vertreibung der Portugiesen.
47
Länder und Plätze zum
Handel in Freundschaft und
in Aufrichtigkeit zu besuchen,
so ersuche ich aucli pAire
Kaiserh'che Majestät, dass
dieselben durch Eurer M.ijestät
Gunst und Hilfe den Handel
auf Korea geniessen mögen,
um auch bei gelegener Zeit die
Nordküste von Japan mit
befahren zu dürfen, wodurch
mir eine besondere Freund-
schaft geschehen soll.
Hierin it, gr o s smäcJit ig c r
Kaiser und König, zverde ich den
Allmögenden Gott bitten, dass
Er Eure Kaiserliche Majestät
in langer Gesundheit 2ind glück-
seliger Regierimg er Ji alten möge.
Gravenhage, den i8. Dezem-
ber i6io.
werden wir in kurzer Zeit
Schritte thun, um Handelsver-
bindungen mit Korea zu
eröffnen. Daher erwarten wir,
dass Sie uns einen Pass für
jenes Land geben werden.
Mit grosser Elirerbietnng habe
ich das Obige geschrieben. Ich
zuerde mit grosser Sorgfalt
thun, was Sie von mir gethan
ZV üu seilen.
1620, 18. December. Japanisch
15. Keichö II. Monat 2. Tag.
Obicres ist der Brief des
Königs von Holland ohne
Auslassung.
(Gezeichnet :)
Andreiko Horowaku.
Jakaube Susehesuke.
Iihrerbietig überreicht an :
Honda Köduke Sama.
Resitltat :
Der ausführlicliere Text, den wir dem originalen Briefe
gegenübergestellt haben, ist durch nicht weniger als fünf Überset-
zungen von ihm getrennt. Erst haben ihn die Holländer ins
Spanische, dann ein japanischer Regierungsdolmetscher in
Nagasaki ins Japanische, dann ein japanischer Christ ins Portu-
giesische, dann Pages ins Französische, endlich ich ins Deutsche
übertragen. Dennoch ist ;in vielen Stellen die Übereinstimmung
48 RiESS, Vertreibung der Portugiesen.
so genau, wie wir sie nur erwarten können. Wo wir aucli dem
Sinne nach starke Abweichungen bemerken, wird seine Zuverläs-
sigkeit dadurch gewährleistet, dass .auch die abgekürzte an
Honda KöZUKE NO KAMI addressierte japanische Übersetzung
ganz entsprechende Sätze enthält. Darüber hinaus hat die
Abkürzung einen vom holländischen Original ganz verschiedenen
Anfang und Schluss. Die nach Lage der Dinge allein haltbare
Erklärung des Thatbestandes ist, dass die holländischen
Kaufleute in Japan ihre officielle spanische "Übersetzung"
bereits so abgeändert haben, wie sie die beiden durchs Japanische
gegangenen Wiedergaben uns erscheinen lassen.
Die Wendungen und Gedanken, die auf diese Weise in den
Brief eingeschmuggelt worden sind, ehe er an seine Adresse
gelangte, sind aber keineswegs dem Geiste, den der originale
Brief atmet, und der Intention, in der er concipiert war, entge-
gengesetzt. Sie sind Verdeutlichungen, nähere Explicationen der
vagen Andeutungen des Originals ; man hat den spanischen
Text so aufgeputzt und vergröbert, dass er den Eindruck, den
der Briefschreiber mutmasslich beabsichtigte, in Japan ganz sicher
hervorrufen musste. Die Holländer in Hirado haben sich in
ihrer Übersetzung von ihrem Standpunkte aus "Verbesserungen"
erlaubt, die formell nur als " Verfälschungen " bezeichnet
werden können, ihnen aber auch wohl deshalb erlaubt schienen,
weil sie sicher waren, dass der Prinz-Statthalter gern ihre
Wendungen in den Brief übernommen hätte, wenn er geglaubt
hätte, der Compagnie in Japan damit nützen zu können.
Anhang No. 5.
A7/S dem TagcbncJic der holländisclieii Factor ei in Hirado,
(Zum ersten Male publiciert.)
Auf seiner Hofreise nach Yedo schrieb Fran(;ois Ca RON den
Vorgang der Übergabe des aufgefangenen Briefes folgcnder-
massen nieder :
"Am 28. März (1636). Da wir gehört hatten, dass seine
Excellenz (der damals in Yedo residierende Daimyo von
Hirado) zu Hause und uns zu empfangen bereit war, so gingen
RiESS, Vertreibung der Portugiesen. 49
wir nach seinem Hause und zeigten ihm den Originalbrief, den
der General-Capitain von Macao, Mannuel de Camara, an den
Vicekönig von Goa, Le Conde DE LiNHARTE, geschrieben hatte.
Wir erläuterten ihn nach dem Wortlaut der Übersetzung und
den Umständen, die in dem Briefe des Hochedlen General-
gouverneurs vom 5. Juli 1635 enthalten sind, und wie und
wodurch der vorgenannte Brief in die Hände der Holländer
gekommen ist.
Seine Excellenz antwortete darauf, dass infolge der scharfen
und strengen Naclisuchung der Regenten in Japan zu verschie-
denen Zeiten solche und ähnliche gedruckte Flugschriften
gefunden worden seien über die Verherrlichung und Anbetung,
sowie über grosse Feste in allen Ländern für die Märtyrer, die
in Japan hingerichtet worden waren ; ebenso Sclireiben, dass alle
Christen (wenn Notli am Mann ist) ihren Glauben abschwören
mögen, wenn nur ihr Herz treu bliebe ; ferner Anzeigen, dass
jeder, der das Fleisch oder die Knochen eines Märtyrers bekom-
men und aus Japan fortschaffen könnte, so und so viel Geld
erhalten sollte; wer die Asche brächte, soundsoviel, und viele
abergläubische Dinge dieser Art. Früher sei es auch in dieser
Weise gehandhabt worden ; aber jetzt, wo die Regenten wissen,
dass man aus diesen Sachen Kleinodien und Kostbarkeiten
macht, verhinderen sie es. Denn Alles, was einem Märtyrer
gehört, werde nach seinem Tode mit ihm zu Asche verbrannt,
diese Asclip sorgfältig bewahrt und in die Tiefe des Meeres
versenkt.
Hiermit (fuhr er fort) will ich Euch sagen, dass solche
Dinge nicht neu sind, dass er (der Brief) die Portugiesen nicht
verhasster machen kann, als sie es schon sind, dass er nichts
helfen kann, Euch im geringsten zu verbessern, weil Seine
Majestät all diese Dinge und Vorgänge aus ihren (der Portu-
giesen) eigenen Schreiben und von den abgefallenen Papisten
genügend kennt."
50 RiESS, Vertreibung der Portugiesen.
Anhang No. 6.
Die Entstehung der Sage, dass die Holländer in Japan
einen Brief über eine beabsichtigte Verschwörung japanischer
Christen verfasst nnd als gefunden in
Hirado abgeliefert haben.
Die erste einigermassen befriedigende und zuverlässige
Beschreibung von Japan für ein grösseres Publicum hat der
langjährige Beamte der ostindischen Compagnie FrancOIS
CarON, von dem in dem vorangehenden Aufsatze die Rede war,
im Jahre 1648 in holländischer Sprache erscheinen lassen. Der
in den Annalen wissenschaftlicher Länderbeschreibung rühmlich
o-enannte Bernardus VareniUS hat sie ein Jahr darauf in der
eleganten lateinischen Monographie, die er über Japan schrieb,
benutzt und überholt, Caron hat denselben Gegenstand dann
noch einmal im Jahre 1662 in Form von Fragen und Antv\ orten
behandelt. In dieser noch jetzt interessanten kleinen Schrift
entwirft er ein Bild der Martern, die japanische Christen über
sich ergehen lassen mussten, giebt aber keine Gründe an, weshalb
die japanische Regierung das Christentum so grausam ausrottete.
Diese Lücke haben drei deutsche und ein französischer
Reiseschriftsteller ausgefüllt, die sich zum Theil auf ihnen
persönlich bekannte Holländer als ihre Gewährsleute berufen.
Es ist interessant zu beobachten, wie sich dadurch das Bild der
oben geschilderten Vorgänge in kurzer Zeit völlig verschob.
Der erste Er^änzer des CARON'schen Berichtes kam schon
in der deutschen Übersetzung von Cakox's zweitem Büchlein im
Jahre 1663 zu Worte. Es war der weitgereiste "Chirurg und
Barbier " JOHANN JaCOB Mercklein. Er hat als Schiffsarzt der
Holländischen Ostindischen Compagnie von 1644 bis 1653 gedient
und als solcher "von etlichen der Holländischen Compagnie
Dienern " Aufklärung darüber bekommen. Bei ihm erscheint
bereits "ein Brief, welcher in einem portugiesischen Schiff, das
aus Japan nach Goa fahren sollte, gefunden worden." Dieser
Brief war vom portugiesischen Bischof in Nagasaki an den
Vicekönig in Goa geschrieben ; aus ihm vernahm der Kaiser in
RiESS, Vertreibung der Portugiesen. 51
Japan, dem er " zu banden kam," dass die Spanier und Portu-
giesen " unter dem Deckmantel der Religion das ganze Land
Japan unter ihre Gewalt zu bringen trachteten." Auf diesen
einzigen Brief hin sollen dann die Spanier und Portugiesen
ausgetrieben und zum Theil totgeschlagen worden sein, worauf man
dann den Holländern, denen früher wegen der Verleumdungen
ihrer Concurrenten " kein Handel ist gestattet worden," auf der
Insel Hirado und zum Handel in Japan zugelassen habe. Man
sieht, der brave " Chirurg und Barbier" iiat über die Chronologie
der Ereignisse ganz verkehrte Vorstellungen ; von einem aus
einem oortucficsischen Schiff entnommenen Brief, wie er in der
That von den Holländern 1636 vorgewiesen wurde, muss er
aber etwas gehört und in falschen Zusammenhang gebracht
haben.
Der zweite deutsche Reiseschriftsteller, der sich über die
Ursachen der Vertreibung der Portugiesen äusserte, war JÜRGEN
Andersen aus Schleswig, der ebenfalls im Dienste der Com-
pagnie stand und sogar kurze Zeit in Japan war. Er spricht nur
allgemein und dunkel von Verdächtigungen der Portugiesen und
Katholiken durch die Holländer und damit übereinstimmenden
Berichten japanischer Spione. Der gelehrte Bibliothekar des
Herzogs von Holstein, Olearius, der Andersen's Beschreibung
zum Druck beförderte, zählt beide Versionen (die von MeRCK-
LEIN und Andersen) auf, ohne sich für eine von ihnen zu
entscheiden, fügt aber aus seinem eigenen Kopfe noch die
Möglichkeit hinzu, " ob auch ein solch verdächtig Schreiben
etwa durch andere in das Schiff partieret und hernach angegeben,
wie solche Kunst die Russen gar meisterlich können."
Der französische Baron Tavernier, dessen Reisebeschrei-
bungen zuerst 1776 erschienen, beruft sich auf die mündlichen
Mittheilungen von Holländern, die er in Hugly in Bengal kennen
gelernt habe, giebt aber im Wesentlichen nur die Angaben
Mercklein's mit dem Zusatz wieder, dass CarON den ver-
hängnissvollen Brief einfach fabriciert habe. Wir haben oben
gesehen, dass dieser Verdacht unhaltbar ist.
Wie ganz anders erscheinen dagegen KäMPFER's Angaben !
Was er mittheilt, passt fast genau auf den Vorgang von 1617,
wie wir ihn oben nach japanischen Quellen geschildert haben.
52 RiESS, Vertreibung der Portugiesen.
Der portugiesische " Capitän Moro," der "an einem Pfahl
lebendig gebraten und verbrannt " wurde, wäre kein andrer, als
Domingo Jorge, der dieser grässlichcn Tortur am i8. August
1619 in der That erlag. Allerdings spricht er von einem Briefe
dieses unglücklichen Mannes an den König von Spanien ; aber
absolute Genauigkeit in historischen Angaben ist überhaupt nicht
KäMPFER's Stärke. Von der Möglichkeit einer Briefunterschie-
bung ist bei ihm keine Spur.
Also Olearius, der an den ihm vorliegenden Berichten von
dem rationalistischen Skepticismus seiner Zeit aus Kritik übte,
und Tavernier, der seinem persönlichen Feinde Caron alles
Böse zutraute, haben das Mährchen einer Briefunterschiebung
durch die Holländer in die Welt gesetzt, das noch immer nicht
völlig abgestorben ist.
BEMERKUNGEN UND BERICHTIGUNGEN
zu
LANGE'S EINFÜHRUNG IN DIE JAPANISCHE SCHRIFT.
VON
Dr. KARL FLORENZ.
„EINFÜHRUNG IN DIE JAPANISHE SCHRIFT'^ VON PROF. DR. RUDOLF LANGE.
STUTTGART U, BERLIN, W. SPEMANN 1895 (XVI UND 162 S. 8.)
BAND XV DER LEHRBÜCHER DES SEMINARS FÜR
ORIENTALISCHE SPRACHEN IN BERLIN.
Durch die Veröffentlichung des vorliegenden Buches hat sich
Herr Dr. Lange ein nicht zu unterschätzendes Verdienst erwor-
ben, und wir begrüssen das Werk mit um so grösserer Freude,
als damit ein erster und im ganzen auch erfolgreicher Versuch
gemacht worden ist, dem Anfänger den Weg durch das
Labyrinth der japanischen Schrift zu weisen. Nach einigen
einleitenden Bemerkungen behandelt der Verfasser das Kata-kana
auf Seite 2 — 16, das Hira-gana mit allen seinen Variationen
S. i6 — 56, den Gebrauch des Katakana und Hiragana S. 57—62,
die Rechtschreibung des Kana {Kana-zukai) S. 62—64 und die
chinesischen Zeichen, wie sie in Japan Verwendung finden, S.
64 — 144. Den Schluss bilden Anmerkungen S. 145 — 152 und ein
Sach- und Namen-Verzeichnis S. 153 — 162. Es muss anerkannt
werden, dass der Verfasser eine unendliche Menge von Fleiss
und Mühe auf die Herstellung seines Buches verwendet hat,
und dass er darin vielerlei giebt, was nicht nur dem Anfänger,
sondern auch dem fortgeschritteneren Studenten zu willkommener
Belehrung dient. Im allgemeinen trägt das Werk den Cliaracter
einer systematischen Darstellung ; von methodisch-praktischen
Gesichtspunkten lässt sich der Verfasser eigentlich nur bei
Aufstellung der auf Seite 98—123 gegebenen, nach 189 Lautzei-
chen geordneten, Liste gebräuchlicher chinesischer Zeichen
leiten. Nach meiner Ansicht ist dieser Abschnitt der wichtigste
und brauchbarste für den Studierenden und wird es noch in
54 Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen.
erhöhtem Masse sein, wenn er bei einer etwaipfen neuen Ausgabe
auf das zwei- bis dreifache vermehrt werden sollte. Es könnte
auf diese Weise leicht das hauptsächlichste Zeichenmaterial zum
Studium dargeboten werden. Ich will hier nicht der Frage
näher treten, ob es nicht vielleicht fiir eine " Einführung " in die
japanische Schrift ratsamer wäre, den darzubietenden Stoff von
Anfang an methodisch, vom Leichteren zum Schwereren fort-
schreitend, aufzubauen, zumal da sich Dr. Lange wahrscheinlich in
dem versprochenen Übungs- und Lesebuche, das er uns recht
bald bescheren möge, auf diesen Standpunkt stellen wird. Nur
so viel möchte ich bemerken, dass mich seine Darstellung der
Hiragana-Schriftarten durch Abdruck und Erklärung des -Jl^-S
^5jg^ Kaiiajirnishü nicht befriedigt : etwas weniger wäre hier
mehr gewesen. Statt uns das an und für sich ganz gute, aber
mit seinen vielen ungebräuchlichen Formen auf den lernenden
Europäer verblüffend und abschreckend wirkende Werkchen zu
reproducieren, hätte der Verfasser lieber aus eigenen Mitteln
eine lichtvolle Darstellung der verschiedenen Hiragana-Schreib-
weisen, ilires Gebrauchs und ihrer Ableitung, geben sollen. Ich
kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Kanajiriiishü
mehr eine graphische Verschönerung, als wünschenswerte
Bereicherung des Buches ist. Doch will ich auf diesen Umstand
bei einem sonst tüchtigen Werke kein Gewicht legen. Bedenk-
licher sind die zahlreichen, fast überall zu Tage tretenden
Ungenauigkeiten, ja direkt unrichtigen Angaben in Lesung und
Interpretation, so dass ich mit Bedauern gestehen muss, dass
derjenige Grad von Akribie nicht erreicht ist, welchen man von
einem philologischen Werk, namentlich einem solchen, das
Lehrzwecken dient, zu erwarten wohl berechtigt ist. Zur Ent-
schuldigung mag freilich dienen, dass es dem Verfasser in
Berlin an einem kompetenten japanischen Berater gefehlt zu
haben scheint, aber dadurch wird die Thatsache nicht verscho-
ben, dass das Buch einer gründlichen Durchkorrektur bedarf,
um seinem Zwecke Genüge zu thun. Ich habe mir daher die
Aufgabe gestellt, im folgenden in möglichst eingehender Weise
an die schadhaften Stellen des Werkes eine bessernde Hand
anzulegen und ausserdem da, wo der Verfasser ohne ersichtlichen
Grund wiciuige Lesungen u. dergl. nicht angegeben hat, die
Florenz, BemerkUiNGen und Berichtigungen. 55
Zufügung derselben in Vorschlag zu bringen. Es mag mir trotz
wiederholter Durchsicht immerhin noch mancherlei entschlüpft
sein, doch hoffe ich, dass es mir gelungen sein wird, alle wesent-
lichsten " Vorschläge zur Verbesserung und Vervollkommnung
des Buches " beigebracht zu haben, um welche der Verfasser
selbst im Vorwort ersucht. Auf theoretische Erörterungen rein
wissenschaftlicher Fragen habe ich mich nicht eingelassen,
obp-leich ich auch da mancherlei zu sagen hätte.
Es sei noch bemerkt, dass die äusserst schwierige Druck-
legung des Buches von der Reichsdruckerei in Berlin bewerk-
stelligt worden ist ; dies mit so trefflichem Erfolge ermöglicht
zu haben, gehört nicht zu den geringsten Verdiensten des
unermüdlich thätigen Verfassers.
Seite X zu Xo. 5. motoyui wird in Tokyo gewöhnlich mpttoi
ausgesprochen.
,, ,, zu No. 6 lies SJiiobara statt SJiiozvara,
,, ,, ,, ,,7 lies Sö:~a statt Sösaii.
,, XI ,, ,, 14. Dies ist wohl identisch mit No. 10.
,, XVI. Seisahi ist wohl kaum gebräuchlich.
,, XVII, Zeile 6 v. u. ||-§- ist zwar A -y ^ In-iue zu
schreiben, wird aber stets Iii-ite ausgesprochen. Ebenso
spricht man jt% Gen-we (Seite 22) wie Gcn-ne aus, ^^
itii-un wie wi-nun u. s. w. Der dentale Nasal n wird als
Gleitlaut eingeschoben.
„ 2, Zeile 6 ff. Das koreanische W^ ^^ido (sie !) und Onnmn
fMX sind nicht identisch, wie Lange annimmt ; sondern
ersteres ist eine aus den chinesisclien Charakteren
abgeleitete syllabische Schriftart, während letzteres aus
den Sanskrit-Zeichen abgeleitet und eine Lautschrift ist.
Vgl. Aston in Trans. As. Soc. Jap. vol 23, Seite 2 f.
und Cüurant, ibid. Seite 13 ff.
Die orthodoxe japanische Lesung für ;|f^ s/ä/2ji ist
Ka/i-na (aus Kainu-na).
,, 2, ,, 20. A-siii-a ist weder chinesisch noch japanisch.
Die Japaner sprechen A-ji-a ; die chinesische Transskrip-
56 Florenz. Bemerkungen und Berichtigungen.
tion, wenn diese beabsichtigt ist, wie es scheint, würde
Ya-hsi-ya (Pekinesisch und Mittelchinesisch) sein.
Seite 3, Zeile 9 v. u. Lies Konsonanten statt Laut, denn a, i, u
sind doch auch "einfache Laute."
,, 4, ;, 5 lies go-jü-on statt gojüin, und so überall.
,, ,, ,, 6 ,, gö-jü-re7i-on oder vielmehr itsiire no koye,
welch letzteres die eigentlich technische Ausdruckweise ist.
,, ,, ,, II ff. Auch die Silbe j/^' hat thatsächlich existiert,
wie durch den Lautwandel jj'*?.?/// — yoshi, Yeshinti — Yoshinu
etc. zur Evidenz bewiesen wird.
,, 5, ,, 12. Lies : Beide La^itgriippen.
,, 6, ,, 3. Nach Lange's Beschreibung wäre im Westen das
s von se ein konsonantischer Diphthong. Aber das
einfache Faktum ist, dass s vor dem palatalen Vokal e
in ähnlicher Weise palatalisiert wird, wie dies vor dem
palatalen i in allen Dialekten Japans der Fall ist..
Wenn wir daher die Aussprache von jap. i/ phonetisch
als "si darstellen, würde die von -t im Westen und in
einigen anderen Gegenden Japans durch se wiederzu-
geben sein.
,, ,, ,, 5. Ungenau. Im vulgären Dialekt von Tokyo und
Umgegend tritt einfach der Laut shi i/ an Stelle von
/i/ b , so dass dann die beiden ursprünglich verschiede-
nen Laute in einen zusammeniallen. Kein einigermassen
gebildeter Mensch gestattet aber seiner Zunge diesen
Lapsus.
,, ,^ ,, 14. Das betreffende g (nicht nur in ga, gn, sondern
ebenso in der Verbindung gi, ge, go, z. B. in nagt
"Windstille," nagekii "sich sehnen," ngohi "sich be-
wegen") ist nasaliertes g (g) und lässt sich meines
Erachtens phonetisch geradezu mit dem gutturalen
Nasal // identificieren. Also Nagasaki oder Nahasaki.
9 ,, 20. A tf [;^] jj/-'/ hat die Bedeutung " haben, besitzen,
vorhanden sein," ist aber nie die einfache Copula " sein."
Seite 10, Z. 13 v. u. Lies 5fif#.
II, ,, 18. Lies iniji statt mishi {mx^ Nigori !), also nega-
tives Futurum von mim " [ich] werde nicht sehen " (so
von Otsuki u. s. w. interpretiert). Der berühmte
Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen. 57
Japanologe Prof. Kurokaua liest asaki yinne mi shi cJii
mo sczu, wobei ;/// wie chi Stammform ist und zu beiden
die Nec^ation sczil gehört ; sJii ist dann Bindepirtikel.
Beide Interpretationen kommen dem Sinn nach auf eins
heraus. Dagegen ist Lange's Deutung von viisJii als
positives Praeteritum unzulässig und wendet den Sinn
gerade ins Gegenteil. Die Übersetzung des letzten
Vrrses clii mo sezii fehlt. Da nocli kein europäischer
Japanologe eine richtige Interpretation dieses so bekann-
ten Gedichtes gegeben hat, sei hier eine kurze Darle-
gung gegeben.
ü-o ha ist nicht Subjekt, sondern adverbiale Bestimmung,
etwa "was die Farbe anbelangt." Als grammatisches
Subjekt zu niJioliedo und cJiirimirit ist hana "Blüten"
(Baumblüten, nicht Blumen) zu ergänzen ; zvo bedauernder
Ausruf "ach, kider;" mvi ^^ etwa "die Welt der
Thätigkeist" im Gegensatz zu Nirväna, ein buddhistisch-
chinesisches Lehnwort ; oku-yama " tiefes Gebirge," etwa
= " äusserste Grenze."
"Obgleicli in ihren Farben [die Blüten] lieblicherglänzten,
Sind sie zu Boden gefallen, ach !
Wer denn in unsrer Welt
Wird wohl von Bestand sein '?
Die äusserste Grenze der vergänglichen Welt
Heute überschreitend,
Werde [ich von nun an] keinen seichten Traum mehr
träumen
Und auch nicht mehr im Rausch befangen sein."
Die Buddhistische Weltentsagung durchweht also das
Gedicht. Der Dichter, der ja ein buddhistischer Priester
ist, will sich nicht mehr von den irdischen Begierden
beeinflussen lassen, sondern durch Verzicht auf die
Freuden und Genüsse dieser Welt zur höchsten Erkennt-
nis, ins Nirvana, eingehen. Es liegen dem Gedicht in
der That vier Verse aus dem gmS Nehan-gyö, d. i.
Nirvana-sTitra zu Grunde, nämlich :
Wf1%%- ^irli-rMfi. ^-MJ^a- W^"^^ so dass je zwei
Verse des japanischen Gedichtes einem Verse des Sutra
58 Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen.
entsprechen. Das Sütra wörtlich übersetzt würde lauten :
" Alle Dinge sind unbeständig ; Sie sind Dinge(ö)\velche
entstehen und [dann] vergehen. [Alles] Entstehen und
Vergehen endigt in einem [letzten] Vergehen(=Nirvana) ;
Und im Nirvana können wir [endlich] Seligkeit finden."
Mit der häufig am Schluss des Gedichtes befindlichen
"unverständlichen Silbe kyö'' hat es folgende Be-
wandtnis. In vielen Wörterbüchern, wie den in Kyoto
veröffentlichten fjj^^ Sctsii-yöshü findet sich am
Schluss nach den 47 Silbenzeichen-Artikeln noch ein
Zusatz als 48. Artikel mit der Überschrift "^^ kyö
"Hauptstadt" (das sog. J^^ kyö-lni), worin die vielerlei
in der Litteratur vorkommenden Namen von Kyoto, wie
KiyamacJä-döri, NisJiiki 110 köji u. s. \v. mit den dazu
gehörigen chinesischen Schreibweisen aufgeführt sind.
Bei Hersagung des Kana-Alphabetes setzte man daher
früher (in den Tera-koya Privatschulen) kyö als No. 48
des Alphabets, wie es in den Wörterbüchern erschien,
hinzu, teilte dann aber beim Hersagen das Iroha mit
Zerstörung des Sinnes in lauter 7 silbige Zeilen, also :
I ro ha ni ho he to, chi ri nu ru wo wa ka, yo ta re
so tsu ne na u. s. w. Das ist jetzt veraltet.
Seite 12, Z. 15 ff. Die Übersetzung des Motowori'schen Gedich-
tes ist nicht ganz glücklich. Sie sollte etwa lauten :
"Das Wasser, das, wenn es regnet, die Dämme
übersteigt, [auf die Felder] verteilend standen die Leute
ruhig und friedlich da und pflanzten in Büscheln die
Reispflänzchen in Reih und Glied. In wie trefflichen
Ähren gedeihen diese Reispflanzen ! ," oder mit
genauerer Beibehaltung der jap. Konstruktion :
" O diese Reispflanzen ! [diese] Reispflänzchen büschel-
förmig gepflanzt in Reih und Glied von den Leuten,
indem sie ruhig und friedlich [in den Reisfeldern] stan-
den und [auf dieselben] das Wasser verteilten, das die
Dämme übersteigt, wenn es regnet ! In wie trefflichen
Ähren gedeihen sie !
Arne fw'eba iseki ivo koyiirii ist nur Einleitung zu dem
Worte luidzii.
Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen. 59
Seite 13, zur Ableitunfrstabelle der Katakana-Zeichen. oi JX
gehört mit viel grösserem Rechte in die Reihe der pala-
talen Spiranten mit dem Lautwert ye ; der Lautwert e,
und somit dessen Einreihung in die Vokalgruppe, ist
erst sekundär. Dagegen gehört -^^ nicht in die pala-
tale, sondern in die labiale Spirantenreihe als tve !
Ferner fehlt in der letzteren ^^ ivi"^ (also das Knn
des chinesischen Zeichens^ mit seiner Variante #:^.
,, 14, Z. I Die Ableitung von ^ /'/ aus dem Kopfteil von §
verdient vielleicht den \"orzug. Vgl. Ochiai, Nihon
Dai-buntcn, vol. i, pag. 21.
,, ,, 12. Das Zeichen ^ satsu allein bedeutet nicht
Bodhisattva, sondern ist nur ein Bestandteil in der
phonetischen Schreibung dieses Wortes ^^^j§|j^, abge-
kürzt ^^ Bosatsu.
,, ,, ,,15. Nach Anderen von ^ (jap. iiji).
,, ,, ,, II v. u. Nach Otsuki's Kö-nihon-bunten wäre )y tsii
aus der j.ip. Lesung von )\\ entstanden.
,. ,, ,, 5 v. u. ^ jap. besser mue zu lesen, obgleich auch
die Lesung sora richtig ist.
,, ,, ,, 2 V. u. Besser toviaru " aufhören."
,, 15, ,, 13. Lange stimmt mit einigen japanischen Gram-
matikern darin überein, dass er x 75 '^0 als jap. Lesung
(Kun) betrachtet, und bemerkt, es sei "auch Genetiv-
partikel ; " fasst das Zeichen 75 also ideographisch, nicht
phonetisch auf. Ich möchte mir trotzdem erlauben, die
Richtigkeit dieser Auffassung in Zweifel zu ziehen, da
das chinesische 75 nai (sinico-jap. ;/«/, dai) meines
Wissens niemals die ideographische Bedeutung einer
Genetivpartikel haben kann, und somit nur die phoneti-
sche Auslegung am Platze scheint, no muss eine, mir
allerdings bis jetzt unerklärliche, Differenzierung von
nai sein. Man wende mir nicht den scheinbaren geneti-
vischen Gebrauch von 75 in Heispielen wie lljÄJj^75®^
Yamato no kuni ha (ManyöshQ 1,1), ^75§Älil Aina no
Kagu-yama (Manyöshü 1,2) fg:;^£75l5'^ zvaga oho-kimi
no asJiita ni ha (Manyöshü 1,3) u. s. w. ein, denn
Niemanden, der mit der Schreibweise der alten japani-
6o Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen.
clien Texte vertraut ist, könnte es beikommen in diesen
Fällen 75 anders denn als phonetische Darstellung^ der
Gcnetivpartikel iio zu nehmen. Hierzu lässt sich als
Analogen anführen, dass die eigentliche Genetivpartikel
^ in den alten Texten, wie im Manyöshü, meist nicht
in ihrer ideographischen, d. i. grammatischen ]^edeutung
als solche, sondern gewöhnlicher als phonetisches
Äquivalent von shi, z. B. in Verbalformen wie ^^
koshi, angewendet wird. — Wie ich nachträglich in
Erfahrung bringe, stimmen alle besten japanischen
Autoritäten mit meiner Auffassung vollkommen überein.
Seite i6, Z. 4. ]^, ive oder kei, ist substantivisch megumi
"Güte" oder verbal megwnu "bemitleiden, gütig
bciiandeln," nicht adjektivisch. Das Adjectiv müsste
durch einen Zusatz, wie megumi-arii ]^ r /v^, ausgedrückt
werden.
„ ,, ,, 16. Die Ableitung des Zeichens »7 aus ^0 zva hat
mehr Wahrscheinlichkeit für sich. Was will der Verfas-
ser übrigens mit der in Klammer stehenden Bemerkung
"jap. in, Schriftspr. auch hvakti'' besagen.-* Die Form
in {if2i) gehört doch der Schriftsprache ebensogut an
wie der gesprochenen Sprache, und andererseits kommt
hvakii, wiewohl recht selten, aucli in der Umgangs-
sprache vor. /// und hvaku sind eben verschiedene
grammatische Formen eines und desselben Verbums, und
die eingeklammerte Bemerkung ist daher überflüssig und
irreführend.
,, ,, ,, 19. ^ ist allerdings von =^ (chinesisch Jiü, hu)
abgeleitet, aber nicht von seiner Funktion als Frage-
partikel, sondern als Ausriifpartikel (beide Bedeutungen
im Chinesischen). Die alte japanische Ausrufpartikel ist
ivo (vgl. z. B. jManyöshü 3,16 If^^-^^ tabi yjtku wäre zvo !) .
Wäre es von ^ in seiner Funktion als PVagepartikel
hergenommen, so würde die jap. Lesung ka oder ya,
aber nicht ivo sein.
„ 20, ,, 8 Masunii, nicht ^fasasunii.
„ ,, ,, 10 iiarnbi ni statt iiarabi.
f, ,, ,, 10 V. u. ISesser Nehaugyö.
Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen. 6i
Seite 20, Z. 7 v. u. t> statt i/n.
-7
,. ^ umziehen {iitsnru), übertragen, verlegen,
versetzen {ittsiisii).
„ ,, ,, I V. u. ;^ hat das Kuii kokoro oder kokoro-base
"Gesinnung, Gefühl." ko kor o-.':;as/n v:\rd gewölinlich 7g
geschrieben.
,, 21, ., 4 besser Finitform kotojian.
,, 22, ,, I Kzvaiso. Die korrumpierten, der T5k\ö Umgangs-
sprache angehörenden Formen wie kai statt kivai, gai
statt gwai, ka statt i-zc'«, u. s. \\. sollten doch in jedem
Werke, das nach Exaktheit strebt, und namentlich in
solchen, die sich mit der jap. Schrift befassen, unter
allen Umständen vermieden werden.
>> .. >> 3 TC'^ ist Gcn-zve, gesprochen Gen-7ic, nicht Genkai
(resp. Genkzuai).
,, ,, ,, 6 V. u. fJc bats' "abschneiden, hauen" (z. B. Holz),
schlagen, (den Feind) bekämpfen," kirn, 7its7i.
,, 24, ,, 3 Die Form zuazitrazvashii ist doch nur Umgangs-
sprache ! Es ist ja klar, was der Verfasser sagen will,
aber die Ausdrucksweise ist zu ungenau. Die Verbal-
form wazuran "krank sein, leiden an" möchte ich hier
nicht gern vermissen.
,, ,, ,, 6 V. u. ergänze amaneku.
,, ,, ,, 3 .. M M /^^^2 heisst " Zettel " /«^rt:. Lange verwech-
selt das Zeichen mit ^.
Zu ^ noch jap. hotori " Nähe, Umgegend."
,, 25, ,, 2 -4*A lies kin-jin oder kon-jin statt inia 110 Iiito.
,, ,, ,, 9 : kakarctareba statt kakarekereba.
,, ,, ,, II : Neben Kogentei ist auch die Lesung Kogeii no
kakehashi gebräuchlich und vielleicht vorzuziehen.
,, ,, ,, 13 ff. Die Übersetzung muss lauten : " [Das
Zeichen wird] vom Hofadligen Sari und den jetzt
Lebenden für das Kana ^ gebraucht. Über die
Grundform dieses Zeichens giebt es zwar verschiedene
Ansichten, aber in den Vorschriftsheften des Gishi
u. s. w.
» ,, ,, 9 V. u. |)* bai " aufwarten " (nicht " begleiten ").
>> ,, ,, 6 ,, ,, Usü statt ShisTi {ff- nicht ^).
62 Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen.
Seite 25, Z. 2 V. u. ^ tö liat die jap. Lesung uoborii " hinauf-
steigen." Wie kommt Verfasser zur Bedeutung " Opfer-
gefäss " ?
^ genauer do "Grad," tabi "Mal".
,, 26, ,, 2 setze zu Jf7 die sinico-jap. Aussprache kau. Denn
ob das betreffende Zeichen eraön oder sonst wie auf
Japanisch gelesen wird, ist hier absolut gleichgültig,
dagegen ist der Kernpunkt der Sache, dass es das On
kan, nicht to hat.
,, ,, ,, 4 : dokii nur in Compositis !
,, ,, ,, I V. u. besser "regieren" statt "leiten".
,, 27 ,, 12 ff Genauer : es vereinigt jedoch beide Teile in
sich, den linken u. s. av.
,, ,, z. 17. Dass HJ A I^IeiJin fresp. chines. Ming-jcii)
der Name eines chinesischen Kalligraphen sei, be-
zweifle ich stark. Es ist wohl ]\Tiinpito, d. h. " Leute
zur Zeit der Ming-Dynastic " (i36(S bis gegen 1640) zu
lesen.
,. „ „ 3 V. u. M "Princip".
,, 28, ,, 2 ,, ,, "aufeinander liegen''.
,, 29. ,, 5 ,, ,, schreibe ?■ ^y statt ^y.
,, ,, ,, 4 ,, ,, ergänze die jap. Lesung kocni, kosJi.
,, ,, ,, I ., ,, ^ j/" A^ , nicht yö\ Auch hier ist die jap.
Aussprache xvo massgebend gewesen.
,, 30, ,, 6 -^ Goon iva, Kanon tvi, i. Ersteres gebräuch-
licher.
,, ,, ,, 4 V. u. ^ auch ga, z. B. ga sunt "gratulieren.'^
Phonetisch sowohl für ka als für ga gebraucht.
,, ,, I V. u. ^ setze die sinico-jap. Aussprache ketsu.
Auch hier steht das On, nicht des Kun des Zeichens
im Brennpunkt der Frage (wie Seite 26, Z. 2).
31. .. 15 ^ ergänze x\oc\\ \ yovii surii "loben, schätzen."
,, ,, 4 V. u. ^ ist wohl ein anderes Zeichen für ^ ga
" ich."
32, ,, 15 besser " Ruhm."
,, ,, 16 richtiger " im voraus."
,, ,, 2 V. u. ö-kzvakn statt öga.
Florenz, Bemerkungex und Berichtigungen.
63
Seite 2,2, Z. 6 lies sJio-tai statt shoriii.
,, ,, M 20 f. lies: "und zwar ist der Querstrich von" statt
" und zwar sind die Striche."
,, 10 V. u. lies "Schreibweisen" statt "Büchern."
34, ., II lies laß statt ^a;/a.
-.14 f- lies ibiikashi to nii-miii ?A.-a\.\. fushin nari.
,, ig ff. Muss heissen : Es ist unbegreiflich, warum
bei diesem Zeichen allein Kanon gebraucht wird.
». ,.5 ^' ■ >-•• lies Akihagijö.
,, 4 ,, ,, ergänze "für ft " hinter Kana-Zeichen.
,, ,, 3 ,, ,, lies unnvashii statt ittstikusJiii.
3 trenne shi kitareru.
9 lies "Handschriften" statt "Büchern."
II V. u. "Schicht" statt "Stufe" oder "Grad."
t r
0^»
10
ergänze noberu.
er
M .,4 " >. ergänze ^o hinter nari.
36, ,, 12 f. streiche die Worte "zur Zeit der Than
Dynastie." ^± Tödo ist hier einfach " China," gleich
gültig zu welcher Zeit.
,, ,, 16 besser "vulgäres" statt "gewöhnliches."
,, ,, 5 V. u. ^ shtn " Hafen" tsii.
,, ,, 4 ,, ., lies "Gefährte" statt "Menge."
37, M I ., ., lies: 7iei "ruhig und friedlich " j«.f///; und
ergänze miisJiiro "Heber."
38, ,, 5 V. u. streiche rö bis kakaru. ^ ist ra ! Die
gebräuchlichen jap. Lesungen sind avii " Netz " und
nsumono "dünnes Gewebe."
,, I V. u. besser : gewöhnlich bii. Die Aussprache imt
ist sehr selten ; sie findet sich z. B. im Namen der
Provinz lilusashi ^^.
39, ,, 6 f lies shi kitareru.
,, ,, 8 lies shoyiL {u kurz !)
,, ,,19 lies raknhits\
,, ,, 5 V. u. lit. sondern es ist ein Ding, wo die beiden
Striche implicite in dem Pinselstrich {rakiihitsii "gefällter
Pinsel, ein technischer Ausdruck der Schreibkunst)
enthalten sind.
40. ., 3 "Handschriften" statt "Büchern."
64 Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen.
Seite 40, Z. 6 ^ yu heisst " liabcn," am " sein, vorhanden
1)
sein.
,, ,, ,, 4 V. u. schreibe % statt ^.
,, ,, ,, 2 ,, ,, ^ heisst yiidanerJL " anvertrauen," kinvashii
"ausführlich," und seltener tstibitsa {tsubusa ui) " genau."
tswnabiraka ist nicht richtig.
41, ,, 3 schreibe f^ und lies j/ö/v/ (Adverb!) statt j/^/.
,, ,, 5 /w heisst " dicht, dick " (Adjektiv!), nicht "dick
sein."
,, ,, ,, I v. u. NiJioti "Japan"! Die Anmerkung will besa-
gen : diese Schreibweise kommt in Japan vor.
,, 42, ,, 6 ergänze die jap. Lesung sonaerv. hinter " versehen
sein mit."
,, 43, ,, I v. u. inidari vi " gesetzlos."
,, 44, ,, 4 ,, ,, lies :?» 7 statt i^ ^^ .
,, ,, ,, 2 ,, ,, ergänze mösii hinter " benachrichtigen."
,, ,, ,, I ,, ,, lies : gewöhnlich kai. Die Lesung ke, welche
Lange suggeriert, ist übrigens falsch ; es muss ge
heissen, wie auch in der Tafel oben durch Setzen des
Nigori richtig gegeben ist. ge z. B. in ^^ 7yaku-ge
"abgekürzter Kommentar."
,, 45, ,, I lies/"« statt //.
,, ,, 2 ,, Kyokin statt Kyotci.
>> >> 5 ergänze sJiits' hinter ^. Das On muss hier gege-
ben werden !
,, ,, ,, 4 V. u. 2i l^^t meist die Aussprache ki.
,, 46, ,, 2 ergänze go hinter 3i- Auch in der Tafel ist das
Nigori gesetzt.
,, ,, zu 12 lies kokon ("S't*) statt kokin. Dagegen spricht
man Kokin-zvo.kashTi .
,, ,, ,,13 lies kaj'i statt kaiiaji.
,, 48, ,, 4 ergänze mederit hinter " lieben."
,, ,, ,,5 V. u. passender " zart, anmutig."
,, 49, ,, 2 lies chigai statt tagai.
,, ,, ,, I V. u. Zu ^ noch ayamarn " um Verzeihung
bitten."
,, 50, ,, 3 Man spricht In-ne aus.
i> >. .' 5 fö! S^ besser " Fähigkeit, Fertigkeit."
Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen. 6$
Seite 50, Z. 3 V. u. ergänze ''für ^ " hinter " Kana."
51. •• I '^■- '-'• gewöhnlich /;/ "schön" iitskushii.
,. 53. -. 4 ^' (•^). urspr. lue.
,, ,, 7 li'ei --^ -i , nicht yet /
,, 54, ,, 2 Das Zeichen ^ (fflJt) ist als phonetische Schreibung-
für /// wohl in Gebrauch, z. B. Manyöshü 5 u. 17, etc.
,. ,.4 ergänze />/ hinter ^ Vgl. die Tafel darüber.
,, ,, ,, 7 V. u. lies /v7/V statt kanaji.
,, ,, ,, 6 ,, ,, lies ryaku sJii kitarem nite kinjin {konjiii) no
omoem u. s. w.
.. 55' •' I J^ ^'^0 (o kurz !).
^ s/iö "Rock. Unterkleid der Frauen" mo, "Kleider-
saum " inositso.
,, „4 V. u. lies Fukzuö statt Hakkö oder Hokö.
M .. 3 .. ,. bemerke, dass ^ eine seltenere Nebenform
für die Hauptform ^ ist.
,, M I V. u. ergänze "für ^" hinter " Kana-Zeichen."
^ ze "dies" köre. Vgl. die Tafel, wo Nigori steht.
56, ,, 4 kotolmki "Gratulation," kotolnikii " glückwün-
schen," im Briefstil als Verb kotoJiogiL "glückwünschen."
60, ,, 14 V. u. lies "getrocknete Iwashi " statt " rote Iwa-
shi " (nicht etwa eine rote Species von Iwashi gemeint).
61. ,, 6. Wenn man sinico-jap. TencJä-JiöJian liest, muss
man konsequenter Weise ^ffi auch tencJiTt (statt aine no
naka) lesen.
(ij, ,, 13 f. Schiefer Ausdruck ! Teniivoha ist doch keine
" Benennung für die Deklination und Konjugation,"
sondern Terminus technicus für die teilweise unflektier-
baren, teilweise flektierbaren Partikeln und P^ndungen,
mit deren Hülfe die Deklination und Konjugation
gebildet wird.
70, ,, 2 V. u. ergänze minami hinter 1^.
72, ,, 4. Das Goon und Kanon von '^ sind nicht gleich !
Goon tsu ()y), Kanon tö ( h ♦ }.
,, ,, 10 ff. Was uns Lange als "Peking-Dialekt" in
seinem Buche vorführt, möchte ein Chinese wohl meist
nicht als solchen erkennen. Peking-Chinesisch, Mittel-
chinesisch und Anderes gehen durcheinander. Im
66 Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen.
Eingang der vergleichenden Tabelle wäre es auch
angebracht zu bemerken, dass in der Transskription des
jap. und chin. Lautsystems der Buchstabe / ganz
verschiedene Laute darstellt ; dass während nämlich im
jap. System j dem englischen j nahe kommt, es im chin.
System etwa wie französisches j lautet (daher eigentlich
besser mit :; zu transskribieren, wie z. B. Gabelentz und
Arendt thun).
Seite 72, Z. 12 B Peking 7T (.:T), nicht yT.
,, ,, M 13 M M ^^^^ {= gutturaler Spirant + dentaler
Zischlaut + Vokal /). Lange schreibt stets s/i (also s)
statt /is (xs). Hält er etwa die Schreibung /^s für eine
mutwillige Abwechslung, welche sich die Sinologen
erlauben ? Oder war der Druckfehlerteufel so konsequent
boshaft ?
4, ,, ,, M- 'T* Peking c/ii/^ (aus urspr. A-i'u). kon ist Goon,
khi ist Kanon !
,, ,, ,,15 on ist Goon, in Kanon !
„ ,, ,, 16 fx Peking hsiiig (aus urspr. hing).
„ ,, ,, 18 ^ ,, cJiiiig (aus urspr. i^^iug, was noch
mittelchinesisch etc).
^, ,, M -O iSC Peking, besser iven.
,, ,, ,, -i ^I» ,, li-'tii (aus urspr. ngai).
,, ,, ,, 22 "1^ ,, Jisia (aus urspr. Jiid).
,, y^, ,, 20 Das Beispiel -^B ii'OHnic/ii passt jedenfalls gar
nicht hierher, da auch -^ kou Goon ist ! Lange wollte
wohl •^ B mit der Aussprache koujitsu anführen, wo
kon Goon, wwdi Jitsit Kanon ist.
,, 74, ,, 13 Die Aussprache Bninbii tcnnö ist nicht üblich.
,, ,, ,, 18 lies kakubiki statt kakiiJiiki.
,, ,, ,, 19 ,, dai:zen ,, taizen. Dies heisst " voll-
ständig," nicht " in einem Bande." Daher bei einbändi-
gen sowie mehrbändigen Werken auf dem Titelblatt.
,, ,, ,, 22 lies ^ statt H.
,) ,, ,, 27 Tu (J^) ist keine " Periode," sondern " Dy-
nastie."
.,, ,, ,, 5 V. u. Die Vergleichung mit dem Mittelchinesischen
(z. B. Nanking) Hegt teilweise näher als die mit dem
Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen. ^y
Pekinesischen, da z. B. in ersterem wie im Tö-in noch
der alte Anlaut k vor / erscheint, während er im
Pekinesischen vor i zu ch wird. Vgl. ;^ ]\I. C. king,
Pek. chiug, Tö-in ki/i.
Seite 75, Z. 4 -f^ Peking hsiiig.
'% ,, <;/^///^.
m ,, cJi'ing (aus ts'ing).
\% ,, ch'iiig (aus ts'iug).
,, ,, ,, 13 richtiger f^ statt ^, obwohl letzteres auch vor-
kommt.
„ ,, ,,17 Die Japaner lesen diese 3 Namen : Berrin^
Oranda, Furansu. Die Chinesen schreiben für Holland
aber gewöhnlich fq^^H Ho-laii-kno oder nur 3^^ Ho-
kiio (letzteres neuerdings im diplomatischen Verkehr,
ersteres volkstümlich).
,, ,, ,,22 lies siiitö statt siiidö.
,, ,, ,, 2 v. u. lies Fo-Ian-Jisi ! Das On fittsit kommt wohl
kaum vor.
,, 76, ,, 9 lies kobun statt koniou.
„ 19 .. ^ statt ^.
„ 24 ergänze das On san hinter ^ (san-dzukuri).
„ 5 HJ akiraka= "hell," nicht "glänzend,"
,, 10 l^ saegiru ! tojirii ist p^.
,, 2 V. u. Bf besser hare " klares Wetter, klar," und
Jiareru "sich aufklären."
» ,, ,, I V. u. ^ ergänze kiiromc ; auch Jütovii "Pupille"
gelesen.
j> 79» .. I ^ yasiisJii.
>» >> >, - Sra tombo. Streiche den Zusatz (Schriftspr).
»» .. .. 7 M yosoou {yosohoßt).
»» ,» ,, 12 Streiche das in Klammer stehende.
» 80, ,, 7 V. u. lies ataeru. "geben" statt agerii "heben,
hinaufgeben."
,, 81, ,, 7 ergänze zu J] noch die Bed. marui " rund."
5> >» M 10 ergänze das Kun karada.
»> » ,> 14 r, zu ^ die Lesung kazu.
>»
J >
77,
>>
78,
68 Florenz, Bemerkuxgex und Berichtigungen,
Seite ^2, Z. 21 ergänze zu fn 7cv/ " Ruhe," yaivaragcrv " besänf-
tigen."
,, ,, 8 V. u. ^^ lieisst nicht " kollationiert," sondern
" Orientierung."
,, 85, „ 14 ergänze zu J\^ noch die Lesung Jiats neben
hachi.
,, ,, ,, 16 besser kainvntri.
,, ,, ,, 20 lies ^J^ statt ^ und ergänze das On Jiyö (t. 3 ^)
,, 86, ,, 6 ergänze zu %l, das On ylt ( ^ ^ ).
,, ,, ,, 10 V. u. lies 7i-kamimiri.
,, 8y, ,, 16 lies in-nyTi statt iiiyli.
,, ,, ,, 9 V. u. ^ tatarj-umu heisst " stehen bleiben."
,, ,, 8 ,, ,, ff gyö " Betragen."
,, %8, ,, Klz. 71 setze ein Komma hinter "nicht."
,, ,, 84 -^ wird selbständig als Abkürzung von ^
ki gebraucht.
,, ,, 87 ergänze das On so.
,, 89, Klz. 91 lies katakata statt katagata.
,, 1 10 ergänze Jioko ; bö.
,, III ,, das On sJii.
,, 90, ,, 114 ,, tori.
,, 116 lies ana-kannniiri.
,, 127 ,, tagayasii (^ if^ 7^) statt tagacs' ;
tagaes' ist eine ältere Form.
,, 91, ,, 152 zu ^ ergänze die Lesung inoko ( # y n )
" Schwein."
,, 154 ergänze das On bai {km ist Kun).
,, 92, ,, 163 lies ff ö.-:;ato-hcn (wie unten Klz. 170 ko.'^afo-
hen).
»> 93» »> 201 ergänze das zweite wichtige On 0 { '7 ■^ ).
,, 202 ,, das On s/io.
,, 206 ,, ,, ,, iei.
94, ,, 208 ,, ,, ., so.
,, 210 ,, zu JiitosJdi noch die gewöhnlichere
Bedeutung " gleichmässig." Das On von ^ ist
nicht sai, sondern sei !
>> > >
> »
Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen. 69
Seite 96, Zeile 9 der rechten Kolumne lies tsiizwni statt
tsJitsumi.
,, 99- " 5 lies ^ :^ ^ ikö !), nicht ^ er .
,, ,, ,, 17 (Lautz. 5) börjeji sJiite iru heisst "in Verle-
genheit sein, verdutzt sein," und ist mit dem Zeichen
f£ statt tt zu schreiben.
5 V. u. "^ ir V auch noki " Vordach."
3 ,, ,, streiche -t ^ .
100, ,, 6 J^ heisst iinaji " Nacken," nicht viitsugi. 'Letz-
teres wird ^ geschrieben !
,, ,, >, 12 V. u. kiorcii heisst auch "Ära" ganz im allge-
meinen.
,, ,, ,, 9 V. u. gg gehört nicht unter dieses Lautzeichen!
^ mit Ei verwechselt,
,, ,, ,, 7 V. u. Auch slihiobn ist eine wichtige Lesung
von S,.
,, loi, ,, 5 Moxa wird auch auf anderen Körperteilen als
Rücken und Beinen gesetzt.
10 V. u. yobö-siirii besser " verhüten, vorbeugen"
(trans.)
2 v. u. 7 -Y "Muster, F'iguren im Stoff" gehört
vor ^, denn es wird mit dem Zeichen '^ geschrieben.
.» 102, ,, 3 zu ^ ergänze die jap. Lesung katahtna.
M M ,. 12 ,, 1^ ^ V ,, ,, ,, ,, kusagiru.
,, ,, ,, 21 ,, j^ Jian ist das Kun ita "Brett" zu
beinerken.
«• ,, ,, 3 V. u. |j^ >"> -^ gehört nicht hierher !
f> .. ,, I ,, „ "^ sasaerii heisst "stützen, unterhalten."
sasaerit "verhindern" wird '^ oder ^ geschrieben.
), 1, ,, 18 y^ hat das On to, nicht ko 1
.. 104, ,, I 1^ 7V magirent {^ ^ \^ jv) "verwechselt
werden " Merke auch die Verdoppelung des On fitmpim
to shite " durch einander."
5 V. u. shijin statt shufin ist vulgär.
,, 4 ,. ,, sosogu " giessen, sprengen" (nicht
" waschen ").
• 05, ,, 14 kyozetsii besser " verweigern."
> > > > »I
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70 Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen.
Seite 105, Zeile 15 zu ^ ergänze die wichtige Lesung saru
" entfernt sein."
,, ,, ,, 16 bcshi ist eigentlich ein Adjektivum, nicht
Verbum, und wird blos von uns verbal übersetzt.
„ ,, ,, 17 Ppl^ kashaku " Folter " kashaku sunt " fol-
tern " (z. B. jigoku 110 kashaku, oni 110 kashaht, Marter
der Hölle, Tcufelsmarter).
,, 106, ,, 2 zu Ig die wichtige Lesung viotoyori "von
Anfang an ; selbstverständlich."
,, ,, .. 4 i^ =»--^, nicht n.---. Die Bedeutung "ver-
storben " wird nur mit dem On ko \crknüpft, nie mit
dem Kun yiie.
9 " sieden " statt " aufsprudeln."
12 2ikagait " besuchen."
i"^ yashiro einfach "Tempel" (Shintötempel).
20 ergänze die jap. Lesung tsJigu ( V ^) zu $g
1 1 Jiirakiinösu t 7 2^ -v ^ X ist kaum gebräuch-
,, ,, 17 ;* »> ^ ;i^ könmni " auf dem Kopf tragen, von
einem Höheren erhalten."
108, ,, 6 f[i Kun tomo "Gefährte," tovionan "begleiten."
I \, u. ^ T •■/ ist Substantivum und bedeutet
"Plan, Entwurf." Verbal ist es anzurn 7 v x* ;i^ mit
der Bedeutung " besorgt sein, der Meinung sein."
109, ,, 10 ergänze zu ^ ^ t^ das Kun x '< ;^ siibeni ;
besser " zusammenfassen."
„ ,, 13 ^ "Y >> heisst nicht "Schmerz," sondern
"juckend" ■)] ^ A kayiii, "jucken" (intr.) ti=^1ff^
kayjfgaru.
14 Auch ^J^ tsJiyö heisst nicht "Schmerz,"
sondern "Schmerz und (oder) Jucken," jeder Bestandteil
des Kompositums hat also seine eigene Bedeutung. Vgl.
die Redensart •,'^I^^^BJ^ tsüyö ai-kzvansezit " es ist
[mir] gleichgültig, ob es ihn schmerzt oder juckt." Der
Ausdruck ist nicht nur Schriftspr., sondern wird auch in
der Umgangssprache der Gebildeten, besonders von
Studenten, viel gebraucht.
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>J
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J) 5 »
>>
»' > >
-fe ^.
J »
107, „
lieh.
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>» > J » >
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Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen. 71
Seite 109, Zeile iS ^ ;> y v statt * -/.
,, ,, ,, 21 ergänze das On i/ zu f^.
,, ,, 3 V. u. lies ^ f-' statt ^.
,, "O, ,, y ^ i/=^ heisst nicht "alte Münze," sondern
ist der Name einer ganz bestimmten alten rechteckigen
Silbermünze im Werte von ^ Bit.
,, ,, ,, 8 WiM^^^ chübatsii siinc als Verb heisst immer
nur "mit dem Tode bestrafen."
„ Zeile 19 Neben dem Goon ^ ^ ir ^ ist auch das
Kanon :* i^ viel im Gebrauch. Siehe die zahlreichen
Verbindungen bei Gubbins, pag. 351 f.
14 odorii mit dem Zeichen ^ geschrieben ist
besser durch " springen " zu übersetzen.
„ III. ,, 7 la ^ ^, nicht Y ^ .
„ ,, ,, 15 zu 5E 7 >> ergänze ökami ;!- * ;^ i "Wolf."
zu IH :7 ■> ergänze das Kun *^ify:)j,
17 besser "Herr" statt "Person."
>, ,, ,, 8 V. u. ^ wohl sehr selten h 3% gelesen. Bes-
ser wäre vielleicht die Lesung tatsii ^ y " Drache,"
welche das Zeichen im Tierkreis hat, hinzuzufügen.
■,, ,, ..4 zu Ig 1/ -y ergänze das Kun =1. i^ ^^ 7^ nigi-
UHlSlt.
,, 112. ,, 6 lies katarit :^ s^ }v statt -"• -i- x .
14 ergänze zu ^^ ^ ^ das Kun =1 i ^ .
15 „ ,, ^ ^ ^ ,, ,, ^^ ^ (Unter-
schenkel),
^. 113. '. I ergänze zu ^ noch die Avichtigen Lesungen
-^ i? i "Schmerz" und >f ^ ^ "schmerzen."
.. ., ,, 10 V. u. streiche den Zusatz " Schrifspr."
^' ., ,, 3 M ,, =» x*^ lieisst "Baumwipfel," nicht
"Unterzweige eines Baumes" (aus ko "Baum" und sue
" oberes Ende "),
>. 114. ». 6 lies -f- \Y)^ "in die Höhe halten, (einem
Höheren) darreichen," statt jyj^y.
»> " ., 12 ^^ ; 3 ;t^ " sich nähern, gemäss sein, ent-
sprechen ; einkehren, vorsprechen. "
»» 115. •,. 2 ergänze zu ^ -fe y das Kun -ß — zcni.
»» .. ., 9 lies -^^ A -i] A statt -►» ^ ^^ 7 ^ (ohne lu !).
72 Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen.
Seite 115, Zeile 13 zu j^ ^4 ergänze das Kun * V y^ i/ ;^
hodobasJiim ; die Bedeutung ist nicht "zerstreuen,"
sondern " spritzen, planschen " (intrans).
^^ heisJiiitsii siiru- besser " sprühend hervorquellen."
,, ,, ,, 17 ^ nur als On -b -^ x ;v gebräuchlich, und
meist durch " anfertigen " zu übersetzen. Die Bedeu-
tung "zubereiten" ist passend in Redensarten wie cha
wo sei surn " Thee zubereiten," ^^ tcsei stirn "im
eigenen Hause (Speisen) zubereiten." 3 'y y ^ )^ wird
immer ^ v V geschrieben.
,, ,, ,, 8 V. u. ergänze A ^/ -r ^ ishi-bmni zu -^ t .
,, ,, ,, 3 ,, ,, lies 7 iva "Ring, Rad" statt ^ ;^ -v .
,, 116, ,, I ,. Ä ^ 7 statt -^ . Ebenso ^ ^ V,
H i^ «7 . Dagegen (Zeile 2) "^ y statt •)] ; so in dem
jetzt viel diskutierten H|$^A ratai-bijin " nackte
Schöne (schönes nacktes Weib)."
,, ,, ,, 4 ergänze zu ^ a -y das Kun -^ 5^ ;i^.
,, ,, ,, 5 lies ^^ statt f^. Ebenso Zeile 6.
,, ,, ,, 8 ergänze zu P^ das Kun b -^ -s ;i/ " recitieren."
,, ,, ,, 12 ergänze zu ^ die wichtige Lesung ^ b 3 V
" von Anfang an, selbstverständlich."
,, 18 5^ TA hat das Kun i^ y" ^ "Huf," nicht
einfach y ;^ . Ibidem ^^ J- A 7- y heisst "Hufeisen,"
nicht " Pferdehuf."
,, ,, ,, 19 zu '^ 7- A ergänze noch das Kun -y -^ tv
" (fest, dicht) geschlossen sein."
,, ,, ,, 2 und I V. u. lies # statt A. Ebenso Seite 117
Zeile I und 2 # resp. # F .
,, 117, ,, 2 besser A -^ statt -^Irjv.
,, ,, ., 4 ergänze das Kun ;^ '^ /w kaerii zu ^.
,, ,, ,, 6 zu fg ,, „ t. ^ v^ n. hitoe vi "gänzlich,
ausschliesslich."
,, ,, ,, 7 zu m das Kun 7 -^ ^ ^ aniancht.
,, „ ,, 9 ,, ;^ ., ,, T £> avui (weben).
,, ,, ,, 12 Man sagt nicht :}J A y ^ "^ )^ , sondern
braucht f^^ •)] A y ^ nur substantivisch " das zusam-
men Altwerden, d. i. innige Zuneigung zwischen Mann
und Frau."
Florenz, Bemerkungen une Berichtigungen.
73
Seite 117, Zeile 13 ergänze das Kun ^if^^'S/ kizahashi zu |^.
19 S fi-ir sich allein wird nicht ^ ^, sondern
^ ;& ^ 7 takanmra gelesen und bedeutet " Bambushain."
7 V. u. fix wird mit dem Kun 3 ^. ;i^, nicht ]♦
b-- n --^ yv gelesen.
5 V. u. Das richtige Zeichen für ^i v "Veranda"
ist aber |^, nicht ,^.
> >
) »
> •
> >
18, „
^ 7.
->» :Ä jV
nmter
M y ^ ■
A "^ \
»»
'1 y ^ •
V r^*
>i
m ^y^-
7 5/ ;,?
;v
. .
m ^>^-
7 -y' ^>
fc.
{ivazazuai) hinter
I
I
3
8 lies "Unterschied" statt "verschieden."
10 ergänze -i- ^ ^ hinter
II
y -? y' i>
zu
in der Bedeutung
> »
" stolpern."
13 lies -32. T/ statt -i. -y .
14 besser " weite Entfernung."
15 lies 3 >> J2: V statt n »> oc -y .
3 ^^- '•'• 1^ ^ "-^ besser " Bescheidenheit, Demut"
ergänze das Kun Jierik2idaru " sich demütigen."
119. ,, 9 fÜ "T =^ hat das Kun £/ :? ^ )v "tröpfeln";
^/ 9 ^ yy " Tropfen " giebt es nicht, höchstens sehr
selten -> :?• \ •; . Auch -y y ^ "Tropfen" gelesen.
,, ,, 20 ergänze ^ v 3 »> {tadayoii) hinter j^ ^ * ;
es bedeutet auch allgemein " umhergetrieben werden,"
z. B. tadayou k?ijno " umhertreibende Wolken."
120, ,, 3 richtiger " ausbessern ; " dazu das Kun y ^
p V .
,, ,, 10 lies ;> V ;v {kugunc) " tauchen, t. y a {hiso-
imi) " sich verborgen halten."
,, Zeile 17 ergänze ^ p? ;i^ "gerade machen" hinter ^
,, ,, 8 V, u. kaiishakii wird ^^ geschrieben.
,, ,, 4 ,, ,, lies :X^ ^ )^^ statt ^ ^ 7 und streiche die
Klammer ; ^ -v 7 wird ^^, nicht |f geschrieben.
,, ,, I V. u. lies ;* ^ iJ- y statt fj ^ i^ '*) .
74 Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen.
Seite 121, Zeile i ergänze das Kun y v- ;i^ [soshini) zu "ver-
leumden."
,, ,, ,, 4 lies ^^ ^y P statt ^■«v>:^/i^.
,, ,, ,, S besser " bemühen " statt " bitten."
,, ,, ,, 13 Als On von ^ gieb fc. , nicht ^^. Lies
sodann t. '> 3 statt -^ ^ -> 3 , da letztere Aussprache
nur \'on Ungebildeten gebraucht wird. Die Überset-
zung "Sommerfrische" ist schief, denn die genaue
Bedeutung ist " das in die Sommerfrische Gehen, lit.
das der Hitze ¥.r\.tge:h.Qr\'' — ats2isa-yoke.
,, ,, ,, 19 streiche " gefahrv^oll" und setze statt dessen
das Kun ^ ■'^ z/ A " steil."
,, 122, ,, I lies =1 ^ statt 7 'y A \
,, ,, ,, 3 Das Zeichen ^ ist auch für sich in dem Kom-
positum ^^ kö g%v an =■ killt ama " Hoden " gebräuchlich.
Lies ferner -V ^ statt ^ i^ . Zu |^ ^ ^ ergänze das
Kun »> -^ -\' oder >> -v -^ K.
,, ,, ,, 4 streiche " bereichern." Verfasser denkt wohl
an die Lesung »>;i^* 7 nniou "feucht sein, bereichert
werden," wofür aber besser f^ gebraucht wird. Bemerke
noch, dass ■l^ -"> in der älteren Sprache "reichlich"
bedeutet. 1
,, ,, ,, 5 ergänze das Kun h i> zu ^ "erklären."
,, ,, ,, 8 lies Klz. 210. Als On von ^ als selbständigem
Zeichen ist -t ^ , nicht f- -^ anzugeben. Lies " gleich-
massig " statt "eben." Gebräuchlich ist übrigens nur
das Adverb t h v/ ^ .
,, ,, ,, II motovier2i "fordern, Nachfrage halten nach"
wäre wohl schärfer.
,, ,, Zeile 8 v. u. ergänze 3 ^> x {koivasn) zu " zerstören."
„ ,, ,, 5 ,, ,, „ die wichtige Bedeutung (Ur-
bedeutung) "vertrauen auf" zu ^ y -u .
,, ,, IV. u. ergänze das Kun »> 1^ ^V- •> -^ zu |ä,
123, ,, 6 ^ mit der Lesung ^7^^;^ ist jedenfalls
nicht gebräuchlich. Das Gleiche gilt von ^ 7 iv ^ />^,
wo mir ausserdem der Zusatz " Schriftspr." unverständ-
lich ist.
FLORENZ, Bemerkungen und Berichtigungen.
75
Seite 123, Zeile 9 fifl 7- v liest man gewöhnlich mit dem Kun 3
P -r, nicht 9 -7 \y n^ \ für letzteres wird besser -^J ^ >>
gebraucht.
,, ,, Zeile 12 besser "beauftragen" statt "befehlen" und
" um eine Gunst bitten."
,, 125, ,, 12 V. u. Die Hypothese, dass j^ phonetisch für
J|l "schnell" stehe, ist nicht einmal nötig, da schon das
Zeichen ~^ selbst auch die Bedeutung " eilig, nachlässig
ausgeführt" (Giles : careless, roughl}- executed) hat. Vgl.
Verbindungen wie i^^, ^^fi, ^^ li. s. w. im Chine-
sischen.
,, ,, ,, <S V. u. Senjinwn wäre doch besser durch " Buch
der tausend Zeichen " zu übersetzen.
,, 126, unten lies ^ yv statt ir ^y .
,, 128, Zeile 17 und 15 v. u. sollte der Deutlichkeit wegen
mit Bindestrichen On-ic-ryTt und Sei-ren-in transskribiert
werden.
,, 129, ,, I u. 2 V. u. genauer : so dar/ bei ihnen die
Unterweisung von seiten der Eltern nicht minder streng
als bei den Knaben sein.
„ 135, ,, 10 lies ^ statt ^.
139, ,, 4 ,, Tstitae iu statt Tstitaete in.
,, ,, 5 .. dochü ,, tochü.
,, ioshi-doshi ,, nen-ncn.
Die Transskriptionsmetliode Lange's rek'shi statt rekt-
shi u. s. w. (Zeile 7 v. u.) ist, mild gesagt keine Ver-
besserung der herkömmlichen Schreibweise. Ich halte
sie für ganz ungerechtfertigt, und weiss, dass die anderen
Japanologen mir darin zustimmen.
143.
145.
147,
148,
12 :3c ist nicht ^ ■^7 , sondern h oder \ ^.
10 V. u. Vgl. das zu Seite 2, Zeile 6 Gesagte.
I lies Aziiina-inaro ^MM) statt Azuma.
19 Man sagt santaijin.
29 lies KanndcJion statt KanateJion.
0-
A kögishi
AkaogisJii.
shTijTi.
^6 Florenz, Bemerkungen und Berichtigungen.
Seite 148, Zeile 25 $£ ist richtig.
,, 149. M 8 V. u. lies "Fliege im 5. Monat" statt "5
Monatsfliege."
,, 150, ,, 9 ^% kc {Jcatsurcx) ist der Zimmtbaum oder
Kassienbaum.
,, ,, ,, 10 V. LI. Da die anderen Namen in chinesischer
Aussprache gegeben sind, sollte auch für -^^ die
Aussprache Ch'ang-an gegeben werden.
,, ,, ,, I V. u. Auch in China fällt die Anzahl der
Jahre des Nengö keineswegs, wie der Verfasser sagt,
mit der Regierungszeit der Kaiser zusammen. So gab
es unter Kaiser T'ai Tsii von der Liao Dynastie 3
Nengö, unter seinem Nachfolger T'ai Tsiing 3, wobei
das eine, T'icn Hicn, aus der Regierung des einen in die
des anderen hineinreichte, unter Tao Tsung 5 u. s. w.
„ 153, (im Index).
Statt AkaJiagicJiö lies Akahagijö.
,, Annaka Sösan. ,, A. So ca.
,, Genkai (chin. Kall.) ,, Gen-nc, und streiche die
Zahlen 41, 147, 149. Die beiden letzteren gehören zu
Genkai (Lexikon).
'" Sy^'^^^ ^i^s gojTion.
M gojTirenin ,, gojürenon resp. itsura no koye.
,, Hakkö ,, Fukivö.
,, Inkai, chin. Kalligraph lies In-ne i^In-ive), Buch.
Streiche : Jinn, chin. Kalligraph 50.
,, Kaisö lies Kwaisö.
,, Kampö ,, Kwavipö
,, Kana no kai ,, Kana no kzvai.
,, KaJinon ,, J\zvan)io)i.
,, Kyotei ,, Kyokin.
,, Ömnmn ,, önniini.
,, Rito (kor. Wort) ,, Nido.
,, Sen Shisfi ,, 567/ Uiü.
,. Shiowara ,. SJiiobara.
,. SJioyü ., Slioyu.
,, TausendivörterbiicJi ,, Tausend 'Jeichenbnch.
UEBER LEPRA IN HAWAII
UND
DAS AUSSÄTZIGEN-HEIM IN MOLOKAI.
VON
Dr. f. haberer.
(VO.^TRAG, GEHALTEN IN DER SITZUNG DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT
FJR NATUR- UND VÖLKERKUNDE OSTASIENS ZU YOKOHAMA
AM 28. SEPTEMBER 1897.)
Die Lepra ist die älteste bekannte constitutionelle Krankheit
des Menschengeschlechtes; in den ältesten Kulturländern, Aegyp-
ten, Indien, China, war sie seit alter Zeit wohl bekannt und be-
schrieben. Wo sie ihren Ursprung hatte, lässt sich heute nicht
entscheiden. Ob in den mosaischen Bestimmungen die heutige
Lepra gemeint ist oder eine venerische Krankheit, ist bei der
Mangelhaftigkeit der Angaben schwierig festzustellen ; jedenfalls
ist darüber viel gestritten worden.
Die Krankheit bemächtigte sich, auf den Verkehrsstrassen der
Menschheit entlang ziehend, allmälig grosser Länderstrecken und
richtete oft bei den damaligen schlechten sanitären Verhältnissen
unter den Menschen grosse Verheerungen an. Im Mittelalter ver-
breitete sich der Aussatz über ganz Europa, wohin er ungefähr um
das Jahr looo eingeschleppt worden war und später durch die
Kreuzfahrer von Land zu Land getragen wurde. So zählte man im
IS''^" Jahrhundert in den christlichen Ländern bereits 20000 Lepra-
niederlassungen, da die Kranken, von der Gesellschaft ausgestos-
sen, eigene Dörfer gründen mussten.
In Asien bildete und bildet heute noch Indien den Hauptherd
der Lepra ; ihm steht zur Seite China, das über weite Länderstre-
cken die Krankheit hat, allerdings in nicht so grosser Häufigkeit wie
Indien. Verliältiiissmässig spät hat Japan die Lepra acquiriert ; sie
y8 IIAIIERER, ÜLJEK LKPRA IN HAWAII.
soll hier etwa seit dem I3*''"jalirluindert existieren. Wernich hat
über japanische Lepra vor etwa 20 Jahren berichtet ; seiner Ansicht
nach ist die Lepraverbreitung daselbst unter dem armen Volke
derart gross, dass jeder Bettler als lepraverdächtig anzusehen sei.
Aus eigener Erfahrung aber kann ich feststellen, dass diese Angabe
für die jetzigen Verhältnisse Japans nicht mehr passt. Ausser
der alten Lepraheilstätte an den heissen Quellen von Kusatsu
existieren in Japan 3 von der Regierung in den achtziger Jahren
gegründete Leprosorien, von denen eines allein innerhalb 6 Jahren
nach Tebb über 4000 Leprose beherbergt hat ; ein katholisches
Asyl besteht zu Gotemba. — Folgt man den Dampferlinien, welche
nach Osten inid Südosten den stillen Ocean durchziehen, so sind
es zunächst die Aleuten, im Norden, welche Lepra in massiger
Verbreitung haben, weiter südlich die Sandvvichinseln, auf welche
erst in diesem Jahrhundert die Krankheit importiert wurde. Wie
ich einer Notiz entnehme, breitet sich auch unter der Eingeborenen
von Samoa der Aussatz in neuerer Zeit in besorgnisserregender
Weise aus ; es seien schon mehrere Todesfälle zu verzeichnen. Die
schreckliche Krankheit sei durch mehrere hawaiische Aussätzige,
denen es gelungen war, nach Samoa zu entkommen, verbreitet
worden.
Nach dem Bericht des Dr. FiTCH 1884 an den Gesundheitsrat in
Honolulu war der erste Fall von Lepra auf den hawaiischen Inseln,
der die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zog, ein Mann in der
Leibgarde von Kamehameha IIL, Nainens Ahia, im Jahre 1840.
Man glaubt aus dem Worte Maipake (Chinesenkrankheit), der Be-
zeichnung des Kanaken für Lepra, auf das Land schliessen zu
können, von dem die Seuche auf die hawaiischen Inseln gekommen
sei, aber es ist merkwürdig, dass da gepjenwärtig keine chinesischen
Aussätzigen existieren ; auch sind wenig Weisse mit dieser Krank-
heit behaftet. Dieselbe beschränkt sich fast ausschliesslich auf
die eingeborene kanakische Bevölkerung ; aber es verkehrten in
der damaligen Zeit an den hawaiischen Inseln auch Wallfischfän-
ger, die von der sibirischen Küste kamen, und Hessen da wiederholt
Mannschaften am Lande zurück. Wie dem auch sei, als die Seuche
auf den Inseln festen Fuss gefasst hatte, wurde sie für die Kanaken
eine der grössten Plagen, die je ein Volk heimgesucht hat. Vierzig
Jahre später, also 1880, weist die 42000 Seelen zählende eingebo-
HABERKR, ÜBER LEPRA IN HAWAII. 79
rene Bevölkerung der Sandwichinseln nach Erliebung der Doctoren
Wood, White und Tryon bereits gegen 2000 Leprose auf. Die Seuche
muss in den ersten Jahren ziemlich selten gewesen sein, denn
Hillebrandt, der seit 1851 auf den Inseln practicierte, hat erst seit
Ende der fünfziger Jahre Leprafülle zu Gesicht bekommen, die sich
von da ab r.isch vermehrten. Li einem Bericht an den Gesundheits-
rat zu Honolulu 1863 macht er auf die rapide Verbreitung der
neuen Krankheit aufmerksam, die er in zahlreichen Fällen zu
Gesicht bekommen, und er verlangt durchgreifende sanitäre Massre-
geln zur Steuerung des weitern Umsichgreifens der Krankheit. Li
der Sitzung des Gesundheitsrates vom 10. August 1864 wurde von
Dr. Hillebrandt abermals über die rasche Verbreitung der Lepra
Bericht erstattet und die Ansicht ausgesprochen, dass Isolierung
der Kranken wohl der einzige Weg sei, um die Verbieitung zu ver-
hindern. Er empfahl einige abgelegene Tliäler auf verschiedenen
Inseln, wo die Leprosen angesiedelt werden sollten. Es wurde
darauf vom Gesundheitsrate ein Beschluss gefasst, den Dr. Hille-
brandt zum Studium der Krankheit als Specialconimissär nach
China zu entsenden ; ihm verdanken wir einen sehr interessanten
Bericht über dass grösste Lepradorf nahe bei Canton, den ich hier
anzulühren mir gestatte: ,, Es ist ungefähr zwei und einehalbe Meile
von den Vorstädten von Canton auf einer kleinen P^rhöhung in der
Mitte von bebauten Feldern gelegen, und beherbergt zwischen vier
und fünfliundert Le[)rose mit ihren Kindern, welche in dem Asyl
geboren sind. Alle Personen sind anerkannte oder von den
I^ehörden bezeichnete Leprakranke und sind hierher geschickt.
Es giebt in der Nähe von Canton drei solche Dörfer. Keinem Ehe-
mann oder Ehefrau oder Kind wird erlaubt, den Kranken in das
Dorf zu begleiten, aber es ist ihnen gestattet, sich unter den Kranken
einen neuen Ehegenossen zu wählen. Die Kincler aus solchen
Verbindungen verbleiben in dem Dorfe. Ich sah eine grosse Zahl
derselben, vom Kindesalter bis zu 25 Jahren, und in der That, nach
der grossen Zahl gesunder Menschen in der Niederlassung zu
urtheilen, scheinen ihre Nachkommen so zahlreich zu sein wie die
der rechtmässigen Inhaber des Ortes. Nur ein Kranker gab zu, der
Sohn eines Leprosen zu sein, der damals im Dorfe war. Regelmäs-
sig suchen sie ihre Abk-unft von kranken Personen zu verbergen. —
Das Dorf selbst bildet ein Rechteck, umgeben von Ziegelmauern von
8o IIABERER, ÜBER LEPRA IN HAWAII.
12 Fuss Höhe mit einem Gitter, welches jede Nacht geschlossen
wird. Die folgende Beschreibung giebt eine Vorstellung von der
innern Einrichtung. Eine Strasse von, etwa 14 Fuss Breite (breiter
als jede Strasse in Canton) führt von dem Wege ab, welcher gerade
hinauf zu einem Tempel geht. Von dieser Strasse zweigen sich im
rechten Winkel an jeder Seite ungefähr 14 enge Gassen ab, 3^ Fuss
breit, je zwei getrennt durch ein einzelnes niederes Gebäude,
dieses wiederum getrennt durch eine Mauer in der Länge und
Breite, so dass 24(.?) enge Gemächer gebildet werden. In diese
kleinen Löcher wird die ganze Bevölkerung jede Nacht ein-
gesperrt. Von dem Schmutz, den ich da vorfand, will ich gar
nicht reden. W^älirend des Tages sind die Gitter geöffnet, und die
Leprosen schweifen in Freiheit umher, um in den Strassen Cantons
zu betteln. Sie erhalten daneben einen kleinen täglichen Zuschuss
von der Regierung und da? Monopol, Tauvverlv zu verfertigen,
wodurch sie etwas dazu verdienen. Die Kranken verlassen tagsüber
das Dorf nach Gutdünken, und ihre Freunde kommen dahin sie zu
besuchen, Umstände, welche weit davon entfernt sind, die allgemein
herrschende Ansicht zu beweisen, dass die Ansteckung körperlicher
Natur sei, nicht flüchtig oder sich ausbreitend, und dass längeres
Zusammenleben nötig sei, um die Krankheit von einer Person auf
die andere zu übertragen."
Soweit der Ijericht des Dr. Hillebrandt. Kr schildert dann die
Symptome der Krankheit, welche ich nachher kurz besprechen
werde. — Inzwischen hatte der König Kameb.ameha III. den Befehl
gegeben, ein Grundstück in der Nähe von Honolulu zu kaufen und
ein Hospital für Leprakranke einzurichten. Zugleich wurden die
Aerzte auf den Inseln \'erpflichtet, jede mit Lepra behaftete Person
dem Gesundheitsrate anzuzeigen, welcher die Kranken durch eine
Commission noch einmal untersuchen Hess und sie dann in das am
13. Nov. 1865 eröffnete Kalihihospital überführte. Da aber in kurzer
Zeit etwa 300 Personen zur Auhiahme angemeldet waren, so erwies
sich das Hospital als viel zu klein, und es wurde für die schwereren
Fälle die einsame aber fruchtbare Halbinsel Kalawao auf Molokai von
der Regierung angekauft ; ferner auch ein Gesetz erlassen, wonach
Leprose, die geeignet ui'iren, die Gesundheit anderer zu gefährden,
nach dieser Halbinsel geschafft werden sollten. Es wurden im Jahre
1866 141 Leprose dahingebracht, nachdem ihnen vorher Häuser
HABER ER, ÜBER LEPRA IN HAWAII. 8l
gebaut worden waren. Jedes Jahr kam neuer Zuwachs von Personen,
die von den Aerzten der Inselg'ruppe dem Gesundheitsrate als ver-
dächtig oder krank augezeigt wurden, dann eine kurze Beobach-
tungszeit in Kalihi bei Honolulu durchzumachen hatten und auf
Abstimmung des Gesundheitsrates endgültig nach Molokai zum dau-
ernden Aufenthalte übergeführt wurden. In einzelnen Jahren war
die Zahl der Deportierten ungewöhnlich gross, was vielleicht mit
politischen Ereignissen oder mit Wechsel in den leitenden Kreisen
zusammenlüingt. So wurden in dem Jahre der Thronbesteigung
Kalakauas 487 Leprose nach Mo'.okai gebracht, und im Jahre 1S88,
als ein Wechsel im Gesundheitsrate stattfand, gar 579 Kranke. Die
grösste Einwohnerzahl hat das Jahr 1890 mit 1213 Leprosen.
Es erhoben sich bald nach der Gründung der Niederlassung
auf Molokai 1866 bei der zwangsweisen und gewaltsamen Methode
der Deportation Stimmen, welche derartige Massregeln energisch
bekämpften und die persönliche Freiheitsberaubung der Kranken
aufs schärfste kritisierten. Es kam soo-ar in den wilden Berjjen
o o
von Kauai zwischen Leprosen und Regierungstruppen, welche zur
zwangsweisen L^eberführung derselben nach dieser Insel geschickt
worden waren, zum Kampfe, wobei die Truppen mit Hinterlassung
einiger Toter das Feld räumen musstcn. Nicht am wenigsten
beeinflusste die öffentliche Meinung der Standpunkt vieler Aerzte
der Inselgruppe, welche die Lepra für keine ansteckende
Krankheit erklärten.
In der wissenschaflüchen Welt galt damals die von Daniellsen
und Boekh gelehrte Nichtübertragbarkeit der Lepra für festgestellt.
Diese norwegischen Forscher hatten 1848 ihre epochemachende
Arbeit veröffentlicht. ,, Unter den Hunderten von Leprosen (so
lautet die einschlägige Stelle), welche wir täglich gesehen haben,
war nicht ein einziges Beispiel, welches durch Ansteckung veran-
lasst worden war ; wir kennen viele Verheiratete, deren einer Teil
lepros ist, welche jahrelang zusammenleben, ohne dass der gesunde
Teil angesteckt würde." Auch die Entdeckung des Leprabacilius
durch Hansen 1871 änderte an der Sachlage wenig. Trousseau, ein
in Honolulu prakticierender Arzt, nennt die Lepra 1S73 in einem
Bericht die am wenigsten ansteckende Krankheit ; praedisponierende
Ursachen seien Syphilis, Scrophulose und auch Vererbung,
meistens aber sei der Genuss von Salzfleisch und das Wohnen
82 IIABERER, ÜBER LEPRA IN HAWAII.
in schlecht ventilierten und dunkeln Häusern daran schuld ; der
Fremde sei daher niciit so in Gefalir wie der Eingeborene. Dr.
Fitsch., welcher Arzt im Zweighospital v^on Kalihi war, behauptete
sogar 1882, die Lepra sei identisch mit Sypliihs in ihrem vierten
Stadium und daher nicht so sehr ansteckend. Er schrieb im Jahre
1884 einen interessanten Bericht über seine und anderer Aerzte
Ansichten und Erfahrungen über die Lepra. Nach Citierung von
Daniellsen und ]Joekh führt er weitere 19 Aussprüche von erfahrenen
Aerzten aus allen Ländern, in denen Lepra vorkommt, an, welche
sich im selben Sinne wie die norwegischen Forscher äussern. Er
selbst führt dann aus der eigenen Praxis etwa 40 Fälle an, dass Ge-
sunde mit Leprosen verheiratet sind oder im innigen Verkehr zusam-
menleben, ohne dass Ansteckung erfolgt wäre. Ebenso erwähnt
er acht Fälle, wo leproses Material in frische Wunden unabsichtlich
gebracht worden sei, ohne dass Ansteckung erfolgte. Er kommt
zu dem Schlüsse, dass Lepra eine durchaus nicht ansteckende und
von Person zu Person blos durch Erblichkeit übertragbare Krank-
heit sei. Kv vertritt also den Standpunkt, den ich auch in Palästina
gefunden habe, wo man die Leprosen durch strenge Gesetze zu
hindern sucht, Kinder zu zeugen, im übrigen sie aber in der freien
Bewegung nicht beschränkt. Sie werden da biosaus den grösseren
Städten ferngehalten, um den Einwohnern den ekelhaften Anblick zu
ersparen. — Auf Anrathen des Dr. Hillebrandt hatte der Gesund-
heitsrat beschlossen, einen bakteriologisch gebildeten und von
Autoritäten empfohlenen deutschen Arzt zu berufen, und ArniNG
wurde dazu ausersehen. Derselbe suchte die Frage der Uebertrag-
barkeit der Lepra von Person zu Person dadurch zu entscheiden,
dass er einen zum Tode verurteilten Hawaiier mit Lepramaterial
impfte, nachdem die Regierung für den Fall eines solchen Versuches
Begnadigung zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe zugesichert
hatte. Arning vergewisserte sich, dass der Verbrecher Keanu in
der Ascendenz keine Lepra hatte und selbst völlig gesund sei.
Nachdem Keanu hierauf unter die h3'gienisch günstigsten Bedin-
gungen versetzt worden war, schritt Arning am 30. Sept. 1S84 zur
Impfung. Durch ein Tags vorher gelegtes Blasenpflaster hatte er
am rechten Vorderarm Keanus eine pralle Blase erzeugt. In diese
hinein wurde Eiter von einem granulierenden leprösen Geschwür
injiciert, sowie von demselben Eiter in das frisch scarificierte linke
HABERER, ÜBER LEPRA I\ HAWAII. 83
Ohrläppchen eingerieben. Der Eiter enthielt massenhaft Lepra-
bacillen. Am linken Vorderarm nähte Arning einen frischen nicht
ulcerierten Lepraknoten \n eine bis auf die Muskelfascie geführte
Incision ein. Beide Arme wurden mit Watte verbunden. Antisep-
tica waren nicht zur Anwendung gekommen. Während die Impfung
am Ohr und rechten Vorderarm resultatlos blieb, am Ohr unter
einem Blutschorf die Heilung eintrat und am Arm die Blase
unter späterer starker Schuppung heilte, spielten sich am linken
Arme pathologische Erscheinungen ab. Es traten Nervenschmer-
zen auf, der linke Ulnarnerv begann anzuschwellen (ein für Lepra
charakteristisches Symptom). Am 17. Februar 1885 wurde in
der Narbe am linken Vorderarm ein linsengrosser, wachsartig
gelblich durchscheinender Granulationstumor bemerkt, dessen
Gewebsflüssigkeit am 19. März untersucht wurde und eine Masse
von Leprabacillen aufwies. Zwei Jahre später wurde Keanu
von den Doctoren Emerson und Kimball untersucht, welche
an ihm deutlich ausgesprochene tuberöse Lepra constatierten ;
er wurde darauf nach Molokai gebracht und starb dort vor vier
Jahren.
Die Beweiskraft dieses Experimentes wurde vielfach angefoch-
ten. Abgesehen davon, dass Swift, ein Arzt auf Molokai, nachwies,
dass Keanu doch Lepra in der Familie hatte, bleibt es doch ein
einzelner individueller Fall, der auf Generalisation keinen An-
spruch erheben darf, und dann gehört Keanu einem Volksstamme
an, der mit Lepra so durchseucht ist, dass das Verhältniss
der Kranken zu den Gesunden 11 : 360 oder 3, 2)% beträgt; das
Anfangsstadium der Lepra ist so schleichend und schwierig zu
erkennen, dass absolutes Freisein von Lepra bei einem Hawaiier
nicht festgestellt werden kann.
Andere Impfexperimente wurden schon vor Arning mit Lepra-
material gemacht, alle mit negativem Resultat ; so impfte Daniellsen
sich und drei Hospitalgehilfen ; 1846 wiederholte er den Versuch
an sich und mehreren Unterärzten, 1856 abermals, 185S zum letzten
Male an sich selbst mit gleichbleibendem negativem Resultat.
Es werden aber auch Fälle berichtet von Hillebrandt, Moor
und Saxe, wo Kinder durch leprose Spielgefährten inficiert wurden,
indem durch Nadeln oder Federmesser, welche sich diese in ihre
anaesthetischen Flecken stiessen, um dann dasselbe Experimt- nt an
84 KABERER, ÜBER LEPRA IX HAWAII.
gesunden Kindern zu wiederholen, die Uebertragung erfolgte.
13iese P'älle werden von den hawaiischen Inseln berichtet.
Auch Coffin erwähnt eines gefangenen Kanaken, der sich
Secret von leprosen Geschwüren in den rechten Arm geimpft hatte
und nach zwei Jahren Erscheinungen der Lepra bekam.
Ganz anders die Ansteckungsfähigkeit der Lepra beweisend
scheinen mir solche Fälle wie der des Paters Damian, eines
geborenes Belgiers; derselbe war einige Jahre Priester im Lepra-
heim zu Molokai und bekam 1SS4 die erste typische Empfin-
dungslosigkeit, 1886 das erste Infiltrat des Gesichtes und starb
bereits im Juni 1889 "'• Folge der durch lepra tuberosa hervorgeru-
fenen Entkräftung. Solche Fälle, die auf offenbarer Ansteckung
beruhen, werden noch einige in der Litteratur berichtet.
Arning war der erste Arzt auf den hawaiischen Inseln, der die
Lepr.i im eine ausserordentlich ansteckende Krankheit ansah und
dem Gesundlieitsrate die strengste Isolierung der E^rkrankten
anempfahl und durchsetzte. Bis dahin war man in der Isolierung
nachlässiger gewesen, man hatte Familienrücksichten und Ver-
mögensverhältnisse gelten lassen ; nur ganz schwere Fälle wurden
nach Molokai gebracht, Kranke, von denen sich die Angehörigen
ihres ekelhaften Aussehens halber zurückgezogen und die sie ihrem
Schicksale überlassen hatten. Auch der Lepra der Kinder wandte
er grosse Sorgfalt zu und zeigte, dass dieselbe in viel früherem Alter
vorkommt, als man bisher angenommen. Dr. Fitch giebt im Bericht
von 1884 das früheste Vorkommen von leprosen Ercheinungen bei
Kindern um die Zeit des Z dmwechsels an, und glaubt, dass die
Lepra um diese Zeit selten sei ; er habe unter 2000 Leprosen keinen
Fall gesehen, der vor dieser Periode gewesen sei. Aber Arning
hat durch sorgfältige und wiederholte Untersuchung der Schulkin-
der mehrere derselben als mit Lepra behaftet ausscheiden können.
Er erzählt einen Fall, dass trotz genauer Untersuchung ein kleines
eingeborenes Mächen ih Jahre als gesund passiert sei und dann
Zeichen des Initialstadiums der Lepra gezeigt habe ; er fand auf
dem Rücken des Mädchens, das bereits wiederum ein Zeugniss
seiner Gesundheit erhalten hatte, die unleugbaren Zeichen, glänzen-
de pigmentarme Flecke. Mir selbst wurden 7 Kinder unter 10
Jahren vorgestellt, ^\•elche unzweifelhafte Zeichen von Lepra
aufwiesen. Ein Kind hatte schon mit zwei Jahren Zeichen von
HABERER, ÜBER LEPRA IN HAWAII. 85
Lepra und ist jetzt fünf Jahre alt, ein vorgeschrittener Fall von
Lepra tuberosa. Bei Neugeborenen ist diese Krankheit auf Hawaii
bis jetzt nicht beobachtet worden. Interessant wären genauere
statistische Berichte über die Ehen resp. den Kindersegen Leproser,
aber ich finde nur eine kurze Notiz, dass von den Kindern, welche
von 2864 Leprosen gezeugt worden waren, die innerhalb 18 Jahren
(1S66 — 1884) in Kalawao untergebracht wurden, am Schluss dieser
Periode 26 lebten, von denen nur 2 lepros geworden waren. Jetzt
leben im Lepraheim 57 von leprosen Eltern dort geborene Kinder,
von denen 50 keine Zeichen von Lepra zeigen, und nur 7 ausgespro-
chene Leprose sind. Es stimmt das mit der bereits aus andern Län-
dern bekannten Thatsache, dass die Ehen Leproser eine ganz
beträchtliche Reduction des Kindersegens erfahren, so dass die
Lepra einer Gegend rapide abnehmen würde, wenn sie sich aus-
schliesslich durch Vererbung fortpflanzen müsste. Die englische
Commission in Indien berechnet z. B. (>J,'J% Sterilität für Ehen, in
denen beide Teile lepros sind, 59%" für solche, wo nur der Mann,
70, \% für Ehen wo nur die Frau, lepros ist.
Die Lepra ist eine Krankheit, deren Incubationszcit sich auf
lange Jahre hinaus erstreckt ; es wird berichtet, dass Leute, welche
sich vor 15 — 20 Jahren in einem Lepradistrict aufgehalten hätten,
plötzlich in einer leprafreien Gegend von den Symptomen dieser
Krankheit befallen worden seien.
Im Mittel nimmt man als Zeitraum zwischen der stattgehabten
Communication mit Leprosen und dem Auftreten manifester Le-
praerscheinungen 3 — 5 Jahre an. Es kann sich aber der Verlauf
auch bedeutend abkürzen, wie wir bei den Fällen Damian und
Keauu gesehen haben. Arning hat bei einer Dame in Honolulu,
welche aus einer leprafreien Gegend Nordamerikas gekommen war,
bereits nach 3 Monaten einen roten erhabenen Flecken an einem
Arm constatieren können. Ein Jahr später wurde diese Stelle un-
empfindlich, nach zwei Jahren war die Erkrankung noch immer
localisiert. Nach Excision dieser Partie gelang es Arning, Bacillen
darin nachzuweisen.
Diese roten Flecken im Gesicht, an den Extremitäten, auf
dem Rumpfe müssen als Anfangssymptome der Lepra angesehen
werden ; meist kommen und schwinden sie rasch, sind nur einige
Tage deutlich ausgeprägt, können aber auch Wochen bestehen.
86 HABERER, ÜBER LEPRA IN HAWAII.
Neben diesen Flecken hat das Individuum auch sensible Störungen,
und zwar sowohl an den obern wie untern Extremitäten. Haupt-
sächlich werden sie im Ulnarisgebiet zuerst bemerkt, das heisst eine
Unempfindlichkeit in den drei letzten Fingern der Hand. Dazu
kommt Kältegefühl in den Extremitäten, Digestions- und catar-
rhalische Störungen.
Im weitern Verlaufe scheidet sich die Krankheit, je nachdem
sie das Bindegewebe oder das nervöse System mehr befällt, in die
Knollen- und in die Nervenform (Lepra tuberosa und Lepra
nervorum).
Die erste Form, welche ich mehr bei Männern gesehen habe,
zeichnet sich durch massenhafte bindegewebige Wucherungen und
Knollenbildungen am ganzen Körper aus. Diese Knollen haben die
Tendenz zu zerfallen und zu eitern, und die Krankheit ist dann in
ein Stadium eingetreten, welches für die Umgebung wenig erquick-
lich ist.
Das Bild der Nervenform ist ein wesentlich anderes, obgleich
die beiden das Anfangsstadium mit einander gemeinsam haben.
Das Specifische dieser Form wird dargestellt durch das Hervortre-
ten der Erkrankung der peripheren Nerven und der dadurch
bedingten Störungen in der Gefühls- und Bewegungssphäre des von
ihnen versorgten Gebietes. Die Krankheit zeichnet sich nicht
durch Knollenbildung aus, sondern hauptsächlich durch Lähmun-
gen jeglicher Art.
Ich gehe jetzt zur Beschreibung der Niederlassung auf Molokai
über. Die schwachbevölkerte Insel Molokai (die Einwohnerzahl
beträgt mit Einschluss der Aussätzigen nur etwa 2500 Bewohner)
liegt zwischen Mani und Oahu, von der letztern durch einen 25
engl. Meilen breiten Kanal geschieden. Das Ostende besteht aus
einem centralen Berge, welcher sich ungefähr 350J Fiiss über das
Meer erhebt, während die westliche Hälfte eine Ebene ist, deren
höchster Teil ungefähr lOOo Fuss hoch liegt. Die Ost- und Nordküste
ist steil und felsig, ohne guten Hafen, während an der Südküste
verschiedene Zufluchtsorte für Schiffe in stürmischem Wetter
existieren. An der Nordseite Hegt das sogenannte Lepersettlement,
ungefähr in der Mitte zwischen den äussersten westlichen und
östlichen Puncten, auf der ganz abgeschlossenen Halbinsel Kalawao,
die eine Bodenfläche von etwa 6002 Acker entl;ält. Die Halbinsel
HABERER, ÜBER LEPRA IN HAWAII. 87
ist ganz und gar vulkanischen Ursprungs und verdankt ihre
Entstehung dem längst erloschenen 3500 F'uss hohen Vulkan
Kahukoo, der dieselbe an der alten Küstenlinie abschliesst und nur
auf einem halsbrecherischen Saumpfade'überschritten werden kann.
Die Absperrung der Leprosen im Settlement wird von den Behörden
mit ziemlicherStrenge durchgeführt. Die Erlaubniss des Besuches
der Niederlassung wird blos ausnahmsweise an Medicinalpersonen
gegeben, und so bekam auch ich eines Tages durch die Vermittlung
unseres Consuls einen Schein zugestellt, wonach mir die Betretung
des Settlements auf unbestimmte Zeit gestattet wurde.
Von Honolulu geht wöchentlich ein kleines Schiff von etwa 70
Tonnen mit Vorräten für die Leprosen, die ihnen vom Staate
geliefert werden, nach Kalaupapa auf Molokai ab. Dasselbe, der
Mokoli, hat keine Passagiereinrichtung, und ich wurde in der
Kapitänskajüte untergebracht. Die Schilderung der Reise durch
die interessante Insel, ihre Wälder und Schluchten muss ich
mir der Kürze der Zeit halber versagen. Ich landete in Kaunakahai
und ritt in einer Tagestour nach Kalae, dem Sitz des Gouverneurs.
Am andern Morgen brach ich mit einem Führer auf, um zu Fuss
ein Hochplateau von etwa 2500 Fuss Meereshöhe zu erklimmen.
Auf der Höhe wandte sich der Weg nach Osten, und ich befand
mich plötzlich auf dem Plateau eines steil ins Meer abfallenden
2500 Fuss hohen Felsengebirges. In diese grausige Tiefe schauend
erblickte ich nordöstlich die weissgemalten Häuser von Kalaupapa,
den westlichen Teil des Lepersettlements, auf einer grünen, ziemlich
flachen Halbinsel. In etwa 20 Minuten erreichten wir zwei ver-
schlossene Thore. Hier ist die Grenze der Niederlassung. Um
allen Versuchen der Leprosen, zu entkommen, vorzubeugen, hat die
Regierung blos diesen einen schmalen Gebirgspfad gangbar erhal-
ten ; ein anderer Weg, der weiter östlich ähnlich wie dieser aus der
Niederlassung führte, wurde vor Jahren durch Abgraben und
Sprengen zerstört. Auch der Pfad, den ich ging, wurde um diese
Zeit zu einem schmalen Steige verengt, besonders an den Thoren,
wo man eine Strecke weit über eine Brücke zu gehen hat. Der
für nicht schwindelfreie Personen gefährliche Abstieg nahm etwa
drei Stunden in Anspruch.
Die Häuser bilden ein hübsches Dorf, alle weissgemalt und in
gutem Zustande gehalten. Zwischen den zahlreichen kleinen Cot-
88 HABERER, ÜBER LEPRA IX HAWAII.
tages, wie der Amerikaner sie nennt, welche die P^bene auf zwei
Meilen oder mehr bedecken, sind einige grössere Gebäude, zwei
Kirchen, die Wohnungen des Superintendenten, der Priester und
Pfleger, das Gefängniss etc. Ausser vielen Privatwohnungen giebt
es 430 Gebäude, die der Regierung gehören. Unten von der Nieder-
lassung aus aufblickend konnte ich die Höhe der jäh abstürzenden
Felsen bewundern. Natur und Menschen haben im Bau dieses Ge-
fängnisses gewetteifert ; selbst die Kanaken, welche sonst in Lei-
besübungen trefflich geschult sind, wagen nicht, diese Felsen auf ver-
botenen Wegen zu betreten. Nach der Landseite ist die H-albinsel
also völlig abgeschlossen ; das Meer aber ist auf der Nordseite der
Insel Molokai durch Passate und sonstige Stürme immer so unruhig,
die Küste der Halbinsel so felsig und so steil etwa 100 Fuss ins Meer
abfallend, dass es ein Sprung in den Rachen des Todes wäre, sich
auf einem kleinen Boote hinaus zu wagen. Trotzdem ist dies schon
öfter geschehen, wie das Verzeichniss der Vermissten beweist.
Grössere Segelboote zu bauen ist im Settlement strengstens ver-
boten.
Die Lage der Halbinsel ist eine der reizendsten und gesunde-
sten auf Molokai ; das ganze Jahr von den kühlen Nordwindeii
bestrichen, grünt es dort fortwährend, was nicht zum mindesten der
ausgezeichneten und überreichlichen Wasserleitung zu danken ist
denn der leichte, aus vulkanischem Gestein zusammengesetzte
Boden braucht, um fruchtbar zu sein, fortwährende Bewässerung.
Drei Thäler werden innerhalb des Settlements von den P'elswänden
gebildet, welche sich von Norden nach Süden erstrecken, wovon
das eine, sehr wasserreich, das Erosionsmaterial von den Bergen
erhalten und vegetabilischen Humus seit alters angesetzt hat, des-
halb sehr fruchtbar ist. Es liegt auf der östlichen Seite der Halbinsel
und ist, wie das in der Nähe liegende zweite Lepradorf Kalawao, vor
den Nordwinden durch eine kleine Bodenerhebung gescliützt, die
ihre Entstehung einem kleinen längst erloschenen Vulkan verdankt.
Hier ist im allgemeinen auch die Luftfeuchtigkeit grösser als in
Kalaupapa, das den Nordwinden zu sehr ausgesetzt ist und Baum-
vegetation deshalb entbehrt ; dieselbe ist in Kalawao üppig,
Bananen und californische Holzbäume, auch Küchengewächse
wie Salat, Bohnen, Kohl wurden von den katholischen Brüdern in
Kalawao eingeführt und gedeihen in reichlicher Fülle.
HABERER, ÜBER LEPRA IN HAWAII. 89
Während meines Aufenthaltes im Settlement nahm ich Quartier
bei einem deutschen katholischen Geistlichen, dem Pater Wendelin,
der schon acht Jahre in Kalaupapa wohnt, der Nachfolger des
1889 an der Lepra verstorbenen belgischen Priesters Pater
Damian.
Die Erziehung der Geschlechter findet im Settlement an
getrennten Orten statt ; in Kalawao durch 5 geistliche katho-
lische Brüder die der Knaben, in Kalaupapa durch 4 katholische
Schwestern die der Mädchen ; letztere Anstalt, das sog. Bishopshome
enthält 121 Kanakenmädchen von 6—22 Jahren, darunter nur
wenige haibweisse.
Man kann hier nun die verschiedensten Stadien der Krankheit
beobachten. Bei vielen sieht man weiter keine Erscheinungen als
einzelne, bei den dunkeln Kanaken durch Pigmentarmut heller
scheinende, auffallende Flecken au den verschiedensten Teilen des
Körpers; bei Berührung oder bei Nadelstichen erweisen sich die
Flecke als unempfindlich. Auf diesen Befund hin wird vom
Gesundheitsrate in Honolulu die Ueberführung der Befallenen in das
Settlement beschlossen. Bei vielen Insassen ist eine der Lepra-
formen in voller Entwicklung, und die enstellten jugendlichen Ge-
sichter cre währen für den Besucher einen traurigen Anblick. In
einigen Gebäuden in der Nähe befinden sich die Krankensäle für
die Bettlägerigen, welche entweder an Complicationen erkrankt,
oder durch allgemeine Entkräftung und durch Resorptions-
fieber an das Lager gebannt sind. Die Säle sind sehr gut ventiliert
und reinlich gehalten, und allenthalben mit aromatischen Ingredien-
zien parfümiert, um des Übeln Geruches Herr zu werden, der von
den Kranken ausströmt.
In Kalawao befindet sich die Schule für Knaben und ein Spital
für männliche Kranke, geleitet von Mr. Dutkes, einem vormaligen
amerikanischen Officier, der beschlossen hat, sein Leben unter den
Leprosen zu verbringen. Man sieht hier auffällig viel Lepra tube-
rosa in vorgeschrittenem Stadium, das oft einen chirurgischen Ein-
griffnötig macht. Im Ganzen erleichtert die Gleichgültigkeit und
Empfindungslosigkeit der Patienten die Eingriffe sehr; ich sah
grosse Abcesshöhlen mit der Sonde untersuchen, eine Operation,
welche andere Kranke wohl nicht ohne Chloroform hätten aushalten
können.
90 HABERER, ÜBER LEPRA IN HAWAII.
Besonderes Interesse wandte ich den im Settlement zerstreut
wohnenden Kaukasiern zu ; es sind etwa zwanzig an der Zahl,
darunter drei Deutsche. Beinahe alle gaben an, aus einer leprafreien
Gegend zu stammen und die Krankheit auf den hawaiischen Inseln
acquiriert zu haben. Ich habe beide Aussatzformen an ihnen
beobachtet, jedoch keines in vorgeschrittenem Stadium, und ich
möchte das ihrem regelmässigen Lebenswandel und dem Gebrauch
von Medicamenten zuschreiben, wie es mir auch von Pater Wandelin
bestätigt wurde. Der Kanake thut von alledem das Gegenteil, er
ist auch als Leproser ein Lebemensch. Alcohoh'ca sind auf der
Halbinsel verboten und nur auf ärztliche Vorschrift zu erhalten,
der Kanake aber braut sich heimlich ein rumartiges Getränk aus
der Wurzel der Kipflanze, einer Art Topinambur, und Trunkenheit
und Ausschreitungen gröbster Art sind oft die Folge davon. Es
wird dessen in jedem Jahresbericht Erwähnung gethan, und von Zeit
zu Zeit kommt ein Richter in das Settlement, um die Schuldigen
abzuurteilen.
Eheschliessungen kommen unter den Leprosen wenig vor ;
weitaus die meisten Kinder werden unehelich geboren, und die guten
Schwestern liaben grosse Mühe, ihre Pflegebefohlenen einigermassen
auf dem Pfade der Tugend zu erhalten.
Eine regelmässige Beschäftigung haben die Kranken im Settle-
ment nicht; nur wenige suchen durch Flechten von Hüten und
Strohmatten einigen Erwerb. Ihr ganzer Lebensunterhalt wird vom
Staate bestritten, der dafür eine jährliche Summe von 120,000 S
(Gold-Dollars) ausgiebt. Jeder Kranke oder im Settlement Ange-
stellte erhält wöchentlich 21 Ib Paiai (eine Art Mehl aus der Taro-
pflanze, wovon das Nationalgericht Poi gemacht wird), oder 9 Ib Reis,
oder 8|^Ib Brod, oder i2lbMehl ; dazu 9 Ib Fleisch, oder gesalzenen
Lachs, oder frische Fische. Die Fische, welche die Kranken in der
See fangen, werden ihnen extra vergütet. Sehr interessant ist ein
Ausflug nach dem klippenreichen Strande, wo man bei ruhiger See
die Kanaken fischen sehen kann. Sie waten mit ihren Netzen, bis
auf den Lendengurt völlig unbekleidet, in das Wasser, und man hat
Gelegenheit, ihren schönen Körperbau zu bewundern. Eine ausseror-
dentlich ebenmässige Anordung der Muskelgruppen zeichnet die
schlanken Körper aus, deren Hautfarbe den verschiedensten indivi-
duellen Schattierungen unterworfen ist ; die Bewegungen entbehren
HABERER, ÜBER LEPRA IN HAWAII. 9I
aber der kraftvollen Gewaiidheit der Japaner; sie sind langsamer,
beinahe träumerischer, obgleich die Kanaken in Leibesübungen
Meister sind und sich besonders im Klettern und Schwimmen aus-
zeichnen.
Trotz dieses kräftigen Körperbaues sind die Kanaken für die
Lepra und andere Lifectionskrankheiten ein ausserordentlich em-
pfängliches und leicht erliegendes Volk. Im Anfang dieses
Jahrhunderts wütete die Pest, in den fünziger Jahren die Cholera,
und forderten zahlreichere Opfer, als diese Krankheiten bei einem
andern Volksstamme je gefordert haben.
Auch Krankheiten, die im allgemeinen eine geringe Sterbe-
ziffer aufweisen, wie Masern und Scharlach, werden den Kanaken in
verhängnissvoller Weise verderblich. Dazu kommt noch eine
gewisse Unfruchtbarkeit der Frauen, eine übermässige Neigung zum
Opium und Alkohol, welche den Volksstamm rasch seinem Unter-
gange entgegenführen. Auch sonstige Einflüsse der Civilisation
mögen dazu beisteuern, die veränderte Nahrung, z. B. Salzfleisch und
Conserven, die viel und oft ausschliesslich genossen werden. Das
Tragen von Kleidern in einem Klima, das keine Kleider erheischt,
hat Verweichlichung und Widerstandsunfähigkeit des Körpers gegen
Witterungseinflüsse zur Folge. Ist doch jetzt auch die Lungen-
tuberculose unter den Kanaken weit verbreitet, während der Arzt
Alonzo Chapin, welcher 1838 über die Krankheiten auf den hawaii-
schen Inseln schrieb, dieser Krankheit keine Erwähnung thut.
In früherer Zeit waren die Kanaken gewohnt, sich durch lange
Bäder im Meere zu stärken und zu erholen, und es war eine
Volksbelustigung, sich in der grössten Brandung zu tummeln.
Durch die Europäer wurde das verboten, und das ehemals reinliche
Volk ist jetzt zu einem schmutzigen geworden, ebenso wie der
Japaner durch Veränderung seiner Lebensverhältnisse, z. B. im
Auslande, seine Liebe zur Reinlichkeit verliert.
Um Ansteckungsgefahr kümmert sich der Kanake absolut nicht.
Er isst und trinkt und schläft mit einem Leprosen unbedenklich zu-
sammen, und wer die Art und Weise des Essens mit den Händen aus
einem gemeinsamen Topfe beobachtet hat, kann an einer Uebertra-
gung von Infectionskeimen schon auf diesem Wege nicht zweifeln.
Alle diese Umstände haben zur raschen Ausbreitung der Li-
fectionskrankheiten, insbesondere der Lepra, beigetragen. Man hat
92 HABERER, ÜBER LEPRA IN HAWAII.
auch die Syphilis beschuldigt, dass sie g-ewissermassen für die Lepra
eine Basis bilde, und man hat behauptet, dass die Durchseuchung
mit ihr auf den hawaiischen Inseln die Verbreitung der Lepra vor-
bereitet habe. Aber genaue Feststellungen Arnings und anderer
haben gezeigt, dass Syphilis durchaus nicht die angenommene
Verbreitung unter den Kanaken h?.t, und dass vieles für
Syphilis gehalten worden ist, was nichts mit dieser Krankheit
gemein hat. Beide Krankheiten können sehr wohl bei einem Indivi-
duum von einander unabhängig vorkommen, und ihre Symptome
können vom kundigen Arzte leicht erkannt und geschieden werden.
Es bleibt noch übrig, etwas über die im Settlement angewandte
Therapie zusagen. Voretwa lO Jahren führte ein japanischer Arzt,
der sich zum Studium der Krankheit auf den Inseln aufhielt, Goto,
eine Behandlungsweise für Leprose ein, die sich bis heute erhalten
hat. Er giebt ihnen 2 — 3 mal täglich Bäder von 36 — 40" C. In diese
Bäder mischt er gewisse Baumrinden; das Mittel, das von Japan
importiert wird, nennt er koigio kioso yokiiyakii. Die Kranken
nehmen diese Bäder, die zum fortwährenden Gebrauch unentgeltlich
bereit stehen, gern, und hegen zu ihnen grosses Vertrauen ;
sie wirken auf die offenen Schäden reinigend und adstringierend.
Sonst werden noch gewöhnliche Heisswasserbäder und solche mit
Carbolsäure und hypermangansaurem Kali vermischt angewendet.
Innerlich wird besonders Fowlersche Lösung in grossen Quantitäten
gegeben und sehr gelobt, dann salicylsaures Natron, Salol und
Creosot.
Was die Prognose betrifft, so scheint sie bei den Kanaken
eine ziemlich schlechte zu sein, Stillstand der Krankheit und Bes-
serung wurden beobachtet, aber niemals vollständige Heilung ; über
letztere wird neuerdings öfters bei Mongolen und Kaukasiern berich-
tet, so dass eine gewisse Disposition jener Rasse für diese Krank-
heit ganz offenbar vorliegt.
Trotz dieser trostlosen Aussichten auf Genesung, und trotzdem
dass angesichts dieser Thatsachen jede Hoffnung für die Unglück-
lichen schwinden muss, dieses Gefängniss verlassen zu dürfen, ist
die psychische Depression keineswegs gross, vor allem nicht beim
Kanaken, und Selbstmorde kommen äusserst selten vor ; Pater
Wendelin wusste blos von zweien zu berichten. Im Gegenteil
stehen die Kanaken im Ruf, sich gern auf künstlichem Wege die
HABERER, ÜBER LEPRA IX HAWAII. 93
Lepra zu verschaffen, nur um das sorgenfreie Leben in Molokai
geniessen zu können. Dr. Swift, der längere Zeit auf den hawaii-
schen Inseln practicierte, sagt in seiner Schrift über das Lepraheim,
dass es ihm nicht schwer fallen würde, genug Versuchsobjecte zu
Impfungen mit Lepramaterial zu bekommen, wenn er es darauf
anlegte. Auch Pater Wendelin und ein englischer Arzt auf Molokai
erzählten mir Ahnliches. Ganz anders als mit dem Kanaken, der hier
in seinem Heimatslande sein Heim gefunden hat, verhält es sich mit
dem internierten Kaukasier, der durch sein furchbares Loos hierher
gebannt ist, und diese Unglücklichen verdienen unser Mitleid vor
allem. Wenn man jedoch bedenkt, wie sie in der Aussenvvelt von
ihren Mitmenschen geflohen und von der Gesellschaft ausgestossen
sind, wie sie hier aber unter ihresgleichen ruhig und friedlich leben
können, in einer schönen Natur, mit allem was zum Leben nötig ist,
so hat der Gedanke an ihr Schicksal, an das sie sich schliesslich
gewöhnen, etwas weniger Schreckliches.
Die socialen Erfolge, welche das streng durchgeführte Sepa-
rieren bewirkt hat, sind in den letzten Jahren ersichtlich gewesen.
Die Lepra auf den hawaiischen Inseln ist in der That, wenn auch
nicht im Abnehmen begriffen, so doch zu einem gewissen Stillstand
gekommen, der gegen die rasche Ausbreitung der Krankheit in den
60"' und /o*"'' Jahren sehr bemerkenswert ist. Mit der grössten
Strenge und Sorgfalt wurde im Aufsuchen und in der Untersuchung
Lepraverdächtiger besonders in den Jahren 1888, 1889 und 1890
vorgegangen, in welchen Jahren allein 1089 Leprose in das Settle-
ment gebracht wurden. Vielfache Klagen wurden gehört, dass
damals auch einige Nichtleprose interniert worden seien ; einer von
diesen wurde mir von Pater Wendelin gezeigt; derselbe hat sogar eine
leprose Frau im Settlement geheiratet. Seit diesen Jahren ist die
Zahl der jährlich nach Molokai Gebrachten bedeutend geringer
und betrug im, Jahre 1895 nur 106 Kranke,
So hat dieses kleine Staatswesen die Leprafrage, die für dasselbe
zur^^socialen geworden ist, mit grossen Opfern aufs glänzendste
gelöst, im Geiste der modernen Humanität : fortiter in re, suaviter
in modo !
DIE AERZTE GHINA'S.
VON
De. FRANCIS T. B. FEST.
Man ist gewohnt, von den Ärzten Chinas in einer Weise zu lesen
oder sprechen zu hören, die den Thatsachen keineswegs entspricht.
In der Regel denkt man sich unter einem solchen Arzt einen eifrigen
Jünger der alten medizinischen Klassiker, gründlich beschlagen in
den alten Werken, die ja auch hauptsächlich die Quellen der alten
japanischen Medizin bildeten. Während die Arzte Chinas wohl
früher durch ihr konservatives Anhängen an die Lehren ihrer alten
Klassiker durch ein gewisses System zu einer Körperschaft vereinigt
waren, fällt heutzutage dies Bindemittel fast völlig hinweg ;
ein Arztestand als Zweig des Gelehrtenstandes existiert nicht
mehr, oder doch nur in äusserst geringem Maasstabe ; denn
diejenigen chinesischen Arzte dürften zu zählen sein, die einen der
drei akademischen Grade nachweisen können. Man hat die
Fusstapfen der Alten verlassen. In neuerer Zeit fanden sich nur
wenige selbständige Forscher ; diese wurden übersehen, wie der
äusserst interessante Waug CJiingjen (i-^i^), welcher unter dem
Titel I-Un-kai-tso (-p-l^^^) im Jahre 1850 seine eignen Forschungen
auf dem Gebiete der Anatomie veröffentlichte, worin er die Lehren
der Alten über den Haufen warf, ohne jedoch selbst der Wahrheit
viel näher zu kommen. Somit befindet sich die chinesische Medizin
sogar vom chinesischen Standpunkte aus im Verfall.
Die Zeiten sind längst vorüber, in denen die Kaiser sich be-
strebten, tüchtige Arzte zu sein, und der Arzt unter allen Umstän-
den eine Eiirenperson war.
Jetzt ist der Durchschnittsarzt meist nur Charlatan, soweit
überiiaupt von Ärzten als Ausübenden der Heilkunde gesprochen
werden kann ; denn seit dem Umgreifen der taoistischen
Tendenzen wurde die Heilkunde mit dem crassesten Aberglauben
verquickt ; die Bonzen sind zugleich Arzte, und Beschwörungen
bei Krankheiten an der Tagesordnung.
FEST, DIE ARZTE CHINA S. 95
Der Charakter oder das Ideogramm für Arzt ist ■^, i. Der
Begriff " Arzt " und "heilen" werden durch das gleiche Zeichen
ausgedrückt. Der Begriff " Arznei " steht nicht in Verbindung mit
" Arzt" oder " heilen," wie der deutsche A.usdruck, sondern ist ein
selbständiger und bezieht sich auf den vorwiegenden Gebrauch von
Kräutern (^, yoh); dieser Begriff schliesst die Thätigkeit des
Arzneiverabreichens ein.
In der Anrede wird der gewöhnliche Titel für " Herr " mit
"Arzt" verknüpft: i-sheng (■§^). Zuweilen begegnet man auch
der Bezeich ung : i-che (^^), welche Zusammenstellung das
Particip vertritt und demnach etwa "Heiler" oder "der Heilende"
bedeutet.
In älteren Büchern findet sich eine Bezeichnung, die auf das
sehr hohe Ansehen des Standes hinweist, nämlich kwa-sheu (I^^),
"des Reiches Arm." Allerdings heissen auch Schach-Cham-
pions so. Auch findet sich die Bezeichnung tai-fu (^^) "grosser
Gelehrter."
Jeder Arzt in Staatsdiensten, sei 'es Militär oder Zivil, heisst
i-kwan (^'g), was Arzt-Beamter bedeutet.
Der Chirurg wird als " Arzt der äusseren Abteilung " bezeich-
net (wai-ko-chi-i-sheng, ^h^"^-^^). Der Zahnarzt heisst gemäss
seiner Thätigkeit : ye-ko-i-sheng (^t^^^), Arzt des Zahnftichs.
Die gewöhnliche Bezeichnung für Quacksalber, wang-lum-pa
(5-^/^), bezieht sich auf den Umstand, dass sie meistens
Wanderärzte sind und gleich den Wahrsagern um Honorar betteln.
Seit der Yuendynastie (i 280-1 380) befindet sich ein Kollegium
in Peking, Hier wird aber nicht unterrichtet, auch nicht exami-
nirt. xA-lIerdings hat dies Kollegium das Recht, gewisse Titel zu
verleihen, allein diese beziehen sich nur auf seine Mitglieder und
Beamten. Die Mitglieder sind nicht klüger und nicht dümmer als
ihre Kollegen im Hinterland ; meist brachte sie der weise
Gebrauch fremden und eignen Kapitals in diese Stellung. Dieses
Kollegium führt den Namen : t'ai-i-yuen, ±,W^ hohes Arzt-
Kollegium. Besonders hervorragende Ärzte, oder solche, die
sich in hohe Gunst zu setzen verstanden, bilden eine Art Vorstand ;
sie führen den Titel : sze-i (nulg), Meister-Arzt. Der Direktor des
Vorstands führt den Titel: ta-i-kien (^g^), etwa: hoher Arzt
Inspektor; oder auch: ta-liang-siang (^^^H'fB)» hoher geschickter
^ FEST, DIE ÄRZTE CHINA'S.
Direktor. Dem Arzneibereitungs-Department steht der shang-
yoh-kien (1i^^^), kontrollierender Arznei-Inspektor, vor. Eine
Art hygienischer Inspektor ist der tai-i-lang {-js.^^)^ hoher Arzt-
Beamter. Dem Vorstande gehören ferner zwei Proktoren an, ein
Senior-Proktor mit dem Titel : tai-i-ching (:^-^^), hoher Arzt-
Magistrat, und dessen Beisitzer oder Junior-Proktor : tso-yeu-
yuen-pan (^^1^^'!]), beisitzender Kollegiats-Richter. — Diesem
Kollegium gehören die kaiserlichen Leibärzte an mit verschie-
denen Amtstiteln ; am gebräuchlichsten sind : yu-i (^-g),
kaiserlicher Arzt, und shi-i (■^■^), aufwartender Arzt. Sämmtli-
chen Mitgliedern steht der Titel zu : tai-i-poh sze (:;^Stiit). hoher
Arzt-Professor.
Wie wird man in China überhaupt Arzt } Sehr einfach. Man
nennt sich einfach so, und man ist es; denn mit der Praxis sind ja
keine Titel oder Würden verknüpft.
Die bessere Klasse der chinesischen Arzte verbringt aller-
dings einige Jahren bei Präzeptoren. Will nämlich ein junger
Mann Arzt werden, so begiebt er sich zu einem Heilkünstler von
Ruf und schliesst einen Vertrag mit ihm. Er spielt dessen
Handlanger, liest fleissig seines Meisters Rezepte, hört andächtig
auf jedes Wörtchen Weisheit, das seines Lehrers Lippen entfällt,
und liest hin und wieder in den alten medizinischen Klassikern, falls
solche vorhanden. Dann lässt er sich nach Ablauf der ausgemachten
Zeit als selbständiger Praktikus irgendwo nieder, indem er den
Leuten auf einem roten Schilde sein enormes Wissen erzählt und
seines Meisters Namen annimmt. In der Regel spricht diese
Klasse noch sehr weise von dem fabelhaften SJien-Nting, der alle
Kräuter an sich selbst probierte, oder es wenigsten gethan haben
soll ; während andere Werke, wie Ts'o-pim, nur dem Namen nach
bekannt sind.
Am meisten noch vererbt sich der Stand von einer Generation auf
die andere, und so giebt es ganze Familien von Ärzten, deren
männliche Mitglieder seit Jahrhunderten sämtlich in gleicher Weise
Praxis ausüben, da sich die etwa vorhandenen Rezepte und
medizinischen Bücher stets mit vererben und den gemeinsamen
Quell ihres Wissens ausmachen. Im allgemeinen hat man das
meiste Zutrauen zu solchen Ärzten, die eine lange Reihe von
Berufsahnen aufzuweisen haben. In der Cheu-Dynastie schon
FEST, DIE ÄRZTE CHINA S. 9/
warnte man das Publikum vor solchen Ärzten, die nicht wenigstens
drei Generationen von Ärzten hinter sich hatten.
In der Nähe von CJäng-Po befinden sich zwei Dörfer, Mang-Jio
und Tsung-ko, jedes gänzlich bewohnt von einem Ärzteclan ;
alle Männer sind Heilkünstler. Sie sind so berühmt, dass die
Kranken von nah und fern, oft aus den entferntesten Provinzen,
hinpilgern. Als noch vor wenigen Jahrzehnten die Kaiserin-Mutter
erkrankte, gebot es die Ehre, dass man für ihre Majestät die
berühmtesten Männer des Landes konsultierte. Man verschrieb
sich die weisesten Herren aus jenen beiden Ortschaften, Hess ihnen
durch die Leibärzte die kaiserlichen Leiden erzählen, forderte sie
auf, ihre Meinung zu Papier zu bringen, und entliess sie mit
hohen Ehrenbezeugungen, ohne jedoch von ihren Verordnungen
Gebrauch zu machen.
Einige Heilkünstler erlernen ihre Kunst sozusagen aus
dem Stegreif. So war einer der beliebtesten Ärzte Shanghais
anfangs Aufseher im Kiangnan-Arsenal. Als er dann diesen
Posten verlor, war er längere Zeit arbeits- und obdachlos,
bis ihn ein buddhistischer Priester, der etwas Kurpfuscherei
betrieb, aufnahm. Des Priesters Wissensquelle war ein uralter
Band eines Rezeptbuches. Dieses Buch entführte er seinem
Wohlthäter, eignete sich einen Teil der Formeln an und teilte
bald der Menschheit mit, dass er im Stande sei, allen Leiden
abzuhelfen.
Aus dem Gesagten geht hervor, dass der Bildungsgang äusserst
einseitig ist ; jeder befasstsich nur mit dem Lehr- oder Lesematerial
seines Präzeptors ; folglich sind alle chinesischen Ärzte Speziali-
sten, und es sind ihnen in der That sehr enge Grenzen gezogen. Für
jeden Teil des Körpers haben die Chinesen ihre Spezialisten. Der
eine behandelt nur Geschwüre, der andere nur Knochenbrüche,
wieder einer widmet sich der Chirurgie und ein anderer den inneren
Erkrankungen. Als unhöflich gilt es, sein Fach zu überschreiten.
Von dieser Courtoisie erzählt man sich folgendes Stückchen. Ein
Mann wurde von einem Pfeil getroffen, dessen Spitze fest im
Fleisch steckte. In der Eile wurde der nächst wohnende Arzt
gerufen, der zufällig Spezialist für Hautkrankheiten war. In Folge
dessen schnitt er den Schaft eben mit der Haut ab und bedauerte,
dass er nicht im Stande sei, mehr zu thun. Es musste also ein
o8 FREST, DIE ÄRZTE CHINA'S.
Chirurg gerufen werden, und da der Pfeil unter der Haut sass,.
entspann sich womöglich noch eine Debatte zwischen dem Chi-
rurgen und einem Mediciner für das Innere, in wessen Sphäre
eigenth'ch die Behandlung fiel.
Verschrieben vvird stets nach dem Prinzip: Viel hilft Viel !
Die Pillen haben häufig die Gestalt grosser Haselnüsse ; Mixturen
werden tassenweise verordnet, und man kann die Leute ganze
Krüge voll Arznei aus den Apotheken wegtragen sehen. Oft ist
der Arzt sein eigener Apotheker ; in diesem Falle befindet sich
Offizin und Konsultationszimmer in einem Lokal. Die Stuben der
Arzte sind immer offen, und wenn der Arzt zugleich dispensiert,
so besielit er seinen Patienten auf der einen Seite des Lokals mit
wichtiger Miene, befühlt dessen Puls, verschreibt ein Rezept ; dann
begiebt sich der Abgefertigte auf die andere Seite, woselbst ein
Assistent die Medizin anfertigt. Untersucht wird weiter nicht ;
der Puls ergic-bt alles. Die Arznei wird nach einer gewissen Taxe
bezahlt. Honorar verlangt der Arzt nicht. Im Lokal befindet
sich ein Kasten mit einem Schlitz im Deckel ; dahinein wirft der
Patient, was er für angemessen hält. Häufig werden nur zwanzig
Cash als Honorar gegeben ; hingegen sah ich, dass die Arznei
einen mexikanischen Dollar und dann und wann noch mehr zu
stehen kam.
Der Wert der Reklame ist in China vollkommen bekannt, und
wohl alle Heilkünstler bedienen sich derselben. Als Beispiel sei
folgende Anpreisung der Cheii-Fuh-lan-taiig Offizin in Canton
citiert :
,,Da vor Kurzem erst Hongkong und die ganze Provinz
,, Kwantung von der Pestseuclie heiingesucht wurde, sc; hat die
,, hohe provinziale Regierung ein Rezept veröffentlicht, "die Pest-
,,medizin" genannt, ein Mittel, welches unfehlbar ist. Unsere
,, Offizin hat diese Arznei hergestellt für die beiden grossen VVohl-
,, thätigkeitsanstalten Cantons, woselbst sie mit unwandelbarem
,, Erfolg angewendet wurde. In dieser Rezeptformel befindet sich
,, ein Bestandteil, "steinerner Drachensohn" genannt, welcher
,, nur in den Bergender Provinz (T/^^Z'/«;/^ gefunden wird. Durch
,, Hülfe unserer Zweigofifizin in Haugcliow konnten wir eine beson-
,, ders gute Art dieses "steinernen Drachensohns" auftreiben und
,, haben daraus, zusammen mit anderen wertvollen Ingredien-
FEST, DIE ÄRZTE CHINA's.
99
,, zien, die Mixtur bereitet. Während der Bereitung haben wir
,, andachtsvoll ein Tausend Sprüche gesagt. Jetzt bieten wir die
,, Arznei dem Publikum an und geben die Abbildung des " stei-
„nernen Drachensohns" als Schutzmarke. Die Mixtur ist nicht
,,nur unfehlbar wirksam bei der Pest, sondern sie ist auch unge-
,, wohnlich wirksam bei den verschiedenen Arten der Cholera,
,, Erbrechen, Durclifall, Kolik. Schlagflüssen, Sonnenstich, Ohn-
,, macht, Typhus, Schiffsfieber, Wechselfieber, Bräune, Leber- und
,, Magenschmerzen, Starrkrampf, Blatterngift, Sumpfifieber und
,, allen Arten Geschwülsten und Entzündungsgiften."
Gez. Chen-Fiih-lan-tang.
Um eine Probe von gewöhnlichen Anpreisungen zu geben, sei
hier eine Anzahl angeführt, die nicht Apotheken, sondern den
Läden solcher Arzte entnommen wurden, die zugleich Medizin
verabfolgen.
"X^ Alle Arten wachsüberzogener Pillen.
9& Widmet sich der
Heilung
der Augen als
Spezialität.
^W^'MT^i-fc-hZlJ^ Widmet sich der Behandlung
von Aussatz und zweiundsiebzig Krankheiten.
I? ^ ^ /h ^b 1^ Wi Bei Mann und Weib, Gross und
Klein, innerlich und äusserlich werden die Pulse verglichen.
M |S^ Ji>$ 7K ^ W ^ 2e Wirksame Amulette und Zauber-
wasser gegen loooo (alle) Krankheiten.
IE ^ W^. Kuchen zum Fettmachen der Kinder.
^ ^ ^ f@ Medizinischer Wein zum Austreiben der
Winde.
H -^ "g" ;^ /"j: \on den Vorfahren ererbte lOO (viele)
Rezepte für Salben.
^ W tt M ^ >^ Arzneiwaaren aus allen Provinzen und
Plätzen.
^ IS ^ Skrofel- und Aussatzmedizin.
^ *J® ^ §1 Ä> Die Opium-Abstinenz erleichternde Pillen.
fö JfD ^ 1^ :^ Glückerhaltende Buddhapillen.
^ M.W %. ^ m m. n -^ m ^ ^ -^^ Aufs beste zube-
reitete Choleramedizin. Alle Medizinen gut wirkend, und Am-
brosia-Mittags-Thee.
100 FEST, DIE ÄRZTE CIIINA'S.
/h Ä [b) ^ :l^ Für die Unpässlichkeiten kleiner Kinder,
Frülijahrsmedizin.
W "^ ^ l.i, "Ai Für Frauen, weisse Piiönixpillen.
A S 3t 19 0^ ^ ^ Aus acht wertvollen Ingredienzien
bestehende Medizin, um die Augen scharf zu machen.
Wohl nirgends ist man so erpicht auf männliche Nachkom-
menschaft als in China. Natürlich versteht auch hier der spekulie-
rende Heilkünstler, aus diesen Wünschen Geld zu schlagen. Wenn
man in chinesischen Städten durch die Strassen wandelt, fallen
einem allenthalben grosse, bunte Brettschilder auf, deren goldene
Charaktere stets dieselben sind. Wenn man ein solches Schild
kopiert und dann in Müsse den Sinn entziffert, so findet man,
dass Dr. X in den bombastischsten Ausdrücken verspricht, längst
entschwundene Fähigkeiten wieder erwachen zu lassen.
Erwähnt wurde schon, dass die Arzneien oft ungewöhnlich
teuer sind im Verhältniss zu den übrigen Preisen in China. Dies
hat einen berechtigten Grund ; denn die Droguen, deren sich unsere
mongolischen Kollegen bedienen, sind der Schwierigkeit ihrer
Herbeischaffung wegen oft recht kostspielig. Der gewissenhafte
Arzt Chinas verlangt, dass der Apotheker Tigerknochen, Bärenle-
ber, Bärenklauen etc. eclit vorrätig hält. Bärenpfoten geben eine
beliebte Gallerte, deren Wirkung als unübertreffliches Stärkungs-
mittel einzig da stehen soll. Jedenfalls ist der Gestank einer
solchen Bärenpfote aus dem Hinterland, wenn sie halb gedörrt und
halb faul in Canton ausliegt, auch einzig zu nennen.
Obwohl diese Abhandlung nicht bezweckt, auf die Prinzi-
pien der chinesischen Medizin einzugehen, so sind doch einige der
Medikamente zu interessanter Natur, um nicht wenigstens Erwäh-
nung zu verdienen. — Nach den Lehren der Alten entsteht der Mensch
aus dem Blute der Mutter und der Essenz des Vaters. Wird dem
Menschen die verlorene Substanz auf die eine oder andere Art
wieder zugeführt, so muss sich natürlich der Kräftezustand verbes-
sern. Demnach ist das Fleisch der Kinder das beste Stärkungs-
mittel für die Eltern. Häufig lassen sich pietätvolle Kinder des-
halb Stücke aus Arm oder Bein schneiden, um dem altersschwa-
chen Vater mit der kräftigsten aller Fleischbrühen zu helfen. Jeder
echt chinesische Arzt wird eine solche Operation ohne Weiteres
vornehmen. Die "kaiserliche Gazette" in Peking veröffentlicht
FEST, DIE ÄRZTE CHINA'S. IOI
jährlich eine stattliche Reihe von Namen solcher getreuen Kinder,
die sich für ihre Eltern auf diese Weise aufopferten.
Ein weniger grausames Medikament sind die sogenannten
"goldenen Bohnen," deren Herstellung teilweise im menschlichen
Körper geschieht. Der Koth eines gesunden Mensclien w^rd in
Nüsse von der Grösse einer Kastanie geformt, in einem Topf her-
metisch versiegelt, und dieser für mehrere Jahre vergraben. Wieder
liervorgeholt sehen sie grau aus, mit einer dünnen weissen Kruste
von aufgetrocknetem Schimmel, und haben die Konsistenz etwa
unserer Lakritze. Diese Nüsse werden vergoldet und sind alsdann
zum Gebrauch als Pillen oder für Dekokte fertig.
Ein ähnliches Mittel ist der Urin kleiner Kinder. In Bezug auf
die Frage, ob diese Flüssigkeit stets ohne Gefahr angewendet
werden kann, sind sich die Gelehrten noch nicht ganz einig. Wenn
man sie z. B. dem Kinde gäbe, welchem sie entstammt, so könnte
vielleicht eine Refiexwirkung eintreten, weiche die Lebenskräfte
gefährdet.
Dass es eine Klasse Arzte giebt, die sich ganz der Behandlung
der venerischen Erkrankungen widmet, liegt auf der Hand. Diese
Heilkünstler werden aber von ihren Kollegen verachtet, vielleicht
auch nur des Verdienstes wegen beneidet, denn ihre Schwellen sind
immer belagert. Die Schankergeschwüre sind allgemein unter dem
Namen " Canton Geschwüre " bekannt und sind sehr verbreitet.
In Canton ist eine Rezeptformel sehr beliebt, die unter dem
hochtrabenden Namen " Triplex Engel Elixir " bekannt und aus
■Quecksibersublimat und Opperment zusammengesetzt ist. Sehr
häufig w ird auch Salpeter mit Kalomel verschrieben.
Dem chinesischen Publikum sind die üblen Wirkungen des
Ouecksilbers wohl bekannt ; häufig verlangen die Krank-en, dass
keinn Quecksilber angewendet werde, und lassen sich dies kontrakt-
lich versprechen. Allein da der chinesiche Arzt für die Folgen von
Liebessünden kein besseres Mittel keimt als Quecksilber, so
verspricht er dies zwar ganz bereitwillig, giebt aber dann die
Arznei selbst, und diese enthält natürlich ein Ouecksilberpräparat.
Bemerkenswert ist die Art und Weise, wie Zahnheilkünstler zu
Werke gehen. Ich suchte mit Vorliebe die Schilder der Zahnärzte
auf und ergötzte mich an ihrer schwindelhaften Thätigkeit. Vom
chinesischem Standpunkte aus entstehen Zahnschmerzen und
102 FEST, DIE ÄRZTE CHINA'S.
Zahnhöhlen in Folge der nagenden Thätigkeit der Zahnwürmer.
Diese Würmer haben einen schwarzen, harten, spitzen Kopf und
einen braunen Körper. Das rationelle Bestreben des Zahnarztes
muss nun natürlich sein, den bösen Wurm zu töten, oder besser
noch, ihn ganz zu entfernen und womöglich dem Patienten als
Triumph der Wissenschaft zu zeigen. Da man aber nie
einen natürlichen Wurm findet, so muss der Charlatan seine
Zuflucht zur Kunst nehmen ; das heisst, er muss künstliche Würmer
in den Zähnen finden. Das Volk glaubt nun einmal an Würmer,
mithin ist der Charlatan, der doch auch leben will, gezwungen,
den Ansichten des Volkes gerecht zu werden. Der Vorgang
hierbei ist folgender. Der Kranke wird aufgefordert, seinen
Mund so weit als möglich zu öffnen, damit der Zahnheilkünstler
möglichst viele Finger einführen kann. Zur einfachen Linderung
der Schmerzen wird der Zahn mit einer Paste oder einem Pulver
bedeckt. Nach einigen Minuten stochert der Charlatan mit einem
dünnen Bambusstäbchen in und an dem Zahn herum und entfernt
auch wirklicli einen kleinen braunen Wurm mit schwarzem Kopf.
Ist keine schadhafte Stelle am Zahn zu entdecken, so wird die
Wange der schmerzenden Seite mit einer braunen Schmiere be-
handelt, welche stark nach Pfefferminz riecht. Nach kurzer Zeit
wird dann ebenfalls ein Wurm gefunden, und zwar merkwürdi-
ger Weise im Ohr oder im Auge. Der Leidende scheint jedesmal
Linderung zu spüren — auf jeden Fall ein guter Beweis für die
Macht der Einbildung. Woraus die Würmer bestehen, konnte
leider nicht festgestellt werden. Ich bin der Meinung, dass sie aus
einem ähnlichen Material bestehen wie die hier in Japan allgemein
bekannten Bambusblumen, und dass sie durch die Feuchtigkeit des
Mundes aufschwellen. Die Linderung der Schmerzen ist wol auch
teilweise der angewendeten Paste zuzuschreiben, welche als
Gegenreiz wärkt.
Ist der Zahn so schlecht, dass er entfernt werden nmss, so
gestaltet sich die Sache schon schwieriger, denn einen festsitzenden
Zahn kann der Chinese nicht entfernen. Der Zahn muss erst
gelockert werden ; dabei wird der Leidende aufs neue angeführt.
Zur Lockerung bedient man sich ebenfalls eines Pulvers oder einer
Paste, die in das Zahnfleisch gerieben wird ; in der That aber lockert
die heftige damit verbundene Manipulation den Zahn. Die Paste
FEST, DIE ÄRZTE CHINA'S. IO3
soll ganz absonderliche Wirkung haben, denn nacli der allgemeinen
Ansicht wird der Zahn durch die Paste so gelockert, dass man ihn
mit den Fingern entfernen kann ; wenigsten glaubt dies das grosse
Publikum. Nach der Zusammensetzung des Mittels zu schliessen
darf man allerdings eine aussergewöhnliche Wirkung erwarten.
Eine sehr alte Formel für die Paste ist nämlich : Ciimabar, Salpeter,
Pferde- und Schildkrötenharn, und als Pulver empfiehlt zu diesem
Zwecke der alte als klassisch anerkannte ]Vang- ein Gemisch von
getrocknetem Knoblauch und pulverisierten Drachenknochen.
Nachdem der Dentist das Lockerungsmittel in entsprechender
Weise appliziert hat, wartet er eine Weile, bis die Wirkung
eingetreten ist, und schreitet zum zweiten Akt des Gaukel-
spiels, dem eigentlichen Entfernen des Zahnes. Hierzu greift
er mit der rechten Hand in den Mund des Patienten und verabfolgt
ihm mit der linken ein paar Backpfeifen. Die Hand, welche
den Zahn ergreift, ist in der Regel mit einem Stüclc dünnen Papiers
oder Seide bedeckt, je nach der Vornehmheit des Zahnarztes. Mit
dieser Hand werden reibende Bewegungen ausgeführt ; in
Wahrheit aber sollen diese Bewegungen das Ansetzen eines
hebelartigen Instrumentes verdecken, das der Schlauberger im
Tuche oder im Papier verbirgt. Da die Backpfeifen und der Ruck
am Zahn zu gleiclier Zeit erfolgen, so bleibt der Leidende über den
eigentlichen Vorgang im Unklaren. Häufig muss das Lockerungs-
mittcl mehrere Mal angewendet werden.
Wie der Arztestand im äusseren Ansehen gesunken ist, so sind
dementsprechend auch die Anerkennungen gesunken. Obwohl hier
und da ein Arzt den fünften oder gar den dritten Knopf trägt, so ist
das goldene Zeitalter doch längst entschwunden, in dem die Väter
der Heilkunde auf erhöhten Stühlen sassen, wie SJtamiug und Wang.
Damals gab es aber auch nicht nur finanzielle, sondern auch Aner-
kennungen besonders hoher Art. Heutzutage operiert niemand
mehr in China an den Knochen zukünftiger Kriegsgötter herum, wenn
sie von vergifteten Pfeilen getroffen werden, wie Wa-fo am Kzvan-
fu-ts^. Dieser besass aber auch besondere Fähigkeiten ; denn er war
im Stande, dem Sohne seines Kaisers ein Auge zu entfernen und dies
durch ein anderes zu ersetzen. Ein äusserst schlauer Mensch muss
6"?^«-.y,c'-7/m/(^^,g,j^) gewesen sein, wenigstens war seine Feinfühlig-
keit einzig. Als eine Kaiserin der T'ang Dynastie niederkommen
104 FEST, DIE ÄRZTE CHINA'S.
sollte und die Geburt nur langsam vor sich ging-, wurden die Hofärzte
unruhig und konsultierten Sun-s.'::'-iniu. Er durfte sich natürlich
der hohen Patientin nicht nahen. Doch er wusste sich zu helfen ;
er Hess der Kaiserin das Ende eines langen Seils um das Gelenk
binden und hielt selbst das andere zwischen den Fingern. Auf
diese telephonische Weise konnte er feststellen, dass das Kind das
Herz der Mutter gefasst liatte und sich mit beiden Händen
daran festhielt, daher die Verzögerung der Geburt. Er schlug
Akupunktur vor ; der Stich that dem bösen Kinde so weh, dass es
sofort losliess und sogleich geboren wurde. Kein Wunder, dass
der tüchtige Arzt zu einem Gott der Heilkunde erhoben wurde !
Der gelehrte Pin-tse7ik (j^H) nahm bei einem der Genien
Unterricht und lebte für die Dauer von dreissig Tagen nur
von Thau ; dafür erfand er aber auch die Pulslehre und
braclite Akupunktur und Moxen in grosses Ansehen. Er lebte
unter der Herrschaft des grossen Kaisers We-lih (468 bis 440
V. Chr). Ihm zu Ehren wurden später Tempel gebaut, und er
genoss schon bei Lebzeiten grosse Ehren. — Schlechter ging es
hier auf Erden dem schon erwähnten IVa-i'o, der schon damals
den Leuten den Bauch aufschnitt, die Eingeweide abwusch
und die Wunde zunähte. Das Bemerkenswerte dabei ist, dass die
Leute nicht gestorben sein sollen. Nervosität wurde in damaliger
Zeit von Winden verursacht, welche den Leuten im Kopfe
herumzogen. JVa-fo schlug deshalb vor, dem tapferen General
Tso-Tso, der äusserst nervös war, ein Loch in den Kopf zu
bohren und den Wind herauszulassen. Der biedere Haudegen
jedoch, der sich keiner Windigkeit bewusst war, nahm die Sache
krumm ; er Hess den vorwitzigen Doktor ohne weiteres von seinem
hohen Stuhle herunter werfen und um Kopfeslänge kürzer machen.
Jetzt wandelt der unglückliche Doktor unter den Genien umher ;
auch wurde er zu einem Gott der Ärzte erhoben. Tsan-Kwei
erhielt den gleichen Rang, ohne vorher den Kopf zu verlieren.
Geköpft können die chinesischen Ärzte noch heutzutage werden,
aber das Zumgottmachen hat aufgehört.
Dass das Honorar ein spärliches ist, wurde schon erwähnt.
Dies hat seinen Grund in der Art and Weise, wie die chinesischen
Ärzte ihre Visiten machen. Bedarf der Chinese eines Arztes, so
richtet er sich nicht immer nach dem Rufe des Heilkünstlers, son-
FEST, DIE ÄRZTE CHINAS. 105
dern er entscheidet es häufig durch das Loos oder lässt einen Bon-
zen für ihn entscheiden, welchem Arzt er das meiste Vertrauen
schenken soll. Er schickt dann dem Arzt eine Sänfte und drei
Träger. Der Arzt kommt, befühlt die verschiedenen Pulse, macht
ein wichtiges Gesicht und verschreibt ein Rezept ; bei vornehmen
Kranken schreibt er den Namen der Krankheit auf, den Verlauf
derselben, den Ausgang, Verhaltungsmassregeln und was er
verordnet hat. Zum zweitenmal macht man keine Krankenvisite,
denn um ungerufen zu kommen haben unsere chinesischen Kolle-
gen doch noch zu viel Standesbewusstsein.
Rechnungen werden nicht geschickt. Der Familienvorstand
übergiebt dem Doktor das Honorar, je nach seinem Vermögen hoch
oder niedrig, in rotes Papier eingeschlagen, gemäss der in China
üblichen Art und Weise, Geschenke zu überreichen. Dies Honorar
nennt man "goldenen Dank " oder auch "Dankesweg." Natürlich
zahlt man auch stets die Sänftenträger.
Der arme Patient nimmt getreulich seine Medizin zu Ende,
dann aber sucht er meist einen andern Arzt auf. Die Wohlhabenden
haben weniger Geduld. Sie holen Arzt auf Arzt, oft mehrere zu
gleicher Zeit, bis der Kranke entweder besser wird oder stirbt.
Diese Sitte oder Unsitte verwendet der taoistische Philosoph
Lic-ts:z (^(J^) zu einer Satire, geschrieben ungefähr im Jahre 300
n. Chr. [Liciiis vi, 6), die hier citiert werden mag :
,, Ein Freund Yang-clms (des alten Materialisten) war Ki-liang.
,,Der Letztere wurde plötzlich krank, und seine Krankheit nahm
,, sieben Tage lang zu. Seine Söhne umstanden ihn, beklagten
,, seine Leiden und riefen mehrere Ärzte. Äfz'-Z/Vn/^ sagte darauf
,,zu Yaiig-cJiu: Meine Söhne sind so grosse Thoren ; willst Du
,,mir nicht etwas vorsingen und versuchen, es sogar ilmen
„verständlich zu machen .'' — • Yaug-chu sang :
,, Was dem Himmel unbekannt ist,
,, Wie könnten es Menschen verstehen !
,, Weder kommt Hülfe vom Himmel,
,, Noch Schwäche von den Menschen ;
,, Sollte ich, solltest du
,, Nicht dieses wissen .'
,, Arzte und Zauberer,
,, Sollten die es wissen.'' "
I06 FEST, DIE ÄRZTE CHINA'S.
,, Die Söhne verstaiKlen den Sinn nicht und riefen trotzdem
,, drei Arzte herbei, mit Namen Kiii, Y// und Z//. Diese studier-
,,ten den Fall sorgfältig und diagnostizierten folgendermas-
.,, sen :
,, Dr. Kill sagte: "Deine Wärme und deine Kälte decken
,, einander nicht, Leere und P'üUe sind nicht gleichmässig. Diese
,, Krankheit rührt von der Unregelmässigkeit im Essen und von
,, Ausschweifungen her, und weil du deine Gelüste nicht deinen
,, Wünschen entsprechend befriedigen kannst, so ist dein Gemüt
,, getrübt. Weder Schicksal noch böse Geister sind die Ursache ;
,, aber obwohl das Leiden vorgeschritten ist, kann es doch noch
,, geheilt werden. "
,,Ki-liajig antwortete: "Nur ein gewöhnlicher Pfuscher!"
,, und jagte ihn fort.
,,Dr. Y?i sagte: "Deine Lebenskräfte sind ungenügend vom
,, Mutterleibe an, die Muttermilch war zu reichlich. Deine Leiden
,, sind nicht akut, sondern chronisch. Du kannst nicht geheilt
,, werden ! "
,,Ki-liaug bemerkte: "Ein guter Arzt. Man trage ihm
,, auf zu essen ! "
,, Dr. Z// sagte alsdann: "Deine Krankheit stammt weder
,, vom Himmel, noch von Menschen, noch von bösen Geistern.
,, Beim Beginne deines Seins wurde deine Gestalt empfangen,
,, wie sie jetzt ist, und alles war in ihr. W^as für Nutzen könnten
,, dir Kräuter und Medizinen schaffen .' "
,, Ki-liang jauchzte : " Ein genialer Arzt ! " Er machte ihm
,, reiche Geschenke und entliess ihn.
,, Ki-liangs Krankheit besserte sich ohne Zuthun. "
Diese Satire zeigt uns, dass die Chinesen ihern Ärzten gegen-
über sehr skeptisch sein können, und dass die chinesischen Ärzte es
verstehen, ihren Patienten zu Munde zu reden.
Zuweilen gehen Arzt und Patient ein kontraktliches
Verhältniss ein, besonders bei chronischen Krankheiten und
vorzugsweise bei venerischen. Der Heilkünstler bedingt sich
eine gewisse Summe aus für den Fall, dass der Kranke innerhalb
eines gewissen Zeitraums kuriert wird. Ein diesbezüglicher
Kontrakt wird aufgenommen und beglaubigt. Dem Charak-
ter der Chinesen gemäss sucht nun natürlich eine jede Partei die
FEST, DIE ÄRZTE CHINAS. IO7
andere zu betrügen. Der Patient beliebt, am Ende der Frist die
Kurmethode iür Humbug zu erklären, bezahlt den versprochenen
Preis nicht und sucht sich einen andern Arzt, dessen Dienste er
wieder eine Zeit lang gratis hat. Höherstehende und wohlhabende
Personen, besonders ältere, machen wohl auch den Vertrag, dass
der Arzt solange ein Fixum erhält, als sie gesund bleiben.
Da man den Ärzten seit dem Umgreifen der taoistischen Ten-
denzen immer weniger Vertrauen entgegenbrachte, so befasste sich
auch die Gesetzgebung mit der ärztlichen Praxis, aber nicht durch
Regulierung derselben, sondern durch das Verhängen von Strafen
für etwaige Übergriffe der Ärzte. Ein altes Gesetz verlangt, dass
bei den Erkrankungen der Kaiser Diagnose und Prognose niederge-
schrieben wird, und bestrafte etwaige Unregelmässigkeiten im
Verlauf der Krankheit. Von Glück konnte der Leibarzt reden,
der ein gutes Ahnungsvermögen besass oder die Fähigkeit hatte,
seine Worte in orakelhaftes Dunkel zu hüllen. Während der
Cheu-Dynastie bestand sogar die Verordnung, dass der Kaiser nur
dann die Arzneien einnehmen durfte, wenn sie erst von dem
Premierminister gekostet waren ; Zuwiderhandeln brachte die Köpfe
des Arztes und des Ministers in bedenkliche Unsicherheit.
Der chinesisclie Strafkodex bestimmt, dass, wenn ein Heil-
künstler aus Unwissenheit Arznei in einer von der anerkannten
Norm abweichenden Weise verordnet, und der Kranke dann
stirbt, der Arzt wegen zufälligen Totschlags zu belangen ist,
und dass er in Zukunft nicht mehr ärztliche Praxis ausüben darf.
Behandelt der Arzt aber absichtlich den Kranken entgegen den
festgesetzten Regeln, in der Absicht, sich direkt oder indirekt zu
bereichern, und tötet hierdurch den Kranken, so v/ird der Übelthäter
enthauptet. Allein das gerechte Bestrafen ist in China nicht an
der Tagesordnung, und wenn auch gelegentlicli ein Clan Privatrache
an einem Pfuscher nimmt, so geht man offiziell dem Quacksalber
doch niclit zu Leibe ; denn in China herrscht wie anderweitig der
Grundsatz, dass eine Krähe der andern kein Auge aushackt.
Höchstens wird dem Charlatan sein rotes Doktorschild zerschlagen
und er aus der Stadt verwiesen. Und doch thäte jetzt die
Anwendung dieses Paragraphen sehr not. So verspricht z. B. eine
grosse Anzahl unserer bezopften Kollegen dem Publikum Heilung
von der Opiumsucht durch den Gebrauch einer neuen Medizin ;
io8
FEST, DIE ÄRZTE CHINA'S.
diese neue Medizin ist aber nur Morphium, das von den Fremden
massenhaft an die chinesischen Grossdroguistcn verkauft wird.
Die Folge ist, dass an Stelle der Opiumsucht Morphiunisucht
tritt, und das Opfer g'anz in Händen des Charlatans ist, denn nur
von ihm kann es das Gift erhalten.
Vielleicht ist man so gelinde im Hinblick auf einen höheren
Gerichtshof der Chinesen, denn man glaubt, dass die Geister der
todtgedokterten Patienten die Schwellen des unglücklichen
Pfuschers belagern, der Schuld an ihrem Tode war.
In China wie bei uns befasst sich der Volkswitz mit Vorliebe
mit den Ärzten ; es seien zum Schluss einige Sprichwörter
angeführt, die zum Theil beweisen, dass man den Ärzten nicht
allzu grosses Vertrauen entgegen bringt.
W ^ ö! ^ Gift durch Gift heilen.
+
pT
+
Wenn zehn Ärzte zusammen kommen, so sind
zehn Arten (Meinungen) da.
W ^ '^ Ä ^ I^^r Arzt sorgt nicht für den eignen Körper.
W 1^ '^ ia :^ fi Hundert Arzneien sind nicht so gut wie ein
einziges gutes Heilmittel.
.g M ^ )lg ;\ Der Arzt vermag nicht in den Bauch zu
kriechen.
>^ S ^x A l-^*-'*' gewöhnliche Arzt bringt die Leute um.
m ^ -^ ^ W '^M^^ ^ mf^ M, Der Wanderdoktor
(Charlatan) heilt den Koj)f der Krankheit, der Arzt heilt auch
den Schwanz der Krankheit.
/S. «J^ säi
JUi^
pW .^2. fül Bei schlimmer Krankheit rufe drei erfahrene
Meister (Ärzte) !
W ^ ^ ^ B f^ 'Ci* Heilung kann erreicht werden für den
Körper, keine Heilung kann erlangt v/erden für das Herz.
;^ ^ ^ n ^'J ^ V^ Gute Arznei ist bitter für den Mund, aber
nützlich bei Krankheit.
W '^ ^ 1}^ '^ ^ Die Ärzte verlängern die Krankheit.
W^^W-^^'^Es giebt Heilung für Krankheit, aber
es giebt keine Heilung für das Schicksal.
^flJ ^ piJc ^(ß ® '^ i^ W P>in Lehrer spricht nicht über Lehrer,
und ein Arzt nicht über Ärzte.
FEST, DIE ÄRZTE CHIXA'S. ,Oq
grosser Magier sterben oft durch Dämonen, Söhne guter
Ärzte sterben oft an Krankheit.
^1 ^-f- mm mm m m ^iäm Die akupunktierenden
pflasterschm.erenden Arzneil)ändler gebrauchen nur nachgemachte
Medicinen.
fg W :^ S ® Der geschickte Arzt kann sich selbst nicht
kurieren.
m m m m m ^'ne rückfällige Krankheit kann keine Median
kurieren.
FORMOSANISGHE VOLKSLIEDER.
NACH CHINESISCHEN QUELLEN
VON
Dr. KARL FLORENZ.
I. Einleitung.
Band 14 bis 16 des umfangreichen, von der chinesischen Re-
gierung herausgebenen" Werkes ^j>^j]^^ Tahvau-fn-cJii *' Berichte
über die Präfektur Taiwan (Formosa) " enthalten höchst wertvolle
Aufzeichnungen über Sitten und Gebräuche, Sprache und
Litteratur derjenigen wilden oder halbwilden Stämme der
Urbevölkerung Formosas, mit welchen die Chinesen in Berührung
gekommen waren. In Band 14 und 15 (25 und 23 Blätter) wird eine
Beschreibung der Lebensweise der Barbaren gegeben : sämtliche
Stämme sind nach ihren Wohnsitzen in zwölf Gruppen geteilt, und
bei jeder Gruppe wird das Wissenswerte unter den Rubriken
Wohnung, Nahrung, Kleidung, Heirat, Begräbnis, Werkzeuge,
und Appendix (Citate aus verschiedenen Quellen;, mitgeteilt.
Band 16 enthält auf Blatt i bis 4 ein systematisch geordnetes
* Das "Jüiuian-fu-chi existiert, wie mir Herr Dr. Ahwjiro Miirakami freundlichst
mitteilt, in vier v cbciitlich von einander verschiedenen Ausgaben :
A. ^^/{5^,i; Taiwan-Ju-chi, lo Bde, publiciert im 33. Jahre Kang-hsi, d. i. 1694.
Nicht aufzutreiben.
S- MM (MM'^ li^iS Chung-sicH Taiwan-fu-chi " zum zweiten Mal abgefasste Berichte
über die Präfektur Taiwan," 30 Bde, publ. im 6. Jahre K'ien-lun, d. i. 1741. Exemplar in
der Uyeno Bibliothek zu Tokyo (Teikoku-zushokwan).
C. t^WWMM^-^ Suh-sicu Taiwan-fu-chi " zur Fortsetzung abgefasste Berichte über
diePr.äfekiur Taiwan," 25 Bde, publ. im 11. Jahre K'ien-lun, d. i. 1746. Die bei weitem
vollständigste Ausgabe in Bezug auf Sprache, Litteratur und Sitten der Ureinwohner. In
meinem Besitz, und Grundlage des vorliegenden Aufsatzes.
D. W^'W'^1^'^^ Sin-sieu Taiwan-fu-chi " Neu abgefasste Berichte über die Präfektur
Taiwan," 26 Bde, publ. im 2g. Jahre K'ien-lun, d. i. 1764. Bis jetzt noch nicht zu verschaf-
fen. Die Mehrzahl der vorhandenen Exemplare scheint im letzten formosanischen Feldzuge
za Grunde gegangen zu sein.
FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER. Hl
formosanisch-chinesisches Vokabular, dem die Sprache von Stäm-
men aus dem Regierungsbezirk Tsu-lo {Chu-lo) ^,|| (d. i. Kagi) zu
•Grunde zu liegen scheint, da es den Vermerk " alles Obige
kommt in den Annalen von Tsu-lo vor " trägt. Hierauf folgt auf
Blatt 4 bis lO eine Sammlung von 33 Liedern der Barbaren :
Originaltext in Transskription mittels chinesischer Zeichen, nebst
chinesischer Interlinearversion Vers für Vers. Vor jedem Gedicht
ist bemerkt, welchem Stamm es angehört ; auch ist eine Über-
schrift beigegeben. Auf Blatt 10 bis 25 (Schluss von Band 16)
endlich folgt eine vermischte Abhandlung über allerhand Einrich-
tungen und Gebräuche nach verschiedenen schriftlichen Quellen,
unter dem Titel |tf§?i# " Allgemeine Untersuchungen über die
Sitten der Barbaren."
Auf das Vokabular und die Lieder hat zuerst G. M. H. Play-
FAIR in vol. 7, pag. 342-45 der Clima Revieiv aufmerksam gemacht
(1879). Er giebt etwa die Hälfte des Vokabulars, nämlich 129 aus
253 Wörtern, in lateinischer Transskription mit Hinzufügung von
entsprechenden Wörtern aus BULLOCK'S Formosanischem Vokabu-
lar, das in vol. 3 derselben Zeitschrift erschienen war. Abgesehen
davon, dass Playfair ohne ersichtlichen Grund nur die Hälfte des
Wortschatzes mitteilt, wird der Wert seiner Veröffentlichung auch
dadurch beeinträchtigt, dass er an mehreren Stellen sich in der
Gruppierung der Wörter und der zugehörigen Bedeutungen
getäuscht hat. Von den 33 Liedern giebt er 4 in freier versifi-
^ierter Übertragung auf Grund der chinesischen Interlinearversion.
•Gegen solche poetischen Versuche ist ja an und für sich nichts
einzuwenden, und ich bin wohl der letzte, der da mit Steinen zu
werfen sich erkühnen dürfte ; aber wo es sich um Gedanken und
Herzensergüsse von so unendlicher Naivität wie im vorliegenden
Falle handelt, ist zunächst wenigstens nichts Anderes als eine
wörtliche Prosaübersetzung am Platze.
Chinesische Transskriptionen entstellen fremdsprachliche
Texte bis zur absoluten Unkenntlichkeit. Aus ihnen einen lesbaren
Originaltext wieder herauszutifteln, gehört zu den schwierigsten
Kunststückchen philologischer Rekonstruktion ; die Aufgabe wird
schier unlöslich, wenn man von der Sprache des Originals so wenig
Genaues weiss, wie wir bis jetzt von den formosanischen Sprachen
wissen. Ich habe indessen hier nicht die Absicht, den Leser in den
112 FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER.
Irrgarten linguistischer Untersuchungen dieser Art zu führen, so
ausserordentlich wichtig und interessant sie auch für den Sprach-
forscher sind. Was für den allgemeinen I^eser, der seine Kenntnis
der Weltlitteratur bereichern will, vor allem in Betracht kommt,
ist eine genaue Übersetzung der Lieder ohne alle Zuthaten und
Ausschmückungen. Freilich sollte sich diese Übersetzung direkt
auf das formosanische Original gründen ; da aber, wie schon
bemerkt, bei dem jetzigen Stande der Wissenschaft eine erfolgreiche
kritische Herstellung des Originaltextes noch in weitem Felde
liegt, so müssen wir uns vorläufig mit einer Interpretation der
chinesischen Interlinearversion, die auf Treu und Glauben hinzuneh-
men ist, genügen lassen. Glücklicherweise darf man den Chinesen
einen ziemlich hohen Grad von Vertrauen entgegenbringen,
denn bei aller nationalen Voreingenommenheit und Schwerfällig-
keit arbeiten sie in der Regel mit anerkennenswerter Sorgfalt und
Objektivität. Der Inhalt der Lieder, Volkslieder im eigentlichsten
Sinne des Wortes, ist für die Kenntnis der Sitten und Lebensanschau-
ungen der formosanischen Wilden so wichtig, dass sie ohne
weitere Bedenken auch in ihrer sekundären Form dem Publikum
zuo-änglich gemacht zu werden verdienen. Meine linguistischen
Untersuchungen über das Vokabular und den Originaltext der
Gedichte werde ich an anderer Stelle mitteilen.
Man könnte die Gedichte ihrem Inhalt nach in einige wenige
Gruppen verteilen, wie Lieder zwn Lobpreis der AJinen (Lied J\'o.
3, 4, 5, 6, 24, 27, 33) ; Liebes- und Heiratslieder (2, 13, 16, 18, 25,
28, 29, 30, 31); Festlieder (i, 11, 14); Arbeit, öffentliche Pflichten
u. s. w. (7, 10, 12, 15, 17, 21, 22, 32); Jagd- lind Trinklieder (8, 9,
19, 20, 23, 26), Manche Lieder lassen sich in mehrere Gruppen
einreihen. Ich habe aber die ursprüngliche Anordnung beibehalten,
einesteils um eine eventuelle Bezugnahme auf den formosanischen
oder chinesischen Text zu erleichtern, andernteils auch deshalb,
weil diese Anordnung eine systematische geographische ist. Die
Stämme, denen die einzelnen Lieder angehören, sind nämlich in
derselben Reihenfolge aufgeführt wie in Band 14 und 15 bei Gele-
genheit der Darstellung ihrer Sitten und Gebräuche. So gehören
I bis 2 zum Reg-Bezirk Tai-ivan, 3 bis 1 i zum Reg-Bezirk Hong-
soa, {Feng-shan), 12 bis 19 zum Reg-Bezirk Tsu-lo {CJm-ld), 20 bis
29 zum Reg-Bezirk Chiong-hiva, [Chatig-hua), 30 bis 33 zur Unter-
FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER. II3
Präfektur Tmn-siii (alle diese Benennungen nach der Einteilung
alten Stils vor dem Jahre 1885).
Die in Betracht kommenden Stämme gehören mit ein oder
zwei Ausnahmen nicht zu den vollständig wilden Urbewohnern der
Berge, den Sen^-hoan* (Ife^) " rohen Barbaren " welche sich als
Kopfjäger und unversöhnliche Feinde der Chinesen einen so üblen
Ruf erworben haben (vgl. Mackay, From Far Formosa, pag. 251-
277), sondern zu den Halbwilden, welche mehr oder weniger die
Oberhoheit der Chinesen anerkannten und diesen, wie auch in
mehreren Liedern erwähnt wird, Abgaben zahlten. Es sind Stäm-
me der sogenannten Pe-po-hoati (^i^^) " Barbaren der Ebene,"
und Sek-hoan (f^^) " gare oder reife, d. i. befreundete Barbaren "
(im Gegensatz zu den rohen oder feindlichen). Daher spielt auch
der t'ong-siL (jiS^) "Dolmetscher" wiederholt eine wichtige Rolle.
Im Gegensatz zu den die tiefen Berge bewohnenden wilden Barba-
ren, für welche im Tahvan-fii-chi auch der Name Ya-Jioan (i^*^)
gegeben ist, werden die zahmen auch T'o-Jioan -f*.^ und Pe-te-kin-
hoan (^M^^) "nahe Barbaren des flachen Landes" genannt.
Von letzteren ist besonders bemerkt, dass sie nicht wie die Wilden
Stamm für Stamm scharf von einander getrennt leben, sondern sich
unter einander vermischen.
Unter der Überschrift des ersten Liedes findet sich die
Bemerkung 1^1^ äß^j^fgl;;^^: das Folgende kommt alles im Hoan-
siok-liok-k'ao iFan-su-liii-k'ao) " Sechs Untersuchungen über die
Sitten der Barbaren " vor. Es ist dies eine der zahlreichen Schrif-
ten, welche bei der Kompilation des Tahvan-fu-c/n henntzt worden
sind. Ich gebe die Aussprache der in den Überschriften
genannten Namen der Stämme (frt sia ist vielleicht manchmal
besser durch "Dorfschaft" als durch "Stamm" wiederzugeben)
so, wie sie jetzt bei den Formosanern selbst gebräuchlich ist; wenn
mir anderswo die Kenntnis derselben nicht zur Verfügung stand,
habe ich mich mit der ihr am nächsten kommenden Amoy-Aus-
sprache der Zeichen nach William's Syllabic Dictionary beholfen.
Stellenweise habe ich auch die nordchinesische Aussprache noch
hinzugefügt, wenn sie zur Erkennung von Namen geeignet
erschien.
Ch'i-hoan (Macl^ay i-tc.), Chin-iüan (Scheteli^).
114 FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER.
Von den zahlreichen Hinweisen auf das Vorhandensein von
Gesängen und Tänzen will icli die Bemerkungen Taintor's, eines
der sorgfältigsten Beobachter, aus seinem Aufsatz The Aborigines
of Northern Formosa (Journal of the North-China Brauch of the
Royal Asiatic Society, New Series, No. IX, 1875), Seite 62 f. repro-
duzieren : " Wir wurden mit einer Anzahl von seltsamen und
interessanten Vorstellungen, in denen Gesang und Tanz vermischt
waren, unterhalten. Männer und Weiber fassten sich bei der Hand
und sangen mit langsamer, einfacher und gar nicht unmelodischer
Weise ihre Volksballaden, wobei sie mit den Füssen den Takt
angaben, gelegentlich bei geeigneten Stellen durch Fussstampfen
oder Kniebeugen Nachdruck gaben, und manchmal ihre Leiber
langsam rückwärts und vorwärts wiegten. Im Verlauf des Gesan-
ges wurden sie immer animierter, die Melodie wurde lebendiger,
und die Körperbewegungen häufiger und markierter. Der letzte
Ton jeder Strophe wird ad libitum ausgehalten. Die Melodien
sind alle sehr einfach und gehen selten über 2 oder 3 Noten hinaus.
Bei einem Gesang fiel nach einein von den Männern gesungenen
Halbchor die ganze Gruppe von etwa 30 Männern und Weibern im
Chor ein, was einen ganz einzigen Effekt hervorbrachte. In einem
anderen, und vielleicht dem gefälligsten Gesang, sangen sie mit
leiser klagender Stimme die Geschichte der ihnen von den Chinesen
zugefügten Unbilden, die sie aus ihren Heimstätten ausgetrieben,
ihre Ländereien an sich gerissen und ihre Leute getötet hätten.
Nach einem der Gesänge wurde von mehreren Weibern eine
seltsame Ceremonie, offenbar religiösen Charakters, veranstaltet.
Die eine setzte sich auf die Erde und nahm den Kopf einer anderen,
die so that als ob sie tot sei, auf den Schoss. Zwei andere hielten
ihr die Hände, in deren jede ein kleiner grüner Zweig gesteckt
war. Darauf begannen die drei einen langsamen, traurigen
Gesang, und eine von ihnen schwenkte einen Becher vor dem
Gesicht der Schläferin hin und her. Nach einigem Singen stand
die eine auf, wedelte mit dem Zweige himmelwärts und schrie der
Liegenden laut ins Ohr. Diese erwachte sofort und stand auf, und
alle nahmen an einem lebhaften Tanz und Gesang teil, wobei sie
im Kreise oder in Schlangenwindungen umhergingen. Bei noch
einem anderen Tanze kam zuerst ein munteres Solo von einer der
Frauen, dann fielen die übrigen ein und brachen plötzlich in den
FLORENZ, P^ORMOSANISCHE VOLKSLIEDER.
115
Ruf ]ii ! hi ! hi ! aus, indem sie jeden Schrei mit einem tiefen Bück-
ling begleiteten. Bei vielen dieser Gesänge, die nach Stil und
Haltung verschieden waren, hielten einige der Singenden grüne
Zweige in der Hand."
Von den Liedern und Balladen der Formosaner ist ausser deu
4 sclion erwähnten, von Playfair nur allzu frei übersetzten
Stücken der vorliegenden Sammlung, und 2 von GUERIN in seiner
Abhandlung Vocabulaire du dialecte tayal ou aborighie de tile
Formose in Text und Übersetzung gegebenen Gesängen meines
Wissens in einer europäischen Sprache nichts bekannt geworden.
Die beiden von GUERIN mitgeteilten Stücke haben wegen der
Beigabe des Originals und einer Analyse besonderes Interesse, und
da die Abhandlung nicht überall zugänglich sein dürfte, will ich sie
hier noch einmal dem Leser vorführen (mit teilweise veränderter
Schreibung).
(l LtED EINES TaYAL-BaRBAREN, welcher auf DIE Jagd
NACH CHINESISCHEN KÖPFEN GEHT :
Lanka kiiin '^ putgiai
[ich] thue ich laufen
lanka inataj/gtin
[ich] thue erreichen den Abhang
gegenüber
sangiin
überraschen
mo patiis
schiessen Flinte
kutan
töten
panga toloch taiikon
tragen Kopf Netz
panga g aus aP^
tragen Haus
kmita kanilit ^^
sehen Mädchen
Ich werde drauflosstürzen ;
[werde] den Abhang dort
drüben überschreiten ;
[werde den Feink] übberfallen,
und mit der Flinte schiessend
[ihn] töten.
[Ich werde seinen] Kopf in
meinem Netz mitnehmhn,
[und ihn] nach Hause bringen.
[Wenn] das Mädchen [ihn]
sieht.
i^^Richtiger Kinin.
-) richtiger "gasü/.
3) oder Kannclil.
ii6
FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER,
rnab e kanilit
schlafeil Mädchen
mabe sasan tiiliek
schlafen morgen sich erheben
malak shiliek
gut [ist] weissagender Vogel
[Wird] das Mädchen [mit mir]
schlafen,
schlafen [bis zum] Aufstehen am
nächsten Tag.
Der weissagende Vogel [weis-
sagt] guten [Erfolg].^'
II. Von EINEM Junggesellen bei einer Heirat
GESUNGEN.
Kia in all kl li
sein Bursche, (Mann)
iniekan kotoch^^ kanilit
bezahlen ein Mädchen
ongad^^ kanilit knin
nicht Mädchen ich
ongad kabalai liikns
nicht machen Kleid
ongad panga gae
nicht tragen Bataten
ongad panga nniek
nicht tragen Holz
ongad panga kntsia
nicht tragen Wasser
ongad viakunia
nicht Feld bebauen
Es giebt [hier] einen Burschen,
der hat ein Mädchen [sich zur
Frau] gekauft,
[aber] nicht habe ein Mädchen
ich.
Keine [Frau] macht [mir]
Kleider,
Keine trägt [mir] Bataten
herbei,
keine trägt Holz,
keine trägt W^asser,
keine bebaut [meine] Felder,
^) Vgl. Mackay, a. a. o. pag. 259 über den Glauben an Erfolg oder Misslingen der
Unternehmungen weissagende VögeL Im Tai-wan-fii-chi vol 14, Seite 6 b heisst es
darüber: "Wenn sie im Begriff stehen auf die Hirschjagd zu gehen, so lauschen sie
zuerst auf die Stimme eines Vogels und so prophezeien sie Glück oder Unglück. Die Farbe
des Vogels ist weiss, er hat einen langen Schwanz: es ist nämlich der ^^ P'^j'^^ (?) (Pek.
pichHao) \ in Barbarensprache bantsai. Wenn die Stimme vi. II und hell tönt, so [bedeutet
es] Glück, wenn sie matt und dünn tönt, so [bedeutet es] Uiii^lück." Der Glücksruf soll
■wie shio-shio, der Unglücksruf wie shie-shie klingen (naih Inö, Tokyo Anthr. Zschr.
1897, Juni). Auch die Richtung des Flugs wird konsultiert: es ist ein glückliches Omen,
wenn der Vogel parallel mit der Linie fliegt, in der man zum Schauplatz der Kopfjägerei
ziehen will ; unglücklich, wenn er die Linie kreuzt.
5) oder kutiich. O besser itumd.
FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER.
ii:
ongad apne
nicht kochen
ni-ai kitin
ausgehungert icli
ongad hnagaon gansal
nicht ausfegen Haus
ongad iiialahan kidii
nicht helfen ich
mahin inankiiriek sikoliek
wissen stehlen andere
makun kotoch nanak e
wissen eine einzi:
mali passona ^^
ongad sJiiu-un
kotoch nanak e
eine einzige Person
k'örkiiran
Herumträger (? colporteur)
iigiek saunian
feucht abwischen
pekkil kw'on kiiron
Person
keine kocht [mir Essen],
[so dass] ich ausgehungert bin.
keine fegt [mein] Haus,
keine hilft mir ;
[ich] weiss, dass andere [mich]
bestehlen,
wissend dass [ich] eine einzelne
Person bin.
Die Nacht auf dem Lager (?)
[ich] ganz allein
[bin wie ein] Lastträger (?),
[der sich den]feuchten[Schweiss]
abwischt.
Ich bin meines Schicksals
müde (?).
Im Juniheft der Tökyö-JinriLigakkivai-zasshi "Zeitschrift der
Tokyo Anthropologischen Gesellschaft." 1897, giebt der zur Zeit
in Taipak residierende Japaner INÖ YOSHINORI einen Artikel über
die Kopfjägerei bei den rohen Barbaren des Nordens, und teilt bei
der Gelegenheit mehrere Kopfjäger-Gesänge mit, welche er von
einem jungen Tayal vom Stamme der Toakoham, Namens Ivan,
damals 17 Jahre alt und in Taipak im Hause des Dr. Ogawa
wohnend, erhalten hat. Ivan besitzt eine gute Kenntnis des
Chinesischen und Japanischen und konnte daher die Lieder ziemlich
genau erklären. Ich gebe den Text in InÖ's lateinischer Umschrift
mit Analyse und Übersetzung auf Grund seiner Arbeit. Ein
kleiner dialektischer Unterschied ist zwischen diesen Liedern und
denen GuerinS wahrnehmbar, vorausgesetzt dass die Verschieden-
heiten nicht auf Hörfehlern beruhen.
7) Die Analyse fehlt. Die Bedeutung der letzten Zeilen ist recht unsicher.
n8 FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER.
I.
Nanii yasavarai kaninnua
was vortrefflich (?) dies Ding ?
kiiyiin viosa kutan sajin paramokan,
ich gehen schneidend- zwei Fremde
töten
kiiyim hanniJio makoas
ich hierseiend Lied singen
iso-kiuära inoha kaineta
ihr kommen sehen
kitynin kanio^ sajin paramokan,
ich töten zwei Fremde
iso-kwära inoha hiynn ngasal ma-nnyak koivao
ihr kommen ich (mein) Haus essen Wein
iso htyun inoha inasarevTi inasateyal
du ich kommen rund Tanz
iso-kivara varrTi^^ pasakntao.
ihr gut Sinn
Übertragung: "Dieses Ding, wie vortrefflich ist es !
Ich bin gegangen und habe zwei Fremde durch [Kopf-]
abschneiden getötet.
[Deshalb] bin ich hier und singe,
Kommt ihr herbei und sehet
Die von mir getöteten beiden Fremden !
Kommet ihr her in mein Haus und trinket Wein !
Du und ich, wir wollen einen Rundtanz aufführen ;
Seid frohen Sinnes ! "
II.
Kuynn inosa kaino^ paramokan ;
ich gehen töten Fremden
iso otoJio usa kaniayal kavasTtyan yava yaya yiitas
du Geist gehend sagen Brüder Vater Mutter Grossvater
givashl^,
Grosmutter
FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER. II9
kuynn kutan.
ich töten
Übertrag-ung- : "Ich bin gegangen und habe einen Fremden
getötet ;
Du Geist [des Getöteten] gehe und rufe deine Rrüder,
Vater, Mutter, Grossvater und Grossmutter,
Ich will [auch sie] töten."
Dies kurze Lied wird von dem Mörder gesungen, indem er in
den Mund des abgeschnittenen Kopfes, den man auf ein Postament
gestellt hat, Wein eingiesst, und indem der eingegossene Wein
mit Blut vermischt unten aus dem Halse wieder herausläuft. Die
Barbaren von Gilan trinken sogar dies scheussliche Gemisch.
III.
Iso via^gal tonnoJui,
du bringen Menschenkopf
Heya-kzuära varra^ pasakotao
sie gut Sinn.
Übertragung: " Du bringst jetzt einen Menschenkopf
Alle diejenigen, welche [ihn sehen], sind hoch
erfreut."
Dies Lied wird von den anderen Barbaren gleichsam als
Responsorium auf No. II gesungen.
IV.
Ataiyal kavio* paramokan nanu kaino^
Ataiyal töten Fremde was töten,
Ataiyal kutan tonnohu inaki kivara viaki kzvara,
schneidend-töten Kopf seiend viel seiend viel
varra^ Ataiyal, yasavarai Ataiyal, masakuru Ataiyal.
gut vortrefflich tapfer
Ataiyal u^^ga^ kanioi paramokan,
nicht töten Fremde
Kuynn yava yaya ra^^han kuynn
mein Vater Mutter hassen mich
kuymi kavasüyan sisoai ra^' Jian kuynn
meine älteren Brüder jüngeren Brüder hassen mich
120 FLORENZ. FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER.
kiiytin kanairel ra^ hau knyun
mein Weib hasst mich
kuyiiji sakorek ra^ hau kuyini
meine Freunde hassen mich.
yasa Ataiyal mappo-mateyii-mapitoo kaiuas
deshalb i6 oder 17 Jahre
kira-kii-a inosa raheyal kanio^ paranwkan
immer gehen Dorf töten Fremde.
paramokan koto kazvas kutan inaJiokel
Fremde ein Jalir schneidend- sterben
töten
maki koto-kavahol, saj'in-kavahol, tugal-kavaJiol.
sind 100 200 300
Übertragung : " Dass wir Ataiyal Fremde töten, warum ist es }
Weil ein Ataiyal, der viele, viele Köpfe abschneidend tötet,
Ein guter Ataiyal ist, ein vortrefflicher Ataiyal, ein tapferer
Ataiyal.
Wenn wir Atai3'al keine Fremden töten,
So verabscheuen uns unsere Väter und Mütter,
So verabscheuen uns unsere älteren und jüngeren Brüder.
So verabscheuen uns unsere Weiber,
So verabscheuen uns unsere Freunde.
Daher [soll] ein Ataiyal vom löten oder 17^^11 Jahr an
Immer aus dem Dorfe gehen und Fremde töten.
Der Fremden, die in einem Jahre [von uns] getötet sterben.
Sind [daher] hundert, zweihundert, dreihundert."
II. ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR.
Die folgende Übersetzung der 33 formosanischen Lieder des
Taiwan-fu-chi stützt sich, wie schon oben näher begründet wurde,
lediglich auf die chinesische Version, und ist so wörtlich als irgend
möglich gehalten. Für diejenigen, welche sich an der Recon-
struktion des mit chinesischen Charakteren phonetisch geschriebenen
formosanischen Urtextes beteiligen wollen, gebe ich im Appendix
FLORENZ, FORMOS ANISCHE VOLKSLIEDER. 121
eine lateinische Umschrift nach nord-tahuajiesischer Aussprache.
Letztere verdanke ich der freundlichen Mitteilung des Herrn
Ogawa in Taipak ; die in Klammer hinzugefügten Lautvarianten
geben die verschiedene Aussprache des Dialektes von Taiiian,
welche Herr N. MURAKAMI nacli Angaben eines chinesischen
Gelehrten am Orte festgestellt hat.
I. Staimn der faiketten {Toaketten) (::^^'^fEt).
Gedicht zur [Neu-] Jahrsgratulation.
** Jetzt haben wir das Jahr zurückgelegt (d. i. jetzt feiern wir das
Neujahrsfest) ;
Wir haben Reismehl-Kuchen gemacht und ein Huhn geschlachtet,
[Und] verehren Himmel und Erde.
Wir wünschen, dass das neue Jahr das vergangene Jahr übertref-
fen möge,
Dass die Ernte sich verdopple und die Nahrung unerschöpflich
seh"
Anm. *) Der Jahresanfang ist nicht an einen bestimmten Kalen-
dertag gebunden, wie bei uns oder wie bei den Chinesen. Dies
ergiebt sich auch aus einer bei Taintor a. a. O. Seite 72
citierten Stelle aus der geographischen und statistischen Beschrei-
bung des Kcmalan oder Kapsulan Thaies, des Konialan-t'ing-cJiih :
" Die Barbaren haben keine Idee vom Jahre, oder von den vier
Jahreszeiten. Das Blühen des tz'e-t'-img-h'iva i^Wi^^ eine Art
Panax,) ist für sie der Anfang einer bestimmten Periode. Wenn
die Vegetation beginnt, so kleiden sich die Frauen in ihre besten
Kleider und machen bei ihren Freunden in den benachbarten
Stämmen Besuche." Ahnliches besagen mehrere Stellen im
■l'atzuan-fn-chi : man rechnet das Jahr von einer Ernte zur andern.
Die Loiigkiau Stämme berechnen iiir Jahr nach der Reisernte ; da
sie jährlich 3 Mal ernten, so ist für sie 3 Jahre, was nach unserer
Ansicht ein Jahr ist.
Diejenigen Stämme, welche mit den Chinesen in nahe Berüh-
rung gekommen sind, feiern wahrscheinlich ihr Neujahrsfest
gleichzeitig mit dem der Chinesen. Die Stämme von Tsulo, welche
*) Vom Übersetzer liinzugefügt.
122 FLORENZ, FORMOSAXISCHE VOLKSLIEDER.
durch Lied 12 bis 18 vertreten sind, feiern ihr Neujahr am 2ten
Tage des 2ten Monats chinesischen Kalenders.
Vgl. auch Lied 21 und 27.
2. Stannn der- Sinkang (llfi^frt)-
Abschied von der Frau.
" Ich liebe deine schöne Gestalt,
Nicht kann [ich dich] vergessen.
In der That, in der That gedenke [ich immerfort deiner].
Ich gehe jetzt fort Hirsche zu fangen ;
Im Herzen wälzt es sich um, und melir und mehr kann [ich dich]
nicht vergessen.
Warte [bis ich] den Hirsch gefangen habe ;
Wenn [ich] zurückkehre, dann mache [ich ilm dir] zum Geschenk."
Aiun. Geschicklichkeit im Fangen der Hirsche gehört zu
den gepriesensten Mannestugenden. Sie stellt auf gleicher Stufe
mit Tapferkeit gegen den Feind, Schnelllaufen und väel trinken
können ohne betrunken zu werden. Vgl. Gedicht 24.
Die Sinkang sind die Sinkan, Siiickan, Xincan (7 verschiedene
Schreibungen ; verschieden von Saccam !) der Holländer, in deren
Sprache uns die von Gravius abgefasste Übersetzung des Mat-
thäus-Evangeliums, sowie andere Dokumente erhalten sind.
3. Stamm der Biilok
Lobpreis der A.hnen.
^' Hi-a-ho-hai-ya-ha ! ^^
In früheren Zeitabschnitten
Konnten unsere Vorfahren gut den Küi-lui^^ Widerstand leisten.
Hörend, dass [unserer Vorfahren] Wesen so furchtbar sei,
Fürchten sich jetzo noch immer die Kiii-lui,
Und wagen nicht unsere Grenzen im Überfall zu überschreiten."
FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER. 123
Anm. i) Eine Art Jauchzer ; etwa wie unser Heisa JucJiheisaX
Die chinesische Version bemerkt dazu : " Dieser Vers gilt als das
Lied anhebende Weise."
2) Der Stamm der Bitlok sowohl als die ihnen als Erbfeind
gegenüberstehenden Stämme der Kni-lui \%%^ (oder kwei-lei'i)
wohnen im Regierungsbezirk Hong-soa {Feng-sJian), also im Süd-
westen der Insel. Die Btilok werden in der Überschrift der ersten
Unterabteilung des Bezirks auf Seite 5b von Band 14, die Küi-hii
in der zweiten Unterabteilung auf Seite loa desselben 1^-andes
genannt und zwar heisst es da von den letzteren : 27 Stämme
der Küi-lui-soa {Kwei-lei-shan) f^j^llj, d. i. der Küi-lui Berge.
Vgl. die Lage des Gebirgszugs Kwei-lei-shan auf den Karten, z.
B. von Campbell zu seiner kleinen Schrift Fast and Fittiire of
Forniosa. Der Gebirgszug hat seinen Namen wahrscheinlich von
den ihn bewohnenden Stämmen bekommen ; das Umgekehrte ist
freilich auch inöglich. Die Küi-bii gehören zu den ^H seng-
hoa?i "rohen Barbaren." Band 14 Blatt 12 bis 14 des Taizvan-fit-
chi handelt ausführlich von ihnen. Ich gebe einige Auszüge :
"Die Küi-lui sind sehr mordsüchtig. Sie spalten [ihren getöteten
Feinden] den Kopf und nehmen ihn mit fort. Den Schädel
schmücken sie mit Gohl und betrachten ihn als ein Schatzstück.
Die Kinder und Nachfolger von ermordeten Barbaren gehen nach
Ablegung der Trauerkleider nach vier Monaten aus, ermorden
Leute, nehmen deren Kopf und opfern [ihn den Manen des Er-
schlagenen]. Die Taibu und die Leklek (vgl. Lied 8 ; ob hier
TaibiL der Name eines besonderen Stammes ist, oder ob :k.^^^
Taibii-leklek als ein einziger Name aufzufassen ist, lässt sich bei dem
Interpunktionsmangel des chinesischen Textes nicht entscheiden)
sind am wildesten und stärksten, und deshalb betritt man nicht
ihre Grenzen. — — — Der Südosten von Hong-soa (im Text |m,g,
Hong-ip, Hauptstadt von Hong-soa) ist sehr felsig und unzugäng-
lich. Vor dem Gebirge (d. i. westlich davon) sind 72 Stämme,
nämlich die ;ffni:^ Ka-pang, llj^^ Soa-te-mb, ^I^Ä Bong-a4ip
u. s. w. Oben (nördlich) grenzt [ihr Gebiet] an die i?^j5 J^^'-
lai-iii im Regbez. Tsu-lo. unten (im Süden.) erstreckt es sich bis
zu den %\^^ Sia-pit-ek im Regbz. Hong-soa. Hinter (östlich)
dem Gebirge sind wieder 72 Stämme der ^^^ Pi-lani-bek ( =
Pi-iam an der Ostküste). Nördlich führt es zu den %^ Tsong-
124 FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER.
ngan" und südlich reicht es bis zu (1q\\ ^il|5 Long-kiau (vgl.
Gedicht ii). Dies Alles sind Wohnsitze der küi-liii Barbaren.
Jeder Stamm hat einen i'o-kzvan (siehe Anm. zu Gedicht 8) ;
ausserdem giebt es Neben-T'okwan und ^j^ kong-kai (Peking :
k7ing-c]ii'e, wohl eine Würde unter dem fo-kwan\ W. WILLIAMS
erklärt : a public office, away from the chief yamun ; a magistra-
tc's lodging, or where he temporarily holds his court. Kong-kai
ist auch die chinesische Bezeichnung für die bei vielen Stämmen
existierenden " JunggescUenhäuser," worin die gesamte unverhei-
ratete junge Burschenschaft des Dorfes untergebracht ist. Hier
muss es Bezeichnung einer persönlichen Würde sein, vielleicht =
Aufseher eines kong-kai \ dafür spricht auch, dass an einer anderen
Stelle in einer Anmerkung Bd. 14, Seite 9 steht : ^^ kiuan-su
" Amtsführer" und ggg Vo-bok " Vorsteher " werden auch kong-kvi
o-enannt.) Ein kleiner Stamm hat jnur €\x\ftx\t'o-kzvan, ein grosser
Stamm (meine Stammföderation) umfasst über 10 Stämme oder
mehrere Stämme ; im ganzen [sind es] 54 Stämme (d. h. 54 Stamm-
föderationen und kleine Einzelstämme, wobei eine Stammföderation
als eine Einheit gezählt ist. ^ wird also zugleich in einer engeren
und weiteren Bedeutung gebraucht).
" Keine Barbaren sind ärmer als die Küi-hii. Sie leben von
jeher abgeschlossen in den Bergen. Die Rothaare (d. h. Holländer)
und der Usurpator CJieiig (Koksinya's Sohn oder Enkel) dachten
oft daran, ihnen den Gar.ms zu machen ; aber da ihre Wohnsitze so
hoch gelegen waren, und die Barbaren in den steilen Zugängen
ihren Stützpunkt fanden, so wurde stets ohne Erfolg gekämpft.
Alle Expeditionen musste man lialben Weges fallen lassen.
Neuerdings haben sie sicli nach und nach vermehrt. Ihre barbari-
sche Natur ist ganz unbezähmbar. Überdies sind sie von Jugend
auf an den Gebrauch von Wurfspiess, Schwert, Bogen und Pfeilen
gewöhnt, so dass leichte Vögel und listige wilde Tiere dem Schuss
ihrer Wurfspiesse und Pfeile nicht entgehen können. Sie sind wild,
unbändig und mordsüchtig, und bilden in der That eine seltsame
Species, die ausserhalb aller Civilisation steht."
Über die Bulok und die PLntstehung unseres Gedichtes erfahren
wir Bd. 14, Seite 9 b noch folgende Einzelheiten : " Der Stamm
der Bulok ist der kleinste von den 8 [obenerwähnten] Stämmen. Sie
sind von sehr kühner Gesinnung und wohnen nahe bei den Küi-lu'
FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER. 125
Berg-eii. Früher verachteten die rohen Küi-lui Barbaren sie wegen
der Kleinheit des Stammes und der geringen Anzahl ihrer Leute,
und versuchten sie zu vernicliten. Die Häuptlinge [der Bulok]
riefen die Barbaren des Stammes zusammen, gingen in den Kampf,
brachten den rohen Barbaren eine grosse Niederlage bei und töteten
zahllose derselben. Deshalb fürchten sich die Küi-lui vor ihnen
uud unternehmen nichts mehr gegen sie. Die Nachkommen des
Bulok Stammes machten ein Gedicht und priesen darin die grossen
Thaten ihrer Vorfahren. Im Winter und Frühling beim Hirsch-
fangen und Brennholzholen (aus den Bergen) singen sie es mit
einander, und die Melodie ist sehr gewaltig. Die rohen Barbaren,
die den Gesang hören, wissen dann [sofort], dass [die Sänger] zum
Stamm der Bulok gehören, und wagen sich nicht aus den Bergen
heraus in den Bereich ihrer Lanzen."
4. Stamm der R-tavisiii (^Untcr-Tainsiii) ~V'i!k^YM^-
Lobpreisung der Ahnen.
" Bitte setzet euch hin und höret zu !
[Ich will euch] vortragen, dass unsere Ahnen gleicli wie grosse
Fische waren.
Stets beim Gehen und Laufer. waren sie sicherlich voran.
Welch [grosse] Helden !
Jetzo sind wir Nachkommen [ihrer] unwürdig ;
Wie Wind tanzen [wir ihnen] nach.
Bitte setzet euch hin und höret zu ! "
Anm. Man beachte die Wiederholung der einleitenden Worte
am Ende des Gesangs — eine echt volksliedermässige Wendung.
5. Stamm der Jalau fg^flfct-
Gedenkend wie die Ahnen von einer Wasserflut
betroffen wurden.'^
" Hai-o-o-hai-o-ha ! -'
Zur Zeit der Ahn-Herren
Litten [unsere Leute] den Angriff des Hereinstürzens von Wasser-
fluten.
Der ganze Barbaren [stamm] machte sich ans Weglaufen ;
126 Fr.ORF.XZ, FORMOSANISCIIE VOLKSLIEDER.
Laufend sticken sie in die Berge.
Da war nicht vorhanden Reisig [zum Brennen] noch Reis,
Auch waren da nicht Acker — —
Der ganze Barbarcn[stamm] h'ebte Not und Beschwerlichkeiten^^"
Anm. i) Interessant wäre es, dem Ursprung dieser Flutsage
und ihrer Verbreitung bei den formosanischen Stämmen nachzu-
forschen. Zweifellos liegen ihr aktuelle Vorgänge zu Grunde, die
sich entweder auf formosanischem Boden oder in einer früheren
Heimat der eingewanderten Stämme abgespielt haben.
2) Zu Vers i bemerkt die chinesische Version wie zu Vers i
von Lied No. 3 : Dieser Vers gilt als das Lied anhebende Weise.
3) Die drei letzten Verse entsprechen dem, was MaCKAY über
die Sitten der rohen Barbaren sagt : *' Sie betrachten es als eine
Pflicht, ihre Vorfahren wegen der von ihnen erduldeten Mühselig-
keiten zu preisen und zu verehren " (vgl. Anm. zu Lied Sj.
6. Stamm der Aho {AkaiL) ppjff^^.
Lobpreisung der Ahnen.
" [Ich will] erzählen von unseren Vorfahren :
Fürwahr, sie waren brave Männer,
Keine Stämme waren [ihnen] gewachsen.
Wer hätte gewagt mit ihnen zu kämpfen } "
7. Stamm der CJtö-tainsni {Obcr-Tavis2il) Ji^7K^-
Bearbeitung der Reisfelder.
t>
" Diese Zeit gilt als Jahreszeit zur Bearbeitung der Reisfelder.
Der Himmel lässt jetzt Regen fallen,
Zur rechten Zeit säen wir ;
Wir stecken die Schösslinge ein und rotten das [Un-]kraut aus.
Die Zeit des segenbringenden Regens ist in der Folge gekommen.
Das Besäen der Reisfelder ist herrlich [geschehen] ; wohlan !
kommt und trinket Wein ! "
Anmr Oder: das Besäen der Reisfelder ist offenbar gut;
kommt und trinket Wein ! (?j
FLORENZ, FORMOSAXISCHE VOLKSLIEDER. 127
8. Stamm der Leklck 'fj'Jj^i:.
Wein trinken und Hirsche fancren.
*'Wir kommen und veranstalten eine festliche Ceremonie.^^
Wir haben Ingwer gepflanzt ;
Wir gehen und tauschen [dafür ein] klebrigen Reis,
Wir kommen und brauen Wein.-^
Wir haben guten Wein fertig gebraut,
Und bitten die Häuptlinge ^^ zu kommen und Wein zu trinken.
Nachdem wir genug Wein [getrunken haben],
Gehen wir Hirsche zu fangen.
Hirsche gefangen [habend] kehren wir [ins Dorf] zurück ;
Wir kommen Avieder und veranstalten, eine festliche Ceremonie."
An7n. i) ^$1 sai-//si ; i-<^/ " wetteifern," /isi "spielen, auf-
führen," so dass das Kompositum "Wettspiele veranstalten"
bedeuten könnte, sni hat aber auch die Bedeutung " (religiös)
verehren "=jap. viatsitrii, und so scheint es hier gebraucht, sai-hsi
besagt dann ungefähr : " eine religiöse Feier mit mimischen Auf-
führungen veranstalten." Man vgl. damit die japanischen Kagiira
u. s. w. Die Feier besteht vor allem in der Darbringung von
Opfergaben, womit man den Göttern für ihre Fürsorge dankt. Vgl.
No. 12, wo den Feldgö.tern auf den Fluren geopfert Avird ; No. 26;
No. 27, wo neuer Wein als Opfergabe für die Ahnen gespendet und
€ine religiöse Mimik insceniert wird. Folgende Stellen aus
Mackay's Frovi Far Formosa mögen zur weiteren Illustration
•dienen und liaben allgemeine Geltung für den vom Chinesentum
nicht berührten Ureinwohner. Seite 258: "Alles was die Wilden
von Religion besitzen, kann Naturdienst genannt werden. Sie
haben durchaus nichts von den Begriffen oder Symbolen des chine-
sischen Götzendienstes. Sie beugen sich niclU nieder irgend etwas
Sich.tbares oder Unsichtbares zu verehren und haben keine Vorstel-
lung von einem höchsten persönlichen Gott. Sie besitzen jedoch
Feste mit einer gewissen religiösen Bedeutung. Am Ende der
Ernte haben sie Tanz und Feier, um ihre Ehrfurcht und Dankbar-
keit gegen Himmel und Erde auszudrücken. Sie glauben auch an
die Existenz und den fortwährenden Einfluss unzähliger Geister,
der Seelen ihrer Vorfahren und grosser Helden, welche den Körper
128 FLORENZ, FORMOSANISCIIE VOLKSLIEDER.
verlassen liaben. Der Unterschied zwischen Seele und Körper
wird durch besondere Wörter gekennzeichnet — ta-ni-saJi bedeutet
" Seele," und cgyp " Körper." Ihre Begriffe von dem Aufenthalts-
ort der abgeschiedenen Geister sind sehr vag und allgemein, aber
der Glaube an ihre schreckliche Macht ist die Quelle fortwährender
]'urcht und Qual. Speise und Wein werden oft den Geistern der
Abgeschiedenen vorgesetzt und dann mit einer Art Anrufung an
dieselben um Glück und Segen aufgezehrt." Seite 259:
" Einige Stämme haben drei Mal im Jahre Ceremonien in Verbin-
dung mit der Verehrung ihrer Ahnen. Sie betrachten es als eine
Pflicht, ihre Vorfahren wegen der von ihnen erduldeten Mühselig-
keiten und wegen ihrer Geschicklichkeit im Töten der Eber und
Hirsche zu preisen und zu verehren. Der Stamm versammelt sich
auf einem freien Platze im Dorfe ; Männer und Weiber fassen sich
bei der Hand und stellen sich im Kreise lun Wein, Kuchen, Hirse
luid gesalzenen Fisch auf, Dinge die man für die Geister, deren
Anwesenheit man erwartet, hingestellt hat. Manchmal bilden sie
eine lange Reihe mit angefassten Händen, wobei zwei oder drei
der Anführer rotweisse an langen Bambusstangen befestigte
Fahnen schwenken. Diese Ceremonie findet immer in der Nacht
statt, und es ist ein unheimlicher Anblick, wie sich ihre halbnack-
ten Leiber vorwärts und rüclvwärts beugen, wie sie oft wild in die
Luft springen, wie die Fahnen im düstern Fackellicht wehen und
wie die ganze Zeit über die unheimlichsten gellenden Schreie
ertönen, als ob alle bösen Geister losgelassen wären."
2) Band 14, Seite i b wird über die Stämme des Rgbz. Taiwan
berichtet, dass es zwei Arten Wein, oder richtiger Reis-Bier,
analog dem japanischen Sake, gebe, welche folgendermassen
bereitet werden. Die erste Art : man stampft klebrigen Reis
(dasselbe wie jap. mocJiigovie, Oryza glutinosa ; durch das Stampfen
werden die Hülsen von den Körnern abgesondert), und lässt ihn
zerstückeln. Durch Kauen des Reises (also ähnliche Zubereitung
wie beim Kava Saft der Polynesier) bereitet man Hefe. Diese lässt
man auf der Erde liegen, und über Nacht gerät sie in Gährung.
Man rührt (wohl : gestampften Reis mit der Hefe) ordentlich
• durcheinander und bewahrt [die Mischung] in einem Topfe. Nach
einigen Tagen gerät sie in Gährung und schmeckt säuerlich-süss.
Sie nennen [diesen Wein] Kotai. Wenn eine Heirat stattfindet^
FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER. 129
oder ein Haus gebaut wird, oder Hirsche gefangen werden, so trägt
man diesen Wein auf, welchen man mit Wasser begiesst (verdünnt).
Man sitzt auf der Erde und mit einer Kalabasse oder Tasse aus
Kokosnuss schöpft und trinkt man ; wenn sie vom Wein ange-
heitert sind, so singen und tanzen sie, und erst tief in der Nacht
gehen sie auseinander. Die zivcite Art wird bereitet, indem man
klebrigen Reis gar dämpft und mit Hefe gemischt in einen Bam-
buskorb hineinthut. Diesen Korb legt man auf die Mundöffnung
eines Topfes, worauf der Saft hinuntertröpfelt (Seiheprozess wie
bei der Kava-Bereitung). Nach längerer Aufbewahrung wird er
aromatisch und wohlschmeckend. Dieser Wein wird nur vorneh-
men Gästen vorgesetzt, um sie zu ehren, und man kostet immer
vorher davon, ehe man ihn dem Gaste darbietet (d. h. man trinkt
dem Gaste zu)."
Ahnlich die Beschreibung Taintor's in TJie Aborigines of
Northern Forinosa, nacli dem Komalan-Ving chiJi : "Ihr Wein
wird aus klebrigem Reis bereitet. Jede Person nimmt eine Hand-
voll Reis in den Mund und kaut ihn weich. Dann wird er in ein
irdenes Gefäss gethan, und bis zum nächsten Tage ist er gegohren,
so dass durch Hinzufügung von Wasser Wein erzeugt wird. Sehr
saurer Wein gilt ihnen als der beste."
Vgl. auch Mackay a. a, O, Seite 262 (Besuch bei rohen Barba-
ren) : " Sie boten uns ein geistiges Getränk an, das aus Berg-Reis
bereitet war, das sie sehr gern trinken und wovon sie schläfrig zu
werden scheinen. Der englische Konsul Herr E. C, Baber, der
mit mir auf einer der Touren war, i)rüfte das Getränk und erklärte
es als poor stuff (elendes Zeug)."
Das formosanisch-chinesische Vokabular, von dem ich oben
gesprochen habe, kennt drei Wörter für "Wein":
ek. {yak }), vielleicht mit /mk " Wein " der Pepohoan zwischen
Sao Bai und Gilan, oder auch mit Baksa //^ in Linie zu
stellen .''
buJiaJi^vuliJia im jetzigen Ta-n}-au (Tabi) Dialekt.
talafso {taiiaso).
Von diesen Wörtern ist mir bisher im Originaltext der Lieder
nur buhall in Gedicht 14 aufgestossen.
130 FLOREN/, FORMOSANISCIIE VOLKSTJKDER.
3) zL*^^ t'o-k'i.van bedeutet würtlicli " Lokalbcamter " und ist
d.is cliinesischc Äquivalent für " Häuptlinc^ oder Altester eines
Stammes." Jeder Stainm erwalilt aus. seiner Mitte einen oder
mehrere T'o-kti'an. Im Appendix zum Hong-soa Bezirk, Band 14
Seite 9 a, ist bemerkt, dass es Haupt- und Neben-T'okwan (jEi'JS'
und Äilj Ji'ß ) bei jedem Stamme giebt : ein grosser Stamm hat 5 bis
6, ein kleiner Stamm 3 bis 4. Das soll, mit der crsteren Angabe
zusammengehalten, vielleicht heissen, d.iss neben ein bis zwei
Haupt-T'okwan i-ioch 2 bis 4 Neben-T'okwan vorhanden sind.
Weiter heisst es daselbst : " Sie teilen sich unter einander in die
kovg-kai (5^^ vgl. Anm. zu Gedicht 3)," d. h. jeder von ihnen
hat gewisse {oXw ?) kong-kai unter sich. "Wenn es Geschäfte giebt,
so versammeln sie die Menge, um zu beraten." An anderer Stelle:
" Sie sind in der That nicht viel verschieden von deii li-chang{'^^
" Dorfältesten " und pao-chaiig" {^^) " Gemeindevorstehern [in
China]." Vgl. auch Taintor, a. a. O. Seite 'ji aus dem Komalan-
Ping chUi : " In jedem Clan oder Dorfe giebt es i oder 2 Leute,
welche kalo (fplljS) genannt werden \\w(\. den Dorfältesten oder
Vorstehern der Chinesen entsi)rechen." Das formosanisch-
chir.esische Vokabular enthält als formosanisches Äquivalent das
aus der Zeit der Holländer her eingeführte kapitan für T'okwan.
SciIETELIG, Sprache dc7' UreinivoJiiicr Forinosa s, Z. f. \"ölkerps\-ch.
u. Sprachw. Band 5, Seite 454 giebt (ür "Häuptling" die wahr-
scheinlich damit identischen Wörter Shekwan Kar}- styün und
Chinwan Kap s7i yäii.
Zur Vergleichung sei bemerkt, was MacKAY a. a. O. pag. 255
von den Wilden der Berge sacjt: "Sie leben frevvöhnlich in
Dörfern, die auf ilcw Gipfeln der Berge oder auf Hochplateaus
gebaut sind. Das grösste von mir gesehene Dorf hatte ungefähr
700 Bewohner ; die Durchschnittsbevölkerung beträgt ungefähr 150.
Jedes Dorf hat einen Vorsteher, und jeder Stamm einen Häuptling.
Der Tapferste, der am meisten zum Befehlen Geeignete, ist
gewöhnlich Häuptling ; und wemi sein Sohn tapfer und beliebt ist,
so folgt er ihm manchmal im Amte. Die Autorität des Häuptlings
* Pap-cIiai!g = \\QX Oberste eines Pao, Gemeindevorsteher, Vorsteher einer Zehentschaft.
10 Familien machen in China ein <r/j/rt (t{1) " Zehentsciiaft," lo cIiia€\wpao (lg) " Stadt-
bezirk " aus.
FLORENZ, FOKMOSANISCIIE VOLKSLIEDER. 131
ist eine absolute, aber er hat eine Art von Rat neben sich, der aus
einem halben Dutzend der älteren Tapferen besteht, und mit dem
er sich bei Angelegenheiten von aussergewöhnlicher Bedeutung
berät." (Es wird den Leser vielleicht wundern, dass ich so oft Ein-
richtungen der ganz wilden Barbaren zur Erläuterung herbeiziehe,
als ob ich den Unterschied zwischen ro/uvi und zaJiiiien Barbaren
übersähe. Es muss aber im Auge behalten werden, dass die Sitten
und Einrichtungen wenigstens derjenigen rohen Barbaren, welche
wie die Pepohoan malaio-polynesischen Ursprungs sind, im allge-
meinen einen ursprünglicheren Zustand der formosanischen Stämme
repräsentieren, während bei den zahmen Stämmen infolge des Kon-
taktes mit dem Chinescntum viel Originelles verwischt oder verloren
gegangen ist. Auch ist zu beachten, dass die Lieder und ethnolo-
gischen Schilderungen des Taiwan-fu-chi Spiegelungen einer schon
etwas zurückliegenden und daher urwüchsigeren Zeit sind).
Die Häuptlinge geniessen ganz besondere Vorrechte vor allen
anderen Barbaren, wie aus i\ew Sittenschilderuiigen in Band 14 und
15 ersichtlich ist. Einige Eigentümlichkeiten in Hong-soa sind :
"Die T'okivan verheiraten sich unter einander, und nicht mit
gewöhnlichen Barbaren. Bei den T'okivau tritt ohne Unter-
schied von Mann oder Weib jedesmal das erstgeborene Kind die
Erbfolge an. Bei Heiraten [von gewöhnlichen Barbaren] werden
ein dreifüssiger Kessel, Perlen, ein Schwert und Tuch als Geschenk
benutzt. Der T'okivau nimmt sich die Hälfte davon.
Verwandte und Freunde grüssen sich mit der Nase, indem sie
einmal ihre Nasen aneinander reiben. Ein junger B.irbar grüsst
den T'okivau, indem er mit seiner Nase an dem hintern Teil des
Nackens desselben an der Grenze des Haarwuchses eiimial reibt. —
— Wenn ein T'okivau [eines Hauptstammes .^] stirbt, so tragen Alt
und Jung des Hauptstammes sowie alle zugehörigen Stämme sechs
Monate lang Trauer (wenn ein gewöhnlicher Barbar des Haupt-
stammes stirbt, so ist die allgemeine Trauer nur etwas über 20
Tage ; die Verwandten des Verstorbenen allein tragen 6 Monate
Trauer) " u. s. w. Auch in Bezug auf Tättowierung, Farbe und
Muster von Kleidern u. s. w. finden Rangunterschiede statt. Bei
den Soau-tc-iuo des Regsbez. Hongsoa z. B. tättowieren sich die
T'okwan auf Schulter, Rücken, Brust, Hand, Ellenbogen und
unter den Achselhöhlen mit menschlichen Figuren, die mit Nadeln
132 FLORENZ, FORMOSAXISCIIE VOLKSLIEDER.
gestochen und mit Tusche ausgerieben werden ; die Neben-T'okwan
und Kongkai mit schwarzen Blumen. Die weiblichen T'okwan
tättowieren sich auch mit schwarzen Blqmcn auf Schultern, Ellen-
bogen und beiden Flächen der Hände. Im Hause der T'okwan
wird Zeug von roter und indigoblauer Farbe gewebt, und in das
Kopfende der Gürtel werden menschliche Figuren eingewoben.
Die gewöhnlichen Barbaren haben aber hierzu kein Recht : ihre
Weiber weben gewöhnliches Zeug aus Hanf; u. s. w.
9. Stamm der Katin ^[jl^l^t.
Wein trinken.
" Bitte kommt mit und trinket Wein !
Setzt euch mit hin und trink-et mit !
Kehret niclit zurück ohne betrunken zu sein !
[Die Andern] antworten : Wir danken euch vielmals !
Jetzo wohlan lasst uns gehen, uns zu vergnügen und zu spielen ;
Wenn ihr nicht mitgehen und euch vergnügen und spielen wollt,
dann ceht wieder fort nach Hause ! "
fc>
10. Stamm der Paugso ;^^ffi-
Ingwer pflanzen.
" Zu dieser Zeit ist es der Himmel (Klima) des dritten Monats ;
wohlan, lasst uns gehen und die Felder pflügen.
Ohne Unterschied von Mann oder Weib, Alt oder Jung
Gehet mit die Felder zu pflügen mit gutem Ingwer Samen.
AVir warten bis der Ingwer heraus kommt, dann kommen wir wieder
und trinken Wein."
II. Stauivi der Longkiaii j^ilj^fi.
Einem Gaste aufzuwarten.
" Du bist gekommen nach Longkiau ^^
Und dieser Ort ist nicht ähnlich dem Inneren Lande. '^
Du bist gekommen, [aber] es gicbt keine guten Sachen dich damit
zu bewirten ;
Ich habe mich vergangen, habe mich vergangen. ^^ "
FLORENZ, FORMOSANISCIIE VOLKSLIEDER. 133
Anin. l) Band 14, Seite 14 b heisst es in der Überschrift zur
dritten Unterabteilung des Regbz. Hong-soa : " 18 Stämme der
Lougkiaii. Die Namen der Stämme kommen unter den \'orherge-
lienden Barbarenstämmen vor." Aus der Beschreibung- ihrer Sitten
sei folgendes ausgezogen : " Alle Barbaren vermählen sich von
selbst (d. i. ohne Vermittler) mit einander, selbst wenn [die andere
Ehehälfte] das Kind eines älteren oder jüngeren Onkels ist. Nur
die T'okivaii gehen keine Ehe mit den [gewöhnlichen] Barbaren ein.
IMänner und Frauen spielen in den Bergen die Schnabellaute (i^^
ch^tii-kHiu) und singen gemeinschaftlich Lieder. Wenn sie an
einander Gefallen finden, so pflegen sie geschlechtlichen Verkehr
und schenken sich gegenseitig was sie gerade bei sich tragen. Nach
der Rückkehr machen sie ihren Eltern und den T'okwan davon
Mitteilung. Zu besonders dazu bestimmter Zeit stellen sie Schwei-
ne und Wein bereit, versammeln den T'okwan und ihre Verwandten,
und [der junge Mann] tritt als Gemahl ins Haus der Frau ein.
AVenn [die Eheleute] mit einander nicht in gutem Einvernehmen
stehen, so heiratet der Mann wieder ein anderes Weib, wälirend die
Frau die Kinder nimmt und eine neue Ehe eingeht. Der Sitte nach
schätzt man die Mutter hoch, den Vater aber nicht. Kinder von
derselben Mutter und von verschiedenen Vätern betrachten sich als
Geschwister, aber solche von demselben Vater und von verschie-
denen Müttern betrachten sich geradezu als Fremde (Züge des
IMutterrechts.) Man nennt sowohl den Vater als auch den Onkel
väterlicher und mütterlicherseits aiini^^ ; th'e Mutter sowie die Frau
■des jüngeren Vaterbruders und die Schwester der Frau ina'-\ Die
Eheleute reden sich mit Rufnamen an. Nach der Geburt badet sich
[die Wöchnerin] mit dem neugeborenen Kinde in einem Gebirgs-
bach, was auch in ;|1:0 Pak-lo (d". i. Nord-Formosa) der Fall ist.
Die Geburt von zwei Söhnen zu gleicher Zeit gilt als ein böses
Omen. Man bindet dann die neugeborenen Kinder an die Spitze
eines Baumes und lässt sie so sterben. Auch wird dann die Woh-
nung [aus abergläubischen Rücksichten] nach einem anderen Orte
verlegt. Die Longkiaii Stämme ^^ vermählen sicli gern mit (\>t\\
Chinesen, wobei 4 Doppelstücke blaues Tuch, eine kleine eiserne
i) = Tagala, Ilokisch aiiia, ^L-lIaiisch raiiia u. s. w. 2) = Ta<jala, Ilokisch, Lampong
yna, B.itta inaiig u. s. w. 3) Oder : Ein Stamm der Longkiau (^?j.
134 .FLORENZ, FORMOSANISCIIE VOLKSLIEDER.
riannc, um! je unsefälir ein Catty Reis und Perlen zum Hochzeits-
CTCSChenk c^cmacht werden (tl. h. wohl von dem chinesischen Freier
an den Stamm oder die Familie der Braut). Zur angesetzten
Stunde macht man es bei Fleisch und Wein den Verwandten und
dem Tokuan bekannt und feiert die Hochzeit. Wenn ein
Barbar stirbt, so konstruiert man in seinem eigenen Hause eine
steinerne Höhle [unter dem Erdboden], begräbt ihn darin und
deckt sie mit einer Steinplatte fest zu. Die Hinterbliebenen ziehen
nicht um (bei vielen Stämmen ist es nämlich Sitte, nach einem
Todesfall das Haus, ja sogar das ganze Dorf zu verlassen und sich
neu anzusiedeln ; vgl. MaCKAY, a. a. O. Seite 264). Als Trauerkleid
trägt man ein weisses Oberkleid (|^) und hüllt s;ch in weisses Tuch
ein. [Diese Sitte] ist von der der übrigen Stämme, welche schwar-
zes Tuch zur Trauertracht nehmen, verschieden."
2) Es handelt sich offenbar um Bewirtung eines besseren
Gastes, vielleicht eines Chinesen. Unter dem J^j^di "Inneren
Lande" ist China zu verstehen.
3) D. h. Entschuldige mich !
Der Stamm der Loiigkiait war den Holländern wohl bekannt
(Lonckjou geschrieben).
12. Siavini der Siaiilaug ifii||ff±-
Reis pflanzen.
" Mit einander sind wir hier.
Zur rechten Zeit säen und pflanzen wir.
Wir verlangen nach Regenfall.
Wenn wir Segen und glücklichen Jahres Winter erlangen,
Dann werden wir, nachdem der Winter gekommen ist und es reift,
Alle sicherlich Opfergegenstände bereiten,
Uns in die Felder begeben und dem Feldgott danken."
ÄniJi. Vgl. Anm. i zu Lied 8. Die Siaulaiig sind die Soclaiig
oder Soulaiigh der Holländer. (7 verschiedene Orthographien
des Namens bei ihnen).
13. Stamm der Moatmi /^bfiS^i-
Sehnsucht nach dem Frühling.^'
" In der Nacht ist es [mir] unmöglich zu schlafen,
[Denn] früher habe ich einmal ein schönes Mädchen angetroffen ;
J-LOREXZ, FORMOSANISCIIE VOLKSLIEDER, 135
Gestern Nacht habe ich sie im Traume gesehen ;
Jetzt suche ich [sie] auf und gelange vor ihr Thor :
Die Freude und Lust in [meinem] Herzen ist es uninöglicli zu
beschreiben."
Aiiin. 1) " Frühh'ng " ist hier eine oft gebrauclite cliincsische
Metapher für " sinnh'chen Liebesgenuss."
Playfair a. a. O. pag. 345 übersetzt das I.ied wie folgt (Über-
schrift: Tiebeslied vom Ma-tou (Hifiii) SIic, der auf der Karte
lialbwegs zwischen T'ai-wan-fu und Kagi verzeichnet ist) :
The long night through slecp from mc flies ;
I toss and turn, but closc my eycs
In vain.
I think of her I mct }'estreen,
The sweetest lass that c'er Avas seen,
When shall I see theo, sweetest my qucen,
Again ?
Last night I dreamtd I saw tliee, dear ;
This morn I sought thcc far and ncar ;
Some spell
Led me before thy cottagc door.
Thou slialt be mine for evermore !
My perfect joy words are too poor
To teil.
Recht hübsch, aber etwas stark idealisiert.
Die Moatajc oder Illatan sind die MataiL [Mattaiv, MattaiLzUi
Mattou u. s. w. geschrieben) der Holländer,
14. Stavuii der Tsulosan fSMlilfii-
Segens-Jahr.
"Jetzt begegnen wir der grossen Ernte eines segenreichen Jahres.
Berufet zusammen alle Leute des Stammes ;
Sie alle sollen schönen Wein brauen,
Alle gleichmässig kommen und eine festliche Ccremonic veranstal-
ten !
O dass das kommende Jahr dem gegenwärtigen Jahre ähnlich
wäre ! " '
136 FLORENZ, FORMOSANISCIIE VOLKSLIEDER.
Aiiin. Tlaveair a. a. O. übersetzt frei :
Brave lads, a f^lorious liarvcst year !
The stalk iiods 'ncath the lieavy ear.
Comc (Iriiik aiul lau^cjh, come dance aiul sin^
Ilurr.ih for the g-olden graiii !
And as yoiir mirthful ditties ring,
Be this tlieir glad refrain :
When as days run on
Tvvelve months are gone
May we have such a crop again.
Tsulosan bei den Holländern Tsuloscn genannt.
15. Stavnn da- Tolokok^^ "^PW^K^-
Ein Motat"-^ überbringt ein obrigkeitliches Schreiben.
^* Ich überbrincfe ein obripkeitliches Schreiben ^^ ;
Ich muss unbedingt schnell hingelangen.
Laufend [so schnell] wie ein fliegender Vogel
Darf ich [den Brief] nicht verlieren.
Wenn ich mich verspäte und das-Ziel-verfehle,
Dann werde ich vom Dolmetscher^^ bestraft."
Anm. i) Oder besser Toloku (nach Tainan Aussprache),
2) ÄJ^ luo-tat bedeutet in der Barbarensprache einen unver-
heirateten jungen Burschen. Besonders tüchtige Schnellläufer
dienen als Briefträger von Amtswegen. Vgl. Tahvan-fii-chi V>d. 14,
Seite 2 b: "Die JMo-tat laufen und tra^ren öffentliche Schreiben.
Sie steck'cn sich eine Fasanenschwanzfeder an den Kopf; an dem
Rücken der Iland haben sie ein Sat-lco-gi (Art Klingel) ange-
bunden, welches aus Eisen gemacht ist, wie ein zusammengerolltes
Lotosblatt aussieht und ungefähr 3 Zoll lang ist. Sie laufen ge-
schwind mit gestreckten Beinen ; die Fusssohle ist [beim Laufen]
mehr als einen Fuss vom Boden entfernt, und mit den Hacken
schlagen sie bis an den Hintern. Staub erhebt sich und der Wind
fliegt. Ihr Armband (aus Eisen oder Kupfer ; sowohl Männer als
Weiber tragen gern Ringe an den Hand- und Fussgelenken) und
das Sat-ko-gi schlagen an einander und verursachen so ein
FLORENZ, FORMOSAXISCHE VOLKSLIEDER. 137
Geiäuscli, das man weithin hören kann. In kürzester Frist laufen
sie mehrere Zehente von Meilen." Ibidem Seite 7a: " das
Sat-ko-gi (der Mo-taf) schlügt gegen das Armband und bringt so
ein Geräusch hervor. Ausserdem nehmen die Motat Eüsenstücke
und hängen sie an ihre Hüften, wodurcli das GekLapper nocli
vermehrt wird. Auf diese Weise befördern sie die obrigkeith'chen
Schreiben. Je rascher sie hiufen, desto weiter ist das Getön ver-
nehmbar, Sie glauben (lit. sagen), dass zur Nachtzeit böse Wesen
ihnen den Weg versperren ; aber sie setzen ihr Vertrauen in das
GekLapper (welches die bösen Wesen verscheuchen soll) und fürch-
ten sich nicht,"
3) Im Originaltext ^;/;, was so-lyok oder so-lat (Tainan) zu
lesen ist. Hier ist offenbar letztere Aussprache massgebend, und
wir haben das einer ganzen Reihe von formosanischcn und anderen
malaio-polynesischen Sprachen gemeinsame Wort solat " Schrei-
ben" vor uns, z. B. Shikang (Sideia) soiilat "Euch," wovon das-
Verbuni s-in-oiilat " schreiben" etc, Tagala siilat, Malaiisch sitrat,.
Javaniscli sX' rat u. s. w.
4) M^ Vong-sit. Der " Dolmetscher " ist immer ein Chinese,
der sich die Sprache der Eingeborenen zu eigen gemacht hat und,
amtlich eingesetzt, der Repräsentant der chinesischen Behörden
bei den Stämmen ist. Er ist eine hochwichtige Persönlichkeit und
nutzt seine Stellung nicht selten in bedrückendster Weise den
armen unwissenden Barbaren gegenüber aus, worüber ich unten
sogar ein chinesisches Zugeständnis anführen w^erde. Das Wort
T'ongsu ist als chinesisches Lehnwort in die formosanischcn
Sprachen übergegangen und k'ommt daher auch im Originaltext
unseres Liedes vor.
Band 16, Seite 13 b heisst es : " In den Piäfekturen (gl)j und
Regierungsbezirken (H) schätzen die Bemittelten (Chinesen) die
[an die chinesischen Behörden zu entrichtenden] Abgaben der
Stämme ab. Diese Leute heissen ffi^fj Sia-siong {sJie-shang),
d.i. "Stamm-Händler." Die 5/^/-5/6';/^ überlassen ihre Sache (d,
h. die Erhebung der Abgaben) den Tongsu "Dolmetschern" und
^fz Hc-ch'iojig {hu'o-ch'ang) " Hauptteilhaber am Geschäft," welche
bei den Stämmen zu wohnen haben. Jede Sache, die im Besitz
der Barbaren ist, wird [im Auftrag der Sia-siong von den T'ongsuJ
genau aufgezeichnet. Wenn Hirsche gefangen werden, so wird
138 FLORENZ, FORMOSANISCIIE VOLKSLIEDER.
[von ihnen] sowohl das Fleisch genommen und zum trocknen
Fleisch gemacht, als auch das Fell genommen (die Eingeborenen
behalten in der Regel nur die gesalzenen Eingeweide). Dies
beides ist mehr als hinreichend zur Bezahlung der Abgaben.
Dennoch schaben und scharren sie alles zusammen und betrachten
die Besitztümer der Barbaren als wären es ihre eigenen. Sie
verheiraten sich oft mit Barbarenfrauen " (die sie nicht selten mit
■Gewalt an sich rcissen).
Der Stamm der Tolokok hat übrigens die eigene Sitte, dass
Mann und Frau sich nach der Eheschliessung je zwei Oberzähne
ausbrechen und dieselben sorgfältig aufbewahren zum Zeichen, dass
•sie zeitlebens ihren Sinn nicht wechseln wollen.
16. Stavnn der Tabyau^^ tTilufÜ-
Abendliche Kurzweil der Barbarenjünglingc.
" Ich gedenke deiner, ich liebe dich ;
Ich warte wahrlich im Herzen sehnsüchtig auf dich.
Wie [sehr] liebst du mich }
Ich kehre jetzt nach Hause zurück.
]\lit was für Gegenständen wirst du mich [zum Zeichen deiner
Liebe] beschenken .''^^ "
Amn. i) Auch Ta-nyaii oder Taba gelesen,
2) Dies Gedicht findet vielleicht seine Erklärung in einer
ähnlichen Sitte wie der, die ich in Anm. i zu Gedicht 11 (Stamm
der Longkiau) citiert habe : " Männer und Frauen spielen in den
Bergen die Schnabellaute und singen gemeinschaftliche Lieder.
Wenn sie an einander Gefallen finden, so pflegen sie geschlechtli-
chen Verkehr und schenken sich gegenseitig was sie bei sich
tragen."
17. Stamm der 'Palibit flliM^ti-
Der Häuptling erkennt die Abgaben an.'^
" Bitte, alle Leute des Stammes, höret meiner Rede zu !
Ich [will] jetzt mit dem Dolmetscher die Abgaben anerkennen.
Ihr sollt säen und pflanzen !
FLORENZ, FORMOSANJSCIIE VOLKSLIEDER. 139
Hütet euch, dass ilir nicht [zur Unzeit] Wein trinket und die Zeit
verfehlt !
Wartet bis die Ai^erkennung der Abf^aben zu Ende ist ;
[Dann] bitte ich euch zu kommen und \\"ein zu trinken."
Aniii. i) Der Ausdruck f^Sfl^ jin-Jiioug- {jhi'Jisiang) bereitet
Schwierigkeit, und ich bin nicht sicher, ob ich das Richtige getrof-
fen habe. ^ hyoiig ist zweifellos " Abgaben, Steuern," welclie die
Barbaren an die chinesische Behörde, die durch den Dolmetscher
vertreten ist, abzuführen haben. Wenn f^. hier "anerkennen, das
Eingelieferte als richtig anerkennen " bedeutet, so sclieinen wir es
mit der Ablieferung der Abgaben an den Dolmetscher in Gegen-
wart des als amtlicher Zeuge fungierenden T'okzvan zu thun zu
haben. Die Abgaben selbst scheinen gewöhnlich in Silber ent-
richtet zu werden, welches die Barbaren durch Verkauf der Hirsch-
felle etc. von den chinesischen Kaufleuten, welche von der Regie-
rung das Handelsmonopol mit den betreffenden Stämmen gepachtet
haben,"' eintauschen. Vgl. dazu No. 20 : " Für den Hirsch Silber
eintausch.end zahlen wir unsere Abgaben " ; No. 27 : " Wir fangen
Hirsche, tauschen Silber dafür ein und bezahlen damit unsere Ab-
gaben ; " No. 22: "Eintauschend dafür Abgaben-Silber, können
wir früh die Abgaben bezahlen." (Der Ausdruck " Abgaben-
Silber " ist in Gedicht 22 in anderem Sinne gebraucht als in der
unten angeführten Fussnotc.) Man berücksichtige aucli Anm, 4 zu
No. 15 : " die Bemittelten schätzen die Abgaben der Stämme," u.s.w.
Im gegenwärtigen Gedicht ist an beiden Stellen der chinesi-
sche Ausdruck |]^ Jiyong als Lehnwort auch im furmosanischen
Originaltext zu finden.
Bemerkt sei noch, dass die von Giles unter No. 5609, erste
Spalte unten, gegebene Bedeutung für f^v^] in der Phrase f;Sf|Rl
^Wc " to farm a tax, — i.e. to pay a given sum for the i:irivilege of
collecting a tax " auf unseren Fall nicht passt.
* Band 16, Seite 14 b: Kaufleute erwerben ein Monopol für den Handel mit ge-
^vlssen Stämmen von der Obrigkeit, wofür sie eine bestimmte Summe zu zahlen haben.
Diese Abgabe heisst fp)^ hyong-gun "Abgaben-Silber." Kein Anderer darf dann mit
diesem Stamme Handel treiben.
Als Handelsagenten funktionieren die Lied 15, Anm. 4 genannten T^ong-su und
He-chHonz.
o
140 FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER.
18. Stamm der Taulakinoug SJ-T^cf'^fi.
Von Einem, der ein Weib heiratet, selbst hergesagt.
" Heute heirate ich ein Weib.
Bitte kommt und trinket Wein !
Nach Tagen werde ich Kinder zeugen und Enkel zeugen.
Zum zweiten Male [werde ich] ein Weib nehmen und abermals
dann [euch | bitten zu kommen und Wein zu trinken."
Anui. Der Inhalt des Liedes ist nicht gerade tröstlich für die
Frau. Der Schwerenöter denkt schon bei der Hochzeit daran seine
einstige " Alte " mit einer jüngeren und hübscheren zu vertau-
schen, wenn sie ihm nicht mehr reizvoll genug ist. Variatio
delectat. Jedenfalls verdient die rührende Offenheit unsere Aner-
kennung. Die Leichtigkeit der Ehescheidung wird überhaupt
häufig im sittenschildernden Teil des Tahuan-fu-cJii Qx\\'i\\\w\.. Man
vgl. das in Anm. i zu Gedicht 11 Angeführte, sowie folgende Stelle
aus den Heiratsgebräuchen der Stämme des Rgbz. Taiwan :
*' Wenn Mann und Frau nicht in gutem Einvernehmen stehen, so
tritt Ehescheidung ein. Wenn der Mann sich von der Frau trennt,
so werden ihm zur Busse ein Krug Wein und drei pcng (■^)
"Fladen" Barbarensilber auferlegt. Wenn eine Frau sich von
ihrem Manne scheidet oder auf Untreue ertappt wird, so wird das
nämliche von ihr gefordert. Bei den L^nverheirateten existiert
kein Verbot [in Bezug auf geschlechtlichen Umgang]. Wenn das
eheliche Verhältnis lange dauert, so wird die Frau auf einem hohen
Gestell unter den verschiedenen Stämmen umhergetragen, und die
Barbaren schenken ihr gefärbtes Tuch. Nach der Rückkehr
bewirtet sie die Mitglieder desselben Stammes. Dann tritt eine
Ehescheidung nicht leicht mehr ein."
Die speziellen Heiratsgebräuche des Stamms der Tanlakmoug,
der mit anderem Namen auch ^^ Tsa-li heisst, und der in den
Ueberschriften von Lied 12 bis 17 genannten Stämme, sind nach
Band 14 des Taizvan-fii-cJii : " Heirat heisst [in der Barbarenspra-
che dieser Stämme] tai-in-no, ein Junger Barbar (Junggeselle)
heisst ta-ba-sii. Bei der Eheschliessung schenkt die Familie des
Mannes [der Braut] eine Kopfbinde aus Gras, welche tak-tak-kan
FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER. 141
heisst. Auch wird ein Becken mit !$|5f ch'e-ngo {ch'c-ao ; Giles No.
95 : a shell like the Spondyhis. An immense bivalve, under which
fishermen are fabied to build a fire to open the shell and obtain the
flesh. Probably the great CJimna) zum Verlobungsgeschenk
gemacht. Bei der Hochzeit werden die Verwandten der beiden
Familien in Anspruch genommen, um den Bräutigam ins Haus der
Braut zu begleiten und die Hochzeit zu feiern. Der gesamte Stamm
trinkt Wein zur allgemeinen Gratulation, was via-ln-bii-ha {buJia —
Wein) heisst. Die Familie des Bräutigams schenkt der Familie der
Braut wieder Armringe aus Kupfer oder Eisen, sowie Fleisch und
Wein. Wenn Mann und Frau sich von einander trennen, so
werden dem Mann, der sich von seinem Weibe trennt, zehn Pikul
(;0)* Hirse [zur Busse] auferlegt; das Gleiche wird von einer
Frau gefordert, die sich von ihrem Manne trennt. Wenn der Mann
nicht wieder heiratet, so darf auch die Frau keine neue Ehe
eingehen. W'enn sie dieser Vorschrift zuwiederhandelt, so werden
ihr zwei Dollar i^^van ; yüan ; Jap. Yeii) Barbarenmünze f als
Busse auferlegt. Wenn man bei heim.lichem Geschlechtsverkehr
ertappt wird, so wird man dem Häuptling {t^o-kivan) ausgeliefert
und muss zur Busse Schweine und Wein liefern. Auch wird die
Sache Allen bekannt gemacht. Beim zweiten Mal beträgt die
Busse zwei Dollar Barbarenmünze. Die Unverheirateten brauchen
nichts zu liefern."
19. Stamm der Taibulang {Toabulang) -}<i^tM^-
Pflügen, Fangen und gemeinsames Trinken.
"Im Pflügen und Säen übertreffen wir die vergangenen Jahre ;
Gehet mit, erschlaget den Hirsch, treffet nicht rohe Barbaren'^ an!
* Jap. kokit gelesen.
t ^H J^oan-chin (fan-ts'iai). Unter " Barbaren " sind hier die Europäer, speziell die
Holländer zu verstehen, deren Münzen noch geraume Zeit nach ihrer Vertreibung im
Umlauf blieben und daher in chinesisch-formosanischen Dokumenten oft erwähnt werden.
Sie heissen (die Silberstücke) gewöhnlich g-gj hoan-giin " Barbaren -Silber ;" ^gj!)^ Jwan-
ken-gun " Barbaren-Schwert-Silber" (in Schwertform oder mit aufgeprägtem Schwerte?) ;
l^flM^ /"''-'''"' "ö""'^ " Buddhakopf-Silber," d. i. gute Münze. Es waren spanische Realen,
deren sich ja auch die Holländer ein Zeit lang in Indien bedienten, und sog. holländische
Rt'ah'7i-van-achtcn (vgl. Archief voor de Geschiedenis der Oude Hollandsche Zending, Bd.
in, Seite 173).
1^2 FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER.
Alle Leute des Stammes sollen schönen Wein brauen,
Allesamt kommt, überlasst euch den Freuden und trinket Wein bis
zum Trunkensein ! "
Atan. i) lt# scng-hoan "rohe Barbaren," von dem Typus
der in No. 3, Anm. 2 beschriebenen Küi-lui. Ä^ ki-bii im
Originaltext könnte vielleicht ^/iT///-//// sein (?).
20. Stamm der Taibukun :A:K^tl:-
Hirschfang.
" Heute freudig versammelt trinken wir Wein ;
Morgen noch in der Frühe fangen wir Hirsche.
Wieder zurückkehrend unter den Stamm,
Muss ein jeder ohne Ausnahme [seinen] Hirsch[-Anteil] bekommen.
Für den Hirsch tauschen wir Silber ein und zahlen [damit] unsere
Abgaben ;
Nach Zahlung der Abgaben kommen wir wieder und trinken
versammelt."
Anm. Vgl. Lied 17, 21 und 22.
21. Stämme der Tang-sai-le^^ ~MMMML'
Beim Zurücklegen des Jahres.
" Wir pflügen die Felder,
Wir lieben die Ernte des Jahres,
Wir fangen Hirsche,
Tauschen Silber [dafür] ein und bezahlen [damit] die Abgaben ^^
Wir wollen gehen und Wein brauen, um das Neujahrsfest zu
feiern^'.
Anm. i) Es sind 2 Stämme, der Stamm der Tang-le oder
"östlichen Le'' und der Stamm der Sal-le oder "westlichen LeT
Ausführliches über sie und die anderen zum Rgbz. Chiong-hwa
gehörenden Stämme (Lied 20 bis 29) siehe Band 15, Blatt i bis 14.
2) Vgl. Lied 17, 20 und 22.
3) Wie Lied i, Vers i j^^p, wörtlich "Zurücklegung des
Jahres, das Jahr bis zu Ende verbringen " ; d. i. das Neujahrsfest
feiern. Derselbe Ausdruck Lied 27.
FLORENZ, FORMOSANTSCHE VOLKSLIEDER. 143
22. Drei Stämme der Jilim, Toatut iind Matsilin
Zahlung der Abgaben.
"Wir pflügen die Felder,
Wir lieben den Prospekt eines guten Jahres,
Hirsche zu fangen gehen wir ;
Die Hirsche können uns nicht entfliehen.
Eintauschend [dafür] Abgaben-Silber, können wir früh die
Abgaben bezahlen ^^,
Und werden (können) die Liebe und Teilnahme des Alten -^ gewin-
nen.
Wir kommen zurück, vergnügen und freuen uns, trinken Wein und
singen in weinheiterer Stimmung."
Anm. i) Vgl. Lied 17, 20 und 21.
2) ^lü lo-ya {Ido-ye) "der alte Vater; Herr," wohl seitens
der Barbaren als höfliche Bezeichnung für den T'okzvan
"Häuptling" gebraucht. Eine in Lied 32 vorkommende Parallel-
stelle mit diesem Vers mag als Beleg dienen: " Ihr sollt unsere
Ahnen nachahmen und im Pflügen und Fangen eifrig- und sorcffältigf
sein; dann wird euch der T'okwan lieben und an euch Anteil
nehmen."
Der von den Chinesen in der Bedeutung "Herr, monsieur "
gebrauchte Ausdruck ^fp scheint mit der Aussprache loya auch
in die Sprache der civilisierteren Barbaren übergegangen zu sein,
und ich glaube ihn in unserem Vers unter der Schreibung p^P^
lo-ya wiederzuerkennen. Da ich jedoch die übrigen Silben des
Verses bis jetzt noch nicht zu analysieren weiss, fürchte ich, dass
sich meine Vermutung schliesslich nur als eine Hallucination
herausstellt.
23. St au im der Lam 'i^l^.
Versammelt trinken.
" Die Felder pflügend treffen wir ein glückliches Jahr an :
Wir haben Hanf geerntet und haben Reis geerntet;
Überdies haben wir Hirsche zahlreich gefangen.
144 FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER.
Vater und Sohn, Grossvater und Enkel kommen allesamt und
trinken Wein ;
Freudig johlend und Lieder singend vergnügen wir uns."
24. Stamm der Asok PpJ^ffi.
Lobpreis der Ahnen.
** Unsere Ahnen [waren] im höchsten Grade tapfer ;
Antreffend den Hirsch, konnten sie [ihn] lebendig fangen ;
Im Wettlauf [waren sie] vollkommen gleich einem Pferde ;
Antreffend den Wein, wie viel sie auch tranken, wurden sie nicht
betrunken."
Aiiin. Dies Lied zählt uns die vier Kardinal tucfenden im
Sinne der Barbaren auf, Tugenden, in denen die Ahnen grösser
waren als die lebende Generation (vgl. Lied 4) : Tapferkeit,
Jagdgeschick, Schnellläuferei und Trinkfestigkeit. Wie hier mit
Pferden, wurden Lied 4 die Ahnen xmt grossen Fischen verglichen.
Die Stamm der Asok war auch den Holländern bekannt ; sie schrie-
ben den Namen Assoek, Assiik und Asock.
25. Slämine der Lam-pak-tati^^ "^4fcfött-
Gratulation zur neuen "^ Hochzeit.
" Du heiratest neu ( = eben) ein Weib.
Ich behänge mich mit Perlen und schmücke [mich] mit Muscheln ;
[Ich] gratuliere zur neuen Hochzeit.
Du sollst mich aufhalten und [mir] Gratulationswein zu trinken
geben."
Anni. i) Es sind zwei Stämme: die Laiii-tau oder südlichen
TaJi, und die Pak-tan oder nördlichen Tmt.
