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Full text of "Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung"

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MARTIN  R  NILiSON 


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MITTHEILUNGEN 


DES  KAISERLICH  DEUTSCHEN 


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ATHENISCHE    ABTHEILUNG 


BAND    XIX 
1894 

Mit  vierzehn  tafeln  und 
drei  beilagen 


ATHEN 

VEULAG  VON  KARL  WILBLRG 

1894 


Allien.—    Uiuck  von  OKHRUKUKK    l'KIUtlS.—  Univeisilael.'- Strasse,  :>\ . 


INHALT 


Seite 

II.   G.   Loy.iNi;  -j- v.  156 

S.    Biujr.K  .  Zu  den  atlienisclipii  Ilpjiastpnläfelclien  .    .  203 

K.  Buiu-sr.n,  Zur  lydiselion  Kpigrapliik  und  Geojjjraphie  102 

VV.  DoKiU'FKLi) ,  Ausii-raljuniJt'n  im  'i'Iiealpr  von  Mag- 
nesia  am  Maiandros.  III.  Das  The- 
atero;eljäude  (Tafel  l-iV).    .    .    .  05 

j)  »  Die  Ausgrabungen  an  der  Enneakru- 

nos.  11 143 

»  »  Die    Ausgrabungen     in    Troja   1894 

(Tafel  Ix) 380.536 

»  »  Die   Ausgrabungen  am  Weslabbange 

der  Akropolis.  I.  (Tafel  XIV).    .  496 

^T.   N.   Al'.M'orMlIi;.    'H  h    'A07;va;?    'Aaxi^ovi:   a-:r,\-fi  .  374 

W.  FoEiisTKii,    Inschriften  aus  Bitbynien 368 

M.  FiiARNKEr.,    Die  Hippomedon  -  Inschrift  von  Samo- 

thrake 133 

))          »           Noch  einmal  die  Ilippomedon-Inschrift         395 
W.  Guiu.iTT,   Zum  Neroon  von  Gjölbaschi-Trysa  .    .  283 

F.  IIm.i.kii  von  Gaeutiunükv,  Ausgrabungen  im  Thea- 
ter von  Magnesia  am  .Maiandros.  I. 
Inschriften 1 

II.    KaITIMüTIII:  .    Tx  «vtcö  i/o-j'jS'q)  -•?,;  'Ax-OO-ÖAsw;  ivx- 

0;,;7.-/Ta  -r,    'AOr.vx 4  91 

0    Ki;itN,    .\usgrabungcn    im    Thralcr   von    .Mauiiesia 

am    Maiandros.   II.  Hermes  Tychon.    .  54 

»        »        'I  healerinschriften  von  der  Agora  in  Maur- 

nesia   am  Maiandros  ( Tafel  \').    .    .    .  03 

»        »       Theorenlisle  aus  Samolhrake 397 

»        »        luschrifleii  aus  Samolhrake 527 


IV  INHaT 

Seile 

A.    KOPAEAAAS,    AaupscoTt/cal    äp/aiOTrjTs;   (mit  einem 

Zusatz    von   P.  Wolters).    ...  238 
A.  KoEiiTi:.    E'nw  böotische  Vase  mit  hurlesker  Dar- 
stellung             346 

G.  LoEsciir.KK ,    Korinlhische   Vase  mit  der  Rückfüh- 
rung des  Ilephaistos  (Tafel  Vlll)  .  510 
A.  NiKiTSKY,   Cliios  in  der  delphischen  Amphiktyonie         194 

F.  NoAt.K.   Dorylaion.  II.  Grabreliefs 315 

»       »        Arne  (Tafel  X-Xlll) 405.536 

E.  Permce,   Aus  iMessenien  (mit  einer  Beilage)   .    .  351 
A.    «ImaiOS,    'ETViypacpat  ic,  'EXsu^itvo?  (lltva^  VH  xai  Suo 

TüapevösTOt  TTtvasce;) 163.300 

L.  PoLLAK,    Inschrift  aus  Athen 401 

Tu.  Preger,   Inschriften   aus  Athen 140 

»  »  Dorylaion.   I.  Inschriften 301 

J.  Six,  Die  Eriphyle  des  Polygnot 335 

))     »      Der  Agyieus  des  Mys 340 

M.  L.  Strack,   Inschriften  aus  der  Zeit  der  Ptolemäer         212 
R.  Wermcive,    Nochmals    das     Uheaepigramm    aus 

Phaistos 290 

S.  Wide,   Inschrift  der  lobakchen 248 

A.  Wilhelm,   Zum  Psephismafür  Hippomedon.  I.  II.   294.526 

F.  Winter,   Zu  den  Skulpturen   von  Epidauros  (Ta- 

fel VI) 157 

P.  Wolters,   Mykenische  Gräber  in  Kephallenia  .    .  486 

»  »  S.    A.     KOPAEAAAV;. 

J.  Ziehen,   Statue  eines  Tünienträgers  im  Piräus   .    .  137 

Lilteratur 152.297.403.528 

Funde 299.529 

Sitzungsprotokolle 154.536 

Ernennungen 156.404 


-o-Bi*<$v" 


H.  G.  LOLLING 

Flahbo  Gerhardiis    Ijollinü;   entstammte   einer  alten   friesi- 

sehen  Familie.  Fr  ward  am  23.  November  1  8 'i8  in  dem  Dorfe 

Teri2;ast  nahe  bei  i!]mden  iieboren,  nvo  sein  Vater.  \\  eet  Cor- 
el ~  ' 

nelius  Fölling,  damals  als  Lehrer  wirkte,  allerdings  um  schon 
wenig  später  nach  Farrelt  überzusiedeln.  Diesen  unmittelbar 
am  Dollart  gelegenen  Ort  hat  Fölling  als  seine  Heimat  be- 
trachtet, an  der  er  mit  Innigkeit  hing;  eine  anscheinend  von 
ihm  selbst  gezeichnete  Ansicht  des  kleinen  Hafenortes  hatte 
er  in  das  Fxemplar  des  Tansanias  geklebt,  welches  ihn  auf 
all  seinen  griechischen  VVanderunü;en  beürleitete.  Der  hierin 
erscheinende  Widerspruch  war  bei  Fölling  in  der  That  vor- 
handen:  er  hat  die  lliilfle  seines  Febens  in  Griechenland, 
sranze  Jahi'c  aiir\Van(kM'unü('ii  uiistiil  ziiuebracht.  er  liebte  diese 
Reisen  und  empfand  vielleicht  als  einziges  Opfer  seiner  spä- 
teren Stellung,  dass  sie  ihm  solche  Wanderungen  nur  in  be- 
schränktestem .Aiasse  i:;estattete,  er  hat  seine  Heimat,  seit  er 
nach  Griechenland  o-ekommen.  nur  einmal  wieder  o;esehen, 
al)(M'  ein  starkes  Heimatsgefiilil,  eine  selten  ausgesprochene, 
vielmehr  fast  verheimlichte  Anhänglichkeit  an  sein  liebes 
Friesland  hat  ihn  nie  verlassen,  obwol  er  sich  so  tretllicli  in 
Griechenland  eingelebt  halte,  dass  die  Griechen  ihn  gerne  zu 
den  ihren  rechneten.  Man  musste  nur  einmal  beobachten,  wie 
schon  beim  Klang  der  niederdeutschen  Mundart  sein  Auge 
aulleuchtete,  um  zu  wissen,  dass  Fölling  zwar  in  Hellas  eine 
neue  Heimat  gewonnen,  aber  seine  alte  in  Ostfriesland  nicht 
aufgegeben  hatte. 

In  Fari'ch  hat  Fdllinii'  bis  zu  seinem  zwanzisslen  Jahre  se- 
lebl.  Aul  allem  friesischen  Hoden,  der  {\en  Sturmiluten  der 
iNordsee  Trotz  geboten  hat,  die  den  Dollarl  tief  ins  Fand  ein- 


VI  H.  G.  i.ni.i.iNr, 

sclinilten.  lioiil  liocli  aiilVaiirnd.  aiit's  nalio  Mcci'  liiiiausscIiaiKMid 
die  alte  Pfarrkirelie,  dir  im  di'ci/jdmicn  .laliiliiiiidci-t  ci'haiit. 
für  den  jclziiitMi  Oi-l  viel  zu  i!,r()ss  licwordcn  isl  :  diclil  daiKdicn 
laii  tlas  t'iTLiiulIirlic  XNOlmliaiis  dor  l'Mtcrii,  iialichci  auch  die 
Volksschule,  Nvelchei-  der  X'alei'  his  zu  siMncni  (iö.  Lehensjahre 
vorstand,  ausiiezeichnol  duridi  Fleiss  und  (ie\visspnhaf"liL>keil 
ebenso  wie  (hirch  lernst  und  i^raihMi  olTeiien  Sinn.  Sv\nv  Kin- 
der, fünf  Söhne  und  eine  Tochter,  von  (h'uen  liahho  das  äl- 
teste war.  hahen  ihm  ein  dankhares  .Andenken  hewahi'l,  nicht 
zum  wenigsten  hir  (his  reij;e  geislij^e  L(djen,  das  er  im  Hause 
zu  erwecken  wusste.  und  die  aufopfernde  ilinj^ahe  an  ihre  .\us- 
bildunii;,  welche  trotz  äus.serer  SchwieriL!,keilen  allen  IVinfSidi- 
nen  eine  akademische  .Aushilduiif;-  erm(»i2;licht  hat.  Der  Mut- 
ter, Menna  lleyen  Schneider,  rühmen  sie  hesondere  Herzens- 
gute und  Freundlichkeil  nach.  •  ich  erinnere  mich  nicht,  dass 
jemals  ein  hartes  Wort  üher  iliiv  Li|)[)en  i.it'k()mmen  ist,,  und 
dabei  konnte  sie  uns  alle,  die  wir  mit  unendlicher  Liebe  ihr 
anhingen,  mit  einem  einzigen  Hliclve  lenken'  schreiht  mir  der 
älteste  der  Brihler. 

Den  ersten  Schnlnnterrichl  (M-hielt  Lolling  vom  Vater  selbst, 
dann  besuchte  er  seit  1861  das  Gymnasium  des  etwa  drei- 
viertel Stunden  entfernt  gelegent^n  landen.  Der  Schulweg,  der 
über  den  schutzlosen  Seedeich  IVdirte  und  oft  beim  schlimm- 
sten Unwetter  zurückgelegt  wei'den  mussle,  stellte  schon  an 
des  Knaben  Ausdauer  und  P^nergie  starke  Ai.lbi'derungen.  Sein 
Hauptinteresse  nahm  das  classische  Altertum  in  Anspruch, 
und  der  verschlossene  Ivnabe  suchte,  was  ihn  ergritY.  sogar  in 
poetischer  Form  zum  Ausdruck  zu  bringen.  Wie  eine  Ahnung 
des  künftigen  L(d»ensu;an"es  erscheint  es  daneben,  dass  er 
noch  als  Gynmasiasl  begann.  Italienisch  und  Neugriechisch 
zu  treiben.  Ostern  18ö8  verliess  er,  neunzidin  Jahre  alt,  die 
Schule  um  in  G(')lting(Mi  Philologie  zu  studiren.  Der  V^aler, 
der  für  Matlicmalik  hesdudcrs  heanlagt  war,  wäre  mehr  für 
dieses  Studium  gewesen,  aber  die  einmal  entwickelte  Nei- 
gung enls(diied.  I']ine  der  ersten  X'orksungen  lunle  er  bei 
Ernst  Curtius  über  alte   Länder-  und  Völkerkunde,   daneben 


H.    G.    LOLLINTt  VII 

hörte  er  besonders  II.  Saiippe,  auch  E.  von  Leutsch,  spä- 
ter Ollo  Ilirschfeld,  C.  Wachsmuth  und  F.  Matz,  vor  allem 
aber  F.  Wieseler.  an  den  er  sich  persönlich  eng  anschloss  und 
dem  er  in  treuer  Anhängli(;likeit  zoilleliens  ergehen  geblieben 
ist.  ihm  widmete  er  auch  das  Schriflchon  De  Medusa,  auf 
Grund  dessen  er  im  Sommer  1871  zum  Docfor  promovirt 
wurde.  Es  ist  schwer  in  dieser  kleinen  Arbeit,  die  den  Nach- 
weis versucht,  das  Medusenhaupt  sei  nicht,  wie  damals  meist 
angenommen  wurde,  der  Mond,  sondern  die  Sonne,  Lollings 
Art  wieder  zu  erkennen.  Seine  glücklichsten  Eigenschaften 
haben  hier  keine  Gelegenheit,  sich  zu  zeigen,  ja  man  hat  das 
Gefühl,  er  sei  sich  selbst  noch  nicht  über  seine  eigentliche  Be- 
gabung klar  geworden,  er  hal)e  sich  noch  nicht  selbst  gefun- 
den. Und  einen  ähnlichen  Eindruck  macht  es,  dass  die  wis- 
senschaftliche Prüfuno-scommission  am  2.  März  1872  seine 
Kenntnisse  in  der  alten  Geschichte  und  in  der  Geographie  nur 
im  Allgemeinen  genügend  fand. 

Bevor  er  diese  Prüfung  bestand,  hatte  er  sich  schon  in  den 
Schuldienst  einreihen  lassen  und  war  vom  November  1871  bis 
Ende  März  187  2  an  dem  Gymnasium  in  Clausthal  thätig.  Er 
hatte  in  dieser  Zeit  nicht  nur  in  der  Sexta  den  Unterricht  im 
Ijateinischen  und  der  Geschichte  zu  erteilen,  sondern  zugleich 
in  der  mit  dem  Gymnasium  verbundenen  Bürgerschule  ausser 
denselben  Fächern  noch  Geographie.  Deutsch  und  Englisch  zu 
verti'eten.  Der  gute  Einfluss  seines  gesetzten  und  doch  freund- 
lichen Wesens  auf  die  Haltung  der  Schüler  ward  gerühmt, 
aber  seine  pädagogische  Kunst  weiterer  Ausbildung  für  be- 
dürftig erklärt.  Doch  daraufging  Eolling  zunächst  nicht  aus. 
In  demselben  Schreiben,  in  wclclieni  er  dem  SchulcoUeiiium 
seine  bestandene  Prüfung  meldete,  teilte  er  seine  Absicht  mit, 
für  einige  Jahre  nach  Athen  zu  gehen,  und  erliat  nur  die  Er- 
laubniss.  nach  seiner  Rückkehr  wieder  in  den  Schuldienst  ein- 
trelen  zu  diH'fen.  Dass  dieser  Wiedereintritt  nie  erfolgen  sollte, 
ahnte  er  wol  nicht;  in  keinem  Fall  halte  er  den  sicheren  Bo- 
den der  Heimat  verlieren  wollen. 

Die   Möglichkeit   einige  /eil    in  Athen   zu  leben,  \ erdankte 


VIII  H.    Ct.    LOLLINfr 

LoUing  einer  iMiipfeliliino;  Wieselers.  Schon  seil  dem  Novem- 
ber 1871  staiul  er  tnit  dem  deulsclien  Consiil  in  .\llien.  Bueli- 
händler  Karl  Wilber^f,  in  N'erhandlungen,  die  daliin  IVdirlen, 
dass  er  sieh  verj)niehteLe  lur  vier  Jahre  als  llanslehrer  nach 
Griechenland  zu  gehen.  Freie  Reise,  freier  ALifenlhall  und  ein 
kleines  Jahresgehall  waren  die  Hcdingiiiigcn,  unter  denen  Lol- 
ling  die  Erziehung  der  wilbergsclien  Söhne  ii hernahm  ;  am 
25.  April  1872  traf  er  in  Athen  ein,  das  seine  zweite  Heimat 
werden  sollte. 

Die  neue  Stellung  erlaubte  natürlich  liingei'e  Reisen  nicht, 
aber  Ausllüge  wie  nach  Böotien,  Delphi,  Agina  und  Korinth 
Hessen  sich  doch  ermöglichen,  und  wenn  auch  nicht  jeder  so 
lohnend  war  wie  letzterer,  auf  dem  Lolling  die  altertümliche 
Grabschrift  des  Dveinias  entdeckte,  so  brachten  doch  auch  die 
anderen  Reisen  mancherlei  Ertrag.  Naturgemäss  richtete  er 
seine  Aufmerksamkeit  vor  allem  auf  Attika  selbst  und  schon 
in  den  Monatsberichten  der  berliner  Akademie  vom  Dezember 
1872  konnte  er  Funde  von  Gräbern  und  Grabsteinen  in  Athen 
und  Umgegend  mitteilen  ( 187;'  S.  863.  1873  S.  4  89)  und 
nicht  lange  nachher  dem  römischen  Institut  neue  Inschriften 
des  Ilerodes  Atticus  einsenden  [Bullcttino  delCiiistituto  1873 
S.  218).  Es  war  seine  erste  Beteiligung  an  der  Arbeit  unseres 
archäologischen  Instituts;  die  am  9.  Dezember  187."^  erfolgte 
Ernennung  zum  correspondirenden  Mitglied  drückte  dieser 
Verbindung  mit  dem  Institut  den  Stempel  der  Dauer  auf, 
wenn  sie  auch  vorläufig  noch  eine  lockere  blieb.  Mit  der  Grün- 
dung unserer  athenischen  Zweiganslalt  ward  das  Rand  natur- 
gemäss enger  geknüplt  und  die  1877  crlolgl«'  iMMiiMuiung  zum 
ordentlichen  Mitgliede  gab  diesem  Wandel  Ausdruck. 

Von  dem  Augenblicke  an,  in  dem  Lolling  den  grieidiisclien 
Roden  betrat,  haben  seini;  Studien  die  Wendung  genommen, 
die  seiner  eig(Mitlichen  Regahung  entsprach.  Seine  ersten  epi- 
graphischeu  l)eilräg(!  sind  schon  genannt,  von  vielfachem 
Sammeln  auf  jedem  AuslUigt;  legen  seine  Notizbücher  ebenso 
Zeugniss  ab,  wie  von  der  wachsenden  Verti'aulheit  mit  der 
äusseren  Technik  solcher  Aufnahmen.  Schon  bald  nehmen  dio 


H.    Cx.    LOLLING  It 

Abschriften  die  klaren,  sauberen,  festen  Züge  an,  die  Lolling 
eigen  waren  und  die  selbst  bei  der  auffällig  geringen  Grösse 
seiner  Notizbücher  und  df'r  dadurch  veranlassten  starken  \'er- 
kleinerung  der  Inschriften  ihren  Charakter  in  ungewöhnlich 
treuer  Weise  w^ieder^eben.  Doch  bei^nüiite  sich  Lolling  nicht 
mit  dem,  was  der  Zufall  ihm  in  den  Weg  warf,  er  begann 
planmässig  das  reiche  Material  zu  durchforschen  und  griff 
auch  Arbeiten  an,  die  andere  durch  ihren  Umfang  abge- 
schreckt hiilLon,  so  vor  allem  die  Aufnahme  der  Amphoren- 
stempel, duicli  welche  er  Dumonls  Unlcr-uchung  ( //i.se/v/;- 
tions  cerdiniques  de  Grcce)  zu  erweitern  und  fortzuführen 
gedachte.  Das  reiche  Material,  Ahschriften  von  fast  MOOO  Stem- 
peln, ist  das  einzige  Zeugniss  dieser  entsagungsvollen  Arbeit, 
die  leider  nie  zum  Abschluss  gekommen  ist.  Daneben  stöberte 
er  planmässig  die  in  giäechischen  Zeitungun  und  Zeitschriften 
zerstreuten  Inschriften  auf,  bereitete  eine  neue  P)earbeilung 
der  Inschriften  des  Dionysostheaters  vor  und  trug  sich  über- 
haupt mit  mancherlei,  oft  weit  aussehenden  Plänen. 

Auch  das  andere  Gebiet,  auf  welches  sich  bald  sein  ausge- 
sprochenes Int'-resse  richtete,  die  Topographie,  bearbeitete  er 
mit  P.rlblg;  schon  IS73  konnte  Wieseler.  der  kurz  Norher 
Griechenland  besucht  und  in  Athen  Lolliniis  Führuni;"  beson- 
ders  dankbar  empfunden  hatte,  der  Gesellschaft  der  \\  issen- 
schaften  in  Göttingen  einen  längeren  topographischen  Aufsalz 
vorlegen  (Nachrichten  1873  S.  iG3).  Lolling  seihst  hat  s[);i- 
ter  manches  von  diesen  ersten  Aufstellungen  fallen  lassen,  an- 
deres aher,  wie  seine  Ansetzung  des  llephaistion  (Nachrichten 
18:-'i  S.  17)  oder  der  Sikelia  (Nex  'EXax?  I  Nr.  3  vom  16. 
März  IS7'i)  hat  sich  mehr  und  mehr  Anerkeiiiuiiig  verschalTt. 

Inzwischen  war  die  Zweiganstalt  unseres  Instituts  in  Athen 
gegnindi't  und  \on  ().  Liulers  am  Winekeltnannslagc  IST'i 
feierlieh  cri'ifinct  worden:  ihn;  Leitung  übernahm  im  lolgtMi- 
den  Herbste  V.  Ki'ihler  Lolling  beschränkte  sich  nicht  auf 
die  Teilnahme  an  dessen  philologischen  uiul  e[)igrapliischen 
Übungen;  vom  Anfang  des  .lahres  liSTO  an  linden  wir  seiniMi 
Namen  regelmässig  in  den  Silzungsprotokollen  des  Inslitulö 


X  H.    G.    LOLLING 

vorniPi'kt,  und  Ps  sind  nohen  epigi-apliisclion  fast  aiisscliliess- 
lit'li  InpograpliiscIiP  Frai>pn.  welrlie  seiiu>  N'oilräi^o  bcliandoln. 
An  dorn  ersten,  im  Mai  IcS"!!  ausiicoeltcnen  llofte  dieser  Mil- 
tlieilung-n  heteili^le  er  sich  ausser  mit  einer  Studie  id)er  die 
Topoiiraphie  von  AJarallion  vor  allem  mit  dei'  \'er(t(Tenllieliun<j; 
der  schon  genannten,  von  ihm  iiefundeneu  und  erworbenen 
Inschrift  des  Dveinias  aus  Korint h  l'iii'  hinü;e  Jahre  ist  von 
dieser  Zeit  an  seine  Beleiligunii  an  unserer  Zeitschrift  eine  re- 
e:elm;issi2;e  üewesen. 

Im  Frühlins;  1S76  uino;  die  vieriährii>e  Frist,  für  welche 
Lolling  in  das  wilhergsche  Haus  eingetreten  war,  zu  Fnde, 
nicht  aber  sein  Aufenthall  auf  griechischem  lioden  ;  es  halle 
sich  ihm  eine  Aussicht  eröffnet,  wie  sie  cünstiüer  fiir  den  Forl- 
eauü;  seiner  Liebliuü;ssludien  sich  kaum  denken  liess.  K.  Bä- 
deker  überlrui;  ihm  die  Abfassuns;  des  Griechenland  bchan- 
delnden  Teiles  seines  Handbuchs  für  Reisende.  Zunächst  ü;alt 
es,  das  Land  auf  ausgedehnten  Reisen  selbst  genau  kennen  zu 
lernen;  dieser  Aufgabe  sind  die  beiden  Jahre  1876  und  1877 
fast  ganz  gewidmet  gewesen.  Das  reiche  Material,  welches  Lol- 
ling  auf  diesen  wie  auf  späteren  Reisen  sammelte,  liegt  in  um- 
fangreichen Taoebüchern  vor.  dieotYenbar  während  der  Reise, 
oft  während  des  Rittes  geschrieben,  in  der  Form  eines  aus- 
führlichen llinerars  eine  bis  ins  Einzelne  o;ehende  «enaue  Be- 
Schreibung  der  Gegend  geben.  Der  Geschichte  des  Landes,  vor 
allem  tien  Resten  des  Altertums,  ist  natürlich  eine  besondere 
Aufmerksamkeit  geschenkL  die  antiken  Sladlanlagen,  BurgiMi 
und  dergleichen  sind  nicht  nur  genau  beschrieben  sondern 
meist  auch  aufgemessen  und  skizzirt.  die  Mauerreste  gezeich- 
iicl.  ilir  Landscli;d'l  in  einfachen  Gesamt  bildri'u  und  oll  einge- 
iienden  Schilderungen  h'stgehaiten.  überhaupt  benutzte  Lol- 
ling.  obschon  im  Zeichnen  nicht  gewandt,  liir  sich  die  Skizze 
vielfach  zur  Hlrläulerung  des  Wortes,  selbst  Skul[)turen  trug 
er  auf  diese  anscliaidicliere  WCise  in  seine  >s()tizbüehei'  ein. 
und  manches  Stück,  das  erst  später  allgemeiner  bekannt  wurde, 
hatte  er  schon  lange  in  anspruchsloser  Umrisszeichnung  sei- 
nem Tagebuche  einverleibt  und   konnte  so    nicht  selten  nocii 


H.    G.   LOLLING  XI 

ül)cr  die  Umstände  des  Fundes  Auskunft  geben.  Dass  keine 
Inscliril't  unbeachtet  blieb,  verstellt  sieb  von  selbst,  aber  I.ol- 
lin<^s  Interesse  war  niclit  vom  Altertum  allein  absorbirt.  Jedes 
Denkmal  iki'  Gescliicbte.  auch  späterer  Jahrhunderte,  jede 
Äusserunii  des  Vr)lkslel)ens  trui»'  er  mit  Sor^lalt  ein,  Volks- 
biäuebe.  Sa^en  und  J.ieder  zeichnete  er  auf.  wo  er  deren  an- 
traf.  Die  erste  Reise,  die  er  am  19  Juni  187G  antrat  und  erst 
im  Spätherbst  beendete,  führte  ihn  besonders  nach  iMittel- 
griechenlar.d,  auf  der  zweiten  dui'chmass  er  vom  15.  April  bis 
zum  13.  i\ovember  1877  den  l^eloponnes  nach  allen  Uiclitun- 
gen.  i>ing  noch  einmal  für  kürzere  Zeit  nach  Pbokis  und  Va\- 
böa  und  kehrte  von  dort  nach  Athen  zurück.  Die  Tagebücher 
leoen  Zeu^niss  ab  von  den  Anstrengungvn,  die  er  sich  zumu- 
tele.  Nur  ein  einziij-er  ilasttai»  ist  in  all  den  Monaten  notirt 
niit  der  kurzen  Motivirung:  '  Krank  von  den  Anstrengungen 
der  Heise  durch  die  Mani  ';  aber  es  bleibt  auch  bei  diesem 
einen.  .\m  folsrenden  Taü;e  ist  der  unermüdliche  Heisende 
wieder,  wie  stets,  mit  'rai'es<j;rauen  im  Sattel,  immer  beob- 
achtend,  notirend,  zeichnend.  Auf  diesen  Reisen  hat  Lolling 
den  Grund  zu  seiner  fabelhaften  Kenntniss  des  griechischen 
Landes  ^eleüit,  die  er  leider  niemals  Ljanz  nutzbar  machen 
konnte.  Denn  begreiilicher  Weise  war  das  Heisehandbuch  nicht 
der  Ort,  wo  eine  so  bis  ins  Einzelne  gehende  Schilderung  des 
Landes  ihren  Platz  finden  konnte,  und  selbst  der  -Griechischen 
Landeskunde'  (in  Iwan  Müllers  llaudbiicli)  waren  zu  enge 
Grenzen  gesteckt,  als  dass  Lolling  auch  nur  annähernd  das 
hätte  anstreben  können,  was  ihm  als  Ideal  vorschwebte,  eine 
genaue  Schilderung  des  heutigen  Landes  imd  seiner  Bewohner 
mit  stetiger  Henicksichtiguiig  dvv  ganzen  N'ergangeidieil,  der 
erhaltenen  Hest(!  wie  der  Ereignisse,  deren  Scliauplalz  ilie  Ge- 
genden einst  gewesen. 

Zunächst  bearbeitete  i^oliing  das  überreiche  auf  den  Reisen 
gesammelte  Material.  Scdion  1877  war  ein  Teil  des  .Manu- 
skripts, im  Wesentlichen  I5öolien  und  Lnkris,  feiiig  gestellt, 
Anfang  1878  übersandte  er  dem  N'erleger  einen  zweiten  Al)- 
sclmitt,    der  den   Rest   von   Miltelgriechenland   ausser  Attika 


XII  H.    C.    LOLLINT. 

aber  cinschlicsslicli  Euhöas  hehandollo.  Diese  l)oiden  Teile 
\Mirilen,  ohwol  K.  Bädeker  sicli  nielil  verlielille,  dass  ilire 
Ausfiihrliclikeit  es  iinmöglicli  maclie,  sie  in  dieser  Form  einem 
Reisehandbuch  einzuverleiben,  als  Grundlage  Nveiterer  Bear- 
beitung in  wenigen  Exemplaren  gedruckt.  I^^iner  dieser  Ab- 
drücke, als  Geschenk  des  X'erlegers  in  unsere  Instilutsbiblio- 
thek  gelangt,  zeigt  auf  den  ersten  Blick  die  fast  übertriebene 
Genauigkeit  der  Darstelluni'-.  Mittelorieelicnland.  das  in  dem 
Reiseliandbucli  jetzt  etwa  70  Seiten  beansprucht,  nahm  in 
dem  ersten  Entwurf  mehr  als  den  zehnfachen  i{aum  ein.  Wäre 
es  möglich  gewesen,  das  Werk  in  diesem  Masstab  zu  Ende 
zu  führen,  so  wäre  es  wol  die  genaueste  Beschreibung  des 
heutigen  Griechenlands,  und  vor  allem  eine  Fundgrube  für 
antike  Geographie  geworden.  Überall  bildet  das  Altertum  den 
Hintergrund  der  Besprechung,  die  sich  b(M  wichtigeren  Punk- 
ten zu  ganzen  Abhandlungen  erweitert  und  stets  das  Bild  der 
Vergangenheit  neben  dem  der  Gegenwart  zu  entrollen  versucht. 

Entsprechend  dem  praktischen  Zweck  der  Arbeit  mussten 
die  Grenzen  viel  eniier  o;ezoi>en  und  eine  sehr  bedeutende  Ver- 
kürzung  in  Aussicht  genommen  werden.  Die  übrigen  Teile 
Griechenlands  hat  deshalb  Lollinu  nicht  mehr  in  dieser  Aus- 
führlichkeit behandelt.  Zunächst  waren  aber  noch  einige  Ge- 
genden  zu  hereisen,  so  vor  allem  die  ionischen  Inseln,  die 
Lolling  im  Früiiling  1878  besuchte,  wälirend  er  im  Sommer 
Reisen  in  Mei^aris  und  .Vtlika  niaclile.  daiieben  aber  einzelne 
der  epigraphischen  Funde  dieser  Reisejalii'(>  in  unseren  Mitthei- 
lungen zu  veröffentlichen  begann.  Auch  einige  topographische 
Untersuchungen  schloss  er  ab,  so  die  über  den  hermioneischen 
Archipel  (Mittheilungen  .1879  S.  107),  bei  welcher  man  be- 
sonders spürt,  wie  sie  an  (3rt  und  Stelle,  angesichts  der  Eand- 
schaft.  entworfen  ist. 

Inzwischen  lernte  Lolling  auch  Kleinasien  kennen.  I']r  Ix;- 
ü;ab  sich  Oktober  IS? 8  nach  Per<:;amon,  wo  er  bis  Ende  des 
Jahres  bei  den  .\usgrabiingen  zur  l'nlerslützung  K.  Iliiuianns 
tliätig  war,  zunächst  bei  der  Aufnaliuie  der  inschriflen.  dann 
auch   bei   den  ersten   (Jrabnngen   im  (iymnasion  :  dui'eli  Her- 


H.    G.    LOLLING  XllI 

ausgäbe  der  hier  gefundenen  Inschriften  hat  er  sich  auch  an 
dem  ersten  Vorläufigen  Bericht  über  die  Ausgrabungen  zu 
Pergamon  '  beteih'gt.  Die  Hückreise  nach  Athen  gab  ihm  noch 
Gelegenheit  zu  einer  selbständigen  Untersuchung:  bei  Gele- 
ij;enheit  des  notwendigen,  durch  Ausbleiben  des  Dampfers 
noch  verlänij;etten  Aufenthaltes  im  llafenörlchen  Dikeli  suchte 
und  fand  er  die  Keste  von  Atarneus  (Athen.  Mittheilungen 
1879  S.   1). 

Neue  Aufiiaben  brachte  das  Jahr  1879.  Unser  Institut  er- 
bat  und  erhielt  die  lu'laubniss,  ein  bei  dem  attischen  Dorfe 
Menidi  entdecktes  Kuppelgrab  zu  untersuchen  und  übertrug 
LoUing  die  Ausführung  dieser  Ausgrabung;  als  Vertreter  der 
griechischen  Regierung  nahm  P.  Stamatakis  daran  Teil.  Vom 
29.  April  l)is  7.  Juni  währte  die  Arbeit,  welche  an  die  Sorg- 
falt und  Hingabe  beider  die  grössten  Anforderungen  stellte, 
mussten  sie  doch  die  Untersuchung  der  eigentlichen  Fund- 
schicht aus  naheliegenden  Gründen  so  weit  als  irgend  möglich 
eisenhändiü;  vornehmen.  Die  Eri^-ebnisse  der  Ausujrabuns;  sind 
in  dem  1880  erschienenen  '  Kuppelgi'ab  bei  iMenidi'  dargelegt. 

Kurze  Zeit  nach  Abschluss  dieser  Ausgrabung  trat  LoUing 
dem  damaligen  Leiter  des  athenischen  Instituts,  U.  Köhler, 
als  llülfsarbeiter  zur  Seite.  In  dieser  Stelluncj,  die  1881  in 
die  eines  Bibliothekars  umgewandelt  wurde,  ist  er  bis  zum 
April  1888  geblieben,  und  dankbar  gedenkt  das  Institut  der 
selbstlosen  und  treuen  Dienste,  welche  er  ihm  in  dieser  Zeit 
geleistet  hat.  Zunächst  war  ihm  natürlich  die  Fürsorge  für  die 
Bibliothek  anvertraut,  daneben  übernahm  er  mancherlei  Ar- 
beiten, welche  die  Herausgabe  unserer  Zeitschrift  mit  sich 
brachte.  Aber  das  war  nicht  der  Schwerpunkt  seiner  Thätig- 
keit.  Dieser  lag,  ^vie  bisher,  in  seinen  Forschungsreisen,  durch 
welche  er  nicht  nur  seine  eigene  Kenntniss  des  Landes  mehr 
und  mehr  auszubreiten  und  zu  vertiefen  strebte,  sondern  auch 
dem  Institut  stets  frischen  StotY  zuführte,  den  er  ebenso  wie 
mancherlei  Eigebnisse  seiner  früheren  Reisen  und  mehr  zu- 
fällige Funde  nach  und  nach  in  diesen  I\Jittheilunii:en  vorleute. 
Derartige  Reisen  führten   ihn  Anläng  1880  zur  Beobachtuuij 


tpr  H.    G.   LOLLING 

der  prähistorischen  Kammergräber  am  Palamidi  nach  Nau- 
plia  (Athen.  Mitlheilungen  1880  S.  l'»3).  dann  gegen  Ende 
desselben  Jahres  an   den   Ilellesponl,  von  wo  er  erst  Anfang 

1881  zurückkehrte  (Athen.  Mittheilungen  1881  S.  95.  217. 
188*2  S.  151).  Inzwischen  hatte  er  auch  das  Heisehandbuch 
in  seiner  kürzeren  Gestalt  vollendet  und  seine  Brauchbarkeit 
aufeinieen,  mit  dem  ^'erleo;er  eemeinsam  im  Herbst  1880 
unternommenen  Reisen  erprobt;  seine  Ausgabe  verzögerte 
sich  aber  noch,  zumal  die  in  Folge  der  berliner  Conferenz  an 
Griechenland  abgetretenen  Provinzen  auch  noch  berücksich- 
tigt werden  sollten.  Eine  Bereisung  Thessaliens  war  allerdings 
schon  aus  wissenschaftlichen  Gründen  ein  dringendes  Bedürf- 
niss  und  Lolling  besuchte  als  einer  der  ersten  die  jetzt  be- 
quemer als  vorher  zugängliche  Landschaft,  zuerst  im  März  und 
April  188*2.  Die  Erwartungen,  welche  man  an  diese  Unter- 
nehmung knüpfen  durfte,  erfüllten  sich  reichlich;  sofort  nach 
seiner  Rückkehr  konnte  Lolling  die  Ver(")fi'entlicliung  seiner 
'  Miltheilungen   aus   Thessalien"    (in   unserer    Zeitschrift  von 

1882  an)  beginnen,  und  zwar  mit  einem  sprachlich  wie  ge- 
schichtlich gleich  wertvollen  Denkmal,  den  Briefen  Philipps 
V.  an  die  Einwohner  von  Larissa  und  deren  dadurch  veran- 
lassten Beschlüssen. 

Fast  ijenau  zehn  Jahre  waren  verflossen,  seit  LuUin'j;  in  den 
Süden  gezogen  war,  jetzt  rüstete  er  zu  einem  Besuche  in  der 
Heimat.  Es  war  der  erste  und  ist  der  letzte  geblieben.  Vor 
allem  das  Belinden  der  seit  Jahren  leidenden  iMutler  riet  drin- 
gend, die  Reise  nicht  länger  aufzuschieben.  Noch  im  April, 
sofort  nach  der  Rückkehr  aus  Thessalien,  reiste  er  ab;  noch 
niclit  ganz  zwei  Wochen  nach  seiner  Ankunft  in  l^arrelt  starb 
die  Mutter.  Der  Schlag;  traf  iiin  sehr  hart,  um  so  härter  als 
er  iu  derselben  Zeit  auf  schöne  llotitnungen  für  die  Ausgestal- 
tung des  eigenen  Lebens  hatte  verzichten  müssen.  Er  that  es 
oiine  Bitterkeit,  aber  er  litt  vielleicht  um  so  schwerer,  und 
besonders  nach  seiner  Rückkehr  nach  Athen,  wo  er  schon  um 
Anfang  Juli  wieder  eintraf,  muss  seine  Stimmung  sehr  trübe 
gewesen  sein.  Die  zweite  Reise  nach  Thessalien,  die  er  vom 


rt.    G.    LOLLING  XV 

18.  Oktober  bis  19.  Dezember  1882  ausführte,  war  so  für  ihn 
eine  willkommene  Ablenkung.  Sie  gab  ihm  auch  Gelegenheit, 
eine  vor  Jahren  begonnene  Untersuchung  zum  glücklichen 
Ende  zu  führen,  die  Nachforschung  nach  dem  durch  die  See- 
schlacht des  Jahres  480  bekannten  Artemision  auf  Nordeubüa 
(Athen.  Mittheilungen  1883  S.  7.  20U),  die  im  Mai  1883  durch 
eine  Ausgrabung  des  kleinen  Heiligtums  ihren  völligen  Ab- 
schluss  fand.  Ausser  der  Verarbeitung  des  epigraphischen  Er- 
trages der  thessalischen  Reisen  beschäftigte  ihn  damals  beson- 
ders die  des  topographischen  ;  einiges  dieser  Art  wurde  auch 
veröffentlicht  (Athen.  Mittheilungen  1884  S.  97), während  da- 
neben immer  noch  die  früheren  Reisen  Stoff  boten.  Im  Som- 
mer 1883  halte  auch  endlich  das  bädekersche  Handbuch  aus- 
gegeben werden  können. 

Als  im  Sommer  1884  der  Erbprinz  Bernhard  von  Sachsen- 
Meiningen  eine  längere  Reise  durch  das  nördliche  Griechen- 
land unternahm,  befand  sich  auch  Lolling  unter  seinen  Be- 
gleitern. Am  6.  Mai  wurde  die  Reise  von  Athen  aus  angetre- 
ten und  zuerst  Euböa  und  Thessalien,  sodann  Epirus  und 
Atollen  durchstreift;  ein  Besuch  Olympias  und  der  ionischen 
Inseln  beschloss  die  Reise;  von  Korfu  kehrte  der  Erbprinz 
am  27.  Juni  nach  Triest,  Lolling  des  folgenden  Tages  nach 
Athen  zurück.  Begreillicher  \A'eise  war  diese  Reise  wissen- 
schaftlich nicht  so  ergebnissreich  als  die  rein  zu  Studienzwe- 
cken  unternommenen,  aber  Lollings  Aufzeichnungen  so  gut 
wie  einige  Veröffentlichungen  der  nächsten  Zeit  beweisen, 
wie  er  auch  diesmal  keine  Gelegenheit  vorbei  gehen  liess, 
neues  Material  zu  sammeln.  Auch  musste  der  Besuch  des  ei- 
gentlichen Epirus,  das  ihm  bisher  unbekannt  geblieben  war, 
für  ihn  um  so  wertvoller  sein,  als  er  die  zusammenhängende 
Darstellung  der  griechischen  Landeskunde  für  Iwan  Müllers 
Handbuch  übernommen  hatte.  L'i'sprünglich  war  für  die  ganze 
Geographie  und  Topographie  Griechenlands  nur  ein  L'mfang 
von  8  Bügen  vorgesehen  und  wenn  auch  dieser  L'mfang  in 
der  Auslülirung  etwa  um  die  Hälfte  übersehritlen  und  der 
Plan  noch  durch   lliuzufugung  einer  speziellen  Topographie 


IVl  H.    G.   LOLUNG 

Athens  erweitert  wurde,  so  waren  der  Darstellung,  die  Lnl- 
linc;  iierne  austührliclier  und  oini^eliender  i;estaltet  hätte,  doch 
zu  enge  Grenzen  gesteckt,  als  dass  die  Fülle  von  Wissen  und 
Anschauung,  die  in  der  Arheit  liegt,  zur  vollen  ^^'irkung 
kommen  kr>nnte.  Nur  in  der  Topographie  Athens  ist  die  Dar- 
stellung etwas  breiter,  die  Eiiuterung  der  Probleme  nimmt 
etwas  mehr  Raum  ein.  und  die  Begriindnng.  welche  in  der 
überaus  knappen  Landeskunde  last  ganz  Ichlen  nuissle,  ti'itt 
zum  grossen  Vorteil  des  Werkes  mehr  hervor.  Die  Arbeit  ge- 
langte erst  Ende  1887  zum  Abschluss  und  in  den  ersten  Ta- 
gen des  neuen  Jahres  lagen  die  ersten  vollständigen  Exem- 
plare des  Werkes  vor. 

Inzwischen  hatte  Lolling  einen  neuen  Schmerz  erfahren ; 
im  Herbst  des  Jahres  188'i  war  sein  Vater  plötzlich  gestor- 
ben und  dieser  Verlust  brachte  zugleich  auch  äussere  Sorgen. 
Schon  vorher  hatte  Lolling  nach  Kräften  beigesteuert  zur  Er- 
ziehung der  jüngeren  Brüder,  deren  einer  damals  noch  die 
Schule  besuchte,  jetzt  fiel  diese  Sorge  fast  ganz  auf  ihn  allein. 
Er  hat  die  ihm  so  erwachsenen  Pflichten  in  trcuester  und 
uneigennützigster  Weise  erfüllt.  Lolling  gehörte  zu  den  glück- 
lichen Naturen,  welche  bescheiden  in  ihren  Gewohnheiten 
mit  geringen  Mitteln  doch  ohne  beengende  Einschränkungen 
zu  leben  wissen.  Man  hatte  bei  Lolling  nie  das  Gefühl,  dass 
er  sich  etwas  versage,  dass  er  sich  unbequeme  Beschränkun- 
gen auferlege:  er  schien  sich  alles  zu  gestatten,  aber  seine 
Gewohnheiten  waren  so  schlichte  und  seine  Erholungen  so 
einfache,  dass  er  niclit  nur  für  sich  ausreichte,  sondern  auch 
noch  für  andere  übrig  behielt.  Mancher  Fachgenosse,  dem  er 
so  aus  vorübergehender  Verlegenheit  half,  hat  das  dankbar 
erfahren,  denn  an  ihn  wendete  man  sich  in  allen  Nöten.  Es 
war  natürlich,  dass  er,  an  Alter  und  Erfahrung  den  meisten 
der  nach  Athen  kommenden  Archäologen  überlegen,  unter 
ihnen  eine  besondere  Holle  spielte.  Er  war  stets  das  Haupt 
einer,  zu  Zeiten  sehr  grossen,  Tisclirunde,  und  er  liebte  es, 
Abends  noch  eine  Weile  mit  den  jüngeren  Genossen  zu  ver- 
bringen,   namentlich   bei  einer  Partie  Schach ,   das  er  gerne 


M.    Ct.    LOLLING  XVtl 

Spielte;  auch  andere  Spiele  trieb  er  zeitweilig,  immer  mit  ei- 
nem gewissen  l'Jirgeiz  sie  nicht  sciileclit  zu  spielen  und  mit 
gutmütigem  Grollen,  wenn  er  nicht  gewann.  Sonst  war  er  in 
der  Unterhaltung  zuriickiialtend.  schien  meist  in  sich  gekehrt 
und  schweigsam,  aher  es  war  nicht  so  schwer  ihn  zu  beleben. 
Dann  schlug  er  plötzlich  die  bisher  gesenkten  hellen  Augen 
gross  auf  und  nahm  den  lebhaftesten  Anteil  an  der  Debatte. 
An  Stoff  fehlte  es  ja  nie.  Eine  Geduldsprobe  waren  für  ihn 
allerdings  nicbt  selten  die  neuen  Ankömmlinge,  denen  er  auf 
tausenderlei  Fragen  l\ed  und  Antwoit  stehen  und  in  tausen- 
derlei Schwierigkeiten  helfen  .sollte.  Er  thals  immer  mit  ij:ros- 
ser  Zuvorkommenheit.  Nur  wenn  der  Neuling  zu  schnell  fer- 
tig war  mit  seinem  Urteil  über  griechische  Verhältnisse  oder 
vielumstrittene  wissenschaftliche  Fragen,  konnte  er  sich  wol 
eine   recht   zutrauliche    Zurechtweisung;  zuziehen.    Sonst   war 

Lollin«?  von  «rosser   Lano-nuit  und  ij;ab  besonders  Jedem,  der 

0000  ' 

sich  zu  einem  Ausllug  anschickte  seine  guten  Ratschläge,  'die 
nicht  im  Bädeker  stehen'.  Dafür  teilte  ihm  bei  der  Rückkehr 
Jeder  Erfalirimgen  und  Beobachtungen  mit,  von  denen  er  ge- 
wissenhaften Gebrauch  für  das  Reisehandbuch  zu  machen  be- 
strebt war.  Vjä  halte  das  allerdings  auch  seine  Gefahr,  wenn 
die  Auskünite  über  irgendwelche  Veränderungen  lückenhaft 
waren,  und  so  eine  ganz  veraltete  Notiz  nur  teilweise  erneuert 
wurde.  Die  Entdeckung  eines  solchen  Versehens  gab  dann 
manche  Gelegenheit  zu  den  naheliegenden  Scherzen  über  den 
modernen  Pausanias,  der  wie  sein  antiker  Vorgänger  Gegen- 
den beschreibe,  in  die  er  nie  den  Fuss  gesetzt,  und  in  jedem 
Fall  kam  alles  dem  Reisehandbuch  zu  Gute.  Aber  darüber 
hinaus  bot  die  hai'mlose,  bald  wissenschaftliche,  bald  alltäg- 
liche Plauderei  in  Wahrheit  mehr  als  blossen  Zeitvertreib, 
und  es  werden  wenig  Reisende  in  all  den  Jahren  an  dieser 
Tafelrunde  Teil  genommen  haben,  die  nicht  dankbar  der  viel- 
fachen  und  doch  so  unautTälligen  Freundlichkeilen  und  För- 
derungen gedächten,  die  sie  Barba  Lolling,  wie  er  mit  landes- 
üblichem Schmeichelnamen  hiess,  schuldeten.  Dabei  war  aber 
Lolling  keineswegs  eine  jener  unklar  gutmütigen  Naturen,  die 

ATHEN.    MITTHEILU.NGEN   Xl.\.  D 


XVIII  H.    f..    LOLLlNG 

alle  Welt  zu  Freunden  liaben,  er  war  im  Gegenteil  seiner  gra- 
den  und  herben  Art  entsprechend  sehr  bestimmt  in  seinen 
Antipathien .  Wer  aber  einmal  seine  Zuneigung  gewonnen 
hatte,  dem  blieb  er  uii\\an(h'li)ar  zugethan. 

Die  epigraphischen  Unternehmungen  der  berliner  Akade- 
mie waren,  so  lange  sie  sich  auf  Altika  beschränkten,  von 
U.  Köhler  vertreten  worden.  Als  man  nun  aber  an  die  Samm- 
lunu  der  Inschriften  des  übriüfen  mittleren  und  nördlichen 
Griechenlands  ging,  musste  eine  weitere  Hülfe  gewonnen  wer- 
den, und  dazu  bot  sich  in  Lolling  der  rechte  Mann.  Er  über- 
nahm es,  die  von  Dittenberger  hergestellten  Scheden  für  Me- 
garis,  Böotien  und  Oropia  vor  den  Originalen  zu  revidiren. 
Zu  dem  Zwecke  besuchte  er  vom  10.  Juni  bis  29.  September 
1885  Böotien  mit  unerwartet  reichem  l!]rfolg,  von  dem  die  in 
den  berliner  Sitzungsberichten  1880  S.  1031  mitgeteilten  ar- 
chaischen Inschriften  einen  Begriff  gaben,  aber  leider  auch 
mit  schwerer  Schädigung  seiner  Gesundheit,  die  durch  starke 
Anlälle  des  Sumptliebers  litt.  Die  Bereisung  dei  Megaris  wurde 
zunächst  verschoben  ;  im  Anschluss  an  die  von  Koldewey  vor- 
genommene Untersuchung  der  antiken  Baureste  auf  Lesbos 
und  mit  ihm  gemeinsam  durchstreifte  Lolling  vom  '27.  März 
bis  7.  Mai  1886  die  Insel.  Die  inschriftliche  Ausbeute  ist  in 
den  Athen.  Miltheilungen  1880  S.  263,  die  topographische  in 
Koldeweys  grossem  Werke  niedergelegt  Da  während  des  Som- 
mers seine  Anwesenheit  in  Athen  nötig  war,  konnte  er  die 
beabsichtigte  Reise  in  die  Megaris  erst  am  2'i.  November  be- 
ginnen, aber  schon  am  5.  Dezember  zwang  ihn  ein  neuer 
schwerer  Fieberanfall  zur  Bückkehr  nach  Athen;  die  unter- 
brochene Arbeit  konnte  er  erst  im  Frühling  1887  wieder  auf- 
nehmen und  vollenden.  Und  neben  der  Sorge  für  die  nord- 
griechischen  Inschriften  fiel  ihm  jetzt  auch  die  für  die  attischen 
zu,  seit  U.  Ivöhhir  im  Sommer  1886  Atlu^n  verlassen  hatte  um 
nach  Berlin  überzusiedeln.  An  seine  Stelle  trat  als  Leiter  des 
Instituts  E.  Petersen,  neben  dem  W.  Dörpfeld,  seit  1882  dem 
Institut  zuerst  als  Architekt,  dann  als  zweiler  Sekretär  ange- 
hürig,  thätig  blieb.  Die  Ausgrabungen  auf  der  Akropolis,  die 


H.    r,.    LOLLING  XIX 

damals  fjrafle  allnn  Zweigen  rler  Altertumswissenschaft  neuen 
Stoff"  zuführten,  hrachten  eine  Fülle  von  Inschriften,  die  für 
das  Corpus  und  seine  Nachträge  zu  sammeln  eine  wichtige 
Aufgahe  jener  Zeit  war.  Im  März  1887  führte  uns  dann  die 
Ausgrahung  des  Kuppelgral)es  von  Dimini  gemeinsam  mit 
dem  Generalephoros  der  Altertümer,  P.  Kavvadias,  nach  Thes- 
salien (Athen.  Mittheilungen  188^i  S.  435),  eine  Reise  der 
auch  einiger  epigraphische  S]rtrag  nicht  fehlte.  Andere  Reisen 
dieser  Zeit,  hesonders  nach  Phokis  und  Lokris,  hezweckten 
die  Vorhereitung  der  weiteren  Bände  des  Corpus  der  nord- 
griechischen  Inschriften. 

Schon  im  Sommer  1887  verliess  E.  Petersen  Athen  um 
die  Leitung  des  Instituts  in  Rom  zu  übernehmen  ;  an  seine 
Stelle  trat  W.  Dörpfeld,  während  ich  com  missarisch  mit 
der  Verwaltung  der  zweiten  Sekretarstelle  betraut  wurde. 
So  habe  ich  eine  Zeit  lang  mit  Lolling  noch  als  College  zu- 
sammen  wirken  k()nnen  und  muss  mit  besonderer  Dank- 
barkeit der  liebenswürdigen  Art  uedenken,  mit  der  er  mich 
in  die  von  ihm  bisher  versehenen  Gebiete  einführte  und 
überhau()t  in  jeder  Weise  meine  ersten  Schritte  auf  dem  un- 
gewohnten Boden  erleichterte.  Leider  war  die  Frist  dieser 
gemeinsamen  Thiitigkeit  von  vorn  herein  kurz  bemessen.  Da 
die  Mittel  des  Instituts  die  an  sich  wünschenswerte  Anstellung 
eines  dritten  Beamten  auf  die  Dauer  nicht  gestatteten,  hatte 
Lolling  schon  seit  einiger  Zeit  im  Ijiivernehmen  mit  der  l)i- 
rection  unseres  Instituts  sein  Ausscheiden  in  Aussicht  gencuii- 
men  und  folgte  so  dem  Anerbieten  des  griechischen  General- 
ephoros der  Allertümer.  P.  Kavvadias.  die  Ordnung  und  Kata- 
logisirung  (\ri-  Inschriften  des  griechischen  Nationalmuseums 
zu  übernehmen.  Ungern  sahen  wir  ihn  scli(M(l(>n,  aber  man 
tuusste  gt'sl(>hen.  dass  er  für  die  Aufgabe  unti  die  Aufgabe  für 
ihn  so  trelllich  lieschaHVu  war,  das.s  im  Interesse  der  \\  is- 
senschaft  der  Wechsel  beinahe  erlrculicli  scheinen  konnte.  Im 
April  1888  begann  Lolling  seine  neue  Thätigkeit  und  gab  so 
auch  seine  Wohnung  im  Institut  auf.  um.  sobald  der  Bau 
des   Museums  soweit  fortgeschritten   war,   dorthin  überzusie- 


XX  H.  n.  loli.inTt 

dein,  bis  seinon  eigensten  Wiinsclicn  enlsprochend  für  ilui  ein 
kleines  VVoiinlKUis  in  dem  hinler  dem  Nalionalmuseum  «gelege- 
nen grossen  Hofe  ei'riclilcl  werden  konnte,  i'^inen  bedeutenden 
Teil  auch  dieses  Iloles  nahmen  insciiri(tsteine  ein,  eine  kleine 
Anpllanzung  von  Bäumen  und  Blumen  um  das  Häuschen  gab 
einigen    Schmuck   und   verhiess   für  die  Zukunft  angenehmen 
Schatten.    Die   Woiuiung.    an   sich   einfach   ausgestattet,  halte 
(hii'ch   orientalische    und   gi'iechische    Decken   und  Stickereien 
ein  heiteres  Ansehen   gewonnen,  wozu  selbst  die  für  ein  mo- 
dernes Wohngemach  bescheidener  Grösse  etwas  zu   kräftigen 
iTi}dveni sehen  Muster  der  Decke  und  der  Wände  nicht  übel  pass- 
ten.   Als  der  grosse  Mittelsaal  des  Nationalmuseums  nach  den 
Entwürfen  unseres  P^'reundes  G.  Kawerau  in  dem  bunten  und 
prächtigen    Geschmack   der  mykenischen    r.poche   ausgemalt 
wurde,  fand  Lolling  daran  solches  Gefallen,  dass  er  es  wagte, 
diese   Motive  sogar  in  seine  Wohnung  zu   verpflanzen.  Auch 
sonst  that  er  mancherlei  für  seine  Behausung,   die  er  als  nett 
und  gemütlich  ()ries  und  in  der  er  sich  behaglich  fand.  Seine 
Bibliothek,  früher  wenig  gepflegt,  wuchs  an  Umfang  und  er- 
leichterte seine  Arbeiten  wesentlich  :   auch  moderne  Lilteratur 
wurde  planmässig  angeschatt't.   Lolling  hatte  stets  viel  gelesen, 
aber  zumal  in  seinen  Wanderjahren  das,  was  zufällig  erreich- 
bar war,  und  so  hatte  seine  iiibliothek  ein  etwas  buntschecki- 
ges Aussehn  angenommen  ;  dem  half  er  jetzt  ab. 

Die  Abselecirenbeit  der  Wolmuni;.  die  anderen  als  Nachteil 
erschienen  wäre,  war  ihm  sympathisch;  sie  sichei-te  ihn  vor 
unwillkommener  Stitrung  und  die  Nähe  des  Museums  erlaubte 
ihm  mit  mi')glichst  geringem  Zeitvei'lust  den  ganzen  Tag  bei 
seiner  Arbeit  zu  bleiben.  Nur  Abends  fehlte  er  nach  wie  vor 
bei  der  allgewolinten  Tafelfiimle  niclil.  wenn  er  sieh  auch  mil 
den  Jahren  etwas  melii'  zurückzog,  und  den  Abend  gerne  in 
kleinstem  Kreise,  besonders  auch  im  Familienkreise,  zubrachte, 
wobei  das  Schach  nach  wie  vor  seine  Bolle  spielte.  Gi'össere 
Gesellschaflen  floh  er.  I']ine  grosse  \'(U'liebe  hegte  er  für  <las 
Theater,   und  besonders  Sommers,  wenn  alleiwiiits  in  Athen 


H.    G.   LOLLING  XXI 

unter  freiem  Flimmel  gespielt  wird,  brachte  er  manchen  Abend 
dort  zu. 

Lollings  Aufgabe  im  Museuiu  war  eine  doppelte :  er  musste 
das  ej)igraphische  Museum  schatTen,  um  es  dann  zu  katalogi- 
siren.  Zuerst  galt  es,  Ordnung  in  die  Trümmermassen  von  der 
Akropolis  zu  bringen.  Nicht  nur  die  neu  gefundenen,  beson- 
ders die  archaischen  Inschriften  mussten  aus  den  einzelnen 
Stücken  zusammengesetzt  werden,  auch  längst  Bekanntes  und 
als  zusammengehörig  Erkanntes  wurde  jetzt  zum  ersten  Mal 
im  Original  zusammengefügt.  So  erstand  in  übermächtiger 
Grösse  aus  Unmengen  von  Fragmenten  aufgebaut  die  Tribut- 
liste des  attischen  Seebundes,  so  die  wichtigen  auf  das  vor- 
persische llekatompedon  bezüglichen  Inschriften  {'Ahr,^x  11 
S.  627)  und  so  manches  andere.  \'on  den  wichtigeren  Zu- 
sammensetzungen wie  von  neuen  Funden  gab  er  regelmässig 
in  dem  oHiziellen  Organ  der  E[)liorie,  dem  AeXTtov  äp/atoAoy.- 
KÖv  Nachricht  und  schloss  daran  sogleich  eine  genauere  Be- 
handlung, soweit  sie  erwünscht  war,  wenn  er  den  neuen  StolT 
nicht  zu  einem  seiner  Aufsätze  in  der  'E^pr.iy.sfU  <x.py xiol'jyu.r, 
und  der  Wh^tx  verwertete,  die  er  jetzt  naturgemäss  bevor- 
zugte. Diese  Arbeiten,  welche  er  ohne  Mühe  sogleich  grie- 
chisch niederzuschreiben  pflegte,  greifen  nur  selten  aus  dem 
epigraphischen  auf  andere  Gebiete  über. 

Der  berliner  Akademie  blieb  er  nach  wie  vor  durch  Be- 
schafTung  des  Materials  für  das  Corpus  hülfreich.  Es  war  ihm 
eine  grosse  Freude,  als  die  Akademie  ihn  zum  Milgliede  er- 
wählte, und  so  ihr  X'erhältniss  besonders  eng  gestaltete.  Darü- 
ber hinaus  ab(U'  wirkte  Lolling  für  einen  stets  wachsenden 
Kreis  von  Gelehrten,  die  sich  immer  und  immer  wieder  mit 
den  mannigfachsten  Anfragen  und  Bitten  um  Auskuiifl  an  ihn 
wandten.  Er  nahm  diese  nicht  geringe  Arbeitslast  gern  auf 
sich,  ja  er  zürnte  fast,  wenn  Jemand  seine  Hülfe  nicht  in  An- 
spruch genommen  und  einen  Punkt  als  zweifelhaft  behantlelt 
hatte,  (h'r  durch  V^ergleichung  des  Steines  hätte  erledigt  wer- 
den können,  lliilf bereit  wie  er  war,  trat  er  bei  den  verschie- 
densten,  oft   zeitraubenden  V'^erwaltungsgeschäften    des   Mu- 


XXn  H.    Cr.    LOLLINft 

setims,  auch  wenn  sie  ausserlialb  seines  eigensten  Gebietes  la- 
gen, mit  ein.  Vor  allem  ahor  liu'derte  er  mit  eisernem  Fleisse 
die  Ordnunar  seiner  Sammluno;.  In  den  lanijen,  niedri"  ue- 
wölbten  Sälen  des  Untergeschosses  und  in  den  Flöten  des  Mu- 
seums  ordnete  er  die  inschrif'tsteine,  ohne  jedes  Streben  nach 
äusserer  Zier.  Dazu  lud  der  Charakter  der  Sammlung;  nicht 
ein  ;  sie  ward  nur  dem  Studium  bestimmt.  Jahre  angestrengter 
Thätigkeit  gingen  darüber  hin,  bis  einigermassen  Ordnung  in 
die  überreiche  Fülle  gebracht,  die  veröffentlichten  Stücke  wie- 
dergefunden und  bezeichnet,  die  unbekannten  wenigstens  vor- 
läulig  co{3irt  waren,  und  doch  konnte  noch  jeder  Tag  Über- 
raschungen bringen.  So  hatte  Lolling  noch  ein  neues  Bruch- 
stück des  ältesten  attischen  Volksbeschlusses,  des  salamini- 
schen.  erkannt,  aber  nicht  mehr  verwerten  können.  Die  meiste 
Arbeit  hatte  er  auf  die  Inschriften  von  der  Akropolis  verwandt; 
ihre  Ordnung  konnte  als  abgeschlossen  gelten  und  mit  ihnen 
sollte  deshalb  sein  Katalog  der  Sammluns;  beginnen.  Fr  wollte 
nur  den  Wortlaut  der  Texte,  diesen  aber  nach  sorglältig  revi- 
dirten  Abschriften  sehen  ;  für  die  Buchstabenformen  gedachte 
er  stets  auf  eine  Tafel  zu  verweisen,  welche  alle  vorkommen- 
den Varianten  übersichtlich  zusammenstellte.  Der  erste  Teil, 
die  Weihinschriften  umfassend,  war  fertig  und  sollte  grade 
zum  Druck  gegeben  werden,  als  Lolling  starb. 

Die  Ordnung  der  Sammlung,  die  Abfassung  des  Kalaloges, 
der  in  Zukunft  eine  gesicherte  Grundlage  für  jede  l^ehandlung 
dieser  Fülle  von  Texten  bilden  sollte,  hatten  ihm  keine  Hube 
gelassen.  Alle  Ermunterungen,  sich  eine  Ausspannung  zu  g<')n- 
nen,  alle  Finladungen,  die  Heimat  wieder  einmal  aufzusu- 
chen. Ichnle  er  mit  dem  Hinweis  auf  die  verantwortungsvolle 
Arbeit  ab.  Wenn  der  erste  Teil  des  Kataloges  erschienen  wäre, 
dann  wollte  er  sein  alles  Friesland,  seine  Geschwisl(M'  wieder 
sehen.  Im  Sommer  l(Sl)'i  dachte  er  die  Heise  zu  untei'n(>!imeu  ; 
seine  Freunde  halten  ihn  lange  dazu  ermahnt,  denn  er  be- 
durfte sichtlich  der  Erholung.  Sommer  und  Herbst  1893  hatte 
er  in  leidlichem  Wolbefinden  zugebracht,  sogar  in  einer  ihm 
besonders  zusagenden  Gesellschaft  junger   Fachgenossen   hei- 


tt.   G.   LOLLINÖ  Xtin 

terer  und  weniger  zurückgezogen  als  sonst,  doch  mit  der  käl- 
teren Jahreszeit  begann  er  zu  kränkein.  Kin  schwerer  An- 
fall,  Anfang  des  neuen  Jahres,  wurde  glücklicli  überwunden, 
aber  dem  Wunsch  des  Arztes,  sein  Leiden  durch  gründliche 
Untersuchung  feststellen  zu  lassen,  glaubte  er  nicht  nachge- 
ben zu  müssen.  Er  konnte  somir  wieder  seine  beliebten  klei- 
nen  Ausflü'j;e  ins  Land  aufnehmen;  wir  besuchten  i^emeinsam 
Salamis,  an  einem  anderen  Sonntag  fuhr  er,  diesmal  zufällig 
allein,  nach  Jeraka,  wo  es  eine  archaische  Inschrift  zu  revi- 
diren  gab.  Er  kehrte  erkältet  zurück;  in  wenigen  Tagen  stei- 
gerte sich  sein  Unwolsein  zu  bedenklicher  Krankheit  und  die 
Ärzte  gaben  bald  wenig  Hoffnung,  dass  der  akute  Ausbruch 
eines  offenbar  chronischen  Nierenleidens  überwunden  werden 
könne.  Bis  wenige  Stunden  vor  seinem  Ende  war  er  völlig 
klar,  nur  eine  gewisse  Apathie  hatte  sich  seiner  von  Anfang 
an  bemäclitio;t ;  am  22.  F'ebruar  1894  Abends  verschied  er. 

LoUing  hatte  nie  nach  äusserer  Anerkennung  gestrebt,  ihm 
war  es  genug,  nicht  unerkannt  zu  bleiben,  doch  hatten  äus- 
sere Ehren  ihm  nicht  gefehlt.  Die  griechische  Ephorie  der 
Altertümer,  in  dankbarer  Würdigung  der  Verdienste  des  Ver- 
storbenen übernahm  es,  sein  Begängniss  auf  Staatskosten 
auszurichten.  Seine  Freunde  und  Arbeitsgenossen  haben  es 
sich  nicht  nehmen  lassen,  auch  ein  dauernderes  Zeichen  ihrer 
Gesinnung  zu  stiften,  und  es  erhebt  sich  auf  Lollings  Grabe, 
antikem  Muster  nachgebildet,  eine  schlanke  Marmorstele,  er- 
richtet von  seinen  Freunden.  Ein  schöneres  Denkmal  aber  ist 
das  treue  Gedenken,  in  dem  er  bei  allen  steht  und  stehen  wird, 
die  in  persönlichem  oder  amtlichem  Verhältniss  sich  seiner 
Hülfe  ertreuen  durften,  als  der  allezeit  brave,  getreue  Freund 
und  Helfer. 

PAUL  WOLTERS 


AUSGRABUNGEN  IM  THEATER  VON  MAGNESIA 
AM  MAIANDROS 

(Hierzu  Tafol  I-IV) 

Einem  merkwürdigen  Zufalle  verdankt  das  Theater  von 
Magnesia  am  Maiandros  seine  erste  für  uns  nacinveisbare  Er- 
Avähnung.  Der  alte  Strabon,  mehr  Grammatiker  als  Geograph, 
besuchte  es  und  liess  sich  dort  einen  Inschriflstein  zeigen,  an 
dem  sclion  manches  schulmeisterliche  Gemüt  Ansloss  eenom- 
men  haben  mochte;  denn  er  entiiielt  einen  orthographischen 
Felller  an  einer  Stelle,  wo  es  am  ärgerlichsten  war.  in  einem 
Citat  aus  Homer,  und  dieser  Fehler  konnte  zu  einer  ganz 
falschen  Inlerpi'etalion  fidiren  Jahrhunderle  vergingen  :  das 
Theater  veiliel,  die  Ruinen  bedeckten  sich  mit  Erde.  \'or  etwa 
siebzig  Jahren  (1820)  zeichnete  der  französische  Architekt 
liuyol  in  Gemeinschaft  mit  Dedreux.  die  Stätte  von  Magnesia, 
von  einer  im  NA^esten  •»ele^enen  Anhidie  aus  o-psdien.  mit  den 
noch  erhaltenen  antiken  Resten';  in  seiner  Skizze  folgen  von 
links  nach  rechts  ein  kleines  Odeion  —  wie  es  Rayet  bezeichnet — 
in  uiimiltelharer  Nähe  des  Tempelbezirks  der  Artemis,  darauf 
das  grosse  Theater. von  dessen  durch  hohe  Mauern  begrenztem 
Zuschauerraum,  noch  viel  erhallen  ist;  das  Stadion  ist  erst 
in  dei"  Umzeichnung  von  Thomas  rechts  darau  gerückt.  Ein 
kleines  Halbrund,  wol  xon  einer  Exedra.  das  zu  unserer  Zeit 
etwas  oberhalb  (von  dem  eben  bczcichiieteii  Standpunkte  aus 
reclils)   im    Süden    vom   grossen    Tliealer   in  (]^'n   \\ Cinberuen 


*  Zoichnuiiij;  lici  Loüii  de  Lahorde,  Votjage  de  VAsie  Minruve,  1838,  Taf.  47 
Nr.  88  und  inil  minelieii  zum  Teil  wo!  willkiirliclien  Änderungen,  durch 
die  das  liandschallsbild  als  solches  freilich  ycwiiiul,  im  .Vllas  zu  Rayel  und 
Thomas,  Mild  et  Ic  ijulfe  lalini(jur  Tai".  S"-''. 

ATHEN.    MITTHEILUNGEN   XIX.  1 


2  P.  HILLER  Von  GAEHTHINGEIJ 

sichtbar  war.  ist  auf  Hiiyots  Skizze  nicht  angegel)en  *.  Auch 
Leake  erwülint  das  Tiiealer,  aber  in  einer  Weise,  weiche  die 
Annahme  einer  Verwechslung  mit  anderen  Orten,  wie  Tralles 
oder  Aizanoi .  nahe  legt,  nämlich  als  angeschlossen  an  eine  Lang- 
seile des  Stadion  [Journal  of  a  tour  in  Asia  minor,  1824, 
S.  244  Anm.  ^).  Texier  hat  ihm  während  seiner  grossen  Expe- 
dition im  Jahre  1842  keine  Beachtuni»;  geschenkt, was  in  Anbe- 
tracht  der  Schwierigkeiten,  mit  denen  er  bei  den  Ausgrabungen 
am  Tempel  zu  rechnen  hatte,  begreiflich  ist;  und  doch  sah  noch 
Welcker  einige  Jahre  später  sechs  Sitzreihen  übereinander 
eine  Strecke  lang  freiliegen  (Tagebuch  einer  griechischen  Rei- 
se, 1865.  11  S.  156).  Im  Anfange  der  siebziger  Jahre  konnten 
Rayet  und  Thomas  von  dem  bei  Huyot  gezeichneten  •  Odeion' 
keine  Spur  mehr  entdecken  ;  beim  Theater  kamen  sie  jedoch 
zu  der  Ansicht,  dass  die  Sitzstufen  noch  gut  erhalten  seien, 
wenn  auch  mit  Erde  bedeckt.  Dieselben  Reisenden  bezeugen 
aber  bereits  die  fortschreitende  Zerstörung,  welche  plan  massig 
in  gewinnsüchtiger  Absicht  betrieben  wurde.  Man  durchwühlte 
das  Erdreich  nach  Bausteinen,  zerstörte  die  Teile  des  Zu- 
schauerraums, die  noch  so  lange  erhalten  geblieben  waren, 
und  legte  dabei,  wenn  auch  nur  in  halber  Höhe  über  dem 
antiken  Boden,  eine  doppelte  Reihe  verschiedenartiger  Säulen 
frei,  zwischen  denen  eine  Anzahl  von  Postamenten  mit  In- 
schriften lag.  Diese  letzteren  wurden  zumeist  von  A.  E.  Kon- 
doieon  in  seinem  ^^  erkchen  'AvexSoTot  Mucpaciiavai  euiypatpai, 
Tsu/oi;  a',  November  1890  nach  Abschriften  anderer  veröffent- 
licht; einzelne  Nummern  haben  auch  Einirani»-  in  diese  Zeit- 
Schrift  und  diis ßull.dc corr./icil.  (XV,1891 ,  S.  538  f.,  Berard) 
gefunden.  Einige  Skulpturreste,  die  dabei  zum  Vorschein  ka- 
men, erwähnt  S.   Reinach   in   der  c/uoniquc  d'Oricnt  vom 

<  Die  erste  Erwähnung  in  der  Neuzeil,  .sof^'ar  niil  eincM'  Art  von  rian, 
w<ire  die  tji'i  l^ucocke,  Bcschreiitungdes  Morj^cnlandes,  überseUl  von  Breyer, 
111,  Erlangen  1773,  ö.  iSI,  Tat',  kl  G  —  wenn  jener  keisende  niclil  den  da- 
mals enlscliuldbaren  Inlum  begangen  liüUe,  die  Ställe  von  Tralles  (Aidin) 
für  Magnesia  anzusehen.  Übrigens  kann  man  auch  für  Tralles  nichts  daraus 
lerntMi.  Dai  nach  ist  aber  das  Cilal  bei  Albcrl  Müller,  Bühncnallcrlümcr, 
(  K.  F.  Ilerniann's  Anli(iuiläten  III)  Ö.  11,  21  zu  streichen. 


AUSGRABUNGEN   IM  THEATER   VON   MAGNESIA   AM   MAlANDftOS  3 

Septeml)pr  1890'.  Diesem  Raubbau  wurde  alsbald  von  ver- 
scliiedenen  Seiten  (viil.  auch  Berard  a  a.  O.)  enercrisch  ein 
Riegel  vorgeschoben  :  er  hatte  aber,  wie  manches  Schlimme 
auch  sein  Gutes:  er  lenkte  die  Aufmerksamkeit  auf  das  Theater, 
als  am  '23.  November  1890  C.  Humann  und  W.  Dürpfeld  mit 
O.  Kern  und  mir  in  Magnesia  eintrafen,  um  im  Auftrage  des 
Kaiserlicli  deutschen  archäologischen  Instituts  die  Aussichten 
einer  Ausgrabung,  namentlich  am  Tempel  der  Artemis,  zu 
erwägen.  Wir  hatten  an  Oi't  und  Stelle  den  Eindruck,  dem 
Oin-pfeld  in  einer  für  unsere  weiteren  Entschlüsse  entschei- 
denden Weise  Ausdruck  verlieh,  dass  das  Bübnengebäude  in 
den  unteren  Teilen  gut  erhalten  sein  müsse;  seine  Erforschung 
erschien  daher  von  Anfang  an  als  eine  wünschenswerte  Ne- 
benaufgabe, deren  Lösung  ich  nach  wenigen  Wochen  durch 
ein  günstiges  Geschick  selbst  in  die  Hand  nehmen  konnte. 
Während  der  ii;anzen  Dauer  der  Ausa;rabunijen  stand  mir  Hu- 
mann  stets  mit  Rat  und  That  zur  Seite,  wie  auch  der  Gesamt- 
plan des  Theaters  sein  Werk  ist;  Kern  half  unermüdlich  bei 
der  Beaufsichtiijunii;  der  Arbeiter,  die  zeitweilii»-  daneben  auch 
an  einem  anderen  Scbauplatze.  in  der  westliehen  Nekropo- 
lis  von  Magnesia  angestellt  wurden.  Die  Hauptarbeit  war  un- 
geachtet der  Winterregen  und  anderer  Unterbrechungen  gegen 
l^]nd('  Februar  gethan  ;  aber  die  Aufnahme  des  Planes  erii;ab 
immer  neue  Fragen,  und  die  mehrfacben  Besuche  Dörpfelds, 
der  sich  noch  zweimal  auf  unsere  Bitte  bereit  fand,  von  Athen 
auf  kurze  Zeit  herüberzukommen,  brachten  jedesmal  neue 
Autklärungen,  zugleich  aber  auch  neue  Probleme,  die  nur  der 
Spaten  entscheiden  konnte.  So  wurde  mit  kurzen  Pausen  bis 
zu  meiner  Abreise,  die  Mitte  Juni  1891  erfolgte,  wenn  auch 
meist  nur  mit  wenigen  Leuten  gegraben.  Nachdem  unterdes- 
sen am  1.  März  von  Seiten  der  Königlicben  Museen  zu  Berlin 
die  umfassenden  Ausgrabungen  am  Artemislempel  begonnen 

'  Revue  archiologique  XVI,  2  S.  260  (  =  S.  Reinach,  Chroniques  d' Orient 
S.  715):  une  stallte  aci'phalc  d'ApoUon  d'un  quarl  plus  pelit  que  nalure,  une 
tele  de  femme,donl  les  pruncllcs  sunt  peinles,  un  bras  d'liomme,  unpicd  cliaus- 
si',  deux  mains,  un  chapitcau  ürnc  de  dcux  gn'/funs  de. 


4  f.    HII.LEIl    VON    GAERTRINdEN' 

liatten,  war  im  iMai  der  Architekt  W.  Heyne  nach  Magnesia 
üekommen,  welcher  nach  Beendiguni»-  seiner  Arbeiten  am  Tem- 
pel i;ern  einii^e  Taj^e  ziiiiab.  um  der  Aufnahme  des  architek- 
tonischen Details  im  Theater  ohzu liegen.  Es  war  demselben 
auch  später  durch  das  ausserordentlich  dankenswerte  Enlge- 
iienkommen  der  KiHiiitliehen  Museumsverwaltunii;  mehrere 
jMale  gestattet,  sich  der  Erfüllung  nachträglicher  Wünsche  zu 
widmen,  die  auch  für  das  Theater  unausbleiblich  waren.  Auch 
manche  Inschriften,  und  nicht  die  schlechtesten,  wurden,  von 
den  nächsten  Winterregen  freigewaschen,  erst  lange  nach  mei- 
ner Abreise  gefunden,  die  letzten  erst  im  Januar  1893;  aber 
die  zurückgebliebenen  Freunde  hielten  gute  Wacht  und  sorg- 
ten dafür,  dass  ich  auch  in  der  Ferne  sogleich  in  vollständiger 
Weise  benachrichtigt  wurde. 

Zu  dem  Fokenden  ist  nur  noch  wenio-  zu  bemerken.  Ich 
werde  an  erster  Stelle  die  Inschriften  geben  (und  zwar  mit 
Einschluss  der  bereits  anderweitig  bekannten),  weil  dieselben 
für  das  wichtigste  Ergebniss  der  Ausgrabung,  die  Erkenntniss 
der  Bauseschichte  des  Theaters,  in  mehr  als  einer  Bezic  huno; 
von  Bedeutung  sind.  Diese  Geschichte  zu  schreiben  hat  Dörp- 
feld  freundlichst  übernommen,  nachdem  er  bereits  in  dieser 
Zeitschrift  kurz  die  Entwicklungsstufen  des  Baues  aufgezeigt 
hat  (XVI,  lisyi,  S.  265  f.,  worauf  die  Darstellung  bei  Durm, 
Die  Baukunst  der  Griechen  ~  S.  324,  i^  fusst).  Von  der  Auf- 
nahme des  Planes  durch  llumann,  den  Arbeiten  Ileyne's  ist 
schon  gesprochen.  Da  sich  auch  Kern  bereit  fand,  zu  einem 
epigraphischen  Denkmal  von  nicht  gewöhnlicher  Form  einige 
Erläuterungen  religions- und  kunstgeschichllichen  Inhalts  zu 
geben,  so  habe  ich  die  Freude,  die  Gelahrten  bei  der  Arbeit 
sämtlich  auch  an  der  wissenschaftlichen  Verwertung  beteiligt 
zu  sehen. 

Das  Ganze  aber  möge  allen  Beteiligten  eine  schinie  Zeit  ge- 
meinsamer Thätigkeit  ins  Gedächtniss  zurückrufen  und  vor 
allen  dem,  unter  dessen  altbewährter  Leitung  auch  diese  be- 
scheidene Ausgrabung  zum  glücklichen  Ende  geführt  ist,  Gakl 
Humann. 


AUSGRABUNGEN   IM   THEATER    VON   MAGNESIA    AM    MAIANDROS 


I.        I    \    S    C   II    II   I   F   T   i;   \ 

1 .  Staatsii  rk  linden. 
a)  Magncsische  Volhsbesc/disse. 

1.  und  2.  Für  A  pollo  pli  anes.  Die  Unierteile  zweier 
viereckiger  I^asen  aus  dem  dunkelblauen  Marmor  der  Verklei- 
dung des  Zuschauerraums,  unten  mit  einem  0,17(1)  j)ez.  0,16™ 
hohen  Profil  versehen.  H.  0,83(1)  bez.  0,81(2),  L.  0,78  (beide) 


T.  O.dS.").  Die  obere  ii\[\\[v  Mäche  hal  Cusskanäle,  es  l;m  also 
|e  ein  /wejlcr  \  eriiiiit  lieb  ebenso  grosser  Stein  (laraiif,  der  das 
obere  Pcolil  tind  die  Anbäiige  der  Inseiirirten  enlbielt.  Clet'unden 
an  den    beiden   Nordeirn    JU'ken   des   Zusehauerraums   in   der 


6  F.    HILLKR    VON   GAEnTRINfiEN 

Orcliosli-a  am  15.(1)  und  '2.  Jan.  ('2)  1891.  Beide  laiien  nicht 
mehr  an  ihrer  ui-spriini^lichen  Stelle,  die  sich  aber  noch  sicher 
durch  die  mit  den  Fundamenten  übereinstimmenden  Dübeilö- 
cher  der  Unterseite  feststellen  lässt:  die  Basen  standen,  mit  der 
Schriftseite  nach  derOrchestra.  als  i.inere  Abschlussploslen  der 
Marmorverkleiduni;-  des  Zuschauerraums,  1  an  der  Südwest-, 
2  an  der  Nordostecke;   vgl.   den  hier  mito;eteilten  ergänzten 


Zl'sc.ii.miehiiaum 


b^^^J^SElilSIii» 


NOERDLICHE    PaRODOS 


Aufriss  und  Gi'undriss.  die  beide  nach  Aufnahmen  von^U. 
Heyne  im  Verhältniss  von  ungefähr  1 :  30  gezeichnet  sind. 
Nr.  1  ist  an  der  Vorderfläche  rechts  und  links  stark  und 
o])en  schwach  ])esciiiidigt,  5  ist  bis  auf  den  rechlen  iUind 
ziemlich  gut  «'rhalten,  nur  befindet  sich  reciits  in  der  16-18. 
Zeile  ein  rechteckiges  Loch,  von  einer  sj)ätercn  Verwendung 
herrührnid.  Scliiift:  0,01  hoch,  schwerlich  viel  jimgcr  als 
200  v.  Chr. 


AUSGRABUNGEN   IM  THEATER   VON  MAGNESIA  AM   MAlANDROS 


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F.    HILLER   VON   ("i AK RTRINGEN 


Die  obere  Iliilfle.   entlinlteiid  das   Pi'iiski'ipf .   die  ii;anze  Be- 
»i'ündiinii"  und  einen  Teil  des  Elirenbeschkisses  selbst,  t'eblt. 


5. 


10. 


15, 


Z. 


etwa  "21  Bucbstaben  tt);  tcIo  >.£cöi;1  —  aTT,axi  Se  au[Toij  ttiu, 

(X6V    £T£pav] 
GT7;Xy)V    £v    TV;'.    iyopx'-,     TTIvI     Sk    £T£pav    £V    TOit    0£XTpCOt,     tÖ    0£ 

£•.?   T7;v    ö.vxijTa'jiv    TJyi;   7:co£']/-/^0'.'7a£VYi;   £'.x.6vo?    'Axo^Xocpic- 
v[zi  y.xi  Tr,v] 

vov  äv[_TtYpa(p£'a  ?] 
T7^;  •/.ara'jXi'jTi?   t]o'j    Oixrpo'j    ix-   Tcöy.  Twpo'jöowv  tcöv  £pY)<pi- 

cx.£'j75V  ToO  Oizjrpo'j,    fiiTx.T/puGCS'jOa'    o£  auToy  xai  £;?  xcO£- 

Spiav  p,£Ta  [tcöv  xX-] 
X(i)v  £'j£pY£Tj(öv   £v  TOi;  xyciiatv    O'j;  iv  6  ovii/.o;  (T'jvt£V?;i,  tvo. 

7:avT£[<;  Eiodi-] 
<7iv  ü>;  6  Sr,ajO?    £'jy xpti7T0<;    öjv   toT;   x.aXoi?  xal  äyaöoi;  tü)v 

avSpdJv  x.[ai  au]- 
tÖv  eu£py]£TO'j(Jiv  /taxa^ta?  yxpira?   dcTroSiöcoTiv   tcöv   £Ü£py£- 

(Ttwv  TO'j<;  [Se  7upo-J 
fSpo'j?  TTjor/iaa'.  tJ/r)(popoptav  xark  tov  voij.ov  y.ai  titxvtwv  cuv- 

vo^ao:]  <j'jvTXC<T£i,   x.'jpia  £ivai  tx  £'];-/]<piaa£vx'  ävxypx'pvivxi  ö£ 

xal  t6o£  tÖ  ^{;r,^[i'jax] 
iq    GTr, ! Xtjv    Xi.OivriV    y.xi    gtYjCTXI    Trxpx   t*/]V    eix.ovx  ttjV  £v  tt/I 

ayopx'.  /.xi  £'!?  to  ßriax 
Tv^;  £ix]6vo;  rvi;  £v  ToJt  ösicrpur — XeXogOx'.  §£  x.ai  £l' ti  4'"'^" 

(piTfxa  ivavTiov  iazl 
twiSe  TJüii  (|/y)(pir>axTi   x,xt'  auTO  tooto  JtaO'  5  icTiv   ivxvxiov. 

TÖV    77pO£SpCo[v    TTOl-] 

vi<7XVT^(i)v  TYiix  t|/rj^o<popixv  x.XTX  tÖv  v6[;.ov  (]/7i<poi  =7irr,v£y6Y)r7av 

T£Tpa[-Aicy^i-] 

Xtat    E^^XX.O'j'.Xl    £€öOJ7.Y,X.OVTX    Öx.Tü). 

i']nde,  Z.  "2  Anfan"« :  Erfränzun";  von  Wilamowitz.  Z.  3 


Ende,  Z,  4  Anfang  desgleiclien.  Z.  7  £iSöi|<jtv.  .  desgleiclien. 


AUSGHABUNGEN   IM   THEATER   VON   MAGNESIA   AM   MAlANDROS 


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10  F.    HILLER  VON  GAERTRINGEN 

Die  obere  Hälfte  mit  dem  Priiskript  und  Anfange  der  Be- 
gründung- fehlt. 

['A7CO^Xo(pxvYi;   'ÄTToXXocpKvou  ....  (ötxoXoyv)-] 
1 .       (TSV  [jLSTk  ToG  <j[uv]a7voS£iy^9£VTOi;  aürcüi  [iizl]  tv;?  [xaracxsuvi? 
Toö  ösaxpo'j  uioö] 
Ayifxr.xptou  xpoetGSveyjta;  to  äpyupiov  öctokov  JtaöoTi  l7ryiYY6['.- 

).£V    6    7wOCTy;p*    £  —  £1-] 

xa   dyXtTTOVTO?   auxou   toix   ßiov  y,xi   ^.ztol  Tr)v  £>t£ivo'j  t£>,£u- 

T"^v  a£Ta[l1X[a^av-] 
TO;  xxi  MaiavSpio'j,  cdvteXei  Ar/p//)Tpio<;  6  u!c)<;  6   *A7;oX>.0(px- 

vou,  aS£>>(ptSoö[c  Sfi] 
5.       MaiavSptou,  ßou>.6a£vo?  Ixl  t£>.o;  äyay£iv  t7]v  £77ayy£>.tav  tou 

7raTp6[;,  Tiv  ux£-] 
(T)^£TO  Tüjt   dy)t/.cot,   TrpoEicr'pEpwv  TO  apyupiov  aTOX,ov  xaxa  ttjv 

TOÖ  Trarpöi;  [üttoSo-] 
j(_yiv.  iva  oüv  -/i  T£  TOU  o'/;I7,0'j  [xeyaXo^j/uyia  )tat  £u^api<7Tia  Tca- 

civ  7)1  (pav[£pa,  TOig] 
xalo^  y.al  ayaOoic  twv  ävSpoiv  xat  cpiT^oSo^siv  aipout7-£voti;  xat 

'A7:oXk[oc^x-] 

TÖl    S7)a(0t* 

10.       d7rr,vrjT0ai  ij-£v   'A7io>->,0(pdcviov   'A7io>>7>0'pa:vo'j   ettI  tt^i  TrpoaipE- 

C£t  7)V    £ij(^£V 

et?  T71J/.  xa.TpiSa' — cxTidai   §£    auTOÖ    xal   eix,6va   j^a>.5<,y)v  £v 

Töil    £7i:iipaV£C7TaTü>[l] 

TOTTWi   Too   Ofiarpou   xai   £i(7)t7jpuT(7£aOai   auTOv  Iv  toi?  aywaiv 

xaOoTi  xa.1  Ol 
a>.>.oi   6Ü£py£Tai'    t6   §£   äva>.ü)j;,a   t6    tGo^.i'^ov  £•;  tt^v  Etxova 

U7r'yip£Tyi'j[ai  \r,u:r,-] 
Tpiov    £•/.  T(öa  TTopwv   Toiv  (X7:oT£Tay(^.£Vü)v   £t(;  Tr^y  xaTa':x£'J7)v 

TOU  OfiotTpo'j  [iy,] 
15.       TW^a  7rpoi7£'yr,(pt'7[7.£vwv'    tou;  Sk  apyovTat;  7coir,(7ai  ^j^vrpofpopiav 

xaTX  tÖv  vÖ[j.[ov] 

aTTfkvTOJV     C7'JVT£).£CrO£VT(OV     (I)V    Ö    VOJJ.Of;    (XyOp£'j£l    oGtW    X.Üpia    £1- 
Va[l    TÖt]   6(|/Yl(piCjX£- 


AUSGRADUNGliN   IM   THEATER   VON   MAGNESIA   AM   MAIANDU03  11 

vo;  z'Tii  'A[7:o]XXo(pzvoL'j], 

au.y.-'.  x.y-iT'aüjTO  touto 
[o  i]<7Tiv   IvavTiov.    •]/y;'^oi   i-ri'jiyßr,'jX'i  ^'.nyH'.Xi  s/.aTOv  ösy.x- 

TpsT?. 


Apollophanes,  der  Sohn  des  Apollophanes.  und  sein  Sohn 
Demetrios,  selbstversüindlich  einer  ^volhalJonden  magnesischen 
Bürsrerfamilie  ansehörio;,  waren  zu  Kommissären  für  den 
Theaterbau,  ii:'.  t-?)?  xxTacÄsur,«;  toO  Oexrpo'j,  ernannt  worden. 
Dies  war  oiTenbar  eine  Liturgie,  deren  glänzende  Erfüllung 
den  damit  Beauftragten  Ruhm  und  Ehre  brachte,  die  aber  der 
reiche  Bür^-er  auch  "ozwuni'en  war  zu  übernelimen,  und  zwar 
eine  ausserordentliche,  durcli  eine  besondere  Aufgabe  bedingte 
Liturgie.  Es  war  eine  Zeit,  in  der  die  Stadt  einen  grossen 
Aufschwung  nahm;  sie  baute  viel  und  brauchte  dazu  Geld. 
Der  Zinsfuss  für  Anleihen  war  sehr  hoch  ;  so  war  es  etwas 
Grosses,  wenn  Apollophanes  erklärte,  dieses  Geld  ohne  Zin- 
sen vorzuschiessen.  Dafür  wurde  er  durch  Ehrenbeschlüsse 
(1,  Z.  4  [^I^Ti^KTjaätwv  ^ )  ausgezeichnet,  mit  deren  Ausführung 
und  lu'giinzung  sich  die  erste,  frühere  Urkunde  beschäftigt. 
Leider  fehlt  der  Anfang,  und  wir  können  deshalb  nicht  in  al- 
len Fällen  unterscheiden,  was  in  diesem  (L-^oiTaa  neu  beschlos- 
sen wird,  was  schon  früher  entschieden  war.  Jedenfalls  wird 
hier  das  Geld  für  eine  vorher  (in  demselben  Dekret)  beschlos- 
sene Statue  bewilligt  (Z.  3);  da  aber  zwei  Statuen  erwähnt 
werden  (Z.  12.  13),  so  muss  eine  derselben  schon  in  frühe- 
riu'  Zeit   errichtet  sein,    und  zwar  diejenige  auf  der  Agora. 


'  Kiiiv,  sei  liii'i'  auf  ilii;  raialldoii  liiiii,'e'\\iL'scii,  wclclic  die  zaliln-icIitMi 
Bcsclilüssi".  des  ilisflicii  Släillebundos  für  Malusios  von  Gar{j;ara  hicten,  ilor 
tiloiolifalls  /fVAaia  aToza  ^'f^reboii  halle  zu  vorscliiedeiu'ii  genioinniiUiireu 
Zwecken, daruiilcr  aucli  dq  -r,v  toO  Oäätpoj  xaTaj^ziurjv.  Üillenbeiger,  Sylloge 
Nr.  1-25,  Z.  10,  Zeil  um  306). 


12  F.    HILLER   VON   GAI:RTRINGEN 

Denn  dieser  neue  AnstVilirtingsbescliluss  soll  auf  die  Basis  des 
Standbildes  im  TJieater  geschrieben  werden,  wo  wir  ihn  jetzt 
lesen,  und  auf  einer  Stele  neben  dem  Bilde  auf  der  Auora 
aufü;estellt  werden,  dessen  Basis  also  schon  durch  eine  frühere 
Aufschrift  besetzt  war.  So  kann  es  sich  auch  in  den  beiden 
ersten  sehr  lückenhaften  Zeilen  nicht  um  zwei  Statuen  mehr 
handeln,  sondern  nur  um  zwei  Sielen  für  Agora  und  Theater, 
auf  denen  die  früheren  J/roiTaaTa  für  Apollophanes  aufge- 
zeichnet werden  sollten.  Das  Übrige  ist  klar;  den  ävTiypacpsij? 
in  Zeile  4  habe  ich  aus  Nr.  39  eingesetzt.  Mit  der  beträcht- 
lichen Zahl  von  4678  Stimmen  nahm  die  N'olksversammlunü; 
den  Antrai;  an.  Wol  nicht  lani-e  darauf — und  hier  setzt  die 
zweite  Urkunde  ein  —  starb  Apollophanes.  Zunächst  scheint 
sein  Bruder  Maiandrios  (Nr.  2,  Z.  i.  5)  für  ihn  eingetreten 
zu  sein,  aber  auch  er  wurde  bald  hinwcüoe pafft,  und  es  blieb 
allein  der  Sohn  Demetrios,  damals  ävTiypxos'J;  neben  seinem 
Vater,  welcher  also  wol  ypafAaxTsu;  war  (das  liegt  in  Z.  2  cvr- 
aTcoSeiyOe'vTo;).  Er  erklärt,  den  Willen  seines  Vaters  zur  Aus- 
führung bringen  zu  wollen,  und  das  Volk  dankt  ihm  dafür  in 
feiner  Weise,  indem  es  dem  Vater  eine  neue  Statue  im  Thea- 
ter beschliesst,  mit  deren  Errichtung  aber  (als  £7:'.a£>.r,Ty;:,  wie 
man  sonst  sagt)  den  Sohn  beauftragt  (Z.  14.  IT)  zum  Teil 
ergänzt:  [Ar,y,-ölTp'.ov  aber  wol  sicher),  der  die  Mittel  aus  dem 
Nachtrag- Etat  (Z.  15  .Tpom'l/r/^'.Gu.vno^)  für  den  Theaterbau  zu 
geben  hat.  Für  diesen  Antrag  fanden  sich  nur  21  13  Stimmen 
—  doch  w^urde  er  angenommen.  Im  ersten  Falle  war  die  Ab- 
stimmung durch  die  xpogSpot  geleitet  worden,  die  wie  in  Ephe- 
sos  den  attischen  Prytanen  entsprechen  (Swoboda.  Die  grie- 
chischen V'olksbcschlüsse  S.  90);  die  xp/ovT£?  in  2  Z.15  bedeu- 
ten vielleicht  auch  nur  dasselbe,  die  (zuständigen)  Behörden, 
d.  h.  die  Proedren.  Die  bisher  bekannten  l^'iillc.  in  denen  die 
Zahl  der  Stimmen  angegeben  ist,  sammelt  Swoboda  a.  a.  O. 
S.  12:  aus  Eresos  bei  einem  Bichterspruch  883  Stimmen, 
davon  7  freispretthend  ;  aus  llalikarnassos  :  in  der  '{i^r^Ar,  100, 
in  der  N'olksversammlung  'lOOO  Sliniincu  und  in  cinciii  ande- 
ren Falle  92  bez.  1200;  in  Knidos  Kos  Akragas  alle  Stimmen 


AUSGRABUNGEN    IM   THEATEIt    VON    MAGNESIA    AM    MaIaNDROS  13 

für  den  Antragt  Es  ergieht  sicli  übrigens  aus  den  Zalilen  für 
Magnesia  eine  nichf.  unbeträclilliclie  Bevölkerungszifl'er ;  da 
bei  einer  solchen  Beschlussfassung  die  Beteiligung  der  Bürger 
schwerlich  eine  so  allgemeine  war  wie  bei  wichtigeren  Fra- 
gen, kann  man  eine  erheblich  liöhere  Zahl  von  stimmfähigen 
Bürgern  als  5000  und  damit  auf  eine  freie  Bevölkerung  von 
wenigstens  gegen  20000  Seelen  rechnen,  wahrscheinlich  so- 
gar erheblich  mehr.  Das  Verhältniss  der  Bürger  zur  bürger- 
lichen Ge.samtbevölkerung  rechnet  Böckli  wiel:  4'/,,  Beloch 
(Die  Bevölkerung  der  griechisch-römischen  Welt  S.53)  wie 
1:  3.  Nalürlich  zählt  die  Landbevölkerung  mit,  und  wir  müs- 
sen zu  iMagnesia  ein  nicht  ganz  kleines  Gebiet  rechnen;  viel- 
leidit  zu  der  Zeit  auch  die  Stadt  Myus  (  Polybios  X\l,  *24,9). 
Doch  das  hier  nur  beiläufig. 

Am  wichtigsten  sind  die  inschriflen  für  die  Baugeschichte. 
Da  sie,  wie  mir  Kern  auf  Grund  eines  reichen  Materials  be- 
stätigt, ihrer  Schrift  nach  an  den  Anfang  des  zweiten  Jahr- 
hunderts vor  Chr.  zu  setzen  sind,  so  ist  die  in  ihnen  erwähnte 
Phase  des  Theaterbaus  {■/.xzx'^y.vj-h  toO  Ocxtco-j)  ungelähr  da- 
tirt.  Und  da  sich  diese  IMiase  durch  andere  Erwägungen  nä- 
her bestimmen  lässt,  indem  die  beiden  Apollophanesbasen 
zugleich  zwei  bedeutsame  Archilekturglieder  sind,  gewinnen 
wir  durch  sie  ein  wichtiges  Datum  für  die  Baugeschichte. 
Dies  wird  an  .seiner  Stelle  weiter  ausgeführt  werden;  hier  ge- 
nügt ein  kurzer  Hinweis. 


b)     Urlumdcii  fi-cnulcr  Stadien. 

3.  Ein  Stein,  welcher  Urkunden  des  [/.o-.vov  tojv  'Aa^i/.Ttö- 
vwv?],  der  A£X9oi,  des  /.oivöv  tcöv  Aircj^cüv  aus  dem  Jahre  lU  i/3 
und  des  cTp^y-^yö?  '^^v  AlTwXciv  aus  dem  Jahre  l'JO/i  enthält, 


'  \VI.  jct/.l  aucli  (Ich  alliciiiscIiiMi   Dc^cliluss  .lo 


s   y.O'.vov    T(ov    2<(oTr;;iaaTCüv, 


"E^jip-pl;  ip/.  18'JJ  S.  5Üir.  (Mylouas)  tw(i)v  «j-rjywv  al^  iodxät  -öoi  -.6  oö-^^tt 


11  f.    rilLtEH   VON   r.AEntRINdßS 

naclitrii2;licli  am  3ü.  Doz.  180"?  in  dem  Gani^o  südwestlich  vom 
eigentlichon  Slvcnengebüade  gefunden.  Er  erweist  sicli  als  von 
der  Agora  verschleppt  und  wird  von  Kern  in  einem  anderen 
Zusammenhange  herausgegeben  werden. 


2 .     E  h  r  e  n  b  a  s  e  n . 

4.  Fragment  aus  graublauem  Marmor,  flach  gerundet,  nur 
oberer  Hand  erhallen,  gefunden  vor  der  ncu'dlichen  Marmorver- 
kleidung ausserhalb  des  lUilinengebäudes  am  18.  Febr.  1891. 
L.  0,3r,  H.  0,25.  T.  0,60.  Buchstabenhöhe  0,02-0,03.  We- 
gen F  wol  noch  dem  11.  Jahrhundert  v.  Chr.  angehörig. 


:>  Y  A  1 1  K  A  I  O  ^  ['H  ß]ouV;i  -/.oii  6  [8-?5{xo?] 

K  O  N  F  O  F  I  A  /  [Mscpjjtov  no7i;a["Xtov] 

KOYYIONA/6  [Ma.p]xou  ulov  Aa[ivav] 

'^^ESBEYT  [tÖv]  7^p£ag£'jT[r,v] .  . 


r 


Vielleicht  identisch  mit  M.  Popilius  Laenas,  Cos.  615  u.c.= 
139  v.  Chr.  Die  Inschrift  ist  dann  wahrscheinlich  etwas  äl- 
ter. 

5.  Anaxenor.  Viereckige  profilirte  Basis  aus  weissem  Mar- 
mor II. 1 ,00,  L.1 ,04.  T.  0,64,  mehrfach  gebrochen:  der  ganze 
vordere  linke  Hand  fehlt.  Schrift:  Z.1-5:  0.03,  /.  6.  7:^0.02 
hoch  ;  dünn  und  ohneSoro;falt  einireritzt.  Gefunden  am  20.. Jan. 
1891  an  der  inneren  l'^cke  der  südlichen  MarmorNcrkleidung 
des  Zuschauerraums  nicht  völlig  an  der  ursj)r(niglicii(Mi  Stelle, 
sondern  umgestürzt.  Doch  ist  aus  den  Fundamenten  noch  of- 
fenl)ar,  dass  die  Basis  an  dieser  Ecke  vor  der  Apollophanes- 
basis,  die  sie  also  vcrch'ckle,  mit  der  i^^ront  nacli  der  ürche- 
slra  zu  stand.  Zeichnuni'   von  M.   Lüijke. 


AUSÖRAÖUNGEN   IM   TriEATER    VON   MAGNESIA   A.\f   MaIANOROS 


15 


vi;- 


^;%.l^-x  7\H  KAI  O^H  M  o  "s: 

§:|?:  H  N  OPA  ANA:e:  I  KPATo  Y  X 


«. 
^i 


J'r-APETH  NKAI  AI  ATK^fSM:pr2n' 
-•  ^H  A-E  Y-MATl  YITEPOX  H  N " 


,...^    -     l^'AAONAKOYEMENES'nNAOlÄOV 


['H  ßoujVö  xai  6  Srfy-o; 

['Ava]^7)vopa   'Ava^r/cpxTO'j? 
[)ct6x]p(|)Söv  %Kk  TS  TY)v  iSiav 
[ai>T]oo  (xpeTTjv  jcal  Sta  t7;v  ev  täi 
5.     [£TCtTjr,0£Ü{j(.aTi  inzi^oyr,v. 

[y}TOt  [A£v]  TÖSs  xaXöv  ä/toue'aev  egtiv  aoiSo'3 
[xotooS'  olo]<;  oS'  £<jTi,   Osoi;  evaXivx.io;  AYAH  (Od.   IX.  3  f. 
und  daher  I,  370). 

Z.    5    [i7CiT]ir)SeU[7.aTl  VVlLAMONMTZ. 

Z.  7  AYAH'/^  Hinter  dem  H  ist  der  Stein  leicht  verletzt  in 
einer  Weise,   dass  man  bei   seillicher   Beleuchtung  glauben 


JC)  F.    HlLLER    VON   fiAERTRINTifeN 

kann,  es  stände  da  noeb  ein  wkrilzelles  in  der  Mitte  nach 
links  ausgei)(»i;enes  I.  Dies  wäre  an  sieli  nielit  wunderbar,  denn 
aueb  andere  Hasten. wie  das  letzte  I  in  Z.  'i,sind  recht  krumm. 
Indessen  scbeint  es  sieb  (bieli  nur  um  eine  zufällige  Ver- 
letzuno-  des  SlcMues  zu  bandeln.  Für  einen  breiteren  l^uelista- 
ben.wie  N.  reicht  der  bis  zum  l^ande  vorbandeni^  Uaum  ganz 
gewiss  nicht  aus.  In  der  Abbildung  ist  die  Verletzung  nicht 
sichtbar. 

Strabo  XIV.  I,'i1    S.  O'iS.  avSpe;  S' eysvovxo  yvcöptp.oi  Mäyvri- 
TSi;   .  ,  .    'AvaCY;vopa    Se    tÖv  xiOapwSöv    d^vipe    t;.kv    /.ai    xx    ösaxpa, 
a.W  ETI  (Öti  Kramer)  ^jA'Kiotx   'Avtwvio;,    Ö<;  ys  y.xl  rexTapcov  tco- 
Iscov  dc—sSsiCs  <popo).öyov,  TTpaTuoTa?  a'jTW  G^jazT^ay-C,.   xai  t)  Trarpt? 
S'  ix.xvdj;  äÜtÖv  t/jCvite.  Trop^p'jpav  svöuGaca,  Uccoasvov  toO  —wcitto- 
XiSof;    A'.o;.    "/.aGiTrsp    xal   v^  ypaxT');  sixcov  iij.a^x'jCCs'.  Ti  ev  ty)  äyopä. 
EGT'.  Sh  /.7.'.  yx'ky.r,  £tx,wv  Iv  tw  ÖEÖ-Tpo),  i77typoc(pviv   syo'jca" 
•/iro'.  fy-£v  t6(^e  x.a'Xöv  äx.ou£t/.£v  laxiv  äotSou 
TO'.oCi^"  oto;  öS'  EGTi.  Oeoi;  £va)^iy/,to;  AVAII. 
O'j  TTO^a'jzuEvo:  Se  ö  £— lypä^La;  t6  n'kvj-zot.los  ypäij.y.y.  toO  SfUTEpou 
i'rco'j;  7;ap£Xi-£,    toü    7T:>.aTou;   T9i<;  ßÄTEco;  ar)  cuv£^xpx.o'jvTO<;"  (!o(7T6 
T'?];  ttoXeü);  olu.x^Ix^  /ca.Tayivü)(7/.£'.v    77ap£T/£  Sta  Tr,v  äL/.cpi€o)aav  Tr,v 
TTEp'.   T7)v   ypa(pr,v,   £it£  ty)v  oroinirrT/x/ir  osyoi'O  — Tojaiv  tt,?  ETyxxr,; 
TrpCjr.yopix;,  eI'xe  xr,v  <hnx>'jy  ttoXT^oi  yxo  /top-.g  xoo  i  ypzcpO'jTi  xic? 
Sox'./.ä;  x.a',  i/.^xXkO'jni  y£  xö  sOo;  'p'jTi'/.riV  aixiav  er/,  eyov. 

Daraus  bat  luistatbios  durch  llücbtiges  Excerpiren  einen 
Maler  Anaxenor  gemacht :  Od.  S.1612,  34  ff.  .  .  £uSo5ttf;.£iv  (pat- 

vsxai   y.xl  £v  iTriypxy.ij.ixwv   Troir^rrEi  Tcpö;  TöJv  aT.'Xojv    Oar,po: 

(xXkx  /tai  sxEpoti;  £vS£öcox.£  >.a€ä(;  £-iypau.u,iT(i>v  7ronri(7£co?.  'Ava^-/)- 
vopo;  youv  TO'j  Miyv/jxo;  jna:xrii  tiq  (paa/r  ijr  eUcor  eyovGa  ei<;  aot- 
dör  roa  i— typay.y.a  xk  ivxaoOo.  £7T'.<pa)vr,0£vxoc  xw  äoiSoi  ezy).  viyouv 
xö  ' 'Äixoi  u.£v  x.xA.'  öx£  ':^xnl  Sia  xr,v  rrxsvoywciav  xou  Ü770x.£tu-£vo'j 
:rcerax('(:{  !  )  ypy.t]/a;  ö  xEyvixr,?"  '  Geoi«;  £va)viy/'.io;  aüSv) '  y£>^cov  co-p^ioag 
TOi;  avx.v'.vGj'jX.O'jTiv. 

Leider  bat  \\  elcker  im  Nacblrage  zum  silligscben  und  an- 
deren Künstlerkatalogen  (Hbein.  Museum  N.  F.  VIJS'i.s,  S. 
381  ff.)  den  aUcn  Irrtum  des  Eustathios  wieder  aui'lcbcn  lassen, 
und  ihm  folgend  kennen   Brunn.  Ges(dilcbte  der  griechischen 


AUSGRABUNGEN   IM  THEATER   VON   MAGNESIA   AM   MAIANDROS  17 

Künstler  II  S.  301  (im  Index  jedoch  :  Anaxenor,  M?)  und 
Overbock.  Scliriftquellen  Nr.  '2116  einen  Maler  Anaxenor. 
Den  Irrtum  hat  aber  schon  Rayet  verbessert  [Milet  et  le  gol/e 
latmlque  I  S.  130,3.  vgl.  S.  Reinach,  Revue  des  e'tudes 
grecqiies  11,1889,  S.  101.  Preger,  fnscriptiones  gnecfe  me- 
tricie,  1891,  Nr.  191). 

Den  Anaxenor  erwähnt  sonst  nur  noch  Plutarch  unter  den 
Schmeichlern  des  Antonius  während  der  Zeit  seines  Aufent- 
haltes in  Rleinasien  (Anton.  24  'Ava;r,vop£;  %\  xiOacwSol  x.al 
SoöOo'  yopxijXai  /.ai  M'/iTpoSwpo?  ri;  öpyTiCTT)?  x,ai  to'.ooto?  aXXo? 
'Acriavwv  ay.poap.aTü)v  Öiaco«;  .  .).  Soviel  ist  sicher,  dass  unsere 
Basis  nicht  nach  der  Schlacht  bei  Actium,  in  der  der  Gönner 
des  Anaxenor  unterlag,  cresetzt  worden  sein  kann.  Eher  er- 
heblich  früher,  da  die  politische  und  sakrale  Stellung  des  Ana- 
xenor in  der  Inschrift  noch  mit  keiner  Silbe  erwähnt  wird. Denn 
obwol  ich  zugebe,  dass  solche  Argumente  ex  silentio  bei  dem 
allsremeinen  formelhaften  Charakter  derartiger  Ehreninschrif- 
ten  keine  völlig  bindende  Kraft  haben,  wäre  doch  ein  Fehlen 
des  Titels  ispcü?  A-.ö?  mit  oder  ohne  -uci-öXiSo;  im  höchsten 
Grade  auffallend,  vgl.  unten  Phanes  Nr.  33. 

Für  das  orthographische  Problem,  das  übrigens  nur  für  den 
Beschauer  Strabo,  nicht  für  den  Steinmetzen  ein  Problem  ist, 
die  möglicher  \\  eise  erfolgte  VVeglassung  des  -.  adscriptum  in 
AVAII  kann  ich  jetzt  auf  die  Bemerkungen  von  II.  Diels  ver- 
weisen :  Supplementum  AristoteUciim  111,1  [Anonymi Lon- 
dinensis  iatrice\  1893,  S.  XII. 

6.  7.  Zweimal  beschriebene  Säule,  oben  und  unten  profilirt, 
H.  0,82,  Umfang  2,10,  gefunden  hinter  den  nördlichen  Säu- 
len des  spätrömischen  Logeion.  Man  hat  darauf  zuerst  die 
Inschrift  6  angebracht,  nachher  zum  Zwecke  neuer  Benutzung 
die  Zeilenanlänge  derselben  ausgekratzt  und  auf  die  andere 
Seite  7  ü;esetzt.  Dies  X'erfaliren  war  ani2;än2;iij;,  da  die  nunmeh- 
rige  Rückseile  nahe  der  ^\'and  des  Bühnengebäudes  auf  dem 
Logeion  gestanden  haben  dürfte  und  also  nicht  vom  Zuschauer- 
raum aus  sichtbar  war.  Buchstabenhöhe  0,023-0,025(6)  bez. 
0,03-0,035(7).  Nr.  6  schon  bei   Kondoleon,    in   dieser  Zeit- 

ATHEN.   MITTHEILUNGEN  XIX.  2 


18 


P.    HILLER   VON    frAERtniNGEX 


Schrift  XIV,  1889,  S.  105  Nr.  49  (und  Nea  :S^a6pv/i  1889  ap. 
3798)  nach  Abschrift  des  Schusters  Baroua-zi?  in  Aidin. 