2) Der Ausdruck 0f "neu" in der Überschrift und im Lied
bedeutet "eben stattgefunden " oder " eben stattfindend."
Grosse Schmausereien und Zechgelage sind bei allen Stämmen
die beliebte Begleiterscheinung der Plochzeiten. Die Verwandten
der beiderseitigen Familien, der Häuptling, der Dolmetscher, ja oft
der ganze Stamm, nehmen an der Feier teil. Schweinefleisch und
Wein sind dabei die Hauptgenussmittel. Für das "Gratulations-
trinken " giebt es besondere Bezeichnungen, z. B. nyau-ta-JcTi-li
FLORENZ, FORMOSAXISCHE VOLKSLIEDER. 145
bei den Taiwan Stämmen (Taiketten, Sinkang- und Takau), ma-lu-
bii-Jia bei den Tsulo Stämmen (vgl. Anm. zu Lied 18) u. s. w.
26. Stcnnin der Poansan ^,||^^.
Versammelt trinken.
" Wir haben Hirsche gefangen,
Wir haben Reis geerntet,
Wir haben Wein bereitet ;
[Ihr] Leute des Stammes allesamt kommet, veranstaltet eine fest-
liche Ceremonie und trinket im Verein ! "
27. Stamm der Toato -}\%Mt,
Verehrung der A.hnen.
" Heute feiern wir das Neujahrsfest :
Wir stellen alle neuen Wein bereit und veranstalten eine festliche
Ceremonie zur Verehrung der Ahnen.
Wenn wir der Altvorderen gedenken, was für Helden waren sie !
Möchten doch Söhne und Enkel vollständig wie die Altvorderen
Helden sein ! "
28. Zzvci Stäuime der Ginna und Salok [Soalok) ^^
Sehnsucht nach Rückkehr.
ii
Ich gehe fort in die Berge und fange Hirsche.
Plötzlich erinnere ich mich meiner Kinder und meiner P>au,
Ich will schnell nach Hause zurückkehren und [dann] wieder kom-
men Hirsche zu fangen ;
So werde ich dessen überhoben sein, dass W^eib und Kind zu Hause
sich nach mir sehnen."
Anm. i) Giima und Salok sind nach Band 15, Seite lOa die
alten Namen für die gg s. Kavi-ün (A.) und jg^ Ch'iaii-sian (A.)
Diese modernen Namen wurden den Stämmen von der chinesischen
Regierung gegeben, nachdem sie die Oberhoheit der Chinesen
anerkannt halten. Sie sind Epitheta ornantia und bedeuten
iu?7;z-?;// = " Dankbarkeit fühlend," Ch'iaii-simi^'' sich zum Guten
wendend."
146 FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER.
Playfair a. a. o. übersetzt :
To chase the wild deer
Up the mountains I roam,
But thoughts will arise
Of my darlings at home.
For awhile the wild deer
Unhunted inay roam ;
For me I must fly
To my darlings at home.
They watch and they long
While far from them I roam.
No more shall ye watch
My own darlings at home.
29. Stamm der Babiisa {Niaiibüsa) ^ffi^f^jict.
Männer und Weiber vereint trinken und halten ein
Zwiegespräch.
'* Der junge Barbar bittet das Barbarenweib zuerst zu singen ;
Das Barbarenweib bittet den jungen Barbaren zuerst zu singen.
Der Barbar spricht : Du Weib bist weise und noch dazu schön ;
Das Weib sagt : Du Mann bist ein Held und verstehst dich zugleich
auf das Schnelllaufen.
Der Barbar spricht : Du Weib kannst zu Hause die Hühner und
Schweine pflegen und kannst Wein brauen ;
Das Weib spricht : Du Mann steigst in die ]]erge und kannst
Hirsche fangen, und kannst auch die Felder pflügen.
Jetzt sind [wir] Alle im ganzen Stamme in grosser Freude und
Dust, und zum Gesang einstimmend trinken [wir] Wein."
Anm. Vers i, 3 und 5 werden wohl von jungen Barbaren,
Vers 2, 4 und 6 von Barbarinnen, Vers 7 vom ganzen Chorus
gesungen. Die rollenverteilenden Ausdrücke im Anfang der 6
ersten Verse : i^^tM, ^Wtn^ #B. M^ scheinen nur Zusätze des
chinesischen Übersetzers zu sein.
FLORENZ, FORMOSANISCriE VOLKSLIEDER. I47
30. AcJit Stamme der Hoiigsoa {Hongsaii) ^lUA^«
Liebesgedicht.
"In der Nacht lausche ich auf den Ton eines Liedes.
Ich liege allein da und bin schwermütig im Herzen.
Auch lausche ich dem Singen einer Vogelstimme und glaube, dass
ein alter Freund komme und mich besuche :
Ich stehe auf und laufe hin und selie, aber es ist die Stimme des
Windes, der im Bambus bläst ;
Dies alles ist wohl blos deshalb, weil mein sich nach der [geliebten]
Person sehnendes Gefühl so inbrünstig ist."
A?iin. Dies ist das poetischste von allen Liedern der Samm-
lung. Es versetzt sich wolil in die Seele eines Mädchens, das auf
das Kommen eines Liebhabers wartet. Zu dieser Vermutung
führt mich folgende Stelle aus der Beschreibung der Sitten der
Hongsoa (Rgbz!) Stämme: " Wenn ein Mädchen mannbar wird,
so baut sie sich ein Haus und wohnt allein. Derjenige Barbaren-
jüngling, der sie zu erlangen wünscht, spielt ein Musikinstrument,
genannt Schnabellaute und bleibt [vor ihrem Hause] stehen (folgt
Beschreibung der Laute). Wenn dies dem Mädchen gefällt, so
kommt sie heraus und lädt den Betreffenden ein, worauf sie beisam-
men wohnen. Dies nennt man das " Handziehen." Nach Ablauf
von einem Monate maclit jedes seinen Eltern davon Mitteilung und
sie schenken (wohl der Bräutigam der Braut) Gazeschleier und
blaues und rotes Tuch (Anm. Reiche Leute gebrauchen Gaze-
schleier, Arme nur blaues und rotes Tuch). Die Eltern des Mäd-
chens richten Fleisch und Wein her, versammeln die Verwandt-
schaft und nehmen ihren Schwiegersohn auf; " u. s. w.
Playfair a. a. o. übersetzt :
I heard a sound of sinr^ing
As I lay with sad thoughts alone ;
I heard a bird's notes ringing
And it seemed like a spirit's moan.
I rose and looked forth. It was only
The sigh of the wind in the trees ;
Silk fancies of one that was lonely,
Of a heart that was ill at ease.
148 FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER.
31. Stamm der Aiilang ^ifl^.
Sehnsucht nacli den Kindern.
"Ein seltsamer Vogel fliegt weg,
Des Flicgens müde sitzt er auf dem Baum ;
Beim. Anblick seiner bin icli im Herzen schwermütig,
Ich erinnere mich meiner Kinder,
Wieder nach Hause fortgehend werde ich [nach ihnen] sehen ;
Alle Verwandten einladend werde ich Wein trinken und mir so die
Schwermut vertreiben."
32. Stamm der Tekch'am YiWMi-
Der T'okwan '^ (Häuptling) giebt den Barbaren Rat.
" Das Stammesoberhaupt '^ bittet euch zu kommen und Wein zu
trinken.
Unsere ^^ Ahnherren fingen am besten Hirsche und bebauten [am
besten] die Reisfelder.
Ihr kleinjährigen Kinder und Enkel sollt hören auf meine Unter-
weisung und Leitung :
Ihr sollt unseren ^' Ahnen nachahmen und im Pflügen und Fangen
eifrig und sorgfältig sein.
Der T'okwan liebt euch dann und nimmt an euch Anteil ;
Auch wird er [euch] zu sich einladen und Wein zu trinken geben."
A7im. i) Siehe No. 8, Anm. 3.
^) nt^ = it.
3) $§ kann natürlich auch singularisch "meine" sein, aber
die plurale Bedeutung scheint mir besser.
33. A/'e Stämme von Tamsiti i(!^7jC^Ö-
Verehrung [der Ahnen].
" Andächtig bitten wir die Ahnherren,
Andächtig bitten wir die Ahnmütter :
Kommt ihr [Ahnen] und empfanget Wein !
Kommet ihr und empfanget gekochten-Reis und Gemüse !
Unterstützet und segnet, dass Jahr für Jahr der Ackerbau gedeihe,
Dass von Ost und West gute Ernte sei,
FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER. I49
Dass auch beim Hirsche-Fangen das Lebendig-fangen schnell
gehe!"
Anin. Vgl. das Anm. i zu No. 8 über den Ahnenkultus
Gesagte : " Speise und Wein werden oft den Geistern der Abge-
schiedenen vorgesetzt und dann mit einer Art Anrufung an diesel-
ben um Glück und Segen aufgezehrt ; " u. s. w. Mackay a. a. O.
Seite 258 f. giebt noch folgenden interessanten Beitrag : " Ich war
einmal gegenwärtig, als ein Stamm in dieser Ceremonie begriffen
war. Die rechte Hand wurde mit ausgestrecktem Zeigefinger in
die Höhe gehalten, und Alle stimmten in die Anrufung ein : Na-e-
^7^ (Himmel), liang-ni-ngi-sa-i-a-kii (gieb uns friedevolle Herzen,
gieb uns langes Leben, gieb uns Gedeihen) ; Jian-pai-kiL (wir
stehen im Begriff zu essen). Zu gleicher Zeit wurde der Zeigefinger
vier Mal in den Wein getaucht, und dann wurden die folgenden
Worte hinzugefügt : Ma-ra-nai (Erde), han-pai-kii (wir stehen im
Begriff zu essen) ; ai-imi-na-va-hi (ihr abgeschiedenen Geister, gebt
uns Frieden)."
FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER. I5f
APPENDIX.
Formosanischcr Urtext in lateinischer Umschrift der cJiinesischen
Zeichen nach taizvanesischer Aussprache.
I.
Lim-lim-ki-to(tau)-in
Sim-ya-ki-sip-pak-kek-ki-ke-kah
Si-li-se-ki-bun-lim
Pau(pii)-ta-lim-ki-to(tau)-in-ba(mo)-Iyang-ki-to(tau)-in
Tah-hak-ha-kat-ki-i(o)-in.
2.
Ma-bu-gai-ki-li
Yok-bu-hong-bi-lo
Ka-ba(mo)-bu-ti-kok-kau
Ba(mo)-kok-pa-ke-li-bun-Ian-bi(mi)-lo
Ts'a-bi-kau-o(a)-o(a)-put(pui)-tim-tim-yok-bu-liong-bi-Io
He-ji-tit-lok-ke-li-ki-bun-lan
Ts'a-ha-lek-ju-lia-ba(mo)-ka(kya, kau).
3.
Hi(i)-a(o)-ho-hai-ya-ha
Mih-len-kyu
Tin-li-o-lyu-tsi-tet-ya
Na-li-peng-ki-yau-bi(mi)
Tin-a-ki-yau-bi(mi)
Ki-ji(ni)-yam(am)-ji(ni)-ta(tau)-san-ha.
152 FLORENZ, FORMOSANISCIIE VOLKSLIEDER.
Pa-kan-lyap(na)-ga-lyap(na)-ga-lyu
Tsau(ta)-bi*(mi)-kya'ka)-kya(ka)-han-len-to-lo-go-lok
Tsau(ta)-bi(mi)-o(a)-kan-lok-o(a)-len
O(a)-tsi-ma-ba(byau)-oai-o(a)-len-to
I(ü)-ma-tsau(ta)-tok-ki-ga-len-o-tsi-ma
Bu-lo-ha-Ien
Pa-kan-lyap(na)-ga-lyap(na)-ga-lyü.
5.
Hai-o-o-hai-o-ha
Ka-to-in
Ma-phok-ki-1 o-I o n g
Tah(tap)-hak-ki-si-a-hong
Mo-k at-to-b u-ki n
Ka-su-ki-ka-hen-ka-hyü
Ka-su-ki-i(ü)-ma
Ba(mo)-tap-kut-ki-tali-hak.
6.
Hai(ai)-o-o-hai(ai)-a-tek(tit)-i(ü)-lo(no)
Tsin-bong-ki-kyu-len
Tsau(ta)-a(o)-lyu-tek-mih-mih
Tsau(ta)-lyu-mih-mih-len.
7.
Hai(ai)-o-o-li-ban-li-ban-na-mo-o-bai
Ki-i(ü)-lo(n5)-ki-ba(byau)-ha-hai(ai)
Ki-pai-ka-ke(ki)-long-en
Ka-ba(mo)-let-ki-o(a)-li(lu)-bun
Ki-ba(byau)-le-le-ha-len
Ki-ba(mo)-ban-let-ki-hi-let.
8.
Bun-lo-ki-a-ts*ya
Tan-leng-ki-ban-ban
FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER. 155
Pai-li-ki-le-su(tai)
I-long-ki-lo-lek
Ba(mo)-kut-li-ki-lo-lek
Pau(pü)-si(su)-ki-ba(mo)-in-jim-ban-ki-Io-lek
Ma-Iyong-ki-lo-Iek
Mo-per'.g-Iek-ki-bun-lan
Mo-li-ki-ki-peng-lek
Bun-Io-ki-a-ts'ya.
9.
Kin-o(a)-k'oan-ki-oai
Tsau(ta)-Ien-lim-ban-lim-ban-ki-oai
Ba(byau)-o-na-to-ba(byau]-o-k'oan
Tai-lai-na-ki-oai
Hi-to-ban-na-o-k'oan-ki-oai
Kui(kü)-ba(byau)-o(a)-boan-tsau(ta)-k'oan-ki-oai.
10.
Lyam-Iyam-to-lok-ki-bu-lan-ma-lyang-to-mo-ga-ki-i(u)-ma
Bu-long-ek-tsau(ta)-lyap(na)-lo(no)-oai-tsau(ta)-ma-bok
Ben-sen(se)-un-mo-ga-bek-to-ma-lim-ki-ban-ban
Ma-bi-ki-ban-ban-pa-l'i-yang(yong)-go-lyang(lyong)-ai-bi-ki-li-o.
II.
Lip-sun-o(a)-bong(bang)-tit
Lyok(lak)-kah-o(a)-tam-bi-tam-bi
Na-kui-o(a)-bong(bang)-tit-bu-ts'yang(ts'yong)-li-o(a)-long-ya
Ma-sc-ma-3o.
12.
0(a)-tah-yong-ki-tsau(ta)
Ka-tsu-ma-ti-li-ki-ba(moa)-ji(zu)
Pau-o-tau-o-tat
Hu-ka-lyang(lyong>ki-to(taLO-it
Ti-hyap-tah-chak-tsau(ta)-to(tau)-it
Tau-boan-seng-ki-kya-ts'yam-lam
Pi-li-li-tai-beng-im-ben-tan
154 FLORENZ, PORMOSANISCHE VOLKSLIEDER.
13.
Su(ai)-ka-an-li(lu)-en
Im-na-ma-bu-lck-kc-tsi-yau
Tsau(ta)-ma-ke-tsau(ta)-lo-im-mo-hoan
But-seng-kau-ya-im-mo-hu
Hai-ji(zu)-bi-seng-tsi-len.
14.
Ba(mo)-jen-leng-ba(mo)-sip-lo-lim
Ban-lam-bu-ke(ka)-su-mo(mng)-cha
U-let-jen-i(u)-sa-bu-liah
U-let-lo-lai-no(lo)-mo-sa-hat-hi
Ba(mo)-sip-ba(byau)-jen-ba(mo)-sip-sip.
15.
Hat(hoa)-t'eng-ki-so-lyok(lat)
Ba(mo)-sip-sok-ki-sip-sok
Sa-be-ki-o(a';-yam(am)
In-jim-ki-ba(byau)-Iim
In-na-ki-lam-pau-t'ong-su-ki-hong-hat(hoa)-tau,
16.
Ba(mo)-o(a)-na-nai-lyLi-li-hoa-ni
Ba(mo)-sip-kin-u-lo-hoa
Hoa-san-bu-na-nai-lo-ba(mo)
Ba(mo)-hc(ha)-lyu(Iau)-lo-in-na-su-li(lu)-lyu-ba(mo)
17.
Tsau(ta)-pa-si(su)-ma-hat(hoa)-se(su)-len
In-lap-sut-sok-ga-t'ong-su-han-heng(hyong)
In-hi(hu)-ba(mo)-pa-na
Ai-hoa-bi-t'yam-bu-na
Han-na-lai-ga-han-heng(hyong'-ts'yet-ya
Bin-lyu-bi-t'yam-lam-ya-moh.
FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER, 155
18.
Ya-ba(byau)-poat-li(lu)-ba(byau)-he(ha)-li(lu)
Pet-gan (gen)-mo-hah-ya-ho
Yu-ya-ba(byau)-i-lim-yu-lim
Yu-poat-Ii(lui)-pet-gan(gen)-mo-hah-ya-ho.
19.
Mo-bu-ba(mo)-lyang(lyong)-ki-to(tau)-in
Hat(at)-tau-ma-lyok-bun-na-ki-lui
Ma-mo-mai-jeng(geng)-gai-ki-ta-lyok
Bi-gak(lok)-hang-bit-tap-ki-ta-lyok-ma-beng.
20.
Kak-hu-ba(mo)-hi-ban-it-tan
Ba(mo)-kak-im-na-ba(mo)-tso-tau-Iyok-hu-ma
Ba(mo}-hi-beng-tat-a-tau-ba(byau)
Ba(byau)-im-na-o-long-a-tau-lyok-hu-ma
Tau-lyok-hu-ma-ba(mo)-lek-pai-lin-sui
Ha-sui-oa-goan-hi-ban-it.
21.
Pa-oan-pa-tat-si(su)-boe(moa)-lin-bu-na
Ma-lyu-peng-ya-tin-na-ba(mo)-Iyu-o(a)-tap
Hu-kah-ma-lyu-bun-lan
Kam-hoan-ba(mo)-bun-hin-ba(mo)-lek
Bit-lim-ma-lyu-ya-ho-hui(ui)-ham.
22.
Pa-oan-pa-tat-si-boe-lin
Ki-ma-ya-tin-na
Hu-kah-ma-lyu-bun-lan
Ki-bun-lan-thi-li
Kam-hoan(oan)-lyu-sa-bafmo)-lek-tsi(ki)-kam-hoan(oan)
Ma-yu-ya-lo-ya-ki-li-im-ya
Ui-ham-o-soah-peng-ban-ya-ho-ki-lam-mai-it.
156 FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER.
23.
Pa-lo(no)-oan-ki-ma-lyu-boat-si
Pa-su-sa-le-pa-su-lok-so
Ma-lyu-bun-lan-ki-ta-hai
Ta-mau-ta-nai-ta-pau(pü)-kong-sim-ya-ts'ya
Tsau(tsiau)-bi(mi]-lyu-ho-ki-lam-mai-it.
24.
Ma-lyu-ya-mau-bu-ma-pa-na
Ba(mo)-li-bi-bun-lan-po-bu-bu-pa-na
Pa-ts*ut-li-ki-kah-mai-ta-chau
Po-bu-bu-pot(put)-o(a)-sa-bi(mi)-ham.
25.
In-lo-lun-tc-hun
Ki-i-to-bi(mi)-ta-lat
Ban-it-tan-lun-to-liun
In-lo(no)-kak-hu-ba(mo)-hi-ban-it-tan.
26.
Tsin-kak-hu-kah-bun-Iam
Tsi-pi-sin-o(a)-ta
Bit-Iim-ma-lyu-o(a)-ho
Po-bu-bu-ki-a-syau-ban-sip-o(a)-ho.
27.
I(u)-a-i(u)-ba(mo)-In-hui(ui)-sip
Bi(mi)-o(oa)-ba(mo)-yong-a-bu-lo-ma-tsyau(ta)-k'it-i-san
Su-i n-i-sa n -ba(mo)-ki-l i m
Ya-lo-bu-lek-i-san-bo(mo)-k'i-lim.
28.
Z u(su)-ma-ha-k 'it-bu-lek
Sc-to-Iam-jim-hui(ui)-si(su)-tsi(ki>3an-bun
FLORENZ, FORMOSANISCHE VOLKSLIEDER. 157
Mai-tset-zu(su)-li-ma-ha-k'it-bu-lek
Kat-mai-so-san-bun-lam-jim-tsi(ki)-in-tsi.
29.
Ji(ni)-ba(nyau)-sin-bok
Ji(ni)-tat-ja-bu-nau
Ji(ni)-ba(nyau)-lek-mai-mai-yu-lie-in-li-k'it-ba(mo)-yong
Ji(ni)-tat-ja-ba(mo;-tat-ma-lin-ki-sip-kek
Ji(ni)-ba nyau)-lek-mai-mai-hu-ma-k'it-ta-lo-boat-lok-in-Iok-sat
Ji(ni)-tat-ja-tat-hek-hek-ba(mo)-un(in)-to-teng-bung-Iam-k'it-bong-
koh-ma
Bi-sip-koh-hai-ya-oaii-li-chak(chok)-kin-bo(mo)-bu-naLi(Io)-tsi(ki)-in-
no-sat.
30.
Tim-ya-lo-hyap-pok-ping-ga-li-nai-lo
Boat-lek-yau-ek-tat-se(sia)
Boat-Ii-lyu-po-ma-ts'ye-tok-ha-i-ha-lam
Tat-kok-le-bok-hat-ma-kau-ha-to(tau)-li
Bok-ha-yau-leng-lim-lut-bok-ho m-i-ha-lam-ga-bi*.
31.
Ei -ti-ko-mo-oat(jit)
Yau-bok-yau-kam-tsai-lo(no)-ba(nyau)-lun
Boat-lek-hi-li(lu )-yau
Mo-ha-yau-bok-hyu-ya-lim-lo
Bok-hat(at)-yau-oat-ya
A-cha-mo(mi)-im-li(lu)-yau.
32.
Ong-ki-jam-k'it-pet-en-mo-tap-ya-ho
Ta-a-po-lyu-ba(nyau)-lok-ek-ki-lo-kyu-en-lo
Ek-t'am-ya-lim-yu-ya-lim-tsin-ma-pa-tap-lam
Yu-pai-k'it-ta-po-ba(nyau)-lok-ek-t'oan-o(a)-lok-un
Ta-o(a',-ba(nyau)-bu-ho-pet-en
Ki-ya-lim-lim-mo-tap-ya-ho.
158 FLORENZ, FORM OS AN ISCHE VOLKSLIEDER.
33.
Ti-boan-bok-ki-lyu-sip
Ti-boan-bi(mi)
Ke-nai-bit-nai-long
Ke-nai-bit-nai-su-mai-tan-bun
Ta-syau-ta-syau-pok-kya(ka)-sat-lo-syok-bok
Pok-kya(ka)-sat-lo-tsu-ma-kai-chak(chok)-kai
Ba(mo)-ts'ya-tsi-su-ba(mo)-lo-ba(mo)-sat-lyap
SITZUNGSBERICHTE.
SITZUNG IN YOKOHAMA
am 25. September 1895.
Vorsitzender : Herr R. Lehmann.
In die Gesellschaft eingetreten sind die Herren
Kanzleivorsteher Sachse, Tokyo.
Baron VON SeckendORFF, Kaiserl. Deutscher Consul in
Tientsin.
H. SpöRRY, Yokohama.
Eugen Fox, Kobe.
Alexis Lew, Hamburg-.
Ferner theilte der Vorsitzende der Versammlung mit, dass der
Vorstand an Stelle des nach Deutschland zurückgekehrten Herrn
Dr. Grasmann Herrn Dr. RiESS cooptirt hat, wozu die Ver-
sammlung ihre Zustimmunsf sfab.
'fc> fc.'
Daraufhielt Herr Dr. Low einen Vortrag "Über Sakeberei-
tung.
SITZUNG IN TOKYO
am 30. October 1895.
Vorsitzender : Herr Baron von Gutschmid.
Neu eingetreten sind die Herren
Legationssecretär VON Treutler, Tokyo.
Premierlieutenant Meincke, d2
Charles von Böse, Hamburg.
Von Herrn B. H. Chamberlain ist als Geschenk die von ihm
verfasste Broschüre "The Luchu Islands and their Inhabitants "
eingegangen.
Herr Dr. RiESS hielt den zweiten Theil seines Vortrages "Zur
Geschichte von Formosa."
l6o SITZUNGSBERICHTE.
SITZUNG IN YOKOHAMA
am 26. November 1895.
Vorsitzender: Herr R. Lehmann.
Neu eingetretene Mitglieder :
Herr Director JÜNGERMANN,
,, Capitän z. See a. D. Masciike,
,, Capt-Lieutenant a. D. MiRRE,
Hauptmann a. D. PlORKOWSKI,
— alle in Tokyo.
Als Geschenke sind der Gesellschaft zugegangen :
Stockvis, Manual d'Histoire de Genealogie et de Chrono-
logie de tous les Etats du Globe. 3. I3de. Geschenk
von Herrn Grafen Bylandt.
Geschichte der Friedrichs-Universität in Halle a/S. Ge-
schenk vom Auswärtigen Amt in Berlin.
Mit der " Faculte des Sciences" in Marseille ist Austauschver-
kehr angeknüpft worden.
Herr Lieutenant a. D. R. Schuhmacher hielt einen Vortrag
über " Formosa und seine Bewohner während der japanischen
Expedition."
GENERALVERSAMMLUNG IN TOKYO
am 18. December 1895.
Vorsitzender: Herr V. Ehmann (i. V.).
Von Herrn Minister a. D. M. VON Brandt sind der Gesell-
schaft folgende von ihm verfasste Schriften zum Geschenk
gemacht worden :
Aus dem Lande des Zopfes. — Die Zukunft Ostasiens. —
Mädchen und Frauen (Sittenbilder aus Chinal.
Von Herrn Viceconsul DE Flesch :
La Hongrie a la vieille du millenaire.
Der Vorsitzende theilte darauf der Versammlung mit, dass der
Vorstand beschlossen habe, Sir Ernest Satow in Anerkennung
seiner hervorragenden Verdienste um die wissenschaftliche Erfor-
schung Japans zum Ehrenmitglied der Gesellschaft vorzuschlagen,
SITZUNGSBERICHTE. l6l
und ertheilte Herrn Dr. RiESS zur Begründung dieses Antrages
das Wort. Darauf wurde Sir.Ernest Satow durch einstimmip-en
Beschluss der Versammlung zum Ehrenmitgliede ernannt.
Hierauf hielt Herr Pfarrer Dr. CilRiSTLIEB einen Vortrao-
"Über einige in Japan aufgefundene Mähayäna Sütra's.""-)
SITZUNG IN TOKYO
am 19. Juni 1897.
Vorsitzender : Herr von Treutler.
Als Mitglied ist der Gesellschaft beigetreten
Herr ViCTOR HERRMANN, Tokyo.
Herr H. Baehr ist auf die Liste der abwesenden Mitglieder
gesetzt worden.
Herr R. Lehmann hielt einen Vortrag über " Kinderspiele in
Japan," der durch Demonstrationen erläutert wurde. — Der Sitzung
wohnte eine Anzahl Damen bei.
SITZUNG IN YOKOHAMA
am 29. September 1897.
Vorsitzender : Herr R. Lehmann,
Der Vorsitzende theilte zunächst der Versammlung mit, dass
eine Anzahl neuer Mitglieder der Gesellschaft beigetreten ist. Es
sind dies die Herren
Gutsbesitzer Th. Stöpel, z. Z. in Tokyo.
R. Becker, Hongkong.
R. N. Ohly, Taipeh (Formosa).
F. L. DiJRBiG, Leipzig.
O. Fischer, Kobe.
RuD. Milberg, d°
G. Thomas, d?
P. Holm, d?
Wiedereingetreten ist Herr A. FisCHER, Berlin.
Herr Legationssecretär von Treutler ist lebenslängliches
Mitglied geworden.
■') Durch einen Zufall ist der Abdruck der vorstehenden vier Sitzungsberichte
verspätet worden.
l62 SITZUNGSBERICHTE.
Die Gesellschaft hat zwei ihrer Mitglieder durch den Tod
verloren : Herrn wirkl. Legationsrath VON ScHELLING (t i6.
Mai 1897 in Berlin), und Herrn T. Lenz (f 16. August 1897 in
Braunschweig). Die Versammlung ehrte das Andenken der beiden
Verstorbenen durch Erheben von den Sitzen.
An Geschenken sind eingegangen :
G. Kaufmann, Geschichte der deutschen Universitäten,
von Herrn W. Spemann in Berlin.
R. Lange, Einführung in die japanische Schrift, von
Herrn W. Stemann (zur Besprechung),
Ein zweites Exemplar desselben Werkes, vom Orient.
Seminar in Berlin.
D. Kztao, Über die Wasserbewegung in Böden, vom Ver-
fasser.
A. Fischer, Bilder aus Japan, vom Verfasser.
Maurice Conrant, Bibliographie Coreenne, vom Verfasser.
Chart of the World, von Herrn JuST. PERTHES (zur Be-
sprechung).
Ferner eine Anzahl von Büchern und Broschüren verschie-
denen Inhalts, von Herrn Dr. Haberer.
Mit folgenden Avissenschaftlichen Zeitschriften ist die Gesell-
schaft in Austauschverkehr getreten :
Annotationes zoologicae japonenses, Tokyo.
Relatorio annual del Instituto Agronomico, Campinas.
The Australasian Anthropological Journal, Sydney.
Herr J. JansON legte wegen einjährigen Urlaubs nach
Europa sein Amt als Schriftführer nieder und schlug Herrn P.
P^HMANN zu seinem Nachfolger vor. Die Versammlung geneh-
migte den Vorschlag und drüclxte Herrn jANSON durch Erheben
von den Sitzen ihren Dank für seine verdienstvolle Thätigkeit im
Vorstande aus.
Hierauf ertheilte der Vorsitzende Herrn Dr. Haberer das
Wort zu seinem Vortrage " Über Lepra in Hawaii und das Aussätzi-
genheim in Molokai." In der sich daran anschliessenden Discus-
sion fragte Herr Dr. RiESS, ob es einem in Molokai internirten
Kranken möglich sei, von dort wieder in die Aussenwelt zurückzu-
kehren, was von Herrn Dr. Haberkr verneint wurde. Herr Dr.
Fest behauptete gelesen zu haben, dass die Lepra durch zwei
SITZUNGSBERICHTE. 163
Chinesen nach Hawaii eingeschleppt worden sei, und theilte ausser-
dem mit, dass die Leprosarien in der Nähe von Canton eigentlich
keine solchen seien, sondern nur isolirte Ansiedelungen einer
gewissen Bettlerkaste, in denen auch Nicht-Leprakranke unter-
gebracht würden.
Der Vorsitzende sprach zum Schlüsse Herrn Dr. Haberer
den Dank der Gesellschaft für seinen interessanten Vortrag, sowie
für die von demselben geschenkten Bücher aus.
SITZUNG IN TOKYO
am 27. October 1897.
Vorsitzender : Herr von Treutler.
Neu eingetretene Mitglieder :
Herr Prof. E. Rahlsen, Tokyo.
F. Weiirle, d2
K. Reimmann, d2
Dr. Fest, Yokohama.
Dr. H. Schumacher, Berlin.
Moritz Schanz, Chemnitz,
letzterer als lebenslängliches Mitglied.
Herr Baron VON GUTSCHMID hat der Gesellschaft das Werk
"Krieg und Sieg," 2 Bde, zum Geschenk gemacht.
Herr Dr. TakahaSHI hielt einen Vortrag: "Über giftige
Schlangen," wobei er zur Erläuterung einige Präparate und
lebendige Schlangen vorzeigte.
SITZUNG IN YOKOHAMA
am 24. November 1897.
Vorsitzender : Herr R. Lehmann.
Der Vorsitzende theilte mit, dass der Gesellschaft beigetreten
sind
Herr F. H. Noltenius, Tokyo.
,, Graf H. Künigsmarck, d2
,, Dr. Kurt Bieler, d2
,, A. MaSON, Yokohama.
104 SITZUNGSBERICHTE.
Herr L. BOBSIEX, Yokohama.
,, E. Kellmann, Kobe.
,, R. Retef, d?
,, Dr. VV. Knappe, Kaiserl. Deutscher Consul in
Canton.
r. SCHABERT, Taipeh (Formosa).
,, G. Hartig, Dresden.
An Geschenken hat die Gesellschaft erhalten :
Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen, neue Folge,
l?d. II, Heft 2. Geschenk vom Kgl. Preuss. Unterrichtsmi-
nisterium.
Ve7-beek et Fcnuevia, Description geologique de Java et
Maduras. 2 Bde mit Atlas. Geschenk von der Direction de l'In-
stitut publique des Cultes et de 1' Industrie in Batavia.
Mit dem " Allgemeinen Reichsarchiv " im Haag ist Austausch-
verkehr angeknüpft worden.
Nach Erledigung dieser geschäftlichen Mittheilungen ertheilte
der Vorsitzende Herrn TPL StöPEL das Wort zu einem Vortrage
"Über die Entwicklung des japanischen Bankwesens und die ev.
Gründung einer deutschen Überseebank in Japan."
SITZUNG IN TOKYO
am 22. December 1897.
Vorsitzender : Herr R. Lehmann.
Als neues Mitglied ist eingetreten
Herr FRANZ Hoffmann, Yokohama.
Der Gesellschaft sind folgende Geschenke zugegangen :
Schfött, Samlede philologische Afhandinger.
Sars, Fauna Norvegica, I.
BartJi, Norrönaskaller.
Bang, Dokumenter og Studier, I.
— sämmtlich von der Universität in Christiania.
Eine Anzahl von Vereinen etc., mit denen die Gesellschaft
bisher im Austausch gestenden hat, die aber schon seit längerer
Zeit keine Publikationen mehr schicken, ist von der Austauschliste
gestrichen worden.
SITZUNGSBERICHTE. 165
Die Versammlung- beschloss, dem Ehrenmitgliede der Gesell-
schaft Herrn VON HOLLEBEN zu seiner Ernennung zum Botschaf-
ter in Washington ein Glückwunschschreiben zugehen zu lassen.
Der Antrag des Vorstandes, vom 7. Bande an das Format
der "Mittheilungen" zu ändern und dieselben statt, wie bisher,
in Quart, in Gross-Octav erscheinen zu lassen, wurde ange-
nommen.
Herr Dr. FLORENZ besprach sodann Lange s "Einführuno- in
die japanische Schrift." (Diese Besprechung erscheint in gegen-
wärtigem Hefte.) Daraufsprach Herr Dr. RiESS : i) "Über die
Wahrheit der vielbesprochenen Intrigue der Holländer gegen die
Portugiesen i. J. 1636" (in diesem Hefte als Theil des Aufsatzes:
Die Ursachen der Vertreibung der Portugiesen aus Japan) ;
2) Über " Psalmanazaar's Beschreibung der Insel Formosa."
GENERALVERSAMMLUNG IN YOKOHAMA
am I. Februar 1898.
Vorsitzender : Herr von Treutler.
Der Vorsitzende verlas den Jahresbericht für 1897 (in diesem
Heft abgedruckt). Nachdem dem Vorstande von der General-
versammlung Decharge ertheilt war, wurde auf Antrag von Herrn
Dr. Bälz der bisherige Vorstand durch Acclamation wieder-
gewählt. Derselbe besteht demnach wieder aus den Herren
VON Treutler, Kaiserl. Geschäftsträger, i. Vorsitzen-
dem ;
R. Lehmann, 2. Vorsitzendem;
Dr. M. Christlieb, und
P. Ehmann, Schriftführern ;
Dr. L. RieSS und
H. Kessler, Bibliothekaren ;
P. Pietzcker, Schatzmeister.
P^rner beschloss die Generalversammlung, § 9 der Statuten
dahin abzuändern: nach "wohnenden" soll "nur die Hälfte.
Die Mitglieder, die in Deutschland ihren Wohnsitz haben,
können" gestrichen, und nach " Jaliresbeitrag von" soll einge-
fügt werden: "6 Yen oder 12 Mark oder 12 Shilling oder 15
l66 SITZUNGSBERICHTE.
Francs ; " sodass die betreffende Stelle nunmehr folgenden Wort-
laut hat :
" Die ordentlichen Mitglieder in Tokyo und Yokohama
" zahlen einen monatlichen Beitrag von i Yen, alle ausser-
" halb dieser Plätze wohnenden einen Jahresbeitrag von
" 6 Yen oder 12 Mark oder 12 Shilling oder 15 Francs."
Auf Antrag von Herrn Dr. BÄLZ wurde beschlossen, der
"Japan Daily Mail" einen Bericht über die gegenwärtige General-
versammlung incl. eines Auszuges aus dem Jahresbericht für 1897
zur Veröffentlichung zu schicken.
Hierauf hielt Herr Dr. BÄLZ einen Vortrag : " Bemerkungen
über die Ainu's."
SITZUNG IN TOKYO
am 2. März 1898.
Vorsitzender : Herr von Treutler.
Es sind folgende neue Mitglieder eingetreten :
Herr Edm. Stucken, Kobe.
,, G. POLLITZ, d2
,, F. POPERT, d2
Ferner sind wiedereingetreten :
Herr E, W ismer, Yokohama.
,, A. L. Koch, d?
Herr B. H. Chamberlain hat der Gesellschaft die 3. Auf-
lage seines " Handbook of Colloquial Japanese" geschenkt.
Herr P. P^hmann hielt einen Vortrag über: "Die Lieder
der hundert Dichter {Hyaktinm-Isshü) ,'' und Herr Pfarrer Dr. M.
Christlieb über : " Eine aufgefundene Abschwörungsformel aus
der Zeit der Christenverfolgung im 17. Jahrhundert."
SITZUNG IN TOKYO
am 26. März 1898.
Vorsitzender : Herr von Treutler.
Als neue Mitglieder sind eingetreten
Herr A. Fl SC HER, Tokyo. .
,, E. NISSLE, d2
SITZUNGSBERICHTE. 167
Herr F. Lüdecke, Kobe.
C. Kalkhof, d?
O. Mever, Bombay.
Da sich lierausgestellt hat, dass in Folge der bedeutenden
Zunahme unserer MitgHederzahl und unserer Austauschverbindun-
gen die bisherige Auflage der " Mittheilungen," die 500 Exemplare
betrug, nicht mehr ausreicht, so soll dieselbe auf 700 Exemplare
erhöht werden.
Herrn Prof. Dr. Scriba's Vortrag für diese Sitzung: "Über
Durchleuchtung des menschlichen Körpers mittelst Röntgen-
strahlen, mit Demonstrationen " fand im Hospital der Kaiserli-
chen Universität statt.
SITZUNG IN YOKOHAMA
am 27. April 1898.
Vorsitzender : Herr von Treütler.
Neu eingetretene Mitglieder :
Herr W. HussMANN, Yokohama.
,, F. Kern, d2
,, E. Kroneck, d2
,, C, Heuser, d°
,, Consul E. Hernsheim, Charlottenburg.
Herr VON Treutler legte den Vorsitz nieder und schlug den
Kaiserlichen Gesandten Herrn Grafen VON Leyden zu seinem
Nachfolger vor, was von der Versammlung einstimmig angenom-
men wurde. Herr R. Lehmann sprach darauf Herrn VON
Treutler im Namen der Gesellschaft für seine ebenso hingebende
wie erfolgreiche Thätigkeit, die er als Vorsitzender der Gesellschaft
bei jeder Gelegenheit entfaltete, herzlichen Dank aus.
Von dem Kaiserlichen Botschafter in Washington, Herrn VON
Holleben, ist ein Antwortschreiben auf den Glückwunsch des
Vorstandes zu seiner Ernennung eingetroffen. Dasselbe wurde in
der Sitzung verlesen.
Hieraufhielt Herr Dr. Fest einen Vortrag "Über chinesi-
sche Arzte," der in diesem Heft abgedruckt ist.
j68 SITZUNGSBERICHTE.
SITZUNG IN YOKOHAMA
am I. Juni 1898.
VORSITZKNDER : HERR GRAF VOV LeYDEN.
Als neue Mitglieder sind aufgenommen worden :
Herr Rev. J. E. WoOD, Tokyo
,, S. Tachibana, d2
Folgende Geschenke sind der Gesellschaft gemacht worden :
TJi. Stößel, Über japanisches Bankwesen und Deutsch-
lands Antheil am Welthandel und der Industrie
Japans. Geschenk vom Verfasser.
Dr. Schmelts, Ethnographische Musea in Midden-Europa.
Geschenk von Herrn R. Lehmann.
Ferner hat Herr Maler C. Wuttke sein Ölgemälde, nach
dem das Titelblatt der Tischkarte zur letzten Kaisersgeburtstags-
feier chromo-lithographirt worden ist, der Gesellschaft zum Ge-
schenk gemacht.
Den Vortrag für die Sitzung hatte Herr Dr. Weipert über
nommen ; derselbe sprach "Über das Bonfest."
SITZUNG IN TOKYO
am 9. Juli 1898.
Vorsitzender : Herr R. Lehmann.
Als Mitglieder sind der Gesellschaft beigetreten :
Herr E. Baltzer, Kgl. Preuss. Eisenbahn-Bau- und
Betriebsinspektor, Tokyo.
,, Charles Rhine, Yokohama.
,, Dr. John Herz, Hamburg.
Herr Dr. K. MlURA hat der Gesellschaft seine Abhand-
lung "Über l'heredoataxie cerebelleuse Marie's " (Separatabdruck
der Medic. Facultät der Kaiserl. Universität) zum Geschenk
gemacht.
Herr Landgerichtsrath Dr. LÖNHOLM hielt einen Vortrag :
"Über die neueste japanische Gesetzgebung, mit besonderem
Bezug auf das Familien- und Erbrecht."
SITZUNGSBERICHTE. 169
SITZUNG IN YOKOHAMA
am 28. September 1898.
Vorsitzender : Herr R. Lehmann.
Neu eingetretene Mitglieder :
Herr Fritz Ellon, Tokyo.
,, Paul Helm, Yokohama.
,, Wilhelm Müller, d?
,, Karl Heit.mann, d2
,, A. Nirrnheim, Kobe.
,, James Favre, Osaka.
,, Prof. Oscar Göriz, Kyoto.
,, Karl Lührs, Chemulpo.
,, Karl Wolter, d2
,, Dr. Berthold Laufer, Köln a/Rh.
Herr Th. StöpEL hielt einen Vortrag "Über Kiautschou.
JAHRESBERICHT FÜR 1897.
Die JMitgliedersaJi.1 hat während des Jahres ungewöhnlich
zugenommen, indem sie von 219 auf 251 (6 Ehrenmitglieder und 245
ordentliche Mitglieder) gestiegen ist. Die Zahl der neu eingetre-
tenen Mitglieder beträgt 43, die der Austritte 7. Ausserdem hat
die Gesellschaft folgende 4 Mitglieder durch den Tod verloren :
Herrn F. Grunwald, f in Kobe am 19. April.
C. Koppe, t in Kobe am 2. Mai.
Legationsrath Dr. K, VON SCHELLING, t in Berlin
am 16. Mai.
T. Lenz, t in Braunschweig am 16. August.
Die Vertheilung der Mitglieder nach ihrem Wohnort ist
folgende :
Tokyo (1896 : 45) 44
Yokohama ( ,, 38) 53
Übriges Japan ( ,, 31) 37
,, Ostasien ( ,, 12) 12
Andere Länder ( ,. 93) 105
Sa (1896 : 219) 251
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lyo JAIIRKSBEKICHT FÜR 1897.
Über die finanzielle Lage der Gesellschaft giebt der Kassen-
bericht, der weiter unten folgt, günstige Auskunft.
Mit folgenden wissenschaftlichen Instituten und Zeitschriften
sind AnstaiisclLvcrbindiiiigen angeknüpft worden :
American Museum of Natural History, in New York.
Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes.
Allgemeines Reichsarchiv', im Haag.
Annotationes Zoologicae Japonenses, in Tokyo.
Relatorio Annual dcl Instituto Agronomico, in Campinas.
Australasian Anthropological Journal, in Sydney.
Dao-es-en musste der Austausch mit einer Reihe von Vereinen
und Zeitschriften eingestellt werden, weil sie schon seit längerer
Zeit aufgehört hatten, Veröffentlichungen zu schicken.
Es sind dies die folgenden :
Geographisch-Commercielle Gesellschaft, in Aarau.
Eotan. Verein f. d. Provinz Brandenburg, in Berlin.
Archiv für Anthropologie, in Braunschweig.
Verein Deutscher Studenten, in Breslau.
Royal Asiatic Society, in London.
Zoological Society, in London.
Minnesota Academy of Nat. Sciences, in Minneapolis.
Geogr. Gesellschaft, in München.
Societa Africana, in Neapel.
Societa Reale, in Neapel.
Verein für Naturkunde, in Offenhach.
Academie des Sciences, in Paris.
Societe Academique Indo-Chinoise, in l'aris.
Museum of American Archaeology, in Philadelphia.
Societe d'histoire naturelle, in Toulouse.
New Jersey Natural History Society, in Trenton.
In den zehn Sitzungen, die im Laufe des Jahres stattfanden,
sind folgende Vorträge gehalten worden :
Neueste Litteratur über Japan (in zwei Theilen vorgetragen),
von Pfarrer Dr. M. Christlieb (siehe Sitzungsber.)
Besessenheit, religiöse Ekstase und Verwandtes in Japan, von
Geh. Hofrath Dr. E. BALZ (siehe Sitzungsber.)
Über Distoma pulmonale, von J. L. JANSON (siehe Sitzungs-
ber.)
JAHRESBERICHT FÜR 1897. 171
Über scheinbare Geschlechtsmetamorphose bei Hühnern, von
J. L. Janson (siehe Sitzungsber.)
Reise durch Formosa und Besteigung des Mount Morrison, von
Dr. S. Honda.
Über die Bereitung der Shöyusauce, von Dr. O. Low.
Ein Neujahrsausflug nach Tzu no Oshima, von Dr. L. RiESS.
(siehe Sitzungsber.)
Über Kinderspiele in Japan, mit Demonstrationen, von R.
Lehmann.
Über Lepra auf Hawaii und das Aussätzigenheim in Molokai,
von Dr. Haberer.
Über giftige Schlangen, von Dr. Takahashi.
Über die Entwicklung des japanischen Bankwesens und die
ev. Gründung einer deutschen Überseebank in Japan, von K.
Stöpel.
Besprechung von R. Lange's Einführung in die japanische
Schrift, von Dr. K. Florenz.
Über die Wahrheit der vielbesprochenen Intrigue der Hollän-
der gegen die Portugiesen im Jahre 1636, von Dr. L. RiESS.
Pzalmanazaar's Beschreibung der Insel Formosa, von Dr. L.
RiESS.
Von den ''■Mittheilungen'' sind drei neue Hefte, No 58, 59
und 60, erschienen ; dieselben enthalten folgende Aufsätze :
(58. Heft)
Das Shinto-Gebet der grossen Reinigung, von Dr. H. Wei-
pert.
Beiträge zur Kenntniss der japanischen Musik, von R.
DiTTRICH.
In den Sitzungsberichten :
Philipp Franz von Siebold. Festrede von Dr. PL. BALZ.
Kunstgewerblicher Unterricht in Japan, von W. ElkAN.
Rothe Plefearten, von Dr. O. Low.
Verwendung des Bambus in Japan, von H. SPÖRRY.
(59. Heft)
Geschichte der Insel Formosa, von Dr. L. RiESS.
172 JAHRESBERICHT FÜR 1897.
(60. Heft)
Buddhistische Gnadenmittel, von Rev. A. LLOYD.
Eine Besteigung des Mount Morrison auf der Insel Formosa,
von Dr. S. Honda.
Über die Bereitung der Shöyusauce, von Dr. O. LOW.
Ausserdem sind als SjtpplementJiefte erschienen :
Nihongi, IIL Theil, Buch 30, von Dr. K. FLORENZ.
Die Sprichwörter und bildlichen Ausdrücke der japani-
schen Sprache, Theil I und II, von P. Ehmann,
Zum Schluss wird dem Vorstande des Club Germania für
freundliche Überlassung des Saales zu den Sitzungen in Yokohama
hiermit wieder der allerbeste Dank ausgesprochen.
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MITGLIEDERVERZEIGHNISS.
(December 1898.)
VORSTAND.
Erster Vorsitzender Graf vox Leyden.
Zweiter ,, R. Lehmann.
Schriftführer Dr. M. ChriSTLIEB.
P. EHMANN.
Bibliothekare Dr. L. RiESS.
H. Kessler.
Schatzmeister A. Gerdts.
EHREN-MITGLIEDER.
1. S. Königl. Hoheit Prinz Heinrich von Preussen.
2. M. von Brandt, Wirkl. Geh. Rath und Kaiserl. D. Gesand-
ter a. D., Exe, Wiesbaden.
3. Th. von Holleben, Dr. jur., Kaiserl. D. Botschafter in
Washington, Exe.
4. R. Lehmann, Tokyo.
5. Sir Ernest Satow, Kgl. Grossbritannischer Gesandter in
Tokyo.
6. Dr. A. Bastian, Professor und Geli. Oberregierungsrath in
Berlin.
ORDENTLICHE MITGLIEDER.
(Die mit* bezeichneten sind Mitglieder auf Lebenszeit.)
TOKYO.
1. Aoki, Vicomte S., Minister des Ausseren, Exe. — Köjimachi,
Kami Nibanchö 15.
2. Bahlsen, E. — Hongö, Kagayashiki ii.
3. Baltzer, F. — Azabu, liguramachi rokuchöme 13.
MITGLIEDERVERZEICHNISS. 175
4. Balz, Geheimer Hofrath Dr. E. — Köjimachi, Nagatachö
nichöme 7,
5. Bieler, Dr. K. — Koiri.iba, Nöka Daig^aku.
6. Burton, Prof. W. K. — Köjimachi, Nagatachö itchöme 7.
7. Chrisilieb, Pfarrer Dr. M. — Koishikawa, Kami-Tomizakachö
39.
8. Eckert. F., KgL Musikdirector.— Ushigome, Ichigaya
Nakanocho 53.
9. Ehmann, P. — Yotsuya, Minami-Igamachi 41.
10. Elton, Fr. — Akasaka, Aoichö 3.
11. Fischer, A. — Tsukiji 48.
12. "-Florenz, Dr. K. A. — Koishikawa, Haramachi 102.
13. Haas, Pfarrer H. — Koishikawa, Kami-Tomizakachö 39.
14. Herrmann, V. — Tsukiji 48.
15. Janson, J. L. — Komaba, Nöka Daigaku.
16. Katsura, T. Vicomte, General und Kriegsminister, Exe. —
Shiba, Mita itchöme 46.
17. Kessler, H. — Tsukiji 48.
18. Köber, Dr. R. von.— Koishikawa, Hakusan, Gotenmachi 108.
19. Königsmarck, Graf von. — Imperial Hotel.
20. Kozakow, G., Dolmetscher der Kais. Russ. Gesandtschaft.
— Köjimachi, Ura-Kasumigaseki i.
21. Leybold, L. — Tsukiji 51.
22. Leyden, Graf von, Kaiserl. D. Gesandter. — Köjimachi, Naga-
tachö itchöme 14.
23. Lloyd, Rev. Arthur. — Tsukiji 56.
24. Lönholm, Dr. L. H., Kgl. Sachs. Landgerichtsrath. — Hongö,
Kagayashiki 8.
25. Lüthy, E. — Nippon Ke-ito Boseki Kwaisha, Honjö, Go no
hashimachi 19.
26. MacCaulay, Prof. Clay. — Shiba, Yuiitsukwan.
27. Maschke, E., Kapitän z. S. z. D. — Köjimachi, Nagatachö
itchöme 18.
28. May, Paul, Erster Sekretär der Kgl. Belg. Gesandtschaft.
29. Meincke, Premier-Lieutenant M. — Kais. D. Gesandtschaft,
30. Miura, Dr. K. — Surugadai, Kita-Kögamachi 3.
31. Miyashita, Dr. med. — Kyöbashi, Inabachö 7.
32. Mosle, A. G. — Ginza sanchöme 19.
176
M I TG LIEDERVERZE I CII M SS.
33- Nagai, Dr. VV. N. — Ao}'aina, Minamichö sliiclTicIiöme.
34. Nissle, E. — Tsukiji 48.
35. Noltenius, F. H. — Tsukiji 28.
36. Ohrt. Dr. E.. Dolmetsclier-EIeve' der Kaiserl. D. Gesandt-
schaft.—Köjimachi, Nac^atachö itcliöme 14.
37. Putzier, Fr. — Köjimachi, Shiino-Nibanchö i.
38. Reimmann, K. — Koisiiikawa, Suidöbata-machi nichöme 52.
39. *Riess, Dr. E. — Hont^ö, Kagayashiki 7.
40. Robert, R. — Tsukiji sanchöme 15.
41. Rosen, Baron von, KaiserL Russischer Gesandter.
42. Sachse, R., Geh. exped. Sekretär der Kais. D. Gesandt-
schaft.— Köjimachi, Nagatachö itchöme 14.
43. Schiller, E., Pfarrer. — Koishikavva, Kami-Tomizak.ichö 39.
44. Schmidt, P. — Tsukiji, Minami-Odavvarachö 10.
45. Scriba, Prof. Dr. J. — Köjimachi, Hirakawacliö gochöme 19.
46. Specka, Dr. G., Dolmetsclicr-Elcvc der Kaiserl. D. Gesandt-
scliaft. — Köjimachi, Nagatachö 14.
47. Tachibana, S. — Yotsuya. Aizumichö 79.
48. Vautier, P. — Tsukiji, Akashichö 5 1-5.
49. Wada, Dr. T,, Direktor der Kais. Jap. Stahlwerke in Yawata-
mura, Chikuzen. — Ushigome, Sanaizaka 26.
50. Wehrle, R. — Tsukiji 50.
51. Weipert, Dr. H., Secretaire Interprete der Kaiserl. D.
Gesandtschaft — Köjimachi, Nagatachö itchöme 14.
52. Wendt, A., Pfarrer, — Köjimachi, Dote-Sambanchö 15.
53. Wood, Rev. J. E. — Köjimaclii, Kami-Nibanchö 14.
54. Wydenbruck, Graf C., K. u. K. Österr.-Ung. Gesandter. —
Köjimachi, Kioichö.
YOKOHAMA.
55. Abegg, H. — No. 90 A.
56. Bahr, H. — No. 70.
57. Becker, E. H.— No. 40.
58. Bielfeld, F.— No. 54.
59. Büller, P. — No. 25.
60. Danckwerts, F. — No. 256.
MITGLIEDERVERZEICHNISS. 177
61. Daniels, W. — Yama 248 B.
62. Deck, H. C— No. 95.
63. Egli, A. — No. 90 A.
64. Engert, M. — No. 92.
65. "Feicke, J. — No. 73 D.
66. Flesch, A. de, K. u. K. Österr.-Ung. Consul. — Yama /6 B.
67. Fox, E. — No. 27.
68. Geräts, A.— No. 24 A.
69. Grautoff, W.— No. 153.
70. Haesloop, H. — No. 40.
71. Hagen, W., Kaiser!. D. Vice-Consul. — No. 24.
72. Heckert, H. — -Yama 123.
73. Heitmann, C. — No. 198.
74. Helm, P. — Yama 65.
75. Herb, F.— No. y6.
']6. Heuser, C. — No. 256.
"jy. Hoffmann, Fr. — No. 199.
>]%. Holm, J. H.— No. 54.
79. Kallen, R., Kais. D. Viceconsul. — No. 24.
80. Karcher, E. — No. 198.
81. Kaufmann, M. — No. 25.
82. Keil, O.— No. 60/61.
83. Kern, J. — No. 90 A.
84. Klein wort, A. O.— No. 176 A.
85. Koch, W.— No. 202.
86. Kocli, Oberstabsarzt Dr. — Yama 40.
Zy. Koch, A. L.— No. 48.
88. Kroneck, E.--N0. 29.
89. Lord, O. — No. 153.
90. Luther, H. — No. 235.
91. Mason, A. — No. 176 A.
92. Meyer, O. — No. 46.
93. Müller, W.— No. j-j.
94. Münster, B. — No. 23.
95. Naudin, G. — No. 153.
96. Orth, E.— No. 199.
97. Pfister, R.—No. 90 B.
98. Pietzcker, P. Th.— No. 199.
1^8 MITGLIED KKVERZEICriNISS.
99. Rctz, F.— No. 214.
100. Schcdel, J.-No. •]■].
TOI. Schmidt-Scharff, R.— No. 208.
102. Seekamp, A. — No. 70.
103. Seel, R.. Architekt— Yama 33 15.
104. Stock. A.— No. 54.
105. •■Stöpel, K. Th.— Grand Hott-l.
106. Strahler, F. — No. 208.
107. Strauss, S. — No. 204.
108. Sürth, M.— No. 29.
109. Temme, L. — No. 29.
HO. Unger, Alfr.— Yama 28.
111. Urhan, F. — No. 95.
112. Wilckens, A.— No. 2 B.
113. Wismer, E. — No. 29.
JAPAN, AUSSER TOKYO UND YOKOHAMA.
114. AiHon, J. A.— Köbe 50.
115. Albrecht, Dr. Rev. G. E.— Maebas'ni.
116. Bräss, Gh.— Köbe 91.
117. Bobsien, L. — Köbe 47.
118. Boyes, R. — Köbe, Ikuta-shita i.
119. Braune, L. W. W. — Köbe 82.
120. Bunge, Th. — Köbe 30.
121. Büschel, A.— Köbe 12.
122. De la Camp, Gh. Lange. — Köbe 121.
123. Evcrs, A. — Köbe 101.
124. Favre, J. — Osaka, Kawaguclii 10.
125. Fischer, O. — Köbe 121.
126. Göriz, Prof. A. — Universität Kyoto.
127. Greppi, A. — Köbe, Sakaimachi 19.
128. Hansen, H. — Bakan.
129. Heitmann, W. — Köbe 68.
130. Hofmann, A. — Köbe 10.
131. Holm, P. — Köbe ^6 B.
132. Hussmann, W. — Köbe 56 B.
MITGLIEDERVERZEICHNISS.
179
133. Junker, E. — Kanazawa, Kötö Gakkö.
134. Kalkhof, L. — Köbe 75.
135. Kellmann, E. — Köbe 115 B,
136. Kochen, M. W. — Köbe 12.
137. Krencki, R. von, Kaiserl, D. Consul. — Köbe 5.
138. Lüdecke, F. — Köbe loi.
139. Milberg, R. — Köbe 121.
140. Müller, Dr. W., Dolmetscher-Eleve. — Kaiserl. D. Consulat,
Taipeh (Formosa).
141. Müller-Beeck, G., Kaiserl. D. Consul. — Nagasaki.
142. Neubert, G. — Köbe.
143. Nirrnheim, A. — Köbe 8 A.
144. Oestmann, A. — Köbe 47.
145. Ohly, R. N.— Adr. Butler & Co, Taipeh (Formosa).
146. PapeUier, Dr. med. E. M.— Köbe, Yama.
147. Pollitz, G.— Köbe 66.
148. Popert, F. — Köbe 10.
149. Popp, E. — Köbe, Yama 66.
150. Pors, M.— Köbe 8.
151. Ramseger, H. — Köbe 40.
152. Raspe, H. — Köbe 91.
153. Raspe, M.— Köbe 91.
154. Refardt, C— Köbe 91.
155- Reiff, R.— Köbe 8 A.
156. Schabert, P.— Adr. Butler & Co, Taipeh (Formosa).
157. Simon, A. — Köbe loi.
158. Stucken, E.-^Köbe 66.
159. Stürke, J.— Köbe 26.
160. Thiel, F., Verweser des Kaiserl. D. Consulats.— Köbe.
161. "••Toppe, Ingenieur G. — Chikuzen, Yavvatamura.
162. Wilm, A., Kaiserl. Rus.sischer Consul.— Na^rasaki.
OSTASIEN, AUSSER JAPAN.
163. Becker, R.— Hongkong, Adr. Sander & Co.
164. BoUjahn, J.— Adr. Kaiserl. D. Consulat, Söul, Korea.
l80 MITGLIEDERVERZEICHNISS.
165. Goltz, Freiherr von der, Dolmetscher der Kaiserl. D.
Gesandtschaft. — Peking.
166. Hart, Sir Robert, G. C. M. G., Inspector General, Imperial
Maritime Customs. — Peking.
167. Heyking, Baron von, Kaiserl. D. Gesandter. — Peking.
168. Knappe, Dr. W., Kaiserl. D, Gcneralconsid. — Shanghai.
169. Lührs, Karl. — Adr. E. Meyer & Co, Chemulpo, Korea.
170. Krien, F., Kaiserl. D. Consul. — Söul, Korea.
171. Marcuse, S. — Adr. Schlieper & Co, Soerabaja.
172. Marx, E. — Hongkong, Adr. F. Blackhead & Co.
173. Möllendorf, P. G. von, Sekretär der Getieralzollinspektion.
— Imperial Customs, Ningpo.
174. Reinsdorf, Kaiserl. D. Consul. — Söul, Korea.
175. Scherer, Otto. — Manila.
176. Schönicke, J. F., Zolldirektor. — Kingchovv, China.
177. Wolter, Karl. — Adr. E. Meyer & Co, Chemulpo, Korea.
EUROPA, AMERICA ETC.
178. Abegg, F. — Zürich, Seefeldquai 47.
179. Eair, M. M., Kais. D. Consul a. D. — Paris, Avenue de
Vi Hier 104.
180. l^alk, Oscar. — Roslyn, Dunedin, New Zealand.
181. Beenken, H., Ingenieur. — Hamm a/S.
182. Bergmann, J., Oberlandesgerichtsrath. — Celle.
183. Bibra, Freiherr von, Lieutenant z. S. an Bord von S. M. S.
"Prinzess Wilhelm."
184. Blumenstein, H. — Pulverfabrik Au a/S.
185. Blüthgen, W., Director des Elektricitätswerks, Chemnitz.
186. Böse, Ch. von. — Hamburg, Adr. Carlovvitz & Co.
187. Burchard. M., Kais. Jap. Consul. — Hamburg.
188. Busse, Prof. Dr. L. — Königsberg i. Pr.
189. Coudenhove, Graf H. — Ronsberg (Böhmen).
190. Courant, M. — Paris, Vinsuil par Chantilly, Oise.
191. De la Camp, H. O.— New York, 108 North Street, P. O.
box 173.
MITGLIIIDERVLI ZEICHNISS. l8l
192. Delbrück, E., Regierungsratli. — Berlin, \V. Lützowufer 24.
193. Dönhoff, Graf, Freiherr zu Krafft, Kgl. Preussisclicr Ge-
sandter z. D. — Berlin, Ausw. Amt.
194. Dümelin, A. — Frauenfeld, Schweiz.
195. Dürbig, F. L. — Leipzig, Centralstr. 18 II.
196. Ehrenreich, Dr. med. Paul. — Berlin, W. Bendler Str, 35 I.
197. Eisendecher, K. von, Kgl. Preussischer Gesandter. —
Karlsruhe.
198. Elkan, \\\ — Plamburg, Harvesterhuderweg 39.
199. Eschenburg, G. — Lübeck, Katharinensti". 37.
200. Fesca, Prof. Dr. M. — Berlin, N. W. Pritzwalker Str. 4.
201. Fest, Dr. Francis T. B.— Detroit, Mich. U. S. A.
202. Finckenstein, Graf, — Reitwein, Reg. Bez. Frankfurt a/0.
203. Fischer, A. — Berlin, Nollendorff Plalz i.
204. Freyvogel, E. — Adr. \V. Baader, Basel.
205. Fritze, Dr. A., Priv.itdc^ccnt. — Genf, Ruc Argaud 3, I.
206. Fritzsche, Karl. — Leipzig, Adr. Schimnu-i & Co.
207. Gottsclie, Dr. C. — Hamburg, Adr. Naturhist. Museum.
208. Grasmann, Dr. E.— Adr. München, Arnulf Str. 20 IIL
209. ''-Groth, Oberlehrer Dr. A. — Berlin, N. \V. Thurmstr. 47 A.
210. Grutschreiber, Oberst Freiherr von. — Berlin, Adr. General-
stabsgebäude.
211. Hake, Th. — Wiesbaden, Parkstr. 15.
212. Hartig, G. — Drescien, Winckelmannstr. 31.
213. Hartogli, M. H., Oberingenieur der AI lg. Elektricitäts-
Ges., Berlin. — Hamburg.
214. Hernsheim, Consul Ed. — Charlottenburg, Schlüterstr. J^.
215. Hertz, Dr. J. — Hamburg, Ernst Merckstr, 28.
216. Heyden, Dr. W. van der. — Adr. Mad. Rolin, Avenue Tru-
daine 27, Paris.
217. Hütterott, G., Kais. Jap. Consul. — Triest.
218. Illies, C. — Hamburg, Glockengiesserwall.
219. Jankowich, B. von. — Budapest, Kerepesi Bazar.
220. Jauss, K., Direktor der Rottweiler Pulverfabrik. — Rottweil
a/N.
221. "Jüngermann, Director des "Vulkan." — Bredow bei Stettin.
222. "Kamp, R. fL — Hamburg.
223. Kassel, E., Rechtsanwalt u. Notar. — Schweidnitz.
I82 MITGI.IEDICRVER/.KTCIINISS.
224. Kellner, Dr. O., K^l. Säclis. llofr.ith, Direktor der Land-
wirthschaftl. Versuchsstation in Möckern b. Leipzig.
225. Keinperinann, P., Geh. Legationsr.ath und Kaiserl D. Gene-
ralconsul.— Sydney.
226. Kcmpte, Dr. H.— Adr. Leopold Casella & Co, Bombay.
227. Kleffel, Oberstabsarzt Dr. R.— Wilhelmshaven.
228. Kü^i^ler, Oberstabsarzt i. Klasse Dr. F.— Berlin, Lützowstr.
6.
229. Lange, Prof. Dr. R.— Berlin, N. \V. Werftstr. 11.
230. Laufer, Dr. Berthold.— Köln a/Rh. Hohe Str. 125.
231. Lentzc, Dr. Albr., Kais. D. Consul. — Montreal, Canada.
232. Levy, Alexis. — Adr. H. M. Nachmaim, Libau.
233. Löhr, von, Kais. D. Consul. — Sarajewo, Bosnien.
234. Lynian, Prof. B. S.— Philadelphia, Locust Street 708.
235. Marx, Bergassessor W. — Siegen a/R.
236. Meister, Dr. H.,— Frankfurt a/M., Savigny Str. 3.
237. Merck, Dr. W.— Darmstadt.
238. Meyer, O. — Adr. Messrs Gaddum & Co, Bombay.
239. Merian, J. R.— Basel, Missionsstr 24.
240. *Mirre, A., Kapitänlieutenant. — "Vulkan," Bredow bei
Stettin.
241. *Mosle, G. P.— Berlin, N. W. Schumannstr. 5. L
242. Mosse, A., Oberlandesgerichtsrath. — Königsberg i. Pr.
243. Mosthaf, H., Kgl. Würtembergischer Ministerialrath. — Adr.
Stuttgart, Ministerium des Innern.
244. Piorkovvski, Hauptmann von.— Adr. ALindl & Co, Shanghai.
245. Posse, E., Redacteur. — Adr. Kölnische Zeitung, Köln a/Rh.
246. Pschorr, Dr. phil.— München, Bayer Str. 32.
247. Rathgen, Prof. Dr. K.— Marburg.
248. Reddelin, G. — Hamburg, Goethe Str., Uhlenhorst.
249. Reimers, O. — Hamburg, Alsterdamm 6, L
250. *Rembielinsky. Graf — Paris.
251. Rohde, C. — Hamburg, Rolandsbrücke 4.
252. *Rumschöttel, Director R. — Berlin, Adr. Schwartzkopff,
Chausseestr. 17/18.
253. Runkwitz, Oberstabsarzt Dr. — Wilhelmshaven.
254. "Schäffer, E. — Adr. Messrs Takata & Co, London.
255. "Schanz. Moritz. — Chemnitz, Weststr. 28.
MITGLIEDERVERZEICHNISS. 183
256. Schauenburg-, Aug. — Lahr (Baden).
257. Scheube, Sanitätsrath Dr. B. — Greiz i. V.
258. "Schinzinger, A., Hauptmann a. D. — Atlr, Fr. Krupp,
Essen.
259. Schmidt-Leda, Dr.. Kaiserl. D. Ministerresident. — Caracas.
260. Schmiedel, Pfarrer O. — I^isenach, Sachsen-Weimar.
261. Schumacher, Dr. jur. H. — Adr. Berh'n W. Ministerium der
öffentl. Arbeiten.
262. Schwartz, jun., Werner, — Bocholt (Westfalen).
263. Seckendorff, Freiherr von, Kaiserl. D. Consul. — Prag.
264. Seydlitz und Ludwigsdorf, von, Kammergerichtsreferendar.
— Berlin.
265. Siebold, Baron A. von. — Schloss Holmberg b. Anspach.
266. Siebold, Baron H. von.— Schloss Freudenstein bei Eppau,
Bozen, Tirol.
267. *SoItmann, A. — Berlin, S. VV. Hollmann Str. 25.
268. Sonnenburg, Major Falkner von. — Adr. Justizrath Dr. von
Kraussold, München, Herzog Max Str. 3,
269. Spörry, H. — Adr. H. Meyer-Pestalozzi, Zürich.
270. Spring-Rice, C. A., Kgl. Brit. Legationssekretär. — Berlin.
271. Techow, H., Kgl. Preussischer Oberverwaltungsgerichtsrath,
— Berlin, Kurfürsten Str. 112.
272. Thomas, Gottfried. — Coblenz a/Rli., Casino Str. 3.
273. *Treutlcr, C. G. von, Legationssekretär. — Adr. Auswärtiges
Amt, Berlin,
274. Waldthausen, B. von, Kgl. Preussischer Regierungs-
assessor.— Essen a. d. Ruhr.
275. "Waldthausen, J. von, Kaiserl. D. Legationsrath und
Generalconsul. — Caicutta.
276. Wirth, Dr. Albrecht, — Frankfurt a/M, Hermannstr. 42.
277. Wollant, G. de, Kaiserl. Russischer Legationssecretär. —
Washington, U. S. A.
278. Wood, Dr. A. — Adr. John Hopkins Univcrsity, Baltimore.
279. Ziegler, C. — Winterthur, zum Rychberg.
i84
LISTE DER GESELLSCHAFTEN, INSTITUTE, REDACTIONEN
ETC., AN WELCHE DIE "MITTHEILUNGEN"
VERSANDT WERDEN.
ALTENBURG. i. S.
1. Natiirforschende Gesellschaft des Osterlandes.
AMSTERDAM.
2. Koninklijke Akademie van Wetenschappen.
3. Koninklijk Zoologish Genootschap " Natura Artis Magistra."
BASEL.
4. Universität.
BATA\TA.
5. Bataviaasch Genootschap van Künsten en Wetenschappen.
6. Koninklijke Natuurkundige Vereeniging in Nederlandsch-
Indie.
7. Nederlandsch-Indische Maatschappij van Nijverheid en
Landbouw,
BELFAST.
8. Natural History and Philosophical Society.
BERLIN.
9. Königl. Akademie der Wissenschaften,
10. ,, Cultus-Ministerium.
11. ., Bibliothek.
12. ,, Meteorologisches Institut.
13. ,, Orientalisches Seminar.
14. Ethnologische Abtheilung der Königl. Museen.
15. Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urge-
schichte.
16. Gesellschaft für Erdkunde.
17. Centralverein für Handelsgeographie.
18. Redaction der " Deutschen Literaturzeitung."
19. Professor Dr. Virchow.
20. ,, ,, Freiherr F. von Richthofen.
LISTE DER GESELLSCHAFTEN, INSTITUTE, REDACTIONEN ETC. 185
21. Kaiserl. Japanische Gesandtschaft.
22. Deutsche Colonialgesellschaft.
BERN.
23. Geograpliische Gesellschaft.
BONN.
24. Naturhistor. Verein der preussischen Rheinlande, West-
falens und des Reg-Bezirks Osnabrück.
25. Professor Dr. J. J. Rein.
BOSTON.
26. Society of Natural History.
BRAÜNSCHWEIG.
27. Verein für Naturwissenschaft.
BREMEN.
28. Geographische Gesellschaft.
29. Naturwissenschaftlicher Verein.
BRÜSSEL.
30. Academie Royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-
Arts de Belgique.
31. Societe Royale Beige de Geographie.
32. ,, ,, Malacologique de Belgique.
BUENOS AYRES.
33. Instituto Geografico Argentino.
CALCUTTA.
34. Asiatic Society of Bengal.
35. Geological Survey of India.
CAMBRIDGE, MASS., U. S. A.
36. Museum of Comparative Zoology at Harvard College.
CAIMPINAS.
37. Instituto Agronomico.
l86 LISTE DER GESKLLSCHAFTEN, INSTITUTE, REDACTIONEN ETC.
CASSEL.
38. Verein für Naturkunde.
CHAPEL HILL, RALEIGH, N. C, U. S. A.
39. Elisha Mitchell Scientific Society.
CHEMNITZ.
40. König). Sachs. Meteorolog. Institut.
CHICAGO.
41. Fiele! Columbia Museum.
CHRISTIANIA.
42. Königl. Universität.
43. Videnscabs Selskabet.
CINCINNATI.
44. Society of Natural History.
DANZIG.
45. Naturforschende Gesellschaft.
DAVENPORT (IOWA).
46. Davenport Academy of Natural Sciences.
DRESDEN.
47. Isis, Naturw. Gesellschaft.
48. Verein für Erdkunde.
EDINBURGH.
49. Royal Society of Edinburgh.
FRANKFURT a/M.
50. Senckenbergische Naturforschende Gesellschait,
51. Neue Zoologische Gesellschaft.
52. Physikalischer Verein.
FRANKFURT a/0.
53. Naturwissenschaft!. Verein des Regierungsbezirks Frank-
furt.
FREIBURG i. Br.
54. Naturforschende Gesellschaft.
LISTE DER GESELLSCHAFTEN, INSTITUTE, REDACTIONEN ETC. l87
GIESSEN.
55. Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde.
GOTHA.
56. Redaction der " Petermann'schen Mittheiluneen."
GÖTTINGEN.
57. Königl. Gesellschaft der Wissenschaften.
GREIFSWALD.
58. Geographische Gesellschaft.
HAAG.
59. Allgemeines Reichsarchiv.
HAARLEM.
60. Musee Teijler.
HALLE a/S.
61. Leopoldino-Carolina, Kaiserl. Akademie.
62. Verein für Erdkunde.
HAMBURG.
63. Deutsche Seewarte.
64. Geographische Gesellschaft.
65. Verein für Naturwissenschaftl. Unterhaltung.
66. Naturwissenschaft!. Verein.
HAVRE.
67. Societe de Geographie Commerciale du Havre.
HELSINGFORS.
68. Societe de Geographie de Finlande.
H ER jNI ANNSTADT.
69. Siebenbürg. Karpathen-Verein.
IRKUTSK.
70. Ostsibirische Sektion der Kais. Geogr. Gesellschaft.
JENA.
71. Geographische Gesellschaft für Thüringen.
KARLSRUHE.
72. Redaction der "Zeitschrift für wissenschaftliche Geogra-
phie."
l88 LISTE DER GESELLSCHAFTEX, INSTITUTE, REDACTIONEN ETC.
KIEL.
73. Naturwissenscliaftliclicr Verein für Schleswig-Holstein.
KOBE.
74. Club Concordia.
KÖLN.
75. Redaction der " Kölnischen Zeitung."'
KÖNIGSBERG.
"J^. Physikalisch-Ökonomische Gesellschaft.
LANDS HUT.
yj. Botanischer Verein.
LEIDEN.
y^. Redaction des " Internationalen Archivs für Ethnographie."
79. Prof Dr. G. Schlegel.
LEIPZIG.
80. Naturforschende Gesellschaft.
81. Verein für Erdkunde.
82. Redaction des "Literarischen Centralblattes."
Z"^. Museum für Völkerkunde.
LISSABON.
84. Sociedade de Geographia.
LONDON.
85. Redaction der " Nature."
%6. Royal Geographical Socict}'.
Zy. Japan Society.
Z'^. Trübner & Co.
IMADISON (WISCONSIN).
89. Wisconsin Academy of Sciences, Arts and Letters.
MARSEILLE.
90. Faculte des Sciences.
METZ.
91. Verein für Erdkunde.
■1!
LISTE DER GESELLSCHAFTEN, INSTITUTE, REDACTIONEN ETC. I SQ
MODENA.
92. Real Academia di Scienze, Lettere ed Arti.
MOSKAU.
93. Societe Imperiale des Naturalistes.
MÜNCHEN.
94. Königl. Akademie der Wissenscliaften.
95. Redaction der " Allgemeinen Zeitung."
96. Deutsche Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie u,
Urgeschichte.
NEUCHATEL.
97. Societe Neuchateloise de Geograpliie.
NEW HAVEN, CONN., U. S. A.
98. Redaction des " American Jounuil of Science."
NEW YORK.
99. American Museum of Natura! History, Central Park.
ODESSA.
100. Societe des Naturalistes de la Nouvelle Russie.
PARIS,
loi. Societe Asiatique.
102. Societe Geographique.
103. Musee Guimet.
104. Ecole d'Anthropologie de Paris.
PETERSBURG.
105. Kaiscrl. Akademie der Wissenschaften.
106. ,, Geographische Gesellschafi.
107. ,, Botanischer Garten.
108. ,, Ministerium der Reichsdomänen. (Geologisches
Institut).
109. Kaiser!. Mineralog. Gesellschaft.
PHILADELPHIA.
HO. Wagner Free Institute of Science.
190 LISTE DER GESELLSCHAFTEN, INSTITUTE, REDACTIONEX ETC.
ROM.
111. Real Academia dei Liiicei.
112. Societa Geografica Italiana.
113. Bibliotheca Nazionalc Centrale.
114. Redaction des " Cosmos."
SAN FRANCISCO.
115. California Academy of Sciences.
SANTIAGO (CHILE).
116. Deutscher Wissenschaftlicher Verein.
117. Societe Scientifique,
SAO PAULO (BRASILIEN).
118. Institute Agrinomico.
SHANGHAI.
119. North-China Brauch of the Royal Asiatic Society.
120. Imperial Maritime Customs.
SINGAPORE.
121. Straits Brauch of the Royal Asiatic Society.
ST. LOUIS, MISSOURI.
122. Academy of Science.
123. Botanical Garden of Missouri.
STOCKHOLM
124. Kgl. Akademie der schönen Wissenschaften, der Geschich-
te und Alterthumskunde.
STUTTGART.
125. Verein für Handels-Geographie etc.
SYDNEY.
126. The Australasian Anthropological Journal.
TOKYO.
127. Kaiserl. Deutsche Gesandtschaft.
LISTE DER GESELLSCHAFTEN, INSTITUTE, REDACTIONEN ETC. I9I
128
129
130
132
Kaiserl. Jap. Unterrichts-Ministerium.
Teikoku Daigaku (Kaiserl. Universität).
Chishitsu Kyoku (Kaiserl. Geolog. Reichsanstalt).
Asiatic Society of Japan,
Japan Times.
Annotationes Zoologicae Japonenses.
TORONTO.
134. Canadian Institute.
TSCHITA (OST-SIBIRIEN).
135. Transbaikalische Filialabtheilung der Kaiserl. Russ. Geo-
graph. Gesellschaft im Amur-Gebiet.
UPSALA.
136. Königl. Universitäts-Bibliothek.
WASHINGTON.
137. Smithsonian Institute.
138. Bureau of Ethnology.
139. Chief Signal Office.
140. United States Geological Survey.
141. National Medical Library of the United States.
142. U. S. Department of Agriculture.
WIEN.
143. Kaiserl. Akademie der Wissenschaften.
144. Kaiserl. Geograph. Gesellschaft.
145. Kaiserl. Oesterreich. Gesellschaft für Meteorologie
146. K. u. K. Geolog. Reichsanstalt.
147. K. u. K. Naturhistor. Hof-Museum.
148. K. u. K. Oesterreichisches Handelsmuseum.
149. Orientalisches Museum.
150. Ornitholog. Verein.
151. Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes.
152. Redaction der " Deutschen Rundschau für Geographie und
Statistik."
192 LISTE DER GESELLSCHAFTEN, INSTITUTE, REDACTIONEN ETC.
WÜRZ BURG.
153. Physikalisch-Medicinischc Gesellscliaft.
YOKOHAMA.
154. Club Germania.
155. Redaction der "Japan Weekly Mail."
ZÜRICH.
156. Naturforschende Gesellschaft.
ZWICKAU.
157. Verein für Naturkunde.
t
DIE LIEDER DER HUNDERT DICHTER,
(HYAKUNIN ISSHÜ.)
EINGELEITET UND ÜBERSETZT
VON
P. EHMANN.
Das Hyahniin Isshü\ ("gA-^"^). clie " Lieder der hundert
Dichter," genauer: " von hundert Dichtern je ein Lied," ist ohne
Zweifel die bei weitem populärste Gedichtsammlung in Japan. Sie
verdankt jedoch — um dies gleich hier zu erwähnen— diese Popularität
weniger ihrem litterarischen Werthe, der von den Japanern selbst
nicht allzuhoch angeschlagen wird, als dem zufälligen Umstände,
dass sie schon seit Jahrhunderten die Grundlage eines Gesellschafts-
spieles bildet, das in Japan zur Neujahrszeit überall von Alt und
Jung gespielt wird. Über dieses Spiel hat K. LEHMANN bereits 1884
in seinem Aufsatz : "Gesellschaftsspiele der Japaner " (im 30. Heft
dieser Mittheilungen) ausführlich berichtet, und daselbst auch über
die Entstehung der Sammlung Hyakunin Isshü Mittheilungen
gemacht.
Die Sammlung rührt her von TeikaJcyö (^^fP), dessen
eigentlicher Name F?tjhvara no Sada-ie {MM-^%'^) ^^"^^- -^^ lebte
um das Jahr 1200; sein Vater Toshinari war seiner Zeit als
Dichter berühmt. Es wird berichtet, dass Teikakyö (unter welchem
Namen, der aus den beiden chinesisch gelesenen Zeichen seines
persönlichen Namens Sada-ie, und kyö, seinem Titel als Minister,
zusammengesetzt ist, der Verfasser unserer Sammlung jetzt vorzugs-
weise bekannt ist) in seiner Jugend einmal im kaiserlichen Palaste
mit Mmamoto no Masayuki Streit hatte, wobei er diesen mit einem
Leuchter an den Kopf schlug. In Folge dessen verlor er seinen
Ransr. Sein Vater war darüber sehr betrübt und verfasste auf diesen
194
Vorfall ein Gedicht, welches auch dem Kaiser Go Shirakawa zu
Ohren kam und diesem so gefiel, d.iss er dem Sohne seinen früheren
Rang wieder verlieh. Teikakyö stieg dann immer höher und
erreichte schliesslich sogar einen höheren Rang als sein Vater,
nämlich die obere zweite Rangstufe {jö ni-i), während sein Vater
nur die obere dritte Rangstufe {Jö smiiuii) innehatte, was für etwas
ganz Ausserordentliches galt, und worauf er auch sehr stolz
eewesen sein soll. Er bekleidete ausserdem das Amt eines Staats-
raths {sangi) und eines mimbiikyö (^^piP). ^^as jetzt etwa dem
Posten eines Finanzministers entsprechen würde. (Das iniuibusliö,
dessen Chef den Titel miinbnkyö führte, war eine der acht Behör-
den, die im 7. Jahrhundert n. Chr. unter Kaiser Tenchi eingeführt
wurden, und hatte es besonders mit der Feststellung des Census
der Bevölkerung, der Erhebung und Verwaltung der Steuern, der
Aufsicht über die Getreidespeicher der Regierung u. dgl. zu thun.)
Im I. Jahre Tempuku (1233) legte er, schon siebzigjährig, seine
Ämter nieder und zog sich nach seinem Landhause am Ogurayama
in Yamashiro zurück. In diesem Landhause, welches Ogura-Sansö
(/M"LLI^±) hiess, veranstaltete er im Auftrage des früheren
Kaisers Go Toba-no-in mit vier andern Mitarbeitern") eine Samm-
luncr von Gedichten unter dem Tite! Shin Kokinshn, d. h. neues
Kokinshü, indem er auf den Titel Kokinshü, eigentlich Kokin-
waka-shü, Sammlung von alten und leuen japanischen Gedichten,
anspielte, die von Ki no Tsurayuki und drei andern etwa 330 Jahre
vorher unter Kaiser Daigo veranstaltet war. Die meisten Gedichte
des Shin Kokinshü finden sich jedoch schon im Kokinshü, Shüishü,
Go Shüishü und anderen Sammlungen ; auch sonst hält die neue
Sammlung mit den früheren, speciell mit dem Kokinshü, keinen
Vergleich aus und ist daher ziemlich unbekannt geblieben. — Aus
dieser Sammlung nun wählte Teikakyö zu seinem Vergnügen
hundert Gedichte, jedes von einem andern Verfasser, aus und
schrieb sie d,Mi\6:\^ fusiima (Papierwände j seines Landhauses am
Ogurayama, weswegen die Sammlung oft auch Ogura-hyakiinin-
isshü, die hundert Lieder von je einem Dichter von Ogura, genannt
wird. Dieses Landhaus, mit den auf die fusuma geschriebenen
•; Die Namen dieser Mitarbeiter sind: Michitomo (-i^:^), Ariie (^^), Ictaka
{Karyti) (^1^) und Masatsune (3^1^), alle aus dem Hause Fiijiioara.
195
liundert Gedichten, soll noch jetzt vorhanden sein. Teikakyö's
Sohn, Tanic-ie, hat dann später die Gedichte chronologisch geord-
net und herausgegeben.
Es wird jedoch, im Gegensatz zu dieser gewöhnlich angenom-
menen Tradition, von einigen Commentatoren auch behauptet, dass
die hundert Gedichte gar nicht von Teikakyö selbst ausgewählt
seien, sondern von dessen Freunde Naka-uo-in Nyndö. und dass
Teikakyö sie nur für seinen Freund Naka-no-in abgeschrieben habe,
weil er wegen seiner schönen Handschrift berühmt gewesen sei.
Dies soll sich aus Teikakyö's eigenem (nur handschriftlich vor-
handenen) Tagebuch nachweisen lassen.
Teikakyö hat ausser der, ihm allerdings, wie wir soeben
gesehen haben, nicht ganz unbestritten gebliebenen Sammlung der
hundert Lieder noch zwei andere Werke hinterlassen ; das eine ist
das soeben erwähnte Tagebuch, das den T'xtoX Mcigctsit-ki (BJ^
fti), Aufzeichnungen des glänzenden Mondes, führt ; das andere
ist eine Sammlung seiner eigenen Gedichte, betitelt Slin-i Gusö
(fö^l'Si^J. nachträglich gesammeltes thörichtes Allerlei (thörich-
tes = von mir). Er starb im 2. Jahre Ninji (1242) im Alter von 80
Jahren,
Die Sammlung der hundert Lieder umfasst, von Kaiser Tenchi
in der zweiten Hafte des 7. Jh. n. Ciir. an bis in die erste Hälfte
des 13. Jh. hinein alle Dichter und Dichterinnen, die zu Teikakyö's
Zeit einen Xamen hatten, doch mit einigen Ausnahmen ; so fehlt
z. B. Otonio no Kuronushi, einer der berühmtesten Dichter der
alten Zeit, der auch zu den Rokkasen (s. die Anm. zu No. 35)
gehört. — Li wie hohem Masse sich damals die Frauen — wenig-
stens die Frauen am Hofe — am Dichten betheiligten, zeigt der
Umstand, dass unter den 100 Dichtern des Hyakunin Isshü 21
Frauen sind — rühren ja doch auch nicht wenige der besten
Werke der japanischen classischen Litteratur, wie z. B. Genji-
inonogatari, Eigica-inonogatari, Makura no Sös/ä, von P'rauen her.
Es muss jedoch noch einmal hervorgehoben werden, dass die
Auswahl auch nach japanischem Urtheil keine .sehr glückliche ist.
Die Sammlung ist zu ungleichartig ; es sind zwar gute Gedichte
darunter, aber auch viele mittelmässige — kurz, die Gedichte sind
von sehr ungleichem Werth, und der Verfasser wird deshalb
vielfach getadelt, z. Th. auch zu entschuldioren gesucht. Es ver-
196
steht sich von selbst, dass auch der Stil äusserst ungleichartig ist,.
was natürlich dem Sammler nicht zur Last gelegt werden kann,
da ja hundert verschiedene Dichter, und noch dazu jeder nur ein-
mal, zu Worte kommen — manchmal ist der Stil sehr klar und
einfach, manchmal aber auch sehr dunkel und schwer verstündlich.
Auch der Inhalt ist, wie nicht anders zu erwarten, sehr mannie-
faltiger Natur ; am stärksten vertreten ist die Classc der Liebes-
gedichte.
Es giebt eine grosse Anzahl von Comnientaren, die jedoch
hier nicht alle aufgezählt werden sollen. Es existirt überhaupt
kaum eine Ausgabe olmc Commentar, sodass man fast sagen kann :
soviele Ausgaben, soviele Commentare. Der Hauptgrund hiervon
soll der sein, dass die 100 kurzen Gedichte olmc Conunentar abge-
druckt zu wenig Seiten füllen würden — ein so dünnes Büchelchen
würde niemand kaufen. Diese Ausgaben enthalten ausser dem
Commentar, der oft das 20 — 30 fache des Raumes beansprucht, den
die Gedichte einnehmen, oft auch kurze Biographien der Dichter
mit ihren Abbildungen.
Was nun Vbcrsctcinigen dieser Gedichte betrifft, so ist bisher
erst eine erschienen, das ist die englische von F. W Dickins.
Der Verfasser hat sicli durch verschiedene andere Publicationen,
unter denen seine Übersetzung von Chikamatsu Monzaemon's
berühmtem Schauspiel 6"////j-/^/;/^//rc2f (Vasallentreue) hervorzuheben
ist, bekannt und verdient gemacht. Von seiner Übersetzung des
Hyakunin Isshü lässt sich jedoch nicht viel Gutes sagen ; es ist
dies auch nicht zu verwundern, wenn man bedenkt, dass dieselbe
schon 1866 erschienen ist, also zu einer Zeit, als die japanische
Sprache noch so gut wie unerforscht war — selbst die Hoffmann'-
sche Grammatik ist erst 1S68 erschienen, von dem classischen
Aston'schen Werke, dessen erste Auflage 1872 erschien, gar nicht
zu reden. — Ferner finden sich 25 Gedichte des H}'akunin Isshü in
de Rosny s "Anthologie japonaise " (1871); aber auch von diesen
lässt die Mehrzahl, was Richtigkeit der Übersetzung betrifft, viel
zu wünschen übrig. — Ich selber habe bereits vor einem Jahre eine
Übersetzung in poetischer Form veröffentlicht, die in der japani-
schen Monatsschrift Givaikoktt Gogakn ZassJii ("Zeitschrift für
fremde Sprachen ") in den 4 Nummern vom Februar bis Mai 1S98
erschienen ist. Da mich aber die gewählte Form nicht befriedigte,
197
•so habe ich nun den Versuch gemacht, die Form des Originals
beizubehalten, wobei ich jedoch betone, dass es mir auch bei dieser,
ebenso wie bei der früheren Übersetzung, in erster Linie um eine viög-
lichst ge7iaue, zuortgetre2ie\\[\ede.rg3.hQ des Originals zu thun war,
mit möglichster Erhaltung auch der grammatischen Construktion.
Auf Abweichungen vom Original habe ich bei den betreffenden
•Gedichten aufmerksam gemacht ; im Übrigen beschränken sich die
Anmerkungen zu den einzelnen Gedichten auf das zum sachlichen
Verständniss Nothwendige und auf kurze Mittheilungen über die
Dichter. Alle rein grammitischen Erklärungen dagegen sind, um
die Anmerkungen zu den einzelnen Gedichten nicht zu über-
laden und sie Lesern, denen an solchem grammatischen Beiwerk
wenie eelecren ist, nicht zu verleiden, dem Vokabular einverleibt
worden.
Die Form, die die loo Gedichte des Hyakunin Isshü haben,
ist die des kurzen uta {tanka), oder Jita schlechthin. Ein nta
besteht bekanntlich aus 2 Zeilen: der oberen Zeile {kaiiii 110 ku),
von 17 (5.7,5) Silben, und der unteren Zeile {sltimo no kii), von
14 {j,y) Silben. (Die Ausdrücke "Obersatz" und "Untersatz"
halte ich aus dem Grunde für nicht glücklich gewählt, weil sie
-entschieden mehr an Logik erinnern als an Poesie.) Die Silben
sind alle gleichartig ; ein Metrum, ein Unterschied der Quantität
oder der Betonung ist nicht vorhanden.
Zwei Eigenthümlichkeiten, die weniger die Form als den Sinn
betreffen, verdienen noch besonders erwähnt zu werden — die
makitra-kotoba und i\.\QJo. Die makura-kotobo (Kissenwörter), von
Mabuchi kamuri-kotoba (Mützenwörter) genannt, bilden, wo sie
vorkommen, fast immer den Anfang der Oberzeile und bestehen in
der Regel aus 5 Silben, oder aus 4 Silben und der nachfolgenden
Genetivpartikel no. ALan muss sie als schmückende Beiwörter be-
trachten, allerdings von einer ganz besonderen Art und dem, was
wir darunter verstehen, oft wenig entsprechend. B. H. Chamber-
LAIX hat diesen "Kissenwörtern" im 5. Bde der Transactions
der Asiatic Society of Japan einen eingehenden Aufsatz gewidmet;
ich beschränke mich hier auf die in den lOO Liedern vorkommenden.
Die Zahl derselben ist nur klein, und sie können fast alle als schmü-
ckende Beiwörter auch in unserm Sinne betrachtet werden. So ist
shiroiae no in Xo. 2 ein alter poetischer Ausdruck für " weiss" und
198
steht dcmgemäss immer vor weissen Gegenstünden ; chibayaburit
in No. 17 bedeutet: schnell, gewaltig, furchtbar, und steht vor
(\q.\\ Namen von Gottheiten ; hisakata no in No. 33 und 76 soll
entstanden sein aus Jiisago no katachino, der (Gen.) Kürbisgestalt;
es steht vor " Himmel" (No. 'jG), obgleich uns der Vergleich der
Gestalt der Himmels mit einem Kürbis sonderbar berührt ; dann
auch, wie in No. 33, vor Wörtern, die zu "Himmel" in irgend
einer Beziehung stehen, kurokauii no, des schwarzen Haares, oder :
wie schwarzes Haar, steht in No. 80 vor inidaretc, verwirrt, taka-
sag-o 710 (Ko. /S), "hochsandig," ist ein makura-kotoba für Berge.
Dunkel ist die Bedeutung von asJäbiki no (No. 3), was ebenfalls
immer xoy yania, Berg, oder vor Wörtern, die mit yama anfangen,,
steht.
Weit störender für den Übersetzer als diese viaknra-kotoba sind
die sogenannte ny(9 o^qx joshi — " Einleitungen "—eine Art erweiter-
ter Kissenwörter, von denen sie sich hauptsächlich dadurch unter-
scheiden, dass sie nicht aus einem, sondern aus mehreren Wörtern
bestehen, also länger sind. Für ihre Länge oder Silbenzahl giebt
es keine Regel ; nicht .selten nimmt das 7"^ die ganze Oberzeile ein.
Dabei hat aber diese sogenannte "Einleitung" in den meisten
Fällen zu dem Inhalt des Gedichtes gar keine Beziehung, sondern
bildet nur eine Art Vorspiel zu einem bestimmten Wort. Nach
unsern Begriffen ist ein solches jo eine leere Spielerei, die ganz
unbeschadet des Sinnes fortbleiben könnte und ganz unnöthiger-
weise den ohnehin so schmal bemessenen Raum derart einschränkt,
dass von den 31 Silben dieser Liliputaner-Poesie für den eigentli-
chen Inhalt des Gedichts oft weniger als die Hälfte übrig bleibt. —
Diesej'ö sind im Hyakunin Isshü weit häufiger als die makura-kotoba,
die, wie schon erwähnt, in dieser Sammlung verhältnissmässig selten
vorkommen. Ich will als Beispiel zunächst eins der wenigen jo
anführen, die einen Sinn haben. Es sind dies die Worte ashibiki
no \ yamadori no o no \ sliidari-o no im 3. Gedicht; die ganze
Oberzeile ist hiery'«? zu dem nachfolgenden naga-nagasJn {-s^hg^QV-rnzt
für naga-nagasJiiki) : die lange, lange {jiaga-nagasJii) Nacht {yo)
[des herabwallenden Fasanschweifes (d. h. die so lang ist wie etc.)].
Dabei ist das Wort o, Schweif, unnöthiger Weise zweimal gesetzt ;
die Anfangsworte ashibiki no sind, wie schon erwähnt, ein Kissen-
wort (zu yamadori), dessen Sinn unaufgeklärt ist und das daher
199
unübersetzt bleiben musste. — Dagegen entbehrt jeglichen Sinnes
das aus den Worten Smni-no-c no \ kishi ni yorii naiiii gebildete
jo in No. i8: die Wellen, die an das Gestade von Sumi-no-e
schlagen. Diese "Einleitung" hat zu dem folgenden ;/ö;7/, Naclit
wie überhaupt zu dem Inhalt des ganzen Gedichts, gar keine
weitere Beziehung, als den Gleichklang der Wörter j^?;'?/, (ans Ufer)
schlagen, und yorti, Nacht. — Ahnlich ist das/^ in No. 27, das die
ganze Oberzeile ausfüllt : Alika no hara \ ivakite nagariiru \ Izinni-
gaiva, der Izumifluss, der sprudelnd durch das Feld von Mika
strömt — dessen Beziehung zum folgenden itsii viiki, wann habe (ich)
eesehen, nur darin besteht, dass die drei ersten Silben von Izinni-
gaiva und von itsii ;;///&/ gleichklingen. — Es könnten aus den " 100
Liedern " noch viele'solche Beispiele angeführt werden, doch werden
die bisherigen wohl schon genügen.
So unbequem diese beiden Eigenthümlichkeiten, die viakura-
ko'.obj, (die speciell für das Hyakunin Isshü allerdings, wie schon
erwähnt, nicht so sehr in Betracht kommen) und die/i? für den Über-
setzer auch sind, so ginge es immer noch an, wenn die zahlreichen
Wortspiele nicht wären. Was auf diesem Gebiete in den gesuchtesten
Doppelsinnigkeiten geleistet wird, ist ganz erstaunlich, und dem
Übersetzer bleibt hier oft nichts weiter übrig, als zu erläuternden
Noten seine Zuflucht zu nehmen. Eine besondere Art von Wort-
spielen sind die kenyögen (^Jf]"!"': " Wörter mit doppeltem (gemein-
schaftlichem) Gebrauch"; dasselbe Wort wird zugleich mit dem
Vorangehenden, und in einer anderen I^edeutung mit dem Nach-
folgenden verbunden aufgefasst. Man muss sich hier dadurch
helfen, dass man das betreffende Wort zweimal übersetzt, wie es z.
B. in No. 10, 51, 95, 97 und 100 (in der Anmerkung daselbst)
geschehen ist.
So wenig wie alle diese mehr die Form betreffenden Künste-
leien nach unserm Geschmack sind, so wenig wird der europäische
Geschmack sich auch mit dem Inhalt mancher Gedichte befreunden
können. Stellen wie z. B. das Klopfen (Walken) des Tuchs in 94,
der Vergleich der Liebesgluth mit dem zur Salzgewinnung einge-
kochten Seewasser in 95, der heimlichen Liebe mit den Steinen im
Meere, die auch bei der Ebbe nicht sichtbar werden (92), das
Ziehseil der Kähne in 93, der Bluthhöhemesser in 20, die Fisch-
korbpfähle in 64, der Thürspalt des Schlafzimmers in 85. die
200
Ärmel der Fischer in 90 u. dgl. werder. auf den abendländischen
Leser einen sonderbaren Eindruck machen und ihm kaum geeignet
scheinen, eine poetische Wirkung hervorzubringen, während der
japanische Leser daran durchaus keinen Anstoss nimmt. Doch
fehlt es auch nicht an Gedichten, die uns sympathisch berüh-
ren, und die auch in unserm Sinne von poetiscliem Werthe sind.
Erwähnt sei noch, dass in den Gedichten auch personificirende
oder anthropomorphistische Vorstellungen gar nicht selten vorkom-
men. Dahin gehören besonders solche Apostrophen wie z. B. die
an Fischerboote (No. 11), an die Winde (No. 12), an einen einsamen
Bergkirschbaum (No. 66), an das Leben {tama-no-o yo !) in No. 89,
auch die personificirenden Vorstellungen, die an das Ahornlaub in
No. 26, an den Mond in No. 30, die Blüthen in No. 33, den Herbst
in No. 47, den Thürspalt in No. S5 geknüpft werden. So ausgeführte
und bis ins Einzelne gehende Personificationen und allegorische
Darstellungen wie in der europäischen Litteratur trifft man freilich
in der japanischen Litteratur nicht an, doch kann man andererseits
auch nicht sagen, dass Fersonification etwas sei, was in der japa-
nischen Dichtkunst gänzlich fehle. (Für das Gebiet der Sprich-
wörter und bildliclien Redensarten habe ich schon früher auf das
hier sogar sein" häufige Vorkommen von Personificationen auf-
merksam gemacht.)
Zum Schluss noch einige Mittheilungen über den L^rsprung der
Verwendung dieser hundert Gedichte zu einem Kartenspiel und
über dieses Spiel selbst. Ich verdanke dieselben Herrn T SUJI Taka-
HIRA, Lehrer der deutschen Sprache an der Adelsschule in Tokyo,
der mich überhaupt bei dieser ganzen Arbeit durch seine freund-
liche Unterstützung zu grossem Danke verpflichtet hat. — Das Wort
karuta (phonetisch 'J]W^0' geschrieben) für " Karte " ist bekannt-
lich kein japanisches, sondern stammt (höchst wahrscheinlich) aus
dem Portugiesischen oder Spanischen, obgleich es auch eine kühne
japanische Etymologie giebt, die es von kam-ita, leichtes Brett,
ableiten will. Der Gebrauch solcher kanita ist jedenfalls von
Europa entlehnt und soll zuerst in der Periode Tenshö (1573 — 1591)
aufgekommen sein ; die damals verfertigten Karten sollen daher
^Q.\\ Namen TensJiö-gaj-iita geführt haben. Über dieselben ist
sonst nichts Weiteres bekannt, ausser dass ihre Zahl 48 betrug. —
Es sei jedoch auch erwähnt, dass der Gebrauch der Karte»
20I
von einigen aus China abgeleitet wird ; zur Unterstützung dieser
Ansicht dient, dass für Karte oder Spieltäfelchen auch der chine-
sische Ausdruck /^(^//-ä/ («g*!}^) gebräuchlich ist, d. h. "Knochen-
brettchen " — so genannt, weil solche Karten oder Täfelchen in
China früher aus Elfenbein angefertigt sein sollen. — Wie dem auch
sei, so steht so viel fest, dass das Spiel selbst schon lange vor
Einführung der Karten, also auch schon lange vor der Bekannt-
schaft mit Europa, in Japan bekannt war ; man benutzte anstatt der
Karten die Schalen der Jiamagit.ri-'yi\xs>z\\Q\. (Cytherea meretrix), um
die Gedichte darauf zu schreiben, und das Spiel führte daher früher
den Namen iita-gai (^H.), Liedermuscheln. In dieser Form ist
das Spiel in Japan wahrscheinlich schon seit sehr alter Zeit üblich
geivesen, doch konnte ich über die Zeit der Entstehung nichts
Bestimmtes feststellen. Alan benutzte aber dazu ursprünglich nicht
bloss die Lieder der hundert Dichter, sondern überhaupt Lieder
jeder Art, z. B. aus Kokinshü, Genji-nionogatari, Ise-inonogatari
und anderen Werken. Der Hauptzweck dabei war, neben der
Unterhaltung, die Lieder auswendig zu lernen und sich durch das
Spielen in der gründlichen Keniitniss derselben zu befestigen. Erst
allmählich haben die Lieder der hundert Dichter die andern ver-
drängt ; die vorherrschende, jetzt fast ausschliessliche Verwendung
dieser hundert Gedichte zum Kartenspiel datirt erst seit der
Periode Genroku (1688 — 1703J.
Das Spiel wird, seitdem man es mit Karten anstatt der Mu-
scheln spielt, Tita-gantta (Liederkarte) genannt. Es giebt noch
zwei ähnliche Spiele; das eine ist das zroha-gariita-?>p\e\, bestehend
aus 48 Karten mit je einem Sprichwort*), das andere heisst s/u-
gariita (t^ -fi" ;^ ^ ) , chinesische Liederkarte, und besteht aus 100
Karten, auf denen chinesische Gedichte stehen, die meist der
Sammlung Töshiscn (^ffi^), ausgewählte Gedichte der Tang-
Dynastie, entnommen sind. Bei allen diesen Spielen spielt man
nicht um Geld, sondern nur des Vergnügens halber; allenfalls
werden Früchte, Kuchen u. dgl. als Gewinn ausgesetzt. Die
Japaner haben nur ein Kartenspiel, bei dem um Geld gespielt wird,
das ist das bekannte hana-aivase oder hana-garuta*^), dessen
*) vgl. hierüber li. Law^e, Mitth. Bd. I, 10, S. 34.
**) siehe hierüber den Aufsatz Hana-azuase von IL S. Paliitcr in Bd. XIX der Trans-
xictions of the Asiatic Society of Japan.
202
Karten auch unsern Spielkarten dadurch ähnHch sind, dass sie keine
Inschriften, sondern Bilder enthalten, und zwar, wie schon der
Name sagt, Bilder von verschiedenen Blumen. Ausserdem sind in
der neuesten Zeit auch europäische Karten — taranipii (vom engli-
schen trimip) genannt — gebräuchlich geworden, besonders in den
höheren Kreisen ; doch ist auch in diesen neuerdings wieder das
hana-awase mehr in Aufnahme gekommen.
Die Art und Weise, wie das Spiel gespielt wird, ist in dem
schon erwähnten Aufsatz von R. Lehmann " Gesellschaftsspiele der
Japaner" ausführlich dargestellt worden. Einige, zum Theil er-
gänzende, Angaben mögen hier folgen. — Es giebt verschiedene
Methoden, die jedoch alle in ihren Grundzügen übereinstimmen.
Das Spiel besteht aus 200 Karten ; auf dem einen Hundert stehen
die Oberzeilen [kaini 110 hi), auf dem andern die Unterzeilen {shimo
no ku). Nur die letzteren werden an die Spieler vertheilt ; ein selbst
am Spiele ünbetheiligter liest nun eine Oberzeile nach der andern,
wie ihm die Blätter in die Hand kommen, vor, und die Besitzer der
dazugehörigen Unterzeilen legen ihre Karten weg. Wer zuerst mit
seinen Karten fertig ist, ist erster Sieger u. s. w., bis zuletzt nur
noch einer übrig bleibt, der sogenannte o-fitkuro, d. h. Sack — so
genannt, weil ihm, früher wenigstens, zur Strafe ein Sack über den
Kopf gezogen wurde. Auf die weiteren zum Theil recht compli-
cirten Feinheiten will ich nicht eingehen, zumal da sie in der
erwähnten Arbeit von R. Lehmann schon beschrieben sind. — Die
drei Hauptmethoden des Spieles sind folgende. Die gebräuchlichste
Art ist das Kwni (i|M.) ; ihren Namen hat sie davon, weil sie sie in
verschiedenen Abtheilungen oder Gesellschaften {kitini) gespielt
wird. Es gehört dazu eine grössere Zahl von Spielern, etwa 12 —
15. Diese theilen sich in 4 — 5 hinni (Abtheilungen), jede aus 3
(selten 4) Personen bestehend. Jede Abtheilung erhält gleichviel
Karten mit Unterzeilen, also, wenn es 4 kiiini sind, 25 ; diese
werden, mit der Inschrift nach oben, in Reihen gelegt, und die
Spieler setzen sich darum herum, etwa in der Weise, wie es Fig.
I veranschaulicht :
f
205
(Fig. I.)
i E S i
s g a i
1 1 a B
S B B E
r_j^sE^^ BäHSaQ^J
8 111
I g i I
Nun liest der Vorleser eine Oberzeile ; natürlich sucht nun
jeder bei den Karten seiner Partei ; ist die Partei nicht schnell
genug, so wird die Karte von einer andern Partei weggenommen,
und es werden dafür, je nachdem es vorher abgemacht ist. 2 — 3,
auch mehr Karten liinübergeschoben ; diese Straf karten heissen
okiiri, Gabe oder Geschenk. Es wird gespielt, bis nur noch ein
^?/w/ übrig ist ; das ist dann o-fiihiro und bekommt, zwar nicht
einen Sack über den Kopf gezogen, aber häufig einen weissen
Strich oder Ring auf die Stirn oder Nase mit o-shiroi-VL&\\\, oder
auch einen schwarzen Strich mit 5///;// (Tusche). — Man kann, be-
sonders wenn die Zahl der Spieler nur klein ist, das Spiel natürlich
auch so spielen, dass jeder eine Anzahl Karten bekommt und für
sich allein spielt ; diese Abart heisst Wake — getheilt, oder getrennt
(spielen).
Die ziveite Methode heisst Gevipei i^^J^) — so genannt nach
den beiden feindlichen Parteien der Minamoto (Gen) und Taira
(Hei), den japanischen Weifen und Ghibellinen. Sie unterscheidet
sich von der Ä"?^;w-Methode nur dadurch, dass es nur zwei Parteien
giebt, die sich gegenübersitzen, wie Fig. 2 zeigt :
204
(Fig. 2.)
Q 9 9 V
ilBIBEISeiEBegiiSIBBaiBII
BBIIBBIEÜBiäüSgEBSÜSSg
iigiiiiBiiiiiiiiBSySBIEI
BEGIEBE§ii§3liiiS!EiS!Eil
6 ß Ä ö
Sonst ist das Verfahren ganz ähnlich, auch mit den o/cnri oder
Straflxarten. Gespielt wird, bis eine Partei keine Karten mehr
hat.
Die dritte hxX. (Fig. 3) heisst ChirasJii (^), "durcheinander
gestreut." Hier spielt jeder auf seine eigene Rechnung. Die
Spieler sitzen im Kreise, und die Karten liegen in der Mitte, aber
nicht in Reihen geordnet, wie bei Knini, Jluikc und Gempei, sondern
wirr durcheinander, woher der Name — alle jedoch mit der Kwi-
schrift nach oben.
(Fig. 3-)
Ob 'S.i'Vl ^
CP
^h
"o
Hierbei ist erster Sieger {icJiiban-agari), wer die meisten Karten
Taekommt, dann kommt der niban-agari (zweite Sieger), saniban-
agari (dritte Sieger) u. s. w.; wer die wenigsten oder gar keine
Karten hat, ist o-fiihiro.
205"
Das Spiel wird fast nur zur Neujahrszeit gespielt, dann aber
auch in jedem Hause, hauptsächlich von jungen Leuten. Dabei
herrscht die grösste Fröhlichkeit, und nicht selten kommt es vor,
dass das Spiel die ganze Nacht hindurch, bis zum Sonnenauf^ano-
dauert. — Bei schwachen Spielern, die mit den Gedichten nicht
recht vertraut sind, wird häufig nicht nur die Oberzeile, sondern
das ganze Gedicht vorgelesen, sodass also gar keine Kenntniss der
Gedichte nöthig ist ; dazu gehören natürlich Karten, auf denen das
ganze Gedicht, nicht nur eine Zeile, steht. Früher dagegen, als
man in diesen Dingen noch besser beschlagen war, Hessen starke
Spieler nicht die Oberzeile, sondern die Unterzeile lesen, und
suchten die Oberzeile dazu auf, wozu natürlich eine viel genauere
Kenntniss der Gedichte erforderlich ist als bei der gewöhnlichen
Spielweise.
Ich lasse nun die hundert Gedichte in transscribirter Form mit
Übersetzung und erläuternden Anmerkungen folgen. Die Trans-
scription ist auch mit Interpunction versehen worden, da eine
solche oft nicht unwesentlich dazu beiträgt, das Verständniss des
Textes zu erleichtern. Von der Übersetzung und den Anmer-
kungen gilt das oben (S. 197) Gesagte; das vollständige Material
zu einer streng wörtlicheri Übersetzung ist im Wörterverzeichniss
am Schluss enthalten. Auch ist zur Bequemlichkeit derer, die sich
mit der Sammlung eingehender beschäftigen wollen, ein alphabe-
tisches Verzeichniss der Dichter und ein ebensolches der Gedicht-
anfänge hinzugefügt worden. Die Wiedergabe des Textes in
japanischer Schrift, sowie die Anwendung chinesischer Zeichen im
Wörterverzeichniss ist als unnöthig unterblieben ; nur im Ver-
zeichniss der Dichter sind auch die btttr. chinesischen Zeichen
angegeben, da sie dem, der mit diesen Zeichen vertraut ist, für
das Verständniss der daselbst vorkommenden Namen, besonders
auch der zahlreichen sinico-japanischen Titel willkommen sein
dürften.
206
1. Tenchi Tennö.— Kaiser Tenchi.
A/d no ta no \ kario no io no \ toina ivo aranii
Waga koroniode zva \ tsuyn ni mire-tsiitsii.
(Die Nacht, wie traurig !)
Die Ärmel meines Kleides
Von Thau befeuchtet,
Denn undicht ir-t die Dachung
Der dürfto-en Hütt' im Herbstfeld.
"i:^'
Statt "Dachung" heisst es im Original "Strohmatte" {toina); eine solche diente als
Dach der Hütte. — Zu dem Gedicht wird die Erklärung gegeben, dass der Kaiser Tenchi
(reg. 668—672 n. Chr.) den Wunsch gehabt habe, sich von den Entbehrungen und Leiden
der Landleute einen Begrift" zu machen ; zu diesem Zwecke habe er eine Nacht in einer
solchen dürftigen, nur mit Strohmatten gedeckten Hütte zugebracht, und dann das Gedicht
gemacht.
2. Jilö Tennö.— Kaiserin Jitö.
Harn sugitc \ iiatsn kitarurasJii. \ Shirotae no
Koronio hosldtari, \ Avia no Kagiiyama.
Nun scheint der Frühling
Vorüber, und der Sommer,
Scheints, ist gekommen.
Schon bleicht man weisse Kleider
Am Berg Ama-no-Kagu.
Die Kaiserin Jitö regierte von 690—696. Einige ihrer Gedichte stehen im ManyisJni.
3. Kakinomolo no Hitomaro.
A sJiibiki no \ yaniadori no o no \ sliidari-o no
Naga-nagasJii yo ivo \ Jiitori ka ino nen.
20/
Die Xaclit, die lange,
Die dem lantj niederwairnden
Schweif des Fasanes
An Länge gleicht, werd ich nun
Allein wohl schlafen müssen !
^lit diesem Gedicht hat Xo. 91 grosse AhnHchkeit. — Hitoniaro (f 737, nach andern schon
724) ist der beriihmteste aller japanischen Dichter ; er steht in so hohem Ansehen, dass man
ihm Tempel errichtet hat. Ueber sein Leben ist sehr wenig bekannt ; um so mehr hat sich
die Mythenbildung seiner bemächtigt (vgl. Chamberlain, Classical poetry of the Japanese, p.
217).
4. Yamabe no Akahito,
Tago no iira yii \ iichi-idctc uiireba, \ inasJiiro ni zo
Fuji no takane ni \ yuki zva fiirikern !
Von Tago's Strande
Komm ich und schau umher —
Da hat der Schnee schon
Auf Fuji's hohem Gipfel
Zu fallen angefangen !
Unübersetzt geblieben ist inasliiro ni, ganz weiss. Akahito, ein Zeitgenosse Hitomaro's,
steht an Berühmtheit und Werthschätzung hinter diesem kaum zurück ; er ist unter allen
japanischen Dichtern der einzige, den man als Nebenbuhler des gefeierten Ilitomaro gelten
lässt. Beide zusammen werden auch mit dem Namen Ryösei (^^), " die beiden Weisen,"
bezeichnet. — Ueber seine Lebensumstände ist noch weniger bekannt als iaber die Hitomaro's.
Die von beiden noch vorhandenen Gedichte stehen im Manyöshü.
5. Sarumaru Tayu,
Oknyania rd \ inomiji finni-ivake \ naku shika no
Ko£ kiku toki zo \ akizva kanashiki !
W'c nn man die Stimme
Des Hirsches hört, der rufend
Das farbge Laub im
Einsamen Berg durchschreitet —
Wie trauri": dann der Herbst ist !
ö
208
Vgl. das iihnliche Geflieht unter No. 83. — Dar Dichter blähte im 8. Jahrh. unter der
Kaiserin Genshö und dem Kaiser Shörnu. Sein Familienname scheint unbekannt zu sein ;
Tayü war ein Ehrentitel für 15eamtc des 5. Ranges.
6. Ch'jnagon Yakamochi.— Kaiserlicher Rath
Yakamochi.
/\c7sas(f_i,''i 110 I ivataseru JiisJii ni \ okii shimo no
Shiroki ico niireba, \ yo zo fiikc iii kern !
Es ist fürwalir sclion
Tief in der Nacht geworden.
Wenn ich das Weisse
Des Reifes auf der Treppe
Zum Kaiserschlosse sehe.
Gedichtet im Sinne eines kaiserlichen Palastwächters, der im Schlosshofe Nachtwache
hält. — Der vollständige Name des Dichters ist Otonw iio Siihmc Yakamochi : C/uvmj^cu ist
sein Amtstitel, urigefälu- einem "Kaiserlichen Rath" entsprechend. Ausser durch seine
eigenen Gedichte ist er auch dadurch berühmt, dass er im Verein mit Tachibana no Moroc
und einigen anderen die älteste und berühmteste aller japanischen Gedichtsammlungen, das
Manyöshü, zusammengestellt hat. Er starb i. J. 781^.
7. Äbe no Nakamaro.
Aina-no-hora \ Uirisakc-viircba, \ Kastiga nani
Mikasa no ynina ni \ idcsJii tsuki ka nio ?
Am weiten Himmel
Rings um mich schauend denk ich :
Ob das der Mond wohl,
Der überm Berg Mikasa
In Kasüga aufo-eganijen }
ö
Das Gedicht gehört nach japanischem Urtheil zu den schönsten der Sammlung. Der
Dichter, Abc no N'akamaro, ging im 2. Jahre Reiki (716) nach China, um dort zu studiren.
Nach 35jährigem Aufenthalt in China schiffte er sich im 4. Jahre Tcmpei > hohö (753) als
Begleiter von Fujiwara 110 Kiyokawa ein, um nach Japan zurückzukehren. Das Gedicht
209
drückt des Dichters Sehnsucht nach der Heimath aus ; ei- dichtete es in China bei der
Abfahrt. Übrigens hat er Japan nie wiedergesehen, denn das Schiff wurde durch einen
Sturm wieder nach China zuriichgetrieben, und hier ist er dann schliesslich gestorben. — Nach
chinesischer Überheferung soll er auf der Heimfahrt im Meere umgekommen sein, und
folgende Stelle in einem Gedichte Litaipe's soll sich darauf beziehen, die (in japanischer
Uebersetzung) lautet ; vieigetsii kaeraztt hchikai ni shiztiiiui, der glänzende Mond (d. i.
Nakamaro) ist nicht heimgekehrt, sondern im grünen Meere versunken.
8. Kisen Höshi.— Priester Kisen.
Waga iori tva \ viiyako no tatsv.mi, \ sJiika zo suvm !
Yo ivo Ujiyama to \ Jiito v-'a iu nari.
Es steht mein Hüttchen
Südöstlich von der Hauptstadt ;
Da wohn ich, meidend
Die Welt, drum " Berg des Meidens "
Nennen den Ort die Leute.
über das Wortspiel in [yo ivo) Ujiyama s. im Vocab. unter 7iji. — Der Dichter, nach
seinem Wohnort oft "der Priester von Ujiyama" genannt, ist einer der Rokkasen ; sein
eigentlicher Name und seine Lebensverhältnisse sind unbekannt. Tsurayuki (vgl. No.
35) tadelt an ihm Dunkelheit ; er gleiche dem Monde, wenn er im ITerl'St durch Wolken
verhüllt sei.
9. (Frau) Ono no Komachi.
Hana no iro zua, \ utsuri ni kcri na ! \ Itaziira ni
Waganii yo ni furn \ nag ante scsJii ma ni.
Wie sind die Farben
Der Blumen hingeschwunden,
Indess ich, thöricht
Leichtfertge Blicke werfend,
Die Welt durchwandert habe !
Das Wortspiel mit yo nifuni nagaiiie, \\as auch als "der in der Nacht fallende lange
Regen " [iiagame für nas^a-amc) aufgefasst werden kann, musstein der Übersetzung unberück-
sichtigt bleiben. Dieser Nebensinn soll dazu dienen, die in dem Gedicht ausgedrückte melan-
cholische Stimmung noch zu erhöhen.— Die Dichterin ist unter den Rokkasen, den sechs
berühmten Dichtem (s. No. 35), die einzige Dichterin. Sie war gleich ausgezeichnet durch
210
ihr Dichtertaient, ihre Schöulieit und ihren Leichtsinn, den sie in diesem Gedichte, das zu
den besten der Sammlung gerechnet wird, voll wehmüthiger Reue beklagt, Ihre Bluthezeit
fällt in die Mitte des 9. Jahrhunderts, doch kennt man weder ihr Geburtsjahr noch Zeit und
Ort ihres Todes ; nur das wird berichtet, dass sie in' grösstem Elend als Bettlerin an der
Landstrasse gestorben sei. Sie ist bekanntlich, in den verschiedenen Stadien ihres Lebens,
ein beliebter Gegenstande der Malerei, worüber Näheres in AnJcrson's Katalog zu finden
ist. — Übrigens wird von neueren, kritisch veranlagten japanischen Gelehrten ihre ganze
Existenz stark in Zv,-eifel gezogen.
10. Semi Maru.
Köre ya kono \ yiikii vio kaei-ii uio \ luakare-tsiUsii
SJiiru ino shiraim ino \ Aiisaka 110 seki.
Hier, wo sich Gehende
Und Kommende, Bekannte
Und Unbekannte
Scheidend begegnen, ist das
" Thor des Begcgnungshügels."
Ein Wortspiel mit dem Namen der Stadt Aiisaka (L)saha), über welche Näheres unter
No. 62. — Der Dichter, auch als Biwa-Spieler berühmt, l^ekleidete unter Kaiser Uda (reg.
888—897) ein Amt am Hofe.
11. Sangi Takamura.— Slaatsrath Takamura.
Wada-no-Jiara \ yaso shiina kakete \ kogi-idemi to
Hito ni iva tsiigeyo, \ auia no tsuribnne !
Ihr F"ischerboote,
Bringt Kunde doch den Leuten
(Der Hauptstadt), dass ich
Des weiten Meers unzählgen
Insehi entgegenfahre !
Eigentlich : dass ich hinausgerudert bin. — Der Name des Dichters war Ono no Taka-
mura; er machte dieses Gedicht, als er von der Hauptstadt Kyoto nach den Oki-Insehi
verbannt wurde.
2ir
12. Söjö Henjö.— BischofHenjö.
Ama-tsii-kaze, \ kunio no kayoi-ji, \ fuki-tojiyo !
Otome no siigata \ shibashi todonien.
Ihr Himmelswinde,
Weht und verschliesst die Strasse
Zwischen den W^olken,
Ein Weilchen noch zu halten
Die Form der jungen Mädchen !
Der eigentliche Name des Dichters ist Yoshiiiüne no Mimesada. Er war von vornehmer
Abkmaft und stand bei Nimmyö Tennö (reg. 834—850) in hoher Gunst. Nach dem Tode
dieses Kaisers ging er ins Kloster, wurde 886 Bischof und starb bald darauf. Er gehört zu
denRokkasen; Tsuraynki (in der Vorrede zum A'c/Jvwwrt/^rtj/i« — vgl. No. 35) erkennt sein
Formtalent, seine geschickte Versification an, aber vermisst wahres Gefühl ; er vergleicht
ihn mit jemand, der eine künstliche Leidenschaft zu einem gemalten, nicht wirklichen
Mädchen fassen wolUe. Auch sein (vermuthlicher) Sohn Sosei Höshi (Priester Sosei — s. No.
21) ist als Dichter berühmt.— Es war Sitte, dass zu Ehren des Kaisers jährlich einmal in
Kyoto von den schönsten jungen Mädchen — Töchtern der Hofbeamten — Tänze aufgeführt
wurden ; indem der Dichter die Mädchen wegen ihrer Schönheit mit Engeln vergleicht,
fürchtet er, dass sie zum Himmel entschweben möchten, und richtet daher an die Winde
diese poetische Apostrophe.
13. Yözei Tenno.— Kaiser Yözei.
TsukiiJiane no \ mine yo7-i otsuru \ Minanogaiva
Koi zo tsumoritc \ fiicJii to nai-imim !
Dem Fluss Minano
Gleich, der von Tsukuhane's
Gipfel herabstürzt,
So ist zu dir die Liebe,
Sich sammelnd, tief geworden.
Der Kaiser Yözei regierte von 877—884 ; er ist der Vater des als Dichter bekannten
Prinzen Mototoshi (s. No. 20).
212
14. Kawara no Sadaijin.— Der Staalsminister
von Kawara.
MicJiinokii. no \ S/iinobii mocJnr:uri, \ tai-c yne in
Midaren to ovioii \ zvare iiaranakiL ni.
Nicht bin ich einer,
Der vvejjen einer andern
In Liebeswirren
Geriethe, gleich den wirren
Tuclnnustern Michinoku'.s.
Der Anfang bis nwcliizuri ist Einleitung ( /c) zu miliaren — vgl. im Vokab. unter
I\nc/tinoku, Shiiioi'U und mocJtizitri. St.itt "geriethe" eigentlich "zu gerathen gedächte."
— Der Dichter, ein Sohn des Kaisers Saga, blühte in der Mitte des 9. Jahrhunderts ; sein
Name ^var Minamoio no TCvii. Er bekleidete unter Nimmyö Tennö (reg. 834 — 850) das
Amt eines Sadaijin ("linker," d. h. erster Staatsminister) und wohnte als solcher in Kyoto
im Palast Kawara-no-in ; daher sein Titel in der Überschrift.
15. Kwökö Tennö.— Kaiser Kwckö.
Kimi ga tainc \ haru no no ni idctc \ zvakana tsnniii,
IVaga koroniodc ni \ yttki ica fnri-tsntsn.
Um deinetwillen
Geh ich aufs Lenzgefilde
Und pflück', indessen
Der Schnee auf meine Ärmel
Noch fällt, dir junge Kräuter.
Der Kaiser K'vökö (reg. 885 — 887) war durch kindliche Tugenden ausgezeichnet, was
auch in seinem (posthumen) Namen (Ali'J/J'^; [^[;^] = glänzende kindliche Liebe) ausgedrückt
ist. Das Gedicht ist an seine Grossmutter gerichtet, für die er, um ihr ein Zeichen seiner
Liebe zu geben, an einem rauhen Frühlingstage noch bei Schneewetter junge Sprossen und
Kräuter gepflückt hatte.
213
16. Chünagon Yukihira.— Kaiserlicher Rath Yukihira.
Tachhvakare. \ Inaba no yama no \ mine ni ofiini
Mats2i to sJii kikaba, \ iina kaeri-kon.
Nun nehm ich Abschied,
Doch hör ich, dass du harrest
Auf mich so treu wie
Die Kiefern von Inaba,
So kehre gleich ich wieder.
Eigentlich: die Kiefern, die auf dem Gipfel von Inaba 's Bergen wachsen. Diese Stelle
(von Inaba bis ofitru) ist nur Einleitung (jo) zu inaisii, was zugleich "Kiefer" und
"warten" bedeutet; " auf mich so treu wie " ist des besseren Sinnes wegen eingeschaltet.
Der vollständige Name des Dichters ist Ariwara no Yukihira .-Ison ; er war ein
Bruder des berühmteren Xarihira (s. Xo. 17), und lebte von 819 — S93.
17. Ariwara no Nariliira Ason.
Chibayabtirii \ kamiyo 1110 kikaz2i, \ TatsutagaiiJa
Kai-a-kiLTcnai ni j ini:zii kukum to z^'a.
Zur Götterzeit selbst
Hat man doch nie vernommen
Vom Tatsütagawa,
Dass er sein Wasser färbe
Mit China's Scharlachfarbe.
Gemeint sind die im Herbst auf dem Flusse schwimmenden rothen Ahornblätter
(Vgl. No. 69.) Das Kissenwort chibayalmru (s. Vokab.) ist in der Übersetzung weggefallen ;
statt "färbe" eigentlich "binde"; vgl. im Vokab. unter kiiknru.— Visx Dichterlebte von
825— 8S0. Von vornehmster x\bkunft (er war von väterlicher wie mitterlicher Seite Enkel
eines Kaisei-s), grossem Dichtertalent und ungewöhnlicher Schönheit (sein Name [Narihira]
ist noch heute far einen schönen Mann sprichwörtlich) spielte er in dem üppigen Hofleben
semer Zeit eine hervorragende Rolle. Das Isc-monogatari (von einem unbekannten Verfasser ;
einige sclireiben es Narihara selbst zu) hat seine zahlreichen Liebesabenteuer zum Gegen-
stande ; unter anderm wurde er einmal wegen einer Liebschaft mit der Kaiserin nach dem
Osten verbannt. Er gehört zu den Rokkasen (s. No. 35), doch ist sein Stil nach Tsurayuki's
214
Urthcil allzu gedrängt und dunkel. — Der noch öfter in den Überschriften vorkommende Titel
Asoii bezeichnete ursprünglich die zweite der unter Temmu Tennö i. J. 6S4 eingeführten
8 Rangclassen der alten Stammesfamilien (?///) ; später ein blosser Ehrentitel.
f:
18. Fujiwara no Toshiyuki Ason.
S2imi-no-c no \ kishi ni yor2i nami \ yom sae ya
Yumc no kayoi-ji \ liito-me yoJatran.
Die Wellen schlagen
An Sumi-no-e's Küste ;
Selbst in der Nacht, auf
Dem Weg zu dir im Traume,
Meid ich der Menschen Augen.
über die beiden ersten Verse der Übersetzung vgl. das in der Einleitung S. 199
Gesagte. Statt "meid ich" eigentlich "werde ich meiden." — Der Dichter, auch als
Kalligraph berühmt, starb 907 im Alter von nur 27 Jahren.
19. (Frau) Ise.
Nanizva-gata \ viijikaki ashi no \ fiisJii no ma nio
Azuade kono yo zvo \ sngusliite yo to ya ?
Ists denn beschlossen,
Dass ich durch dieses Leben
Soll wandern, ohne
Auch noch so kurzen Zeitraum
Dich einmal noch zu sehen ?
Wörtlich : selbst eine (so kurze) Zeit wie ein Abschnitt des kurzen Schilfrohrs der Bucht
von Naniwa. — Der Inhalt des Gedichts erinnert an No. 56.— Die Dichterin, deren eigent-
licher Name unbekannt ist, lebte Ende des 9. und Anfang des 10. Jahrhunderts. Ihr Vater
hiess Fitj'iiuara n-o Tsiigukas^c ; den Namen Ise, unter dem sie der Nachwelt bekannt ist,
soll sie von der Provinz Ise haben, wo ihr Vater Gouverneur war, und wo sie vermuthlich
geboren wurde. Erst Hofdame der Kaiserin, wurde sie dann die Geliebte des Kaisers Uda
(reg. 888 — 897) und durch ihn Mutter des talentvollen Prinzen Katsui-a. Nach dem Tode
des Kaisers scheint sie in Armuth gerathen zu sein, stand aber noch immer als Autorität
in litterarischen Dingen in hohem Ansehen. (Vgl. Chamberlain, Classical Poetry, p. 220.)
215
20. Wlotoyoshi Shinno.— Prinz Moloyoshi.
Wabmtireba, \ iina Jiata onaji. | Nanizva narn
Mi wo tsiihtsJiite mo, \ aivan to co ovioit !
In meinem Untjlück
Ist alles einerlei mir :
Dich sehen will ich,
Und sollt ich auch darüber
Das Leben selbst verlieren !
Wörtlich : und sollte ich auch, (wie) der Fluthhohemesser in Na.ni\va, mich zu Grunde
richten. A^anhva nartt ist jo zu mi wo tsiikjishi{ti'), indem ;;// -wo tsithusJii zugleich in
seiner Bedeutung " Fluthhöhemesser " gebraucht ist. (Ebenso in No. 88.) — Der Dichter, ein
Sohn des Kaisers Yözei (vgl. No. i;^), lebte um das Jahr goo : sein Leben war reich an Liebes-
abenteuern.
21. Sosei Höshi.— Priester Sosei.
Inia kon to \ iislii bakari ni, \ nagazitki no
Ariake no tsnki zvo \ macht, idet 5217-21 km2a !
Nur weil du sagtest,
Du kämest gleich, so hab ich
Geharret deiner,
Bis, ach, nun aufgegangen
Der Mond der Morerenfrühe !
h."
Unübersetzt geblieben ist nai^azidd no, (Mond) des 9. Monats. Auch miisste es, streng
wöitlich, "auf den Morgenmond wartend" (ist er leider erschienen) heissen, was aber
keinen rechten Sinn giebt. — Ähnlichen Inhalts ist No. 59. — Der Name des Dichters, bevor
er Priester wurde, war Yoshtmine no Hironolm. Er lebte Ende des 9. Jh. und war wahr-
scheinlich ein Sohn des berühmteren Süjü Ilenjö (No. 12).
22. Bunya no Yasuhide.
Fukii kara ni \ aki 120 k2isa-ki no \ shi or2ircba,
M2ibe yainaka::e wo \ aj-ashi to i2irai2.
2l6
Wenn durch sein Wehen
Im Herbst er bricht die Zweige
Der Bäum' und Kräuter,
Kann man mit Recht wohl nennen
Den Bergsturm den "Verheerer."
Eigaitlich : wenn er die Zweige der Kriiuter und Bäume des Herbstes bricht. — üer
Dichter, einer der Rokkasen, lebte Ende des 9. Jahrhunderts. Tsurayuki (s. No. 35) wirft
ihm vor, tlass die schöne Form oft zu dem Inhalt nicht recht passe, und vergleicht ihn als
Dichter mit einem Kaufmann, der über seinen Stand gekleidet ist. — Der Dichter von No. 37
ist Yasuhide's Sohn.
23. Oe no Chisalo.
Tsiiki uiireba, \ cJiiji ni mono koso \ kanashikere !
Wagauii Jiitotsu no \ aki ni wa arauedo.
Wenn ich betrachte
Den Mond — wie traurig scheinen
Mir alle Dinge !
Obgleich es doch kein Herbst ist.
Der mir allein gehörte.
Der Dichter will sagen, seine Traurigkeit sei so gross, als habe der Herbst seinen
ganzen traurig stimmenden Einfluss auf ihn allein ausgeübt. — Auch dieser Dichter lebte
am Ende des 9. Jahrhunderts.
24. Kwanke.
Koro tabi iva, \ nusa vw tori-aezii, \ Taviukeyaina
Momiji no nisJdki \ kaini no viani-jnani.
Ich konnte diesmal
Nicht Opferzweige bringen.
Drum weih' den Göttern
Ich nun die rothe Seide
Des Laubs vom Tamükeyama.
217
KioMil-c' (fg^, lla.us S//i;'a) ist der ah Staatsmann, Gelehrter, Kalligraph und Dichter
hochberühmte Si/j^awara no Michisane. Er war Minister (Udaijin) unter den Kaisern Uda
(reg. 8S8— 897) und Daigo (898 — 930), wurde aber durch die Intriguen seines Feindes
Fujiwara no Toldhira nach Chikuzen verbannt, wo er im Alter von 59 Jaliren starb. — Er
gilt als der grösste Gelehrte chinesischer Wissenschaft, den Japan jemals hervorgebracht hat ;
bald nach seinem Tode wurden ihm Tempel errichtet, und noch heute wird er überall
unter dem Namen Teinman Tenjin oder Tcnjin-sama als Gott der Gelehrsamkeit, insbe-
sondere der hier von Alters her in so hohem Ansehen stehenden Schreibkunst, verehrt. — Der
Dichter hat beim Besuch des Tempels auf dem Tamukeyama bei Nara keine 7uisa : Sakaki-
Zweige mit Hanffäden, auch Seide oder Papierstreifen, als Opfer mitgebracht ; darum bietet
er den Göttern als Ersatz das rothe Herbstlaub als "Seide" an. Die Bezeichnung des
rothen Laubes als 7i!s/ü/;i—]etzt Brokat, früher ein einfacher Seidenstoff von verschiedener
Farbe— ist bei Dichtern häufig. (Vgl. No. 69.)
25. Sanjö Udaijin.— Slaalsminisler Sanjö.
Na ni sJii oi^Hiba, \ Ausaka-yaina no \ sanc-kazura,
Hito iii shirarede, \ kurii yoshi luogana !
Gäbs doch ein Mittel
Dass du könnt'st kommen ohne
Der Menschen Wissen !
Der Ranke gleich des Schlafes
Auf dem Begegnungshügel.
Diese Gedicht zeichnet sich durch ganz besondere Künstlichkeit aus, so dass es sich
kaum noch verständlich übersetzen lässt. Ausaka-yatni tw sane-kazitra, die schlafende
Ranke von Ausaka-yama (als " Begegnungshügel " übersetzt) ist Einleitung (/t») zu y^wr«,
was ausser " kommen " auch "abrollen, abwickeln" bedeutet. Wie man diese Ranke
beim Streifen durch den Wald abrollt und nach sich zieht, ohne es zu wissen, so soll die
Gehebte zu dem Dichter kommen, ohne dass die Leute es wissen— jedenfalls eine wenig
glückliche, höchstens ihrer Sonderbarkeit wegen bemerkenswerthe Ideenverbindung ! Un-
übersetzt geblieben ist der Anfang na ni shi owaha, "wenn mit den Namen übereinstimm-
te," d. h. wenn die Schlafranke (die Geliebte) wirklich (mit ihm) schlafen will, und wenn der
Name ^/wrtZ-,?, " Begegnungshügel " wirklich auf eine Zusammenkunft mit der Geliebten
deutet.— Der Dichter hiess eigenthch Ftijhvara no Sadakata; der Zweig der Fujiwara-
Familie, zu dem er gehörte, erhielt den Namen Sanjö nach der Sanjö-Strasse in Kyoto, in
derer wohnte. Er war Udaijin ("rechter Minister") unter Daigo Tenn5 und starb i. J.
932.
2l8
26. Teishin Kö.— Fürst Teishin.
Ogiirayaina \ iniue no moviijiba \ kokoro araba,
Iina Jiitotabi iio \ viiyuki matanan !
Wenn fühlen könnte
Das bunte Laub am Gipfel
Ogurayama's,
Hätts doch den zweiten Kaiser-
Besuch erwarten sollen !
Der Dichter hiess Ftijiivara no Tadahira: Teishin Kö ist der ihm vom Kaiser veriiehene
posthume Name und Titel.— Das Gedicht bezieht sich darauf, dass einmal der ehemaHge
Kaiser Uda (nach seiner Abdankung Uda JüG genannt) den Ogurayama bei Saga (Yama-
shiro) besuchte, um die Schönheit der herbstlichen Laubfärbung zu bewundern. Als sein
Sohn und Nachfolger, der regierende Kaiser Daigo, davon hörte, begab er sich einige Tage
später ebenfalls dahin ; es war aber schon zu spät, die Blätter waren schon abgefallen ;
daher die Klage des Dichters.
27. Chünagon Kanesuke.— Kaiserlicher
Ralh Kanesuke.
Mika no hara \ ivakite nagaj'iini \ I:::umigaii'a,
Itsu miki tote ka ? \ koisJiikariirari.
Izumigawa,
Der rauschend du durchströmest
Mika's Gefilde—
Wann sah ich je sie früher.
Die ich nun lieben werde .'
Man vergleiche das auf dieses Gedicht Bezügliche auf S. 199 der Einleitung. Die hier
gegebene Übersetzung der Oberzeile des Originals ist natürlich nur ein Nothbehelf.— Der
Dichter hiess Fujiivara no KancsnJcc und lebte im Anfang des 10. Jahrhunderts.
219
28. Minamoto no Muneyuki Ason.
Yama::ato zva, \ ßtyu zo sabisJiisa \ masarikcrit !
Hito-me mo kiisa vio \ kareini to ovioeha.
Fürwahr, das Bergdorf
Ist doch am einsamsten
Im Winter ; denkt man,
Wie mit dem welken Laube
Die Menschen auch verschwunden !
Eigentlich : wenn man daran denkt, dass sowohl die Augen der Menschen (der Berges-
besucher) als das Kraut (Laub) nun verwelkt sind.— Der Dichter starb i. J, 940. (tjl)cr den
Titel Aso7is. No, 17.)
29. Ochiköchi no Mitsune.
Kokorc-ate ni \ orabaya ! ornn \ hatsiisJiimo no
Oki-madoivaserji \ sJiiragiku no 'liana.
O könnt ich pflücken,
Wie mir das Herz es eingiebt !
Vielleicht dann pflückt ich
Die Weissaster, die täuschend
Der erste Reif verhüllet.
Der Dichter, der um das Jahr 900 leine, war einer von Tsnrayuki's (No. 35) drei
Mitarbeitern am Kohinshn.
30. Mibu no Tadamine.
Ariake no \ tsnrenaku mies hl \ zvakare yori,
Akatsuki bakari \ nki mono zva nasJii.
Seit ich beim kalten
Lichte des Morgenmondes
Von ihr geschieden,
Gleicht nichts an tiefer Trauer
Der Zeit der Morgendämmrung.
220
Der Dichter, der 965 im Alter von 99 Jahren gestorben sein soll, war ebenfalls einer der
drei Mitarbeiter Tsurayuki's am Ä'o/dus/iü.— Das Gedicht gehiirt, nach dem Urtheii der
Japaner, zu einem der schönsten nicht nur der Sammlung, sondei n der ganzen japanischen
Littcratur.
31. Sakanoue no Korenori.
Asaborake \ ariakc no tsukito \ mini iiiad': ni
Yoshino no sato ni \ fiircru sJiirayuki.
O seht den weissen
Schnee, der im Dorf Yoshino
(Des Nachts) gefallen,
Dass nun beim Tagesgrauen
Er glänzt wie Licht des Frühmonds !
Das "o seht" der Übersetzung ist eine fremde Zuthat. to viirii iiiadc ni, "sodass
man (den Schnee) für (den Morgenmond) ansieht," d. h. so dass er so aussieht (_in der
Übersetzung : glänzt). — Der Dichter war ein Zeitgenosse des vorigen.
32. Harumichi no Tsuraki.
Yaniakazva ni \ kazc no kaketaru \ shigarami zva,
Nagare vio acnu \ nioniiji narikeri.
Die von dem Winde
Am Bergesstrom gebaute
Schutzwehr der Ufer —
Es ist nur buntes Laub, das
Nicht weiter schwimmen konnte.
Eins der vielen Gedichte, die das rothe llerbstlaub zum Gegenstande haben. (Vgl.
No. 17, 24, 26, 69.) — Der Dichter blühte um das Jahr 900.
221
33. Ki no Tomonori.
Hisakata 7io \ Jdkari nodokeki \ kam vo Jii ni,
SJiizii-kokoro naku \ hana no cliiriiran !
Am sonnig-klaren,
Still heitern Frühlingstage —
Dass doch die Blüthen,
Im Herzen keine Ruhe,
(So bald) verwehen werden !
A'iiio T^wöWi^;-/, ein Neffe von Ki no Tsurayuki (Xo. 35), war einer von dessen drei
Mitarbeitern an der Sammlung Kokinskii : ei- starb 905. kurz vor ihrer Vollendung, die noch
in demselben Jahre stattfand.
34. Fujiwara no Okikaze.
Tare U'o ka mo \ sJiirn Jiito ni sen ? \ Takasago no
Matsu VW mnkaslii no \ touio narannku ni.
Wen wohl zum Freunde
Sollt ich erwählen? Sind doch
Die Kiefern selbst nicht
Von Takasac^o Freunde
Von mir aus alten Zeiten !
Das Gedicht macht einen etwas gezwungenen Eindruck und ist nicht einmal recht
verständlich. — Der Dichter blühte in der Periode Engl (901—922).
35. Ki no Tsurayuki.
Hito ica, isa \ kokoro mo shirazn. \ Furusato iva,
Hana r:o mukashi no \ ka ni nioikcru !
Wies mag bestellt sein
Ums Herz der Menschen, weiss ich
Zwar nicht ; doch duften
Noch wie in alten Zeiten
Im alten Dorf die Blumen.
222
Eigentlich : duften mit dem Dufte der alten Zeit. — Der Dichter, berühmt als Verfasser
des Tosa A'i/cki, "Tagebuchs von Tosa," und der " Sammlung alter und neuer japanischer
Gedichte" (/vo/dn-val-as/ui, gewühnlich abgekürzt: Kokinshü), bekleidete mehrere hohe
Ämter (u. a. war er eine Zeitlang Gouverneur der Provinz Tosa) und starb 946 im Alter von
62 Jahren. Vom Tosa Nikki ist ein Theil von Aslon in den Transactions (III, 2) der Asiat.
Soc. ins Englische übersetzt worden ; von den 20 Heften des Kokinshü, das Tsurayuki im
Auftrage des Kaisers Daigo (reg. 898—930) mit drei Mitarbeitern (No. 29, 30 und 33)
verfasste, hat A'. Zrt^^a' die ersten drei Hefte (die "Frühlingsgedichte" und die "Sommer-
gedichte"), und A. Graniatzky das 6. Heft (die "Wintergedichte") ins Deutsche übersetzt.
Tsurayuki's Vorrede zum Kokinshü (von R. Lange nach Motoori's Umschreibmig übersetzt)
ist gleich dem Tosa Xikki wegen ihrer classisch-vollendeten Prosa berühmt und enthält
interessante Urtheile über sechs Dichter der Sammlung : Kisen Höshi (No. 8), Frau Ono no
Komachi (Xo. 9), Söjö Ilcnjö (No. 12), Ariwm'a no iVarihira Ason (No. i']), Biinya no
Yasiihidc (No. 22) und den im Hyakunin-Isshü nicht verti-etenen TJtomo no Kitromishi —
denen man später den Elu-entitel Rokkascn (:;^|^flH), "die sechs Dichterzauberer," beigelegt
hat. Doch ist dabei nicht zu vergessen, dass Hitomaro und Akahito, nach allgemeinem,
auch von Tsurayuki ausgesprochenem Urtheil, einen Platz noch weit über den Rolckasen
einnehmen.
36. Kiyowara no Fukayabu.
Natsic no yo zca, \ inada yoi nagara, \ akeniiru wo !
Kuino no i::uko iii \ tsiiki yadornran ?
Noch war es Abend,
Da ist die Sommernacht schon
Dahingeschwunden !
Wo in den Wolken mag wohl
Der Mond sich noch verweilen }
über den Dichter ist wenig bekannt.
37. Bunya no Asayasu.
Shiratsnyn ni \ ka.'^e no fuki-sJiikii- \ aki no no iva,
Tsiiramiki-tonienu \ tama r:o chirikerii !
Im Herbstgefilde,
Wo übern Thau beständig
Der Wind dahinweht —
Wie sind ringsum verstreuet
Unaufgereihte Perlen !
223
Statt "Thau" steht im Original "weisser Thau ". — Der Dichter ist der Sohn von
Bunya no Yasuhide (Xo. 22), doch nicht so berühmt wie dieser.
38. (Frau) Ukon.
Wasurariiru \ vii ivoba omoiua^u, \ chikaitesJii
Hito no inochi no \ oshikn nio M'n kana !
Nicht meiner, die ich
Vergessen bin, gedenk ich ;
Doch, ach ! das Leben
Des Mannes bleibt mir theuer,
Der einst mir Treu' geschworen.
Der Vater der Dichterin war der General Kata no Suetsuna.
39. Sanai Hiloshi.— Staalsrath Hitoshi.
"o
Asaji-fu no \ o-no no sJiinohara \ sJiinoburedo,
Aviarite, nado ka \ hito no koisJiikif
Wohl kann im Schilffeld
Das Bambusgras sich bergen ;
Doch meine Liebe
Ist allzu gross — waium auch
Ist, die ich lieb', so reizend ?
Asaji-fu no o-no no shinohara, das Bambusgrasgebüsch auf dem kleinen Felde, wo
Schilf wächst, ist nui als Einleitung {jo) zu shinolnircdo zu betrachten, was in der doppelten
Bedeutung " obgleich sich (das Bambusgrasgebüsch) verbirgt" und "obgleich ich (meine
Liebe) verberge" gebraucht ist; das Gedicht beginnt also eigentlich erst mit sJnnobiiredo
(vgl. No. 40, das inhaltlich verwandt ist, und auch mit demselben Worte beginnt). — Die
Stelle nado ha hito no koishihi ist grammatisch nicht recht klar ; vgl, im Vokab. unter
amarite. — Der Dichter, ein Nachkomme des Kaisers Saga, hiess -Minanioto no HitosJd und
lebte um die Mitte des 10. Jahrhunderts.
i
224 ^
40. Taira no Kanemori.
Shinoburedo, \ iro ni idc ni keri \ Uhiga koi zun.
Mono ya oinoii to \ hito vo ton viade.
Wie ich die Lieb' auch
Verberge — dennoch spricht sie
Aus meinem Antlitz,
So dass die Leut' mich fragen,
Welch Kummer mich denn drücke.
Sinngeti-cuer wäre: "ob icli denn Kummer habe," — Der Diclüer blähte um die
Periode Tenreki (947 — 956).
41. Mibu no Tadami.
Koi SU tt'fu I li'aga na wa madaki \ tackt ni keri ;
Hito skirß.-'it koso \ ouioi-soniesJii ka.
Schon allbekannt ist
Der Ruf von meiner Liebe ;
Da ich doch glaubte,
Ich hätt' ganz ohne Wissen
Der Leute mich verliebet !
Die Worte •' da ich doch glaubte '" sind intcrpolirt, indem nach /vr etwa zu ergänzen ist :
to pinoti IIP ni. — Der Dichter war ein Sohn von Miliu no Tadamine (No. 30).
42. Kiyowara no Motosuke.
CJiigiriki na ! \ katanii ni sodc wo \ shiori-tsntsn,
Site no Matsnyania \ nanii kosaji to zua.
Dass nie die Welle
Über den Matsuyama
Soll steigen, [haben
Geschworen wir, die feuchten
Ärmel einander trocknend.
i
225
Unübersetzt geblieben ist Siu- >io, " von Sue " (ein Ortsname). Die Ärmel sind feucht
von Thränen, vgl. im Vokab. unter shiori-tsiitsti. Die Welle, die nicht über den Sue-no-
Matsuyama (Name eines Berges in Öshü) steigen soll, bezieht sich auf ein altes Gedicht,
welches lautet :
Kimi wo okite, \ adas M-s^okoro too \ 'va o;a inotaba,
Sue no Matsuyama \ luvtii vio hoyuran.
" Wenn ich, dich verlassend, ein anderes (wankelmlithiges, falsches) Herz hätte, so
würden wohl selbst die Wellen über Sue-no-Matsiiyama steigen." Die Anspielung hierauf
(in No. 42) hat also den Sinn, dass die Liebenden einander ewige Treue geschworen haben.
— Der Dichter starb i. J. 989.
43. Chünagon Atsulada— Kaiserlicher Rath Atsutada.
Ai-mite no \ nochi no kokoro ni \ kurabnreba,
MitkasJii zca, mono wo \ onioioazarikeri.
Ach, im Vergleich mit
Dem Zustand meines Herzens
Nach der Begegnung
Mit ihr — wie lebt ich früher
Doch gänzlich ohne Sorgen !
Der Dichter gehi>rte dem Hause Fujiwara an.
44. Chünagon Asatada.— Kaiserlicher Ralh Asatada.
An koto no \ tacte sJii naknba, \ nakanaka ni
Hito wo mo, ini zvo vw \ nramizaramashi.
Wenn man mit niemand
Zusammenkäme, würde
Man sicher weder
Auf andre Hass empfinden,
Noch auch sich selber hassen.
Der Dichter war der Sohn von Sanjö Udaijin (No. 25).
226
45. Kentoku Kö— Fürst Kentoku.
Azuarc to mo \ in beki Jiito tu.i \ oinohoede,
Mi HO itacnra ni \ narinu beki kana !
Da ich nicht glaube,
Dass sie selbst auch nur Mitleid
Mit mir wird haben,
So wird mein Leben leider
Wohl zwecklos gehn zu Grunde !
Wörtlich : dass eine auch nur sagen wird : (ich habe mit dir) Mitleid.— Ä'dvz/c/i« Kö ist
der posthume Name (und Titel) des Dichters (vgl. No. 26) ; sein wirklicher Name war
Fiijiii'ara no Koretada. Er blühte um die 2. Hälfte des 10. Jh.'s und war Mitarbeiter an
der Sammlung Gosenshü.
r
46. Sone no Yoshilada.
Yura 110 to ivo \ ivatarufunabito \ kaji zvo tae,
Yiikne 1110 sliii-anii \ koi no niicJii kana !
O Weg der Liebe,
Bei dem man selbst das Ziel nicht
Kennt, gleich dem Schiffer,
Der ohne Steuer über
Yura's Meerenge schiffet.
über diesen und die sechs folgenden Dichter ist nicht viel mitzutheilen ; ihre Blüthezeit
fällt in die 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts.
47. Eikei Höshi.— Priester Eikei.
Yae-mogura \ shigcrcru yado no \ sabishiki ni
Hito koso inicnc, \ aki zoa ki ni kcri.
22/
Da gar so einsam
Die hopfenumrankte Hütte,
So sieht man freilich
Hier keine Menschen, aber
Der Herbst ist doch gekommen.
48. Minamoto no Shigeyuki.
Ka^e ivo itaini \ iiva iitsii naini no \ onore no iiii
Kudakete mono wo \ omon koro kana !
O Zeit voll Kummer,
Wo man den eignen Körper
Zerbrechen möchte,
Gleich Wellen, die vom Winde
Gepeitscht die Felsen schlagen !
Statt "vom Winde gepeitsclit " im ürit^inal "durch die Gewalt des Windes."
49. Onakatomi no Yoshinobu Ason.
Mikaki-inori \ cji no taku hi no | yorit zua inoe,
Hirit zua kie-tsntsu, \ mono zi'o koso omoc !
Mein Sehnen gleichet
Dem Feuer, das die Wächter
Des Kaiserschlosses
Entzünden : in der Nacht nur
Brennts, doch am Tag' erlischt es.
Die Übersetzung giebt den Sinn nur unvollkommen wieder. Die Worte yorii u<a vioe,
kirn wa kie-tsntstt beziehen sich doppelsinnig sowohl auf das Feuer als auch auf den
Dichter ; eine wörtliche Übersetzung mässte lauten : Ich leide wahrlich Liebeskummer wie
das Feuer, das die Palastwächter anzünden, indem ich in der Nacht (vor Liebe) brenne und
am Tage (vor Sehnsucht, oder Traurigkeit) vergehe (erlösche).
228
50. Fujiwara no Yoshitake »
Kimi ga tainc \ oshikarazarisJii \ iuochi sae,
N'agaku mogana to \ omoikcrii kana !
Acli, selbst dies Leben. f5
Das werthlos mir geworden,
Seit ich dich h'ebte —
Jetzt wünsch ich nur, dass lange
Es doch noch dauern möge !
Ä?W,^«/ffWi-, "um deinetwillen," liier in freier Üliersetzung : "seit ich dich lichte."
Die Liebe, die erst hofihungslos schien, ist jetzt erhört worden. Vi;l. No. 84.
51. Fujiwara no Sanekala Ason.
Kaku to dani \ e ya iva ibuki no \ saslii-viogiisa
Sasliimo sJiiraji na \ inoynrn ovioi li'o.
Darf man sein Herz denn
Entdecken ? Meine Liebe,
Die glühend brennet,
Wie Moxa vom Ibuki,
Soll niemand je erfahren !
ilnild ist als kenyögen gehrau.cht : 1) = /// U-ki : c ya ?.',; i// bcki ^ wird man denn
sagen können = darf n.an denn sagen ? 2) = Ibuki{yama), Name eines Berges in Mino. Der
Anfang wörtlich: darf man denn nur (ohne Weiteres) sagen: so (ist es)? Statt sashimo
{=.siww), "ganz so," "gerade so," steht in der Übersetzung "glühend"; das stark
emphatische na nach shiraji ist duich "niemand je " angedeutet.— Der Dichter starb i. J.
998.
52. Fujiwara no Michinobu Ason.
Akemtreba \ kurnrn uicno to ica \ shiri-nagara,
Nao tiravicsJiiki \ asaborake kana !
J
229
Man weiss es freilich,
Dass es, wenns tagt, auch Abend
Wird wieder werden ;
Doch, ach, es bleibt doch immer
Verhasst die Morgendämmrung !
Weil sich der Dichter dann von der Geliebten trennen muss. — Vgl. No. 30.
53. üdaisho IWichitsuna no haha.— Muller des
Generals der Kaiserlichen Leibwache Michilsuna.
Nageki-tsiitsu \ hitori nuru yo no \ ahtru uia iva,
Ika ni Jiisashiki \ mono to ka iva shirii ?
Ob du wohl ahnest,
Wie sehr die Zeit mir lang wird,
Bis endlich weichet
Die Nacht, die ich mit Seufzen
Nach dir einsam verbringe !
Der Inhalt ist dem von Xo. 85 sein- ahnlich. — Die Dichterin, die auch das Kagerö Nikkl
verfasst hat, gehört zu den drei von Alters her berühmtesten Schönheiten Japans (che andern
beiden sind Ono no Komachi — s. Xo. 9— und Kömyö Kögö, Gemahlin des Kaisers Shömu).
Sie war aus dem Hause Fujiwara und heirathete den Kwambaku (Regenten) Fujiwara no
Kane-ie.
54. Gidö Sanshi no haha.— Müller des Gidö Sanshi.
VVasJireji no \ ynkiisne niade tua \ katakereba,
Kefu li'o kagiri no \ inochi to inogana !
Da's gar zu schwer doch
Dir wäre, mich auch künftig
Nie zu vergessen,
Wärs besser, wenn noch heute
Mein Leben enden wollte.
230
Die Übersetzung ist im streng grammatischen Sinne nicht ganz genau, weil sie sonst
gai zu undeutsch khiigen würde. —Die Dichterin lebte ums Jahr looo und war die Gemahlin
des Regenten Pujiwara no Michitahe ; der Name ihres Sohnes ist Fujiwara no Korechika ;
GidC) Sanshi ist nur sein Titel. Vielleicht hicss er der Gidö Sanshi deshalb, weil er der erste
war, der diesen Titel erhielt, (Vgl. Taikö = Hideyoshi, obgleich nach Hideyoshi noch viele
diesen Titel führten . )
55. Dainagon Kintö.— Kaiserlicher Ralh Kinlö.
Taki 110 oto IV a \ taeie, hisasJiikii \ narimiredo,
Ä^a hoso nagarctc \ nao kikockcri !
Zwar schon seit lange
Hat aufgehört das Rauschen
Des Wasserfalles,
Doch immer weiter strömt noch
Und wird gehört sein Name.
Obgleich der Wasserfall nicht mehr vorhanden ist, erinnert man sich doch noch seiner
einstigen Schönheit. (Es ist von einem künstlichen Wasserfall die Rede, den Kaiser Saga—
reg. 810—823— hatte anlegen lassen,)— Der Dichter gehörte der Fujiwara-Familie an ; er
war in den drei schönen Künsten : der chinesischen Dichtkunst, der japanischen Dichtkunst
und der iSIusik (shi-ka-Jr.miigcn, |#»j^ ^^^i. ; kwangen eigentlich : Blase- und Streichinstru-
mente) gleich ausgezeichnet, sodass es bei einer vom Kwambaku (Regenten) Michinaga auf
dem Öigawa veranstalteten Lustfahrt, wobei die Theilnchmer, je nach der Kunst, in der sie
sich auszeichneten, in drei Boote vertheilt wurden, unentschieden lilieb, in welches Boot er
einzusteigen habe.— Der Dichter von No. 64 ist sein Sohn.
56. (Frau) Izumi Shikibu.
Arazaran. \ Kono yo no Jioka no \ onioi-ide ni,
Inia Jiitotabi no \ au koto viogaua !
Bald wird mein Leben
Wohl enden. Könnt ich doch nur,
Um mich im Jenseits
Daran noch zu erinnern,
Einmal dich wiedersehen !
231
Vgl. No. 19.— Die Dichterin, Gemahlin des Gouverneurs von Izumi Tachibaiia no
MicJiisada, lebte gleich den sechs folgenden Dichterinnen am Hofe des Kaisers IchijG (reg.
087 loii). Sie ist die Verfasserin des Werkes Izumi SJiiMbu Isikki und zeichnete sich
auch durch Gelehrsamkeit in buddhistischen Dingen aus.
57. (Frau) Murasaki Shikibu.
Megtiri-aite \ inishi yn ? sorc to vw, \ %uakanu via ni
Kiimo-gakurc ni sJii \ yoJta vo tsiiki kann !
Ob ich denn wirklich
Ihn sah .' Und war ers auch, so
Wars nur der Mond, der
Eh' man ihn recht cjesehen.
Sich, ach ! in Wolken hüllte.
Unübersetzt geblieben ist vtci::iin-aitc, sich auf der Reise begegnend ; yoha no, (Mond)
der Mitternacht. Die Dichterin klagt, dass das Wiedersehen mit dem Gehebten allzu
kurz gewesen sei ; die Doppelsinnigkeit, mit der der Mond und der Geliebte behandelt
sind, so dass sie ganz in einander übergehen, gilt als grosse Schönheit.— Das Hauptwerk der
Dichterin, Ge)iji-ino7iogatari, gehört zu den bewundertsten und gepriesensten Prosawerken
der ganzen japanischen Litteratur ; ein anderes berühmtes Werk von ihr ist das Mitrasaki
Shikibu Nihki. Die Dichterin war die Tochter des Gelehrten Fujiwara no Tametoki und
Gemahlin von Fujiwara no Nobutake. Nach dessen Tode blieb sie, obgleich wegen ihrer
Schönheit und Talente vielumworben, unvermählt, und lebte am Hofe Ichijö Tennö's als
Hofdame der Kaiserinmutter Jötö Mon-in. Auch ihre Tochter (s. No. 5S) zeichnete sich als
Dichterin aus.
58. Daini no Sammi.-Sammi, (Frau) des Daini.
Arimayama \ Ina no sasahara \ kaze fukeba,
Idesoyo hiio zuo \ zi-asure ya wa sunt ?
Vom Arimayama
Auf Ina's gras'ge Fluren
Rauscht leis der Wind hin.
Wie könnte den Geliebten
Ich jemals wohl vergessen !
232
Die ganze Oberzeile ist nur Einleitung (jo) zu dem soyo in idesoyo ; zwischen dieser
Einleitung und der ünterzeile findet keine weitere Beziehung statt, als dass idesoyo, " wie",
"wie denn," an j'^'j'f (auch j-t^jv-i-crf), ein Klangwort für das sanfte Rauschen des Windes
über Gräser etc., erinnert. — Die Dichterin ist die Tochter der vorigen ; Daini war der
Titel ihres Gemahls, Fujiwara no Naribumi.
59. (Frau) Akazome-emon.
Yasinuarade \ nettamashi mono ivo ! \ sayo fukcte,
Katabukii made no j tS2iki ivo viisJii kana !
Hätt ich doch lieber
Geschlafen, statt zu warten !
Zum Monde .schaut ich,
Bis, ach, in später Nacht er
Zum Untergang sich neigte.
Yasinoaradc, ohne Zeit zu versäumen, ist hier durch " statt (auf dich) zu warten "
wiedergegeben. Der Inhalt erinnert an No. 21. — Die Dichterin lebte am Hofe des Kaisers
Ichijü (vgl. No. 56) und ist Verfasserin des Eigxva-monogatari, worin die Prachtliebe der
Fujivvara-Familie geschildert wird.
60. Koshikibu no NaishL- Hofdame Koshikibu.
Oeyania \ Ikuno no viichi no \ tökereba,
Mada funii ino viizu \ Ania-no-has hidate .
Da noch so weit ist
Der Weg nach Iküno über
Den Oeyama,
Ist noch kein Brief gekommen
Und keine Himmelsleiter.
Das Wortspiel mit madafiunl ino inizu lässt sich in so knapper Form nur unvollkommen
wiedergeben ; die Worte bedeuten i) habe noch nicht einmal einen Brief erhalten ; 2) habe
noch nicht einmal (Ama-no-hashidate) versucht zu betreten. Ama-no-hashidate (" Himmels
leiter ") ist eine wegen ilirer landschaftlichen Schönheit berühmte lange, schmale Halbinsel
233
in Tango. Die Dichterin mnchte dieses Gedicht, als sie von Kyüto zu ihrer in Tango
wohnenden Mutter reiste; ihr Weg führte über Ueyama und Ikuno, zwei Örtlichkeiten in
der Provinz Tamba. Mit dem Briefe ist ein Brief von ihrer Mutter gemeint.
61. (Frau) Ise no Daisuke.
IiiisJiie no \ Nara no viiyako no \ yaczakura,
Kefu kokonoe ni \ nioinnrn kann !
Wie lieblich glänzen
Der alten Hauptstadt Nara
Achtfach gefüllte
Kirschblüthen heut' im neunfach
Umwallten Kaiserschlosse !
Gedichtet, als man blühende Zweige der alten Kirschbäume aus Nara nach der neuen
Kaiserresidenz Kyoto gebracht hatte. — Die Dichterin, deren Name auch Ise no Ostike
gelesen wird, gehörte dem Kreise gelehrter Frauen und Dichterinnen am Hofe Ichijö
Tennü's an (vgl. No. 56). Nach einigen rührt das Isc-tiionogatari {5. No. 17) von ihr her.
62. (Frau) Sei Shönagon.
Yo zvo komete, \ tori no sorane iva \ hakarii to vw,
Yo ni Ansaka no \ seki wa yurnsaji.
Wohl mag die Wächter
Das nachgeahmte Krähen
Des Hahnes täuschen ;
Doch an dem Liebeswachtthor
Darf man nichts durchgehn lassen.
't)'
Unübersetzt gebheben ist yo wo komete ^in der Nacht, vor Tagesanbruch ^vgl. im
Vokab. unter komete), und yo ni, in der Welt, hier nur als Verstärkung der Verneinung.
Atisaka 110 seil, das Thor von Ö(au)saka (nicht zu verwechseln mit dem heutigen Usaka),
von dem auch in No. 10 die Rede ist, lag zwischen Kyoto und Ötsu ; es fand hier eine
strenge ControUe aller nach und von der Hauptstadt Kyoto Reisenden statt. Die Dichterin
■spielt hier auf die wrirtliche Bedeutung " Thor des Begegnungshügels ", in dem Sinne von
234
" Liebssbeziehungen " an. Der Geliebte hat sich in der Nacht früh von ihr entfernt, und
sich nachher damit entschuldigt, er habe den Hahn krähen hören und daher geglaubt, es sei
schon spät. Daher die scherzhafte Mahnung der Geliebten, sie nicht mit dem erdichteten
Krähen des Hahnes zu täuschen, wobei die Dichterin auf folgende alte chinesische Anekdote
ir.spielt. Jemand wollte in der Nacht aus einer Stadt entfliehen, aber die Thore -waren
geschlossen. Er täuschte die Thorwächtcr dadurch, dass er das Krähen des Hahnes nachahmte;
die Wächter glaubten, es sei schon Morgen, und i>ffneten das Thor, sodass er entfliehen
konnte. Es ist übrigens anzunehmen, dass die ganze Situation fingirt ist, nur um die Anspie,
lung auf diese chinesische Geschichte anzubringen.— Frau Sei Shönagon lebte gleich den
sechs vorigen Dichterinnen am Hofe des Kaisers Ichijö und ist die Verfasserin des LFahira
no SdsJti, eines Werkes, das wegen seines Stiles ausserordentlich geschätzt wird und zu den
berühmtesten W'erken der classischen Litteratur Japans gehört. (Einige Abschnitte daraus
ns Englische übersetzt von Purcell und Aston in Trans. XVI, 3.)
63. Sakyö no Tayu Michimasa.— Michimasa, Statthalter
der linken Hauptstadt.
Tina zva, tada \ omoi-iaenan \ to bakari ivo,
Hitoziite naradc, \ 'iu yosJii viognna !
O hätt ich jetzt doch
Ein Mittel, ohne Boten
Ihr selbst zu sagen
Das Eine nur : ich werde
Aus Liebe zu dir sterben !
Der Dichter hat seine Geliebte, eine Prinzessin, früher heimlich besucht ; jetzt aber, wo
es bekannt geworden, w ird sie streng bewacht. — Er war aus dem Hause Fujiwara und
blühte im Anfang des 11. Jahrhunderts. Sein Titel erklart sich daraus, dass die Haupt-
stadt Kyoto fi'üher in eine linke [Sakyö] und eine rechte Hälfte [Ukyö) eingetheilt war.
64. Gon-Chiinagon Sadayori.— Kaiserlicher
Rath Sadayori.
Asaborake \ Uji no kawagiri \ taedae ni,
Araivare-zv at am \ scse no ajiro-gi.
235
Wie in der P'rühe
Der Nebel auf dem Flusj^e
Von Uji schwindet,
Erscheinen an den Schnellen
Des Stroms die Fischkorbpfähle.
Statt " erscheinem " eigentlich "werden übtTall sichtbar." — Sadayori war der Sohn
von Dainagon Kintü (Xo. 55), also aus dem Hause Fujiwara ; er zeichnete sich ebensosehr
durch Schönheit wie durch Talente aus. {Goii, ^, in Gon-Chünagon entspricht etwa unserni
"interimistisch ", oder auch '• Yice ".)
65. (Frau) Sagami.
Urami-tvabi \ Jiosami sode daui \ am mono zi'o !
Koi nl kiicliiiian \ na koso osliikcre !
Ach, wie vor Kummer
Nicht einmal meine Ärmel
Je trocknen ! Wie ich
Bedaure, dass mein Name
Durch diese Lieb' wird leiden !
Eigentlich: vor Groll und Kummer. Zu "Ärmel" vgl. Xo. 42. Genauer übersetzt
lautet die Unterzeile: am meisten dauert mich mein Xame (Ruf), der durch die Liebe
schlecht werden wird. — Frau ^^z^irrw/ lebte im 11. Jahrb.; sie ^\■ar die Tochter von Mina-
moto no Yorimasa und heirathete Oe no Kinsuke, Gouverneur von Sagami, von welcher
Provinz auch Ihr X'ame entlehnt ist.
66. Saki no Daisöjö Gyöson.— Der frühere
Erzbischof Gyöson.
Morotomo ni \ azvarc to onioe, \ yaniazahira !
Haiia yori hoka ni \ sJiirit hito ino nasJii.
Lass miteinander
Uns Mitgefühl empfinden,
O Bergeskirschbaum !
Auch ich hab' keine Freunde
Als einzig deine Blüthen.
236
Der Dichter bedauert den einsams'.i Kirschbaun im Gebirge, weil niemand ausser dem
Dichter seine Blüthen sieht und bewundert, und tröstet ihn damit, dass auch er nur die
Blüthen des Kirschbaums zu Freunden habe, sie also auf einander angewiesen seien. —
Der Dichter war eine Zeitlang Erzbischof im Tempel Enrryakuji auf dem Hieizan bei Kyoto.
Er zeichnete sich auch als Maler aus.
67. Suwö no Naishi.— Hofdame Suwö.
Harn no yo no \ yiinie bakari nai u | tamakiira ui
KainakiL tatan \ na koso osJtikerc !
Dass ich der einen
Nacht wegen, die so kurz nur ^
Wie ein Frühlingsnachtstraum, ■
In schlechten Rufsoll kommen,
Das, wahrlich ! kränkt mich bitter.
kainakii (s. Vokab.) ist unübersetzt geblieben. Das Gedicht hat einige Ähnlichkeit mit
No. 65. — Frau Sinuö lebte am Hofe von Go-Reizei Tennö (reg. 1046^1068) und war ihrer
Zeit als Dichterin sehr geschätzt. Ihren Xamen hat sie daher, dass ilur Vater Taira no
Tsugunaka Gouverneur der Pi-ovinz Suwö war. (Beispiele ähnlicher Namengebung für
Frauen siehe unter No. 19, 56, 61, 65, 72 und 92.)
68. Sanjö-no-in.
Kokoro ni ino \ arade, nkiyo ni \ nagaraeba,
KoisJdkaru beki \ yoJia no tsnki kana !
Zwar ists mein Wunsch nicht,
Doch sollt ich länger leben
In dieser Welt noch —
Wie werd ich dann ersehnen
Den Mond, den mitternächtgen !
Sanjö-no-in ist der (posthume) Titel des Kaisers Sanjö (reg. 1012 — 1016) nach seiner
Abdankung. Das Gedicht drückt den Kummer aus, den ihm seine (unfreiwillige) Abdan-
kung verursachte.
237
69. Nöin Höshi.— Priester Nöin.
ArasJiißtku \ Mivuiro no yavia no \ moinijiba zua,
Tatsnta no kaiva no \ nisJiiki narikeri.
Die bunten Blätter
Von Miinuro-no-yama,
Dem sturmumwehten,
Nun sind sie rothe Seide
Des Flusses Tatsütao-awa.
*fc5'
Vgl. No. 17, auch [32. — D^r Name des Dichters war TacJiibana no A'ai^ayasti. Er ist
Verfasser des Gengcnshü (;^ ^ ^), einer nicht sehr bekannten Gedichtsammlung.
70. Ryözen Höshi.— Priester Ryözen.
Sabisliisa ni \ yjdo zuo tachi-idete \ nagamureba,
Isiiko mo onaji \ aki no yügnrc.
Mich einsam fühlend
Geh ich vors Haus und schaue
Umher — da finde
Ich überall dieselbe
Herbstliche Abenddämmrung.
über diesen Dichter ist wenig bekannt.
71. Dainagon Tsunenobu.— Kaiserlicher Rath
Tsunsnobu.
Yü sarcba, \ kado-ta r.o iuaba \ oto:~:irete,
Ashi 1:0 niaroya i:i \ akika:zc zo fjiku.
238
Der Abend naht sich,
Vor meiner Thür die Halme
Des Reisfelds rauschen,
Und übers runde Schilfdach
Weht (sanft) dahin der Herbstwind.
Der Name des Dichters ist Fiijhvai-a no Tstincnohu. Er zeichnete sich, gleich Dai-
iiagon Kintö (s. No. 55) in allen drei schönen Künsten gleichmässig aus ; auch wird von ihm
eine ganz ähnliche Anekdote (drei Boote betreffend) erzählt wie die unter No. 55 mitgetheilte.
72. YiishuNaishinnö-ke no Kii.— (Frau) Kii im Hause
der Prinzessin Yüshi.
Oto ni kiku I Takashi no havia no \ adanami wa
Kakeji ya ! sode no \ nitre nio koso snre !
Nicht an die flüchtgen
Wellen des hochberühmten
Takashi-Strandes
Will ich mein Herze hängen,
Denn Thränen würden folgen.
oto ni kiku Takashi no hania, des berühmten Strandes von Takashi, isty^» zu adanami,
was "flüchtige Wellen" bedeutet und zugleich poetische Metapher für flatterhaften Sinn,
Unbeständigkeit in der Liebe, treulosen Geliebten ist. Die Dichterin will sich vor der Liebe
zu dem schönen, aljer treulosen Manne hüten, sodc no nitre ino koso surc, hier sehr frei mit
"denn Thränen würden folgen " übersetzt, lautet wörtlich "gewiss würden meine Ärmel
sogar nass werden " (von Thränen — vgl. No. 42). —Frau Kii war die Tochter Fujiwara no
Tsunekata's und lebte am Hofe Horikawa Tennös (reg. 1087 — 1107). Ihren Namen soll
•sie daher haben, dass ihr älterer Bruder Shigeo Gouverneur von Kii war (vgl. hierzu No. 67.)
73. Gon-Chunagon Masafusa.— Der Kaiserliche
Ralh Masafusa.
Takasago no \ onoc no sakitra \ saki ni kcri.
Toyavia no kasttnii 1 tata.':u mo aranan !
239
Nun stehn am Abhang
Des hohen Bergs die Kirschen
In voller Blüthe.
Dass nur von den Vorbergen
Kein Nebel sich erhebe !
Der Dichter, Öe no Masafiisa, war ein berühmter Gelehrter. — Zu Gon im Titel vg .
No. 64.
74. Minamoto no Toshiyori Ason.
Ukarikcru \ Idto wo Hatsuse no \ yauia-oroshi
Hageshikare to tua \ inorami mono zuo !
Dass die so grausam
Gewesene nun werde
Noch umbarmherzger,
Dem Bergsturm gleich von Hatsüse,
Hab ich doch nicht erbeten !
Der Dichter hatte vorher in Hatsuse = Hasedera, einem Kwannontempel in Yamato,
um Erhörung seiner Liebe gel)etet. Das "lOo nach hito ist grammatisch unverständh'ch ;
vielleicht corrumpirt für 7i>a /—Der Dichter von No. 85 ist Toshiyori's Sohn.
75. Fujiwara no Motoloshi.
Chigiri-okislii \ sascino ga tsiiyit zvo \ iiiocJii nite,
Aivare 1 kotosJii no \ aki ino inumeri.
Den fest versprochnen
Thau deiner Gnade macht ich
Zur Lebenshoffnung ;
Doch, ach, es scheint zu schwinden
Der Herbst auch dieses Jahres !
240
Zu ergänzen : ohne dass d.'e Hoffnung in Erfüllung ginge. Uniibersetzt geblieben ist
sasano ga, (Tliau) des Heifusses, wofür das im Original nur implicite vorhandene "deiner
Gnade" gesetzt worden ist. — Der Regent Fujiwara no Tadamichi (der Verfasser des
folgenden Gedichtes) hatte; dem Dichter versprochen, seinem Sohn ein gewisses Amt zu
geben, aber dieses Versi' rechen nicht gehalten.
76. Höshöji no Nyüdö, saki no Kwambaku Daijödaijin.—
Der in den Tempel Höshöji eingetretene frühere
Regent und Ministerpräsident.
Wada-nO'hara \ kogi-ide viireba, \ Jtisakata no
Kuvioi ni viagau \ ]oki-ts!i sJiiranami.
Hinaus aufs weite
.Meeresfeld rudernd schau icli
Umher — es mischen
Sich mit des Himmels Wölbung
Die weissen Wellen der Ferne.
Der Dichter, Fiijhi'ara 710 Tadantic/ii, war Kwambaku (Regent) unter vier Kaisern und
starb 1165 im Alter von 68 Jahren. Der Dichter von Xo. 95 ist sein Solin. — Der in der
Überschrift angegebene Titel ist wegen seiner I^.^nge sprichwörtHch geworden.
77. Sutoku-in.
Se wo Jiayavii \ iiva ni sekarnrn \ takigaxva no
Warete ino, site ni \ azcan to zo oniott !
Bin ich von dir auch
Getrennt, wie ein durch Felsen
Gehemmter Sturzbach —
Mein Wille bleibts : ich muss dich
Zuletzt doch wiedersehen !
Der Kaiser Sii/oku, nach seiner Abdankung Sittohi-in genannt, regierte von 11 24 —
1141.
241
78. Minamoto no Kanemasa.
AwajisJiima \ kayou cJiidori iw \ naku koe iii,
Iku-yo neaauienu \ Swna no sekimoin?
In wieviel Nächten
Die Thorwächter von Suma
Wohl schon erwacht sind
Vom Schrei der Möwen, fliegend
Nach Awaji hinüber !
Gedichtet, als der Dichter eine Nacht in Suma (einem Ort in Settsu, der der Insel
Awajishima gegenüber liegt) zugebracht hatte. — Kanemasa starb i. J. 1112 ; er ist Verfasser
der (wenig bekannten) Gedichtsammlung Horikcnva-in nochi 710 HyahtsJiü.
79. Sakyö no Tayu Akisuke.— Akisuke, Statthalter
der linken Hauptstadt.
Akika"e ni \ tanabikti kwno no \ taema yori
More-ismnt tsuki no \ kage no sayakesa !
O welche Klarheit
Des Mondlichts, das herausströmt
Zum Spalt der Wolken,
Die sanft vom Herbsteswinde
Dahingetragen hinziehn !
Die Wörter "sanft" und •' dahingetragen " sind dem Metrum zuliebe hinzugefügt. —
Der Dichter war aus dem Hause Fujiwai-a ; über seinen 1'itel vgl. No. 63. Er starb i. J.
1155. Auch seine drei Söhne Kiyosuke (No. 84), Shige-ie und KenshS Höshi thaten sich als
Dichter hervor ; sie verfassten im Auftrage des Kaisers Sutoku die Sammlung SliitioasJm
242
80. Taiken Mon-in no Horikawa— (Frau) Horikawa,
(im Dienste) der KaiserinmuUer Taiken.
Nagakaran \ Icokoro vio shirasii, \ kiirokami no
Midarete kesa iva \ mono zvo koso oiiioe !
Dein Herz nicht kennend,
Des Liebe wohl nicht lange
Wird dauern, ist mir
Ganz wirr der Sinn heut Morgen,
Und banger Kummer drückt mich,
Uniibersetzt geblieben ist kurokami no, wie schwarzes Haar, makura-kotoba zu vtidare-
te, verwirrt.
I
81. Go Tokudaiji no Sadaijin.— Der spätere Staatsminisler
von Tokudaiji.
Hototogisu I jiakitsuru kata wo \ nagmnureba,
Tada ariake no \ tsukl zo nokoreni !
Wie nach der Seite
Ich schaue, wo der Kuckuck
Eben gerufen,
Ist in der Morgendämmrung
Der Mond nur noch zu sehen.
Statt " ist nur noch der Mond zu sehen " eigentlich : " ist nur noch der Mond da ". —
Der Dichter hiess Fiijhvara no Sanesada. Tokudaiji ist der Name eines Tempels, den
einer seiner Vorfahren gegründet hatte, und nach dem dann die Familie benannt wurde.
(Auf dieselbe Weise hat ein anderer Zweig der Fujiwara-Familie den Namen Saionji erhalten
— s. No. 96.)
243
82.— Doin Höshi.— Priester Döin.
Omoi-iuabi \ säte ino, inocJii zua \ am mono wo !
Uki ni taeim wa, \ naniida nai-ikeri.
Wie sehr durch Lieb' ich
Auch leide, bleibt mir leider
Doch noch das Leben.
Nur meine Thränen können
Den Schmerz nicht länger tragen.
Der Name des Dichters ist Fujiwar a no Afsiiyori.
83. Kwötai Kögu no Tayu Toshinari.— Tayu Toshinari,
(im Dienste) der Kaiserinmutter.
Yo no naka yo \ inichi koso nakcre ! \ Omoi-irii
Yama no okn. ni nio \ shika zo naku narii !
Ach, auf der Welt ist
Für mich kein Weg ! Selbst hier
In den geliebten
Entlegnen tiefen Bergen
Hör ich des Hirsches Klagen.
Im Original nur : ruft ]fürwahr [zo) der Hirsch, (Verwandten Inhalts ist No. 5.) —
Name des Dichters : Fujiwara no Toskinori; über den Titel Tayü vgl. No. 5. Er starb,
92 Jahr alt, i. J. 1205. Verfasser eines Werkes über poetischen Stil: Korai Ftitaishö
84. Fujiwara no Kiyosuke Ason.
Nagaraeha^ \ mata konogoro ya \ shinobaren.
Ushi to mishi yo zo \ ima zua koisJiiki!
244
Leb ich noch länger.
So ward ich wohl das Leben
Auch Avieder lieben.
Die Welt, die sonst so traurig
Mir schien, ist reizend wieder.
7nata konogoro ya shinobareii, hier mit " werde ich wohl das Leben auch wieder lieben "
übersetzt, heisst wörtlich : " werde ich wohl auch wieder die jetzige Zeit ertragen ". Der
Inhalt des Gedichtes erinnert an |No. 50. — Der Dichter war ein Sohn von Fujiwara no
Akisuke (No. 79). Mitarbeiter an der Sammlung Shikiuashü (vgl. unter No. 79) und
Verfasser mehrerer anderer Werke, darunter auch eines Zohi Shikwas/iü (JK^^^).
85. Shunkei Höshi.— Priester Shunkei.
Yoviosugara \ mono oinoii koro tva, \ ake-yarade
Neya no Jiinia sae \ ts2irenakarikeri.
Wenn ich in Kummer
Die ganze Nacht verbringe,
Ist selbst der Thürspalt
Des Schlafzimmers gefühllos,
Da's immer noch nicht tasfet.
-fc)^
Vgl. das ähnhche Gedicht unter No. 53. Der Thürspalt des Schlafzimmers ist gefülillos
(gleich der Gehebten), weil er dem Diclitcr noch immer nicht den Anbruch des Tages, d. h.
das Ende der langen Nacht, inj^der er sich nach der Gehebten sehnt, verkünden will.— Der
Dichter war ein Sohn von jNIinamoto no Toshiyori Ason (No. 74).
86. Saigyö Höshi.— Priester Saigyö.
Nageke tote \ tsuki ya zva mono tuo \ omoiuasiiru ?
Kakochigao narii | ivaga namida kann!
245
Obs denn der Mond ist,
Der mir befiehlt zu seufzen
Und Liebeskummer
Verursacht ? Ach, die Thränen
In meinem traur'gen Antlitz !
Der eigentliche Name dieses sowohl durch seine Gedichte als auch durch seine weiten
abenteuerlichen Wanderungen berühmten Dichters ist Fiijiwara no N'orikiyo.
87. Jakuren Höshi.— Priester Jakuren.
Mnrasaine no \ tsnyu nio niada hinu \ maki no ha ni
Kiri taclii-noborn \ aki no yügure !
Herbstliche Dämmrung,
Wenn von den Maki-Blättern,
Die noch nicht trocken
Von Regenschauertropfen,
Die Nebel sich erheben !
Dämmei"ung = Abenddämmerung ; maki : ein Nadelbaum mit breiten, weichen Nadeln
(Podocarpus macrophyllns). — Der Dichter war ein Neffe von Fujiwara no Toshinari
(No. 83).
88. Kwöka Mon-in no Bettö.— (Frau) Betlö, (im Dienste)
der Kaiserinmutter Kwöka.
Naniwa-e no \ asJii no karine no \ hitoyo yue
Mi zuo tstikusJiite ya \ koi-tvatant beki ?
Soll ich denn wegen
Der einen Nacht, die kurz wie
Der flüchtge Schlaf des
Schilfrohrs von Nanivva, leben
In Liebe bis zum Tode .'*
246
statt "von Naniwa " eigentlich: "der Bucht von Naniwa." karine, flüchtiger,
kurzer Schlaf, zugleich "abgeschnittene Wurzel", d. h. Stoppel (des Schilfrohrs). In
mi "WO tstthushite steckt (durch das vorangehende Nannva angedeutet dasselbe Wortspiel
wie in No. 20. — Die Dichterin war die Tochter von Fujiwara no Toshitaka.
89. Shikiko Naishinnö.— Prinzessin Shikiko.
Tama-no-o yo, \ taenaba taene ! \ Nagaraeba,
SJanolutrii koto no \ yozvari ino zo snrn !
O Lebensfaden,
Willst reissen du, so reisse !
Denn wenn ich länger
Noch lebte, könnt' die Liebe
Ich nicht mehr unterdrücken.
Eigentlich : würde sogar das Unterdrücken (der Liebe) ermatten (nachlassen).— Die
Prinzessin Shikiko war die dritte Tochter des Kaisers Go-Shirakawa (reg. 1156— 1158) ; sie
war als Dichterin und auch als Malerin berühmt.
90. Impu Mon-in no Taiyii.— (Frau) Taiyu, (im Dienste)
der KaiserinmuUer Impu.
Misebaya na ! \ Ojima no avia no \ so de dani vio,
Nitre ni zo niiresJii \ iro iva kawarazu.
Könnt ich doch zeigen
(Dir meine Ärmel) ! Bleibt doch
Stets unverändert
Die Farbe selbst der Ärmel
Der Fischer von Ojima.
Unübersetzt gebliebn ist nitre ni zo mires/ii, (die Farbe) die nass (von neuem) nass
geworden ist. Die Dichterin wünscht dem Geliebten zu zeigen, wie ihre Ärmel durch dag
Trocknen von Thi-änen entfärbt sind, Sie war eine Tochter von Fujiwara no Nobunari.
247
91. Go Kyögoku no Sesshö Daijodaijin.— Der spätere
Regent und Ministerpräsident Kyögoku.
Kirigirisit \ naku ya shiinoyo no \ saninsJiiro ni
Koromo katasJiiki \ Jiitori ka mo neu.
Nun werd allein ich
Wohl schlafen, mein Gewand
Ausbreitend über
Der Matte in der Frostnacht,
Indess die Heimchen zirpen.
Erinnert an No. 3.— Der Dichter hiess Kyögoku no Yoshitstine (Kyögoku ist ein
Zweig des Fujivvara-Hauses) ; er starb i. J. 1206.
92. Nijö-no-in no Sanuki.— (Frau) Sanuki, (im Dienste)
von Nijö-no-in.
Waga sode wa, \ sJiioJii ni iiiienu \ oki no ishi no,
Hito koso shirane, \ kazvaku nia mo nashi.
Gleich Meeressteinen,
Die selbst zur Zeit der Ebbe
Nicht sichtbar werden,
So haben meine Ärmel
Nicht einmal Zeit zum Trocknen.
Wie die Meeressteine (wörtl : die Steine im hohen Meere) nie trocknen köiuien, so auch
die Ärmel, da sie die Dichterin unaufhörlich mit ihren Thränen benetzt (vgl. das ähnliche
Gedicht unter No. 90). Unübersetzt geblieben ist— da es die Knappheit der Form nicht
gestattete— /^//(7 koso shirane, die Menschen wissen es wahrlich nicht, was sich zugleich auf
die Liebe und auf die Steine im Meere bezieht : beides bleibt den Menschen unbekannt,— Frau
Samiki, eine Tochter von Minamoto no Yorimasa, war ihrer Zeit eine berühmte Dichterin ;
Nijö-no-in: der frühere Kaiser Nijö (reg. 1159 — iiös).
248
93. Kamakura no Udaijin.— Der Staatsminister
von Kamakura.
y'o 110 naka lua \ tsniic ni iiioga mo na ! \ Nagisa kogu
Ama 110 obiine no 1 tsunade kanashi mo.
O war die Welt doch
Von Dauer ! Selbst das Ziehseil
Der kleinen Kähne
Der Fischer, die am Strande
Hinrudern, war erfreulich.
Ob CS statt "war erfreulich" nicht etwa richtiger " ist ei-freulich " heissen muss, geht
aus dem Wortlaut nicht klar hervor ; auch muss der Widerspruch, der in dem "Ziehseil"
und dem "Rudern" zu liegen scheint, auf sich beruhen bleiben. — Der "Staatsminister
von Kamakura" ist Miiiamoto no Sauet omo, der durch sein unglückliches Ende bekannte
letzte Sohn Yoritomo's ; er wurde 1219 von seinem Neffen, dem Priester Kugyö, ermordet ;
mit ihm starb Yoritomo's Familie aus. Sadaie (Teikakyö), der Verfasser des Hyakunin
Isshü, war sein Lehrer in der Dichtkunst ; auch soll die Sammlung Kinkai Wdkasliü (H;^
^) von Sanetomo herriiliren.
94. Sangi Masatsune.— Staatsrath Masatsune.
Miyoshino no \ yama no akikaze, \ sayo fukete,
Furnsato samnku, \ koronio utsn nari.
Indess der Herbstwind
In tiefer Nacht aufs alte
Dorf kalt herabweht
Von Yoshino's Bergen, hört man,
Wie Kleidertuch geklopft wird.
Eine unsern Begriffen von Poesie selrr fern liegende Vorstellung ! — Der Dichter, aus dem
Hause Fujiwara, war einer der besten Schüler Fujiwara no Toshinari's (No. 83).
249
95. Saki no Daisöjö Jien— Der frühere Erzbischof Jien.
ÖkeJiaku I iikijo no tami ni \ öit katia !
Waga-tatsu-soma tii \ siimi.zome no sode.
Auf dem Hieizan
Wohnend, trag ich die schwarzen -^
Ärmel (der Priester),
Und sorg', obgleich nicht würdig
Des Amts, fürs Heil des Volkes.
siimi in sumizome ist ein kenyögen, also doppelt zu übersetzen : i) wohnend (auf dem
Hieizan); 2) (gefärbt mit) Tusche, d. h. schwarz, ithiyo no, (Volk) der vergänglichen Welt,
ist unübersetzt geblieben, ebenso hana, leider, ach !— Der Dichter war;em Sohn von Fujiwara
no Tadamichi (No. 76).
96. Nyüdö saki no Daijödaijin.-Der Priester gewordene
frühere Ministerpräsident.
Hana sasou \ arashi Vto niwa no \ yuki narade,
Piiri-yiihi mono zva, \ icagami narikeri.
Nicht ists im Garten
Der Schnee (der Blüthen), die der
Sturmwind davonführt —
Ich selber bins, der älter
Und älter werdend welket.
Ein (hier sehr frei wiedergegebenes) Wortspiel mit furi-yuku : l) herabfallend (vom
"Schnee" der Blüthen); 2) (die Welt) duixhwandernd, d. h. alt werdend (vom Dichter).—
Der Dichter hiess Fujhoara no Kintsunc : er starb 1244 im Alter von 74 Jahren. Nach
einem Tempel, den er 1225 gründete, hat seine Familie später den Namen Saionji erhalten.
(Vgl. No. 81.) ■
250
97. Gon-Chünagon Sada-ie.— Der Kaiserliche
Rath Sada-ie.
Kouu hito wo \ MatsuJio iio iira iio \ yünagi iii
Yaku ya moshio iio \ ini ino hogare-tsiitsu.
Vor Lieb' so glühend
Wie Seewasser, das Abends
An Matsüho's Strande *
Erhitzt wird, harr' der Liebsten
Ich, die nicht will erscheinen.
jnatsn in Matsziho ist ein kenyögen : i) ich warte ; 2) Theil des Ortsnamens Matsuho.
Yünagi ni eigentlich : in der Abendstille. — Der Dichter ist Fitjiivara no Sada-ie ( Teikakyö) ,
der Verfasser dieser Sammlung (s. die Einleitung).
98. Junii letaka.
Kaze soyogii \ nat'a no ogazva no \ yTigiirc zva,
Misogi zo natsu no \ shirushi narikern !
Wenn sanft im Winde
Am Bach die Eichen rauschen
Zur Abendstunde,
Dann ist der Priester Sühnbad
Des Sommers einzig Zeichen.
Es ist am Abend schon so kühl, dass nur das misogi — eine Ceremonie der Shintöpriester
im 6. Monat a. St.: symbolische Reinigung von Sünden durch Baden in kaltem Wasser — daran
erinnert, dass es noch Sommer ist. — Der Dichter heisst Fiijiwara no letaka : yünii, sein
Rangtitel, bedeutet : zweite Classe des zweiten Ranges. Bekannter ist er unter dem Namen
Karyü, der cliin. Aussprache der Zeichen für letaka (^|^). Er war einer der Mitarbeiter
des vorigen am Shin Kokinshü (vgl. Einleitung, S. 194), und soll während seines Lebens
nicht weniger als 60000 Gedichte gemacht haben.
251
99. Go Toba-no-in.
Hito mo oshi, \ hito ino iiranieshi. \ Ajikinaku
Yo wo ojnou yiie ni, \ mono oiuou mi wa.
Ich, der in Kummer
Ich lebe, weil die Welt mir
Unleidlich scheinet —
Ich traure um die Todten
Und hasse die Lebendgen.
Der ehemalige Kaiser Go-Toba (reg. 1184— 1198) giebt in diesem Gedicht seinem
Kummer darüber Ausdruck, dass erder Regierung hat entsagen müssen. (Vgl. das ähn-
liche Gedicht unter No. 68.) Mit dem ersten hito sollen des Kaisers verstorbene Freunde
mit dem zweiten seine Feinde, die ihn vom Throne verdrängt haben, gemeint sein.
100. Juntoku-in.
Momoshiki ya \ furuki nokiba no \ shinobii ni mo,
Nao amaj'i am \ tmikasJii narikeri.
Das Kaiserschloss ist
Selbst durch das alte Vordach,
Auf dem nun Gras wächst,
Mir eine kummervolle
Erinnrung alter Zeiten.
Die Übersetzung schliesst sich an das Original nicht so genau an, wie dies bei den
übrigen Gedichten versucht worden ist ; wörtlich würde sie lauten : Selbst dmxh das
Famkraut auf dem alten Vordach stellt der kaiserhche Palast nun die für das sehnsüchtige
Erinnern noch übermässiger gewordene alte Zeit dar. {slnnobii ni 1120 als kenyögen ist
zweimal übersetzt: i) selbst durch das Farnkraut; 2) für das sehnsüchtige Erinnern.) —
Das Gedicht list dem Inhalt nach mit No. 68 und 99 verwandt. Kaiser ytintohi regierte
von 1211 — 1221 und trat dann von der Regierung zurück.
ALPHABETISCHES VERZEICHNISS DER DICHFER.
(Die Zahl bezeichnet die Nummer des Gedichtes.)
A.
AbenoNakamaro (^ffoftfiliS) 7
Akazome-emon (#^^P^) 59
Ariwara no Narihira Ason (^I^OÜ^ISE) i7
B.
Bunya no Asayasu (33CM<^^^) 37
„ ,, Yasuhide ( ,, J^^) • 22
c.
Chünagon Asatada (4'f^"sl9.S) 44
„ Atsutada ( „ ,. m.SO 43
,, Kanesuke ( ,, ,, ^fi) 27
Yakamochi ( ,, ,, ^W) ^
Yukihira ( ,, ,, ff^) 16
D.
Dainagon Kintö (rXWi'm^^ii) 55
„ Tsunenobu ( ,, ifMff) 71
Daini no Sammi {■X%<DBia.) 58
DöinHöshi (mmmU) ^2
E.
EikeiHöshi (Mmmm) 47
F.
Fujiwara no Kiyosuke Ason (MM ^ '^ra $119 E) ^4
,, Michinobu ,, ( ,, Mit ,, ) 52
„ Mototoshi („ Äf^ ) 75
253
Fujiwara no Okikaze (Ül^^^M.) 34
,, ,, Sanekata Ason ( ,, ^ijM^) 51
„ ,, Toshiyuki ,, ( ,, iS:ff ,, ) 18
„ ,, Yoshitaka ( ,, ^#) 50
G.
Gidö Sanslii no haha (HIrI^^©®) 54
Go Kyögoku 110 Sesshö Daijödaijin i^^^M.'^M^'k^i^.^) 91
GoToba-no-in (^.ft^i^K) 99
GoTokudaijinoSadaijin(^@:^#OÄ^E) 81
Gon-Chünagon Masafusa (I14'IS'b§M) 73
,, Sadaie ( ,, ^^) 97
„ Sadayori ( ,, :^® 64
Harumichi no Tsuraki i^j^cDM^) 32
Höshöji no Nyüdö saki no Kwambaku Daijödaijin (fi'I^^pC7)A^
■m<^m^±i^-km 76
I.
Impu Mon-in no Taiyü (^-gP^r^©:;^!!) 90
Ise (##) _. 19
Ise noDaisuke (Usuke) ('g»|Jö:;fs:li) 61
Izumi Shikibu c;pn|^^=gp) • 56
J.
JakurenHöshi (ixÜf^fifi) 87
JitöTemiö mm^-Md 2
Jünii letaka (^^Ilfö^^) 98
Juntoku-in (/li^^) 100
K.
Kakinomoto no Hitomaro (tiij;$:o AÄS) 3
Kamakura no Udaijin (^^©^;:^g.) 93
Kawarano Sadaijin (MW-^co&i^^) 14
Kentoku Kö (MW-^) 45
254
Ki no Tomonori (-lEco^HiJ) 33
„ TsurayukK ,, S;^) 35
KisenHöshidJ^JS^ÜJ) 8
Kiyowara no Fukayabu (?fl^®g^^^) 36
,, Motosuke ( ,, "TC 11) 42
Koshikibu no Naishi (/h^ipP©Rf#) 60
Kwanke (^^) 24
Kwöka Mon-in uo Bettö (^BP^l^f^liiJ^) 88
Kwöko Tennö i^^^M) i5
Kwotai Kögu no Tayü Toshinari (M>^^^©>!^^f^^) 83
M.
Mibuno Tadami (i^co*.Ä) 41
„ Tadamine ( ,, ^^.^) 30
Minamoto no Kanemasa (i[|©^§i) 7^
„ Muneyuki Ason ( ,, ^^^E) 28
„ Shigeyuki ( ,. MZ) 48
„ Toshiyori Ason ( ,, ftMÜS) 74
Motoyoshi Shinnö (TCK^i) 20
Murasaki Shikibu (^Äill5) 57
N.
Nijö-no-in noSanuki (Hfll^öJ^ö^llß^) 29
NöinHöshi(tg@?i(Iili) ? 69
NyüdösakinoDaijödaijin (Aitflje):;(i:g$C:^E) 96
o.
Öchiköchi no Mitsune (/LlRrR<^l?tI) 29
Oeno Chisato (:^D:0T-*M) 23
Ouakatomi no Yoshinobu Ason (it 4» E© f g;i;fg g) 49
Ono no Komachi (/M^CD/hBl) 9
R.
RyözenHöshi (KsÜSÜS) • 70
s.
Sagami (;fBt^) 65
Saigyö Höshi (MffJSHI) 86
255
Sakanoue no Korenori (i5±0;i:MiJ) 31
SakinoDaisöjö Gyöson (B5«:;^f^IEff#) ^6
,, „ Jien ( ,, ,, ^,il) 95
Sakyö HO Tayü Akisuke (<&M<^:^^^lifi) 79
„ „ Michimasa ( ,, 5IS) 63
SangiHitoshi (#^^) 39
,, Masatsune ( ,, SifS) 94
„ Takamura ( ,, M) n
SanjöUdaijin (H#.^:^E) 25
Sanjö-no-in (H-fll®^) 68
Sarumaru Tayü mX±^) 5
SeiShönagon iW'PWiB) 62
Semi Maru (jii;^) 10
ShiMko Naishinnö (^i^ft^i) 89
ShunkeiHöshi (f^lfä^üj) 85
Söjö Henjö (fflEii.fR) 12
Sone no Yoshitada ("WM^O^^t^) 46
SoseiHöshi (m'^^iM) 21
Sutoku-in (#BI%) 77
Suwöno Naishi (;iP;5c^p3f#) 67
T.
TaikenMou-iimoHorikawa (f#f-p^f^©H|ll) 80
Taira no Kanemori i^co^^) 40
TeishinKö (Mit^) 26
Tenchi Tennö m^X^) i
u.
TJdaishö Michitsuna no haha {^iz^^MM^W 53
Ukoü (:&i£) 38
Y.
Yamabe no Akahito (il]i§0^>A) 4
YözeiTennö (H^^^) 13
Yüshi Naishinnö-ke no Kii (jf^J-^^'S.^'^^^P) 72
ALPHABETISCHES YERZEICHNISS DER
CtEDICHTANFÄNGE.
■ (Die Zahl bezeichnet die Nummer des Gedichtes.)
A.
A i-inite no \ nochi no kokoro ni \ kurabiircba, 43
A kenureba \ kiiniru mono to zva \ shiri-nagara , 52
A ki no ta 110 \ kario 110 io no \ toma wo araini i
A kikaze ni \ tanabikn kiimo no \ taema yori 79
A ma-no-Jiara \ ßirisake-niireba , \ Kasnga narn 7
A nia-tsn kaze, \ knmo no kayoiji \ fitki-tojiyo ! 12
ArasJiifiikn \ Mimuro no yania no \ niomijiba zua, 69
Arnzaran. \ Kono yo no hoka no \ omoi-ide ni, 56
Ariake no \ tsnrenakuniicslii \ zuakarc yori 30
Ariniayama \ Ina no sasahara \ kaze fnkeba, , 58
A saborake \ ariake no tsuki to \ mim inade ni 31
A saborake \ Uji no kazvagiri \ taedae ni, 64
A saji-fu no \ o-no no shinohara \ shinobnredo, 39
AsJiibiki 710 \ yaniadori no o no \ skidari-o no 3
An koto no \ taetc shi naknba, \ nakanaka ni 44
A zvajisJiima \ kayoii chidori iio \ naht koe ni '/'&
A zvare to nio \ in beki hito zva \ onwJioede, 45
c.
Chibayaburn \ kaniiyo mo kikazit, \ Tatsntagazva 17
Chigiri-okishi \ sasemo gatsnyiLzvo \ inocJii nite, 75
Chigiriki na! \ katami ni sodc zvo \ shiori-tsuts7i, 42
F.
Fiiku kara ni [ aki no kiisa-ki no \ sJii ornreba,..., 22
H.
Hana no iro zi'a, \ Jttsuri ni kcri na ! \ Itnzttra ni 9
Hana sasoTi \ arasJii uo nkva no \ ynki narade, 96
Harn siigitc \ Jiatsti kitarurasfu. \ Shirotae no 2
Harn HO yo no \ yiime bakari nai'it \ tamakiira ni d'j
Hisakata no \ Jiikari nodokckl \ Jiarn no hi ni, 33
Hito ino oshi, \ Jiito nio n raniesJii. \ Ajikinaku 99
Hito Iva, isa \ kokoro vio shirar:n. \ Fnrusato iva 35
Hototogis2i \ nakitsurn kata 1V0 \ naganiureba, 81
I.
Inia kon to \ iishi bakari ni, \ nagazuki no 21
Imawa, tada \ onioi-taenan \ to bakari ivo 63
InisJiie no \ Nara no niiyako no | yaerjaknra , 61
K.
Kakn to dani \ c ya iva ibuki no \ sashi-mognsa 51
Kasasagi no \ zvatasern JiasJii ni \ okn sJiinio no 6
Kaze soyogu \ nara no ogaiva no \ yngnre iva, 98
Kaze ivo itanii \ iiva ntsn nanii no \ onore no nii 48
Kimi ga tanie \ harn no no ni idete \ luakana tsnnut, 15
Kinii ga tarne | osliikarazarislii \ inochi sae • • • 5^
Kirigirisn \ nakn ya shivw-yo no \ sa-ninsJiiro ni 91
Koi SU tefn \ luaga na iva inadaki \ tacJii ni kcri, 4^
Kokoro ni ino \ aradc, 7ikiyo ni \ nagaraeba, 68
Kokoro-ate ni \ orabaya ! oran \ JiatsnsJiinio no 29
Kono tabi iva, \ nnsa nio tori-acrju, \ Taniukeyania 24
Konu hito ivo \ Matsnho no nra no \ yünagi ni 97
Köre ya kono \ ynkn nio kaern ino \ wakare-tsjitsn 10
M.
Megiiri-aite \ mishi ya ? sore to ino, \ ivakann ina ni 57
MicJiinohi no \ Shinobu inochi.'::nri, \ tare yue in 14
Mikanohara \ ivakite nagarnrn \ Lzuniigaiva 27
258
Mikaki-inori \ cji no takii hi iio, \ yorii i^'a inoe, 49
Misebaya na ! \ Ojiuia no aina no \ sode dani nio, 90
Miyoshino no \ yania no akikaze, \ sayo fukcte, 94
MoniosJiiki ya \ furuki nokiba no \ sJiinobii ni ino lOO
Morotonio ni \ awarc to onioe, \ yamazakura ! ^^
Mjirasanie no \ tsiiyn vio viada hini;. \ niaki no ha ni ^J
N.
N'a ni shi ozi'äba, \ Ansaka-yama no \ sane-kazura, 25
Nagakaran \ kokoro mo shira.zn, \ knrokanii no 80
Nagaraeba , \ inata konogoro ya \ sJdnobaren, 84
Nageke tote \ tsuki ya zva mono zvo \ onion'asnrn ? %6
Nageki-tsutsn \ hitoj-i mint yo no \ aknrn ina wa, 53
Nanitva-e no \ asJii no karine no \ Jiitoyo yne 88
Naniiua-gata \ viijikaki ashi no \ fuslii no nia ino 19
Natsn no yo zva, \ inada yoi nagara, \ akcnurn zvo ! 36
o.
Oeyania \ Iknno no miclii no \ iökcreba, 60
Ognrayama \ inine no inomijiba \ kokoro ai'aba, 26
Okenakn. \ nkiyo no tanii ni \ ön kana ! 95
Oknyama ni \ nioniiji funii-zuake \ naku shika no 5
Onioi-zvabi \ säte vio, inocJii zva \ am mono zvo ! 82
Oto ni kiku | Takashi no Jiania no \ adananii zv.i 72
s.
Sabishisa ni \ yado zvo tacJii-idete \ nagamnreba, JO
Se zvo hayanii \ izva ni sekamrn \ takigazva no TJ
SJiinobnredo, \ iro ni ide ni keri \ zvaga koi zva, 40
Shiratsnyu ni | kaze no fiikisJiikii \ aki no no zva, 37
Sumijwe no \ kisJii ni yorn nami, \ yorn sac ya 18
T,
Tachizvakare. \ Inaba no yania no \ mine ni ofnru 16
Tago no nra yu \ itclii-idete mireba, \ mashiro ni zo 4
259
Takasago 110 \ onoe no sakiira \ saki ni kcri. 73
Taki no oto li'ii \ taetc, hisashikic \ narimiredo, 55
Tama-no-o yo, \ taenaba taeue ! \ Nagaraeba, 89
Tare wo ka mo \ shiru Jiito ni sen? \ Takasago no 34
Tsnki mireba, j c/nj'i ni mono koso | kanashikere ! 23
Ts2tkuJiane no \ viine yori otsnrtt \ Minanogazva 13
u.
Ukarikeru \ Jiito lijo, Hatsiise no \ yama-oroshi 74
Uranii-ii'abi \ Jiosann sode dani \ am mono wo! 65
w.
Wabimireba, \ ima Jiata onaji. \ Naniwa naru 20
Wada-no-hara \ kogi-ide mireba, \ Jiisakata no 7^
Wada-no-Jiara \ yaso shima kakete \ kogi-idenu to 1 1
Waga iori zva, \ miyako no tatsumi, \ sliika zo S7imti! 8
Waga sode zua, \ shiohi ni mienii \ oki no ishi no 92
Wasurarnrn. \ mi zvoba oniowazu, \ cJiikaitesJii 3^
Wasureji no \ ynkusne made zua \ katakcreba 54
Y.
Yaemogura \ sliigereru yado no \ sabisJnki ni 47
Yamakazva ni \ ka:je no kaketarii- \ shigarami zua, 3^
Yamazato zua, \ fuyu zo sabisJiisa \ niasarikeru ! • • 28
Yasiirazuade \ nenamashi mono zuo ! \ Sayo fnkete, 59
Yo no naka zua, \ tsune ni moga mo na ! \ Nagisa kogn 93
Yo no naka yo \ michi koso iiakere ! \ Omoi-im ^Z
Yo zuo konietc, \ tori no sorane zua \ hakaru. to mo, 62
Yoniosiigara \ mono omou kor o zua, \ ake-yarade .... 85
Yü sareba, | kado-ta no inaba \ oto zur et e, 7^
Ynra no to zvo \ zuatarn fiinabito \ kaji zuo tae, 4^
WÖliTKRVEliZElCHiMSS.
(Nui- die im Text der Gedichte vorkommeiulen Bedeutungen sind angege'oen ; alle
Eigennamen, auch die in den Überschriften vorkommenden Titel, sind weggelassen. Die
Zahlen bezeichnen die Nummern der Gedichte.)
adanami (72) flüchtige Wellen ; Neben-
bedeutung : unbeständiger Sinn, untreu-
er Geliebter. Die vorangehenden Worte
bis hama 110 sind nur Einleitung { jo) zu
adajiayni ,
aenu (32) nicht könnend.
ai-mite no ncclii (43) nach der Begeg-
nung (mit der Geliebten).
ajikinaku (99) adv. von ajikinahi, un-
erfreulich, uninteressant, zuwider.
ajirogi (64) Fischkorb-Pfahl.
akatsuki (30) Tagesanbruch, Morgen-
dämmerung.
akenureba (52) indem es völlig Tag
wird. (s. -«//;■;/).
akenuru (36) statt akc-nu — vgl. li'o — (die
Nacht) hat sich geöfinet, d. h. es ist Tag
geworden.
ake-yai-ade (85) ohne hell zu werden.
aki Herbst.
akikaze Herbstwind.
akuru (53) hell werden.
ama Fischer.
ama (jetzt a»ie) Himmel.
ama no hara (7) Himmelsfeld, poetisch
für Himmel. (Vgl, zvada no hara.)
amari aru {\oo) = aiuarcni, ist zu viel ge-
worden.
amarite (39) nach den Commenlarcn =
omoi-amarite, zu sehr liebend, aber in
welcher gramm. Verbindung ? Vielleicht
eher auf kois/tiki, Liebreiz, als Subjekt zu
beziehen ; ein Hauptverb des fVagesatzes
ist nicht vorhanden.
araba (26) wenn wäre, wenn es gäbe.
arami (1) Rauheit, Undichtigkeit; das zvo
davor = durch, wegen.
aranan (73) o dass doch wäre ! (s. -7uui).
aranedo (23) : ;// — — iiaran-cdo, obgleich es
nicht ist.
arashi Sturm ; eigtl. rauher, wilder Wind
[ara-ski] ; erinnert auch an arasti, ver-
heeren.
araware-wataru (64) überall sichtbar
werden.
arazaran (56) (ich) werde wohl nicht
vorhanden sein, werde bald sterben.
ariake (30) Abkürzung für ariake no tstiki,
der Mond, der bei Tagesanbruch noch
scheint (der da ist, ari, WQwn yo-akc-, die
Morgendämmerung, schon beginnt).
asaborake ( — asa/nrakc) Morgendämme-
rung.
asaji-fu (39) v.o asaji (e. Schilfgras)
wächst. (/// ^.=kae-sliigcni, dicht
w achsen.)
ashi c. Schilfart.
ashibiki no (3) makura-kotoba von yama
oder mit yama zusammengesetzten Wör-
tern ; Bedeutung zweifelhaft.
an zusammentreften, sich begegnen.
Ausaka s. Anm.'zu No. 62. In 10 ist das
au von Ausaka zugleich als selbst. Verb :
"sich begegnen" gebraucht (ein kenyü-
gcn;.
awan to zo omou (20, 77) will durchaus
(^zo') (mit dir) zusammenkommen, dich
sehen.
26l
awade (ig) ohne zu begegnen,
aware (45) Mitleid, Erbarmen : (66) Mit-
gefühl, Liebe ; (75) ach 1
bakari nur ; (30) = /lodo, so sehr wie.
-baya nach negat. Verbalstamm = o dass
doch ! Besonders hoffnungslosen Wunsch
ausdrückend.
beki an Schlussform (nur scheinbar, in
Wirklichkeit an Attrib-Form — vgl. Aston,
p. 165 Anm.) angehängtes Suffix, drückt
je nach Umständen Zukunft, Möglichkeit,
Verpflichtung aus. /« bcld /lito (45), eine
die sagen wird, iiarimi beld (45) wird (zu
nichte) ^^•erden ; bckl statt beshi, wegen
kana (s. d.). In 88 ebenfalls behi statt
beshi, wegen ya.
chibayaburu (17) schnell, gewaltig, furcht-
bar. Steht als makura-kotoba vor kami,
Gott, und ähnlichen Wörtern.
chidori (78) Strandläufer (e. Vogel, Trin-
ga) ; vielleicht auch eine Möwenart ?
chigiri-okishi (75) fest versprochen.
daigiriki (42) (wir) haben geschworen.
Das folgende na ist emphatisch.
cliikaiteshi (38) = chikaitarishi, geschwo-
ren habend. (-/,• Stamm von -tsziru
(s. da); shi attributive Perf.-Endung.)
chiji ni (23) tausend-tausendfach, in jeder
Beziehung.
chirikeru (37) (statt chirikerl, s. zo) sind
nunmehr verstreut.
chiruran {n) werden wohl verweilen od.
abfallen.
I>.
dani nur ; in 51 : nur so ohne weiteres.
!Mit Neg.: nicht einmal.
E-
e, (51), Stammform von nrii, bekommen ;
vor neg. Verben, oder in Fragen mit ver-
neintem Sinn, wie hier, = (nicht) können.
e ya taa ibiikl = e in beki ya lua? wird man
denn sagen können ?
eji (49) ^±: (kaiserliche) Leibwache.
F.
fuclii tiefe Stelle (im Wasser).
fuke ni kern (6) -fukekeru, ist tief,
spät geworden (von der Nacht). Vgl. so.
fukeba (58) indem weht.
fukete (59, 94) tief, spät werdend.
fuki-sh.iku (37) unaufliörhch, beständig
\\-chen {shikii, jetzt shikini, unauf-
hörlich sein).
fuki-tojiyo (12) wehe und schliesse !
fuku wehen.
fumi mo mizu (60) ein kenj^ügen : i)
nicht einmal Brief gesehen ; 2) nicht einmal
versucht zu betreten (Ama-no-hashidate).
fumi-wake (5) für fitmi-ii<akete, durch
Schreiten theilend, durchschreitend.
funabito (46) Schiffer.
fureru (31) gefallen seiend, gefallen
(Schnee).
fvirikeru (4) (statt fin-ikeri, vgl. zo) fällt
nunmehr (Schnee, Regen etc.).
furi-sake (7) für furi-sakete, um sich
schauend, weithin überblickend.
furi-tsutsu (15) indem (Schnee) fällt.
f uri-yuku (96) in doppelter, wortspielender
Bedeutung : i) P^f J herabfallen (Schnee) ;
2)|g^f (dieWelt) durchwandern, im Sinne
von älter od. alt werden.
furu (9) jetzt heni, hindurchgehen, verge-
hen (Zeit), ti ber das Wortspiel in 9 siehe
7iagame.
fux-uki alt.
furusato (35) altes Dorf; oft (aber nicht
hier) = Heimath ; in 94 : das alte Dorf
des Kaisers, d. i. die ehemalige Residenz
Voshino in Yamato.
fushi Abschnitt am Stengel einer Pflanze,
Internodium.
fuyu Winter.
ga Genetivpartikel
ha Blatt.
G.
II,
202
hageshikare (74) sei wild, unl^armhcrzig.
Uatsuse 110 yama-oroshi wolil nur alsy'i)
hierzu aufzufassen.
hakaru (62) täuschen.
liaina Strand.
hana Blumen, bes. Kirschblüthen.
liara Feld, bes. Bergwiese.
harn Frühling.
liashi Brücke.
liata {2o) = /iafas/titt\ schliesslich.
liatsushimo (2g) der erste Reif im
Herbst.
hayami (77) Schnelligkeit, das Tl'*? davor =
durch, wegen.
lii (33) Tag.
lii (49) Feuer.
liikari (33) für Jdkarile, glänzend.
hima (85) Spalte, Lücke.
hinu (87) nicht trocken.
hiru (49) Tag (Gegensatz zu Nacht).
hisakata no (33, 76) s. Einl., p. 19S.
hisashiki (53) lang (Zeit).
hisashiku (55) Adverb von hisashUd.
hito Mensch ; oft = der (oder die) Ge-
liebte ; die Leute. In 99 sollen mit dem
ersten hito des Kaisers verstorbene
PVeunde, mit dem zweiten seine Feinde,
die ihn vom Throne verdrängt haben, ge-
meint sein.
tito-nie Augen der Leute.
liitori allein.
liitotabi einmal.
liitotsu. eins, einzig.
hitoyo (SS) eine Nacht.
liitozute (63) mündliche Botschaft (durch
einen andern).
lioka s. 110 Jioka 110 MXi<\yori.
liosanti (65) nicht troclaien (tr.)
lioshitai-i (2) man trocknet.
hototogisu (Si) e. kuckuckähnlicher
Vogel, doch mit ganz anderem Rufe als
der Kuckuck.
I.
ibuki (51) ein kenyögen : \) = iu bckl wird
sagen (vgl. e) ; 2)=Ibuldyama, ein Berg in
Mino.
ide ni keri {Ap)=idekeri, ist nunmehr
zum Vorschein gekommen,
ideslii (7) herausgekommen, aufgegangen
(Mond), hier (wegen des ka) statt der
Schlussform idcki, ist aufgegangen. (Vgl.
ka).
idesoyo (58) wie, wie denn (sollte) ! Die
Oberzeile ist hierzu Einleitung {jo), weil
idesoyo an soyo od. soyo-soyo erinnert :
onomatopoetisch für das sanfte Rauschen
des Windes über Gräser etc.
idete (15) hinausgehend.
idetsuru (2 1 ) statt der Schlussform idetstt,
\\egen des folgenden kana, (der Mond)
ist schliesshch aufgegangen,
iishi (22) gesagt habend.
ika ni (53) wie (interrog.)
ikuyo (78) wieviele Nächte,
itna jetzt ; gleich.
ima hitotabi (26, 56) = vw hitotahi, noch
einmal.
inaba Reisähren.
inisbie alte Zeit.
inoranti (74) nicht erbeten.
inochi Leben.
inumeri (75) scheint zu vergehen (vgl.
-Dient).
io (I) Hütte,
iori (8) = /('.
iro Farbe, auch (40) = Gesicht,
isa sbirazu (35) verstärktes : weiss nicht,
{isa siSA^ina, also selbst schon Negation
sein.)
ishi Stein.
itami (48), Heftigkeit, Gewalt ; das tvo
davor = dm-ch, wegen.
itazura ni (9,45) zwecklos, eitel ; gedan-
kenlos.
itsu wann. Wegen des in 27 vorangehen-
den _/'<? s. Einl. p. 199.
iu sagen, nennen. Vgl. to in.
iuran (22) wird \\ohl sagen od. nennen
(vgl. -ran).
iwa Felsen,
izuko mo (70) überall.
izuko ni (36) wo (interrog.)
263
-ji Suffix lieg. Verbalstän-ime = \vird nicht,
darf nicht. Dieselbe Form dient als
Schluss- und als Attributforni, und daher
auch (54) als Substantivform.
Iv,
ka Fragepartikel ; vielleicht ; in 41 nach
ka zu ergänzen to oniou no ni, obgleich
ich dachte. In Sätzen mit ka steht das
Verb in der Attributform (slatt der
Schlussf.).
ka (35) Duft.
ka mo ob wohl, ob vielleicht, ach wohl — 1
kado-ta (71) Reisfelder vor dem Thore
(des Hauses).
kaeri-kon (16) werde zurückkommen.
kaeru zurückkehren, in 10 substantivisch :
Heimkehrende.
kagiri Ende, Grenze.
kainaku (67) umsonst, vergeljüch, zweck-
los ; hier = wegen einer so kleinen Ur-
sache.
kaji Steuerruder.
kakeji (72) werde, soll nicht hängen (vgl.
-Ji). Das folgende ya Interjektion, =
dem vo .' der Umgspr.
kaketaru (32) aufgehängt, hier = gebaut.
kakete (,\\) = (}'aso s/iivta e) 7?tuketL-, in der
Richtung nach.
kakcchigao (86) trauriges, kummervolles
Gesicht.
kaku (51) so.
kami ShintG-Gottheit.
kamiyo Zeitaller der Götter.
kana, aus ka entstandene Interjektion, =
ach ! leider ! Hat auf ein vorangehendes
Verb denselben Einfluss wie ka, zo, ya u.
a.: an Stelle der Schlussform tritt die Attri-
but-form. (\gl. zo).
kanashiki (6) traurig = Traurigkeit er-
regend, traurig machend (stimmend) ;
auch (kanashi in 93) : lieblich, erfreulich.
kara ni {i2)-kara, durch.
kara-kurenai (15) scharlachrothe Farbe
aus China {^Kard).
karenu (28) ist (sind) schliesslich vertrock-
net, verwelkt. (S. -nu.) Von Menschen
(ebendaselbst) = sind fremd geworden, ähn-
lich unserm poetischen " (dem Herzen)
abgestorben," d. h. lassen sich nicht
mehr sehen.
karine (88) i) vorübergehender, kurzer
Schlaf ; 2) aT)geschnittene Wurzel.
kario {\) — kari-io, nur zeitweilige, tem-
poräre Hütte ; also kario no ?£?=• Hütte der
zeitweihgen Hütte. (Vgl. shidari-o).
kasasagi Elster, k. no ivatascrn Jiashi (6),
die Brücke, die die Elstern übeischreiten
lassen, d. h. die von Elstern gebaute
Brücke, ein poetischer, aus China stam-
mender Name der Milchstrasse ; hier
Name einer Brücke, d. h. eines verbinden-
den Corridors, im kaiserlichen Palast zu
Kyoto,
kasumi Nebel, Dunst.
kata Seite, Richtung.
katabuku (59) { = kalaiiiiikii) sich neigen,
katakereba (54) indem (zu) hart, zu
schwer ist.
katami ni (42) gegenseitig.
katashiki (91) iäv ka/askiki/c-, (nach einer
Seite) ausbreitend.
ka"wa Fluss.
kawa-giri Flussnebel.
kawaku trocknen.
kawarazu (90) verändert sich nicht,
kayoi-ji (12, 18) Weg, wo man geht und
kommt, Strasse (poetisch).
kayou (78) gehen und kommen, hier :
hinüberfliegen (nach Awajishima).
kaze Wind.
kefu (spr. kyö) heute.
-keri s. -kern.
-keru altes Perf. von ktirii, dient als
Suffix von Verbalstämmen, um einen
nunmehr eingetretenen Zustand auszu-
drücken ( = -te kita der Umggspr.) Schluss-
form : -keri. Für -keru {-keri) oft ni kern
[ni keri).
kesa heute Morgen.
264
ki ni keri {47) = kihcri, ist nunmehr ge-
kommen.
kie-tsutsu (49) indem (das Feuer) aus-
j;elit.
kikaba (16) wenn (icli) hören sollte.
kikazu nicht hören ; in 17 grammatisch
als Schlussform ans Ende gehörig.
kikoekere (55) statt Jdkockcri (s. koso)
wird nunmehr gehört.
kiku hören.
kimi Herr, in Gedichten : du.
kirig-irisu (91) Heimchen.
kish.i Uter, Gestade.
kitaruraslii (2) scheint d.iss gekommen
ist. (S. -rasJii.)
koe Stimme.
kogare-tsutsu (97) indem versengt ^vird.
kogi-ide (76) für kogi-idete, hinaus-
rudei'nd.
kogi-idenu (11) (hin) völlig hinausgeru-
dert.
koi Liebe.
koi SU (41) lieben.
koishikaru (6S) liebenswerth sein.
koisliikaruran (27) wird wohl geliebt,
tlieuer sein (vgl. -run).
koisliiki (84) statt koislii (wegen zo, s. d.),
ist lietenswerth, reizend ; in 39 substan-
tivisch : Liebreiz.
koi-wataru (88) liebend leben.
kolionoe ni (61) ein Wortspiel : i) im
kaiserlichen Palast (so genannt, weil er
früher neun Wälle oder Umzäunungen
gehabt haben soll) ; 2) auf neunfache
Weise, neunfach.
kokoro Herz, Gefühl, Wunsch, kokoro
lü ino aradc (68) = kokoro mo naraJc ohne
selbst mein Wunsch zu sein, indem es
nicht einmal mein Wunsch ist.
kokoro-ate ni (29) nach Vermuthung
des Herzens.
komete (62) : yo tcc koinete, die Nacht
hineinnehmend, d. h. in der Nacht, vor
Tagesanbruch.
kon (21) (Fut. von kiini) werde kommen.
kono dieser, e, es.
konogoro (84) in letzter Zeit; hier =
diese Zeit.
konu (97) nicht l<ommend.
kore ya kono (10) pleonastisch für /!<';v,
dies.
koro Zeit.
koronio Kleid, Gewand ; in 94 wohl für :
Tr.ch.
kovoniode:=j'ö(/^, Ärmel.
kosaji (42) wird od. soll nicht überschreiten
(übersteigen).
koso emphatische Partikel : wahrlich, für-
wahr. Erfordert für das zugehörige (in der
Regel nachfolgende) Verb oder Adjektiv
statt der Schlussform die alte " Perfekt-
fonu " (Aston) auf e, also statt viiezu:
inicnc : statt oiiiou : omoc.
koto Sache.
kotoshi dieses Jahr.
kucliinan (65) wird faul, schlecht werden.
kudakete (48) zerbrechend, zerschmet-
ternd.
kukuru liinden. kara-kttrc-nai ni mizu
kiikiini (17), das Wasser mit Scharlach-
roth binden, bezieht sich auf eine Färbe-
methode, die shibori-zome heisst : viele
Stellen des Zeuges werden vor dem Ein-
tauchen in den Farbstoff mit Fäden um-
wickelt, damit sie ungefärbt bleiben.
kumo Wolke.
kumo-gakure ni (57) in der Wolken-
Verbergung, in den Wolken verborgen
(.f/// ohne Bedeutung).
kumoi (76) "Wolkenbrunnen." ])oetisch
für : Himmel.
kurabui'eba (43) indem (ich) vergleiche.
kurokami no (So) des schwarzen H lares,
makura-kotoba zu midarctc.
kusa Gras, Kräuter.
kusa-ki Kräuter und Baume.
kuru (25) s. saiie-kaziira.
kururu (52) dunkel werden.
m:.
ma Zwischenraum, Zeitraum ; (92) Zeit,
niachi (21) für niachite, wartend.
205
mada nocli.
madaki(4i) schon.
made, made ni bis ; oft (31, 40) = so sehr
dass.
inadowaseru irre führen ; hier (29) : un-
nnterscheidbar machen.
magau (76) sich vermischen mit, ununter-
scheidbar sein.
maki (87) e. Baum (Podocari3us).
mani-mani (24) nach Beheben. Dahinter
zu ergänzen : tatcmatsiiru, bringe dar.
inaroya (71) rundes Dach.
masarikeru (28) ist grösser (am grössten)
geworden (statt der Schlussform masari-
kcri, wegen zo).
-maslii Suffix an neg. Verbalstämme =
würde, bes. nach rein hypotlietischem,
nicht erfülltem Conditionalsatz.
masliiro ni (4) ganz weiss.
mata wieder.
matanan (26) o dass doch wartcte(n)
od. gewaltet hätte(n) ! S. -nan.
inatsu Föhre, Kiefer.
matsu warten. In 16 kenyögen mit
Kiefer als zweiter Bedeutung, ebenso in
97, indem matsu zugleich Theil des Orts-
namens Matsiiho ist.
meguri-aite (57) sich beim Umherwan-
dern, auf der Reise treffend.
-ineru (Schlussform -meri), aus mic am
"Anschein sein, scheinen" entstandenes
Suffix an Attribut-, auch Schlussform (75),
= scheint, wahrscheinlich.
mi Leib, man seilest, oft = ich. Vgl. isiiht-
shite.
michi Weg, Strasse.
Michinoku (i4) = ;«/t7^/ wö okii, entlegen-
ter, fernster Weg, alter Name der nörd-
lichsten Provinz Mutsu.
midaren (14) wohl in Verwirrung gcrathen
werden.
midarete (So) in Verwirrung.
miene (47) wird (werden) nicht gesehen,
statt viifzti (vgl. Jwso).
mienu (92) unsichtbar.
mieshi (30) ist erschienen (aufgegangen).
mijikaki kurz.
mikaki-mori (49) Wächter des kaiser-
lichen Zaunes, = Palastwächter.
miki (27) habe gesehen.
mine Gipfel.
mireba indem (ich.) sehe.
miru sehen, to viirti (31) ansehen als =
halten für ; ebenso (o mishl (84), gehalten
haben für.
misebaya (90) o dass (ich) zeigen könnte !
Das folgende iia dient als Verstärkung.
mishi (57) (statt ;w7v—s.jv7) habe gesehen ;
(84) : s. unter miru.
misogi (98) e. Ceremonie der kannushi
(Shintöpriester) im 6. Monat a. St.: sym-
bolische Reinigung von Sünden durch
Baden in kaltem Wasser.
miyako Hauptstadt, d, i. (seit 794 n. Chr.)
Kyoto.
Miyoshino (94) das kaiserliche Yoshino,
weil früher Residenz des Kaisers.
miyuki (26) der kaiserliche Zug.
mizu Wasser.
mo selbst, sogar ; oft bedeutungslos nur der
Silbenzahl wegen hinzugefügt (z. B. 34),
oder nur verstärkend (38).
mo — mo sowohl-als auch.
mochizuri (14) Name eines mit wirren
Pflanzenmustern bedruckten Tuches. Der
Anfang bis vioclnzuri ist Einl. {jo) zu
midaren.
moe \^Of) = nioe-tsit!su indem l?rennt.
moga mo na {()T,)=moga!ia.
mogana o dass doch !
niomiji rothcs Herbstlaub.
moniijiba rolhe Laubblätter.
moiuoshiki (100) poet. Name des kaiserl.
Palasts (aus vionio isla ki, 100 Steine-
Schloss). Das ya dahinter ohne Bedeu-
tung.
mono Sache, Ding, mono zco omou, sich
Sachen denken, d. h. sich Gedanken od.
Kummer machen ; besonders von Liebes-
Icummer.
mono wo (59, 65, 82) stark emphitisch,
drückt Bedauern, Reue etc. aus : leider !
Li 74 emi^hatisch vorwurfsvoll.
266
more-izurii (79) hcraussickcrnd, hcraus-
fliesseiid.
morotomo ni (66) zusanmuii mit.
mosliio (97) Seewasser.
moyuru {51) brennen(d).
mute (22) richtig, mit Recht.
mukashi alte Zeit, vormals.
murasame' (S7) nur hier und da tauender
Regen, Strichregen.
IV.
na Xame, Ruf. na tcci iachl ni keri [/[i),
(mein) Name hat sich erhoben = das Ge-
rücht (ül)er mich) hat sich verbreitet ; na
ni s/ii o'ti'ai'i! (25) S. O'iuada.
na nach der Schlussform (9, 42, 51), auch
nach der Wunschf. (90) emphatische,
verstärkende Partikel.
nado ka (39) = einfaches nndo, warum.
nagakaran (Sc), ^\•ird wohl nicht lang
sein.
nagaku lange.
nagame (9) blick ; zugleich Wortspiel
mit yo ni fiirit nagame [ = naga-ai!!c),dtiv
in der Nacht fallende lange Regen.
nagamureba (70, Si) indem (ich) sehe.
naga-nagashi (3) (statt naoa-nagas/uki)
verstärkte Form von nagas/ii, lang.
-nagara indem, während.
nagaraefca (6S, 84) «enn länger lel'cn
wiirde od. sollte.
nagare (32) Fliessen.
nagaruru (27) fliessen, strömen (Attrib.-
form).
nagazuki (21) langer Mond, poetischer
Name des g. Monats.
nageke (86) seufze !
nageki-tsutsu (53) indem (ich) seufze.
nagisa (93) das flache Meer dicht am
Strande.
naka-naka ni (44) ganz und gar nicht
(mit Neg.).
nakere (S3) statt n-asJii, wegen koso (s. d.)
nakitsuru (Si) geschrieen, gerufen
habend ; vgl. -tsuni.
naku schreien, rufen, nakii narii (83)
statt nakn nari, wegen zo (s. d.), " es ist
Schreien " = schreit.
naku ohne.
nakviba (44) wenn nicht wäre, wenn es
nicht gäbe. Das s/ii davor ohne Bedeu-
tung.
nami Welle.
namida Thräne.
-nan, das Fut. von -nunt (s. d.), dient, an
Verhalstämme angehängt, zur Bildung
von Futuren.
-nan als Suffix negativer Verbalstämme
drückt Wunsch aus : o dass doch !
nao noch ; auch (52) : doch.
nara (98) e. Eichenart. Vgl. Xara no
oga7va.
narade (96) (es) nicht seiend ; in 63 =
ohne.
naranaku ni (14, 34) da od. obgleich doch
nicht ist (in 14 : bin).
Nara-no-ogawa (98) " Liehen bach," ist
auch Name e. Flusses in Vamashiro.
nari Schlussform von nai-it, sein (Copula).
narikeri ist (sind) nunmehr (vgl. -kcrit).
narinuredo (55) obgleich es schliesslich
(lange) geworden ist -obgleich es lange
her ist.
narinurti (13) (statt narinu, wegen des
vorangehenden zo) ist sciiliesslich gewor-
den (s. -nitrii).
narii ( = «/ ant) seiend; Schlussfonn :
nari. Die ursprüngliche Bedeutung ni
a/-ie="hi" z.B. in 7, 20, 86.
naslii ist nicht, giebt es nicht.
natsu Sommer.
nen (3, gi) werde wohl schlafen.
nenamashi (59) würde geschlafen haben,
hätte schlafen können oder sollen ; aus
n.cna-, dem negativen Stamm von ncnin-n,
geschlafen haben, und -»lashi (s. da).
neya (S5) Schlafzimmer.
nezamenu (78) sind (schliesslich) erwacht
(vgl. -mint).
ni auf, in ; durch, mit (Abi. instrumen-
talis) ; als (56) ; zu (vor sttni).
ni keri s. kern.
267
nioikeru (35) duften nunmehr (stntt
nioiheri — vgl. s^.) niou heisst in der class.
Sprache gewöhnhch "glänzen" (von
Blumen) ; jetzt, und mitunter auch schon
in der alten Sprache = duften.
nioinuru (61) sind erglänzt (stalt iiioimi,
vgl. kana).
nisliiki s. Anm. zu 24.
nite (75) seiend, Partie, des nicht mehr
existirenden Verbs im (Aston, p. 120).
Das vorangehende 7vo ist grammatisch
unklar.
niwa Garten.
no Genetiv-Partikel, sehr oft fehlend. Steht
auch oft für vo f^otol;ii, w'vt.
no Feld, Flur.
no lioka no (56) der andern (Welt).
nochi nach, nachher.
nodokeki (33) milde, licitcr, ruhig (vom
Wetter).
nokita (100) Dachvorsprung, Vordach.
nokoreru (81) statt jwhorcri (s. zo), ist
übrig geblieben, ist noch da.
-nu s. -mint.
nure : nitre vio stire (^z) : {siirc = sii,\;Q'g'in
koso], würden sogar nass werden, nure
iii tii/reshi [<^o) = m!7'c'shi 11c ni mo mire-
shi, nachdem nass geworden, wieder
nass geworden = immer wieder nass ge-
Avorden.
nure-tsLitsu (i) indem nass ist.
nuru (53) schlafen.
-nuru (Schlussf.-««), aus iniirii, \\-eggehcn,
entstandenes Suffix von Verbalstämmen,
mit perfektischer Bedeutung, um abge-
schlossene Handlung oder Thatsache aus-
zudrücken { = -te sJiimmi der Umggspr.).
nusa : s. Anm. zu 24.
O.
O (3) Schwanz, Schweif.
obune (93) kleines Boot.
ogawa (98) Bach,
ofuru (16) wachsen ( = oini).
Ökenakti (95) Adv. von ökcnaki, unver-
dient.
oki (29) für okite, indem (der Reif) liegt.
oki (92) weit auf dem Meere, fern von der
Küste.
oki-tsti (76) des hohen (entfernten)-
Meeres (vgl. tsii).
oku liegen (von Schnee, Reif etc.)
oku der fernste, entlegenste Theil.
okuyatna (5) entlegener, einsamer Berg,
tiefes Gebirge.
omoe (So) für omon (s. koso).
onioe (66) halte für! (des Mitgefühls, der
Liebe werth, habe Mitgefühl).
omoeba (28) indem (man) denkt od.
bedenkt.
omolioede, (45) ohne zu denken od. zu
glauben, von o/iiokoyiint.
omoi (51) I/iebe. Das folgende wo ist
nicht emphatisch, sondern von skiraji
abhängiger Accus,
omoi-ide (56) Andenken, Frinnerung.
cmoi-iru yama (83) kann bedeuten i)
die Berge, die ich sehr {irii) liebe ; 2) die
Berge, in die ich (sie, die Perge) liebend
gehe.
omoikeiu (50) (statt onwikeri — s. kana)
denke nunmehr.
omoi-someslii (41) (statt sonwki — vgl. ka)
habe angefangen zu h'eben, habe mich
verliebt.
omoi-taenan (63) Avcrde (schliesslich)-
liebend od. vor Lielje sterben. (Vgl.-W7«).
omoi-wabi (82) für omoi-wabite, an
Liebeskummer leidend.
omou denken, glauben ; lielien ; auch :
gedenken, beabsichtigen, wünschen, wol-
len, mono 1V0 omou s. mono.
omowasurii (86) denken lassen.
omowazarikeri (43): mono tw— (vgl.
mono) habe mir keinen (Liebes)kummer
gemacht.
omowazti (38) denke nicht an. Vielleicht
;// shUc zu ergangen : ohne daran zu
denken.
onaji gleich, dasselbe.
ono (39) kleines Feld, hier nur = Feld.
onoe (73) Bergabhang.
onoi'e man selbst, oft = ich.
268
orabaya (29) o dass (ich) pflückte !
oran (29) werde wohl, werde vielleicht
pflücken.
orureba (22) indem zerbricht (trans.)
oshikarazarishi (50) nicht wcrthvoU,
nicht darum schade gewesen.
oshikere (65, 67) (statt os///,—s. /coso)
ist beklagen werth.
oshiku (38) adv. von os/iikl, bedauerns-
werth, schade (weil von Werth). oshiku
mo am (statt oshikti iiio ivi — vgl. kana) =
osldkaru {mo nur verstärkend), ist bckla-
gens werth.
oto Klang, Geräusch; oto lüjcikii {"]?.) =
berühmt.
otonie (12) junges Mädchen, Jungfrau.
otozurete (71) Botschaft schickend, d. h.
(hier) : rauschend.
Otsuru heralislürzen, fallen.
Öu (95) bedecken ; faiiii iii äii das Volk
schützen, ihm dienen.
Owaba (25) wenn trüge ; na ni oii^uiba (das
shi vor owaba steht nur aus phonetischen
(jründen, ist ohne Bedeutung), wenn als
Namen trüge, d. h. wemi dem Namen
entspräche.
Jt£>
-ran, (entstanden aus aran, wird wohl
sein), Suffix an verbale oder adjectivale
Attributstämme, verleiht die Bedeutung :
wird wohl (leiser Zweifel).
-1-ash.i indcclin. Suffix der Schlussform :
scheint, wird wohl.
sashimo {'^i)=saiiio, ganz so, grade so.
sabishiki (47) Einsamkeit.
sabisbisa Einsamkeit.
sae selbst, sogar.
saki ni keri (73) = .(■(j-Mw/, sind nun
erblüht.
sakura Kirsch(bnum od.-blülhen).
samuku (94) kalt, dahinter sliite zu er-
gänzen : kalt seiend.
samushiro .91) kleine Matte.
sane-kazura (25) e. Sehlingpflanze (Ka-
zura japonica). sane heisst : kleiner .Schlaf,
Schläfchen. Ausaka-yama 710 sane-kazura,
die Schläfchenranke vom Begegnungs-
berge, ist ein jo zu kuru, weil kuru ausser
"kommen" auch die Bedeutung "ab-
wickeln, al)rollen, abrollend nach sich
ziehen (die Ranke) hat.
sareba (71) -.f/// arrba {s/u ohne l'edeu-
tung), wenn ist.
sasahara (58) Bambusgras-Wicse.
sasemo {"j^) — sashimo, Abkürzung von
sashimogtisa.
sasliimogusa {i,i) - nwgusa, der Beifnss
{.Irtc-iiiisia), das Kraut, aus dem man die
moxa macht.
sasou (96) einladen, abholen, mitnehmen,
säte mo (82) = juo allein ; safe dient nur
zur Verstärkung.
sato Dorf.
sayakesa (79) Klarheit.
sayo (59, 94) eigtl. " kleine Nacht," hier nur
= Nacht, sayo fukctc (59, [94) in tiefer
Nacht.
se (77) flache, zugleich reissende Stelle im
Flusse, Stromschnelle.
sekaruru (77) gestaut werden.
seki Schranke, Thor.
sekimori Thorwächter.
sen (34) (Fut. von suru) werde machen.
sese (64) flache Stellen ; Stromschnellen,
seshi (9) gethan.
sM (22) Zweig.
shi bedeutungslose Partikel ; oft gebraucht,
wenn eine Silbe fehlt, um das Metrum voll
zu machen,
sbibashi (12) ein Weilchen.
shidario-o (3) herabhängender Schweif;
also shidari-o no o. Schweif des herab-
hängenden Schweifes. (Vgl. kario.)
shigarami (32) Pfahlwerk am Flusse zum
Schutze der Ufer, Uferwehr.
sbigereru (47) um\\uchert.
shika Hirsch.
shika (8) so.
shima Insel.
sbimo Reif.