AHMOZ 

XYAINON 

AZHN0P02 

I H2ANTA 
ASIAEIA 
AEMBOinTOlZ 

6. 

[*0]  Svifxo; 

['Av]a^-ir)vopo? 

[vix]7)(70tVTa 

[tix  BJaciXsta 


0AHM02 
AnOAAnNIONEÜirONOY 
EYEPrETHNrErONOTA 
KATAnOAAOY2TPOnOY2 
TH2TTATPI AOSET I M  H  Z  E  N  A  E 
AYTONKAIAAAAZTIMAZ 

(t)ANH(t)OPHZANTATPI2 

7. 

'Axo>.Xo)vtov    'ETTiyovou 
euepyeTTiv  ysyovoTa 
xaToc  TioXkoi)!;  TpoTirou; 
tt;;  TuarpiSo;'  eTif/.vifJsv  öe      5 

[(yir£]cpavyi<popr)(javTa  xpi?. 


6  Z.  5.  ASIAEA  KoNDOLEON,  [B]aGiX£(i)(x  Wolters. 

Über  missbriiucliliche  Doppelbenutzuni^-  von  Ehrenbasen 
namentlich  in  der  Kaiserzeit  vgl.  unter  anderen  den  'PoSia)t6? 
des  Dion  Chrysoslomos  undCurtius,  Stadigeschichte  von  Athen 
S.  260,  Anm.  —  BxiiXeiot.  'Der  Zusatz  s^u  Boiwxoi?  soll  diese 
nach  der  Schlacht  von  Leuivtra  eingcricliteten  Basileia  wol 
von  den  in  iuiböa  gefeierten  unlersciieiden ;  vgl.  Biickh  zu 
Pindar  S.  176.  Keil,  Sijllo'^c  insvriptioiuun  Bocoticdrum 
S.  54'.  Wolters  a.  a.  0.  Es  gab  aucli  \\%n[\i\.'x  äv 'AXe^avSpeia 
und  £v  M(y)t£Sovta :  Heisch,  De  niusicis  Gnvcorum  certami- 
nibiis  S.  71  f. 

8.  Viereckige  Basis  aus  Kalkstein,  11.  0,78,  L.  0,74,1'.  0,74, 
gefunden  am  18.  Juni  1892  in  dem  Säulensaale  des  Nordwest- 
baues, wo  sie  ausgehöhlt  und  das  Oberteil  nach  unten,  die 
Schrift  der  Wand  zugekehrt,  in  Verbindung  mit  der  späten 


AUSGRABUNGEN   IM   THEATER    VON   MAGNESIA    AM   MAIANDROS  19 

Röhrenleitung  als  Wasserbehälter  gedient  hatte.    Sorgfältige, 
einfache  Schrift. 

ANAZHNQPNANNIXOY 
AIO0ANTONTONAAEA(1)ON 
KATATHNAIAOHKHNESTHZEN 

'Ava^r)v(i)p  Navvijrou 
AiocpavTOv  tÖv  a.S£>.(pöv 

9.  Rechteckige  Basis,  an  die  hinten  ein  Halbrund  ansetzt, 
unten  gebrochen  ;  L.  0.56,  H.  0,85,  T.  0,52.  Obere  Seite  links 
gebrochen,  rechts  längliches  Einsatzloch,  0,32-0,26  lang,0,17- 
0,18  breit,  0.02  tief,  darin  zwei  0,03-0,04  tiefe  Dübellöcher, 
anscheinend  für  eine  Bronzefigur. 

Zwischen  den  Säulen  des  nördlichen  spätrömischen  Lo- 
geion. Kondoleon,   'E^iypa^pai  Nr.  3. 

IB0YAHKAI0AHM02  ['H]  ^oul-n  y.xl  6  Svijxo; 

API2T0AHM0N(j)IA10Y  'ApicToS-^u-ov  ^illou 

TTOAEITEYOMENONTA  T:o)v£tT£u6a£vov  tx 

KPATIZTATÜITEIE  -^piTicrTa  töji  t6  is- 

P  fl  I  T  H  2  A  P  T  E  M  I  A  O  2  pöii  t9i?  'ApTeatSo? 

TH5:AEYKO(t)PYHNHZ  xr,?  As-jxocppuw,? 
K  A  I  T  r^  I  A  H  M  n  I  xal  Td)i  S'/jaou 

10.  Vorn  abgerundete,  hinten  rechteckige  Basis.  L.  und  T. 
0,60,  H.  0,82,  Schrift  0,02  hoch.  Gefunden  am  hinleren  Süd- 
Ende  des  spätrömischen  Logeion  am  29.  Jan.  1891. 

HrHS:innONHrEAOXOY  'Hyr^aiTVTTOv   'HyeXöxou 

OAHMOSANEOHKE  6  Sriuo?  äveOyiy.sv. 

1 1 .  Rechteckige  Basis,  etwa  1,13  lang,  0,53  tief,  0,20  hoch. 
Die  rechte  vordere  Ecke  ist  weggebrochen,  das  Übrige  in  zwei 


50  F.    HILLER   VON   TrARn TRINGEN' 

Stücken  erhalten. Gefunden  am  29.  Jan.  1891  und  23.  Nov. 
1890  vor  der  nördlichen  Stützmauer  des  Zuschauerraumes 
ausserhalb  des  Bühnengebäudes. 

HBOYAH     KAIOAHMOZE: 
TT  Ar  <PATIAHNTTArKPATIAOYTO^ 
HPn    ^  A  1  A  T  H  Nn  E  PI  A  YTO  N  APET  I 
NHN    <  AI  T  A2  E  I  ZT  H  Nu  ATPIAA(J)IAC 
PIONnAT     '^ATIAOYTPY(l)nZATONEAYTH2 

'H  ßo'jXr,  y.CL'.  6  Sviao?  l[Tip'//i(7£] 
nay/cpaTiorjV  Ilayx.paTioo'j  toö  [Ssivo?] 
vipwa  S'.a  T71V  Tjspc  auTOv  äpsT^Tiv  ysvo[/,£-?] 
vTjv  x.al  To.;  et;  t7;v  Traxpioa  oi.Xo[T£ip!.ia(;.  TiSe- 
5        ptov  nayxpaTtSo'j  TpucpcüGa  tÖv  £a'jT75(;[.  .  . 

Aus  der  Inschrift  von  Üzümlü  (=  x.wij.r,  KaSoiri)  im  Gebiete 
des  alten  Magnesia,  die  Rondoleon  in  dieser  Zeitschrift  XIV 
1889  S.  317  ff.  veröfYentlicht  hat,  lernen  wir  einen  cxsc^(x.vr\- 
cpopo;  TtSscioi;  Ilay/.paTiS-ir;?  toü  Aiocpavxou  kennen.  Vielleicht  ist 
dies  der  ältere  Pankratides  unserer  Inschrift,  so  dass  am  Ende 
der  Z.  2.  auch  AiocpocvTou  einzusetzen  wäre.  Der  Sohn  des  jün- 
geren Pankratides  [Tißejpio?  ist  nachträglich  auf  Veranlassung 
seiner  Frau  oder  Mutter  hinzui>efü<2;t. 

12,  Runde  Basis,  II.  0,90,  Durcbmesser  0,60,  aus  bläu- 
lichem Marmor,  vom  Logeion.  Auf  der  oberen  Seite  Stein- 
metzzeichen CE.  Sehr  sorgfältige,  etwas  manirirte  Schrift, 
0,02-0,022  hoch.  Kondoleon,  'E7wiypa9ai  Nr.  6  nach  Abschrift 
eines  (piXip^i^aio;. 

YIONTTOAEnZ(j)IAOnATPINAIATETHN 
TaNHG^NZEMNOTHTAKAITHNAnonPO 
r  O  N  n  N  E  Y  r  E  N  E I A  N  2  T  E  (j)  A  N  H  (1)  O  P  H  S:  A  N  T  A 
(t)|AOAn^aZAP2AMENONTEnPnTONAAEI(t)EIN 
5  TTAEIONAZTf2NE5E0OYZHMEPnNTHNENnPO 
AZTinnANHrYPINrYMNAZIAPXHZANTAE 


AUSGRABUNGEN   IM  THEATER  VON   MAGNESIA   AM  MAIANDROS  21 

NlAYTONAAMÜPOSAAIAAEITTTn^GENTATOE 
AAlONHMEPASTEKAINYKTOZAraNOGETH 
^ANTATaNMErAAQNKAAYAlHQNK  AinO  I 

10   HSANTAMONOMAXIONHMEPAZTPEIZATTO 
TOMOYZAPSAMENONTTPQTONTTAPATOf  H(t)l2 
MATHNTPITHNHMEPANFPAMMATEYZANTATHZ 
B0YAH2ArNaZKAI(j)IA0A02a2KAlA0NTA 
EISTASTHSnOAEnZEÜlSKEYASnO  AAAK  12 

ISAPrYPIONEKTnNIAinNTTASANTEAEITOYP 
riANKAIAPXHNATTOÜPQTHSHAIKIASTEAEZAN 
TATHTTATPIAIAYOAIPETQS  — TIBEPIOSKAAY 
AlOZZnnAZTONIAlONnATEPA 


[tov  Ssiva  TO'j  Selvo;] 

(XTkÖ    XpolyOVOlV    eÜYEVelXV, 

crze^arr}(popi]oarx((  \  '^i).oScö^ü)?  [so!j, 

ap^!Z{7-£v6v  TS  7i:p(i»T0v  ä.lel(j)eir  |  (5)  7r>^£iova?  twv  e^  s.'Oo'j;  rjv.spwv  t'/jv 

£v  TrpojacTiw  TCavr^yupiv, 
yviirao((ip^i)(Tarza  sjviauTOv,  XafXTrpüii;  aSiaXeiTUTw;  Oevro.  t6  £|Xa'.ov 

yifxepa;  ts  )tai  vjx.to;, 
ä;-(yro<?fr//|(;a>'T«  twv  IMsyä^wv  KXauSiYicüv  xxi  7cOi|(10)Y)'7avTa  ülovo- 

j;,aytoiv  Y;i/.£pa;  xpei«;  a77o|T6u.ou<;    äp^zL/.£vov  xpwTOv  7:apx  xö  (j/v;- 

rpi«j|ax  Tr,v  xpiTTiV  7;a£'pav, 
ypdiiudrevaarra  tt,?  |  ßouTvr,?  äyvoj;  x.ai  O'AoSö^ci); 
xai  Sövxa  |  £t<;  xä;  xr,;  -oT^eco;   £-'.'7x.£'jxg  7ro>.Xä/'.'.(;  |(15)  äpyupiov  Ix 

xcov  lotoov,    TTo.TXv  x£    As'.TO'jo |ytav  x.x'.  y.zfry   xtzo  t:o(i)X7]c  r,A'.x.ia? 

x£)i£aav|xa  x-/i  7raxp{c)i  aüOxtp£X(0!;. — 
TtSfiptoi;  K^aujSio;  ZoTiai;  xov  l'oiov  TraxEpa. 


Z.  1.  uiov  7:6>,£(o? :  Hoinacli,  T/rt/fr' (/'(''pii^ra/i/t/c  i^/rcf/iw  S. 
5111".  I^'s  ist  oin  l*]Iirentitol,  nicht  die  Bezeiclinuiii!;  eines  in 
öfTentlicIicn  Anslallen  l"]rzoi»;onen  oder  «rar  von  Staatswesen 
Freigelassenen.   Hei  /.13(T.   erinnert  man  sieh  des  Apollo- 


22  F.    HILLER   VON   GAKRTRINGEN 

phanes.  Hier  ist  es  aber  schon  kein  Vorschuss  mehr,  son- 
dern geradezu  ein  Geschenk  an  die  Stadt.  Die  Zeiten  liaben 
sich  geändert,  es  wird  schon  hervoruehoben,  dass  der  Geehrte 
freiwillig;  Amter  übernahm.  Vgl.  Nr.  20:  tt:?  -arpiSo?  uloO. 

13.  Rechteckige  Basis,  mit  zerstörten  Profilen,  in  zwei 
Stücke  gebrochen;  L.  über  0,74.  H.  0,58,  Schrift  etwa  0,0t>5 
hoch,  schmale  Zeilenabstände  von  0,005-0,01;  plump,  Liga- 
turen, A  und  A  wechseln.  Wahrscheinlich  vom  nördlichen 
spätrömischen  Logeion.  Kondoleon,  'ETctypa^ai  Nr.  5  nach  Ab- 
schrift eines  a^ikx^ynxioi;. 

HBOYAHKAIOAHMOSETEII^HSEN 
TIBEPI0NI^AAYAI0NMYPI2:MC    N 
ZMYPNAI DNKAIMArNHTATPAri 
KHZENP/0MOYKEINHZ    E    Q.   ^ 
YÜOKPITHNKAIAIATH^TOYHOOYZ 
KOSMIONANA2TPO(t)HN 

'H  ßouV/]  y.ai  6  S75[7.0(;  izii[>.riaiv 
TiSiptov  KXauSiov  Müptcfxov 
Su.upvaiov  xat  Mäyv/ira,  xpayt- 
y.vi;  ivpuö^ao'j  xeivTi^eWi; 
5  uTToy-piTT/V  xxi  Siot  T7]v  TOÖ  r/Oou? 

)c6(jp.iov  ävacrpocpTiV. 

Über  den  Namen  Mupiaw.o;  s.  Ihviie  arch.  Xii,  1888,  S.146 
(R.  Mowat)  und  diese  Zeitschrift  XIV,  1889,  S.  96  (ein 
M.  Tooxy.io;  M.  aus  Smyrna).  —  Tpayt^vi?  IvpoGaou  xeivriacwc : 
Eine  vollständige  Parallele  weist  mir  O.  Kern  nach:  l\k  r-n? 
Tpayix.r,;  svpuOy.o'j  xeivti't^ox;  in  der  Inschrift  aus  Thyatira,  Revue 
des  e'tudes  grccrjues  IV  S.  174,  '2.  Der  Herausgeber  Kondo- 
leon citirt  dazu  mit  Recht  unsere  Inschrift,  die  er  unterdes- 
sen verstanden  hat. 

14.  Runde  Basis,  gclüiideii  am  \'l.  April  18'Ji  am  .süd- 
lichen Orchestrarande.  Verwitterte  Schrift,  nur  zu  erkennen: 


AUSGRABUNGEN  IM  THEATER  VON  MAGNESIA  AM  MAIANDROS 


23 


HBOYAHKAIOAHMOS 
nOAYAEYK    H 
O    Y    Z    T    E 


rioXuöeüx.'/i 

ou  GTe[(pavyicpopYi«7avTa  ?] 


15.  Rechteckige  Basis  aus  bläulichem  Marmor.  H.  1,33, 
L.  0,67,  T.  0,66,  Buchstabenhohe  0,03.  Viele  Ligaturen.  Oben 
zwei  unregelmässige  Löcher ;  von  einer  schreitenden  Bronze- 
statue? Gefunden  anscheinend  in  der  Gegend  des  nördlichen 
spätrömischen  Logeion.  Kondoleon,  'E-'.ypacpai  Nr.  2,  nach  Ab- 
schrift eines  cpiT^ip/^aio?. 


HB0YAH<A10AI-M0ZE 

TEIMHZANTIBEPION 

KAAYAIOKMEAEATPOY 

YON<YPEINAXAPIAhMoN 

(t)|AOKHTOPAAPXIEPA 

TEYZANTATHZAZIAZ 

KAIXEIAIAPXHZANTA 

KAIENTTASAISTAIZTHS 

TTATPIAOSXPEIAI5:rNH 

ZinSTTPONOHSANTAANA 

GENTAAEKAIXPhMATA 

E I Z  r  Y  M  N  A  2  I  A  P  X  I A  N  A I 

QNIONTHnOAEirAlOZ 

KAAYAI0  20YEP0YAAA 

N0ZMAPKEAA0  2TT0AY 

AEYKHZTONEAYTOY 

ÜATEPA 


'H  ßouXr/  y.xi  6  Sr,ao?  i- 
zziu.rir;x\  TiSec'.ov 
KXauStov  McXeaypou 
uov  Kupsiva  XapiSr,aov 
5      'I'iXou-YjTopa  äp^ispa- 

y.al  y£iXiapj(^if;(;avTa 
•/.xi  6v  Tzxnxii  Tai?  Ty^g 
xaTpiöo;  ypeiai;  yviQ- 
01(0;  Tcpovo-ocavTot,  ava- 
öevTa  Sk  y.xi  yp-/;u.aTa 
Ei;  yiiavaaiap^iav,  ai- 
coviov  TV)  TüöXet.  —  Fiio; 
K).aöSio?  OüspouXXa- 
15      v6;  Mxpx.£XXoi;  IIoXu- 
o£'Jx,rj;  TOv  eauToG 
7:aT£pa. 


10 


24  F.    HILLER   VON  GaERTRINGEN 

16.  Rechteckige  marmorne  Basis,  H.  0,635,  L.  0,61,  T. 
0,57;  oben  lap;  noch  ein  Stein  darauf,  wie  ein  Dübellocli  mit 
Gusskanal  zeij;!.  Sclirift  0,03  hoch,  Zeilenabstand  nur  0,01. 
Die  Trennungszeichen  vor  und  nach  den  Abkürzungen  sind 
kleine  Kreuze.  Kondoleon,  'E-nriypacpai  Nr.  1  nach  Abschrift  ei- 
nes (^'.'kxoy'X'.nc, 

H  n  A  T  P  I  Z 

TONEMYTH^^'ZYEPrE 

THNKAIKTI2TH   NKAIA 

nOMOYZElOY-TI-KAEY 

5        KAEATTOAYAEYKHN 

MAPKEAAONErriMEAH 
0ENTOZTHZANA2TA 
2E^2T^NTEIMQN 
nO-nonAIKlOYAÜOAAO 
10        A^  PO  YT  O  Yn  P  Ar  M  AT  I  KO  Y 
THZnOAEc^Z 


'H    TTÄTpi; 

tÖv  £a'jTr,[(;  sjuepys- 
T71V  y.al  y.Tt<TTYiv  x,al  a- 
770  Mo'jasiou  Ti(€£ptov)  KX(a6mov)  Eü- 
5  Y,\iy,  no>.'jS6ux.Yiv 

Mipx.sXXov  ir:'.]j.tkr\~ 
SevTO;  Ty)?  avaaTOC- 

no(7r>,io'j)  rioTrXixiou   'AttoXXo- 
10  öcöpo'j  TO'3  TTpayy.aTDCou 


Wahrscheinlich  gehören  derselben  Familie  an  :  Ti.  K\.  Ilo- 
XuSeuxT);  Mäp)teX>.o;  in  unserer  Inschrift,  Ti.  Kk.  MeXeaypo'j  ulö? 
Kupeiva  XapiSr/U.o;  'I'-.Xoar/TCüo  und  dessen  Sohn    räio;   KX.   Oug- 


AUSGRABUNGEN   IM   THEATER    VON   MAGNESIA   AM   MAIANDROS  25 

pou^avö;  Mxpy.e-klor,  IloA'j^c'rAr.q  von  Nr.  15,  vielleiclit  auch 
Mäpx.eXXo;,  der  Antragsteller  im  ßesclilusse  der  ßouXr,  über  den 
Bäckerstrike  (ettI  TrpuTavto;  KX.  MoSeaxou)  Bull,  clecorr.  hell. 
VII,  1883,  S.  504  fY.  Nr.  10  Z.  16.  Ein  noXuSeox.r,?  auch  in 
Nr.  14.  Hier  zeigt  sich  so  recht  das  Namenunwesen  der  klein- 
asiatischen Städte  in  der  claudischen  Zeit.  Unser  Markellos 
wird,  wie  mir  Kern  mitteilt,  durch  die  Aufschrift  einer  an 
den  Propyläen  der  Agora  gefundenen  Basis  des  Kaisers  M.  Au- 
relius  vom  Jahre  162  datirt  (Ti.  KX.  IloXuSeüxou?  Map^ceXXou 
'Actapyo'j). 

'Attö  Mo'jc7Eiou  :  vgl.  Haussoullier,  Bull,  de  corr.  hell.  IV, 
1880.  S.  405f. ,  21:  tö  pv-y.a  AiXioo  A-.ovjrjio'j  [cpi^Xo'7Ö9ou  äxo 
Mouaeiou  [>cat  t]-o?  yovat/c6?  aOxoö.  Peut-etre  est-il  question  du 
Musee  d'Alexandrie,  oh  Dionysios  aurait  etudie. 

npayaaT',jcoC;  Tvi?  röXeo); :  vgl.  die  Inschrift  der  yepo-jcia  von 
Magnesia  Bull,  de  corr.  hell.  XII,  1888  S.  208.  213  (aus  ha- 
drianischer  Zeit),  auch  in  dieser  Zeitschrift  XIV,  1889  S.  104, 
48  (TrpayaaTuö?  ohne  Zusatz). 

17.  Linke  Hälfte  einer  viereckigen  Basis,  L.  0,64,  H.  0,25, 
T.  0,38;  rechts  glatte  Anschlussfläche,  Buchstabenhöhe  0,01- 
0,02.  Auf  der  oberen  Fläche  0,18  lange  Standspur  eines  Kus- 
ses. Gefunden  am  29.  Jan.  1891  im  Süden  des  spätrömischen 
Logeion. 

HBOYAHKAIOAH/ 
KOINTONMOAIO 
TOYYIONAIATA2 
AAEA0OYAYTOYr 
IBIOYTTOZTOMOYTO 

'PI  ßo'jXr;  Jtai  6  S>5[(A0?] 
KöivTov  M6Sto[v  Koiv-] 
TOu  'jiov  oiöt  xä; .... 
a.S£X(poi)  auTOö  r[aiO'j  O'j-1 
loto'j  Oo'jTÖao'j  TO .  .  .  . 

G.  Vibius  Postumus  aueli  in  der  Inschrifi  von  Teos  C.I.G. 


26  F.    HILLER    VON   GAERTRINGEN 

3084  =  Lebas-Wadilington   111,  103;   dort  wird  ein  dritter 
Bruder  AjXo;  BiSio;  "A€',to;  genannt. 

18.  Viereckige  Basis,  L.  0,65,  H.  0.85,  T.  0,55,  nur  un- 
ten profilirt;  oben  lag,  wie  zwei  quadratische  Dübellöcher  mit 
Gusskanälen  beweisen,  noch  ein  anderer  Stein  auf.  Buchsta- 
benhöhe etwa  0,0'23.  Gefunden  wahrscheinlich  am  nördlichen 
Logeion.  Kondoleon,  'E-iypacpat  Nr.  9.  Berard,  Bull,  de  corr. 
kell.  XV,  1891,  S.  5.^9  Nr.  4. 


KaIOAHMoS: 
t   T  I   M  H   2  A   N 
MEMtl  lONKAOYlONMANlOYYlON 
TAISTEAAAAISTIMAISKAIXPY 
2EnAPI2TEin2:TE4)ANQEY2EBn§ 
MENAIAKEIMENONTTPOSTHNAPTEMIN 
THN  AEYKO0PYH  NHNEYEPTETHNAE 
ErOivIOTATOYAHMO  YKATATToAAO  Y2 
POnOY^nPOSTONAinNA 

['II  ßo'j>.75  x]al  0  SrjL/.o? 

N£{A£[pjiov  K>.oiJiov  Maviou  uiov 
Tai?  T£  a^^Xai«;  xtj^-at;  jcat  y_pu- 

5  Cc'o)    äp'.CTSlCp    CJTS^SCVti),     l\)m^j(ii\<^^ 

[xev  oiaxsiasvov  Tcpö;  Tr,v  'AprepLiv 
Tr)v  A£U3to^pv/;vyiv,  eüspyeTyjv  ö£ 
[y]£yov6Ta  toO  br^y-ou  Karo.  7:o).Xo'j; 
[tJpottou?  Tcpö;  tÖv  ai(I)va. 

Kondoleon  und  Berard  ergänzen  Z.  '2  zu  Anfang  [xal  yj  ye- 
po'j<7iaj,  wozu  aber  gar  kein  Platz  vorhanden  ist.  Über  Nejxe- 
pio?  =  Xumerius  vgl.  Ilicks,  Inscriptions  in  t/ic  Brilis/i  Mu' 
seum  III  zu  Nr.  546. 

19.  X'iereckige  Basis,  11.0,62,  Buchslabenhöhe  etwa  0,03, 
gefunden  Dez.   I-S'.IO  in  der  Orchestra  etwa  vor  der  Mitte  des 


AUSGRABUNGEN  IM  THEATER   VON  MAGNESIA   AM   MAIANDROS  27 

Logeion.   Verwitterter   Stein,  sehr  schwer  lesbar,  die  Reste 
der  Zeilen  8-10  ijanz  unsicher. 


HBOYAHKAIOAHMOZ 
ETEI     HZENFAIONIOY 
AIONFAIOYYON^AI 
OYAIANON       nATPO> 
\PXIEPEATH2A?:iA 
2  T  E  0  A  N  H  0  O  P  O  N 
EAAION  Y'£OY    I  O 

Siormmi/iTiMimm 

a/m. 


AnOAAOAc5POYf/ 


'II  ßo'j)//-;  y,7.'.  0  Sr,u.oc 
lT£i[ajr]'jev  Fälov   'lo'j- 
>.iov  Falo'j  üöv  ^ce.'ß{ix)] 

['I]o'jXiavciv  [l/C?j-aTpc.[c] 
5      [äJpX'^P^*  T^?   'A(ji[a;] 
(TTe(pavyi(p6pov .  .  . 
eXaiov 

10       

'ATuoXXoScöpou. 


Die  Ergänzung  der  Tribus  in  Z.  3  wird  dadurch  bestätigt, 
dass  nach  einer  Mitteilung  Kern's  auf  der  Agora  die  Inschrift 
eines  dem  obigen  wol  Verwandten  gefunden^st:  Faiov  'Uul'.o-^ 
Tabu  ulov  $a€ia  Kapov. 

Die  Bezeichnung  ipxupix  xri;  'Aaia?  legt  es  nahe,  an  den  in 
zwei  Inschriften  von  Thyateira  genannten  Taiov  'looX'.ov  'lo-j- 
>iavöv  TaTtavöv  ,  .  'Amdpxijr  xal  appepen  %Cx  ßiou  .  .  ulöv  V.  'lou- 
Xtou  'iTTTTtavoG  jcal  Kopvio"Xia?  I^sx^ouvSt;;  äp/ieps'cov  ty;?  'Acia?,  äV.- 
yovov  <I>Xa.  Mocr/jou  äpy-.spe'a)?,  iTroyovov  <I>Xagtwv  'I-xiavoO  xxl 
Tarta?  ip/rgpecov  ( T.  /.  (^;.  3495.  Clerc,  Bull,  de  corr.  hell. 
X,  1886,  S.412,  Nr.  16  und  De  rebus  Tlujatircnorum,\%SSZ, 
S.  65.  92.  99.)  zu  denken,  womit  man  wenigstens  in  die  vierte 
Generation  nach  dem  ersten  flavischen  Kaiser  käme.  Doch  lässt 
sich  bei  dem  iraiiri-vii  r:rlial(iingszustande  des  Steines  niclils 
Sicheres  mehr  ausmaciien. 

20.  Kai.sor  \'espasian.  Platte  von  0,69  L..  0,35  H., 
0,29  'W  aus  schlechtem  verwitferlen  gclj)en  Stein.  Schrift  un- 
regelmässig und  plump.  0,03-0.0',  hoch,  sdiucr  lesbar.  Ge- 
funden beim  nördlichen  Logeion. 


28 


F.    HILLER   VON   GAEIITRINGEN 


0KPAT0PAKAI2APA0YE 
nZ    IANONZr:BA2TO    NO 
AHM02YH(t)IZ/     MENOY 
TI-KA-TI-KATHSnATPI 

OZYIOYKYP-0ANOYTOYA 
X    I    E    P    E    Q    2 

[AurJoxpäTopa  Kaiaapa  0'j£['7- 

[xa](7tav6v  SeßaoTOv  6 

Sriaoc  (|/ri(pi(7[a](i.£vou 

Ti(bsptou)  KX(auSiou),  Ti(ß6pio'j)  IQ(a'jSiou),  tt]?  Trarpi- 

[oo?]  u'.ou  Kup(£iva)  <I>y.vou  tou  ä[p-] 

yiEpeco;. 

<]/r,9i7[a]a£vou  hat  Th.  Mommsen  erkannt,  darauf  fand  ich 
die  Spuren  auf  dem  Stein. 

21.  Kaiser  Hadrian.  Säule  von  1,37  II.,  1,70  Umfang. 
Buchstabenhöhe  0,03.  Ligaturen;  E  und  manchmal  auch  H 
mit  un verbundenem,  freischwebendem,  Miltelstrich.  Gefun- 
den am  18.  Febr.  1891  zusammen  mit  Nr.  22-24  vor  der  Nord- 
ostecke des  Zuschauerraums. 


AYTOKP AT  OPA 
KAI2APA0EOYTPAIA 
NOYRAPOIKOYYIONOE 
OYNEPOYAYIQNONTPA 
IANONAAPIANON2EBA 
ZTONAPXIEPEAMETIS 
T0NAHMAPXIKH2E50Y2I 
AZTOEYnATONTOrHcM 
A0ZEBAZT02B0YAHKAI 
OAHMOZANEOHKAN 
EniMEAH0ENTO2AYAOY 
KAAYAIOYKOAPATOY 
T0YrPAMMATE02:TH2 
n  O  A  EQ  Z 


10 


AuToy.pdcTopa 
Kaicapa  Geou  Tpaia- 
vo'j  IlapOiy.O'j   ulöv  6s- 
O'j    Nepoua  uiwvov  Tpa- 
ia.vöv  'Aopiavov  ^eSa- 
TTOv,  apyiepsa  [xeytry- 
TOv,   Sy]aapy^ix,7i<;  d^ourri- 
a«;  TO  £,  ÜTraxovTG  y,  r}  cpi- 

6  S-?iao;  a,V£Or/X,av 

£-iy.£^Y,0£VTO?    AuXo'J 

KXauSio'j  KoSpctTO'j 

TO'j  Ypa[X[7.aT£0i;  ty;i; 


AUSGRABUNGEN  IM  THEATER  VON  MAGNESIA  aM  MAIANDROS     29 

Zeit:  10.  Dez.  120  —  9.  Dez.  121,  also  lange  bevor  Hadrian 
diese  Gegenden  bereiste  (in  Ephesos  war  er  nach  Hicks,  Iti- 
scriptions  in  the  British  Museum  III  Nr.  152  zuerst  wahr- 
scheinlich 125  n.  Chr.).  Gleichzeitig  ist  Nr.  22  von  der  ßouV/i 
allein  gesetzt. 

22.  Kaiser  Hadrian.  Saide  von  1,34  H.,  1,50  Umfang. 
Überaus  gezierte  Schrift,  viel  sorgfältiger  als  in  der  gleich- 
zeitigen Nr.  21;  mit  Ligaturen,  0,025-0,03  hoch.  Gefunden 
am  19.  Febr.  1891  zusammen  mit  Nr.  21. 

AYTOKPATOPA 
KAIZAPA0EOYTPA 
lANOYÜAPOIKOYYlON 
GEOYNEPOYAYIÜNON 
5TPAIANONAAPIANON 
ZEBA2TONAPXIEPEAME 
riSTONAhMAPXlKHSE^OY 
ZIAZ-T-E-YÜATON-T-r-HcJ)! 
AOSEBAZTOSBOYAHIAKEOH 

10   KENEÜIKEAHGENTOS-TI-KAAY 
AlOYXAPIAhMOYTATIANOY 
TOYrPAMMATEHSAYTHZ 
T-B-TOYKAinOIH2AMENOY 
ThNANAGEZI   NTOYANAPI 

15ANT0ZEKTQNIAinN 

AÜTOxpaxopa 
Katdapot  Oeoü  Tpa- 
lavoO  DapOtKou  uiov 
OeoO  Nepoua  ulcdvov 
5  Tpaiavöv   'ASpiavöv 

yiGTOv,  Sio|j(,apyr/C7;?  e;o'j- 

(jia<;  t(Ö)  £,  uTraTOv  t(Ö)  y  t)  (pt- 

10  eTTtjxgXyiOevTo;  Ti(6epiou)  IQau- 


30  F.    HILLER   VON  GAERTRINGEN 

ötou  Xapiöyifxou  Tariavou 
ToG  ypaji.p-aT£o)?  auT>i<; 
t(6)  ß  Tou  xat  xotvi(ja[7.£vou 
TV]V  avaösciv  tou  ävSpi- 
15  aVTO?  £X  Toiv  tötcov. 

In  Z.  8  und  13  ist  das  t(ö)  durch  ein  T  ausgedrückt,  auf 
dem  oben  in  der  Mitte  ein  minimales  o  aufsitzt. 

Tl.  K.l.  XapUh^iwQ  TzTiocvo?  vielleicht  ein  Nachkomme  von 

Tt.   KÄ.  MsXsaypou   uiö?  Kup.  Xapldi)iio(:  <I>t>.o[7.r;Twp  (Nr.   15). 

Das  ^j;-/i(picr[xa  der  Panliellenen  aus  der  Zeit  des  AntoninusPius 
sagt  von  den  Magneten :  Sjwpscöv  s^atpsTwv  tu/ovtei;  o[7:ö  öeou 
'ASjpiavoö  .  .  {C.  I.  A.  III,  1  Nr.  IG). 

23.  Marcus  Aurelius  als  Caesar.  Säule  von  1,24  H., 
1 ,52  Umfang.  Noch  gezierlere  Schrift  als  in  Nr.  22  ;  0,03  hoch. 
Das  P  hat  statt  des  Halbrundes  eine  Spirale.  Gefunden  zu- 
sammen mit  der  vorigen. 

MAPKONAIAIOII  Mapx.ov  A'^iov 

AYPHAIONOYH  AOprAtov  Ou9i- 

P  O  N<  A  I  Z  A  P  A  A  Y  pov  Kaic7apa,  Au- 

T0KPAT0P02  TocpÄTopo? 

ANTQKEINOYEY  5    'Avxwveivo'j  Eu- 

ZEBOYZYON0E  ce^ou;  uov,  Os- 

OYAAPIANOYY  ou  'ASpiavoö  ü- 

^NONH0IAO2;E  (j)v6v,  7)  (pi>,o(j£- 

BA2T02B0YAH  ^xgto<;  ßouXr) 

K  A  I  O  A  hM  O  S  A  N  E  10      xaE  6  Syiao?  ave- 

0H<ENETTIKEAH  O-^kev  iT^wAln- 

0  E  N  T  O  2-T  I  -  K  A  -  ÖivTo;  Tt(g£piou)  KX(auStou) 

ZAMlOYKhPYAAl  :i:a(;.io'j  Knp'jUi- 

ANOYTOYAPXIE  avoO  too  äpyi£- 

PEOZKAirPAKMA  15     pEo?  xat  ypaw-p-Ä- 

T  E  O  Z  Teo;. 

Es  ist  der  spätere  Kaiser  M.  Aurelius,  adoptirt  und  Caesar 


AUSGRABUNGEN  IM  THEATER  VON  MAGNESIA  AM  MAIANDROS     31 

seit  139,  Cos.  I  I.Januar  140  n.  Chr.  In  die  Zwischenzeit  fällt 
unsere  Inschrift. 

24.  Säule  von  1,36  H.  und  0,52  Durchmesser,  Schrift  sorg- 
fältig, im  Durchschnitt  0,0 i  hoch,  nur  das  erste  Z  0,053,  die 
(J)  0,05-0,06.  Gefunden  am  14.  Febr.  1891 ,  da  wo  die  vorigen. 

ZlAlKIONcolEPOKAEA 
TTAAAIZTHNIEPONEI 
KHNTTAPAAOäON^ 
rPAMMATEATOYAH 
5        MOYYIONAEYKIOY 
ZIAIKIOY(t)IPMOYMAN 
APOrENOYSTTArK    PA 
TIAlZTOYnEPIOAONI 
KOYAAEinTO    Y5Y 

10        2TAPXOY2TE(t)ANH 
OOPOYZIAIKIAXAI 
PHMONIZAPXIEPEIA 
KAIZTE(l)ANH(t)OPOZ 
HAälOAOr^TATH^ 

15       TONIAIONAAEA(t)ON 

StXixtov  'h^o/Jkioi.  I  TuocXaiCT-Ziv,   ispov£i|)cr,v   TirapäSo^ov,  |  ypay.u.aT£a 

Too     ör)](5)[;.0'j,  uiov 
AeuKiO'j  I  ZliX'.x.iou    <I*ipp.ou  Mav|Spcy£vo'j;   TTaYxpalT'.aaTOu,   TrepioSo- 

vi|)tou,  äXei-TOu,  ^u|(10)<7Txp^O'j,  CT£0(Xvr)[(p6pou 
TiiXvaIx  Xaip7i[;.ovi(;  äpy'.£p£tx  |  '/.xi  GT£(pavr,(p6po?  |  r)  ä^ioXoywTaTT)  | 

(15)  tÖv  l'mov  äS£>>(pöv. 

SiXixto?  'l£po)cXry<;  stellt  mit  vier  anderen  die  zusammen  als 
oi  äp/t£p£!:;  xxi  Yp[aaJ{jLa-6i?  bezeichnet  werden,  als  Stifter  auf 
einer  Basis  des  Kaisers  CaracaUa  {C.  I.  G.  2912,  noch  gegen- 
wärtig im  Westen  des  Tempels  belindlich).  Eine  Frau  GT£Qa- 
vir)(p6po;,  d.  h.  damals  eponymer  Beamter,  auch  in  der  In- 
schrift Bull,  de  corr.  hell.  XII,  1888  S.  X'll.  XVII,  1893 
S.  33. 

25.  Hunde  Basis,  stark  verstummelt.  \'on  der  Inschrift  ist 


3?  F.    HILLER    VON   GAERTRINP.EN 

links  ein  grosses  Stück  namentlich  oben  abgeimckt.  Wurde 
am  3.  März  1891  beim  spiitriunisclien  Logeion  als  Trommel 
der  hintersten  Säule  der  zweiten  Säulenstellunti;  von  SW  aus 
verbaut  gefunden,  der  erhaltene  Inschriftrest  nach  hinten,  wo 
ihn  spätere  Wasserr()iiren  ganz  zudeckten.  Jetzt  1,05  lioch, 
Buchstaben  0,025  hoch. 

D  P  I  O  Y  .  .  optou 

N  O  A  Y  M  TT  I  n  N  "ÜXu^xicov 

I  T  H  Z  A  I  H  N  E  Tvi?  Siyive- 

ilEPITHNTTATPI  [5400?.  .JTuepl  ttiv  Tüarpt- 

ETTANTA^TOY^  5            [Sa....     Travxa;  tou? 

frei. 

26.  Fragment  einer  viereckigen  Basis,  grösste  II.  0,32, 
L.  etwa  0,68,  Buchstabenhöhe  0,026-0,03.  Gefunden  am  24. 
Jan.  1891  zwischen  den  mittleren  Säulen  des  Logeion. 

N  T  n  N 
THSTTOAEaZ 
TT    A    0    E    n   Z 

27.  Fragment,  grösste  L.  0,27.  grösste  iL  0,28,  T.  0,10, 
Buchstaben  0,035  hoch.  Links  Rand. 

0  E  C 
A  H  Z  H  rr  OXt; 
frei. 

28.  Fragment  von  einer  runden  Basis,  grösste  L.  0,24, 
grösste  II.  0,14,  Buchstaben  0,02-0,022  liocli. 

frei.     T  H  ^ 

n  o  A  f-  0)? 

29.  Fragment,  von  weissem   Marmor,  grösste  L.  0,095, 


AUSGRABUNGEN   IM  THEATER   VON  MAGNESIA   AM  MAIANDROS  33 

grösste  11.  0,16,   grösste  T.  0,'235,  Buchstaben  0,028  hoch. 
Rechts  Rand  erhalten. 

A  I  / 

1    E 
^   O 

30.  Oberer  Aufsatz  mit  Profil  von  einer  runden  Basis  von 
0,89  Durchmesser.  0,H05  H.  Unterhalb  des  Profils  steht  zwei- 
mal O  AH  MOS  6  (^"yiao;,  das  eine  Mal  in  etwa  0,06  ho- 
hen, 0,01-0,015  breiten,  flachen  Buchstaben,  das  zweite  Mal 
in  gezierter  Schrift.  Rührt  vielleicht  von  doppelter  Benut- 
zung her. 

3.  W ei hgesc henke  und  Agonistisches. 

31.  Hermes  Tychon  des  Antilochos  aus  dem  Nordwest- 
bau, gefunden  am  10.  Febr.  1891.  F'ür  dieses  Monument  darf 
ich  auf  die  Ausführungen  O.  Kern's  im  Abschnitt  II  verweisen. 

32.  Siegerliste.  Stein  von  eigentümlicher  Form,  dessen 
Vorderseite  wie  in  drei  Fascien  eingeteilt  aussieht,  was  aber, 
wie  selbst  die  durch  diese  Bearbeitung  verstümmelten  späte- 
ren Kritzeleien  auf  der  rechten  Seite  zeigen,  erst  durch  eine 
nachträi'liche  Verwendung-  als  Baustein  bedingt  ist.  Links  und 
oben  gebrochen  ;  bei  der  Aullind ung  vor  Beginn  unserer  Aus- 
grabung war  oben  noch  ein  Stück  mehr  erhalten,  welches 
hier  im  Majuskeltext  eingeklammert  erscheint.  Jetzige  H.0,62, 
grösste  L.  0,45,  grösste  T.  0,36;  dieScbrift  0,01  hoch,  zierlich 
mit  starken  Apiccs,  erinnert  am  meisten  an  die  (wol  etwas  äl- 
teren und  einfacheren)  Apollophanesinscliril'len.  Ivoiuloleon, 
'K-iypacj^ai  Nr.  1 7  . 

[T  E  M  I  A  O  P  O 
Z  A  I  Z  X  Y  A  I 
HM02ANAZIK 
A  O  r  P  A  0  I  A  I  ] 
5  K  I  0  A  ^  . 

OY         MANAPOKAH> 

ATHEN.    MITTHEILLINÜEN    .\1.\.  3 


34  F.    HILLKR    VON    OAERTRINGEN 

NJOYAPISTnNAi 
lAOYAYKOMHAHZ    Xt. 

K I 0 A  Pn I A  I  A  I 
10        [O]    '  AIONY2IOZAFOAAOAa 

Q>y  K  T  E  A  T  O  2  M  O  P  I  M  O  Y 

lOY  FYOArOPASAFOAAOOANOY 

lar  P  A  (1)  I  A  ! 
AFOAAQNIOIlAFOAAßNIOY 
15  AOY  KAAAIZTPATOSIQFYPOY 

MAPOY        AAKI2      IßFYPOY 
HTPOAHPOY         API0MHTIKHI 
OAAriNlOYNEoFTOAEr-iOSAAMHTOY 

AHMHTPI02ANA2IKPAT0Y 


[6  Ssiva   'ApjTE(7-iö[d>"|po[u] 

<;  Atcyu>i[vo'j] 

.  .  .7i[;.0(;  'Ava^iJc[päTO'j;j 

[ij.£jAOYpa^iai . 

)ci6ap[iGf/.(r»r  ] 

.   .  O'J 

Mav^po/cXri;  .  .  . 

vou 

'ApifTTWV    'A .  .  . 

,  iXou 

A'jJtoayiSioc  X .  ,  . 

x'.öapüiiSia-.* 

ou 

Atovrjcio;  'A-oT^XoScoTpou] 

.0? 

KTeaTO?  JMopiu.O'j 

lOU 

lluOayopai;  'A7iro>.>.090'.vo'j 

^coypacpia'." 

10 


'A7:o).Xcl)vio;   'A-o)^>.wviou 
15  .  .  .ao'j  KaXXicTpaTo;  ZwTvüpou 

.  .  .  [jt,(ipou          "AX/Ci;  ZwTCupou 
.  .  Mj'/iTpoöcöpo'j        ccpiöaTiTDfyii* 
.  .  'AttjoXXwviou  NeoTCTÖXejjLo;   'ASu,r,TO'j 
AYi(;//)Tpio;  'Ava^t/cpÄTOu 

Z.  4.  5.  9.13  sind  natürlich  Dative. —  4.  5.  Ergänzungen 
von  U.  vü>  WiLAMOwrrz, 


AUSGRABUNGEN  IM  THEATER   VON   MAGNESIA  AM  MAIANDROS  35 

Späte  Kritzeleien  auf  der  recliten  Seite 

obon :  unten  : 

A  A  A   E  A  k 

ZYZYrOl  ~  Y  r   O   I 
0  I  A  O   I  '   I   O   S 

AAMA2  STPATOZ 

'AXXe'a? 

cüCuyoi  cüC|uyoi 

Zwei  Freiindesparc  haben  sich  auf  dem  Steine,  als  er  noch 
unversehrt  war,  aber  schon  frei  herumlag,  verewigt.  Vgl. 
Ahnliclies  unter  Nr.  57  ff. 

33-36. Weihgeschenke  des  Zeuspriesters  Phanes, 
S.  des  Herostratos. 

33.  Quadratische  Basis  von  gelblicliem  Kalkstein.  0,94  lang 
und  tief,  0,16  hoch,  profilirt.  oben  mit  zwei  rechteckigen  und 
zwei  runden  Dübellitchern  (zur  BefestigungdesW  eihgeschenks). 
Gefunden  am  3.  Januar  1891  nahe  der  nördlichen  Orcbe- 
straecke.    Buchstaben  Z.  1:  0,05,  Z.  2:  0,06  hoch. 

(t)ANH2HP02TPAT0Y  <l>y.^rr.  'IIpoGTpxTO-j 

IEPEY2AIOZANE0HKEN  Upsu;  A'.6?  äve'Or.x.sv 

VVahrscheinlicIi  aus  derselben  Familie  Nr.  20. 

34.  Basis  aus  \veissem  Marmor,  L.  0,f)2,  H.  0,40,  T.  0.89; 
aus  zwei  Stücken  zusammengesetzt.  Hechte  obere  Ecke  fehlt. 
Sclirift  mit  übertriebenen  Apices,  sehr  unghMch,  hoch  0,015- 
0,025,  (p  0,035.  Gefunden  nachträglich  am  15.  Januar  1893 
nahe  am  äusseren  niu'd liehen  Eckpfeiler  des  Zuschauerraums. 
Auf  der  rauhen  Obernächc  Standspuren. 

4)ANH2HP02TPA.v.  ^»äv-/;?  'Hpo(yTpä[TOu 

IEPEY2TOYAIO_  Isps-j;  tou  Ato; 

AFQNOOETQN  iycovoOsTwv 


36  F.    HILLER   VONTtAERTRINGEN 

AEYKOOPYHNÜN  A£u>co(ppur,v(I)v 

ANE0HKEN  äveOTi-z^sv. 

35.  Grosse  Marmorquader,  in  zwei  Stücke  zerbrochen,  links 
gebroi;lien,  an  den  drei  anderen  Seiten  erhalten.  Gesamtlänge 
der  beiden  Fragmente  0,0 i -f-^-''--  l'it'te  (nur  beim  rechten 
Fragment  erkennbar)  1,33.  Nachträglich  gefunden  am  13. 
Dez.  1892  an  dem  äusseren  Eckpfeiler  des  südlichen  Zuschauer- 
raums, nur  etwa  1'"  unter  dessen  gegenwärtigem  oberen  Ran- 
de. Die  Vermutung  von  R.  Heyne,  dass  der  Block  oben  auf 
dem  Eckpfeiler  gesessen  hat,  wird  dadurch  sehr  wahrschein- 
lich. Da  diese  Pfeiler,  wie  wir  wissen,  1,42  lang  sind,  kann 
man  dem  Block  noch  1,42— (0,61 +0,42)  =  0,39'"  zusetzen, 
von  denen  nur  ein  kleiner  Bruchteil  auf  die  Mitte,  der  grüsste 
Teil  auf  den  linken  Rand  kommen  würde  (wo  ja  auch  in 
einer  Zeile  5  Buchstaben   mit  Sicherheit  zu  ergänzen  sind). 

Grosse,  unsorgfältige  Schrift,  etwa  0,04  hoch.  Die  äusse- 
ren Schenkel  des  2  sind  durch  Nachlässigkeit  etwas  divergi- 
rend  geraten. 

HZHPOSiTPATOYIEP  AlOfAf^ft 

H  S  A  S  T  O  Y  s:  s:  A  T  Y  P  I  i  ^  :S  A  N  E  0  H 

RETEAESENAEKAI  AAEIFoN 

frei.               TAT^NK  QN     frei. 

[<I>3Cv]y)?    'IIpOTTpXTO'J   l£p[£U5]   Ai6[?]  a[y](i)- 

[voOsTjTiaa;  TO'j;  IlIxT'jpi<j[5tou](;  iveO'O- 

[y.£V    (XjTC£T£X£(j£V    ^l   xal    [tOC    StJaXElTTOV- 
Ta   TCÖV   /.[£p/tio](OV. 

Ein  Fragment  des  Gegenstücks  von  der  Nordecke  ist  Nr.  IV. 
Vielleicht  standen  die  axr'joiG-^oi.  ehemals  auf  den  Eckpfeilern 
des  Zuschauerraums,  auf  jeder  Ecke  einer.  Man  beachte  übri- 
gens, dass  diese  Weihung  nach  dem  Ablauf,  die  vorige  wäh- 
rend der  Agonothesie  des  Plianes  aufgestellt  worden  ist. 

36.  Quader,  oben,  links,  rechts  gebrochen ;  unten  und  hin- 
ten erhalten.  Blauer  Marmor  von  der  Marmorverkleidung, 
etwa  0,90  lang,  0,40  buch,  0,03  tief.  Nachträglich  am  17.  Jan. 


AUSGRABUNGEN  IM  THEATER   VON   MAGNESIA  AM  MAIANDROS 


37 


1893  nicht  weit  von  dem  tottoi;  'In^ÜTx  gefunden.  Buchsta- 
benhöhe  0,03-0,042. 


I  ii  N 
L  P  K  I  A  n  N 
(1  oder  2  Zeilen  können  fehlen.) 


)t]ep)ciS 


t]ü)V 
(i)V 


Diese  Inschrift  ist  nach  der  vorigen  zu  erf!;ünzen. 

37.Weiliungdes  Dionysospriesters  llerakleitos. 
Quader  von  weissem  Marmor,  0,93  lang,  0,3l8  hoch,  0,60 
tief.  Auf  der  oberen  Fläche  Standspuren  für  eine  Bronzestatue. 
Nachträglich  am  8.  November  1892  hinter  der  Thür  des  süd- 
lich an  das  Skenengebäude  angebauten  Ganges,  in  der  Nähe 
der  Freitreppe  gefunden,  wo  der  Block  anscheinend  als  Be- 
grenzung des  römischen  Pflasters  vermauert  war;  die  Statue 
war  also  vorher  verschleppt.  Das  Äussere  geben  die  von  R.  Kol- 
dewey  nach  Aufnahme  von  R.  Heyne  und  Abklatschen  ge- 
machten Zeichnungen. 


.Jlis^'" 


fZ^- 


*%i  PAKAEHTOlAIONySIOY 
Ol  EyEYSTOYArON  YSOY 

TOYENArANIOV  AfA 
NOQETaN  ANE0HKEN 


k^^ 


AnoAAiiNllOC 

TAVPlilCoYi?A'A 


'IIpix.'XeiTO?  Atov'jijio'j 
6  Ispsu;  TO'j  Aiov'jco'j 
Tou  ivaycovioo  äyo)- 


'AttoXXwvioi; 
Taupirj/.ou  Tca),- 


38  F.    HILLER   VON   GAERTRINGEN 

Für  den  Rünsllor  inaclit  es  die  Verein iiiiing'  derselben  Na- 
men und  die  Übereinstimmung-  der  Heimat  —  es  ist  Tralles, 
die  (■)stliche  Naclibarstadt  von  Magnesia  —  gewiss,  dass  wir  es 
mit  derselben  Familie  zu  (Iiuii  haben,  aus  der  die  Künstler 
des  sogenannten  farnesisclien  Stieres  stammen.  Eine  näbere 
Bestimmung  des  \'er\vandtscliaftsverhältnisses  wäre  natürlich 
sehr  erwünscht,  sie  hängt  aber  davon  ab,  ob  sich  der  Stier 
auf  der  einen  Seite,  die  mao;nesische  Basis  auf  der  anderen 
zeitlich  bestimmen  lassen.  Bei  der  letzteren  gemahnt  die  Weih- 
insehrift  mit  ihren  gezierten,  ziemlieh  soriifältiü;  ausüeführ- 
ten  Buchstaben  mehr  an  andere  Inschriften  der  claudischen 
Zeit  (z.  B.  Nr.  1'2)  als  etwa  an  die  Anaxenorinschrift  (Nr.  5), 
die  wir  um  die  Mitte  des  ersten  vorchristlichen  Jahrhunderts 
gesetzt  haben.  Immerhin  hält  Kern  einen  etwas  früheren  An- 
satz der  Apolloniosbasis,  etwas  vor  der  christlichen  Zeitrech- 
nung, für  möglich.  Die  Künstlerinschrift  erscheint  auf  den 
ersten  Blick  einfacher,  älter;  aber  der  Künstler  wird  sie  selbst 
angebracht  haben,  nach  seiner  Weise,  uud  die  Ausführung 
der  Weihinschrift  dem  Gehilfen  überlassen  haben,  der  dem 
barocken  Zeitgeschmack  Rechnimg  trug.  Und  Namenszüge 
pflegen  auch  heutzutage  am  meisten  von  der  Individualität  des 
Schreibers  zu  enthalten  ;  auf  sie  sind  also  am  wenigsten  allge- 
meine Schlüsse  zu  bauen. 

Der  Stier  andererseits  befand  sich  im  Besitze  des  Asi- 
nius  PoUio,  welcher  im  Jahre  4  vor  Chr.  starb.  Er  wird, 
wie  mir  Carl  Robert  freundlichst  nachweist,  bereits  von  ei- 
nem pompejanischen  Wandgemälde  des  dritten  Stiles,  also 
augusteischer  Zeit,  vorausgesetzt,  welches  in  gleicher  Weise 
wie  die  Gruppe  den  spannendsten  Moment  des  Drama,  die 
Anbindung  der  Dirke  an  den  Stier,  zum  Gegenstand  gewählt 
hat,  während  andere  Darstellunc-en  auf  Vasen  und  Wand- 
bildern  verschiedene  Motive  herausgegriffen  haben  (Ilelbig, 
Wandgemälde  der  vom  Vesuv  verschütteten  Städte  Campa- 
niens,  18G8,  S.  237,  Nr.  1151  vgl.  1152  aus  llerculaneum ; 
die  anderen  Monumente  bei  Dilthey,  Arch.  Zeitung  XXXVI, 
1879,8.43  ff.).  Diese  Benutzung  setzt  doch  voraus.dass  sich  das 


AUSGRABUNGEN  IM  THEATER   VON   MAGNESIA  AM  MAIANDROS  39 

Kunstwerk  schon  einige  Zeit  auf  italischem  Boden  befand  und 
dort  bekannt  geworden  war.  Es  war  aus  Rhodos  gekommen, 
doch  wol  nicht  auf  Bestellung  des  PoUio  an  die  dort  weilen- 
den Künstler,  sondern  auf  dem  Wege,  wie  die  meisten  grie- 
chischen Kunstwerke  nach  Italien  wanderten,  durch  mehr  oder 
minder  legitimirten  Raub,  im  Jahre  43  wurde  Rhodos  durch 
Cassius,  bald  darauf  von  anderen  Republikanern  ausgeplün- 
dert;  damals  mag  man  auch  den  Stier  entführt  haben  (vgl. 
Schneiderwirth. Geschichte  der  Insel  Rhodus,1868,  S.141  ff.)^ 
Die  Entstehung  des  Kunstwerkes  wird  also  in  eine  Zeit  fallen, 
in  der  sich  die  Stadt  Rhodos  nach  Zurückweisuni»-  des  Mithra- 

o 

dates  im  Jahre  88  unter  Roms  hoher  Protektion  zu  einer  neuen 
Blüte  erhob,  als  eine  Menge  Künstler  aus  verschiedenen  Län- 
dern dort  zusammenströmten  und  in  Rhodos  wie  in  Lindos 
reichliche  Arbeit  fanden.  Das  Nähere  hoffe  ich  demnächst  im 
Jahrbuche  des  Instituts  auszuführen. 

Die  Künstler  des  Stieres  hiessen  nach  Plinius  XXXVI,  34 
Apollonius  und  Tauriscus;  sie  waren  aus  Tralles,  denn  kurz 
zuvor  sind  die  Hermeroten  des  Tauriscus  von  Tralles  erwähnt, 
die  ebenfalls  im  Besitze  des  Pollio  waren.  Parentum  hi  cer- 
tanien  de  sc  fecere,  Metiecraten  videri  professi,  scd  esse 
naturalem  Artemidoium.  Man  sieht  diese  Angabe  gewöhn- 
lich für  eine  dumme  Anekdote  an,  die  sich  aus  der  missver- 
standenen Künstlerinschrilt  lierausgesponnen  habe;  nach  Rayet, 
Milet  et  le  '^olf'c  latinique  I  S.  67  lautete  diese:  'Atco^^w- 
vio?  xai  Ta'jpiTxoi;  -/.aO"  üoOsatav  MsvexpaTOo;,  <fvaei  de  'ApTs^aiScö- 
po'j,  TpaX);iavo'.  67votv;'7av.  Aus  cpuasi  %i  'ApTsty.iSwpou  habe  man 
sed  esse  naturalem  Artemidorum  gemacht;  so  entstand  die 
Geschichte.  Aber  so  hätte  die  Inschrift  auf  einem  für  Rhodos 
bestimmten  Kunstwerke  nach  dortigem  Brauche  nicht  gelautet, 


'  Später  schon U'ii  die  Römer  Rhodos,  und  nainiMitlieh  Nero,  (h'rOlvni- 
l>ia,  .Villen  uml  I'er;,'anion  ihrer  Kunslseli;ilzt>  herauhle,  liess  den  hMiudieru 
die  ihriyen.  Soweit  ivann  man  dem  Redner  üio  (XXXI,  147  IV.)  Glauben 
schenken;  wenn  er  freilich  behauptet  Tto(iatou;  .  .  ijl7]5^;:ot£  xiv^aai  töv  nap' 
o|jl1v  (d.  h.  den  Rliodiern)  H-rjoev,  so  geht  das  zu  weit. 


40  F.   HILLER   VON   GAERTRINGEN 

sondern  'AttoIT^covio:  y.ai  Ta'jpicxo^  'Apxsa'.^wpo'j,  y.aO'  uoOsciav  ös 
M6V£x,paT£i»<;,Tp(xX7.'.avo'  E-or/iaav.Und  wir  sehen  im  allgemeinen, 
dass  die  aus\viirtiü;en  Künstler  in  ihren  Aufschriften  für  Uho- 
dos  die  rhodische  Weise  hefolgten  ,  wenn  wir  auch  gerade 
keinen  Künstler  mit  Adoptivvater  dort  nachweisen  können. 
Somit  fehlt  der  geistreicli  ersonnenen  h]rklärung  der  Aus- 
gangspunkt. Lassen  wir  aher  die  rcclicrche  de  La  paternite 
bei  Seite:  einer  von  den  beiden,  Artemidoros  oder  Menekra- 
tes,  war  jedenfalls  wirklich  der  Vater.  Danach  kann  der  ma- 
gnesische  'Amto'XT.wv'.oc  TaupiTJcou  keinesfalls  einer  der  Künstler 
des  Stieres  sein,  auch  gesetzt,  die  Paläographie  erlaubte  es. 
Wol  aber  der  Vater  Tauriskos,  welcher  ja  nachdem  er  vor 
43  in  Rhodos  die  grosse  Gruppe  gefertigt  hatte  noch  weit  in 
die  augusteische  Zeit  hinein  gelebt  haben  kann,  so  dass  sein 
Sohn  möglicherw^eise  noch  unter  Tiberius  arbeitete,  natürlich 
in  Kleinasien,  dessen  Städte  damals  besser  zahlten  als  das 
verarmte  Rhodos.  Wenn  der  Zeitunterschied  noch  grösser  war, 
müsste  man  noch  eine  Generation  einschieben,  und  so  bleibt 
die  Wahl  zwischen  den  zunächst  wahrscheinlichen  Stamm- 
bäumen : 

Menekrates 
ApoUonios  1     Tauriskos 

I 

ApoUonios  11 

oder  Menekrates 

ApoUonios  1     Tauriskos  1 

I 

Tauriskos  II 

i 

ApoUonios  II. 

Was  nun  endlich  das  Werk  anlangt,  so  fällt  es  natürlich 
schwer,  sich  aus  den  Slandsj)uren  der  Basis  davon  eine  Vor- 
stellung zu  machen.   Als  Weihung  an  den  Dionysos  'Evayw- 


AUSGRABUNGEN  IM  THEATER  VON   MAGNESIA   AM  MAlANDROS  41 

viO(;  —  ein  Beiname,  der  sonst  dem  Hermes  eignet,  vgl.  Robert, 
Griech.  Mythologie  1  S.  415,3  —würde  sich  natürlich  am 
besten  eine  Statue  des  Gottes  selber,  oder  auch  eines  seiner 
Diener,  etwa  eines  Pan  oder  Satyr  eignen.  Doch  wie  können 
wir  dies  jetzt  entscheiden? 

38.  VVeihung  des  Pantauchos,  S.  des  Dionysios. 
Rechteckige  Basis  (Altar?)  0,63  lang,  0,92  hoch,  0,60  tief, 
Buchstaben  0,03-0,025  hoch.  Wahrscheinlich  vom  südlichen 
LoiJfeion;  lai^  zwischen  den  Säulen  etwa  1'"  über  dem  antiken 
Boden.  Ivondoleon,   'E-'.ypxoai  Nr.  4. 

FANTAYXOX  navxau/o? 

A  I  O  N  Y  2   I   O   Y  Atov'jcio'j 

ArQNOOETQN  aywvoOcTüiv 

ANE0HKEN  dcv£er,y.£v. 

Der  Weihende  ist  wahrscheinlich  Bruder  des  vorherge- 
henden. 

39.  Rechteckige  Basis,  profilirt,  0,64  lang,  0,87  hoch,  0,56 
tief,  Schrift  0,025  hoch,  sorgfältig.  Vorderseite  rechts  abge- 
brochen. Gefunden  am  15.  Febr.  1891  vor  dem  (zerstörten) 
Mittelportale  des  nördlichen  Zuschauerraumes. 

AOHNArOPA^r-i.  'ABr,vxy6o<x(;  Zlsvayopix  ?] 

ANTirPA^EYZAN  a.vTiypa<p£ü;  av[£6rr/C£v.] 

'AvTiypa(p£u? :  darnach  habe  ich  Nr.  1  Z  4  (xv[Tiypa(p£a]  er- 
gänzt. 

40.  Kapitellförmiger  Untersatz  einer  vermutlich  als  Eck- 
akrotorion  dienenden  llydria,  unten  der  Dachschräge  entspre- 
chend abgeschrägt  (Neigung  1:  5).  Gefunden  am  24.  Jan.  1891 
in  der  südliciicn  Hälfte  des  spätrömischen  Logeion  zwischen 
den  Säulen.  Auf  der  Oberseite  ein  0,14  tiefes,  0,OVi  breites, 
nach  oben  erweitertes  h'insatzloch  für  die  (eherne?)  llydria. 
Die  0,02-0,025  hohe  Schrift  steht  auf  der  Vorderseile;   die 


42  F.    HILLER   VON   GAEnTRINGEN 

rechte  Seite  des  Kapitells  ist  dekorirt,  etwa  nach  dem  Muster 
der  Anlenkapilelle  des  Artemistempels  von  Magnesia.  Auch 
die  Hinterseite  hat  ein  Uankenornament. 

KAEAINOSKAEAINOY  Kleatvo?  K>.£aivou 

APXIEPHTEYQNANE  äp/isp-ziTsücov  ävs- 

0HKENTHNYAPI  Orijcev  t-;;v  OSpi- 
A  N  av. 

41.  Rechteckige  Basis  von  Marmor,  0,365  lang.  0,30  hoch, 
0,28  tief,  auf  der  Oberseite  mit  einer  0,07  tiefen  rechteckigen 
Einarbeitung,  die  bis  zum  hinteren  Rande  geht.  Gefunden  am 
12.  Jan.  1891  im  nördlichen  Skenengebäude. 

K  A  V. a 

E0HKLNTHY  [äv]£OYi/,£v  T-?i  T- 

^     M  [yisia  ?] 

42.  Zwei  aneinander  passende  Stücke  eines  Marmorpinax, 
der  oben  und  rechts  verstümmelt  ist;  zusammen  grösste  H. 
0,27,  L.  0,18,  T.  0,03.  Im  Nordwestbau  beim  Theater  am 
10.  und  11.  Febr.  1891  gefunden.    Schrift  etwa  0,015  hoch. 


A  P  I  2  1  ...'ApirjT, 

O  Y  ou 


M  M  r  E  I  P  o  2  I  /  {Aaystpo?-  (Name) 

AIAK0N02E^  Stiy.ovo;-    Eu  .  .  . 

Ein  Koch  aus  Magnesia  erhielt  von  Antonius  fiir  ein  gutes 
Diner  ein  ganzes  Haus  (Plutardi  Ant.  '"i't  );  diese  Kunst  blühte 
also  dort  ohne  Frage.  Aber  unser  (j-Äystpo;  war  ein  priesterlicher 
Unterbeamter,  desgleichen  auch  der  Sia/.ovo?.  Vgl.  für  Atlika: 


AUSGRABUNGEN   IM   THEATER    VON    MAGNESIA   AM   MAIANDROS  43 

Ditteriberii-er,  IlennesXX,  1885,  S.  29  und  Syllogc  Xr.  380, 
25.  TüpfTer,  Allische  Genealogie  S.  151;  für  Trozen  :  Bull. 
de  corr.  hell.  XVH,  1893,  S.  120  (j^.iy£'.poc  x.al  Siix-ovo;);  für 
Sparta:  Wide,  Lakonische  Kulte  S.  11%.  Bull,  de  corr.  hell. 
IX,  1885,  S.  513;  für  Tanagra :  C.  I.  G.  G.  S.  I,  1562;  für 
Theben :  Cauer,  Delectus  '~  336  ;  für  Anaktorion :  C.  I.  G.  W 
Add.  1793  b  (fy-ÄYEipoc,  Siaxovo?  und  andere  Opferbeamte);  für 
Korkyra:  C.  I.  G.  \\  Add.  1849  f.  Der  Geojenstand  verdient 
eine  eingehende  Behandlung,  zu  der  an  dieser  Stelle  nicht 
der  geeignete  Platz  ist. 

4.   Architektonische   Inschriften. 
(Vgl.  das  Weihgeschenk  des  Phanes  Nr.  33-36). 

43.  Auf  dem  unteren  geglätteten  Rande  eines  Blockes  der 
nördlichen  Marraorverkleidung,  dem  ersten  Stein  (von  S)  der 
untersten  runden  Schicht  zwischen  dem  mittleren  Eingang 
des  Zuschauerraums  und  dem  Eckpfosten.  S.  den  Längsschnitt 
durch  die  Parodos  des  Theaters  Taf.  3.  Inschrift  sehr  dünn, 
ausgekratzt. 

T   O   n  O  2  A  ToTCo?  'A 

44.  Auf  einem  Block  der  nördlichen  Marmorverkleidung 
zwischen  Alittelportal  und  äusserem  Eckpfeiler,  dritte  gerun- 
dete Lage  von  unten.  Auf  dem  oberen  geglätteten  Bande. Vgl. 
den  zu  Nr.  43  genannten  Längsschnitt.  Die  Schrift  erinnert 
an  die  lladrianinschriflen.  Kondoleon,  in  dieser  Zeitschrift 
XIV,  1889,  S.  105,  51  nach  Abschrift  von  BaToucr?  (vgl.  Neot 
Sfxupvv)  1889  ip.3798).  Berard.  Bull,  de  corr.  hell.  XV,1891, 
S. 539,1  (abgeschrieben  im  April  1889). 

TOTTO20IAQTA 

45.  'EttI  7cXa)c6;  xs'.aevYx;  ev  Ba^arCi/cico,  i\  ävTtypa(pr,(;  x.   Ir,- 


44  F.    HILLER   VON   GAERTRINGEN 

pcrSevo'j;  Be'y;  Bx^Ta^T;.  KoNDOLEON,  dazu  WiMER :  'Wird  aus 
Magnesia  am  Mäander  stammen;  grosse  Quader  von  weissem 
Marmor  1,67'"  lang,  0,60  hocli,  0,33  dick.  Oben  drei  Guss- 
löcher. Schöne  Buchstaben  des  III  Jahrhunderts'  [d.  h.  wol 
nach  Clir.].  Nach  Einsicht  von  \^''inter's  .Abschrift  möchte  ich 
etwa  in  die  Zeit  lladrians  oder  der  Antonine  hinaul^ehen. 
Kondoleon,    in  dieser  Zeitschrift  XII,  1887,  S.  557,  28. 

TOTTOZTPO(t)IMI^NOZ  Tozo?  Tpocptatwvo? 

46.  Auf  der  Vorderseite  des  rechten  (südlichen)  Thürpfo- 
stens  des  Mitteleinoanoes  zum  südlichen  Zuschauerraum. 
Dünne,  0,05  hohe  Schrift  wol  noch  aus  dem  ersten  Jahrhun- 
dert v.  Chr.  Gefunden  23.  April  1892.  S.  den  zu  Nr.  43  ge- 
nannten Längsschnitt. 

0P02IEP0Y  "Opo?  iepoG. 

Das  Theater  wird  durch  diese  Inschrift  an  der  Stelle,  wo  es 
von  den  Zuschauern  betreten  wird,  als  Upöv  (des  Dionysos) 
bezeichnet.  An  der  entsprechenden  Stelle  des  Nordflügels  fehlt 
dieselbe  Inschrift, die  man  dort  erwartet,  m.  E.  nur  deswegen, 
weil  der  dortige  Thürpfosten  nicht  so  hoch  hinauf  erhalten  ist. 
Eine  andere  Erklärung,  als  handelte  es  sich  etwa  um  die  Grenze 
eines  ausserhalb  des  Theaters  gelegenen,  zufällig  grade  an  die- 
ser Stelle  vor  dem  Theater  abschneidenden  tju-svoc  halte  ich 
für  ganz  unwahrscheinlich.  Über  den  Dionysoskult  von  Ma- 
gnesia giebt  der  bekannte  äp/aio«;  /p-ziTac?  Auskunft ',  der  nicht 
vor  dem  II  Jahrhundert  n.  Chr.  neu  in  Stein  gehauen  und 
aufgestellt  sein  dürfte. 

47.'  Fries  und  Architrav  eines  jonischen  oder  korinthischen 
Baues.    Der  Fries  ist  links  beendet,   rechts  gebrochen,   oben 


<  Athen.  MiUh.  XV,  1890.  Ö.  330.  XVI,  1891,  S.  2i8.  Itrvue  des  rtudei 
grecques  III,  1890,  S.  349.  IV,  1891,  S.  208.  Bull,  de  curr.  hell.  XVII,  1893, 
S.  33.  Hermes  XXVI,  1891,  S.  178  fr.  (Maass). 


AUSGRABUNGEN   IM   THEATER    VON   MAGNESIA   AM   MAIANDROS 


45 


0,48,  unten  CSO""  breit.  Am  rechten  Ende  des  fragmentirten 
Steines  steht  die  Inschrift  mit  0JJ6  hohen  Buchstaben.  Ge- 
funden am  25.  Febr.  1891  an  der  Südostecke  des  schmalen 
Ganges  im  Süden  des  Skenengebäudes.  Der  Architrav  mit  drei 
Fascien  ist  1 ,95'"  lang,  hat  links  glatte  Anschlusstläche,  rechts 
Ecke,  um  die  sich  das  Proül  noch  auf  ein  kleines  Stück  im  rech- 
ten Winkel  fortsetzt ;  hier  und  dort  schlössen  sich  gleichartige 
Architrave  an.  Unten  zeigt  der  Architrav  Sotlite,  also  lag  er 
nicht  auf  einer  Mauer  sondern  auf  Säulen  oder  Pfeilern  auf. 
Die  Schrift,  etwa  0,05'"  hoch,  behndet  sich  auf  den  beiden 
oberen  Fascien'. 


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•  Die  Zusammengehörigkeit  von  Fries  und  Architrav  ergiebt 
sich  aus  dem  Material  (weisser  Marmor),  den  Abmessungen 
und  der  Art  der  Arbeit.  Welchem  Gebäude  sie  aber  anijfehöi't 
haben,  ist  unbekannt;  nur  soviel  lässt  sich  bestimmen,  dass 
der  Bau  wahrscheinlich  ein  kleines  Einzelmonument  gewesen 
ist.  Weshalb  der  Architrav  an  den  Seiten  verschieden  ge- 
schnitten  ist.  entzieht  sicii  unserer  Kenntniss.  Die  Inschrift 
lautet 

AuXo[v ]  I  Tov  eüepysT'/lv  Y^yo^ÖTa   xxi  toO  y;u.£T£'po'j  Sr/JLOu. 

Ihre  Verteilung  ist  aus  der  vorstehenden  Abbildung  zu  ent- 
nehmen ;  der  Anfang  stand  auf  dem  Friese,  das  Ende  auf  dem 
Architrav'  (Dörpield). 


V-  F.    HILLER   VON  GAERTRINGEN 

48.  Stück  eines  verkröpften  Architravs  mit  drei  Fascien, 
darauf  ein  reicheres  Profil  als  in  Nr.  W.  Links  Ecke,  rechts 
gebrochen;  Marmor.  Schlechte  flache  Schrift,  0,06  hoch.  Ge- 
funden am  25.  Febr.  1891  vor  der  nördlichen  Marmorver- 
klt'idung,  zwischen  dem  iMiltelportal  und  der  inneren  Ecke. 
Auf  der  obersten  Fascie  an  der  rechten  Seite  Inschrift. 

K  A   I  T   O   "^  xat  To[u .... 

Den  Anfang  der  Inschrift,  doch  wol  einen  Namen,  enthielt 
wol  der  links  anstossende  Stein  des  verkröpften  Architraves. 

49.  0OAOI1.  Vier  Architravfragmente  (mit  drei  Fascien) 
eines  Rundbaues  mit  Weihinschrift  auf  den  beiden  oberen 
Fascien,  alle  oefunden  am  14.  Jan.  1891  in  der  Orchestra 
nahe  den  Looeionsäulen  ;  Nr.  III  war  in  die  Mauer,  welche 
die  Säulen  verkleidet,  verbaut.  Die  zugehörige  Sima  mit  Lö- 
wenkopf fand  sich  in  dem  Loche  am  Ostrande  der  Orchestra. 
Der  Durchmesser  des  Rundbaues  lässt  sich  aus  der  Krüm- 
mung der  Steine  auf  etwa  3,38'"  berechnen.  Die  Länge  der  In- 
schrift betrug  ungefähr  2, 20'",  nahm  also  etwa  den  fünften  Teil 
des  Umfano;es  ein.  Wo  der  Bau  gestanden  hat,  ist  unbekannt. 
Der  Fundort  der  Inschriftfragmente  Hess  zuerst  vermuten,  dass 
der  Tholos  in  oder  neben  dem  Skenengebäude  gelegen  ha- 
ben könne;  nachdem  sich  aber  herausgestellt  hat,  dass  zu 
dem  spätrömischen  Logeion  Steine  von  der  Agora  herbeige- 
schleppt worden  sind,  darf  der  P^undort  nicht  mehr  zur  Er- 
mittelung; des  Standortes  verwendet  werden  '.  Ebenso  wenic;  ist 
die  Bestimmung  des  Gebäudes  festzustellen;  die  Inschrift  lehrt 
nur,  dass  es  der  Athena  geweiht  war. 


'  Kern  Icill  mir  iiachtiiiiilicli  niil,  dnss  Iluiiiaiin  im  Novomlx-r  1803  bei 
seiner  Aufiiahnie  des  Öladluehielcs  in  einem  Weinbeif,'  auf  der  Ilii^'elkuppe 
ül)Cihall)  des  Theaters  die  Reste  eines  Hundbaus  conslalirt  hat.  Die  Vcr- 
muluny  liegt  nahe,  die  siiiiitlich  in  der  Orcliestra  gefundenen  Tholos-Steine 
mit  diesem  Rundbau  in  Zusammenhang  zu  setzen.  Dafür  spriciit  auch  der 
Umstand,  dass  in  demselben  Weinberg  ein  —  leider  inschriflloscr  —  sicher 
zu  der  Reihe  S.  47  Xr.  50-54  gehöriger  Block  gefunden  ist. 


3^ 


AUSGRABUNGEN  IM  THEATER  VON  MAGNESIA  AM  MAIANDROS     47 

Z.  2.  'A9r)[vxi  rioXio'j/Jwi  ergänzt  U.  von  Wilaraowitz.  Wer 
sich  daran  stösst,  dass  zehn 
Buchstaben  unter  acht  der  obe- 
ren Zeile  kommen,  kann  bei 
einer  Inschrift  dieser  Zeit  das  i 
adscriptum  hinter  dem  a  fort- 
lassen. Denn  wenn  man  eine 
auswärtige  Parallele  gelten 
lässt,  so  schwindet  das  besagte 
i  früher  hinter  dem  a  als  nach 
dem  (i) :  viil.  aus  rhodischen 
Inschriften  CoUignon,  Bull,  de 
corr.  hell.  VII,  1883,  S.  96 
[tcüi  ölzjxw/  £v  T«  iy.Y.\-t](jia  Iv  T<y< 
'ApxafAiTic.;«  [j//)vi  oder  Inscr.  in 
the  British  Museum  II  Nr. 
353  £v  TK  vdi:<7(j(ot  neben  <jT£(pocv(i)i 
und  Kau.stpwi  (einmal  freilich 
Kap-eipw).  Tov  06>.[o]v  nach  dem 
von  Sextus  Empiricus  VII,  148 
ausdrücklich  für  die  jcotvv)  be- 
zeugten Sprachgebrauch,  vgl. 
darüber  im  Zusammenhange 
G.  N.  Matzidakis,  Einleitung  in 
die  neugriechische  Grammatik 
S.  23. 

50-54.  Fünf  Steine  des  obe- 
ren Profils  einer  oder  mehrerer 
Mauern  oder  Basen ,  von  dem 
gleichen  gelblichen  Kalkslein 
und  gleicher  man  irirler  Schrift; 
die  Buchstaben  höhe  schwankt 
zwischen    0,05-0,065,     die  ,^ 

Höhe  der  Schriftlläche  zwischen      y^ 
0,005-0,085    (i\r.  V:  0,11), 
auch  auf  demselben  Steine.  Die  Buchslaben  in  Xr.  IV  und  V 


< 


-o 


-3 


4J?  F.    HILLER   VON  fiAERTRINnEN 

haben  fjrössere  Abstände  als  in  I,  III,  IV.  Gleichartige  Steine 
oiine  erkennbare  Inschrift  sind  noch  mehrfcich  im  Theater  und 
anderwärts  gefunden.  Für  Verschleppung, vielleicht  von  ueit 
her,  sprechen  die  Fundthatsachen :  I  gefunden  am  9.  März  in 
einer  elenden  byzantinischen  Mauer  nördlich  vom  Skenenge- 
bäude,  naiie  der  dorischen  Säulenhalle;  II  am  14.  Febr.  in 
dem  Winkel  zwischen  Skenengebäude  und  NW-Bau,  III  im 
März  vor  dem  Portal  des  NW-Baus;  IV  Ende  Jan.  1892  ein- 
gemauert in  der  spätrömischen  Vordervvand  des  Logeion ;  V 
fraulich. 


I.  0,   96  lang.        MHTPOAnPO  MyiTpoScopo. 

II.   1,    14   lang.        Z     O      N      H      2      O  [X6p](7ovri<To[u?] 

III.  0,545  lang.       lOHK^  [äv£]9y))t[£v] 

IV.  0,   90  lang.       IE0HKEN     frei.  [avelövi/.ev 
V.  0,   65  lang,  rechts  gebrochen.    I  K  C  .  .tJto.  . 


55.  Stein  metzzeichen  der  Stützmauern  sind  umste- 
hend abgebildet  (Nr.  1-9),  da  sie  vielleicht  dazu  beitragen 
können,  die  Zeit  der  zu  ihnen  gehörigen  Steine  und  Mauern 
zu  bestimmen.  Die  grösseren  Zeiciien  linden  sich  auf  dem  un- 
tersten vorspringenden  Sockel  der  nördlichen  Stützmauer 
zwischen  Mittellhür  und  Orchestra :  der  erste  Stein  (von  Nor- 
den) hat  das  Zeichen  Nr.  1,  der  zweite  und  vierte  Nr.  3,  der 
dritte  Nr.  2.  Die  Zeichen  der  gerundeten  Marmorblöcke  sind 
am  glatten  Rande,  dem  oberen  oder  unteren,  angebracht, 
kleiner  und  sorglältiger  gearbeitet.  Von  der  nördlichen 
Stützmauer  zwischen  Mittelthür  und  Orchestra  hat  in  der  un- 
tersten (gerundeten)  Schicht  der  zweite  und  vierte  Stein  von 
Norden  am  unteren  Bande  Zeichen  Nr.  5;  der  dritte  am  obe- 


AUSßRABUNßEN   IM   THEATER    VON   MAGNESIA    AM    MAIaN'DROS  40 

ren  Rande  Nr.  7-9  so  wie  auf  der  Abbildung;  der  einzige 
Block  der  hidieren  Schiebt  bat  unten  ein  K,  dessen  senkreclite 
Hasta  mit  dem  oberen  Oiierstricb  (hirch  einen  kleinen  Kreis- 
bogen verbunden  ist.  Von  der  südlicb<'n  Stützwand  zwi- 
scben  Orcbcstra  und  Mitteleingang  bat  in  der  untersten  (er- 
sten) gerundeten  Schiebt  der  erste  Stein  von  Norden  Nr.  6 
(rechts  oben);  der  zweite  Nr.  5;  der  dritte  (oben  Mitte)  und 
der  auf  ihm  liegende  Stein  der  zweiten  Schicht  (unten  Mitte) 
dasselbe.  Ebenso  entsprechen  sich  in  den  Zeichen  :  der  vierte 
und   ruiifte   Stein  der  ersten  (oben)  und  der  zweite  Stein  der 


M  K  ^ 


zweiten  Schiebt  (unten)  der  acbte  der  ersten  und  der  darauf- 
liegende der  höheren  Schicht  (immer  Zeichen  5).  Der  secbste 
Stein  der  ersten  Schicht  hat  oben  Nr.  6  ;  der  siebente  unten 
Nr,  5  und  oben  Nr.  4  ;  dieses  Zeichen  Nr.  4  hat  auch  der 
darüberliegende  Stein  der  zweiten  Schicht.  Der  einzige  Stein 
der  dritten  Schicht  hat  oben  X.  Vielfach  sind  also  die  Seiten, 
welche  dieselben  Zeichen  haben,  aneinander  cffiist:  dies  kann 
aber  nicht  der  einzige  Zweck  dieser  Zeichen  sein.  Wenigstens 
findet  sich  das  System  nicht  konsequent  durchgeführt.  Für 
die  Lage  der  Steine  vgl.  Taf.  3. 


5.   Grafitti    (vgl.  auch  Nr.  32). 

56.  Spätrömisches  Logeion,  mittlere  Säule  der  ersten  Säu- 
lenstellung von  NO  her.  Porossäule,  etwa  1  Y^'"  hoch.  In  un- 
gleich grossen  (^4  bis  über  5,  B  bis  8'"'  hohen)  Buchstaben 

ATHEN.   MITTHEILUNGEN  XIX.  1 


50  {=".    HILLEK   VON   (UfiRTIUN'GEN 

A  B 

E 

n  N  mm 


Y  E  A  r  A  0     2""  h. 
0 

A  (19'"'  holier  Zwischenraum). 

r 

O  X  z 

P  Y   H 

O  AN 

Y  E  A 
A  Z 

A    nuOayopou  D    .  .s.  .  |  'Aya.0-  |  X'jXs'a?  |  7i-r\^y.c,. 

N£((OT£'pOu) 

X'Aea?  anscheinend  neuer  Name,  von  yjAöc,  Saft    (Heilmittel) 
gebildet  wie  Ariaea?  von  Sr^ao?  u.  a. 

57.  Ebenda,  mittlere  Säule  der  dritten  Säulenstellung  von 
N  her  (l,4ü  hoch,  Porös).  Inschrift  ganz  unregelmässig. 
Z.  3-5  unsicher.  Der  untere  Rand  der  Kritzelei  steht  nur  0,1 1 
über  dem  Boden.  Nach  Dörpfeld  wurde  dieselbe  daher  viel- 
leicht zu  einer  Zeit  gemacht,  als  die  Säulentrommel  in  einem 
früheren  Bau  noch  einen  höheren  Stand  einnahm. 

0  A   N    H   Z  «I^ivYic 

0EOrENH2  esoyevn? 

M   H    T   P  A   r  M-/)Tpa[YupT7i;?] 

T    Y  Tu... 

An  n  n  5  'Atu  . . . 

Die  letzten  Buchstaben  von  Z.  3  und  5  sind  unsiciier. 

58.  Ebenda,  hinterste  Säule  der  vierten  Querreihe  von  S  her 
(1,3>{  buch,  oberer  Durchmesser  0,53)  aus  Porös,  von  der- 
selben Art  wie  die  vorige.  Schrift  etwa  0,03  hoch. 


AÜSGRAÖÜNGliN    IM   THEATKIl    VOM   MAGNESIA   AM   MAIAS'DHOS  ol 

Y  /  Y  r  o  I  ['^l'^Kl'^yo^' 

B  '    I  B  I  O  2  B^xßioc 

KAAAiTTTToZ  KxUtTT-o?. 


59.  Ebenda,  mittlere  Säule  der  (Vinflen  Ouerreilie  \on  N 
aus  (1,95  Ijocli);  wie  die  vorigen.  Sciirift  0,07-0,08  hoch. 

A  A.. 

A  A  E  Z  I  Q  N  r  'Alt^iiov  'ü{?) 

Rondoleon, 'E7:iYpa(pai  Nr.  11  hat  aus  Magnesia  folgende  In- 
schrift: ettI  nx-'n'krr,  /jA'.^^piy.ri(;  C<j^.  1,15,  i^iy.  0,45 

A 

AAEZANAP 

naci)   .Abschrift  eines  ^ily.pyxioQ.  Man  wird  nicht  umhin  kön- 
nen, dieselbe  mit  der  obii^en  für  identisch  zu  halten. 

60.  Auf  einer  niedrij^en  runden  Basis,  die  zwischen  den 
spatrömischen  Logeionsäulen  stand  und  jedenfalls  früher  zu 
anderen  Zweciven  gedient  hatte,  ist  aufgekritzelt: 

E  Y  T  Y  X  I  A  EuTu/'.a- 

N  O  C  v6?. 

61 .  in  dem  Gange,  der  im  SVV  an  das  Skenengebäude  an- 
gebaut ist,   steht  an  der  Aussenmauer  (0,015-0,025"'  hoch) 

A   P   T    E   M    I    ^A  'AcT£aiS(a)poc). 

Die  halbkreisförmige  Vertiefung  vor  dem  A  hat  wol  nichts 
zu  bedeuten.  Hinter  dem  A  folgte  nichts  mehr. 

6-2.  Am  Trep[)enabsalz  des  südlichen  .Mitteleingangs  zum 
Zuschauerraum  an  der  \\'and  in  0,025-0,03  hoher  Schrift 

A  N  A  P  UU   N  "AvJ^ccov 

Anderes  Geringfügige  übergelie  ich. 


52 


F.    HILLER    VON   GAERTniNGEN* 


6.    I  n seil  ri  t'l  eil    Trai»  1  i  e  li  e  r    Besli  m  in  u  ii  i>. 

G3.  Basis  des  Riinstlcrs  Dcmetrios.  Fraoment  einer 
Basis  von  eigenliimliclier  Form,  i;erunden  naelilräglich  (Jan. 
1893)  im  nürdliehen  Bülinen-vobiinde.  L  0,91,  IL  0,55,  T. 
etwa  0,43.  'Da  die  ünterlläclic  nicht  horizontal,  sondern  ab- 
geschrägt und  zapfenförmig  bearbeitet  ist,  muss  sie  in  eine 
ansteigende  schräiie  Fläche  eingelassen  e;e\vesen  sein.  Im 
Theater  ist  eine  solche  Fläche  die  Oberkante  der  ävaXy)f/.aa-ra. 
Dann  würde  die  Basis  etwas  oberhalb  der  nördlichen  ApoUo- 
phanesbasis  stehen'  (Dörpl'eld).  Zeichnung  nach  Aufnahme 
Heyne's  von  R.  Koldewey. 


'I^^ 


AHMfTT?l0ZAv-fl 

Enoir-:i 


AyifXYjTpiO?   AY){x[Y)TptOu] 


Vgl.  die  fourmont'sche  Inschrift  aus  Sparta  bei  Löwy,  In- 
schriften griechischer  Bildhauer  349 


AUSGRABUNGEN   IM   THEATER    VON   MAGNESIA    AM    MAIANDROS  53 

AHMHTPIOE 
AHMHTPIOY 
E  n  O  I  E  I 

und  Löwy  Nr.  347  und  348:  'nicht  vor  Marc  Aurel'.  Ein 
anderer  ist  der  rhodisclie  Künstler  Ar.y.r.Tp'.o:  Ir.y.r-^io'j  'PcSio? 
aus  dem  Anfange  des  I  Jalirliunderls  v.Chr.  (Löwy  Nr.  193  ff. , 
Holleaux,  Revue  de philologie  XVII,  1893,  S.  177  f.). 

64.  Rünstlerinschrift  eines  Myron.  Gefunden  Win- 
ter 1890/1  in  der  Gegend  der  südlichen  Logeionsäulen.  Auf 
einer  Rosette  fraglicher  Bestimmung.  Zeichung  von  M.  Lübke 
im  Masstabe  von  1:2  untenstehend. 

Mupwv  £7uo(iEi  oder  et), 

Der  vierte  Künstler  dieses  Namens,  den  wir  nachweisen 
können.  Fränkel,  Inschriften  von  Pergamon  1  S.  71  zu  Nr. 
136. 


Berlin,  Oktober  1893. 


F.  IIILLER  VON  GARTRINGEN. 


i)4 


0.    KEHN 


II.     Hermes   Tychon 


Praxiteles  hat  einen  Satyr  i-l  toi-oSojv  gpsehaffen.  iiher  wel- 
chen auch  noch  in  nouesler  Zeit  viel  verhandelt  worden  ist. 
Zuletzt  hat  E.  Reiscli  in  seinem  Buche  über  i>;i'iecliisclie\\'eih- 
2;eschenke  die  Fraoe  noch  einmal  eritrtert.  freilich  ohne  hier 
viel  zu  fordern.  Denn  bestehen  bleibt,  was  P.  Wolters,  Arch. 
Zeitung  1885  S.  8i  ff.  ausgeführt  hat;  der  Pausaniastext 
braucht  I  20,1  nicht  durcii  die  Annahme  einer  Lücke  entstellt 
zu  werden,  und  bestehen  bleibt  die  Nachricht,  dass  es  im 
Tripodenquartier  von  vVllien  einen  Dreifuss  gab.  der  mit  ei- 
nem Werk  von  der  Hand  des  Praxiteles  geschmückt  war.  Sta- 
tuen unter  üreifüssen  sind  keine;  Schciihcil,  lilterariscii  sind 
sie  häufig  bezeugt,  und  auch  heule  verdient  noch  gelesen  zu 
werden,  was  Thierscii,  I^pocbcn  '  S.  1  i8.  'i  I .  'i'2  (hiniber  sagt. 
Heisch  hat  S.  1  W  den  bekannlen  Zeugnissen  ein  neues  hinzu- 
gefügt,  ein  Epigramm  des  Theokrit,  das  dem  Choregen  l)e- 
momeles  giU,  und  er  hat  gewiss  I\ccht,  wenn  er  annimmt, 
dass  die  Sitte  der  Dreifuss-Statuen  von  der  zweiten  Hälfte  des 


AUSr.RABUNGEN   IM   THEATEH    VON   MAGNESIA   AM    MAIANDROS  55 

vierten  Jahrhunderts  an  ziemlich  allgemein  geworden  und 
auch  in  hellenistischer  Zeit  noch  festgehalten  sei.  Aber  einen 
monumentalen  Beleg  für  die  Dreifuss-Statuen  kann  er  nicht 
beibringen;  denn  die  beiden  von  ihm  erwähnten  römischen 
Reliefs,  welche  zwisclien  den  Beinen  der  Dreifüsse  statuari- 
sche Darslellungpn  von  Heraklesthaten  zeigen,  kann  er  nur 
mit  dem  Worte  'vielleicht'  einfiihron,  und  dem  praxitelischen 
Satyr  ständen  diese  Statuengruppen  auch  auf  alle  Fälle  sehr 
fern.  Um  so  freudiuer  ist  der  Fund  zu  he«:rüssen,  von  dem  ich 
hier  die  erste  Mitteilung  machen  darf. 

In  dem  Bau  nordwestlich  vom  Theater  ist  die  Marmorbasis 
gefunden,  deren  Abbildung   nach    einer  Zeichnung  von  Max 
Liibke  diesen   Zeilen  vorangestellt  ist.  Dass  sie  wie  alle  im 
Nordwestbau  gefundenen  Skulj)turen  und  Inschriften  aus  dem 
Theater  stammt,  ist  sehr  wahrscheinlich.  Die  Basis  ist  0,64™ 
hoch,   der  Durchmesser  der  oberen  Platte  beträft  0,69'".  Sie 
hat  die  Form   eines  sogenannten  Tischdreifusses;   es  ist  ein 
cylinderförmiger  Marmorblock,   aus  dem  drei   recht  barocke 
Greifenfüsse  herausgoarbeifet  sind,  welche  eine  runde  Tisch- 
platte tragen.   An   den  Greifenfiissen  befinden  sich  Wellenli- 
nien, welche  von  oben  nach   unten  laufen,   und   die  ein   Be- 
schauer  des  Monuments   in   ansprechender  Weise   als  Adern 
gedeutet  hat.  Die  Vorderseite  der  Basis  ist  durch  eine  Herme 
bezeichnet,  welche   auf  einem  0,10  hohen   Sockel   zwischen 
zwei   Greifenfiissen   in   der    Mitte   steht.    Sie   ist   schwerlich 
als   Stütze  gedacht,  sondern   dient  zum  Schmuck   des  Drei- 
fusses;  denn  der  Koj)f  der  Herme  berührt  den  Rand  der  obe- 
ren Platte  nicht.  Die  Herme  ist  also  eine  Dreifuss-Statue.  und 
das   merkwürdige   Monument  erhält  erhiUite   Bedeutuni»-  da- 
durch,  dass  auf  dem  Sockel  der  Hernie  ein  l^^pigramm  steht, 
das  uns  den  Namen  des  Kiinstlei's  meldet.  Der  Inhalt  des  Fpi- 
grauims  wii'd  uns  nachher   lehren,  (hiss  sich  die  Kiinstlerin- 
schrilV  aiifdie  Hernie  bezieht,  iiiehl  etwa  auf  ^\^'n  Gegenstand, 
welciien    diese  Basis  einst  auf  ihi'er  Oberiläehe  trug.    Deshalb 
sind  wir  eben  berechtigt  dies  .Moiuiinent  als  eine  Parallele  zu 
dem   Satyr  iizi  xpiTrö^wv  heranzuziehen.  So  denke  ich  mir  die 


56 


0.    KÜHN 


Dreifuss-Statuen  angebracht,  so  auch  den  Satyr  in  Athen  6(p'(p 
npx^iTeX-ov  liyiTOLi  (ppovyjTai  y.£ya,  und  auch  unser  Epigramm 
zeigt  deutlich  genug,  dass  der  Künstler  dieser  Basis  nicht  we- 
nig stolz  auf  seine  Herme  war. 

Welcher  Gegenstand  auf  der  Basis  stand,  o!)  ein  Üreifuss 
aus  Bronze,  oder  oh  nur  eine  Bronzeplatte  auf  ihm  lag,  kann 
ich  aus  den  vorhandenen  Standspuren,  welche  die  heistehende 
Skizze  veranschaulicht,   nicht  erschliessen.  Vielleicht  gelingt 


das  Anderen.  Die  Arbeit  der  Basis,  auch  der  Herme  ist  oljer- 
flächlich.  Vermutlicli  liei^t  in  unserer  Basis  die  Naclibilduni'- 
eines  frei  stehenden  Bronzedreifusses  vor,  und  die  Ivünstler- 
inschrift  bezieht  sich  auf  die  Slaliic  dieses  Originals,  l^^in  ei- 
gentlicher choregischer  Dreifuss  war  das  Original  natürlich 
niclit.  Der  Unterschied  zwischen  einem  solchen  und  unserm 
Dreifusstisch  springt  sofort  in  die  Augen.  Aber  merkwürdig 
ist,  dass  die  Künstlerinscbiiri  (h-r  Basis  aus  Magnesia  von  ei- 
nem Choregen  spricht,  freilich  von  einem  göttlichen. 
Die  Inschrift  lautet: 


AUSGRABUNGEN  IM  THEATER  VON  MAGNESIA  AM  MAIAKDROS     57 


l:PMH2:EIMITYXai.H  ^ 
Ö^K^A  AK !  AOtOYT  OSEKtlNor. 
AHTlAOXoXMEpoiHXE 
P  OAlTXlXFAXfeXOPHUCN  ' 


«mBUlirillllllllitno,^. 


linitMUWl».!»!.^ 


Das  Facsimile  ist  nach  einem  Abklatscli  von  Robert  Kolde- 
Avey  hergestellt,  der  auch  auf  die  Rasur  am  Anfang  der  zwei- 
ten Zeile  aufmerksam  gemacht  hat.  Eine  genaue  Datirung  der 
Inschrift  ist  bisher  nicht  möglich  gewesen.  Man  wird  sie  aber 
mit  gutem  Gewissen  noch  in  das  dritte  vorschristliche  Jahr- 
hundert setzen  dürfen. 

'  Hermes  Tychon  bin  ich,  jener  berühmte  aus  Chalkis;  An- 
tilochos  hat  mich  verfertigt,  allen  Bürgern  zum  Chorführer'. 
Das  Epigramm  klärt  uns  nicht  über  den  Zweck  des  Dreifuss- 
tisches  auf;  wir  lernen  durch  dasselbe  nicht  den  Gegenstand 
kennen,  der  auf  ihm  stand,  sondern  es  gilt  ganz  allein  der 
Herme,  auf  deren  Sockel  es  steht.  Die  Herme  wird  sprechend 
eingeführt  um]  nennt  sich  Hermes  Tychon  aus  ('lialkis:  der 
KüuslhM'  hiii'l  den  Namen  Anlilochos.  \'on  der  Herme  selbst 
lässt  sich  wenii»'  sa^en.  Sie  ist  sehr  verscheuert,  und  ein  i'i'os- 
ses  Kunstwerk  ist  sie  siclierlich  nicht  gewesen,  vielleiclit  aber 
ihr  Original.  Imiic  jugendliche,  oben  völlig  bekleidele  Herme 
ohne  l^etasos  und  ohne  Phallos,  unten  auf  dem  Schaft  das 
Kerykeion,  so  sah  der  Hermes  Tychon  von  Chalkis  aus.  also 
in  keiner  Weise  unterschieden  von  dem  bekannten  jugend- 
lichen HcrnicnlN  [)us.  wie  denn  auch  Conuiliis  (  c.  1 0  S.  23, 
16  Lang}  schon  sagt:  oi  S' äpj(^aioi  tou:  uiv  -peaßuTepo'ji;  x.al 
yEvveioivTa;  'Ep(7.Ä(;  öpOä  sroiouv  xa  aiSoia  s^ovra;,  tou;  Se  vjtoTf- 


faS  0.    KERN 

po"j;  xal  Xeiou:  7i:ap£ip,£vx *.  Aber  dass  die  Darstellung  des  Her- 
mes Tyclion  aus  Chalkis  eine  sehr  bekannte  \var,  beweist  das 
selbstbewusste  outo;  Ixsivo^,  wofür  ich  statt  aller  Beispiele, 
welche  die  Lexika  bieten,  lieber  auf  eine  Stelle  des  l^ukian 
und  eine  soeben  im  Bull,  de  corr.  hell.  1893  S.  '286  publi- 
cirte  Inschrift  ^er^veise.  im  'Evurviov  ^  6  sagt  Paideia  zum 
jungen  Lukian  xav  tüO'j  ä7roSr,y/?i(;,  oüS'  STTi  T7i<;  yXkQ%x-r,^  äyvco; 
xal    äcpavrj?    egy)'    TOiaÖTX  goi    7:£piO-/;G(o    to.  yvojpiatj.aTa,    wctte  töjv 

CpWVrWV     £/,0C<7TO?     tÖv     TT^T/GlOV    3CtV7iGa(;    Ssi^ei   fjE    TW    öaX.T'j).(p    ((  OUTO? 

£v.£ivo?»  ).£ywv  und  die  neue  Inschrift  beginnt  mit  dem  Disti- 
chon :  'Apyi£p£u;  'AciTi?  AY)[jL7)Tpio?  ouTO?  £5t£tv0i;,  ov  77avT(i)v  (poivai 
(pa(ji  TTO^tuaTEtpavov. 

In  Chalkis  wurde  der  Hermes  Tychon  verehrt,  dem  das 
Epigramm  des  Antilochos  gilt.  Natürlich  denkt  man  zunächst 
an  das  euböische  Chalkis,  und  die  Möglichkeit  dieser  Bezie- 
hung  ist  gewiss  nicht  ganz  von  der  Hand  zu  weisen.  Aber 
näher  liegt  bei  einem  in  Magnesia  am  Maiandros  gefundenen 
Monument  der  Gedanke  an  die  /wpoc  X^Axa?  2,  ^Yelche  nach 
Strabo  XIV  S.  6 '.4  zu  Teos^,  nach  Tansanias  VII  5,12  zu 
Erythrai  gehörte.  Pausanias  erwähnt  die  Meerbäder  von  Chal- 
kis und  Strabo  einen  heiligen,  Alexander  dem  Grossen  ge- 
weihten Hain,  in  welchem  von  dem  xoivov  töv  'Iövwv  ein  'AXe- 
^zv^oEtoc  genannter  Ao;on  Gefeiert  wurde.  Wenn   wir  uns  der 

10  OD 


'  Vgl.  (l(Mi  Aufsatz  Ociliaids  über  Ilcrmenliililcr  auf  griocliischon  Vason, 
Akarleniisclie  Abhandlungen  11  S.  126.  Cli.  Scheror  (Roscher's  Lexikon  I 
S.  2394)  weist  allerdings  nach,  dass  sich  der  Satz  des  Cornutns  nicht  in 
vollem  Umfang  aufrecht  halten  lässl. 

2  Pausanias  sagt  //öpa  XaXx;';,  Straho  spricht  nur  von  den  Xa)v/,iO£l?.  G. 
riirschfeld.Arch.  Zeitung  1875  S.  26  nennt  i\o.\\  Ort  XaX/.iosü;,  indem  er  sich 
auf  ('.  I.  (1.  II  3103  Aiovüate  Aiovutjiou  6  ex  XaXxiSew;  beruft.  Trotz  Böckh  zu 
C.  I.  (j.  3U64  (8.  ü.jl)  scheint  mir  die  Änderung  Ix  XaXxioä.>v  auf  der  nur 
durch  Chandlor  bekannten  Inschrift  erwägenswert  zu  sein. Vgl.  l/isrriiiliinis 
in  tke  lirilisk  Museum  IV  Xr.  916. 

^  Etta  XaXx'.oeTc  |xal]  ö  xf;;  XcppovrJ^O'j  i'aOij.o;  ttj;  Tr/fov  xai  'l'jf 'jOpafroV  evTO? 
|i.;v  ojv  TOÜ  laOaoCi  O'IxoCi^iv  o'jtoi,  i~.'  auTtö  oi  Xfo  iaO[i(T)  Trjioi  xai  KXaiJofievtof  tÖ 
|X£v  Y*P  vüTtov  lo'j  iaO;j.oy  nXsupov  eyouai  Trjtot  Toii?  XaXxiSea;,  to  o^  ;:poa6opov 
KXa^o[i.lv!ot ,  xaO'  ö  auvatTctouat  xfj  'EpuOpata.  Vgl.  Über  die  Strabü.slclle  G. 
Hirschfeld,  Arch.  Zeitung  1875  ö.  26. 


AUSGRABUNGEN   IM  THEATER    VON   MAGNESIA   AM    MAIANDROS  59 

längst  l)oI<nnnlen  eiiojen  Bpzif'liiin£ien  frinnorn.  uelchr^  M;ip:no- 
sia  und  Teos  zu  einander  hal)(*n,  vor  allem  der  Tliätiiikeit, 
Nvelclie  der  i^rosse  Fkuimeister  liermogenes  in  Iteiden  Stadien 
entfaltete,  [luA  wenn  ich  hiii/.iirriiicii  kann,  dass  es  dtii'cii  die 
deutschen  Ausgrahunjicn  in  AJaij;nesia  noch  deutliclier  gewor- 
den ist.  welch  enws  Üand  zsviscdien  dem  Arlemision  am  Le- 
thaiosund  dem  teisciien  Dionysostempel  bestanden  hat.  spricht 
allerdings  wol  die  Wahrscheinlichkeit  dafiii'.  dass  in  dem  Epi- 
gramm des  Antilochos  nicht  die  alte  euböische  Stadt,  sondern 
die  ionische  /^py.  XaXx.i;  gemeint  ist.  Hermeskult  ist  ühi'igens 
für  Magnesia  auch  sonst  bezeugt  durch  die  noch  unpublicirte 
Inschrift  einer  Marmorconsole,  auf  welcher  ein  von  den  xoaö,- 
xToce;  •/.•/;p'j/'.£;  und  S'.i/.ovot  geweihter  Hermes  stand.  Die  Con- 
sole  ist  auf  der  Auora  i^efunden  :  dabei  ist  an  die  auf  der  A^ora 
von  Perii-amon  gefundenen  Weihungen  an  Hermes  (Fränkel  I 
Nr.  183)  zu  erinnern.  Dort  sind  es  die  Agoranomen.  welche 
dem  Hermes  ihre  M'eihgeschenke  darbringend 

Von  Hermes  Tychon  soll  es  schon  eine  bildliche  Darstel- 
lung geben:  die  geflügelte  männliche  Figur  auf  dem  Fortu- 
nareliefaus Aquileja  ( Müller- Wieseler.  Denkmäler  II  9.''fV) 
wird  so  benannt:  denn  Gerhard  bat  diesen  sonst  wenig  ge- 
kannten  Gott  immer  als  phallischen  Daimon  gedeutet  und 
zum  Beweise  dieser  Ansicht  sogar  die  Mysterien  von  Samo- 
thrake  herangeholt.  Ungern  ziehen  wir  die  Mysterien  herbei 
und  ungern  werden  wir  glauben,  dass  derselbe  Gott,  welcher 
an  unserni  Dreifusstisch  in  der  Gestalt  einer  jugendlichen  be- 
kleideten Herme  ei'scheint.  auf  einem  anderen  Uelief  in  einer 
so  widerwärtigen  Figur  dargestellt  sei,  wie  sie  uns  das  Kelief 
von  Aquileja  zeigt,  von  dem  man  übrigens  eine  neue  Revision 
wünschen   muss-'.  Wir   werden   weder  auf  die  .My.^lerien  zu- 


'  In  Mairnosia  g,il)  es  auch  ciiK^  I'liylo  'l'^pp-r,-,-  nach  ciiici'  noch  iinoiliiloii 
liisclirin.  Aul"  einer  amh'KMi  ('li(MiraIl>  luieh  iin|itiMieirlen  hisehiifl  isl  der 
Name  des  (loües  aueh  auf  einen  Stcil)liehen  iihei  li.iLzen  :  M.  Aüi.  'Esaf,; 
laipö;  yefiO'jaia;. 

2  Arch.-epijjraphisclie  Millheiiiniiien  aus  Öslcireicli  I  S.  öj  wird  das 
Slüciv  leider  nur  kurz  erwähnt 


60  0.   KERN 

rückzukommen  haben  noch  auf  das  Relief  von  Aquileja.  Auch 
Roscher's  Darlegung  über  Hermes  als  Glücksgott  haben  wir 
nicht  zu  berücksichtigen,  zumal  er  in  seinem  mythologischen 
Lexikon  den  durch  eine  glückliche  Conjectur  längst  ersclilos- 
senen  Hermes  Tychon  gar  nicht  erwähnt,  aber  fiir  die  Deutung 
des  Hermes  als  W'indgott  eine  Stütze  in  der  Thatsache  lindel, 
'  dass  auch  der  Grieche  häufig  Wind  metaphorisch  für  Glück 
gebrauche'. 

Clemens  Alexandrinus  sagt  im  Protreptikos  S.  64  Ä  Sylb. 
Ti  yap  riyiifjfiB,    öi  avOpwxoi,  zor  Tvcfm^a   'Ep^t/jr  xat  tov   'AvSox.i- 

Sou    X-Xl   TOV    'AjX'JYlTOV  ;     7^    Travxi  TW    S'^);0V    ÖTt   >.i60U?,    dq  77£p    Xai    TOV 

'Ep[x9)v;  Von  den  drei  Hermesbildern  aus  Stein,  welche  Cle- 
mens hier  erwähnt,  ist  die  bekannteste  die  Herme  des  Ando- 
kides,  von  welcher  dieser  Redner  I  62  berichtet  6  'Epf^-y^?,  ov 
opäTs  TudvTS?,  6  Tiapk  t7)v  TüaTpcöav  o'.x.iav  ttjv  rifjLSTepav,  ou  Tuepie- 
xoTTY)  [xovo;  T(iv  'Ep(x(öv  Töv  ' AO/jv/iaiv  ' .  Der  Amyetos,  den  Cle- 
mens darauf  erwähnt,  stand  am  Eingang  der  Burg  und  hiess 
auch  Hermes  Propylaios ;  neben  ihm  waren  die  Chariten  des 
Sokrates  aufgestellt.  Der  Volksmund  bezeichnete  diesen  Her- 
mes  als  den  Uneingeweihten.  Litterarisch  unbelegt  bleibt  nur 
der  Typhon;  denn  an  das  Ungeheuer  der  Theogonien  wird 
Niemand  denken.  Und  längst  hat  Meursius  die  Verbesserung 
gefunden.  Milchhöfer  freilich  hat  sich  für  die  Aufnahme  die- 
ser Conjectur  in  die  Quellenkunde  zu  Curtius'  Stadtgeschichte 
S.XXXHI,  68  nur  zögernd  entschlossen  und  hinter  Tyclion 
ein  Fragezeichen  gesetzt.  Das  Dreifussepigramm  aus  Magnesia 
wird  ihm  zeigen,  dass  an  der  Conjectur  von  Meursius  nicht 
mehr  gerüttelt  werden  darf,  und  dass  es  feststeht, dass  Clemens 
drei  Hermen  aufzählt,  eine  des  Tychon,  eine  andere  des  Ando- 
kides  und  eine  dritte  am  Auf";anü;  zur  Bure;  mit  der  Bezei- 
chnuni»  'Ay-jr^To;.  Nachweislich  standen  die  beiden  letzten  in 
Athen;  es  ist  dem  nach  wahrsclieinlich,  dass  auch  der  Hermes 
Tyclion  in  Athen  aufgestellt  war-'. 


•  Curtius,  Slaillgoscliiclitc  vuii  Allicii  S.  XXXIV,  36. 