269
shimoyo (91 ) Reifaacht.
sh-inobu (100) Wortspiel: i) Name einer
Farnart (Davallia bullata) ; 2) sich sehnen
(nach der Vergangenheit). In 14 ausser
in der Bedeutung " Farnkraut " auch=:
S/iiitol'ugöri, Kreis Shinobu .
shinoburedo (39) obgleich sich (das Bam-
busgras) verbirgt ; zugleich auch : ob-
gleich (ic!i) verheimliche, unterdrücke
(die Liebe). Der Anfang bis sliino-hara ist
als /(' zu sliinohitrcdo zu betrachten.
shinobiiru (89) unterdiücken, verbergen.
shinc-liara (39). Hier bedeutet hara nicht
Feld, Wiese, sondern nur Kusch, Gebüsch.
shino : eine Art Bambusgras; also =
Bambusgrasgeb lisch.
shiohi (92) Ebbe.
shiori-tsutsu (42) indem (wir) auswan-
den (unsere Ärmel). slnorn = sliihorii.
"Die Ärmel auswinden" (von den ver-
gossenen Thränen) poet. Mcta]ihcr für
" weinen."
sliiragiku (29) weisses Chrysanthemum.
shiraji (51) soll (sollen) nicht wissen. Das
folgende na emphatisch (vgl. na).
shiranami weisse Wellen.
sliirane (92) statt shimzii (iii s/ii/c),
nicht wissen(d), wegen /coso (s. d.)
slliranti (46) nicht wissend ; unbekannt ;
in 10 subst : Unbekannte.
shirarede (25) ohne gewusst zu werden.
shiratsuyu weisser Thau.
sliirayuki weisser Schnee.
shirezu (41) nicht wissen künncnd, ohne
zu wissen («/ s/litt' zu ergänzen).
sliiri-nagara (52) indem man weiss,
hier : obleicli man weiss.
shiroki (6) das Weisse.
shirotae no (2) poetisch für weiss
(makura-kotoba).
sLiru wissen, auch : lieben, s/iirii Iiito (34
66) — Freund, shirti in 10 subst: Be-
kannte.
sliirushi (98) Zeichen, Anzeichen.
shizu-kokoro (33) ruhiges Herz.
scde Armcl. In 95 ist hinter sodc zu er-
gänzen iiitt-, mit.
sorane (62) nachgeahmte Stimme.
sore (57) er ; sorc to 1/10, wenn er es auch
Mar.
soyogu (98) sanft rauschen : vorher ;«"
zu denken.
SU (41) Schlussform von siini, machen.
sue ni (77) schliesslich.
sugata (12) Gestalt.
sugite (2) indem vorüber ist.
siigusJiite (19) { = sii!;oshilL') hindurch-
gehend : ( vo 7C'o — ), die Welt durchwan-
dernd, d. h. durchs Leben wandernd ;
mit nachfolgendem iv = Befehlsform.
stimi-zome no (95) mit schwarzer Farbe
gefärbt. Ein kenyögen, indem simii
zugleich in der Bedeutung "wohnend"
auf das vorangehenden ]]'aq-a-/atsii-so!iia
id zu beziehen ist.
sure (72) statt sii, w-egen koso (s. d.)
T.
ta Reisfeld.
tabi mal ; in 24 zugleich Wortspiel mit
/a/ii. Reise,
tachi üi keri {.\\) = tai/iik.-r!, ist nun-
mehr bekannt geworden (vgl. na).
tachi-idete (70) hinaustretend.
tachi-noboru (87) aufsteigen.
tachi-wakare (16) Al);chiednchmcn,=
Lebewohl !
tada nur : in 63 noch durch vakari ver-
stärkt.
tae (46) für iaiic; endigend, d. li. verlie-
rend .
taedae ni (64) nach und nach abnehmend,
allmählich schwindend.
taema (79) Zwischenraum, Spalte.
taenaba (89) wenn du endigen (reisscn)
solltest, -naba ist Condit. von -viini (s.d.)
taene (89) endige, reisse ! (-«<■ alte Impera-
tiv-Endung.)
taenu (82) nicht ertragen.
taete (55) aufliörend, zu Ende seiend.
taete (44) gänzlich (mit Neg.). Das foU
gende shi ohne Bedeutung.
takane (4) l^oher Gipfel.
270
takasago no (73) " hoclisanJit; " ; ma-
kura-kotoba vor Gipfel, Berg u. ilgl.
taki Wasserfall.
takigawa (77) Sturzbach ; nach j!o ist
gotohi, wie, zu ergänzen.
taku (49) anzünden.
tama Kugel ; Edelstein.
ta-makura (66) Armkissen, poetische
Metonymie fLir "Liebesnacht."
tama-no-0 (89) Edelsteinschnur, poet. —
Leben,
tarne wegen, für.
tami Volk.
tanabiku (79) dahin ziehen, schweben.
tare wer ? in 14 wohl statt farc ka.
tare ka jemand, jemand anders ; manch-
mal (34) auch = wer?
-tari {=^-tc ari) Suffix von ■ Verbalstäm-
men, mit gew()hnlich priisentischer Ec-
deutung.
tatan na (67) der Name, der sich er-
heben wird = der schlecht werden wird ;
der Umstand, dass (ich) einen schlechten
Ruf bekommen werde, [na ga iatsjt. hat
auch in Prosa die Bedeutung : einen
schlechten Ruf bekommen.)
tatazu ino aranan (73) möge das Nicht-
aufsteigen sein, möge nicht aufsteigen
(vgl. -naii).
tatsumi (S) Südosten.
tefu (spr. cliö) (41) = /;; in.
to {\(i)-=scto, Meerenge.
to dass ; (31) wie ; (vor uaru, werden) zu.
to iu sagt (sagen) dass.
to mini (31) 1
. ^ . ' s. imrii.
to misni (04) \
to rao weim auch.
to wa (17, 42) elliptisch für to iu. kulo 10a,
eine solche (so genannte) Sache. In 42
sollte auf to 7va nach gewöhnlicher Wort-
stellung der Anfang chigirikl na ! folgen.
todomeu (12) werde wohl, oder (wie hier)
möchte wohl zurückhalten. Vielleicht ist
hier auch tote zu ergänzen : um zurück-
zuhalten.
tökereba (60) indem weit ist. Beach-
tenswerth der subst. Gebrauch der Form
(vorangehendes no).
toki Zeit,
toma (i) Strohmatte.
tomo Freund.
tori Vogel, in 62 : Hahn,
tori-aezu (24) kann nicht mitnehmen.
tote (86) = /t» //Vc', sagend ; in27 = /ö m no
de {am ka), wann, von welcher Zeit ist
das Sagen (sagt man) dass (ich sie gese-
hen habe), d. h. wann soll ich sie gesehen
haben ?
tou fragen.
toyama [']2,)-soloyatJia, die andern Berge,
d. h. die davorliegenden Berge,
tsu alte Genetivpartikel.
tsugeyo (11) theile (thcilt) mit !
tsuki Mond.
tsukusliite (20, 88) erschöpfend, endi-
gend, nii li'o tsithishite ino (20), selbst
den Leib endigend (wegwerfend), d. h.
das Leben von mir werfend ; enthält
zugleich ein kenyogen, indem nii tvo
tsitkiishi auch : Pfahl (in Naniwa), der die
Fluthhöhe anzeigt, Fluthmesser bedeutet.
mi 1V0 tsukushite ya (88), ob wohl das
Leben endigend, d. h. ob wohl bis zum
Tode.
tsumorite (13) sich anhäufend.
tsvimu pflücken.
tsimade (93) Seil zum Ziehen des Bootes.
tsune ni (93) immer, beständig.
tsuranuki-tomenu(37) unaufgereiht, von
tsnranuki-tomeru, durchbohren und auf-
reihen (auf eine Schnur).
tsurenakarikeri (85) ist (nun) gefähllos.
tsurenaku (30) gefühllos, herzlos (adv.)
tsuribune (II) Angelboot, Fischerboot.
-tsuru (Schlussf. -tsii) wahrsch. aus hatsit-
rii, endigen, zu Ende sein entstandenes
Suffix von Vcrbalstämmen, mit derselben
Bedeutung wie -mint; also dem -te shimati
der Umgspr. entsprechend.
-tsutsu Suffix von Verbalstiimmen : wäh-
rend, indem,
tsviyu Thau.
2/1
XJ.
uclii-idete (4) herauskommend.
uji in Ujiyaina (8) ein kenyögen ; steht
für 2tsJii. : yo 'i'o itsJd {lo omoii), (ich)
halte die Welt für elend, traurig, (ich)
meide sie.
ukarikeru (74) nun traurig seiend, d. h.
Traurigkeit erregend, grausam.
uki (30) traurig, unglücklich ; in 82 als
Substantivform : das Schmerzliche,
Traurige.
ukiyo (68, 95) yergänglichc, traurige Welt.
ura Strand.
urameslii (99) (sind) verhasst.
uramesliiki (52) {%\.^.i\.w-amcsJii— s. hana)
(ist) verhasst.
urami-wabi (65) tir nrami-iüabite, Hass
(Groll) und Schmerz empfindend.
uramizaramaslii (44) (man) \\ürde
nicht hassen, {uratuuru od. tiramiru Nebf.
von tiranui.)
utsu schlagen, klopfen, ntsii nari (94) =
iitsif, man schlägt, klopft (das Tuch).
iitsuri ni keri {c)) = tttsiirika-i, sind nun
dahingegangen.
\Y
"wa was anbetrifft.
wabinureba (20) indem (ich) einsam,
verlassen, unglücklich bin.
wada no hara (11) Meeresfeld, Meer
(vgl. anic 110 hara). wada soll eigtl. lüata
sein, und mit wator«, "(das Meer) über-
schreiten," zusammenhängen.
waga mein.
wagami ich.
Waga-tatsu-soma (95) ein Name des Hi-
cizan, eines IJerges bei Kyoto.
wakana junge Kräuter.
wakanu (57) nicht unterscheiden (kön-
nen).
wakare (30) Trennung, Abschied.
wakare-tsutsu (10) indem (sie) sich
trennen.
wakite (27) sprudelnd.
wäre ich.
warete mo (77) obgleich getrennt.
wasuraruru (38) Pass. von -coastn-t/., alte
Form für das jetzige wasiireni, vergessen.
wasure ya wa suru {Kß) =:wasure wa
sunt ya.^ werde ich wohl vergessen?
wasureji (54) nicht vergessen dürfen.
wataru überschi-eiten, hinüberfahren.
wataseru (6) überschreiten lassen.
wo Accusativ-Partikel; sehr oft fehlend. Das
wo nach hito in 74 zweifelhaft, vielleicht
corrumpirt aus 7üa ; vgl. auch nitc. Am
Ende des Satzes bezeichnet wo einen etwas
emphatischen Haltepunkt, etwa einem
Ausrufungszeichen mit nachfolgendem Ge-
dankenstrich entsprechend (so z. B. in 36) ;
das vorangehende Verb erhält dann statt
der Schlussform die Attributform. Vor
Adjektiv-Substantiven auf ;/// hat 7i<o die
Bedeutung : wegen, durch.
woba = wo 7i<a.
ya Fragepartikel, meist nur rhetorisch ;
drückt oft auch Zweifel aus. Wenn fra-
gend, so steht das Verb gewöhnlich in der
Attributform (statt der Schlussf.). Oft
auch nur Interjektion =yo ! (so z. B. in
72) ; ferner auch oft wie sJii ohne be-
sondere Bedeutung, nur das Metrum aus-
füllende Partikel (18, 91, 97).
yado Haus.
yadoruran (36) wird sicli wohl aufhalten.
yae-mogura (47) Labkraut (Galium apa-
rinc (?) ).
yaezakiira (61) "achtfache," d. h. ge-
füllte Kirchblüthen.
yaku (97) backen, rösten, hier = erhitzen
Das folgende ya ohne Bedeutung.
yania Berg, yaiiia no oku i^^) = ohiyama.
yamakawa Bergfluss.
yamakaze Bergwind.
yamaoroshi (74) Bergsturm.
yamazakvira (66) Bergkirschbaum.
yamazato (28) Gebirgsdorf.
yaso (11) achtzig, für : unzählig.
272
yasurawade (59) ohne auszurulicn, hier :
oline Zeit zu verlieren.
yo Welt, jv ni (62), in der Welt, hier nur
als Verstärkung der Verneinung, yo no
naka, in der Welt ; die Welt,
yo Nacht.
yo emphatische Partikel.
yolia Mitternacht.
yoi Abend.
yoktiran (iS) (ich) werde vermeiden,
yomosugara (85) die ganze Nacht.
yori von, von — her ; (30) seit, yori Jioka
iü (66) ausser.
yoru Nacht.
yorvi (iS) («/—), schlagen an (von Wel-
len).
yoshi Mittel.
yoshi e. Schilfart.
ycwari nie suru (S9) (statt sit, wegen
zo')-yo'iiH';ni, wird schwach werden.
yu (4) =_!■('''■/, von, von— her.
yü Abend.
yue (ni) .weil ; wegen.
yügure (70) Abenddämmerung.
yuki Schnee.
ytiku gehen, in 10 subst : Gehende.
yukue (46) Ziel (des Weges).
yukusue (54) Zukunft, Ende.
yume Traum. \
yurusaji (62) wird, darf nicht erlauben
(vgl--.//).
Z.
zo emphatische Partikel : fürwahr ; oft nur
einem Ausrufungszeichen entsprechend.
In Sätzen mit zo steht statt der Schluss-
form immer die Attributivform (z. B.
statt fitrikcri : fiirikcni : statt hanasJii :
kaiiashiki).
ÜBKI! JLJUTSU ODRl! YAWARA.
VON
K. MIURA.
(Vortrag, gehalten beim 25 jährigen Jubiläum der Gesellschaft, am 29. October 1898.)
Das ytijutsii oder Yaivar'a bildete früher gleich dem Fechten,
Reiteri, Bocjenschiessen u. do;l. ein wichtisfes Glied in der Er-
Ziehung der Samurai (Krieger), und wird noch jetzt von den Poli-
zisten und Amateuren eifrig getrieben, teils zum Schutze des
eigenen Körpers, teils zur gymnastischen Übung.
Die Geschichte dieser Ringkunst muss in ihrer primitiven
Form ebenso alt sein wie das Menschengeschlecht selbst, denn
beim individuellen Kampf ohne Waffen muss man sich zu vertei-
dicren und anzusfreifen wissen. Trotzdem taucht das Wort
O ■TD
Yazuara oder jftijiitsti erst gegen Mitte des 17. Jahrhunderts auf,
und vor dieser Zeit scheint das Verfahren nicht zu einer besonde-
ren Kunst ausgebildet worden zu sein. Die Angaben, von wem
die Kunst stammt, lauten sehr verschieden. Am meisten ver-
breitet ist die Ansicht, dass ein Chinese, Namens CJiingen-pin
(PJ^TClf J. welcher gegen 1659 (Periode Manji 2) nach Japan kam
und sich im Kokushöji (^iE'#)' einem Tempel in Nishinokubo
(MA'^> aufhielt, drei Japaner: Fiikuno SJiichiröemon {M^^-\l%
^^P«^), Miura Yojiemon (Hfi:^'^^^P^) und Terada Hcizaemon
(^[gzji^:^ptj) in dieser Kunst unterrichtet habe, welche dieselbe
dann weiter ausbildeten und verbreiteten. Nach einer anderen
Ansicht ist Jöjutsu die Erfindung von Fukuno selbst.— In einem
^v\z\\Q,\iQ.'dt€\X Karyoki Ziiihitsu (^K^F.iif)' heisst es: Zur Zeit
von Tokugawa leyasu lebte ein Mann, Namens Sekigiichi Jüshin
(IMn^-ll-) ; dieser war erst ein Unterthan von Honda (einem Vasal-
len von leyasu), später von Kishü Dainagon (einem Sohne von
274 K. MIURA, ÜBER JUJUTSU.
leyasu), und soll das Yawara erfunden haben ; er hiess daher auch
Jüjutsu.
Nach der Angabe des Directors Ino2ie Keltarö, welcher uns
heute diese Ringkunst vorführen wird, ging ein Mann, aus Hizen,
Akiyama SJiiröbci (^LÜlZ^^Ii^^) genannt, zur Zeit der Ming-
Dynastie (1368- 1662) nach China, um dort Medicin zu studieren,
und hörte jeden Tag in der Nähe seiner Wohnung einen sonder-
baren Lärm. Als er danach fragte,, bekam er die Antwort, es
sei die Übung von " Hakuden." Er wollte gern sehen, was das
wäre, es wurde ihm jedoch nicht erlaubt zuzuschauen, ehe er selbst
ein Schüler geworden wäre. Seine Neugierde wurde immer leb-
hafter, und er entschloss sich daher, lieber in diese Schule einzu-
treten, als Medicin zu studieren. Darauf übte er diese Kunst 3 Jahre
lang und lernte 3 Arten von Griffen. Als er später nach Japan
zurückkam und seine Kunst anderen Leuten lehren wollte, waren
seine Schüler bald mit jenen 3 Griffen vertraut, und es wollte sich
niemand weiter mit dieser Kunst beschäftigen. Shiröbei entschloss
sich daher, weitere Methcvden zu ersinnen; er fastete 21 Tage
lang im Tempel Dazai-Tenjin {-k.'^Jiy^ und vermehrte die Zahl
der Griffe auf 300. Es war Winter, und am 21. Tage seines Fastens
trat ein starker Schneefall ein ; als er in den Garten sah, waren
fast alle Bäume unter der Last des Schnees gebrochen, nur der
Weidenbaum widerstand wegen seiner Elasticität, und daher soll
er seine Methode TensJiin SJiinyöryü (^if»$Äf;§öit> genannt haben
{Tens hin oder 7>/(/'/;/ Name des Tempels, .f/;//^ = wahr, j(?== Weide,
ryü — Methode).
Welche von diesen Überlieferungen die richtige ist, lässt sich
schwer entscheiden, doch geht aus allen diesen Angaben hervor,
dass das Jüjutsu wahrscheinlich chinesischen Ursprungs ist und seit
etwa 250 Jahren systematisch bei uns getrieben wird. Was vor
dieser Zeit existierte, wurde nicht Jüjutsu genannt.
Es existiert jetzt eine grosse Zahl von Schulen des Jüjutsu,
Darunter scheinen Takcnoiichi-ryu {^^/^, RyöisJiintö-ryü (^^'d»
%^, Shibiikazva-ryTi (fit^HIi^lt) und Kitö-ryü (g§ij;)fti die ältesten
zusein. Ausserdem giebt es SekigucJii-ryü (lißPiTtt). YösJiin-ryTi
(?if't!i»Öft). TensJiinyöshin-ryü (^ipf |"^'Ci>öfe) und viele andere.
Worin besteht nun Jüjutsu oder Yawara }
Das Wort Jitjutsit bedeutet so viel wie " weiche " oder " weich-
K. MIURA, ÜBER JUJUTSU. 2/5
elastische Kunst'"' und weist schoii darauf hin, dass man mit möo--
liehst wenig Kraftaufwand seinen Gegner zu überwinden sucht.
Zu diesem Zweck dienen folgende Mittel.
1. Man sucht sich die Kräfte des Gegners nutzbar zu machen,
2. Man sucht den Angriffen des Gegners auszuweichen.
3. Beim Ringen sucht man die Stellung des Gegners möglichst
(ungünstig zu gestalten und zugleich seine eigene aufrecht zu er-
halten,
4. Beim Angreifen sucht mau den schwächsten Punkt des Geg-
ners auf.
5. Zum Umwerfen des Gegners benutzt man hauptsächlich
die Hebelwirkung.
6. Zum Festhalten des niedergeworfenen Gegners werden
Gelenkhemmungen, Druck auf schmerzhafte Stellen u. dgl. in
Anwendung gebracht.
7. Bei manchen Angriffen sucht man den Feind durch Stoss
oder Schlag auf bestimmte Körperteile in Ohnmacht zu ver-
setzen.
8. Daher wird auch gelehrt, wie man einen Ohnmächtigen
wieder beleben kann.
Demnach zerfällt die Kunst des Yawara in 4 Hauptarten :
1. Randori (JLlS) oder Ringen ohne bestimmte Ordnung,
dient zur Übung des Körpers und zur Übung der unter No. i — 6
aufgezählten Regeln.
2. Kata (J^) oder typische Griffe. Dieselben dienen zu dem-
selben Zweck, doch sind hier specielle Umstände vorausgesetzt,
sodass man in bestimmter Reihenfolge systematisch vorgeht.
3. Atenii C^J^) oder auch Sappö (^^) genannt : die Methode,
den Gegner in Ohnmacht zu versetzen oder sogar zu tödten.
4. KwatsiL (^g) : die Methode, den Ohnmächtigen wieder zu
beleben.
Ich werde diese Methoden im Folgenden etwas genauer be-
schreiben.
1. Randori dLH).
Dies ist eine Art Ringen, wobei man den Gegner umzuwerfen
und ihn dann unbeweglich festzuhalten sucht. Je nach den ver-
2/6 K. MIUKA, ÜBER JUJUTSU.
schiedenen Schulen hat man selbst für dieselben Methoden ver-
schiedene Namen, und in alle diese Einzelheiten einzugehen würde
zu weit führen. Ich beschränke mich daher hier auf die wichtig-
sten Griffe. Vorher möchte ich aber mit einigen Worten auseinan-
dersetzen, wie wir stehen können, wann wir umfallen, und wie wir
einen andern zum Umfallen bringen können. Wir wissen, dass das
Stehen des Menschen ohne grosse Muskelanstrengung nur dann
möglich ist, wenn die vom Schwerpunkt des Körpers gezogene
Lotlinie innerhalb derjenigen Fläche fällt, welche durch die äussere
Begrenzung der Fusssohlen gegeben ist. Der Schwerpunkt des Kör-
pers liegt beim geraden Stehen nach Mayer im zweiten Kreuzbein-
wirbel, nach Braune und Fischer mehr nach vorn über der Verbin-
dungslinie der beiden Hüftgelenke, und die Lotlinie, welche durch
den Schwerpunkt geht, fällt nahe dem hinteren Rand der erwähn-
ten Unterstützungsfläche. Macht man die Entfernung der Füsse
weiter, so wird dementsprechend die Unterstützungsfläche breiter,
und bei verschiedener Stellung des Körpers ändert sich die Lage
der Schwerlinie zur Unterstützungsfläche ebenfalls in verschiedener
Weise. Sobald nun die Schwerlinie ausserhalb der Unterstützungs-
fläche fällt, muss der Körper fallen. Bei allen japanischen körper-
lichen Übungen ist es Hauptprincip, den Körper gerade zu halten
und, wie man sagt "die Kraft im Nabel oder im Unterleib zu con-
centrieren," d. h. das Zwerchfell in den mittleren Stand zu ver-
setzen und sowohl die Bauch- als auch die Rückenmuskeln zu
spannen und so die Lage der Schwerlinie aufrecht zu erhalten.
So wird auch beim Jojutsu viel Gewicht darauf gelegt, den Leib in
allen Lagen aufrecht zu halten und " die Kraft im Nabel zu concen-
trieren." Um andererseits den ruhenden Schwerpunkt des Gegners
in Bewegung zu setzen, sucht man durch kleine Körperwendungen,
durch leichten Zug oder Druck, durch Beugung oder Streckung der
Glieder, welcher der Gegner folgen wird, die Lage der Schwerlinie
des Gegners so zu ändern, dass dieselbe nahe der ßegrenzungslinie
der Unterstützungsfläche zu liegen kommt. Auch sucht man
dadurch gewisse Muskeln des Gegners zu erschlaffen, oder man
wartet den Moment ab, wo die Unterstützungsfläche des Körpers am
kleinsten ist, d.h. wo der Körper nur auf einem Beine ruht. Letzteres
kann man dadurch erreichen, dass man den Gegner durch Anziehen
zum langsamen Schreiten zwingt u. dgl.
K. MIURA, ÜBER JUJUTSU. 277
Was weiter zur Wirkung kommt, ist hauptsächlich die Hebel-
wirkung-, unterstützt durch Druck und Zug. Nehmen wir
einige Beispiele, so wird z. B. beim Noborikake ('^#) erst der
Gegner an sich gezogen und zum Schreiten gezwungen, und in
dem Moment, wo die Schwere des Körpers auf einem Beine ruht,
wird der rechte Oberschenkel des eigenen Beins an die Aussen-
fläche des linken Oberschenkels des Gegners gelegt, und indem
man dies als Hypomochlion benutzt, wird am rechten Ärmel
o-ezogen und zugleich an der linken Schulter gedrückt. So wird
der Körper des Gegners in zwei Hebelarme umgewandelt und
um den Oberschenkel herum gedreht, sodass er fallen muss. Beim
Ashiliarai i&j^i wird die Plantarflache des Fusses an die Aus-
senseite des Unterschenkels gelegt und der Gegner ebenfalls am
Ärmel gezogen und von der entgegengesetzter Seite gedrückt.
Auch hier wirkt der Fuss als Hypomochlion, um welches der Kör-
per gedreht wird. In diesen beiden Fallen bildet der Rumpf und
das Bein vermöge der Gelenkhemmungen einen ziemlich steifen
Hebel, welcher durch Anlegen des Oberschenkels resp. des
Fusses in zwei Arme geteilt wird. Nun sind die Muskeln des
Körpers hauptsächlich an der vorderen und hinteren Fläche des-
selben angeordnet, und bewirken Beugung und Streckung, sowie
durch einseitige Wirkung seitliche Bewegungen. Nach den dia-
gonalen Richtungen aber, d. h. von links hinten nach rechts
vorn, oder von links vorn nach rechts hinten, entfalten sie nur
ganz schwache Wirkungen, und daher soll sowohl der Zug als
auch der Druck ausschliesslich in dieser Richtung geschehen.
Ausserdem soll nicht etwa in gerader Richtung, sondern in bogen-
oder schraubenförmiger Linie gezogen und gedrückt werden ; denn
wenn man einen Hebel um den Unterstützungspunkt dreht, so
beschreibt seine Spitze immer einen Bogen oder einen Kreis, und
in den angeführten beiden Fällen bezwecken wir nicht nur eine
Drehung des Körpers um seine Querachse, sondern auch zugleich
eine solche um seine Längsachse.
Nehmen wir jetzt ein anderes Beispiel, so wird beim Küshiguriima
K^%) der Körper des Gegners dadurch in zwei Hebelarme verwan-
delt, dass man ihn über die Lendengegend legt und drehend darüber
hinweggleiten lässt. Man wird dabei also sozusagen von dem An-
greifer auf den Rücken gelegt und nach dereinen Seite hin abgesetzt.
2/8 K. MIURA, ÜBER JUJUTSU.
Es g-iebt noch unzählig'e andere Methoden, welche alle zu
ihrem Princip Hebelwirkung', Druck und Zug" in der erwähnten
Weise haben, doch darauf genauer einzugehen würde zu umständ-
lich sein ; ich muss mich hier daher auf die wichtigsten Züge des
Randori beschänken. Hierbei lernt man auch die Kunst des
Umfillens, d. h. man übt sich darin, wie m.an am besten fallen
muss, ohne sich zu verletzen, falls man umgeworfen wird. Für
gew^öhnlich schlägt man mit dem Handteller auf den Boden,
bevor der Körper denselben berührt. Hierdurch wird der Körper
elastisch vom Boden abgehoben, ähnlich wie ein Gummiball,
und der Kopf berührt den Boden nicht. Beim Aufstehen schlägt
man auch wolil mit der Ferse eines l^usses auf den Boden, um
auch hierbei eine gewisse Elasticität zu gewinnen.
Im Obigen habe ich ausschliesslich vom Umwerfen des Geg-
ners gesprochen, doch begnügt man sich nicht immer damit, son-
dern man sucht ihn auch festzuhalten, sodass er sich nicht rühren
kann. Diese Methode nennt man Katauie oder Shiiiie ; sie besteht
darin, dass man ihn am Halse schnürt, oder ihm einen Körperteil
torsiert oder so fest hält (meist mittelst Gelenkhemmungen), dass
schon geringe Bewegung ihm heftige Schmerzen verursacht, oder
dass man ihn in Ohnmacht versetzt, wie es beim Schnüren des
Halses öfters vorkommt. Danach unterscheidet man auch Nage-
shöbu (J^^M) und Shimc-shöbu (i^>#ft), d. h. Entscheidung
des Siemes durch Umwerfen oder durch Festhalten.
'fe'
II. Kala (?^)
Dies ist eine in gewisser Ordnung und Reihenfolge auszu-
übende Angriffs- und Vertheidigungsweise, wobei Umwerfen,
Fixieren und Schlag oder Stoss auf gewisse Körperteile in An-
wendung gebracht wird. In Wirklichkeit werden beim Üben
Schläge und Stösse natürlich nur angedeutet und nicht wirklich
ausgeführt. Da solches immerhin mit einiger Gefahr verbunden
ist, so hat man dabei eine gewässe Reihenfolge und Ordnung
der Griffe festgesetzt. Bei der Übung beteiligen sich zwei oder
mehrere Personen ; wenn es zwei sind, so ist der eine activer
Angreifer und der andere passiver Verteidiger, aber während
des Angriffes wird der erste Angreifer passiv und daher muss
K. MIURA, ÜBER JUJUTSU. 2/9
dieser immer der geübtere sein, da er den Angriff des Vertei-
dio-ers auszuhalten hat. Man kleidet sich hier wie bei allen
Übuncren des Yawara mit einem dicken, baumwollenen und, um
Zerreissen zu vermeiden, gestickten Mantel ; beim Kata trägt
man auch Hakama (weite Hosen), während man beim Randori
nacktbeinig zu sein pflegt.
Bei der Übung von Kata steht also eine active und eine
passive Person sich gegenüber ; sie verbeugen sich gegenseitig
und der active Teil greift mit einem Ruf den Gegner an, dieser
aber weicht in diesem Augenblick durch geschickte Körperwen-
duno- etc. dem Angriff aus. greift activ jenen an, wirft ihn nieder,
fixiere ihn, deutet eventuell einen Schlag oder Stoss an und lässt
ihn erst los, wenn er mit der Hand oder mit dem Fuss auf den
Boden schlägt. Dies ist auch in anderen Fällen ein Zeichen der
Unterwerfung. Hierdurch lernt man specielle h'älle des Angriffs
und der Verteidigung kennen, und durch Combination und Modi-
hcation der Methoden kann man sich in allen Lagen zurechtfinden.
Beim Kata sind repräsentiert : Verteidigung beim Angriff im
Sitzen, im Stehen, beim Zusammentreffen, beim Angriff mit Schlag
oder Stoss, l.eim Angriff von hinten, bei bewaffnetem und un-
bewaffnetem Angriff und entsprechender Verteidigung u. s. w.
Man könnte natürlich unzählige Fälle ausdenken und dement-
sprechend unzählige Methoden angeben, doch hat man zum Un-
terrichte nur wichtigere Fälle ausgewählt. Man beginnt mit der
leichteren Methode und geht zur schwierigen über, und danach
hat man bei Tenshin Sliinyö-rylt z. B. sechs Hauptabteilungen,
welche ihrerseits aus zahlreichen Griffen bestehen. Diese sechs
Arten sind :
1. Tehodoki{^^^ F ^ ) d. h. Anfangsgründe des Kata.
2. SJiodan (^15:). Kata der unteren Klasse.
3. CJüidan (4« Ix). Kata der mittleren Klasse.
4. Sliiai-7ira (ffc^^), rückseitiger Angriff.
5. Nagesiite (^1^^), Wegschleudern.
6. Jödan (±|^), Kata der oberen Klasse.
In anderen Schu'en unterscheidet man Idori (^H) und
Tachidori [^M), je nachdem die Übung im Sitzen oder im Stehen
geschieht. Andere unterscheiden wieder Urakata i^j^) und
28o K. MIURA, ÜBER JUJUTSU.
Omotekata (^^), d. h. Kata der zug-ekehrten und der abgekehrten
Seite, je nach der Form der Griffe.
Ich beschränke mich liier auf die Grundzüge und allgemeine
Beschreibung des Kata und gehe nicht auf die einzelnen Griffe
ein, da dieselben nicht durch Beschreibuno^en, sondern nur durch
Sehen oder noch besser durch eigene Übungen verstanden werden
können.
Hier ist noch eine Modification von Kata kurz zu erwähnen,
welche in der letzten Zeit von Director Inoue unter dem Namen
Goshinjntsii (|^^fil5), " Körperschützkunst," in die Praxis ein-
geführt worden ist. Diese Methode bezweckt ähnlich dem Kata
Übungen im Angriff und in der Verteidigung, ist jedoch bedeutend
vereinfacht und zum gleichzeitigen Unterricht vieler Personen,
sowie zur Übung in gewöhnlicher Kleidung (auch in europäischer)
eingerichtet. Da ich mich hierin eingeübt habe, kann icli aus
eigener Erfahrung die Erlernung dieser Methode einem jeden
empfehlen, der nicht nur seinen Körper kräftigen will, sondern
auch Mut und Geistesgegenwart durch geeignete Pflege aus-
zubilden wünscht.
III. Alemi oder Sappö (##p^^x?i)-
Wenn man gleichzeitig von vielen Feinden angegriffen wird,
so würde man kaum im Stande sein, dieselben alle umzuwerfen,
und man würde schliesslich durch die Überzahl besiegt werden.
In solchem Falle ist es absolut notwendig, die Feinde durch Schlag
oder Stoss auf wichtige Körperteile in Ohnmacht zu versetzen
oder eventuell sie zu tödten. Dazu dient Atemi oder Sappö, d. h.
die Methode des Tödtens durch Schlag oder Stoss. Hierüber und
über Kwatsu wurde schon im i6. Jahre Meiji (1883) von Herrn
Prof. Dr. Osawa .«^enior in der Zeitschrift Gakiigci Shirin (»^^
'MV^) jßd. 15, S. 371 genauer berichtet, und ich folge, was Atemi
betrifft, teilweise dieser Arbeit.
Atemi wird ausgeführt durch Schlag oder Stoss mittelst
der Faust, des Ellbogens, des Knies und des Fusses, oder
mittelst der Ulnarseite der Hand u. dgl., und zwar an folgenden
Stellen des Körpers. Am Kopfe entspricht Tcntö (^M) der
Stelle, wo die Coronal- und Sagittalnath zusammentreffen. Udo
K. MIURA, ÜBER JUJUTSU. 28 1
(.'^ ^) entspricht der Nath zwischen Stirnbein und Nasenbein.
Kasnmi f^) entspricht der Schläfe, und AV;z^/^?7 (A^') der Stelle
unterhalb der Nase zwischen dieser und dem Munde. — Ein Schlag
auf die genannten Stellen ruft Commotio cerebri und starken
Schmerz hervor.
Gegen die Brust gerichtet sind Karishita (J^T) : Umgebung
der Mammae; S/iö/iö (»pij): unteres Ende des Corpus sterni.
und Snigetsn CtK^)- unteres Ende des Processus xyphoideus
sterni (wird als besonders wirksame Stelle angesehen). Die Mitte
des Sternums wird noch als DancJni (®4*) unterschieden.
Die Erschütterung des Brustkorbes wirkt nach den Experi-
menten von Meola, Riedinger und Reineboth dadurch gefährlich,
dass die Gefässe der Lunge erweitert und die Blutzufuhr zum
linken Ventrikel des Herzens beschränkt werden, sodass ein
Sinken des allgemeinen Blutdrucks zu Stande kommt. In anderen
Fällen wirkt der Stoss direkt aufs Herz, Zwerchfell oder die
Leber und wird dadurch schädlich.
Auf dem Rücken stösst man auf den 6. oder 7. Brustwirbel ;
die Stelle wird Denkö Mitsuatari ( ^ 7t H i^ "^ V ) genannt. Wahr-
scheinlich wirkt hier ein Stoss ähnlich wie ein Stoss auf die schon
genannten Stellen der Brust, oder durch Erschütterung des
Rückenmarks und Sistiren der Athmung.
Am Bauchteil unterscheidet man die Stelle unterhalb des
Rippenbogens rechts als Lnazuma (;^^), dieselbe Stelle links als
Tsitkikage (.^f^), dann eine Stelle unterhalb des Nabels als
Myöjö (a/]M)- Stoss auf diese Teile wirkt entweder ähnlich dem
Goltz'schen Klopfversuch durch Erweiterung der Gefässe in den
Baucheingeweiden, oder durch Vermittlung von Leber und Milz
aufs Zwerchfell.
Sehr wichtig sind noch, Tsitrigane (^^J^) oder die Hoden,
welche durch Stoss oder Schlag mittelst des Fusses, Knies oder
der Faust luxiert oder gequetscht werden. Wir wissen aus der
Chirurgie, dass sowohl die Luxatio als auch die Contusio testis
Ohnmacht, Erbrechen, Athem.not etc. hervorrufen, ohne dass man
nach dem Tode bedeutende Veränderungen finden kann. Daher
werden die Hoden bei der Übung von Kata mit den Händen ge-
schützt.
Ausser den genannten Stellen, welche beim Hervorrufen von
282 K. MIURA, ÜBER JUJUTSU.
Ohnmacht durch Schlag oder Stoss in Betracht kommen, gleht es
noch solche, welche wegen ihrer Schmerzhaftigkeit bei Druck
zum Festhalten des Gegners in Anwendung gebracht werden.
Diese sind : Dokko (i^§[^), unterhalb des Ohres zwischen dem
Unterkieferast und dem Proc. mastoideus, wegen ihres Nerven-
reichtums bei Druck schmerzhaft ; Shahitaku (/^^), an der
Streckseite des Vorderarms, wirkt durch Druck auf den Nervus
radialis; und Kusajinbiki (^^), am Musculus gastrocnemius,
wirkt durch Druck auf den Nervus tibialis. — Endlich noch Hichü
(?i54')' zwischen den Ansätzen der Musculi sternocleidomastoidel
am Sternum, entsprechend der Trachea ; Matsitkaze (fö^), rechts,
und Murasame (#]^) links oberhalb des Musculus omohyoideus.
Dieselben kommen hauptsächlich bei der Strangulation in Betracht.
IV. Kwalsu oder Kwappo (rSr*).
Dies ist die Methode, einen Ohnmächtigen wieder zu beleben.
Es ist nichts anderes als eine Art künstlicher Respiration, nur mit
dem Unterschiede, dass man bei Kwatsu nicht wie bei der gewöhn-
lichen künstlichen Respiration gewisse Manipulationen in regel-
mässiger Reihenfolge wiedei^iolt, sondern dass man sich meist
mit einem einfachen Stoss, Schlag oder Druck begnügt, oder höch-
stens die Manipulationen nur einige Male wiederholt. Hierbei
wirkt man auf die Brustorgane entweder von vorn oder von hinten
durch Druck oder Stoss, manchmal auch vom Unterleibe her auf
das Zwerchfell. War der Hoden luxiert, so reponiert man ihn
zuerst, bevor man zur künstlichen Respiration übergeht.
Kwatsu ist nur anwendbar innerhalb der ersten zwei Stunden
nach Beginn der Ohnmacht. Bei Scheintod, welcher länger
als zwei Stunden gedauert hat, ist wenig Hoffnung auf Wieder-
belebung. Um Scheintod von wirklichem Tode zu unter-
scheiden, hat man verschiedene Methoden angegeben. So ist
ein Ohnmächtiger, dessen Augäpfel nach der einen oder andern
Seite verdreht sind, oder dessen Pupillen noch erweitert sind, noch
zu retten. Ferner deutet es auf das Vorhandensein des Lebens,
wenn ein Spiegel bei der Annäherung desselben an den Mund
oder die Nase sich trübt, oder wenn die Oberfläche des Wassers
K. MIURA, ÜBER JUJUTSU. 283
sich bewegt, welches in ein Tellerchen gegossen und auf die
Herzgegend des Betreffenden gestellt wird u. dgl.
Folgende Darstellung ist eine directe Übersetzung von dem,
was Herr Prof. Dr. K. Osawa im Gakugeishirin nach den Angaben
des Directors Inoue Keitarö beschrieben hat, worunter auch einige
Wiederbelebungsmethoden, die speciell für das Jüjutsu nicht in
Betracht kommen.
1. Sasoi kwappö (|f ig^) oder die (die Athmung) hevorlockende
Methode. Man setzt den Scheintodten aufrecht, legt die linke Hand
auf die Brust und drückt mit dem rechten Handteller die Gegend
des 4. — 5. Brustwirbels, sodass eine Expiration hervorgerufen
wird. Oder man setzt das rechte Knie auf die genannten Wirbel
und legt den Kopf des Betreffenden auf die eigene Brust, legt die
beiden Hände auf die musculi pectorales und drückt von vorn und
hinten gleichzeitig auf den Thorax.
2. Eri-kwappij (^^igfi ; £^rz'=Hals oder Nacken).
Man setzt sich auf die rechte Seite des Ohnmächtigen, legt
den linken Arm von hinten her um den Hals, setzt ihn aufrecht,
legt die Finger der rechten Hand etwa 3 Zoll unterhalb des Nabels
direct, so dass die vier Finger und der Daumen die Form eines V
bilden. Nachdem dies geschehen ist, drückt man die rechte Hand
nach oben, wälirend man mit dem linken Arm gleichzeitig Schul-
ter und Nacken nach unten drückt, sodass eine Expiration bewirkt
wird. Auch ein kräftiger Schlag auf den zweiten Lendenwirbel
soll in dieser Beziehung wirksam sein.
3. Innökzvappö (F^fti^^ ; Intiö = Hoden) wird angewendet,
wenn eine Luxation des Hodens in den Leistencanal stattgefunden
hat. Man lässt die Beine strecken und untersucht, ob der Hoden-
sack leer ist oder nicht. Ist er leer, dann legt man die beiden
Arme unter die Achselhöhle des Betreffenden, hebt ihn in die
Höhe und lässt ihn 14—15 Mal sanft auf den Boden fallen, darauf
stösst man mit den Fussspitzen die Gegend des Kreuzwirbels
ebenso oft. Hierauf legt man ihn auf den Rücken, steht reitend
darüber, kniet mit dem rechten Bein, legt die Hände an den
Nacken, kreuzt die Finger, setzt ihn aufrecht, legt die PZlIenbogen
in der Gegend des Proc. xyphoideus zusammen, und indem man
hier drückt, zieht man die Hände am Nacken nach vorn, sodass
dadurch eine Expiration hervorgerufen wird.
284 K- MIURA, ÜBER JUJUTSU.
4. Sö-kivappö {^\^W). d. h. allgemein anwendbare Pele-
bungsmethode. Man legt den Schcintodten auf den Rücken, legt
die beiden Hände drei Zoll unterhalb des Nabels und drückt nach
der Brust zu. Eine Modification hiervon besteht darin, dass man
die Hände in die beiden fossae iliaceae legt und nach der Brusthöhle
zu drückt. Auch hierdurch wird eine Expiration hervorgerufen.
5. Dekishi-kwappö (jü^igi'ä), d. h. Belebungsmethode für
Ertrunkene. Ist es eine männliche Person, so legt man sie auf
den Bauch, ist es eine weibliche, auf den Rücken. Man schiebt
dann ein weiches Kissen unterhalb der Lendengegend resp. unter-
halb des Nabels, knetet und streicht von unten nach oben und
übt Sö-kwappö, wie es eben beschrieben wurde. Bevor man jedoch
dazu schreitet, stopft man alle Körperöffnungen mit Ausnahme des
Mundes, um das Ausflicssen von Excrementen und Schleim zu
verhüten. Man thut gut, wenn man dabei auch die Brust und den
Leib erwärmt.
6. EssJii-kivappö (^^iSf^). d. h. Belebungsmethode für Er-
hängte. Der eine hält den Erhängten an der Brust oder dem Bauch
mit den Armen, indem ein anderer den Strick löst. Sobald dieser
lose geworden ist, drückt der erstere Brust resp. Bauch des Ya-
hängten stärker und nimmt ihn herunter. Man legt ihn auf den
Rücken, stopft alle Körperöffnungen und verfährt nach Sö-kwappö.
7. Darakii-kzvappö (iSi^iS^i)- Belebungsmethode für Herun-
tergefallene. Man bringt den Körper des Betreffenden in eine
hockende Stellung, indem man um den Nacken und die Kniekehle
eine Binde legt, darauf wird Eri-kwappö ausgeführt, nachdem man
alle Körperöffnungen verstopft hat.
Bei Hunger- und Erfrierungstod, sowie in allen anderen
Fällen wird Sö-kwappö in Anwendung gebracht.
\
STIM.MUNGSBILDER AUS MAMLA.
VON
MAJOR FALKNER VON SONNENBURG.
(Yortiag, gehalten in der Sitzung am 30. November 1S98.)
Ich habe, meine Herren, vor allem andern um Entschuldigung
zu bitten, dass ich es unternehme, in einer gelehrten Körperschaft
für eine halbe .Stunde das Wort zu nehmen. Das schwere Rüstzeug
der Wissenschaft ist nicht meine Waffe ; ich bin von der leichten
Infanterie, und so muss es denn mein Erstes sein, für mich selbst
bei Ihnen auf mildernde Umstände zu plädiren.
Schon in der Taufe meines Vortrages beginnt die Unbeschei-
denheit und Unzulänglichkeit. Ich versprach : Stimmungsbilder
aus Manila vorzuführen. Ja, meine Herren — Bilder erfordern einen
Künstler, und der bin ich bei Gott nicht ; also nehmen Sie mit den
schlechten Skizzen vorlieb, die ich Ihnen in einfacher Plauderei
heute unterbreite.
Die traurige Seeschlacht bei Cavite war geschlagen ; im
gefechtsmässigen Scheiben-Schiessen nach unbeweglichen Zielen
war eine ganze schöne Flotte vernichtet, Hunderte von braven
Seeleuten hatten den Tod in den Wellen gefunden. Die Masten
und Schornsteine ilirer zerstörten Schiffe ragen da und dort noch
aus den Wassern der weiten Manila-Bai hervor ; hart neben ihnen
aber ankern die Panzer und Kreuzer des Siegers auf dem nassen
Schlachtfelde.
Von allen Seiten eilten die Schiffe der Neutralen auf den
Schauplatz der Ereignisse, und bald war auf der sonst so stillen
Rhede der spanischen Stadt ein mächtiges Geschwader aller
Nationen versammelt. Fünf deutsche Schiffe, zwei französische,
zwei englische und ein japanisches lagen auf etwa 3 Seemeilen vor
286 F. VON SONNENBURG, STIMMUNGSIilLDER AUS MANILA.
der Münduii"' des Pasip-, des Flusses, der Manila durchströmt, vor
Anker. — An einem glühendheissen tropischen Junimorgen sah
ich von der Commandobrücke S. M. S. Prinzess Wilhehn aus zum
ersten Male die Stadt vor mir ausgebreitet — Kirchen, nichts als
Kirchen, Palmen und Bananen, das war der erste Eindruck !
Welch ein Unterschied gegenüber den gewaltigen Handelsstädten
des Ostens, gegenüber Shanghai und Hongkong, mit ihren glän-
zenden, belebten Strassen, mit ihren Docks und Werften, ihrem
Handel und Wandel, mit ihren Hunderten von Schiffen aller
Nationen, die im Austausch der Güter von Nord und Süd, von Ost
und West dort versammelt liegen ! Und hier — beschauliche, fast
klösterliche Ruhe allenthalben ! Ein halbvollendeter Molenban,
an dem schon seit einem halben Menschenalter gearbeitet wird,
ragt von der Pasigmündung melancholisch in die Bai hinein, um
auf der taifun-gesegneten Rhede wenigstens einen einigermassen
sicheren Ankerplatz zu schaffen ; am Leuchthurm geht es dann,
den tiefen Pasig-Fluss hinauf, in die Stadt hinein. Zur Rechten
liegt die eigentliche, die alte Spanierstadt Intramuros, in der ein-
stens, vor über 300 Jahren, eine zahlreiche blühende japanische
Kolonie gelebt hat, bis endlich kirchliche und politische Unduld-
samkeit auch den letzten aus dem Lande vertrieben hatte. Halb-
verfallene Festungswerke, altersgeschwärzte Mauern umschliessen
diesen ältesten Theil der Stadt, dessen Gebäulichkeiten mindestens
zu einem Drittel aus Kirchen und Klostergut, zu einem weiteren
Drittel aus Regierungsgebäuden und Kasernen, und nur mit dem
letzten Drittel aus Privat- und Geschäftshäusern bestehen. — Betritt
man durch die dunklen Festungsthore die wenig reinlichen Stras-
sen dieser düsteren, altspanischen Niederlassung, so umweht es
den Beschauer wie mit mittelalterlichem Geiste ! Man sieht die
gewaltigen Gestalten jener spanischen Eroberer wieder vor sich
aufsteigen, die im Geiste eines Pizzaro und Cortez die Segnungen
des Christenthumes mit blutigem Schwerte verbreiteten, und deren
Gefolge aus Mönchen und Rittern zu gleichen Theilen gebildet zu
sein pflegte. Aber niit unerbittlicher Logik folgt solchen Rück-
blicken in die Vergangenheit die Feststellung der traurigen That-
sachen der Gegenwart. Manila, die schöne, die mächtige Kolonie
vergangener Tage, ist heute eine hart bedrängte belagerte Stadt.
Kaum 3 Kilometer von ihrem Mittelpunkte entfernt lagert
F. VON' SONXENBURG, STIMMUNGSBILDER AUS MANILA. 28/
rings herum in geschlossenem Ringe das Tagalenvolk und bedroht
mit den Waffen in der Hand seine bisherigen Herren auf das Äus-
* serste. Draussen auf der See aber ist die Blokade erklärt, und die
spanische Flotte liegt zerstört auf dem Boden des Meeres. Wahr-
lich, es ist eine harte, grausame Sprache, mit der die Geschichte
ihre Lehren zu ertheilen pflegt ! — Leben, froh pulsirendes, frisches
Leben, finden wir in Manila nur drüben in der fremden Stadt, in
Binondo, auf dem andern Ufer des Pasig, dem alten Intramuros
gegenüber. Dort sind die Geschäfte der Kaufleute aller Nationen ;
Engländer, Deutsche, Amerikaner, Franzosen, Schweizer haben
sich dort niedergelassen, und man hat mir gesagt, dass die
deutschen Literessen mit etwa j\, die englischen mit y<V. die fran-
zösischen mit yV, und die übrigen fremden mit dem letzten Zehntel
im Handel und Wandel von Binondo vertreten seien. Fast hat es
den Anschein, als ob die traurige Lage der Stadt nur geringen
Einfluss auf das Leben und Treiben der Bewohner ausgeübt habe.
Die Kaffee- und Bierhäuser sind überfüllt, die weitaus grösste Zahl
der Geschäfte ist geöffnet, die Pferdebahnen sind im regsten Be-
triebe, und eine zahlreiche Bevölkung fluthet auf der Escolta — der
Hauptstrasse von Binondo — fröhlich auf und nieder. Nur die
überaus grosse Zahl von Uniformen erinnert dort an die kriegeri-
schen Zeiten. An allen Strassenecken stehen Posten der .spani-
schen Freiwilligen, in öffentlichen Gebäuden starke Wachen der-
selben. Die Voluntarios, in ihren tadellos sitzenden, kleidsamen,
oft elegant und kokett ausgestatteten Uniformen, haben sich die
Ausübung des Wachtdienstes in der Stadt vorbehalten, und ihre
Mitwirkung draussen in den Laufgräben vor der Stadt, in den
täglichen aufreibenden Kämpfen dort abgelehnt ! Die Last und
Ehre dieses Dienstes haben sie den Regulären überlassen. Bei
diesen draussen sieht es nun freilich etwas anders aus als in der
vornehmen Escolta und den mit Voluntarios überfüllten Kaffee-
und Bierhäusern. Geht man von Binondo nach der Peripherie der
Stadt, so ändert sich die Physiognomie bald gar wesentlich.
Immer öder und einsamer werden die Strassen ; ausser einzelnen
indifferenten Tagalen sieht man auf ihnen nur müde und abgerissen
aussehende Soldaten in kleinen Abteilungen sich bewegen —
einzelne Reiter, Ablösungscommandos und Patrouillen, die von
dem Schauplatz der Kämpfe zurückkehren oder nach ihren Posi-
288 F. VON SONNENBURG, STIMMUXGSBILDE[>1 AUS MANILA.
tionen marschieren. Die Sicherheit ist keine unbedigte mehr ; hin
und wieder zischt schon ein Geschoss über die Köpfe, oder durch-
schlägt die elenden Rohrwände der indischen Häuser. — Wir nähern
uns den Trincheas, den Laufgräben, die in einer Ausdehnung von
fast 20 Kilometern um die .Stadt herum angelegt sind, und in denen
sich die armen spanischen Soldaten Tag und Nacht seit Monaten
mit den aufständischen Tagalen, den Insurrectos, herumschlagen.
In dem sumpfigen Gelände rings um Manila ziehen sich diese
schlecht ausgeführten Vertheidigungslinien in einem grossen Halb-
kreis um die Stadt, mit ihren beiden Flügeln an das Meer an-
gelehnt. Nur einige wenige Stützpunkte, wie das Polverin bei
Malate, sind mit ein paar Geschützen ausgerüstet ; sonst liegt die
ganze Last des Kampfes auf der Infanterie. Aber nicht nur des
Kampfes, sondern auch einer wirklich traurigen Existenz !
In den durch tropische Regengüsse und Grundwasser gleich-
massig versumpften Laufgräben monatelang im feindlichen Feuer
leben zu müssen, ohne durch einen sorgfältig geregelten Ablösungs-
und Bereitschaftsdienst sich zeitweise körperlich und geistig er-
frischen und erheben zu können, ist eine harte Anforderung. Die
spanischen Soldaten und deren Frontofficiere haben mit musterhafter
Geduld und Ausdauer diese schwere Probe bestanden und auch in
den täglichen Kämpfen vollauf ihre soldatische Pflicht und Schuldig-
keit gethan. Freilich — die Lazarethe füllten sich dabei täglich
mehr ! — Wenn durch Verwundungen im Durchschnitt täglich nur
gegen 7 Mann in diesen in Zugang kamen, so betrugen die Erkran-
kungen an Fieber, Dysenterie und allgemeiner Erschöpfung doch
sicher mehr als das Doppelte. Genaue Zahlen waren hierfür nicht
zu erhalten. Der Lazarethdienst war gut gehandhabt ; durch den
Umstand, dass Manila Universität ist, stand ein reiches Personal
von Ärzten und jungen Medizinern zur Verfügung, und waren alle
Einrichtungen den modernen wissenschaftlichen Errungenschaften
entsprechend. In solcher Weise äusserten sich wenigstens die
Sachverständigen anderer Nationen, denen die Lazarethe mit
grösster Liberalität zugänglich gemacht v.-urden. Anerbietungen
dagegen, die von verschiedenen commandirenden Offiziere der
neutralen Schiffe für Abstellung von Ärzten an die Lazarethe
gemacht waren, wurden von den spanischen Behörden mit Dank
abgelehnt. — Auffallend waren für die medizinischen Sachverstän-
F. VON SONNENBURG, STIMMUNGSBILDER AUS MANILA. 289
digen die günstigen Schusswirkungen, im humanen Sinne gespro-
chen, des kleinkalibrigen spanischen Mausergewehres, einer ganz
hervorragenden Waffe, die sicli in grossen Mengen in den Händen
der Aufständischen befand. Da die beiderseitigen Linien, jene der
Insurrectos und die der Spanier, im Durchschnitt 500 — 700 Meter
von einander entfernt lagen, waren die gefürchteten Explosions-
wirkungen auf bluterfüllte Gefässe, Organe und Markknochen
nirgends aufgetreten, und Ein- und Austrittsöffnung ohne Compli-
kation. Die Knochen waren zumeist glatt durchgeschlagen, so-
dass die Krankengeschichten oft überraschend kurze Behandlungs-
zeit für recht schwere Schussverletzungen ergaben. Das neue
englische Dum-Dum-Geschoss hat ja inzwischen diesem humanen
Rückfall und Übelstand ein gründliches Ende bereitet! — Sehr
zahlreich und schwer waren die Verletzungen mit der tagalischen
blanken Waffe, dem Volo, einem kurzen, sehr schweren, schwert-
artigen Messer. Geräuschlos wie die Schlangen streiften die
Indier durch die mit tropischer Vegetation bedeckten Räume vor
den spanischen Stellungen, und wehe der armen Schildwache, die
vielleicht von der fernen Heimath träumend für Aueenblicke in
ihrer Aufmerksamkeit erlahmt war ! Ein mit tödlicher Sicherheit
und Kraft geführter Streich — und die nächste Ablösung des Vor-
postens fand ihren Kameraden bewusstlos im Blute liegend ! —
Gänzlich unbewegt von allen Ereignissen, von den Gräueln des
Krieges draussen in den Laufgräben, von der gesprächigen, A\ort-
reichen und lauten Tapferkeit der Voluntarios drinnen und den
schweren geschäftlichen Sorgen der Chefs der grossen fremden
Firmen in Binondo, blieben nur die Chinesen. Sie arbeiteten Tag
und Nacht, wie stets — der Himmel mag wissen, für wen ? aber
— sie arbeiteten, die einzigen wohl von den 200,000 Einwohnern
Manilas! Der leidenschaftliche Hass der Indier und Mestizen
gegen ihre spanischen Herren, der hoffnungslose Verzweiflungs-
kampf dieser zu Land und zur See gegen eine überwältigende
Übermacht, die Nachrichten, die von Europa und Amerika über
den Stand der Dinge spärlich genug eintrafen — das Kabel nach
Hongkong war ja durchschnitten worden — alles dies Hess die
geschäftigen 30 — 40000 Zopfträger Manilas scheinbar gänzlich un-
bewegt. Aber wer vermöchte die Volksseele dieses räthselhaften
Volkes zu ergründen und deren letzte Gedanken zu errathen ? —
290 F. ^■0^■ SONNENBURG, STIAKMUNGSllILDER AUS MAMl.A.
Noch eine Gemeinschaft war in Manila, wo in kühler, überlegener
Ruhe, mit dem durchgeistigten, bewussten Muthe des Gelehrten,
die Ereignisse betrachtet wurden. Es war die Hochstütte physi-
kalisch-meteorologischer Wissenschaft in diesem Theile des P2rd-
balles, das Observatorium der Jesuiten. Draussen in Paco, dem
Schauplatz der Kämpfe bei Malate recht fühlbar nahe, liegt diese,
mit den schärfsten wissenschaftlichen Waffen glänzend aus-
gestattete Hochburg der menschlichen Forschung. Magnetische,
seismographische, photographische, astronomische und meteoro-
logische Instrumente sind dort in verblüffender Zahl, Kostbarkeit
und Güte in schönen, grossen, luftigen Gebäuden aufgestellt, und
der Einbau eines gewaltigen Refraktors in das eben neuerrichtete,
hochragende Kuppelgewölbe einer neuen Sternwarte nahm ruhig
seinen Fortgang. Auf der obersten, halbvollendeten Gallerie der
eisernen Drehkuppel stehend, von der aus die Stadt und die feind-
lichen Stellungen gleich gut zu überblicken waren, wird mir das
milde Lächeln meines Führers, des Vorstandes der wissenschaft-
lichen Arbeiten des Observatorio, für alle Zeiten unvergesslich
bleiben, als einige vorbeizischende Geschosse — brutal nahe — den
wissenschaftlichen Frieden des Ortes zu stören suchten. Der Herr
Pater deutete ruhig auf mannigfache andere Kugelspuren und
bedauerte die Unterbrechung des Kabels und damit der Verbindung
mit der Welt offenbar nur deshalb, weil hierdurch der Austausch
und die wissenschaftliche Verarbeitung der Ablesungen von den
selbstregistrirenden Instrumenten der verschiedenen Wetterwarten
aufgehoben wurde, und hierdurch die Taifunwarnungen seines Insti-
tuts an die Admirale an wissenschaftlichem Werthe verlieren muss-
ten ! Und während oben in den Instrumenten-Sälen die eisig-kühle
Atmosphäre des Denkens herrschte, war im Stockw^erk darunter das
menschliche Herz, und wohl auch tiefster Forschung in diesem, zu
seinem Rechte gekommen. Die weiten, arkaden-umsäumten Höfe
des Jesuitencollegiums waren mit 2000 Vertretern tiefsten mensch-
lichen Elends angefüllt. Obdachlose Tagalen- und Mestizenfami-
lien kampirten dort unten seit Wochen — die milde Fland der
Patres hatte ihnen ein Asyl gegeben und versorgte sie mit allem,
was zu des Lebens Nothdurft gehörte. — Auch diese Stätte durch-
wanderte ich mit meinem wissenschaftlichen Führer. Von allen
Seiten stürzte sich die elende Menschheit auf den stolzen Mann,
F. VON SONNENBURG, STINLMU.\GSBILDER AUS MANILA. 291
um ihm die Hand oder den Saum seines Talars zu küssen. Ein
milderes Licht sah ich dabei nicht aus seinen durchgeisti"-ten
Forscheraugen strahlen — er las hier unten die Herzen ab, wie dort
oben seine Instrumente ! So hatte sich der Orden Jesu, für alle
Fälle, in unübertrefflicher Seelenkunde eine Leibgardevon Elenden
und Unglücklichen gescliaffen. Die Tagalen mochten stürmen
und sengen und brennen in ]^Ianila — das Asyl der obdachlosen
Frauen und Kinder ihres Stammes konnte solchen Ereicrnissen mit
Ruhe entgegensehen. Wissen ist Macht, in der That ! Während
die vier übrigen auf den Philippinen herrschenden Mönchsorden
gehasst werden mit der ganzen Kraft einer seit drei Jahrhunderten
unterdrückten Rasse, werden dem Jesuitencollegium von allen
Seiten reichliche Sympathien entgegengebracht.
Weniger ruhig als hier sah man den Ereignissen in unserer
deutschen Kolonie entgegen. Die deutsche Konsularbehörde
hatte im Einvernehmen mit dem Admiral von Diederichs muster-
gültige Anordnungen getroffen, um im schh'mmsten Falle das
Leben ihrer Landsleute sicher zu stellen. Es waren 4 spanische
Dampfer der Compagnia Maritima im Einverständniss mit Ad-
miral Dewey gescliartert worden, die den Deutschen und ihren
Familien ein relativ sicheres Asyl gewährten. Nothsignale waren
vereinbart worden, auf welche liin armirte Boote den Pasig hinauf-
fahren sollten, um die Schutzbefohlenen aufzunehmen und auf die
Asyldampfer zu bringen. Diese lagen unter den Kanonen der
deutschen Flotte, führten die deutsche Flagge und hatten kleine
Signal- und Matrosendetachements der Kriegsschiffe als Sauve-
garde an Bord. Damit waren sie neutralisirt. Einzelne Familien
haben monatelaiig, in völliger Sicherheit, wenn auch mit geringer
Bequemlichkeit, an Bord dieser Schiffe gelebt ; deren Gitten und
Söhne kamen häufig heraus auf die Rhede, um die Ihrigen zu sehen
und sie mit dem Nötigsten zu versorgen. Allenthalben herrschte
vortreffliche Ordnung und Sicherheit in der Fürsorge für unsere
schmerzgeprüften Landsleute. Als aber allmählig Admiral Dewey
seine so überaus human gehandhabte Blokade etwa schärfer durch-
führte, als die Lebensmittel immer theurer — ein Ei etwa 30
Pfennig— wurden und später überhaupt kaum mehr zu bekommen
waren, als ich endlich bei Dr. Krüger, unserm liebenswürdigen und
thatkräftigen Konsular-Vertreter, wehmütliig die letzte Blokade-
292 F. VON SONNENBURG, hTIMMUNGSBILDEK AUS MANILA.
gaiis verzehrt hatte — da war es an der Zeit, die noch tapfer an
Land aushaltenden Familien auf die Gefaliren aufmerksam zu
machen, die sie laufen könnten, wenn sie ihre Übersiedelung auf
die Asyldampfer im Pralle des J^ombardements oder Sturmes bis
zum letzten Augenblicke hinausschöben. Eine Versammlung im
deutschen Klub wurde durch den Konsul einberufen, und Vortrag
über die überaus kritische Lage bei grober See oder gar Taifun,
die technischen Schwierigkeiten der Ein- und Ausschiffung in
diesem Falle, und Ähnliches, an die Herren erstattet. Das Er-
gebniss war, dass von der Mehrzahl vernünftigerweise beschlossen
wurde, diesen Anregungen Folge zu geben. — Herzerfrischend für
einen alten Soldaten war aber bei dieser Gelegenheit das Verhalten
der jungen Herren, die iu den verschiedenen Firmen angestellt
waren. Sie Hessen in der Versammlung durch einen Vertreter
erklären, dass sie es als selbstverständlich ansähen, wenn ihre
Prinzipale nach den Asyldampfern gingen ; sie aber wollten als
gute Soldaten in den Geschäften und Magazinen aushalten, möge
kommen was da wolle ; sie wollten diese gegen plündernde Solda-
ten verteidigen, so gut sie könnten — das sei ihre Pflicht und dabei
solle es bleiben ! — Ein herzliches " Bravo" möchte ich auch heute
noch öffentlich einem solchen Geiste zurufen !
DIE LNSCHIUFT DES DExNKMALS IM
IvÜZA^-EN BEI YAMAGUClll.
MITGETEILT VON
A. GRAMATZKY.
Vor kurzem hat micli das Schicksal nach einem der in his-
torisch-politischer Beziehung interessantesten Teile Japans geführt,
nach Yamaguchi, der Hauptstadt des Yamaguchi-kens, d. h. des-
jenigen japanischen Regierungsbezirks, dem seit der Restauration,
oder vielmehr schon seit alten Zeiten, viele der bedeutendsten
Staatsmänner Japans entstammen. Es liegt demnach für mich
nahe, allen Japanforschern, und insbesondere meinen deutschen
Fachgenossen, den Text einer Inschrift mitzuteilen, umzuschreiben
und zu übersetzen, der in wenigen hundert Schriftzeichen und in
markigen, begeisterten Worten den Beginn der Geschichte Japans
Mit- und Nachwelt verkündet. Eine zum Teil nicht leichte Auf-
gabe, bei der ich aber von einigen hiesigen Japanern auf das
liebenswürdigste unterstützt worden bin. Das Denkmal in euro-
päischem Stil und Geschmack befindet sich in allernächster Nähe
des reizend von allen Seiten mit Bergen umgebenen Yamaguchi,
und zwar im sog. Közan-en, einem kleinen, malerisch am Fuss des
Közan gelegenen Park, unmittelbar neben der stattlichen Gra-
nittreppe, die zu den Gräbern des Fürsten J\Iöri Takachika
und seines Adoptivsohnes Möj-i Gentohi führt. Die Zeitschrift
Taiyö (:^[^), Bd. IV No, 13 (20. 6. 1898) giebt unter dem Titel
^!/ßi35C©^# Chokusembiin no döJd (Ein Denkmal aus Erz mit
einer auf Allerhöchsten Befehl verfassten Inschrift) einen Abdruck
der auf der Vorderseite des Denkmals befindlichen Inschrift und
bemerkt hierzu P'olsfendes :
294 A. GRAMATZKY, INSCHRIFT IM KOZAN-EX.
" Alle Welt weiss, dass Fürst Möri Takachika, dem nach
dem Tode der zweite Grad der ersten Rangklasse verliehen wor-
den ist (der Vater des verstorbenen Fürsten Möri Gentoku) wäh-
rend der Restauration ein berühmter Mann gewesen ist. Da er
die rechte Hand seines Kaisers war, so hat S. Majestät seine ver-
dienstvollen Thaten huldvollst zu verkünden geruht und — wie wir
hören — auf Höchsteigenen Wunsch ein Denkmal aus Erz neben
dem im Közan-en des Kreises Yoshiki im Reg. Bez. Yamaguchi
befindlichen Grabe des Fürsten errichten lassen, dessen Inschrift
auf Allerhöchsten Befehl verfasst worden ist. Wie wenige Men-
schen hat es gegeben, denen eine derartige Ehre zu teil geworden
ist ! Dies dürfte doch wohl der grösste Ruhm sein, den der Fürst
und sein Geschlecht sich erworben haben. Nachstehend geben
wir die auf Allerhöchsten Befehl verfasste Inschrift wieder."
(Der soeben mitgetheilte Text des Taiyö nebst Umschrift
lautet folgendermassen :
So ju-ichii INIori Takachika kyo (ko Mori Gentoku ko no
sendai) ga ishin chukö no meishin naru koto wa, amaneku sejin
no shiru tokoro naru ga, kashikoki gohen ni okaserarete wa,
kyö no kungyo wo hyosho sen to no atsuki oboshimeshi yori
LT. ifw i: i^T ' lü n ^ 1^ m ti^ # iii a
shite, tokushi wo motte Yamaguchi-ken Yoshiki-gun Kozan-en
naru kyo no bohan ni, chokusembun dohi wo kensetsu serare-
7^ i) ^ Ä^ T^^ A ^ r Lx nt© Sil t mi6
tari to iu. Korai jinshin ni shite kono ongu wo komureru
^co ^tr fMA t^h6 m_ n ^m -p^ -^
mono hatashite ikunin ka aru ! Kyo wa mochiron ichimon ikke
CO ^ß: Sifp < Zn^ i^C mt ^<^) hh^^6 ^^ 7x1) & iZ
no koei osoraku köre ni kosu mono arazaru beki nari. Sa ni
%co W] m 35C k m<^
sono chokusembun wo kakagu :)
Ich lasse nun Text, Umschrift und Übersetzung der Inschrift
selbst folgen. Die Wortstellung des in chinesischem Stil verfassten
Textes folgt aus praktischen Gründen der Wortstellung der die
japanische Lesung wiedergebenden Umschrift.
A. GRAMATZKY, INSCHRIFT IM KOZAN-EN.
295
Zoju-ichii IMori Ko ikun mei.
mr
Sambo-socho
rikueun-taisliö
*^ H
daikun-i--' ko nikyu"'^ Akihito
Shinno tengaku.
Ko Chobo-Kokushu zojü-ichü
IMori Ko ikun mei.
Ko no iinina Takachika, azana
Shijo, sei Oe.
Sono saki Amanohi no mikoto
yori izLi.
Yoyo keisho ni ressu.
Inschrift (betreffend) die Helden-
thaten des Fürsten Möri, dem
der zweite Grad der ersten
Rangklasse verliehen worden
ist."
(Diese) Überschrift (in) Ten{shd)
(ist verfasst von dem) Kaiser-
lichen Prinzen Akihito, Chef
des Generalstabs, General-
feldmarschali, Inhaber des
Chrysanthemum-Ordens^^ und
des Kinshi- Ordens zweiter
Chi
asse
3)
Inschrift (betreffend) die Helden-
thaten des verstorbenen Für-
sten vom zweiten Grade der
ersten Rangclasse, des frü-
heren Daimyö der Provinzen
Chöshü und Böshü (Nagato
und Suwö).
Des Fürsten tniina^^ (war) Taka-
chika, (sein) asana^^ Shijo,
(und sein) sei^^ Oe.
Seine Vorfahren stammten von
Amanohi no mikoto ab.
In allen Zeiten waren Mitglieder
dieser Familie die höchsten
Staatsbeamten.
i) Dieser Rang wurde ihm nach seinem Tode verliehen.
2) Mit dem höchsten " Kun " Titel verbunden.
3) Mit dem " Kö '' Titel verbunden ; ein neuer Orden seit dem chinesischen Kriege, der
etwa unserm eisernen Kreuz entspricht.
4) Vorname = Nanori.
5) Beiname.
6) Familienname.
296
A. GRAMATZKY, INSCHRIFT IM KOZAN-EN.
M^j^Hfö 7C Ti
Köjichü*^ zöjü-san-i Motonari,
sono ko Bichu no Kami
PlTC ^ . ß
Takamoto to tomo ni mikoto-
nori wo höji, zoku wo uchi.
San-in Sanyo jü yo shu wo ryo
SU.
K5 sunawachi san-i juroku sei
no mago.
■5fe^ ^±_ mn_ . iMi
Sentei kinjo ryocho ni rekiji
m tt} iL
shi, shi wo iclashi, ran wo
osame, chükö samei genkun
to naru.
Hö wo maslii, chitsu wo hei su.
jünii Gon-Dainagons^ ni itaru.
In (der Teriode) Köji^^ züchtigte
Motonari, dem nach dem Tode
der Grad der dritten Rang-
klasse verliehen wurde, zusam-
men mit seinem Sohne Taka-
moto, dem Daimyö von Bichü,
auf Befehl des Kaisers die
Empörer.
Er beherrschte mehr als 10 Pro-
vinzen des Sanindö und San-
yödö.
Der Fürst ist ein Nachkomme
dieses Ahnen in der 16. Gene-
ration.
Er diente dem vorigen Kaiser
und dem gegenwärtigen. Mit
Waffengewalt unterdrückte er
die Empörer. Er war eine
Stütze der Restauration und
erwarb sich das grösste Ver-
dienst um den Staat.
Er vergrösserte (durch die Gnade
seines Kaisers) sein Gebiet
(und) erhöhte (so sein) Ein-
kommen.
Er erreichte den zweiten Grad
der zweiten Rangklasse und
war Gon-Dainagon.s^
Pj^J^ 5^^ HH -'"f Er starb am 28. Tage des 3.
Meiji shimmi sangwatsu nijü- Monats des Jahres Meiji Shim-
A H ^ ^%— fö mi (£871), und es wnn-de ihm
hachi nichi ko su. Juichii
7) 1555—1558-
8) stellvertretender erster Staatsrat.
A. GRAMATZKY, INSCHRIFT IM KOZAN-EX.
297
WO okui'u.
^
n
Ima koko ni heishin mikotonori
m^_ S 11
shite dohyo wo täte, shin Ko
wo shite mei seshimu.
0
Mei
ni nva
ku:
K^ mm
Bushin bakko
^ m _
Te ni koklco wo tori,
m -km m,
Tare ka taigi w^o benji,
Shü
to
shite
kinno
wo
ff
lEI
tonaen ?
^vm.
Gwaiko shutsubotsu
__ mm.
Shikyo wo kwanshi su,
Tare ka chösaku wo kvvaku
shite
Shu to shite kaibo wo osamen ?
Kokuyo kyubo,
m mit n
Tare ka choso wo mokeii ?
Fukyo suitai,
nach dem Tode der zweite
Grad der ersten Rangklasse
verliehen.
Jetzt im Jahre Heishin (1S96) er-
richtet man ihm auf Kaiser-
h'chen Befelil ein Denkmal aus
Erz. Mir wurde von Sr.
IMajestät der ehrenvolle Auf-
trag- zu teil, die Inschrift abzu-
fassen. Sie lautet :
(Als) das Shogunat (in seiner)
Anmassung die Zügel der
Regierung ergriffen hatte —
wer sah (damals trotzdem)
ein, (dass nur der Kaiser)
gerechte Ansprüche (auf die
Regierung hatte), (und wer
war) der erste, (der uns darü-
ber) aufklärte, (dass wir dem
wahren) Herrscher zu dienen
haben .''
(Als) die äusseren Feinde kamen
(und) gingen (und) das ganze
Land zu erforschen (gesucht)
— wer entwarf (da) den (er-
sten) Plan (und wer war der)
erste, (der den vaterländi-
schen) Strand scliützte besser
(denn je) ?
(Als) es schlecht um die Finan-
zen des Reiches stand — wer
errichtete (da) Speicher ? (Als)
gute Sitte (und) Bildung nicht
mehr gepflegt wurden — wer
baute (wieder) Schulen (um
Tare ka joslio wo hirakan ? dem Übel zu steuern)? An
298
A. GRAMATZKY, INSCHRIFT IM KUZAN-EX.
Toki
kana
nai'u
kana,
toki
nani
^ mm m .
Ten teisho wo hasshi,
m mA ^..
Koto ni ijin wo shoji,
Oi ni kikkyö wo kitasu.
^^ _ B t^ .
Tenshi iwakii : yoshi,
Junin kei ni ari.
Kg hai keishu,
« mm ^
Chikatte seimei ni kotau.
Kimpu ichimö'^
FoCTun shiio wo itasu.
o
Kokusei ittei,
Shuzoku clomei.
Kare ean ni shite go
^^yi
Goju renke.
Ko sono bu wo furui,
Keiei naru wo tsugu.
der Zeit war es wahrlich, an
der Zeit war es wahrlich !
Der Himmel kehrte (alles) zum
Guten. Absichtlich Hess er
einen Retter des Vaterlandes
erstehen. Ein grosses Heil
war es (für das Land).
Der Kaiser sprach : Fürwahr,
eine schwere Aufgabe hast
du, Fürst ! Der Fürst voll
Ehrfurcht verneigte sich tief.
Er gelobte (unerschütterliche
Treue und) folgte (den Wei-
sungen seines) erlauchten Her-
ren.
Nachdem das (kaiserliche) Bro-
katbanner einmal entrollt war,
da streckte das Heer (des
Usurpators) im Osten die
Waffen, da hatte die gerechte
Sache des Kaisers mit einem
Schlage gesiegt, und viele Pro-
vinzen thaten sich zusammen
(um treu zum Kaiser zu hal-
ten).
Aber die anderen (die Anhänger
des Shöguns), starrköpfig und
hochfahrend, vereinigten sich
(auch und) schlössen einen
festen Bund. Der Fürst bot
seine Kriegsmacht auf, (und
bald darauf war die alte)
I) oder (statt ichimo) : hitotabi sashi-maneite.
A. G41AMATZKY, INSCHRIFT IM KOZAN-EN.
299
Sunawaclii bu naru to iedomo,
Bunji imada sakaii narazu.
Sai wo nuki, ketsu wo age,
^
m
'S»
Köre wo byodo ni susumu.
B n &:
Iwaku : wäre matsurigoto ni
.^
shitagau.
Kanarazu ya na wo tadasu.
Futen odo,
gi kau bekarazLi.
Sunawaclii hanto wo kaeshi,
Mazu hosho wo tessu.
mm_ M m
Rekko fu wo kiki,
M_ m ^ m
Chi wo ire, liei wo tol<u.
2^
Goki
hachido,
Tosai
nikyo,
l^35C IrJUL
Dobun doki,
Mm
Oka
yoyo.
Staatsordnung wieder herge-
stellt.
Jedoch, ob weil 1 der Krieg
(glücklich) zu Ende geführt
war, (war doch) die Verwal-
tung im Innern noch nicht mu-
stergiltig. Die besten Köpfe
machte er (nun) ausfindig und
die Trefflichsten wählte er
(zu seinen Ratgebern). Diese
stellte er (sodann seinem) kai-
serlichen Herrn vor.
Mit den Worten : (Wenn) ich die
Regierung in die Hand nehme,
so muss unbedingt der richtige
Herrschername (im Lande)
wieder zur Geltung kommen ;
das ganze Reich gehört ja dem
Kaiser, und der Pflicht (gegen
den Kaiser) kann man nicht
treulos werden.
Daraufgab er (dem Kaiser sein)
Gebiet zurück. (Er war wieder)
der erste, der seine Festungen
schleifte. Andere Fürsten
folgten (seinem) Beispiel, ver-
zichteten auf (ihr) Land (über-
liessen es dem Kaiser) (und)
entliessen (ihre) Krieger.
Den 5 Stammprovinzen und den
8 grossen Landstrassen (mit
ihren) beiden Hauptstädten
(in) Ost (und) West, eine ein-
zige Regierung und Verwal-
tung (wurde ihnen wieder zu
teil wie in alten Zeiten), (und
30C
A. GRAMATZKY, INSCHRIFT m KuZAN-EX.
Oyoso kono ikun
Ko )io chutdi ni yoru.
Rui wo tamai, shaku wo okuru.
Kwanko taru tensho!
Yoshiki no gur,,
Kozan no ei,
Mei wo kinseki ni roku shi,
B n ^ ^
Jitsu getsu hikari wo arasou.
Meiji nijuku-nen ichigetsu.
Kyuchu komonkwan jusan-i,
m mm 35c# tf±
kun shito, bungaku hakushi
j\\m m
Kawada Ko
m , p- m
mikotonori wo hojite erabu.
PeO mm jEHfö
Kinkei no ma giko shosan-i,
kun nitö
mm ^^
Noinura ]Motosuke
fj
mikotonori wo hojite sho su.
es crscliallten) begeisterte
Jubellieder.
Alle diese Ereignisse sind auf
die Treue und edle Gesinnung
(dieses) Fürsten zurückzufüh-
ren. Der Kaiser selbst sandte
ein allerhöchstes Beileids-
schreiben und erhob den Sohn
des Fürsten, in den Fürsten-
stand. Welch ein ehrenvol-
ler Lohn !
(Im) Kreise Yoshiki neben dem
Grabe (des Fürsten) auf dem
Közan trägt nun diese Worte
ein Denkmal aus Erz und
Stein. Es strahlt (der Ruhm
des Fürsten) so hell wie Sonne
und Mond.
Im I. Monat des 29. Jahres
Meiji (1896).
Geheimrat Dr. phil. Kawada
Kö, Inhaber des zweiten Gra-
des der dritten Rangklasse
und des Ordens der aufge-
henden Sonne vierter Klasse
hat auf Allerhöchsten Befehl
(die Inschrift) verfasst,
(und) Kinkeinomagikö Nomura
Motosuke, Inhaber des ersten
Grades der dritten Rangklasse
und des Ordens der aufgehen-
den Sonne zweiter Klasse, hat
(die Inschrift kalligraphisch)
ausgeführt.
A. GRAMATZKY, INSCHRIFT IM KOZAX-EN. 3OI
Die mit Hilfe meines Collegen, des Herrn Prof. Dr. TOBARI
angefertigte Umschrift und Übersetzung hat Herr Kamiyama,
dessen Famih'enname — sein Vater war ein getreuer Anhänger des
Fürsten — auf einer der Steinlaternen vor den Fürstengräbern steht,
und der sich während seiner Studienzeit in Deutschland eine recht
gute Kenntnis des Deutschen angeeignet hat, einer sorgfältigen
Durchsicht und Kritik unterzogen. Ausserdem waren Herr Direc-
tor KÖCHI und einige andere Collegen so gütig, mir ihre Auffassung
einiger schwieriger Stellen mitzuteilen. Ich hoffe somit, eine
möglichst richtige Umschrift und Paraphrase gegeben zu haben ;
die letztere gibt zugleich bei Unterdrückung des Eingeklammerten
eine wenigstens annähernd wortgetreue Übersetzung. — Die beiden
Zeichen r\ auf dem Unterteil der Gitterthürflügel (vgl. die Abbil-
dung) heissen icJii vi viilsuboshi und sind das Hauptwappen des
Fürsten Möri, welches man in Yamaguchi, besonders bei festlichen
Gelegenheiten, als Häuserschmuck u. dgl. noch jetzt häufig sieht.
SITZUNGSBERICHTE.
JUBILÄUMS-SITZUNG IN TOKYO
am 29. October 1898.
Vorsitzender : Herr Graf von Leyden.
Die Sitzung war dazu bestimmt, das 25jährige Bestehen der
1873 gegründeten Gesellschaft festlich zu begehen. Der Sitzungs-
raum des Gesellschaftsgebäudes war mit Fahnen, Blumen etc. aus-
geschmückt, und sowohl aus Tokyo wie aus Yokohama hatte sich
eine ungewöhnlich grosse Anzahl Mitglieder eingefunden.
Nachdem der Vorsitzende die Sitzung mit einer Ansprache
eröffnet hatte, wurden Glückwunschtelegramme von Herrn Consul
Müller-Beeck in Nagasaki und Herrn Aug. Evers und sämmtlichen
Köbe-Mitgliedern verlesen.
Als neu eingetretene Mitglieder wurden angekündigt :
. Herr E. LiJTHY, Tokyo.
O. Meyer, Yokohama.
\V. Hagen, Kaiserlicher Viceconsul in Yokohama.
,, Ingenieur G. ToPPE, Yawatamura (Chikuzen).
Der Letztgenannte hat durch Zahlung von 100 Yen die lebens-
längliche Mitgliedschaft erworben.
Hierauf ertheilte der Vorsitzende das Wort Herrn Dr. L.
RiESS, der einen von ihm verfassten " Abriss der Geschichte der
Gesellschaft " verlas. (Derselbe wird später in der Festschrift
veröffentlicht werden, die zur Erinnerung an das 25jährige Jubi-
läum herausgegeben werden wird.) — Es folgte ein Vortrag von
Herrn Dr. K. MlURA : '' Über Jüjjitsu oder Yawara'' (in diesem
Heft abgedruckt), der dann von Herrn Director Inoue Keitarö
SITZUNGSBERICHTE.
303
und vier seiner Schüler durch VeranschauHchungf der wichtigsten
Griffe, Darstellung von typischen Kampfscenen etc. praktisch
erläutert wurde.
Nach der Sitzung fand ein Festessen statt, woran sich ein
längeres gemüthliches Beisammensein schloss.
SITZUNG IN YOKOHAMA
am 30. November 1898.
Vorsitzender : Herr R. Lehmann.
Neu eingetretene Mitglieder :
Herr Major FALKNER VON SONNENBURG, München.
Consul F. Reinsdorf, Soul.
H. Haeslop, Yokohama.
,, O. Lord, ,,
A. Gerdts,
Herr K. Th. StöPEL ist lebenslängliches Mitglied geworden.
Ferner theilt der Vorsitzende den Eingang folgender Ge-
schenke mit :
Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen, 3. Band, geschenkt
vom Auswärtigen Amt in Berlin.
Chmnberlain, A Ouinary System of Notation employed in
Luchu on the wooden tallies termed Sho-Chu-Ma, geschenkt vom
Verfasser.
Der neuen Kaiser Wilhelms Universitäts-Bibliothek in Posen
ist ein vollständiges Exemplar der "Mittheilungen" zum Ge-
schenk gemacht worden.
Herr Major Falkner von Sonnenburg hielt einem Vor-
trag : " Stimuiitngsbilder aus Manila,'" der in diesem Heft abge-
druckt ist.
504 SITZUNGSBERICHTE,
SITZUNG IN TOKYO
am 21. December 1898.
Vorsitzender : Herr R. Lehmann,
Der Vorsitzende meldet folgende neue Mitglieder an r
Herrn P. May, Ersten Sekretär der Kgl. Belgischen Ge-
sandtschaft zu Tokyo.
„ Pfarrer H. HAAS, Tokyo.
,, A. Egli, Yokohama.
,^ A. SCH AUENBURG, Lahr in Baden.
,, Werner Schwartz jr., Bocholt in Westfalen.
Herr Dr. K. MiURA hat der Gesellschaft folgende zwei von
ihm verfasste Abhandlungen zum Geschenk gemacht :
Über Veränderungen der Knochen an Händen und Füssen bei
Lepra mutilans. — Zwei Fälle von Geschwülsten des Thalamus op-
ticus.
Ferner sind geschenkt worden :
F. Hirth, Shangtung und Kiautschou, (Vom Verfasser.)
Jahresbericht des Vereins für Naturkunde in Krefeld.
Herr P. PiETZCKER legt wegen Rückkehr nach Deutschland
sein Amt als Schatzmeister nieder. Herr A. Gerdts wird an seiner
Stelle gewählt. Der Vorsitzende hob hervor, wie sehr Herr
Pietzcker durch tüchtige Führung der Kassengeschäfte die Interes-
sen der Gesellschaft befördert habe, worauf die Versammlung
durch Erheben von den Sitzen den Dank der Gesellschaft kundgab.
Hieraufhielt Herr Dr. K. Florenz einen Vortrag " tJber den
Shintökultus^'' den er an einer grossen Anzahl von Shintö-
Symbolen, Shintö-Geräthen etc., die im Sitzungssaal aufgestellt
waren, illustrirte. Wegen allzu vorgerückter Zeit wurde die
Discussion über diesen Vortrag auf die nächste Tokyo-Sitzung
verschoben.
SITZUNGSBERICHTE.
305
GENERALVERSAMMLUNG IN YOKOHAMA
am I. Februar 1899,
Vorsitzender : Herr R. Lehmann.
Der Vorsitzende gedachte in warmen Worten des am vorher-
gehenden Tage, dem 31. Januar, verstorbenen Mitgliedes Herrn
O. Keil, der unserer Gesellschaft 24 Jahre lang angehört hat, und
hob dessen immer hilfsbereite, aufopfernde Thätigkeit im Dienste
der Allgemeinheit hervor. Die Anwesenden ehrten das Andenken
des Verstorbenen durch Erheben von den Sitzen.
Es wurden folgende neue Mitglieder angemeldet :
Herr A. Hartmann, Shanghai.
Redacteur Carl Fink, Shanghai.
Ernst Behrendt, ,,
Bergassessor W. FriCK, Kiautschou.
Dr. ErdmannsdöRFFER, Kumamoto.
Dr. A. Gramatzky, Yamaguchi.
J. SpöRER, Tokyo.
F. Gensen, Yokohama.
C. Manuel,
H. DOHRN,
Als Geschenke sind eingegangen :
M. Courant, Seele Chinoise du Royaume de Kokonrye.
(Vom Verfasser.)
Dr. y. Kitao, Über das Schwinden der Hölzer. (Vom Ver-
fasser.)
Mit der medicinischen Fakultät der Universität Tokyo ist
Austauschverkehr angeknüpft worden.
Ferner theilte der Vorsitzende mit, dass von den " Mitthei-
lungen " der I. Theil des VH. Bandes erschienen sei, sowie der 5.
(letzte) Theil der " SpricJnvorter und bildlichen Ausdmcke der
japanischen Sprache,'' yon P. Ehmann.
Es folgte die Verlesung des Jahresberichts, und die Vorlegung
306 SITZUNGSBERICHTE.
des Kassenberichts für 1898, worauf der Vorstand sein Amt nieder-
legte. Auf Antrag des Herrn Consuls Kallen wurde dem Vor-
stande Entlastung ertheilt, und darauf ebenfalls auf Antrag des
Herrn Consuls Kallen der bisherige Vorstand durch Acclamation
wiedergewählt.
Hierauf verlas Herr Dr. Christlieb den von Herrn Con-
sulatsdolmetscher FORKE in Tientsin eingesendeten Aufsatz :
" Die Pekinger Laden Jtnd ihre Abzeichen.'" — In der sich anschlies-
senden Discussion machte Herr Lehmann darauf aufmerksam, dass
sich viele dieser Abzeichen auch bei den japanischen Läden finden.
Herr Dr. RiESS wies auf die in japanischen Städten überall
sichtbaren Kamban (Ladenschilder) und Noren (Ladenvorhänge)
hin, die, nach dem eben gehörten Vortrage zu schliessen, in China
nicht üblich seien.
Herr Lehmann sprach sich dahin aus, dass die grossen Schilder
über den Läden {yane-kaviban) eine von Europa resp. Amerika
entlehnte Neuerung seien.
Herr Haltzer erwähnte noch, dass demnächst auch die
Eisenbahnwagen im Innern mit Reklamebildern etc. versehen
werden sollen.
Nach Schluss der Discussion machte Herr Dr. Christlieb
noch eine Mittheilung, betitelt : "'Eine Rettung Japanischer Schiff-
brüchiger dnrch ein deutsches Schiff' vor 50 Jahren.'^
SITZUNG IN TOKYO
am 22. Februar 1899.
Vorsitzender : Herr R. Lehmann.
Nachdem der Vorsitzende die Sitzung eröffnet hatte, ertheilte
er Herrn Dr. A. Haberer das Wort zu seinem Vortrage: " Über
Artbegriff lind Artabändernngi' Hieran schloss sich eine Discus-
sion, an der sich Herr Hofrath Dr. BALZ, Herr KESSLER und Herr
Lehm.\NN betheiligten. — Es folgte eine Discussion über den Vor-
SITZUNGSBERICHTE.
307
trag, den Herr Dr. FLORENZ in der Decembersitzung gehalten hatte
(Über Shintöcultus). Herr Dr. BALZ äusserte sich dahin, dass die
shintoistischen Gebräuche mit manchem, was sich in Korea finde,
AhnHchkeit hätten, und dass der Shintoismus möglicherweise
nichts ursprünglich Japanisches sei. Herr Dr. MiURA bemerkte
noch, dass die sog. Götterschrift nicht in Japan erfunden, son-
dern aus dem koreanischen Alphabet abgeleitet sei.
JAHRESBERICHT FÜR 1898.
Die Zahl der Mitglieder betrug am Ende des Jahres 287 (6
Ehrenmitglieder und 281 ordentliche Mitglieder); von diesen
wohnten :
in Tokyo ..... (1897
in Yokohama .
im übrigen Japan
,, ,, Ostasien
in anderen Ländern
Sa
44) 57
53) 61
37) 48
12) 15
105) 106
(1897 : 251) 287
angeknüpft mit folgenden
Neue Austauschverbindungen wurden
Gesellschaften und Instituten :
Kaiserl. Mineralogische Gesellschaft, Petersburg.
Medicinische Fakultät der Kaiserl. Universität zu Tokyo.
Botanical Garden, St. Louis (Missouri).
Museo Paulista, Sao Paulo (Brasilien).
Der Kassenbericlit folgt weiter unten.
Am 29. October feierte die Gesellschaft das Fest ihres 25
jährigen Bestehens ; in Anlass desselben wird eine besondere Fest-
schrift herausgegeben werden, enthaltend einen Abriss der
Geschichte der Gesellschaft, nebst einem die ganze Zeit von 1873
bis 1898 umfassenden Mitgliederverzeichniss, und einem General-
Index sämmtlicher in den ersten 6 Bänden der " Mittheilungen"
erschienenen Aufsätze und Abhandlungen.
In den 10 Sitzungen des Jahres sind folgende Vortrage gehal-
ten worden :
Bemerkungen über die Ainu's, von Dr. Baelz.
308 JAHRESBERICHT FÜR 1898.
Die Lieder der hundert Dichter {Hyaktmin Isshü), von P.
E HM ANN.
Eine aufgefundene Abschwörungsformel aus der Zeit der Chri-
stenverfolgung im 17, Jahrhundert, von Dr. Christlieb.
Über Durchleuchtung des menschlichen Körpers mittelst
Röntgen-Strahlen, mit Demonstrationen, von Prof. Dr. Scriba.
Über chinesische Ärzte, von Dr. FEST.
Über das Bonfest, von Dr. Weipert.
Über die neueste japanische Gesetzgebung, mit besonderem
Bezug auf das Familien- und Erbrecht, von Landgerichtsrath Dr.
LÖNHOLM.
Über Kiautschou, von Th. Stüpel.
Über das jQjutsu, mit Demonstrationen, von Dr. MlURA.
Stimmungsbilder aus Manila, von Major VOX SOXNENBURG.
Über den Shintokultus, von Dr. FLORENZ.
Von den " Mittheilungen " ist der i. Theil des VII. Bandes
erschienen, der folgende wissenschaftliche Beiträge enthält :
Die Ursachen der Vertreibung der Portugiesen aus Japan (1614
— 1639), von Dr. L. RiESS.
Bemerkungen und Berichtigungen zu Lange's Einführung in
die japanische Schrift, von Dr. K. FLORENZ.
Über Lepra in Hawaii und das Aussätzigen- Heim in Molokai,
von Dr. A. Haberer.
Die Ärzte China's, von Dr. F. FEST.
Formosanische Volkslieder, nach chinesischen Quellen, von
Dr. K. Florenz.
Ferner sind Theil III — V der " Sprichwörter und bildlichen
Ausdrücke der japanischen Sprache," von P. Ehmann, als Supple-
menthefte erschienen, womit die Sam.mlung ihr Ende erreicht hat.
Von Heft 2, 3 und 58, welche vergriffen waren, ist ein Neu-
druck veranstaltet worden.
Die BibliotJiek hat sich wieder durch Neuanschaffungen und
Geschenke vergrössert. Von den seit 1892 neuerworbenen Bü-
chern ist als Ergänzung des Katalogs ein Verzeichniss angefertigt
und gedruckt worden.
Für freundliche Überlassung des Saales zu den Sitzungen in
Yokohama wird dem Vorstande des Club Germaiiia hiermit wieder
der beste Dank der Gesellschaft ausgesprochen.
309
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EIN UiNENTDECKTES GOLDLAiNa
EIN BEITRAG ZUR GESCHICHTE DER
ENTDECKUNGEN IM NÖRDLICHEN
GROSSEN OZEAN
VON
0. NACHOD.
KAP. I. EINLEITUNG.
DAS STREBEN NACH GOLDLÄNDERN
IM ALLGEMEINEN.
" Nach Golde drängt,
Am Golde hängt
Doch alles ! "
Nie ist dieser mit wenigen Worten so viel sagende Ausspruch,
welchen Göthe in den harmlosen Mädchenmund seines Gretchens
legt, und der durch sein scharfe Weltwahrheit längst zum geflügel-
ten Worte geworden ist, mehr zum sichtbaren Ausdruck gelangt,
als in solchen Zeiten, in denen auf einmal der bisherige Kreis der
Oekumene, das der wirtschaftlichen Thätigkeit des Menschen
offenstehende Gebiet, eine bedeutende Erweiterung erfuhr.
Bereits im Altertum lassen sich, im engsten Zusammenhang
mit Fortschritten auf den Gebieten der Schiffahrt und des
Schiffsbaus, des Fremdhandels und der Völkerkunde, bei den
Phöniciern und Juden in der Fahrt nach dem immer noch
unaufgeklärten Goldlande Ophir, bei den Griechen in dem
Argonautenzuge nach dem Goldenen Vliesse am Schwarzen Meere,
solche Erscheinungen nachweisen.
Im höchsten Masse entfesselt aber wurde die Sucht nach
Gold, als am Ende des 15. Jahrhunderts durch zwei nur um sechs
Jahre aus einander liegende Ereignisse, jedes an sich schon
welterschütternd genug, plötzlich der Zugang zu Gebieten eröffnet
312 o. XACiiOD, Eix uxextdecktf:s goldlaxd.
wurde, deren Ausdehnung alles, was dem Abendlande bisher von
der Erde bekannt gewesen, weit übertreffen sollte : die Entdeckung
Amerikas durch Columbus (1492) und infolge der Umseglung des
Kaps der Guten Hoffnung durch Vasco de Gama (1498) die
Erschliessung des Indischen und dadurch auch des Grossen Ozeans.
Nun wurde die Erinnerung an das Ophir Salomos wieder wach;
zum sichtbaren Ausdruck gelangte sie, indem der spanische
Kapitän Mendana einer 1567 von ihm in der Südsee entdeckten
Inselgruppe den noch heute geltenden, verheissungsvollen Namen
Salomon-Inseln verlieh, ohne dass jedoch die von ihm hieran
geknüpften Hoffnungen auf grosse Goldfunde zur Verwirklichung
gelangt sind. Beständig neuen Anhalt fand die Sehnsucht nach
einem unermesslich reichen Goldlande, dem spanischen "El
Dorado", Avie der Name seither geblieben ist, auch an den durch
die junge Buchdruckerkunst weit verbreiteten, die Schätze Asiens
so glänzend schildernden Darstellungen des berühmten venetiani-
schen Reisenden Marco Polo, sowie an anlockenden Berichten von
Eingeborenen der neu entdeckten Länder ; und zwar wird hier
immer mit der Bezeichnung Gold stillschweigend auch der Gedanke
an das fast eben so heiss begehrte Silber verbunden, dessen Wert
im Mittelalter ja noch im Verhältniss zu Gold etwa dreimal so hoch
als heute war.
So sehen wir denn, wie sich gar bald unter dem ungestümen
Vordringen in die unbekannten Länder an verschiedene Gegenden
die Kunde von einem Goldlande anknüpft.
In Amerika suchten es die Spanier. Bereits im Jahre 1524
berichtet Hernan Cortes dem Kaiser Karl V., man habe ihm von
einer Amazonen-Insel gesagt, die voll Gold und Perlen sei.^)
Später war es vor allem Guayana und das Gebiet des Orinoko mit
1) Dieser Brief vom 15. Oktober 1524 aus Termuxtitan oder Mexiko ist erwähnt in der
unter dem Titel "Natürliche und biirgerh'che Geschichte von Cahfornien " (3 Teile,
Lemgo 1 769-1 770; Teil I, Seite S9-92) erschienenen Uebersetzung des spanischen Werkes
"Noticia de la California " von M. Vcncgas (Madrid 1757, 3 Bände). Es heisst dort :
"An einer andern Stelle eben dieses Briefes giebt er dem Kaiser von den Zurüstungen
Nachricht, die er wegen der Eroberung der Provinz Colina im Südmeer gemacht habe :
i\Ian habe ihm von einer Amazoneninsul gesagt, die voller Gold und Perlen sey, und setzt
hinzu, dass einige Indianer da gewesen wären, und dass er nichts unterlassen würde, sie zu
entdecken. Diese Amazoneninsul war ebenso ein Hirngespinste, als eine andre Provinz am
Amazonenflusse, die von ihm den Namen haben sollte. Das, was er von den Perlen sagt,
macht mich glauben, er rede hier von CaKfornien und dessen Golfo." (Seite 92.)
O. NACHOD, EIX UXEXTDECKTES GOLÜLAND. 313
der fabelhaften Goldstadt Omagua, wo man das Eldorado zu finden
hoffte. Hierher wandte man sich auch von englischer Seite ;
Walter Raleigh, der bereits 1595 einen beträchtlichen Teil des
Orinoko hinaufgefahren war, unternahm im Jahre 1617 einen neuen
Zug dorthin mit dem Versprechen, seinem König Jakob I. eine
■Goldmine zu verschaffen. Nach England zurückgekehrt, ohne sein
Wort einlösen zu können, musste er den Misserfolg mit seinem
Kopfe büssen, indem das seit Jahren über ihn verhängte, aber nicht
ausgeführte Todesurteil nunmehr vollzogen ward. Einer geschicht-
lichen Darstellung aller der im 16. und 17. Jahrhundert in
Amerika unternommenen, vergeblichen Züge nach dem so heiss
begehrten Goldlande hat Junker von Langegg ein ganzes Buch^)
gewidmet und darin ein erschütterndes Bild voll Grausamkeit und
Verrat von der blutigen Conquistadoren- Romantik entrollt. Eine
geographische Klarstellung der in Amerika mit der Sage vom
Eldorado verknüpften Oertlichkeiten hat bereits Alexander von
Hjunboldt ge.\\Q{&\-t und deren Armut an Gold dabei nachgewiesen.^)
Hofften die Spanier, das Goldland in Amerika zu finden, so
suchten die Portugiesen dasselbe in dem jenseits des Aequators
liegenden Teile des durch päpstlichen Schiedsspruch ihnen
zugesagten unbekannten Erdgebiets, und zwar in der im 16.
Jahrhundert noch so wenig durchforschten vSüdsee. Der Sohn
eines portugiesischen Edelmanns aus dessen Ehe mit einer malai-
ischen Königstochter, Emanuel Godinho de Eredia, welcher bei
den Jesuiten in Goa gründliche Studien gemacht hatte und dort seit
dem Jahre 1594 das mit der Leitung der Entdeckungsangelegen
heiten betraute Amt eines " Descobridor'' bekleidete, unterbreitete
-Zwischen 1597 und 1600 dem damals auch Portugal beherrschenden
König von Spanien eine Denkschrift^), worin er einen Zug nach der
■Goldinsel vorschlug, von der er durch Fischer aus der Sunda-Insel
1) Geschichte der Entdeckungsreisen nach dem Goldlande El Dorado im 16. und 17.
Jahrhundert. Leipzig 1888.
2) Relation historique II, Kap. 24., Seite 675 u. ff.
3) Dieselbe tragt den Titel " Informa^ao da Aurea Chersoncso ou Teninsula e das ilhas
Auriferas, Carbunculas e Aromaticas " und wurde veröffentlicht von Antonio J^oiircufo
Caminha in den " Ordenaljaos de India do Senhor Rei Don Manoel "'; Lissabon 1807.
314 O- NACHOD, EIX UNENTDECKTES GOLDLAND.
Solor Kunde erlangt hatte. ^) Auch in einem im Archiv zu Lissabon,
befindlichen Briefe,*) dem leider die Angabe des Adressaten und
des Datums fehlt, der aber vermutlich an den Vizekönig in Goa
gerichtet ist, erbietet sich Godinho de Eredia dringend zur
Entdeckung jener " felice Ilha do Oro ", zu welcher, wie er
schreibt, " sein Gewissen ihn drängt und ihm sagt, dass sie iiim.
gelingen wird, weil Gott ihm helfen wird". Die durch die
zunehmenden Angriffe der Holländer bedräno-te Laee der
Portugiesen in Indien scheint jedoch das Vorhaben Godinhos
vereitelt zu haben.
KAP. II.
DENKSCHRIFT EINES BEAMTEN DER
NIEDERLÄNDISCHEN OSTINDISCHEN KOMPAGNIE
ÜBER DIE "GOLD- UND SILBERREICHEN INSELN"
ÖSTLICH VON JAPAN.
Das Goldland indessen, von dem hier die Rede sein soll,,
wurde weder in Amerika, noch südlich vom Aequator gesucht,
sondern in östlicher Richtung von Japan mitten im Stillen Ozean,
in jenem mächtigen Meeresbecken, welches auch heute noch auf den
Karten zwischen Kalifornien und Japan eine von keinem festen
Punkte unterbrochene Wasserstrasse von rund 8000 Kilometer
zeigt.
Willem Versteegen, ein rühriger Kolonial- Beamter der zu
jener Zeit sehr mächtigen und angesehenen Niederländischen
Ostindischen Kompagnie war es. der im Jahre 1635 die Aufmerk-
») Die vorstehenden Angaben bezüglich Godinho de Eredia sind entnommen dem von
eil. Kiickns verfassten Vorwort zu " Malaca, linde Meridionale et le Cathay ; manuscrit
original autographe de Godinho Eredia, reproduit et traduit par ]\[. Leon yanssen^';
Brüssel 1SS2. Es bildet dies eine grössere geographisch-geschichtliche Arbeit, welche
Godinho de Eiedia im Jahre 1613 an den König Philipp III. von Spanien richtete.
*) Dieser Brief wurde im Facsimile und in französischer Uebersetzung veröftentlicht in
darneben genannten Werke "Malaca, l'Inde Meridionale et le Cathay" (das Facsimile
hinter dem portugiesischen Text, die LTebersetzung Seite 99-100), sowie in holländischer
Uebersetzung in Ki'onijk van het Historisch Gcnootschap te Utrecht, Jahrgang 1875^
Seite 351-360.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 315
samkeit der Holländer, damals der ersten seefahrenden Nation, auf
die "Gold- und Silberreichen Inseln" — so heissen sie nach der
spanischen Bezeichnung "Rica de Oro" und "Rica de Plata" — lenkte
durch eine ausführliche Denkschrift^} an die Indische Regierung zu
Batavia, der obersten Behörde seiner Kompagnie in den Kolonien,
Die Kunde davon lautet in diesem Schriftstück, möglichst
wortgetreu übersetzt, wie folgt: "Vor sehr geraumer Zeit ist
ein gewisses Fahrzeug, welches aus Manilha abgefahren war
mit dem Vorhaben, seine Reise nach Nova-Hispania zum
Handel in einem dieser Plätze zu machen, östlich von Japan
in der Südsee auf der Höhe von 2)72 Grad, ungefähr 380-390
Meilen-) vom Lande, einem grossen und sehr gewaltigen, schweren
Unwetter begegnet, sodass es seinen Mast verloren hat und
genugsam genötigt war, umzukehren oder das erste Land anzu-
laufen. Als das Wetter sich etwas beruhigt und abgenommen
hatte, sahen sie mit dem Aufklaren des eilenden Windes grade zu
ihrem Glücke ein grosses und hoch emporragendes Eiland, worüber
sie in ihrem Gemüt nicht wenig erfreut waren. Den Kurs genau
dorthin gerichtet, fanden sie beim Landen dasselbe fremd und
niemand bekannt ; das Volk von schöner Gestalt, weiss und wohl
proportionirt, sehr liebreich und freundlich, wie man es sich nicht
besser wünschen könnte, um damit umzugehn. Allwo sie es nach
einip-er Zeit dermassen beschaffen fanden, dass sie, nachdem sie
einen Mast bekommen, wieder aufnahmen, ihre Reise fortzusetzen,
und waren alle so befriedigt, dass ihnen dünkte, es könne nie mehr
ihnen an etwas gebrechen zum Unterhalt des Lebens als grosse
Herren oder Ritter ; fortgesetzt prahlten sie so sehr damit, nicht
anders als ob man das Gold und Silber so zu sagen beinahe nur
1) Dieselbe Ijefindet sich im Reichsarchiv im I laag und ist im Wortlaut, jedoch nicht ganz
frei von kleinen auf Schreib- oder Lesefehlern beruhenden Abweichungen, veröffentlicht von
F. A. Leiipc in " Reis naar de Eilanden tcn N. en O. van Japan door :Mrt. Gerr. Vries, in
1643 "' Amsterdam 1858, Seite 35-40.
2) Hier sind spanische Meilen oder Leguas gemeint ; dies geht hervor aus der später zu
besprechenden Instruktion für Vries (vergl. Seite 93), wo es heisst, dass Versteegen von
ungefähr 400 spanischen oder 343 niederländischen ]\Ieilen berichtet habe. (Vergl. den von
Lc2ipc veröffentlichten Wortlaut der Instruktion in Reis naar de Eilanden ten N. en O. van
Japan door ^ht. Gerr. Vries, in 1643, Seite 11-34.) Die niederländische entsprach der
deutschen oder geographischen Meile.— An einer andern Stelle seines Berichtes spricht Verstee-
gen von " wie gesagt nur 380 bis 90 Meilen oder höchstens 400 Meilen von Japan."
3l6 O. XACIIOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
vom Strand aufraffte, ja, sogar ihre Kessel und andre Kochge-
rätschaften seien daraus geschmiedet."
Nachdem sodann, unter mancherlei Abschweifungen von der
Sache selbst, berichtet worden, wie im Jahre i6io oder 1611 auf
Befehl des Königs von Spanien der in Mexiko residirende Vize-
könig im Hafen Acapulco eine Yacht, genannt San Francisco, zur
Fahrt nach jenem Lande habe ausrüsten lassen, heisst es Aveiter :
*' Nach dem Eintreffen in Japan sollte aus dem Erlös der Waaren^
wie auch wegen der guten Schiffsgelegenheit, noch eine zweite
Yacht zu Oringua^), so wie man es dort für das Geeignetste erachten,
würde, gezimmert werden ; und wird das Volk zu genanntem Zuge
angenommen, und war als General an die Spitze gestellt Jan
Bastiaen Busquaine^), eine alte, greise, gesetzte Person von nicht
weniger als 70 Jahren, nebst welchem alle andren und geringeren
Personen sich zur bestimmten Zeit an der befohlenen Stelle in
Mexica und vor dem Vizekönig einfanden, allwo eine königliche
Verordnung öffentlich vor allem Volk bekannt gemacht und
verkündigt wurde, worin gesagt war, dass Seine Majestät auf die
Ankündigung hin für gut gefunden hatte, zwei Yachten auszurüs-
ten, um die Gold- und Silber-Insel, gelegen in der Südsee auf der
Höhe von S7i Grad nach Sichtbarwerden derselben zu erobern und
unter sein Gebot zu bringen, indem er versprach, einem jeden, vom
Höchsten bis zum Niedrigsten, nach Verdienst einen Anteil daran
zu geben und mehr, worauf ihnen zu diesem Zwecke der Treueid
abgefordert wurde.... In Japan angekommen, hat der genannte
General, wiewohl er alt und betagt war, sich angeschickt, über alle
Massen zu zechen, mit Weibern sich einzulassen, zu würfeln und
zu spielen, sodass, wie es heisst, er weder auf sich noch auf irgend
etwas sonst Acht gab. Als die Zeit ihrer Abreise heranrückte,
sind sie gemeinsam, sowol die neue, dort hergestellte, als die alte,
mitgenommene Yacht, unter Segel gegangen ; durch Unvorsich-
tigkeit jedoch ist die neue am hellen Tage bei einer Insel, welche
1) Hiermit ist jedenfalls der am Eingange der Bucht von Tokyo gelegene Hafen Uraga
gemeint, für den sich in den damaligen, holländischen Berichten auch die Schreibweisen
Oeringoua und Woringouw und ähnliche finden. In spanischen Berichten lautet der Name
Urangava.
2) Eine Entstellung des Namens Sebastian Vizcaino, von dessen Träger noch ausführlich
die Rede sein wird.
O. NACHOD, EIX UNENTDECKTES GOLDLAND. 317
vor oder nicht weit von Oringauvva*) liegt, auf einmal gestrandet,
und die andere, welche nicht ordentlich ausgebessert war, fanden
sie so beschaffen, dass sie genötigt waren, wieder dahin, von wo
sie kamen, zurückzukehren und die Yacht aus einander zu nehmen.
Alsdann wurde weiter, was etwa noch übrig blieb, durchgebracht ;
denn es schien weder Rast noch Ruhe zu sein, ehe nicht alles
aufgezehrt war ; dadurch Avurde es auch unmöglich, selbst ein
eigenes Fahrzeug zur Rückreise machen zu lassen, und nach
Verbleiben von noch einem Jahr waren sie genötigt, sich auf einem
Schiffe einzuschiffen, welches Massamad'^), ein grosser Landesherr
(in dessen Hafen sie geankert gewesen waren) auf seinen Namen
machen und auf seine eigene Gefahr mit denjenigen, die einwil-
ligten sich einzuschiffen, nach Aquapulco fahren Hess, während
einige aus des Königs Dienst traten und alsdann frei waren.
Welches Schiff, was mehr ist, genanntes Eiland selbst zu Gesicht
bekommen, viel im Wasser hat treiben sehn und von Turteltauben
scliier angefüllt worden ist ; indessen mussten sie, da die Japaner
die Herren waren, nach deren Pfeife tanzen."
Soweit das Thatsächliche, das in den weitläufigen Angaben
Versteegens enthalten war. Zum Beweise für deren Glaubwürdig-
keit nennt er als seine Gewährsmänner zwei Augenzeugen jener
Begebenheiten, nämlich einen Holländer Namens Marcus Symon-
sen, welcher selbst zur Schiffsmannschaft der genannten Yacht
San Francisco gehört habe, sowie einen andern Landsmann,
Vincent Romeyn ; dieser habe zur betreffenden Zeit in Mexiko
gelebt und nicht nur die erwähnte Bekanntrnachung mit eigenen
1) Hiermit ist wieder Hafen Uraga (vergl. Seite 316, Anm. i) gemeint. Bei Lcnipc (Seite
37) steht an Stelle dieses Namens der Buchstabe G nebst vier Punkten (G... . ). Anscheinend
hat er den im Original etwas undeutlich geschriebenen Namen nicht entziffern können ; das
Wort ist hier nämlich abgeteilt, indem die ersten vier Buchstaben das Ende einer Zeile und
die fünf anderen den Anfang der nächsten Zeile bilden. Von diesem Teil des Wortes
(gauwa) hat Leupe nun den Anfangsbuchstaben G ermittelt und die anderen vier durch
Punkte angedeutet.
2) Es war dies der Daimyo von Mutsu, der nördlichsten Provinz der japanischen
Hauptinsel Hondo. Dieser damals sehr christenfreundliche Fürst, dessen Name gewöhnlich
Date Masamune geschrieben wird, ist bekannt geworden durch seine unter Führung des
Franziskaners Ludwig Sotelo 1615 in Rom eingetroffene Gesandtschaft an den Papst.
(Anstatt ]Mutsu erscheint bisweilen auch der Name Oshiu, Oosioe oder Voxu.) Näheres
über Date Masamune siehe Seite 39-42.
3l8 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES C.OLDLx\ND.
Ohren gehört, sondern sogar eine der mit dem japanischen Schiffe
zurückgekehrten Personen gesprochen, welche ihm erklärt hätte,
die Insel wirklich gesehen zu haben. Versteegen war von 1634-
1635 als Vertreter der damals noch in Hirado befindlichen,
japanischen Faktorei der Niederländischen Ostindischen Kompagnie
ein Nagasaki angestellt, wo auch Symonsen und Romeyn wohnten.
Der Erstere gehörte zu den im Jahre 1600 mit dem ersten
niederländischen, nach Japan gelangten Schiffe an der dortigen
Küste Gestrandeten ; der Letztere trieb dort Handel in Gemein-
schaft mit Melchior van Santvoort, einem der anderen der
erwähnten, im Jahre 1600 nach Japan gelangten Holländer.
Versteegen war nun der Schwiegersohn van Santvoorts, der
vermutlich eine Japanerin zur Frau genommen hatte, geworden
und hatte so durch seine persönlichen Beziehungen Gelegenheit
gefunden, die in seiner Denkschrift berichteten merkwürdigen
Begebenheiten zu erfahren.')
Zwei selbständige und zeitlich von einander getrennte
Thatsachen bilden den Gegenstand des Versteegenschen Berichtes:
erstens die durch ein vom Sturm verschlagenes Schiff zufällig er-
folgte Entdeckung des Goldlandes unter Bestimmung von dessen
Lage nach geographischer Breite und nach Meilenabstand von
Japan, leider aber ohne Angabe der Jahreszahl, an deren Stelle
nur der sehr wenitr sasfende Ausdruck "vor sehr geraumer Zeit
(seer ruymen tyt geleden) " vorkommt ; zweitens die infolgedessen
im Jahre 1610 oder 161 1 seitens der spanischen Regierung dorthin
unternommene, wegen der näheren Umstände jedoch erfolglos
gebliebene Entdeckungsreise.
Prüfen wir nun, ob und inwieweit diese beiden Angaben,
welche später zum Ausgangspunkt für wichtige Forschungsreisen
geworden sind, auf Wahrheit beruhen.
1) Näheres hierüber siehe N'ac/iod, Die Beziehungen der Niederländischen Ostindischen
Kompagnie zu Japan im 17. Jaiirhundcrt, Seite 225, 271, 307.
(). XACHOD, EIN UNENTDKCKTES GOLDLAND. 3 I (j
KAP. III.
ANGEBLICHE AUFFINDUNG DER GOLD- INSEL DURCH
EIN DORTHIN VERSCHLAGENES SCHIFF.
Den ersten Punkt anlangend, wäre es gewiss kaum möglich
gewesen, ein solch merkwürdiges Ereigniss auf die Dauer geheim
zu halten ; denn die bald nach allen Richtungen zerstreute
Mannschaft des Schiffes würde die Kunde davon sicher verbreitet
haben. Daher müsste man erwarten, in einem der vielen Berichte
über die Entdeckungsreisen jener Zeit einer Bestätigung oder doch
wenigstens einer Erwähnung dieser Sache zu begegnen. Soweit
denselben aber nicht die Denkschrift Versteegens mittelbar oder
unmittelbar zu Grunde liegt, habe ich darin auch nicht den
eerinesten Anhalt hierfür finden können. Es muss dies umsomehr
auffallen, als es durchaus nicht an Aufzeichnungen und Schiffstage-
büchern damaliger, mit dem betreffenden Meeresgebiete vertrauter
Steuermänner fehlt. So enthält z. B. das zuerst zu Amsterdam im
Jahre 1595 gedruckte, die streng gehüteten Geheimnisse der
spanisch-portugiesischen Schiffahrt der ganzen Welt offenbarende
Werk des Holländers Jan Huygcn van Linse Jiotcn " Reys-Gheschrift
van de navigatien der Portugaloysers in Orienten", Avelches eine
Zusammenstellung von solchen Steuermann-Anweisungen unter
Hinw^eis auf die zu begegnenden Hindernisse bildet, nicht weniger
als fünf Kapitel, in denen die spanische Schiffahrt zwischen Mexiko
und Ostasien behandelt wird. Neben dem Bericht einer Reise aus
Makao nach Mexiko ohne Jahreszahl (Kap. 50.) und einem 1585 in
Makao niedergeschriebenen Steuermannsbericht über eine Reise
von den Philippinen, bez. von Makao, nach Mexiko (Kap. 51) teilt
van Linschoten eine w^örtliche Uebersetzung des von dem
spanischen Kapitän und Pilot Franciscode Gualle ^) verfassten
Aufsatzes mit über dessen Reise von Acapulco nach den Philippinen
(1582, Kap. 52)., von Manila nach Makao (Kap. 53) und von dort
nach Acapulco zurück (1584, Kap. 54), und zwar nach einer dem
1) In spanischen Quellen lautet dieser Name auch Francesco Gali oder, wie bei de
Navarretc, Biblioteci INIaritima Espanola, Band I, Seite 465, Francisco Quelle,
320 O. NACHOD, EIN UXEXTDECKTES GOLDLAX D.
Vizekönig von Indien in Goa gesandten Abschrift des Originals ;
durch seine damah'ge Stellung im Dienste des Erzbischofs zu Goa
mochte es vcdi Linschoten wol gelungen sein, sich die Kenntniss
derartiger Schriftstücke zu verschaffen. Gualle schildert nun
ausdrücklich die Meeresstrecke bis 700 Meilen jenseits Makao und
200 Meilen Entfernung von Neu- Spanien als eine geräumige See
ohne Hindernisse'), sowie dass sein Kurs ihn nach der Küste von
Neu-Spanien auf der Höhe von 37^ Grad gebracht habe,
sonderbarerweise genau dieselbe Breite, in der die Goldinsel nach
dem Vcrsteegenschen Berichte liegt. Von dieser und ihrer
merkwürdigen Entdeckung wird aber weder bei Gualle noch in den
beiden andern spanischen Berichten auch nur das Geringste
erwähnt ; im Gegenteil weist Gualle ja ausdrücklich darauf hin,
dass diese Meeresstrecke frei von irgend welchen Hindernissen sei,
wie sie eine solche Insel für die Schiffahrt doch zweifellos bedeuten
Avürde. Auch in dem andren berühmten Werke van LiiiscJioteiis
über die Schiffahrt nach Ostindien^), welches eine Beschreibung von
Asien nebst den während van LinscJiotens Anwesenheit dort
vorgefallenen Ereignissen, sowie in einem Anhang eine Schilderung
der damals bekannten Länder Afrikas und Amerikas enthält, ist
der angeblichen Goldinsel mit keiner Silbe gedacht, sodass
anzunehmen, dass das Gerücht hiervon erst nach der 1582 erfolgten
Abreise Gualles aus Neu-Spanien dort aufgekommen und in Indien,
das Linschoten 1589 verliess, damals noch nicht verbreitet war.
Dagegen ergibt sich aus Handschriften, welche im Archivo
General de Indias zu Sevilla'^) aufbewahrt sind, dass seit den
achtziger Jahren des 16. Jahrhunderts die spanischen Behörden,
1; " een ruyme ende spacieuse Zee sonder eenighe mocyte ofte swarigheyt van eenighe
verhinderinghe in den wegh te hebben." (Seite 104.)
2) Itinerario, Voyage ofte Schipvaert van Jan Hiiygeti van LinscJiotcn naer Oost ofte
Portugaels Indien ; Amsterdam 1596.
3) Die Kenntniss der hauptsächlich in diesem Kapitel und in dem 2. Abschnitt des
nächsten benutzten, bisher unvcrüffentlichtcn Handschriften aus dem Archivo General de
Indias zu Sevilla vei-danke ich der grossen Liebenswürdigkeit des Herrn Dr. J. E. Heeres,
Professor am Kolonial- Institut zu Delft, bekannt durch seine Verdienste um die Herausgabe
und Bearbeitung der im Reichsarchiv im Haag befindlichen, für die Entdeckungs- und
Kolonial-Geschichte so überaus wichtigen Akten der Niederländischen Ostindischen
Kompagnie. Derselbe veröffentlichte jüngst ein in der Ausstattung ebenso vornehmes, als
dem Inhalt nach wertvolles Prachtwerk unter dem Titel : Abel Tanszoon Tasman's
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAXD. 321
sowohl in Neu- Spanien als in den Philippinen, sich mit der An-
gelegenheit der Rica de Oro und Rica de Plata bereits befassten,
und zwar war es, wie so häufig in der Geschichte der spanischen
Entdeckungen, ein gelehrter Geistlicher, der Bruder Andres de
Aguirre, der die Veranlassung dazu wurde. Dieser, einer der
Gefährten Legazpis bei dem Zuge zur Unterwerfung der Philippinen
(1564), "ein kluger und zuverlässiger Kenner der Weltbeschreibung
(cuerdo y acertado cosmögrafo) ", wie ihn in einem Berichte an den
König von Spanien ein späterer Vizekönig in Mexiko bezeichnet^),,
beschreibt in einem Briefe an den Erzbischof Don Pedro Moya de
Contreras, den damaligen Guvernör und General-Kapitän von Neu-
Spanien, wahrscheinlich vom Jahre 15S3 oder 1584"), die
Entdeckung von Inseln östlich von Japan, welche allerdings nicht
Journal of his discovery of Van Diemens Land and Xew Zealand in 1642, with documents
relating to his exploration of x\ustralia in 1644, being photo- lithographic facsimiles of the
original manuscript in the colonial archives at the Hague, with an Enghsh translation and
facsimiles of original maps to which are added Life and Labours of Abel J'anszoon Tasman
(Amsterdam 1898). Indem letzteren, auf gründlicher Sachkenntniss beruhenden Teile ist
ein besonderes Kapitel (Seite 15-37) den Inseln Rica de Oro und Rica de Plata gewidmet, da
Tasman der Kapitän eines der im Jahre 1639 zur Entdeckmig dieser Inseln ausgesandten
beiden Schiffe war. Ausser einer ausführlichen Schilderung dieser Unternehmung enthält
dasselbe eine Uebcrsicht über die sämmtlichen auf die Entdeckung des Wunderlandes
gerichteten Bestrebungen unter besonderer Berücksichtigung der Quellen, der Ergebnisse
und der Litteratur. Betreffs der hierzu erforderlichen spanischen Unterlagen hatte sich
Professor Heeres an den durch seine Forschungen über die Philippinen bekannten Herrn
W. E. Retana in Madrid gewandt. Mit grösster Liebenswürdigkeit besorgte ihm dieser
Auszüge von zahlreichen Dokumenten aus dem Archiv zu Sevilla, welche auf die Rica de
Oro und Rica de Plata Bezug haben, und deren wesentlichsten Inhalt hier Professor Heeres
zum ersten .Male, wenn auch entsprechend dem hierzu vei'fügbaren knappen Raum in
gedrängter Kürze, bekannt macht. Diese Auszüge nun, eine Sammlung von einigen
vierzig Nummern, meist im Wortlaut gehalten, die eine Fülle von bisher unbekannten
Einzelheiten darbieten, hatte Professor Heeres die grosse Güte, mir zur eingehenden
Bearbeitung im vorliegenden Aufsatz zu überlassen, und sei es mir gestattet, auch an dieser
Stelle ihm meinen verbindlichsten Dank hierfür auszudrücken.
1) Brief des Vizekönigs von Neu- Spanien, Don Luis de Velasco, .Marquis de Salinas,
vom 21. Oktober 1609 an den König von Spanien, Handschrift im Archiv zu Sevilla.
2) Dieses ebenfalls im Archiv zu Sevilla befindliche Schreiben wurde veröffentlicht in
Coleccion de documentos ineditos, relativos al descubrimiento, conquista y organizacion de
las antiguas posesiones Espanolas en America y Oceania, sacados de los Archivos del Reine,
y muy especialmente del de Indias, Band XIII, Seite 545-549, Madrid 1870 (der Kürze
halber im Weiteren als Documentos ineditos XIII zitirt). Es trägt hier die Ueberschrift :
" Brief von Fray Andres de Aguirre an den Hochwürdigsten Herrn Erzbischof von Mexico,
Guvernör und General-Kapitän von Neu-Spanien, Kunde gebend von der Entdeckung der
322
O. NACIIOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAXI).
Rica de Oro und Rica de Plata von ihm genannt werden; die ganze
Darstellung zeigt aber neben mancherlei Abweichungen so auffal-
lende Uebereinstimmungen mit den Angaben im Berichte Ver-
steegens, ja fast wörtliche Anklänge in gewissen Einzelheiten^), dass
zweifellos diese Angaben Aguirres es sind, welche der Kunde über
•die angebliche Auffindung der Gold- und Silberinseln zu Grunde
liegen.
Am Beginn seines Schreibens rühmt Aguirre die Wichtigkeit
der vom Erzbischof beabsichtigten Entdeckungen sowol in dem
westlich von Neu- Spanien liegenden Gebiete des Stillen Ozeans,
als an der unbekannten Verlängerung der Küste von Kalifornien,
nördlich über den 41. Ikeitengrad hinaus; "denn," so setzt er hinzu,
"es gilt für sicher, dass sie zusammenhängt mit der Küste von
China, wenn sie nicht durch eine schmale Meeresstrasse, die von
Anian genannt, getrennt sind ; soweit bekannt, ist dies am
äussersten Ende der von China entdeckten Küste in 52 Grad Breite.
Nach einem Berichte eines portugiesischen Kapitäns an den Padre
Fray Andres de Urdaneta gibt es in jenem Gebiete und in dem
zwischen den Inseln von Japan bis zum äussersten von unserer
Islas de Armenio genannten Inseln an der Siidseeküste (Jahr 1583)." Das Schreiben selbst
trägt kein ]:)atum, und es herrsclit bezüglich der Jahreszahl keine Sicherheit ; denn nach dem
■oben (Anm. i) erwähnten Schreiben des Vizekönigs von Neu-Spanien, dem eine Abschrift
•des Briefes von Aguirre beigefügt war, stammte dieser aus dem Jahre 1584, während der
Herausgeber der Documentos ineditos der Aufschrift in Klammer die Jahreszahl 1583
beigefügt hat und im Register dieses Bandes (Seite 575) 1588 angegeben ist ; Letzteres
dürfte aber \\-ohl nur ein Druckfehler sein. In dem von de Xavarrcte in seiner Biblioteca
Maritima Espanola (Madrid 1851, 2 Bände) Aguirre gewidmeten Ai-tikel (Band T, Seite
70-74) wird der fragliche Brief auch besprochen und, zum Teil im Wortlaut, zum Teil im
Auszug, mitgeteilt, und zwar als eine an den Guvernör von Neu-Spanien gerichtete
Denkschrift mit dem Titel : Discurso ö sea informe en que espone la importancia dellevar ä
efecto la resolucion de S. Ilma. sobre la continuacion de los descubrimientos hacia cl Poniente
desde los 41 o. de latitud. Auch de Ä'^avarreie svigt, dass man das Datum des Schriftstücks
nicht kenne, dass es aber ohne Zweifel erst nach Aguirres Rückkehr von Spanien nach Mexiko
(1567 oder 1568) geschrieben sei. ßezüghch der nicht im Wortlaut berichteten
Reichtümer auf der Insel des Armeniers spricht de Xavarrcle (Seite 74) irriger Weise u. a.
auch von Gold und nicht von Silber, während in Wirklichkeit Aguirre doch nur Silber, Gold
aber nicht nennt.
=5) Man vergleiche die Worte Versteegens " 't volcq van schoondcr gedaente, blanck
ende wel geproportioneert, seer min ende vriendelyck " (Lcupe, Seite 35-36) mit denen von
Aguirre " la gente blanca y bien dispuesta, bien tratada y vestida de sedas y ropa fina de
algodon, gente amorosa y muy afable " (Documentos ineditos XIII, Seite 548).
i
O. NACHOD, EIN UNEXTDECKTES GOLDLAND. 323
Küste entdeckten Ende sehr reiche Insehi, stark bevölkert mit
Menschen von vieler Höflichkeit (islas muy ricas, muy pobladas de
gente, de mucha policia)."
AgLiirre beschreibt nun, wie er Kenntniss erhalten \^on diesem
"Berichte, welchen "ersah und las." Wie schon erwähnt, hatte
Aguirre die berühmte Eroberungs- und Entdeckungsreise unter
Legazpi mitgemacht, an welcher auch Urdaneta Anteil hatte, und,
so fährt Aguirre fort, " auf welcher die Philippinen-Inseln
entdeckt^) und besiedelt und die Schiffahrt dorthin, sowie von dort
nach Neu-Spanien zurück, entdeckt wurde." Später waren Beide,
Urdaneta und Aguirre, nach Spanien zurückgekehrt, um dem
König über die Reise Meldung zu machen ; auch den von jenem
portugiesisclien Kapitän erhaltenen Bericht überlieferte hier
Urdaneta dem Könige. In Aguirres Brief heisst es dann aber
weiter : " und ich nahm Abschrift davon und bewahrte sie auf, bis,
als ich mit dieser Flotte aus Spanien reiste, das Schiff unterging, in
welchem ich kam, und mit ihm verlor ich den Bericht und alles,
was ich mit mir führte und womit Seine Majestät mir Gnade und
Almosen erwiesen hatte." Aus dem Gedächtniss teilt nun Aguirre
mit, dass den Inhalt des Berichtes in Kürze Folgendes bildete :
" Ein portugiesisches Schiff fuhr von Malakka nach den Inseln
von Japan und lud in der Stadt Canton chinesische Waren ein, und
als es sich dem Gesichtskreise von Japan näherte, gab es einen-
Weststurm, so heftig, dass man diese Inseln nicht erreichen
konnte. Und man lief mit schwachem Segel acht Tage bei sehr
nebligem Wetter, ohne irgend welches Land wahrgenommen zu
haben. Am neunten Tage Hess das Wetter nach und klärte sich
auf, und sie bekamen zwei grosse Inseln zu Gesicht ; sie landeten
an einer derselben in einem guten Hafen, wo sich eine grosse, mit
guter Steinmauer umgebene Stadt befand. In diesem Hafen waren
viele grosse und mittlere Schiffe. Nach ihrer Einfahrt in den
Hafen fanden sich bei dem Schiffe vom Lande viele Leute ein, gut
gekleidet und gepflegt. Und indem er denen vom Schiff viel
Liebes erwies, und da er erfuhr, dass es Kaufleute seien, sandte der
Herr jener Insel und Stadt, um dem Kapitän des Schiffes zu sagen,
dass er nebst seinen Leuten, die er wünsche, an Land ginge, ohne
1) Entdeckt waren die Philippinen bereits 1521 auf der Erdumseglung von Magalhacä
undi543 unter Villalobos auf? Neue besucht worden.
324 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
irgend welche Besorgniss, dass ihnen ein Leid geschehe, vielmehr
biete er ihnen durchaus gute Aufnahme an, und dass er ein
Verzeichniss der Waren mitnehme, welche sie in ihrem Schiffe
führten, damit sie sie ihm zu seiner Zufriedenheit abnähmen und
eintauschten. Der Kapitän teilte dies seinen Leuten mit und
entschloss sich, den Schiffsschreiber nach der Stadt zu senden mit
dem Verzeichniss der Waren und mit zwei Kaufleuten, einem
Portugiesen und einem Armenier, welche Bürger von Malakka
waren. Der Herr des Landes empfing sie in seinem Hause,
welches gross und wohlgebaut war, und behandelte sie mit vieler
Freundschaft und Bewirtung. Sie verstanden sich durch Zeichen
und [vernahmen], dass das Reich sehr fruchtbar war und reich
an Silber und andern Dingen, an Seide und Stoffen ^) Der
portugiesische Kaufmann kehrte zurück nach dem Schiff, um die
Waren in ein Haus zu bringen, welches sie ihm gaben. Und der
Armenier blieb bei dem Herrn des Landes und wurde behandelt
tnit guter Bewirtung, bis die Waren an Land gebracht waren, wo
■eine grosse Zahl Leute herbeilief, um gegen Silber in grosser
Menge einzutauschen ; in dreissig und etlichen Tagen verkauften
sie alle ihre Waren, wobei sie grossen und reichen Gewinn machten,
mit welchem sie alle sehr reich abzogen, und während der Zeit, wo
sie auf dieser Insel waren, beluden sie ihr Schiff mit Silber; und sie
vernahmen, dass der Herr derselben auch Herr der andern Insel
war, welche in einer F^ntfernung von vier Meilen sichtbar war; und
von andern, welche es in der Nähe gab, alle reich an Silber und
sehr bevölkert, die Leute weiss und gut gewachsen, gut gekleidet
und angethan mit Seide und feinen Stoffen aus Baumwolle,
liebreiche und sehr gefällige Leute, deren Sprache verschieden von
der der Chinesen und Japaner und leicht zu lernen war, da in
weniger als vierzig Tagen, welche die Portugiesen auf dieser Insel
verblieben, sie sich mit den Eingeborenen verstanden. Diese
Inseln sind fruchtbar an guten Lebensmitteln : Reis, welches das
von ihnen benutzte Brod ist. Vögel wie die unsrigen in grosser
Menge, zahme Gänse und viele Schweine, Ziegen, Büffel und viel
Rotwild und Wildschweine, in grosser Menge von verschiedener
Gestaltung, und Geflügel, viele gute Fische und eine grosse Menge
von Früchten vieler Arten. Das Klima des Landes [ist] sehr gut
^) Hier ist im Original eine kleine Lücke.
O. XACHOD, EIX UXENTDECKTES GOLDLAND. 325
und gesund : es waren diese Inseln in der Breite von fünfunddreis-
sig bis vierzig Grad ; die Länge von Japan bis zu ihnen konnte
nicht ermittelt werden, weil man mit Sturm und sehr nebÜGrem.
dunklem Wetter gefahren war. Sie fuhren von Japan nacli Osten
und, nachdem sie ihren Tauschhandel gemacht, kehrten sie
zurück nach Malakka. Als Namen gaben sie jenen Inseln aus
Achtung für den armenischen Kaufmann, welcher unter den
Leuten des Schiffes sehr angesehen war, Islas de Armenio."
An diese eingehende und anziehende Schilderung knüpft
Aguirre die Worte : "Das ist das, was ich von diesem Berichte im
Gedächtniss habe " und schliesst sein Schreiben miteinig-en kurzen
Bemerkungen über die Wichtigkeit und die Ausführung dieser und
anderer in jenem Meeresgebiete zu machenden Entdeckungen.
Der Erzbischof zögerte nicht, die Sache in die Hand zu
nehmen. Bereits in einem Briefe vom 22. Januar 1585 ^) teilt er
dem König von Spanien mit, dass er die Anfertigung von zwei
Fregatten befohlen habe, bestimmt zur Erforschung und Ent-
deckung der pazifischen Küste Neu- Spaniens. Dieser Schiffsbau un-
terblieb zwar, aber, wie einige Monate später gemeldet wird, erhielt
der Kapitän Francesco Gali, über dessen Reise im Grossen Ozean
1582-1584 wir durch vaii LinscJioten — er heisst dort Francisco de
Gualle — unterrichtet sind (vergl. Seite 13-14) Befehl, mit dem
Schiffe San Juan, mit dem er 1584 nach Acapulco zurückge-
kehrt war, nach den Philippinen zu segeln, um von dort aus die
Entdeckungsreise anzutreten und "aufzunehmen das feste Land
von Japan, die Islas del Armenio und alle übrigen (Inseln), wozu
er Grund hätte, in der Südsee und an der Küste von Neu- Spanien,"
eine trotz der Kürze des Ausdrucks gar viel umfassende Aufgabe,
zu deren Lösung er am 25. März 1585 absegelte.^)
^) Brief des Erzbischofs Don Pedro Moya de Contreras, Vizekönigs von Neu- Spanien,
aus :\Iexiko an den König von Spanien, Abschnitt 29 ; Handschrift im Archiv zu Sevilla.
2) Brief desselben an den König aus Mexiko vom 8. Mai 1585, Abschnitt 33-40, und
Brief seines Nachfolgers, des Marquis de Villamanrique, an den König aus Mexiko vom 10.
Mai 1586, Abschnitt 14 ; beides Handschriften im Archiv zu Sevilla. Die zitirten Worte
sind aus dem letzteren Schreiben.
326 O. NACHOI), EIX UNEXTDECKTES GOLDLAXD.
Wie diese von statten ging oder vielmehr misslang, erfahren
wir aus einem Berichte von Galis Nachfolger'), dem Kapitän Pedro
de Unamunu. Es heisst hier, dass er von den Islas Babuyanes aus,
einer kleinen Inselgruppe nördlich von Luzon, seinen Kurs nach
einer Insel, genannt Rica de Oro nahm, welche auf einigen Seekarten
in der Höhe von 29 bis 31 Grad gemalt war. Nachdem er unter 25
Grad zwei unbewohnte Inseln angetroffen, forschte er nach der
Insel Rica de Oro, jedoch ohne jeden Erfolg, ebenso wie nach der
Insel Rica de Piata ; er glaubte sich daher zu der Annahme
berechtigt, dass genannte Inseln überhaupt nicht existiren, und dass
jemand, der nur durch Hörensagen von ihnen v^ernommen, ihre
P^intragung auf der Karte veranlasst habe. Ebensowenig vermochte
er die Isla del Armenio zu finden, deren Lage zwischen 34 und 35
Grad angesetzt war.^)
Hier also zum ersten Male erscheinen die Namen Rica de Oro
und Rica de Plata, leider ohne jeden andern Hinweis, woher sie
stammen, als die Annahme Unamunus, dass sie auf blosses
Hörensagen hin in die Karten ein.getragen worden. Neben ihnen
ist hier noch ausdrücklich die Rede von der Insel des Armeniers,
Avährend dieser Name später nicht mehr vorkommt und alles
hierauf Bezügliche einfach auf die Inseln Rica de Oro und Rica de
Plata übertragen wird. Dass dies nicht nur eine Vermutung ist,
sondern wirklich der Fall war, ergibt sich aus einem Schreiben
eines späteren Vizekönigs von Neu-Spanien an den König ^), dem
eine Abschrift jenes Schreibens von Aguirre an den Erzbischof de
Contreras beigefügt war mit dem Bemerken, dass darin über die
Inseln Rica de Oro und Rica de Plata berichtet werde, Avährend
diese Namen darin doch gar nicht vorkommen und immer nur von
den Islas de Armenio die Rede ist.
1) Wie in einem Briefe des Vizekönigs von Xeu-Spanien, Marquis de Villamanrique, an
den König vom lo. Dezember 1587 aus Mexiko (Handschrift im Archiv zu Sevilla)
berichtet Avird, konnte Gali die Entdeckungsreise nicht machen, weil der Präsident de
Philippinen, Dr. Santiago de Vera, ihn daran verhindert hatte.
2) Relacion y derrotero del A'iage y navegacion (Bericht und Schiffstagebuch der Reise
und Schiffahrt), gemacht durch den Kapitän Pedro de Unamunu von Macau (Makao) aus
l^.is Acapulco in der Fregatte Nucstra Senora de la Espeianza ; Handschrift von 1587 im
Archiv zu Sevilla.
3) Brief des Vizekönigs von Neu-Spanien Marijuis de Sa'iaas vom 21. Oktober 1609,
Handschrift im Archiv zu Sevilla.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 32;^
Sehr frühzeitig schon fanden die Namen Rica de Oro und Rica
de Plata Eingang in die Litteratur ; die erste Erwähnung kommt
vor in einem 1609 zu Mexiko gedruckten Buche über die Philip-
pinen^), dessen angesehener Verfasser Antonio de Morga zuvor in
Manila hohe Staatsämter bekleidet hatte. Bei Besprechung der
Schiffahrt zwischen Manila und Neu- Spanien bemerkt er, dass die
Schiffe in einer Entfernung von 400 Meilen von den Philippinen
die Vulkane und Klippen der bis 24 Grad reichenden Ladronen-
Inseln wahrnehmen, dann zwischen andren, selten gesehenen
Inseln fahren und bei 38 Grad in der Nähe der Insel Rica de Oro
und Rica de Plata, welche selten erkannt würden, Stürmen und
kaltem Wetter begegnen^). Dies Wenige ist leider alles, was de
Morga über die Letzteren berichtet, und noch dazu mit dem
bedenklichen Zusätze, dass die fraglichen Inseln " selten erkannt
würden." Wie man Kunde von ihnen erlangt, übergeht de Morga
mit Stillschweigen, als ob für die betreffenden Seefahrer die Sache
gar keinem -Zw^eifel unterläge. Bemerkenswert erscheint seine
Angabe über die geographische Breite ; sollte diese aber vielleicht
nicht auf den blossen Umstand zurückzuführen zu sein, dass man
wusste, der Kurs der spanischen Schiffe bei der Rückfahrt nach
Amerika liege zwischen 37 und 38 Grad, und hieraus einfach für
diese Inseln dieselbe Breite ableitete }
Ergibt sich aus den angestellten Erörterungen auch nicht mit
Klarheit, wie eigentlich das abenteuerliche Gerücht von den Inseln
^) Ein Verdienst der Hakhiyt Society war es, dieses sehr selten gewordene Buch wieder
allgemein zugänghch zu machen, indem sie eine englische Ausgabe davon bewirkte unter
dem Titel: The Philippine Islands, Moluccas, Siam, Cambodia, Japan, and China at the close
of the i6th. Century, translated by Henry E. j. Stanley (London 1868). Seit einigen
Jahren besitzen wir auch eine mit kritischen Anmerkungen versehene Ausgabe in der
Ursprache, ein dankbar anzuerkennendes Werk des hoffnungsvollen, unglücklichen, philip-
pinischen Patrioten Rizal, der bekanntlich seine Reformbestrebungen mit dem Tode büssen
musste. Es trägt den Titel : Sucesos de las Islas Fib'pinas por el Doctor Antonio de Morga.
Obra publicada en Mejico el aiio de 1609, nuevamente sacada ä luz y anotada por Jose
Rizal y precedida de un prologo del Prof. Fernando Blumentritt (Paris 1890).
2) Rizal' sc\\e. Ausgabe Seite 371 ; Stanley' sc\\Q Ausgabe Seite 356.— Vergl. auch
James Btirncy, A chronological history of the discoveries in the South Sea or Pacific
Ocean ; 5 Bände, London 1803-1817 ; Band 11, Seite 261.
328 O. NACIIOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
Rica de Oro und Rica de Plata entstanden^), und mag in spanischen
Archiven ausser den hier benutzten, vielleicht nicht ganz
lückenlosen Auszügen aus Sevilla noch diese oder jene ergänzende
Nachricht verborgen sein, so dürfte soviel doch feststehn, dass die
Erzählung über die angebliche Auffindung des merkwürdigen
Landes keine andre Grundlage hat als den von Aguirre erstatteten
Bericht.
Dieses Aktenstück aber, so wertvoll auch seine Erhaltung und
Veröffentlichung für uns ist, und so sehr uns sein Inhalt anzieht,
bietet doch leider dem kritischen Standpunkte nur eine unge-
nügende Sicherheit. Denn, haben wir auch keinen Grund, an der
Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit eines Urdaneta oder Aguirre
zu zweifeln, so bildet der Bericht doch leider ja nicht das unmit-
telbare Zeugniss dieser Persönlichkeiten selbst, sondern nur eine
Wiedergabe von ihnen aus zweiter oder gar erst aus dritter Hand
gemachten Mitteilungen. Hätten wir wenigstens den Bericht, wie
ihn Urdaneta verfasst haben soll und dessen Abschrift Aguirre
durch den Schiffbruch einbüsste ; merkwürdigerweise scheint
dieser aber auch bereits zu Anfang des 17. Jahrhunderts in den
spanischen Archiven nicht mehr gefunden worden zu sein, obgleich
doch die Aufmerksamkeit der spanischen Regierung, welche der
Angelegenheit der Rica de Oro und Rica de l^lata damals die
grösste Beachtung schenkte, durch das schon erwähnte Schreiben
des Vizekönigs von Neu-Spanien vom 21. Oktober I6G9 (vergl,
Seite 326) ausdrücklich auf diesen Punkt gelenkt war. Nirgends
aber ist von diesem Berichte Urdanetas in den zahlreichen, auf
diese Inseln bezüglichen Schriftstücken später noch die Rede.
Wir sind also einzig auf die von Aguirre aus dem blossen
Gedächtniss entworfene Darstellung angewiesen, und diese zeigt
doch recht befremdliche Punkte, beziehentlich Lücken. So wird,
ganz gegen den üblichen Gebrauch, weder der Name jenes portugie-
sischen Kapitäns, noch der seines Schiffes genannt ; das Jahr des
merkwürdigen Ereignisses wird verschwiegen und bezüglich der
1) Jiizal, der Herausgeber von de I\Iorgas Sucesos de las Islas Filipinas, erwähnt (Seite
371-372) folgendes, auf die Entstehung des Namens hezügliche Gerücht. Aus irgend
welchem Zufall sei auf einem nach jenen Inseln gelangten Schiffe etwas Erde vom Lande in
das Herdfeuer gebracht worden, und durch die Hitze sei eine beträchtliche Anzahl von
Goldkörnern daraus entstanden. Woher aber dann der Name Rica de Plata ?
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 329
Zeit auch nicht die mindeste annähernde Angabe gemacht ; und
grade diese, doch gewiss leicht zu merkenden und wichtigen
Punkte sollten der so viele Einzelheiten bewahrenden Erinnerung
Aguirres entgangen sein ? Auch die Nachricht des Kapitän
Unamunu über seinen gänzlich vergeblichen Versuch, diese Inseln
wiederaufzufinden, legt die Annahme nahe, dass vielleicht dem
Berichte irgend welche ganz abweichende Thatsachen zu Grunde
liegen, welche die oft wunderbare Kraft der Einbildung allmählich
so weit umzugestalten vermocht hat.
Wir kommen somit zu dem Ergebniss, dass der Bericht
Versteegens über die Auffindung und die Reichtümer des Wun-
derlandes— die letzteren sind übrigens durchaus nicht so blendend
dargestellt bei Aguirre, der ja von Gold überhaupt nicht, sondern
nur von Silber spricht, ebensowenig wie von Kochgerätschaften
aus Edelmetall — auf Quellen beruht, die an sich durchaus nicht
einwandsfreier Natur waren und durch mündliche Uebertragung
erst recht zu stark aufgebauschten Gerüchten wurden. Die
Glaubwürdigkeit dieser Angaben in seinem Berichte, und damit
des ursprünglichen Ausgangspunktes für alles Weitere, muss daher
als äusserst zweifelhaft erscheinen.
KAP. IV.
ENTDECKUNGSREISE DER SPANIER NACH DEN GOLD-
UND SILBERINSELN UNTER SEBASTIAN
VIZCAINO 1611-1614.
I. Manuskript der spanischen Nationalbibliothek,
enthaltend den Bericht über die Reise.
Anders liegt es mit dem zweiten Punkte der Versteegenschen
Denkschrift, mit der 1610 oder 1611 unternommenen Entdeckungs-
reise der Spanier. Diese hat thatsächlich stattgefunden, und
Versteegens Angaben darüber erweisen sich, wenn auch als etwas
lückenhaft, so im ganzen doch als zutreffend, selbst in den meisten
Einzelheiten untergeordneter Art, und zwar finden sie ihre
330 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
Bestätigung durch ein obwohl seit dreissig Jahren veröffentlichtes,,
bisher doch wenig beachtetes ') Manuskript der spanischen National-
Bibliothek"), welches eine ausführliche, tagebuchartige Beschreibung'
dieser wenn auch nicht grade erfolgreichen, so doch an bemerkens-
werten Zwischenfällen reichen Unternehmung enthält.
Das mit der Unterschrift des Vizekönigs de Velasco versehene,
offiziell beglaubigte Schriftstück ist ausgestellt unterm 22, Januar
1614 und trägt die Aufschrift : " Kopie des Berichtes, welchen
Sebastian Vizcaino dem Vizekönig von Neu-Spanien über die Reise
einsandte, welche er machte zur Entdeckung der Inseln Ricas de
Oro y Plata, angeführt in dem Kapitel II des Briefes von den
Kriegen der Philippinen und Japan vom 8. Februar " (Jahres-
zahl unleserlich, weil das Papier zernagt'). Die umfangreiche
Handschrift selbst hat zum Titel : " Bericht der Reise, gemacht zur
Entdeckung der "Eicas de Oro y Plata" genannten Inseln,
gelegen in Japan, als Vizekönig von Neu- Spanien Don Luis de
Velasco war und sein Sohn, und unter Sebastian Vizcaino als
General der Expedition,"^)
Der Bericht scheint nicht von Vizcaino selbst, von dem immer
in der dritten Person gesprochen wird, sondern in seinem Auftrag,
wahrscheinlich durch einen der geistlichen Teilnehmer des Zuges,,
verfasst zu sein.
1) Ausser von Heeres in dem Abschnitt Life and Labours of Abel Janszoon Tasman
seines genannten Werkes (Seite 19) ist das Schriftstück meines Wissens in der Entdecknngs-
geschichte bisher nicht berücksichtigt,
2) Es trägt das Zeichen J.-37 und ist veröffenthcht in der Coleccion de documentos-
ineditos, relatives al descubrimiento, conquista y organizacion de las antiguas posesiones
Espanolas de America y Oceania, sacados de los Archivos del Reino, y muy especialmente
del de Indias, Band VIII, (der Kürze halber ferner als " Documentos ineditos VIII " zitirt)
Seite loi-igg, Madrid 1867.
3) Documentos ineditos VIII, Seite 198-199.
•*) " Relacion del viaje hecho para el descubrimiento de las islas llamadas " Ricas de oro
y plata ", situadas en el Japon, siendo Virey de la Nueva Espana D. Luis de Velasco, y su
hijo, Sebastian Vizcaino, general de la espedicion " (Documentos ineditos VIII, Seite lOi).
Der Vermerk "y su hijo (und sein Sohn) " ei scheint mir hier nicht recht verstXndlich, d.-»
doch nur immer eine Person das Amt des Vizekönigs inne hatte.
O. XACHOD, EIN UXENTDECKTES GOLDLAND. 331
2. Vorverhandlungen und Persönlichkeit des Vizcaino.
Gar manche Besprechung musste erst gehalten und zahl-
reiche Schriftstücke zwischen Madrid, Mexiko und Manila ge-
wechselt werden, ehe das Unternehmen in Wirklichkeit treten
konnte.
Das durchaus verneinende Ergebniss der von dem Kapitän de
Unamunu nach jenen Inseln unternommenen Entdeckungsreise
(vergl. Seite 326) war nach dessen im November 1587 erfolgter
Rückkehr nach Neu-Spanien ^) alsbald auch nach Madrid gemeldet
worden^) und mochte wol hier wie dort dazu führen, die Frage der
Rica de Oro und Rica de Plata als abgethan zu betrachten.
Fast zwei Jahrzehnte vergingen in der That, ehe man begann,
sich wieder mit der Angelegenheit zu befassen ; die Anregung
erfolgte, wie es scheint, von den Kolonien, und zwar von Manila
aus. Hier hatte man, angeblich aus japanischer Quelle — zwischen
den Philippinen und Japan bestand damals noch ein ziemlich regel-
mässiger und reger Schiffs-, Handels- und Missionar-Verkehr — ,
von den Gold- und Silber- Inseln Kunde erhalten und im Jahre
1606 Vorstellungen an den Hof nach Madrid gerichtet, in welchen
auf die Vorteile derselben für die Schiffahrt nach Neu-Spanien
hingewiesen wurde.^)
1) Brief des Vizekönigs von Neu- Spanien Marquis de Villamanrique an den König aus
JNIexiko vom ic. Dezember 1587, Handsclirift im Archiv zu Sevilla.
2) Brief desselben an den König aus Mexiko vom 29. X'ovember 1588, Abschnitt 18,
worin er sagt, dass er einen Bericht des Kapitän de Unamimu über die Islas Eica de Oro y
Rica de Plata mitschickt, Handschrift im Archiv zu Sevilla.
3) James Btwney, A chronological history of the discoveries in the South Sea or Pacific
Ocean, Band II, Seite 263. Die Stelle lautet : "The Spaniards in Manila, giving a ready
and willing belief to the Japanese account, scnt representations to the court of Spain as early
as the year 1606, setting forth the convenience and utility which the Islands Rica de Oro
and Rica de Plata (so the Japanese names were rendered) might afford in the navigation to
Xew-Spain." Auf japanischen Ursprung dieser Kunde scheint Btirney zu schliessen, weil
Kämpfer (Buch I, Kap. 4) — Burney zitirt diese Stelle vorher — vonGinsima, der Silberinsel,
und Kinsima, der Goldinsel der Japaner, spricht, welche von diesen besonders vor Europäern
sehr geheimgehalten würden und bereits deren Begier erregt hätten. Wie dies bei vielen,
nicht auf eigener Anschauung beruhenden Angaben des sonst so vorzüglichen Werkes von
JCämpfer der Fall ist, so äussert er sich auch über diese Inseln in selir unbestimmter Weise
tmd zum Teil irrig ; die Reise Vizcainos z. B. verlegt er in das Jahr 1620 anstatt 1611-1614.
— Eine ausdrückliche Bestätigung der im Jahre 1606 von Manila aus gemachten Vorstel-
Imigen enthält der Briefwechsel zwischen der spanischen Regierung und dem Guvemör
332 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAXD.
Im gleichen Sinne berichtete im nächsten Jahre der Vizekönig
von Neu-Spanien an den König, indem er betonte, Avie zweckmässig
es wäre, die zwischen 34 und 35 Grad n. Br. gelegenen Inseln
Rica de Oro und Rica de Plata zu entdecken, weil die Schiffe aus
den Philippinen dort Schiffbruch erlitten. Als einen für diese
Entdeckungsreise geeigneten Leiter bezeichnet der Vizekönig
Sebastian Vizcaino und schlägt vor, dass derselbe als General der
nach den Philippinen segelnden Schiffe aus Acapulco abfahren und
die Entdeckung von Manila aus mit zwei Schiffen unternehmen
solle'). Woher die Angabe der geographischen Breite stammt, wird
leider nicht angegeben.
Dieser Vorschlag fand im Rate von Indien sofort Beifall, wie
aus einem noch in demselben Jahre unterm 18. September erstat-
teten Gutachten der Junta de Guerra de Indias") hervorgeht.
Dementsprechend wurde im nächsten Jahre eine Königliche
Verfügung (Real Cedula) an den Vizekönig von Neu-Spanien Don
Luis de Velasco erlassen, laut welcher er Sebastian Vizcaino mit
der Entdeckung eines Hafens in irgend einer der Islas Rica de
Oro oder Rica de Plata beauftragen sollte") ; gleichzeitig wurde der
Guvernör der Philippinen hiervon unterrichtet, mit der Weisung,
das Unternehmen, so viel er könne, zu fördern^).
Bei dem bereits mehrfach genannten, an die Spitze des
bedeutungsvollen Unternehmen zu stellenden Sebastian Vizcaino
haben wir es mit einer in der Geschichte der Entdeckungen
keineswegs unbekannten Persönlichkeit zu thun, und zwar in
Bezug auf Kalifornien.
Obgleich bereits 1536 Cortes dorthin gelangt war und
spanische Schiffe seitdem verschiedentlich seine Küsten passirt
dei" Philippinen anlässlich der im 18. Jahrhundert wieder aufgenommenen Besfrebungen
zur Entdeckung der Rica de Oro und Rica de Plata. (Vergl. Seite. 432-433.)
*) Brief des Vizekönigs von Neu-Spanien, Marquis de Montes Claros, an den König aus-
Mexiko vom 24. Mai 1607, Handschrift im Archiv zu Sevilla.
2) Consulta der Junta de Guerra de Indias, datirt Madrid, 18. September 1607 ; Hand-
schrift im Archiv zu Sevilla.
3) Abschrift einer Cedula an den Vizekönig von Neu-Spanien, Don Luis de Velasco,.
datirt Martin Munoz, 27. September 1608 ; Handschrift im Archiv zu Sevilla.
■*) Real Cedula an den Guvernör der Philippinen vom gleichen Datum ; Handschrift im.
Ai'chiv zu Sevilla.
O. NACHOD, EIN UN'ENTDECKTES GOLDLAXD.
333
hatten, und obgleich der Weltumsegler und Freibeuter Drake 1578
dort gelandet und unter dem Namen Neu-Albion für England, wenn
auch wirkungslos, davon Besitz ergriffen hatte, so war doch dieses
Land am Ende des 16. Jahrhunderts noch so gut wie unbekannt.
Von der spanischen Regierung war daher im Jahre 1596 an den Gra-
fen von Monte-Rey, den Vizekönig in Mexiko, der Befehl gelangt^),
in Kalifornien Entdeckungen zu machen und Niederlassungen zu
gründen. Nachdem bereits drei Jahre zuvor Vizcaino nebst einigen
andern Rhedern vertragsmässig das Recht der Fischerei von Perlen,
Thunfisch, Kabeljau, Sardinen und dergleichen vom mexikanischen
Hafen Navidad (südlich von Kap Corrientes)an bis nach Kalifornien
für 20 Jahre erhalten hatte'), war er es, der nun mit der bedeutenden
und schAvierigen Aufgabe der Erschliessung Kaliforniens betraut
wurde, ohne zunächst jedoch dieselbe lösen zu können ; denn auf
dem noch im Jahre 1556 unternommenen Zuge gelangte er nur bis
in den Süden der Halbinsel (Bai de la Paz) und musste bald wegen
Proviantmangel ohne erheblichen Erfolg zurückkehren^).
Nicht abgeschreckt durch diesen Fehlschlag und infolge des
immer dringender werdenden Bedürfnisses, für die von den
Philippinen zurückkommenden, den Stürmen vielfach ausgesetzten
Schiffe an der Küste von Kalifornien einen sichern Hafen zu finden,
rüstete auf Befehl des Königs von Spanien (vom 27. September
1599) der Vizekönig eine neue Unternehm.ung aus, an deren Spitze
abermals Vizcaino gestellt wurde. Für die ihr beigemessene
Bedeutung spricht die diesmal bessere Ausstattung. Drei
Fahrzeuge mit ungefähr 200 Mann Besatzung segelten am 5. Mai
1) Natürliche und bürgerliche Geschichte von Californien, Teil I, Seite iii — 112.
2) Dieser Vertrag ist erwähnt bei t/^? Aß^wr/v/c", Biblioteca Maritima Espanola, Band
II, Seite 3S9-390, unter dem Titel: Asiento y capitulacion que hizo D. Luis de Velasco con
Sebastian Vizcaino y otros armadores en 16 de noviembre de 1593, para hacer por 20 anos
las pesquerias de perlas, atun, bacalao, sardina, etc., desde el puerto de la Navidad hasta las
Californias (Vertrag und Abkommen, gemacht am 16. November 1593 von Don Luis de
Velasco mit Sebastian Vizcaino und andern Rhedern, um für 20 Jahre die Fischerei von
Perlen, Thunfisch, Kabeljau, Sardinen etc. vom Hafen von la Navidad bis nach Kalifornien
zu betreiben), und befand sich Abschrift davon im Depösito Hidrogräfico zu Madrid in Band
19 der Manuskripte. — Velasco war damals Vizekönig von Neu-Spanien.
^) Juan de Torqitemada, Primera — tercera parte de los veinte i un iibros rituale i
monarchia Indiana, 3 Bände, Madrid 1723 ; Band I, Buch 5, Kap. XLI-XLII, Seite 682—686.
Natürliche und bürgerliche Geschichte von Californien, Teil I, Seite iii — 115.
334 O- NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
1602 aus Acapulco unter dem Befehl des Generals Vizcaino ab, dem
eine Reihe tüchtiger Offiziere, Kapitäne und Steuermänner, sowie
zwei in der Erdkunde erfahrene Gelehrte beigegeben waren ; mit
Proviant und sonstigen Bedürfnissen waren die Schiffe für ein Jahr
genügend versehen, eine zweckmässige Massregel, da die Rückkehr
nach Acapulco in der That erst fast nach Jahresfrist, am 22. März
603, erfolgte. Diesmal waren die Bemühungen nicht vergeblich
gewesen. Eine ganze Anzahl guter Häfen war entdeckt worden,
von denen der unter 37 Grad gelegene, nach dem Vizekönig von
Neu-Spanien Monterey genannte als besonders günstig für die aus
den Philippinen ioder aus China, bez. Japan, kommenden Schiffe
bezeichnet wurde ; mit den Eingeborenen waren vielfach freund-
liche Beziehungen angeknüpft, das Land als fruchtbar und holzreich
erkannt und von den Küsten und Häfen Karten aufgenommen
worden ; man hatte bei Cap Blanco eine Höhe von 43 Grad erreicht,
einen Grad mehr als die Breite des bereits zuvor bekannt gewese-
nen Cap Mendocino').
Bald darauf begab sich Vizcaino persönlich nach Spanien, um
beim Könige die Erlaubniss zu einem neuen Zuge nach Kalifornien
zu erlangen, und zwar diesmal auf seine eigenen Kosten ; man
würde fehlgehen, ein Zeichen besonderen patriotischen Opfermuts in
einem solchen Angebote zu erblicken, weil dann auch der Ertrag,
bez. die oft beträchtliche, aber auch meist grausam erpresste Beute,
dem Unternehmer und nicht der Regierung zufiel, wobei nicht nur
die Kosten der Conquistadores gedeckt, sondern ein glänzender
Gewinn von ihnen erzielt zu werden pflegte. Bei Hofe fand
1) Diese Angaben beruhen auf einem im Archiv zu Sevilla l^efindhchen Briefe des
Königs von Spanien an den Guvernör der Philippinen Don Pedro de Acunha vom 19.
August 1606, welcher in Natürliche und bürgerliche Geschichte von Californien, Teil I,
Seite 117— 122, veröffentlicht ist, sowie auf einem ausführlichen Bericht des als einer der
beiden "Cosmögrafo" dabei beteiligt gewesenen Barfüssermönches Antonio de la
Asumpcion an den König von Spanien vom 21. Dezember 1620. Derselbe ist veröffentlicht
in den Documentos ineditos. Band VIII, Seite 537— 574 (vergl. besonders Seite 539— 560).
Ein anderer Bericht desselben Mönches liegt auch der ausführlichen Beschreibung zu
Grunde, welche sich in Juan de Torquemada, Monarchia Indiana, Band I, Buch V, Kap.
XLV— LVIII, Seite 693—725, findet ; eine deutsche Wiedergabe hiervon enthält die Natür-
liche und bürgerliche Geschichte von Californien, Teil III, Seite 80-129.— Die Lage des Cap
Mendocino wird auf modernen Karten etwas abweichend von obiger Darstellung mit 40 ^
Grad angegeben.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAXD. 335
Vizcaino anscheinend nicht die erwartete günstige Aufnahme
seiner Vorschläge, sondern wurde hingehalten und kehrte deshalb
schliesslich missmutig nach Mexiko zurück. Kurz nach seiner
Abreise aus Spanien aber, im Jahre 1606, befahl der König, wie er
in einem den Guvernör der Philippinen hiervon unterrichtenden
Schreiben') sagt, dem Vizekönig von Neu-Spanien, "dass er alle
mögliche Sorgfalt anwende, den General Sebastian Vizcaino, der
die gedachte Entdeckung (von Kalifornien nämlich) gemacht und
die Küste von Acapulco bis ans Cap Mendozino befahren hat,
aufzusuchen, und im Fall, dass er todt sei, den Befehlshaber seines
Schiffes zu suchen, und wenn man ihn gefunden hat, ihm Befehl zu
geben, mit seinem und des erwähnten Befehlshabers Steuermanne
mit aller der Sorgfalt, die dieser wichtige Dienst verlanget, nach
diesen Inseln") zu segeln." Dem Guvernör der Philippinen erteilt
das Schreiben folgende Vorschriften: "Unter andern sollt Ihr
auch zwei tüchtige Personen mit dem besagten General Vizcaino in
die angeführten Inseln schicken, dass sie den Hafen untersuchen
und den General und Kommandanten der Schiffe, die von Acapulco
im Jahre 1608 nach diesen Inseln abgehn sollen, wieder zurück-
fahren können. Weil Sebastian Vizcaino Auftrag hat, daselbst ein
Etablissement anzulegen, so ist Unser Wille und Begehren, das
ihr ihm und seinem Kapitän alle Hülfe verschafft, die sie etwan
werden nötig haben. Auch ist Unser Wille, dass sie eben den
Sold erhalten, den die andern Generale und Befehlhaber auf
besagter Reise gehabt haben, und dies auf die gewöhnliche Art und
Weise."^)
Der Plan fand Widerspruch in Mexiko. Wie der Vizekönig
von Neu-Spanien, Don Luis de Velasco, dem König unterm 29.
August 1607 berichtete^), hatte er mit seinem Vorgänger, dem
Marquis de Montes Claros, über die Besiedelung des Hafens von
Monterey verhandelt. Nach dessen Meinung könne man die
1) Es ist der auf Seite 334, Anmerkung i, nüher bezeichnete Brief vom 19 August 1606.
2) Unter diesen nicht mit Namen naher bezeichneten Insehi können, wie auch aus dem
weiteren Inhalt des Schreibens ersichtlich, nur die in Kahfornien gemachten Entdeckungen
gemeint sein. Ob überhaupt Kalifornien eine Halbinsel oder Insel sei, war damals noch
nicht festgestellt.
3) Natürliche und bürgerliche Geschichte von Californien, Teil I, Seite 120-122.
*^ Handschrift im Archiv zu Sevilla.
336 O. NACIIOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
gänzlich erfolglosen Kosten sparen, da die Schiffe aus den Phi-
lippinen keinen Wert darauf legten dort anzulaufen, eine Auffas-
sung, welche Vizcaino beim König zu entkräften suchte durch den
Hinweis, dass sie auf persönliche Feindschaft des Marquis de Mon-
tes Claros gegen ihn zurückzuführen sei^).
Der Meinungsstreit wurde hinfällig, und die für das Jahr 1608
geplante Unternehmung unterblieb, weil, wie bereits berichtet
(vergl. Seite 332), der König mit Cedula vom 27. September 1608^)
Vizcaino zum Führer der Entdeckungsreise nach den Islas Rica de
Oro und Rica de Plata bestimmt und zugleich darin angeordnet
hatte, die Eesiedelung von Monterey zu unterlassen. Eine etwas
abweichende Darstellung enthält das 1739 verfasste Werk des
Spaniers Mi£-?/eI Veiiegas " Noticia de la California," im Deutschen
als "Natürliche und bürgerliche Geschichte von Californien"
erschienen. Nach diesem hatte zwar der Vizekönig den Vizcaino
sofort aufsuchen lassen ; man hatte ihn auch gefunden. " Unter
der Zeit aber," so heisst es dort weiter, "dass er sich zu einer
Unternehmung vorbereitete, deren wahre Vortheile man erst
durch Hülfe der Zeit und der Erfahrung eingesehen hat, fiel er in
eine Krankheit, die ihn ins Grab brachte, und dadurch verschwand
alle Hoffnung, die man sich von dieser Unternehmung gemacht
hatte.". . . .^) Von Bedeutung erscheint diese an sich ja unerhebliche
Abweichung deshalb, weil das sonst gut unterrichtete und vielfach
auf Aktenstücken beruhende Werk des Venegas durch Ueber-
setzung in viele Sprachen grosse Verbreitung gefunden hat, und
daher wahrscheinlich nur diese irrige Notiz von dem vorzeitigen
Tode Vizcainos daran Schuld ist, dass von der im Weiteren zu
schildernden, für die Erdkunde nicht ganz bedeutungslosen
Unternehmung des Vizcaino in den zahlreichen, der Geschichte
der Entdeckungen gewidmeten Spezial- und Sammelwerken, mit
J) Brief von Sebastian Vizcaino an den König aus San Lucar vom 3. Dezember 1607,
Handschrift im Archiv zu Sevilla.
2) Abschrift einer Cedula an den Vizekönig von Neu-Spanien Don Luis de Velasco,
Handschrift im Archiv zu Sevilla.
3) Natürliche und bürgerliche Geschichte von Californien, Teil I, Seite 122. An einer
andern Stelle, Seite 117, wird übrigens an die missmutige Rückkehr Vizcainos nach Neu-
Spanien die den obigen Angaben nicht ganz entsprechende Bemerkung geknüpft : " wo er
den Rest seiner Tacre in der Ruhe und Stille zubrachte."
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAXD 337
Ausnahme des mehrfach genannten jüngsten Werkes von Heeres^),
nichts zu finden ist, während seine anderen beiden Entdeckunn-s-
reisen (1596 und 1602—03) in vielen derselben beschrieben oder
doch wenigstens erwähnt werden.
Obleich nun die Königliche Verordnung vom Jahre 1608 -) das
Unternehmen anbefohlen liatte, so erlitt es doch noch weitere
Verzögerungen, indem ein lebhafter Meinungsstreit über die Art
der Ausführung entbrannte, so eingehend und umständlich, dass
es nicht weniger als siebzehn Schriltstücke aus den Jahren 1609
und 1610 sind, die im Archiv von Sevilla davon Kunde geben^). Es
handelte sich dabei im wesentlichen darum, ob die Entdeckungs-
reise aus Acapulco oder aus den Philippinen erfolgen solle, eine
für die Beteiligten deshalb wichtige Entscheidung, weil im ersten
Falle der Vizekönig von Neu-Spaiiien es war, in dessen Händen
das ganze Unternehmen und seine Ausrüstung lag, im andern
aber der Guvernör der Philippinen. Die massgebende Behörde in
Spanien, der Rat von Indien, wurde veranlasst, seine anfänglich
für Acapulco als Ausgangsort günstige Auffassung aufzugeben
durch die Eingaben des Procurador General (Oberrichter ?] der
1) Abschnitt Life and I.abours of Abel Janszoon Tasnian, Seite 19.
2) Vergl. Seite 332.
3) I.Eingabe von llernando de los Rios Coronel, Procurador General (Oberrichter?)
de Filipinas, vom2. März 1609.— 2. Borrador (Entwurf?) des Rats von Indien vom 20. Märr
1609.— 3. Eingabe von Hernando de los Rios Coronel über die Kosten der Entdeckungs-
reise ; ohne Datum, wol von 1609.— 4. Consulta (Gutachten) des Rats von Indien vom 9. April
1609. — 5. Testimonio (urkundliches Zeugniss) einer Real Cedula an den Vizekönig von Neu-
Spanien de Velasco vom 13. Mai 1609. — 6. Brief des Vizekönigs von Neu-Spanien de Velasco
an den König vom 24. Mai 1609.— 7. Testimonio der Junta (Versammlung), abgehalten
durch den Vizekönig in Mexiko am 12. Juli 1609. — 8. Testimonio einer Verordnung des
Vizekönigs de Velasco vom 12. Juli 1609. — 9. Testimonio der Junta, abgehalten durch den
Vizekönig in Mexiko vom Oktober 1609. — 10. Absclmft aus einem Briefe des Fiskals von
Mexiko Don Francesco de Leoz an den König vom 20. Oktober i6og. — 11. Brief de&
Vizekönigs von Neu-Spanien de Velasco an den König vom 21. Oktober 1609. — 12. Brief von
Hernando de los Kios Coronel an den König aus Sevilla vom 27. Januar 1610.— 13. Gutachten
des Rats von Indien vom 23. April 1610. — 14. Real Cedula an den Vizekönig von Neu-
Spanien de Velasco vom Jahre 1610. — -15. Brief von Hernando de los Rios Coronel an den
König aus Mexiko vom 31. Dezember 1610. — 16. Ansicht von Hernando de los Rios Coronel,
ausgesprochen in einer vom Vizekönig in Mexiko versammelten Junta ; von 1610 (ohne
Datum). — 17. Ansicht von Hernando de los Rios Coronel über die Inseln Rica de Oro und
Rica de Plata ; ebenfalls ohne Datum, wohl von 1610.
338 O. NACIIOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
Philippinen Heniando de los Rios Coronet), welcher damals grade
in Spanien anwesend und dort von der Regierung mit nautischen
Untersuchungen betraut war. Zuerst Offizier und später Geistli-
cher, verdankte er seinem vieljährigen Aufenthalte in den Philippi-
nen seit 158S, sowie seiner Beteiligung an den allerdings miss-
lungenen Zügen der Spanier nach den Molukken und Kambodja,
die ihn auch nsch China führten, eine gründliche Kenntniss der
betreffenden Verhältnisse, besonders auf dem Gebiete des Seewe-
sens. Auf diesem hatte er sich auch ausgezeichnet durch ein 1597
von ihm erfundenes Astrolabium, mit welchem man, wie er dem
Könige berichtete, zu jeder Tageszeit die Polhöhe und die Breite
irgend einer Gegend aufnehmen und zugleich die Stunde feststellen,
sowie Beobachtungen über die Abweichung der Magnetnadel und
über die Sterne machen könne.") Ferner war er der Erfinder eines
Instruments aus Kupfer, welches Seewasser in Süsswasser
verwandelte ; dasselbe kostete nur 300 Realen und ward im Jahre
1610 vom Rate von Indien für alle überseeischen Schiffe bestimmt.^)
S]3äter verfasste er auch ein im Jahre 1622 gedrucktes Buch über
die Philippinen.^)
Auf die Vorstellungen von de los Rios Coronel hin, in welclien
er u. a. darauf hingewiesen hatte, dass er es gewesen sei, der den
Vizekönig Marquis de Montes Claros von diesem Gegenstande
unterrichtet und mithin er der Urheber der Bestrebungen sei, die
1) Vergl. den ausführlichen Artikel, den ch A-avarrete in seiner Biblioteca Maritima
Espauola ihm widmet (Band i, Seite 636 — 647), sowie de Morga, Sucesos de las Islas
Filipinas, Ausgabe von /iVr;//, Seite 129 u. ff,, Ausgabe von Stanley, Seite 119 u. ff. . Das
Wort Coronel ist hier nicht, wie zuweilen irrtümlich geschehn, mit Oberst zu übersetzen,
sondern gehört zu seinem Namen.
2) Das an den König gerichtete Schreiben hat den Titel:, "Denkschrift, welche
Hernando de los Rios Coronel an den König richtete aus Manila, datirt 27. Juni 1597,
und worin er ihm von einem Buche meldet, welches er zu verfassen beschäftigt war, über
den Gebrauch des Astrolabium und der Kunst der Schiffahrt, sowie über die Wichtigkeit,
einen Hafen auf dem Festland von China zu erlangen und zur rechten Zeit in Isla-Hermosa"
(Formosa). Siehe de Navarrde, Band I, Seite 637 — 8.
3) De Navarrctc, Band I, Seite 644—5.
■») Memorial y relacion de las Philipinas, de lo queconviene remediar, y de las riquezas
<jae hay en ellas y en las islas del Maluco. Vergl. de Navnrrcte, Band I, Seite 645 — 7, die
Ueberschriften der 14 einzelnen Kapitel.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLÜLAND. 339
Inseln Rica de Oro und Rica de Plata zu entdecken^), war im Rate
von Indien unterm 20. März 1609 beschlossen worden, dass der
Vizekönig von Neu-Spanien die Entdeckungsreise suspendiren und
diese von den Philippinen aus erfolgen solle'). Dementsprechend
verkündete eine Königliche Verordnung vom 13. Mai 1609 dem
Vizekönig de Velasco, dass, wenn noch nicht damit begonnen,
die Unternehmung dem Guvernör der Philippinen übertragen
werde.^) In einer hierauf vom Vizekönig im Oktober 1609 zu Mexiko
abgehaltenen Beratung ward beschlossen, dem König erst noch-
mals über die Vor- und Nachteile der Unternehmung, je nachdem
sie von Acapulco oder von den Philippinen aus stattfinde, zu
berichten^). Ein Gutachten des Rats von Indien vom 23. April
1610 bestimmte hierauf, dass die Vorstellungen von de los Rios
Coronel dem Vizekönig mitgeteilt werden und dieser dann in
Mexico aufs Neue eine Versammlung einberufe, um über die Sache
schlüssig zu werden.^) De los Rios Coronel sollte, wie eine König-
liche Verfügung^) anordnete, persönlich derselben beiwohnen.
Dieser war auf der Rückreise nach Manila im Jahre 1610 aus
Spanien in Mexiko eingetroffen.'') Wie er von hier dem Könige mit
Schreiben vom 31. Dezember 1610^) berichtet, hatte er in dieser
Versammlung sein Gutachten für die Zweckmässigkeit, die Reise
von den Philippinen aus zu machen, abgegeben ; es seien aber
einige der Ansicht gewesen, dass der Entdecker sich mit dem
Schiffe, welches eine Anzahl Japaner aus Mexiko zurückbringen
solle, nach Japan begeben und von dort aus die Reise unterneh-
men solle, was ihm auch gut erscheine ; übrigens habe der Vizekönig
in derselben Sache nochmals eine Junta einberufen. In dieser
scheint die Reise von Acapulco aus über Japan endgiltig festgestellt
^) Memorial von Hernando de los Rios Coronel vom 2. März 1609, Handschrift im
Archiv zu Sevilla.
2) Borrador del Consejo, Handschrift im Archiv zu Sevilla.
3) Testimonio de Real Cedula, Handschrift im Archiv zu Sevilla.
••) Testimonio de la Junta, abgehaUen in Mexiko im Oktober 1609, Handschrift im
Archiv zu Sevilla.
s) Consulta del Consejo de Indias, Handschrift im Archiv zu Sevilla.
^) Real Cedula vom Jahre 1610 an den Vizekönig von Neu-Spanien, Marquis de
Saunas (diesen Titel führte Luis de Velasco auch), Handschrift im Archiv zu Sevilla.
'^) c/c- ^avarrcte, Biblioteca Maritima Espanola, Band I, Seite 644.
«) Handschrift im Archiv zu Sevilla.
340 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
worden zu sein ; denn unterm i8. März 1611 kann der Vizekönigf dem
Könige endlich berichten, dass das von den. Japanern gekaufte Schift
sich bereit maclie zur Entdeckung der Islas Rica de (3ro und Rica
de Plata, welche, nachdem die Japaner in ihr Land zurückgebracht,
von dort aus unter Sebastian Vizcaino erfolgen solle.')
Die Gutachten von Hernando de los Rios sind besonders
deshalb bemerkenswert, weil er darin nilhcre Angaben über jene
Inseln macht, von denen er zwar nicht weiss, ob sie bevölkert sind,
über deren Lage er aber berichtet, dass sie 150 Leguas von Japan
entfernt seien'), und zwar die Rica de Plata in der Höhe von 36, die
Rica de Oro von 29 Grad ; er wisse es, weil er viele Seekarten
gemacht und die Inseln gesehen habe, als er von den Philippinen ge-
kommen sei.^) Gleichviel, ob diese Angaben mehr auf Selbsttäu-
schung — denn von einem wirklichen Sehen vom Schiffe aus konnte
;bei seiner Fahrt doch nicht die Rede sein — oder auf Wiedergabe der
darüber unter Seeleuten umgehenden Gerüchte beruhten, den
späteren Untersuchungen zufolge sprechen sie nicht grade für die
Zuverlässigkeit von de los Rios Coronel. Uebrigens weichen sie
auch ab von der nicht weniger zweifelhaften Auffassung der am 12.
Juli 1609 vom Vizekönigin Mexiko abgehaltenen Versammlung ;
hiernach lagen die Inseln zwischen 31 und 33 Grad Breite, und war
die Kunde davon allerdings aucli durch einige auf dem Wege von
^den Philippinen vom Weiten vorbeigefahrene Schiffe erlangt/)
3. Der Reiseplan.
In der vom Vizekönig Don Luis de Velasco zu Mexiko ein-
'berufenen Versammlung hervorragender und mit der Schiffahrt
vertrauter Persönlichkeiten, zu welchen auch ausser dem General
1) Brief des Vizekönigs von Neu-Spanien, Marquis de Saunas, an den König aus Mexico,
Handschrift im Archiv zu Sevilla.
2) Parecer (Gutachten) von Hernando de los Rios Coronel, ohne Datum, beigefügt
seinem Schreiben an den König aus IMexiko vom 31. Dezember 1610 ; Handschrift im
Archiv zu Sevilla.
3) Parecer de Hernando de los Rios Coronel, ebenfalls ohne Datum, jedenfalls von 1610;
Handschrift im Archiv zu Sevilla.
4) Testimonio de la Junta, abgehalten in Mexiko, Handschrift im Archiv zu Sevilla.
O. NACnOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAXD. 341
Vizcaino und einigen Steuermännern Don Antonio de Morga zählte,
der Verfasser jenes Buches über die Phih'ppinen, in welchem die
Kunde von den Rica de Oro und Rica de Plata zum ersten Male in
der Litteratur erscheint (vergl. Seite 327), war man zu dem bereits
erwähnten Beschluss gekommen, das Schiff nicht wie sonst zuerst
nach den Philippinen, sondern aus dem Hafen Acapulco in grader
Richtung direkt nach Japan segeln zu lassen. Die Ursache lag
einmal in der Vizcaino anvertrauten Gesandtschaft nebst den damit
verbundenen Geschenken für den japanischen Kaiser, wie der Sho-
gun bezeichnet wird, und für dessen Sohn ; sodann handelte es sich
darum, eine Aiizahl Japaner in ihr Vaterland zurückzubringen.
Diese waren im Jahre 1610 nach Mexiko gelangt auf einem Schiffe,
welches der Shogun leyasu durch den in seinen Diensten stehen-
den, englischen Steuermann William Adams, einem der mit dem
ersten holländischen Schiff in Japan 1600 Gestrandeten, hatte
anfertigen lassen für den Guvernör der Philippinen Rodrigo de
Vivero y Velasco, als dieser im Jahre 1608 auf der Heise nach
Acapulco an der japanischen Küste Schiffbruch erlitten hatte^).
Nach seiner Ankunft in Japan sollte Vizcaino vom Shogun die
Erlaubniss einholen, die Häfen und Buchten zu vermessen und
aufzunehmen an der ganzen Küste von Nagasaki bis zum Cap de
Cestos, welches als das Nordende von Japan galt. Während der
Ueberwinterung in Japan sollten alle Vorbereitungen getroffen und
ein zweites Schiff dort angefertigt werden, um dann im nächsten
Frühjahr, nach Erhalt der Rückantwort des Shoguns und seines
Sohnes an die Gesandtschaft, zu geeigneter Jahreszeit die Entde-
ckungsreise nach den Inseln Ricas de Oro y Plata zu unternehmen.
Ueber diese selbst, ihre Lage und wie man Kunde von ihnen
erhalten, verlautet an dieser Stelle des Vizcainoschen Berichtes,
dem vorstehende Angaben entnommen, leider niclits').
1) Vergl. den Bericht des Vivero in Thomas Rundall, JMemorials of the Empire of Japon
in the XVI and XVII Centuries, Seite 171— 186, Ausgab: der Ilakluyt Society, London
1S50 ; ferner Arnoldus Monfaiins, Gedenkwaerdige Gesantschappeii der Oost-Indische
Maetscliappy, Seite 193, Amsterdam 1669.
2) Documentos ineditos VIII, Seite 103 — 104.
342 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
4. Verlauf der Reise bis zur Ankunft in Japan.
Am 7. ]\Iärz 161 1 verliess Vizcaino Mexiko, begleitet von den
23 Japanern, als deren Oberhaupt ein Don Francisco de Velasco,
mit anderem Namen Jocuquendono genannt, bezeichnet wird ; ver-
mutlich hatte er sich in Mexiko taufen lassen und hierbei den
Namen des dortigen Vizekönigs erhalten, der vielleicht sein
Taufpate Avar. Am ig. März erfolgte die Ankunft in Acapulco,
und am 22. März verliess das Schiff " San Francisco" diesen
Hafen ; unter den übrigen Teilnehmern werden hervorgehoben
der Obersteuerman Benito de Palacios, sein Vertreter (acompaüado)
Lorenzo Vazquez, ferner drei Franziskanermönche nebst drei
Laienbrüdern im Auftrage ihres Ordens, ein Geheimschreiber
und 51 Seeleute\) Angaben über die Grösse, Tüchtigkeit und
Ausrüstung des Fahrzeugs fehlen hier leider; an einer andern
Stelle aber wird bemerkt, dass das Schiff, welches aus den Philip-
pinen nach vielen Stürmen mitten im Winter in Acapulco angekom-
men, dort nur kalfatert worden sei mit Talg und Kalk, dass ein
Teil des zu liefernden Proviants gefehlt habe und obendrein der
übrige, sowie das Wasser, teilweise verdorben gewesen sei^).
Anfang Mai 1611 war die Gegend der Ladronen passirt, und am
23. Mai hatte das Schiff, von den Winden bis dahin begünstigt, den 33-
Breitengrad hinter sich und war also fast auf der Ilöhe des Hafens
Uraga am Eingange der Bucht von Tokyo, der das nächste Reise-
ziel bildete. Abgesehen von Streitigkeiten zwischen den Japanern
und den spanischen Matrosen um die Feuerstätten, welche durch
Vizcaino schliesslich durch strenge Androhungen an beide Natio-
nen beschwichtigt wurden, war bisher nichts Bemerkenswertes
vorgefallen. Vom 25. Mai ab aber erfassten furchtbare Südwest-
stürme das Schiff, die es ernstlich beschädigten und aus seinem
Kurse trieben, sodass man fürchtete, nach ,, Gross- Tartarien (Gran
Tartaria) " oder Korea verschlagen zu werden. Am 7. Juni ver-
sammelte Vizcaino einen Schiffsrat, in welchem angesichts der
fortdauernden Stürme, der Schiffsschäden und des mangelhaften
Proviants beschlossen ward, unter allen Umständen zu suchen,
^) Documentos ini^ditos VIII, Seite 102 — 104.
») Ebenda, Seite 108.
O. XACHOD, EIN UNENTDECKTES (}OLDLAXD. 343
Land zu erreichen, gleichviel auf welclier Ilölie und wenn es gleich
50 Grad wären. Am nächsten Tage wurde auch wirklich Land
entdeckt und zwar auf der Höhe von 38 Grad, und am 9. Juni er-
reichte man die Küste, wo man einigen japanischen Barken begegnete
und erfuhr, dass der Hafen von Uraga 40 Meilen entfernt sei. Nicht
ohne viele Mühe gelang es Vizcaino, einen der mit der Küste
bekannten, eingeborenen Schiffer gegen Bezahlung dazu zu be-
wegen, das Schiff nach diesem Hafen zu geleiten, wo es endlich am
Abend des 10. Juni 161 1 nach achtzigtügiger Fahrt eintraf').
0-
Verhandlungen mit der japanischen Regierung.
Noch unter gleichem Datum (10. Juni 1611) fertigte Vizcaino
Briefe ab an den Shogun leyasu, sowie an dessen zum Nachfolger
ernannten Sohn Hidetada^). Die Uebersetzung des Ersteren lautet
wie folgt :
" Durchlauchtigster Kaiser der Reiche und Provinzen von
Japan.
Sebastian Vizcaino, General und Gesandter des Königs von
Spanien, Don Philipp HL, seines Herrn, und des Marquis von
Salinas^), Vizekönigs von Neu-Spanien und dessen Statthalters,
und der Pater Frai Pedro Bautista, vom Orden des Pater San
Francisco, thun E. M. zu wissen, wie wir heut Sonnabend den 10.
Juni 161 1 diesen Hafen Urangava erreichten in einem Schiffe, in
welchem wir abfuhren aus Neu-Spanien vom Hafen Acapulco am
22. März dieses Jahres graden Wegs nach diesem Reiche, lediglich
um E. M. Bescheid zu bringen, wie der genannte Marquis die Pässe
und die Gesandtschaft empfing, welche der Pater Frai Alonso
Munoz im Namen von E. M. ihm überbrachte ; und ebenso um nach
dissem Reiche zu bringen Josquendono und die übrigen japanischen
Unterthanen E. M., welche im vergangenen Jahre von hier nach
Neu-Spanien mit Don Rodrigo de Vivero gingen,'') und um das Silber
1) Documentos in6ditos VITI, Seite 105-113. Der Ort, wo die Spanier gelandet waren,
hiess nach Angabe der Japaner Tuginahama (Seite 112); es dürfte dies wohl Onahama in der
Provinz Iwaki sein.
2) Beide Briefe im spanischen Wortlaute veröffentlicht in Documentos indditos VIII,
Seite 114 — 116.
») Der Vizekönig Luis de Velasco führte auch den Titel eines Marquis von Saunas.
■*) Vergl. Seite 341.
344 <>• XACIIOD, EIN UXFA'TDECKTES GOLDLAND.
zurückzugeben, welclies auf Befehl von E. M. g-enanntem Rodrigo
geliehen wurde, und den Wert des Scliiffe.s San Buenaventura, das
der genannte Marquis im Namen seines Königs und Herrn kaufte,
obwol es nicht geeignet war, um damit nacli diesem Reiche zurück-
zukehren, aus Gründen, über die der genannte Josquendono und
die andern Japaner E. M. unterrichten werden, wie über die gute
Behandlung, welche ihnen bei der Hinreise uud dem Aufenthalt in
Neu-Spanien und bei der Rückkehr in diese Reiche von Seiten des
genannten Marquis und von mir zuteil geworden, indem wir sie
achteten, ehrten und bewirteten als Diener und Unterthanen E. M. .
Und obgleich der genannte Marquis sie über die Inseln von Luzon
hätte abschicken können, so that er es nicht, in Anbetracht, dass
der Weg lang und gefährlich ist, sowol bezüglich der Schiffahrt,
als der bei den genannten Inseln befindlichen Menge von hol-
ländischen Schiffen, Freibeutern, welche auf Raub ausgehn und
sich gegen meinen König und Herrn empört haben, und um sie
(die Japaner) nicht in Gefahr zu bringen, noch die Rückgabe des
genannten Silbers und des Wertes des Schiffes und des Uebrigen,
was wir von dem genannten Marquis im Namen meines Königs und
Herrn herbringen. Da uns daran liegt, vor E. M. zu erscheinen, so
erbitten wir demütig Erlaubniss, an den Hof zu kommen, um E. M-
die Hände zu küssen und damit zu warten nach E. M. Belieben,
nach Massgabe des Anfangs und des Friedens und der guten
Beziehungen, wclclie bestehn mit E. M. und seinen Reichen, dessen
Leben unser Herr verlängere mit mehr Reichen und Staaten. — Von
Urangava etz."
Von ähnlicliem Inhalt, aber kürzer war das Schreiben an
den jungen Shogun. Bemerkenswert erscheint, dass also von dem
eigentlichen Zwecke der Reise, der Entdeckung der Ricas de Oro
y riata, sowie von der beabsichtigten Vermessung und Aufnahme
der Häfen und Küsten, zunächst noch geschwiegen ward.
Bezüglich der Staatsgewalt bestand in Japan ein Dualismus,
welcher sich am besten mit dem Hausmeiertum der Karolinger
unter den Merovingern vergleichen lässt. Die Würde, der Titel
der Staatshoheit, war dank seiner als göttlich angesehenen Abstam-
mung dem uralten Herrschergeschlechte der Mikado verblieben;
die Regierungsgewalt selbst aber übte in seinem Namen, jedoch
gänzlich unabhängig, der Shogun aus, den daher die Europäer all-
I
O. XACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLD LAND. 345
gemein, wenn auch irrig, als Kaiser von Japan bezeichneten. Die
Erschlaffung der Zentralgewalt war von den Daimyo, den einzelnen
Territorialherren, in jahrhundertelangen Bürgerkriegen benutzt
worden, um sich immer unabhängiger hiervon zu machen und ihr
eigenes Ländergebiet auf Kosten andrer Daimyo zu vergrössern.
Erst im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts war es gelungen,
diese Bestrebungen zu unterdrücken, indem Nobunaga und, nach
dessen Ermordung, Hideyoshi durch militärische Erfolge sich die
Oberherrschaft zu sichern verstanden hatten. Nach des Letzteren
Tode (1598) war es der Daimyo leyasu Tokugawa, der sich diesel-
be erkämpfte und durch kluge Massregeln es dahin brachte, in
seiner Familie das Shogunat erblich zu machen; mit der Tokugawa-
Herrschaft, die fast bis in unsre Tage w^ährte, brach für Japan
endlich eine Zeit des Friedens von fast vierteltausendjähriger Dauer
an. Seinen zum Nachfolger bestimmten Sohn Hidetada hatte
leyasu nach japanischem Brauch schon bei Lebzeiten vom Mikado
zum Shogun ernennen lassen; es war dies jedoch nicht viel mehr als
eine blosse Form, zur Vermeiduner von Thronstreiti£;"keiten bei
seinem Ableben bestimmt; denn die Regierungsgewalt behielt
leyasu bis zu seinem Tode (1616) ausschliesslich in seinen
Händen.
Nach einigen Tagen traf die Antwort auf Vizcainos Schreiben
an den jungen Shogun aus dem nahen Yedo ein, der heutigen
Hauptstadt Tokyo, wo Hidetada Hof hielt ; sie erteilte die Ge-
nehmigung zu der erbetenen Hofreise/) Aus der breit gehaltenen
Darstellung^) in dem Berichte Vizcainos über den Aufenthalt in
Yedo und die feierliche Audienz bei Hidetada seien die langwierigen
Verhandlungen^; hervorgehoben, welche sich um die zu erfüllen-
den Förmlichkeiten entspannen. Vizcaino weigerte sich, seine
Botschaft dem Shogun kniend mit zu Boden geneigtem Gesicht
auszurichten, wie es die japanische Sitte mit sich brachte, die auch
selbst von den Daimyo erfüllt wurde, da die Würde seines von ihm
vertretenen, mächtigen Königs dies nicht erlaube ; er wusste in
der That, es schliesslich durchzusetzen, dass der Empfang nach
^) Documentos ineditos VIII, Seite 118— 119.
*) Ebenda, Seite 119 — 130.
3) Ebenda, Seite 122 —124.
346 O. ^■ACH01), EIX UXENTDECKTES GOLDLAND.
spanischem Zeremoniell stattfand, indem er angeblich drohte, sonst
ohne Botschaft zurückzukehren. Dieser anscheinende Erfolg, sowie
das glUnzenkc Waffe ngepränge. mit dem die Gesandtschaft auftrat,
trug aber in den Augen des einflussreichen, auf die alten Gebrauche
Wert legenden japanischen Beamtenadels scliwerlicli dazu bei, die
Spanier beliebt zu machen und deren weitere Pläne zu fördern.
Nach etwa zehntägigem Aufenthalt in Yedo kehrte die spani-
sche Gesandtschaft nach Uraga zurück, um nun von dort sich nach
Suruga ') zu begeben (29. Juni 161 1), wo der mächtige Shogun
leyasu Hofhielt;") diese jetzt Shidzuoka genannte Stadt, südwest-
lich vom heutigen Yokohama gelegen, soll damals zu den bedeu-
tendsten und volkreichsten von Japan gehört haben.
Auf der Reise waren die Spanier der Gegenstand ehrender
Aufmerksamkeiten und zuvorkommender Bewirtung, was der
Bericht nicht ohne Stolz wiederholt hervorhebt, obgleich in Japan
dies allen Gesandtschaften gegenüber allgemeiner Brauch war ;
die feierliche Audienz bei leyasu verlief in ähnlicher Weise wie
bei seinem Sohne in Yedo. Unter den Geschenken des Vizekönigs
in Mexiko befanden sich Gemälde des Königs, der Königin und
des Kronprinzen von Spanien, welche der Shogun aufmerksam,
betrachtete f) auch in Yedo hatte Vizcaino die sorgfältig eingerahm-
ten und mit Vorhängen versehenen Bilder dem jungen Shogun
zeigen müssen ; derselbe liess ihm seinen Beifall kundgeben, nicht
ohne die eigentümliche Frage zu stellen, ob die schöne Farbe der
Wangen wirklich so oder nur künstlich gemacht sei.^) Eine
lohnende Aufgabe wäre es, nach diesen in Japan vielleicht noch
vorhandenen Gemälden nachzuforschen ; wer weiss, ob man damit
nicht wertvolle Kunstwerke bedeutender spanischer Maler dem
Schicksal der Vergessenheit entreissen würde .''
In den nächsten Tagen erhielt Vizcaino die Aufforderung, eine
schriftliche Eingabe seiner Wünsche an die japanische Regierung
1) In dem Berichte des Vizcaino ist dieser Name mit (^orumba M-iedergegeben.- — In der
erwähnten Schilderung (vergl, Seite 341) des Guvernörs der Phihppinen {^Kundall, Seite 17S)
wird Suruga als eine Stadt von 500000-600000 Einwohnern bezeichnet, eine wol sehr
übertriebene Schätzung.
2) Documentos ineditos VIII, Seite 136-137.
3) Ebenda, Seite 141.
^) Ebenda, Seile 129-130.
O. XACHOD, EIX UNEN1DECKTES GOLDLAND. 347
zu machen. Kr that dies in drei Schreiben, ■") worin er die
Erlaubniss erbat, erstens wegen der Schiffsgefahr für die aus den
Phih'ppinen kommenden spanischen Schiffe die Häfen ander ganzen
Küste zu vermessen und ihre geographische Lage zu bestimmen ;
zweitens an dem hierzu am besten geeigneten Orte unter Aufsicht
der japanischen Behörden gegen die bei diesen übh'che Bezahlung
von einheimischen Werkleuten ein Schiff zur Rückreise nach Neu-
Spanien herstellen zu lassen ; drittens die mitgebrachten Waaren,
deren Erlös zur Bezahlung seiner Leute und des anzufertigenden
Schiffes bestimmt sei, frei und ungehindert verkaufen zu dürfen,
was ihm in Uraga nicht gestattet worden sei, angeblich Aveil die
Waaren für den Hof des Shogun benötigt würden. Der Bericht
über die Aufnahme der Häfen sollte in einem Exemplar dem
Shogun, in dem andren dem König von Spanien erstattet werden.
Alle drei Gesuche wurden bald genehmigt ; das Streben der
Abschliessung gegen das Ausland erlangte erst einige Jahre später
in Japan Geltung, nach dem Tode des leyasu, der eifrig und nicht
ohne Erfolg bemüht war, die technischen Kenntnisse der Fremden,
in denen sie seinen Unterthanen überlegen waren, in seinem Lande
zu verbreiten und zur Hebung der wirtschaftlichen Lage Japans
auszunützen.
Nach P2rlangung dieser wertvollen Zugeständnisse machte
Vizcaino geltend, sein Hauptzweck sei zu erfahren, ob der Shogun
den Holländern Freundschaft und den Zutritt zu seinem Reiche
gewähren wolle, da da im der König von Spanien seinen Unter-
thanen nicht gestatten könne, nach diesem Reiche Handel zu
treiben ; die Holländer seien Seeräuber, die in den Philippinen
chinesische, japanische und andre Schiffe beraubt hä.';ten, bis sie
der dortige Guvernör besiegt habe. Der Beschluss der japanischen
Behörden hierüber lautete nach verschiedenen Verhandlunsfen
schliesslich, Vizcaino solle nur zunächst ruhig nach Uraga zurück-
kehren ; bevor er Japan verlassen würde, sollte ihm endgiltiger
Bescheid über diese Angelegenheit zuteil werden.^) Zwei Jahre
vorher waren die ersten beiden Schiffe der Vereinigten Nieder-
ländischen Ostindischen Kompagnie (gegründet 1602) nach Japan
gekommen und hatten freundliche Aufnahme und vorteilhafte
1) Im spanischen Wortlaut verr.ftentlicht in Documentos ineditos VIII, Seite 143-145.
') Documentos incditos VIII, Seite 146-148.
348 O. NACIIOl), EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
Freibriefe zum Handel in Japan von leyasu erlangt, zu dem ihr in
den indischen Gewässern erworbener Kriegsruhm sicher gedrungen
war und für dessen Pläne sie geeigneter erscheinen mochte, als die
anspruchsvollen Spanier und Portugiesen. Auch hatten die Hol-
länder einen einflussreichen Fürsprecher in dem, wie bereits
erwähnt (vergl. Seite 341), im Dienste des Shogun stehenden Wil-
liam Adams, der im Jahre 1600 mit dem Schiffe einer der damals
in Holland bestehenden ostindischen Rhedereien in Japan gestran-
det war (vergl. Seite 318).
So verliess denn am 16. Juli 161 1 die spanische Gesandtschaft
Surusra und traf nach vier Tagen wieder in dem Hfen Urap-a ein.
Hier bemühte man sich aufs eifrigste um den Verkauf der mit-
gebrachten Waaren, aus denen jedoch nicht viel gelöst werden
konnte, angeblich weil die Tuche und Serge zu fein und in Japan
nur für geringwertige Kleidung zu verwenden waren. Für die
Anfertigung eines Schiffes von weniger als 100 Tonnen wurden
8000 Tael verlangt (damaliger Wert ungefähr 50000 Mark) ; da nun
Vizcaino einsah, dass der zu erwartende Erlös der Waaren hierzu
und zu den Kosten der Rückreise nicht ausreichen würde, ent-
schloss er sich, lieber sein altes Schiff ausbessern zu lassen und aut
das neue zu verzichten.')
Diese Angelegenheiten scheinen ziemlich viel Zeit beansprucht
zu haben ; denn es vergingen mehrere Monate, ehe man sich
anschickte, die Untersuchung der Häfen in Angriff zu nehmen.
Erst am 6. Oktober begaben sich die Spanier nach Yedo, um dorf
die Pässe der Shogunatsregierung, sowie einen Beamten derselben
als Führer des Zuges zu erlangen,-) deren sie zum freien Eintritt
und Durchzug der zunächst zu besuchenden nördlichen Provinzen
bedurften und wodurch die lokalen Behörden angewiesen wurden,
die Spanier mit Verpflegung, Transportmitteln und sonstigen
Erfordernissen in ihrem Unternehmen zu imterstützen. Auch
erbot sich der Shogun Hidetada, das neue Schiff, auf welches
Vizcaino aus finanziellen Rücksichten bereits geglaubt hatte
verzichten zu müssen, selbst für ihn anfertigen zu lassen. Gern
ging Vizcaino hierauf ein und stellte folgende Bedingungen : Das
Schiff solle einen Gehalt von nicht mehr als 100 Tonnen haben ;
i) Documentos indditos VITI, Seite 148-151.
2) Ebenda, Seite 152.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 349
die ganze Besatzung' solle unter dem Befehle Vizcainos stehn,
darunter nicht mehr als zwei Japaner als Faktoren des Shogun ;
dem König von Spanien sollten Kosten nicht erwachsen; bei Ankunft
des Scliiffes in Acapulco solle es dem Vizekönig von Neu-Spanien
freistehn, das Schiff zu massigem Preise zu kaufen/) Der
Bericht verschweigt, ob und inwieweit der Shogun auf diese für
die Spanier sehr günstigen Forderungen einging; erfüllt wurden sie
jedenfalls nicht, wie die im weiteren Verlauf dieses Schiffsbaus durch
die Japaner \'izcaino bereiteten Acrgernisse beweisen, über die seine
Darstellung wiederliolt bitter Iclagt (vergl. Seite 360 — 362). Die
japanische Regierung d.ichte jedenfalls bei ihrem Vorschlage auch
gar nicht daran, sich irgendwie von Vizcaino hierbei Vorschriften
machen zu lassen ; ihr lag vermutlich nur daran, für ihre eigenen
Zwecke sich der seekundigen spanischen Mannschaft zu bedienen.
6. Reise der Spanier an der Ostküste von Japan.
Am 22. Oktober 161 1 verliessen die Spanier, versehn mit
zehn der genannten Freipässe-) für die verschiedenen Daimyo der
zu bereisenden Gebiete, die Stadt Yedo in nördlicher Richtung und
schlugen den Landweg nach Sendai ein.^) Unterwegs wurden sie
1) Docuincntos ineditos VIII, Seite 154-155.
2) Documentos ineditos VIII, Seite 153.
3) Der Reisebericht Vizcainos nennt die folgenden Orte, von denen ich leider nur einige,
und auch diese mehr oder minder abweichend von der spanischen Schreibweise, auf
Karten zu ermittehi vermochte. (Die in Klammern beigefügten Zahlen geben die
betreffenden Seiten der Documentos ineditos VIII an.) Hinreise : Coningay (155) ;
Coga (155), moderne Schreibweise Koga, in der Provinz Shimosa ; Cucimonio (155) ;
Vecinomia (155 — 156), vielleicht Utsunomiya in der Provinz Shimotsuke ; Tonchie (156), viel-
leicht Tochigi in der Provinz Shimotsuke ; Otaura (156), Xiracagua (156), jedenfalls Shira-
kawa in der Provinz Iwaki; Xesindo (156) ; Bacamechi (156— 158) = Wakamatsu (siehe
nächste Seile); Yonan2ua( 159), wahrscheinlich identisch mit Yonezawa in der Provinz L'zen;
Gonday (15g — 162), das ist Sendai ; Xivongama(i63), der an der Sendai-Bucht liegende Ort
Shiogama; Matasima (163-164), das ist Matsushima ; Ozca (164); Miato (164), vielleicht der
unter 39 Grad gelegene Hafen Minato; Condaque (164); Chiquimura (164): Guindazu (164);
Onvara (164); Cubruchi (165) ; Uran gava (165) ; Ichibama (165) ; Uragi (165); Ongachi
(165-I66) ; Michufaraa (165-166) ; Baque (165-166) ; Oritatc (167) ; Iturra-Antacho (167);
Quexonoma (167) ; Imayzumi (j68) ; Zacari (168) ; Oquinay (168); Combazu (169).—
Rückreise: Maynzumi (170) ; Sendai (171-173); Camura (173-174), jedenfalls Nakamura
in der Provinz Iwaki ; Ondazudo (174) ; Fumangava (174) ; Tomena (174) ; Tairacibando
(174), wahrscheinlich Taira, die Hauptstadt der Provinz Iwaki; Oymaluca (175); Fu-
gunaliama (175), wol Onahama in der Provinz Iwaki (vergl auch Seile 343, Anm. i) ; Amito
(176), das ist Mito, die Hauptstadt der Provinz Hitachi.
350 o. NACiioi). i-:ix unenjdlckjes goldland.
überall sehr _L;ut aufgenommen und verpflegt ; zuweilen wurden
Geschenke mit den Daimyo ausgetauscht. In dem Orte, den sie
Bacamechi nennen und der jedenfalls dem heutigen Wakamatsu
entspricht, einer Stadt von jetzt ink r 20OCO Einwohnern in der
Provinz Iwashiro, Hess der Landesfürst, ein Schwiegersohn des
Shogun leyasu, ein I^hrengeschenk von 30 Silberbarrren dem
General Vizcaino übergeben.^) Die glänzendste Aufnahme aber,
die sich auch für die weiteren Pläne Vizcainos als besonders
bedeutungsvoll erweisen sollte, far.den die Spanier in Sendai, einer
schon damals als Residenz des Daimyo Date Masamune an-
sehnlichen und noch heut wichtigen und über 70000 Einwohner
zählenden Stadt in unmittelbarer Nähe der pazifischen Küste. Der
genannte Fürst, über den wir gut unterrichtet sind^), gehört
neben Hideyoshi und leyasu zu den anziehendsten und unter-
nehmendsten Persönlichkeiten der damaligen, thatenreichen
Geschichte Japans. Geboren 1567'), und sehr jung zur Herrschaft
1) Documentos indditos VIII, Seite 158. Diese kleinen Silberbarren gehörten zu den
gangbarsten Tauschwerten in Japan und hatten einen festen Wert von 4,3 Tael ; der Tael
war eine Rechnungsmiinze im Gewicht von 37,565 Gramm Feinsilber, welche damals
einem Wert von 6-7 Mark entsprach. Niiheres hierüber in .Vac/md, Die Beziehungen der
Niederländischen Ostindischen Kompagnie zu Japan im 17. Jahrhundert, Seite 133-6.
2), C. Mirhvsthcr hat in den Transactions of the Asiatic Society of Japan (Band XXI,
Seite I -105, Yokohama 1S93) unter dem Titel "A sketch of the life of Date IMasamune and an
account of bis embassy to Rome" eine Monographie veröftentlicht, in der mit grossem Fleiss
aus europäischen, wie japanischen Quellen reiches Material zu einem übersichtlichen, lebens-
wahren Bilde zusammengetragen ist. Wertvollen Aufschluss über Dates Bestrebungen enthält
auch der von il/v-Ä'^'t'/Z'fr vielfach benutzte, in dem " Archivio Veneto " (Band XIII, Teil
II. Seite 245-285, Band XIV, Teil I, Seite 150-203, Venedig 1877) erschienene Aufsatz Le
antiche ambasciate giapponesi in Italia von Giigäcliiio Bereitet, welcher eine grosse Anzahl
hieravif bezüglicher Aktenstücke aus italienischen Archiven veröffentlicht. Endlich sind viele
interessante Einzelheiten, wie auch einige der von BcrcJut mitgeteilten Briefe, enthalten in
dem Schriflchen eines allerdings nicht grade unparteiischen Zeitgenossen, nämlich des
Römers Scipioiic Amati, welcher die Gesandtschaft Dates von Spanien nach Italien als
Dolmetscher und Geschichtsschreiber begleitete. Dasselbe erschien in Rom 1615 unter dem
etwas langatmigen Titel : Ilistoria del regno di Voxv del Giapone, dell' antichita, nobilta,
e valore del svo re Idate Masamvne, delli favori, c"ha fatti alla Christianitä, e desiderio che
ienc d'csser Christiane, e dell' aumento di nostra santa Fede in quelle parti. E dell'
tambasciata che ha inuiata alla Stil, di N. S. Papa Paolo V. c delli suoi succcssi, con altre
varie cose di edeficatione, e gusto spirituale de i Lettori. Dedicata alla Stä. di N. S.
Papa Paolo V. Fatta per il Dottor Scipione Amati l\omano, Interprcte, e Historico dell'
Ambasciata.
8). McriivetJuT Seite 6.
O. XACHOD, EIX UXENTDECKTES GOEDLAXD. 35t
gelangt, hatte er es verstanden, durch mih'Ulrische Erfolge, wie
durch List, in den unter den Daimyo damals so üblichen Nach-
barfehden sein ererbtes Gebiet bedeutend zu erweitern, und er
gehörte zu den letzten der Landesherren, welche sich der ciurch
Hideyoshi verkörperten zentralen Staatsgewalt gefügt hatten,
jedoch ohne dabei etwas von seinem Ländererwerb herausgeben zu
müssen. Sein Gebiet, gewöhnlich Mutsu oder Oshiu^) genannt, weit
ausgedehnter als die der meisten andren Daimyo, umfasste fast den
ganzen Norden der Insel Nippon (Hondo); es enthielt 1073 Ortschaf-
ten") und gewährte ein Einkommen von jährlich 15-20 Millionen
Mark^). An dem Eroberungsfeldzug Hideyosliis gegen Korea hatte
Date Masamune ruhmreichen Anteil mit seinem Heere genommen ;
dennoch erregte sein kaum verhohlener Ehrgeiz auch später noch
das Misstrauen Hideyoshis, und wol auch nicht grundlos. Beiin
Tode des Letzteren (1598) schloss sich Date Masamune dem bald
2ur vollen Macht gelangenden leyasu an, dessen Sohn nun sein
Schwiegersohn wurde.^) Uebrigens begnügte der Daimyo von
Sendai sich nicht mit kriegerischem Ruhm allein ; er errichtete in
seiner Residenz ein festes Schloss und in dem nahen Ort Matsu-
shima einen wegen seiner Pracht berühmten Tempel ; er beschäf-
tigte sich mit Kanälen und Bewässerungsarbeiten f) er sorgte für
Neuanpflanzung von Bäumen,'') und auch die Dichtkunst, von jeher
in seinem Gesclileclit erfolgreich gepflegt, zählte ihn zu ihren
eifrigen Jüngern.')
1) Häufig kommen hierfür auch die Schreibweisen Oosioe und Voxu vor (sprich
Ohschiu).
-) Mei-hi'cther, Seite 27.
3) Das nach Landessitte in Reis ausgedrückte Einkommen betrug nach Mcrhoether,
Seite 27, 625731 Koku(ä 180, 39 Eiter), ein von ihm auf 4 ^Millionen Dollars Gokl geschätz-
ter ^^ert. Monianiis nennt in seinen Gedenkwaerdige Gesantschappen, Seite 61, 64
Tonnen Gokl ; das sind 6,400000 Gulden holländisch, deren Wert am Anfang des 17.
Jahrhunderts 2 Mark war. Nach meinen Untersuchungen, vergl. Die Beziehungen der
Xiederlündischen Ostindischen Kompagnie zu Japan im 17. Jahrhundert, Seite 136-137, war
der Durchschnittswert von i Koku Reis damals Mark 29, gl. — Xach i\Ioii'amis gab es nur
drei Daimyo, deren Einkommen noch etwas hölier war.
••) ylAv/wcMd';-, Seite 20-23.
5) Ebenda, Seite 29.
") Ebenda, Seite 85-36.
') Ebenda, Seite 36-38.
352 O. NACIIOD, EIN UNEXTDECKTES GOLDLAXD.
Bei einem Besuche, den der Daimyo von Sendai dem Shogun
in Ycdo abgestattet hatte, war eine seiner Nebenfrauen, die er
besonders liebte, erkrankt, olme dass die besten Aerzte des Hofes
sie zu heilen vermochten. Da erfuhr Date Masamune von einem
durch seine wunderbaren Kuren rühmhchst bekannten Laienbruder
in dem zur damals in Yedo befindhchen Kirche der Franziskaner
gehörigen Hospitale. Diesem gelang es in der That, die Kranke
zu heilen. Voll Dankbarkeit Hess hierauf der Dairnyo den Oberen
der Franziskaner, den Pater Ludwig Sotelo aus Sevilla, nebst dem
Arzte zu sich kommen, um ihnen kostbare Geschenke zu über-
reichen. Er war nicht wenig erstaunt, als Sotelo dieselben
zurückwies mit dem Bemerken, dass den Mönchen die Annahme
-weltlicher Gaben versagt sei und sie nur aus Liebe zu Gott die
Heilkunst ausübten. Nach einer sehr ehrenvollen Bewirtung fand
Sotelo, der mit der japanischen Sprache bereits vertraut geworden,
die Gelegenheit, dem Daimyo über die Cln-isten und ihre Religion
mancherlei zu berichten, und als er schliesslich die Bitte aussprach,
nach Sendai kommen zu dürfen, um die christliche Religion zu
verkünden, ging der Daimyo bereitwillig hierauf cin.^) Dieser
versprach sich jedenfalls von der Thätigkeit der mit mancherlei
Kenntnissen ausgerüsteten fremden Priester eine P^örderung seiner
Pläne für die wirtschaftliche Hebung seiner Unterthanen.
So stand Sotelo an dem Hofe zu Sendai in grossem Ansehn
und entwickelte eine rege Bekehrungsthätigkeit, als die Spanier
unter Vizcaino dort eintrafen. Auch diesen Hess der Daimyo alle
Gunst widerfahren ; es fand feierlicher Empfang, ähnlich wie in
Yedo und Suruga, unter dem üblichen Austausch von Geschenken
statt; Festlichkeiten wurden zu Ehren der spanischen Gesandt-
schaft veranstaltet, die acht Tage in der Residenz verweilte (vom
8. bis 15. November 1611); vor allem, aber wurde den Spaniern alle
Hilfe zugesagt bei der Untersuchung der Küsten, und Date
Masamune äusserte, wie er sich freuen würde, wenn sie in seinem
Lande gute und geeignete Häfen für ihre Schiffe, sowol aus Manila
als aus Neu-Spanien, fänden, denen er gute Aufnahme zusicherte,
wie er überhaupt wünsche, gute Beziehungen mit ihrem König und
den Vizekönigen in Ne^'-Spanien zn unterhalten.'-) ^^^
^) Aiiiali, Seite 7.
2) Documentos indditos VIII, Seite 159-162.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 353
Von Sendai wandten sich die Spanier nach der nahen Küste,
um in nördh'cher Riclitung dieselbe zu untersuchen. Bei Shiogama
(Xivoiigama), eine Tagereise von Sendai, fanden sie einen Hafen,
der sich aber nur für kleine Schiffe als geeignet erwies.^) Hierauf
gelangten sie nach Matsushima (Mataxima), wo sie auf Wunsch des
Daimyo den von ihm errichteten, prachtvollen buddhistischen
Tempel besichtigten, dessen kunstvolle Holzschnitzereien die
lebhafteste Bewunderung der Spanier erregten.^) Diese zogen nun,
bald zu Lande, bald in japanischen Dschonken, weiter die in vielen
Einbuchtungen verlaufende Küste entlang und fanden eine ganze
Reihe von guten, auch für grössere Schiffe geeigneten Häfen, welche
sie kartographisch aufnahmen ; Zeichnungen davon übersandten sie
dem Daimyo von Sendai, der über diese Fülle von guten Häfen in
seinem Lande sich nicht \venig erfreut zeigte ; grosse Bedeutung
konnten dieselben jedoch nicht erlangen, weil die Scheidewand
der küstennahen Längsgebirge das Hinterland vom Verkeiu' mit
ihnen abschliesst. Diese Häfen lagen zwischen 38 und 40
Grad n. Br. nacli den spanischen Messungen, A\elche jedoch nicht
ganz richtig zu sein scheinen ; denn obgleich Sendai bereits auf
38i Grad liegt, führt der spanische Bericht den erst acht Tage
später erreichten Hafen Condaque mit nur 38 Grad an, und Minato,
was sicherlich identisch ist mit dem noch einen Tag vor Condaque
berührten Ort Miato, liegt bereits nur wenige Minuten südlich vom
39. Grad. Die spanischen Messungen scheinen also um etw^a einen
Grad zu niedrig zu sein, wofür die damals noch unvollkommenen
Messwerkzeuge wol eine genügende Erklärung bieten. Eigentüm-
lich berührt das Verfahren der Spanier, den von ihnen gefundenen
Häfen ohne Rücksicht auf die einheimischen Bezeichnungen
spanische, aus dem Hciligcnkalender gewählte Namen beizulegen.^)
Der nördlichste von den Spaniern erreichte Ort namens
Combazu lag nach ihren Angaben auf 40 Grad n. T?., w^as also etwa
41 Grad entsprechen und von der äussersten Nordspitze der Insel
Nippon nur um einen halben Grad entfernt sein dürfte. Hier
1) Documentos inedilos VIII, Seite 163.
2) Ebenda, Seite 163. il/6';77L'<7//tr, Seite 30— 32, gibt eine sehr anziehende Schilderung
dieses Prachtbaus, welclae er der Zeitung Japan Daily Mail vom 17. Dezember 189I
entnommen hat.
3) Documentos incditos VIII, Seite 164 — 16S.
354 O- NAClIOl), EIX UXEXTDECKTES OOEDLAXD.
vernalim Vizcaino von den Eingeborenen auf seine Frage, wieviel
Tage es noch sei zur Nord- und Nord\vest-Küste, es gebe dort
noch zwei grosse Reiche Vanbondono und Mazamaydono, deren
I'^ndc man nicht in 30 Tagen erreiche ; jenseits davon wende die
Küste nach Westen ; von dort nach Korea sei die Entfernung
gering, nicht ganz 60 INIeilen, und bevor man die Tartarei erreiche,
h'ege in der Meeresstrasse eine grosse Insel, Yeso genannt; deren
Einwohner seien Wilde, ganz mit Haar bedeckt, sodass nur die
Augen sich zeigten ; im Juli und August kämen sie nacli Japan, um
gegen Fische, Tierhäute und andre Tauschwaaren Baumwol-
lenzeuge und ihre sonstigen Bedürfnisse anzuschaffen ; dagegen
könne man in der übrigen Jahreszeit durch diese Meeresstrasse
nicht fahren, da dann die Stürme die Schiffe zerschellten.') Sind
diese geographischen Angaben auch nicht ganz einwandsfrei, so
erscheint doch bemerkenswert, dass hier bereits deutlich Ytzo als
Insel bezeichnet wird ( " una isla grande "), ein Punkt, der im 17.
und 18. Jahrhundert bei europäischen Forschern noch eip.en
Gegenstand des Zweifels gebildet liat. Vanbondono und Mazamay-
dono dürften die Titel japanischer Daimyo sein, von denen der
Letztere seine Residenz in dem Ort Matsumaye (Matsmai) an der
Südspitze der Insel Yezo hatte. Die japanische Endung "dono"
ist ein Titel, der so viel wie Herr bedeutet ; Mazam.aydono lieisst
also der Herr von jNIatsmai.
Da so viele gute, in den geeigneten Breitengraden liegende
Häfen gefunden, während die etwa an der weiteren Küste noch
befindlichen für die Schiffe aus den Philippinen kaum von Nutzen
sein dürften, und da in diesen Breiten auch der harte Frost des nun
einiretretenen Monats Dezember hinderlich sein werde, so be-
schloss Vizcaino nach Beratung mit den Steuermännern nicht
weiter vorzudringen, sondern die Rückkehr anzutreten, um nun die
Küste südlich von Sendai bis Uraga aufzunehmen, ehe noch Kälte
und Schnee sich vermehrten (4. Dezember i6ii).-)
Auf gefrorenen Wegen erreichten die Spanier am 5. Tage
Sendai. Der Daimyo hatte sich inzwischen nach Suruga an den
Hof des Shogun begeben und seinem Statthalter aufgetragen, dem
^) Documentos iiicditos VIII, Seite 169-170.
*) Ebenda, Seite 170.
O. XACHOD, EIN UXENTDECKTES GOLDLAND. 355
General Vizcaino zu eröffnen, dass der Daimyo gern ein Schiff
anfertigen lassen wolle, um darin Geschenke an den König von
Spanien und den Vizekönig in Mexiko zu senden, so wie um
Mönche zu erbitten, die in seinem Reiche das Evangelium ver-
künden sollten. Vizcaino erwiderte, dass eine so wichtige Sache
reiflicher Erwägung bedürfe und er dem Daim}'o in Yedo darüber
berichten werde;^) er mochte wol befürchten, dieser Plan könne bei
der Shogunatsregierung Bed^enken erregen. Der unterneh-
mungslustige Date Masamune hatte in der That vor, eine Gesandt-
schaft nach Xeu-Spanien und Europa zu schicken, und zwar wollte
er den von ihm so glänzend aufgenommenen Franziskaner Sotelo
damit betrauen. Wenige Tage nach dem ersten Besuche Vizcainos
in Sendai, am 23. November 161 1, hatte der Daimyo einen P>lass
verkündigt, dass in seinem Lande das Christen.tum gepredigt und
verbreitet werden solle. Er selbst könne zwar, wie er dem Pater
Sotelo offen eingestand, aus politischen Rücksichten nicht Ciirist
werden, wolle aber, dass seine Unterthanen sich taufen liessen^).
Wie klar auch hieraus ersichtlich ist, dass der kluge Daimyo in den
Mönchen nur ein Mittel erblickte, direkten Verkehr mit dem
Auslande zu erlangen und seine wirtschaftlichen Pläne zu fördern,
und dass nichts ihn hinderte, den seinen Unterthanen jetzt
anbefohlenen neuen Glauben ihnen später ebenso wieder zu ver-
bieten, so suchten doch Sotelo und die andren Spanier in ihren
Berichten die Sache so darzustellen, als ob es ihm wirklich nur um
das Glaubensheil seiner Unterthanen zu thun gewesen wäre.
Von Sendai gelangten die Spanier nach Camura, womit
jedenfalls Nakamura in der Provinz Iwaki gemeint ist ; hier fanden
sie zwei Einschnitte des Meeres, die von nur wenig Nutzen
erschienen.''') Auf die Untersuchung der weiter südlich liegenden
^) Documentos ineditos VIII, Seite 171-172.
2) Amati, Seite 13-14. Der Daimyo äusserte sich angeblich wie folgt : " Senza
dubbio mi farei Christiano, se non sappessi di causarmi l'odio de' miei parenti, e amici ;
anzi impossibilitarmi per ascendere all' Imperio." Der letzte Punkt erscheint besonders
unwalii-scheinlich ; denn wenn auch vielleicht seinem Ehrgeiz die Erlangung des Shogunats
vorschweben mochte, so war er doch sicher zu klug, sich so offen darüber zu äussern, und
'f hatsache ist, dass er, gleichviel ob freiwillig oder aus zw-ingenden Gründen, die Treue dem
Shogun leyasu und seinen Nachfolgern bis an sein Ende bewahrt und deren Herrschaft
thatkräftig unterstützt hat. (Vergl. Mcrhvcthcr, Seite 24-26.)
3) Documentos ineditos VIII, Seite 173-174.
356 O. NACHOD, EIN UiNENTDECKTES GOLDLAND.
Küste geht der Bericht Vizcainos nicht ein ; er begnügt sich mit
der Aufzählung der passirten Orte und der ihm dort bereiteten
Aufnahme ; u. a. berührten die Spanier Onahama, oder wie sie hier
schreiben Fugunahama, den kleinen Ort, wo sie bei ihrer Ankunft
aus Neu-Spanien gelandet waren/) und Mito (sie schreiben Amito),
die Hauptstadt der Provinz Hitachi, wo ein Sohn des Shogun leyasu
residirte, welcher jedoch grade am Hofe seines Vaters weilte'). Von
Mito aus erreichten die Spanier am 30. Dezember 161 1 wieder
Yedo,') wo der ebenfalls dort weilende Daimyo von Sendai nicht ver-
säumte, den General Vizcaino nebst dem Pater Sotelo mit hohen
Ehrenerweisungen zu bewirten und seiner Wertschätzung der
christlichen Religion lebhaften Ausdruck zu verleihen.^) Am 4.
Januar 1612 traf die spanische Geandtschaft Avieder in Uraga ein,
nicht wenig befriedigt, wie der Bericht Vizcainos hervorhebt, über
den gelungenen Verlauf der Reise, welche das V^orhandensein so
vieler passender Häfen festgestellt und dabei dem Königlichen
Schatz nicht viel über 300 Tael nur gekostet habe (ungefähr 2000
Mark).-"^)
7. Benachrichtigung der japanischen Regierung von
den spanischen Absichten auf die Goldinsel durch die
Holländer.
Durch einen japanischen Christen erhielt in Uraga Vizcaino
Kunde, dass die in Japan befindlichen Engländer und Holländer
dem Shogun und seinem Sohne Mitteilung gemacht hätten von
seinem bisher gänzlich verschwiegenen Hauptziele, der Entdeckung
der Goldinseln, über die sie Folgendes berichtet hätten : Durch
Zufall sei ein verirrtes Schiff der Portugiesen dorthin verschlagen
worden; dieses sei einige Tage dortgeblieben, und man habe gesehen,
dass das Land Silber und Gold enthalte, auch bevölkert und
fruchtbar sei ; über die Breitenlage, die Gegend und den Meilenab-
^) Documentos ine'ditos VIII, Seite 175-176. Vergl. auch Seite 343, ATim. i.
2) Documentos ineditos VIIT, Seite 176.
3) Ebenda.
■•) Ebenda, Seite 176-177.
^) Ebenda, Seite 178.
O. NACHOD, EIN UNEXTDECKTES GOLDLAXD. 357
stand von Japan hätten die Holländer aber nichts Sicheres
anzugeben vermocht. Auch hätten sie den Shogun, da er den
Spaniern die Erlaubniss zur Aufnahme der Häfen und Küsten erteilt,
vor deren Zulassung in Japan gewarnt ; denn die Spanier seien eine
kriegerische, waffengeübte Nation und könnten leicht mit einer
grossen Armada kommen, um ihm seine Herrschaft zu entreissen.
Die stolze Antwort leyasus habe aber gelautet, die Spanier auszu-
schliessen, würde feige erscheinen, auch machten sie ihm durchaus
keinen solchen Eindruck, und übrigens habe er Mannschaften
genug zur Verteidigung, wen.n auch ganz Spanien gegen ihn zöge.
Was die zu entdeckenden Inseln anbelange, so würde er sie ver-
teidigen, vorausgesetzt, dass die Kenntniss von ihnen und ihrem
Reichtum sich wirklich bestätigen sollte und sie zu seinem Reiche
gehörten ; sei dies jedoch nicht der Fall, dann könnten die Spanier
die Inseln ruhig suchen und sich freuen, falls sie sie fänden ; im
Uebrigen seien sie zuverlässig im Halten von Verträgen, und das
schätze er hoch ; nach etwas andrem aber frage er nicht. ^)
Die Kenntniss der Holländer — Engländer gab es ausser dem
mehrfach erwähnten, im Dienste leyasus stehenden Steuermann
Adams (vergl. Seite 341 und 348) vor 1613 in Japan überhaupt noch
nicht — von dem Vorhaben Vizcainos erklärt sich leicht durch die
sowol in dessen Bericht als auch von holländischer Seite erwähnte,
gleichzeitige Anwesenheit der Spanier und der Gesandten der Nie-
ländischen Ostindischen Kompagnie zu Uraga am 25, August 161 1.
Die Letzteren mussten diesen Hafen auf der Rückreise von Yedo
passiren, während nach Vizcainos Darstellung sie nur dorthin ge-
kommen waren, um durch einen englischen Steuermann — damit ist
sicherlich der die holländische Gesandtschaft geleitende Adams
gemeint — dem spanischen General Vorwürfe machen zu lassen,
dass er bei leyasu die Niederländer als Seeräuber und Rebellen
geschildert hatte, was Vizcaino nicht nur zugab, sondern dessen
er sicli auch rühmte.^) Nun befanden sich aber unter der Mann-
schaft des in Uraga liegenden, spanischen Schiffes San Francisco
zwei Holländer (über den einen davon, Marcus Symonsen, vergl.
1) Documentos ineditos VIII, Seite 178-179.
*) Documentos incflitos VIII, Seite 151. Monlaniis, Gedcnkwaerdige Gesantschap-
pen, Seite 193.
35S O. NACHOD, KIX UNENTDECKTES GOLDLAND.
Seite 318). und sicher hatten diese ihren Landsleiiten die Kunde von
dem wunderbaren Goldlande mitgeteilt.
8. Christenfcindlichc Stimmung der japanischen Re-
gierung.
Bedenklicher noch als das Bekanntwerden der Absichten Viz-
cainos auf die Goldinseln, welche die japanische Regierung ohnehin
nicht sehr ernst zu nehmen schien, drohte den Spaniern zugleich ein
andrer Umstand zu werden, nämlich ein Umschwung in den Gesin-
nungen leyasus gegen die Christen. Dieser hatte zwar die v^on
seinem Vorgänger Hideyoshi gegen die neue Lehre erlassenen,
scharfen Strafbestimmungen nicht aufgehoben, sie aber bisher
stillschweigend unberücksichtigt gelassen, weil es grade die ka-
tholischen Priester waren, deren er bedurfte, um seine auf den
Handel mit den spanisch-portugiesischen Kolonien und auf die
Hebung der heimischen Produktionsverhältnisse durch die Frem-
den gestützten Pläne zur Sicherung seiner Dynastie durchzuführen.
Vizcaino berichtet nun, ein höherer Beamter des Shogun habe sich
bestechen lassen ; seine Untreue sei aber entdeckt w'orden, und
da er bekannt habe, dass er, wie seine Gattin und viele andre
Beamte des Shogun, Christen seien, so habe sich dessen Zorn
gegen die Bekenner der neuen Lehre gewandt. Alle Christen am
Hofe seien in Haft gekommen und verurteilt worden, ihren Glau-
ben abzuschwören ; andrenfalls habe sie bei Verlust von Stellung,
Vermögen und Einkommen das Los der Verbannung getroffen, ein
hartes Schicksal, das viele von ihnen gewählt hätten.^) Hierzu sei
noch gekommen, dass grade während der für Bekehrungszwecke
so günstigen Fastenzeit die Kirche und das Kloster der Franzis-
^) Documentos indditos VIII, Seite iSo. Aehnliches berichtet auch das hiervon
ganz unabhängige Büchlein .linatis, Seite 20. Hier wird auch der bei Vizcaino unaus-
gefüllt gelassene Name des verräterischen Eeamlen genannt ; es war der " Vicesegretario
deir Imperatore" (d. h. des Shogun) Don Dayfachi ; ausserdem erwähnt Amaii noch den
ebenfalls cliristlichen " König ■' von Arima ; beide hätten gegenseitig ihre Vergehen auf-
gedeckt. Die Quelle für Amatis Angaben bildet jedenfalls der Mtinch Sotelo. — Die Bezie-
hungen des Daimyo von Arima zu Daifachi, sowie deren für Beide verhängnissvollen
Ausgang, sind auch erwähnt l^ei iJon Pages, Histoire de la Religion Chretienne au Japon,
2 Bände, Paris 1869-70 ; Band i. Seite 193, 208.
O. NACHOD, EIN UXEXTDECKTES GOLDLAXD, 359
kaner zu Yedo niedergerissen worden sei, angeblicli wegen Ver-
grösserung der Stadt, wie Vizcaino etwas naiv angibt, mit dem
wehmütigen Zusatz, die Armut der Mönche verhindere sie, ein
Kloster oder Haus wieder zu errichten, und die Christen seien
auch alle arm und ohne Unterstützung der Mächtigen').
Der eigentliche Grund für den Stimmungswechsel des Shogun
lag sicher tiefer und wurzelte in der, gleichviel ob mit Recht oder
Unrecht, von ihm vermuteten Gemeinschaft der christlichen Sache
mit den gegen die Tokugawa-Herrschaft und sogar vielleicht gegen
die Ur.abhängigkeit Japans überhaupt gerichteten Bestrebungen.
Die genannten Begebenheiten aber bildeten neben anderen Punkten,
auf die zuerst Herr Professor Riess in seinem Aufsatz über
die Vertreibung der Portugiesen aus Japairj in geistvoller
Weise hingewiesen hat, wol nur ein Glied in jener Kette von Er-
scheinungen, welche die Katholiken allmälig aus seiner Gunst ver-
drängt haben und schliesslich zu dem ihnen so unerwarteten, ver-
hängnissvollen \'erbannungsedikt gegen ihre Geistlichen von 1614
führen sollten, in welchem leyasu das Endziel der Christen ja
ausdrücklich in die Worte zusammenfasst, " die rechte Lehre
umzustossen, sodass sie die Regierung des Staates verändern und
vom Lande Besitz ergreifen können."")
9. Reise 'der Spanier an der Südküste von Japan.
Diese veränderte Sachlage erschwerte Vizcaino die ihm nach
seiner Rückkehr aus dem Norden zufallende Aufgabe, aus dem
Erlös seiner Waaren die Mittel zur Bestreitung der weiteren Aus-
gaben zu beschaffen, wie sehr er sich auch darum bemühte, uud
obgleich er gern die Waaren fast zu dem Preise Hess, den sie in
Mexiko kosteten. Gar sehr klagt sein Bericht über die Schwierig-
keit, Geld hereinzubekommen ; wenn es aber darin heisst, der Shogun
halte die Adligen so in Verschuldung, dass sie kaum einen Kredit
von 10 Realen genössen,^) so ist dies wol nur eine auf die begreifliche
Verstimmung der Spanier zurückzuführende Uebertreibung.
1) Documcntos in^ditos VIII, Seite 180-181.
2) jNIitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur-uiid Völkerkunde Oslasiens,
Band VII, Teil i, Seite i-io, Tokyo 1S98.
3) Ebenda, Seite 5, 28.
■*) Documentos in6ditos VIII, Seite iSi.
360 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
So vereineen die ersten vier Monate des Jahres 1612, ehe
Vizcaino die Aufnahme der Südküste in Angriff nahm/) Zunächst
begab ersieh zur See nach dem kleinen Hafen Ito (Provinz Izu), wo
das ihm vom Shogun Hidetada angebotene Schiff (vergl. Seite 348-
349) angefertigt wurde, um zu sehn, wie es damit stünde. Er fand
dasselbe wol in gvitem Zustande, hatte aber viele Schwierigkeiten
mit den Leuten, besonders in Geldangelegenheiten. Von hier
reiste Vizcaino über Suruga nach Miyako (heutiger Name Kyoto),
der Residenz der Mikado. In dieser grossen Stadt, deren Reichtum
an glänzenden Tempeln Vizcaino rühmt, verweilte er vom 28. Mai
bis 15. Juni, ohne dass sein Bericht einen Grund für diesen langen
und gewiss nicht wenig kostspieligen Aufenthalt angibt. Von hier
ging es über Fushimi nach Osaka, dessen festes Schloss und
viele Kriegsmannschaften Vizcaino erwähnt, ebenso wie das
bedauernswerte Geschick des jungen Hideyori, welchen leyasu
als Knaben von der Nachfolge seines Vaters, des berühmten
Regenten von Japan Hideyoshi, verdrängt und nur im Besitze von
drei Provinzen mit dem allerdings sehr reichen Einkommen von
jährlich 650000 Koku Reis^), (etwa 20 Millionen Mark) gelassen
hatte. Sein Hof in der Burg zu Osaka bildete den Mittelpunkt
aller der mit dem straffen Regimente leyasus unzufriedenen Kreise,
darunter, wie auch in seinem Heere, viele Christen, deren Glauben
anzugehören, Hideyori auch selbst, allerdings wol grundlos,
verdächtigt wurde. Von Osaka wandten sich die Spanier nach
dem nahen, als Hafen und Handelsplatz damals bedeutenden Ort
Sakai. Hier trafen sie zusammen mit ihrem Steuermann Lorenzo
Vazquez, welcher den Seeweg genommen hatte zur Aufnahme der
Küsten. Ob dieser bis Nagasaki, dem von den Portugiesen
benutzten Hafen, welcher eigentlich das östliche Ziel dieser Reise
bilden sollte, vorgedrungen, geht aus dem Bericht nicht hervor;
jedenfalls gelangte Vizcaino selbst nicht dorthin ; denn von Sakai
begaben sich die Spanier wieder zurück nach Miyako, wo sie sich bis
zum 2. Juli aufhielten, diesmal unter Angabe eines stichhaltigen
Grundes. Sie Hessen hier nämlich die ganze von ihnen bewirkte
1) Nach Documentos inSditos VIII, Seite 182, erfolgte die Abreise aus Uraga am i.
Mai, nach Seite 181 dagegen am 13. Mai.
2) History of the Empire of Japan, Seite 290, Tokyo i893, ein von der japanischen
Regierung herausgegebenes Buch.
O. NACHOD, EIN UXENTDECKTES GOLDLAXD. 361
Aufnahme auf vier Blätter malen, und zwar ein Exemplar für den
Shogun und dessen Sohn, wie versprochen, uud das andre für den
König von Spanien ; welche Häfen von Vazquez besucht worden
und welchen Erfolg seine Aufnahme der Südküste ergeben, da-
rüber verlautet in dem Berichte nichts. Am 16. Juli 1612 trafen
die Spanier wieder in Uraga ein.^)
10. Ungünstige Lage der Spanier vor ihrer Abreise aus
Japan.