'^  An  der  kiiizlicli  wioilcr  von  Diclerich  {Üe  /(//?«;!«  urphicis  S.  47)  und 


AUSGRABUNGEN    IM   THEATER    VON    MAGNESIA    AM    MAIANDROS  Gl 

Wir   begreifen    leicht,   wie    Hermes   zu  diesem    Beinamen 
kommt.  Wie  Tyclie  sclion  bei  Aikman  und  Pindar  als  die  Len- 
kerin  des   Menscliengeschleclils  erscheint,  und  wie  sich  (hmn 
aus  dieser  im  Besonderen   die   Sladt^öltin   entwickelt  hat.  so 
ist  aus  Hermes,  der  von  altersher  die  Beinamen  des  6610t;,  yjyg- 
{/.ü)v,  ip/sSäv.a?,  äyoTcop  führt,   ein  Tychon  geworden,   ein  -0- 
^iTa-:  -äTi  yo^-rrföc.    Der  Götterbote  ist  auch   ein  Führer  des 
Menschengescidechts  ;  er  geleitet  nicht  nur  die  Seelen  der  Ver- 
storbenen  in  die  Unterwelt,   auch  den   Lebendigen  ist  er  ein 
Führer,   sei  es  auf  der  Heise  des  Kaulmanns  oder  beim  Wa- 
genkampf  oder  auf  der  Jagd.  \\o  das  Glück  und  der  Zufall 
entscheiden,  beginnt  die  Sphäre  seiner  Macht,  und  jeder  un- 
verhoffte Fund  heisst  epaaiov ;  von   ihm   kommt  eüspaia  und 
SjG£py.ia,  Glück  und  Unglück.  Darum  steht  sein  Bild  am  Ein- 
gang und  Ausgang,   vor  allem  bei  der  VVegscheidung,   und 
dieser  Wirkungskreis  des  Hermes  offenbart  sich  nirgends  deut- 
licher als  in  Olympia,  wo  beim  Eingang  in  das  Stadion  dicht 
neben  einander  zwei  Altäre  standen :  tov  j^iv  aO-rdiv  'EpjjtoG  /.x- 
Xoocjtv  'Evaywviou,  tov  8e  exspov  Kaipou  (Pausanias  V  14,  9.  Cur- 
tius,  Arch.  Zeitung  1875  S.  3).  Die  römische  Religion  giebt 
uns  dafür  eine  Parallele  in  der  engen   Cultverbindung  von 
Fortuna  und  Mercurius,   worüber  der  tretlliche  Artikel  von 
H.  Peter  in   Hoscher's  Lexikon  I  S.  1536  zu  vergleichen  ist. 
Schon  Curtius  hat  a.  a.  O.  auf  Ausonius  (Peiper  S.  323)  hin- 
gewiesen, welcher  mit  Anlehnung  an  das  Epigramm  des  Po- 
seidipp  Anth.  XVI  275  die  Occasio  auf  die  Frage:  Quid  ta- 
laria  habes  ?  antworten  lässt :  VoUicrls  suni.  Mercurius  qux 
Fortuna  rc  so /et,  frndo  ego,  cum  volui. 

Hermes Tychon  vereinigt  in  sich  die  Functionen  des  Hermes 
und  des  Kairos,  des  Mercurius  und  der  Fortuna.  Die  ehrwür- 
dige Tyche,  von  welcher  bereits  Bupalos  ein  Bild  geschaffen 
haben  soll,  ist  die  Göttin,   die  ihm  am  nächsten  steht.  Auch 


RoIkIc  (Psycho  S.  G93)  heliandelleu  Stelle  des  Ampelius  VIH,  3  wird  auch 
zu  lesen  sein:  lovis  Icmplum  Tychonis  (stall  lujphonis).  Ein  Zeus  Tychon 
dünkl  mich  weaig.stens  wahrscheinlicher  als  Dielerich's  Zeus  Typhon. 


6^  0.    KERM 

sie  liat  am  Eingang  des  Stadion  (in  Atiien)  ihre  Gultstätte, 
und  während  Tychon  offenbar  nur  in  engem  Kreise  verehrt 
ist.  hat  die  'AyaOri  Tü/j;  die  Welt  erobert,  die  griechische  so 
out  wie  die  römische. 

c 

Tychon  ist  bekannter  als  Hermes  Tychon  bei  den  Neueren 
sowol  wie  bei  den  Alten ;  aber  schwerlich  ist  er  eine  selbstän- 
dige Gottheit,  sondern  wir  haben  wieder  die  Hingst  bekannte 
und  immer  neu  bezeui^te  Thatsache  zu  constatiren,  dass  '  Bei- 
Wörter   als  alleiniiie    Bezeichnuni2:en  der  Götter  auftreten  '  ^ 

'A/.paio;,  E'jSouXs'j^jTtLiCTOC,— cüCt-oX'.;  für  Zeus,  Eij>cXri;,IlXotjTCüv 

für  Hades,  Aiavan:,  <I>3C'.vw,  «I'w'T^öpo;  für  Artemis,  Flapöevo?  für 
Athena  und  Artemis  —  das  sind  die  Beispiele,  welche  schnell 
zur  Hand  sind,  und  deren  AufTührunii  hier  uenüiion  möo;e. 

Ein  Epigramm  der  Anthologie  1X334  hat  Brunck  und  Ja- 
cobs Veranlassung  gegeben,  die  Zeugnisse  für  Tychon  zu  sam- 
meln (s.  auch  Lobeck,  Aglaophamus  N  S.  1235);  es  ist  ein 
Epigramm  des  Thebaners  Perses.  Tychon  vvird  redend  einge- 
führt wie  Hermes  Tychon  in  dem  Epigramm  des  Antilochos, 
und  es  ist  mr)t>lich,  dass  auch  diese  beidi^n  Distichen  auf  dem 
Sockel  einei'  Tychonherme  standen.  l']s  lautet: 

Eu/.atpo);,  TEO^Y)'  {^.v)  [/.syäXwv  Sk  yT^tyou. 

cö;   X  ys  Sr,^aoy£p(dv  SuvaTai  Seöi;  avSpi  T^evecTT) 

Swpeioöat,  TOUT(i)v  ;c'jp',6?  v.ua  T'jycov  ! 

Als  attischer  Üaimon  zusammen  mit  Orthanes  und  Koni- 
salos wird  Tychon  von  Strabo  XI 1!  S.  588  erwähnt  und  zwar 
als  ein  dem  Priapos  ähnlicher  Gott.  Als  einen  solchen  kennt 
ihn  auch  Diodor  IV  6  toOtov  (ElpiaTTOv)  Sk  töv  Geöv  t'.ve?  [t.U 
'lO'jcpaüov  övoaz^o'jTt  tive?  (^s  Tu/tova,  und  eine  Glosse  bei  He- 
sych  erwähnt  neben  Hermes  Tychon  auch  einen  Daimon  Ty- 


<  Fräiikol,  Aldi.  Zeitung'  1879  S.  29  uiul  Atlicnisclic  .MilllitMluii-eii  XVI 
S.  II.  Auf  Furl\viin},'Ier'.s  Ausführungen  (Meislerwerke  der  griecli.  Plastik 
S.öb'J)  wciile  ich  in  amloiein  Zus.iiiiiiieiihange  cin;,'f'hcn. 


AÜSGRaBUNÖüN   im   THEATER   VON   AtAGNESIA   AM   MAIANDROS  63 

chon  ':T£pt  Tr,v  'A^poSiT-ziv.  Aus  dieser  Umgebung  des  Tychon 
zu  scliliessen,  dass  er  selber  ein  ithypliallisclier  Gott  gewesen 
sei,  dünkt  mich  zu  kühn.  Und  gar  Diodors  Nachricht,  der  im 
günstigsten  Falle  ein  synkretistischer  Ilymnos  zu  Grunde  liegt, 
so  zu  verstehen,  dass  Priapos  Ithyphallos  Tychon  eine  Gott- 
heit bezeichnen,  widerspricht  ganz  den  Gesetzen  der  mytho- 
logischen Forschung.  Priapos  führt  uns  zu  Hermes  zurück. 
Als  Götter  der  Zeugungskraft  und  Fruchtbarkeit  sind  sie  einan- 
der nahe  verwandt, vgl.  z.  B.  Kaibel,  Epigrammafa  Nr.  817. 

Aber  dass  Toywv  irgendwie  als  ein  ithyphallischer  Daimon 
gedacht  ist,  dass  sein  Wesen  jemals  ein  anderes  gewesen  ist 
als  was  sein  Name  bedeutet,  der  Gott  des  Zufalls,  ist  nicht 
überliefert '.  Möglich  ist  es  gewiss,  dass  auch  einmal  eine  ithy- 
phallische  Herme  ein  Tychon-Epigramm  trug.  Aber  nimmer- 
melir  sind  wir  dadurch  gezwungen,  die  Fahrt  nach  Samo- 
thrake  und  zu  den  Pelasgern  anzutreten. 

Antilochos  nennt  den  von  ihm  verfertigten  Hermes  Tychon 
einen  Choregen  der  Bürger.  Wie  er  in  Athen  als  yoo-riyof;  töv 
Nuacpöjv  verehrt  wurde',  so  in  Chalkis  als  rzci  Tro^ixa'.?  /opr,- 
yo;.  Für  das  euböische  Chalkis  ist  kein  Hermescult  bezeugt ; 
mir  ist  überhaupt  kein  Zeugniss  für  euböischen  Hermes3ult 
bekannt.  Aber  in  Teos,  dem  die  x.wpa  XxlyJ.;  einmal  gehörte, 
wurde  ein  Fest  "Ep[;.ata  gefeiert^.  Eine  künstliche  Erklärung 
ist  nicht  von  Nöten,  wenn  wir  uns  Hermes  an  diesem  Feste 
als  den  Choregen  der  Bürger  denken.  In  Athen  führt  Hermes 
den  Nymphenreigen  am  Abhang  der  Burg,  im  chalkidischen 
Gebiet  bei  Teos  ist  er  der  Choreii;  der  ganzen  Bürürerijfemeinde. 
Wie  in  Tanagra  mag  auch  in  der  yy^ix  Xxl/Aq  der  Gott  am 
Feste  der  "E^u.xix  durch  den  schönsten  Epheben  des  Landes 


'  Mit  ^ultMu  flruiide  ist  der  Nuiiio  Tü/tov  auch  dtM'  Lanzo  Aloxandors  von 
PluM-ai  KOf^eljcii :  Phitarch  l'olop.  c  29.  Von  Anliphancs  gab  es  eine  Komö- 
die IlipaTKÖTT);  fj  Tii/fDv,  Kock  /'.  C.  A.  II  97. 

a  Prellcr-Rübeil,  Griccli.  Mythologie  I  S.  399,4. 

3  G.I.G.  II  3087.  Ein  Heiligtum  des  Hermes,  Herakles  und  der  Musen 
ist  übrigens  durch  0.  l.  G.  II  3059  für  Teos  nicht  bezeugt,  vgl.  darüber  Bull 
de  corr,  hell^nique  IV  S.  120. 


64  0.    KEHN 

darijestellt  gewesen  sein;  s.  Pansanias  IX.  22,  1.  F.  Raek,  De 
Grarcoruni  carri/ffon/is  in  (juibus  liomincs  dforuni  vice 
fungebantiir.  hiM'lin  \'6'i^\\.  S.  13.  Aiisserliall)  der  Sladt  ist 
die  Stätte  seines  Culls:  aiil"  den  Feldern  und  Triften  waltet 
der  Gott  derWeue  und  der  Gott  der  Hirten.  Die  Hermen,  wel- 
ehe  ihm  errichtet  werden,  tragen  seit  aller  Zeit  Sinnsprüche 
und  Gnomen  (Curtius,VVegehau  S.250;  Lolling,  Athen.  Mit- 
theilungen V  S  244);  sie  rufen  dem  Wanderer  ein  freund- 
liches, ermutigendes  Wort  zu.  Die  Antilochosherme  gilt  dem 
Hermes  Tychon.  dem  Gott  des  Zufalls,  und  ihr  Spruch  mahnt 
also  den  Vorühereilenden  an  den  Wechsel  des  Glücks,  an  die 
Tyche,  ^velche  das  Menschengeschlecht  regirt.  Und  hier  hat 
uns  der  Spruch  auf  ihrem  Sockel  auch  den  Namen  eines 
Künstlers  erhalten,  von  dessen  Existenz  wir  hisher  nichts 
wussten.  Über  seine  Fertigkeit  und  Kunstrichtunii;  wird  man 
sich  freilich  nach  der  in  Mamiesia  gefundenen  Basis  kein  Ur- 
teil  bilden  wollen. 


Berlin,   3  August  1893. 


OTTO  KERN. 


'<£>'7^$v"<i>- 


AUSGRABUNGEN  IM  THEATER  VON  MAGNESIA  AM  MAIANDROS     65 


III     Das    T  h  e  a  t  e  r  g  e  b  ä  u  d  e 

Wenn  ich  es  unternehme,  das  Theater  von  Magnesia  hier 
zu  besprechen,  obwol  ich  seine  Ausgrabung  nicht  selbst  gelei- 
tet hahe.  so  gesnhieht  es  auf  den  besonderen  Wunsch  meines 
Freundes  F.  lliller  von  Gärtringen,  dem  die  Aufdeckung  und 
Erforschung  dieses  wichtigen  Theaters  verdankt  wird.  Ich 
glaubte  den  Wunsch  erfüllen  zu  dürfen,  weil  ich  während 
und  nach  der  Ausgrabung  mehrere  Male  an  Ort  und  Stelle 
gewesen  bin  und  so  genügend  Gelegenheit  gehabt  habe,  den 
Bau  in  allen  Teilen  kennen  zu  lernen. 

Zur  Erläuterung  der  Beschreibung  werden  mehrere  Pläne, 
Zeichnungen  und  Photographien  veröffentlicht,  welche  von 
C.  Ilumann,  \\.  Heyne  und  \V.  Wilberg  angefertigt  sind.  Taf. 
1  giebt  den  von  C.  Ilumann  aufgenommenen  Grundriss  des 
ganzen  Theaters,  in  welchem  die  verschiedenen  Bauzeiten 
durch  Farben  unterschieden  sind.  Die  eingeschriebenen  Zah- 
len geben  die  Höhe  der  mit  einem  kleinen  Kreise  bezeichne- 
ten Punkte  über  dem  Meere  an.  Neben  dem  Skenengebäude 
ist  die  Ecke  eines  anderen  Baues  sichtbar,  welcher  am  Schlüsse 
dieses  Aufsatzes  kurz  besprochen  werden  soll.  Taf.  2  zeigt 
zwei  reconstruirte  Grundrisse  des  Theaters  in  griechischer  und 
römischer  Zeit.  In  dem  ersteren  sind  durch  verschiedene 
Schraflirungen  drei  Entwickelungsstufen  des  griechischen 
Baues  unterschieden.  Auf  Taf.  3  ist  ein  Schnitt  durch  die  Pa- 
rodos  mit  einem  Blick  auf  die  Stützmauern  des  Zuschauer- 
raumes nach  einer  Aufnahme  von  B.  Heyne  dargestellt.  Nur 
die  erhaltenen  Bauteile  sind  gezeichnet  und  daneben  die  Höhe 
des  römischen  Logeion,  seine  beiden  Bampen  und  die  schrä- 
gen Begrenzungslinien  der  beiden  Stützmauern  mit  punktirten 
Linien  angedeutet.  Taf.  \  enlliiilt  eine  phologi-apliisehe  Ab- 
bihlung  der  südlichen  Stützmauer  aus  Marmor(iuadern  und 
des  sie  durchschneidenden  treppentörmigen  Aufganges  zum 
unteren  Diazoma. 

ATHEN.   MITTHEILUNGEN  XIX.  5 


66  W.    DÖKRPFELD 

Während  nach  älteren  Reisebeschreibungen  noch  vor  we- 
nigen Dezennien  grössere  Reste  der  Theaterruine  sichtbar  ge- 
wesen sein  müssen,  (vgl.  oben  S.  1),  waren  vor  Beginn  der 
Ausgrabung  nur  Spuren  der  Stützmauern  über  der  Erde  er- 
haUen  ;  alles  übrige  hatten  Steinräuber  entfernt.  Man  musste 
daher  annehmen,  dass  von  dem  Bau  nicht  viel  mehr  vorhan- 
den sei.  Erst  als  durch  neuere  Grabungen  (vgl.  oben  S.  2) 
erwiesen  war,  dass  unter  dem  Boden  nicht  nur  grössere  Reste 
des  Baues,  sondern  auch  Marmor-Inschriften  in  grösserer  An- 
zahl begraben  lagen,  durfte  eine  regelrechte  Ausgrabung  als 
lohnende  Aufgabe  bezeichnet  werden. 

In  welcher  Weise  F.  Hiller  von  Gärtringen  diese  Aufgabe 
e;elöst  hat,  ist  oben  von  ihm  selbst  geschildert.  Das  Skenen- 
gebäude  mit  seiner  näheren  Umgebung  hat  er  vollständig  auf- 
gedeckt, den  grösseren  Teil  der  Orchestra  von  den  hohen,  sie 
bedeckenden  Schuttmassen  befreit  und  von  dem  Zuschauer- 
räume die  Stützmauern  und  kleinere  Stücke  der  Sitzreihen 
freigelegt.  Überhaupt  ist  die  Ausgrabung  soweit  geführt,  als 
es  zur  Untersuchung  der  Ruinen  wünschenswert  schien. 

Der  Zuschauerraum  lehnt  sich  an  den  zum  Gebiete  der 
Stadt  gehörigen  Berg  Thorax  an.  Da  der  Bergabhang  ziem- 
lich steil  ist,  konnte  der  Sitzraum  fast  ganz  aus  dem  Berge 
herausgeschnitten  werden,  nur  für  die  Enden  der  beiden,  ei- 
nen Halbkreis  übersleiiienden  Flüifel  waren  starke  Stützmauern 
notwendig.  Sie  bestanden  wahrscheinlich  anfangsaus  porö- 
sem Kalkstein  und  sind  bei  einem  Umbau  in  Marmor  erneuert 
worden.  Von  den  älteren  Mauern  sind  nur  an  den  beiden  obe- 
ren Ecken  zwei  Stücke  erhalten  und  aufgedeckt.  Die  jüngeren 
marmornen  Stützmauern  stehen  dagegen  noch  mehrere  Meter 
hoch  aufrecht  und  zeigen  eine  vorzügliche  Erhaltung.  Die 
eigenartige  Bearbeitung  der  einzelnen  Marmorquadern  ist  aus 
dem  Schnitt  durch  die  Parodos  (Taf.  3)  und  aus  der  photo_ 
graphischen  Aufnahme  (Taf.  'i )  gut  zu  ersehen.  Die  Steine 
sind  an  ihrer  N'orderlläche  stark  gerundet,  so  dass  sie  ähn- 
lich aussehen  wie  die  übereinandergeschichteten  Holzbalken 
eines   Blockhauses.    An   den   Stossfugcn   ist   die   vortretende 


AUSGRABUNGEN  IM  THEATER  VON   MAGNESIA   AM  MAIANDROS 


67 


Rundung  abgeschrägt;  an  den  Lagerfugen  zeigt  die  gerauhte 
Aussendäclie  zwei  glatte  Streifen,  welche  in  ihrer  Wirkung 
dem  sog.  Randheschluge  gleichen.  Hintermauert  waren  die 
Marmorqiiadern  mit  kleinen  Kalksteinen,  wie  nachstehender 
Durchschnitt  veranschaulicht. 


In  der  Milte  beider  Stützmauern  befindet  sich  je  eine  von 
Pfeilern  eingefusste  Thür,  welche  in  der  südlichen  Mauer  am 
besten  erhalten  ist  (vgl.  Taf.  3  und  4).  Durch  sie  betritt  man 
eine  breite  Steintreppe,  auf  welcher  das  untere  Diazoma  zu 
erreichen  war.  An  einem  der  Thürpfeiler  ist  noch  die  In- 
schrift öpo;  Ufoü  zu  lesen  (s.  oben  S.  \\).  Der  heilige  Bezirk 
des  Dionysos,  zu  welchem  das  Theater  gehörte,  hat  sieh  also 
gerade  bis  an  diese  Thür  erstreckt,  sei  es,  dass  das  Theater 
selbst  den  Bezirk  bildete,  sei  es,  was  mir  nicht  ganz  unmög- 
lich zu  sein  scheint,  dass  der  Bezirk  südlich  vom  Theater  lag 
und  bis  an  die  Thür  heranreichte. 

Die  horizontal  neschichteten  Ouadern  der  Stützmauern  wa- 
ren  der  Neigung  des  Zuschauei-iaumes  entsprechend  oben  ab- 
geschrägt und  mit  einer  Gesimsplatle  abgedeckt.  Auf  Taf.  3 
ist  diese  Abschrägung  durch  eine  dop})elte   punklirte  Linie 


68 


W.   ÖOERPFfiLD 


angegeben.  Die  einzelnen  Steine  des  Deckgesimses  mussten 
weij;en  ihrer  schrägen  La^e  sor^fälti^  i:;ei2;en  ein  Abrulschen 
gesichert  werden.  Zu  diesem  Zwecke  waren  sie  nicht  nur  mit 
den  unteren  Quadern  verdübelt,  sondern  man  hatte  ausser- 
dem am  unleren  Rnde  der  Mauer  je  eine  grosse  Basis  als  Wi- 
derlaoer  oder  Ge^eniiewichl  aufufcslellt.  Auf  diesen  Basen  stan- 
den,  v*ie  aus  den  oben  unter  Nr.  1  und  2  (S.  5tY.)  veröffent- 
lichten Inschriften  hervorgeht,  Statuen  des  Apollophanes.  Über 
sein  Verdienst  um  den  Theaterbau  und  über  das  seiner  Söhne 
vergleiche  Ililler  von  Gärtringen  (oben  S.  1 1),  welcher  die 
Inschrift  dem  Anfange  des  zweiten  vorchristlichen  Jahrhun- 
derts zuschreiht.  Da  die  Aufstelluni»-  der  Basen  mit  der  Er- 
bauung  der  schrägen  Mauer  gleichzeitig  ist,  muss  auch  die 
Errichtung  der  marmornen  Stützmauer  in  jener  Periode  er- 
folgt sein.  Ahnliche  Basen  kommen  auch  in  anderen  Thea- 
tern vor,  so  z.  B.  in  demjenigen  von  Megalopolis;  sie  muss- 
ten aus  technischen  Gründen  aufgestellt  werden ,  wurden 
dann  aber  zum  Schmuck  des  Theaters  verwendet. 

Auf  dem  ansteigenden  Deckgesimse  der  Stützmauer  schei- 
nen in  späterer  Zeit  mehrere  Weihgeschenke  oder  andere  Ge- 
genstände aufgestellt  worden  zu  sein,  wie  z.  B.  die  Basis,  de- 
ren Inschrift  oben  S.  52  Nr.  63  mitgeteilt  ist.  An  den  oberen 
Enden  haben  auch  möglicher  Weise  die  Standbilder  des  Zeus- 


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3.  1  _.4..,  * 

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priesters  Phanes  gestanden  (s.  oben  S.  35).  Die  beiden  Stütz- 
mauern ^varen  hier  mit  besonderen  Pfeilern  al)geschlossen, 
welche  auf  Taf.  3  in  ihren  untersten  Sciiichten  zu  sehen  sind. 
Zu  dem  südlichen  Pfeiler  gehörte  wahrscheinlich  das  vor- 
stehend abgebildete  Gesimse  als  obere  Bekrönung. 


AUSGRABUNGEN   IM   THEATER    VON   MAGNESIA   AM   MAIANDROS  69 

An  den  Quadern  der  Stützmauer  sind  die  S.  43  f.  unter 
Nr.  43,  44  und  45  veröffentlichten  Inschriften  angehracht, 
von  denen  die  eine  tö-o?  'InAwra  sich  noch  unverletzt  an  ihrer 
alten  Stelle  befindet.  Wie  und  zu  welchem  Zweck  Philotas 
ein  I\echt  auf  jenen  Platz  der  nördlichen  Parodos  erlangt  hat, 
entzieht  sich  unserer  Kenntniss. 

Der  Sitzraum  des  Theaters  war  durch  zwei  ringförmige 
Zwischengänge  in  drei  Ränge  geteilt, wie  aus  der  oben  S.l  er- 
wähnten Zeichnung  von  Iluyot  bei  Laborde  hervorgeht.  Jetzt 
ist  in  Folge  der  grossen  Zerstörung  des  Zuschauerraumes  nichts 
mehr  von  den  Diazomata  zu  sehen.  Zu  dem  oberen  Umgang 
gelangte  man  vermutlich  durch  zwei  gewölbte  Zugänge,  wie 
solche  in  Tralles  und  an  manchen  anderen  Orten  noch  erhal- 
ten sind,  doch  hat  sich  in  Magnesia  bisher  nichts  von  ihnen 
gefunden.  Zu  dem  unteren  Gange  führten  die  beiden  Trep- 
pen, welche  vorher  schon  erwähnt  wurden.  Jede  von  ihnen 
hatte  einen  breiten,  rechtwinkliii;  zur  Stützmauer  o;erichteten 
Lauf  von  7  Stufen  und  einen  im  rechten  Winkel  umbiegenden 
Lauf  von  wahrscheinlich  11  Stufen.  Von  den  letzteren  sind 
nur  noch  9  erhalten,  doch  ergiebt  sich  die  ursprüngliche  Zahl 
mit  ziemlicher  Sicherheit  aus  einem  Vergleich  mit  der  Anzahl 
und  Höhe  der  Sitzstufen.  Wenn  man  nämlich  ausser  der  un- 
tersten Sesselreihe  noch  1 1  gewiihnliche  Sitzreihen  annimmt, 
erhält  man  für  die  Höhe  dasselbe  Mass  wie  bei  den  18  Trep- 
penstufen. 

Der  untere  Teil  der  Treppe  und  das  mittlere  Podest  waren 
mit  einem  Gewölbe  aus  Schnittsteinen  überdeckt,  von  dem 
sich  mehrere  Steine  gefunden  haben.  Der  obere  Lauf  lacj  un- 
ter  freiem  Himmel,  weil  das  Gewölbe  den  Zuschauern  der 
höheren  Sitzreihen  den  Blick  auf  die  Orchestra  und  Skene 
i>;enommen  hätte.  Der  untere  Laufund  die  Ein^ani^sthür  selbst 
mussten  ül)erw()ll)t  werden,  damit  die  neben  der  Slülzmaucr 
liegende  äusserstc  radiale  Treppe  des  Zuschauerraumes  über 
die  breite  Zugangstreppc  hinweg  geführt  werden  komile.  In 
dem  i'eeoiisti'uirten  Grundrisse  (Taf.  '2)  ist  die  Lagt'  der  bei- 
den verschiedenen  Treppen  zu  einander  in  der  W  eise  zur  Dar- 


70  W.   DOERPFELD 

Stellung  gebraclit,  dass  rechts  die  untere  Zugangstreppe,  links 
dagegen  die  über  sie  her  laufende  radiale  Treppe  des  Zu- 
schauerraumes oezeiciinet  ist.  Bei  einer  Verüileichuns;  der  bei- 
den  Grundrisse  erkennt  man  bald,  dass  sich  die  winkelför- 
mige Gestalt  der  Zugangstreppe  mit  Notwendigkeit  aus  der 
anderen  Treppe  ergab. 

Die  Zahl  der  radialen  Treppen  des  Zuschauerraumes  und 
die  davon  abhiini'ii'e  Zahl  der  Keile  ist  nur  für  den  unteren 
Hang  festzustellen.  Es  waren  dort  sechs  Treppen  und  dem- 
nach fünf  keile  angeordnet.  In  den  oberen  Rängen  waren 
diese  Zahlen  unzweifelhaft  grösser,  vermutlich  doppelt  so 
gross.  Irgend  welche  Anhaltspunkte  zur  genauen  Bestimmung 
der  Zahlen  sind  jedoch  nicht  vorhanden. 

Von  den  Sitzreihen  selbst  scheint  fast  nichts  erhalten  zu 
sein;  aufgefunden  sind  nur  einige  geringe  Reste  in  der  Nähe 
der  Orchestra.  Man  erkennt  noch,  dass  die  Sitze  nicht  aus  ei- 
nem einzigen  Steine  bestanden,  wie  es  o;ewöhnlich  der  Fall 
war,  sondern  aus  mehreren  kleinen  Marmorstücken  zusam- 
mengesetzt waren.  Dass  dies  aus  Sparsamkeit  geschehen  ist, 
liegt  auf  der  Hand.  Wie  diese  Steine  zusammengefügt  waren, 
ersieht  man  aus  der  nebenstehenden  Abbildung,  welche  eine 
perspektivische  Darstellung  der  erhaltenen  Teile  und  der  er- 
gänzten Stücke  giebt. 

Der  Zuschauerraum  und  die  Orchestra  haben  im  Grund- 
riss  die  Form  eines  überhöhten  Halbkreises  oder  richtiger 
einer  abgeschnittenen  Fllij)se.  Die  Verlängerung  über  den  Bo- 
gen des  Grundkreises  hinaus  ist  aber  nicht  gei'adlinig,  wie 
z.  B.  im  athenischen  Theater,  sondern  nach  einer  Curve  ge- 
bildet, welche  mit  einem  grösseren  Radius  gezeichnet  ist  als 
der  Grundkreis. 

Bei  den  griechischen  Theatern  sind  sehr  verschiedene  Ar- 
ten dieser  Erweiterung  des  Zuschauerraumes  über  einen  Halb- 
kreis hinaus  b(!obachtet  worden,  von  denen  die  geradlinige 
Verlängerung  in  der  Richtung  der  Tangente  die  gewidinlichste 
gewesen  zu  sein  scheint.  Die  von  Vitruv  angegebene  Lösung 
(Verlängerung  des  Halbkreises  mit  zwei  Bogen,   deren  Ra- 


AUSGRABUNGEN  IM  THEATER  VON  MAGNESIA  AM  MAIANDROS 


71 


dius  gleich  dem  Durchmesser  des  Grundkreises  ist)  hat  sich 
noch  an  keinem  Theater  nachweisen  lassen.  An  unserem  Bau 
scheint  eine  bislier  nicht  hekannte,  der  vitruvischen  Vorschrift 
nahestehende  Lösung;  gewählt  zu  sein.  C.  Ilumann  hat  die 
freigelegten  Teile  der  Orchestralinie  genau  vermessen  und 
dabei  eine  Curve  erhalten,  welche  sich  geometrisch  am  besten 
in  der  \\'eise  zeichnen  lässt,  wie  auf  Taf.  1  mit  punktirten 
Linien  angegeben  ist.  Der  Mittelpunkt  des  Grundkreises,  also 


das  Hauptcentrum,  liegt  bei  A,  die  beiden  andern  Mittelpunkte 
bei  B  und  C  auf  der  Peripherie  desselben  Grundkreises.  Der 
Radius  der  beiden  Kreise  um  B  und  C  ist  gleich  dem  Durch- 
messer  des  Grundkreises.  Würde  man  noch  um  den  Punkt  D 
einen  Kreis  mit  dem  ursprünglichen  Radius  beschreiben,  so 
ergäbe  sich  eine  vollständige  Ellipse,  die  bekanntlich  aus  vier 
Mittelpunkten  gezeichnet  werden  kann. 

Die  Construction  der  Orchestra-Curve  entspricht  also  einer- 
seits beinalu'  den  Vorschriften  N'ilruvs.  andrerseits  stimmt  sie 
aber  mit  der  am  Theater  in  Epidauros  gewühlten  Eitsung  da- 
rin überein,  dass  mit  dem  Radius  des  Grundkreises  kein  vol- 
ler Halbkreis  beschrieben  wird. 


'-'  W.    DOERPFELD 

Die  Orclipstra  stammt  in  ihrer  jetzigen  Gestalt  aus  rö- 
misclier  Zeit;  vorher  miiss  sie  ein  i;anz  anderes  Aussehen 
gehabt  liaben.  Der  Platz  ist  niinilich  jetzt  etwas  über  einen 
Halbkreis  gross  und  besitzt  als  Tussboden  eine  slarke  JMürtel- 
lage,  die  ehemalige  Unterlage  einer  römischen  iMarmorplla- 
sterung,  von  der  noch  geringe  Spuren  erhalten  sind.  Ob  die 
Orchestra  damals  durch  eine  Schranke  von  dem  Zuschauer- 
raum getrennt  war,  wie  z.  B.  in  Athen,  ist  nicht  bekannt; 
nach  der  Seite  der  Skene  wurde  sie  begrenzt  von  der  Vorder- 
wand  des  römischen  Losieion. 

In  griechischer  Zeit  war  die  Orchestra  bedeutend  grös- 
ser, denn  durch  Errichtung  des  Logeion  war  ein  grosses  Stück 
von  ihr  abgeschnitten  worden.  Sie  hatte  aber  nicht  die  volle 
Grösse  des  Grundkreises,  sondern  der  eigentliche  Tanzplatz 
war  von  dem  Zuschauerräume  durch  einen  Umgang  geschie- 
den, dessen  Breite  nach  den  Fundamentsteinen  und  dem  VVas- 
sercanal  annähernd  auf  1,50'"  festgestellt  werden  kann.  Der 
Radius  des  Tanzplatzes  betrug  demnach  etwa  9,15'",  derje- 
nige des  Grundkreises  10, H5'".  Der  Tanzplatz,  die  eigentliche 
Orchestra,  war  ein  voller  Kreis ;  seine  in  den  Grundrissen  auf 
Taf.  1  und  2  eingezeichnete  Peripherie  berührt  weder  die 
griechische  Skene,  noch  das  ebenfalls  aus  griechischer  Zeit 
stammende  Prosken ion.  Sein  Fussboden  bestand  vermutlich 
aus  gestampfter  Erde  und  lag  um  eine  Stufe  höher  als  die 
Sohle  des  Urnuani^es.  Der  letztere  diente  als  Zui-an"-  für  die 
Zuschauer,  zugleich  aber  auch  als  Sammelgraben  und  Ab- 
flusscanal  für  das  Regenwasser.  Er  umgab  nur  die  eine  Hälfte 
der  Orchestra,  in  der  anderen  Hälfte  war  ein  unterirdischer 
Canal  zur  Ableitung  des  Regenwassers  vorhanden.  Es  ist  dies 
dieselbe  Einrichtung,  welche  aus  dem  Theater  von  l*]pidauros 
schon  längst  bekannt  und  neuerdings  auch  in  iu'etria  gefun- 
den ist  In  Epidauros  erbreitert  sich  der  Umgang  an  seinen 
beiden  i>n(h'n  in  Folge;  des  Wechsels  der  Millclpuiiklc  In  Ma- 
gnesia kann  ni<)nli('h('i'\\('is('  dasselbe  der  Fall  iiewesiMi  sein; 
da  es  jedoch  niciit  sicher  ist,  sind  im  erifänzten  Grundrisse 
beide  Möglichkeiten  angegeben. 


AUSGRABUNGEN   IM  THEATER   VON   MAGNESIA  AM  MAIANDR08  73 

Bevor  wir  zur  Beschreibung  des  Skenengebäudes  überge- 
hen, haben  wir  noch  den  unterirdischen  Gang  zu  be- 
sprechen, welcher  unter  der  Skene  und^unter  dem  Fussboden 
der  Orchestra  gefunden  ^vorden  ist.  In  den  Grundrissen  auf 
Taf.  1  und  2  kann  man  sehen,  was  von  ihm  noch  erhalten 
und  wie  er  zu  ei'üjänzen  ist. 

Bei  Betrachtung  der  vorhandenen  Reste  fallen  zwei  Perio- 
den in  dem  Bestehen  des  Ganges  alsbald  in  die  Augen.  Der- 
jenige Teil,  welcher  an  der  V'orderwand  des  römischen  Lo- 
geion beginnt,  bis  zur  Mitte  der  Orchestra  lauft  und  sich  dort 
in  zwei  kurze  Arme  teilt,  stammt  sicher  aus  römischer  Zeit; 
denn  er  ist  aus  Ralkmauerwerk  erbaut  und  nimmt  offenbar 
auf  die  spütrömische  Gestalt  des  Skenengebäudes  Rücksicht. 
Der  andere  Teil  dai^eo-en.  von  dem  unter  der  o-riechischen 
Skene  noch  ein  kleines  Stück  vorhanden  ist,  weist  gutes  Qua- 
dermauerwerk auf  und  muss  daher  einer  älteren  Zeit  ange- 
hören. 

Wo  Anfang  und  Ende  des  griechischen  Ganges  lagen, 
ist  an  der  Ruine  selbst  nicht  mehr  zu  bestimmen,  weil  das 
erhaltene  Stück  an  beiden  Seiten  abgebrochen  ist.  Der  vor- 
handene Rest  verdankt  nur  dem  Umstände  seine  Erhaltung, 
dass  er  unter  der  Vorderwand  der  griechischen  Skene  lag  und 
diese  Wand  durch  den  Abbruch  üelälirdet  worden  wäre.  Nach 
Analogie  des  bekannten  ähnlichen  Ganges  im  Theater  von 
Eretria  (vgl.  American  journal  of  archaeology  \\\  S.  43) 
wird  man  das  eine  Ende  in  der  Mitte  des  Orchestrakreises, 
das  andere  im  Inneren  der  Skene  etwa  da  annehmen  dürfen, 
wo  es  in  dem  ergänzten  Grundrisse  gezeichnet  ist.  Den  Gang 
noch  weiter  durch  das  Skenensebäude  hindurch  nach  aussen 
zu  verlängern,  ist  nicht  zulässig,  weil  dann  unter  der  Hin- 
terwand der  Skene  auch  Reste  erhalten  sein  müssten.  An  bei- 
den Enden  dürfen  wir  ferner  je  eine  Treppe  ergänzen,  ähnlich 
den  in  l']retria  gefundenen.  Man  konnte  also  inncrliall)  der 
Skene  in  den  Ganü,  hinabgehen  und  in  der  Mitte  der  Orche- 
stra  wieder  emporsteigen.  Ein  bemerkenswerter  Unterschied 
besteht  zwischen  den  Gängen  von  Eretria  und  Magnesia.  Je- 


74  W.    DOERPFELD 

ner  endet  schon  hinter  der  Proskenionwand  und  reicht  nicht 
bis  ins  Innere  der  Skene,  wie  es  bei  diesem  der  Fall  ist.  Diese 
Verschiedenheit  erklärt  sich  aus  der  ei2;entümlichen  Höhen- 
läge  des  ältesten  eretrischen  Skenengebäudes,  welches  nicht 
in  der  Höhe  der  Orchestra,  sondern  auf  einem  mehrere  Meter 
höheren  Boden  liegt. 

Die  Erbauungszeit  des  griechischen  Ganges  in  unserem 
Theater  steht  zwar  nicht  ganz  fest ;  höchstwahrscheinlich  ge- 
hört er  aber  noch  in's  vierte  Jahrhundert,  weil  er  mit  dem  äl- 
testen Teile  der  Skene  gleichzeitig  ist. 

Der  röm  i sehe  Gans  ist  in  eanzer  Länsfe  erhalten.  Sein 
Anfang  liegt  unter  der  Vorderwand  des  spätrömischen  Logeion 
und  ist  auf  Taf.  8  abgebildet.  Das  unter  der  Mitte  der  Orche- 
stra liegende  Ende  besteht  in  einem  kurzen  zweiarmigen  Quer- 
gang; im  ganzen  hat  der  Gang  also  die  Form  eines  T.  Da 
trotz  der  guten  Erhaltung  von  einer  steinernen  Treppe  am 
Anfange  des  Ganges  beim  Logeion  nichts  mehr  vorhanden 
ist,  dürfen  wir  eine  hölzerne  Treppe  als  Zugang  ergänzen. 
Am  anderen  Ende  in  der  Orchestra  ist  daseien  niemals  eine 
Treppe  vorhanden  gewesen  ;  denn  noch  jetzt  ist  der  Gang  hier 
überdeckt  und  weist  nur  zwei  kleine  Löcher  auf,  durch  die 
sich  jetzt,  obwol  sie  grösser  geworden  sind,  kaum  ein  Mensch 
durchzwängen  kann. 

Welchen  Zweck  hat  der  römische  Gans;  gehabt  ?  Wenn  man 
sich  erinnert,  dass  in  römischen  Amphitheatern  gewöhnlich 
unter  dem  Boden  der  Arena  unterirdische  Gänge  vorhanden 
sind,  welche  mit  den  Thierhetzen  und  Gladiatorenkämpfen  in 
Verbindung  gebracht  werden,  so  wird  man  auch  für  unseren 
Gang  eine  ähnliche  Bestimmung  annehmen.  Genauere  Anga- 
ben über  die  Art  dieser  Benutzung  vermag  ich  allerdings 
nicht  zu  machen.  Nur  das  ist  mir  nicht^zweifelhaft,  dass  er 
zu  einem  anderen  Zwecke  ij-edient  hat  als  der  ältere  G;riechi- 
sehe  Gang.  Dafür  spricht  schon  der  Umstand,  dass  keine  un- 
unterbrochene Benutzung  von  der  ältesten  Zeit  bis  zur  i-ömi- 
schen  Periode  vorliegt.  Denn  daran  ist  nicht  zu  denken,  dass 
die  Römer  die  ältere  Anlage  sorgfältig  abgebrochen,  das  Ma- 


AUSGRABUNGEN  IM  THEATER    VON   MAGNESIA   AM  MAIANDR08  75 

terial  fortgeschafft  und  dann  mit  anderem  Materiale  an  dersel- 
ben Stelle  einen  neuen  Gang  hergestellt  haben  sollten.  Eine 
Zeit  lang  hat  also  kein  Gang  bestanden. 

In  Bezug  auf  die  Bestimmung  des  griechischen 
Ganges  teile  ich  im  Wesentlichen  die  Ansichten,  welche  C. 
Brownson  bei  Beschreihung  des  unterirdischen  Verbindungs- 
weges im  Theater  von  Eretria  (a.  a.  0.)  ausgesprochen  hat. 
Die  tiefe  Lage  und  die  Abmessungen  unseres  Ganges  wider- 
sprechen unbedingt  der  Annahme,  dass  wir  es  mit  einem 
VVassercanal  zu  thun  haben.  Der  für  die  Ableitung  des  Re- 
genwassers dienende  Canal  ist  in  der  nördlichen  Parodos  noch 
sehr  gut  erhalten  und  zeigt  sowol  andere  Abmessungen  als 
auch  eine  andere  Höhenlage.  Die  Breite  unseres  Ganges  spricht 
vielmehr  deutlich  genug  dafür,  dass  er  eine  für  Personen  be- 
nutzbare Verbindung  zwischen  zwei  Teilen  des  Theaters  ge- 
bildet haben  muss.  Seine  Höhe  im  Lichten  ist  zwar  nicht  ge- 
nau festzustellen,  weil  nur  die  beiden  unteren  Quaderschichten 
übrig  geblieben  sind  ;  der  Unterschied  zwischen  dem  Fussbo- 
den  der  Orchestra  und  der  Sohle  des  Ganges  beträgt  2'",  ist 
also  gross  genug,  um  einen  bequem  begehbaren  Tunnel  anzu- 


QUERMAÜER 
l 


ANTIKER      BODEN 

-.1 


QUERMAUER 
I 


(anmcMiictO 


legen.  Der  antike  Name  für  den  Gang  und  seine  Treppen  ist 
meines  Erachtens  j^apwv.oi  yXvj.rL-Kic,  gewesen,  die  von  PoUux 
IV  127  fTonannt  worden. 

o 

Den  unterirdischen  Verbindungsweg  zwischen  Skene  und 


76  W.    DOERPFELD 

Orchestra  werden  bei  soeniscben  Auffübrungen  diejenigen 
Scbauspieler  benutzt  babeii,  wolebe  in  der  iMitte  dev  Orcbe- 
stra  als  aus  der  Erde  kommend  erscbeinen  mussten.  Wenn 
z.  B.  in  den  Persern  des  Aiscbylos  der  Geist  des  Dareios  bei 
seinem  Grabmal  welcbes  mitten  in  cbn'  kreisrunden  Orcliestra 
erricbtet  ^var  (vgl.  U.von  Wilamowitz,  Die  Bübne  des  Aiscby- 
los, Hermes  XXI  S.  608),  zu  erscbeinen  batte,  so  musste 
man  früber  bypotbetiscb  gerade  einen  solcben  unterirdiscben 
Gang  annebmen,  wie  er  jetzt  tbatsäcblicb  gefunden  ist.  Auch 
in  den  Eumeniden  des  Aiscbylos  wird  der  Scbatten  der  Ivly- 
taimestra  in  der  Mitte  der  Orcbestra  erschienen  sein,  woliin 
der  Scbauspieler  am  besten  auf  einem  unserem  Gange  äbnli- 
chen  Verbind uno-sweoe  üelan^en  konnte.  Ein  besonders  eutes 
Beispiel  liefert  das  Satyrdrama  Sisypbos  von  Aiscbylos  (Frag- 
ment 227).  Die  Satyrn  seben  ihn  Sisypbos,  der  aus  der  Un- 
terwelt entlaufen  ist,  aus  der  Erde  bervorkriecben  und  ver- 
gleichen ihn  mit  einer  Feldmaus  oder  einem  Maulwurf  (s. 
Wecklein.  Zu  den  Hiketiden,  Sitzungsberichte  der  münchener 
Akademie  1893,  II  S.  43 1). 

Man  wende  cremen  diese  Erkläruni»;  niclit  ein.  dass  scenische 
Vorojänore  aus  Stücken  des  Aischvlos  nicbt  zur  b]rläuterung 
von  Einricbtungen  der  jüngeren  griecbiscben  Theater  benutzt 
werden  dürfen.  Denn  die  steinernen  Tbeater  des  vierten  und 
dritten  Jabrhnnderts  sind  selbstverständlich  nach  dem  Vor- 
bilde der  älteren  hölzernen  Theater  gebaut  worden.  Ausser- 
dem ist  gerade  für  Magnesia  jetzt  inscbriftlicb  erwiesen,  dass 
dort  noch  in  römiscber  Zeit  äbnlicbe  Dramen  aufgefidirt  wur- 
den, wie  in  Alben  im  fünften  Jaiirbundert  (vgl.  O.  Kern  in 
dem  folgenden  Aufsalze). 

Allerdings  lässt  sich  nicbt  leugnen,  dass  der  Gang  auch  zu 
anderen  Zwecken  gedient  baben  kann,  die  uns  nocb  nicbt  be- 
kannt sind.  Aber  auf  jeden  Fall  war  er  zu  den  crwäbnten 
Geislerer-scbeinungen  sebr  gut  benul/.i)ar,  und  wir  brauchen 
daber  kein  Bedenken  zu  Iraucii  uiiscicii  (laiiu  zur  iM'kiiiruiiii 
des  scenischen  Vorganges  in  den  genannten  Dramtin  zu  ver- 
>venden. 


AUSGRABUNGEN  IM  TriEATER   VON   ütAÖNESIA  AM   MAIANDRÖS  77 

Der  wichtigste  Teil  unseres  Theaters  ist  das  Skenenge- 
bäude;  man  kann  nicht  nur  (liejenige  Gestalt  erkennen,  wel- 
che es  beim  letzten  römisclien  Umbau  erhalten  hat.  sondern 
auch  noch  den  früheren  Zustand  in  mehreren  Stufen  sei- 
ner Entwickelung  feststellen.  Wir  beginnen  die  Beschreibung 
mit  den  ältesten  Bauteilen. 

Aus  manchen  Gründen  dürfen  die  fünf  nebeneinander  lie- 
genden Zimmer  als  der  älteste  Teil  des  Skenengebäudes  be- 
zeichnet werden.  Zunächst  sind  die  anderen  Bauteile,  wie  an 
Ort  und  Stelle  deutlich  zu  sehen  ist,  erst  später  an  diesen  Kern 
der  Anlage  angefügt ;  sodann  bestehen  die  Mauern  aus  Porös 
uud  ihre  Fundamente  aus  grossen,  wenig  bearbeiteten  Kalk- 
steinen, eine  Bauweise,  die  altertümlich  genannt  werden  darf; 
endlich  kommen  auch  bei  anderen  Theatern,  z.  B.  in  Eretria 
und  Assos,  als  älteste  Form  der  steinernen  Skene  mehrere  ne- 
ben einander  liegende  Gemächer  vor.  Obwol  die  Scheide- 
mauern der  einzelnen  Räume  zum  Teil  verschwunden  sind, 
ist  ihr  ehemaligesVorhandensein  dadurch  vollständig  gesichert, 
dass  sich  an  den  Stellen,  wo  die  Wände  gestanden  hatten, 
noch  eine  Sandschicht  vorfand,  welche  als  Unterlage  des  Fun- 
damentes gedient  hat.  Solche  Sandschüttungen  kommen  viel- 
fach bei  antiken  Bauten  vor,  so  z.  B.  beim  Schatzhaus  Nr.  VII 
in  Olympia  und  beim  Thersileion  von  Megalopolis. 

Von  den  aufgehenden  Wänden  der  Zimmer  ist  nur  in  dem 
südlichen  Baume  ein  grösseres  Stück  erhalten ;  hier  ist  auch 
noch  eine  Tliür  vorhanden,  welche  die  Orchestra  mit  der  Skene 
verband.  In  dem  nördlichsten  Baume  darf  symmetrisch  dazu 
eine  zweite  Thür  ergänzt  werden.  Ob  auch  die  übrigen  Zim- 
mer Thüren  gehabt  haben,  ist  nicht  ohne  weiteres  sicher. 
Zwar  finden  wir  in  den  schon  erwähnten  ähnlichen  Skenen 
von  Eretria  und  Assos  an  jedem  Baume  eine  Thür,  aber  es 
wäre  immerhin  denkbar,  dass  die  drei  mittleren  Gemächer 
entweder  Stützenstelluni^en  oder  jjjrössere  ÖlTnun^en  nach  der 
Orchestra  zu  liatten.  Dass  ihre  Vorderwand  in  der  That  an- 
ders gebildet  war,  als  die  der  beiden  Eckräume,  zeigt  schon 
der  geringe  Best,  welcher  von  dem  Fundament  der  Vorder- 


78  \V.   DÖERl>J*ELD 

wand  des  zweiten  Zimmers  an  seiner  alten  Stelle  geblieben 
und  doppelt  so  breit  ist  als  die  übrigen  Fundamente.  Wenn 
in  dem  reconstruirten  Grundrisse  vermutungweise  die  Vorder- 
wand zurückijescboben  und  auf  die  hintere  Hälfte  des  Funda- 
ments  gesetzt  ist.  so  dass  die  Eckräume  paraskenienartig  vor- 
treten, so  ist  das  mit  Rücksicht  auf  die  älteren  Skenen  in  Athen 
und  Eretria  geschehen, welche  von  vorspringenden  Paraskenien 
eingefasst  sind.  Die  vordere  Hälfte  des  Fundaments  bleibt  bei 
einer  solchen  Reconstruction  für  die  Anbringung  einer  Decora- 
tion, eines  Proskenion,  übrig. 

Die  erhaltenen  Stücke  der  Wände  und  die  noch  vorhandene 
Thürsch welle  sind  noch  in  einer  anderen  Hinsicht  von  gros- 
ser Wichtigkeit.  Sie  lehren  nämlich  aufs  Deutlichste,  dass 
der  Fussboden  im  Inneren  der  Skene  in  der  Höhe  des  Orche- 
strabodens  lag.  Wie  wichtig  diese  Thatsache  für  die  Frage 
nach  der  Gestaltung  des  Spielplatzes  ist,  braucht  nicht  beson- 
ders hervorgehoben  zu  werden,  denn  sie  schliesst  die  Möglich- 
keit, ein  niedriges  Logeion  zwischen  Orchestra  und  Skene 
zu  errichten,  vollständig  aus.  Wenn  ein  Logeion  errichtet 
wurde,  musste  es  mindestens  so  hoch  sein,  dass  man  bequem 
unter  ihm  durchgehen  konnte,   also  mindestens  2,50™. 

Die  Höhe  der  Skene  in  ihrer  ältesten  Form  ist  nicht  be- 
kannt. Die  bedeutende  Wandstärke  der  Gemächer  legt  aber 
die  Vermutung  nahe,  dass  der  Bau  schon  damals  zwei  Stock- 
werke hatte. 

Zur  Ermittelung  der  Erbauungszeit  fehlen  uns  sichere  An- 
haltspunkte. Die  Bauart  der  Mauern  weist  nur  im  allgemeinen 
auf  griechische  Zeit  hin.  Wenn  wir  mit  Judeich  (Kleinasia- 
tische Studien  S.  43)  die  Gründung  von  Magnesia  etwa  ins 
Jahr  400  setzen,  kann  die  älteste  Skene  sehr  wol  im  ersten 
Jahrhundert  des  Bestehens  der  Stadt  erbaut  sein. 

Der  erste  Umbau,  welchen  die  Skene  erfuhr,  bestand 
in  der  Hinzufi'igiing  je  eines  schmalen  Ganges  oder  Corridors 
an  ihren  beiden  Schmalseilen,  in  der  Flucht  der  llinlerwand 
der  Skene  waren  sie  mit  je  einer  Thür  abgeschlossen,  welche 
an  dem  südlichen  Gang  noch  deutlich  zu  erkennen  ist.  Wie 


AUSGRABUNGEN   nl  THEATER   VON    KtAGNESIA   Akt   MAIANDRÖS  79 

die  vordere  Beendigung  des  Ganges  gebildet  war,  lUsst  sich 
dagegen  nicht  mehr  mit  Sicherheit  bestimmen,  weil  er  jetzt 
nach  der  Orchestra  zu  mit  einer  Marmorwand  abschliesst,  die 
offenbar  einem  späteren  Umbau  des  Theaters  angehört.  Man 
darf  aber  annehmen,  dass  früher  eine  älinliche  Wand  aus  Po- 
rös hier  war,  welche  in  Marmor  erneuert  wurde,  als  die  ge- 
genüberliegende Stützmauer  des  Zuschauerraumes  in  diesem 
Material  neu  aufgeführt  wurde.  Da  die  Marmorwand  nur  als 
der  seitliche  Abschluss  eines  vor  der  Skene  befindlichen  Pro- 
skenion zu  erklären  ist,  dürfen  wir  auch  für  die  Porosmauer 
einen  ähnlichen  Zweck  annehmen.  Ich  möchte  vermuten,  dass 
das  Proskenion  hölzerne  Säulen  hatte,  so  lange  die  Seiten- 
wände aus  Porös  bestanden,  und  dass  die  Säulen  oder  Halb- 
säulen bei  dem  grossen  Umbau  in  Marmor  erneut  wurden. 
Die  beiden  seitlichen  Gänge  gestatteten  den  Schauspielern  und 
anderen  Personen  hinter  die  Decorationswand,  also  in  das 
Proskenion  zu  gelangen,  ohne  das  Innere  der  Skene  zu  be- 
treten. 

Den  Zweck  der  Gänge  werden  wir  noch  besser  verstehen, 
wenn  wir  einen  weiteren  Anbau  betrachten,  welcher  vielleicht 
gleichzeitig  mit  ihnen  errichtet  wurde.  Die  Skene  erhielt  näm- 
lich nach  hinten  in  der  Länü;e  der  drei  mittleren  Zimmer  einen 
Anbau,  welcher  einen  langen  Saal  bildete.  Seine  Längswand 
öffnete  sich  mit  drei  grossen  Bogenöffnungen  nach  aussen, 
während  die  Seitenmauern  geschlossen  waren  und  als  Stütz- 
mauern für  zwei  steinerne  Freitreppen  dienten,  auf  welchen 
man  von  den  oben  erwähnten  Thüren  zu  dem  oberen  Stock- 
werk der  Skene  gelangen  konnte. 

Diese  Treppen  bieten  wichtige  Anhaltspunkte  für  die  Re- 
construction  des  Skenengebäudes,  denn  sie  zeigen  nicht  nur, 
dass  letzteres  damals  zwei  Stockwerke  geiiabt  haben  muss, 
sondern  gestalten  auch  seine  Höhe  mit  einiger  W  ahrschein- 
lichkeit  zu  bestimmen.  Nehmen  wir  an,  dass  die  Treppe  kein 
Podest  enthielt,  so  muss  sie  mindestens  20  Stufen  gehal)t  und 
eine  Höhe  von  4,GÜ"'  erreicht  haben.  Bei  der  Annahme  eines 
Podestes  verringert  sich  die  Zahl  der  Stufen  auf  etwa  IG  und 


§Ö  W.    DÖERPFELD 

die  Treppenhöhe  auf  3,70"".  Das  Untergeschoss  der  Skene 
miiss  also  mindestens  eine  Höhe  von  3,50'"  ü;ehaht  liaben. 
Hierzu  passt  sehr  ^ut  das  Höhenmass,  welches  sich  aus  den 
drei  Bogen  der  Rückwand  berechnen  lässt. 

Von  diesen  Bogen  ist  nämlieh  der  südlichste  noch  ganz  er- 
halten, der  zweite  steht  noch  zur  Hälfte,  während  der  dritte 
ebenso  total  zerstört  ist  wie  die  nördliche  Absclilusswand  des 
Anbaues.  Da  nun  die  Mauer  mit  dem  Bogen  noch  jetzt  eine 
Höhe  von  2,70'"  hat,  erbalten  wir  unter  Zurechnung  von  etwa 
0,30""  für  die  Höhe  der  Decke  eine  Stockvverkhöhe  von  min- 
destens 3.00™. 

Dieses  Minimalmass  des  unteren  Stockwerkes  der  Skene  ist 
massgebend  für  die  Höhe  des  griechischen  Proskenion,  wel- 
ches also  mindestens  3'°  hoch  gew'esen  sein  muss;  nach  den 
aus  den  Stufen  der  Steintreppe  abgeleiteten  Zahlen  erhöht  sich 
dieses  Mass  auf  3,70  oder  sogar  4,70'".  Da  nun  Vitruv  die 
Proskenionhöhe  zu  3,5(1"'  angiebt.  nnd  die  erhaltenen  Theater 
dasselbe  Mass  durchschnittlich  zeigen,  sind  wir  berechtigt  in 
unserem  Theater  dem  griechischen  Prosken ion  eine  Höhe  von 
etwa  3,50'"  zu  geben. 

Durch  die  drei  grossen  Bogen  war  das  Untergeschoss  des 
Anbaues  als  otTene  Halle  gekennzeichnet  Das  Obergeschoss 
war  dagegen  durch  die  Treppen  und  schmalen  Gänge  mit  dem 
Raum  hinter  dem  Proskenion  und  dem  Inneren  der  Skene  in 
Verbindung  gesetzt  Die  Schauspieler  konnten  also,  ohne  dass 
sie  vom  Publikum  gesehen  wurden,  aus  der  Skene  in  das 
Oberi^eschoss  und  auf  das  Dach  des  Proskenion  ü;elanij;en.  Frei- 
lieh  hätte  dieser  Zweck  durch  eine  im  Inneren  der  Skene  an- 
gelegte Treppe  bequemer  erreicht  werden  können  :  wir  müs- 
sen daher  annehmen,  dass  die  seitlichen  Gänge  und  die  äus- 
seren Treppen  noch  irgend  eine  Bestimmung  hatten,  welche 
uns  nicht  bekannt  ist. 

Man  könnte  auf  die  Vermutung  koinmen.  dass  das  Unter- 
geschoss des  hinteren  Anbaues  mit  seinen  drei  Bogen  nur  ein 
monumentaler  Eingang  zu  der  Skene  des  Theaters  sei,  aber 
einmal  greift  in  den  einen  Bogen  die  Ecke  eines  anderen  Ge- 


AtJSr.RAnUNr.KN    im    THRATER    von    NfAGNESlA    AM    MAIANDROS  M 

bäudes  liinoin.  woldies  srlioinhar  nocli  älter  ist  als  der  Anbau 
(v*^!.  die  Beselireibunji'  dieses  Gebäudes  am  Schlüsse  des 
Aufsatzes)  und  ausserdem  sind  die  Bogen  dnrcbaus  nielil  ar- 
cliitektonisel)  ausgestattet;  sie  köniH'ii  daher  aiicli  iiicni.ils  eine 
sichtbare  Fassade  gebildet  haben. 

Durch  den  ersten  Umbau  war  also  das  Skenengebäude  auf 
allen  vier  Seiten  mit  Anbauten  versehen  worden  ;  vorne  laii 
ein  Proskenion  als  Fassade  der  alten  einfachen  Skene,  auf  den 
Seiten  waren  schmale  Gänge  als  Fortsetzung  des  Proskenion 
hinzugefiigt  und  hinten  befand  sich  der  Anhau  mit  den  drei 
Bogen  und  den  steinernen  Treppen. 

Wann  dieser  erste  Umbau  erfolgte,  wissen  wir  nicht  genau, 
er  muss  nur  vor  das  zweite  vorchristliche  Jahrhundert  gesetzt 
werd(m,  weil  im  Anfange  dieses  Jahrhunderts  ein  weilerer 
Umbau  des  Theaters  stattfand. 

Dieser  zweite  Umbau  bestand  in  der  Erneuerunijr  des 
ganzen  Zuchauerraumes  und  des  Proskenion  in  Marmor;  die 
ehemals  an  den  Ecken  des  Zuschauerraumes  aufgestellten  In- 
Schrift- Basen  erlauben  ihn  zu  datiren  (vgl.  oben  S.  5  IT.). 
Nachdem  die  eine  Seitenwand  der  Parodoi,  die  Stützmauer 
der  Sitzreihen,  in  Marmor  erneuert  war.  konnte  die  andere 
nicht  in  Porös  stehen  bleiben,  sondern  wurde  in  ihrer  ganzen 
Länge,  also  einschliesslich  der  Säulenstellung  des  Proskenion. 
in  Marmor  neu  aufgebaut.  N'on  diesen  Säulen  sind  keine  Fun- 
damente gefunden;  da  aber  die  Mauern  beiderseits  nach  der 
Skene  zu  in  Pfeilern  endeten,  deren  ehemaliges  Vorhandensein 
gesichert  ist,  braucht  man  kein  Bedenken  zu  tragen,  Säulen 
in  der  Weise  zu  ergänzen,  wie  es  in  dem  griechischen  Grund- 
risse (Taf.  2)  geschehen  ist.  Ihre  Zahl  ist  freilich  unbekannt. 

Ihre  Höhe  darf  ebenso  gross  angenommen  werden  wie  die 
der  älteren  Säulen  und  wie  das  untere  Stockwerk  der  Skene, 
also  zu  etwa  3,50'".  Säulentrommeln,  welche  diesem  Proske- 
nion zugeteilt  werden  könnten,  sind  nicht  gefunden  worden; 
mehrere  Trommeln,  welche  neben  den  beiden  Seileniiänuen 
ausgegraben  wurden,  haben  einen  zu  grossen  Durchmesser 
(O,')!'"),  als  da.ss  sie  in  P^elraehl  kommen  lv("mnlen.  Auch  zu- 

ATHEN.    MITTHEILUNGEN   .\1\.  (j 


8? 


\v.  DdicRprKi.n 


gehörige  Gcbiilksliieke  haben  sich  niclit  gefunden.  Dagegen 
ist  ein  Antenkapitcll  zum  \'oischein  gekommen,  welches  nach 
seinen  Massen  selii'  wol  zu  dem  sinilielien  l']ck|)feiler  gehört 
haben  kann.  Die  Bi'eile  noii  ()..'!()'"  sielil  mit  (h'r  M(")lie  dos 
Proskenion   im  Kinkhmg. 

Zu  den  beiden  slumpl'winkligen  I^^cken  der  Seitengänge  ge- 
hören ferner  zwei  Gesimse,  weiche  in  der  Nähe  der  beiden 
Ecken  lagen  und  von  denen  eines  nachstehend  abgebildet  ist. 
Ihre  Zuo:ehr)rii'keit  zu  den  beiden  l^^cken  wiirde  man  in  Zweifel 
ziehen  können,  weil  die  beiden  Schenkel  des  A\inkels  an  dem 
Gesimsstück  dieselbe  Breite,  an  den  beiden  Mauern  aber  ver- 
schiedene Breiten masse  haben,  wenn   nicht  die  h^indorte  und 


die  Übereinstimmung  der  Winkel  diesem  Zweifel  die  Berech- 
tigung entzögen.  Gehören  die  Gesimse  wirklich  zu  den  bei- 
den Ecken,  so  lehren  sie  uns  die  wichtiijfe  Tiiatsache.  dass  die 

c 

beiden  Seilen";änt>e  an  den  kurzen  Seiten  des  Skeneni2;ebäudes 
nicht  überdeckt  waren,  sondern  unter  freiem  Himmel  lagen, 
denn  die  Gesimse  sind  beideiseiis  mit  denselben  Profilen  ver- 
sehen, welche  nur  /um  äusseren  Abschlüsse  einer  Wand  pas- 
sen. Da  es  mir  aber  sehr  unwahrscheinlich  vorkommt,  dass 
jene  Gänge  und  damit  auch  die  seitliclien  Abschlüsse  des 
Proskenion  ohne  Dach  waren,  muss  die  Möglichkeit  offen  blei- 
ben, dass  die  Gesimsstücke  noch  an  eine  andere  Ecke  gehö- 
ren. Eine  solche  weiss  ich  allerdings  nicht  anzugeben. 


AUSGRABUNGEN   IM   THEATER    VON    NfAf.NESIA    ANf    MAlANDROS  83 

Bei  (üpsom  zwfiten  Umbau  wird  aiu-li  din  Orchestra  dieje- 
nige Gestalt  erhalten  liahen,  welclie  wir  oben  als  die  griechi- 
sche schilderten.  Ein  etwa  1,50'"  breiter,  um  eine  Stufe  ver- 
tiefter Umgang  umgab  die  kreisrunde  Orchestra.  Diese  hatte 
demnach  einen  Durchmesser  von  etwa  18,30'"  und  besass  ver- 
mutlich einen  einfachen  Erdfussboden. 

Ob  damals  der  unterirdische  Verbindungsgang  zwi- 
scben  dem  Skenengebäude  und  der  Mitte  der  Orchestra  noch 
bestand,  ist  nicht  sicher,  ich  vermute,  dass  er  einige  Zeit 
vor  dem  letzten  Umbau  als  überflüssig  abgebrochen  worden 
ist,  weil  sich  sonst  nicht  erklärt,  weshalb  die  Römer  nicht 
den  alten  Gang  benutzten,  sondern  einen  neuen  an  derselben 
Stelle  erbauten. 

Einen  letzten  Umbau  hat  das  Theater  in  spätrömischer 
Zeit  erfahren.  Der  genaue  Zeitpunkt  lässt  sich  leider  nicht 
bestimmen.  Die  rohe  Bauweise  und  die  Verwendung  römi- 
scher Inschriftsteine  als  Baumaterial  führt  uns  in  eine  sehr 
junge  lilpoche.  Die  hellenistische  Theatereinrichtung,  wie  sie 
vorher  beschrieben  wurde,  wird  also  wol  einige  Jahrhunderte 
hindurch  bestanden  haben. 

Der  Umbau  umfasste  im  \A'esentlichen  nur  die  hellenisti- 
sche Orchestra  und  das  Proskenion.  Der  Zuschauerraum  und 
das  Skenengebäude  blieben  ziemlich  unverändert.  Von  der 
Orchestra  wurde  ein  grosses  Stück  abgeschnitten  und  zu 
einer  erhöhten  Bühne,  einem  Logeion,  hergerichtet.  29  Säu- 
len (es  werden  urspünglich  30  gewesen  sein)  wurden  in  drei 
Reihen  von  je  zehn  vor  der  Skene  aufgestellt  und  nach  der 
Orchestra  mit  einer  Wand  abi-eschlossen.  Zu  den  Säulen  sind 

c 

die  verschiedenartigsten  Stützen,  Säulen  und  Basen  genom- 
men worden,  von  denen  keine  einzige  für  ihren  jetzigen  Auf- 
stellungsort besonders  hergestellt  war.  Bemerkenswert  sind 
unter  ihnen :  1 .  mehrere  Trommeln  dorischer  Säulen  aus  Kalk- 
stein, welclie  man  dem  älteren  Proskenion  zuschreiben  möchte, 
wenn  nicht  das  vorrömische  Proskenion  aus  Marmor  bestan- 
den hätte.  Sie  werden  daher  zu  einem  anderen  Gebäude  gehö- 
ren. 2.  Statuenbasen,  auf  welchen  einst  Inschriften  standen, 


84  W.  DOERPF'ELÜ 

die  aber  jetzt  ausgemeisselt  sind  ;  nur  liei  einer  runden  Basis 
ist  noch  ein  Teil  der  Inschrift  (oben  S.  31  Nr.  '25)  erhalten 
geblieben.  Da  letztere  von  F.  Uiiler  von  Gärtringen  ins  zweite 
nachchristliche  Jahrhundert  i;eselzt  wird,  muss  das  Logeion 
jiini^er  sein,  als  dieser  Zeitpunkt.  An  mehreren  Säulen  be- 
finden sich  Grafitti,  vgl.  oben  S.  49  Nr.  56-58.  Einer  von 
ihnen  ist  so  tief  unten  an  der  Säule  angebracht,  dass  er 
schwerlich  aus  der  Zeit  der  Verwendung  der  Säule  als  Stütze 
des  Logeion.  sondern  aus  einer  Zeit  stammen  muss.  als  die 
Säule  noch  zu  einem  anderen  Gebäude  gehörte. 

Ebenso  unregelmässig  ist  die  vordere  Abschlusswand  des 
Loijjeion  hergestellt,  denn  sie  enthält  alle  möglichen  Bausteine, 
die  mit  Kalkmörtel  zusammengefügt  sind.  Da  sich  auch  unter 
ihnen  mehrere  inschriftfragmente  (z.  B.  ein  Fragment  der 
Tholos-Inschrift  S.  46)  befinden,  kann  die  späte  Erhauungs- 
zeit  des  «anzen  Loij;eion  nicht  zweifelhaft  sein. 

Die  Vorderwand  enthielt  drei  Thüren,  eine  in  der  Mitte 
und  zwei  an  den  beiden  Enden.  Da  ihre  Schwellen  noch  er- 
halten sind,  lässt  sich  die  Breite  der  Thüren  messen,  ihre 
Höhe  aber  nicht.  Neben  der  mittleren  Thüre  scheint  eine  zwei- 
armige Treppe  vorhanden  ge\\esen  zu  sein,  auf  welcher  man 
zu  dem  oberen  Podium  hinaufsteigen  konnte.  Ihre  Beste  sind 
zwar  nur  gering  und  bestehen,  wie  der  Grundriss  Taf.  1  zeigt, 
nur  aus  einigen  Steinen  ;  sie  genügen  aber,  um  der  Treppe 
diejenige  Form  zu  geben,  die  sie  auf  dem  ergänzten  römischen 
Grundrisse  (Taf.  2  unten)  hat. 

Der  Höhenunterschied  zwischen  dem  Fiissboden  der  Or- 
chestra  und  dem  oberen  Podium  über  den  Säulen  ist  zwar 
nicht  ganz  genau,  aber  innerhalb  enger  Grenzen  zu  bestim- 
men. Erstens  ist  eine  der  Säulen  noch  jetzt  zwei  Meter  hoch 
erhalten;  da  über  ihr  Balken  und  Decke  gelegen  haben  müs- 
sen, betrug  die  Gesamthöhe  des  Podiums  mindestens  2,30'". 
Zweitens  können  aucli  die  Thüren  der  Vorderwand  nicht  viel 
unter  2'"  Höhe  gehabt  haben,  weil  sonst  eine  bequeme  Be- 
nutzung derselben  nicht  möglich  war.  Drittens  gewinnen  wir 
aus  den  später  zu   besprechenden    rampenartigen    Zugängen 


AUSGRABUNGEN    IM    THKATEH    VON    MAGNESIA    AM    MAIANDHOS  85 

zum  [>op;oion  fast  dasselbe  Mass.  niimlicb  etwa  ^.^S"".  Als  Mi- 
niiiiiiiii  der  Höhe  (liiif'cn  wir  (leniriach  ^.^o'",  als  Maximum 
2,50'"  ansetzen.  Viw  die  Treppe  an  der  Vorderseite  ergiebt 
sieb  daraus  die  ZabI  von  11   bis  12  Stufen. 

Dureb  die  I^rbauimg  des  Logeion  waren  die  beiden  alten 
Seitenein2;änü;e  zum  Tbeater.  die  beiden  i^arodoi,  absescbnit- 
ten  worden.  An  ibrer  Stelle  erbaute  man  rampenfÖrmige  Zu- 
gänge zu  dem  oberen  Podium.  Die  scliräg  ansteigenden  Linien 
dieser  Ramj)en  sind  an  beiden  Stützmauern  des  Zuscbauer- 
raumes  nocb  gut  zu  seben  und  auf  Taf,  3  deutlicb  zu  erken- 
nen. Der  Fortfall  der  directen  Zugänge  zu  der  Orchestra  und 
damit  zum  Zuscbauerraume  wäre  unzulässig  gewesen,  wenn 
nicht  die  grossen  ,  schon  oben  beschriebenen  Zugangstrep- 
pen in  den  beiden  Stützmauern  vorbanden  gewesen  wiiren. 
Man  könnte  daher  aid*  die  N'ei'mulunü;  kommen,  dass  die  Zu- 
gänge  erst  in  dieser  l^pocbe  angelegt  seien;  denn  erst  damals 
wurden  sie  unbedingt  nötig,  während  sie  früher  ziemlich 
übernüssii»'  waren.  Allein  der  «-rosse  Unterschied  zwischen 
der  guten  Bauweise  der  Treppen  und  der  liederlichen  des  Po- 
diums schliesst  diese  Annahme  vollständig  aus. 

Die  ursprüngliche  lliibe  des  unteren  Stockwerkes  des  Ske- 
nengebäudes  hatten  wir  oben  zu  etwa  3,50'"  bestimmt.  Da 
nun  das  spätrömische  i^ogeion  eine  Höhe  von  nur  etwa  2,50'" 
gehabt  hat,  so  muss,  falls  das  Skenengebäude  nicht  gänzlich 
umgebaut  worden  ist,  eine  Treppe  von  dem  Podium  in  das 
Obergfschoss  der  Skene  führen.  I^^ine  solche  Treppe  würde 
bei  der  Anlage  der  Thüren  in  der  Rückwand  über  dem  Po- 
dium sehr  hinderlich  gewesen  sein,  und  daher  war  vermut- 
lich mit  der  Lrbauun<j;  des  Loi>eion  eine  Veränderun«:;  der 
Stoekwerkhr)hen  der  Skene  verbunden.  Jedenfalls  ist  die  \'or- 
derwand  der  lelzlereii.  die  scumr  frons.  damals  verändert 
und  dem  damaligiMi  Gebraueh  enls[)rechen(l  mit  einer  ivichen 
Arcdiiteklur  gesehunickl  woidcii.  Nielcilci  Sliicke  dieses  Pi'o- 
skeuiou  lagen  bei  den  Ausgrabuiii;eu  zwischen  den  Säulen  des 
i>()gei((n  undier.  hiS  bcrmden  sitdi  darunter  \i'rkr()pl'tt!  (jesinis- 
slücke   wie  das  S.  i^ü  dargestellte,  welches    wegen    der  zwi- 


86 


w.  nor.uPFF.LD 


sehen  den  Consolen  aiisp;earbeitetcn  Ornamente  bemerkens- 
wert ist.  Wir  sehen  nämlicli  an  der  einen  l^cke  die  Mondsichel 
mit  einem  Sterne,  die  bekanntlich  in  der  aUcn  und  neuen 
Ornamentik  des  Orients  eine  grosse  Rolle  spielt. 


Wie  dieser  architektonische  Schmuck  des  Proskenion  ver- 
teilt war,  wie  \iele  Thüren  die  Vorderwand  der  Skene  halte 
und  bis  zu  welcher  Höhe  sie  hinaufreichte,  wissen  wir  nicht, 
weil  kein  Stein  von  dem  oberen  Teile  der  Wand  an  seiner  al- 
ten Seile  geblieben  ist  und  auch  die  gefundenen  Bauglieder 
keine  sicheren  Anhaltspunkte  zur  Reconstruction  liefern.  Als 
Fundament  für  die  Säulen  des  Proskenion  scheint  der  vordere 
Teil  des  ältesten  Fundamentes  der  scauue  frons  benutzt  wor- 
den zu  sein  ;  jedenfalls  war  er  dazu  sehr  geeignet. 

Wir  haben  das  vor  der  Skene  liegende  Podium  bisher  ohne 
weiteres  Logeion  genannt.  Ist  diese  Bezeichnung  richtig? 
Oder  ist  das  Podium  nicht  vielmehr  ein  Proskenion  gewesen? 

Bei  der  Besprechung  der  Reste  des  Theaters  von  Tralles 
(vgl.  diese  Zeitschrift  1893  S.  409)  mussten  wir  uns  dieselbe 
Frage  vorlegen. Wir  entschieden  uns  dort  für  ein  Proskenion, 
weil  die  Höhe  und   Breite  des  Vorbaues  für  AutTiiiirunü-en 

o 

ausserordentlich  ungünstig  waren.  In  Magnesia  liegen  die 
Verhältnisse  aber  anders.  Die  Höhe  des  Vorbaues  ist  nicht  so 
gross  wie  in  Tralles,  obwol  sie  das  von  Vitruv  für  das  römi- 


AUSGRABUNGEN    IM   THEATER    VON   MAGNESIA   AM  MAIANDROS  87 

sehe  Logeion  angegebene  Mass  um  ein  bedeutendes  Stück 
übersteigt.  Nacb  Vitriiv  soll  das  Logeion  nätnlicb  nicht  liöher 
gemacht  werden  dürfen  als  5  Fuss.  während  unser  Vorbau 
mindestens  7-8  Fuss  lioch  war.  In  Tralles  betrug  die  Höhe 
etwa  iO  Fuss,  entsprach  also  demjenigen  Masse,  welches  Vi- 
truv  für  das  griechische  Prosken ion  vorschreibt.  In  den  Thea- 
tern Kleinasiens  scheint  jedoch  die  vitruvische  Vorschrift  oft 
überschritten  zu  sein,  so  beträgt  z.  B.  im  Theater  von  Ter- 
messos  die  I^ogeionhöhe  2,40'",  entspricht  also  genau  derjeni- 
gen unseres  Theaters  in  Magnesia.  Allerdings  ist  weder  für 
Termessos  noch  für  die  übrigen  hier  in  Betracht  kommenden 
Theater  der  Höhenunterschied  zwischen  der  untersten  Sitzstufe 
und  der  Orchestra  bekannt.  Ist  dieses  Mass  beträchtlich,  so 
wird  der  Unterschied  zwischen  der  Augenhr)he  der  untersten 
Zuschauer  und  dem  Fussboden  des  Logeion  ebenso  klein  oder 
sogar  noch  geringer  als  bei  Vitruv  vorgeschrieben  wird.  In 
unserem  Theater  hat  in  römischer  Zeit  möglicher  Weise  die 
unterste  Sitzreihe  nicht  mehr  bestanden,  wodurch  jene  Diffe- 
renz wesentlich  verrinij-ert  wird. 

Wenn  man  nun  erwägt,  dass  der  Säulenbau  zunächst  ge- 
nau die  Stelle  einnimmt,  welche  im  athenischen  Theater  das 
Logeion  des  Phaidros  hat,  dass  er  ferner  nicht  höher  ist  als 
die  Logeien  anderer  Theater  Kleinasiens,  dass  weiter  die  Trep- 
pe zur  Verbindung  der  Orchestra  mit  dem  J.ogeion  durch  Be- 
ste gesichert  ist,  und  dass  endlich  zahlreiche  Baustücke  der  als 
Proskenion  zu  bezeichnenden  Säulenwand  gefunden  sind,  wel- 
che oberhall)  des  Podiums  die  Skenenwand  schmückten,  so 
wird  man  nicht  Z()gern,  in  dem  Podium  die  nimische  Bühne 
zu  erkennen. 

Wie  der  Fussboden  der  Bühne  gebildet  war.  ist  nicht  be- 
kannt;  vermutlich  lagen  über  den  erhaltenen  steinernen  Säu- 
len h()lzerne  Balken,  welche  einen  gedielten  Boden  trugen. 
iM()gliclier  Weise  war  der  letztere  mit  einem  Estrich  über- 
deckt, weil  ein  Holzboden  sieh  IVir  ein  unbedecktes  Theater 
sehr  wenig  eignete. 

|)ie    drei    Tliiiren,  welche   in   i\vi-   Xorderwiiiid    der    Buhne 


88  W.     DOKHl'FKLI) 

nacliiiewiesen  sind,  entsprechen  den  Tluiren,  welche  hei  an- 
ih'ivn  i'itniischen  I.ojj;eien  an  dersclhcii  SlcHc  xorlvoninien,  wie 
z.  H.  in  den  Theatern  von  l'^phesos  und  'l'ermessos.  Sie  wer- 
den denselhen  Zweck  ij,tdial)l  hahen.  wie  die  Thüren  in  ih^n 
Brüstnniisniauern  (h-r  Arenen,  niinilieh  als  Zniiani;-  znr  Ür- 
chesU'a  zn  dienen  IVir  filadialoren  nnd  andere  Techniten,^vel- 
che  in  der  als  Ai-ena  dienenden  Orchestra  ihre  AuiTührungen 
veranstalteten. 

In  noch  spiiterei'  Zeit  scheinen  diese  Thiiren  oder  wenit!;stens 
einii!;e  von  ihnen  zni>;ernanerl  worden  zn  sein.  \ov  der  südli- 
chen wurde  damals  die  i^asis  niit  dem  Slandhilde  des  Ana- 
xenor  (vj^l.  ohen  S.  1 'i )  auriiesteUt.  wehdie  IVidier  jedenfalls 
einen  anderen  Platz  gehabt  halte. 

Besonders  bemerkenswert  sind  noch  die  beiden  Rampen, 
welche  an  Stelle  der  tVüheren  Parodoi  an^elei-t  waren  und 
zum  Logeion  liinaufTidirten.  Sie  werden  soweit  die  Schau- 
spieler in  Betracht  kamen,  denselben  Zweck  erfüllt  haben, 
wie  früher  die  Parodoi.  Alle  Schauspieler,  welche  nicht  aus 
dem  die  Bück  wand  bildenden  Hause  herauszukommen  hatten, 
sondern  aus  der  Stadt  oder  der  Fremde  kamen,  werden  auf 
den  llamnen  zum  Lou'eion  hiiuiufü;estie"en  sein.  Ob  diese  oben 
mit  Thüren  abgeschlossen  waren,  ist  zwar  nicht  sicher,  darf 
aber  vermutet  werden  ,  weil  Fundamente  für  einen  solchen 
Ahschluss  vorhanden  sind.  Die  Zuschauer  konnten  nach  Fr- 
baiuiiiii  des  Logeion  allerdings  nicht  mehr  wie  in  griechischer 
Zeit  über  den  Spielplatz  der  Schauspieler  zu  ihren  Sitzen  ge- 
hen, denn  sie  hätten  erst  zum  Logeion  hinaufsteigen  und 
dann  wieder  zur  Orchestra  hinabgehen  müssen.  Aber  sie 
brauchten  auch  die  Parodoi  nicht  mehr  zu  benutzen,  weil  ih- 
nen die  beiden  breiten  Treppen  in  den  Stützmauern  als  be- 
queme Zugänge  zur  Wrfügung  standen.  Da  diese  '{'reppen, 
wie  wir  oben  sahen,  schon  in  griechischer  Zeit  vorhanden 
v\aren  und  daher  sicherlich  schon  damals  viel  benutzt  wur- 
den, hat  die  Frbauuiig  di's  Ldgeiou  und  der  Fortfall  der  Pa- 
rodoi keine  grosse  Veränderung  in  den  Zugängen  für  das  I*u- 
blikum  hei'beigeführt. 


AUSGRABUNGEN    IM   THEATDK    VON    MAGNESIA   AM    MAIANDROS  89 

Die  früheren  Thüren  in  den  Parodoi  wiirrlen  bei  Anlage  der 
Kampen  ah^ehroL-lien,  aber  vielleicht  am  l'\isse  der  Kampen 
wieder  errichtet,  wenigstens  sind  dort  an  den  Ecken  des  Ske- 
nengebäuch's  die  Schwellen  von  Thoren  und  an  den  marmor- 
nen Stützmauern  Löcher  zur  Befestigung  der  Thorpfeiler  vor- 
handen. 

Damit  di»;  i^amj)en  nicht  zu  steil  würden,  ist  der  Fussbo- 
den  schon  ausserhalb  des  Skenengebäudes  beträchtlich  erhöht 
und  gleichzeitig  mit  Steinplatten  gepflastert  worden,  in  den 
Durchschnitten  auf  Tai*.  3  sind  beide  Fussböden.  der  niedri- 
gere griechische  und  der  höher  gelegene  römische  gut  zu  er- 
kennen. In  I^\jlge  i\vv  l^rhöhung  des  Fussbodens  wui'den  die 
untersten  Stufen  der  südlicdien,  für  die  Zuschauer  bestimmten 
Treppe  und  der  unterste  To\\  der  zugelKU'igen  Fingangslhi'ir 
vei'dcckt  und  verschwanden  unter  dem  späteren  Marmoi'plla- 
sler.  Wenn  es  noch  eines  Beweises  bedurft  hätte,  ist  diese 
Thatsache  ein  sicheres  Ar";ument  dafüi'.  dass  die  Ziisjän^e  in 
den  Stützmauern  und  die  zum  ersten  Diazoma  führenden  Trej)- 
pen  nicht  erst  bei  l*]rrichtung  des  Logeion  angelegt  sind,  son- 
dern der  griechischen  Fpoclie  ihre  Fnlstehung  verdanken  (vgl. 
oben  S.  i>5).  Fs  maü;  hier  noch  aiisdnicklicli  anueneben  wer- 
den,  dass  die  beiden  Kampen  in  der  Keconstruction  des  rö- 
mischen Grundi'isses  auf  Tat*.  2  wie  Treppen  gezeichnet  sind, 
weil  die  Steiiiun<j;  des  \Veü;es  nicht  sjut  anders  veranschaulicht 
wei'den  konnte. 

Die  F  pochen,  welche  wir  in  der  Entwickelung  des  Thea- 
ters von  Magnesia  unIcM'scheiden  konnten,  sind  demnach  fol- 
gende : 

1.  In  griechischer  Zeit,  vielleicht  im  vierten  .lahrhundcrl. 
umfasste  das  Theater  eine  kreisförmige  Orchestra  und  ein  aus 
t*ünf  Zimmern  bestehendes  festes  Skenen^bäude :  die  Vorder- 
wand  der  drei  mittleren  Zimmer  konnte  mit  einer  beweglichen 
Dekoration  verdeckt  werden.  Aus  dem  Inneren  der  Skene 
f*ührte  ein  unterirdischer  (iang  zu  der  Mitte  dtM-  Orcheslra.  W  ie 
der  Zuschauerraum  damals  gestaltet  war,  ist  niclil  zu  bcslim- 


90  vv.  DOEnPFEi.n 

men.   Schauspieler  und  Chor  traten  in  der  Orchestra  vor  der 
Skene  auf. 

2.  Nicht  viel  später  wurde  die  Skene  mit  Anl)autcn  verse- 
hen. Hinten  wurde  ein  doppelgeschossiger  l^au  mit  zwei  i^ros- 
sen  Steintreppen  angefügt:  auf  beiden  Seiten  errichtete  uuui 
Corridore.  \velche  vorne  als  Paraskenien  vorsprangen  luid 
zwischen  denen  ein  hölzernes  Proskenion  aufgeschlagen  wer- 
den konnte. 

3.  Im  Anfange  des  zweiten  vorchristlichen  Jahrhunderts 
fand  ein  Umbau  des  Theaters  in  Marmor  statt.  Die  Skene 
blieb  wahrscheinlich  unverändert, während  das  Proskenion  und 
namentlich  der  ganze  Zuschauerraum  in  Marmor  neu  aufge- 
führt wurde.  Die  Orchestra  blieb  kreisförmig  und  war  noch 
immer  der  Spielplatz  für  alle  Aufführungen.  Ob  damals  der 
unterirdische  Gang  noch  bestand  und  im  Gebrauch  war,  ist 
nicht  sicher. 

4.  Mehrere  Jahrhunderte  später  erfolgte  eine  wesentliche 
Umänderung.  Die  Orchestra  wurde  in  zwei  Teile  von  ver- 
schiedener H()lie  treteilt,  indem  vor  der  Skene,  deren  Fas- 
sade  nach  römischer  Weise  mit  Säulen  ausgestattet  wurde, 
ein  erhöhtes  Logeion  erbaut,  und  der  andere  Teil  als  Arena 
oder  Konistra  hergerichtet  wurde.  Der  Zuschauerraum  blieb 
unverändert;  h()chstens  können  die  unteren  Sessel  in  Fort- 
fall gekommen  sein. 

Die  Zerstörunij;  des  Theaters  darf  man  vci-mutuni-sweise 
um  das  Jahr  263  nach  Chr.  ansetzen,  also  um  die  Zeit,  in 
welcher  auch  der  berühmte  Artemis-Tempel  in  h]phesos  durch 
die  Gothen  zerstört  wurde.  Denn  in  einem  Gang  des  Skenen- 
gebäudes  ist  ein  Fund  von  58  Denaren  gemacht  worden,  wel- 
che bis  zum  Kaiser  Gallienus  herabreichen  '.  Die  Münzen  wer- 
den entweder  bei  der  Zerstörung  des  Theaters  unter  den  Schutt 


'  Nacli  den  Aiiüjahen  von  V.  Ilillcr  von  G/iiliiiifjcn  onlliioll  der  Miiii/.fiind 
fülgcndo  Denare  von  selir  scIilcciiU!!'  iinlcrNverli^'cr  fräj^'unir:  Eia^Mlialiis 
(218-2-J2)  1  Sn'ick,  (lordianus  (2:18-244)  22.  IMiilippus  Aial)s  (244-249)  12, 
Pliilippus  Solin  2,  Olacilia  Severa  (Fiau  dos  ]'liili|i|iiis  Arnlis)  4,  Traianiis 
pecius  (249-2bl)  5,  llerenniub  Klnisciis  (251)  1,  Eliuscilla  (  Frau  des  Decius) 


AUSGRABUNGEM    IM   THEATEFt    VON    MAGNESIA   AM    MAIANDROS  91 

gokommen  oder  vor  der  Ankunft  der  Gothen  verborf?en  und 
später  vergessen  worden  sein. 

Im  Anscliluss  an  das  Theater  mögen  noch  einige  Worte 
demjenigen  Gebäude  gewidmet  sein,  dessen  Keste  neben  dem 
Theater  ebenfalls  von  F.  Hiller  von  Gärtringen  ausgegraben 
worden  sind.  Man  hat  es  kurz  Nordwest  bau  ürenannt.  Sein 

o 

Grundriss  wird  durch  die  nachstehende  Abbildung  veranschau- 
licht; seine  Lage  zum  Theater  ergiebt  sich  aus  dem  Grund- 
risse auf  Taf.  1 ,  wo  die  eine  an  das  Skenengebäude  anstossende 
Ecke  mit  dargestellt  ist. 

Der  Bau  besteht  aus  einem  grossen  Säle,  dessen  Wände  mit 
vortretenden   Säulen  geschmückt  sind,   und   mehreren   Zim- 


mern, von  denen  nur  eines  mit  dem  Säle  in  dii'ecter  Verbin- 
dung steht,  während  die  anderen  von  Aussen  zugäuiilich  sind. 
Seine  späte  Erbauungszeit  ist  auf  den  ersten  Blick  zu  erken- 
nen, denn  seine  Säulen  sind  verschiedenen  älteren  Gebäuden 


1,  Hoslilianus  (Sohn  des  Decius)  1,  Aeiiiiliaaus  (253-25i)  1,  Trcbüiiiaiiiis 
Gallus  (261-251)  3,  Vulusiauus  (252-254)  3  und  Gallieiius  (253-268)  nur 
2  Slück. 


Ö2  W.    nOERPFELD,      THliATKU    VON    MAfiNIiSlA    AM    MAIANDROS 

onfnommon.  Bei  i^enaiieror  BolraclitiinLi;  sfhoidon  sicli  aber 
eiuiiie  Hauteile  aus,  welelio  allerer  /eil  enlslaiiHuen.  In  dem 
Grundrisse  sind  sie  durch  eine  kreuzweise  Schranirung;  kennt- 
lieh  gemaclil.  /u  ihnen  i;eli()ren  die  südliche  und  üstliclie 
Aussenwand  und  zwei  Stiitzen  in  der  nordwestlichen  b'cke  de? 
Gebäudes.  \'on  den  letzteren  ist  die  eine  aus  zwei  llalhsäulen 
und  einem  (juadratisclien  Pfeiler  zusammen^^esetzt,  die  andere 
eine  einfache  runde  Säule;  sie  sjehörten  zu  einem  atriumähn- 
liehen  Hofe,  welcher  vordem  späteren  Umbau  das  Innere  des 
Gebäudes  einnahm.  Die  Gestalt  dieses  Hofes  lässt  sich  ver- 
mutungsweise so  ergänzen,  wie  es  in  der  Zeichnung  mit  punk- 
tirlen  Linien  geschehen  ist. 

Die  südöstliche  l^^ke  des  älteren  Baues  greift  in  den  süd- 
lichen Bof»;en  des  hinteren  Anbaues  der  Skene  etwas  hin- 
ein  und  ist  bei  der  Errichtung  dieses  Anbaues  schräg  abge- 
schnitten worden,  wie  aus  dem  Grundrisse  Taf.  1  zu  ersehen 
ist.  Da  die  Boo;en  noch  in  vorriHnischer  Zeit  entstanden  sind, 
muss  demnach  unser  Bau  noch  der  griechischen  Epoche  an- 
gehören. 

Der  Zweck  des  Baues  ist  weder  für  die  griechische  noch 
für  die  römische  Zeit  bekannt.  Wegen  seiner  Nähe  zum 
Theater  möchte  man  an  irgend  eint;  Bestimmung  denken, 
die  mit  den  Aufführungen  im  Theater  oder  mit  dem  Diony- 
sos-Cult  zusammenhängt;  allein  die  abweichende  Orientirung 
widerspricht  einem  inneren  Zusammenhang  mit  dem  Theater. 
Auch  die  im  inneren  gefunden  Sculpturen  und  Inschriften, 
unter  denen  najn<'nllich  der  oben  (S.  54  fl'.)  b('sj)r()cliene  ller- 
mes  Tychon  bemerkenswert  ist,  ergeben  nichts  Sicheres  für 
seine  Bestimmung. 

Athen,  Januar  189'«. 

WILIIKLM  noiIITELD. 


'<>»4^:j^^'<i~ 


TIIEATEIÜNSCHRIFTEN  VON  DER  AGORA  IN  MAGNESIA 
AM  MAIANDROS 

(  Ilici/u  Tafel  V) 

In  denselben  Mittheilungen,  welche  über  die  ^on  Ililler 
von  Gärlrini^cn  im  Theater  von  Magnesia  unlcrnomme- 
nen  Ausgrabungen  Psachricht  bringen,  wird  die  N'eröfTent- 
lichung  einer  Heihe  von  Inschriften  willkommen  sein,  die 
sich  auf  die  in  diesem  Theater  stattgehabten  AullVihrungen 
beziehen.  Abgesehen  von  dem  bereits  von  A.  E.  Kondoleon, 
'A^tv/.^o-'Ji  u.'.y.pa'itavai  d-'.yfacpai  I  S.  1  1  Nr.  17  publicirten 
Fragment  einer  Agonalinschril't  (siehe  oben  S.  33  Nr.  3'2 ) 
sind  im  l'heater  selbst  keine  Inschriften  gefunden  worden, 
welche  den  musischen  A^on  betrett'en.  der  ein  wichli";er  Teil 
des  in  Magnesia  begangenen  Artemisfestes  gewesen  ist.  Die 
hier  folgenden  Inschriften  stehen  sämtlich  auf  den  dorischen 
Architraven  der  Hallen,  welche  die  Agora,  den  Festplatz  für 
die  der  Artemis  Leukophryene  gefeierten  Spiele,  umgeben. 
und  zwar  stammen  sie  von  der  Südwestecke,  einer  Stelle,  die 
als  Durchgang  zu  dem  westlichen  Teile  der  Stadt  durch  ihren 
architektonischen  Schmuck  und  ihre  Inschriften  besonders 
ausgezeicbnct  ist.  Sie  sind  im  Frühjahr  li^92  bei  den  von  C. 
llumann  im  Auftrage  der  K.  preussischen  Museen  geleiteten 
Ausgrabungen  gefunden. 

Es  sind  zwei  Heihen  zu  unterscheiden,  die  Inschriften  der 
Westseite  und  die  der  Südseite.  Diese  Scheidung  war  zu- 
nächst durch  die  Fundthatsachen  begründet;  die  archite- 
ktonische Untersuchung  durch  H.  Heyne  und  epigraphische 
lu'wägungen  haben  sie  dann  später  noch  bestätigt,  sodass 
auch  solehe  Stücke,  deren  Fundort  zu  keinem  Schlüsse  be- 
rechtigte, einer  der  beiden  Heihen  mit  Sicherheit  zugespro- 
chen werden  konnten.  Zu  beachten  ist  vom  epigraphischen 
Standpunkte  die  Thalsache.  dass  auf  den  InschrilhMi  der  West- 


94  0.   KERN 

Seite  (Reihe  .1)  das  Q.  die  übliche  Gestalt  hat,  während  auf 
denen  der  Südseite  (  Reihe /j?)  immer  ;o;  ersclieint, eine  Form, 
die  ich  zur  Zeit  nur  noch  auf  anderen  luschriflen  aus  Mai>;ne- 
sia  nachweisen  kann.  Ferner  greifen  hei  .1  die  Insciirirten 
niemals  von  einem  Architravhlock  auf  den  anderen  üher.wiih- 
rend  das  bei  B  der  Fall  ist. 

Soweit  ich  die  Geschichte  der  Entwickekuiiij  der  Schrift  in 
Magnesia  heute  überschaue,  muss  ich — übrigens  ^anz  im 
Einverständnisse  mit  Hiller  —  die  Reihe  A  in  die  erste  ilälfte 
des  ersten  vorchristlichen  Jahrhunderts  setzen,  halte  sie  also 
für  etwas  älter  als  die  von  Hiller  oben  S.  14  Nr.  5  mitge- 
teilte Anaxenorinschrift,  für  welche  Strabons  Bericht  die  ge- 
naue üatiruno;  siebt.  Die  Schriftdenkmäler  anderer  Städte 
zur  Vergleich uno;  heranzuziehen  ist  nicht  erlaubt:  denn  in 
Kleinasien  hat  jede  gn'jssere  Stadt  ihre  eigene  Schriftentwicke- 
luno; durchoemacht,  und  "erade  in  Maanesia  ist  der  Gano;  der- 
selben  ein  schnellerer  gewesen  als  z.  B.  in  Pergamon,  wo  man 
namentlich  in  der  Königszeit  an  den  alten  überkommenen  For- 
men zäh  festgehalten  hat.  Erst  an  anderem  Orte,  wenn  die 
Durcharbeitung  des  reichen,  in  Magnesia  gefundenen  Inschrif- 
tenmaterials gelungen  ist,  kann  ich  dafür  die  weiteren  Belege 
bringen.  Für  dieses  Mal  muss  die  Verweisung  auf  die  Ana- 
xenorbasis  genügen. 

In  dieselbe  Zeit  oder  wenige  Jahre  später  wird  man  die 
Reihe  B  setzen  können.  Doch  erwarte  ich  hier,  namentlich 
über  die  Form  :o:  von  Anderen  Belehrung.  Zwei  Inschriften, 
welche  dieselbe  Gestalt  des  Omei>a  zeigen,  und  die  sich  auch 
auf  den  Agon  beziehen,  seien  hier  sogleich  erwähnt.  Die  erste 
steht  auf  einer  runden  Basis  und  gilt  dem  Wagensieg  eines 
gewissen  Athenagoras :  ö  Sv^f/o?  |  'AOrjvayopav  Ux^.y.iwo'j  \  w/.-!)- 
cavTa  Ta  'Pwjxata  |  apaaxt  TeXeicot.  Die  andere  steht  auf  einem 
mit  Guirlanden  und  I)ukranien  geschmückten  Allar,  der  in 
einem  der  im  Süden  der  Agora  behndlichen  Gemächer  gefun- 
den ist :  ÖEü.i'jajv  'A7ro>.>.(ovto'j  x.al  6  uiö;  aüroO  NiJ^avwp  7rpo£f^p6u- 
<7avT6<;  (  Tov  [xr^va  tov  Zaicicova  xöv  67;i  KXsaivou  t7)v  eaxiav  äve- 
Ovi/cxv. 


theaterinschrikten  von  nF-:R  aoora  in  Magnesia  am  maiandros  Oo 

Die  Ansicht,  dass  beide  Inschriftreihen  in  das  erste  vor- 
christliche Jahrhundert  gehören,  wird  auch  dadurch  noch  be- 
kräftigt, dass  das  Iota  adscriptam  bald  gesetzt  bald  wegge- 
lassen wird'.  Um  dies  deutlich  zu  machen,  habe  ich  in  der 
Umsciirift  (bis  Iota  adscri/Jtitni  aucli  stets  als  adscriptam 
wiedergegeben-^.  Die  epigraphischen  Texte  sind  auf  Taf.  5 
zusammengestellt. 

Reihe    A.    (Westseite). 


1.  Gefunden  Anfang  April  1892.  Aus  zwei  Stücken,  wel- 
che einen  2,48'"  langen  Architravblock  ergeben,  zusammen- 
gesetzt. Die  Buchstabenhöhe  beträgt  0,Ü25 ;  der  Zeilenabstand 
etwa  0,025-0,03.    Die  Höhe  sämtlicher  Architrave  ist  0,39'". 

2.  Gefunden  Anfang  Mai  1892  wenig  südlich  von  1.  Eben- 
falls aus  zwei  Stücken  zusammengesetzt.  Länge  des  Architravs 
2,48.  Die  Inschrift  ist  von  anderer  Hand  als  A  1  eingemeisselt ; 
das  Q  ist  unten  immer  geschlossen.  Buchstabenhöhe  0,025, 
Zeilenabstand  0,01-0,02. 


Reihe    B.    (Südseite). 

1.  2.  Zwei  Architravblöcke ,  die  an  einander  anpassen; 
1.  lang  etwa  2,03'";  2.  lang  etwa  2,5o;  rechts  gebrochen. 
Buchstabenh()he  0,03  ;   Zeilenabstand  0,02-0,025. 

3.  Gcrunden  Ende  März  1892.  Rechts  ist  die  Inschrift  durch 
eine  spätere  I']inarheitung  verstümmelt.  Länge  des  Blocks: 
2,05.  Buchstabenhöhe  0,03,   Zeilenabstand  0,02-0.025. 

'i.  Frai;m('nl.  bercils  i*]nde  Dezember  1891  ü;el'unden.  Breit 
0,41.  Links  Anschlusslläclie,  rechts  gebrochen.  Buchslaben- 
höhe etwa  0,03;  Zeilenabstand  0,025. 


'  Das  sliininl  gut  zu  Slral)üns  BciiuMkuiiLr  iilx-r  die  Anaxoiiorinschrifl, 
siehe  ul)en  S.  lü. 

2  Auch  in  der  Art  der  Ai)fassuni;  (Um-  Verzeichnisse  sind  l<U'ine  Unter- 
schiede vorhaiideu,  die  Jeder  leicht  eriveuneu  wird. 


96  <^     KERN 

(] .    B  r  u  c  li  s  t  ii  c  k  0 ,    d  i  o    nicht   n  ä  li  e  r   b  o  s  t  i  in  ni  t 
Nv  erden    k  ()  n  n  v  n. 

1.  FraiiMient.  nllseitig  ü;ebrochen ;  oben  sind  noeli  Uesle 
der  TmplVn  orlmllcn.  Breit,  0.1*),   liocb  0,11,   diek  0.07'". 

V    A    N     h 
'  O  0    E 

•2.  Brucbstüek,  hoch  0.43,  breit  0,34,  dick  etwa  0, 1 T)'". 
Die  ZuseluM'iokeit  zu  (Umi  .Vrcliitravinscbrif'ten  ist  sicher. 

NT 

n  o 

3.  Allsoitio;  ijebrochenes  Fragment,  hocli  0,14,  breit  0.1  3. 
Biichslabenli()he  0,02  ;  Zeilenabstand  0,03.  Im  Westen  gebin- 
den,  scheint  aucli  nacli  den  Biichslabenformen  zur  westlichen 
Reihe  zu  gehören. 

I  2  T  A   I   N 

.   A   I   A   O   Z 


'».    Frasment,    allseitig  üfebrochen.    Breit  0,.')8,    hoch  etwa 
0.10.  \'on  Buchstabenresten  ist  nur  erhalten  ein  einziges 


Darnach  freier  Baum. 

5.  Fragment;  links  und  unten  gebroiihen.  Breit  0.31, 
bocli  0.18. 

O  Y 

Reihe    A.    (Westseite) 

1  .  ^TE'py.v/i'popo'jvTO?  'ATTo'XAoScöpo'j,  aycovoOsTOuvTcov  Euav^pi^o'j 
ro'j  E'jav^piSo'j,  MavSpo^cüpo-j  |  toö  KXeaivou,  'A7:o>.>>o^o)po'j  toG 
A£OVT£w;  oi^£  evi/.(i)v  tov  äyöjvot  T(iv  'Pwixatcov  TZovr,TOt.[  x.aivcjv  (^pa- 
w,&T(jiV  I  T^<ayo)i(hojy'  \  ÖsoSwpo?  A'.ovjcrio'j  öpÄaaTi  'EpjjMÖvY)t,  I 
ü~c/.c'.Tr,;  'A-OA/.töv'.o;    'A7;0AAO)vio'j  |  Ko)iio)dio)V  \  M'OTpoSwpo?  'A- 


THEATEHINSGHRIFTEN  VON    DKR   AGORA    IN    MAGNESIA    AM    MAIANDROS   97 

I  MiV/iTto?  I  Iuzvf(oy   \  BsöSwpo;  Aiovucto'j  SpzaaT'.  0'jT7;t. 

2.  SrecpavTo^opouvTO?  Swxpaxo'j?,  aYwvoOexouvTCJv  A'.ayopo'j  xoO 
ATjaYiTpio'j,  I  AiovuTap^'^O'j  to'j  Aäa-covo;,  rspovriSou  to'j  Fepov-ri- 
So'j  o't'Se  sviy.cov  tov  äycjva  |  tcöv  'Pwaaicov  iroir/Tai  •/.aivciv  SpxuLz- 
TcoV  (  Tpnyoydicor'  rX7.ox.(i)v  rXx'j/COJvo;  |  'Ecpe'Jto?,  oTuo/.piT'/;?  'Ilpi- 
/t).£iTo;  I  Mvivoöcopo'j  Ma>.X(ö[xr,(;l  |  Ä'w^/wt^wr-  A'.oi/.r,Sr,(;  |  [ 'AOr^- 
voSwpou  Il£pyaü/(^v6?  |  [Ö7ro]x.piTr,;  MtivöSoto;  MyixpoSwpou  Ilspya- 
[7.Yi[v6cj  I  Sazi^icor'  \  YlrAi^M^)  Necovo;. 

Reihe    B.    (Südseite) 

1.  2.  Aviaioxpiou.  2xscpav7)i!popouvxo?  'AxxaXou ,  aywvoOsxouv- 
t[wv]  Ei)x)vetou<;  xoo  *Api(7xo)tpy.xO'j;,  EOavSpiSo'j  xou  EüavSpiSou,  | 
K>,£aivo'j  xoö  KXsaivo'j  oi.'oe  ävty.wv  ev  xö  aycüvi  [xöv]  'Pwu.atwv 
-oiTjXxi :  I  Tpayo)i(hü)y  |  noXsjy-ato;  AtoScöpo'j  'E'^iaioq  \  Spaw.xxi 
KXuxaip-rjCxpa  |  Ü7rO)cptx'/i^  'Apxep.iSwpo?  |  'Apxsfy.iSwpou  Ato^x.O'jpi- 
So'j  I  Ko)i/coi(hcör'  I  'AyaO'/;v(i)p  'Api<7TO)vax.xO(;  'Eceiio;  |  Spit/.ax'. 
MiXr,r7i3C,  ÜTTOxpixv;?  |  'Ispox.Xvi;  'l£po)t>7)0'j(;,  (pucEi  Ss  |  'Iu>>ü)xO'j 
TpaX).iav6;  |  ^((zr(>co7-'  |  IIoA£{;-aio<;  AioScopou  'E<p£'Jio<;  |  Spaaixxi 
Al'avxi. 

3.  a.    [xycovoOJExO'Jvxwv  Ss  'P(i)tj,aia  [  [ x]oö  'Ovr,TOvo;  oiSs 

gviy.cov  I  EctzvpM)-  7:oir,Tr,;  |  'Apc/.öSto;  'A'7)c).-/]-iäoo'j  |  Tap<7£'j;  Spz- 
i/.axi  I  npcox£7i).i(f). 

b.    ^x£cpavYi<po[poövxO(; ]  'Itttcovikou  x[oi3 

4.  AVjzi'{fj]ü)rr]  I  0£uSo)[po(;j  |  S[p]i{jia[x]i  |  na>,ai^.r,SYi. 


1  .    Sx£]cpavir)[(popoijvx&<;   .... 
äy(i)v]oO£[xoüvx(i)v 

2.  äyci)voO£xou]vx[(ov 

7:o[i7ixai 

3.  'Ap]i<Jxaiv[£TO? 

ATHEN.    MITTHEILUNGEN    XIX. 


98  0.   KERN 

Wird  der  Name  eines  Dichters  oder  Schauspielers  sein. 

Die  Inschriften  sind  sämtlicli  amtliche  Verzeichnisse  der 
bei  einem  musischen  Ac^on  aut't^efülirlen  Schauspiele.  Sie  wer- 
den wie  alle  amtlichen  Urkunden  aus  Magnesia  nach  dem 
<7TS(pavr,(p6po<;  datirt.  Unter  den  jedesmaliii;en  drei  Agonotheten 
befindet  sich  zweimal  dieselbe  Person,  Euandrides  der  Sohn 
des  Euandrides,  welcher  sowol  in  A  1  als  auch  in  JJ  \ .  1  er- 
scheint. Sein  Kollege  auf  B  1.  2,  Kleainos  des  Kleainos  Sohn, 
ist  uns  bereits  aus  der  oben  S.  4  1  Nr.  40  von  Ililler  veröf- 
fentlichten Inschrift  bekannt. 

Als  Sieger  in  dem  Agon  werden  die  Dichter  von  Tragödien, 
Komödien  und  Satyrspielen  aufgeführt,  bei  den  beiden  ersten 
Dichtungsarten  neben  den  Dichtern  auch  der  erste  Schauspie- 
ler. Es  ist  der  Agon  der  'Pwji-aia,  bei  welchem  die  aufgezähl- 
ten Schauspiele  den  Preis  erhalten  haben.  Also  auch  in  Ma- 
gnesia, wo  namentlich  im  ersten  Decennium  des  zweiten  Jahr- 
hunderts vor  Chr.  die  Leukophryena  mit  grossem  Glänze  und 
unter  starker  Beteiligung  aller  Staaten  und  Städte  Griechen- 
lands und  Kleinasiens  gefeiert  worden  sind,  fanden  die  Spiele 
zu  Ehren  der  Roma  bald  Eingang.  Die  IMagnelen  sind  also 
auch  dem  Beispiele  gefolgt,  das  schon  im  Jahre  170  die  Ge- 
sandten von  Alabanda  vor  dem  römischen  Senat  als  beson- 
ders lobenswert  angeben '  :  Alabandenses  tcmpluin  urbis 
Romae  sc  fecissc  conimemoraverunt  ludosqiie  annh'ersa- 
rios  ei  divae  instituisse  (Livius  XLIII  6). 

Von  Tragödiendichtern  werden  aufgezählt:  Theodoros 
der  Sohn  des  Dionysios  als  Verfasser  des  Drama  llermione 
{A  \),  Polemaios  der  Sohn  des  Diodoros  aus  Ephesos  als 
Dichter  der  Klytaimestra  {B  1),  und  Glaukon  der  Sohn  des 
Glaukon  [A  2)  ohne  Nennung  seiner  Tragödie.  Die  Dichter 
sind  uns  sonst  nicht  bekannt.  Bei  A  \  und  2  werden  sämt- 
liche Dramen  des  Verzeichnisses  (TragCxlien.  KouKnlien  und 
Satyrspiele)  als  x.xtvo.  bezeichnet.  Die  Titel  dieser  Stücke  leli- 


'  E.  Reisch  bei  Pauly-Wissowa  Realencyclup/ldie  I  S.  858;  s.  auch  Cav- 
vadias,  Fouilles  d'Epidaure  S.  78  Nr.  240. 


THEATERINSCHRIFTEN  VON    DER    AGORA    IN    MAGNESIA    AM   MAIANDROS   99 

ren  uns  aber  sämtlich,  dass  der  Stoff  aus  der  alten  Tragödie 
und  Komödie  hergeholt  war,  und  legen  die  Vermutung  nahe, 
dass  es  sich  oft  nur  um  eine  Umarbeitung  altgriechischer  Werke 
handelte.  Von  Tragödien  werden  llermione  und  Klylaimestra 
genannt,  beides  Stücke,  deren  Stoff  schon  von  Sophokles  ge- 
staltet war  (Nauck,  Frngmenta  tragicoruni  graecorum  ^  S. 
176.  204).  Dass  sich  nun  auch  auf  einer  Steininschrift  die 
riciilige  Namensform  der  Gemalin  Agamemnons  findet,  wird 
dem  unermüdlichen  Vorkämpfer  für  KXuTxiu.YiTTpa,  P.  Papa- 
georgiu',  willkommen  sein. 

Von  Komöd  iendi  ch  tern  lernen  wir  Metrodoros  den 
Sohn  des  ApoUonios  kennen,  der  mit  dem  Drama  "Ou.oio'.  ge- 
siegt hat  (^1),  Agathenor  den  Sohn  des  Aristonax  aus  Ephe- 
sos  als  den  Dichter  einer  M-.Vr.rrta  (/?  1.  5)  und  Diomedes.  den 
Sohn  des  Athenodoros  aus  Pergamon  (.4  2),  dessen  Komödie 
nicht  namentlich  aufgeführt  ist.  Berühmten  Dichternamen  be- 
gegnen wir  auch  hier  nicht,  wie  es  eben  bei  den  Tror^Tal  x.at- 
vcöv  Spay-zTcov  nicht  anders  zu  erwarten  ist;  aber  die  beiden 
Titel  der  Komödien  lehren  auch  hier,  dass  die  Verfasser  der 
neuen  an  die  alten  anknüpften.  Für  die  "Oao-.oi-Komödien  sei 
verwiesen  auf  Usener's  Darlegung  im  Rhein.  Museum  XXVIIl 
S.  405:  Antiphanes  (Kock,6'o//2/corwm  atticoruni  fragmenta 
II  S.  82)  Epiiippos  (Kock  11  S.  258)  und  Poseidippos  (Kock 
lil  S.  3U)  sind  als  Autoren  von  "Oaoiot-Komödien  bezeugt. 
MiXvicia.  war  der  Titel  von  Komödien  des  Alexis  (Kock  II  S. 
351)  und  des  jüngeren  Philemon  (Kock  III  S.  357). 

Noch  wichtiger  als  die  Angabe  über  diese  Tragödien  und 
Komödien  ist  das  Verzeichniss  der  Satyr  spiele,  weil  da 
unsere  Inschriften  in  einer  von  I^].  Maass  vor  Jahren  ange- 
regten Controverse  ein  entscheidendes  Wort  zu  sprechen  iieeiü;- 
net  sind.  Als  siegende  Satyrspieldichter  werden  genannt: 
Theodoros  Sohn  des  Dionysios  mit  den  Il^äTupoi :  ©utti?  {A  1) 
Polemaios  Sohn  des  Diodoros  mit  den  IxTjpoi :  Ala;  (5  1.2) 


'  Zulelzl  Berliner  pliil.  \\uclicnsclirift  1S93  S.  579,  v^'l.  Kretschmor,  Va- 
scninscii rillen  S.  166. 


100  0.   KERN 

Harmodios  Sohn  des  Asklcpiades  mit  den  Saxupoi :    DpcoTsci- 

Xao?  {B  3) 
Tlieudoi'os  Sohn  des  ?  mit  den  Saxupoi:  Ila'Xai^.r^^Yi;  (/?  ^i ) 
Polemon  Solin  des  Neon  ohne  An<;abe  des  Stücks  (^1  2). 

Drei  dieser  Dichter  sind  schon  aus  dem  Tragödien  Verzeich- 
nisse bei<annt.  Die  Thatsache,  dass  Satyrspieldichter  und  Tra- 
o;ödiendichter  identisch  sind,  beweist  den  noch  fortbestehen- 
den  eniien  Zusammenlianir  zwischen  diesen  beiden  Schau- 
Spielgattungen.  Aber  Maass  hat  ja  übcihaupt  die  Aufführung 
von  Satyrspielen  gerade  für  die  Zeit,  welcher  unsre  Inschrif- 
ten angehören,  sanz  entschieden  i>eleuunet !  Zwar  ist  seinem 
Scharfsinn  die  richtige  Deutung  der  Figurengruppe  A  2  auf 
den  von  ihm  Moniimenti  delUlstUiito  XI  Taf.  30-32  publi- 
cirten  Wandgemälden  aus  Pompeji  zu  verdanken:  er  hat  sie 
nämlich  mit  Recht  auf  die  Darstellung  eines  Satyrspiels  be- 
zogen {Annali  1881  S.  120  ff.).  Aber  er  fügt  dann  die  Worte 
hinzu  :  Mn  una  rappresentanza  del  draninia  satirico  di- 
pintd  sul  niiiro  ponipeiano  ncl priino  tcmpo  dell'impero 
romano,  e  cosa  assai  strnna  e  ric/uede  g^iustißcazione.  Er 
hält  es  für  ausgemacht,  dass  die  Satyrspiele  nach  den  l'agen 
der  alexandrinischen  IHeias  vom  Theater  vöUii»-  verschwunden 
sind  :  d'iina  innovazione  dl  essi.  nessunn  traccia  p/-esso  i^/i 
scrlltori  antichi  und  obwol  er  noch  das  bei  \\  ieseler,  Thea- 
tergebäude Taf.  6,  1  abgebildete  Mosaik  mit  der  Darslelluni»- 
eines  Satyrchors  erwähnt,  kommt  er  zu  dem  Schlüsse:  Diin- 
quc  gli  origindU  dci  dctli  nionumcnti  dalano  da  una  rpo- 
ca,  in  cuL  i  dranuni  sadrici  crano  bastantrmcntc  noii : 
valc  ä  dirc  dalVepoca  della  Pliade.  Dem  magnesischen 
Funde  gegenüber  wird  Maass  seine  Ansicht  scliwerlich  auf- 
recht  halten.  Denn  als  Thatsache  muss  es  gelten,  dass  im  er- 
sten vorchristlichen  Jahrhundert  in  Magnesia  am  Maiandros 
beim  Agon  der  Pcüy.aia  neben  den  Trag(")(lieii  und  Konirtdien 
auch  Satyi'spiele  aufgeführt  woideii  sind,  deren  Titel  uns  sehr 
an  die  der  klassischen  Zeit  erinnein,  und  als  wahrscheinlich 
darf  dies  auch  für  die  Hauptstadt  des  i'ömischen  Reiches  an- 


THEATERINSCHRIFTEN  VON    DEli    AÜOKA  IN  MAGNESIA  AM  MAIANDUOS    101 

genommen  werdend  Die  berühmten  Verse  der  ^4^5  poetica 
(220-250),  in  welchen  Horaz  das  Satyrspiel  behandelt,  und 
aus  denen  deiitlieh  hervorsteht,  dass  er  selber  einem  Versuch 
in  dieser  Dichtungsart  niciit  abgeneigt  war,  gibt  uns  jetzt  nicht 
mehr  ein  Rätsel  auf,  welches  nach  der  Ansicht  von  ü.  von 
Wilamowitz  und  Maass  nur  durch  die  Hypothese  zu  lösen 
wäre,  dass  just  auch  diese  Stelle  der  Ars  poetica  auf  das 
Werk  des  Peripatetikers  Neoptolemos  von  Parion  zurückgehe^. 
Durch  die  Schauspielinschriften  aus  Magnesia  ist  die  Streit- 
frage erledigt:  Horaz  berichtet  aus  eigener  Anschauung.  Die 
noch  damals  staltgehabten  Aufführungen  von  Satyrspielen  ha- 
ben in  ihm  den  Wunsch  erregt,  sich  selbst  einmal  in  dieser 
Dichtungsart  zu  versuchen,  denn  'gerade  die  etwas  gebroche- 
nen Farben  der  Darstelhmir.  die  in  der  Abtönunoj  des  trao;i- 
sehen  Kolorits,  ohne  dasselbe  doeli  v()llig  zu  verwischen,  die 
vollendetste  Kunst  heischten,  mussten  seine  mehr  reilectirende 
als  pathetische  Natur  ganz  besonders  reizen '.  So  urteilte  ein 
so  feiner  llorazkenner  wie  Adolf  Kiessling. 

Magnesia  am  Maiandros,  29.  Oktober  1893. 

OTTO  KERN. 


7^^, 


'  Iliiizuweison  ist  auch  anCdin  von  Kaibol  (Ilermos  XXIII  S.  010)  nach 
iMiier  Ahschrilt  Büiiarroli's  vciöll'ciilliclile  rhodischo  Inschrifl,  tliirch  die 
wir  fjelcnil  habru,  dass  der  Teiephos  des  Sophokles  ein  Salyrdraina  war. 
Fliller,  von  dein  eine  neue  Bearbeitung  dieser  Inschrift  bald  zu  orwarliii 
ist,  sclzl  sie  ins  ersitz  vorchristliche  Jahriiundert.  Also  sind  in  Ithodos  iiui-h 
in  dieser  Zeil  Telraloj;ieii  aller  Dichlor  mit  Satyrsjtielen  auri;oführl  wur- 
den. Über  das  von  der  Tra^iödic  losirelösle  Satyrspiel  s.  die  Zusaniinensti-I- 
lunj;  von  A.  Müller,  Griechisclie  Biihnonallerlünier  S.  391  Anin.  4. 

-  A.  Kiessling,  Horaz  III  S.  222. 


ZUR  LYDISCIIEN  EPIGRA.PMIK  UND  GEOGRAPHIE 


B 


Im  Kranz 
AHMOI 
DE*  ^11 
QN  - 


Im  Kranz 
OAHMOI 

OMATNH 
TQN 


OAHMOIOIAI  L 
NIEniXPYIQKAIAI 
OAHMOIOKAIZAP       \A 
OAHMOIOAAAlKEnN 
0   OAHMOIOA<J)POAEIZIEaN 

NYIAEQNYH*IIMAnAPAMY 

GHTIHON 
OAHMOIOANTIOXEQN 
NYIAEaNTHirEPOYZI 


OAH  MOIO 

BIANnNTQN 

KAXn  Woirgc- 

OAHMOIO  meissoller 

TPinOAEITQN      Kranz 

OAHMOZ 
ONEOKAI2A 
PE^N 
OAHMOZO 


Weggc- 

nieisseller 

Kranz 


10  AIYH4>IIMAnAPAMY0H  rii^"^'    YflAiriH 

OAHMOIOAIOÜEPEITDN  NQN  Dosglei- 

OAHMOIOIEPAnOAElTQN  dien 

OAHMOIOAr   iNHIlfiN 

OA  z.  EON 

lü  O  EON 

OAH  N 

OAHMOI. ^b/  PI  AllINQN 

O  NE     P^  A-|   rQN 

OAHMOIOM^  IOMAKEaonün  Dcsglei- 

•20  OAHMOIOKIAE  //ANaN  i'  "  n  a  n  n  elicn 


A 


6  Q-7\[j.ri^  h  Sx[pdiavci)v    ei/.o-] 

VI    ETTT'./puaü)    H,ai    x[vSptXVT[] 

6  or;ao?  6  Kai'7ap[Ew]v 
6  ö-/ip.o?  6  AaSi/.ewv 
5   ö  Sr^ij.o;  6    'Acppo^ciTiEojv 


B 

€iav(i)v  Twv 

XZTO) 

6   orjao?  6 
Tpi-oAetTwv 


K.   BURESCH,      ZUR   LYDISCHEN   EPIGRAPHIK   UND   GEOGRAPHIE        103 


Nuffaewv  (j;ri(pt(jp,a  irapa^au- 

6  Sviu-o?  6  'AvTioyecüv 
Nui3a£(i)v  Tri;  yepo'jct- 

10   a?  (|/7)^i<Tj/.a  7:apa(/,'j9'/]T'.x.6v 
6  Sr.u.oc  6  Aio(i[i]£peiT(öv 
6  Srjij.o;  6   'lEpa7ro>,stToiv 
6  Sr,[/.o<;  6  'A[v'.Jv'/;cri(j)v 
6  [^yiao;  6  'AXaSav  PJoecov 

J  5    6  [Sy^p.o;  6   'OpGcoTi  Pjetüv 
6  öyi[ao;  6  'Ap7ra<jyiv(ö  ?]v 
6  S'^p.0?  6  [Ba]p[Y]acvivöiv 
6  [S-^uLo;  6]  Ns[a]7i:o[>.£iT](öv 
6  Syip.o;  6  M['j](J0|/.a>i£S6vcov 

20   6  Svip-o?  ö  Kt^[Si]av(öv  tov  avo 


6    S^(J!.0? 

6  Neoxatca- 

p£(i)V 
'TTCatTw'OVüiv 

Dazu  noch  in  2  Kränzen :  [6] 
Sviao«;  6  'E^ps'jiwv  und  6  S-?iij.o<;  6 
MayvTiTwv. 


Die  vorstehende  Inschrift  fand  und  las  ich  im  Juli  1888  im 
Gebiet  der  vom  Erdboden  verschwundenen  allen  Stadt  An- 
tiocbeia  a.  M.,  '/.>  Stunde  NO  vom  Dorfe  Ali  Agha  am  Dan- 
dahis  Tschai  ^  dem  antiken  Morsynos.  Die  weisse  Marmorplatte 
(88""  breit,  Si'/,,""  hoch),  auf  welcher  sie  steht,  dient  heute 
in  einer  kleinen  Turbe  als  Fensterbank,  so  dass  —  besonders 
bei  un2;ünsti2;er  BeleuchtunEr,  wie  ich  sie  hatte  —  das  Lesen 
ziemlich  schwierifi;  i.^-t.  Die  Schrift  ist  öfters  stark  verwischt, 
sicllcnweise  p;ewahsam  zerstört,  4  von  den  6  die  Columnen 
rcclils  und  links  einfassenden  Kränzen  sind  samt  ilirem  In- 
iiall  ausgemeisselt.  Die  Buchslaben  sind  etwa  1  '//""  Ijoch.  die 
(h-r  letzten  0  Zeilen  von  Col.  B  elwas  grösser,  stattlicher  und 


'  Das  heute  im  Gehiele  der  alten  Stadl  fielefrcnc  Dorf  Tsclierkesskiüi 
war,  so  viel  ich  mich  erinnere,  damals  ersl  im  Kntslehen  heirrifleu.  Sler- 
rell  hat  1884  veri^ehlich  nach  einem  Trünimerfoldo  Anliuclieias  gesucht 
[Kpiijrapliical  journoj  S.  8).  Das  Gelände,  auf  dem  antike  Kuinen  nicht  er- 
hallen sind,  ist  hü;5'elig  und  von  mehreren  VVasserlaufen  durchllossen.  An- 
tike Marmor-  und  andere  Steine,  lagen  zur  Zeit  meines  Besuchs  noch  mas- 
senhaft umher,  auch  mehrere  marmorne  Sarkopha^re;  an  einem  Iliiiielab- 
lianye  glaubte  ich  das  Rund  eines  alten  Theaters  deutlich  zu  erkennen. 


104  K.    BUHESC.H 

gezierter,  aus  welcher  Erscheinung  geschlossen  werden  darf, 
dass  diese  Schlusszeilen  erst  nachträglich  hinzugefügt  worden 
sind.  Die  Schrift  zeio;t  Neiüfuni»-  zu  der  den  beiden  ersten 
Jahrhunderten  n.  Ch.  eigenen  Ziererei  :  in  H  und  E  schwebt 
der  Binde-,  bez.  Miltelstrich  in  der  bekannten  ( leganten  Weise 
frei;  die  Schenkel  von  AAA  sind  oi)en  entweder  gekreuzt 
oder  durch  ein  horizontales  Strichelchen  abgescidossen,  das 
Gleiche  findet  bei  den  kurzen  Schenkeln  des  M  Statt',  Ligatu- 
ren kommen  nicht  vor;  daii;ei:;en  ist  der  lUuim  vom  Stein- 
inelzen  so  schlecht  berechnet  worden,  dass  er  sich  Z.  10.  II). 
20  gegen  die  Zeilenenden  hin  zum  Zusammendrängen  und 
starken  Verkleinern  der  Buchstaben  gezwungen  sah.  Dei'  Ge- 
samtcharakter der  Schrift  weist  auf  das  1.  Jahrhundert  n. 
Ch.  hin. 

Ich  sehe  den  Text  nach  meiner  Abschrift,  welche  ich  nach 
Abschluss  meines  i\Ianuskri|)ls  noch  nach  einem  von  Herrn 
Rubitschek  neuerdings  hergestellten  und  mir  nebst  seiner  Ko- 
pie freundlich  übersandten  Abklatsche  revidiren  konnte.  Seine 
Lesung  fügte  meinem  Texte  Z.  1  SapSixvwv  und  Z.  17  Bap- 
Ya-Tr/vcöv  hinzu;  die  übrigen  Lesungen  und  Erüiänzunsen  hatte 
ich  sclion   auf  Grund   meiner  Abschrift   vorgenommen'. 

Dieses  dürre  V^erzeichniss,  der  leider  nicht  einmal  vollstän- 
dige Anhang  zu  einer  umfänglichen  Urkunde,  durch  welche 
Antiocheia  im  Verein  mit  einer  langen  Reihe  karischer,  ly- 
discher  und  phrygischer  Städte  einen  um  sein  X'aterland  ver- 
dienten   und   auch   ausserhalb   desselben    hoch    aniiesehenen 


'  Kuhilscliek  lial  II  Z.  10  ¥,  il.  Ii.  ein  Y  mit  Qncrslricli  am  l''uss  der  Ga- 
l)cl  zu  Icson  ^'e,^laul)t;  iiacli  öflortM  iMiiliiiii,'  des  Al)klalscli('s  sclioint  es  mir. 
dass  er  diircli  zufällii,'e  Vcrlclzuni^^nii  auf  dem  Steine  i?eLäusclU  worden  ist. 
Jene  Buehslalicnfurm  isl  im  All;-'emeiiier» ,  vieileiclil  so^'ar  ein  siclieres 
Kennzeiclicn  des  Zcilraiiins  150-200  n.  ('Ii.  (vkI.  Benndoif.  liciscn  l  S.  71, 
auch  O.  Ilirsclifcld,  'Silzunf,'sbericl)le  der  Berliner  Aliadeniie  1888  II  S.  8(iG 
Nr.  II),  wäre  also  hier  sehr  aulTallend, 

2  Dieselben  decken  sich  mit  denen  des  Herrn  Kuhilschek,  vveleher  in  dein 
von  ihm  und  Herrn  IJeichei  neulich  vorgelef,'len  Bericht  üher  ihre  I8'.ij  in 
Karien  und  IMiryf^'ien  ausgefiihrlen  IJeisen  ( Anzei.i,'<M- der  Wienei  Akademie 
1803)  S.  5  f.  flje  InschriCl  kurz  mit-eleill  hat. 


ZUR    LYDISCHEN    EPKlIi  A  l'HIK    ÜNU    GEOGK  APHIE  105 

Mann,  wahrscheinlich  Antiochier'.  bedeutsam  ehrte,  lässt  uns 
einen  weit  tieferen  Blick  als  manches  redselige  Dokument  in 
das  Kulturleben  der  kleinasiatisclien  Städte  unter  der  römi- 
schen Kaiserherrschaft  thun. 

r3erlei  Vereinigungen  von  Städten,  Gemeinden  oder  Genos- 
senschaften /u  oilizieller  Ehrung  verdienter  Personen,  mei- 
stens Verstorbener,  waren  im  späteren  Altertum  in  der  grie- 
chischen Welt,  besonders  al)er  in  Kleinasien,  und  hier  wieder 
in  Karien  sehr  beliebt.  l>ruchstüeke  solcher  Sammelurkun- 
den,  dem  unsern  genau  entsprechend,  liefert  uns  das  benach- 
barte Ahibanda  ( /).  C.  H.  X  S.  HOcS  IT.).  welches  Mitglied  dos 
chrysaorischen  Städteverbandes  war;  ein  gleiches  dei'  Penta- 
polis  an  der  VV-Küste  des  Pontos  Euxeinos  liegt  in  C.  I.  G. 
II  add.  S.  995  Nr.  2053  d,  (neu  herausgegeben  in  diesen  Mit- 
theilungen IX  S.  2-2-2  Nr.  7)  vor;  ein  völlig  erhaltenes  Mu- 
sterstück aber  ist  die  merkwürdige  Urkunde  von  Olbia  in  La- 
tyschev's  Insrr.  orae  septentrionalis  Poriti  Eux.  I  Nr.  'l'l 
{C.  I.  G.  2059),  ein  fast  ganz  zerstörtes  von  ebendort  bietet 
Nr.  23. 

In  allen  diesen  Fällen  handelt  es  sich  zunächst  um  die  ei- 
nem Verstorbenen  von  seiner  N'aterstadt  gewährte  Ehre  des 
Begräbnisses  von  Staatswegen,  woran  sich  mehr  oder  weni- 
ger mannigfache  und  bedeutende  Ehrenerweisungen  von  Seiten 
befreundeter  oder  verwandter  Gemeinden  anschliessen.  Ein 
Blick  auf  das  im  B.  C.  //.  X  S.  311  mitgeteilte  Bruchstuck 
von  Alabanda,  wo  vor  dem  Verzeichnisse  der  Städte  (Milet, 
lasos  usw.)  noch  drei  Zeilen  des  Dekrets  des  Demos  von  Ala- 
banda erhalten  sind,  iieniiüt.  um  zu  erkennen,  dass  unser 
Era":ment  einer  Inschrift  der  iileiclien  .\rt  angehört. 

Neu   und    merkwürdig   ist   in   demselben   ausser   m-lirercn 


•  Mil  völliger  Besliinmlheil  lässl  es  sich  iiiolil  lichauplcn,  dass  di-r  (hcIiiU- 
Aiiliucliier  war:  (leiiii  die  .\ull'iiliriiii,i;  von  Anliuclicia  im  X'erzt'ii'liiiiss.  l 
Z.  8  ist  —  IicsoiuUms  imcli  Vi'r.u'U'icIiuii.i,' dos  SciliMisliicks  von  Alabanda  a.  (  ) 
S.  311  f. —  iinincrhiii  autl'alloiid.  Itidosscii  erscheint  auch  in  dem  Vei/eidi- 
niss,  vvelclics  dem  Dekret  von  Olbia  a  O.  Xr.  '22  vorausgescliickt  wir!, 
die  Urheberin  desselben,  ülbia  selbst,  allerdini;s  an  der  Spitze. 


106  K.    BURESCH 

Städtenamen  die  Erwähnung  eines  •j/r'pKTp-a  -«pa(xu9r,Ttx6v  (^4 
Z.  6.  10),  d.  h.  Trostdekrets,  durch  welches  Aphrodeisias, 
Antiocheia.  sowie  Demos  und  Gerusia  von  Nysa  ihre  beson- 
dere Teilnahme  anlässlich  des  vorlieijenden  Todesfalls  bekun- 
det hatten.  Indessen  ist  nur  der  Name  neu  :  die  Sache  lag 
uns  seit  lange  vor  in  einer  beträchtlichen  Reihe  recht  eigent- 
lich als  Trostdekrete  zu  bezeichnender  Inschriften  nicht  nur 
des  in  unserem  Verzeichniss  aufgeführten,  Antiocheia  nahe 
befreundeten  und  benachbarten  Aphrodeisias  (Le  Bas-Wad- 
dington Nr.  1604.  1633),  sondern  auch  anderer  Gegenden  der 
griechischen  Welt,  ganz  besonders  von  Amorgos  und  Olbia. 
Diese  seltsame  Species  des  Ehrendekrets,  das  Trostdekret,  be- 
handle ich  ausführlich  an  einem  andern  Orte;  hier  sollen  nur 
diejenigen  geographischen  und  epigraphischen  Erörterungen, 
zu  welchen  das  vorliegende  Städte-Yerzeichniss  Anlass  giebt, 
angestellt  werden. 

Betreffs  seiner  Anordnuns;  schicke  ich  voraus,  dass  die- 
selbe  nicht  etwa,  wie  man  voraussetzen  möchte,  nach  geo- 
graphischem Prinzip  vorgenommen  worden  ist.  Um  das  Auf- 
fallendste hervorzuheben:  Sardes  {A  Z.  \)  steht  fast  so  weit 
als  möglich  von  seiner  Nachbarin  Neokaisareia-Philadelphia 
[B  6  f.),  ebenso  Dios  Hieron  von  Hypaipa;  Ilierapolis  müsste 
hart  an  Laodikeia  stehen,  das  weit  entfernte  Bargasa  schiebt 
sich  Ä  Z.  17  in  eine  Gruppe  von  Nachbarstädten  u.  a.  An- 
drerseits bilden  die  A  Z.  4-9  zusammengestellten  Namen  auch 
eine  geographische  Gruppe,  B  Z.  5-8  stellen  Nachbarn  zu- 
sammen u.  a.,  was  erst  unten  nachgewiesen  werden  kann. 
Wenn  nun,  wie  schon  bemerkt,  B  Z.  0-10  von  anderer  Hand 
als  die  übricre  Inschrift  stammen,  so  führt  uns  dies  auf  die 
natürliche  Annahme,  dass  unsere  Urkunde  die  Städte  in  der 
Reihenfoli^e,  in  welcher  ihre  Dekrete  ein£j;ei2;anüen  waren,  auf- 
führe.  Das  Gleiche  bei  der,  freilich  nur  kurzen  und  örtlich 
beschränkteren  leiste  der  erwähnten  Urkunde  von  Alabanda 
anzunehmen  hindert  uns  nichts;  ganz  besonders  aber  drängt 
sich  uns  diese  Anschauung  beim  Betrachten  des  dem  grossen 
Dekret  von  Olbia  (a.  0.  Nr.  21)   vorausgeschickten  Städte- 


ZUR   LYDISCHEN   EPIGRAPHIK   UND   GEOGRAPHIE  107 

Verzeichnisses  auf,  wo  von  einer  strii<ten  geographischen  An- 
ordnung—  ich  verweise  besonders  auf  die  Golumnen  3,  5  und 
6  —  gar  keine  Rede  sein  kann  und  schon  Böckh  u.  a.  die 
oben  vorgetragene  Ansicht  vertraten'. 

'0  Sviao;  6  Katuapecov  ist  nichts  anderes  alsTralles.  Unter 
dem  gleichen  Namen  verbirgt  sich  die  Stadt,  wie  den  Neuern 
öfters  nicht  klar  geworden  ist  ~,  in  der  Liste  der  zum  Gerichts- 
bezirk Ephesus  gehörigen  Städte  Plinius  N.  H.  V,  120,  welche 
auch  sonst  für  die  sichere  Ergänzung  und  Beurteilung  unserer 
Inschrift  von  entscheidender  Wichtigkeit  ist.  Es  heisst  dort: 
Ephesiim  alterum  lumcn  Asine  remotiores  conveniunt 
C a  es arienses,  MetropoUtae,  Cilbiani  inferiores  et 
superiores,  My somac e dones,  Mastaurienses,  Briiil- 
litae ,  Hy p a e p e ri i,  D ioshier 1 1 a e . 

Die  vielnamige  Königin  des  Mäander-Thaies  verdankt  den 
oben  genannten  höfisclien  Namen  einem  furchtbaren  Erdbe- 
ben des  Jahres  '26  v.  Gh.,  von  welchem  sie  fast  gänzlich  zer- 
stört worden  war.  Augustus  wurde  recht  eigentlich  der  Neu- 
gründer  ( /ctitt-zq; )  der  Stadt,  deren  Bevölkerung  er  auch  durch 
Entsend un']r   einer  römischen   Kolonie  ergänzte,   so  dass  die 


'  Allerdiiifis  lasen  die  ällerea  Heiausp'cber  dieses  \'eizeiclini>s  lal^cii, 
nämlich  reihenweise,  wie  Lalyschcv  bemerkt  hat,  doch  auch  bei  der  Lesunir 
nach  Columnen  ist  die  geographische  Unordnung  so  augenfällig,  dass  ich 
nicht  einsehe,  weshalb  Lalyschev  jene  Erklärung  moditiciren  zu  müssen  ge- 
glaubt hat. 

-  So  sieht  Marquardt,  Rom.  Staatsverwallung  I  S.  185  Aniii.  1  darin,  dass 
Plinius  Tralles  nicht  als  conventus  aufl'ührt,  den  'deutlichen  Beweis,  dass 
sein  Vcrzeichuiss  unvollständig  ist'.  Des  Plinius'  Quelle  kannte  eben  Tral- 
les als  Ephesos  unterstellt  und  führte  es  unter  dem  Namen  Caesarea  auf. 
Auch  Ramsay  hält  Hisloj'.  geographij  S.  124  für  möglich,  dass  mit  den  Cae- 
saricnses  dos  Plinius  Mostenc  gonieint  sei,  doch  nennt  er  die  Erklärung  der- 
selben als  Trallianer  wahrscheinlicher  (vgl.  auch  S.  118).  Dass  Plinius  selbst 
nicht  wussLe,  was  für  eine  Stadt  er  mit  Caesa^vcHÄCÄ  eigentlich  anführte,  geht 
daraus  hervor,  dass  er  kurz  vorher,  V,  108,  unter  den  Städten  Kariens  Tral- 
les ziemlich  weilläulig,  und  sogar  mit  Anführung  seiner  früheren  Namen 
(Euanthia,  Seleucia,  Anliochia),  hohandelt.  Wenn  Steph.  Byz.  u.  d.  ^^^ 
ausser  dem  karischen  Antiocheia  ein  lydisohos  '  von  Antiochos  Epii)hanes 
benanntes'  —  gleich  an  zweiter  Stelle  —  anführt,  so  ist  auch  hier  wiotior 
(vgl.  Plinius  V,  108  und  die  Münzen  von  Tralles  mit  A NT)  Tralles  versteckt 


108  K.    nURKSCH 

uralte  '  pelasgisclie '  Stadt  aus  ihren  Ruinen  in  der  That  halb 
römisch  erstand'.  Aus  Dankharkeit  opferte  sie  ihren  alten 
Namen  deiu  kaiserlichen  Wollliäter- ;  in  wie  weit,  heziiiilich 
auf  wie  lanij;e,  ist  bisher  niclil  i;rinullich  i;enLii>'  untersucht 
^^orde^. 

Waddiniilon  hat  zu  LeBas  600  r/  aus  Miinzlegenden  im  All- 
iiemeinen  bestimmt,  dass  Tralles  sich  von  Aui>iistus  bis  in  die 
ersten  Reojierungsjahre  Nero's  Kaicapsia  genannt  habe  "^ ;  schon 
unter  Nero  erscheine  auf  Münzen  auch  Tpa).)v'.7.voJv  Kai'^acecüv, 
welche  Leidende  noch  unter  Domitian  sich  finde,  um  dann  zu 
verschwinden  und  dem  einfachen  Tpa>^)^txvä)v  Platz  zu  machen. 

Der  Befund  ist  folgender.  Eine  Münze  mit  dem  Kopf  des  jun- 
gen Augustus  (KaiTap  HsSaiTTÖ?)  und  Toa'X'Xiavcöv  verzeichnet 
Mionnet  iV  (Lydie)  Nr.  1059:  sie  ist  sicher  vor  27  v.  Ch.  ge- 
schlagen. Übrigens  erscheint  von  August  bis  Nero  KatTapewv  re- 
celmässin',  ohne  K.  Tpa"X>>iav(i»v  "anz  auszuschliessen '*,  welches 


'  Das  Jahr  ^6  v.  Ch.  erjiebcn  die  armenische  Überselzung  des  Eusebius 
(!9'J1  Abr.  =  OI.  188, 3  =  728  d.  St.)  und  das  von  A-alhias,  Ilist.  II,  17  mit- 
geteilte ^^'eihe-Epig^arara,  welches  den  Kaiser  damals  im  Kantabrer-Lande 
(wegen  des  Kriegs,  26  —  Herbst  25:  Schiller,  Gesch.  der  röm.  Kaiserzeit  I 
S.  206.  Mommsen,  Res  geslae  divi  Augusli  ^  S.  159  f.)  abwesend  nennt.  Die  Ge- 
schichte des  Neubaues  der  Stadt  erzählt  Agathias  a.  O.  ausrübrlich,  Strabo 
XII  S.  579  erwähnt  ihn  nur  kurz;  auf  ihn  bezieht  sich  die  Weiheinschrift 
D.  C  //.  X  S.  516  Nr.  5  A'JTojxpxTopi  Ka([aapt  Osoü]  uuo  Ostp  i]£oaa[T(o,  xJTtaTr) 
xai  TT)  TJ/Tj  ajTou  f,  yspouaia.  Die  Letztere  nennt  sicli  in  der  Folge  ständig  (pt- 
Aoae5aaTo;,  und  das  öfters  absolut  stehende  cp'.Aoaeoaaio;  scheint  geradezu  ye- 
pouiiaaTrl;  ZU  bedeuten.  —  Die  römische  Kolonie  erschoiiU  als  oi  Iv  TpäXXeai 
'Pü)ij.aiot  oder  o't  xaToi/.ojvxEs  Twtxaiot  öfters  in  den  Inschriften  der  Stadt,  als 
C.  I.  G.  2927.  2930.  Papers  of  llie  A7nerica7i  school  al  Athens  I  S  108  Nr.  X, 
im  oben  genannten  Reiseberichte  von  Kubitschck  und  I.'eichel  8.  3  Nr.  2. 
3;  indessen  bestand  nach  Cicero,  pro  Flacco29,  71  auch  schon  riiihnroino 
bedeutende  Kolonie  römischer  Bürger  in  Tralles. 

2  Das  haben  bekanntlich  viele  Städte  gelhan,  worauf  wie  auf  die  zahl- 
reichen neu  erbauten  Kai^äpeiai,  i^eSaaia'',  üciöaTTo-oXsic,  Aii'juslae  Sueton 
Oclav.  60  anspielt.  Zwei  solcher  Umnennungcn,  ilie  uns  hier  am  nächsien 
liegen  würden,  i^cSaarr;  in  Phrygicn  und  'IspoxaiiäpEia  in  Lydi(Mi  habe  ich 
VX'ochenscbriit  für  klass.  Philologie  1894  B.  110  nachgewiesen. 

3  Die  Münze,  aufweiche  er  sich  bezieht,  ist  bei  Mionnet,  Sujipl.  VII  (Ly- 
die) Nr.  70!  verzi'ichnet :  Kopf  des  jungen  Nero  und  Aapäato;  Kaiaape'wv. 

*  So  Mionnel   a.  O.   Nr.  1057   (junger   Augustus)   und  Siippl.  Nr.  lOf-S 


ZUR    LYDlSCHEN    EPIGHAPHIK    UND    GEOGRAPHIE  1Ö9 

unter  Domitian  zu  Tpa>.>.iavöv  Katoapetov  wird,  das  zweimal 
(Nr.  1064.  Siippl.  Nr.  707)  neben  einfachem  TpaXXiavdiv  auf- 
tritt. Münzen  von  Nerva  und  Trajan  fehlen,  seit  Hadrian 
scheint  nur  noch  Tpa>.).iav{i)v  vorzukommen.  Als  charakteri- 
stisch mag  die  interessante  neue  Münze  (Imhoof- Blumer, 
Griech.  Münzen  S.  727  Nr.  642  (^)  hervorgehoben  werden, 
welche  neben  Namen  und  Bild  des  Caesars  M.  Aurelius  den 
mythischen  Gründer  Tralleus  mit  der  Beischrift  TpaVAsu;  /.ri- 
n~r,c,  darstellt:  der  v£o;  -/.TiuTr,?  Augustus  ist  eben  vergessen. 

Dieses  lückenhafte  und  natürlich  ganz  unzuverlässige  Bild 
wird  durch  die  Inschriften  der  Stadt  wesentlich  ergänzt.  Ich 
o;ebe  zunächst  ein  Verzeichniss  des  bis  heute  vorliegenden  Ma- 
terials,  soweit  es  in  Beziehung  zu  unserer  Frage  steht. 

I.  LeBas-Waddington  6U0  a  (von  Sterrett,  Papers  of  tlic 
American  sc/iool  II  S.  5  wiederholt):  Weihung  an  Nero  vom 
f^Tiao?  6  h'nimp^cor.  Sie  Stammt  wol  aus  dem  Jahre  55  n.  Gh. 
Paläographisch  stellt  sie  sich  scheinbar  (wegen  der  bekannten 
verzierten  Buchstaben)  zu 

II.  i^bendort  1652  ß  [6  Sr,[i.o;  tv^cI  v£(i»c6pou  t(ö[v]  Se€a<7Tüiv 
Kaicapecov  Tpa>,j_XtÄVüi]v  ^oXetoi;  [x.al  v)  oiXoJceßacTO?  [yepouffia  ^. .  . 

[III.  Ebendort  604:  Weihung  der  Mysten  Tr,c  Xay.TrpoTXT-/;«; 
-oXecoi;,  Tvic  vsw/.öpo'j  Ttov  ^ÜsSacrrüiv,  ispx;  to'j  Aiö;  /caTÖc  tÖ.  ^öy^.oLTX 
-nq  cuv/iA-^TO'j  TpaW.'.avdiv  an  T.  Gl.  Glyptos.  Buchstaben  Z^; 
die  geehrte  Person  (nach  VVaddington  identisch  mit  dem  ypaa- 
y.xTiix;  r>.u-To;  auf  Münzen  des  Sept.  Severus  und  Garacalla) 
war  wol  verwandt  mit  dem  P.  Licinius  Glyptos  der  dem  An- 
fange des  3.  Jahrhunderts  entstammenden  Nr.  V]. 

IV.  libendort  1652  r/:  VVeihung  an  den  vornehmen  Fl.  Cae- 
sarius  von  der  TpxXXiavwv  {/.YiTpÖTroXt;,  im  Jahr  -400  n.  Gh. 


(Nero).  In  diese  Zeil  niügcii  auch  mel)rere  der  nicht  genau  zu  besliinmen- 
den  Öliicke,  als  10ö2  und  Suppl.  Nr.  ü78  (TfaXX-.avwv  K.).  1053-6  (K.  T.) 
und  einige  von  den  Münzen  Suppl.  Nr.  6Ü8-91  gehören.  Ein  neues  Exem- 
plar mit  KaiaapEwv  aus  Augusts  Zeit  bringt  Inihoot'-Hlumer,  Griech.  Mün- 
zen S.  727  Nr.  Ü42  a. 

*  So,  wül  nicht  ßojXrl,  wie  \\'addinglon  ergänzl,  denn  die  yicojaia  nennt 
sich  sliindig  9tXoai6aaTo»;  vgl.  üben  6.  lOS  Anm.  1,  auch  unten  Nr.  XI. 


tlO  K.    BÜRESCH 

V.  Pnpers  of  the  American  school  I  S.  94,Nr.  I:  Wei- 
lumg  an  den  Proconsul  t6  y' (Egnatius)  Lollianus  von  der 
Xaa-poTXT'o  KaiTacc'cov  TpaXXtavöiv  xöXi? ;  nacli  mehreren  An- 
zeichen aus  dein  Anlange  des  3.  Jahrhunderts',  \gl.  unten 
Nr.  XII. 

[VI.  l':hendort  Nr.  VI  und  IX,  auch  LeBas  598:  Weihun- 
gen an  einfach  Tpa'X^ixvoi  genannte  Sieger,  die  erste  zwischen 
141  und  157,  die  zweite  (nach  ECE  und  Q.  nehen  einander) 
und  dritte  nicht  vor  dem  3.  Jahrliundert  verfasst]. 

VII.  Ehendort  S.  113,  Nr.  Xlll:  Weihung  an  einen  aus 
Tralles  gebürtigen  Proconsul  von  der  >.af;.-poTa.T7i  aviTpoTwoXK;  t-?5? 
'Acia;  xai  vcto/.öpo;  Toiv  SeSacTÖJv  Ka'.capsojv  TpaX>.tavüiv  tzo\\:,  ; 
Stellt  sich  epigraphisch  wie  inhaltlich  zu  Nr. V,  besonders  aber 
zu  Nr.  XII. 

[VIII.  Ebendort  S.  1  14,  Nr.  XV:  Zweisprachige  Privatwei- 
hun»'  für  das  Gymnasium  der  Tca»^tavoi :  aus  Nerva's  Zeit]. 

IX.  CIL.  IM  4 'i4  ;  Imp.  Caes.  Train  \nüs  Hadrianus  — 
Trallibus  usw. 

X.  C.  I.  G.  29-29  :  NA'eihung  an  M.  Nonius  Eutyches  (iden- 
tisch mit  dem  Eutyches  Papers  of  the  American  school  1  Nr. 
III)  von  der  Xa[7,::poTäT7i  Kai(7apj(ov  Tp3cX).tavä)v  ttöXic,  nach  dem 
zweimal  vorkommenden  M.  Aurelius  erst  aus  dem  späten  2. 
Jahrhundert,  aber  auch  wol  nicht  später. 

XI.  B.  C.  H.  X,  S.  516  Nr.  7:  Weihung  an  Trajan. 


.   .   .   .   A  N   E   P  O  Y 

KAISAPA.    . 

TONFEPMANIKON 


<  Npuoidin.L's  liat  M.  Clorc,  De  rchu.s  TIn/atircnnruvi  (Paris  189.?)  S.  -'lO  f. 
im  Anschluss  an  Borjihcsi's  und  A\'ail(linf^lon's  Ausfiihrunf^en  das  I'rocon- 
sulat  dos  Egnatius  Lollianus  innerhalti  der  Jahre  235  und  254  n.  Ch.  anset- 
zen zu  dürfen  f^'oglauht.  Ich  halte  die  Frajre  der  Efinalii  Lolliani  mit  dem 
houti^'en  Material  (s.  Dillenberger  zu  C.  I.A.  III  032)  für  nicht  enlschcid- 
har,  halte  es  aber  schon  wegen  der  beiden  M.  Aiirclii  { nichl  Auirliil }  und 
aus  pal/iographischen  Gründen  für  sehr  bedenklich,  unsere  Inschrift  so  weit 
hinab  zu  rücken.  S.  auch  Slerrett  a.  a.  ü.  und  unten  Nr.  XII. 


ZUR   LYDISCHEN   EPIGRAPHIK   UND   GEOGRAPHIE  i\\ 

.  OAOSZEBASTOSKAISA 
PEQNTPAAAlANaN.... 
HrEPOYSIA      usw. 

was  vom  Herausgeber  Kondoleon  falsch  zu  aÜTox-piTopa  Nepwva 
KXaoStov  Ka.iaapa  IIIsSxgtöv  r£p(;,a.vt/.öv  y)  (piloiTESaTTO;  Kx'.nxciui^ 
Tpa).Xia.vü)v  .  .  .  .  Yi  Yspo-jirix  USW.  erji;änzt  worden  ist  anstatt  zu 
auTOxpxTopa  Nspoo^av  Tpaiavöv]  Kaicapa  [SsSarjJTÖv  repaavi/töv  [75 
'ptJXoT'jeSa'TTO«;  Kat'rapecov  TpaX'Xtavdiv  [ttöXi;  x.al]  y)  vspo'jnix  USW. 
Darnacli  ist  die  Inschrift  in  den  ersten  Regierungsjahren  des 
Trajan  verfasst,  welcher  schon  97  Germanicus,  und  seit  1Ü2 
Dacicus  hiess. 

XII.  Neue  Insclirift,  von  Kondoleon  in  der  smyrnäer 'Aaz).- 
Öaa,  16  Juli  1892  edirt  und  in  Minuskeln  im  oben  uenannten 
Ileiseberichte  S.  3  Nr.  10  wiederholt,  hier  nach  einer  mir 
durch  die  Gefälligkeit  Herrn  Fontrier's  im  September  189'2 
zugegangenen,  sehr  sorgfältigen  Abschrift  des  wolbekannten 
Trallianer's  Herrn  Mich.  Pappakonstantinu,  nach  dessen  An- 
gabe das  Original  längst  zerstört  ist.  Base,  1,15'°  hoch,  O.oU 
breit,  von  Z.  5  an  rechts  teilweise  oder  völlig  verscheuert. 

(|^  A  A  O  I  I  o  IN  v 
AIAAOYMENON 
TOYZEBAZTOYYH 
TIK^NSYNTENh 

5  H  K  P  A  T  I  Z  T  H  I  K  A  A   Y  A   i   A 

B  O  Y  A   H    K   A    I    •:>   i.    H      ^  Z 
AAMnPOTA    T    Fr 
nOAEniTHZ/ 
NEHKOROYTa 
10  KAIIEPAZTv^Y 

P   A    I    I    O    Y    K 
THIIEPnT/\ 
T    O    Y    K   A    IIA 

N    n    N    n  O  A 
15  AlATHNnEP^ 

ENTAIIAPXAI 
riAIIEYNOI/\M 

4.   I   A  O  T   I   M   I   ,.  I 


I 12  K.  nunEsnH 

«I>Xaouiov  <l>[X^(ao'jiou) 
A'.aooo|jt.6vov 

(iTTlTpOTTOV  ?) 

5  Ti)C(öv   cuvysvTi 

7)  JcpaxiCTTTK^i^  KXa'jSta 
ßo'j>.7)  y.al  6  S75[,u-o](;  [t9J(; 
Axa-poTZTrl;  [^.yirpo- 

10  v£cox,6pou  T(r)[v  ^eSacTüiv 

xai  Upa«;  tou  [Aiö(;  tou  Aa- 
pacioi)  )(.[aTa.  xa  ^oyitaTa 

TT,?    i£pCüTä[T7]?    CUV/tXv)- 

TO'j  Kai'7a[p£{j)v  Tpa>.>.'.a- 
1  6  v(iv  7r6)^L£(o<; 

(Stk  Tr,v  [6]7r£p[T]z[TY)v  ? 
£v  Tai?  äpyaiL?  x.aL  Xfiroup- 
yiai;  suvoiarv  jtai 
^iXoTii/.{a[v. 

Die  Inschrift  entspricht  in  sämtlichen  wesentlichen  Einzel- 
heiten genau  dem  Schema  der  schon  früher  bekannten  Weihun- 
gen von  Tralles  (oben  S.  1 00  f.) ;  daher  die  Ergänzungen  bis  auf 
die  Z.  3  und  16  vorgeschlagenen  selbstverständlich  und  schon 
von  Kondoleon  a.  0.  und  von  Eontrier  (in  einem  polemischen 
Artikel  der  'Aoaovia,  5.  Auij;.  1802)  G;e2;eben  worden  sind. 
Das  (auch  im  Reiseberichte  zweifelnd  vorgeschlagene)  iriTpo- 
7:ov  Z.  3,  welches  ich  nach  LeBas  G05  (zweite  Hälfte  des  2. 
Jahrhunderts)  T.  'louXiov  <J>t>.i7r7rov,  ixirpo-ov  xdiv  ZE^aaTüiv  und 
B.  C.  H.  X  S.  456  Nr.  8  eingesetzt  habe,  hat  auf  dem  Steine 
keinen  Platz  und  muss  vom  Steinmetzen  aus  Versehen  aus- 
gelassen worden  sein.  Z.  16  habe  ich  trotz  der  ein  7r£pa  .  .  . 
verlangenden  Kopie  zweifelnd  uxfpTäTr.v  ergänzt,  weil  dies 
nach  LeBas  604  töv  ÜTCEpTaTov  >,oyi'7Tr,v  xai  <7(i)T7ipa  usw.  und 
1652  b  S'.z  T£  xr.v  TOü  i'pyou  \j-Ke^oyr,^  noch  am  nächsten  liegt. 

Die  ( x.paxiffTr, )  KXa'jSia  ßo-jXy;  erscheint  auch  Papers  I  Nr.V 


ZUR   LYDISCHEN   EPIGRAPHIK   UND   GEOGRAPHIE  113 

(Anfang  3.  Jahrhunderts)  und  Nr.  X  (aus  derselben  Zeit  oder 
etwas  früher).  Die  neue  Inschrift  ist  wegen  der  Person  des 
Geehrten,  welche  wol  der  Vater  des  in  Nr.  V  genannten  T.  ^l{x- 
ouio?)  A'.a^o'jy.Evoi; '  v(£ü)T£po?)  ist,  scheinbar  älter  als  diese  In- 
schrift, wirklich  aber  wol  jünger,  da  sie  den  dort  noch  fehlen- 
den Neokorat  bereits  aufweist.  Der  HsSaTTo«;  wird  Caracalla  sein. 

Als  Anhang  zu  dieser  Liste  mag  noch  angeführt  werden, 
dass  in  dem  Bruchstück  einer  griechischen  Inschrift  in  Nimes 
(Gallia),  wahrscheinlich  einer  Dedikation  einer  crovoSo?  ent- 
stammend, ein  Kaiaaps'j;  TpaXXiavö;  erscheint:  C.  I.  G.  S.  I. 
2499  (UUeC). 

Das  erste  Ergebniss  des  vorgelegten  inschriftlichen  Mate- 
rials ist  die  zum  Befunde  der  Münzen  stimmende  Beobach- 
tung, dass  nach  Nero  kein  einfaches  Kaicapä;  mehr  erscheint ; 
das  zweite,  dass  nachher  in  den  Inschriften  der  Stadt  Ka-.Ta- 
pei^TpaVAtavoi  und  einfaches  Tpa>.Atavoi  neben  einander  erschei- 
nen, und  dass  ersterer  Name  noch  im  Anfano-e  des  3.  Jahr- 
hunderts  sicher  nachweisbar  ist  (Nr.  V,  XII). 

Aber  dabei  werden  wir  nicht  stehen  bleiben  wollen.  \Mr 
finden  den  so  hoch  geschätzten,  auf  trallianischen  Münzen 
nicht  vor  Caracalla  erscheinenden  Titel  vewjcopo;  (tcöv  SsiSa- 
cTwv)  auf  Stein inschriften  (s.  o.  S.  109  f.)  neben  Kaicapsi?  Tpa).- 
Xiavoi  wie  neben  einfachem  TpaXXtavoi:  von  welchem  Kaiser 
ward  der  Neokorat  verliehen?  Von  den  ihn  verzeichnenden 
Inschriften  (Nr.  II,  III,  ^'1I,  XII)  scheint  schon  nach  der 
manchmal  ausgesprochenen  Anschauung,  dass  die  wolbe- 
kannte  verzierte  Buchstabenart,  wie  sie  Nr.  II  aufweist,  be- 
sonders dem  \.  Jahrhundert  n.  Gh.  eigne,  Nr.  11  die  älteste 
zu  sein.  So  hat  denn  auch  Büchner,  De  neocoria  S.  90  (vgl. 
S.  110)  lediglich  auf  Grund  seiner  Meinung,  dass  jene  Buch- 
stabenart nach  Iladrian  verschw  inde,  die  ^>rleihung  des  Neo- 
korats  an  Tralies  in  den  durch  Nero's  und  lladrian's  Be^ie- 


<  Der  Name  DiadiiiiK'iios  liiulcl  sicli  in  diesen  Zeilen  im  weslliolien  Kloin- 
Asien  öfters,  in  Tralies  ein  Ti.  KXaJöio,-  A.  C.  /.  G.  2'J-?1.  im  joniselien  ^le- 
trupulis  Moycjäov  1S78  Ö.  lUO,  Nr.  ty' Aüp.  A.  in  Ihpaipa:  Allien.  MiUh, 
XIV  S.  99  Nr.  35. 

ATHEN.   MITTHEILUNGEN  XL\.  8 


ll4  K.    BURESCH 

rungen  begrenzten  Zeitraum  gesetzt.  Diese  Meinung  aber  ist 
irrig,  da  jene  gezierte  Scbrift  —  welche  sich,  beiläufig  gesagt, 
in  Asien  schon  seit  dem  2.  Jahrhundert  v.  Gh.  reichlich  an- 
gewendet findet  —  im  3.  Jahrhundert  n.  Ch.  noch  sicher  nach- 
weisbar  ist '  Wenn  wir  demnacli  aus  dem  Äussern  der  in 
Rede  stehenden  Inschrift  (Nr.  II)  betrelTs  ihres  Alters  nichts 
anderes  bestimmen  können,  als  dass  sie  nach  Nero  und  (wegen 
EZC5)  nicht  nach  den  ersten  Jahrzehnten  des  3.  Jahrhunderts 
eingehauen  ist,  so  darf  aus  dem  Umstände,  dass  in  ihr  neben 
vecoxöpo;  nicht  der  Titel  i/.m^ö-o'ki^  erscheint,  keineswegs 
geschlossen  werden,  sie  sei  älter  als  Nr.  VII  und  XIP. 

Tralles  bildete  bis  vor  zwei  Jahren  mit  Philadelpheia  in  Be- 
zug auf  die  Frage  des  Neokorats  ein  Paar.  Dieser  Titel  war 
auch  für  Philadelpheia  durch  Münzen  erst  des  Caracalla  be- 
zeugt, doch  meinte  Büchner  a.  0.  S.  110  f.  annehmen  zu 
müssen,  er  sei  schon  unter  den  Flaviern  verliehen  worden. 
Inzwischen  hat  die  von  mir  Wochenschrift  für  klassische  Phi- 
lologie 1891  S.  l242f.  vorläufig  mitgeteilte  Inschrift  gezeigt, 
dass  die  Stadt  erst  durch  Caracalla  im  Jahre  215  vscoxopo;  ge- 
worden ist*^;   dass  ihr  auch  der  Titel  txYiTpoTcoXi;  zukam,  hat 


<  Sie  ist,  wie  begreiflich,  besonders  in  Asien  beliebt,  findet  sich  aber  in 
den  verschiedensten  Gegenden  der  },'riechischeii  Well.  Eine  lange  Urkun- 
den-Reihe von  lasüs,  LoBas-Waddington  'J51-2G0.  -263-6.  269.  292  aus  der 
ersten  Ilälfle  dos  2.  Jahrhunderts  v.  Ch.  (Waddingtoii  zu  251  und  vor  252) 
ist  so  geschrieben;  eine  Meilenstein- Insclirift  aus  der  Nähe  von  Tralles  (J. 
H.  S.  II  S.  45)  129  V.  Ch.;  manches  auch  in  Mylasa  (441.  387:  1.  Jahrhun- 
dert V,  Gh.),  vieles  im  vorderen  Klein-Asien  im  I.Jahrhundert  n.  Gh.  (142a. 
143.  444.  550.  600.  600a.  1651.  620.  754.  358.  448.  147.  96  f.— 300  unter 
Gomrnodus,  1044  unter  Caracalla,  768  unter  Alexander  Sevcrus,  1007  noch 
später).  Auch  die  von  mir  Klaros  S.  9  (vgl.  S.  4.  75)  niilgeloilte  Orakel- 
Inschrift  aus  Ljdien,  welche  unter  Marc  Aurcl  eingehauen  worden  ist.  zeigt 
genau  diese  Buchslaben,  ebenso  die  sogleich  zu  ciiirende  philadelphische 
Urkunde  von  215  n.  Ch. 

2  Das  muss  man  aus  den  öfters  in  den  Titulaturen  zu  beobaclitendon  Un- 
regelmässigkeiten lernen;  vgl.  Büchner  a.  ().  6.  31  f.  41. 

3  Vgl.  auch  die  Notiz  Büchner's  in  derselben  Wochenschrift  1892  S.  2-'. 
Im  Jahr  215  bereiste  Caracalla  Asia  (ß.  C.  //.  X  S.  405  und  Waddington 
bei  M.  Giere,  De  rebus  Thijalirenorum  S.  28),  besuchte  auch  Thyaleira  und 
erhob  es  zur  Genchlstadt  (aa.  00.  S.  417  und  51  f.). 


ZUR    LYDISCHEN   EPIGRAPHIK    UND   TtEOGRAPHIE  115 

Büchner  a.  0.  S.  40  mit  Recht  aus  einigen  Inschriften  des 
frühen  3.  Jahrhundeits  geschlossen. 

Den  Neokorat  veranschaulichte  Phihidelpheia  auf  Münzen, 
auf  denen  der  Kaiser  vor  einem  Tempel  opfernd  dargestellt 
wird  (Mionnet  IV  Lydie  Nr.  583);  den  oben  erwähnten  {kai- 
serlichen Verleihungsbrief  stellte  sie  auf  einer  Marmorplatle 
eingehauen  aus,  in  einen  architektonischen  Rahmen,  welcher 
die  Front  eines  Tempels  darstellt  und  auf  dem  Epistyl  die 
Inschrift  'Avtcüveivo;  t' eV.tiCs  trägt,  prunkvoll  eingefasst.  Wenn 
wir  nun  auf  trallianischen  Münzen  des  Caracalla  eine  ganz 
ähnliche  Darstellung  finden,  nämlich  zwei  Tempel,  in  deren 
einem  eine  Rriegergestalt  steht,  während  der  andere  als  Zeus- 
Tempel  bezeichnet  ist  (Mionnet  a.  0.  Nr.  1102,  vgl.  Sup/)L 
VII  Lydie  Nr.  733),  so  werden  wir  natürlich  dazu  neigen,  in 
jener  Kriegergestalt  eben  Caracalla  zu  erkennen  und  im  Übri- 
gen die  Titulatur  der  Inschriften  Nr.  III  und  XII  —  ö  >.ay.- 
TrpoTXTr/  (u,y)Tpö)7ro).t<;  (rr,«;  'knirt.:,  xai)  vswx.opoc  ToJv  EeSxgtojv  -/.al 
Upa  TO'j  Atö?  TO'j  AapaTio'j  ^  —  hier  gleichsam  illustrirt  zu  finden. 

Hat  Tralles  wie  Philadelpheia  von  Caracalla  während  seiner 
Reise  in  Asia  215  den  Neokorat  erhalten?  Diese  Frage  zu  be- 
jähen  hindert  uns  nichts  :  von  den  oben  aufgeführten  Inschrif- 
ten sind  eben  Nr.  II,  III,  VII,  XII  mit  vswxöpo;  (und  ar,Tp6- 
TToXt?)  etwa  gleichzeitig  und  wahrscheinlich  nicht  lange  nach 
215^,  V  und  X  aber  vor  215,  V  sicher  nur  wenige  Jahre 
früher  eingehauen  worden. 

Sehen  wir  uns  nach  BeziehunEren  früherer  Kaiser  zu  Tralles 


<  Die  ganze  Manf,'clhafligkeil  der  Titulatur  in  III  erklärt  sich  wul  aus 
dem  halbprivalen  Charakter  der  Inschrift.  Das  einfache  ::dXi;  anstatt  [xTixpo- 
TcoXi?  Tf;;  'Aaia;,  welches  Nr.  VII  und  XII  aufweisen,  ist  uni  so  aullallender, 
als  die  Inschrift  wahrscheinlich  erst  unter  Caracalla,  und  stdiwerlich  vor  Nr. 
VII  und  XII  ein^'chauen  worden  ist;  doch  s.  ohen  s^.  II '«  Anni.  "I?. 

^  Bis  zu  Severus  Alexander  ( — 235)  hinabzusteigen  trage  ich  aus  paläo- 
graphischen  Gründen  fast  Bedenken.  In  seiner  Zeit  hält  sich  in  Asia  Z  wol 
nicht  mehr,  sondern  macht  dem  (übrigens  auch  im  2.  Jaluluinderl  reichlich 
vertretenen)  C  I'lalz,  wie  auch  H,  bez.  2  in  dieserZeil  die  ältere  l'orm  end- 
gillig  verdrängt;  vgl.  die  beiden  aus  tStädten  Thrygiens  stanunemlen  In- 
bchriften  LeBas  10i4  (unter  Caracalla)  und  768  (unter  Severus  Aleiander). 


H6  K.    nURERCH 

um,  so  finden  \Nir  Hadrian,  der  123  die  Stadt  besuchte ^  in 
zwei  lnsclii'irten,oben  Nr.  IX  und  C.I.G.  2927  als  Woltliäter 
bezeugt,  ^vährend  ihn  eine  Münze  sogar  y,zl<j-:-t\c,  nennt  (iMion- 
net  IV  S.  184  Nr.  1069).  Wir  wissen  zu  gut,  wie  freigebig 
die  griechischen  Städte  mit  eben  diesem  Titel  waren,  als  dass 
wir  durch  ihn  verführt  werden  soHlen,  lladrian's  Verdienste 
um  die  Stadt  auch  nur  von  fern  mit  denen  des  Augustus  zu 
vergleichen,  welcher  ja  wirklicii  -/CTiTm;  der  Stadt  gewesen  ist 
und  auch  üele^entlich,  in  der  oben  S.  108  Anm.  1  mit^eteil- 
ten  Weihinschrift,  so  genannt  erscheint. 

Etwa  25  Jahre  früher  erweist  die  Stadt  sich  dem  Trajan 
dankbar,  welchen  sie  in  i\r.  XI  als  G'jvTrjpr.Lcravxa]  toc  i/,  T^po- 
yövcov  auTTi«;  Si)ca'.a  ^  rühmt. 

Annähernd  ein  weiteres  Jahrhundert  aufwärts  führt  uns  die 
.ß.  C.  ^.  X  S.  516  Nr.  6  miti-cteiltc  recht  merkwürdi"e  \Vei- 
heinschrift  'lepsu«;  Tt€spiou  Kaicapo:  '/.al  "EyAiTiC,  ^LleSaaTvi;  Toö; 
'Ep;/.Ä;  cLsi^rr/.i^.  Da  der  Caesar  Tiberius  gewiss  der  spätere 
Kaiser  ist"',  so  wird  man  in  der  Hekate  seine  Mutter  Livia, 
nach  Augustus'  Tod  Julia  Au^usta  genannt,  erkennen  müs- 
sen  ^  denen  noch  zu  Augustus'  Lebzeiten  ein  Ncbenkult  ein- 


<  S.  Dürr,  Die  Reisen  des  Kaisers  Hadrian  S.  50. 

2  Die  Copie  giebl  Z.  8-10  allerdings 

KA0IEPOZENIYNTHPHN 
TAEKnPOrONONAYT   H   ITA 
A  I  K  A  I  A     usw. 

aber  dieselbe  —  oder  die  Arbeil  der  Steinmetzen  —  ist  so  wenig  exakt,  dass 
man  das  TA  am  Ende  von  Z.  9  wol  hinaufriicken  tiarf. 

3  Im  Jahr  4  n.  Ch.  wurde  Tiberiusvon  Augustus  adoptirt,  Mitregent— aber 
nicht  etwa  auch  Augustus  —  ist  er  sicher  schon  10  n.  Ch.  (Schiller,  Gesch. 
der  röm.  Kaiserzeit  I  S.  189).  Vgl  /ihnliche  Weihungen  an  Tiberius  noch 
als  Caesar  in  Smyrna  6  5^[ao;  TtSspiov  Kaiaapa  üeSaaroü  u'tdv  0.  l.  G.  3172, 
und  in  Epliesos  Ti[5£p''w  Kaiaapt  SeC.  utw  2958.  Weihungen  an  Tiberius  und 
seine  Mutter  öfters:  z.  B.  0.  I.  (,.  4039  Z.  24  f.,  bidden  (mit  dem  Senat) 
wurde  23  n.  Ch.  von  den  Städten  Asia's  auch  der  Provincial-Kult  dekrctirl 
(Tacitus  Ann.  IV,  15.  55  f.). 

■^  Livia-Julia  wird  sunst  "Ilpa  SsCaiirj,  vea  *Iai;  (d.  i.  Demeter)  oder  Oeä 
Ilpdvota  genannt.  Uns  dünkt  der  Titel  v^a  'ExatT)  zunächst  eine  sonderbare 
Schmeichelei  zu  sein;  doch  muss  man  die  ungemeine  Volkstümlichkeit 


ZUR   LYDISCHEN  EPIGRAPHIK  UND   GEOGRAPHIE  117 

gerichtet  worden  war.  Selbstverständlich  ist,  dass  Augustus 
seinen  Tempel  hatte — wie  sollte  sein  Caesarea  ohne  Caesa- 
reum,  bez.  Augusteum  (SsSa^Tgiov)  sein? — nannte  man  ihn 
doch  nicht  nur  xtitt-/;?,  sondern  auch  bei  seinen  Lebzeiten 
schon  Golt',  wie  die  oben  S.  108  Anm.  1  ausgeschriebene 
Weiheinschrift  der  Gerusia  zeigt. 

Natürlich  war  von  diesem  städtischen  Kult  des  kaiserlichen 
Wolthäters  und  seiner  Familie  bis  zum  ofiiziellen,  durch  den 
Provincial-Landtag  beschlossenen  und  vom  römischen  Senat 
bestätigten  (Rom- und)  Kaiserkult,  dem  eigentlichen  Xeoko- 
rat  ein  weiter  Schritt;  zufällig  erfahren  wir  aus  Tacitus  Ann. 
IV,  55,  dass  unter  den  1 1  Städten  Asia's,  welche  im  Jahre  26 
n.  Ch.  vor  dem  Senate  sich  um  den  Tiberio  matrique  eins 
(Julia  Augusta)  ac  senatui  zu  erbauenden  Provincial-Tempel 
bewarben,  auch  das  reiche  Tralles  sich  befand,  aber  nebst  Hy- 
paepa,  Laodicea  a.  L.  und  Magnesia  a.  M.  von  vorn  herein 
abgewiesen  wurde. 

Hiermit  sind  die  Daten  für  die  innere  Geschichte  von  Tral- 
les, soweit  ich  sehe,  erschöpft.  Der  Rest  ist  dunkel.   Seit  der 


dieser  Göllin  im  vordem  Kleinasien,  uud  ganz  besonders  in  Karien  boden- 
kea,  wo  sie  (im  Kult-Centrum  Stratonikeia-Lagina)  als  Hauplgotlhoil  ne- 
ben Zeus  Panemerios  verehrt  wurde.  Doss  der  Kult  auch  in  Tralles  bestand, 
beweist  die  Urkunde  ß.  G.  H.  IV  S.  337  Z.  25  npia;:tov  /.al  'E/.aTsoj  (:=-a{oj) 
aüXrj,  sowie  Münzen  mit  dem  Bilde  der  Hckate  (llead,  Hixl.  numurum  S. 
5)5);  aueb  fallt  der  Name  von  Tralles  in  der  Liste  der  Städte,  welche  das 
Asylrecht  des  Hekale-Heiligturas  in  Lagina  ofTiziell  anerkannt  haben,  im- 
merhin auf  (im  berühmten  S.  C.  von  Lagina  Col.  V  fr.  iV  2  :  D.  C.  II.  IX 
S.  451). 

'  Auch  das  Caesarca-Tralles  bezüglich  des  Ursprungs  seines  Namens  so 
nahe  stehende  Sebaste  in  Phrygien  (vgl.  oben  S.  108  Anm.  2)  halte  seinen, 
für  spätere  Zeilen  reichlich  bezeugten  Kaiserkull  (  ß.  6\  .W.  VII  S.  4^9.  451 
mit  der  von  mirWochenschrifl  für  klass.Philologie1894S.107  angemerkten 
Berichtigung  Ramsay's,  deren  Unkennlniss  Büchner  a.  O.  S.  119  zu  einem 
seine  Anschauung  von  den  äp/ispsT;  zf,;  'Aai'a;  beeintlussenden  Fehlschluss 
veranlasst  bat)  gewiss  schon  zu  Lbrcn  seines  Wollhälers  Augustus  gesliflet. 
Überhaupt  ist  es  durch  ('.  /.  G.  3902  b,  B.  0.  //.  X  S.  307.  XI  Ö.  155  Nr.  0! 
u.  a.  (Eumeneia  Phr.,  aus  dem  letzten  Jahrzehnt  v.  Ch.,  Alabaniia,  Lagina) 
völlig  gesichert,  dass  schon  unter  Augustus  jede  bedeutendere  Stadt  in  Asia 
ihr  KataaoEiov  hatte  (vgl.  Mummsen,  Köm.  Gesch.  V  S.  321,  auch  M.  Clerc, 
a.  U.  S.  08  f.  97  f.). 


li:^  K.    DURESCH 

Mitte  des  2.  Jahrliiinderts  erscheint  eine  reiche  Familie,  die 
in  melireren  Generationen  äp/iepsi;  (t95;  'Adac),  bez.  äaiäpyai 
aiilzuweisen  hat',  liier  beü;innen  die  unentschiedenen  Streit- 
fra<i;en  über  das  Wesen  an  sich  ziemlich  wesenloser  Titel,  wel- 
che  uns  hier  nicht  angehen.  Wir  stellen  hier  die  folgenden 
Thatsachen  fest:  1)  Tralles  hat  sich  vom  Jahr  26  v.  Gh.  bis 
in  Nero's  erste  Regierungszeit  hinein  offiziell  Kaiaxpeia,  spä- 
ter bis  mindestens  in  die  ersten  Jahrzehnte  des  3.  Jahrhunderts 
hinein — stetig, versteht  sich,  n  ur  in  offiziellen  Urkunden — 
KatTipsix  Tpy-XXsi;  genannt.  N'olkslümlich  jedoch  ist  der  hüü- 
sche  Name  weder  in  der  Stadt  noch  ausserhalb  derselben  je 
gewesen,  und  er  konnte  es  in  Folge  des  Missbrauchs,  welcher 
gerade  unter  Augustus  und  Tiberius  überall  mit  ihm  getrie- 
ben wurde,  nicht  wol  werden. 

2)  Üa  sämtliche  Inschriften  von  Tralles,  welche  die  Stadt 
vcci)/.6po;  (und  [y-r,Tp6-o>.i(;  Tr,<; 'Acria; )  nennen,  höchst  wahrschein- 
lich erst  dem  frühen  3.  Jahrhundert  entstammen  und  auf 
keiner  ihrer  jNlünzen  vor  Garacalla  ein  vswx.öpo?  erscheint,  so 
ist  die  Verleihung  des  Neokorats  (und  wahrscheinlich  auch 
des  Titels  {;-yiTp6~oXi;)  an  Tralles  diesem  Kaiser  zuzuschreiben, 
der  im  Jahr  215  mit  gleicher  Gnade  Philadelpheia  (und  Hie- 
rapolis,  vielleicht  auch  andere  Städte^)  bedacht  hat. 


Die  neue  Inschrift  von  Antiocheia  ist  also  schwerlich  nach 
Nero  anzusetzen,  da  an  unserer  Erklärung  der  Katcapsii;  in  Ä 
Z.  3  als  Tpy.)J'.avot  nicht  wol  bezweifelt  werden  kann.  Ein  an- 
derer,  sehr  ähnliclier  Name  der  Städteliste,  6  Sr^y-o«;  ö  Neoxai- 
Gape'cov  BZ.  6  f.  erlaubt  uns  vielleicht  eine  noch  genauere 
Datirung.  W^as  für  ein  Neokaisareia  ist  hier  gemeint?  Wer 
den  Anlass  unserer  Inschrift  bedenkt  und  ähnliche  Urkunden, 
wie  sie  ja  gerade  auch  Karien  bietet,  vergleicht-^,  wer  endlich 


<  S.  Biicimer  a.  O.  S.  121  und  128,  auch  n.  0.  II.  X  S.  457. 

2  Ilicrapolis  nach  den  Münzen:   s.  Büchner  a.  ü.  S.  llü,  üher  Thyaleira 
s.  M.  Clerc,  a.  0.  S.  68  f. 

3  S.  oben  S.  105. 


ZUR   LYDISCHEN  EPIGRAPHIK    UND   GEOGRAPHIE  119 

einen  Blick  auf  unsere  Liste  wirft,  welche  offenbar  eine  An- 
zahl gemeinsam  für  eine  Person  interessirter  Städte  von  den 
Abhängen  des  Tmolos.  aus  dem  Kayster-Thale  und  dem 
Stromgebiet  des  Mäander  zusammenfasst:  der  wird  in  den 
Neojcai'japEi;  weder  die  bekannte  pontische  noch  die  bithyni- 
sche  Stadt  dieses  Namens  erkennen  wollen.  Und  doch  wissen 
wir  von  keinem  dritten  Neokaisareia. 

Ein  glücklicher  Zufall  will,  dass  die  Lösung  eines  Pro- 
blems der  Münzkunde  zugleich  die  unseres  geographischen 
Rätsels  bringt  und  dass  die  eine  Lösung  die  stichhaltige  Probe 
auf  die  andre  abgiebt.  Eine  Reihe  von  Münzen  mit  der  Auf- 
schrift Nsoy.aiTapecov  ist  bisher  nicht  sicher  untergebracht.  Es 
sind  dies  die  bei  imhoof-Blumer,  Griech.  Münzen  S.  576 
Nr.  49-52  und  Mionnet  Suppl.W  S.  447  Nr.  168-170  ver- 
zeichneten Münzen,  von  ersterem  auf  das  bithynische,  von 
letzterem  auf  das  pontische  Neokaisareia  bezogen.  Gemeinsam 
ist  diesen  Münzen  zunächst  die  Eigentümlichkeit,  dass  sie 
Bildnisse  nur  des  Tiberius,  Cali^ula  und  Claudius  trafen. 

Imhoof-Blumer  selbst  bemerkt  nun  in  einem  Nachtrage 
a.  0.  S.  772,  dass  die  oben  erwähnten  Beziehungen  jener 
Münzen  nicht  als  gesichert  zu  betrachten  seien,  dass  diese 
Münzen  ihrem  Charakter  nach  vielmehr  einer  Stadt  der 
Provinz  Asia  anzugehören  scheinen,  deren  Einwohner  wäh- 
rend einiger  Decennien  den  Namen  Nsoxaioapsi?  angenommen 
und  dann  wieder  abgestreift  hätten,  wie  z.  B.  die  Trallianer 
denjenigen  der  Kaifjapsfi;. 

Das  von  dem  gelehrten  Numismatiker  glücklich  angefülirte 
Beispiel  ist  uns  durch  unsere  Inschrift,  welche  Kaicaps-f;  und 
N£ox.at»7ap£i;  neben  einander  enthält,  unmittelbar  vor  die  Au- 
gen gerückt.  Wenn  uns  in  unserer  Liste  nun  ferner  .1  Z.  i 
Sardes  nicht  nur  als  die  bei  weitem  nördlichste,  sondern 
auch  als  die  einzige  Stadt  desHermos-Thals  und  Tripolis  als 
die  Vermittlerin  zwischen  Hermos-(bez.  Kogamos-)  und  Mä- 
ander-Thal auffallen,  so  müssen  wir  das  ungefähr  mitten  zwi- 
schen beiden  an  der  grossen  Strasse  gelegene  blühende  Phi- 
ladelpheia  in  der  Liste  fast  vermissen.  \\'ie  wenn  das  /^  Z. 


120  K.   BURESCH 

6  f.  unmittelbar  neben  Tripolis  gestellte  Neokaisareia  dessen 
kaum  5  Meilen  entfernte  Nachbarstadt  Philadelpheia  wäre? 
Des  Numismatikers  Fin»erzeio;  überzeu2;te  mich  von  der  Iden- 
tität  der  Nsoxa-nacctc  unserer  Inschrift  mit  denen  der  heimat- 
losen Münzen  :  ein  ^'eri;leich  dieser  letzteren  mit  den  Münzen 
von  Philadelpheia  könnte  vielleicht  eine  Probe  auf  meine  obige 
\'ernuitung  sein. 

Unter  den  Münzen  dieser  Stadt  bei  Imhoof-Blumer  a.  0. 
lallt  uns  eine  kleine  Gruppe  (S.  72üf.  Nr.  606 — 9)  auf,  welche 
Bildnisse  des  Caligula  (G.  Gaesar)  und  des  Glaudius  trägt  und 
neben  ^ikx^ilc^iGi^  den  sonst  für  diese  Stadt  ganz  unbezeugten 
Beinamen  <I>iXo/'.aiT7.p(i)v  setzt,  wozu  der  Herausgeber  noch  die 
Aufschrift  ZavOot;  ispsu?  Pspy-avucoo  auf  einer  von  Head  beschrie- 
benen philadelphischen  Münze  Galigula's  vergleicht.  Von  die- 
sen Münzen  interessirt  uns  besonders  Nr.  609,  welche  folgen- 
dermassen  beschrieben  wird  : 

KXaüS'.o; Ropf  des  Glaudius  rechtshin. 

Rv.  $i>.3cSsX^£(uv  [*I>i]Xo)ca',(7ap[ü)vl  Mapo.Vier  zusammenge- 
b  u  n  tl  e  n  e  Ähren. 

Die  gleiche  Eigentümlichkeit  nun,  eine  aus  vier  (so  Nr.  52) 
oder  fünf  (so  Nr.  50.  51)  Ähren  zusammengebundene  Garbe 
weisen  die  oben  erwähnten  unbestimmten  Nsoxaicapsi^-Mün- 
zen  bei  Imhoof-Blumer  a.  0.  Nr.  50  —  52  auf,  welche  aus- 
serdem gegenüber  dem  NsoKXKiapewv  Glaudius'  Kopf  (eben- 
falls rechtshin)  mit  der  Beischrift  T.  K^aoSio?  Fepaavixo«;  Kat- 
aap  tragen.  Vielleicht  ist  auch  das  H(?)ONAPOC  auf  Nr. 
5t  (neben  Nsojcaicapecüv )  mit  dem  .  .  .  .AIAPOC?  auf  Nr. 
606  ( unter  ^iXaSeXflpewv )  zu  vergleichen. 

Diese  auffallende  Ähnlichkeit  der  Neo/catcapei^-Münzen  mit 
den  innerhalbdes  selben  kurzen  Zeitraums  weniger  Jahr- 
zehnte auftretenden  <I>iXox.7.i<7ape<;-Münzen   von  Philadelpheia* 


'  Die  Ährengarhe  ist  bekanntlich  üijerliaupt  der  Provinz  Asia  cigcnlüni- 
licli,  kommt  jcdocii  auch  andcMswo  auf  Münzen  der  römischen  Kaiserzeil 
vor.  Icli  glaul)e.  dass  diese  Thatsache  die  Wahrscheinlichkeil  der  oben  vor- 
getragenen KombinaUon  niciil  schwächt.  Immerhin  ist  es  sehr  wünschens- 
wert, dass  die  Provenienz  jener  Neoxataap£t$-Münzen  lestgestellt  werde. 


ZUR   LYDISCHEN   EPIGRAPHIK    UND   GEOGRAPHIE  121 

giebt  die  Kombination  an  die  Hand,  diese  Stadt  habe  aus  ir- 
gend einem  Anlass  kurze  Zeit  jene  beide  Namen,  bez.  Bei- 
namen geführt.  Über  diesen  Anlass  kann  nun,  sofern  die  vor- 
getragene Kombination  das  liiclitige  trüTt,  kaum  ein  Zweifel 
sein.  Die  älteste  der  N3o/.at(iap£i<;-Münzen  a.  0.  Nr.  49,  übri- 
gens ausgezeichnet  durch  die  Schreibung  Nsoy.scapei? )  trägt 
Bild  und  Namen  des  Kaisers  Tiberius:  wir  werden  uns  die 
Münze  also  nach  dem  Jahr  17  geschlagen  zu  denken  haben,  in 
welchem  ein  furchtbares  Erdbeben  zwölf  Städte  in  Asia,  dar- 
unter auch  Philadelpheia,  zerstörte  und  Tiberius  zu  einem 
Akte  weiser  Grossmut  Anlass  gab.  Die  Dankbarkeit  der  Städte, 
zu  denen  sich  23  und  29  die  von  gleichem  Unglück  heimge- 
suchten Städte  Kibyra  und  Ephesos  gesellten,  hat  sich  be- 
kanntlich in  einem  kolossalen  Ehrenmonument  ausgespro- 
chen, das  dem  Kaiser  in  Rom  gesetzt  wurde  K  Natürlich  durf- 
ten auch  die  andern  beliebten  lluldio-unfj-en  nicht  fehlen:  die 

o       o 

wieder  aufnebauten  Städte  nennen  den  kaiserlichen  Wolthäter 
xTidTV}?  EVI  /caipö  SwSsjca  ttoXewv^;  mehrere  von  ihnen,  als  Sar- 
des,  Mostene,  llyrkanis,  Kyme,  Kibyra  und  Alyrina  haben, 
wie  mit  grösserer  oder  geringerer  Wahrscheinlichkeit  anzu- 
nehmen ist,  aus  diesem  Anlass  einige  Zeit  den  Beinamen  Kat- 
(japsioc  geführt-^. 


*  S.  Nipperdcy  zu  Tacilus  Ann.  II,  47,  der  Ilauptslelle  für  das  Erdbe- 
ben. Ein  Bruchstück  von  der  Beschlusslassung  der  in  Sardes  zusainmeu- 
getrelenen  Städte  liegt  bekanntlich  nach  Böckh's  glänzender  Erklärung  in 
C.  l.  G.  3450  =  Le  Bas-Waddington  620  vor.  Das  Monument  von  Futeoli 
(aut  dem  Philadelpheia  als  Priesterin  erscheint)  ist  am  zugänglichsten  in 
Baumeister's  Denkmälern  S.  1297,  wo  auch  die  Ilauplnachweise. 

2  So  in  einer  wahrscheinlich  aus  Mostene  (wenn  nicht  aus  Magnesia  a. 
S.)  stammenden  Weihung  ( /i.  C.  H.  1887,  S.  89  Nr.  9^  was,  ins  Lateini- 
sche übersetzt,  auf  einer  von  Scbuchhardt,  Altertümer  von  Aegae  S.  51  vor- 
Irelllich  erklärten  und  ergänzten  Inschrift  wiederkehrt. 

^  Mionnct  IV  S.  122  Nr.  690  Katjapewv  SapSiavwv  und  Kopfe  derCaesaren 
Drusus  und  Germanicus;  6  o^i^ioj  6  Kaiaapswv  i^apotavwv  in  eintM'  Weilumg  an 
Claudius  6'.  /.  G.  3453  (heute  in  Kassaba,  von  mir  genau  kopirt)  und  3456. 
Mionnet  IV  S.  90  Nr.  487  und  Suppl.  VII  S.  393  Nr.  319  Kauaoewv  MojTr.vwv 
(Claudius)  III  S.  10  Nr.  62  Kaiaap^wv  Kujiai'wv  (Nero).  Auf  Münzen  des 
Scptimius  Sevcrus  und  Caracalla  ist  Kaiaap^wv  K(5jpaTwv  häutig,  doch 
auch  auf  Inschriften  zu   finden:    ß.  C.  U.  l[   Ö.  593f.  X  S.  220  Z.  26.  My- 


122  K.   BURESCH 

Am  schlimmsten  war  nach  Tacitus  a.  0.  Sardes  zugerichtet 
worden  —  der  zeitgenössische  Epigrammatiker  Bianor  (A.  P. 
IX,  423)  l)eschreibt  die  Zerstörimi»-  als  eine  V(Ulii>e  —  und  ihm 
wandte  sich  desiialb  Tiberius'  Fiu'soro;e  vor  allen  andern  zai. 
Die  Barmherzigkeit  des  Kaisers  ist  von  der  Stadt  auf  Münzen 
symbolisch  dargestellt  worden  :  denn  das  von  Mionnet  Suppl. 
VII  S.  417  Nr.  460  beschriebene  Stück  üapSiavöJv  ^ileSaoTtp 
Ka[i(7apt  (so  zu  ergänzen)  mit  der  Darstellung  Aui^ifste  ou  Ti- 
hcre  debout,  vctu  de  La  tage,  relevant  une  femme  cre'nelee 
prosternee  ä  ses  pieds  und  gegenüber  Julia  Augusta  wird 
doch  wol  eine  die  Wiederaufrichtung  der  Stadt  durch  Tibe- 
rius feiernde  Denkmünze  sein. 

Die  benachbarte  Leidensgenossin,  das  unaufhörlich  von 
Erdbeben  heimgesuchte^  Philadelpheia,  wird  im  Jahr  17  eben- 
falls sehr  beträchtlich  geschädigt  worden  sein  und  des  Tibe- 
rius Unterstützung  genugsam  in  Anspruch  genommen  haben : 
es  nannte  sich  den  ebenso  zahlreichen  als  naheliegenden  Bei- 
spielen  folgend  und  vielleicht  mit  absichtlichem  Anklang  an 
den  Namen  der  nahen  Stadt  H  ierokaisareia^  huldisiend 
Neokaisareia,  welcher  Titel  nur  sehr  lose  gesessen  und 
seinen  Urheber  nicht  lange  überlebt  hat''. 


rina  nennt  sich  zwar  schon  in  einer  Weihiini,'  an  Auijnsliis  of,ao;  6  KaiaapEwv 
Mupiva^'wv  (MouasTov  1876  S.  16  Nr.  pT]'),  (loch  ist  die  Notiz  Tlin.  N.  H.  V, 
121  Mjjrina,  quae  Sebastopolim  se  vocat,  vielleicht  auf  den  Anlass  des 
Jahrs  17  zu  heziehen.  Ilyrkanis,  welches  sich  auf  seinen  Münzen  und  in 
einer  Weihun<,'  an  Caracalla  {IL  0.  //.  1887  S.91  Nr.  II)  Ma/.soovwv  Tpxa- 
vwv  7:0X1;  nennt,  heisst  in  einer  Weihung  an  Vesj»asian  otiUo;  6  Kaiaapt'wv 
MaxsBdvwv  Tpxavtojv  {Journal  of  philology  VII  S.  145,  mir  unzufj;änglich). 

<  Slraho  hehl  zweimal,  XII  S.  579  und  XIII  S.  628,  Philadelpheia  als  fort- 
während von  Erdbehen  heimgesucht  hervor  und  erklärt  die  Erscheinung  aus 
der  Nähe  der  /.aTay.£/.aj|x£vr]. 

2  Diese  Stadt  wurde  ebenfalls  im  Jahr  17  vom  iMdbclicii  .schwer  geschä- 
digt. Die  Vermutung,  dass  sie  ihren  Namen  wie  Tralles  und  Sch.isU^  l'hr. 
anlässlich  des  Erdbebens  des  Jahrs  26  v.  Ch.  angenommen  habe,  habe  ich 
Wochenschrift  für  klass.  Phil.  189'<  S.  110  begründet.  Dass  sie  früher  Iliera 
Korne  hiess,  sprach  ich  bereits  Klaras  8.  3  aus,  was  sowol  Ramsay  {Hisl. 
(jeofjraphy.  8.  128)  als  Radet  {La  Lydie  S.  316  11'.)  unbekannt  ist. 

3  Wenn  der  Titel  immerhin  noch  unter  Claudius  auftritt,  so  mag  das  sei- 
nen Grund  in  einer  Erneuerung  des  Anlasses  haben.  Nach  Malalas  (S.  246 


zun   LYDISCHEX   EPIGRAPHIK   UND   GEOGRAPHIE  123 

Für  die  Datirung  unserer  Inschrift  von  Antioeheia  ergiebt 
sich  aus  den  obigen  an  die  Namen  Kxi<Tap6i<;  und  NsoxatGapet? 
geknüpften  Erörterungen,  dass  sie  niclit  allzu  bald,  aber  auch 
nicht  allzu  lange  nach  dem  furchtbaren  Unglück  des  Jahres 
17,  sagen  wir  zwischen  20  und  55  eingehauen  sein  wird.  Das 
einigermassen  befremdende  einfache  SapStavcüv  '  /l  Z.  1  anstatt 
des  oben  S.  121  Anm.  3  aus  Claudius'  Zeit  nachgewiesenen 
Kai'japswv  SapStavcöv  berechtigt  uns  vielleicht,  bis  zur  unter- 
sten Grenze  hinabzugehen. 

Der  dritte  merkwürdige  Name  unserer  Inschrift  ist  der  si- 
cher hergestellte  2  Name  der  MucroaaxsSöve;  'K  Derselbe  bedeutete 
bisher  ein  geographisches  Rätsel:  da  Ptolemaeus  V,  2,15  die- 
sen Demos  in  recht  unbestimmter  Weise  nach  der  Troas,  bez. 
Mysien  verlegt,  Plinius  aber  in  der  an  die  Spitze  dieser  Erör- 
terungen gesetzten  Stelle  (oben  S.  107)  ihn  dem  ephesischen 
Gerichtsbezirk  zuzählt,  so  war  man  ratlos. 

Eine  kurze  historische  Betrachtung  mag  zunächst  den  Na- 
men selbst  erklären.  Die  hellenistischen  Könige  hatten  ausser 
den  bekannten  makedonischen  auch  kilikische  und  endlich 
auch  mysische  Söldnertruppen,  wie  sie  z.  B.  Polybios  (31, 
3,3)  168v.Ch.  in  syrischen  Diensten  erwähnt.  Auch  eine  wich- 
tige pergamenische  Inschrift  (Nr.  249  in  Fränkels  Samm- 
lung) führt  sie  neben  andern  Truppengattungen  auf:  Z.Uff. 
Toiv  axpaTKOTcüv  toi;  y.oLxov/.orjni^  Tv^a  TröXiy  y.(xl  xrr{  ytopav,  öaoiü)? 
oe   xai   Maxeoöciv   x,al   Mugoi?   y.ai   toi<;   äva<pepou.£vo'.;    iv   tu 


Bonn.  Ausg.)  schädigte  unler  seiner  Regierung  ein  gewalliges  Erdbeben 
Ephesüs,  Smyrna  'und  viele  andere  Städte  Asiens',  ardT-.j-.v  r/aofaaTo  r.ollx 
£i;  ävaveojaiv.  Das  auf  ewig  bebendem  Boden  stehende  Pbiladelpheia  wird  da- 
mals wol  wieder  bülfiibcdürftig  gewesen  sein. 

<  Die  von  Kubitschek  nach  dem  SAi^  seiner  Abschrift  und  seines  Ab- 
klatsches vorgenommene  Ergänzung  2a[p]5[iavwv  wird  durch  meine  ältere 
Lesung  SAH  (wozu  ich  notirte:  II  unsiciier)  durchaus  bestätigt. 

2  Kubitschek  glaubt  NYIONAKEAGNÜN  gelosen  zu  haben;  meine  Le- 
sung s.  0.  S.102.  Ich  erkenne  auch  heute  auf  dem|Abklatsche  ^YIOMA  usw. 

3  Ramsay's  (liisl.  geography  S.  118)  Behauptung,  dass  das  Mijsuma- 
cedones  in  des  Plinius  uns  so  wertvoller  Conventus-Liste  (s.o.  S.I07) 
'sicher  falsch"  sei,  weil  keine  Stadt  an  der  N-Seile  des  Tmolos  zum  Con- 
ventus  von  Ephesos  gehöre,  erledigt  sich  hiemit. 


124  K.    BURESCH 

9poupt(i)  xal  Tvi  Trogst  rvi  i^y^cüx  xaTOixot(;  xal  Ma^Suvivoi?  USW, 
Es  gab  auch  offenbar  nicht  nur  makedonische^  sondern  auch 
niysische  Militärkolonien,  \vorauf  Fränkel  a.  0.  richtii>;  die 
M'jTcöv  x.aTotx.iai  bei  Polybios  5,  77.7  bezieht.  >velche  Attalos 
1  im  Jahre  21 8  bei  seinem  Zuge  zur  Unterwerfung  des  ihm  von 
Achaios  abgenommenen  Gebiets  berührt.  Die  Aeolis  ist  ihm 
^vieder  zugefallen,  und  er  verhandelt  darauf  mit  dem  ihm  treu 
gebliebenen  Smyrna;  dann  überschreitet  er  den  Lykos  —  wie 
Fränkel  schon  erkannte,  der  Nebenfluss  des  llermos,  an  dem 
Thyateira  liegt  —  und  Trpov^ysv  i%i  tolc,  twv  Mucwv  y. aTODCia?, 
von  Avo  er  sich  nach  Mysien  wendet.  Hierzu  stellt  sich  vvol 
noch  die  von  Fränkel  nicht  verwertete  Anmerkung  Strabo's 
XIII  S.  625  6uaT£tpa  xaroiscia  MaxeSovcov,  y]v  Mugojv  STyaTYiv 
(d.  h.  südlichste)  nvec  ^aciv. 

Wenn  wir  aus  diesen  Stellen  lernen,  dass  die  mvsischen 
Kolonien  sich  auf  der  lydisch-mysischen  Grenze  und  in  Nord- 
Lydien  befanden,  so  erfahren  wir  daraus  natürlich  für  die  Lage 
unseres  Demos  der  Mysomakedonen  nichts,  wol  aber  lässt  sich 
die  Sache  vergleichen,  wie  das  schon  Fränkel  a  ü.  S.  174a 
gethan  hat.  Ein  gewisser  Distrikt  Lydien's  war  mit  •/.xtov/.Ioli 
(  =  >toJaai)  bedeckt,  welche  ursprünglich  vielleicht  von  verei- 
nigten mysischen  und  makedonischen  Söldnern  angelegt  wor- 
den w'aren  ;  diese  Ortschaften  (welche  sehr  ansehnlich  und 
durchaus  stadtähnlich  gewesen  sein  können)  schlössen  sich 
zu  einem  Sr/ao?  Muiop-axeSövcov  zusammen. 

Über  diese  Art  von  Gemeinde-Bünden,  welche  in  Rleinasien 
sehr  verbreitet  waren,  an  einem  andern  Orte  mehr;  hier  sind 
nur  die  in  unserer  Inschrift  unmittelbar  neben  den  Muco[Aa)c6- 
Sovs?  genannten  Sviao'.  Ki>.Stav(i)v  twv  avw  und  töjv  -/.octco  heran 
zu  ziehen.  Diese  umfasslen  das  paradiesische  obere  und  mitt- 
lere Kayster-Thal  (hier  an  die  KaOarpiavoi  grenzend),  enthiel- 
ten eine  ganze  Reihe  Ortschaften,  als  Ko>.6yi,  Nt/.aix,  Yl(x.lon&- 
TcoA'.;-  und  schlugen  zahlreiche  Münzen  mit  Aufschriften  wie 


<  Über  diese  vgl.  Schucliliardl,  in  diesen  Millti.  XIII  S.  1  U". 

2  Ich  tiabe  das  ganze  Ki)>6iav(iv  und  das  Kajatpiavov  -e5;ov  181) l  uulersiiclil 


ZUR   LYDISCHEN  EPIGRAPHIK   UND   GEOGRAPHIE  \% 

KiXStavÖiv  Tüiv  av(o,  Ki>.€'.a,vüiv  täv  reo!  Nixaiav,  Nt/.aewv  tcüv  gv 
Kt^ßtavö,  Ki>.€iav(i»v  Ksa'.Tcov  (oder  Ksa'.töjv)^  Alles  Weitere 
meinem  ausführlichen  Berichte  vorbehaltend  erwähne  ich  nur 
noch,  dass  die  Üemen  sowol  der  Mysomakedonen  als  der  Kil- 
bianer  bisher  in  keiner  Stein-Inschrift  erschienen  waren. 

Wo  haben  wir  den  Distrikt  der  mysomakedonischen  Ort- 
schaften zu  suchen?  Schwerlich  in  einem  der  reichen  Fluss- 
thäler  Lydiens:  denn  in  diesem  Falle  würden  sie  doch  wol  wie 
die  Kaystrianer,  Kilbianer  u.  a.  solche  x.wfxr.^'öv  lebenden 
Stämme  Münzen  geschlagen  haben;  derlei  sind  aber  bis  heute 
nicht  zu  Tage  gekommen.  Schon  deshalb  möchte  ich  an  eine 
ärmliche  [3erglandschaft  denken  und  wir  können  dieselbe  heute 
mit  ziemlicher  Wahrsciieinlichkeit  bestimmen.  Ein  Blick  auf 
die  Karte  zeigt,  dass  des  Plinius  oben  ausgeschriebene  Liste 
der  Städte  des  ephesischen  Gerichtsbezirks  nach  gewissem 
geographischen  Prinzip  angeordnet  ist:  Metropolis  im  joni- 
schen Küstenlandc,  SO  davon  Tralles,  NO  die  Demen  der 
Kilbianer,  daran  anschliessend  die  Mysomakedonen,  dann  die 
Nachbarstädte  Mastaura  und  Briula  am  SO-Abhange  der  Me- 
sogis,  endlich  Hypaipa  und  Dios  Hieron,  nahe  bei  einander 
am  S-Fuss  des  Tmolos. 

Das  Städteverzeichniss  unserer  Inschrift  ist  nun  zwar,  wie 
von  vornherein  (oben  S.106)  anerkannt,  nicht  nach  geogra- 
phischem Prinzip  geordnet;  indessen  ist  eben  so  klar,  dass 
A  Z.  4-10  und  Z?  Z.  5  f.  nicht  rein  zufällig  Nachbarstädte  zu- 
sammengestellt erscheinen.  Und  so  hat  es  denn  auch  unzweifel- 


und  einen  vorläuligeii  Bericht  von  den  geographisclien  Ergebnissen  in  den 
Berichlcn  der  sachsischen  Ges.  der  Wissenschaften  1892  S.  48  IT.  gegeben, 
aufweichen  ich  vorläulig  verweise.  Seit  meinem  Besuche  des  Vororts  der 
oberen  l-Jbenc  Balianiliuli-l'ahicopolis  ist  hier  eine  vom  Jahr  '2b9  (wol  nach 
der  Aera  von  Acliuni  =  22'J  n.  Ch.)  dalirlc  Inschrift  zu  Tage  gci<ommon,  wel- 
che den  langst  vorausgesetzten  Namen  IlaXaiario).'.;  enthält  (s.  Kubitschek- 
Reichel,  Reisebericht  S.  9). 

'  Alle  früheren  Angaben  über  die  Münzen  der  Kilbianer,  auch  Head, 
Hist.  numonim  S.  54'J,  sind  nach  der  neuen  Behandlung  derselben  durch 
Imhoof-Blumer,  Nuinism.  Zeitschrift  XX  ( 1888)  ö.  1  11'.  und  Griech.  Münzen 
S.  716  wesentlich  zu  beiichligen. 


126  K.   BURESCH 

haft  in  der  Nachbarschaft  der  Mysomakedonen  und  Kilbianer 
seinen  Grund,  wenn  sie  in  unserer  Inschrift  wie  in  des 
Plinius'  Liste  zusammengestellt  sind.  Kurz,  die  erstem  be- 
\volinten  entweder  das  0  an  die  obere  kilbianische  Ebene  gren- 
zende Beri-land  des  SO-Tmolos,  in  welchem  ich  1891  antike 
Ansiedelungen  festgestellt  habe',  oder  aber  das  SO  ans  KiX- 
ßtavöv  grenzende,  bisher  völlig  unbekannte  Gebirge  zwischen 
naXaii7ro>.'.;-Baliamboli  und  Tripolis  oder  besser  Rulladan, 
d.  i.  die  östliche  Mcsogis-^.  In  dieser  Anschauung  darf  uns  viel- 
leicht noch  der  Name  und  die  ungetähr  bestimmbare  Lageder- 
kleinen  lydischen  Stadt  MucoTO[y.co).o;'^  bestärken.  Dieselbe 


<  S.  den  Voiläiiligeii  Ilcisebericlit  a.  O.  S.  48. 

2  Icli  Irell'e  mich  in  diesem  Ansalze  mit  Radel,  welcher  in  seinem  neuen 
Buche  La  Lydie  et  le  monde  grec  au  temps  des  Mennnades  S.  315  (unter  Ver- 
weisung auf  seine,  mir  nicht  zugängliche  Schrift  De  coloniis  a  MacedonUms 
in  Asiam  eis  Taurum  deduciis  S.  28)  die  Mysomakedonen  zwischen  Ma- 
slaura-BriuJa  und  dem  KtX6iavdv  sucht. 

3  Hieruklcs  671,3  und  die  Bischofslislen  nennen  die  Stadt  übereinstim- 
mend MeTOTuaoXo?,  während  Plinius  nach  der  bei  weitem  besten  Überliefe- 
rung (nur  der  Verbesserer  des  Parisinus  machte  aus  dessen  verstümmeltem 
mesilo:  mesolimolilae)  Mysotimolitae  hieiei.  Dieses  ist  unzweifelhaft  die  rich- 
tige Namensform,  die  man  (auch  ich  selbst,  Klaros  S.  14)  nicht  hätte  ver- 
kennen Süllen.  Die  genannten  griechischen  Quellen  wimmeln  bekanntlich 
von  unzähligen  Verderbnissen,  deren  Mehrzahl  sich  aus  der  vulgären  Aus- 
sprache der  Namen  erklärt.  Diese  Tbalsacbe  haben  zwar  schon  Wesseling 
und  Ramsay  (Hislorical  geography  S.  126)  gelegentlich  bemerkt,  jedoch  sy- 
stematisch und  mit  der  nötigen  Kenntniss  des  Vulgärgriechisch  ist  dieser 
Gesichtspunkt  bei  der  Bearbeitung  weder  jener  Listen  noch  sonstiger  spät- 
griechischer Sprachdenkmäler  von  irgend  Jemand  verwertet  worden.  Nun 
ist  in  der  vulgären  griechischen  Sprache  die  Verwechselung  des  I-Lauls  (t  tj, 
besonders  auch  u)  mit  dem  E-Laul  häuüg:  also  durch  vulgären  Ein- 
fluss  ist  in  den  bekanntlich  mit  ausserordentlicher  Nachlässigkeit  her- 
gestellten Listen  aus  M'jaoTU[j.ojXo?  MeaoT'jjjioXo;  (-eXXo?)  geworden.  Dazu 
kommt,  dass  die  Quellen  wie  die  Überlieferung  des  Plinius  bei  weitem  rei- 
ner und  älter  sind  und  seine  Namen  sich  meistens  gut  bewähren.  Endlich 
bedenke  man,  dass  MeaoTÜ[j.ü}),o;  (d.  i.  aus  [liaa;  und  TüjjlwXo?  zusammenge- 
setzt und  etwa  Mittellmolossladt  bedeutend)  doch  eine  höchst  bedenkliche 
Bildung  ist  und  nach  Volksetymologie  aussieht.  Ramsay  ist  hier  wie  oft  in 
den  Abschnitten  über  Lydia  und  Asia  schwer  verständlich :  er  hält  noch 
an  MeaoTJixwXo;  fest,  nennt  diese  l''orm  auch  a.  Ü.  S.  128  die  'möglicher- 
weise korrekte',  wenige  Zeilen  später  aber  MyaoTÜ[j.ojXo;  die  '  wahrscheinlicb 
korrekte  Form'. 


zun   LYDISCHEN    EPIGRAPHIK   UND   GEOGRAPHIE  127 

wird  in  den  Bischofslisten  regelmässig  nach  dem  an  der  phry- 
gischen  Grenze  gelegenen  Blaundos  '  aufgeführt,  während  Pli- 
nius  die  zum   Gerichtsbezirk  von  Sardes  gehörenden  Städte 

o 

in  folgender  Reihenfolge  giebt,  N.  11.  V,  111  Macedones 
Cadieni,  PhiladctphcnL,  Maeonu,  Tri/jolilanL,  ApoUoni- 
hleritae,   MysotimoLitae  et  alü  ignobiles. 

Die  Aufzählung  scheint  mir  wieder  geographisch  geordnet, 
und  zwar  von  Philadelpheia  in  SO-PiichUing  gegen  den  von  der 
Natur  so  deutlich  gezeichneten  SO-\Vinkel  Lydiens  vorzugehen, 
wo  dieses  mitRarien  und  Phrygien  zusammenstösst.  Hier  liegt 
—  so  zu  sagen  als  in-^xT-ti  AuSciv — Tripolis,  hier  türmt  sich  auch 
der  unbekannte  Gebirgstock,  welcher  durch  die  Vereinigung 
der  Bergzüge  des  Tmolos  und  der  iVIesogis  entsteht.  W  bez. 
auf  der  Linie  Philadelpheia-Tripolis  suche  ich  vielleicht  mit 
Recht  sowol  die  noch  nicht  festgestellten  Städte  Maionia'^ 
ApoUonos  llieron   u.  a.  als  auch  Mysotymolos. 

Und  es  ist  doch  natürlich,  dass  man  eine  Stadt  mit  Namen 
Mysotymolos  so  lange,  bis  das  Gegenteil  erwiesen  wird'',  in 
Beziehung  zum  Tymolos  (denn  so  lautet  die  lydische  Namens- 


<  Dieses  erscheint  in  vulgären  Formen  wie  BaXavSou,  BXaoltov,  ^XauSlwv 
(I,  180  u.  ö.  III,  113.  XIII,  102:  alles  Genitive);  nur  bei  Hierokles  671,2 
gehl  Kspa^r,  (so  Wesseling,  oder  Kspaaat  sl.  Kr)paa£  der  IIss  )  vorher,  das  in 
den  Listen  einige  Nummern  nach  MsaoTujAoXo;  in  Kspaaetov  (  Ka-.pacjc'idv)  auf- 
triU:  I,  185.  III,  118.  VIII,  195.  IX.  104.  XIII,  104.  X,  243  und  wiederholt 
245  6.  .  .rJTOi  Kepaaecüv. 

2  Die  von  Hamilton  [Researches  in  Asia  minor  II  S.  139)  begründete  und 
heute  fast  allgemein  (so  auch  von  Ramsay,  Hist.  geographij  S.  123)  als  si- 
cher betrachtete  Gleichsetzung  von  Menne  (  W  bei  Kula)  und  Maionia  halle 
ich  aus  mehreren  Gründen  vorläufig  für  nicht  genügend  begründet. 

3  Derlei  ist  von  Ramsay,  Hist.  geograpky  S.  128  sicher  nicht  erwiesen, 
wenn  er  daraus,  dass  in  einigen  (späten)  Bisehofslisten— er  meint  XII[,102 
«tXauoewv  ypa^Etat  xat  MsaoiuijLoXou  und  X,  241  6  [^^Xa■JO£'wv  rftot  ?]  MEaoTuao- 
Xou  — Blaundos  und  Mesotymolos  verbunden  werdeu.auf  eine  Lage  der  Stadt 
an  der  Ü-Grenze  Lydiens  zwischen  Uschak  und  Takmak  schliesst.  Das  be- 
kannte r\zo\  der  Listen  kann  zu  derlei  külinen  Folgerungen  nicht  berechti- 
gen. Auch  Radet,  La  Li/ilie  S.  315  verwirft  Ramsay's  Ansatz  als  unbegrün- 
det und  sucht  Mysotymolos  iganz  ähnlich  wie  ich)  im  Kügamos-Tale,  etwa 
auf  der  Stelle  von  Ine  Giöl. 


128  k.    BURESCH 

form  ')  zu  setzen  hat:  das  ist  doch  so  einleuchtend  wie  dass 
die  ebenfalls  örtlich  nocli  nicht  nachgewiesene  Stadt  T(y)nio- 
los  an  oder  auf  dem  c;leichnamigen  Gebirge  lag^. 

Ich  slaube  also  vorläufio;  ein  Hecht  zu  haben,  nach  den  An- 
deutungcn  des  Plinius  und  der  Bischofslisten  Mysotymolos  im 
oder  am  südöstlichen  Tmolos'^  anzunehmen,  und  würde  diese 
Stadt  nicht  ausdrücivlich  dem  Gerichtsbezirk  von  Sardes,  der 
Distrikt  der  Mysomakedonen  aber  dem  von  Ephesos  zuge- 
schrieben, so  könnte  man  versucht  sein,  jene  mit  diesem  in 
Zusammenhang  zu  bringen.  Jedenfalls  habe  ich  in  der  ge- 
nannten Gegend  Reste  alter  Ortschaften  gefunden  :  hier  oder, 
wie  oben  bemerkt,  in  dem  unbekannten  Berglande  S  davon 
wird  man  sich  die  Sitze  der  Mysomakedonen  zu  denken  haben. 


Es  erübrigen  nur  noch  einige  Kleinigkeiten.  Z.  4  AaStJte'wv 
wird  das  älteste  Heispiel  dieser  auf  der  vulgären  Aussprache 
beruhenden  Schreibung  statt  des  oHiziellen  AaoS-.xecov  sein.  Aa- 
Sty.sü)?  steht  auch  in  einer  Weiheinschrift  des  frühen  S.Jahr- 
hunderts (Florenz,  C.  I.  G  6829)  und  mehrmals  in  einem 
Bruchstück  des  diokletianischen  Edikts  B.  C.  H.  IX  S.  225.  227 
AaSt/c-^ivoJv.  In  ziemlich  und  ganz  späten  Grabschriften  finden 
wir  die  Vulgärform  natürlich  häufiger:  AxSikcu;  x-?]; ';rpö(;A'J)cov, 
K^'hvm^'h  und  AaSr/aa?  in  Hom,  C.  I.  G.  S.  I.  2047.  1408. 
C.  1.  G.  9916,  in  einer  metrischen  Grabschrift  des  lykaoni- 


'  Ich  habe  diese  Anschauun^^  Klaros  S.  12  (T.  ausführlich  bcf,'ründct,  doch 
hat  Ramsay  hiervon  keine  Noliz  f^'ononinion. 

2  Ich  weiss  für  diese  Stadt  vorläuli^'  Ivcine  passendere  Laire  als  die  von 
mir  im  Vorl;luiif,'eii  Reisel)ericht  a.  O.  S.  51  f.  crwiilmtc  antike  Orlsia^'c  in 
einem  Ilochthal  des  Tmulos  hei  Lulhey  Jaila,  zwischen  IIypaij)a  und  Öardes. 
Dass  sie  nicht  weit  von  letzterem  gelegen  war,  geht  sowol  daraus,  dass  sie 
wie  diese  den  Tmolos  auf  Münzen  darstellt  (Ilead  Hisl.  num.  S.  554),  als 
aus  dem  Umstände  hervor,  dass  sie  zu  den  im  Jahr  17  vom  Erdheben  geschä- 
digten  St/ldtcn  gehört. 

3  Iliess  dieser  Teil  des  Tmolos  vielleicht  'mysischer  Tmolos'  ( j\IuaoTij[i.w- 
/•oj),  weil  er  der  xaTax£xaujj.^v7)  genau  gegenüber  lag,  \i  oi  pev  Muaiav,  o\  Si 
Maioviav  spaaiv  (Strabo  XII  S.  576)? 


ZUR    LVDISCHEN   EPIGRAPHIK    UND   GEOGRAPHIE  129 

sehen  Laodikeia  (das  heute  Ladik  heisst  wie  das  syrische 
Ladikije),  aber  KxV./.v.y.  des  Metrums  wegen  neben  AxoSt- 
/.sr/;  Athen.  Mitth.  XIII  S.  '246  Xr.  41.  /.«-ist  natürlich  ei- 
gentlich aus  Zr/// -vereinfacht  (vgl.  äoTo^-aOror-iTo;)  das  in 
Aa'j^txr/  einer  smyrnäischen  und  im  AauSi/.'.?  einer  sehr  späten 
Grabschrift  C.  I.  G.  3371.  9806,  ferner  in  Aa-j^^i/.r,  und  Aau- 
StÄTiv  nicht  sehr  später  lydischer  Inschriften  B.  C.  H.  XI  S. 
218  Nr.  \'l.  S.  449  Nr.  9.  Mo-j^sTov  1886  S.  64  Xr.  ovx',  so- 
wie im  Laudicea  u.  dgl.  alter  lateinischer  Handschriften  er- 
scheint (vgl.  auch  Blass,  Aussprache"^  S.  73  und  G.  Meyer, 
Griech.  Grammatik-  S.  136). 

Z.  6  f.  Aulfallend  ist,  dass  Nysa  mit  zw'ei  ^j/r'pi'ju.aTa  rcxpcc- 
(7.uOr,Tt>t7.  vertreten  ist,  einem  vom  Sv^aoc,  einem  von  der  Geru- 
sia.  Die  letztere  erscheint  in  Nysa  zu  Beschlüssen  gewöhnlieh 
mit  ßou/.-/5,  Sr,ao?  (und  ve'oi)  vereinigt  {C.I.  G.  2944.  B.C.H. 
VII  S.272.  X  S.520.  XI  S.3'i7).  und  sie  scheint  besondere 
Bedeutung  gehabt  zu  haben  ;  Strabo  führt  ihr  Gebäude,  das 
yspovTix-öv,  sogar  eigens  auf  (XIV  S.  649). 

Z.  1 1.  Aiö;  Upöv  ist  nicht  etwa  die  alte  jonische  Stadt  dieses 
Namens  (Aiö?  ipöv)  zwischen  Kolophon  und  Lebedos,  sondern 
die  lydische.  welche  Plinius  in  seiner  Liste  (s.  oben  S.  107) 
richtig  mit  ihrer  Nachbarstadt  llypaipa  (in  unserer  Inschrift 
am  Ende,  .ß  Z.  1  0 )  paart.  Die  Stadt  lag  auf  der  Stelle  des  heu- 
tigen Birge,  welcher  Name  aus  dem  mittelalterlichen  Namen 
nupYi(ov)  verdorben  ist.  Diese  Lage  ist,  obgleich  ausser  von 
Plinius  auch  von  Plolemaeus  V,  2. 17.  Ilierokles  und  den  Bi- 
schofslisten angedeutet,  bis  in  die  neueste  Zeit  verkannt  ge- 
wesen, kann  aber  heute  nicht  mehr  bezweifelt  werden  :  s.  mei- 
nen Vorläufigen  Reisebericht  a.  0.  S.  4  9  und  Revue  des 
c'tudes  (yrecf/ucs  V  S.  15  IT.,  auch  G  llirschfeld.  Berliner 
phil.  Wochenschrift  1891   S.   13.s.')f. 

Z.  13  las  ich  mehr  als  Kubitschek  '  nämlich  deutlich  Ah  i 
NHZIQN,   also  sicher  'Avivricicjv,  wie  auf  den  seltenen  Mün- 


'  Wciii}j;slciis  iiacli  dessen  I'uhlikalioii  im  Iioiselioi ielil.  Dagegen  sliiiiint 
seine  mir  zur  Verrii^aiiig  goslellle  Absclnil'l  völlig  zu  der  meinigen,  welche 
auch  vom  Abklatsche  genau  besläligl  wird. 