Zv^^eierlei Aufgaben harrten nun noch Vizcainos, ehe er endlich
die Entdeckungsreise nach den Goldinseln antreten konnte :
einmal die Erlaubniss zur Abreise seitens der japanischen Obrigkeit
nebst deren Antwort an die spanische Regierung ; sodann die
Abwickelung des Waarenverkaufs, die viel Schwierigkeiten
verursachte, sodass die Spanier sich beständig in Geldverlegenheit
befanden. Zunächst ging Vizcaino nach Yedo, um von dem
jungen Shogun den Abschied zu erlangen. Dieser zögerte damit,
bis er Nachricht von seinem Vater hatte, ohne den er nichts
unternehmen konnte. Schliesslich erhielt Vizcaino von ihm die
erbetene Erlaubniss zur Abreise,' auch, wie üblich, ein Ehrenge-
schenk für den Vizekönig von Neu-Spanien, gleichzeitig aber die
Aufforderung, seine Schulden zu decken und die ihm geliehenen
2000 Tael zurückzuzahlen ; um Deckung zu schaffen, musste
Vizcaino sein Silber und andre Sachen seines Haushalts hingeben.-)
Nach Uraga zurückgekehrt, empfing Vizcaino auch vom
Shogun leyasu das Antwortschreiben und die Geschenke für den
Vizekönig von Neu-Spanien ; Ersteres lautete allerdings ganz
anders als das ursprüngliche Versprechen des Shogun, die Christen
zu begünstigen ; aber, wie dieser schrieb, gefiel ihm deren Lehre
nicht.^)
Zu all diesen Widerwärtigkeiten gesellten sich noch unange-
nehme Verhandlungen bezüglich des von den Japanern gebauten
Schiffes (vergl. Seite 348-49 und 360), welches zwar in Uraga
inzwischen eingetroffen, aber grösser als vereinbart und ungenügend
1) Documentos in^ditos VIII, Seite 182-1S4.
2) Ebenda, Seite 184-185.
3) Ebenda, Seite 1S5.
362 O. NACIIOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
bemannt war. Gegenüber den von japanischer Seite hierbei
erhobenen, angeblich unbilligen Ansprüchen, über welche Vizcainos
Bericht sich bitter beklagt, befand sich angesichts der vorgeschrit-
tenen Jahreszeit der spanische General nun in einer Zwangslage,
sodass er Zugeständnisse machte, die anscheinend nicht ganz
unbedenklich waren, da es in dem Berichte etwas dunkel von ihnen
heisst, darüber werde Vizcaino seiner Zeit dem König von Spanien
und dem Vizekönig Rechnung erstatten.^)
II. Misslungene Entdeckungsreise nach den Goldinseln.
Am 16. September 1612 endlich konnten die Spanier ihre
Entdeckungsreise beginnen, welche nach ihrer Instruktion (vergl.
Seite 341) freilich bereits im Frühjahre hätte stattfinden sollen.
Aber trotz dieses Zeitverlustes und der oben erwähnten Zugeständ-
nisse an die Japaner mussten sie deren Schiff doch schliesslich
zurücklassen, weil es, wie sie angeben, "nicht wol vorbereitet und
mit dem Nötigen versehen war."-)
So trat denn der San Francisco die Reise allein an. Nachdem
schon am nächsten Tage ein Sturm die Spanier gezwungen hatte,
einige Sachen über Bord zu werfen, waren sie am 25. September
doch bereits glücklich nach einer Fahrt von über 200 Meilen
(Leguas) auf die Höhe gelangt, in der die gesuchten Inseln liegen
sollten, allerdings ohne Anzeichen von ihnen zu finden ; leider gibt
der Bericht den Längen- und Breitengrad dieser Stelle nicht an. In
dem hier abgehaltenen Schiffsrat wurde beschlossen, nach Süden zu
segeln, und zwar bis zur Höhe von 34 Grad n. Br. Aber obgleich
das Wetter günstig und klar war, auch Tag und Nacht viele
Wachen ausgestellt waren, so forschte man doch auch liier ver-
geblich nach den gesuchten Inseln ; an Zeichen von nahem Lande
fehlte es allerdings nicht, und nennt der Bericht als solche grosse
Mengen von Bimstein (? piedras pomes), welche in ganzen Reihen
schwammen, sodass das Schiff kaum hindurch konnte, ferner Schild-
kröten und Gänse (? patos). Da nichts zu finden, befahl Vizcaino
rückwärts — das bedeutet wol westlich nach Japan zu und nicht
*) Documentos ineditos VIII, Seite 185.
2) Ebenda, Seite 189-190.
O. NACIIOD, EIN. UX ENTDECKTES GOLDLAXD. 363
nördlich nach dem Punkte, von wo man gekommen war ? — zu segehi
und die üussersten Anstrengungen zu machen, um die Absicht
Seiner Majestät zu erfüllen ; denn niemand, heisst es weiter in dem
Berichte, dachte daran, nach Acapulco zurückzukehren, ohne zu
wissen, ob die Inseln existirten oder nicht, und unsagbar waren die
o-emachten, ausserordentlichen Bemühungen. Die allgemeine
Glut dieses Pflichteifers, die sich vielleicht nur in den Augen des
Berichterstatters spiegelte, war jedenfalls gar bald erloschen;
denn bereits unterm 12. Oktober spricht der Bericht davon, dass
einige Matrosen zu verzagen anfingen, ja dass sogar der Ober-
steuermann einfach erklärte, solche Inseln gäbe es in der Welt
überhaupt nicht, und er habe seine Verpflichtungen erfüllt und mehr
gethan, als der Vizekönig verlangt habe. Welche Gesinnung an
Bord herrschte, geht aus der bezeichnenden Angabe hervor, dass
manche frech wurden, nicht nur in Worten, sondern sogar auch
schriftlich, sodass Vizcaino, dem es an Soldaten oder andrem
Beistande gefehlt habe, angesichts der aufgeregten Stimmung
und um von seinen Leuten nicht getödtet zu werden, die weitere
Forschung nach den Goldinseln habe aufgeben müssen. In den
nächsten Tagen wurde das Schiff von furchtbaren Stürmen erfasst,
die II Tage dauerten und es so beschädigten, dass man jeden
Augenblick den Untergang befürchtete ; dabei kam die Mannschaft
fast um vor Hunger und Durst, weil man die Schiflsluken nicht
öffnen und daher keinen Proviant heraufholen konnte. In dieser
traurigen Lage und ohne Aussicht, dass das Schiff Neu-Spanien
erreichen könne, beschloss nun der Schiffsrat, nach Japan zurück-
zukehren, dort dieVorbereitungen zu treffen, um im nächsten Jahre
nach Neu-Spanien zu segeln, und im Namen des Königs von
Spanien vom Shogun das hierzu Nötige zu leihen. So wurde auf
der Höhe von 36^ Grad der Kurs wieder nach der japanischen
Küste genommen ; das Wetter hatte sich beruhigt, und schliesslich
erreichten die Spanier, wenn auch nicht ohne Schwierigkeiten,
am 7. November 1612 wieder den Hafen von Uraga.^)
Hier vernahmen sie, dass das von ihnen zurückgelassene
Schiff der Japaner doch ausgelaufen, aber eine Meile vom Hafen auf
Grund geraten war,^) ein Missgeschick, über welches wir auch aus
i) Documentos ineditos VIII, Seite 190-192.
J) Ehemla, Seite 192.
364 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
andrer Quelle, und zwar aus dem mehrfach erwähnten Berichte
des Römers ^;/z«//, unterrichtet sind. Aus diesem geht aber auch
hervor, dass das Schiff nicht etwa, wie es die Angaben Vizcainos
gern hinstellen, eigens für den spanischen General und dessen
Leute, sondern in erster Linie für den Franziskaner Sotelo her-
gestellt worden war, weil dieser als Gesandter des Shogun an den
König von Spanien sich darauf nach Mexiko hatte begeben sollen,
eine Absicht, welche leyasu auch nach dem Umschwung in seineiT
Gesinnungen gegen die Christen anscheinend nicht aufgegeben
hattet)
12. Vizcainos gescheiterte ^'ersuche, in Japan Mittel
zur Heimkehr zu beschaffen.
Sofort nach seiner Ankunft meldete Vizcaino dem Shogun
leyasu und dessen Sohne die durch seine traurige Lage bedingte
Rückkehr, durch die er genötigt sei, sich in Japan für die Rück-
reise im nächsten Jahre auszurüsten. Die Antwort lautete, dass
sie ihn in Erwägung seines Elends nicht in Not lassen und mit dem
Nötigen versehn wollten ; er solle sich nach Yedo begeben, wo alles
geregelt werden würde.")
Fünf Monate lang betrieb nun hier Vizcaino seine Angelegen-
heit, ohne jedoch zum Ziel zu kommen, ja ohne auch nur eine Zusage
oder Abweisung erhalten zu können ; und zwar macht sein Bericht
nicht die Japaner hierfür verantwortlich, sondern christliche
Mönche, die er, aus Rücksicht auf ihren Orden, wie es etwas
verdächtisr lautet, nicht namhaft machen will. Einer derselben
sollte angeblich dem Shogun eine Schrift überreicht haben, worin
es hiess, er habe vernommen, dass Vizcaino ein Darlehn von 6000
Pesos, rückzahlbar in Neu-Spanien, begehre; dieser handle aber
nicht im Namen Seiner Majestät, noch des Vizekönigs, und sei
selbst auch nicht im Stande zur Rückzahlung, welche daher
zw^eifelhaft bliebe und für die auch weder der Verfasser des
Schreibens, noch die andren Geistlichen aufkommen könnten.
Ebenso vereitelte ein anderer Mönch die Unterhandlungen, welche
1) Aiiiati, Seite 19.
2) Docunientos inöditos VIII, Seite 192.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 365
Vizcaino in Nagasaki behufs Aufnahme eines Darlehns angeknüpft
hatte.^) Der Umstand, dass Vizcaino weder die Namen der
Mönche, noch ihres Ordens, zu nennen wagt, spricht zwar nicht
grade für die Glaubwürdigkeit dieser Vorwürfe. Allein ganz
grundlos dürften dieselben bei dem Gegensatz der Interessen und bei
der Eifersucht, die in der That damals in Japan zwischen Jesuiten
und Franziskanern, sowie zwischen den nur durch Personal-Union
verbundenen Portugiesen und Spaniern bestanden, doch kaum
gewesen sein. Ein Brief des portugiesischen Bischofs zu Nagasaki
an den Jesuiten-General in Rom drückt auch ganz deutlich den
lebhaftesten Unwillen über den durch die Franziskaner gefördertei\
Handel und Verkehr Japans mit Amerika, sowie die Befriedigung
über das Missliugen der von Vizcaino in Japan unternommenen
Mission aus.")
13. Schiessliche Rückkehr der Spanier auf einem
Schiffe des Daimyo von Sendai.
Aus der argen Notlage, in welche die Spanier durch das
klägliche Scheitern aller Pläne Vizcainos zur Beschaffung von Mit-
teln geraten waren, wurden sie schliesslich befreit durch den
mächtigen Daimyo Date Masamune, der ihnen seine Gunst bereits
in Sendai bei ihrer Aufnahme der japanischen Nordostküste
zugewandt hatte und damals so grossen Wert auf direkte Bezie-
hungen mit Amerika und Spanien legte. Er erklärte sich bereit,
Vizcaino und seine Leute in den Stand zu setzen heimzukehren ;
die Einzelheiten solle der spanische General mit einem seiner
Beamten vereinbaren. Nach ziemlich langwierigen Verhandlungen
kam in der That ein — wenn man dem Berichte Vizcainos in diesem
Punkte trauen darf — für die Spanier recht günstiger Vertragt) zu
Stande. Hierin verpflichtete sich der Daimyo, noch im selben
Jahre den Spaniern ein Schiff zur Reise nach Mexiko zu stellen und
^) Documentos ineditos VIII, Seite 193 — 194.
2) Der Wortlaut dieses vom 5. Oktober 16 13 datirten Briefes war einer Depesche
beigefügt, welcher der venetianische Gesandte in Rom, Simon Contarini, unterm 31.
Oktober 1615 an seine Regierung richtete. Beide Schreiben sind veröffentlicht von Bcrchct
im Archivio Veneto, Band XIV, Teil I, das Erstere auf Seite 184-186, das Letztere auf Seite
193 — 194; enghsche Uebersetzung des Ersteren bei Merhüethci', Seite 81-83.
=*) Im Wortlaut mitgeteilt in den Documentos ineditos VIII, Seile 196-197.
366 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
auf seine Kosten vollständig' auszurüsten, sie nebst ihrem Gepäck
für seine Rechnung nach dem Ausgangshafen bei Sendai zu bringen
und 26 Personen von ihnen, darunter Steuermänner und Offiziere,
sofort denselben Gehalt und Verpflegung wie im spanischen Dienste
bis zur Ankunft in Acapulco zu gewähren, auch eine grössere
Anzahlung darauf sogleich zu leisten. Die Bezahlung des Generals
selbst, des Wundarztes und noch einiger anderer höherer Offiziere
sollte dagegen auf Rechnung des Königs von Spanien gehn, da sie
dessen Beamte verblieben. Die ganze Mannschaft, Spanier sowol
als Japaner, sollten unter dem Befehle des Generals Vizcaino
stelin ; weil kein Auftrag des Vizekönigs vorlag, Japaner nach
Mexiko herüberzubringen, sollten auch nur wein'ge Eingeborene
mitgehn als Faktoren des Schiffes, sowie wegen Mangel an Mann-
schaft einige japanisclie Schiffsjungen.
Ueber den Verbleib des spanischen Schiffes San Francisco ist
weder in diesem Vertrage noch in dem sonstigen Berichte
Vizcainos etwas erwähnt; hier heisst es nur, es sei zu alt und
abgenutzt, um diese Reise ohne grosse Gefahr machen zu können.
Aus andrer Quelle aber, und zwar aus dem oben erwähnten Briefe
des portugiesischen Bischofs in Nagasaki an den Jesuiten-General
in Rom (vergl. Seite 365), verlautet, dass Vizcaino dasselbe für 90
Realen (etwa 450 Mark) habe verkaufen müssen,^) eine Angabe,
die bei seiner finanziellen Bcdrängniss durchaus begreiflich
erscheint.
Auch bei Abschluss des Vertrages mit dem Daimyo von
Sendai spielt in dem Vizcainoschen Bericlit wieder ein ebenfalls
nicht namhaft gemachter Mönch, der dabei als Dolmetscher
diente, eine bedenkliche Rolle. Vizcaino hatte ihm sein Verlangen,
ihn nach Mexiko zurückzubringen, abgeschlagen, weil er angeblich
sich gegen den Willen seines Oberen dorthin begeben wollte. Nun
klagt der Bericht darüber, die Bedingungen des obigen Vertrags
wären noch günstiger für die Spanier ausgefallen, wenn nicht
dieser Mönch, um mit Hilfe der Japaner seinen Reiseplan durch-
1) Meriwei/ier, Seite 46-47,81-8^. Bci-chct, Arcliivio Veneto, Band N IV, Teil I, Seite
185. In dem italienischen Texte ist die Rede von 90 " Scudi ", was Alcriwether mit
"crowns" übersetzt; jedenfalls sind damit Realen gemeint, wonach die Spanier und
Portugiesen in Japan zu rechnen pflegten.
O. NACHOD, EIN UXENTDECKTES GOLDLAXD, 367
zusetzen, Letzteren g-eraten hätte, wie sie ihre Absichten am
besten erreichen könnten.^)
In Wirklichkeit lagen diese Dinge aber wol etwas anders, als
sie der Bericht Vizcainos gern darstellen möchte. Denn während
es nach diesem so erscheint, als ob der Daimyo von Sendai eigens
für die Heimkehr der Spanier das Schiff habe anfertigen lassen, so
lao- Letzterem dabei nur daran, die günstige Gelegenheit zu benut"
zen für sein Vorhaben, durch eine Gesandtschaft direkte Beziehun-
o-en mit Amerika und Europa anzuknüpfen. Einmal war dieser
Plan bereits misslungen, indem der Franziskaner Sotelo, der sich
als Gesandter des Shogun an den König- von Spanien, und zugleich
als Vertreter des Daimyo von Sendai, nach Europa hatte begeben
sollen, bei Uraga Schiffbruch erlitten hatte (vergl. Seite 364) auf
dem Fahrzeuge, welches der Shogun für ihn hatte herstellen lassen
und nicht eigens für die Spanier, wie Vizcainos Bericht auch bei
diesem Schiffe unter mancherlei Klagen mehrfach darzuthun be-
strebt ist. (Vergl. Seite 348-349, 360-362.) Um dennoch zu seinem
Ziele zu gelangen und jedenfalls unter dem Einflüsse des bei dem
Schiffbruch unversehrt gebliebenen Sotelo hatte nun der Daimyo
von Sendai beschlossen, da der Shogun auf die Sache keinen Wert
mehr zu leeen schien, selbst eine Gesandtschaft abzuschicken, an
deren Spitze er neben Sotelo einen seiner mit grossem Gefolge
ausgestatteten, höheren Beamten stellte; zu diesem Zwecke
lediglich Hess er das Schiff erbauen. Da aber seine eigenen Leute
mit einer solchen Fahrt natürlich nicht vertraut waren, so musste es
ihm allerdings von besondrem Werte für die sichere Ausführung
seines Planes erscheinen, die erfahrenen spanischen Seeleute
Vizcainos hierfür zu gewinnen. Das Eingreifen jenes Mönches
aber, der, wie aus dem Weiteren hervorgeht, kein andrer als eben
der PVanziskaner Sotelo war, erscheint unter diesen Umständen in
ganz andrem Lichte, als Vizcaino es hinstellt. Mit dem Oberen,
der ihm die Reise nach Neu-Spanien untersagt haben sollte, meint
Vizcaino wahrscheinlich den schon erwähnten Bischof von Naga-
saki, welcher den Plan des Fürsten von Sendai im Literesse der
Jesuiten gern hintertrieben hätte, weil ein Franziskaner, eben der
Pater Sotelo, an der Spitze der Gesandtschaft stehen sollte und
1) Documentos in&litos VIII, Seite 195, 197.
303 O. NACHOl), EIN UNENTDFX'KTES GOLDLAND.
diese daher geeignet war, den in Europa verbreiteten Ruhm der
Jesuiten um die Bekehrung der Japaner, sovyie auch ihren vorherr-
schenden P^influss in Japan selbst, zu schmälern; auch sah er wol
ein, dass bei dem bereits in dem Shogun leyasu gegen die
Christen erwachten Zorn ein solches Unternehmen jetzt leicht
verhängnissvoll für das ganze Christentum in Japan überhaupt
werden könnte
Unter den geschilderten Umständen kann es nicht befremden,
wenn die Ereignisse sich nun anders entwickelten, als Vizcaino
nach seinem 'Vertrage, wenn derselbe wirklich so zu Recht bestand,
hätte erwarten und verlangen dürfen. Er klagt über die grosse
Not, die er mit den Japanern hatte, "den schlechtesten Leuten,
die es in der Welt gibt "; an gar manchem Hessen sie es fehlen,
besonders bezüglich der Mundkost, welche nicht für die Hälfte der
Reise genügte ; während nach dem Vertrage Vizcaino den
Oberbefehl gehabt hätte, war es der genannte Mönch, welcher
das Schiff abfertigte und von den Japanern einschiffte, wen er
wollte, ja sich zum "Gobernador und Capitan " davon machte,
Vizcaino aber, der einsah, dass er all dies nicht ändern könne,
rühmt seine eichene Nachsicht, die er ijeübt, um noch grösseres
Uebel zu verhindern, und schiffte sich als einfacher Passagier
ein ; hätte er anders gehandelt, so klagt wörtlich der Bericht, wie
die Japaner waren, sie hätten uns gekreuzigt.^)
Ueber das Schiff selbst und seine Herstellung, welche ein
ehrenvolles Zeugniss ablegt für die in so wenigen Jahren auf
Veranlassung des Shogun leyasu mit Hilfe des Steuermanns
William Adams von den Japanern erworbenen Kenntnisse im
Bau überseeischer Schiffe, äussert Vizcaino nichts. Nach japa-
nischer Quelle aber war dasselbe ic8 Fuss lang, 33 Fuss breit und
84 Fuss tief und hiess " Kinjo Hion".-) Auf einer Ausstellung in
Kyoto wurde vor einiger Zeit ein Modell davon gezeigt.') Die
Herstellung soll in 45 Tagen mit einem Aufgebot von 800 Zim-
merleuten, 700 Schmieden und 3000 andren Arbeitern bewirkt
^) Documentos ineditos VIII, Seite 198.
^) " Bericht über die Gesandtschaft nach dem Süden, " eine von Rleriwcthcr benutzte,
japanische Schrift; vergl. Merkvcther, Seite 47 und 103-104.
3) Berchet, Archivio Veneto, Band XIII, Teil II, Seite 277.
O. NACIIOD, EIX UXEXTDECKTES GOLDLAXD. 369
worden sein/) und zwar in einem Orte namens Tsukinoura bei
Oginohama, etwa 40 Meilen südlich von Sendai.(?)^) Das japanische
Gefolge der Gesandtschaft bestand nach Amati aus 150 Personen,')
während der japanische Bericht von 180 Personen an Bord spricht,
darunter 60, die der Gesandtschaft beigegeben waren, und auch
viele Kaufleute, die Waaren zum Verkauf nach Mexiko
brachten/)
Ende Oktober 1613^) ging das Schiff bei Tsukinoura in See.
Obgleich dasselbe schwere Stürme zu bestehn hatte, scheint die
Reise doch glücklich von statten gegangen und ohne Zwischenfälle
verlaufen zu sein. Wenigstens widmet ihr der bis dahin so
eingehende Bericht Vizcainos nur w^enige Zeilen, nach welchen
übrigens auch hierbei von den Goldinseln, trotzdem man deren
angebliche Lage passirt und ihnen einige Aufmerksamkeit
(algunas diligencias) gewidmet habe, wieder nichts bemerkt
\vorden sei.^) Am 26. Dezember bekam man das Kap Mendocino
zu Gesicht '), und am 25. Januar 1614 erreichte das Schiff den
Hafen von Acapulco^) ; einen drei Tage jüngeren Datum (vergl.
Seite 330) trägt der Bericht des Vizcaino.^)
^) Ainati Seite 21.
2) yl/t'r/zcv//;^;-, Seite 46-47. Dessen Zusatz '-etwa 40 Meilen südlich ven Sendai "
lässt auf eine Verwechselung mit dem ähnlich lautenden Ort Onahama (vergl. Seite 343, 349,
356) in der Provinz Iwaki schliessen. Für diesen Schiffsban konnte aber wcl nur ein Ort im
Gebiete des Daimyo von Sendai in Betracht kommen, tmd wird daher wol Oginohama
gemeint sein, welches östhch von der Stadt Sendai nahe bei der Insel Kinkwazan liegt.
3) Amati, Seite 27.
■*) Meriwether, Seite 47.
5) Der Datum wird nicht ganz übereinstimmend angegeben. Nach den Documentos
ineditos VIII, Seite 19S, war es der 27. Oktober, nach Amati, Seite 27, der 28, Oktober
und nach yJ/t'riWt-///^;-, Seite 47, der 21. Oktober, bez. der 15. Tag des 9. Monats im 18.
Jahre Keicho nach japanischer Zeitrechnung.
6) Documentos ineditos VIII, Seite 19S.
7) Ebenda.
8) Amati, Seite 27. Nach Meriwether, Seite 47, wäre das Schiff über Luzon gefahren,
wo es im November angekommen sei, eine mit den oben genannten Daten der Abfalirt aus
Japan und der Ankunft in Acapulco kaum in Einklang zu bringende Angabe.
ö) Auf die anziehenden, weiteren Schicksale imd Erfolge der Gesandtschaft des Dai-
myo von Sendai kann hier nicht weiter eingegangen werden, und sei daher auf die diesen
Stoff in interessanter und erschöpfender Weise behandelnden, mehrfach erwähnten Schiiften
von Meriwether, Bcrchet und Amati verwiesen.
3/0 O. XACHOD, EIN UXEXTDECKTES GOLDLAXD.
14. Ergebnisse der Vizcainoschen Entdeckungsreise
1611-1614.
So war denn eine mit grossen Gefahren und Entbehrungen
verknüpfte Reise nach fast dreijähriger Abwesenheit unter Verlust
des Schiffes zu einem Abscliluss gebracht, der für die an dieses
kostspieh'ge Unternehmen geknüpften, so überschwenglichen Hofif-
•nungen eine arge Enttäuschung bedeutete. Das so viel verheis-
sende Goldland war nicht nur nicht gefunden worden, sondern die
vergeblichen Nachforschungen Hessen wol überhaupt kaum eine
Hoffnung darauf übrig und mussten die ganze Kunde davon in das
Gebiet der Einbildung oder Täuschung verweisen, wenn es auch
nicht ganz an Anzeichen in der betreffenden Gegend des Meeres
gefehlt hatte, welche sonst Nähe von Land anzukündigen pflegen.
Aber nicht nur die Hauptaufgabe war gescheitert ; auch das an-
fänglich seitens der japanischen Regierung der Gesandtschaft
entgegengebrachte, grosse Wolwolien war schliesslich einer sehr
kühlen Haltung gewichen, wofür allerdings wol weniger der ungern
gesehene und so grundlose Hochmut der Spanier als der Um-
schwung in den Gesinnungen des Shogun leyasu gegen die Christen
und deren Priester die Ursache bildete. Gänzlich aussichtslos er-
schien unter diesen Umständen der sehnliche Wunsch der Spanier,
ihre Todfeinde, die Holländer, aus Japan zu verdrängen. Als
einziges erfreuliches Ergebniss für sie bleibt also nur die erfolgte
Aufnahme der Häfen und Küsten zu nennen, die auf eine
Verminderung der Schiffbrüclie hoffen Hess, denen die von den
Philippinen nach Neu-Spanien segelnden Schiffe anscheinend sehr
häufig ausgesetzt waren. Auch für die Erdkunde hätte dieser erste
Besuchder den Europäern noch lange so gut wie gänzlich unbekann-
ten Nordostküste von Japan einen erfreulichen Fortschritt bedeutet,
wenn nicht Vizcainos Bericht, und vor allen Dingen seine Karten,
in den spanischen Archiven jahrluindertelang vergraben gewesen
wären.
Liegt es nahe, aus dem ]Misserfolg eines Unternehmens auf
die Brauchbarkeit des Führers zu schliessen, so sei dagegen auf
das hohe AnSehn hingewiesen, dessen sich Vizcaino bis daliin in
den Augen der Spanier erfreute. Der König selbst hatte ihn in
O. XACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 37 1
einem Schreiben an den Guvernör der Philippinen ^) bezeichnet als
" einen sehr erfahrenen Schiffsmann ", auf den der Vizekönig- von
Neu-Spanien anlässlich der Entdeckungsreise nach Kalifornien
"seineanzes Vertrauen setzte." Auch der Geschichtsschreiber
Torqiieviada, der allerdings nur Vizcainos Reisen nach Kalifornien
berichtet und die nach Japan nicht gekannt zu haben scheint, gibt
ihm das Zeugniss " eines Mannes von gutem Urteil und eines guten
Soldaten, erfahren in solchen Sachen" (Entdeckungsreisen)"). Auch
muss Vizcaino ein Mann von Vermögen und Ansehn gewesen sein ;
denn er war Inhaber einer Encomienda^); mit diesem Namen bezeich-
nete man ein Gebiet in den Kolonien, dessen P>trägnisse aus dem
von den Eingeborenen bewirtschafteten Grund und Boden die
spanische Regierung einem ihrer Leute überwies in Anerkennung
seiner Verdienste. Im schroffen Gegensatz zu den Spaniern fasst
der ihm natürlich feindlich gesinnte Holländer Versteegen in seinem
Berichte an die Niederländische Ostindische Kompagnie (vergl. Seite
314-317) die Persönlichkeit Vizcainos als einen Schwächling und
trotz seiner 70 Jahre vergnügten Zecher, Spielerund Mädchenjäger
auf. Die Wahrheit dürfte wol auch hier in der Mitte liegen ; dass
jedoch die Vorwürfe Versteegens nicht ganz unbegründet waren
und der spanische General jedenfalls nicht mit seineu Mitteln zu
rechnen verstand, dafür spricht der eigene Bericht Vizcainos, der
seine fortwährende Geldverlegenheit und den Misserfolg beim
Verkaufe der Waaren zugibt und dabei den kostspieligen, langen
Aufenthalt in den vergnügungsreichen grossen Städten Japans
unbegründet lässt. Wie musste aber das Ansehn der Spanier
überhauptin Japan leiden durch den Gegensatz in dem ursprünglichen
und dem späteren Verhalten Vizcainos ! Zuerst das herausfordernde
Auftreten, als er drohte, eher ohne Botschaft abzureisen, als sich dem
demütigenden Hofzeremoniell der Japaner zu fügen (vergl. Seite
345), und als er glaubte, dem Shogun Vorschriften machen zu können
bezüglich des von diesem für die Rückreise der Spanier zu bauenden
1) Es ist der bereits erwähnte Brief (vergl. Seite 334, Anm. i) vom 19. August 1606,
veröffentlicht in Natürliche und bürgerliche Geschichte von Californien, Teil I, Seite
1 17-122.
*) Torqtiemada, Monarchia Indiana, Band I, Buch V, Kap. XLI, Seite 682.
3) In den Documentos ineditos VIII, Seite 102, wü-d Vizcaino in seinem Berichte
bezeichnet als " encomendero de los pueblos de la provincia de Ä'valos, vecino de Mexico ".
372 O. NACHOD, EIN UXENTDECKTES GOLDLAXD.
Schiffes (vergl. Seite 348-349). Und am Ende die das Mitleiden er-
regende, äusserste finanzielle Hilflosigkeit des erst so stolzen
spanischen Gesandten, der nun nicht einmal Kredit bei seinen
eigenen Glaubensgenossen zu finden vermochte !
Die kolonialpolitische Rolle Vizcainos scheint mit dem
kläglichen Ausgang seiner Reise ausgespielt gewesen zu sein ;
wenigstens sind weitere Unternehmungen von ihm nicht bekannt.
Auch die spanische Regierung scheint zunächst die ganze Angele-
genheit der Goldinseln als erledigt betrachtet zu haben, obwol es
ja, wie bereits hervorgehoben, an Anzeichen von Land nicht ganz
und gar gefehlt hatte und Vizcaino nach seinem Berichte die
Nachforschungen auf dem Schiffe San Francisco gern länger fort-
gesetzt hätte, wäre er nicht durch seine Leute zur Umkehr
gezwungen worden. Für Spanien waren damals wol auch
die Schwierigkeiten, sein ungeheures Kolonialreich zu erhalten und
zu erschliessen, sowie die drohende Lage in Europa, Grund genug,
auf so zweifelhafte Unternehmungoi sich nicht weiter einzulas-
sen.
KAP. V.
BESTREBUNGEN DER HOLLÄNDER ZUR
ENTDECKUNG DER GOLD- UND
SILBERINSELN 1635— 1643.
I, Die Entdeckungsreise unter Quast und Tasman
1639.
So dauerte es über zwei Jahrzehnte, ehe die Kunde von dem
Goldlande aus der Vergessenheit wieder auftauchte, um aufs Neue
den menschlichen I^ntdeckungstrieb zu bedeutsamen Unterneh-
mungen anzuregen.
Es geschah dies durch die bereits nach Inhalt und Glaubwürdig-
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 3/3
keit einstellend erörterte Denkschrift vom 5. Dezember 1635'), welche
der eine Reihe von Jahren im Dienste der holländischen Faktorei in
Japan gewesene Willem Versteegen der Indischen Regierung zu
Batavia bei seiner Rückkehr unterbreitete. (Vergl. Seite 314-317.)
Diese säumte nicht, bereits unterm 4. Januar 1636 der Direktion in
Amsterdam die bedeutsame Kunde mitzuteilen, sowie ihre Absicht,
"ihr in Zukunft Aufmerksamkeit zu schenken," da sie die Sache
hielt " von grosser Bedeutung in Anbetracht des Klimas und der
Lage des genannten Landes, in dessen Breite die reichsten Schätze
der Welt zu finden waren," und weil sie hoffte, dass " europäische,
indische und chinesische Waaren dort für Kleidung verlangt
werden und einen schlanken Verkauf finden würden"^;.
In ähnlichem Sinne und mit regem Anteil äusserte sich der
damals aus seinem Amte scheidende niederländische General-
Guvernör von Indien Hendrik Brouwer in einem Briefe an seinen
Nachfolger vom 31. März 1636, worin er diesen über schwebende
Regierungs-Angelegenheiten seine Ansichten mitteilt. Bezüglich
der Ausführung rät er, dass Vincent Romeyn (über diesen vergl.
Seite 317-318), der sich Versteegen gegenüber dazu erboten hatte,
" beweg-t werden müsse mitzufahren und zu diesem Zwecke nach
Batavia zu kommen, von wo aus .um den ersten Mai die Fahrt
stattfinden müsste, und nicht von Japan aus, um durch dieses
verdorbene (gedebaucheert !) Land keine Zeit und Gelegenheit zu
verlieren, sowie um nicht unter dem Winde zu sein. Und nach
meiner Ansicht würde es sich empfehlen zu fahren, indem man
ungefähr am ersten Mai aus Batavia scheidet, nördlich von Borneo
hält, item nördlich von Celebes, den Molukken und der Küste von
Moro oder Gamca nouro,^) um so über Wind zu kommen in die
Südsee und dann nördlich zu halten möglichst nahe dem Kurse,
den die Acapulco-Fahrer nehmen, um östlich von Japan die
Nordwestwinde zu suchen. Doch nach vollbrachter Entdeckung
1) In dem Abdruck bei Lcnpe, Seite 40, ist der Datum irriger Weise mit dem 7.
Dezember angegeben, was Ilccrcs, Seite 15, wie oben berichtigt mit dem Hinzufugen, dass
die Denkschrift der Indischen Regierung unterm 12. Dezember eingereicht wurde. (Vergl.
die Anmerkungen 7 und 8).
2) Brief der Indischen Regierung an die Direktion in Amsterdam im Reichsarchiv im
Haag, siehe Heo-es, Seite 19.
3) Das ist Gamma Koenoera auf Dschilolo.
374 O. NACHOD, EIN UXENTDECKTES GOLDLAND.
sollte man, je nach der Gelegenheit der Winde, Japan oder
Tayouan (Tai-wan auf Formosa) anlaufen, und noch besser würde
es sein, auf nächstem Wege nach Batavia zu kommen. Auch ist
es dienlich, alle die Entdecker mit einer guten Prämie, je nach dem
Verdienste der Entdeckung, zu animiren, um desto mehr Hoffnung
auf Erfolg haben zu dürfen"').
Brouwers Nachfolger als General-Guvernör war der thatkräftige
Anthonio van Diemen, bekannt durch seine erfolgreichen
Bestrebungen, den Handel und die Herrschaft der Niederländischen
Kompagnie auf neue Gebiete auszudehnen, besonders durch
Erforschung des zu jener Zeit selbst in seinen Umrissen noch so
wenig bekannten, als das Grosse Südland bezeichneten Australien.
Auch bei ihm, wie bei den Direktoren in Amsterdam, fand der
Plan, die schätzereichen Inseln für die Kompagnie aufzusuchen, die
e^ünstigste Aufnahme.
Unterm 26. Mai 1636 bereits wurde im Rate der Indischen
Regierung zu Batavia das Unternehmen ausdrücklich beschlossen '-)
und unterm 31. Mai Nicolaes Couckebacker, das Oberhaupt der
niederländischen Factorei in Japan, der eben im Begriffstand, von
einem Besuche in Batavia nach Japan zurückzukehren, beauftragt,
dort über die Reise mit dem Kapitän Quast und den sonst an-
wesenden, erfahrensten Kapitänen und Obersteuermännern zu
beraten und, falls die Interessen des Handels es gestatten würden,
zwei Schiffe unter Befehl von Ouast zu diesem Zwecke auszurüsten ;
Versteegen und Romeyn sollten persönlich an der Unternehmung
teilnehmen.^)
In der beratenden Versammlung, welche dementsprechend
Couckebacker in der holländischen Faktorei zu Hirado am 24.
September 1636 abhielt, wurde indessen einstimmig beschlossen,
die Entdeckungsreise zu verschieben, erstens, weil die Schiffe
1) Brief von Hendrik Erouwer an A. van Diemen, vou Bord des Schiffs Nieuw-
Amstcrdam beim Robben-Eiland, Kap der Guten Hoffnung, vom 31. März 1636. Eine
Abschrift hiervon befindet sich in einem früher in Privatbesitz gewesenen, jetzt im Reichs-
archiv im Haag aufbewahrten IManuskriptheft aus verschiedenen Jahrgängen. Die
Jahreszahl lautet hier 1638, was auf einen Sclu-eibfehler zuiückzuführen ist, da Brouwers
Heimreise in das Jahr 1636 fiel und er 1638 längst nach Holland zurückgekehrt v.ar.
2) I/eeres, Seite ig.
3) Heeres, Seite 19 — 20.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 375
anderweit vorteilhafter zu verwenden seien, uud zweitens, weil die
Sachverständigen, und unter ihnen auch Quast, in Uebereinstim-
mung mit dem früheren General-Guvernör Brouwer, aber im
Gegensatz zur derzeitigen Indischen Regierung zu Batavia, der
Ansicht waren, dass von Japan aus die Unternehmung kaum durch_
führbar sein würde, wenigstens nicht zu dieser Jahreszeit, wegen
der herrschenden, ungünstigen Winde, wogegen sie als Ausgangs-
punkt Formosa, die Molukken oder das Kap Espiritu Santo (in
den Philippinen) vorschlugen^).
Die Indische Regierung zu Batavia schloss sich nun dieser
Ansicht an, wie aus ihrem Schreiben an die Direktion in Amster-
dam vom 28. Dezember 1636 hervorgeht, in welchem sie übrigens
die ganze Sache als etwas weniger verheissungsvoU anzusehen
scheint'^).
Sowol aus letzterem Grunde, wie auch wegen Mangel an ge-
eigneten Schiffen, verlief das Jahr 1637, ohne dass in der Sache
etwas erfolgte^). Als aber die Direktion zu Amsterdam voll Hoff-
nung, für den überaus einträglichen, aber damals öfters recht
bedroht erscheinenden Handel in Japan in unbekannten Gebieten
nördlich und westlich davon lohnenden Ersatz zu finden, mit
Schreiben vom 16. September 1638 das Unternehmen aufs Neue
mit Nachdruck empfahl, trat man auch in Batavia der Sache wieder
ernstlich näher. In ihrer Sitzung vom 24. Mai 1639 ward von
der Indischen Regierung die Entdeckungsreise endgiltig beschlos-
sen, welche unter Befehl von Quast auf den besonders geeignet
erscheinenden beiden Schiffen Engel und Gracht erfolgen sollte/)
Die Verzögerung begründet van Diemen in einem Schreiben mit
den Worten: "Die Aufsuchung von gold- und silberreichen
Inseln, im Osten von Japan gelegen, ist vor lauter Schwäche (enckel
onvermogen) und weil wir überhaupt trachten, den Plandel vorzu-
ziehen vor irgend welchen Sachen, Unternehmungen und Entdeck-
ungen von fremden Landen, sehr gegen unsern Willen seit anno
1) Ilccrc-s, Seite 20.
2) Ebenda.
3) Ebenda.
■» ) Ilccrcs, Seite 2 1 .
376 O. XACIIOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
1636 aufgeschoben und suspendirt geblieben"^).
Noch am folgenden Tage nach jener Sitzung berief ein Be-
schluss der Indischen Regierung den Kapitän Quast, welcher an der
Nordvvestküste von Java nach feindlichen Schiffen kreuzte, nach
Batavia zurück,") und unterm i. Juni bereits ist die ihm am Tage
vor der Abfahrt übergebene " Instruktion für den Kommandör
Matthijs Quast und den Schiffsrat der Schiffe Engel und Graft,^)
bestimmt für die Entdeckung der Länder und Inseln östlich von
Japan, sowie der Küsten und Länder von Tartarien und Korea,
nordwestlich und südwestlich vom genannten Reiche Japan "
ausgestellt, welche von van Diemen selbst nach w'iederholten
Besprechungen mit den erfahrensten Sachverständigen entworfen
war.*)
Jedes der beiden Schiffe zählte eine Besatzung von 45 Mann,
darunter 5 Soldaten, und war mit Proviant für ein Jahr versehn.
Der Oberbefehlshaber Mathys Quast, ein erfahrener Seemann, der
bereits seit einer Reihe von Jahren sowol in den indischen, wie in
den chinesischen und japanischen Gewässern die Flagge der
Kompagnie geführt hatte, wurde zwei Jahre nach dieser Entdeck-
ungsreise aus seiner Laufbahn durch den Tod gerissen, welchen er
erlitt infolge einer bei einem Kriegszuge nach Goa im Kampfe
gegen ein portugiesisches Schiff erhaltenen Wunde. Quast befand
1) Brief van Diemens an die Direktoren in Amsterdam vom iS. Dezember 1639;
siehe P. A. Letipe, Reis naar de Eilanden ten N. en 0. van Japan door Mrt. Gerr. Vries,
in 1643, Seite 4; Amsterdam 1858 (in der Folge der Kürze halber nur als "Leupe"
zitirt).
2) Heeres, Seite 21.
3) Der Name dieses Schiffes wird verschieden gesclu'ieben. Heeres, Seite 21, begriindet
die Schreibweise " Graft " mit Hinblick auf ein Dorf gleichen Namens in Nordholland. Bei
Lezipe findet sich dafür " Grafif" und zwar (Seite 4) in dem oben erwähnten (siehe Anmerkung
l) Briefe von van Diemen vom 18. Dezember 1639 und (Seite 236) in einem Beschlüsse
der Indischen Regierung zu Batavia vom 17. Januar 1643; ^''^^ dürfte aber wol nur auf die
vielleicht etwas unleserliche Schrift des Originals zurückzuführen sein, da ähnliche Ab-
weichungen mehrfach bei Leztpe vorkommen. Am richtigsten wird wol die Schreibweise
" Gracht " sein, deren sich z^^« Siebold auf Grund des von ihm benutzten, noch zu be-
sprechenden Tagebuches bedient, in welchem ausdrücklich erwähnt ist, dass eine der
entdeckten Inseln nach dem Schifife den Namen " Gracht-Eylant " erhielt; diese wird auch
bei ij^t'rt'j, Seite 29 und 30, mit " Gracht 's Island " liezeichnet. Sowol Graft als Gracht
entsprechen unsrem Worte " Graben."
*) Heeres, Seite 22.
O. NACHOD, EIN UXEXTDECKTES GOLDLAND. 377
sich an Bord des Engel, dessen Kapitän Lucas Albertsen war, der
später eine Entdeckungsreise nach der Nordküste von Borneo
ausführte (1645). Den grössten Ruf unter den Teihiehmern des
Zuges aber geniesst der Kapitän der Gracht, der später durch seine
Entdeckungen in der Südsee so berühmt gewordene Abel Janszoon
Tasman, welcher für den Fall von Quasts Tod als dessen Nach-
folger bestimmt war.^) Zur Ladung gehörten verschiedene Arten
von Spezereien, Proben von Gold, Silber, Kupfer, Zinn, Eisen und
Zink, sowie wollene und seidene Stoffe, sowol aus der Heimat als
aus Indien, "um sie den Einwohnern der zu entdeckenden Länder
zu zeigen und sofort dadurch zu ermitteln, ob sie in ihrem eigenen
Lande etwas davon haben oder danach begehren und so die
Absicht der Kompagnie auf einen einträglichen Handel zu
fördern."-) Um den Eifer der Seeleute zu beleben, waren Prämien
ausgesetzt für diejenigen, die zuerst unbekannte Länder, Küsten und
Untiefen entdecken würden, im Betrage von sechs Gulden, der
später (31. August) auf 10 Gulden erhöht ward. Strengste
Geheimhaltung des Erfahrenen war ausdrücklich vorgeschrie-
ben.^)
Ueber ben einzuschlagenden Weg enthielt die Instruktion für
Quast folgende Vorschriften. Von der im Norden von Batavia
gelegenen Insel Banka aus sollte der Kurs ostnordöstlich nach der
Bucht von Manila genommen und hierbei die teilweis unbekannte
See westlich von der Insel Palawan (oder Paragua) und öslich von
den Paracel-Inseln erforscht werden. Bevor jedoch die Bucht von
Manila erreicht werde, sollte auf die Nordwestspitze der Insel
Mindoro zugesteuert und durch die beiden Sankt-Bernardino-
Strassen hindurch nördlich von der Insel Samar der Eingang in
den Pazifischen Ozean gewonnen werden. Es war dies der Weg
der spanischen Schiffe von Manila nach Acapulco, wie aus einer in
Batavia beschafften spanischen Karte hervorging. Die Schiffe
sollten auf diesem Wege durch die Philippinen ernstlich auf ihrer
Hut sein, da man feindliche Zusammenstösse mit den Spaniern zu
vermeiden wünschte. Alsdann würde man sich nördlich wenden,
^) I leer es, Seite 21 — 22.
*) Bcschluss dei- Indischen Regierung zu Batavia vom 25. Mai 1639 ; siehe Heeres,
Seite 21.
3) Heeres, Steit 25.
378 O. NACnOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
um an der Ostküstc von Japan in Nordwestwinde zu kommen.
Hierauf sollte loo, 150 bis 200 Meilen nach zwischen dem 30. und
36. nördlichen Breitengrade liegenden Inseln geforscht, sodann
das Hauptziel 400 Meilen östlich von Japan in der Breite von 37
bis 38 Grad gesucht und, wenn nichts zu finden, "ohne deshalb
die gewohnte Geduld oder den Mut zu verlieren, " noch weitere
200 Meilen östlich auf derselben Höhe gesegelt werden. Blieb
auch dies nutzlos, so sollte man trachten, nach Tartarien und
Korea zu kommen, falls die Winde, woran allerdings zu zweifeln,
es gestatten würden, und bei der Rückkehr, falls kein Nordwind zu
erreichen, abermals 200 Meilen in östlicher Richtung ablaufen, und
wäre es auch bis zur Küste von Westindien, um dann mit demx
Südostpassat, je nach Jahreszeit, Wind und Wetter, entweder nach
Tai-wan auf der damals im Besitze der Kompagnie befindlichen
Insel. Formosa oder nach Batavia zurückzukehren und im Vorbei-
fahren auch die Islas de Ladrones (Marianen-Inseln) kennen zu
lernen und zu besuchen.^)
Was man in Batavia über die zu entdeckenden Länder wusste,
stammte nach der Instruktion aus Mitteilungen von Personen,
welche in Japan gewesen waren, — wol ein Hinweis auf Versteegen
— sowie aus spanischen Büchern und den darin enthaltenen Karten;
leider fehlt hierüber jede nähere Angabe ; das Werk von de Morga
dürfte nicht, oder v.'enigstens nicht allein damit gemeint sein, da
dieses keine Karte enthält. Bemerkenswert erscheint die Angabe
der Instruktion, " dass die zwei Eilande, welche in der spanischen
Karte niedergelegt sind zwischen 35 und 36 Grad, genannt werden
Armeneti und Rico de Plata, das heisst 'reich in Silber'" ; 200
spanische Meilen östlich von Japan sollten diese Inseln liegen,^)
von denen Armeneti wol einen Anklang an die von den Spaniern
längst aufgegebene Isla del Armenio bildet. Ferner erwähnt wird
eine in der spanischen Karte 2 Grad nördlicher und 50 Meilen west-
licher als Rico de Plata gelegene Insel, in Länge von etwas über
30 Meilen von Süden nach Norden.'") Dies würde also wol die Rica
de Oro sein ; jedoch nennt die Instruktion keinen Namen dafür.
1) //cY7vj-, Seite 23 — 24; Brief von van Diemen vom iS. Dezember 1639 bei Lcupi\
Seite 4 — 5.
*) IJcltcs, Seite 25.
3) Ebenda.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 379
Sowol auf die Entdeckung der einen, wie der anderen, wird
grosser Wert gelegt ; jedoch solle Rico de Plata den Vorzug
haben.')
Inwieweit das Quast angegebeiie, umfangreiche Programm
seiner Reise zur Verwirklichung gelangt und wie der Zug verlaufen,
darüber wusste man lange Zeit nicht viel mehr, als dass die Schiffe,
ohne ihr Ziel erreicht zu haben, in sehr elendem Zustande in
Formosa eingetroffen waren.") Da gelang es im Jahre 1S42 dem
berühmten Japan-Forscher P. F. von Siebold unter Mitwirkung
von P. S. de Munnick'xva Archive der Niederländischen Ostindischen
Kompagnie das bis dahin gänzlich unbekannte, an Bord des
Engel geführte Tagebuch von Quast, eine Schrift von 72 Folio-
seiten, den Zeitraum vom 2. Juni bis 24. November 1639 umfassend,
aufzufinden'^) und dadurch die Bedeutung dieser Reise für die
Geschichte der Entdeckungen klarzustellen. Dem Tagebuch
beigefügt waren, wie von Siebold berichtet, zwei Karten : die eine
von den Philippinen, die andre von dem Gebiete zwischen 17 und 38
Grad n. B., worin Japan so dargestellt ist, wie es den Holländern
im Jahre 1638 bekannt war, und die 1639 gemachten Entdeckungen
1) Heeres^ Seite 25.
2) Die erste kurze Erwähnung des Unternehmens findet sicli in dem sehr selten gewor-
denen Euche " Eenige Oefeningen in God-h'jcke, Wiskonstige, en Natueriijcke dingen " des
Astronomen und Mathematikers Dirck Rcmbraiitsz van A'icrop, welches zuerst zu Amster-
dam 1669 und sodann 1674 unter wenig verändertem Titel erschien. (Vergl. Heeres, Seite
35). Noch im gleichen Jahre wurde eine englische Uebersetzung von dem betreffenden
Abschnitte dieses Buches in den " Philosophical Transactions," Band IX, No. 109, Seite
197 — 207, London 1674, veröffentlicht, auf welche spätere Angaben in der Litteratur meist
zurückgehn. Einige Notizen über die Quast-Tasmansche Reise enthält auch das zuerst 1692
gedruckte Buch des Amsterdamer Bürgermeisters Nicolaas IVitseii, " Noord en Oost-
Tartaryen " (Band I, zweiter Druck, Seite 156, Amsterdam 1785). Vergl. ferner James
Btirney, A chronological history of the discoveries in the South Sea or Pacific Ocean, Band
III, Seite 55—58.
^) Die Kunde von dem bis heut noch ungedruckten, im Reichsarchiv im Haag befind-
lichen Tagebuche veröffentlichte von Siebold zuerst in einem Aufsatz im Journal de la Haye
(30. Dez. 1842 und 9. — 11. Jan. 1843); ^i^^ Besprechung, sowie einen Auszug des
Tagebuches enthält vott Sieholds "Nippon, Archiv zur Beschreibung von Japan und dessen
Neben — und Schutzländern " (7 Bände, Leiden 1S36 — 1852), Band I, Seite 59—61 und
147 — 150» ^'"6 auf gründliohem Quellenstudium beruhende, eingehende Darstellung, welche
in der seit 1S97 erscheinenden, zweiten Auflage leider weggeblieben ist.
380 O. NACIIOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
angezeiciuiet sind.') Durch die Veröffentlichung dieser Karte,
welche eines der Verdienste des neuen Werkes von Heeres über
Tasman bildet, sowie durch sonstige von Heeres aus noch unbe-
kanntem IMaterial des Reichsarchivs im Haag geschöpfte Angaben
ist neues Licht über die Ouast-Tasmansche Reise verbreitet
M'orden.-)
Nachdem am 2. Juni 1639 die Abfahrt der beiden Schiffe
von Batavia erfolgt,^) war man schon in den ersten Wochen zu
kleinen Abweichungen von dem beabsichtigten Wege veranlasst
weil die Schiffe nicht gut ausgerüstet und besonders die Gracht nur
" kümmerlich mit Brennholz und Wasser versehn und eänzlich
entblösst von Ballast war ".*) Die Schiffe lagen daher, nachdem
sie den Lingga- und Riouw-Archipel passirt hatten, vom 9. bis 13.
Juni vor Anker an einer der kleinen Inseln östlich von der Südspitze
der malaiischen Halbinsel, wo sie sich mit dem Fehlenden
versehen konnten.^)
Ebenso wurde, als man am 24. Juni sich den Inseln bei Manila
näherte, nicht, wie in der Instruktion vorgeschrieben, der Weg
durch die Bernardino-Strassen südlich von der Insel Luzon, sondern
nördlich davon eingeschlagen, da nach den herrschenden Winden
sich dieser günstiger erwies. Bei Umsegelung der Nordküste der
Insel Luzon liefen die Niederländer Gefahr, mit Eingeborenen
zusermmenzustossen. Diese kamen eines Tages unter Führung,
eines spanischen Padre längs Tasmans Schiff, und zogen die Hol-
länder vor, sich aus der bedenklichen Lage dadurch zu befreien,
dass die sich — als Engländer, auf einer Reise von Malakka nach
i) \o\\ den beiden Karten way nach von Sidwid die von den Philippinen in dem 16S0
erschienenen See-Atlas von Johannes van Keulen (Köln) veröffentlicht worden, während die
andre unausgegeben blieb und zur Zeit von Siebolds sich in der Bibliothek des Prinzen
Heinrich der Niederlande befand. Hierzu bemerkt Heeres, Seite 26, dass die während der
Reise selbst hergestellte, am 8. Januar 1640 von Batavia der Direktion in Amsterdam ein-
gesandte Karte nicht mehr vorhanden ist, wol aber eine hiernach unter Tasmans Augen Ende
1640 von Arend Dierckszoon in Japan angefertigte. Diese bis 1880 im Besitze des Prinzen der
Niederlande gewesene und seitdem im Reichsarchiv in Haag aufbewahrte Karte, von der
von Siebohi spricht, ist es, welche Heeres reproduzirt hat.
2) Heeres, Seite 26 — 33.
3) Brief van Diemens vom 18. Dez. 1639 bei i«//^', Seite 4.
^) Beschluss des SchifTsrats vom 6. Juni 1639 ; siehe Heeres, Seite 26.
5) Heeres, Seite 26-27.
O. NACIIOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 381
Manila begriffen, ausgaben ! Von dem Padre, der seinen Sitz auf
einer der Babuyan-Inseln hatte, erfuhren sie, dass dort 3000
Eingeborene und Mestizen lebten, unter denen er der einzige
Spanier sei.')
Am 10. Juli 1639 verliessen die Schiffe die Ostküste von Luzon,
und bereits unterm 17. Juli wurde eine ihnen unbekannte Bank von
i4- Meile Länge entdeckt und nach dem Admiralsschiff die
Engelsdroogte genannt. Sie liegt zwischen 20 und 21 Grad n. Br.
und zwischen 136 und 137 Grad ö. L. v. Gr. ; früher unter dem
Namen Parece Vela bekannt, heisst sie jetzt meist nach dem
Engländer Douglass, der sie am 15. September 1789 auffand und
beschrieb, die Douglass-Klippe.-)
In den nächsten Tagen, vom 20. bis 22. Juli, wurden drei
Inseln entdeckt, von denen zwei nach den Schiffen Engels-Eylandt
und Gracht-Eylandt, die dritte Hooge Meuven-Eylandt (Hohe
Möwen-Insel) genannt wurden. Diese zur Bonin-Gruppe gehörigen
Inseln waren dieselben, welche bereits im Jahre 1543 von Bernardo
de Torres gesehn wurden und seitdem unter dem Namen
Maloabrigo und Los Dos Hermanos auf vielen älteren Karten
vorkommen.^) Von den Japanern, denen die Bonin-Inseln heut
gehören, wurden sie zuerst in den Jahren 1 592-1595 entdeckt und
von ihnen Munin-(daher das Wort Bonin) Shima, d. h. unbewohnte
Inseln, oder, nach dem Entdecker, Ogasawara-Shima genannt.
Genauere Kenntp.iss davon bekamen sie erst 1675 durch eine mit
Genehmigung der japanischen Regierung von drei Gelehrten aus
Nagasaki dorthin unternommene Expedition, wobei etwa 80 Insel-
chen entdeckt und nach Grösse, Vegetation und Erzeugnissen unter-
sucht und beschrieben wurden.*] In Europa erhielt man genauere
Kunde von diesen Inseln durch Kapitän Beechey, welcher 1827 dort
war, sie beschrieb und ihre geographische Lage mit 26 Grad 30 M.
^) //tvrt'j, Seite 27.
') Von Sicbold, Archiv von Isippon, liand I, Seite 60, 147. Heeres, Seite 29 — 30.
^) Von Siedo/d, Archiv von Nippon, Land I, Seite 60, 94, 147 — 149.
") Ebenda, Seite 96— 9S.
382 O. NACIIOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
bis 27 Grad 44 M. n.R. und 142 Grad 5 bis 15 M. ö. L. feststellte.')
Am 24. Aug-ust bekamen Engel und Gracht die Ostküste von
Japan unter 37 J^ Grad n, B. zu Gesicht und nahmen dieselbe auf, bevor
sie weiter nach Osten steuerten,^) nach dem schätzereichen Hauptziel
ihrer Reise. Diese wenn auch vergebliche Fahrt auf unbekannter
Wasserbahn rühmt von Siebold mit folgenden Worten: " Die gehofif-
ten Gold- und Silberinseln wurden nicht entdeckt, obgleich die beiden
Schiffe im Osten von Japan zwischen dem 37. und 40. Breitengrade
kreuzend bei 600 geographische Meilen weit (nach ihrer Schiffsrech-
nung bis zum 79. Grade 52 Minuten östliche Länge von Pulo Timoan
[175 Grad 53 Minuten westl. Länge von Greenwich]), somit weiter in
diesem Gebiete des Grossen Ozean vorgedrungen sind, als je vor
ihnen auf diesem Grad der Breite ein europäischer Seefahrer gekom-
men ist. Mit bev/underungswürdiger Ausdauer suchten diese
Seehelden das ihnen vorgesteckte Ziel zu erreichen, wäln-end die
Umsicht, womit sie dabei zu Werke gingen, und die zur Entdeckung
von Land genommenen Massregeln als Beispiel der ehemaligen
Schiffszucht dienen können. Dass ihrer Aufmerksamkeit nichts
entging, dafür zeugt das mit den Kielen des Engels und der Gracht
gepflügte Gebiet des Grossen Ozean, wo sich bis jetzt noch nicht
eine Insel hat entdecken lassen." ")
Am 24. September 1639 meldet ein Beschluss des Grossen
Schiffsrats, dass die Seefahrer zu sein glaubten, " in Länge, von
Japan gerechnet, von ungefähr 600 deutschen oder 700 spanischen
Meilen Entfernung nach Osten zu in der vorgeschriebenen Breite ",
und' zwar, " ohne während all dieser Zeit Land gesichtet oder
1) Von Siebold, Archiv von Nippon, Band I, Seite 95-96. Eine eingehende Darstel-
lung der wiederholten Entdeckungen dieser Inseln gibt von SirboIJ auf Seite 92-95 und fugt auf
Seite 160 eine chronologische Uebei'sicht bei, worin die einzelnen Gruppen nach den ihnen
jeweilig gegebenen, verschiedenen Namen angeordnet sind. — Einen Auszug von der Bcechey^-
schen Beschreibung der Bonin-Inseln enthalten die Transactions of the Asiatic Society of
Japan, Band VI, Teil III, Seite 478-485, Yokohama 1S78.
2N Von Siehold, Archiv von Nippon, Band I, Seite 60.
3) Ebenda, Seite 59-60. Bezüglich der Mannszucht fahrt zwi Sicbold in einer
Anmerkung (Seite 147) als Beleg folgenden Schiffsrats-Beschluss vom 24. September 1639
an : " Um so viel möglich dem LTnheil und Unglück vorzukommen, das leicht durch Nach-
lässigkeit der Wachen geschehn kann, so ist beschlossen worden: diejenigen, welche auf dem
Wachposten eingeschlafen betroffen werden, für das erste Mal mit Abzug von einem Monat
Sold und 50 Schlägen am Mäste; das zweite Mal nach Umständen mit dem Strange zu
strafen. Die doppelte (? !) Strafe trifft den, der seinen Posten verlassen hat."
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 383
irgend welche sichere Zeichen von Landnähe erspäht zu
haben ".^) Nachdem eine so lange Strecke vergeblich durchsegelt
und seit dem Monat August besonders der Tod unter der von Erfri-
schungen entblössten und von Krankheit erschöpften Mannschaft
reiche Ernte gehalten,^) und da der Wind sich günstig zeigte, be-
schloss Quast, nun nach Westen zu kehren, um im Norden von Japan
die Küste von Tartarien, Korea und China anzulaufen. Auch bei der
Rückfahrt, zwischen 38 und 42 Grad n. B. kreuzend, suchten die
Niederländer vergeblich nach Land.^) Schliesslich mussten auch
die Pläne bezüsflich der Nordostküste des asiatischen Festlandes
aufgegeben werden, da, wie es in dem schmerzlich verzagenden
Beschlüsse des Schiffsrats vom 25. Oktober heisst, " beide unsere
Schiffe und Mannschaften gegenwärtig in sehr schlechtem und
gefährlichem Zustande sind, da nämlich infolge von beständigem
hohem Seegang die Schiffe furchtbare Lecks bekommen haben
und frischer Takelage und Kalfaterung dringend bedürftig sind ;
item, auf dem Engel der Bugspriet gebrochen, die Gracht mit
ihren gefischten (?) Masten kaum länger Widerstand leisten kann und
beide Schiffe über und über leck sind, so arg, dass bei stürmischem
Wetter die Pumpen beständig im Gange gehalten werden müssen,
während andrerseits alle unsere Zimmerleute krank darnieder-
liegen ; auf dem Engel hat es bis jetzt elf Todte und 20 Krank-
heitsfälle gegeben, item sind auf der Gracht 11 Todte und iS Mann
krank, welche alle an der Pforte des Todes zu sein scheinen ; und
diejenigen, welche sich noch grade auf ihren Beinen halten können
und durch die wir mit Gottes Hilfe das Schiff zu führen vermögen,
sind nicht frei von Meer-Leiden (da sie vier Monate lang und
darüber keine Erfrischungen gekostet haben), sondern leiden
ernstlich unter jedem Wechsel des Wetters und fühlen ihre Kräfte
täglich abnehmen." So wurde beschlossen, nunmehr den
Rückweg nach Formosa ungesäumt einzuschlagen.^)
Am I. November 1639 erreichten die Schiffe wieder die
Ostküste von Japan in der Höhe von 34 Grad 54 Minuten n. Br,;
sie steuerten südwestlich längs derselben und konnten die Bucht
^) Heeres, Seite 31.
2) Heeres, Seite 28.
^) Brief von van Diemen vom 8. Januar 1640 bei Leupe, Seite
*) Heeres, Seite 28.
384 O, NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
der Provinz Sagami wahrnehmen mit dem malerisch empor-
ragenden, meist schneebedeckten Haupte des etwa 20 geographische
Meilen entfernten Vulkans Fujiyama (Höhe' 3793 Meter), einem auf
fast allen kunstgewerblichen Gegenständen angebrachten und
daher auch bei uns vielfach bekannten Wahrzeichen Japans. Von
der Südostspitze der Insel Nippon, dem von den Portugiesen Cabo
de Bosho genannten Vorgebirge der Provinz Awa, segelten sie
südsüdwestlich und fanden mehrere Inseln, welche sich zwischen
139 und 140 Grad ö. L. v. Gr. in einem Bogen bis 32 Grad 40
Minuten n. Er. nach Süden erstrecken und zu den Izu-no-Shichi tö
(Sieben-Inseln von Izu) gehören. Von dieser Inselkette enthält
ihr Tagebuch treffliche Ansichten, sowie berichtigende Angaben
über deren geographische Lage.^)
Am 13. November bekamen die Holländer die Südostspitze der
Insel Kiushiu zu Gesicht, der südwestlichsten von den 4 grossen
Inseln, aus denen Japan besteht. An der Bucht von Osumi
vorbei, deren Lage sie genau bestimmten, segelten sie nun in die
später nach van Diemen genannte Meeresstrasse, deren Küsten und
Inseln, wie von Sicbold\\Qx\ox\\Q.h\., von ihnen *' mit bewunderungs-
würdiger Genauigkeit aufgenommen und in Profilansichten darge-
stellt" wurden. Nachdem sie die geographische Lage der Südspitze
von Kiushiu mit 31 Grad und die eines hohen Kegelberges am
Eingange der Kagoshima-Bucht mit 31 ,Grad 16 Minuten festge-
stellt hatten, erreichten sie am 15. November den Ausgang der
Van-Diemen-Strasse und segelten an einigen der jetzt nach van
Linschoten benannten, von diesem bereits als die Zeven Gezusters
(Die Sieben Geschwister) beschriebenen Gruppe, sowie an den
Inseln Tanegashima und Yakushima (Jakunoshima) vorbei, von
denen allen ihr Tagebuch eine sehr deutliche Beschreibung
enthält.-) Am 24. November 1639 endlich liefen die beiden
Schiffe in Taiwan ein, jedoch, wie van Diemen berichtet, "sehr
elend und schwach an Mannschaft, indem sie auf beiden Schiffen
^) Von Siebold, Archiv von Nippon, Band I, Seite 60. Die oben erwähnte Bucht
bezeichnet von Sichold nach der daran liegende!! Stadt mit dem Namen von Wodawara
(Odawara) und den Vulkan Fuji mit Fuzinojama.
2) Von Sichold, Archiv von Nippon, Band I, Seite 6c-6i, 150. Die Bucht von Osumi ist
hier mit dem Namen Kasivabara bezeichnet.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 3S5
38 Mann, also beinahe die Hälfte der ausgefahrenen Leute, ver-
loren hatten."^)
Da die Hoffnungen der Niederländischen Ostindischen
Kompagnie auf ein neues Goldland unerfüllt geblieben waren, so
galt für diese der Zug als ein Fehlschlag trotz der geographischen
Erfolge, welche um so wertvoller waren, als man in Europa bisher
von der Ostküste von Japan fast gar nichts und von der Südküste
nur sehr wenig wusste ; denn die 1611-1612 unter Vizcaino in
Japan gemachten, spanischen Aufnahmen von Küsten und Häfen
waren ja nicht bekannt geworden. Auch für die Erdkunde büsste
aus dem gleichen Grunde der Ouast-Tasmansche Zug, so belang-
reich er sonst für sie gewesen wäre, sehr an Bedeutung ein, da von
den so wertvollen Küstenaufnahmen, Profilansichten, Gradfeststel-
lungen und dergleichen ausser der Karte von den Philippinen
(vergl. Seite 379-380) kaum etwas bekannt wurde, bevor 1842 das
Tagebuch aufgefunden ward.
2. Die Entdeckungsreise unter Vries 1643.
A. Vorbereitungen und Instruktion.
'fc>
Durch diesen Misserfole Hess sich aber die vom Werte der
t>
Edelmetalle so ganz durchdrungene Direktion der Niederländi-
schen Ostindischen Kompagnie ebensowenig abschrecken als ein
so entdeckuncrseifriger Mann wie der General-Guvernör van
Diemen. Zwar hatte dieser nach Amsterdam kurz nach Rückkehr
der so arg mitgenommenen Schiffe Engel und Gracht berichtet :
"Der Kommandör (Quast) meint, dass die betreffenden Länder
niemals in der besprochenen Breite werden gefunden werden; wir
beabsichtigen, weitere Untersuchungen in dieser Sache anzustellen,
wenn die Kapitäne und Obersteuermänner hier eingetroffen sein
werden. Für jetzt erlauben wir uns inzwischen. Euer Edeln ihre
Tagebücher und Karten zu behändigen, woraus Sie im Stande sein
werden, genaue Einzelheiten ihrer Reise und der von ihnen ein-
gehaltenen Kurse zu schöpfen. Es ist nicht unsere Absicht, diese
^) Brief von van Diemen vom 8. Januar 1640 bei Letipc, Seite 5
386 O. XACIIOD, EIN UXEXTDECKTES GOLULAXD.
Entdeckung ein zweites Mal in die Hand zu nehmen, wir werden
aber bezüglich dieser Sache den Rat von Euer Edelen abwarten."^)
Demgegenüber hatten sich aber die Direktoren in Amsterdam
bereits in ihrem Schreiben vom ii. September 1640 für Wiederauf-
nahme der Angelegenheit erklärt, eine Ansicht, welche sie mit
Brief vom 11. April 1642 noch schärfer betonten.") Inzwischen
hatte auch die Indische Regierung zu Batavia wieder Meinung für
die Sache gewonnen ; denn unterm 30. November 1640 schreibt sie
der Direktion in Amsterdam: "Gleicherweise fahren wir fort
geneigt zu sein für weitere Untersuchungen nach den Ländern
östlich von Japan ".^j Bereits zuvor hatte sie in dieser Angelegen-
heit an den Leiter der holländischen Faktorei in Japan, den mit den
dortigen Zuständen sehr vertrauten Francois Caron, ein Schreiben
gerichtet, worin es u. a. heisst: " Hätten sie (Quast und seine
Gefährten) in Japan angelegt und frische Lebensmittel dort
eingenommen, so würden sie das Leben vieler ihrer Leute gerettet
haben ; da sie aber fürchteten, dass die Japaner es übel deuten
würden, v/enn sie es thäten, so verzichteten sie darauf, an un-
gewohnten Plätzen des genaimten Landes Anker zu werfen. Sie
haben kein Land gesehn, andrerseits aber zahlreiche unverkenn-
bare Zeichen davon bemerkt. Wir beabsichtigen, dasselbe Un-
ternehmen im Laufe des nächsten Jahres zu erneuern Wir
ersuchen Sie, uns wissen zu lassen, ob eine Entdeckungsreise
dieser Art geeignet sein würde, üble Stimmung auf Seiten der
japanischen Behörden zu verursachen, und ob im Falle dringender
Notwendigkeit die Schiffe der Kompagnie ohne Gefahr an der
japanischen Küste ankern könnten, zum Zwecke Lebensmittel dort
einzunehmen."'') Ganz unbemerkt waren die Schiffe Engel und
Gracht in Japan übrigens nicht geblieben, wie aus einem Eintrag in
dem Tagebuch der holländischen Faktorei zu Hirado hervorgeht.^)
Trotz der so günstigen Stimmung für das Unternehmen wurde
^) Brief der Indischen Regierung zu Batavia an die Direktion in Amsterdam vom 10.
Januar; siehe Heeres, Seite 33.
2) Heeres^ Seite 33-34.
3) Heeres, Seite 34.
*) Brief der Indischen Regierung zu Batavia an Francois Caron in Hirado vom 13.
Juni 1640; siehe Heeres, Seite 34.
5) Fran^-ois Valentijn. Oud en Xieuw Dost Indien, Teil V, Stück II, Buch 9, Seite
81; Amsterdam und Dordrecht 1724-26
O. NACHOU, EIX UXEXTDECKTES GOLDLAXD. 38/
es jedoch durch wichtigere Angelegenheiten, wie die Belagerung von
Malakka, der Angriffauf Ceylon und die Entdeckungsreise Tasmans
in der Südsee, um einige Jahre verzögert. Unterm 17. Januar 1643
aber wurde im Rate der Indischen Regierung zu Batavia erklärt,
*' dass man immer noch so begierig und geneigt war, die un-
befahrenen Festländer und Inseln, im Norden von Japan und
östlich von dort gelegen, zu besuchen und zu entdecken, ins-
besondere die Ostküste von Tartarien und darunter das berühmte
Königreich Cathaya," und der Beschluss gefasst, aufs Neue zwei
Schiffe hierzu und nach "dem vorgeblichen Gold- und Silberreichen
Eiland östlich von Japan " auszurüsten.^) Für die diesem Schritte
beigemessene Bedeutung spricht der Umstand, dass, und zwar mit
einem zum Teil chiffrirten Schreiben, bereits am 23. Januar 1643.
der Direktion in Amsterdam das Unternehmen und die
beabsichtigte Reiseroute angekündigt wurde.'")
Der einzuschlagende Weg der für diesen Entdeckungszug als
besonders geeignet ausgewählten zwei Schiffe Castricum und
Breskens wurde in der genannten Sitzung des Rates von Indien in
den Grundzügen festgestellt und eines seiner Mitglieder damit
beauftragt, die Instruktion für das Unternehmen mit dem Beistand
des an die Spitze desselben gestellten Kommandörs Maerten Gerritsz.
Vries dementsprechend auszuarbeiten, während einem der andren
Räte von Indien die Aufgabe zufiel, für die Beschaffung der zu
Mustern und Geschenken erforderlichen Metalle, Waaren und
Seltenheiten zu sorgen.^)
Vries, ein von der Pike auf gedienter Seemann, war im Jahre
1622 als einfacher Matrose nach Batavia gekommen und hatte es
im Jahre 1640 zum Kapitän (schipper) gebracht mit einem
Monatsgehalt von 75 Gulden.^j In einem Briefe des Guvernörs
von Formosa an die Indische Regierung in Batavia werden die
Verdienste gelobt, die sich Vries beim Ein-und Auslaufen der Schiffe,
1) Wortlaut des Besclilusses bei Leitpe, Seite 235-240.
2) Wortlaut bei Leitpe, Seite 6; Auflösung der Chiffern Seite 261.
3) Leiipe, Seite 236-238.
*) Beschluss der Indischen Regierung zu Batavia vom 31. Dezember 1642; siehe
Lejipe, Seite 254.
388 O. XACIIOD, EIN UNEXTDFXKTES GOLDLAXD.
bei den Befestigungs-Arbeiten, vor allem aber als Verfertiger einer
zuverlässigen Karte von ganz Formosa erworben, welche für die
von uud nach Japan segelnden Schiffe von grösstem Nutzen sei.^)
Um eine hierauf zurückzuführende Belohnung dürfte es sich wol
handeln, wenn im Jahre 1642 die Indische Regierung in ihrem
Berichte nach Haus die Direktion in Amsterdam ersuchte, "der
Ehefrau des Kommandörs de Vries 600 Gulden für extra gute,
bewiesene Dienste zu zahlen ".^) Unterm i. Dezember 1642 sicher-
te sich die Kompagnie die Dienste Vries' aufs Neue für drei Jahre
und zwar zu einem Monatsgehalt von loo Gulden, " in Berücksich-
tigung der Dienste, welche derselbe ausser seinem Kapitänsamt im
Landmessen, Abbilden von Ländern und anderen vorfallenden
Gelegenheiten, worin er Kenntnisse hat, der Kompagnie
leistet ".3)
Für die der ganzen Angelegenheit beigemessene, liohe
Bedeutung spricht auch die sehr gründliche und ausführliche
Instruktion "für den Befehlshaber (" Schipper-Commanueur ")
IMaerten Gerritsen Vries und den Rat des Schiffes Castricum und
der Yacht Breskens, bestimmt zur Entdeckung der imbekannten
Ostküste von Tartarien, des Königreiches Cathaija und der
Westküste von Amerika, sowie der gold- und silberreichen Eilande
östlich von Japan ", ein recht umfangreiches Schriftstück,^) welches
einen an interessanten Einzelheiten reichen Einblick gewährt in die
mit Entdeckungsreisen damals verknüpften Aufgaben und die Art
und Weise, dieselben zu lösen.
Zunächst sollten sicli die Schiffe nach Ternate begeben,
um sich dort reichlich mit Proviant, besonders lebendem,
zu versehn ; dem dortigen Vize-Guvernör der Molukken befahl die
Indische Regierung aufs dringendste an, Vries in jeder Weise zu
unterstützen und, " weder Kosten, noch Rindvieh zu sparen ", den
^) Sehreiben des Guvernörs von Formosa Traudenius an die Indische Regierung in
Batavia vom 10. Januar 1641; siehe Lciipe, Seite 255-256.
2) Leu/c, Seite 256.
3) Beschluss der Indischen Regierung zu P3atavia vom 31. Dezember 1642; siehe
JLcupe, Seite 254.
■») Datii't vom 2, Februar 1643 und im Wortlaut abgedruckt bei Lciipe, Seite 11-31.
O. NACHOD, EIX UXEXTDECKTES GOLDLAND. 389
Plan aber so geheim wie möglich zu halten und vorzugeben, dass
es sich um eine Beutefahrt nach Manila handle.')
Nachdem dies erledigt und der sogenannte Signal-Brief (sein-
brieff) festgestellt, d.h. vereinbart war, wo und Avann die Schiffe
einander erwarten wollten, für den Fall sie durch Sturm oder
sonstiges Missgeschick getrennt würden, sollte, wenn nicht früher,
dann am i. April die Reise angetreten und der Kurs nicht, wie
1639 Quast vorgeschrieben, durch die S. Bernardinc-Strassen in
den PhilipjDinen, sondern jenseits von Dschilolo in nordöstlicher
Richtung direkt auf die Ostküste von Japan zu genommen werden,
um diese bei ungefähr 37 Grad zu Gesicht zu bekommen ; mit den
auf diesem Wege etwa zu begegnenden, zur Ladronen-Gruppe
gehörenden Inseln sollte keine Zeit durch Landen versäumt, wol
aber auf unbekannte Klippen und Sandbänke eifrig geachtet
werden.'"^) Der von Versteegen und einem erfahrenen Obersteuer-
mann (Piloot-Major) gemachte Vorschlag, zwischen Japan und
Korea durchzusegeln, war von der Indischen Regierung wegen der
Unsicherheit einer geeigneten Durchfahrt und der Wahrscheinlichkeit
vieler Klippen und Sandbänke als zu gefährlich verworfen worden.")
Nachdem, wie zu hoffen, ungefähr am 20. bis 25. Mai die
Ostküste von Japan erreicht, sollte längs und in Gesichtsweite
derselben so lange nach Norden und Nordwesten gesegelt werden,
bis diese ihr Ende erreicht, um nebenbei festzustellen, wie weit
Japan im äussersten Norden sich erstrecke, und ob das von den
Japanern Yezo genannte, in dieser Richtung anzutreffende Land zu
China oder Tartarien gehöre, oder ein besondres zwischen Beiden
liegendes Land, oder endlich eine Insel sei. Allzuviel Zeit sollte
jedoch hierauf nicht verwendet und der Kurs nordwestlich so lange
verfolgt werden, bis die Küste von Tartarien oder Cathaya
entdeckt sei, und zwar so südlich als Yezo und der Wind es
gestatten würden, vermutlich zwischen 40 und 45 Grad. Hierauf
sollte nördlich gesegelt werden, bis der Fluss Polisangi und die
Katai'schen Seestädte Jangio und Brema oder sonstige für die
^) Brief der Indischen Regierung an den Vize-Guvernör Wouter Seroyen in Tcrnate
vom 31. Januar 1643, bei Lciipe, Seite 6-7.
2) Leiipc, Seite 15-16.
3) Z«/pt', Seite 13-14.
390 O. NACIIOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAXD.
Schiffe gcignete Häfen, Buchten oder Flüsse gefunden und die
Beschaffenheit des Landes klargestellt .sei.')
Die Kunde von dem Polisangi stammte jedenfalls von Marco Polo
her, welcher von diesem Flusse berichtet, dass man ihm zehn Meilen
westlich von der Stadt Cambalu begegnet und dass er in den
Ozean fliesst.-) Die Stadt Cambalu (Khanbalik, die Stadt des
Khan) lag in der Nähe von dem 1280 an deren Stelle als neue
Residenz errichteten Peking.-"'; Unter dem Polisangi dürfte daher
der Hun-ho zu verstehen sein, welcher im Westen von Peking sich
südlich nach Tientsin wendet, sich dort mit dem Pai-lio vereinigt
und unter 39 Grad das Gelbe Met-r erreicht.
Der Name Jangio kommt vor auf der 1375 für den König Karl
V. von Frankreich, gezeichneten, sogenannten Catalanischen
Erdkarte, Avclche zum ersten Mal Angaben Marco Polos über China
kartographisch verwertete. Vermutlich besass man in Batavia eine
Kopie hiervon oder andere danach angefertigte Karten. Jangio
entspricht der alten, am Yang-tsze-kiang liegenden Stadt Jang-
tscheu (Yanju), deren Verwaltung Marco Polo einige Jahre im
Auftrage Kublai Khans leitete.^) Die Herkunft und Bedeutung
des Namens Brema vermochte ich nicht zu ermitteln.
Wie aus den vorstehenden Angaben der Instruktion ersicht-
lich, glaubte man damals selbst in den sonst so erdkundigen,
leitenden Kreisen der Niederländischen Ostindischen Kompagnie
noch nicht an die Identität von China und Katai; kein Wunder,
wenn man dann Jangio, das unter 33 Grad lag, nördlich vom 45.
Breitengrad zu finden hoffte.
Nachdem bis etwa Ende Juli oder spätestens Anfang August
in Katai und Tartarien alle Aufgaben erledigt, sollten die Schiffe
v/ieder in See gehn und in südöstlicher Richtung nach der Ostspitze
von Japan segeln ; gelangten sie hierbei nach dem noch unbekann-
ten Teile der Westküste von Nord-Amerika, so sollte dieses Land,
jenachdem Wind und Wetter dazu angethan, erforscht und dann
i) Laife, Seite 16.
2) Marco Folo, Ausgabe der Scciet6 de Geographie, Paris 1S24, Kap. CV, Seite 117.
3) Carl Ritter, Geschichte der Erdkunde und der Entdeckungen, Berlin 1880, Seite
228.
4) S. Rüge, Geschichte des Zeilalters der Entdeckungen, Berlin 1881 ; Seite 65, 539
und die Wiedergabe der Catalanischen Karte zwischen Seite 78 und 79. Auf neueren
Karten lautet der Name der Stadt Yang-tschou.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 39I
von dort aus die Reise nach der Ostspitze von Japan fortgesetzt
werden, um diese etwa gegen 20. -25. August in der Höhe von 37|-
Grad zu erreichen. Von diesem Punkte aus sollte nun die
Entdeckung der Gold- und Silberreichen Insehi in Angriff genom-
men und auf dem genannten Breitengrad zunächst 350 Meilen
östlich und, wenn dies erfolglos, noch weitere 100 Meilen in der-
selben Richtung gesegelt werden, und zwar des Nachts langsam,
um nicht vergeblich vorbeizulaufen. Blieben die Inseln dann
unentdeckt, so könnte man versichert sein, dass sie nicht auf diesem
Breitengrade, sondern augenscheinlich nord- oder südwärts davon zu
suchen seien. Von diesem etwa am 20. September zu erreichen-
den Punkte aus sollte Vries die Entdeckungsreise auf einem der
beiden folgenden Wege fortsetzen. Entweder würde er, kreuzend
zwischen 35 und 37 Grad, westlich nach Japan zurückkehren, um
festzustellen, ob auf dieser Strecke das gesuchte Land oder
vielleicht die angeblich 100 bis 150 und 200 Meilen östlich von
Japan zwischen 30 und 36 Grad liegenden und ebenfalls als silber-
reich geltenden Inseln zu finden seien, und sich dann südwestlich
nach Formosa zu wenden ; oder aber, wenn dieses Vorhaben durch
den Westpassatwind verhindert würde, so sollte er den Kurs nördlich
nach der Küste von Amerika nehmen, um diese oberhalb des Gap
Mendocino zu erreichen und wenn möglich in einer der Buchten zu
ankern, wo der Engländer Thomas Candish (Cavendish) 1587 auf
der Höhe von 38 Grad eine gute Rhede gefunden. Nach Feststel-
lung des etwaigen Vorkommens von Gold und Silber durch
Entnahme von Erdproben, sowie nach Erneuerung von Proviant,
Trinkwasser und Brennholz, sollte dann der Kurs südwestlich nach
Japan genommen und, wenn auch auf dieser Strecke nichts zu
finden, in Formosa die Reise beendigt werden.^)
Zu dem für den Zug bestimmten Schiffsrat gehörten von der
Castricum ausser dem Kommandör Vries, der den Vorsitz führte^
der Kapitän Pieter Willemsz. Knechtjes, welcher als Kapitän des
Engel den Zug von 1639 mitgemacht hatte, ^) der Obersteuermann
*) Letipe, Seite 23-26.
*) Beschluss der Indischen Regierung vom 23 Jan. 1643 '■> siehe LeiiJ>e, Seite 240. Diese
Angabe steht allerdings im Widerspruch mit der von Heeres, Seite 22, (vergl. Seite 377)
wonach der Kapitän des Enge! Lucas Alhertsen hiess. Vielleicht war dieser erkrankt und
Knechtjes dann an seine Stelle getreten.
392 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
Cornelis Jansz. Coen und der Unterkaufmann Abraham Pittavin
als Sekretär ; ferner von der Breskens der Kapitän Hendrick
Cornelis Schaep, der Unterkaufmann Willem Byleveld und der
Obersteuermann Jeuriaen Bruyn. Für den Fall, dass der Kom-
mandör Vries sterben sollte, bestimmte die Instruktion Schaep als
seinen Nachfolger. Ausser mit den genannten 6 Of^zieren war
jedes Schiff bemannt mit 50 Matrosen und 5 Soldaten ; die Schiffe
waren mit Proviant für 12 Monat, sowie mit Munition und Ge-
rätschaften, reichlich versehn.')
Nicht ohne Interesse ist auch das ausführliche, der Instruktion
beigefügte Verzeichniss von den Vries mitgegebenen Büchern,
Karten, Denkschriften u. dergl.; erwähnt hiervon seien die
Denkschrift Versteegens von 1635 (vergl. Seite 373) und ein
Auszug aus einem Aufsatze desselben über die Entdeckung der
unbekannten Küsten von Korea, Yezo und Japan nebst den östlich
davon gelegenen Inseln, ferner die an Quast für seinen Zug 1639
erteilte Instruktion nebst dessen und Tasmans Tagebuch, sowie
zwei Karten über die von ihnen zur Entdeckung der Goldinsel
gesegelten Kurse und zwei Kärtchen von der Goldinsel, " so wie
dieselbe in den japanischen Beobys stellt."''^) Ueber diese Kärt-
chen, sowie, was unter Beobys zu verstehn, darüber verlautet
leider nichts Näheres.
Sehr ausführliche Vorschriften finden sich in der Instruktion
über das Verhalten auf der Reise und den Verkehr mit unbekann-
ten Völkern.
In dem sorgfältig zu führenden Tagebuche war über alle
Begebenheiten Bericht zu erstatten, sowie eine Beschreibung der
besuchten Gegenden und Orte, der Völker nebst ihrer Regierungs-
und Lebensweise, ihren Sitten und Erzeugnissen, zu geben ;
regelmässige geographische und nautische Messungen waren vorge-
schrieben ; die passirten Gegenden waren kartographisch auf-
zunehmen, und befand sich an Bord ein Zeichner, um die Profilan-
*) Leiipe, Seite 29-30, 240. Die Bezeichnung Kaufmann, bez. Oberkaufmann und
Unterkaufmann, war ein technischer Ausdruck, der weit über den allgemeinen Begriff
hinausging und eine ganz bestimmte Stellung im Rahmen der zur Niederländischen
Ostindischen Kompagnie gehörenden Beamten-Hierarchie bedeutete. Ebenso wie im
Handel, fand der Kaufmann auch im diplomatischen, militärischen und Marine-Dienst
der Kompagnie Verwendung.
») Letipe, Seite 32-34.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 393
sichten anzufertigen/) Für den Fall die Reise zur Entdeckung von
reichen und für die Kompagnie nützlichen Ländern und Inseln
führen würde, sollten Führer und Mannschaft entsprechend ihren
Verdiensten besonders belohnt werden ; ebenso sollte Vries
angemessene Prämien aussetzen für diejenigen, die zuerst un-
bekannte Länder, Inseln, Untiefen, Bänke, Klippen und dergl.
wahrnehmen würden^).
Von den mitgegebenen Waaren im Betrage von Gulden
13740.8.4. war die eine Hälfte für Katai, die andere für die Inseln
östlich von Japan bestimmt, und war die Ladung auf beide Schiffe
gleichrnässig verteilt ; über die Verwendung derselben hatte der
Unterkaufmann Byleveld Buch zu führen und Rechnung abzu-
legen'^).
Den unbekannten Eingeborenen, die möglichen Falls noch
Wilde, sollte mit der grössten Vorsicht, aber mit freundlicher
Milde begegnet und über kleine Diebereien hinweggesehn werden*)«
Zur Vermittelung des Verkehrs in dem jedenfalls bereits zivilisirten
Reiche Katai befand sich ausser 4 Soldaten, welche polnisch oder
moskowitisch sprachen, sogar ein geborener Tartare an Bord^) ;
dieser war als Knabe von Russen gefangen, an einen englischen
Kaufmann verkauft worden und so nach Holland gekommen, wo er
in den Dienst der Kompagnie getreten war^). Bei der unsicheren
Kunde, welche man bisher von Katai hatte, waren es besonders
die folgenden Einzelheiten deren Klarstellung die Instruktion
begehrte : Die Grösse und Beschaffenheit des Landes ; welche
Orte, Flüsse, Berge und Wüsten daselbst und wo und wie diese
gelegen, sowie an welche Länder jede Provinz grenzt ; die Lage,
Grösse und Art der Hauptstadt Cambalu/) welche See- und
Handelsstadt ihr am nächsten gelegen, und wie man dorthin reist ;
Näheres über die Schiffahrt und den Handel, auch mit den
Nachbarländern, und in welchen Waaren dieser hauptsächlich
getrieben wird ; welche Früchte, Tiere und Mineralien es dort
1) Leupf, Seite 17-19. »
2) Leiipe, Seite 27-28.
^) I.eupc, Seite 20.
*) Leiipe, Seite 18-19.
5) Leupe, Seite 19.
ß) Moniamis, Gedenkwaerdige Gesantschappen, Seite 316.
') Vergl. Seite 390.
394 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
gibt, und welches die wichtigsten Erwerbszweige sind ; die Art
oder Arten des Gottesdienstes und ob auch das Christentum
oder der Muhamedanismus verbreitet ist ; ob die Staatsform
Könio-reich. Adelsherrschaft oder Republik, und in ersterem
Falle, ob der Fürst der Gross-Khan der Tartaren sei, sowie worin
seine Kriegsmacht und sein Reichtum besteht ; endlich sein
friedliches oder kriegerisches Verhältniss zu andren Staaten und
sein Verfahren gegen Fremde. Falls, wie zu erwarten, Katai sich
als ein Land erweisen sollte, mit welchem die Kompagnie in
vorteilhafte Handelsbeziehungen treten könnte, so sollte mit der
dortio-en Regierung möglichst ein Handelsvertrag abgeschlossen,
auf ihren Wunsch auch einige Beamte der Kompagnie zur Errich-
tung eines Kontors dagelassen werden. Falls dort ein mächtiger
Reo-ent herrsche, würde es sich empfehlen, eine Reise nach der
Hauptstadt an seinen Hof zu machen, um ihm einen Teil der
mito-enommenen Seltenheiten als Geschenk darzubringen. Was
die Erlano-ung von Edelmetallen anbetrifft, so sollte, um deren
hohen Wert nicht zu zeigen, so gethan werden, als gelte bei
den Holländern Gold und Silber nicht so viel als das zu Mustern
von ihnen mitgenommene Kupfer, Zinn und Blei, während sie ihre
Waaren, besonders die Tuche, als ausserordentlich wertvoll
erscheinen lassen sollten^).
Von besonderem Interesse in kolonialpolitischer Hinsicht
sind die eino-ehenden Vorschriften der Instruktion in Bezug auf die
Besitzero-reifung der zu entdeckenden Länder für " die Hoch-
mö^enden Herren Generalstaaten als die Suveräne der Republik
der Freien Vereinigten Provinzen der Niederlande." In unbe-
wohnten oder herrenlosen Ländern hatte dies ohne Weiteres zu
geschehn durch Aufrichten eines Gedenksteins oder des Landes-
wappens oder der sogenannten Prinzenflagge. In bevölkerten
oder zweifellos einen Herrn habenden Gebieten bedurfte es zur
Besitznahme der Zustimmung des Volkes oder Königs ; dieselbe
«relano'te zum Ausdruck durch auf freundliches Zureden erfolgende
Uebero-abe eines Bäumchens, gepflanzt in etwas Erde, oder durch
gemeinsames Aufrichten eines Steines oder Wappens oder auch
durch Aufziehen der Prinzenflagge, zum Andenken der " freiwil-
lieen " Unterwerfung. Da aber anzunehmen sei, dass sowol in
1) Lciife, Seite 20-23.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 395
Tartarien als auf den gesuchten Inseln zivilisirte Völker mit
gesetzlichen Obrigkeiten lebten und diese nicht freiwillig auf ihre
Suveränität verzichten würden, so würde es nötig sein, mit diesen
Nationen oder ihren Fürsten Freundschaftsverträge abzuschliessen,
wozu die Errichtung der genannten Gegenstände als Gedenkzeichen
dienen könnte').
So trefflich die Vorbereitungen für den Zug dieses Mal
getroffen waren, so vorzüglich man Offiziere und iVTannschaft
gewählt hatte, und so umfassende Verhaltungsmassregeln die
umfangreiche Instruktion darbot, so enthielt diese doch eine Lücke,
welche bei der gewohnten Vorsicht der Kompagnie um so erstaun-
licher ist und nicht ohne verhängnissvolle Folgen bleiben sollte.
Es betrifft dies den sehr nahe liegenden Fall eines unliebsamen
Zusammenstosses mit den Behörden in Japan, die von Argwohn
und Feindseligkeit gegen die Fremden erfüllt w^aren. Unter den
Nachfolgern des Shogun leyasu waren die Verfolgungen gegen die
Christen, welche man als die Feinde der den nationalen Einheits-
staat verbürgenden Tokugawa-Dynastie ansah, unter furchtbaren
Grausamkeiten auf die äusserste Spitze getrieben worden. Hatten
ursprünglich nur die einheimischen Christen und von Fremden
lediglich die diesen verbotenen Glauben verkündenden Geistlichen
darunter zu leiden, so ging schliesslicli der Hass auf alles Fremde
über. Nachdem schon im dritten Jahrzehnt mit Spanien der
Verkehr abgebrochen, wurden 1639 die Portugiesen aus Japan
verbannt, und ein im nächsten Jahre von diesen dennoch unternom-
mener Versuch, wieder zugelassen zu werden, ward durch
Hinrichtung der portugiesischen Gesandtschaft blutig gerächt.
Einzig und allein von allen Europäern blieb den Niederländern,
dank den ihnen von leyasu verliehenen Freibriefen und ihrer
Enthaltung von Glaubens-Propaganda, der Zugang zu Japan
geöffnet, wenn auch unter sehr drückenden Beschränkungen. Ihre
stattliche Faktorei auf der Insel Hirado mussten sie 1640 nieder-
reissen und künftig mit einer urprünglich für die Portugiesen
1) Zertßc.', Seite 28. Die Farbe der Prinzenflagge, also der Fahne der Prinzen von
Oranien, so sollte man vermiaten, wäre einfarbig orange. Dies scheint aber nicht der Fall zu
sein. IV. F. Groeiievt^ldt teilt in seinem Werk De Nederlanders in China (Amsterdam 1897,
Band i, Seite 80) mit, dass die Prinzenflagge orange, weiss und blau war, und dass an Stelle
von orange, besonders in Indien, oft rot trat. Im letzteren Falle würde also die Prinzenflagge
der heutigen Trikolore der Niederlande entsprechen.
396 O. NACnOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
errichteten Einschliessung auf dem im Hafen von Nagasaki
liegenden Inselchen Deshima sich begnügen. Auch ihnen war nun
streno- verboten, einen andren Hafen als Nagasaki anzulaufen.
Einen Hinweis hierauf, sowie auf die in Jajaan eingeführte Küsten-
bewachung, hätte die Instruktion zum mindesten enthalten sollen.
Jeder Daimyo war verpflichtet worden, Wachthüuser auf den am
Meere liegenden Bergesspitzen seines Landes zu errichten, um alle
sichtbar werdenden, fremden Schiffe der Regierung des Shogun in
Yedo und deren hierzu in den Provinzen bestellten Beamten
sofort durch Eilboten zn melden. Nach einem Erlass von 1640
sollte jedes in irgend einem Hafen erscheinende, portugiesische
Schiff ohne Weiteres vernichtet, jedes andere fremde Fahrzeug
aber nach genauer Zählung und Prüfung der Mannschaft, ohne
jemand an Land zu lassen, unter guter Bewachung nach Nagasaki
geschafft werden. Das Fehlen einer diesbezüglichen Warnung in
der sonst so ins Kleinste dringenden Instruktion befremdet
umsomehr, als die Indische Regierung zu Batavia auf ihre dies-
bezügliche Aufrage (vergl S. 386) von ihrem damaligen Vertreter
in Japan, dem mit den dortigen Zuständen vorzüglich vertrauten,
durch sein vielfach wiedergegebenes Buch über Japan bekannt
gewordenen Francois Caron, auf eine solche Gefahr ausdrücklich
hino-ewiesen worden war'j. Hierzu kam noch, dass zwar Schaep,
der Kapitän der Breskens, schon zweimal in Hirado gewesen, aber
1) Vergl. Xachod, Die Beziehungen der Niederl. O. I. Komp. zu Japan im 17. Jahrhun-
dert, Seite 309 und CLXVII-CLXVIIL In dem hier aus den Handschriften des Reichsarchivs
im Haag veröffentHchten Briefe Carons vom 20. Nov. 1640 heisst es in möghchst getreuer
Uebersetzung : "Wir sind sicher, dass die gesuchten Insehi im Osten nicht zu Japan
gehören, da w'w wol unterrichtet sind, dass der Japaner kein Land hat, dessen Jurisdiktion
er beansprucht, 400 deutsche Meilen östlich in See gelegen. Nach unserem Urteil ist es
daher unnötig und auch ungeraten, von dieser Reise Kenntniss zu geben, umsomehr als
keinesfalls und um keinerlei Gründe willen das Land von Japan mit leeren Schiffen an
ungewohnten Plätzen angelaufen werden darf, in Sonderheit in diesen strengen Zeiten, da sie
ohne allen Streit als Spione des Landes angeklagt werden würden, während bei beladenen
Schiffen voll gewöhnlicher, japanischer Ladung wenigstens der Anschein gegeben werden
könnte, dass sie durch Sturm und schlechtes Wetter dahin vertrieben seien ; immerhin
würde das nicht ohne Gefahr ablaufen, weil seit dem Beginn bis heut es noch nie geschehn
ist und es nicht gelingen M'ird, diese neue Irreführung sauber zu begränden ; ausserdem
steht zu befürchten, dass augenscheinlicher Weise das Schiff in einen langen Arrest, sodass
die Ladung darin beinahe verdirbt, und wir aus einem guten Ruf in einen üblen Verdacht
geraten."
O. NACHOD, EIN UNEXTDECKTES GOLDLAND. 397
unvorsichtiger Weise niemand an Bord des Japanischen mächtig'
war').
B. Fahrt der Castricum.
Nachdem alle Vorbereitungen für das Unternehmen, den
geschilderten, gründlichen Bestimmungen der Instrulrtion gemäss,
sorgfältig getroffen waren, konnten am 3. Februar 1643') die beiden
Schiffe Castricum und Breskens Batavi.i verlassen, um zunächst in
Ternate die vorgeschriebenen Lebensmittel einzunehmen und den
Signalbrief zu vereinbaren, worauf sie von hieraus am 4. ApriP) ihre
Entdeckungsreise antraten. Ueber diesen für die Geschichte der
Erdkunde bedeutungsvollen Zug sind wir eingehend unterrichtet
durcli das von dem Obersteuermann der Castricum Coen gehaltene,
ausführliche Schiffstagebuch,^) auf welchem die nachstehende
Darstellung beruht.
Zunächst segelten die Schiffe in nordnordöstlicher Richtung,
Hessen im Westen in einiger Entfernung die Philippinen liegen
und erreichten am 29. April einen Punkt unter 17 Grad n. B. und
150 Grad ö. L. von Teneriffa,^) wo der von Vries berufene Schififsrat
beschloss, den Kurs nordöstlich zu nehmen bis zur Höhe von 24
i) Leupe, Seite 74-75. (Vergl. .Seite 401).
') Leiife, Seite 41-44, 240-241.
3) Leupe, Seite 45.
*) Dasselbe ist im Wortlaut nebst der dazu gehörigen Karte veröffentlicht in dem
mehrfach bereits zitirten Werke von Leupe, Seite 45-233, und umfasst den Zeitraum vom
4. April bis 18. November 1643.
5) Was die Angaben der geographischen Länge anbetrift't, so legt das Coensche Tagebuch
den Meridian von Teneriffa als Nullgrad zu Grunde, ein wahrscheinlich auf das Vorbild des
damals noch sehr massgebenden Ptolemäus zurückzuführendes Verfahren, welcher die Grade
von den Canarischen Inseln an in östlicher Richtung zählte ; hierauf beruht wol auch die
immer noch viel gebräuchliche Rechnung nach Ferro, einer der anderen zu dieser Gruppe
gehörenden Inseln. Der Unterschied zwischen dem Meridian von Ferro and dem heut den
Seekarten meist zu Grunde liegenden von Greenwich beträgt 17 Grad 393 Minuten (//,
Guthe''s Lehrbuch der Geographie, Hannover 1882, Band i. Seite 16), während der Längen-
grad von Teneriffa i Grad 8 Minuten östlich von dem von Ferro angegeben wird [Joseph
Bratdi, Handbuch der Erdkunde, Köln 1827, Band i, Seite 131. Mithin beträgt der
Unterschied zwischen Teneriffa und Greenwich 16 Grad 31 1 ^Minuten. Dem mehrfach
zitirten Werke ven Leupe ist nun unter dem Titel Aardrijks- en Volkenkundige Toelichtingen
(Erd- und Völkerkundige Erläuterungen) von P. F. von Siebold €\\\ sehr wertvoller Anhang
398 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
Grad n. B. und bis zur Länge der Ostküste von Japan und, nachdem
diese erreicht, bis 37I Grad nördlich zu segehi, um dort die Küste
anzulaufen*).
Am 7. Mai war unter 151 Grad ö. L. v. T. der 24. Breitengrad
erreicht; Land war noch nicht zu sehn, obwol es an Anzeichen für
dessen Nähe nicht fehlte^). Am nächsten Tage jedoch wurde ein
niedrio-es Inselchen von ungefähr anderthalb Meilen Länge
entdeckt, dessen Lage mit 24 Grad 43 Minuten n. B. und 151 Grad
31^ Minuten ö. L. v. T. ermittelt und welches nach dem Schiff
Breskens, von wo aus es zuerst wahrgenommen worden, Breskens-
Eylant genannt wurde ; auf der Vries mitgegebenen Karte (vergl.
Seite 392) war diese Stelle leer, während die Lisel Malabrigo 21
Meilen westlich davon liegen sollte-'^). Von Sübold {der den Unter-
schied zwischen Teneriffa und Greenwich mit 21 Grad 20 Minuten
beziffert [vergl. S. 397, Anm. 5]) hält das Breskens-Eylant für
identisch mit einem Inselchen, welches 1807 durch die französische
Fregatte La Canonniere unter 24 Grad 30 Minuten n. B. und 130
Grad i8i- Minuten ö. L. v. Gr. und sodann im Jahre 1815 durch die
spanische Fregatte Magelan unter 24 Grad 26 Minuten 40
Sekunden n. B. und 131 Grad 3 Minuten 46 Sekunden ö. L. v. Gr.
entdeckt und von der Letzteren Isla Rasa genannt wurde*), ein
Name, welcher sich auch jetzt noch auf den Karten findet.
beigefügt (Seite 263-440), in welchem der mit so gründlicher Sachkenntniss ausgerüstete
Verfasser an der Hand des Coenschen Tagebuches den Verlauf und die Ergebnisse des
Vries'schen Zuges beleuchtet unter besonderer Berücksichtigung der auf die geographische
Lage bezüglichen Angaben. Merkwürdigerweise berechnet aber von Siebold den Unterschied
zwischen Teneriffa und Greenwich mit 21 Grad 20 Minuten 24 Sekunden (z. B. Seite 267) und
nimmt einen auf die in den fraglichen Gebieten herrschende, starke östliche Strömung begrün,
deten Irrtum von 2 Grad an, um die er die Längengrad-Zahlen des Tagebuches bei seiner
Umrechnung in Grade östlicher Länge von Greenwich einfach erhöht. (Seite 271-273). —Da
die geographische Lage der japanischen Küste heut völlig klargestellt ist, lässt ein Blick auf die
Karte leicht erkennen, inwieweit hier die Angaben von Vries von der Wirklichkeit
abweichen ; die meisten der sich hierbei ergebenden Unterschiede dürften in der Unvollkom-
menheit der damaligen Messinstrum'^nte wol ihre genügende Begründung finden. Die in
dem Tagebuch angegebenen Minntenzahlen habe ich meist bei Bruchteilen unter 30 Minuten
Tsreggelassen und bei solchen darüber zu einem Grade ergänzt.
1) Lett/'c-, Seite 53-54.
^) Leupe, Seite 56.
3) Leupc, Saite 56-57.
4) Aardrijks- en Volkaikundige Toelichtingen von P. F. von Siebold, Anhang zu
Leitpe, (der Kürze halber im Weiteren als Leupe-Siebold zitirt) Seite 270.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 399
Am Abend des 19. Mai bekam die Castricum wieder Land zu
Gesicht, und zwar von ziemlicher Höhe, dessen Lage sie mit 158
Grad 5i|- Minuten ö L. v. T. und 33 Grad 22 Minuten n. B. angibt^).
Es herrschte eine Todtenstille auf dem Wasser, wie sie dem Sturm
voranzugehn pflegt ; die Castricum gab einen Warnungsschuss ab
für die zicmhch weit zurückgebliebene Breskens und ging vor
Anker. In der Nacht erhob sich der Sturm so heftig, dass die
Ankertaue der Castricum rissen. Als endlich der Morgen graute,
lag- das Schiff nur "einen Pistolenschuss von der Brandung und
den Klippen des Landes, sodass für Menschenaugen hier kein
Entrinnen schien und sie ihr Vertrauen auf den Allmächtigen
Gott setzten." Schliesslich gelang es aber doch, mittelst
eines günstigen Windes vom Ufer abzukommen ; vergeblich
indess forschten die Geretteten nach der Breskens, von der sie in
der Nacht noch einmal die Feuer bemerkt hatten, und mussten
daher daran zweifeln, ob ihre Gefährten wol der Gefahr entronnen
seien. Deshalb nannten sie die Insel, bei der sie vor Anker
gelegen hatten, Ongeluckich Eylant (Unglücksinsel)^). Es war
dies Hachijö,^) die südlichste der von der japanischen Regierung
als Verbannungsort benutzten Izu-no-Shichitö (Sieben-Inseln von
Izu), an welcher Inselgruppe auch Quast und Tasman bei ihrer
Rückfahrt vorbeigekommen waren (vergl. Seite 384). Ucbcr die
Unglücksinsel, wie über einige der andern zu dieser Inselkette
gehörenden Glieder, enthält das Tagebuch ausführliche Angaben
bezüglich Ausdehnung, Höhe, Küstengestaltung, Vorkommen von
Bergen, Flüssen, Häusern, Bäumen, Tieren und dergl.^)
Am 2 I.Mai bekam die Castricum das eigentliche Land von Japan,
die Hauptinsel Nippon (Hondo), zv/ischen 34 und 35 Grad n. B. und
zwischen 159 und 160 Grad ö. L. v. T. zu Gesicht^). Am nächsten
1) Lcupe, Seite 64.
*) I.eitpe, Seite 60-63.
^) Von Siebold wendet die Schreibweise Fatsi sjö anstatt Hacliijö an ; auf manchen
Karten lautet der Name auch Fatsidschio oder ähnlich, zuweilen mit der Endung - shima
(gleich Insel).
4) Lciipc, Seite 63-65. Eine ausführliche und anziehende Schilderung der Insel
Hachijö enthalten die Transactions of the Asiatic Society of Japan (Band VI, Teil III, Seite
435-489, Yokohama 1878) unter dem Titel " Notes of a visit to Hachijö in 1878, by
F. V. Difkins and Em est Salow.''
ß) Lcupe, Seite 65.
400 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
Tage erreichte sie die Südostspitze von Japan, welche damals Kap
Bosho genannt wurde, eine von den Portugiesen nach dem nahgele-
genen Hafenort Höjö gewählte Bezeichnung'). Die geographische
Lage des Cap Bosho gibt das Tagebuch mit 35 Grad I4i- Minuten
n. B. und 159 Grad 18 Minuten ö. L. v. T. an und schildert dessen
Gestaltung und Umgebung^).
Hier hatten die niederländischen Seefahrer die erste Begeg-
nung mit Japanern ; einzelne Fischerbarken derselben kamen an
die Castricum heran, und es fand ein freundlicher Austausch statt,
indem die Japaner für frische Fische Reis erhielten. Auch
bestätigten diese, dass das nahe Land das Cap Bosho sei und
wiesen daraufhin, dass Nagasaki im Westen läge und die Hollän-
der dorthin müssten ; denn im Norden tauge es nichts für sie,'"*) eine
Warnung, welche dem erwähnten Erlass entsprach, durch den alle
anderen Häfen den Niederländern verboten worden waren (vergl.
Seite 396).
Die Castricum verfolgte nun ihren Weg nördlich an der
Ostküste von Japan entlang, über deren Gestaltung das Tagebuch
ausführliche, für die Schiffahrt wichtige Nachricht gibt. Die für
die Vorsprünge und Einbuchtungen von Vries nach deren Anblick
gewählten, auf vielen älteren Karten vorkommenden Namen haben
sich nicht eingebürgert ; es sind dies in nördlicher Richtung
zwischen dem Cap Bosho und dem 38. nördlichen Breitengrade :
de Witte Hock (die Weisse Spitze) in der Nähe des Ortes Kominato;
de Lage Inbogt (die Niedrige Einbuchtung), zwischen Kominato
und der an der Mündung des Flusses Tonegawa liegenden Stadt
Chöshi ; de Zandduinige Hoek (die Sanddünen-Spitze), in der Nähe
von Chöshi ; de Walvischbogt (die Walfischbucht), wo die Hol-
länder viele Walfische und Delfine wahrnahmen, zwischen dem
Zandduinigen und dem Lage Hoek (Niedrige Spitze), welch
Letzterer in der Nähe von der Stadt Mito liegt ; Boompjeshoek
(Bäumchenspitze), ein steiler Vorsprung mit einer den Holländern
auffallenden Baumgruppe in der Nähe des Ortes Taira ; einige
Meilen nördlich davon de Gecartelde Hoek (die Einschnittspitze),
so genannt nach den viele Einschnitte bildenden, kleinen Boden-
1) Letipe-Siebold, Seite 278 ; für den Ort HöjG findet sich hier die Schreibweise Fösjo.
2) Letif>e, Seite 66-67.
3) Leupc, Seite 67.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 4OI
Erhebungen, einige Minuten nördlich vom 37. Breitengrade
gelegen^). Diesen Punkt hatte die Castricum am 24. Mai erreicht ;
unterwegs hatte wieder verschiedentlich freundschaftlicher Verkehr
mit japanischen Fischerbarken stattgefunden, wobei die Nieder-
länder wiederholt vor der Fahrt nach dem Norden vergeblich
gewarnt wurden ; auch erboten sich Japaner bisweilen, sie in einen
Hafen zu geleiten. Einmal wies auch ein Boot mit dem Rufe Toy
nach Norden, um sie dorthin zu bringen;''^) hiermit war die kleine
Insel Kinkwasan an der Sendai-Bucht gemeint^).
Die Niederländer versuchten natürlich, von den Eingeborenen
möglichst viel zu erfahren, Avaren aber klug genug, sich nicht in
einen Hafen locken zu lassen. Am 27. Mai gelangte u. a. eine von
Norden kommende, mit Reis beladene Küstenbarke dicht an die
Castricum ; die hierbei geführte Unterhaltung schildert das
Tagebuch wie folgt: " Wir fragten, woher sie kamen ; sie wollten
es aber nicht sagen ; aber einer von ihnen sprach etwas portugie-
sisch. Er sagte in dieser Sprache, dass sie nach Meaco^) wollten,
und sagte, dass nördlich von uns eine grosse Bucht lag, und dass
da eine Insel vorlag, welche Toy hiesse, und dass man mit dem
Schiff wol zwischen der Küste und Toy durchsegeln möchte oder
könnte, und dass nördlich von Japan Eso (die Insel Yezo) lag, dass
es aber da nichts für sie taugte und sehr kalt war, und dass es auch
in der Bucht hinter Toy für sie nicht taugte. Wir würden sicher
noch mehr von ihm vernommen haben, wenn wir jemand gehabt
hätten, der japanisch hätte sprechen und verstehn können ; ihm
sind 2 Realen für einen Ballen Reis geboten worden, aber er sagte,
dass er keinen Reis verkaufen dürfte und dass seine Kaufleute, die
ihn befrachtet hatten, in Meaco wohnten."^)
1) Leiipe, Seite 67-71. Lciife-Siebold, Seite 2S0-284 ; das Verständniss der hier
gemachten Angaben wird leider sehr erschwert, weil die japanischen Ortsnamen auf neueren
Karten häufig anders lauten, als von Siebold sie bezeichnet.
2) Leiipe, Seite 71.
3) Leitpc-Sicbold, Seite 2S6-2S7.
•*) Hiermit ist jedenfalls die alte Hauptstadt Miyako (jetziger Name Kyoto) gemeint; es
gibt allerdings auch einen kleinen Hafen namens Miyako an der Ostküste von Japan
zwischen 39 und 40 Grad n. B., welcher damals jedoch nach den Berichten der Holländer
Nabe oder Nambu hiess (Vergl. Seite 403").
s) Leiipc, Seite 74-75.
402 O. NACHOD, EIN UXENTDECKTKS GOLDLAND.
Während der letzten Woche des Mai kreuzte die Castricum an
der Küste auf der verabredeten Höhe von 37^ Grad n. B., um nach
der Breskens zu forschen ; daher erhielt das nahe Gecartelde Hoek
zugleich auch den Namen Caep de Kennis, d. i. Kundschafts-Kap^).
Trotz der in der Nacht angebrannten Wachtfeuer und der von Zeit
zu Zeit abgegebenen Signalschüsse wurde aber nach der Breskens
vergeblich gesucht-), sodass am 31. Mai der von Vries berufene
Schiffsrat beschloss, da die mit der Yacht vereinbarte Zeit
abgelaufen war, nach der erhaltenen Instruktion die Reise allein
fortzusetzen^). Nur auf den nun beginnenden Teil derselben
bezieht sich die dem Tagebuche beigefügte Karte, deren südliche
Grenze der "i^j. Breitengrad bildet.
Die Castricum folgte nun weiter dem Laufe der Küste in nörd-
licher Richtung und näherte sich der kleinen Insel Toy
(Kinkwasan), deren Gestaltung und Lage das Tagebuch genau
feststellt,^) ohne dabei näher auf die wichtige Bucht einzugehn, zu
deren östlichen Ausläufern Toy gehört und die nach der einige
Meilen landeinwärts liegenden, bei dem Zuge Vizcainos mehrfach
erwähnten, grossen Stadt Sendai benannt ist. Toy, sowie drei
unbenannte Nachbarinseln, sind auf der Karte eingetragen, deren
Darstellung der Küste hier wenig der Wirklichkeit entspricht.
Am 3. Juni zeigte sich zwischen 39 und 40 Grad n. B. "eine
steile, hohe, vielfach eingeschnittene Spitze, welche wir das Caep
de Goeree (Kap der guten Rhede) nannten, weil zwischen Beiden
viel Häfen und Eilande zu liegen schienen^)". Mit dem Wort
Beiden ist hier ausser dem Caep de Goeree ein in der Nähe von
Toy durch die Niederländer wahrgenommener, hoher, flacher Berg
gemeint, den sie Tafelberg genannt hatten^).
Fortgesetzt fand freundlicher Verkehr mit japanischen
Fischerbarken statt, wobei zumeist ein Austausch von frischem
Fisch gegen Reis, sowie Bewirtung der Japaner mit Tabak und
Arak erfolgte. Das Tagebuch berichtet unterm 3. Juni über einen
solchen Besuch : " Da (beim Caep de Goeree) kamen zwei bis drei
1) Leiipe-Sicbold, Seite 2S3.
') Lctijye, Seite 73.
3) Leupe, Seile 77.
•*) Lcttpe, Seite 76-79.
5) Lcupe, Seite 80.
*') Laipe, Seile 79.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 405.
Japaner herüber, welche sich erboten, uns in einen Hafen zu
bringen, und den Platz Nabo nannten und einen anderen Schay ;.
als sie sahen, dass wir nicht begehrten, hier in einen Hafen zu
gehen, sind sie mit Freundschaft geschieden."') Der Hafen Nabo
oder Nambu, wie er gewöhnlich genannt wird, heisst jetzt Miyako
und Schay Kuji") ; der erstere Ort liegt südlich, der letzere nördlich
vom 40. Breitengrad. Auf der Vries'schen Karte ist Schay als
eine kleine Insel östlich von der ebenfalls darauf befindlichen " Bay
Nambo " eingetragen.
Die Aveitere Fahrt ist in übersichtlicher Weise auf der
Vries'schen Karte durch eine Linie veranschaulicht, welche die
durchsegelte Strecke nebst Datum- und andren Angaben
wiedergibt und mit dem Vermerk beginnt : " 3. Juni verlassen sie
die Küste von Japan und setzen ihre Reise nördlich fort."
Das in den nächsten Tagen herrschende, neblige und
regnerische Wetter erschwerte die Nachforschungen. Unterm'
6. Juni berichtet das Tagebuch, dass man suchte, " so viel Nord zu
gewinnen als möglich, um nicht in die Bucht zwischen Japan und
Eso zu verfallen,"^) und als am nächsten Tage das Wetter etwas
aufklarte, erblickten die Niederländer auf der Höhe von 162 Grad
I Minute ö. L. v. T. und 41 Grad 24 Minuten n. B. hohes Land,
welches sie mit Recht für Yezo hielten*). Es war die Südostspitze
von Yezo namens Erimozaki'').
Auf die damals und noch lange nachher in Europa viel
umstrittene Frage, ob Nippon und Yezo zusammenhängen oder
Letzteres eine Lisel für sich sei, geht Vries gar nicht ein, obgleich
seine Instruktion ihn auf die Lösung dieser Frage ausdrücklich
hinwies, allerdings mit dem Vermerk, dies nur " en passant " zu
thun und " keine sonderliche Zeit damit zu konsumiren "^;. (Vergl.
Seite 389.) Bei dem herrschenden Nebel konnte Vries auf eine
rasche Klarstellung der Frage kaum hoffen und glaubte jedenfalls
^) Lettpe, Seite 80.
2) Leupc-Siehold, Seite 289-290.
^) Leupe, Seite 82.
*) Leupe, Seite 83.
=) Leitpe-Siebold, Seite 296. Der Xame lautet hier Kaap Jerimo ; das Vries'sche
Tagebuch gibt dafür an einer Stelle (Seite 86) den Namen Groen, an einer anderen (Seite
174) Caep Eroen nach Aeusserungen von Eingeborenen an.
«) Latpe, Seite 16.
404 O. NACHOI), EIN UXENTDECKTES GOLDLAND.
deswegen, lieber darauf verzichten zu sollen. Wie widerspruchs-
voll aber die Ansichten über diesen Punkt waren, geht klar daraus
hervor, dass das Tagebuch (siehe S.403) von einer "" BiicJit zwischen
Japan und Eso" spricht, während die beigefügte Karte, wahrschein-
lich im Anschluss an die Vries mitgegebenen japanischen Karten
(vergl. Seite 392), klar und deutlich Nippon durch eine Wasserstrasse
von Yezo trennt. In Japan selbst scheint die Thatsache, dass
Yezo eine Insel ist, schon länger ausser Zweifel gewesen zu sein,
wie dies auch aus dem bereits im Jahre 161 1 durch die Ein-
geborenen im Norden von Nippon dem General Vizcaino erteilten
Bescheid hervorgeht (vergl. Seite 354).
Am 9. Juni bekamen die Niederländer die ersten Aiiio zu
■Gesicht ; eine zutreffende Schilderung dieser damals noch so
unbekannten Eingeborenen der Insel Yezo enthält der Bericht
über diese Begegnung, welche das Tagebuch wie folgt schildert :
" Nachmittags kam ein Fahrzeug an Bord, worin zwei Männer mit
einem Jungen waren ; sie hatten zwei Elentier-Häute nebst etwas
getrocknetem Lachs bei sich, ferner Pfeile und jeder einen Bogen
mit einem Säbel ; sie kamen willig herüber in unser Schiff und
;fragten nach Tabak, indem sie " tambacko " sagten ; wir konnten
sie nicht verstehn ; sie schenkten an den Edlen Kommandör den
geräucherten Lachs — doch war derselbe nicht gesalzen — und eine
Elentier-Haut ; sie sind traktirt worden mit etwas Arak und Tabak
und waren recht in ihrem " schick." Es waren kurze, gedrungene
Leute von brauner Haut mit rauhen, schwarzen Barten, am Leibe
sehr rauh von schwarzem Haar ; vorn am Haupt sind sie geschoren,
während hinten das Haar lang von der Hälfte ihres Hauptes
hcrniederhängt ; beim Trinken heben sie ihren Knebelbart mit
einem Finger auf. Sie hatten grobe Röcke von Hanfleinen an und
darüber aus Fellen gemachte Röcke ; sie hatten Löcherchen in
ihren Ohren, worin Schnuren hingen ; einer hatte einen Ring in
seinem Ohr, welcher von einer Art war, wie Kupfer und halb
Gold ; sie hatten Messer am Leibe, die Hefte mit Silber eingelegt ;
an den Klingen ihrer Säbel, die nach japanischer Art waren, war
auch Silber ; sie kannten gut Gold und Silber und rühmten, dass
ihre Pfeile sehr geschickt gemacht waren, manche mit Gift be-
strichen. Sie wiesen nach Nordwesten, dass sie dort wohnten und
dass der Platz Tacaptie genannt war, und die hohe steile Spitze
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND, 405
von Eso nannten sie Groen, und die Bucht mit dem Fluss Goutsiaer,
und einen Platz im Nordosten Cyrarca ; auch nannten sie einen
Platz namens Goutsiote. Nachdem sie mit etwas Tabak und Arak
traktirt worden waren, sind sie fröhlich an Land gefahren ; ihr Boot
war vorn und hinten platt; sie ruderten mit schmalen Rudern "^).
Mit Tacaptie ist das ansehnliche Dorf Tokatsi gemeint an der
Mündung des Flusses Usibets, des zweitgrössten der Insel,^)
während Goutsiaer dem nordöstlich von Tokatsi mündenden Flusse
Kusuri entspricht^). Unter Goutsiote ist vielleicht der kleine Hafen
Kushiro, nördlich von Tokatsi, zu verstehn. Groen ist die bereits
erwähnte Südostspitze von Yezo namens Erimozaki (Kap Jerimo).
(Vergl. S. 416)
In den nächsten Tagen setzte die Castricum die Untersuchung
der Küste von Yezo in nordöstlicher Richtung fort. Am 11. Juni
wurde eine Landspitze entdeckt, welche den Namen Caep de
Manshooft (Kap Mannshaupt) erhielt, weil ihre Gestalt einem
menschlichen Haupte ähnelte^). Es war dies die Ostspitze von
Yezo, ein Umstand, den die Castricum nicht erkannte ; hier hielt
man vielmehr die in den nächsten Tagen erblickten, in nordöstli-
cher Richtung Yezo vorgelagerten Inseln Kunashiri und Shikotan
immer noch für Teile von Yezo. Dieser Irrtum erscheint begreiflich,
wenn man das überaus neblige Wetter an dieser Küste berück-
sichtigt, worüber das Tagebuch wiederholt bitter klagt ; so heisst
es z. B. unterm 11. Juni: "Wir werden soviel betrogen von dem
Nebel, dass wir zuweilen Nebel für Land und Land für Nebel
ansahen ""). Dennoch enthält auch in diesen Tagen das Tagebuch
manche wertvolle Angaben über die Gestaltung der Küste^).
Am 15. Juni bekam man die Nordostspitze des Eilands
Shikotan zu Gesicht, welche Caep de Canael genannt wurde,
*) Leupc Seite 85-86.
2) Lntpe-Siebold. Seite 297-298. Auf der Karte von Rein hat das Dorf den Namen
Tokachigori und der Fluss heisst Tokachi.
3) Leupe-Siebold, Seite 298.
■*) Leupe, Seite 88.
=) Leupe, Seite 88.
®) Verschiedene Inselchen wurden wahrgenommen und auf der Karte eingetragen, von
denen sie eine die Barbaren- und eine andre die Walfischinsel nannten ; ferner wurde ein
Fluss bemerkt, der Hokiurbets. Vergl. Leupe-Siebold, Seite 303-6.
406 O. NACIIOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
weil hier ein Durchgang nach Norden sich zu öffnen schien ;^) es
war die Strasse zwischen den beiden südhchsten Kurilen Kunashiri
und Iturup").
Bis zum 20. Juni setzten die Niederländer ihre Fahrt in
nordöstlicher Richtung an der Südküste der von ihnen Staetenland
genannten Insel Iturup fort ; der fast immer herrschende Nebel
hinderte sie, viel mehr zu erkennen, als die meist mit Schnee
bedeckten Berggipfel. Als am 20. Juni die Sonne durchbrach,
hatten sie die Ostspitze der Insel hinter sich, welche sie Kap
Vries nannten, während östlich von der Castricum sich ein
andres Land erhob. "Wir konnten," so berichtet das Tagebuch,
"im Nordwesten kein Land sehn, hoffend nunmehr in der
Tartarischen See zu sein. Nach meiner Ansicht waren wir nachts
zwischen dem Lande, wo wir nun geankert lagen, und einigen
klippigen Untiefen durchgetrieben, immer längs des Ufers, erst
nordwestlich und dann nördlich ; ich danke dem Allmächtigen
Gott, dass er uns so bewahrt hat "^). Es war die Strasse zwischen
den beiden Kurilen Iturup und Urup, die noch jetzt den Namen von
Vries trägt ; die geographische Lage gibt das Tagebuch ziemlich
zutreffend mit 168 Grad 9 Minuten ö. L. v. T. und 46 Grad 6
Minuten n. B. an*).
Die Castricum ankerte an dieser Stelle vom 20. bis zum 24.
Juni ; mittelst Booten wurde an verschiedenen Stellen gelandet,
um Trinkwasser zu holen und die Beschaffenheit des Landes zu
erkunden. Dieses erwies sich als unbewohnt, obwol es an
Anzeichen von Menschen nicht ganz fehlte. Es gab einige
verlassene Hütten ; in einer derselben hatte man ein Gerippe nebst
Todtenkopf bemerkt ; auch war ein halbfertiges Boot, sowie ein
Säbel, wie ihn die anderen Eingeborenen trugen, jedoch ziemlich
verrostet, gefunden worden. In den Thälern blühten Frühlings-
blumen und hörte man Lerchen singen ; sonst waren an Tieren
nur einige Füchse bemerkt worden. Von einem der Berge, der
den Holländern metallreich vorkam, wurden Proben von Gestein
1) Lettpe, Seite 93.
2) Die geographische Lage gibt das Tagebuch an diesem Tage ziemlich zutreffend mit
165 Grad 27 Minuten ö. L. v. T. und 44 Grad 3 iNIinuten n. B. an. {Laife, Seite 93).
3) Lenpe, Seite 98.
■') Letipe, Seite 98-99.
O. NACHOD, EIX UNENTDECKTES GOLDLAND. 407
mitfjenommen, welches sicla jedoch bei späterer Untersuchung
als wertlos erweisen sollte^). Am 23. Juni erfolgte auf einem
steilen Berge durch Vries die amtliche Besitzergreifung des Landes
für die Kompagnie, welchen Vorgang das Tagebuch, wie folgt,
schildert: "Nachdem wir heraufgeklommen waren, hat der
Kommandör auf einem sich erhebenden Hügclchen ein hölzernes
Kreuz aufrichten lassen, worauf Folgendes stand :l^anno 1643. So
hat er im Namen unserer Edlen Herren Meister Besitz von diesem
Lande genommen und ihm den Namen Companyslant (Land der
Kompagnie) gegeben und diese Spitze den Cruyshoek (Kreuzspitze)
genannt. Wir haben auf dem Companyslant gegessen und getrun-
ken und zur Ehre unserer Edlen Herren Meister drei Musketensal-
ven abgegeben und sind gegen Abend an Bord gefahren "^). Dabei
war es so kalt, dass die Niederländer sich mit Schneeballwerfeii
belustigen und Schnee mit an Bord bringen konnten').
Eine sehr anschauliche Abbildung des steil aus dem Meere
emporragenden, felsigen Companyslant so, wie der Zeichner aii
Bord der Castricum es erblickte, enthält das Werk des um die
Wende des 18. Jahrhunderts lebenden, länderkundieen Büreer-
meisters zu Amsterdam Nicolaas Witsen^). Welch irri2"eti
Vorstellungen man sich an Bord der Castricum über die Zuge-
hörigkeit des neuentdeckten Landes hingab, geht aus dem fol-
genden Vermerk des Steuermanns Coen im Tagebuche hervor:
"Dieses Land, worunter wir geankert lagen, vermute ich eine
Insel zu sein, dicht bei der Küste von Amerika gele<7en, oder dass
es eine hervortretende Spitze von dessen Küste ist ".'') Berück-
sichtigt man, dass die ganze Inselkette der Kurilen damals noch
vollständig unbekannt und die Ansicht allgemein war, dass
Amerika nur durch eine Meerenge, die angebliche Strasse voa
Anian, von Asien getrennt sei, so erscheint diese Vermutung
Coens nicht ijrade überraschend.
^) Letipe, Seite 99-101.
2) Leupe, Seite 102. Die verschlungenen Buchstaben V. O. C. sind die Initialen der
Kompagnie (Vereenigde Oostindische Compagnie) ; unsere Edlen HeiTen Meister war der
Titel, mit denen die Beamten die Direktoren der Kompagnie zu bezeichnen pflegten.
3) Lenp-e, Seite 103.
*) Nooid en Oost Tartaryen, Teil i, Seite 155, 2. Druck, Amsterdam 1785.
*>) Leitpe, Seite 100.
408 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDI,AND.
Am 24. Juni segelte die Castricum in nördliclier Richtung vom
Companyslant ab und verfolgte bis zum 27. Juni bei meist nebligem
Wetter diesen Kurs, ohne Land wahrzunehmen. Alsdann wurde
auf der Höhe von 166 Grad 56 Minuten ö. L. v. T. und 47 Grad 48
Minuten n. B. beschlossen, nach Westen zu steuern/) Auch auf
dieser Strecke wurde nichts wahrgenommen, sodass am 29. Juni auf
der Höhe von 164^ Grad ö. L. v. T. sich der Schiffsrat entschied,
so lange nach Süden zu segeln, bis man wieder die nordwestlich
vom Companyslant liegende Küste zu Gesicht bekäme.^)
Am 30. Juni gewahrten die Niederländer Land, in welchem sie
am nächsten Tage das Staetenlant (Iturup) erkannten^), an dessen
Südküste sie auf der Fahrt nacli dem Companyslant (Urup) vorbei-
gefahren waren, und dessen Umseglung daher ihr Kurs nun
beinahe entsprach. Sie nahmen nun die schmale Westküste von
Staetenlant auf, gaben verschiedenen Bergen dieser Insel Namen
[Caep Trou (Kap der Treue), Boeren schuer (Bauernscheune,
nach der Form des Berggipfels,) Croonberch (Kronenberg)] und
gingen am 3. JuH vor Anker unterhalb des von ihnen Pieck Antony
(Antonspitze, eine nach dem Vornamen des General-Guvernqrs van
Diemen gewählte Bezeichimng) genannten Bergesam Nordende der
Insel Kunashiri, welche sie für die Nordostspitze von Yezo hielten
(vergl. Seite 405); die geographische Lage dieser Stelle gibt das
Tagebuch ziemlich zutreffend mit 164 Grad 4 Minuten ö. L. v. T.
und 44 Grad 43 Minuten n. B. an"*).
Die Castricum lag hier bis zum 1 1. Juli vor Anker, um sich mit
Trinkwasser und Holz zii versehen ; aucli wurde viel Fisch
gefangen. Mit den Eingeborenen knüpften die Holländer freund-
lichen Verkehr an, und enhillt das Tagebuch viele wertvolle
ethnographische Bemerkungen über diesen damals noch so wenig
bekannten Stamm der Aino. Einen eigentümlichen Zwischenfall
schildert dasselbe wie folgt : "Einer von unseren Leuten fand ein
hölzernes Kreuz stehen, brachte dasselbe nach dem Strand und
zeigte es den Einwohnern ; aber diese erschraken, als sie dasselbe
sahen, und zeigten, man solle es ins Wasser werfen ; ja derjenige,
1) Laipc, Seite 104-105.
2) Leup^, Seite 105-106.
3) I.eKpe, Seite 106-107.
■») Lt'7ipe, Seite 108-110.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 409
welcher das hölzerne Kreuz angefasst hatte, durfte ihnen nicht zu
nahe kommen, sondern musste erst seine Hände waschen ; dann
war es gut, Sie lachten und zeigten ihre Freude, als man das
hölzerne Kreuz ins Wasser warf; es stand noch ein derartiges
Kreuz vorn im Walde "^). l'''on Sieöo/d gibt hierzu die folgende
Erläuterung: "Zweifellos waren dies christliche Gedenkzeichen
und wahrscheinlich Grabsäulen von Christen. Bereits 1622 wurde
das Christentum aus dem Norden von Japan nach Yezo (Matsmae)
herübergebracht, und da seit 1639 ^^'" christliche Glaube bei Todes-
strafe verboten ward, waren es bekehrte Japaner oder Aino, die
dorthin geflüchtet und gestorben sind. Bei den Aino wird alles,
was mit einem Todten oder dessen Habe in Berührung kommt, für
unrein gehalten, und daher der Abscheu der Eingeborenen vor
•diesen Kreuzen. Möglich auch, dass durch Ueberlieferung ihnen
jenes strenge Verbot und die Christenverfolgung bekannt
geworden war "-).
Von einer Besitzergreifung dieses Punktes berichtet das
Tagebuch nichts ; jedoch erwähnt es, dass Vries dem Aeltesten
der Eingeborenen am 8. Juni eine Prinzenflagge überreicht und
zwei Tage darauf durch den Steuermann Coen einen Brief übersandt
habe f) leider verlautet nichts über dessen dem wackeren Aino
jedenfalls völlig unverständlichen Inhalt.
Der Versuch, durch die Strasse zwischen Kunashiri und Iturup
ganz hindurchzufahren, wurde nach gemeinsamer Beratung
schliesslich aufgegeben, da dies " bei solchem Nebel und hartem
Strom ohne sichtbare Gefahr für Schiff und Mannschaft nicht
geschehen konnte "*).
So wurde am 10. Juli der Beschluss gefasst, die Reise nach
Tartarien fortzusetzen,^) und am nächsten Morgen veriiess die
1) Lei//,;, Seite 117.
*) Leiipe-SiehoUi, Seite 314. Christliche ^^lissionsversuche scheinen bereits um das Jahr
1617 in Yezo gemacht zu sein ; vergl. IVitseit, Noord en Oost-Tartaryen, Band i, Seite
143-145 ; 2. Druck, Amsterdam 1785. Das Christentum v,-ar bei Todesstrafe den Japanern
bereits lange vor 1639 verschiedentlich verboten worden.— Die Auffassung, dass die
Berührung von Leichen verunreinigt, teilen die Aino mit den Japanern und andren
•ostasiatischen Völkern.
3) Leu/>e, Seite 11 7-1 18
■») Lc2ipc\ Seite 116.
*) Letipe, Seite 118.
4IO O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
Castricum ihren Ankerplatz in nordwestlicher Richtung^ Bei
wiederum meist nebligem Wetter fülirte sie dieser Kurs in die
Bucht von Aniwa, in welche die langgestreckte, uns damals noch
cränzlich unbekannte Insel Sachalin nach Süden ausläuft. Die
schmale Meeresstrasse zwischen Yezo und Sachalin, welche den
We"- zu der so eifrig gesuchten Küste von Tartarien, der jetzt den
Russen o-ehörigen sogenannten Küstenprovinz, erschlossen hätte^
blieb den Niederländern verborgen, jedenfalls infolge des starken
Nebels. In ihren Augen bildete die Küste der von ihnen entdeck-
ten Aniwa-Bucht immer noch einen Teil von Yezo, wie auch ihre
Karte es darstellt. Erst 144 Jahre später, am 11. August 1787,
wurde diese wol mehr für die Erdkunde als für die Schiffahrt
wichti"- gewordene Strasse aufgefunden und trägt heut noch den
Namen ihres unglücklichen, berühmten Entdeckers, des auf
seiner späteren Fahrt spurlos verschwundenen Franzosen La
Perouse. Dieser kundige Seefahrer äussert sich über jenes Miss-
freschick der Holländer in seinem Tagebuche wie folgt : " Ce
detroit leur avait ete sans doute cache par des brumes ; et il est
vraisemblable que des sommets de montagnes qui sont sur l'une et.
l'autre ile, leur avaient faire croire qu'ils etaient lies entr'eux par
des terres basses : d'apres cette opinion ils avaient trace une
continuation de cote dans Tendroit meme oü nous avons passe. A
cette erreur pres, les details de leur navigation sont assez exacts."
An einer anderen Stelle bemerkt La Perouse : " Si le detroit que
nous avons decouvert a echappe a leurs recherches, les marins qui
connaissent les parages a brumes, en seront peu surpris"').
Am 13. und 14. Juli hatte sich die Castricum in der Nähe der
La-Perouse-Strasse befunden ; am 15. war sie nördlich davon, in
der Hoffnung, bei Verschwinden des Nebels Land zu sehen, vor
Anker gegangen an einer Stelle, worüber es im Tagebuch heisst :
" Wir hatten viel Schilf, Grünes und Holz treiben sehen ; ob wir in
einem Durchgang oder in einer Bucht geankert lagen, wussten wir
nicht "^). Als aber am nächsten Morgen das Wetter aufklarte,
erkannten die Niederländer, dass sie sich in einer grossen Bucht
1) Leufc, Seite 119.
2) Voyagecle La Ferousc autour du monde, publie conformöment au decret du 22
avril 1791, et i-6dig6 par M. L. A. Miht-Mwean ; 4 Bände nebst Atlas, Paris 1797. Band
III, Seite 92 und 113.
3) Letipe, Seite 123.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 411
befinden, in der Nähe eines Dorfes, welches die bald an Bord
kommenden Eingeborenen Tamary^) nannten. Bei einer halben
Meile En.tfernung hiervon wurde die geographische Lage mit 160
Grad 58 Minuten ö. L. v. T. und 46 Grad 40 Minuten n. B. ermittelt.
Wie in Yezo, so fand auch hier freundlicher Verkehr und Aus-
tauscli mit den Eingeborenen statt, welche sich von den bereits
bisher angetroffenen Aino im allgemeinen nicht unterschieden^).
Im Einzelnen berichtet das Tagebuch von einem sehr alten,
gebrechlichen Mani^e mit flachsweissem Haar und Bart, welcher
mit einem Rock aus blauem Kattun an Bord kam, auf dessen
Rücken japanische, goldene Buchstaben gedruckt waren. "Er
zeigte seinen Ri.icken, indem er sagte oder bedeutete, man solle es
lesen ; aber wir hatten niemand, der es verstehen konnte "'). Auf
der Vries'schen Karte findet sich bei der Stelle des Dorfes Tamary
folgender Vermerk : " Hier kamen zu ihnen (den Holländern) viel
Einwohner an Bord, welche ihnen bedeuten wollten, dass hier im
Gebirge Silber im Ueberfluss zu bekommen ist ; auch halten sie
das Eisen wertvoller als das Silber." Ein grosser Reichtum an
Silber \var aber in Tamary nach den ausführlichen Berichten des
Tagebuchs nicht erblickt worden, wenn auch eine grössere Anzahl
von Personen silberne (Jlirringc trug und die Waffen vielfach mit
etwas Silber verziert waren. Jedenfalls vermochten die Holländer
bei ihren wiederholten Besuchen in verschiedenen Hütten der
Eingeborenen und trotz der freundschaftlichsten Aufnahme und
Bewirtung nichts über die Herkunft des Silbers zu erfahren. Nach
Eisen war allerdings eine lebhafte Nachfrage ; das Angebot der
Aino bestand hauptsächlich in Fellen und Röcken ; auch ein
lebender schwarzer Bär wurde von den Niederländern erworben.
Die ganze Bucht war ausserordentlich reich an Fischen, weshalb
sie den Namen Salmbay erhielt; die Eingeborenen bedienten sich
zum Fischen abgerichteter Hund-e*).
Dem Angesehensten wurde auch hier eine Prinzenflagge nebst
Brief verehrt, was Coen wie fol^t im Tagebuche vermeldet:
" Mit einem höflichen Wesen habe ich dem Ang-esehensten die
'!->
i) Tamary heisst Wohnort ; von Siebold nennt den Ort dalier Aniwa-Tamary ; siehe
Leiipe-Siebold, Seite 337.
2) Leiipe, Seite 123-125.
') Leupe, Seite 125-126.
<) Leupe, Seite 126-132, 135.
412 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
Prinzenflagge mit dem Briefe gegeben ; er zeigte sich ganz
dankbar und lachte, als er den Brief von innen besah. Ich
wies darauf hin, er solle ihn aufbewahren, und wenn wir wie-
derkämen, so müsste er ihn uns wieder sehen lassen ; er hat den
Brief creborgen und liess die Flagge wehen ; ich bedeutete ihn,
wenn wieder ein Schiff hierher käme, müsste er die Flagge von
seinem Hause wehen lassen, was er andeutete, thun zu wollen.
Darauf tranken wir einmal Arak, und ich liess den Trompeter
Wilhelmus van Nassouwen^) blasen, was ihnen sehr gefiel, Sie
o-uckten in die Trompete, indem sie nicht wussten oder begreifen
konnten, wo die Laute herkamen."-)
Die Anweisungen Coens scheinen nicht das richtige Verständ-
niss «T-efunden zn haben ; denn als am nächsten Tage, nachdem
zahlreiche Eingeborene zum Abschied an Bord gekommen waren,
die Castricum weitersegelte, sah man den fraglichen Brief in der
Ku-^elkiste hinter einer Kanone liegen, " wobei wir verwundert
waren, was sie damit meinten, oder durch welche Ursache sie
diesen Brief dahingelegt", wie das Tagebuch hierzu bemerkt.^)
Die Niederländer fuhren nun an der Ostküste der Bucht ent-
lang nach Süden bis zum 21. Juli, an welchem Tage sie sich auf 45
Grad 39^ Minuten n. B. und 161 Grad 42 Minuten ö. L. v. T., 4
Meilen nordöstlich von der Spitze der Bucht, welche sie Kap
Aniwa nannten, befanden.'') Sie umsegelten an diesem Tage die
Landspitze und folgten dann der nach Norden gerichteten, dem
Ozean zugewandten Ostküste von Sachalin, von der sie am 23. Juli
auf der Höhe von 46 Grad 28 Minuten n. B. und 162 Grad 25
Minuten ö. L. v. T. eine Landspitze zu Gesicht bekamen, welche sie
nach der Aehnlichkeit mit dem Kopfe eines Thunfisches Tonyns
hoeck (Thunfisch-Spitze) nannten.^)
Die Castricum gelangte nun in die grosse Bucht, in welche
sich die Insel Sachalin n ich Südosten öffnet; am nördlichen Ende
derselben wurden am Abend des 26. Juli einige Mann an Land
geschickt. Diese fanden am nächsten Morgen zuerst nur eine
^) Niederländisches Nationallied.
2) Lcupc, Seite 133.
3) Lciipc, Seite 136.
••) Leiipc, Seite 136- 137.
5) Letipc, Seite 138.
O. NACHOD, EIN UXENTDECKTES GOLDLAND. 413
Anzahl mit Holzschnitzereien nicht kunstlos verzierte Gräber und
verlassene Hütten. Als sie aber weiter vordrangen, begegneten
sie schliesslich auch Eingeborenen, mit denen in gewohnter
Weise Freundscliaft angeknüpft wurde, und die den bisher
begegneten Aino ebenfalls entsprachen. Sie hatten Hunde, durch
welche sie ihre Boote auf dem Lande zieh.en Hessen ; bei dem
üblichen Tauschverkehr wurde die Tierwelt auf der Castricum aufs
Neue vermehrt, indem Coen von seinem Wirte einen lebenden
Adler zum Geschenk erhielt. Ein Angebot von Silber fand auch
hier nicht statt ; eher schienen die Eingeborenen selbst Bedarf
darin zu haben.^)
Diese Stelle, welche das Tagebuch mit 48 Grad 54 Minuten n.
B. und 163 Grad i Minute ö L. v. T. angibt,-') bildet den nördlich-
.sten Punkt, bis zu dem die Castricum vorgedrungen ist ; nie vorher
hatte im Grossen Ozean ein europäisches Schiff einen so hohen
Breitengrad erreicht.
Die Castricum segelte nun südlich weiter, entlang der
Westküste jener langen, schmalen Landzunge, welche den östli-
schen Abschluss der grossen Bucht von Sachalin bildet und in eine
Spitze ausläuft, der die Holländer den Namen Caep Patientie'*)
(Geduld-Kap) gaben, eine im Tagebuche nicht näher begründete
Bezeichnung. Eine nahe gelegene, kleine Insel, welche am 28.
Juli besichtigt wurde, erwies sich als umgeben von gefährlichen,
unter Wasser liegenden Riffen ; wegen der hier hausenden, nach
Tausenden zählenden Seehunde wurde sie die Robben-Insel
genannt.^)
Bei meist ungünstigem, nebligem Wetter befand sich die
Castricum in den nächsten Tagen südlich vom Kap Patientie. Eine
Umsegelung desselben nach Norden fand nicht statt ; es wurde
vielmehr am 3. August auf der Höhe von 48 Grad Sh Min. n. B.
und 164 G. 43 M. ö. L. v. T.'') beschlossen, "da unsere bestimmte
1) Lcupe, Seite 142-152.
2) Leiipe, Seite 142.
3) Letipe, Seite 225. Im Texte des Tagebuches ist dieser Name überhaupt nicht
erwähnt ; er findet sich jedoch in dem dazu gehörigen Anliang {Letipc, Seite 21S-233),
welcher eine Aufstellung der täglich gesegelten Kurse nebst Angabe der geographischen
Lage und andre kurze Bemerkungen enthält.
*) La(pe, Seite 152-153.
•'■■) Lc-iipL-, Seite 226.
414 O. XACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAXD.
Zeit gemäss der Instruktion des Edlen Herrn General (-Guvernör)
und der Räte von Indien abf^elaufen ist, dass man unser Bestes
thun sollte, um zu suchen, wieder in die Südsee zu kommen, und
deslialb unsern Kurs nach dem Kanal de Vries zu stellen."') Die
Stelle in der Instruktion, worauf hier Bezug genommen ist, besagte,
dass die Schiffe Ende Juli oder spätestens Anfang August wieder
nach der Ostspitze von Japan zurückkehren sollten (vergl. Seite 390,
bei Leiipc Seite 23). Angesichts dieser bestimmten Vorschrift
scheint der Umstand, dass die Castricum die Küsten von Tartarien
und Katai, bez. des asiatischen Festlandes überhaupt, nicht zu
finden vermocht hatte und ihre erste Hauptaufgabe mithin völlig
misslungen war, zu einer Erörterung im Schiffsrate keinen Anlass
gegeben zu haben ; sonst würde wol sicher etwas darüber stehn in
dem so ausführlichen Tagebuche, welches aber hierüber mit Still-
schweigen, wie über etwas Selbstverständliches, liinweggeht.
Der Wind war ihrem Kurse günstig, sodass bereits am 5.
August die Niederländer durch die Vries-Strasse zwischen Com-
panyslant (Urup) und Staetenlant (Iturup) durchfahren konnten.
Auch hierbei gedenkt das Tagebuch wieder der Zugehörigkeit des
Companyslant zu Amerika. Die Stelle lautet : " Wir sahen dann
den Mincralberg auf dem Companyslant im Nordnordosten 10 bis
Ji Meilen von uns und sahen auch einen Augenblick Land im
Südesten, welches wol 22 bis 23 Meilen von uns zu liegen schien ;
icli vermute, dass dieses vom Companyslant aus mit dem Land von
Amerika fest zusammenhängt ; es könnte wol sein, dass auch da
noch einige Durchgänge nach Norden sind.""} Vielleicht handelt
es sich hier um eines der an Urup sich anschliessenden Glieder der
Kurilen-Inselkette. Der erwähnte Mineralberg war es, dem bei
dem ersten Besuch der Castricum die für silberreich gehaltenen
Erzproben entnommen waren (vergl. Seite 406-7). Nachdem die
Vries-Strasse passirt war, .segelte die Castricum südwestlich längs
des Ufers von Staetenlant. Mit dem 6. August endet auf der
Vries'schen Karte leider die Linie, welche die durchsegelte
Strecke veranschaulicht. Unterm 7. August berichtet das
Tagebuch von einem vergeblichen Versuch, auf Staetenlant zu
^) Lfiipe, Seite 156. P'on Siehold berichtet, dass das Kap Patientie gelegentlich der
Rückkehr auch den Namen Caep Keer Weer (Kap Wiederkehr) erhielt {Leiipe-Siebold, Seite
352) ; im Tagebuche kommt diese Bezeichnung nicht vor.
') Latbc, vSeite 157-158.
O. NACHOD, EIN UXENTDECKTES GOLDLAXD. 41 5
landen, um "von v,'e<:^en der Edlen Herren Staaten, dem Prinzen
von Oranien und der Vereinigten Privilegirten Ostindischen Kom-
pagnie, unsern Edlen Herren Meistern, das Land in Besitz zu
nehmen und dort einen Pfahl aufzustellen mit dem Anzeichen der
Staaten und der Kompagnie." Infolge zu starker Brandung musste
diese Absicht schliesslich aufgegeben werden.')
Die Castricum segelte nun weiter die im Juni befahrene
Strecke zurück. Am 12. August wurde geankert bei einer der
Kunashiri vorgelagerten, kleinen Inseln, um Holz an Land zu
suchen, was jedoch vergeblich war.-) Dass Kunashiri und Shikotan
nicht zu Yezo gehören, sondern selbständige Inseln bilden, wurde
auch dieses Mal wieder übersehen.
Am 15. August gelangten die Niederländer in eine trefflich für
sie geeignete, in der Nähe der Ostspitze von Yezo (Caep Manshooft)
gelegene Bucht, welche sie die Bay de Goede Hoop (Bucht der
guten Hoffnung) nannten.') Hier blieben sie bei dem Dorfe i\ckys
(jetzige Schreibweise Akkeshi) vom 16. August bis i. September
vor Anker. Während dieser Zeit wurde das Schiff ausgebessert,
der Bedarf für die weitere Reise an Holz und Trinkwasser an Bord
gebracht und der Proviant aufgefrischt, indem der P^ischfang reiche
Beute lieferte und von den Eingeborenen Hagebutten und andre
Früchte eingetauscht wurden ; zugleich wurde mit kleinen Booten
häufig gelandet, um die Lage des Ufers der Buclit, den Laufeines
darin mündenden Flusses und die sonstige Beschaffenheit des
Landes zu erforschen.*;
Auch mit den Bewohnern des Dorfes Akkeshi wurden freund-
schaftliche Beziehungen unterhalten, wodurch die Holländer
Aufschluss über die in Yezo vermuteten Silberschätze zu erlangen
hofften. Dem angesehensten Eingeborenen namens Noiasack war
an Bord ein silberner Löffel gezeigt worden, worauf er bedeutete,
wie das Erz zuerst gegraben, dann gesiebt und hieraufgeschmolzen
werde, sowie dass in einem westsüdvvestlich o-eleeenen Platze
1) Leuße, Seite 15g. Mit dem Ausdi-uck "Staaten" bezeichnete man die regierenden
Körperschaften der einzelnen Provinzen, welche den Staatenbund der Vereinigten Nieder-
lande bildeten ; an der Spitze der gesammten Republik standen die von den Staaten
ernannten Generalstaaten.
^'j Leupe, Seite 162.
3) Lcupe, Seite 164-165, 179.
*) Latpe, Seile 165-180.
4l6 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
namens Cirarca sich eine solche Mine befände. Gegen einen
seidenen Rock versprach er, die Niederländer dorthinzubringen.
Seine Angaben erwiesen sich aber als völlig unzutreffend und
waren wol nur auf die Erlangung des seidenen Rockes zurückzu-
führen ; denn als die Niederländer an der Stelle, wohin er sie
geleitet hatte, nachgruben, fanden sie nichts als Sand, genau wie
er am Strande lag. Auch ein andrer alter Einwohner hatte Vries
versprochen, gegen ein bis zwei Gewänder den Holländern eine
Mine zu zeigen, eine Aussicht, welche sich aber ebenso trügerisch
erwies. Infolge des Misserfolges machte Noiasack zwar Miene,
den Rock zurückzugeben ; man Hess aber ihm und dem andren
alten Aino grossmütig die Gewänder, weil man an dem einen
Tage so viel Fisch gefangen hatte, als man in zwei Tagen aufessen
konnte. (!)') Später vernahmen die Holländer dann von den Ein-
geborenen, " dass Silber zu kriegen war in Cirarca und Gold in
Tacapsy, dass aber dort ihre Feinde wären und Noiasack daher
mit unsern Leuten nicht dorthin hatte gehen dürfen."^) Kurz
darauf traf bei Akkeshi eine japanische Handelsbarke ein, deren
Führer den Holländern bestätigte, dass es in Cirarca Gold und
Silber, in Tacapsy Gold gebe, und an Vries ein kleines Stückchen
Berggold von jedem dieser Plätze schenkte.") Tacapsy ist das
ansehnliche Dorf Tokatsi (Tokachi) an der Mündung des Flusses
Usibets, von wo die ersten Aino waren, denen die Castricum am 9.
Juni an der Südostküste von Yezo begegnet wav ; den Ort Cirarca
hatten diese als im Nordosten liegend ebenfalls erwähnt. (Vergl.
Seite 404-5) Das japanische Schiff kam aus Matsumaye (jetziger
Name Fukuyama), eineni Hafen am westlichen Ausgang der
Tsugarstrasse, der vor dem modernen Aufblühen von Hakodate
der bedeutendste Ort auf Yezo war. Der Kapitän des Schiffes
berichtete den Holländern, " dass Matsmadonna seinen Hof hielt
in Matsimay und dass dabei ein scliöner Hafen lag, genannt
Camenda ; er sagte auch, dass Matsmadonna, wenn er jährlich zum
Kaiser (Shogun) ziehe und ihm Geschenke von Fellen zum Tribut
bringe, seine Reise zu Wasser nach Nabo mache, südlich beim
1) Leiipc, Seite 167-170.
2) Latpe, Seite 171.
3) Leiipc, Seite 173-174-
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 417
Caep Goe Ree vorbei, und dann über Land nach Yedo."') Den
Umstand, dass in Matsumaye sich ein japanischer Regent befand
und dieser Platz mithin zu Japan geliörte, liebt das Tagebuch
besonders hervor, da diejenigen Teile von Yezo, wo die Holländer
selbst gewesen waren, ihnen gänzlich unabhängig erschienen oder
doch wenigstens die japanische Staatshoheit dort nirgends zur
sichtbaren Ausübung gelangt war. V^on dem japanischen Kapitän
berichtet das Tagebuch ferner : "Er sagte auch, dass Eso, also
dieses Land (Yezo), eine Lisel wäre und zeichnete aus dem Kopfe
mit Bleistift die Form auf ein Stück Papier mit Japan dabei, wie es
in dem Handzeichenbuch zu ersehen ist.'"-)
Die Ladung des japanischen Kapitäns bestand aus Reis,
Kleidung, Sake (Reisbranntwein) und Tabak, wofür er von den
Aino P'elle, Thran und Walfischspeck eintauschte. Die Nieder-
länder, von denen er ebenfalls etwas Geschirr und Stoffe ein-
getauscht hatte, forderte er auf, nach Matsumaye zu kommen, wo
sie für solche Waaren so viel Silber, als sie nur begehrten, be-
kommen würden.^)
Auch mit den Eingeborenen in Akkeshi fand Tauschhandel
statt ; u. a. erwarben hier die Holländer vier Adler für zwei Hände
voll Java-Tabak.^) Eine ernstliche Verstimmung, welche Noiasack
gezeigt hatte, weil ein Matrose einem kleinen Mädchen mit der
Hand den Kopf berührt hatte, war den Holländern gelungen,
durch Bestrafung des Uebelthäters an Bord vor den Eingeborenen
und durch beschwichtigende, kleine Geschenke wieder gutzuma-
chen, und so schieden sie denn, mit Vorräten reichlich versehen, am
2. September in bester Freundschaft von den Einwohnern von
Akkeshi, nachdem sie auch an Noiasack die übliche Prinzenflagge
verehrt hatten.^)
Die Rückfahrt wurde nun in südwestlicher Richtung fortgesetzt
und auf der Höhe von 37 Grad 38 Minuten n. B. und 161 Grad 6
Minuten ö. L. v. T. in einer Plntfernung von ungefähr lo-ii Meilen
von der Ostküste von Japan der Beschluss gefasst, den Kurs
^) Leupc, Seite 174.
2) Lcitpe, Seite 174. Ueber dieses " Handzeichenbuch " verlautet nichts Näheres.
3) Leupe, Seite 174-175.
*) Leiipe, Seite 180.
s) Lciipe, Seite \1'i-\1()., iSi.
4lS O. XACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
östlich ZU stellen zur Entdeckung der Gold- und Silberreichen
Inseln. Es war dies ain lo. September,^) während in der Instruk-
tion die Erreichung dieses Punktes bereits für den 20. bis 25.
August in Aussicht genommen war. (Vergl. Seite 391.)
In dieser Richtung segelte nun die Castricum zwischen dem
37. und 39. Breitengrade ohne besondere Wahrnehmungen zunächst
bis zum 23. September. An diesem Tage sah man einige "puyste-
byters" (Hirschkäfer?) rund um das Schiff fliegen, sowie viele
graue und weisse Möven nebst einigen Schwalben ; an Landvögeln,
welche als Anzeichen von Landesnälic gelten, hatte es übrigens
auch schon vorher nicht gefehlt. Das Tagebuch berichtet nun
weiter: " Und da wir vermuten, dass diese puystebyters aus dem
Südosten kommen, so ist beschlossen worden, unsern Kurs ungefähr
50 Meilen ostsüdöstlich zu stellen, um zu untersuchen, ob wir der
Insel Rica de Plate dort begegnen möchten. Wind südsüdwcstlicli;
abends nahmen wir keine puystebyters mehr wahr ; bei Sonnen-
untereane schienen wir, Land südwestlich von uns zu sehen, wohin
wir uns gewandt haben." Die geographische Lage diser Stelle gibt
das Tacrebuch mit iSi Grad 12 Minuten ö. L.v. T. und 37 Grad 31
Minuten n. E. an, ungefähr 240 Meilen östlich von der Küste von
Japan.-) Bemerkenswert erscheint, dass die Rica de Plata auf
einigen Karten in der Tb.at niclit weit von dieser Stelle verzeichnet
ist.^j Bis zum 26. September wurde dieser Kurs verfolgt, ohne
jedoch Land in Sicht zu bekommen, obgleich das Wetter schön und
klar war. Am Abend des 26. September wurde daher auf der
Höhe von 1S5 Grad iS Minuten ö. L. v. T. und 36 Grad 5 Minuten
n. B. der Kurs wieder ostnordöstlich gestellt.'*) Ohne Land
wahrzunehmen, trotzdem Vögel immer sichtbar blieben, wurde nun
bis zum I.Oktober östlich weitervorgedrungen; an diesem Tage
befand sich die Castricum auf der Höhe von 198 Grad 37 Minuten
ö. L. V. T, und 36 Grad 56 Minuten n. B. in einer P:ntfernung von
460 Meilen von der Küste von Japan, also noch 10 Meilen weiter,
als die Instruktion vorschrieb (vergl. Seite 391). Hier wurde be-
1) Leupe, Seite 185.
2) Lctipe, Seite 189-190.
3) So gibt sie z. B. die K.irte Coohs (.\ voyage to the Pacific Oceau by Cool;, Clcrhe
and Gore in the Resolution and Discovery, London 1776/85) mit 34 Grad n. Br. und 164 Grad
ö. L. V. Greenwich an, was iSoJ Grad ö. L. v. Teneriffa (vergl. Seite 397, Anm. 5) entspricht,
■») Lctipc, Seite 190, 228.
O. XACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 419
schlössen, westlich zurückzusegeln.') Die Castricuin kreuzte nun
südlich von der zuerst befahrenen Linie zwisclien 33^ und 37^ Grad
n. B.;-) aber aucli hier blieben die Bemühungen gänzlich ohne
Erfolg, und befand sie sich am 26. Oktober wieder einige Meilen
voll der japanischen Küste auf der Höhe von 161 Grad 54 Minuten
ö. L. V. T. und 36 Grad 8 Minuten n. B.^). So war aucli das zweite
Hauptziel der Unternehmung, ebenso wie die Entdeckung von
Tartarien und Katai, gänzlich unerreicht geblieben.
Bei der Weiterreise, entlang der japanischen Küste, begegnete
die Castricum am 27. Oktober beim Santduynige Hoek (vergL
Seite 400) vier bis fünf Fischerbarken, welche viel Fisch hatten,
den Niederländern aber trotzdem nichts davon verkaufen wollten^
worüber diese, wie über das veränderte, störrische Wesen der
Japaner, sehr erstaunt waren. ^) Dieser Gesinnungswechsel wurde
ihnen erst begreiflich, als sie später die noch zu berichtenden
Schicksale der Breskens erfuhren. Nach Umsegelung des Kap
Bosho erreichten die Niederländer am nächsten Tage die Izu-no-
Shichitö-Gruppe (vergl. Seite 399) ; die hierzu gehörigen Inseln
Mikura nannten sie Prinse Eylant (Prinzen-Insel) und Mijake nach
einem dort befindlichen rauchenden Berge Barneveits oder
Brandend Eylant (Brennendes-Feld-Insel oder Brennende Insel)
und nahmen deren Lage auf.^) Am 29. Oktober begegneten sie
in der Rhede des ebenfalls zu dieser Inselgruppe gehörenden
Ongeluckich Eylant einer japanischen Barke mit 8 bis 10 Mann
Besatzung, welche sich weigerten, an Bord zu kommen, aber den
Holländern winkten, an Land zu gehen. In der Hoffnung, etwas
über die hier verlorer.e Breskens zu vernehmen, wurde am nächsten
Tage der Steuermann Coen mit einigen Leuten an Land gesandt;
jedoch konnte er nichts darüber erfahren. Es gelang üim aber,
etwas Proviant von den Japanern einzutauschen, welche ihn auf-
forderten, am nächsten Tage wiederzukommen ; die Holländer
liielten es aber für besser weiterzusegeln."; Sie steuerten auf die
Südostspitze von Shikoku zu, der kleinsten von den vier japanischen
^) Letipe, Seite 191.
2) Leiipe, Seite 22S-230.
3) Leupe, Seite 200.
■*) Leupe, Seite 200-201.
^) Leiipe, Seite 201-202 ; Leiipc-Siehold, Seite 273.
«) Letipc, Seite 202-204.
420 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
Hauptinseln, deren Lage auf der Karte der Kompagnie sie
erheblicli berichtigen konnten, indem diese Spitze dort wol 25
Meilen zu südlich eingetragen war.') Am 9. November bekamen
sie südlich von der Insel Shikoku auf der Höhe von 31 Grad 37^
Minuten n. B. und 14S Grad 19 Minuten ö. L. v. T. ein Segel in
Sicht, und als sie dasselbe erreichten, erkannten sie zu ihrer nicht
geringen Ueberraschung und Freude die verloren geglaubte
Breskens.'-'j Nachdem die beiden Schiffe am nächsten Tage durch
die Strasse zwischen den Inseln Kiushiu und Tanegashima, welcher
sie den noch heut geltenden Namen Van-Diemen-Strasse beilegten,^)
durchgesegelt waren, erreichten sie am 18. November ohne
weitere Zwischenfälle gemeinsam das Endziel ihrer Reise, den
Hafen Tai-wan auf der Insel Formosa.'*)
C. Fahrt der Breskens.
Verhängnissvoller als das Schicksal der Castricuai hatte sich
das der Breskens gestaltet, wiewol es auch ihr gelungen war, die
Gefahren der Sturmnacht des 20. Mai beim Ongeluckich Eylant zu
überstehen. Auch sie hatte zur vereinbarten Zeit und Stelle
vergeblich nach dem Schwesterschiff ausgeschaut und, da daher
die Castricum als verloren angesehen werden musste, die Ent-
deckungsreise allein fortgesetzt, anscheinend etwas später als die
Castricum. Denn vom 10. bis 11. Juni ankerte die Breskens in der
Bucht von Nambu, um ihren dringenden Bedarf an Trinkwasser zu
decken,^) während die Castricum ungefähr eine Woche früher diese
Stelle der Küste passirt hatte und am ir. Juni bereits das Kap
Manshooft, die Ostspitze von Yezo, entdeckte.") Die Breskens
scheint von Nambu au:5 grade denselben Weg wie die Castricum
weitereeseeelt zu sein, eine durch die herrschenden Winde und
1) Lcupe, Seite 206-207.
2) Leupe, Seite 210.
3) Leupe, Seite 212.
••) Leupe, Seite 216-217.
5) Montanits, Gadenkwaerdige Gesantschappen, Seite 315, 351.
*) Vergl. Seite 403 und 405.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 42 1
Strömungen leicht erklärliche Erscheinung-. Auch sie entdeckte
im Monat Juni — genauer sind wir über die Zeit nicht unterrichtet —
das Land von Yezo, wie von Witscn berichtet wird, "nachdem sie
den Durchgang zwischen Japan und Yezo übersegelt hatte. Dies
geschah auf der Breite von 41 Grad 50 Minuten und auf der Länge
von 164 Grad 48 Minuten "\i (jedenfalls östlich von TenerifTa). Auf
Grund dieser Angabe hat man der Breskens die Ehre zuerkennen
wollen, die Tsugar-Strasse entdeckt zu haben.-) Allein hiervon
kann wol nicht die Rede sein, wenigstens nicht nach dem Wortlaut
bei WitscJi ; denn hiernach hat sie nur den östlichen Ausgang der
Strasse berührt. Wäre sie dagegen hindurchgesegelt, — und nur
dann könnte man doch von einer Entdeckung derselben wirklich
sprechen — so würde sie sich der vergeblich so eifrig gesuchten Küste
von Tartarien genähert haben, und wäre dann der Verlauf ihrer
Reise wol ein ganz anderer geworden. Als Entdecker der Tsugar-
Strasse kann daher wol nur Broughton gelten, der sie 1797 zuerst
durchfahren hat.
Nordöstlich weiter segelnd, erblickte die Breskens verschiedent-
h'ch Land zwischen 43 und 45 Grad n. B.; auch wurde mit den
Aino freundschaftlicher Verkehr gepflegt und manche interessante
ethnographische Einzelheit, ähnlich wie von der Castricum, wahr-
genommen. Unter 45 Grad 12 Minuten n. B. und 169 Grad 36
Minuten (vermutlich ö. L. v. T.) wurde ein unbewohntes, vielfach
mit Schnee bedecktes Gebiet entdeckt, wo gelandet wurde ;
wahrscheinlich war dies das Staetenlant (Iturup), an dessen
Südküste Vries am 7. August einen vergeblichen Landungsversuch
hatte machen lassen (vergl. Seite 414-5). Auf der Höhe von 46 Grad
15 Minuten n. B. und zwischen 172 und 173 Grad Länge zeigten
sich hohe Gebirge und bei 47 Grad 8 Minuten n. B. und 173 Grad
53 Minuten Länge wurde abermals Land entdeckt, welches jedoch
nicht betreten ward. Es heisst darüber bei ]Vitsen: "Dieses
1) Witscn, Noord eu Oost Tartaryen, Band i, Seite 138 ; 2. Druck, Amsterdam 1785.
(" na dat hat de doortogt tusschen Japan en Jesso hadde over gezeilt. Dit geschag op de
breette van 41 graden en 50 minuten, en op de lengte van 164 graden en 48 minuten.")
Ausschliesslich auf die leider nur spärlichen Angaben bei IVitsen (Seite 138-139) stützen
sich, direkt oder indirekt, alle späteren Berichte über die Reise der Breskens. Nur LeuJ),:
hat ausserdem einiges aus den Handschriften des Reichsarchivs im Haag geschöpft.
^) P. JMelvill de Carnbcc, Moniteur des Indes Orientales et Occidentales, Band in, Seite
402, Haag 1849.
422 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
Land, sagt die auf dem Schiff Breskens gehaltene Tagesliste, liegt
12 Grad östlicher als die Ostspitze von Japan, welche auf 38 Grad 4
Minuten liegt/) bei einem Breitenunterschied von 9 Grad 38
Minuten, von Nordosten nach Osten und von Südwesten nach
Süden streichend ; es ist zu glauben, dass dies die feste Küste v^on
Amerika ist."-) Wahrscheinlich handelt es sich hier um das von
der Castricum für die Kompagnie in Besitz genommene Companys-
lant (Urup) ; wenn dessen geographische Lage in Wirklichkeit von
diesen Angaben etwas abweicht, so erklärt sich dies wol
hinreichend durch die Unvollkommenheit der damaligen Mess-
Instrumente. Später scheint man an Bord der Breskens erkannt
zu haben, dass dieses Land nicht " die feste Küste von Amerika"
war, sondern eine Insel für sich bildete. Denn von Stedo/d berichtet
von einer Karte, bezeichnet " Gedaene ontdeckinghe onder den
Commandeur ]\L G. Vries," worauf " das Companyslant als eine
Insel gezeichnet und durch eine Strasse von einer ausgedehnten
Landstrecke getrennt ist, auf welcher die Worte ' Americae Pars '
stehn, während in dieser Strasse geschrieben steht : * Hier ist die
Yacht Breskens gewesen '."^) Da auf der in dem Coenschen
Tagebuche der Castricum enthaltenen Karte das Companyslant
ohne Ende gezeichnet ist, so würde also der Breskens die Erken-
nung desselben als Insel zu danken sein. Eine ausdrückliche
Bestätigung dafür, dass auch die Breskens sowol Staetenlant als
Companyslant wirklich entdeckt hat, findet sich in den von Leupe
veröffentlichten Handschriften aus dem Reichsarchiv im Haag.*)
Dass die Breskens in der Tliat östlich hier erheblich weiter
vorgedrungen ist, ergibt der Vergleich der erreichten Längengrade,
Das Tagebuch der Castricum verzeichnet den östlichsten Punkt
unterm 19. Juni mit 168 Grad 19 Minuten,^) während, wie eben
erwähnt, die Breskens eine Länge von 173 Grad 53 Minuten er-
reicht hat. Nach der von der Castricum entdeckten und allerdings
von ihr irrigerweise für einen Teil von Yezo gehaltenen Insel
^) Hiermit dürfte die Insel Kinkwazan bei Sendai gemeint sein.
2) Witsen, Noord en Ocst Tartaryen, Band i, Seite 139.
3) Leiife-Sichold, Seite 327.
*) Schreiben der Indischen Regierung aus Batavia an die Direktion in Amsterdam vom
4. Januar 1644 (/.(■/c/^, Seite 246) ; Dagh-Register zu Batavia, Eintrag vom 2. Mai 1644
{Lt'tijie, Seite 253).
s) Leiipc, Seite 96, 222.
O. NACHOD, EIN UNEXTDECKTES GOLDLAND. 423
Sachalin scheint dagegen die Breskens nicht auch gelangt zu sein.
Weshalb die Breskens dann auf die Aufgabe, Tartarien zu
entdecken, verzichtet hat, wird nicht angegeben ; ungünstige
Winde und Nebel waren vermutlich die Ursache, vielleicht auch
Proviantmangel. Denn gegen Ende Juli finden wir sie wieder in
der Bucht von Nambu,^) um Nahrungsmittel einzutauschen, dort,
wo sie bereits am 10. bis ii. Juni sich mit Trinkwasser versorgt hatte
(vergl. S. 420.). Hier sollte es sich zeigen, welch bedenkliche
Folgen der Umstand hatte, dass in der Instruktion für Vries über
die in Japan gegen fremde Fahrzeuge getroffenen Massregeln trotz
der eindringlichen Warnung Carons nichts erwähnt war (vergl.
Seite 396). Die Eingeborenen hatten sich, wie beim ersten Besuch
der Breskens, zuerst sehr freundlich gezeigt und den Holländern
bereitwillig Proviant gegen Waaren geliefert. Um das Schiff mit
weiteren Vorräten zu versehen, liess sich der Kapitän Schaep
verleiten, nebst dem Unterkaufmann Byleveld mit 6 Matrosen und
zwei Schiffsjungen an Land zu gehen, ein um so bedenklicherer
Mangel an Vorsicht, als die Instruktion ausdrücklich vorschrieb,
dass derKommandör — und das war Schaep, nachdem er Vries mit
der Castricum verloren hatte — "sich nicht leichtfertig von Bord
begeben, sondern stets in den Schiffen bleibensolle, bis der Dienst der
Kompagnie nach Gutfinden des Schiffsrats das Gegenteil erheischen
sollte."-) In dem nahen Dorfe freundlich empfangen und bewirtet,
wurden die Holländer von der Küste weggelockt und sahen sich
plötzlich einer zahlreichen bewaffneten Macht gegenüber ;
vergeblich suchten sie nun, an den Strand zu fliehen und wurden
sämmtlich gefangen genommen. Das hinterlistige Benehmen der
Japaner erklärt sich durch die gegen das Einschleppen von
christlichen Geistlichen in Japan erlassenen Verordnungen, nach
welchen streng befohlen war, alle in einem andren Hafen als
Nagasaki landenden Fremden bis auf weitere Order unter scharfer
Bewachung zu halten. Die Holländer wurden nun unter wieder-
holten Verhören zuerst nach der nahen Stadt Nambu und dann
nach der Hauptstadt Yedo gebracht. Anfangs hatte man sie
überhaupt nicht für Holländer halten wollen, und auch als man sie
1) Montaims, Gedenkwaerdige Gesantschappen, Seite 290. Genaue Ajigabe des Datums
fehlt leider.
*) Letipe, Seite 23.
424 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
als solche erkannt hatte, blieben sie im Verdachte, nicht zur
Ostindischen Kompagnie zu gehören, sondern im Auftrag von den
Portugiesen aus Makao oder von den Spaniern aus Manila nach
Japan gesandt zu sein, um dort christliche Missionare einzuschmug-
geln. Erst nach vielen, eingehenden Verhören und nachdem der
aus Deshima eingetroffene Leiter der niederländischen Faktorei
ihre Aussagen bestätigt hatte, erlangten sie im Dezember 1643 die
Freiheit aus ihrer allerdings stets milde gehandhabten Haft ;
jedoch mussten sie ein Schriftstück unterzeichnen, worin sie
erklärten, an der Einführung portugiesischer und spanischer
Priester nach Japan unschuldig zu sein, und versprachen, sollte
ihnen die Unwahrheit nachgewiesen werden, sich jederzeit den
japanischen Gerichten stellen zu wollen, wo sie sich auch immer
befinden sollten ; auch der Leiter der holländischen Faktorei
musste sich hierfür unter Verpfändung der Schiffe und Waaren der
Kompagnie verbürgen. Als den Zweck ihrer Reise hatten die
Holländer nach gemeinsamer Abrede nur die Entdeckung von
Tartarien angegeben, ohne der Gold- und Silberreichen Inseln zu
erwähnen, und das Anlaufen der japanischen Küste mit Mangel an
Nahrunosmitteln und Unkenntniss der betreffenden Verordnung
begründet.^)
Auf Veranlassung des die Holländer überwachenden japa-
nischen Beamten hatte Schaep kurz nach ihrer Gefangennahme
einen Brief an die Breskens gerichtet, worin er das Vorgefal-
lene mitteilte und bestimmte, dass die Breskens während
des für den Zug nach Yedo erforderlichen Monats auf sie warten
und den Japanern freundlich begegnen solle. Am i. August
bereits empfing Schaep die wenig verheissende, schriftliche
Antwort von Bord, dass man so lange warten würde, als einiger-
massen thunlich sei. Hierauf schrieb Schaep abermals an die
Breskens, sie müsse liegen bleiben, und sollte es auch vier Monate
dauern, damit die Gefangenen vor der japanischen Obrigkeit nicht
als lügenhaft befunden werden und dort beweisen könnten, dass
1) Montainis gibt in den Gedenkwaerdige Gesantschappen, Seite 290-357, eine etwas
breit gehaltene, an interessanten Einzelheiten aber reiche Darstellung von dem Schicksale
der gefangenen Holländer in Japan, anscheinend auf Grund eines von diesen geführten
Tagebuches. Vergl. auch iVachod, Die Beziehungen der Niederländischen Ostindischen
Kompagnie zu Japan im 17. Jahrhundert, Seite 31 1-315.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 425
die Breskens wirklich ein holländisches Schiff sei ; sonst würde
der japanische Handel der Ostindischen Kompagnie und das
Leben der Gefangenen die äusserste Gefahr laufen.^) An Bord
der Breskens, wo jetzt der Obersteuermann Jurriaen Bruyn, der
einzige vom Schiffsrat übriggebliebene Of^zier, den Befehl führte,
scheint man, und wol nicht mit Unrecht, geglaubt zu haben, das
Interesse der Kompagnie besser zu wahren, indem man die
Gefangenen ihrem Schicksale überliess und sich der Hauptaufgabe
des ganzen Zuges, der Entdeckung der Gold- und Silberreichen
Inseln, zuwandte. Jedenfalls bildet es ein glänzendes Zeugniss für
die Ausdauer und den Unternehmungsgeist der damaligen holländi-
schen Seefahrer, wenn wir jetzt sehen, wie der Steuermann Bruyn
trotz seiner erheblich verminderten jMannschaft, und ohne Kapitän
und Kaufmann, die Entdeckungsreise nach dem Goldlande auf
gänzlich unbekannter Wasserbahn aufnimmt und, wenn auch
vergeblich, zu Ende führt. Gemäss der Instruktion segelte die
Breskens zunächst zurück bis auf 37 Grad zur Ostspitze von Japan;
von hier aus drang sie 480 Meilen weit östlich vor, also noch 20
Meilen weiter als die Castricum, ebenfalls ohne Land zu finden,
obwol sie vielfach für dessen Nähe sprechende Anzeichen, Avie
Vögel und Lisekten, die von Norden nach Süden flogen, und
treibendes Schilf angetroffen hatte. Krankheiten und Todesfälle
veranlassten schliesslich auch, die Breskens dazu, unverrichteter
Dinge zurückzukehren f) wunderbar erscheint es, besonders bei
dem herrschenden klaren Wetter, dass die beiden Schiffe sich nicht
schon auf dem Hin- oder Rückwege zwischen dem 36. und 39.
Breitengrade einmal begegnet sind, und dass dies erst bei der Insel
Shikoku geschah, nachdem die Breskens einen Tag später als die
Castricum das Ongeluckich Eylant wiederpassirt hatte. Wie deren
Tagebuch berichtet, traf sie die Breskens in traurigem Znstande ;
Bruyn war krank, ebenso ein grosser Teil der Mannschaft, und 18
Todte hatte sie auf dem Zuge nach dem Osten verloren !^)
^) jMontanits, Gedenkwaerdige Gesantschappen, Seite 292-294 ; die Briefe teilweis im
Wortlaut wiedergegeben.
2) IVitsen, Noord en Oost Tartaryen, Band I, Seite 139. In deii Tagebuche der
Castricum wird die Zahl der von der Breskens östlich gesegelten Entfernung sogar mit 500
JMeilen angegeben, wol aber nur, um eine runde Zahl zu nennen (siehe Leupe, Seite 210).
3) Letipe, Seite 210.
426 O. NACIIOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
D. Ergebnisse der Entdeckungsreise.
So war denn auch der zweite, so planvoll ins Werk gesetzte
und mit so grossen Hoffnungen verknüpfte Versuch der Nieder-
ländischen Ostindischen Kompagnie, im nördlichen Grossen
Ozean neue metallreiche Gebiete zu erwerben oder ihrem Handel
zu erschliessen, ohne den gewünschten Erfolg verlaufen. Von den
Gold- und Silberreichen Inseln war keine Spur entdeckt worden,
und nach den gründlichen Durchforschungen des Ozeans durch die
Castricum, wie durch die Breskens, blieb nichts weiter übrig, als
die o-anzen von Versteegen übernommenen, so verheissungsvollen
Angaben der Spanier über das Wunderland, wenigstens für das
hierin bezeichnete Meeresgebiet, einfach in das Reich der Fabel zu
verweisen. Aber auch die von vornherein weniger zweifelhaft
erschienene Aufgabe, im Nordosten das asiatische Festland zu
erreichen, war ungelöst geblieben ; die dahin führende, schmale
Fahrstrasse verbarg sich im Nebel ; unberührt blieb die Schwelle
von Tartarien und dem geheimnissvollen Katai mit seiner
Hauptstadt Cambalu, seinen Häfen Jangio und ßrema, seinem
Strome Polisange, und den hierüber ausgebreiteten dichten Schleier
vermochten auch die im Nordosten angetroffenen Inselbewohner
nicht im mindesten zu lüften, denen diese Bezeichungen völlig
fremd waren. Ungelöst blieb ferner die allerdings nur als weniger
erheblich hingestellte Aufgabe, festzustellen, ob Yezo eine Insel
für sich bilde, oder mit welchem andrem Lande es zusammenhänge,
und irrig war das vom Norden von Yezo erhaltene Bild, indem die
beiden südlichsten Glieder der Kurilenkette, Shikotan und
Kunashiri, und sogar die grosse Insel Sachalin für Teile von Yezo
angesehen wurden ; irrig auch die Ansicht, im Companyslant die
Nordwestküste von Amerika erreicht zu haben. Endlich — und für
die Kompagnie war das wol nicht minder bedauerlich wie das
Schwinden der Hoffnung auf das Goldland — keine Spur von
lohnendem Handelsverkehr, die gefundenen Eingeborenen nur
arme Jägervölker, deren ganzer Reichtum in etwas Fellen bestand,
und die das wenige Silber, das sie besassen, selbst hochzuschätzen
verstanden !
Dieser Reihe von Misserfolgen gegenüber stehen aber wichtige
und wertvolle Ergebnisse der Entdeckungsreise, welche mit Recht
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 427
daher durch z'f?;^ Siebold "als einer der belangreichsten Seezüge
des 17. Jahrhunderts" gerühmt vvird.^) Weiter als je vorher war
man in den unbekannten Norden des Grossen Ozeans vorgedrungen
und hatte dort zwei ansehnliche Inseln entdeckt und für die
Kompagnie in Besitz genommen, die zwar arm an Menschen und
Tieren, vielleicht aber nicht an Bodenschätzen, zu sein schienen,
die beiden Kurilen Staetenlant (Iturup) und Companyslant (Urup),
deren Besitzrecht man allerdings in Holland nicht gewürdigt hat
und die ja auch heut noch einen wirtschaftlichen hohen Wert nicht
einnehmen. Von gänzlich unbekannten Gebieten wurde ferner
entdeckt der südliche Teil der Insel Sachalin ; näher beschrieben
wurde der Osten von Yezo und von der japanischen Hauptinsel
Nippon, weite Strecken, von denen man in Europa ebenfalls noch
so gut wie nichts wusste und deren Erforschung von Siebold mit
den folgenden Worten würdigt: " Vries hat man die Entdeckung
und Aufnahme der ganzen Küste vom Hoek Bosho bis an die
Nordspitze von Japan (von 34 Grad 58 Minuten bis 41 Grad 25
Minuten n. B.) zu danken, eine Küstenstrecke, die bis zur Oeffnung
der Häfen von Simoda und Hakotade (auf Jezo) durch keinen
Seefahrer ausser 1739 durch Kapt. Spangberg und Walton, 1779
durch Kapt. King und 1796 und 1797 durch Kapt. Broughton
besucht worden ist."^) Auch die Kenntniss von den Inselketten
im Süden von Japan, besonders den Sieben-Inseln mit dem so
verhängnissvollen Ongeluckich Eylant (Hachijö) wurde erheblich
erweitert.
Wertvoller als für die Kompagnie, welcher mehr an klingenden
Erfolgen gelegen sein musste, waren diese Ergebnisse für die
Erdkunde, der sie diesmal nicht, wie bei den Zügen Vizcainos,
Ouasts und Tasmans, vorenthalten blieben. Bereits um das Jahr
1650 gab Johannes Janssonius eine Karte von Japan, dem Lande
Yezo und umliegenden Inseln heraus, auf welcher die Vries'schen
Entdeckungen berücksichtigt sind.^) Besonders aber im 18.
Jahrhundert, in welchem die Inselgestalt Yezos, sowie die angebli-
^) Leupe-Siebold, Seite 265.
2) Letipe-Siebold, Seite 276-277.
3) Lctipe-Siebold, Seite 277 ; der Titel dieser Karte ist hier wie folgt angeführt : " Nova
et accurata Jopaniae, terrae esonis ac insularum adjucentium ex novissima detectione
descriptio apud Joannem Janssonhim.''''
428 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
eben Gold- und Silbennsein und überhaupt die Erforschung des
nördlichen Grossen Ozeans nicht nur bei erfahrenen Geographen^
sondern auch bei gelehrten Staatsmännern zu den Lieblings-
Problemen zählten, ist es stets die Reise von Vries, vor allen
Dingen nach den Berichten van NieropSy Witsens und des hierauf
fussenden berühmten Btiacke^), die den Untersuchungen zu Grunde
gelegt und den späteren Forschungsreisenden als wertvolles
Material mitgegeben wird.
Aber auch von der Ostindischen Kompagnie wurde die
Bedeutung des Zuges, wenn er auch die daran geknüpften
Hoffnungen nicht verwirklicht hatte, keineswegs verkannt. Sie
erfüllte das in der Instruktion enthaltene Versprechen von
Belohnungen, indem Vries und seine Offiziere bei ihrer Rückkehr
nach Batavia eine Ehrengabe von 2 Monat Gehalt und die Mann-
schaft eine solche von einem Monat erhielten.-) Ein von Vries
verfasster Bericht wurde nebst dem von dem Obersteuermann Coen
geführten Tagebuche und den dazu gehörigen Karten der Direktion
nach Amsterdam eingesandt f) anscheinend hat man nur das von
Lenpe veröffentlichte Tagebuch nebst einer Karte wiedergefunden,
während von dem Bericht von Vries nichts mehr verlautet. Die
Anerkennung seiner Verdienste durch die Indische Regierung
gelangte zum sichtbaren Ausdruck durch die sich ihm nun
eröffnende, ehrenvolle Laufbahn. Im Februar 1644 wurde Vries das
1) Philippe Buache, Consid6rations G6ographiques et Physiques sur les nouvelles
ddcouvertes au nord de la Grande Mer, appellee vulgairement la Mer du Sud ; avec des
Cartes qui y sont relatives; Paris 1753. (Beigefügt: Mdmcire sur les pays de l'Asie et de
l'Am6rique situes au nord de la Mer du Sud von M. de Vaiigondv, Paris 1774, und gleicher
Titel von J. K. Buache, dem Sohne des Ersteren, Paris 1775.) Umfangreiche Litteraturan-
gaben, sowie die getreue Wiedergabe vieler seltena-, alter Karten und der von Witsen zuerst
veröffentlichten Abbildungen und Profilansichten <aus dem Vries'schen Tagebuche erhöhen
den Wert dieses interessanten Werkes. Vergl. ferner Dirck Remhrantsz van Xicrop, Ecnige
Oefeningen in God-lijcke, Wiskonstige, en Natuei-lijcke dingen ; Amsterdani 1669 und
sodann 1674 ; englische Uebersetzung in den Philosophical Transactions, London 1674, Seite
197-207, sowie Nicolaas Witsen, Noord en Oost Tartaryen, 2. Druck, Amsterdam 17815,
Band i, Seite 132-155.
2) Beschluss der Indischen Regierung vom 21. Dezember 1643, siehe Leute, Seite 256.
3) Bi-ief der Indischen Regierung in Batavia an die Direktoren in Amsterdam vom
4. Januar 1644 ; siehe Leupe, Seite 243. (Neben dem " journael van den Stierman Coen, ende-
daeraff gemaeckte caerten " ist hier ausdrücklich eine " descriptie ofte relaes van den
Commandeui de Vries ' ' genannt.)
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 429
wichtige Amt übertragen, die Schiffsjournale aller nach Batavia
kommenden Kapitäne und Steuerleute zu prüfen, eine Stellung, in
der er jedoch nicht lange verblieb, da er bereits im Oktober
desselben Jahres den Befehl über zwei Schiffe und eine Yacht
erhielt, mit welchen er den Spaniern in Manila Abbruch thun
sollte. Zu dem gleichen Zwecke ward er im Jahre 1646 mit sieben
und im Jahre 1647 mit neun Fahrzeugen nach den Philippinen
gesandt. Während bisher seine Unternehmungen ihm vollen
Beifall erworben hatten, fiel in diesem Jahre der Zug ungünstig aus,
da der Anschlag auf Manila missglückte. Zwar ward dort das
reiche Kloster San Domingo mit 14000 Realen eine Beute der
Holländer; aber diesen gingen vier Schiffe verloren und reichlich
600 ]\Iann büsste die Flotte durch Krankheiten ein, darunter auch
den Befehlshaber Vries selbst. Ueber diesen Ausgang, den man
der Unachtsamkeit des Kommandörs zuschrieb, war man in Batavia
sehr unzufrieden ; jedoch liess man die von Vries getroffene
Verteilung der Beute unbeanstandet, wonach diesem selbst 2400,
der Mannschaft 6600 und der Kompagnie die verbleibenden 5000
Realen zugefallen waren.')
Die in Batavia den Entdeckungen der Castricum und der
Breskens beigemessene Bedeutung geht anschaulich aus dem
Schlüsse eines hierüber an die Direktion in Amsterdam gerichteten
Schreibens hervor, in welchem die Indische Regierung sich
folgendermassen äussert : " Und da uns durch die Berichte und
Diskurse von de Vries grosse Aussichten zur Entdeckung von noch
vielen andren Ländern und jenem unbekannten Nord-Gebiete
eröffnet werden, nebst der Hoffnung, dass diese durch das
Auffinden von reichen Mineralen und darauffolgendem Handel für
die Kompagnie nützlich sein können, so bleiben wir wieder der
Absicht, die begonnenen Entdeckungen von Eso, Tartarien,
Amerika und darum gelegenen Reichen im kommenden April mit
zwei Yachten und einer Quel (?) unter Befehl des genannten de
Vries und des Steuermanns Coen ernstlich weiterzuverfolgen, mit
der festen Hoffnung, dass solches für die Allgemeine Kompagnie
dienlich und zu seiner Zeit nützlich werden soll, worüber wir
^) Resolutionen der Indischen Regierung zu Batavia vom 6. Februar und 17. Oktober
1644, 17. Februar 1646, 2i. Januar 1647 und 20. Januar 1648 ; siehe Leupe, Seite 257-259.
430 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
hoffen, nächstes Jahr Euer Eclelen guten Erfolg melden zu
können."') Ein Jahr darauf verkündet der Bericht der Indischen
Regierung allerdings, dass diese Absicht trotz grosser Neigung
dazu "durch dringendere Angelegenheiten und durch Mangel
geeigneter Schiffe noch zurückgehalten worden sei."')
Wie man bemerken wird, war bei den weiteren Entdeckungs-
Absichten der Kompagnie wol noch von Tartarien, Yezo und
Amerika, aber nicht mehr von den angeblichen Gold- und
Silberreichen Inseln östlich von Japan die Rede. Man sollte daher
wol annehmen, dass nach dem Kundwerden von den wiederholten,
durchaus verneinenden Ergebnissen der Holländer nunmehr diese
ganze Angelegenheit endgiltig als abgethan betrachtet worden
wäre. Dem war aber keineswegs so ; sondern noch mehr als ein
Jahrhundert lang und für mehr als eine seefahrende Nation blieb
das Wunderland ein mit Ernst und Eifer gesuchtes Ziel der
Begehrlichkeit.
KAP. VI.
SPÄTERE BESTREBUNGEN ZUR ENTDECKUNG
DER GOLD- UND SILBERINSELN.
I. Russische Bestrebungen unter Peter dem Grossen.
Im i8. Jahrhundert zuerst soll von russischer Seite die Aufgabe
ins Auge gefasst worden sein, und zwar von dem durch seinen
lehrreichen Aufenthalt in Holland für solche Pläne ebenso
empfänglichen als unternehmungslustigen Zar Peter dem Grossen.
Er entsandte zwei Zöglinge der von ihm errichteten See-Akademie
1) Brief der Indischen Regiei'ung an die Direktoren in Amsterdam vom 4. Januar 1644;
siehe Leupe, Seite 247. Mit der Bezeichnung Quel ist jedenfalls ein kleines Schiff gemeint ;
vielleicht ist dies eine Abkürzung für Caravelle ? Dem Namen von Vries scheint man nach
seiner grossen Entdeckungsreise meist das vornehm klingende Wörtchen de vorgesetzt zu
haben.
2) Brief der Indischen Regierung an die Direktoren in Amsterdam vom 23. Dezember
1644, siehe Leiipe, Seite 248.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 43I
nach den Kurilen, um, wie O. PescJiel^) nach Angaben Ä'. £". z/^w
Baers^) berichtet, in dieser Inselgruppe nach jenen metallreichen
Gebieten zu suchen. Von Baer hat dies jedoch nur als eine
Hypothese hingestellt, gestützt auf den Umstand, dass Peter d. Gr.
berichtet Avorden sei, die Japaner holten von einer der Kurilen ein
Metall, und dass zu Anfang des 18. Jahrhunderts die Entdeckungs-
reise der Castricum ein vielbesprochener Gegenstand gewesen
sei.^j Gleichviel, welche Absichten dem Zaren wirklich hierbei
innewohnten, auch Jewremow und Lushin — so hiessen die beiden
Forschungsreisenden — vermochten das Wunderland nicht zu ent-
decken.
2. Erneuerung der spanischen Bestrebungen.
Nachdem das Trugbild so bis zum äussersten Osten Europas
gewandert, sehen wir es auf einmal wieder aufleben auf der Stätte
seines Ursprungs, in Spanien.
Nach dem kläglichen Ausgang der Unternehmung Vizcainos
hatte man hier sich um die Sache nicht weiter gekümmert. Dass
aber die Rica de Oro und Rica de Plata keineswegs vergessen
waren bei den spanischen Seeleuten, ergibt sich aus der Be-
schreibung einer Weltreise, auf welcher im Jahre 1696 der Italiener
Gemelli Careri mit einem spanischen Schiffe von den Philippinen
nach Mexiko segelte. Dieser berichtet, wie man am 30. September
1696 die Breite von 31 Grad 58 Minuten erreicht und schon
geglaubt habe, " auf der Höhe einer gewissen, imaginären Insel zu
sein, welche man Rica de Oro nennt und auf den Karten unter 32
Grad weniger einige Minuten setzt, obgleich es gewiss ist, dass
niemals jemand eine solche Insel gesehen hat".*) Bezüglich der
Rica de Plata wird unterm 3. Oktober 1696 von Cay^eri erwähnt,
^) O. Peschcl, Geschichte der Erdkunde ; 2. Auflage, INIiinchen 1877, Seite 381,
Anmerkung i.
') K. E. von Baer, Peters des Grossen Verdienste um die Erweiterung der geographi-
schen Kenntnisse, St. Petersburg, 1872, Seite 35-38.
3) Ebenda, Seite 38.
•*) Voyage du tour du monde^ traduit de 1' Italien de Gemelli Careri par L. M. M.,
Band V : Des Isles Phihppines, Paris 1719 ; Buch IIl, Kap. 6, Seite 309.
432 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
dass zwei Enten in der Nähe des Schiffs vorbeigeflogen seien und
man einen andren kleinen Vogel, welcher sich auf den Schiffstauen
ermüdet niedergelassen, gefangen habe ; es sei nun von dem
Steuermanne, den Untersteuerleuten und den Passagieren darüber
gestritten worden, woher das Tierchen stamme, und man sei zu der
Ansicht gelangt, " dass es ohne Zweifel von der 30 Meilen nach
Süden entfernten Insel Rica de Plata gekommen sei und der Wind
es davongetragen habe ; man befand sich auf der Höhe von 34
Grad 7 Minuten." Hierzu bemerkt der nicht so leichtgläubige
und erfahrene Weltreisende Careri'. " Die Steuermänner glauben,
dass die Inseln Rica de Oro, Rica de Plata und mehrere andere in
der Umgebung die Salomonsinseln sind ; was mich anbetrifft, so
glaube ich,- dass sie imaginär sind, weil seit der langen Zeit, seit
der man diese Reise macht, man sie niemals gesehen hat."*) (Die
1567 durch Mendana entdeckten Salomonsinseln, welche man
seitdem vergeblich versucht hatte wiederzufinden, wurden erst
1767-1769 von Carteret, Bougainville und Surville aufs Neue
entdeckt, waren also zur Zeit Careris nicht bekannt.) Die
angebliche Lage der Rica de Plata gibt Careri mit 34 Grad 30
Minuten an.^)
In den Steuermanns-Ueberlieferungen und auf den Seekarten
der Spanier lebten also die beiden wunderbaren Inseln, obwol man
sie nie zu Gesicht bekam, unter ihren verlockenden Namen ruhig
fort, ohne dass man sich, wie es scheint, weiter viel um sie
kümmerte, oder sich veranlasst sah, ihr Vorhandensein nach-
zuweisen.
Eine Aenderung in dieser gleichgiltigen Anschauungsweise
trat im dritten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts ein; unterrichtet
hierüber sind wir aus zweierlei Quellen, die, ohne völlig übereinzu-
stimmen, sich dennoch ergänzen; einmal durch Handschriften im
Archiv von Indien zu Sevilla, und sodann durch in der BibHothek
von Alexander Dalrymplc vorhanden gewesenen Abschriften,
deren Veröffentlichung wir James Biirney verdanken.^) Danach
gestaltete sich die Angelegenheit in folgender W^eise.
*) Gevtelli Careri, Tour du monde, Buch III, Kap. 6, Seite 31 1-3 12.
2) Ebenda, Seite 314-31S.
^) yames Bttrney, A chronological history of the discoveries in the South Sea or Pacific
Ocean, Band II, Seite 263-265.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 433
Durch einen Marquis de Monte Castro waren der spanischen
Regierung- Vorschläge gemacht worden zur Entdeckung und
Besiedelung der Inseln Rica de Oro und Rica de Plata.^) Hierauf
wahrscheinlich beruht eine Aeusserung des Guvernörs der Phi-
lippinen aus dem Jahre 1729, worin er bekundet, indem er sich auf
einen Jesuiten Pater Oviedo beruft, dass jene Inseln nach der
übereinstimmenden Ansicht aller Kenner der Fahrt zwischen China
und Neu-Spanien auf dem Kurse der dorthin fahrenden Gallionen
liegen.^) Im Juni 1730 erfolgte nun ein Erlass der spanischen
Regierung, worin unter Bezugnahme auf die Vorschläge des
Marquis de Monte Castro bestimmt wurde, dass von den Steuer-
männern und andren Personen, welchen die Rica de Oro und Rica
de Plata bekannt seien, Nachrichten hierüber eingeholt würden,
und zwar bezüglich dreier Fragen : i. Ob dieselben Ursachen,
welche im Jahre 1606 in Manila zu Vorstellungen beim Hofe wegen
Besiedelung der Rica de Oro und Rica de Plata geführt hatten,*)
noch fortbeständen. 2. Ob die Schiffahrt nach Neu-Spanien noch
auf demselben Wege stattfinde, wie zu jener Zeit. 3. Was be-
züglich der genannten Inseln bekannt sei.*)
Das Wesentliche der von vier Steuermännern hierauf ein-
gegangenen, schriftlichen Antworten, welche leider den dritten
und wichtigsten Punkt kaum berühren, besteht nach Btivney in
folgenden Auszügen') :
I. Da die Schiffahrt von den Philippinen-Inseln nach Neu-
Spanien nicht mit dem allgemeinen Passatwind bewirkt wird,
1) Brief des Königs von Spanien an den Giivernör der Philippinen vom 12. Dezember
1741 ; siehe Bttrney, Band II, Seite 263, 265.
=») Brief von Don Jose Patino an den Guvernör der Philippinen Don Fernando Valdes
Tamon aus Cazalla vom 25. Juni 1730, Handschrift im Archiv zu Sevilla, Hierin wird
obige Angabe aus dem Briefe von Tamon vom 12. März 1729 wiedergegeben.
3) Vergl. Seite 331.
■») Biirney, Band II, Seite 263. Während nach Burney im Juni 1730 dieser Erlass
erfolgte, gibt eine im Archiv zu Sevilla befindliche Real Cedula dem Guvernör der Phi-
lippinen den fast wörtlich gleichen Auftrag, welche ater das Datum des 12. März 1738 trägt.
Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine Erneuerung, welche vielleicht durch einen
Wechsel in der Person des Guvernörs der Philippinen ihre Ursache hatte. Für die
Richtigkeit des von Burney angegebenen Datums spricht der Umstand, dass die von ihm
beigebrachten, hierauf erfolgten Gutachten aus dem Jahre 1733 stammen, der Eilass von
1738 also nicht der erste gewesen sein kann.
^) Bitrjtey, Band II, Seite 263-264.
434 ^- NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
sondern mit allen Winden, so kann es keine feste Route geben.
Aber es ist immer der Brauch, nach dem Norden zu segeln, indem
man, jetzt wie früher, die Inseln (Rica de Oro und Rica de Plata)
rechter Hand lässt. Ein Zwischenhafen zwischen den Philippinen
und Neu-Spanien würde jederzeit zweckdienlich sein. Manila, den
i8. Nov 1733.
(gez.) Henrique Herman.
2. Den Seekarten zufolge liegt die Insel Rica de Oro vom
Kap del Espiritu Santo (in den Philippinen) 660 Meilen (Leguas)
entfernt Ost-Nord-Öst ^ Nord und unter 29 Grad 45 Minuten
nördliche Breite. Und Rica de Plata liegt vom selben Kap 760
Meilen Nord-Ost zu Ost entfernt und unter 33 Grad 36 Minuten
n. Er. . 25. Nov. 1733.
(gez.) Geronimo Riomero.
3. Nach meiner sphärischen Karte streicht Rica de Oro vom
Vulkan San Agustin (zur Ladronen-Kette gehörend), welcher unter
19 Grad 25 Minuten n. Br. liegt, nach Nordost zu Ost und liegt
unter 29 Grad 25 Minuten n. Br. in einer Entfernung von 342
französischen Meilen von dem Vulkan. Rica de Plata liegt
Nordost bei Ost 3 Grad Nord, von dem Vulkan 420 Meilen entfernt
und unter 32 Grad 50 Minuten n. Br. . Sie werden von derselben
Nützlichkeit sein, als früher angenommen worden ist, wenn sie in
den genannten Parallelen liegen, was ich für sehr unsicher halte.
2. Dez. 1733.
(gez.) Pedro Laborde Faujias.
4. Bei vier Reisen, welche ich von den Philippinen nach Neu-
Spanien gemacht habe, bin ich zwischen den Inseln Rica de Oro
und Rica de Plata hindurchgefahren, indem ich die eine im Norden
und die andre im Süden liegen Hess, d. h. indem ich hielt zwischen
den Parallelen von 30 und 36 Grad n. Br., in welchen jene Inseln
liegen. 10. Dez. (Jahreszahl fehlt.)
(gez.) Manuel Galvez.
Anschliessend an diese Berichte enthält die Dalryinplesz\iQ
Handschrift eine Vorstellung einiger Kaufleute aus Manila gegen
den Vorschlag des Marquis von Monte Castro, dessen Annahme
nach ihrer Versicherung sich schädlich erweisen würde, sowol für
das Einkommen des Königs als für den Handel.^)
'^) Biirney, Band II, Seite 264.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 435
Zu diesem Gegenvorschlag und den sO wenig besagenden und
dabei noch widerspruchsvollen steuermännischen Gutachten
gesellte sich noch ein durchaus abratender Bericht des Guvernörs
der Philippinen, welchen er auf Grund der betreffenden, von ihm
durchforschten und abschriftlich beigefügten Akten 1740 der spani-
schen Regierung erstattete. Ohne die Möglichkeit des Nutzens
einer solchen Entdeckung zu verkennen, kommt er zu seinem
ablehnenden Standpunkte, "da in so viel Jahren, als seit 1606 bis
jetzt verflossen sind, die Gallionen dieser Fahrt gesegelt sind, ohne
dass sie sich genötigt gesehen haben, den Hafen dieser Inseln zu
suchen, deren Lage keinen festen Punkt bildet, indem die einen
ihnen mehr und die andren weniger Grade der Länge und Breite
beimessen, da bis zu dieser Stunde niemand sie gesehen hat, und da
alle ihre Grössen nicht kennen, noch wissen, ob Menschen sie
bewohnen oder ob sie durchaus unbevölkert sind."^)
Unter diesen Umständen kann es nicht wundern, dass nunmehr
die spanische Regierung auf das Unternehmen verzichtete. Die
Ablehnung des Planes erfolgte im Jahre 1741 durch folgendes, an
den Guvernör der Philippinen gerichtetes und dessen Ausführungen
sich fast wörtlich anschliessendes Schreiben des Königs : " All die
erhaltenen Nachrichten gewähren keine verständige Ermutigung,
die genannte Entdeckung zu versuchen, da in einer so langen Zeit,
seit dem Jahre 1606, in welchem Kunde von diesen Inseln
empfangen wurde, bis zu dieser Stunde, die Gallionen auf diesem
Wege geschifft sind, ohne genötigt zu sein, nach ihnen zu suchen ;
überdies ist ihre Lage nicht klargestellt, da in manchen Berichten
diese mehr Grade beträgt, als in anderen ; noch ist ihr Umfang
bekannt, ebensowenig als die Art der Bewohner, und ob sie über-
haupt bewohnt sind oder nicht. Und die Mittel, welche der
Marquis von Monte Castro für die Bewirkung dieser Entdeckung
vorgeschlagen hat, erscheinen undurchführbar. — Es wird daher
befohlen, dass keine Abweichung gemacht werde von dem Wege,
auf welchem die Gallionen jährlich nach Neu-Spanien gesegelt
sind. Gegeben 12. Dezember 1741."^)
1) Brief des Guvernöi's der Philippinen Don Caspar de la Torre aus Manila vom 13.
Juli 1740, Handschrift im Archiv zu Sevilla.
2) Biinuy, Band II, Seite 264-265.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 436
Damit scheint für die Spanier das Streben nach diesen interes-
santen Insehi endgiltig zum Abschluss gekommen zu sein, wiewol
dieselben von ihren Karten nicht verschwanden.
3. Französische Bestrebungen unter La Perouse.
Bei andren seefahrenden Nationen aber, denen die eben
geschilderten, spanischen Massnahmen mit ihrem verneinenden
Ergebnisse natürlich unbekannt blieben, weckte der vor allem an
den Namen Cooks sich knüpfende Beginn jener Periode der
sogenannten wissenschaftlichen Entdeckungsreisen wieder mächtig
den Trieb nach unbekannten, schätzereichen Ländern.
Sosehen wir denn, wie in Fankreich in jener bewegten Zeit,
da die neuen Ideen der Aufklärung das gebrechlich gewordene
Staatsschifflein bereits in bedenkliches Schwanken versetzt hatten,
noch eine ruhmvolle Geistes-Aufgabe nach vorzüglichen wissen-
schaftlichen Methoden und mit fernsichtiger Gründlichkeit
sorgfältig vorbereitet und kraftvoll ins. Werk gesetzt wird: die
Entdeckungs-Weltreise unter Führung von La Peroitse})
Zu den sehr zahlreichen Aufgaben auf den verschiedensten
wissenschaftlichen Gebieten, mit denen die Expedition betraut
wurde, zählte aber auch wieder einmal die Entdeckung jener gold-
und silberreichen Inseln östlich von Japan.
Das sehr ausführliche " Memoire du Roi pour servir d'instruc-
tion particuliere au sieur De La Perouse" vom 26. Juni 1785
schreibt Letzterem, nachdem er Anfang August 1788 den Hafen
von Avatscha (Kamtschatka) verlassen haben werde, Folgendes
vor: '• II viendra se mettre par la latitude de 37 degres ^ Nord,
^) Die Tagebücher des unglücklichen La Fcrouse, welche dieser vor dem letzten Teile
seiner Reise, auf der er spurlos mit seinem Schiffe verschwand, nach Frankreich hatte
senden können, sind unter der ersten französischen Republik mit wertvollen, auf die Reise
bezüglichen andren Schriftstücken auf Staatskosten veröffentlicht worden unter dem Titel :
Voyage de La Perouse autour du monde, public conformement au decret du 22 avril 179I,
et redigfe par M. L. A. Milet-Mureau; 4 Bände nebst Atlas, Paris 1797. Auf dieses
vornehm ausgestattete, verdienstvolle Werk stützen sich meine Angaben bezüglich der La
Jtrö^Jd-'schen Reise. (Vergl. auch die deutsche Ausgabe von Forster und Sprengel, 2
Bände, Berlin 1799-1800.)
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLULAND. 437
sur le meridien de iSo degres.^) II fera route a l'Ouest, pour
rechercher une terra ou ile qu'on dit avoir ete decouverte en 1610
par les Espagnols (note 48} ; il poussera cette recherche jusqu'au
lösieme degre de longitude Orientale. II se dirigera ensuite dans
le Sud-Ouest et Sud-Sud-Ouest, pour reconnaitre les iles eparses
situees sur cette direction, au Nord-Est des iles des Larrons ou iles
Mariannes."^) Die hier erwähnte, zu den der Instruktion beige-
gebenen, zahlreichen Anmerkungen gehörende Note 48 lautet:
" Grande Ile, peuplee et riche, qu'on dit avoir ete decouverte par
les Espagnols, vers l'annee 1600.^) On trouve sur cette ile la note
suivante dans les Philosophical Transactions of the royal society,
etc. (No. 109, page 20r, Paragraphe 11, de l'annee 1674, finde tome
VII, VIII, IX.) ' Dans la mer du Sud, par 37 degres 4- de iatitude
septentrionale, et a environ 4C0 milles d'Espagne, ou 343 de
Hollande, de 15 au degre, c'est-a-dire, a 28 degres de longitude ä
rOrient du Japon, il y a une ile elevee et tres-grande, habitee par
des peuples blancs, beaux, doux et civilises, excessivement riches
en or et en argent, comme l'a eprouve, il y a longtemps, un
vaisseau espagnol qui faisait voile de Manille a la Nouvelle
Espagne; de sorte que le roi d'Espagne envoya, en 1610 ou 161 1,
un vaisseau d'Acapulco au Japon, pour prendre possession de cette
ile. Cette entreprise, mal conduite, n'eut aucun succes ; et depuis
ce temps on a neglige de tenter cette decouverte.'"*) Man sieht
hieraus, alles was man in den gelehrten und Regierungs-Kreisen
Frankreichs damals über die Sache wusste, beschränkte sich im
Wesentlichen auf die spärlichen Mitteilungen aus der 1643 Vries
erteilten Instruktion, welche zuerst durch va72 Nierop^) veröffent-
licht worden waren.
Nachdem La Perouse am 30. September 1787^) von Kam-
tschatka abgesegelt war, widmete er sich auch diesem Teile
^) Der Unterschied zwischen Paris und Greenwicli beträgt 2 Grad 20 .Minuten g
Sekunden ; 180 Grad östl. Länge von Taris entspricht also rund 1S2 Grad 'C>. L. oder 178
Grad westl. I,. v. Gr.
•) Voyage de La Pcroiise, Band I, Seite 150-151.
3) Diese Jahreszahl ist natürlich nur ein Druckfehler und muss, wie aus dem
vorhergehenden und folgenden Text hervorgeht, 1610 heissen.
*) Voyage de La Pä'cuse, Band I, Seite 150-15 1.
5) Vergl. Seite 379, Anm. 2 und Seite 428, Anm. i.
6) Voyage de Za Pcroiise, Band III, Seite 155.
43S O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
seiner Aufgabe mit dem ernstesten Eifer und der zuversicht-
lichsten Hoffnung; welchen Wert er auf die Entdeckung des
Goldlandes legte, bezeugen seine eigenen Worte : " II me parais-
sait que, parmi las differentes recherches qui m'etaient plutot
indiquees qu'ordonnees par mes Instructions, celle-la meritait la
preference."^) Derselbe Eifer beseelte die ganze Mannschaft ; war
doch nicht nur demjenigen, der zuerst das Land wahrnehmen
würde, eine ziemlich ansehnliche Belohnung zugesagt ; auch der
Ehrgeiz war geweckt, indem La Perouse versprochen hatte, dass
das Wunderland den Namen desjenigen tragen solle, der es zuerst
entdecken würde. Am 14. Oktober, um Mitternacht, wurde auf
dem 165. Meridian (ö. L. v. Paris) die vorgeschriebene Höhe von
37 i Grad n. B. erreicht und nun der Kurs östlich gestellt und
langsam gesegelt. Die Wachen auf den Masten der beiden Schiffe
hielten beständig Ausschau, begünstigt von sehr klarem Wetter.
Wie allen seinen Vorgängern auf dieser Strecke, so fehlte es auch
La Perouse nicht an verheissungsvollen Anzeichen für Landes-
nähe in Gestalt von Küstenvögeln, w^odurch beständig die leb-
haftesten Hoffnungen genährt Avurden, ohne doch je erfüllt zu
werden ; denn nach wirklichem Land wurde stets vergeblich
ausgeschaut.^) Nachdem der 175. Grad (ö. L. v. Paris) erreicht
war, hörten die Anzeichen von Land plötzlich auf ; dennoch wurde
der Kurs w^eiter verfolgt, bis man am 22. Oktober Mittags den
180. Grad (ö. L. v. Paris), die La Perouse für diese Entdeckung
gesetzte östliche Grenze, um 20 Minuten überschritten hatte. So
musste auch dieser kühne Entdecker unverrichteter Dinge von
dannen ziehen, und er fasst, gewiss schweren Herzens, in folgenden,
bemerkenswerten Worten sein Urteil zusammen über " l'ile dont la
recherche nous coütait tant de fatigues, et qui certainement existe
dans les environs de la route que nous avons parcourue. Les
indices de terre ont ete trop frequens et d'une nature trop marquee,
pourque nous puissions en douter. Je suis porte ä croire que nous
avons couru sur un parallele trop septentrional ; et si j'avais ä
recommencer cette recherche, je naviguerais en suivant le parallele
de 35 degres, depuis 160 jusqu'ä 170 degres de longitude : c'est sur
cet espace que nous apercümes le plus d'oiseaux de terre ; ils me
1) Voyage de La Perouse, Band III, Seite i66.
*) Ebenda, Band III, Seite 166-168.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 439
paraissaient venir du SiiJ, et avoir ete pousses par la violence des
vents qui avaient souffle de cette partie. Le plan ulterieur de notre
campagne ne me laissait pas le temps de verifier cette conjec-
ture."^)
Die Zuversicht, welche La Perouse hier äussert, steht im
Widerspruch mit den Ergebnissen der Castricum, welche das
Gebiet zwischen den fraglichen Meridianen nicht nur auf der Breite
von 37 l Grad befahren, sondern in südlicher Richtung noch über
den 35. Breitengrad ])inaus vergeblich dort gekreuzt hat (vergl.
Seite 418-9), sowie mit den Gutachten der spanischen Steuermänner,
welche die Silber-und Goldinseln in noch etwas niedrigere Breiten
verlegen, ohne allerdings auch dort sie je zu Gesicht bekommen zu
haben (vergl. Seite 433-434). Wie zähe aber auch anderweit der
Glaube an das Vorhandensein tlieser wunderbaren Inseln war,
und noch an der Schwelle unseres Jahrhunderts, das beweist die
zuversichtliche Anmerkung, welche der gelehrte Herausgeber des
La Perotiseschen Werkes, der General de Brigade dans le Corps du
Genie und Directeur des fortifications Milet-Miireau, an dessen
Bericht knüpft und worin er sagt: " les frequents indices de
terre qu'ont eus les navigateurs, doivent faire regretter que La
Perouse n'ait pas pris le parti de suivre le 37e ou le 38e parallele.
Les terres anciennement decouvertes s'etant presque toutes
retrouvees de nos jours, cette ile sera sürement l'objet de nouvelles
recherches, et il y a lieu d'esperer qu'on la trouvera en parcourant
le parallele de 36 d. 30 m.^) Der Umstand, dass es in der That wie-
derholt gelungen ist, lange vergeblich gesuchte, ursprüngliche
Entdeckungen, wie z. B. die Salomons-Inseln, schliesslich doch
wiederzufinden, verleiht einer solchen zuversichtlichen An-
schauung allerdings einen gewissen Schimmer von Ikrechtigung.
4. Englische Bestrebungen.
Auch die im Entdecken so eifrigen und erfolgreichen
Engländer versäumten nicht, im letzten Viertel des 18. Jahr-
i) Voyage de La Fcroiise, Band III, Seite 16S-169.
2) Voyage de La Fcroiise, Band III, Seite 167.
440 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
hunderts der Frage der Rica de Oro und Rica de Plata ihre
Aufmerksamkeit zuzuwenden. Ihre Kunde von diesen Insehi be-
ruhte nicht mehr allein auf den viel verbreiteten Berichten der
Holländer, sondern war durch einen zufälligen Umstand erweitert
und neu belebt worden.
Dem englischen Admiral George Anson^) war es am 20.
Juni 1743 in der Nähe der Philippinen gelungen, das von
Mexiko dorthin segelnde, reich beladene, spanische Schiff
Nuestra Senora de Cabadonga abzufangen und nach kurzem
Kampfe zu erobern. Neben der sehr wertvollen Ladung wurde bei
dieser Gelegenheit auch eine Karte vom nördlichen Teile des
Stillen Ozeans die Beute der Engländer. Auf dieser Karte war
der Weg eingezeichnet, den das Schiff auf der Reise von Acapulco
nach den Philippinen und umgekehrt gesegelt war, und u. a. waren
daher auch die Inseln Rica de Oro und Rica de Plata darauf
angegeben.') Von einem geistlichen Teilnehmer der englischen
Unternehmung, Richard Walter, welcher Kaplan an Bord des
Admiralschiffes von Anson war, wurde eine Beschreibung dieser
Reise veröffentlicht,'') worin auch die spanische Karte wiedergege-
ben war, welche nun auch bezüglich der Rica de Oro und Rica de
Plata für viele spätere Karten mittelbar oder unmittelbar zur
Grundlage wurde. Auf einer anscheinend aus der zweiten Hälfte
des 18. Jahrhunderts stammenden, ansehnlichen englischen Karte
vom nördlichen Grossen Ozean, ^) worin ausdrücklich auf die unter
^) Ueber dessen Unternehmung vergl. Voyage round the world by Commodorc
George Anson in Btirney, A cliroiiological history of the discoveries in the South Sea or
Pacific Ocean, Band V, Seite 38-39, London 1817 ; ferner Commodore Anson's Voyage
round the world in yohn Barroic, A collection of voyages and discoveries, 3 Bände, London
1765, Band III, Seite 1-185.
2) Biirney, Band V, Seite 8I-S3, Barrow, Band IN, Seite 160-167.
3) Btirnev, Band V, Seite 40 und 83. Titel und Jahreszahl des Buches wird hier
leider nicht angegeben. Bei Barrow, Band III, Seite 162, findet sich eine sehr kleine
Wiedergabe der spanischen Karte.
•») Sie befindet sich in der Königlichen Bibliothek zu Dresden und hat die Aufschrift:
" Chart containing the Coasts of California, New Albion, and Russian Discoveries to the
North ; with the Peninsula of Kamchatka, in Asia, opposite thereto; and Islands, dispersed
over the Pacific Ocean, to the North of the Line. Publish'd according to Act of Parliament
and Printed for Rob. Sayer in Fleet Street and Thos. Jefferys in the Strand." Die
Jahreszahl ist leider nicht angegeben. Da aber die Wege verschiedener Reisen um die Erde
darauf eingetragen sind, worunter die von Anson die jüngste ist, während die von Cook
fehlen, so wird sie jedenfalls aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammen.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 441
Anson erbeutete Karte der Nuestra Senora de Cabadonga Bezug
genommen ist, sind die beiden Inseln in folgender Weise
dargestellt. Die Rica de Oro, zwischen 30 und 31 Grad n. Br. und
zwischen 183 und 184 Grad westliche Länge von Ferro (gleich
158-159 Grad ö. L. v. Gr.) gelegen, hat etwa ^ Grad Ausdehnung
von Süd nach Nord und etwa i Grad von West nach Ost ; ihre
Gestalt ist wurmartig. Die Rica de Plata, zwischen 33 und 34
Grad n. Br. und zwischen 178 und 179 Grad westliche Länge von
Ferro (gleich 164-165 Grad ö. L. v. Gr.) gelegen, hat dagegen die
Form eines hohlen, mit den Spitzen nach oben gerichteten Zahnes
bei einem Umfang von etwa ^ Grad im Quadrat.
Die Rica de Plata war es, die auf der sogenannten dritten
Cookschen Reise^) vom 9. bis 11. April 1779 einen Gegenstand der
Forschung bildete, als die Route der von Manila nach Neu-Spanien
fahrenden spanischen Schiffe in der angeblichen Nähe dieser Insel
gekreuzt wurde. Wie ihren Vorgängern, z. B. Vries (vergl. Seite
418), so fehlte es auch den Engländern an dieser Stelle nicht an
Zeichen von nahem Land ; ein tropischer Vogel, sowie ver-
schiedene andre Arten von Seevögeln, als Tauchenten, Seepapa-
geien, Sheerwaters (.'*) und Sturmvögel, wurden wahrgenommen ;
auch begegnete man mehreren Bündeln Seegras, sowie einem
Baumstamm ; aber Land selbst wurde nicht erblickt. Die
geographische Lage der durchsegelten Strecke war zwischen 32 Grad
16 Minuten und 35 ^ Grad n. Br. und zwischen 166 Grad 40 Minuten
und 165 Grad 45 Minuten ö. L. v. Gr."). Auf der dem Cookschen
Werke beigefügten Karte liegt die Rica de Plata unter 34 Grad n.
Br. und 164 Grad ö. L., die Rica de Oro unter 30 Grad n. Br. und
155 Grad ö. L., während bemerkt wird, dass auf der bei der Reise
benutzten Karte von De Lisle die Rica de Plata unter 33 ^ Grad n.
Br. und 166 Grad ö. L. eingetragen sei.^) Man vergleiche hiermit
die annähernden Angaben auf der von den Spaniern erbeuteten
Karte; von den früher so wichtig erachteten, holländischen Nach-
richten scheint dagegen keine weitere Notiz genommen zu werden.
^) A voyage to the Pacific Ocean by Cook, Clerke and Gore in the Resolution and
Discovery, Band I und II von Cook, London 1776-1780, Band III von James King, London
1785.
2) Ebenda, Band III, Euch VI, Kap. L Seite 177-178.
3) Ebenda.
442 O. NACIIOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
Einen zweiten vergeblichen Versuch von englischer Seite
berichtet das Tagebuch des bewährten Entdeckers und Kapitäns
Broughton mit den Worten: "Da wir am 25. (August 1796) in
der Parallele der Breite der Insel Rica de Plata waren, so steuerten
wir West bei Süd, um auf dieselbe zu stossen Wäre diese
Insel auf Cooks Charte richtig angegeben, so hätten wir sie des
Mittags sehen müssen, da wir aber auch am 29. noch nichts von
ihr wahrnehmen konnten und auch nicht die geringste Anzeige von
der Nähe eines Landes zu bemerken war, so richteten wir unseren
Lauf eesfen Westen."^)
5. Bestrebungen von Krusensterns.
Noch an der Schwelle unseres Jahrhunderts ist eine Reise um
die Welt ausgerüstet worden, zu deren Aufgaben die Entdeckung
der Rica de Oro und Rica de Plata wieder zählte, und zwar von
russischer Seite : die durch den Bericht ihrer wechselvollen
Sehicksale vielfach bekannt gewordene Unternehmung unter y^.
J. von Kmsenstern?) Dieser berichtet: "Seine Erlaucht, der
Graf Romanzoff, hatte mir bei meiner Abreise aus Russland eine
sehr ausführliche Instruktion über das Aufsuchen eines Landes
gegeben, welches schon in früheren Zeiten von den Spaniern und
Holländern zu mehreren malen gesucht worden ist."^) Zweimal
hat von Krusenstern danach geforscht : vom 3. bis 7. Juli 1804 und
einige Tage im Oktober 1805. Aber auch er hat gar nichts finden
können ; er klagt allerdings über Nebel/)
Nicht unmöglich wäre es, dass noch andere Bestrebungen zur
Entdeckung jener vielgesuchten Inseln stattgefunden haben ;
jedoch ist meines Wissens in der Litteratur nichts davon bekannt
geworden.
1) Broiightons Entdeckungsreise. Aus dem i:nglischen übersetzt von T. F. Ehrmann,
Weimar 1805. Buch I, Kap. 4, Seite 81.
*) A.y.von Knisenstern, Reise um die Welt in den Jahren 1803,1804, 1805 und
1S06; Berlin Teil I 181 1, Teil II, Abteilung i iSii, Abteilung 2 1812.
■•>) Ebenda, Band I, Seite 293.
*) Ebenda, Band I, Seite 293-297 ; Band 11, Abteilung 2, Seite 60-69.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 443
6. Die Entdeckung' von " Lots Weib."
War bei allen bisher geschilderten Bestrebungen das Ergebniss
durchweg verneinend gewesen, so hat thatsiichlich einmal eine
wirkliche Wahrnehmung stattgefunden, die Entdeckung von "Lots
Weib," welche in Beziehung zur Insel Rica de Oro gebracht
worden ist, sodass man häufig auf den Karten die Bezeichnung
sieht " Rica de Oro " und daneben in Klammer " Lots Weib " oder
auch " Lots Weib oder Rica de Oro." Wie wenig begründet aber
dieses Verfahren, und dass es sich dabei um nichts weniger als um
eine dem Begriff von Rica de Oro entsprechende, reiche Insel
handelte, sondern nur um eine kahle Felssäule, das geht aus der
nachstehend kurz wiedergegebenen Beschreibung des Entdeckers
selbst hervor.
Im Jahre 1788 machte John Meares als Kapitän eines engli-
schen Kauffahrers eine Handels- und Entdeckungsreise von China
nach dem hohen Norden der Westküste von Amerika.^) Von den
Philippinen aus hatte das Schiff den Kurs nordöstlich quer über den
Ozean genommen. Mitten auf dem Meere, nahe dem 30. Breiten-
grade, Avurde am 9. April 1788 voll Erstaunen ein mächtiges
Segelschiff entdeckt, eine auf dieser Strecke des Meeres ungewöhn-
liche Erscheinung, welche sich erst aufklärte, als man sich dem
vermeintlichen Fahrzeug auf zwei Meilen genähert hatte. Da
erkannte man es mit dem Fernglas als einen mitten aus dem
Wasser emporragenden, mächtigen Felsen, welcher den Namen
" Lot's Wife " erhielt und von Meares bezeichnet wird als " one
of the most wonderful objects, taken in all its circumstanccs, which
I ever beheld." Er beschreibt den Fels mit den folgenden
Worten: " It rose almost perpendicular to the height, according
to the tables, of near three hundred and fifty feet. A small black
rock appeared just above the water, at about forty of fifty yards
from its Western edge. There was a cavern on its South Lastern
side, into which the waters rolled with an awful and tremendous
noise. In regarding this stupendous rock, which stood alone in an
1) John Meares, Voyage made in the years 1788 and 1789, from China to the north
West coast of America; London 1790. Vergl. auch die in Einzelheiten nicht ganz über-
einstimmende Wiedergabe bei Bttrney, Band IL Seite 267.
444 O. NACflOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
immense ocean, we could not but consider it as an object vvhich
had been able to resist one of those great convulsions of nature
that change the very form of those parts of the globe which they
are permitted to desolate."') Diese Schilderung ergänzt das Werk
von Mearcs durch zwei hübsche Zeichnungen, eine kleinere, " Lot's
Wife, when taken for a sail bearing ENE distant 7 Leagues," und
eine grössere, " Lot's Wife, bearing N. distant 2 Miles near 300
feet above the level of the Sea."
Was nun die geographische Lage dieses merkwürdigen Punktes
anbelangt, so ist dieselbe in der als Anhang beigefügten Uebersicht
über die täglich gesegelten Kurse") mit 29 Grad 50 Minuten n. Br.
und 157 Grad 4 Minuten ö. L. v. Gr. angegeben,') während
merkwürdigerweise im Texte selbst als Länge 142 Grad 23 Minuten
genannt wird.^) Gleichviel, worauf letztere, unter den Druck-
fehlern nicht aufgeführte Ziffer beruht, dass es sich dabei um einen
Irrtum handelt, das beweist schon die mit dem Anhang der Segel-
kurse übereinstimmende Längen-Angabe des vorhergehenden
Tages (8. April) von 154 Grad I9 Minuten, da das nach Nordosten
steuernde Schiff doch unmöglich in einem Tage 12 Längengrade
nach Westen gelangen konnte.
Unklar ist, wie der von lileares entdeckte Felsen Lots Weib
mit der Rica de Oro identifizirt werden konnte ; denn Meares selbst
erwähnt hiervon kein Wort, obgleich auf der seinem Werke
beigefügten Karte etwa ein Grad westHch von Lots Weib auf dem
30. Breitengrad ein Inselchen mit dem Namen Roca de Oro ein-
getragen ist ; ebenso findet sich hier, genau der Karte von Cook
entsprechend, unter 164 Grad ö. L. v. Gr. und 34 Grad n, Br. eine
etwas grössere Insel mit dem Namen Rica de Plata, eine Stelle, in
deren Nähe sich Meares zwischen 12. und 13. April befand.
Obgleich er also diese Bezeichnungen doch kannte, so werden sie
in seiner Beschreibung überhaupt nicht erwähnt. Jedenfalls hat
1) Meares, Seite 96-97.
2) Meares, Appendix, Tafel II, Seite 3.
3) Bei Biirticy, Eancl II, Seite 267, lieisst es unter Bezugnahme auf den ^'IA'(?;vj'schen
Appendix etwas abweichend 29 Grad 51 Minuten n. Br. und 157 Grad 7 Minuten ö. L. v.
Gr. .
-») "By noon we were abreast of it ; when it bore East North East four miles. The
latitude was 29 o 50 North, and the longitude 142 o 23 East of Greenwich." (Seite 97)
O. NACHOD, EIN UXENTDECKTES GOLDLAND. 445
man also erst später, und zwar wahrscheinlich wegen der an-
nähernden Uebereinstimmung- der geographischen Lage, die beiden
Bezeichnungen Rica de Oro und Lots Weib mit einander kombinirt.
Vielleicht ist es zuerst durch Biirney geschehen, der einfach sagt :
" The Island which in the Spanish chart, published with the
voyage of Commodore Anson, is marked Rica de Oro was seen by
Mr. IMeares in 1788." Allerdings setzt er hinzu: "and his
description will show how ill the name is applied."^) Das Merk-
würdigste dabei aber ist, dass auf den modernen, massgebendsten
Karten, so z. B. der von der englischen Admiralität,") das mit
" Lot's Wife or Rica de Oro" bezeichnete Inselchen nördlich von
der Bonin-Gruppe unter 29 Grad 50 Minuten n. Br. und 140 Grad
20 Minuten ö. L. v. Gr. eingetragen ist. Sollte die erwähnte
Angabe im Texte des Mcares'szho.n Werkes, die um nur
zwei Grad hiervon abweicht, vielleicht hierzu Veranlassung
gegeben haben, während doch der von Meares entdeckte
Fels in Wirklichkeit unter 157 Grad ö. L. gefunden ward?
Jedenfalls steht jene Angabe der englischen Admiralitäts-
karte im vollen Widerspruch zu der über die Gold-und Silber-
Inseln geltenden, ursprünglichen Anschauung, dass sie sich nahe
dem Kurse der von den Phillippinen nach Neu-Spanien segelnden,
spanischen Gallionen befänden ; denn dieser lag weit, weit ab von
den Bonin-Inseln nach Osten. Ueberdics wusste man längst, dass
weder unter dieser Gruppe, noch unter den andren Japan südlich
vorgelagerten Inselchen sich irgend welche befanden, die den mit
Rica de Oro und Rica de Plata verbundenen Vorstellungen im
geringsten entsprachen.
So vermag auch die Entdeckung des Felsens "Lots Weib"
die Frage der Gold- und Silber-Inseln nicht aufzuklären ; es sei
denn vielleicht insofern, als durch einen solchen, wahrscheinlich
nicht immer so hoch aus dem Wasser hervorragenden und deshalb
sonst nicht bemerkten Felsen sich das Vorkommen der in dieser
Gegend vielfach wahrgenommenen Vögel erklärt.
1) Biirney, Band II, Seite 267.
') Karte 781, Pacific Ocean, North West sheet ; compiled from the most recent
surveys in the Hydrographie Office, 1881 ; small corrections III. 97 IV. 97. Jedenfalls auf
Grund dieser Quelle findet sich in Debcs Handatlas, Leipzig 1895, auf Karte No. 51, genau
auf derselben Stelle wie in der englischen Admiralitätskarte, auch ein Inselchen mit der
Angabe " Rica de Oro (Lot's AVeib)."
446 O. NACHOD, EIN UNEXTDECKTES GOLDLAND.
KAP. VII.
SCHLUSSBETRACHTUNG.
Durch einen Zeitraum von fast drei Jahrhunderten haben wir
die Bestrebungen nach den Gold- und Silber-Inseln verfolgen
können ; betrachten wir nun, welches Ergebniss wir daraus
ableiten dürfen, so handelt es sich zunächst um die zwei Fragen:
Ist das Wunderland überhaupt je gefunden worden ? Welche
Umstände sprechen für sein Vorhandensein und welche dagegen?
Was die erstere Frage anbelangt, so wurde nachgewiesen
(vergl. Seite 32S), dass die Kunde von der angeblichen Auf-
findung des Wunderlandes lediglich auf die von Aguirre berichtete
Entdeckung der Islas del Armenio zurückzuführen ist. Welche
von den zahlreichen Inseln des Pazifiks südöstlich von Japan jener
portugiesische Kapitän damit entdeckt hat, das lässt sich heut aus
den vorhandenen Angaben kaum erraten. Soviel aber geht aus
der an sich übrigens nicht ganz einwandsfreien Darstellung
Aguirres hervor, dass die hier entdeckte Insel keineswegs den
Vorstellungen von Schätzen entsprach, mit denen die Gold- und
Silberinseln verknüpft Avurden ; jedenfalls also scheidet damit die
einzige thatsächliche Angabe aus, welche allenfalls dafür sprechen
könnte, dass überhaupt jemand das Wunderland je erreicht habe.
Könnten wir umgekehrt annehmen, dasselbe sei wirklich
einmal gefunden worden, so wäre aus den vergeblichen
Versuchen es wiederzuentdecken vielleicht zu schliessen, es sei
später durch irgend welche Erschütterungen oder Senkungen der
Erdkruste zerstört oder von den Meereswellen überflutet worden.
Für ein gewaltiges Naturereigniss solcher Art, wie es ja mehrfach
feste Gebilde von der Oberfläche des Ozeans in historischer Zeit
noch hat verschwinden lassen, würde der von Mcares entdeckte
einsame Meeresfelsen Lots Weib vielleicht einen Hinweis bilden,
eine Anschauung, die Meares selbst ja auch ausspricht. Müssen
wir aber daran zweifeln, dass die Gold- und Silberinseln überhaupt
e gefunden waren, so genügt dieser eine Umstand wol nicht für
eine solche, doch immerhin recht gewaltsam^e Hypothese, an deren
Bestätigung durch anderweite Thatsachcn es durchaus mangelt.
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
447
Ist aber die Kunde von den Gold- und Silber- Inseln auch nicht
auf eine thatsächliche, ursprüngliche Entdeckung zurückzuführen,
so beweist dies an sich noch nichts gegen das Vorhandensein
dieser Inseln überhaupt. Es bleibt also die Frage offen, welche
Umstände für ein solches Vorhandensein, beziehentlich dagegen,
sprechen.
An erster Stelle sind hier wol all die eifrigen, mühsamen,
gefahrvollen, kostspieligen Unternehmungen zu nennen, die
sämmtlich erfolglos verliefen und sich an die Namen Unamunu
(1585-87), Vizcaino (1611-14), Quast und Tasman (1639),
Vries (1643), und La Perouse (1787) hauptsächlich knüpfen.
Es sei auch erinnert an die durchaus verneinende Ansicht
des Weltreisenden Careri, welcher schon 1696 klar und
bündig sagte : Ich glaube, dass sie (die Rica de Oro und Rica de
Plata) imaginär sind, weil seit der langen Zeit, seit der man diese
Reise macht, man sie niemals gesehen hat" (vergl. S. 432) ; ferner
an die nicht minder abfälligen Urteile des Guvernörs der Philip-
pinen und des Königs von Spanien aus den Jahren 1740 und 1741
(vergl. Seite 435).
Ganz besonders aber sind es die über diese Inseln vorhandenen
Angaben selbst, welche den lebhaftesten Zweifel daran verursachen,
durch die bedenklich von einander abweichenden Ansichten über
deren Lage. Wie unzuverlässig dieselben waren, geht klar aus
der folgenden Aufstellung hervor.
ISLAS DEL ARMENIO.
Name.
Jahreszahl.
Nördl. Breite.
Agairre.
Pedro de
Unamunu.
Spanische
Karte im Besitze
der Niederländi-
schen
Ostindischen
Kompagnie.
ca. 1583-
15 S4.
1587.
1639.
zw. 35 und 40
Grad.
34 und 35
Grad.
zw. 35 und 36
Grad.
Länge.
konnte nicht
ermittelt
werden.
Nicht erwähnt.
200 ]Meilen
östlich von
Japan.
Bemerkungen.
Brief an den Erz-
bischof von Mexiko,
siehe Seite 321.
Angaben seiner See-
karten, ohne dass er die
Insel dort gefunden hat.
Siehe Seite 326.
Der Name der Insel
lautet hier : Ai-meneti.
Siehe Seite 378.
448
O. NACIIOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
jS'ame.
RICA DE PLATA.
RICA DE ORO. I
Jahres-
zahl.
Pedro de
Unamunu.
de Montes
Claros, Vize-
könig von
Neu-Spanien,
Antonio de
Morga.
• Junta, ab-
gehalten in
INIexiko.
Hernando de
los Rios
Coronel.
Willem
Versteegen.
Spanische
Karte im
Besitze der
Niederl.
Ostind. Kom
pagnie,
Careri.
Geronimo
Riomero,
spanischer
Steuermann.
Pedro
Laborde
Faujias,
spanischer
Steuermann,
Nördl.
Breite.
1587.
1607.
1609.
1609.
1610.
1635-
1639.
1696.
1733.
Länge.
nicht
erwähnt.
54-35^
?8=.
33°
36°
01710
372 •
Nördl.
Breite.
nicht zw. 29 und
erwähnt. 31°.
zw.
1733-
55° und
36=
342
33°. 36'.
32°. 50'.
nicht
angegeben.
nicht
angegeben
nicht
angegeben.
150 I ;guas
von Japan
400 span
Mtib n=343
deutsche
Meilen
östlich
von Japan
bez. 380-
390 span.
■ Meilen.
2C0 spani-
sche Meilen
östlich von
Japan.
nicht
angeGT^b'^n.
760 I ?s,Jas
iN.O. zu. U.
von Kap
Espiritu
Santo.
420 franz.
Meilen von
dem nnter
19°. 25'.
liegenden
Vulkan San
Agustin
(Ladronen)
NO. b. O.
T°. N.
34-35'
38=
.31"
1-.0
37^-
Länge.
2 Grad
nördlicher
als Rico de
P'nta.
32° weniger
einige
Minuten.
29°. 45'.
' nicht
angegeben,
nicht
angegeb2n.
nicht
angegeben.
nicht
angegeben,
150 Le^ aas
von Japan
400 span
= 343
deutsche
Meilen
östlich von
Japan ; bez
380-390
span.
Meilen.
50 Meilen
westlicher
als Rico de
Plata.
Angaben seiner See-
karten; er selbst ;he-
zweifelt das Vorhan-
densein dieser Inseln.
Siehe Seite 326.
Brief an den
von Spanien.
Seite 332.
29". 25'.
Bemerkungen.
König
Siehe
Siehe Seite 324.
„ 340-
., 340.
Denkschrift für die
Indische Regierung
zu Batavia.
Siehe Seite 315.
ni:ht
angegeben
660 Leguas
ONO| N
von Kap
Espiritu
Santo.
342französ.
Meilen von
dem unter
19°. 25'.
liegenden
Vulkan San
Agustin
iLadronen)
NO zu O.
Der Name lautet
anstatt Rica Rice» de
Plata ; die andre
Insel ist nicht ge-
nannt.
Siehe Seite 378.
Angaben spanischer
Seeleute; Careri selbst
hält die Inseln für
imaginär.
Siehe Seite 432.
Siehe Seite 434.
Grundlage: seine
sphärische Karte;
hält selbst die Breiten-
angaben für sehr
unsicher.
Siehe Seite 434.
O. NACHOD, EIX UNENTDECKTES GOLDLAND.
449
RICA Dt; LLAl A.
RICA DL URO. 1
S U — « B
ftName. ,
Jahres-
zahl.
Kördl.
Breite.
Länge.
Nördl.
Breite.
Länge.
Bemerkungen.
Manuel
Galvez,
spanischer
Steuermann.
Englische
Karte.
Cooks Karte.
Debes
Handatlas.
Englische
Admiralitäts-
karte.
Globus von
Henry Lange.
Berlin,
Geogra-
phischartisti-
sche Anstalt
L. J.
Heymann.
?
2. Hälfte
des i8.
Jahr-
hunderts.
1785.
1895.
1881 bez.
1S97.
ca. 1895.
zw. 30 und
36 Grad.
zw. 33 und
34 Grad.
34°.
nicht
angegeben.
zw. 164°.
und 165°.
ö. L. v. Gr.
164°. ö. L.
V. Gr.
zw. 30 und
36 Grad.
zw. 30 und
31 Grad.
30=.
30°.
29°. 50'.
nicht
angegeben.
zw. 158°.
und 159°.
ö. L. V. Gr.
155°. ö. L.
V. Gr.
140°. ö. L,
V. Gr.
140°. 20' ö.
L. V. Gr.
Jahreszihl nicht an-
gegeben, wahrschein-
lich auch 1733.
Siehe Seite 434.
Grundlage : die von
Anson erbeutete spa-
nische Karte.
Siehe Seite 440-441.
Siehe Seite 441.
Karte N=. 51. Name
lautet: " Rica de Oro
(Lots Weib)."
Siehe Seite 445.
N.imf' lantet" '* f .nf<;
32=.
188='. ö. L.
V. Ferro ( =
170°. ö. L.
V. Gr.)
WifeorRicadeOro."
(466 feet above sea
ievel.)
Siehe Seite 445.
Nnme lanfpt' ^^Porij
de Plata."
Eine Lö.sung der Frage nach den Gold- und Silberreichen
Inseln könnte man vielleicht auch geneigt sein, in Kalifornien zu
suchen, das sich seit etwa fünfzig Jahren ja in Wirklichkeit als ein
Gold- und Silberland erwiesen hat ; seine Lage östlich von Japan
am Stillen Ozean, die den Berichten Aguirres und Versteegens
ziemlich entsprechende geographische Breite seiner Fundstätten, all
dies spricht auf dtw ersten Blick in der That für eine solche
Auffassung. Allein, sieht man näher hin, so ergeben sich doch
bedenkliche Widersprüche. Wie konnte z. B. bei Kalifornien von
einer weissen, wolgekleideten Bevölkerung die Rede sein ? Ferner
ist dieses Land ja keine Insel, und nicht die Küste, die man ja
überdies im 17. und noch mehr im 18. Jahrhundert schon einiger-
massen kannte, erwies sich als reich an Edelmetall, sondern
ziemlich weit davon abliegende Gebiete des Inneren. Endlich ist
die gewaltige Entfernung von Japan unmöglich in Einklang zu
450 O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND.
bringen mit den von Versteegen genannten rund 4c "> Meilen und
noch weniger mit der von Aguirre berichteten neuntägigen Reise.
Ebensowenig Aussicht bietet der Gedanke an die durch Cook
erst gefundenen Sandwich-Insehi. Wenn auch deren Lage nicht
wesentHch die angebliche östliche Entfernung von Japan über-
schreitet, so weicht doch die geographische Breite — südlich vom
Wendekreise — erheblich von den massgebenden Angaben ab, mit
denen die ohnehin an Edelmetall nicht reichen Sandwich-Inseln
auch sonst kaum in Einklang zu bringen sind. Ob nicht doch
vielleicht hierher jener portugiesische Kapitän verschlagen worden,
der an Urdaneta seine P\ahrt berichtet haben soll, das erscheint
nicht grade ausgeschlossen ; die Angaben Aguirres aber — und
andere besitzen wir nicht darüber — gewähren für eine solche
Vermutung kaum genügenden Anhalt.
Neben den betrachteten, verschiedenartigen Gründei^, welche
gegen das Vorhandensein der angeblichen Gold-und Silberinseln
sprechen, können dafür nur jene Anzeichen von nahem Lande in
Anspruch genommen werden, welche vor allem in Gestalt von
Küstenvögeln von den meisten der betreffenden Seefahrer
beobachtet wurden. Soweit diese die geographische Lage der
bezüglichen Stellen angegeben haben, kommt dafür hauptsächlich
das Gebiet zwischen 34 und 35 Grad nördlicher Breite und 162-172,
oder genauer 164-167 Grad ö. L. v. Gr., in Betracht (vergl.
Vizcaino Seite 362, Vries Seite 418, La Perouse Seite 438, Cook
Seite 441). Da aber die zahlreichen Versuche, das durch solche
Anzeichen verkündete Land zu finden, alle vergeblich blieben, so
kann man Letzteren keinen Wert beimessen, sondern muss sie als
trügerisch ansehen ; eine Erklärung für das Vorkommen der Vögel
bietet übrigens der von Meares gefundene Fels Lots Weib, welcher
wahrscheinlich sonst nicht so hoch aus dem Wasser emporragt und
daher von den andren Seefahrern niciit gesehen wurde.
Nach den angestellten Erwägungeu über das Vorhandensein
der angeblichen Gold- und Silberinseln schwindet die Aussicht,
dieselben je zu finden, und es empfiehlt sich, von unseren Karten
und Globen endlich auch die Namen Rica de Oro und Rica de
Plata zu entfernen, was wenigstens bezüglich der Letzteren auf der
Englischen Admiralitätskarte bereits geschehen ist.
Müssen wir aber auch das vielgesuchte Wunderland östlich
O. NACHOD, EIN UNENTDECKTES GOLDLAND. 451
von Japan, ähnlich wie es mit so manchem andrem Eldorado schon
geschehen, in das Gebiet der geographischen Sagen verweisen, so hat
es dennoch Reichtümer für den Menschen gezeitigt, allerdings nicht
n Form von klingendem Metall, wol aber auf geistigem Gebiete,
durch die Verbreitung der Kenntniss von unserer Erde, welche die
damit verknüpften Entdeckungsreisen bewirkten, ein Vorgano-,
welcher sicherlich eine Vermehrung des Vermögens der Menschen
im allgemeinen bedeutet.
I
SUPPLEMENT . ^^, 3
DER
"Mittiif.ilungen" der Deutschen- Gesellschaft für Natur-
UND \ ölkerkunde Ostasiens.
, DIE
SPRICHWÖRTER
UND
BILDLICHEN AUSDRÜCKE
DER
JAPANISCHEN SPRACHE.
GESAMMELT, ÜBERSETZT UND ERKLÄRT
VON
P. EHMANN.
{ALLE RECHTE VORBEHAL TEN.)
->*4-
TOKYO,
Druck der Tokyo Tsukiji Type Foundry.
1897.
Vorwort.
All Arbeiten, die auf Jni^an Bezug haben, herrscht bekanntlich
durchaus kein Mangel ; eine um so auffallendere Thatsache ist
es, dass den japanischen Sprichwörtern bisher eine verhältniss-
massig ziemlich geringe Aufmerksamkeit zu Theil geworden ist,
und dass sich niemand der ebenso anziehenden als dankbaren
Aufgabe unterzogen hat, eine Sammlung davon zu veranstalten.
Unsere Kenntnisse über dieses Land haben in den wenigen
Jahrzehnten, die seit seiner Wiedereröffnung verflossen sind,
durch ungemein zahlreiche grössere und kleinere Arbeiten eine
ausserordentliche Bereicherung erfahren; wer sich davon über-
zeugen will, wie erstaunlich die Litteratur über Japan auf den
verschiedenartigsten Gebieten in dieser Zeit angewachsen ist,
braucht nur die Wenc^siern' sehe Bibliographie^^ zur Hand zu
nehmen, die 338 Seiten stark ist, obwohl sie nur die Zeit von
1859 bis 1893 umfasst, und sie mit der, in demselben Werke
als Anhang abgedruckten "Bibliographie japonaise" von Leon
Pages zu vergleichen, die alle von der Mitte des 16. Jahr-
hunderts bis z. J. 1859 erschienenen Werke und Aufsätze enthält,
aber doch nur 68 Seiten füllt.
Um so mehr muss es, wie gesagt, auffallen, dass noch immer
keine einzige Sammlung der japanischen Sprichwörter existirt,
d. h. eine Sammlung, die diesen Namen wirklich verdiente.
Es sind zwar mehrfach japanische Sprichwörter und sprich-
wörtliche Redensarten gesammelt und veröffentlicht worden ;
zuerst während der Jahre 1871-1873 von einem ungenannten
Sammler in der monatlichen Zeitschrift " Phönix '^^; darauf in
1) A Bibliography of the Japanese Empire, compiled by Fr. von Wenckstern.
Leiden, 1895.
2) Bd. II, S. 127-128, 151-152 und 191; Bd. III, S. 30-31 und 199.
11
diesen " Miuheilungen " von A. von Knobloch (1874)*^ und
A'. Lange (zwischen 1875 und 1880/', endlich 1881 von M. C.
Harris in der inzwischen gleich dem " Phönix " längst einge-
gangenen Monatsschrift " Chrysanthemum"^'. Aber die Zahl
aller dieser Sprichwörter, die lange Zeit die einzigen blieben,
die ausserhalb Japans bekannt wurden, war nur gering ; sie
beträgt, die zahlreichen Wiederholungen abgerechnet, und mit
Einschluss von etwa 160 Sprichwörtern, die schon in der
zweiten Auflage (1872) des japanisch-englischen Wörterbuchs
von J. C, Hcpbiirn enthalten sind^\ nur 370. Hierzu kamen
später noch 25 Sprichwörter, die sich theils in B, H. CJiaui-
berlains " Romanized Japanese Reader" (1886), theils im 1888
erschienenen "Handbook of Colloquial Japanese" desselben
Verfassers finden (Wiederholungen älterer Sprichwörter ebenfalls
ungerechnet), sowie endlich 388 von mir 1893 in diesen
" Mittheilungen "^^ veröffentlichte Sprichwörter und sprichwört-
liche Redensarten, die (bis auf 30, die schon in der 2. Auflage
des Hepburn'schen Wörterbuchs, aber noch in keiner andern
Sammlung standen) bis dahin unbekannt waren. Der Voll-
ständigkeit wegen sei auch noch die 1895 in den Transactions
der "Japan Society" in London von N. OkosJä unter dem
Titel " Japanese proverbs and some figurative expressions of
the Japanese langiiage " veröffentlichte kleine Sammlung erwähnt,
die aber ziemlich werthlos ist, da die darin enthaltenen Sprich-
wörter fast ausschliesslich aus längst bekannten bestehen, und
sich auch unter den " figurative expressions " nur sehr wenig
Neues befindet®^
1) Bd. I, Heft 4, S. 23-26.
2) Bd. I, Heft 8, S. 50-52; Heft 9, S. 59-60; Heft 10, S. 34-37; Bd. II,
Heft 20, S. 415-421.
3) Bd. I, S. 41-45. 87-91, 222-225 und 347-349-
4) höchst wahrscheinlich auch in der ersten, schon 1867 erschienenen
Auflage, die mir aber nicht zu Gesicht gekommen ist.
5) Bd. VI, Heft 53, S. 70-102.
G) In der Wenckstern'schen Bibliographie sind noch folgende zwei, mir
unbekannt gebliebene Werke erwähnt :
— 111 —
Es sind also, alles in allem, noch nicht 800 Sprichwörter
und sprichwörtliche Redensarten, die bis jetzt bekannt geworden
sind. Statt nun aus der von mir im Laufe der letzten Jahre zu-
sammengebrachten Sammlung weitere Bruchstücke mitzutheilen,
hielt ich es für zweckmässiger, einmal alle bisher erschienenen
Sprichwörter zusammenzufassen, und im Verein mit den in
meinem Besitze befindlichen, noch ungedruckten in Form einer
grösseren, alphabetisch geordneten Sammlung herauszugeben,
um so jenem bereits erwähnten, entschieden fühlbaren Mangel,
soweit es in meinen Kräften stünde, endlich abzuhelfen. Diese
nun abgeschlossene und hier vorliegende Sammlung umfasst
etwas über 3000 Sprichwörter resp. sprichwörtliche Redensarten
und Ausdrücke, sodass sie also zum bei weitem grösseren
Theile aus neuem Material besteht, während zugleich die älteren
Beiträge, von vielen Irrthümern befreit, dem Publikum zum
ersten Male sowohl vollständig, als auch in geordneter Form
geboten und damit eigentlich erst zugänglich gemacht werden.
Es ist vielleicht am Platze, über die Natur der beiden
Elemente, aus denen sich die Sammlung zusammensetzt : der
eigentlichen Sprichwörter und der sog. sprichwörtlichen Redens-
arten (von mir als " bildliche Ausdrücke " bezeichnet) hier einige
Bemerkungen einzuflechten. — Der Begriff "Sprichwort " ist sehr
dehnbar, und seine Definitionen lauten daher sehr verschieden.
Mir scheint, dass zu dem Begriffe des echten, eigentlichen
Sprichworts folgende drei Erfordernisse gehören :
i) der Inhalt muss ein allgetneiner Satz sein, der entweder
eine Erfahrung {^* \\q.\xq, Besen kehren gut"), oder eine Meinung,
d. h. ein Urtheil (** ein Sperling in der Hand ist besser als eine
Taube auf dem Dache "), oder auch beides zugleich enthält, wie
z. B. manche in Form einer Vorschrift oder Warnung gegebenen
F. Sarazin, Nihon no kotowa7.a; dictons et proverbes japonais. Paris,
1873. — Leider ist weder Seitenzahl noch Zahl der Sprichwörter angegeben ;
da der Preis aber nur 75 Centimes beträgt, so kann es sich nur um ein ganz
dünnes Schriftchen handeln.
F. Steenackers et Ueda Tokunosuke, Cent proverbes japonais. (Mit Illu-
strationen.) Paris, 1885.
— IV -**
Klugheitsregeln (" man soll den Tag nicht vor dem Abend
loben "), die im Grunde nichts als auf Erfahrung beruhende
Urtheile sind. Dieser, sei es eine Erfahrung, sei es ein Urtheil
entlialtende allgemeine Satz ist sehr häufig (wie in den ange-
führten Beispielen) in der Form eines Bildes gegeben und stellt
dann eine volkstJiüinliche Allegorie dar ; doch giebt es bekanntlich
auch viele Sprichwörter ohne jeden bildlichen Ausdruck (" aller
Anfang ist schwer " ; " Ende gut, alles gut " etc.).
2) ist zum Begriff des echten Sprichworts volksthüniliche
Sprache und feststehende Form erforderlich — womit durchaus
nicht im Widerspruch steht, dass sich von manchen Sprich-
wörtern Varianten finden, da auch von jeder dieser Varianten
gilt, dass ihre Form stehend und nicht der Willkür des
Sprechenden unterworfen ist.
3) dass es /;;/ Volke (sei es im eigenen oder einem fremden)
entstanden ist und im Volksmnnde lebty d. h. vom Volke ge-
sprochen wird, oder doch wenigstens in früheren Zeiten
gesprochen wurde — daher der Name Sprichwort 1 In diesem
voll^sthümlichen Ursprünge, sowie auch in der volksthüinlichen
Ausdruckweise, liegt der Unterschied der echten Sprichwörter
von Sentenzen, Citaten, geflügelten Worten, Sinnsprüchen,
Denksprüchen und anderen Sprüchen, die alle in der Regel
entweder aus Büchern stammen, oder von einzelnen, wenn
auch manchmal nicht mehr nachweisbaren Persönlichkeiten
herrühren, in jedem Falle aber nicht aus dem Volke, sondern aus
den Kreisen der Gebildeten hervorgehen und daher — gewisse
Ausnahmen, zu denen z. B. manche Bibelsprüche gehören, ab-
gerechnet— auch nur in diesen Kreisen bekannt und in Gebrauch
sind.
Die Definition des Spiichworts würde also hiernach lauten:
Ein Sprichwort ist ein im Volke entstandener und umlaufender
allgemeiner Satz in volksthümlicher Sprache und feststehender
Form. — Dagegen haben die sogenannten spricJnv'örtliclien
Redensarten zwar mit den Sprichwörtern die volksthümliche
Ausdrucksweise und feststehende Form, sowie den Ursprung
und lebendigen Gebrauch im Volke gemein, unterscheiden sich
von ihnen aber dadurch, dass sie keinen in sich abgeschlossenen
Satz bilden, dass ihnen mithin ein eigentlicher Inhalt, eine
vvirkh'che Aussage fehlt. Erst dadurch, dass sie zu Sätzen
vervollständigt werden, bekommen sie einen Inhalt, der dann aber,
im Gegensatz zu den Sprichwörtern, nie allgemeiner Natur, sondern
je nach dem besonderen Falle, auf den die Redensart angewendet
wird, verschieden ist. Sie sind immer rein bildlich \xnd können
daher bezeichnet werden als volksthihnlichc Metaphern ("vom Pferd
auf den Esel kommen"; "im Trüben fischen"; " sich mit fremden
Federn schmücken"; "um des Kaisers Bart streiten"); oder als
volkstlii'imliche Gleichnisse ("hungrig wie ein Wolf"; "arm wie eine
Kirchenmaus "; " lustig wie der Fink im Hanfsamen " ; " um eine
Sache herumgehen wie die Katze um den heissen Brei"),
Ich war zuerst etwas im Zweifel, ob ich solche bildlichen
Redensarten mit aufnehmen, oder ob ich die Sammlung auf
die eigentlichen Sprichwörter beschränken sollte. Da aber diese
Redensarten für die Sprache und das Volk nicht weniger
charakteristisch sind als die Sprichwörter, besonders da grade
in ihnen der Eilderreichthum des japanischen Sprachschatzes
uns so recht vor Augen tritt, so glaubte ich sie nicht ausschliessen
zu dürfen ; wozu auch um so weniger Anlass vorlag, als es
nach dem Zeugnisse Wander ^^ keine einzige grössere Samm-
lung giebt, in der eine solche Trennung der Sprichwörter von
den bildlichen Redensarten vorgenommen worden wäre^\
Ein Theil der neuen Sprichwörter und Bilder ist auf münd-
lichem Wege, resp. auf dem der Lektüre gesammelt ; die allermei-
sten stammen jedoch aus folgenden drei japanischen Sammlungen:
1^ in der Vorrede zum ersten Bande seines " Deutschen Sprichwörter-
lexikons", S XI.
^'> Solche Redensarten, die zwar idiomatisch sind, aber nichts Bildliches
enthalten, wie z. B. shikata ga nai; o-inachidö-sama ; tachigiki sunt u dgl.
sind nicht berücksichtigt worden, da sie dem durch den Titel der Sammlung
bezeichneten Gebiete nicht angehören. Wenn dennoch einige mit unter-
gelaufen sein sollten, so möge dies mit der zuweilen grossen Schwierigkeit der
Sonderung entschuldigt werden.
VI —
Kotoivasa-gusa {^^), von Kaibar a Kcko (^i^Jf^^). 7 Bde,
erschienen im 14. Jahre Genroku (1701).
Rigenshn {^%%)y von Kinkivacn Slmjin (M^SI±A)- i Bd,
erschienen im 23. Jahre Meiji (i8go).
Kokon Rigenshn (-^-^Mf^l^), von Okamoto Kcichö {^i^^
.f^). I Bd, erschienen im 26. Jahre Meiji (1893).
Es scheint, dass es ausser diesen keine anderen japanischen
Sammlungen von Wichtigkeit giebt ; wenigstens ist es mir trotz
vieler Bemühungen nicht gelungen, mehr ausfindig zu machen.
Es giebt zwar noch einige Sammlungen neusten Datums, wie
Wakan Taisci Kototvaza-gtisa (|D^^® Z. ^ i>5'W) und ein paar
ähnliche im Verlage von Rangivaidö (^^1»^) in Tokyo er-
schienene Werke; sie bieten jedoch theils nur Wiederholungen,
theils Übersetzungen von chinesischen und europäischen, be-
sonders englischen, Sprichwörtern und Sentenzen. — Dagegen
erwies sich als sehr brauchbar das Wakim Shiori (IdHII^)
von Tanigaiva SJiisci (^ill±#), das 34 Bde umfasst und
im 13. Jahre Bunsei (1830) erschienen ist. In diesem Werke,
welches japanische Worterklärungen und Etymologien — letztere
allerdings oft höchst zweifelhafter Art — enthält, finden sich
hier und da zerstreut auch ziemlich viele Sprichwörter und
Redensarten, besonders der älteren Zeit, angeführt. — Ferner ist
mir für chinesische Sprichwörter und Ausdrücke, die sich in
Japan eingebürgert haben, das Kangaku Soknsei i^^^;^'^ von
Naitd Chisö (p9lil;|l), in 2 Bdn im 26. Jahre Meiji (1893)
erschienen, von grossem Nutzen gewesen. Ein anderes, mir
sehr empfohlenes Werk : Seiva Shinasö {\tW^M'W-\ ^^s im
Anfange der Tokugawa-Herrschaft erschienen sein soll, konnte
ich leider nicht auftreiben.
Auch die bekannten Wörterbücher von Hepbunif Gubbins
und BrinkUy habe ich sorgfältig und mit nicht geringem Gewinn
für die Sammlung durchgesehen. Zwar erwiesen sich die
darin vorkommenden eigentlichen Sprichwörter sämmtlich als
solche, die die Sammlung schon enthielt ; dagegen verdanke
ich diesen Werken — besonders dem Gitbbins^ sc\\Qn — eine Reihe
Vll
von bildlichen Ausdrücken, die dem Sinico- Japanischen ange-
hören, während das Wörterbuch von Hepbiini und besonders
das neue, im October 1896 erschienene " Unabridged Japanese-
EngHsch Dictionary " von F. Brinkley, F. Nanj'd und Y. Izvasaki
mir eine grössere Anzahl von in der Sammlung noch nicht
vorhandenen rein japanischen Redensarten lieferte.
Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass die Sammlung
weit davon entfernt ist, auch nur annähernd vollständig zu sein, da
sich Vollständigkeit auf einem solchen Gebiete niemals erreichen
lässt, besonders wenn es noch so wenig bearbeitet worden ist,
wie das vorliegende. Dass vor allem die Zahl der bildlichen
Redensarten weit grösser sein muss als die der in dieser Sammlung
vorhandenen. Hegt auf der Hand ; insbesondere sind die zahl-
reichen rein poetischen Ausdrücke dieser Art fast ganz unberück-
sichtigt geblieben. Jedenfalls aber ist damit, dass nun eine
gedruckte Sammlung vorliegt, der erste Schritt gethan, und eine
Grundlage gegeben, auf der weiter gebaut werden kann. Es
lässt sich jedoch, trotz der dieser Sammlung nothwendigerweise
anhaftenden grossen Unvollständigkeit, wohl annehmen, dass
sie, was die eigentlichen Sprichwörter betrifft, den grössten Theil
der in wirklichem, allgemeinem Gebrauch befindlichen bereits
enthalten dürfte, und dass die bei weitem überwiegende Mehrzahl
der noch ungesammelten solche sein werden, die veraltet, oder
auf bestimmte Localitäten oder Berufsklassen beschränkt sind, oder
endlich dem Dialekt angehören. Denn es liegt kein Grund vor,
anzunehmen, dass es sich in dieser Hinsicht mit den japanischen
Sprichwörtern anders verhalten werde als z. B. mit den deutschen :
die Zahl der Sprichwörter, die allgemein bekannt sind und in
jedem Munde leben, ist verhältnissmässig seJir klein, wie schon
ein Blick in eine grössere Sammlung, z. B. das Wander sc\\q.
"Sprichwörterlexikon", dieses Wunderwerk eines leider gar
zu kritiklosen Sammelfleisses mit seinen rund 225000 deutschen
und 75000 sinnverwandten fremden Sprichwörtern und Volks-
redensarten lehrt. " Bei weitem die wenigsten Sprichwörter
gehören dieser Classe an " (Wander).
VIU
Was die äussere Form der japanischen Sprichwörter belrifift,
so erlaube ich mir hier einige Bemerkungen zu wiederholen,
die ich bereits in der Einleitung zu den früher von mir in den
"Mittheilungen" veröffentlichten Sprichwörtern gemacht habe.
Die Sprache ist z, Th. die heutige Umgangssprache, z. Th. die
Schriftsprache. Bei Sprichwörtern der letzteren Art behält man,
auch wenn sie in mündlicher Rede gebraucht werden, die die
ältere Form der Sprache darstellende Schriftsprache bei, ähnlich
wie sich in manchen deutschen Sprichwörtern ältere Wortformen
und Wendungen im Volksmunde lebendig erhalten haben, z. B.
" wie die Alten siingeii, so zwitschern auch die Jungen "; " niemand
kann ^xueen Herren dienen"; '^ gut Ding will Weile haben'' ;
''gebranntes Ä7;z<r/ scheut das Feuer"; '^ %ves Brot ich esse, des
Lied ich singe " u. dgl.
Es liegt nahe, zu folgern, dass die der Schriftsprache
angehörigen Sprichwörter (es ist hier nur von den einheimischen
Sprichwörtern die Rede, nicht von denen, die aus dem Chi-
nesischen in die Schriftsprache übersetzt worden sind) älteren
Ursprunges sind, als die Sprichwörter, die die Form der heutigen
Umgangssprache haben ; doch muss ich dahingestellt lassen,
inwieweit diese Vermuthung zutrifft.
Ich weise noch auf die eigen'. hümliche Willkür im Ge-
brauch oder Nichtgebrauch der Partikeln toa, ga und wo hin,
die sich manchmal sogar innerhalb eines und desselben Sprich-
wortes findet, z, B. Jiotoke tsukurite ine wo akenu ; liito wo mite
hö toke ! \\. ?i. Für die Anwendung oder Nichtanwendung dieser
Partikeln ist ein gewisses dem Geist der japanischen Sprache
eigenthümliches Gefühl für Rhythmus entscheidend gewesen,
das wa, ga und loo überall da weggelassen hat, wo es das rhyth-
mische Gleich<jewicht störte. — Eine ähnliche scheinbare Willkür
ist es, wenn 7. B. in demselben Sprichwort Formen wie noburu
und nobiru {issun nobiireba shaku nobirii), oder tsumorite und
tsumotie {inizu tsumorite fucJii to nari, gaku tsumotte kcn to narii)
neben einander vorkommen — ebenfalls in Folge eines gewissen
dem japanischen Ohre eigenthümlichen Gefühls für Wohlklang.
IX
Sehr oft zeigen die Sprichwörter, die ja alle ihrer Natur
nach poetisch sind, auch poetische Form, und bestehen dann
gewöhnlich aus zwei Theilen (Versen), die entweder beide
7 silbig sind, oder von denen der eine 7, der andere 5 Silben
hat. (Bekanntlich kennt die japanische Poesie eigentlich nur
Verse von 5 oder 7 Silben ; solche von 4, 6 oder 8 Silben
kommen nur ausnahmsweise, als Unregelmässigkeit, vor, etwa
wie bei uns unter 5 füssigen jambischen Versen auch wohl
einmal ein 6 füssiger mit unterläuft.) Beispiele der ersten Art
(7, 7) sind :
Onore zao semete \ Jiito ivo semnricna !
Aku zvo mitaraba, \ tacJiiviacJii sakeyo !
Mizu no nagare to \ hito no yiihisue.
Tori iva tatedomo 1 ato zoo nio-osazii.
1 O
Nani iva iya imri, \ ovioit 2va narazii.
Mits7{cro zuo kikite I asase zvo zvatam.
O 1
Beispiele dieser Art sind sehr häufig. Noch häufiger findet
sich ein 7silbiger Vers, gefolgt von einem 5silbigen :
Wataini sekai ni \ oni zva nasJii.
Hana ?ii arashi no \ sazuari ari.
Shi zvo tsukuru yori \ tu zco tsnkurc !
Kikite gohirakii, \ mite jigoku.
ho 110 azvabi no \ kata-omoi.
Oya zva naknte mo \ ko zva sodatsu.
Setsnnai toki no \ kami-danonn.
Yabu zvo tsiitsnkite j liebi zvo dasit.
Yome to shütovie^ ', | sani to inii.
Kiji mo nakazuba, \ utaremaji.
Kokoro no oni ga \ mi zvo semcnt.
Ato zva no to nare, \ yama to nare /
u. s. w. u, s. w. — Weit seltener dagegen ist der umgekehrte Fall
(5, 7)) als Beispiele mögen dienen:
Ami naknte \ fiicJd ni nozomnna !
Yoki hana zva \ yoki mi zvo motanu.
^) Lange Vokale zählen als Dappelsilben.
Hieraus erklären sich auch viele der oben erwähnten Un-
regelmässigkeiten, wenn auch keineswegs alle. So z. B. müsste in
Mizu shirizokite \ ishi hitnt
in der Umgangssprache nach niizu, und ebenso nach isJii die
Partikel ga stehen ; ferner müsste es statt shirizokite (jetzt
sJiirizoite) : sJdrizokeba, und statt iznrn : dem heissen — dadurch
würde aber die poetische Form vollständig zerstört werden.
In dem schon angeführten
Hotokc tsiikurite \ me zvo akemi
würde der Anfang in heutiger Prosa Jiotoke %vo tsiihitte lauten ;
da es aber ein \''ers ist, so fällt wo dem Versmass zu Liebe aus,
und statt der Form Isiikutte, die in einem Verse undenkbar
wäre, steht die alte und daher poetische Form tsukiiritc. In
Hana wa saknra iii \ Jiito zva bnshi
ist das ziemlich überflüssige ni offenbar nur dem Versmass zu
Liebe hinzugefügt, u. dgl. mehr.
Der Gedanke, dass manche, wo nicht die meisten dieser
metrischen Sprichwörter Reste alter Gedichte (besonders von
tanka, oder iita schlechthin) sein möchten, liegt zwar nahe ;
doch dürfte er nur in sehr wenigen Fällen zutreffen. Es giebt
allerdings einige Sprichwörter, die aus Gedichten stammen ;
man merkt ihnen aber diesen Ursprung, der sich gewöhnlich
schon durch Unregelmässigkeiten der Wortstellung verräth,
sehr leicht an ; sie gehören daher, streng genommen, nicht zu
den echten Sprichwörtern, die immer unmittelbar aus dem
Volksmunde hervorgegangen sind, also einen durchaus selb-
ständigen Ursprung haben und nicht erst anderswoher abgeleitet
sind. Ein Beispiel für ein solches, das Überbleibsel eines iita,.
und zwar sehr alter Zeit, darstellendes Sprichwort ist :
Naniiva no asJii mo \ Ise de Jiamaogi.
Aus neueren, sog. hayari-itta (*' Modeliedcrn", d. h. Volksliedern)
stammen beispielsweise :
Saita saknra ni \ naze kouia tsnnagn ?
YaJiari no ni oke \ rcngesö^^ /
^) fi am Ende einer Silbe wird als besondere Silbe gerechnet.
Sakuragi zvo \ kudakite mite iiio \ Jiana zva nasJii
— wovon das letzte Beispiel der Form nach das vollständige
kaniinohi eines tanka bildet.
Eine andere die Form betreffende Eigenthümlichkeit ist
der mitunter vorkommende Parallelisinus der Glieder, d. h. die
Wiederholung desselben Gedankens in ähnlicher (parallellau-
fender) Form ; eine Wiederholung, die bekanntlich der he-
bräischen Poesie besonders eigenthümlich ist, und auch in der
chinesischen, sowie in der rein japanischen (classischen) Poesie
als tsuikii eine ziemlich grosse Rolle spielt. Bei den chinesischen
Sprichwörtern ist diese Form beinahe die Regel, und es findet
sich daher unter den aus China stammenden, durch einen Stern
(* — siehe weiter unten) bezeichneten Sprichwörtern der Sammlung
eine grosse Zahl von solchen Beispielen, Rein japanische
Sprichwörter dieser Art sind jedoch ziemlich selten ; als Beispiele
seien angeführt :
Kyoto HO y 11 Ute, Osaka no yinnc.
Köri zvo cJiiribavii, vdzit ni egaku.
Kabe ni iniiid ari, sJidji ni me ari.
Uwo xva mizn ni sunde niizu zvo nigosJd, tori zva
ki ni siinde ki wo karasn.
Es ist sogar noch sehr zweifelhaft, ob nicht auch die soeben
angeführten Beispiele, wenigstens die drei letzten, ihren Ursprung
in China haben.
Dagegen i>t eine andere, ebenfalls die Form betreffende
Eigenthümlichkeit ebenso häufig als echt japanisch : die Vor-
liebe für Wiederholung desselben Wortes oder derselben Silbe,
sowie für Verbindung ähnlich klingender Wörter oder Silben.
Es Hegt hier dasselbe Motiv vor, dem auch so viele deutsche
Sprichwörter und Redensarten ihren Urs[)rung und ihre
Beliebtheit verdanken : die Freude am Klange ; nicht nur als
Klang an sich, sondern auch als Hilfsmittel zur Verstärkung des
Sinnes.
Beispiele für Wiederholung desselben Wortes sind, neben
vielen anderen :
XU
Mukaslii lua vmkashi, iuia iva inm.
AsJiiia lua asJiita no kaze ga fuhi.
Atarii 1110 hakke, atarami ino hakke.
Mochi iva mocJiiya.
Mocldya mochi kuzvazu.
lya iya, savibai jüsavibai.
BaucJtö ni itc BancJiö shirasu.
Als Beispiele für Verbindung ähnlich klingender Wörter
seien angeführt :
Kiiso 1110 misü ino issJio.
Mi areba iiwi ari.
Totta ka mita ka ?
Tanki wa sonki.
Rö shitc kö nashi.
Nicht sehen kommt auch gradezu mwrw^'ifr Gleichklang vor :
Kowashi initashi.
NagasJd inijikashi.
lyashi zva kuyasJii.
Gakiisha nutshaknsha.
Dainashite nio snkasJnte ino.
Hito ni zva säte iniyo, nnia ni tva nottc iniyo !
Weniger häufig als die Wiederholung desselben Wortes ist
die Wiederholung derselben Silbe; daneben kommt auch die
Verbindung ähnlich klingender Silben vor, sowohl solcher mit
demselben Consonanten (Allitteration), als solcher mit demselben
Vocal (Assonanz). Dabei ist jedoch zu bemerken, dass reine
Allitteration (Stabreim), wie z. B. :
Knchi kara Köya e ynku
äusserst selten ist, ebenso wie reine Assonanz. Da auch die
Wiederholung derselben Silbe selten ganz rein auftritt, so
handelt es sich in den allermeisten Fällen um ein eigen-
thümliches Gemisch aus allen dreien, also um Silbenwiederholung
als Haupterscheinung, verbunden mit allitterirenden und as-
sonirenden Nebenerscheinungen, wie folgende Beispiele zeigen
mögen :
— Xlll —
Oya HO kokoro ko shirazu.
Kusiiri kiisöbai.
Oya ni niini. ko oniko.
Nokutc nanakiise.
Ne'nihni ni vii.zu.
Erwähnt sei noch, dass Wortspiele in den japanischen
Sprichwörtern zwar auch vorkommen, aber keineswegs so häufig,
wie man vielleicht anzunehmen geneigt sein sollte. Da sie in
jedem einzelnen Falle erklärt worden sind, so kann auf die
Anführung von Beispielen an dieser Stelle verzichtet werden.
Nach ihrem Ursprünge zerfallen die Sprichwörter und
Redensarten der Sammlung in zwei Arten : solche, die im Lande
selbst entstanden und also rein japanisch sind, und solche, die
aus China stammen. Die Zahl der zweiten Art ist bekanntlich
sehr gross, und sehr viele davon, die schon in uralter Zeit
herübergewandert sind, haben sich in Japan so vollständig ein-
gebürgert, dass man ihren fremden Ursprung kaum noch
empfindet, während die übrigen erst in späterer Zeit in Japan
eingeführt und daher nicht in den Volksmund übergegangen
sind, sondern nur in der Schriftsprache angetroffen werden.
Bei diesen letzteren bin ich — während sonst für diese Samm-
lung der Satz : " all is fish that comes to net " massgebend
war — mit einifjer Auswahl verfahren, und habe nur solche auf-
genommen, die als besonders charakteristisch und repräsentativ
gelten können. — Es schien mir begreiflicherweise wünschens-
werth, in der Sammlung alle ursprünglich chinesischen
Sprichwörter und Redensarten von den rein japanischen zu
unterscheiden, und sie zu diesem Zwecke durch einen Stern (*)
kenntlich zu machen ; doch bemerke ich ausdrücklich, dass
diese Unterscheidung nicht vollständig durchgeführt werden
konnte, da es manchmal sehr schwierig ist, mit Sicherheit zu
entscheiden, was echt japanisch und was aus China eingeführt
ist. Ich habe daher nur danii einen Stern gesetzt, wenn über
den chinesischen Ursprung- kein Zweifel möglich war, ohne
IT ö O '
jedoch damit die Sicherheit zu übernehmen, dass sich nicht auch
XIV
unter den Sprichwörtern und Redensarten, die mit keinem
Stern bezeichnet sind, noch solche befinden mögen.
Was die Übersetzung betrifft, so habe ich mich immer
möglichst genau dem japanischen Text angeschlossen, auch da,
wo eine weniger genaue, aber idiomatischere Übersetzung nahe
lag. Dies glaubte ich besonders im Interesse derer tlmn zu
müssen, die die Sammlung als Hilfsmittel beim Studium der
japanischen S[jrache benutzen wollen. Trotzdem, glaube ich,
wird man im allgemeinen finden, dass die Übersetzung immer
noch lesbar ist, und dass es mein Bestreben war, sie bei mög-
lichst engem Anschluss an die japanische Construction doch
von gezwungenen Wendungen so weit als möglich frei zu halten
— ein Ziel, das zu erreichen mir, wie ich gern gestehe, manchen
Stosseufzer gekostet hat. Wörter, die im japanischen Text
nicht stehen, die ich aber der grösseren Deutlichkeit wegen
hinzugefügt habe, sind gewöhnlich in Klammern eingeschlossen.
Ausserdem habe ich überall, wo es nöthig schien, ErläiLterungen
hinzugefügt — wobei allerdings in vielen Fällen nicht ausge-
schlossen ist, dass das Sprichwort ausser der angegebenen auch
noch andere Bedeutungen haben mag ; ferner habe ich, wo nur
irgend möglich, sinnverwandte deutsche Sprichwörter angeführt.
In den meisten Fällen ist es mir allerdings leider nicht gelungen,
ein entsprechendes deutsches Sprichwort ausfindig zu machen,
was aber meiner Meinung nach nur an meiner beschränkten
Kenntniss des deutschen Sprichwörterschatzes liegt ; denn ich
zweifle nicht daran, dass es für jedes japanische Sprichwort (es
ist hier nur von den Spriclnvörtern, nicht von den bildlichen
Ausdrücken die Rede) irgend ein ähnliches deutsches Sprich-
wort geben wird, und umgekehrt. Dies gilt natürlich nur von
Sprichwörtern, denen eine allgemein menschliche Bedeutung
zukommt, nicht aber von solchen, die sich nur auf bestimmte
locale Verhältnisse oder sociale Zustände beziehen. Ein
Sprichwort wie z. B. Komika sangö mottara ninko ni yukuna /
(wenn du auch nur noch drei Mass Kleie hast, so werde kein
Adoptivschwiegersohn !) ist selbstverständlich nur in einem
XV —
Lande mit den Familieneinrichtungen Japans denkbar. — Der
Fall freilich, dass sich ein Sprichwort der einen Sprache mit
einem der anderen vollständig deckt, ist verhältnissmässig nicht
häufig. Gewöhnlich decken sich die Sprichwörter nur theilweise :
ein Theil der Bedeutung des japanischen Sprichworts steckt zwar
in dem deutschen (oder umgekehrt), der andere Theil aber nicht,
sondern dieser ist in einem zweiten, oder auch noch mehreren
anderen Sprichwörtern enthalten.
Ich möchte hieran noch die allgemeine Bemerkung knüpfen,
dass ein grosser Theil des Reizes, den die Beschäftigung mit
den Sprichwörtern einer fremden Sprache und ihre Vergleichung
mit denen der eigenen hat, darin besteht, dass man sich
dabei der allem menschlichen Denken zu Grunde liegenden
Übereinstimmung so recht bewusst wird. Auf der anderen
Seite liegt der Reiz dieser Sprichwörtervergleichung wieder
gerade in der äusserst charakteristischen Verschiedenartigkeit
der in den meisten Fällen der Welt des Concreten entnomme-
nen Ausdrucksmittel für denselben Gedanken.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch darauf hinweisen,
dass die mehrfach geäusserte Meinung: der japanischen Sprache
.seien Personificationen jeder Art, seien es Personificationen concre-
ter oder abstracter Dinge, ihrem Wesen nach durchaus fremd und
gehörten daher zu den allerseltensten Ausnahmen, durch die japa-
nischen Sprichwörter und Bilder aufs entschiedenste widerlegt
wird. Schon dass überhaupt Ausnahmen zugegeben werden, ist in
diesem Falle ein höchst verdächtiger Umstand. In einer Sprache,
die ihrer ganzen Natur nach angeblich keine Personificationen
kennte, wären solche ganz vereinzelt dastehenden " Ausnahmen "
einfach unbegreiflich ; sie wären eine so heterogene Erscheinung,
dass einem nichts übrig bliebe, als sie für unechte Eindringlinge zu
halten. I^s wäre auch schwer verständlich, warum bei der aus-
gesprochenen Vorliebe der japanischen Sprache für Bilder grade
diese eine Kategorie — die Verbildlichuno- von Dingen ins Mensch-
liehe — fehlen sollte. Es verhält sich mit dieser angeblichen
Abneigung gegen Personificationen wie mit jener anderen,
XVI
ebenso fraglichen, aber bei vielen ebenfalls gradezu zum Axiom
gewordenen Behauptung : der Japaner denke " unpersönlich,"
während der Europäer " persönlich " denke — in beiden Fällen
kommt man bei näherer Prüfung zu dem Resultat, dass man
es mit haltlosen Theorien zu thun hat, die mit der thatsäch-
lichen Erfahrung in vollständigem Widerspruch stehen. Was
zunächst die zuletzt erwähnte Behauptung betrifft, so beruht sie,
bei Lichte besehen, lediglich auf der VerwechsLiUg der gram-
matischen Form mit dem geistigen Inhalt. Der Japaner denkt
selbstverständlich genau ebenso persönlich wie irgend ein
anderer Mensch ; die Person ist auch in den Fällen, wo das
" ich " u. s. w. in der Sprache nicht ausgedrückt ist, ebenso
lebendig in seinem Bewusstsein, wie in den Fällen, wo die
Sprache von ihren so überaus reichen Mitteln, die Person, und
nicht nur die blosse Person, sondern auch das Verhältniss, in
dem sie zu dem Sprechenden steht, bis auf die feinsten Unter-
schiede auszudrücken, Gebrauch macht. Oder soll man etwa
glauben, dass der Japaner, wenn er sagt: tegaini zuo kaite im,
im Sinne von unserm deutschen " ich schreibe einen Brief", dies
nicht persönlich empfinde, sondern nur als ein ganz leeres,
unpersönliches, in der Luft schwebendes " einen Brief schreiben",
nur weil zufällig die wörtliche Übersetzung ins Deutsche nichts
auf eine bestimmte Person Bezügliche aussagt ? Soll deswegen,
weil tcgavii wo kaite im unter Umständen auch "du," " er " etc-
"schreibt einen Brief" bedeuten kann, der Japaner mit diesen
Worten die Vorstellung des " ich," oder des " du," " er " etc. je
nach dem Falle, nicht ebenso deutlich verbinden können wie wir,
wenn wir das Pronomen durch ein besonderes Wort ausdrücken ?
Oder wenn ein japanisches Kind sagt : liara ga itai — " der
Bauch thut weh "; ist dies weniger persönlich empfunden und
gemeint, ;ds wenn ein deutsches Kind sagt : mir thut der (cder
noch persönlicher : iiiciii) Bauch weh — nur weil im Deutschen
die Person durch ein besonderes Wort ausgedrückt ist, im
Japanischen aber niclit ? Was wäre das für eine sonderbare
Sprache, was (ür noch sonderbarere Menschen ! Mit demselben
XVIl —
Rechte könnte man behaupten, dass ein Deutscher, der die
üble Gewohnheit hat, in Briefen das " ich " regelmässig weg-
zulassen, deswegen aufgehört habe, persönlich zu denken.
Vielleicht bringen wir es, wenn die soeben erwähnte Art von
Stil noch weiter überhand nimmt, schliesslich dahin, dass wir
ebenso unpersönlich, d. h. ohne Fürwörter, reden wie die
Japaner — würde aber darum bei uns, selbst wenn die die Per-
sönlichkeit doch nur rein äusserlich bezeichnenden Fürwörter
wirklich wegfielen, auch das Empfinden der Persönlichkeit, das
" persönliche Denken " aufhören ? Daraus, dass der Japaner in
jedem« Falle, wo irgend ein Zweifel entstehen könnte, nie vergisst,
die Person durch ein Fürwort oder durch besondere Verbformen
auszudrücken, geht doch deutlich genug hervor, dass er sich
auch da, wo er es nicht thut, weil er es nicht für nöthig hält, und
es auch in der That nach seinem Sprachgebrauch nicht nöthig ist,
der Person deshalb nicht weniger klar bewusst ist. Es wird wohl
niemand behaupten, dass die Griechen und Römer, die doch von
den persönlichen Fürwörtern als Subjekt im Satze einen noch weit
sparsameren Gebrauch machten als die Japaner, deshalb weniger
persönlich gedacht haben als wir ; auch wird sich wohl jeder
aus seiner Schulzeit der wohlbekannten Phrase : " das Subjekt
steckt im Verbum'' erinnern. Warum sollte denn im Japanischen
das Subjekt nicht ebenso gut im Verbum stecken können, selbst
o/iue die äusserliche Differenzirung der Person durch die Endung,
die wir im Lateinischen und Griechischen finden ? Könnte
man nicht sogar, wenn man wollte, ebenso gut behaupten, das
Gefühl für das Persönliche müsse im Japaner stärker entwickelt
sein als bei uns, grade weil er solcher äusseren Hilfsmittel der
Sprache, zwar nicht entbehrt, aber nicht so häufig, nicht so in
jedem Falle bedarf, wie wir?
Soviel üher die Fiction des " Unpersönlichen," dieser
angeblichen "Seele des fernen Ostens",
\\'as die andere Behauptung : die japanische Sprache, resp.
der japanische Volksgeist kenne keine Personificationen, betrifft,
so braucht man nur an die bekannten japanischen Thiermärchen
XVUl —
zu denken, an die Personification von Sonne, Mond, Donner,
Wind, Feuer, Wasser, Erde, ]\Teer etc. im Volksglauben, sowie
an die Rolle, die Fuchs, Dachs {tanuki), Katze, Wiesel, Schlangen
und Drachen darin spielen ; an die zahllosen Verwandlungen von
Körpertheilen, Kleidern etc. in Götter unKoJiki, worin bekanntlich
sogar ganze Inseln als Götter, sowie Thiere, wie Hase, Fasan,
Seebrasse, Krokodile etc. nach Art von Menschen redend und
handelnd auftreten — um die völlige Grundlosigkeit dieser Be-
hauptung einzusehen. Ist doch die älteste japanische Religion,
gleich der der indogermanischen Völker, eine Naturreligion,
d. h. ein Naturdienst; selbst Berge und Flüsse, Bäume und
Kräuter^' wurden als die Nachkommen von Göttern angesehen,
und ihnen deshalb göttliche Verehrung erwiesen ; legt doch der
Japaner selbst Pflanzen verschiedenes Geschlecht bei und spricht
von männlichem und weiblichem Bambus {p-take und ine-takc),
von männlichen und weiblichen Kiefern (o-matsu und iiie-matsii),
ja sogar von männlichen und weiblichen Dachziegeln {p-gaivara
und ine-gazvard) ; von Greis- Bambus und Kinderbambus [okina-
dake und cJdgo-dake) u, s. w. Ein neuer Beweis dafür, dass Per-
sonification dem japanischen Volksgcist eine durchaus vertraute
Sache ist, wird, wie schon gesagt, durch die Thatsache geliefert,
dass unter den japanischen Sprichwörtern und Bildern Ver-
menschlichungen von Dingen, sowohl abstracter als concreter
Natur, die Thiere mit eingeschlossen, ebenso häufig, wenn nicht
noch häufiger, vorkommen als bei uns.
Beispiele hierfür sind in der Sammlung überall anzutreffen ;
doch mögen hier aus dem Anfange derselben einige besonders
auffallende — keineswegs alle — angeführt sein: Akire ga rei ni
1) Interessant ist in dieser Hinsicht eine Stelle im Ö-harai no kotoba ,
wonach das göttliche Ahnenpaar ( Takann-mitsidn no mikoio und die Sonnen-
göttin Amaierasii) " die bis dahin redenden Felsen, Bäume und Blätter zum
Verstummen brachte " (nach der Übersetzung von Weiperi im 58. Heft der
" jNIittheilungen "). — Dass der Fuchs in alter Zeit als "Fuchs-Baumgeist"
{Jdtsune-k'-'dama) bezeichnet wurde, steht vielleicht mit dem noch immer so
dunkeln Ursprung der Verehrung des Fuchses als göttliches Wesen (dem
/«<7r/diensl) in Zusammenhang.
XIX
knni ; Akiiji senri ivo Jiasliini, köji vion %uo iderju ; Ari 110
Kivannon-mairi ; Ari no omoi mo tcn iiiadc todoku ; Ashita no
koto luo in to tenjö de nezumi ga tvarau ; Daikai %va cJdri zvo
erabazH ; Demono haremono iokoro kirawazu etc. etc.
Obgleich, streng genommen, nicht mehr in den Rahmen
dieses Vorworts gehörig, sei hier auch noch jener scherzhaften
Verballhornisirung der japanischen Sprichv/örtcr gedacht, die
dem, der mit der Sprache vertrauter ist, wohlbekannt sein
wird. Wie es bei uns nicht wenige Leute giebt, die sich über
gewisse Sprichwörter lustig machen, sie in komischer Art ver-
drehen oder ihnen einen lächerlichen Zusatz geben, der dann
manchmal selbst zum Sprichwort wird, so auch in Japan, in
dessen Bewohnern ja der Sinn für das Komische, die harmlose
Freude am Lächerlichen, ganz besonders lebhaft entwickelt ist.
Ich meine solche Verdrehungen wie z. B. : kommt Zeit, kommt
Konrad — Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste — Alter
schützt vorm Thorweg nicht — mehr Glück als Ferdinand —
Arbeit macht das Leben süss, Faulheit stärkt die Glieder u, s. w.
Folgendes sind japanische Beispiele ähnlicher Art. Statt des
Sprichworts vuiri ga töreba, döri Jdkkonm (wenn die Gewalt
durchdringt, zieht sich das Recht zurück) sagt man, indem
man statt der ursprünglichen Wörter vmri und döri ähnlich
klingende setzt : fnri ga töreba, zöri hikkoniu (wenn der Regen
eindringt, ziehen sich die Strohsandalen zurück — d. h. man
nimmt sie von der Veranda ins Haus). Statt jödan kara hoviina
ga dem (aus Scherz geht Wahrheit hervor) heisst es : liyötan
kara kovia ga deru (aus dem Flaschenkürbis kommt ein Fohlen
heraus) — eine Verdrehung, die selbst zum Sprichwort geworden
ist (man sagt so bei einem sehr merkwürdigen Vorfall ; auch,
wenn jemand sehr lügt). Das Sprichwort dai zva shö wo kaniirii
(das Grosse schliesst das Kleine in sich) wird scherzhafter Weise
folgendermassen ergänzt : dai iva shö zvo kamirii mo, nagainocJn
zva inakura ni narazii (das Grosse schliesst zwar das Kleine in
sich, aber ein Kleiderkasten wird nicht zum Kopfkissen). Noch
ein dem letzten ähnliches Beispiel : nn zua ten ni ari, botamochi zva
— XX —
tana ni ari (das Schicksal Hegt beim Himmel, die Reiskuchen
liegen auf dem Wandbrett). Solche lächerlichen Verdrehungen
sind, wie gesagt, sehr beliebt ; es giebt sogar ganze gedruckte
Sammhmgen davon'\
Zum Schlüsse komme ich noch einmal auf das im Anfange
dieses Vorwortes Gesagte zurück, indem ich wiederhole : den
japanischen Sprichwörtern ist bisher eine verhältnissmässig ge-
ringe, oder besser : eine viel zu geringe Aufmerksamkeit zu
Theil geworden. Auch die, die hier leben, haben ihnen bei
weitem nicht die Aufmerksamkeit geschenkt, die sie, wie die
Sprichwörter eines jeden Volkes, unter dem man lebt, verdienen.
Ist doch die Kenntniss der Sprichwörter eines Volkes in m.ehr
als einer Hinsicht von Interesse und auch von praktischem
Wertlie. Vor allem sind sie ein vorzügliches Mittel, uns un-
mittelbar in die Werkstätte des Volksgeistes einzuführen und
uns mit seinen Anschauungen, seinem Fühlen und Denken
vertraut zu machen. Grade für ein Land wie Japan ist dieses
Mittel von um so grösserem Werthe, als das allerdings noch
weit bessere Mittel : das Studium der Litteratur, besonders
der Volksromane, wegen der ausserordentlichen Schwierigkeiten,
die die Erlernung der Schrift bietet, und da es auch an Über-
setzungen fast gänzlich fehlt, für die allermeisten so gut wie
ausgeschlossen ist. Die japanischen Sprichwörter — um bei diesen
zu bleiben — verstatten uns ferner viele interessante Einblicke in
japanisches Leben, japanische Sitten und japanische Häuslich-
keit ; wir lernen durch sie den glücklichen japanischen Volks-
humor kennen, der sich über alles Missgeschick leicht
hinwegsetzt, und dem doch andererseits eine ernste, oft dü.-tere
Lebensauffassung gegenüber steht. Und nicht nur der Mensch,
auch sein Hausrath, seine Umgebung, die belebte und unbelebte
Natur, der Himmel, das Wasser, die Blumen und Bäume, die
Thiere treten auf, um als Beispiele für Tugenden und Un-
') Man findet solche in der Share- (Witz und Wortspiel-) Litteratur,
z., B. in Werken wie Kangaeinono Senshü (#if^ß|^), Sharc Shiiianjo (iS?'Ua
f^J^'f) und ähnlichen,
XXI —
tutenden, für die wechselnden Launen des Schicksals u. s, w, zu
dienen und so den Volksgeist noch lebendiger zu illustriren.
Selbst für den, der nie in Japan gewesen ist, der aber für
Volksthum, Volksleben und Volksäusserungen einen offenen
Sinn besitzt, müssen die Sprichwörter dieses Landes interessant
und lehrreich sein — wieviel mehr für den, der hier lebt und mit
dem Volke selbst verkehrt ! Eine rechte Volksken ntniss ohne
Kenntniss seiner Sprichwörter und Bilder ist kaum denkbar,
und ganz besonders gilt dies für das japanische Volk, das
seine Sprichwörter in so überaus lebendigem Gebrauch erhält —
vielleicht mehr als irgend ein anderes Volk. Grac'ezu unent-
behrlich ist daher die Bekanntschaft mit diesen Sprichwörtern
für den, der mit dem Volke in dessen eigener Sprache reden
will, besonders wenn er sich die wirkliche Beherrschung dieser
Sprache zum Ziele gesetzt hat. Von einer solchen kann keine
Rede sein, so lange er sich nicht den japanischen Sprich wörtcr-
und Biiderschatz gänzlich zu eigen gemacht hat.
Es bleibt mir noch die angenehimc Pflicht übrig, der Hilfe,
die mir bei der Abfassung dieser Sammlung von japanischen
Freunden zu Theil geworden ist, dankbar zu gedenken. Vor
allem bin ich Herrn Tokunaga Atstishi zu Danke verpflichtet,
der den grössten Theil der Sammlung aufs sorgfälligbte durch-
gesehen hat und mir in sehr vielen zweifelhaften Fällen über die
Bedeutung der Sprichwörter und Redensarten Aufklärung gab ;
auch verdanke ich seitien Mittheilungen eine Anzahl neuer
Beiträge. Ferner haben sich die Herren Nishida Kitaro und
Kambara Sliigesane um die Sammlung dadurch sehr verdient
gemacht, dass sie je einen Theil revidirten und mit werthvoUen
Anm.erkungen versahen. Ebenso bin ich Herrn Dr. Ueda Sciji
für die freundliche Auskunft, die er mir über eine grosse Anzahl
von Sprichwörtern gegeben hat, zu grossem Danke verpflichtet.
In vielen Fällen wurde auch der Rath der japangelehrten Herren
Murakami Chinkya und TakaJiashi Tomie eingeholt, die gleich
den Vorgenannten an dem hiesigen Gymnasium {Kötö Gakko)
Ihätig sind. Auch darf ich an dieser Stelle die mir früher in
XXll
Tokyo zu Theil gewordene Beihilfe der Herren Onmra Jintarö,
Kiigo Geiichd und Tsiiji TakaJiira nicht unerwähnt lassen. Allen
Genannten wird hiermit für ihre freundliche Unterstützung, die
soviel dazu beigetragen hat, den Werth der Sammlung zu
erhöhen, mein herzlichster Dank ausgesprochen !
Bei der Drucklegung, die mit nicht geringen Schwierig-
keilen verbunden war, hat mir unser Ehrenmitglied, Herr
R. Lehnann, der unermüdliche Beförderer aller Interessen der
" Deutschen Gesellschaft ", unausgesetzt mit Rath und That
zur Seite gestanden. Er übernahm niclit nur die mühevolle
und zeitraubende Leitung des Druckes, sondern auch einen
Theil der Correcturlesung ; seiner thätic^en Bemühung ist es in
erster Linie zu verdanken, dass die Sammlung in Bezug auf
äussere Foim so gut ausgefallen ist. Ich bedurfte seiner freund-
lichen Unterstützung um so mehr, als ich vom Druckort weit
entfernt wohne, und es gereicht mir daher zu ganz besonderer
Freude, auch an dieser Stelle anzuerkennen, wie sehr ich Herrn
Lehmann für die Opfer an Zeit und Mühe, die er dieser Sache
gebracht hat, zu Danke verpflichtet bin.
Ich schliesse mit dem Wunsche, dass die Sammlung bei
allen, die an Japan ein Interesse nehmen, eine günstige Auf-
nahme finden möge, und mit der Bitte, mich von etwaigen
Auslassungen, sowie Unrichtigkeiten in der Übersetzung oder
Deutung freundlichst in Kenntniss zu setzen, damit diese Er-
gänzungen und Berichtigungen am Schlüsse als Nachtrag
hinzugefügt werden können. Für eine jede derartige Mittheilung
würde ich aufrichtig dankbar sein.
Kanazawa, im Mai 1897.
P. Ehmann.
A.
I. Abu mo iorazii, Jiachi ino torazii. H i Sit ?>T) ^^ i Hx ?)T' Weder
Bremse noch Wespe fangen.
Wer zweierlei zugleich will, bekommt keins von beiden.
Auch abgekürzt : abii-hachi torazu.
*2. Ahura kazvakite tökzva inessu. -M^^'Z^'Kß.'t Wenn das
Öl austrocknet, geht das Lampenlicht aus.
3. Ahiira zvo torii. vI/^Ixä Das Fett abnehmen.
Jemand den Hochmuth austreiben, ihn in seine Schranken
zurückweisen.
4. Abiira zvo 7iru. \^^%h Öl feilhalten.
Müssig umherlungern ; z. B. von einem Diener, der etwas zu
kaufen ausgeschickt ist und dabei ungebührlich lange ausbleibt.
5. Abura-ase %uo kaku. vtl»f'^t)»< Öischweiss schwitzen.
Sehr angestrengt arbeiten.
6. Abura-fjcnni e hi ga tsnita yö. 'M^^k'oH'^^'tM Wie wenn
Ölpapier Feuer gefangen hat.
Von dem schnellen, unaufhaltsamen Redestrom eines
Schwätzers ; es hört sich an wie das Prasseln und Knattern von
brennendem Oelpapier Auch: leicht in Zorn gcrathen.
7. Abura-itiKshi. v*^ Ölinsekt ("Schabe," Blatta orientalis).
Bezeichnung für einen langweiligen, lästigen Menschen.
8. Ada ni hei wo kasu. 'f/ll-^4-Ä1' Dem Feinde Waffen (od.
Truppen) leihen.
9. Ageashi zvo tont. %^^^h Das aufgehobene Bein er-
greifen.
Die schwache Seite des Gegners benutzen ; besonders sich
beim Wortgefecht einen dem Gegner entschlüpften unbedachten
Ausdruck, Sprachfehler u. dgl. sogleich zu Nutze machen. Vgl.
unser „einem ein Bein stellen."
10. Agcinahi no koro. |!§.Ä^® Die Zeit der agemaki.
In der Kinderzeit. Agemaki heissen die beiden Haarbüschel,
bis auf die der Kopf kleiner Knallen kahlgeschoren wird ; daher
ist ageviaki auch ein Ausdruck für "kleiner Knabe"
11. Ago de Jiac wo oh. JltTÜ^-iS^- Die Fliegen mit dem Kinn
vertreiben.
So matt sein, dass man sich kaum rühren kann ; besonders
in Folge von Ausschweifung.
12. Ago de hito ivo tsiikajt. 'H'CA^'ßi-J- (Die Leute) mit dem Kinn
brauchen (commandiren).
Sehr hochfahrend sein ; den Dienern seine Befehle nur mit
dem Kinn zuwinken.
13. Ago de oi-maivasu. fUTiiüT Mit dem Kinn (die Diener)
umherjagen.
Wie 12.
14. Ago wo hazHshite zvarau. ^l-t^ LX^i^ Lachen, dass man
sich das Kinn verrenkt.
15. Ahiru ga bnnko tvo sJidta yd. B*'''^'f-^WMy:ti- Wie eine
Ente mit einem Bücherkasten auf dem Rücken.
Von kleinen dicken Leuten mit watschelndem Gange.
16. A/nni- ?ii bunko zvo oivashita yö. Ill-^Ü^^Ä^ L?:<ä Als ob
man einer Ente einen Bücherkasten aufgeladen hätte.
Variante von 15.
17. Ahiru no kyalian. ^'^M^ Die Gamaschen der Ente.
Wenn die Ente auch Gamaschen trüge, würde sie doch ebenso
ungeschickt watscheln wie zuvor. Mängeln abhelfen wollen, gegen
die es keine Mittel giebt.
18. Ahö ineiba ni norn. ^^^^^%\'-%h Ein Dummkopf auf einem
schönen Pferde.
19. Aiai, kiai. -w-l:- ^S Es giebt natürliche, es giebt auch
sonderbare Zuneigungen (Liebhabereien).
"Über den Geschmack lässt sich nicht streiten."
— 3 —
20. Aietif kieii. o"^-^!^ Es giebt Verhältnisse, die zu einander
passen (die natürlich sind), aber auch merkwürdige
Verbindungen (die man nicht begreift).
Besonders auf auffallende Ehebündnisse angewendet.
21. Aikivan komogomo itaru. ^iC!^li£^ Leid und Freud
wechseln ab.
22. Aihyö ga koborem. ^5g-ö^'^tl^S Die Liebenswürdigkeit
läuft über.
Sehr liebenswürdig sein.
23. Aita kuchi ni botainocid io^.o-hagi). ^^^1\^\'-Vth^ Ein
Zucker-Reiskuchen in den offenen Mund.
Wenn einem etwas grade recht gelegen kommt ; grade das,
was man sich gewünscht hatte.
24. Alte JiosJiiya! tQ^g^cL-^ (Ich) sehne mich nach einem
Gesellschafter!
Der Zustand, wenn man allein ist und sich nach jemand
sehnt, der einem Gesellschaft leiste. Auch scherzhaft von einem
Streitsüchtigen : er sucht einen Gegner.
25. AiU kaivarcdo mishi kaiuarazu. fflf-f^^c:'±f^ f>T Die Gäste
wechseln zwar, aber der Wirth wechselt nicht.
Was für den einen ein Vergnügen, ist für den andern, der es
immer thun muss, eine Last; ferner mit Bezug auf Streitsüchtige,
Schwätzer etc. : sie streiten oder schwatzen ununterbrochen, bald
mit diesem, l^ald mit jenem ; die Gegner resp. Zuhörer werden
bald müde, imd einer macht dem andern Platz ; sie aber werden
nicht müde.
26. Aiie HO nai kenkwa zva dekinu. 'tB^^J^jrv^Pt'iiUäiJßW Ein
Streit ohne Gegner ist unmöglich.
Scherzhaft gesagt, wenn es an irgend etwas fehlt ; man möchte
z B. eine Reise machen, aber es fehlt am nöthigen Gelde. Ferner
um jede Widerrede abzuschneiden: nun sage nichts weiter, denn
für mich ist die Sache zu Ende; du würdest doch keine Antwort
bekommen. Auch wenn z. B. irgend ein Schaden angerichtet isf
und man nicht weiss, wer es gethan hat, in dem Sinne: man
kann nicht einmal jemand dafür auszanken. In diesem Falle
muss jedoch koik-iü.i ino (statt kcnkzua züq) stehen.
— 4 —
2/. Aimichi zvo iitsit. t0M4»?^'5 Zusammen hämmern.
Jemand in allem Recht geben; ihm zum Munde reden.
28. AJiro 110 invo 110 yb. M^'^^P^^ Wie ein Fisch im
Bambskorbe.
Sich sehr beengt und behindert fühlen.
Aha (Schmutz).
29. Aka ni kmvarete vio shini iva scnu. ^i-:^liH'Ct5€l-ll^W
Man stirbt nicht, selbst wenn man vom Schnmtze auf-
gefressen wird
Scherzhafte Redensart, wenn man z. B. an seiner Kleidung
einen Schmutzfleck bemerkt, oder keine Lust hat, sich zu baden.
AUa (nackt).
30. Aka HO tanin. E^flfcA Ein nackter Fremder.
Ein vollständig Unbekannter.
31. Akahcidaka ni siiru. Hr^lJRl-'f ^ Ganz nackt machen.
Jemand vollständig ausrauben, ihn "vollständig ausziehen."
32. Aka-hvashi IMIi Getrocknete (wörtlich: rothe) Sardine.
Ein von Rost ganz verdorbenes Schwert oder Messer.
33. Akai kokoro. ^»vsC» Ein rothes Herz.
Ein treues, aufrichtiges Herz.
34. Akamhö no ude ivo ncjini. Ir^iS^M't^^ Den Arm eines
Säuglings umdrehen.
Von Dingen, die sehr leicht sind. "Das ist kein Kunststück.''
35. Akarurni ni dasn. bJ^I-uH'T Ins Helle bringen.
An die Öffentlichkeit bringen.
16. Aki no konoha no gotokit. ^O;t:^0ÄiK Wie Blätter im
Herbst.
So zahlreich.
37. Aki no konoha loo chirasu yd. ft'^^^Vül'fit Als ob (der
Wind) die Herbstblätter zerstreut.
So fliehen die Feinde nach allen Seiten.
38. Akidana no Ebisu e o-sonae zvo ageta yd. ^tl^^ibÄ'^-l^
13^'^/'j?±!(t7:-^ 9 Als ob man dem leeren Alter des i:?;«//
(eines der sieben Glücksgötter) ein 0[)fer dargebracht
hätte.
Von jemand, der sich sehr freut. Vgl. 39.
— 5 —
39- Akidana no Ebisu-san mita yö. ^ffi'?>^JtÄ ? ^ %V-\k Aussehend
wie ein Ebisn, dessen Altar leer ist.
Wenn jemand um etwas bittet, etwas gern haben möchte,
macht er ein fieundlich lächelndes Gesicht und sieht dann einem
solchen Ehisii ähnlich.
40. Akika^e ga tatsu. ^^K-^^'^-o Der Herbstwind kommt.
Der Verfall beginnt; "seine Zeit ist um."
41. Akiiiai zva inoto 711 ari. iSoMt^^i:^<'j Der Handel beruht
auf dem Capital.
42. Akinai %va ushi no yodare. iSÄlI'H^^J^ Der Handel ist wie
der ununterbrochen fliessende Speichel des Ochsen.
Beim Handel darf man nie die Geduld verlieren.
43. Akiiiasubi yoine ni kmvaseruna ! '^CiäS^l^l-i^ltti^ ^j: Lass
eine junge Frau nicht akinasubi essen!
Akijiasubi ist eine spättragende Art der Eierfrucht und enthält
wenig oder gar keine Samenkerne; daher die scherzhafte Warnung
für junge Frauen, davon zu essen, weil sie sonst keine Kinder
bekämen.
44. Aklndo ni kcisu nashi. ^K\'~%%^L L Der Kaufmann hat
keinen Stammbaum.
45. Akindo no ko wa soroban no oto de me zvo santasn. ^A'^
^ItilSäOtTB^Äi-t Das Kind des Kaufmanns er-
wacht beim Klange des Rechenbretts,
"Was ein Häkchen werden will, krümmt sich bei Zeiten."
46. Akire ga rei 7ii kum. ^\X'^H^\'-'^h Das Erstaunen kommt
zu grüssen.
Nicht genug, dass jedermann staunt, kommt auch noch das
Erstaunen selbst, um zu diesem ungewöhnlichen Vorfall seine
CoiiTplimente zu machen.
47. Akii wo initaraba tachimachi sakeyo ! W^^V^h\X'^.V-&^) l
Wenn du Böses siehst, so entferne dich sogleich!
48.* Akmjen no iama lua vdgakl-gatasJii. Ms^^U^^liL Der
Edelstein böser Worte ist schwer zu schleifen.
Kränkende Worte lassen sich schwer oder nie wieder gutmachen.
4g. Akuji mi ni tomaru. M%M\-}tth Die bö.e That bleibt
bei dem Thäter.
Sie bleibt in seinem Gewissen, ih:e Folgen suchen ihn heim
u. s. w.
— 6 —
5o.* Ahiji sciiri xvo liashiri, köji inon ivo idczit. M$^^M^i£''J,
■^'^^V^''^\^t Die böse That eilt tausend Ri weit, die gute
That eeht nicht zur Thür hinaus.
Von Bösem wird mehr gesprochen als von Gutem; böse
Nachrichten verbreiten sich schneller als gute. Das Spr. oft auch
in der aljgekürzten Form Akiiji senri.
51. Ahnjo kagavii %vo iitomu. M"^ll^i5feL' Ein hässliches Weib
scheut den Spiegel.
Der Schlechte hasst den Guten, weil durch den Vergleich mit
ihm seine eigene Schlechtigkeit um so mehr hervortritt.
52. Akujo HO fuka-nasake. M^Oi^i'M Das tiefe Gefühl der
hässlichen Frau
Schöne Frauen sind gewöhnlich eitel und lieben nur sich; eine
Frau, die hässlich ist, bemüht sich um so mehr, ihrem Gatten zu
gefallen.
53,* Akujri mo nao sono nti wo oiitou. Mit Ui*-0*<R^/^i> Böse
(bässliche) Thiere lieben ihres Gleichen \\\w so niehr.
Eltern lieben ihre Kinder, auch wenn sie hässlich oder schlecht
sind.
54. Akusai zuci rokujü-nen 110 fit saht. ^SU:^<+¥<^^ft2 Ein
böses Weib ist eine sechzigjälrrige Missernte.
Sechzigjährig=lebenslänglich ; wer ein böses Weib hat, ist sein
Leljenlang gestraft.
55. AkMsen ini ni tsukazu. ^tS:il'^^'T* Böser Gewinn bleibt
nicht bei seinem Herrn.
"Unrecht Gut gedeihet nicht."
56. Ama-ashi ga Jiayai. nS.£*"'-?-i'' Die Füsse des Regens sind
schnell.
Es regnet stark. Ähnliche Ausdrücke sind : kiiino-asJn ga
Jiayai, die Wolken ziehen schnell; hi-asJii ga Jiayai, die Sonne
rückt schnell vorwärts, d. h. es ist schon spät am Tage.
57. Amadare ishi zto iigatsji. WT\^^^ Die Dachtraufe höhlt
den Stein.
58. A^naki mono wa i/nine ni nazumii. "H"d4^iiB(^l*ifet' Süsse
Sachen liefTen einem im Maiien.
Warnung vor zu Ireundlich thuenden Menschen.
59- Amarinioiio iii iva fuku ga am. t^i'J^^^i; (tffii?^*Tf ^ In
übrig gebliebenen Dingen ist Glück
Manchmal ist das, was übrig bleibt, grade das Beste.
60. Amauke-bana. Ml!^^- Eine Nase, die den Regen auf-
nimmt.
Eine Nase mit aufwärts gerichteten Nasenlöchern,
61. Anihni. ^% Salzpflaumen (od. Pflaumensalzung).
Urprünglich nur die Beschaffenheit von Salzpflaumcn (ob zu
stark gesalzen oder zu wenig), dann von Speisen allgemein (z. B.
ob zu lange gebraten oder nicht lange genug) — endlich überhaupt
"Zustand," besonders der Zustand der Gesundheit. (In der
ursprünglichen Bedeu'aing "Salzpflaumcn" werden die Zeichen
jetzt einbai gelesen.)
Aine (Regen).
62. Arne fiiite ji katamaru. W^-^XW^th Wenn es regnet)
wird der Boden hart.
Auf Sturm folgt Ruhe, auf Krieg Frieden etc.
Arne (Himmel).
63. Aine ga shita, %'^'^^ Unter dem Himmel.
Ein Ausdruck für "Japan," oder für "die ganze Welt."
A^iie (Stärkezucker).
64. Arne zvo kinvascru (od. ncbiiniscni). %t^%\^^'k (M^-^^
Stärkezucker zu essen geben.
Jemand schmeicheln.
6s.* Ami nahitc fucJii m nosoimina! WiK\'^\''lt\J^L Gehe
nicht oliiu; Xi tz ans Wasser (wenn du Fische fangen
willst).
Eine ältere Form ist ami nakiitc fucJii na-nozomizo !
66. Ami HO me kam te ga dem. ^^^•^^h^'^^'Ah Durch die
Maschtn des Netzes geht die Hand hindurch (d. h.
kann man die Hand hindurchstecken).
Von unzureichenden Massregeln, die ihren Zueck verfehlen,
gleichwie ein Netz mit zu grossen Maschen zum Fischfang unlaug
lieh ist. Auch : von allen Seiten um etwas gebeten oder angebettelt
werden, als wenn sich durch die Maschen eines Netzes voller
Fische von allen Seiten Hände strecken, so dass man sich ge-
zwungen sieht aufzurufen: ina>ude auii 710 dw kam te ga dem
yo da !
— 8 —
6/. Ajui no ine ni käse famam.'j7i. M^V\\'■.W^v\^'P In den
Maschen eines Netzx's sammelt sich kein Wind.
\^on zwecklosen reniühungcn, Anslrenyungcn, die von vorn
herein vergeblich waren, Dingen, an denen "Malz und Hopfen
verloren " ist.
68.* Ami sJiitc kavie 7Vo toni iva sono kö wo toran oa taute.
liL'Ca^IlK^(i3C-Ol]^4'Ili(f)^t»^■:^l Wer mit dem Netz
Schildkröten fängt, thut es, um Schildpatt zu bekümmen.
Reichthum bringt Gefahr ; wer nichts hat, ist vor Dieben etc.
sicher.
69. An tvo tataite katarii. ^^l^'CpSZ) Reden, indem man auf
den Tisch schlägt.
Sehr nachdrückhch sprechen.
70. Ana ga areba hairitai. 'K'^'^ ^XWtM.'K''] V~^^ Wenn ein Loch
da wäre, möchte man hineinkriechen.
Sich sehr schämen.
71. Anjivu yori tiuni ga yasiii. %\ih l »J ^üu^'^i^^ Kinder ge-
bären ist leichter, als für sie sorgen.
Auch in dem Sinne : es ist leichter, ein Unternehmen ins Leben
zu rufen, als es dauernd in Gang zu halten.
72. AnhoroiHOcIri de Jid wo (od. shin zvo) tatakarcru. ^^^-h
e)?T*S4'(K^)fn'-''n5 Mit einem Kuchen auf dij Backen
(od. ^Q.\\ Hintern) geklopft werden.
Es werden einem Hoffnungen gemacht, die aber nicht in
Erfüllung gehen ; der Kuchen, mit dem man auf die Backen
geklopft wurde, kommt nie in den Mund.
73. Aodatanii wo shiita yd. ^&'^^'%.^^tM Als ob man blaue
Matten ausgebreitet hätte.
Von e'.ner ganz ruhigen, glatten See.
74. Aolli megane zvo kakiireba, bavibiitsu niina aoshi.M^^^^^
JH« < nit',^,#/itff L Wenn man eine grüne Brille trägt,
so ist alles grün.
75. Aohusai mono. ff:^i''^^'(#) Grünriechendes (noch halbrohes)
Gemüse
Ein unerfahrener, unreifer Mensch ; ein "grüner Junge."
^6. Aoiniiite tsnba zvo haku. Wln]i^t'®^-n±< Nach oben
spucken.
Sich durch eigene Bosheit schaden, oder auch: sich in einen
ungleichen Kampf einlassen, der Staatsgewalt trotzen wollen u. dgl.
IJ . Aona lii sJiio no yd. ff^l-li'?>'^ t Wie Salz auf grünes
Kraut.
Wenn das für den Winter einzulegende Kraut mit Salz be-
streut wird, so schrumpft es schnell zusammen und verliert seine
grüne Farbe; ähnlich verhält sich ein junger leichtsinniger Mensch,
wenn ihm von seinem Vater oder seinem Herrn verdiente Vorwürfe
gemacht werden ; er schämt sich und " wird ganz klein."
78. Ao-nisai W^^ Der giüne zweijährige Junge.
Ein unerfahrener, unreifer junger Mensch.
79. Aval kazc ni vio atenu. 3it>''Mr- l'^i"CW (Sein Kind) auch
dem rauhen Winde nicht aussetzen.
Alle Vorsicht und Sorgfalt anwenden (gewöhnlich mit dem
Nebensinn, dass alles umsonst war).
80. Avaine no yd. )^ft€)^9 Wie araine (ein essbarer Seetang).
Groljfädig, nicht fein ; sehr nachlässig gemacht.
81. Avi HO Kzvannon-inairi. ^'^Mj^ta^) Die /we^z/wc/^-Wallfalirt
der Ameisen.
Kwaiinon: Name einer Imddhistischen Gottheit, die Göttin der
Gnade. In dichten Schaaren ziehen.
82. Ari no onioi vio tcn made todoku. lÜ^iSv» t5^ig.@ < Selbst
die Wünsche einer Ameise reichen bis zum Himmel.
83. Avigata-^neiwaku, ^üil^ Die Verlegenheit, für die
man noch danken muss.
Eine Verlegenheit, in die man durch eine vermeintliche Ge-
fälligkeit gesetzt wird.
84. Avisö de nai no ga kam, nasasö de am no ino kane. W^
•} XÄv^0«^'#:. M§ 13T^50^^ Geld ist manchmal
nicht da, wo man es vernmthet; und ist manchmal
da, wo man es nicht vermuthet.
85. Avil te kara koborerii. '^h^'^^hWii^h Es läuft aus der
habenden Hand.
Wer viel hat, giebt auch viel aus.
— lO —
Asa (Morgen).
86. Asa daimoku ni yii nembntsu. ^2S@l-3'iSti5 Morgens und
Abends beten.
Immer dasselbe thun. daimoku ist die Gebetformel der Nichi-
rcnsekte {iiaDiit myöhö ycngc-kyö), ue))ibittsu die der übrigen budd-
histischen Sekten {tiafiiu Aviida Butsii).
Asa (Hanf).
87.* Asa ni tsiireni youiogi. Äl-l^^iX Der Beifuss in Gesell-
scliaft des Hanfes.
Der sonst krumme Beifuss soll dann seine Natur ändern und
gleich dem Hanf grade aufwachsen. Man soll guten Umgang
suchen, um seilest gut zu werden.
88.* Asa HO naka no yoniogi. Ä<^4"^X Der Beifuss im Hanf
Gleich 87.
89 Asai kazva vio fukaku ivatan ! iS«'-'!! i%<iSH Auch (\&\\
seichten Fluss durchsclireite, als ob er tief wäre.
Mahnung zur Vorsicht, auch wo sie unnöthig scheint.
90. Asameshi-mae no o-chazuke. DÜSmi'^^ij'^iÄ Der Reis vor
dem Frühstück.
Etwas, das keine Mühe macht, was leicht zu machen ist,
wie o-cJiazuke : gekochter Reis, auf den Thee gegossen wird, ohne
weitere Zuthaten
91. AsamesJii'Viae no slngoto. l^l5Bil'?)ft^ Die Arbeit vor dem
Frühstück.
Eine sehr geringfügige leichte Arbeit, die man vor dem
Frühstück erledigen kann; "Kinderspiel."
92. Asane no yoimadoi. ^W^^%Ü^ Das Umlierbimimchi des
Langscliläfers am Abend.
93. Asane(i)i)bö no yofnkashi- ^^W^)j'^W^ L Das lange Auf-
bleiben des Langschläfers.
94. Asaoki tva füki no moto. ^^^Vl%m.o:>ii?> Frühaufstehen ist
die Grundlage des Reichthums.
"Morgenstunde hat Gold im Munde."
95. Asaoki zua mitsu toku ari. l/J&^IIHo^.^jiJ . Früliaufstehen
hat drei Tugenden.
— II —
96. Asaokiiva sainiiion no toku ari' I^S^IIH^'?)f§-#)''J Früliauf-
slchcii bringt drei Heller Gewinn.
Parodie von 95.
97. AsJti ga bö ninaita yd. Äf-*#l-;Ä<5f:^9 Als ob die Beine
zu Stöcken (zu Holz) geworden wären.
Von grosser Müdigkeit der Beine.
98. AsJii ga snrikogi ni natta yd. /^« ti^i- ■/■<<: '^■f'--^ 9 Als ob die
Beine zu Reibehölzern geworden wären.
Ahnlich 97 ; wenn ein Reibeholz lange in Gebrauch ist, so wird
es immer kürzer; also gleich unserm "sich die Beine ablaufen."
99. AsJii wo araii. ^'Mk^^ Die- Füsse waschen.
Einen entehrenden Beruf, z. B. den einer Dirne, aufgeben.
100. Ashi wo snkim. ^^Wi- Die Beine wegschöpfen.
Jemand (beim Ringen etc.) ein Bein stellen.
10 1. Ashida züo amu fo a;;ie gaßiru. ^fA^it^'l-^M^'f'^Z Wenn
man die Holzschuhe wäscht (um auszugehen), so
regnet es.
102. Ashida zvo Jiaitc kuhikiri (od. kubittake). /'SSt^^i^'C^'-t)!I<'J
('M'-i^it) Auf Stelzschuhen, bis zum Genick.
Die Bedeutung dieser idiomatischen Redensart ist "ganz und
gar;" sie entspricht je nach Umständen unserm "bis an den Hals"
(in Schulden); "bis über die Ohren" (verliebt) u. dgl.
103. Ashida wo hakii. /'2Sic4>^< Stelzschuhe anziehen.
Auf den Preis des Eingekauften aufschlagen; sich Marktgeld
machen.
104. Ashinioto ga kurai /"STtJ^'Blfi- Vor den F'üssen ist es
dunkel.
In Ungewissheit über seine Lage oder seine Zukunft sein.
105. AsJdvioto kam tori ga tatsu. JST-b' ^.ib*-'*Äo Vor 6qu Füssen
fliegt ein Vogel auf.
Von unerwartet plötzlich eintretenden Dingen-
106. AsJdiiioto HO akanii itcJn. J£Te)n;3a i^tf» So lange es vor den
Fi^issen noch hell ist.
Vor Dunkelwerden; bei Zeiten.
12 —
lo/- Asliinioto 110 akand nchi ni kacru. äT^O^^^ i^t|i|i||i Sich
zurückziehen, so lange es vor den Füssen noch hell
ist.
Seinen Abschied nehmen, bevor einem der Al^schied gegeben
wird
108. Äshhnoto 1V0 uiirn. /S-T^^Ä?» Die Gegend vor den Füssen
sehen.
Die Sachlage erkennen, die Absicht des andern merken ;
"sehen, wie der Hase läuft."
109. Ashimoto wo mite isuke-agaru. ÄT^Ä'C'ftltÄ Beim Sehen
(Merken) der Sachlage (eigtl. der Gegend vor den
Füssen) anspruchsvoll werden.
Wenn 7.. B. ein Kaufmann merkt, dass dem Käufer an einem
Gegenstande ganz besonders gelegen ist und in Folge dessen den
Preis steigert.
HO. Ashita no koto zvo m to tenjd de ncziivii ga warmi. 010 O
^;^5i>;i ^^'CÄ.t/'"^^> Wenn man von dem spricht,
was morgen geschehen soll, so lachen die Ratten auf
dem Dachboden.
111. Ashita zua ashita 110 kaze gafuhi. 55 0 II M 0 0M-'?''i!JC < Morgen
weht der Wind von morgen.
Man soll sich nicht um den anderen Tag Sorge machen; "es
ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hal)e."
112. Asu zva anie-fuii, hito iva dorobd io oinoe ! njJB Hi^Ff'Ji flli
AUiSM^'S'" Für morgen rechne auf Regen, fremde
Leute halte für Diebe !
113. Atama Jiagctc mo iiwaki zua yajiiann. sK^'C lv?MIIltiw
Der Leichtsinn hört nicht auf, wenn der Kopf auch
kahl wird.
"Alter schützt vor Thorheit nicht."
1 14. Ataina soran (od. ivo soni) yori kokoro zvo sorc! ßMlfJ?)^i '■J
(C'^ftlKT- Schere lieber das Herz als den Kopf!
Gilt, wie Korovio %uo soniuru yori kokoro luo soiiiutc yo, zu-
nächst lasterhaften Priestern.
— 13 —
115- Atama wo harn. M.^Wih An den Kopf schlagen.
Sich von untergebenen oder sonst abhängigen Personen einen
gewissen Procentsatz ihrer Einnahme geben lassen.
11 6. Attnua wo kakushite shiri wo kakusazu. 1^4-g L'C^^»® §T*
Wenn man den Kopf versteckt, versteckt man nicht
den Hintern.
Durch irgend etwas verräth man sich doch. Gedacht ist dal^ei
an Fische, die auch vor allem den Kopf zu verstecken suchen,
wobei aber der Schwanz sichtbar bleuet — analog dem "Vogel
Strauss."
117. Atama zuo osacnt. ITx^'^^h (Einem) den Kopf herunter-
drücken.
Ihn demüthigen.
n8. Atauia wo sagcru. El^-T^) Den Kopf beugen.
Sich unter\\"ürfig betragen.
119 Atava hana zuo cJiirasu. '^'^VL^'^h't Die Blumen leider
entblättern.
Von Mädchen, die in der Blüthe der Jugend sterben ; auch von
solchen, die ihre Jungfrauschaft vor der Hochzeit verlieren.
120. Atara kuchi e kaze zuo irerii. "^^Vi^W^XX^h Leider ver-
geblich Wind in (\(tw Mund nehmen.
Wenn alles Reden umsonst, " in den Wind geredet " war.
121. Atavu 7120 hakke, ataranu vio hakke. läh lA%hTSh)oiA^
Manchmal trifft hakkc ein, manchmal nicht.
Hakke, "acht Zukunftszeichen," ist der Name der Kunst, mit-
telst des Legens von Stäbchen zu wahrsagen. Sinn : ein Unterneh-
men kann ebenso gut glücken als nicht ; man soll auf jeden Fall
einen Versuch machen.
122. Atatte kudakero! 'ßTo-Cfit-^ Stosse dagegen und zerbrich !
Erst versuche es, dann urtheile darüber.
123. Atelzoto to Etchn-fundosJii mitkö kam Jiaziireru. 'sT^i Mcf'l?!"]
.j.D'fj^^j Dinge, auf die man sich verlässt, und EtcJiTi-
Lendengürtel werden von der Gegenseite aufgelöst.
Von Hoft'nungen, die fehlschlagen, weil der, auf dessen Beil-
stand oder Versprechen man gebaut hatte, einen im Stich lässt.
Das Spr. beruht auf einem schwer übersetzbaren Wortspiel mit
— 14 —
iitttkö : i) die Gegenseite, d.h. die andere Seite, der andere ; 2)
(in Be-^ug auf den Lendengürtel) die Vorderseite, vorn ; EichTt ist
Name einer Provinz. Die gemeinte Art Lendengürtel wird nicht
hinten, sondern vorn zugebunden. Ebenso ist hazurcrii in dop-
peltem Sinne gebraucht: i) vereitelt werden; 2) sich lösen, auf-
gehen. Das Spr. hat, ausser der obigen, auch die ganz allgemeine
Bedeutung: es kommt oft ganz anders, als man gedacht hat.
124. Ato 710 gan ga saki ni naru. ^<?)Hi^'':5fel-;j5cS Die letzte
Gans (in eineni Fluge von Wildgänsen) wird die erste.
125. Ato 110 matsuri. ''ik'^^ Das nachträgliche Tenipelfest.
" Post festum."
■126. Alo 110 tsuviari. '^^%^) Das Ende vom Letzten,
Das was schliesslich bei der Sache herauskommt ; " das Ende
vom Liede."
127. Ato wa 110 io nare yaina to nare ! ^USf iJ^HUl^j^^x Nach-
her werde es (meinetwegen) ein Feld oder ein Berg.
"Nach uns die Sündfluth !"
128. Ato 2V0 Jdku. ^^ÜK Das Folgende nach sich ziehen.
Immer mehr Ansprüche machen, immer mehr fordern.
129. Atoashi de suna wo kakii. ^/ü.T?ii4'l^( Mit den Hinter-
beinen den Sand kratzen.
Sich aus dem Staube machen, ohne danach zu fragen, was
aus den andern wird; nur an sich denken; ohne Rücksicht auf
andere handeln.
130. Atoha-ra ga yaincru. ^ISS&'^»^^ An Nacluvehen leiden.
Die Folgen seines Leichtsinns tragen; später für die Kosten
aufkommen müssen u. dgl.
131. Atsuniono in korite namasn ivo fitku. Kl-üS") 'C^4'B^<
Wer sich an der Suppe verbrannt hat, bläst a.u( uamasn.
^\a/nas!/ ist ein kaltes Gericht aus Fisch und Essig.
132. Aisusa samusa vio Jdgan made S § ^ § t tSp^: ä; T' Hitze
wie Kälte danern (nur) bis zur Tag- und Nachtgleiche.
n3. iitta tokl fn(od. toki koso) kasa %vo nugc! ^of:BJl-??'^Elf
Nimm zur gelegenen Zeit den Hut ab!
Indem man den breiten, schweren Bambushut abnimmt, macht
man es sich bequem; daher der Sinn: man soll sich keinen un-
nöthigen Zwang auferlegen, insbesondere sich nicht erst lange zum
Essen nötliigen lassen
- 15 —
134- ^'''' ivn tvakare 710 Jiajiuie. "^i^lt^^LOSp*^ Zusammenkom-
men ist der Anfang der Trennung.
135. Awa fuku. ?&'}^< Schaum blasen.
In Vedegenheit, sehr verwirrt sein.
136. Aiva hm. rt,Äi- Schaum essen.
Gleich 135.
Aivahi HO kata-onwi: s. Iso no aiuabi.
137. Aivasemono zm Jianarcmono. -u-tfif^idX^flM^ Was (leicht)
zusammengefügt wird, trennt sich (leicht).
Besonders in Bezu;^ auf manche Ehen.
13S. Äyamachi no kömyö. ii^^^^ Die aus einem Fehler
hcrvordcsrancrene grosse That.
139.* AyashiL'i tvo mite ayashimasareba, sono kzvai onoztikara
messu. 'lf:^4- l.'C 'gJ: S'nit, % tl Ö ^ i^t Wenn man
Wunderbares sieht und sich nicht wundert, hört das
Wunder von selbst auf.
140. AzuJ:ari-nushi zun Jiambun. ?M''J±lt^:^ Der Aufbe-
wahrende hat die Hälfte.
Was man aus den Händen giebt, ist oft schwer wiederzube-
konmien.
141. Ai^inna-oloko ni Kyö-onna. '^M^V-'M.-k Der Mann aus
Azuma (Ost-Japan) und die Fiau aus Kyoto (sind die
besten).
»'►•4«<
B.
142. Baha-sofJachi zva sambyahi-mon yasui. %.WW^\^^'U'X
^^^ Das von der Grossmutter erzogene Kind ist 300
Heller billiger.
Grossmütter verziehen die Kinder
— i6 —
143.* Baka. ^M rferd-Hirscli.
Ein Ausdiuck für "Dummkopf" odnr "Dummheit," der als
Abkürzung von "ein Pferd für einen Hirsch halten'' zu betrachten
ist und darauf beruhen soll, dass in China einst ein mächtiger
Minister, um zu sehen, wie weit seine Autorität reichte, ein Pferd
für einen Hirsch ausgab, wobei niemand ihm zu widersprechen
wagte.
144 Baka i^a tcppö ivo JianasJiita yd na Icao. ^^^^^^BM^V^ttM
UM Ein Gesicht, als ob ein DunimlvO|)f (aus Versehen)
ein Gewehr abLjeschossen halte.
145. Ba/ca ?ii kauiau to hi ga kiinru. ißlSl-IH-^i fl^'-^S Wenn
man auf den Dummen achtet, geht die Sonne unter.
146. Baka ni isickem kiismi ga nashi. .il^l-#Si^o'"M L Gegen
Dummheit giebt es keine Arznei.
147. Baka 710 hitoisu cboe. .fll^O — ^^'^ Der eine Gedanke des
Dunmien.
Er kann nicht zwei Dinge zugleich im Kopfe behalten.
148. Baka 110 kangae yas2ium ni nitari. .l!5{i^#'^l^tM-fÖf: 'J Das
Nachdenken des Dummen gleicht dem Schlafen.
149. Baka no ö gnrai. %%'^:>'k'%^^ Das Vielessen des Dummen.
150. Baka to hasatni zva tsnkai-yö de iigoku. M^i l57Jllß!i'"'P 9
Ti)]< Der Dumme und die Schere bewegen sich, wie
man sie handhabt (wie man will).
15 [. Baka io sölni ni 7va kaienu. .(!Si^iffl^i-lt|^-C« Gegen
Dummheit und gegen den Curs kann man nicht auf-
kommen.
" Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens."
152. Baka yori koivai mono wa nashi. ^M^ "-Jf^Wl^^ltif- L Nichts
ist so zu fürchten wie ein Dummer.
153. Bake Jio kawa ga aratvareru. 4fc^i$t)-"gHns Die Haut
des Gespenstes kommt zum Vorschein.
Das Fell des Fuchses, der menschliche Gestalt angenommen
hatte, wird sichtbar, d. h. der Betrug kommt an den Tag.
— 17 —
154- Bake no kazva zvo arazuasit (od. Jtagii). -ft^^ii^i-Mil-r (IU*)
Das Ffll des Gespenstes (Fuchses) enthüllen (od. ab-
ziehen).
Jemand entlarven ; einen Betrug aufdecken.
155. Bake 110 kazua zuo kaburu. ^Olk^Wi^'^h Das Fell des
Gespenstes (Fuchses) trafen.
Sich verkleiden, oder sich einen falschen Namen beilegen, um
andere zu täuschen.
156. JiaJciiclil zva kateba sliitaku, inakcte mo inata shltasJii.
tM(tS-f'Cll'fi:.li^<,M'Ct31'«Ö:iaL Wenn man im Spiel ge-
winnt, möchte man spielen, (aber auch) wenn mau
verliert, möchte man doch wieder spielen.
157.* Bcikijaku zco arazmsu. MSiP'ifMIIT Den Pferdefuss zeigen.
Seine böse Absicht verrathen. .
158.* Haucdcn in Z'Jj Jiajune to s/n, hyakkö kö zvo liojiine to
SU. ^.^r^^'-t^ L. Wff#J!^Jti-r Vow zehntausend (allen)
Lastern ist die Wollust das erste (grösste), von hundert
Tugenden die Kindesliebe.
159. Jiancliö ni ite Bancho shirasu. HSJI-^- ' #0T^n P)T- Im
BancJiö v/ohnen und nicht darin Bescheid wissen.
Bancho ist der Name eines Stadltheils in Tokyo.
160. Baut -HO tcfü. .H^Oj^iM. Wind in die Ohren des Pferdes.
"Tauben Ohren predigen."
161.* Baiiji snkini bcshi, sJd zva sukuu bekarazn. ^M^^-'^L,
^il$Sc-5^pJ'3' ?>T Bei allen Dingen lässt sich helfen, nur
beim Tode nicht.
"Gegen den Tod kein Kraut gewachsen ist.''
162. Banji ymme no gotosJii. Wi^^<Z>jiuL Alle Dinge sind wie
Träume.
•: Auch : dar/j'i 7va yiivic, alles ist ein Traum.
162,* Baul^otsii kante isshö no kö. .^%^\^'^~l%^^i Wenn
zehntausend Knochen vertrocknen, (so gilt es als)
./i.i :.;verdienstliclie That eine's Feldherrn. , V ,
— i8 —
164,* Hanno vio issliin no zen ni wa sfdkazu. /J^at l-^'d»?)^-!^
IIAU«"T* Selbt zehntausend Talente kommen nicht
einer von ganzem Herzen ausgeübten Tugend gleich.
165. BetiLyö tva köfuku fio haha nari. M?£ll^l3?)f5:lil Der
Fleiss ist die Mutter des Glücks.
166. ßen'^etsit mizti no nagamrii gotoshi. W^7]s.<^^h ^ iaL
Beredsamkeit ist wie das Strömen von Wasser.
167. JBcppin ^'Jn" Eine andere Sorte.
Ein Ausdruck für " ein schönes Mädchen.''
168.* ßi tachite na-nagare, chö kiwaviatte %vazawai dslii. SIAS
-C^iüKla, flMo-cläJ^c^L Hervorragende Schönheit ver-
liert den guten Namen, zu grosse Gunst bringt viel
Unglück.
169. Hiidoro wo sakasa ni tsiirnshita yd. ?^T-^i?M5 l'lll L?:^
Wie umgekehrt aufgehängtes Glas.
Für etwas sehr Schönes, besonders von schönen Mädchen.
Was das "umgekehrt" hierbei bedeuten soll, war nicht zu ermitteln.
170. Jiljin no sue ino sani ni naru. ÜA^^^Jai-^S Auch ein
schönes Weib wird schliesslich zum Affen (d. h.
hässlich).
171. ßijo wa akuj'o no oda. ü^HMiC^f/L Die schöne Frau
wird von der hässlichen gehasst.
Wie 43.
172. Bijo wa keshö wo yd sezu. il:<'H:%E^fllt£"f* Ein schönes
Weib braucht keine Schminke.
173. JMliuni ni kushi zvo dase to in. ihE/Sl-lf ^tüts i f-^. Von
der Nonne einen Kamm fordern.
Die Nonnen in Japan, gleich den buddhistischen Mönchen und
Priestern, sind kahlgeschoren.
174. Biknni no kann zvo yiin. JtE/S.?)^^^*^ Die Haare der
Nonne frisiren.
S. 173.
175. Buiihö hima nashi. ÄShSML Arme haben keine Zeit.
— 19 —
176. ^Binihö-gakl no taue takusan. ©SM'5?Ii?Ui In der Kaki-
fruclit des Armen sind viele Kerne.
177. Bimhö-gami ga mai-komu, ©Sltt^^'Süü E»er Gott der
Arniuth tanzt herein.
In Anmith gerathen.
178. Bhnhö-nin no ko takusan. S^A^Jf Ul Arme Leute haben
viele Kinder.
179. Bimbö-nin no kcizu-banashi. RSAO^IJÜSL Das Reden des
Armen von seiner Ahnentafel.
180. Bö hodonegatle Jiari hodo kanau. ^flÜ-o-cH-llft^- Etwas
von der Grösse eines Pfahles wünschen und nur etwas
von Nadelgrösse bekommen.
181. Bö wo nonda yö. #^^^/;*^7 Als ob (er) einen Stock
verschluckt hätte.
Sich beim Grüssen kaum oder garnicht verneigen.
182. Böfuri ino imishi no ucJiL ??l^O^ Auch die Moskito-
larve ist ein Insekt.
183.* Böjaku-hujhu t^-^MA Als ob niemand in der Nähe
wäre.
Frech, unverschämt, schamlos,
184.* BöliO hydka no to. ^Äf^M^tl Leute, die den Tiger
aufscheuchen und (ohne Kahn) über Ströme setzen.
Tollkühne Burschen, die vor nichts zurückschrecken.
185.* BoL'utaka zuo narasu. 7tcll^1^?>1' Die Holzglocke ertönen
lassen.
Von sich reden machen, berühmt werden,
•186. Boniini-sakari ni kaud-tatari nasJii. -'li^^'J l-Jüt^'J ML
Wenn ein gewöhnlicher Kerl in Blüthe steht (Glück
oder Elfolg hat), trifft ihn keine Strafe der Götter.
Gegen den, in dessen Händen die Macht ist, kann man nichts
ausrichten, sei er auch im Übrigen noch so wenig werth.
■187. Bon to shögzvatsu ga issho ni kitayö, gL^ iE>^ 5'-^;f i:^f; V ?
Als ob das Laternenfest (im Juli) und Neujahr zu-
sammenfielen.
Wenn man plötzlich sehr viel zu thun bekommt.
— 20 —
i88.* Honen no iovio. l^>^OlZ Freunde, die die Jahre (den
Unterschied der Jahre) vergessen.
Freunde von sehr ungleichem Lebensalter.
189,* Jiönen-hwai. ^.¥t" Das Fest des Jahresvergessens.
Ein Fest am Jahresschlüsse, um alle Sorgen des nun fast ab-
gelaufenen alten Jahres zu vergessen.
190. Sösalvl %vo kirn. #3fe^tij5 Vom Stocke vorn ein Stück
abschneiden.
Wie 100.
191. BotamocJii de hö zvo iatakareru. ^Mft^^i-.l^a'ns Mit
einem Reiskuchen auf die Backe geklopft werden.
Gleich 65.
192. Hözn ga nikitkereba kcsa viadc nihii. i^T^*"'*MlTlT.ll'ää^l;"C'
Mv' Wenn man den Priester hasst, hasst man sogar
seine Schärpe.
193. Bözii no fusliinjiu. iS±'?>T-^'£i> Die mangelnde Frömmigkeit
des Flieste rs.
Hat, gleich vielen ähnlichen Ausdrücken (z. B. ^7/^ no fuyöjo ;
kottya no sJiirobakania etc.) ein2n ähnlichen Sinn wie : richtet mich
nach meinen Worten, nicht nach meinen Werken !
194.* J5«i ;// sJntc tcnka osamaru. M® I- L'C^TfuI; S Wenn
nichts gethan wird, so ist das Reich in Ordnung.
Man soll an 1 e.vährten alten Einrichtungen nichts ändern.
195.* Hiuiihö shiyü. ^W^K Die vier Freunde des Studir-
zimmers.
Ein Ausdruck für di3 vier Dinge, die man in Japan zum
Schreiben braucht : Pinsel, Tusche, Tuschreibstein und Papier.
196.* Hninbu ni tovni. Xff^l-St* An Wissenschaft und Kriegs-
kunst reich sein.
Sowohl in Wissenschaften wie in der Kriegskunst bewandert
sein ; s'ch zugleich als Gelehrter und als Kriegsheld auszeichnen.
197.* 'Buinhii ryörin 710 gotosJn. ^ff^fßlra^^itn L Wissenschaft .und
Kriegskunst sind wie die beiden Räder eines Wagens.
In einem gut regierten Staate darf keins von beiden vernach-
lässigt werden.
— 21 —
198.* BiiuJaJiHf bukyd. 3:ll5t3S Gelehrte Verweichlichung,
kriegerische Kraft.
Ein Reich, wo nur die Künste des Friedens gepflegt werden,
kann sich gegen eine kriegerische Nation nicht behaupten.
199. Jßiippö to zvaraya 110 ame iva idete kike ! (''ßri^^MoMllJä
"C V KiT Die Predigt und den Regen auf dem Strohdach
höre, indem du hinausgehst!
Auf einem Strohdach macht der Regen fast kein Geräusch ;
man muss also, wenn man in einem solchen Hause wohnt, hinaus-
gehen, um sich zu überzeugen, dass es regnet. Ebenso kann man
eine Predigt nicht hören, wenn man nicht zu diesem Zwecke ausgeht.
Scherzhafte Redensart, wenn man jemand zuredet, auszugehen,
um etwas zu sehen oder zu hören.
200. Buslii ni nigon naslii. Äil^ — sM L Der Krieger {Samurai)
hat nicht zweierlei Rede.
" Ein Wort, ein Alann."
201. Biishi 110 ko li'a kutsniva no oto de ine ivo samasu. K±0
■T-IXW^^TS^^i-f Das Kind des Kriegers erwacht
bein Klange des Zügelrings.
^02. Bushi no tamasJni. ^±<^%tt^ Die Seele des Kriegers.
Das altjapanische Schwert. Vgl. die Stelle aus dem 36. Gesetz
von leyasu : das umgegürtete Schwert ist die Seele des Samurai;
doch ist der Ausdruck biisJii no iamashii für " Schwert " schon älter.
203. Bushi 2va ahni-tagai. 5t±'ltBilS Krieger helfen sich ge-
genseitig.
"Eine Hand wäscht die andere."
204. Bushi %va kiiwanu to taka-ydji. ^±[t%{XmW§M. Wenn
der Krieger nicht isst, (bedient er sich wenigstens eines)
langen Zahnstochers.
Der Samurai bleibt immer, auch wenn er in Armuth geräth,
seines Standes eingedenk.
205. Biita 110 karuzvaza. ^Ol21 Die Kunststücke des Schwei-
nes.
Etwas thun wollen, was man nicht versteht; wobei man sich
nur blamirt.
206. Buta no ki-nobori. icO/t^ä'J Das auf den Baum klettern
des Schweines.
Wie 205.
— 22 —
207.* I^^^ta 1V0 nusimde hone wo hodohosu. ^^ir■■^^T• 'i'^fö~f Ein
Schwein stehlen und dann die Knochen verschenken.
208. Bnifö (od. hntjii) ino ichigo. ti%l-'^ Auch die Biiyö-
FJiefre hat ein Leben,
Die ^///ö- Fliege soll nur wenige Stunden leben.
209. Blföhu zuo taosii yd. ^E^tllfVi Als ob man einen
Faltschirm umwirft.
Der japanische FaUschirm besteht gewöhnlich aus sechs-
Theilen ; fällt einer um, so fallen alle andern mit ihm.
»|>«<H
c.
210. Cha ni yotta furi. ^l-i?of:ig sjch anstellen, als ob man-
von Thee betrunken wäre.
Sich wie ein Betrunkener benehmen (obgleich man doch nur
Thee getrunken hat).
211. Cha wo hiku. 3^^5l< (Sie) pulvert Thee.
\'on einer Dirne, um auszudrücken, dass sie bei den Gästen^
wenig beliebt ist, also viel freie Zeit hat.
212. Chahara vio ittoki. ^HSl— nf Selbst Thee sättigt eine
Zeitlang.
213. Chanonii-tomoäachi, ^^^ItM Thee-Trinkfreunde.
Freunde, die sich in der Noth nicht bewähren.
214. Chaican to chawan 110 yö. ^föi ^^0^9 Wie Tasse uncJ
Tasse (d. h. wie wenn zwei Tassen zusammenstossen).
Von unverträglichen Leuten, besonders von Eheleuten, die
immer zanken,
Chi (Blut).
215. Chi de cid wo arau. lfiL'C'IÖL^i>i:{fe.5> Blut mit Blut abwaschen.
216. Cid in viajinba akaku naru. lfiLl-m:(T.(fS < ^Ü Was sich, mit
Blut vermischt, wird roth.
Durch schlechte Gesellschaft wird man selbst schlecht.
— 23 —
Chi (Verstand).
217.* Chi naki mono zva bokuseki ni hitosJii. ^M^^'Ia^TiI-^ L
Menschen ohne Verstand sind wie Holz oder Stein.
Chi (Friede).
218.* Chi ni ite ran tvo zvasjireritna ! f&l-;© tiL^S2>^i: Vcrgiss
im Frieden nicht den Krieg!
219. Chichi no on %va yama yori iakakii, haha no an tva iinii
yori fukashi. ^t^muUl i "J iS < , ^OBllJ^i 'J i^ L Die Güte
des Vaters ist höher als die Berge, die Güte der Mutter
ist tiefer als das Meer.
220. Chicliikusai viojio. fL:^"«'^ Einer, der noch nach Milch
riecht.
Der " noch nicht hinter den Ohren trocken " ist.
221. Chie ga iiiaivam. ^M^^^Mh Der Verstand circulirt.
Klug sein,
222. Chie no kaganii mo kumoni. ^^?5^t^3 Auch der Spiegel
der Klugheit trübt sich.
Auch khige Leute sind in manchen Dingen beschränkt.
223. CJiic no viocJii-gtisarc. ^^'^It^l^tT- Das Faulen der zurück-
gehaltenen Klugheit. '
Wenn man einen guten Rath u. dgl. weiss, soll man damit
nicht zurückhalten.
224. Chie no nai ko ni chie wo tstikern. ^.l^.«5Mi''-Ti'©^Mt^
Dem unverständigen Kinde Klugheit (in schlechtem
Sinne) geben.
Einen Unerfahrenen zu schlechten Dingen anstiften.
225. Chien tsiiki wo toni. l?n3^B4>Si5 Der dumme Affe greift
nach dem Monde.
Von solchen, die nach Unerreichbarem trachten.
226. Chi-hihl no isJiiwa iigokasji to vio, oya ni zva katarezu. T^5I
o;G(Iilt)'t i tüLlIUEnf- Selbst wenn man einen Stein,
an dem tausend Menschen zu ziehen haben, bewegen
könnte, kann man doch nichts gegen die Eltern aus-
richten.
— 24 —
22/. CJiiisaJ^a to mo Jiari 2va noviaremi. -"h < ^ (. Il'll^i^iw
Obtrleich die Nadel klein ist, kann man sie doch nicht
verschlucken.
228.* Chijin yunie wo toku. SiJA^^i^< (Nur) Narren deuten
Träume.
229.* ChiJ^ahl wo motte toki wo shiri, hi ivo motte iiiei tvo
sliiru. i^^^a-CJs^^^^J» ti^X'XXmf^'mh Durch Nahes
kennt man Fernes, durch Dunkles kennt man Helles.
230.* Chikaki wo siitete toki wo hakaru. j£^^^'CM^^j?I^^ Das
Nahe ausser Acht lassen und das Ferne erwägen.
23 1. Chikashiki naka ni mo reigi ari. 1^ L d 4» 1'- i. iMkh'') Auch
bei intimer Freundschaft sind Formen zu beobachten.
232.* Chiknha no tomo. ^%<^K Ein Freund aus der Stelzenzeit.
Ein Freund, mit dem man in der Kinderzeit Stelzen gelaufen
ist; ein Jugendfreund,
233* Chlkuhakii 7il tarer7t.'^^\''^^ An Bambustafeln hängen.
In alten Büchern stehen.
234 * Chlkiesö, sckiki. Ittl» '^^ Bambusspeere, Strohmatten-
fahnen,
Eine Metonymie für " Bauernaufstand."
235.* Chimpit yo no narai. }Ji??ifi:^^ Untergehen und wieder
auftauchen ist der Lauf der Welt.
236. Chin ga kusame tvo shita yd na kao. #5^'5S^ Lf:^tjM
Ein Gesicht, als ob ein Mops geniest hätte.
237. Chin ncko baba kodomo iya-iya. ^PilS'äliFt^t-'sf ^ v ». Hunde,
Katzen, alte Weiber und Kinder sind unbeliebt.
Sie wirken in einer Gesellschaft störend,
238. Chin no kao e ogc wo shita- yö. ^fOlä-^Jil^ Lf-^ t Als ob
man in das Gesicht eines Mopses Falten eingelegt hätte.
239. Chlnju no niima ni mo orochi wa siimu. li*^i^®JSl- tSfElI
tat' Selbst in dem Moor, das unter dem Schutze der
Landesgottheit steht, wohnt eine furchtbare Schlange.
Böse Menschen giebt es überall, in jedem Stande etc.
— 25 —
-240. Chiri isitmotte yaina to nari. MB.O "C lü i ;ä 'J Aufgehäufter
Staub wird zum Berge.
Oft in dem Sinne: Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Thalers
nicht werth.
^41. Chisha ino senryo (od. sendan) ni issJdtsii ari. ^^"l=FJt
(fl^)l--^fc>'J Auch der Weise hat unter tausend
]\Ieiiuingen eine falsche.
Oft abgekürzt : chisha 110 isshitsii, der eine Irrthum des Weisen.
^42. Chiwa-genkwa inu mo kamazvanii. ^I5ni^;^t^b«
Nicht einmal ein Hund kümmert sich um einen Streit
zwischen Liebesleuten. -
243. Chf) yo haiia yo to sodateni. ^iibi^W^ Wie einen
Schmetterling oder eine Blume aufziehen.
Eine Tochter mit liebendster Sorgfalt erziehen.
244. CJiöcMn de viocJn ivo tsiiku. ^^'^W^^kK IMit einer
Papierlaterne Reiskuchen stampfen.
Ein Mittel, das nicht zum Ziele führen kann ; ein erfolgloses
Bemühen ; speciell auch ein scherzhafter Ausdruck für Impotenz.
245. ChdcJdn to tsurigane. iS^i^ljM' Laterne und Glocke.
Von grosser Unähnlichkeit,
246. ChöcJiiii-niochi ga liori e hamariL iSi'n't^ Bt^-E'^i^^ i
Der L'tternenträger fällt in den Graben.
Der die andern führen soll, geräth selbst in die Irre.
247. ChdcJdn-mocJd zva saki ni täte! Wf^^%o\t.%'%\l'tLX Den
Laternenträger lasse vorangehen !
248. CJiöcJdn-niocJd wo sunt. ^icT^IS^^Ta Den Laternenlräger
machen.
Gegen jemand servil, liebedienerisch sein.
249. Chöcliöshii wn same-yas2ishi. nj* LtMlÄ^^^ L Eifrige
Schwätzer lassen bald nach.
" Moment-Enthusiasten."
250. Choito nameta ga ini no tsumari. — TfSSn-ö^'Jl 0^^^J Das
Wenige, was man gekostet hat, wird zum Ende des
Lebens.
— 26 —
251. Cliöja ni hin wo katanma! ;^^I*Ä'V3§^^* Mit einem
Reichen muss man nicht über Armuth sprechen.
Man soll nicht mit jemand über Dinge sprechen, die ihm un-
bekannt sind, oder die für ihn kein Interesse haben.
252. Chdja no mandd, hin no ittö. M^'^Jjf^, tt«?)— ^ Zehnlau-
send Kerzen des Reichen, eine Kerze des Armen.
Die Bedeutung ist gleich der des folgenden :
253. Chöj'a no scntö yori hinjo no ittö. ^^<^^''^l '•Jft^'?)— i^ Eine
(Oprer-)kerze der armen Frau ist mehr werth als tausend
Kerzen des Reichen.
254. CJiöja iojui ni akazn. ^"^ %^\'-^'^"'^ Der Reiche wird des
Reichthums nicht überdrüssig.
255. (Jhöjalzii eda no fiikaki ni atsmnaru. ^'■W^^^'^ V~%^ h
Kleine Vögel versammeln sich in der Tiefe der Zweige
(da, wo die Zweige am dichtesten sind).
Reiche haben viele Freunde ; mächtige, berühmte Männer
werden von vielen Leuten aufgesucht u. dgl.
256 * Chöiuon no issJiin. ^P^O— it Eine Nadel auf dem Scheitel-
punkt des Kopfes.
Ein Wort, das einen tief verletzt ; ein kränkender (weil verdien-
ter) Vorwurf.
257.* Chösani-hoslii no itonavn. '^^'^WM'^'^'h- Ein Beruf, bei
dem man Morgens drei und Abends vier Heller verdient.
Eine Beschäftigung, die wenig einbringt, bei der man "kaum
das Salz auf dem Brote '' hat.
258.* Chörel bokai. I^^IM Das am Morgen Befohlene am
Abend wieder ändern.
Chöshl (Am Morgen vier),
259.* Chöshi, bosan. IS01> ^H Am Morgen vier, am Abend
drei (sagen).
Unzuverlässig sein.
Chöshl (Stimmung).
260. Chöshi ga kiiriin. llT*^'|£i, Die Slinmiung (der Instru-
mente) ist in Unordnung,
Den Kopf verlieren; aus seinem gewohnten Geleis gebracht
werden.
— 27 —
201. Chöshizvo mvasii. i^^^B'"T (Die Instrumente) gleichmässig^
stimmen.
Eine Sache mit jemand abkarten, ihm Vorschub leisten.
262. Chöshi ZOO haziisit. M^f^ff'X Aus der Stimmung kommen.
Eine günstige Gelegenheit versäumen.
263. Chöshi-ziihi. I^^#< An der Stimmung festhalten.
Auf etwas pedantisch bestehen, etwas zu wichtig nehmen; sich
wichtig machen.
264.* Chötan zuo zvakatsu. :1^I^:S'<5 Das Lange und Kurze
trennen (entscheiden).
Die richtige Entscheidung treffen,
265. Cliü ga fiicJiH ni 7tarn. ,'£>*''*^,S<liJÄ5 Treue wird zum
Verrath.
So z. B. wenn ein Diener blindlings alles thut, was sein Herr
will, ohne zu bedenken, ob es diesem schaden könnte ; wenn er aus
zu grossem Respekt zu dessen schlechten oder thörichten Hand-
lungen schweigt; oder auch, wenn er ilim mit der besten Absicht
einen Rath giebt, der sich später als verderblich erweist.
266.* Chüffcii (od. Chüf/oh'u) HO shika zvo oii. "^U (tf ^) (^^^
iii> Den Hirsch im Felde (od. den Landeshirsch)jagen.
Nach der leitenden, höchsten Gewalt streben.
267.* Cliüv\jTi ni fune zvo Jisldnacba, ikko (od. ippatsti) mo seu'
kin. tf-i)i£i-Ä5^j'c^li% -tli(-S) IT^^ Wenn man mitten
im Strome das Schiff verliert, ist selbst ein Kürbis
(od. ein Haar) tausend Goldstücke wertli.
" Der Ertrinkende klammert sich an einen Strohhalm."
268.* Clmsliin jiknn ni tsitkaezn. S.Er^Sl'-^t- Ein treuer
Diener dient nicht zwei Herren.
Erinnert zwar an "niemand kann zween Herren dienen," docrt
ist die Bedeutung eine andere : ein treuer Diener bleibt dem Herra
auch nach clesicn Tode treu und dient keinem zweiten mehr.
269.* ChUso no shin. ä^'^E Ein Grundstein von Vasall.
Ein Vasall, der die Hauptstütze seines Herrn ist.
270.* Chüto ni sJiite yavin. tf^l-L'Citt' Auf iialbem Wege
siel en bleiben.
►»•<«■<•
— ^8 —
D.
271.* Dachin suni. ^St^'f 3 Das Ruder zum Kopflvissen
machen.
Eine Seereise machen,
272. J)ai wa shö ivo kanurn. ü^; li <I^ ^i»^ S Das Grosse schliesst
das Kleine in sich.
273. Dai zva shö wo kanuni vio, nagaviochi wa mahira ni
narazu. ■k\t'V^^'>th i:g:^#U^i:JÄ ?)T Das Grosse schliesst
zwar das Kleine in sich, aber eine Kleiderkiste wird
nicht zum Kopfkissen (kann man nicht als Kopfkissen
gebrauchen).
Scherzhafte Verdrehung von 272.
274.* Daidöf shöi i<M} 'h^ Im Grossen übereinstimmend, im
Kleinen verschieden.
In der Hauptsache gleich.
275. J}ai(ffjo zua shöchi ni sjimazu. i;^(X<lMlö,i:}i Ji"!" Grosse
Fische loben nicht in kleinen Teichen.
2^6. Datji 110 inae no sliöji. -X%^%A<^'h'^ Die kleine Sache
vor der grossen.
Das Unwichtige mehr berücksichtigen als das Wichtige.
277,* Daiji shö ni kwa shi, sliöji inu ni kzua sn. -^<M^W-%\.i f\^%
^l-ft.'f Grosse Sachen verwandeln sich in kleine,
kleine Sachen verwandeln sich in nichts.
278. Daijöbu kane no zuaki-zashi. :^5t;^üce)EII So sicher
wie ein eisernes Schwert.
Die Bedeutung der vier Wörter ist ganz dieselbe wie die des
Wortes daijobii allein: es ist ganz sicher; man kann sich fest
darauf verlassen ; die folgenden drei Wörter sind nur scherzhaft
hinzugefügt, wodurch zugleich ein Wortspiel mit daijobu (i, sicher;
2. grosser Krieger \jöbii^öfn\\ also: des grossen Kriegers eisernes
Schwelt) entsteht.
— 29 —
279-* I>(likai chiri zvo erabazn. 'KW&^eWX'^ Das Meer liest
sich nicht den Staub ab.
Grosse Männer achten nicht auf Kleinigkeiten.
280.* Daikai no ittcki. %M^—^ Ein Tropfen vom Meere.
Eine Höflichkeitsphrase, wenn man sich für einen grossen
Dienst nur durch ein kleines Geschenk dankbar zeigen kann :
was man schenkt, ist nur ein Tropfen von dem Meere, das man
bekommen hat.
281. Dahnyö ü-viiviL "X^^J^ Ein Dcdiuyj ij^xxxs''^ hat grosse
Ohren.
Man muss mit den Äusserungen über andere, besonders über
hochstehende einflussreiche Personen vorsichtig sein, da es ihnen
durch Zwischenträger leicht zu Ohren kommen könnte.
282.* JJcntan futeki {na mono). -kMTA% Ein Mensch von gros-
ser Leber und ohne Scheu (od. Furcht).
Ein verwegener Bursche, der vor nichts zurückschreckt (die
Leber ist nach chinesischen Vorstellungen der Sitz des Muthes ;
vgl. kinio); oft=rrech, unverschämt.
283. Dcnnashite ino sukashite mo {in koto kikann). KfeL'CiilL
"C l Er hört nicht, ob man ihm auch noch so sehr
sclimeichelt und zuredet.
Daiiiasu, eigtl. "betrügen," hat hier dieselbe Bedeutung \\A&
sukasu : ein Kind durch Schmeicheln, Liebkosen etc. begütigen und
ruhig machen. Sinn: trotz aller Ermahnungen und Bemühungen,
jemand zu bessern, ändert er sich nicht.
284. Dainasu ni te nasJii. S^tl-^ML Ge*en Betrug giebt es
kein Mittel.
285. Damatte ireba Jiözu nashi. S^C«ön.!t'i5cüfef- L Wenn man
nichts sagt (jemand ruhig gewähren lässt), so nimmt
es (sein schädliches Thun) nie ein Ende.
286.* Dasshi sunt. M.M-T h Die Strohsandalen ausziehen.
Sein Amt niederlegen.
287. Date no usugi. Ü^^^^visS Die dünne Kleidung des Stutzers.
Im Winter trägt man viele Kleider über einander, wodurch man
aber dick und unförmlich aussieht; der Stutzer fiiert lieber, als dass
er unelegant erschiene. -
— 30 —
288.* Dat. Hill sascni. IsiiKJ-tfS Das Priesteikleid ausziehen
lassen.
Jemand aus dem Piiesterstande aiisstossen.
289.* Datfai, kwankotsu. fiJt^> ^^ Den Körper ablegen, die
Knochen wechseln.
Das Werk eines andern mit einigen Abänderungen, anderer
Anordnung des Inhalts u. d^l. als sein eigenes herausgeben ; ein
Plagiat geschickt zu verhüllen suchen.
290. Dehabüchö-saivagi. ÜiiUlSTSld" Ein Küchenmesser-
Tuniult.
Ein Streit, wobei es zu blutigen Thätlichkeiten kommt; "Mord
und Todtschlag."
291.* DelcJiTi no hachisu no goloku. ö^'l'OjlOjin < Wie die
Lotosblume im Schlamm.
Buddhistisches Sinnbild der Reinheit des Herzens in sündiger
Umgebung.
292. JJeiri o-a am. fÜA'J*'*^^ Aus-und Eingang haben.
Ein Haus irgend welcher Geschäfte halber häufig besuchen,
z. B. als Hausarzt [deiri no is/ia), als Milchlieferant u. dgl.
293. Dcjuono haremono tokoro kiraiuazu. '^^W^'^Ji'^^WM'P
Ausschläge und Geschwüre scheuen keinen Ort.
294. Dem kiti wa nmni ni utareru. ^^h^WAV-Wcih Der (aus
dem Wasser) hcrausragende Pfahl wird von den Wellen
geschlagen.
Wer sich auszeichnet, hat viele Neider.
295.* T>oha ni otpru. ^.'.Sl-5^5 Schlechter als ein altes ab-
getriebenes Pferd.
296. Dohutsu no j/iizn-asoln. ±fl507jiiSü^' IDie Wasserfahrt des
thonernen Buddha.
Ein gefährliches Vergnügen, denn wenn er nass wird, so weicht
der Thon auf.
297.* Dohö gzvLikai. ±^%M- Erdschutt und zerbrochene Ziegeln.
Metaphorischer Ausdruck für ein völlig geschlagenes Heer, oder
für Zerrüttung eines Landes durch Kriegswirren etc.
298.* Döjitsu no ron ni narami.. I^H<?5lrai:^j: ?>» Verdient nicht,
an demselben Tage erwähnt zu werden.
"Kann man nicht in demselben Athem nennen."
_ 31 —
299' Döketsu no iaimki. Inl/t^51 Taniiki (dachsähnliche
Thiere) aus demselben Bau.
"Unter einer Decke stecken."
300.* DöJH ai-viotonie, döbyö ai-aivaremu. If^ffl^*, RI^W^L"
Gleiche Gemüther suchen einander auf, gleiche Kranke
haben mit einander Mitleid.
30T. jyoho no nma no hone ka sJiinnu. fcTSTfO.lO'^^-^n« Man
kann nicht wissen, von welchem Pferde die Knochen
sind.
Man weiss nicht, von welcher Herkunft er ist.
302. Doko tvo knze ga fnku ka to in koto zuo shimiin ga gotohi.
fsiff4-i.t)^"flJC<-5'i5i'ä^4'^f,WtJ-''Än< Als ob man nicht
wisse, wohin der Wind weht.
Grosse Gleichgültigkeit, die sich um nichts bekümmert.
303. Doko zvo oseba sonna ne ga dem? fp]5'r^MtiltÄfxla5"*Ui S
Wo drückst du, dass solch ein Ton entsteht?
Wie kannst du mir solche Lügen sagen! (z. B. ein Vater zu
seinem ungerathenen Sohne).
304. T>oUii knivaba, sara viade ino. ^ÄiHlTMlT' l Wenn du
schon einmal Gift isst, dann bis auf den Teller.
Man soll n'chts halblhun; "wenn schon, denn schon!''
305. Dokn to kusiivi to chauipon. %t^t S^^!l•^ Gift mit Arznei
abwechselnd.
306.* Dokn zvo motte doku zvo seniu, #^Ö'C#4'ÄL* Gift mit
Gift bekämpfen.
307.* DolvHslii ni kakarn. %^\'-\^h In die Giftzähne (der
Schlange) gerathen.
Von einem Unschuldigen, der in Folge von Verleumdungen
verunheilt wird,
308. DoJx'uyakii hcnjite kusnri to narn. #^'J!C tK^J.^S Gift
wird zur Arznei.
309.* J)ovo no naka no hachisu. üßOtt'?)^ Die Lotosblume im
Schlamm.
S. 291.
— 32 —
310. Doro wo nagele sono he gare wo in zvo ivut. iJfi^iffö^f'C ^ O?^
?ifSi>:^5lL* Mit Schmutz werfen, aber sich scheuen, von
der BeschmutzunfT dadurch zu reden.
Sich schämen, seine eigene Schande einzugestehen.
311. Dorobö ni oi-sen. ISfö£l-ii.*'^l.l Geld zur Verfolgung des
Diebes.
Sich unnütze Kosten machen.
312. Dorobö wo tsukamaete nazva zvo iiau. ^£^4 4'M'^'^ 114^.5- Den
Strick er.st machen, wenn man den Dieb gefangen hat.
Etwas zu spät thun.
313. Tioroitiixu ni sJnnii-koinu. i^7jti:?SAü Ins Sch'ammwasser
eintauchen.
Zu einer Dirne herabsinken.
314.* DösJiUi, JieiryohL (od. kyöryoku). ^'b^ il^l^imah) Gleiche
Herzen, zusamm.envvirkende Kräfte.
"Ein Herz und eine Seele."
315. Doifö minoko, kan katabira. ±/Ij-^T> %^k'^ In der Hitze
Winterkleider, in der Kälte Sommerkleider.
Könnte "verkehrte Wirthschaft" bedeuten, doch soll die Re-
densart nur sagen, dass der Sommer ungewöhnlich kühl, resp. "der
\Yinter ungewöhnlich milde ist.
316. Doyö-m iinai no dduiydji no fnkiiro no yd. ±^.fL%'^W^\
^^m^'Pi (Er sieht aus) wie das übliche Geschenk
in der heissen Zeit, ein Sack voll kleingeschnittener
Reiskörner.
Man pflegt sich zur Zeit der grössten Hitze (wie auch zur Zeit
der grössten Kälte) Besuche abzustatten, um sich nach der Gesund-
heit zu erkundigen; wobei es Sitte ist, ein Geschenk mitzubringen.'
Die Redensart wird auf sehr dicke Personen angewendet.
I
— 33 —
E.
317. J^ ni kaita jisJiin. ffil-^^'f^iÄR Ein gemaltes Erdbeben.
Es thiit keinen wirklichen Schaden, Von unnöihigen Befürch-
tungen etc.
318.* E ni kaita mochi. ffil-St-^f-g)? Gemalter Kuchen.
Man kann ihn nicht essen. Ein bloss vorgestelltes Glück,
ein "schöner Gedanke," der nie zur Wirklichkeit werden kann.
Ahnlich 320.
319. E ni ino kakarcnu, Sl-lft-«*Hw Man kann es selbst in
einem Bilde nicht (so schön) malen.
320. E no liana 7ii zua nioi nashi. ffi'^^Ttl-II^t/: L Gemalte Blu-
men riechen nicht.
321. E sora-goto. fi^ ?>^ Bilder täuschen.
322. Kbi de tai lio tsunt. IST'M^llJS Mit einem Krebs einen
Tai angeln.
Der Trt/ ist der geschätzteste Seefisch Japans. "Mit der Wurst
nach der Speckseite werfen." Auch höfliche Redensart beim Aus-
tausch von Geschenken.
323. Eda zi'o narasanu iniyo. tfe^^ll ?> 2«i3lf^ Ein Zeitalter, das
nicht (einmal) die Zweige rauschen lässt.
Ein Zeitalter tiefen Friedens.
3 24. JEäo no kataki wo Nagasaki de iitsu. Ö:^ O ü ^^^-^Vi o Sich
an dem Feinde von Edo (des heutigen Tokyo) in
Nagasaki räcb.en.
Sich für eine Kränkung auf indirekte Weise rächen; den
Gegner, dem man selbst nicht beikommen kann (etwa weil er zu
mächtig ist), in der Person eines anderen treffen; seinen Zorn an
einem Schwächeren auslassen u. dgl.
325. Edo no viannaka zva tsucJii isshö kane isshd. ?I^'^t|'ÄiX±
~-1\^—1\ In der Mitte von Edo gilt eine Metze Erde
eine Metze Geld.
— 34 —
326. Edo zva monomi-dakasJii. Jl.^U'Ji^Jla L Edo läuft zusammen,
wo es etwas zu sehen gtebt.
Die Ä/ö-Leute sind sehr neugierig.
327. EdokL'O no shaJd-shaJd. vi;^^^ l^-> L^^ Die Auf-
irewecktheit des Edo- Kindes,
o
Diese sprichwörtlich gewordene " Aufgewecktheit des Edo-
Kindes " wird auch auf Nicht-Edoer angewendet, um einen be-
sonders hohen Grad von Aufgewecktheit zu bezeiclmcn.
328. Edokko tua kl ga hayai.X^Plr\'lMfi^^-^^ Die Leute aus Edo
sind sclmell von Begriffen (fassen schnell auf, sind geistig
geweckt).
329. J^do-r,iiirasülil ni Kyö-hnro. ^■CLJ^'^V-'U^^ Das Violett
von EIo und das Scharlachroth von Kyoto (sind durch
ihre Scliönheit in ganz Japan beiühmt).
330. Hl]fö ni sugite mochi no kazva inuku. ^Sl-i^-y'Cäff'^^ifeÜK
Wem es zu gut geht, der schält den üT^r///- Kuchen ab
(und isst nur das Innere).
331. Elyn hito ivo azamuku. ^^SA^J^s Ein grosser Mann
iüiirt andere irre.
Der Klang seines berühmten Namens verleitet leicht dazu, seine
Ans'cht ungeprüft für richtig zu halten ; man soll nicht blindlings
der Meinung eines andern folgen, sondern selbst prüfen.
332. E.i)ni iro 7uo konoiuK. i'ii^S^^JL" Grosse Männer sind (ge-
wöhnlich) der Liebe ergeben.
Grosse Männer sind häufig wollüstig.
333,* EiyU nambi tatazu. 5iit^6^'j£f;f (Zwei) gro?se Männer
können niclit neben einander bestehen.
Der eine muss dem andern weichen.
334. JllTiauie iw viizH gcko shimzu. WS.^iKX^'ß'^h-^ Wer
niciu trinkt, weiss nicht, (wie gut) Wasser nach einem
Rausche (schmeckt).
335. Eizame no viizu lua kanro no aß. @?3I^7K(I-H"ÄOb^ Dem
vom Rausche Erwachenden schmeckt Wasser wie
süsser Thau.
\
— 03 —
330. ^ini Jto iicJii ni yaibii zuo fukumn. ^^Op^i'iÜ^j^^V Lächeln
und dabei eine Schwerlklinfre im Munde führen.
Unter fieundüchem Betragen eine böse Absicht verbergen.
2$y. Eniuui ga sJdokam zvo nameta yd. X^M.'^'^W^^'^-V-'p i Als
ob Emma salzige Fische gegessen hätte.
Emma, der Richter über die Todten, wird immer mit einem
sehr finsteren, furchteinfiössenden Gesicht abgebildet ; wenn er
obendrein noch salzige Fische isst, so wird er sein Gesicht noch
schrecklicher verziehen,
JEn (Veranda).
338. Ell HO sJiita 110 cJükara-moclu. It^T^yjfJ Der starke Mann
unter der Veranda.
Seine Kraftproben werden von niemand gesehen ; daher sagt
man so, wenn jemand mit etwas prahlt, wovon er noch keine
Beweise gegeben hat. "Hie Rhodiis, hie salta !"
i'il (Beziehung ; Schicksal).
339. Ell naki sJnijö iva do shi-gntasJd. ^M^4illf? IM. L ]\Tan kann
.sich nicht um Leu'.e kümmern, zu denen man in
keiner Beziehung steht.
SIuijj (alles Lebende) und do siiru (eigtl. saldo ^i^ surti),
retten, sind buddlüstische Ausdrücke ; shüjb wo saldo siiru, die
ganze Menschheit retten.
340. Ell to tsiiki hi zva viatsit ga yosh'i. ^ÜlOlXtJo-öU L Das
Schicksal und die Zeit warict man am besten ab.
34r. Ell loa inamono. ^,x^'Sii,0 Die Verbindung (od. das
Schicksal) fällt anders aus (als man wünscht).
Besonders mit Bezug auf Mädchen, die statt des gewünschten
IMannes einen andern bekommen.
342.* Ellen tcji wo kogasii ga gotoshi. /^'ia^^,1^ttJ^*^D L Als
ob die Flammen den Himmel versengen.
\o\\ einer Feuersbrunst.
.343.* JUnjaliu nanzo kökö no kokorozashi wo shiran ya ? ?lü'S
MiJ|?i|<?)j£i^^ f)^■^ Was wissen Schwalben und Sperlinge
von den Absichten der Gänse und Schwäne ?
344.* Eiijlii no chi. «SM^ifi Ein Ort voll Rauch und Staub.
Ein verkehrsreicher Ort.
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34S-* J^nlKci sliite matsu. S?3 L'C^o Mit ausgestrecktem Kalse
warten.
Sehr gespannt sein.
346. Enkd ga tsuki -wo toni. ^n^ö'-^'t^i Der Affe greift nach
dem Monde.
Nach Un erreichbarem streben.
347.* Eiikwa no gohku. '^•h^ysi^ Wie Rauch und Feuer.
So vergänglich.
348. JEnrijo hidartisld, daic sannisJii. jtiiG^f'^ L» ■P^^ L Bei
übertriebener Förmlichkeit bleibt man hungri;^, in
eleganter Kleidung friert man.
349. Enryo zva busala. MtSlI^i^'v^v Übertriebene Förmlichkeit
ist (ebenso unangenehm) wie Mangel an Aufmerksam-
keit.
350.* JEiisaku Jidziu ai-irczu. lSlS:^lltQAHT In ein rundes
Loch passt kein viereckiger Pflock.
351. Unshü Hamamats2i iva oJina no yolHii.^')'i\'^^'i^\^'k<^^m.ü'
In Hamamatsu in Enshü besuchen die Mädchen nächt-
lich den Geliebten.
Schlechter Ruf der dortigen weiblichen Bevölkerung.
352. Enshü 710 nannara-cliaziike. Mj)'l'IOti:^tC ?)^^ Die freund-
liche Einladung der Leute von Enshü, Reis zu essen.
Eine Freundlichkeit, die nicht von Herzen kommt.
353. Eslil to daigcnnhi no te ni kakareba, shiroi mono mo sugu
ni kiiroku naru. ffißiiii^i-AO^llJ-^nit', Öv^ t O t ignm < U
h Wenn etwas in die Hände des Malers oder des
Advokaten fällt, so wird aus Weiss sofort Schwarz.
Wortspiel mit ie ni kakareba : wenn es in die Hände (des Ad-
vokaten) fällt; oder: wenn es von der Hand (des IMalers) gemalt
wird.
354. Mta-mura c sJnsJd. %kt'^'^% Ins ^^^-dorf ein wildes
Schwein.
Eta : frühere Pariakaste, die das Schinder- und Gerberhandwerk
ausübte. Ein Schv.ein im ^Az-dorf würde bald getödtet werden.
"Gelegenheit macht Diebe."
— 37 —
355- EtG iii ho zuo agmt. 'ü^\~^h'^h Dem guten Winde
Segel geben.
Ete, eigentlich " besondere Geschicklichkeit," bedeutet in der
Schiffersprache auch "guten Wind." Der Sinn ist also: sich eine
günstige Gelegenheit zu Nutze machen.
356.* Etsujlii zva Etsu ni anji, Sojin iva So ni anzu. MAItM
I^SC, SAI:r^i:-^f Der Mann aus Etsu ist in Etsu
glücklich, der Mann aus So ist in So glücklich.
Etsu und So (chin. Yüeh und Tsii) sind die Namen zweier
chinesischer Staaten im 2. Jh. v. Chr.
»»>»<n
F.
357. Fii zvo azvasu. vF^-n-T Die Hälften des Siegels aneinan-
derfügen.
Sich von der Richtigkeit einer Sache überzeugen.
358. ITaho HO on fiikaki koto säkai 110 gotoshi. Änj:^Bäl^yit
?S?)i(nL Die Güte der Eltern gleicht an Tiefe dem
Meere.
359.* JPabolvU motte hashira to nasu bekarazu, hijin motte s/m
to nasu bekarazn. ^^^-Cöi^St pJ ?)1*, -^Aa-CiSH-f pT
^T' Aus faulem Holz kann man keinen Pfeiler machen,
aus einem gemeinen Menschen kann man keinen Herrn
(od. Fürsten) machen.
Facht (Reisration).
360. Fuchi ni hanarcru. Äf$l-^tli5 Von seinem Reisgehalt ge-
trennt werden.
Entlassen werden, seinen Abschied bekommen. Die Redensart
stammt aus der Feudalzeit, wo das Gehalt in Reis ausgezahlt wurde.
- 38 -
Fnvhi (tiefes Wasser).
361.* Fnclii ni no::onde tiivo wo tirayavm iva shiiizoite aini zva
aimi vi shikazit. Mr-E5^Tm4'?}^;LMIiI^^-C^^^r^Ül:ft^^*-?^
Statt ans Wasser zu gehen und sich Fisclie zu wünschen
ist es besser, nach Hause zu gehen und ein Netz zu
stricken.
362. Fucle wa ken yori mo tsiiyoku am. ¥(tBi 'J i?£< fcS Der
Pinsel (die Feder) ist mächtiger als das Schwert.
363. Füfii-fjculxii'a iim vw kaina%vanii. p^^ntßi;^ t^lin Nicht
einmal ein Hund kümmert sich um einen Streit zwischen
Eheleuten.
Auch in der Form : Füfit-geJikiva lua inu mo kirMamt, einen
Ehestreit frisst selbst kein Hund.
364. Fiign zva kuitashi, iiiochi zva oshisJii. fsj^lX^ir^?: L, ^Ufö L
Man möch.te den giftigen Fisch wohl essen, es wäre
aber schade um das Leben.
Der giftige Fiigii-Y\'?><:\\ (eine Tetrodon-Art) soll sich durch
ganz besonderen Wohlgeschmack auszeichnen. Die Anwendung
auf andere Verhältnisse liegt nahe.
365.* Fiilici li'o ckcsu. B,)jXh'^'^ Wind und Wellen erregen.
Unfrieden stiften.
366. Füjci no mandö yori hinja no iitö. %^^%W\l'')'k^^~Wi
Ein Kupferslück des Wrmen ist mehr werth als zehn-
tausend des Reichen.
367. Fviji-hitai. ^±?H Eine /vz/V-Stirn.
Eine Stirn, die vom Haarwuchs so begrenzt wird, dass sie dio
schöne regelmässige Form des /v/yzberges {Fuji 110 yama od.
Fiijisan) hat ; sie gilt bei Frauen als besondere Schönheit.
368.* Füjiu i-ainen wo ovtoi, kyujvi ganzen 7vo oiiwu. ^A?R¥-
?i-©DSS5ASP.3ll4-ÄU. Der Reiche denkt an (sorgt für)
das nächste Jahr, der Arme an den gegenwärtigen
Augenblick.
369. JF?f,//f/?7 wo tsnne to omoeba fnsokii nasJii. ^iÄ^^i*S
"^ItT^/EML Wenn man den Ubelstand als etwas Ge-
wöhnliches ansieht, fühlt man seine Mängel nicht.
— 39 —
370. FitL'eha tolm yd. 5^i?lt'fll-5>^9 (So schwach) dass man vom
Anblasen wegfliegt.
371.* Fülii tcn ni an. 'SÄ5^l-fe"'J Reichsein hängt vom Himmel
ab.
372.* Fiiki mien tio gotoshi. "^^MW^ys^L Reichthum ist wie
Wolken und Rauch.
'^i'Jl, IL\iJ^ii no kaini ivo inofu yori Jiito 110 htclii zuo herase !
m<^t^f-£f^o l 'J AO P 4-i$S-tf Statt zum Glücksgott 7m beten
vermindere lieber die Mäulerzahl deiner Diener.
Vermeide unnütze Ausgaben.
374.* FuL'uciifl tö aii. K^t^T/^fJ Im Bauche (im Herzen) ist
ein Schwert.
Böses im Sinne haben.
375. FnliHVO 110 nezinni 110 yö. SOEOv-5 Wie die Maus im
Sack.
376.* Fiüiusui ftitatabi hon ni kderazu. WY^t^^V-Uh't' Aus-
gegossenes Wasser kehrt nicht wieder ins Gefäss zurück.
Verscherztes Glück kehrt nicht wieder.
377.* FuJcidttsii luofiitmi. Slal4-5aL' Im umgeworfenen Geleise
gehen.
Einen Weg fahren, auf dem schon oft Wagen umgewoifen
sind; sich durch fremden Schaden nicht warnen lassen.
378. Ftthutoku HO sanncin-nie. ^Mi^HipB Das diitte Jahr des
Glücks.
Ob das, was man für ein Glück hält, wirklich ein Glück sei,
kann nur die Zeit lehren. Oft als Ausruf, sowohl in dem Sinne:
Hat der ein Glück ! als in dem entgegengesetzten: Welch trauriges
Schicksal hat ihn (der vorher so glücklich vsar) betroften !
379.* Fukiva tvo kisoii. 5?II^M-J- Mit schwimmenden Blumen
wetteifern.
Sich um einen Vorrang streiten, der nur auf Eitelkeit beruht;
einen Prunk entfalten, der den wirklichen Verhältnissen nicht ent-
spricht u. dgl.
— 40 —
380. Fuini zua yarltashi, kaku te %va viotazn. Ä-^ltia^W: U HC
^IIJ#f:'r" Man möchte einen Brief schicken, kann aber
nicht schreiben.
Aus einem hayari-uta (Volkslied). Man hätte zu einer Sache
wohl Lust, es fehlt aber an irgend etwas.
381. Fnuii ivo yaru iii mo kahl te iva motaiuL. '^h-^^hV- ()#<
^(IJ#f:iO NiclU einmal so viel Schreibkunst besitzen,
um einen Brief zu schicken.
Sehr ungebildet sein. Die Redensart befindet sich unter den
48 Sprichwörtern des IroJia-garuia Spiels, ist aber sonst wenig
gebräuchlich.
382. TTaitipatsu wo sunba nezumi mo neko wo hamu. S^^
-^ X^\t%,\>^te%^j Wenn sie alle Kräfte anstrengt, frisst
die Maus die Katze.
Wer will, kann auch.
Jfunanori wa s. Fuue iii notte.
383. JT^indoshi ni zua mijikasJü, temigui ni zva nagashl Wi-II
M L> ^l^i-II:^ L Zum Lendengurt zu kurz, zum Hand-
tuch zu laug.
384. Fiindoslii HO kazva nagare de kui 7ii kakatte im. l^'^-'HSSlx'C'
<j/tl-M'C^S Das Hängenbleiben des im Flusse schwim-
menden Lendengürtels an einem Pfahle.
Wortspiel mit kui ni : i) am Pfahle; 2) beim Essen. Soll be-
deuten : sich beim Essen durch nichts stören lassen, nicht einmal
durch die Ankunft eines Besuchers.
385. Fiuie ni notte suikd sjtru zva i^snn no jigokii. Ci-^'C7j<^f
-t h\X-^<^iWA Wenn man eine Wasserfahrt macht, hat
man einen Zoll unter sich die Hölle (den Tod.)
Auch in der Form : Funaiiori lua itago saiizun shiia jigoku,
bei einer Fahrt zu Schiffe ist unter dem dreizölligen Brette die Hölle.
386. Fiuie zua scndö ni inakdseyo ! miW^\'--^^l Das Schifif
überlasse den Schiffern !
Überlasse die Sache denen, die sie verstehen !
387,* Jfunkei (od. Fiinkyö) no viajiw.vi. ^iJ?!^^"!) Eine
Freundschaft bis zum Köpfen.
Freundschaft bis in den Tod.
— 41 —
388,* IfiniJ^'otsu, sais/im.Ml'f^M Die Knochen zei'pulvern, den
Leib zerschmeltern.
Alles mögliche aufbieten, alles daransetzen.
389. Furarcte kaeni kwahd-viono. WO-'^^hW^^ Wer abge-
wiesen heimkehrt, ist glücklich.
Zw furarcte, "abgeschüttelt," vgl. Jn:o %üo ficrii. Wer in der
Liebe kein Glück hat, ist hinterdrein manchmal besser daran, als
der es hatte. Vgl. die Stelle aus einem bekannten Studentenliede:
" Denn schon manchen hört ich klagen, dass er allzu glücklich war.'*
390. Fiirisode de ino cii no Jiajime. tßllÜT tl3t7)öf;i6 Auch ein
(Streifen mit dem) Ärmel wird der Anfang von Be-
ziehungen.
391.* Taröna no bcnzetsu, Shanbiitsu no cJii. ati^H-^^S", '^V\%<^
^ Die Beredsamkeit Furöna's, die Weisheit Shaributsu's.
Fiiröna und Shaributsu sind die Namen zweier Schüler Buddhas.
392. Faru-daaulzl. "ST?! Ein alter tanuki.
Der t.inuki ist ein dachsähnliches Raubthier (Nyctereutes vi-
verrinus) ; der Ausdruck entspricht genau unserm " ein alter Fuchs."
393. Fiirukaiva ni viizu taezu. ■S'^5ll*7j<?gl"f" Einem alten Fluss
geht das Wasser nicht aus.
Ein Reicher wird selbst durch bedeutende Verluste noch nicht
arm ; ein geriebener Fuchs weiss sich immer zu helfen u. dgl.
394.* Faraki zuo satte alarashiki ni tsiiku. «5c^^^Ä'CiTd-i-SÄ<
Das Alte verlassen und dem Neuen folgen,
395.* Fnritki wo taziinete atarashiki %vo sJiini. &^^9X^^^i-^IiS
Wenn man das Alte erforscht, kennt man auch das Neue.
396. Fuvuneko no Jienge. "öTiS^^ifc Die Verwandlung der alten
Katze.
Eine alte Katze, die nicnschliche Gestalt angenommen hat,
d, h. ein boshaftes altes Weib.
397. Fitsai yo wo hedaterii ada nashi ^SS^Fi t if/LtC L Es
giebt keine Feind?chaft, die ein Ehepaar in der Nacht
trennen könnte.
398. Fase nai kyo ni zua kesa zvo hazusic{od. otosu). ^Wl^^H
i:ilSail^^t(f^t) Bei einer Messe, für die nichts be-
zahlt wird, nimmt (der Priester) seine Schärpe ab.
Er macht sichs bequem.
— 42 —
399-* Fifsei snhete yiune no gotosJii, röshö viata nanzo kotonaraniu
n^^V^3^!ml,^'}i>lrMxmhn Die ganze Welt ist wie
ein Traum, zwischen Jung und Alt ist k'ein Unterschied.
400.'*" JTiishii sunt. WM'^ ^ Sich wie Enten versammehi.
In grosser Zahl zusammenkommen.
401.* Fufaha uo iicJii vi tatazareba, ftietsn inirn nio oyobi-gatashi.
W.^^V-tfst.'SiWl., 1^W.Kh » l Ikü^WL Wenn man feinen
]-?aum) nicht, so lange er Keimling ist, abschneidet, so
i-st ihm (später selbst) mit der Axt kaum beizukommen.
" Principiis obsta !"
402. Fut€i(jolKOro-inono. -T^-t»^" Ein doppeltlierzlger Mensch.
Ein Mensch mit falschem Charakter.
403. Fnfanie to viirarenu.'^^ t^h U«(So hässlich oder schreck-
lich, dass man es) nicht zum zweiten Male sehen kann.
404. Fatatsii, licnji de kuni. zi<)iSiStTJ!4 2) Zweimal antwortend
konmien.
Zwehnal ja sagen, äusserst hereihvilli;^ auf einen Vorschlag
eingehen.
405. FntoL'oro sabishikn ouiou. IS'ÄK.Si^ Den Busen einsam
fühlen.
Von einer Mutter, die ihr Kind verloren hat.
406. Fiiyu 110 yiiki-iiri ^^SK"/ Im Winter Schnee verkaufen.
Ahnlich wie "Eulen nach Athen tragen."
-+-»-»-4»-4-
407. Ga 1V0 oni. ft4>^S Sein Ich brechen.
Den Muth verlieren.
408.* Galhots^i wo kou. ^t^^'c.i- Um seine Knochen bitten.
We^en hohen Alters um seinen Abschied einkommen.
— 43 —
409. GaA'L ^Ä Hungriger Teufel.
So heissen die im Pandämonium des vergröberten Buddhismus
zu ewigem Hunger Verdammten ; im Volkswitz für "Jungen," wegen
ihres beständigen Appetits, also ganz unserm " SchKngel "' ent-
sprechend.
410. Gah 7110 sennin. ^JlfiT'A Selbst tausend arn^e (hungrige)
Teufel.
Auch Schwache werden durch grosse Zahl stark.
411. Gaknslia vmshahisha. ^S-t'L^< L^ Gelthrte sind
confus.
"Gelehrte, Verkehrte."
412. GakiisJia no fu-iniiuocJd. ^^'OT-M^^ Die Lasterhaftigkeit
des Sittenlehrers.
Giikusha, "Gelehrter," hier im alten, confucianischen Sinne.
413. Gan ga tatcba hato vio tatsu. f?gt)^i:-Cltfc4 ISlo Wenn die
Gans wegfliegt, fliegt auch die Taube weg.
414.* Gan li'a kcitci zvo sJiini. MHÄ^^-^-liS Die wilde Gans kennt
ihre Geschwister.
415.* Gancliä Jäto nasJd. BR^liAfSlL Niemand ii-n Auge haben.
Vor niemand Furcht haben, ohne Alenschenfincht reden.
416.* Gnnka no gekirin ni furern. rM F'^i^f^l'-ii-S Gegen die
Schuppen unterm Kinn (des Drachen.s) stossen.
Sich die Ungnade des Kaisers zuz'elien.
417.* Ganka no tama %vo nru. 'v3^f<^'^f)^Vih Das Juwel unter
dem Kinn (des Drachens) bekommen.
Etwas erreichen, was sehr gefährlich oder schwierig zu errei-
chen war.
418.* Garü no höcJiü zuo inamoru ga gotokn.WM.<^^W:^^'^h'<i^^x^K
Als ob ein hungriger Wolf die Küche bewaclile.
Als ob man " den Bock zum Gärtner " setzte.
419. Gei Iva miwo tasnkertt. ÜllJl^Sl»JS Künste helfen einem
durchs Leben.
Wer etwas gelernt hat, findet sein Brot,
— 44 —
420. Gci ga Uli wo tasjikerii hodo no fu-sJiiaivase. Wt^'^'f^'^\'] h
fiOT^ft-H* Je mehr Künste einem durchs Leben helfen,
desto schlimmer ist es.
Wenn ein armes, ins Unglück gerathenes IMädclien in Folge
einer guten Erziehung viele Fertigkeiten besitzt, so kann sie dem
Schicksal, Sängerin {Geisha) zu werden, kaum entgehen. Auch
Vorzüge können einem zum Unheil gereichen.
421.* Geklriti nl furent. a^fill'ßl^ Gegen die Schuppen (des
Drachens) stossen.
Gleich 416.
422. Geho no tatctani kura ino nasin. fU^WihMi^L Kein
Magazin ist von Leuten gebaut, die niclit trinken.
Wer nicht trinkt, spart doch nichts.
423.* Genihiin tama no gotokn, yakubnn ishi no gotoshi. W^^
Oin < , il^TlOjtii L Ein Originaltext ist wie ein Edelstein,
eine Übersetzung ist wie ein (gewöhnliclier, werthloser)
Stein.
424.* Genien l/osatsn no goioku, naisJun yasha no gotoshi. ^M
^Ü^iüK.. H't-'UX^^'kwL Das Äussere des Gesichts
gleicht einem Heiligen, das Innere des Herzens einem
Dämon.
425,* Geiikö itcJii sJii-gatasJd. Blf-JJcf±lil L Worte und Thaten
lassen sicii schwer in Übereinstimmung bringen.
426.* Gcnvo zi'o dökai {od. kailsü) siiru. W^^Mfi dlS) Ti Den
Pfad der Worte gangbar machen.
Die Wünsche des Volkes zum Throne dringen lassen.
427.* Genro ivofusagn. '^l^^% < Den Pfad der Worte verschlies-
sen.
Der Stimme des Volkes kein Gehör geben.
428, Gesu no chie zva ato kam. y^<^^3.\t''&.^'^ Die Weisheit
des Thoren kommt hinterher.
429, Gcs2L no issnn, noroma no sansnn, baka no ake-Jianashi. T§)0
-Tj-, 0-?.rBl^H>], Ö^^^gjXL Der Dumme lässt die Thür
einen Zoll offen, der Faule drei Zoll, der Narr ganz.
— 45 —
430. Gcsu uj kucJiibirn to yogl no sode. TolcD#i^^O|i!i Die-
Lippen des Dummen und die Ärmel des Nachtkleides.
Beide sind unnütz ; der Dumme redet nur Albernheiten, und
die Ärmel ^z'^ yogi (der japanischen "Zudecke," die in der Form
dem Tageskleide nachgeahmt ist und daher auch Ärmel hat),
sind überflüssig.
43 r. Geta ni yake-miso . Tlil-iüst^ Bohnensauce auf Holzschuhe
(schütten ?).
Findet sich (vertauschbar mit gei lua jp.i iüo /asukeru) unter
den 48 Sprichwörtern des Iroha-garuta Spieles, ist al:)er sonst kaum
gebräuchlich ; daher auch über den S'nn kein genügender Aufschluss
zu erhalten war. Vielkicht=e'.wa3 lecht Dummes thun (vgl. niüo
tüo tsiikcnt).
432. Gcta wo araii to mnc gafnni. fWsiVck. J- ^ pS^'I^'? h Wenn man
die Holzschuhe wä-^cht, (um auszuf^ehen), so regnet es.
433. Givi to fundoshi tva kakannu. ©äfi^ll^h« Seine Schul-
digkeit und den Lendengürtel darf man nicht bei Seite
setzen.
Kakaroui, hier mit "nicht bei Seite setzen'' übersetzt, bedeutet
i) es nicht daran fehlen lassen (an der Pflichterfüllung); 2) nicht
umbinden, weglassen (den Lendengürtel).
434. Givi to Jdtoiue ga nakcreha donna koto de mo sannt. ßS
iK^^m^^mt€A.■fr^'<'l%i^Z Wo nicht Pflichtgefühl
und Aufpasser sind, ist alles möglich (ist man vor
nichts sicher).
Oft abgekürzt : giri to hitome, Pflichtgefühl und Beobachtung
durch andere.
435.* Gisliin ajiki ivo sközu. IS-'!l'32j3l.'V&T- Ein argwöhnisches
Herz bringt einen schwarzen Teufel hervor.
Ein argwöhnischer Mensch bildet sich leicht Dinge ein, die
gar nicht existiren.
436.* Giyü %va kötekiyori kiken nari. ®Ä(t £rSi l ^J ^t^-C 'J Falsche
Freunde .sind gefährlicher als offene Feinde.
437. Go de katsu mono tva shogi de inakerii. ^T'iif '5li"itJi'?^T'
Ms Wer im Go gewinnt, verliert im Schach.
Go Name eines Brettspiels,
- 46 -
438. Gö ni Ute wa gö ni shitagae! ^ili^Ao-CU^ii:^-^ Wenn du
in ein (andere.-;) Land kommst, so richte dich nach ihm!
439. Gohö Jiodo na 0 zvo fulte knru 'H^S'fitCJl^'ll'C^S Einen
Schwanz, so lang wie eine K'eltenwurzel, wedelnd
kommen.
Von schmeichelndem, kriechendem Betragen.
440. GofiilxU no 7icJn ju zvo motte saki to sn. SM'?)ftÄ^£i'C
5fc^iT Unter &<i\\ fünf Lebensgütern schätzt man
langes Leben am höchsten.
Die fünf Lel:;ensgüter (^^r7////'/v) sind i. langes Leben (7/.'^),
2. Reichthum {fiikii %), 3. Gesundheit [Jcbnci ,iß^), \- Tugendü-
bung {shükbtoku pJJi;*;) und 5. glückliches Lebensende {rdshüiiiei
441. Gohei-l^atsiKji . %'^^'^b' Ein Gohckx'i.'gtx.
Ein abergläubischer Mensch. GoJiei sind weisse, zickzackförmig
gesch.nittene Papierstreifen an einem Stabe, ein Symbol der Kami
(Shintögotter).
442.* Gojippo nigete Jiyappo zvo zvaniuna! 3Ll-#ji'C'S"#^^^^*i
Wenn du fünfzig Schritte wegläufst, so lache nicht über
den, der hundert Schritte wegläuft
443,* Gojippo zvo motte Jiyappo zvo zvaraii. JL't^^^Jü'C'S'^^^^''
Selber funf/i-j;- Schritte weglaufen und über den, der
hundert wet' läuft, lachen.
442 und 443 auch in der abgekürzten Form gy'ippo kyappo^
fünfzig Schritte, hundert Schritte.
444. Gonia zvo sunt. iÖJE^ff -S Olsamen reiben.
Durch Reiijen der Samenkörner von ^oma (Sesamum Orientale)
eihalt man Ol ; in bildlichem Sinne : sich bei jemand einschmei-
cheln, den Zwischenträger machen, klatschen u. dgl. Daher auch
_^'-ö///(7.v,v/'/, " Olreiber," für einen solchen Menschen.
445. Gomanic mo t.zvo no ioto-majin. II t ^^.^^.al^J Auch der
goniame (Name eines sehr kleinen Fisches) mischt sich
unter die grossen Fische.
446. Gomaine no ha-gishiri. l3il^(EI)5]l-y L'J Das Zälineknir-
schen des gomaine.
Ohnmächtiger Zorn.
— 47 —
447' Gonihei taue maku, karasu ga hofikunc. W-^w,WS < > .%t)-*|2. ^
< h Gonibci (bei Bauern und anderen niedrigen Leuten
liäufiger Name) streut den Samen, der Rabe pickt ihn auf.
448. Gonibei TardbcL ^^kt^.kS^-^'ßM Gombei Taröbei.
Zwei "Vornamen" (in japanischen Namen steht der "Vor-
name '' JiUiier dem Familiennamen), die bei den niederen Classen
sehr häufig sind; daher ein Ausdruck für "Plebs."
449, Go^>nld(ii!ie ni isunt. M.M^hK'-'^ Ein Kratiicli auf einem
Keb.richtliaufen.
Ein grosser ?»Iann in einer seinen Fähigkeiten nicht ent-
sprechenden Stelhmg, oder im Dienste einer schlechten Sache u. dgl.
450.* Gougo-ilüdan. slifli'f Zerschneidung der Worte des
Weges (der Vernunft).
Ein Ausdruck für: ganz unglaublich, gar nicht zu sagen, "da
hört alles auf."
451. Goryß de obi tvo halte sawyd de kukerii. JL^T^r^-S'^'CH
MT<iTo Zeug zuni obi iür fünf Goldstücke kaufen und
drei Goldstücke für Näharbeit ausgeben.
Der obi besteht bei Frauen aus einem fussbreiten, aus Seide
gewebten Gürtel, der über der Kleidung getragen und hinten in
eine grosse abstehende Schleife gebunden wird. Sinn : die durch
eine Sache verursachten Nebenkosten steb.en zu ihrem Werthe in
keinem Verhältniss.
452. Gosho-dairl no koio vio Lrge de iü.i in. SPi^r^^K^'^ IF«
TltSi- lai Geheimen spricht man selbst vun den Dingen
des kaiserlichen Palastes.
V\'enn man unter sich ist, sagt mnn manches, v.-as man öfientlich
nicht sagen würde ; auch in dem Sinne : niemand ist vor Nachrede
sicher.
453. Go-s7ii7f/l ni körn to oya no shiniine ni acmi. ^t^^iti^S
^^OJEür-ii--^ Wer sich ins Go- oder Schachspiel zu
sehr vertieft, kann (sogar) bei der Sterbestunde der Eltern
nicht zugegen sein.
454.* Götan wo fnrnu. S^'tMi- Die Haarspitze schwingen.
Den Pinsel führen, d.h. Schriftstellern.
- 48 -
455- Goio-mai ni koshi ivo kagavicru. S4>!i('SI4-3'* ^ Für
(ein Gehalt von) fünf Scheffel Reis verbeugt man sich.
Für weniger nicht. "Was Brot ich esse, des Lied ich singe."
456. Go-iichi ni loki nashi. ^t '^I-B^ML Für den 6'ö-spieler ist
die Zeit nicht vorhanden.
457' Gitnin ni ton zvä nnicki. iS.Al-fi^ltM^ Ein Disput mit
■ Narren ist nutzlos.
458.* Giüiin no aai tuo vuisahoru iva Jn-tonmtisJii no shikzva
ICO amanz2tru ga gotoshl MAOflt^Ä;^ (t?:K0^f4^lt1'-i-ö>
%\ L Das Begehren des Dummen nach Reichlhum ist
dasselbe, a's wenn er die Mette um ihren Feuertod
beneiden wollte.
459.* Gtiuh'el no naka no ikkaku. «^EI>^^''hO— S| Ein Kranich
mitten in einer Hühnerschaar.
Der einzige tüchtige, hervorragende Mann unter lauter unbedeu-
tenden Collegen.
460.* GunslkO ni sJiür)ö snru. W^-'-'-W^'^ h In Bibliotheken
waten und jagen.
Sich ganz in Büchern vergraben.
46t.* Gusha VW Sanyo ni ittoku ari. jS'.S' If fföl-— tü-^ 'J Auch
beim Dummen ist unter tausend ]\Icinungen eine richtige.
"Auch eine bünde Henn2 findet ein Korn.'' Oft abgekürzt:
gusha 720 itiokii', das eine Mal, wo der Dumme Recht hat.
462* Gusha ni vio ittoku ari iS.^"!- 1 ^^.^f ''J Selbst in dem
Dummen steckt eine Tugend.
463.* Gwaliei to naru. ^Wit^h Zu gemaltem Kuchen werden.
" Zu Wasser werden."
464. Gyö zvo viigaku. il^§c < Den Beruf blank machen (poliren).
Sich in einer Fertigkeit oder Kunst durch fleissige Uebung ver-
vollkommnen.
465.* Gijo-en no ri. ^SS'^f'J Der Vortheil v^on Fisch und Salz.
Der Gewinn, den das Meer gewährt.
— 49 —
466.* Gfjohusel^i-l^onL'ö. iE^jl-vS Das Vermengen von Edel-
steinen mit gewölinlichen Steinen.
Kritiklose Vermischung ; oder ein Zustand der Verwirrung.
467.* Gyösoku sJiite mint (od. matsii). M/E Lt.a2.(f5o) Die
Füsse erhöhend (d, Ii. auf den Zehenspitzen) sehen (od.
warten).
In grosser Spannung se'n.
468.* Gyütö Tl'c motte kci wo saku ga gotoku. '^TJ^H'ClI^liJ < ^■>'
itD < Als ob man ein Huhn mit einem Ochsenmesser
zerlegen wollte.
Wegen einer Kleinigkeit grosse Umstände machen ; etwas zu
wichtig nehmen.
► >>«<<<
IIa (Zahn).
469. Ha ga iikn. ^^'r}^ Die Zähne schwimmen.
Von sauren Sachen stumpfe Zähne bekommen.
Ha (Flügel).
470. Ha wo kikasii (od. nobasii). ^^fi^'t (f^liirt) Die Flügel
entfalten.
Seine Macht geltend machen, die Oberhand haben.
471. Haha -wo kikasti{Q6. suni). ip5^f'J"f ("f «) Breite entfallen.
Gleich 470.
472. Hahalzavi ni ynkn. 1f>'Ji:ff< Nach dem zu Scheuenden
gehen.
Ein Bedürfniss zu verrichten gehen (nur von Frauen gebrauchter
Ausdruck).
— so —
473. Hacliiböxu ga kouie uo koboshita yö. I*i^±^^'->fe ^i-S Lf:
•^ 9 Als ob der Bettelmönch (wörtl : " Mönch mit der
Schüssel" — worin er die Gaben sammelt) den (geschenk-
ten) Reis verschüttet hat.
Murren, unzufrieden sein.
474. HacJiiJü 110 initsiigo. A'V^'Bro^- Das kleine Kind von
achtzig Jahren.
475. Hachijü HO toiarai. A'Y'^^M Das Schreibenlernen des
Achtzigjährigen.
476,* Huchiku HO ikioi nite. ^'it'?>^l-'C Mit bambiispaltender
Kraft.
Mit unwiderstehlicher (jcwalt.
477. Hachinioji luo fiium. A'X'^f^l'aV Achten treten.
Beim Gehen die Füsse einwärts setzen, sodass die Fusspuren
die Form des Schriftzeichens für 8 (A) haben.
478. llada lüo nugii. M^^>t<* Sich nackt ausziehen.
Sich ernstlich an che Arl^e't machen.
479. Hadaka de döchu im dekinn. ^f Citfl'ltlh.^o Man kann
nicht nackend reisen.
Zum Reisen gehört Geld. Ebenso auch auf andere Dinge, zu
denen Geld nöthig ist, angewendet; oft in der Form: hadaka de
dochii ga Jtai-jf mono ka ? kann man denn nackend reisen?
480. ILae ga töshin i^'o motta yö in niocliiagundc ii-ii. il"5-''^iC>
4■J$■o^:ttl:|^fg^TK•5 Einer Sache so überdrüssig sein
wie eine Fliege des (brennenden) Lampendcchts (von
dem sie nicht wieder loskommen kann).
481. Hae ga töshin zi'o tsnkau yö. ti-5'^.C«^f!lU>'P 5 Als ob die
Fliege den Lampendocht bearbeitet (um sich los-
zumachen).
482. Ha-gayui yö. iSif^v^v 5 Als ob einem die Zähne
jucken.
Eine Sache kaum noch länger mit ansehen können ; mit
Mühe an sich halten.
— 51 —
Hai (Ascbe).
483. Hai 110 naka i^<o ariiku yd. Fc^l'-V^ < -^ 9 Als ob man durch
Asche watete.
Von einem sehr sandigen Wege ; ohne sonstige Bedeutung.
H.al (Trinkschale).
484. Hai tvo katamiikeni. S^M'>T h Die Trinkschale neigen.
Sake trinken.
485.* Haifa ii.'o ayatoasu. ÄlM^iHT Lunge und Eingeweide
zeigen.
Sein Innerstes enthüllen.
486. HaifaM e noseta käme 110 ko no yö. B^nJc-^Sctf f'-^O^Ov^
Wie eine junge Schildkröte, die man auf einen Asch-
becher (d.i. ein hohles Bambusrohr) gesetzt hat.
Sie kann zwar ihre Beine Ijewegen, kommt aber nicht vom
Fleck.
487. Haifiiki karaja ga dcta.WX'^^h^'^''ÄV-. Aus dem Bambus-^
Aschbecher ist eine grosse Schlange herausgekommen.
Bei erstaunlichen BegelDenheiten ; auch, wenn Jemand sehr lügt.
Haihan (Rückenschweiss).
488.* Haikan niitaru. 1l?T-i*MX Bis zum Schwitzen des Rückens.
Tiefe Beschämung fühlen ; eine Redensart, die oft nur die
Bedeutung einer höflichen Ablehnung hat.
489.* Haikaiirinnntari.'HW'M'^V^'') Der Rückenschweiss tröpfelt.
Gleich 48 8.
-ßrrr«Ä.YfH. (Lunge und Leber).
490.* Haikan ivo kiidahi. Mfff ^5? < Lunge und Leber zerbrechen.
"Sich den Kopfzerbrechen."
491. Haji no nicannri ivo sunt, ffit'^l^^'f h Die Schande noch
einmal anstreichen (od. lackiren).
Seine Schande oder seinen schlechten Ruf durch eine neue
schlechte That noch vergrössern.
492. Haß ZOO sosogu. Vi^^M\ Einen Schimpf abwaschen.
493. Hajinie areba ozcari ari. ^^Hltl^fc"; Wo ein Anfang
ist, ist auch ein Ende.-
— 52 —
494. HaK'tiha iio inu de hito tvo kuu. ll'S'5:^vTA^:&^> Der Hund
des Kirchhofs frisst Menschen.
Ein arbeitsscheuer, lasterhafter Mensch wird schhesslich durch
die Noth gedr;in;4t zu Ruchlosigkeiten übergehen, v.ie ein müssiger
Hund auf dem Kirchhof vor Hunger sogar Leichen frisst {de=^de aite,
indem ist),
495. MakavUjoto wa initsn naru besJii. IX#II^^£ h^l. Was man
plant, muss man c^eheim halten.
496. JUtal^e de Idita yö. il]^Tb'I>'"f:|5^ Wie mit dem Bürstcnpinsel
gezogen.
z. B. von einem l^reiten, dunkeln Wolkenstreifcn.
497. MaUidainc 120 tsuru. ^\^<^%% Ein Kranich auf einem Keh-
riclithaufen.
S. 449.
498. JlaLA'ö no viura ni vio cJmsJnn ari. APOtifl- i.S>S^'J
Selbst in einem Dorfe von acht Einwohnern findet sich
ein Patriot.
499.* IlaMvU geki %vo siigiim ga gotoku. ÖlsJFl^M^ti^ln < Wie
ein weisses Fohlen, das an der Lücke (im Zaun) vor-
beiläuft.
Man sieht es nur einen Au'^enblick ; ebenso rasch vergeht die
Zeit. Daher auch : Iiima 110 konia, das Fohlen der Lücke ; ein
Ausdruck für : das Eilen der Zeit.
500. llako-irl-inusunie, IhA'JM Ein in einem Kasten ver-
wahrtes Mädchen.
Ein sorgsam gehütetes Mädchen, ein Mädchen aus gutem Hause.
Auch : o-Jiako-iuusiiine.
501. Hctn'onc hachi-ri zva nma de vio kosu. fafSAEIt.HT tM^f
Selbst die acht Ri des Hakone-Passes überschreitet
man zu Pferde.
Aus einem Volksliede, das vollständig lautet : Hakane hachi-ri
iva ttma de nio kosu ga, kosi/ ni kosarcnu koi 110 michi : Selbst
die acht Ri des Hakone-Passes überschreitet man zu Pferde,
aber den Weg der Liel^e kann man nicht (bis zu Ende) zurücklegen
(über die Liebe kommt man nicht hinweg).
502* HaUuchu wo sadameni. fÖft^S>6i E^ntscheiden, wer der
ältere und wer der jüngere Bruder ist.
Entscheiden, was von zwei Dingen besser ist.
503.* JIa7,'ii7ij/ö luo fnuiu ga gotoku. S^Mat^^'i^K Wie wenn
man auf dünnes Eis tritt.
Sehr behutsam vorgehen, da man sich auf einem gefährlichen
Gebiete bewegt; ein heikles Thema berühren etc. Vgl. unser "wie
auf Eiern gehen."
504.* Mctkuinen-sliosei. ÖSiö4. Ein Student mit weissem
Gesicht.
Ein unerfahrener junger Mann.
505.* MaLuren tökcn sunc no gotoku. Öt1MET^©in< Wie
wenn weisse Seide niederhängt.
Von einem Wasserfall.
506.* Hakusen tökeu suru 710 gotoku. Ö^fftMto0i(n< Wie ein
umgekehrt hängender weisser Fächer.
Ein besonders für den (im Winter) schneebedeckten Gipfel des
Fujisan gebrauchter Vergleich.
507.* Makiva no toshi. 5S0;€>¥ Das Jahr der sich spaltenden
Melone.
Das Alter von 16 Jahren (bei Mädchen).
508. Mania no isago (od. viasago) no yd. M^^^W. Wie Sand
am ]\Ieeresstrande (so zahh-eicli).
509. Hania no inatsu-kazc, 'B.^"^^ Der Wind in den Kiefern
am Strande.
Dinge, die bedeutungslos sind, auf die niemand achtet.
5 10. Maino nio ichigo, ebi mo ichigo. Wh (. —^-i ^^ \> — 1^ Sowohl
der Seeaal als der Krebs haben (nicht mehr als) ein
Leben.
Jeder, der Grosse, Mächtige so gut wie der Kleine, Geringe
muss einmal sterben.
Hana (Nase).
511. Hana ga aku. #-ö^*M < Die Nase steht offen.
Sehr erstaunt sein, ein verdutztes Gesicht machen.
512. Hana ga takai. #t)^"iftir^ Die Nase ist hoch.
" Hochnäsig sein."
— 54 —
513. Hana kara shircni. ^'^"h^^h Schon durch die Nase
wissen können.
Leicht zu merken sein ; es jemand " schon an der Nase
ansehen."
514. Hana kara sJdreni imt to sani. $i''^"h^\\'h-^t^ Der schon
mit der Nase zu merkende Hund und Affe.
Hund und Affe sind in Japan als P'einde ebenso sprichwörtlich
wie bei uns Hund und Katze. Eine Feindschaft, die auch ein
Dritter, Unbetheiligter leicht merkt.
515. Hana ni kakeru. ^V-^^lh An die Nase hängen.
Sich mit etwas brüsten.
516. Hana no sJiita li'o nagakii snni. ^-OT4-:^<"f^ Die Ober-
lippe lang machen.
Etwas gern haben wollen, danach lüstern sein.
517. Hana wo akasu. ^-^l^^'T (Jemand) die Nase aufmachen.
Jemand in Erstaunen setzen, ihn aus der Fassung bringen.
518. Hana i^'o hishign. :^'-^ti<* (Jemand) die Nase zerdrücken.
Jemand demüthigen, ihm den Hochmuth legen.
519. Hana z^'o orn. Ä-'^lfS (Jemand) die Nase brechen.
Gleich 518.
520. Hana ico shikantern. ^'h%.^h Die Nase runzeln.
Gleich unserm " die Nase rümpfen."
521. Hana ivo takavieru. #^1^*^^ Die Nase hochtragen.
Dieselbe Bedeutung wie im Deutschen.
522. Hana wo fsuku. #-4*^< Sich die Nase stossen.
Mit etwas kein Glück halben ; schlechte Erfahrungen machen ;
"sich die Finger verbrennen.''
523. Hana zvo tsninamarerii yö. #^^i^ v ^ -5 Als ob einem
die Nase zugehalten würde.
Bezeichnet grosse Finsterniss ; " so dunkel, dass man nicht die
Hand vor Augen sehen kann."
524. Hana %vo tsnnmnde nigedas7i yd. #^l[§^T^^h"f -^9 Sodass
man die Nase zuhaltend davonlaufen möchte.
Etwas kaum länger mit anhören, kaum k'inger ertragen kön-
nen ; vgl. unser " es ist zum Davonlaufen."
— 55 —
Ha na (Blume).
525. Hana ga chini. Tfc-ö^'fts Die Blume entblättert sich.
Die Schönheit einer Frau beginnt abzunehmen.
526. Hana ni nrasJd no sazcari ari. ttl-l^'^F^ft "J Die Blumen
haben den Sturm zum Feinde.
527. Hana no o-Edo. iftOifJlP Das blumenreiche Edo.
528. Hana %va hankai, sake zva büui. -ft It ^ 5^. ?S It ^^ Bei
Blumen (sind) die erst halberblühten, beim Weine ein
nur leichtes Angeheitertsein (am angenehmsten).
529. Hana zva ne ni kaeru. itltlfil-^^ Die Blume kehrt wieder
zur Wurzel zurück.
Sagt man, wenn etwas in seinen alten Zustand zurückkehrt,
7. B. wenn ein durch Zufall reich Gewordener wieder arm wird.
" Art lässt nicht von Art " ; " Wo Wasser war, kommt Wasser
wieder."
530. Hana zva sakura (jii) Iiito zva biishi. ?b(I®l-A(lSt± Unter
Blumen die Kirschblüthe, unter Menschen der Krieger.
Was unter Blumen die Kirschblüthe, ist unter .Menschen der
Krieger ; beide sind die vornehmsten ihrer Art,
531. Hana yori dango. iti ^HT- Klösse sind besser als Blumen.
532. Haiiage ga nagai. #€-ö^';giv- Die Nasenhaare sind lang.
\"on jemand, der sich alles gefallen lässt (besonders von
Weibern).
533. Hanage zvo nnkareru. #-^^föti'H4 An den Nasenhaaren
gerupft werden.
In scherzhafter Weise angegriffen, oder zum Narren gehalten
werden (besonders von einem Mädchen).
534. Hanage zvo nobasu. M-^^^'f Die Nasenhaare lang machen.
Hinter einem Mädchen sehr her sein.
535. Hanage zvo nukn. #€4-fö< Die Haare aus der Nase
ziehen.
Jemand zum Narren haben.
536. Hanage zvo yomareru. ä-^f^W.iiini Sich die Nasenhaare
zählen lassen.
Betrogen oder zum Narren gehalten werden.
- 56 -
537- Hanage xvo yoinn. $;''%^%\J Die Nasenhaare zählen.
Wie 535.
538. IIunailH zvo kagii. Ä-i.^^l^C Den Nasenathem beriechen.
Jemand sehr genau beobachten.
539. Hanashi hamlmn ni klke ! 15 L4^5M-r^'J Vom Erzählten
liöre (glaube) nur die Hälfte !
540. HanasJti 110 incijin zua 11 so no mcijin. öJit^O-« Alt,^W5-^ A
Wer gut reden kann, kann auch gut lügen.
541. HanasJd zvo otosii. IS^j^T Eine Geschichte fallen lassen.
Eine (scherzhafte) Geschichte plötzlich (laniit abbrechen, dass
man mit Hilfe eines unerwarteten Wortspiels die Weitererzählung
für unmöglich erklärt.
542. Ilanaxoine no ntsuroi-yasiiki hito-gokoro. itffe'^n^J^^B^A'il»
Das Men5:chcnherz, das so veränderlich ist wie ein mit
Blumensaft gefärbtes Kleid.
543.* Handö (od. hanrOf od. hanto) de koto zi^'o jwnu. ^"^.i^
"th ^i^it) T#^itü Auf halbem Wege die Sache einstellen.
Eine Sache nicht zu Ende führen.
544. Mane ga hacte tobu yd. ^i?^*^l'C?i^i^^ -5 Rennen, als ob
einem Flügel gewachsen wären.
545. Hanjö no chi ni zoa kusa hae.zu. ^liOiiki* It^^lT An
einem verkehrsreichen Orte wächst kein Gras.
546.* Manslii hamhö. ^?E^4 Halbtodt, halblebendig.
Gleich unserm " halbtodt " (vor Ermüdung, vor Hunger u. s. w.)
547.* Hanshö no aida, JK^<?)Fb1 Im Handumdrehen.
Gleich dem deutschen Ausdruck.
548. HanshoKa daijin. ■^ÄAE Ein Minister, der (nur) (mit
den andern) zusammen isst.
Ein unfähiger Minister ; einer, der nur Strohmann ist. Ebenso
JiiDisIioku saisJiö (j^^^tg), ein ebensolcher Premierminister.
Jlava de zvarau : s. Hara no ucJd.
549. Hara c haini. M.'^M.K^ In den Bauch hineingehen.
Verstehen, begreifen.
— 57 —
550. Hara ga im. ßS^^'o'-i' Die Bäuche stimmen überein.
Derselben Ansicht sein.
551. Hara ga heni. 5St>%5. ^ Der Bauch wird klein.
Hungrig werden.
552. Hara (od. o-naka) ga siiUa toki ni inesJii wo kittta yd na
ivake ni ikanai. B.^'^ ^.^^U m'- Wl^ -k^V- Wi Ui- ^^^^^U^^
Es geht nicht so (Icich.t), a's ob man isst, wenn man
Hunfjer hat.
Die Sache ist nicht so einfach, geht nicht so schnell.
553. Hara ga iatsu. 5S"5^'J£<> Der Baucli steht auf.
Zornig werden.
554. Hara ga tcaruL fl5'5^',^;v^ Der Bauch ist schlecht.
Einen schlechten Charakter haben.
555. Hara vio vii no zicJii. EStiÄi^i^ Auch der jNIagen gehört
zum Körper.
Wenn man zum Essen über Gebühr genöthigt wird ; man soll
an den Magen keine unvernünftigen Anforderungen stellen.
556. Hara ni int. ßll-AS In den Bauch hineingehen.
Einem gefallen.
557. Hara ni omoii. Hi-iS^- Im Bauche denken.
Bei sich, im Innern denken.
558. Hara ni osanicru. Kl-^*^>^ Im Bauche aufbewahren.
Sich etwas für später merken ; Hintergedanken haben.
559. Hara no fuioi mono, '^^-k.'^^^ Ein Mensch mit dickem
Bauche.
Grossherzig, nicht kleinlich.
560. Hara no icnai mono. H'D^'^sfi^^ Einer, dessen Bauch
(Gemüth) nicht heilt.
Ein Mensch von nachtragendem, rachsüchtigem Charakter.
561. Hara no kawa ga yoreru. ^OÄi3^BHS (Lachen, dass) der
Bauch sich in Falten legt.
562. Hara no nai mono. ^^M.^^^ Ein Mensch ohne Bauch.
Ein kleinlicher, ängstlicher ^Mensch.
- 58 -
563. Ilara no ökii luoiio. KOictr»^- Ein Mensch mit grossem
Bauche (Gemüthe).
Wie 559.
564. Ilara no uchi de %vara7i. BS'^tt'T^i- Im Bauche lachen.
Sich innerlich freuen, "sich ins Fäustchen lachen". Auch
hara de zcaran, mit dem Bauche lachen.
565. Ilara zva karimono. IMltfa "J't^ Der Bauch ist (nur) geliehen.
Hara, "Bauch", steht hier für "Mutter"; der illegitime Sohn
eines vornehmen Mannes wird als vornehm betrachtet, wenn die
Mutter auch \on niederem Stande ist; die Abstammung vom
Vater, nicht von der Mutter, entscheidet.
566. Hara zvo kojasii. BÄ^'^T Seinen Bauch mästen.
Für seinen eigenen \'ortheil sorgen ; sich bereichern.
567. Hara zvo sagurii. .^^i?ß?Ä Den Bauch befühlen.
Jemand ausholen, seine Gesinnung erforschen.
568. Hara ivo suete kotaeru. IS44'I'^"C^'^X Mit gesetztem
Bauche antworten.
Eine gefasste, wohlüberlegte Antwort geben.
569. Hara zvo taterit. fiS^'Ä'C h Den Bauch aufrichten.
Gleich 553.
570. Hara zvo yont, M4-KS5 Den Bauch falten.
Gleich 561.
571. Ilarasuji zvo yorn. lä.Wi-'^h Die Bauch linien falten.
Gleich 561.
572. Ilava-tsn^^inni zvo Jitsti. ^Wi-tSo Die Bauchtrommel
schlagen.
Sich auf den Bauch klopfen ; sehr zufrieden sein.
573. Marawafa zvo sJäboru. "W^Wth Die Eingeweide aus-
drücken.
Sehr zornig sein.
574. Harazvata zvo taisn. %hM\^ Sich die Eingeweide zer-
schneiden.
Sich sehr grämen.
— 59 -
575. Hareiuono e sawani yö. M.^'-^^h^ i Als ob man eine
Geschwulst berührt.
"Einen wunden Punkt berühren"; oft auch nur in der Be-
deutung: etwas sehr behutsam anfassen, wie z. B. ein kostbares
Kunstwerk.
576.* Ha vi arai^areba ito ivo hikazii, mhn nakereba fiine zvo
zvatasazu. lt^5"nit'M^^h't-, 7hMnitlß4^üSf S t" Wo keine
Nadel ist, zieht man keinen Faden (näht man nicht),
wo kein Wasser ist, setzt man kein Schiff über.
577. Hari de cid zvo sasii yö. IfCiÄ^-l'Jt^ -3 Als ob man mit
einer Nadel in die Erde stäche.
Keine Wirkung haben, nutzlos sein; oft gleich " in den Wind
reden."
578. Hati hcdo no kcto ivo bö liodo ni in. Itfii^-^^^-^ISl-^^'
Von einer Sache, die so gross wie eine Nadel ist,
sprechen, als ob sie so gross wäre wie ein Pfahl (oder:
von einer Nadel wie von einem Pfahle sprechen).
Übertreiben; "aus einer Mücke einen Elephanten machen ''.
579. Hari no ana kara bö no yö na kazc ga töru. It^^xt^' ?>#?>
t*^<CMt)''ilS Aus dem Nadelöhr kommt ein Zugwind
wie ein Pfahl.
Kleinigkeiten können einem grossen Verdruss bereiten.
580. Hari no ana kara ten (zco) nozokn. it?>/t^' ?)??4'fllü< Den
Himmel durch ein Nadelöhr betrachten.
Einen sehr l^eschränkten Masstab anlegen. \'on dieser Re-
densart gicbt es viele \^arianten, z. B. kagi no ana kara ten nozokii,
den Himmel durch ein Schlüsselloch ansehen; kuda no ana kara
(od. take no kuda kara) ten nozoku, den Himmel durch ein Rohr
(od. durch ein Bambusrohr) betrachten ; yosJii no ziii kara ten
nozoku, durch das Hohle eines Schilfrohres u. dgl. mehr.
581. Hari no imisJdro e smvarn yö. ^'^M'^^h'^ -, Wie auf einer
Matte voller Nadeln sitzen.
"Wie auf Kohlen sitzen."
582. HariKo no Dannna. SIÜ?)^^ Ein Dharma aus Papier-
mache.
— 6o —
So heisst ein Spielzeug, das unserm " Stehauf" entspricht
(jap. oki-agari) und die Gestalt des indischen Heiligen Dharma:
einer sitzenden Figur ohne Füsse, hat. Von jemand, der trotz
vieler Schicksalsschläge immer wieder emporkommt ; der gleich
einer Katze " immer auf die Füsse fällt ''.
583. Ilaru aki iil ioniu. 'W^\\-'^\J An Frülilingen und Herbsten
reich sein.
Noch jung sein, noch ein langes Leben vor sich haben.
584. Iluscinii to Jükdnin wa ts2ikai-yd ni yorii. ^i^i^AHi^D^
tll-ÄS ]ici Scheren und Dienstboten kommt es darauf
an, wie man sie behandelt.
Hashi (Brücke).
585. Hashi naki ogazua zva wataransu. ^lM^4^JlIi<^ ?)!Tr Man
kann (selbst) über einen Bach nicht ohne Brücke
kommen.
Mashl (Esstäbchen).
586. Hasld de vicsJii-jazvan zuo tatahi to gaki ga hiru. ^TiS^^
^Pn< t^5i-ö^'^S Wenn man mit den Esstäbchen auf
die Reisschale klopft, kommt ein hungriger Teufel.
Sagt man zu Kindern, um ihnen diese Unart abzugewöhnen.
587. IlasJii vio viotauu mani-yake. i? ll$T:w^ti Eine Feuers-
brunst, bei der man nicht einmal die Esstäbchen behält.
Ein Feuer, das nichts verschont, das nicht einmal die Esstäbchen
übrig lässt.
588. Hashi ni vio bo ni vio kakaranu. ^1- l#l' U^?)W Man kann
(ihm) weder mit Esstäbchen noch mit Knütteln beikom-
men.
Er lässt sich weder durch feine noch durch grobe Kunstgriffe
fangen. " Mit allen Hunden gehetzt sein.''
589. Hashi HO age-oroshi ni in. ^<^^^1U Li:i"^> Über das Auf-
nehmen und Niederlegen der Esstäbchen reden.
Fortwährend etwas zu tadeln finden, wie z. B. manche Stief-
mutter ihren Stiefkindern gegenüber.
590. Hashi no taoreta ni ino odorokn. ^Ofil^Lt:!! {.||< Sogar
über das Umfallen der Esstäbchen erschrecken.
— 6i —
591. HasJii 1V0 tezvatasJd ni suni to naka ga zvariihi nam. ^^
^i}k\- -t bi ^'ü-'M iUZ Wenn man jemand die Esstäbchen
mit den Händen überreicht, so giebt es Feindschaft.
Man soll sie auf einem kleinen Präsentirteller überreichen.
Eine der vielen in volksthümlich fassliche Form eingekleideten
Regeln der Schicklich]:eit, Höflichkeit u. dgl.
592. llashii'i-uv.ia ga kuso xvo tarcrit yd. ßä^J .sr.-ö^'Jä^i-^S^ -5
Wie wenn ein rennendes Pferd Mist fallen lässt.
Spöttisch von einem ungeschickten Läufer.
593. HasliU'ii wna in iiutcid. f%.h%\'-\%. Dem rennenden Pferde
die Peitsche.
Die äussersten Anstrengungen machen, um et'.vas zu erreichen.
594. Mata-ivo. /iftS P'ahnenfarbe.
Die Aussicht auf Sieg (in einer Schlacht).
Hatalxe atte : s. Incclii atte.
595. Hatake ni Jiamagini i^o vwtoimrnt, ^l-iu^'-r;^ Auf dem
Felde nach Musclieln suchen.
596. Jiatal:e-siiiven. S];JvM Auf trocknem Lande schwimmen
lernen.
Etwas unpraktisch anfangen. Auch : auf trocknem Lande
schwimmen ; dann mit der Bedeutung : sich unnütze Mühe machen.
597. Hato ga viamc-deppö wo kumita yö. \i,^' UMM'^^'^V-'^ ^
Wie eine Taube, die von der Erbsenfiinte getroffen ist.
Ein sehr bestürztes Gesicht machen.
598.* Hato ni sansh.i no rci ari, karasit ni havibo no ko ari. /'.Il-
HfeOfg^'J, ;^i:i^iiic7)#fevj Die Taube hat die Höflich-
keit des dritten Astes (sich drei Äste tiefer zu setzen
als ihre Eltern), der Rabe hat die kindliche Tugend,
(den Eltern) die Nahrung zu vergelten.
599. Ilatsuiuo}io ivo kuu to sJiichiju-go-nicJä iki-nobiru. l!j4^4*
'kl^t.^i'Y^'^^^h Wenn man das Neueste der Saison
isst, lebt man 75 Tage länger.
Scherzhafte Redensart, um die kostspielige \'or!iebe für hatsu-
mono (die ersten Früchte, Gemüse etc. der Jahreszeit) zu ent-
schuldigen.
— 62 —
6oo. Hatte uio kurouiamc. llo-ct.'riS Selbst wenn man (ihn)
schlägt, (sagt er, es sei) eine schwarze Bohne.
Von jemand, der nicht zugeben will, dass er sich geirrt, oder
dass er l"nrecht gehabt hat.
6oi. Jlattengii i^'o hataraku. K^W^e^lK Arbeiten wie acht
Tengu.
"Arbeiten wie ein Pferd." Die Erklärung von Tengu s.
daselbst.
602. Half ahn, obocru mono wa hayaku zvasurcrii. •?<ÄÜ^iI
-?-</"Sn;ö Wer schnell lernt, vergisst auch schnell.
603. llaijaranu, mise wa takai. Wii^r f)W/5lJ^t' Ein wenig
besuchter Laden ist theuer.
604. Haijavlrnono %va sutarcm. wS^f^it^ns Was Mode ist,
kommt auch wieder aus der Mode.
605. Haxe wa tonde vio ichldai, 7inagi ica noinette ino icJiidai.
vi-^^ltJÜ^Tl-fi, Kill (D *?>;>' -C l-'f^ Obgleich die Meer-
grundel immer Sprünge macht, und der Aal sich immer
gleitend bewegt, haben beide doch (nur) ein Leben.
OI3 man sich das Leben schwer oder leicht macht — der Tod
macht schliesshch alles gleich.
606. He hitotsu wa kusurl sevibiiku ni atani. jK-ollÜTSßl-'efS
Väw Wind (crepitus) ist so gut wie tausend Arznei-
dosen.
607. }Ie züo kitte shiri ivo tmbomcni. i£ 4=:5X -^ 'C K ^-iß)*^ 3 Den
Hintern zusammenziehen, wenn man den Wind gelassen
hat.
Eine Sache ändern wollen, wenn es zu spät ist. " Wenn das
Kind in d:n Brunnen gefallen ist, deckt man den Brunnen zu."
60S.* Hehl ni ashi nashi, nioo ni niinii nashi. ifEl-zSM ( , %\'-%%L
Die Schlange hat keine Füsse, der Fisch hat keine
Ohren.
Trotzdem können sie doch gehen resp. hören ; man muss mit
seinem Urtheil nicht voreilig sein.
- 63 -
609. Hehi imna-magari inagattc iiw, zvagami no magatta koto
wo shimmt. !lrS'l:ffl''J ffl-C UüHOffit: : i 4-^11 f>w Wenn die
Schlange sich auch siebenmal windet, so weiss sie doch
nichts von ihrem Gewundensein.
Jeder, auch der Schlechteste, hält sich für fehle; frei.
610. Ilcbi ni kaniarcta viono iva kuchinazva ni ojinc. iCElti® ilaf:
^iti^JUCi^CS Wer von einer Schlange gebissen wor-
den ist, fürchtet sich vor einem faulen Strick.
Kuchhiaiua, früher ein Euphemismus für " Schlange ", ist hier
in seiner eigentlichen Bedeutung " verfaulter Strick '' gebraucht.
611.* Hein no c ni asJd ivo son. SrE'^^l-SL^i-J^.-S- Dem Bilde der
Schlange Füsse hinzufügen.
Etwas Unnöthiges, ganz Ui^crflüssiges thun ; eine Sache ver-
bal Ihornisircn.
612. Hcbi no nania-gorosJn no yo na kokoroniocJii z^'O sunt. §fE'?>
^i5LO^^;.i:^ii4--ra Sich wie eine halbtodt geschlagene
Schlange fühlen.
Ein Gefühl grosser Kränkung empfmden.
613. Hcbi no n.inia-gorosJii no yd na nie )ii az^iascni. tß^J4.lxL?>
tÄ^xSl-u-tfS Jemand behandeln wie eine halbtodt ge-
schlagene Schlange (behandelt wurde).
Jemand tief kränken.
614.* Hebt K'a takezntsu ni int nio, kyoknsci lua aratame-gatashi.
ilTEitit^r-A^ ifflttitEJc*6lüL Selbst wenn die Schlange in
ein (grades) l^ambusrohr kriecht, kann sie doch ihre
krumme Natur (ihre Gewohnheit, sich zu winden)
nicht ändern.
615. Hechiiiia to nio omozvanai. ISlOlt l^MU^^ Nicht einmal
für eine Schlangengurke achten.
Für nichts achten ; " das kümmert mich keinen Pfifferling ".
616. Heljl ga nri zvo kösaku sureba, Genta ga sa shite köre wo
knmu. ^rtj-Uk^-fffl^tnif, ^igiCij'^L'C^^üjS^i^ Heiji baut
die Melonen, Genta sitzt dabei und verzehrt sie.
- 64 -
617. Meike zl<j Jiorobosu zva Heike. ^%^^'t:\'i'^ Vi^% Die Fiimilie
Taira hat sich selbst zu Grunde gerichtet.
Von jemand, der durch eigene Schuld ins Unglück geräth.
618.* llenocu-ffoL-ii z^'o kcssiiru nakarc I fi'^fA'f^'^'^ h ^\x
Verurtheile nicht zum Gefängniss auf eine einseitige
Aussage hin !
619. Ileraxjt-gm'hi 7i'o kikii. l'Jc ?> T P '^ ^ < Sprechen, ohne
den IMund in Scb.rankcn zu halten (eigtl. zu verkleinern).
L'nverschänit reden.
620. lleso de cJia i^'O ivakasii. Wi'^'WJ^M't Auf dem Nabel Thee
kochen.
Spöttische Redensart, wenn jemand eine lächerliche Behaup
tung aufstellt, mit etwas prahlt u. s. w.
621. Heso de i^'arau. KT^i^i^ P.Iit dem Nabel lachen.
" Sich ins PYuistchen lachen."
622. Heso ii'o kaum to mo oyobanu. K^-'^L^i {.Alf« Es würde
nichts helfen, .^elbst wenn man sich in den Nabel beissen
wollte.
Klagen und Jammern vermag an dem einmal Geschehenen
nichts zu ändern
623. Hefa vio viapposJd. SH^ l MM Auch der ungeschickte
Schütze trifft einmal das Schwarze in der Scheibe.
"Auch eine blinde Henne findet manchmal ein Korn.'"
624. Hefa 110 dö^ndate, ?J4^?>iMÄ^ii Das Prunken des Un-
geschickten mit (kostbaren) Gerätiien (mit denen er
nicht umzugehen weiss).
Er hat z. B. ein kostbares Schreibzeug, ist aber im Schreiben
ein Stümper u. dgl. Wenn man date mit dem Zeichen -^ schreibt,
so lautet die Übersetzung : Die Geräthe-Aufstellung des Ungeschick-
ten, und bezeichnet dann nur eine ungeschickte Anordnung von
irgendwelchen Dingen.
625. Heta no kajiya vio ichido zva vieikcn. ÜB^^^JuISC -Sll^felJ
Auch dem ungeschickten Schwertschmied gelingt ein-
mal ein gutes Schwert.
- 65 -
626. Heta no kangae yasimm ni miari. T^?)#'^^üiliüt:''J Das
Nachdenken des Tölpels gleicht dem Schlafen (hat
ebenso wenig Erfolg).
627. Heta 710 Jiaga-dangi. T^O^g^l^S Die lange Predigt des
Ungeschickten (des noch ungeübten jungen Priesters).
Unnöihig viele Worte machen, wo ein paar Worte genügen
würden.
628. Heta 110 teppö 1110 karAi nteba ataru. ilH-^^MsM t ttÖtiVES
Auch das Gewehr des Ungeschickten trifft einmal,
wenn er oft schiesst.
629. Heta )io yoko-zuki. T^^li^^ Die verkehrte Vorliebe des
Ungeschickten (für Künste etc., zu denen er kein Talent
hat).
lli (Feuer),
630. Hl ga fjiru yd. tk^^\^^-h'Pi Als ob es Feuer regnete.
Plötzliche dringende Nothwendigkeit ; " es brennt einem auf den
Nägeln."
631. Hi ga kieta yö. 'Atf'^tlti'P 5 Wie wenn das Feuer ausge-
gangen ist.
Ganz still werden ; " es geht ein Engel durchs Zimmer."
632. /// no kurinna. *h^% Feuerrad.
Ein Ausdruck für grosse Leiden, Armuth, äusserste Noth u. s, w.
Das "Feuerrad" ist eins der Strafmittel der buddhistischen
Hölle.
633*. Hi 1V0 kon sciga iva honoo Jii yakare, hana 7uo imisaborii
funchö u'a knvio no i ni kakaru. A^l?.J>Wfe1i^^är-'^^^*n,
Yt^-Ä^I^SlI^^Sl-l^^ Die das Feuer liebende Motte
wird von der Flamme verbrannt, der die Blume be-
gehrende Schmetterling fängt sich im Netze der Spinne.
Jli (Sonne).
634. Hi ga nislii kara dete higashi ni im toki. Hd'®«' ?> {0*011 1-
Aft$ Wenn die Sonne im Westen auf- und im Osten
untergeht.
D. h. niemals, in keinem Falle.
— 66 —
635. m iva doko de mo atani. H HM^fTi 'ä^* Die Sonne scheint
überall.
Die Welt ist gross, man kann auch ausserhalb der Heimatli
sein Glück finden. Auch in der Bedeutung: es ist schon ülDer-
all bekannt.
H^l (Tag).
^16. Hi ni initabi ini 7i'o kaeriiiiiru. 0 i-^lS^'^i-'Ä'ö (Man soll)
täglich dreimal sich selbst [MÜfeii.
637. Ill-al kam nisshoku. ivo ogauin. P»"'* b n§i4"'-f-L' Durch
eine Thürspalte die Sonnenfinsterniss anbeten (sehen).
So gut wie nichts sehen können.
638. MibosJii ni narii. 0l£i-.^^ Von der Sonne ausgedörrt
werden.
Hunger leiden ; verhungern.
639. IlUlari-niae ni sunc. l^wW-'t h 13ie linke Seite zur vor-
deren (zur ersten) maclien.
Mae, " vordere '' (Seite) ist hier zeitlich gedacht : zuerst die
linke, dann die rechte Seite des Kleides vorn über der Brust
zusammenlegen, sodass also die rechte über der linken zu liegen
kommt, statt umgekehrt, ^vie es Regel ist. Sinn : etwas verkehrt
machen. Auch sagt man ; hidariuiae ni naru, " linkszuerst wer-
den '', für : zu Grunde gehen.
640. Ilidarl-uclnwa de kiirasH. :£'IlfflP.T^T Leben, indem
man sich mit der linken Hand fächelt.
Ein leichtes, arbeitsloses Leben führen.
641. Hige wo naderu. fS^iSo Sich den Bart streichen.
Sehr zufrieden und vergnügt sein.
642.* HUfurete inichi tdshi. H^lt-Xil^L Wenn es dunkelt, ist
der Weg weit.
Wenn man schon zu alt ist, um das Ende eines angefangenen
Unternehmens zu erleben; auch, v.enn man sagen will, dass die
Kräfte für das begonnene Werk nicht ausreichen. Auch : Jiigiire-
inicJii toihi, der dunkelnde Weg ist v>eit.
643. lllUil HO Jdki-taosln. ^^^"^WW- Der Sturz durch partei-
ische Begünstigung.
Zu grosse Gunst oder Parteilichkeit wird dem, den man be-
günstigen will, manchmal verderblich.
- 67 -
■644- Ill-ita"HV(t zvo sunt to, ncshöben ivo snru. ASI^-fä^Sä^h
M^"f S Wenn man mit Feuer spielt, nässt man in der
Nacht das Bett.
Eine an Kinder gerichtete Warnung, die auch bei uns ge-
bräuchhch ist.
Hiji (Gelieimniss).
645. Hiß zü.i viatsugc. I^?l?llll Gehcimaiss — Augenwimpern.
Über ein Geheimniss soll man sich kaum durch einen Wink
mit den Augenwiinpern \erstandigen.
mji (Ellbogen).
646. Hiji 7l'l> Jiaru. /U^-M^ Den Plllbogen ausstrecken.
Eigensinnig auf etwas bestehen.
647. injldepx)ö zl'ü kuH: WiMMJi^'k^- Einen Ellbogenstoss
bekommen (eigtl. Ellbogenschuss essen).
Abgewiesen werden, einen Korl3 bekommen. Transitiv: hiji-
deppo wo kiizjaserii, einen Ellbogenstoss, d. h. einen Korb geben.
648. Hijlki no gyjyetsu. ßlÄ^^^tr^Ü Der Aufzug des lajiki (ein
essbarer Seetang).
Von einer sehr ungeschickten, unleserlichen Handschrift; sie
sieht aus, wie eine Kelte von Seetang.
649. Hljlvl vio toki ni aiva::;;i. i3lü$i'Ültt' Audi der Weise
passt (manchmal) r.icht für seine Zeit.
650.* Ilijß 110 soniokii inade naniida zvo idasu yd. f^'^^'^M^'XWi
1ie%'t^ So dass selbst die fühllosen Pflanzen weinen.
Vgl. unser " zum Steinerbarmen."
651. nUcage no vioino (od. viamc) ino toki ga knreba Jiazeru.
H:^^-Om(fi)iH$i3^'*nifmi5 Auch die Pfirsiche(od. Bohnen)
im Schatten platzen, wenn die Zeit (der Reife) kommt.
Wenn ein Mädchen auch noch so sorgsam gehütet wird, er-
wacht in ihm doch die Liebe. Auch : Jiikage no viamo no ki na
vö, wie ein Plirsichbaum im Schatten.
652. Hikage (od. kage) no nashi. %^% Die Birne der Schatten-
seite.
Sie sieht gut aus, schmeckt aber nicht.
— 68 —
653- Hikage-mono. HP«# Einer im Scliatten.
Einer, der aus irgend einem Grunde eine Zeitlang in der
Zurückgezogenheit leben muss, oder zu leiten vorzieht.
654. HiKaremono no ko-2ita (od. hana-t(ta). '3I«'|i^-'?)^J-'!H(^-l!a)
Das Liedchensummen des VorgeRihrten (des vor den
Richter Geführten).
Sich eine unbefangene, sorglose Miene geben.
655. nUiui tokoro in mirju tajuani . ■ßi.'^l'7lci35 An niedrigen
Stellen sanimelt sich Wasser.
Dem Armen geschieht viel Unrecht; "über einen niedrigen
Zaun springt jeder." Auch : Jiikuini ni viizjc ianiant.
Hitna no kouia : s. Hakkii gcki wo (499).
656. Hi-niixu HO tatakai no yd. 'A^JcOEIJ?)^ 5 Wie ein Streit
zwischen Feuer und Wasser.
657. Tllmojil ioki viazui mono fias/n. V" i 11^ '^^^'^'^'^kU L Wenn
man hungrig ist, schmeckt alles.
" Hunger ist der beste Koch.''
Hin (Armuth).
658. Hin no ittö, cliöja no mandö. %<^-''^,^'^^^'^ Die eine
Kerze des Armen, die zehntausend Kerzen des Reichen.
S. 252 und 253.
659. Hin no nuswni, koi no nia. SOME*^? ^BOW\ Diebstahl aus
Armuth, Gesang aus Liebe.
Aus Armuth stiehlt man, aus Liebe singt mau. Scherzhafte
Redensart, um zu sagen: wer verliebt ist, fühlt sich zum Singen
begeistert, wenn er auch sonst kein Silnger ist.
660. Hin sureba don snrn. ÄTUlt'M'r^. Wenn man arm ist,
ist man dumm.
661. Hin Iva yainai yori kurushi. Ä II j^ i "J ^ L Armuth ist
schmerzlicher als Krankheit.
Min (Art).
Ci^2. Hin zvo mite hö wo tohi. no^i*ÄtTi;VR?< Erst die Art (der
Zuhörer) ansehen und dann das Gesetz erklären (d. h.
predigen).
S. 699.
- 6g -
66^. Minata-kiisai HlnJÄ«^ Nach Sonnenschein riechend.
Spötticher Ausdruck für Mädchen vom Lande, deren Gesicht
von der Sonne gebräunt ist.
664.* Rinlzei no ashita sunt iva köre ie no kuzuniru nari. ^l:l|Ol3-t
zn Ziri'^'^Mi^ Wenn die Henne kräht, so bedeutet
es den Untergang des Hauses.
Die Frau soll nicht die Rolle des Mannes spielen.
665. Hiniku no arasoi. Ä^'2)^\,^ Ein Streit zwischen Haut
und Fleisch.
Ein Streit zwischen Verwandten ; ein Familienzwist.
666*. Hiniku no koto zvo in. Ä^Oi$^^5.5^ Von Haut und Fleisch
reden.
Sachen sagen, die einen andern sehr empfindlich berühren ;
persönlich werden.
(ß"].^ Hinsen nareba tsmnako vio karonji, füki nareba ianin nw
omonzii. Ä^?inlt•S^tl5^l:, ^Ä^j:nit*filiAiS^T Wenn
einer arm und gering ist, so verachten ihn selbst sein
eigen Weib und Kind ; wenn einer reich und vornehm
ist, so schätzen ihn selbst fremde Leute hoch.
668. Hinsen tomo snknnashi. Ä^Ä^^ü L Der Arme hat wenig-
Freunde.
669. Hinsö no kasane-toki, ^M^^W^'k Das Vorrathessen (sich
für längere Zeit satt essen) des armen Priesters.
670. Hinxuvii toki zua nusumi su. RTi BliliS^T Wenn man
arm ist, stiehlt man.
671. Hippari-dako ni saruru. HI^ (f^J Ml- ? ^ » Von allen
Seiten gezogen werden, wie ein Drache, der sich mit
andern verwickelt hat.
Sehr beliebt sein, von allen Seiten eingeladen werden u. s. w.
672."^ Uippö wo fnnai. ^iJ^jffEi^ Die Speerspitze des Pinsels
(der Feder) schwingen.
Mit der Feder kämpfen.
— 70 —
673« IliiYff/nnio 110 yö. ^^JiSnOV-? Wie eine breite, flache
Spinne.
In zur Erde gestreclvter Stellung biUen ; sich vor jemand sehr
erniedrigen.
674. mvoinuslii 7ca Junnbun. ^0^±lt^5j" Der Finder hat
die Hälfte.
Der Finder hat an das Gefundene gewisse Ansprüche.
675. Hirn iii shio no yd. ^l-ü'^tl Wie Salz auf einen Blutigel.
Sehr wirksam sein, besonders \ox\ Ermahnungen ; \gl. ']'].
6/6. jHlriifOinbi. SS Ein Tages-Tombi.
Tojulii ist der Name eines Raubvogels (Milviis melanotus).
Ein Dieb, der am hellen Tage stiehlt ; speciell ein Taschendieb.
6^1. lILsasJii i^'o kasJiitc onioya tvo torarcvu. JDt4-l^ L'CIEM^t?
hX^h Wenn man den Dachvorsprung verleiht, wird
einem das ganze Haus weggenommen.
678. Hisashi zvo karite ovioya zvo torii. Iffi^-ft "J "CaM^Hii Den
Dachvorsprung leihen und das ganze Haus nehmen,
679.* Missei ryö no gotoshi. iE^ylil'^iin L Die Kraft des Pinsels
gleicht dem Drachen.
Von einer kühnen, meisterhaften Handschrift.
Hlio (Mensch).
680. Ilito itaUc kashikokereba tomo nasJii. AStKtmit'Äfe L p:in
ausserordentlich kluger Mensch hat keine Freunde.
681. Hito koetaru ga yiic ni tattokararju. AM-^f: otj^'öci:^«* ?)T-
Dass er dick (reich, angesehen etc.) ist, macht den
Menschen nocli nicht achtungswerth.
682. Hito inaseba ini.zu masu. Ait^lt'7]<itT Wenn die Menschen
zunehmen, nimmt auch (der Bedarf an) Wasser zu.
Wenn sich die Familie -vergrössert, so \ergrössern sich auch
die Ausgaben.
683.* Hito mazusliikereba cJii mijikakn, 7ima yasereba ke nagasJn.
AÄ'JniitM<, .rilSnif^^L Wenn der Mensch arm ist,
so \A sein Verstand kurz; wenn das Pferd mager ist,
so sind seine Haare lang.
684. Hito nl Jdto-kuse. A!-— 1# Der Mensch hat (wenigstens)
einen Fehler.
Wortspiel mit Jiito-l;iise : i) ein Fehler; 2) menschlicher
Fehler. Vgl. auch Nakuie naiiakusc.
685. Hito in um viina vtusJd ga oni. Al-lt-^^-ö^'^-S In jedem
Menschen steckt ein Insekt.
Jeder rächt sicli, wenn er kann.
686. Hito ni wa säte viiro, mna ni lua notte iniro! Ai-iti^o-c
M.^,Mr- itmoX ^S Mit einem Menschen versuche
zusammen zu leben, ein Pferd versuche zu reiten !
Vorher kann man nicht über sie urtheilen.
687. Hito HO issJiü wo. 07/! oni wo öte tö-michi zoo yiiku ga gotosJii.
A'^^-iUmr^^^Ä-Ciiit^t^f < ^'%\i L Das menschliche Leben
ist, wie wenn man einen langen Weg mit einer schweren
Last auf dem Rücken geht.
688. Hito HO kokoro wa iwa-ki ni arasu. A'5'iLMlS^ci:W f.f Das
Herz des Men.schen ist nicht von Stein oder Holz.
Auch nur: /tito lua iwa-ki ni arazii, der Mensch ist kein
Stein oder Holz.
689. Hito no yo wo wataru wa nianiki-basJn wo zvatani ga gotoshi.
Kco^fi^i&hnm^^^i&h^^'kwL Das Wandern durch die
Menschenwelt gleicht dem Gehen über ein rundes
Brückenholz.
690. Hito wa bainbiitsH no rci. A(t^,l?<?)M Der Mensch ist die
Seele aller Dinge.
691. Hito wa bokuseki ni arazu. K\lÄ<Ki\'-'^h'^' Der Mensch ist
nicht von Holz und Stein.
Der Mensch soll nicht gefühllos sein.
692. Hito zua ichidai, na zva matsudai (od. bandai). Ad— -R, ^
[IM^i^^) Der Mensch lebt eine Generation, der Name
bis ans Ende aller Generationen.
693. Hito wa kzva ni shikazu. All^U^JtP Für die Menschen
giebt es nichts Besseres als in Frieden zu leben.
694- ^^^^ ^'■'^^ viikake ni yorami mono. AU Ä AI -5* f>»lO Der
Mensch (sein Charakter) entspricht nicht (immer) seiner
äusseren Erscheinung.
6q5.* HUo zva na zco osJiimi, tora wa ke wo osliiniu. AU-^^j?'!«^,
)%\X^^^\a\J Der Mensch schätzt seinen Namen (seinen
Ruf), der Tiger schätzt sein Fell.
696. Hito zva sanzim no shita zvo motte goshakii iio mi zvo hason
SU. A(lHTj-^^/tlil-CÄ;^<?>:i^gcmt Der Mensch thut mit
der drei Zoll langen Zunge dem fünf Fuss langen Leibe
Schaden.
697.* Hito tva shi sJiite na zvo toinc, tora zun shi sJiitc ke zvo toviw
Alt^ L'C«4.jt»(),l^it^L'C^4-iL-.i' Wenn der Mensch
stirbt, so endigt er seinen Namen (d. h. er kann für
seinen Ruf nichts mehr thun), wenn der Tiger stirbt,
so endigt er sein Fell.
698. Hito zva zcn-ahi no touio ni yoru. Alt^^sOÄl-^O ^ Der
Mensch (sein Charakter) hängt davon ab, ob er gute
oder schlechte Freunde hat.
" Sage mir, mit wem du umgehst, imd ich will dir sagen, wer
du bist."
699. Hito zvo mite Jiö toke ! A^£,XJe^IJ" Predige je nach dtw
Menschen, die du vor dir siehst !
Man muss sich nacli der Fassungskraft, auch nach dem
Stande etc. der Zuhörer richten.
Hito (andere ; die Leute).
700. Hito ni kasH to mo, karakasa zvo hin ata c Jiositnal 'ft&Al-a
-fi t^^BlMj'^lLt^i Trockne den Schirm nicht in der
Sonne, selbst wenn du ihn an andere verleihst !
■ •
Der japanische Schirm ist aus Ölpapier gemaclit ; wenn man
ihn in der Sonne trocknet, so bekommt das Papier leicht Risse.
Kine sonstige Bedeutung hat die Redensart nicht.
70 t. Hito no chöchin de akafi zvo toru. 'flllA©i§'ia'T9q^9?S Von
einer fremden Laterne Licht bekommen.
— 72> —
Aus der Bemühung anderer Nutzen ziehen ; ruhig warten, bis
man durch einen andern der eigenen Mühe überhoben wird ; wie
jemand, der dem Lichte einer fremden Laterne folgt, seine eigene
Laterne nicht anzuzünden braucht.
702. Hito HO fundoshi de nnnö ivo ioru. i'iLK'^M'^Wimf^Mh Mit
dem Leiidengürtel eines andern ringen.
" Mit einem fremden Kalbe pflügen " ; " bich mit fremden
Federn schmücken."
703. Hito ?w furi mite zvaga furi naose / Vä.K^Wi^X^l'^'^.^-^ Sieh
das Betragen anderer und bessere danach dein eigenes!
704. Hito HO gobö de höß zvo sunt. JlJiAO^^Tii$;^t S Mit der
Gobö- Wurzel anderer den Vorfahren ein Opfer bringen.
Am Todestage eines Vorfahren bringt man ihm auf dem
Hausaltar ein Opfer dar, bestehend aus 6^c?(^i;-(K!etten-) wurzeln,
Älohrrüben, Lotosrhizomen und einigen andern Gemüsen ; auch
wird im Hause von einem buddhistischen Priester eine Art See-
lenmesse {/löji) gelesen. Bedeuiung v\ie die von 703.
705. Hito HO Jiatake ni im. fliiAOMi' A3 In das Feld eines andern
gehen.
Etwas thun, was bei dem andern Verdacht erregt.
706. Hito HO issitn onore no isshaku, fillA'i)— tJ'S'^-^X Was in
anderer Leute Augen ein Zoll ist, ist für den Besitzer
ein Fuss.
707. Hito 110 kaka ni iva ynbi de ino sasuna I 'flllA'^J^-i-U^^a'C liS
'f"'i Aufdie Frau eines andern muss man nicht einmal
mit dem Finger zeigen.
Alan soll nicht mit der Frau eines andern irgend etwas zu
thun halben, oder sich gar mit ihr in ein Liebesverhältniss einlassen.
708. Hito no kao ni doro too nunc. 'ft£A'^ül-'i?il^l^3 Finem
Schlamm ins Gesicht schmieren.
Jemand durch seine schlechte Aufführung Schande machen.
709. Hito no kata ivo rnotsu. MAOJff^^^o Einem die Schulter
halten.
Ihm Beistand leisten.
— 74 —
710. Hito no koshi zvo osn. MA<?)Bil^-pPPT Einem die Lenden
stützen.
Gleich 709.
711. Hito 110 laichini to i<:o tatcrarenu. 'fi]lA'?>Pi--P4'5£^/t« Dem
Munde der Leute kann man kjine Thür bauen.
712. Hito no kitcld osoroshi. flliA<?> P aS L Der Mund der Leute
ist schrecklich.
713. Hito no me zco nukii (od. nusnnni). fillA^B44S< (ÜStO Eiiiem
die Augen ausreissen (od. stehlen).
Jemand einen Streich spielen, ihn hinters Licht führen.
714. Hito no nagareru kazoa (od. se) ni nagarciit. MA^nS i jll
(ilS) l-v7i5S Im Flusse (od. in der Stromschnelle) schwim-
men, in dem die andern scluvimmen.
Thun wie die andern ; " mit dem Strome treiben."
715. Hito no saifit de loanigncin wo narasu. MAO^^T.^! P^Hl ?>
"T Mit dem Geldbeutel anderer an die Gebeta;!ocke
schlagen.
Der Besucher eines Shintütempels wirft erst einige Münzen
in den Opferkasten, dann ergreift er das Seil, das über diesem
Kasten hängt, und schlägt damit an den neben dem Seile hängen-
den Gong, um die Aufmerksamkeit der Gottheit zu erregen ; hierauf
spricht er sein Gebet. Es ist also gemeint, dass man einen andern
erst Geld opfern lässt, und dann seilest mit dem Seile läutet, um
sich so auf fremde Kosten den Beistand des Gottes zu verschaften.
716. Hitono senkt zvo zutsTi ni yannt. •fliiA'5yii}^4-EH-/i*!*^t' Das
Lendenweh anderer als Kopfschmerz mitfühlen.
Man soll sich wegen fremder Leiden, bei denen man nicht
helfen kann, nicht unnütz das Herz schwer machen. Statt hilo
kann auch ioiiati, Nachbar, stehen.
717. Hito no shii'i de luna ni norti. MA'^^M'C'.lll-^S Ein Pferd
mit dem Hintern eines andern reiten.
718. Hito no sJdri ni tsnJcH. fiiiA'^Kl-FfK Zum Hintern eines
andern gehören.
Sich jemand ganz unterordnen, nur sein Anhängsel sein.
— / :> —
719- Hito HO sdhaht li'o hirmi. flllAOffifö^-Ä f)-5> Den Rückstand
(Bodensatz) eines andern essen.
Jemand in allem sklavisch nachahmen.
720. Hito 110 iabane wo sunt. ^K^%^'t h Ix-ute in ein Bündel
binden.
Leute unter sich haben, ilir Vorgesetzter sein.
72 1. Hito 710 tan ivo in nakare ! llk AOM^R-^^ri Sprich niclit über
die Mängel anderer !
722. Hito 110 tana-orosJii snru. \^K^)^'§^L't ^ Anderer Leute
Inventar aufnehmen.
Über andere zu Gericht sitzen.
723. Hito no tsnra-yogoshi ti'o sunt. 'fillA^ffif.'S L^i?"»" -S Jemand
das Gesicht sclimutzig machen.
Wie 70S : seinen Ellern, oder seinem Herrn etc. Schande
machen.
724. Hito 110 uina iii zua noriina ! \^K'^%\'-\'%h*i. Reite nicht
auf einem fremden Pferde !
725. Hito no 7ircu (spr. 7iryo) n'o mitara nrce yo ! -flliAOj^-^^Ä
'fi?).f.'^i Wenn du siehst, dass andere trauern, so
trauere mit ihnen !
726. Hito no nwasa vio sJiicJiijTi-go-nicIii. A'^'^S i't^'^5.H Das
Gerede der Leute dauert fünfundsiebzig Tage.
Schliesslich nimmt es doch einmal ein Ende.
727. Hito no yorckobn wo kikaba yorokobc ! ^l!lA.0S:^;^fjS:)'ift^-:
Wenn du hörst, dass andere sich freuen, so freue dich
mit ihnen 1
728. Hito no yue ivo mitara zvagami zvo onioe ! \^KP^^^%'^^^^
'^^'^ Wenn du die Sache (das Schicksal) eines andern
siehst, so denke an dich selbst !
729. Hito no yumi z^'o hikn. 'fiäA'5^;^jf^< Mit dem Bogen eines
anderen schiessen.
730.* Hito sJiöken nakuba viise wo hiraku zvo yanieyo ! A^it^i <
\t]^f)e^^ < ^i^t> l Wer den Leuten kein freundHchcs
Gesicht machen kann, soll keinen Laden aufmachen.
- 7^ -
7^)1. Hito to kata zuj narabcni. flllA^M^*^'^^ Seine Schulter mit
der eines andern in gleiche Reihe setzen.
Es jemand gleich thun, ihm gewachsen sein.
732. Hito wa iwanu ga, wäre iuiia ! 'fl!lAltWitWt>% WWi^'^j: Andere
sagen nichts, aber sage (auch) selber nichts !
So Imge man sein Geheimniss nicht selbst verrüth, werden
es auch andere nicht verrathen.
733. Ililo zva südshiku seyo ! AII^B^. L < t£ i Behandle die Leute
massvoll (mit INIilde) !
734. Hito ivo fiini. A'^Mo Jemand abschütteln.
Sich ihn vom Halse schaffen ; speciell wenn eine Geisha, oder
ein Mädchen im Bordell einem unwillkommenen Gaste einen Korb
giebt.
735- Hito 2i'o Jiito to 1110 sczn. 'fillA^-A^ »itfT' Jemand (od. andere
Leute) nicht einmal zu den Menschen rechnen.
Auf andere hochmüthig herabsehen,
736.* Hito wo kagaini to sunt. -fiäA^^i 'f h Andere zum Spiegel
machen.
Sich das Beispiel anderer zur Lehre dienen lassen. Die Re-
densart beruht auf einer Stelle in Möshi (Mencius), die japanisch
lautet : JciinsJti mizii luo kagami to sezii, Iiito wo kagaini to sji,
der Gute nimmt nicht das Wasser, sondern seine ^Mitmenschen
zum Spiegel.
717. Hito wo katsugu {od. katsiiide yani). illlA^JtC Jemand auf
6c\\ Schultern tragen.
Hinzuzudenken ist : wohin man will. Jemand zum Besten
haben; ihm "über sein", ihn "hineinlegen" u. dgl.
738.* Hito wo kizii tsukern ichigo toki koto töken no gotoshi. A^
^-fti-IH?i]^*77^ye)j(DL Ein Wort, das einen andern
verletzt, gleicht an Schärfe einem Schwerte.
739. Hito wo initam dorobö to omoe I ■fi&A^i*Ä?: ?>^AS®'^ Wenn
du jemand siehst, so halte ihn für einen Dieb !
Man soll Unl^ekannten gegenüber vorsichtig sein. Vgl. 112.
740, Hito wo norocba aiia futatsu. A^5fi'^ltÄ~^ Wenn man
jemand flucht, so giebt es zwei Gräber,
Ermahuung zur Friedfertigkeit und \'ersöhnlichkeit : wer seinen
Feind verderben will, richtet sich oft mit zu (irunde. " Wer
andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein."
741. Hito wo orosti. -fllA'VSi'f Jemand herabsetzen.
Wie bei uns : von ihm schlecht sprechen.
742. Hito -ci'o tsukmi iva tsiikaivarent. -ftilA^ßi^-Uf'ÜU^^?» Wer
Leute bi'aucht, \viid .selber von ihnen gebraucht.
Besonders als Klage der Hausfrauen über ihre Dienstboten :
sie werden immer übermüthiger, machen immer meb.r Ansprüche
und wollen womöglich die Herreu spielen.
743. Hito 1k.'0 yuriisu to vio, onore wo ynritsnna / fJlA^'fr'f i i S^
fi"•T^£ Gegen andere magst du nachsichtig sein, aber
nicht gegen dich.
744. Hitohiichi-^nono de hö zvo yaku. — P (. O T^M ^j?fc*< Sich
mit einem Bissen die Backen {kIqw Mund) vei brennen.
745. lUto-hul-inud ni mo ai-hichi ari. K 1S- c'> % V- l -^ P fc "J
Selbst für die wildesten (eigtl. menschenfressenden,
oder -beissenden) Pferde giebt es Zähmungsmittel.
Jeder hat eine schwache Seite, bei der man um fassen kann.
746. mio-me HO scki. A0?)il Die Schranke der Augen
anderer.
Die Zurückhaltung, die z B. Liebenden die Anwesenheit
anderer auferlegt.
747. Jlito-iiiasari no iiyobb ica kaue 110 tvaraji de sagashite
mo motef -flilAi^'J 0icMiIilO|p:|ITIt L'C U# t Nimm eine
tüchtige Frau, und wenn du sie auf eisernen Sandalen
suchen müsstest !
Über die Redensart l'ajie no icamji de sagasu s. dort.
748. Hitovl-vmstune ni innko JiacJiinin. —K^V-^^K Für eine
Tochter acht Schwiegersöhne.
Starkes Angebot bei geringer Nachfrage.
749. Ilitotsa-aua no mnj'ina. — ^I^^IS- Dachse aus demselben
Bau.
" Unter einer Decke stecken." Vgl. 299.
- 78 -
750. Hitotm nahe no mono wo hm. —y^A^':>W^%l- Aus einem
Napfe essen.
Von selii' en.ijer Freundschaft.
751,* llitsuhohu. no gyd, ^%.'^^%. Der Beruf des Pinsels und
der Tusche.
Der Sclinftstclleibcruf.
752.* Hitsujl ni kinyü no on. ari. #^i-£t?L->EUj 'J Das Schaf
erzeigt die WohUhat, (dem Lamm) die Milch kniend
zu reiciien.
Eine Wohltliat, für die das Lamm (als Kind) zu Dankbarkeit
verpfliclitet ist. Vgl. KoJiitsuji wa.
753.* Hitsn/'i no kokctsu ni iran ga gotokn. ^^<^JC^y^:l- A?)^«'■j!^<
Als ob das Schaf in die Ilölile des Tigers gehen
wollte.
754.* Ilitsnji züo hüte kogun ni iru.^^^^Ü'-X)%t^-\'~Xh Ein Schaf
(am Strick) führend in eine Tigerheerde gerathen.
755. IliuchUmko no yö. 'htiB^'Pi Wie ein Feuerzeug--
kästen.
Ein kleiner viereckiger Kasten mit Stahl, Feuerstein und
Zundor. Von einem sehr kleinen, engen Hause.
756. lllyaase li'o nagasn/ta'i'^^x^'t Kalten Schweiss vergiessen.
Ang3tsch\vei.=s schwitzen.
757. Hhjaineslil-kni. (^U%0- Die kalten Reis Essenden.
Ein Ausdruck für "jüngere Brüder"; so genannt, weil sie
gegen den ältesten in allen Dingen zurückstehen müssen.
758.* Hit/okti no tori. lt%'^% Der Vogel Hiyoku.
Ein chinesischer fabelhafter Vogel, bei dem Männchen und
V\''eibchen nur einen halben Körper mit je einem Flügel halsen
und deshaüj immer vereinigt {/äyoku, mit vereinigten Flügeln)
fliegen. Symbol für ein treues, inizertrennliches Liebes-oder Ehepaar.
759,* lüyokiL-renri no cJiigiri. ib S iS ?1 ^ ^ "J Der zusammen-
gewachsene Bund des Hiyoku- Vogels.
Eine unauflösliche, glückliche Ehe.
760. HUjovl 200 viim. SW^ÄÄ Das Wetter beobachten.
— 79 —
Von jemand, der einstweilen noch nicht Partei nimmt, sondern
erst die Entscheidung abwartet, um sich dann zum Sieger zu
schlagen. Daher auch hiyorliiü, Wetterseher, für solche Wetter-
politiker.
761. llir:a to juo dankö. Bi' tS^a" Berathe dicli mit jemand,
und wenn es auch nur dein Knie wäre !
762. Hiza zvo oni. I^'tJri Die Kniee beugen.
Sich vor jemand erniedrigen.
763. Hizagashira de Edo e yiiku. ßSM'vJjI^'-^lf < AufdenKnieen
nach Edo gehen.
Gehört zu den 48 Spr. des Iroha-garitta Spieles, wird aber
gewöhnlich durch No. 175 [Bimbö hiiiia ncisJii) vertreten. Ausser-
halb dieses Spieles scheint die Redensart niclit gebräuchlich zu
sein ; sie soll wohl etwas Unmögliches, nicht zu Verlangendes
ausdrücken. Nach einer andern Erklärung wäre ihr Sinn jedoch :
mit Gedi'.ld und Fleiss kann man alles, selbst das Schwierigste,
leisten.
764. IIö ga ochiru yö. ^'^H&h'Pi (So eifrig essen), dass man
die Kinnbacken verliert.
765. Hü ivo fnkumsu. *14'SI?)T Die Backen aufblasen.
Zornig werden.
766. llodaslil ni kakant. '^\'~%h In Fessehi h'egen.
Frau und Kinder haben.
767. Hofßit ni suru. KtXC-'t h Zu altem Papier machen.
Zu nichte machen ; d. h. nicht erfüllen (z B ein \"ersprechen .
einen Vertrag etc.) Auch'passivisch : hogu tii naru, zu altem
Papier werden, in demselben Sinne.
778.* Jlo-itsu 110 tatakai. fifSl^ilo^ Der Streit zwischen Muschel
und Reiher.
En Streit, bei dem der Dritte (der Fischer) gcv.innt.
769. Mö-kahiU'l 7i'o s/iite h(u. ^M''} ^£-L'(i^Z' ]\Iit zugebunde-
nen Kinnbacken essen.
Etwas sehr Gutes essen ; der Zweck des Festbindens der
Kinbacken ergiebt sich aus 764.. Auch : etwas heimlich essen, um
andern nichts abzugeben zu brauchen.
— 8o —
770.* Höhen zva resslii iii oknri, kdfiin zva Injhi ni okuru, %M
{tlA±V-^'] ^UlSWX^KV'^h Ein kostbares Schwert giebt
man dem patriotischen Krieger, Schmiinke und Puder
der Schönen.
TJi. Ilöhi de Jiakn hodo. #T'lw < fl So viele, dass man sie
mit dem Besen zusammenkehren kann.
Geringschätzig von Menschen, an denen nichts Besonderes
ist ; " Dutzendmenschen.''
yy2. Höki-so.ki ni im to baka ni narn. #^1- Wiht ,!?5^I-Jä ^ Wenn
man (beim Ausfegen) vor dem Besen steht, wird man
dumm.
Scherzhafte Mahnung, beim Ausfegen nicht ini Wege zu
stehen.
773. hloh'he ga hotoke ni nareba, us/ii no kuso ga niiso ni narn.
m^^ '^^ 1 : fiJin (t'^^"^-i3^*9iDtl : r^ h We nn ei n //^;/'/vpr iester
zum Buddha wird, so wird Ochsenmist zu miso (Boh-
nensauce).
Schlechter Ruf der Priester der Hokke- oder Nichirensekte.
774. HoJxL-oL'ti-kannnan de kita nari. :1h ^ 11 T 1^ ? : J^ § Der
beim Donner im Norden getrasfene Anzusf.
Ein scherzhafter Ausdruck für jemand, der nur einen Anzug
hat, der also immer in demselben Anzüge erscheint. Der Ausdruck
klingt dem Japaner besonders komisch wegen der doppelsinnigen
Wörter kiia nari, die zugleich "getragener Anzug" und " nördlicher
Donner " bedeuten. Man sagt auch : IioJcIcoku-yü dacht de kita
nari, der beim Platzregen im Norden getragene Anzug (nördliche
Donner).
775. Höhönin-konjö. ^ÄAlSit Bedientennatur.
Unedle, niedrige Gesinnung, die auf nichts als den eigenen
Vortheil bedacht ist.
'j'jG.'^ Ilöhwan, gekitaku. teil, ^r? Thorhüter, Wachtholz-
schkäger (Nachtwächter).
Ausdruck für Leute niedrigster Stellung.
yj^, Homare amn (od. aru) yori sos/tiri nakare ! «^ ?> ^ t ''J if
»Jfi^'lx Trachte mehr danach, frei von Tadel zu sein,
als nach Lob (Ruhm) !
— 8i —
778.* Hönnatsu ni zokn sn. MM^'-M't Zum Schaume gehören.
" Zu Wasser werden."
779. Homer u %va sosldru no inoto. #2>ltp5^7C Lob ist der
Ursprung des Tadels.
780. Hon no nmshi. :4^^ib Bücherwurm.
Hat dieselbe Bedeutung wie im Deutschen.
78 [. Hone ga nakercba issho ni naritai. •H-ö^*M'Jnit*-i5'rl*;Ä<'J t:i^
Man möchte zu eins werden (mit einander verschmelzen),
wenn die Knochen nicht wären.
"Jemand vor Liebe autlressen wollen,"
882. Hone ga oreru. #t)*^n3 Die Knochen brechen.
Sehr anstrengend sein.
783. Hone ni kotaeru (od. sliiinii). 'i'l'^'^S ("Jfeüj Bis in die Kno-
chen dringen.
Einen tiefen Eindruck machen.
784. Ho}ie zuo nebntte sara ni oyoöu. 'H-^SSotMltfc ii^ Die
Knochen bis auf den Teller ablecken.
Von gierigem, unanständigem Essen.
785. Hone wo oru. #'^^^ Sich die Knochen zerbrechen.
Sich sehr anstrengen. Daher honeori-shii^olfl, eine Knochen
zerbrechende, d. h. sehr anstrengende Arbeit.
786. Hone %vo oshhnu. ^'^Ih t' Seine Knochen schätzen (schonen).
Sich nicht anstrengen wollen.
787. Honenuki-dojö. #^^11 Eine Schmerle ohne Knochen.
Ein hederlicher, ausschweifender Mensch ; ein Mensch ohne
Energie.
788. Honeori-zon no kutabirc-vwke. %^'')^^^%\X^^) Er-
müdung als Gewinn für die verlorene Anstrengune.
789. Honeotte shikararem. #^'Cnb-a^f>ns (Zum Dank) für die
Anstrengung gescholten werden.
Vgl. hierzu Kasaya 710 kozb.
790. Hova %vo fuku. JSil^BJc< Das Muschelhorn blasen.
Ruhmredig sein, prahlen, aufschneiden Daher nennt man
einen Prahler homfuki, Aluschelhornbliiser.
— 82 —
791. Ilorcvarcta g-a ingzva. t^. ■iJUT:«^'!!^ Geliebt werden ist
eine Strafe.
Die Liebe stürzt oft ins Unglück.
792. Iloreta yohunc de yohi mieni. föt;l5l3Tftf < .^'^ ^ Einem
verliebten Auge erscheint es schön.
793. llorete kayocba senri ino ichiri. tSTii'^(l''T'E i— M Wer
auf verliebten Wegen geht, für den sind selbst tausend
Meilen nin- eine Meile.
794. Iloshi 110 gotoku. ^"^^11 < Wie Sterne (so zahlreich).
795.* Iloshi iva Jiiru iiucz7l, hi iva yoni terasazji. Mdft^'^"?', HU
SM§T' Die Sterne sieht man nicht am Tage, die Sonne
scheint nicht in der Nacht.
Alles hat seine Zeit.
796.* Hösö zvo ßiniu. ^^^^V Wohlriechende Fusspuren be-
treten.
Einem tugendhaften Beispiele folgen.
797. Hoso i kemuri vw tachi-kaneru yd. t^'^^^^) l'^'b'^^YXh'P ^
(So arm), dass selbst nicht der kleinste Rauch (aus
der Küche) aufsteigen kann.
798. HotoJx'e Jiottoke, kavii kamatina ! f§:fe5cs IT, pjfi^tx Wirf
Buddha weg, kümmere dich nicht um die Götter !
Scherzhaft, etwa in dem Sinne von : weniger beten, mehr
arbeiten ! Zugleich ein gutes Beispiel für Verbindung ähnlich
klingender Wörter.
799. Hoiokc ino vioto lua bonibu. t'HTCll-'li^ Selbst ein Buddha
war im Anfange ein gewöhnlicher Mensch.
Jeder kann ein Buddha werden, wenn er ernstlich will.
800. Hotoke HO Jiikari mo kane shidai. f^OJfJ t^^^ Selbst der
Strahlenglanz Buddhas richtet sich nach dem Gelde.
801. Hotoke HO kao vio sando. fJ'^'MtSJg Selbst ein Buddha
wird zornig, wenn man ihm dreimal mit der Hand
übers Gesicht fährt.
- Ss -
Selbst der Siinftmüthigste verliert schliesslich die Geduld. Nach
sando ist etwa zu ergänzen : nazureba hara ga tatsit (vgl. die
Übersetzung). Statt hotoke sagt man auch Jho (d. i. eine poiJuläre
buddhistische Gottheit, die in allerlei Nöthen hilft).
802. Hotoke 710 nai tera-mairi. ^^tC«''^!! "J Ein Tempelbesuch
zu einer Zeit, wo der Gott nicht da ist.
Wenn man jemand nicht zu Hause triiTt ; oder wenn man
einen weiten Weg gemacht hat, um etwas zu sehen, und es grade
dann nicht zu seilen ist u. dgl.
803. Hotoke tanonde jigoku e ochmi. [WXL'^iW.'^t^h Sl in Ver-
trauen auf Buddha setzend in die Hölle kommen.
Von einem felschen Freunde im Stich gelassen oder verrathen
werden.
804. Hotoke tsukurite vie loo akcnu. -^f^ "J t @ ^-Pfl t J "f- Einen Buddha
machen und ihm keine Augen geben.
Das Wichtigste vergessen.
805. Hotoke wo tsukuttc tainasJiii wo irezii. %^\'^^XW^'K\i'V'
Einen Buddha machen und ihm keine Seele geben.
Gleich 804.
806. Hyaku mo shöchi, ni-hyaku 1110 gaten. W 1 7?:^n. — W t ^^
Ich verstehe hundert und z\veihundert(mal).
Ich habe die Sache vollständig begriffen.
807. Hyakkzuan 110 iaka uio lianasaneba shirezu. WS'?).'^ lS5c? illt
^^'V' Selbst einen Fjlken für hundert Thaler kennt
man nicht eher, als bis man ihn (auf den Reiher) los-
lässt.
808. Hyakit-byö zva ki kara okorii. W^lii^^' ?>&?> Hundert
Krankheiten entspringen aus dem Geiste.
Die Begierden des Herzens sind die Ursachen von vielen
Krankheiten.
809. Hyaku-bumvaikken ni shikazu. Wriait — ai^-^'o''^ Hundert-
mal hören ist nicht so gut wie einmal sehen.
810. Hyaht-gei wa icJdgei no hizvashiki ni shikazu. WBll— SO
ii^B L^llin«*"?* Hundert Künste sind nicht so gut wie
eine Kunst gründlich betrieben.
- 84 -
8i I.* HyakU'Jiatsu, Jiyaku-chTi. WIIW^I* Hundert Schüsse, hundert
Treffer.
Bei allen Unternehmungen Erfolg haben.
8 12. Hyahi-vion de katta iima no yö. 'S'^TKt^fiS'D^ t Wie ein
Pferd für hundert Heller.
Von grosser Trägheit ; besonders von jemand, der beim Gehen
sehr langsam ist.
8 1 3. Hyakn-nichi no seppd, he Idtotsn. 'S' B <^WikMr-o Die hundert-
tägige Predigt (schliesst mit) ein(em) Wind (crepitus).
Die Arbeit vieler Tage wird in einem Augenblick durch einen
unglücklichen Zufall vernichtet.
814.* Hyakii-ri wo yukn mono hijTiku-ri wo motte nakaba to su.
■SM4*^< i,(DUii-YW.^liXX^it Wer hundert Meilen ge-
hen will, muss neunundneunzig als die Hälfte ansehen.
815.* Hyakn-sen, Jiyaku-Jiai. "5"i£, "S"I5: Hundert Schlachten, hundert
Niederlagen.
Stets geschlagen werden ; in allen Unternehmungen Unglück
haben.
816.* Hyaku-sen, Jiyaku-shd. Wi?, W^ Hundert Schlachten, hundert
Siege.
Stets siegreich sein ; immer Erfolg haben.
817.* Hyaku-shahi kantö sara ni ippo wo susjimn. Wi^^I^Sl-— #^
jit' Am Gipfel einer Stange von hundert Fuss noch
einen Fuss (eigtl. Schritt) höher klettern.
Alle andern übertreffen, etwas Ungewöhnliches leisten.
818.* Hyaku-shö, Jtyaku-hai. W^, WSi: Hundert Siege, hundert
Niederlagen.
Mit unentschiedenem, wechselndem Glück kämpfen.
819. llifalzrisliö no mannö. WÜ?>^Hb Die zehntausend Künste
des Landmannes.
Auf dem Lande muss jeder sein eigener Schneider, Zimmer-
mann, Haarschneider etc. sein, da es dort keine Handwerker
giebt.
— 85 —
820.* Hjjöki gyokkotsu sennin no gotoku. ?^J3]l^'B*^A^iin ^ Wie
eine Fee mit einer Haut (so glatt) wie Eis und mit
Knochen wie Edelsteinen.
Von einer sehr schönen Frau.
821.* Myöri hai)ipuhi no hito. MMFxM^^A Einer, der aussen und
innen umkehrt.
Ein unzuverlässiger, wankehnüthiger Mensch.
822.* Hydri no setsu. %%'^^ Meinungen (Aussagen) wie aussen
und innen.
Sich widersprechende Aussagen oder Meinungen.
823. Ilyöshi ga yoi {od. tvarni). *ä-^t)>JJ(,' (M(<0 Der Takt ist
gut (od. schlecht).
Eine günstige Gelegenheit finden und geschickt benutzen, Glück
haben ; resp. das Gegentheil.
824. Hyöshi-mike ga suru. ^^WJ^^'t h Aus dem Takte kommen.
Die rechte Zeit verpassen, sich eine günstige Gelegenheit
entgehen lassen.
Hyötan (Eis und Kohle).
825.* Hyötan ai-irezu. ^WM'UX^'V Eis und Kohle lassen sich nicht
mischen.
Grundverschiedene Naturen passen nicht zu einander.
826.* Hyötan kokiibyakn no gotoku. *^I^Ö0J!n< Wie Eis und
Kohle, wie schwarz und weiss.
Hyötan (Flaschenkürbis).
827, Hyötan de namazu tvo osaeru yö. ^W^'kt^^^h'^ 1 Als ob
man mit einem Flaschenkürbis einen Wels festhalten
wollte.
Sowohl Flaschenkürbis als Wels sind sehr glatt.
828. Hyötan kara koma ga dem. lEW^'o' ?il»l5^'Öi* Aus einem
Flaschenkürbis kommt ein Fohlen heraus.