ATHEN.   MITTHEILUNGEN  XIX.  9 


13Ö  K.    BURESCH 

zen  der  Stadt  steht  (Mionnet  IV  S.  5  f.  Suppl.  VII  S.  316. 
Imhoof-Blumer,  Monnaies  grecques  S.  470  Nr.  74  vgl.  Head, 
Hist.  nunioruni  S.548).  Die  Lage  dieser  verschollenen  Stadt 
Anineta'  hat  man  bisher  noch  nicht  versucht  zu  bestimmen. 
Durch  die  Gesellschaft,  in  ^velcher  sie  sich  in  unserer  In- 
schrift sowie  bei  Hierokles  und  in  den  Biscbofslisten  befindet  % 
wird  sie  nacli  S-Lydien,  und  zwar  wol  in  den  Bereich  der 
Mesoü:is  verwiesen.  Dazu  ivommt  noch  ein  bedeutsames  An- 
zeichen.  Auf  der  ältesten  Münze  der  Stadt  (aus  Augustus'  Zeit: 
Imhoof-Blumer  a.  0.)  ist  der  Baub  der  Persephone  dar- 
gestellt; derselbe  findet  sich  zwar  auch  sonst  in  Lydien  (in 
Hyrkanis,  Hermokapeleia,  Tomara,  Sardes,  Tripolis),  doch 
ist  dies  Motiv  aus  Anlass  des  weitberühmten  und  vielum- 
feierten  Plutonion  bei  Xysa  ganz  besonders  dieser  Stadt  ei- 
gentümlich ^.  Auch  in  andern  Städten  am  S-Fuss  der  Me- 
sogis,  als  Tralles  und  Hierapolis,  letzteres  ebenfalls  durch 
ein  Plutonion  berühmt  ^  findet  sich  dieses  hier  sehr  nahe 
liegende  Motiv  ^.  In  der  Gegend  von  Nysa  also  werden  wir 
Anineta  zu  suchen  haben;  möglich,  dass  ich  es  in  einer  der 
von  mir  in  der  Mesogis  zwischen  Tyra  und  Tralles  festgestell- 
ten alten  Ortslagen  (Vorläufiger  Bericht  S.  5Ü)  gefunden  habe. 


'  Zu  der  Namensform  Aninela  ist  wül  der  Name  der  nur  durch  die  Listen 
bekannten  lydischen  Stadt  Bareta  oder  Baretta  —  nach  Hierokles  und  den 
altern  Bischofslislen  etwa  im  Kayslerthale  zu  suchen,  während  die  jungem, 
111,30.  X,  165.  XIII,  28  sie  unmittelbar  neben  Anineta  aulluhren  —  sowie 
der  Name  des  von  mir  1888  am  NW-Abhang  des  Tmolos  festgestellten 
(Kaisareia)  Troketta  (Klaros  S.  111'.  vgl.  meinen  Vorl.  Reiseberichts. 
44)  zu  vergleichen. 

2  Hierokles  6r>9,9  'Avivexa  zwischen  Mastaura  und  llypaipa,  1,1 13  und  VII, 
103  ganz  versetzt  zwischen  Magnesia  a.  S.  und  Pergamon,  III,  31  sowie 
X,  16b  und  XIII,  29  (wo  statt  Kape-wv  und  'AovaTcüv  zu  lesen  BapetTwv  und 
'Avivaiiüv)  in  der  Nähe  von  Nysa  nach  Baretta,  IX,  16  'Aviväxwv  zwischen 
Mastaura  und  Erylhrai. 

3  S.  Head,  Hist.  nuin.  S.  552;  für  alles  den  hochberühmten  Plulo-Kore- 
kull  in  der  xaj[X7)  'A/apaxa  Belrgllende  verweise  ich  auf  Hadet,  ß.  C.  H.  XIV 
S.  224  II'.,  dessen  topographisches  Ergebniss  sich  mir  an  Ort  und  Stelle 
durchaus  bestätigte  (Vorl.  Reisebericht  S.  50). 

*  S.  meine  Nachweise  Jahrbücher  für  Philologie  145  (1892)  S.  286  f. 
s  Head  a.  0.  S.  555.  565. 


ZUR    LYDISCHEX   EPIGRAPHIK   UND   GEOGRAPHIE  131 

Die  Z.  14- i 6  habe  ich  mehr  nach  gewissen  inneren  Anzei- 
chen als  nach  den  Resten  der  fast  völlig  zerstörten  Schrift  er- 
gänzt. Von  den  zahlreichen  Städten  dieser  Gegenden  auf  -da 
und  -nda  (als  Alabanda,  Alinda,  Karyanda.  Kalynda,  At- 
tuda,  Klannuda)  kommt  Z.  14  vor  allen  das  in  diesen  Zeiten 
sehr  bedeutende  Alabanda  in  Betracht  als  den  Raum  ziem- 
lich genau  ausfüllend  V 

Z.  15  las  ich  selbst  EQN,  erkenne  aber  auf  dem  Abklat- 
sche nicht  nur  kein  '  f"  7  N  (wonach  Kubitschek,  wol  rich- 
tig, 'OpOü)T]t£(ov  vorschlägt)',  sondern  ausser  den  Resten  des 
Schluss-N  schlechterdings  nichts.  In  Z.  16  füllt  'ApTratr/ivojv 
wieder  den  leeren  Raum  gerade  aus.  Die  Ergänzung  dieser 
Namen  nun  legt  die  Vergleichung  zweier  geographisch  geord- 
neter Listen  nahe:  llierokles  (Kaota;,  688,  i  ff.)  'A>.xgavSa, 
'Op6(i)<ji(x;,''Ap7raua,  NeaT^oXi;  und  Ptolemaeus  V,  2,19  "ApTraoa, 
'Opöw^iot,  NeaTCoXt?,  Bapyaax,  ('Ap.u^ü)v).    'AT^iSotvSa. 

Die  hier  aufgeführten  5  Städte,  welche  den  in  Z.  14-18 
teils  erhaltenen,  teils  herzustellenden  Namen  entsprechen  wür- 
den, sind  heute  bis  auf  eine  sämtlich  geographisch  sicher  fest- 
gestellt:  Alabanda  im  Marsyas-Thale ;  ihm  im  benachbarten 
Harpasos-Thale  östlich  gegenüber  Neapolis^  (das  erst  neuer- 


'  Meine  hier  rneclianisch  naciialimende  Kopie  führt  wol  auf  oiwv,  wäh- 
rend Kubilschok  ../XEON  iiiil  der  Anm.  X  sehr  unsicher'  giebt.  Dies 
könnte  auf  KXavvojojEcuv  uder  'AttojSJecüv  führen.  Auf  dem  Abklatsche  er- 
kenne ich  nur  EON  mit  Sicherheil,  vielleicht  aber  lEQN. 

2  bJr  f,'lvuht  nach  einer  hs.  Notiz  zu  seiner  Kopie  auf  dem  Abklatsch  so- 
gar den  uiizweideuli.gen  Hesl  eines  S  zu  erkennen:  y  i  EfiN. 

3  Dieses  karische  Neapolis  meint  auch  Steph.  Byz.  u.d.  W.  Tp;::oXi;,  wo 
er  sagt,  die  Stadt  habe  früher  Tripolis  geheissen.  Von  dieser  Binnensladt 
ist,  was  öfters  nicht  geschehen  ist,  die  jonische  Küslenstadl  Neapolis  S  von 
H|)hesos  (Sirabo  XIV  S.  039)  wol  zu  schciilen.  Plinius  ist  in  Karlen  recht 
konfus,  und  ebenso  Benseier  im  Wörterbuch  der  griech.  Eigennamen.  Plin. 
V,  107  meint  zweifellos  die  Küslenstadt  Neapolis  ( wie  die  Gegenüberstel- 
lung der  inleriura  iwinina  1U8  Anf.  zeigt),  doch  setzt  er  sie  viel  zu  südlich; 
nachher,  i\6  f..  welche  btelle  Sirabo  S.  639  enl.sprichl,  lässl  er  sie  aus.  Auch 
Mela  l,  16, 8ö  (Quelle  des  Plinius)  meint  die  joiiische  Stadt.  Wenn  diese  in 
den  aUischeu  Tribullislen  nii^  erscheinl,  so  ist  die  Erklärung  dafür  durch 
die  Notiz  des  Sirabo  a.  U.,  die  Sladl  habe  früher  den  Ephesiern  (mit  an- 
dern Worten:  zur  auvTeXsia  dieser  Sladl)  gehört,  völlig  erbracht. 


132        K.    BURESCH,      ZUR    LYDISr.HEN    EPIfillAPHIK    UND   aEOGRAPHlE 

dings  von  Kubitscliek  und  Reichel  [a.  0.  S.  8]  in  Ineboli  si- 
cher wiedergefunden  worden  ist),  im  selben  Thale  nur  1  Yo 
Meilen  NNW  entfernt  Har[)asa,  dessen  naturgemäss  nahe  Be- 
ziehungen zur  Naehbarstadt  uns  schon  die  Münzen  mit  'Ap- 
77a(jr,v(l)v  xai  NsaTToX'.Toiv  oaövoia  u.  a.  anzeigten  (Head,  a.O.  S. 
527,  vgl.  559);  nicht  5  Meilen  WNW  von  hier  das  ebenfalls 
ganz  neuerdings  bei  Jeni  Basar  am  S- Rande  der  Mäander- 
Ebene  festgestellte  Orthosia  (  Kubitscliek  S.  6 ).  Nur  die  Lage 
von  Bargasa  steht  noch  nicht  fest.  Früher  (in  der  Karte  zu 
Benndorfs  Reisen)  setzte  es  Kiepert  im  innersten  Winkel  des 
Kepaar/.o;  köI-oc  in  S-Karien  an,  wo  jetzt  Idyma  festgestellt 
zu  sein  scheint,  während  Bargasa  hypothetisch  an  7  Meilen 
nach  W  e;erückt  ist.  Auch  so  w  ürde  es  noch  recht  weit  ausser- 
halb,  und  zwar  S  des  Geschlossenen  Kreises  der  sonstiü;en 
Städte  unserer  Inschrift  fallen  ;  indessen  geht  aus  Strabo  XIV 
S.  656  deutlich  hervor,  dass  die  Stadt  in  der  von  Kiepert  an- 
gedeuteten Gegend  zu  suchen  ist,  wohin  sie  auch  von  der  at- 
tischen Tributliste  von  415  verwiesen  wird  '. 

Übrigens  ist  noch  zu  bemerken,  dass  die  Lesung  Z.  17  Bxp- 
yacTivojv  (so  auch  die  Münzen  der  Stadt),  welche  ich  Kubit- 
scliek verdanke,  nach  Prüfung  des  Abklatsches  mir  durchaus 
gesichert  scheint.  Z.  18  bis  20,  nach  dem  Abklatsch  allein 
nicht  zu  entzitTern,  hatte  ich  nach  meiner  eigenen  Abschrift 
(s.  0.  S.  102  und  123)  sicher  ergänzt. 

Noch  eine  Bemerkung  zum  Schluss.  Eine  Reihe  nächster 
Nachbarinnen  Antiocheia's,  nämlich  Mastaura.  Briula,  Karura 
und  Altuda  haben  wir  nicht  untergebracht:  ^ielleicllt  stan- 
den sie  in  den  verlorenen  Teilen  unserer  Inschrift. 

K.  BURESCH. 


*  C.  I.  A.  I  235  (Ol.  83,4)  C'ol.  III  Ut  lla^yacrri;  doch  Wül  soviel  als  das 
Spätere  BapYaar,vo!.  Ranisay,  Hisl.  geograpliy  ö.  424  setzt  die  5;ladt  zwei- 
felnd und  ohne  Begründung  0  von  Idyma  an. 


DIK  IIIPPOML'DUX-INSCIIRIFT  VON   SAMüTHRAKE 

Otto  Kern  hat  für  die  historische  Würdigung  der  von  ihm 
in  dieser  Zeitschrift  XVI II  S.  348  ff.  veröffentlichten  Inschrift 
aus  Samothrake  sogleich  den  sicheren  Grund  gelegt,  indem  er 
ihre  Beziehung  auf  llippomedon,  des  Ptolemaios  Euergetes 
Statthalter  in  Thrakien,  nachv^ies.  Der  Wert  der  Urkunde 
lässt  sich  aher  noch  steigern,  wenn  man  den  erkennharen  Teil 
der  Seite  D  einer  vollständigeren,  in  allem  Wesentlichen  mit 
zweifelloser  Sicherheit  möglichen  Herstellung  unterzieht.  Es 
ist  zu  lesen 

'^ TT^i  aipsGjei   Toö    ßaaiXe'd);   xat  'zy\[(;  7:6X- 

3.  eco;  (XKÖXouöa ]  jcal  a[ixo\>  6J^ayü)yyi[v]  xat  aTeXsiav  SoO- 

v[ai  £'!<7- 

4.  (iyouaiv  Ix]  Xeppovyjco'j  xai  aXXoOev,  oOsv  auTcüt  euxatpov  o[aiv£- 

5.  Tai  £[t]vau  Sia^syscOxi  Ss  aurdii  [xjooi;  [xpeJcSsuTa?  5ca[i  repi 

6.  TOö  öyjjpd)ij.aTO?  xxi  Tüapocx.aXstv  auTOv  cufAxpÄ^ai  Tyji  7r[6X- 

7 .  s]i  £[i];  TÖ  17'jvtsXecOevto?  auTo[ö]  y.aTaT[T]a[9y)lvat  tüjiji  7üoX[it- 

8.  (j)]v  TOU?  xXvipouj^ifiaovTai;  Jtal  y£wpyY;GOVTa;  Tr,v  yc[)pa[v,  t); 

9.  2cv]  £)c  t[(ö]{a  xpoi76S[(o]v  öuuiai  c'jvT£X[üi]vTat  xal  ä7i:apy[ai 
10.  7rpo]vooivTat  toi?  Oeoi;  ux£p  tou  ßa(n>,[£]ü)(;  xai  tt^c  ßa(Ti[Xi- 
1  1  .  [cc'/i; 

Die  geringfügigen  Änderungen  'der  Lesung  sind  zunächst 
durch  ^'ermutung  gefunden  worden,  doch  hat  mich  die  Güte 
Kern's  in  den  Stand  gesetzt,  sie  an  seinem  Ahklatsch  als  dem 
'riialhcsiaiid  (Milspiccliciid  resisicllcn;,,  zu  k('iiineii.  Am  Ende 
von  Zeile  6,  wo  Kern  T  HF  [z-h(  .  . )  las,  wiirdc  zwar  tlie  \'er- 
nachlässigung  des  Iota  a(lscri[)tum  von  zr,  kein  Bedenken  er- 
wecken,   doch    ist  THir  sicher  und  vielleicht  auch  noch  der 


134  M.    FRAENKEL 

obere  Teil  der  zweiten  Verticalliasta  des  Pi  zu  erkennen  ;  am 
Ende  von  Zeile  7  ist  an  TQMPOA  kein  Zweifel  (Kern 
TOMP  .  /  i'.  Ich  freue  niicli.  von  Kern  zu  der  Erkläruns;  er- 
mächliü;t  zu  sein,  dass  auch  er  von  der  Uiclitiffkeit  meiner 
Lesungen  überzeugt  ist. 

Zeile  5  ff.  ist  als  Teil,  und  zwar  als  F'ortsetzung  (SiaXeye- 
oOsc'.  /cai  77sp[  y,-!.)  der  Instruction  einer  samotlirakischen  Ge- 
sandtschaft bezeichnet,  ohne  Zweifel  an  denselben  Fiippome- 
don  ,  dem  das  Ehrendecret  der  andern  Seite  gilt.  Sie  hat 
ihm  über  eine  Befestiüiuno;  der  Insel  iMilleilunij;en  zu  machen, 
und  zwar  offenbar  über  deren  nahe  bevorstehende  Vollen- 
duns;,  da  diese  als  die  Vorbedinoun«;  für  die  Massnahmen 
bingestellt  wird,  die  in  Gemeinschaft  mit  der  Stadt  zu  treffen 
der  Statthalter  jetzt  ersucht  werden  soll.  Dass  in  Zeile  3  ff. 
nicht  etwa  von  Privilegien  die  Rede  ist,  die  dem  Hippome- 
don  als  ihm  verliehen  zu  melden  wären,  folgt  allein  schon 
aus  dem  Ausdruck  xtHsiol^  Soüvat  statt  elvat;  die  Gesandten 
sollen  also  die  Befugniss  des  Statthalters  anerkennen,  die  Ge- 
treideausfuhr und  die  Befreiunof  von  Einoani>szöllen  Anderen 
als  Privilegium  zu  gewähren.  Wir  lernen,  dass  der  Export 
von  Getreide  in  Samothrake  damals  grundsätzlich  untersagt 
gewesen  ist,  wie  es  in  Athen  der  Fall  war  (  Bockh,  Staatshaus- 
haltung I  3  S.  104). 

In  Samothrake  war  aber  der  Grund  dieses  Verbotes  nicht 
die  Kargheit  des  Bodens;  denn  'die  Insel' — so  schrieb  Conze 
im  Jahre  1860  —  'bringt  reichlich  den  Bedarf  für  die  kleine 
Bevölkerung  hervor  und  würde  eine  weit  zahlreichere  ernäh- 
ren können  ....  Die  Ackerfelder  liegen  auf  dem  flacheren 
Westende  der  Insel',  und  derselbe  Gewährsmann  rühmt  noch 
weiter  die  Gunst,  ja  Üppigkeit  des  bestellbaren  Bodens^.  Die 
Seite  B  der  Inschrift  lässt  lebendig  erkennen,  dass  ein  anhal- 
tender Schreckenszustand  die  Bewohner  an  der  Ausnutzung 
des  Natursegens  gehindert  hatte,  und  sie  gewinnt  dadurch  eine 


*  Am  Anfang  von  Z.  7  erkenne  ich  .WL.t  (Kern  .IT?). 

2  Conze,  Reise  auf  den  Inseln  des  Ihrakisclien  Meeres  S.  48.  50  f. 


DIE  HIPPOMEDON-I.VSCHRIFT  VO>f  SAMOTHRAKE  135 

nicht  geringe  socialgeschiehtliche  Bedeutung.  Denn  erst  nach- 
dem die  Befestigung  vollendet  ist.  können  Landlose  an  Bürger 
aufgeteilt   und   zur  !3estellung  üherwiesen   werden  '  :  die  Ge- 
fährdung der  Acker  durch  äussere  Feinde  muss  also  zu  einem 
erhehlichen  Teile  ihre  Bestellung  verhindert  haben,  und  so 
lange  hatte  dieser  Zustand  der  Verzweiflung  gedauert,  dass 
die  privaten   Eigentumsrechte  an  den  brach  liegenden  Län- 
dereion  erloschen  waren.  Wir  werden  uns  also  mit  der  An- 
nahme nicht  täuschen,   dass  die  Plage  der  Seeräuberei  seit 
der  Zeit  des  Königs  Lysimachos  (306-281).  wo  sie  nach  der 
schon  von   Kern   herangezogenen   Inschrift  bei  Dittenberger, 
Sijlloge  138  selbst  die  fleiligtümer  von  Samothrake  bedrohte, 
ihren  im  Ganzen  ungehinderten   Fortgang  genommen   hatte, 
als  der  thrakische  Bezirk  bald  nach  dem  Regierungsantritt  des 
Ptolemaios  Euergetes  (2^i6)   an  Ägypten   kam-.    Nur  einige 
Jahre  darauf,  kurz  nach  "241,   trat  Hippomedon  seine  Statt- 
halterschaft an  ■' ;  an  der  Herstellung  der  Befestigung  von  Sa- 
mothrake kann  er  keinen  Anteil  haben,  da  dies  notwendig  A 
Z.  8  ff.  unter  seinen  Verdiensten  um  den  Schutz  der  Insel  er- 
wähnt sein  müsste.  Wir  werden  uns  also  den  Hero-anar  so  vor- 
stellen  dürfen,  dass  Ägypten  sogleich  nach  der  Besitzergrei- 
fung als  ein  Mittel,   der   Insel  Ruhe  vor  der  Seeräuberei  zu 
verschaffen,   die  Anlage  einer  Befestigung  erkannt  und  diese 
entweder  selbst  vorgenommen  oder  die  Gemeinde  dazu  veran- 
lasst hat^.   Als  Hippomedon   sein  Amt  antrat,  war  es  an  der 
Zeit,   die  durch  die  V'ollendung  des  Werkes  bedingten  iMass- 
nahmen  vorzusehen;  dieSamothraker  säumen  also  nicht,  durch 
die  Gesandtschaft,  welche  den  neuen  Statthalter  zu  begrüssen 


*  KXripou/äv  in  Zeile  8  von  innerer  Colonisaliün  genau  wie  bei  Polybios 
■'l,  81,2:  T0T5  TtoXXoT;  unoSsi^at  xr]v  £X:iioa  i^;  xXT]pouyia;  xal  Tüiv  ävaBaajjLüiv :  in 
der  xoivr)  ist  der  Begrill'  des  Wortes  seiner  Etymologie  entsprechend  verall- 
genieiiiert  worden.  Vgl.  auch  Diodor  1,73,7. 

2  Insciirifl  von  Adule  0.  l.G.  5127;  vgl.  Polybios  5,34,8. 

3  Druysen,  Ilellenisnius  III  1  S.435.  llense,  Telelis  reiüiuix  S.  XXII  IV. 

■•  Archaol.  Untersuchungen  auf  Samothrake  II  S.  115  ist  vermutet,  dass 
eine  Verstärkung  der  Sladlmauor  durch  vorgelegte  Türme  der  Piraten  we- 
gen ausgeführt  ist. 


136       M.    FRAENKEL.      DIE    HIPPOMEDON-INSCHRIFT   VON  SAMOTHRAKE 

hat,  auch  hierüber  mit  ihm  zu  verhandeln.  Hippomedon  über- 
zeugt sich  darauf  zunächst  persönlicli  von  dem  Stande  der 
Dinue  auf  der  Insel  und  ij;e\\iihrt  die  ihm  von  den  Gesandten 
vorgetragenen  Wünsche;  insbesondere  bewilligt  er  ausser  ei- 
ner Garnison  zur  Verteidigung  der  Festung  auch  Wurfma- 
schinen und  die  für  diese  erforderliche  Bedienungsmannschaft. 
Hierauf  beschliessen  die  Samothraker  das  Belobigungsdecret  ^. 
Die  Bürgerschaft  hatte,  wie  wir  sehen,  das  \'erti'auen,  dass 
die  getroflenen  Massregeln  Erfolg  haben  würden,  und  es  ist 
möglich,  dass  sie  sich  nicht  getäuscht  hat;  wenigstens  ist  das 
nächste  Zeugniss  für  Seeräuberei  auf  Samothrake,  das  wir 
besitzen,  die  Inschrift  in  den  Untersuchungen  auf  Samothrake 
I  S.  40  Nr.  6,  die  mit  Conze  etwa  in  die  Zeit  Antiochos' 
VII,  also  ungefähr  ein  Jahrhundert  nach  unserer  Urkunde  zu 
setzen  ist. 

Berlin. 

M.  FRÄNKEL. 


'O'T^^S-o- 


STATUE  EINES  TÄNIENTRÄGERS  IM  PI  RAUS 

Die  nachstehend  noch  einer  Zeichnung  E.  Gilliemn's  ab- 
gebildete IVlarmorstatue  wurde,  wie  Herr  Dragatsis  mir  seiner 
Zeit  mitzuteilen  die  Güte  halte,  in  der  Piräussladt  nahe  beim 
Zollgebäude  (teIwve-ov)  gefunden  und  ist,  nachdem  sie  (von 
ihrem  Aullinder?)  längere  Zeil  verborgen  gehallen   worden 


war,  vor  kurzem  ins  Museum  des  Piräusgymnasiums  gekom- 
men, wo  sie  im  Hole  westlich  vom  Schulhause  am  Boden  liegt. 
Die  Höhe  des  Fragments  beträgt  93,  die  grösste  Breite  '«3"". 

Was  von  der  Statue  erhalten  ist,  zeigt  uns  annähernd  in 
Lebensgrösse  den  unbekleideten  Körper  eines  eben  /iiiu  .liing- 
ling  heranreifenden  Knaben,  der  in  seiner  lU^chten  ein  Biiu- 
del  Bücherrollen  vorder  Bi-usl  hält,  während  die  Linke,  eben- 
falls vor  der  Brust,  ein  auirallend  gross  gebildetes  Alabastroa 


138  J.    ZIEHEN 

trägt;  der  Körper  des  Knaben  ist  über  und  über  mit  Binden 
bedeckt  '.  deren  sicli  am  Original  mindestens  fünfzehn  zählen 
lassen.  An  dem  rechten  Unterschenkel  des  Knaben  schliesst 
sich,  fast  Avie  ein  Stück  Reliefgrund  aussehend,  ein  glattes 
Stück  Marmor,  vielleicht  der  Rest  eines  neben  dem  Knaben 
stehenden  Kastens  an.  Die  Rückseite  der  Statue  ist  lUichlig  be- 
handelt, die  Binden  sind  dort  nur  in  wenigen  Strichen  ange- 
deutet. Die  Arbeit  des  Ganzen  ist  geringwertig,  wofür  auf  die 
schlechte  Modellirung  der  Brust  hinzuweisen  genügt;  die  Sta- 
tue stammt  ohne  Zweifel  aus  römischer  Zeit. 

Die  Deutung  der  Figur  bietet  trotz  der  an  sich  leicht  ver- 
ständlichen Attribute  eine  grosse  Schwierigkeit.  Dass  die  Bin- 
den, mit  denen  der  Knabe  behangen  ist,  Siegerbinden  sind, 
wie  sie  als  Preise  in  gymnischen  und  musischen  Kämpfen  er- 
teilt wurden,  ist  kaum  zweifelhaft,  Alabastron  und  Bücher- 
rollen weisen  zum  Überfluss  auf  die  Sphäre  solcher  Kämpfe 
hin;  höchst  auffallend  aber  und  meines  Wissens  auf  keinem 
sonstigen  Denkmal  des  Altertums  nachzuweisen  ist  die  Art, 
wie  diese  Siegerbinden  angebracht  sind.  Wir  finden  dieselben 
sonst  stets  mit  mehr  oder  weniger  fest  zuo;ezo2;ener  Schleife 
um  Kopf,  Oberarm  oder  auch  Oberschenkel  usw.  geschlun- 
gen, ausnahmsweise  an  einem  gelegentlich  besonders  geform- 
ten Helm  befestigt'^;  für  ein  blosses  Überwerfen,  wie  es  die 
Piräusstatue  zeigt,  habe  ich  nirgends  ein  Beispiel  gefunden, 
auch  können  Ausdrücke  wie  xatviav  i7rtSxX>.6'.v  bei  Dio  Chry- 


*  Die  nackte  Brust  küinmt  ausser  der  Mitte  noch  auf  der  rechten  Kürper- 
seite  über  der  Ecke  der  Bücherrollen  zum  Vorschein. 

2  Über  die  Sicfierbinden  und  ihre  Anbrinjiunij:  vgl.  Stephan!  C.  IL  1874 
S.  137  fr.  208  ir.  S.  Reinach,  Peinlures  de  vases  anliques  rccueillies  par  Millin 
et  Mülingen  S.  117.  Daremberg  und  Saglio.  Diclionnaire  des  anliquiUs  I,  1 
S.  150.  Arch.  Zeitung  1853  S  17,  dazu  die  berliner  Vase  Furlwängler  Nr. 
4221.  Gerhard,  Etruskisclie  nnd  kanipanische  Vaseiibilder  Taf.  B,  30.  Neuer- 
dings hat  Hartwig  (Meislerschalen  S.  .^"S,  Anin.)  die  \'erniutuiig  ausgespro- 
chen, der  Körperteil,  an  dem  die  Binde  bef<>sligl  worden  sei,  sei  wol  durch 
die  Art  des  Kampfes  besliiiimt  worden.  Sollte  diese  Vermutung  richtig  sein, 
so  würde  die  neutrale  Art,  in  der  die  Binden  bei  der  Piräusstatue  ange- 
bracht sind,  um  so  sicherer  beweisen,  dass  es  sich  hier  nicht  um  das  schon 
erteilte  Siegeszeichen  handeln  kann. 


STATUE   EINES   TAENIENTRAEGERS   IM   PIRAEUS  139 

sostomos  66  S.347  R.  schwerlich  als  Zeugniss  für  das  Vor- 
kommen dieser  besonderen  Art  der  Anbringung  der  Binden 
verwandt  werden.  Müssen  wir  daraus  den  Schluss  ziehen,  dass 
unser  Knabe  die  Binden  nicbt  als  ilim  erteiltes  Siegeszeichen, 
sondern  nur  etwa  als  Diener  oder  Gehüli'e  bei  der  Preisvertei- 
lung trägt?  Mancbe  Vermutungen,  die  in  dieser  Richtung  aus- 
gesponnen werden  könnten,  bleiben  besser  unausgesprochen  — 
vielleicht  dass  es  mit  Hülfe  eines  neuen  Fundes  einmal  ge- 
lingt, die  sonderbare  Darstellung  einleuchtend  zu  erklären. 

Über  den  ursprünglicben  Aufstellungsort  der  Statue  ist  aus 
der  Fundnotiz  nichts  zu  entnehmen.  Am  ehesten  wird  man  ja 
an  einstige  Aufstellung  in  einem  Gymnasion  denken;  man 
könnte  dann  freilich  unter  allem  Vorbehalt,  ähnlich  wie  das 
Bursian  (Sächsische  Berichte  1859  S.  128)  auf  Grund  eines 
inschriftlichen  Fundes  für  Chalkis  gethan  hat.  bei  dem  Fund- 
orte unsrer  Statue  die  Lage  eines  ehemaligen  Gymnasions 
vermuten. 

Frankfurt  a.  M. 

JULIUS  ZIEHEN. 


INSCHRIFTEN  AUS  ATHEN 

1.  Varvakion.  Nr.  4855.  Ursprüniilicli  bemalte  Grabstele 
von  penteliscliem  Marmor  aus  Athen  '.  llr)iie  0,("<4,  Breite  0, "29, 
Dicke  0,05™.  Viertes  Jalirhundert  Die  Verönentlichung  wurde 
mir  von  A.  Kumaniidis  gütigst  gestattet. 

(t)IAQN(t)IAnNIAO^ 
n        E        I        P        A        I        E        V 

Raum   für  das   Bild. 

O  Y  f  '/////  P  O  S  O  Y  A  Y  M  E  N  A  I  O  2  E  M  C  I  ^   I    MI 
TAHMONIMOIPAI  \  AAAMEEAENI   AM  TO?A 

Y  r  p  o  s  A  E  I K  E  A I  o  N  n  p  I N  n  o  A I  o ;///'/  p ;//;  i  a  4,  <„  i 
oxpor>)OYrHPAsnpo2iKEsoAiKf/iA  //  // /  n  n 

n  E  N  O  O  S  n  A  S  I  N  L  M  O  I  '  I  j)  I  A  C  1  2  O  2  2  /////  A  '////}  X  P  H  N 
<t)Y2En?ON  HTH  SnAIAEIAEOIKESOAin '///// IT 
AMEXONTAEIAENMOIPATYXH2AYNAMEI 

*i>t>.(ov   $tX(oviSou  I  netpat£u[?. 
Ou  Yaj/,0(;  oüo    uf/svaio?  i'fxsive  [xs  tV/ijxovi  [/.oipa, 

Tupiv  7ro)ao[)c]p[oT](iq)Oio  ypovou  yvipa;  7üpo'jiy.£(70ar 
>c[a]i  >.[6i]7i:(i)  xsvOo;  xocGtv  iu-olci  cpiXoi?. 
5        ''0<j(j[a]  ^'[ejypyiv  ouasw;  Ovyity)!;  TraiSsia  Icpi/.eaOai, 
TvävTa  [/,'e'yovTa  elXsv  [j.oipa  Tuy^ic  Suvajjiet. 

Der  Stein  ist  namentlich  rechts  sehr  verwaschen,  so  dass 
die  Buchstabenreste  schwer  kenntlich  sind;  doch  ist  die  Le- 
sung durchü-ehends  besichert.  Zu  V.  1  vi»!.  Kaibol,  Eniirram- 
mala  208'*  ou  y^-w-^^'-  ou/^  üy.sva-.ov,  zu  V.  3  Baivchylides  Fr.  3 
Bergk. 

Ich  füge  zwei  Epigramme  aus  dem  Nafionalniiisoum  bei, 
deren  Mitteilung  mir  der  so  früh  den  l'^reimdiin  inul  der  \\  is- 
senschaft  entrissene  Leiter  und  Schöpfer  der  epigraphischen 


<   V},'1.  npay.x'.y.i  tf,;  ip/.  baip^a?  1890  S.  91, 


TH.    PREGER,      INSCHRIFTEN    AUS   ATHEN  1 'i  1 

Sammlung,  H.  G.  Lolling  freundlichst  gestattete.  Ihr  Fundort 
ist  unbekannt,  doch  Athen  vorerst  anzunehmen. 

2.  Platte  aus  bläulichem  Marmor.  Höhe  0,38,  Länge  0,76, 
Dicke  0.09'".  Die  Rückseite  ist  rauh  gelassen. 

KAnAI02nnAPOAEITATA(j)OI2YnO 

TOI2AE<  SEKOYNAOZKEIMAITON 

(t)OIMENnNNHrPETONYTTNONEXQN< 

TTAHPQSAIIAETEnNAEKATETPAAAS 

E  A  n  ' '  AAMOYNHNTTAIAAAITTONBIOTH2 

M  H  T    :'  inAPAYYXIHN<  HMETEPH^APE 

TH2M   XPTYZTTOAlSHMEni^EMNOlZ 

HOE2ITOI2TTATPIOI2HrAAIZE5:TE(t)E2l 

AAAOYKEYZEBIHTISAAEYETAK 

A22TPO(|)AMOIPaNAOrMATAKAI 

MEINaSHAYOENElSAIAHN 

KXwSio:,  ö)  TrapoSsiTa,  tzc/O'.:  Otto  toi^t^s   ^j/.oöv^o; 

y.SllLX'.   TÖv    (pO '.[/.£ V(i)V    vöypeTOv    u-vov   s'^CüV 

~aiSx  'ki-O'j  ßiOTvi?  u.7iT[p]i  Trapa^I/'jyirjV. 
'llasTSG-/^:  äosTTjC  axoT'j;   t:6Xic,  Y/  y,"  £7r;  asavoü: 

•/^Osrii  Toic;  -xTpioi;  Y)yXxi'J6  OTtcpeci. 
'AXX'  oüx.  S'jCcSiY)  Ti;  äXsoETai  xGnz^oz/x  Mo'.pcjv 

^oyy.XTX'   x.xt  Msivw;  T/X'jOsv  ei?   'Ai^r,v. 

3.  Fragment  einer  Herme,  Höhe  0,30,  Breite  0,32,  Dicke 
0,10'". 
OIÄN>eHNÄIOI2INOMniMi/    NO.eiSÄNEII 

ÄN§gF5:OI0IÄIl-IKEINOYÄrÄAAv.MEKOI 

Ajö^av    'AOrivatoiTi,  Noi/a)V'.y.vo'j  Hiox^  £i)t[ü) 
av[gp]£^  Ol  cpiXiiri  xsivou  iyaXXoixEvoi. 

V.  1  S6;av  ist  Part,  absol.  wie  Kaibel.  Epigrammata  953 
Ao^txv  (T'jv69y)Soi(;.  Der  Name  Nomonianos  scheint  sonst  nicht 
belegt. 

4.  Am  Nordabhang  der  Akropolib  im  Hut"  des  Hauses  öSö^ 


142  TH.    PRETtER.      INSCHRIFTEN   AUS   AtHEN 

navö;  17  befindet  sich  ein  Cippus  (Höhe  0,68,  Durchmesser 
0,51'")  mit  der  Inschrift: 

ATTOAAnNIAHZ 
MHNOAnPOY 
AHPAAIÜTH^: 

5.  Ebenda  liegt  eine  kleine  unkannelirte  Säule  (Höhe  0,88, 
unlerer  Durchmesser  0,19,  oberer  0,lf>™),  welche  einst  als 
Weiligeschenkträger  gedient  hat.  Denn  oben  ist  in  den  Kreis 
eine  rechteckioe  Vertiefunii;  eingearbeitet  mit  Löchern  in  den 
4  Ecken.  Auf  dem  Schaft  der  Säule  steht  horizontal : 

Die  archaisirende  Schrift  erinnert  an  die  Spielerei  des  Ile- 
rodes  Attikos,  welcher  an  dem  Triopion  an  der  Via  Appia 
[Inscr.  Siciliae  et  Italiae  Nr.  1390)  und  wahrscheinlich 
auch  auf  den  Grenzsteinen  des  Heiligtums  der  Artemis  Ama- 
rysia  (s.  LoUing,  Athen.  Mittheilungen  V  S.  289)  das  vor- 
euklidische  Alphabet  anwendete.  Dass  dies  Nachahmung  fand, 
zeigen  C.  I.  A.  IH  70  und  die  Trapeza  des  Moschos  (AeXrtov 
1889  S.  125  Nr.  9).  Unser  Lollianos  hat  bei  H  und  ß  nicht 
die  Consequenzen  gezogen,  dieser  liälte  ziehen  müssen  und  die 
in  den  eben  anij;efülirten  Inschriften  i^ezoi-en  sind.  Ahnlich 
wie  er  verfuhr  der  Athenaios  C.I.A.  111  2976.  Zur  Form  des 
n  vgl.  C.  1.  A.  111  2979. 

TU.  PREGER. 


DIE  AUSGRABUNGEN  AN  DER  ENNEAKRUNOS.  II. 

Gerade  vor  einem  Jahre  habe  ich  in  dieser  Zeitschrift  (XVII 
S.  439)  über  die  Ausgrabiinn;en  berichtet,  welche  das  deutsche 
Institut  im  W^inter  1892/93  in  Athen  zwischen  Akropolis  und 
Pnyx  ausgeführt  hatte.  Als  wichtigstes  Resultat  dieser  Arbei- 
ten konnte  ich  mitteilen,  dass  meines  Erachtens  die  Ennea- 
krunos-Frage  durch  den  Spaten  gelöst,  dass  die  Stelle  dieses 
llauptbrunnens  der  Stadt  thatsächlich  nachgewiesen  sei.  Ein 
ausführlicher  Bericht  über  die  aufgedeckten  Bauwerke  und 
die  mancherlei  Einzelfunde  sollte  im  Laufe  des  Jahres  erschei- 
nen. Ein  erster  Teil,  die  Besprechung  des  Bezirks  eines  Heil- 
gottes ist  auch  in  dieser  Zeitschrift  (X^'I1I  S.  231)  verüfl'ent- 
licht  worden.  Das  Erscheinen  des  Hauptberichtes  hatte  sich 
wegen  der  von  dem  Unterzeichneten  unternommenen  Ausgra- 
bungen in  Troja  und  wegen  persönlicher  Verhältnisse  verzö- 
gert. Da  nun  im  Laufe  des  Winters  die  Ausgrabungen  an 
der  Enneakrunos  wieder  begonnen  und  bis  jetzt  (Mitte  März) 
fortgesetzt  wurden,  schien  es  zwecklos  die  früheren  Resultate 
ohne  die  neuen  Ergebnisse  zu  veröffentlichen.  Eine  ausfülir- 
liche  Darstellung  wird  später  in  dieser  Zeitschrift  erscheinen; 
jetzt  soll  wenigstens  ein  kurzer  vorläufiger  Bericht  über  die 
letzten  Ausgrabungen  ,  welche  gerade  zum  Abschluss  gelangt 
sind,  gegeben  werden. 

Die  erste  Aufgabe,  welche  für  die  diesjährigen  Ausgrabungen 
gestellt  war,  bestand  in  der  Aufsuchung  des  grossen  Fels- 
canals,  welcher  notwendiger  Weise  vorhanden  sein  mussle, 
wenn  die  früher  gefundene  Brunnenanlage  wirklich  die  von 
Peisistratos  angelegte  Enneakrunos  ist.  Man  durfte  vorausset- 
zen, dass  der  Anteil  des  Tyrannen  an  der  Herstellung  des 
berühmten  Brunnens  sich  nicht  darauf  beschränkt  habe,  ein 
neues  Brunnenhaus  zu  bauen,  sondern  dass  er  nach  dem  Vor- 


144  W     DOERPFELD 

bilde  anderer  Tyrannen  diireli  eine  i2;rosse  I^eitung  das  Wasser 
des  alten  StadlhniniKMis  heli'äclillicli  vernielirt  und  so  aus  ei- 
ner kleinen  Kallirroe  eine  ürosse  Enneai<riinos  o;emaclU  Iiahe. 
Zwiselien  Pnyx  und  Akropolis  war  aber  eine  Nvesenllielie  Ver- 
nieliruna;  des  Wassers  durch  Ilerstelluni;  neuer  Brunnen  und 
Stollen  in  den  umherlieü;enden  Ilimeln  nicht  mehr  inöulich. 
\veil  solche  Arbeiten  vor  Peisistratos  sclion  in  ausgedehntem 
Masse  ausgeführt  waren.  Eine  gründliche  Abhülfe  war  viel- 
mehr nur  zu  erreichen  durch  Anlaijfe  einer  iirossarlio-en  Was- 
serleilung  vom  fernen  Hymettos  oder  Pentelikon  her.  Dass 
diese  Wasserleitung  unterirdisch  durch  den  Felsen  geführt 
sei,  durfte  man  nach  Analogie  anderer  altgriechischer  Was- 
serleitungen  ohne  Zögern  annehmen. 

Es  war  ein  guter  Beweis  für  die  Richtigkeit  dieser  Über- 
legungen,  dass  die  vorausgesetzte  unterirdische  Felsleitung 
nicht  nur  an  der  angegebenen  Stelle  und  in  der  vorausgesag- 
ten  Richtung  gefunden  wurde,  sondern  dass  sie  auch  mehr 
als  eine  Eigentümlichkeit  mit  der  aus  derselben  Epoche  stam- 
menden Wasserleitung  des  Eupalinos  in  Samos  gemein  hatte. 

Den  Eingang  in  den  Felsstollen,  den  Anfang  der  unterir- 

CO  ~ 

dischen  Leitung,  fanden  wir  etwa  70™  südöstlich  von  dem 
grossen  Wasserhehälter  des  Brunnenhauses  ungefähr  an  der 
Stelle,  wo  die  heutige  Fahrstrasse  im  Bogen  nach  Osten  um- 
biegt.  Der  Stollen  hat  im  Allgemeinen  eine  östliche  Richtung; 
er  läuft  der  beutigen  Fahrstrasse  parallel  auf  das  Theater  des 
Herodes  zu.  Etwa  150'"  weit  haben  wir  ihn  verfolgt  und  aus- 
geräumt.  Seine  Abmessungen  betragen  durchschnitllich  1,  30- 
1,50'"  für  die  Höhe  und  0,65"'  für  die  Breite,  an  einzelnen 
Steilen  sind  sie  jedoch  grösser.  Auf  dem  Boden  liegen  zum 
Teil  noch  die  allen  runden  Thonrohre,  welche  früher  schon 
bei  dem  Wasserhehälter  gefunden  waren.  Dass  sie  mit  den 
in  Samos  gefundenen  l\ohren  fast  ganz  übereinstimmen,  ist 
bereits  in  dem  vorigen  Berichte  (XVH  S.  44  2)  gesagt. 

Schon  in  alter  Zeit  haben  sich  die  Rohre  ganz  mit  Sinter 
und  Lehm  zugesetzt.  Das  Wasser  floss  nun  oberhalb  der  Rohrf 
und  hal  allmählich  den  ganzen  Canal  bis  zu  '/^  seiner  liüln 


DTE    AUSGRABUNGEN   AN   DER    ENNEAK.RUNOS.    II.  145 

zugeschlemmt.  An  einigen  Stellen,  wo  der  Fels  nicht  sehr  hart 
war.  sind  in  Folge  dessen  Einstürze  erfolgt.  Ein  Teil  des 
Tunnels  ist  schon  in  sehr  früher  Zeit  unbrauchbar  geworden 
und  hat  eine  Verlegung  der  Leitung  auf  eine  Länge  von  30"" 
veranlasst.  In  dem  neuen  Stollen,  der  dort  hergestellt  wurde, 
liegen  viereckige  Rohre  wie  sie  auch  schon  bei  dem  Bassin 
gefunden  waren  ;  daneben  liegen  aber  in  dem  alten  Tunnel  die 
ausser  Thätigkeit  gesetzten  runden  Rohre  noch  in  tadellosem 
Zustande. 

Besonders  wichtig,  weil  wir  dadurch  wieder  an  Samos 
erinnert  werden ,  ist  die  Thatsache,  dass  unmittelbar  über 
dem  Stollen  ein  zweiter  ebenso  an2;eleü:ter  Felstunnel  her  läuft, 
der  an  mehreren  Stellen  mit  dem  unteren  verbunden  ist.  Ob 
beide  gleichzeitig  angelegt  sind,  ist  noch  nicht  festgestellt. 
Auch  der  Zweck  des  oberen  Stollens  kann  noch  nicht  mit 
Bestimmtheit  angegeben  werden. 

In  Abständen  von  30-40'"  sind  beide  Stollen  mit  senkrechten, 
zur  Oberfläche  des  Erdbodens  führenden  Schachten  versehen, 
welche  bei  Anlage  der  Tunnels  zum  Herausschaffen  der  Fels- 
brocken gedient  haben  und  auch  von  uns  wieder  in  dieser 
Weise  benutzt  werden.  Der  letzte  von  uns  ausgeräumte  Schacht 
ist  12'"  tief;  in  so  bedeutender  Tiefe  lag  also  die  Wasserlei- 
tung unter  dem  Erdboden.  Dass  bei  der  Leitung  von  Samos 
in  demjenigen  Teile  des  Stollens,  welcher  nicht  unter  dem 
hohen  Berge  liegt,  ebensolche  Schachte  vorhanden  sind,  mag 
nicht  unerwähnt  bleiben. 

Von  der  Hauptleitung  gehen  mehrere  Abzweigungen  ab, 
welche  vermutlich  an  denieniü-en  Stellen  anseleüt  sind,  wo 
man  bei  Herstellung  des  Stollens  auf  Wasseradern  sestossen 
war.  Sie  führten  also  wahrscheinlich  der  Hauptleitung  noch 
etwas  Wasser  von  dem  Museion  und  der  Akropolis  zu.  Mög- 
licherweise waren  aber  auch  einige  von  ihnen  bestimmt,  \\'as- 
ser  der  Hauptleitung  zu  irgend  einem  kleineren  Laufbrunnen 
zu  leiten. 

Man  muss  selbst  in  diese  unterirdischen  Stollen  und  Quer- 
stollen hinabgestiegen  und  in  gebückter  oder  kriechender  odei 

ATHEN.   MITTHEILUNGEN   XIX.  10 


146  W.   DOERPFELD 

zuweilen  auch  aufrechter  StelUing  durch  sie  gewandert  sein, 
um  einen  Begriff  von  der  Grossartigkeit  der  ganzen  Anlage 
zu  bekommen.  Dass  ^vir  hier  die  llanpt-Wasserleitung  der 
Stadt  Atlien  aus  der  griechischen  Zeit  vor  uns  liaben,  unter- 
lie2;t  auch  nicht  dem  yerino-sten  Zweifel.  Als  Entstehunnszeit 
der  ganzen  Anlage  kann  auf  Grund  vieler  Anhaltspunkte  mit 
Sicherheil  das  sechste  Jahrhundert,  also  die  Zeit  des  Peisi- 
stratos,  aniieireben  werden. 

Im  nächsten  Jahre  soll  die  J^eituuij;  weiter  verfolgt  und  zu- 
gleich  die  ganze  Umgebung  des  Brunnenhauses  aufgedeckt 
werden.  Wenn  uns  dann  erlaubt  wird,  einen  Teil  der  heuti- 
gen Fahrstrasse  zeitweilia;  zu  zerstören,  so  darf  zuversichtlich 
auf  neue  Stücke  des  von  Peisistratos  errichteten  Brunnenhau- 
ses gerechnet  werden. 

Als  zweite  Aufgabe  hatten  wir  uns  die  Aufsuchung  des 
von  Pausanias  unmittelbar  vor  der  Enneakrunos  erwähn- 
ten Odeion  gestellt.  Wir  gruben  zunächst  westlich  vom 
Areopag  und  fanden  dort  die  Fortsetzung  der  alten  von  der 
Agora  zur  Akropolis  führenden  Fahrstrasse.  An  ihrer  West- 
seite, also  unterhalb  der  Pnyx,  deckten  wir  in  den  schma- 
len Gräben,  die  dort  zwischen  modernen  Häusern  gezogen 
wurden,  viele  Reste  antiker  Bauwerke  auf,  die  meist  Wohn* 
häuser  gewesen  zu  sein  scheinen.  An  ihrer  Ostseite,  also 
zwischen  der  Strasse  und  dem  Areopag,  wurde  nur  an  einei* 
Stelle  gegraben  und  dabei  mehrere  Mauern  altgriechischer 
Bauwerke  entdeckt .  deren  Bestimmunef  unbekannt  blieb. 
Diese  Bauten  liegen  in  einer  so  grossen  Tiefe  und  die  Aus- 
grabungen waren  daher  an  dieser  Stelle  so  zeitraubend  und 
kostspielig,  dass  es  ratsamer  erschien,  zunächst  südlich  vom 
Areopag,  wo  die  Verschüttung  nicht  so  gross  ist,  nach  dem 
Odeion  zu  suchen. 

Zu  diesem  Entschlüsse  wirkte  ausserdem  die  Überlegung 
mit,  dass  die  Angabe  des  Pausanias  über  die  Lage  des  Odeiort 
zur  Enneakrunos  (->.r,'7iov  bei  Paus.  I  \\)  besser  stimmt,  wenn 
das  Odeion  südlich,  als  wenn  es  westlich  vom  Areopag  gele- 
gen hat.  Denn  der  Perieget  gebraucht  dieses  Wort  bei  der 


DIE    AUSGRABUNGEN   AN    DER    ENNEAKRUNOS.    II.  147 

Beschreibung  des  athenischen  Marktes  mehrmals  bei  solchen 
Anlagen,  welche  sicher  ganz  nahe  bei  einander  lagen.  Im  Sü- 
den vom  Arcopag  ist  aber  auf  der  östlichen  Seite  der  alten 
Fahrstrasse  gegenüber  der  Enneakrunos  und  den  Privathäu- 
sern noch  rronü";end  Platz  für  mehrere  kleine  bedeckte  Theater. 

Wir  ijfruben  daher  zunächst  unmittelbar  südlich  vom  Areo- 
pag  an  der  Stelle,  wo  ich  in  meinem  vorigen  Berichte  (XVII 
S.  439),  gestützt  auf  die  Angaben  der  antiken  Schriftsteller 
vermutungsweise  das  Dionysion  sv  Attxvai;  angesetzt  habe.  Das 
Odeion  fanden  wir  zwar  nicht.  Dafür  wurde  aber  eine  noch 
wichtigere  Entdeckung  gemacht:  jenes  uralte  Heiligtum  des 
Dionysos  Lenaios,  das  Dionysion  in  den  Sümpfen  (Thuk. 
II  15),  wurde  thatsächlich  aufgefunden. 

Gegenüber  dem  kleinen  an  der  alten  Fahrstrasse  telegenen 
Tempelchen,  über  dem  später  eine  Lesche  erbaut  wurde  (,vgl. 
Athen  Mitth.  XVH  S.  91),  trat  zunächst  ein  römischer  Bau 
zu  Tage,  den  wir  jetzt  bis  auf  eine  Ecke  ganz  freigelegt  haben. 
Er  ist  durch  eine  Inschrift  als  der  Versammlunifsraum  des 
Thiasos  der  lobakchen  gesichert  und  gehörte  zu  dem  Bezirke 
dieser  Genossenschaft,  der  den  Namen  Bakcheion  führte. 
Der  grosse  Sal  von  11'"  Breite  und  18'"  Länge  war  durch 
zwei  Säulenreihen,  deren  Fundamente  erhalten  sind,  in  drei 
Schifte  treieilt  und  hatte  an  seiner  östlichen  Schmalseite  eine 
viereckige  A[)sis.  in  welcher  mehrere  Altäre  und  eine  grosse 
Anzahl  von  Sculpturen  gefunden  wurden. 

Unter  denjenigen  Gegenständen,  welche  zum  dionysischen 
Culte  ü;ehören  oder  zu  ihm  in  Beziehuni''  stehen,  verdient  zu- 
nächst  ein  «j rosser  viereckii^er  Altar  iienannt  zu  werden,  wel- 
eher  auf  drei  Seiten  dionysische  Opferscenen  in  Flachrelief 
trägt  und  auf  der  vierten  eine  zwar  ausgekratzte,  aber  noch 
lesbare  archaisirende  Inschrift  KOR  OT  RO®  Or"  A  R  A  A  R 
TEMIN.  Ausser  dem  Bakcheion  lernen  wir  hierdurch  ein 
Heiligtum  der  Artemis  kennen,  zu  dem  \on  i\vn  übrigen  Fun- 
den noch  ein  kh'iiics  Allärchcn  iiiii  der  Aiilschriri  APTEMI 
AOIEPEIOOY  und  eine  Statue  derselben  Göttin  im  Typus 
der  von  W'i'saillcs  u(>h(M't.   Da  diese  Gegenstände  in  einem  ne- 


148  W.    DOERPFELD 

ben  der  Apsis  gelegenen  Zimmer  gefunden  wurden,  in  welchem 
auch  ein  aus  Ziegeln  erbauter  Altar  und  an  den  NN  iinden  rings- 
hei'uni  eine  Anzahl  von  Basen  zu  Tage  kamen,  düi'l'en  wir  die- 
sen lUium  tur  das  spätrömische  Arlemision  halten. 

In  der  Apsis  lag  neben  einem  noch  aufrecht  stehenden 
runden  Altare,  der  mit  Bukranion  und  Fruchtschnüren  ge- 
schmückt ist  und  einst  auch  eine  leider  Ibrtgemeisselte  Inschrift 
trug,  eine  Säulentrommel  mit  der  schon  erwähnten  Inschrift 
der  lobakchen.  Da  gleiche  Säulentrommeln  in  dem  orossen 
Säle  noch  aufrecht  stehend  gefunden  wurden,  ist  ihre  Zuge- 
hörii^keit  zu  dem  Gebäude  nicht  zweifelhaft.  Die  Inschrift 
enthält  in  165  Zeilen  die  Statuten  der  lobakchen  und  stammt 
wahrscheinlich  aus  der  ersten  Hälfte  des  3.  Jahrhunderts  n. 
Chr.  Als  Beamte  des  Vereines  werden  aufgeführt  der  Hiereus, 
der  Anthiereus,  der  Archibakchos,  der  Tamias  und  der  Bu- 
kolikos.  Ihr  Gott  ist  Dionysos,  neben  dem  an  einer  Stelle, 
wo  wahrscheinlich  von  dramatischen  Vorstellungen  die  Bede 
ist,  Köre,  Palaimon  und  Aphrodite  erscheinen.  Über  der  In- 
schrift befindet  sich  ein  giebellörmiges  Relief,  welches  zwei 
Panther,  einen  Rantharos,  Ranken  mit  Weintrauben  und  ei- 
nen Stierkopf  darstellt.  Demnächst  wird  diese  wertvolle  In- 
schrift veröffentlicht  werden. 

Von  den  andern  Sculpturen,  welche  in  und  neben  der  Apsis 
gefunden  wurden,  mögen  besonders  genannt  werden  :  Oberteil 
und  Kopf  eines  Dionysos,  Relief  einer  tanzenden  Mainade, 
Statue  des  Pan,  kleines  Altärchen  mit  zwei  Panen  und  einer 
älteren  Weihung  an  Pan  und  einer  jüngeren  an  die  Götter- 
mutter, mehrere  Kybele-Reliefs,  mehrere  Statuetten  der  Ai)hro- 
dite,  Statuette  der  Parthonos  ohne  Kopf,  Statuette  einer  drei- 
gestaltigen  IIekate,ein  Kindei'koj)f,  ein  männlicher  Porträtkopf 
aus  hellenistischer  Zeit  und  schliesslich  ein  römischer  Frauen- 
kopf. NVelche  von  diesen  Sculpturen  zu  den  hier  anzusetzen- 
den Heiligtümern  gehiiren  und  welche  von  andei'on  Bezirken, 
wie  z.  B.  \on  dem  am  Areopag  gelegenen  Heiligtum  der  iMe- 
ter,  hierhin  verschleppt  worden  sind,  mag  vorläufig  unerörtert 
bleiben. 


DIE  AUSGRABUNGEN   AN   DER   ENNEAKRUNOS.    II.  '149 

Der  staatliche  Cult  des  Dionysos  Lenaios,  dessen  Bezirk  ich 
schon  früher  an  dieser  Stelle  "laubte  ansetzen  zu  müssen  und 
dessen  llauptfest  die  Anthesterien  waren,  ist  in  römischer 
Zeit  vernachlässigt  worden  und  scheint  in  der  späten  Kaiser- 
zeit ganz  aufgehört  zu  haben.  Er  lebte  aber  noch  fort  in  der 
Vereinigung  der  lobakchen,  welche  privatim  den  alten  Cult 
fortsetzten.  Erinnert  schon  der  Name  lobakchen  an  den  Eid, 
den  die  Gerairen  am  Anthesterienfeste  zu  leisten  hatten  (De- 
mosthenes,  Gegen  Neaira  S.  1371),  so  weist  der  Name  des  Bu- 
kolikos  direct  auf  das  Bukolion  hin,  das  neben  dem  Diony- 
sion  in  den  Limnai  gelegen  hat.  Auch  die  Verbindung  von 
Dionysos  und  Köre  dürfte  hierfür  von  Bedeutung  sein,  zumal 
ein  Fest  der  Katagogien  in  der  Inschrift  genannt  wird. 

Wo  ist  nun  aber  der  alte  heilige  Bezirk  dieses  Dionysos? 
Wir  haben  ihn  bereits  gefunden.  Tief  unter  dem  Fussboden 
des  römischen  lobakchensales  haben  wir  einen  mit  alten  po- 
lygonalen Mauern  umgebenen  Bezirk  aufgedeckt,  der  im  Al- 
tertume  tiefer  lag  als  die  ihn  umgebenden  Strassen  und  eine 
Länge  von  etwa  40'"  und  eine  Breite  von  etwa  2U"'  hatte.  Im 
Inneren  dieses  Bezirks,  von  dem  bereits  ein  Drittel  freigelegt 
ist,  fanden  sich  erstens  zahlreiche  schwarz-  und  rotfigurige 
Scherben  von  grossen  Gelassen,  zweitens  der  Unterbau  eines 
Altars  oder  Tisches  aus  Porös,  auf  dessen  westlicher  Stufe 
ehemals  Stelen  gestanden  haben,  und  drittens  ein  Gebäude  mit 
einer  griechischen  Weinkelter. 

Für  den  Dionysos  Lenaios,  den  Gott  der  Kelter,  passt  letz- 
tere besonders  gut.  Sie  besteht  aus  einem  4,5""  langen  und 
2,5'"  breiten  liaume,  der  auf  zwei  Seiten  von  den  Wänden  ei- 
nes Gebäudes,  auf  den  beiden  anderen  aber  von  niedrigen 
Mauern  eingefasst  wird.  Sein  Boden  ist  mit  kleinen  Kieseln 
und  Kalkmörtel  in  vorzüglicher  Weise  hergerichtet  und  hat 
nach  der  einen  Ecke  ein  Gelälle  von  0,25'".  An  dieser  tiefsten 
Stelle  belindet  sich  ein  Loch  in  der  Mauer  und  vor  der  äus- 
seren Öffnung  steht  noch  jetzt,  in  den  Fussboden  eingelassen, 
ein  grosses,  oben  viereckiges,  unten  rundes  Gefäss,  das  keine 
andere  Bestimmung  gehabt  haben  kann,  als,  den  von  der  Kel- 


150  W.    DOERPFELD 

ter  herausfliessenden  Most  aufzunehmen.  Ganz  genau  in  die- 
ser Weise  sind  nocli  heute  in  nianelien  Gebenden  Griechen- 
lands  die  Weinkeltern  einiferichtet. 

Ich  betrachte  es  hiernach  als  sicher,  dass  dieser  südlich 
vom  Areopag  am  westlichen  Fusse  der  Akropolis  gelegene  und 
von  uns  schon  teiKveise  ausgegrabene  Bezirk  das  alle  Diony- 
sion  in  den  Sümpfen  ist.  Für  die  wasserreiche  Gegend  unter- 
halb des  Sladtbrunnens  passte  der  Name  Limnai  sehr  gut. 
Ich  vermag  ferner  keinen  Platz  zu  finden,  der  den  Angaben 
des  Thukydides  (II,  15,  vgl.  meine  Auflassung  Athen.  Mitth. 
XVII  S.  444)  besser  entspricht  als  diese  Stelle  zwischen  dem 
Thor  der  alten  Polis  und  der  Fnneakrunos.  Ausserdem  ist  die 
Nähe  der  Orchestra  am  Markte,  die  aus  ganz  anderen  Grün- 
den an  der  ^^^estseite  des  Areopags  angesetzt  werden  muss, 
erst  jetzt  ganz  verständlich.  Die  Orchestra,  wo  6  ettI  Anvaito 
äywv  in  der  älteren  Zeit  stattfand,  lag  also  ganz  in  der  Nähe 
des  Heiligtums  desjenigen  Dionysos,  dem  dieser  Agon  gefeiert 
wurde.  Dass  endlich  für  die  ältesten  Keltern,  nach  denen  ver- 
mutlich der  Platz  Lenaion  genannt  worden  war,  die  Gegend 
unterhalb  des  Stadtbrunnens  besonders  geeignet  war,  liegt 
auf  der  Hand. 

Neben  dem  alten  Bezirk  des  Dionysos  ist  noch  ein  zweiter 
Bezirk  mit  polygonalen  Mauern  gefunden  worden,  der  gerade 
dort  liegt,  wo  in  römischer  Zeit  das  neben  der  Apsis  des  Bak- 
cheion  gelegene  Heiligtum  der  Artemis  erbaut  war.  Diesen 
zweiten  Bezirk  dürfen  wir  wol  für  das  alte  Heiligtum  der  Ar- 
temis in  den  Limnai  halten,  dessen  ehemaliges  Vorhandensein 
der  Scholiast  zu  Kallimachos'  Hymnos  auf  Artemis  (172)  über- 
liefert hat. 

Durch  die  Aufiindung  dieser  alten  wichtigen  Bezirke  sind 
unsere  Ausgrabungen  auch  äusserlich  in  ein  neues  Stadium 
getreten.  Die  griechische  Regierung  hat  sich  jetzt  entschlos- 
sen, den  N\ östlichen  Abhang  der  Akr()j)olis  zu  enteignen  und 
anzukaufen.  Die  unangenehme  Verpfliclilung.  welche  wir  bis- 
her bei  unseren  Ausgrabungen  übernehmen  musslen,  die  aus- 
gegrabenen Stellen  wieder  zuzuschütten  und  deshalb  die  Erde 


DIE   AUSGRABUNGEN  AN   DER   ENNEaKRUNOS.    fl.  1.^1 

in  der  Nähe  zu  lassen,  fällt  jetzt  fort.  Wir  dürfen  nunmehr 
den  i^anzen  Platz  zwischen  der  Pnyx  und  der  Akropolis  aus- 
graben. Das  Suchen  und  Forschen  nach  einzelnen  Gebäuden 
hört  damit  auf.  Wenn  der  »anze  Westabhang  der  Burg  frei- 

O  Do 

gelegt  ist,  muss  es  sich  zeigen,  ob  sich  auch  das  Odeion  und 
Eleusinion  unter  den  aufgedeckten  Anlagen  befinden. 

Wir  beabsichtigen,  die  ergebnissreiciien  Arbeiten,  welche 
jetzt  wegen  unserer  Reisen  und  der  Ausgrabungen  in  Troja 
eingestellt  werden  müssen,  im  nächsten  Herbste  wieder  auf- 
zunehmen. 

WILHELM  DÖRPFELD. 


LITTERATUR 

E.  Apakos,  Ta  @pxy.v/.x  r,TOi  StaXsEi?  uepi  Töiv  ix.y.'kriGixGXiy.GiV 
iTcxpj^tcJv  Siol'j€pia(;,  Favou  xai  Xwpa?,  Merpaiv  xai  'AOupcov,  Mu- 
pio(p'jTO'j  xainspicTafTeo)?,  Ka)>>.i,7r6X£0);  xai  MaouTOu.  I.  Athen  1 892. 

nPAKTiKA  T71?  £v  'A9-ovai?  apj^.  'Eraipia«;.  1892.  Athen  1894. 

E.  StamaTIAAHS,  'I)capta/tä,  r,TOt  icTopta  xat  Twepiypafpri  ty)? 
v7)(Tou  'I)tapta(;.  Samos  1893. 

A0HNA ,  c'jyypafXfxa  TCeptoSixov  tt)?  sv  'AÖTivaii?  £77t<JTY)[/.ovi)t9ii; 
iTaipeia;  V,  4.  Darin  u.  a.  S.  480  Stc.  Boccyi?,  Z7iTY)(jLaToc  'Pw- 
(xaiKX.  —  S.  486  '1(0.  A.  MxTGa?,  'ETriypacpai  Xa>>y.tSo?  [Sech- 
zehn Grabschriften,  die  im  Euripos  gefunden  Avorden  sind]. 

EsTiA  1893  Nr.  47-52.  Darin  u.  a.  S.  352.  Funde  [In  'Ax- 
xeT^sXi,  Eparchie  'AT^ppoc,  Thessalien,  wurde  zufällig  beim 
Pflügen  ein  Marmorkopf  natürlicher  Grösse  gefunden  ;  er  wird 
als  ein  Werk  von  vortrefflicher  Arbeit  bezeichnet,  sei  nach 
rechts  geneigt,  Nase,  Mund  und  Bart  sowie  das  rechte  Ohr 
beschädigt. —  Am  selben  Ort  wurde  von  einem  andern  Bauern 
eine  gute  0,80"  hohe  Apollofigur  von  Erz  gefunden  ;  die  rechte 
Hand  fehle,  sonst  sei  die  P'^igur  gut  erhalten.  —  In  der  Gegend 
TcoupvocTY]  ßpu(Tt;  wurden  Gräber  aufgedeckt,  in  einem  dersel- 
ben ein  verzierter  Dolch  von  Erz  gefunden].  —  S.  374  ff.  F.  Sw- 
TYipiaSy)?,  'H  sTTTaTT'jXo?  Byi^t)  [Behandelt  besonders  die  Aus- 
dehnung der  alten  Stadt  und  rückt  die  Stadtmauer  auf  Grund 
neuerer  Funde  weiter  nach  Norden  und  Osten  als  dies  Fabri- 
cius  thut].  —  S.  382.  Funde  [in  Kreta,  8"""  von  Herakleion 
sind  auf  einem  Marathokephala  genannten  Hügel  Reste  einer 
Ansiedlung  festgestellt  worden,  der  man  den  Namen  Apollo- 
nia  vindiciren  will].  —  S.  398.  Im  Piräus  sind  sieben  Grab- 
steine mit  Beschlag  belegt  worden  ;  einer  soll  die  Inschrift  tra- 
gen: Nau(Ji(TTpaT7)  'le'pwvoi;  'Aj^apvaio?  [*H]poTipi,ou  Kvi^iceüx;  yuvY), 
ein  zweiter:  'I>avY)<;  j^pricTÖi;,  ein  dritter  ZIo9{a(;  'ApidTOfA&j^ou 
netpauü; 'H<pai(jTi(X  XaipiSyip.O'j  'Ay^epSouat?,  ein  vierter:  'Apfxovi;. 


LITTE  RATÜR  153 

Ausserdem  wurde  ein  Relief,  sitzende  Frau,  festgehalten. — 
Durch  Herrn  Stais  sind  Felsgräber  bei  Brauron  untersucht 
worden,  ohne  besonderen  Erfolg —  Bei  Keratea  (Attii\a) 
fand  ein  Bauer  einen  Grabstein,  V"  hoch,  0,50"  breit,  mit  der 
Inschrift  Nix.zto<;  ATii^.o/^apouc  Ke^^aX^viOev.  —  S.  407.  Abbildung 
eines  antiken  Turmes  auf  Naxos.  —  S.  409.  I.  n.  Axu.Tzpoi;, 
NoaiTy.aTtx.y.  [Wiederholt  die  Einsprüche  W.  Wroth's  gegen 
die  von  J.  Svoronos.  'E']p-/)a£pi;  1893  S.  l  ff.  vorgetragenen 
Deutungen]. 

1894  Nr.  1-9.  Darin  u.  a  S.  31.  I.  ^^Soptövo;,  NoaKraxTuta 
[Mitteilung  eines  Briefwechsels  zwischen  ihm  und  \V.  \\  roth 
über  diese  Deutungen,  durch  welchen  ihre  Richtigkeit  aufs 
neue  erhärtet  wird].  —  S.  76.  F.  ^wT/ipiäSri?,  AI  -xp'x  Tr,v 
Dvr/.a  ävotT/cacpai.  — S.  97.  Xp.  Tcrouvra?,  Aiy-vai  i^über  die  ur- 
sprüngliche Bedeutung  dieses  Ortsnamens,  der  sich  durchaus 
nicht  auf  stagnirendes  Wasser  zu  beziehen  braucht,  sondern 
auf  Felseinarbeitungen,  die  zur  Gewinnung  und  Bewahrung 
trinkbaren  Wassers  dienten].  —  S.  137  Abbildung  der  myke- 
nischen  Brücke  zwischen  Nauplia  und  Epidauros. 

E4>iiMEFii:  APXAioAorjKH  1893  lieft  4. 

riAl^N.vSilüS ,  n£pioSi5cöv  (7uyYpaL/-{Jt.a  toO  sv  'AHr,ix:i  öao)V'jj;,ou 
cuXXöyou  XVI,  2.  Darin  u.  a.  S.  92.  N.  F.  Uoli-zni;,  'AptcTo- 
TE^O'j?  'A9Y)vai<i)v  TzoliTHX.  —  S.  131.  A.  Kx^x.'kfi^,  'Aycüyr,  'AOrj- 
vai(i)v  xara  tov  E'  xai  A'  aioiva  tu.  X. 


ATHEN.    MITTHEILUNfiEN    XIX.  li 


SITZUNGSPROTOKOLLE 

1.  Dez.  1893.  Festsitzung  zur  Feier  von  Winckelmann's 
Geburtstag.  W.  Dokrpfeld,  Über  die  Resultate  der  Ausgra- 
bungen in  Troja  im  Jahre  1893.  —  P.  Woltkiis,  Ursprung 
und  Name  der  Karyatiden. 

20.  Dez.  1893.  VV.  Doerpfkld,  Der  Tempel  .in  Neandria. — 
K.  Mylonäs,  Zwei  Spiegel  aus  Eretria. —  F.  Noack  ,  Dory- 
laion. 

8.  Jan.  1894.  M.  Mayer,  Splanchnoptes.  —  I.  N.  Svoro- 
Nos.  Die  MsXavTiot  <7x,6-£>.oi. — Cn.  Waldstein,  Über  den  Uera- 
kopf  von  Argos. 

17.  Jan.  1894.  P.  Wolters,  Inschriften  aus  Magnesia  a. 
M.  —  A.  Philadelphevs,  Das  Gorcjonenmosaik  aus  dem  Pi- 
raus.  —  Tu.  VON  Heldreicii,  Parthenion. — W.  Doerpfeld.  Die 
Ausgrabungen  an  der  Enneakrunos. 

31.  Jan.  1894.  F.  Noacr,  Mykenische  Burgen  am  Kopais- 
See.  —  W^  Doerpfeld,  Die  Ausgrabungen  an  der  Enneakru- 
nos. —  P.  Wolters  bespricht  einige  dabei  gefundene  Skulp- 
turen. 


Noack  :  Die  im  nordöstlichca  Kopaissee  iiegcnüber  von  Topolia  gelegene 
grosse  mykenische  Burg,  Gla  oder  Guläs  genannt,  ist,  wie  eine  Prüfung 
ihrer  gewaltigen  Umfassungsmauern  und  Thoranlagen  ergicbl,  eine  ein- 
heitliche, trotz  kleiner  technischer  Verschiedenheiten  nicht  etwa  in  ver- 
schiedenen Bauopochen  entstandene  Anlage.  Ihre  stärkste  Seite  scheint  die 
nach  Süden  gerichtete  gewesen  zu  sein.  Mit  ihren  vier  Thoren  (darunter 
ein  Duppellhor  im  südostlichen  Teile)  ist  diese  Burg  nur  zu  verstehen,  wenn 
eine  Trockenlegung  des  Sees  vorausging  oder  doch  beabsichtigt  war.  Sie 
hängt  daher  aufs  engste  zusammen  mit  dem  System  der  alten  minyschen 
Deichhauten  im  See,  sie  beherrschte  den  Abscliliiss  derselben,  wie  Orcho- 
menos  (vielleicht  zusammen  mit  dem  böolisciien  Athen  und  Kleusisjden 
Anfang  im  Westen,  und  wurde  darin  unterstützt  durch  ein  System  kleine- 
rer befestigter  Plätze,  das  im  Bogen  den  nördlichen  See  umschliessl.  Zu 
dem  kleinen  Kopai  (Topolia)  kommen  drei  andere  bisher  nicht  bekannte 
Burgen,  die  durch  die  Technik  ihrer  sehr  zerstörten  Mauern  sowie  herum- 


SITZUNGSPROTOKOLLE  155 

liegende  Vasenscherben  sich  als  mykenisch  erweisen.  Zwei  in  besonders 
engem  Zusammcuhang  mit  einander  stehende  Ruinen  liegen  auf  zwei  Halb- 
inseln amNurduferibei  der  Katawothre  Varia  (Kapelle  des  Hag.  loannis), 
also  gerade  beim  Ende  der  alten  rainyschen  Deichbaulen.  Eine  dritte  Ruine 
liegt  auf  der  Höhe  des  sog.  Pyrgos  der  Ha-.  Marina,  beschützte  also  den 
Punkt,  wo  die  verschiedenen  Kanäle  sich  zu  einem  Hauptabschlusskanal 
vereinigten.  Durch  dieses  Befestigungssystem  wird  schliesslich  auch  die  Ver- 
bindung der  Hauptorte  (Guläs.  Orchomenos)  mit  dem  Meere  ofFengehal- 
ten;  bei  Larymna,wo  man  bis  jetzt  freilich  nur  bis  zur  Zeil  der  prolokorin- 
thischen  Gefässe  zurückkommen  kann,  haben  wir  uns  auch  schon  die  mi- 
nysch-mykenische  Hafenanlage  zu  denken. 

Eine  Prüfun-der  lillerarischcn  Überlieferung  über  die  ältesten  Städte  am 
Kopaissee  in  Vcrbimluug  mit  dem  topographischen  Befund  ergiebt  — von 
den  sich  immer  wieder  aufdrängenden  beachtenswerten  Beziehungen  von 
Minyschem  zum  Mykenischen  und  den  Spuren  einer  Herkunft  vom  Osten 
abgesehen —,  da.ss  wir  in  der  mächtigen  und  ausgedehnten  Bur-ruine  von 
Gulas  das  vurböotische  Arno,  den  Herrschersitz  des  Athamas  in  der  atha- 
manlisclien  Eiiene  zu  erkennen  haben. 

14.  Febr.  1894.  A.  Skias,  Topographie  der  Gegend  am 
Ilissos.  — P.  Hartwig,  Fragmente  einer  Schale  des  Oltos  aus 
Chiusi  (Stier  von  Löwen  zerfleischt).  —  W.  Doeiumkm).  Neues 
von  der  Enneakrunos. 

28.  Febr.  1894.  W.  Doerpfeld  gedenkt  des  verstorbenen 
H.  G.  Lolling  und  entwirft  ein  Bild  seiner  wissenschaftlichen 
Thätigkeit.  —  P.  Hartwig,  Gigantomachie  des  Euphronios  ans 
Orvieto.— P.Wolters,  Votivrelief  an  Asklepios.  — W.  Doerp- 
FELD,   Die  Ausgrabungen  bei  der  Enneakrunos. 

14.  März  189 i.  H.  Schmidt,  Archaisches  Bronzerelief  aus 
Böotien.  — W.  Doeri-feld  bericlitet  über  den  Fortgang  der 
Ausgrabungen  bei  der  Enneakrunos. —S.  Wide,  Übe^r  die 
dabei  gefundene  Inschrift  der  lobakchen.  —  M.  im'aver  macht 
einige  archäologische  Bemerkungen  zu  dieser  Inschrift. 


ERNENNUNGEN 

Rs  sind  ernannt  worden  am  21  April  1893  zu  ordentlichen 
Mitiiliedern  des  Instituts  die  Herren  E.  Dobbert  und  A.  Har- 
nack  in  Berlin,  G.  G.  Tocilescu  in  Bukarest,  zu  correspondi- 
renden  Mili^liedern  die  Herren  0.  Kern  und  E.  Pernice  in 
Berlin,  .1.  Zielien  in  Frankfurt  a.  M.,  M.  Mayer  in  Athen, 
\V.  Beicliel  in  Wien,  A.  Meomartini  in  Benevent,  L.  Jelic'  in 
Spalato.  H.  Löper  in  St.  Petersburg,  am  Winckeimannstage 
11^93  zu  ordentlichen  Mitgliedern  die  Herren  W.  von  Christ 
in  Mimchen  und  A.  Geffroy  in  Rom,  zu  correspondirenden 
Mitgliedern  die  Herren  M.  Collignon  in  Paris,  W.  Pleyte  in 
Leiden  und  C.  Sittl  in  Würzburg. 


Am   2"2.    Februar  1894   starb  in  Athen  nach  kurzer 
Krankheit 


H.  G.  LOLLING 


im  Alter  von  nur  fünfundvierzig  Jahren.  Indem  wir 
diesen  schmerzlichen  Verlust  auch  auf  diesem  Wege 
zur  Kenntniss  unserer  Leser  bringen,  behalten  \\'\v  uns 
vor,  später  einen  Lebensabriss  des  Verstorbenen  mit- 
zuteilen, dessen  Verdienste  um  die  Wissenschaft  wie 
iini  unser  Instilnl  im  Besonderen  unvergessen  bleiben. 


29.  März  1894. 


zu  DEN  SKULPTUREN  VON  EPIDAUROS 
(Hierzu  Tafel  VI) 

Die  vier  Künstler,  denen  die  Herstellung  des  bildlichen 
Schmuckes  am  Maussoleum  zu  Halikarnass  übertragen  war, 
vereinigen  sich,  wie  die  erhaltenen  Friesplatlen  und  Einzel- 
figuren noch  erkennen  lassen,  zu  zwei  Gruppen'.  Auf  der  ei- 
nen Seite  stehen  Skopas  und  Bryaxis,  auf  der  anderen  Ti- 
motheos  und  Leociiares  zusammen.  Von  allen  ausser  Timo- 
theos  giebt  die  litterarische  Überlieferung  genauere  chrono- 
logische Daten.  Danach  war  um  die  Zeit  des  Maussoleums- 
baues  Bryaxis  in  jungen,  Leochares  in  jüngeren  Jahren,  wäh- 
rend Skopas  damals  schon  in  hohem  Alter  stand.  Die  An- 
nahme liegt  nahe,  dass  die  jüngeren  Künstler  als  Schüler  der 
älteren  nach  Kleinasien  mitgegangen  sind.  Bryaxis  und  Sko- 
pas scheinen  nach  der  engeren  Stilverwandtschaft  der  Re- 
liefs, die  sich  aus  der  ganzen  Reihe  der  Friese  als  ihre\\'erke 
herausheben-^,  in  diesem  Verhältniss  zueinander  gestanden 
zu  haben.  Aber  auch  für  die  beiden  anderen  wird  das  Gleiche 
wahrscheinlich,  seitdem  durch  das  neue,  den  epidaurischen 
Ausgrabungen  verdankte  Material  eine  genauere  Kenntniss  der 
Zeit  und  Kunstart  des  Timolheos  gewonnen  ist. 

Der  Künstler  hatte  zusammen  mit  Anderen  die  Skulpturen 


^  Eine  genauere  Begriimliiiit,'  liullV  ich  iloinn/iclisl  in  einer  ausführliche- 
ren Arbeit  iiher  die  8kulj)turen  des  iMaussoleunis  goljen  zu  können. 

2  Es  sind  die  von  Brunn  (8ludie  ül)er  den  Amazünenfries  des  Mausso- 
leums,  Münehener  t?ilzunjrsberichle  ISS"?  S.  i23  fl".)  der  dritten  uiul  vierten 
Serie  zugeteilten  PlaUen.  Brunn's  Bestimmung  der  Künstler  muss  umge- 
kehrt werden.  Nicht  die  Platten  der  vierten,  sondern  die  der  driUen  Serie 
(die  von  Newton  an  der  üslseile  gefundenen)  gehören  dem  Skujias,  wie 
durch  die  Fundllialsaciien  wahrscheinlich  ist  und  jetzt  auch  durcii  \'crglei- 
chung  mit  dem,  was  von  Skopas  sonst  erhallen  ist,  bewiesen  wird.  \'gl. 
auch  Murray,  History  II  S.  297. 

ATHEN.   MITTHEILUNGEN  XIX.  12 


158  F.    WINTER 

für  den  Asklepiostempel  in  Epidauros  auszuführen.  Das  war, 
wie  sich  aus  Kavvadias'  überzeui];ender  Üatirung  des  Tempels 
ergiebt*,  zu  Anfang  des  vierten  Jahrhunderts  geschehen.  In 
ungefähr  dieselbe  Zeit  fallen  die  Anfänge  der  Thätigkeit  des 
Skopas,  der  den  Neubau  des  im  Jahre  396  niedergebrannten 
Athenatempels  in  Tegea  leitete.  Timothcos  und  Skopas  wer- 
den daher,  als  sie  gemeinsam  am  Maussoleum  thätig  waren, 
in  etwa  gleichem  Alter  gewesen  sein. 

Von  dem  Bildwerk  am  Asklepiostempel  sind  zahlreiche 
Reste  von  Giebel- und  Akroterien-Figuren  erhalten.  Als  de- 
ren Verfertiger  nennt  die  Bauinschrift  ausser  Timotheos  noch 
mehrere  andere  Bildhauer,  von  denen  sonst  nichts  bekannt 
ist.  Bei  einer  Beteiligung  mehrerer  an  ein  und  demselben 
Werke  ist  es  natürlich,  dass  gewisse  Ungleichheiten  in  der 
Arbeit  sich  bemerkbar  machen.  Aber  es  sind  nur  geringe  äus- 
serliche  Verschiedenheiten,  während  alles  Wesentliche  und 
Hauptsächliche  durchaus  einheitlich  ist  und  eben  durch  die 
Übereinstimmung  im  Stile  zeigt,  dass  das  Ganze  die  Schöp- 
fung eines  Meisters  war,  der  nur  für  die  Ausführung  ver- 
schiedene andere  Bildhauer  heranzog.  Dieser  eigentliche 
Schöpfer  des  Werkes  aber  ist  Timotheos.  Durch  Foucart's  In- 
terpretation ist  die  Stelle  der  Bauinschrift,  die  diese  wertvolle 
Angabe  enthält,  kürzlich  aufgeklärt'-^.  Sie  berichtet  uns,  dass 
Timotheos  die  Modeile  zu  dem  ganzen  Bildschmuck  des  Tem- 
pels lieferte.  Die  Ausführung  der  Modelle  ist  gewiss  unter  sei- 
ner Aufsicht  und  genau  nach  seinen  Angaben  geschehen.  Wir 
werden  das  Ganze  überhaupt  als  aus  seiner  Werkstatt  her- 
vorgegangen anzusehen  haben  und  daher  die  erhaltenen  Be- 
ste, ohne  Gefahr  grosser  Irrung,  im  kunstgeschicbtlichen 
Zusammenhange  als  Werke  des  Timotheos  betrachten  dür- 
fen. Zwei  Figuren,  die  reitende  Nereiden  darstellen  und  die 
nach  Kavvadias'  sehr  wahrsclieinlicher  Annahme  als  Akrote- 
rien  dienten,   sind  vielleicht  auch  der  Ausführung  nach  von 


*  Fouilles  d'ipidaure  S.  83. 

3  Bulletin  de  correspondance  helUnique  1890  S.  591. 


zu   DEN   SKULPTUREN   VON   EPIDAUROS  159 

der  eigenen  Hand  des  Timotheos^  Denn  die  Inschrift  be- 
richtet, dass  er  ausser  den  Modellen  die  Akroterien  der  einen 
Giebelseite  in  Marmor  selbst  ausführte.  Aber  sie  lässt  uns 
leider  im  Ungewissen,  ob  es  die  Ost-oder  die  Westseite  war. 

Die  Stellung,  welche  die  epidaurischen  Skulpturen  in  dem 
uns  bekannten  Zusammenhange  der  griechischen  Kunstent- 
wickelung einnehmen,  hat  Kavvadias  mit  kurzen  Worten 
richtig  bezeichnet^:  sie  schliessen  im  Stil  an  die  Reliefs  der 
Nikebalustrade  an,  und  ebenso  enge  Berührung,  wie  mit  die- 
sen, haben  sie  auf  der  anderen  Seite  mit  einer  Reihe  von  Fries- 
platten des  Maussoleums.  Indem  sie  sich  so  in  eine  uns  schon 
vertraute  Entwickelung  einfügen,  tritt  uns  der  Künstler  wie 
ein  alter  Bekannter  enti2;ec;en.  Seine  Werke,  die  wir  nun  zum 
ersten  Male  genauer  kennen  lernen,  haben  für  uns  nichts 
Fremdes,  so  dass  wir  bei  ihrer  Betrachtung  kaum  etwas  von 
der  Befangenheit  des  Urteils  empfinden,  die  den  Schöpfungen 
einer  neuen  künstlerischen  Erscheinung  gegenüber  natürlich 
und  gewöhnlich  ist. 

Um  so  zuversichtlicher  aber  werden  wir  daher  unterneh- 
men können,  nach  weiteren  Spuren  seiner  Thätigkeit  in  dem 
alten  Bestände  unseres  Antikenvorrats  zu  suchen.  Ein  solcher 
Versuch  kann  nicht  aussichtslos  sein  bei  einem  Künstler,  den 
man,  wie  aus  Plinius''  und  Properz^  hervorgeht,  noch  in  Rom 
wol  zu  schätzen  wusste.  in  dem  palatinischen  Apollotempel 
stand  nel)en  dem  Apoll  des  Skopas  und  der  Leto  des  Kephi- 
sodot  eine  Artemisslatue  von  seiner  Hand,  die  in  augustei- 
scher Zeit  reparaturbedürftig  war.  Es  ist  ein  Zeugniss  für 
ihre  Wertschätzung;,  dass  damals  einer  der  namhaftesten 
Künstler,  Avianus  Euander.  mit  der  Anfertiü:un»  eines  neuen 
Kopfes  für  die  Figur  beauftragt  wurde.  Von  anderen  Werken 
desTimotheos  nennt  Plinius  in  der  Sammelstelle  über  dieErz- 


<   Fouilles  d'Epiilaure  S.  88.  Z.  90.  Tl'jr.-k  tou  'EOvtxou  Mouasiou  S.  136. 

^  rXuKT«  S.  139. 

3  XXXVI,  32.  XXXIV,  91. 

^  II  31,  15ir. 


l66'  P.  winteh 

arbeiten  Athleten,  Bewaffnete,  Jäger,  Opfernde;  Pausanias  * 
erwähnt  ein  Agahna  des  Asklepios  in  Trozen  und  Vitruv  ^ 
führt  von  einer  auf  der  Burg  von  [lalikarnass  aufgestellten 
colossalen  Aresstatue  des  Leochares  an,  dass  manche  sie  für 
ein  Werk  des  Timotheos  hielten,  eine  Notiz,  die  nur  wieder 
in  der  oben  geäusserten  Vermutung  von  dem  Lehrverhältnisse 
dieser  beiden  Künstler  bestärken  kann. 

Es  ist  ein  besonderer  Glücksfall,  wenn  sich  durch  stilisti- 
sche Untersuchung  Werke  bestimmter  Künstler  nachweisen 
lassen,  die  zugleich  auch  in  der  littorarisclien  Überlieferung 
erwähnt  werden.  Für  ^Fimotheos  trilYt  dieser  Fall — bisher 
wenigstens  —  nicht  zu.  Schon  von  seiner  Thätigkeit  in  Epi- 
dauros  erfahren  wir  durch  die  Schriftsteller  nichts  und  ebenso 
wenig  können  wir  uns  für  das  Werk,  das  wir  im  Folgenden 
den  epidaurischen  Skulpturen  anzureilien  gedenken,  für  die 
bekannte  Statue  der  Leda,  auf  ein  antikes  Zeugniss  berufen. 
Aber  es  scheint  mehr  Zufall,  dass  jede  Notiz  darüber  fehlt. 
Ausserordentlich  beliebt  wenigstens  war  die  Figur,  wie  die 
überaus  zahlreich  erhaltenen  Copien  darthun. 

Von  allen  vorhandenen  Repliken  ist  in  derjenigen  des  Ca- 
pitolinischen  Museums  der  Charakter  des  Originals  anschei- 
nend am  wenigsten  von  dem  Copisten  verändert^.  Mit  ihr  ist 
auf  Tafel  6  eine  der  Figuren  vom  Asklepiostempel  zusam- 
menoestellt.  Es  ist  für  diese  Zusammenstellung;  die  eine  der 
Nereiden  gewählt  \  weil  diese  der  inschriftliclien  Überliefe- 
rung nach  möglicherweise  auch  in  der  Ausführung  als  ein 
authentisches  Werk  des  Timotheos  zu  betrachten  ist.  Zufällig 
trifft  es  sich,  dass  die  Nereide  auch  in  der  Haltung  Vieles  mit 
der  Leda  gemein  hat.  Aber  es  möge  in  diesem  Falle,  da  auch 
jede  beliebige  der  übrigen,  anders  bewegten  Figuren  des  Tem- 


<  II  32,4. 

2  118,11. 

3  So  urleilt  auch  I''urt\viin^'ler,  Saininlun^'  Hal)uuioll',  Vaspiieinleilung  S. 
9;  eine  Zu.samii.cu.sloilung  der  Cupicii  giebl  (Jvorbeck,  Kuiistiiiylliolügie  des 
Zeus  S.  491  iV. 

*  FouiUes  d'Epidaure  Tat.  8,  2  und  11,  16. 


zu  DEN   SKULPTUREN   VON  EPIDAUROS  161 

pels  für  die  Vergleichung  herangezogen  werden  könnte,  hier- 
auf weniger  Nachdruck  gelegt  werden,  als  auf  die  Ähnlich- 
keit in  der  Körperbildung  und  auf  die  gleichartigen  Motive 
und  die  entsprechende  Ikhandlung  des  Gewandes.  Es  ist  hier 
wie  dort  dieselbe  Art,  wie  das  Gewand  die  Glieder  schmieg- 
sam umschliesst,  und  zugleich  in  breiten  Massen  sich  von  ihm 
ablöst  und  neben  dem  Körper  niederfällt,  hier  wie  dort  in 
der  Gliederung  des  Stoffes  derselbe  Anschluss  an  den  Stil  der 
Nikebalustrade  und  derselbe  Fortschritt  in  der  bewegteren 
Modellirung  der  Faltenzüge.  Wenn  die  Falten  an  der  Leda- 
statue  weicher  und  unruhiger  geführt,  die  Tiefen  gleichmäs- 
siger  herausgearbeitet  sind ,  so  zeigt  sich  eben  hierin  die 
Hand  des  Copisten,  die  sich  auch  in  einzelnen  kleinen  Zutha- 
ten,  wie  den  Knicken  an  der  Innenfläche  des  Aiantels  verrät, 
und  vor  allem  in  dem  Mangel  zufälliger  Härten  und  Schärfen 
unverkennbar  ist,  die  an  den  epidaurischen  Skulpturen  den 
Eindruck  originaler  Frische  verstärken.  Der  Kopf  der  Nereide 
ist  leider  nicht  aufgefunden.  Aber  einen  Ersatz  für  diesen 
Verlust  geben  die  erhaltenen  Einzelköpfe  aus  dem  VYestgie- 
bel,  von  denen  die  bei  Kavvadias  Taf.  8,  9.  10  und  11,5«  ab- 
gebildeten eine  gleich  strenge  und  in  jeder  Beziehung  sehr 
verwandte  Bildung  mit  dem  Kopfe  der  capitolinischen  Leda 
leicht  erkennen  lassen. 

In  dem  Zusammenhange,  in  den  die  Statue  durch  diese  sti- 
listischen [^Ziehungen  zu  den  epidaurischen  Skulpturen  ge- 
rückt wird,  mag  die  folgende  Betrachtung  nicht  bedeutungslos 
erscheinen.  Das  ^^'erk  erscheint  in  der  Erfindung  wie  ein  Ge- 
genstück zu  dem  Ganymed  des  Leochares.  '  Die  Verwandt- 
schaft beider  Aufgaben  ist  in  die  Augen  fallend,  nicbt  nur 
äusserlich  in  der  Gruppirung  eines  schönen  mensclilichen  Kör- 
pers in  der  herrlichsten  Junondblüte  mit  einem  mäcbtiiien 
stolzen  Vogel,  sondern  auch  in  der  geistigen  Auflassung  die- 
ses Verhältnisses'.  So  äusserte  sich  schon  vor  fast  fünfzig  Jah- 
ren  Otto  Jahn  ( Arcliäolotrische  l^eiträue  S.  1)  und  füijte  hinzu: 
'  Der  Ganymed  des  Leochares  mag  wol  den  Anlass  zur  Dar- 
stellung der  Leda  gegeben  haben  und  es  ist  allerdings  wahr- 


162  F.   WINTER,      ZU   DEN   SKULPTUREN   VON   EPIDAUROS 

sclieinlich,  dass  sie  derselben  Zeit  angehöre',  eine  Vermu- 
tung, für  die  er  sich  auf  K.  0.  Müller,  Handbuch  der  Ar- 
chäologie §  128,  1  bezieht*.  Jahn  hat  das  Richtige  empfun- 
den ;  nur  werden  wir  jetzt,  da  wir  die  Entstehungszeit  der 
Leda  sicherer  bestimmen  können,  umgekehrt  sagen,  die  Dar- 
stellung der  Leda  mag  dem  Leochares  Anlass  zur  Schöpfung 
des  Ganymed  gegeben  haben.  Wenn  nun  (Jahrbuch  1892  S. 
173)  das  Verhältniss  des  Ganymed  zum  belvederischen  Apoll 
richtig  aufgefasst  ist,  so  hat  Leochares  den  Ganymed  in  jün- 
geren Jahren  geschaffen.  Die  Anregung  dazu  ist  ihm  also  viel- 
leicht in  dem  Atelier  seines  Lehrers  gekommen.  Der  Lehrer 
aber  war  Timotheos,  wenn  anders  wir  dem  Hinweis,  der  in 
der  Zusammenstellung  der  Künstler  vom  Maussoleum  gegeben 
ist,  trauen  dürfen.  Und  grade  auf  den  Timotheos  als  den 
Schöpfer  der  Ledastatue  führt  Alles  hin,  was  sich  aus  dem 
stilistischen  Verhältniss  des  Werkes  zu  den  epidaurischen 
Skulpturen  folgern  zu  lassen  schien. 

Berlin,  September  1893. 

FRANZ  WINTER. 


"^^-i^JS-O- 


'  Furlvv.'ingler  a.  a.  O.  S.  9  f.  setzt  die  Fij^nir  in  das  Ende  des  fünften 
Jahrhunderts  und  lindet  für  die  Oewandhehandluiii,'  die  nächste  Analogie  in 
der  'Venus  Genelrix'.  Diese  Vergleichung  itann  ich  nicht  für  richtig  halten. 


EnirPA*AI  E2  EAET2IN0S 

(Oiva?  VII) 

1. 

Aiyvit?  l^puTaveue"  ITpETrii;  dypa- 
[jL][xaT6iiE"  naTpo)c>.ri;  girscxaTsr  0£'.- 
5        ajio?  eiTTE.  Tov    'Petröv  tov  Tuapa  xou  ["A- 
ffTSCix;  ys^'jpöaai  >.{6ot(;  jrpö>jJ!-£[v- 
ou?  £X£u(Jtv[6]0£v  Tcüv  /.aOyip7][;-£[v- 
(i)v  £•/.  Toij  v£(j  Toö  ipyaio'j,  ou?  £Xi7ro[v 
£i;  t6  T£t^o;  ävaXiGx.ovTE;,  (Ix;  oc- 

10        V  TÄ  t£pä  ^£pw(7iv  ai  i£p£iai  ä- 

cJcpaXfiffTaTOt.  H^acTOg  Sk  tto'.O'jvtwv 
7rl£VT£7:oSa,  tvot  {;/))  afjta^ai  m£- 
Xauvwvxai,  oiXkoi  toi;  ioöctiv  -(i  ßa- 
SjiCsiv  iizi  Toc  ispdc.  AiOok;  Sk  Jtar- 

i5        axJaXo^'oci  TOC?  Siappoä;  tou  <^pyP£i[T- 
oC]  xa6'  o,Ti  av  [^]uYYp(a)'ij;y)  Ayi|jt,oa£X- 

V)?   6   äpj^lTE'^TCOV    Ijav   §£    [7.7]   cöatv   £- 


^fi'povTai  EyÄE/apayiAEva  TixvcoTEpa)  xaToc  tyiv  Trpö  Eu/cXeiSou  ap- 
yovTO;  YpiX^Yiv  (tjv  iyo  iV.piva  (j)c67ri{;.ov  voc  izt]  Tviprioa)  £v  Tvi  i^-etä- 
YpacpY)  (J!.ou )  ixi  GTri'kri<;  XiGo'j  ttevte^ixo'j,  tjv  avEupov,  6VT£T£i)(_i(T{X£vrjV 
oüoav,  xaTfiSacpioa?  }Ji.£poi;  toö  öyupwjj-aT'.x.oO  Toiy'O'j  toO  oix  töv 
Ypa{7.[xäT(j)v  p-p'  Gr,u.£iO'ja£vou  £v  tw  AtaYpdt[y.p!.aTi  tcüv  lIpaxTixtöv 
TOU  ETOui;  1887.    '0   XiOo;    £ivai,    üx;    ^Xettei    6    ävaYvd)i7TYi<;   x.ai   ev 


'    'E5  änpoaeSi'aj  Ttap^Xen^Ev  6  /^apaxTr);  t6  A. 


164  A.  <MAioi; 

TY)  £i>c6vi  (xiv.  7)  Tupo;  ra  y.ocTco  a~ox£xpo'j<T[Aevo;,  [xotTiov  Se  [Jt-e^pi 
Touös  ave^TiTYiTa  rö  aTTOxoo'jcrösv  aeoo?'  otTriöavov  Ssv  sivai  va  r,vai 
xat  TO'JTO  £vT6T6ty^t(jj;.£vov  Et;  tÖv  auTOv  TOiyov,  ov  OLtw;  6X6x.)>Yipov 
va  xaTcoa^i'Ta)  Ssv  eV.p'.va  x.aX6v.  'ATTOx.e/wOOucraevo?  £tvai  6  XtOo;  >toti 
xaxa  TVjv  Ttpö;  xo,  Se^ix  (tou  Geaxoö)  avco  ywviav,  waxs  x6  TrXscxo; 
TO'j  £5t£i  a-y)  öXoK^Tipov  Gw^ofJtevov  eivai  vjv  0,57.  Tocrov  S'  vj^ii  tvXoc- 
xoi;  xal  Jtaxac  xö  Troos^eyov  Y£i(T(oaa,  e'vGa  xö  xoO  ypa{ji.[j!.ax£a)«;  ovop,a, 
0,53  0£  {/.övov  xaxa,  xy]v  £7ri^av£iav  x"?i;  £7riypa(p7];  "/cal  xvi;  ävay'Xu- 
Tuxo'j  7rapx<jxa(7£(0;'  TTOtj^Oi;  i'yEi  0,10-0,12,   u^j^o?  Xe  vuv  xö  [j-Eyicxov 

0(0^6 {JLEVOV   0,83. 

Tö  £7rt  xoiJ  7i:po£^£yovxoi;  yfitawaaxo;  avayEypafXfXEvov  ovow.a.  xoö 
ypaafxaxe'ü)«;  Eivat  y,ai  ciXkoBi^J  Yiaiv  yvwaxöv  x.ai  [xo.?  Tvap£)(_£i  ä)tpi- 
bcö«;  xT^v  )^povo>oyiav  xou  (l/r,cpi(j[xocxoc  '"  Oxsp  xoöxo  (p£p£xai  dtvayXu- 
TTxo?  Trapatjxaat?,  7:£pL  i^;  )txx(ox£p(i)  6  Xoyo;'  OttÖ  S' aüxö  x6  TCEpiTco- 
Gfiv  xoii  (LTicpiT^xocxo?  p.Epo?,  Si'  aüxou  ^£  TirapayyfiXXovxai  ot  äpfj-oSiot 
va  y£(pupü)(j{i)(7i  xöv  Petzoy  ypwaEvoi  xoii;  );i9oi<;,  öaot  x,aOY)p'/i{J!.£voi 
aTTO  xoO  apj^aiou  Naou  £i/^ov  7C£pi(jG£U(7£i,  ä(poC5  £t/^£v  ETCTKEuacöy) 
öl  auxwv  ETTiayi?  xo  apyaiov  xEtyo?.  Ivai  xco  ovxi  xou  apj^aiou  x£i- 
j^ou;  TOU  IlgpioöXou  xou  Naou  xöv  n£i(7i(7xpaxiö(öv  '  'h  t^.tiu.v.  icpat- 
V£xo  £7Ci(T)C6ua<ja£vov  (pspov  £vxö;  auxou  £vx£xst)^i(i{/.£voui;  /.ixl  >^i9ou; 
7rpo(pavüi;  ic,  apy^aioxEpou  xivöi;  £i>'/]p.a£vou?  oi)coSo[/.yiu.axO(;.  Ilclii;  eij^e 
/.axaTTEGEi  xouxo  xö  y.£po?  xou  x£tyou<;  aSyiXov  aTrtOavov  Sb  £ivat  va 
>tax£'(Txp£(j/av  auxö  oi  ÜEpaai  o(  xai  xöv  Naöv  xwv  IhKjtTxpaxiSoiv 
£{XTCpyi<javx£i;  ( 'Hpoo.  8,65).  Touxou  ^h  xoCJ  Naou  [rov  cipi'aiov  x^i«; 
£7riypa(p-^?  I^'^'O  ^O'J?  XtOou;  p,Y)  )^py)(jtp,ou(;,  g)?  (patvExai,  xouXaj^trrxov 
[^/O  Tuavxa?  y^pYiTiifcOu?  ei?  xtiv  ävotKoSot^-YiGiv  aüxou  xouxou,  y)v  etts- 
j^£tp-/l<Tav  Ol  'AO'/)vaioi  ( Stä  Ktawvo?  TriOavoi?)  EuBü?  [Jt,£xa  xt^v  dcTUE- 
Xaffiv  xdiv  ßaptoapcov '^  iJ-EXEj^EiptrrO'ioGav  x.ai  ei;  £7na)t£U7]v  xou  ttettov- 
OoTOi;  [XE'pou;  xou  xEiy^ou;  xou  IlEpißöXou.  My]7ro)(;  xoux'  auxö  Skv 
£7rpa;av    )cai    dv    x-?i   'AxpoTroXEi    'A9r,vwv    ev    op-otai?  UEpi^xaTEGi  xai 


^  Ilapaß.  'Ap-/_.  'E^rjiAep.  1888  aeX.  55-56.  arja.  Kai  to  fjiiETEpov  Xoi7:öv  <])r\- 
yiajia  £pp/{OT)  £T:i  'Ap''aTwvo?  ap/^ovto;,  äpjavuo;  tt)v  £7:üivu[j.ov  äp/v-jV  xö  '121/20  £- 
To;  71.  X. 

2   Ilapäe.  IIpaxTixä  xöiv  etwv  1884-1885. 

2  IlapdS.  IlpaxTiy.ä  e.  ä. 


EnirPA-frAI    EZ    EAErEINOS  165 

(xriTrw?  a(  ivaTxacpai  xal  Iv  Ta-jT'/i,  w?  x.at  al  £v  'EXc'jtivi,  ösv  [zx; 
iSiSa^av  ^oüVTavorepov  Ty)v  7ra).3t'.xv  ['jToptocv  •/]  tx  ypaTCxa  [;.v/ip,£ta  ; 
'AXX'  oi  XiOoi  ToO  äp/aio'j  Nocoü  riTav  'paivsxat  ttoXXoI  xal  £-£pt<7- 
ffe'jdav  tjtavoi  xai  a-poO  t6  tei^o?  iTZiny.i'jxi^r,'  toOto-j?  Xoittov  xeAE'jEi 
tÖ  ^{/7)(pii7[^.a  vä  [;.£Tay£tpi(i6(I)C)iv  iva  Y£(pupcl)(j(i)(j'-  zr'>"  Pezoy  zofi  :rapä 
zov  "Aoteoc  v)  (ppaTi;,  av  p/zi  XaOo?  ti  toO  j^apdocTO'j  Sev  ivoTCoXav- 
Oavv)  ev  auTY),  eivai  eaoi  TOuXayiTTOv  /.aivocpav-/;;,  O'Jö  lyw  vi  T^apa- 
Ofiaw  axpt^tö;  avxXoya  TrapaSEiyu-aTO,  ^  ty^?  yp-öiEw?  tv^;  .Trt/''f<r  iv  T-iri 
oinaautz,  Iv  i^,  w?  (paiv£Tai,  yivExa'.  yp'^i'^'.;  ocutt;;  IvTaüOa"  öioxi 
UTToOeTO)  ÖTt  oÜSev  aXXo  ir-ziaatvEt  y)  (ppdcTi;  vi  tov  Peitov,  öv  to  xpw- 
Tov  dcTcavTÄ  Tt;  Ik  toö  "Atteco?  v.^  'EXfiudtva  TropEuojJiEvo?.  'AXXa 
oiaxi  t6t£  tootov  y-övov  tov  Peitov  x.al  ouyt  xxl  xöv  sTEpov  vo,  y£(pu- 
püXToxTi  ;  "laci);  uTzripyz^  vi^'/]  ixtl  6i/.oia.  ye^pupa,  l'ccot;  ok  '/.al  auTo; 
6  <jj^Yi{/.aTiTp-ö(;  ToG  iSoccpo'j;  xaxä  xöv  SfiUTEpov  Peitov  yjto  xpö;  CTpcj- 
(jtv  (^^(paXeffTEpa?  oSou  iTriTTiSeiOTepo?  ^.  Kat  ivTaööa.  y£v6iji.£vo;  toö 
Xöyou  (XvayxY)  va  eI'tuü)  tivöc  7i:ept  auxr,?  rr,;  xpyxlcL<;  oSoO  xaTOC  ttjto 

SyeSöv  ysviy.-/)  s/.paTei  xal  xpaxsi  l'ca)!;  /.al  crju-spov  sti  t]  yvwjjiY] 
OTi  Y)  iepa  oSö;  jcaxa  tou;  Pstxoo;  oXco?  ä7ro)cXivouGa  xy)?  GYiaepivvi; 
afjLa^ixoö,  Tvapoc  xviv  OaXaccav  ö;  yvü)(jxöv  xej^^apayasvY)?,  7r£pi£'x.ap!,- 

7UX6,     £t?    XOU?    TCpOTUOOa?     XWV     r/.£l    XÖCpWV     £CXpa)U.£V7i,     xoüXaj^^tdxov 

Toöxov,  xöv  Tvpwxov  Pfiixöv,  oXö/.Xvipov.  Kai  öjxci)«;  oüx£  eyo)  xaxwp- 
ÖWTÄ.,  TCoXXax,ii;  xa-.  oltyl  p-6vo?  xou;  x6xO'j<;  £7:i(j/,£CpO£i;,  vo,  Eupo) 
ij^vT)   äpj^aia;    oSoO    Trepi^  xoO  Peixou  xouxou,    ouxe    oi   xou?  yji.pTX<; 


*  Tot  ev  7:avTi  Xs^'.x.tj)  ^cpoij.£va  ::apao£''Y[J^aTa  ttj;  y^oTjacfo;  xfj;  .Tapä  ijLETi  ysvtx^; 
ItzI  xivrJaEoj;  aT^ö  tcIj^oj  äyouai'xiva  ävaXoY'-av,  äXXa  xa't  Sev  i^riyoCiai,  xaia  Tf,v  yvoi- 
[jLriv  [xou,  öXoa/spojs  t/jv  ävtoTepio  aü'T^s  arjjiaaiav. 

'■*  "Evexa  T£/vr)Tü>v  spyov  ev  [xsTayevEaTe'pot;  ypdvoi;  y^voiAevcov  e-^XÖe  ti?  [j.£Ta5oX7) 
Toü  ioifoui  xai  xaTa  tÖv  rpwTOV  Psixdv,  w;  £?xa^w"  x6  npo  Touioy  örjX.  £Xo;  8£v 
Ei)(^£,  uJtoöeTw,  xai  xatä  xoü;  äp)(^a{ou;  ypdvou;  xrjv  auTrjv  ex-aaiv,  otav  i/u  iTJiiEpov 
yviüHTOv  8^  Ott  viiv  oüto;  [i.aXiaxa  ö  Peixö;  u::o  x£'!you;  n£pi6aXXdtjL£vo;  ayrjiAaxi^Exat 
Et?  .li^ri^r  (.U(iyr}r  zov  KovuovrSovpuv  xaXo'jiJi£vr,v )  £v  f,  oi;  xoü  k'xou;  xai  vCiv  iXt- 
Euovxai  Tiip'v^r\\joi  lyOüc?  xujiaXoi  aaXiaxa.  Tivt  xpd::(i)  lypdvx'.^ov  ::£pi  xwv  ev  auxüi 
xat  xö  r:<xXai  £;iiar];  ( Ilauaav.  1,  38,  1)  övoij.aaxtüv  lyOütov  oi  äpyatoi  aoi  eivat  a8r)- 
Xov'  aTJ[j.£pov,  6'xav  xö  uScup  pisi  Sii  xoC»  e7:\  xoüxto  axo[i''ou  xö  y^pTiai[X£!jov  Et;  xtvTjaiv 
ToC  exeT  uopopuiXou,  T^XE'yiJia  atSrjpoijv  E|ji;:o8i^ei  xoü;  lyOü?  vi  auyxaxe'pywvxai  lAExa 
ToS  üoaxo;  eij  xrjv  OäXaaaav. 