Scherzhafte Verdrehung von j'xian kara homma ga derii{%. d.).
Von einem merkwürdigen Vorfall; auch, wenn jemand aufschneidet.
— 86 —
829. Hyötan ivo kukutta yö. im^-tS^:/':^ -i Als ob man einen
Flaschenkürbis geschnürt hätte.
Der Flaschenkürbis ist schon von Natur in der Mitte einge-
schnürt. Von jemand, der den Gürtel zu fest umgebunden hat.
•I»>^<—
I.
J (Brunnen).
830. / HO liotori ni cliigo zi'o okic. ^Oii!i:^l^g< Ein Kind an
den Brunnenrand setzen.
Ein hoher Grad von Leichtsinn oder Gedankenlosigkeit.
831.* I HO iiaka{od. i no nchi) no kaiuazii daikai ivo shimsu. ^'^
f\>iDik:kW=^^h't- Der Frosch im Brunnen weiss nichts
vom Meere.
Oft abgekürzt : / ;it> uchi no kaiuazu, der Frosch im Brunnen.
I (Arzt).
832.* I zva shi sezani byösha zvo naosii. ^U?E-tf S'^i^^'r'Ä'T Der
Arzt heilt (nur) den Kranken, der nicht stirbt.
Wenn das Schicksal beschlossen hat, dass der Kranke sterben
soll, so ist alle ärztliche Kunst vergebens.
Ichi (Marktplatz).
833. Ichi ni tora wo hanatsii yö. "fUi-/^4>i5c-o^9 Als ob man auf
einem Marktplatz einen Tiger losliesse.
834. IcJii no uchi ni inja ari. "iU?)!^!*^^^^ Mitten auf dem
Marktplatz ist ein Einsiedler.
Man findet manchmal Dinge da, wo man sie nicht erwarten
sollte.
835 . IcJii no ucJii no inkyo noyö. fU?) 4» ^öH^O-P -5 Wie ein Einsiedler
auf dem Markte.
Ein inkyo ist eigentlich jemand, der sich von den Geschäften
zur Ruhe gesetzt hat.
- 87 —
Ichi (Eins).
836. Ichi Fuß, ni taka, sau nasiibi. — ^±, — fll, HSK^ Zuerst der
Fuji, dann der Falke, dann die Eierfrucht.
Eine alte Redensart von den drei besten Träumen : ein Traum,
in dem man den Fujiberg sieht, hat die beste Vorbedeutung ; dann
kommt das Träumen von Fali<en, dann das Träumen von Eierfrüch-
ten (Solanum melongena).
837. Icldhira, nia'aki, san obiti. — ^, — Ife^, HMCA Zuerst(das Kind)
auf dem Schooss, dann das auf dem Arm, dann das auf
dem Rücken.
838. leid hodo, in kaue, san kiryo (od. yösliokii). —%% — #, H#'6,
Zuerst Rang, dann Geld, dann Schönheit.
839. Ichi ka bacJd ka yatte mini. — '5'lt*!»t)*ISi'CÄS Versuchen, ob
eins, ob acht.
Etwas wagen, aufs Gerathewohl thun.
840. IcJd ni kavibyö, ni ni kusuri. —V-^M^ :^l-^ Zuerst Pflege,
dann Arznei.
Pflege in der Krankheit geht vor Arznei.
841. Ichi ni itn-gao, ni ni inaru-g-ao. —C-I^ISit ^i~^ ^"^ Zuerst ein
Melonengesicht, dann ein rundes.
Ein melonenförmiges (längliches) Gesicht ist schöner als ein
rundes.
842.* Ichi iva hambutsu no hajiniari. -'\tBM<^%»'') Eins ist der
Anfang aller Dinge.
843. Ichi wo kitte ßi wo shirn. — 'VfiBv^'Ci'^'^S Eins (einen Theil)
hören und gleich zehn (das Ganze) wissen.
Sehr intelligent sein.
844. Ichi-do ga matstidai. — St'TiCf^ Einmal ist für alle Zeiten.
Das Gegentheil von unserm " einmal ist keinmal."
845.* Ichi-ganno kamiuki-kiniau. -Rae)Är?^^l'-^i' Die einäu-
gige Schildkröte trifft auf ein schwimmendes Holz.
Unerwartete Hilfe in der Noth.
/ _ 88 —
846. IcJd-ji ga banji. ^^11 Ü^^ Wie eine Sache ist, so sind alle
Sachen.
Bedeutet ebenfalls (wie 844) das Gegentheil von " einmal ist
keinmal." Wer einmal etwas Böses thut, der thut es auch wieder
u. s. w.
847. Ichi-ji Uten zvo yunikase iii sezu. — ^— IÄ^.^,-tii:-ti-f- Nicht
ein Wort, nicht einen Punkt nachlässig behandeln.
Etwas sehr genau nehmen ; sehr sorgfältig und gewissenhaft
verfahren,
848. IcJii-ji Uten wo yumsazu. --^— Ifi^tH^St"' Nicht ein Wort,
nicht einen Punkt erlauben (od. einräumen).
Sehr streng sein ; nichts durchgehen lassen.
849. IcJu-ji senkin. — ^T'^ Ein Schriftzeichen ist tausend Gold-
stücke werth.
850.* IcJd-jitsu sansJiTi no gcioshi. -' H Hflf^^jtp L Ein Tag ist so lang
wie drei Herbste.
Wenn man etwas (besonders den Gelieljten oder die Geliebte)
mit grosser Ungeduld erwartet.
85 I.* Ichi-juno kage, ikka no nagare. — ^?)Ü— MO^Ii Der Schat-
ten desselben Baumes, das Wasser desselben Stromes.
Abgekürzt aus: ichiju no kage ni yadori, ikka 710 nagare ivo
kuniit vio, niina k'ore iaaJio no ^« (■fiji^'?))!^) nari — auch wenn wir im
Schatten desselben Baumes ruhen, oder aus demselben Strome
Wasser schöpfen — es ist alles die Folge von Beziehungen in einem
anderen (früheren) Leben. Das Spr. ist aus der buddhistischen Welt-
auffassung hervorgegangen, nach der alles, was uns in diesem Leben
begegnet, als Vergeltung {ingwa) unserer Thaten in einer früheren
Existenz anzusehen ist.
852.* IcJä-ini, ddshin. — BlcJ^iC' P2in Geschmack, dasselbe Herz.
Mit einander übereinstimmend, zu derselben Partei gehörig.
Auch : icJiiiiii no mono, " einer von gleichem Geschmack,'' für
Gesinnungs-oder Parteigenosse.
853.* IcJd-viü shTunö wo Idki-ai-hute kwakö niirii. — W^W'i'^l^+BI?
Ü^X'k^V-Xh Wenn ein Bünder die blinde Menge leitet,
fallen sie in die P'euergrube.
- 89 -
854- Ichi-mon-ashimi no Jiyaku shirazu. —'^\h^^'U'X^^'P Auf
einen Heller Werth legen und sich um hundert Heller
nicht kümmern.
In Kleinigkeiten sparsam sein und dann wieder mit vollen
Händen ausgeben ; oder auch : sich um eines kleinen Gewinnes
willen einen grossen entgehen lassen.
855. IcJn-mon-zeni de nania-ziime wo hagasti. —XI5T4/K^f !!*■»' -f
Sich wegen eines Hellers die Nägel (beim Suchen)
abreissen.
Zu weit getriebene Habgier, die Schaden bringt.
856.* Ichi-nen no hakarigoto iva gwanjitsu ni an, tsmna ivo osliiyiiru
zi'a shokefi ni ari. -¥Ost "J r i Utc H i: ^ "J , g^H'J) h li ÜOÄ
l-fe'J Den Plan für das Jahr macht man am Neujahrs-
tage, die Belehrung der Frau beim ersten Sehen.
857. Ichi-nen ten m tsüzu. —^ViV-MrP Ein Gedanke reicht bis
zum Himmel.
Was man ernstlich will, das erreicht man auch.
858.* Ichi-nicJd no koto tva asa ni ari, ichi-neti no koto wa gwan-
jitsu ni ari. -BO^UI^r-fc^J, -^^^fl^lXTcHUfe^J Das Ge-
schick eines Tages beruht auf dem Morgen, das Ge-
schick eines Jahres auf dem Neujahrstage.
Es ist von Wichtigkeit, wie man den Tag oder das neue Jahr
beginnt, da dem Anfange gewöhnlich auch der Fortgang und das
Ende entsprechen.
859. IcJ'.i-nichi no shi wo ino utonzu bekarazu. ~ H Oßip/^ i I^^T pJb*
h't' Auch den Lehrer nur eines Tages soll man nicht
kalt behandeln.
860.* Ichi-ri areba ichi-gai ari. — ^IfeiHt— W*) "J Wo ein Vortheil
ist, ist auch ein Nachtheil.
" Keine Rose ohne Dornen."
861. Ichi-ryit mambai to narii. -'%l^^ti^h Ein Reiskorn ver-
zehntausendfacht sich.
Eine geringe Gefälligkeit, die einem reich vergolten wird.
— 90 —
862. IcJii-ya akuvcba Olli ga rei ni kurU: — SM^itÄt'jfigU^Ä Wenn
noch eine Nacht vergeht, so kommt (selbst) der Teufel
zu gratuh'ren.
Gemeint ist die Nacht vor dem Neujahrstage ; " Teufel " be-
deutet '• Gläubiger." So unangenehm die letzten Tage vor Neujahr
sind, weil alsdann alle Rechnungen des alten Jahres erledigt werden
müssen, so frei fühlt man sich am Neujahrstage, von wo ab man vor
seinen Gläubigern bis zum Ende des neuen Jahres wieder Ruhe hat.
863. IcJd-ya akuvcba shakkintori 1110 iigidsu no koe. — ^M^ilffa^SX
"J i'M<^% Wenn noch ehie Nacht vergeht, so hat selbst
der Gläubiger die Stimme der Nachtigall.
Weil er nicht zu mahnen, sondern zu gratuliren kommt.
864.* IcJii-yö ocJiitc tenka no aki wo shiru. — ^^t^^T'^l^c^^PÄ
Wenn ein Blatt fällt, so weiss man, dass es nun überall
auf der Welt Herbst ist.
Aus einem einzelnen Anzeichen kann man oft auf einen allge-
meinen Zustand der Dinge schliessen.
865.* IcJd-yokii wo Jishhiau. —"^^^i^ Einen Flügel verlieren.
Eine Hauptstütze verlieren.
866.* Ichö yama no gotoht. '^#lll'?)ijp < Auf einander gehäuft
wie Berge.
867. Idaten-bashiri ni liashiri-yiiku. $l!c?cj^''J It^'Jfi' < So
schnell laufen wie Idaten.
IdatcJi ist der Name eines buddhistischen Gottes, der sich nach
dem Volksglauben durch Schnelligkeit im Laufen auszeichnet.
868. Idobata no chazvan no yö. ^fö-O^^O^ ■? Wie eine Tasse
auf dem Brunnenrande.
Von etwas, das in grosser Gefahr ist.
869. Idobata-kzvaigi. ^I^Wü Die Berathung am Brunnen.
Scherzhaft von Weibern, die am Brunnen zusammenstehen und
klatschen,
870. le niazusJdkii sJdte kösldizuni. ^Ä < L'C^iF/US Wenn die
Familie arm wird, so werden gute Kinder offenbar.
Sie haben dann Gelegenheit, ihre Liebe zu den Eltern durch
Opfer zu bewähren.
— 91 —
S/i. le ni katta taiko. %\'--%V^%1ä Die Trommel, die man für
ein Haus eingehandelt hat.
Grosse Thorheit beim Kauf oder Tausch.
872. le ninu subito WO kmina ! %\'-^K^^^>^i. Halte dir keinen
Dieb im Hause !
873. le yovi kama takashi. ^i''JS^L Der Flerd ist höher als
das Haus.
Starkes Missverhältniss ; wenn z. B. jemand eine kostspielige
Liebhaberei hat, wozu seine Mittel nicht ausreichen.
874. li ato zm wami, ivarui ato zva iL Sv^^U^v^ M^^^UKv-
Auf Gutes folgt Böses, auf Böses folgt Gutes.
875. li tokoro totcha hm tokoro nashi. Ä^\9f ^ 'h^%i>4yM L Wenn
man das Beste vorwegnimmt, so bleibt nichts (Gutes) zu
essen übrig.
876. li-daslii-he. tJc/HlLM Der Wind (crepitus), von dem
man anfängt zu sprechen.
Wer in einer Gesellschaft auf eine Unschicklichkeit, deren
Urheber man nicht kennt, zuerst aufmerksam macht, ist oft der
Schuldige. " Inmier, wer fragt."
877. litai koto iva ashita ie ! sv^f'-v^^^U^B e^ Was du sagen
willst, sage morgen !
Wenn man zornig ist, soll man dem Zorn nicht durch Worte
Luft machen, sondern mit dem Reden warten, bis der Zorn voiüber-
gegangen ist. Auch scherzhafte Redensart, um z. B. einer Bitte um
ein Geschenk vorzubeugen.
878. Ikavii %va teki to oinoe ! BSlIit^i^'^ Den Zorn betrachte
als Feind !
879. n^evu inu iva shi shitaru tora ni niasani. :4 3:^11^1:4;^
l-^S Ein lebendiger Hund ist besser als ein todter Tiger.
Vgl. Pred. Sal. 9, 4 : Ein lebendiger Hund ist besser als ein
todter Löwe.
880. JA-/ 110 0 ga kinm (od. taerii). 4'5lt*-''irrn 4 (?g Ä )• Die Schnur
des Athems reisst (od. endigt).
Poetisch für " sterben."
— 92 —
88 1. Ikino sJiitani. ,i.'?)Tl* Unter dem Athem.
Beim Sterben ; in den letzten Zügen.
882. Ikigake no dachin. ^fÖi>OlU:K Der beim Davongehen milge-
nommene Lohn.
Dinge, die vermisst werden, nachdem z. B. ein Dienstbote
entlaufen ist ; die er hat " mitgehen heissen."
883. Iklhaji kaku yori shinu ga mashi. ,l,l't'«"< l «J ?E«*^*^ L
Sterben ist besser als in Schande leben.
884. Jhhna siiki mo iiai. äMW.^ lU^' Nicht einmal eine Pause
zum Athmen.
Alle Hände voll zu thun haben.
885. Ikiunia no ine %vo nuku. ^^.^€)Bß^?S< Einem lebendigen
Pferde die Augen stehlen (ohne dass es es merkt).
Von geschickten Taschenspielern, überhaupt von geschickten
Menschen.
886.* Ikken kyo luo hoete, banken koe ni Jiocru. —'X'^f^^-LX%
:^^l-e^l^ Wenn ein Hund um nichts bellt, so bellen
zehntausend Hunde aus vollem Halse mit.
Unwahre Gerüchte verbreiten sich schnell. Auch : ikkc7i kyo wo
hoefc, banken jitsu wo tsutaii, wenn ein Hund etwas Unwahres bellt,
so verbreiten es zehntausend Hunde als Wahrheit.
887.* Jkki tosen. —W^'^^ Ein Reiter, der es mit tausend Reitern
aufnimmt.
Ein ungewöhnlich tapfeier oder hervorragender Mann.
888.* Ikkokti atai senkin. —^'MT^ Eine Stunde ist tausend
Goldstücke werth.
889.* Ikkoku sensJin. — ^IlTft Eine Stunde (wird einem so lang
wie) tausend Herbste.
Siehe No S50.
890.* Ikkyo ryötokn. — ^M# Mit einer Bemühung beides
bekommen.
" Zwei Fliegen mit einer Klappe."
— 93 —
891.* Ikkyo-sJiu, ittö-sohi. —%^i ~^^ (Es ist nur) eine Hand-
bewegung, ein Fussheben.
Um in sagen : (was Sie wünschen) ist eine Kleinigkeit; es macht
mir nicht die geringste Mühe.
892.* Jhö döon. ^V^Wh Verschiedener Mund, derselbe Klang,
Sich übereinstimmend äussern ; Einstimmigkeit.
893. Ikura rikinde mo cliikara ni amarii koto zva dekinu. SS^
:^^TlÄl:^;S^(tffi^^5W Wie man sich auch rühmt, man
kann nicht über seine Kräfte.
" Ein Schehn giebt mehr als er hat,"
894. Ihusa mite ya %uo /lagu. U^^X^^%\<: T3ie Pfeile erst
dann Schäften, wenn man Krieg sieht.
Wie 312 : etwas thun, wenn es zu spät ist.
895. TinadoJ^i no ancsau {od. nesaii) yudan zva naranu. ^B3f
(Dmt UmiitU hn Mit den heutigen Dienerinnen (im
Tlieehause) muss man vorsichtig sein.
Die heutigen Schenkmädchen taugen nichts.
896. Iniamairi hatsiika. -t^^'J— i'S Die zwanzig Tage des
Neugekommenen.
Wer neu in den Dienst tritt, pflegt in den ersten Tagen sehr
eifrig zu sein. " Neue Besen kehren gut.''
897. Inio HO kashira de ino kashira ni narc l ^'OglT Ißll-^a
Werde ein Haupt, wenn auch nur das Haupt einer
Kartoffel !
Bringe es zu einer commandirenden Stellung, wenn auch nur in
einem kleinen Kreise, kashira, " Haupt," ist hier gleichzeitig in
der Bedeutung " Hauptmann,'' " Anführer '' und {i'wo no kashira)
"Hauptstamm der Taropflanze'' (der japanischen Kartoffel, Colocasia
antiquorum) gebraucht.
898. Ivio HO nieta mo gosonjinai. ^^^.Ll^^i'&i'^llU^^ Er weiss
nicht einmal, was gekochte Kartoffeln sind (kann nicht
einmal gekochte Kartoffeln von ungekochten unter-
scheiden).
Um zu sagen : er hat von der Sache keine Ahnung, obgleich
er so thut, als verstände er etwas davon ; besonders auch = er ist
ein blosser Theoretiker, ohne jede praktische Erfahrung.
— 94 —
899. Imo zvo aran yö. ^-ViJfc-^^ 1 Wie wenn man Kartoffeln
wäscht.
Von grossem Gedränge ; die Menschen drängen sich so zu-
sammen wie die Kartoffeln ini Topfe.
900. l^npu vi umazn-me öshi. f^^l-Tl^f^ L Sinnliche Frauen
sind oft unfruchtbar.
901. Ttiaxiniia ni abura tsiiketayö. ^^i-rÄf^iJ:/':il Ah ob man
einen Blitz geölt hätte.
Ausserordentlich schnell ; " wie ein geölter Blitz."
902. Tufjyö iva kubi to ts2iri-gae ! EpJ^ll^- liilf -^ Hänge deinen
Stempel im Gleichgewicht mit deinem Kopfe auf!
Mit seinem Stempel (der in Japan die Unterschrift vertritt) soll
man so vorsichtig umgehen wie mit seinem Kopfe.
903.* TiHfiva tekimen. Bll^riSW Die Strafe folgt (der bösen That)
auf dem Fusse.
904.* Inliö anba sJiömci ari. ilfi'fcnitM^*>''J Es giebt verbor-
gene Tugend, aber auch glänzenden Ruhm.
905. Jiiovhi atte 110 mono-dane. ■^^"'^'CO'f^fi Wenn das Leben
da ist, (so ist) der Grundstock (die Hauptsache) da.
Genauer : der Grundstock des da seienden Lebens, oder : der
Grundstock, der da ist, wenn das Leben noch da ist. Hat nicht,
wie sonst angegeben, den Sinn einer tröstenden Zurede : so lange
das Leben da ist, lässt sich noch alles hoffen, ist noch nichts
verloren — sondern soll sagen, dass es besser ist, auf eine Sache zu
Acrzichten, wenn sie mit allzu grosser Gefahr verbunden ist. Oft
auch ironisch von jemand, der nichts wagen will ; sowie auch als
scherzhafte Beschönigung für bewiesenen Mangel an eigenem Muth.
Auch wird scherzhaft als Parodie hinzugefügt : Jiaiake aiie 110
imoddiic, die Saatkartoffeln, die da sind, wenn nur der Acker da ist.
906.* Inoc/ii nagakereba haßösIii.'v^^^TkiitM.^l.. Ein langes Leben
bringt viele Beschämungen.
907. Inoclii ni kacnt. takava nasJii. ■p^i'^'^ ■SS^ftlL Das Leben
ist für keine Schätze feil.
908. Inoclii no oya. i$<^^ Vater des Lebens.
Für : " Lebensretter.''
— 95 —
909. Inoclii 110 sentaku wo suni. <^'^^W^'T Z Das Leben wa-
schen.
Sich gründlich (mehrere Tage lang) ausruhen.
910. /;!oc/n wa füzen 110 tomoski-di. f^ltUM^^'^'h Das Leben
ist ein Licht im (eigtl. vor dem) Winde.
911. InocJii wa takara no tnkara. -p^l^K^K Das Leben ist der
Scliatz der Schätze.
912,* JnoTxO wo idakite kusaki wo sJiu'azn. it^t^^'CÄ^i'^ f>T"
Ein Schwein auf dem Arm tragen und nichts von
seinem Gestank merken.
913. Inosliishi-inusha. if^tS^-ei' Ein Krieger wie ein Wild-
schwein.
Ein Krieger von grosser Unerschrockenheit, aber von rohen,
ungeschlachten Sitten. Auch : blinde, sinnlose Verwegenheit.
914.* Intoltu areba yöhö ari. r^MWUlXHIRWJ Es giebt verbor-
gene Tugend, aber auch glänzenden Lohn.
Oft abgekürzt : inloku yo/io, verl^orgene Tugend, glänzender
Lohn.
915. Inn Jione-oite taka ni torareni {od. eratrrii). 'X^^^'^'M^'-
Mhk^h {'\%hirth)- Der Hund strengt sich an, vom Falken
aber wird (der Vogel) gefangen.
Die Früchte fremder Arbeit ernten. Auch in der Form : ///;/
Jione-otte taka 110 ejiki, der Hund strengt sich an, aber es wird
das Futter (die Beute) des Falken.
916. ///// ino anikeba, bö ni ataru. :;^ i^ffl?(I"#l-^c Selbst der
Hund trifft beim Herumlaufen auf Schläge.
Scherzhafte Redensart bei unerwarteten Glücksfällen. Jeder hat
einmal einen glücklichen Tag.
917. Inu mo liöbai, taka ino höbai. ^^t t MIÜä» K i S9lt Auch der
Hund hat seine Freunde, auch der Falke hat seine
Freunde.
918. Inu ?ii natte ino, ddoko no inu ni nare ! i<.\'-l^'^ \^%W\(^ hV-
^H Wenn du schon einmal ein Hund wirst, dann werde
wenigstens der Hund eines grossen Hauses.
- g6 -
919. Iiiu HO kawabata-aruki. ::^'5jllJi^#1f-> Das Umherlaufen des
Hundes am Flusse.
Von Leuten, die sich wohl ein Vergnügen verschaffen, aber kein
Geld datür ausgeben möchten ; die sich z. B. die blühenden Kirsch-
bäume am Flusse bei Muköjima ansehen und dann, ohne in ein
Theehaus eingekehrt zu sein, wieder nach Hause gehen.
920. ///// HO ko ! itO^ Ein kleiner Hund!
Mit diesem Zuruf beruhigt man Kinder, Ijesonders wenn sie
vor etwas erschrocken sind. Überhaupt gilt der Hund als Schutz-
geist der Kinder. Gewöhnlich mehrmals hintereinander : /«// no /co,
imi 710 ko! auch : innoko, innoko gesprochen.
92 1 . Imi 110 kuso de kataJd wo ntsu. 'k<^M'^W^V[^ Sich an seinem
Feinde mit Hundemist rächen.
Sich auf gemeine, niederträchtige Weise rächen.
922. I/ui 110 kuso to Samurai ga koivakute wa Edo e korarenu. "^^
^if#t>"I^<'CUö:^'^^f>n» Wer sich vor Hundekoth und
vor Samurai's fürchtet, soll nicht nach Edo gehen.
Grosse Häufigkeit der Samurai im alten Edo, der Residenz des
Shögun mit seinen 80000 Hatamoto, wozu noch die vielen Tausend
Gefolgsleute von mehr als 250 Daimyö kamen, die die Hälfte des
Jahres dort wohnen mussten. Dass die Zahl der Hunde in Edo
früher ungemein gross gewesen sein muss, geht auch aus No 952
hervor.
923. /;/// lo saru no yd. :^i^<?)'P5 Wie Hund und Affe.
Entspricht unserm " wie Hund und Katze.'' (Vgl. No 514.)
924. Inu 110 toshi-toritaru gotoku. -)K'^^M''M\h\\\K Wie das Alt-
werden des Hundes.
Alter, aber nicht klüger werden.
925. Imi no 7imare-gatvari. s^^^H^'J Die Wiedergeburt eines
Hundes.
Ein Mensch von so niedriger Sinnesart, dass er in seiner früheren
Existenz ein Hund gewesen sein muss.
926. /;/// zva inikka katvaniru io sannen zvasurenn. üi^ltHQfnJII S ^
^ HiäjiSnw Wenn ein Hund drei Tage lang gefüttert
wird, so vergisst er es nicht in drei Jahren.
— 97 —
927.* Inn zva tstibnte ni fobi-kakaredomo, köre zvo nagetaru Jiito ni
kakamzn. •^\imX-%m'\-€ t , Z^\^V, h KV-^hn Der Hund
läuft zwar dem Stein nach, aber nicht dem, der ihn
geworfen hat.
928. Inu-Jini sunt, 'k^'t h Einen Hundetod sterben.
Einen ruhmlosen Tod sterben ; " für nichts und v.ieder nichts ''
sterilen.
Ipimi (eine Schale, d. h. Wein).
929. Ippai Jiito sake ivo 1107111, nihai sake sake wo iiomi, sambai
sakc Jiito zvo novin. — ^A?@'i'^'^> ~%W^^^h-- H$f?SA^
^"t" Bei der ersten Schale trinkt der Mensch den Wein,
bei der zweiten trinkt der Wein den Wein, bei der
dritten trinkt der Wein den Menschen.
J/>7>f// (eine Niederlage).
930. Ippai issliö Jieika no ts7ine. ~^~'B%%<^%W (Bald) eine
Niederlage, (bald) ein Sieg ist des Soldaten gewohntes
Loos.
931.* Ippan no tokii mo kanarazn nmkiiyti. — tS'^^. '. i^^ü'J' Selbst
die Gutthat einer Mahlzeit muss man vergelten.
932.* Jppatsu mo iresu. —SiAfiT Nicht einmal ein Haar
einfügen können.
Ganz eng bei einander.
933-* Ippntsn senkin zvo tsnrn. —M^Jr^B^i An einem Haare
tausend Pfund aufhängen.
Ein sehr gewagtes Spiel spielen ; " alles auf eine Kaite setzen."
934.* Ippi no cJiikara zvo tsnkusu. — W?>:^4'M'f Die Kraft eines
Ellbogens erschöpfen.
Sich für einen andern sehr bemühen.
935.* Ippikl no tima ga knnieba sembiki knrun. — EO.aStJ^'Ö'^lt'f
nEGi> Wenn ein Pferd wild wird, so werden tausend
Pferde wild.
- 9^ -
936.* Ippo kotoni snrcba, tözai scnn iiochi iii itaritc sei seri. —
#^i:fnil'ifi®T'a^r-M^J-C^HÜt£vJ VVenn man (die Rich-
tung) um einen Schritt ändert, so macht es nachher
einen Unterschied von tausend Ri nach Osten oder
Westen.
937. Iramt, mono mo sannen taicba yd %vo nasu. <PH]4^ IH#-IM'C
{XW^'ßi't Auch was man jetzt nicht braucht, ist nach
drei Jahren wieder von Nutzen.
Man soll nichts leichtsinnig wegwerfen, denn man könnte es
später einmal wieder brauchen.
938. lri-inaine ni hana {ga saku). l^Sl'TtCö^'i^O- Auf gerö-
steten Bohnen (blühen) Blumen.
Von Dingen, die schwierig oder unmöglich schienen, z. B. wenn
ein Kranker, den man schon aufgegeben hatte, wieder gesund wird.
Die Worte ga saki/, Ijlühen, werden gewöhnlich weggelassen.
Jvo (Farbe).
939. Iro no shiroi wa sJiichi-nan wo kaknsu. '&'?)Ö*'Mt-t:lf(^t
Weisse Hautfarbe deckt sieben anderweitige Mängel
zu (macht sie gut).
Weisse Farbe der Haut gilt in Japan als Haupterforderriiss
weiblicher Schönheit.
940. Iro -wo mite aku ivo sassu. 'fe^Ä'CB^^'^ An der Farbe
(am Gesicht) erräth man das begangene Böse (oder : die
schlechte Gemüthsart).
Jvo (Liebe).
941.* Iro liito wo 7naj'0zvasa.':u, hito niizukara niayou. "fiAVI^d ST'«
Aä ?)jii' Die Liebe verführt den Menschen nicht, der
Mensch wird durch sicii selbst verführt.
942. Iro ni ]dgc{o^. khui)no hcdate nashi. -£.1:^ T(ä?S) ^litML
Die Liebe kennt keinen Unterschied zwischen Hoch
und Niedrig.
943. Iro no torimochi zva oya yori kazvaiu 'e.e)3i:f$lllli *J pI^v»
Der Liebesvermittler ist einem lieber als die Eltern.
— 99
944- ^^(^ "'-^''^ sJiian no hoka. "feUiS^i^^il- Die Liebe lijgt ausserhalb
der Überlegung.
945. Iro iva tosJdma. 'S.lt^^ Zur Liebe (eignen sich am besten)
Frauen mittleren Allers.
946. Iro-ke yori kui-ke. ^m.1 "JÄM Zu grosser Hang zum Essen
ist besser als zu grosser Hang zur Liebe.
Scherzhafte Redensart, mit der man seine Vorliebe für gutes
Essen und Trinken entschuldigt.
947. Iro-otoko kaue to chikam wa nashi. '^%^^tfi\\%L Der
Wüstling hat weder Geld noch Kräfte.
Weil er beides durchgebracht hat.
948.* Isago cJüjite kvao to naru. '^%'CXWi i]^h Wenn das Sand-
korn wächst, wird es zimi Felsen.
949. Isngo 110 naka no koganc no yj. '^^^^'^3%^^'^^ Wie Gold
im Sande.
Eine gute Bemerkung in einem schlecliten Buche; ein gebil-
deter Mann in einem Dorfe unter Bauern ii. dgl. " Eine Oase in
der Wüste."
950.* Isagü wo atsuincte D to nasn. l^^^'^^^X^-if^-t Durch
Anhäufen von Sandkörnern macht man sie zum Hügel.
951. Ise e nanatabi, Kuuiano e mitabi. Fl^'^-fc:^. flsS^-^HSf Nach
Ise siebenmal, nach Kumano dreiniii! (pilgern).
Ise und Kumano sind berühmte Wallfahrtsorte. Sinn: man
kann auch des Guten zu viel thun.
952. Iseya Inarl ni inn no knso. ^'i^M.\ui^\'--X'Z>%% Iseya, Inari
und Hundemist,
Nach dieser Redensart zu schliessen, die sich auf das alte Edo
bezieht, muss daselbst die Zidil der Läden, die den Namen hcya,
d. h. Ise-Laden (nach der Provinz Ise benannt) führten, sowie die
der Tempel des Inari-Go\.\.Q.s und die der Hunde sehr gross gewesen
sein.
1^953. Isha mo saß zvo nageni. ^^"tSk^föS Selbst der Arzt wirft
den Arzneilöffel (als nutzlos) bei Seite.
Es ist nicht mehr die geringste Hoffnung vorhanden.
lOO —
954. hlia 110 fuydjö. ^^"Ol^g^fe Des Arztes Vernachlässigung
seiner eigenen Gesundheit.
Siehe No 193.
955. Islui no gcnkivan. SS'^ili^ Der Hauseingang des Arztes.
Er sieht möglichst statthch aus, um den Kunden Vertrauen
einzuflössen.
956. hha no saji-kagen. ^O^fttl/Jic Das richtige Verhältniss des
Löffels (der Arzneidose) des Arztes.
Zu wenig oder zu viel ist, wie bei Arzneidosen, so auch bei
vielen anderen Dingen vom Übel.
957. Jshi ga nagarete konoJia ga sldziunn. ^5'0iJ<T.'C/i;€)||ö''v^L'
Wenn die Steine schwimmen, sinken die Baumblätter
un'.er.
Sagt man besonders, wenn grosse unerwartete Personalverän-
derungen eintreten, hohe Beamte ihre Stelle verlieren und dafür
andere, bisher untergeordnete Persönlichkeiten ans Ruder kommen.
958. Isla ni Iiana sakii. X\\'~\t^^K Auf einem Steine blühen
Blumen,
Gleich 938.
959. hhi ni in ivo om yd. Sl-PP't^l' -^ 7 Wie ein Stempel in
Stein gcdiückt.
Ganz sicher, unbedingt zuverlässig (\"on \'ersprechungen, Abma-
chungen etc.).
960. IsJii no ne ni nio sanjien. ^0±.l-tH-^ Selbst auf einem
Stein (kann man) drei Jahre (sitzen).
Mahnung zur Beharrlichkeit. Die vollständige Form des Spr,
die al)er nie gebraucht wird, soll lauten : iihi no ne ni mo sannen
crelni atafaniatif, selbst wenn man auf einem Stein drei Jahre sitzt,
wird man warm.
961.* Is/ii WO idakitefnchi ni im. S^lfe^'Ci)flll-A5 Mit einem Stein
auf dem Arme ins tiefe Wasser gehen.
962. Ishibashl 7vo tataitc watam yd. li^^^]}Xikh^i Als ob
man beim Gehen über eine steinerne Brücke (bei jedern.^
Schritte erst) klopfte (ob sie auch fest genug sei).
Übertriebene, unnöthige Vorsicht.
lOI
963. Ish ihe KinkichiKanakahuto. SBlfe^'E% Steinort, Metallgut,
Eisenhelm.
Die Verbindung dieser drei Namen dient zur scherzhaften Be-
zeichnung eines Mannes, dessen Herz gegen Weiber so unemp-
findlich ist wie '' Stein, Metall und Eisen."
964. Tsliiusu-gci. ?4ÖB Die Fertigkeit des Steinmörsers.
Von jemand, der alles kann und über alles urtheilt — wie der
Steinmörser alles zerreibt, was ihm ^orkonnrit — aber nichts gründ-
lich versteht.
965.* Isholmtarite reisetsuokoru. '^%^'')X7MM^h Wenn Klei-
dung und Nahrung genügend vorhanden sind, entsteht
feine Sitte.
Feine Lebensart bildet sich erst aus, nachdem für den Lebens-
unterhalt hinlänglich gesoigt ist.
966.* IshTi snru. taÄt h Sich wie Stachelschweine versammeln.
Sehr zahlreich zusammenkommen.
967.^X50 110 azvabi 110 kata-omoi. ^^M'^^^-So^ Die einseitige
Liebe des Seeohrs am Strande.
Ein Ausdruck für unerwiederte Liebe. Das Seeohr (Haliotis)
ist eine Schnecke, deren flaches, breites Gehäuse der Hälfte einer
Muschel ähnlich ist, zu der es aber natürlich keine entsprechende
andere Hälfte giebt.
968. Isogeba maivare ! vtcliflt'Mlx Wenn du in Eile bist, so
mache einen Unuveg !
" Eile mit Weile."
969. Issai kuu yakii. ~^%i-''&. Bei (vor) allem ist Essen Pflicht.
Essen ist die erste Pflicht ; eine scherzhafte Redensart, z. B.
wenn (bei einer Gesellschaft) das Essen beginnt.
JssJiin{e\n Herz). ^
970. JssJiin iii mikata nashi. —^bV-^^liU L Wer fest entschlossen
ist, hat (braucht) keinen Genossen (Helfer).
" Der Starke ist am mächtigsten allein." "
— 102 —
TssJiiii (ein Körper).
971.* Isshiu, rj'ökö. ~MMfi Ein Körper, zwei Wege.
A\"enn man zu zwei Dingen Lust hat, die sich nicht vereinigen
lassen, wie es z. B. der Fall ist, wenn man an zwei verschiedenen
Stellen gleichzeitig eingeladen ist. " Wer die Wahl hat, hat die
Qual."
IsshO (das ganze Leben).
972. Isshö keinmei ni. — :^-^^p^1- Indem man das ganze Leben
ans Leben liängt (einsetzt).
Aus allen Kräften ; " als ob das Leben davon abhinge."
973. Issliü 110 haiia. — äiOlp Die Blume des ganzen Lebens.
Die bedeutendste, ruhmreichste That eines Lebens.
974. Issliö yimie 110 gotoshi. —^^OjmL Das ganze Leben gleicht
einem Traume.
IssJiö (einmal lesen).
975.* Isshd, saiitan. — "aHf^ Einmal lesen, dreimal seufzen.
"\'on dem Inhalt eines Buches oder Briefes sehr ergriffen
werden.
976. Isshö-hulkUro iva isshd. —ftSU— 51" Li einen Beutel
von einem ^//'J (Cubikmas.«^) geht niu' ein shö.
977. IsshO-dolA'uri ni insliö wa iranii. — ?i"^.f']l- — ?i'llA ?>«
Li eine Flasche von einem shö gehen nicht zwei shö.
978. Issliö- UH 110 Jiisago Iva isshö 110 hoka iva imzii. — ThA'J OSS
[^^^(r^^^^-^^ty-p Li eine Kürbisflasche von einem shö
geht nicht mehr als ein shö hinein.
979. Issliti 110 ri zi'o arasou. — l^<?>|iJ^^-5- Sich um den Gewinn
eines shii streiten.
Sich um eine Kleinigkeit streiten, i iV(!//'(ehemalige Münze)\var=i
bii, oder=-i'ij ry7> {kobaa), u%l hatte einen Werth von 33 Pfennigen.
980. Isstiniwlmrcba. sliaknnohini. — "d'W'^ltKfijii Was um einen
Zoll länger wird, wird auch um einen Fuss länger.
Wer einen Zoll breit nachgiebt, giebt auch noch weiter nach.
— I03 —
981.* Issim 110 kivöin karonzu bekamzti, — ^i"'^3tIf^lS^T•öIt)* f>f*
(Selbst) einen Zoll der Zeit (einen Augenblick) soll man
nicht geiincr achten.
982. Issiin 110 imisiii ino gobu no tamashü. — ifO^ i S^Oz^ Selbst
ein zollanges Insekt hat eine Seele von einem halben
Zoll.
]\Ian soll auch den Niedrigsten nicht verachten, ihn nicht reizen
etc, denn jeder vermag sich zu rächen (vgl. No 685 \
983. Issuii saki ica yanii. —TfJfeUH Einen Zoll weiter ist Nacht.
Die Zukunft ist uns verborgen, wir wissen nicht, was der
nächste Augenblick bringen wird. Das Spr. ist entstanden aus
einem Liede, welches mit den Worten beginnt: Nome ya utae ya,
issun saki yami no yo! Trinket und singet, (denn) einen Zoll vor
uns ist dunkle Nacht.
984. Ita-hasaml ni sarern. ^^\'- %\^h Zwischen /.wei Brettern
eingeklemmt sein.
Sich in einer schwierigen Lage befinden ; " zwischen Baum
und Borke."
985. Jtai ue iii hari. ^'it'Jil-H- Eine Nadel auf die schmerzende
Stelle.
986. Itaherki hanasc ! ^^) «J '^Hk-^ Wenn es weh thut, lasse los !
Wenn jemand um eine Sache sehr gebeten und gedrängt wird,
oder durch ihren Besitz viele Unannehmlichkeiten hat, sodass es,
um den Arger los zu werden, am besten ist, sie fahren zu lassen.
987. ItaJxiinalKi {od. itöiiaki) Jiara wo sagurarcijii^na ! ^{U
^^^^bti^U Lasse dir nicht den Leib befühlen (unter-
suchen), (d. h. lasse es nicht dazu kommen, dass man
dir etc.), wenn er dir nicht weh thut !
Auch der Unschuldige muss auf der Hut sein, dass nicht
Verdacht auf ihn fällt. Vgl. auch No 567.
988. Itaniu ue shio wo niiru yd. JlSL'±Ü^^^4^ Als ob man
auf die schmerzende Stelle Salz striche.
Schon im Manyöshu findet sich derselbe Vergleich : /Az/CV /v!?«
7ii wa karas/iio wo sosogii ga gotokic, als ob man auf die
schmerzende Wunde chinesisches Salz streute (eigtl : gösse).
— I04 —
989. Itanoma ivo hataraku. W^^'^^ Die Bretterdielen bear-
beiten.
Offenlliche Badehäuser (deren Boden nicht, wie in gewöhnUchen
Häusern, mit Matten, sondern mit Holzdielen gedeckt ist) besuchan,
um darin zu stehlen.
990. Jtaslii kayusld. i'i L# L Schmerzend, juckend.
Wenn man kratzt, schmerzt es, wenn man nicht kratzt, juckt
es ; sich in einem Zustande grosser Sorge oder Ungewissheit befin-
den; nicht wissen, was man thun soll.
99 1."-*' Itcliö isseki ni lua hakobanai. — 1^—3^1 -itillf/j:»/^ An einem
Morgen und Abend (an einem Tage) bringt man es
nicht zu Stande.
Die Sache ist nicht so leicht, n:cht so einflich.
992,* ItcJtö isseki 110 ytie ni arazu. —M— -^ <^Wl\'-^'P Es ist nicht
bloss wegen eines Morgens oder eines Abends.
Die Sache hat einen tieferen Grund ; es ist nicht bloss wegen
dieser einen Sache, sondern es ist schon eine alte Klage.
993. Ite ܀ kuso zi'o sitru. '^^''i^XM^'t h Immer sitzen und Koth
machen.
Von trägen, saumseligen Menschen.
994. Itc VW tattc vio imremi yd. ^"C iiÄt t/Ä f»^«^ -3 Als ob
man weder sitzen noch stehen könnte.
Weder aus noch ein wissen.
995. ItoJ^o-döshi 7m kavio 110 aji. ^3i^}lR]iSll1!SOl* Ein Liebes-
vcrhältniss mit einer Cousine schmeckt wie Entenbraten.
Auch als scherzhafte Empfehlung der Hcirath zwischen Ge-
schwisterkindern.
996. Itsunio tsukiyo to koine no mesJii. f^lHl l ^S^^ftOtS Eine
Mondnacht und gekochten Reis (hat man) immer (gern).
997. Ilsuvio yanngi 110 shita ni dojö %va oranu. =§:0JFf911'5Ti*MlI
Jti^io Es sind nicht immer dojd unter der Weide (wo
man einmal welche gefunden hat).
Dojö ist der Name eines kleinen Fisches, einer Art Bartgrun-
del (Misgurnus rubripennis).
— I05 —
998.* ItteUf baujö. -^ism Ein Himmel, zehntausend Streit-
wagen.
Ein alter aus China entlehnter Ausdruck für "Japan." Daher
auch dajijo uo kimi, der Fürst der zehntausend Streitwagen = der
Kaiser.
999.* Inen, shikai. ~'^m% Ein Himmel, vier Meere.
Gleich 99S.
lOOO.* Jtietsuzi'ofiimu. -IM^^L' (Immer) in demselben Geleise
gehen.
Einseitig, eigensinnig sein. So auch : iiteisu-inono, oder ittetsu
110 hito, der Mann eines Geleises, d. h. ein eigensinniger, be-
schränkter Mensch.
looi.* litd rjddan na saht. -HWmx^m Ein Plan, der wie ein
Schwerlslreich (die Schwierigkeil) durchh.aut.
Ein kühner, energischer Plan ; eine durchgreifende Massregel.
1002. Ittokl 110 ci/cK'.i ni scnnen %vo nobiiru. — Bf ^»i^ibUf-ff 4-
5i-5^S Durcii den Luxus einer Stunde verlängert man
(sein Leben) um tausend Jahre.
Scherzhafte Redensart, wenn man sich etwas Besonderes zu
Gute thut.
1003. Iltoki sanri zva iiito no micJu. -ajHUKIA^iifl In zwei
Stunden diei Ri (rechnet man auf den) Weg eines
Menschen.
1004. Ittohu arebaisshitsu ari. -'\%h\C\.\t — -%h''] Wo ein Gewinn
i.st, ist auch ein Verlust.
Wird Hlcku — ^ geschrielDen, so lautet die Übersetzung : wo
eine Tugend ist, ist auch ein Fehler. " Wo Licht ist, ist auch
Schatten''; "keine Rose ohne Dornen." Oft abgekürzt: ittohu,
issJiilsu.
1005.* Iwa vio mono in. ^t^fesi. Selbst die Steine reden.
Ahnlich wie : " es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch
ans Licht der Sonnen."
J006. Itvanu ga hana. tllßt^'ft Nichtreden ist die Blume.
Besonders in der Bedeutung : am besten ist es, darüber zu
schweigen, den " Mantel christlicher Liebe" darüber zu decken.
— io6 —
1007. Iivann tva 121 ni inasarii. sUßlls^li^S Schweigen ist
besser als Reden.
" Reden ist Silber, Schweigen ist Gold."
1008. Twashi de noiidc shöjin otosji. SiXa^c'Cinürl'f Mit Saidinen
beim Trinken das Fasten brechen.
Am Jahrestnoe des Todes von Eltern, Grosseltern, Geschwistern
etc. sollen Buddhisten sich des Genusses von Fisch und Fleisch
enthalten ; auf Wein (Sake) dagegen erstreckt sich das Verbot nicht.
Die Sardine, der gemeinste Fisch Japans, wird auch am wenigsten
geschätzt. Die Übertretung des Fastens ist unter allen Umständen
imrecht, aber ganz besonderen Tadel \erdient es, wenn man eine so
grosse Sünde um eines so gemeinen Fisches willen begeht. Der
Sinn der Redensart ist also : einer Kleinigkeit wegen etwas Wichtiges
versäumen ; selbst einer kleinen Versuchung nicht widerstehen
können, obgleich man dadurch Grosses aufs Spiel setzt.
1009. Jziashi HO ataina vio, sJunJin-gara. Sl'^m'^.t'^^ Selbst den
Kopf einer Sardine (kann man anbeten), wenn der
nöthige Glaube vorhanden ist.
10 lü. Itvasliite okeba hdzH nashi sit L'C^tni':55cli|£ L Wenn
man ihn immer weiter reden lässt, so ist (des Lügens)
kein Ende.
Scherzhafte Redensart, wenn jemand sehr aufschneidet.
loir. Jijfi na tsinna mo ricn sJnta toki zva sambyakui^nioii) son
shita kokocJii sunt. mJs.m i %m l r:B*llHWÄil L 1:>bi%-t h
Selbst bei der Scheidung von einer Frau, die man
nicht liebtj ist einem, als habe man dreihundert Heller
verloren.
1012. lya to kabiiii ii<o tüte iii fit nt. ^* M^tliEi-iß^ Nein sagen,
und dabei mit dem Kopfe nicken.
Vgl. imter Kabtni.
10 13. lya-iya saiubai, jüsainbai. ■^■«f Hß+HfiV Immer "nein,
nein ! " sagen und dabei dreimal und dreizehnmal so
viel essen (als die andern).
— 10/ —
1014. Iijaslii Iva hiyasJii. v^^Llt'fSL Zu grosse Gier bringt
Reue.
"Allzuviel ist ungesund."
1015. lyaslihnii konagi de nie zvo tsiiku. -^t* ItC-yCBß;^^ C
Sich mit dem verachteten Zweige ins Auge stechen.
Man soll auch vor einem geringen Gegner auf der Hut sein.
1016. Ii^avi samhyakii-mon. Bl^fHW^ Selbst ein kleiner Umzug
kostet dreihundert Heller.
Izari : eigentlich ein Krüppel, der sich nur noch mit den
Händen auf kurze Strecken fortl^ewegcn kann ; dann auch : ein
Umzug nach einem Hause ganz nalie bei der alten Wohnuni'".
•^**«-
J.
Ja (grosse Schlange).
1017. Ja ga desö de ka ino denn. ^'^^'^ ^ 1 X'iX l fliw P>st soll eine-
grosse Schlange hervorkommen, dann kommt niclit
einmal eine Mücke.
1018. Ja ga musJdzvo nonda yd. 4fEt?'4>C'^§/:'tÄ Als ob eine grosse
Schlange eine Mücke verschluckt hätte.
" Ein Tropfen auf einen heissen Stein."
1019. Ja no kuchi ncgareta yd. iE?)Pi^<'if:f=i Als ob man dem
Rachen einer grossen Schlange entflohen wäre.
1020. Ja no inichi zua Jicbi ga sJdrn. 4f£'5iill4!:Et)»';^ni Die kleine
Schlange kennt den Weg der grossen Schlange.
Die Bösen durchschauen einander leicht. Abgekürzt : ja no-
viichi hebt.
— io8 —
I02I. Ja 110 Sushi de mo kuisö. ^'^Si^'C.lifeO^^c i Er würde wahr-
scheinlich sogar Schlangenj'//^/'/ essen.
Von einem grossen Fresser, sits/n ist der Name eines Gerichts
ans Reis mit Fisch und allerlei anderen Zuthaten.
1022.* Ja wa jnnare-nagara ni shite novm ki ari. 4^1t^Utj:t>' f>|l fC
^L'^^'J Die Schlange hat schon von Geburt an den
Trieb zum Verschhngen.
Ja (Böses).
1023.* /? Iva sei ni katcnu. ^PIliElt.lt'CW Das ]?öse kann nicht
über das Gute triumphiren.
1024. Jakö mo ökit kageba nd niiru. ^^ t ^ ( '^%^1\ilik\'-Xh Auch
Moschus geht ins Gehirn (betäubt), wenn man zu viel
davon rieclit.
J025. fJaliO 110 toto-inajiri. ^^€)^iä''J Des kleinen Fisches Zu-
sammenschwimmen mit den grossen Fischen.
1026.* Jasokii 1V0 kuzvaeni{od. jasokii wo sunt), t^^^tia^h
Seil lan gen füsse hinzufügen.
Etwas Überflüssiges thim ; vgl. No 61 r.
1027. Jl K'o sliini wa uni no liajinie. ^^J^^S ilS?)>fö»?) Die Kennt-
niss der Schrift ist der Anfang der Sorgen.
1028.* Jlbiimva ganken ni shikazu. :^r?1ll!lR|Ll'-i(nt)'t- Hören ist
nicht so gut wie Sehen.
1029. Jiffciiie ICO dasu. it^^tUT Das gemeine Metall (unter
der Vergoldung) zum Vorschein kommen lassen.
Seine unedle Natur an den Tag legen.
1030. Jujö jitokn. Öl^Sf^ Eigene Thaten, eigener Lohn.
Gleich unserm " wie mans treibt, so gehts " immer nur in
schlechtem Sinne angewendet.
— 109 —
I03I. Jigohu de hotoke ni atta yö. iUiT^Sl'-it:^ f:v 3 Als ob
man in der Hölle einem Buddha begegnete.
\\q.\\\\ man einen Bekannten an einem Orte trifft, wo man
ihn nicht erwartet hätte ; auch in der Bedeutung, dass man in der
Noth unerwartete Hilfe erhält. Oft aljgekürzt : jigckii de Jiotokc,
ein Buddha in der Hölle.
^03-- ßgoku mo snviika. iMU-tfe^ Selbst in der Hölle lässt
sich leben.
^'^11- ßgoku 7ii VW sJiini iiito ari. W^XV- i^öÄ A^j "J Selbst in der
Höile findet man Bekannte.
1034. Jigoku 110 sata vw kaue shilai. M%X^W^kl±^% Selbst die
Urtheile der Hölle richten sich nach dem Gelde.
" Geld regiert die Welt." Vgl. No 800.
1035. JUiix^'u kmniyori kiidani. 'Ml\-^lSm)l'')y h Das Mitleid
steigt von oben (od. von den Götlern) herab.
Kami bedeutet zugleich " oben " und " Gott."
1036. Jihi zvo sm-eba kiiso zvo snni. ^^^1^1" nitE^^I" o A\'enn man
mitleidig ist, so macht er Mist.
Von jemand, bei dem Wohlthaten übel angewendet sind, der
dadurch in seiner Faulheit nur bestärkt wird.
1037.* Jijö 110 kokoro iva rel no has/n nari. 5?ao.iLWIiri'?)^Td^j: ^J Ein
demüthiges Herz ist der Anfang (wahrer) Höflichkeit.
1038.* JiL-ei no dcn{o6. td)ivo iagayasu. ~^\.<^W^%\'i p:in Reisfeld
von zwei Morgen bebauen.
Sein Amt niedergelegt und sich ins Prixatleben zurückgezogen
haben.
1039. Ji^tian köman baka no ncJn. a'll^'IiÖ€e)t{i Eigenlob und
Stolz sind Eigenschaften des Narren.
A'ereinigt in sich die beiden deutschen Spr: "Eigenlob stinkt "
und " stultus und stolz wachsen an einem Holz."
1040. Jiniö zva toriko nisesarc/ n^ll^li-cfS'n Mache zweierler
Haar(d. h. einen alten Mann) nicht zum Gefangenen !
Einen alten Mann muss man rücksichtsvoll Ijeliandeln, selbst
wenn er Unrecht hat.
— I lO
1041.* Jiti Clv? kyjsha iii kac/ii, toku iva fiislid zvo nozoku. "tltW
'Sl-^ ^» Mil^iS^^^ < Barmherzigkeit überwindet den
l^ösen, Tugend räumt das Unglück aus dem Wege.
1042.* Jin-en, KM ^Nlenschenrauch.
Eine ]\Ietonyniie für " menschliche Wohnung.''
1043. rTitiL'a sengen archa ai-viochi ni kiiraseru. A^T'$F^3h(ttB
^$l-^tf i Wo tausend Häuser sind, kann man mit den
andern zusammen leben.
Wo viele Menschen wohnen, d. h. in einem grossen Orte, findet
man leicht sein Brot.
Jinlxö (Räucherholz).
1044. Jinkd ino takazn, he nio hirazu. vAf iii's't'. iä lÄf>"r Er
verbrennt weder Räucherholz, noch lässt er einen
Wind.
Er zeichnet sich in nichts aus, weder im Guten noch im
Schlechten.
JhiJ^ö (Mund der Leute).
1045. Jinkj in ki^j.islui sunt. APi-Ss^tS lun Gericht in der
Leute Mäulern werden.
Den bösen Zungen Stoff liefern ; stadtkundig, überall bekannt
werden. '"In den Mund der Leute kommen."
1046.* Jliwal HO gotokii. aS'^'?)i(n< Wie i)lötzlicher Donner.
1047.* Jinsiel Jtjci 110 gotoshi. K'iM^<^}k\\L Das menschliche
Leben ist wie Schaum und Schatten (od. wie der Schat-
ten einer Wasserblase).
Ein bu:ldhistischer Ausdruck.
1048. Jinsci yuuie 110 gotosJii. Ai^^iüi L Das menschliche Leben
ist wie ein Traum.
1049.* JinsclKt sJngckereba yama mo kubomu. ASJ^'J<^ll^IlJ Umt*
Selbst ein Berg vertieft sich, wenn die Fusstapfen der
]\Ienschen sehr dicht (sehr zahlreich) sind.
Ahnhch wie "der Tropfen höhlt den Stein."
— III —
1050.* J insha iii tcki nasin. "t^l-lt^j: L Der Mensclier.freuiid-
Hche liat keinen Feind.
Er hasst niemanden.
1051. Jmsha zva inochi Jiagaslii. i^^it'wi^L Ocr ^Nlcnschenfreund-
licbe lebt lange.
1052. Jippa hito-karage. i'^-Mtf Zehn Bündel in eins zu-
sammengebunden.
Von schlecht geordnetem, confusem Erzählen.
1053. Jippen yovm yoriippen ntsuse ! "MsSü * 'J — ÜS^ Statt
zehnmal zu lesen schreibe lieber einmal ab !
1054.* Jisalni ßj'ii. ift^ä^J Was man selbst thut, bekommt
man selbst.
Gleich 1030, speciell in buddhistischem Sinne
1055. Jishftl^u tcts2i zvo suedcvw, isJd zco sHzoazii. ^M'xW^^e^A'^ £'
i.IT4'!S5ilT* Der Magnet zieht zwar Eisen an, aber nicht
Stein.
1056. rJlshhi, kaminari, k-ivaji, oyaji. :^S. ^» A^« ^^Jt Erdbeben,
Donner, Feuer und Vater(sind am nuisten zu fürchten).
Veranschaulicht ausdrucksvoll, dass es in der japanischen
Familie gegen die unumschränkte väterliche Gev.ali kein Mittel
giebt, auch wenn sie zur grausamen Härte wird.
1057. JitO-kazez.'oftikitsn.it%%.^''^K^^-^ Den Crundherrenwind
wehen lassen.
Auf seine Stellung oder ^^lacht pochen ; " sich aufs hohe Pferd
setzen."
1058.* J^itsu-yetsu mo Jiikari wo kyokkc/su ni shikii ataivazu,
sJiüfü VW navii luo seilet ni aguni atazvasu. 0^ \,%^]f)e
ffl:^r-}S<tfe.lt^ ®aUJ^4'^!&i:gC-5tSltT' Selbst Sonne
und Mond können ihr Licht nicht in eine krumme
Höhlung verbreiten, selbst der stossende(hertige) Wind
kafnn im Grunde des Brunnens k'eine Wellen erregen.
1059. Ji-u ga fiirii ga gotokn. B$Pf^J^'l^9'j(n< Wie wenn ein
plötzlicher Regen fällt.
112 —
io6o.* Jo iva onore n'o yorükobu mono no taine ni katacJii-zJiknri,
sJn ti>a onore ivo sliini mono no tarne ni sJii sii. icHS.
\xf^'^l^^^%\-~'U^ < 'J .drllE^£fi?.^^:?5i:5ET Das Weib
schmückt .'ich für den, dem sie gefallt (eigtl : der sich
an ihr ci freut), der Krieger stirbt für den, der ihn
beherrscht.
io6i. Jödan kara Jionima <ra dem. fil^^' ?>?I^EiJ'iti h Aus Scherz
o
geht Wahrheit hervor.
" Aus Spass wird Ernst." A'gl. No S2S.
1062. Jödan ni mo Jiodo ga am. tSl^l- tfl^'fcS Selbst der Scherz
hat seine Grenzen.
1 06 3 . JCkj i de oshita yö ni sJiitai to onion. %R\'^LV.'P i\'~ih1\^'t
i©-5> Ks -SO "enau machen wollen wie mit dem Lineal
gezogen.
Yon Pedanten.
1064. JöjrKfi no Jiaregi nashi. ^Ji#0|tH3!cfe| L Wer immer seine
besten Kleider tnägt, hat keinen Sonntagsanzug.
1065. JöK'O JionsJtö li'o arazvasn. ±i^;*^H4'^lt'r Der Trinker
offenbart seinen wahren Charakter.
" In vino veritas."
1066. Jöko zva dükn wo sJiirazn, geko -zca knsnri wo sldrazu. Ji^lt
#^:^?)t-. TP 11^4-^11 f)-f Der Trinker kennt nicht die
schädliche, der Nichttrinker kennt nicht die heilsame
Wirkung (des Weines).
IC67. Jovö kactte kyakii to naru. -kM^X^ffi. h Die Dirne wird
im Gegentheil zum Gast.
Wenn der Gast eines Freudenhauses sich in eine Dirne verliebt,
so wird diese leicht seine Herrin. '' Sich jemand über den Kopf
wachsen lassen.''
1068. Jorö ni viakolo ga areba, manii tamago wa släkaku ni naru.
^RlJUÄ^rffnifilv'^llEÄI-^X^ Wenn in einer Dirne
Wahrheit ist, so wird das runde Ei viereckig.
— 11^, —
1069. Jorö ni viakoto ga areba, inisoka ni isiiki ga dem. icM\'-WM'^
/tn!I'ßtHi:;3t;-iIii Wenn in einer Dirne Wahrheit ist,
so gellt am Letzten des Monats der Mond auf.
Nach dem alten Mondkalender endete der Monat mit dem
Neumonde, also konnte am Ende des Monats von Mondschein
oder von einem Aufgehen des Mondes keine Rede sein.
1070. Jor'o 110 hisatm yd. icfiPOJ^J)' fi'P 9 (So schlecht) wie eine
ganz verdorbene Dirne.
107 1. Jord-kai no hiroi-zvaraji. ■kWK<Z>Y^i}'WM. Die aufgelesenen
Strohsandalen des Dirnenfreundes (eigtl Dirnenkäu-
fers.)
Er schein die Ausgabe für neue Strohsandalen und begnügt
sich mit solchen, die er auf der Strasse findet, um seiner Leiden-
schaft für Dirnen fröhnen zu können. Verdächtige, übelange-
brachte Sparsamkeit.
1072. Jorö-kai no nnkamiso-jirn. 'kWm.U '^^■^^t'i\ Die Kleien-
sauce des Dirnenfreundes.
Gleich 1071. In diesen beiden Redensarten kann statt jorö-kai
auch das gleichbedeutende k.zsci-kai stehen.
1073. Joslii to shöjin to wa yashinai-gatashi. 'k^i fVKt \X%üW.\.
Frauen und gemeine Leute sind schwer zu behandeln.
Wegen ihres beschränkten Verstandes.
1074. Jözii 110 tc kara misu ga moru. Ji^ä?)^'o* ?)7j^t)^ÖI& (Auch)
durch die Hände des Geschickten läuft das Wasser
hindurch.
Auch der Kluge macht mitunter eine Dummheit.
1075. Jii de s/nndö, jugo de saishi, hatachi sugite %va tada no hito.
-hTÄlfÄ, i'S:T^^. -+Ü^-C1XP^0A Mit zehn Jahren
ein Wunderkind, mit fünfzehn Jahren talentvoll, nach
dem. zwanzigsten Jahre ein gewöhnlicher Mensch.
— 114 —
1076. *Tu ni Jiikcnva sunt. ttl*0;^5 Die Kotostcge festleimen.
Das Kofo, ein liarfenartiges Instrument mit 13 Saiten, hat
für jede Saite einen besonderen Steg ; diese Stege werden beim
Spielen oft hin imd her geschoben und müssen also beweglich
sein. Auch sagt man : Ji/ ni iiikawa shite ko^o luo shirabent,
die Kofos\.Qge anleimen und dann Koio spielen.
1077. Jühah'O 110 smni wo ydji de arau (od. hoßru). SII<?^Pfl^
^feT3^i> (InS) Die Ecken des Reiskästchens mit dem
Zahnstocher auskratzen.
Schmutziger Geiz ; auch von übertriebener, pedantischer Ge-
nauigkeit.
1078. JTthuii %va koboreru. '^'^[V&Vih Das Volle läuft i^iber.
Jedes Glück hat seine Grenze.
1079. <Jii-(fO-}'okii HO inusiime wa hashi no taoreta zao vw okashi-
garu. i'S;^OMit^e)Mn/:/i-t pI^Lt)'*Ä Junge Mädcheii
von fünfzehn oder sechzehn Jahren halten selbst das
Umfallen der Esstäbchen für einen Grund zum Lachen.
1080. Jii-Jcu tachimachi, Jiatsuka yoi-yami. i*AÄS^ S. — "hHff^
Am 19. erwartet man den Mond noch im Stehen (noch,
während man auf ist), am 20. ist der Abend schon
dunkel.
Die Schnelligkeit, mit der die Zeit vergeht, und mit der sich
alles ändert. Der Mond geht bekanntlich in dem Masse, wie er
zunimmt, immer später auf. Im alten Mondkalender hiess daher
der Mond des 17. Tages tachi}nachi{'^^)7io tsiiki — der Mond,
den man stehend (noch am Tage) erwartet ; der des 18. imachi
(M1$) fio tsitki — der Mond, den man sitzend (Abends im Hause)
erwartet; und der des lg. /iis/iwiac/ii{^^) 710 tsiiki — der !Mond,
den man liegend (im Bette) erwartet. Es ist daher aurtallend, dass
nach diesem Spr. tachhiiac/n a.ui den 19. (statt auf den 17.) fällt —
w-enn nicht vielleicht iachiutachi hier nur in seiner gev.öhnlichen
Bedeutung " sogleich '' gebraucht ist.
— 115 —
io8i.* rJü-^noJtH HO mint tokoro, jTt-shi no yiibizasu tokoro. +B<?>
M^hfßi^ "t'ia'?)^^a'Tfr Was zehn Augen sehen, worauf zehn
Finger zeigen.
Diese Redensart stammt aus dem Ron^^o — einer Sammlung
von Aussprüchen des Confucius — und bedeutet : etwas, das ganz
offenkundig ist (in schlechtem Sinne).
1082. Jil-neu Jiito-imtkasJd. +■¥— ^h" Zehn Jahre sind (schon)
ein " ehemals."
1083. JTi-nhi 7iaini. +A3& Von zehn Menschen der Durch-
schnitt.
Ein Durchschnittsmensch ; doch gewöhnlich nur von Frauen
in dem Sinne : mittelmässig hübsch.
1084. jTL-nin to-hara. +Ai'^ Zehn Mensclien, zehn Meinungen.
" Viele Köpfe, viele Sinne.'' Ebenso das folgende :
1085. Jn-nin yoreba to-iro +A^i^ll'+li Wenn zehn Menschen
zusammenkommen, so sind zehn Arten (verschiedene
Ansichten) da.
rJutihei 110 hiyorimi : s, Tsutsui Jiinkei.
1086. Jiinsai no yö na stißtvo dasu. M^OW.^l%%^il^-t Die Adern
hervortreten lassen wie ein Brasenia-Blatt.
Die Blätter von Brasenia peltata, einer Wasserpflanze, haben
stark hervortretende Adern. Sehr zornig werden, sodass " die
Zornadern anschwellen."
1087.* Juyö ten ni ari. »^5^1-^"^ Langes Leben oder früher
Tod steht beim Himmel.
»>»«<»^-
ii6
.K« (Mücke).
1088. Ka 110 stine 110 yd. t^'^SS'^'^ö Wie ein Mückenbein.
Von den Armen oder Beinen einer (besonders in Folge von
Krankheit) sehr abgemagerten Person.
K£i (Heirath),
1089.* Ka sJdte iva otto Jii shitagai, oite tva ko ni shitagaii. 5S L'Cü
^ci:^0^. 5g6\-CIJir-r-^i> Wenn (die Frau) sich verhei-
rathet, so gehorcht sie dem Manne ; wenn sie alt wird,
so gehorcht sie den Kindern.
Nach dem Tode ihres Mannes steht die Frau (nach dem con-
fucianischen Famihensystem) unter der Vormundschaft des ältesten
Sohnes.
1090. Kahe ni iniip.i ari, s/iöji ni ine ari. Ml-^fc"!). F^Tl-Sfc'J
Die Wände haben Ohren, die Fenster haben Augen.
109 1. Kabe ni nnia wo noii-kakern yö. Mi-Mi^^l'-JI^Ä^ ALs ob
man mit dem Pferde gegen die Wand ritte.
" Mit dem Kopf durch die Wand wollen.''
1092. Kabe-nmd wo in. Mll^J^Si- Den W^ändewiderhall reden.
Jemand in allem beipflichten, stets seiner Meinung sein.
1093. Kabe-sosJid snni. MS^fä t h Wandklagen machen.
Etwas nicht direkt, sondern durch einen Vermittler, gleichsam
durch eine Wand, sagen ; z. B. den Diener auf etwas aufmerksam
machen, in der Hoffnung, dass es durch ihn dem Herrn zu Ohien
kommen werde.
1094. Kahocha ni me-hana ivo tsnkeia yö. f^HII- i#^#'f-'PT
Wie ein Kürbis, dem man eine Nase und Augen
eingesetzt hat.
Von einem sehr hässlichen Gesicht.
— 117 —
1095- Kahu lüo viainoru. '^^^'^ i Den Baumstumpf bewachen.
Ein Bauer, der einmal bei einem Baumstumpf einen Hasen
gefangen hatte, wartete bei demselben Baumstumpf Tag für Tag,
■weil er glaubte, er werde dort wieder einen Hasen finden,
1096. Kahiivi zuo täte ni fiiru Saganii no onna. Sl^Sl-M^^I^
'^ic Die Mädchen von Sagami, die (wenn sie " nein "
sagen, dabei) mit dem Kopfe nicken.
Sich stellen, als wolle man nicht, und doch die Sache lebhaft
wünschen. S. auch No 1012.
1097. Kachikuri ga kusame zvo shita yd. f^^ö"'?!'^ Lf:-^^ Als
üb eine runzlige Kastanie geniest hätte.
Kachiktiri, in Dampf gekochte Kastanien, sind sehr runzlig;
daher : ein runzliges, hässliches Gesicht.
1098. Kado ga tatsu. ^^^Hl^ Ecken bekommen.
Argerlich werden ; einen gereizten Ton annehmen; eigensinnig
sein. Vgl. kakuja (s. d.), ein eckiger, d. h. rechthaberischer, eigen-
sinniger Mensch.
1099. Kado zuo tateru. %h;M^Xh Ecken aufsetzen.
Gleich 1089.
1 100. Kndochigai zuo sunt. P^^i'^'f h Das Hausthor verwech-
sehi.
Jemand mit einem andern verwechseln, sich in der Person
irren.
iioi. .Kadonidtsu zua meido no tabi no ickiri-suka. P5föUK±
OjgO— M.^ Die Neujahrskiefer ist ein Meilenstein auf
dem Wege zum Grabe.
1102. Kaerl-nclii ni mi. iIlti-ia-?> Von dem getödtet werden,
dem man selber den Tod zugedacht hatte.
" Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.''
1103. KaeVH mo uta no nakania nari. ^\,'^<^\^Wl'') Auch der
Frosch ist ein Gesangskamerad.
— ii8 —
1104. Kacrii no Jiö-kanmrino yd. 4I<?>*S5E''J 'i^fl "Wie ein Frosch
mit verbundenen Backen.
Wenn sich der Frosch die Backen nüt einem Tuche verbinden
wollte (wie man es in Japan manchmal, besonders Abends, thut,
um sich unkenntlich zu machen), so würde er sich damit zugleich
auch die Augen verbinden ; daher von jemand, der unbesonnen
handelt, blindlings in eine Gefahr rennt etc.
1105. Kaeni no ko wa kaerit. 4i'?>T(life Die Kinder des Frosches
sind Frösche.
1 106. Kagami zva otina no tainasliii. illlic'?)ij| Der Spiegel
ist die Seele der Frau.
1107. Kagaiiii-togi ga mmiganc ivo dasa. ^^-y-övlc^^Hli" Der
Spiegelpolirer giebt Wassermetall aus.
Beruht auf einem Wortspiel mit vüsiis;aiie. Der Spiegelpolirer
gebraucht " Wassermetall," d. h. Quecksilber, um Spiegel wieder
blank zu machen ; unziigane wo dasu od. tsukau hat aber auch
die Bedeutung : Geld wie Wasser ausgeben. Daher dient die Re-
densart, tun zu sagen : \o\\ mir hast du kein Geld zu erwarten ;
gehe zum Spiegelpolirer, der giebt " Geld aus wie Wasser."
1 108. Katfe ino katacJii mo inicnu. 1^ t Jf^ t Ä '^ io Weder Schatten
noch Gestalt ist zu sehen.
Spurlos verschwunden sein.
1109. Kage ni yoru. P^l-fö^ Vom Schatten (jemandes) abhän-
gen.
Durch seinen Einfluss unterstützt werden.
11 10. Kage vo gotoku tsiiki-iuato7i. I^Oitn < l'^lli- Jemand wie
sein Schatten begleiten.
IUI. Kage 110 kusa. MP^"^ Das Kraut im Schatten.
Ein schwächlicher-, verkümmerter, auch scheuer, grillenhafter
Mensch, der nie in Gesellschaft geht ; ein Stubenhocker.
Kage 110 nasJii : s. Hikage.
II 12. Kage wo kaktisu. i^^llf.1" Den Schatten verbergen.
Sich verstecken.
— 119 —
II 13- Kage wo konoimt mono wa liieru. Fä^^L'^U^pS Wer den
Schatten liebt, wird kalt.
Wer sich immer auf andere verlässt, wird nichts eireichen.
{Kagc, "Schatten," bedeutet auch "Gunst," "Beistand.") "Selbst
ist der Mann."
11 14. Kage WO kuwareru to yaserii. l^4>Älin^^^^ Wenn der
Schatten gegessen wird, so magert man ab.
Man soll einem andern beim Essen nicht im Lichte stehen.
1115. Kage-Benkei. WM% Schatten- Benkci.
Dieser Ausdruck, der " Prahlhans " bedeutet, ist anzusehen
als Verkürzung eines Satzes wie : kagc de wa Beiikei no gotokii
ibaru — wenn der Feind nicht da {kage de " im Schatten ") ist, thut
der Prahlhans so gross wie der berühmte starke Held Benkei.
11 16. Kage-böshi. i^^ßip Schattenpriester.
Ein Ausdruck für den Schatten eines Menschen.
11 17. Kage-ddrö. f^MII Schattenlaterne.
Eine viereckige weisse Papierlaterne, in der sich Figuren
drehen, die auf die Wände lange, schmale Schatten werfen ; daher
ein Ausdruck für einen langen, mageren Menschen.
1 11 8. Kage-goto (od. Kage-guchi)wo in. ^s" (f^P ) ^ü- Schatten-
rede (od. Schattenmund) sprechen.
Heimlich, hinter dem Rücken jemandes von ihm Schlechtes
reden ; jemand verleumden.
11 19. Kage-hinata zvo siiru. ^Hl^^'f S Schatten und Sonnen-
schein maclien.
Doppelzüngig sein ; eine doppelte Rolle spielen ; auch : sich
in Gegenwart des Herrn sehr fleissig stellen, in seiner Abwesen-
heit faulenzen u. dgl.
Kagi no ana kara ten nozohi : s. Hai i no ana.
Kugo de inisjc wo hinm : s. Mekago.
1120. Kago ni norn lato, katsngn Jiito. ^Hfll-^SA» IfCA (Es
giebt) Leute, die in der Sänfte getragen werden, und
solche, die sie tragen.
Das Loos der Menschen ist verschieden.
I20 —
1121. Kago no tori 110 yd. ü'^.^"^^ Wie ein Vogel im Käfig.
Nicht thiin können, wie man will, weil man durch die Verhält-
nisse behindert ist ; nicht sein eigener Herr sein, wie z. B. ein
Soldat, eine Geisha etc. Vgl. auch No 28.
1 122. Kai-imi ni te zto kamareru (od. kuwarerii). IÖ6'^:^|t^^n^
k^h Von dem eigenen Hunde in die Hand gebissen
werden.
Undank ernten.
II 23.* JKairö döketsit no chigiri. ^^WX<^%^) Der Bund des
zusammen Altvverdens und gemeinschaftlichen Grabes.
Ein treuer Ehebund
1 124, Kaita mono zua mono wo m. %'*^V^ t Oll^lJ^si^ Geschrie-
bene Sachen reden.
So z. B. vor Gericht die Briefe, die der Angeklagte geschrie-
ben hat etc.
1 125. Kojin lua i-nagara meisho wo shiru. IJ^AU^'^ ^^-Bfi^^ns
Der Dichter kennt die (durch Dichter) berühmten Orte,
obgleich er (immer) zu Hause bleibt.
Er kennt sie aus den Werken anderer Dichter. Es ist nicht
nöthig, dass man alles selbst gesehen hat, oder überall selbst gewe-
sen ist ; man kann auch ohne das über eine Sache Kenntnisse
haben.
I126.* KaL'Cii tva sairyTi wo erabazu ytie ni dai nari, taisan zva
äoj'ö wo yiizurazu yue ni takashi. M?/^lt^IilJ5ß'^Sl1'Ttfel-
-K'^L'') , %mt±W^m^-t-m'-%L Die Ströme und das
Meer sind gross, weil sie die kleinen Flüsse nicht aus-
wählen (nicht verschmähen) ; der grosse Berg ist hoch,
weil er die Erdschollen nicht ablehnt.
Ein ]\Iächtiger soll guten Rath nicht verschmähen, wenn er
auch von einem Geringen kommt ; der Weise lernt auch vom
Unwissenden ; ein weiser Arzt z. B. beachtet auch die Ansichten
des Volkes, da sie oft auf Erfahrung iDcruhen. " Prüfet alles, und
behaltet das Beste ! " Eine andere, kürzere Form lautet : Kakai
iva savyu wo zfowasi/, die Ströme nnd das Meer meiden (ver-
achten) die kleinen Flüsse nicht.
— I ? I —
II27.* RaX'ei zvo karonjite yachi zvo ai su. ^II^IS^ CCSP^^S
"f Das Haiishuhn geringschätzen, den wilden Fasan
lieben.
1128. Kakenu nionoriniutoshi{od. ntonsu). i£¥^"?li'ML Wer
nicht schreiben kann, ist mit der Vernunft unbekannt.
Der Unwissende ist der Vernunft, der Logik unzugänglich.
II 29.* KaJ^kwa söj'ö no nageki. WMWf'^'^^ Der Kummer,
dass man die juckende Stelle nur durch den trennen-
den Stiefel hindurch kratzen kann.
Wegen der Bedeutung s. die japanische Lesung : kutsu luo he-
daUtc etc.
II 30. Kakuja sekeii ga watararezu. Ä C'PltrBlt^^'jt ?,nT- Der
Rechthaberische kommt nicht durch die Weit.
1131.* Kakiinien, scnshin. ^ffii« i'Jfe'C» Das Gesicht liäuten, das
Herz waschen.
Sich bessern, "einen neuen Menschen anziehen."
1132. Kakuretaru yoi'i arazuaretanc zva nashi. MiXV-'h 1"]^
^"f^^iJÜL Nichts ist offenbarer als das Verborgene
(das, was man verbergen will).
1 133. Kakusei no hito no gotoku. FSffiOA'^AD < Wie ein Mensch
aus dem Jenseits.
Ein Freund, den man sehr lange nicht gesehen hat.
11 34. Kakusii koto araivare-yasusJd. ^."^JM^^l-L Was man
verbergen will, konimt leicht an den Tag. v
1135.* Kamba ni viitchi. Jf.ffl'l^ Den schwitzenden Pferde die
Peitsche.
Die äussersten Anstrengungen machen, um etwas zu erreichen.
1 136. Kanibati ni itsinvari nashi. W-feli-® 'J M L Das Aushänge-
schiid lügt nicht.
Scherzhaft z. B. zu Kindern, die irgend etwas Verbotenes
gegessen haben, was sich am Munde verräth ; ebensowohl auf
andere äussere Merkmale anwendbar.
— 122 —
II37'* Kcnnhoka ui asobu. I^MI-jSe^- Sich mit Pinsel und
Tusche die Zeit vertreiben.
Sich litterarisch beschäftigen.
Kauie (Topf).
1 1 3S. Käme ni ocJiitaru nezuini no gotoku. ^"f&X'-^hV-h %J^b\\ < Wie
eine Maus, die in einen Topf gefallen ist.
Sich keinen Ausweg, keinen Rath wissen.
Katne (Schildkröte).
1 139. Käme no kö yori toslii no ko. %.<^m "J ^<5?^ ]3as kö (Ver
dienst) des Alters ist besser als das kö (Schildpatt) der
Schildkröte.
Kami (Gott).
1 140. Kamitua hinizuo iLkezii. I'llt^fil^^lj'r Die Götter nehnieii
Mangel an Ehrerbietung nicht ruhig hin.
K.aini (Haar).
1141. Kami no yiiitate %va oya de mo honr/i. S^ln0^i"C(I|^Tl
tuJS In eine soeben gemachte Haarfrisur verlieben sich
sogar die Eltern.
Line frischgemachte Frisur verschönert jedes Gesicht. Die
kunstvolle Haarfrisur der japanischen Mädchen und Frauen erfor-
dert nicht nur viel Zeit, sondern auch einige Kosten, und wird daher
gewöhnlich niu' alle drei Tage erneuert.
Kami (oben).
1142. Kami wo inanabu shimo{kara). Jb-^^J^T Um das Obere
zu erlernen, muss man mit dem Unteren anfangen.
Eine andere Übersetzung und Erklärung lautet : wer den Obe-
ren nachahmt, fängt \on unten an, d. h. er ahmt gewöhnlich nur
ihre schlechten Eigenschaften nach.
1143. Kamifjata-inono wa ki ga nagaku, Kzvantö-inoiio wa ki
ga hayai. l.-)j^\tnM^^K ^mp.^^xn.^'^-^^ Die Leute
von Kamigata (Gegend von Kyoto und Osaka) sind
geduldig, die aus dem Osten fassen schnell auf(sind
intelligent).
— 123 —
II44- Kainigata-zeitakn. -h^^Ki^ Der Luxus von Kamigata,
Sprichwörtlich gewordene Verschwendungssucht der Ein-
wohner von Kamigata, d. h. der Gegend von Kyoto und Osaka.
1145.* Kaminavi wa fuyii hassezu, shiuio %va natsu furasit. ^
U^^^'1MlllMP^?.-r- Der Donner kommt nicht im
Winter vor (eigtl : hervor), der Reif fallt nicht im
Sommer,
" Alles hat seine Zeit."
1146. Kaviinari iva heso zuo toru. WI^M^SX-S Der Donner nimmt
den Nabel weg.
Zu Kindern gesagt, damit sie nicht nackend umherlaufen.
1147. Kaviinaj'i iva noru toki bakari saina ivo tsuke ! WUl^SBf
If'S*''] tm^-'fttT Nenne den Donner nur dann " Herr
Donner", wenn es donnert.
1148. Kamishinio ivo tsiikeru. iT't^iTo Das Amtskleid
anziehen.
Formell weiden.
1149. Kmniyul kanii yinvazu. Wit'^^Wit^'^'t' Der Haarmacher
frisirt sein eichenes Haar nicht.
Siehe Xo 193.
11 50. Kanae no zvakii yd. it€);f/<1i Wie das Kochen des
Kessels.
Ein wirres, tumultuarisches Durcheinander, wie das siedende
Wallen des Wassers im Kessel.
115 1. 'Kanalzugl no orc no yd. iW^^<T-<^if Wie zerbrochene
Nägel.
Von einer ungeschickten, hässlichen Handschrift (speciell der
Kaisho-Yox\-n).
1152. Kanazuchi HO kawa-nagare no yd. ^M^)\\^kX^W Wie
das Schwimmen des Hammers im Flusse.
Ein Hammer schwimmt mit dem Kopfe (der im A^erhältniss
zum hölzernen Stiel allerdings sehr klein sein müsste) nach unten;
daher bildlich für : sich vor jemand sklavisch bücken.
— 124 —
II53- Kandan wo noberu. ^§S^^S Von Kälte und Hitze
sprechen.
Sich zur Zeit der grössten Hitze oder Kälte nach der Gesund-
heit erkundigen,
1 154. Ji.ande fukumeru. "MT^* h (Kindern das Essen) vorkauen
und dann in den Mund stecken.
Jemand das Lernen so leicht als möglich machen ; sich grosse
Mühe beim Unterricht geben.
1155. Kandc haki-dashita yö. ©TqtfH 1?:^^ Wie gekaut und
ausgespuckt.
Von einer sehr widerwärtigen Physiognomie.
Xrnie (Metall).
11 56. Kane no zvaraji de sagasu. li^^Ti^i>^''f Mit eisernen
Sandalen suchen.
Etwas sehr eifrig imd lange, mit grosser Ausdauer suchen;
etwas suchen, was sehr selten und schwer zu linden .ist (vgl.
No 747).
11 57. Kanc %va hi de kokoromi, Jiito iva sake de kokorovm. -^li
AT^^. AlIfSTItÜ Metall prüft man durch Feuer,
Menschen durch Wein.
Kaue (Glocke).
11 58. Kane mo shumoku 110 atari-yö. M tlt-i^''3'^<'j tf Die Glocke
klingt, wie das Glockenholz angeschlagen Iiat.
" Wie es in den Wald schallt, so schallt es wieder heraus."
Die japanischen Glocken haben keinen Klöppel, sondern werden
durch ein wagerecht schwingendes Holz von aussen angeschlagen.
11 59. Kane to taiko de sagasti. M-icMTilT Mit Glocken und
Trommeln suchen.
Ahnlich wie No 1156 : etwas sehr Seltenes und daher schwer
zu Findendes suchen.
Kane (Geld).
1160. Kane ga hvaserii danna. ^^''Slitf^ij-lSP Jemand, den man
nur seines Geldes wegen " danna " (Herr) nennt.
— 125 —
Ii6i. Kane ga ka?te wo yobit. ^•ö^'^*i'''f-^> Geld ruft Geld.
Wo Geld ist, da strömt Geld zu.
1162. Kaue ga kataki no yo no naka. ^-ö'^JOütOtfi Die Welt,
in der das Geld der (grösste) Feind ist.
Das Geld ist de Ursache vieler Sorgen und Leiden, auch
\'erbrechen etc.
1163. Kane naki mono zta kane %vo tsnkmi. ^M^^^.l'^^^rHS^-
Leutc, die kein Geld haben, geben Geld aus.
1164. Kane ni kinoko ga haent yö. ^i-:^^-^^^^ iW So dass im
Gelde Pilze wachsen.
Von einem sehr Reichen.
1 165. Kane no hikari de baka vio nkö ni inicni. ^<D^ "-J X'^M l M P
l-JL'-^S Im Glänze des Geldes sieht selbst ein Dumm-
kopf klug aus.
Gegenstück zu No 660.
11 66. Kane no naru ki tva motami. ^«^^^^TJ^liJ^t:« Man hat
(es giebt) keinen Baum, der als Frucht Geld trägt.
Geld lässt sich nicht ohne Anstrengung erwerben.
1167. Kane sae arcba, tcnka ni teki nasJii. # 2 '^^^ait^TUt^M L
Wenn man !iur Geld hat, so hat man keine Feinde
in der Welt.
1168. Kam 7C'o inazvasu. "^^'^-t Geld circuliren lassen.
Sein Geld auf Zinsen lehren.
1169. Kane zvo nekasu. ^^?S^'f Geld schlafen lassen.
Sein Geld nicht zinsbar anlegen.
1 1 70. Kane ivo nbau mono zva korosare, knni zvo nbau mono wa ö
tonarii. 'kf^%i,-^i\tm%n^W^%X^-^\1^^)^h W^tx Geld
raubt, wird hingerichtet, wer ein Land raubt, wird
Köniir.
Soll der Räuber Ishikawa Goemon zu Hideyoshi gesagt haben,
" Kleine Diebe hängt man, grosse lässt man laufen.''
— 120 —
iiyi. Kane-iHochi to haifuki to iva tamarn Jiodo kitanahi nani.
t HiK i ii;S ^ ?lf5' < U h Der Reiche und der Aschbecher
werden um so schmutziger, je mehr sich (Geld oder
Asche) anhäuft.
1172. Kane-uke suru to ino, hito-iike surnna .' -^t^älT 4 i lAUJcIS
"^ h'^i Selbst wenn du für Geld Bürgschaft leistest,
bürge niemals für einen ]\Ienschen !
1173. Kant wa körn ni nisete ana zvo horu. MII^I-IH'C/C^IBä
Die Krabbe giebt dem Loch, das sie gräbt, die Form
ihrer Schale.
Der Schlechte beurtheilt andere nach sich.
1174. Kanjö atte zejil tamzu. fidS-^'CII/S f)-f Die Rechnung
stimmt, aber das Geld reicht nicht.
1175.* Kanko koke wo shözu. Is^Si^^^'f Die Klagetrommel
bewächst mit Moos.
In alter Zeit stand vor dem Pahirt des cliinesischen Kaisers
eine Trommel, die jedesmal geschlagen wurde, wenn jemand eine
Bittschrift einreichte. Die Regierung des Kaisers Yao (um 2350 v.
Chr.) soll so glücklich gewesen sein, dass von dieser Trommel nie
Gebrauch gemacht wurde, und sie schliesslich mit Moos bewuchs.
Daher die Redensart, die einen glücklichen, zu keinen Klagen An-
lass gebenden Zustand des Landes bezeichnet. Auch : kanko koke-
nameraka nari, die Klagetrommel ist vom Moose glatt,
1176.* Kaiikii zvo navuni. "Er^^#i6 6 Süsses und Bitteres
kosten.
Allerlei Gutes und Böses durchmachen.
1177,* Kankiva 7vo tigokasu. fX^eWl'^^'t Schilde und Speere
bewegen.
Feindseligkeiten betrinnen.
1178. Kannakiizti e hi ga tsuita yö. IS/f '^;^o\'';j7:^ •i Als ob
Hobelspähne in Brand gerathen.
Von Dingen, die sich sehr schnell verbreiten ; \gl. unser *' wie
ein Lauffeuer".
127 —
II79-* Kanncui nanji xvo taina ni sti. MiW.fk^'^\'-f Die Noth
iTiacht dich zum Edelstein,
Sie bessert den Menschen, spornt ihn an, macht ihn klug
u. s. w.
1180. Kan}iui goryö, makcte samyd. ^,^.3^M> Ä'CHM? Sanft-
muth ist fünf Goldstücke wcrth, sich (aus Nachgie-
bigkeit) überwinden lassen, drei Goldstücke.
1181. Kannin loa bitji-cJiökyü no moioi. ^<^.(i*iV:^:XoS Geduld
(Sanftmuth) ist die Grundlage von immerwährender
Sorgenfreiheit.
1 182. Kannin-bukuro no 0 ga kinru. ^S;SO*i-!3->"t]]n* Die Schnur
des Geduldsackes icisst.
" Der Geduldfaden reisst,"
1183.* Kaiiilö tuo knriisJiivieru. ^3.^'^^h Lebtr und Gehirn
quälen.
Sich den Kopf zerbrechen. Vgl. No 490 und 1187.
1184.* Kaiio kishi ni itam. tS0^i:i!l5 Am jenseitigen Ufer
ankommen.
Ein buddhistischer Ausdruck für " ins Paradies kommen."
1185.* Kansfiii wo nameni. "^^^^^h Süsses und Saures
kosten.
Wie No II 76.
1186.* Kaiitan zvo hakte. ffF5i4>n±< Leber und Galle \on sich
geben,
" Sein ganzes Herz ausschütten.'' Vgl. No 485.
II 87.* Kantan ivo kiidaku. fflF3i-Mi< Leber und Gallenblase
zerbrechen.
Sich ausserordentliche Mühe geben ; sich den Kopf zerbrechen.
1188, Kao ga sagani. M«-''T-ö->'ä Das Gesicht sinkt.
Der Ruf wird schlecht.
11 89, Kao ga iirem, Mo'Ä^^ Das Gesicht wird verkauft.
Überall wohlbekannt seia
— 128 —
1 190. Kao kara hl ga dem yd. ^'o^h'h'^'^'^h'^ ^ Ah ob aus dem
Gesicht Feuer käme.
\'on einem (\or Zorn, Schani, oder auch durch Sake\\€vc^ sehr
reihen Gesicht.
1191. Kao vi niniL zva kokoro. IÄI-iÖ*^lt'd» Was dem Gesicht
nicht gleicht, ist dis Herz.
1192. Kao iw atstii mono. M^j?v^;^- Kjn Mensch mit einem
dicken Gesicht.
Ein unverschämter, " dickfelhger " Mensch.
1193. Kao zvo tsiibiisit. M^^i" (Jemand) das Gesicht zerbrechen.
Ihn beschämen, aus der Fassung bringen.
1194. Rappa ni ketsu zvo nukarcia yd. MÄI-JfiL^M«'HT:ti Als
ob einem von der Kappa das Blut ausgesogen wäre.
Kappa ist ein Falaelvvesen von menschenähnlicher Gestalt,
welches in Flüssen lebt und Badenden nachstellt, um ihnen das
Blut auszusaugen. Sehr ermattet oder erschöpft sein ; besonders
von der Erscliöpfung, die einem Vergnügen folgt.
1 195. Kappa ni siiiren wo os/iiyu bekamr:u. ?^al-7lc^^^'iPpJt)*?»'T"
Der Kappa braucht man niclit Schwimmunterricht zu
geben.
1 196. Kappa ?io he. MW^M. Der Wind (crepitus) der ICappa.
Etwas, das keinen Effekt hat.
1197. ICappa no kangeiko. Ma'^^^'Ä' Die Winterübung der
Kappa.
Im Winter stellt man manchmal körperliche Übungen, beson-
ders Fechtübungen, im P'reien an ; wer jedoch in einer Kunst so
geschickt ist, wie die Kappa im Schwimmen, hat dies nicht nöthig.
1198. Kappa no kaiua-nagare. ^M<^J>)\\x^^ Das im Flusse
schwimmen der ICappa.
Wendet man auf einen guten Schwimmer oder Taucher an.
1199.* Karasii ni hambo no kö ari. .%l-/x.Bil'5#*) "J Der Rabe
hat die Tugend, (den Eltern) die Nahrung zu vergelten.
Er soll ihnen, wenn sie alt und hilflos sind, Futter bringen.
Während bei uns der Rabe als unmenschlicher Vater etc. sprich-
wörtlich ist, gik er in China und Japan als Symbol kindlicher Dank-
barkeit gegen die Eltern. Vgl. auch No 598.
— 129 —
1200. KarasH ni knn. .%1-^ Dem Raben eine Kastanie (anver-
trauen).
Der Rabe soll Kastanien sehr lieben und sie manchmal in
die Erde vergiaben ; wenn er sie jedoch wieder ausgraben will,
soll er die Stelle nicht wiederfinden können. Daher sagt man so
zu jemand, der sehr vergesslich ist ; der eine Sache nicht wieder-
finden kann, die er selber weggelegt hat.
1201. KarasH no atama no shiroku nani koto naslii. .%'^EK'^ä^
tCo^tSL Der Kopf des Raben wird nie weiss.
1202. Karasii no atama shiroku narii made. .^'^SIÖ < tC X jS Bis
der Kopl des Raben weiss wird.
Ad calendas graecas."
1203. Karasu 110 gyoziii no yo. .ij^tr^K'^tf. Wie das Baden des
Raber-.
Ein 15ad, das nur kurze Zeit dauert und daher kein gründliches
Baden ist ; dann auch überhaupt im Sinne von: unwirksam, erfolglos.
1204. Karasu no u no mane : s. U no viane wo suru etc.
1205. Karasu ica sannen saki zuo satorn. p3\^'^^9c^%h Der Rabe
weiss die Dinge drei Jahre voratis.
1206.* Karasu wa oya no on wo niukuyu. .^|I?ii^3S'.^W5^ Der Rabe
vergilt die VVoliUhaten der Eltern.
Vgl. No II 99.
1207. M.arelii vio yama no nigiyakashi. ^i^TJii Ui-vüßt'P^* L Selbst
der dürre Baum belebt Berg (macht ihn malerisch).
1208. Kareki ni hana. JföM'Cl-^ft Blumen auf einem dürren Baum.
Gleich No 928.
1209. -Kari ga tateba kuso-bae nw ha-zukuroi su. M-ö^'Ä'C It^fc!
t^imi-'t Wenn die Wildgans auffliegt, macht auch
die Schmeissfliege ihre Flügel (zum Fluge) zurecht.
12 10.* Kari ni cJwshö 710 retsit ari. MV-Wy^^Mh'') Die Wildgäiise
fliegen nach der Grösse geordnet.
I2fi, K.ari-gl yori arai-gi. 'ft "Jd^i "Jöfef 'iK Gewaschene Klei-
der sind besser als geliehene.
— I30 —
12 12. Kar im toki no Jizö-gao, kaes.u toki no Enuna-gao. ^h
B^F^Üfei^M« il^ n^m^m Zm- Zeit des Entleihens ein
Gesicht wie Jisö, beim Wiedergeben ein Gesicht wie
Emma.
Jizd : ein freundlicher, hilfreicher Gott; Emt/ia : der Richter
der Unterwelt. Statt karsu, wiedergeben, kann auch tiastt (j^),
Schulden bezahlen, stehen.
12 13. Karite kita neko no yö. ^X^VM^*^ Wie eine Katze,
die man sich geh'ehen hat.
Sie fängt im fremden Hause keine Mäuse, ist also daselbst
von keinem Nutzen.
12 14. Kasa to shirami %va kakusu hodo ni {od. kakusti to)fiiern.
3t^a(lll-flSi:?i5 Die Syphilis und Läuse nehmen um
so mehr zu, je mehr man sie verheimlichen will.
12 15. Kasaya no kozö Jioneotte shikarareru. ^^^J/Mt'H-^-tPpf
?><T-4 Der Lehrjunge des Schirmmachers wird ge-
scholten, obgleich er sich Mühe giebt.
Scherzhafte Redensart, wenn man eine Sache recht gut machen
will und sie dabei verdirbt ; ein Wortspiel mit honeo/ie : " sich
Mühe gebend " (s. Äone wo oru) ; oder : " die Schirmstäbe zerbre-
chend."
12 16. Kasef/u ni oitsiiku binibö nashi. ^Cltü.'ft < ^E^i L Die
Armuth kann den Fleiss nicht einholen.
1 2 1 7. Kasliira nijbnd zvo iiadaku. SMI- ::i^4'MS < Auf dem Kopfe
zweierlei Haar belcomnien.
Grau werden.
I 2 1 8. lCa.shita viono zva zvasiirenu mono. Ät:!J^ it.'SKwt^ Sachen,
die man andern geliehen hat, vergisst man nicht.
12 19.* Kaasri to nio tosen no inizti wo nomazn. ?äT ^ V-^ik^')'^^^
^"t' Selbst wenn man Durst hat, trinkt man nicht von
dem Wasser der Diebesquelle.
Die Noth ist keine Entschuldigung für Verbrechen.
— 131 —
1220. K.ata de iki luo siiru. M'C.I/jf'l'o Mit den Schultern
athmcn.
Von schwerem, mühsamem Athm.en (bei manchen Krankhei-
ten, oder nach schwerer Anstrengung).
122 1. Kaia de kaze zvo kitte anikit. M'C*S;^t7J t # < Mit der Schulter
den Wind durchschneidend gehen.
Einherstolziren,
1222. Kata ga siiboru. %^^^h Die Schultern sind eingezogen.
Sich schämen.
1223. Kala zi'o nukii. M^Wi^ Die Schultern herausziehen.
Sich aus einer unangenehmen Lage oder aus einer schlimmen
Angelegenheit glücklich herausziehen.
1224. Katachl wa itntcdomo, kokoro tun umazii. J^ 11 4*6^ t it»
114 JT" Man gebiert zwar den Körper, aber nicht das
Herz.
Von Kindern, die den Eltern zwar äusserlich gleichen, aber
nicht an Charakter; die ganz anders sind, als die Eltern es wün-
schen.
1225. Katachitvo aratauieru. j^^^ebh Den Körper (die Körper-
haltung) ändern.
Eine ernste Haltung annehmen.
1226. Kataliada müde kakaru. ^T'MIäv^T^''^) Eine Schulter
entblössen und anfangen (zu arbeiten).
Sich ernstlich an die Arbeit machen. (Vgl. No 478.)
1227. Kataliara itai. f\'^%^^ Die Seiten thun weh (vor La-
chen).
Die Sache ist einem lächerlich.
1228. KataJ^i no ie ni yukite vio kuchi wo iturasazu ni kaeru
mono de nashi. Wi-^WX-^Xl P ^Ji ? t' 1 *- If -5 l ^ T Jü L
Selbst wenn man in das Haus des Feindes geht, kehrt
man nicht zurück, ohne den Mund angefeuchtet zu
haben.
Selbst dem Feinde muss man etwas zu trinken (in Japan ge-
wöhnlich Thee) vorsetzen.
— 152 —
1229. Katall i 110 S2ie no yö. '^^^.^^^ Wie die Nachkommen von
Feinden.
Von Leuten, die gegen einander unversöhnliche Feindschaft
hegen.
1230.* liatahuchl kiitc vi zvo tsukeruna ! f\Vi^X^f^\^hU Ur-
theile nicht, wenn du nur eine Seite gehört hast!
"Audiatur et altera pars." Vgl. No 618.
1 23 1. Kntaini ga hiroku naru. MM t?^'®- < ^ 4 Die Körperhaltung
dehnt sich aus.
Eine stolze Haltung annehmen.
1232. Katami ga seinahinarit.. M:i^''$^<^2 Die Körperhaltung
zieht sich zusammen.
Sich beschämt, gedrückt fühlen.
1233. K.atana wa biishi no tainashii, kagami zua onna no tamasJiii.
3J(1S^.±£?)e1, i4(t:feOEi| Das Schwert ist die Seele des
Kriegers, der Spiegel ist die Seele der Frau.
1234. Katate de kau. M'^TR-i- Fi^ir eine Hand kaufen.
" Eine Hand," d. h. fünf Finger, bedeutet hier nur die Zahl
fünf; also etwas für 5 Sen(oder 5 Yen etc.) kaufen.
1235. Kataude zuo mogareta yd. /i'fl^VM^"''nf:tl Als ob einem
ein Arm ausgerissen wäre.
Wenn man seine beste Stütze verliert, z. B. ein Meister seinen
besten Gesellen.
1236. Katami zvo nomii. MM^^^^ii Speichel verschlucken.
Aufs höchste gespannt sein.
Katsu (siegen).
1237. KatsiL koto bakari sliitte niakeni koto zvo sJiirami zva gai
ari. ßto-^lttJ-^J^-CM^^iv/^^P hnW'^h'') Es ist ein Nach-
theil, wenn man nur Siege und niemals eine Nieder-
lage kennen lernt.
1238. KatsH koto yori makenu koto zvo kankö seyo ! ^i^'-^l^)%
lji0^4'^#t£j: Statt zu überlegen, wie du gewinnst,
überlege lieber, wie du nicht verlierst !
— 133 ~
1239. KatsH VW makcru mo vn sJiidai, Ht '^ i M 'f> i il^ ?t5 Siegen
wie Unterliegen hängt vom Glück ab.
Katsu (Durst).
1240. Katsu ni nozonde ido wo liorii. il(l-Kj^T^^■1!?iS2 Den
Brunnen (erst dann) graben, wenn man durstig ist.
1241. Kattai no kasa-iirami. '%M'^%\%h- Der Neid des Aus-
satzes auf die Syphilis.
Selbst der Unglückliche wird von andern, noch Unglückliche-
ren beneidet. (Aussatz gilt für noch schlimmer als Syphilis.)
1242. Katte kabiito no o ivo shwieni {od. shimeyo /). K'C^OM
4*Li6S Nach dem Siege (muss man) das Helmband
fester binden.
Man soll sich nie der Sorglosigkeit überlassen.
1243.* 'K.attö ga okoni. ^li*"''ilS Es entstehen Schlingpflanzen.
Die Sache wird verwickelt.
Kawa (Haut).
1244. Kawa wo Jdkeba mi ga itaimi. Ä^BUJltJ|t>-'*5'iü Wenn man
die Haut z.upft, thut es dem Körper weil.
Kawa (Fluss).
1245.* Kaii'a ni cJnkaki cid zva iiruoi, yavia ni cJukaki ki zva naga-
shi. Mi'i£^ilillli4^o^. lUr-iE^/iciIÄL Der Boden in der
Nähe des Flusses i.st fruchtbar, die Bäume in der Nähe
des Berges sind hoch.
"Wer den Papst zum Vetter hat" etc
1246. Kaiva ni nn.zu wo Jiakobn. )\\\'-i)s^&'E..l- Wasser in den Fluss
tragen.
" Eulen nach Atlien tragen."
1247. Kawa no naka ni iva tatedonio, Jdto no naka ni zva tatarezii.
;il0cl'i:|IÄ'C£'i. A^^'lJI-ltinnt- Im Flusse kann man
zwar stehen, aber inmitten der Menschen kann man
nicht stehen bleiben.
Man kann in der Welt nicht auf demselben Fleck stehen
bleiben, man kommt entweder vorwärts oder zurück.
— 134 —
1248. Kinva %vo Jicdatcte sliiro %vo kizuku. Jll^I^S'C ^ i^^^ < Schon
durch den Fluss getrennt (geschützt) noch ein festes
Schloss bauen.
Ganz sicher gehen ; " doppelt hält besser."
1249. Kaiva-dachi kawa de hateni . )\V'Wh)\\'^^^h Wer am Flusse
aufgewachsen ist, stirbt in) Flusse.
Dem Beruf, in dem man erzogen ist, l)lcibt man bis zum Tode
treu. Nach anderer Erklärung : obgleich jemand sehr tüchtig ist
und bei kühnen, gefahrvollen Unternehmungen schon oft Erfolg
hatte, geht er schliesslich doch in einer solchen zu Grunde — ähnlich
unserm "der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht", doch
ohne dessen schlechten Sinn. Das Wort kawadachi kommt sonst
nicht vor ; im Wakiin SJiiori wird es als " der im Flusse aufstei-
gende (Schwimmer)" erklärt ; wahrscheinlicher ist, dass das Wort
iMS kawa-sodachi, "der am Flusse Aufgewachsene", entstanden
ist.
1250. Kawa-iiiiikö no keiikwa. <sjfRji>Otmiii Der Streit auf der
anderen Seite des Flusses.
Dinge, die einen nicht persönlich betreffen. Ebenso:
125 1. Kcnva-miikd no kxvaji. MrpÜi'€)j/<^i^ Die Feuersbrunst auf
dem jenseitigen Ufer des Flusses.
1252. Kaivail ko niwa tahizvo sase ! pJ^i^^T-l-UiJJ^^Sfi Schicke
das Kind, das du liebst, auf Reisen !
Damit es auch mit dem "rauhen Leben" in Berührung kommt,
allerlei Erfahrungen macht, sich an Entbehrungen etc. gewöhnt.
Statt kaivaii ko heisst es auch oinou ko.
1253. Kazvaü ko wa bö de sodatero ! pTS^ ^ T- il #T W '^ h Erziehe
die Kinder, die du liebst, durch Schläge !
1254. Kaivaigaravete vii no tsninari. pJS«^■f)i^X^0M''J Ge-
liebt sein heisst behindert sein.
1255. Kmvaigararete vn no is:iki. i^IS«^' ?>f^'Cil^|£^ Geliebt wer-
den ist das Ende des Glücks.
Glück in der Liebe wird oft verderblich. (Vgl. No 791 u. 389,
mit dem 1255 eigentlich, als zweite Hälfte eines dodoiisu — populären
Liedes — zusammengehört.)
— 135 —
1256. K^aivain'eriya koso Kanda kara kayoii. pISi? "J-^ - ^sif
EElT>'f)Mi^ Nur \vc;.^cn der Liebe geht man von Kanda
hin lind zurück.
Wer verliebt ist, scheut keine Entfernung. Das Spr. stammt
aus einem Volksliede {hayan-utd) aus Edo (Tokyo) ; Kanda heisst
ein Stadttheil daseÜDst.
1257. Kaivanagare yio fundoslü de nmri-jimari. )\\^'^%X.%'^
M^) Als (d. h. wie ciii) Lendengurt des Ertrunkenen
übermässig fest gebunden.
Für einen Gürtel, der den Körper zu fest einschnürt (wie der
Lendengurt einer geschwollenen Wasserleiche) ; auch : sehr be-
drängt, in Nöthen.
1258. Kaiuanagare 110 gouii zoa kiii ni kakatte atama agarami.
Jllr5U€)M(ltn:(:^c;^)i:Jit'i:lI^?>« Wenn der Schlamm im
Flusse an einem Pfahle hängen bleibt, kriegt er den
Kopf nicht in die Höhe.
Von einem eifrigen Esser, der den Kopf nicht aufrichtet ; kidni,
"an einem Pfahle," kann auch heissen "beim Essen" (vgl. No 380).
1259. Kawcdal^e no nagare 710 vii. M 1t "?> <)?£'?> 4 Das Leben am
Schilfflusse.
Das Leben einer Dirne.
1260. Ka-iva-tare-doki. fSlIfilBl Die Zeit (wo man fragt) : wer
ist das ?
Die Zeit der Morgendämmerung, wo es schwer ist, jemand zu
erkennen. Daher auch kiuvatare-boshi, der Morgenstern.
1261. Kaivayusa aviatte mkusa hyaku-bai. pJS§l^<5ttt?"S'®
Auf übermässige Zuneigung folgt hundertfältige Abnei-
gung.
1262, Katvcizu no tsura ni mizu. 4i^Mi'7j^ Wasser ins Gesicht
des Frosches.
Ermahnungen oder \'or\vürfe, die keinen Eindruck machen,
weil man es mit einem ganz verhärtften, schamlosen .'\!enschen
zu thun hat ; sie gleiten an ihm ebenso wirkungslos ab, wie das
Wasser an eneim Frosche.
— 136 —
1263. Kayui tokoro ni te ga todokanu. ??v>^i:^t/"jgt)*w Die
Hand reicht nicht bis an die juckende Stelle.
Man ist auiser Stande, einem Übel abzuhelfen. Wenn man
dagegen endlich ein Mittel gefunden hat, sich von dem, was einen
lange belästigt hat, zu befreien, oder wenn ein lange gehegter
Wunsch in Erfüllung geht, so sagt man : kayici ickoro ni te ga
todoku yo, wie wenn die Hand die juckende Stelle (endlich) erreicht.
1264. KazaJ^a'nii ni mo okenu yd. M.-hl- i^iTßtl So dass man
(ihn) nicht einmal auf die Windseite stellen kann.
Von einem boshaften, übelwollenden Menschen ; der Wind
würde seine Bosheit herüberwehen ; überhaupt von Dingen, die
man nicht leiden kann.
1265. Ka^e eaa %vo narasanu miyo. Efe^'il ?> 3 n'»^'^ Ein Zeitalter,
in dem der Wind die Aste nicht rauschen lässt.
Gleich No 323 : ein glückliches, friedliches Zeitalter.
1266. Kaze no tayori de kiku. M.'^^M'CH < Durch Mittheilung des
Windes erfahren.
" Ein Vöglein singen hören."
1267. Kaze to tsiiki no sai{pA. ■Awxix). %iif^^^{'^K) Das Talent
(od. der Herr) von Wind und Mond.
Ein poetischer Ausdruck für " Dichter."
1268. Kaze zva hyaku-byö no meto. E^UItW;^ ^-U Der Wind (Erkäl-
tung) ist der Anfang von hundert Krankheiten.
1269. Kaze zuo fukaseru. M^-iJ^^'t^S Wind wehen lassen.
Seinen Einfluss unnöthig, übertrieben geltend machen ; " sich
aufs hohe Pferd setzen" (vgl. No 1057).
1270. Kaze zuo kurau. M'^&.i' Wind essen.
Ein verdächtiges Gerücht hören ; " von etwas Wind bekom-
men."
1271.* Kaze zvo oi, kagc zvo toru. EVIE 0^-^4-^:3 Dem Winde
nachjagen, den Schatten fangen,
1272. ILe zvo fidte kku zvo viotomeru. ^^!'^Ci'*'CiE4'>]<>6 Z> Die
Haare wegblasen und nach einer Wunde suchen.
Alte Geschichten aufrühren ; das Gespräch auf Dinge bringen,
die nur zu Streit führen können u. dgl.
— 137 —
1273- KechiiRbö HO kaki jw tane. ^'UK<^A^<^M Die Kerne der
Kaki-Fiucht des Geizhalses,
Der Geizhals wirft selbst die Kerne nicht weg, sondern hebt
sie sorgfältig auf. Ähnlich : kcchiinbo no kaki )w heia (^), der
Kelch (calyx) der Kaki-Frucht des Geizigen. Der Kelch dieser
Frucht ist bleibend und hat in zusammengetrocknetem Zustande
einige Ähnlichkeit mit einer viereckig durchlöcherten Scheide-
münze.
1274. K.€ga no környö. '^a^^^^S Die aus einem Fehler her-
vorgegangene grosse That.
S. No 138.
Kfii (Respekt).
1275.* Kei shiic tözakeru. ^VX^%'\Th Etwas respektvoll fern-
halten.
Auf höfliche Weise ablehnen.
£"6/ (Aussicht).
1276.* Kei wo mite jd zvo shözu. ^^%X'\^f^&'t' Wenn man die
Aussicht sieht, bildet man (bekommt man) die Empfin-
dung.
Selber sehen ist mehr werth als die beste Beschreibung.
1277.* Keiei ai-awaremu. J^¥^mV Körper und Schatten be-
dauern einander.
(Mit seinem Schatten) allein sitzen und traurig sein.
1278.* Kein ai-toiiiünaii. J^^t0#U> Einander (wie) Körper und
Schatten begleiten.
Immer beisammen, unzertrennhch sein. Vgl. No 11 10.
1279.* Keiki ga yoi{oL\. wand). ftÄö^*üg=t' (Mi^) Der Anschein
(od. Zustand, ei :tl : Schattengeist) ist gut (od. schlecht).
Der Handel, die Geschäfte gehen gut (resp das Gegentheil).
1280.* Keihö to iiaru vio, gyübi to naru nakai^e / ^UtUh ^ -^M^
;Ä?-ijn Werde lieber der Schnabel eines Huhns als
der Schwanz eines Ochsen.
" Lieber in einem Dorfe der erste, als in Rom der zweite." Statt
/v/Zv, Hühnerschnabel, auch keitö, Hühnerkopf.
- 138 -
I28i.* Keikoku no hijin. M^'^üA Ein Weib von landruinirender
Schönheit.
Eine Favoritin, die durch ihre Schönheit den (chinesischen)
Kaiser völlig beherrscht und das Land zii Grunde richtet.
1282.* Keirohu zvo sakn ni gyütd wo inocJdizii. El)]ij4>t!l \ l-'^TJ^^^
Ü-'t' Um Huhnrippen zu zerlegen braucht man kein
Ochsenmesser.
S. No 468. Statt keirokii auch bloss kci, Huhn.
1283.* Keisei. M^ Umstürzerin von Schlössern.
Ein Weib, das durch seine Schönheit selbst Schlösser zu Grunde
richtet; vgl. No 1281. Jetzt ein Ausdruck für "Dirne."
12S4. Kcisei ni iiiakoto nasJü. fi^i-lJÄM L In einer Dirne ist keine
Wahrheit.
Vgl. No 1068 und 1069.
1285. Keisei no seinniai kisJiö. W^'^'^'^^^^^ Die tausend Verspre-
chungen der Dirne.
1286. Keisei no soranaki. ^^^'^ hlft^ Die erheuchelten Thränen
der Dirne.
1287. Keisei-kai — s. Jor'o-kai.
1288.* Keisctsu no kö zvo tsuviu. ^Ä'^J^j^-Mt" Leuchtkäfer- und
Schneeverdienst anhäufen.
Mit ausserordentlichem Fleiss studiren. Bezieht sich auf eine
chinesische Erzählung von zwei Jünglingen [S/iain :^)aL und So}i-
kd W^)) von denen der eine aus Armuth in der Nacht bei dem
Lichte von Leuchtkäfern, der andere bei dem des Schnees vor
seinem Fenster studirte. Auch : keisetsti no niado ni in/, am Fen-
ster des Leuchtkäfers und Schnees sitzen.
1289.* Keitei magaki ni scrnegedoino, hoka sono anadori wo fuse-
o-u. R.^j^\~mf€ls.^^%<^m^m<: wenn Brüder auch
innerhalb der Plecke (in ihrem Hause) zanken, so weh-
ren sie doch ausserhalb des Hauses Beleidigungen
(gemeinsam) ab.
— 139 —
Keltö to nani vio etc. — s. Kcikö to varii ino.
1290.* Kekkö. ^a^ Einfassung; Umzäunung.
Aus dieser ursprünglichen Bedeutung entwickelte sich die Be-
deutung " Construction ", '' Bauart ", dann " prächtiger Baustil "-
zuletzt gleichbedeutend mit " prachtvoll ", " vorzüglich ", " ausge;
zeichnet ''.
1291.* Keniha 110 rd zvo tsukusii. :^.i?>'^^4'iJf Die Anstrengung
von Hund und Pferd erschöpfen.
Sich sehr anstrengen.
1292. Keriinto hororo ?io aisatsu. l.?^ \.\t,h\ (D^W Ein unfreund-
licber, grober Gruss.
Über den Ursprung des Ausdruckes kemmo hororo konnte
nichts ermittelt werden.
1293. Keniono kumo ni Jioerii. i^Sl-O^S Tiiiere heulen die
Wolken an.
Gleich unserm " der Hund bellt den Mond an " (ohne dass der
Mond darauf achtet). Die Redensart kommt schon im Kokinshü
vor : kedainono no\kiciuo nl hoeken, mögen die Thiere die Wolken
anheulen.
1294. Kemushi no yö. ^^^% Wie eine Haarraupe.
Vor einem Menschen, dessen Gesicht einem zuwider ist.
1295,* Keil yori sha ni ine tva yasukn, sha yori ken ni int zva
katashi. Iti ''J#i:A^lt^ < , #i vj ^i:;^ ^ itliL Von
der Sparsamkeit zur Verschwendung überzugehen ist
leicht, von der Verschwendung zur Sparsamkeit über-
zugehen ist schwer.
1296.* Keuga ai-sessu. -X^^^^-T (Wie) Hundezähne in einander
übergreifen.
Von Landstücken, deren Grenze sehr unregelmässig, mit vielen
vorspringenden Ecken und Zipfeln \'erläuft.
1297. Kenjö no kamo no yd. i^-h'^^,!^^ Wie eine als Geschenk
angebotene Wildente.
Nämlich eine solche, die äusserlich zv.ar gut aussieht, aber
innen schon " angegangen " ist. Dem Schein ist nicht zu trauen.
— )40 —
1298* Kenkeil no niizii köka wo nasti. \^ 1 0yKitMh^^.'t Das
Wasser der kleinen Bäche bildet den grossen Strom.
1299.* Kenhö hitsudeii, 51M$H Mit dem Tuschstein und Pinsel
ackern.
Von Schriftstellerei leben.
1300.* Kenivwa ryö-seibai. iti^^SilSE Bei einem Streite sind beide
Theile zu bestrafen.
Ein alter Grundsatz, der von der Anschauung ausgeht, dass
bei einem Streite kein Theil ganz ohne Schuld ist.
1301. Kenkwa siigite {od. sundc)no bd-chigiri. ngif iit (^^T) 0^
J^-tO"! Einen Stock abbrechen, wean der ^streit zu Ende
ist.
1302. Kenkwa-döshi 110 noki-narabi. ^^%isi-^%^'^Ü^ Das Dach
an Dach wohnen der streitenden Parteien.
1303. Kenslici iva guzetsu 710 tarne ni ugokazii. K^iIiSl§"^:^l-IÖ
■5"f' Der Kluge bewegt sich nicht wegen der Zunge
des Dummen.
Er lässt sich vom Dummen nicht überreden.
1304.* Ketsunilx'U. U.^ Blut und Fleisch.
Wie unser "(mein, resp. sein etc.) eigen Fleisch und Blut"
ein Ausdruck für " Blutsverwandte ".
1305.* Ketsuro wo Jdraku. J5lS&^!l < Sich einen blutigen Weg
bahnen.
Sich mit deni Schwerte durch die Feinde hindurchschlagen.
1306. Ketcliaku HO tokoro. ^W?^S?r Der Ort des Entschlusses
(das, wozu man entschlossen ist).
Der niedrigste Preis, zu dem der Verkäufer die Waare lassen
kann.
Ki (Holz).
1307. Ki de hana zuo kukuita yd. :^'^^^t^'>VM Als ob man
Blumen mit Holz zusammengebunden hätte.
Höflichkeiten sagen oder Freundlichkeiten erweisen, aber auf
hölzerne ?>Ianier, oder : nicht gern, mit widerwilliger Miene.
— 141 —
Ki (Baum).
1308. Ki kara ocJiita samt no yd. a^-"^' ^\Ul.f&-^Ak Wie ein Affe,
der vom Baume gefallen ist.
Ohne Eltern und Verwandte, ganz allein in der Welt daste-
hen. (Hat mit ^^/r« ino ki kara ocJihit [s. d.] nichts zu thun.)
1309. Ki ni vwcJii ga naru yö. ;t«l'Df«"/fe S^ Als ob auf einem
Baume Reiskuchen wüchsen.
Über Erwarten Glück haben.
13 10. Ki ni take zvo tsiigiL. ^Ki-lt^^C Auf einen Bauin Bambus
pfropfen.
Leute zusammenbringen, die nicht zu einander passen, u. dgl.
Auch sagt man z. B : ki ni take wo tsnidn yd na hanashi, eine
Geschichte, als ob man Bambus auf einen Baum pfropfte, d. h.
eine unsinnige, unmögliche Geschichte.
13 11. Ki ni yotte lavo wo inotomeni. ^f^i-^t^^jRiö h Auf einem
Baume nach Fischen suchen.
Ahnlich wie die im Don Ouixote \orl:ommende Redensart :
"Bratwürste aus dem Wasser angeln wollen."
13 12. Kl no Uli xva ki no moto. ^'<>%V^^<^7:i Die Frucht des
Baumes (gehört an den) Ursprung des Baumes.
D. h. in die Nähe des Stammes. Soll nicht denselben Sinn
haben wie unser " der Apfel fällt nicht weit vom Stamm ", sondern
angewendet werden, wenn z. B. eine Frau von ihrem Manne zu
den Eltern zurückgeschickt wird ; überhaupt wenn etwas in seinen
früheren Zustand zurückkehrt (vgl. No 529).
13 13. Ki HO Uli zva meto e ocJiini. -it'^ÄltTC'^jSa Die Frucht des
Baumes fällt auf den Boden (dem sie entsprossen ist).
Soll nicht blosse Nebenform von 131 2, sondern selbständig
sein und, wie No 49 u. 1030, bedeuten, dass die Folgen einer
bösen That auf das eigene Haupt des Thäters zurückfallen.
13 14. Ki no mi wo tcdania ni tont to yoknnen narami. tilOK4'^3i
l-Ii^S i§£^^ f)iQ Wenn man mit (^iQ.\\ Früchten eines
Baumes Bali .'spielt, so bringt er im nächsten Jahre
keine Frucht.
— 142 —
1315« Ki wo tsngeba Jiana wa niimmeru ga, cht wa nusiimaremi.
^^^^nt-^it^^ h-oK l(iliJjf^J;^i.n Wenn man einen Baum
pfropft, so kann man zwar Blumen bekommen (eigtl.
stehlen), aber das Blut lässt sich nicht stehlen.
Der Mensch lässt sich nicht so leicht veredeln wie ein Baum ;
ein Dummkopf wird dadurch nicht klüger, dass ihn ein kluger
Mann adoptirt ; man kann einem andern wohl seinen Namen, aber
nicht sein Blut geben.
K^l (Geist).
1316. Ki de ki wo yaviu. fkX%,'f^%\j Im Geiste am Geiste leiden.
Sich selbst quälen, hypochonderisch sein.
13 17. Ki ga cJiigau. Äi'''Mi?^'i- Der Geist ist verschieden.
Verrückt sein ; daher kichigai^ Verrückter.
13 18. Ki ga fiireini. M:^^W^■h Der Geist geht irre.
Ausser sich gerathen, wie von Sinnen sein.
13 19. Ki ga fiisagarii. M^^'^f'^ Der Geist ist verschlossen.
Muthlos, traurig sein.
1320. Ki ga Jiayai. M*'''-?-!'' Der Geist ist schnell.
Sich schnell zu etwas entschliessen, impulsiv sein.
1321. Ki ga Jwru. Ä^'ilS^ Der Geist wird klein.
Etwas zu verlieren fürchten.
1322. Ki ga ki ja nai. ä«'"'ä^'-^M|'' Der Geist ist kein Geist
mehr.
In grosser Verwirrung oder Aufregung sein ; " nicht wissen, wo
einem der Kopf steht."
1323. Ki ga kiku. U.'^^Mk Der Geist wirkt.
Khig, aufgeweckt, intelligent sein.
1324. Ki ga uunvaru. M.'^^'^h Der Geist dreht sich im Kreise.
Argwöhnisch, eifersüchtig sein. Ebenso : ki wo uiaiuasu, den
Geist im Kreise drehen.
— 143 —
1325. Ki ga mayoit. M«'jÜ- Der Geist irrt umher.
Im Zweifel oder in Verwirrung sein.
132Ö. Ki ga mijikai. M^'^I«'* Der Geist ist kurz.
Leicht ungeduldig oder zornig werden.
1327. Ki ga moineru. Mf'^^i Der Geist wird zerrieben.
Sich beunruhigen, sich Sorgen machen. El^enso : ki wo vioum,
den Geist kneten oder reiben.
1328. Ki ga iinisHboreru. UJ^'-'4a\t\^h Der Geist ist gebunden.
Wie No 13 19.
1329. Ki ga nagai. U^)"^^^^ Der Geist ist lang-.
Geduldig, " langmiithig " ; auch : langsam von Begriffen sein.
1330. Ki ga di. ^«^'^t^ Die Geister (Absichten) sind zahlreich.
Seine Entschlüsse leicht ändern ; unbeständig, wankelmüthig
sein.
1331. Ki ga sjisuimt. ^^'''jIü Der Geist rückt vor.
Eifrig, willig sein,
1332. Ki ga tatsu. Mt)->'i-o Der Geist erhebt sich.
Erregt, zornig werden,
1333. Ki ga tendd stiru. Ät)^'f.|il)-r i Der Geist kehrt sich um
und um.
Gleich No 1322.
1334. Ki ga tojini. %,^^^^h Der Geist ist verschlossen.
Gleich No 1319.
1335- Ki ga töku naru. Mfi'^^K)kh Der Geist wird fern.
Ohnmächtig werden.
133''). Ki ga tsuku. ^^M>t< Der Geist haftet.
Die Aufmerksamkeit wird erregt ; etwas bemerken.
1337. Ki ga tsniiiaru. %J^^t^^'^ Der Geist ist verstopft.
Gleich No 1319.
133S, Ki ni ataru. ^X-'^h Den Geist treffen.
Sich über etwas ärgern.
— 144 —
1339- Ki ni furcru. Ml-^iHo An den Geist stossen.
Jemand verletzen, ihn Iseleidigen. Statt fureru auch das
gleichbedeutende sawarii.
1340. Ki ni im. M,\'-K'k In den Geist eingehen.
Gefallen erregen, gefallen.
1341. Ki ni kakaru. Ml'^'^'^ Im Geiste hängen.
Sorge vei Ursachen ; sich wegen einer Sache Sorgen machen.
1342. Ki ni kakern. ^1-^IT5 An den Geist hängen.
Jemand etwas ans Herz legen ; auch : sich Sorgen machen.
1343. Ki ni kuzvanit. ÄI'Äli^ Im Geiste nicht essen.
Von Dingen, die einem nicht gefallen, oder von Personen,
dis einem unangenehm sind, denen man nicht traut u dgl.
Ki ni sazuant : s. Ki ni furerii.
1344. Ki ni tomerii. Ml'it^^ Im Geiste anhalten.
Einer Sache Aufnoerksamkeit zuwenden ; sich etwas zu Herzen
nehmen.
1345. Ki no dokn. MJ^% Gift für das Herz.
Etwas sehr Beklagenswerthes. Nur von dem, was einen andern
betrifft, und daher gewöhnlich mit vorangesetztem 0 : es thut mir
(für Sie) sehr leid.
1346. Ki no kiita bakemono no hikkoniu jilnin. W^^MV.\W&'^~'^\Sh\J^^
^ Die Zeit, wo sich kluge Gespenster zurückziehen.
Scherzhaft für : Zeit, nach Hause zu gehen.
1347. Ki lua kokoro. ^il'il^ Das Gefühl ist das Gefühl.
Ki, Geist, Gefühl, Wille, und /cokoro, Herz, Gefühl, Wille,
sind in dieser Redensart, gleichbedeutend. Sinn : das Gefühl, die
(gute) Absicht ist die Hauptsache ; auch : gegen das Gefühl lässt
sich nichts machen, mag es auch auf Einbildung beruhen.
1348. Ki 7V0 hikn. M^^l < Den Geist (heraus) ziehen.
Jemand ausholen ; " auf den Busch klopfen ".
1349. Ki zvo kaneru. M^^WiYl^ Den Geist (jemandes) mitumfas-
sen.
I
— 145 —
Für jemand fühlen, auf seme Empfindungen Rücksicht
nehmen ; darauf bedacht sein, ihm keinen Anlass zu Unzufrieden-
heit oder Verdruss zu geben u. s. w.
1350. Ki %vo kubarii. ^^iE5 Den Geist austheilen.
Auf seiner Hut sein. Auch : Jd-kiibari suru.
Ki wo inawasn : s. Ki ga maivaru.
Ki 1V0 luoimi : s. Ki ga moineru.
1351. Ki ivo noimt. M^^L" Den Geist (eines andern) verschlu-
cken.
Ahnhch wie : "den Spiess umkehren"; "jemand mit seinen
eigenen Waffen schlagen ".
1352. Ki zvo otosu. M.^^^ Den Geist fallen lassen.
Den Muth sinken lassen.
1353. Ki zvo shimeru. M.^^'^^ Den Geist festbinden.
Auf seiner Hut sein.
1354. Ki zvo sucru. MJ^^'^h Den Geist setzen.
Sich beruhigen.
1355. Ki zvo tsitkau. ^^ßi-J- Den Geist gebrauchen (od. ver-
wenden, anwenden etc.).
Nämlich um sich Sorgen zu machen. Gleich No 1327. Auch
ki-zukau.
1356. Ki zvo tsukeru. MJ^^^I h Den Geist (auf etwas) heften.
" Seine Aufmerksamkeit auf etwas heften "; aufpassen, sich
]\Iühe geben, achtsam sein.
1357. Ki zvo tishinau. U,^%^- Den Geist verHeren.
Bewusstlos, ohnmächtig werden.
1358. Ki zvo yurusu. M.^'-^^~f Den Geist lockern.
Nicht auf seiner Hut sein.
AnjJi. In den Redensarten No 1325, 1341, 1342, 1344, 1348,
i35o> 1354. 135Ö und 1358 kann statt ki, Geist, auch kokoro, Herz,
stehen.
Ki (Kleidung).
1359. Ki nojiii ki no maina. ^?)<^¥'2>ri Die Kleidung nur (wie)
der Zustand der Kleidung (grade ist).
— 146 —
"Wie man geht und steht''; wenn von einem Mädchen die
Rede ist, auch in dem Sinne : ohne Aussteuer.
Ki (Gelegenheit).
1 360. "^ Ki nl nozovii, hen ni djite. W\'-lmh-^M.'<'--M.^X Der Gelegenheit
entgegrenkommend, dem Wechsel entsprechend.
BehandUing einer Sache je nach Gelegenheit und Umständen.
1361. Ki ni yotte hö wo toke ! Pl-IM'CvS^^lT Erkläre das Gesetz
(d. h. predige) je nach der Gelegenheit!
Vgl. No 662 u. 699
1362. Ki 710 niac ni hisuri nashi. M?>hüI-^^J: L Vor der Gelegen-
heit giebt es keine Arznei.
Man muss erst abwarten, was aus der Sache wird. " Kommt
Zeit, kommt Rath."
1363.* Kibl ni tmku. .ISMl-#< Dem Schwänze des schnellen
Pferdes folgen.
Jemand, der Erfolg hat, nacheifern.
1364. KleliUjai vtizu tvo kobosazn. ÖA^K^i^M 2 "f" Der Verrückte
verschüttet kein Wasser.
Manchmal gelingt ein schwieriges Unternehmen wider Erwar-
ten grade dem, der dazu am wenigsten geeignet schien.
1365. KicJiigai 7ii Jiamono lüo tvatasu yd. ÖAl'^l^^^itl''^ 5 Als
ob man einem Verrückten ein Messer gäbe.
1366. Kichigai no matagura e liaclii ga Jiaitta yd. CEA'5^#'^S^5^'it
AT--^T Als ob einem Verrückten eine Wespe zwischen
die Beine gekrochen wäre.
1367. Kichu no ie no inu no yd. ^■.^OM'Di^O'P 3 Wie der Hund
eines Trauerhauses.
" Eine Leichenbittermiene machen."
1368.* Kiden snni. Mffl'f s Zum Felde zurückkehren.
Sich ins Piivatleben zurückziehen.
1369. Kigen zuo ioru. III^^Il^S Die Laune (jemandes) ein-
nehmen.
Jemand für sich gewinnen, ihn " für sich einnehmen."
— 147 —
I370-* K.igwa 7V0 toif. ISS^^FhI^^ Nach Aufstehen und Schlafen-
gehen fragen.
Sich nach dem Befinden erkundigen.
1371. Kiiroi koe. Äif"^ Gelbe Stimme.
Eine helle, jugendliche Stimme.
1372. Kiite gokurakn^viite jigoht. ^^XWM.^ %X%W^ Wenn man
davon hört, so ist es ein Paradies, wenn man es sieht,
so ist es eine Hölle.
1373. Kiiji mo nakasuba ntareinaji. ^^ Ul-s'-f'lt^f^n i C Wenn
der Fasan nicht schrie, würde er nicht geschossen.
1374.* Klkhyö kivafiiku wa asanaerii nazva no gotoshi. a^fS/lall
^^'^ 5ll?)i(ii L Gutes und böses Schicksal, Unglück und
Glück sind wie ein zusammengedrehtes Seil.
Sie sind mit einander so eng verbunden, wechseln mit einander
so ab wie die Stränge eines gedrehten Seiles.
1375.* Kilio röton WO mamorii ga gotoku. ^J!t$M4''3=2>t)^'i(n< Als
ob ein hungriger Tiger die eingepferchten (zum Opfer
bestimmten) Schweine bewachte.
"Den Bock zum Gärtner setzen." (Vgl. No 418.)
1376.* Kiku ni tagazvazn. ^I^I-jiUT' Von Zirkel und Viereck
nicht abweichend.
Ganz correkt.
1377.* Kihwai zva e-gatakit, nshinai-yasushi. li't'ltMSfK . ^C/^w l
Eine gute Gtlcgenheit ist schwer zu bekommen, leicht
zu versäumen.
1378.* Kikyo wo ton. la^^^f^gi. Nach Aufstehen und Sitzen
fragen.
Gleich No 1370.
1379.* KikyTiwots?iguM^^^<: Das Sieb und Pelzkleid erben.
Dem Berufe der Eltern folgen. Der Ausdruck beruht auf
irgend einer alten chinesischen Erzählung, doch konnte nichts
Näheres ermittelt werden.
— 148 —
1380.* Kitni hasukasJiWK rantreba, shin slii sii. ^^^^L^ hhi'x [t^M
"f Wenn dem Herrn ein Schimpf widerfälirt, so stirbt
der Diener.
Er muss den Schimpf des Herrn rächen, sollte es ihm auch
das Leben kosten.
1381.* Khiti iK.'a fune^ shin 70a niirjii, inizu yoku fipie ivo nosc, viata
yoknfune zvo kiitsugaesii. :§'i^lS. E(l7j«. 7J<h^ < ÄS^Igtf , tP;^
tE<«&^H'^t Der Herr ist das Schiff, der Diener das
Wasser ; das Wasser kann das Schifflcicht tragen, aber
auch leicht umwerfen.
1382, Kiiui wo omou zva mi wo ovioii. ^i^Si'lIji ^i??>i- Wer
seinen Herrn liebt, liebt sich selbst.
\\'er für das Wohl seines Herrn sorgt, sorgt d.imit zugleich
auch für sein eigenes Wohl.
1383.* Kinio ga isiibiireni. Äf-ö^'ÄH^ Die Leber zerbricht.
Sehr erschrocken sein ; aus der Fassung gerathen. Die Re-
densart, wie noch andere, weiter unten folgende, erklärt sich
daraus, dass in China die Leber als Organ des Muthes gilt.
1384,* Kwio ni mciziini. Wl-^gf*^ In die Leber einschreiben.
" Sich etwas hinter die Ohren schreiben."
1385.* Kivw ni sJmmt. ^V-Vk^J In die Leber eindringen.
Tief berühren, sehr bekümmern. Vgl. No 783.
1386.* Kivw no fiitoi mono. ^'^X'^^^ Ein Mensch mit dicker
Leber.
Ein^kühner, unerschrockener Mensch. Vgl. No 282.
1387.* Kivw zuo hiyasii. W-tt-^pl Die Leber kalt machen.
Vor etwas schaudern.
1388.* Kimo wo iru. IFF^^lfffS Die Leber rösten.
Sich grosse Sorge um etwas machen. Auch: Idmo ivo irasefu<
ebenfalls = die Leber rösten, aber mit der Bedeutung : jemand
grossen Kummer machen.
1389.* Kimo wo tsnbusu (auch kimo wo kesn od. kudahi). fP^fÄi"
Die Leber zerbrechen.
Gleich No 1383.
— 149 —
139<^-* ICiinoii ni atam. iUP^I-'ifS Au das Teufelsthor stosseti.
Nach Nordosten liegen — der Himmelsgegend, aus der die bösen
Geister kommen.
1391*. Kingeii miuii ni sakau. ^5^l-ai^> Goldene Worte
widerstreben den Ohren.
"Goldene Worte " = wahre Worte, weise Aussprüche, gute
Lehren. Man hört sie oft nicht gern ; " die Wahrheit will keiner
hören."
1392.* Kingyokii no kotoba. ^BEi^tsI Gold-und Edelsteinwortc.
Gleich "goldene Worte" in No 1391.
1393. Kiujü surn ko wo ai su. 'kW't b T-'^'St't Selbst die Thiere
lieben ihre Jungen.
1394.* Kinkwa ichijitsu no ei. <i?b— H«?)^ iJie Pracht der Win-
denblume dauert nur einen Tag.
1395. Kino no ßichi, kyö no se. Bt^BOi^, ^0 i?)jl3 Gestern tiefes
Wasser, heute eine seichte Stelle.
Grosse Veränderlichkeit der Welt.
1396. Kind wa kyö no nmkashi. Bi^0 II't'H ■^'h Gestern ist das
einst von heute,
1 397.* Kuiviii wa kabe zvo hedatsuru nishika.zii, kabc %oo hedatsnru
wa kado wo tai snru ni sJdkazn. >£PliIll4'PS'^^l-i(n^'ir'.
M^-HoaiXPg^-irr^ilJtn^'T Eine trennende Wand ist
besser als (zu) nahe Nachbarschaft, der Hausthür ge-
genüber (durch die Strasse getrennt) wohnen ist besser
als Trennunsf durch eine Wand.
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1398. liAntcuna nw tsurikata. %%\¥^'')'^"V-. Auch die Testikeln
sind, wie sie hängen.
Die Bedeutung ist ähnlich wie die von No 1490: man muss
sich in die Umstände schicken.
1399. Kintoln ga kivaji-vninai ni kita yd. ^0Jt3*A?^imi-^t:<i
Als ob Kintoki einen Beileidsbesuch beim Brande
machte.
— ISO —
Um auszudrücken, dass jeitiand (\on Wein, oder vor Zorn
etc.) sehr roth ist. Sakafa Kiiitoki, der vornehmste der vier Helden,
die Raiko {Minamo/o Yorzmifsie) bei seinen Abenteuern begleiteten,
ist ein Lieblingsheld der Kinderwelt und wird, besonders als Knabe,
immer mit ganz rothem Gesicht dargestellt ; beim Widerschein des
Feuers erscheint es noch röther, daher die Redensart.
1400. Kintsiihd sasu ka, komo kaburu ka? ^If^l"^*, SS^Sd^
Wird er (ein Schwert mit) Goldsticliblatt tragen, oder
wird er sich eine Strohmatte umhängen ?
Wird er ein reicher Mann oder ein Bettler werden ? Wird seine
Unternehmung glücklich oder unglücklich enden ?
1401. Kinti ito sanziin, nazva isshaku am wa siUeruna! »inaiHiJ*.
M— K.tf 5 ItSstC hin Seidenstück von drei Zoll, einen
Strick von einem Fuss Länge soll man nicht weof-
werfen.
Warnung vor Verschwendung.
1402. ILlrete vw nishiku l^tl^ y\uch zerrissen bleibt es
Brokat.
Was von Hause aus v.erth\oll war, kann seinen Werth
niemals ganz verlieren.
1403. Klri loa fiikiiro %vo tösu. ^ili^-^MI' Der Bohrer durch-
bohrt den Sack (in dem man ihn aufbewahren will).
1404.* Kiri wo tateni ji mo nashi. i^^'iL'^h^\,^.\, Nicht einmal
soviel Platz, einen Bohrer aufzustellen.
So voller Menschen, dass " kein Apfel zur Erde kann."
1405. Kiridori gödö wa busid no nami. ■tjJSü3ä'^itS^±0Wo\
Tödten, Plündern und Rauben sind des Kriegers Ge-
wohnheit.
1406. Kiriii 1110 oinureba dobm ni otoni. WMl'^f'^\^\t1$,%\'-'^h
Selbst das Kirin ist, wenn es alt wird, schlechter als
ein abgetriebenes Pferd.
Kirin : das chinesische Einhorn ; ein Fabelthier, dem allerlei
wunderbare Eigenschaften zugeschrieben werden. Das Spr. besagt
das grade Gegentheil von No 1402.
— 151 —
1407. KWia HO sakiblki zvo sunt. MM'<^^'%\^^'^ h Den Vor-
spann der Eisenbahn machen.
Sich ausserordentliche Mühe geben, alle übertreffen wollen.
Die Redensart ist besonders wegen ihres modernen Urspruno-s
bemerkenswerth.
1408.* Rishln ni ddö nashi. M^\'-WM.^.L Die Götter o-ehen
keine krummen Wege.
Was sie thun, ist gerecht.
1409. KisJiin ni yokoshiina naslii. %Mky'-W^^,L Die Götter thiui
nie Unrecht.
1410.* Kitetsu %vo fuviu. iTÜÜMaL' Ins Wagengeleisc (eines
andern) treten.
Jemand " nachtreten."
141 1.* Kltsugai suru. ^f^-f Z Um seine Knoclien bitten.
Gleich No. 408 : wegen hohen Alters um seine Entlassung
bitten.
14 12. Kitsune ga tsuita yd. ^%.'o^\^VM Wie vöm Fuchse
besessen.
Als ob (er) den Verstand verloren hätte, wie toll. Auch ..kitsune
ni bakasat'efa (od. dantasa7-eUi) yö, wie vom Fuchse bezaul^ert (od.
betrogen).
1413. Kitsune no yome-iri. 3!1\^MJA"'J Der Einzug der Fuchsbraiit
in das Haus ihres Gatten.
In freierer Übersetzung : der Fuchs macht Hochzeit ; sagt man,
wenn während des Regens die Sonna scheint.
14 14. Kitsune zvo uuia e noseta yd. 1k^)^%^Wu-^V.%. Als ob man
einen Fuchs auf ein Pferd setzte.
Um auszudrücken, dass man eine Geschichte für unwahr-
scheinlich oder unmöglich hält.
1415. Kitte ino kimrenu naka. -tfl'C m^kin^ Freundschaft, die
selbst durch Schneiden nicht zerschnitten wird.
Unauflösliche Freundschaft. Auch sonst w^ird der Ausdruck
kii/e ino kirarenu oder kitte nio kiremi gebraucht, um Unauflös-
lichkeit, oder Unmöglichkeit zu trennen, Unzertrennlichkeit zu
bezeichnen.
— 152 —
1416. Kitte tsugi-ki zvo siiru. -tjJ'C^^K^^T 5 Indem man schneidet,
pfropft (veredelt) man den Baum.
Was jetzt Schmerz verursacht, dient zum künftigen Glück ;
insbesondere als Trost für Liebende, die sich trennen müssen :
die Freude des Wiedersehens wird später um so grösser sein.
14 17.* Kilyo ittctsu nideru atawazu. ^#-|ir-ilJ Ät&dl^ Tadel und
Lob können nicht in einem Geleise laufen.
1418. Kiyö biinbü. tl^ttS. Geschickte Leute sind arm.
Von Leuten, die geschickt oder talentvoll sind, und doch auf
keinen grünen Zweig kommen.
14 19. Kiyo^nizu no biitai kam tobi-orini yd. mi^'^%^^^hWf
"Jä^t Als ob man von der Brüstung des Kiyomizu-
Tempels hinabspränge.
Ein berühmter Tempel in Kyoto, der am Rande eines steilen
Abhanges steht.
1420. Ko ga ouiou yori oya zoa hyaknbai ni omou. ^■»■''<Si-i "J
iliiWfn!-'Sl.5- Die Liebe der Kitern ist hundertmal
grösser als die Liebe der Kinder.
142 1. Ko takara. ^Ä Kinder sind Schätze.
1422. Ko wa fufu no aida no kasugai. ^It^ü^Tf^'^^ Kinder
sind das Band zwischen Eheleuten.
1423. Ko zva sangai 110 kubikase. -TltH^OSIS Kinder sind in
(allen) drei Welten Halsfesseln.
Die andern beiden Welten sind (in buddhistischem Sinne) :
die dieser Existenz vorangegangene, und die ihr folgende, zukünf-
tige Existenz.
1424.* Ko %vo azvareinaba ökn bö tvo atacyo, ko wo nikuiiiaba ökii
shoku zvo ataeyo ! -T ^% i \t^ < #^^^- i , T^tt 3t If^ < Ä
/^|ta-N i Wenn du deine Kinder liebst, so gieb ihnen
viele Schläge, wenn du sie hassest, so gieb ihnen viel
zu essen.
Vgl. No 1253.
— 153 —
1425. Ko ZOO mini iva oya ni shikazii. ^^^S |l||,lt^'5'-f- Im
Sehen (Beurtheilen) der Kinder kommt niemand den
Eltern gleich.
Auch : ko wo shiru lua oya ni sJiiku mono nas/ii, niemand
kennt die Kinder so gut wie die Eltern, Dass aber auch das
Gegentheil richtig ist, lehren Sprichwörter wie z. B. oya no yokume
und oya baka.
1426. Ko zvo motte oya no on wo shiru. ^'^^$'Cll,'5E4'^n-?. \^'enn
man selbst Kinder hat, erkennt man (erst) die Liebe
der Eltern.
Auch in der Form : ko wo motte sJiiru oya no on, die Güte
der Eltern, die man versteht, wenn man (selbst) Kinder hat.
1427. Ko wo suteru yabu atte mo, oya wo suterii yabii iva nasJii.
'^te^-hm^Xl%V^^hWLWi.l- Es j^icbt zwar Bambus-
gebüsche, wo man seine Kinder aussetzen kann, aber
nicht solche, wo man seine Eltern aussetzen kann.
Die Pflicht gegen die Eltern geht über die Pflicht gegen die
Kinder; zuerst muss man für die Eltern, dann erst für die Kinder
sorgen. Man sagt aber auch : ko wo suteru yabu atte mo, oya
wo suteru yabu wa nas/n, man kann zwar seine Kinder in einem
Bambusgebüsch aussetzen, aber nicht sich selbst ; d h. man muss
im Leben viel aushalten, viele Leiden durchmachen ; ob man will
oder nicht, man kommt nicht drum herum ; wohl nur eine mehr
oder weniger scherzhafte Umkehrung von ;/// wo suteru yabu wa
etc. (s. dort.)
1428. Ko yori mo mago iva kazuaii. ^ i "J (.^^ItpJ^i' Ein Enkel
ist noch reizender (wird noch mehr geliebt) als ein
eigenes Kind.
1429. Ko ytie ni yami ni viayou. ^öcl'ffll-^i^ Wegen der Kinder
im Dunkel umherirren.
Sich wegen der Kinder viele Sorgen machen.
1430.* K.önooimrizvafnl)otuoardwasu. ^OH"] (t^S:^Mii"f Das
Ende (Ziel) der kindlichen Liebe ist, die Eltern (rühm-
lich) bekannt zu machen.
Der Sohn soll sich hervorthun, damit er den Ehern Ehre
macht; dies muss das Hauptziel kindlichen Ehrgeizes sein. Der
Satz stammt aus dem Kongo (s. Erklärung zu No. 1081).
— 154 —
143^-* I^ö iva Jiyakkö HO inoto. #lt1T^f'?5^ Kindlicher Gehorsam
ist die Grundlage von hundert guten Thalen,
D. h. die Grundlage von allen andern Tugenden.
1432. Kohan no miiiii, '■V¥\'^^j% Das Ohr des Goldstücks.
Von Dingen, die zwar geringen Werth haben, die man aber
doch nicht wegwerfen soll ; von scheinl^ar unbedeutenden Aus-
gaben, die aber mit der Zeit ins Gewicht fallen u. dgl. "Wer
den Pfennig nicht ehrt, ist des Thalers nicht werth."
1433. Kobarci WO tateru. 'h'fä.h^iLXh Einen kleinen Baucli auf-
richten.
Sich ärgern. (Vgl. No. 553 und 569)
1434. Köbö 7ii niofude no ayaniaii. SivSl- ts^OM^J Selbst Köbö
hat einen Schreibfehler gemacht.
Kdbo, gewöhnlich Köbo Z>^/w/// genannt, buddhistischer Priester,
berühmt als Stifter der Shingonsekte und PIrfinder des Hiragana»
einer der beiden japanischen Silbenschriften (f 835 n. Chr.)
1435. Köboim iva kaze 7ti ore-yastii. ^:^[iU.\~^^B'^" Ein hoher
Baum wird leicht vom Winde gebrochen.
Warnung vor Hochmuth.
1436. Kohohii zvo utsnsliite karc %vo inicJiibiku. '^^^^\% L 'C^4-^ C
Wenn man einen alten Baum versetzt, so führt man sein
Welken herbei.
1437. ILoboiUlö ni ko nasJii. ^'M'lil-dF-ML Die sich Kinder
sehr wünschen, kriegen keine.
1438. Kobore-zahvai. 3S# Überlaufendes Glück.
Ein unverhofftes Glück.
1439. Kobözti ni tcngu hackiiwi. ''>i^±l-5'?i^JAA Gegen einen
Prieslerknaben acht Tengu,
Über Tengu s. unter Tcngu ni naita. Da diese Berggeister
übermenschliche Kräfte besitzen, so ist die Bedeutung dieselbe
wie von tasei ni busei : gegen unverhältnissmässige Übermacht
kann man nichts ausrichten.
1440. Kohukuro to komiisumc wa yndan ga naranu. d^^^^l''^
(tvÄllüö^-^j: ?>W Die Geldtasche (?) und ein junges Mäd-
chen darf man nicht aus den Augen lassen.
— 155 —
144 !•* l^OcIiö shi shite ryokyü kakuni. im.^5!: L'CÄ^^S Wenn
der edle Vogel eilegt ist, so tritt der gute Bogen-
schütze in die Verborgenheit zurück.
1442, Kodakara zvo vwketa yd. ^'hÄMti^l:^ Als ob man
einen kleinen Schatz erworben hätte.
Wenn man sich über eine Sache sehr freut.
1443.* Ködei Stirn. WiJi't Z Schmutz greifen.
Ergeben sein in schlechten Sinne, z. B. saie ni kodei suru,
dem Weine ergeben sein ; auch : sich an den Buchstaben halten,
z. B. kisoku ni kodei siirii, ein Gesetz zu buchstäbhch anwenden.
1444. Kodonio nio neko ni iva inasJii. dFdH^föl-HM L Kinder
sind immer noch besser als Katzen.
Scherzhafte Redensart.
1445. Kodomo ni kikiii nasJii. ■Tföl-PAIIML Für Kinder giebt
es keine Hungersnoth.
Für sie wird immer zuerst gesorgt.
1446. Kodouio no kenkzva ni oya ga dem. T^Onti^uM 'r'iü h Vm'nw
Streite der Kinder kommen die Eltern heraus.
Um für ihre Kinder Partei zu nehmen. Erinnert an " kleine
Ursachen, grosse Wirkungen."
1447. Kodouio zua käse no ko. ir^lI.ILO^ Die Kinder sind
Kinder des Windes.
Kinder erkälten sich selten, sie sind gegen Wind und Wetter
unemptindlich.
1448. Koe nakute lato zvo youu. M^i < tA^-nf ^^ Die Leute ohne
Stimme herbeirufen.
Von schönen, sehenswerthen Dingen, z. B, Blumen.
1449. Koe züo hisomerii. ^^'-^^h Die Stimme verbergen.
Flüs.ern.
1450. Koetovi ni nigiri-bc zvo kagascta yd. HE^^J l-li^JK-^'^l-tj'"
^VM Als ob man dem Mistausräumer einen gegri.^-
fencn Wind zu riechen gäbe.
Eine ähnliche vulgäre Redensart im Deutschen lautet: "gegen
einen Mistwairen anstinken wollen,''
— ISO —
145 1.* K.öfukii ivo yasJiinau. P0^^^^ Mund und Bauch er-
nähren.
Sich grade am Leben erhalten.
1452. Koffane no kaina wo Jioriciasldta yd. ^'^»^^•MJli LT:^
Als ob man einen goldenen Kessel ausgegraben hätte.
Von grosser Freude ; vgl. No 1442.
1453. Kogatana ni tsuöa. 'hTJl-ü Ein Stichblatt für ein
Messer.
Etwas Unnöthiges, da nur Schwerter Stichblätter zu haben
pflegen.
1454. Kogatana- zaiku. 'hJiMX- Messerarbeit.
Kleinliche, halbe Massregeln, die die Sache nur hinhalten.
1455.* Kogoetani vwno wa tankatsu ivo ri to slii, iictani mono
zva söJiaku %vo amanzu. J^f: ä^-U*III^?'1- L>ilt:^#(t
tii^4•"B*^■f Der Frierende benutzt (auch) ein kurzes
Kleid, dem Hungrigen schmeckt (auch) der Rückstand
der Maische.
1456. Kogomi-onna ni sori-otoko. T[B]icl-i!Ä"'J^ Die vorwärts
gebeugte Frau, der rückwärts gebeugte Mann.
Für die Frau gilt eine leichte Neigung nach vorn, für den
Mann eine etwas hintenüber gebeugte Haltung des Körpers als die
beste.
1457.* K^oyyf> ^'0 gotoku. JHÄ'^jtiK Wie ein Fisch, dem das
Wasser ausgetrocknet ist.
In einer ungewohnten oder hilflosen Lage sein.
1458.* Köhai wo ayamani. Wn'^^eWih Vorderseite und Rücken
verwechseln.
Etwas verkehrt machen.
1459.* Kohakii chiri zco suedovio, kegare wo sinuazn. St^ÖS^
fö'^s'i . ?5n 4-^25 Itt- Der Bernsteia zieht zwar Staub
an, aber keinen Schmutz,
•
1460.* Koliitsiijl wa Jiizamaznite cJiicJii wo nouin. ''h^(I£t''''C
?L^i-t^L' Das Lamm trinkt die Milch knieend.
— 157 —
Kinder sollen die Elteni ehren. Diese Form des Spr , die
Rein (I, p. 495) anführt, habe ich sonst nirgends angetroffen. Im
chinesischen Original (s. No 752) kniet nicht das Lamm, sondern
dessen Mutter.
Koi (Liebe).
146 1. Koi ni jdge {ol\. kiscji) no liedate nashi. ffil-±T(ÄlS) P^PSt
IS L Die Liebe kennt keinen Unterschied zwischen
Hoch und Niediig.
Dasselbe Spr. auch unter iro (No 942).
1462. Koi no ikon to kuiinono no ikon wa osoroshii. ^^-OitS'Ißi^
^^'^^^'IfiilSä-?) L Liebesneid und Brotneid .sind .sclueck-
lich.
1463. Koi iva kusemono. flUffl^" Die Liebe ist eine Betrügerin.
1464. Koi zva shian no Jioka . ^BX^'^%'^'A Die Liebe liegt ausser-
halb der Überlegung.
Identisch mit No 944.
Ab* (Macht des Tigers).
1465.* Koi zvo fiirmt. Jl^^^-M-S^ Die Macht des Tigers ausüben.
Anmassend, rücksichtslos sein.
1466.* Köji ma wo idasu. W#^=^tHT Gute Thaten vertreiben
die Teufel (od. die Gespenster).
1467. Kojiki no ko iva chazvan no oto de nie wo saniasn. ^^
O^^lt^^O^TS^Äi-f Das Kind des Bettlers erwacht
beim Klange der Almosenschale.
Vgl. No 45 und 201, mit denen 14^^17 eigentlich zusammen-
gehört.
1468. Kofiki zvo mikka sureba yamerarenu. ■S^'^HHT ^ll'lh>6 ^
^O Wenn man drei Tage gebettelt hat, kann man
das Betteln micht mehr lassen.
1469. Köjhnachi no ido de soko ga shirenu. SHT'5^^T!&t)->*;^p
n« Beim Brunnen von Köjimachi kennt man den
Boden nicht.
- 158 -
Um zu sagen, dass man jemand nicht traut. Für die Tiefe
der P>runnen in Köjimachi, dem Stadttheile, der die Milte von
Tokyo bildet, sprechen auch die beiden folgenden Redensarten:
1470. Köjimachi 110 ido e awabikai (od. isJii') zvo nagekonda yd.
Wio^-f^^--lt^^^^2-LVM Wie wenn man in einen
l^mnnen von Köjimachi eine M\ischelschale (od. einen
Stein) geworfen hat.
Für etwas, was ohne Wirkung oder Resultat bleibt, z. \\. ein
Brief, auf den man keine Antwort bekommt u. dgl.
147 r. Köjimachi 110 ido yori fnkai. ^BT'?)^'^ i "Jv^^^ Tiefer als ein
Brunnen in Köjimachi.
Besonders von der Liebe gesagt.
1472.* Kojin HO nagare wo kumu. '^X<^J^^\'kV Aus dem Strome
der Alten schöpfen.
Sich die Alten zum Muster nehmen, aus ihren Schriften lernen.
1473.* Kojin 110 söhaku zvo nameru. iS'A.Ofi^^W* ^ Die Rück-
stände der Alten essen.
Gleich 1472, aber in schlechtem Sinne.
1474.* JKoJö rakujitsti HO gotoku. Mf^,^0 '?)i'.D < Wie ein einsames
Schloss am Abend.
Sich einsam und von aller Welt verlassen fühlen.
1475. I^oJHto-hitori oni-sembikini atarii (od. mukau). ''hiÄ— AÄ
^"151- «TS Ein Schwager (od. eine Schwägerin) ist so
schlimm wie tausend Teufel.
Gemeint sind die Brüder, besonders aber die Schwestern des
Mannes, die nach diesem Spr. gegen die Frau oft noch härter sind
als selbst die Schwiegermutter. (Unter om, Teufel, wird hier, wie
oft, die Schwiegermutter der Frau verstanden.)
1476.* 'Köhakii j sannen mise zvo kaesu, köten salinen kakii wo
kaezu. ^^Hi^^^i-^-sf .0'SH¥§^m'^T Ein guter
Kunde wechselt ^^\\ Laden drei Jahre lang nicht,
ein guter Laden wechselt die Kunden drei Jahre lang
nicht.
— 159 —
1477- KoLe no koromo. ^O^ Mooskleid.
Prieslerkleider; auch : das zurückgezogene Leben eines Priesters.
Auch sonst bezeichnet koke, Moos, poetisch '' Zurückgezoge'nheit,"
" i insamkeit," z. B, /'>,{'' iio to, Moosthür ; /' ^Jce uo iori, Moos-
hütte.
r 47 8 . * Koket Sil ni irazareba koji wo erarezu . )^'X\-A^^i^ltJ^
i^Vfl?)H"f' Wenn man nicht in die Hölsle des Tiqers
geht, kann man seine Jungen nicht bekommen.
'• Wer nicht wagt, gewinnt nicht."
1479.* Kokka 110 cJmseki. i!^'?)!^^ Die Grundpfeiler des
Staate?,
Um den Staat hochverdiente Männer.
1480.* Kokka no jimoku. W^<^%^ Die Ohren und Augen des
Staates.
Wie No 1479.
148 1. ILoko bakari hi wa teranu. JÜ5'röt''J 0 (IM ?>» Die Sonne
sclieint nicht hier allein.
Wie No 635, doch ohne dessen zweite Bedeutung.
1482. KökÖ no shitai jibun (od. toki) ni wa oya zva nashi. "^IfO
Lnv^a^l'-ltfÄlIiEL Wenn man seine Kindespflicht erfül-
len will, sind die Eltern nicht mehr am Leben.
Die Reue kommt zu spät (vgl. No 15 16).
Kokö (Radien des Tigers).
1483. Koka zvo nogareta yö. J!^P VälMf:!^^ Als ob man dem.
Rachen des Tigers entronnen wäre.
1484. Kokö ZOO nogarete ryüketsn iiiiru. ^P4'^K'^bI!^I*A2) Dem
Rachen des Tigers entronnen in die Höhle des Drachen
gerathen.
" Aus dem Regen in die Traufe kommen.''
Kokö (Bein und Arm).
1485.* Kokö no sJiin. ^5B£^E Ein Vasall, der Bein und Arm
(seines Herrn) ist.
Ein Vasall, auf den sein Herr sich fest verlassen kann.
— i6o —
i486. Kokoro futatsu ni mi wa hitotsu. 'd^i^oi-ll ii— o Zwei
Herzen und (nur) ein Körper.
Man möchte am liebsten beides, es geht aber nur eins (wenn
z. B. an verschiedenen Orten zu gleicher Zeit eine Festlichkeit
stattfindet). Vgl. No 971.
1487. Kokoro ga inagaru. 't'^^'ÖÖS Das Herz ist krumm.
Unredlich, falsch, verrätherisch sein.
1488. Kokoro ga todoku. 'Ci»t)^*Jg < Das Herz (der Wunsch) kommt
an.
Der Wunsch, das Sehnen wird erfüllt.
1489. Kokoro Jiodo 710 yo %vo heni. it^llOfö^lS^ Durch die dem
eigenen Herzen entsprechende Welt gehen.
Jeder lebt in seiner eigenen Welt,
1490. Kokoro nio (od. wo) iiwcJiiyö. '!l»t$#5^ Auch das Herz
ist, wie man es hält.
Man soll nicht unzufrieden sein, sondern sein Herz, seine
Begierden zu zügeln wissen, sich in die Umstände schicken
u. s. w.
1491. Kokoro ni nozomi okoraba, konk)ni shita toki wo oinoe ! 'CM-
Miaf.lt*EIILf:Bf-4'.^.'^ Wenn in deinem Herzen Un-
zufriedenheit rege wird, so gedenke an die Zeit, als
du in Noth warst !
1492. Kokoro ni ochirii. "bV-^h Ins Herz fallen.
Etwas verstehen, begreifen.
1493. Kokoro nisoinanu. 'tM-'^ä« Das Herz nicht färben.
Nicht gefallen ; keinen Anklang finden.
1494. Kokoro no koma, 't^'^lnj Das Fohlen des Herzens.
Phantasie, Einbildung ; auch : Wünsche, Luftschlösser.
1495. Kokoro no kiinio. it^i?)© Eine Wolke im Gemüth.
Ein Zweifel, ein Bedenken.
1496.* Kokoro no onajikarazaru wa onioti. no gotoshi. it>0lRl'^*?)
§'a|l^^i(nL Die Herzen gleichen sich ebenso wenig
wie die Gesichter.
— i6i —
1497. Kokoro no oni ga ini wo semerii. iCi»0 5Ö>t)-'*||^a 5 Die Teufel
des Herzens peinigen den Leib.
Die Begierden haben für den Körper oft Leiden zur Folge ;
oder auch: den Bösen peinigt sein Gewissen.
1498.* Kokoro 110 sJii to nare, kokoro wo shi to sunt nakarc ! »b^^
«;Ä(ajil>4>gili2-f h^k\^ Werde der Meister deines Herzens,
aber mache es nicht zu deinem Meister !
1499. Kokoro no soko zuo iichi-akeru. 'C»'?5I&4'IT[f3l? S Den Boden
des Herzens eröft'nen.
Sein Innerstes enthüllen.
1500. Kokoro no yami ni viayou. 'Ci^OFJ|ijÜ> In der Nacht des
Herzens umherirren.
In grosser Bedrängniss sein ; weder aus noch ein wissen.
1501. Kokoro öshi, yo mijikasJii. 'C.>^ LiÖ:^ L Die Wünsche sind
zahlreich, die Welt (das Leben) ist kurz.
1502. Kokoro zun kao no fori. »t^ltM^M^J Die Herzen sind wie
die Gesichter.
D. h. ebenso verschieden (vgl. auch No 1191 und 1496).
Kokoro wa mochi-yö : s. kokoro mo mocJii-yö.
1503.* Kokoro zva suishö no miya, Jiitotabi kozvarete shufjikn naramt.
iHMt^Jtg?)^. -imiWXW^^i e." Das Herz ist ein Tempel
aus Krystall, einmal zerbrochen kann es nicht wieder
hergestellt werden.
1504. Kokoro zvo kudaku. 'C^^«^ < Das Herz zerbrechen.
Sich grosse Mühe oder Sorge um etwas machen.
1505. Kokoro %vo inigakn. it'^^< Das Herz poliren.
Sich bessern.
1506. Kokoro zvo motte kokoro zvo tsiitan. 'C^^Htii:,>^^i> Mit dem
Herzen das Herz überliefern.
" Von Herzen gehen." Statt kokoro wo isuiau auch kokoro ni
tsiifau ; die Bedeutung ist dann : " von Herz zu Herzen gehen."
1507. Kokoro wo okii. 't»^^ < Das Herz wegsetzen.
Zurückhaltend sein.
l62
1508. Kokoro ivo Olli ni sunt. "t^^^fkV-'^ h Das Herz zum Teufel
machen.
Den Muth zu etwas finden ; "sich ein Herz fassen."
1509.* Kokoro wo shi to sitru nakare ! ^t^hU'^'t hfyi\x Mache das
Herz nich.t zu deinem Meister !
Lasse deine Begierc^en nicht Herz über dich werden ! Vgl.
No 1498.
15 10. Kokovo IVO sosogii. >b^^{* Das Herz waschen.
Aufmerksam sein.
15 11. Kokoro ICO torokasu. ^'C^^^'"^ Das Herz sclimelzen.
Jemand für sich einnehmen, ihn fesseln, bezaubern.
15 12. Kokoro 1V0 yasinncru. '^'•te^t>h Das Herz ruhen lassen.
Sich erholen.
Ajun. Um Wiederholungen zu vermeiden, sind die Redens-
arten, in denen kokoro, Herz, mit ki, Geist, vertauscht werden
kann, hier nicht aufgeführt; es wird für dieselben auf die An-
merkung zu No 1358 verwiesen.
15 13. Kokoro-hosoi. Eng ums Herz.
In trauriger, bedrückter Stimmung, zugleich etwas ängstlich,
wie man sich z. B. fühlt, wenn man in der Nacht im Hause ganz
allein ist.
1 5 1 4. KoJiOfo^ashi nara niatsu no ha ni isiitsiime ! ^ ?* L ^J: ?> föt?)
Hl-tL»'-) Wenn die (gute) Absicht da ist, wickle (dein
Geschenk) in eine Kiefernadel !
Der Sinn ist etwas dunkel ; eine Erklärung lautet : selbst ein
kleines Geschenk (das man in eine Kiefernadel einwickeln könnte)
hat Werth, wenn es von Herzen kommt ; wobei die Kiefernadel
zugleich als Sinnbild der Treue (da sie auch im Winter grün bleibt)
dienen soll. Nach anderer Ansicht soll das Spr. bedeuten, dass
man seine Absicht beharrlich verfolgen soll ; besonders wenn es
in der abgekürzten Form kokorozasJii wa inatsic no ha gebraucht
wird, die dann folgendermassen zu übersetzen wäre: die Absicht
(der feste Wille) ist (soll sein wie) die Nadeln der Kiefer.
Zugleich soll dann luatsii no ha, " Kiefemadel," die Neben-
bedeutung " Blatt des Wartens " haben.
15 15. Kokü wo tsitkamu. J^S^lit" In die leere Luft greifen.
In ( )hnmacht fallen.
— i63 —
15 i6. l^öliWüi sakini tatazu. ^'I$^i-i:f:t"* Die Reue geht nicht
voran.
Die Reue kommt erst nach der That.
15 17.* KoJxyö böji-gatashi. iS'^'^CML Die Heimath kann man
nicht vergessen.
15 18. Kokyö e iva nisJiiki wo kazare ! iS'^'^im^t*!?^ Nach der
Heimath (zurückkehrend) schmücke dich mit Brokat !
Man soll nicht eher nach der Heimath zurückkehren, als bis
man es zu etwas gebracht hat ; auch : die Leute zu Hause nicht
merken lassen, wenn es einem in der Fremde schlecht geht.
Oft abgekürzt: kokyö c iiishiki, nach der Heimath (bringe)
Brokat !
Koma (Pferd aus Ko).
15 19.* Koma hokufä ni inanakiy Etchö nanshi 7ii snkim. iS^.SS4bEl-
'1^. ^tÜ1Sl-Ä^> Das Pferd aus Ko wiehert dem Nord-
Vv'ind entgegen, der Vogel aus Etsn. baut sein Nest auf
einem südHchen Aste.
Beide sehnen sich nach ihrer Heimath — Ko (chin. Hii) im
Norden, Etsu (chin. YüeJi) im Süden von China.
Koma (Fohlen).
1520. Kovia 110 tsinnaznki. ISjOSt-^ Das Stolpern des Fohlens.
Ein wohl nur poetischer Ausdruck für Streiche, die einem die
Liebe spielt, der aus folgender Stelle eines alten Gedichtes stam-
men soll : Jiito ni koirarureba noriiant kovia nio tncniazukit mono,
wenn man von jemand geliebt wird, so stolpert selbst das Fohlen,
auf dem man reitet.
1521. Korne zvo sojiiatsic ni sunt to, ine ga wariiku narit. ^'^'^
^A'-'t hi.W;.^^%K-(i.h Wenn man Reis ungebührlich
behandelt, so bekommt man schlimme Augen.
Eine besonders an Kinder gerichtete Ermahnung, nicht mit
Reis zu spielen oder ihn muthwillig zu vergeuden, wie sie bei uns
nicht mit Brot spielen sollen.
1522. Kome-tsiiki-bata ga rei ni kita yd. M%M^'^Hä\'-'^tM Als ob
die Reisstampfheiischrecke zum Besuch gekommen
wäre.
— 164 —
Von jemand, der sich aus übertriebener Höflichkeit fortwäh-
rend verneigt, wie die erwähnte Heuschrecke, die ihren Namen
von dem l^eständigen Auf- und Niederbewegen des Kopfes hat,
1523. Kome-ya to shicJa-ya wa sandai tsuzukazii. :^MiKMUH'f^
J^ffl^'T" Eine Reishandlung und ein Pfandladen blei-
ben nicht drei Generationen hindurch bei derselben
Familie.
1524. Kovie-ya iva sando-me ni kacru. ^MUHSSl-®'^ ^ Beim
dritten Male (muss man) den Reishändler wechseln.
Reishändler messen den Kunden im Anfange reichUch, um
sie 7X\ fesseln, lassen aber bald damit nach.
1525. T^orno no itc ni vio sangtvan. ^<?)_hl-tHS; Selbst auf
einer blossen Strohmatte (kostet die Geburt) drei kwan.
3 kwaii sind = 3000 nion, was nach heutigem Gelde 30 seji
(60 Pfennig) beträgt, aber bei dem mindestens um das Zehnfache
höheren Geldwerthe der früheren Zeit für arme Leute schon eine
bedeutende Summe war.
1526. Kojno-setsuin. ESU Matten-Abtritt.
Auf dem Lande pflegt vor dem Abtritt eine Matte zu hängen,
die den Eingang von selbst schliesst. Von jemand, der die Thür
offen lässt ; er kommt w'ohl vom Lande und weiss es nicht besser.
1527. Kömori mo tori no uchL ÜägtEoi'g Auch die Fleder-
maus gehört (rechnet sich) zu den Vögeln.
1528. Komitsunie no kankin, toshiyori 710 yo-aruki. •'^MOo''^
#^. ^K^^^^ Das Zornigwerden des kleinen Mäd-
chens, das nächtliche (auf Liebesabenteuer) Ausgehen
des alten Mannes.
Sich nicht so betragen, wie es sich für sein Alter schickt.
1 5 29.* Kon wa ai yori idete ai yori aos/ii. ^UH i "J {tt t , ^ £ vj # L
Das Indigo stammt zwar von der Aipflanze, ist aber
weit blauer.
Aus den Blättern des al (Polygonum tinctorium) wird ein
dunkelblauer Farbstoff gemacht. Von Kindern, die ihre Eltern
übertreffen.
- i65 -
1530. Koiiaya no dorobö 710 yd. *^E<?)iSAO^ Wie der Dieb des
Mehlladens.
Er veriäth sich durch die Mehlspuren an seiner Kleidung.
1531. Konnyaliu 110 yTirei no yd. ^Il0^ffi€)|g Wie ein Kon-
nyaku-Gespenst.
Konnyaku ist ein aus der Wurzel von Conophallus konjak
hergestelltes gelatinöses Nahrungsmittel ; der " Geist " oder das
" Gespenst " dieser Gelatine bezeichnet also den höchsten Grad
von Weichheit, und, in übertragenem Sinne, von Schwäche und
Willenlosigkeit.
1532. Kötiögaki no yomenu tokoro ni kikime ari. ^^/ttÄ^flK)
iQ^I-fy@fc''J (Grade) das in der Arzneianpreisung, was
man nicht lesen kann, kommt zur Wirkung.
D. h, die Stellen, wo der Druck unleserlich ist. Soll bedeuten,
dass aus jemand, der in seiner Jugend ein " Taugenichts " ist,
doch noch etwas Tüchtiges werden kann,
1533.* Kononde vianoatari hito zuo hörnern mono wa, inata konon-
de 2isJd/o nite köre wo soshiru. if^T® "J A4'#Ä^"(i. ^^ö^
^'C#I-'C^'^^^. Wer andere gern ins Gesicht lobt,
tadelt sie auch gern hinter dem Rücken.
1534* Koiitan-öanashi lüo siiru. ilSitSL^-f^ Von seiner Seele
und Leber erzählen.
Über seine Privatangelegenheiten spiechen.
1535. Konuka sangö viottara vmko ni ynkuna ! i^üH^^^f; h%
l-=ff<''i Wenn du auch nur noch drei Mass Reiskleie
hast, so werde kein Adoptiv-Schwiegersohn I
Muko, Schwiegersohn, steht hier als Abkürzung von 7nt(ko-
yöshi, Adoptivschwiegersohn, wie auch die Verbindung des Wortes
mit iiL yitkii (analog yoine ni yuku) zeigt. Familien, in denen nur
Töchter vorhanden sind, pflegen, um den Familiennamen nicht
untergehen zu lassen, einen jungen Mann zu adoptiren, der dann
die Erbin des Hauses heirathct. Die Stellung eines solchen
Adoptivschwiegersohnes bringt aber manches Demüthigende mit
sich, weshalb sich junge Leute nur in Fällen grosser Noth zu
einem derartigen Schritte entschliessen. Statt mi(ko ni ynkiina
auch yöshi ni yukuna : werde kein Adoptivsohn — aus gleichen
Gründen.
— i66 —
1536. Konya no asatte. /1$&MoM^H Das Übermorgen des
Färbers.
Die Färber stehen ganz besonders im Rufe der Unpünkt-
lichkeit,
1537. Konya no sJdro-bakaina. ^MOÖ^ Die ungefärbten Hosen
des Färbers.
Er färbt die Kleider anderer Leute, aber nicht seine eigenen ;
anderen gute Lehren geben, sie aber nicht selbst befolgen. Vgl.
No 193.
1538. Kö-Otsu zvo tsukeru. ^Zi'he\^h Nummer i und 2 an-
heften.
Entscheiden, wer (oder was) von zweien besser ist, den
Vorrang verdient.
1539. Koppai mißn 7ii S2iru. 'W]JiWM\~'t ^ Zu Knochenascheii-
pulver machen.
Gänzlich zerstören.
1540. Korl no sninika, HLW^MlW. Der Wohnort von Fuchs und
Tanuki.
Eine wilde, einsame Gegend, wo sich " Füchse und Wölfe
gute Nacht sagen."
1541.* K.övi zoa viizu yoriidete mizu yori saniHsJii. 5lclt7jci "J tH'C ^
7jti "J^L Das Eis entstellt aus Wasser, ist aber kälter
als Wasser.
Wie No 1529.
1542.* Kdri %vo chiribanii, viizu ni egaku. %^^^i^\~^^ In Eis
einritzen, auf Wasser malen.
Vgl. No 67, auch 160 u. a.
1543.* Küvi 100 kirite hi ivo viotomc, isago ivo assJiite abiira wo
motoiim. a^^lfJ-C^^-s!«*, iJ^PtüL-CvÄ^-^ü Durch An-
einanderreiben von Eis E'euer erhalten wollen, durch
Auspressen von Sand Ol zu bekommen suchen.
" Trauben \on den Disteln pflücken " ; vgl. auch No 595
und 131 1.
1544, Korohanu sa/a 110 tsue. it\tio9cQ:>^ Der Stock vor dem
Falle.
— 16/ —
Wenn man schon hingefallen ist, kann einem der Stock
nichts mehr nutzen ; auf der Hut sein, bevor das Unglück
geschehen ist.
1545.* Kovomo zva atarashiki ni sJiikmva nashi, Jiito iva funiki
ni shiku zua nashi. 3S(X^ L ^U^< UE L. All'fi'i ^i:^ <
(tBL Kleider sind am besten, wenn sie neu, Menschen,
wenn sie alt sind.
1546. Koroiiio züo Sonic ru yori kokoro wo somcyo / tir^Vk^hhl^]
>b^^)^l Färbe lieber dein Herz als dein Kleid!
Koro/iio, Kleid, wird jetzt gewöhnlich nur für das Kleid eines
Priesters gebraucht; das Spr. bezieht sich also, wie das ähnliche
unter No 114, zunächst auf lasterhafte Priester.
1547. Koroiide ino tada okinii. fi^T•lKlaw Er steht nicht
einmal umsonst auf, wenn er hingefallen ist.
Er thut nichts umsonst.
1548. KöshaJ^'ushi mite kita yd na 11 so zvo tsukii. nMi^^X-^
f:'^^j:?is^o < Der Erzcähler lügt (mit so ernster Miene),
als habe er die Sache soeben mit angesehen.
1549. Koshi ga nukern. m^'m^l h Die Lenden werden locker.
" Das Herz fällt in die Hose." Daher auch der Ausdruck
koshinuke, " lendenlocker," für " Feidin'T."
1550. Kos/u HO mono. M'?)4^ Das Ding an der Seite.
Ein Ausdruck für "Schwert."
155 1. Koshi ZVO sageru. Sg^T;?. Die Lenden senken.
Sich gegen jemand sehr unterwürfig benehmen.
1552. Köshi mo toki ]ii azvasti. ?L^ lB#i:Mllf Selbst Confucius
passte nicht für seine Zeit.
Grosse Männer werden von ihren Zeitgenossen selten ver-
standen. Statt Köshi auch /üjiri, der Weise (s. No. 649).
1553. Kosh i-hari tsiiyoku shite ie zvo taosu. WtMB. < L "C ^4>g!l f
Dadurch dass man die Wand mit zu starkem Papier
beklebt, das Haus umstürzen.
Koshibari heisst das Papier, mit dem man den unteren Theil
der Wand dicht am Fussboden beklebt ; zugleich ist das Wort
hier in seiner Nebenbedeutung " ausschweifender Mensch " ge-
— i68 —
braucht, sodass sich als Sinn ergiebt : durch ausschweifendes
Leben seine Familie ruiniren,
1554. Koshi-hone wo oru. Wi'^^^h Sich das Steissbein
brechen.
Sich die grösste Mühe geben. Vgl. No 785.
1555.* Köshitsii no majiwari. P^"^^") Eine Leim- und Lack-
freundschaft.
Eine sehr feste Freundschaft,
Koshö (Pfeffer).
1556. Koshö mani-nomi. Wm^i^^ Den Pfeffer (das Pfefferkorn)
ganz verschlucken.
Wenn etwas Unangenehmes gethan werden muss, es ohne
langes Besinnen sogleich thun.
Koshö (eine Hand),
1557.* Koshö zva namsJd-gatasld. IRf^ltiil LUL Mit einer Hand
ist schlecht klatschen.
Zu einem Handel, einer Abmachung etc. gehören immer
zwei ; ohne die Einwilligung der Gegenseite kann nichts zu
Stande kommen,
1558. Kotatsii-Benkei. 'l^MPMM Der Benkei hinterm Ofen.
S. Kage-Benkci. Auch sagt man kotatsii-heihd (;^^), die
Kriegskunst hinterm Ofen,
K.oto (Sache).
1559, Koto ga kireru. 5«''tO/T-S Die Sache wird durchschnitten.
Der Tod macht der Sache ein Ende.
1560.* Koto WO ryötan ni snru. ^^M^\'-'t h Eine Sache zwei-
endig machen.
Sie auf doppelte Weise (von beiden Enden zugleich) laetrei-
ben, d. h. zweideutig handeln, ein doppeltes Spiel spielen.
Koto (Worte).
1561. Koto ^vo Jiamu. W^-ÄL' Seine eigenen Worte essen.
Sein Wort nicht halten ; zum Lügner werden.
1562.* Kotö no nioto nl tatsu. '^'^<^%\'-iLo Am Eusse des Wai-
senlichtes stehen.
Allein, einsam sein.
— 169 —
1563.* Köto shi shite ryöken nirarii. $^^?E L'CK::^^ ?> ^ Wenn
der schlaue Hase erlegt ist, so wird der gute Hund
gekocht.
" Undank ist der Welt Lohn." Bekanntlich werden in China
(woher dieses Spr. stammt) Hunde gegessen.
1564. Kotoba ga nigorii. Wi'^^'&h Die Worte sind trübe.
Sich unbestimmt oder zweideutiy; ausdrücken.
'ö
1565. Kotoba iiiamaru. IbII-^S Für Worte zu viel sein.
Die Worte fehlen einem ; es lässt sich gar nicht durch Worte
ausdrücken.
1566. Kotoba ökereba shina snkunashi. fsl^t'Jhlt'qp^lJ'^i: L Wo viel
Worte sind, sind wenig Waaren.
"Viel Geschrei und wenig Wolle."
1567. Kotoba wo aratameru. lä^ßJc/)^ Die Sprache ändern.
Einen andern (strengeren) Ton anschlagen.
1568. Kotoba %üo nigorasu. f^V(l?>i" Die Worte trüben.
Wie No 1564.
1569. Kotoba-jiri zvo tont. Wik^^h Ein Wort beim Hintern
packen.
Sich einen unvorsichtigen Ausdruck des Gegners zu Nutze
machen. (Vgl. No 9.)
Kotojii ni nikatva siirii : s. Ju ni,
1570. Koisuha %vo kamu yö. pKH^^I^üIä Wie wenn man Baum-
blätter kaut.
Ohne Geschmack ; auch z. B. \ on dem Stile eines Schrift-
stellers.
1571.* Kotsu-^ui ni tessiiru. 'i-Kl-fä'f * Bis ins Mark der
Knochen dringen.
Von Erbitterung, Hass u. s. w. " Bis ins innerste Mark."
1572. Kotte wa sldan 7ii atatvazu. M'CliÄ^^l^t<T Wenn man
sich zu sehr in etwas vertieft, konmit einem der richtige
Gedanke nicht.
Man soll nicht zu lange über dieselbe Sache nachdenken
sondern sie sich lieber eine Weile aus dem Sinne schlagen, dann
f^illt einem nachher das Gesuchte viel eher ein.
— I/o —
1573. Kowashi niitasJä. 'Mi L jlt: L Sich vor etwas fürchten
und es doch gern sehen wollen.
1574.* Közetsu siiru. Wi^'t h Mit der Zunge pflügen.
Sich seinen Lebensunterhalt durch Reden verdienen, z. B.
ein Geschichtenerzähler {hanashika) sein.
1575. Kubi MO ma^varanu yd. ■M"ilsl?>«ti Dass man nicht
einmal den Hals drehen kann.
" Bis über die Ohren " in Schulden stecken ; vgl. No 102.
1576. Knbi-hiki ivo suru. "i'^l4"'f 2> Einander mit dem Genick
ziehen.
Eine Kraftprobe, wobei zwei auf dem Boden sitzende Per-
sonen ihren Kopf durch je eine Schlinge am Ende eines Strickes
stecken und nun einander durch die Stärke ihrer Nacken vom
Platze zu ziehen suchen. Figürlich z. B. von zwei Käufern, die
sich zu überbieten suchen ; überhaupt von Leuten, die sich in
irgend einer Weise mit einander messen.
1577. Kmhu kiirin uiuzukashii. %'^%%'^^W.^^ Es ist 9 Theile
9 Zehntheile schwierig.
Es gelingt unter hundertmal nur einmal.
1578. K'iichi ga has/iini. Pt?^i^3 Der Mund läuft davon.
Sehr schnell und viel sprechen ; auch : sich beim Sprechen
" vergaloppiren."
1579. Kiichi ga liiru. P*^'l£5 Der Mund trocknet aus.
Hungrig sein.
1580. KucJd ga kitanai. Pt>^"^t* Der Mund ist schmutzig.
Sich gemein ausdrücken ; niedrige, unanständige Wörter
gebrauchen.
1581. KiicJd ga uiagaru yö. P"ö^*ffi^li So dass man den Mund
krümmt (verzieht).
Von etwas sehr Salzigem ; bildlich : ein unzufriedenes Gesicht
machen.
1582. Kudii ga nigete yiikii yd. P'^'iä'C^r < fl! Als ob der Mund
davonliefe.
Sehr schnell essen.
1583. KncJii ga Silbern. Pti^'Jiti Der Mund gleitet aus.
Sich versprechen.
— 171 —
1584. Kiichi ga sugiru. Pt>^'iiä^'Ä Der Mund geht zu weit.
Beleidigend werden,
1585. Kuchi ga siippakii naru liodo. P^^'^it < ^/ i^ So dass einem
der Mund sauer wird.
Von vielem, aber erfolglosem, vergeblichem Reden. Auch :
kuchi ga siihi naru iiiade, (reden) bis einem der Mund sauer
wird.
1586. KiicJii ga zvanii. P-^'M»*^ Der Mund ist sclilecht.
Von andern Schlechtes reden ; über sie boshafte Bemerkungen
machen.
1587. Kjichi hodo zva zuasa ga dekinii. PlSIt^tj'iUjfj« So, wie
der Mund (prahlt), kommt die That nicht zu Stande.
Von solchen, die einen " grossen Mund " haben.
1588. Ktichi kara Köya e yuht . P*" ?)i^if --^r < Durcli den Mund
nach Köya(san) kommen.
Kbyasan ist ein berühmtes, schon von Kobo Daishi ge-
gründetes Kloster in Kii, wohin sich besonders früher viele
zurückzogen, um für ihre Sünden Busse zu thun. Der Sinn ist
also : sich durch Reden ins Unglück stürzen.
1589. Kuchi kara inoreru. P^'?)i^ni Durcli dca Mund sickern.
Ausgeplaudert werden.
1590. Kuchi kara saki e umartta yd. P'^' 5>Ä'^.^Ut:'® Als ob
er mit dem Munde zuerst auf die Welt gekommen
wäre.
Von Leuten mit gutem Mundwerk.
1591. Kuchi 1/10 hatcliö, tc mo hatcJid. P IAHT. ^lABI Sowohl der
Mund als die Hände (reichen) acht Chö (ein Wegemass)
weit.
Sehr einflussreich sein.
1592. Kuchi nao cJd-kusashi. PfsJJ'L^L Der Mund riecht noch
nach Milch.
Noch sehr unerfahren reden. Vgl. No 220.
1593. Kuchi in doyo ga Junrite iru uchi iva shisuka nari. Pl*±
m^mKXmh^^iimU"] VVenn die Erntezeit in den Mund
einzieht, ist er ruhig.
Er schweigt nur, während er isst.
— 172 —
1594« Ktuhi ni kökd siirii. Pl-^fi^t* Dem Munde Gehorsam
erweisen.
Gern etwas Gutes essen.
1595. Kuchi in niitsii. Pl-^ Honig im Munde (haben).
Ahnlich wie No 336.
1596. Kticld ni mono %va irazu. Pl-4^US?>^ Für den Mund
(d. h. zum Reden) braucht man nichts.
Reden ist leichter als Handeln.
1597. Kuchi ni wa tsukaivareru. Pl-U^ltfiJ Man wird vom
Munde regiert.
Man arbeitet nur für den Mund, d. h. um zu essen.
1598. KiicJii wa chüJiö na mono. Plil^Stct^ Der Mund ist eine
nützliche Sache.
Nur in schlechtem Sinne gebraucht ; z. B. von jemand, der
sich herausreden will, Ausflüchte macht u, dgl.
1599. K7ichi loa %vazazvai no kado. Plti^"?)?^ Der Mund ist das
Thor des Unglücks.
Vgl. No 1588.
1600. Knclii wo kesn. P^^i^'T Den Mund auslöschen.
Jemand durch Geld zum Schweigen bringen.
160 1. Kuchi li'O tojiru. P^PflVS Den Mund schliessen.
Schweigen, " den Mund halten.''
1602. Kuchibashi loo ircru. %f)eX\^h Den Schnabel hinein-
stecken.
Sich in etwas mischen, das einen nichts angeht.
1603. Kuchi-Beiilvei, P^lg Mund-Benkei.
S. Kage-Benkei.
1604.* Ktichihivu Jiorobite (od. yalnirete) ha saniushi. #"tcA"C
{Wc^'V)%%L Wenn die Lippen vernichtet (od. zer-
brochen) sind, werden die Zähne kalt.
Mahnung zur Eintracht, besonders unter Verwandten. Wenn
z. B. der eine Bruder den andern, statt ihn zu retten, zu ruiniren
hilft, so kommt nachher die Reihe, ruinirt zu werden, an ihn
selbst.
— 173 —
1605. Knchibiru no usui mono zva oshaberi. ^'^%^^^\^^^^) Leute
mit dünnen Lippen schwatzen viel.
Im IVakitn Shiori wird kitchibiru hosoki mono — ein schmal-
lippiger Mensch — als Ausdruck für " guter Redner " erwähnt.
1606. Ktichibtie wo fiikii. PkT^b^s Die Mundflöte blasen.
Pfeifen.
1607. Kuchidonie (od. Kuchifnsagi) wo suni. PJh(PS)4«
'T h Jemand den Mund anhalten (od. verschlie.ssen).
Ihn durch Geld zum Schweigen bringen; daher /v/r/z/c/öw^-
kin, MundanhaUungsgeld = Schweigegeld.
1608. Kuchigurunia tii nosent. P$l-^t£2) Jemand auf dem
Mundwagen fahren.
Jemand beschwatzen.
1609. Kiichitsuzumi wo naras^i. Püt4'iil?)'t l^ie Mund-
trommel hören lassen.
Einen gewissen schnalzenden Ton, der Arger ausdrückt, hören
lassen — ganz verschieden von shitaucJii stiru,Ci?i^, wie das deutsche
" mit der Zunge schnalzen," immer nur Vergnügen ausdrückt.
1610. KuchiwaUi HO ki nani mono. ^"^MUZ^ Einer, dessen
Mundwinkel noch gelb sind.
Gleich dem deutschen " Gelbschnabel," und wie dieser eine
Anspielung auf den Schnabel junger Vögel.
16 II.* KücJiü 710 rökakii. ^t^^^tllS YÄw hohes Haus in der
Luft.
Ein '• Luftschloss."
Kuda (Röhre)-
Kjuia no ana kam : s. Hari no ana.
JKuda (Spindel).
1612. Ktida wo maku. ^^^^ < Die Spindel drehen.
Endlos schwatzen.
161 3.* Kudohu iva daikai no gotoshi. ^'^lli;S^^nL Verdienst-
liche Thaten sind wie das Meer.
1614.* Kugai ßinen. S^^+¥ Bittere Welt, zehn Jahre (od: ein
zehnjähriger Kummer).
— 174 —
Sa'^t man, wenn man mit seinem Schicksal selir unzufrieden
ist, grossen Verdruss hat etc.
1615. Kugai no isiitome. '^^^^\^ Der Dienst der bittern Welt.
Der Ausdruck " bittere Welt " wird besonders von dem
Schicksal einer Dirne gebraucht ; " Dienst der bittern Welt ''
also gleich " Dirnenberuf."
16 16. IsAiije 7ii VW tsuzure. Ä^I-l^jS Auch Hofadlige tragen
Limipen.
Die früheren Hofadligen in Kyoto lebten meist in grosser
Armuth.
1617. K^ige 110 kurai-daore. ^hM'^^Wx Der Ruin der Hofad-
ligen durch ihren Rang.
161 8. K:ugiri ivo tsukeru. ^tg^-'ftiT^ Den Punkt setzen.
Eine Sache abmachen oder entscheiden.
Kümo (Wolke).
1619. Kwno zvo tsJikainu yd. S^Ht'!=l Als ob man nach den
Wolken griffe.
Von unerreichbaren Dingen, immöglichen Projekten e(c.
1620. Kuiuo wo tsukavm yd na Jianashi. S^Mü^'^.ClSL Eine
Geschichte, als ob man nach den Wolken griffe.
Ein Paeden ohne Sinn und \'erstand. Eine ähnliche Redens-
art ist :
1621. Kuiiio wo tsiikande hana wo kainn yd. S'i•S^T*Ä•^5't'^
Als ob man die Wolken ergriffe und sich damit die
Nase schnaubte.
Von phantastischen Plänen, Luftschlössern u. dgl.
1622. Kiiino ni kakehaslii. 8l-^ii Eine Leiter zu den Wolken.
Von phantastischen, unausführbaren Projekten.
1623. Ktimo zvo tsuku. 8^^< An die Wolken stossen.
Sehr gross sein.
1624. Kiimo-mizu HO gotoku. S7j«?>i(rK Wie Wolken und Wasser.
Immer wandernd ; ein Wanderleben führen.
KuDio (Spinne).
1625. Kjano de (od. K21V10 110 sn de) ivakani. ^%'^ (ä^i^OÄT) S? h
An der Spiime (od. am Spinnennetz) erkennen.
— 175 —
Ein Vorgefühl haben, als ob der (oder die) Geliebte kommen
werde. Die Redensart soll auf einem alten Gedicht beruhen.
1626. Kümo no ko wo cJdrasJtita yö. ^lli^?)T^ti Lt'-ti Als ob
man junge Spinnen ausgestreut hätte.
Die Feinde in die flucht schlagen, sodass sie nach allen
Seiten auseinanderlaufen, wie junge Spinnen, wenn sie aus dem
Eiersack ausschlüpfen. Vgl. No 37,
1627, Knimotta kagavii ni iro iitsuranu. &f:ill-'S.&^ f^ W In
einem trüben Spiegel spiegeln sich die Farben nicht
wieder.
So wird z. B. ein geistvoller Schriftsteller von einem einfältigen
Leser nicht verstanden.
1628.* ^innpu no ada to zva tomo ni ten zvo üadakezii. ^^"^
f/Li IIÄl-^4'El?'T' Mit dem Feinde seines Herrn oder
seines Vaters kann man nicht unter demselben Him-
mel leben (eigtl : kann man nicht denselben Himmel
empfangen).
Ein von Confucius herrührender Grundsatz.
1629. Kuni ga hirakent. tä^-^'H^lT^ Das Land öffnet sich.
Es wird civilisirt, resp. seine Civilisation macht Fortschritte
Transitiv : kuni wo hiraku, ein Land aufmachen, d. h. civilisiren
1630.* Kuni inidarete cJmshin arazvarn. ÜILfi'C.^.gLilll h Wenn
das Land von Unruhen erschüttert wird, zeigt sich
(bewährt sich) der treue Patriot.
1631.* Kitni ni itte loa mazu hin zvo toe ! Sl-A^» t U^<5^^[!3'^
Wenn du in ein Land gehst, so erkundige dich zuerst
danach, was verboten ist.
1632. Kuni ni nusubito, ie ni lua neziuui. ISi-^A^I- US. Im Lande
Diebe, im Hause Ratten.
Man ist nirgends vor Schaden sicher.
1633.* Kiinshi wa aymiki ni chikayorazu. ^^\X%^V-'A^h'^ Der
Weise begiebt sich nicht in Gefahr.
Gefahr hier = Versuchung.
— 1/6 —
i634-* Kiinshi wa kabiin wo haßsu. :§'TltTri94'E'"f Der Weise
schämt sich nicht, Niedere zu fragen.
Vgl. No II 26.
1635.* Knnshi tva kiichi wo oshiini, koJiyo wa t sinne wo oshhnu.
STltPVlV^^>, ;^|^1I/RVI^A Der Weise schont (eigtl.
schätzt) seinen Mund, Tiger und Leopard schonen
ihre Klauen.
1636.* KunsJii wa scitokit attc, yöbd gii natu, ga gotosJii. ^Tit®
#.Wo-C#R^tj: StJ-'-Jin L Der Weise besitzt grosse Tugend
mit einer Miene, als ob er einfältig wäre.
1637. Kiii^ctge VW hone ni an. \^H ii-f-l-S-^ Selbst die Qualle
stösst manchmal auf Knochen (obgleich sie selbst
keine hat).
Scherzhaft von unerwarteten Glücksfällen. (Vgl. No 916.)
1638. Kuraku %ua shögai no michhiire. "S^lilt^^.JMfJii^fa Leid
und Freude sind die Begleiter des Lebens.
1639. Kitraya^ni de mono wo hat to cJwja ni naru. Hs^Tt^
hr^X^i^^V-^h Wer im Dunkeln isst, wird reich.
Scherzhafte Mahnung zur Sparsamkeit.
1640. Kurayami kara nshi wo hikidosii yö. B*^«' ^-^^^iMT^
VA'ie wenn man einen Ochsen aus dem. Dunkeln her-
vorzieht.
Der Ochse sträubt sich, es kostet grosse Mühe, ihn aus dem
dunkeln Stalle herauszuziehen. Ahnlich ist es, wenn jemand in
Gesellschaft nichts sagt und trotz aller Versuche, ihn zum Sprechen
zu bringen, nur mit ja oder nein antwortet ; kurz, sehr lang-
weilig ist.
'ö
1641. Kn$'ayanii no Jiaji %vo akarnnii £ dasu yö. ^Wi^M.^^J^ ^ ^> ^
ihi'^ Als ob man die Schande der Dunkelheit ans
helle Licht brächte.
1642. Knrayand no hö-kabiirl. ^Wi'^WS.^) Sich in dunkler Nacht
das Gesicht verhüllen (um nicht erkannt zu werden).
Überflüssige Vorsicht.
— ^77 —
1643. Ktirhnnshi 710 yö. ^ÄOlf Wie ein Kastaiu'eninsekt.
Von einem sehr dicken Menschen. Welches Thier mit
"Kastanieninsekt" gemeint ist, war nicht zu ermitteln.
1644. Kiirol vie no vchi. Mva^^l^ Während der schwarzen
Augen.
So lange die Augen schwarz sind, d. h. so lange man lebt.
1645. Kuro-inti ni kuzvaretc Jiai no tarekasn ni osorcnt. H::^!-
ÄIKi-CK^SfliiJSns Von einem schwarzen Hunde
gebissen worden sein und sich (dann) vor schwarzer
Asche fürchten.
Man bereitete früher aus Asche eine Lauge zum ^^'aschen ;
gemeint ist der schwarze Rückstand dieser Asche. Vgl. No 131
und 610.
1646. Kuröto. BA Schwarzer Mensch.
Einer, der die Sache gründlich versteht, ein Mann vom Fach,
Im Gegensatz dazu heisst einer, der nicht " vom Fach," sondern
nur Dilettant ist, s/izröfo (^A), weisser Mensch. Die Ausdrücke
gehen zurück auf den früher üblichen Ausdruck s///so 0f!^m)
" Schwarze und Ungefärbte (Weisse)," d. h. Priester und Laien.
1647. Kuroj/ama 710 yö. ^ÜJOti Wie ein schwarzer Ber^
Von grossem Menschengewimmel. Vgl. No 899, auch 81.
1648.* Kiiruma no ryörin no gotoku. ^0mi^«>^U< Wie die
beiden Räder eines Wagfens.
Immer zusammen, von einander unzertrennlich.
1649.* Kunnna zva sanzun no kusabi wo motte senri tvo yuhi.
$(iHTf0|f4'ö-C^M.^1f <. Der Wagen läuft vermittelst
des (nur) dreizölligen Radnagels tausend Meilen.
Kusabi ist der keilförmige Nagel, mit dem das Rad an der
Wagenachse befestigt ist.
1650. KiirusMi toki ni %va hanawo vio sogn. S- L i-^BJi: HÄ./^ i
5'JC Zur Zeit der Nolh schneidet man sich sogar die
Nase ab.
"Noth kennt kein Gebot"; " Noth bricht Eisen."
165 1. KurusJiii tohi ni zva oya zvo dasei S- Li^fi^ltlXlÄ^-iUtf Zur
Zeit der Noth rufe die Eltern heraus !
- 178 -
Wende dich an deine Eltern ; sie meinen es am treusten
lind %\erden am ehesten Rath schaffen.
1652. Kuries/iii toki vo kami-danoiui. '^t^^'^^^t^M.h- Das Flehen
zu (Xcw Göttern in der Zeit der Notb.
" Noth lehit beien.'' Statt ki/rns/iii toki heisst es auch
setsunai toJä oder kyü (§5) •'•hita ioki — beides mit kunishii toki
(Zeit der Noth) gleichbedeutend.
1653. Kusa wo scsette hebi wo dasu. :^^fflo'C4:E^m-f Beim
Stören im Grase eine Schlange aufjagen.
" In ein Wespennest stechen."
1654. Kiisa 7üO zvakete mo sagashi-dasn. ^^35"C tJ^tÜT Etwas
ausfindig machen, und sollte man selbst das Gras
theilen (durchsuchen),
1655. Kiisaba HO kage, ^^^1^ Der Schatten des Grases.
Das Grab.
1656. Ktisai mono mi sJdrazu. Ät^ i. 0:i:fei ?)-f* Wer stinkt, weiss
es selbst nicht.
Vgl. No 912.
1657. Kusai mono ni futa. %^^%W~'%. Auf Übelritchendes ein
Deckel.
Wie No 1006: es ist am besten, darüber zu schweigen. Vgl.
den u.a. auch im Don Quixote vorkommenden Ausdruck : je mehr
man darin rührt, desto mehr stinkts.
1658. Kiisai mono ni Jiae ga yoni. :^v^^^l-i®5'''W2) Auf stinkenden
Dingen versammeln sich Fliegen.
"Wo ein Aas ist, sammeln sich die Adler."
1659. Kusa-niakura wo suru. M-^^'t h Das Graskissen
machen.
Im Freien übernachten.
1 660. Kusfinie zuo lütotsn surcba homerare, fiitatsu sureba niku-
jnarc, mits2i snreba horerare, yotsn surcba käse zvo Jiikn.
514— i'nir#f.n, n-rnitttn. H-fnittg?.n. n-^\^\t%M
^^I < Einmal Niesen bedeutet, dass man gelobt wird ;
— 179 —
zweimal, dass man gehasst wird ; dreimal, dass sich
jemand in einen verliebt hat ; viermal, dass man einen
Schnupfen hat oder bekommt.
Scherzhafte Redensart,
1661. Kiisnre-eit ■zckz liananzu. ^n^ltM(xf Eine schlechte
(eigentlich : faule) Verbindung wird man nicht los.
Besonders von der Ehe mit einer P'raii, die einem nicht
gefällt.
1662. Kusare-nawa iii tori-tsukii o-a ^otoku. ^t.li-fl)C# < s-'^dC
Als ob man sich an einem morschen Strick fest-
hielte.
1663. Kuscitte mo tai. ^"Cil^ Zwar schon faul, aber doch
ein Tai.
Ein sehr geschätzter Seefisch (Serranus marginalis). Vgl.
Xo 1402.
1664. Kushi no ha wo Jiiku yd. \B^^f-AkK\^ Wie wenn man
die Zähne eines Kammes sägt.
Um zu sagen, dass eine Nachricht nach der andern, oder
ein Bote nach dem andern kommt — wohl wegen der grossen
Schnelligkeit, mit der Kammacher die Zähne des (hölzernen)
Kammes aussägt. ("Einen Kamm machen" heisst im Japa-
nischen kusJii 7U0 hikii, einen Kamm sägen.)
1665. K.USO 1110 miso ino issho. ^-iB^'tl— ß^ Mist und Bohnen-
sauce zusammen.
Alles durcheinander; "wie Kraut und Rül:)en."
1666. Ktiso no iiia ni 1110 azvanu. %'<>^^\'- t-w'ilW Eignet sich
nicht einmal zum Pvlist.
" Keinen Strohhalm weith."
1667. Kusobunc no tazvasJdno yd. ^J.'l-^^r.ii.l^ti Wie der Kehr-
wisch eines mit Dünger befrachteten Kahnes.
Höchster Grad von Schnuitzigsein.
1668. Kusufiuttagarmiu inona zva maotoko no ko. Pe-^ 1'-.'^'' ^
«^-iI^;^OT Wer nicht kitzlig ist, ist d.is Kind eines
Ehebrechers.
Scherzhafte Redensart.
— 1 8o —
1669. Kusitn g-ol}?(. 'K'^i.^ 9 Zoll 5 Linien.
Ein Ausdruck für das Messer, mit dem das Jiarakiri (Bauch-
aufschneiden) vollzogen wurde.
1670. Kiisuri liito zvo korosazu, islia Jiito ivo korosu. ^A^i-Hc
St-, W^K^Wt Nicht die (falsch angewendete) Arznei,
sondern der Arzt bringt den Menschen ums Leben.
Der Urheber, nicht das Werkzeug, ist verantwortlich.
1671. Kusuri ku-söbai. %'hM^u Arzriei (kostet) das Neunfache
(oder : bringt das Neunfache ein).
Vgl. unser ..Apotheken echnung."
1672. Kusuri nb-gaJd Jiodo hikazu. ^fi.^MM'^^'t' Die Arznei ist
nicht so ^^•irksan), wie die An[ux'i-ung ihrer Wirkun-
gen besagt.
Meistens wiid mehr verjproclien als gehalten. "Es ist nicht
alles Gold, v,as glänzt."
1673.* Kufsit atarasJiii to icdonw kavivu/ri to sczu. '%M^^'^W^
^i-cff" Wenn der Scliuh. auch neu ist, kann man ihn
doch nicht als Mütze brauclien.
1674.* Kittsn wo hedatcte kayiiki %vo (od. asJii wo) hakii ga go-
toku. %V^%X\^^te{'^f^Y^K'J^K Wie wenn man sich
durch den Stiefel die juckende Stt;lle (od. den Fuss)
kratzt.
Sich am Fusse kratzen, ohne den Stiefel auszuziehen ; keine
rechte Wirkung thun ; halbe Massregeln. Auch : kuisii 110 ue
kara kakaio luo kakit, durch den Stiefel hindurch die Ferse kratzen.
Vgl. No II 29.
1675. Kinvcizu Jdnmkii. ÄilT^M'! Das nichts essende Glück
der Armuth.
Von Leuten, die lieber hungern als arljeiten.
1676. Kmvazu-girai. Äl^tUlo^ Widerwillen gegen etwas, was
man nie gegessen hat.
Abneigung gegen eine Sache, die man nicht kennt.
1677.* Ivuxetsii no arasoi. PS'^^Jf^^D^ lü'n Streit zwischen Mund
luid Zunge.
— i8i —
Ein Streit zwischen Gatten, Brüdern etc. ; ein häuslicher
Zuist.
1678.* Kiva zva shn ni tcki sezu. Ä(t^l-Si-tiT* Wenige können
nicht mit vielen streiten.
1679.* l^wadeii ni kutsii zvo irezu (od. nugazii). flS.ffll-S^AI^t'
(ää^'T") In einem Melonenfelde zieht man sich nicht die
Schuhe an (od. aus).
Weil es so aussehen würde, als wollte man Melonen stehlen.
Man soll auch den Schein des Bösen vermeiden. Vgl. Rika.
1680.* Kwafa HO uwnzen zehi öshi. MM^'^^ti^^^ L Vor dem
Thor einer Wittwe wird viel Wahres und Falsches
gesprochen.
Sie muss ihren Ruf sorgfältig hüten.
168 1.* Kwafiikii zua azanaeru nawa no gotosJii. WM\^^^h^
Ojtn L Unglück und Glück sind wie ein zusammen-
gedrehtes Seil.
1682.'^ Kioafiihi-vion nashi, tada Jiito no inanekii tokoro nari.
SaiisnML.PiA'^töCM^X^J Es giebt kein Thor des Un-
glücks oder Glücks, (beide kommen) nur (auf) die
Einladung des Menschen.
1683.* Kwcifßen Jiitutabi izurcöa, shinie nio ou bekarazii. i^»— Ä
a'.nitM.l iiii>-'s'?)t- Wenn das unbedachte Wort ein-
mal heraus ist, kaiui man es selbst mit vier Pferden
nicht wieder einholen.
1684.* Kivaijijü no tsnno-amsoi. ^^'\-<^f\^ü^ Der Hörnerstreit
der Schnecken.
Lächerliche Zänkereien.
1685. Kwaliö ivo netc viate ! ÄIS^-SM-CfJ-C Erwarte das Glück
schlafend !
Das Glück kommt im Schlaf, ohne unser Zuthun ; oft auch
ironisch, zu jemand, der sich nicht anstrengen will.
Kwaikei (Bezahlung).
1686. Kzvaikci Jioji ivo sosogii. 'i'stftt^-SC Bezahlung wacht die
Schande ab.
— lS2 —
KtvciiL'ei (Name eines chinesischen Berges).
1687.* Kwaikei no Jiajl z^'o sosogii. 't'^^fth^-^ C Die Schande
von Kwaikei abwaschen.
Einen grossen Schimpf rächen. Der Redensart liegt folgende
alte chinesische Geschichte zu Grunde. Kosen, der König von
Etsu, lieferte sich auf dem Berge Kwaikei seinem Feinde Fusa,
dem Könige von Go, mit seiner Gemahlin aus. Um die Bitter-
keit dieser Schande nicht zu vergessen, leckte er täglich an der
Gallenblase eines Rindes, bis es ihm endlich nach zehn Jahren
gelang, Rache zu nehmen und seinen Feind zu tödten.
1688. Kivajl to süsJiiki ni yukeba kandö vw ynrini. A^J^iPÄI-
^Vl\tWui\,s^'^) h Wenn man zu einer Feuersbrunst
oder zum Begräbnisse geht, wird selbst die Ver-
stossung aus dem Hause vergeben.
Der Tod, oder grosses Unglück, gleicht alles aus.
1689. Kwaji zca E'Jo no Jiana. ^^spdJl^'?)^ Die Feuersbrunst
ist die Blume von Edo.
Grosse Häufigkeit der Brände im alten Edo, wie nicht min-
der im jetzigen Tükyö.
1690. Kivaji-go 110 hi no ydjin. •hW^^'h^:>Wi^i!' Die Vorsicht nach
dem Brande.
"Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, deckt man
den Brunnen zu."
1691.* KivajO al'uni zuo S071. ^±vÖ'*i-V'Si^ Auf Feuer Ol giessen.
Das Übel noch ärger machen.
1692.* Kival^aJxiino arasoi. i^lk'^^Ü- Der Streit der Sclinecken-
hörner.
Gleich No 1684.
1693.* IsJwaJ^aisK no shinrui. EB'^DfilK Melonen ranken-Ver-
waiidte.
Sehr entfernte, weitläufige \^ervvandtc.
1694.'" KivaK'l zal tvo slwzu. %\\MM^ie'!iL'P Ein freundliches Ge-
müth bringt Reichthum.
1695.* KivaJxO no koto akiraka naru koto kago.ini no gotoku, mirai
HO koto kiiraki koto urnsJd no gotoshi. iS^''J)¥?^ö'tf: ^ J ^
— .83 —
Oj(n<. ^^^D^Hg^ im^DMiL Die Vergangenheit ist hell
wie eil) Spiegel, die Zukunft ist dunkel wie der
Lack. ,
1696.* Kwakurin ni itani. m.^\'~^h Soweit kommen, dass
man das Einhorn fängt (od. Idirzer : das Einhorn
fangen).
Eine Metapher für : die letzten Zeilen eines Werkes schreiben,
es glücklich iDeendigen.
1697.* Kwan wo öte nochi hajimete sono hito no hyö sadavtaru.
tf^l-CBSS-CÄAOlf^i h Erst wenn der Sarg zugedeckt
ist, stellt der Ruf des Menschen fest.
1698.* Kivangakttin no szizume zva Mögyii wo aaezuru. llft^^O
SlI^^^#o';S Die Sperlinge bei der Schule zwitschern
das Mögyü.
Sammlung von Biographien berühmter chinesischer Männer,
für Kind.r geschrieben. Einfluss der Umgebung.
1699. Kivantö no kui-daon, Kamigata no ki-daore. %W^<^'kWi\^
±':)j'^J^Mln Im Kwantö (Osten) ruinirt man sich durch
Essen, im Kamigata (Gegend von Kj'öto und Osaka)
durch Kleidung.
Vgl. No 171 1.
1700. Kzvantd no tsure-sJwbcn. ^1fi'?5ÜH''>'fc& Das gemeinschaft-
liche Wasserlassen (der Reisenden) im Kwantö.
Scherzhafte Ivedensart, wenn man z. B. bei einer Kneiperei
zufällig mit einem andern gleichzeitig hinausgeht.
1701.* Kivatsunö suru. JSBt * Den Beutel zubinden.
Sparsam sein.
1702. Ktvöin hito tvo viatazii. 'k^v%K^^%V^'V Tag und Nacht
warten nicht auf den Menschen.
1703. Kwöin ni sekivwri nasJii. %\^X-W^-^.L Für die Zeit giebt
es keine Schranken.
Die Zeit lässt sich nicht aufhaken.
1704.* Kzuöin ya no gotosJn. %^%^<ö1mL Die Zeit fliegt wie ein
Pfeil.
— i84 —
1705.* Kivösen no kaku to naru. stÄO^t/^S Der Gast der
gelben Quelle (der Unterwelt) werden.
, Sterben.
1706.* Kwösen no rojö röshö nashi. ^^^0"&±^'J?M L Auf dem
Wege zur Unterwelt giebt es kein Alt und Jung.
Der Tod macht zwischen Jung und Alt keinen Unterschied.
1707. Kyakii mmieite kyaku-uravii. ^^^^X^fkh Durch Ein-
ladung von Gästen zieht man sich den Hass der
Gäste zu,
1708. Kyakii zvo tsiirii. ^^^"ü Einen Gast angeln.
Nur von Dirnen.
Kyö (Vergnügen).
1709. Kyö ga s/iirajnu. I5t)->'öü Das Vernügen wird weiss.
Die Lust, die Fröhlichkeit lässt nach, geht zu Ende. Auch
kyö ga sameru (X^^hh), das Vergnügen erkaltet.
K:yö (Hauptstadt).
17 10. Kyö ni vto inaka ari. tCl-tH^fe^J Auch in der Haupt-
stadt giebt es Bauernthum (grobe Menschen).
171 1. Kyö no ki-daon', Osaka no kui-daorc. 'M.^'^Wi<^^%Wi,<^%W(X
In K)-5to ruinirt man sich durch Kleidung, in Osaka
durch Essen.
Vgl. No 1699.
I^yö (Heute).
171 2. Kyö iva hito no nii no ?ii\ asliita wa waga vii no tie. "4*0 llflfe
^*-'A^Jl^±. B;iaiI5iC:i'^± Heute das Schicksal eines
andern, morgen das eigene Schicksal.
Vgl. "heute mir, morgen dir."
171 3.* JKyödai no naka ni viie zva iranu. 5L^Ot|J|:^tt5|lA ?>>o
Unter Biüdern ist keine Affeetation nöthig-.
Brüder (oder Geschwister) brauchen sich vor einander nicht
zu geniren.
17 14.* Kyödal wa rydte no gotoshi. >L^II^^^itP L (Zwei) Brüder
sind wie ein Paar Hände.
- i85 -
1715. Kyddaiiua tanin no hajiniayi. Ä^!I'ft!iA'^l?Jä 'J Brüderschaft
ist der Anfang der Entfremdung.
17 16.* Kyöel 700 motte koto %vo shirit. ^Jl^^^^'C^^^ns Eine
Sache durch Echo und Schatten kennen.
Über etwas nichts Sicheres wissen; es nur vom Hörensagen
kennen,
17 17.* Kyöjiii ga Jiashireba fnkyöjin 1110 hashini. $EA'''^iT-ll"^
HAl^S Wenn der Verrückte rennt, rennt auch der
Nichtverrückte.
" Ein Narr macht viele.''
1718.* Kyokö 7U0 c/iökai sunt. EP^-ßg^Sts Den grossen Alund
überlaufen lassen.
Prahlen, " grossmäulig sein.''
KyöHhö (tapferer General).
1719.* Kyösho no nioto ni jakusots7i Jiashi. ?S'if ^T 1-114^^^ L Unter
einem tapferen General dient kein feiger Soldat.
Statt kyöskö auch das gleichbedeutende i>tosh'o (^Üf).
Kyöshö (starke Kiefer).
1720.* Kyöshö zva saikan 7ii araware, tciihin zva kiini )io ayatiki
ni araivani. S5Jlfö(^S^i'-S^n. AElIffl^):^: ^l'-Äit ^ Die
starke Kiefer bewährt sich zur Zeit der grössten Kälte,
der treue Unterthan zeigt sich (seine Treue) in der
Landesgefahr.
172 1.* Kyöten no Jioshi no gotokii. ^^'^JM^itnC Wie die Sterne
am IMorgenhimmel.
Eine sehr kleine Anzahl ; selten.
1722. Kyoto no yuine, Osaka no ytanc. 'MU^^^^'^3 Der
Tiaum von Kyoto, der Traum von Osaka.
Erinnerung an die Heimath ; Heimweh.
Kyil sJuta toki : s. Knriishii toki,
1723.* Kyüboka zva chö su bekarazu. ^M^W>-t'^'^^h'\' Aus
faulem Holz lässt sich nichts schnitzen.
Vgl. Xo 359.
— i86 —
1724,* K.yüc]iö futokoro vi ini toki wa rydfii vw köre ivo koro-
sazu. l?,l>1Si:A^.Bj(:3g^^^4>SSt- Wenn der -eäng-
stigte Vogel in die Brusttasche (des Menschen) flüchtet,
wird ihn selbst ein Jäger nicht tödlen.
Auch in der Form : Kyuch > gu futokofo ni iniba, kariicdo
vto köre wo awaremu, wenn der geängstigle Vogel in die Erust-
tasche flüchtet, hat selbst ein Jäger mit ihm Mitleid.
1725.* Kyügyü 110 icJujnö. A^O-^ (Nicht einmal) ein Haar
von neiui Ochsen.
Immer mit einer Negation verbunden und in dem Sinne:
nicht den kleinsten Theil eines erwiesenen grossen Dienstes ver-
gelten können. Vgl. No. 280.
1726.* Kyil/^afsu zuo kau. ^B^-^i^ Das Pelz- (Winter-) kleid
mit dem Sommerkleid vertauschen.
Metapher für : ein Jahr ist vergangen.
1727.* Kyüshi isshö. ^^c-^ Neunfacher Tod (und nur) ein
Leben.
Eine lebensgefährliche Lage oder Unternehmung.
1728.* KyTisJii %vo idete isshö zvo iirii. %yi^tr'Ä'^ . — f^f:e\^ h Einem
neunfachen Tode entgehend das Leben retten.
Der grössten Todesgefahr glücklich entgehen.
1729.* Kyüso kactte neko zvo kamu. ^B.JxoXfäf^'^V Die in
die Enge getriebene Ratte beisst die Katze.
1730.* KyilsO no dai ino tsucJd yori. -)lM<^M. l ^Üfei 'J Auch ein
neunstöckiger Thurm wird vom Erdboden (von unten)
angefangen.
— >*^«?-
O-T-fl-*
1731. 3Iahn no atai (od. Maotoko-dai) zva s/dchiryö nibu. ^^O
Mll-b^H^ Der Preis des Ehebrechers beträgt jl
Goldstück.
- i87 -
Soviel soll früher die gesetzliche Geldstrafe für Ehebruch
betragen haben. Scherzhafte Warnung vor intimen Beziehungen
zu der Frau eines andern.
1732. Machi ni zvasaivai vjo kmi. BXi:j^^ä-5^ In der Stadt
Unglück kaufen.
Wenn einem ein Unglück widerfährt, wo man sich sicher
geglaubt hatte. Die Redensart bezieht sich ursprünglich auf
Bauern, die die (gefährliche) Reise nach der Stadt ohne Unfall
zurücklegten, aber in der (sicheren) Stadt selbst zu Schaden
kamen.
^72)'i- j^Icida ka-iva no am nein ni Jiito-Jione zuo viiyo ! ^ii&J^
^"S(^l--"3*'VÄi. Versuche eine Tliat, so lange du noch
in der Haut steckst !
Leiste etwas, so lange du noch am Leben bist ! hone,
Knochen, ist hier im Sinne von " Thatkraft '' oder " That ''
gebraucht, und miya, sieh ! für yattc viiyr, versuche !
1734. 3Lne c futa-ashi, usJiiro c vii-asJii. M -^^ ^'f^-^H^ Zwei
Schritte voiwärt^, drei Schritte rückwärts.
1735. Maclo kam öd isuki-dashita yö. :€.«" ^#^tli Ll:^ Als ob
durchs Fenster (plötzlich) ein Stock gesteckt würde.
Von etvvMs ganz Unerwartetem.
1736. McHjaraneha yo ni tatarczu. ^hn\X'&\'-tLV.\\--t' Ohne
sich zu bücken konmU man in der Welt nicht in die
Höhe.
Mago (Pferdeknecht).
1737. Mago ni mo isJio. %i\'~i'WBi Selbst einem Pferdeknecht
(stehen) schöne Kleider.
" Kleider machen Leute."
3La(jo (Enkel).
1738. Mago wo katvnigaru yori imi zuo kae ! J^^'iIS^'''i l ^]%^
ffil'^ Statt deinen linke! zu verhätschehi halte lieber
einen Hund !
Enkel sind gegen ihre Grosseltern oft undankbar.
1739. Magiive-atari. \%^'^ Ein verlaufener Treffer.
— i88 —
Ein zufälliger Treffer; z. 15. eine aufs Geraihewohl gegebene
Antwort, die zufällig das Richtige trifft.
1740. Magnre-atari. ^^^f# Imh verlaufenes Glück.
Unvermudietes, oder auch : unverdientes Glück.
1741. 3Iakanu taue ga Jiacnu. sjij'iolltj'^l« Ungesäte Saat
geht nicht auf.
"Aus nichts wird nichts."
1742. 31ahevu wa kachi. Ä'v^SUÜ^B Die Niederlage ist ein
Sieg.
1743. Makie m tcmhin-katsitgi. hI^'^)^^^^* Der Träger der
goldlackirten Tragstange.
Einer, der trotz seines niedrigen Standes den grossen Herrn
spielen möchte
1744. Malxka na uso (od. itsuzuari). S#^j:pJ (©'J) Eine ganz
rot he Lüge.
Eine offenbare Lü=re.
1745. 3IahJcö namcta Emma no yö. \%^'^VM%.<^^ Wie ein
Emma, der RäucherpiMver geleckt hat.
Von einem sehr hässlichen oder grimmigen Gesicht. Vgl.
No 337.
1746. 3Iakara 700 kaivasu. *^^i^-f Die Kopfkissen aus-
tauschen.
In demselben Bette schlafen.
1747. Makura wo takaku sunt. %%^-^%^'^ h Das Kopfkissen
hoch machen.
Friedlich, ohne Sorgen schlafen.
1748. Makura- :;ösJd )io tonosama HO yd. ^f^^^R^^ltO^ 9 Wie
der Held in einem Liebesroman.
Ein so schöner Mann.
1749. Mama ni narnmi zva ukiyo no narai. fill'-^i ^iolljfttt?)^
Dass es nicht so geht, wie man will, ist der Lauf
der Welt.
Oft abgekürzt: inama natanu ukiyo, die Welt, in der es
nicht nach dem eigenen Willen Ereht.
— 189 —
I750. 3lamagoto no yö. -ßS^ Wie ein Kinderdiner.
Für etwas seiir Kleines, oder etwas Unzureichendes, mit zu
geringen Mitteln Unternommenes.
175 r. Mamatsiibu (od. Mcshitsubii) de iai (.zuo tsnrii). fg^Tg!!
{^i^i'ih) Mit einem Reiskorn einen Tai (angeln).
Wie No 322. Auch sagt man iiwginicsJii de fai, mit Ger-
stenreis einen T;\i (angeln), und 7niso de fai, für Bohnensauce
einen Tai (bekonimen).
3I(nue (gesund).
1752. ]\Iaiuc 7ia ga kaue, ^äfitCt'^ Gesundheit ist Geld.
Maine (Bohnen).
1753.* Manie zvö iiiie mamegara tvo taku. S^i-^.'CH^^'iK Um
die Bohnen zu kochen ein Feuer aus den Bohnenhülsen
anmaclien.
Von Leichtsinnigen, die ihr Leiztes weggeben, nur um sich
ein \'ergnügen zu verschaffen.
1754. 31cnn}iwhu mina ynki. ^0'^S Soweit man sieht, alles
Schnee.
iNletapher für: Soweit man sieht, lauter Kirschblüthen.
1755- 3L<nnorite ni suki ga am luo, juisubito ni siiki nasJii.
-'?'Jf-i:pjtJ-^S io.^Ai:F:0M-L Der Wächter ruht zwar
manchmal, aber die Diebe ruhen nicht.
1756. MiUiahl no niaclo ^o^'^JSf. Das Studirfenster.
Statt : Studirzimmer, auch statt : Schule.
1757. Plannen mo naßnda chinkoro. M¥ lil!^/:'T-Jä Der Mops,
mit dem man zehntausend Jahre gut bekannt ge-
wesen ist.
Ein Ausdruck für "Liebling."' (?)
1758. Mannen shinzö. B^^-WM. Die junge Frau von zehntausend
Jahren.
Scherzhaft für eine Frau, die auch im Alter immer noch
schön bleibt.
1759.* 3Iannö aritc isshin tarazu. ^t^'-^^J "C— •Cv'S ?)'f Bei zehn-
tausend Künsten (Talenten) mangelt es an einem
Herzen.
IQO
Auch: inaniw iii fans/ii/c iss/iiu ialazii, in zehntausend Künsten
bewandert sein und von Herzen nichts taugen.
1760,* Matisofsu wa e-)'asjikH,isshö wa e-gatasJii. i^l^^iiiS^^ < »
—1%\V'^ML Zehntausend Soldaten findet man leicht,
aber einen General zu finden ist schwer.
1 76 T . Jlaotoho shimnu iva tcishu bakari. ^:^4-^a f. « |l^±ll*7)- »j
Der einzige, der <.\<^.\-\ Ehebrecher nicht kennt, ist der
Ehemann.
Maotoko-dai : s, JSTabu no atai.
1762. 3Iarotie suru. BISTä Rund schlafen.
Angekleidet schlafen.
1763. Mavuhon e me-hmia wo isuketa yö. M^^^^-^^^IV^^
Als ob man einem runden Theebrett Augen und Nase
angefügt hätte.
Von einem hässlichen Mädchen.
1764. MarulmdaJia ni na}u. %\^\'~)^o Ganz nackt werden.
In die grösste Noth gerathen. Vgl. No 31.
1765. JLanti tmnas^o mo kiri-yö de shikaku 7ii narit (od. kiri-yö de
kado gatatsii). Blw^^B UTJ^J tfcTPJÄr-;Ä3 C^t^'^o) Selbst
das runde Ei wird durch Schneiden viereckig (od:
bekommt Ecken).
Es kommt alles auf die Art und Weise an; durch un-
geschickte Behandlung kann man es dahin bringen, dass selbst
ein Ei Ecken bekommt, d. h. zornig wird (vgl. kado ga iaisu).
Insbesondere kommt viel darauf an, wie man etwas sagt; daher
soll man in seiner Ausdrucksweise vorsichtig sein. Das Spr.
stammt aus folgendem dodoiisii (populärem Liede) : iiiariii iamago
7/10, kiriyö de sJiikakii, mono vio üyo de, kado ga ta/sit, auch
das runde Ei wird durch die Art des Schneidens viereckig; auch,
was man sagt, bekommt durch die Art, wie man es sagt, Ecken.
1766. Jlartih'ii osamcru. HKfoi^S Rund erledigen.
In Güte abmnchen.
1767. Masaffo 710 7iaka HO dgon. ÄÖ?^'t'<^{'i<fe Gold (oder: ein
Goldstück) im Sande.
Wie No 949.
— 191 —
1768. Jlalaret'ii to nio matsn mi ni nanina ! ^f:n2>^ i^o
^V-^h'^i Lass lieber auf dich warten, als class du
selbst wartest !
1769. Mateha (od. matte xvii) kanro no Jiiyori ari. ^'C(t"H'E^
BflJ^'J Wenn man wartet, ist (wird) das schönste
Wetter.
Mahnung zur Geduld; man soll nicht gleich "die Flinte ins
Korn werfen." Auch : maleba kanro no kairo {%t^) ari, wenn
man wartet, so hat man die schönste Seereise.
1770. Mato naki ytimi ni yagoe mo dözcn. ÖÜ^j: ^^i-^^l [^^
Wie ein Signal zum Bogenschiessen ohne (vorher
festgesetztes) Ziel.
Sich in ein unüberlegtes, unsinniges Unternehmen einlassen.
177 1. Matsti no Jia. 1S^^ Kiefernnadel.
Metapher i) für ein Geschenk, das man 111/icht (wegen des
ihm beigelegten geringen Werthes) ; 2) für das Leben eines
Einsiedlers.
1772.* Matiu zun issun ni shite töryö no sei ari. föiX—TJ"!! L"^^^
O'I^^Di'J Wenn die Kiefer auch nur ^eiuen Zoll lang
ist, hat sie doch die Fähiglceit, ein Dachbalken zu
werden.
j^Iatte zva kanro no Jiiyori ari : s. Matcba.
1773. Maivata de knbi wo shinieru. ÄftU^'^^föo Den Hals
mit Watte zuschnüren.
Jemand sanft, aber doch fest gegenübertreten. " Suaviter in
modo, fortiter in re."
1774. Maivata ni hari zuo tsiitsnniu. ät.^'CII^&L' Eine Nadel
in Walle einwickeln.
Unter einer freundlichen Miene eine böse Absicht verbergen.
1775.* JSLayuge ni hi ga tsuku yö. M^l*-^t)Mt <tt Als ob die
Augenbrauen zu brennen anfangen.
In grosser Eile sein, etwas sehr Dringendes zu thun haben.
^77^- Mayiige ni tsnba zvo tsiikeru. ü^l-Hf ^#0 Die Augen-
brauen mit Speichel benetzen.
— 192 —
Nach dem Volksglauben können Fuchs und Wiesel mit einem
Blicke die Haare der Augenbrauen zählen ; um dies zu ver-
hindern— weil man sonst bezaubert wird — pflegt man, wenn man
einen Fuchs oder ein Wiesel sieht, die Augenbrauen schnell
mit dem Finger zu benetzen. Daher in übertragener Bedeutung:
vor Betrug oder Uberlistung auf der Mut sein.
1777. Mayuge wo yomareru, M^'^^^Hi Sich die Haare der
Augenbrauen zählen lassen.
Sich betrügen lassen; sehr einfältig sein. Vgl. No 1776.
1778. 3Ie ga akaim. I^-ö^'ü» Die Augen sind nicht offen.
Für etv/as blind sein.
1779. ^^^ S'^- i}i<^wani. BI«-''üs Die Augen drehen sich.
Ohnmächtig werden.
1780. Me hacldbun ni motsu. W<.A5^\'A%o Die Augen in acht
Zehntel Höhe (des Körpers) halten.
Vorschrift für Dienerinnen, die Augen nicht hin und her
gehen zu lassen ; auch das Theebrett etc in einer bestimmten
Höhe zu halten. Ahnlich das folgende :
178 1. Ale hassun. W%A~ix (Von den) Augen aclU Zoll.
So^•iel soll die Entfernung des Theebretts von den Augen
betragen.
1782. ]\Ic kam Jiana e niikcrn yd. Ü:'»" b ffl.'sjgaff So dass er
durch die Augen zur Nase herauskommt.
Sehr gewandt und gerieben sein.
1783. Mc kam hi ga dem yd. W<.'o^h'K'^^^hW. Als ob aus den
Augen Feuer käme.
Grosse Schmerzen haben.
1784. lile ino aterarcnu yd. RS tlft: ?)^i«IS So dass man selbst
die Augen nicht hinwenden kann.
Ein unerträghcher Anblick ; so schrecklich, dass man die
Augen abwenden muss.
1785. Ale 7)10 kiichi hodo mono zuo in. Bß:i nfli-4^4'öi- Die
Augen sagen so viel wie der IMund.
1786. IlTe ni aviani. IlF«l*t^2> Für die Augen zuviel sein.
So hässlich, oder unanständig, dass man wegsehen muss;
auch = unerträglich.
I
— 193 —
l/S/' Me 7ii kado ivo tatern. Ixi-:^^1ia Den Augen Ecken
aufsetzen.
Einen unwillig, ärgerlich ansehen.
1788. Me ni viono viiseru. Bßl*$^M.t£Ä Den Augen etwas
zeigen.
Eine Redensart, mit der man jemand droht ; (einem) " zeigen,
was 'ne Harke ist."
1789. Me no kuroi uchi. IS^Mt*^!^ So lange die Augen noch
schwarz sind.
So lange man noch am Leben ist. (S. No 1644.)
1790. Me no shakkin wo kacsii. !IS'?>1a^^i^-f Den Augen die
Schulden bezahlen.
Versäumten Schlaf nachholen.
1791. Me no shita nimini. BSOTl-^?) (Jemand) als unter seinen
Augen betrachten.
Ihn geringschätzen.
1792. Me no takai mono. ßSO^^.^^- Jemand m.il: hohen Augen.
Jemand mit richtigem Blick, mit gesundem Urtheil ; scharf-
sinnig.
1793. Me no ue no kobu ga gotoku. iß;€>±i?)?St3-'*^i!< Wie ein
Auswuchs über dem Auge.
Etwas sehr Lästiges.
1794. Me no yorii tokoro e tmna ga yoru. rjiKJvj'>3v?'^S^'*W4
Wohin sich der Blick wendet, wendet sich aucl* der
Augapfel.
Wenn jemand Erfolg hat, sj findet er viele Nachahmer.
1795. Me no yoru tokoro tanii. HIO^^-ürrZE Wohin sich (alle)
Augen wenden, da ist der Edelstein.
Alle Augen richten sich dorthin, wo das Schönste ist.
1796. Me to hana no aida. ISiÄ-'^rBl Der Zwischenraum zwischen
Augen und Nase.
Ganz nahe bei einander, wie z. B. zwei Nachbarhäuser etc.
1797- Me wo azvaseru. Eß^^'tfS Die Augen zusammenthun.
Einschlafen.
• — 194 —
lygS. Ale zvo kakeru. B^^U* Die Augen (an jemand)
hängen.
Ihm seine Gunst zuwenden, ihn bevorzugen. Daher auch
der Ausdruck inekake für: Geliebte, Concubine.
1799. Me wo kubaru. ?^4@E^ Die Augen vertheilen.
Sehr aufpassen ; " die Augen überall haben.''
1800. Me wo vianikit siiru. II^-EI < "f S Die Augen rund
machen.
Sehr erstaunt sein ; " grosse Augen machen.''
1801. Me wo viawasu. ^^Ml" (^(I-f) Die Augen umhergehen
(od. tanzen) lassen.
Ohnmächtig werden.
1802. Me zvo inuku. '^^M^ Die Augen schälen.
Die Augen weit aufreissen.
3Ie WO niikii (od. niisumii)'. s. Hito 110 me wo (No 713).
1803. Me zvo sara no yd ni sitrii. '^^^WZ)%\'-'t h Augen wie
Teller machen
Sich über etwas sehr wundern ; " grosse Augen machen.''
1804. Me wo ts7il?uni. B^^Pfli-i Die Augen schliessen.
Ein Ausdruck für " sterben.''
1805. 3Ie-akl sennin, mekiira sennin. ISW^A»W'f'A Auf tausend
Sehende kommen tausend Blinde.
Die Zahl der Unwissenden, oder Thoren, ist gross.
1806. Medaka uio uzvo no uc/ä. ^'^^^^t^ Auch der Medaka
ist ein Fisch.
Obgleich er sehr klein ist. Vgl. No iS2.
1807. Medo zvo viiru (od. ni siiru). iMl^^h (i:-f o Das Nadel-
öhr ansehen (od. etwas zum Nadelöhr machen).
Sich etwas zum Ziele setzen.
1808. Meguru zva ttkiyo no narai. i«i?> It??ifr0^tt Sich (be-
ständig) im Kreise drehen ist der Lauf der Welt.
" Nichts ist dauernd als der Wechsel.''
— 195 —
1809. Mehana ga kiku (od. aku). @Ä--5*^iJ< (^1<) Augen und
Nase sind wirksam (od. stehen offen).
Gut aufpassen, " die Augen offen halten.''
1810. 3Leliaslii ga kiku. Ii^s'^ij< Der Augenwinkel wirkt
(zeigt Ausdruck).
Schnell von Begriffen, geistig geweckt sein,
18 11. jSIei zva gi ni yotte karoshi. ^ll^l^'föo'ClSL Das Leben
ist leicht je nach der Rechtschaffenheit.
Der Rechschaffene hat ein leichtes, sorgenloses Herz.
1812. Mei wa sJiokii ni ari. ^üÄi^-lfJ Das Leben beruht auf
dem Essen.
18 13. Meiba ni zua kuse ari. ^,il* IX|iü^t)''J Ein schönes Pferd
hat Untugenden.
Selbst das beste Pferd hat seine Fehler. " Keine Rose ohne
Dornen."
1814. 3l€Ulo e tabi suru. %±--W.'t h Nach dem dunkein Lande
reisen.
Sterben.
18 15. Meijin fude wo erabazu. ^A^^^lft* Der Schreib-
künstler sucht sich nicht erst lange den Pinsel aus.
1816. Meijin wa hito wo soshirasu. ^Alt'fläA^ti ?)t- Ein Mann,
der selbst vorzüglich ist, lästert nicht auf andere.
18 17. Mehago de mizii zvo kumu (od. sukiiii). BIITpiKiVÖitCJ^J^
Mit einem Maschenkorbe Wasser schöpfen.
Mit einem Korbe, der nicht dicht, sondern durchbrochen
geflochten ist. Vgl. "Wasser in ein Sieb schöpfen." Auch nur:
kago de niizu wo kumu, mit einem Korbe Wasser schöpfen.
1818. Meliki ga hagcrii. ^t^'mi h Die Vergoldung blättert
sich ab.
Der schlechte Charakter, oder die Unwissenheit etc. kommt
zum Vorschein. Vgl. No. 1029.
1819. Mehuhase zvo sunt. HSGti^l'S Die Augen vertheilen.
Mit den Augen Winke geben.
— ig6 —
1820. 3lekura ga tsuc ivo nakiishita yö. W^'fi:^^?^ Lf:t5 Wie
ein Blinder, der seinen Stock verloren hat.
182 1. Mekiira Jicbi wo oßsii, öK^^ll'f Der Blinde fürchtet
sich nicht vor der Schlange.
1822. Mekura vicppdkai. WAM^^ Blinde Vernichtung.
Dieselbe Bedeutung wie ineppökai allein : sinnlos, alles Mass
übersteigend, etwas, wobei "alles aufhört;" z. B. mekura meß-
pokai no hanashi, eine unglaubliche, sinnlose Geschichte.
1823. Mekura 1110 kyd e noboru. WtM'^-t^) Auch der Blinde
reist nach der Hauptstadt.
Obgleich er dort ebenso wenig sieht wie zu Hause. Auch:
mekura tio kj7> e noboru, das Reisen des Blinden nach der
Hauptstadt.
1824. Mekura ni viegane wo kasu yö. Wl'BM'^ÄtlS Als ob
man dem Blinden eine Brille liehe.
Jemand etwas für ihn Unnützes geben.
1825. Mekura ni tsue zvo kas?i yö. Wl-S4'Ä"f tl Wie wenn man
dem Blinden einen Stock leiht.
Jemand aus der Noth helfen ; ihm grade das geben, was er
braucht.
1826. Mekura no kaki-7iozoki. W'^iliil^ Das Gucken des Blinden
durch den Zaun.
Z. B. etwas lesen, ohne es zu verstehen.
1827.* Mekura no käme ukandaru ki ni au. ■Ä■<?>^5?^•^/:'■5?Nl-^i'
Die blinde Schildkröte trifft auf ein schwimmendes
Holz.
Wie No 845.
1828. Mekura no kantci. n<^W^ Das Urtheil des Blinden.
Von solchen, die eine Sache beurtheilen, ohne etwas davon
zu verstehen.
1829. Mekura sennin, meaki sennin. W'PASö'l'I^A Auf tausend
Blinde kommen tausend Sehende,
Blosse Umstellung von No 1805.
f
— 197 —
1830. Mekiiso ga hanakuso wo warau. BÄ^^'Ä-S^"!-^- Der
Augenschmutz macht sich über den Nasenschmutz
lustig.
" Der Topf sagt zum Kessel : du Schwarzbauch ! "
1831.* MeViiholxU ga nai. W@-ö-'*Mv' Ohne Gesicht und Augen
sein.
Sich sehr schämen.
1832.* Meinboku ni kakawaru. MBcHilS Es handelt sich um
Gesicht und Augen.
Der Ruf steht auf dem Spiele.
1833.* Memboku zuo hodokosu. Mg^fiT Gesicht und Au^^en
austhcilen.
Berühmt werden.
1834.* Memboku wo tisltinau. ^@4-^i- Gesicht und Augen
verlieren.
Gleich No 1831.
1835.* Mendö. Mill Das Gesicht umwerfen.
Ein Ausdruck für Mühe z. B. mendö wo kaka-u, jemand
Mühe machen.
1836. Mendö-kusai. M©J;Ät^ Nach Mühe riechend.
Lästig, umständlich.
1837.* Mendori susumete ondori toki zuo tsiikuru. Ki^iiSö^tÜli
Bj^j?"&i Der Hahn kräht auf Anstiften der Henne.
"Die Frau hat die Hosen an." Auch inendoritokiwo isukuru,
die Henne kräht, in demselben Sinne.
1838.* Mendori iitaeba ie ga horobu. ^%^^\X%'(i^ilx^ Wenn die
Henne kräht, geht das Haus zu Grunde.
Die Frau soll nicht die Rolle des Mannes spielen.
1839.* ^^enjU wa cJiTi ni arazii. W^i^W^.V-n't- Liebedienerei ist
nicht Treue.
1840.* 3Ienshoku tsnchi no gotoshi. M S.±'=3j(n L Die Gesichts-
farbe ist wie Erde.
Ein " erdfahlem " Gesicht.
— iqS —
1841. 3Ies7ii no hisatta no zva kutte mo ataranu. l50^ot:<Dlt
^o-cttt»?)« Selbst wenn man verdorbenen Reis isst,
schadet er nicht.
Charakteristisch für die Achtung, die nian vor dem Reis
hat.
1842. Meshi no ne no hae no yd. tS^_tOi®0# Wie Fliegen auf
gekochtem Reis.
Lästige Zudringlichkeit.
1843. Meshi zvo kuitate ni neru to nshi ni naru. iS^ÄCAÄ'CI-^
hi'^V-^h Wenn man sich gleich, nachdem man Reis
gegessen hat, schlafen legt, so wird man zu einem
Ochsen.
Man soll nicht mit vollem Magen schlafen gehen,
1844.* Lleshi wo kuröte usJii no shinkii zvo shirasu, koromo zvo
ugaite Jiövien no Jdto zvo shirasu. W.^^^-X'^'^'^'^^^
h-p.^f^^^xm^<^K^%'lih't- Wenn man Reis isst,
denkt man nicht an die Mühe des Ochsen (der ihn
bauen half), wenn man in das Kleid hineinfährt,
denkt man nicht an den, der das Zeug gewebt hat.