TTi?  'Attdcti?  IxTTOvyiffavTe?  <jY][jt.6ioö(yt  oSou  tyvy)-  y;  ol^y^clIx  oho^  aire- 

XVÜOUCl     TOC     £771     ToO     ßoiyO'J    Xal     VUV    ETI   GCp{^6t;,EVa     TWV    TpO)(^(äv   T(ÖV 

äjxa^üiv  y.ot>,a)[Jt.3CTa'  äXX'  exeiOev  i'ßaivE  xat  auTTO  Sia  {y.£'aou  toG 
eXou?,  irapxXXTiXo?  ok  oysSöv  Trpö?  ttjv  oiofxepivYjv  )tai  et;  aTcocxasiv 
octt'  auTT^i;  40-50  ßnaxTwv  t'yvTi  xauTT)?  tt)?  oSou  xaxa  Ty)v  ix.  toG 
Xöfpou  7up6?  tÖ  'i'ko(;  y,xu.Tzy)V  tyi;  eiSov  xai  ecnp.EtüXjav  xal  o'.  tou? 
j^aprai;  exTirovyjGavTE;,  iyw  Se  vou-iCco  oti  aveOpov  Tot  I'^vt)  ayxyi;  äva 

ULe'cOV     TOU    eXou;     fJ'.£)(^pi  TtOU    TOU     TTpWTO'J,    TOG    Xal    {J-6vOD   vGv    £V    evEp- 

yeia,  uSpo|ji.u>.ou"  Ss^icoTEpa  Se  xat  et;  aTroaxaciv  60-80  ßYifxotTWv 
aTTO  Töv  Ij^vojv  TOUT(ov  TTap'  auTOu?  TuaXiv  TOU?  TupoTToSa?  ToG  ßouvoG 
ccp^STai  Ypa[jt.jj,7)  Ti?  (juvEyv^?  1^  öyxwoüiv  XOwv,  oiovei  xiijo^x;  >.£i<|/a- 

VOV    (  (/,.     33    r.    M.)     XOCt     UTToOe'tcO     OTl     TOUTOU?     TOU?     >.i9oU?     EVVOEt   6 

Mouy  >.£y(i)v  (Lettres  Atheniennes,  al.  316)  J'arrive  en  suivant 
ces  indices  [xx  lyyt]  ^'r\\.  tojv  Tpoywv,  axtva  Öjaüx;  Sev  ExxEivovTai 
(X£yp'.<;  EX61V0U  toG  avijxEiou)  jusqu'ä  un  vaste  marecage  </^/<?  tra~ 
versent  des  blocs  carre's  ä  egale  distance  les  uns  des  aii- 
tres  et  je  suppose  que  les  anciens,  pour  eviter  de  faire  le  tour 
du  marecage,  avaient  place  des  planches  sur  ces  fortes  assises. 
Us  arrivaient  ainsi  sur  l'autre  rive  etc.  ''Av  toG  (piXocpyaiou  St- 
TjXcoaaTOu  toc  XEyop.Eva  rjcav  xaxo.  Tuavxa  axpiSy)  6a  eI'j^ojxev  ev  tou- 
TOi?  TOi?  XiOot?  äX-ziOw;  ra  >>£itj^ava  eip-Y)  T-7i;  auTvi;,  ö^aoia?  0{;.o)(;  ye- 
(popa?.  TTspt  y^^  6  >.6yo;  xal  iv  tu  7)u.eT£'pci)  ({/7i(pic{xaTi'  xal  xqi  övxi 
yE'cpupa  TvXaxo;  tyoKXjX  tve'vxs  fy,6vov  Tro^div  xal  7rpo(opiciJt.E'vir)  ota  xou? 
TCE^ou;  xal  Tvpo  xavxwv  Iva  SuvwvTai  ai  te'pEiai  va  cpE'pwai  t«  Upa 
docpaMcrtaza  outox;  xt:\C}^  s'f/.£XXsv  ava[ji.cptG6>>w;  va  Y)vat  xaxECXEua- 
fjjJLEvr,"  £7cl  'TXYiXcöv  Sy)X.  xexpayo)V(ov  ex  XiOcov  Exxiorp-Evwv  xax'  Xax 
(XTc'  äXXy)X(i)v  Siaux"/)[J!.axa  6a  Eaxpwvovxo  oarldec.'  xotauxY)  Se  y£(pupa 
xal  (AaxpoxaxY)  oüaa  (St'  öXou  xoG  eXou?,  ■>ixoi  ^71:0  xoG  evo?  Et?  xöv 
Exepov  Xoflpicrxov)  6a  -/iSovaxo  E'jxoXo)?  xal  avsu  tcoXVo?  SaTCavvi?  va 
xaxaffxeuacöfi.  'kW  tö?  xal  ävwxE'pct)  eiTcov  des  blocs  carres  a  di- 
stance egale  ouSai^.oG  lyw  ävEGpov,  cüXx  ypa[;.jj.y)v  x£t)(_ou?  auvej^^yj 
6(7.01  ULEV  ouyl  TCoX'j  E'jxaxäXrjTTxov,  EV  ö£  TOt?  yapTai;,  av  xaXoJ?  iv- 
voüi  Ta  £v  a'JTOi?  aTCEixovtnL/.Eva,  ö?  ööoG  lEiij/ava  Gr,^£toup.£vr(V  gy)- 
u.£t(i)X£0v    Se    äxpiSeia?  /äpiv    öxt  oi  (XTrOTeXoGvxe?   xy]v  ypap.{j!.y)v  xoO 


EnirPAI'AI   Ei   EAErSINOE  167 

Teiyou?  XiOoi  Sev  elvai  ßsSxiü);  ^a;  zov  raov  rov  dpi'ac'ov,  iXkx  w.Ga- 
vwxaTa  Ix.  -röv  Trepi^  ßouvdiv  XsXxToariaevoi  ^, 

Sia  Too  eXo'j?  d<7Tpü3f/.£v/)v  ävat/.cpiSoXw: ,  -/itic,  to;  e/w  Xoyo'j?  va  tci- 
(TTSuci),  £§aiv£  Tr;v  aüf/iv  äxoXouöoöora  ypaau.rjV,  y]v  ävcoTSpo)  £Sr/)>a)(7a. 
'Ev  TÖ  asra^o  twv  Jt'o  vdpo^v.lcdv  (  6  SsuTspo?  (tcö^^stä'.  vOv  iv  ipsi- 
TTtoi?  f;.6vov)  TX  l'yvY)  Ty5?  äpy^aia?  öSoü  c/jSöv  i^At-ov  7ravTX/oO, 
SiOTt  TToXXai  lysvovTO  evraoGa  jj'.£Ta^o).al  toO  eSäcdou:  £v  vsoiTEpo».; 
j^povoi?"  7)  ävoi)^9eic>a  jAiX'.TTX  xacppo?  e!;  tou?  xpo-oda;  to'j  ö'jtj^.'.- 
xwrepou  tojv  Xoocov,  täv  Sl/C'ov  cte^^xvy]?  TC£pt€a)^X6vTcov  tÖv  TrpwTOV 
Peitov,  Ötccü;  St'  auTCüv  ElirpEO'jai  st?  toOtov  xa  uöa-:a  5cai  xou  ösu- 
Tepou  PeiTOÖ,  TcolXa  tcüv  tj^vüv  ttj;  apyaia;  oSoO  /.aTa  Ty;v  yvwjAYiv 
ixou  KaT£(JTp£<]/£"  /cat  OjU-wi;  av  oi  6^0a>.L/.oi  th  \)X  axxTWTt  öiExpiva, 
vo[Ji.iC<o,  £yä)  xai  £-/.£t  ty^vY)  tt^?  öSoO  Et;  too?  KpöxodaQ  tou  ßouvou 
xar'  auTV)v  tv]v  Tä<ppov  xai  oj^t,  w?  uTTzp^ourrtv  ot  cppovoCvTE?,  ttoT^'j 
TaÜTTi?  tjTrepxvw*  6  ßpÄy^o?  £)4£i  u.a>,>>ov,  Et;  tou?  TcpoTCOoa?  öiriX.  [xot 
gipävT)  stcitviSe;  Tupo?  öSöv  TisXaQEuaE'vo?,  iviaj^ou  Ss  voat^o)  OTt  xat 
TpoYwv  ij(^v7i  Siejtpiva.  'EvvoEtxat  S'  oi-coOev  oti  TauTr,v  7:op£u6a£vat 
TTjv  oSöv  ai  a[Jt,a^ai,  taco;  Sk  sviote  /.at  wap'  auTy)V  r//>'  ^tra  7C0.lv- 
a.loiGÖoio  da.ldacfnc  sx.ivSove'jov  ev  xatpqj  t/.3C>>tCTa  xoX'jOu.SptÄ?  v'  avot- 

TpaTCÄ<7t  Xat  EVTEuOsV  7]  T^pOVOtK  TTEpt  (XCCpaXO'J?  Tüiv  Upciv  [XETaCpopX?, 
ÖCTtVO,    £7rt(j7]?    (;-£V    £(p'   (X[7.a^'/1?    ECO?    EX.EI    p.£T£(p£pOV-:0  ~,    EJCEiÖeV    0£    (XVa- 

^afjL^avoucat  Tauxa  al  lEpEiai  iv  yspTi  xoc  St£Jt6[J!,t(^ov  Sia  t95;  y6(pup«(; 
(jiey^pi  TOU  äa^aXoCJ«;  tt;;  oSou  ly-Epou;.  lipo  tt;?  ycaTacxEuyii;  TauTTo; '^ 
•reo>.Xa>tt?  6a  Yivay/ci^ovTO  vä  7T:£pt5C3cu.TCT(0(jtv  öXo/.Xvipov  tov  Peitov  x£?^9i 
xai  EV  )^£p<7t  Ta  Upa  iyouaxi  OTUEp,  oi-aoOev  ivvoEtTat,  6a  r)TO  ocpööpa 

6j(^Xrip6v,    ä(pOU   Y)    TTEpifi-EXpo;    tou   PEtTOG   UTTEpSaiVEl    TO,    1500    F.    M. 


*  "Oti,  äv  Ol  iy.  tou  apya-ou  Naou  X;6oi  Bsv  E^rjpy.ouv,  Oi  aeTS/^stpi^ovTO  xal  aXXoy; 
aX).oO£v  £tXr]u.(j.£vou;  oiV.oOsv  ewosiTat  zai  law;  xal  touto  eXc'ysto  £v  reo  '}r^5p(5(j.aTi. 

2  El?  tÖ  u;:^p  töjv  £7:i[j.cXriTöv  ij^TJspa^ia  t6  £::i  AioxXe'ou;  äp/ovTo;  (  'E'jtjix.  'Apy . 
1887,  oeX.  177,  (JTix^.  17,  18)  ptjtw;  XiyEtai  oti  «xat  tö  ^Euyo;  KapEaxEÜaaav  ex 
TÖv  iSiüJV  El?  trjv  xo|Jii8f,v  Töv  Upöv».  "0x1  0^  TOUTO  O'JTw;  eyivETO  xal  £v  TOt;  7:00- 
TEpov  -/^pdvoi;  oüoEjx^a  oüvaTai  vi  lir.ip^ri  ajAipiSoXia, 

•'  OüÖEva  ßsBauo;  £yo[J.Ev  Xo'yov  vi  ■j7:oOE'a(ou.£v  oti  tÖ  t|;r[(piau.a  suleivev  ävExti'XEaTov, 
iXXi  xal  pE'Saioi  oti  »)  yE^upa  xaiEaxEuaaOi)  eüOü;  tote  näXiv  5£v  ouvijAEOa  vi  <I)jJi£v. 


168  A.  *i.vioi; 

'A\y  £)ctÖ;  Tri;  xaxaTxs'jyic  yscpupa;  to  ^}/r;<pi<TU-a  xe^eüst  tva  6 
ivaX')0<j'6p.£VO(;  tÖ  tpyov  xaxaxa'Xu'I/Yi  ^lOoi?  xal  to.;  öiappoaQ  toC  Pei- 
ToG  xaxa  toc  T/eSia  xal  xa;  öSr^yiai;  xoö  (öviaoatou)  apy^txexxovo? 
AY]aou.£')-0'j<; '.  Kai  TriOavov  uiv  mappoaf;  vk  xa'XYi  x6  ^j^-^cpiTua  auxa 
Tot  droiy^ioia  xv);  ygcpüpa?,  -/ixoi  xo.  i^.£xa^u  xoiv  xexpaywvcov  cxyiXüjv 
xYi;  x£vä  BiacxYiuiaxa,  m'wv,  coc  slxö?,  xö  Gocop  e^Eppssv  xai  IVco; 
yäpiv  otTCpa.'Xsiai;  aüxwv  xouxcov  xwv  ttoocüv  x^<;  yscp'jpa;  oisxicyaexo 
Y]  x,axa5cä>.u<j/t(;  8iä  >,i6cüv  xcüv  x,6v<I>v  öiaarvijxxxwv,  7riOa.vöv  oawi;  etti- 
(j-ioc  vk  ovou-a^T)  diappoäq  x.ai  xk  Gxojv-ta  yjxoi  xo,  puootta  v^  psujj-kxia 
Si'  (iv  xo  uStop  xou  Peixou  i^i^ctXkt^  de,  x-/iv  6ä,"Xa<7c>av  /.«.'.  xaöxa 
ETTpsTre  va  xxxax.aXu^j^'/i  >.{0oi?  ö  spyoXaSo;  itw;  ivot  TZOLOxay'ri  ouxw; 
(X(7(pa,>.ecx£pav  SiaSaciv  £i<;  xa?  kj^-a^ai;^'  xara  xtva  0(^.(o;  xpoTTOV  öot 
lyivExo  xoOxo,  aS-iQ)^ov.*I(7(0?  ix  xwv  xaxwxEpw  >^£yo^a£vcov  £v  xfi>  (j/Y]- 
(picaaxi  6ä  r)buva{j!,£0a  Tt'kv.ön^x  xiva  va  lvvoy)(jfa)(;.£V  (X>>X'  ö  Xiöoi; 
eivai  äxox.£xpou(7a£voc,  xo  §£  ocTTOxpouirOEV  aüxou  p-Epoi;  [y-axyiv  äv£- 
(^•yjxYjGa,   (ö?  xal  avwxspa)  £txov,   [/.iyji  xoü^E. 

ripouETraÖTiaa  va  SioXcöcroo  ttoj?  T^EpiTTOu  dwow  £yw  xä  xoö  ij/vicpi- 
(T[/.ax0(;.  'Ev  xw  5  tu.  X.  aiÄvi  xä  xri<;  öSoTCOua?  xal  y£<pup07roita? 
Sev  r.^av,  cö;  (paivExai,  ttoIu  7rpor,yu-£va  Tuapä  xoi?  "E^.^.Tiar  £v  xoii; 
{/.£X£7r£ixa  y^povoi?,  £v  aüxw  v^Sio  xw  4  tu.  X.  aioivt  ©aivExai  oxt  xai 
Y]  [;.Yiyavtx7i  £ty£  xaa£i  TupoöSou?  xal  evxeöÖev  ß>.£7J0j/.£v  xov  EevoxXr/ 
Tirpo;  xöv  auxöv  cxotcÖv  x.axac)t£'ja^ovxa  y£(pup(xv  XtOivviv  etuI  xoö  Kyi- 
cpiiTOu  XOÖ  Tcapa  xr^v    'ET^EUTiva  psovxo;^. 


'  '0  «Jtiy^oc  auv£7:Xr)pw9r]  ;:ap'  i\LOÜ-  äXX'  f)  auu.7tXr)pcocri$  £ivat  ߣ6aia*  IrrpoxetTO 
8^  ava(jLift6dX(i)?  TiEpi  STjixoaiou  äpyiTexiovo;. 

2  'Hto  ßsöata  y.cd  oüto;  -zpoKo;  ysipupwaeti);  jj.t/.pwv  pEuiAaxwv  xat  7:aXai  oj;  xai 
vuv  xa\  ö  a7:XoüaTaTo;  TiävTwv  aXX'  ol'xoOsv  EwoEiiai  oti  rjouvavio  Ik\  toütwv  tiöv 
SiappoüiY  va  uTtäpyioii  waauTto;  y^?"?*'  '^°''  '/^P'^  ""^^^^  aixa^wv  (eTciar)?  iv  [j.£'pei  $ü - 
Xivai)  aXXä  xat  ;:aXiv,  w;  yafvSTai,  f^  E'^'ajiafwv  Sie'Xai'.s  toutou  tou  T(jiT{ijiaTOs  Tfj?  öoou 
Bev  TJTO  o6't£  BuoxoXtöv  OUTE  xat  xtvoüvou  tivös  äjAEToyo;  xai  evteÖöev  f)  Ttpdvoia  t^; 
xaiaaxEufj;  yE^upa;  ot'  oXou  toü  eXou;  utiÖ  tüjv  tie^wv  jjlovov  ßaT^;,  i'va  oi'aüx^;  äacpa- 
XI^Taxa  ö'.axoix'.^iDVTa'.  xä.  itpi. 

3  napa5.  'Ap/.  'E^Tju..  1891,  geX.  101  xai  £?fj;.  Eüyuw;  ;i:avu  äXrjGu);  o  te  Fou - 
cart  xai  6  Hillcr  (IIapä6.  IJcimos  1893,  geX.  ''i69)  e!;  toütov  töv  EevoxXt]  ävs- 
oEpov  tÖ  yviogtÖv  £7t(Ypa[i.iAa,  ei  xai  e^  ivTtYpa^ixwv  Xoywv  SüoxoXov  iXTjöiös  va  ev- 
voTjOf,  r.ü};  TÖOIEINIAO?  EyivEv  £v  toT;  /Eipoypäipoi;  O  A  I  N  A  I  O  S.  'i']vTaüOa 
Oc  Y£VüLi.cV05  Toy  XoYOU  OcV  xpivio  ävw5p£X£5  vi  (j.vrjjj.ov£Üa(i)  xai  ttjv  YVüj[ir)v  6[JiOT£y  vou 


EnirPA<l>AI   ES   EAErsiNOE  169 

"Kii  Axl  £v  T?i  etjcövi,  xai  avxyXuTCTOv  7uapi<jTaaiv.  Au(7tu^ü>;  al  pt-op- 
^ai  eivai  a7roT£Tptu.f/.£vai  xai  ixocXiCTa  xaTa  Ta  TrpoctoTra'  a.>>Xx  xai 
ouTco;  oüoeaiav  xaTw^eiTrouc.  aa^iSoXiav  Twepi  toü  xivg;  eldlv  ai  £ixo- 
viCöu.evai.  'H  TToXioöyo;  Osic  tÖv  Swptxöv  Xeyöaevov  cpopoöoa  /iTöva 
xai  {xixpöv  [xavouav,  xpavo;  oe  ItzI  tt);  xsfpaXvi;  (pe'po'jaa  xai  ev  ty)  äpt- 
(TTspa  t6  Söp'j  (özep  ypa^Yj  u.6vov  S£SriX(i){/,£vov  e^eXitte)  xparoOca 
öiö£'.  £i;  tÖv  Tcpö  auTY;;  i'7Täy.£vov,  tÖ  iaariov  (XTcXoi;  7r£piS£6XYia£'vov 


avSpö;  sppovo'JVTo;  oti  xat  £v  tw  7:£pi  oO  ev  -iü  xeijaevoj  Xo'yo;  <|<rj^ta(i.aTi  Sev  npo'xei- 
tat  TiEpt  ye^upa;  sv  toTs  yvwaToTs  PeiTola,  äXXä  Ttspi  ys^upa;  eni  xoü  -/^Eifiappou, 
tJtoi  peij[jLaTo;,  E<p'  ou  6  SsvoxX^;  xaioreiv  xaxeaxeiiade  i:t]v  XiO!vr)v  y^?^?*'')  o^ti; 
5(^et[jLappo;  oütw?  aTtXw;  xaXelTai  pstxo;  rj  p£iTÖs  =  pett7];=  p£U[Aa,  yapaxTTJp-i^sTat  8i 
8ia  Tfj?  opauEw;  napä  zoü  äazeijiQ  T^pöc,  oiäxoiaiv  aT^o  tcuv  aXXtuv  Öjjloiojv  pEUfiaTcov 
w;  pEwv  xapa  ttjv  EXsuaiv«,  rjit;  xaXEiTai  äazv.  'Ex  -paiir);  oi}£cu;  t)  £p[ji7)vEta  aüxT) 
Tüiv  TOU  7j[J.£T£pOU  Xl'ÖOÜ  ^atVEXat  änXoUCTTEpa'  xat  TÖi  OVTl  Tl  (XTiXo'jaTEpov  rj  vi  (jTZobi- 
ow[A£v  oxt  Toü;  7:£p',aaEijaavra;  ex  ttj;  ETCtaxEurjs  tou  tei/^ou?  XtÖou;  xou  ip/a.(oj  vao3 
[X£X£-/_£tpto8r)aav  tva  xaTaaxEuäacüdi  ye^upav  /_apiv  xwv  :c£^ü)v  [xdvov  xat  x^;  ia^ aXouj 
xöv  upGiv  [AExacpopä;  eti;  xivo;  xwv  ßpa/^tovojv  xoy  Krjsptaoö  xoü  ;:Xriai£aiaxa  -o6; 
xr,v  7:dXtv,  rfxot  a-JxfjV  xtjv  'EXeuaTva,  pEOvxo;'  xat  otiw;  e/ei  xat  f,  IpixrivEta  aütr)  xa; 
SuaxoXia;  xr];  xat  xfjv  [AEyiarrjv  7:acj{I)v  oxt  xax'  auxr-jv  ivayxT)  vi  Ö£-y^öö[i.£v  oxt  ev  iJ/tj- 
(pt'ajAaxi  x^;  BouXf)?  xat  xou  ArjfjLOu  xai  xoüxw  xou  5  n.  X.  atüivos  f)  'EXEuais  xaXEi- 
xat  "i4fftv.  ripoaaxta  (t'ÖE  'Ap-/^.  'Eyr)jA.  e.  i.)  oüaa  xai  aüxrj  Ö7:cüjor;::ox£  7:0X15  (»J 
'EXeuhE?  8r)X.)  rjoüvaxo  vi  k'/^ri  (  o;:iü;  xat  6  IlEipaiEÜ;  X.  y^.)  iXX' evxeuöev  oev  ETZExat 
oxt  T|8üvaxo  vi  xaXfjxai  xat  "Aazv  xat  [laXtaxa  Iv  oüxtoai  £7itarjij.c.j  Eyypäya)  oü8ä 
8üvaxaixi?  vi  (xot  ävx£t7:r)  oxt  xat  ö  lictpatEu;  xaXetxat  ir.(<3r^;  "Aozv  (C.  I.  A.  IV, 
1,  0£X.  121  äp.  521 1^  )  ;:pwxov  [aev  ötdxt  xaxi  xöv  Uillenberger  (Sylloge  aeX.  419 
xat  f)  £pjjLT)v£ta  xou  cpa^vexai  [AOt  öpOoxEpa)  xat  ev  Ixe^voi?  xoi;  öpoorifioic  ;:pdx£ixai  ;:£pi 
xöv  'AOrjvöiv  xat  oüy  t  xou  IlEipatäis,  E;tEtxa  Oc  xat  ir.'i  xyj  u;:oO£aEi  oxt  xai  övxt  ev  xoTj 
öpoiTJjjLOt;  "Aazv  xaXetxat  ö  ÜEtpatEÜ^,  ;:aXtv  xoüxo  oev  Oi  t^xo  ijyjupd;  Xdyo;  vi  Be- 
y_6üi[j.Ev  oxt  kr.i(zi]i  xat  ev  xoj  f)u.£X£pw  '^7]fiaii.ix-:i  f,oüvaxo  vi  xXrjOrj  oiixco  xai  fj  'EXeu- 
ai;.  Ev  öpoai'ifioic  xax'  ivxtOEJtv  7:pd;  xou;  äypou;  Oi  TjSuvaxo  taw;  vi  xXrjOfj  xat  6 
IletpatEÜ;  "A^riu,  iv  tj*7i9ia[j.axt  ö'[jiw;  xtj;  BouX^s  xat  xoü  ArjfjLOU  äjJi<pi6aXXo[jL£v  tcoXu. 
"Okojs  7:üx'  av  f,  f)[ji£is  EuptaxofAEv  Et;  xoüxo  (lEyaXriv  SuoxoXtav,  irrEiBr)  8e  tjuy/pdvwj 
niaxeuo(X£v  oxt  xaxi  xov  EXEpov  xtüv  Peixwv  »jv  xw  dvxt  ivayxata  ?uXivt)  xi;  yc'^uox 
y_aptv  xüiv  tje^cüv  xat  £;i:£t6fj  npo;  xoüxot;  otaxa^o[XEv  vi  8£/_0(r>[A£v  oxt  PsizÖQ  f]  PnzoQ 
T)8üvaxo  vi  xXT)Or)  jj^jaj^^twr  zic  xoü  Krjiptaoü  xaxi  x6  spOtvü'jztopov  xai  xov  )(^£i[Awva  tStiüj 
rtXr)[i[xüp(Öv,  £[ji[A£vo[i£v  £i{  xTjv  £p[AT)V£iav  [la?  xoü  £v  Xdyco  ij/T)ij)ta|j.axo;.  i]T)[xetoÜ(i.ev  8i 
w;  EX  Tteptaaoü  oxt  ö  Foucail  (e.  i.)  ü;:oXa[Ji6av£t  xöv  iEvoxXfj  xxtuavia  yE^ upav  xaxi 
Tov  Kri9taöv  xöv  Ttapi  xi;  'AOrjva;  pe'ovxa,  os/Öjjievo;  auy/^pövw;,  öpOöxipov  tJto;,  oxi 
npoäazior  xaXfixat  £v  exet'vw  xw  »fii^iaiAaxi  ('Apx_.  'EfpT)(A.  £,  ä.)  6  xati  xf,v  Upäv 
awx^v  TÖnoj. 


170  A.    <M.VIOS 

xai  wpo;  TauTY;v  7:po(j€>.£T:ovTa.  -/ipcoa  xou  Srip.O'-'  föiv  'E^^euaivicov 
Ty)v  Ss^tdcv.  "OxicÖev  Se  to'jtou  xpö;  TaptcTEpa  toG  öeaTOu  elKOvi^ov- 
Tat  avapLcptSöXo);  ai  Süo  tt,?  'EXeucivoi;  Oeai,  >]  [>-y)'^fi^  Jtai  t)  xopT), 
ävTcoTCat  auxai  xai  olovei  jx?)  (7uau.£T£'j(^ou(7ai  et;  xa  yevöfxeva.  'A[^.<p6- 
xepai  £(p6pouv,  (ö;  (paivExat,  xov  auxov  Scoo'.kov  j^ixoiva  (  xoG  X7i(;  £X£- 
pa;  0[i(i);  yj  SittXoi;  Sev  Eivoti  )taxa<pav7)<; )  >tai  ett'  auxoö  Ijxxxiov,  äXX' 
Y)  a£v  i'cpEpe  xoöxo  ouxw,  oxtxe  Si'  auxou  £)tx>>'j'xx£v  a-av  x6  ciXko 
(jcüua  7uXr,v  xou  oE^ioo  oiao'j  xai  xoö  Öü)caK,0(;  (xpoTuoc;  nepwo'kri^  xoö 
i}/.axio'j  (JuvöOti«;  x,ai  Trapoc  xoi^  ävopadi)  y)  Sk  x,a6'  ov  xpoTirov  7}  'AOiova 
xöv  [xavSuav,  xä  ottigOev  jy.övov  oti'K.  xou  (Ta)[7.axo<;  oi'  aüxou  y.x'ku- 
7vxou(7a,  ä}^>.ä.  cuy^povco;  x,al  ävE^ouaa  aüxo  x-?i  äpiGX£pa  Ü7r£p  xöv 
äpicxEpöv  wp-ov  )taxa.  xpoT^ov  (x)iYi6ü)(;  Xiav  £7i:ix£tyio£u{;.£vov  xal  cpiXa- 
p£(j)tov  (paiv£xai  §£  oxi  xa-.  xi^  Se^iä  x6  aü:6  £-/tpax£i  i::i  [Aixpöv  (XV£- 
youua  lu.ocxiov^.  'Ex  aovy,;;  >.oi7röv  xvi?  £vSu[/.a(j{a?  öic.  y]xo  äXioOfai? 
SucxoXov  va  6piC(oa£v  xi;  £ixovi!^£i  X7)v  Ar,u.T,xpa  xal  tic,  xy;v  IlEpce- 
<p6vY)v,  Sioxt  Sü(Jxo>.ov  xü  ovxt  6ä  V)X0  va  £i'7rG)p.£v  xi?  xcüv  öuo  ivöu- 
[,'-a<7i(i)v  £ivai  7)  ä7vlo'j<jX£pa  xat  xig  xoüxwv  '<^pao^£  aaX>.ov  xti  xöpy)  t) 
xfj  [jLYixpi".  'Acpou  §£  xä  xdiv  TvpoawTrwv  xat  xä  x^<;  SiaaxE'jr,«;  xt;; 
XÖU.Y);  £V£xa  xr,<;  äTTOxpiSyit;  xoö  XiOou  £ivai  äcacp-?)  xai  äSfiSata  (äXXä 


^  'Axpi6ws  tÖ  JipaY[j.a  Bev  8taxp;vcTai  evexa  ttjs  iroTpi6fJ5  loü  Xi'Oou,  re-£ta[j.E'vo; 
OjJLOj;  £i[j.at  oTt  ax7J::Tpov  oev  r/.patst  öyt  8tdT'.  toioütov  Bev  ujzap/^Et  (rjOÜvaTO  xal  to'jto, 
(jj;  tö  8dpu  T^s  'AOrjVx;,  YP*9T)  [J-övov  va  tjTO  8EorjXii)[x£'vov )  äXXa  OtoTi  f,  Oiat;  sv  ye- 
v€i  zf^i  /^ecpo?  xat  twv  SaxTuXcov,  wv  otopa  Tt;  xä  t"/^VT),  a;:oxpoÜ£i  loiaüiriv  evvotav. 

2  '0  Sauer  Iv  äpOpiOiw  auTOÜ  or][j.oateu6£vTi  iv  t^  'Apx.-  'Ecpr][J.£pi8i  tou  1893 
Ktou;  cteX.  35-40  T:£pi  8üo  avayXüspwv,  Iv  oi?  ävayvcupi'CE'  £ixovi^O[JL£va;  xa?  8uo 
'EX£üaiviaxa;  OEo'xTjTa;,  ;:oi£tTat  Xo'yov  7:£pi  ttj;  xaxa  Trjv  iv8ü[jia(j[av  oiaxptaEto;  töv 
8jo  Ocüiv  £/wv  u;:'  ö'^tv  xai  xa  TiEpl  toü  aüxou  ävTix£i[jL£'vou  uj:ö  Robei'L  von  Schnei- 
der Y£Ypatj.[i.£va'  xaxa  81  xa  exeT  XEYo'jiEva  tj  T:i-/^r\  r)  7:£pt  xov  <I)£i8(av  [jiaXtaxa  xaxi 
xaXXa  6[xo;w;  a7:£ixovi(Jouaa  xä?  oüo  Oeoc;,  a7:Xo'jax£pov  £vO£Oui;L£vr(V  ä7:£[Xüvt^£  xJjV 
ArijATixpa.  Tä  Greö  Schneider  Y^TpaHi-H-^va  Bsv  k'/w  äxu/w;  ut:'  d}tv,  xa  8^  ;;ap' EjjLOi 
«V  'EXEuaTvi  [j.vT)[ji£(a,  [jL£xaY£v£ax£pa  Jwavxa  xoö  TiEpi  oO  ö  Xdyo;  X'.Oou,  £ixov;^ojai  xal 
tTjv  ATJ[jLr)xpa  9^pouaav  irJ.'zri^  xai  xara  xöv  aüxöv  xfOTCOV  xö  itiäxiov  (-apäS.  xai 
Athen.  Miüheiluiigen  1S'J2, 'J£X.12ü£.)  xal  |j.dvov  ev  evI  xoüxojv  st'xoviXEto  [Ata  xwv 
Oewv,  law;  f,  Ay)[XTJXT)p  (ö  Xt'Oo;  8yaxu/^wj  Etvat  azox£xpoua[j.£v05 )  äv^/^ouaa  x6  t(j.axiov 
irtEp  tÖv  apiaTEpov  oj[j.ov  w;  xat  ev  xö  fj[j.£X£'pü)  XiSw*  7)  6£?ta  y^ip  iXXEtnEi,  oiaxE  6iv 
6uva[itOa  va  y'^^^^J'-'^H'-^v  *v  xat  ev  xoüxw  xö  [Avrj|j.Et(i)  (Etvat  8"  auxö  ävayXuipov  exxu- 
rov  EvOa  Etxovt^Exo  ö  TptJTxdXEpio;  £7:1  xo'j  apfxaxo?  xaÜrJjjiEvo;,  rcap'  aüxto  8^  ai  8uo, 
öj{  (jpatvExat,  OEo'xrjXe;  äji.-jdxEoat  opOtat)  £;:iar);  xö  laäxtov  Expaxst  xal  8tä  xaüxrj{  xfji 
/_itpö{  (tt;;  oejt«;)  fj  ax7;nxpov. 


EnirPA*AI    E2   EAErSINOE  171 

jcat  av  w?  /taXXtaTa  iacpCovro  ttäXcv  U  tootwv  ^ev  öot  YiS'jv«u.£6a  vi 

6pt(7(üi7.£v  rä?  6i>covi{^OfX£va<;,  S-.Öti,  Ö;  öpecü?  7capgTy}pY)6-/i,  xaTa  raOra 
0.1  Suo  Oeai  el/toviCovro  oXü);  ö{;.oiat  £v  toütoi;  (xaXiffxa  toi?  /pövot?, 
TOi;  7w£pi  Tov  'J>£tSiav  h'nl.)  oöSkv  xXXo  Ö7roX£i-£Tat  f;atv  ri  al  Suo 
öaö£;,  a;  ■/)  £T£pa  tO'jtcüv  >tpaT£i,  iva  Ta'jT-/iv  ovoii-jcccop-Ev  n£p<j£(p6- 
V7)v.  Kai  Toi  övTi  cpaivexai  5ti  ^«ra  xaroru  r,  Kopn  £/CpzT£i  £v  yepcl 
xä?  SaSa?  f,  §£  (XTiTYip  (T/t-oTTTpov ',  6x£p  EVTaCOot  Sii  T'.va  Xöyov, 
ü);  6zoÖ£T(ü,   6  T£/viT-/);  7cap£Xi7C£v.  'Ev  £|/,6vi  Sy)X.   £v9a  r)  .toMovxoq 

TOli    ''A<7T£W?     0£ä     £C)tOvi^£TO    SlSouGOC   T'/jV   y£ipa    eI?   tÖv    y£VXpyr,V    TO'J 

A-o(xou  Tdiv  'EX£'jGivio>v  £i?  EvSfiiCtv  avaacpigöXco?  6tc  ^^aa^ÄvEi  auTov 
UTCÖ  T7)v  TCpo'JTacriav  ty)c,  ävzpuoc7TO?  (xoi  9aiv£Tai  6ä  r.xo  ■;]  ä7r£i/.6- 
viat?  T-o?  Ar,ü//;Tpo<;  <j;cyi-Tpov  T-?i  yjtpi  xpaTOÜar,?.  Mera  xa  Uzpov/Sx 
■h  TuvStaX^ay-;]  vi  p.aXXov  r,  £;äpxy)ci;  xyj;  'EXeugivo;  äxö  xöv  'A9r,- 
vwv  £iy£v  £7r£X9si  x£X£ta-  x.ai  (XzV)Xauov  {y.6v  ßfigaiw;  ai  Süo  Ösal  ttj; 
TuiXai  TcoxE  (XvxitukXou  xoXecot;  xo-)  "Aox£(o?  y£viy.7);  vuv  Xaxp££a?, 
aXX'  £va>7viov  xy5?  rtoJwüj-ov  deäq  äväyjcy)  Travxw?  vk  exiOevxo  sv  Seu- 
x£pa  pipa.  Kai  £lvai  6  yifX£x£po<;  XiGo;  xö  ip^aioxfipov,  5(jov  dyw 
oiSa,  p-ziaEiov  £v6a  j/exic  xr^?  'Ae-/iva?  cuv£ix.ovi'Covxat  xai  al  Soo 
'EX£uoivta>cat  0£6xyix6?  xal  Sti  xoGxo  oü/^  »otxov  a^iov  Xöyou  v^  ICx 
xö  £v  aüxw  ävay£ypa[xp.£'vov  «j/yicpidaa. 


/x  K  A  I 
^h   EKOIMQMHKnz 
-ILE-EKEIHOYAIKAIOZ 
AMEIHNOMO/\Orr^MKAITO 
EYMOAÜIAHZEIMAIAMAAAM 
BAMfiAEKAITHNTOYAPXONTo. 
nPOZHrOPIANKAOAHZIftSATE 


Ap/..  188G,  acX.  19  t^.'v.  3,1)  i'v,  ewoelxai,  opÖäi«  lyti,  Ixcl  ijp.arivE.aa  xi  5Jo' y.- 
vaix£ia  Tipoato;:«.  'Ev  8e  xö  ^^■^i\^  'EXsuatvtaxtö  ÄvayXu^o,,  xcö  ev  xcö  'EOvuro 
Mouaticu  xöv  'AOrjvöv,  yvajoxöv  oxt  ;.af  i  ;,ivx,ov  vOv  d>?  Ari.arj'xr.o  öuoXoyEixai  fj  xö 
axr,r:xpov  xpaxoöaa  xal  xou«  axccy^u;  xö  Tpt7;xoXE>,u  o.'So.aa  Ota,  fj  xai  i.iXeaxgpov 
ovxwj  xij;  «XXrji  £v8£5ü|iivr). 


172  a.  •tiMOE 

nZTATEAÜOPPHTATHZKATATA 
MYZTHPIATEAETHSiEHAO-   O 

10      T  E  P  O  H  T  E  K  A  I  Z  E  M  N  O  T  E  PO  M 

EirETINAnPOZOHKHNETTIAE 
XOITOTOIMOEOINAnOAOOEI 
HKAIAIATOHAPXONTATOYTfiN 
EYMOATTIAQNrEHOY^lONnP^ 

15      E  X  E  I  P  I  2  A  Z  0  E  A  Y  T  O  Z  T  E  M  H  A  O 
KOIHHEHrPA(t)EI2KAITTPOTE 
POMEIZTOYSEYMOAÜIAAS 
nAPAITEIZOAlHYMTOEPrON 
THZTEIMHSHHTi.     ^.:-^^APXHZ 

20  .ih^tLKAPnnZAMHH 

E  P  P  n  2  0  E 

&(y]ri.  i^  Iksivou  Si)caio; 
av  eiTiv  6p.oXoyüiv  x.ai  to 
5  EujjloXtciSt);  Etvai.    'AvaXaiA- 

ßzVW    §£    Xal    T7)V    TOO    3Cp^0VT0[? 

TrpoGTiyopiav,  xaO'  a  Yi^icöiraTS, 
(ö;  Tcx  T6  (XTroppriTa  ttic,  koltol  xä 

10  Tspöv  T6  Jtai  (jeu-vorepov, 

el'yi  Tiva  TupooQyjXYiv  eTriSe- 

j^oiTO,  Toiv  öeoiv  äiiroSoOet- 

'0  xat  Sia  tÖv  apyovxa  toC  twv 

Euao>.7:tödiv  yevo'j;,  öv  7rp[o]- 
15  ejretpiiacöe,  auxö?  re  (xy)  8o- 

xoty)v,  evypacpeli;  xai  TrpoTe- 

pov  et;  Tolx;  Eüp-oX^tSa?, 

TrapaiTeicOai  vuv  t6  e'pyov 

20  taOT'^c]  v-'.apTrcoTaarv. 

*^LpptjaOt. 


EnirpA-t-Ai  Ez  EAKrEiNOs  173 

4>£povTai  Txv(OTep(ü  iyy.v/iy.c,o(.'fu.hy.  ItzI  Suo  Tsuayicüv,  TrpococcL/.o- 
CovTwv  -/.arx  TOv  19-20  -tti/ov  pi  u.i/.cäv  ex.ec  toO  AiOgu  iro-rp'.oTiv. 
TTrAr,;  )>iOo'j  TrevreT.'.x.O'j  u'i/o?  vOv  iyo'jTY,:  tÖ  jj.ey.^TOv  cw^ov.svov 
0,95,  TT/iTOc  (  OTrep  6>6x.)//;pov  ocJ^eTat)  0,48  y.a;  7:7./o?  ( dJTa-jTtoi; 
öXo-zcV/ipov  (Tw'Cöp.cvov )  0,14.  'Au.(p6T£ca  rx  Tey.äyia  s'jpov  IvtcTEi- 
■/n.n^.ivcf.  v.;  tov  aörov  ö/;jpcuy.aT'.xöv  toi/ov  (p-p')  i'vOy.  -/.ai  to  ivoj- 
Tepcri  <]/■/; cp'.c? [7. a'  i'tcoc  x,ai  t6  xäao,  to  ä-ox.po'jiOsv  a'jTr,;  o-.ecoc.  £■!? 
TOV  x'JTOv  TOlVOv  sv-eTef/tiae'vov  y.puTcrexa'.  T«,  yoxu.u.y.zx  elva-.  as- 
yäAx  (0.02  -spt-o'j  )  y.y.lchc  iyy.syapayjy.gvx  xal  äx.paiaova;  evovtx" 
TO  de  'j/r,[i-x  auTÖJv  jy.apT'jpsi  toui;  Tüspt  tov    'ASptavöv  ypövo-jc. 

ü;  ß>>£'-£i  6  ivayvto-jTr,;  äx.  to'j  Tgcp'-GcoOe'vTOt;  toO  "XiOo-j  (7.£'c0'j:  £v 
aoTÖ  <p£p£Tai  ävay£ypaay.£'vr,  £7ri(7To}r/5  Tipö?  tÖ  y£vo;  Toiv  EüaoX7:t- 
öä>v  Pojaaiou  ävavTtppr,T(ij<;  (^.eyiTTxvo?  'o,  opOoTspov  el-etv,  a-jTO- 
y-pctTopo;,    aÖTOu    tou   'ASptavou    l'riüx;-    ot'.    Se   6  oiAa67;vaio:  s/.sivo? 

AuTOXpoCTtOp     Oxf,pC£     X.ai   TÜJV     'EX£'J(7tVt(üV    iw   yi'Ji'.     y.<x\    tcüv    ttsci   tÖ 

lepov  [y.£'yag  £Ü£py£Tr,<;  etva-,  yvcocrröv  x.al  eSixa'-ouTO,  cI'-eo  ti?  y.ai 
aXXo:,  (xvaacpiS6>,(i)(;  vä  to^y)  Trap'  a-jTüiv  xai  TauTTic  tt;:  tiu/?,?  tt,: 
Et?  TOu;  E'jaoATTiSa;  dyypaovi;  x.al  tt-c  .T(007fyopiac  £Ti  toO  xpyovTO; 
TOö  ye'vo'j«;  xOtojv.  Kpijy.a  tö  ovti  Öt-,  6  XiGo?  Sev  TcepirAOev  r.u.iv  ax.£- 
paio?.  "'O/i  aövov  Oä  gizavÖivou.ev  e;  auTOu  äx.£pxio'j  <7w^oa£vo'j,  ti; 
7)v  äXr/Joi;  ö  iTriGTsXXcov,  äXXa  x.al  tÖ  ti  £i/£  G'jaSri.  wtts  vä  S-'i-rvu- 
pi^7)Tai  Öti  o'jyi  vov  to  TpÄTOv,  Öttote  ^y;),.  toO  "zzoGoioizxi  x.al  y) 
.-rpoanypcd  tou  apyovTOc  toG  y£v0'jc  Tciv  Eüy.oX-'.Swv  ( yj  s.-rcriftoc 
appvria  cöi;  YiOeXow.ev  rrr,a£pov  Y,a£r?  £'.r£i)  iXXä  -oXö  -pöxEcov  £i;^£ 
£yypa(py]  ei;  toü?  Eüi^.oX7:iSx?  x.al  ESixaioCxo  dcTr"  r/.eivoo  toO  vpövo'j 
vä  OewpyiTai  TOtouTO(;.  AY/XcüTtx.ä  x.ai  xaCxa  twv  xpoTcö-cov  x-sä  täv 
y^p6v(j)v,  /taO'  ooc  75  EmciToXY,  eypäcpY)  K 


'  'Kv  TÖ  un'  B^ioü  Tipö  ScxaEila:  rJSr)  OT)jjioai£uOfvTi  Xi'Ooj  £v  ttj  'Apy.  'E<pT)|jL.  1883 
aeX.  77-78  6  tri  pw^ü)  (speüj  Acüxio;  MEjjifit'.c  Woptxio;  xa^yaT«'.  oti  £[iijr,o£  na- 
pörTOQ  0(oc  'Ad(>iarov'  tÖ  oti  w?  [;i£[jL'jr,iievo;  rj8r)  6  'A6pta\'"c  rap-OTaio  ei;  Tf,v 
|j.ür)a!V  aXXwv  7:poa(ij7:wv,  oüoev  TÖ  rapaco^ov  ä)X"  i'oüi;  evtcOO-v  8-oväufOa  xäiTi  Tt 
::X£lov  vi  efayaYwj^Hv  oti  8riX.  eye'veto  xai  (AuaTaytoYos  oÜtwv  xai  xot' ixoXo-Oiav  oti 
liTo  TÖ  civTi  EviioJnidriQ  rj  toö  yevou;  twv  Kr,fjxwv.  IlapoiS.  xai  Lenoimant, 
UocIiCMcliOS  <3iX.  ITÖ  xai  Effj?. 

ATHEN.    MITTHEILUNGEN  XIX.  13 


174 


A.  *lAioi: 


3. 


NAOKTIMOk.  .O.  .NAiAMAPlAH^TIMA.  >^t-o 
XOPHrONTE^Ki'MiÜAO  ^^[EMIKnM 
API€TO(t)AHH^E .  lAACKEN 
ETEPANIKHTPArniAOl^ 
^0(t)OKAH^EAIAA€KEM 


rjvaÖi?  Tiu.o[)c>.£]o[;  'AJva^avSpiS'/i?  Ttaa[y6po 
j(^opYiYÖvT£i;  xa)(ji.(oiooi?  evi^cov. 
'ApfJTOipocvrj?  £LS]iSaa>tsv. 
'ExEpa  vtJCY)  xpayoiSoi«;. 
So(pO)cX9i(;  eSiSa(JX.6v. 

BxOpov  j^opToyixov  "X.  X.  {XTuapxXXa/tTOv  t6  cyriiLO.  xpö?  t6  ßaöpov 
ToG  Bpuä^iSoi;  (  Apjr .  AeXtiov  1891,  c»£X.  35)  y-l  p.övTiv  ttiv  8ta(po- 
OKv  Öti  1x1  Tri<;  £Xi(px>v£ia?,  £(p'  v);  'irs-:rt'/.i  xot£  tÖ  (XvaO'/iu.a  (6  vdcy)- 
Ty;p'.o?  Tpixoui; ;  )  xXy/V  Tvi;  /tuyAt/.-?}?  £X£ivyi(;  xpoc^oy^r,;  toö  >.t9ou 
(Stza.  0,45  XEptxo'j)  Tvic  6(;.oia'Co'j(j-<i?  ocXtiOü);  xpö:  tÖ  KotTtoTaTOv 
jjLEpo?  ßacECi);  xTTixG'jpyoG;  icovtx.oö  x.iovo;,  y-£Tä  to'j  dv  tu  x,£VTpco  ty]? 
T£Tpax>.£6po'j  TÖpfAO'j  (jx.  0,12  xX.  0,09  ßxOoc  0,04)  (p£pEi  cuy- 
ypovd);  xpö(;  t6  [^-fipo?  tt)?  £v£xtypäcpou  x>.£upa;  xai  "/.aO'  öXov  to  fv.y;- 
y.o;  ö/.T(i)  l<jx-/.i(;  iXk'ri'kijiw  oLiziyttvxcL;,  '/.x\  cio'/ipdiv  r,X(i)v  >.£itj;ava  acö- 
CovTa;  y-'.x.po'j;  xöpao'j;,  Suo  S'  i'xt  x,aTa  to,;  xapay.ei|/.£va?  xXeupa^ 
xaTix  töSe  xfioixou  tÖ  ajTt^x. 


llXfiupöt  £xiypa(py;;. 


EnirpA*Ai  ES  E.vErEiNOE  175 

Et?  Tiva  yiöüvavTO  vo.  ypYiT'.u.e'J'jdXTi  ij/.OTröv  o(  Topaoi  outoi  oao- 
Xoyüi  OTi  Ssv  dvvoöi*'  av  Ss  y.ai  söpi'j/Cü)  to  ßa6o?  toö  Topao'j  Tri; 
{Jt,VY)[/.ov6ij9£i'JT,;  y.'j/.l'./.yi:  ::po:;o/r,;  o/i  äpx.STÖv  xai  -i/'.v  öu.o);  -'.- 
(JTeüü)  OTt  O'jyi  äu.£<J(i);  Itc'  aÜTr,;,  ä.A'X'  ettI  /.iovoc  ir:'  x'jTr,:;  dSpa^o- 
p.evou  i(^ia-:r,y.i  -OTi  ro  (Xvy.6r,y.a/0Ti  to  {7,v/;y.£iov  (opoOr,  u.£t' E-r/J-si- 
Stjv  apyovTa  S'/;Aov  äXX'  ot».  G'jyypovcL):  Eiva'.  y.a.'.  oy.  ttoA'j  v£ü)T£pov 
auTou  aapT'jpooc.  t6  t£  Gyr,u.y.  tgjv  ypauy.zTwv  x.a'.  ■/;  GTa8£pä  /?'?/- 
(Tt?  Tou  O  ävTt  Tvi<;  SKpOöyyo'j  oy.  Kai  6  l/.£v  'ApicjTOoävr,;,  cl);  yvoj- 
(jTÖv,  'n:ap£T£iv£  tÖv  ßiov  u.iypi  Tciv  äpyüv  toG  4°'-'  t:.  X.  aioivo;' 
äXX'  6  Hocpo/.V?];  £i/£v  viöri  (XTroOävEt.  'Ex  to'jto-j  avayx.v;  va  cj^ltts- 
pixv(ou.£v  Öti  tÖ  p.v/ii/.£lov  iSpuOr)  £T'/i  Tivk  u.£Ta  Toc;  a.va(j)epo[j'.£va5  vi- 
5ca;,  Tvpzyp.a  aAAcoi;  Xiav  £'j£(;riyy;TOv  dix  ij.vr,u£iov  iö'.ci)Ti/.6v.  "Oti  Se 
iS'.coTix.öv  ^    Acni    ouyi    £xiar,y-ov  y)TO  t6  |;.v7]a£iov  br/XoüTa'.  caow;  x.at 

£$    aUTOO    TOG  TOTTO'J  Tvi?  £Up£<T£ü)?  TOO,    £^   O'J  (T'jyypÖvw;  S'jvi(/,£9a  TyE- 

oöv  p.£Tä  ßeSaiÖT'^TO«;  va  £!y-z<j(i)a£v  5ti  'E)^£'jc>ivio'.  r;aav  oi  yoprjyrj- 
(7avT£g  x.ai  vr/cr^cavTE?  avöp£<;.  Kiye  ßE^aico;,  w;  yvco-TTÖv,  y,xl  i) 
'EX£UGt;  l'o'.ov  OiaTpov  x.a'.  £v  auxw  TTiOavtö;  vä  ete^^o'jvto  £v  iinzipoi- 
T£poi;  ypövo'.i;  xai  cx,riVix,0'.  äyüiv£i;"^'  äXXä  y.al  av  ÜTroOiTcow.Ev  ot'.  'oStj 
/tai  xaT  auTOv  tÖv  5'^'''  tu.  X.  atcüva  eteXoOvto  ovto);  x.xt  otTjVtx.ol 
ayüive?  £v  'EX£U(jtvi  xaTa  toc  u.EyiXa  'E>.£u«jivta,  7:ic>,iv  voai?^(o  ot'.  6 
•y)(j!,£Tepo;  >.i8o(;  Ssv  SovaTat  vä  i'yT]  (JJ^eciv  t;  7:pö?  Ta  yoor,yt.y.x  u^r^- 
(;.£ia  TOC  lSpu6[i.£voc  iv  tw  ''A(7T£1  Sia  tou?  £v  auTW  x.aTä  toc  j;.£ya>.a 
Atovo(7ia  CH.r(Vix.oüc  äyoöva?.  '0  "kibot;  tiipibri  xaTot  Ta  Bu^ozcra 
epeiTTin'*^  £VT£T£iy^ii7a£vO(;,  £;j^£i  os  [zyijto;  ü,66,  tt^kto;  0,61  xai  ttoc- 
yo;  0,31   r.  M.     '  ^ 


'  law;  Iva  £7ti  pa5oiwv  Jj  xiyxAiSfov  e;:'  aüiäiv  (Spuizevtov  ävaoTcovTai  aisauaTa 
(guirlandes)  rj  aXXa  7iapa:iXr|oia  xoa(XTJu.aTa,  w;  ip-Xos  ävT]p  [xoi  utisSei^e. 

2  Ilepi  T^;  Sta/.piaew;  twv  [av7)jj.£;(jjv  toütwv  eI;  IrAar^ixa  xal  iStwTixa  rtapäS.  Köll- 
lor  SV  Athen.  MiUlieilunKcn,  1878  jeX.  2-29  xai  1^. 

3  Aev  IJ.E  XavOävEt  OT!  TwoXXoi  OEv  Oc'/ovTai  TÖ  -päY(JLa.  Ilapäö.  A.  Nebe,  Dissor- 
laliones  |)liil.  llalciises  VIII,  jeX.  9U  xal  e?^;.  Ilapäö.  eti  xa!  tÖv  xatcoTE'pw  or,- 
jjLoaiEuo'jjLEvov  XiOov  (  5). 

TaÜTa  TioXXaxi;  7:ap"  ejjloü  £[j.VT)aovEu07jaav  w;  xEiijLEva  xaii  löv  yöipov  tov  8tä 
TÖV  Ypa[i[xäTiov  i|/"-tJ/"'  (jT)jjL£toü[i6vov  ev  tw  8iaYpä[xaaTi  twv  üpaxTixüiv  ToCi  EToy; 
1887. 


176 


a.    *IAIOE 


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EnirPA*Ai  ES  EAErEiNOi:  177 


.     .     .   paiycj [tÖ]v  evia'JTOv  tov  IttI  4>t- 

Mrov  apyovTO?  5cpj^[6]i  t-/iv  äpyY]v  ixoXooOw; 
ToT?  T6  voaot?  x[ai]  rot?  dnri<pi'7aai7t  tt}«;  te  ßo'j- 
5      Vo?  )c[al]  TO'j  Ayi[AOu,  Siaxe^Ei  Ss  xai  twv  ttoXit- 
(iv  To[i];  TSTa[Y]a[ejvot(;   'EXsuaivi  ypeiac  Trapeyo- 
fxevo?  xai  jco'.vst  xat  iS[i]at,  x.aO'  o  av  rt?  aüxov 
TrapaxaXli.    'AyaOli  Tuy£t'  öeoöyÖai  twv  ttoX- 
tJTCüv  TOt[(;]  TETaYLtevoK;   'EXe'jtivi  £7catv£<jat 

1  0      2(j)](yi)tpii:TYiv  Mt^TiaSou  SipyjTTiov  xal  gt6- 
(pa,v](ö'jai  a[u]T6v  ypucwi  crecpivwi  Kaxö.  tov 
v6{y.]ov  apervi?  k'vs/tev  xai  eüceSeia;  t95i;  sie, 
Tou?  ÖJeouc  xat  euvoia?  xai  <ptAoTi[y-ia;  T9i;  6- 
i<  ea'jTjo'j?  xai  äveiTrsiv  tov  (jxe'cpavov   'A'XOkjJ- 

15      V  T(i)t  Tirax^picoi  aytövi,  ävaypa'j/ai  oe  t6o£  to  iLy)- 
(pi(7[/.a  SV  (jTYi>.si]  Xiöivgi  xai  axlri]oot.i  £v  twi  iEpcij- 
i  T(öi  £v  'EX£'j(7ivi ;  Tri<;  Se  a]vay[op£]uiT£(i);  toö  »tt- 
E(pavou  xai  T9i(;  GTaaEü);  tyii;  cJtyjXy;?  etüiu.- 
£>.7]67ivai xai  t]o'j;  alpsÖE'v- 

20        TOL<; 'Ej7Ciy£VYlC 


Tä  ävwTEpo),  aTTEO  [X£T£ypa^|/a  ei;  tyiv  xoivy;v  ypacp7)v  T7ipY)(ja?  xry 
opöoypacptav  too  );t6ou  tpEpovrai  lyxsyapayu.Eva  ypäij.aaaiv,  cö?  £x 
TOÖ  c^r/ij.aTO;  eIxoc^ü),  twv  ypövwv  twv  TjEpi  to  teXo;  tO'j  So'-*  tt.  X. 
aitüvo;  xai  O'jyi,  w;  ß^ETCEi  6  ävayvcoffTV)?,  xaTa  Tr,v  (jT0iyr,Söv  ypa- 
cpyiv.  'O  Xiöo?  xaric  to  ävtoTepov  auroil  u.spoc  ccp^Erat  x.aO'  öXov  to 
TcXocTo;  (0,365  TCEpiTTO'j  TOu  F.  M.)  (xvco  öw-co?  xxi  x7.T(i>  sivai  ä-0- 
x£xpo'jr;[;.£voc,  ojite  to  jX£y',<jTOv  vGv  (j(p^6u.Evov  aÜTOÖ  u6o;  Eivai  |J.6- 
Xk;  0,285,  TO  Se  Triyo?  tou  öXöxXTipov  aoj^öfXEvov  0,085  rEpiTTO'j. 
'0  XiOo?  E'jpeO-o  tÖ  — apEXÖöv  eto:  xaTot  tjc  ExiXEyoaEva  BvC/tritra 
fpeijTKi  £vTET£iy'.Ty.£ /o;  £1;  Tiva  to'jtcov  Toi/ov  xai  evteOOev  TroXXayoO 
xai  xaTa  ty,v  ExicpavEiiv  tou  p'j-o<;  S'j<7£^iTY)Xo?  xaX'JTCTEi  Ta  yp^"-- 
(/.aTÄ  TOU.  TouTOu  S'  k'vExa  xpö  "ivrwv  xai  Sev  avayivwTxovTai  iae- 
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vcaaaaTwv  jivai  ö/i  x.aKiQ,  ä>.X'  ä^xOr;?  aaXXov,  7:apaTy,p£iTa'.  Se 
■/.o.'.  £v  TO'jTto  TCO  AiOcp  OTi  /txl  £v  xWo'.i;  T(üv  ajTcöv  ypövcov  Öti  S"/)X. 
tÖ  O  äev  Sia>tpiv6Tai  ■7vo)>)^a/o'J  toO  O.  AxO'o  Ssv  lytf.  TzoXk'x  6  ^a- 
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Ol  C'jvvjOe'.;  £/t£ivoi  T'j-oi  T(iiv  toioütwv  (j;'/^cp'.(7aäT(ov.  Kpiaa  otxio; 
7C3CVT0TE  Öti  (Xttw'XecÖt)  7)  a-pj(^>}  TOö  (|;7i^i<j[i.a.To;  xxi  [X£t'  auTOü  xal  y) 
yvü)(7i<;  TO'j  £1;  xoixv  äpj^Yjv  ^£'.poTOvY)9£ic  apyü)v  6  ^(ixnxpotTYii;  5ca'X(i)(; 
xy.i  C'jL/.<p(ovü)(;  toü?  voaoi;  Y/p^£v  aÜTr,v  r,  £vvoia  5ti  £iy£v  £x.>.£)(_67i 
(fipaz7}y6(. ,  YiTi?  Jtai  ttoütt)  töc  ii/.'o^  STCsp^ETat  "/caTä  voov,  xai  xaT' 
o.'/to'Xo'jöiav  xai  y)  (j'jaTrXyipcooK;  ....  6  o£ivx  eittev  STVEiSr)  Soici- 
-/.paTTj?  M'.XtixSo'j  ( ^(py;TTiO(;)  y£ipoTOVT,6£t;  (atp£0£i(;)  CTpaTviyö? 
(ri  GTpxTYiYOc  x,aTa(7Ta6£ic)  £7r'  'E>.£'jaivo?  tov  sviauTOv  x.tX.  cpaivE- 
Tat  txoi  Trpcjy.po'Jouaa  £'!;  tÖ.  >.£i^{/ava  tcöv  ypau.^aäTOJv  xa  (jw^oaEva 
£v  Tu)  77p(OT(i>  iTTiycp  eI'te  ö)?  an]ai((iu  ävxyvw'rOüi'jt  TauTa  eI'te  (Ix; 
azj}oz(ti(i.  "ETTEiTa  ä.XYiG(I)?  (XTCopov  6ä  YjTO  SiaTt  aovov  ol  T£Tay[X£voi 
Twv  TToX'.Tdiv  £v  'EX-EUdivi  o\jjl  o£  jcal  Ol  £v  TOI?  aXXoi?  (ppoupioi?  öa 
6Ti[xti)v  tÖv  azpatqyor. 

*AXXa  xai  öio.  xti^  Trpö;  toc  xaTW  aTroxpo'JCEto?  tti;  (TtyiXtoi;  zoXXa 
Tiva  o£v  cpaivovTai  a7roX£'j6£VTa  toG  ^rjZiiay.xroc,,  ä(poö  ütvo  ttiv  Xe- 
^iv  'E.^iyeniC  toö  20  ctij^O'j  atöJ^ETai  toö  XiOou  i/cavo?  ycüpo;  aypa- 
^0?  txapTupöiv  <ja.<p(ö;  Öti  iv  gti^oi  aXXoi  £'!<;  ty;v  auTr^v  Eypzcpovxo 
aTCOCxaciv,  ETcpExe  ekei  xavTco;  vo.  uTrapytoai  ypap.(jLaTa,  aTVEp  o£v 
uTrapyo'jcrr  «.v  öe  ö;  e'I/.xCg)  tÖ  ovop.a  'E:ityiy7}c.  Eivai  tÖ  tou  ETEpou 
Toiv  aipEOEVTcov  (6ä  Tjcav  Se  ToüXäy.TTOv  Süo)  t6t£  e^e'X'.tce  tÖ  ttoXu 
TToX'j  'oixta'j  ETI  CTiyo;  v.oltx  tÖ  TCpö?  t'  äpt(TT£pa  T7i<;  TTYjXri;  (i.£po<; 
x.aT(jj6i  TO'J  20  TTiyou,  i'vöa  £(p£p£T0  äx.6ay)  ävayEypay.t/.Evov  xal  toO 

£T£pOU    alpE6£'vT0?    TO    OVO[Xa. 

'E[J.a/.pYiy6pYicra  TUEpt  tO'jtcov,  Sioti,  eI  xa'.  6  XiOo;  >taTa.  t-^v  aXX-^v 
auTOu  oucriav  Eivat  KOtvov  ti  ypyiij.a,  e^ei  oÜSev  t^ttov  TTTOuoaiÖTYiTa" 
y.x).  aXXov  ö^/iX.  y-z?  yvwpi^Ei  api'orza  fnch-ofior  toG  3°'^  7V.  X.  alcö- 
vo?,  tÖv  ^^iJiyor,  (xyvwaTOv  7)[/,iv  otXXaYÖOfiv,  öcrov  Eyö)  TOuXayiOTOv 
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EnirPA*AI    Ei    EAEVEINOi: 


179 


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IffTau-e'vo'j.    'EXeucivi  sv  tw  Iecö)'.  —xox  t6  votiov  teivo;  t6  tou 
ispou  äp;äui.£vov  ä-ö  TO'J  SGTCcoaevo'j,    o  toi;  x.ioaiv'£(jTp{uTai 
TOi;  — pocOio'.?,  xifppov  opüi^oft  tcXztoi;  Öx.tci)  ttoöwv,   ii.r(/.o?   xpia- 
5    x.ovTa  -oSdiv,  ßxOo;  y.£/p'-  toO  axEpi'po'j  "/.xi,  i/tfpop'^davra  Trjv  y- 
TjV  £i;(o  TOÖ  Ispo'j  £t:  tÖ  OiaTpov  tÖ  i~l  toO  CTaSiou,    riÖEvai  to- 
u;  XiOo'j?  TT/:  p.aXax.-?i;   77£Tpa<;  7:po(7£7i;iT£[Jt.vovTa,  ou  av  r)t  WETp- 
a,  (7'jvTtO£VTa.  TOu:  äp(>.0'j;  CTEpiipo-j«;,  äpaöxTOvTa;  7ravTa)(_'?ii, 
u.yi/.o?  T£Tpx-oSx;,  ttIzto?  ^ixo^a:,   nxyo<;  Tptr,p,i~oSiou(;  xat 

lü    E-jpyjc^EaOa'.  x-axit  xov  crxoiyov  k'/.aTxov  SiavEx.vi"  ixl  §£  xoux- 
(ov  x'.0£vai  x.axoc)^-/i-T7;pa?,    t;,7i;co;   x£xpx7roSa(;,  -Ixtqi;  TC£vÖrip.i- 
TToötO'jc,  ~xyo^  77£vx£-x>;XGTo(u)?  xüiv  £x.  X'?]?  Gxo5c;  -/.aOatpO'jaEv - 
CUV  £i;£pYa'jX{;.£vo;  öpOo'j?  /tai  c'jyoiviou;  7cavxayr,t  /txi.  xoüi;  ä- 
py.O'j;  :;oi'/;(Jxvxa  £7:1  yiiv-iTroSiov  0uvxi6£vai  äOpauaxouf;  /.xi 

J5    äpy.oxxovxa«;  7:xvTxyr,i.  /.xl  £7:£pyac>.a£vov  öpOx  x,xi  £Üx£v7i. 
MiaOcoxr;;  'Avxiu.ayoi;  N£Ox.>£iSo'j  Kn^piGiE-j;  :  h  I  I  I  :  H  H  H  H. 
'EyyuYixr.i;  NuoGxpaxo;  'ApEcriou  OcipaiEu;.           SxviGai  xoü;  >ci- 
ovx;  xoui;  Xiöivou;  xoü;   vöv  u7ro/.£'.7.£'vou?  ütjo  xr/i  cxoxt  /caxo.  x- 
Oxa  7:po(7£(;spya(ja[;,£'vo'j(;  acpövSuXov  £x.X'7Xü)i  xcöi  yaovi  xov 

20   ib)C,  u']^o;  öi7:oSa  x'/jv  aüx7]v  ip^^xcioLy  xwi  xiovi  :  A  P  I  :  Mi[g6(j>- 

xyj?.  .  .  . 

Tj?  riajx^iXou    a ['Ey]y'jy)X7i;  'Etuix [Ae- 

U/.OVOl[6U5 


Avayivwcitovxai  xävojxEpo)  (a7:£p  ij.£xaypx(]/a;  £xy)p7)«Ta  x7;v  ypa- 
<pr,v  xoO  >.i6o'j )  £7:'.  fTx'/;XY)<;  7r£vx£)ax.o'j  aapw.äpo'j  7:pö(;  xä  x.äx(i)  otTro- 
x,£x.pouca£v7)<;.  T6  (^.Eyicrxov  vOv  Tw'Cöp.Evov  uJ/o;  xvi;  cx7)>>y)(;  (  cuv  xw 
yEiTw  xTj«;)  eivai  0.27  F.  M.,  xö  7:>.äx0(;  xyi<;  /taxit  (X£v  xö  y£iaov  (xvü) 
0,3J  y.axä  ö£  xr,v  £v£7rtypa(pov  £7:i(päv£iav  0,36-0,37  Axi  xö  7:xyo<; 
xYi;  0,09  akv  x.xxä  xö  ysiiov  x'/ji;  (stp'  oo  ÜTTxpyo'jrjtv  xvay£ypaty.u.£'va 
x.a-  xa  Ypy.afxaxa  OE  O  I  )  x.axic  ^£  xö  AO'.776v  xr,^  (jüjy.a  0,0ö5  7r£- 
piTVO'j.  Ppa^-ov  S' £;(ei  6  XiOo?  xyiv  £rro<p/JoV,  äXXö.  ou;^i  Tcavxa/oö 
a/cpiow;  X7)pouij.£v7;v,    T/v)p.a   ö£  ypau.y.xxoiv  xo  rruvYiOE;  xwv  ypövwv, 


EnirPA*AI    ES   EAErSINOE 


181 


x.a6'  Ol»;  TaGxa  iyoipiyBrin'x^  (to'j<;  xspl  tov  AiOT'.aov  apj^ovra,  octi? 
xara  t'/iv  -/.oivö;  T:apxS£oeY[7.£VY,v  yvdiar/V  r,p^£  x.a.T3C  to  eto;  286 
TT.  X.)  x.ai  lyvxpa^iv  d'rr'.TröXa'.ov,  (otte  ouSap.ou  cyeööv  to  O  o'.a- 
jtpivcTa-.  ToO  O,  77oX>>a/oiJ  Ss  /.al  xx  aXXa  T'jyYSvyi  tcdo;  a)v).Y,)va 
Yp3(a[;.a.Ta  (juyyeovxar  e'jxuydj;  öacoi;  6  XiOo;  -/.XTa  xtiv  ivsTwiypacpov 
aüxoO  67Ci(pav£iav  iAxy.rizy.  sivx'.  äTcoxexp'.y.as'voc,  ojijXS  —zvxa  xz 
ypaf7.p.axa  eu^epw;  x.a'.  arroxAd);  avayivcoTx.ovxai  T7Ar,v  ö'jo.  a  /.ai 
l(jY,{;,ei(i)Ga  oiä  axiyp-civ  ev  xG»  p,£ya).oypaaaixa>  xeiy-Evo). 

'0  AiOo?  E'jptÖT]  ecyäxtü?  ( X7;v  24  aszxe^aSpio'j  xoG  1893)  c/.a- 
xxoae'vo'j  xou  7rp6(;  o'jTp.ä?  xcjv  Mcyä>,(i>v  TrpoTT'jXaiw^  ycopou,  aX).o6£v 
^ESaidic  £/.£i  y.£X£v£yO£ic  £'!;  ypövo'j;  äyvcocxo'j;.  "Oxt  61  Eivai,  oCxw; 
eiir£iv,  ocTvöiTwXcaa  aXXyi;  u.£ya>,£'.x£'pac  y.xl  y£vix,cox£'pa;  a'jyypa^>i;  ip- 
y(i)via(;  Sr,[;.o«jiou  xtvö;  >txi(Taxxo?  StiXov.  'Ev  auxw  «Jiö^ovxai  vOv  ( (X£- 
jrpi  xo'j^£  xouXxy.Txov  sxepov  a'JxoO  x£aotytov  Sev  avE'jpE'O'i^)  ivxys- 
.  ypa{/.a£'vai  oüo  xcov  aiaOtoGsoüv  xcijv  ext  Aioxiao'j  apyovxo;  y£voa£va)v. 
Tri?  7rp(i>x*^;  [/.'.tOüjx'/i;  iyEVExo  6  'Avxtax^Oi;  NfiOX-Xfiiooi»  KrKp'.CT'.E'jc. 
avaXa^wv  \'x  öpö^v]  xx(pcov  Trapx  x6  voxiov  x£iyo;  xoO  lEpovi  äp^äa£- 
vo;  XTro  xoO  (jr,a£ioi»  6  zoh,  xLcoiy  sazpcozni  zuic:  .tfou0iot(:  2,50  F.  M. 
TuepiTCO'j  x6  x)^y.xo;,  9,00  Sk  F.  M.  xo  a-zix.o?  -pö;  evOeciv,  ö;  oaivc- 
TÄi,  Ö£[;.£Xici)v.  acpo'j  AÖyoc;  yiv£xat  vä  Tx.xd/Y)  as/pi  xoO  cxepEO'j  x.xi 
vä  £K<pop7)'J'y)  XT^v  y7)v  £i;(i)  xou  Upou  jcal  vx  x'/^v  piv}/y)  £i;  xö  dsazf'or 
x6  ini  zov  ozaiiiüi  "  ottou  )caxx  xriv  xxcppov  itTzri^yi  ßpx^o;  ETrpETTE  vx 
e^ou.xXhtOy),  oi  Sk  XiOoi  ETupsTTE  voc  iy (siGi  i).riKO<;  4,  ttXxxo?  2  x.xl  ttx- 
y^o;  1  '/.,  TCoScöv  x.xi  £7rp£7:£  vx  xeOcöti  xxvovixcüi;,  ö-w;  )cxi  £v  xklx'.^ 
TzoXkxii  6{Xoixi;  (Juyypxcpxt«;  6piC£TXt,  [xk  xöpxucxou?  x.xt  äpfxoxxov- 
xxi;  xoü?  äpiAoö?  x,xl  £7:£^£ipyxr>[X£'voi  xe^eiü);  5tx9'  öXo'ji;  xou;  irxoi- 
j(^ou;"  ETUI  o£  xo'jxcov  xtJv  "XiHoiv  (o'^E'.Xev  6  y.'.iOcox-ö;  vx  iTTtOkGr,  xaza- 
jTfjtzijpac  xö  xÜtÖ  akv  u.r]y,QC,  y,y.l  7r)iXxo:  i'yovxx;,  ~äyo;  öu-co;  oXt- 
ycoxEpov  öxi  x,xi  ot  xdZd.lii.TZ/'ififc  T,nx^  >.iOo'.  eivxi  r,or,  yvwTTOv  xxi 
e:;  xXXrc  e— -.ypacpyi;  '.    'AXX'  6;  £^  £x.£ivY);  ouxü)  x,x'.  ex.  xt;;  r,a£X£px; 

E-iypX'pY]?,    X.xiTT.-p    L/.-/;    /.oXoS-/^:,    O'jSe'v  Xl   TU^eJoV   TTEpi   X'JXCiv  L/.xvOivo- 

p.ev  x,x'!  xv7.V/t'/i  vx  y.xvxi'jijcor;'.  >ca'.  xoüxo'j;  Oi  xpyxioXoyoOvxE;  ip/'-- 
x£X,TOv£:.  Ec;  xö  xeAo;  (pspovxx-.  xvxy£ypxai/.£voi  SOo  xp'.Qitoi"  6  u-kv 
oy)Xa)xtx.ö;  xf,;  x.xxx  XiOov  itw;  kpyxTix:  (1  '/.,  opxy.)  ö  ök  xoO  o'ko'j 

'   riapa6.  'Apx..  'E^t)ia.  Iho.  13  aeX.  397,  (Jt:/.  "23  xal  aeX.  i02f 


182  i.    ♦lAlOS 

r'XvipwöevTo;   ttocoö   (Sp.   400).    'TttoGetco   oti  ol  llBoi  OwTipyov  v^Sy; 

xpöv,  ocv  67rp6x£'.TO  x.al  TTspi  TOI/,-?,!;  xai  xoaiovic  aÜToiv  et;  t6  Upov  ix 
Toö  oiouoy):roT£  >,aTOU£iO'j"  ol  Se  xaTd.irj.TT/ipfc:  £>.r,(p6r,<jav,  w?  6  l'öto; 
6  Xiöo?  aapT'jpei,  £X  Toiv  xu$(u(iovi(eycor  ix  rijc  Hzodc:. 

"ETcerai  SeuTEpa  ixicöwjt?,  y;;  ataGoiTY;:  iyEvexo  6 ri(;  Haa- 

cpilou    a xal  ev  Y]  X6yo?  yiv£Tai    Trspl    CTäaeco;    -»far«  xavza 

(  xarö.  TO.  7rpoY]youu.£va  öY)^.)  xwyojy  diOifcor  rrr  vrroxeijif'ycoy  üxo  tyI 
Utoä,  xaO'  Y/V  axäciv  6  ai^OcoTiii;  iqv  uTuo/pew?  vac  jtpoaEhpyüoi^zai 
xcd  (TttovS'jXov  ( AXei-ovra  dx;  <paiv£Tai)  z\c,  '(/.olgtov  xiovot '  8uo  :co- 
öcjv  TO  ut|/o;,  oaoiov  ö£,  cö;  £i>t6c,  Tv;v  £pya(7iav  u.£  t6v  ö).ov  aXXov  y.iova 
xai  £'.:  tÖ  teXo?  (pEpsxat  ävay6ypa}xu.£voc;  6  aptO.  16  Spay__.  äva<p£p6- 
a£vo?  TC'.Oavüii;  ei?  ty,v  (7Ta(7iv  x.xi  T'/iv  x.xTaGx.£uY,v  toö  eXXeiTrovTO«; 
Gxovöö'Xo'j  (  0'  ).i6oi  öä,  xpo'JTTvipyov  i7:inr,c)  £)czr>TO'j  x.iovoi;.  Tö  ö)>ov 
7wXYip(i)T£0v  ttogÖv  0£v  a.va^£p£Tai"  rTG);  Y,v  y£ypaai/.£vov  i^-STa  to  oy,- 
aOTixöv  ToO  f7.i<76ü>T0il   /.a'.   T'jvaTTsy.pou'jÖYj  w'TaÜTü)(;    a£Tä  toö  XiOo'j. 

Kai  ai  o'jo  aurai  aiaOcorrei;  Irioj;  o£  xai  ti?  «.XXyj  iE  6X£iv(ov.  a't- 
Ttvj;.  Toij  XtOo'j  ixoxpo'j'jOevTO;  xpö;  toc  xarw,  rr'jva7r(oX£c6Y,Gav,  ävot- 
(pe'povTat,  (I);  [y.0'.  cpatv£Tat,  v.c,  zo  auTO  Trpayaa.  'A>,>>k  Tuepi  tivo? 
y.'jpiü);  £7rp6x.£iTO  ;  Utpi  oly.o^ou.riC,  iE,  uTirap/vi?  ve'ou  tivÖ;  GTwrAoCi  oi- 
•/CoSop-YiaaTO?  öev  [jloI  oaivETa'.  nOavöv  l/.zVaov  Trepl  otTjOTTfipaTOXTEüx; 
TOiO'jTOu  (y.eivavTo;  y;[;.it£>.oÖ(;.  'AXXä  ti?  y,v  tote  t)  Stoo,  äcp'  in;  ol 
xara.ln:rzrip6C    xaÖYipoovTO  ;    'H    yvwTTY)    Stooc    tou   ^iXcovo;,    y)    xal 

npöoKOOy    £V    TYi    E77'.C/,l/.(p    V.a  AO'JL/.EVYj     ylcjJTfj-iTl ,    Y;V    TlävTCÜ?    C'jVT£T£).£- 

caevY,,  x.aO'  ou:  ypovou?  hsyxzy.yß-f)  6  Y)L/.£T£po;  ).iOo:'  touto  E^ayeTai 
O'j  L/.6vov  ex  Tvi;  ija<po'j;  aocpT'joia;  tou  B'.xcoubio'j,  xXkix  xal  e:;  aü- 
Tcöv  Tcöv  >.iOcov  Töv  £t(;  a'jT")]v  ävaOEpou-Evcov  (  IlapäS.  Apy.  'E(pY,a. 
1890  geA.  ]  vM  xal  TYjV  xaTCOTEpo)  ETT'.ypacpYjV )  CTCüixcöv  ri£  aXT^cov 
otxoSou.7)[y.aT(üv  -aoä  to  vÖtiov  [xä>.ir;Ta  zilyo;  too  IecoO  e^ou-ev  vOv 
TX  )v£t'i/ava  (J('o,  ä»ä  TaÜTa  ypövo'j?  [y.apT'jpoö'j'.v  o'.xoSoaY,;  tou; 
Ptüu.aixoü?.  Kai  Öu.cü;  ouSev  ßsSaid);  tÖ  xwlGov  vä  ütcoO£'j(ol/.ev  oti 
£-1  Tou  xXy.Oe'vtoi;  Bo'j^EuT'/^pio'j  Trapä  to  vÖtiov  Teiyo:  toö  (epoö  y,07) 
(XTrö  TO'j  TpiTOu    717.   X.   alojvo?    EyEvero    ETrafrOY.TY/   ri  ävzyxY;  vk  xti- 


*    'Ayvoo)   SiaTi  6  X;'0o;   e'/ei  jif/oatffpyaaaiiirovc  evöi  Xoyoc  y'-vet«'-  T^Ep'  ^vö;  [it- 

^O'JJTOO. 


EnirPA^Ai  EI  EAErsiNor:  183 

oOüJTi  Kxl  xVky.i  STOal  y.xl  r.p/'.TXv  /CT'.?[6a£va'.  x.xi  l''7a);  -/.x;  ix.TiTOr- 

(jav   r,  )cx'  T'jV£7rXY)pü)9r,'7av    y.xi    to'jtwv    vOv    £/ou.£v    r,a£^;    ttoo   tüjv 
O'pOaXacüv  Ta  >.£t<]/ava.. 

"Ev  £Tt  OeXg)  vx  Gr(y.£iä)aa)  xpiv  tov  ttcC-.  Taux-/;?  tt;?  iTnypa^vi; 
xaTaTCa'jTü)  Xövov.  'Ox-.  iv  'EXE'jaivt  ü-r^p/E  f)£'xxcov*  Ev'.vdxTKOu-gv 
y^St)  Trpo  xoXXo'j'  yivojT/.ovxE?  ^c  oxi  yjaviz-ot  axXtcrxx  a,Y<Lv65  Eyi- 
vovTO  '/.XTX  T-^v  Travyiyupiv  EÜXoyo);  i'j'jiv.TrEpaivoaEv  öxt  £'-/_£v  auxr, 
xal  (jxaSiov  ^  x.a'.  ütco  xö  ovoita  JfU^^oc  xy);  irriypacpr,?  x-^;  Aoyooo- 
ata;  xwv  eTriTxaxüiv  Itti  apyovxo;  Kr,<p'i70'poivxo:  StKatd);;  £voai^O{y.£v 
oxi  xoOxo  £vvo£ixa'..  '0  y]y-£T£po?  XiOo;  txow;  vOv  L/.vr,u.ov£'j£'.  X'jxo'j 
ü)?  7c>.Y)(Jiov  [j(.xXi<Txa  xoö  öexxpo'j  x.£ia£vo'j'  v)  (ppä(7i;  äXy)6<I»?  Eivai 
TCsptspyo?  XEyo'j'ja  f/c  ^  fffarfior  t6  stc  tov  ozai^iov,  (ixrel  vöc  inzr.^y^t 
xat  aXXo  Oexxdov  äXXayoü.  IIou  §£  ex.eivxo  a[x^6x£pa  xxöxa  ö£v  i;-/!- 
xpiSioOyi  £xi.  Tö  ÖEaxpov  äv£(^y;xr(Ca  äyci)  oüx.  ä7:£'.x.6x(i);  x.xtÖc  xr,v 
xo'AoxYjxa  £>c£ivyjv  xoo  Xö^pou  x'/iv  OTCiaOfiv  xoo  SaTrwvoTuoieiO'j  (loe 
Hpaxx.  £.  ä.)  xW  £1?  axxr,v  xxl  ai  xxxx  xo  Tüxpöv  i'xo:  iv  xö 
xÖtcw  ävxTx.x^pxi  0'j^£  xö  IXx/iTXOv  r,v£y/.ov  £•;  jiö^  >£i'}xvov  O£xxpo'j 
7U0X£  xy)v  oTrapV-^'  jx.£r  aapx-jpo'jv.  Flpö:  xvxxoXx:  — spxixe'poj  ex.ei  i'vfjx 
ffö^exat  xxt  6  \o^A^öu.ivoc  Travxpj^aio«;  OoT^coxö?  xxcpo;  ettiiv^;  6£x- 
Tpo'j  Xei'^xvx  Siv  «pxivovxxi.  Kxl  oi^-w:  x.xxx>.>.rAoc  Trpö;  xottoOex^civ 
auxoG  xoTTOi;  7;xo  xV/jOcö?  p.6vov  y)  xpö;  X7;v  Ox^xgcxv  ßX£7rour»x  [X£- 
0Y)[j<.€piv7)  xoG  >^6cpo'j  X'?;?  'AxpoTröXECo;  x.'Xixü;.  xoöxo  Sk  itxytTXi  xal 
e^  x'jxo'j  xoO  ü-ö  E^sxxT'.v  ivxxüOx  ).iOo'j.  "I'Ta);  r,xo  Jx  xo'.O'jxo'j  'j).i- 
xoo  xaxacx£'ja(Ta£vov  wcxe  ttxv  a'jxou  lyvo:  £;£A'.-£  ''■  u-xpj^O'jc.  ö£ 
eScö  xxxx  xou;  TrpÖToSx;  xou  Xöcpou  £v  xri  tteSixoi  xoiyou  äpyxio'j 
X£i'|xva  £1?  {jLvixo!;  Ixxvöv  xtto  o'jay.Gi'j  (xttÖ  xoö  — XTrcovoTTOUtoo )  "xpö; 
a.vxxo>>xi;  7rxpaXX'ir)>.ci):  xoO  'Xö'po'j  x-?;;   'Axpoxö'XEco;  Str,/.ovxoi;  (  [xeco? 

.^r.  ,.^  ^^v-l  '  .^.' 

auxo'j   6up-/)xxi   £vxo;   x-/)?   TCEp'.oyo;   xo'j    Jlxttcovotto'.eio'j.    xo    oe  Trpo; 

ävXXoXxC     XX.pOV  XO'J    CpXlVEXXl     OV     X.EXxX'jaU.c'vOV     'j~ö     O'ix.i'jX.tüV  )    x  — sp 

eyw  jj/})  Suvz[j.£vo;  vx  E^'/iyTi-Joü  xX"X(i);  ■jtteOe'jX  ttoo  -oX).o'j  (I)^  Xei'I/xvx 
avaX7)U.{7-ax0(;  roT'  ozadiov    xxl  evxeoOev  eI'xxcx    öxi   j-vAk;    änarz^wxv 


'   napa6.  npaxTiy.!x  toü  etoj;  1889,  aiX.  24. 
2  IIapä6.   'Ap/.  'E^riix.  1883  aeX.  130,  aT!-/_.  25. 

•'  'O  Dörpl'i'ltl  vojAi^ei  OTi  t6  ÖEarpov  toO  I'aixvojvio;  rjv  ^uXivov  xai  oti  toOto  Sev 
£güiO»]aav  aüioü  i/.vT)  (IlpaxTixa  181)1,  aeX.  17,  utju-.). 


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EnirPA*Ai  ES  EAErsiNOE  185 


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KXTa  t6  (X6(yYii7.Sptvöv  (jxeXot  toü  Tei)(^0'j;  toO  IlspiSoXou  yvüxJTY)  Hu^-iQ 
( Aiäypaixaa  npa>tTix.öiv  too  1887  B'.)  li  y.x\  ei;  TaoxTiv  t6  ovoixa 
rrv.llc:  Ssv  cpaivsxat  süapu-oaTOUv.  'A'XXö.  TaÖTa  l'(j(o:  TrepaiTspü)  äva- 
(T'/.acpxi  SiaGaoTjvi'jcocri  x.xaTv'.ov.  'Ex.  toO  Y;u.£T£po'j  XiOo-j  -opt^öij-eöa 
a(j<paX(ö;  vGv  tt.v  yvcöatv  OTi  oü  [/.ovov  077r,py£v  ovtü)?  GTäoiov,  ä)^)^«. 
•/.a:  r/.siTO  7r>.r,c;iov  toO  Ösixpou.  Aiäti  Se  6  £pyüjv-/;(ja?  Triv  toO  7)i^.£- 
Ts'pou  XiOou  TrpwTiQv  £py(i)viav  ÜTCOj^peouTO  va  dx.cpop-^'jYi  tÖ  X'^P-'^  ^'<^ 
ro  dnizpor  0£v  aol  eivai  (ja<p£?. 

6. 

0eo[t] 

Et?  tÖ   lepOV    'EX£l)(JlväS£  TOI?  (Tipovou- 
Xot;  Twv  xiövwv  TOÜ  IIpocTwioi»  eE;  to- 
u?  apaoü?  TiröXou;  T^OTiaai  Jtai  lixTvöXta 
yxk'AX^  S'jo  si?  £/,aaTOv  tov  äpaöv  iaTvo- 
5        >.'.a  -/.ai  £va  ttöXov,  toc  i^iv  xaTOi  tx  TrpoiTa 
äySzxT'jT^a  7iravTayr,i,  TETpäyoüvx.   Ta  ö£ 

ävCOTXTtO    TTEVTEOa/tTD'Xot    T^aVTa^T/.,    TO.    O- 

e  aXXa  äasißoii-Eva  rö  i'ciov  (xtüo  toO  jy.£y- 
iiTOu  £i;  tÖ  IXa^tcTOv"  tou;  ok  7:6)^0'j- 

10         ;  CTpoyyuXou?  tO'j(<;)  y-£v  -/.aTto  u.r;)to?  tc£V- 
T£Sa./tT6Xou?,  7rä/o;  o£  öioa/.xoXou?  t- 
ou?  §£  a.v(i)  [jLr.KO;  u.£v  '7:x'kxcii'xio^j<;  xa- 
yo?  Se  Sa>CTuXou  xal  rij^-t'^s^?  Sa)CT'j>.o(u), 
Tou;  Se  aXXou;  (xpt.£t€o[X£VOu?  tcüi  ij.-/)-/,- 

15        61  Kxi  Tüii  7cäj(_ei  TO  l'uov  dcTco  Toö  [xsyio- 
TOu  £1?  tÖv  £Xä)rt(7T0V  ya>.xoö  ö£  £pya- 
<j6Tai  MapiE'd);  XExpafjiE'vou  ttiv  d(oo£5caT- 
r,v,  Tot  EvSs/ta  jj.£p'/i  yaXxoö,  to  öe  ocoSEKa- 

TOV    /taXTlTEpOU"    /Cat    iTTOOW'JEl    xä    fXEV    £- 

20         u.7;6>.'-a  öpOot  X.X'.  ädTpacpyi  /cai  EÜycovia, 

TOu?  Se  nölovq  TüpvEUf^Ei  cxpoyyüXo- 

u?  r:pö;  xö  TwapaSEiyp.ot  xat  EvapaociEt 

E'.c  xä  £[jL7:o)^'.a  ipp-ÖTXovxa;  /toci  opÖo- 

ü;  xai  Evxöpvo'j«;  Tiavxaj^y;,  otcü);  av  xö 
25        a'jxö  -rroiöj'j'.v  Trsp'.ayöaEvof  [i.taÖü)(j6- 


EnirPA<l>AI    F.Z    EAErEINOE 


{87 


Tai  Se  jcara  (ivocv  y.al  äTCOTTrjce'  tw'.  is- 
i  TcapövTi  Tüiv  £7rii7Ta.TCL)v,  r,  Töt  orifzoci- 
ü>i,  7)  TCt>t  apyiT£/tTOvi    a7:oow(Tei  ö£  xa  £- 
pya  (7-7)  £TCi)Cü>).'jü)v  TO'ji;  i^p]yxC,'jiii\0'jc 
30        TOui;  y.iova;.    'Eu.itOwOy)  ri  p.va  :  I  I  I  I  I  CD-  Mtd- 

SwTr)?  BXE-aioc  2(i)[3tX]£Ou[(;]  [Aja(x(xTp£u;)  :  'E  yJY'J"''/'- 
7)?  K7)(pi[(J0^](i>v  Ke<paXi[ci>]vo?  'A(p(i)Svaio;. 

'AvaYivc[)<Tx.ovTa.i  xävcdTEpco  {ihz  y,£i{A£vov  CiL  184-185)  £-i  crr,- 

Xt);   1.   TZ.    TrpO?     TOt   xdcTCO     ä7rO)t£XpOU<7[X£V71(;,     £ljp£6£l(77i;    §£    7r£p'J(7tV    eIi; 

TO.  ÜTu'  £t/.oG  Bu^avTivo,  j^aXaufxaxa  6TCt)tX7i9£VTa.  Tö  [/.EyKJTOv  cw^^o- 

U.£VOV   U'jiOi;    TT)?   (TT7)X7i;   CUV   Toi   U.lX.ptp  TT)?    (XVW  yEiGwaotTi   £iva'.   0,51 
TO   TcXotTO?  TT);  ÖXO/tV^pOV   (JCp?^6[y.£V0V  KaxÖC  U.£V  TO  yElGOV  0,29  /.XTX   §£ 

T7]v  6V£7tiypacpov  £7i:i<pav6tav  avco  fiikv  0,27  xaTco  oe  0,28  y.xi  t6  7ra- 
^0?  TT)?  ( £7cii7T)i;  6>>6/.X7)pov  (j(i)^ö(jt,£vov ) -/.aTot  [7-£v  TO  y£tcov  (evGx  /cal 
Ta  ypa{/.u.aTa  (^foi!)  0,06  xaTtx  Sk  tÖ  £xtXoi-ov  [X£po?  0,05.  rpa-^T) 
§£  7)  (JT0tyT)S6v,  r,Ti;  x.ai  u,6vov  x'jpicij;  xaTa  tÖv  gtij^ov  17  StaTa- 
paacETat  TTEpl  t6  teXo;  cö;  ß>>£7r£t  6  ävayvwcTT);  Iv  tu  agyaXoypatJt.- 
p-KTCi)  ■/.£t[;.£vqj,  x.xi  ayriu.x  ypoti/azTcov  ypövou?  aapT'jpo'jv  to'ji;  — pcö- 
Tou?  MaKfiSoviKOu;.  Tö  aÜTO  7:£pi7rou  (Tj^7)[Jt.(x  i'ji^o'jcri  xai  Ta  ypotpipiaTa 
TOÖ  AiOou,  ov  s^iScoxa  £v  T"?)  'Apy.  'E(pr,[7.£piSi  1890,  <J£X.  121, 
aXX'  Eivai  [j-ixpÖTspoc,  0,002-3,  ävö  Tot  tou  XiOou,  TTspL  oO  IvTaCOa 
6  X6y0(;,  i'j^O'jct  [xe'yfiÖo?  0,004-0,005  F.  M.  -/.at  £ivai  x.aXX'.ov  sy/.E- 
j(_apay[X£va,  ßor.OouvTO?,  (ö?  oaiv£Tai,  ;tai  toö  XiOo-j  uLaXa)C(i)T£pou 
ovTO;  TOü  £T£po'j.  'Afz-apTTjU-aTa  Sev  £y^£i  6  )(_apax.T7);  ttoXXoc'  ü-oOe'tco 
OTi  £7viT7)S£(;  "/cai  oüj(_i  £^  (xßX£(];iai;  i'ypatj/ev  Ttorjcai  ävTi  toö  Jtou^aai 
ypatj/a?  op-to;  x.aTa  tov  ctij^^ov  13  daxzv.lo  £ypa({/6v  outw,  ü)?  utco- 
Öetü),  £^  ä€X£(]/ia;  xaöwi;  £^  i.^'k&^ixi;  £TCi<y7];  £ypaij/£  xaTx  tov  10 
ariyo'i  xov  ^er  avTi  toö  zovq  fu'r,  tl);  (XTraiTEi  t]  i'vvota,  xai  xaTot 
TOV  32  *A(p(h'aToc  avTl  toö  'il^^^raToc'  xEpispyo;  §£  £'!vai  x.xl  6X6- 
xXTjpo«;  7)  cppacii;  Sax.zv.lov  xac  i'ijdaeoQ  öaKZv.lov  ävTi  toö  O'jv/)0ou<; 
tpn}}udax.ziKlovQ,  ekto?  ötv  aXXoTi  £>t£t  (j'/){J(.aiv£Tai,  OTCEp  iya)  Sjv  i^^^oili. 
"Oti  Kai  ouTO?  6  XiOo;  äva(p£p£Tai  ei;  tt.v  oixoSoaiav  t7)(;  Stoä; 
TOÖ  <I>iX(jl)vO(;  oüSEii.ta  ä[jL(piSoXia,PxaTa  t7)v  yvo[)ü(.7)v  fy.ou'  6  BXeTraio^ 
SwkXeou;  Aa[XTCTpEU5  ävEXa^Ev  (w;  dpyovT);)  va  >caTaa>t6'jao7)  e)o 
/xIkqu  MapiScoQ,  ::£pi£;^ovTo;  0(X(i);  >cal  Yj2  JcacciTspov,  too;  .iö.Iovq 


188  a.  <i>iMOE 

Kxl  TX  ffirtö.lia  ItzI  tou;  äpjxoü?  Töjv  a^ordvAcor  twv  xiovcov  tou 
IlpoaTcpou.  'hXkh.  Ti  TjCav  oi  7:6>,ot,  ti  Se  ra  eix-rröXia ;  'II  T£>^£UTaia 
Xe^i;  ou6'  supvirai  öXw;  st?  TOt  >.£^'.x.x,  ouo'  iv  ty)  Suvaywyvi  toü  x,. 
— .  Ko'jaavouöYi'  cr/jxaaiav  Ss  Tr,;  Xe^eü)»;  .to'./oc  äp[Aö!^0'jcav  et;  t6 
7:pox£t^ii.£vov  l-i^-/)?  Sev  eupov  ev  toi?  avä  ysipa;  u.ou  >,£C'.)toi;.  Eixa^w 
Öt'.  iji.— ö^'.a  ja.£v  eivxi  to.  x.'joix.ä.  r/t£iva  IvOsaaTa    tteoI  cI)v  6  T^öyo:  £v 

Tüi  TCepi  nap6£v(t)vo;  ßi^Xico  tou  Michaelis  (asX.  1  14  F'ig.  11)  .to- 
.loi  %\  Ol  /C'jXivopo£io£i;  (j'JvO£(j{/.ot  (Dübel)  Ol  £1?  xä  dvOfiaaTa  £)t£iva 
7rpocxp[/.o!^6t/.£voi '  ■  av  Se  r,  ei/caato.  ixo'j  auTV)  eivai  öpG'/;,  t6t£  lyo\).z-4 
v'jv  xal  Tac  )v£'i;£i;  twv  rrpay^aÄTcov,  a  •/cal  u.6va  y-£/pi  tou^e,  w;  cpai- 
verai,  Eyivwir/Coi^-Ev.  Tä  iji.^öMn  liz^tTzt  va  lymi'.^  6  Sa/.TuXwv  ar,>to;, 
TT^axo;  xai  Trä^o;  rä  jcktü)*  to.  o£  avwTXTOo  £7ip£7ü£  vä  coti  xaTa  sva 
SaiCTuXov  u.ix,p6T£px.  To.  £v  TÖ  [/.ETa^ü  (o'.Öti  7ro)v>.oi  r^riav  ßeSaiw«; 
£vö;  x,a'.  TOU  auTOu  xiovo;  oi  c^6vo'j>.oi)  ojwtßöfiera  to  toor  ä.To  zou 
iieyloroü  Jipoc  ro  idcc^^ioror  cI)?  AE'yei  ö  >.iOoc'  t)  cppäcii;  e7ravaXa[j.€a- 
vETÄt   Y,yX  x,aTCöT£p(o,    £v6a   >.£y£Tat  oti  ol  [7-£v  xaTO)  7r6);Oi  TCpexet  vä 

V/OiOl    [/.rj/tO;    jU-EV    TTEVTE,     TTayO?     0£     OUO     oaXTuXcOV,     ol    0£     OCVO)    jJ,Y5X0; 

a£v  TraXaGT"?);,  xzyo;  Se  evo;  y.a.1  Yii^-idEo;  oaK,T'JXou,  tou?  o  aXXou? 
wffiEi^E  vä  y.aTaa/.£uic"(i  c  spycov/;?  f(f(ei6oniyov(:  zco  ji/jxsi  xal  tcö 
■xärei  z6  icor  ärto  xov  ^fsycozov  f/c  ^o)-  {Jdj^tazoy .  Ti  äxpt€a>?  rj  <ppä- 
(71?  0£>.ei  voc  C7i[/.xv7i  6[/.o)>oy(I)  OTi  oEv  Evvoö)^.  'Etti'jv)?  y.al  Y)  xaTW- 
TE'pw  ©paGi?,  £vöa  XEysTai  oti  oi  ttoXoi  i'TrpeTrs  va  wgi  erzoprot  o.twc 
a>^  rö  aiTO  rrntcooi  :Tept(iy6itfyoi,  Trävu  aaov^?  Sev  aot  Eivai.  "I(7(o? 
Si'  auToO    OAei   vä   cr/(j(.3cvr,    6  ty]v  Tuyyparp7]v    auvTä^a?  oti  oi  ttoXoi 


*  '0  Michaelis,  TW  Bölliger  xal  aXXoi;  £;cd[jievo?,  Xs^ei  oxt  o\  7i62oi  syprjaffiEuov 
ÄzXw?  iva  Tcapaayojai  y.e'vtpov  aiaOspöv  ei;  Toyg  a^ovSuXoj?  xaTa  ttjv  s:;'!OEaiv  toü  svö? 
i;:l  Toü  aXXou  zai  oüyl  '.'va  ::ap£ywat  aTr(piY[J-a  xaTa  ttjv  xuyov  ä:ioTpi67)v  xai  äno- 
Xeiavaiv  twv  afovSüXwv  7:pö;  äXXrjXou?,  otOTt  TOiauTr;  ä;:oX£tavai?  Siv  sy'-^^'o  ^'•^  ^ö- 
nov,  äXX'  tj'St]  £VTeX(Jli{  £?(»)[jLaXia(xevot  £::iti6£vto  6  £i;  £z:l  xoü  aXXou  oi  (lydvSuXof 
arJijLEOov  0(AOj;  to  npSyii-a,  d)?  cpaivcxai,  rJXXa^E"  Bicixi  oi  toioutoi  7:0X01  ypTjaifxEÜouot 
-00;  iu-ooTEpou;  xoü;  axorioüc,  SicJxt  EvxEXfj;  ä;:oX£;avai;  y'-^^"^""  '^'^v  afOvSüXtov  Eni 
TOTCOU.  "Aor,Xov,  av  xal  e;;  xoü;  y^po'vou;  xoO  T](jLEX£pou  X;Oou  oi  7:0X01  Eyprjai'iJiEUOV  xai 
7:pö;  TOioüxdv  xiva  oxo7:dv,  oidxt  t)  ypaot;  ottwc  ar  rö  aizü  noidai  nfpiayöftfyoi  8u- 
vaxöv  u£v  vä  ÜT:oor)Xor  xal  xoioüxdv  xt,  äXXä  Bev  Eivai  ß^6aiov  xö  7:paYjJLa. 

2  'Acad^ouaa  ßESa-'w;  k'vvoia  Eivai  va  u7:oOE'aoj[jLEv  oxi  av  xä  xaxojxaxoi  £|i.-dXta  rjaav 
l'$  ÖaxxüXwv,  xa  i^iiwi  £7:d[Jicva  £7:p£7:E  vi  toat  ;:.  y_.  5  ^//,  xal  xa  äjjiE'aoj;  xaxd;itv  5  V2 
y.al  oüxü)  xaÖEff;;  p-s'yp'  "öiv  ävwxaxto  a7:£p  £7:p£7:£  va  töai  5  oaxxüXtuv.  Tö  aüxö  ev- 
VOEiT«'.  layusi  xal  7:£pl  xröv  ~6\mv  Xeyojjlevov. 


EnirPA*Ai  E2  EAErEiNOi;  189 

£7cpe7ce  va  wci  erropyot  iva  ol  ccpovS'jXo'.  Tcepi  auTOu?  co:  Trepi  xevxpov 
7rspiaY6|/.evot  tÖ  aüxö  T:o'.(ü'7tv  ör,)..  £<pap(ji.6Cc«>'Ji  aKpiSoii;  xpo;  aXXr)- 
Xou?.  'A)^Xix  täGtä  apyaioXoywv  ti;  ap^tTe'xTOJv  6*  rivat  xäXXiov  ei; 
Oe'civ  va.  £pp.rive'jiT'(i.  'H  p.t'jOcoijK;  easX'Xs  vx  yiviri  xaxk  (<yär,  w(peiXe 
Se  TrapaSi^ojv  to.  y.XTXijy.e'jxnbvn(x.  o  spywvr,;  va  ra  ^'jyi^^-/)  Ivwtt'.ov 
TOij  i-ztaTTOTE  e-tTTäxo'j,  r;  tou  apy^iTejCT0V0(i,  7^  toG  övij/.O'jio'j,  SviX. 
ToO  eTTi  TOUTO)  Tsxayasvo'j  ooüXou. 

7. 

^  O  I  M    I 

...   .>IIRT3M3AI3T:M3>l3e3MA^ 

M    3    ^  3  I On3 

'EXsuc  ;]ivi05 

[ji,'](XveOrjKSV  x'/i  Ayity.Y)Tpi  )t[ai  Tvi  KopYj. 

iTTOiTjaev. 

'Avaytvöxjy.ovxai  rävcoTspto  etcI  TEjy.aj^iou  >tiovo;  paSSa>TOo,  avwOev 
xai  /ta.TOjOev  ä7i:ox£)cpoua{/,£vo'j,  XiOou  ös  TcevTsXtKoC "  to  {/.ey.TTOv  vuv 
c(i)^6i/.6vov  auTOu  ui|/o?  etvai  0,72  TrepiTrou,  fj  %t  ota{/,eTp6?  tou  xaTa 
tÖ  KvwTaxov  [y-epo;  0,24  F.  M.  PaSSwaei?  dv  oXto  TrpeTSt  va  üyi  6 
x.'.ov{<T/CO(;  16,  TOUTWv  ou-w;  aco^ovrai  vöv  11,  SiÖti  [^.epo;  auxoG  äT^e- 
Tpi^Y)  xaTa  tÖ  o-fjösv  ty^;  £V£7riypa(po'j  IrricpavEia?*  Trlaro;  S'  £/.a- 
(7TV1  paSScoTi?  £j^gi  0,05-0,055  r.  M.  '0  Xiöo;  eupEÖr,  £v  tö  7:po<; 
Sucjxa;  Tcüv  MfiyaXwv  TpoTvuXatwv  /^topw,  pLSTSvej^ösi?  £)t£i  ava|x(piS6- 
Xü);  aXXa/oOev  £t?  j^p6vou<;  ayvwGTOu;. 

TotoÖTOi  xiovicjtoi,  w;  u7uoO£u.aTa,  £<p'  (Lv  iSp'JovTa'.  yaXx.x  '/]  y.ai 
d^  oc^^Xy)?  u)//i;  (XvaÖYjjxaTa,  Tiaav,  w;  «paivErai,  auvr,6£'.<;  £v  tw  6^  tt.  X. 
aiüivf  L/.äpTupE;  o'!  dv  t'?)  'AxpoTCoXet  'AGyivcöv  eupsÖEvre?.  '0  yjjJLeTepo? 
Xoixöv  ouT(i>  )coXo€ö?  EOpfiOfii;,  wote  oute  tÖv  avaOEvxa,  oot£,  o  xat 
(TTTO'joaiOTEpov,  TOv  7roi7;cavTa  va  yvwpi^r,  riatv,  Sev  Eivat  ßsSaico? 
77o).).ou  Xöyou  ai;iov  £Gpyi[j!.a"  cCkV  1-^zk  xai  ti  t6  TCspifipyov  jtat  xaivo- 
<pav£^,  5(jOv  iyö)  TouXaj^^iOTOv  oiSa,  xö  ocvöjxaXov  S-/;X.  tt,;  ypacpr,;. 
Kai  TW  övTt  dvü  6  jrapaJtTTi;  rfiikt  va  yp!zi];y)  o,Ti  typaij/e  xaTOc  tov 
OL^yjxlo'^  TpÖTVOv,  'OTOt  d)t  Sfi^iüiv  TTpö?  Täpi(JT£pa,  £1;  Tiva  ypaaaaTa  Sev 
6T7)p"iria6  tÖv  y.avöva  y.ai  outo)  ävTt  vä  ypa<j^Yj  51  eypa^s  R  /.xl  (XvtI  va 

ATHEN.   MITTHEILUNGEN   XL\.  14 


190  A.    «MAIOS 


\  o  /^  E  u  ;c  V.  / 


/^^HPAl-l-l-'XPY^IO 
YIIKE/^O..IEKT. 
...AYOct)O.AI'^E. 


^  A 


.    .    .    .    (jt,]ov  8X[xov ;  ] 

ä](jy;{jLOu  xat  ^svi/tou  [cTTaSaöv  ; 

V  H  P  A  h  h  H  [h]  /puaiou [)t- 

u(^t/firivou  [/caji  £)tT[ai ; 

.     .     .    S]uo  ^(j)[)t]ai[S]6[?] 

rijo?  W 


xoiJ(;)  (jw^oucY)?  [Aovov  t6  Trpo;  Täpicxspo.  ajcpov  t-/i?.  Tx  ypa[7,[7.aTa 
ouyt  TiroXu  ßaOscoi;  eyyce^apaypLEva  i'youat  Travu  xaXöv  (y/vi[J^a  ;tai  äp- 
yaiOTTpSTCETTEpov  TuävTüiv  Tüiv  6(/.oi(i)v  ^i6(i)v,  öaoui;  d^eocox.a  £^  'EXsu- 
oivo?.  T6  Te{xaj(^tov  sj^ei  T^XaTO;  0,20,  u(]/o<;  0,10  xeptTrou  xai  ttä- 
yo?  (xai  touto  fAvi  öXö/cXvipov,  (o?  «paivExai,  (j{pCöp''£>'ov )  0,08  F.  M, 
IIocov  7)T0  tÖ  oXov  TirXaTO?  tt);  C7T'oV/i;  aS^iriXov.  'HöuvaTO  xt?  ^)t  Tupc!)- 


^  'Q;  7:pö;  touto  tÖ  ^pi[j.\i.x  z6  t  S  8r)X.  7:apaTr,p£TTat  zai  iXXayo'j  J)  TotauTT) 
avwjiaXia"  oütoj  X.  ■/_.  eypa'lE  ^  ävTi  i  xal  ö  -/apä/Tr,;  to'j  y.ioviaxou  to'j  ornAoaiEuOev- 
Toj  £v  T^  'ApyatoXoYixfj  'EcprjjJLEpiot  £v  tö  ü  7:tvaxt  toü  etou;  1886.  Ta  äXXa  oji-t»? 
exet  Ypa|ji[jiaTa  k'/ouat  Ttavu  xaXw;  xai  xavovixw;  eivai  YEYpajAfxeva  tx  Je^tüir  ;Tp^c 
täpiatepä  (xal  o/^i  w?  ev  tw  x£i[jl^v(i)  X^y"*^  <^^X.  79)  aveaTpajjLjxe'voj  Si  [jlovov  elvai 
«;;e'.xoviaji.^vo5  aÜTOj  6  xiov^oxo^,  ottco;  xat  äXXoi  Tivsj  ev  Ttji  aÜTtB  ;:ivaxi  XiOot. 


EnirPA*AI   EZ    EAErsINOS  191 

TY)?   0(j/£(0(;  Va    ÜXoOsCY)     OTl    TO    TTpöJTOV    yOy.'J.U.X   N   TOO    XpiTO'J    TTiyO'J 

avox.61  st;  T-/;v  reXsuTaiav  Xe^iv  toö  Ss-jTepo-j,  tv;v  'j-'spioö  Ixei  x.xtx 
7rt9avy)v  c-jp-TTV/ipwaiv  rsOeicav,  x.al  va  eix-acv)  oti  t6  {xeyeOo;  tüv 
dTi^wv  Sev  TITO  (y-eya  xat  Kar'  ä/toXo'jötav  jtat  t6  o>.ov  TrXaxo?  ty)(; 
(TT'oXy);.  AXX'  STTt  Tvi  uTToOscsi  TauTY)  Ol  [xeTSTTSiTa  GTiyoi  SuaxoXco? 
TcoXu  0a  euptcrxov   ix.avoTTOtoDcav  ayjATrXyipwffiv.   Tootou  S'  k'vex.a  u.iix 

7V0>.>.0U   Ö'.TTaY[7-0U    (TUVSTuTiTipWaa   Iv  TOi   TETdcpTW   OTty^O)  l'^jza^  ^ .   "AXXo 

Tt  va  TrapaT'/iprjTto  Sev  eyw.  '0  Xiöo;  supe'Qy]  otto'j  x.al  ol  tüXsicto»  tüjv 
6(y-oi(i)v  Tou,  £1?  Ta  Bu'Cavxiva  ^(^aXaofj'.aTa,  x.axa  xö  TcapeXööv  eTO?. 


Suv  ToT?  ävwTspo  £>cSiS(jj  xal  aüOti;  ävTaCOa  7:>.7)p£TT£pov  tv;v  r«- 
liiaxw,  a?  p.oi  STV'.Tpa;:-?)  r)  T^E^t?,  i-iypa^'/iv,  t);  eyco  -öS-/)  £xSü)<7£t 
T£[;,a/ia  £v  T-?i  'Ap;^aioXoYi5f?)  'E9Y){jt,spiSt  2.  'Ed^^axw;  a.va<7x.077ü>v 
xal  aüOi;  tou;  >.t6ou?  x.ai  utuo  £(7,7v£ipo'j  ßori9o'j{Z£vo;  spyaTOu  oü  l/,6vov 
£t;  Toc  Ix.Ei  (ev  TT)  "Ecpr/U-EpiSi )  (Juv£ytS£So[X£va  £^  T£f;.a/ia  GI»V£X,c)^- 
>.Yl(Ta  xal  TOC  aXkix,  axsp  s^  «.px.^?  de,  et;  tov  auTOv  XiOov  avT;)tovTa 
6v6(/.iCa^,  aX>.a  x,al  tÖ  Tpbov  (äpiö.  43)  xat  £T£pa  Soo  aix.ca  x.aTO- 
TTtv  TT);  £>tö6<7£ü);  ivpiOi^TX.  'Ec/aTw;  Se,  ävaa^caTUTOfAEvou  toö  au- 
ToO  ywpou,  T)TOt  Töiv  )taXou(/£Vü)v  Bu^avTivdiv  /aXaGiv^äTWv,  i\jüiHr,r:xv 
xai  £T£pa  Tpia,  p.EyaXa  TaÖTa  xal  tt)v  ap/j,v  7:£pt£/^ovTa,  si;  toü/ov 
06  Bu^avTivciv  £vcp>coSo{XT)jA£va,  Teaaj^ta,  wv  to  £T6pov  xai  Tupocapaö- 
^£t  ci;  Ta  TvpoTepov  cuyjtgxoXXrjfxeva  y)Sy)  EV^Exa^.  AudTuyw;  toc  STspa 
öuo  ouT£  Tvpo;  TaoTa,  out£  7rp6;  a.XkriXx  TrpoGapfjcö^oudr  a£vou<jt  loi- 
tcÖv  x,al  aüOi;  ■/^'xa[/.xxoi.,  Sev  xaTopOouTai  Ss  t)  £T£pa  voc  (ju[i.7:Xrjpot  tt;v 
ETEpav  TrXeupocv  xaO' oXox^Tjpiav,  toöÖ'  oxep  £ivai  Xu--/)p6v,  StÖTi  u.£- 
vouf^i,  £[j.oi  ToüXay^icTOv,  {;,£pT)  Tlvöc  TOU  liOou  ocaacpT)  x.al  SucrvÖTiTa. 

'  TÖ  OTt  5)  Xefts  xai  IvxaöOa  6«  EipepsTO  Y£YpajJL[i.£V7]  av£u  Baaeo^  7iv£Ü[j.a-0s,  oüo^v  tö 
nap«8o$ov,  StOTi  xal  £v  aXXio  Xi'Oto  outoj?  £ip^p£To  YEypajjifjiEvr,  (VSe  'Apx_.  "Eyriij..  1890 
ff£X.  101-102  xai  oeX.  117  arj|jL.  2). 

2  riapäe.  'Apx..  'Eiprjix.  1888  asX.  49. 

3  'Evos  Touiwv  (iptO.  225'-')  £ix£v  Ti'or)  äv£up£t  xai'öpOf.v  E'.xaaiav  o  KirclillülF 
tV  O^aiv  (0.  I.  A.  lY,  l  o£X.  172). 

•'^Tö  oXov  \J<\>oi  T^;  ctttjXt)?,  öXdxXripov  vSv  u-äpyov,  £Tvai  0,95  7:£pi::ou  tö  7:Xä-:o,- 
Oi  r)TO  0,90  7:£pi7:ou,  av  lä  :;£pt  aujjLrXxjpwaecoj  xoü  2  at'/^ou  ir,;  A  ::X£upä;  Xjyo- 
[itva  [J.OÜ  etvat  öpOä. 


195  A.    «H.VIOS 

'0  avayvaxrm?  ej^ei  icpo  töv  ocpOaXadiv  xr^v  £'!;  ttjv  u.$t'  Eu)tX£iör,v 
Ypau.u!.aTiKr,v  asTaypacpriV  [jlou  * .  Tivac  täv  ixts^cüv  t)  ri(/.apT7i|X6V(j)v 
Gua7:>.Yipa>cr£Wv  aou  toöv  dv  ty)  'E(pr,u.epiS',  G'jv£->.7;p(i)aa  vuv  opOoTEpov 
Ü7:o  TOÖ  Xiöou  6Sy5yo'j[Ji.£vo;  (ivtaj^oö  £i/j  -pa^Ei  ■'n^f)  toGto  6  Kircll- 
lioff)  TzoXkoc  hi  Tiva  Sev  gj^w  va  TrapaT-zip-ocrw  e?:'  auTöv.  'AvaYx.7) 
6u,ü);  vk  7:apaTY)p-now  öxt  xoö  2  (jTt^ou  tt;;  7rXe'jpa(;  A  T7)v  (Jua^Xy)- 
pcociv  uTToTvaaSävü)  ö;  ßg^aiav  y.ai  xaTÖ.  t6  yjx-<^[i-<x-  auxy};  (yxaaa 
sl'x.oai  /cal  S'jo  Ypäti"',"-^^'»^'')  <Tuv£7vXy;pci)(ja  xai  tov  irpörov  CTiyov. 
Oi'itoÖEv  S'  ivvoEixai  öxi  75  <JU{X7:Xv)p(0(jt(;  iv  tw  Tvpwxw  axiyw  X7)<;  B 
TC)^6upa<;  £ivai  äSuvaxo?,  JcaiTTEp  yvcoTxoö  övxo;  oxi  y.at  £x.£i  xo  y^6(,ait.x 
•^v  22  vpajxpLäxcüv.  Kai  xoüxo  i'xi  Oe'Xol)  va  xpocO£(7ü),  7:£pi  xcöv  cuj;.- 
7:>,viod)(j£ü)v  ao'j  övxoi;  xou  ^.oyou,  oxt  öyiX.  Xiav  £Ü7rp6co£x,xov  Oä  [;-a; 
■^xo  otv  6  XtOo;  y.xXKiO'i  StaxYipoup'.EVo?  fxa;  ETiexpeTve  voc  cu(/,7:X-iopü)c>(i)- 
[xev  SV  xw  (7Tij(^w  24  xvi;  2'='?  tx-oXv)?  tti«;  B«?  7cX£upa(;  BovAeuztjpco)' 
otwCü;  Ofxü);  'l'^ouG'.  xa  xou  XiOou  xoX[j(.Y)pä  öic  vixo  vuv  xotauxri  (Tufx- 
■:T>.7)pü)(ji;. 

'0  Kirchhoff  ix^oh^  waauxw;  xä  sv  x-?i  'Ap/.  'Ecpr^aspiSt  TCpo- 
xepov  Sr][xoct£'jO£'vxa,  xEj/x/ia  (e.  ä.)  Sev  -/iSüvaxo  ßE^aid);,  (jlt]  eywv 
Trpo  ömGaXuüiv  auxou?  xou(;  XiOouc,  va  u.avx£U(jYi  oxi  y,(x.l  xö  üt:'  äptö. 
43  xEaayiov  £»!<;  xöv  auxöv  ävyixev  XiGov,  oüSk  vävEÜpip  tyiv  Öeciv  xöv 
Suo  aXXwv  (äpiÖ.  7  x.ai  8)  vuv  OfXfax;  e'/^wv  TrX'/ipE'cxEpov  xä  xou  Xi6ou 
7g pö  6cp9aXp.oiv  l'aüx;  SuvYjÖyi  vivEupv)  ttoÖcv  7ry;ya?^£t  yj  y,y]  (juLtcpwvia  -rric, 
7:X£upa(;  A  Trpo?  X7)v  TcXEupäv  B  iivi  xtvwv  löico;  apOpwv.  'Opöw?  Ö£ 
LtavxEuca?  öxi  ev  xoi;  G-iyoKC,  31-38  xti;  TuXEupa;  A  7rp6)t£ixat  T:£pl 
xoö  ao)(_ovxo;  Eü/txYijj!.ovo?  xai  oü/^i,  clx;  iyo)  ütceÖexov,  xou  EujcXe'oui; 
TcpoxEtvEi  xriv  £^r,?  auxöJv  cuy.xXyipco'Jtv. 

Tajjiiat[i;  xoii;  xoiv  aXXwv  Oecov  xoi;] 

£xl  Eüy.[xr([xovo(;  apy^ovxoi;,  ol(;] 
AwpoOEof;   ....   EypaaaaxEUE"' 
y.axä  (];7)L9i(77.a  xou  Sr/U.ou  7:apE'So(X£v] 
uTCo6£'t/.[£voi  xä  j^py)[J!.axa  xä  iv  xö] 


OoSrö.u. 


OTCllOOÖl  OU-tp 


Li 


'Ao7.   'E'jr,u..  8t,[ao'3'.£'jO£vtwv    T£u.a/iwv,  Tcep'.Ttöv  j'/.piva  vi  orjjjLOTiEJaw  eviaClOa  xai 
uieY«^>OTP'''[*!^*'^°''  ''•E'f^^^O''-  1'V'  |xsTaYp«!prjv  i'öe  ev  toIj  napevOe'Toij  7:iva$i. 


.   MlTTIIElLUNIlBN  S 


18]  W 

(jno(    iyp«[itjiÄTius  J%     TiSi    Ttapfl[i6ojJitv    Trotp«    ■ 
Ktt)Oo;    SutckXtittio;    jyp[a](tiiÄT[(ui. 

'Ev  wöiti  inscp;(7i 
5  X  H  A  AA^P  I- 1-  m 

1 1 1  ^AiyivÄioi 

'Apyypio'j  f;vLav)[Jiou 
TT  B  H  H  A  A  hl-l-l  II  II 
M    ff  A        ^Xpuaioii  Ku!;i*wQ«5  BT^ftÜp«? 
10   ffl  A  A  P  f-  hJ^Kotpyr.oiaipYup»:  P  :  «tae[jiDv  xoÜtwv 
rioTVipi«  :  H  I  :  oTdÖjJiöv  TOÜ[Ttdv 
H  H  H  H  A  A  A  A  P 

'Ev  Tö   'Eiiwaivitü  t$  iv  'A^tei 
"ttÜTi  ipyupa  itpÖ!  T$  [toixV 
15  'V-oStpi(  Xf""!  t^'^ 

KigciT.ov  il.94vTi[yci. 

AaXTuliu  ypuoti)  Süo .... 

20  Ppunoi  =  ««,S».f(«pi[vo. 

Ppu[ioi  iaiS^puToi 

K[pflt(jiou  iitÜYTi  xaivi 

'Afiiipov  :  I  ;  TlTp.«0«X[»  ««vi) :  1 1  : 
'A5ov6  |jh[yä]Xw  ;  1 1  "A5o[vi  ajnnpü  :  1 1 
25  Sü>a  (i;  Tpoxöüg  T»[Tpa)tOK>ou  ; 

nTililv»  :  Alll  ;    C 

Ppy|xö;  Stitp[oTo;  otai8vipüj[isvo( :  l 
i-iiSTip(i)T[o(  £T£po;  :  I 

30  [Siifi  ««iv>i  itix«"»  :  •  A  A) 

[Efipä  xaivvi  wv)x«"v  :  P  A]  AI 

['Apröptaxa  ppujiov!  ;  A  A  A  A] 
(B»p«»i  SixiJw«!  :  A  P  i  1 1] 
['lEoO  T  xal  aT.Tflpi!  H  I  H] 

35  (KaTiSion«  «tSvipi  :  P 1 1 1]  2 

[XaXui:  atSnpal  :  P  1 1 1] 
[Ko,,v...a|x),n] 

[■EWtv, )  _ 

[*.i AAI] 

40  [T Pill  _ 

45  H 

HH  .[AA]..^_ 

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50  H  H  H  P  h  ^  I XfMm 

Sfpayiii;  >[ieivii.  .  . 
£f  payiStf  Xi9i[vai .  ,  . 
P  I  TTvoStpU  xP'^^'i  EX[xOU50t 

Kueuvi;  ](>)'«oi  :  P  1 1 

XKl   ^EVtXOV    0|AOU 

'ApYvpiov  iTCivr,|jLov 
T  H  P  A  A  A_A  P  h  I-  I 
'Avoc9*ifi,aTx 
60  np6(  T(^  "rö'/.V  öp[j.05 

Xpuooü;  dtÄ^uv  ^  :  A  P  1 
nU«Tp«  xpvcä 
Tö  SniAÖotov  KtiüriM 

'  Nojx(Cu  Sti  oCtoi  Kftnti  vk  7pifi]Tai,  &(  n«1  6  Eünp«iiBi|(  I^^tt 
3  'H  X^E'C  "d  IvTsGOa  xal  xaTmipoi  flpita>  |il  Ein>oSv  P  TIYP'PI* 
«al  ävuiipoi  tniYpaff|v  Iv  ni/.  I!>. 

>  'Ev  ij  aivpi  B  i,  Ui:i  ilvi.  tirpi|i|'(v>|  |uti  luloi  >vii|uio, 


XatpiiTpocJTO?     HiipAtEV; .     Mtvi«X>i;     'Iivi:oTO|jii8vn  ,     oI(     'AjXfpiaO 
üv    :rpÖT(pov '    iJTCi^TaTdiv,    irotp'  Eü^i>viTOij    Kvi^iotiü;    xa!    ^uvap^ö' 


SotiaftivoxijXvi;  ävtOvixi 

ÄaXTÜllO;  XP]y">"4  ■   ffT«0(AÖv  TOL 
>xtKt<jTO;  aivt6v)xe 


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Mo).>i :  I  I  I  :  irt«e|iov  :  T  T  T 

Xolvixi  atSnpi  :  I  I  :  TipiTp«  :  I  I  I  ;  Xofoa :  I 

l^(>.ivüa(  ;  M  I  :  £iSv)p£(D  üTC^^ATvpu  :  I  t 

Klii9p«  rill:  irra9(iiv  :  T  :  Hpluv  Xi6o7tpl«r 

riplnT«  ;  I  :  Kapxtvot  :  1 

SiSripou  jiSliv  «IpiTOÜ  :  T  T  1? 

SfupoTCtXtxu;  :  I  :  Köfivot  :  P 

Sxvic  nTt>l(vv; ;  I 

SOXic  ix  Tilv  'AXxiStiSgu  :  A 

oc  I  ;  KiSti«!  :  P  I  :  Xfirn 

aSoi:  ll":K«voäv:  I  ;  (*i;]i>[n 

n,,8].v™.rii[pM(:PII].... 

W-<^i:» 


.  .Tipicfl 
.iXia.. 


Kpv)[m5iaiov]  iipYa<;(tivov 

ruv..io[v  iT]ipov  i:pY«»tic 
"Eirixpoivov  [6{pyao](itvov  ;  I 

KJpvKiS.alii'j!  [ :  a  P  :  toutuv  äxTiiJi 

'Opeo»TOTa[Tai :]  A  [I I  :  ixnoSat :  1 1 
fivaioi  T»Tp4no[8E!  ifAyoTE'p?  :  P  1 1 1 
■ExuoSe  xal  [TETpiitoSB  :  1 1 

•Exiio8e(  x[al  SIhoSe«  :  1 1 1 

StuMSb!  :  P  [I  ;  AraoSE  i^f  OTEp«  :  1 1 
,ul«  itEu]x.v[a  :  P I  :  ■Elit.va  ;  A  A  A 

%»T0)  [:  I  I  :  'AnuSi«!"  :  1 1 
■HuiTOfia  :  A  A  A  :  [Tpi-ron«  :  P  A  A 

TETpÜTOpia  :  P  1 1 1  ■  AiY[iSoc  ii\a.  . 
"i,orii»«1'Ü    •AKS'«!« 

TETpiycuva  Soupiixi  :  A  A  A  [P 
"KEp4(iou  x«lvoO  X/i^r, ;  H  H  H  H 

*A«6  Toij  Neö  xotBvipvipLEva 

xspi^ou  (jsOyfl  X  (n  H  H  P 

SfovSulloi]  P  1 1 1 1 :  S»[Eip]«i :  A  P 

Eil«  iituTuXia  :  A  A  I 

'EySuoiv  xExo»v]jjiivQv  ;  1 

£fvixi«xot  änö  T>1(  £tox( 

xaöiofviiAEvoi :  A  P  1 1 1 

Öupiv  CEuyn  :  1 1 1 :  •Ixpi(.i[Tvip]«(  ;  A 

Kllfiaxi  fiEyil^  :  1 1  :  S|<ix[p]i  :  I 

TpoxaEla  i^Eyau  :  1 1  :  5:[p]xpi  ;  1 1 
■An«Ea>  .111:  K«vövs  l[i]9ivu  :  I  I 

TnipTEpi»  TETpa[xtJ]xXou  :  I 

'T]i:E[p]TEpfa  pLQvox[u]xlQu  :  I 

Tpox.]«'  TBTp«xoxX(o»]  IUI:  "r«itlnE 

2TS)ia.  £u)iiiv«(i:]AII 
lxEv;l 

Alsxoi :  1 1 1  :  £xaj9>iov  :  I 

AiSnTE  iii  OT»i]X(iv  :  1 1 

ioxuTupLEVb) :  1 1 

'E^ETEpiai :  P 1 1 

ll:Öup<ivCEäyO(x..väv[:l] 

oi:AAP:  <TTa9|AÖvT 

MoxXol  »iJnlpol :  A  II I  :  araOftov  [>^fff 


y>.  :  I  :  A»x[.o 

KX «,  :PIII:  Ki6i)[T 

'EncTEict  [iTCiyivETO  Tiiv ;]  ^EyiXuv  piufoTvipiiijv 

XXYXH [hJHIII 

a  A  A  A  P  I  'Ex t :  [JLUOTVipiuv 

m        Ti 9u5.v  ix  Ku9vou 

Aii|<7«T[o(  c.]Jn[itav  x]E9al«iov  :  T  T  T  H  H  H. . 
*Av[aX]u(iaTO(  [x£(pi]Xoiiov  ei;  täi  äxa[TOV, 
(•(-  h  Ai6oivuTÖ(,  p:[up]pivai 
s[:l  Toli  Xi9ou!  iv«<i[xlEu4rai 

A--[l-]lll  ix  Toü  lEpoü 

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To  lEpov  aviix[a9ipiiVTi.. 


Tis  e»p[«, 

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10$. 


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»1  rilv  ixaTo[v  x]a9EiXxov 
SavtSia  iv  [olj;  Toii(  [AtJoTa(  x[aTEy]pa9[ov 
l-]t-lll"M~EinoX»iS»n 
■  ■\-]h        -Et'  i.p(a]  cm«  xipaf.ov 
_cxe(„*),.,t, 

S[TV|Xrvl  'EXEMiivt  lpy«<»]|i(vi^ 
P  a  h  e      x.[l  ypilriHT.  iyxoXift.vTi 


««'  rpl« 

'0  TExfayfJLEVO! ; 

KEo4Xat[ov  otjpntav  ävaXu^AocTO;] 
H  H  P  A  A 

'Eni  EÜx[t7)(AOvo;  ipxovTOf 

aupoSEO 

xaTEC  ijfi^[f  tfi{xa .... 
ütco9e|£[  .... 
önia9o8[o|JL(p .... 


T]TXX  'Apy.^pl[o> 


KU  Athkn.  Mittheilungen  ) 


T[iS]i     TxpfSofttv     (::i5Tirais     to>;     v 

0.!. 

EO?ii 

AtO«)iiS.i ,     Xi 

'AXatiü;    i'(fXfL\LiTiui . 

"Ev  nolti  äT:«f;(>5 

'ApyiipiOV  äffTl[|XOV 

XHZ^AAPH-I  1  r 

Ä«i  5*«tMV  i0[A0Ü 

1  1  1                       AiYLvaio'j; 

'Apyüpiov  em(m[(Jtov 

ApY^piGV   STtfOv' 

T  H 

l»AAAAP^^I 

XfflHHHPÄAht-HC 

■A.a6;,i»«7« 

M     ff  f                 STÄTÄpoc?  KvCitTivou; 

Hpi;  t^  :ot/u  [öpjiO! 

rflAAPn-i-  iWz»«'*  «fT^f«  :  n 

ypvaoö(  ixulu[v  :  A  P  1 

craÖfiiv  TOUTov 

nXiflTp«  xf'"'*  [^*  8t!|*öoiov 

HoTfjjia  TfiK  :  oTaÖii'^v  tO'j 

TUV 

ivIiOl«.. 

H  H  H  H AAAAP 

'FiiX»  ipyvpä  x[p'J«|i9«>0! 

Ev  T(J  ö;iioöoSöf*v  j^puoiov 

^;]ct>a(iivo>i>>i;  [ävfflvixt 

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Eiipk  xaivT]  wflxtwv  :  P  A 
'ApT^ftaTa  ppuftot!  :  A  A  A  A 
BOpoai  Sixilix«[il  ;  A  P  I  I  I 
*I5oü  T  xocl  OTÄT^pi;  Pill 
K«T[4]8i»((ial  oiSupi  ;  P  I  II 
Xaix[.t]  oiJnp.l  :  P  I  I  I 

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ruvi.iov  qxipoM  iipvMpiivoy  (:  |) 
'EBixp«v]o(vJ  ttff4Gf.i]mf  :  I 
Kp«]i:i8i[«]lou!  ;  A  P  :  toutuv  äxtilitou;  ( 
'OpOocT*Ta(  :  A  :  i'xi?o8[(il5  ■'111 
Alv].,.t„ 

T)iTpaiio8i[(]  ipn«iTipa  :  P  I  I  I 
'ExioSi  x«l  TiTpiitoSi  ;  I  I 
■Ex^ii8i[;]  x,|  8™oSi[i]  :  I  I  I 
_  S]Tull8ij  :  P  II  r  iraoSs  afn)0T[!p5r  :]  |  | 
3ül[a]  isixiva  :  p  I  :  'EliTiv»  :  A  A  A 
2:(Xilo™  n  I  :  ■Api.J.aiu  :  I  I 
'H(p.t]TO|A«  :  A  A  A  :  TpiTOfi«  :  P  A  A 

T.T(p)aT6|i:.  :  P  1  I  h  AlyiSoi  5uX[a 

Otvö  Tij  SIxTlvri  :   'Afict^iafioi 

TtTpi[y]uvtt  öoupiaxi  :  A  A  A  P 

K'pirfox  xJa.«oC  ?<OyYi  :  H  H  H  H 

■Ali  TOä  N(<a]  xae^ip-zini.« 
xspinou  Ciuyr  :  xm  H  H(PJ.. . 
2;9i.8u).ol,]-PII||-  (SmIp„.API 
Sa«  (BiofTuXict  :  A  A  I 
'Ey8[uoiv  xexoXXvipifvov  :  I 
2;9[iixl(7xJoi  inä  [tTii  SToät 
xae>ipnn£vii.  [:  A  P  I  1  I 

öupüv  JiOy,,  ;  I  I  I  :  ['IxpiiiTÜpK  :  A 
KXipiaxi  |i(yäX[ta)  :  1 1 
i.>ixpi  :  I 


.  (xaij    £.j«xp/oo». .    olt 


TJpoxlXli«  fUTiloi  :  I  I 
SJuixpii  :  I  I  :  -A|)i.?a,  :  I  I  I 
Kjuvovi  Xithu  :  I  I 
TicipTipi«  TeTpaxüxXou  ;  I 

TltipTipiK  [WVOXWXXOU  :  I 

T]po]^oi  TiTpatxüxXou  :  11  I  I 
■rintXyiE  :  I 
SJT^Xsct  ^üXivai  :  A  I  I 
.YPUAPOMOME*EUKEM 
i]l«o.  :  I  I  I  I  :  Sx«9.io[v]  :  I 
A]i6ilT«  ijto  irriXüiv  :  I  I 

■  -X"]"'  "«'"»l».-...  r  I  I 

.  .x.ToJoii  :  I  :  'E^iTtpixi  :  P  I  I 

.o^oia  :  I  I  I  :  Bupra  :  II 
eup)a[v  qitüyjo!  x«.viy  :  I 

.  .  <t« .  .  .  wo«  ;  A  A  P  :  OTaSpiöv  :  T 
M]oj[[X!oi  („)8»pol  :  A  I  I  I 
OTa](l[|»]ov  n  ^  <  *  J 
Mo]^Wo<:ll|:     <ri(i«i/ii.- :  T  T  T 
Xo^nw  OTrfij^ä  ;  I  I  ;  TV^ffpa  :  I  II 
Xo]»,-»  :  I  I  :  S\ja]yva,  :  I  I  I 
2i]V  ['Mc}-'/"'  :  1 1 
KXiJWfn  :  I  I  I  :  [«.e|»]i)-  :  T 
flplu)»-  4i9orpioT>i(  (:  I 


.Tpi:T]E?.i:PIII 


c 


•  luios  cvlipi 


» St.  v'  mivft'i  ii  W'i- 


EnirPA<J>AI   ES   EAErEINOE  193 

■*Av  Ta  6v  rx'jzTi  Tvi  7:lvjC7:  (A)  avaypa(p6(/.6va  ave<p£povTO  et;  Tr,v 
TrapäSodiv,  y)  c'jf/.TuXr/pwcrK;  öit  y;TO  y.a-  ttocvo  Itcitu^^t)!;-  ä).X'  w;  ß>.£- 
TTEt  6  avayvüiTTri?  Iv  äpyfj  Hytrce.i  Tcuh  jraps.ldßofier  otticOev  Se  ev 
TT)  7:>£'jpÄ  Tvi?  TrapaSoTECo;  (B)  o'jöe  yivExai  xocv  >.6yo?  TTEpi  Taa'.öjv. 
'Eyoj  6[7.oXoycj  oxt  tÖc  ävaytv(i)(jy.6j^.£va  fx.o'.  Etvat  ovi  EuvoYjTa'. 

Tö  C^lTT/ixa  av  ol  ETTiTTOcxai  -/icav  TETpaExv;;  r/  i^-ovoerr,?  apyr,  vo- 
f/.t^fa)  OTi  eXuCTEv  Yi^n  0  >i0o;  (äpiö.  47)  ov  iSr^ [7.0 aiEucra  ev  tv^  *Ap/. 
'E<pr,[7.£piSi  (1888,  a£>..  55)  xai  ov  Sev  Eiysv  utc'  oij/iv  6  Nebe  oxe 
£ypa(p£  T7)v  StaTpt€r,v  xou  ( Disscrtationes  philologicae  Halenses 
VII,  1887).  'Ev  xö  f/[;-EX£pw  >.iOcp  ava(p£p£xai  [xovov  6  apywv  y.axa 
xöv  Eviauxöv  xo'j  ö-oiou  7rap£>.aßov  01  ETTiTxaxai  rraoa  xöjv  ttdo- 
>cax6/(i)v  x(i)v  /wpi«;  iv  x'i?)  TrXEüpX  xyi;  .rapadocxecoc;  va.vao£pr/xai  6 
(xpj^wv,  x,aO'  ov  ä-EKöuou.Evoi  xv^v  äpj^Yiv  TtapfiSiSov  o(  0,7:07 wooCvxc? 
xoi;  StaSopi?  xwv.  (DapaS.  xal  'Apj^.   'Ecpyifji..  1888,   osX.  42). 

'Ev  'AO-ovai?,  x'^  17t)    ^E^pouapto'j  1894. 

A.  *IAIOS. 


-^-l^tJS-o- 


'  ApatTOfxat  zfii  EÜxaipia?  vi  ejLavofOcöao)  ä6Xe(|(;av  iaoü  Tiva,  fjtt?  ::apjjYaY£  xai 
tÖv  (J09ÖV  av8pa  £i;  ätotiov  ujidOsaiv  Iv  t^  ETtiypacp^  C.I.A.  IV,  1  asX.  167  ap.  225  •• 
OTiy.  19,  6  /apotxtT;?  e/Et  opOw;  L  eyto  os  atj.apTr[aa?  £Ypat]/a  A.  "Ev  loT;  OTiyo'.; 
o[Aiüs  7  xat  13  6  XiOo;  e/^si  w?  k'Ypai^a. 


CHIOS  IN  DER  DELPHISCHEN  AMPHIKTYONIE 


Es  giebt  wie  auf  allen  wissenschaftlichen  Gebieten,  so  auch 
in  der  Inschriftenkunde  fehlerhafte  Deutungen  und  Erklärun- 
gen, die  sich  von  Buch  zu  Buch,  von  Geschlecht  zu  Gesclilecht 
forterben  und  die,  gerade  weil  sie  aufliillig  sind,  wieder  zu 
neuen  Erklärungen  anregen  und  das  Fundament  für  Hypo- 
thesen abgeben,  die  dann  ebenso  wenig  haltbar  sind,  wie  ihre 
Grundlage.  Einen  dieser  alten  Fehler,  auf  den  neuerdings 
wieder  im  BulL  de  corr.  hell.  XVI  eine  Ueihe  von  Folge- 
rungen gebaut  ist,  zu  berichtigen,  oder  besser  gesagt,  seine 
bereits  vor  Jahren  in  Russland  gegebene  Berichtigung  weite- 
ren Kreisen  bekannt  zu  machen,  ist  Zweck  dieser  Zeilen.  Die 
fehlerhafte  Deutung  ist  nämlich  durch  Professor  Theodor  So- 
ROLOFF,  den  Begründer  der  epigraphischen  Studien  in  Russ- 
land, schon  im  Jahre  1886  beseitigt,  aber  seine  betreffende 
Schrift  (die  im  Historisch-philologischen  Institut  zu  Peters- 
burg am  3  Juni  1886  gehaltene  Rede:  'Das  dritte  vorchrist- 
liche Jahrhundert')  liegt,  wie  man  es  oft  hören  muss,  in  dem 
russischen  Journal  des  Ministeriums  der  Volksauf klärung 
'vergraben'  (1886,  Juli,  S.  1-16,  die  betreffende  Stelle  S.  12). 
Als  sein  Schüler  und  Verehrer  erlaube  ich  mir  hier  die  kurz 
von  ihm  ausgesprochene  Meinung  näher  zu  begründen  und 
zu  erläutern. 

Die  fehlerhafte  Deutung,  von  der  ich  rede,  hat  man  dem 
Wort  XI  OY  und  EKXIOY  in  den  delphischen  Hieromne- 
monenlisten  gegeben. 

1.  In  einem  Amphiktyonendekret  unter  Praotos  (besser 
Praochos)  ^  folgt  nach  neun  (?)  Aitolernamen  : ,  KXeo/cüSou ,  Xiou 


<  Leake,  Northern  Greece  II  Nr.  8  =  Curlius,  Anecdoia  Delphica  S.  '»8  = 
Rangab<5,  AntiquiUs  710  =  Wescher,  Mvnum.  bilingue  S.  192  Nr.  XV  = 
LeBas  II  838. 


A.    NIKITSKY,      CHIOS    IN   DER    DELPHISCHEN   AMPHIKTYONIE  195 

(ich  behalte  überall  die  herrschende  Interpunction  bei),  dann 
werden  zwei  Delphier,  zwei  Boiotier  und  ein  Phoker  genannt. 

II.  In  einem  anderen  Dekret,  auch  unter  Praotos  =  Prao- 
chos',  steht  gerade  in  derselben  Ordnung  an  der  betrefYenden 
Stelle:  ,  /\r)fy.a)vajtTO(; ,  Xtou  2. 

III.  Ebenso  unter  Amyntas^:  ,  Kwvwttiwvo?  ,  Xiou  *. 

IV.  Unter  Dion  ^  steht  nach  acht  Aitolernamen 
NIKIAEXXIOYnA.NnNO5:AEA0nN    und 

weiter  wie  in  I-III,  wozu  Curtius  die  Anmerkung  macht  (ohne 
seine  Lesung  allerdings  in  die  Umschrift  aufzunehmen): 
Quum  nomen  Xio;  inter  legatos  Aetolorum  identidem  re- 
deat{ — er  verweist  hierfür  auf  unsere  Nr.  I.  II.  III.  V — ubi- 
que  nomen  illiid  inter  Aetolos  extreniuni  posituni  vides ), 
vix  dubito,  etiam  in  hoc  titulo,  qiiae  ante  XIOY  nntece- 
dant,  prioris  nominis  esse,  ut  fere  legendum  sit:  Nt;tidc[Sa], 
Xto'j,  na[p]v(ovo(;.  Statt  des  letzteren  Namen  finden  wir  bei 
LeBas  rANNQNOS.  Dittenberger  folgt  Curtius  und  sagt 
zu  FANNfiNOS::  inter polationi  deberi persuasiun  habeo, 
qiiia  in  antecedentis  nominis  [d.  h.  E  X  X  I  O  Y]  corruptela 
LeBas  plane  consentit  cum  Curtio  et  Rangabe,  iinde  ap- 
paret  eum  lapidem  ipsum  non  vidisse.  Es  muss  aber  in  der 

^  Leake  Nr.  9=:Curtius,  ebenda  =  Rangab6  709  =  Wäscher  ebenda  Nr. 
XVI  =  LeBas  839. 

3  Curtius  hat  hier  vor  Xtou  das  Komma  nicht  gesetzt,  sicher  zufällig,  wie 
man  aus  seiner  Anmerkung  zu  Nr.  41  (hier  IV)  sieht.  In  Folge  dieses  Ver- 
sehens hat  Pape  (und  ihm  folgend  Henseler)  als  erster  richtig,  aber  unbe- 
wusst,  Demonax  einen  Chier  genannt,  s.  Wörterbuch  der  Griech.  Eigenna- 
men unter  Ariii-öva?.  KXeoxüSric  aus  I  ist  jedoch  für  ihn  ein  Aitoler,  weil  dort 
das  Komma  nicht  ausgelassen  ist. 

3  Ross,  Inscriptioncs  /7!«/j7ae  I  Nr.  70=  Daviilolf,  Tageiiuch  einer  Reise 
durch  die  ionischen  Inseln,  Griechenland,  Kleinasicn  und  die  Türkei  im 
Jahr  1835  (russisch)  II  S.  XIX  Nr.  20  =  K.  Keil,  Zeitschrift  für  die  Aller- 
thumswissenschafl  1849  S.  521  =zThiersch,  Abhandlungen  der  baierischen 
Akademie  III  (1841)  S.  65  =  Rangahö  706=:Weseher  S.  194  Nr.  XVIII  = 
LeBas  837  =  Dillenberger,  Syllogc  187. 

■•  Der  russische  Herausgeber  hat  hier  so  gelesen  und  ergänzt :  Kwvwnüov 
['^p]\'/Jc^  ('his  XIOY  steht  am  Anfang  iler  vierten  Zeile). 

^  Curtius  Nr.  41  =  Wescher  S.  179  Nr.  1  =  Rangabe  708  =  LeBas  834  = 
Dittenberger  186. 


196  A.   NIKITSKY 

ersten  Iliilfte  gerade  so  gelesen  werden,  wie  es  überliefert  steht, 

CO  ' 

d.  h.  Ni/tix-  £■/  Xiou,  dann  entweder  nä[pjv(ovo(;  oder  rawwvo? 
(betreffs  der  Autopsie  des  LeBas  kann  man  daraus  nichts  fol- 
gern), höchstens  noch  i<  Xio-j  statt  i/  Xioy,  aber  auch  das  ist 
nicht  notwendig  [(vgl.  Meisterhans,  Grammatik  ^  S.  82  und 
für  Delphi  VVescher-Foucart  Nr.  329  (IQH/'i  v.  Chi-.)  i^XaLl- 
jtiSo?).  Es  giebt  also  auch  hier  analog  den  drei  ersten  Dekre- 
ten 9  Aitoler,  dann  iy  Xiou  to-j  Ssivoc,  dann  zwei  Delphier  usw. 

V.  Unter  Nikaidas  '  ebenso  wie  in  1.  II.  111:  ,  'A^(fWko\j, 
Xio'j. 

VI.  Unter  Nikarchos^  nach  1'2  Aitolernamen  (wenn  man 
nämlich  zwei  aus  den  1  4  Xamen  für  Vatersnamen  hält,  oder 
nach  li,  wenn  man  jeden  Xamen  für  eine  besondere  Person 
rechnet,  und  nach  13,  wenn  man  das  eine  'AXe^covo?  für  fal- 
sche Wiederholung  ansieht)  steht:  ,  Xiou  ,  MrirpoScopou,  dann 
zwei  Delphier  und  zwei  Boiotier. 

VII.  Unter  Herys  (~Hpu;)^:  11  Aitoler  und  Ae^cpdiv  IloX-jw- 
vo?,  AioSwpou,  OivoTTiSou,  'E>c^to'j ;  hierzu  bemerkt  Foucart : 
dans  la  liste  des  hieromnemons  il  y  a  vraisemblablement 
iine  faule  du  re'dacteur  ou  du  graveur,  car  les  Delpliicns 
n'ont  jamais  eu  quatre  hieromnemons .  Also  "Exyto?  ist  nach 
Foucart  der  vierte.  Dann  hätte  er  doch  consequenter  Weise 
auch  erwähnen  müssen,  dass  er  auch  in  IV  Ni/cia,  'EyjinM  für 
nicht  corrupt  hält. 

VIII.  Unter  Kallias^:  14  Aitoler,  2  Delphier  und  Boio- 
Tüiv  'AX)tiv6o'j,  11twiox.);6ou(;,  Xiou,  AtS'jf/.ap;^ou.  Der  Herausgeber 
hat  keine  Bemerkung  über  diese,  nach  der  Interpunction  zu 
schliessen,  von  ihm  angenommene  Vierzahl  der  boiotischen 
Hieromnemonen  gemacht,  als  ob  sie  ganz  in  der  Ordnung 
wäre.    HoUeaux  hat  jetzt  dieses   Rätsel  zu  lösen  versucht.  Er 


<  Curlius  Nr.  42  =  Wesclier  S.  179  Nr.  II=Ran-ab(^  707  =  l.eBas  835 
=  DiUetiberger  188. 

'^  Wescher  S.  182  Nr.  V1II  =  Wesclier-Fuucarl,   Inscr.  de  üclplirs  Nr.  2. 

3  Wescher-Foucart  Nr.  445,  voilsländig  ersl  Foucart,  Uull.  de  corr.  kell. 
VII  (1883)  S.  420  Nr.  III. 

*  Füucarl,  Bull,  de  corr.  hell.  VII  ö.  417  Nr.  2. 


CHIOS   IN   DER   DELPHISCHEN  AMPHIKTYONIE  197 

schreibt  im  Bull,  de  corr.  hell.  XVI  (1892)  S.  '»56:  Le 
nombre  est  insolite  et  plus  considerable  qua  Vordinaire 

Pour  que  quatre  beotiens  aient  pu  sie'ger  ensemble 

au  conseil  anipliictyonique  LI  faut  supposer,  que  dans  le 
tenips,  oü  fut  rendu  le  decret,  les  relations  etaient  parti- 
culierement  amicales  entre  la  ligue  Etolienne  et  la  Be'otie. 
Or,  pendant  les  20  dernieres  annees  du  III"  siede  Eto- 
liens  et  Beotiens  sont  en  perpetuel  conflit,  hiernach  müssle 
man  die  Urkunde  höher  hinaufrücken  usw.  Die  Chronologie 
selbst  will  ich  hier  nicht  berühren. 

In  den  ersten  sechs  Dekreten,  in  Nr.  IV  sogar  durch  ge- 
waltsame Änderung,  hat  man  bis  jetzt  XIOY  zu  einem  Per- 
sonennamen gemacht,  wie  das  schon  aus  der  allgemein  reci- 
pirten  Interpunclion  erhellt.  Ausser  den  oben  genannten  Her- 
ausgebern '  vgl.  noch  Bücher,  De  getite  Aetolica  amphictyo- 
niae  participe,  1870,  S.  28-29.  Bürgel,  Die  pyläisch-delphi- 
sche  Ampliiktyonie,  1877,  S.  93ff. ,  Busolt  in  Iwan  Müller's 
Handbuch  MV,  1  S. 61.  G.Gilbert,  Handbuch  11,  1885,  S.410. 
M.  Dubois,  Les  ligues  Etolienne  et  Ache'enne,  1885,  S.  28. 
Hermann -Thumser,  Lehrbuch  I,  1  S.  102  und,  soviel  ich 
weiss,  alle,  welche  die  Frage  berührt  haben.  Es  liegt  aber  auf 
der  Hand,  dass  man  anders  interpungiren  und  in  jedem 
der  acht  Fälle  die  Zahl  der  aitolischen  (1-VI),  bez. 
der  delphischen  (VII)  und  der  boiotischen  (VIII) 
H  i e r 0 m n e m 0 n e n  um  zwei  verkürzen  und  stattdes- 
sen einen  für  die  Insel  Chios  constatiren  muss. 
In  VII  ist  das  augenfällig,  denn  "E>t/io;  kann  unmöglich  ein 
Personenname  sein  ("ExSyiXo<;  kann  man  doch  nicht  in  dieselbe 
Reihe  stellen).  In  IV  wäre  es  ebenso  klar,  wenn  nur  nicht 
Curtius'  Anderuni>-  Verwirrung  ü:eschatTt  hätte.  In  den  ande- 
ren  sechs  Fällen  haben  wir  freilich  keine  Präposition,  nur  Xio-j 
nach  (I.  II.  III.  V.  N^III)  oder  vor  (VI)  dem  Personennamen, 
und  man  kann  einwenden,  dass  solche  Bezeichnung  der  Her- 
kunft der   Hieromnemonen  gegen  die  constante   Formel  der 


'  Über  Pape-Benscler  s.  obeu  S.  195  Auui.  2. 


198  A.    NIKITSKY 

Urkunden  verstiesse  (AItwXwv,  AeA9üiv  usw.).  Aber  wäre  es  an 
sich  besser  zu  sa^en :  Xiov  toO  Seivo;?  Und  zeist  nicht  die  In- 
consequenz  in  der  Bezeichnung  und  in  der  Stellung  des  Ethni- 
kon  (Xiou  bald  vor.  bald  nach  dem  Namen,  U  Xtou  das  eine 
Mal  vor  dem  Namen,  das  andere  Mal  nach  demselben  gesetzt), 
dass  man  arerade  in  unserem  Fall  mit  dem  Ausdruck  nicht 
i>anz  zufrieden  \var  und  man  darum  den  Hieromnemon  der 
Chier  bald  so.  bald  anders  bezeichnete? 

Ich  glaube  zudem  noch  weitere  Anhaltspunkte  gefunden  zu 
haben,  um  einige  der  hier  genannten  Personen  als  Bürger  von 
Chios  in  Anspruch  zu  nehmen.  So  kennen  wir  mehrere  Me- 
trodoros  aus  Chios  (zu  VI),  z.  B.  einen  Philosophen,  Demo- 
kritos'  Schüler  (die  Belegstellen  bei  Pape- Benseier),  welcher 
wol  Tpcoi/tÄ  (Ä.then.  IV  \S\a)  und  vielleicht  'IwvDca  schrieb 
(vgl.  Müller  F.H.  G.  \\]  205);  andere  bei  Dittenberger,  S7/I- 
loge  350  =  C.  /.  G.  2214  M7]Tp6So)po?  n(ic[Tpwv]o?  (ergänzt  von 
Böckh  ;  steckt  hier  vielleicht  das  zweifelhafte  PA  .  NfiNO^ 
oder  FAN  N  n  N  05!  aus  IV,  oder  müsste  umgekehrt  viel- 
leicht näTp(i)vo(;  in  die  delphische  Inschrift  eingesetzt  werden  ?); 
Cauer  2  499  MriTpöSwpo*;  'Aye  .  .  .  .\  C.  I.  G.  W  add.  2221  c 
0£O(poiv  MYjTpoSwpou  ;  C.  1.  A.  II  34  1  1  'ATTvaaia  M'/ixpoc^cöpou  Xia; 
Athen.  Mittheilungen  XIII  Taf.  3  M-/]Tp6S(opoc  ©EoysiTovo?.  Wei- 
ter ist  Oinopides  von  Chios  (zu  VII)  als  Mathematiker  be- 
kannt; er  war  nach  Diodor  (I  96.  98)  mit  den  ägyptischen 
Priestern  und  Astrologen  persönlich  bekannt,  und  Aelian  (V. 
H.  X  7)  spricht  von  seinem  astrologisch  -  chronologischen 
Weihgeschonke  zu  Olympia  (andre  s.  bei  Pape,  und  vgl.  Oi- 
voTuiwv,  besonders  Athen.  I  28  ^  aus  Kritias :  MiX-mrö?  t£  Xio; 
t'  i'vaXo;  7r6>'.;  OlvoTriwvo;).  Der  Name  Amphiklos  (zu  V)  fer- 
ner ist  mit  der  mythischen  Zeit  der  Insel  verbunden,  und  eine 
Stelle  aus  Ions  Xiou  x.tigi?  (bei  Paus.  VII  4,  ^=^F.H.  G.  II 
50;  eine  andere  bei  Athen.  VI  259^  aus  Hippias  Erylhr.)  ist 
für  uns  besonders  interessant :  Oivottio^vo;  Vi  xal  twv  TraiSwv  eXa- 
€ev  uirxepov  " h^j-'^wSkoc,  tri^  a.^yri^'  a(pix£TO  ö£  e^  'IcTtaia?  6  ''At/.(pt- 
■/.Xo?  ty;;  £v  E'jßoiz  y.aToc  u.ävT£'jy.a  iv.  A£>(p(iJv.  Bei  Dittenberger, 
Sijlloge  360  endlich  finden  wir  noch  einen  Kleokydes  (zu  I) 


CHIOS    IN    DKR    OELPHISCHliX    AMPUIKTYCNIE  I!».) 

als  Prytanis  in  Chios.  Wir  haben  also  das  Recht,  die  Flerkunft 
der  Träger  der  angeführten  Namen  aus  Chios  abzuleiten.  Ich 
möchte  mehr  sagen,  als  nur  das  Recht.  Meine  onomatologi- 
schen  Sammlungen  und  Beobachtungen  haben  mich  zur  Über- 
zeugung geführt,  dass  gerade  die  alten  und  berühmten  Fami- 
lien bestrebt  waren,  die  von  altersher  bei  ihnen  gebräuchli- 
chen Namen  zu  bewahren.  liier  habe  ich  nur  das  nächstlie- 
gende angeführt;  bei  weiterem  Forschen  werden  wir  unter 
den  aus  Chios  bekannten  Namen  vielleicht  auch  einen  Rono- 
pion  (III),  Demonax  (11),  Didymarchos  (VIII ),  so  wie  wei- 
tere Belegstellen  für  die  vier  vorhergenannten  finden.  Ande- 
rerseits aber  kann  ich  nur  einen  einzigen  dieser  Namen  auf 
dem  aitolischen  Gebiete  nachweisen  (MyiTpö^wpo?  <I>'j<jx.£u?  bei 
Wescher-Foucart  Nr.  191  im  .Jahr  173/2  und  M.  Ilpo^evo-j  'I>u- 
Qv.t\jc,  ebenda  Nr.  289  etwa  156-151  v.  Chr.  aus  Physkos  im 
Avestlichen  Lokris)^  und  keinen  Oinopides  in  Delphi  oder 
Didymarchos  in  Boiotien.  Ich  kann  das  für  alle  edirten  und 
fast  für  alle  bis  1885  gefundenen  aber  noch  unedirten  delphi- 
schen Inschriften,  so  wie  für  C.  I.  G.,  C.  I.A.  II.  III.,  C.  I. 
G.  G.  S.  I  und  Collitz's  Sammlung  Bd.  I.  II,  1  versichern, 
und  wir  haben  doch  gerade  im  delphischen  epigraphischen 
Material  die  ergiebigste  onomatologische  Quelle  nicht  nur  für 
Delphi,  sondern  auch  für  das  ganze  aitolische  Gebiet.  Ein 
Name  ist  also  mehr  als  zu  wenig,  wenn  man  noch  dazu  er- 
wägt, dass  wir  viel  mehr  Namen  aus  Aitolien,  als  aus  Chios 
kennen  und  dass  die  Quellen  für  die  ersteren  entweder  der 
nächstfolgenden  oder  derselben  Zeit  angehören,  in  welche  auch 
die  betreffenden  amphiktyonischen  Urkunden  fallen. 

Drittens  könnte  auch  die  dialektische  Form  der  Namen  Ar,- 
p.wva^,  Mr-pöSwpo;  als  Kennzeichen  dafür  angeführt  werilen. 
dass  sie  nicht  aus  Aitolien  stammen,  aber  für  das  dritte  Jahr- 
hundert will  ich  lieber  dieses  Argument  bei  Seite  lassen  (vgl. 
MiriTpöScjpo;  aus  Physkos  im  zweiten  Jahrhundert). 


■♦  Den  Kwvwniwv  hat  noch  Ross  zu  InscvijUiones  ineditae  I  Nr.  70  von  K<>i- 
vi!iT:r\,  einer  Stadt  in  Aitolien.  ahi^'eleitet,  al)er  K.  Keil  (a.  a.  0.1  hat  schon 
mit  Recht  gegen  ihn  direkt  auf  xdivioil/  hingewiesen. 


200  A.    NIKIT8KY 

Und  schliesslich  könnte  man  sich  hei  der  von  Curtius  inaii- 
gurirten  Detilunü,-  doch  nur  dann  beruhiüen,  wenn  der  be- 
rühmte  Chios'  immer  nur  als  Aitoler  genannt  wäre:  jetzt 
aber,  nachdem  seit  1883  auf  den  Amphiktyonendekreten  noch 
ein  'Chios'  aus  Boiotien  und  ein  Ekchios'  aus  Delphi  zu 
Tage  getreten  sind,  hat  diese  Deutung  die  letzte  schwache 
Spur  von  Wahrscheinlichkeil  eingebüsst.  Rs  ist  nach  dem 
Ausgeführten  klar  erwiesen,  dass  die  Chier  in  der  aitolischen 
Periode,  welcher  alle  diese  Urkunden  angehören,  an  der  Am- 
phiktyonie  Teil  genommen  haben.  Wenn  der  Hieromnemon 
von  Chios  immer  nach  und  neben  den  Aitolern  seinen  Platz 
hätte  (I-Vl),  könnten  wir  vermuten,  dass  die  Chier  nur  als 
Quasi-Aitoler  (vgl.  wc  AiTooXwv  övtwv  twv  Keiwv,  Cauer  ~  237)' 
Mitglieder  der  Amphiktyonie  geworden  sind,  imd  darin  eine 
Erklärung  für  die  besondere  Art  der  Bezeichnung  ihres  Hie- 
romnemon  (Xtou)  suchen.  Wir  sehen  jetzt  aber  ( Vll  und  Vlll ), 
dass  die  Hieromnemonen  von  Chios  nicht  immer  neben  denen 
der  Aitoler  genannt  sind  und  müssen  daher  schliessen,  dass 
die  Chier  auch  sonst  zur  Amphiktyonie  gehörten.  In  dieser  Mei- 
nung werde  ich  durch  die  Erwägung  bestärkt,  dass  wir  in  allen 
acht  Dekreten,  wo  Chios  repräsentirt  ist,  keinem  Hieromnemon 
von  Euboia  begegnen,  wie  es  der  Fall  ist  in  Curtius'  Nr.  40, 
Bull,  de  corr.  hell.  Vil  S.  410.  412,  Wescher  -  Foucart  3.  4 
( überall  EuSoiswv )  und^Wescher,  Mon.  biling^ue  1 38  ('Icmaiewv). 
Wir  haben  freilich  einige  Dekrete,   in  welchen  weder  Chios 


*  Über  die  wecliselscilifijen  Boziohunj^'cu  der  AiloliM'  und  der  Chier  kön- 
nen wir  freilich  sehr  wenijj;  sagen,  aber  dass  ilieseiben  im  lelzlen  Vierlei 
des  driUen  Jahrhunderts  freundschaf'llich  waren,  künnlc  man  tiaraus  schlies- 
sen, ilass  die  Gesandten  von  Chios  (und  liliodos)  im  sof^.  Bundesgenos- 
scnkriege  zweimal  vor  dem  König  Philipp  als  Vermittler  mit  der  Bitte  um 
Beilegung  des  Krieges  gegen  liic  Aitoler  erscheinen,  welclier  wol  zu  vielen 
Störungen  im  Sechandel  Anlass  geben  iiiochle  (  Polyb.  V  '."i.  '28.  100,  vgl. 
Brandsläler,  Geschichte  des  älolischen  l^aiides  »S.  37.0).  Ahnliche  \'ermilt- 
lungsversuche  waren  auch  einige  Jahre  später  im  ersten  römisch- makedo- 
nischen Kriege  von  denselben  mächtigen  Handelstädlen  unternommen, 
bevor  die  Aitoler  ihren  Separatfrieden  mit  Philipp  schlössen  (Polyb.  XI  4 
(5),  1.  Liv.  XXVII  30). 


CHIOS   IN    DER    DELPHISCHEN   AMPHIKTYONIE  201 

noch  Euboia  durch  einen  Hieromnemon  repräsentirt  ist,  aber 
dessen  ungeachtet  kann  es  kein  Zufall  sein,  dass  in  vierzelin 
Urkunden  niemals  gleichzeitig  Vertreter  von  Chios  und  Eu- 
boia aufgeführt  werden.  Wir  werden  also  nicht  irren,  wenn 
wir  sagen,  dass  zwischen  Euboia  und  Chios  (und  vielleicht 
noch  anderen  ionischen  Inseln  und  Städten)  eine  gewisse  Ab- 
wechselung der  Reihenfolge  bei  der  Repräsentation  der  zwei- 
ten ionischen  Stimme  in  der  Amphiktyonie  herrschte  (vgl. 
oben  Amphiklos).  Einen  ähnlichen  Wechsel  sehen  wir  bekannt- 
lich bei  den  Doriern  vom  Peloponnesos  (Gurtius  40  'E::tf^3C'j- 
p£(ov,yj////.  decorr.  hell.  Vll  S.  410. 4  1  2  S-.xuwvicov.Curtius  45 
Aay.g^aipviwv).  Vielleicht  geschah  es  nicht  ohne  Einfluss  der 
Aitoler,  dass  in  jener  Zeit  manche  Städte  häuüger  vertre- 
ten erscheinen.  Eine  weitere  Andeutung  auf  die  amphiktyo- 
nische  Stellung  der  Chier  kann  man  vielleicht  in  dem  Um- 
stand sehen,  dass  die  Aitoler  bei  Einrichtung  ihres  Soterien- 
festes  nach  dem  Galatersieg,  wie  nach  Athen,  so  auch  nach 
Chios  die  Aufforderung  das  Fest  anzuerkennen  geschickt  ha- 
ben ;  oTVüx;  av  äTwoSe^wjAsOx  tov  äywva,  schreibt  das  Volk  von 
Chios  in  der  Antwort  auf  diese  Aufforderung,  und  aus  dem 
Ton  der  Antwort  kann  man  herauslesen,  dass  die  Chier  diese 
Einladung  nicht  nur  als  eine  Art  Höllichkeit  betrachtet  ha- 
ben'. Durch  diese  Erklärung  wird  die  Teilnahme  auch  der 
anderen  ionischen  Nesioten  an  der  Amphiktyonie  in  hohem 
Grade  wahrscheinlich  gemacht  (andere  Gründe  für  diese  An- 
nahme s.  bei  Bürgel  S.  71-80).  Ob  nun  diese  Teilnahme  im- 
mer aktiv,  d.  h.  durch  die  Absendung  eines  Hieromnemon 
ausgedrückt  war,  oder  ob  nur  die  Aitoler  in  der  Zeit,  in  wel- 
che unsere  Urkunden  fallen,  diese  Aktivität  ihnen  hie  und  da 
willkürlich  übertragen  haben,  ist  eine  andere  Frage;  aber  dass 
sie  principicU  nicht  ausgeschlossen  waren,  darf  man  jetzt  be- 
haupten.  Doch  diese  ganze  Frage  werde  ich  in  anderem  Zu- 


'  Dadurch  wird  natürlich  nicht  ausj,'eschlüssen,dass  die  haulii^ere  Verlre- 
tunj:  der  Chier  in  den  aniphiktjonischen  \'ersainniiungen  des  drillen  .lahr- 
hiinderls  und  die  f,'enannle  Aullbriierung  der  Aitoler  dureli  die  Kulle  veran- 
lusbt  war,  welche  Chius  als  yrusse  t>eeinaclil  ilanials  spielte. 


■202  A.    NIKITSKY,      CHIOS   IN   DER    DELPHISCHEN  AMPHIKTYONIE 

sammenliang  aufs  Neue  behandeln,  —  hier  kam  es  mir  nur 
darauf  an,  einen  Interpretationsfeliier  zu  bericlitigen,  der  schon 
bei  Holleaux  folgenschwer  zu  werden  anfing.  Eine  andere 
These  ist  auf  diesen  Irrtum  schon  von  Bürgel  (S.  117  Anm. 
18)  und  nach  ihm  noch  jetzt  von  Hermann -Thumser  (Lehr- 
buch S.  100)  noirründet  worden.  In  der  hiiuliiien  Wiederkehr 
des  jetzt  hoffentlich  eliminirten  Personennamens  Chios*  und 
in  der,  freilich  nicht  häufigen,  mancher  anderer  Namen  in  den 
amphiktyonischen  Inschriften  verschiedener  Jahre  haben  die 
genannten  Gelehrten  den  Beweis  zu  finden  geglaubt,  dass  die 
aitolischen  Ilieromnemonen  erwählt  wurden.  Jetzt  hätte  Thum- 
ser wenigstens  sich  zur  Stütze  dieser  Ansicht  auf  etwas  ande- 
res berufen  können,  z.  B.  auf  das  wichtige  Amphiktyonende- 
kret  von  178/7  (unter  Praxias,^////.^/^  co/7^//^//. VII  S. 427  ff.). 
Die  Aitoler  werden  hier  dem  Namen  nach  nicht  mehr  erwähnt 
und  nach  Foucart  ist  die  Amphiktyonenordnung  vom  J.  346 
V.  Chr.  w-iederhergestellt.  Aber,  wie  aus  diesem  Dekret  er- 
sichtlich, werden  die  zu  Aitolien  gehörenden  Stämme  nicht 
durch  eigene  Bürger  in  der  Amphiktyonie  repräsentirt,  son- 
dern durch  die  Aitoler  und  zwar  durch  solche,  welche  auch 
sonst  entweder  als  Staatsbeamte  oder  als  politische  Führer  be- 
kannt sind  (s.  ebenda  S.  435). 

Odessa,   September  1893. 

A.  NIKITSKY. 


'<^U^r^fiH<>'—- 


<  Auf  diese  Wiederkehr  haben  schon  Curlius  (s.  oben  zu  IV)  und  K.  Keil 
(a.  a.  0.)  hingewiesen. 


zu  DEN  ATHENISCHEN  IIELIASTENTÄFELCHEN 

Nacli  einer  erneuten  Untersuchung  der  im  Museum  der  ar- 
cliäologischen  Gesellschaft  zu  Athen,  sowie  der  im  Antiqua- 
rium  des  Berliner  Museums  befindlichen  Heliastentäfelchen 
kann  ich  die  bisherigen  Publicationen  dieser  Stücke  in  eini- 
gen Punkten  berichtigen  und  ergänzen,  ich  folge  der  im  C.I.A. 
ii  2  gegebenen  Anordnung. 

1.  C.  I.  Ä.  II  Nr.  878  =  Berliner  Museum  Nr.  6313.  Der 
Sektionsbuchstabe  A  ist  eingravirt. 

2.  C.  I.  A.  11  Nr.  882  =  Arch.  Gesellschaft  Nr.  916.  Si- 
gnum a  sinistra  Impressum  pariun  distinguitur.  Der  Stem- 
pel ist  sicher  das  Gorgoneion.  Der  Sektionsbuchstabe  ein- 
gravirt. 

3.  C.  I.  A.  11  Nr.  887=-Arch.  Gesellschaft  Nr.  927.  Vgl. 
M^^lonas  im  Bull,  de  corr.  hell.  VU  (1883)  S.  29  ff.  Der 
frühere,  dann  getilgte  Sektionsbuchstabe  war  möglicherweise 
A,  nicht  E.  Das  Demotikon,  welches  zu  dem  zuletzt  einge- 
grabenen Hichternamen  Ilapäpvo?  $avoS7)[Jt.(oi»)  gehört,  ist  Ai- 
ÖaXiSv)?,  während  die  ältere  Inschrift  AucicTparo;  Msaitsüc  lau- 
tete. Auf  der  oberen  Zeile  ist  zwischen  dem  0  und  A  von 
4>avoSrip.o'j  noch  ein  E  wahrzunehmen,  vielleicht  der  Best  einer 
dritten  Inschrift.  Die  Punkte  zw isclien  der  ersten  und  zweiten 
Zeile  ergeben  die  Buchstaben  K  H  0  K  O  A  fi.  Der  Eulenstem- 
pel an  dem  linken  Ende  ist  mit  einem  Kranze  versehen. 

4.  C.I.A.  II  Nr.  888  =  Arch.  Gesellschaft  Nr.  98.  Die 
beiden  Stempel  scheinen  nach  links  gewendete  Athenaköpfe 
(Bussopulos  in  der  Apy.  'E(p7)[;.6pi(;  1862  S.  3U4),  nicht  Män- 
nerköpfe (Dumonl,  Revue  arc/i.  XVII,  1868,  S.  1  i5  f.)  zu 
sein. 


20 't  S.    BRÜCK 

5.   C.  I.  A.  II  Nr.  897  =  Arch.  Gesellschaft  Nr.  46rv 


IAA'    '  '^-k^ 


-_i:_^K 


Unterhalb  des  Sektionsbuchstabens  (erhaben  in  vertieftem 
Viereck)  ist  der  Rest  eines  Stempels,  wahrscheinlich  Eule, 
deutlich  erkennbar.  Die  Buchstaben  der  Inschrift  sind  vermit- 
telst kleiner  L()chor  und  sie  verbindender  Linien  gebildet. 
Hinter  der  Inschrift  ein  grösseres  Loch. 

6.   C.  I.  A.  II  Nr.  898  =  Berliner  Museum  Nr.  7384. 


\^){A?1AK 


jücppel 
I  Eule 


/Gorqo) 
\  neion  i 


7.   C.  I.  A.  II  Nr.  899  =  Arch.  Gesellschaft  Nr.  802. 


71 


„i.     k 


>- 


Der  im  C.  I.A.  ausgesprochene  Zweifel  gegen  die  Zuge- 
hörigkeit des  letzten  Bruchstückes  (mit  den  Buchstaben  EZ) 
ist  durchaus  gerechtfertigt;  es  ist  also  nur  der  linke  Teil  des 
Täfelchens  erhalten.  Das  Täfelchen  ist  reskript,  da  die  kleinen 
Löcher  von  den  Buchstaben  einer  älteren  Inschrift  herrühren. 
Das  Demotikon  dieses  getilgten  Richternamens  war  P /\\Xky]- 
veu;  oder  tavi6'j(;?]. 

8.  CIA.  II  Nr.  902  =  Arch.  Gesellschaft  Nr.  471.  Der 
Stempel  ist  ganz  unzweifelhaft  eine  etwas  verwischte  Eule, 


zu  di:n  athenischen  hrliastentaefelchen 


Wh 


nicht  ein  Halbmond,  den  Girard  {im  Bull,  de  corr.  hell.  11 
S.  532  Nr.  9)  zu  erkennen  glaubte. 

9.  C.I.A.  II  Nr.  909=Arch.  Gesellschaft  Nr.  96.  Die 
Doppeleule  mit  den  Buchstaben  A  A. 

10.  C.  I.  A.  II  Nr.  910  =  Arch.  Gesellschaft  Nr.  72?.  Bei 
dem  jetzigen  Zustande  des  Fragmentes  ist  die  Existenz  eines 
Stempels  unterhalb  des  Sektionsbuchstabens  keineswegs  aus- 
geschlossen, wenngleich  Spuren  davon  nicht  sichtbar  sind. 

11.  C.I.A.  II  Nr.  912  =  Arch.  Gesellschaft  Nr.  800.  In 
dem  vorderen,  ziemlich  undeutlichen  Stempel  hat  Köhler  rich- 
tig das  Gorgoneion  erkannt. 

12.  C.J.A.  II  Nr.  918  =  Berliner  Museum  Nr.  6315.  Das 
Exemplar  ist  jetzt  vollständig  gereinigt  und  von  der  Patina 
befreit  ^vorden,  worauf  am  rechten  Ende  ein  zweiter  Stempel 
zu  Tage  getreten  ist,  sowie  vorn  unterhalb  der  Stelle  des  TT  ein 
grösseres  Loch. 

<PA    Y     P_ 


Die  beiden  Stempel  sind  einander  gleich ;  was  sie  aber 
vorstellen,  habe  ich  selbst  mit  der  Lupe  nicht  entscheiden 
können.  Jedenfalls  ist  es  nicht  die  gewöhnliche  Eule;  doch 
auch  mit  dem  Gorgoneion,  wie  es  auf  den  übrigen  Täfelchen 
ersclieint,  lassen  sich  die  Beste  schwer  vereinbaren.  Der  zweite 
Stempel  scheint  erst  nach  der  Eingraviruni^  des  O  einüc- 
schlagcn. 

13^  C.  I.  A.  II  Nr.  919  =  Arch.  Gesellschaft  Nr.  445. 


WM 

en; 


ATHEN.   MITTHEILUNGEN  XIX. 


15 


306  S.    BRÜCK 

14.  C.  I  A.  II  Nr.  920  =  Arcli.  Gesellschaft  Nr.  615. 


Diese  Nummer  ist  von  Girard  im  Bull,  de  corr.  Iiell.  II 
S.  531  Nr.  2  besser  veröftentlicht  als  im  C.  I.  A.  Hinter  dem 
eingravirten  Sektionsbuchstaben  ein  Punkt.  Die  von  Girard 
angegebene  Doppeleule  ist  in  der  That  vorhanden. 

15.   C.  I.  A.  II  Nr.  921  ==  Berliner  Museum  Nr.  7263. 


(©aVDEY^         __ 

Der  Sektionsbuchstabe  erhöht  in  vertieftem  Viereck  einge- 
schlagen. 

[C.  I.  A.  II  Nr.  922.  Obwol  Vischer,  Kleine  Schriften  11 
S.  287  sagt:  'Ein  Stempel  ist  überhaupt  nicht  vorhanden', 
zeigt  das  Facsimile  ebenda  Taf.  XV  Nr.  65  ganz  deutliche 
Reste  eines  Stempels  unterhalb  des  Abteilungsbuclistabens]. 

16.   C.I.A.  II  Nr.  924=Arch    Gesellschaft  Nr.  735. 


Der  Stempel,  dicht  am  zweiten  P,  ist  eine  verkehrt  gestellte 
Doppeleule.  Die  Tafel  ist  reskript;  die  Punkte  rühren  von 
früheren  Buchstaben  her.  Das  getilgte  Demotikon  vielleicht 
OPlA^I(o;;  die  beiden  Punkte  des  zweiten  I  lassen  sich  am 
Bruchrande  noch  erkennen. 


iV  DÖN   ATHENISCHEN    HELIASTENTAEFELCHEN  207 

17.  C.  I.  A.  II  Nr.  935  =  Arch.  Gesellschaft  Nr.  50.  Der 
von  Dumont  und  Girard  angegebene  Stempel  der  Doppeleule 
mit  den  Buchstaben  AA  ist  sieber;  er  ist  verkehrt  gestellt. 
Diese  Nummer  und  C.  I.A.  II  Nr.  93  t  (  =  Arch.  Gesellschaft 
Nr.  49)  haben  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  den  gleichen 
Richternamen  getragen  ;  wir  hätten  somit  vier  Paare  von  Tä- 
felchen, die  je  demselben  Ileliasten  angehörten:  C.  I.  A.  II 
Nr.  885  und  885«;  914  und  91  5  :  911  und  9 18  :  934  und  935. 

18.  C.  I.  A.  II  Nr.  936  =  Arch.  Gesellschaft  Nr.  7-24. 


19.  CIA.  II  Nr.  938  =  Arch.  Gesellschaft  Nr.  161. 

''lALJ 

20.  C.I.A.  II  Nr.  885Z'=Arch.  Gesellschaft  Nr.  980. Vgl. 
Mylonas  in  der  'E(p-/)u.EpU  äp/_.  1883  S.  105/6.  Der  Eulen- 
Stempel   unterhalb  des  Sektionsbucbslabens  mit  Kranz  und 

Tai       .      A  A 
den  Buchstaben  ^_.'-   -^,  nicht  l,  \m  C.  I.  A.  ist  als  Sek- 

tionsbuchstabe  lälschlich  F  statt  I  gesetzt. 

21.  'E(p-^[;.£pti;  ap-/.  1887  S.  53/4  Nr.  l:=Arcli.  Gesellschaft 
Nr.  1108.  Unterhalb  des  Sektionsbuchstabens  A  belindet  sich 
ein  Stempel;  das  Stempelbild  konnte  ich  jedoch  nicht  feststel- 
len. Der  zweite,  von  Kumanudis  als  evt'jttov  cjaßoXov  r;[xt'7£>.r,- 
voeiSe?  bezeichnete,  Stempel  ist  nichts  anderes  als  der  Über- 
rest des  Gorgoneions,  das  zum  grossen  Teil  durch  den  in  dem 
Stempel  stehenden  Buchstaben  E  unkennllich  geworden  ist. 
Die  Ähnlichkeit  mit  einem  Halbmonde  wird  durch  einen  kiel- 


^08 


S.    BRÜCK 


nen  Riss,  der  vom  Rande  der  Tafel  hineinreicht,  hervorge- 
rufen. 

2-2.  'Efprtxepl?  ip/_.  1887  S.  55/6  Nr.  3  =  Arch.  Gesellschaft 
Nr.  1 122.  Der  viereckige  Stempel  dürfte  die  gewöhnliche  Dop- 
peleule sein. 

Noch  nicht  puhlizirt  sind  folgende  Fragmente  beider  Samm- 
lungen : 

Museum  der  arch.  Gesellschaft  zu  Athen. 
1.  Nr.  1062.  Linkes  Stück  einer  Tafel. 


T  lA  i  t 


i^/E  p  I 


'Etui  .  . 


Der  Sektionsbuchstabe  eingravirt.  Der  Stempel  wahr- 
scheinlich das  Gorgoneion,  jedenfalls  nicht  die  Eule.  Unmit- 
telbar rechts  von  dem  Seklionsbuchstaben  und  dem  Stempel 
wird  die  Bronze  bedeutend  dünner,  als  ob  eine  frühere  Na- 
mensinschrift beseitigt  wäre.  Das  Gleiche  gilt  von  den  beiden 
nächsten  Nummern. 

2.   Nr.  1125.  Linkes  Stück  einer  Tafel. 


Der  Sektionsbuchstabe  aufgestempelt,   erhaben   in  vei-tief- 
tem  Viereck. 

3.   Nr.  1130.  Linkes  Stück  einer  Tafel. 


Der  Sektionsbuchslabe  aufgestempelt,  erhaben  in  vertieftem 


209 


zu   DEN   ATHENISCHEN    HELIASTENTAEFELCHEN 

Viereck.  Die  wenigen  erkennbaren  Striche  rühren  von  einer 
getilgten   Namensinschrift   lior ;    das  Täfelchen  ist  dann  nicht 
wieder  mit  einer  Inschrift  versehen  worden. 
4.  Nr.  1129.  Mittleres  Stück  einer  Tafel. 


€  0  f( 
IT 


ü 


M6X]it(£U?. 


5.  Nr.  1063.  Rechtes  Stück  einer  Tafel. 


^ 


.  .vi    'Ayac(v6'j;. 


Die  Inschrift  befmdet  sich  dicht  am  oberen  Bande.  .Vlter- 
lümlichc  Buchstabenformen  +  und  P. 
6.  Nr.  1013.  Rechtes  Stück  einer  Tafel. 


Der  Stempel  wo)  das  Gorgoneion. 


Berliner   Museum. 
7.   Nr.  6363.  Bechtes  Stück  einer  Tafel 


^X 


iSteiKcel)  ! 


I     •         Eule 


i 


Doppeleule  mit  den   Buchstaben  A  A;  ein  zweiter  Stempel 


•:io 


S.    BltnCK 


(Gorgoneion  ?)  it^t  i^anz  iinck'iillich.  An  der  Bruchstelle  befand 
sich  zwischen  der  ersten  und  zweiten  Zeile  ein  grösseres  Loch. 
8.   rsr.  G2-2-2.  Rechtes  Stück  einer  Hichtertafel(?). 


( 


AO^'^  PO^'''^^mi^^ 


Undeutlicher  Stempel. 

Schliesslich  kann  ich  noch  zwei  im  Privatbesitz  befind- 
liche, bisher  nicht  veröffentlichte  Richtertälelchen  mitteilen 


0  M  H  M  0  N  I A  H  1 
E  V  ^  n\ 


rCorgo^    i 


A     Nyipt-oviSv)? 

Das  Täfelchen,  als  dessen  Fundort  die  Patissia-Strasse  in 
Athen  angetjeljen  wird,  ist  in  zwei  Stücke  zerbrochen;  seine 
Länge  beträgt  1  1.2"".  die  Breite  '2,1'"',  die  Dicke  etwa  1  7,,""". 
Der  Sektionsbuchstabe  A  ist  aufgestempelt,  erhaben  in  ver- 
tieftem Viereck.  Der  Name  N-oaovi?^Yi;  ist  meines  Wissens  ganz 
neu.  Die  Eule  ist  mit  dem  Olivenkranze  umgeben. 


'Soor  KYA  IAH5: 
©  A  A  JAP  7)  KA  ÖY 


Aa(Jt,7rT(p6i»<;)  )ca0u(TC6p66v. 


zu    DEN   ATHENISCHRN    HELIASTENTAEFELCHEN  211 

Das  Tiifelchen  ist  recht  gut  erhalten  ;  seine  Länge  beträgt 
10,8'",  die  Breite  1'"',  die  Dicke  2""".  Der  Sektionsbuclislabe  I 
ist  aufgestempelt,  erhaben  in  vertieftem  Viereck.  Die  Buch- 
staben der  Inschrift  sind  durch  kleine  Löcher  und  sie  ver- 
bindende dünne  Linien  gebildet.  Zwischen  den  letzten 
Buchstaben  der  beiden  Zeilen  befindet  sich  ein  grösseres 
Loch.  Die  Eule  ist  mit  dem  Olivenkranze  und  den  Buchsta- 
ben umgeben. 


Athen . 

S.  BRÜCK. 


-<>'f*'.^^'0' 


INSCHRIFTEN  AUS  DER  ZEIT  DER  PTOLEMÄER 

Unler  den  Inscliririen,  die  in  den  Museen  zu  Kairo  und  Ale- 
xandrien  aufoestellt  sind,  befinden  sich  einiij;e  aus  der  Ptole- 
mäerzeit,  die  noeii  nicht  bekannt  zu  sein  scheinen,  die  aber 
wol  eine  Bekanntmachung  und  genauere  Besprechung  ihres 
Inhahes  \veiien  verdienen.  In  beiden  Museen  ist  mir  mit  sfros- 
ser  Liebenswürdiokeit  "eslattet  ^vorden,  Abschriften  zu  ma- 
eben,  für  die  icii  den  derzeit  anwesenden  Vertretern  der  Samm- 
luncren,  den  Herren  D'  Emil  Bru£;sch  und  D'  Botti  zu  Dank 
verptliciitet  bin.  Während  der  Ausarbeitung  ist  mir  der  neuer- 
schienene Katalog  des  alexandrinischen  Museums'  zu  Hän- 
den gekommen.  In  ihm  sind  die  in  Alexandrien  befindlichen 
Inschriften  dein  Wortlaut  nach  mitgeteilt.  Ich  halte  eine  noch- 
malige VeröITcnllichun''-  mit  grösserem  Gommentar  deshalb 
nicht  für  überllüssio;.  besc 
mein  bekannt  sein  dürfte. 


nicht  für  überflüssig,   besonders  da  der  Katalog  kaum  allge- 


I. 

Im  Museum  zu  Gizeh,  Saal  39.  V'otivplatte  aus  weichem, 
weissen  Kalkstein,  hoch  0,53'",  breit  0,3T",  dick  Ü,Ü5"".  Ge- 
funden im  Fayum.  Die  Platte  hat  stark  gelitten.  Auf  einen 
Abklatsch  musste  des  weichen  Materials  wegen  verzichtet  wer- 
den. Die  Schrift  ist  fUichtiü;  und  schlecht.  In  den  Buclistaben 
sind  noch  geringe  S])uren  von  roter  Farbe  sichtbar.  Die  un- 
sicheren Buchstaben  sind  durch  einen  Punkt  bezeichnet. 

VnEPBACIAE    ICnTOAEMA.    .    . 
TOYKAIAAEZ    \NAPOY0EO.    .    . 
AOM  H  TOPOECOYXnGEQME  .   . 


'  liüUi,  Nolice  des  monuments  exposös  au  musie  grecu-romain  d'  Alexan- 
drie  1893, 


M.    L.    STRACK,      INSCHRIFTEN   AUS    DEU    ZEIT   DER   PTOLEMAEEH      213 

AnMErAAQIOTOnOCTQNTDI.    . 

5    hOhbeykotqni'hcackah... 

AAOYTOYACKA  .  niAAOYAlPEC 
J^CnPOCTATOYNTOCKAirPAM 
MATEYONTOCnTOAEMAlOYTOY 
nTOAEMAlOYn.METPANOTOY 
10      EPIBOPAN'nlAA.BOEEnAn.Air; 
^HNTKBEQCAPOMOYLIO 
M  E  X  E  I  PK 

TTtep  ßaciXew?  nTo).eiy.a[iou 
ToO  xat  'A>.s^r!xlvSpoi)  9so[0  ^i- 
Xo{Jt,7iTopo;  Sou)(_(i)(i)  9£(I)(i)  [i'-iyx- 
X(o(i)  [x[s]ya>.(i)t  6  tÖtto?  twv  T[Yi§e  ? 
5        Yi<pr,S£uy.6T(o[v  TJvif;   'A(j/.X[7i77t- 

aSou  Tou   'A'j)t>.[ri]7r'aSou  ai[p]e(je- 
(o;,  TrpocTaTOuvTo;  jcal  YP«[^-- 
[xaxeuovTo;  ÜToXetxaiou  tou 
nxoXepLaiou,  wt(?)  K-£T[p]a  votou 
lü        £7:1  [ß]o[p](p)Äv  ^  iS(?)  [Xi]Sc);  ex'  a[7i;Y]]Xiü)- 
tJtiv  IT  )cß  £wi;  Sp6[Ao[u].  Li9 
Mej^eip  )c. 

Z.  10  kann  statt  n""  auch  möglicherweise  I  n  geschrieben 
sein. 

'Zu  Rhren  des  Königs  Ptolemaios ,  der  auch  Alexander 
hcisst,  des  Gottes  Philomelor  wird  das  Grundstiick  der  hier(?) 
erzogenen  l^lpheben  aus  der  Schule  der  Asklepiades  des  Soh- 
nes des  Asklepiades,  in  der  Ptolemaios  des  Ptolemaios  Sohn 
Vorsteher  und  Secretär  ist,  dem  Suchos,  dem  grossen  grossen 
Gott  geweiht,  (das  Grundstück)  das  von  Süd  nach  Nord  x, 
von  West  nach  Ost  x,  bis  zur  Feststrasse  misst.  Im  19.  Jahre, 
am  20.  Mecheir'. 


214  M.    L.    STRACK 

Die  Insclirift  stellt  auf  der  unteren  Hälfte  der  Platte.  Die 
obere  zeigt  in  schlechter  Heliefarbeit  die  Anbetung  eines  Kro- 
kodils durch  einen  König.  Das  Krokodil,  das  eine  Krone  trägt, 
ist  auf  einem  altarähnlichen  Postament  gelagert,  vor  ihm 
steht  ein  Tisch,  auf  dem  einige  undeutliche  Gegenstände  (ein 
Schenkel?)  liegen,  und  unter  dem  z\vei  Krüge  sichtbar  sind. 
Dem  Tiere  gegenüber  steht  in  anbetender  Stellung  der  König, 
kenntlich  an  der  Uräusschlange,  die  er  an  der  Stirn  trägt. 
Das  Relief  Avird  in  bekannter  ägyptischer  Weise,  wie  z.  B. 
das  Priesterdecret  aus  Tanis  und  dessen  Replik  aus  Kom-el- 
Hisn,  oben  abgeschlossen  durch  die  geflügelte  Sonnenscheibe 
mit  ihren  zwei  Uräusschlangen. 

Der  Stein  ist  in  mehrfacher  Flinsicht  interessant.  Suchos, 
den  grossen  grossen  Gott,  sehen  wir  im  Bilde  auf  unserem 
Relief.  Er  ist  das  Krokodil,  das  heilige  Tier  der  Stadt  Arsi- 
noe,  die  vormals  Krokodilstadt  genannt  wurde  der  hohen  Eh- 
ren wegen,  die  das  Tier  daselbst  geniesst.  Heilig  wird  es  dort 
in  einem  See  gehalten,  für  sich  allein  ernährt  /£ipor,0-/i?  toi? 
Uc£'j(7i.  Mit  sichtlichem  Vergnügen  erzählt  uns  Strabo.  dem 
wir  die  genauere  Bekanntschaft  dieses  Gottes  verdanken  ^  wie 
der  Fremde  in  Arsinoe  zum  See  geführt  werde  von  seinem 
Gastfreund,  der  Kuchen,  Fleisch  und  einen  Honigtrank  mit- 
nehme, und  wie  die  Priester  dem  Tiere  das  Maul  aufsperrten, 
damit  der  Gastfreund  seine  Gaben  richtig  an  Ort  und  Stelle 
abliefern  könne.  Dieselben  Gaben  wird  man  in  den  Krügen 
und  den  Gegenständen  auf  dem  Tische  zu  erkennen  haben. 
Suchos,  den  Agyptologen  unter  dem  Namen  Sebek  oder  Sobk 
als  männlicher  (iott  mit  grünem  Krokodilskopf  wol  bekannt '^ 
treffen  wir  auch  sonst.  Im  brittischen  Museum  befindet  sich 
seit  einigen  Jahren  eine  Terracotta- Vase  •\  gleichfalls  aus  dem 
Fayum  stammend,  auf  der  die  Worte  'hpoG  }i!oo/lou]  zu  lesen 
sind,   im  berliner  Museum  ein  Papyrus-Fragment  vom  Jahre 


'  Sirabo  XVII  38. 

2  Brugsch,  Religion  der  Ägypter  S.  585  11". 

3  Classical  Review  1888  S.  266,  297. 


INSCHHir-TKN    AUS    DKlt    ZEIT    tJEU    PTOLKMAEER  215 

215  n.  Chr.,  auf  dem  der  Oberpriester  des  lupiter  Capilo- 
linus  in  Arsinoe  seine  Ausgabe  ii(;  i-iuAlnx^  to'3  -ztcwo-j  rasiv 
6eou  [xpo/coSeiVwTTo;  ^ooyo'j  (j-eyä^ou  [jL6y[aXou]  verrechnet'.  Sein 
Bild  begegnet  mehrfach;  so  auf  einer  anderen  in  Gizeh  be- 
findlichen Votivtafel,  so  als  Vollfigur  aus  Granit,  deren  Basis 
die  Inschrift  trägt -^ :  Lx.y  «I>apaou6t  tß  uTukp  ßa-j-Aew;  aEyxXou  IIto- 
XepLaiou  Oeoü  Nsou  Aiovücou  YliziGou/os  Öeöv  [xeyxv,  tov  dx'auTOu 
(pavevTÄ  Ilauvl  tv)  ßaL  (y.a  Wilcken )  'A7:oX>.ä)viO(;  'A7roX>.a)vio'j 
TaXeorw?  ( TäXectcü);  W.)-  t)en  Titel  p^eya?  p.e'ya;,  der  in  unse- 
rer Inschrift  wie  in  der  Priesterrechnung  dem  Suchos  beige- 
legt wird,  führen  auch  andere  ägyptische  Gottheiten.  So  führt 
ihn  der  eben  genannte  Petesuchos  auf  einem  berliner  Papyrus, 
der  eine  Steuerprofession  aus  dem  2'"°  oder  3'"°  Jahrhundert  n. 
Chr.  enthält  Upeüx;  llizeijou/o^j  OsoO  aeyocXou  {y-syaXou  äst  ^üivT(o(;) 
3t(ai)  w«;  /pTou-aTiCei  (Wilcken  a.  a.  0.);  so  SojtvoTcaio?  Oeo«;  [i.i- 
yoLq  (xeya;,  der  freilich  ziemlich  identisch  mit  unserem  Suchos 
ist*^;  so  mit  geringer  Änderung  'Eppiv;?  6  jAeya?  jcal  ij-eya;  auf 
dem  Steine  von  Rosette  (Z.  19). 

Der  König  ist  Ptolemaios  Alexander  I,  der  zweite  Sohn  des 
Euergetes  II  und  der  dritten  Kleopatra,  der  zeitweilige  Gegen- 
könig seines  Bruders  Soter  II.  Fünf  Inschriften  nennen  bis 
jetzt  seinen  Namen.  Einmal  der  Brief  des  Antiochos  VllI  (IX?) 
an  seinen  Schwager,  eben  diesen  Alexander:  ß]a(7'.>£Ü;  'Avtio- 
j^o?  ßaatXsi  Ylxo'key.xiix)  tw  xai  ['AXJEEavSpw  tö  äSeXcpw  j^aipetv  \ 
dann  zwei  Tupocxuvr/^aaTx  in  Philae:  ßa(TiX£[(i)<;  IlToXeaaiou]  to'j 
jcai  'A[>.g$3CvSpoUj  und  ^x/ylCkibn;  IlToJXsf^.raiou  toö  xxi]  'AXe^^xv- 
Spou]^,  weiter  eine  Ehreninschrift  des  Isidoros,  dessen  Vater 
Helenos  diesen  Fürsten  erzogen  hatte:  ßamXea  nToXe^-aiov  Öeöv 
'AXe^avSpov  ^,  und  endlich  eine  vor  kurzem  veröffentlichte  In- 


*  Wilcken,  Ägypt.  Zeitschrift  1884  S.  139. 
2  Ebenda  S.  137. 

•■'  Krebs,  Ägypl.  Zeitschrift  1893  S.  34  zweimal. 

»  Journal  of  Hell,  sludies  IX  (1888)  S.  229.  Stein  aus  Cypern  (Kuiclia),  jetzt 
im  brillischen  Museum. 

5  Lelronne,  Recueil  des  inscriplions  de  l'Egypte  II  19,22. 

6  Journal  of  Hell,  sludies  IX  (i888)  S.  227.  Für  den  Vater  Helenos  vgl.  zwei 
Inschriften  dort  S.  232,  251  (Gardiier). 


216  M.    L.    STRACK 

Schrift  uTTsp  ßaai^£(o?  ÜToXsuLatou  tou  kxI  'A>.£^avSpo'j  ösou  <l»l>.0p!,71- 

Topo;'.  Die  letzlere,  wie  die  unsere,  stammt  aus  dem  Fayum. 
Beide  weisen  die  gleichen  Titel  für  den  König  auf,  beide  rich- 
ten sich  an  den  gleichen  Gott  mit  ziemlich  bedeutenden  Ge- 
schenken—  Soknopaios  in  der  berliner  Inschrift  heisst  nach 
Bruüfsch  'Sobk  der  Insel'  —  beide  stammen  aus  demselben 
Jahre,  dem  19''"  des  Königs  Alexander.  Der  Titel  Alexander 
Philometor  wird  durch  diese  zwei  Steine  inschriftlich  be- 
zeugt; bekannt  war  er  schon  vorher  durch  Papyri  —  freilich 
nicht  für  den  König  allein  :  BaaiXe-jövTwv  KXsoTricTpa?  xal  FIto- 
>.6[i.atoi)  u'lou,  Toö  e7:i)caXouf/.£vou  'Ale^ävopo'j,  Gsdiv  <I>i>>oj/.YiT6pci)v 
SwTTipoiv  (Pap.  Anast.  u.  a.).  Grosse  Stiftungen,  zu  gleicher 
Zeit  für  Jemanden  dargebracht,  fordern  eine  Erklärung.  Krebs 
hat  an  das  Todesjahr  Alexanders  erinnert,  ohne  dass  er  die 
Voraussetzung  eines  historischen  Ereignisses  weiter  für  nötig 
hält.  Nötig  ist  eine  solche  auch  jetzt  noch  nicht,  jedoch  um 
vieles  wahrscheinlicher.  Das  Todesjahr  des  Königs  darf  nicht 
herangezogen  werden.  Alexander  zählt  seine  Regierungsjahre 
von  dem  Anfangstermin  seiner  Herrschaft  in  Cypern  im  Jahre 
il4  an.  Da  er  im  Jahre  88  von  den  Alexandrinern  vertrieben 
wird,  so  hat  man  für  seine  Regierung  26  Jahre  zu  rechnen. 
Die  gemeinsame  Regierungszeit  mit  seiner  Mutter  ist  nicht 
zur  Datirung  benutzt.  Letronne  in  seinem  Datirungsversuche 
der  Ereignisse  zwischen  205  und  81  bemerkt  zum  18''"  Regie- 
rungsjahr :  Le  iiom  de  Cle'opätre  est  de'finitivement  exclu 
des  actes^.  Unsere  beiden  Inschriften  bieten  eine  Bestäti- 
gung"^. Es  ist  ja  immerhin  möglich,  dass  der  Name  der  Kleo- 
patra  durch  Zufall  fehlt,  wahrscheinlich  ist  es  nicht.  Hier,  wo 
Jahr  und  Tag  der  Schenkung  angegeben,  erwartet  man  den 
Namen  des  regierenden  Fürsten,  des  in  Wahrheit  Machthaben- 
den,  und  hier  steht  Alexander.  Dass  unsere  schriftlichen  Quel- 
len von  diesem  politischen  Siege  Alexanders  über  seine  Mut- 


*  Krel)s,   NacliiicIiU'ii  der  Gosellschaft  der  Wissenschaften  zu  Göllingon 
1892  S.  533. 

2  Letronne,  Recueil  S.  53-79. 

3  per  20.  Mecheir  des  19'«^"  Jahres  enlspriclil  dem  h.  März  95. 


Inschriften  aus  der  zeit  der  PTOLEMAEEft  2l7 

ter,  und  von  der  Freude,  die  dieser  Sieg  im  Lande  hervorge- 
rufen, nichts  berichten,  darf  bei  deren  trostlosen  Dürftigkeit 
nicbt  Wunder  nehmen.  'Ein  blosses  Werkzeug  in  der  Hand 
seiner  Mutter',  wie  Sharpe '  ibn  nennt,  ist  Alexander  1,  wenn 
obige  Vermutung  richtig,  allerdings  nicht  gewesen.  Nicht  der 
Last  seiner  vergoldeten  Ketten  überdrüssig  wird  er  später  ge- 
flohen sein,  sondern  verdrängt  durch  den  neuerstarkten  Ein- 
fluss  der  Mutter.  Den  offenen  Angriff  von  Syrien  aus,  in  dem 
Kleopatra  getötet  wurde,  dürfte  man  eher  geneigt  sein,  solch 
einem  Mann  zuzuschreiben  als  einem  willenlosen  Weichling. 
Über  Vermutungen  hinaus  freilich  helfen  auch  diese  neuen 
Inschriften  nicht. 

Was  die  aipe(ji<;  des  Asklepiades  betrifft,  so  liegt  es  am  näch- 
sten an  eine  Ephebenschule-  oder  — des  Namens  halber  — an 
die  Schule  eines  Arztes  zu  denken.  Ein  einziger  Asklepiades, 
Sohn  eines  Asklepiades,  ist  bekannt  aus  einer  attiscben  Ephe- 
beninschrift^  wo  er  in  der  Liste  der  Fremden  aufgezähU  ist. 
Die  Inschrift  (Itci  A-^vaiou  appvTo?)   wird  jetzt  von  Homolle 
{Bull,  de  corr.  hell.  1893  S.  165)  in  das  Jahr  121/0  gesetzt, 
so  dass  ein  Zusammenhang  immerhin  denkbar  ist.  Mit  den 
zahlreichen  Asklepiaden,  deren  Vatersnamen  wir  nicht  ken- 
nen,   ist  nichts  anzufangen.    'Acry.X-oTriaSy:;   6  'AXe^avSpe-j?  ^   ist 
selbst  so  unbekannt,  wie  der  Asklepiades   unserer   Inschrift. 
Mit  dem  derzeitigen  Vorsteher  und  Secretär  Ptolemaios  ist  auch 
nichts  gewonnen.   Der  Name  war  im  Lagidenreich  nicht  ge- 
rade ungewöhnlich. 

Der  Scbluss  der  Inschrift  weist  dieselbe  in  eine  ganz  andere 
Klasse  als  der  Anfang  vernmten  lässt.  Aus  einer  Weihung  zu 
Ehren  des  Landesherrn  wird  eine  Grenzbestimmung.  Die  Kro- 
kodilspriester sind  klug  genug  gewesen,  sich  das  geschenkte 


»  Sharpe,  Geschichte  Ägypleus  übers,  von  Jolowicz  lev.  von  Gulschmid 

118. 

2  Die  Insliluliüu  der  Eithebcn  in  Agjplcu  ist  auch  sonst  bekannt,  vgl. 
das  :ipoaxüvriiAa  in  Philae  Lepsius,  Denkmäler  XII,  86  Nr.  234. 

3  C.  I.  .4.  II  469  Z.  16. 

•»  behol.  zu  Aristophanes  Wolken  37. 


518  M-  l.  STftAdk 

Grundstück  genau  bestimmen  zu  lassen ;  ob  der  Grenzver- 
rückung wegen, Nvelclie  die  Nilsclnvellung  verschulden  könnte, 
oder  aus  Misstrauen  gegen  die  ri(ür,^i'jy(.o-$;  stellt  dahin.  Dass 
der  Sinn  mit  obiger  Übersetzung  getroffen,  scheint  mir  sicher. 
Daran,  dass  die  Weihung  passivisch  abgefasst  ist  im  Gegen- 
satz zu  den  gewöhnlichen  Weihungen,  wird  man  nicht  Anstoss 
nehmen.  Es  zeigen  die  genauen  Masse,  wie  sehr  das  Grund- 
stück Hauptsache  bei  der  Schenkung  ist.  Im  Einzelnen  ver- 
mag ich  den  Schluss  nicht  befriedigend  herzustellen.  Der 
Stein  ist  gerade  hier  sehr  zerstört. 

Die  Weihung  eines  töxo?  kennen  wir  aus  einer  Inschrift  aus 
Ptolemais,  in  der  es  heisst  elv  xri  i'KTOLx.biy.ix  tö  Upov  kolI  xa 
TUYJtOpovTa .  .  .ve;  y,xi  to  Tcpocröv  'Icteiov  jcal  tou<;  7rpo(j6vTai;  (j/iXoo; 
TOTCoui;.  .  .xal  t[Öv]  sjcto;  tiIj^ouc,  tt)?  TroXewi;  ßcoiv-ov  *  und  in  dem- 
selben Sinne  finden  wir  das  W'ort  des  öfteren  in  den  Papyri 
sowol  griechischer  wie  römischer  Zeit^.  Es  scheint  der  ste- 
hende Ausdruck  für  Grundstück,  Baugrund  gewesen  zu  sein. 

Die  Abgrenzung  des  Landes  nach  den  Himmelsrichtungen 
ist  gleichfalls  die  übliche,  nur  dass  bei  den  Kaufcontracten, 
die  uns  auf  den  Papyri  erhalten  sind,  genauer  in  jeder  Rich- 
tung der  Grenznachbar  angegeben  ist^.  Es  finden  sich  in  die- 
sen Contracten  dieselben  Worte  ll']/,  v6to?,  ßoppa;,  äTv^XKÖxYi«; 
wie  auf  dem  Steine. 

Schwierig  hingegen  ist  die  Erklärung  des  Halbkreises,  der 
über  dem  H  wenigstens  sicher  zu  sein  scheint,  und  der  je- 
desmal folgenden  Buchstaben.  Die  Inschriften  allein  bieten 
uns  keine  genügende  Hülfe ;  denn  an  die  Abkürzung  für  lOOOÜ 
M  oder  fl  zu  denken,  die  in  schlechter  Schrift  leicht  zu  Q 
werden  konnte,  wie  sie  es  in  der  That  in  den  Papyri  geworden 


<  Revue  arch.  1883  II  S.  174  (Miller). 

2  Vgl.  Pap.  Leid.  M.  und  N.  ed.  Lecmaiis  Pap.  iierul.  Nr.  38  ed.  Droy- 
scu,  Rhein.  Mus.  1832  S.  491  f.;  Pap.  Berol.  Nr.  183  cilirl  von  Krebs,  Zeil- 
schrifl  für  Äf-'^pl.  Sprache  1893  S.  33  Anin.  1  und  andere. 

3  Lelronne,  Oeuvres  clioisies  I,  1  Ö.  483  f.  ed  Kaguan;  Pap.  Leid.  M.  und 
N.  ed.  Leeraaiis, 


iNSGHRlFtEN   AUS    DER    ZEIT   DER    PTOLEitAEEB  2l9 

ist^  verbietet  das  ^  in  'rT,  (vorausgesetzt  immer,  dass  die 
Lesung  richtig  ist)  und  manches  andere.  Soviel  Land  dürfte 
die  Asklepiadesschule  kaum  zu  verschenken  gehabt  haben.  Wir 
müssen  uns  Ausliülfe  bei  den  Papyri  suchen,  wenngleich  die 
Übertragung  der  cursiven  Schreibweise  auf  die  Steinschrift 
etwas  recht  missliches  hat.  VVilcken  in  seinen  Observationes 
palaeographicae  (a.  a.  0.  S.  '»Ij  erklart  den  übergeschrie- 
benen Halbkreis  für  f^.,  den  beigeschriebenen  Bogen  für  t.. 
Wenn  eine  Entfernung  von  Ost  nach  West,  von  Nord  nach 
Süd  angegeben  ist  ohne  bestimmte  Grenzmarken,  so  darf  man 
das  Mass,  nach  dem  gemessen,  und  die  genaue  Zahlenbe- 
stimmung erwarten.  Das  Längenmass  dieser  Zeit  in  Ägypten 
ist,  wie  die  Papyri  lehren,  6  --/i/'j?.  Mir  scheint  nun  der  Zu- 
sammenhang zwischen  der  Bezeichnung  für  Elle  und  dem 
Halbkreis  für  x  eng  genug  zu  sein,  um  hier  in  unserer  In- 
schrift den  Bogen  für  xvi/'j;  in  Anspruch  nehmen  zu  dürfen. 
Die  jedesmal  folgenden  zwei  Buchstaben,  weiss  ich  nicht  zu 
erklären.  Als  Zahlen  vertragen  sich  >cß  nicht  mit  dem  'jT,  als 
Buchstaben  geben  sie  keinen  Sinn. 

Etwas  wunderlich  sieht  das  Stück  Land  überhaupt  aus,  das 
8  Ellen  breit  und  800  Ellen  lang,  also  ein  ganz  schmaler 
Streifen  von  4  7/,'"  zu  425"'  ist.  Bedenkt  man  aber,  dass  die- 
ser Landstreifen  Ihic,  Sp6{xou  bis  zur  Feststrasse  geht-,  so  lässt 
sich  seine  Gestalt  und  das  Geschenk,  das  in  ihm  gegeben  wird, 
wenigstens  verstehen.  Es  ist  ein  Streifen  Landes,  der  zur  \'er- 
breiterung  eben  dieser  Feststrasse  gegeben  ist. 


Im  Museum  zu  Gizeh,  Saal  39.  Kleine  Votivtafel  aus  Kalk- 
stein,   hoch  0,19"',  breit  0,36'",   dick  0,05"'.    Die  ganze  Vor- 

'  Pap.  Par.  66  col.  IV,  ciliil  nach  Wilckcn,  Observatiunes  ad  lüstoriam 
Aegypti  provinciac  rumanae  II  ö.  41,  Aum.  1. 

2  Mit  opo|j.o;  wird  die  gcpflasterle  Feslstiasse  vor  den  Tempeln  itoreichnet, 
die  Spliiiixiilloo,  die  Slrabo  (XVII  28)  alsoinen  Beslandleil  des  ;i;-'yptiselion 
Tempellieziikos  aull'ührl.  Zu  der  localen  Bedculunf,'  von  fw,-  \>i\.  die  In- 
schriri  von  Ailulis  y.a!  Tf,v  Xotnr)v  [yj-v]  näaav  iw;  Bax-p-.avf;,-  und  Strabo  (XVII 
41)  ivTtüOiv  äpyj,  Töiv  i5r,xovTaaTa8iiüv  ff-/_o(vwv  jw;  Surjvr,«  xai  'EXsyavTivr,;. 


2$0  M.    L.    STRACK 

derfläche  ist  beschrieben  und  zeigt  keinerlei  Verzierung.  Die 
Oberfläche  des  Steines  ist  abgeschliffen,  die  Buchstaben  sind 
in  Folge  dessen  wenig  tief  und  schwer  lesbar.  Fundort  unbe- 
kannt. 

YPEPBA^IAEfi^inTOAEMAlOYTOY 
PTOAEMAIOYOEOYEPIOANOYS: 
KAI  EYXAPisTOYIS:iAI0EAIMErAAHI 
TONNAONKAITOIEPONKAITAnPOS:ONTA 
5     A  Y  T  n  I  T  AMIEIAKAITA:^YNKYPONTA 
PANTAOEaNHPAKAElAOYMAPQNEYS: 

'TTuep  ßa(Ji>.£(j)(;  riTO^ejxatou,  toö 
nTO>,e|/.aiou  öeou  'ETri^avoö; 

Tov  vaöv  /tai  t6  Ispov  '/.ixl  xx  TTpocrövra 
5  auTÜ  tx^mIch.  y.(X.i  rot.  cuvjcupovTa 

TCocvTa  0£O)v  'HpajcXstSou  Mapwveu;. 

'  Zu  Ehren  des  Königs  Ptolemaios,  der  ein  Sohn  des  Ptole- 
maios,  des  Gottes  Epiphanes  und  Eucharistos  ist,  (weiht)  der 
grossen  Göttin  Isis  den  Tempel  und  das  Heiligtum  und  die 
anliegenden  Verwaltungsgebäude  und  alles  Zugehörige  Theon 
des  Herakleides  Sohn  aus  dem  Demos  Maronis'. 

Der  hier  gefeierte  König  ist  einer  der  meist  umstrittenen  in 
der  Reihe  der  Ptolemäer.  Dass  es  der  älteste  Sohn  des  Epi- 
phanes, der  Nachfolger  oder  der  zum  Nachfolger  bestimmte 
Prinz  ist,  wird  man  annehmen  diU'fen. 

Einer  anderen  Übersetzung —  die  auf  den  ersten  IMick  nahe 
zu  liegen  scheint  —  nach  der  der  Beiname  sich  auf  den  Geehr- 
ten selbst,  nicht  auf  den  Vater  beziehen  würde,  der  Nomina- 
tiv also  ßaai>£'j(;  IlTo'ks[Loi.lo<;  tou  flTO^efAaiou  6eö?  'ETCKpavö;  >cai 
Eii/aptcTTOi;  lauten  müsste,  steht  die  Sprache  der  Ptolemäer- 
Inschriften  entgegen.  Aus  dem  bis  jezt  bekannten  Inschriften- 
material lässl  sich  die  Hegel  ableiten,  dass  Beinamen  unmit- 


INSCHRIFTEN   AUS    DER    ZEIT   DER   PTOLEMAEER  221 

telbar  neben  dem  Worte  stehen,  zu  dem  sie  gehören,  und 
nicht  durch  das  Patronymikon  von  ihm  getrennt  sind.  Selbst- 
verständlich hat  der  Beiname,  wenn  die  Königin  zugleich  ge- 
nannt wird,  seine  Stelle  erst  hinter  ihrem  Namen  bez.  hinter 
den  nicht  wol  von  diesem  Namen  zu  trennenden  Worten  "p"^-?, 
oder  äSsXcpri.  Diese  Regel  erleidet,  soviel  ich  sehe  keine  Aus- 
nahme. Als  beweiskräftig  dürfen  nur  die  Inschriften  gelten, 
in  denen  die  Verschiedenheit  der  Casus  jede  andere  Interpre- 
tation ausschliesst,  wie  Z.  B.  ^xaiXia.  nxoXeijLaiov  llToXeaatou 
ScoTvipoi;  {C.  I.  G.  '2273)  oder  ^(X-r^Xict.  nroXeaaiov  tÖ[v  <I>iXo]ar)- 
TOpa  tÖv  iy  ßadiXeti);  IlToXsu-aiou  Jcat  ßa(jtX[t'7<jr,(;]  K>>£0'xxTpa,?,  Oscjv 
'E-i'tpavüiv  (Sitzungsberichte  der  bairischen  Akademie  1888  I 
S.  320).  Weitere  Belege  bieten  die  grossen  Decrete  von  Tanis 
und  Rosette  und  mehrere  andere  Inschriften,  die  zusammen- 
zustellen hier  nicht  der  Ort  ist. 

W^er  ist  aber  der  hier  «renannte  Prinz? 

Die  alten  Historiker'  kennen  nur  zwei  Söhne,  die  späteren 
Könige  Philometor  und  Euergetes  II.  Der  ältere  von  beiden, 
Philometor,  ist  ungefähr  fünf  Jahre  nach  der  Hochzeit  des  da- 
mals sechzehnjährigen  Epiphanes  mit  der  Tochter  Antiochos' 
III,  der  ersten  Kleopatra,  im  Jahre  188  geboren  ■^.  Einen  frü- 
her geborenen  Sohn  nennt  unsere  Überlieferung  nicht.  In  den 
Präscripten  aber  des  Papyrus  Gasati  zu  Paris,  in  zwei  auf 
Stein  erhaltenen  Bittschriften  von  Priesterschaften  am  oberen 
Nii*^,  sowie  in  hieroglyphischen  und  demolischen  Rönigsli- 
sten^  erscheint  hinter  den  6eoi  'E-nrKpaveii;  und  vor  dem  Ösö; 
4>iXo[jt.if)Tü)p  ein  Öeo;  EuTCotTwp,  Auf  Grund  genannter  Listen  hat 


<   losephus,  Anliq.  lud.  XII,  4,  11. 

2  LeUuniie,  Hecueil  l  S.  7.  uie  Geburt  Euergetes'  II  setzt  Letronne  im 
Jahre  182,  die  der  Kleopatra  im  Jaiire  183  an. 

3  Obelisk  aus  Pliilao,  jetzt  in  Eiit,'land  (  Kingslonhall)  C.  I.  GAS%:  Wil- 
cken,  Hermes  XXII  Ö.  1-1(3.  Granitslele  ausSjonc,  jetzt  im  britlischen  Mu- 
seum ;  ungenügend  publizirt  nach  einer  in  blendender  Sonne  in  Sjene  ge- 
nommeneu Absclirili  von  iSayce,  Tran.sacUuns  and  pruccediugs  of  ihe  sociely 
ofbiblical  arch.  IX  (1887)  S.  203. 

'  liOpsius,  Ub(!r  einige  Ergebnisse  ITir  die  Kenntniss  der  Ptolomäerge- 
schiclile  (Abhandlungen  der  berliner  Akademie  1852)  t>.  4ü."). 

ATHEN.   MITTHEILUNGEN  XIX.  16 


222  M.    L.    STRACK 

man  diesen  Eupator  zum  älteren  Bruder  der  Könige  Pliilome- 
tor  und  Euergetes  II  gemaclit '  und  luil  iiim  eine  kurze  Regie- 
rungszeit zwischen  Epiphanes  und  Philouietor  angewiesen, 
die  jedenfalls  kürzer  als  ein  Jahr  gewesen  sei.  Aul'  ihn  hat 
man  dann  die  cyprischo  inschrirt  i^xaikicn  llToX£jj.ai;ov  ösöv  Eu- 
TTotTopa  'AcppoSiT'/]  '  und  die  TempehNeilmng  an  Asklepios  auf 
Philae"  bezogen.  Die  dieser  Meinung  entgegenstehende  Stelle 
des  Papyrus  Anastasy.  die  den  9£6(;  EÜTrärwp  liiiiter  Philome- 
tor  setzt,  ward  für  verschrieben  erklärt,  oder  es  ward,  da  sich 
eine  Anzahl  demotischer  Papyri  fand  mit  derselben  Rönigs- 
reihe  wie  dieser  Papyrus,  eine  nachträgliche  Eintragung  des 
Eupator  in  die  Liste  der  consekrirten  Ptolemäer  constatirt. 
Wegen  dieser  nachträglichen  Einschiebung  in  die  ProtocoUe 
sei  die  Stelle  nicht  immer  genau  beachtet ^  Dieser  Meinung 
steht  seh  reff  entgegen  eine  griechischeWeihinschrift  aus  Apello 
auf  Cypern  :  ßaciXea  nToX6p.alov,  Oeöv  EuTrdcTopa,  tÖv  iy  ßaciXecji; 
IlToXsjy-aiou  '/.(xi  ßacjtXtcdYi;  KXsoxy.Tpa?  Oeciv  <I>i>.0[j//)T6pü>v .  .  .•',  auf 
die  hin  der  Herausgeber  den  Eupator  für  den  jungen  Sohn 
des  Philometor  erklärte  (gleich  wie  die  älteren  Chronogra- 
phen es  gethan*^),  der  nach  wenigen  Regierungsmonaten  von 
seinem  Oheim  Euergetes  ermordet  wurde.  Damit  wurde  Eu- 
pator, des  Epiphanes  ältester  Sohn,  wieder  aus  der  i{eihe  der 
Lagiden  getilgt,  wenn  diese  Tilgung  auch  nicht  ausdrücklich 
ausgesprochen  ist. 

Das  oft  geschmähte  Ilülfsmittel,  aus  einer  Person  zwei  zu 
machen,  oder  vielmehr  in   diesem   Falle  statt  eines   Königs 


'  Diese  von  Franz  ( Jalirbüclier  für  wisscnscliafll.  Ivrilik  lyiO)  zuerst  aus- 
gesprochene Ansichl  ist  allgemein  gebilligl;  so  von  Lelronne  liecueil,  add. 
II  ;jci6,  von  Lepsius  a.  a.  0.  464,  von  Gulscliniid  bei  fc^harpe,  Gescbichlc 
Ägyptens  (deutsche  Ausg.)  I  S.  255,  Anni.  1.  u.  a. 

2  0.  I.  G.  2618  aus  Kuklia,  jetzt  in  Wien. 

•*  C.  I.  G.  48Ü4  ßaaiXs'J;  llToXejjiaioj  xal  ßaaiXiaaa  KXeoi-äTpa,  Oeol  "Ent^avEi? 
jtat  IlToXejiaios  6  ulöj  'AaxATjTziwi. 

*  Lepsius  a.  a.  (J.  S.  466. 
5  LeBas  III  28U9. 

*  Chanipoliion-Figeac,  Siir  le  contral  de  Plolemais  S.  30;  cilirl  Lctronne, 
Recueil  I  ö.  365  f. 


INSCHRIFTEN   AUS   DER    ZEIT    DER   PTOLEMAEER  223 

Eupator,  den  die  historischen  Berichte  nicht  kennen,  zwei 
nicht  genannte  in  die  Ptolemäerreihe  einzuschieben,  ist  hier  die 
einzige  Aushülfe  — aber  auch  die  richtige,  wie  ich  glaube.  Will 
man  nicht  dem  Epiphanes  Eucharistos  auch  noch  den  Titel 
Philometor  beilegen  —  und  das  wird  kann  Jemand  unterneh- 
men bei  der  Menge  der  Inschriften  gerade  für  diesen  Fürsten  — 
so  bleibt  dem  von  Euergetes  II  getöteten  jungen  König  der 
Titel  Eupator.  Eine  Ehreninschrift,  wie  die  aus  Apello,  ist 
bei  Lebzeiten  des  zu  Ehrenden  gesetzt.  Üa  kennt  man  den 
wahren  Namen  dessen,  den  man  ehrt*.  Leichter  kann  in  den 
Ptolemäerreihen  der  Papyri  und  Priesterbittschriften,  die  nicht 
gleichzeitig  mit  dem  Eupator  sind,  ein  Fehler  stecken.  Aber 
die  Urkunden  sind  in  zu  grosser  Zahl  vorhanden,  die  Eupa- 
tor hinter  Epiphanes  einreihen,  als  dass  solch  ein  Fehler  ir- 
gend welche  Wahrscheinlichkeit  hätte.  Es  bleibt  also  auch  der 
Sohn  des  Epiphanes  bestehen,  und  wir  haben  zwei  Eupato- 
ren,  Oheim  und  Xeffe,  anzuerkennen. 

Wie  man  das  Fehlen  des  einen  oder  anderen  Namens  in 
den  verschiedenen  Listen  erklären  muss,  bleibt  unentschie- 
den. Eine  bedeutende  Rolle  hat  keiner  der  beiden  jungen  P'ür- 
sten  gespielt^.  Ja  es  ist  gar  nicht  notwendig,  dass  des  Epipha- 
nes Sohn  überhaupt  regiert  hat.  Er  kann  vor  seinem  Vater, 
vor  181  gestorben  sein.  König  war  er  darum  so  gut,  wie  die 
Berenike,  die  frühverstorbene  Tochter  Euergetes'  I,  Königin"^. 
So  bliebe  der  Bericht  des  losephus  zu  Recht  bestehen. 


'  Lepsius  a.  a.  0.  S.  468  erkennl  den  jungen  König  an,  und  niMint  ihn 
auf  Grund  von  Künii.'sroihon  in  liieroglyphischer  und  domolisclier  Sclirifl 
Philoiialor  oder  Neos  l'liilopator.  Auf  einzelne  deniotisclie  Urkunden,  die 
ihn  Eupator  nennen,  legt  er  kein  Gewicht.  Gerade  diese  haben  diesmal  den 
wahren  Namen  erhallen,  wenn  überall  der  Name  fest  lixirt  war. 

2  In  den  Königslisten,  die  mit  Euergetes  II  schliesscn,  mag  die  Vernach- 
lässigung des  Philomelor-Sohnes  ein(Mi  polilisehen  Grund  haben:  so  in  der 
Billschril'l  der  lsis[)riester  auf  dem  Obelisk  in  England. 

3  Inschrift  von  Tanis  gegen  Öehluss  .  .  .  Bspsvixrjv,  /j  xai  ^aaiXtusa  EÜÖEwi 
iniiv./ßr^.  Mich  dünkt,  wir  haben  auch  von  ihr  eine  Ehreninschrift  mit  dem 
Königinnen-Titel.  Aul  einei  Heliefvasc  aus  der  Kyrenais  (Arch.  Zeitung 
>iXI  S.  26*  Anin.  ">S)  stehen  die  ^^'orle  :  Ostöv  EjEcysTtöv  BspEvixr,;  ßaaiXiadr,; 
(k-^abf,i  xü/T);.  Wer  anders  sollte  niil  den  letzten  Worten  gemeint  sein  ? 


224  M.    L.    STRACK 

Der  Ptolemaios  unserer  Inschrift  ist  also  der  ältere  Eupator, 
der  erste  frühverstorbeno  Sohn  des  Epiphanes.  Die  Weihung 
wird  gemaclit  sein,  als  dieser  Eupator  noch  einziges  Rind 
war,  also  zwischen  19'2  und  188.  dem  Geburtsjahr  des  Phi- 
lometor. 

Die  Form  der  Weihung  '  Ptolemaios  des  Ptolemaios  Sohn', 
ohne  dass  die  Mutter  genannt  wird,  steht  ziemlich  verein- 
zelt da.  Ich  kenne  unter  den  griechisch-ptoloniäischen  In- 
schril'ten  ausser  der  oben  S.  -21  citirten  Insciirit't  C.  I.  G. 
2273  nur  zwei  ähnliche,  beide  auf  Plolemaios  Soter  II  bezüg- 
lich'. Vielleicht  ist  der  Raummangel  auf  der  kleinen  Tafel 
der  Grund. 

Für  die  Weihung  eines  Tempelbezirkes  mit  allem  zugehö- 
rigen vgl.  die  Inschrift  aus  Ptolemais  [Revue  arch.  188H,  II 
S.174;  oben  S.  218).  Wo  der  Isistempel  gelegen,  ist  nicht 
zu  bestimmen,  da  der  Fundort  in  Kairo  nicht  angegeben  ist. 
Gleichfalls  unbekannt  ist  der  Donator. 