1845. Heshita ni mini. ^TT-ÄJ Als unter seinen Augen
ansehen.
Jemand " von oben herab ansehen," ihn verachten (gleich No
1791); auch gajika ni iniru gelesen, jiieshita, unter den Augen,
auch = Untergebener.
JSLesliitsnhii de tai zvo tsuni : s. Mamatsubu de tai,
1846. 3Ietsiira 7iaiyatsu. WWi.^^W. Ein Kerl ohne Augen und
Gesicht.
Ein unverschämter, "abgebrühter" Kerl.
1847. Meyaini no hito-mazjüari zva shicJnß-nichi. S^'^— Mit
-b+0 Die Woche eines Augenkranken hat 70 Tage.
1 848. Meyami-07ina ni kazehiki-otoko. @ ^^icl* E th^% Eine Frau,
die an den Augen, und ein Mann, der an Erkältung
leidet.
— 199 —
Beide sollen in Folge ihres Leidens besonders sanftmütliig
und deshalb liebenswürdig sein.
3Ii (Körper).
1849. Mi areba mei ari. J^KII'-Ptr:^'!] Wo ein Leib (ein Leben)
ist, ist auch ein Schicksal.
1850. Mi de mi wo kuii. :iT^^ii^^« Mit dem Leibe den Leib
verzehren.
Den Körper durch Ausschweifungen ruiniren.
185 1. Mi mo fiita mo nashi. jil^iilL Weder Körper (Korb)
noch Deckel.
Mi hier: der " Körper" eines Gefässes (im Gegensatz zum
Deckel). Ohne Sinn und Verstand reden; " weder gehauen noch
gestochen " ; " weder Fisch noch Fleisch.''
1852. Mi mo yo mo ararenii yd. M ilä: i^ ?)Hwtt Als ob man
selbst und die ganze Welt nicht existiren könnte.
Sich sehr traurig fühlen.
1853. Mi ni aviarii. ^V-^-.h Zuviel für den Körper.
Über seinen Stand ; über Verdienst.
1854. Mi no akari ga tatsu. :i0BJ<'Ji'^'±o Die Helligkeit des
Körpers steht (fest).
Die Unschuld ist erwiesen.
1855. Mi no ke ga yodatsu. M<^^^HiLO Das Haar am Körper
sträubt sich.
" Die Haare stehen einem zu Berge.''
1856. Mi no mawari. M'Z>M^} Was um den Körper ist.
Die Kleidung.
1857. -^^^ ^^ ^'^ ^^^ akariiht suru. ^ 0±^^ < "f * Seine Umstände
hell machen.
Seine Unschuld beweisen.
1858. Mi sae kokoro ni iiiakasenii. 41 ? '^Sl-'ttt^w Selbst den
eigenen Leib kann man dem Herzen nicht anver-
trauen.
Noch viel weniger werden sich andere Dinge nach unserh
Wünschen richten.
— 200
1859. ^^i ''<-^o kaiuatake ni shizumu. ^'f^M'tS\'A%\: Den Leib in
das Schilf des Stromes versenken.
Eine Dirne werden.
1860. Mi wo kirarerii yö. ^f^^h\Xh% Als ob einem in den
Leib geschnitten würde.
Sich sehr schämen.
1861. Mi WO ko ni sunt. M ^Zi\'~'T h Den Leib zu Pulver machen.
Sich sehr anstrengen, sich die grösste Mühe geben.
1862. Mi %vo higai ni sliiznimi. ^^•^fFl-i^L' Den Leib in die
bittere Welt versenken.
Zur Dirne werden. Vgl. No 161 5.
1863. Mi zvo kiiziisu. %^Wt Den Leib zerbrechen.
Ein liederliches Leben führen.
1864. Mi ivo suteru yabii zua aredo, ko zvo siiteni yahn wa nashi,
:i^föi^lt^H2\^^^S^lI®L Es giebt zwar Bambus-
dickichte, wo man sich das Leben nehmen kann, aber
nicht solche, wo man seine Kinder aussetzt.
Man kann sich zwar tödien, aber nicht seine Kinder. Vgl.
No 1427.
1865. Mi wo sntete koso ukabu se mo ari. :i^Jt'C ^^i?i^^ t^^J
Selbst wenn man sich in den Fluss wirft, giebt es flache
Stellen, wo man wieder auftaucht.
Im Nothfall soll man alles wagen ; man soll nicht an die
Gefahr denken, sondern auf Glück hoffen.
311 (Klinge).
1866. Mikara acta sabi. ^^^h'ÄVM Der aus der Klinge gekom-
mene Rost.
Selbstverschuldetes Unglück (Doppelsinn von vii : Klinge;
der Leib, man selbst).
Mi (Frucht).
1867. Mino naru ki wa geijutsu, Ä'^^^^Uffi® Künste und
Fertigkeiten sind ein Baum, der Früchte trägt.
— 20I —
i868. Mi no naru ki wa liana kara sJiireru. Ä<?5^37{c|iif£i3' ?>
^H^ Den fruchttragenden Baum erkennt man an
den Blüthen.
Das Talent zeigt sich schon in der Jugend.
1869.* 31iclii hanika ni shite baryokii wo shiri, koto hisashü shite
jinshin wo miru. W-&'^^\'-%ti^^^'') ^'^>-. ^ \^X K^^^f^^h
Wenn der Weg weit ist, erkennt man die Kraft des
Pferdes, wenn eine Sache lange dauert, sieht man die
Gem.üthsart des Menschen.
1870. MicJii ni kiite iniclii ni tohi. 'M.V-f^^^'VAV-WiK Auf der
Strasse Gehörtes auf der Strasse weitererzählen.
1871.* MicJii %vo 07iajü sunt mono wa ai-ai shi, gei wo onajü sunt
mono wa ai nctamii. it^[^9"Ti;#iltBSL> K^IrI^T^^
Iltiä^Ü Leute, die denselben Weg haben, sind einander
freundschaftlich gesinnt., Leute, die dieselbe Kunst aus-
üben, sind aufeinander eifersüchtig.
1872. 3Iichibatct tio hana. iiföOTS Eine Blume am Wege.
Ein Ausdruck für "Freudenmädchen.''
1873. Michibata no niokuge wa uma ni kinuareni. iä^'^Mitlt.H
\'-"^\l\Xh Der Eibisch am Wege wird von den Pferden
gefressen.
Mokiige (Hibiscus syriacus), der japanische Eibisch, dient
häufig zu Hecken. Von Vorwitzigen ; " wer sich grün macht, den
fressen die Ziegen."
1874. 3Iida no Jiikari mo kam shidai. W^^^") t^^^ Auch
der StrahlenghiMZ Mida's richtet sich nach dem (ge-
opferten) Gelde.
Älida ist Abkürzung von Afiiida, des von der Shinsekte
ausschhesslich verehrten Buddha. Vgl. No 800 und 1034.
1875. 3Hgi zvo taterela Jiidari ga tatanu, ryöJiö tatereba mi
ga tatanu. ^^i-cnitÄtj'ir;«. M-^^-^liVC M ^^ :iLim
Wenn man die rechte Seite hinstellt, steht die linke
Seite nicht ; wenn man beide Seiten hinstellt, steht
man selbst nicht.
202 —
]VIan kann es nicht mit zwei Parteien zugleich halten.
" Niemand kann zween Herren dienen."
1876. Miira-tori ga iniiraninaru. :^lb^W)^^M7b^V''^h Wer
iniira holen will, wird selbst zu iniira.
Müra, eigentlich " Mumie/' soll als Arznei dienen, das Holen
dieser Arznei aber mit Lebensgefahr verlxmden sein. Nach einer
buddhistischen Erzählung findet man diese " müra " nur in
Ländern, die so heiss sind, dass jeder, der sich hineinwagt,
sogleich zu einer " Mumie '' verdorrt. Die Redensart wendet man
scherzhaft an, wenn jemand sehr lange ausbleibt, und nun
derjenige, der ausgeschickt wird, um ihn zu holen, ebenfalls
nicht wiederkommt, sondern an demselben Oite hängen bleibt.
Neben müra existirt auch die Form niini.
1877. ßZikau ga kiiroku naru jibun ni iva isha 110 kao ga
aoku nam. ^W«^S<^ < U h HJ^ i: (t ^^"OMt^^'ff < "H h
Wenn die Apfelsinen gelb werden, wird das Gesicht
des Arztes grün.
Der Herbst gilt als die gesündeste Jahreszeit ; das Gesicht
des Arztes wird im Herbst grün vor Arger, weil er nichts zu
thun hat.
1878. 3Iikka bözu. HHiJ± Der dreitägige Priester,
Jemand, der keine Ausdauer hat, der eine angefangene Sache
schnell wieder aufgiebt.
1879. 'MJikoslii zvo agern. t^%'fie}L\1 h Die Götterlragbahre auf-
heben (und weiter tragen).
Wenn ein Besuch, der einen mit wichtig thuendem Ge-
schwätz lange aufgehalten hat, endlich weggeht.
1880. 31ikudari-han zvo yani. H^T4^^iiS Drei und eine halbe
Zeile geben.
Seiner Frau den Scheidebrief (der unveränderlich denselben,
aus drei und einer halben Zeile bestehenden Wortlaut hat)
geben.
1 88 1 . ISli maif kikuinai, hanasumai. %^^'f:^^ ^'^^th't k^^ Ich
werde nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.
I
— 203 —
Ich werde in der Sache gar nichts thun, mich ganz passiv
verhalten. (Anspielung auf das buddhistische Symbol der drei
Affen, die man oft in Stein dargestellt sieht, von denen der eine
sich die Augen zuhält, der andere die Ohren, der dritte den
Mund, um auszudrücken, dass man Böses weder sehen, noch
hören, noch reden soll.)
1882. 3Ii'nie yori kokoro. /SSi'J't' Das Herz ist mehr werth
als das Gesicht.
1883. 3Hnieguri no torii to yürci lua koshi kara sliita ga nai.
=M<^%mtmm.\tW^^ h y^'U ^^ Das Tempelthor von
Mimeguri und Gespenster haben von den Lenden
abwärts kein UntertheiL
Mimeguri Inari : ein Tempel in Mukojima (Tokyo), von
dessen Säulenthor (Jorii) man von aussen nur den oberen Theil
sieht, da dicht davor eine hohe Mauer steht. Gespenster werden
auf Abbildungen immer so dargestellt, dass sich ihre Gestalt
nach unten in einen Nebel verliert, also ohne Füsse. Ange-
wendet auf jemand, der sich von einem andern ganz be-
herrschen lässt, ihm gegenüber keinen eigenen Willen hat.
1884. 3Iiini ga chikai. %'^''&^- Die Ohren sind nahe.
Gut hören ; auch in übertragenem Sinne : das Gehörte sogleich
' richtig verstehen ; " hellhörig sein."
1885. Mimi ga toi. I^tJ^'M*'" Die Ohren sind weit.
Schwerhörig sein.
1886. Mimi ga tombogaeni yd. ^5'"SB^Ä4-St| Als ob sich die
Ohren (in der Luft) überschlagen.
Der Schreck bei einem plötzlichen lauten Knall.
1887. Mimi ni tako ga dekirit yd. ^i"t&t)->'iH3fjS^ So dass man
in den Ohren Schwielen bekommt.
Wenn man immer wieder dasselbe anhören muss.
1888. Mimi wo öte (od. zvo fusagite) siizit zvo nustumi. ^'Vl^'C
ip'jf^L' Mit zugestopften Ohren eine Klingel stehlen.
Analog dem Vogel Strauss, der den Kopf in den Sand steckt,
um nicht gesehen zu werden.
1889. Mimi zvo tateru. ^^ü Die Ohren aufrichten.
" Die Ohren spitzen."
^i
204 —
1890. Mimi luo tottc hana e tsitkeni yd. ^^IX'C^'^'f^i^ Als
ob man die Ohren abnähme und an die Nase setzte.
Um etwas Absurdes zu bezeichnen.
1 89 1 . Mimi-kaki de atsiunete kinnade de kakidasu. 53S'C Ife «6 'C Bs^
TSJÜi" Mit dem Ohrlöffcl zusammenscharren und mit
der Harke wieder auskehren.
In Kleinigkeiten genau, im Grossen verschwenderisch.
1892. 3Mniochi wo kiizusu. :i^^^T Die Körperhaltung (das
Betragen) zerbrechen.
Wie No 1863.
1893. Iliiiamoto kazvakcba nagare tsitkiru. M^hJ'ii^iri%^ h
Wenn die Quellen austrocknen, versiegt der Strom.
Vgl. No 2.
1894. 3Ilnu mono kiyoshi. ÄW^^vt L Was man nicht sieht, ist
rein.
Der Schmutz, den man nicht bemerkt, ist so gut wie nicht
vorhanden. "Was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss."
1895. Miravemi to in hodo viitashi. Ä ?> H» ^^ s'^-fEÄf: L Je
mehr gesagt wird, dass man nicht sehen soll, desto
mehr möchte man sehen.
Der " Reiz des Verbotenen."
1896.* JSUren ga nokoru. ^Iti'"'^^ Es ist (noch) eine ungehärtete
Stelle übrig.
Man hat sich an eine Trennung, oder einen schmerzlichen
Verlust noch nicht gewöhnt.
1897. 3Iirii kage ino nasJd. fL^^ci {^M L Nicht einmal ein Schat-
ten zu sehen.
Sehr armselig.
1898. 3Iiru zva me HO doku. ^^(1@'^$ Sehen ist Gift für die
Augen.
Es ist gefährlich, ein schönes Mädchen zu sehen.
1899. 31ise WO Jdraku wa yasiikii, niise zvo Diamoru zva katashi.
m^m < il^ < > Jä^'^iitm L Einen Laden zu eröffnen ist
leicht, ihn zu behalten ist schwer.
— 205 —
Mi so de tai : s. Mainatsubu.
1900. Miso wo tsiikerti. Bfcßf^^'ftS Bohnensauce verschütten.
Keinen Erfolg haben ; sich blamiren.
190 1. Mito-ppö zua goß. TK^^ii^I'lt Leute aus Mito sind
eigensinning.
1902. 3Iitsitgo ni kaviisori. ^'^^ii^iJTj Einem dreijährigen
Kinde ein Rasirmesser (geben),
1903. Mits2igo 110 kokoro rokiiß. made. Ho^(?>(Ci>;?^i'i^ Die Seele
des dreijährigen Kindes bleibt dieselbe bis zum sech-
zigsten Jahre.
Der Mensch ändert seinen Grundcharakter niemals. " Das
Kind ist des Mannes Vater."
1904. Mitsugo no tauiashii Jtyaku made nio. Ho^Os^.'g'i^ (. Der
Seele des dreijährigen Kindes bleibt dieselbe selbst bis
zum hundertsten Jahre.
1905. Mitsugo wo Mite asase tvo zvataru. Ho^p^PS-v^-t-^Si/^it*
Ein dreijähriges Kind um Rath fragend durch die
Fürth gehen.
1906. Mitsu-Iianae de hanasu. HofffCISI" Beim dreifüssigen
Kessel plaudern.
Eine Unterhaltung zwischen dreien.
1907. Ifli-tsulxerareia ga hyakunem-me. Ä.# ?)|i?:«"'"S'¥i Als
es entdeckt wurde, war es das hundertste Jahr.
Die Sache konnte unmöglich länger verborgen bleiben.
1908. ^litsnreha kakcru yo ?w narai. ^Hlt^lJ ^iÖrO^ Wenn
(der Mond) voll ist, nimmt er ab, das ist der Lauf der
Welt.
Kein Glück ist von Dauer.
1909. Mitira Misaki %va onna no yobai. H}iH^|t:^€)SMo^ In
Misaki in Miura gehen die Frauen nächtlich (auf
Liebesabenteuer) aus.
Vgl. No 351.
— 206 —
1910. lliyöf mi-mane. %M ÄEffil Wie man sieht, so ahmt man
das Gesehene nach.
Was man oft sieht, ahmt man unwillkürlich nach.
191 1. 31i^u imzu no naka. i^X^'t''^^ Ein Verhältniss, in
welches kein Wasser eindringt.
Sehr enge Freundschaft.
19 12.* ]\fizii itatte kiyokereba uwo siimazii, Jiito itatte kiyokereba
viajkvaru mono siikutiashi. ^KMotvtlTHIt^Äi'f , A^
o-CilUnit^d-S^föL In sehr klarem Wasser leben
keine Fische, mit einem sehr sittenreinen Manne ver-
kehren (nur) wenige.
Gewöhnlich sagt man nur : 7nisu kiyokereba uwo swnazu,
wenn das Wasser klar ist, leben keine Fische darin, in dem
Sinne : wer zu tugendhaft oder zu gewissenhaft ist, hat in der
Welt kein Glück.
1913. Mizii ino morasami naka. 7jdM2Wtli Ein Verhältniss, das
selbst kein Wasser durchlässt.
Gleich No 191 1,
19 14.* Mizn ni minamoto ari, ki ni ne ari. 7)s\'~M.h^] ^ 'MV-^h'^)
Das Wasser hat Quellen, der Baum hat Wurzeln.
Alles hat seine Ursache, seinen '' guten Grund."
1915. Mizii no aiva ni naru. 7K'5?äl-JÄ5 Zu Wasserschaum
werden.
Ganz gleich unserm " zu Wasser werden."
19 16. Mizn no nagare to hito 7io ytiknsue. yY-^^iCi'i \<^fi^ Der
Lauf des Wassers und die Zukunft des Menschen
(sind beide ungewiss).
19 17. Mizn no tareni yd. 7K'?)^5ü Als ob Wasser herabtropfte.
Ein eigenthümlicher Ausdruck für grosse Schönheit, besonders
von Mädchen. Das Gesicht glänzt von Schönheit wie Wasser,
sodass es zu tropfen scheint.
1918. Miz2i shirizokite ishi iznriL. ^KjI^'CSÖio'i Wenn das Was-
ser zurücktritt, treten die Steine hervor.
Wenn das eine fällt, so steigt das andere.
— 20/ —
19 19'* Mizu sunieba uwo izu. 7Kvra*^lt'^-©1* In klarem Wasser
sind keine Fische.
S. No 1912.
1920.* Mizu tswnorite ftichi to nari, gakii tsumotte ken to naru.
im.'') X-^-^U 'j . ^ao-CKi 0. h Angesammeltes Wasser
bildet eine tiefe Stelle, angesammeltes Lernen wird zur
Weisheit.
1921. Mizu iva hikiiki ni nagaruriL. iY\'^%^V-^h \ Das Wasser
fliesst nach der Tiefe.
1922.* Mizu zva /wen no utsmva ni shitagai, hito zun zenaku no
iomo ni yoru. 7W<')i^<^T^\'~mi> ^ AU#M?>Äi:ft5 Das
Wasser richtet sich (in der Form) nach dem eckigen
oder runden Gefäss, der Mensch (im Charakter) nach
guten oder schlechten Freunden.
Ge\vöhnlich wird nur die erste Hälfte gebraucht {niizti iva
hoen 710 iitsnwa ni shitagau), mit der Bedeutung der zweiten
Hälfte.
1923. Mizu wo sasu. i^^T&'t Wasser dazugiessen.
Vermitteln, Frieden stiften. Der Ausdruck stammt von der
Ringerbühne und bezeichnet eigentlich das Unterbrechen des
Ringens durch den Schiedsrichter (worauf den Ringern Wasser
zum Trinken gereicht wird).
1924. Mizu zuo shiru mono wa mizu ni oboreru. 7J^4-^5^'U7M-
5ll(x2> Wer mit dem Wasser vertraut ist, ertrinkt im
Wasser.
Zu grosse Sicherheit bringt Gefahr, weil sie leichtsinnig
macht.
1935. 3Iizukalie-7'o)i. ^Sni^m Eine Debatte, wobei man einander
(nur) li'.it Wasser besprengt.
Ein müssiger, resultatloser Wortstreit.
1926. 31i^uJ\ara maneita zvazawaiwa nogarcmi. ß ?)föi''f".ISi^
li^^T-jQ Dem Unglück, das man selbst verschuldet
(eigtl. eingeladen) hat, entgeht man nicht.
— 208 —
1927, 3li:^H-L-us(iL 71--%^^ Nach Wasser riechend (d. h. ohne
Geschmack, nach nichts schmeckend).
Ohne Mitgefühl, herzlos.
1928.* Trlöbo HO sansen. :Si3:OHM Der dreimah'ge Wohnungs-
wechsel der Mutter des Mencius.
Sprichwörtliches Beispiel der Sorgfalt, mit der Mencius von
seiner Mutter erzogen wurde ; sie wechselte mehrmals ihre
Wohnung wegen des ungünstigen Einflusses der Nachbarschaft
auf ihren jungen Sohn.
31ochi ni tsnht : s. Mono wo viochi ni tsiikii.
1929. Mochi wa kojiki ni yakase, uzuo wa daimyö ni yakasero !
m\t^%\'M^> %\tX^\-M-^h Mochi (Reiskuchen) lasse
vom Bettler backen, Fische vom Daimyö !
Reiskuchen müssen bei schwachem, Fische bei starkem Feuer
gebacken werden.
1930. MocJii wa mochiya. Dfl^l'fM MocJii zu machen ist Sache
des Mochi-xx\z.c\\tx's,.
Man soll nichts thun, was man nicht versteht ; es will alles
gründlich gelernt sein.
193 1. Mochi zuo tsuku. Dr^tli < Reiskuchen stampfen.
Bildlich für cohabitiren. Vgl. No 244.
1932. Mochi yori an takaku narit. Pi "J tSi^ <JäS Das Bohnen-
muss wird theuter als der Reiskuchen.
Die Kuchen werden oft mit solchem Muss (das billiger ist
als 7nochi) gefüllt. Die Nebenausgaben betragen mehr als die
Sache werth ist. Vgl. No 451.
1933. 3Iocliiya mochi kinvazu. %\MM%\'Vt' Der Mochi-m^^ohtK
isst keine inocJii.
Man macht sich nichts aus dem, womit man alle Tage
hantiren muss.
1934.* 3Iochiyureba iora to nari, niocJiiizareba nezuvii to naru.
;Bi>nit'it£'^^J> ;i^t^?'nirm^^S Wenn man ihn (seine
Dienste) gebraucht, so wird er ein Tiger; wenn man
ihn nicht gebraucht, so wird er eine Maus.
209 —
Von einem tüchtigen Beamten ; wenn er seinen Posten
verliert, so sind seine Talente für das Land nicht mehr von
Nutzen.
1935. 3Ioe-derti j/ö. i^tU^li Als ob es brennt.
Von einem sehr lebhaften Roth.
1936. Woeru aburagaini no yd. iSl^vÖ^Ä'?)^ Wie brennendes
Ölpapier.
Variante von No 6.
1937. Moeni hi Jii takigi. '&h'hV-^ Dem Feuer noch Brennholz
(zutragen).
Vgl. No 1691.
1938. Moe-kui ni hi ga tsuki-yasiii. )^l' A^^'^^^t^ Ein an-
gekohltes Holz ist leicht in Brand zu setzen.
1939.* 3IöhatsH iuiö no gotoshi. ^^^I^^jtn L Die Haare sind
wie die Haare (Stacheln) eines Igels.
1940.* 3IöM no 7ikiki ni au ga gotoku. WÄ?)5?7M'^i-i?^'i[n <
Wie wenn die blinde Schildkröte einem schwimmen-
den Holze begegnet.
Unerwartete Hilfe in der Noth (vgl. No 845 und 1827). Auch :
moki 710 fiiboku ()^?|c), das schwimmende Holz der blinden
Schildkröte.
1941. 3Iokke no saiwai. iIftO# Ein Glück, wo man auf Unter-
gang gerechnet hatte.
Ein unvermuthetes Glück.
1942. 3Iokiigyo ga sJiicJd ni okarcta yd. ^%J^^%\-^\^tM Als
wenn die Gebettrommel zum Pfände gegeben worden
wäre.
Als höchster Grad von Leichtsinn und Nachlässigkeit ist hier
der Fall angenommen, dass ein buddhistischer Priester die zum
täglichen Gebet unentbehrliche (mit den Händen geschlagene,
hölzerne) Gebettrommel versetzt hätte.
1943. 3Iotniäe zuo sunt. ^^/^T * Die Hände aneinander
reiben.
In Verlegenheit sein; nicht wissen, was man sagen, oder wie
man sich entschuldigen soll.
— 2IO —
1944- Moiniji no yd. lE^Otl Wie ein Ahornblatt.
So fein und zierlich. Man vergleicht damit die Hände schöner
Mädchen oder Frauen.
1945. Moiniji wo chimsu. MM.^W^'t Rothes Laub verstreuen.
Vom Erröthen schöner Mädchen.
1946. 31omo kuri sannen y kaki hachinen, ytizu wa kunen de nari-
kakarn. Wi^^^>mA^^m[t%^'^^')'o^ ^ h Pfirsich und
Kastanie fangen im dritten Jahre an, Früchte zu
tragen, der Kakibaum im achten, der Citronenbaum
im neunten.
Es hat alles seine bestimmte Zeit ; das eine geht nicht so
schnell wie das andere ; man muss daher Geduld haben. Gewöhn-
lich wird nur der Anfang {/novio kuri sanneji, kaki hachineti)
gebraucht.
1947. 31on no niae no yase-inu. f\^'^<^Wk Der magere Hund
vor dem Thore.
Ein schlechtes Zeichen.
1948. Mon zuo iziireba sJiicJiinin no teki ari. üV^v^'fX^Vi-kiK^M.h^)
Wenn man aus der Thür tritt, sind sieben Feinde da.
" Der Mann muss hinaus ins feindliche Leben."
1949. 3IOilO ni toki ari. ^^I-Blffe'!) Die Dinge haben ihre
Zeit.
"Alles hat seine Zeit."
1950. Mono 710 kasii to mo sczu. ^^'^üi ttft' Ohne die Dinge
auch nur zu zählen.
Ohne sich um die Gefahr zu kümmern.
195 I.* Mono sakan nareba otoroii, toki kiivaniatte sJiiköshite tenzu.
*^^^fJ:(a|■r:Ri>. EJS-crnL-ClIt- Wenn etwas blüht, so
vergeht es (bald), wenn die Zeit ihr Ende erreicht hat,
so erfolgt die Umwälzung.
1952. Mo7io shite mono sareru. %Lt4j^2HS Was man andern
thut, geschieht einem selbst.
"Was du nicht willst, das man dir thu, das füg auch keinem
andern zu."
211
1953'* Mono teimi 7tashi, hichi ni kanati mono zva chinuni nari.
#!^^iSL^ Pi:Üi4^lt^?^fj:'J Die Dinge haben keinen
bestimmten Geschmack, (nur) wenn sie zum Munde
passen, sind sie wohlscimieckend.
1954. Mono ino ii-yö de kado ga tatsii. ^K^'^ü-WXfk^^tL.o (Auch
gutgemeinte) Dinge ärgern einen durch die Art, wie
sie gesagt werden.
Vgl. No 1765.
1955. Mono %va södan. ^^It^Wi Bei jeder Sache (ist) Berathung
mit andern (nothwendig).
Vgl. No 761.
1956. Mono wa tanieshi. 4^ällM:L Jede Sache kommt auf den
Versuch an.
1957. Mono wo mocJd ni tsiiku. ^^Df l'?Ä < Etwas zu inochi (Reis-
kuchenteig) stampfen.
Sich um etwas imnöthig viel Mühe oder Sorgen machen.
1958. 31onto mono shirasu. Y^W^'k^h'f Die Montopriester wis-
sen nichts.
Scherzhafte, durch den Gleichklang von Mon/o und mo7to
entstandene Redensart. Monto : Name einer buddhistischen Sekte,
die auch Shinshü oder IkkdsJiü heisst.
1959. 3Ion^e}i no kozö zua naraivann kyö tvo yomti. P^^^^'J^fi'
It^UWlS^-SL' Der Knabe vor dem Tempelthore liest
die heiligen Bücher, die er nicht lesen gelernt hat.
Wenn man in der richtigen Umgebung lebt, lernt man die
Dinge ganz von selbst. Vgl. No 1698.
i960. Monzen-ichi tvo nasic. ^^mti^l^'t Einen IMarktpIatz vor
der Hausthür machen.
Wenn vor der Hausthür viele Leute stehen bleiben, sodass
sie das Ein- und Ausgehen hindern.
1961. MoraimoHO de giri wo sum. WM'^^M.f^'t h Mit dem
Geschenk (des einen) sich (bei einem andern) revan-
chiren.
Seinen Verpflichtungen auf Kostesn anderer nachkommen ;
auf fremde Kosten splendide sein u. dgl.
— 212
1962. Momimoiio nara gzvanjitsu no toimirai de iiio yoi. Rfe^X 5»
7C0 fiiO'-T ifii'^ Wenn es ein Geschenk ist, so nimmt
man selbst mit einem Begräbniss am Neujahrstage
vorlieb.
" Einem geschenkten Gaul sieht man nicht ins Maul.''
1963. Morabnono nara natsii mo kosode. Kl^ätC f)S i-'Mfl Wenn
es ein Geschenk ist, so nimmt man selbst im Som-
mer ein Winterkleid.
1964. Morohoshi shihyaku-yo sltU. %W^'^W\\ Die Mohren-
hirse (gedeiht) in 404 Ländern.
D. h. überall. (Mohrenhirse : Sorghum vulgare.)
3Iöshö no moto ni jahisotsu naslii'. s. KydsJiö.
1965. 3Ioio no moku-Ämi. %^^HM Der ursprüngliche Holz-
Amida.
Das Bildniss Amida's, des Buddhas, der von der 67;/;z-Sekte
aussschliesslich verehrt wird, ist gewöhnlich vergoldet, aber im
Laufe der Zeit wird die Vergoldung abgerieben und das ursprüng-
liche Holz kommt zum Vorschein. Vgl. No 1029 und 1818.
1966. 3Iotoki ni masaru nraki nashi. 7K^<l'^Slt^-^j; L Das
Wipfelholz ist nie besser als das Stammholz.
Der Schüler kann nicht mehr lernen als der Lehrer weiss
u. dgl.
1967. JMotosu no shireta tsuchigwno. 7t%^U\iV-±M^ Die
Erdspinne, deren Ursprungsnetz bekannt ist.
Einer, dessen Herkunft man wohl kennt (in verächtlichem
Sinne).
1968. 3Iotta ga yaviai iva Jiaommi. JJ"f:t3'^(Ir1p ?>ä2 Ein einge-
wurzeltes Übel lässt sich nicht heileji.
Von unverbesserlichen Charakteren.
1969. Motta ktise wa kakusenu. %^V-M\tW-^y^ Ein eingewurzelter
Hang lässt sich nicht verheimlichen.
1970.* .Miien no shüjö wa saldo shi-gatashi. ^IMiO^^W^"^ LH L
Man kann nicht Leute (eigtl : alles Lebende) retten,
zu denen man keine Beziehungen hat.
S. No 339.
— 213 —
igyi* Mngei taisJwhi. ^M^% Keine Kunst verstehen, (aber)
viel essen.
3Iughneshi de tai\ s. Mamatsiibu.
1972. JSLuiha 110 sliöbii (od, ayanie), töka no kiku. ^^'^^^^
+ 0^'^ Die Iris (Schwertlilie) des sechsten, die Kiku-
blume des zehnten Tages.
Beide kommen "einen Posttag zu spät'' (statt am 5. des 5.
Monats, resp. am 9. des 9. Monats — nach altem Kalender). Vgl.
No 125.
1973.* Mtijö 110 kaze. Ift'^oa Der Wind der Vergänglichkeit.
Der Tod.
1974. Mxikaslii no uta zva ima zua iitaenu. ^€)i:lt<^ili;l»
Man kann heute nicht mehr die Lieder der alten
Zeit singen.
Was früher gut war, passt nicht mehr für die heutige Zeit ;
die Zeiten haben sich geändert.
1975. Mukashi totta kine-ziika. 'u'ik^'OtA^:^ Der Reisstösser,
den man schon vor langer Zeit in die Hand genom-
men hat.
Die Geschicklichkeit, die man durch langjährige Übung
erworben hat ; kein Neuling mehr sein.
1976. Mukashi iva nmkasJii, ima wa ima, "slt h", •n^it'T* Früher
war früher, jetzt ist jetzt.
Vgl. No 1974.
1977.* 3Iiika-u no sato. M^^^^M Das Dorf (Land), das keine
Leiden hat.
Ein vollständig glückliches Land.
1978. 3Liiko xva zashiki kara morae, yomc wa niwa kara morae !
miliSmt)' f,K ^.-^.i^ll^^' f.«-^ Den Schwiegersohn
nimm aus dem besten Zimmer, die Schwiegertochter
nimm vom Hofe !
Als Schwiegersohn ist ein ]Mann aus guter Familie wünschens-
werth ; zur Schwiegertochter dagegen wählt man besser ein
Mädchen von bescheidener Herkunft, weil sie ihre Pflichten
besser erfüllen wird als eine Schwiegertochter, deren Familie
höher steht als die ihres Mannes, und die in Folge dessen
hochmüthig zu sein pflegt. — Statt nhva, hiof, auch goniitafue,
Kehrichthaufen.
214 —
1979' Miilxö-sangen, ryö-donari. fi^^^HlfMP Die gegenüberlie-
genden drei Häuser, die beiden Nachbarhäuser.
Die fünf Häuser, mit deren Bewohnern man gute Nachbar-
schaft halten muss, denen man auch beim Einzug Buchweizen
nudeln (sobajiieski) schickt.
1980. Uliikiiroji sannen inigakedomo sJnroku narasit. tKÜ^H
¥lSvJ £' l Ö < ^ h'P Wenn man die Mukuroji-Nuss auch
drei Jahre lang polirt, wird sie doch nicht weiss.
Mukitroji, der Seifennussbaum (Sapindus mukurosi), hat sehr
harte schwarze Früchte. "Einen Mohren weiss waschen.''
198 1. 3Iline ga fiisagaru. S^tj^'^S Die Brust ist verschlossen.
Niedergeschlagen sein.
1982. Mnne ga hari-sakeru. yd. B^f'lI^Ä^ Als ob einem die
Biust zerreisst.
Von grossem (geistigen) Schmerz.
1983. Mnne ga moeru. fi^^'"if;S2) Die Brust brennt.
Voll Leidenschaft (besonders Eifersucht) sein.
1984. Mujte ni ichiinotsn am. B^l-— 't^fci In der Brust ist eine
Sache.
Es geht einem etwas im Kopfe herum ; etwas im Sinne
haben oder im Schilde führen.
1985.* Miine ni inumyd no Jii wo yaku. fi^l-MBJ'^A^ii < In der
Brust ein dunkles (imreines) Feuer brennen lassen.
Ein buddhistischer Ausdruck für : irdische Leidenschaften im
Herzen tragen.
1986. Mnne ni tatande okn. Si^l'S^T§< In die Brust zusam-
mengefaltet weglegen.
» Etwas im Herzen behalten.
1987. Mune ni ukab^i. Wi\'~'&i.- In der Brust schwimmen (od.
auftauchen).
Es kommt einem etwas in den Sinn ; etwas im Sinne haben.
1988. Mnne no hi zuo jnoyasn. B^^A^-fö^t Das Feuer der Brust
anzünden.
Von Zorn, Leidenschaft, Eifersucht etc. entflammt werden.
Statt Jii, Feuer, av.ch /lofnara oder /louö, Flamme.
1
— 215 —
1989. Mune %vo Jiiyasu. ßiäj^-rtt Die Brust kalt machen.
Sehr erschrecken.
1990. Mioie zvo kog-asn. ßi^^jf.'H' Die Brust versengen.
Leidenschaftlich empfinden.
1991. 3Iurasaki zua smne-yasushi. ^(t 3 »6^ L Die violette
Farbe verblasst leicht.
Von schnellvergänghcher Schönheit. " Was glänzt, ist für
den Augenblick geboren.''
1992,* Mnrasaki zva sJm zvo nbai, teisei wa gagaku zuo midasu.
^{t^^M^ü^mmtm'W^'ärt Die violette Farbe raubt die
zinnoberrothe (d. h. stellt sie in den Schatten), die
schlechte Musik verwirrt (ruinirt) die classische.
Violett gilt für schöner als Zinnoberroth ; seine Schönheit
ist aber nicht von Dauer, während die Farbe des Zinnobers sich
nie verändert. Teisei (nach dem Lande Tel benannt) ist eine
Art Musik, die für unmoralisch gilt. Das Unechte verdrängt das
Echte, das Schlechte verdrängt das Gute. Gewöhnlich wird nur
die erste Hälfte {mnrasaki wa shii ivo iibaic) als Spr. gebraucht.
1993. JSlari ga tdreba, döri ga hikkoimi. lft]lt)'Mmt'5iil«'"giat'
Wo die Unvernunft durchgeht, zieht sich die Vernunft
zurück.
1994. Miishi ga hau yd. 4ö-äii>'lf Wie wenn ein Insekt
kriecht.
So langsam "wie eine Schnecke."
1995. Mushi ga shiraseta. ^«'"^ f)tf -f: Die Würmer haben es
(mir) mitgetheilt.
Ein inneres Gefühl haben, als ob. (Mit " Würmern " sind
hier die Eingeweidewürmer gemeint !)
1996.* Miishi kcra no yd. ^^föe)^ Wie Insekten und Heu-
schrecken.
Von niedrigen Menschen : so gering und verächtlich.
1997. Mushi 1)10 korosanu yö. Äi^?Wti So dass er selbst
keinen Wurm (kein Insekt) tödtet.
Von einem sehr mitleidigen, oder sehr rechtschaffenen Men-
schen, der niemand ein Unrecht zufügt.
— 2l6 —
1998. Mushi no iki no yd. ÄO.g,©^ Wie der Athem eines
Insekts (oder Wurmes).
1999. Mushi ivo osaeru. ^^M^h Die Würmer (s. No 1995)
unterdrücken.
Seine Empfindung, seinen Zorn unterdrücken.
2000. 3Liisume ga kataziiite im. Mt^^'^i'I^fti'^'CK'S Das Mädchen
ist bei Seite gesetzt (untergebracht).
Es ist verheirathet.
2001. Muslime ni-Jiachi. M— A Mädchen (sind am schönsten im
Alter von) zwei mal acht Jahren.
2002. Miistune zvo katasukeru. Jiß4>frPH"lTÄ Ein Mädchen bei
Seite setzen (unterbringen).
Es verheirathen.
-l»k^^
N.
2003. "Nci ga sagarii. ^^"^f^^h Der Name steigt abwärts.
Der Ruhm oder der gute Ruf nimmt ab. (Vgl. No 1188.)
2004. Na ga tatsit. ^^^tLO Der Name (Ruf) erhebt sich.
Nur in schlechtem Sinne, also=einen schlechten Ruf be-
kommen.
2005. Na ga ureru. ^*^'Ä<t.S Der Name verkauft sich.
Berühmt sein. (Vgl. No 1189.)
2006. Na iva tai wo araiuasn. ^Uft^^lti" Der Name zeigt das
Wesen an.
" Nomen est omen.''
2007. Na %uo otosu. ^^^ni" Den Namen fallen lassen.
Gleich No 2003.
2008. Na tuo um. ^^VH^ Den Namen verkaufen.
Bekannt, berühmt werden.
21/
2009. ^cigai mono niwa makarerii. :&v';#i:|t^^'ia^ Von einer
langen Sache wird man umwickelt.
Nagai mono, " lange Sache," kann auch bedeuten " reicher
Mann." Gegen einen Reichen kann man nichts ausrichten. Der
Ausdruck " umwickelt werden '' erinnert an unsere vulgäre Re-
densart: " von jemand eingewickelt werden."
2010. Nagai ukiyo ni mijikai inocJii. 7lcV'^iftliM*'"P^ Die lange
Welt und das kurze Leben.
Siatt iikiyo, Welt, auch tsukihi, " Monate und Tage," d. h.
Zeit.
201 1. Naga-i wa osore ari. ÄMÜ^Hfe^J Ein langer Besuch
ist etwas Schreckliches.
2012. ^((ganiocJii no Jie ni namagome nanatmbu. ^%%<^^\'-^
^-tä^ Sieben rohe Reiskörner auf einem langen
Kasten.
Nichts weiter als ein Beispiel eines schwer schnell zu
sprechenden Satzes, wie z. B. bei uns " Fischers Fritz fängt
frische Fische.'' Obgleich kein Sprichwort, weil ohne Sinn, möge
es doch als Vertreter seiner Classe hier stehen,
2013.* ^agare wo kurnite ininamoto %vo sJiiru. ^'^xfk^'^'W^^^h
Wenn man (Wasser) aus dem Strom schöpft, kennt
man auch (das Wasser der) Quelle.
Man schliesst von den Kindern auf die Eltern, von der
Gegenwart auf die Vergangenheit u, s. w.
2014. Nagare-gawa de scntakit sJiita yd. iTiiJllT'j^Ji Ll:^ Als ob
man am Flusse Wäsche abgehalten hätte.
Sich ganz frei und erleichtert fühlen; "einen Stein vom
Herzen haben."
2015. Nagare-gawa de shiri wo aratta yö. ^JilTK^^T^Ä Als
ob man sich im Flusse den Hintern gewaschen hätte.
Wie No 2014.
2016. JSiagaslil mijikashi. ^\.^L Zu lang, zu kurz.
Zu nichts brauchbar ; " weder hin noch her.'' Vgl. No 383.
2017. Xaga-sode, ^%^ Langärmel.
Verächtlicher Ausdruck für Adlige, die ohne Fähigkeiten
sind, nichts taugen u. s. w.
— 2l8 —
2018. Naga-ivaki^ashi, :^flS^ Langschwert.
Ein Ausdruck für " Spieler."
2019. yageta uiakura tii toga zva nashi. föl::|!fel-'olXM L Die
maknra (hölzernes Kopflsiissen), mit der man geworfen
hat, trifft keine Schuld.
Ähnlich wie No 1670.
2020. Nai ga iken no sö-jimai. l**''0^"MÄ'^Äft^ Das Allevverden
(des Geldes) ist das Ende der Ermahnungen.
Das beste- Mittel, einen leichtsinnigen Sohn, bei dem alle
Ermahnungen nichts fruchten, zu bessern, ist, ihm jede Geldunter-
stützung zu entziehen.
2021. Nai ko de wa nakarenu. M^''^X'UJ4'^'^W Wer keine
Kinder hat, kann nicht weinen.
Da er die Liebe zu eigenen Kindern nicht kennt.
2022. Nai mono hat ga hito no kiise. Mi'*^i'Ä-J-*'''AOli (Grade
das) essen wollen, was nicht da ist, ist die Sucht der
Menschen.
Man wünscht sich immer das, was man nicht hat,
2023. Nai mono-ncdari. iSt^f^n /;*"(] Durchaus haben wollen, was
nicht da ist.
2024. Nai sode wa fjtrarenu. ^»'"lÖÜUM ?)n» Den Ärmel, den
man nicht hat, kann man nicht schütteln.
Ahnlich wie : " wo nichts ist, hat der Kaiser sein Recht
verloren."
2025. JSfaishohu s?iru yori kenyaku shiro ! ^I^T 4 i "J 1^^ L ^
Statt dir Nebenverdienst zu machen übe lieber
Sparsamkeit !
2026. Naite knrasn ino isshd, tvaratte knrasu uio isshö. J4*'''C
^T t -~:4.>p^o'CS"f t — ^ Ob man das Leben weinend
oder lachend verbringt, es ist ein Leben.
Da man doch nur ^mal lebt, so ist es besser, fröhlich als
traurig zu sein. " Man lebt nur einmal in der Welt.'' Vgl. No 605.
2027. IfalH kazu ni im. "t^^l^AS In die Zahl der Nicht-
vorhandenen eintreten.
Zu den Todten gezählt werden.
1
— 219 —
2028. Naki koto zvo kosJiiraeru. Ü^^^JI'^^ Etwas nicht Vor-
handenes fabriciren.
Eine Geschichte erdichten ; lügen.
2029. NaJci-neiri zvo sunt {od. 7ii nani). i^^^A^J ^-f i{lt^i)
Sich in Schlaf weinen.
Bildlich für : schmerzlich verzichten, sich in etwas ergeben.
2030. Nakizura wa hachi ga sasji. i4MU4i«-'iE"f Ein weinendes
Gesicht stechen die Wespen.
Ein Unglück kommt selten allein. Abgekürzt : nakiziira
(auch nakigaö) ni hacJii, in ein weinendes Gesicht Wespen.
2031. Naködo wa yoi 710 mono. '(tAltW^i'O Der Liebesver-
mittler ist (nur) für den Abend.
Nicht für die Nacht. "Der Mohr hat seine Schuldigkeit
gethan, der Mohr kann gehen.''
2032. Naködo-guchi zva ate ni narasu. ftAPlI^l-tf; ?)T Auf die
Aussage des Heirathsvermittlers kann man sich nicht
verlassen.
Auch in dem allgemeinen Sinne : übermässige Anpreisung
einer Sache erregt Verdacht. Als Abkürzung dieses und des
folgenden dient schon allein das Wort nakodo-giichi. Aussage
des Heirathsvermittlers,
2033. Naködo-giichi zva uso happyaku 710 kakcne aj'i. "ftAPllJS
eA'S''^^ii;fe>'J Bei den Aussagen des Heirathsver-
mittlers ist der Werth um achthundert Lügen zu
hoch.
2034. Naku ko to jitö 7ii kate7iu. JÄ<iFiifiBli:0-C« Gegen ein
schreiendes Kind und dttn Gutsherrn kann man nicht
aufkommen.
2035. Naku ko wa sodatsn. "t < ^!t nfo Kinder, die (viel) schreien,
werden gross.
2036. Isakute nanakuse, atte yakuse. M < "t-btiWCAJg Ohne
(diesen Fehler sind es) sieben, mit ihm acht Fehler.
220 —
Jeder hat seine Fehler, wenn, er auch in diesem oder jenem
Punkte davon frei sein sollte. Gewöhnlich sagt man nur : nakide
7ia7takusi\ ohne (diesen) sind es sieben Fehler. Von einem be-
sonders schlimmen Fehler auch : nakiite nanakuse, atte shijü-
hacki kuse, ohne ihn sind es sieben, mit ihm aber sind es 48
Fehler, d. h. jeder hat zwar seine Fehler, aber diesen Fehler
darf man nicht haben. Vgl. auch No 684.
2037. 'Namahyöliö ö-kizii no inoio. 4:^i4i;^07C Mangelhafte
Taktik ist die Ursache grosser Wunden (Niederlagen).
Gefährlichkeit des Halbwissens.
2038. ^aniagusaki kaze ga ßiku. llÄ;-^Mö'e^< Es weht ein
Wind, der nach Blut riecht.
Es liegt irgend ein Unheil in der Luft.
2039. jS'amagoine %vo kaum yd. ^^^^\j^ Wie wenn man
rohen Reis kaut.
Von einer sehr mühsamen oder langweiligen Sache.
2040. Namakeinono no sekku-batamki. titS^OlfJ-fa®^ Das
Arbeiten des Faulenzers am Feiertage.
Grade dann arbeiten wollen, wenn es nichts zu thun giebt,
2041. Nmjiakemotio 710 shoku-isogi. 'B^)^'^%^b' Des Faulenzers
Eile beim Essen.
S. auch No 1971.
2042. Ifainaki zvo saku yd. ÜL^^^^eWi < ü Als ob man einen le-
benden Baum spaltete.
Das Gefühl bei einer schweren, schmerzlichen Trennung,
2043. Bamako zvo zvara de shibani (od. hikurii) yd. MMJ)t^
Tl^^t^ Wie wenn man Trepang mit Stroh zusammen-
bindet.
Er wird dadurch weich und zerfliesst ; eine ähnliche Wirkung
hat auf den Mann die Liebe.
2044. Xanimnono. &^^ Rohes (ungekochtes) Gemüse.
Ausdruck für einen unerfahrenen, unreifen Menschen (vgl.
No 75.)
2045. Naniari tva kuni (od, shökohi) no tcgata. ')i'^\t§L%<^^f&'
Der Dialekt ist der (beste) Heimathsausweis.
— 221
2046. Nainayoi homhö tagazuazu. ^S?*ti^iff Der Trunkene
handelt nicht gegen seinen wahren Charakter.
" In vino veritas." (A"gl. No 1065.)
2047. ^dini-gurunia. ^$ Wellenwagen.
Ein Ausdruck für Boot oder Schiff.
2048. Nami-kasc odayaka ni. iSÄlfl- Bei Windstille und ruhigen
Wellen.
In ruhigem, friedlichem Zustande.
2049. Nami-kaze wo ckosit. iSÄ^ISI' Wind und Wellen erregen.
Japanische Lesung von No 365.
2050. Nami-makura wo suru. ^■Si%%'^'^ 5 Das Wellenkissen
machen.
Eine Seereise machen. (Vgl. No 271 und 1659.)
2051. Wana-e no hizawo ya-e ni orn. 'bS?)SS4'ASi-^Ä Das
siebenfach gebeugte Knie zum achtenmale beugen.
Übertriebene, sklavische Demuth an den Tag legen.
2052. Nana-korobi, ya-oki. -ÜIIAS Siebenmal fallen, achtmal
aufstehen.
Sich auch durch häufigen Misserfolg nicht entmuthigen
lassen.
2053. Nana-tabi taziinete hito zuo ntagae ! -bM^^H'C'fiA^^'^
Forsche erst siebenmal nach, ehe du jemand ver-
dächtigst !
2054. Nmiats7i yatsu wa nikiimare-sakari. ■^^A^W^kXi^^) Das
siebente und achte Jahr ist der Höhepunkt der Un-
ausstehlichkeit.
Die japanischen " Flegeljahre".
2055. Nani knwanu kao. W%\tYM, Ein Gesicht, als ob man
nichts gegessen hätte.
Eine unschuldige Miene machen, als ob man " nichts aus-
gefressen " hätte.
2056. INanitva no asJii ino Ise de hamaogi. M^'?^^ if'^T'^Dc
Das asJd von Naniwa heisst in Ise hamaogi.
222
Ashz und hamaogi sind zwei verschiedene Namen für dieselbe
?iö\\\{-[Phraginites) art. Naniwa ist der alte Name der heutigen
Stadt Osaka, he Name einer Provinz. Sinn : der Name ändert
nichts an der Sache, Die Redensart stammt aus einem alten
Uta.
2057.* -^^öt^'J* iii idcte nanji ni kacru. ^V-^'VikV-Mlh Was von
dir ausgegangen ist, kehrt zu dir zurück.
Böse Thaten fallen auf das eigene Haupt zurück. (Vgl. No
1030 und 1952.)
2058.* Nanka no icJiiinu. ÜMO— ^ Der eine Traum von
Nanka.
Nanka : ein Land, das ein chinesischer Weiser im Traume
sah. Es ist nur ein Traum, lässt sich nicht verwirklichen.
2059. JS'amiyo zva onozukara sazuke-iikezu. I^icltg ?)t§lT^lJ't'
Das Gesclilecht kann man natürlich nicht (gegen ein
anderes) austauschen.
Der Mann muss sich als Mann benehmen, die Frau als Frau.
2060. JS'anshi yainn ioki wa ie otoroe, nyoslii yainu toki zva
iro otorou. ^^l^üBlIi^Ä'^icT^ÜBf |i'e.|*.j> Wenn der
Mann krank ist, gehts mit der Famih'e bergab ; wenn
die Frau krank ist, mit der Liebe.
2061. ^arai sei to nani, lli'^tt^;^^. Gewohnheit wird zur
Natur.
Statt sei auch zoku (■(g^).
2062. Naranu kamiin suni ga kannin. ^ f)VOÖ,^;t «t^'iJJS Auch
dann geduldig bleiben, wenn es uimiöglich scheint,
das ist wahre Geduld.
Als Mahnung-, die Geduld nicht zu verlieren. Auch in der
Form : A\xru kantiin lua dare mo steni, iiaranu kannin siiru
ga kanniit, die gewöhnliche Geduld (Selbstbeherrschung) hat
jeder, aber auch das geduldig ertragen, was andere nicht ertragen
können, das ist (wahre) Geduld.
2063. Narau yo7'i nareni. Wi>i: ''J'It^S Erfahrung geht über
Studiren.
l!i^arii kannin : s. Naranu kannin.
— 223 —
2064. Naru to naranu zva memoto de shireru. ^Ä^^^ittltgTcT
^Xih Ob es wird oder nicht wird, erkennt man am
Augenausdruck.
D. h. ob einer will oder nicht wil],
2065. Naru zva iya nari, omou zva narazu. f^i W^U ^J ^S^-It^ ^-p
Was wird, will man nicht ; was man will, wird
nicht.
2066. Nasake zva hito no tarne narazu. ^A1'^Ko:>%'tlh't Das
Mitleid ist nicht (nur) für andere.
Es liegt im eigenen Interesse, mitleidig gegen andere zu sein.
2067. Kashi ino tsubute vio nashi. ^i^iÜL Weder Birnen
noch Steine (um damit zu werfen).
Ganz wehrlos sein.
2068. Nashi no kazva zva koj'iki ni inukase, uri no kazva zva
daimyö ni mukasero ! ^«^JÄlIfeÄi-liitf > B.^&.{1%^\'-.
f!l-tf-?> Eine Birne lasse vom Bettler abschälen, eine
Melone vom Daimyö.
Birnen müssen dünn geschält werden, Melonen dick. (Vgl.
No 1929.)
2069. Nashi no shiri ni kaki no ataina. ^'^KV-\%<^'W< Bei der
Birne ist der unterste Theil, bei der Kakifrucht der
oberste Theil das Beste.
2070. Nashi to onna zva kctsu-nerai. ^ÜcUxCJäo^ Bei Birnen
und Weibern strebt man (greift man) nach dem
Hintern.
Der " Hintere der Birne " ist der untere Theil, der für wohl-
schmeckender gilt als der obere.
2071. JS'atsii no ame zva uvia no se zvo zvakeru. K'^U{^^<?>'^
'^^h Der Sommerregen theilt (scheitelt) den Rücken
der Pferde.
So zu verstehen, dass nur die eine Seite des Rückens nass
wird, die andere trocken bleibt. Von plötzlichen Sommerregen,
die auf ein kleines Gebiet beschränkt sind.
— 224 —
20/2.* Natsu no mushi yuki zvo shirazn. 'K'^^M^^M^'P Das Som-
merinsekt weiss nichts vom Schnee.
Von jemand, der in irgend etwas keine Erfahrung besitzt.
JV^e (Wurzel).
2073. Ne mo ha mo nakushite shimatta. tSi^ liS'C L'Cffc^of:
Sowohl Wurzeln als Blätter sind alle geworden.
Nichts mehr besitzen, sein ganzes Vermögen verloren haben.
2074.* Ne wo tachite ha wo karasii. tfi^i'rB'C^^tt-f Wenn man
die Wurzel abschneidet, so macht man das Laub
welken.
JV^e (Stunde der Ratte).
2075. Ne nifusJiite to7'a ni okuu. ^l-g\L'^>^l-|E:^ In der Stunde
der Ratte (soll man) schlafen gehen, in der Stunde der
Tigers aufstehen.
Nach der alten Stundenrechnung war die Stunde der Ratte
von ii-i Nachts, die des Tigers von 3-5 Morgens.
2076. Neharite mo mochiya no kaka wa kosha. Jl^Ä "J "C t üfM^^
^ltJ5^ Obgleich die Frau des Mochi-machers klebrig
ist (klebrige Hände hat), ist sie doch sehr geschickt.
JMocJii: eine Art Kuchen, die aus Reis gemacht wird und
klebrig ist.
2077. We-doif ha-doi. WiX^ü'M.^niü^ Nach Wurzel und Blättern
fragen.
Endloses, lästiges Fragen.
2078. NeliO-baba ni sunt. !l9lt* *♦ l-"f ä Als Katzenmist behandeln.
Ein unschuldiges Gesicht machen, wie die Katze, nachdem
sie ihren Unrath verscharrt hat ; thun, als ob man von nichts
wüsste.
2079. Neko ga kao tvo arait. to amc ga furu. ^^^'^^^^-'^M'^'^% h
Wenn die Katze ihr Gesicht wäscht, so regnet es.
Auch sagt man : neko ga kusa wo kim to ame ga furu,
wenn die Katze Gras frisst, so regnet es. (Bei uns bedeutet
bekanntlich das Erste das Kommen eines Gastes; in der zweiten
Redensart sagen wir statt Katze : Hund.)
~ 225 —
2080. Neko ga kuso zvo kahisJiita yd na kao. 3®*»^4>g Lti^/i®
Ein Gesicht, wie eine Katze, die ihren Unrath ver-
scharrt hat.
S. No 2078.
208 1 . Neko ga nezumi wo totta yd. 5St)-''JR;VI?-o TM. Wie eine Katze,
die eine Maus gefangen hat.
Sich sehr freuen.
2082. Neko mo sliakushi mo. ^i^^i Selbst die Katze und der
Schöpflöffel (sind ausgegangen).
" Alles, was Beine hat " ist ausgegangen, z. B. zur Kirsch-
blüthenschau im April.
2083. Neko ni atta nezuvn no yd. '^V-%.V-%>^->^ Wie eine Maus,
die (plötzlich) der Katze begegnet.
2084. Neko ni kambnkuro zvo kabnseta yd. MV-'SM.^'^-^VM. Wie
wenn man der Katze einen Papiersack aufsetzt.
Sie geht dann immer rückwärts. Von jemand, der von einer
Sache nichts wissen will. (Der japanische "Papiersack" ent-
spricht unserm " Papierkorb.'')
2085. Neko ni katsuobushi. äSl-fölü Der Katze getrockneten Fisch
(geben oder zeigen).
Jemand von einer Sache sprechen, auf die er sehr erpicht
ist ; oder, wenn, wie im Wakun Shiori, azukerti (anvertrauen)
ergänzt wird, gleich der Redensart " den Bock zum Gärtner
machen,"
2086. Neko 7ii koban. 3föl-''>^J Der Katze ein Goldstück
(geben).
Von ähnlicher Bedeutung wie das weniger schöne " Perlen
vor die Säue werfen."
2087. Neko ni matatabi. ^i'-^XM Der Katze matatabi (geben
oder zeigen). -
Für die Früchte des matatabi (eines Kletterstrauches, Actinidia
polygama) haben Katzen eine ebenso grosse Vorliebe wie für
Baldrianwurzeln,
2088. Neko no hitai no yd. JS'^tH?)^ Wie die Stirn einer
Katze.
So eng, so klein.
— 226 —
2089. Neko no ko %vo inoratta yd. •3fö'^T-^K'^t-lÄ Als ob man
eine junge Katze geschenkt bekommen hätte.
Von einer Frau, die nicht die geringste Aussteuer mitbe-
kommen hat.
2090. Neko no me. ^2>i^ Das Auge der Katze.
JVIan kann an der Pupille des Katzenauges die Tageszeit
erkennen, worüber folgendes inanako no tita (" Lied von der
Pupille") nähere Auskunft giebt : mtitsu niaroku, sJii-hachi
urisanc, go io shichi fo, ;ta»iago ni iiar'lte, kokonotsii iva hari ;
(die Stundeneintheilung ist die alte ; in der Übersetzung sind
die europäischen Stunden in Klammern hinzugefügt) : Um
6 (6-8 Morgens) rund, um 4 (10-12 Vorm.) und 8 (2-4 Nachm.)
ein Melonenkein, um 5 (8-10 Vorm.) und 7 (4-6 Nachm.) ein
Ei, um 9 (12-2 Nachm.) eine Nadel.
2091. Neko no mono zvo nesuini ga nerau. tS^f^'^Äö^'^ä^^ Die
Maus strebt nach dem, was der Katze gehört.
2092. Neko no shiri e saiziicJii no yd. 3t§'?)M'^ 2 t^'M^srl Wie ein
grosser Holzhammer auf den Hintern einer Katze.
Die Bedeutung ist ganz ähnlich der von No 468.
2093. Neko no shippo no yd. Wi^%%<Z>W Wie ein Katzen-
schwanz.
So unnütz und überflüssig. Der Vergleich ist deshalb noch
passender als er bei uns sein würde, weil die japanischen Katzen
meistens nur einen ganz kurzen, kauai beweglichen Stummel-
schwanz haben.
2094. N'eko wa sannen katte vto, mikka talcba sono on wo
wasurern. ^sä (X H¥ HSJo'ClHBÄ'CitÄoB^^na Wenn
man eine Katze aii/li drei Jahre lang iüttert, so
vcrgi-sst sie diese VVohllhat doch in drei Tagen.
Auch auf undankbare Menschen angewendet. (Vgl. hierzu
No 926.)
2095. N^eko wo kabiirn. ^JS'^Iä* Die Katzenmaske aufsetzen.
Eine unschuldige Miene machen.
2096. Neko tvo korosu to shichidai tatant. %^^fk'^ '^ ■\i\\^^h
Wenn man eine Katze tödtet, so wird man sieben
Generationen hindurch bestraft.
227 —
2097. Neko-nade-goe. WMM Katzenstreichel-Stimme.
Eine sanfte, schmeichelnde Stimme.
2098. Neko-konjö. %,W&. Katzencharakter.
Ein falscher, heuchlerischer Charakter.
2099. Xe-nihni ni mizji. M.%\'-i^ Kaltes Wasser in das Ohr
des Schlafenden.
Von überraschenden Neuigkeiten, ganz unerwaiteten Nach-
richten etc.
2100. l^eii ni wa neu luo ircro f '^\'•^\l'k^^X\^h Bei der Sorgfalt
wende Sorgfalt an !
Man kann nie sorgfältig genug sein.
2101. XenrlM iwa zvo tösu. ±::^:S^MtDie Willenskraft durch-
bohrt (selbst) Felsen.
Auch omoii nenriki etc., die wollende Willenskrat't.
2102. l^erii ga gokumku. M.h'^'^W^ Schlafen ist das Paradies.
2103. Ncru nie mo neziL ni. ^SSt^o'lt Indem selbst das
schlafende Auge nicht schläft.
Ohne Rast und Ruhe ; ohne sich jemals Ruhe zu gönnen.
2104.* Isessliite im akiibokii no kage ni ikoivazu. #?? L t i M?k'?>
FJl-^lt"^ Auch wenn einem heiss ist, ruht man nicht
im Schatten eines schlechten Baumes aus.
Man muss sich auch im Unglück nicht zu unrechten Hand-
lungen erniedrigen. Vgl. No 1219.
2105. Keyu zvo nomascru. W^.f^Wlk-^h Den Schlafenden
h.eisses Wasser trinken lassen.
Von jemand hinter seinem Rücken Nachtheiüges sprechen ;
ihm hinterlistig Verlegenheiten bereiten.
2106. Xezimii tom neko zva tswne kakiisu. MMh^it^M^ Die
Katze, die Mäuse fangen will, verbirgt die Krallen.
2107. ^ido am {06. atiä) koto zua sando ari. -S^iVItH^^tJ
Was zweimal geschieht, geschieht auch dreimal.
Meist in schlechtem Sinne; nur selten im Sinne von unserm
" aller guten Dinge sind drei."
— 228 —
2io8. Nido bikkuri. —ItCA'o < vj Beim zweiten Mal erschrickt
man,
Z. B. von einem Mädchen, das von hinten gesehen schön
aussah, von vorn gesehen aber enttäuscht.
2109. Nido no matsuri. — S^'?>^ Die zweimalige Feier.
Gleich No 125.
2 HO. Niga-tnuslii wo kid-tsiibtishita yö. ^ä^dMILT:^ Als
ob man ein bitteres Insekt zerbissen hätte.
Ein sehr enttäuschtes, unzufriedenes Gesicht machen.
21 11. Nigerii ga ichi no te. j*?)^'— ?)^ Fliehen ist der beste
Plan.
Es ist besser, Versuchungen zu fliehen, als sich der Gefahr
auszusetzen, ihnen zu unterliegen.
21 12. Nigerii ga kacin. 3ü2)-ö-''0S Fliehen heisst siegen.
Vgl. das vorige und No 1633.
21 13. Nigeru mono inichi zvo crabazu. a^^^il'tSl'f'f* Der Flie-
hende sucht sich nicht erst den Weg aus.
Jedes Mittel ist recht, um sich zu retten.
21 14. Nigeta namazti iva ökihi viicni. x^"f:,f!;(X:^ < ü'^ ^ Der
(durchs Netz) entschlüpfte Wels sieht gross aus.
21 15. Nii-makura. M^ Das neue Kopfkissen.
Die Brautnacht.
Nilra-tori s. Miira-tori.
2 116. Nihai kara vie-s:us2tri. — P§«'^II^ Vom oberen Stock-
werk (dem Patienten unten) Arznei Rir die Augen
(appliciren wollen).
Thörichte, unpraktische Idee.
21 17. Nikai kara shiri ivo abiini. ^l^'^^hU.te^h Sich vom
oberen Stockwerk aus den Hintern (an einem Feuer,
das unten ist) wärmen.
Ganz unzureichende Mittel anwenden,
21 18. iViA'A'ö zvo viinai uchi wa kekkö to mna ! H3t^Ä.ti:v^^ll
^^iS^ti Wer Nikkö nicht gesehen hat, soll nicht
" prachtvoll " sagen.
229
Nikkö ist berühmt durch seine prachtvollen Tempel, errichtet
zu Ehren des i. und 3. Tokugavva-Shogun, die hier begraben
liegen.
21 19.* Nihu WO saite kizu zuo oginait. ^^"M^^'UM^M^- Durch
Abschneiden von Fleisch die Wunde ersetzen (aus-
füllen).
Z. B. eine neue Schuld machen, um eine alte zu bezahlen.
Vielleicht noch gebräuchlicher : iiiku ivo saite hara ni rnitasii,
sich Fleisch abschneiden und den Bauch damit füllen.
2120. Niku zvo unc. ^'^Äi Sein Fleisch verkaufen.
Sein letztes Hab und Gut verpfänden oder verkaufen, um
sich ein Vergnügen zu verschaffen (vgl, No 1753).
2 121. ^ikui mono ni cba zvo ataeyo ! ^t'^^l-ß^Ä'^ i Einem
bösen Thiere gieb Futter !
Um es zahm zu machen.
2122. Nihumar'e-go (od. Nihimare-mono) yo ni habikoru. tt^
^^iftl-^Ji^. Gehasste Kinder (od. Leute) breiten sich
in der Welt aus.
Manche Leute haben trotz ihrer UnbelielDtheit in der Welt
Erfolg. Auch als Trost gesagt für solche, denen es in der Jugend
schlecht geht, besonders für Kinder, die von der Stiefmutter hart
behandelt werden. — Statt habikoru auch habakaru (in derselben
Bedeutung : sich ausbreiten).
2123.* KikushoUu no to. %%^'^ Die fleischessende Gesell-
schaft.
Die besseren Stände.
2124.* Nimai-jlta zvo tsukmi. ^i!ÄS"^f^i- Zwei Zungen ge-
brauchen.
" Doppelzüngigkeit."
2125.* NinimeUf fiishin. A®i^C^ Das Gesichteines Menschen,
das Herz eines Thieres.
2126.* Kill zvo mite Jiö wo toke / A^I.'t^^sÄlJ Predige je
nach den Leuten, die du vor dir siehst!
S. No 662 und 669.
— 230 —
21 27-* fingen banji Said ga uma. KM^'~^%m^^^ Es ist mit
allen inenschlicben Dingen wie mit Saiö's Pferd.
Was ein Unglück scheint, ist oft ein Glück, und umgekehrt.
Einem weisen alten Manne in China, Namens Saiö, entlief einst
sein Pferd ; seine Freunde bedauerten ihn deshalb, er aber sagte
nur : Wer weiss, ob das nicht ein Glück ist ! Nach einigen
Monaten kam das Pferd wieder und brachte ein zweites, weit
schöneres Pferd mit ; aber als seine Freunde ihm nun Glück
wünschten, sagte Saiö : Wer weiss, ob das nicht ein Unglück
ist ! In der That zeigte sich bald, dass er Recht gehabt hatte,
denn als sein Sohn eines Tages auf diesem schönen Pferde ritt,
fiel er herunter und brach sich den Arm. Aber auch diesmal
erwies sich, wieder nach Saiö's Vorhersage, das Unglück als ein
glücklicher Zufall, denn als bald nachher der Bau der chinesischen
Mauer begonnen wurde, blieb der Sohn wegen seines lahmen
Armes von dem Frohndienst daran frei.
2128.* Nmgen isshd yiime no gotoslii. hS^-''^3-'^%\, Das mensch-
liche Leben gleicht einem Traume.
Auch unter No 974.
2129.* Ningeji itam tokoro ni scisan ari. KW^hWW'-^^'^'^} An
dem Ort, wo der Mensch (schliesslich) ankommt, ist
der blaue Berg.
Seizafi, " blauer Berg,'' ist ein poetischer Ausdruck für " Grab.''
2130.* Ningen no eiyö wa füzen no cJiiri no gotoslii. K^^^^M.\^
M.^O^OjtnL Menschliche Pracht und Herrlichkeit ist
wie Staub vor dem (im) Winde.
213 1.* Ningen no inochi tva füzen no tomoshibi. \WiZ>'^[tUim^s>^
ik. Das menschliche Leben ist wie ein brennendes
Licht im Winde.
Auch unter No 910.
2132. Ningen no kireppaslii. KX^^:>W\y\ Ein Stück von einem
Menschen.
Ohne verächtliche Bedeutung, sondern nur im Sinne von
" immer noch ein Mensch,'' z. B. kojikhno ni7igen no kireppashi,
selbst ein Bettler ist immer noch ein Mensch (muss mensch-
lich behandelt werden).
— 231 —
2133- Ningen zva yamai no titsinva. APBTU^e)^ Die Menschen
sind Gefässe der Krankheiten.
2134. Ningen wazuka gojü-ncn. AfeTiiEi'^ Der Mensch lebt
kaum fünfzig Jahre.
2135. Ningyö zvo tsitkaii. A?^4>®.5- Puppen gebrauchen.
Sich anderer als Werkzeuge bedienen, aber selbst hinter der
Scene bleiben (wie ein Puppenspieler die Puppen nach seinem
Willen bewegt, aber selbst unsichtbar bleibt).
2136.* Nhlin kokoro zvo onajtL seba, ödo hcnjite kin to naru. —
A.t^^^lRiCtfltı®C'C^^^,i Wenn zwei Menschen
ihre Herzen ganz einig machen, so verwandelt sich
(durch ihre vereinigte Willenskraft) gelbe Erde in
Gold.
2137. Ninjiu nondc kubi-kiikimi. AB^ÄjX^Z Erst Ginseng
nehmen und sich dann aufhängen.
Die Ginsengwurzel (Panax ginseng) ist in China, und war
im alten Japan, das berühmteste und auch theuerste Heilmittel.
2138. Nippachi-gzvatsu wa sendö no agumi-doki. — A^UÄSsB
©i^B$ Der zweite und der achte Monat sind die
Leidenszeit der Schiffer.
Nach jetzigem Kalender der dritte und der neunte Monat,
die Zeit der Aquinoctialstürme.
2139. Nise no yokusoku. — fÜ:«?)^:^ Das Gelöbniss für beide
Welten.
Das Gelöbniss, in dieser und der künftigen Welt als Ehepaar
vereint zu sein. Auch : nise no cJiigiri, das Bündniss zweier
Welten = Ehebund.
2 140. Nislii no kwii de Jiyakuman-goku mo totte iru yö. MOS
T'@"^,5i^I-^^^4^ Als ob er im Westen Einkünfte
von einer Million Koku Reis besässe.
Sich ein grosses Ansehen geben. (Anspielung auf den
Fürsten von Kaga, der der reichste unter allen Daimyö war und
über eine Million (1027000) Koku Einkünfte hatte.)
— 23-: —
2 141. yishih'i Jdni tatami no ue Jio kojiki. ^^5iS<?)±O^Ä
Bettler, die Brokat tragen und auf den Zimmermatten
sitzen.
Solche, die ein bequemes, arbeitsloses, aber verachtetes Leben
führen, wie z. B. Dirnen oder Geisha's (Sängerinnen).
2142.* Nishiki no ue ni hana wo sou. ll'?)±l-ib4'Y2si> Auf Brokat
Blumen streuen.
Auf eine verdienstliche That eine zweite folgen lassen ; sich
von neuem mit Ruhm bedecken, " sich selbst übertreffen.''
2143.* ^ishin 1V0 idaku. rii^^1S< Zwei Herzen im Busen
tragen.
Falsch, verrätherisch sein. (Vgl. No 402.)
2144. I^isoJiU 710 waraji wa hakenu. — Ä?>?^li^iJ» Man
kann nicht zwei Paar Strohsandalen (zugleich)
tragen.
Man kann nicht zwei Dinge zu gleicher Zeit thun. (Vgl, No
I und 2150.)
2145. Nisoku sanimon. — .SH^ Für zwei Paar drei Heller.
Etwas unter allem Werthe verkaufen.
2146. Nita mono füfu. im7':^^Üf Was sich ähnlich sieht, ist
ein Ehepaar.
An der Ähnlichkeit (der Gesinnung) erkennt man, dass es
ein Ehepaar ist ; oder auch : was sich ähnlich ist, findet sich
zusammen und tvird ein Ehepaar.
2147. ^itarl yottari. iÖf: "J^t: "J Was ähnlich ist, findet sich
zusammen.
" Gleich und Gleich gesellt sich gern.''
2148. NitcJii vio satchi ino ncirann. — ütSiil^^f»« Weder
zwei Schritte noch drei Schritte (machen) können.
Weder vorwärts noch rückwärts können ; in einer bedräng-
ten Lage sein.
2149. ^it*i ino yaite vio kuenu. #.'C li^X t Ä'^^2 ]Man kann
(ihn) weder gekocht noch gebraten essen.
Von jemand, dem auf keine Weise Ijeizukinnmen ist. Vgl.
No 588.
2150.* Nito ou mono lua itto wo ezu. i:^ü,^>:§lt— 5&^f§^f Wer
zwei Hasen zugleich verfolgt, fängt keinen.
Vgl. No I.
215 1. WiivaJza mekiira no tsue-ushinai no yo. ^WA 00:^0^0 IIS
Wie der Blinde, der plötzlich seinen Stock verliert.
Auch noch die letzte Stütze, die letzte Hoffnung verlieren.
Vgl. No 1820.
2152.* Niivatori no kuchi to nani to vio, ushi no shiri to
naruna / %(DÜi]^ht i'^<^M.^j^hU Werde noch eher
der Schnabel eines Huhns als der Hintere eines
Ochsen !
Japanische Lesung von No 1280 (doch statt o, Schwanz :
s/nri, Hinterer). Vgl. auch No 897.
2153.* Niwatori sanmku sJiite ki ni nobori, kamo saniuhi shite
jnizu ni kudaru. il^< L-C7ici:±vJS!l^ < L-CtKüT* Das
Huhn geht, wenn es kalt wird, auf den Baum hin-
auf, die Ente geht, wenn es kalt wird, ins Wasser
hinab.
2154.* Nhvatori wo saku ni gyütö wo viochiynrti. H'^S'J < l-^];^^
f?i^^h Uni ein Huhn zu zerlegen ein Ochsenmesser
gebrauchen.
Variante von No 468 oder 12S2.
2155. JVo am taka lua tswne %vo kakusti. tl^SlSltnS.'^M-f Ein
kluger Falke verbirgt seine Klauen.
Vgl. No 2106.
2156. Nö nashi no jiki-takiiini. ^^^LOÄ^ Des Ungeschickten
Geschicklichkeit im Essen.
Vgl. No 1971.
2157. iVo&e no okiiri zvo suru. ifäOigi'J ^t -5 Nach dem P'elde
das Geleit geben.
Dem Begräbnisszuge folgen ; " das letzte Geleit geben.''
2158. Xodeppö zvo 2itsu ip^. JianatsJL). MWiM^Wi-^ Ein Gewehr
im Felde abfeuern.
Ins Blaue hinein reden ; auch : prahlen.
— 234 —
2159« ^odomoto sugurcba atsnsa wastireni. "BTCiä^ilf^^^Si
Wenn (der heisse Bissen) durch den Schlund hindurch
ist, ist die Hitze vergessen.
Wenn die Noth vorüber ist, vergisst man den Wohlthäter.
Statt nodomoto sugureba auch nodotnoto wo töreba.
2160. Isöja (od. JVöJO fude wo crabazu. t^#(tS^)«4>®:X*t Der
Schreibkünstler sucht sich nicht erst den Pinsel aus*
Variante von No 181 5.
2 161. IKojuK'U zvo sHr2i. Sf^^^^T^ Feldherberge machen.
Im Freien übernachten.
2162. Noliorimoiio ni zua fuku ga am. ll''J^^I-(l^t?*feS In
übrig gebliebenen Dingen ist Glück.
Gleich No 59.
2163. l^onianeha kusiiri mo köno nasld. ^tYi\tM\^^]WS-\~
Auch Arznei kann nicht wirken, wenn man sie nicht
einnimmt.
2164. yoine ya ntae ya, issun saki yami 110 yo. I^j'^'PHa'^ i. ,
— "*f:^S'5S Trinket und singet, (denn) einen Zoll vor
uns ist dunkle Nacht.
Aus einem Liede ; vgl. No 9S3.
If^ani (Floh).
2165. NoDii no atama zvo 0110 de zvarii. SOM-V^TIÜS Den
Kopf eines Flohs mit einer Axt spalten.
\g\. No 468.
2166. Noini no jTtfu no yd. M<?5^^?)^ Wie ein Flohpärchen.
Von eineni Ehepaar, bei dem die Frau grösser ist als der
Mann.
2167. Nomi no kintama no yd. :S'^I^Ä<^^ Wie die Testikeln
eines Flohs.
Um äusserste Kleinheit auszudrücken.
2168. Noviiton-manako. -SfflilS Flohfänger-Auge.
Ein scharf aufpassendes Auge.
Komi (Meissel).
— 235 —
2169. Noini to ieba tsuchi. ^^ ff'^lffl Wenn man sagt Meissel,
(so gehört dazu auch) ein Hammer.
Es versteht sich von selbst, dass, wenn man einen Meissel
braucht, ein Hammer dabei sein muss.
2170.* N^o^ni-hiii ni wa tanin atsuntari, iiki koto ni zva shin-
zoku tsudou. t^Äl- (iMAm^J >ffi^#i: It^M^i. Zum Essen
und Trinken kommen (auch) Fremde, bei einem
Trauerfalle versammeln sich (nur) die Angehörigen.
2 171.* Nöinin no iki ga ten c noboru. f^^^M.^'^^^^^h Der
Athem des Landmanns steigt bis zum Himmel empor.
Man soll den Landmann nicht verachten, denn er steht unter
dem Schutze des Himmels.
2172.* li^OiUK ni herazit ni, snu ni kern. tftLM-M ?)'ri->©^-l-i^^
Es wird nicht durch Trinken weniger, sondern durch
Saugen.
Nicht eine einmalige grosse Ausgabe, sondern eine dauernde
kleine Ausgabe macht arm u. dgl.
2173. KonulxCi no ippon sugi. M^^—^^ Der einzige Ceder-
baum mitten auf (weitem) Felde.
Einsam, ohne Freunde sein.
2174. yo7H~kakatfa /une. M^}^<^'f:^a Das Schiff, mit dem
man die Fahrt schon begonnen hat.
Man soll den einmal ergriffenen Beruf nicht leichtsinnig
aufgeben ; auch gleich : " wer A sagt, muss auch B sagen."
2175. Norii ka soru ka yatte mim. %h^^lyLh'^^'^^X%h Ver-
suchen, ob es einen trägt oder ob es sich biegt.
Die Worte uoru ka soru ka, " fahren oder sich biegen "
sind ziemlich sinnlos und nur des Gleichklangs wegen gewählt.
Etwas auf jeden Fall versuchen, weide es wie es wolle ;" biegen
oder brechen.''
2176. No^oki hachiinon. M.^A'X (Durch den Zaun) sehen
kostet (nur) acht Heller.
Ahnlich wie : Sehen kostet nichts.
2177. N^iii^ue ga warau. ^^^^%2>- Die Naht lacht.
An der Naht des Kleides ist eine aufgetrennte Stelle.
— 236 —
2178. Kuka ni kugi. ^X'-Ü Einen Nagel in Reiskleie (schlagen).
Von erfolglosen Bemühungen ; besonders in der Bedeutung :
" tauben Ohren predigen.''
2179. Niika wo iicbutte kasu ni oyobosu. '^^-SSotlfltÄlti' Die
Kleie leckend bis auf den Bodensatz kommen.
Alles rein aufessen.
2180. Nukanii taitö no kdmyö. iä-o'^^7J<?>^^ Eine grosse
That, ohne das Schwert zu ziehen.
2181. Nuregimi ivo kisem. ^S^^-tfa (Jemand) nasse
Kleider anziehen.
Ihn fälschlich beschuldigen.
2182. Nuf'e-nezutni no yd. Wc^%J^^ Wie eine nasse Maus.
Vom Regen vollständig durchnässt sein. " Nass wie eine
Katze."
2183. ^urenu saki koso tsnyu wo vio itoe / M^t%\^M^iW.^
Vermeide den Thau, bevor du nass bist !
Vgl. No 1544.
2184. Nure-te de awa wo tsukami-dori. ?i^'Clg^Ji'5^l?5 Mit
nassen Händen Hirse greifen.
Geld verdienen, ohne sich anzustrengen. Auch : ttttre-ie awa
no tsiikami-dori.
2185. Nuslii am hana wo oruna .' ^^hlxi^^h'^L Pflücke nicht
Blumen ab, die einen Eigenthümer haben !
2186. 'Kusuhito ni kagi wo watasu yd. iSAl-^^i'i'l'f tt Als ob
man dem Diebe die Schlüssel (des Hauses) gäbe.
Abgekürzt : jiusubito ni k.igi, dem Diebe die Schlüssel.
2187. Nusubito ni katc. ^Al-4S Dem Diebe Proviant.
Dem eigenen Feinde helfen. (Vgl No 8.)
2188. Nusubito ni ino jingi ari. "^Al- itfö^j^J Auch der Dieb
(Räuber) hat Menschlichkeit.
2189. Nusubito ni oi-sen. ^Al-ü.!! Geld zur Verfolgung des
Diebes.
In ein verfehltes Unternehmen noch mehr Geld hineinste-
cken ; sich nutzlose Kosten machen. (Variante von No 31 1;)
— 237 —
2190. Numbito no hau ni wa nusubito wo tsiikae ! ^A^Sl-U^
A^fö*^ Zum Wächter gegen Diebe nimm einen Dieb !
2 191. Nustibito no Jiima wa aredo, mamori-te no hima wa nashi.
•^A'^^EiU^tns'.^'AOlJÜXilL Wenn auch der Dieb ruht,
der Wächter darf nie ruhen.
Sagt das Gegen theil von No 1755.
2192. Nusubito no hirune. ^AO^I^ Der Tagesschlaf des
Diebes.
Zu einem grossen Unternehmen Kräfte sammeln.
2193. Nusubito no hirune wa atekoto an. ^A0lBil1*Vfc''J Auf
den Tagesschlaf des Diebes kann man sich verlassen.
Scherzhaft zu jemand, der nur deshalb fleissig ist, um mit
der Arbeit desto eher fertig zu sein und dann ausruhen zu können.
2194. Nusubito take-dakeshi. !SA"f:l.Tf:'l) \.^' Diebe sind ver-
wegen,
2195. Nusubito wo mite nawa zvo nau. "^A^^tll^llI^ Den
Strick erst machen, wenn man den Dieb sieht.
Etwas zu spät thun (Vgl. No 312 u. 894,'. Gemeint ist nicht
etwa der Strick zum Hängen, sondern zum Binden des ergriffenen
Diebes.
2196. Nisubito wo toraete mireba, tvaga ko nari. "^A^^ii'^'CÄH
It^T^X^J Wenn nian den gefangenen Dieb ansieht,
ist es das eigene Kind.
Wenn sich z. B. jemand über etwas beklagt, und es sich
dann herausstellt, dass er selbst daran schuld ist.
2197. N^usiitni suru ko iva 7iikukara(jt)de, naxva kakeru Jitto
ga urameshi. '^^ f 'S ^ Itft^ ^ h Tll^if h Au^'tB*^ L Man
hasst nicht den Sohn, der stiehlt, sondern denjenigen,
der ihn mit Stricken bindet.
Man hasst nicht seine eigene Schlechtigkeit, sondern den,
durch welchen sie an den Tag kommt.
2198. Kyobö ga tsuno wo hayasti. icM^'Ä^^-^'f Die Frau
streckt die Hörner hervor (eigtl. lässt die Hörner
wachsen).
Sie wird eifersüchtig.
— 238 —
2199- Nyobö to kovie no meshi ni wa akatiu. icM^^^tSI* UiÖ«'
<^ Seiner Frau und gekochten Reises wird man
nicht überdrüssig.
2200. Nyobö to tatmni %va atarashiki ga yo&hi. ic^ifiU^ L^*-»*
Ä L Frauen und Zimmermatten sind am besten, wenn
sie neu sind.
2201. Nyobö zua ie no dögu. iCj^(i^O-^Ä Die Frau ist das
(werthvoilste) Geräth des Hauses.
Dögu, " Geräth," schliesst manchmal den Begriff " werthvoll,"
" Schatz," " höchstes Gut " etc. in sich, z. B, toln no iii07io iva
chonai no dögu da, die Feuerwehr ist der rettende Hort des
Stadtviertels.
2202. Nyobö iva ie no takccra. ic^U^^Ä Die Frau ist der
Schatz des Hauses.
2203. Nyobö tva yama no kamt kurai, hyakkoku no knrai. icM
Itlll^'fö, W^S Die Frau hat den Rang der Berges-
göttin und von hundert Koku Reis.
Die Frau ist eine sehr wichtige Person. ( Yama no kamt
" Gott (od. Göttin) des Berges," ist ein Ausdruck für " Frau,"
besonders für eine solche, die im Hause die erste Rolle spielt.).
2204. .JS^i/UsIiü no kiichi. ¥LÄOP Ein Mund, der (noch) nach
Milch riecht.
Gleich No 220.
->^<«
2205. O ni 0 wo tsukcni. Ml-M^ftlTS Dem Schwanz immer
noch einen Schwanz ansetzen.
Übertreiben.
2206. O %vo furu inu wo utsn mono nasJii. M^^*::^'^^<?^ilL
Einen Hund, der mit dem Schwänze wedelt, schlägt
niemand.
— 239 —
2207. O zva jüzen, kann wa kuzen.^\t-\'^.W^{t%^ Der König
hat zehn Tugenden, die Götter haben (nur) neun
Tugenden.
Der König ist mächtiger als die Götter; man hat vor ihm
noch grösseren Respekt, fürchtet ihn noch melir.
2208.* O-lnine wo ngokasu roJioso wa isshaku ni tarazti. 'k^^
iS^'tM^(t-Xr-Ä ?.T Der Ruderzapfen, der das grosse
Schiff bewegt, ist nicht einmal einen Fuss lang.
2209. ' Oltuft' to üba ' dakarcyo' to in. Äi<^ 9 ^51ltlflJ^"^5
i5>J> Wenn man sagt: ich werde dich auf dem
Rücken tragen, sagt er: ich will auf dem Arm
getragen werden !
Von jemand, der, wie ein eigensinniges Kind, immer das
Gegenlheii von dem will, was ein anderer vorschlägt.
2210. Tß-huroshiki wo Jdrogcta yd na hito. -K'W^.^tk^MltM'^S.
A Ein Mann, als wenn er ein grosses Einwickeltuch
ausgebreitet l)ätte.
Ein Prahler ; einer, der sich zu allem vermiest. Auch nur :
i-burosJiiki Jio hit,i, der Mann des grossen Einwickeltuches.
Obutta ko -s. Ota ko.
22 11. O-cha zvo nigosu. i^%t^^ Den Thcc trüben.
Eine Redensart, mit der man um Entschuldigung bittet, dass
man (z. B. durch eine Ansprache, durch den Vortrag eines
Musikstückes etc.) die allgemeine Aufmerksamkeit einige Zeit lang
in Anspruch nimmt.
2212. OchiinuslHi simiki 710 ho ni ozurn. j?5\^ill<?>^,i-:^T*^
Der Ausreisser erschrickt selbst vor den Ähren des
Susuki-Grases.
2213. Ochireba onaji tanigazva no niizu. ??nitl?5j CS jiJO/K In-
dem es (Regen, Schnee u. s. w.) niederfällt, (wird alles
zum) Wasser desselben Thalflusses.
Es ist schliesslich alles eins. Das Spr. stammt aus einem
Volksliede.
— 240
2214« Ochisö de ocJiimi tua hatacJii-bözu to nshi no kintama,
ochisö VW nakiite ochim wa gojü-bösu to shika no
tsuno. ^5^5T^S»II-+i;5±«1^€)gÄ. J^^^9T^i:<'C
•^'bhXI'E.-Ym^.i^^n Was aussieht, als ob es fallen
könnte, aber nicht fallt, ist ein zwanzigjähriger Priester
und die Testikeln des Stieres ; was scheinbar nicht
fallen kann und doch fällt, ist ein fünfzigjähriger
Priester und das Geweih des Hirsches.
Oc/ilru, fallen, abfallen, hat den Nebensinn : sündigen. Der
junge Priester überwindet die sinnlichen Triebe trotz ihrer Stärke,
weil er noch voll Eifer ist ; beim alten Priester dagegen hat der
Eifer schon nachgelassen, sodass er, trotz seiner Jahre, der Ver-
suchung leichter unterliegt als der junge.
2215. Ochitam Jiochi ni iakavii wo osorti. ^1~h'^\-'^^^W
h Wenn man gefallen ist, fürchtet man die Höhe.
" Gebranntes Kind scheut das Feuer."
2216. OcJiite im inoiio wo Jiiromia ! MX^ i^^t^J>-U Hebe
nicht auf, was am Boden Hegt I
2217. Odan-yanii no Jiito ni zva nani mono mo mina kiiro
ni viiyit. ffiia^OAl-ltMiia i ^^Ül-Ä<5> Dem Gelbsüch-
tigen erscheinen alle Dinge gelb.
Vgl. No 74.
2218. Oclate to mokko ni zva noritakunai. ffiW)iÄI-(t^''J "f: <
'^L^^ Man hat ebensowenig Lust, sich aufhetzen zu
lassen, wie in einem viokko getragen zu werden.
Mokko ist ein Flechtwerk aus Stricken, das dazu dient, Erde
fortzutragen, früher aber auch, Verbrecher zu transportiren. Auch :
odate to mokko ni nori-yasui, (er) lässt sich leicht überreden und
im mokko trogen.
2219. Odaivara-chöchin. 'hfflüü^ Eine Odawara-Laterne.
Die nach der Stadt Odawara benannten Papierlaternen sind
lang cylindrisch und zum Zusammenklappen eingerichtet. Ein
scherzhafter Ausdruck für Impotenz. (Vgl No 244.)
2220. Odazvara-hyogi. 'hHÜ^fPIS Die Berathung von Odawara.
— 241 —
Langes resultatloses Hin- und Herreden. Das Odawara-
Schloss, der Sitz der Höjö-Familie, wurde 1590 von Hideyoshi
durch einen plötzlichen Handstreich genommen, während man
drinnen noch immer beim Kriegsrath sass und sich nicht einigen
konnte. — Statt hyögi auch hyijd (I^IS).
2221. Odazvara-hyögi de matomaranai. 'J^HMI^IiTilÄ ^j^j;*.^ Bei
einer Odawafa-Berathung einigt man sich nicht.
Wenn jeder eine andere Meinung hat, so kommt man zu
keinem Resultat.
2222. O-dori S2im yori ko-dovi seyo ! ^^"^ S i "J ^M?tf l Nimm
Heber 7x\ wenig als zu viel !
Ofiüzu : s. Okame.
2223. Ogoru mono wa hisashikarasii. ^^^ItA. L^" ?>"?* Zu
anmassende, übermüthige Leute treiben es nicht lange.
" Hochmuth kommt vor dem Fall"; "gestrenge Herren
regieren nicht lange." Auch sagt man : ogoru Heike 7va hisashi-
karazu, die übermüthige T^mz-Familie hat nicht lange gedauert.
Die 7^?/nr-Familie [Heike] gelangte durch Taira 710 Kiyomori
(t I181) zur unumschränkten Herrschaft, wurde aber wenige
Jahre nach dessen Tode völlig vernichtet,
2224. O-hachi ga mawatte ktiru. i^l^'^^MX^h Der Reiskübel
geht im Kreise uirJier.
Es kommt an jeden die Reihe, z. B. zu gewinnen ; aber
auch zu verlieren.
2225. 0-hacJdbarai no meshi wo hm to shiissei sJiinai. ^W^Ü^
^t54-Äi>=i ttiiS: XJi.'^^ Wenn man den aus dem Reiskübel
ausgekratzten (letzten) Reis isst, wird inan nicht sein
Glück in der Welt machen.
Man soll sich nicht wegwerfen,
O-haJiO-viusuine : s. Hakoiri-vmswne.
2226. O-heso de (od, gd) cha wo wakasu. i>"ifT^4'i^»1' jAuf
dem Nabel Thee kochen.
S. No 620,
2227. O-liige no chiri zvo haraii. ip'feOM^-l^i^ Einem andern
den Bart abstäuben.
Sich gegen jemand kriechend benehmen ; ihm schmeicheln.
— 242 —
2228. O-hira no naga-imo no yd. -fcf^^igt^O^ Wie die Yams-
wurzel der flachen Schüssel.
Von einem Mädchen mit weissem, aber nichtssagendem,
dummem Gesicht. " Flache Schüssel " ist der Name eines bei
japanischen Mahlzeiten regelmässig aufgetragenen Ganges, der
aus Yamswurzeln, Pilzen und noch anderen Gemüsen besteht.
2229. Oire no gakumon. ^^OJ^fSJ Das Studiren des alten
Mannes.
Vgl. No 475. Statt oire, alter Mann, auch oioore, vor Alter
kindisch gewordener Mann.
2230. Oitarii wo chichi to seyo .' ^«^f: 2)=^^^'tf i Behandle
einen alten Mann wie deinen Vater !
2231 Oite zva futatabi cJngo to naru. %X\V^Ü^'^t]B^h Wenn
man alt wird, so wird man wieder zum Kinde.
2232. Oite %va ko ni shitagau. ^'^\'l^\'~'^^- Wenn man alt
ist, gehorcht man den Kindern.
2233. O-hahii wo in. ii^^Si- Den Baumstumpf reden.
'■ Baumstumpf" hier gleich : das, worauf man immer wieder
zurückkommt, worum es einem hauptsächlich zu thun ist.
2234. O-kage de. fc"^T Durch Ihren Schatten.
Durch Ihren Einfluss.
Okame (Name einer populären Figur).
2235. Okmne ga aviazake (od. shirozake) ni yotta yd. iJt>^ii^i}^"H'
?@!:S$o-f;^ (So vergnügt) als ob Okame von süssem
Sake berauscht wäre.
Okame (auch OJukii oder Oiafukit) ist der Name einer
volksthümlichen, oft abgebildeten Figur, die ein lachendes
Mädchen mit schmaler Stirn, stumpfer Nase und dicken Backen
darstellt — ein Symbol ausgelassener Fröhlichkeit. Auch ab-
. . gekürzt : Okavie ni ainasake, der Okame süssen Sake (geben).
Okame (Zuschauer).
2236 Okame liachi-moku. ^IIA@ Zuschauer haben acht Augen.
Ein unbetheiligter Zuschauer sieht die Sache richtiger an als
die Betheiligten ; andere können uns besser beurtheilen als wir
selbst.
— 243 —
2237- Ökanii ga koromo zvo kita yd. W-^^^tM. Als ob ein
Wolf ein Priesterkleid angezogen hätte.
Nicht etwa gleich unserm " Wolf im Schafskleide," sondern
soll nur sagen, dass das Kleid für den Träger viel zu gross ist.
Auch : ökami koromo Jii kiseru ga gotoku, als ob man einem
Wolfe Priesterkleider anzöge. Abgekürzte Form : okavii koromo.
2238. Okami-mono. 3S i "^^ Ein Mensch wie ein Wolf.
Ein Heuchler ; ein gewissenloser Mensch.
2239. O-ka^ari no shita wo yokei kugiirite im. i>'|(^'?>T'V^lt
i^'J'C^i Sich (beim Durchgehen) unter dem Neu-
jahrs-Thorschmuck zu sehr bücken.
Schon vom Alter gebeugt sein.
2240. O-haze no ato no yd. icE'?^^^^ Wie nach einem gros-
sen Sturme.
Alles verwüstet und in Unordnung.
2241. Ohovi-fiirul ga töji ni yuku yö. ^^i'^'li?&l-fi'<^ Als
ob ein F'ieberkranker ins Bad reiste.
Das Baden in dem Wasser der heissen Quelle würde seine
Krankheit nur schlimmer machen.
2242.* Ohii shokn scba jinii snkiinakn, snkitnakii sliokn sebajimi
J.y/«. ^<Ätfli'5^i*'J;<.'J?<Ä-d:it^*^L Wenn man viel
isst, ist der Wohlgeschmack gering, wenn man wenig
isst, ist der Wohlgeschmack gross.
2243. Okiiha c mono ga hasamatta yd. Ä®'^1^^«'*3^i<3'r:^ Als
ob sich etwas in den Backenzähnen festgesetzt
hätte.
Von einer Sache, an die man immer wieder denken muss,
die einem keine Ruhe lässt.
2244. Okiihyö-gami ni sasowarn. WM¥^'y'"M\'^^ Vom Gotte der
Feigheit abgeholt werden.
Das Hasenpanier ergreifen.
2245. Okubyö-kase ni fiikareru. M^El-S^'o'US Vom Winde der
Feigheit angeweht werden. _
Gleich No 2244.
— 244 —
2246. Ohihyö-moiio zva kozvashi. fli^#(tWlt L Ein Feigling ist
zu fürchten.
Vor einem Feigling muss man sich in Acht nehmen.
2247. Okure wo toru. ^H^S?o Verspätung bekommen.
Besiegt werden ; sich den Rang ablaufen lassen ; " den Kür-
zeren ziehen."
2248. Okure-base ni. ^l^-^il- Hinterher laufend.
Nachträglich.
2249. Otnae hyaku made, watashi kiijü-ku made. fetUWiS. "^1%
+:^ig (Mögest) du bis 100, ich bis 99 Jahre (alt
werden) !
Sagt die Frau, oder die Geliebte, zum Manne. (Vulgär.)
2250.* Oinae isuisJiö sunt, vioiio wa kanarazu kage de sosliiru.
fc^iität-f S^Ujif^t-ffiT'P^ Wer in deiner Gegenwart
schmeichelt, verleumdet dich gewiss hinter deinem
Rücken.
Ebenso Xo 1533.
2251. O-nie ni kakaru. 0S0t-Si>-J*^ An Ihren Augen hängen.
Ein höflicher Ausdruck für : von jemand gesehen werden,
d. h. mit ihm eine Zusammenkunft haben.
2252. 0-ine ni kakcru. ^Bl-öi'lTJ An Ihre Augen hängen.
Höflich für : jemand etwas zeigen.
2253. 0-ine ni mini. %^\'-%h Mit grossem (grossmüthigem)
Auge ansehen.
Grossmüthig hingehen lassen, verzeihen. Auch o-vie iii mite
oku, mit grossmüthigem Auge sehend weglegen, oder 'ö-vie ni
77ii-nogasu , mit grossmüthigem Auge sehen und laufen lassen.
2254. O'^medania chödai. ■^WM-'W^W, Ich habe Augäpfel be-
kommen.
Er (der Herr, daher das respektvolle 0 und clwdai) hat
mich mit grossen, zornigen Augen angesehen ; ich bin sehr
gescholten worden,
2255. ÖmUdorobd ni Ise-kojiki. i^ÜSMl-'^l^tlÄ Die Diebe
von Omi, die Bettler von Ise.
— 245 —
Die Leute aus der Provinz Oiiii stehen in Bezug auf Ehr-
lichkeit in schlechtem Rufe, während den Einwohnern von he
nachgesagt wird, dass sie sehr knickerig seien.
2256. Omina shichibn, otoko sambii, ic-tr^. ^HS" Der Antheil
der Frau (bei der Erziehung) beträgt 7, der des
Mannes 3.
Wichtigkeit der Mutter für die Erziehung der Kinder.
2257. Omoi viune ni initsii. /®6^S^i:j^o Der Gedanke füllt die
Brust.
An etwas ausschliesslich denken; voll Sorge, auch voll
Erwartung sein.
2258. OjJtoi WO kiidakii. >®C;\^5?< Die Gedanken zerbrechen.
Sich grosse Mühe geben.
2259. Omoi-idasu mo hada ni awa ga dekiru. ^b^^^M^ \,W-M.
*'*/I15Ks Schon bei der Erinnerung bekommt man
auf der Haut Hirse.
D. h. eine " Gänsehaut."
2260. Omoi-tatta ga kicJdnichi. ^ü^m.'^1:^''SB Der Tag des
Entschlusses ist ein Glückstag-.
Man soll die Ausführung des Entschlusses nicht aufschieben.
2261.* Onioi-iichi ni areba, iro-soto ni avaivam. ^ü^'^\~'^\X\t^ "6,
^\'~M.\Xh Was innen in den Gedanken ist, zeigt sich
aussen an der Farbe (im Gesicht).
2262. Oinoko ni tabi wo saseyo .' S-=FI'M^5tii Schicke das
Lieblingskind auf Reisen !
S. No 1252.
2263. Omoni ni kozukc. W^\'-^Y^ Zu einer grossen Last noch
eine Kleinigkeit.
Es macht keinen Unterschied. " Kommt man über den
Hund, kommt man auch über den Schwanz."
2264. Omoni luo oroshita yd. Ä1^^^ LTM. Als ob eine grosse
Last abgenommen wäre.
Sich sehr erleichtert fühlen ; " einen Stein vom Herzen
haben."
— 246 —
220$ ■ Oniote-masari no ura ^osode. '^W) ^M^hiii Das gefüt-
terte Seidenkleid, dessen Innenseite (Futter) besser
ist als die Aussenseite.
Wenn die Frau den Mann übertrifft, zu gut für ihn ist.
2266. Omote 1110 fiirann. WiM^W Nicht einmal das Gesicht
umwenden.
So sehr in etwas vertieft sein, dass man auf nichts anderes
achtet.
2267. Oniou hito ni wa hodasaruru. <l^-J-Al-(iS2 5 ^ Man ist
durch die, die man liebt, gefesselt.
Ein Familienvater z. B. erträgt Frau und Kindern zu Liebe
manches, was er sonst nicht ertragen würde. Auch : omou hito
lua hodashi io narit, die man liebt, werden zur Fessel.
Omou ko : s. Kazuaii ko.
2268. Omou koto isiika no hashi to ktn-c/dga?c. ®i>¥^Bi,%<J>?^i
iitc;^^i> Was man wünscht, kreuzt sich (geht quer)
wie der Schnabel des Kreuzschnabels.
Vgl. No 1749.
2269. Omou iiaka no ko-isakai. jUi-t^O-'Mf 0^ Ein kleiner
Freundschaftsstreit.
Ein kleiner Streit unter Freunden oder Liebenden, der nichts
auf sich hat.
Omou tienriki : s. Netiriki,
2270. Omou ni sowa{ji)de omowami ni sou. iS^-l*^llT»SitW
\'-Wii- Nicht mit dem Geliebten, sondern mit dem
Ungeliebten verheirathet werden.
2271. Omou tokoro ni kaze kitani yd. ^i-d\\'--MMliZ'^ Wie
wenn der Wind dahin kommt, wo man ihn wünscht.
Von etwas, das grade gelegen kommt.
2272. Omou yori umu ga yasui. ^i>l "J ^»'^t' Die Geburt ist
leichter, als man denkt.
Es wird nicht so schlimm werden, wie man denkt ; " es
wird nichts so heiss gegessen, wie es gekocht wird." (Identisch
mit No 71 ; die dort angegebene Bedeutung ist unrichtig, und
statt ihrer die hier gegebene zu setzen.)
l
— 247 —
2273-* Oniu yoku mono wo in ino chöniitvo hanarezu. illS^<
^^5^i,fe^^linf Wenn der Papagei* auch gut
sprechen kann, hört er doch nicht auf, ein Vogel zu
sein.
2274.* On %uo ada de hözuru (od. iiasn). M^^f/iT^T^ (^T)
Wohltliaten mit Feindschaft vergelten.
2275.* On wo ttkete on wo shiranu wa kichiku no gotoshi. .^^i^
-cm^-^f.ßltÄWo'iÖDL Wer empfangene Wohlthaten
vergisst, gleicht einem teuflischen Thiere.
O-naka ga sidta toki ni etc. : s, Hara ga sinta.
2276. Ondeni-byakiishb tsiikw'i-dori. ^H'S"üf^''JI?'J Der Bauer
des verheimlichten Ackers behält die ganze Ernte.
Er entrichtet keine Abgaben, enden hiessen früher solche
Reisfelder, die der Regierung nicht angemeldet waren.
2277. Oni ga junö wo kakacta yd. Ä-ö^'-j-bI^^-^?:^ Als ob
der Teufel eine Kohlenschaufel im Arm hielte.
Wenn ein hässlicher Mann samiseti (Guitarre) spielt.
2278. Oni ino jü-/iachi {od. ju-shichi), bancha mo nibana. Äi +
A(+-t:).|||£i;f.?£ Auch der Teufel ist einmal achtzehn
(od. siebzehn) Jahr alt, auch schlechter Thee hat
einen ersten Aufguss.
Jugend vermag selbst ein wenig hübsches Gesicht anziehend
zu machen. (Gewöhnlich sagt raz^x ju-hachi.)
2279. Oni mo ini-naretarn ga yoshi. Ä iÄiH*: 2)t3^'.g L Es ist
gut, sich sogar an den Anblick des Teufels zu ge-
wöhnen.
Mit "Teufel'' ist hier eine hässhche Frau gemeint. Es ist
immer noch besser, eine hässliche Frau, wenn sie sonst brav ist,
zu behalten und sich an sie zu gewöhnen, als eine andere zu
nehmen, die vielleicht in anderer Beziehung noch schhmmer
wäre.
2280. Oni ni kanabö. ÄI-^# Dem Teufel eine Eisenstange.
Dem ohnehin schon starken Teufel auch noch eine solche
Stange zu geben ist nicht rathsam.
— 248 —
228 1. Oni ni kobu wo torarerii yd. %\'~^^Mh'^h%. Als ob
einem vom Teufel ein Auswuchs weggenommen würde.
Man wird auf einmal etwas Unangenehmes los. Die Redens-
art bezieht sich auf ein bekanntes Märchen (s. S. 191 in Mit-
ford's " Tales of Old Japan ").
2282. Oni 710 kimba 110 yö. ÄO^®«?)^ Wie die goldenen
Zähne des Teufels.
Hiermit vergleicht man die Körner von gekochtem Reis,
wenn sie recht schön und gross sind.
2283. Olli 110 kishö Diini yd. ^^^HÄ^^^ Als ob man den
Schwur (Vertrag?) des Teufels sähe.
Der Sinn blieb unaufgeklärt.
2284. Oni no kiibi wo totta yd. ÄO"i"^??of:ti Als ob man
den Kopf des Teufels bekommen hätte.
Vor Freude ausser sich sein. Statt oiii no kubi auch oni no
tede, Arm des Teufels.
2285. Oni no kwakuran. Ä'?>SSL Die Cholera des Teufels.
Wenn ein sehr kräftiger, gesunder Mann plötzlich eine
schwere Krankheit bekommt oder stirbt. (Der Teufel dient als
Symbol der Stärke.)
2286. Oni no nie ni ino naniida. Ä^Bl-iP Selbst im Auge
des Teufels sind Thränen.
Selbst der Härteste zeigt manchmal Gefühl oder empfindet
Mitleid.
2287. Oni no ncnibutsu. %.'^'k>^ Das Gebet des Teufeis.
Verdächtige Frömmigkeit.
2288. Oni no nyobö ni kijin ga naru. ^«^ic^i-Älfs^fj: i Die
Teufelin wird die Frau des Teufels.
Sagt man, wenn die Frau eines strengen, harten Mannes
ebenfalls streng und hart ist.
2289. Oni no rusu ni scntaku suru. ^'^^TFi-i^ü'^^ Wäsche
abhalten, wenn der Teufel nicht zu Hause ist.
Ahnlich unserm : "wenn die Katze nicht zu Hause ist, tanzen
die Mäuse auf Tischen und Bänken." Mit oni, Teufel, ist hier
häufig die Schwiegermutter der Frau gemeint (vgl. Anm. zu No
1475). seniaku siiru, Wäsche abhalten, hier in einem ähnlichen
Sinne wie in No 906.
— 249 —
Oni HO udc : s. Oni no hibi.
2290. O-niiva 710 sakura de viita bakavi. iiU.^W^%tM^) Nur
als Kirschbaum im Garten eines andern gesehen.
Von Dingen, die man sich wünscht, die man aber nie be-
sitzen kann, da sie schon ein anderer hat.
2291. Onna e te ga tsiiku. :*:'^?-i3^'ft < Die Hand streckt sich
nach der Frau.
Bezeichnet die Verführung eines Mädchens, besonders die
Schwängerung einer Dienerin durch ihren Herrn oder dessen
Sohn. Transitiv : oiina e ie wo isjikeru, die Hand an eine Frau
legen, d. h. sie schwängern.
2292. Onna ga ftttaguri zvo kim io, fidago wo lumi. :&*^'zlM4'
'^iiy'tzL^fie^V Wenn eine Frau eine Zwilling-skastanie
isst, so bekommt sie Zwilh'nge.
Scherzhafte Redensart.
2293. Onna nara{ii)dc zva yo mo id mo akenu. icU hXlt^i H i
?5lTW Wenn es keine Frauen gäbe, so nähme weder
Nacht noch Tag ein Ende.
2294.* Onna ni sJiicJd-kyo ari. •k\--\i^h^) Die Frau verlässt
(das Haus des Mannes) auf siebenerlei Art.
Bezieht sich auf die sieben Scheidungsgründe, die nach dem
Taihoryö (einem 701 n. Chr. erschienenen, nach chinesischem
Muster verfassten Gesetzbuche) dem Manne zustanden : Kinder-
losigkeit, Ehebruch, Ungehorsam der Frau gegen die Schwie-
gereltern, Schwatzhaftigkeit, Dieberei, Eifersucht und erbliche
Krankheit.
2295. Onna ni ukimi wo yatsnsti. ici-y^J^ST Sich wegen einer
Frau in armselige Kleidung stecken.
Sich einer Frau zu Liebe durch Verschwendung ruiniren.
2296. Onjia no ekubo ni wa shiro ivo vio kataninhi. :^'?)^l-ll
^itiM< Wegen der Lachgrübchen einer Frau ruinirt
man selbst ein Schloss.
Vgl. No 1283.
2297. Onna no icJdncn iwa wo mo tösn. ici2)— ;t:^V tä'äf Der
eine Wille der Frau durchbohrt selbst Felsen.
— 250 —
Wenn eine Frau sich etwas in den Kopf gesetzt hat, so
setzt sie es auch durch. (Eine Art Parodie zu No 2101.)
2298.* Onna no ippatsu no hiku chikara iva gyüsha yori tsiLyoshi.
*O-g0BKÄIi^$i>'J3äL Ein Haar der Frau zieht
stärker als ein Ochsenwagen (gezogen wird).
2299.* Onna no kaniisuji zco yorern Unna ni zva daiz~) ino tsuna-
garu. ic^^li^ginÄ«^!-!!:^!!.*.^»'^ Mit einem aus
Frauenhaaren gedrehten Seile wird sogar ein grosset
Elephant gebunden.
Der Macht weiblicher Reize kann auch der Stärkste nicht
widerstehen. Varianten : onna no kurokami lua daizö ino
istmagu, das schwarze Haar der Frau fesselt selbst den grossen
Elephanten ; onna no kamoji ni wa daizo vio kakaru (od.
to/narii), im Chignon der Frau fängt sich selbst der grosse
Elephant.
2300. Onna no mc ni wa siizu zvo hare, otoko no ine ni zva
ito zvo hike! ^*?)ar-(t|^^Mn.»l50@r- |t5^.J^BIt:r Auf das
Auge der Frau spanne eine Schelle, über das Auge
des Mannes ziehe einen Faden !
Diese seltsame Redensart soll den Sinn haben, dass man
bei Frauen runde Augen, bei Männern schmale Augen für schön
hält, {suzn, die japanische Schelle, hat immer eine runde Form.)
2301. Onna no nenshi zva sangzuatsu inadc. 'k'^^Uail'^Ä i 'C Die
Neujahrsgratulationen der Frauen dauern bis zum
dritten Monat.
2302. Onna no netanii naki zva Jiyahi no tsntanaki zvo du.
^OÄ5>&^^^(iW^föl^^JSi> Abwesenheit der Eifersucht
bei einer Frau deckt hundert Unvollkommenheiten zu.
2303. Onna sannin yorcba kashiniashii. "ifHA^^IlÄi'* Wenn
drei Weiber zusammenkommen, so geht es geräusch-
voll zu.
2304. Onna no sarn-jie. icO^^l? Der Affenverstand der Frau.
" Affenverstand '' bedeutet hier " geringer Verstand ''; auch
steht in dieser Redensart oft statt sariijie : asajie (seichter Ver-
stand).
t
— 251 —
2305. Onua HO shiri in shikarerii. icOMl-E'^J'^o Unter den
Hintern der Frau gelegt werden.
Unter dem Pantoffel stehen.
2306. Onna sakaskikii sJiite ushi nri-sokcnau. ic^< fC^ÄÄ-S^
Wenn die Frau schlau thun will, verkauft sie 6.&n
Ochsen mit Verlust.
Es ist nicht gut, wenn die Frau klüger sein will als der
Mann. (Bezieht sich auf die Geschichte von einer Frau, die
eine gute Gelegenheit, den Ochsen zu verkaufen, vorübergehen
Hess, in der eiteln Hoffnung, einen noch besseren Käufer zu
finden.)
2307.* Onna nji naku shite tama no koshi iiinoru. ic^%l. L'C3E'5
ÄI-^Ä Eine Frau von nicht vornehmer Abkunft
wird (dennoch) in einer Edelstein-Sänfte getragen
(wenn sie schön ist).
Bei einem Mädchen sieht man mehr auf Schönheit als auf
Herkunft ; wenn ein armes Mädchen schön ist, kann sie selbst
einen Vornehmen heirathen. Oft abgekürzt : iiji iiaku shiie tama
110 koshi, ohne vornehme Abkunft eine Edelsteinsänfte.
2308. Onna wa onna. icit-k Frau bleibt Frau,
Wenn eine Frau auch sehr klug ist, so ist ihr ein kluger
Mann an Verstand doch überlegen.
2309. Onna zva sangai ni ic nashi. :^UH^|i^iSL Die Frau
hat in allen drei Welten kein (eigenes) Haus.
Sie steht während ihres ganzen Lebens unter der Herrschaft
zuerst ihres Vaters, dann ihres Mannes und zuletzt ihres ältesten
Sohnes (vgl. No 1089).
2310. Onna yiie ni. 'k^V- Wegen einer Frau (oder: wegen
der Weiber).
Der Ausdruck, ohne weiteren Zusatz, bedeutet, dass sich
jemand durch Weiber ruinirt hat.
23 11. Onna-yamovie ni hana ga saki, otoko-yamonie ni uji ga
waku, i:i:i'-rtiö-(^^. :^ül"-Mt)^'Ji< -Bei einer Wittwe
blühen Blumen, bei einem Wittwer entstehen Maden,
Einer Wittwe sucht jeder beizustehen, das Hauswesen eines
Wittwers dagegen geräth in Unordnung.
— 252 —
2312. Onohore to kasake no nai mono wa tiai Qfö^üi^MO-^j:
t^^iiM*'^ Es giebt keinen, der von Eitelkeit und
Ausschlag frei wäre.
Statt onobore oft, aber vulgär, imubore.
2313.* Onoga ta e inizu zvo hihi. B«"'ffl'^7jt'tBI < Das Wasser
(des Nachbarn) auf das eigene Reisfeld leiten.
Nur auf den eigenen Vortheil bedacht sein. Auch gesagt,
wenn z. B. jemand einen andern auf seine Seite zu ziehen sucht,
oder einem andern eine tüchtige Kraft abspenstig macht u, dgl, —
Statt onoga in weniger gut jibun no ta.
^314.* Onove Jiito no oya zvo nyamacba, Jiito mata onore no
oya wo uyamau. B^AOli^-^-lt, -teA^^B^il^©:^'
Wenn m.-in die Eltern anderer ehrt, so ehren sie
auch die Eltern von einem.
2315. Onore no atavia no Jiae zuo oe ! B'^H^Ü^'Ü'^ Ver-
scheuche die Fliegen, die auf deinem eigenen Kopfe
sitzen !
"Jeder fege vor seiner Thür."
2316,* Onorc no chösho wo tohi nakare ! ^i^^^^^^^^h- Setze
nicht deine Vorzüge auseinander!
Mache nicht zu viel Aufhebens von dem, was du alles
kannst.
2317.* Onore no Jiossesaru iokoro wa, hito ni Iiodokosu koto
nakare .1 S^^^tt^ J'ig/rimAI-SfitV^in Was du dir
selbst nicht wünschest, das thue auch nicht anderen !
2318. Onore no koto wa tana e agete oku. £.OVlit93'^_h'CE <
Die eigene Sache aufs Wandbrett bei Seite legen.
Von seiner eigenen Schuld nicht reden, oder darüber leicht
hinweggehen.
2319. Onore zvo senietc hito zvo scniuruna ! '^^%X^K^%hlL
Tadele dich selbst, aber nicht andere !
Vgl. No 743.
2320. Oiujöslii ini no tie shirazu.'l^'?k^%'^}ü'!^^h'? Der Wahr-
sager weiss nichts über sein eigenes Schicksal.
— 253 —
2321. O-otoho ni zva chic ga mazvari-kanern. :^^l* U^^'O'Ü'!)
^h In einem Riesen bewegt sich (eigtl. kreist) der
Verstand nur mit Mühe.
Bezieht sich besonders auf die japanische Ringerzunft. Häufig
sagt man auch: b-oioko sdmi {%%) ni T.vr etc., im ganzen
Körper des Riesen.
2322. Ore zva izvanu ga, zvare iuiia f ^\ln\tr:>t\^ni-U Ich
werde nichts sagen, sage (auch du) selbst nichts !
Gleich No 732. Der Rath, seine eigene Missethat oder
sein Geheimniss nicht auszuplaudern, wird hier in den Mund
des Gottes gelegt, dem man gebeichtet hat, daher orc, das " ich "
des Höherstehenden.
2323. 07nme tadashihi. tnU'S.L^. Mit regelrechtem Falten-
wurf.
Mit sehr förmhchem Benehmen,
2324. O-sato ga shircru. ü^^'m^h Die Htimath (die Her-
kunft) giebt sich zu erkennen.
Man merkt aus dem Betragen einer Frau, aus was für einer
Familie sie stammt.
2325. O-share sharete nio, Jwrc-te ga nai. fc- L^H L^^i-C tfö^-
'^'o-iL\i^ Wenn der Stutzer sich auch putzt, verliebt
sich doch niemand in ihn.
Scherzhafte Redensart, wenn jemand sich besonders fein
gemacht hat. Zugleich Wortspiel mit sharete (sich putzend) und
hore-te (Verliebter resp. Verliebte).
2226.* OshidoH zva füfu no chigiri fukashu ÄEll^iwOMi^ L
Bei den Mandarinenten ist der Ehebund tief (dauer-
haft).
Die Mandarinente (Anas galericulata) lebt immer paarweise
und ist daher in China Sinnbild der Gattentreue.
2327. Oshievu zva manabu no nakaba. fc-^ 4 (i:^j:c7)4i Lehren
ist die Hälfte des Lernens.
2328. O-shiri kara. io-Bt^^c, Vom Hintern aus (von hinten).
Ein ironischer Ausdruck, um das Gegentheil einer Sache
auszudrücken, wie z. B. in der folgenden Redensart:
— 254 —
2329. O-sJiiri kara idiiban, ge 110 kashira. i^M'" ?>-^.TOBl Der
Erste von hinten, der Anführer von unten.
Für : der Letzte, der Schlechteste. Man sagt so besonders
auch von sich sellDst, als bescheidene Ablehnung von Lobsprü-
chen.
2330» Osoroshii toki HO ncmbjitsu. SS Lt'^a$'5<'§;^ Das Gebet
in der schrecklichen Zeit.
S. No 1652.
.2331. Oia ko iil oshierarcte asase zvo watarii yo. Äi>t:^l-t5( ?>
n-C-^^^it2>1i Als ob man durch eine Fürth ginge,
indem man sich von dem Kinde, das man auf dem
Rücken trägt, belehren lässt.
" Das Ei will klüger sein aL die Henne.''
2332. Öta ko yori daita ko. Ä^f:^i ''Jife'^t:^ Lieber das Kind
auf dem Arme als das auf dem Rücken.
Wenn eine Frau zwei Kinder zugleich zu tragen hat, so
nimmt sie das, was ihr lieber ist, auf den Arm, und trägt das
andere auf dem Rücken. " Das Hemd ist näher als der Rock."
Statt öta ko in dieser und der vorigen Redensart auch obutta ko.
Otafiiku : s. Okame.
2333. O-taiko ga yoi. ij'icaSö^'iJi'' (Ihre) Tronmiel ist gut.
Em Ausdruck für: gut zu reden wissen, geschickt schmei-
cheln.
2334. Otamajakushi wa kaern ni narn (od. bakeni). %^\^
äil-^2i(4fc3) Die Kaulquappe wird zum (od. verwandelt
sich in einen) Frosch.
. Wenn z. B. ein Armer plötzlich zu Geld kommt.
2335. O-tanie-gokashi iii. -fa^r^'H: Unter dem Vorvvande :
Ihretwegen.
Einen Gefallen verweigern, eine liitte abschlagen u. dgl.,
unter dem Vorvvande, man thue dies nur im eigenen Interesse
des Bittenden.
2336. O-te ga naitam shöshi to satore ! ü^^^^V- ^i%^ ^ 1 \%\\
Wenn mit den Händen geklatscht wird, so errathe,
dass CS eine Flasche Sake (Reiswein) bedeutet !
— 255 —
Zu einem Schenkmädchen gesprochen zu denken. Sinn :
Man soll auch auf blosse Andeutungen oder Winke aufmerksam
sein und sie richtig verstehen.
2337.* Otö nagayiinc ga gotoshi. WM^h v o^Jtn L Als wenn die
treffenden Antworten nur so strömen.
Sehr schlagfertig sein.
2338. Otogai zvo aku. 61^5^ < Das Kinn aufmachen (?).
Den Eltern nicht gehorchen, sich ihrem Willen widersetzen.
2339- Otogai zuj tataku. ^hM < Das Kinn abklopfen.
Sich die Lippen lecken.
2340.* Otogai zvo toku. W^WrK Sich das Kinn ausrenken.
"Sich todtlachen." (Vgl. No 14.)
2341. Otoko no Jiikarl zva nana-hikari. H^^^iJ ll-tri;^'5'>'J Der
Glanz des Mannes ist siebenfacher Glanz.
Der Mann gilt mehr als das Weib ; insbesondere in dem
Sinne, dass man als Kinder lieber Söhne hat als Töchter.
2342. Otoko 110 kintama, onna no chichi. ^'^^%.^-k'^%B Die
Testikeln des Mannes, die Brüste der Frau.
Die Theile, deren Verletzung am lebensgefährlichsten sein
soll.
2343. Otoko 110 ko zva chichi ni shitagai, onna no ko zva haha
ni shitagau. BO^ll^i:i^O^^0^ll©i:^i> Die Knaben
gehorchen dem Vater, die Mädchen der Mutter,
2344. Otoko no kokoro to aki no sora. H^-t^i^O^ Das Herz
(die Liebe) des Mannes und der Himmel im Herbst.
Beide sind sehr veränderlich und unzuverlässig.
2345* Otoko no kuchi kara deta koto zva Jiogu ni naranu. %'^'C\
i>*?)thf:5(i;x-fi'i:^f)« Das aus dem Munde des
Mannes hervorgegangene Wort wird nicht zu nichte.
F.in Mann muss sein Wort halten. (Über hogu ni naru s. d.)
2346. Otoko no shiju zva fnmbetsti-sakari. %'^BrY\t5tWi^'') Im
vierzigsten Jahre des Mannes ist sein Verstand auf
der Höhe.
— 256 -—
2347- Otoko lua ki de motsn. ^ll^T(>-o Der Mann hält sich
durch seinen Muth.
Ein Mann muss muthig sein, {ki, Geist, steht als Abkür-
zung für yvki, Muth.)
2348. Otoko zva Jiikii zvo viatageba, shichinm 110 teki ari. ^Uü:
m^'^\1\t^lK<^fXh^) Wenn der Mann die Schwelle
überschreitet, sind sieben Feinde da.
Erinnert (wie No 1948) an : " der Mann muss hinaus ins
feindliche Leben."
2349. Otoko zvo taterii. j^^Ä'C h Einen Mann hinstellen.
Jemand aus der Noth helfen, ihm " wieder auf die Beine
helfen."
2350.* Otoshi-cina sJüte tora zvo torii mono zva, sono kazva ivo
hagan ga tavic. I§^ L'CJ^^Ü;S^it,Ä^;i,fg^t,>j| Wer
den Tiger in einer Fallgrube fängt, thut es, um ihm
das Fell abzuziehen.
Vgl. No 68.
2351. OtosJii-ana zvo kaniaerii. I^^'t^'- ■?> Eine Fallgrube
machen.
Bildhch gleich unserm " jemand eine Falle stellen.''
2352. Otoshi-dane. ^HL Fallengelassener Same.
Das uneheliche Kind eines vornehmen Mannes.
2353. Dtsu-e HO Asiuiia-kudari. ;'v^tliO#j!iT^] Das Reisen
der komischen Bilder nach dem Osten.
Ein Ausdruck für: lächerliche Reisegefährten. C/i-//-.? heisst
eine Art komischer Bilder oder Karrikaturen (nach der Stadt
Otsu in der Provinz Omi).
2354. Otto in taishite tsuba zvo kaesiina ! :^i-© L'C'Ü^'ig'f tj:
Spucke deinen Mann nicht wieder an (wenn er dich
angespuckt hat) !
tsuba wo Icacsu, wörtlich " den Speichel zurückgeben,'' hat
die bildliche Bedeutung : auf eine zornige Anrede ebenso zornig
antworten ; wüederschimpfen, wenn man geschimpft wird.
|:
— 257 —
2355« O-iiba higasa. i-'fLMH^ Der Sonnenschirm der Amme.
Sie hält ihn so, dass er mehr sie, als das Kind schützt.
[o-uba wird auch oml?a gesprochen.)
2356. Owari-hatsiunono. ^"JIU^ Die Erstlinge vom Ende.
Also eigentlich =" Letztlinge " ; der scherzhafte Aus^huck
bezeichnet das letzte Obst, Gemüse u. dgl. der Jahreszeit, im
Gegensatz zu hatstiniono, den ersten auf den Markt kommenden
Früchten.
2357- Ö!/^ baka. I^.RS^ Eltern sind dumm.
Sie haben von ihren Kindern oft eine zu hohe, verkehrte
Meinung. Vgl. jedoch No 1425.
2358. Oya ga jord kai, ko ga goshö negau. ^M'^'kW^.l} -1-'^"^^
^■5> Der Vater geht zu Dirnen, der Sohn betet für
sein (des Vaters) Seelenheil.
Sagt man, wenn ein guter, tugendhafter Sohn einen lieder-
lichen Vater hat.
2359- Oya ga ko no ai ni oboreru. l|-ö^"^Ogi:ü^S Die Eltern
ei trinken in der Liebe zu ihren Kindern.
Sie richten sich durch übermässige Liebe zu ihren Kindern
manchmal zu Grunde.
2360. Oya naki nochi %va ani ga oya. H-ü^tiltÄ^'M Nach dem
Tode des Vaters ist der älteste Bruder der Vater.
2361. Oya ni ninii ko oni-ko. WC-^Xm-%,^ Kinder, die den
Eltern nicht ähnlich sehen, sind Teufelskinder.
Auch in der Form : oya ni nhiit lua oni-ko.
2362. Oya no liikari iva nana-hikari. ^'^^^"'J (t-b3t"J Der Glanz
der Eltern ist siebenfacher Glanz.
Von solchen, die ihr Glück in der Welt nur dem Einfluss
ihrer Eltern verdanken. (In der Form sehr ähnlich No 2341.)
Statt nana-hikari, siebenfacher Glanz, sagt man auch : nana-
hikari ya-hikari, siebenfacher und achtfacher Glanz.
2363. Oya no vigiva ga ko ni mnkuyu. ^'5>@ll«^*^l-^-J^ Die
(in einer früheren Existenz begangenen) Sünden der
Eltern werden an den Kindern vergolten.
Wenn ihnen Kinder geboren wirden, die z. B. lahm oder
mit sonstigen Gebrechen behaftet sind.
— 258 —
2364- Oja HO kokoro ko shirazii. H'^'C^T-^n ?)"f' Das Kind kennt
nicht das Herz (die Liebe) der Kitern.
Vgl. No 1420.
2365. Oya no kubi e natva zvo kakeni (od. tsukerii). ll'?>i"'^M
^^5 (#4) Um den Hals der Eltern einen Strick
leeren.
Den Eltern Schande bereiten. V^l. No 708 und 723.
2366. Oya no omou liodo ko wa omoivami. llOSU-fl^(ij®lt»
Die Kinder lieben nicht so sehr wie die Eltern.
S. No 1420 und 2364.
2367. Oya no an zua kaeseru ga, inisii no on zva kaesenu. HO
Eltig -^tf^u^^KO.^iiigtf« Die Wohlthaten der Eltern
kann man vergelten, aber die Wohlthaten des Wassers
kann man nicht vergelten.
Als Mahnung, mit dem Wasser nicht zu verschwenderisch
umzugehen,
2368. Oya no setsiiin bakari e kuso zvo sunt. M.<^9W\t^"^] ^Wi^
*f S Nur auf dem Closet der Eltern zu Stuhl a;ehen.
Von erwachsenen Söhnen, die sich noch immer von ihren
Eltern ernähren lassen.
2369. Oya no sune-kajiri. il©liiS''J Das Nagen am Schienbein
der Eltern.
Von Söhnen, die, statt zu arbeiten, ihren Eltern zur Last
liegen.
2370. Oya no yokiivic. Il<?><^'?9 Die wünschenden Augen der
Eltern.
Eltern sehen an ihren Kindern nur das, was sie zu sehen
wünschen; für ihre Fehler sind sie gewöhnlich blind. Vgl. No
2357.
2371. Oya zva nakute mo ko zva sodatsu. ^IIM< "C i ^(i:4:^o
Ein Kind wird gross, auch wenn es keine Eltern hat.
2372. Oya zvo tiiramu to, hirame ni narii. ^^VSSü^Jt 0^1-^2»
Wer die Eltern zornig ansieht, wird zu einer Scholle.
Die Augen dieses Fisches stehen bekanntlich auf einer Seite
neben einander. Eine an Kinder gerichtete Warnung.
- 259 -
2373- Oyabune ni notta yd. m^r,i?^^tM Wie wenn man auf
einem grossen Schiffe fährt.
Sich ganz sicher fühlen.
2374- Oj'abune ni notte chinkoro ni hoerareru yd. W^\'-^^JX=^it^
i-5^?)ns^ Als ob man, auf einem grossen Schiffe
falirend, von einem Ideinen Hunde (am Ufer) ange-
bellt würde.
2375- Oya-ko de vio zcni-kane wa tanin. lÄTT i ?l#Uft6A
Selbst Eltern und Kinder sind, was Geld betrifft.
Fremde.
"In Geldsachen hört die Gemüthlichkeit auf."
2376. Oya-omol no slm-daoshi. mSo^O^HilL Seinen Herrn
aus Liebe zu den Eltern zu Grunde richten.
Über den Pflichten gegen die Eltern die Pflichten gegen den
Herrn vernachlässigen.
Ozel ni busci: s. Tasci.
\
**>•**•<.
P.
2377. ^evori sanshö-miso. --^ -^ "J UltJ^tf Leicht hinuntercre-
schluckt wie Bergpfeffersauce.
So wohlschmeckend ; auch : so leicht, sansh'o-wiso ist eine
mit den Blättern oder Früchten von Zanthoxylon piperitum
gewürzte Sauce.
2378. Potsu-potsii sannen, navii Jiachinen. l?o' \ \ H¥>^A¥
Ein Punkt (ein Tropfen ?) drei Jahre, eine Welle acht
Jahre.
Soll sich auf Gemälde beziehen, die scheinbar mühelos
hingeworfen sind, während doch der Maler selbst die unbedeu-
tendsten Dinge mit grosser Sorgfalt ausgeführt hat.
>;»»•■<« 4
26o —
R.
2379.* Jicichi ga akanu, ^'a^'^'o^n Der Zaun hat keine Öffnung.
Die Sache zieht sich lange hin, entscheidet sich nicht ;
langweilig, ermüdend ; auch : albern, absurd.
2380.* RacJii 100 akeru. *$^B^2i Den Zaun öffnen.
Endlich eine Entscheidung treflen.
2381.=' Bachü. ^^ Nacktes Insekt.
Hat dieselbe Bedeutung wie bei uns "armer Teufel."
2382.* Haidö siirn. Mf^'TS Mit dem Donner zusammengehen.
Immer der Mehrheit folgen ; kein eigenes Urtheil haben.
2383. Hainen 710 koto zvo iu to karasii (od. oni) ga warau.
jK^03p4.ti.5£.gj(^)«>-^^ Wenn man von den Dingen
des nächsten Jahres spiicht, so lacht der Rabe (oder :
der Teufel.)
Vgl. No 110. Statt rahien no koto auch sannen saki na
kolo, die Dinge nach drei Jahren.
2384.* KciJxJnva cda ni kacrazn. ^Ttftl-if ^"f Abgefallene
Blumen kehren nicht zum Zweige zurück.
2385.* Rakkiva yokö ari. r^7tföWfc''J Abgefallene Blumen lassen
ihren Duft zurück.
Grosse oder gute Menschen hinterlassen ein dankbares, gutes
Andenken.
2386.* Baku areba kn ail. l^fchlt^*i''J Wo Freude ist, ist
auch Leid.
2387. Raku no hito %va tvakaku iniynrii. lg^.cAU^< Ä'if * Wer
sich keine Sorgen macht, sieht jung aus.
2388.* Raku Iva ku no tane, ku wa rahi no taue. IS?lt^<5>?I»^
IIS^OM Vergnügen ist die Quelle des Leidens, Leiden
ist die Quelle des Vergnügens.
— 26l —
2389.* Rakio-gaki ni meihitsu nashi. U^V-^^ii L Unter Wand-
kritzeleien findet man kein kalligraphisches Meister-
werk.
2390.* Ba^mna no gotoku. iLÜOjtD< Wie verwirrter Hanf.
In grosser Unordnung und Verwirrung.
2391.* Ransei ni tnnareiaru kodomo zva hösei ni odorokazu.
iLt&r-4nr:5irÄ(J;lfi^i:|g^>f Ein in Kriegszeiten ge-
borenes Kind fürchtet sich nicht vor dem Kanonen-
donner.
2392.* Mei VW sugiinba shitswei to nari. täVAb'Viit^^iJ^^]
Auch Höflichkeit wird, wenn sie zu weit geht, zur
Unhöflichkeit.
Alan kann auch das Gute übertreiben. Statt shitsurei auch
burei.
2393.* Keiri narn atania ni wa tojitaru kuchi ari. ^Wlhlf^V-
lt^f:iPfcvJ Ein kluger Kopf hat einen geschlossenen
Mund.
KUige Leute sind keine Schwätzer.
2394.* Beisoku sunt. SJSJt-5 (Das Meer) mit einer Muschel
messen.
Beschränkte Ansichten haben, grosse Männer kleinlich beur-
th eilen etc.
2395. Hengi de hara zvo kiru yö. W^'^l&f^'^hM. Als ob man
sich mit einem Reibeholz den Bauch aufschneiden
wollte.
2396.* Rengi tori to bake, viogiim kzva shite iizum to nari.
M7|^,^^ftir.üÄ4fcL'Cg|e^^J Das Reibeholz verwandelt
sich in einen Vogel, der Maulwurf verwandelt sich
in eine Wachtel.
Soll bedeuten, dass manchmal das für unmöglich Gehaltene,
Unerwartetste geschieht.
2397.* Jii ni katte hi ni ocJiini. "^V-M^xnV-^h In der Ver-
nunft siegen, in der Unvernunft fallen (besiegt werden).
Im Grunde Recht haben und doch Unrecht bekommen.
202 —
2398'* ^^ "^^'^ yabnru Jid iva aredonio, hö zuo yahiini rixva nashi.
Sit:§SÄ}£|i:frn£'UJi4-?S^iiU/j:LEs giebt zwar
Gesetze, die gegen die Vernunft Verstössen, aber
keine Vernunft, die gegen die Gesetze verstiesse.
2399, Sichigi'niono ko iahisan. #M#T?ilÜ Rechtschaffene
Leute haben viele Kinder.
2400.* Rika ni kamnmri wo tadasasti, kzvaden ni hitsu ivo
ircziL (od. nugazii). ^Tr-^;^iE5 t^EHr-M^Ant" (E*''
"f) Unter einem Birnbaum rückt man sich nicht die
Mütze zurecht, in einem Melonenfelde zieht man sich
nicht die Schuhe an (od. aus;.
Man soll auch den Schein des Bösen vermeiden.
240 1 . Bikö na ko yori baka na ko zva nao kazvaii. M P "^jJ T i ^)
ÖiSn-^i^lI^pT^i.* Das dumme Kind liebt man noch
mehr als das kluge.
2402.* Mi^igen ase no gotoshi. ^S'ff'^iin L Kaiservvorte gleichen
dem Schweiss.
Sie können nie zurückgenommen oder widerrufen werden.
üinhi (Eifersucht).
2403. Rinki scnn onna tva hazumami mari. 't^Mt^w:^|t^^«^
Eine Frau, die nicht eifersüchtig ist, ist wie ein Ball,
der nicht springt.
2404. Rinki-onna m zva tsnno ga hacrii. 'l'§Ä^I-llÄi?'*4fe'^ ?>
Einer eifersüchtigen Frau wachsen Hörner.
Weil sie den Mann wie ein Teufel (auf den die Hörner
anspielen) plagt. Vgl. No 2198.
Hinki (der Gelegenheit entgegenkommen).
2405.* Rinki, öhen. I^^?i.^- Der Gelegenheit entgegenkommen,
dem Wechsel entsprechen.
Chinesische Lesung von No 1360.
2406.* üinvitsit HO gotokn. t^ii^itu < Wie ein Wald stehen.
Von dem " Mastenwald '' eines Hafens.
— 203 -
2407« JRisokit zvo tovii yori risoku wo haraima I f'JJ£^5?i ''Jf'J
Ä^^i'^i Bezahle Heber keine Zinsen, als dass du
Zinsen nimmst I
Scherzhaft für : der Gläubiger macht sich wegen des Geldes,
was er verliehen hat, mehr Sorgen, als der leichtsinnige Schuldner
wegen der zu bezahlenden Zinsen.
2408.* Hissul vio nashi. ÄHiML Man kann nicht einmal
einen Bohrer stellen.
S. No 1404.
J?ö (Mühe).
2409.* Rö sJiitc kö nashi. ^L'^WS. L Grosse Mühe, kein Erfolg.
Vgl. No 788.
Hö (Ein chinesisches Reich).
2410.* Rö wo ete SJioku zvo nosovm. Ü^if'C^^ML' Wenn man
das Reich Rö erobert hat, will man das Reich
Shoku haben.
Anspielung auf einen chinesischen Herrscher, der, mit der
Eroberung von Rö (chin. Liaig) nicht zufrieden, auch das be-
nachbarte Shoku (chin. Shuh, jetzt Sze-c/iwafi) erobern wollte.
Bei diesem Versuch wurde er aber geschlagen und verlor in
Folge dessen auch Rö.
241 1. JRo wo Jiirakii. ;^^P3 < Den Herd aufmachen.
Gepulverten Thee bereiten.
2412.* Röa clio no kiiraki no zvo tvaröte shishü tva satori-ezii.
^tlftOM^^^-^^-CiSliiÄiJ^t- Der alte Rabe lacht
über die schwarze Farbe des Schweines und weiss
nichts von seiner eigenen Hässlichkeit.
Vgl. Xo 1830.
2413.* JRöchö sora zvo sJiitan. ^.fe^^^i- Der Vogel im
Käfig sehnt sich nach dem (freien) Himmel.
2414.* Mögi no gotoku. 4i^?>i(D < Wie Grillen und Ameisen.
Gleich No 1996.
2415.* Hogyo no ayamari. ^W^^^"*) Die Verwechslung von
ro (®) und gyo (^).
— 204 —
Beim Abschreiben entstandene Schreibfehler. (Vgl. unter Sho
iniiabi.)
2416* Hojö no setsuwa söri ni hito ari. 8&Ji'^l8;t5^'^l-A^*J
Beim Gespräch auf dem Wege sind im Grase Men-
schen.
Gleich No 1090.
2417.* HoTxUgu zvo shiniete kara senjö e nozonie l /^Ä-täi^tlo'
?>K^'^ES'^ Erst lege die sechs Rüstungsstücke an
und dann gehe aufs Schlachtfeld !
Die sechs Rüstungsstücke sind Helm, Visir, Brust- und
Rückenharnisch, Arm- und Beinschienen. Auch in der Abkür-
zung : 7-okugu 1U0 sJiimeru, die sechs Rüstungsstücke anlegen,
2418. Mohujii no nmshiro-yahiri. ^+0'^^^"'J Das Stroh-
mattenzerreissen des Sechzigjährigen.
Spöttisch von alten Leuten, die der Liebe noch nicht entsagt
haben.
2419.* Hofiiei "WO tsnnagii. S^^MC Ein Thauleben zusam-
menknüpfen.
Ein Leben von so ungewisser Dauer führen wie der Thau ;
sich kaum durchschlagen ; " aus der Hand in den Mund leben."
2420.* Konipö zvo inukcni. %n^^^^) h Den Argumentpfahl
(gegen etwas) richten.
Gegen etwas argumentiren ; Argumente ins Feld führen.
2421.* Man ni makete ri ni katsii. y^l'-ÄlT-Cili'-Sfo Im Wort-
gefecht unterliegen, in der Sache siegen (Recht haben).
Vgl. No 2398.
2422. Ron yori shoko. fmiUlt^ Beweise sind besser als
Argumente.
2423. Hongo-yomi ga Kongo shirazn. tralf II^-&"''fml§^ h^ Der
Rongo-\^^sQ.x versteht das Kongo nicht.
Kongo, eins der kanonischen Werke des Confucianismus,
enthält Gespräche zwischen Confucius und seinen Jüngern.
2424. JiotiTiUVU mono iva naka kara tore ! trafSlOiIttJtj'f,!?
n Nimm die Argumentirenden aus der Mitte !
" Die Wahrheit liegt in der Mitte."
— 265 —
2425.* Hui zua iomo zvo yohu. ^IIÄ^-nJ-J-* Verwandtes ruft
seines Gleichen.
" Gleich und Gleich gesellt sich gern.'' Ebenso :
2426.* Riii zvo motte atsiimani. W^^X%^ h Sich mit seines
Gleichen zusammenfinden.
2^27.^ Ritiran yori mo ayaiisJii. ^ISi^Ji^L Es ist noch
gefährlicher (in noch grösserer Gefahr) als ein auf-
gethürmter Eierhaufen.
2428. Ruvi ino Jiari mo teraseba hikaru. jS^ i s^^ t ßM t£ (t* ^ 4
Sowohl Sapphir(?) als Glas glänzen, wi-nn man sie
beleuchtet.
Vielleicht ist terasii, beleuchten, hier in dem Sinne " glän-
zend machen," d. h, "schleifen" zu verstehen,
2429.* Byö ga mizu zvo eru gotoku. tWi^^'i%ht^< Wie ein
Drache, der Wasser erhält.
Wasser gilt als das Lebenselement des Drachen. " In
seinem Element sein.''
2430.* Ryöha ni shite tatazarcba, tsui ni ono zvo mochiyitrti iii
itaru. MiUi: L'Ciii?-niiM.§i:^^;B^>5r-MS Wenn man
(einen Baum) nicht mit dem Messer abschneidet (so
lange er jung ist), so muss man schliesslich die
Axt gebrauchen.
Je länger man ein Übel anwachsen lässt, desto schwerer ist
es zu beseitigen. (Vgl. das hiermit fast identische Spr. unter
No 401.)
2431.* Byöhö kikite geji zvo seyo ! M::^li'CT^Vtf i Urtheüe
erst, wenn du beide Seiten gehört hast !
Vgl. No 618 und 1230.
2432. Ryöliö tatereba mi ga tatazii. M:J5:ö:nit*:ii>'''Äf:T" Wenn
man beide Seiten hinstellt, steht man selbst nicht.
Wer es beiden Parteien recht machen will, kommt am Ende
selbst in Verlegenheit. (Vgl. No 1875.)
2433.* Hyöjö kunsJn. ^•±©^ Die Weisen auf der Brücke.
Ein humoristischer Ausdruck für Räuber.
— 266 —
2434-* Hyökin zva ki zvo erandc simin. K^II^^^^T^iü Ein
edler Vogel wählt sich den Baum aus, auf dem er
wohnt.
Hyöko (Drache und Tiger).
2435.* Ryöko 710 arasoi. bIJI^'^^ü^ Der Kampf zwischen Drache
und Tiger.
Ein Kampf zwischen zwei gewaltigen Gegnern.
2436.* Ryöko 110 ikioi. nt^'^^ Die Kraft von Drache und Tiger.
Eine unwiderstehliche Gewalt.
Hyöko (guter Kaufmann).
2437.* Ryöko zva fukaku kakiisJiite iminashiki ga gotoku, kunshi
zva scitohi ni sJiite yöbö gii 7iaru ga gotosld. SRUj^ <
Ü L -c ;t L ^ 1?^' iD < . ^ ^ It ^ ^ r- L -c # 1% m ^X 2. «'* ^ t
Ein guter Kaufmann verbirgt (seinen Reichthum)
sorgfältig, als ob (seine Kasse) leer wäre, ein guter
Mensch ist reich an Tugend mit einer Miene, als
ob er dumm wäre.
Vgl. No 1636.
2438.* Ryöte ni hana zvo inotsn yö, M^\-^^t^oW Als ob
man in beiden Händen Blumen hielte.
Alles haben, was man wünscht ; sehr glücklich sein ; be-
sonders auch, wenn man zwischen zwei schönen Mädchen sitzt.
2439. *I^yötetu{h/i) ni kakeru. MXM\-^^1 ^ An beide Arme
der Wage anhängen.
Sich nach beiden Seiten hin sichern, so dass man, was man
auf der einen Seite verliert, auf der andern gewinnt.
2440.* Hyötö-tsukai. MHikO' Einer, der zwei Schwerter hand-
habt.
Einer, der in zwei Sachen gleich geschickt ist, zwei starke
Seiten hat.
2441.* Jlyöyalia kucJii ni nigakii, kangen zva niimi ni sakarau.
K^Pi:^<.|*tlt:^i:äi.S^ Gute Arznei ist im Munde
bitter, Ermahnungen widerstreben den Ohren.
Gebräuchlich ist nur die erste Hälfte {ryoyaku kuchi ni
nigashi). Vgl. No 1391.
26/ —
2442-* Jüi/öyJi narabi tatazu. WA'^^'tLV-^f Zwei Helden be-
stehen nicht neben einander.
Sic haben nicht neben einander Raum ; einer von beiden
muss weichen. (Ebenso No 333.)
2443.* Kyuha no tswnasuki. tl .1 ^^ ffl ^ Das Stolpern des
Flügel- (eigtl. Drachen-)pferdes.
Selbst der Beste macht einmal einen Fehler. Vgl. No 1434.
2444.* Hyucliu nigaki zvo shirazu, shosho kusaki tuo shirazii.
»^^ ^ ^^ f)-?*. ^m.% ^ ^^ f. T Das Wasserpfeffer-
Insekt weiss nichts von Bitterkeit, die Made weiss
nichts von Gestank.
RyTt, jap. tade, ist der auch in Deutschland durch den beis-
senden Geschmack seiner Blätter bekannte Wasserpfeffer (Poly-
gonum hydropiper).
2445.* JRyügen ase ?io gotoshi.ttWt^^%\iL Drachenworte sind
wie der Schweiss.
Gemeint sind : die Worte des Kaisers. (S. No 2402.)
2446.* MyüryTi sJiinkii. S^*^^ Jedes Reiskorn (kostet dem
Landmann) schwere Mühe.
»»>«^«<
s.
2447. Saha no iki-gusare. If^^^n Das lebendige Faulen
der Makrele.
Die Makrele hält sich nur sehr kurze Zeit und ist daher
sprichwörtlich für leicht verderbende Dinge. Statt iki-gusare
auch tiania-gusare.
2448. Sagi ga dojö zuo fmnu yö. Itj^lg^jfgü^ Wie wenn
ein Reiher auf Schmerlen tritt.
Von hochmüthigem Betragen Hochsteheader gegen
Niedere (?).
— 268 —
2449* ^^ü^^ 7V0 karasu to ii-hironuru. M^.^^ij^/>5 Den
Reiher durch Worte so schwarz machen wie einen
Raben.
"Aus Weiss Schwarz machen." Abgekürzte Form : sagiivo
karasu.
2450. Saifti-ßn wo tsukamn. W^K^ÜL- Den Hintern des
Geldbeutels packen.
Ihn schütteln, ob nichts mehr herausfällt ; mit seinem Gelde
zu Ende sein.
2451.* Saigetsii geki-ku no gotoshl ^^PJS9'?>i(n L Jahre und
Monate (die Zeit) sind wie das Fohlen der (Zaun-)
Lücke.
S. No 499.
2452.* Saigetsii Jiito zvo inatazji. ^^Kh/^V^'f Jahre und Monate
warten nicht auf den Menschen.
2453. Saihai zvofiiru. TJJiE^tÜ Den Feldherrnstab schwingen.
Etwas leiten, an der Spitze stehen.
2454. Sciikii wa ryfiryü, sJiiage tuo goröjiro ! IfflKlJJK-* »ft^ii/'^
WM.^h Eine schöne Arbeit (kann man) auf verschie-
dene Weise (machen); sieh sie dir an, wenn sie fertig
ist!
Warnung vor voreiligem Tadel. " Das Ende krönt das Werk.''
2455. Saishi ni yaviai dslii. :^^l'^^L Begabte Menschen
haben viele Krankheiten.
Bezieht sich auf die schwächliche Constitution der gebilde-
ten Classen, besonders der Gelehrten.
2456. Saita sakura ni nazc koma tstinagu ? ^VMV-^^lWi^
Warum an den blühenden Kirschbaum ein Fohlen
binden ?
Freundschaftliche Warnung, wenn jemand, besonders beim
Gelage, etwas Hässliches oder Rohes thun will. (Aus einem
populären Liede.)
2457. ^(^3^ '^vo iiageru. Sfe^t^s Den Medicinlöffel wegwerfen.
Eine Sache aufgeben, weil alle Mühe vergeblich ist. (Vgl.
No 953.)
— 269 —
2458. Sakalx'O no yiimc. ai^€)^ Der Traum von einer Steiss-
geburt.
Ein beängstigender Traum.
2459. SaJ^a^ieji zvo kuwasem. a^M'^iÄUtta Den in umge-
kehrter Richtung gedrehten Faden zu essen geben.
" Den Spiess umkehren.''
2460. Sahata no Kintoki no yö. ^PEI'^&Bf^lÄ Wie Sakata no
Kintoki.
So roth im Gesicht — vgl. No 1399.
2461. Saka-toinho no yö. M^^<<>^ Wie die verkehrt sitzende
Libelle.
Wenn sich die Libelle an einen Zweig setzt, so richtet sie
den langen Hinterleib senkrecht in die Höhe ; daher Ausdruck
für : mit dem Kopf nach unten.
2462. Sah'cin naru mono zva otorou. ^^£^^(tm^ Wenn etwas
in Blüthe steht, beginnt der Verfall.
2463. Hahaya e sanri, töfuya e niri. S?SM'^HS.>^M'*— M Zum
Sake-(Reisvvein-)händler drei Ri, zum Bohnenkäse-
händler zwei Ri.
In einer vom Verkehr ganz abgelegenen Gegend wohnen.
2464. Saka^iilii wa tatami no vioyö de zva nai. SltfiO^^I;
U'*!'" Die Sakeschälchen sind keine Mattenmuster.
Scherzhafte Mahnung, die Sakeschälchen nicht vor sich auf
der Matte stehen zu lassen, sondern sie weiterzugeben.
2465. Sakaziiki wo katamukeru. '^^%.^1 h Die Trinkschale
neigen,
Sake trinken (gleich No 484).
2466. Hake ni nomarcni. ?@i-§iliS Vom Sake (Reis wein)
getrunken werden.
Berauscht werden. Vgl. No 929.
2467. Sake no seki ni zva c/iin, neko, baba. ?30^i:il#ig^«
Wenn man beim Sake sitzt, (liebt man nicht) Hunde,
Katzen und alte Weiber.
Wohl weniger gegen Hunde und Katzen, als gegen alte
Weiber gerichtet. Vgl. No 237.
— 270 —
2468. Sake zva hyaku-yahi 110 chö. ?@llW^O^ Der Sake ist
die oberste von Inindeil Arzneien.
2469. Sake zva kan, sakana zva sasJdmi, shakn zva tabo. ?Sll!^»
#|l$.'J:i>S^|tiS^ Beim Sake Hitze, beim '¥\'^z\\ sashhni,
beim Einschenken ein Chignon.
Der Sake muss von einem Mädchen eingeschenkt werden,
wenn er schmecken soll, ebenso wie man ihn heiss trinken
muss, und Fisch am besten als sasJnmi (so heisst der in Streifen
geschnittene rohe Fisch, der mit Soyasauce gegessen wird)
schmeckt.
2470. Sake zva nonde 1110 noinarenma ! }@Ut^^T {it^ä^S'^i
Man kann zwar Sake trinken, aber man soll sich
nicht von ihm trinken lassen.
S. No 2466 lind 929.
2471. Sake zva vei ni Jiajiniatte raji ni ozvani. WXi^V-^uk^'^^
\'-%h Der Sake (das Saketrinken) beginnt mit
Förmlichkeiten und endet mit Tumult.
2472. Sake zva nrei no tama-höki. ?BllS^3Ei^ Der Wein ist
ein unvergleichlicher (eigtl. Edelstein-) Besen für die
Sorgen.
2473. Sake zvo katte shiri zvo kirarerii yd. \W^'^'^M^^^^h\%
Als ob man (jemand) Sake kaufte und dann in den
Hintern geschnitten würde.
D, h. als ob man für jemand Sake bezahlt hätte und dann
n^it ihm, weil er betrunken geworden ist, Streit bekäme. ['"ür
gute Absicht schlechten Dank ernten.
2474. Saht zva sahodo ni ovwzvanu. [ti] ^UÄfll->®IIiO Drüben
(auf der Gegenseite) denkt man nicht so.
Wenn man mit etwas " keine Gegenliebe findet."
2475.* Sakin^uveha Jiito zvo sei su. :Jfe^'^HIt*A^!tilJ■f Wer
ztierst da ist, commandirt die andern.
" Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.''
2476, Salxiiva zva hana ni araivani. t^lltei-M(ti Der
Kirschbaum wird an seinen Blüthen erkannt.
— 271 —
2477- Sakuragi ivo kudakite nute vio, Jiana zua nasJii. ^^^'^^
'CI.'C ittdiSL Wenn man den Kirschbaum auch
kurz und klein bricht, sind doch keine Blüthen da.
Man darf nichts zur Unzeit verlangen. Das Spr. (aus einem
scnryjt, Volkslied, hervorgegangen) drückt auch Enttäuschung
nach vorhergegangener grosser Erwartung aus.
2478. Sambeu maivatte tabako ni seyo ! H^M^'^'CÜ^I--tf 3
Erst wenn du dreimal die Runde gemacht hast,
rauche eine Pfeife !
Lieber etwas zu vorsichtig als nicht vorsichtig genug ! (Die
Redensart bezieht sich zunächst auf den Nachtwächter.)
2479. Saimnei sazuagashi. H^|ft)-''L Drei Personen machen
Lärm.
Zwei führen noch ein ruhiges Gespräch, aoer wenn drei oder
mehr beisammen sind, so wird die Unterhaltung lebhaft und
geräuschvoll. Vgl. No 2302.
2480. Saimikl toki ni kitanaki mono (od. kitanaki-viono) nashi,
-^^H^i:^^:!^(^t1^)itL Wenn es kalt ist, giebt es
keine schmutzigen Kleider.
Man zieht, je kälter es ist, desto mehr Kleider an, darunter
dann auch die alten, schlechten, die man z. B. im Sommer
nicht tragen würde.
2481. San sanryö ni shini goryö. 4HMl*^l-iS^ Die Geburt
kostet drei Goldstücke, der Tod (das Begräbniss)
fünf Goldstücke.
2482. Sando-mc ga jd no me. HÄBtJ'Ä'^g Das drittemal ist
das entscheidende Mal.
Das drittemal ist das letztemal, giebt den Ausschlag. Sagt
man, wenn man eine Sache schon zweimal ohne Erfolg ver-
sucht hat. "Aller guten Dinge sind drei.''
2483. Sando-me no kami wa shöjiki. ^Sie^jj^üiEit Der Gott
des dritten Males ist gerecht.
Wie No 2482.
2484. Sangwatsu no Iiana-guntori. H^'DTb&''J Die Wolken
der Blumen des dritten Monats,
— 2/2 —
Der dritte Monat des alten Kalenders entspricht ungefähr
dem April, dem Monat, wo die Kirschbäume blühen, zugleich
aber auch meist trübes Wetter herrscht.
2485. Sangivatsn no Jianaini-jiyaini. H^'DifEM.ll Die Läuse der
Blumenschau des dritten Monats.
In dieser Zeit beginnen die Insekten und auch die Läuse
zum Vorschein zu kommen, daher man vorsichtig sein muss.
2486. Sangwatsii sagari-dako. H^T'J^ti^ Das Herunterlassen
des Drachen im dritten Monat,
Keine weitere Bedeutung, als dass das Drachensteigenlassen
im April ein Ende hat. Die Redensart verdankt ihre Entstehung
wohl nur der Allitteration von sangwa/su and sagari.
2487. Sanjü fnrisode, slnjn shimada. H+Mlfl^ M+BH Mit
dreissig Jahren ein Furisode-Kleid, mit vierzig Jahren
eine Shimada-Frisur.
furisode ist ein gewöhnlich sehr buntfarbiges Kleid mit
lang herabhängenden Ärmeln, wie es kleine Mädchen von 6 — 8
Jahren tragen ; sJüviada der Name einer Haarfrisur junger Mäd-
chen von 16 — 18 Jahren. "Eines schickt sich nicht für alle."
2488. Sanßi 110 shui-ktihii'i. H+O^fö"] Des 30jährigen sich
den Hintern zubinden.
Von jemand, der erst spät anfängt, solide zu werden.
2489. Sanßi-kn ja mono, Jiana ja mono. H+AC^ i 0.i£C"P ii <?>
Weil es das 39. Jahr ist, weil es die Blüthe (des
Lebens) ist.
(ja = da, }nono=kara, weil.) Zu ergänzen : kann man Dinge
leisten, die man fiüher nicht leisten konnte. — Vgl. No. 2346.
2490.* Sanfü-rokkei nig7irn ni sJdkazu. H+Z^ltaicf^l' ^.li-s'T* Sechs
und dreissig (Schlacht-) Pläne kommen dem Davon-
laufen nicht gleich.
2491. Sannen kojiki sureba shögai wasiircrarezu. H^p-S^i" Ixit"
4S-1an?>n-f' Wenn man drei Jahre gebettelt hat,
vergisst (verlernt) man es das ganze Leben nicht.
Variante von No 1468.
— 273 —
2492. Sannen ni sJiiie ko naki tsuma zva saru. H¥l- LX^^^\%
\t^h Von einer Frau, mit der man in drei Jahren
keine Kinder liat, Lässt man sich scheiden.
2493. Sannen no fimikizn tvo sagiiru. ^^<Z>-^%^^h Nach der
alten, dreijährigen Wunde suchen.
Eine alte, längst abgethane Sache wieder aufrühren. (Vgl.
No 1272.)
2494. Sannen no koi mo samcfn.^^^W^lMh Auch eine Liebe
von drei Jahren erkaket.
Schhesslich nimmt alles einmal ein Ende.
Sannen saki no koto : s. Rainen no koto.
2495. Sannen tateba mitsu ni narit. Hi^jitlfHivr-^S Nach
drei Jahren wird (das Kind) ein dreijähriges.
Das neugeborene Kind wird über die erste gefährlichste
Zeit schon hinwegkommen ; mit der Zeit wird alles besser werden ,
man darf nur den Muth nicht verlieren. " Mit der Zeit pflückt
man Rosen"; auch: "aller Anfang ist schwer."
2496. Sanniii de antku to nakama-haziirc ga dekiru. HAT#
K-im^^<\.^'^^h Wenn man zu dreien geht, so
sondert sich einer ab.
Beim Gehen ist nur ein Gespräch zwischen zweien möglich ;
der dritte geht stumm nebenher.
2497. Sannin yorcba idtonaka. HA^HIf A* Wenn drei sich
versammeln, so ist es eine Gesellschaft.
" Tres faciunt collegium."
2498. Sannin yoreba kashhnashi. HAWI^I1■S L Wo drei bei-
sammen sind, ist es geräuschvoll.
S. Ko 2479.
2499. Sannin yoreba Monju no chie. HA^HIt'Ä^O^l^ Wo drei
Personen zusammenkommen, ist die Weisheit Monju's.
Monju, einer der Jünger Buddha's, ist seiner Weisheit wegen
sprichwörtlich. Man soll sich nicht auf seine eigene Weisheit
verlassen, sondern auch andere zu Rathe ziehen. (Vgl. No 761
und 1955.)
y
— 274 —
2500.* Sansha ivo sakeru. H'^^-^tJs Drei Poststationen weit
aus dem Wege gehen (weichen).
Jemand weit nachstehen ; überflügelt werden.
2501. Scnishö %va ko-tsiibu de 1110 Jiiriri to karashi. llIISil''hi!iiT
^lj\^] \ £ $ L Der Bergj)fefifer ist aucli als kleines
Korn sehr scharf beissend.
Von kleinen, aber energischen Leuten. (Bergpfeffer : Zan-
thoxylum piperitum.)
2502. Sansai no okina ari, hyahtsai 110 döji ari. H^O^^yJ,
"^^^mr^h^) Es giebt Greise von drei Jahren und
Kinder von hundert Jahren.
Es giebt kluge Kinder und dumme Greise.
2503.* Sanzun no sJiita no ne wa sakushi 110 teppeki. Htj"<5S"*2)
föd^iO^M Die dreizöllige Zunge ist der eiserne
Wall des Politikers.
2504. Sanzun no shita zvo /um. HTj'<?)S"^fi S Die dreizöllige
Zunge schütteln.
Ein Ausdruck für : eifrig und gewandt reden.
2505. Sanzun no sJdta zvo Fnnina no bensai. HTj'OS'^i-'S^XO
1?^ Die dreizöllige Zunge schütteln, Furuna's Be-
redsamkeit.
Ein Wortspiel von der Art, die man kcnyogefi nennt : fiiru
in Furi/na gehört einerseits in der Bedeutung "schütteln" zu
dem vorangehenden sanzun no shita wo ; andererseits bildet es
den Anfang des Eigennamens Furitna (corrumpirt aus Fii7-ona :
s. No 391).
2506. Sanznn-iki tayiireba banjiyasumii. HTj*,S>$g<xlt',¥i^lHct' Wenn
der Athem von drei Zoll aufhört, so haben alle
Dinge ein Ende.
2507. Sao ga sannen, ro ga mi-tsnki. ^t)»'H¥»i'l?ti'''B>^ Eine
Ruderstange drei Jahre, ein Ruder drei Monate.
Ein Schiffersprichwort, wonach die richtige Führung der
Ruderstange erst in drei Jahren erlernt wird, die des Ruders
schon in drei Monaten.
— 275 —
2508. Sao HO saki e su:su luo tsukcta yd. ^'^9ii^^'^^A^\)VM
Als ob man an der Spitze einer Stange eine Klingel
befestigt hätte.
Von einem geächwätzigen Hohlkopf. Abgekürzt : sao ho
saki ni sitzu.
Savii (Affe).
2509. Sanc ga kosiic wo watarii yd. ^tj-ftViSs^ Wie wenn
ein Affe von einer Baumspitze zur andern springt.
Von grosser Geschwindigkeit oder Geschickhchkeit.
2510. Saru vio ki kam ochini. ?t Uli^' f)v'^5 Selbst der Affe
fällt vom Baume.
Vgl. No 1434 und 2446.
25 11. Sam ni cboshi. \%\'~%'§i^ Dem Affen eine vornehme
Mütze (aufsetzen).
Sagt man, wenn jemand über seinen Stand gekleidet ist,
oder über sein Verdienst erhöht wird. Statt cboshi auch kam-
muri, ebenfalls eine (früher übliche) Kopfbedeckung Adliger.
2512. Sarii 710 hito-mane. ®^AÄföt Das Mensrhen-Nachahmeti
des Affen.
Von Menschen, die wie Affen alles nichmachen.
2513. SariL no shiri-zvarai. ^^K^l^ Das Lachen des Affen
über den Hintern (des andern).
Er lacht darüber, dass der Hintere des andern Affen roth
ist (der japanische Afte hat rothe Gesässchwielen), und weiss
nicht, dass der seinige ebenso roth ist. (Vgl. Xo 1830 und
2412.)
2514. Saru iva ningai ni sanibo7i ke ga taranu. ^iliArall-HTK^
*'''/S.f)W Dem Affen fehlen zum Mensclien (nur) drei
Haare.
So gross ist seine Klugheit.
Sai'ii (weggehen).
2515. Saru 1110710 Jiihi 7ii ntoshi. äj^ "^H * 1-2^ L Abwesende
werden täglich freir.der.
Ahnlich wie "aus den Augen, aus dem Sinn.''
— 2/6 —
2516. Sasci HO tsuyu ni 1110 yon Jtodo. ^'?>Mi- (.5'?^>fS So dass
(er) selbst vom Thaii des Bambusgrases betrunken
wird.
Von jemand, der nichts vertragen kann.
2517. Sasatsiiba c Ja ga tsuita yd. B£^^'^At)-''ft/':t« Wie wenn
(dürres) Bambusgras in Brand geräth.
Vgl. No 6 und 1178.
2518. 8ala no kagiri. Wfk^^^'') Das Ende der Nachricht.
" Über alle BegrilTe " (in schlechtem Sinne).
2519. ^ato 110 kanc nl iva tsiimaru ga narai. jSM.<?)^I-|1;^Si?'*
^ Im Freudenhause geht einem in der Regel das
Geld aus.
2520. Satobara inikka. MIKHÜ Das im Elternhause Gegessene
hält drei Tage vor.
Am dritten Tage nach der Hochzeit macht die Braut ihren
Eltern einen Besuch, der sato-gaeri (Rückkehr in die Heimath)
genannt wird. Da sie nun im Hause ihres Mannes während
der ersten Tage aus Schüchternheit sehr wenig gegessen hat, so
benutzt sie dies2 Gelegenheit, sich wieder einmal satt zu essen.
2521. Satöya no moe zuo kakete tötta. #f'#M<?>H'I^li'Ciif: Es
ist am Zuckerhändler vorbeigelaufen.
Von Dingen, die nicht süss genug sind.
2522. Satvaranu kann ni tatari nashi. W^ ^W\-^^) U L
Nichtbeleidigte Götter strafen nich.t.
Man soll sich nicht ohne Noth Feinde machen.
2523. Saivciri sainbyakii. Sf'JHW Anfassen kostet 300 Heller.
Mit dieser Redensart halten sich Kellnerinnen zudringliche
Gäste vom Leibe.
2524. Sa^ae ni kompeitö. ^^I-^¥IS Stachelschnecke und
spitzes Confekt.
Von jemand, der sehr reizbar ist, der sogleich " Ecken be-
kommt " (s, No 1098). sazae ist eine essbare Seeschnecke
(Turbo cornutus) mit sehr stachligem Gehäuse; das kompeitö
(vom spanischen cojifeiio) genannte Confekt besteht aus Zucker
und hat die Gestalt einer Kugel mit vielen Spitzen.
— 2TJ —
2525. /S'e ni hara tuo kaerarenu. ^l-SS^f^ ?>n>o Man kann
niclit d.Qw Bauch mit dem Rücken vertauschen.
" Bauch '' bedeutet hier : die eigene Person ; " Rücken ":
fremde Leute ; also gleich unserm " das Hemd ist näher als der
Rock,'' oder "jeder ist sich selbst der Nächste."
Hei (Leben).
2526. Sei am mono zva shi ari. ^^'Ä^^i^^E'WJ Was geboren
ist, muss auch sterben.
Vgl. Xo 493.
Sei (Naturanlage).
2527. Sei zva michi ni yotte kashikoshi. ttliiil-fö'CSL Die
Naturanlage entwickelt sich, wenn sie den (rechten)
Weo' einschläo-t, zur Weisheit.
2528.* Seiet taikai wo shirazu. ft^}^^ft^^'t Der Frosch im
Brunnen weiss nichts vom Meere.
Auch sein no kejt (^), der Gesichtskreis des Fiosches im
Brunnen, oder seia no goiokii, wie ein Froich im Brunnen. S.
No 831.
2529.* Seifun ni naru. W^\-'^h Zu Mehl werden.
Durch Krieg aufgerieben werden (z. B. ein Heer, die An-
hänger einer Partei] ; durch Krieg ruinirt werden (z. B, eine
Familie). Vgl. No 1593.
Seijin (der Rechtschaffene).
2530. SeiJin ni kane nashi. vbA1-^"^j: L Der Rechtschaffene hat
kein Geld.
Vgl. No 191 2.
Seijin (der Weise).
2531. Stijin ni ytivie nashi, ^AI-^lftL Der Weise hat keine
Träume.
" Träume sind Schäume." Vgl. No 228.
2532.* Seikai ni oyogn. i^?ll-r^<* Im Meere der Politik
schwimmen.
Politik treiben.
2533.* SeiJxOku ni atarn. '^^V-%h Die wahre Gans treffen.
— 278 —
Von der Form, die die chinesischen Schiesscheiben früher
gehabt haben sollen; also = das Rechte treffen, richtig handeln.
Analog: seikokn wo ayawarii, die Scheibe verfehlen, =et\vas
Falsches thun, einen Fehler begehen.
2534. Sei-kurabe nara yoko de koi to in yo. ^^'<*l h\%X^
t«;:;SifÄ (So dick) dass man beim Vergleichen der
Grösse zu ihm sagt : lege dich quer !
Von jemand, der klein, aijer sehr dick ist, so dass man
von ihm scherzhaft sagt, er sei ebenso dick \\ie hoch.
2535.* Seishiii itsii ni itaraba, nanigoto ka narazaran? tnlt^
l-MblfM^^'/Ä^ §' ^^ Wenn der Wille auf eins
gerichtet ist, was sollte nicht gelingen ?
Vgl. No 2101.
2536. Seite wa koto zvo shi-sonjirn. :^;t!135^^f±Mlü Wenn
man zu ungeduldig ist, so verdirbt man die Sache.
2537.* Heiiin 710 kokorozashi. ffS'^iSL ]3as Ziel der blauen
Wolken.
Ein sehr hohes, ehrgeiziges Ziel.
2538. 8ejl wo in. iHr^^S"^- Weltdinge reden.
Complimente machen. Daher auch seji no yoi hito, ein
Mensch, der in V.'eltdingen gut (gewandt) ist = einer, der gut
Complimente zu machen weiss.
2539. Sehen s/nmzn no taka-viaknra. \t\^^^h't''^%S% Der
ruhige Schlaf dessen, der von der Welt nichts weiss.
Zu dem Ausdruck taka-iiiakura, "hohes Kopfkissen " =
ruhiger Schlaf, vgl. No 1747.
2540. Scken wo seniaku siiru. BtPpi^i^i < "f 5 Seine Welt eng
machen.
Seinen Bekanntschaftskreis einschränken.
2541.* SeJH-aJiu no ic ni yoö ari. !A-^;?>^l-tl?!Ji?-) ^J In einem
Hause, wo sich Böses angehäuft hat, bleibt (für die
Nachkommen) UngKick zurück.
" Die Sünden der Väter werden an den Kindern gestraft.''
Vgl. auch No 2363 und die Erklärung zu No 2545.
— 279 —
2542.* Sekljö ivo vmsnbu. %W^%^üi^ Den rothen Strick knüp-
fen.
Sich verheirathen.
2543.* Sekisö gonö ichigi wo nasmu. llÄStl-fö^jÄSf Die
Heuschrecke hat fünf Fähigkeiten, aber keine voll-
kommene Fertigkeit.
Sie kann (nach einer chinesischen Erklämng dieses Spr.)
laufen, aber nicht schnell ; fliegen, aber nicht hoch ; klettern,
aber nicht auf Bäume ; schwimmen, aber nicht über Flüsse ;
Löcher graben, aber nicht gross genug, um sich darin zu verste-
cken. (Vgl. No 810.)
2544.* Sekisun zvo arasou. R-^^^:k^ Um Fuss und Zoll
streiten.
Sich um Kleinigkeiten streiten. Vgl. No 97g,
2545.* Sekizen no ie ni im kanarazii yokei ari. lt#?)^l-Ui^»T
^^h^] In einer Familie, in der von jeher Tugend
geherrscht hat, herrscht sicher auch Glück,
Der Ausdruck sekizen, " angehäufte Tugend," bedeutet, dass
schon eine lange Reihe von Vorfahren Tugend geübt hat ; ihrem
Verdienste verdanken die Nachkommen ihr " übrig gebliebenes
(d. h. ererbtes) Glück " (j^'o/cei). Vgl. No 2541.
2546.* Sekkaku, ^Ä Abgebrochenes Hörn.
Vergebliche Mühe.
2547. Sekki 110 ka:;c zva hatte mo hike ! 0P'?JJS.¥*ltR'C 1 5liT
Am Ende des Jahres hole dir eine Erkältung, und
wenn du sie kaufen müsstest !
Um den Gläubigern gegenüloer eine Entschuldigung zu
haben, denn am Jahresschlüsse müssen alle P.cchiuingen und
Schulden bezahlt werden. (Vgl. No 862 und 863.)
2548. Senihei no yö. Mm'^W Wie Sembei.
So dünn und hart; speciell von alten, schlechten Matratzen
[fufoji) gesagt. {snnl?ei ist eine Art sehr dünner Kuchen aus
Reismehl.)
Semben (tausend Bücher).
2549.* Seniöcny icJiiritsu. T^M— # Tausend Bücher, eine Tonart.
Ermüdende Gleichförmigkeit, Monotonie.
— 28o —
Semben (erste Peitsche).
2550.* Semben zvo tstikcrii. :^ll^'ftS Den ersten Peitschenhieb
geben.
Der erste sein, den andern zuvorkommen.
Senihihi no isJii %va etc. : s. CJiiJdki.
2551. Semi no Jtagoromo. ^O^^ Das Flügelkleid der Cikade.
Ein Kleid aus durchsichtiger Rohseide. Ursprünglich ein
poetischer Ausdruck ; jetzt scherzhaft gebraucht, z. B. wenn
jemand bei schon kühlem Wetter noch Sommerkleider trägt.
2552.* Senifiiaii-gokii mo slioku ippai. 'T'/fiStÄ— ^ Auch bei
zehn Millionen koku Reis kann man nicht mehr als
sich satt essen.
2553- ^^^ no hira yori ko ga takani. "^^M l "J^^^'Ä Kinder
sind ein grösserer Schatz als tausend Magazine.
Erweiterte Form von No 142 1.
2554. Senaka ni ine zva nasJii. W^t^l-^HML Der Rücken hat
keine Augen.
2555.* Sendan wa futa-ba yori köbashii. tlitzi ^i •-Jf^lfLi'' Der
Sendan duftet schon vom Keimblatt an.
Das Holz des sc7idan (Melia azedarach) ist wohlriechend ;
' rml fiitaba "zwei Blättern," sind die beiden Keimblätter oder
Cotyledonen gemeint. Das Talent kündigt sich schon in der
Jugend an. Vgl. No 1868.
2556.* Sendatmi sunt. SPET^ Die Cikadenhäutung vorneh-
men.
Sich \er\vandeln, in einen neuen Zustand übergehen.
2557. Sendö öhitc fune yama c noboru. I&M^ < 'C^f}^J'^g^>
Wenn viele Kapitäne da sind, so fährt das Schiff
auf einen Felsen.
" Viele Köche verderben den Brei.''
2558.* SengoJ^u mangohi vio shoku ippai. 'T^S.IfjS i Ä—J^ Auch
bei tausend und zehntausend kokii Reis isst man
sich (nur) satt.
Variante von No 2552.
— 28l —
2559.* Senjö 110 shiro mo ari no ikkctsu yori kuziireru. =^^<^'^
iÜO-;?:i "J^ns Selbst ein zehntausend Fuss hohes
Schloss stürzt durch ein Ameisenloch ein.
2560.* Senjö-jilH ni nerit mo icJiijö. =P#iCi:^2. t-# Selbst
wenn man auf tausend Matten schläft, (braucht man
zum Schlafen doch nur) eine Matte.
2561.* Senlxin no ko wa icJii ni shi sczn. T^'?)^inlii:^ti:t"-
Das Kind des Reichen (eigtl. das Kind von tausend
Goldstücken) stirbt nicht auf dem Marktplatz,
Hat auch die Bedeutung : jeder soll seinem Stande gemäss leben.
2562.* Senkyö ni im ga gotoku. fi^il^A-'-u-^ln < Als ob man
ins Feenland käme.
So schön.
2563.* Senuichi katta kaya nio itchö ni nioynrn. ^0xij?:Äi —
MV-^^h Auch an tausend Tagen geschnittenes Schilf-
gras verbrennt an einem Morgen,
D. h. in kurzer Zeit — vgl. No 991 und 992.
2564.* Senuichi no kingaku yori icJiijitsu no mcishi. ^PHOÜi^iU
— 0 0^ gl Besser als tausend Tage eifrigen Studiums
ist ein Tag bei einem vorzüglichen Lehrer.
2565.* Hennyu shu to jiant, :5feA±^tC^. Was (im Geist) zuerst
Eingang findet, wird (sein) Herr,
Eine vorgefasste Meinung wird man schwer wieder los.
2566,* Senri no niicJii vio ippo yori haßniaru. f-M?)3l i — ^ i tj
ipiS Selbst ein Weg von tausend Ri fängt mit
einem Schritte an.
2567.* Senri no iiina zva aredonw, ichinm no Hakuraku zva nas/ii.
T'a0.S}ilWni i.-A^fÖlSilXfeL W^enn auch ein Pferd
von tausend Ri (was tausend Ri laufen kann) da
ist, so ist doch kein Hakuraku da.
Hakuraku : Name eines berühmten chinesischen Reiters
und Pferdekenners. Sinn . grosse Männer werden von der
Mitwelt selten verstanden und gewürdigt (vgl. ^No 649 und
1552). Auch in der Form: senri no zinia ino Hakuraku ni
awazu, auch ein Pferd von tausend Ri findet keinen Hakuraku.
282
2568.* Senryo no isshitsu. =^^.<^-% Die eine falsche unter
tausend (richtigen) Meinungen.
Abkürzung von No 241.
2569. Senriiö no kata ni kasa ikkai. ^PSf^JS^üS— ^ Als
Pfand für tausend Goldstücke einen Bambushut
(anbieten).
2570. Sensö no nocJii ni Jarno zuo kataku immihu. IJc^^'^^^l-S
^Fä<l#-5; Nach 6^\- Schlacht das Helmband fester
binden.
In dieser Form wenig gebräuchlich. Die übliche Form
dieses Spr. s. unter No 1242.
2571.* Senyokii no gotoku. ife?R't)j[D< Wie die Flügel der
Cikade.
So klar und glänzend (besonders \on Seide).
2572.* Hessin, yakiamn. 'in^MWl Mit den Zähnen knirschend,
die Arme zusammenpressend.
Von äusserster Wuth.
2573. Sefsiiin de yari zuo tsukau yd. ÄüTIt^-fsli^^ Als ob
man auf dem Closet eine Lanze gebrauchen
wollte.
Die Enge des Raumes macht den Gebrauch der Lanze
unmöglich.
Setsiiucii toki no kanii-danomi : s. KnrusJdi toki.
2574. Seiva ga yakern. i&ISiJ'ilÄ Die Bemühung brennt.
Viel Mühe oder Sorgen haben, gewöhnlich mit dem Neben-
sinn : unnöthiger Weise.
2575. Sezva zvo yakn. WM^^^^ Beistand brennen.
Sich Mühe und Sorgen machen ; auch : sich unnöthig um
fremde Dinge bekümmern ; daher der Ausdruck seivayaki für
jemand, der sich gern in fremde Angelegenheiten mischt.
2576. Shacliihoko-dachi sunt. Mi^t* Wie ein Delphin
stehen.
— 283 —
Auf dem Kopfe stehen (vgl. No 2464). Man sieht öfters
auf beiden Enden des Daches die Figur eines auf dem Kopfe
stehenden Delphins als Schmuck ; die berühmtesten sind die auf
dem Schlosse von Nagoya, die aus reinem Golde bestehen sollen.
Wahrscheinlich gleich dem an Dachziegeln so häufigen Wellen-
wappen {tomoemon) und den metallenen Wellenornamenten am
Fusse von Tempelthoren {ün-ii) ein symbolischer Schulz oQ.^e,n
Feuer.
2577. Shajiku wo nagasu yd. ^lÄ^^M-ffl Ais ob es Deich-
seln gösse.
Von einem starken Regen.
2578. SJiaka ni Daiba. l^äsr-i^-^ Shaka (Buddha) und Daiba.
Sprichwörtlich für zwei grundverschiedene Naturen, oder für
zwei Gegner. (Daiba vertritt dem guten, menschenfreundlichen
Shaka gegenüber das böse, menschenfeindliche Princip.)
2579. Shaka ni sckkyö. ifäSKiÄIJc Dem Buddha eine Predi^rt
(hahen wollen).
2580. Shaka ni s(pp5, Köshi ni godü. mM'-W^.^V^V-WM. Dem
Buddha predigen, dem Confucius Belehrung ertheilen.
2581. SJwkkin no shiri zvo nugim. ^%^^K^\^i^ Den Schulden
den Hintern abwischen.
Die Schulden eines andern bezahlen.
2582. Shakkin zvo shichi ni okii. 'ft^^Ki-^< Seine Schulden
zum Pfände setzen.
Unter sehr schwierigen Umständen versuchen, Geld zu borgen.
Auch : alles aufbieten, um etwas zu erreichen, sein Äusserstes
thun.
2583.* Shakurö no gotoku. "^^i^?)j(n< Als ob man Wachs
kaute.
Von einem uninteressanten, langweiligen Stil, Vgl. No 1570.
2584. Shakiishi jögi wo in. ii=^T;£l|itl"^^ Schöpfkelle und
Lineal reden.
Etwas mit Sicherheit behaupten, wo\on man nur ungenü-
gend unterrichtet ist ; auch : willkürlich Grades (Lineal) und Ge-
bogenes (Schöpfkelle) für einander setzen. Abgekürzt: shakusJii
— 284 —
2585.* Sha1kNtori-viusI/i nobin to suru ni, juas?/. sono iiii luo
chijimu. HM<^\A^Ü^kjt-t 7A'~9i.^%^^^^\: Wenn die
Spannraupe sich ausstrecken will, zieht sie erst ihren
Leib zusammen.
2586. Slianii kara sugn ni cJwrö ni %va nararcnu. •ii>jlo' ?)El-
:^^l' IXfjR f)fi.W Aus einem Novizen kann nicht gleich
ein Abt werden,
Shi (Viergespann).
2587.* Ski ino sJiita ni oyobazn. ®9 tUl-Jbltt Selbst ein Gespann
von vier Pferden kann die Zunge nicht einholen.
Ein einmal ausgesprochenes Wort lässt sich nicht ungespro-
chen machen. (Variante von No 1683.)
HM (Tod).
2588. S/ii wa yasnku, sei wa katashi. ^i^^<>^lIISL Sterben
ist leicht, leben ist schwer.
HM (Gedicht).
2589. Shi wo tsnhirn yori ta zuo tsiikure ! If^f^S i ^J H^fl^H
Statt Verse zu bauen baue lieber das Feld !
HM (Krieger).
2590.* Shi zvo yashinaii scnnichi, yö wa itchö ni ari. tfc^^-J>=PH»
^il — l^ll^vj Man ernährt den Krieger tausend Tage
und braucht iiin nur einen Morgen.
Zu i/cho, ein Morgen, vgh No 2563.
2591. Hhiage wa kanjin. f±±(Iiff'C» Das Letzte der Arbeit ist
das Wichtigste.
" Das Ende krönt das Werk"; " Ende gut, alles gut.''
2592. HMaivase ga sugiru to, juniyd ga viijikai. ft-^t-'M^'Ä S
Ä^^-^'^lt^ Wenn das Glück zu gross wird, ist das
Leben kurz.
2593. Hhilnihawa ga vmkcta lato. iiiit^'|iJ'Tt:A Einer, bei
dem die Linenrinde (schon) abgeschält ist.
Einer, der schon viel Erfahrung hat, der kein Neuling mehr
ist.
- 285 -
2594« Shichi ni torareta Darwna no yö. %\'--'^y>iXt-MM^W
Wie ein Dharma, der zum Pfände genommen worden
ist. - *
Sehr erstaunt dasitzen. (Die Erklärung von Dharma s. unter
No 582.)
2595. Sliichiniti no ko 7vo nasu to mo, onna ni kokoro zuo
ynrusiina! -bA^^^:^T^ <. >ici:-t>^t1=-f ^.i: Sei bei einer
Frau auf der Hut, wenn sie dir auch sieben Kinder
geboren hat !
2596.* Shichirl kekkai. -bSI^^ Die Welt (um sich) auf sieben
Meilen (gegen böse Geister) abschliessen.
Der Ausdruck ist buddhistischen Ursprungs ; man erreicht
dieses Abschhessen durch das Hersagen gewisser magischer, die
bösen Geister bannender Sprüche, Im gewöhnhchen Leben
angewendet bedeutet die Redensart : von etwas nichts wissen
wollen, mit einer Sache durchaus nichts zu thun haben wollen.
2597.* Shiclii-shakii satte shi no kage wo fumazu. -trX^-Cßiü
<^%f^l^^t' Sieben Fuss (vom Lehre: ) entfernt bleiben
und nicht auf seinen Schatten treten.
Man soll seinen Lehrer mit grösster Hochachtung behandeln.
Vgl. No 850,
2598. ShicJiiya wa tatami no uc no shariki. KMl4:#iD±0$::^
Der Pfandleiher ist ein Karrenschieber auf den Zim-
mermatten.
Spöttisch in dem Sinne : er verdient Geld ohne jede
Arbeit.
2599. 8Mde no tabiji. ^Eth^MJ^ Der Reisepfad des Todes.
2600. Shiga 7ii kakaiu. %^\~WM^ Nicht an die Zähne
bringen.
Als unwichtig übergehen.
2601. Shigakii no tosJii. jS^^O^ Die Jahre, wo man gern
lernt.
Die Zeit vom 15. — 20, Jahre.
— 286 —
2002. Shlgoto 7ca Kanda de, o-uiannnawa Echigo. ft^UfffflT»
üW.[tm''ek Was (gute) Arbeit betrifft, (steht) Kanda
(obenan), was Reis betrifft, Ecliigo.
Kanda ist ein Stadttheil in Tokyo, Echigo Name einer Provinz.
2603.* SJiigoto Iva ösci, uniai jucno zva kozei. ^'^[V)^^ ."^ l>^\X
/>^ Wo es Arbeit giebt, da (möglichst) viele, wo
es etwas Gutes zu essen giebt, da (möglichst) wenige.
2604.* Shiliijaku shi-byö no zvasiirai yon vio hin Jiodo tsiirai
mono wa nashi. WüBM^'M,^ ^J iÄflSv^^f^riM L Armuth
ist das schlimmste Leiden, schlimmer als 404 (sämmt-
liche) Krankheiten.
Die Zahl sämmtlicher Krankheiten soll 404 betragen ; doch
wird diese Zahl auch für " unzählige, alle " gebraucht (vgl. z.
B. No 1964). Eine etwas verschiedene Form lautet : shihyakii
shi byo yori Jim no yamai iva nao fsi/rai ; noch, kürzer unter
No 661.
2605.* Shiiy sosan. f'&Äfi Todter Rang, blosses Essen.
Von Beamten, die es nur dem Namen nach sind ; die ihr
Gehalt beziehen, ohne etwas dafür zu leisten.
2606. Shijlnii ga kaniisJdnio zco kita yd. ölt/^JiT^»^?:^ Als
ob die Shijimi-Muschel ein Kamishimo tiüge.
SJiijimi ist der Name einer kleinen, essbaren ^Muschel
(Corbicula) ; ka/nis/iimo ein ärmelloser Uberwiuf mit hohen,
flügelartigen Schultern, der früher bei festlichen Gelegenheiten
getragen wurde. Vgl. No 2234.
2607. Shijimi-gai de ido-gac zvo siwu yd. ßJET^i^^^t t^^ Als
ob man mit einer Shijimi-Muschelschale einen
Brunnen reinigen wollte.
2608.* SJdjiini-gai wo motte daikai zvo siikrni ga gotoku. iliäM^^
X-XM^V^-^^^^k\i^ Als ob man mit einer Shijimi-
Musclielschale das Meer ausschöpfen wollte.
Vgl. No 2394.
2609. ShiJTl kiiragari. ra-h^Btt^-'-J Mit vierzig Jahren wird es
dunkel.
Mit vierzig Jahren nimmt die Sehschärfe ab.
— 28; —
26 lo, ShijTi-otoko HO ttzvaki to nanatsii-sagavi no ame tva yaviami.,
©+-^Oj?M^-b03FTOMnilJh^o Der Leichtsinn eines
vierzigjährigen Mannes und ein Regen nach vier
Uhr Nachmittag nehmen beide kein Knde.
261 1. Shijuiide. K+^M Der vierzigjährige Arm.
Mit dem vierzigsten Jahre beginnt der Arm schwächer zu
werden.
2612. Shika ou rydshi yama zvo viizu. W^^MM^^f^^-t' Der
Jäger, der den Hirsch verfolgt, sieht nicht (achtet
nicht auf) den Berg,
Man kann nicht zweierlei zugleich thun. Auch : shika wo
Oll mono wa yama tuo mizu.
2613.* Hhihai (od. Shikai no ticJii zva) inina keitei {nari). EifS
■^iL^(-til) Innerhalb der vier Meere sind alle Brüder.
Alle Menschen sind Brüder.
2614. Shikaliu ni naru. H1^\'~r^h Viereckig werden.
Eine steife Haltung annehmen, förmlich werden.
2615. Shikaku shiinen no Juto. Eli^MMOA Ein viereckiger,
viergesichtiger Mensch.
Ein steifer, förmlicher Mensch ; ein Pedant.
2616. Shikil ga takaku natta. ®:^t?'*,g < /ä<5|: Die Schwelle
ist hoch geworden.
Der Besuch in einem Hause, wo man sich lange nicht hat
sehen lassen, fällt einem schwer.
2617.* Shikkui chökzva siiru. ^.9llfn"f 5 Die Harfen stimmen
zusammen.
Von einem Ehepaare, das in glücklicher Harmonie lebt.
2618. Hhlkokii-zaru no yd. MH^^Ii Wie ein Affe aus Shi-
koku.
Grob, ungeschlacht.
2619.* Shi-kunshi no giva. 0g"^Ofi Das Bild der vier
Vortrefflichen.
Metaphorischer Ausdruck für ein Gemälde, das Bambus,
Pflaumenblüthe, Chrysanth emum und eine 0,rchidee ( ? ) darstellt.
— 288 —
2020.* Shiinhi sunt. ff|»MT5 Die Augenbrauen strecken.
Sich erleichtert fühlen, eine Sorge los sein.
2621.* Shiiiibö ni oitsuku biinbö naslii. ^"fel-iKt ' ^S^j: L Es
giebt keine Armuth, die die Ausdauer einholte.
Variante von No 12 16.
2622.* Shiin-hosatsu no menzcn ni kako zvo takii nakare ! E
^gi'^->Slltil-fS^^S^<^^ Verbrenne vor einem wahren
Heiligen keinen unechten Weihrauch !
Mit dem Wahrhaften muss man wahrhaft sein.
2623. Shittihiitsii-ko7ikd, kwaji-kakeai. tffUL^MAV^o' Ohne
Unterschied zwischen Göttern und Buddhas, (auch)
bei einer Feuersbrunst aushelfend.
Von jemand, der bei allen Gelegenheiten ohne Unterschied
dieselben Kleider trägt, oder dieselben Geräthe gebraucht, wäh-
rend es doch üblich ist, sich für den Besuch eines Shintötempels
anders zu kleiden als für den Besuch eines buddhistischen
Tempels, und wieder anders beim Beileidsbesuch nach einem
Brande. Vgl. No 774.
2624. Shinimai no akindo. ^T^^fSA Der Kaufmann des
neuen Reises.
Einer, der zum ersten Mal Kaufmann ist. Derselbe Ausdruck
{shimmai no) auch von anderen Berufsarten.
2625. Shiniinotsu %vo htrent hito ni ynidan siirima! 'M^^^^
2 Al-rÄifT ^tj; Sei nicht unbesorgt (sei auf der Hut)
vor dem, der dir ein Geschenk giebt I
2626. Shimo-gare mitsiiki. ^^IiH;3 Die frostverwelkten
drei Monate.
So heissen die drei letzten Monate des Jahres, weil in ihnen
der Besuch aller Vergnügungsanstalten sehr schwach ist ; theils
in Folge der eintretenden Kälte, vor allem aber wegen des he-
ranrückenden Jahresschlusses, der allgemeinen Bezahlungszeit,
für die man sein Geld sparen muss.
Hhin (Verwandte).
— 289 —
2627.* S/iin wa naki-yori, tanin zva hii-yori. lllIrÄ^^'J .fl&AU:^c;^
^"J Die Verwandten kommen zusammen, um zu
weinen ; fremde Leute, um zu essen.
Meistens sagt man nur die eiste Hälfte {shin wa naki-yori).
Vgl. No 2170. ,
Silin (Frömmigkeit).
2628. Shin zva shigoio no saviatagc. 'fsUft^Ojij;:/ Frömmigkeit
(Beten) ist ein Hinderniss der Arbeit.
2629. Shinagatva-nori zva Isn no isomochi. nuJ)ISS=Uß*fi0?S
&( Das 7iori von Shinagawa heisst in Izu isomochi.
Nori ist eine als Speise sehr beliebte diinkelgiüne Alge ;
isomochi bedeutet wörtlich " Strandkuchen." Vgl. No 2056.
2630. Shiiiamono zvo hoinctmn hito ni hm tanicsJii nashi. n»
!}#^^»6t:sAr-Mi^^J^j:L Es giebt kein Beispiel, dass
jemand Waaren, die er gelobt hat, gekauft hätte.
2631. Shinda ato no niatsnri. K/^f''ik^f^ Das Tempelfest,
(das stattfindet,) nachdem man schon gestorben ist.
Es kommt zu spät. Vgl. No 125.
2632. Shinda ko no toshi zvo karsocru yö. ?E^/:■^0¥^f:'^Ül^
Als ob man die Jahre eines todten Kindes zählen
wollte.
Von nutzlosen Klagen über geschehene Dinge. Auch ab-
gekürzt : shinda ko no toshi.
2633. Shinda to oviozvareta mono zva nagaiki zvo snrn. ^AjIü
^■^[tii1i^\1Wmfi^-T h Wer für todt gehalten wurde,
lebt lange.
Wer fälschlich todtgesagt wurde, lebt um so länger.
2634. Shliidai zvo tatamu. ^W^^^j Sein Vermögen zusam-
menfalten.
Bankrott machen.
2635. Shinde zva hana ga sakann. ^Titittj'i^u"« Wenn man
todt ist, so blühen keine Blumen mehr.
— 290 —
2636.* SJiui-en zvo nozomu ga gotoku.''^M^^'^\J^'^y^^^ Wie wenn
man sich einem tiefen Wassersclilunde nähert.
Von einer gefährlichen Unternehmung.
2637.* SJiiitgen zva bi nara.zu, bigcii iva sliiii narazu. 'ftWIi^'^i
?)T>ill"ii'ft^j: ^j'T Ein wahres Wort ist nicht schön,
ein schönes Wort ist nicht wahr.
2638. Shininie no nodo wo Jiosn. ^ES'^^og^^-f (Einem) in der
Sterbestunde die Kehle vertrocknen lassen.
Einem auch noch das Letzte entreisscn ; ihn hilflos zu
Grunde gehen lassen.
2639. Shinhnizu zvo tottc hinru. ^i^f^^oX%h Das Ster-
bewasser reichen.
Einem Sterbenden den letzten Trunk Wasser reichen ; ihm
den letzten Liebesdienst erweisen.
2640. Shini-'nionogurul ni nam. 5E*^G(*JäS In Todes-
raserei verfallen.
Von Verzweiflung ausser sich gerathen.
2641. Shhiui ni kuchi nashi. ?EAI-PML Der Todte hat keinen
Mund.
Er kann sich nicht vertheidigen.
2642. Shinjln vw toku no ainari. 'fH'CHM'?)§i;''J Auch Fröm-
migkeit ist nur der Rest der Tugend.
Von allen Tugenden bleibt zuletzt nur noch die Frömmig-
keit übrig.
2643.* Shiiisan zvo namcru. ^Wif^%hh Scharfes und Saures
kosten.
Viele Leiden durchmachen. (Vgl. No 1176 und 1185.)
2644. Sl linset SU- siiku ga kurö no tane. 5^^i^•S<*^■^'^0?I Uber-
grosse Freundlichkeit (gegen andere) ist die Quelle
von Sorgen.
2645.* Shinshi 710 gotoku. ©^Oiü]< Wie Lippen und Zähne.
So dicht bei einander.
— 291 —
2646. Shlushö wo hataku. ı^^^< Sein Vermögen ausklop-
fen.
Sein ganzes Vermögen durchbringen.
2647. SJiinshö 1110 kainado ino iranii. ÄJitSiA?)« Weder
Vermögen noch Küchenofen ist nöthig.
Ein Mädchen ohne Rücksicht auf Vermögen liebei-u
2648. S/iinshü no umkudori. -fti'H^ÖaH^ Die Staare von
Shinano.
Ein Ausdruck für Einwohner der Provinz Shinano, die beim
Eintritt des Winters nach den grossen Städten, besonders nach
Tokyo, wandern, um hier Arlieit zu suchen, da sie im Winter
in ihrer Heimath keine Beschäftigung haben.
2649. SJihital koko ni kku.inuini. iiiliSi^iiSJl 5 Vor- und
rückwärts ist hier zu Ende.
Weder vor- no:h rückwärts können, sich keinen Rath wissen.
Vgl. No 2148.
2650. Shinn ko iva mimeyoshi. ^o^llälL Das todte Kind ist
schön.
Was man verloren hat, erscheint besonders schön. Aus
Tosa Nikkt, wo die Stelle lautet : shiithhi ko kao yokariki, das
Gesicht des gestorbenen Kindes war schön.
2651. Shinn mono bimbö. f^n'4i^lL Der Todte ist arm.
Der Tod macht Reich und Arm gleich.
2652.* Sliinyö wa nnikci no zaisan. \nM\lW^<Z>^M. Credit ist
ein unsichtbares Vermötjen.
2653.* Shin-:etsu zvo isidyasu. #S"^S-f Lippen und Zunge
verscliwenden.
Sehr geschwätzig sein.
2654. Sliippo ivo dasti. U.Wie'\\-t Den Schwanz hervorstrecken.
Seinen wahren Charakter vcrrathen.
2655. Sldppo %üo tsukamacru, M^^'fö'^S Beim Schwänze
packen.
Jemand bei etwas ertappen.
2656.* Silippu, moku-u. \^^.^\f^m Im Winde (die Haare) käm-
men, sich im Regen baden.
Sich den Beschwerden einer anstrena^enden Reise unterzielieru
2657- Shlo )ii momareni. Ssl-i^iU* Mit Salz gerieben werden.
Viele Leiden dvirchmachen.
2658. Shiraha. ÖK Weisse Zähne.
Ein Ausdruck für " ein lediges Frauenzirrimer.'' Im alten
Japan herrschte bekanntlich die Sitte, dass verheirathe'e Frauen
ihre Zähne schwärzten.
2659. Slü rahige. Ö^ Weisser Bart.
Ein Grei?.
2660.* Sliiranauü. ti'SL Weisse AVellen.
Ein Ausdruck für " Räuber'', nach einem Orte in China
(ÖlÄ^)) '^^o ein berüchtigter Räuber lebte.
2661. SJnrann ga hotokc. ^fl?)iOö'^ Wer nichts (davon)
weiss, ist ein Buddha (d. h. ist glücklich).
Nichtwissen ist oft besser als Wissen. " Viehvissen macht
Kopfschmeizen" ; " Was ich nicht weiss, macht mich nicht
heiss.''
2662. Sliiva-invo ivo narabcta yd. t^^^lk-^-VM. Als ob man
weisse Fische neben einander gelegt hätte.
Von schönen weissen Fingern.
'2()(ö}^. Slnra::nha liamkui-ne. ^-u^'f'lf^^^ffi Wenn rnan (den
Werth) nicht kennt, bietet man die Hälfte des (ge-
forderten) Preises.
2664. Shiri ga liayai. M^"'-'?-i'* Der Hintere ist schnell.
\o\\ Frauen, die schnell zur Liebe bereit sind.
2665. Sliiri ga zvarcta. F\^'^%\'^1'- Der Hintere ist geplatzt.
Die Lüge ist an den Tag gekommen.
SJiiri kara : s. O- shiri kara.
2666. Shiri ni ho kakcni. Kl-WiS Am Hintern Segel auf-
hissen.
So schnell als möglich davonlaufen.
2667. Sliiri no ana no kc viadc mihi. ^L^'X^'^tXM^, Selbst
die Haare aus dem Hintern ziehen.
Von jemand übermässig holte Zinsen nehmen, ihm aucli
noch das Letzte abpressen. Auch : einen zum Besten hal>en
(vgl. No 533)-
— ^93 —
266S. Shirino nagai mono. W^^'^^^ Leute mit hngem Hintern.
Leute, die beim Besuch oder beim Kneipen etc. sehr lange
sitzen zu bleiben pflegen, die " Pech am Hintern haben," Daher
auch der Ausdruck nagajiri, langer Hinlerer, für : langer, lästiger
Besuch.
2669. Shh'i 110 omoi hito. K^^i>K Ein Mensch mit schwerem
Hintern.
Ein langsamer, schwerfälliger Mensch.
2670. SJiiri %oj knrae ! Ä^^'^ Iss den (meinen) Hintern!
Ein Ausdruck grosser Verachtung, der einer wohlbekannten
deutschen Redensart entsi^richt. Durch den tapferen Mitsugi no
Ikina, der 562 n. Chr. unter der Regierung Kimmei Tenno's an
der Expedition g<^en das koreanische Reich Shiragi theilnahm,
ist dieser Ausdnick sogar historisch geworden ; er gab ihn, als
er in Gefangenschaft gerathen war, dem feindlichen General zur
Antwort — vgl. den Goethe'schen Götz von Berlichingen.
2671. Shiri wo tsutsukareni. ^^>^''Hi Am Hintern gestochert
werden.
Angetrieben, "aufgestachelt" werden (in schlechtem Sinne).
2672. Sliiri-kin tombo 110 yd. ^'•^iiip2>it Wie eine Libelle mit
abgeschnittenem Hintern.
Von jemand, der ein auffallend kurzes küiiono (I-vleid)
trägt.
2673. SJiin-kucJd de mono wo in. K.PTi^^Wi" Mit dem Hinteren
und mit dem Munde reden.
Bald so und bald so reden; ähnlich wie Xo 11 19 und
2124.
2674. Shiri-kurai Kivaiinon. ^ÄO^IIa Die den Hintern essende
Kvvannon.
Eine Redensart, mit der man sich aus dem Staube macht
(vgl. No 127 und 129). Über Kwannon s. unter No 87. Der
Ursprung der sonderbaren Redensart blieb unaufgeklärt.
2675. Shiri oshi wo suru. ^P?^t5 Hinten nachschieben.
"Hinter Jemand stehen", ihm den Rücken decken (in
schlechtem Sinne). V^gl. No 709 und 710.
— 294 —
2676. Shiri-2ima ni noru. ))l'^i\'-%h Auf dem Hinteithcil des
Pferdes reiten.
Sich mit der zweiten Rolle begnügen, das Echo eines andern
sein. (Vgl. No 718,)
2677. Shiroi ha wa miseraremt. ÖD-@ltÄt£ f>nw Man darf
nicht weisse Zähne zeigen.
D. h. man darf nicht lachen, z. B. über Unarten von
Kindern ; man muss sie vielmehr mit strenger Miene tadeln.
2678.* Shirolin no tonwgarn. PM^M. Die Todtengehälter
(beziehende) Gesellschaft.
Müssige Staatspensionäre. (Vgl. No 2605.)
2679. SJiirowe de vtini. ÖüHTÄS Mit weissen Augen an-
sehen.
Jemand wüthend ansehen ; die Augen weit aufreissen.
Shiröto : s. Kurdto.
2680.* Shisei vici ari. W^L^h'') Tod und Leben ist Schicksal.
ShisJii (Löwe).
2681. S/iis/ii no ko-sodate. M1-<^1-^X Die Kindererziehung des
Löwen.
Eine strenge, harte Erziehung. (Vgl. das folgende.)
2682. Shishi zva zvaga ko zvo iani ni nagcru. ißT^üKT^^l-föS
Der Löwe wirft die eigenen Jungen in die Schlucht.
Dies geschieht, um ihre Kräfte zu prüfen : die schwachen
werden zerschmettert, und nur die starken bleiben am Leben.
2683.* Sliishi-shinchü no vmsln. M"^ ^b"^^"^ Der Wurm im Her-
zen des Löwen.
Shishi (Wildschwein).
2684. Shis/ii kutta viukiii. ^%VMü^ Die Vergeltung für das
gegessene Wildschwein.
Der Genuss von Wildschwein soll oft einen Ausschlag im
Gesicht zur Folge haben. Metaphorisch für Übel, die man sich
selbst zuzuschreiben hat.
— 295 —
2685. ShisJii zvo mikakete ya zvo hagu. 5t^ÄtlHJ'C^^^?I< Den
Pfeil Schäften, wenn man das Wildschwein eben
sieht.
Vgl. No 894.
SMta (unten).
2686. S/iita c ino okanu yd. T'^i^fl'io^ So dass man (ihn)
ja nicht nach unten legt (od. setzt).
Wenn man sagen will, dass man jemand mit grösster Rück-
sicht und Hochachtung behandelt hat.
2687. Shita kara dem. Tt)'f,jUÄ Von unten kommen.
Bescheiden, demüthig thun.
2688. Shifa kara dcrcba tsuke-agaru. T^'?)Uin(t#±5 Wenn
man bescheiden ist, wird er unverschämt.
2689. Shitame ni mint. TBRUl^a Als unter seinen Augen
ansehen.
Variante von No 1845.
2690. SJüia-te ni dem. T^ltiÜS Zur unteren Seite heraus-
kommen.
Demüthig, unterwürfig sein oder thun.
Shita (Zunge).
2691. Shita ga viazvam. ^^'Mh Die Zunge dreht sich.
Die Zunge "steht keinen Augenblick still."
2692. Shifa 110 viazvaramt hodo. ^(^Mhrn^s. So dass sich die
Zunge nicht mehr dreht.
So betrunken, dass man nicht mehr sprechen kann.
2693. Shita tua luasawai 110 ne. S'di^Oi;^ Die Zunge ist die
Wurzel des Unglücks.
Vgl. No 1599.
2694. Shita "WO chijwieni. ^^IS*6 5 Die Zunge zurückziehen.
Sehr erstaunt, überrascht sein.
2695. Shita ivo fjirnu. ^^^i- Die Zunge schütteln.
Vor etwas schaudern.
— 296 —
2696. S/iita 1V0 v.iuiao ni tsukau. l5"4'::itJcl*fö-5- Die Zunge dop-
pelt gebrauchen.
Doppelzüngig sein (Variante von No 2124).
2697. Shitaji lua snki iiari, gyo-i iva yoshi. TfillltiJ^j: «J ,t5p,^il
Ä L Im Grunde Hebe ich es, (auch ist) Ihr geehrter
Wille günstig.
Wenn man zum Saketrinken aufgefordert wird : da ich den
Sake im Grunde liebe und es auch Ihr Wille ist, so trinke ich.
2698. Shitte shirazarc I ^-o-C^p ?> $'^a Sei wissend unwissend!
Sage nicht alles, was du weisst.
2699. Shiwa'inhö no kaki no taue. ®^^WOfi Die Kerne der
Kaki-Frucht des Geizhalses.
S, No 1273.
2700. Sliiwasu, rönin, fiiyu amigasa. fiili^vßA^^lil^ Im
Decembcr ein Rönin, im Winter ein geflochtener
Binsenhut.
Von jemand, der " friert wie ein Schneider.'' Könin : herrenlos
gewordene Vasallen der früheren Zeit, die meistens gänzlich
mittellos im Lande umherwanderten.
2701.* HliUjTi zvo kcssuru. Jltiiü^JJtt ä Entscheiden, was Weib-
chen und was Männchen ist.
Einen zweifelhaften Punkt aufklären.
2702. Slii^olzu 110 sJülid. dtS^'^iSvS Der Handel des Samurai.
Ein unpraktisch betriebener Handel, bei dem man nur verliert.
Das Spr. ist ganz modernen Ursprungs.
2703.* SJiizianeha iikabu. 'A<h\X'^J^ Wenn man untersinkt,
wieder auftauchen.
Vgl. No 235.
2704.* Slio goto ni sJiinsnreba, slio naki ni sliikasu. Ä^I-'f^T^
lX.#Jffi^i:iP^*f Wer jedem Buche glaubt, ist schlim-
mer daran, als wer gar kein Buch kennt.
2705.* SJio viitabi ntsiiseba, gyo nio ro to nani. ÄH^^-tfll'^t^
'tlkh Wenn man ein Buch dreimal abschreibt, wird
aus einem gyo {%, Fisch) ein ro (©, dumm).
— 297 —
Durch oft wiederholtes Abschreiben, wobei immer die letzte
Abschrift als. Vorlage dient, entstehen leicht Irrthümer. (Ab-
gekürzte Form unter No 2418.)
2706.* Sho wo inanabcba kami tsiiie, i wa manabeha Jiito tsityii.
»^t^-^lXiJta-.^^^-^ltASf'iP Wenn man schreiben
lernt, so wird Papier verbraucht; wenn man medi-
ciniren lernt, so werden Menschen verbraucht.
Shö (klein).
2707.* SJiö 710 vmshi koroshite, dai 110 viushi luo iastiheru. ''h^^lfe
^LX%<^^f^mih Dadurch dass man das kleine
Insekt tödtet, das grosse retten.
Man muss das Unwichtige dem Wichtigen opfern,
Hliö (Belohnung),
270S.* SJiö li'a cnkyü zvo ronsesu, batsn tva kotsuniku zvo ronr^czti.
m!^^m^f^-ci-1\ ffiltl^-^t^tüt- Die Belohnung fragt
nichts nach Feindschaft, die Strafe fragt nichts nach
Verwandtschaft.
Man soll ohne Ansehen der Person richten, unparteiisch
sein.
2709. SJiöhai ada-gataki (od. tomo-gataki). F^JÄf/LÜK^ii) Beim
Handel ist jeder des andern Feind.
" Im Handel giebt es keine Freundschaft.''
2710. Shöbai micJn ni yotte kashikosJd. 'i^siÄül-fö'CS L Der
Handel (Kaufmann) ist auf seinem Wege klug.
Jeder versteht sein eigenes Fach am besten. Vgl. No 386,
1930, auch 2527.
271 1. SJiöbai zva inotonc ni ari. I^ÄIißiMl-^""'J Der Handel
beruht auf dem Kapital..
Identisch mit No 41.
2712. SJiöhen itchd, //.r^-/// zV/z/n. 'M^—BT'tS—M. Wasserabschla-
gen jeden Chö, essen jeden Ri.
Scherzhaft von Leuten, die beständig irgend ein Eedürfniss
haben. Ein ri ist etwas über eine halbe deutsche Meile, ein
cJib ist der 60. Theil eines ri.
— 298 —
2/1 3-* Shöbi 110 ^ß'i.MM^^ Die Eile der versengten Augen-
brauen.
Sehr dringende Eile. Vgl. No 1775.
2714.* Shöhit (od. SIlöhai) zva toki 110 un in yoru. ^Ä(^I5:)
(tB|€)ill-ßIi Gewinnen oder Verlieren hängt vom
Glück der Stunde ab.
SJiöcliTi (im Lächeln).
2715.* SJiöcJm ni tö ari. ^t?l-7J^jU Im Lächeln ist ein Schwert
(verborgen).
Gleich No 336.
Shöchü (in der Hand).
2716. Shöchü no tama. W^'^'^ Der Edelstein in der Hand.
Eine Sache, die einem besonders werth, " ans Herz gewach-
sen " ist.
2717. Shögi tva haya-wna 110 gotokii, go iva nshi no gotoshL
}l?»ll¥.?^^i(n<.^il^'?)i(nL Das Schach gleicht einem
schnellen Pferde, das Go-Spiel einem (langsamen)
Ochsen.
2718. Shögi-daoshi. .Wä^'J L Das Umwerfen der Schachsteine.
Kinder spielen mit Schachsteinen (wie bei uns mit Domino-
steinen) in der Weise, dass sie eine lange Reihe aufrecht neben
einander stellen, und dann durch Umwerfen des vordersten alle
zum Fallen bringen. Besonders auf den Sturz einer politischen
Partei (nachdem ihr Führer gefallen) angewendet. Vgl. No 209.
2719. Shögicatsu ga initsu tsuznitam. iE>^*>H':>^w^f: ^ Wenn
dreimal hintereinander Neujahr ist.
Ad calendas graecas. (Vgl. No 634 und 1202.)
2720. Hhöliö ni fusJdgi nasJii. iE}ill^,Sli^i: L Wahre Religion
hat keine Wunder.
Shöji ni ine ari: s. No 1090.
2721. Shöjiki no köbe ni kami yadoru. 'SJä.'^'^V-W&h Auf
dem Haupte des Redlichen wohnen die Götter.
Vgl. unser "Ehrlich währt am längsten."
— 299 —
2/22. Sliöjiki (od. shöjiki-siigiru) ica baka no moto (od. hajiuiari).
iEÜCiEÜJiSjCiriÜO^CiäJivj) Ehrlichkeit (od. zu grosse
Ehrlichkeit) ist der Anfang der Dummheit.
2723.* Shöjiti kankyo shite fiizcn zvo nasu. ^hXWif^LX^'^h-'ßi
i" Wenn ein gewöhnlicher Mensch ohne Arbeit lebt,
so thut er Schlechtes.
" Müssiggang ist aller Laster Anfang."
2724.* Shöjin tania zvo idaite tsumi ari. ''>A5^ifei«'*'C||fc''J Wenn
ein gewöhnlicher Mensch einen Edelstein besitzt, so
erhält er Strafe,
Der Besitz eines Gutes, das er nicht verdient, bringt ihm nur
Unglück.
2725.* Shöjö no cJiigai. ffÄ<5>ji Ein Unterschied wie zwischen
Himmel und Erde.
2726. Shökl-sama Jio yd. M-mSiOfe« Wie Herr Shöki.
Der Name des chinesischen Kriegsgotts, dessen zorniges
rothes Gesicht man in Japan oft auf Drachen abgebildet sieht.
Von einem sehr rothen Gesicht (vgl. No 1399).
2727. Shoh'uniii biinbö, Jiito takara. ISAÄ2.'d!ASt Die Armuth
der Arbeiter ist der Reichthum der andern.
2728.* Hliöniolm no gotoku. 1%'^<^%\K Wie Wimpern und
Auge.
Sehr dich.t ])ei einander. Vgl. No 2645.
2729. SJiömoii no dasJn-okurc. ^^'^iü L'^H Das schriftliche
Zeugniss zu spät zeigen.
2730. SJiönion züo maite yaru. If.'Ä^^'^iSs Das Zeugniss zu-
sammengerollt (zurück)geben.
Einen Diener auf seinen Wunsch vor Ablauf des Contraktes
entlassen.
2731. Shönin ada-gataki (od. ionw-gataki). ^ Ai'iSic(ß^i©)
Kaufleute sind einander Feinde.
Variante von No 2709.
2732.* Shöri, taison. '>^iJo';Ä Kleiner Gewinn, grosser Verlust.
Vgl. No 854.
— 300 —
2733-* ShöroJt'U no yitme no gotoku. ??^^Op€)jti) < Wie der
Traum von Banane und Hirsch.
Jemand (in China) träumte einst, er hätte einen Hirsch mit
der Faser eines Bananenblattes gefangen ; daher dieser Ausdruck,
der etwas sehr Lächerliches, Unmögliches bezeichnet.
2734.* SJiöshö no ttcJii. W^m'^^ Innerhalb der Hecke.
Von einem Unglück, das seinen Ursprung nicht aussen,
sondern im Hause hat; von häuslichem Zwist u. dgl.
2735. Shotai zvo tatanm. W\^i^^\^ Den Haushalt zusammen-
falten.
Sein Hauswesen oder sein Geschäft wegen Schulden aufgeben,
Bankrott machen (vgl. No 2634).
2736. Shöteki no kataki iva taiteki no toiiko. 'MlioM^UicMO
\% Die Festigkeit des kleinen Feindes macht den
grossen Feind zum Gefangenen.
2737. Shötcki to mite anadoniua / 'Mi^^'Cf^a^j; Verachte
nicht den Feind, der klein aussieht !
2738. Hliöyu de ni-sJdmcta yd. ^JvÖT^. L^f:!! Als wenn es
in Soya gekocht wäre.
Z. B. von einem Kleide voller Schmutzflecken, shoyu (Soya):
eine dunkelbraune Sauce.
8hu (Herr).
2739.* SJiu ga shit nara, kerai ino kcrai. ± ütC ?).^Jl5 1^^
Wenn der Herr Herr ist, so ist auch der Diener
Diener.
" Wie der Herr, so's Gescherr,''
2740. Shu to yaniai ni zva katcnu. ±i^i- I^St'CW Gegen den
Herrn und gegen Krankheit Icann man nicht auf-
kommen.
Mit " Herr '' ist hier besonders der Hausherr gemeint.
2741.* SJiu-onioi no slm-odosld. ^-So^'^Di^L Das den Herrn
bedrohen des den Herrn liebenden Dieners.
Da er es mit seinem Herrn treu meint, so scheut er sich
auch nicht davor, ihm die Wahrheit zu sagen, ihn zu warnen
etc. Vgl. No 265.
— 301 —
Shii (Zinnober).
2742.* S/ut ni majhvareba akcl'u nani. :^l-^^ttt^<;Ä^ Wer
mit Zinnober umgeht, wird roth.
"Wei- Pech angreift, besudelt sich." Vgl. No 216.
2743.* Shü zuo tishinaeba kuni zvo 2ishinaii. ^^^^^\t^f^^!>- Wenn
man die Menge verliert, so verliert man das Land.
Ein Fürst muss die Herzen seines Volkes zu gewinnen suchen.
2744.* SJnihl ga yoi (od. zvarni). ■i"Mt?^*5?V'(M»'") Kopf und
Schwanz sind gut (od. schlecht).
Es läuft alles glücklich ab, die Sache geht gut, nimmt ein
gutes Ende (resp. das Gegentheil).
2745.* Shngan no hito. ^W<^K Ein Mensch mit rothem
Gesicht.
Ein junger Mensch.
2746. Slnüxlze Stirn (od. shiikke u^o togcni). Hi^T ^({U^'t^^)
Aus der Familie austreten.
Buddhistischer Priester werden.
2747.* ShTiko kill tuo torokasH. ??cPl^^lf '^'t Der Mund der
Menge schmilzt (selbst) Metall.
Die Macht der öffentlichen Meinung ist imwiderstehlich.
2748. ShTiJavan zca sJibcn to narn. "^'^'^f^^^tUh Gewohn-
heiten kommen von selbst.
2749.* ShTimohit no mim tokoro. ^^<^%hWi Der Ort, auf den
alle Augen sehen.
Das, worauf die allgemeine Aufmerksamkeit gerichtet ist.
(Vgl. No 1081.)
2750. Shun San, ka rohi, sliTi itsu, inu to. #H.5:5f^.^c-'.M^.
Im Frühling (monatlich) dreimal, im Sommer sechs-
mal, im Herbst einm.al, im Winter garnicht.
Eine hygienische Vorschrift, der aber wohl nur selten nach-
gelebt wird.
2751.* Shiinhijö wo fuvm ga gctoku. #,>I^^!f3f An< Wie
wenn man auf P^ühlingseis tiitt.
Wie No 503.
— 302 —
2752.* SJiuniku ni akii. ?il^l-uÖ< Des Weines und Fleisches
überdrüssig sein.
Im Übeifiuss leljcn.
2753.* Shunshö ikkoht atai senkin. #W— ^OMT-^ Eine Stunde
eines Fiühlingsabends ist tausend Goldstücke wcrtli.
2754.* SJiusai sJlo zvo ronfi, toko cJio tvo dan.zu. 5f ^'ilr^fira L^Jf
P'^f^Hk'f Der Gelehrte disputirt über Schriften, der
Schlächter spricht von Schweinen.
2755.* Shusei 110 j'örd wa kogetsii no dokuvici ni shikazu. ^M.
om^ (Xj!IJl05aB^!:j(Dvt Der Glanz aller Sterne kommt
dem alleinigen Glänze des einen Mondes nicht gleich.
Nichts kann mit der Macht des Kaisers verglichen weiden.
ShnsJiu (Hände im Ärmel).
2756.'" Shushn bökivan s?irii. '^^ttläT ^ Mit den Händen im
Ärmel zusehen.
Unthätig bleiben, " die Hände in den Schooss legen."'
ShusJiu (alle Hände).
2757.* Sliüshu no ynbizasn tokoro. ^'^<^%%%''^ fJx Der Ort, wohin
alle Hände zeigen.
Das, was die öffentliche Meinung will.
2758.* ShiisOf ryotan. 1ä%M^ Rattenkopf, an beiden Enden.
Von jemand, der nicht weiss, was er thun soll, oder von dem
man nicht weiss, was er thun wird, gleich einer gefangenen
Ratte, die nicht weiss, wohin sie sich wenden soll, die den
Kopf bald nach dieser, bald nach jener Seite richtet.
2759* HhusoUii wo okn ni iokoro nasJii. ^-zS^-iK^rML Kein
Ort, wohin man Hände und Füsse legen könnte.
In grosser Verlegenheit sein.
2760.* Shiisul no gütoku. ^C7jt0jti)< Wie Herbstwasser (so
ruhig luid klar).
Von dem kalten Glänze einer Schwertklinge.
2761.* SJiiitsiijin snru. iUSti Den Erdenstaub verlassen.
Der Welt entsagen.
— i^ö —
2762.* Shutsuvan 110 sai. mil^:t Das aus der Indigopflanze
hervorgegangene Talent.
Ein Talent, das das Talent das Vaters übertrifft. {Vgl. No
1529.)
2763. Hö zva toiya de orosanai. ^Itf^lMTill § ^ii<' So verkauft es
der Grosshändler nicht.
Wenn z. B. jemand eine zu starke Behauptung aufstellt ; oft
gleich : " wenn Sie sich nur nicht schneiden." Vgl. No 2474.
2764. Hoha-TZiie zco kuu. MÖ:4-ä-5' Nebenschläge bekommen.
Wörtlich : den Nachbarstock essen. Bei einem Streit als
unbetheiligt danebenslehender Zuschauer etwas abbekommen.
2765. Sode furc-au mo tashö no en. Iilis§n^i' Uill^<?)li Selbst
eine (zufällige) Armelberührung (wird manchmal der
Anlass einer) Verbindung in der Zukunft.
Selbst eine (zufällige) Armelberührung ist die Folge von Be-
ziehungen aus einem früheren Leben. \'gl. No 85 1.
2766. Sode ga chigireru. %^'^^WC-h Die Ärmel werden zerrissen.
Von den Frauen sehr geliebt werden (und daher von allen
.Seiten an den Ärmeln gezogen werden).
2767. Sode HO ame. %^OM Der Regen des Armeis.
In ( iedichlen für " Thränen.'' Ahnliche poetische Ausdrücke
für " Thränen " sind : sode no kori, tis des Ärmels ; sode jw
inizu, Wasser des Ärmels ; sode no tsuyii, Thau des Ärmels.
Besonders Frauen dienen die weiten Ärmel des Kleides zum
Trocknen der Thränen, daher die in Gedachten so häufige Ideen-
verbindung von Ärmel mit Thränen.
2768. Sode ivo hiku. li^Ä < Am Ärmel zupfen.
Jemand einen heimlichen Wink geben.
2769. Sode 1V0 sJdborii. ffi^l^S Die Ärmel ausvvinden.
Poetisch für " weinen." Vgl. No 2767.
2770. Sode-iUsiishi ni mono zvo yaru. %t\%\'-^]S^'M.h Etwas geben,
indem man es in CL(^n Ärmel (eines andern) schlüpfen
lässt.
Jemand etwas unbemerkt zustecken, oder auch zuflüstern.
— 304 —
277 1-* Södoi Jienjite inui to naru. ^ffl^C-CS^JÄ^ Das Maul-
beerfeld verwandelt sich und wird zum Meere.
Im Laufe der Zeit vollziehen sich die grössten Veränderungen.
2772.* Söga 110 sJii. ;R:9^'?)± Ein Krieger mit Klauen und
Zähnen.
Ein zuverlässiger Mann, der " Haare auf den Zähnen " hat.
2773.* Höjö HO ßn, Bisei HO sJiin. $jcS<?)'t:.Mi'?>fR Die Menschen-
freundlichkeit des Söjö, die Treue des Bisei.
Sdjo (chin. Su7tg-siang) war ein chinesischer General, der
eine Gelegenheit, den Feind zu vernichten, aus Menschenfreund-
lichkeit unbenutzt liess und in Folge dessen am andern Tage
selbst mit seinem ganzen Heere von den Feinden getödtet wurde.
Bisei (chin. Wei-shcng) versprach seiner Geliebten, sie unter
einer Brücke zu erwarten ; obgleich der Fluss immer höher stieg,
sodass er flast ertrank, glaubte er doch, den verabredeten Ort
unter der Brücke nicht verlassen zu dürfen. Der Sinn des Spr.
ist also, dass auch Tugenden falsch angewendet oder üljertrieben
werden können.
2774.* Hölza HO liana no yd. faTt^^t'?)^ Wie Blumen unter
dem Reif.
Vom geduldigen Ausharren im Unglück, besonders von der
Treue der Frau.
2775.^= Söl^ai no iltcki. \%%^-W\ Ein Tropfen vom Meere.
Vgl. No 2S0,
2776.* Sökai iva hcnjite söden to naru. \^M\^^^'^%^-^^h Das
Meer verwandelt sich in ein IN'Iaulbeerfeld.
Wie No 2771.
2777. SoliO ga niicru. i&t)^*Ä'^i Der Boden wird sichtbar.
Der A^orratli ist erschöpft, das Geld ist alle u. dgl
2778. Soko wo Uttaku. Is^i'IJ < Den Boden klopfen.
Den \'orralh erschöpft haben, mit etwas zu Ende sein.
Sühö (Kleie).
2779.* S'okö no sni iva dd yori hidasazv. ^fJ^'?)^il^i "JP^ST
Die Frau der Kleie (mit der man einst Kleie zusam-
men gegessen hat) verstösst man nicht aus dem
Hause.
— 305 —
Eine Frau, die früher mit einem Armiith und Unglück getheilt
hat, soll man auch später im Glück behalten.
Söli'ö (so und so).
2780, Sökö snni vchi in toshi ga kiircni. ? ? ^ -5 "f ^ ftl'^t^^'^H
h Während man so und so macht (hin und her
redet), geht das Jahr zu Ende.
Wenn jemand vor lauter Reden und unnützen Anstalten nicht
zum Handeln kommt.
2781. Solionuhe jdgo. I&fö±^ Ein Trinker ohne Boden.
Auch bloss sokonuke, "ohne Boden," für "starker Trinker."
2782, Son shita viinato ni func tsmiagc ! la Lt:?ii:i55Mtf Binde
dein Schiff im Hafen an, wo du Verlust erlitten hast!
Man soll sich durch einen Misserfolg nicht entmuthigen lassen,
sondern grade nach einem Verluste auf Gewinn hoffen.
2783. Son shite toku ivo torc ! ^\.X\%tfM^ Ziehe aus dem
Schaden Vortheil !
"Durch Schaden wird man klug"; "Lehrgeld bezahlea"
2784.* Son-ö, jö-i. SiÄ^ Den Kaiser verehren, die Barbaren
verjagen.
Ein politisches Schlagwort vor der Restauration, das jetzt
längst der Geschichte angehört. Besonders führten es die Gegner
des Gotairö // Kamon no Kami im Munde, der für den jungen
Shogun lemocJii die Regierung fühlte, aber 1S60 diesen Gegnern,
die in seiner weitblickenden Politik nichts als Fremdenfreund-
lichkeit sahen, zum Opfer tiel,
2785.* Sonso no aida ni kcssiiru. tt^aora^iu^-f * Zwischen den
Weintischen abmachen.
In Freundschaft, auf dem Wege der Güte abmachen.
2786. 8ora %vo fuku. ^'tB^< Den Himmel anblasen.
Nicht Acht geben ; nicht auf das hören, was ein anderer sagt.
2787. Hori ga azvayiu. K^J f^'-o-ii« Die Wölbungen passen
nicht auf einander.
Mit jemand nicht harmoniren, sich von ihm abgestossen
fühlen.
— 3o6 —
2788. Söron iva Jiitokata no kannin ni owaru. ^Iwli — :5^^S
l-^S Ein Wertstreit endet durch die Nachgiebigkeit
des einen Theiles.
2789. Soro-Horo ittc vio ta zua nigoru. t^^fi'o-c t Hllv^?>
Auch wenn man (es) langsam geht, wird das Reis-
feld schlammig (d. h. bewässert).
Als Mahnung, die Geduld nicht zu verlieren.
2790.* Söryo Jiajivie no gotokiunba, jöbutsu amari ari. fi"1S b3 *') "?>
jtB< ^ll^;^('$§lfc''J Wenn die Priester so blieben wie
im Anfang, so gäbe es unzählige Buddhas.
" Neue Besen kehren gut."
2791. Sövyö nojinroku. ÄM^ä^ Der Dummkopf von ältestem
Sohne.
Er bleibt dumm, weil er (gewöhnlich) verzogen wird.
2792.* Hösö no heu. ti^?)^ Die Verwandlung des Meeres in
ein Maulbeer(feld).
S. No 2776.
2793. Sotto möseba gatto vidsu. ^-oi t^tf ittj^'o i t^ t Wenn
(der andere) leise spricht, laut sprechen.
Immer widersprechen, was der andere auch sagt. Vgl. No
2209.
2794.* Söj/ti ni bossiini. ^M5i-ilT h Zwischen Maulbeerbäumen
und Ulmen verschwinden.
Ein Euphemismus für " alt werden.''
2795. Sil de vio konnyaku de vio kuenu. S^'C i^HT lÄ''^
Man kann (ihn) weder mit Essig noch mit konnyaku
(einer Art Gelatine) essen.
Von jemand, der sich weder durch scharfe noch durch sanfte
IMittel lenken lässt. Auch = ein "unverdaulicher'' Mensch.
Vgl. No 2149.
2796. Hahanashl de %va onioshirokunai. ^Ir^'Cit fc(®ä < /;>.'
Ein blosses Gespräch (ohne etwas dabei zu trinken)
macht kein Vergnügen.
— 307 —
2797- '^^^^ 1^0 hyahnnon yoj^i iina no gojTimon. %^'^^l ^J-t-0 5
+5: Besser als hundert Heller am Ende sind funfzie
Heller jetzt gleich.
" Ein Sperling in der Hand ist besser als eine Taube auf
dem Dache."
2798. Sueben kiiii'mm zva otcko no haß. ^BfÄli-oU^Offl: Ein
angebotenes Gericht nicht zu essen ist für den Mann
eine Schande.
D. h. angebotene Liebe zu verschmähen.
2799.* Siigitarii zua oyobazaru gotosJii. ii§^7: XUÄlt S'^itn L
Zuviel ist dasselbe wie zuwenig.
Sui '^Elegante Fertigkeit).
2800. Sia ga Uli zvo hin. ^l>'^^M'^'ki- Elegante Künste ver-
zehren den Leib.
Wer sich zuviel mit " brotlosen Künsten " abgiebt, kommt
in seinem eigenthchen Beruf zurück. Das Wort stii lässt sich
schv.er wiedergeben ; es bezeichnet nicht nur gewisse gesell-
schaftliche Fertigkeiten (wenn z. B. jemand im Samisenspiel oder
im Vortragen von joruri oder gidayu Meistex ist), sondern auch
dadurch erworbene grosse Beliebtheit ; daher der Ausdruck siä
na hito für jemand, der wegen seiner gesellschaftlichen Talente
überall beliebt ist.
Siil (sauer).
2801. Sni 1110 amai vio shöcJii. ^ ffft" l7|c:^P Er kennt sowohl
Sauer als Süss.
Er kann sich nicht mehr mit Unwissenheit entschuldigen, er
kennt das Böse ganz gut ; trotzdem thut er es.
2802.* Snlbö ni ki su. i^'^K'-U'X Zu Wasserschauin werden.
Zu nichte, zu Wasser werden. (Gleich No 778 und 191 5.)
2803. Huifiivo-ohe de gobö zvo amu yd. 7J<Ei31i'C^^^i^i-^
Als ob man in der Badewanne Klettenwurzeln
wüsche.
Die Badewanne ist für diesen Zweck viel zu gross.
2804.* Siiigyo no majizvari (od. ovwi). 7}^^(D^^]i,^.L^) Die
Freundschaft zwischen Wasser und Fisch.
— 308 —
Wasser und Fisch gelten (nach chinesischem Vorbilde) als
Symbol guten Einvernehmens, vollkommener Harmonie.
2805.* Stiikiva ai-iresu. 7j^^>cta§nt"" Wasser und Feuer ver-
binden sich nicht.
Vgl. No 825.
2806.* Siihnö sJiite kisu wo viotonmru. ^k^LXW^'^'*> h Die
Haare wegblasen und nach der Wunde suchen.
Vgl. die japanische Lesung unter No 1272.
Hiiki (Vorliebe).
2807. Sjiki koso mono no jdzu nare / 1t}^ li^^O^^j^iri Werde
in dem geschickt, was du wirklich liebst.
Man soll nichts invita Minerva treiben.
2808. Suki ni zva nii %vo yatsusii, $?^I-UÄ^ST Für das,
was man liebt, sich armselig kleiden.
Man erträgt viel dem, was man gern thut, zu Liebe. (Vgl.
auch No 2295.)
Huhi (lÄicke).
2809. Snki ni tstike-irii. PSi'FflAi In die Lücke eindringen.
Aus dem Li'nglück eines anderen Nutzen ziehen.
2810. SuMma kam hiru käse wa samiishi. Pifsl«' ?)Jt5 2)M.lt^ L
Der Zugwind, der aus einer Spalte kommt, ist kalt.
Vgl. No 579.
281 1. Suki-te no ine yori wa abata vio eknbo. ^'%K^^l "J It
^Itel^ Für das Auge des Liebhabers sind selbst
Pockennarben Lachgrübchen.
Abgekürzt : abata 7110 ekubo.
2812. Sunieba iniyako. tti^lt'SP Wo man wohnt, da ist die
Hauptstadt (der beste Ort).
Man gewöhnt sich schliesslich an jeden Ort. Vgl. No 1032,
2813. Siiini wo nagashita yö. M^i5!S L?:^ Als ob man Tinte
ausgegossen hätte.
Von einem mit schwarzen Wolken bedeckten Himmel.
— 309 —
2814. Suinikakl no naka kam uieiken ga dem. wi^^^'^'h^
ÜJ-ö^'tÜ i Aus einem Schüreisen f^eht ein vorzügliches
Schwert hervor.
Auch aus niedrigem Stande können grosse Männer hervor-
gehen.
2815.* Hinufnno wo ucte viomo to narasii, azva wo uete mame
shözezii. ^^M-^^^fei^i^T-» Tf^^-M-CH^ti'f Wenn man
einen Pflaumenbaum pflanzt, wird es kein Pfirsich-
baum ; wenn man Hirse pflanzt, wachsen keine
Bohnen.
2816. Suna 110 soko kara tama o-a dem. «i^'?)!^«' ^rEtJ^'ÜJ 4 Aus
dem Grunde des Sandes geht eiii Edelstein hervor.
2817.* Swia tvo shibotte ahura zvo tom yd. %^Wi^X^M^'^h^
Als ob man Sand ausquetscht, um Ol zu bekommen.
Vgl. No 1543.
2818. Sitnda koto wa siigita koto. Mk>U~^\V^^1\^ Was zu
Ende ist, ist vorbei.
Was geschehen ist, ist nicht zu ändern.
2819. Swida koto zvo m to nezumi ga xvarau. ^^/:*^^5i^^JiL
t»■''^^^ Wenn man von vergangenen Dingen spricht,
so lachen die Ratten.
Gleich dem vorigen ; vgl. auch No 2632.
2820. Sune ni kisu vwtsii. M.\'-%^^^ Eine Wunde am Schien-
bein haben.
Ein schlechtes Gewissen haben.
2821. S7tne 7ii kizii inotcha susiiki nio sasara. I^l'ffift ^-^^ t^^
Wenn man eine Wunde am Schienbein hat, ist
selbst Gras (so schmerzhaft) wie eine Bambusbürste.
2822.* Sim-iri ino anki no zuakare-vie. ifPt ^3c^i?):^n@ Selbst
ein Augenblick trennt Sicherheit und Gefahr.
Vgl. " zwischen Lipp ' und Kelchesrand schwebt der dunkeln
Mächte Hand."
2823.* Siinfefsu hito wo korosu. 7l'^A^I*t Ein Zoll Eisen
tödtet den Menschen.
— 3IO —
Eine Kleinigkeit am richtigen Ort, ein Wort zur rechten Zeit
kann viel ausrichten.
2824.* Sunzeii sJiahnna. ■»J*#R^ Ein Zoll Gutes, ein Fuss
Schlechtes.
2825. Siippon ga toki ivo tsugeru yd. JJfiffitö'BJ^'a-S^ Als
wenn die Schildkröte (wie ein Hahn) krähte.
2826. Surikogi de jTtbako ivo harau. ^f^'CMS'V^^- Das
Reiskästchen mit einem Reibeholz reinigen.
Das Reibeholz ist dazu viel zu gross.
2827. Surikogi ni hanc ga haeru yd. tm^l'i^»'^'^ Z>^ Als ob
an einem Reibeholz Flügel wüchsen.
Für etwas Unmöghches.
2828. Smikogi 110 ana e ito wo tösu yd. ^A<.<Z>'X'^^,f^'M.'tW Als
ob man in das Loch des Reibeholzes einen Faden
einfädelte.
F"ür etwas sehr Leichtes, (^'gl. No 34.)
2829. Sushi 1U0 oshi-tsiiketa yd. ^'^WAVM. Als wenn sushi
zusammengepresst werden.
Sushi : ein beliebtes, aus Reis, Fisch und Essig bereitetes
Gericht, das in Kästen, in grosser Zahl nebeneinander gereiht,
feilgeboten wird. Von grossem Gedränge, z. B. im Theater.
2830. Sutene de nni. i^ülTÄS Zum Wegwerf-Preise ver-
kaufen.
" Spottbillig.''
2831. Hutevii kaini arcba, tasiikerii kami mo am. ÄSiüf^^lf.
ßÖifl'iWS Es giebt Götter, die einen im Stich
lassen, aber auch Götter, die einen retten.
2832. Suzutne hyakii niadc mo odori ivo xvasureim. ^B"i^i5i
"J-^^^W Der Sperling vergisst das Tanzen selbst
bis zum hundersten Jahre nicht.
Was man gern thut, was einem Vergnügen macht, verlernt
man nicht.
J
— 311 —
2833» SiLzinne kaichü ni itte Jiamagjiri to narii. '■k%'^\~XX^'t
^S Wenn Sperlinge ins Meer fliegen, werden sie
zu Muscheln,
Um auszudrücken, dass scheinbar unmögliche Dinge sich
manchmal doch ereignen. (Vgl. No 2396.)
2834. Siizianc no nainida hodo. ^^tK^l (Nur) soviel wie die
Thräne eines Sperlings,
Nur ganz wenig, " nur eine Idee.''
2835. Suzitrne no saezurii yö. '■^^Mh^ Wie das Zwitschern
von Sperlingen.
Von unauiliörlichem Plaudern.
2836. Suzunie no sen-koe yori tsuni Jio Jiito-koe. ^€)^Ki "JÜI?)
— ^Ä Eine. Stimme des Kranichs ist besser als
tausend Sperlingsstiinmen.
•^►^<-
T.
2837. ^^ ^^0 hiro no kagashi no yd. ffl?)i8^0^llJ^O^ Wie eine
Vogelscheuche auf dem Feldrain.
Von einem langweiligen Menschen, der nichts sagt, mit dem
nichts anzufangen ist.
2838. Tahi no haß %va kaki-sute ! MOffihll-s'^i^'C Auf Reisen
wirf die Scham weg !
Es macht nichts aus, wenn man aut einer Reise z. B.
schlechte Kleider trägt oder barfuss geht, da einen die Leute nicht
kennen, {kaki ist nur verstärkendes Präfix, wie z. B. auch in
kaki-kiru, abschneiden, kaki-yaburu zerreissen, kaki-kumoru sich
bewölken u. a.)
— 312 —
2839- ^'^^^ ""-^^^ i!iic/iiz7in, yo iva nasake. ISltüjl'iärdlt Auf der
Reise einen Gefährten, in der Welt Mitgefühl (zu
finden ist wünschenswerth).
2840. Tabi iva ui vioJio, tsuj-ai mono. iSHS*''^"»^!''^' Das
Reisen ist eine traurige, schmerzensreiche Sache.
Besonders auf den schlechten Wegen und mit den unvollkom-
menen Beförderungsmitteln des alten Japan.
2841. Tabi-makura tvo simi. WMit h Das Reisekissen machen.
Auf der Reise übernachten.
2842. Tachiha zvo iisJänau. Ülf^^i- Den Platz, wo man
steht, verlieren.
In grosse Verlegenheit gerathen ; " den Boden unter den
Füssen verlieren."
2843. Tachigiki wa ji ga sanznn heru. S:riaitii*''H7j"iÖ6 2> Wo
jemand horcht, wird der Boden um drei Zoll nie-
driger.
Als Warnung vor dem Horchen.
2844. Tachiusii e komo wo inaita yd. tLh^^%.^^^VM. . Als
ob man einem aufrechten Reismörser eine Matte
umgewickelt hätte.
Von einer dicken, hässlichen Frau. (Der japanische Reis-
mörser besteht aus einem sehr dicken runden Holz mit einer
Vertiefung in der Mitte.)
2845.* Tachiyoreha iaijn no kage. tLh^)ct\t%^<^^ Wenn
man (auf der Reise) Rast hält, dann im Schatten
grosser Bäume !
Man muss es mit mächtigen, einflussreichen Leuten halten,
ihre Protektion zu erwerben suchen. " Mit rechten Leuten wird
man was." Vgl. auch No 918. — Statt taiju auch "oki na ki.
2846. Tada Jwdo yasni mono zva nasJd. 9M}k^^^\'l'i^.'L Nichts
ist so billig, dass es gar nichts kostete.
" Umsonst ist der Tod.''
2847. lade kiiu mushi ino suki-zuki (od. suki-bustiki). W:%i-
tX\j'Bb't'^ Auch die Insekten, die den Wasserpfefifer
fressen, haben verschiedene Geschmäcker.
— 313 —
Das eine zieht diese, das andere jene Art von Wasserpfeffer
(Polygonum hydropiper) vor. Jeder hat seinen Geschmack;
" über den Geschmack lässt sich nicht streiten.'' Vgl. No 2444.
2848. Tadon e me-hana luo tsukern yd. ^H'^ SÄ-^^tÄ^ Als
ob man einer Kohlenkugel Augen und Nase ansetzte.
Von einem Menschen mit dunkler Gesichtsfarbe und hässlicher
Physiognomie.
2849. Toga ga yurimda. W.^'W^U Der Reifen hat sich
gelockert.
Von jemand, der im Fleiss, im guten Betragen u. dgl. an-
fängt nachzulassen.
2850.* Taibö tva bö naraz7i. -^<.%\lU'!i.h'V Zu grosse List ist
keine List.
Erinnert, wie noch eine Anzahl ähnlicher (weiter unten fol-
gender) mit tai anfangender Ausdrücke an die Redensart : " die
Extreme berühren sich "; auch an: "allzuscharfmacht schartig."
2851. Taihoku c scmi ga tomatta yd. i;;^'^lft)Mhof:^ Als ob
sich eine Cikade an einen grossen Baum gesetzt
hätte.
Ein kleiner Mensch neben einem grossen, eine kleine Frau
neben einem grossen Manne, oder umgekehrt.
2%^2,^ Ta'iclii zva chi narazu. i^^ü^Uh-f- Zu grosse Klug-
heit ist keine Klugheit.
2853.* Taigan iio kzvaji. it^?>A^ Eine Feuersbrunst auf dem
gegenüberliegenden Ufer (des Flusses).
S. No 1251.
2854, Taika ato nasJii. 'kW^'^l L Ein grosses Haus hat keinen
Erben.
Ein grosser Mann pflegt selten einen grossen Sohn zu haben.
2855.* Taika no inasa ni hitsugaeran to siirn ni, ichibohi no
sasöru atawazu. :;k^0)l?r-S'^ f>^^ t 4 i:-7K©^.5.Ätfe(I
~f Wenn ein grosses Haus grade einstürzen will,
kann man es nicht mehr mit einem Balken stützen.
Tailian (grosse Dürre).
— 314 —
2856.* Taikan no ungei %vo nozomu ga gotohi. %^(^WM.^%\:^^
%W < (Ebenso sehnlich) wie man sich bei einer grossen
Dürre nach Wolken und Regenbogen sehnt.
Taihan (grosse Verrätherei).
2857.* Taikan %va chü ni nitavi. :^if (!-'£> l'-föf: "J Grosse Verrä-
therei gleicht (manchmal) der Treue.
2858.* Taiki bansä. :^^^^ Ein grosses Talent wird spät
fertig (reif).
2859. TailiO vio bachi 710 atari-yd. :*:I5 US O'^ «'J ^ Auch die
Trommel tönt, wie der Schlägel geschlagen hat.
Gleich No 11 58.
Taikö (grosser kindlicher Gehorsam),
2860. Taikö lua kö 7iarazu. :^#U^^j: h'^ (Zu) grosser kindlicher
Gehorsam ist kein kindlicher Gehorsam.
Man soll über der Liebe, mit der man den Eltern dient,
nicht seine andern Pflichten versäumen, sonst bringt man sich
und die Eltern ins Unglück.
Taikö (grosses Verdient).
2861.* Taikö zva saikin wo kaerimizu. %'^\^MW^M.^'f Bei
Sfrossen Verdiensten achtet man nicht auf kleine
Mängel.
2862.* Tairi zva vi narazu. i^flli^'J^X ?)t"- Zu grosser Vortheil
ist kein Vortheil.
2863.* Taisan ino giketsu yon kuziircrn. %^ \, ^% l "*) ^ h
Selbst ein grosser Berg stürzt durch Ameisenlöcher
ein.
Vgl. No 2559.
2864.* Taisan zvo zuaki-basandc Jiokkai wo koyiini ga gotokit.
:^^i^5g5^I^T*m^M'^/.D-•iD< Als ob man mit einem
grossen Berge unter dem Arm über das Nordmeer
schwimmen wollte.
Eine Hyperbel für Unmöglichkeit.
— 315 —
2865.* Taisei wa riji ni iri-gatashi. :^^!tffl:?-i:A')li L. Hoch-
tönende Phrasen machen auf das Ohr des einfachen
Mannes keinen Eindruck.
Man muss zu jedem so reden, dass er einen versteht. Vgl.
No 699.
2866. Taisha tatie naslii. :^^)bL^X L Ein grosser Mann hat
keine Nachkommen.
Im Sinne von No 2854.
2867. Taishi vi Moriya. X'^V-^U. Taishi und Moriya.
Sprichwörtlich für zwei unversöhnliche Gegner. Taishi ist
Abkürzung von Shötokii Taishi, dem posthumen Namen des
kaiserlichen Prinzen Toyofoini (um 600 n. Chr.), der ein eifrige
Förderer des Buddhismus war und dabei an Moriya seinen
entschiedensten Gegner hatte. — Vgl. No 2578.
2868.* Taitelxi to mite osoruni iiakare, shöteki to mite anndorii
nakarc ! -kWi%'^'^.h\ ^ii. /J>ic^ ^-^'W h ^in Fürchte
dich nicht vor dem Feinde, der gross aussieht, und
verachte nicht den Feind, der klein aussieht !
Die zweite Hälfte auch unter No 2737.
2869.* Taiyoku wa vmyoku ni chikashi. ^f^AtW^y-'&X- Zu
grosse Habgier kommt der Uneigennützigkeit nahe.
Wer zuviel haben will, verliert darüber oft, was er hat.
2870.* TaiyTi wa yü narazii. 'X^Vl'^^lh't Zu grosser Muth
ist kein Muth.
2871. Taha no tsnmc. Ü^öl Falkenklauen.
Ein Ausdruck für " spanischer Pfeffer," dessen Schotenfrüchte
an der Spitze klauenartig gekrümmt sind.
2872. Jaka mo tobeba, kusobac mo tobu. fi J, ^-<lt*Äiii ^-5^
Sowohl der Falke als auch die Schnieissfliege (kann)
fliegen.
Doch ist zwischen ihrem FHegen ein grosser Unterschied.
2873. Taka zva uetc mo, Jio zvo tsiunavtazu. l^ii^'C l^-^Ul^i'r
Wenn den Falken auch hungert, nirnmt er doch
keine Ähre in den Schnabel.
— 3i6 —
Gilt besoiide:s vom alten Samurai, der eher hungerte, als
dass er ein bürgerliches Gewerbe ergriffen hätte. Auch : taka wa
sJiinurcdo, ho ii>o tsmnazu, wenn der Falke aucli sterben müsste,
pflückt er doch keine Ahie ab.
2874. Takai ki iva kaze iii atari-yasiii. '%^^^\^%\'~^^'')'S:^^ Ein
hoher Baum ist dem Winde sehr ausgesetzt.
Vgl. No 1435.
2875. Takai tokoro e tsiichi-vtochi zuo suruna ! ^v'^'^±#i^'^ *
■^.C Mache nicht auf einem hohen Platze einen Erd-
liaufen !
Man soll nicht Dinge dahin bringen, wo man sie nicht
braucht, sich nicht unnöthige Mühe machen. (Vgl. No 1246.)
2876. TaL'OJö 110 ko wa yokii hato wo narasu. HE0Tltt^</iS
'^.DlK Das Kind des Falkenmeisters richtet gut
Tauben ab.
" Was ein Häkchen werden will, krümmt sich bei Zeiten."
2877. TaJxCiki ni noboru zva liikuki yori hajiinaj'u. iS^I'^Slt
%^l^]iMth Das Besteigen einer Höhe fängt von
der Tiefe an.
2878. Takaku toiuaru. ^<iliä;Ä Hoch sitzen.
Stolz thun ; " sich aufs hohe Pferd setzen." (Vgl. unter Zai-
viokuya^
2879. Takanii nl tsiichi wo moni. 'Uih\'~±he^h Auf einem
hohen Platz Erde aufschütten.
Wie No 2875.
2880. Takaini no kembutsu. %h-<^%\% Die Ansicht von der
Höhe aus.
Bei einer Gefahr nicht betheiligt sein, sich in Sicherheit
befinden. " Vom sichern Port lässt sich gemächlich rathen."
Auch : Gleichgültigkeit gegen fremdes Unglück.
2881. Takara vaku shitc viaclii ni nozomuna .' Um L'CfJTl'f^ü^i
Wenn du kein Geld hast, so gehe nicht auf den
Markt !
Vgl. No 65.
f
— 317 —
2882. Takara no viochi-gusare. StOl;?? t^l^fi Das Faulen des
Reichthums, den maa festhält (nicht benutzt).
Eine Sache, statt sie zu gebrauchen, nutzlos verderben lassen.
Vgl. No 223.
2883.* Takara 710 yavia ni irite te tvo miinaskiku sJate kaeru. M
e)aJt:At^^SL< L-Clf^ In einen Schatzberg gehen
und mit leeren Händen zurückkommen.
Wer z. B. in die Schule geht, ohne etwas zu lernen.
2884. Takara sakatte ireba sakatte izurii. Stif o-CAWtlfo'Ctlioi
Der Reichthum, der widers-trebend kommt, geht
auch widerstrebend.
Was mit grosser Mühe erworben wurde, hält länger an als
das leicht Gewonnene.
2885.* Takara tva nagaiiwchi naslä, saicJii %vo takara to scyo !
Ml^T^j^^^fj: L.:tl?4-Mi-tf X Reichthum ist kein dauernder
Besitz, (daher) mache Weisheit zu deinem Reichthum!
Take no knda no ana : 5. Hari no ana.
2886. Takc-yari zva kiri-oraicte ino nioto no yari. Ü'it(It?I''Ji^ ?>
^i'C iTCOlt Wenn die Bambuslanze auch durchschnit-
ten wird, bleibt sie doch dieselbe Lanze wie vorher.
Durch einen schiefgefühlten Schnitt oder Hieb erhält der
Bambus eine scharfe Spitze.
2887.* Takig i zvo idaite Jd ni im ga gotoku. l^^^c^'JÖvc^CA
i'5'''jtn< Als ob man mit einem Arm voll Brennholz
ins Feuer liefe.
2888. Tania migakazarcba hikari nashi. S^^'e nit^fe'J te L
Wenn man den Edelstein nicht schleift, hat er keinen
Glanz.
2889. Tama ni kizii. 3El-^ Ein Flecken am Edelstein.
Ein Makel am Namen eines grossen Mannes.
2890. Tama no 0 ga taern {od. kirern). 2?)^i>^'|g-^ -Sl^TJUi) Die
Edelsteinschnur endigt (od. reisst).
Ein poetischer Ausdruck für " sterben.'' Vgl. unser " der
Lebensfaden reibst,"
- 3i8 -
2891. Tama no sakaznki 7ii soko iiaki yo. ^i^/El-lsit^t* Als
ob einem Edelstein-Sakebecher der Boden fehlt.
Von einem vortrefflichen Menschen, der ungeachtet aller
seiner guten Seiten an einer Schwäche zu Grunde geht.
2892.* Tama ivo kacshite hitstc zvo todonm. ^^^M L'CHI^'^L' Den
Edelstein zurückgeben, das Futteral behalten.
Sehr thöricht handeln.
2893. Tama zvo migakii. 3E'V^ < Den Edelstein schleifen.
Die Seele veredeln, [tama bedeutet zugleich "Seele" und
"Edelstein".)
2894. Tcunago e mc-liana zvo tsukcru yö. III'^HS-^^'M*^^ Als
ob man einem Ei Augren und Nase anfügt.
Von einem hübschen, weissen, ovalen Gesicht (im Gegensatz
zu No 2848).
2895.* Tamago zvo motte isJii zvo osu ga gotokzi. IP'i'Ö'CS'VJt'f ^*
itn < Wie wenn man mit einem Ei einen Stein weg-
schieben wollte.
Auch : iamago zvo Diotle ishi luo utsu, mit einem Ei gegen
einen Stein schlagen.
2896. TamasliH mi ni sozvazu. ^Äl-i^dt' Die Seele bleibt
nicht beim Körper.
" Den Kopf verlieren."
2897. Tamatama koyitrcba hare-yamai. f^^Il'5>nifSin^ Wer
(nur) von Zeit zu Zeit dick ist, (heisst nicht dick,
sondern) ist geschwollen.
2898. Taineru naraba zvaka-ki 110 nein. 1Ü "^£ ?> Ü'^^tcO ^ B
Wenn man (den Baum) gerade biegen will, (so
, muss man es thun) so lange er jung ist.
2899.* Tcuni no köketstt zvo sJiiborn. S'D^ifii'-t^s Das Fett
und Blut des Volkes auspressen.
Das \'olk " aussaugen."
2900. Tamoto ni vic an, kabc ni mivd ari. ^l- S^^J »ISl-^W
"J Die Ärmel haben Augen, die Wände haben
Ohren.
Vgl. No 1090.
— 319 —
2901. Tana e agete oku, M^±^XW^ Aufs Wandbrett legen.
Sich etwas aus dem Sinne schlagen, nicht mehr daran denken ;
besonders im Sinne von No 2318.
2902. Tana kam botamochi ga ocJiita. W>" h^f^^'i^^V-. Vom
Wandbrett ist ein Zucker-Reiskuchen heruntergefallen
Ein unverhofftes Glück. (Vgl. No 23.)
2903.* Tanagokovo (od. Unohira) zvo kaesu ga gotoku. ^^
Ä-f -»'jiD < Als ob man die Hand umdreht.
Sehr schnell, " im Handumdrehen." (Japanische Lesung von
Xo 547.)
Taue (Zurüstung).
2904. Taue naki tczuma zua tsnkaxvarezu. fivi: ^^nolH^(iH"f
Ohne Vorbereitung kann man keine Taschenspieler-
kunststücke machen.
Zu allem ist Vorbereitung nöihig, man kann nichts " aus dem
Ärmel schütteln."
Tane (Samen).
2905. Tane wo yado siini. ?i4"^T 2> Den Samen behei bergen.
Schwanger werden.
2906. Tang wanniii no nai tokoro ni iva saibanniii vio nai.
^mK^^U^^^'n-itWiMKifl^^ Wo kein Kläger ist, ist
auch kein Richter.
Das Spr. ist erst in neuester Zeit entstanden, oder vielmehr
nur eine Übersetzung, hat sich aber so eingebürgert, dass es
unter den japanischen Sprichwörtern eine Stelle verdient.
2907. Taniii majienu, niizu intzu. '(iiiA*l'^«.7ltA ?> t* Sich nicht
mit Fremden einlassen, kein Wasser dazwischenkom-
men (lassen).
Eine sehr enge Freundschaft (sodass " kein Wasser eindringt "
— vgl. No 191 1) ist nur unter Verwandten möglich.
2908. Tanm no incsJä ni zva hone ga aru. 'flllA'^iSi-l-'i'S^'fc ö
Im Reis fremder Leute sind Knochen (od. Gräten).
" Fremdes Brot schmeckt bitter."
2909. Tanin no meshi wa shiroi. '(l&A<^ß5ilfiir" Der Reis anderer
Leute ist weiss.
— 320 —
Was ein anderer hat, scheint besser als das Eigene. — Statt
tiDiin auch hito.
2910. Tani7i no saru-ni. \^K'^W^X Die Affenähnlichkeit fremder
Leute.
In einer Gesellschaft von Leuten, die man zum erstenmale
sieht, scheint einer dem andern so ähnlich wie in einer Gesell-
schaft von Affen, wo auch einer dem andern gleich sieht. Man
lernt erst allmählich die einzelnen von einander unterscheiden.
29 11. Taniii no sora-ni. 'flllA'^;^f0l Die täuschende Ähnlichkeit
fremder Leute.
Wenn Leute sich ähnlich sehen und doch nicht verwandt
sind.
2912. Timm zva kotuai mono. 'flllAUW»'*^" Fremde Leute sind
zu fürchten.
Mit Unbekannten muss man vorsichtig sein. (Vgl. No 112
und 739.)
2913. Tau/H mo wäre, kökzvai mo ivare. @^ t o^.^'^ i w^ Den
Zorn hat man selbst, (aber) die Reue hat man auch
selbst.
2914.* Tanki zva sonki. MMUÄ^ Ein jähzorniges Gemüth ist
ein schädliches Gemüth.
Zorn bringt Schaden.
2915. Tanomii kokage ?n anic ga inorii. M.\J':^^\'-M^^%h
Durch den Baum, unter dem man Schutz gesucht
hat, läuft der Regen hindurch.
Wenn man von jemand im Stich gelassen wird, auf dessen
Hilfe man gerechnet hatte, oder wenn ein Freund sich auf die
Seite der Feinde schlägt. (Vgl. No 803.) Auch : tanomu ki no
7110/0 ni ame ga furu, es regnet am Fusse des Baumes, unter
dem man Schutz gesucht hat.
2916.* Tanoshi^ni arcba kiiriishimi ari. I^^fcnit'^'^fc "J Wo
Freude ist, ist auch Leid.
Japanische Lesung von No 2386.
2917.* TanseUl ni semaru. .S.^'l'iäS Von Morgen und Abend
gedrängt werden.
Einem nahe bevorstehen; ''die Tage sind gezählt."
— 321 —
2918.* Taiishi san wo nasazu, kobokii liayasJii zvo tiasasu. WM.
^4>^?t-. ®:*ltc^JS5t- Eine Faser macht keinen
Faden, ein Baum macht keinen Wald.
" Eine Schwalbe macht keinen Sommer."
2919. Tanuki ni mesti nashi, viujina ni osii nasJii. 31i*ftM
L>ll-l-tfcML Unter Tanuki giebt es keine Weibchen,
unter Dachsen keine Männchen.
Tatiuki : ein dachsähnliches Thier (Nyctereutes viverrinus ).
Bedeutung vielleicht gleich der von No 2923. (?)
2920. Tamiki no Jiara-tsuzinui. 31^'MSS Das Bauchtrommeln des
Tanuki.
Wenn der Tanuki den Mond sieht, soll er sich vor Vergnügen
auf den Bauch klopien, was einen weithin hörbaren tiefen
glockenähnlichen Ton giebt. — Von jemand, der sehr zufrieden
aussieht (vgl. No 572),
2921. Taniiki-ne. 31Ä Der Schlaf des Tanuki.
Ein verstellter Schlaf.
2922. Tarann ica amani yori yoshi. /S ?>W(J^S i "J # L Nicht
genug sein ist besser als zuviel sein.
Vgl, No 2222, auch 2799.
2923. Tare ka karasu no shiyü zvo shirmi? fS«'.i»'?)ft|ü^^ f>^
Wer will Weibchen und Männchen des Raben er-
kennen (unterscheiden) ?
In verächtlichem Sinne, um zu sagen : der eine (von diesen
Menschen) taugt ebenso wenig wie der andere.
2924. Taru koto wo shire ! ä^I^^^H Man muss wissen,
wann es genug ist.
" Allzuviel ist ungesund."
2925.* T«sei 7ii busei wa ■ kanawastc. ^ tJ-l- M^ U ® I1 1*
Gegen grosse Macht kann Ohnmacht nichts aus-
richten.
Sagt man besonders, wenn (bei einem Disput) " alle über
einen herfallen." Abgekürzt: üisei tii busei; statt tasei auch 'özei.
—Vgl. No 1678.
— 322 —
2926. Tasuhi ni wa nagashi, obi Jii wa mijikasJii. fS?l-ll:MtL»
^i-(tML Zum Armelciufschürzer zu lang, zum Gürtel
zu kurz.
Vgl. No 383. Abgekürzt : nagashi inijikashi (s. da).
2927. TataJi'au suzume wa hito ino osorezii. K^^^ltA t.tS^i'T
Der kämpfende Sperling fürchtet selbst den Menschen
nicht.
2928. Tataini no ue no ayamachi. #'^±€)äl5 Das Unglück
auf der Zimmermatte.
Ein Unglück, wo es nicht zu erwarten war, wo man sich so
sicher gefühlt hatte wie in seinem eigenen Zimmer. Vgl. No
1732.
2929. Tatami no ue no jindate. fiO±OP^Ä'C Die Heeresaufstel-
lung auf der Zimmermatte.
2930. Tatami wo tataku. ^^^JP < Die Matten klopfen.
Vor Zorn mit den Händen auf die Matten schlagen.
2931. Tate-ita ni mizu nagasii yd. M^l-^^Jlß't^ Wie wenn
man an einem aufrechten Brette Wasser hinunterlaufen
lässt.
Hiermit vergleicht man die Geläufigkeit der Zunge. Abge-
kürzt : iateifa ni mizu.
2932.* Tatoe sekim ni mitsuni takara mo sJiimmei ni ataru
koto nashi. ^\--m^\'-mh%\.%^\'~%h\UL Selbst alle
Schätze der Welt kommen dem eigenen Leben
nicht gleich.
2933. Tatsu tori mizu zvo nigosazii. Ä<5-%7^^i^3"?* Der aufflie-
gende Vogel trübt das Wasser nicht.
Man soll in dem Ort, den man verlässt, keinen schlechten
Ruf hinterlassen ; sich in einem Amte bis zum letzten Tage gut
aufführen u. dgl. " Ende gut, alles gut.'' Auch : tatsu tori ato
wo kegasazu.
2934. Tatsu tori no ato wo tiigosuna / Ä'^.^OSt'^'i^T ^j: Trübe
nicht (das Wasser) hinter dem aufgeflogenen Vogel !
Man soll von Leuten, die nicht mehr da sind, nicht Schlech-
tes reden ; besonders nicht seinen Vorgänger schlecht machen.
— 323 —
2935* Tatte ite yd zvo tasu mono zva denshhnbasJdra to yiibim-
bako. ±^ ^m'^mf)!^-^%)i\X%^i&im\^m (Müssig)
stehend ihr Geschäft besorgen (kann nur) die Tele-
graphenstange und der Briefkasten.
Die scherzhafte Redensart beruht auf einem Wortspiel mit
tatte im, das sowohl einfach " stehen " als auch " müssig stehen ' '
bedeutet. Die japanischen Postbriefkästen sind ca 4 Fuss hoch
und nicht wie bei uns an den Häusern befestigt, sondern stehen
frei auf einem steinernen Untersatz,
2936. Tattern mono tua oya de mo tsiikae ! ^oXhik\t^'^\.^
'^. Müssigstehende nuiss man beschäftigen, und
wenn es die Eltern wären.
Wer grade Zeit hat, den lässt man die Arbeit machen— nur
scherzhaft gemeint, und nur in diesem Sinne ein Seitenstück zu
unserm : " Müssiggang ist aller Laster Anfang."
2937. Tattoi tera zva inon kara shireru. Äi-^^dF^«' ?)^^li
Einen erhabenen Tempel erkennt man (als solchen
schon) vom Thore an.
2938. Te ga aku. ^U'-'M < Die Hände sind leer.
Unbeschäftigt sein.
2939. Te ga fusagaru. ^^^Mz Die Hände sind voll.
Vollauf beschäftigt sein, keine Zeit haben.
2940. Te ga mazvaru. ^^^M.h Die Hände drehen sich.
Regsam, thätig, auf dem Posten sein.
2941. Te ga okurerii. ^tj^'jgHS Die Hand kommt zu spät.
Zu spät kommen.
2942. Te ni amaru. ^I-^ä Den Händen zu viel sein.
Zu schwer sein, die Kräfte übersteigen ; (von einem Men-
schen :) zu schlau für einen sein, sich nicht regieren lassen.
2943. Te ni ase wo nigirn. ^l-fF^Ü^ Mit den Händen
Schweiss greifen.
Machtlos sein, nichts ausrichten können und sich darüber
ärgern.
2944. Te m awami. ^l-'n'IIW Zur Hand nicht passen.
Zu schwer für einen sein.
— 324 —
2945- ^ '^'^ inodoni. ^\'~%.h In die Hand zurückkehren.
Etwas Verlorenes wieder bekommen.
2946. Te ni noru. ^V--%h Auf die Hand (eines andern) steigen.
Auf die Absicht eines andern eingehen, sich von ihm düpiren
lassen.
2947. Te ni toru yö. W\~Mhf^ Als ob man es mit der Hand
friffe.
So deutlich sehen, resp. hören (von fernen Dingen).
(
g'
2948. Te ni tsubaki sunt. ^l-'®"f 3 Sich in die Hände spucken.
Eine Sache ernstlich in Angriff nehmen.
2949. Te 110 mai, asJii 7to fiaui wo shirasu. ^•^^^»S'^Sa^^Q ?>"?'
Das Tanzen (die Bewegungen) der Hände, das Treten
der Füsse nicht wissen.
Nicht wissen, wo einem der Kopf steht.
2950. Te no nagai mono. ^'^^^^^ Jemand mit langen Händen.
Ein " Langfinger."
2951. Te no vchi no tama zvo torareta yd. ^^'^'^'^^M.hM'-.^
Als ob einem ein Edelstein aus der Hand genom-
men worden wäre.
Vom plötzlichen Fehlschlagen einer Hoffnung; sehr betroffen
sein, " ein langes Gesicht machen."
2952. Te no uchi %vo mini. ^^^he%h Das Innere der Hand
besehen.
Sehen, was einer kann, ihn auf die Probe stellen.
2953. Te no nra zvo kaesn. ^^VieVK't (Statt des Handtellers)
den Handrücken wiedergeben.
Unzuverlässig oder falsch sein.
2954. Te rokußi made agani. ^A^+^iTpi^ Die Schreibkunst
schreitet bis zum 60. Jahre fort.
In der Schreibkunst macht man bis zum 60. Jahre Fortschritte.
2955. Te zvo kae, shina zvo kae. ^^^'^»no-t^'^ Die Hände
wechseln, die Dinge wechseln.
Auf jede erdenkliche Weise.
— 325 —
2956- Te wo kacru. ^'hs-^h Die Hände wechseln.
Das Verfahren ändern ; es auf eine andere Weise versuchen.
2957. Te WO kaesii yori mo hayakii. ^^läf i "J i-?-< Schneller
als man die Hand umdreht.
Vgl. No 547.
2958. Te wo kasii. ^^Ä"t Die Hand leihen.
Helfen.
2959. Te wo kirn, ^'^^^h Die Hand abschneiden.
Eine Verbindung abbrechen.
2960. Te zvo inatuasu. ^^MT Die Hände umhergehen lassen.
Im Geheimen Erkundigungen anstellen lassen.
2961. Te wo moniu. ^^%\J Sich die Hände reiben.
Sehr verlegen sein.
2962. Te wo 7iurasazu ni toru. ^^^ 2 "f 1-5X4 Nehmen, ohne
sich die Hände nass zu machen.
Etwas bekommen, ohne sich Mühe zu geben. Vgl. N02184,
2963. Te wo oku. ^'^•^< Die Hände wegsetzen.
Sich vor etwas scheuen, es nicht thun ; " die Hände davon
lassen.''
2964. Te wo oru. ^^^5 Die Hände beugen.
Sehr unterwürfig sein.
2965. Te wo ou. ^^'Ä-t' Die Hand (des Gegners) tragen.
Eine Wunde erhalten.
2966. Te wo sageru. ^^Tif s Die Hände senken.
Um Entschuldigung bitten.
2967. Te wo tsukaneru. ^f^%Vih Die Hände falten.
Müssig sitzen.
2968. Te wo tsukusu. ^^^"f Die Hände erschöpfen.
Alle Mittel aufbieten.
2969. Te wo ushinau. ^^^-S- Die Hände verlieren.
Sein Ziel nicht erreichen.
2970. Te wo Jitsu. ^^t^'^ In die Hände sehlagen.
Einen Handel abschliessen.
— 326 —
2971- ^ wo yaku. ^^ti < Sich die Hand verbrennen.
" Sich die Finger verbrennen.''
2972. Tc-arai-sen. ^öfcll Handwaschgeld.
Bestechungsgeld.
2973. Te-ashi ga mikete yiiku yö. ^,51-5'''^l?'CtT< ^ Als ob einem
Arme und Beine davongingen.
Sich so matt fühlen,
2974. Te-dori baidori {06. baidon-gachi). ^'^^)^^''){B'^) Mit
den Händen nehmen, doppelt nehmen.
Unverschämt viel nehmen.
2975. Te-gaki aredomo, biin-gaki nashi. ^ÄfcHs* t5l#tC L Es
giebt zwar Schreiber, aber keine Schriftsteller.
2976. Tegaini zva nambekii uyamaiie kake ! ^W^-'^Lh'<^%.'^M
IT Einen Brief schreibe so höflich als möglich 1
2977. Teguse ga warm. ^t%'^^^>^^ Die Gewohnheit der Hände
ist schlecht.
Diebische Neigungen haben.
2978. Tel tari-gatashi, kei tari-gatashi. >^f:''JI^L» ^•f:''JilL
(Keiner von beiden) kann der jüngere Bruder sein,
keiner kann der ältere Bruder sein.
Von zwei Leuten, die sich sehr ähnlich sehen.
2979.* Teijo rydfu ni mamiezu. A^M.^I-Ä?^"?* Ein treues Weib
hat keine Zusammenkunft mit zwei Gatten.
Gemeint ist die erste Zusammenkunft, die im Beisein der
Verwandten stattfindet, nachdem die Ehe bereits festgesetzt ist.
Ein treues Weib heiraihet nach dem Tode ihres Gatten nicht
wieder. — Vgl. No 268.
2980. Te-ike no liana. ^ilj'O'fS Die mit eigener Hand (in
die Vase) gesteckten Blumen.
Was man selbst gemacht hat, hält man für besonders schön.
2981. Tehiem-haya zva dekinai. T^^f•*PlI^ti*^J:^^ Schön
und schnell zugleich geht nicht.
Etwas schön zu machen, braucht man Zeit.
— 327 —
2982. Teishii ga suki nara, aka-eboshi. ^±«'if ^^i h1t^%W^
Wenn der Haushei"' es liebt, (so trägt man) eine rothe
Mütze.
Der ebosJii, eine mützenartige Kopfbedeckung Vornehmer im
alten Japan, war schwarz. Im Hause muss sich alles nach dem
Willen des Hausherrn richten. Auch : teisJin 110 suki na aka-
eboshi, die rothe Mütze, die der Hausherr liebt.
2983. Teisliu no kao e doro zvo nuni. ^±oM'^iJ6^^* Das
Gesicht des Mannes mit Schmutz beschmieren.
Von Frauen, die dem Manne durch ihre Aufführung Schande
machen. (Vgl. No 708.)
2984. Teishii wo sJiiri m shikit. ^±^^l-ü:< Den Mann (als
Kissen) unter den Hintern legen.
Von Frauen, die den Mann " unter dem Pantoffel haben."
2985. Teisoku (od. TeAza) shite hanasu. ÜÄ (S^) L-CÜ^f
Einen Dreifuss bildend sich unterhalten.
Ein Gespräch zu dreien führen.
2986. Teilt ga shiramu. Ü^'Ö L' Der Feind wird weiss.
Der Feind beginnt zu weichen,
2987. Teki ni kate. ^1-1® Dem Feinde Proviant.
Dem eigenen Feinde helfen. (S. No 8 und 2187,)
2988. Temae-niiso shio-karashi. ^t\%'<%Wi'L Eigene (selbst-
gemachte) Bohnensauce ist salzig.
" Eigenlob stinkt,''
2989.* Te/inmei nogare-gatasJd. ^^-^jShll L Seinem Schicksal
kann man nicht entgehen.
2990.* Tetmnö kzvmkwai so ni shite morasazu. 5^Hi'lS'c*j^l- L'C
S?>?"r Das Netz des Himmels ist gross und hat
•weite Maschen, aber lässt nichts durch.
Wenn auch spät, so ereilt den Bösen endlich doch die Strafe.
2991. Temochi-busata. ^^B^v^-iÜ: In Verlegenheit, wie man
die Hände halten ^beschäftigen) soll.
Nicht wissen, was man anfangen soll ; sich langweilen.
— 328 —
2992. Temori liappai. ^^"JA^ Selbstein^i^efüllter (Reis)
acht Tassen.
Scherzhaft, wenn man beim Essen sehr eifrig zulangt.
2993. Tempo yatsti-atari. 3^äA-o©kJ Die Gesetze des Him-
mels treffen nach acht (allen) Richtungen.
D.h. ohne Unterschied; "der Himmel lässt regnen über
Gerechte und Ungerechte." Die japanische Redensart wird mehr
scherzhaft gebraucht, so wenn z. B. der Hausherr sich über
etwas geärgert hat und nun seinen Arger an allen, auch den Un-
schuldigen, die ihm in den Weg kommen, auslässt.
2994.* Tempil no cht. %M'^^ Ein Land, das das Vorrathshaus
des Hinmiels ist.
Ein fruchtbares, reiches Land ; besonders auch in dem
Sinne : grosser Handelshafen, Stapelplatz aller Güter.
Ten (Himmel).
2995. Ten e mo noboni yö. 5^'^tlS4^ Als ob man zum
Himmel emporstiege.
Vor Freude " an die Decke springen.''
2996.* Ten ßiku-wo meiniei no uchi yori tamau. ^-fl^»^* '^^i l)
flS-J^ Der Himmel verleiht das Glück aus der Dun-
kelheit.
Der Grund, weswegen die Glücksgüter so ungleich vertheilt
sind, ist " unerforschlich."
2997.* Ten icJmmi wo shdzureba, chi ikketsu wo shözii. 5^— A^^
*f ^lt»fife— ^^4'?' Wenn der Himmel einen Menschen
schafft, schafft die Erde ein Grab.
Teil kara ftmdoshi : s. Tenjihc.
2998.* Ten ni oreba hiycku no ton, chi ni areba renri no eda. 5?
|t;Snirikm'?>.%.Äfei:^niT3ia^fe im Himmel ein Hiyo-
ku- Vogel, auf der Erde ein Paar zusammengewach-
sene Zweige.
Ausspruch eines chinesischen Kaisers, als er ein schönes, aber
niedrig geborenes Mädchen zu seiner Gemahlin erhob. (Über
hiyoku no fori s. No 758.)
— 329 —
2999-* T^^^ '" kuchi nashi, Jiito zuo motte ivuashimu. 5^l-PML»A
^iU'Cell LL' Der Himmel hat keinen Mund, er lässt
Menschen reden (er redet durch Menschen).
3000.* Ten ni nmkatte tstibaki snrcba, kaette onore no omo wo
kegasu. ^cr-Wo-ct^tnirj^-CS^M^f^t Wenn man
gegen den Himmel spuckt, so beschmutzt man sein
eigenes Gesicht.
Auch kürzer : ten ni imikatte tsuba hakii ga gotoku, als ob
man gegen den Himmel spuckte. Vgl. No yS.
3001.* Ten no ami nogare-gatasJii. 5c0lli^^!|ftL Den Netzen des
Himmels kann man nicht entgehen.
3002.* Ten 710 atayuru {atöru) zvo torazareba, kaette sono toga
100 nkeru. 5^^ll'.55^ ^|il?> 5'nit\ipÄ0^^^S Wenn
man die Gaben des Himmels nicht annimmt, so er-
hält man dafür seine Strafe.
3003.* Ten no toki chiri ni shikasu, cJiiri jinkwa ni shikazn. ^zO
B^SÖl'jr-ifPö'-r.m^'JAWr-Jtp^'f Die Zeit des Himmels
(die glückliche Stunde) kommt dem Vortheil des
Terrains nicht gleich, der Vortheil des Terrains
kommt der Eintracht der Leute (der Truppen) nicht
gleich.
Vgl. No 3015.
3004.* Ten shirji, chi shini, wäre sJdni. 3^^i»ifi^o»^^i Der
Himmel weiss es, die Erde weiss es, und ich weiss
es.
Mit diesen Worten wies Ybshin (chin ya)ig Tsen ^^), ein
hoher Beamter unter der Han-Dynastie, eine Bestechung zurück,
die man ihm in der Nacht gebracht hatte.
Ten (Punkt).
3005. Ten wo utsu. fh^fi^ Punkte setzen.
Kritisiren, nach Fehlern suchen.
3006. Tenarai wa saka ni kuruma zvo osu yd. ¥^it$^4Sl*l¥
■f^ Das Erlernen der Schreibkunst ist, wie wenn man
einen Karren eine Anhöhe hinaufschiebt.
— 330
3007.
30o8.
Sowie man etwas nachlässt, geht es mit der Schreibkunst wie
mit dem Karren bergab.
Tenchi kenkaku 110 söi. ?^ifii^Pi?)tBiS Ein Unterschied
wie die Entfernung von Himmel und Erde.
Ein " himmelweiter Unterschied,"
Tejichi ni fukyö shite hajizii. ^^V-'^^ L'^^'V Zum
Himmel aufblicken und zur Erde hinabsehen, ohne
sich zu schämen.
Ein reines Gewissen haben.
Tenc/ii no chigai (od. TencJii no sä). ^Jife'^H Ein Unter-
schied wie zwischen Himmel und Erde.
Tendai ni te nashi. ^a\-^U L Die Tendai-Priester
haben keine Hände,
Scherzhafte, allitterirende Redensart. Vgl. No 1958.
Tendö zm ni fuhi su. 5^3l#l-Su'T Der Himmel giebt
der Tugend (dem Tugendhaften) Glück.
Tetigai hirin no gotoshi. 5^5MJtP^'?)in L Der Himmel
(die ganze Welt) ist wie die Nachbarschaft.
Die Menschen gleichen s'ch überall.
Tengan chikasJd. 5^BIi£ L Die Augen des Himmels
sind nahe.
Tengu ni natta. ^Jr]!-^^: Er ist ein Tengu geworden.
Ten^u sind fabelhafte Wesen von menschlicher Gestalt, aber
mit Flügeln, Klauen an den Händen und einer stark verlänger-
ten Nase ; bei einer Art sind Nase und Mund durch einen
Rabenschnabel ersetzt. Sie bewohnen einsame Gebirge und
gelten für zauberkundig und im Besitz übermenschlicher Kräfte.
Die Redensart bedeutet : er ist sehr stolz geworden, und ist eine
Umschreibung für hana ga takai, die Nase ist hoch, was eben-
falls ''Stolz'' bedeutet.
3015.* Te^}jif chiri, jinwa. ^B^F.Hfe^'J.A^ Glückliche Stunde,
vortheilhafte Stellung, Eintracht der Truppen.
Nach chinesischer Taktik die drei Hauptbedingungen zum
Siege; die dritte ist die wichtigste (vgl. No 3003).
3CO9.*
3010.
301 I.*
3012.*
3013.*
3014.
— 331 —
3016. Tenjiku kara ßmdoshi. ^^t>'f,^ Ein Lendengürtel
aus Indien.
Für etwas allzu Langes, oder auch : etwas allzu Umständliches.
Statt Tenjiku auch ten, Himmel.
3017. Tenjiku-rönin. X^MA Der herrenlose Krieger aus Indien.
Einer, der keinen festen Wohnsitz hat, von dem niemand
weiss, woher er kommt (vielleicht aus Indien) ; ein Landstreicher.
3018. Tenjö ga ki na kusai to in yd. ^^tJ^^ftv'Tj Si.^ Als
ob man sagte : die Decke riecht nach versengtem
Papier.
Die Decke der Zimmer besteht aus Holz und ist nie mit
Papier beklebt,
3019. Tenha wawari-wochi. ^TM*JI$B Der Besitz des
Reiches wechselt.
Reichthum bleibt nicht lange in derselben Familie.
3020.* Tenka wa ichinin no tenka ni arazii. /'^TU— A<?)^Tl-^ ^
"^ Die Welt ist nicht die Welt eines einzigen
Menschen.
3021.* Tenka wa tenka no tenka ni shite, tenka no tenka ni
arasu. ^Td^^T^^cTi: L-C^TO^cTl^W ?>f Der Kaiser
ist der Kaiser des Volkes, nicht der Kaiser des
Landes.
Te7ika hat in diesem alten Sprichwort, das die enge Zusam-
mengehörigkeit von Kaiser und Volk betont, dreierlei Bedeutung:
i) der japanische Kaiser (jetzt nicht mehr in diesem Sinne
gebraucht) ; 2) das japanische Volk ; 3) das japanische Reich.
3022. Tenka-hatto, inikka-Jiatto. 5^TJ£^HEI^Ig Die Reichs-
gesetze sind Gesetze von drei Tagen.
D. h. sie werden fortwährend wieder aufgehoben und umge-
ändert (vgl. No 258). Die Redensart hat etzt nur noch histori-
sche Bedeutung ; sie entstand und war gebräuchlich in der Zeit
des Übergangs vom Shogunat zur Kaiserregierung.
3023.* TeiiJiö wo nbaii. 5^X^#i^ Die Kunst des Hinimels
stehlen.
Eine Metapher für ausserordentliche Meisterschaft eines
Malers.
— 332 —
3024.* Tennin mo gosjii. "^Kl^M Selbst Engel haben fünf
Mängel.
" Auch die Sonne hat ihre Flecken."
3025. Tenseki wa kokyd zvo slwzczu. $S^ltfftiP^4t£-t Wer
die Ortsangehörigkeit wechselt, erwirbt (dadurch) keine
Heimath.
Der neue Wohnort wird nie zur Heimath.
3026.* TetiteM islii wo ugatsu. Sfi?®^^^<5 Der Tropfen durch-
bohrt (höhlt) den Stein.
Nicht etwa nur eine Übersetzung, sondern ein altes chinesi-
sches Sprichwort. — S. auch No 57.
3027. Teppö'dania no tsiikai de kaeri (od. henjt) ga nai. @i
«g3i^{5l:CA'C|fi'J(ig^)i?^'^;i<> Eine Fiintenkugel als Bote
kehrt nicht zurück (od. bringt keine Antwort).
Gleich No 1470. Abgekürzt: teppodania no tsukai.
3028.* Tentö hito wo korosazu. 5^itA^ISSt' Der Himmel
tödtet niemand.
3029. Teva kara sato e. #9'f>E'^ Von der Schule nach
Hause.
Mit tera, Tempel, ist hier tcrakoya gemeint, eine alte, jetzt
nicht mehr existirende Art von Schulen, die unseren mittelalter-
lichen Klosterschulen entsprachen. Um zu sagen, dass einem
eine Sache Vergnügen macht, dass man sie gern thut, wie
Kinder gern von der Schule nach Hause gehen.
3030.* TesseM 710 gotoku. ®^©to< Wie Eisen und Stein.
Unnachgiebig.
3031.* Tesseki-shin no hito. iJH'Ü^^A Ein Mann mit einem
Herzen aus Eisen und Stein.
Ein Mann mit " eisernem Willen."
3032.* Tetsu wo fumu. fSüSaü Im Fahrgeleise gehen.
Sich nach anderen richten.
3033.* Tetsu-'inenipi no inotio. W,^^^ Einer mit eisernem
Gesicht.
Ein frecher Mensch. " mit eiserner Stirn,"
— 333 —
3034- '^^ ^^'^ shivieni. ^^'^^h Die Thür zumachen.
Den Laden, das Geschäft schliessen, d. h. Bankrott machen.
3035. Tobt no viotio. M^^ Leute des Feuerhakens.
Feuerwehrleute. Der Feuerhaken (tobi) hat seinen Namen
von der japanischen Weihe, wegen der Ähnlichkeit seiner
Gestalt mit dem gekrümmten Schnabel dieses in allen japani-
schen Städten sehr gemeinen Raubvogels.
3036. Tohi-tntsii )'d. MÜ'"iLoW (Sich so freuen) dass man
aufspringt.
3037. Toboketa basan ko-oke de cha ivo nomn. t^lTf:^ §^'^^'C
^^t^L' Eine kindisch gewordene Alte trinkt den
Thee aus dem Kübel.
3038.* Tolni koto takakarasareba , tsuniazukii vio kizii tsiikazu,
Mli>JiS5"?>?ni:\M< iÄ^-o'-f" Wenn man nicht hoch
(hinunter) springt, so thut selbst (an einen Stein)
stossen keinen Schaden.
3039. Tohi ton vio ocJnru yö. ?ll-5>-%t^4tft So dass selbst der
fliegende Vogel herabfällt.
Eine Hyperbel für : sehr mächtig und angesehen sein ; die
Macht, der Einfluss jemandes sind so gross, dass kein Vogel
über sein Haus hinwegzufliegen wagt.
3040. Tödai-vioto hirashi. iftSTCS^ L Am Fusse des Leucht-
thurms (od. des Leuchters) ist es dunkel.
Über Dinge, die uns am nächsten angehen, wissen andere
oft mehr als wir.
3041. Todo no tsumari. ic^^^^^J Der Schluss vom Ende.
Das Endergebniss, das " Ende vom Liede." (Vgl. No 126.)
3042. Töfa de ha luo itameru. S^T®iV0* 5 Sich mit Töfu
(weichem Bohnenkäse) die Zähne beschädigen.
3043. Töfu ni kasiigai. S^l'IK Eiserne Klammern um Boh-
nenkäse (legen).
An dem weichen Bohnenkäse können eiserne Klammern
nicht haften. Etwas Nutzloses thun ; " tauben Ohren predigen.'
(Vgl. No 2178.) In Bezug auf unfolgsame Kinder oft mit der
Erweiterung: {fofu ni kasiigai,) täte tno kr kamt ; (eiserne
Klammern um Bohnenkäse,) selbst wenn man ihn schlägt, hört
er nicht.
— 334 —
3044- lof^^ ^^0 yö' S^'^^ Wie Bohnenkäse.
So weich (von einem schlaffen, kraftlosen Körper).
3045. Tögivamhtine ga tsiiita. ^SL^^^^V- Das Kürbisschifif
ist angekommen.
Von einer Versammlung buddhistischer Priester, anspielend
auf ihre kahlgeschorenen Köpfe.
3046.* Toliö ni kiireru. ~^')i\'-Mh Wegen der Wegrichtung im
Dunkehl sein.
In Verlegenheit sein, nicht wissen was zu thun.
3047.* Tohö zvo nshinau. ää:&^^-S- Die Wegrichtung verlieren.
Wie No 3046.
Tohö gwakai: s. Dohö gwakai.
3048.* Tohö tötet sn mo nashi. ii:^iilai t M L Weder Wegrichtung
noch Fahrgeleise.
Gänzlich im Irrthum sein ; ganz falsch oder verkehrt sein.
Töi shinrui yori chikai tonari — s. Töku no.
3049. To-ita ni mame korogasu yd. ^;^l-SIS*'*t 1i Wie wenn
man eine Erbse auf einem Thürbrett rollen lässt.
Sehr schnell sprechen.
3050. Töjin no negoto no yd. ^A^^f^^ Als ob ein Chinese
im Schlafe redete.
Von undeutlichem, unverständlichem Sprechen.
3051. Tohaku imira ni wa (od. kinjo ni) koto nakare ! ^Ä^
i:il(5S^;ri:^l^'^'"^ Auf keinen Fall lass dir etwas
auf deinem Dorfe (od. in der Nachbarschaft) zu
Schulden kommen !
" Der Fuchs raubt nie auf seinem Bau."
3052. Tokaku suru nchi ni hi ga kurcru. ^ÄT * ^1- B*""*^^
Indem man dies und das treibt, geht die Sonne
unter.
Über allerlei Nebendingen wird die Hauptsache vergessen.
Vgl. No 2780.
— 335 —
3053-* Tökakii zvo arasou. EKII^f=i> Sich die Hörner des
Kopfes streitig machen.
Sich um den Vorrang oder die Vorherrschaft streiten.
3054.* Tdkaku wo arawasu. SIÄ^Mt Die Hörner des Kopfes
zeigen.
Sich geltend machen.
3055.* TolH ni aeba neztnni nio tora ninaru. a$l-5l'^lt'lL llti:^
i Zu Zeiten wird selbst eine Maus zum Tiger.
Ähnlich No 282.
3056. Toki 110 tenka ni shitagae ' B^O^cTl'-tat-^ Richte dich
nach der zeitweiligen Regierung !
Man muss es mit dem, in dessen Händen die Macht ist, nicht
verderben, (Vgl. No 186.) Statt tejika, Reich (hier = Reichsregi-
ment), auch shögun.
3057. Toki no yakunin, hi no biigyö. b3f€)^A- H'^^fi' Der
Beamte der Stunde, der Statthalter des Tages.
Gleich dem vorigen.
3058. Toki to shina ni yoni. BJ^nwI-fö* Es kommt auf Zeit
und Umstände an.
3059. Toki wo sliiranu yamabushi. 0#^^ ?>iOllJf^ Der Wander-
mönch, der nicht weiss, wann die (rechte) Zeit ist.
Abgekürzt aus ; toki wo shiranu yamabushi lua setsuin no
naka de hora no kai wo fiiku, der Wandermönch, der die rechte
Zeit nicht weiss (der alles zur Unzeit thut), bläst die Muschelflöte
auf dem Closet. — Die Yamabushi-Mönche bedienen sich einer
solchen Flöte bei ihren religiösen Ceremonien.
3060.* Töhi mizu wa cJiikaki katsu zvo S7ikuwasu. ^^^MlS^Jä
^t^it'P Das ferne Wasser löscht den nahen Durst
nicht.
Ahnlich No 3068.
3061.* Töki ni yuku wa chikaki yon su. 3l^l-ff<(tj£^i''J"f
Nach der Ferne gehen fangt von der Nähe an,
3062.* Töki oinouipakari nakereba, kanarazu chikaki iirei ari.^Mb
^''JMlTnii:->ß^t-i£^ffii'*i^3'() Wo nicht weite Überlegung
ist, ist sicher naher Kummer.
— 336 —
3063. TolciyOf jisetsu. BJS^BjFÜf Das Zeitalter, die Zeitverhält-
Tiisse.
Um auszudrücken : die Zeit bringt es nun einmal mit sich ;
die Zeiten sind nicht mehr wie früher u. dgl, ; meist mit hinzuge-
fügtem shikaia ga nai, es lässt sich nicht ändern.
3064. Tokoro kawarcba, shina kawani. -^'f^lK^lt'.pn'f^llS
Wenn der Ort wechselt, wechseln auch die Dinge
(die Sitten).
3065.* Toliu ko namzji, kanarazu tonari ari. ^55 1£ ?)"f .ü^^f l^^^i
fc "J (Eine) Tugend ist nicht allein, sie hat sicher
einen Nachbar.
3066.* Tohi naki bi wa ka naki hana nari. ^M^^lt^fe^^ti: "J
Schönheit ohne Tugend ist eine Blume ohne Duft.
3067.'^ lokii tvo motte urami ni hözu. ^^ö'^ffi.'^l-IS'?' Feind-
schaft mit Güte vergelten.
3068.* Tökii no shinrui yon chikaku no tanin. ^ < '^H^Si "J ,£ <
Ofi&A Der Fremde in der Nähe ist besser als der
Verwandte in der Ferne. \
Auch : toi shinrui yori chikai tonari, ein naher Nachbar ist #
besser als ein ferner Verwandter. , '
3069. Tokitsha sahisha no ki4shin wo shirazu. M^f^^O^id^/^
^n?>T Der Leser weiss nichts von den Mühen und
Soro;en des Verfassers.
' fc>^
3070.* Tokiishitsu v.'a itcJiö, eijohi zva senzai. if^it— l^»^#(I
^^ Gewinn und Verlust dauern nur einen Morgen,
Ehre und Schande dauern tausend Jahre.
3071.* Tokusho Jiyappcn gi onozukara arawaru (od. tsüzu).
Itl^WiiSÖ ^ÄI1S(M1*) Wenn man ein Buch hundert-
mal liest, so wird der Sinn von selbst klar.
3072. Tökute chikaki wa nannyo no naka. M< 'CE^(t^:fe'2>ft'
Fern und doch» nahe ist das Verhältniss zwischen
Mann und Weib.
^— 337 —
Die Liebe entsteht plötzlich ; sie ist da, ehe man sichs ver-
sieht. Die Redensart stammt aus dem Makura no soshi von
Sei Shonagon, einer berühmten Dichterin des ii. Jahrhunderts.
Statt naka auch michi, Weg.
3073.* Tökwa ki€7i to sJiite hikari wo masu. M'kW.tA<t LX^")
^@T Wenn das Licht im Begriff ist, auszugeben,
flammt es (noch einmal) auf.
3074. lonibi ga taka wo unda. M'o^'W^^KjU Der Tombi
(eine Weihenart) hat einen Falken ausgebrütet.
Sagt man, wenn z. B. ein dummer Vater einen klugen Sohn
hat, oder der Sohn eines geringen Mannes sich auszeichnet und
berühmt wird.
3075. Tombi nakeba kaze fiiku. 'M^^'^\tMfi)l\ Wenn der Tombi
schreit, so wird es windig.
Eine Wetterrege!.
3076. Tovibi 7ii abura-age wo sarazvareta (od. toraretd) yd. M
l-rfi^^tSlin'f:^ Als ob einem der gebackene Fisch
vom Tombi in die Lüfte entführt worden wäre.
Das leere Nachsehen haben.
3077. Tombi no su-dachi. M'^Mif.^ Das Auffliegen des Tombi
vom Neste.
Er soll dabei einen eigenthümlichen Schrei ausstossen ; man
vergleicht damit die Töne, die ein ungeschickter Spieler auf der
Flöte hervorbringt.
3078. Tonibo 710 shi7'i Jnyasu yd. ätipOK^pt^ Wie wenn eine
Libelle sich den Hintern kühlt.
Von unruhigen, immer geschäftigen Menschen, die kaum
gekommen schon wieder gehen etc.
3079. Tome bakari 710 hdki. M@lt''J<2># Der nur von weitem
gesehene Besen.
Man sieht ihn, kann ihn aber nicht erreichen ; von Hoffnungen,
die nicht in Erfüllung gehen etc.
30S0.* Tomi de wa ogo7'i, 77iaziLshikcreba hetsia^au. %X\t^h^^
iJ^lXfi-ä> Im Reichthum übermüthig, in der Arrauth
kriechend.
— 338 —
308l.* Tomi tva isshö no takara, cht zva bandai no takara.%\'^^
^©at.^lt.^i'f^oat Reichthum ist der Schatz eines
Lebens, Weisheit ist ein Schatz für alle Zeiten.
3082.* Toinu ie ni yase-inu nashi. %\J%\'--^i<f^\. In einem
reichen Hause ist kein magerer Hund.
Vgl. No 1947.
3083.* Tomn mono jin narazii, jin wo sureba toinazii. '^L'^'tl^i:
f,T,t:/^f nitg3i-r Reiche haben keine Menschen-
freundlichkeit, wer menschenfreundlich ist, ist arm.
3084.* Toi flu to icdomo hm wo zvasunina ! ^ü^Si (. Ä^^»^''^
Vergiss die Armuth nicht, obgleich du reich (ge-
worden) bist.
3085. Tönnyö no hi de sJdri zvo abnrn. i^MO^TK^^S Sich
an der Flamme eines Lichtes äqx\ Hintern wärmen.
Vgl. No 21 17.
3086.* Tonart no hana de shikata ga nai. P^J 0?eTtt:^t)»fj:t<»
Da es die Blumen des Nachbarn sind, so ist nichts
zu machen.
Wie No 2290.
3087. Tonari no jinda-miso. P^'^ffit^c^nt Die Kleiensauce des
Nachbarn (hält man für besser als die eigene).
Der Neid lässt das, was andern gehört, besser erscheinen als
was man selbst hat. Vgl. No 2909.
3088. Tonari no vieshi wa iimashi. P^^ISIt a L Der Reis des
Nachbarn schmeckt gut (schmeckt besser aks der
eigene).
3089. Tonari no takara zvo kazocru yö. ^"J '?)M4'^'^ 5^ Als
ob man den Reichthum des Nachbarn zählte.
Z. B. von jemand, der die Schriften weiser Männer liest, aber
nicht danach strebt, sich ihre Tugenden anzueignen.
3090. Tonde hi ni im natsic no viiishi. ?II^TAl-A^)a!Oäl Das
Sommerinsekt, das ins Feuer fliegt.
Ein leichtsinniger, ihörichter Mensch.
— 339 —
5091.* Tora ni i zvo kam kitsune. )%\'-1^^^h%. Der Fuchs,
der seine Macht vom Tiger borgt.
Sein Ansehen nicht eigener Kraft, sondern fremdem Einfluss
verdanken.
3092.* Tora ni tsubasa ivo tsukcni. ikV-W^Uh Dem Tiger
Flügel ansetzen.
Der Tiger ist ohnehin schon stark und schnell genug ; es
wäre eine grosse Thorheit, ihm auch noch Flügel zu geben.
Man soll einem schon allzu Mächtigen nicht noch mehr Macht
in die Hände geben, (Vgl. No 2280.) Gewöhnlich nur : tora fti
tsubasa.
3093.* Tora 110 ana ni irazareba, tora no ko ivo erarenii. 1^^^%
i:A?,?'nil'>^'5^^#f.n« Wenn man nicht in die
Höhle des Tigers eindringt, kann man seine Jungen
nicht bekommen.
Identisch mit No 1478.
3094.* Tora no ko no yd. JI^O^O^ Wie die Jungen des Tigers.
Von Sachen, die einem ganz besonders lieb sind (wie dem
Tiger seine Jungen).
3095. "^Tora no o zvo ftunu ga gotoku. rjlOM^Söütj^'jtn < Als ob
man einein Tiger auf den Schwanz träte.
3096. ""Tora nsobukcba, kaze sazvagu. ;;li§lJlf>ESI<' Wenn der
Tieer brüllt, erhebt sich der Wind.
Wenn der Vorgesetzte kraftvoll auftritt, so zeigen die Unter-
gebenen sogleich grösseren Eifer.
3097. ""Tora zva scnri no yabu tuo koeru. jr^li^S.'^^^il'^ ^ Der
Tieer läuft durch ein Bambusdickicht von tausend
Meilen,
Ein ungewöhnlicher Mann leistet Ungewöhnliches.
3098. "^Tora Iva sJiindc ino kaiva zvo nokosii, hito zva shinde na
zvo nokosu. JÄ(1?E^T ißL^itt ,A(l^^'C^^ia■f Wenn
der Tiger auch stirbt, lässt er doch das Fell zurück ;
wenn der Mensch stirbt, hinterlässt er seinen Namen.
Gleich No 697, wo für ioiiiu (heut. Umggspr. iomeru) besser
iodomu, und für " endigen ": " zurücklassen " zu setzen ist.
— 340 -
3099- '^Tom tvo katte iirci %vo nokosii.. J^^tnl'CS'.i^i^J^-f Wer sich
einen Tiger hält, hinterlä^st (seiner Familie) Sorgen.
3100. *Tora wo takeyabu c hanasu yö. l^^fiWt.'^W.'tW. Als ob
man einen Tiger in ein Bambusdickicht losHesse.
Tori (Vogel).
3101. Tori naki sato (od. sliiuia) no koinon. %%^^{%)<^W^
Die Fledermaus des Doifcs (od. der Insel) ohne
Vögel.
" Im Lande der Blinden ist der Einäugige König."
3102. Tori no inachi no w'i-nokori. M^l1i^R^''J Auf dem tori-
no-machi unverkauft übrig geblieben.
Tori-no-macJii ist Name eines Festes im 11. Monat (des
alten Kalenders), wobei in Buden allerlei bunter Kram feilge-
halten wird, darunter auch Figuren der Okame (vgl. die Erklä-
rung zu No 2235). Der Ausdruck bezeichnet daher ein Mädchen
vom Typus der Okame — was schon an und für sich kein Com-
pliment ist — und noch dazu einer Okame, die wegen ihrer ganz
besonderen Hässlichkeit niemand kaufen wollte.
3103. Tori zua cda 110 fukaki ni atsumani. .^(ift'^v^^l-ÄS Die
Vögel versammeln sich in der Tiefe der Zweige.
D. h. da, wo die Zweige am dichtesten sind. S. No 255.
3104. *Tori iva ki zvo crabedovw, ki iva fori ivo crabazu. %Vi'M
teW^-t t,7fc(t.t;^JfltT Der Vogel sucht sich zwar
den Baum aus, aber der Baum sucht sich nicht den
Vogel aus.
Für die erste Hälfte vgl. No 2434; der Sinn des Ganzen ist
gleich dem von No 25.
3105. Tori zva tatedomo (od. tatte vio) ato wo iiigosazu. .^lÜ
-C s' i M'^rl 3 1' Auch wenn der Vogel (voiii Wasser)
auffliegt, trübt er es nicht hinter sich.
Variante von No 2933.
3106. Tori zvo kiiu to 1110, dori kimna ! .H^Ä-^»^ i ^s'fJÄ-^^'^^
Den Vogel kannst du zwar essen, aber iss nicht das
dori !
dori soll der Name eines giftigen Körpertheils sein.
— 341 —
3107. Tori-kage ga sasit to, kyaku ga kiim. %^'^^^'t i^^^^h
Wenn der Schatten eines Vogels (auf der Veranda
oder im Garten) erscheint, so kommt ein Gast.
Tori (Nehmen).
3108. Tori 7110 naosazii. '<^VM. Auch am Nehmen nichts ändern.
Idiomatischer Ausdruck für : nichts anderes als, nichts mehr
und nichts weniger.
3109. Tori-dokoro no nai hito. MPfi'^U^^A Einer ohne Ort zum
Anfassen.
Ein zu nichts brauchbarer Mensch.
31 10. Tori-tsiiki-Jia no nai kotoba. ^\^^'^^.^^% Worte ohne
Rand zum Anfassen.
[/ia=hashi, Rand.) Worte, die zu nichts verpflichten, an die
man sich nicht halten kann. Statt toritsuki-ha .auch yoritsiiki-
ha.
31 11. *Törö ga kavia tvo motte ryüsha ni viukau. ^iRtJ'-'^^'tl'C
t|$i:|n]^> Die Mantis-Heuschrecke stellt sich mit
ihrer Sichel dem Kriegsvvagen in den Weg.
Sinnlose Tollkühnheit ; ohnmächtige Versuche machen u. dgl.
Abgekürzt : foro ga o>io, die Axt der Mantis-Heuschrecke.
3 11 2. Toru mono mo tori-aezu. ^h^a\>^W^'t' Nicht einmal
das IMitzunehmende mitnehmend.
Ohne einen Augenblick Zeit zu verlieren ; " alles stehn und
liegen lassen."
Toshi (eine Pflanze).
31 13. "" Toshi ne naku shite oi, hebt ashi naku shite yiiki, uo
mimi naku shite kiki, semi kuchi naku shite naku. ^^
tßiK L-c^c/',K/^fe< LXfi^^.^:^M< L-cra^,i?PM< L'C
ll< Die Toshi-Pflanze wächst ohne Wurzel, die
Schlange geht ohne Füsse, der Fisch hört ohne
Ohren, die Cikade singt ohne Mund.
Vgl. die Erklärung zu No 608.
TosM (Jahr).
— 342 —
3 114- Toshi zva loritaki mono. ¥USi("'Jt:^ l^ Jahre sind Dinge^
die man gern nimmt.
iosJii wo toru, wörtlich " Jahre nehmen'', bedeutet " alt
werden." Jeder möchte gern alt werden.
31 15. Toshirna 110 adamono. ^■'^0)h1i\s<^ Der Liebreiz der
älteren Frau.
Von einer Frau mittleren Lebensalters, die noch hübsch ist
(vgl. No 1758).
31 16. Töshin de take 110 ko wo Jioru yd. i^'C^TIt'^^^®;?.^
Als ob man mit einem Docht Bambussprossen aus-
graben wollte.
Für unmögliche, oder sehr langweilige, ermüdende Dinge.
31 17. loshin no In de ketsu wo aburn. ^^^'•'^ 'h'X%'^fih Sich
am Feuer eines Doclites den Hintern wärmen.
Variante von No 3085.
31 18. TösJdn wa snhmakn sJdtc abnra zuo ökn seyo ! ;^'£i^lld><
CCrÖi^^ < tf i: Wenn der Docht kurz wird, so giesse
mehr Ol auf !
3 119. Toshitoveba kane yori ko. ¥5cHlt^i''J^ Wenn man
alt wird, so sind Kinder besser als Geld,
3120. Toshiyori no hiyaviizu. ¥^'^J'n7J^ Das kalte Wasser
des alten Mannes.
Alte Leute müssen mit ihrer Gesundheit vorsichtig sein ; eine
Kleinigkeit, z. B. ein Trunk kalten Wassers, kann ihnen den
Tod bringen.
3121. Toshiyori no ko zva kage nashi. ¥^^^li^l^L Das Kind
eines alten Mannes hat keinen Schatten.
Kinder, die in Alter gezeugt werden, sollen schwächlich sein
und nicht lange leben.
3122. Toshiyori no sodatcru ko wa sanibyaku yasukn narii. ^^
0W'^%^UHW^S<^j:i Kinder, die ein alter Mann
erzieht, sind dreihundert Heller billiger.
Sie werden von ihm verzogen. (Vgl, No 142.)
— 343 —
3123. *Totaii ni kiirushiniu. ^^l'^Lt' In Schlamm und
Kohlen Leiden erdulden.
fjlan, " Schlamm und Kohlen," ist ein chinesischer Ausdruck
für : grösste Armuth, äusserste Noth.
3124. Totta ka, viita ka? ^V-'o^%V-.'o^ Hast du es bekommen,
hast du es gesehen ?
Gleich unserm " hast du nicht gesehn'', um grosse Schnellig-
keit auszudrücken.
3125. Tou ni ocliizii, katani ni ochini. '^^^A'-^%'t\Wh\'~^'hh
Nicht durch Fragen, sondern durch Erzählen (Aus-
plaudern) stürzt man (ins Unglück).
Wenn man ausgefragt wird, so ist man auf der Hut ; viel eher
verräth man sich in unbedachten Augenblicken.
3126. Ton ni tsnrasa ga viasaru. Fi3^>i:@|§i3-'*it'6 Durch Fragen
wird der Schmerz noch grösser.
An schmerzliche Dinge soll man nicht erinnern.
3127. *7ö;/ zva töza (od. ittan') no haß, tozvami zva ichidai (od.
isshö) no haß. r«li-II^^(-0) ci)5l:^F^II«.:-f^(-;^)0]fit
Fragen ist für den Augenblick beschämend, Nicht-
fragen aber bringt Beschämung inv das ganze
Leben.
3128. *Tö%ai wo benzezu. liM^^tf'T Nicht Osten und Westen
unterscheiden.
Von etwas nicht die geringste Ahnung haben, gänzlich un-
wissend sein.
3129. Tozasanu miyo. PflSWSi'f^ Das unverschlossene Zeitalter.
Ein Zustand allgemeiner Ordnung und allgemeinen Friedens,
wo man nicht nöthig hat, die Thüren zu verschliessen ; ein
" goldenes Zeitalter."
3130. Tsuba zvo kacsii^ "^^oS-f Den Speichel zurückgeben
(od. wiederspucken).
Wenn man geschimpft wird, wiederschimpfen. (Vgl. No
2354.)
— 344 —
3I3I' Tsuitachi zva tsui tatsu, fiitsnka iva fiä to taisii, niikka
wa minu via ni tatsu. 5^0 lt^i^Äo,z:g ll^jt^Äo^HB
\^%nm'-lL^ Der Erste (des Monats) vergeht im Nu ;
der Zweite ist vorbei, ohne dass mans denkt ; der
Dritte, ehe man sichs versieht.
Ein gutes Beispiel für Verbindung ähnlich klingender Wörter
und für Wiederholung derselben Silbe.
3132. Tsifjitsuma ga awami. ?&/]l« ■"*'»' II W Die Kleidersäume
passen nicht aufeinander.
Sie decken sich nicht, fallen nicht genau zusammen, da die
Kleider von verschiedener Länge sind. Für etwas Ungereimtes
sich Widersprechendes.
3133. TsuUai-saJci de abura tvo 2itte amku. ili'':^-^TfÖi^Ä'C
^ ( Da, wohin man geschickt wurde, Ol verkaufen.
Statt sogleich zurückzukehren, wenn man den Auftrag aus-
gerichtet hat, erst noch stundenlang mit den Dienern des andern
Hauses schwatzen. (Vgl. No 4.)
3134. Tsitkai-saki de as/dda %vo Iiaku. ili':Jfe^T.£|ik4'^< Da,
wohin man geschickt wurde, Stelzschuhe anziehen.
Dem Herrn für das Eingekaufte einen höheren Preis anrech-
nen, als man dafür bezahlt hat ; " sich Marktgeld machen."
(Vgl. No 103.)
3135. Tsiihiiti mono zva tsukazvarcru. ^^-^\t^\lh Der Ge-
brauchende wird (selbst) gebraucht.
S. No 742.
3136. Tsuke-yakiba zva yaku ni tatazu. P!f^^if^i:Äf:'t*
Eine nur oberflächlich angelöthete Schneide ist von
keinem Nutzen.
tsuke-yakiba, angelöthete Schneide, bedeutet in übertrage-
nem Sinne einen Menschen, der sich mit fremden Federn
schmückt, mit vorgeblichen Kenntnissen prahlt u. dgl. Auch :
tsuke-yakiba wa hage-yasiii, eine angelöthete Schneide löst sich
leicht ab.
3137. Tsuki ga kasa zvo kabutte iru. ^«-"^^-Si^t^Ä Der
Mond trägt einen Hut.
Er hat einen "Hof".
— 345 —
3138. Tstiki ga kasanani. >^«'M"^;CS Die Monate häufen sich.
Die Schwangerschaft nimmt zu.
3139. Tsuki ga inilsuru. ^«'"J^^ Die Monate sind voll.
Die Zeit der Geburt ist da.
3140. "^ Tsuki j'ügo zvo sugiireba kivöniyd iiaku, Jiito chtinen iii
itareba banji yanm. -^i-S^3§nil'5t^Sft < .Atj^^l^iünif^
^^L' Wenn der Mond den 15. Tag überschreitet,
geht sein Glanz zu Ende ; wenn der Mensch die
l-ebensmitte erreicht hat, lässt er in allem nach.
3 141. ^ Tsuki mitsureba kakeni yo no narai. ^^iilti^iTÄlftO^CA
Wenn der Mond voll ist, nimmt er ab, das ist der
Lauf der Welt.
Abgekürzt : tsuki miisitrcba kaku, wenn der Mond voll ist,
nimmt er ab.
3142. Tsuki ni imirakiuiw, hana ui kaze. .^l-^8,?El-®i Dem
Monde (drohen) Wolken, den Bhmien Wind.
Schönheit und Glück sind nicht von Dauer. Vgl. No 526.
3143. Tsuki no fune. J\(^^ Das Mondschiff.
Poetischer Ausdruck für "Mondsichel." (So im ShJäshu.')
3144. Tsuki 110 katsiira. ^^^ Der Baum im Monde.
Ein poetischer Ausdruck für : grosses litterarisches Verdienst.
3145. Tsuki to suppon Jiodo cJiigau. i3-^f£3S^^ So verschieden
sein wie Mond und Schildkröte.
Von unvereinbaren Dingen, absurden Ideen, zur Bezeichnung
gänzlicher Verschiedenheit etc. (Vgl, No 245.) Gewöhnlich
abgekürzt : isitki io suppon.
3146. Tsiikiya 110 Jii-inachi no yö. #M^Bf#5 0li Wie die
Himachi-Tage des Mochi-Machers.
An drei Tagen jedes Monats steht man vor Tagesanbruch
auf, um die aufgellende Sonne zu verehren ; dabei werden mochi
(Reiskuchen) geopfert. Die Mochi-Macher und -Verkäufer haben
also an, oder richtiger vor diesen Tagen sehr viel Arbeit ; daher
dient der Ausdruck, um zu sagen, dass man alle Hände voll zu
thun hat.
— 346 —
3147- TsuL'iyo uw jügo-nichi, yami ino jügo-nichi. ^^l+JLB»
^l+.^H Sowohl Mondnächte als mondlose Nächte
dauern 15 Tage.
3148. Tsiikiyo ni kama voo iitikarcta (od. imsiiinaretä) yd. <^^^l-
|g4-föi>iar:(^^inr:)^. Als ob in der Mondnacht der
eiserne Topf gestohlen wäre.
Wenn man etwas aufmerksamer gewesen wäre, so hätte man
es (da der Mond schien) bemerken müssen ; grosse Achtlosigkeit.
3149. Tsuliinno-gainl. ^-Y-hM Seebinsenhaar.
Aufgelöstes, ungeordnetes Haar.
3150. Tsmna koiL sJiika iva fiie ni yoni. SSU-^d^fl-^S Der
Hirsch, der sein Weibchen sucht, folgt der Tockpfeife.
315 K Tstiinahajikl sirni. /R 51 ^ "T i Fingerschnippchen
machen.
Jemand " abwinken "; ihm zu verstehen geben, dass man ihn
nicht haben will.
3152. Tmimazukit isJti ino e)i 110 hashi. M<Stll<?)j!S Selbst
der Stein, über den man stolpert, kann der Anfang
zu Beziehungen (mit andern) werden.
Vgl, No 390.
3153. Ts^nnhrt ni ongaku. ÖI-b"!^ Dem Tauben Musik (vor-
spielen).
3154. Tswnhö no haya-mimi. K?>-?-^ Die schnellen (scharfen)
Ohren des Tauben.
Für Reden, die auf einen Bezug haben, hat man ein scharfes
Gehör ; selbst der Taube merkt es, wenn von ihm die Rede ist.
3155. Tsiimbö ö-banashi. ^%^ Der Taube spricht sehr laut.
3156. Tsimie ni Jii %vo tobosu. A\'-'h^'^~t Die Fingernägel
anzünden.
Um Licht zu sparen. Sehr geizig sein.
3157. Tsiivie de Jürotte vii de akeru (od. kobosn). /RTfö'CÄTl?
i?X(:(i-f) Mit den Nägeln zusammenlesen, mit der
Worfschaufel ausschütten.
In Kleinem sparen, in Grossem verschwenden.
— 347 —
3158. Tswne ni tsinne naku, tiri tii tsitme ari, /Ri-ZUtC < ,{K.l-/llfc
'J Der Fingernagel (/I^) hat keinen Nagel, die Melone
(IR) hat einen Nagel.
Die beiden Strichelchen, die die Zeichen für Nagel (Kralle)
und Melone unterscheiden.
3159. Tswne mo tatami yö. /lltjif:WtK So dass selbst kein
Fingernagel stehen kann.
Wie No 1404.
3160.* Tsiiini ivo nikundc hito wo nikwnazu. PI4•M^TA^M^'T'
Das Vergehen hassen, ohne die Person zu hassen.
(Man soll) die Strafe nur nach der Schuld abmessen, sich
dabei nicht von persönlichen Abneigungen oder Rachegelüsten
leiten lassen.
3 161. Tsurnir)i ga magattc im. J^^-tj^'fflo-C^rS Der Haarwirbel
steht schief.
D. h. nicht in der Mitte des Kopfes. Einen schlechten,
boshaften Charakter haben.
3162. Tsuno zvo dasu (od. Jiayasu). Ä^vH'fC^-f) Hörner her-
vorstrecken (od. wachsen lassen).
Eifersucht zeigen, sich eifersüchtig betragen. (Nur von der
Frau ; die " Hörner " spielen darauf an, dass eine eifersüchtige
Frau zu einem Teufel wird — vgl. No 2404.)
3163. Tswio tc'o naosu tote (od. zvo taincn to shite) itsJii koi'osti.
Ä^iS"f 5 'C'^^^T Beim Versuch, die Hörner grade zu
machen, den Ochsen tödten.
Zu weit gehen; "das Kind mit dem Bade ausschütten."
3164. Tsiira no kazva ga atsui. M'?>/fet)Wv' Die Haut des
Gesichtes ist dick.
Frech, unverschämt sein; "ein dickes Fell haben."
3165. Tsuri otoshita uo zva ökishi. ^^X-V-W^k^ L Der von
der Angel (ins Wasser) gefallene Fisch ist gross.
Was einem durch einen unglücklichen Zufall entgeht, was
man fast bekommen hätte, erscheint einem immer besser, als es-
in Wirklichkeit war. Vgl. No 21 14.
- 348 —
3i66.* Tsiiri surii to iiio anii siinina ! ItJt * ^ {.^üi" St£ Du
darfst angeln, aber nicht mit dem Netze fischen.
Soll eine confucianische Vorschrift sein. Als freundschaftliche
Warnung für solche, die dem Fischfang und der Jagd zu sehr
erg-eben sind ; auch wohl in anderen Fällen als bildliche
Warnung.
3167. Tsuri zva tsiirete mo niata yiikitakit, tsiirenu nio inata
yukitashi, U^iW^ixX lH^ ^ ?: < 4ÜH» i tStr ^ f: L Wenn
die Angel (wenn man mit der Angel) etwas fängt,
so möchte man wieder (angeln) gehen, aber auch,
wenn man nichts fängt.
Vgl. No. 156.
3168. Tsuri-awanu wa fuen 110 inoto. ^^''J'&-li«U^i«'?>S Un-
gleichheit ist der Anfang der Trennung.
Besonders mit Bezug auf die Ehe : es ist gut, wenn Mann
und Frau von gleichem Stande sind. Scherzhafte Verdrehung :
chochin iii tsurigaiie fuen 110 vioio, Laterne und Glocke ist der
Anfang der Trennung — vgl. No 245.
3169. Tsuri- otos/iita 210 wa ökii. ^'^t^LV.'^iti^,^^ Der von der
Angel gefallene Fisch ist gross.
Vgl. No 21 14.
3170. Tsiiru käme! SI& Kranich, Schildkröte!
Diese beiden Wörter sind ein gewöhnlicher Ausruf, wenn
man von einem Unglück hört, oder wenn eine unglückbringende
Sache erwähnt wird (ähnlich unserm " unberufen ! "), da Kranich
und Schildkröte als glückbringende Thiere gelten, insbesondere
Symbole langen Lebens sind (s. No 3172).
3 171. Tstirii wa kare-ki ni su wo amazit. ^lUtt^l'Ä'ti^il*
Der Kranich baut sein Nest nicht auf einem dürren
Baume.
Der Edle wirft sich nicht weg. Vgl. No 2873.
3172. Tsuru tva senneii, käme wa mannen ikiru. SIU^¥.ÄII^
¥^^a Der Kranich lebt tausend Jahre, die Schild-
kröte zehntausend Jahre.
— 349 —
3173- Tsuruhe'Uazva igeta zuo iatsu. ffiÜH^tff^-i'io Der Eimer-
strick durchschneidet den Brunnenbalken.
Gleich No 3026.
3174. Tsiitsu-iiwtase. üA^ Zeug haben lassen.
Von einem Mann, der seine Frau für Geld etc. anderen
überlässt. {tsiitsu soll der Name einer Art Zeug sein.)
3175. Tsuzuve wo kite ino, kokoro zva nishiki. ^^^'^'C i iM^JlS
Wenn man auch Lumpen trägt, das Herz ist doch
von Brokat.
->!^€|-
u,
V (Hase).
3176. U kam, iatsu vioino, tora senaka. m&.^3M-i%'^'^ Am
Tage des Hasen der Bauch, an dem des Drachen
die Schenkel, an dem des Tigers der Rücken.
Eine alte Regel für das Moxa-setzen.
TJ (Kormoran).
3177. U no inane zvo siirii karasu inizu ni oborerii. M'^Ätö^t
^-%7jtl-jp^ Der Rabe, der dem Kormoran nachah-
men will, ertrinkt im Wasser.
Oft in der Abkürzung : n nc viaite ivo sitru karasu, der
Rabe, der dem Kormoran nachahmt, oder karasu no u no viane,
das Kormoran-Nachahmen des Raben.
3178. U 110 mc, taka no mc. ^%<^^M^^ Das Auge des
Kormoran, das Auge des Falken.
Ein " Adlerauge ", dem nichts entgeht, besonders nichts, webe
etwas zu gewmnen ist.
— 350 —
3179. TJchi ni wa km no cliagama ga am yd. S^l-II^'5^11
ti"''^5ti Als ob man zu Hause einen goldenen Thee-
kessel hätte.
Thun, als ob man sehr reich sei.
3180. Uchi 110 tat yori tonari 110 kvashi. i^Olli "J^'J ^1^ Die
Sardine des Nachbarn (hält man für) besser als den
tai des eigenen Hauses.
Die Sardine ist der gemeinste, der tai der geschätzteste Fisch
Japans. — Vgl. No. 2909, 3087 und 3088.
3 181. UcJii zuo soto ni sunt. S^^^l-'f 4 Sein Haus ausserhalb
des Hauses haben.
Liederlich leben, in der Nacht nicht nach Hause kommen.
3182. Uchi-Bcnkd. UWßM Der Benkei bei sich zu Hause.
In seinem eigenen Hause den Benkei spielen ; \gl. die Er-
klärung zu Ka^e-Bt'iikei.
3183. JJchiinalxii no hanasJii. I^¥^t5L Ein Gespräch inner-
halb des Vorhangs.
Eine vertrauliche Unterhaltung.
3184. Uchiiiiaku ZOO saguni. t^^^^ß«^ Das Innere des Vor-
hangs erforschen.
Die Privatangelegenheiten eines andern erforschen, seine
Geheimnisse zu ergründen suchen.
3185. Vchiniata-göyaku. ftflS#^ Ein Pflaster auf der inneren
Schenkelseite.
Jemand, der es mit keiner Seite verderben will, der jedem
der beiden Gegner Recht giebt. Auch : i/c/iitna/a-viono.
3186. Ude ni yori zvo kakcru. W-'^") ^^^h Den Arm im
Kreise schwingen.
Eine Sache mit grossem Eifer betreiben.
3187. Ude ivo kitau. B^^^i- Den Arm schmieden (od. härten).
Sich in einer Kunst oder Fertigkeit üben, sich darin vervoll-
komnen. Auch : ude 7uo mi^akii, den Arm poliren.
3188. Udo no daibokit. %xh'^%-^ Der grosse Udo-Stengel.
— 351 —
Die jungen Stengel des udo (Aralia cordata) dienen als
Gemüse ; in ausgewachsenem Zustande sind sie nicht mehr
geniessbar. Ein grosser, r.ber zu nichts brauchbarer Mensch.
3189. TJdonge m Juma saku yö. ®Ä'^'5Tti^<^ Als ob die
Udonge-Blume blühte.
Udonge ist der Name einer fabelhaften Pflanze, die nur alle
tausend Jahre blühen soll. Für etwas sehr Seltenes oder Un-
wahrscheinliches. Meistens abgekürzt : ttdoftge no hana.
3190. Udonge no haru ni atta yd. ■^fti^<^#l-^of:^ Als ob
man dem Frühling (der Blüthezeit) der Udonge
begegnet wäre.
Wenn sich etwas über Erwarten glücklich trifft.
ö'
3 191. JJe zvo mireba ho zu nashi. ±^Ä^ilti5clll^j: L Wenn man
nach oben sieht, so hat es keine Grenzen.
Es ist besser, auf die zu sehen, denen es schlechter geht, als
auf die, denen es besser geht.
3192. Uera toki wa shoku wo crabazu. ^^SH^ItÄ'^^lt'"?' Wenn
man hungrig ist, sucht man sich das Essen nicht
erst aus (ist man nicht wählerisch).
3193. JJetaru toki ni ajinaki (od. mazni) mono nashi. ^t:^0^
UelcM^^^ML Wenn man hungrig ist, schmeckt niclits
schlecht.
Variante von No. 657.
3194.* TIgö suru. ^^'t h Eine Rabenversammlung abhalten.
Von allen Seiten zahlreich zusammenkommen ; nur in Bezug
auf Rebellen gebraucht.
3195. Uguisu zva tomodachi wo motomcrii. iRilD3Ä4*^>6 ^ Die
uguisu sucht ihre Freunde auf.
Ugimii : der in Japan beliebteste Singvo.;;el (Cettia cantans).
Uji naku shitc tania no koshi: s. Onna uji nakit sJiite.
3196. Uji yori sodacJii. Äi'JWB Erziehung ist besser als vor-
nehme Abkunft.
— 352 —
3197. UA'abit se ga nai. 5f-5>^Ii>^*^j:i/^ Keine flache Stelle, wo
man auftauchen könnte.
Keine Gelegenheit, sich hervoizuthun, oder sein Loos zu
verbessern.
3198. JJkütHuhu to inizo m Jiainarii. r?5-o < iJtHlJg^, Wenn
man nicht Acht giebt, fällt man in den Graben.
3199. JJke fio yoi {zvanii) mono, fit "T?)Öf !''(.#.'. ")S- Ein Mensch,
dessen Aufnalnne gut (lesp. sciilecht) ist.
Ein überall beliebter Mensch, resp. das Gegentheil.
3200. JJkeai no s^nkzva de naka viasshiro. lf'n''?>0IIL'Ct1'EÖ
Obgleich es eine garantirle Wassermelone ist, ist sie
doch innen ganz weiss.
Das Fleisch der Wassermelone ist roth ; es giebt eine sonst
ganz ebenso aussehende, aber innen weisse Art, die nicht essbar
ist. Man sagt daher scherzhaft : ukeai no siiikwa de vio nai ka ?
ist es auch nicht die garantirte Wassermelone ? in dem Sinne :
kann ich mich auch darauf verlassen ?
3201. JJkimi zvo yatsusti.'^Mh^-T Das traurige Loos (hinter
sciiönen Kleidern) verbergen.
Sich im Unglück fröhlich stellen müssen, wie z. B. ein Freu-
denmädchen.
3202. TTkiyo. vfffi: Schwimmende Welt.
Ein buddhistischer Ausdruck für " vergängliche Welt." Aus
der Doppelsinnigkeit von 7/ki (l. schwimmend, 2. unglücklich^
elend) geht die Schreibart gtH: " elende Welt " hervor, in welcher
i/kiyo dem christlichen "irdischen Jammerthal'' entspricht.
3203. Ukiyo tva inaivari-mochl ??tä:IIMt# Die (schwimmende)
Welt ist ein wecliselnder Besitz.
Reichthum bleibt nicht lange bei derselben Familie,
3204. JJma ni viuhi luo viakascru. %C-'M.^^^h Dem Pferde
den Weg überlassen.
Die Dinge gehen lassen wie sie wollen.
ö^
Uma ni zva notte viiyo : s. Hito ni zva sotc iniyo.
3205. Uma no ashi. .HOÄ Pferdebein.
— 353 —
Ein der Bühne entlehnter Ausdruck für jemand, der sich noch
in der untersten Stellung befindet, der ein Anfänger ist. Pferde
werden auf dem Theater künstlich durch Menschen dargestellt,
wobei ein Schauspieler die Vorderbeine, ein anderer die Hinter-
beine übernimmt. Hierzu werden natürlich nur ungeübte An-
fänger verwendet.
3206. Uina no Jianaumkc. .ü^^^-InJlKIS) Was man vor der
Nase des Pferdes reicht.
Ein Abschiedsgeschenk, was man dem Abreisenden reicht,
wenn er schon auf dem Pferde sitzt. Das jetzige hanavmke,
Abschiedsgeschenk, auch : Abschiedsfest dem Abreisenden zu
Ehren — ist (nach dem Wakun Shiori) die abgekürzte Form
hiervon,
3207. U)iia HO viiiiii ni kose (od. nembutsii). MO:^i:,W:t:^)
Wind (od. Gebete) in das Ohr eines Pferdes.
"Tauben Ohren predigen." Vgl. No 160.
3208. Uma tva mnazure, iishi iva iisJiiztire. ^\^%'^Y^^^'\X'^WiX
Das Pferd geht mit Pferden, der Ochse mit Ochsen.
Sagt man z. B., wenn ein dummer Mann eine dumme Frau
hat.
3209. Utna lao ete kura zvo Jishinait. .?l^fa-'C^4-3^i- Den Sattel
(grade) verh'eren, wenn man ein Pferd bekommt.
3210. Uma ivo sashitc uma nashi. .i^^ta L'C.^M L Wenn man
auf das Pferd zeigt, ist es nicht da.
321 1. Uma zvo sJdka {to in). .^^M^Si) Ein Pferd Hirsch
(nennen).
Siehe die Erklärung zu baka.
3212.* TJfiiai mono tva hitori ga ii, shigoto zva öi ga iL ^X}%^
It - A "J tj> (r- I ,ft V |t ^ ir» 0' (,- \ Bei Sachen, die gut
schmecken, ist es gut, wenn man allein ist ; bei der
Arbeit ist es gut, wenn viele da sind.
Auch unter No 2603.
3213. Umai 1110710 zva yoi ni kiie ! e^-'I^UWi-lft'^ Gute Sachen
iss am Abend !
\). h. noch an demselben Tage ; wenn man sie aufhebt, so
gehen sie vielleicht verloren, oder verderben. (Scherzhaft )
;54
3214.
3215-
3216.
O-'/'
3218.
3219.
3220.
3221.
3222.
Umahata, sendö, o-chi no Jnto. M>M'kl3.'i^%^K Pferde-
knechte, Schiffer und Ammen.
Sie stehen alle drei in keinem guten Ruf.
JJ'uiave-nascara tattoki mono nashi. ^i^'^ ?>§^^"M L
Niemand ist von Geburt aus hochgeehrt.
Ehre mu5s durch Thaten erworben weiden.
Ulnare Jiu saki no mntsuki-sadame. ^\'^^'W\^^i^%^ Die
VVindehi besorgen, ehe (das Kind) geboren ist.
Sich vor der Zeit Sorgen machen.
Vnie to sahira wo ryöte ni molsu yö. ^i@4>M^l'*$'^f«
Als ob man in beiden Händen Pflaumen- und
Kirschblüthen h.ieUe.
Sehr glücklich sein. (^'gl. No 243S.)
Unie zva nioi {ni) scikura wa Itana. tSli#l-®iI?£ Bei der
Pflaumenblüthe ist es der Duft, bei der Kirschblüthe
die (Schönheit der) Blume.
Urne %vo nozoiide katsu wo todonie, niocJn zuo egakite ne
ni mitsti. ^4•2^T?^^lL>6.Df4•ffi^T^l:7to Durch das
Sehen der Pflaume den Durst löschen, durch das
Malen des Kuchens den Hunger stillen.
Vmi (Meer).
Utni ni senn.cn, kaiva ni senncn. %\~^^-)\\\'~^^ Tausend
Jahre zur See, tausend Jahre auf dem Flusse.
Eine Sache schon sehr lange treiben, darin gründlich be-
wandert sein. (Vgl. No 1975.)
Und no koto zm ryösJd ni toe .' M'^'^\<WÄn'-.\^'^ Über
das Meer musst du i^^w Fischer fragen.
" Vor die rechte Schmiede gehen."
Und no mono ka kaiva no mono ka mada zvakaranu.
flf-l^ lOi^'jlIe) i0t)'ä;/:5)-f>« P:s ist noch nicht klar, ob
es sich um ein Meer oder um einen Fluss handelt.
Es ist noch zu früh, daiül^cr zu sprechen.
Xml (Geburt).
355 —
'^ O O '^
L^;m 110 on yori sodate no on. M'^/'^Mi 'J WtO,! Die
Woliltliat der Erziehung ist mehr werth als die der
(blossen) Geburt.
3324.* JJn satte kill tctsH to nuri, toki kitatte tctsu kin to nam.
iE^'-C ^ii i ^ vj .ß,fe>fs •'] X mt t r>X h Wenn das Glück geht,
wird Güld zu Eisen, wenn die (glückliche) Zeit
kommt, wird Eisen zu Gold.
3225.* Un iva teil 711 an. M^%\-^^ Das Schicksal steht beim
Himmel.
3226, U?i zua ten ni ari, botaniodii wa tana ni an. Mit^i-^'J»
f±nm[m\'-h'') Das Schicksal steht beim Himmel, die
Zucker-Reiskuchen Hegen im Wandschrank.
Scher^Iiafte Verlänsjeruri'^ des vori^ren.
■j -7 ->
227,* Uli zvo viatsu zva shi -cuo niatsu ni JntosJii. il^iJoit^H^i«
f#'^l-T^L Auf das Glück warten ist dasselbe wie auf
den Tod warten.
3228. VncHji-nobori. .?SJ-'i Aal- Aufsteigen.
Überall glatt, ohne Schwierigkeit durchkommen ; ohne Unter-
brechung immer höher steigen (im Amt).
3229. JJnda ko yori daita ko. ;l^/:■^i 'J^i-^fzT Das Kind,
das man auf dem Arme trägt, ist einem lieber als
das Kind, das man geboren hat.
Eine Amme liebt das fremde Kind, das sie nährt, mehr als
ihr eigenes ; Freunde sind einem manchmal lieber als die Ver-
wandten.
3230. Unda to inj tsnbiireta to 1110 iivazu. ^/-- tiR(tf:- IS.tf
Er sagt nichts, ob (das Geschwür) auch schon eitert
oder aufgeht.
Er schweigt hartnäckig, verräth nich'.s, so schwer es ihiTi
auch wird.
3231.* JJndei hanri 110 cJdgai. 'WiVÄ'^'^^'J' Ein gewalliger
(" lausend Meilen ") Unterschied wie zwischen
Wolken und Schlamm (d. h. Himmel und Erde).
— 356 —
Auch einfach : iindei no cJiigat\ ein Unterschied wie zwischen
Wolken und Schlamm. Ubhch ist auch : iinien bauten iio chigai,
was nur corrumpiite Form des obigen sein soll.
3232.* TJujö HO chigai. S^'^^CA Ein Unterschied wie zwischen
Wolken und Erde.
Wie No 3231.
3233.* JJnJx'a no gotoku atsiimam. SR'^^itn^Ä^ Sich versanimehi
wie Wolken und Nebel.
Sich in ungeheurer Menge versammeln.
3234.* TInsul no s'j. S^K'^ff Wolken- und Wasserpriester.
Priester, die ein Wanderleben führen, Bettelmönche. (Vgl.
No 1624.)
Z^iiteii bantcn : s. Undci.
Zluihore to kasake elc ; s. Onoborc.
3235.* JJo zva inizn ni siinde viizu- ivo nigosln, tori wa Jd 7ii
sunde ki ivo kanisn. ^II7J<.l:tt^T7K^?^ L.,ili*l:{t^T
?N^^i" Der Fisch trübt das Wasser, in dem er
lebt, der Vogel bringt den Baum zum Welken, auf
dem er wohnt.
Beispiele für Undank.
3236.* Uo zva sono e zvo knratte simaivacJd Jnkani, Jnto zva sono
rokn zvo knratte, siinazuacJn sono kivn ni fnkii s?f.
Wenn der Fisch den Köder verschluckt hat, so
wird er (aus dem Wasser) gezogen, wenn der Mensch
seine Löhnung verzehrt (erhalten) hat, so ist er
seinem Herrn unterthan.
3237.* I/o zvo etc scn zvo zvasnru. ^^i§-'C^^:ir\i Den Fisch
fangen (und mitnehmen) und das Korbnetz liegen
lassen.
Thöricht handeln — vgl. No 2892.
3238. Uo-gokoro areba inizn-gokoro ari, ^'(^»fcHltVK't^fe >J Wenn
beim Fische Wohlwollen ist, so ist auch beim Wasser
Wohlwollen.
— 357 —
Freundlichkeit gegen andere wird durch FreundHchkeit er-
wiedert. " Eine Liebe ist der andern werth." Vgl. No 2804.
3239. TIra zvo in. Ä^s^. Die Rückseite sacren
Ironisch sprechen.
3240. Urahaia zvo in. ÄK^i>g,5> Die Kehrseite des Bauches
sagen.
Sich selbst widersprechen.
3241;-^^ XTvami ivo on de hözeyo ! ^.'^IJMX'IStf i Den Hass
vergilt mit Wohlthaten !
3242. Ut'anai wa mdja ga kita to in. h^-(It:St)->*^r:S5^,
Der Wahrsager sagt : es ist ein Todter gekommen.
Die Wahrsager sollen ihre Kunden vwja, " Todte", nennen,
weil sich nur solche an sie wenden, deren Geist von Zweifeln
und Sorgen gequält "umherirrt" {mayou—\^\. No 1325) gleich
der Seele eines Verstorbenen. Spöttisch zu jemand, der sich an
einen Wahrsager wenden will : wenn du kommst, so wird er bei
sich denken: ein Todter ist gekommen, d. h, er wird sich im
Stillen über dich lustig machen.
3243. \ri futatsn ni zuatla fö. Enoicfijotz^ Als ob eine
Melone in zwei Plälften geschnitten wäre.
Sich gleichen " wie ein Ei dem andern.''
3244.* Un HO taue ni nasnbi zua haenn. iliL'5;^i:^nT(i41« Aus
Melonensamen wachsen keine Eierpflanzen.
In derselben Bedeutung gebraucht wie unser " der Apfel
fällt nicht weit vom Stamm," Eine etwas verschiedene Form
lautet : la-i no isurn jiz lüa nasnbi iiarazu, an Melonenranken
wachsen keine Eierfrüchte.
3245. Uri no taue wo narabeta yd. lL<Z>^^^<1iW Als ob man
Melonenkerne aneinander gereiht hätte.
Von schönen, regelmässigen Zähnen.
3246.* Uri zvo töjite taina zuo etavi. )^*^^MX^f^\%1\^) Mit der
Melone werfend hat er den Edelstein bekommen.
Vgl. unser " mit der Wurst nach der Speckseite werfen'',
auch No 322 und 1751.— Beruht auf einer chinesischen Anek-
dote.
- 358 -
3247- Undaiie %va misuvieru ga, kodanc wa nustimenn. ÄflUiS
)i6Ä«^\^filIiS*^» Man kann zwar Melonensaatkerne
stehlen, aber nicht Kindersaatkerne.
Sagen Leute, die keine Kinder kriegen.
3248. JJri'hotoha ni kai-kotoba, ^iJ g4!l-Mc/^fiSl Auf die Rede
des Verkäufers die Rede des Käufers.
Wie die Rede des einen, so die Antwort des andern ; wird der
eine ausfallend, so bleibt auch der andere die Antwort nicht
schuldig. " Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es
wieder heraus.''
3249. JJriinono ni Jiana kaznre ! K?S/I-^I^H Was du verkau-
fen willst, schmücke mit Blumen !
3250.* Z'sagi nirarete kitsiine lu-en. %%.h^xX%.t.i.> Wenn der
Hase gekocht wird, bekümmert sich der Fuchs.
Er besorgt, es könne ihm ebenso gehen.
3251.* Usagi ivo cte tci zvo wastini. ^4'?t'CEt^^»5 Den Hasen
fangen (und mitnehmen) und das Fangnetz liegen
lassen.
Ganz ähnlich No 3237.
3252. UsJii ni Jnkarete Zcnköji e iiiairu (od. Zcnkdji-mairi).
^l^Bh^n-C^pt^-^^i Von einem Ochsen geführt zum
Tempel Zenköji kommen.
Wenn man irgendwohin kommt, ohne es eigentlich zu wollen,
ohne es vorhergewusst zu haben, nur von einem andern " mit-
geschleppt.'' Dia Redensart bezieht sich auf eine Geschichte
von einer Frau, die, um einen verlorenen Ochsen zu suchen,
lange umherwanderle und dabei schliesslich nach dem berühm-
ten Tempel Zenkoji in Nagano kam.
3253. UsJii ni VW nvia ni 1110 fiiviarcnu yö. ^■\'- i.lli- iSSiH^^lt
So dass er schon nicht mehr von Ochsen und
Pferden getreten wird.
Von einem Kinde, das schon laufen kann.
3254* Ushi ni iaishite koto wo dan su. (od. hajikn). ^-l-SL'C^
'täiT Dem Ochsen ai.f der Harfe vorsi)ielen.
Vgl. No 3207 ; oder auch No 20S6.
— 359 —
3255-* Ushi 110 sJdri yori wa nnvatori no ataina.^'^Kl'')\^'W^<^l%
Lieber der Kopf eines Huhnes als der Hintere eines
Ochsen.
Variante von No 2152.
3256. Usht no sJiöbeti jühatchö. i^^'J^M+AWr Das Wasserlassen
des Ochsen dauert 18 chö weit.
cho : ein Wegemass (s. Anm. zu No 2712). — Von sehr
langsamen, umständlichen Menschen. Auch : itshi no naga-shobai,
das lange Wasserlassen des Ochsen.
3257.* UsJd tva viizu zvo iionde chichi to shi, ja wa mizii wo
tionde doku to su. ^U7^^t^v^'CfLi L.!liSil7^^a^^T#i t
Wenn die Kuh Wasser trinkt, macht sie daraus
Milch, wenn die Schlange Wasser trinkt, macht sie
daraus Gift.
3258. Ushi tva negai-gara de hana e fuji wo tösu. 'l^ltMCA**"'' ?>
TÄ-'^Ü^M'f Weil der Ochse es wünscht, so zieht
man ihm einen Strick durch die Nase.
Eigentlich : eine Ranke des Fuji-Schlingstrauchs. — " Hof-
fahrt muss Zwang leiden". (?)
3259. Ushi zvo uvia ni iiori-kacru. 4''^.^!'^W'^^ Den Ochsen
mit dem Pferde vertauschen.
Das Gegentheil von unserm " vom Pferd auf den Esel kom-
men." Besonders von einer Frau, die nach dem Tode ihres
ersten Mannes (oder nach der Trennung von ihm) eine zweite,
vortheilhaftere Verbindung eingeht.
3260. JJshiroiJate to nani. ^M-;äS Ein Rückenschild
werden.
Jemand beschützen.
3261. JJso Jiappyaku. ^A^S" 800 Lügen.
" Von A bis Z erlogen."
3262. Uso kara deta viakoto. ^&^^h\^VM Die aus der Lüge
hervorgegangene Wahrheit.
3263. Uso 1110 höben. PjL:^Ji^ Auch die Lüge ist ein Auskunfts-
mittel.
— 3^0 —
3264. Uso 110 vianipacJn. pJ'^Tt'A iooS Lügen.
Wie No 3261.
3265. Uso to bözu no atavia wa itta koto ga nai. üiliiSi'^Mlt
t^o:f;^t5^'fj:t» Ich habe keine Lüge gesagt und keinen
Priesterkopf frisirt.
Scherzhafte Redensart, mit der man den Vorwurf der Lüge
zurückweist ; sie beruht auf einem Wortspiel mit Uta : i) gesagt ;
2) frisirt, " die Haare gemacht" — was bei einem Priester eine
Unmöglichkeit wäre, da er kahl geschoren ist.
3266. C/so zm niisubito no hajimc. Bilt^A'^io* Lügen ist der
Anfang zum Diebe.
Auch : jisoisukl wa dorobo jw /lajiman, der Lügner ist der
Anfang des Diebes.
3267. Uso wo tsiiku to, Einvia ni sJiita %vo niikarcru. 1^4n±< ^
!sl^l-"3''tfö'o*l^ ^ Wenn man lügt, so wird einem von
Emma (König der Unterwelt) die Zunge ausgerissen.
Eine an Kinder gerichtete Warnung. Auch : jiso ivo ieba
jigoku ni ochirii, wenn man lügt, kommt man in die Hölle.
3268. Usorashiki uso %vo in to vio, uiakotorashiki nso wo iuna .'
eif) L^Pj|io< 2 l.Es?. L^P>i4-5.J>"^j: Man darf zwar
Lügen sagen, die wie Lügen aussehen (die niemand
täuschen), aber nicht Lügen, die wie Wahrheit
aussehen.
Usotsuki iva doroöö no Jiajhnari : s. Uso wa.
3269. JJsugami zuo hagasu yd. <S^Ä^|il1"tt Als ob man
dünnes Papier abrisse.
Man vergleicht damit das ganz allmählige Besserwerden eines
Kranken.
3270. Jjtagai wa anchü no Jiitokage. ^DMIBHttja)A§5 Wer
Argwohn hat, (sieht sogar) in der Finsterniss den
Schatten eines Menschen.
Vgl. No 435.
3271. Jltati 1/10 jnau nio nori no koc. 1$^^ IS-MJ^i?)^ Auch
Singen uud Tanzen hat seine Gesetze (wöril. ist die
Stimme des Gesetzes).
— 2>^i —
Man soll auch beim A'ergnügen nicht über die Grenzen der
Anständigkeit hinausgehen. (Aus einem Gedicht des Goshiii.)
3272. Vteha hibiku. ?Ttl-r#< Wenn man anschlägt, klingt
es.
Von Ereignissen, die andere Ereignisse nach sich ziehen —
ähnlich wie No 2718. Auch als Warnung vor Dingen, die böse
Folgen haben könnten.
3273. JJto, .%^ Rabe und Hase.
Sonne und Mond, ein Ausdruck für ''Zeit''; z. B. uto wo
kurasit, die Zeit zubringen. Nach einem alten Volksglauben
lebt in der Sonne ein dreibeiniger Rabe, im Monde ein Hase.
3274. llsiiL'ushii mono ni koriyo, iögaraslii .' HL^^I'^i»
^IIZ Hüte dich vor schönen Weibern, (sie sind wie)
rother Pfeffer !
3275. Uwamai ivo tont (od. Jnmeru). lM.i:e^h{[lYl h) Den
oberen Reis wegnehmen.
Das Beste unrechtmässiger Weise für sich vorwegnehmen.
3276. Uivftsa ivo siireba, kage ga sasu. ftS^-t ^IlM^U'H'f
Wenn man von jemand spricht, so erscheint sein
Schatten.
" V\'enn man vom Wolf spricht, so kommt er."
3277.* Utjohu ZUG harn. ^R^?I^ Die Flügel ausspannen.
Seine Macht entfalten oder vergrössern. Vgl. No 470 und
471.
327S. '^Uyoku wo ushinau. ^R^^^> Die Flügel verlieren.
Seine Stütze, seinen besten Freund u. s. w. verlieren. Vgl.
No 865 und 1235.
»>>»<«<
— 3Ö2
w.
3279. Wa ni wa zvo kakern. Iml-lrai^^iTi Dem Rade immer
noch ein Rad anhängen.
Übertreiben. (Vgl. No 2205.)
3280. War/a Eiraku 110 kama-darai. ^«vk^'?)^!^ Der eigene
Kochkessel als Waschbecken (aus der Periode Eiraku).
In seinem eigenen Hause ist man am bequemsten, kann man
thun, was man will, z. B, einen Kessel als Waschbecken benutzen.
Eiraku no, aus der (chinesischen) Periode Eiraku, der Beiname
eines berühmten alten Porzellans, steht hier nur als scherzhaflcr
Zusatz.
3281. Waga hotoke iattoshi. fit^'^^^^L Der eigene Buddlia ist
prächtig.
3282. Waga kuso kiisakmiashi, fitt\^-Ä < ^J: L Eigener Mist
stinkt nicht.
3283. Waga mono no hisai to kvanu. I^t)-'*4t^^i'^i 51tw Von
dem Gestank der eigenen Dinge redet n^an nicht.
3284. Waga mono to omoeba, karosJd kasa no ynki. ^ti^'if^i ,Wl's
11*.ML2£'?jS Wenn man sicli vorstellt, dass er einem
gehört, ist der Schnee auf dem Banibushute leicht.
Das Spr. stammt aus einem Yolksliede.
3285. Waga saiai no hito ni taisJnie %va kactte mono hvarezu,
^ö^'g^OAr-itL-ClUil-Cit^S-lin« Grade der Person, die
man am meisten liebt, darf man (seine Geheimnisse)
nicht sagiMK
3286. Vf'af/aiiii no koto iva Jtilo ni toe .' ?SJ^;$ilfiJ!Al' r«1'^
Über dich selbst frage andere !
Man täuscht sich gewöhnlich über sich sellist.
0O_3
3287.* Wagami wo taten to seba, mnsu hito ivo tatcyo ! ^M
^ALXAjt^iX.^mA^^Xl Wenn du selbst in der
Welt vorwärtskommen willst, so hilf erst andern,
vorwärtszukommen !
3288. Wagavii 7vo tsiuuctie hito no itavti wo sJnru. f^^i^^i-IRo-CM
A'?)#'^^^-ao Wenn man sich in den eigenen Körper
kneift, w^eiss man, wie weh es andern thut.
3289. IVakn iii shishö naslii. ^if^i-ßipEtC L Für die Dichtkunst
giebt es keinen Lelirer.
Das Dichten lässi sich nicht erlernen, man muss als Dichter
geboren sein. Waka ist die nationale japanische Dichtkunst, die
6?fl-Dichtung, neben welcher es noch eine gelehrte Dichtkunst
nach chinesischen Vorbildern giebt.
3290. Wakai toki wa nido iiashi. ^»»^Bf It— S^5SL Die Jugend
kehrt nicht zum zweitenmal wieder.
3291. Waka-ki no moto de kasa zvo ni/ge ! ?r;^07r;T^^i?Eif
Unter einem jungen Baume nimm den Hut ab !
Man soll die Unschuld der Jugend respektiren.
3292. Waki no shita kara Idya-ase ga dem yd. lä'^T«* f)?^rPt>*
ttiiti Als ob unter den Achseln kalter Seh weiss
ausbräche.
" Angstschweiss schwitzen".
3293. W(iku iziivn ni vio mizn-gare ari. fi < AI- i7Winfc''J
Auch bei einer fliessenden Quelle trocknet (zuweilen)
das Wasser aus.
3294.'-^^ fVakivö-döfin. fü^tl^^ Freundlicher Glanz (wird) das-
selbe wie Staub.
Eia buddhistischer Ausdruck für Götter, die Menschengestalt
annehmen.
3295. Ji'aua ni kakeru. ^i-^i*-?) In der Pralle fangen.
Vgl. No 235 r.
3296. JVara de tsnkutte vio otoko zva otvko. HTfl^o'C \.%\1%
Mann bleibt Mann, und wenn er aus Stroh gemacht
wäre.
— 364 —
3297- Wavatte son sunt mono nashi. ^'^'CÄ-f ö^Mt Durch
Lachen hat noch niemand Schaden gehabt.
Man soll heiter aussehen ; daher sagt man von jemand, der
immer ein mürrisches, unzufriedenes Gesicht macht : waraite son
shila vo na kao, ein Gesicht, als ob ihm das Lachen schon
einmal Schaden gebracht hätte.
3298- Waran kado ni fnkii ga kitaru. ^Ä-l^nr-U^'^^ Zum
lachenden Thore (zum Thore, wo lachende Menschen
wohnen) kehrt das Glück ein.
3299. Ware hito wo uyaniaeba, liito vtata ivm-e zvo tiyamatt.
^fll!A^t!c'^lt»tl!lA':'l'"fit^rl5ci> Wenn man andere ehrt, so
ehren andere einen wieder.
Vgl. No 2314,
3300. Ware saki ni. ^^W- Ich voran(strebend).
Die andern zurückdrängend (auch im eigentlichen Sinne, z.
B. in einem Menschengedränge) ; sich zur Geltung zu bringen
suchend.
3301. Ware-gane no yo. ^li'^li Wie eine gesprungene
Glocke.
Von einer unangenehm klingenden Stimme.
3302. Ware-nabe ni toji-lmta. ^'^^V-W.'^M. Auf eine gesprungene
Pfanne (gehört) ein geflickter Deckel.
Sagt man besonders, wenn eine hässliche Frau einen ebenso
hässlichen Mann hat.
3303. Warui koto zva dckinu mono. ^^i^^dthJÜ« i © Man
kann nichts Böses thun.
Hinzu zu denken ist: ohne dass es gleich jeder weiss. Nur
scherzhaft, in dem Sinne : man ist mehr Leuten bekannt, als
man denkt ; wenn sich z. B. herausstellt, dass man da, wo man
sich unbekannt glaubte, wohlbekannt ist.
3304. Wand michi ni zua iri-yasni. ^st'sll-IXA'J ^ L Es ist
leicht, auf Abwege zu gerathen.
3305. Wand taka ni e zvo kac ! ^t'!Si'0f-tflI'^ Einem bösen
Falken reiche Futter (um ihn zahm zu machen)!
Vgl. No 2121.
- 365 -
3306. Washl no ko. IK^^ Das Junge des Adlers.
Wohl gleich No 3094.
3307. Watciri ni fune li'o ctaru yö. '^'') \''W^\%V. hm. Wie
wenn man an der Fäine ein Schiff bekommen hat.
Von etwas, das einem grade "zu pass " kommt (vgl. No
2271), Abgekürzt: 'luatari ni fune.
3308. Watmni sckai ni oni zm nashi. it^ffifrl-^ltM l Beim
Wandern durch die Welt findet man nirgends Teufel.
Auch die schlechtesten Menschen haben ihre guten Seiten ;
auch in dem Sinne : man findet überall gute Menschen.
3309. Wazawai mo sakvai no Jiashi to nari. )%i^^^tUh
Selbst das Unglück wird die Brücke zum Glück.
3310. Wazawai vw sannen okcba yd ni iatsu. i^c l H¥^-^«? \tf^V- io
Selbst das Unglück bringt Nutzen, wenn man es
drei Jahre lang aufhebt.
Wie No 937.
33 11. Wazatvai zua sliinio kara. i^<ltTo-f) Das Unglück kommt
von unten.
Gilt z. B. von Vorgesetzten, die für die Fehler ihrer Unter-
gebenen büssen müssen, weil sie dafür verantwortlich sind.
•i»»"^«5-
Y.
3312. Ya mo täte wo taniarasu. ^i^trS?>T* Weder Pfeil
noch Schild halten Stand.
Von etwas ganz Unwiderstehlichem, wogegen nichts aufl^om-
men kann. Vgl. No 476.
— 306 —
3313- Ya7)0 ni nio kö fto mono. S?iKl* i?^>5-S" Audi unter
Leuten ohne Erziehung giebt es tüclitige IMänner.
Statt Y(xl>o auch yafit.
3314. Yiihu kam b'o. W.'^'hW Ein Stock aus dem Gebüsch.
Von etwas Unerwartetem. (Vgl. No 1735.)
3315. Yabu ni uuia-guiva no yd. WX-^^!^'^^ Wie eine Haike
im Dickicht.
In einem Dickicht kann man nicht liarken ; also von etwas
Unverwendbarem, Unmöglichem.
3316. Yabu wo isutsiiite hcbi wo dasu. ^4'^oi^'C1^4-tl^T Wenn
man im Dickicht stört, jagt man Schhmgen auf.
Andere Form von No 1653. Meist abgekürzt : /a^« hebl.
3317. Ynhuislia ga tinl-körö wo Jdrotla yd. WiM\4^^W^'^h^^
\fx'^VM Als ob der Quacksalber eine Seeigelschale
gefunden hätte.
Er freut sich, weil er daraus eine Arznei macht.
Yafii s. Yabo.
3318. Yaharl no ni okc rengcso. ^11 ^J Sfi* EU^"^^ Lass das
rengesö noch auf dem Felde !
Aus einem Volkslied. Roij^eso ist eine schön rothblü-
hende Papilionacee (Astragalus lotoides), die Anfang Mai auf den
dann noch brachliegenden Reisfeldern sehr häufig ist. Gleich-
wie diese Blume auf dem Felde hübsch aussieht, aber wenn man
sie abpflückt und in eine Vase steckt, ganz unansehnlich ist,
so verhält es sich mit einem hübschen Landmädchen : sie
würde sich in der Stadt lange nicht so gut ausnehmen; man
soll sie daher in ihrem Dorfe lassen.
3319.* Yaibit no kizn wo iyasu bcki, kotoba no kizJi iyasu
bekarazu. ^<^'Wt%.'t ^ ^ . Wy^'^.-^ ^^^ ^-^ Schwert-
wunden lassen sich Iveilen, Wortvvunden lassen sich
nicht heilen.
3320. YaUeha ni döko %vo hiki-zimi yd. i%%\'-Wä.f£'^\t7:>^ü. Als
ob man einen Kupfcikessv-l über einen Brandplatz
schleifte.
Soll eine unangenehme, krächzende Stimme bezeichnen.
— 367 —
33^1- YaJ^ehokJziii ni iva hi ga tsuki-yasui. i%W.\'AVhM'^^^-
Ein angekohltes Siück Holz ist leiclit in Brand zu
setzen.
3322. YiihcUlil ni vihu. ilHi:7K Wasser auf einen ht-issen
Stein.
Wie "ein Tropfen auf einen heissen Stein"'. '
3323.- Yakcno 110 Jdji, yorn no tsurn. i%M-^^.^^%% Der
Fa^an im brennenden Felde, der Kranich in der
Nacht (verlassen beide ib.ie Jungen niclit).
Beispiele treuer Elternliebe. Statt kiji, Fasan, auch das
gleichbedeutende k 'gisit.
3324. Yaliela ato zva tatsu ga, sJiinda ato zun tatann. ;fif:g$II
Eo-&^^t^f:7*!Ii?:« Eine Brandruine (ein abge-
branntes Haus) ei steht wieder, aber die Seele eines
Todten nicht.
Woitspiel mit ato, das hier in dem Sinne von i) Spuren,
Tiümmer (des Brandes), 2) Seele (des Abgeschiedenen) ge
braucht ist; ebenso mit tat;u : i) wieder aufgebaut werden; 2)
wieder auferstehen.
3325. YakcTiura Jii ni koiiziL. i%ffiHi:I?1' Ein verbranntes
Gesicht scheut sich nicht vor der Sonne.
3326. YiiMuiochi züo yaku. W3kf)ei%^ Reiskuchen backen.
Eifersüchtig sein.
3327. YakiinocJä zvo yaite wo, kui-te nashi. i%^'^Wi.^^X i:^O^XU L
. Wenn man auch Reiskuclien bäckt (eifersüchtig ist),
uill ihn doch keiner essen.
Scherzhaft für : durch Eifersucht macht man sich nur lästig.
Die Form analog der von No 2325.
3328. YakusJii no niae, Jizö no ushiro. ^W^W^M^^'^ Vor
Yakushi, nach Jizö.
Zwei populäre buddhistische Gottheiten : YakusJd der Gott
der Heilivunst, Jizo allgemeiner Nothhelfer, insbesondere Schutz-
gott der Kinder. Ihre Namen stehen hier für die T^ge, an
denen man sie feiert : \ 'akitshi am 8., Jizo am 24. Tage des
alten Mondkalender-Monats. Vor dem 8. und nach dem 24. war
kein Mondschein, daher ist der Sinn : eine stockdunkle Nacht.
. - 368 —
3329- YaJcwctn de aznki zvo togu yd. ^IST>'>fi^® Ctl Wie
wenn man in einem Metallkessel Bohnen wäscht.
Hastiges, unverständliches Zcr.g reden; nicht geordnet, nicht
der Reihe nach erzählen.
3330. Yakwan de yiidcta tako 110 yö. iilST5if:liO^ Wie ein im
Kessel gesottener Tintenfisch.
"So roth wie ein gekochter Krebs''; besonders in Folge eines
sehr heissen Bades.
3331. Yakwan-otama. ^HM Ein Theekesselkopf.
Ein Kahlkopf.
3332. Ymna ga atam (od. haziireni). lUt^'^fi S(M-Kä) Der Berg
trifft (od. trifft nicht).
Die Spekulation gelingt (oder: schlägt fehl). "Berg" steht
ursprünglich für Berg- od. Minenunternehmung, hat dann aber
die allgemeine Bedeutung " Spekulation '' bekommen ; daher
^\.\z\\ yaniashi {^%)\ Spekulant, Schwindler.
Zl'hl'^ Ya7na jii Jiainaguri zvo motoinuni. lÜi:4^4'^L'^ Auf
dem Berge nach Muscheln suchen.
Vgl. No 595 und 131 1.
3334.* Yania 711 Ute tora zvo toj-öru zva yasnkit, kucld zvo hiraite
zeni wo kar?i zva katashi. ll]i:A'CJ[^^i£^^S(l^ < .Pi^Pfl
"CU^-fa Ä |t|i L (Selbst) in die Berge zu gehen und
einen Tiger zu fangen ist leicht, aber den Mund zu
öffnen, um Geld zu borgen, ist schwer.
3335- Yavia no ivio iinagi ni narn. UlO^ISlt^S Die Kartoffel
wird zum Aal.
Scherzhaft, wenn jemand, dem man nicht viel zugetraut hat,
es plötzlich zu etwas bringt.
3336. Yavia 110 kann. ^<^t^ Göttin des Berges.
Ein scherzhafter Ausdruck für " Frau"; vgl. No 2203.
3337. Yama takaki ga yuc ni tattokayazu. UliS ^«^'ÖCl^Stj« ?>-r
Ein Berg ist nicht ehrwürdig, weil er hoch ist.
Reichthum oder vornehme Geburt allein geben noch keinen
Anspruch auf Hochachtung.
— 3^9 —
333^. Ya7na to ieba kazva to in. Uli^S'^ltVlIi i^i- Wenn (ein
anderer) " Berg " sagt, " Fluss " sagen.
Immer widersprechen ; vgl. Xo 2793.
3339. YmnahulH zm hana ga saite mi ga narami. lUgJCli^*-"
^^^X-^^'^bn Der Yamabuki blüht, aber bringt
keine Frucht.
Yamabuki ist ein auch in Europa beliebt gewordener Zier-
strauch mit gelben Blüthen (Kerria japonica). Von schönen
Frauen, die kinderlos bleiben (auch ist yamabuki in Gedichten
ein Ausdruck für schöne Frauen reiferen Alters) ; auch von
Leuten, die viel reden, aber nie handeln. Oft abgekürzt:
yamabuki no yö, wie der Yamabuki-Strauch.
3340. Ymiiai kiichi yori iru.M^ i'')XZ Krankheiten kommen
durch den I\Iund.
3341. Yamcii naorite isha okotani. ^5^"!] xB^-itS Wenn die
Krankheit sich bessert, wird der Arzt nachlässig.
3342. Yamai zvo shinba, iyiirit ni cJnkasliL ^^^Hlf^S ItiS L
Wenn man die Krankheit kennt, so ist man der
Heilung nahe.
3343. Yaniashl no gcnkzvan. lü^ip^S^ Der Eingang zum
Hause des Schwindlers.
Er macht einen stattlichen Eindruck, um Vertrauen zu er-
wecken. Vgl. No 955.
3344. YaviasJii yama de hateru. Ul^^lÜT^'C -S Der Spekulant
(Schwindler) endigt in einer Spekulation.
Wohl dem Spr. No 1249 nachgebildet. Vgl, die Erklärung
zu No 3332.
3345. Yaini zm aya nashi. S(t|SML In der Nacht sieht man
die (schönen) Muster des Stoffes nicht.
3346. Yainiyo ni chdcJiin zvo eta yö. Sl^l-iSi:T^^Sf:li Als ob
man in finsterer Nacht eine Laterne bekommen hätte.
Vgl. No 3307.
3347. Yaviiyo ni ieppö. "^^V-W^ Ein Schuss in dunkler Nacht.
— 370 —
Für etwas, das keinen Erfolg haben kann — wie es in dunkler
Nacht unmöglich ist, etwas zu treften. Auch: jawij'o ni tsubutc,
ein in dunkler Nacht geschleuderter Stein.
3348. Yaviiyo no nishiki. B|f^^;ISÜ Brokat in dunkler Nacht.
Er wird von niemand gesehen.
3349. Yanagl no eda ni ynki-ore nashi. Wi5lil*Ä^|T-"^X L Bei
Weiden zwei gen kommt keiii Schneebruch vor.
Schwächliche Leute halten oft mehr aus und leben länger als
robuste. Abgekürzt : yanagi ni ytiki-ore nasJii ; auch sagt man
statt yuld-ore : kaza-ore, ^^'indbruch.
3350. Yanagi %va inidori, Jiana wa kwaiai. W(l.i^.^(^^ Bei der
Weide ist Grün, bei Blumen Roth (die schönste Farbe)-
Bedeutung zweifelhaft.
3351. Yarazu buttakuri. il f)"r-.i^of: < ij Nichts geben, aber
alles an sich reissen.
3352. Yavl ga futte vio. l|t)^7$o-Cl Selbst wenn es Spiesse
regnete.
3353. Yari hilo-snji no bushi. H^^S'^ffti Der Krieger einer Lanze.
Ein Samurai, der nur einen Lanzenträger hat ; ein Samurai
von niedrigem Range.
3354. Yarimochi no setsuin. ^^^UW Der Abtritt des
Lanzenträgers.
Variante von No 2573.
3355. Yarimochi yari zvo tsiika-ivazu. ^^^läfi^M'^'V Der Lanzen-
träger gebraucht die Lanze nicht.
D. h. er versteht sie nicht zu gebrauchen. Ähnlich wie No
2423.
3356. Yarisalx'l no köinyö. H^fe^OJ^^ Der Ruhm der Lan-
zenspitze.
Metapher für : kriegerisches Verdienst, Heldenthat.
3357. Yasashlhl Jdto ni vio chikara ari. M^Ai^ i:^^''J Auch
der Gutmüthige hat Kräfte (lässt sich nicht alles
gefallen).
Vgl. No 801.
6/
I —
3358. YasegaJci no taue taJcusan. B.'^^'^^M^ In der magern
Kaki-Frucht sind viele Kerne.
Arme Leute haben viele Kinder — vgl. No 178 und 176.
3359. Yasete mo karcte ino iiioto ga vtoto. ^t ifeX t7C5-7t
Auch dürr (eigtl. abgemagert) und vertrocknet bleibt
der Stamm doch Stamm.
Einem Reiclien bleibt auch nach grossen Verlusten immer
noch Geld genug übrig. (Vgl. No 393.)
3360. Yase-ude ^M Magerer Arm.
Einer, der nicht viel leistet, der auf irgend einem Gebiete
" Schwachmaticus " ist.
3361. Yasc-udc ni mo hone ari. ÜßJ^l- l 's-ft "J Auch im magern
Arm sind Knochen.
Man soll niemanden verachten ; vgl. No 982.
3362. Yase-uma ni ni ga siigiru. S-^l-i^Ä^^'i^^'^ Die Last
ist für das magere Pferd zu gross.
Von jemand, der z. B. krank gewesen ist und noch nicht
viel leisten kann. Auch : yase-uma ni omoni no jo, wie eine
schwere Ladung auf einem magern Pferde.
3363. Yasha ga yome-in. ^X^^^^^^'i Die Heirath der Teu-
fe h'n.
Wenn ein böses Weib heirathet.
3364. Yasui mono kacba, hana ga ochirii. '^^-%'n.^\t^'^'t%h
Wenn man billige Sachen kauft, so fällt (nachher)
die Nase.
Zuerst bildet man sich auf den billigen Kauf etwas ein, bis
man einsieht, dass man betrogen ist. {hana ga ocJiini, die Nase
fällt, bedeutet: der Hochmuth legt sieb, ist also der Gegensatz
zu hana wo takaineru—s. d.)
3365. Yasulzarö warukard. ^^'bi^^^^hi Wahrscheinlich
billig, wahrscheinlich schlecht.
3366. Yasumoiio-Jtai no zcni-usldnal S^^Oll^cA Der Verlust
des Geldes beim Kaufen billiger Sachen.
Statt zeni-itskinai auch zeni-hafashi, das Ende des Geldes-
— 372 —
3367- Yatai-viisc no l-ani 110 yd. WM^^%.^^ Wie der Krebs
der Schaubude.
Von Krebsen, Fischen, Früchten etc., die gross sind, aber
nicht besonders schmecken.
Yo (Welt).
3368. Yo ga suc ni natta. Üt^^'^l-i^ot: Die Welt ist am Ende
angelangt.
Die Welt, die Menschen taugen jetzt nichts mehr.
3369.* Yo midarcte gökctsu arazvaru. ffiEH'C^^JJllt S Wenn die
Welt in Verwirrung ist, ersteht ein Held.
3370.* Yo mijikakn, kokoro dshi. ■töM<.»t»^L Die Welt (das
Leben) ist kurz, die Wünsche sind zahlreich.
Das Leben ist zu kurz, um jeden Wunsch zu erfüllen.
3371. Yo ni idcru. W\'~%h In die Welt hinausgehen.
Berühmt werden.
3372. Yo wa naiia-hidariy nana-nobori. iSIt-byj .-trJi'J In der
Welt fällt man siebenmal und steigt man siebenmal.
Vgl. No 2052.
Yo (Nacht).
3373. Yo zvo hi ni tsitgu. ^i^Bl-lsC Die Nacht dem Tage
hinzufügen.
Unermüdlich arbeiten.
3374.* Yö WO tsiihmi ga gotohi. IffiMI^ < ^-ö^'itlK Als ob man
Thonpuppen machte.
Für: etwas Neues, aber Unnützes erfinden. Yo, {=tsitchi-
ning}>o) sind menschliche Thonfiguren, die in ältester Zeit an
Stelle der Diener dem Kaiser ins Grab mitgegeben wurden.
3375. Yobiine zvo kogit. ^'clSd' VJf C Das Nacht.schiff rudern.
Im Sitzen einschlafen und dabei mit dem Kopfe nicken.
3376. Yöfuhu icMzvari, hige niwari. #ÄR-f'J.f£^l'il Europäi-
sche Kleidung (erhöht) um 10 Procent, ein Bart um
20 Prccent.
Europäische Kleidung und das Tragen e'mes Bartes (ebenfalls
eine europäische Neuerung) verschaffen heutzutage Achtung.
0/3 —
3377. Yoha ni arasM. K^^ltE Ein Sturm um Mitternacht.
Ein unvermuthetes, plöt^-lich eintretendes Unglück.
Yoi (Rausch).
3378. Yoi ga mawaru. M^^Mh Der Rausch kreist.
Betrunken sein.
Yoi (gut).
3379. Yci Jiana zua yoi ini wo violanu. SJt'^^lli?i''Ä4'#t:«
Schöne Bhimeii tragen nicht schöne Früchte.
3380. Yoi naka ni kaki wo sliiro ! $?w*tt'l*iI4' L^ Setze der
Freundschaft eine Grenze !
Lass dich mit zweifelhaften Leuten nicht zu sehr ein.
3381. Yoiijoshi 110 kam wa tsukawanu. W^ LOirltitlt» Das
Geld, das über die Nacht bleibt, kann man nicht
gebrauchen.
Eine scherzhafte Redensart : heute muss alles verjubelt werden,
es darf nichts übrig bleiben.
3382. Yoipparl no asane{iii)bd. '^\^<^^W^% Das lange Schla-
fen des Spätaufbleibers.
Yol-^artie : s. Ei-zavie.
3383. Yöjin %üa okubyd ni scyo ! ffl-iLMtM^l-tf I Treibe die
Vorsicht bis zur Ängstlichkeit !
3384.* YöUl hassiirii tokaro kinscki mata tönt. ^'^UM.'t hW\'^'B,%
M^ Wenn man Frohsinn besitzt (eigtl. wo Frohsinn
ausgeht), dringt man selbst durch Metall und Stein.
3385. loA'O no mono ''.wo täte ni nio senu. II?)|^^*-Ug|I itfo
Nicht einmal das Schiefe grade stellen.
Grosse Trägheit oder Gleichgültigkeit.
3386. Yoko-gami zvo saku. $iM.^§l< Papier quer (gegen die Fa-
ser) zerreissen.
Ungerecht, unvernünftig behandeln.
Yokii (gut).
3387.* Yoku im mono wa mata yoku fusegu. h& ^M^^UXt^ < ßö C
Wer gut schiesst, vertheidigt auch gut.
— 3/4 —
3388.* Yokn oyogii mono zva oborc, yoku noru viono zva otsti.
t^<i^<'^lt'^n.Hg<^S lU^o Der gute Schwimmer
ertrinkt, der gute Reiter fallt (vom Pferde).
Die unwahrscheinlichsten Dinge kommen vor.
Yokit (Begierde).
3389.* Yokit HO knmataka mata kam sakeiii (od. vmta ivo
sakarcrii). m<^^fAt^^ h^Si'i h m. ^M 0' n * ) Der allzu
gierige Falke wird mitten auseinander gerissen.
Bezieht sich auf eine Geschichte von einem Falken, der zwei
Wildschweine neben einander liegen sah und mit jeder Klaue
eins zu greifen gedachte ; als nun die Wildschweine auseinander
rannten, wurde er, da er die Klauen zu fest eingeschlagen hatte
und sie nicht mehr zuiückziehen konnte, in zwei Stücke zerrissen.
3390. Yoku iii itadaki naslii. S^I-^H^tt L Zu grosse Gier be-
kommt nichts.
Yoku im engeren Sinne ist die Habgier.
3391. Yoku ni mc nasJii. Bl-S^iL Die Gier hat keine Augen.
3392. Yohi ni soko nashi.'^A'^'^l, Habgier hi.t l:eir.cn Fcdcn
3393. YokiL no 7iai mono iva kuji ga atarii. ^OteiH 0|t|St)'i'ä*Ä
Wer niclU habsüchtig ist, gewinnt in der Lotterie.
Scherzhafte Redensart.
3394. '^Yohi Stirn taka zva tsnnie %vo otosn. ^'!"f ^üSIa/R^jÜ' Der
(zu) gierige Falke verliert die Klauen.
Variante von No 3389,
3395.* YoJmdo no tami zva sai arazn. öciOSlX^t'*» ^'t Die
Bewohner einer fruchtbaren Gegend haben keine
geistigen Fähigkeiten.
3396. Yolxtune de mim. ^'iSTÄi Mit wünschenden Augen
sehen.
Parteiisch sein. Vgl. No 2370.
3397. Yonianu-döshi, kakam-dcsJä. ^i^I^±>Ä«•^I^I± Die
Gesellschaft der Lese- und Schreibunkundigen.
Die Einigkeit der Unwissenheit.
— 375 —
3398. Yonie no namida hodo. ^^iR?l So viel wie die Thränen
einer Schwiegertochter.
Nämlich beim Tode ihrer Schwiegermutter ; daher ein Aus-
druck für: sehr wenig oder nichts (vgl. No 3401, auch No 2834).
3399. Yome sliüto nt nani. ^ifil-^^ Die Schwiegertochter
wird (einmal) Schwiegermutter.
Wer jetzt eine bescheidene Stellung hat, kann später zu gros-
sem Einfluss gelangen.
3400. Yome to na ga isnkcba, zvaga ko de vio nikusJd. S^^^t)»
'fiJ-lJlt.^irTittL Wenn die Braut den Namen (des
Mannes) annimmt, wird selbst das eigene Kind ent-
fremdet (eigentl. verhasst).
Wenn die Tochter ihren Mann mehr als ihre Eltern liebt, so
sind diese missvergnügt.
3401. Yome to sJiTitome, saru io inu. ^^fö.^^::^ Schwieger-
tochter und Schwiegermutter (sind wie) Affe und
Hund.
Oder, wie man bei uns sagt : wie Hund und Katze (vgl. No
923). Der leidende Theil ist dabei die Schwiegertochter, die von
ihrer Schwiegermutter, in deren völliger Gewalt sie ist, oft sehr
hart behandelt wird.
Yome tva nkua kara morac : s. Mnko.
3402. Yo-me, tö-me, kasa no itchi. I^B.MS^^O^' In der
Nacht sehen, von weitem sehen, unter dem Schirme
(vom Schirm bedeckt sehen).
In allen drei Fällen ist es nicht möglich, das Gesicht genau
zu erkennen, oder zu wissen, ob man ein schönes oder hässliches
Mädchen gesehen hat.
3403. Yomi to Uta. Ä^^Ü^ Dichten und Lied.
Vielleicht : wie man dichtet, so ist das Lied ? Die Bedeutung
soll sein : " wie die Arbeit, so der Lohn."
3404. Yomichi ni Jd iva kiirezu. ^iil- 0 H^h."^ Auf dem
Wege in der Nacht geht die Sonne nicht unter.
Nachdem die Sonne untergegangen ist, brennt die Lampe die
ganze Nacht.
— 37Ö —
3405'* Yomogi asa )io naka ni slioziireba, tastikezit shite
onoznkara imoshi, JiahisJia doro m areba, somezti shite
onozttkara hiroshi. m.M<^^ i: ^T nif.^irt LXUh^L.Ü
mi\''^ki-\t^yik^'tLXUh^.L Wenn der Beifuss im
Hanf aufwächst, so wird er ohne Hilfe von selbst
grade ; wenn weisser Sand im Schlamm liegt, so
wird er, ohne ihn zu färben, von selbst schwarz.
Der Einfluss guten, andererseits der Einfluss schlechten
Umgangs auf den Menschen. Vgl. No 87, 1922 u. a.
3406. Yonioyama no Jianashi. ß9:ÄtlJ^l5L Gespräch in allen
Richtungen.
Ein Gespräch über allerlei. Yoinoyajiia, "vier Seiten-Berg",
ist eigentlich yomoyavio {^')]A,')j), 4 Seiten 8 Seiten, d. h. alle
Richtungen, alle Himmelsgegenden.
3407. Yonde htm. ^ki'^^h Wenn man ruft, kommt er.
Er geht in die gestellte Falle, giebt die Antwort, auf die man
gerechnet hatte u. dgl.
3408. Yori wo inodosu. ^"J'^HT Den Faden aufdrehen.
Etwas wieder rückgängig machen ; eine verfahrene Sache
vi'ieder in Ordnung bringen.
Yoritsiilii'lia no nai kotoba : s. Toritsiiki-ha.
3409. Yöshi 711 zva Jicso no ue c obi zvo shhneta mono zvo
morae! «^i:|i^O±'^=^4-^f:#4.K'^ Zum Adoptiv-
sohn nimm einen, der den Leibgurt über den Nabel
gebunden hat.
Einen, der einen festen Charakter hat.
Yoshi no zni kara icn nozoku : s. Hart no ana.
3410. Yosliiwara ga akaniku narcba, ucJn ga yavii. SM-ö^'5?
:J^<;Änit\S^(Il! Wenn das Yoshiwara hell wird,
herrscht im Hause dunkle Nacht.
Wer Abends das Yoshiwara (Name eines Bordellviertels in
Tokyo) besucht, dessen Hauswesen geht zurück,
341 1. Yoso-nie de mita hodo yoku zva nashi. ^@TÄ-f:flSl511te
L Nichts begehrt man so sehr, als was man von
aussen (eigtl. mit dem Aussen-Auge) gesehen hat.
— 377 —
Was ein anderer hat, scheint einem schöner, ab was man
selbst besitzt. Vgl. No 290p, 3087. 3088 u. a.
3412.* Yötö 110 ji. Ü®0* FHegenkopf-Schriftzeichen.
Eine sehr kleine Schrift.
3413.* Yötd 110 ri zvo arasoii. ^It^Mte^i- Sich um den Ge-
winn eines Fliegenkopfes streiten.
Sich um Kleinigkeiten streiten. Vgl. No 979.
3414. Yoivai mcno-ißme.M^'^\<-h'^ Das Quälen der Schwa-
chen (ist unrecht).
z. B. zu Kindern, die ihre jüngeren Geschwister schlecht be-
handeln.
3415. Yozvai shin wo miscrn. I^v^^;^^t£^ Einen schwachen
Hintern zeigen.
Seine schwache Seite zeigen ; " sich eine Blosse geben''.
3416. Yoivaki wo tasukem zua Azuvia no tsune. II^^HifÄlt
'MM<^% Den Schwachen beizustehen ist japanischer
Brauch.
3417. Yoica-miisJii. IIA Schwaches Insekt.
In derselben Bedeutung wie bei uns " schlapper Kerl."
3418. Yowari-nie ni tatari-ine. H^JSr.^'JB Zum schwachen
Auge ein gottgestraftes Auge.
Die Bedeutung ist : Unglück auf Unglück, also dieselbe wie
die von No 2030. Auch (irrthümlich) : yoiuarinie ni iadariine,
zum schwachen Auge ein entzündetes Auge.
3419.* Yöyu ni yiivii wo in. ^ffii:^^si> Dem Yöyu (Name
eines berijhmten chinesischen Bogenschützen) vom
Bogen sprechen.
3420. Ya misu no gotoku kinscn zvo maki-chirasu . ü^Jc^jcn < ^
lä^fiSiki' Das Geld wie heisses und kaltes Wasser
umherschütten.
Sehr verschwenderisch sein. Abgekürzt : yu mizii no yö, wie
heisses und kaltes Wasser.
3421. Yu 1110 cJia vio waita. ^i^l)f'i''f: Sowohl das Wasser
als der Thee kocht.
Für : es ist alles fertig.
— 378 -
3422. Vu no jigi zva inizu. ^?)Sf^lt7^ Wenn man das heisse
Bad (zu lange) ablehnt, wird es kalt.
3423. Yuhi-ori no 7iclii. ta^'J Ot^i/:* Innerhalb der gebogenen
Finger.
Es giebt nur sehr wenige ; die wenigen, die es giebt, " lassen
sich an den Fingern zählen", {vubi wo otte kazoerit, zählen,
indem man die Finger umbiegt = an den Fingern herzählen.)
3424.* Yitdan taiteki. \W\XM. Nachlässigkeit ist ein grosser
Feind.
3425.* Yiidan ivo nerati tora ökami. rÖJif^Ä^-^^I^^S Der auf die
Nachlässigkeit lauernde Tiger und Wolf.
3426. Yude-flako no jJ. Wi^W^W Wie ein gekochter Tin-
tenfisch.
Wie No 3330,
3427.* Yüi Jiana ivo ncte hana hirakasn, umshin yanagi %vo
sashile yanagi kage wo nasu. ^Jatt^^^ hX^^^^'t" M'L"
MftWLXWM^^'^ Man pflanzt mit Sorgfalt Blumen,
und sie blühen nicht, man steckt gedankenlos einen
Weidenzweig (in die Erde), und die Weide giebt
(nachher) Schatten.
3428. Yuh'a ga taka-sugite tenjö ga hiknkit naru. fK*^i^li'C5c
±t)'-{£<^i Wenn der Fussboden zu sehr erhöht wird,
wird die Decke zu niedrig.
3429.* YuK'l asslnlc niatsu no inisao zuo shiru. ^M L'Cfö?)^^^
h Wenn der Schnee (die Aste) drückt, erkennt man
die Treue der Kiefer.
In der Zeit der Noth bewährt sich die Treue. (Mit der Treue
der Kiefer ist ihre immergrüne Farbe gemeint.) Vgl. No 1720.
3430. Ynki no asJiita %va liadaka-vmsJii no sentaku. §€>§SHII|t
^'^'^•^ Am Tage nach dem Schneefall halten arme
Leute Wäsche.
Über den Ausdruck hadaka-nuisJii, (chin. Auspr. racliii),
nacktes Insekt, s. No 2381. Nach einem Schneefall pflegt warmes
Wetter einzutreten ; daher benutzen arme Leute, die bei grosser
Kälte alle ihre Kleider auf dem Leibe tragen, diese Gelegenheit
zur Wäsche.
— 379 —
3431- ^^^<ki HO Jiate zva nehan. Ä'^HIIS^ Das Ende des
Schnees ist am Tage Euddlias.
D. h. nach diesem Tage fallt kein Schnee mehr, nchan,
Nirvana, steht hier für Buddha, und Buddha wieder für das
Geburtsfest Buddhas, welches am 8. April gefeiert wird. Nur
eine Art Wetterregel.
3432. Yiiki to sinni no yd. ^i^Ot* Wie Schnee und Kohle.
So verschieden " wie Schwarz und Weiss." (Vgl. No 826.)
3433. Yiiki zva höncn no mitsugi. ^lts;¥'?)R Der Schnee ist
die Steuer des fruchtbaren Jahres.
Wenn viel Schnee fällt, so giebt es ein fruchtbares Jahr.
Statt höneii no initsugi auch honen no chd (5)^), das Anzeichen
eines fruchtbaren Jahres.
3434. Yuki zva hm no obasan. §(1::^^MS^ Der Schnee ist die
Tante des Hundes.
Der Hund freut sich sehr über den Schnee, wälzt sich darin
umher u. s. w.
3435. Yuki-daUiiyö ni kacri-kojiki. tt^;^^!-!!"^^^ Als
Dainiyö ankommen und als Bcttlor weggehen.
Sein ganzes Geld durchbringen (besonders im Bordell).
YuJi'igake no dachin : s. Ikigakc.
3436. Yuluvai tua inochi no sentaku. tiu'l^lt^Oi^a Freude ist
die Wäsche des Thebens.
inochi no sentaku, Wäsche des Lebens = Erholung (vgl. No
909).
3437. Yimie ni botamocJd. ^l*7Ü:;ff Ein Reiskuchen im
Traume.
Vgl. No 318.
3438. Yitvic ni mo oniowanii {koto). ^1- t*^>ltio(^) Woran man
nicht einmal im Traume gedacht hat.
Etwas sehr Unerwartetes.
3439. Yunie no nkiyo. ^Oy?tH: Die schwimmende Traumwelt.
Vgl. No 3202.
— 380 —
3440- Yuine wa saka-yunic. ^Itj^'^ Träume sind verkehrte
Träume.
Sie l^edcuten ihr Cegentheil.
3441. Yinne-ji %vo tadorn. ^S&^üÜ^ Den Traumweg tasten.
Sorglos, " wie im Traume '' dahinleben.
3442. YuTYii VW Jdki-aezn. ^IHI^Sfc'^'f Nicht einmal den
Bogen (die Bogensehne) ziehen können.
Sofort, in demselben Augenblick.
3443.* Yiimi sunt io 1110, ne-toriwo isii. ^T 2> ^ iÄ-^^ltl* Auch
wenn man ein Bogenschütze ist, schiesst man nicht
auf einen schlafenden Vogel.
Man soll keinen Wehrlosen angreifen.
3444. Yumi to tsunc no chigai. ^i 3^0)1 D^ Ein Unterschied wie
zwischen Bogen und Sehne.
Um auszudrücken, dass der eine von zwei Wegen ein Umweg
sei : die Krümmung eines gespannten Bogens ist länger als die
die Bogenenden verbindende Sehne. Auch : yiiiiil to tsiiru Iiodo
chigau, sich unterscheiden wie Bogen und Sehne.
3445. Yiimi zvo fiikiiro ni osameru. ^'irSl-iS»6Ä Den Bogen in
den Sack stecken.
Der Streit ist zu Ende.
3446. Yumi ya tone mi. ^5^^Sj Einer, der Bogen und Pfeile
führt.
Ein Krieger.
3447. Yürei ni hama-kaze. ^Ml-'ME Ein Gespenst und der
Wind am Strande.
Für etwas Einsames, Schauerliches.
3448. yTiri ni koi nasJii, kaue ivo motte koi to su. MEI-i?ML»
^'tÖ'CjfJit Im Freudenhause giebt es keine Liebe,
man macht das Geld zur Liebe.
D. h. das Geld vertritt die Stelle der Liebe.
3449.* Yüslii iro zvo konomu. W,±^^UV Der Tapfere huldigt
der Liebe.
Variante von No 332.
- 38i —
3450.* Yiishö 110 vioto in jakusotsu iiasJti. S5!f07Cl* ^I^M L
Unter einem tapferen General giebt es keine feigen
Truppen.
Schon unter No 17 19.
345 [.* YiiyoJxii sunt. J&St ä Den rechten Flügel (eines
andern) bilden.
Seine " rechte Hand " sein.
•I»>^<-
£!•
3452.* 7ai shitc hiracba yavia ino iminashi. ^ L'CÄ'^lt'UJ l^L
Wenn man nur sitzt und isst, wirH selbst ein Berg
(voller Vorräthe) leer.
3453. ZahnoJxuya ?:o tomhi de takakit tomarii. lt^M?>,'ffiT"I^ <
Jt;?> Da es der tombi des Bauholzhändlers ist, so
sitzt er hoch.
\'on einem aufgeblasenen, hochmüthigen INIenschen (vgh No
2S7S). Über tombi (eigtL tobi) vgL No 3035 und 3074 ff; dieser
Vogel setzt sich gern auf die hohen Stangen, die aufrecht neben
einander stehend den Vorrath der Bauholzhändler bilden.
3454. Zo/.'O HO toto-maßri. W^^'^Wl'') Das Zusammenschwim-
men des kleinen Fisches mit dtw grossen.
Schon unter No 1025, mit der irrthümlichen Yoxm jako.
3455. Zange-hanashi zio sureba, sannen no tsnmi ga Jwrobiru.
®'l#iö^^t mtH¥©li*'^'t^-^"^ Wenn man beichtet, so
werden die Sünden dreier Jahre getilgt.
Meist nur im Scherz angewendet. Kürzer : zange ni wa
san}te7t no etc.
— 382 —
345Ö- Zatö ni viiso ivo tabcsasmi yd. ;iiMl-9S"t^Ä Stielt Wie
wenn man einem Blinden Bohnensauce zu kosten
giebt.
Einem etwas weiss machen wollen ; anfangs hört man zu, aber
bald merkt man die Täuschung, Avie der Blinde, dem man
irgend etwas anderes mit der Versicherung giebt, es sei Bohnen-
sauce.
3457.* Zenunon ni tova ivo fiiscgeba, kömon ni dkavii wo
siisunm. t^n\'--W^WM\tAkn\'-'^Ä^%\J Vom Vorderthor
den Tic^^cr abwehren, zum Hinterthor den Wolf her-
einlassen.
3458.* Zeil ni ino isuyokcreba, akii 7ii 7no isi/j'os/ii.^-i'- ^'i^^^i^l'^-
Ml-l?SL Wer im Guten stark ist, ist auch im
Schlechten stark.
3459.* Zcn ni zva zen no hö, akn ni wa aku no Jiö. #l-U#'?5|g,
Ml-liE'^IS Gutes wird mit Guten, Böses wird mit
Bösem verg-olten.
3460. Zen %ua isogc ! #it^it' Was gut ist, damit eile!
Man soll das Gute nicht aufschieben, sondern gleich thun.
3461.* Zen %vo tsunm ie ni wa yokei ari. #4'®l;^l-IItl;Rfc''J In
einem Hause, wo Tugend herrscht, herrscht auch
Glück.
Fast gleichlautend mit No 2545.
3462. Zen-aUu iovw ni s/ii snrcba, onaji koke no moto. ^-Mä
l-?Etnit:iRlC^?)T Wenn Gute und Böse zusammen
sterben, (so ruhen sie) unter demselben Moose,
Wie No 2213.
3463. Zen-aku zca, tonw wo vüyo ! #BUÄ^Ji,i Ob (jemand)
gut oder sclilecht — sieh seine Freunde an 1
" Sage mir, mit wem du umgehst, und ich will dir sagen, wei
du bist".
3464.* Zengo snrn. llü^"f h Vorn-hJnten sein.
In gros;er Unordnung, in wirrem Durcheinander sein.
^t
3465. Zeni am toki iva oni zvo vio isukciu. lli)3BJIt^:^i^^^
Wenn man Geld hat, dient einem selbst der Teufel.
Eigentlich : gebraucht man selbst den Teufel.
3466. Zeni ga arcba, mokubutsu ino oinotc ivo kacsu. H'^^hlO-Xt'^
i^lÄ^jä"f Wenn man Geld hat, so dreht selbst das
hölzerne Buddhabild sein Gesicht (nach einem) um.
3467. Zeni naki ctoko iva ho naki func no gotoshi. Wi ^BUDl^j:
^l&«JtIiL Ein Mann ohne Geld ist wie ein Schiffohne
Segel.
3468. Ziui zva aslii nakn sJdte yuhi. fm/SM< L'Cfir Geld hat
keine Beins und läuft doch (weg).
3469. Zeni zva viimi nahi shite kiku. ll(tfl^M< L'CH^diJO Geld
hat keine Ohreu und hört doch.
Ein Wortspiel mit kikii, was sowohl " hören " als " wirken,
wirksam sein '' bedeutet.
3470. Zeni 2V0 kegasu. WieM^^'t (Von einer INIünze noch) eine
Münze abreissen.
Von einem Geizigen : er möchte ein jedes Geldstück noch
auseinander reissen oder spalten.
3471. Zeni zvo kanm yd, I14'©tii Als ob man Geld kaute.
Wenn man etwas isst, was sehr theuer ist.
3472. Zt7ii-kone %va wakiniono. I^irll^i^?^ Das Geld ist eine
Sache, die (aus der Erde) quillt.
Eine Beschönigung der Verschwendung : Geld kann man
immer wieder verdienen, man braucht damit nicht zu sparen.
3473. Zenitori-yamai to shini-yamai. lÜ 'J/^D^ J^^l-j^D^ Die
Krankheit des Geldverdienens und die Krankheit,
an der man stirbt.
Den täglichen Lebensunterhalt zu gewinnen wird armen Leuten
so sauer, dass es nächst dem Tode nichts Härteres für sie giebt.
3474.* Zeiijhi kl zvo nete kdjin ryö zvo u. MAfM^I^'Ct^AtK^ii-
Der Vorfahr pflanzt den Baum, der Nachkomme erhält
seinen kühlen (Schatten).
— 3^4 —
3475-* ^(msJici 110 kutsiLgaeni zvo mite kösha no iinaslinne to sii.
H;j$:c7)S'sa;^^'Ct^£g0l5S/)i-r Wenn man das Umwer-
fen des vordersten Wagens sieht, so nimmt man es
sich zur Warnung für die nachfolgenden Wagen.
Sich den Schaden anderer zur Warnung dienen lassen. Auch :
scnsJia no kiitsiigacrii lua k'osJia iio isanie.
3476. Zenshü ,ocm nasJii. M%'&% L Die Zen-Sekte hat kein
Geld.
Wie No 1958 und 3010 eine mehr oder weniger scherzhafte
Allitteration, oder viehnehr Silbenwiederhohing.
3477.* Zentetsu %vo finiiu, ^fi-VSat' In das frühere Geleise
treten.
Andern " nachtreten".
3478.* Zettäi zetsinnei 110 baai. .M^M^^Iä^ PZin Zustand, wo
Leib und Leben aufhört.
Ein verzweifelter, hoffnungsloser Fall.
3479.* Zettö 7V0 motte tatakau. ^Üf-x'kkXM.l- Mit dem Zungen-
schwert kämpfen.
3480.* Zokiijin wo saht. \^Mte^\ Dem Weltstaub aus dem
Wege stehen.
Eni buddhistischer Ausdruck für : der Welt entsagen.
3481.* Zokuvya no vi zvo amsou. liM'?>^'J^j?^-i> Sich um den
Gewinn eines Hirsekorns streiten.
Vgl. No 3413.
3482. Zu ga takai. Wi^%'^^ Der Kopf ist hoch.
Von jemand, der beim Grüssen kaum den Kopf verneigt,
also sehr eingebildet und hochmüthig ist. Vgl. No 345-.
3483.* Zukan, sohinctsn. M'#ä^ Kalter Kopf, warme Füsse.
Wie bei uns Gesundheitsregel; auch (scherzhaft) =bei mir
zu Hause ist alles wohl und in Ordnung.
►>oJ=^S^=§c^
NACHTRAG.
-►♦<-
In diesem " Nachtrage " lasse ich eine Anzahl von Sprich-
wörtern und Redensarten folgen, die sich in die vorstehende
Sammlung nicht mehr einreihen Hessen, weil sie mir erst
später bekannt geworden sind. Für Mittheilung eines grossen
Theiles derselben bin ich einer japanischen Dame, Frau Arai
Hana, zu grossem Dank verpflichtet, die sich schon seit Jahren
mit bewunderungswürdigem Eifer und Verständniss dem
Sammeln von japanischen Sprichwörtern widmet, und die die
grosse Güte gehabt hat, mir ihre Sammlung zur Verfügung
zu stellen.*) Ein anderer Theil stammt aus einer Sammlung
von Herrn Fujii Oroo, die in No 6 des 4. Jahrgangs (Juni
1898) der Zeitschrift " Teikoku Bungaku " erschienen ist, unter
dem Titel : SliTtkyö ni kzuan siirti rigen, " Sprichwörter, die auf
Religion Bezug haben." Auch einer im December 1897 in der
" Japan Daily Mail " erschienenen Kritik, sowie einer Bespre-
chung des I. Theils, von Herrn Prof. R. Lange, konnte ich
mehrere neue Sprichwörter entnehmen. Eine Anzahl endlich
verdanke ich gelegentlichen Mittheilungen japanischer Freunde.
Unter diesen gebührt meine dankbare Anerkennung in erster
Linie Herrn Tsuji Takahira, dessen ich schon im früheren
" Vorwort " zu dieser Sammlung gedacht habe, und zwar
Anerkennung nicht nur für Mittheilung neuer Sprichwörter,
sondern noch weit mehr dafür, dass er mir bei der Redaction
der Sammlung etwa von ihrer Mitte an bis zum Schluss un-
ausgesetzt höchst werthvolle Dienste geleistet hat.
Dass auch dieser " Anhang " der Sammlung noch lange
*) Ein Theil derselben konnte noch für die vorstehende Sammlung verw-erthet
werden.
— 386 —
keinen Anspruch darauf verleihen kann, etwas " Vollständiges"
zu bieten, versteht sich von selbst. Ich hoffe aber, dass mein
Beispiel nicht ohne Nachfolge bleiben möge, und dass in nicht
allzuferner Zeit andere, vollständigere Sammlungen erscheinen
werden.
Bei dieser Gelegenheit will ich, als Ergänzung zu meinem
früheren "Vorwort," noch bemerken, dass es (wie jedem
einigermassen Kundigen von vornherein leicht ersichtlich
gewesen sein muss) durchaus nicht in meiner Absicht lag, die
Sammlung auf die Sprichwörter im strengen Sinne zu beschrän-
ken, sondern dass auch eine Anzahl sprichwörtlich gewordener
Citale aus chinesischen Classikern, sowie solcher, die aus budd-
histischen Quellen stammen, darin Aufnahme finden sollte und
gefunden hat. Ich habe in der Regel auch diese letzteren,
ihrer meist chinesischen Form wegen, mit einem "Stern"
bezeichnet, obgleich ihr Ursprung selbstverständlich nicht in
China, sondern in Indien zu suchen ist.
Tokyo, im November 1898.
P. Eh ^I ANN.
— 387
A.
3484.* Ada zvo OH de kaesc ! fJi^ETiitf Feindschaft vergilt
durch Wohllhaten !
No 3241 ist hiervon Variante.
3485. Aisatsu zva toki no tijigami. M^IXB#?)Ä# Der Schieds-
richter ist für die Zeit (wo man ihn anruft) ein Gott.
Man muss sich seinem Urtheil unbedingt unterwerfen, {aisatsu
steht für atsaisu-niiii)
3486. Ahl-mckiira. 5^W Sehend-Blinde.
Ein Ausdruck für Leute, die nicht lesen gelernt haben.
3487. AMre kactte funsotta. ÄnEo-Ci^^•fof: Das Erstaunen
hat sicli hintenüber gebogen.
Bezeichnet das erstaunte sich emporrichten, wenn man z. B.
eine unerwartete Nachricht erhält. Vgl. No 46.
3488.* Akii ni tsiiyoki wa zeit ni mo tmyosJii. Ml-?£^li#l- l^SL
Wer im Bösen stark ist, ist auch im Guten stark.
Hiernach soll von einem Bösewicht, der sich bekehrt, viel
Gutes zu erwarten sein. Vgl. die Umkehrung unter No 3458-
3489. Aniida mo dgon no hikari. nWi.\.n^^%'') Auch bei
Amida (thut es) der Glanz des Goldes.
Das Bild dieses Buddha's (s. Anm. zu No 1965) pflegt stark
vergoldet zu sein. Eins der vielen Spr., die die Macht des Geldes
ausdrücken (vgl. No 800. 1034, 1165, 1167, 1874 und unter
"Z?;//"). Auch: Amida mo kaue lie hikarit, 2iMc\). Axn\d3.
glänzt durch Metall (Geld).
3490. Aiia-sngashi, 'KW L Lochsucher.
Einer, der nach den Fehlem oder Schwächen anderer suclit.
3491. AodaJce no testiri de naniaziire. ffit'^f-JfC^.'Tix Als
Geländer aus grünem Bambus ist es schon jung
abgerieben.
Von jungen Taugenichtsen, naseweisen Mädchen u. d|[l,
— 388 -.
3492. Arasoi no hashi wo Jiikidasv. ^CAfDJ^^HIth-f Den Rand
(das Randende) des Streites herausziehen.
Streit anfangen.
3493.* Avi atswnaitc taiju wo karasu. ^,%t^'^%W3e^h'^
Wenn viele Ameisen zusammenkommen, machen sie
(selbst) einen grossen Baum welken.
3494.* Ari 110 aviafci ni atsumaru ga gotokn. äiOtf ^l-%i ^*':^n <
Wie wenn sich Ameisen auf Süssigkeiten versam-
meln.
"Wie Fliegen nach dem Zucker".
3495.* Ali no ana kara tsittsitmi ga kowareru. Si<^J^«' ^tltj'^H*
Durch Ameisenlöcher bricht ein Damm zusammen.
Vgl. No 2559.
3496: Asa migi, yn hidari. M^^^ Am Morgen links, am
Abend rechts.
Wie No 258.
3497. Asane hachi-koku no scn. IBßAS^M Langes Schlafen
(eigtl. Morgenschlaf) bringt acht Koku Reis Verlust.
Vgl. No 94 und 95.
3498. AsJii no nra ni kometsnhti ga tsiiita yd. /il<5Wl-^liti"'#t<'
t:tl Als ob an der Fussohle ein Reiskorn klebte.
Für etwas Lästiges ; vgl. No 2243.
3499. Asii no Jiyaku yori wia no gcjü. ^H^Wi "J^^S.i' Lieber
jetzt fünfzig als morgen hundert.
" Ein Sperling in der Hand ist besser als eine Taute auf dem
Dache." Vgl. No 2797.
3500. Atamci no kitroi nesumi. SlOJSfS. Eine schwarzköpfige
Ratte.
Scherzhaft für "Dieb," "Näscher" — schwarzköpfig, da die
Japaner alle schwarze Haare haben.
3501. Aivateinono hanninsoku. P,^4-AJE Der Confuse (zählt
nur als) halber Arbeiter.
Weil er viele Fehler macht.
— 389 —
3502.* Ayatnachi wo arataumm ni Jiahakaru koto nakare 1
i§B^E5Cüai-t?i>*Äy^{T- Schäme dich nicht, einen
Fehler wieder gut zu machen. ■
B.
3503. Baka ni mo ittoku. .riÄi:i-'^. Auch der Dumme hat
eine Tugend.
3504. Baka no sambai-jim. .l^OHSH* Die dreimalige Suppe
des Dummen.
Scherzhafte Entschuldigung, wenn man sich (was selten vor-
kommt) bei einer japanischen Mahlzeit die dritte Schale Suppe
geben lässt.
3505."!= Bidai fnmzvazii. M^^mUt- Wenn der Schwanz (im
Verhältniss zum Kopf) zu gross ist, rührt sich (das
Ganze) nicht.
Es ist nicht gut, wenn die Untergebenen klüger oder tüchtiger
sind als der Vorgesetzte.
3506.* Bijo hakumei öshi. m^M^^t Ein schönes Weib hat
im Leben viel Unglück.
Besonders für ein armes Mädchen ist Schönheit eine ver-
derbliche Gabe, vgl. No 420. Dem Sinne nach verwandt auch
No 2455.
507. Bikliuti shite shakun ga tomatta. 1f r» L-t:«tt>^*jtior:
Vor Schrecken hat der Schlucken aufgehört.
Scherzhaft für: ich bin sehr erschrocken.
3508. Bomhu mo.satoreba Hotoke nari. R^ US ^ (::(■'& tfl Auch
ein gewöhnlicher Mensch ist, wenn er zur Einsicht
kommt, ein Buddha.
Vgl. No 799.
j
3509-
03
lo.
3511.
3512.
— 390 —
Bonnö no inu ocdovio sarazu. W^^^A-^^ \,'^h't' Wenn
man den Hund der Sorgen auch verjagt, er geht
nicht weg.
Die Sorgen wird man niemals los. Ebenso das folgende:
Bonnö zva kiibi ni novit. ^t^(I'M'l-^4 Die Sorge sitzt
einem (das ganze Lebenlang) auf dem Genick.
Sosatsu mi ga ireba jitstivmku, ningen vii ga ircha
aomukn. ^^lliJ^*Anift^< .A{§lÄt>^-Anit1ipi^ < Wenn der
Reis Früchte bekommt, so neigt er sich ; wenn der
Mensch reich wird, so bh'ckt er (stolz) in die Höhe.
Bosatsu (sanscr. bodhisattva), Titel der Heiligen, die nur noch
eine Stufe zum Buddhathum (Nirvana) zurückzulegen haben ; hier
als Ehrenname des Reises, ein Ehrenname, der, besonders auf
dem Lande, noch heute üblich ist.
^ömi viammöke. i.5±ÄM'T Beim Priester ist alles reiner
Gewinn.
Er hat bei seinem Geschäft keinerlei Auslagen oder Unkosten ,
da alles von den Gläubigen bezahlt wird.
C.
3513. Chajin, ^A Theemeister.
Ein absonderlicher, excentrischer Mensch. Dafür scherzhaft
auch miicJiajin (M^A). verrückter Mensch {tnucha = \tx\smi,
verrückt).
3514. Clii no nainida. lÖLi^iÄ Blutige Thränen.
Dieselbe Bedeutung wie im Deutschen.
3515. Chidori-as/ii ni anikn. =P4äi'#< Mit Regenpfeifer-
Schritten gehen.
Die Beine über einander setzen, wie der Regenpfeifer, d. h,
betrunken sein.
— 391 —
35 16. Chie nai kami ni eine wo tsiikeru. '^Wi^^Wi\'-'ff\%f)e\^ h
Dem Gotte, der keine Klugheit hat, Klugheit geben.
Variante von No 224.
3517- Chikiishö no sakasa-tirmnL ^^(^M"^^ Der verkehrte
Hass des Thieres (auf seinen Wohlthäter).
Vgl, No 2275.
3518. Chöai köjite aina ni nasu. flS^C-C/Eit^t Wenn die
Liebe zu gross wird, so macht sie (die Tochter) zur
Nonne.
Weil den Eltern keiner für ihre Tochter gut genug ist, so
bleibt diese schliesslich sitzen.
3519. Chöja nidai nashi. ^^r,^^lL Der Reiche hat keine
zweite Generation.
Was der Vater erworben hat, bringt der Sohn wieder durch.
3520. ^Chügen viimi ni sakarau. ,^^S":?l:5ii^ Treue Ermah-
nungen widerstreben den Ohren.
Vgl. No 2441.
D.
3521.* Daikai no mizu wo sJdjiuii-gai de kaidasu yö. %M'^i\^
^iSÄTxSvÜ'f ^ Als ob man das Meer mit einer Shijimi-
Muschel ausschöpfen wollte.
Vgl. No 2394.
1^22* Daikai wo te nite scku. -kU^^^V-X^i, Der Meer mit
der Hand eindämmen.
Auch: daikai %uo ie de fusegu, das Meer mit der Hand ab-
wehren.
— 392 —
3523.* Dainan no shdnan. :^lllO/Mt Das kleine Unglück des
grossen Unglücks.
Das Unglück hätte noch weit grösser sein können ; " mit
einem blauen Auge davonkommen".
3524. JDaiya no o~hachi de age-zoko da. ::kMO^I4JT±I&/:' Da
es der Reiskübel des Bordells ist, so hat er einen
hohen Boden.
Er sieht aus, als ob viel Reis darin wäre, enthält aber nur
wenig, weil der Boden stark erhöht ist. Von Dingen, über deren
Grösse oder Inhalt man sich leicht täuscht, [daiya ist ein Spei-
sehaus, das Essen für Bordelle liefert.)
3525. Daniarünono no he wa nanuka kusai. ^^«^^Mlt-tB^»'*
Der Wind (crepitus) des Schweigsamen stinkt sieben
Tage.
Wenn einer, der sonst immer zu schweigen pflegt, seinem
lange unterdrückten Ärger endlich einmal Luft macht, so ge-
schieht dies in besonders heftiger Weise. " Stille Wasser sind
tief".
3526. Dattiatte im hito ni yudan sumna / ^o-c^i Al-vĮT
tu Vor einem, der nichts redet, sei auf der Hut!
3527. Vango mo niochi no tsuki-ai. Ili^ ii# «»'fj-'g- Auch ge-
wöhnliche Reisklösse verkehren mit Klebreiskuchen.
Anch Leute in geringer Stellung können mit Höhergestellten
Umgang haben. Klebreis ist der Name einer Reisart (Oryza
glutinosa). Zugleich ein Wortspiel ; tsuki-ai kann auch bedeuten
" zusammen gestossen werden " ; der Reis, sowohl der gewöhn-
liche als auch der Klebreis, wird durch Stossen in einem Mörser
in Teig verwandelt.
3528.* Danshi no ichigon kintetsu no gotoslii. :^T-0— W^^^^in L
Das Wort des Mannes ist wie Metall und Eisen.
Vgl. No 200.
3529. X)ö no smvatta hito. Bll^fölloTiA Einer mit gesetztem
Rumpf.
Ein bedächtiger, kaltblütiger Mensch ; einer, der sich nicht
aus seiner Ruhe bringen lässt. — Statt db, Rumpf, auch harciy
Bauch (vgl. No 568).
— 393 —
35 30. Donchö-shibai de hanamichi ga nai. 3^?S2®TtEiif'tj:(.*
Beim billigen Theater giebt es keinen Blumenweg.
haiiainicJii, " Blumenweg,'' (ein erhöhter Gang im Theater,
auf dem sich die Schauspieler nach der Bühne begeben) kann
auch "Nasenweg" heissen. Scherzhaft von jemand, der eine
flache, plattgedrückte Nase hat.
3531. Jyorohö ga naiva wo uramu. ^Mf^'llMßt- Der Dieb
hasst den Strick.
Vgl. die Anm. zu No 2195.
3532. Dorobö-zake no dekimi mono. iS^?@OJh^>Q^ Einer, der
kein heimlicher Trinker sein kann.
Von jemand, der schon von ganz wenig Sake ein rothes
Gesicht bekommt.
E.
3533- ^bi odorcdomo, kaiva zvo idczu. %^W^^' t Wil4-th1* Wenn
der Krebs auch (im Flusse) tanzt, geht er doch nicht
aus dem Flusse heraus.
Seine Natur kann niemand aufgeben. \V1. No 2273.
3534- Echigo-innare no mono zua abarabo7ie ga sambon tarinu.
®'^jtno^-|:fl;j'ft?-'H;1s;Ä<'J« Leute aus Echigo haben
drei Rippen zu wenig.
Soll heissen : es fehlt ihnen an Verstand.
3535- J^do to senaka ga mite shinitai. ?I>^^ Wt>-'*Ä'C?Ei:f:»r»
Wenn ich Edo imd meinen Rücken gesehen habe,
will ich gern sterben.
Ein Spr, der älteren Zeit ; charakteristisch für die Schwierig-
keiten, mit denen früher (d. h. vor etwa 30 Jahren) eine Reise
nach Edo verbunden war.
— 394 —
353Ö. Edokko wa kuchi bakari. tr^^UPlt'^"'J Die Edo-Leute-
haben es nur mit dem Munde.
Aus folgendem ky5ka : Edokko wa \ saisuki no koi no \
fnki-nagashi, \ kuchi-saki bakari, \ harawata lua nashi ; die
Edoleute sind wie die flatternden Karpfen des 5. Monats : nur
ein Mundstück, aber keine Eingeweide.— Am 5. Tage des 5.
Monats lässt man auf allen Häusern, in denen während des
letzten Jahres Knaben geboren worden sind, grosse buntbemalte
Papierkarpfen wehen. Diese sind hohl, mit ringförmig aufge-
sperrtem Maule, sodass sie vom Winde leicht aufgeblasen und
hin- und hergeweht werden.
3537.* Wiho siisui kkvamari nashi. ^*a®Rtä'')"^i L Blühen und
Welken, Gedeihen und Verfall haben keine feste
Grenze.
Sie gehen unmerklich in einander über. Vgl. No 195 1 u. a.
3538.* Envyo nakereba, kin-yü ari. ^Ji^i:imit\i£Sfc''J Wo
nicht ferne Überlegung ist, ist naher Kummer.
Chinesische Lesung von No 3064.
3539. Btari, kashikoshi! il-f- "JKL Ich habe es bekommen,,
ich bin sehr klug !
Ein scherzhafter Ausruf, wenn einem etwas gelungen ist und
man sich darüber freut.
F.
3540. l'ufit fiita-omote naslii. ^B~MU L Mann und Frau
haben nicht zweierlei Gesichter.
Sie sollen immer übereinstimmen, immer denselben Willen
haben. Vgl. No 2146.
3541. Fufu lua kttraku zvo tomo ni sn. ^iw!t^=lg^Ält-t Mann
und Frau haben Leid und Freud gemeinsam,
3542. Fiifii iva nise no cJiigin. i^^U— ffi<?)|?ij Mann und Frau
(schliessen) einen Bund für zwei Welten.
S. No 2139.
3543. Fujisan no viieru kiini e wa bijin ga dekimi. ^dblÜ?>Ä
'^Ägl's|i||\u--tU)j5« In den Provinzen, die man vom
Fujisan aus erblickt, giebt es keine schönen Frauen.
Schöne Frauen giebt es nur im Westen ; vgl. No 141.
3544. Fiindoshi wo shUncte kakarii. %^%X^^^ h Den Len-
dengurt festbinden.
Einen Entschluss fassen.
G.
3545. Ga ivo harn. ?!t^3Ii Sein Ich ausbreiten.
Selbstsüchtig sein. Vgl. No 407.
3546. Gakiiryoku yori kiniyokic. ^Äi'J&;^J Reichthum gilt
mehr als Wissen.
Ein Spr. ganz modernen Ursprungs.
3547. Gakiisha o ni {zv)o wo osoreru. ^#*l- ^4-SS^tS Der
Gelehrte ängstigt sich wegen dts o C^) und (w)o (^).
Diese beiden Kana-Zeichen werden oft verwechselt Ein Spott
über pedantische Gelehrsamkeit.
3548. Gan ga tobeba, ishigame vio jidanda fuimi. fi|t>'^'<lt*.S^
t CnXrrjSt' Wenn die Wildgans wegfliegt, so hebt
soear die steinerne Schildkröte die Füsse.
Wenn ein anderer Glück oder Erfolg hat, so bekommt man
Lust, es ihm nachzuthun, wenn man auch ganz und gar nicht im
Stande dazu ist; man möchte es auch so gut wie andere haben,
. hat aber keine Aussicht dazu u. dgl.
— 390 —
3549- Geha-susume. T.^® Die Sperlinge des Vorplatzes.
i^eha (für gehafo) ist der Platz vor dem Hause, wo man vom
Pferde steigt ; wenn der Herr einen Besuch macht, wartet der
Diener hier mit dem Pferde. Wenn nun mehrere solche Diener
zusammen sind, so pflegen sie sich eifrig und laut (daher
"Sperhnge") zu unterhalten, besonders über die Angelegenheiten
ihrer Herren. Man sagt auch: <^eba-hyl) (T^l?), das Urtheil,
die Kritik des Vorplatzes.
3550. Geliö no kiidari-zaka. W'it<^y')W. Die schiefe Ebene
des Gottlosen.
Es nimmt mit ihm ein schlechtes Ende.
3551. GeiiMUf kakene nasJii. ^St^^Wi-X, Baarzahlung, kein
Überpreis.
In Läden findet man öfter Schilder mit dieser Inschrift (vgl.
unser " Feste Preise "). Scherzhaft von einem ganz zuverlässigen,
grundehrlichen Charakter,
3552. Go sJiicJii tva ante no, yatsu Jtideri, nmtsn yotsu naraba,
itsumo ö-kaze. £-trlIPf e).A^-."^^gfi ?>ltfsiB^l±a (Ein
Erdbeben) um 5 (8-10) oder 7 (4-6) Uhr bedeutet
Regen, um 8 (2-4) Regenlosigkeit, um 6 (6-8) oder
4 (10-12) bedeutet immer Sturm.
Wie aus diesen Memorirversen hervorgeht, soll ein Erdbeben
je nach der Stunde, in der es eintritt, das Wetter vorherver-
kündigen. (Die eingeklammerten europäischen Stundenzahlen
beziehen sich sowohl auf die Stunden vor, als auch auf die nach
Mitternacht. Es fehlt 9 (12-2).)
3553« Gogivatsu no nakaba ni kokoronashi ni yatozvartinina !
S;3 0^i:.i:>MLi:li(I2, V ^j: In der Mitte des 5. Monats
vermiethe dich nicht einem Gefühllosen !
Ein gefühlloser Herr lässt seine Diener vom frühen Morgen
bis zum späten Abend ohne Unterbrechung arbeiten ; in der
Mitte des 5. Monats (nach europäischem Kalender Juni), wo die
Tage am längsten sind, verlangt er also die meiste Arbeit.
Als Klage über unbarmherzige Herren, oder als Warnung vor
solchen. — Das Gegenstück dazu siehe unter Jfig^uatsu.
— 397 —
3554- Gokuraktt negazvan yori jigohi wo tsuhmma ! %%mt
k.l^]^WM'^hii Statt das Paradies zu erbeten mache
dir lieber keine Hölle !
Rechtschaffen handeln ist mehr werth als beten.
3555.* Govi imichTi. jEM^tt» Auf fünf Ri im Nebel.
Rathlos, ganz im Dunkel sein.
3556.* Gori no tagai senri no ayamari. 3IS.'?:>3lo^^a'5^''J Ein
Unterschied von fünf Meilen macht (nachher) einen
Fehler von tausend Meilen.
Vgl. No 936.
3557- Goshö da kara. Wi.U^^h Da es ein zukünftiges Leben
giebt.
Wenn man sehr dringend um etwas bittet ; wie man bei uns
bittend oder beschwörend sagt : " um Gottes willen", " um Ihrer
Seligkeit willen" u. dgl. {gosho hat auch die Bedeutung: ewige
Seligkeit.)
3558. Goshd daiji ya, kane hosin ya ! ^4;^^^.^li L^ Das
zukünftige Leben ist wichtig, (aber auch) Geld möchte
man haben.
A'on solchen, denen Geld über alles geht,
3559.* Givrtshin, shötan. g\^W3i Auf Reisig liegen, Galle
lecken.
Ein Ausdruck für: grösste, bitterste Noth. (Vgl. No 3123.)
H.
3560. Hada e (od. ni) azva ga dekirn. m'-W^'^'^h Auf der
Haut kommen Hirsekörner hervor,
(Vor Furcht) eine Gänsehaut bekommen. Vgl. 2259.
— 398 -
3561. Hadashi de nigeni. ^fkX'MI h Barfuss davonlaufen.
Sich für besiegt erklären ; " sich vor jemand verstecken müs-
sen.
3562.* llaihanwo unnitku. BiSfff^Jl?Ä< Lunge und Leber durch-
schauen.
Jemand ganz durchschauen.
3563.* Haikan zvo toro sunt. tW^nlE f i Lunge und Leber
von sich geben.
Seine ganze Meinung sagen, "sein ganzes Herz ausschütten."
Vgl. No 485 und 1186.
3564. Sojinie kara chör') vi lua narenu. tö*«' ?>;&^l-UiÄ<aX)
Man kann nicht gleich anfangs ein Abt werden.
" Lehrjahre sind keine Herrenjahre.'' Vgl. No 2586.
3565. HalMii'l-nmsiune ni vinshi ga ts2tku. IIA''J^i:^*M"t <
An ein gar zu sorgfältig gehütetes (eigtl. in den
Kasten gethanes) Mädchen kommen die Insekten.
Grade ein solches Mädchen lässt sich wegen seiner Uner-
fahrcnheit leicht verführen.
3566. MaJiOne kara JiigasJii ni bakcinono nashi. ®fö«* ?>^l-4k^"
■^i L Von Hakone nach Osten giebt es keine Ge-
spenster.
Soll den Sinn haben, dass die Gegend östlich von Hakone
sehr aufgeklärt, auch sehr bevölkert (also für Gespenster nicht
einsam genug) ist. — Statt Jiigashi auch kochi, was eigentlich
" Ostwind " bedeutet.
3567. Hau WO kasJiite vio, Jnto-7tkc surnna ! ^O-^Ä LT l AtS'f ^tC
Selbst deinen Stempel magst du (einem andern)
leihen, aber bürge niemals für einen Menschen !
Vgl. No 1172, auch 902.
Mana (Nase).
3568. Hana ga ocJiirn. ^-^^fä^ Die Nase fällt.
Der Hochmuth legt sich ; kleinlaut werden ; vgl. No 3364.
Hana (Blumen).
— 399 —
3569- Hana Jiassobai. ^A^f§ Blumen (kosten) das Achtfache.
An Blumen wird unverhältnissmässig viel verdient. Meist
als Zusatz zu No 167 1 ; auch gleich diesem durch Wiederholung
dersellsen Silbe " allitterirend."
3570. Hana to saki, hana to chiru. ^ii^^iftigts Wie Blumen
blühen, wie Blumen verwehen.
Mit Blumen sind die Blüthen der Kirschbäume gemeint, deren
Pracht nur wenige Tage dauert. Ein Ausdruck für die Ver-
gänglichkeit der Dinge.
3571. Hanashi ga shinw-gakari ni narcba, shiuiai ni naru.
mL^'-r\M\'-^n[t'±%\:Uh Wenn das Gespräch von
unten anfängt, so ist es (bald) zu Ende.
Wenn in einer Gesellschaft die Unterhaltung, nachdem der
anderweitige Gesprächsstoff ausgegangen ist, auf schlüpfrige
Dinge kommt, so erfolgt bald der allgemeine Aufbruch.
3572. Hanatai'e jno jnn-oknri. -^miWi:^^) Auch Nasentropfen
fallen der Reihe nach.
Eigentlich : haben Beförderung nach der Reihe. Von Un-
fähigen, die befördert werden, nur weil sie grade an der Reihe
sind, {hanalai-e ist auch ein Ausdruck lür "Dummkopf".)
3573. Hanshü-dorobö. ^m^%. Dieb der Feuercjlocke.
Scherzhafte Bezeichnung für einen sehr langen Menschen ;
er ist so lang, dass er eine Feuerglocke von dem hohen Ort,
an dem sie angebracht ist, herunternehmen könnte.
3574-* Hautoku no gncJd. m^<^%m Die Dummheit Hantoku's.
Hantoku soll ein Schüler Buddha's gewesen sein ; seine
Dummheit ist ebenso sprichwörtlich geworden wie die Weisheit
Monju's, eines anderen Schülers von Buddha (s. No 2499).
3575- Hara no kawa ga harcba, me no kawa ga tarnmu. Ä^
l^^'m.^\tM<^&.^'^\j Wenn sich die Haut des Bauches
spannt, wird die Haut des Auges schlaff.
Nach dem Essen wird man schläfrig.
357Ö. Sarl-tsimieta yumi zua itsiika yowaru. 5I''JIÄ-*r:^ltfpI
Bf«"lfi Der zu stark angespannte Bogen wird einmal
schlaff.
Er verliert schliesslich seine Spannkraft. Sinn: man muss
sich dann und wann Erholung gönnen.
— 400 —
3577« JTaru hana sakanu ki wa aki minomsii. #tEi^-5*)0^lt
f^'CÄ'?)T Der Baum, der im Frühling nicht blüht, trägt
im Herbst keine Frucht.
3578. Ilashi ornyeöct, oya ni hanare; kusJii 110 ha kahinba,
ko ni zvakaru. ^^snirili:^n. IIIi?)®J^< nif T-i:J?U
Wenn ein Esstäbchen zerbricht, so scheidet man von
den Eltern (d. h. sie sterben) ; wenn ein Zahn des
Kammes ausbricht, so stirbt einem ein Kind.
ni hanare{ni) und ni wakarii (jetzt wakarern') sind Euphe-
mismen für " durch den Tod verlieren".
3579. Mato ga inaine wo Jiirou yd. /t|5'§^fö^>^ Wie wenn
eine Taube Erbsen auf[)ickt.
So schnell essen.
3580. Hato no niame-zukai. /i^OSß! Wie die nach Erbsen
geschickte Taube.
Von einem Boten, der das Gekaufte unterwegs aufisst.
3581. SayaUu shinu ko zva rikö na viono. ■?• < ^o^Uf'JP^j: l ^^
Das früh gestorbene Kind war das klügste.
S. No 2650,
3582. Haya-ineshi, haya-kuso, Jiaya-zanyd. ^^WL^^%^■%y?i
Schnelles Essen, schneller Stuhlgang, 'schnelles Rech-
nen.
Drei Fertigkeiten, die ihrem Besitzer manchen Vortheil
bringen.
3583. Raya-oke ni kata-ashi. ^W-^C^ Ein Fuss im Sarge.
Gleich unserm "mit einem Fuss im Grabe stehen"; beson-
ders von schon sehr alten Leuten gesagt.
3584. Siiya-oJci mc no hisnri. -?-|B^^i« Fiühaufstehen ist
gesund für die Augen.
Scherzhafte Ermahnung zum Frühaufstehen.
3585. Haya-cki sanryd, sckken goryö, ^'^'BMM^'^M Frühauf-
stehen ist drei Goldstücke werth, Sparsamkeit fünf
Goldstücke,
— 401 —
3586. Meta ga kactte jöz2i. y^'^^i-^-^ 1.^ Grade der Dumme
ist der Gescheite.
Mancher Kluge vertraut zu seinem Schaden auf seine Klugheit
zu sehr,
3587. Meyazanii sannen tva yauiabnshi no uünc-iri. nl>MttH¥
UlÜf^?)-^A<'J Drei Jahre bei den Eltern zu leben
gleicht der Berg-Askese des Yamabushi-Mönches.
heyazumi : ein erwachsener Sohn, der ohne zu arbeiten bei
den Eltern wohnt. Die Yamabushi Mönche begeben sich zu
gewissen Zeiten auf die Gipfel heiliger Berge, um dort eine Zeitlang
ein religiösen Übungen gewidmetes, asketisches Leben zu führen.
m (Feuer).
3588. Hi ga f litte VW, yari ga f7ttte mo. At)''P$'C l.ltt^'P^t t
Selbst wenn es Feuer und Spiesse regnete.
Vollständige Form von No 3352.
3589. Hi no ie wo ogtrn. 'h<^^-h:^^h Die Plammen anfachen.
Jii no ie, eigtl. "Hände des Feuers" = Flammen. Gleich
unserm " ins Feuer blasen ' (zum Streit aufhetzen).
3590. Hi zva Jiivwto kara satvagi-dasn. 'h[t'h-^^^ ^1%.%-^ Das
Feuer vom Ursprung des Feuers aus lärmend ver-
künden.
Der Schuldige (hier ein Brandstifter) sucht durch scheinbare
Entrüstung über die That etc. den Verdacht von sich abzulenken.
Vgl. No 876.
3591. Hi zvo mitara kzvaji to omoc ! 'h^%1ih'}<Mri^^^ Wenn
du irgend ein Feuer siehst, so halte es gleich für eine
Feuersbrunst !
I'esser zu viel, als zu wenig Vorsicht. Vgl. No 21GO und 3383.
Hl (Sonne).
3592. Hi no vioto iva onna naradc ii<a, yo vio Jii mo akenn.
He)7KU*^j:f.Ti:r»Sl0 IBjJiriO Wenn es im Sonnen-
aufgangslande keine Frauen gäbe, so nähme weder
Tag noch Nacht ein Ende.
Das Leben wäre ohne Frauen sehr trauiig. Schon unter No
2293, doch ohne die Werte /li no vioto tva, ohne die die Re-
densart unvollständig ist.
— 402
3593-
3594-
3595.
3596-
3597.
;598.
;599-
3600.
Ilideri ni avic no yd. ^^\^'W^^ Wie ein Regen in der
Dürre.
Vgl. No 2856.
MUjashi ni chikakercba, nisJd ni tdshi. mr-i£^"imit\®r-
^ L Wenn es nach Osten nahe ist, ist es nach Westen
weit.
Hihage no haß tvo Jii-omo c dasu. HPt«^5&^HBl'^£Ü-r
Die Schande des Schattens in die helle Sonne bringen.
Vgl. unser " seine schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit
waschen''. Variante von No 1614.
Hihiüashi-chigai. ^Ä4aio^ Eine Schubkasten- Verwechs-
lung.
Eine getäuschte Erwartung; eine Hoffnung, die auf einem
Missverständniss beruhte u. dgl.
Hiru-anJon. Wfi'^ Eine Laterne am Tage.
Etwas Unnöthiges.
JiitO (Mensch).
Hi!o no kokoro ga wakaranakcrcba, tonwdachi zuo viiro /
A^'C^>^'^?)^i^HtlUIIÄ'Va;S Wenn dir der Charakter
eines Menschen nicht klar ist, so sieh seine Freunde
an !
Vgl. No 698 und No 3463.
Hito no shinan to sunt, sono koto ya yoshi. A€)?E^J:^^ t 0
ÄOg^iiTL Wenn ein Mensch im Begriff ist zu ster-
ben, so sind seine Worte gut (aufrichtig).
Wenn es sich um etwas sehr Wichtiges handelt, es einem
"an den Kragen geht", so kann man annehmen, dass es dem
Menschen ernst ist mit dem, was er sagt.— Nach siiru ist toki
wa hinzuzudenken.
Hito no zcn-aku zva narai ni yorn. A^^^^l^Hl-fö* Gut
oder Bc
Iveit ab.
oder Bösesein der Menschen hängt von der Gewöhn-
"Gewohnheit wird zur zweiten Natur"; vgl. No 2061.
— 403 —
3601. Hito to iremono wa an-shidai. A^ Ad l "^It Yf^^ Men-
schen und Gcfässe (gebraucht man) so viele als da
sind.
Diener und Geflisse (Töpfe, Schüsseln, Kästen etc.) kann
man nie zuviel haben.
3602. Hito iva Jiitonaka, ta tca iauaka. AUAt|i»Hltffl4' Der
Mensch gehört unter Menschen, das Reisfeld unter
Reisfelder.
Man muss danach streben, in eine grosse Stadt zu kommen ;
auf dem Lande kann man es zu nichts bringen.
Hito (andere ; die Leute).
3603.* Hito ni tsiirakenba, hito inata wäre ni tsurasJii. MAI 'S*
lTdlt>fl!iAXS^|xl-0SL Wenn man gegen andere hart
ist, so sind die andern auch hart gegen einen.
3604. Hito no fiindoshi de girizuo kaku. 'fillA'^^'CÄii^'*^' < Sich
mit dem Lendengürtel eines andern revanchiren.
Gleich No 702 und 1961. (Eigentlich ^i^z>7 wö siiru ; kaku
steht hier nur wegen des vorangehenden fuiidoshi.)
3605. Hito no hoc yori jilmn no Jiae zvo oe ! IlliA^Üi "J fi^^
tl^ii.'^ Verjage Heber deine eigenen Fliegen als die
Fliegen anderer !
Variante von No 2315.
3606. Hito wo cJia ni siiyn. 'dH^^^i-'f S Jemand zu Thee
machen.
Jemand lächerlich machen, ihn zum Besten haben.— <r/^rt ist
vielleicht Abkürzung von oinocha, Spielzeug.
3607. Hito 1V0 vickura ni sunt to, vickura ni sarern. fiÜA^^Wl-
-f S5,Wi:snÄ Wenn man andere blind macht, wird
man (selber) blind gemacht.
Wer andere betrügt, wird von ihnen wieder betrogen ; " wie
du mir, so ich dir''.
3608. Hito ZVO tasukunc zm shnkke no yaku. fi&A^fiÜi lt{li^O>($
Den andern Menschen beizustehen ist die Pflicht des
Priesters.
— 404 —
Oft in tadelndem Sinne : es sollte zwar so sein, aber die
Priester handeln nicht danach,
3609. Ilitovi yögari. ?I^#7*'*'J Es selber Rir gut halten.
I\Iit etwas zufrieden sein, unbekümmert wie die andern darüber
denken, ob sie auch darüber spotten etc.
3610. Hiyorl wo mite fuuc wo dasii. ViW^%XW^^'^ Das
Schiff herausholen, wenn man gutes Wetter sieht.
" Das Eisen schmieden, wenn es warm ist ''.
361 1. Moklx'e hone nasJii. J£-^^'B'^X L Die Hokke-Priester haben
keine Knochen.
Einer der " allitterirenden'', gegen Priester gerichteten Spolt-
verse (vgl. No 1958, 3010 und 3476). "Keine Knochen haben" \
bedeutet "liederlich sein" (vgl. No 787) ; dass die Hokke-Priester
in dieser Beziehung in schlechtem Rufe stehen, zeigt auch No
ITh-
3612. llomiirn Jdto wa kau tamesJd iiashi. Ä2)AllM^>'P!l?i L
Es giebt kein Beispiel, dass einer, der lobt, gekauft
hätte.
Variante von No 2630.
3613. JlösJii 110 knshi-dahnni. ?£6$0tiIS Des Priesters Ge-
schicklichkeit, Kämme zu machen.
Er empfiehlt seine Kämme anderen, abci benutzt sie nie selbst
(da er kahlgeschoren ist) ; anderen gute Lehren geben, sie aber
nicht selbst befolgen. (Vgl. No 193 etc.)
3614. Höshöjl 710 Nyüdö saki ito Kzvainbakii Daijödaijiii. J^ft
^e)A5lfi«?JilÖi:JE^;^;IS Der in A^n Tempel Höshöji
eingetretene frühere Regent und Ministerpräsident.
So heisst im Hya/amn: IsshTi der Verfasser des 76. Gedichts ;
für ungewöhnlich lange Namen oder Titel sprichwörtlich ge-
worden.
3615. JlotoJi'e ino kinshohi ni on-kotcmo wo arataimi. •0&i^t5.
\'~^t^f^s^X\: Selbst ein Buddha verschönert sein Kleid
durch Goldfarbe.
Selbst er (sein Bild) bedarf des Goldes, um bei den Leuten
im Ansehen zu stehen. Vgl. No 3489.
— 405 —
3616. Hotoke ni naru mo shami zuo kern. ■^1-;^^ i> J^äi^lS5
Auch wer ein Buddha wird, muss (vorher) durchs
Noviziat hindurch.
Vgl. No 2586.
3617. Hotoke no hikari yori kam no hikari. ^<^%'^) l^]'k<ö%^)
Der Glanz des Geldes ist besser als der Glanz Budd-
ha's,
\vi. No 3489.
3618. Hotoke 110 uiae ni oni gd suiiiu. -^UOHilli.^t^'tEt' Vor dem
Buddha wohnt ein Teufel.
Vgl. No 239 ; erinnert auch an das spanische Spr. " hinter dem
Kreuz steckt der Teufel ".
3619. Hotoke no viane zva suredo, cJiöja no inane zva naramt.
^^Äm(t-fn£-:ii^-0ÄMil;S?.« Man kann zwar einen
Buddha nachahmen, aber nicht einen Reichen.
Einem Reichen vermag man es nicht gleich zu thun, wenn
man nicht selber reich ist. Vgl. auch No 2009.
3620. Hotoke 710 naki dö e mairu. %<^^^^'^%h Einen Tempel
besuchen, in dem kein Buddha ist.
Variante von No 802.
3621. Höyii zva rikmhin ni kanaii. MK[t:^^\'--M-S>- p:in Freund
wiegt die ganze Familie auf.
Unter rikus/tin, den " sechs Verwandten,'' versteht man Vater,
Mutter, ältere und jüngere Geschwister, Frau und Kinder.— Vgl.
No 3068.
3622. Hjjaku-jnon isshö de o-kotozvari. lSX-J\'^i^W\^] (Jemand)
mit hundert Hellern und einem Mass Reis abfinden
(eigtl ablelinen).
Um auszudrücken, dass man nur seine Schuldigkeit thun will,
nur soviel geben wie dem andern zukommt u. dgl., aber nichts
darüber. — " Hundert Heller und ein Mass Reis " betrug früher
der niedrigste Satz für das Geschenk, das man dem Priester
machte, wenn er beim Bonfest (Todtenfest) ins Haus kam und
eine Seelenmesse {/loji — vgl. No 704) las. _ -
— 4o6 —
3623.* Hyahu-nin wo korosancba , yoki isJia ni narcmi. WA^-I*?
ßlt.JJ^^^l'-JiXnw Wer nicht hundert Menschen um-
bringt, kann kein guter Arzt werden.
D. h. ehe ihm nicht hundert Patienten gestorben sind.
3624. Hyakit-ryö no kata ni amigasa ifckai. '^%<^W{'ü\'-M3.— 'M.
Als Pfand für hundert Goldstücke einen geflochtenen
Hut (anbieten).
Variante von No 2569.
I.
3625.* J %i'a ßiißiim. ^Utnii Die Heilkunst ist eine menschen-
freundliche Kunst.
Ahnhch wie No 3608 gewöhnlich mit tadelndem Nebensinn :
den heutigen Ärzten ist es nur um das Honorar zu thun.
3626.* Ihatsti %vo iihi. äK^'l?^5^< Priesterkleid und Schüssel
empfangen.
Amtsnachfolger werden ; ursprünglich nur in Bezug auf Priester,
jetzt allgemein gebraucht.
3627. Inia-Bdikä. 'n^'^M Ein heutiger Renkci.
Bcnkei, der treue Begleiter Yoshitsune's, war berühmt wegen
seiner Stärke. — Zwei andere sprichwörtlich gewordene Personen
sind der Dichter Narihha und die Dichterin Ono 110 Komachi,
beide wegen ihrer Schönheit ; man bezeichnet daher einen durch
Schönheit ausgezeichneten Mann als Ima-Narihira, " heutigen
Narihira ", und ein ungewöhnlich schönes Mädchen als Ima-
Koinachi,
3628. l^nawa 710 ncmöutsii dai-c 7/10 tonaeru. 'n-'^^'^'^MVkl^mh
Das Gebet der Sterbestunde spricht jeder.
Jeder betet in der Sterbestunde ; " Noth lehrt beten ". Vgl.
No 1652.
— 407 —
3629.* Ingwa öhö. 0m^.#ß Ursache und Wirkung entsprechen
sicli und vergehen einander.
Ein buddhistischer Ausdruck; zu hts^wa, "Ursache und Wir-
kung," vgl. die Anm. zu No 851. Oft mit No 1030 und 1054
gleichbedeutend.
3630. *l7igiva wa kunuiia no xva. H^II^cD^ Ursaclie und
Wirkung sind wie ein Wagenrad.
Sie drehen sich stets um einander, folgen einander unauf-
hörlich. Buddhistisch, in dem Sinne: alles, was der Mensch
thut, hat eine gute oder böse Folge.
3631. Ivanu kamisan de ino sambyakii sntcta yori osJiii. A^rt
«'^S^-C(,HW^^t:i iJlt^^ Selbst um eine Frau, die
man nicht braucht, thut es einem mehr leid als um
300 weggeworfene Heller.
Variante von No loii.
3632. Iva no kiiroi zva nikimiarenu ga, kiichi 110 warni ni ni-
kumareru. -feOMv'UMI^n«*^ POM^Mi^iMS Nicht
die schwarze Farbe wird gehasst, man wird wegen
des bösen Maules gehasst.
Der Rabe ist nicht wegen seiner schwarzen Farbe, sondern
wegen seines beständigen Krächzens unleidlich ; der schlimmste
Fehler einer Frau ist nicht Hässlichkeit, sondern ein böses Maul.
3633.* Islii ni tatsn ya mo ari. ^i-fJio^ l ^"J Es giebt auch
Pfeile, die im Steine haften.
Beruht auf einer chinesischen Erzählung. Jemand schoss auf
einen vermeintlichen Tiger im Gebüsch, fand dann aber, dass es
nur ein Stein von tigerähnlicher Form gewesen war. Trotzdem
aber war der Pfeil nicht abgeprallt, sondern haftete im Stein.
Dieses Wunder ist (nach chinesischer Anschauung) nur dadurch
zu erklären, dass der Mann im Moment des Abschiessens den
festen Willen gehabt hatte, den Tiger zu durchbohren. — Vgl. No
2101 und 2535; auch wird man an unser "der Glaube versetzt
Berge " erinnert.
3634. Ishiki sannen, Gitsha hachinen. PSilH¥.fI^A¥ Das
Ishiki (zu verstehen) dauert drei Jahre, das Gusha
acht Jahre.
— 4o8 —
Ishiki-ron und GusJta-roii sind die Namen zweier buddhisti-
scher Werke. Der Sinn ist gleich dem von No 1946 (woran S|
auch die Form erinnert) : ohne Geduld und Ausdauer kann man
nichts erreichen.
3635. Jsörö ni okiibi-nari no viochi. ItMiV-W^^^ Dem unge-
betenen Kostgänger giebt man die dreieckigen (d.
h. die angebrochenen) Stücke mochi.
Ein ifoni ist einer, der kürzere oder längere Zeit bei Verwandten
oder Freunden auf deren Kosten lebt, okubi-nari " Gestalt des
okiibi" {okitbi : ein dreieckiger schmaler Brusteinsatz des Kleides).
Der Müchi-Kuchen wird in viereckige Stücke zerschnitten, eine
dreieckige Form haben nur Bruchstücke.
3636. Isdrö oite awazu, itc azvazu. ^l^^v^'C'g'llt'.^'C'g'lI-^
Einen isdrö zu halten und es zu sein ist (gleich)
unerwünscht.
3637. hörd sambai-me ni sctto dasu. ,S-1^Hä5@l- ^oi {Ij-f Wenn
der isörö (bei der Mahlzeit) zum dritten Male Reis
fordert, so hält er die Reisschale schüchtern hin.
Er ist seiner abhängigen Stellung eingedenk.
3638. Isdrö Iva, inn ni ino kawaigararcyo ! ;S'^(i::^l- t pJS*"' ?>^
i Wenn du ein isörö bist, so mache dich selbst beim
Hunde beliebt!
Weil selbst der Hund im Hause eine wichtigere, geachtetere
Stellung einnimmt als der isoni.
3639.* Isshin f dötai. — 'C^I^Iti Ein Herz, derselbe Körper.
" Ein Herz und eine Seele "; besonders von Eheleuten gesagt.
3640. Itago icJdmai shita zva jigogn. ^i*-— tiTllifiS^ Unter der
SchifTsplanke ist die Hölle.
Andere, gebräuchlichere Form von No 385.
3641. Itoko hatoko zaa micidbata no inii no kuso.''^%%%'^^^
{tW&<öi<.<^% Vettern und Vetterskinder sind (so häufig
wie) Hundemist am Wege.
Zu entfernte Verwandtschaft hat keinen Werth.
3642. lu koto yastisJn, okonai katashi. ei^^^c L.ffO^II L Reden
ist leicht, Handeln ist schwer.
Vgl. No 425, 15S7 und 1596.
— 409 —
.3643- Z^atte aruku to izari ni navJt. Wffo-c^jf < egc^i
Wenn man auf den Knieen rutscht", so wird man ein
Krüppel.
Als scherzhafte Warnung zu Kindern gesagt, die beim Spiel
nach Art von Krüppeln auf den Knieen rutschen ; ohne sonstige
Bedeutung.
J.
3644. Jarajara-zuami 110 yatsiiziira-harashi. ^•PhM'?h%tl^<?^
AMM?) L Das Anschwellen der acht Gesichter dessen,
der (sonst immer) lustig lacht.
" Anschwellen der acht Gesichter " (oder " Backen ") bedeutet :
in heftigen Zorn gerathen. Leute, die leicht lachen, werden auch
leicht zornig.
3645. Jihun no kura ni hi ga tsuita yd. S^^#i:jAct>'#t^?:^
Als ob das eigene Magazin in Brand gerathen wäre.
Von grossem Schreck.
3646. Jigoku gokumku zva kokoro ni ari. iläi^®IS^(t<W: t)'J
Hölle und Paradies sind im Herzen.
3647. Jigoku no ue no issoku-tobi. Ü&JI^OJi^-JSfUo^" JMit gleichen
Füssen in die Hölle springen.
Sich in eine gefährliche Unternehmung stürzen.
3648.* Jigiva, Jisan. Öftöft Eigenes Gemälde, eigenes Lob.
Von jemand, der sein eigenes Werk lobt ; auch als scherz-
hafte Entschuldigung, wenn man etwas lobt, \\as man selbst
gemacht hat. Vgl. No 2980.
3649. Jihi ga ada ni naru. "^M^'^V-J^h Das Wohlwollen
gegen andere wird zum Feinde.
Für Wohlthaten Undank und Feindschaft ernten. Vgl. No
1122, 2274 und 2473.
— 4IO —
3650.* tTindo ni kegarern. ®±l-!S<i.i Vom Erdenstaub be-
fleckt sein.
Buddhistischer Ausdruck für : mit irdischen Mängeln be-
haftet.
3651.* Jinshin vicn no gotosJii. A-L^iS'^ÄiL Die Herzen der
Menschen sind wie ihre Gesichter.
D. h. ebenso verschieden.
3652.* Jisetsu tdrai. B^lfSiiJjR Das Kommen der (guten)-
Zeit.
Oder : die gute Zeit wird kommen ; d. h. nur Geduld, die
Zeit w ird alles bringen. Auch sagt man : j/st'/su torai, n»ia no
07'ai, das Kommen der guten Zeit, das Vorbeikommen des Pferdes ;
die drei letzten Worte sind ein reimender, bloss scherzhafter
sinnloser Zusatz.
3653.* Jitsugetsu viiada chi ni ocJiku. H.^^Ä&l-r^'?* Sonne und
Mond fallen noch nicht auf die Erde.
Der Rechtschaffene hat nichts zu fürchten ; zuletzt behält doch
das Gute die Oberhand über das Schlechte. Vgl. No 1023.
3654. tTiigwatsti no naka no töka ni kokoronasJii %vo yatouna !
i';3'Dttie) + 0i:-t>ML4'(i^^-^j: In den mittleren 10 Tagen
des 10. Monats miethe keinen Trägen !
kokoronas/ii, in No 3553 ^Gefühlloser, bedeutet hier: gleich-
gültiger, träger Mensch. Da die Tage sehr kurz sind, so würde
er so gut wie nichts leisten. Die Redensart ist weniger bekannt
als die unter No 3553 ; statt des 10. Monats, der im alten.
Kalender ungefähr dem November entspricht, sollte man den.
II. Monat = unserm December erwarten.
3655. Jnvolzu-nichi zva jigoku no kmna no fitta mo aku. +>^
0(til&m^|g'5^iB;3< Am 16. Tage öffnet sich selbst
der Deckel des Höllenkessels.
Mit dem "16. Tage" ist der 16. des i. und der 16. des 7..
Monats gemeint. Nur an diesen beiden Tagen, d. h. am Ende
der Keujahrszeit und zur Zeit des Bon-Festes (der japanischen.
Allerseelen feier) dürfen die Dienstboten, Ladendiener etc. von.
der Arbeit ruhen und ihrem Vergnügen nachgehen.
— 411 —
3656. Jtixu bakari de oshü %va dekimt, a^lill'^'") TÜIfi^ltti'.^o
Durch den Rosenkranz allein wird man nicht Priester.
Nicht äussere Abzeichen, sondern die Gesinnung macht den
Priester. " Die Kapuze macht nicht den Mönch."
K.
Kaclo (Ecke).
3657. Kado ga torcrn. Ä^'IXHS Die Ecken werden abgenom-
men.
Abgeschhffen, vernünftig werden ; " sich die Hörner ablaufen."
Kado (Thor).
3658. Kado ni tatsu. PTl-io Am Thore stehen.
Bettler sein.
3659. Kaha-Daimyöjiii. ■o' >■ :^bJ# Die Frau, die grosse glän-
zende Göttin.
Daimyojhi : " grosser glänzender Gott '' ist ein Ehrentitel so-
wohl shintoistischer als buddhistischer Gottheiten. Scherzhaft für
eine Frau, vor der der Mann grossen Respekt hat ; vgl. No 2203.
3660. Kami no tsnna vw, hotokc no tsnna vio kire-Jiatsu. It
©«^Ul^ß'^m-tUn^o Das Seil der Götter wie das
Seil der Buddhas relsst.
Das Seil, durch das man an sie geknüpft war. Von jeder-
mann im Stich gelassen werden.
3661. KamUau inu zva yoln-gatashi. ''®'&i-:^(t ßf 6^11 L Hunde,
die sich beissen, sind schwer zu rufen.
Vgl. No 2927.
3662. Kanemochi wa maivariuiochi. M#llM>J^$^ Geldhaben
geht die Reihe herum.
Reichthum wechselt leicht seinen Herrn ; vgl. No 3019, auch
3519.
— 412 —
3663.* Kangen mbni ni sakarau. Un%\'M.i- Ermahnungen
sind den Ohren zuwider.
Schon unter No 2441 als zweite Hälfte ; wird auch selbständig J
<Tebraucht. (In der Anm. zu No 2441 muss es statt "Gebrauch-
lieh ist nur" heissen: "Gebräuchlicher als das Ganze ist.")
3664. Katakl mono kotvare-yasiishi M^^^M-^L Harte Dinge
zerbrechen leicht.
3665. Kai^mnuki ga wanii. UM^^'^^^' Die Windrichtung
ist schlecht.
Es weht ein ungünstiger Wind, d. h. die Verhältnisse sind
zur Zeit nicht günstig.
3666.* Keivokii zva siite-gatashL. HfliJlt^^ML Huhnrippen mag \
man nicht gern wegwerfen. !
Obgleich nur wenig Fleisch daran ist, ist es doch immer noch
besser als garnichts,
3667. Ke^ihiva ni hana ga sahi. Bfif i:^i3'i^< Auf dem
Streite blühen Blumen.
Der Streit ist noch heftiger geworden, ist auf seiner Höhe.
3668. ^l no viata kam iiinarenu. ^<^X''^^h^t\^n (Ich bin)
nicht aus der Gabel eines Baumes geboren.
D. h. ich bin auch ein Mensch, habe auch menschliches
Gefühl. Vgl. No 691.
3669.* Ki sliisiika naran to hossuredomo, käse yainazu ; ko yashina-
%van to hossuredomo, oya matazii. ^raftC ?> ^ S ^-f ja £* i . S*
JtJtT, ^^(t^iS>:tn£'i♦ lÄ^nt- Obgleich der Baum
wünscht, ruhig zu sein, hört doch der Wind nicht auf;
wenn der Sohn die Eltern auch pflegen will, bleiben
sie (ihm) doch nicht.
D. h. sie sterben. Vgl. No 1482.
3670.* Kiko no ikioi yamu bekarazu. IIÄ^^JkÜpJ^' f)-?* Dem
gewaltigen Lauf dessen, der auf einem Tiger reitet,
vermag (der Reiter) nicht Einhalt zu thun.
Man wird oft wider seinen Willen durch die Gewalt der
Umstände fortgerissen.
— 413 —
3671.* Kimi shiii tarazareba, shiii sinn tarazu. SfBJS.?> $'nii:>E
g-f: ?)t* Wenn es dem Herrn an Wahrhaftigket fehlt,
so ist der Diener l<ein (guter) Diener.
Wortspiel mit den verschiedenen sinn und tarn.
3672. Kisha 110 ato-os/ti zvo suni. \mM<^'^^^-t Z Den Nach-
schieber der Eisenbahn machen (wollen).
Bei der in Ostasien wohlbekannten Jinrikisba— einem kleinen
zweirädrigen Wagen, den ein Kuli zieht— schielet oft ein zweiter
Kuli hinten nach. Für: von seinen Fähigkeiten oder seiner
Wichtigkeit eine lächerlich hohe Meinung haben.
3673.* Kifsune shi sJiite oka zvo inakura ni su. ffi^L'Cfi^^ll
"f Der sterbende Fuchs nimmt seinen p-Kicfel zum
Kopfkissen.
D. h. den Hügel, in dem er v.ohnt. Jeder wünscht in seiner
Heimath zu sterben.
3674. Koehislmhu de te ga tsiikcrarcnu. HEg^T^u^Xtl? ^sHW
Da es ein Dünger-Schöpflöffel ist, mag ihn die Hand
nicht anfassen.
Von Menschen, mit denen niemand etwas zu thun haben will.
3675. KoJxOro %i'o toj/ieru. 't>^i?Jk>6 2. Das Herz (bei etwas)
anhalten.
Seine Aufmerksamkeit auf etwas richten ; = /?•/ [kokoro] tco
tsukerii (No 1356).
3676. Kono yo zva kari no yo. iitOffillfge)]!!: Diese Welt ist
nur eine zeitweilige (vorübergehende) Welt.
Als Trost im Unglück gesagt.
3677. Korohcha knso no 7ie. fl-^ltSIOi Wenn (er) hinfällt,
(fällt er) auf Koth.
Von jemand, der immer Pech hat. Vgl. No 2030.
3678. Kuchi ga cJiigan. W'^^'M^- Der Mund ist verschieden.
Die Aussagen widersprechen sich.
3679. KiicJii io fnndosJd zva katakii shiniu. beshi. PS^(t[S]<^
t'pJ L Dc;n Mund und den Lendengurt muss man
fest zubinden.
Vgl. No 1599 und 2393.
— 414 —
3680. KucJii to saihi. %va shimeni ga.ioku. P iRt>(ßlt^>?> 4t)^'i§-
Beim Mund und beim Geldbeutel bringt Zubinden
(Verschlossenhalten) Gewinn.
3681. KncJd wa dcliairi iii to wo tatcro ! X\[l^^K^)V'f^f^%Xh
Beim Munde mache eine Thür o"CGfen Aus- und
Ein^raiiCT !
3682. Ku-shaK'H ni-kcn ni to ga icld-iiiai. ARiirsll-^tj-'—tS:
Neun Fuss (breit) und 12 Fuss (lang) und eine Thür.
Spöttisch für ein sehr kleines, armseliges Haus ; oder als
Entschuldigung, dass man eine so enge und schlechte Wohnung
hat. Abgekürzt : kiisJiaku nikeii.
3683.* Kwanri tcnlö. "MMMWi Umkehrung von Mutze und
Schuh.
Verkehrung der Begriffe ; das Hohe gering, das Geringe
hoch schätzen.
M.
3684. 3Iatne wo kutteru. S^Ä'^'^S Bohnen gegessen haben.
Es ist Sitte, am Neujahrstage so \iele Bohnen zu essen, als
man Jahre zählt; der Sinn der Redensart ist; schon oft Neujahrs-
bohnen gegessen haben, d. h. schon alt sein.
3685. Manie zvo kiiwaneba yiarami. 'S.^e%\lX\\t'^i bW Er muss
erst Bohnen essen.
Er muss erst älter werden ; er ist noch zu jung, zu unerfahren.
3686.* 3Iani'ijoku.söc/m kö ittcn. ^f^^^iJ^-Sfi Mitten im über-
all grünen Grase ein rolher Punkt^.
Für etwas, was in seiner Umgebung auftallt, was aus der
umgebenden Mittelmässigkeit hervorragt, z. B. ein begabter Schüler
in einer Classe von Dummköpfen. \'gl. No 459.
I
— 415 —
3687. Matsuvl yori viae no hi. ^^'') l']m^U Besser als das
Tempelfest ist der vorhergehende Tag.
Bei jeder Freude ist das Beste die Vorfreude.
3688. Migi to icba hidari. ^i5'^lt';fe Wenn man rechts sagt,
(sagt er) h'nks.
Gleich Xo 2793.
3689. 31inn ga Jiotoke, sJdmnu ga kaini. Aiou'fp»^ ?)iQtj'|$
Wer nichts sieht, ist ein Buddha, wer von nichts
weiss, ist ein Gott.
Nicht so gebräuchhch wie No 1894 resp. Xo 2661.
3690. Misosurl-bösu. B$i!tÜ''JiS± Der Priester, der Bohnen-
sauce reibt.
Eiu junger Piiester, ein Priesterschüler, der noch zu solchen
Arbeiten verwendet wird ; dann überhaupt ein scherzhafter Aus-
druck für: Neuling, Anfänger. A'gl. No 3205.
3691.* Moto dai nanba, ri mo dai nari. Ä*:^-^j:WX. Ml'k'Ti^]
Wenn das Capital gross ist, sind auch die Zinsen
gross.
3692. Äloto mo ko 1)10 naht suru. ^^^ i^^'t ^ Sowohl Capi-
tal als auch Zinsen zu nichte machen.
Alles einbüssen.
3693.* Mitjö ßnsoku, te^'ifiii Der Tod ist schnell.
3694.* Ilufd no kaze iva toki ivo erabazu. ^^'^M.ItBj^^Jf it'T
Der Wind des Todes wählt sich die Zeit nicht aus.
N.
3695. 3V< ga tatsu. ^tj'j^o Der Name erhebt sich.
Immer in schlechtem Sinne : einen schlechten Ruf bekommen.
— 4i6 —
3696. JScfgasahl koivameshi. •^'^SSii Der furclubare Reis aus
Nagasaki.
kinuatncshi, "steifer Reis'' (Reis mit rothen Bohnen zu-
sammengekocht) kann auch heissen "furchtbarer", " grauhcher
Reis". Wenn Kinder eine Gespenstergeschichte oder sonst etwas
Gruseliges hören wollen, so giebt man ihnen dies als scherzhafte
Antwort. Auch : Niigasaki no kowai za/co, der harte (od. gruse-
lige) kleine Fisch von Nagasaki. Warum aber grade Nagasaki,
blieb unerklärt.
3697. iV«/ ko ni wa iiakade, am ko ni iiaku. "^Xi-^T-l-l'Ü^'T»
*boTr-r±< Man weint nicht darüber, dass man keine
Kinder hat, sondern darüber, dass man welche hat.
Als Klage über die Last und den Arger, den man mit Kindern
hat, so dass man manchmal wünschen möchte, keine zu haben.
Ähnlich wie No 2021, doch ohne dessen gute Bedeutung.
3698. JS^auifJi'a no scppd vut ni nasu. ■■h^<^WttW-'^'t Eine
siebentägricTe Prediijt zu nichte machen.
Bedeutung wie die von No 813.
3699. Kai'aicaim kyö zva yovicnu. l^l'iolIiiM'^*^ Die Siitra,
die man nicht studirt hat, kann man nicht lesen.
3700. Isassho hara oshd. li^^r^' f)^n^ Aus einem Priesler-
sclüiler (kann nicht gleich) ein Priester (werden),
Variante von No 25S6.
3701. ^etsuh'e. +S<t Netsuke.
Ein oft sehr kunstvoll geschnitzter Knopf aus Elfenbein etc.,
der mit einer Schnur am Tabakstäschchen oder anderen Uten-
silien, die man im Gürtel trägt, befestigt ist, um zu verhindern,
dass sie durch den Gürtel hindurchschlüpfcn. Ein scherzhafter
Ausdruck für den Begleiter (gewöhnlich eine alte Frau) eines
jungen Mädchens (junge Mädchen oder Frauen dürfen ihres Rufes
wegen nie ohne passende Begleitung ausgehen) ; auch im Allge-
meinen wie unser " Anhängsel " eine zugehörige, abhängige
Person bezeichnend.
3702. Nichirenshü wa Tcndaishü no niusliikui. HM^U^n^
<5^Pi^ Die Nichircnsekte ist der Raupenfrass (der Ruin)
der Tendaisekte.
— 417 —
Die N. sekte ist aus der T. sekte hervorgegangen und gelangte
zu grosser Blütlie, aber auf Kosten der T. sekte, mit der es seit
Gründung der N. sekte immer mehr bergab ging. Ebenso ist
zu verstehen : Ikkosliu wa Jodoshu no mushikui, die Ikkö-(Monto
oder Shin) sekte ist der Ruin der Jödosekte, und Yamabttshi wa
Shingonshii jio mushikui, der Yamabushi-Mönchsorden ist der
Ruin der Shingonsekte,
3703. Nikui mono wa iketc iniyo ! Et'^lt^U'CÄi Wenn du
jemand hassest, so lass ihn weiter leben !
Vielleicht bessert er sich mit der Zeit, oder man gewöhnt sich
mit der Zeit an ihn.
3704.* Ningen no hakku. A Tel ^5 A ^ Die acht Leiden der
Menschheit.
Ein buddhistischer Ausdruck.
3705. ^ijii-go no bosatsii ino sore-zore no yakii. H+i^^J^m
^ifi^'t^O"^ Auch von den 25 Bosatsu hat jeder sein
(besonderes) Amt.
Jeder soll thun, was seines Amtes ist. (Über Bosatsu s. No
35II-)
O.
3706. O-hyaka Daiinyöjin. U%>Mt^ Der grosse glänzende
Gastgott.
Scherzhaft für : " der geehrte Gast " ; vgl. No 3659. (Nur
von Gästen eines Wirthshauses etc.)
3707. Oni UM tsuno oru. ÄiÄ^S Auch der Teufel bricht
sich die Hörner.
Wenn er " sich die Hörner abgelaufen'" hat, wird er fromm.
3708. Oni ni scnibd. Äl-MDf Dem Teufel Sembei (geben).
sembei : sehr dünne Kuchen aus Reismehl, die zum Thee
gegessen werden. Für : nur eine Kleinigkeit essen oder zu essen
anbieten. (Meist in der Form : oni ni sembei da kara, da es nur
sembei für den Teufel sind.)
— 4i8 —
3709. Oya ko zva tsse, s/n zua sause. l!.i'-II-ili:4?llHili: p:itern
und Kinder sind für eine Welt, der Lehrer ist für
drei Welten.
Vgl. No 859 und 2597.
R.
3710.* Böshö fuj'ö. ^^"^Ä Alt und Jung (stirbt) ohne Regel.
Der Tod macht keinen Unterschied. (Vgl. No 1706.)
S.
371 1. Hmnhö mo vwtcnasJd kara. Hg l t "C^j: L'O' f) Auch die
drei Schätze hängen von der (guten) Aufnahme ab.
Unter dem buddhistischen Ausdruck " drei Schätze '' versteht
man Buddha, die buddhistische Lehre und den buddhistischen
Priesterstand. Selbst ihr Ansehen richtet sich nach der Werth-
schätzung, dem Urtheil der Welt,
3712. Samurai no ko zva hava ga hctte ino himojTi nai. f#0^
\\Wi'\'k^X\.ü^lMiU^^ Wenn das Kind des Samurai
auch nichts im Magen hat, ist es doch nicht hungrig.
Ähnlich wie No 204 und 2S77 : ein Samurai muss auch in
der Noth seines Standes eingedenk bleiben ; wenn ihn auch
hungert, darf er es sich doch nicht merken lassen. Die Redens-
art soll aus dem berühmten Schauspiel Sendai Hagi stammen.
— 419 —
37 13«* >^(tngai ni kaki nasJii, rokudö ni hc*o)d nashi. H^ltütC
L.Aiil'lii "JÜL Die drei Welten haben keinen Zaun,
die sechs Wege haben keinen Rand.
Es ist keine feste Grenze zwischen ihnen, man kann leicht
aus der einen Welt resp. dem einen Weg in den andern über-
gehen. (Die drei Welten : die jetzige, die vergangene und die
zukünftige Welt ; die sechs Wege : die sechs Zustände, in deren
einen nach buddhistischer Lehre die Seele nach dem Tode über-
geht.)
3714. Savii 110 toshi 7ii zva eiiziiki wo semi. ^€>^i:U^^^t£io
Im Jahre des Affen schliesst man keine Ehe.
Man glaubt, dass eine solche Ehe nicht von langer Dauer
sein -würde, und zwar deshalb, weil das Wort für " Affe ", saru,
auch " weggehen, sich scheiden " bedeutet.
3715. Saivara ni bonnö. SllSI-^tS Wenn man daran rührt,
hat man Kummer.
So wie man sich in eine Sache einlässt, sich mit etwas be-
fasst, so beginnt auch schon Sorge und Kummer ; am besten ist
es, mit der Welt und ihren Versuchungen nichts zu thun zu
haben.
3716.* Seisha hitsnuictsu, esha firi. 4#!if»M.'t#/tll Alles Le-
bende muss vergehen ; was zusammenkommt, muss
sich trennen.
Buddhistischer Spruch bei Todesfällen. Vgl. No 134.
3717.* Senzai ic/iigU. ^^^M In tausend Jahren einmal vor-
gekommen.
So gut wie niemals.
3718. ShaKa ni vio kyö no yomi-chigai. ^äSi'- i^^e^Mür^ Selbst
Shaka (Buddha) hat beim Lesen der Sütra's Fehler
gemacht.
Vgl. No 1434.
3719.* Shiino ivo fundc kanpyö no itaru tvo shiru. fl^?a^TS
ac?)iijÄ^^a Wenn man auf (den ersten) Reif tritt,
so weiss man, dass (bald) festes Eis kommt.
— 420 — I
3720. *Shin arcba toku ari. -^fcHlf^ffc*) Wo Glaube ist, da
ist auch Gewinn.
Frömmigkeit bringt Segen.
3721.* Silin 7va sögon yoti okoni. "^li^lSi 'J^i Der Glaube w
geht aus der Pracht hervor.
Äussere Pracht der Tempel, Geräthe, Priesterkleider etc. thut
viel, übt auf das Gemüth eine starke Wirkung aus.
3722. Shitari-gao. tV.^)U. Ein Gesicht (dem man ansieht):
ich habs gethan !
Ein Gesicht, dem man die Freude über einen gehabten Er-
folg ansieht.
3723.* Shiyö ni wataru. tt^i-iSa Zu Zweigen und Blättern
übergehen.
D. h. zu den weniger wichtigen, nebensächlichen Fragen oder
Angelegenheiten. (Als Hauptsache ist in diesem Bilde der
Stamm gedacht.)
3724.* Shuhisen to sci-kurabe. IRä^lüä$l;< h-< Sich an Grösse
mit dem Shubisen messen.
Shiibiscji : Name eines hohen Berges in Indien. Von einem
sehr langen Menschen — vgl. No 3573.
3725.* Sö ni hö ari, ftl-^*)*) Das Gesetz (die Religion) ist
bei den Priestern.
Auch eine gute Religion hat wenig Werth, wenn die Priester
nichts taugen, da sie in ihren Händen ist; ebenso gute Gesetze
in den Händen schlechter Richter u. dgl. mehr.
3726. Sinni tva gaki ni sumse, fude zva oni ni toraseyo ! MI^Ä
Är-^?)t£.|||IÄI-lX?>tf i Die Tusche lass von einem
Hungrigen (Schwachen) reiben, den Pinsel lass von
einem Teufel führen !
Man soll die Tusche schwach anreiben, den Pinsel kraftvoll
führen. — Über gaki vgl. No 409.
— 421 —
T.
3727. Tavöbö uio tübi to narite zva, tobi dake no chie. ;*clI5i^ i
,l^;Ä''J-^|l,,l^•■l^^W^ Selbst ein Taröbö hätte, wenn
er ein tombi würde, nur den Verstand eines tombi.
Taröbö ist der Name des Tengu (s. No 3014), der der Sage
nach den jungen Yoshitsune im Fechten vmterrichtete ; io)nbi der
Name eines in allen japanischen Städten sehr gemeinen Raub-
vogels. Der Mensch und sein Verstand wird nach seiner Stellung,
nach der Rolle, die er in der Welt spielt, beurtheilt. Im Sinne
verwandt sind No 660 und 1165.
3728. Tora no kawa no fnndoshi ivo sJiuneru. ^^&.<^%^%h
Den Lendengurt aus Tigerhaut umbinden.
Verstärkte Form von No 3544.
3729.* Tora iva senri Ute stnri kaeru. JÄlI^M^fot^PEIf 3 Der
Tiger läuft tausend Meilen hin und zurück.
Wie No 3097.
->oJ=^(S^=4c^
BERICHTIGUNGEN UND ZUSATZE
zu No I — 3483.
S^O
26.
lf
34.
52,
64.
71-
116.
117.
146.
147.
160.
165.
171
176.
190.
191.
204.
209.
211.
215
240
257
In der letzten Zeile der Anm. lies wa statt wo.
Mehr in dem Sinne : von seiner Macht unrechten Gebrauch
machen ; den Schwachen, der sich nicht wehren kann, unter-
drücken u. dgl.
Statt fuka-nasake besser sJiinjd zu lesen.
Auch : jemand sicher machen.
Schon unter No 2272 berichtigt.
Besser: Den Kopf verstecken, aber den Hintern nicht verstecken.
Besser : Sich an der Suppe verbrannt haben, und dann auf
namasu blasen.
ga nach kusuri zu streichen.
Besonders von einem Diener, der, was ihm gesagt wird, thut,
aber nie von selbst auf etwas kommt ; dem alles ausdrücklich
gesagt werden muss.
Die Form bajt töfü ist besser.
Wahrscheinlich nur Übersetzung (vielleicht aus dem Englischen),.
und daher besser zu streichen.
Statt "Wie 48" lies "Wie 51 ".
BimUb-gaJä heisst nicht " Kakifrucht des Armen ", sondern ist
der Name einer geringwerthigen Kaki-Sorte. Hinzuzufügen ist
noch, dass die Bedeutung der von No 178 gleich ist.
Statt "Wie 100'' lies "Wie 103".
Statt " Gleich 69 " lies " Gleich 72 ".
Statt kiiwaiiu io besser ktiwancdo.
Abgekürzt : byobn-daoshi.
Besser : Thee pulvern.
Bedeutet: die Folgen einer bösen That durch eine neue böse
That beseitigen wollen.
Statt iiati lies ftani.
Statt der jetzigen Anm. zu setzen : Eine Sache, die gedeiht, bei
der man vorwärts kommt.
— 423 —
No 259. "(sagen)" ist zu streichen, und statt "Unzuverlässig sein " zu
setzen : Von einer Sache, die, statt Fortschritte zu machen,
Rückschritte macht.
„ 282. In der letzten Zeile der Anm. ist "oft = " zu streichen.
„ 294. Die Bedeutung ist nicht wie angegeben, sondern gleich der von
No 1873.
„ 328. Kann auch heissen : Die Leute aus Edo sind schnell von Ent-
schluss, sind resolut. (Vgl. No 1320.)
„ 362, Von dieser No gilt dasselbe wie von No 165.
„ 370. Nach "(so schwach}" zu setzen "od. so wenig"; statt "man":
"es".
,, 422. Statt 1110 lies wa.
» 433- gi>'^ bedeutet nicht "Schuldigkeit" oder "Pflichterfüllung'',
sondern nur die Pflicht, sich (z. B. für ein Geschenk — vgl.
No 1961) zu revanchiren, überhaupt "sich nicht lumpen zu
lassen ". Am ehesten lässt es sich durch " Anstandspflicht "
wiedergeben. — In der Anm. muss es statt " nicht umbinden,
weglassen '' heissen " nicht weglassen, umbinden".
„ 436. Auch diese No ist als unecht zu streichen.
„ 440. Statt " 5) glückliches Lebensende " richtiger : " Lebensende durch
hohes Alter.'' Die Aufzählung dieser "fünf Güter" findet
sich in einem chinesischen Werke.
„ 442. (und 443). Diese Redensart stammt aus dem Buche Moshi
(Mencius).
,, 526. Abgekürzt: hana 7ii nrasJii.
„ 556. Bedeutet: etwas vollständig begriffen haben. Auch: /iura ni
ochirii, in den Bauch fallen. Statt Jiara, Bauch, auch fuitne,
Brust.
„ 576, In China hat das Spr. die Bedeutung : ohne Capital kann man
nichts anfangen ; also ungefähr wie " aus nichts wird nichts''.
„ 600. Hatte !.'!o ist zu übersetzen : selbst wenn es kriecht. Dabei hat
man sich zu denken, dass vorher ein Streit darüber stattfand,
ob der betreffende schwarze Gegenstand ein schwarzer Käfer
(oder sonstiges initsJii — Insekt), oder eine schwarze Bohne
sei.
,, 653. Hierher auch die Redensart: hikage no nii (J|) io naru, ein
Körper des Schattens (" einer im Schatten ") werden, d. h.
sich in die Verborgenheit zurückziehen.
,, 697. Schon unter No 3098 berichtigt.
„ 705. Bedeutung besser : in das Gebiet eines andern, in fremdes Bereich
übergreifen.
— 424 —
No 802. Besser: Einen Tempel besuchen, in dem kein Golt ist.
828. Eine Abkürzung hiervon ist : /lyofan nainazii, Flaschenkürbis
und Wels ; für jemand, der nicht zu fassen ist, der immer aal-
glatt ausweicht.
„ 845. Statt kann, lies käme.
1002. Statt nobiini lies nobji. (oder auch jiobirii).
„ 1022. Auch : ja wa sun ni shiie sono kl ivo arawasu, die Schlange
zeigt ihre Natur schon, wenn sie einen Zoll lang ist.
„ 1025. Schon unter No 3454 berichtigt.
,, 1030. Auch dies ist (wie No 1054) buddhistischen Ursprungs und ent-
spricht, wie No 1054, dem biblischen " was der Mensch sät,
das wird er ernten ''.
„ 1044. Besser : Weder Räucherholz verbrennen, noch einen Wind lassen ;
und dem entsprechend in der Anm : Sich in nichts auszeichnen,
weder im Guten noch im Schlechten.
„ 1078. Auch : jübun ni nareba kobore-yasi/i, wenn es voll wird, läuft es
leicht über.
„ 1099. Statt "Gleich 1089" lies "Gleich 1098",
„ II 15. In der Anm. ist kat^c de 7m Beiikei no gotokii ibani besser zu
übersetzen : wenn der Feind nicht da ist, so gross thun wie
Bcnkei.
„ 1143. Auch hier (wie bei No 328) kann es statt "fassen schnell auf"
etc. auch heissen : "sind resolut."
,, II 46. Nach Kaviiiiari lies ^rz statt 7vn.
„ 1207. Bedeutung: selbst ein dürrer Baum ist immer noch besser als
gar keiner; meist auf Menschen angewendet.
„ 1281. Die Anm. ist dahin abzuändern: Der Ausdruck, der "ein sehr
schönes Weib " bedeutet, bezieht sich auf eine Favoritin, die
beherrschte und richtete.
„ 1294. Statt "Vor" hes "Von".
„ 1304. In dersell^en Bedeutung auch kolsuuik:i (#^), Knochen und
Fleisch.
„ 1307. Zweifelhaft, ob nicht Jiana, statt mit "Blumen", mit "Nase" zu
übersetzen ist, denn die Redensart soll auch heissen : ki de
hana 7vo nifguiia fo, als ob man sich die Nase mit Hok
abgewischt hätte. Dies könnte Parodie sein ; doch existirt
auch folgende, in der Piovinz Sagami gebräuchliche Redens-
art : koppa de hana -wo katnii yd, als ob man sich die Nase
mit Holzspähnen schnaubte. Der Sinn bleibt übrigens der
nämliche.
— 425 —
No 1320. Zur Erklärung hinzuzufügen: "Auch: geistig geweckt, schnell
von Begriften sein ".
„ 1376. Andere Redensarten mit kiku sind :
kikit ga tatanu, Cirkel und Viereck stehen nicht ;
kfkit ni Jiazitrerii, von Cirkel und Viereck abweichen ;
kiku wo haztisu, Cirkel und Viereck nicht innehalten ;
alle mit der Bedeutung: nicht regelrecht, nicht vorschrifts-
mässig.
1419, Bedeutung: so fest entschlossen; "koste es was es wolle".
1427, In der 3. Zeile der Anm. lies statt oya : iiü.
I44_(.. Statt neko ni wa inashi besser iieko yori masJii da.
15 12. Besser: sich beruhigen.
1559. Die Bedeutung ist einfach "sterben". {koto steht hier für
" Leben ".)
1584. Bedeutet nur: zu viel reden, schwatzhaft sein.
1591. Bedeutung richtiger: in jeder Beziehung tüchtig sein.
1618. Besser: eine Sache kurz zu Ende bringen, oder auch: sie einst-
weilen abbrechen.
1623. Statt "Sehr gross sein" besser "Sehr hoch sein" (z. B. von
einem Thurm).
1628. Statt iiadakesH besser itadakazii ; statt " empfangen '' (in der
5. Zeile) besser: "tragen".
1660. Kürzere Form : /c/ii Jiovicrarctc, ni nikiiniareic, sani-lwrcra7-elc,
yo kaze hikii.
1685. Statt T.'ö lies %ua.
1686. Die Existenz dieser Redensart scheint zweifelhaft ; wohl nur
missverständiiche Verdrehung von No 1687.
1740. Statt J\Iagitre-aiari zu setzen Magiire-zaitvai.
1793. Statt ga lies no.
1800. Die gewöhnliche Bedeutung ist: ein zorniges Gesicht machen.
Dasselbe gilt auch für No 1802 und 1803.
1821. Auch: Mekiira hebi ni ozezii (jf.ti'T")' ^^^ Blinde kümmert sich
nicht um die Schlangen.
1858. Statt " anvertrauen " besser " unterwerfen ". Bedeutung wie No
1749-
1905. Nach Mitsugo lies ni statt tuo.
1911. Statt "Ein Verhältniss " besser "Eine Freundschaft''.— Ebenso
in No 191 3.
1930. Auch in lobendem Sinne angewendet.
1962. Nicht mit 1963 gleichbedeutend, sondern immer nur in verächt-
lichem Sinne, von jemand, der sehr habgierig ist, der alles
— 426 —
nimmt, \\as er kriegen kann, selbst das, was kein anderer
haben will. Die Übersetzung sollte daher lauten : Wenn
es ein Geschenk ist, so ist ihm sogar ein Begräbniss am Neu-
jahrstage recht. — "Einem geschenkten Gaul" etc. ist also
hier zu streichen, und dafür bei No 1963 anzuführen.
No 1977. D. h. ein ideales Land, wie es auf Erden nicht zu linden ist.
2030. Statt nakizura besser iiakitsura.
2071. Statt "der Pferde" besser "des Pferdes".
2090. Statt " Lied von der Pupille " muss es heissen " Lied vom Auge ".
C Pupille " heisst nicht 7nanaJca, sondern /n/oi/ii.)
2122. In der i. Zeile der Anm. ist nach " haben '' und " Unbeliebtheit "
je ein Komma zu setzen.
2142. Dieses Spr. bedeutet in China: überladener Reichthum, ge-
schmackloser Luxus u. dgl., hat also in Japan eine ganz andere
Bedeutung erhalten.
2150. Nach NUo ist wo hinzuzufügen.
2160. Statt Nöja besser ^^'ojo [itW)-
2209. Soll vielmehr die Bedeutung haben : wenn man jemand etwas A
einräumt, so verlangt er gleich mehr. ■
2215. Besser; Nach dem Falle die Höhe fürchten.
2252. Sehr häufig auch für ; jemand etwas zum Geschenk anbieten.
(Auch die bekannte Redensart goran ni ircni hat neben
ihrer Hauptbedeutung "zeigen" die Bedeutung "schenken.'')
2255. Leute aus Ise parodiren das gehässige Isc-kojiki in Isc-ko
sliojiki : Ise-Leute sind rechtschaffen.
2274. Auch in der Form: On ni vtukuyitru ni ada wo motte su, die
sogar, wenigstens unter Gebildeten, gebräuchlicher sein soll.
2276. Wird gesagt, wenn man von einer Sache gar keine Unkosten
hat, wenn alles reiner Gewinn ist.
2278. In der Anm. ist "Gewöhnlich sagt xn-AW ju-hachi" zu streichen,
und dafür zu setzen : " Abgekürzt : oni nio jukacJity
2289. In der letzten Zeile der Anm. lies statt " No 906": "No 909"*
2295. Besser : Wegen einer Frau seinen unglücklichen Zustand (seine
Armuth) verhehlen, d. h. sich reicher stellen als man ist.
2312. Statt kasake, Ausschlag, auch yainai, Krankheit.
2334. Die Stelle " wird zum (od." besser zu streichen.
2348. Statt hikii lies shikii.
2387. Statt Raku no lies Raku na.
2392. Statt nari lies nani. Ebenso in No 2396.
2402. Nach "Sie können" einzuschalten: "nach chinesischer An-
schauung ".
— 427 —
Ko 2408. Gebräuchlicher : Rissui no cht (Jft) nw 7iashl, man hat nicht
einmal Platz, einen Bohrer zu stellen. Statt chi auch yocJii
(#.^). überflüssiger Platz.
„ 2422. Statt "Beweise'' besser "Thatsachen" oder " thatsächliche
Beweise.''
„ 2423. Gebräuchlicher ist Roiigo-yomi no statt Rongo-yoiiii ga.
„ 2426. Auch: diV'iu' {^i^) ni aisuinani, sich mit derselben Art zu-
sammenfinden.
„ 2427. Die Worte "noch gefährlicher'' nebst der darauf folgenden
Klammer besser zu streichen.
„ 2430. Ryoöa ist nicht ^% zweischneidig(es Messer), sondern ^^,
zwei Blätter (die Cotyledonen), was gewöhnlich fufaba gelesen
wird. Die Übersetzung sollte daher lauten ; Wenn man
(einen Baum) nicht im Cot\ ledonen-Zustande abschneidet, so
etc.
„ 2431. Statt " Urtheile" besser " Entscheide".
„ 2441. Schon unter No 3663 des NaclUrages berichtigt
., 2480, Statt "(od. Idtiuiaki-niono)" lies ''(od. kitaiia-kunond)''.
„ 2491. Besser : " kann man es das ganze Leben nicht vergessen (ver-
lernen)".
„ 2565. Statt Scnnyii lies Sennyli.
„ 2573. Zur Anm. hinzuzufügen : daher für zu grosse Dinge in zu kleinem
Raum.
„ 2586. Abgekürzte Form : sJiatni kam chord.
„ 2600. Meist verächthch, von Dingen, auf die man keine Rücksicht zu
nehmen braucht.
„ 2636. Besser : Wie wenn man in einen tiefen Wasserschlund hinab-
blickt.
„ 2686. Auch sagt man : ski/a e ok.xrenu mono, einer, den man nicht
nach unten setzen darf; d. h. einer, den man nicht unter-
schätzen darf, vor dem man sich in Acht nehmen muss.
„ 2720. Statt /;/>■///>/ auch kitoku (^t#)-
„ 2749. Statt des Hinweises auf No io8r, der nicht zutreffend ist, wäre
besser auf No 2757 zu verweisen.
„ 2765. In der Anm. nach " Leben " zu setzen : " und daher auch für
die Zukunft von Bedeutung." Ausser auf No 85 1 ist auch
auf No 330 hinzuweisen.
„ 2808. Besser: Der (Frau), die man liebt, seine Armuth verhehlen {tni
h\tx=ukimi). Die Redensart ist nur Variante von No 2295
(vgl. oben unter den Berichtigungen).
„ 3051. Ist folgen dermassen zu ändern: 'Wöge jedenfalls im Dorfe (od.
— 428 —
in der Nachbarschaft) nichts passiren ! d. h. möge das Un-
gUick wenigstens uns verschonen ! — Der Hinweis auf " der
Fuchs raubt nie auf seinem Bau" fällt demnach selbstver-
ständlich weg.
^'o 331 7- Statt 7/nz/cdrd, Seeigelschale, ist zu setzen 7t7tikdru (vom lat. uni-
cornu, Einhorn), der Zahn des Narwal (Monodon monoceros).
Hiermit sind, bei der mannigfaltigen Anwendung mancher
Sprichwörter und Redensarten, die möglichen Erklärungen
wahrscheinlich noch nicht erschöpft; auch ist nicht ausge-
schlossen, dass noch immer einige Missverständnisse unberichtigt
geblieben sein mögen. Die ev. Berichtigung derselben, sowie
die Berichtigung kleinerer, leicht erkennbarer Versehen und
Druckfehler muss einer zweiten Auflage vorbehalten bleiben ;
ebenso die Berichtigung der in den chinesischen Zeichen noch
vorkommenden Druckfehler, die Vervollständigung der Hinweise
auf sinnverwandte Sprichwörter und Redensarten, und die
strenge Durchführung des Princips, alle aus China stammenden
Sprichwörter und Redensarten durch einen Stern kenntlich zu
machen.
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Bd. 7
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