Das  letzte  Wort  aber  der  Inschrift  bietet  noch  ein  besonde- 
res Interesse  und  macht  die  unscheinbare  Tafel  wertvoll.  Ma- 
poveuc  steht  zu  Mapwvs'.a,  wie  'AXs^avSpeuc  zu  'AXei^avSpeia.  Eine 
Stadt  Maroneia  kennen  wir  an  der  Südküste  Thrakiens,  und 
es  steht  nichts  im  ^\'ege  den  Theon,  des  llerakleides  Sohn, 
zu  einem  Thraker  zu  machen, wenn  auch  im  Allgemeinen  bei 
grösserer  Entfernung  der  Bürger  einer  kleinen  Stadt  den  Na- 
men seines  Volkes,  nicht  den  der  Stadt,  dem  seinigen  zufügt. 
Etwas  anderes  aber  liegt  näher.  Lumbroso  ^  hat  zuerst  die 
AN'ichtigkeit  eines  Fragmentes  von  Satyros  [F.H.  G.  III,  Ut5) 
hervorgehoben,  in  dem  von  Phylen  und  Demen  Alexandriens 
gehandeil  wird  und  überzeugend  gegen  Franz  dargethan,  dass 
uns  Demennamen  in  einem  turiner  Papyrus  und  auf  einem 
Steine  erhalten  sind.  Satyros  zählt  an  dieser  Stelle  den  Stamm- 
baum auf,  den  sich  die  Lagiden  bis  zum  Gotle  Dionysos  liin- 


^  Lebt'gue,  Hecherches  sur  Udos  S.  157  (aus  Mykonos  oder  Dclos)  und 
Ilauvetle-Bcsiiaull,  Bull,  de  corr.  hell.  VI  S.  34'.^  (aus  Delos). 

2  Lumbioso,  Hicerclie  Alcsmndrine  III  §  3,  Di  un  fmmmcnlo  di  Saliro  sui 
demi  alessandrini  e  di  una  riforma  di  Filopalor. 


INSCHRIFTEN    .\[TS    DER    ZEIT   DER    PTOLEMAEER  225 

auf  geschaffen  hatten,  und  berichtet,  dass  nach  jedem  Ahn- 
herrn ein  Demos'  der  Pliyle  Dionysia  genannt  sei.  Da  die 
Reihe  der  Ahnen  sich  als  zu  kurz  erwies  für  die  Anzalil  der 
zu  schaffenden  Demen,  wurden  die  übrigen  Glieder  der  gros- 
sen dionysischen  Familie  herangezogen,  und  alle  zu  Epony- 
men  der  neuen  Demen  gemacht.  Ein  solcher  Eponymos  ist 
Maron  ;  der  von  seinem  Namen  abgeleitete  Demos :  Maronis. 
Diese  inschriftliche  Bestätigung  der  Überlieferung  des  Satyros 
ist  wertvoll.  Bis  jetzt  hatten  wir  nur  ein  Demotikon,  das  in 
gleicher  Weise  bei  Satyros  und  in  einem  Papyrus^  vorkommt: 
KoiviO?  abgeleitet  von  Koivo?,  sowie  drei  andere,  deren  Zuge- 
hörigkeit  wahrscheinlich  ist  At/twe-j;,  OsT^ao^op-o?,  ^ilou.riTÖ- 
peio?  •'.  Eine  andere  Form  für  Maroneus  ist  Maronites,  die  uns 
einmal  in  den  Syringen  Thebens,  ein  anderes  Mal  auf  einer 
nach  l{om  verschleppten  Inschrift  begegnet '''.  Beide  glaube  ich 
auf  den  alexandrinischen  Demos  und  nicht  auf  die  thrakische, 
kleine  Stadt  ^  beziehen  zu  dürfen.  An  der  Form  MacpcovE-j«;  und 
ihrer  Zugehörigkeit  zu  dem  Demos  Maronis  wird  dadurch 
nichts  geändert. 

III. 

Im  Museum  zu  Gizeh ,  Saal  40.  Grosser,  rechteckiger 
Block  aus  rotem  Granit;  hoch  etwa  0,65'",  breit  0,67,  dick 
0,58.  Die  Vorderseite  ist  zur  Hälfte  beschrieben  mit  guter 
Schrift,  die  jedoch  des  Materials  wegen  schwer  lesbar  ist.  Der 


'  Meineke's  Versuch  [Analerta  Alexandrina  S.  347)  die  hier  überliefer- 
ten Deinen  zu  Phylen  zu  machen,  der  Namensenduii^'  -i;  zu  Liebe,  seheint 
mir  zu  ■icnvallsam  und  von  Lumbroso  mit  Hechl  zurückfjewiesen.  Kine 
IMijle  als  nähere  Be/.eichnuMK  eines  Namens  zu  setzen,  seheint  unter  Grie- 
chen nicht  vürzukummeii.  Verderbt  ist  das  Satyros-Fragmcut  allerdings 
sehr. 

^  Pap.  Taur.  XIII,  cilirt  bei  Lumbroso  a.  a.  O.  S.  71, 

^  Lumbroso  a.  a.  O. 

*  C.  I.  G.  lü.  i806.  5054. 

•'  Steph  Byz.  s.  v.  von  der  Stadt  iMaroneia :  t6  lOvixöv  Moptovciir,;  xal  Or,- 
XuxüJs  oia  Toü  T  xai  Mapwvij  ä-ö  ttJj  Mapwvo;  y^v"'^?  "ai  Maptüvalo;.  i'o;  izö  toj 
MapüivT). 


•2\?6  M.    L.    STRACK 

Block  ist  an  den  Ecken  ein  wenig  zerstossen.  Ob  die  Ober- 
fläche Einarbeitungen  zui*  Befestigung  einer  Statue  oder  dergl. 
zeigt,  war  nicht  zu  sehen,  da^  ein  anderer  schwerer  Stein  auf 
diesen  gesetzt  ist. 


APOAAr^NIONOE.NOZTON 

TGYBASIAEnSKAIAlOIKHTHN.  .  .  . 
TONEAYTOYAAEA(t)ONnTOAEMAIOZ 
APOAAaNlGYTQNAIAAOXnN 
5      EYNOIAZENEKENTH2EIZBAZIAEA 
PTGAEMAIONKAIBAZIAIZZAN 
KAEOnATPANOEOYZEni(t)ANEI2KAI 
EYXAPIZTOY^KAITATEKNAAYTnN 

'AuoXXwvtov  ©e'wvo?  tÖv  [(j'jyyevvi 

tÖv  eauTOu  aS£>,cp6v,   IlToT^eiv-aio? 
'AtcoXXwviou  t(öv  StaS6;;i^cov 
5  euvoia;  eveJtev  t9]<;  et?  ßaaiXs'a 

IlToXeaaiov  xoti  ßaciXincav 
KXeoTUXTpav  Oeou;  'ETüicpavsi;  x,ai 
Euj^apicTOu;  )tai  to,  T£x,va  aüxoiv. 

'  Den  ApoUonios  des  Theon  Sohn ,  den  Verwandten  des 
Königs  und  Finanzminister,  seinen  leiblichen  Bruder  (ehrt) 
Ptolemaios  des  ApoUonios  Sohn  aus  dem  Stande  der  Diado- 
clien  der  üuten  Gesinnuni»'  \veG;en,  die  er  dem  K()niü;  Ptole- 
maios  und  der  Königin  Kleopatra,  den  Göttern  E})iphaneis 
Eucharistoi  und  ihren  Kindern  gezeigt  hat'. 

Die  Inschrift  bietet  nichts  Ungewöhnliches.  Da  mehrere 
Kinder  des  l^][)iphanes  genannt  werden,  so  fällt  ihre  Abfassung 
in  die  Zeit  zwischen  188  und  181.  Den  Donator  kennen  wir 
so  wenig,    wie  den   Geehrten'.    Das  Amt  des  f^ioDtYixri?,   das 

'  In  Philao  isl  ein  Tiooa/.jvrjtAa  eines  'AnoXXoivio;  ©e'ovo;  aus  dem  Jahre  2 
eines  unbestiuimliMi  Ilerrsclieis  erliallen  (Letronne,  liecueil  II  3t),  der  aber 
schwerlich  idfiilisch  isl  mit  dem  oben  genannten. 


INSCHRIFTEN  AUS   DER    ZEIT   DER   PTOLEMAEER  227 

Apollonios  bekleidet,  ist  eines  der  höchsten  im  Lagidenreich  ^ 
Der  Diadoche  Ptolemaios  verfehlt  darum  nicht  mit  besonde- 
rem Behagen  hervorzuheben,  dass  es  sein  eigner  Bruder,  also 
jedenfalls  sein  Stiefbruder  väterlicher  Seits  ist,  den  er  mit  die- 
ser Inschrift  ehrt.  Er  selbst  gehört  zu  der  Elitetruppe  der  Pto- 
lemäer,  die  wahrscheinlich  sich  nur  aus  Makedoniern  recru- 
tirte  2. 

IV. 

Im  Museum  zu  Alexandrien,  Saal  G.  Votivtafel  aus  Kalk- 
stein, hoch  0.39'",  breit  0,29'",  dick  0,06'".  Die  Buchstaben 
(0,02-0,03'")  in  sorgfältiger  Weise  geschrieben,  stehen  zwi- 
schen Linien  mit  breitem  Zwischenraum.  Reste  von  Rot  sind 
in  ihnen  erhalten.  Die  Tafel,  links  und  unten  gebrochen, 
zeigt  rechts  und  oben  einen  Leistenrand.  Botti  liest  Z.  6: 
EZE<t)YAOZ;  Z.7:OAYPPHNIOZ;Z.9in  der  Mitte:  N. 

22TTTOAEMAIOY 
HSKAEOnATPAS 

hzkaiba21AI22:h2 

2       THZrVNAIKOS 
5  ETQNKAITQN 

nNEXE0YAOZ 
0AYPPHNI02 
M  A  T  O  0  Y  A  A  K  n  N 


'  Lunihiuso,  Rerlicrrlics  sur  irrütunnic  pulitüiue  de  i'E(j[iple  S.  339.  Zu  tien 
sechs  Diuikeloii,  die  (M- aiil'/äliU,  kuiiiinl  jolzl  der  iiiisiine  und  Auxapüov  Nou- 
(XTjv^ou  hinzu  (Neroulsos,  Vancienne  Alexandrie  S.  98). 

2  lainihroso,  a.  a.  ü.  S.  195,  224. 


2'38  M.    L.    STRAHK 

5  Gscöv  EuepysJTcöv  jcal  töüv 

Toö  Silva  II]o>.upp7)vio<; 
Tüiv  äp^iT(o]aaTO(puXä>ta)v 


[tö  Ssivi  öecp]. 

'  Zu  Ehren  des  Königs  Ptolemaios  und  der  Kiuiigin-Schwe- 
ster  Rleopatra  und  der  Königin -Gemalilin  Kleopatra,  der  Göt- 
ter Euergetai,  und  ihrer  Kinder  (weilit  dies)  Echephylos.  .  . 
aus  Polyrrenia,  dem  Range  nach  ein  Chef  der  Gardes  du 
Corps,  dem.  .  .' 

Die  Inschrift  ürehört  in  die  Jahre  144-132  oder  124-117  ^ 
In  diesen  Zeitläuften  hat  iMiergetes  nach  Ausweis  genau  da- 
tirter  Papyri  mit  beiden  Kleopatren,  seiner  Schwester  und 
&einer  Nichte,  zusammen  regiert.  Genauer  bestimmen  lässt  sich 
das  Datum  der  Weihung  nicht,  da  die  Erwähnung  der  Kin- 
der sowol  zu  der  früheren,  wie  zu  der  späteren  Zeit  passt. 
Neues  lehrt  die  Inschrift  nicht.  Gleiche  Weihungen,  abgesehen 
natürlich  vom  Namen  und  Stand  des  Donators,  sind  in  letzter 
Zeit  durch  die  Ausgrabungen  in  Cypern  und  Delos  mehrfach 
zu  Tage  getreten  und  finden  sich  ebenso  in  Ägypten,  leider 
fast  alle  ebensoweni";  "enau  datirt  ^\ie  unsere  Inschrift.  Der 
Kreter  Echephylos  —  die  Ergänzung  des  Namens  seiner  Hei- 
matstadt halte  ich  für  sicher^ — ,  ist  nicht  weiter  bekannt.  Den 
Namen  habe  ich  nur  ein  Mal  noch  in  einer  F'reilassungsur- 
kunde  aus  Delphi  gefunden,  wo  sein  Träger  als  Zeuge  auf- 
tritt ^.  Welche  Rolle  Echephylos  am  Ptolemäerhof  gespielt  hat, 
lässt  sich  aus  seinem  Titel  nicht  entnehmen.  'Apj^tawfxaTocpüXa^ 
ist  ein  Ehrentitel  unter  den  Lagiden  geworden,  wie  Guyye^Yii 


'  Lepsius  a.  a.  O.  8.  471;  siehe  jedoch  unlen  S.  229,  V. 

2  Zu  Philomelors  Zeiten,  des  unmiUelharen  Vorgängers  von  Euergeles  II, 
ist  der  .'igyptische  Kiiitluss  auf  der  Insel  /icmlich  stark  gewesen.  So  sendet 
Philometor  Schiedsrichter  bei  den  Grenzslreiligkeiteu  zwischen  Itamieru 
und   Hieropylniern    (6'.  /.  G.  2561''  ). 

3  C.  I.  G.  1706. 


INSCHRIFTEN   AUS    DER    ZEIT    DER   PTOLEMAEER  ?29 

und  xpöTo;  »piXo?,  vielleicht  um  einiges  niedriger  als  diese.  Die 
Stellung,  die  solch' ein  Oberleibwächter  in  Wirklichkeit  ein- 
nimmt, findet  sich  auf  Inschriften  meist  neben  seinem  Ehren- 
titel angegeben  ;  des  öfteren  entbehrt  sie  jedes  militärischen 
Charakters,  den  man  zu  erwarten  doch  berechtigt  ist.  Welches 
Amt  dieser  Polyrrenier  verwaltete,  hat  uns  der  Stein  nicht 
bewahrt. 


V. 


Im  Museum  zu  Alexandrien.  Platte  aus  Kalkstein,  hoch 
0,23'",  breit  0,33'".  Die  Platte  ist  ganz  beschrieben;  die  Kan- 
ten sind  etwas  bestossen ;  am  rechten  Rande  fehlen  einige 
Buchstaben.  Botti  liest  Z.  4;  ZHTHPIKOZ. 

YTTEPBAZIAEQ^nToAEMAloYKA.  .  . 
BAZIAISSHSKAEorTATPAZTHSrYNAi  .  . 
OEaNEYEPrETnNKAITnNTEKNQNA. . 
ZQTHPIXOZIKAAinNoZroPTYNIOST^  . 
5   APXISaMATo(t)YAAKnNoATTE2TA/ 
MENo2YnonAnTo2ToY2YNrENoY2KA. 
ZTPATHroYTH20HBAIAOZEniTHN2YNAi  .  . 
THNTHZnoAYT.  AoYSAlOE  I  AZKAIEniTQN 
TTAQNKAinAPEZ0MEN02THNAZ(t)AAEIANT0  .  . 
10   KATAK0Mll0Y2:iATT0T0YKATAK0TTT0N0P0Y  . 
TAAIBANQTIKA(t)oPTIAKAITAAAAZENIA 
TTANIEYOA^IKAITOIZAAAOIZGEOIZ 
TTAZIKAinAZAIZLMAOaoT 

'Vtceo  ßÄC'.Xe'd);  IlToXejxxiou  )ca[t 
ßadiXiodY;?  KXeoTcaTpa?  Triq  yuva[i)t6(;, 
Oeciv  EutpyeTcöv,  jcai  t(öv  texvcov  (x^^uzCiw 
SwTYipi^oi;   'I>caSi(i>vo;  Toptuvio?  t[(j)v 
j        ap^iccoaaTOCpuXxxwv  6  ä7r£GTa[X- 

[xevo;  Ü7c6  flicüTo;  toO  uuvyevou;  5ca[i 


?30  M.    L.    STRACK 

yyjv  Trii;  •770>,ut£'XoG<;  >>i6£iac  x.xi  iizl  töv 
TwXöiv  x,xt  7:ao£^6u.£voi;  t'/^v  äafpxXetav  to[T? 
10        xaTa)toat?^our7i  ä-xö  toO  xaTa  Köttov  öpo'j[i; 
xä  XiSavwTDca  cpopxia  )cai  xxX'Xa  ^svta 
riavl  EüoSüJ  xal  toi?  aX>.oi;  öeoi; 
Tzxryi  xai  Tvxaaii;   L  aa    0w9  t. 

'  Zu  Ehren  des  Königs  Ptolemaios  und  der  Königin-Gemah- 
lin Kleopatra,  der  Götter  Euergetai,  und  ihrer  Kinder  (weiht 
dies)  Soterichos  des  Ikadion  Sohn  aus  Gortys,  ein  Offizier  der 
Gardes  du  corps,  abkommandirt  von  dem  Verwandten  und 
Strategen  der  Thebais  Paos  zum  Transport  des  kostbaren  Ge- 
steins und  zur  Beaufsichtigung  der  Schiffart  und  zum  Schutze 
der  Kaufleute,  die  vom  koptischen  Gebirg  die  Weihrauch- 
Lasten  und  die  anderen  Geschenke  bringen,  dem  Pan  Euho- 
dos  und  den  andern  Göttern  und  Göttinnen  allen.  Im  Jahre 
41,  am  10.  Thoth'. 

Der  10.  Thoth  des  Jahres  41  ist  der  3.  Oktober  des  Jah- 
res 129. 

Im  Herbst  des  Jahres  129  war  also  Euersetes  II  Herr  im 
Lande.  Das  ist  das  geschichtlich  Neue,  was  die  Inschrift  lehrt. 
Ein  activer  Offizier  wird  für  den  vertriebenen  Fürsten,  der  im 
offenen  Kriege  mit  der  zur  Zeit  in  der  Hauptstadt  regierenden 
Fürstin  steht,  keine  Weihung  machen,  auch  wenn  er  noch  so 
weit  abkommandirt  ist.  Die  Rückkehr  des  Königs  Euergetes 
nach  seiner  Vertreibung  und  der  Beginn  der  zweiten  gemein- 
samen Regierung  dieses  Fürsten  mit  den  beiden  Kimiginnen 
Kleopatra  wird  allgemein  in  das  Jahr  127  gesetzt.  Worauf 
sich  diese  genaue  Datirung  gründet,  habe  ich  nicht  ermitteln 
können.  Die  Quellen,  die  überhaupt  von  einer  Unterbrechung 
seiner  Regierung  in  der  Zeit  nach  Philometors  Tode  sprechen, 
geben  keine  bestimmten  Zahlen,  soweit  ich  habe  sehen  kön- 
nen. Es  mag  für  den  Beginn  der  gemeinsamen  Regierung  das 
Jahr  immerhin  richtig  gewählt  sein,  für  die  Rückkehr  des 
Euergetes  ist  es  falsch.  KXeoTr&Tpa  y)  ä.hl<fi\,  wie  die  erste  Ge- 
mahlin auf  allen   Inschriften  und  Präscripten  vor  und  nach 


INSCHRIFTEN   AUS    DER    ZEIT    DER    PTOLEMAEER  231 

der  Kriegsperiode  (132-?)  heisst,  ist  hier  nicht  genannt.  Das 
zeigt  deutlich,  dass  die  Aussöhnung  zwischen  ihr  und  dem 
König  noch  nicht  Statt  gefunden  hatte.  Euergetes  II  war  von 
dem  alexandrinischen  Pöbel  —  wahrscheinlich  imJahrel32  — 
vertrieben,  und  für  ihn  seine  erste  Gemahlin  Rleopatra  auf 
den  Thron  gesetzt.  Lange  hat  sie  das  Scepter  nicht  allein  ge- 
führt. Ob  sie  dem  siegreichen  Heere  des  Euergetes  gewichen, 
oder  ob  die  neuerungssüchtige  Menge  der  grossen  Weltstadt 
sie  schon  vorher  vertrieben,  bleibt  ungewiss.  Jedenfalls  ist 
auch  Kleopatra  ausser  Landes  gegangen  nach  Syrien,  und  mag 
dort  einige  Jahre  geweilt  haben,  ehe  neue  Verwicklungen  zwi- 
schen Syrien  und  Ägypten  den  Anlass  zu  der  dauernden  Ver- 
söhnung zwischen  den  Geschwistern  Euergetes  und  Kleopatra 
gaben '. 

Aus  den  letzten  friedlichen  Regierungsjahren  des  Euergetes 
II  weiss  selbst  sein  härtester  Kritiker  Sharpe  ~  einiges  Gute  zu 
berichten.  Gutschmid  in  seinen  berichtigenden  Anmerkungen 
zu  Sharpe's  Buch  nennt  den  König  'einen  verworfenen  Men- 
schen, aber  musterhaften  Regenten'  und  führt  zur  Begrün- 
dung u.  a.  an,  dass  er  den  unbotmässigen  makedonischen  Adel 
ausrottete  und  Massregeln  zur  Hebung  des  Handels  ergriff. 
Fast  als  Bestätigung  der  gutschmid 'sehen  Ansicht  bietet  sich 
unsere  Inschrift.  Den  hohen  Posten  eines  duyyevy);  Jtal  cTpaTvi- 


'  In  dieselbe  Zoit,  also  ungefähr  in  das  Jahr  129,  gehört  auch  die  zu  Eh- 
ren des  gleichen  Königspaares  auf  der  Kalarakteninsel  Selis  errichtete  In- 
schrift (C.  I.  G.  III  4893),  die  Letronne  (Becueil  l,  389)  in  die  letzten  Re- 
gierungsjahre des  Euergetes  setzt  mit  der  Begründung,  die  Schwester  Kleo- 
patra müsse  vorher  gestorben  sein.  Diese  beiden  Inschriften  am  oberen  Nil 
machen  die  Vermutung,  das  Königspaar  sei  persönlich  tiort  gewesen,  nicht 
unwahrscheinlich.  Niinint  man  eine  solche  Keise  an,  so  ist  die  Rückkehr 
des  vertriebenen  Königs  spätestens  im  Frühjahr  127  erfolgt.  Im  Sommer 
wird  er  schwerlich  eine  Reise  in  die  heissen  Gegenden  unternommen  haben. 
Wäre  er  erst  im  Herbst  zurück  gekehrt,  so  dürfte  er  kaum  gleich  darauf 
für  längere  Zeil  seine  Ilauptsladt  verlassen  haben. 

2  Sharpe  nennt  den  König  in  seiner  ("teschichle  Ägyptens  |I  S.  275  der 
deutschen  Übersetzung)  ein   wahres  Scheusal  sowol  geistig  wie  körperlich. 


'232  M.    L.    STRACK 

yo;  T7i<;  ©YiSatSo;  *  bekleidet  ein  Ägypter,  genugsam  als  solcher 
eharakterisirt  durch  seinen  fremd  klingenden  Namen  und  das 
Fehlen  des  Patronymikon.  Seinem  Untergebenen  Soterichos^, 
einem  Offizier  der  Gardes  du  corps  ist  das  Commando  in 
Roptos  anvertraut,  einem  Endpunkte  der  grossen  Karawanen- 
strassen  am  Nil,  die  den  Handel  zwischen  Indien.  Arabien  und 
dem  östlichen  Äthiopien  nach  Ägypten  und  weiter  zu  den  Völ- 
kern des  Mittelmeeres  ermöglichten  und  vermittelten.  DerGor- 
tynier  scheint  die  Stelle  eines  Platzkommandanten  und  Ver- 
waltungsbeamten zu  gleicher  Zeit  inne  gehabt  zu  haben.  Vor- 
nehmlich waren  ihm  Handel  und  Schiffart  anvertraut,  zu  de- 
ren Schutz  ihm  Truppen  zur  Verfügung  standen.  Ob  er  für 
längere  Zeit  auf  diesen  Posten  gesandt  oder  zu  einem  einma- 
ligen bestimmten  Zweck,  kann  zweifelhaft  erscheinen.  Wahr- 
scheinlicher ist  mir  das  letztere,  da  Geschenke  nicht  wol  zu 
den  stehenden  Einrichtungen  gerechnet  werden  können,  und 
;£via  doch  kaum  einen  anderen  Sinn  als  Geschenke  haben  kön- 
nen. Sein  Amt  ItzI  tüv  7:>.öjv  (gebildet  wie  i%i  irii;  tttö^sw;  C.I.G. 
2617,  2621,  sTTt  Tüiv  (jL£Tä>Xa)v  Jouniül  of  Hell,  studies  IX 
(1888)  S.  243  u.  a.)  bezieht  sich  sicherlich  auf  die  Nilschif- 
fart. In  der  Inschrift  von  Mendes^  wird  als  besondere  Vergün- 
stigung des  Königs  Philadelphos  für  die  Einwohner  des  men- 
desischen  Gaues  bestimmt,  dass  sie  keine  Schiffartsteuer  für 
ihre  Fahrzeuge  zu  entrichten  hätten,  und  ebenso  heisst  es  von 
dem  jungen   König  Epiphanes  in  dem   Decrete   von   Rosette 

Z.    17    7i:pOT£Ta^£V  hl  Y.cd  T*OV  CuXXyI'I'.V  TÖJV  t\c,  T7)V  vaUTElOCV  [XY)   Tuoui- 

cOat,  eine  Stelle,  die  erst  Wachsmuth  ^  richtig  von  der  Schif- 
fartsteuer verstandi'n  hat.  Den  Schiffern  also  des  oberen  Nil 
und  besonders  wol  den  Schiffern  von  Koplos  selbst  ward  So- 
terichos  zur  Beaufsichtigung  gesandt. 


'  Über  flies  Ami  vgl.  Luinbroso,  Recherclies  sur  l'^conomie  S.  260.  Den 
Nameu  flao)?  führt  sonst  nur  noch  ein  ägyptischer  Fischer  Pap.  C'as.  'i1,10. 

2  Der  Name  ist  in  griechischer  Zeit  fast  unbekannt.   ImsI  mit  der  römi- 
schen Herrschaft  wird  er  in  Griechenland  gebräuchlicher. 

3  Zeitschrift  für  ägyptische  Sprache  1875  S.  33  f.  (Brugsch). 

4  Rhein.  Museum  XXX  S.  448. 


INSCHRIFTEN  AUS   DER   ZEIT   DER   PTOLEMAEER  233 

Was  mit  der  TroX'jTeVo«;  WdcL  gemeint  ist,  kann  zweifelhaft 
sein.  Man  wird  an  den  wertvollen  Granit,  der  von  Philä  bis 
Syene  zu  Tage  liegt  und  vielfach  dort  im  Altertum  gebrochen 
ist,  oder  an  den  Smaragd,  dessen  Minen  nicht  weit  von  der 
Küste  vier  Tagemärsche  südlich  vom  heutigen  Kosseir  liegen, 
zu  denken  haben',  in  der  Inschrift  von  Rosette  Z.  34  heisst 
es,  der  König  habe  dem  Apieion  viel  Gold  und  Silber  und 
XiOoi  TjoX'jTsXei;  geschenkt,  und  Strabo  in  der  Beschreibung  In- 
diens rühmt  von  dem  Lande  (XV,  67)  cpe'pei  Ss  xai  l'.fiiitx^  yi 
j(^ü)pa  Tto'k'jTS.'kri  xp'JGTaXXwv  •/.%<.  ävOpäxwv  Travxoiwv,  x.xOaxsp  twv 
p.apyap'.T(iv.  Danach  dürfte  die  Deutung  auf  Smaragd  hier  die 
richtigere  sein. 

Durch  die  Bergkette  der  arabischen  Wüste  zvsischen  Nil  und 
Meer  ziehen  sich  verschiedene  Thäler  von  Koptos  aus.  Ihnen 
hat  schon  der  zweite  Ptolemäer  Philadelphos  sein  besonderes 
Interesse  zugewandt,  Berenike,  Leukos  Limen,  Philoteras  Li- 
men,  Myos  Hormos  werden  als  Häfen  genannt  an  der  afrika- 
nischen Küste  des  roten  Meeres,  von  denen  aus  die  Karawanen 
mit  den  Kostbarkeiten  des  Orients  den  \\'üstenmarsch  nach 
Koptos  antraten.  Natürlich  sind  auch  sie  von  den  schweifen- 
den N'ölkerstämmen  belästigt  und  berauht  worden  wie  es  zu 
allen  Zeiten  der  Fall  gewesen  ist.  Davon  zeugen  noch  heute  ei- 
nige Inschriften  aus  Apollonopolis  Magna,  einem  anderen  End- 
punkt am  Nil  für  die  Karawanen  von  Berenike,  wie  C.  I.  G. 
4838  sooSe  IIäv  Toi  tÖvSe  -kclIc,  rXa'jx,oG  xöpe  y.6<T[;.ov 

ZYjvooOTÖg  oo)6£t?  '^r\c,  Öltzo  ttj?   'Apäßcov. 

Welche  Wege  Soterichos  zu  schützen  hatte,  ist  nicht  angege- 
ben. Mit  den  Worten  (xtcö  toO  x.(x.t'x  Kotttov  öpoo;  ist  ganz  allge- 
mein die  arabische  Bergkette  bezeichnet. 

VI. 

Im  Museum  zu  Alexandrien,  Saal  //.  Kleine  weisse  Mar- 
morlafcl,   hoch  0,17'",   breit  0,15'",  dick  0,0ü'".  Die  Tafel  ist 


'  Vgl.  Zeilsclii'ifi  lür  Ellinoiogie  18Ü2  S.  4i  (Ü.  Scbneider). 


234  M.    L.    STRACK 

ohne  Verzierung  und  links  gebrochen.  Botti  liest  Z.  2  :  0E  ; 
Z.  3:    AYTOYKAI. 

■=  Z  I  N  O  H  I 
A  0  n  I  O  I 
PAYTOYKAI 
N  A  I  K  O  Z  K  A  1 
A  I  A  I  Q  N 

cop  ÜTTsjp  auTOö  xal 
TY^i;  yi»]vau6;  ;ta.i 

T<Iiv    TTjaiÖtCOV. 

•  Der  Göttin  Arsinoe  Philadelphos  (weiht  dies)  Thestor  für 
sich,  sein  Weib  und  seine  Rinder'. 

Die  Ehe  zwischen  den  Geschwistern  Ptolemaios  und  Arsi- 
noe ist  wahrscheinlich  im  Jahre  271,  jedenfalls  vor  dem  Jahre 
270  '  geschlossen.  Die  Inschrift  fällt  also  in  dieses  oder  später 
als  dieses  Jahr.  Die  untere  Zeitgrenze  ist  nicht  zu  bestiuimen, 
da  eine  Weihuno;  an  die  Gottheit  der  Arsinoe  nicht  unbedinsit 
zu  ihren  Lebzeiten  gemacht  sein  muss,  wenn  auch  letztere 
Annahme  an  sich  wahrscheinlicher  ist.  Wir  wissen,  dass  Ar- 
sinoe an  verschiedenen  Orten  Ägyptens  in  Alexandrien,  Pto- 
lemais,  Mendes,  Sais  und  Theben  als  Göttin  verehrt  wurde 
und  können  aus  den  Datirungen  ollizieller  Beschlüsse,  in  de- 
nen ihre  Priesterin,  die  Kanephore,  genannt  wird,  schliessen, 
dass  der  Arsinoe-Cult  noch  lange  nach  dem  Tode  der  Kö- 
nigin in  Ehren  blieb,  zum  mindesten  bis  zum  Jahre  196,  dem 
Jahre  des  Rosettasteines'^.    Auf  der  öfter  citirten  Mendesstele 


*  Wiedemann,  Zur  ('hroiiologio  der  Arsinoe  fMiiladclphus  Rhniii.  Mu- 
seum XXXVIII  S.  393. 
2  Buurrianl  lial  in  dem  liecueil  de  travaiix  vgypt.  1885  S.  1  11",  eine  hicro« 


INSCHRIFTEN  AUS   DER   ZEIT   DER   PTOLEMAEER  235 

lesen  wir  Z.  13  der  Übersetzung  Brugsch's  :  'Seine  Majestät 
befalil  dass  aufgestellt  würde  ihr  Widderbild  in  sämtlichen 
Tempeln.  Das  gefiel  gar  wol  ihren  Propheten,  dass  man 
sie  finden  sollte  gleich  den  Göttern  wegen  ihrer  wolthätigen 
Gesinnungen  gegen  alle  Menschen'.  Ägyptische  Texte  sind  ja 
überreich  an  Phrasen,  und  es  würde  sich  gewiss  Niemand 
wundern,  wenn  wir  auf  unseren  Deni^mälern  mit  keinem  ^^^orte 
Arsinoes  wolthätige  Gesinnungen  oder  ilire  Götter-Gleichheit 
erwähnt  finden  würden.  Diesmal  aber  sind  die  Widderprie- 
ster in  Mendes  der  Wahrheit  nahe  geblieben  in  ihren  Worten. 
Arsinoe- Inschriften,  d.  h.  solche  in  denen  nur  der  Xame  der 
Königin  ohne  gleichzeitige  Nennung  ihres  Gemahls  vorkommt, 
sind  allmählig  in  grösserer  Anzahl  bekannt  geworden,  her- 
stammend aus  den  verschiedensten  Gebenden  des  damaliiiren 
ägyptischen  Reiches.  Sie  beweisen  besser  als  alles  andere  die 
grosse  Beliebtlieit  der  Königin  Arsinoe,  ihren  Wolthätigkeits- 
sinn  und  ihre  Verehrung.  Von  keiner  der  anderen  grossen 
Königinnen,  die  in  der  politischen  Geschichte  eine  weit  be- 
deutendere Rolle  gespielt  zu  haben  scheinen,  sind  annähernd 
so  viele  Denkmäler  der  Verehrung  erhalten  '.  Eine  Zusammen- 
stellung der  Arsinoe-Inschriften  mag  hier  Platz  haben.  'Ap- 
oivÖTj;  *I>tXaS£).90'j  ~  auf  zwei  Basen  aus  Amorgos,  die  für  Ana- 
theme  bestimmt  sind,  und  auf  einem  Stein  aus  Cypern  ^;  'Ap- 
(7iv6'^<;  Ö£5c?  <I>',XaS£X<po'j  Fundort  unbekannt'';  'AJpcr'.vör)?  öez?? 
$i>.]aS£X[cpou   aus   Lesbos^  ;    'Apaivöri   •l>iXaS£Xcp(i)   aus   Alexan- 


glypliisclic  Replik  tlieser  I lisch liCl  (Stein  vun  Dainaiihom)  verütrenlliclil,  die 
er  dem  Jahre  183  zuweist.  In  ihr  wird  die  Kanephore  der  Arsinoe  gleichfalls 
genannt. 

*  Es  giebl  eine  Iiischrii'l  lür  Euergetes'  I  junge  Tochter  B^psv-xT)?  ßaaiX-a- 
or)s  iyaO^s  TÜ/^r);  vgl.  oben  S.  223  Anm.  3 ;  eine  für  Berenike  III  die  Tochter 
Solers  II,  die  spätere  Gemahlin  der  Könige  Alexander  I  und  Alexander  II 
( LeBas  III  'J784)  eine  lür  Kleopatra  Euergetis  vom  König  selbst  gesetzt 
{Ihdl.  de  curr.  hell.  IV  S.  223)  und  vielleicht  eine  für  Kleopatra  II,  die  Ge- 
mahlin des  IMiiiometor  (('.  /.  0.  47Ü3''  ). 

2  Athen.  Mitteilungen  1876  S.  336  (Weil). 

3  LeBas  III  2821. 

*  C.  I.  G.  4959. 

»  6'.  /.  6'.  II  adil.  2168". 


536  M.    L.    STRACK 

drien ' ;  *Ayx9yi<;  tu^^v)?  'Apirivori?  <I>i>.aS£X(pou  auf  einer  Vase  aus 
ägyptischem  Porzellan  ^ ;  'Ap'jivoYi  9sx  <I>tXaSeX(pir)  Saxupo?  in  Re- 
desieii  in  der  Thebais-^;  'Apaiv6ir;v  t^iXäSeXcov  ©e'dTcop  2CxTupou 
'AXc^avSpeu;  aus  Alexandrien  in  Ägypten^,  Ba(7i>.i(T(7av  'Apci- 
vör)v  6£a[v  äS£).(pr,vJ  ttjv  IlTO>.£aatou  xai  BspeviyCYj?  [6£a)v  HcoxTipwv] 
r)  TTÖXi?  aus  Ptolemais  in  der  Kyrenais^;  BacriXiaGav  'Ao^nvöiov 
ßacTiXEco?  nToX£{xaiO'j  xai  ßarrilic'JTi?  B£p£vix,r,;  2l]TpaTOvix,7i  ßaciXeot)? 
A-/^ii.r,Tpio'j.  .  .  Fundorl  unbekannt^:  'Apcivövi  ^'.Xa^E^cptp  NaiäSt 
'Aciaroy.'kr,^  'Api-TToyAEoui; 'A>.£;avSp£u;  aus  Cypern  ^  Eine  kleine 
Abweichung  von  diesen  bietet,  wie  man  sieht,  unsere  In- 
schrift. Es  ist  in  ihr  am  klarsten  die  göttliche  Verehrung  aus- 
gesprochen, die  man  der  Arsinoe  zollte.  Wie  man  das  feh- 
lende Eino;anojswort  ero;änzen  soll,  bleibt  fraglich.  Weä  stimmt 
in  der  Buchstabenzahl  und  ist  dem  Sinne  angemessen,  doch 
ist  zuzugeben,  dass  beöt;  in  ptolemäischen  Inschriften  fast  im- 
mer nach  dem  Namen  steht.  Es  mag  also  auch  "laiSi  'Apoivöri 
<l>i>.aS£>.(pw  gestanden  haben,  wie  in  dem  Louvre-Text,  den 
Wiedemann  a.a.O.  bekannt  gemacht  hat,  Z.  11:'0  Fürst,  un- 
ser Herr,  lasse  aufstellen  ein  Bild  der  Prinzessin,  der  Erbin 
beider  Länder,  der  Isis  Arsinoe  Philadelphe',  oder  der  Name 
einer  anderen  Gottheit,  die  ihr  den  Namen  hat  leihen  müssen. 
Der  Name  des  Weihenden  ist  aus  einer  der  genannten  In- 
Schriften  (Nr.  9)  genommen  ;  in  der  Buchstabenzahl  stimmt  er. 

VII. 

Im  Museum   zu   Alexandrien,    Saal   G.  Etwas  gerundete, 


'  Revue  arcli.  1886,  I  Ö.  272  (jJulliaii).  Warum  hier  der  Bezug  auf  die 
ägyptische  Königin  geleugnet  wird,  weiss  ich  nichl. 

2  Arch.  Zeitung  1874  S.  tl3. 

3  C.  I.  G.  add.  4836  b. 

•»  Dali,  dell'lnslilulo  1866  .S.  44  (  Weschcr;. 

»  C.  I.  G.  III  5184. 

6  C.  I.  G.  III,  5795;  Kaibel,  Inscripl.  Siciliae  et  llaliae  111. 

"'  Cesnola.  Cijprus  Ö.  4  16  Nr.  9.  Die  Weihinsclirift  vom  Arsinooion  auf  Sa- 
rtiothrake  habe  ich  weggelassen,  da  dieser  Bau  vun  Arbinoe  während  ihrer 
ersten  Ehe  gesliilet  sein  sull,  vgl.  Arch.  Untersuchungen  auf  Samothrake  II 
S.  Hl. 


INSCHRIFTEN    AUS    DER    ZEIT    DER    PTOLEMaEER  237 

rechteckige  Tafel  aus  weissem  Kalkstein,  hoch  0,20"",  breit 
0,25'",  dick  0,00'".  Der  Stein  ist  an  allen  vier  Seiten  zerstos- 
sen;  Spuren  von  weisser  Tünche  sind  sichtbar.  Zwei  Drittel 
der  P'läche  sind  beschrieben. 

f  j  b  n  I  E  F  I  <\>IJ  N  E  I  {ht\)  fM'l'llllll 
§KAAAIZTPAT020HrE  'W'llllll 
fAQNKAlOITETArMENO  \!!!, 
f^FAYTONSTPATaTAI  so! 

Die  Inschrift  scheint  i>efiilsclit  zu  sein.  Die  Buclistaben  sind 
nach  der  Beschädigung  des  Steines  geschrieben,  und  mit 
Rücksicht  auf  diese  Verletzungen.  Am  deutlichsten  lässt  sich 
dies  erkennen  an  den  Buchstaben  der  ersten  Zeile,  und  der 
sonst  unmotivirten  Trennung  der  Silben  in  rr,'jy.cbv.  Dem  Plo- 
lemaios  V  Epiphanes  ist  sein  zweiter  Beiname  l!]uchai'istos  nicht 
beigefügt.  Dem  reingriechischen  Namen  Ka/XiTTpocTo;  fehlt  das 
Patronymikon.  Der  Titel  r.ysacov  —  in  griechischer  Zeil  in 
Ägypten  überhaupt  wenig  gebräuchlich — scheint  erst  unter 
römischer  Herrschaft  absolut  vorzukommen.  Unter  den  In- 
schriften aus  dem  IHolemäerreich  kenne  ich  nur  zwei,  wo  der 
Y^ysy-wv erwähnt  wird,  beide  Male  mit  einem  bestimmenden  Zu- 
satz: ein  b]pigramm  unter  Ptolemaios  1  r.yeu-wv  s-'  avSpwv  und 
eine  l<]hreninschrift  unter  luiergetes  11  r,y£u-cov  /.al  '<~~y.^yrc,  £z' 

avopcov. 


Rom. 


MAX  L.  STRACK. 


-<>♦  ?»^!!i$f 'O- 


ATHEN.   MITTHEILUNGEN  XIX. 


n 


AAYPEÜTIKAI  APXAIOTHTES 

ToT;  "Traoi  xuy^x^ti  yvcoGTOv  oti  ev  tti  kayÖLTY^  oixpoc.  ttJ?  Srepea; 
'EX>.aSo?,  ev  TY)  AaupswTtxfi,  eyevovTO  TraXai  ttote  \t.tyiGTn(;  ari^oL- 
cia?  aeTaXXeuTixat  /.al  asTaX'Xo'jpyr/.ai  ipyaciai.  Hots  äxpiScIx;  y^p- 
^avTO  al  ipyaciai  aurai,  oüosTTOTe  s^TiXpiSwÖri.  Ai'  o  Jtal  6  Sevocpöv 
(Hopoi  4,  2):  'Oüxouv  OTi  [jL£v  xavu  xaXxiä  svepyic  £«jti  tzolgi  aa.- 
cps;'  oüSsi;  yoGv  oüSs  xsipara'.  Xe'yetv  octto  tcoiou  ypövo'j  £TC£ysic-/^6-/)'. 
llfipi  T7i?  (ToSapoTTiTOi;  öu-ü);  tcüv  EpyacKöv,  ÜTToloyicavTEi;  aXXoTE 
Eupoasv  OTi  TiX  }/,£TaX>.£ia  xauTa  EpyaaOevTa  iizi  i^zlc,  £x.aTOVTa£TY)- 
piSa?  Siä  150Ü0  ävSpaTToScov,  7:apr,yayov  -Epi-ou  2,100,084  t6v- 
vou?    äpyupo|/.iyou?  jjloXuSSo'j  ä^ia?  4,171,378,600  Spayi^öJv'. 

KaTO.  TY)v  TrpwTTOv  [A.  X.  £)taTOVTa£Tiopioa  f;,yj  Suvay.£voi  vä  öpux- 
Tfajctv  £-(i)0£>.cj(;  äpyupop-iy^  {j'.£TaXXiTiSa  iv  toi?  £yx.dcTOi(;  Tri<;  yvi?, 
i-E^Etoya^O'^'^o  '^öc?  äpj^aia(;  Ey.SoXäoa»;  (ä7roppi}ji.p.aTa  tojv  äpyaicov 
ü.£TaX>.£i(i)v ),  a;  <7'jV£y.a[y.iv£uov  [j,£Ta  xaiv  Tx.wpioJv.  'Tä  Se  äpyupeia 
TOt  £v  Tvi  'AxTDcfi  x.ax'  ocp^äc  [Jt.£v  r)v  äi^i6>.oya  vuvi  o£  ExXsiTCEr  Jtal 
St)  y.ai  Ol  £pya"C6u.£vo'.  xvi«;  aExaX>>Eta?  arrÖEvcü?  urajtououTrj?,  ty)v  xa- 
'Xaiäv  £x,€o>.äoa  /tai  otwpiav  ävaycovEuovxE?  EupiTKOv  i'xi  £^  aux>i<; 
a,Tw0y.a.9atp6{/.EV0i  äpyuptov.xöiv  äp^raicov  äTTEipw;  •^aty.'.vc'jovxwv  (^llxpä- 
g(ov  IX,  1,  23). 

"Oxi  ouxw?  e^exeXeixo  koütx  xÖv  Trpojxov  aiüiva  a.  X.  t)  [jiExaX- 
Xoupyix,'/",  £v  Aaupicp  i^ycnGion  o\)Oiu.ix  ü-ap^Et  äaoiSoXix.  Aiöxi  Eupi- 
cy.ou.Ev  Gv;i;.£pov  xit  xoJv  äpyaioxEpcov  i^-ExaX>,07:Xu(Ji!X  y.£/.7.X'jaa£va  ütto 
a7Uoppi[/.[/.ä.x(i)v  xüiv  ävaTuXuÖEKTüiv  d/cooXacocov  y,ai  ev  aüxoii;  TiiÖäpyu- 
pov  -  c'.?  'j/rrAL/.xxa  r,  Et;  X£7:x6xaxa  T^Exa^a.  Ilspi  ö£  xoö  öxt  £v  apjj^YJ 


'  A.  Cordella,  La  Grfece  sous  le  rapporl  göologiiiuc  cl  inineralof,'ique  ( Paris 
1878)  «X.  109. 

2  Tö  ö^Eioiov  TOÖTO  TOÜ  [jioX'j6oou  ( Blciglällc ),  OTcep  w;  yvwutÖv  7:apaY£Tai  xaii 
TÖv  y'npia;j.ov  toö  ky/j'^'u  xz'j  toJ  aoXJoooy  Ocv  rjTO  Oyvatöv  vi  ijvjnäp/r,  tAETa  Ttöv 
ixSoXoiowv  T(I)v  ipyaiojv  jj.cTaXXo;iXuata)V,  eav  aurai  Sev  eiyov  ützoottj  sii;  [itTaYEve- 
OTEpa;  £7:0/ a;  c)ra;T^uo'tv  jaetoc  twv  öp/aituv  Tfj5  xaijuvstaj  ä7;oppi[Ji|j.äTwv. 


A.    KOPAEAAAE,       AArPEQTIKAI    APXAIOTHTEE  239 

Tvi;  SeuTEpa?  [i..  X.  ixaTOVTaeTVipiSo:  TTxca  ipyacia  ItcI  tti?  Aaupew- 
TiKYi?  el^ev  evTeXüi;  d/cXiTjet  [7,apTup£i  6  lixucavia?  (I,  1):  'IIXeovti 
SJ  ei?  t6  irpödü)  (tou  So'jvio-j)  Aa-jpiöv  te  I-ttiv,  svOa  Jioxt-  'AOti- 
vaioi?  r,v  apyupou  (j!.£TaX>.(X  . 

'II  Aa-jpswTtx-))  oj;.(o<;  e^YiKoXo'jö'/iTe  vö.  oi/.rjTai  et:!  7i:oX>.ou;  eti 
aiüiva;  xa;  p.Erä  t-))v  7r).yipr,  xaTaTra-jrT'.v  tcüv  Epywv.  "Ote  ev  ete'. 
1868,  EV  'EpyaaTripioi;,  s'vOa  vuv  uTcap/^ouat  Ta  y.y.'TX'izr.u.x'X  ty;«; 
'En-/iv.xr,;  'Exaipia;  twv  MExano'jpyEiwv  Aa-jcio-j,  x.aTET/te-jz^ETO 
Y)  uLEyäVo  xaxvaywyö?,  eupsOr,  o-j  ü.ovov  tÖ  tspöv  toO  Mr,v6<;  T-jpxv- 
vou,  0  xaxa  xa?  ixtypacpöc?  -ipoOr,  e/.ei  üttö  ZivOo-j  tivÖ;  A'j/.iou  -spi 
Tr,v  äp/r,v  tou  TpiTOu  i;l.  X.  a-löjvo;  ' .  irAx  i-Y,vTr,c?xy.£v  '7;(^eSÖv  /caö' 
oXov  TO  u.rr-co?  aÜT-?,;  Txcpo'j:,  iv  ol?  süpsOrj^av  xal  voai-raxTa  Pw- 
aaix,wv  aüroxpaTopcov  ävayop-öva  [y-E^pi  too  4*23  u..  X.  'Ex.ro;  to'j- 
Tü)v  -/.ai  EV  ETEpai;  Oetei'.  tcöv  'Epyai-rr/piwv  sOpEÖxcav  vo^-iT^XTa 
ävxy6[J.£va  as/pi  toO  1332  u.  X.  (<I>aix7ro-j  £/.  TapavTO?)'".  Te'Xo; 
y.xTX  TÖv  <I>e€po'jKpiov  e.  e.  iv  v?)  ivaToXi///;  ywvix  Tciv  vewv  MEyx- 
X(i)v  T7i(;  'Exaipia«;  MsTaUoxA'j'jicov,  xarx  ttiv  ETTEX-Taaiv  TiSrpoSco- 
u.vArr^  Tivo;  ypxi^-^ar,!;,  ävE/COcX-j^Orjcav  evtÖ;  EG/.xa[7.£vO'j  <7/'.aTo).{0o'j 
äpyaioi  Txooi.  'H  Öxt/  aü-röJv  Eax.E-rri^STO  o-.x  u.Eyä)^r,;  77>.xy.o:  y.ai 
6y)toXi8(i)v.    EüpEÖTicrav    ev    evI    x'jtwv  yxvSpai  yc'joa.i,  öiXivai  y.xl  e; 

Ep'jQpO-:     ävOpaVciou    (Granal),     ^-.xy-ETpOV     iyryjnci.\    TTEpiTTO'J    0,005l^    , 

atTivE?  äz£T£)vo'jv  -/.XTX  T^xTav  TTiOavÖTTiTa  TCEpiSspaov,  Tzooni':'.  öi 
aixpö;  Sax.TuXto;  yp-jaoö;  {^.e  >.if)ov  (jaxpaySov,  Süo  A-j/viai  /.oivai, 
xpei;  Sajtp'jppoiai  y.oivoO  a/r/aaro:.  £v  ayystov  x.oivÖTaTOv,  y.al  e/,to<; 
SOo  yaXxivwv  vou-'.aaxTwv  KcüvcxavTivou  1  °'-^  (306-337   a.  X.)  /tai, 

OTCEp    TCSptEpyOV    EV    £CpOap(7.£VOV    ipyupOÖV   S'.cl)€o>.OV    TOU    196-187   7w.    X. 

(y.aTa  Tr,v  yvcöu-r^v   tO'j  x.   I.   AzaTrpou ). 

Tw  180'»,  asTX  -xpoSov  TÖcwv  aicovojv  ocEpyia;,  £xavEVir;oOr,cav 
xxi  auOi:  a!  Epyaaiai  äv  r/i  AaupEWTtKYi,  ty)  tuXoucix  Ta'jxYi  p.£TaX- 
Xo<p6ow  /copx.  Ai  Se  Epyaoia'.  aÜTai  -/-pEavTO  Sia  ty;;  ava/au-ivsoTEw; 
T(iv  cjtcjciöjv  y,ai  tüjv  ex^oXaSojv,  xaO'  ov  Tpö-ov  etwEteaoövto  auTai 
)cai  JCÄTÄ  ty;v  rowTr.v  a.  X.   £xaTOvTa£TY,piSa.  'H  ETTiT'jyia  tt,;  ava- 

)CaU.lV6Ü(J6(ü?   TUpOUXaXfTE    TTV    äv«>Y'J/'.V     T(T)V     UTTOyEUOV    Ecycov    y.xl   Tr,v 


'  A.  Conlella,  Le  Lauriiiiu  (  Maisoilh'  1800)  ceX.  3i.  C.I.A.lll,  1  ip.73.74. 
3  Lc  Laurium  leX.  32. 


240  A.    K0PAKAA.A£ 

( C[jt,i9(7(oviou  71  calamine  ' ),  outivo«;    tyiv    y^rimv    Yiyvoouv  ol  apj(^aioi 
(0?  xai  ToG  (xayyavtouj^OD  ciSrjpou,  ov  i-nian^  Sev  l^efjL£Ta>.^eüovTO. 

'AttÖ  xri(;  e-oy^T^?  Tauxir)«;  [J!.£/p'-  crif^.epov,  v^toi  ettI  30  xspiTvou  ett}, 
al  £v  äTrxoY)  t95  Aaup£ü>Tix,yi  ipycn'jixi  iizl  togoutov  äv£7rTu^6rjaav  Sio. 
SiY]V£)cou?  Ipya^Jta?  7000  EpyaTcJv,  oogte  TCap'/i^6y)(jav  p.£X.P'  '^^?  31 
A£)t£[7.€piou  1893:  '265,000  TOvvoi  äpyupo^atyooi;  u,o>^uSSou  £V£j^ovto<; 
xai  '/.xxx  [JL£Cov  öpov  470,000  y'Aioypxjxiy-a  äpyupou,  560,000  t6v- 
voi  (^^S'jSapyjpiTO'j  (calamine)  xal  750,000  tÖwoi  aayyavtoü^ou 
(Jior,po'j. 

Ty)V    AaupECOTl/C-^V,    /.aT£J(^0'J(7av   200,000    (JTp£U,|XaTtOV  TCEpiTCOU  £7ri- 

oäv£'.av,  u~ö  fX£TaXX£'jTt}cf;V    xat    äp)^aio>.oyix,Y)v    i'xoij/tv    oüvaTai  xi; 
voc  S'.aip£(7Yi  fii;  rpix  S',xx£-/.pitjt.a£vx  [J-£pio  : 

1)  Tci  ^opeia  y-epvi,  -/ixot  Ax'7>caX£i6,  Anj/eXii^a,  BpcoaoTCoCai 
x.x.'X.  £v  oU  Ü7r3tpj(_0'JC'.  xoixoci  ij.ayyaviouy^O'j  <7tS-opou  p,£xa  7rap£V£- 
G7caou-£vou  äpyupou^OD  [y.oXuSöou.  AI  Epya.Ttai  xoiv  apyaiwv  ivxaöOa 
Tjcav  [xzXTvOv  7;£pia)pi(ju,£vat,  Siöxi  /,ai  xä  ä-oppiiy-u.axa  xvii;  £x.ij.£xa'X- 
>.£U(7£(i)<;  auxüiv  Eiaiv  i'kxy^inTx  xai  |y-£xa)i'Xo7rXuc<ia  dcpyata  Skv  üxäp- 
youciv.  'Evia^ou  £v  xouxoi;  EÜpsOvicav  Qayirrxoc  >.£i'|ava  £x,)ta{/.iveü- 
(j£{ü<;  r-iS'^pou  ((JiS'iQpoijj(^oi  (7/.0L)piai  avEu  [y.oXoßSou). 

2)  T6  Kevxpov  toü  Aavpiou,  vixoi  ^£vxaiptv7i,  Mizx^if.izx'kixy.y], 
Kaü.zpE^a,  Bspx(^£-/to;  x-.x.'k.  'EvxauOoc  aTCE'.poTcTvTjövi  cppEaxa,  uxovo- 
u,oi,  — aL;.[y.£y£0'/o  x^'fjxlx  opuyi/axa,  äx£ipo7r)^*o9£i?  S£^a{y-£vat,  [;.£xaX- 
XoTC^üiia  XiSö/.xtTxa,  Ex^oXa^E;  x.ai  Txojpiai  /caxot  xo>>>.a<;  fAupiaöa«; 
xovvcov.  'Ev  x-?i  TCEpKpEpsiK  xa'jxio,  £v  £X£i  187(),  äv£>ta>.u<|/(X[A£v  xaxä 
TcpdJTOV  xöv  TUEpl  ou  Eixop.Ev  ävwxEpoi  ^|/ EU Sapyup  1X7)7,  ouxivo;  7)  £X,a£- 
xccXXe'jck;    TrpoTiyayE    Oaut^.aoici);  xä  p.£xa>.>.£uxi/,ä   xt)?    AaupEOxiXTi? 

3)  Tci  nooQ,  voTOV  l-itpii,  -/ixoi  Nopia,  MEyaXa  IhuKa,  KaX- 
Xia?,  Soopt^a  'Aypr,>.£^a  x.x.X.  p(.£)(pi  tou  ^ouviou.  'EvxauOa  eve- 
xXeiovxo  xoixat  TvXouatcöxaxai  e!(;  apyjpov  xal  xauxa;  oi  xpyxloi  ic,- 
Ea£xa)^>>£ijovxo  £TCtp.c>.£'7xaxa.  T6  7CO>.uxi{;.ov  fXExaXXov  xoo  ipyupou 
e^riyayov  Sia  xwv  jv-ixpcöv  aüxcüv  [y.ExaXloTCXiKjiiov  ij.Exä  äQioÖautxäGxou 


^  La  Grfece  sous  le  rapport  Röologique  et  minöralogique  asX,  104. 


AArPEDTIKAI    APXAIOTHTEE  241 

OVTW;  £Z'.aOVY,<;  X.Xl  ETTlTYlSeiOTVlTO?.  'H  ■Tzl'J'j'.i;  TCÖV  y.£Ta/.'X£'jay.T(i)V 
TOUTWV,  Y)  3Cat  V'JV  TOTOV  S'J(J/_ep71?  £V£/.ev  TO'J  üL£t'  a'JTCÖV  äva|/.i)tTOu 
(j/E'jSapY'JptTO'J    Xal    TOO    (pOopiTO'J   (FluSSpath),    £7:£T£).£IT0  totov  Ixi- 

T'jyöJ?  uTwö  T(ii)v  äp/ai(ov,a>iTTe  ^v  toi«;  i:roppiL/.[/.aG'.  twv  iy.6TaX)w07rX'j'7i(i)v 
auTGiv  Ev  Tai;  ävcoTEpo)  birsi.<i'.,  i7.ö>.'.?  £yx,A£iovTa'.  3-4  '/4  ^/q  pi-OVKöe; 
apyupoüy^ou  (;.oXuS^O'j.  'Ev  Tai?  Oeteci  'Ayp75>.£^a  /.al  Houpei^a,  iv 
aii;  al  äpyaia'.  EpyaTiai  £iyov  i^iyOri  £•;  to  ax.pov  awTOv  Tri;  öpa- 
CTr,p'.6Tr,T0:,  w«;  £u.cpaiv£Ta'.  ex.  tüjv  [j.£ya)//;v  E/.Taciv  x.aTsyovTwv  >.£'.- 
tj/av(i)v  /CTiptcov,  0££au.£V(I)v,  y.STaAXoTüX'j'jiajv  x.t.X.  £'jpi'7x,ovTa'.  —ay,- 
u-Eye^ei;  Tcopoi  äuy.wScöv  äpyjcoOycüv  s/.^oXa^wv,  ou;  r,  'ETaipia  tojv 
M£Ta).Xo'jpy£t(ov  7rapaXau.€zv£'.  ryoy.epov  xa'.  a£Ta;p£p£'.  ma  täv  tiöt,- 
poSp6[7.(i>v  TCpö<;  7rXij<7iv  £t?  Tot  Nfa  METaXXoTrXüc'.a  aütr,;. 

'H  ÖETt?  auTY)  cLTziyzx  y)]xim<.xs  ■:r£pi7C0'j  wpav  7:pö?  ßoppav  tO'j 
So'jviou  Y.X'.  x.EiTai  -rrapä  tJc  äpyaia  XaTOiz-Eia  ToiJv  aapixapwv,  aT'.va 
(j'jvEx.O'.vwvo'jv  uETa  TOÖ  !^0'jviO'j  Stä  T'Ti;  äpyaia;  coov;.  'Ev  ivi  £/.- 
€oXamx(ö  (Twpoi  tt,;  ^eteü)!;  TaoTv;?  (  'AypiiAE^a )  eoceOtj  ~p6  tivüjv 
E^Soaz^cov  (t-/]  10  Maprio'j  £.  £.)  aapaapivY)  TrXö.^  '{yo'jcx  0,635  [*• 
U(|;0?,  0,53p-  7r>.aT0<;  x.ai  0,  lOl-^-  Try.yoc.  'Ett'  aÜTr,;  ivay£y:axTa'. 
TcXripgi;  SnuOTlKOV  'iifn(|)iay,a  twv  Souviecov  xsp'.  iSpO^Ecug  vea:  iyo- 
pa?,  Yiv  hdiptlzoLi  6  Ae'j/C'.o;  £!<;  to'j;  So'jv.eü. 

To  nyrty.0L  tcöv  ypaay.zTcov  x.al  •/!  öpOoypacpia  sXEy/O'jTiv  Öt'.  to  ^Sr,- 
(pirfy.a  syivETO  u-etoucty,;  tt,;  TETxpT'o;  — .  X.  £x,aTOVTa£Tr,piSo:.  '11 
ETCiypafpY)  £iv£  E'javzyvcjüGTOc,  TO  o£  x.£ii;.£vov  TaoEiTTaTOv  £^£1  co:  i!ir,i;: 


0  E    O  I 

OEOAHAO5:EinENEYH0l 
5:OAIS:OYN    IEY5:iNTYXH 

1  A  r  A   OHIEPEIAHAEYKIO 
a        SiAIAQ^INAFOPANTOI^A 

HM  oTAi5:no  ihs:a5:oaiea 
e5:oa  lay  tikamaaatpe 
I5:anapa:s:oiti  ne^opio 
yz\  n  thnatopan/aeta 
10  ae  y  k  i  o/ah  e  aa  t  t  q  h  t  h 
l/ae  nayoinpaeopoin 


24?  A.    KOPiEAAAE 

THIAEPAEOPOY    OPQSiA 
NHIEY    P    YXnPIASiOYNI 
EYSilNArOPA  lENKAIAA 

15        AaiT^IBOYAO/AENai 
EPEIAHHNY    N0Y2:A:SYN 
niKOAOMH    TAIENOIKOA 
OMENAE/AH    Ei   E    NAIAAH 
TEAHMAPXa    l/AHTEAA 

20        Ani/AHAENIENTOS:TaN 
OPnNANArPAYAlAETO 

aetoyh  0  I2:maens:t  h  a 
e  i  aigin  e  i  tonah/aapx 

ONMETAAEYK  lO  KAI  SIT  h 
25         r  AIEN  T  H  I  A  r  O   P  A  I 

ösoi. 

o0ai  Souvieöc'.v  Tuyy)- 
t  ayaOyii.    'ETreiöv)  Aeuxio- 
5        c,  Siowcriv  äyopotv  toi;  o- 
YifxÖTaii;  7ro'//](ja<T9ai,  eX- 
eciOai  auTixa  i7.ä>,a  rpe- 
T;  avöoac,  oirivs;  öpio- 
uoiv  Tviv  äyopav  [xera, 
1  0        Aeu/Ctofu)  (^-7)  eXocTTCO  v^  zri- 

l    [;.£V    S'JOIV    TvXsOpOlV, 

TT,',  hk  TT^eöpoi»,  07C(i>;  a- 
V  r,i  £upuj^(j>pia  Souvi- 
eöciv  <XYopai^£(i)v  xat  aX- 
15         X(Ot  Tüil  ßou>>op.£Vü)i, 

ixEifiyj  7)  v'jv  O'jca  g'jv- 

(üDCoSoiJ.YlTai.     'EvODCoS- 

0[7,£(t)v  Se  [;-7)  e$6(i)vai  [j-v)- 

T£   S'/l(J(.ap)^(t)l    [JL7)T£   aX- 

2ü        Xo>i  ii.r,ö£vi  £vtÖ;  twv 

öpcov.   'Avaypiij/at  Se  tö- 


A.ArPEQTIKAr  APXAIOTHTEE  243 

£1  "klHiiZl  tÖv   dT,u.7.py- 
ov  u.eToc  A6'j/cio('j)  x.al  cxr,- 
25        ca'.  £v  Tvii  ayopai. 


'Ex  TOu  äpyaio'j  toutoo  ö*/iaoT'./CO'j  <|/vii:pi(7aa.T0(;  £v  'AyprAe'^"/) 
TuapsysTat  •;ö{Ji.iv  tÖ  evSoinaov  va  TriTTcUcwasv,  oti  toc  xXo'jcrta  Ix.  ttj; 
6ec£co<;  Ta'jTYi(;  st;  apyupov  pLSTaXXeix  TcspiEXajjL^ivovTO  sv  T-?i  TTsc'.'pe- 
peia  TO'j  Syjf^.ou  TöJv  2Couvi£(ov,  öpOäx;  S'  'Ava^avSpiS-/;«;  6  'AO-nvaio; 
>.£Y£i  TTsp'.  T(iv  ^o'jv'.£wv  '  :  ' IIoaXo!  Se  vOv  l/.£v  EiTtv  O'j/.  gXe'jQspO'.,  st; 
aup'.ov  Ss  Souvisi;,  £it'  £•!;  xptT'/iv  äyopsc  x£'/pr,vTa'."  tov  yotp  ol'ay.a 
(iTp£(p£t  Aatp-(i)v  £x.a(JTio',  [AsTaj^eipt^wv  Ty;v  'Xe^iv  Sovviei/^  ävTi 
Toö  ^aöuji^cOifTOC- 

n>.ri<7iov  Tvi;  Exiypacpr,;  supsO?)  ycai  sie  'Epay^?,  vitoi  XiOivt)  cttoXt] 
T6Tpay<i)vo;  i/.  -/.xloü  >.£7ttox.6xx.o'j  [JLapaapou"  lyu  Sk  auTr,  0,25!^' 
TcXöcTOc,  0,20l^-  Tzxyoc,  /.OL'.  1,20|-^-  u<j;oi;  Jtal  (pspsi  avw^sv  TcpoTOfz/ov 
0,4 Oi^-  otTirö  TOÖ  Gxr/Oo'j;   [J-£/p'-  ty^;  x.S'paXvi;.    Tö    -poTW-ov  T£Opa'j- 

0[X£VOV,    ^£(p£t    [Jl.a5tp(XV    /C0U.-/1V. 

TeXoi;  £v  t(ö  Xia£vi  toö  äyio'j  NiKoXao'j  T^apä  xöv  Öop'.x.öv,  e'vÖx 
UTCvipj^ev  £v  T-?i  «.pyaiOTrjTi  asxaXXoupyETov  ttoXXoö  Xöyo'j  a^iov,  dj; 
T63tu.aip£Tai  £x.  T(I)v  ixcyxioiv  GX,ci)p'.a)v,  süpsOio  £'7y>cT(i);  );'.Otvrj  ett'.t'jjx- 
ßto;  TcXä^,  oyriiJ.c(.  ■Kx^iyO'jcx  cxTi'kr,;  w.et'  äcTcoaxTOc,  u'j/O'j;  OjlQl^- 
tvXätou;  0,27i-^-  sttI  tyj;  OTTOta;  S'.sicoO-^cav  xaSc  Ta  ypäpt.tj!,aTa,  iixs- 
).(jii;  £y}C£j^apxy[jt,£va. 


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APX      IKAMINTYT 
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Kock,  Comicorum  fraginenta  U  aeX.  137, 


244  A.    KOPAEAAAS 

At  xotiiTai  oeipa!  eivs  xaTETrpau.i/.Evai  T/eööv  evreXw;,  ai  Tp£t; 
T6^£'j":arxi  ivxv'.voxjxovTai  oletix  ßsSaiöxr/Xo;"  'lavi()n?ie  cio^iica- 
^uveuTci  X*-^^P^-  "^^  övotjLx  Tou  (ip;^uaa'.vcUToö  ( llüllenmeistor) 
eive  ^evixov  £^  ou  STriSsSaioOTa'.  o.ti  kxI  i^  aXXtov  Tnoywv  yvwpi^ou.ev, 
OT'.  £v  Toi;  aeTaX>.£'jT'.x.oi;  y.at  asTa'XXo'jpYiXvOt?  spyoi?  o'i  äpyaiot  £x,tÖi; 
TüJv  ivSpaxö^cov,  3CTIVX  rinocv  Tcpotapicr^uEva  otä  tou;  [iap£ia<;  £pyaoia?, 
fiiyov  Sii  Tr,v  ävcoTEpav  ETUOTUTEiav  xxi  ^evo'j?*. 

'Ev  Aaupiw  2  Maiou  1894. 

A.  KOPAEAAAS 


Don  vorstehenden  Mitteilungen,  welche  wir  der  Freund- 
lichkeit des  Generaldirektors  der  üriechischen  Ber;2Averkü;e- 
Seilschaft  in  Lavrion,  Herrn  A.  Cordellas  verdanken,  und  de- 
nen nehen  den  Notizen  über  die  Punde  diejenigen  iiher  die 
antike  \Yie  moderne  Production  der  Berü;\verke  ihr  eigenes  In- 
teresse  verleihen,  habe  ich  nur  wenig  hinzuzufügen.  Dank  der 
Zuvorkommenheit  des  Herrn  Gordellas  habe  ich  den  l'undort 
des  Demendekretes  besuchen  können.  Er  lie2;t  etwa  4"""  nördlich 
vom  Tempel  von  Sunion,  nördlich  auch  von  dem  Spitharo- 
pussi  genannten  Berge,  am  Südabhang  des  auf  den  Karten 
von  Attika  XV  mit  der  Höhenzahl  •.'u7  bezeichneten  Hügels; 
die  antiken  Halden,  welche  man  jetzt  abbaut,  sind  dort  eben- 


'  'N'.x-'a;  6  Ntzr^zpaTou  X^y^rat  ir.iTzixTiv  Et;  xa.  otp^upeta  ::pi'aaOai  TaXäviou ' 
Zevo^üJv  'ATcojjLvrjpL.  II,  5,  2.  Le  l..amium  (jeX.  29.  Böckh,  Kleine  rfchrifLen  V 
aeX.  46. 


AArPEQTIKAI    APXAIOTHTEi:  245 

falls  verzeichnet.  Bei  diesen  Arbeiten  fanden  sich,  wie  so  häu- 
fig, linier  den  Halden  antike  Reste,  es  liessen  sich  z.  B.  be- 
scheidene Wohnhäuser  mit  tiefen,  flaschenförmigen  Cisternen 
erkennen.  Fast  genau  südlich  von  der  Spitze  des  genannten 
Hügels,  aber  noch  nördlich  von  dem  dort  vorüberführenden 
F'ahrweg,  liegt  eine  zweistufige  viereckige  Basis  aus  weissem 
Marmor  von  schlechter  Arheit.  Sie  misst  unlen  1,90  zu  0,90'", 
an  der  oberen  Stufe  0,80  zu  0,65'"  und  zeigt  in  der  Mitte  eine 
7"°  tiefe  viereckige  an  der  einen  Seite  beschädigte  Einarbei- 
tung von  0,26  Breite,  deren  Ausdehnung  nach  der  anderen 
Dimension  höchstens  0.29'"  betrus;.  wahrscheinlich  aber  etwas 
geringer  war.  Es  ist  nicht  unmöglich,  dass  die  hier  gefun- 
dene archaistische  Dionysosherme  (oben  S.243).  die  sich  jetzt 
im  Verwaltungsgebäude  der  griechischen  Bergwerkgesellschaft 
befindet,  auf  dieser  Basis  stand.  Man  würde  dann  annehmen, 
dass  ursprünglich  die  untere,  sehr  roh  gearbeitete  Stufe,  in 
der  Erde  steckte;  die  Dimensionen  des  Hermenschaftes  (0,25 
zu  0,205"')  würden  nicht  widersprechen.  Leider  ist  das  Ge- 
sicht der  Herme  selbst,  deren  gesamte  Höhe  1,60™  beträgt, 
zerstört. 

Nur  etwa  3'"  von  dem  Platze  dieser  Basis  entfernt  steht  in 
den  gewachsenen  Felsen  am  oberen  Rande  einer  ziemlich  re- 
gelmässigen Abschrägung  eingehauen  in  4  '/.""  hohen  Buch- 
staben ///YPPINAI^.  Die  gut  und  sorelältiüf  einijemeisselte 
Inschrift  ist  0,27'"  lan^.  am  Anfani>-  offenbar  in  Folije  einer 
Beschädigung  des  Felsens  unvollständig.  Hinten  folgte  nichts 
mehr.  Dicht  danelien,  auf  der  Erde  lieüend,  wurde  das  De- 
kret  der  Sunier  gefunden,  also  nicht  an  seiner  ursprünglichen 
Stelle.  \y\\\  man  aher  nicht  eine  unerklärliche  weite  \'er- 
schleppung  des  Steines  annehmen,  so  wird  man  sich  die  Agora 
des  Leukios  in  ziemlich  beträchtlicher  Entfernung  von  der 
Festung  Sunion  denken  müssen. 

Die  Halden,  unter  welchen  die  Inschrift  begraben  lag,  en- 
stammen  in  ihrer  heutigen  Gestalt  der  zweiten  Periode  des 
laurischen  Bergbaues,  als  man  die  alten  Ekboladen  und 
Schlacken  einer  zweiten,  wie  heute  einer  dritten,  Verarbeitung 


24P  A.    KOPAEAAAE 

unterzog,  wie  obon  S.  ^^H  Anni.  9  Herr  ('ordellas  mit  techni- 
sclien  Griin(](Mi  iiacliwcist.  Die  Zeil  zwiselien  der  Aufstellung 
und  X'ei'scJHittung  dei-  Inselirift  kann  also  immerhin  einige 
Jahrhunderte  betran;en.  I']ine  attische  Tetradrachme.  welche 
in  den  Ckholaden  dieser  Gegend  zum  Vorschein  kam,  gestat- 
tet leider  nicht,  die  Kntstehun»-  der  Halden  e;enauer  zeitlich 
zu  fixiren.  Sie  gehört  zu  der  Gruppe  der  im  Katalog  des  brit- 
tischen  Museums.  Auica  Tal'.  4,  1-3  abg(d)i bieten .  ist  aller- 
dings in  der  Augenbiklung  schon  etwas  lortgeschrittener,  da- 
gegen noch  ausgesprochen  älter  als  Tat'.  5.  3-6  Da  man  sich 
das  Stück  doch  noch  cursirend  denken  wird,  als  es  bei  der 
zweiten  Durcharbeitung  des  Gesteins  in  diese  Halden  geriet, 
wird  man  allerdings  dazu  neigen,  sie  für  verhältnissmässig 
früh  zu  halten. 

Der  Text  des  Dekretes  ist  lückenlos  erhalten  und  bedarf 
keiner  besonderen  Erklärungen.  Die  Schreibung  As'j/.io  Z  10. 
2'i,  welche  nach  Meisterhans,  Grammatik  der  attischen  In- 
schriften '  S.  21   um  360  V.  Ch.  schon  fast  ganz  aufgeoeben 

O  CO 

war,    und   von  iyopä'Cev    Z.   14.   ivoiy-o^oasv  Z.   18.   E^lvai  Z.    18, 

für  welche  er  S.  16  als  spätestes  Beispiel  eine  Urkunde  aus 
dem  Jahr  334  v.  Chr.  nennt,  zusammen  mit  derjenigen  ev 
Q-zr^.i\  XiOivei  Z.  22.  23,  welche  seit  380  mehr  und  mehr  üblich 
wird  (Meisterhans  S.  30)  führen  auf  die  Mitte  des  vierten 
Jahrhunderts  v.  Chr.  als  Entstellungszeit  der  Inschrift.  Dazu 
kommt,  dass  Leukios,  worauf  mich  U.  K()iiler  hinweist,  nicht 
unbekannt  ist;  C.  I.  A.  II,  1  172  Z.  16  erscheint  als  Vertre- 
ter der  Leontis  für  die  Leiturgie  der  Eutaxia  Astr/ao;  öeoxXe'o'j; 
Souviso;  in  einer  Urkunde,  die  etwa  in  das  Jalu-  340  gehört. 
Damit  ist  dann  auch  unser  Demotendekret  ungefähr  datirt. 
Die  Holle,  welche  Leukios  in  beiden  Inschriften  spielt,  lässt 
ihn  als  wolhabenden  Mann  erkennen. 

Ich  benutze  die  Gelegenheit,  noch  eine  Inschrift  mitzutei- 
len, welche  sich  in  Agrilesa  befindet,  und  zwar  in  dem  klei- 
neren, nordwestlicher  gelegenen  antiken  Steinbruch,  welcher 
wegen  der  unreinen  Farbe  seines  Marmors  nur  wenig  ausge- 
beutet zu  sein  scheint,    Dort  stehen  an  einer  treppenförmig 


\AVPEQTIKAI    APXAIOTHTES  '?47 

abgestuften  Stelle  des  Felsens  in  die  horizontale  Fläche  einge- 
graben folgende  etwa  8"°  liolie  Buchstaben  : 


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/^IFECDO 


Links  und  unten  scheint  die  im  Ganzen  i5""  lange  Inschrift 
vollständig,  ob  rechts  auch,  ist  nicht  mit  Sicherheit  zu  sagen, 
da  hier  der  Felsen  ziemlich  verwittert  ist,  so  dass  dieser  Teil 
der  Inschrift  bereits  abgesplittert  ist  und  lose  neben  seiner  ur- 
sprünglichen Stelle  liegt. 

PAUL  WOLTERS. 


-OHf*5«<^ 


INSCIIKIFT  iJHli  loBAKCIIEN 

Die  hier  veröffentlichte  Inschrift  wurde  Mitte  Februar  die- 
ses Jahres  l)ei  den  Ausiii-ahunüen  des  deutschen  arch.  Insti- 
tuts  zwischen  der  Pny\  und  dem  Areopaji;  i>erunden.  Über  den 
Fundort  und  die  Fundumstiinde  ist  auf  den  von  Dörpfeld  oben 
S.  \^n  ü'.  erstatteten  Bericht  zu  verweisen. 

Die  Insclirift,  die  sehr  gut  erhalten  ist,  steht  auf  einer  Säu- 
lentrommel,  welche  zu  dem  grossen  Versammlungssaal  der 
lobakchen  üehörte ;  sie  ist  in  zwei  Kolumnen  geteilt  und 
oben  mit  einem  Giebel  in  llachem  Relief  bekrönt.  Das  Ganze 
hatte  also  etwa  das  Aussehen  einer  auf  der  Säule  angebrachten 
Stele  ^  In  dem  Giebelfeld  ist  in  der  Mitte  ein  Krater  und 
darüber  ein  Bukranion  dargestellt;  an  jeder  Seite  befindet  sich 
ein  Panther  und  darüber  eine  Weinrebe  mit  Trauben. 

Was  die  äussere  Erscheinung  anlangt,  möchte  ich  noch 
hinzufüsfen,  dass  diakritische  Punkte  über  dem  Iota-  in  fol- 
genden  Fällen  (wenn  auch  nicht  in  konsequenter  Durchfüh- 
rung) vorkommen  :  in  Formen  von  Ispeö?  und  töSa/./o:,  in  Upa- 
'7a(/.£voc  (Z.  115),  (epovei/.o'j  (Z.  133)  und  i'jvjXÖTiov.  Ferner  ist 
das  zweimal  am  Bande  l)eigeschriebene  Z  hervorzuheben , 
dessen  Bedeutung  nicht  ganz  klar  ist.  Schliesslich  sei  er- 
wähnt, dass  an  mehreren  Stellen  die  verschiedenen  Paragra- 
phen durch  einen  leeren  Baum  von  einander  getrennt  sind. 

Die  Zeit  der  Insclirift  lässt  sich  nicht  mit  Bestimmtheit  er- 
mitteln,  da  das  Jahr  des  im   Anfang  erwähnten    Archonten 


'  Yii\.  Z.  15  Ev  aTr^Xrj  Ta  ooyixaTa.  Z.  '22  xa'i  ev  atr^Xr,  iva^pay^vai.  Z.  27  f. 
k'aiai  fj  aTTJXri  er;  toü  zeiovo?.  Diese  All  iiiid  Weise  Iiischiirieii  in  Sleleiifurin 
auf  Säulen  einzuhalten  kuniml  liesonders  im  driUen  Jalii  liunderl  iiacii  Ulir. 
nicht  seilen  vur.  \'^\.  C.  I.  A.  III  llöO.  1I8B.  Il9,i.  IIU;.  \W:, 

'i  \\\  7^.  78  sleiuMi  (jic.se  Punkte  auch  bei  Y. 


ä.    WIDE,      INSCHRIFT    DER    lOBAKCHBN 


249 


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INSCHHIFT   DEH    lOBAKCHEN  257 

'Exi  xp/ovTO;   "Ap(iTT(i)vo;)   'ErarppoSsixo'j  p-irivö? 
'EXa<pr,€oXi(övo:  vi'  £i7Tau.£V0'j  äyopäcv 

Ups'j;  'jtcÖ  Aup(rj>.iO'j)  Neix.oaotyou  toO  ocvöi- 
5      £paia[jL£vou  ETT;  i?^ '  /.ai  i£pa.(Ta[j(.£vou 

ITT,  /cy'  )cxi  Trapayoip/iaavTO?  ^övtoi; 

£i<;  x6tu.ov  xai  Sö^av  toG  Ba>ty£ioo 

T(p  JtpaTi(JT(i)   KXa('jSi(i))  'Hpwö'/^,  Oo'  ou  ävöifipeü; 

ctTfoSEtjrÖEti;  [äv]£Yvto  SoyaaTa  t(I)v 
10      UpaTaij-Evojv  XpuffiTTTUO'j  Jta;  Aiovufjio'j 

xai  ExatvE'javTO?  too  i£p£(i);  >cai  toO  drp- 

y\&x[y.)yo'j  xai  toO  xpo^iraTOu  6  2  toutok; 

aet  ypü)y.£6a  —  KaXö«;  6  i£p£'j; —  iväxTyiGai 

[xja  S6yiJ!.aTa  —  goi  TroETrei  —  £'j(7TaO£iav  tö 
15      Bax^ei(p  x,a'.  E'jy.OTfy.iav  —  iv  (jtyiXvj  to.  So- 

yfy.aTa  —  ETspwTa"  6  t£p£ij;  eittsv  Exel  xal 

£t;.oi  xai  toi;  auvtspEuai  iJi.o[u]  xai  ü- 

(AfilV    TTÄaiV    äp£<T/C£l,    Ö?    (X^iO'J  y£ ,     £7r£- 
pWT/lCOp.EV    xai    STTYipcÖTTlTEV    6    TTpÖ- 

20      eSpoi;  'Poocpo;   'Acppo^Eicriou"   otw  Soxei 
xupia  £ivai  xä  äv£yva)(ju.£va  SoyjAa- 
xa  xai  £v  nzr\\ri  ävaypacpv^vai,  äpärd) 
TYjv  j^Eipa.  TrivTE?  ETTY^pav.   6Z  TcoXXoi; 

£TgCl   TOV    xpäTfJTOV    Upfia    'HpÖOYlV  

25      vGv  EuT'jysf;,  vCv  7ravT(i)v  T^pcüToi 

Tüiv  BaxyEiwv  —  xaXw?  ö  äv6i£p£Ü<;  —  f/  ax'/;- 
Xt;  y£v£(j(0)(i).   6  (Xv9'.£p£U(;  eitce'   Earai  y) 
(TTT/Xv)  ETii  ToO  xEtovo;,  xai  ävaypatpr,- 

(JOVTat,    £iJtOVY;(TO'J(JI   yap    Ol    xpOETTÖ»- 

30      te;  tou  u.'/iSev  aürcöv  Xuöyivat. 

MyiSevi  E^iaTCi)  iö€axj^ov  Eivat,  £äv  p.r, 
TrpwTOv  a7roypa(j/rjTat  ■jrapa  tcü  lEpft 
Tr,v   v£voixict/.£'vr,v  ä7ioypa(pr,v  xai 
öoxtaacOY)  ÜTVO  tcöv  toSäxycov  (j/r;- 


258  s.  WIDE 

35      cpw,  il  x^'.o;  oatvoiTO  xai  ixiTYiSsio; 

TW  ar;  (XTrö  TCOCTpö«;  X  v'  /.ai.  g-ovöv; 

(jOcoTav  i-i   X  >t£',   SiS6vT£<;'r,at(p6piov 
40      i"-£/P"'?  Öto'j  rpöi;  Y'jvaiKX?  cog-.v. 

SuviTwcrav  Se  oi  loSajtyoi  rx;  t£  evx- 

Ta;  x.X!,  TX?  aacptETYipiSx?  /.xl  Bx^ysi- 

a  y.ai,  el'  ti;  -pöix.aipo:  soot'/i  to'j  OeoO, 

k'jcxTTo:  r,  ^.e'ywv  v-  ttoiöv  r,  (p'.loT£i- 
45      ao'jaevo?  x.araGxlXcov   u//^v'.xixv 

Ty)v  opiaOsiTxv  si^  tov  otvov  (popav. 

'Eav  Se  iiTi  Trlripoi,   £tpY£crOci>  tyi;  gtiSx- 

^0?,  y.(x.i  EuTOVEiTcocav  oi  tw  •|-/icpt(7[Aa- 

Ti  £vy£ypa(;.a£vO'.  /wpi<;  v)  XTrooYijJMX^ 
50      VI  -EvOouc  71  voTO'j  71  <7(f)oSpa  ivxv/tai6(; 

Ti;  viv  6  TTpoT^f/^Oriaoasvo;  i?  tyiv  <>ti?x- 

Sa   X0£!.vävT(OV    TÖJV    UpECdV.     'Exv    Ö£    lObÖOC- 

yo'j  äS£X(po;  iTEp/'^Tat  'j/yi'pw  oojciaa'TÖsi?, 
Sif^örci)   X  v'"   £xv  Ss  i£pö?  T:ai;  i^oiTixö;   /.aOeT- 
55      ^st;  (Xvx^cor?-/)  -'x  xpö;  toÜ?  Osou;  x-x-  t6  Bax.yEiov, 
i'cTO)  (;.£TX.  TO'J  Trarpöi;  löSxx^o?  £-1  [J-iä 
(j-ovStj  toö  77aTp6;.    Tw  bk  aTroypaij/aaevoi 

Xal    'J/Tj^O'pOpYlOEVTl    SlSÖTü)    6    UpfÜ;    ETw'.T- 

To)^riV  5ti  ETTiv  loSa'/ty^o;,   £ÖCV  xpcöTOv 
60      Soi  TW  Up£t  t6  la'riluciov ,  EvypocipoaEvo'j 

TTi    ETrfjTO).-/!   TX   ywpTjCaVTa    £1?    t6S£  Tl. 

OüSevi  Sk  i^ETTÄi  iv  Tri  (jTiSaoi  oute  ä^rai 

o'jTE    Oop'j€-?iaXl    0UT£    )(,pOT7iTai,    p-ETOC    ö£ 

■jzxoYji;  fi'jKocjjLta;  xal  -h^'r/ixi;  too?  piEpic- 
65      aoü;  >^£y£iv  y.al  T^oietv  TcporfTxaTOVTOi; 
TOÖ  i£p£(o;  71  TO'J  apyi€x/tyo'j.     Myiö£vI 

e^eaTü)    TOÖV    lo€xX,/U>V    TcLv    aVl    r>'JVTeX£- 
TXVTWV    £t;  T£    TiX(;    £VXTa;    X,Xt    äjA'pUTTipi- 

Sa;  tioi^'/eafix'.  i;  tyjv  TTiSxSa,  u-s/pn;  a^v 
70      eTCi)cpi6-/i  a'jTw  uttÖ  twv  lepEwv  vi  (Xtco- 


INSCHRIFT   DER    lOBAKCHEN  2^9 

SoOvat  a'jTÖv  ri  iTspygiöat.    Mayvi;  Sk 

£x'  (xX>.OTpiav  x)^''7iav  ipyou.evo;  v^  OSpi- 
{^(i)v  Ti  Xoi^opoiv  T'.va.   ö  y.£v  "koi^iop'/]- 
75      6£!i;  r/  'j?pir;Oc'.?  TrapaTTaveTco  ^üo  £/. 

<jav  u€ptCö|^-evov  ri  XoiSopoo(/.evov, 

x.al  6  xj^oinxi;  ■/)  "koioopriax^  a7roTiv[vu]- 

Tti)  TGJ  y.oivG)  )^£TCTO'j  op.   /,£ '  '/^  6  aiTio; 
80      yevöy.Evo;  t'o;  [J-x/yi?  aTroTivvoTco 

Ta<;  aüräf;  Sp.  '/.z'  r\  u/t)  TuviTw^rav  i<;  to-j? 

'!o^z>cyo'j(;,  u.£/pi?  iv  aTroocöiiv. 

*Eav  Se  Ti?  a/pt  T^X-^ycöv  eXByi,  ä7roYpacp£'7(6)(i) 

6  TT^myE!?  T^po?  tÖv  UpEa  r\  tov  ävOiEpfi'a" 
85      6  §£  £-y.vav/.£c  äyopäv  ay£T(o  xocl  ^|/7)- 

cpw  Ol  '.ö^ixy.y^oi  xpsivexwTav  Trporiyou- 

a£vou  ToC  lepew;,   xal  7rpo'JT£tf;-'X'j9fa) 

Trpö;  ;(pövov  p.yi  £!'j£X9£iv,  ocjov  a.v  Sö- 

^Y),  xal  apyupto'j  w-^xpi  X  /.£'•     EcfTco  Sk 
90      TÖt  auTO.  sziTsiaia  xat  tö  SapevTi  xai 

[/.Y)  £Tr£j;£'X66vT'.  rapä  tö  t£p£i  rt  tö 

Ti    £7rtT£iüt.i(X  o£  £<TTco  xa  auTa  TW  euxod- 
{xo)  a-Ji  £y.Sx>.6vTi  tou^  aayoaEvou;. 
95      El  Se  ti;  Tüiv  loSay.ycov  eISw?  £7:1  toC- 
TO  äyopxv  öcpEtXoucrav  äyÖT^vat  [zy]  a- 
TravTrjCTi,   äTTOTEiczTO)  TO)  xoivo)  Xe- 
TTTOC  dp.  v',   iäv  Sk  äTTgiOv)  ivpacCTOiAS- 
vo?.  i^ETTco  TW  Tajxta  >t(i)>>0<yai  auTOv 
1  00      Tvi;  eiTÖoo'j  T'yi(;  ilc,  t6  Ba-A^£iov  u-e- 
ypt;  iv  äxoSoi.     'Eav  ö£  ti?  twv 
Ei'jepyoj/.Evwv  tÖ  i'7r,>,u(jtov  u.7) 

ÖlSoi   TCO    [£p£i   7]    TCO    ävO'.EpEl,     EipyE^- 

0(0  TT,«;  £CTia(T£co?,  }A£/pi<;  av  octco- 
1  Ob      ooi,  xai  TTpaiTEGOü),  Ötco  av  toöttco 
6  UpEu;  jceXsucty).    Mt^SeI;  Se  7:(p)o(y- 


260  S.    WIDE 

^(dveiTO)   (X75    iTTlTpilj/aVTO?    TOij    U- 

p£(i)?  T,  Toö  ävöispeo);,  ri  ÜTreuO'jvoi; 

60TC0    TCi    X.0iva)    XSTTtoO    Op.    X    . 

110     'O  tepg'j;  Sk  £TCiT£XsiTco  xä?  dGtaO'j; 
>.iTO'jpYta;  CTißäSo;  54ai  äf^cpisTio- 
piSo?  eÜTupsTTüi;  xai  tiÖetü)  ttiv 

€a8i  [xiav  5tal  0£0>>oyi3cv,  7)v  75p- 
115      ^aro  £x  (p'.XoT£iu.ia;  routv  6  l£- 

paaä[7-£vo;  N£t5c6[xaj(^0(;.     '0  o£  oL^'/j- 
SaKYo;  Ou£T(i>  Tr,v  öuaiav  tw 
öecji  )cal  t'ov  (tttovö'/iv  t'.Öetw 
•/cara  S£)täTiriv  toü   'EXac[)vi€o>.i- 

120        (ovo?    aYlVO?.      M£pü)V    Se   y£tVO{J!.£- 

vfajv  aip£T(j)  Upeu;,  avölEpEU?, 
äpj(_iSot5Cy(_oi;,  Ta[^-ia(;,  ßou)toXr/.6(;, 
Aiovuco«;,  KopY),  naXaijJLcov,   'Acppo- 

SfilTY),    np(i)T£up'j6[JL0? tÖC    0£    6v6- 

125      ^j-xzx  auTcüv  (juv)tXyipou(j9(i) 

pOV    7^    T£ia7)V    7^    TK^IV,    TIÖetü)    TOlc;    10- 

€Ä>tyoi?  «TTTOvSriV  ä^tav  ty;;  xa^Ed); 
yäu-cov,  ysvv/iTEO)!;,  yooiv,   £<pYib£iac, 
130      -oAE'.Tsia?,  pxSSo'popia?,  ßo'j>i£ta:,  ä- 
6Xo6£(7ia?  7vav£X>.7]vo?.  yEpo'j^ia;, 
ÖEUuoOEiia;,  äpj^Y)?  in;  Syittote  oOv, 
O'jvG'Jcia?,  £ipyivapy(_ia(;,   Upovetxou, 

X,at   El  Tt?  Tt   £TCt  t6   XOEITGOV   lo^'x/.yo^  Oi^ 

135      Tuyo'.TO.     E'jx,ocrao;  ^e  x.X-/ipo6c0co  vi  xaOiT- 
tätÖco  utcÖ  to'j  UpEo);  Erri'pEpoiv  tö  ä/.OT- 

[XOGVTl   "0    Oopu^OÖVTt    TOV    ÖÜpCOV    TO'J    Be- 

oö"  <I)  Se  a.v  TTOcpaTEOv;  6  OüpGO?  £7rt)tp£i- 
vavTO;  TO'J  UpE'w?  r]  toö  apyt€xxj^ou, 

140         E^EpyE'fjOo)    TO'J    ETTtaTOpElO'J.      'EoCV    Ö£    (X- 

tceiOy),  aipETtorjav  a'JTOv  eqo)  tou  Tzu'kG)- 
vo;  ol  x.aTaiTaOyidöp.Evo'.  utvÖ  twv 


INSCHRIFT   DER    lOBAKCHEN  261 

TOi?  Trept  Twv  ü.xyoa£v(i)v  — poixsi- 
145      p.oi;.    Taaiav  ö6  a{p£i<j6(üTav  oi  iöSax- 
j^ot  i|/y)(p(i)  Et«;  Steriav,  y.xl  7rapaXap.^a- 
V£T(i)  7:p6(;  avaypacpr.v  to,  toO  Bastyei- 
ou  TTOCvra  x.ai  TrapaScoTS'.  ö^oico;  tgj 
[J.£t'  a'jxöv  g«jou.£vcp  Tai/.tx'  TuapE^eTW 

150        §£    ol')CoO£V    tÖ    6£ptJ!.6^U;^VOV    T7.?  T£    £- 

vära?  xai  äacptexrpiSa  >cai  «JTißaSa 
xat  oaai  eOiu-oi  toO  6£0ü  v)p-£pa'  xai 
rä;  ctTcö  xAyjpcov  v^  TEtawv  vi  Ta^£- 
tov  y^fXEpa?.    AipEtTOü)  §£  Ypaujxy.- 
155      T£a,  £av  ßoüXviTai,  tw  iSio)  )tivS'jv(ü" 
(Tuv)t£y(i)pyi(j6(i)  §£  aÜTÖ  7]   Tay.t£'j- 

Tt/C7)    G7C0VÖ7),    >tai    £(JT(i)    aV£l<7<p0p0? 
TTIV    SlETiav.       'Eäv    §£  Ti;    T£)^£'JTri- 

<TY]  löoaJCy^o?,   y£iv£';0(i)  (jxE^avo;  au- 

160      TW  [/.£x(p)t  X  £',  >cai  TOI?  i7riTX9y)'7a<Ti  xt- 

ÖEffötO    OI'VO'J    >t£päy.tOV    £V,    6    Se    L/.?) 

£7ciTa(pv)aa?  EipygaOü)  toö  ol'vou. 

( Füi'tsctzunfr  von  S.  'C4(S). 
Ar.  Epaphroditos  nicht  bekannt  ist'.  Epiijraphisolie  und 
sprachliche  Gründe  lassen  uns  indessen  mit  einiger  \\'ahr- 
scheinlichkeit  vermuten,  dass  die  Inschrift  ungefähr  um  die 
Mitte  des  dritten  Jahrhunderts  nach  Chr.  entstanden  ist.  Zwar 
beweisen  Formen  wie  euuc  nicht  viel,  denn  diese  Typen 
werden  auch  durch  das  ganze  zweite  Jahrhundert  nach  Chr. 
und  noch  früher  verwendet^'.  Wichtiger  ist  das  häufige  Vor- 
kommen der  diakritischen  Punkte,  das  sicher  auf  die  Zeit 
nach  der  Mitte  des  zweiten  Jahrhunderts  hinweist,  und  wol 


*  Ein  Archonl  l-Jpaphioililos   wird  auch  r.  I.  A.  III   1070  erwähnt,  ohiu« 
dass  sein  Jahr  festgesleilt  werden  könnte. 

2  Die    Buchstahenfuiinen    konnten   im    Druck    nalüriioli    nur  annäherm' 
richtig'  wiedergegeben  werden,  und  wegen  Mangels  der  entsprechenden  'I\v 
pen  gegen  Ende  der  Inschrift  noch  weniger  genau  als  im  Anfang. 


Jb2  S.    WIDE 

auch  das  viUlige  Felilen  des  Iota  adscriptum,  (]as  erst  Inder 
Zeit  nach  Septimius  Severus  vollständig  verschwindet  ^  Dazu 
kommen  die  sprachlichen  Rarbarisnien  und  Neubildungen, 
Nvelche  jedenfalls  auf  eine  verhiiltnissmiissig  späte  Zeit  hin- 
weisen. \\\r  dürfen  also  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  die 
Inschrift  um  die  Mitte  des  dritten  Jahrhunderts  nach  Chr. 
ansetzen  ^. 

Es  ist  nicht  meine  Absicht  auf  die  sprachlichen  Eigentüm- 
lichkeiten näher  einzusehen.  Beiläufii;  niöuen  nur  die  wich- 
tigsten  Abweichungen  von  dem  gewöhnlichen  Sprachgebrauch 
angeführt  werden:  Z.  1  f.  ^avivö?  'EXaflpYiSoXiwvo?  y)' eCTCiucvou. 
Z.  23  f.  T:o\'kol;  iztrsi  xov  ^cpiTir^TOv  Upea  'IIptoo7)v.  Z.  49  f.  yco- 
pi;  ri  ä7rooY,u.ia:  vi  ttsvOou^  r]  vÖcO'j  'n  crrpöf^po.  ävav/<.ai6?  Tt?  üv. 
Z.  59  f.  edv  TwpoJTov  001  (vgl.  Z  101  ff.  säv  .  .  .  p,7)  SiSoi. 
Z.  104  y-i'/jii;  av  d.Tio8oi)  tö  (spsi  tö  IutiXuitiov  evypci^o^ievou 
zTi  iiz'.'jTo'krt  Tti  2((oonaavTa  si?  TÖ^e  ti.  Z.  75  .TiapaaTaveTOj. 
Z.  95  f.  slow;  £:;•  TO'JTO  äyopicv  ö(|)ei?iOUö'av  iyO'^vai.  Z.135  xu- 

XOITO. 

Die  Inschrift  enthält  die  Statuten  des  Thiasos  der  lobakchen. 
Voran  geht  ein  Präskript  mit  einem  Bericht  über  die  Sitzung, 
in  welcher  die  Statuten  angenommen  wurden.  Die  betreffende 
lobakchcnversammlung,  welche  am  8.  Elaphebolion  statt- 
fand, war  von  dem  Priester  Rlaudios  Herodes  zusammenbe- 
rufen worden,  welchen,  wie  es  scheint,  kurz  vorher  sein  Vor- 
gänger im  Amte.  Aur.  Nikomachos,  zum  Priester  designirt 
hatte.  Klaudios  Herodes  hatte  zugleich  einen  Vicepriester  er- 
nannt, welcher  in  der  Versammlung  t'x  S6y(;.aTa  twv  UpaTaut- 
voiv  Xp-j^i-TTo-j  y,x:  AiovjGtou  vorlas.  Wahrscheinlich  waren  dies 
alte  Statuten,  welche  aus  irgend  einem  Anlass  erneuert  und 


'  V<i\.  I)iUeiiberj;er,  Hermes  I  S.  413  und  zu  Ü.  I.  A.  III  .">.  S.  Reinacli, 
TraiU  d'^pir/raplne  grerque  S.  271. 

2  Jedenfalls  ist  die  Inschrift  nicht  später  als  das  drille  Jahrhundert  n.  Chr. 
zu  setzen  \vef,'en  der  römischen  Vornamen,  die  nach  Dioclolian  in  f^riechi- 
schen  Inschriften  höchst  seilen  vurkoinmen,  vgl.  Mouimsen,  Hermes  V 
S.  133. 


INSCHRIFT    DER    lOBAKCHEN  263 

wieder  zur  Geltung  gebracht  werden  sollten,  und  welche  nun 
von  dem  Priester,  dem  Archibakchos  und  dem  xpoTxiTr,;  zur 
Annahme  empfohlen  wurden.  Dann  werden  angeführt  die 
Acclamationen  (Z.  15  IT.),  die  Abstimmimg  unter  dem  Präsi- 
dium des  Kuphos.  Sohn  des  Aphrodisios  (Z.  19  fC.),  und  dar- 
auf folgende,  neue  Acclamationen  (Z.  23  ff.). 

Hiermit  schliesst  das  Präskript,  und  der  Inhalt  des  Be- 
schlusses wird  in  verschiedenen  Paragraphen  mitgeteilt.  Diese 
beziehen  sich  auf  die  Bedingungen  für  den  Eintritt  in  dieGe- 
nossenscliaft,  die  Zeiten  der  Zusammenkünfte,  die  Verpllich- 
tungen  der  einzelnen  Mitglieder,  Obliegenheiten  der  Beamten 
und  im  Allgemeinen  die  äussere  Ordnung  während  der  lo- 
bakchen  Versammlungen. 

Um  Mitglied  der  Genossenschaft  zu  werden,  musste  man 
sich  beim  Priester  melden  und  dann  eine  Dokimasie  vor  den 
lobakchen  bestehen.  Wenn  der  Betreffende  diese  wol  bestan- 
den hatte,  sollte  er  vom  Priester  das  Diplom  eines  lobakchen 
bekommen,  jedoch  erst  nach  Zahlung  des  i<jrAo(jiov,  des  Ein- 
trittsgelds. Dies  betrug  für  denjenigen,  dessen  Vater  nicht  der 
Genossenschaft  angehörte,  50  Denare, wozu  noch  ilie  Verpflich- 
tung kam,  den  lobakchen  eine  cttovSt)  zu  geben.  Die  dage- 
gen, deren  Väter  schon  lobakchen  waren,  brauchten  als  Ein- 
trittsgeld nur  die  Hälfte,  d.  h.  25  Denare  zu  zahlen,  und  für 
die  folgende  Zeit  waren  ihre  monatlichen  Abgaben  auf  die 
Hälfte  herabgesetzt,  so  lange  sie  unverheiratet  blieben.  Ein 
lEpö;  xai?,  wahrscheinlich  ein  Knabe,  der  bei  den  religiösen 
Gebräuchen  mitwirkte,  durfte,  wenn  er  aufhörte  ein  Uso;  -rrat; 
zu  sein,  ohne  Eintrittsgeld  dem  Verein  beitreten,  wenn  sein 
Vater  dort  Mitglied  war. 

An  diese  Bestimmungen  über  den  Eintritt  reihen  sich  an- 
dere über  die  Zusammenkünfte.  Diese  finden  am  neunten  Tage 
jedes  Monats  Statt,  an  den  Stiftungstagen  (äa^ieTYipiSs;).  an 
den  dionysischen  Festen  und  ausserordentlichen  Festtagen.  Ein 
Jeder  sollte  dabei  r^  Xe'yeiv  y]  Tcoteiv  ri  (ptXoTS'.u.ou[A6vo<;  >taTa€äX>.£iv 
j7.Yiviaiav    Tr,v    öpicöeioav    v.<;   tÖv   oivov  <popxv  (  Z.   44  IT.).   Wer  die 

Monatsabgabe  nicht  bezahlt,  soll  von  den  Festen  ausgeschlos- 


^64  8.    WIDE 

sen  werden.  Ein  jedes  Mitglied  musste  sich  an  den  Zusam- 
menkünften beteiligen,  wenn  es  nicht  verreist  oder  krank  oder 
in  Trauer  war  oder  sonst  etwas  sehr  Dringendes  vorhatte  ; 
dabei  sollten  die  Entschuldigungsgründe  vom  Priester  geprüft 
werden. 

Es  folgen  nun  die  Bestiminungen  über  die  äussere  Ordnung 
bei  den  Zusammenkünften.  Es  durfte  bei  diesen  nicht  gesun- 
gen, gelärmt  oder  geklatscht  werden,  sondern  Jeder  sollte  mit 
allem  Anstand  und  Ruhe  touc;  asptcrao-jc  liyii^  ri  mtoieiv  nach 
den  Vorschriften  des  Priesters  oder  Archibakchos.  Es  war 
streng  verboten  durch  Wort  oder  That  zu  beleidigen,  Unord- 
nungen oder  Schlägereien  anzufangen  oder  den  Platz  eines  an- 
deren Mitglieds  einzunehmen.  Der  Schuldige  musste  eine  Geld- 
strafe zahlen,  und  konnte,  wenn  er  sich  weigerte,  von  den 
Versammlungen  ausgeschlossen  werden. 

Wenn  eine  Schlägerei  während  einer  Festversammlung  ent- 
stand, sollte  der  Beleidigte  die  Sache  bei  dem  Priester  oder 
Vicepriester  melden,  und  dieser  sollte  sogleich  eine  lobakchen- 
versammlung  berufen,  in  welcher  die  Mitglieder  des  Thiasos 
dem  Schuldigen  das  Urteil  sprechen  sollten.  Bestraft  wurden 
auch  die,  welche  die  Raufbolde  nicht  herausgeworfen  hatten, 
und  sogar  diejenigen,  welche  Prügel  bekommen,  aber  die 
Klage  nicht  vor  die  lobakchen,  sondern  vor  ein  staatliches  Ge- 
richt gebracht  hatten.  Wenn  eine  lobakchos  von  dieser  Ver- 
sammlung ohne  genügenden  Entschuldigungsgrund  fern  i)lieb, 
wurde  er  mit  Geldstrafe  belegt.  Schliesslich  wird  bestimmt, 
dass  Niemand  bei  den  Festen  eine  Ansprache  iialten  dürfe 
ohne  die  Genehmigung  des  Priesters  oder  Vicepriesters. 

Von  Z.  110  an  erfahren  wir  die  Obliegenheiten  des  Prie- 
sters und  des  Archibakchos.  Die  Bestimmungen  über  die  Wahl 
und  die  Funktionen  des  Schatzmeisters  (und  des  Schreibers) 
werden  nicht  in  demselben  Zuge  mitgeteilt,  sondern  25  Zeilen 
weiter  unten.  Der  Paragraph  Z.  120-1*26  ([^.epcöv  Se  yeivou.e'vcov 
•/.TA.),  der  besondere  Schwierigkeiten  bietet,  ^^i^(l  unten  be- 
sprochen werden.  Der  darauf  folgende  Abschnitt  enthält  die 
Bestimmung,   dass  ein  lobakchos  bei  glücklichen  Ereignissen 


fNSCMRIFT   DER   lOBAKCHEN  26o 

des  privaten  oder  öffentlichen  Lebens  der  Genossenschaft  eine 
oTTovS-/)  geben  sollte  ' . 

Ferner  wird  bestimmt,  dass  wenn  Jemand  lärmt  oder  sich 
gegen  die  gute  Ordnung  vergeht,  ein  wolgesinntes  Mitglied 
der  Genossenschaft  den  Auftrag  bekommen  soll  den  Störenfried 
mit  dem  Thyrsos  des  Gottes  zur  Ordnung  zu  bringen.  Der 
Schuldige  musste,  wenn  der  Priester  oder  Archibakchos  so 
bestimmte,  das  Festlokal  verlassen;  wenn  er  nicht  gehorchte, 
sollten  von  den  Priestern  angestellte  Diener,  welche  den  ei- 
gentümlichen Namen  ixtcoi  tragen,  den  BetretTenden  mit  Ge- 
walt entfernen. 

Nachdem  die  Ernennung  und  die  Befugnisse  des  Schatz- 
meisters, der  immer  für  zwei  Jahr  gewählt  wurde,  erörtert 
sind-,  kommt  die  letzte  Bestimmung,  über  das  Begräbniss 
eines  lobakchen.  '  Wenn  ein  iobakchos  stirbt,  soll  er  einen 
Kranz  bekommen,  dessen  Wert  bis  o  Denare  betragen  mag; 
und  die,  welciie  am  Begräbniss  teilnehmen,  bekommen  ein 
-/Cepy.fxiov  Wein;  wer  sich  aber  nicht  beteiligt,  erhält  keinen 
Wein  '. 

Die  lobakchen  bilden  eine  Genossenschaft  (Oiac;o:,  ipavo?), 


'  Welche  Ereignisse  dies  waren  sieht  man  aus  Z.  129  IT.,  die  keines  Com- 
raenlars  bedürfen.  Anfangs  werden  Ereignisse  des  Privatleheiis  erwähnt, 
ausser  der  Hochzeit:  Gebuit,  Xds;,  Eintritt  in  das  Ephebenaller  und  die 
politische  Mündigkeitserkiärung,  also  die  wichtigsten  Momente  im  Leben 
des  athenischen  Kindes  und  jungen  Mannes.  Xde?  bezeichnet  wul  die  Zulas- 
sung zu  den  Clioen  (  Anlheslerien ),  welche  erst  in  einem  bestimmten  Alter 
erfolgte.  Wolters  macht  mich  auf  die  Grabschrift  Keiihd,  Ei^igramtnata  157. 
C.  I.  A.  III,  i  Vi\'l  aufmerksam:  'IDa/.'Ti;  Xot>.wv,  6  ol  8a:'([jL(x)v)  ecpOaae  xoüj 
Xoü?.  Kaibel  bemerkt,  dass  es  sich  hier  um  ein  Kind  handelt,  das  kurz  vor 
der  Zulassung  zu  den  Choen  starb;  diese  Deutung  wird  durch  die  Stellung 
des  Worles  Xds;  in  unserer  Inschrift  zwischen  YEwrjat;  und  eyr,5s(a  bestätigt. 
Die  Deutung  von  Wilamowitz  (Comui.  ijvammalicutn  II  S.  I7|,  gegen  wel- 
che Ditlenberger  0.  I.  A.  III,  "2  S.  3U0  schon  die  Schwierigkeil  hervorhob, 
dass  £;pOa3£,  nicht  wXeac  auf  dem  Stein  siehe,  verliert  ihre  Stütze  durch  den 
Umstand,  dass  der  Dargestellte  sicher  ein  Knabe  ist,  wie  auch  S^bel  Nr. 
3217  angiebt,  kein  Mädchen. 

'^  Der  Schreiber  ist  kein  ortlenllicher  Beamter,  sondern  von  dem  Schalz- 
meisler  angenommen,  wenn  dieser  es  wünscht  und  auf  dessen  Verant- 
wortung. 


C66  S.    WIDE 

deren  Mitglieder  sich  um  den  Kult  des  Dionysos  vereinigt 
haben.  'loSajcj^o?  heisst  mitunter  Dionysos  selbst',  und  es  ist 
überliefert,  dass  in  Athen  ein  l^'est,  'loSax^sia,  gefeiert  wurde. 
Die  lobakchien  und  die  Tlieoinien  werden  nämlich  erwähnt 
in  dem  Eide,  welchen  die  yspapai.  die  vom  Archon  Basileus 
ernannten  Ehrendamen,  bei  den  Anthesterien  schwuren^. 
Diese  Notiz  ist  wichtig,  denn  sie  zeigt,  dass  zwischen  den  lo- 
bakchien und  den  Anthesterien  scbon  in  älterer  Zeit  ein  Zu- 
sammonbang  bestanden  baben  muss,  und  dadurch  erhält  die 
\'ermulung,  dass  das  neugefundene  Versammlungslokal  im 
Bezirke  des  Dionysos  ev  Atavai;  lag.  eine  Stütze.  Übrigens 
brauchen  wir  uns  nicht  vorzustellen,  dass  der  in  unserer  In- 
schrift erwähnte  Tbiasos  der  iobakcben  jüngeren  Ursprungs 
ist:  er  kann  sehr  wol  auf  ake  Zeit  zurückgeben.  Wenn  TüptTer, 
Att.  Genealogie  S.  1  v' ff .  nachgewiesen  bat,  dass  die  Tlieoi- 
nien ursprünglicb  ein  ahes  attisches  Gescblechterfest  gewesen 
sind,  so  mal»' dasselbe  aucb  von  den  lobakcbien  <'elten,die  nach 
akväteriscber  Weise  ( x-arä  rä  Trärpia)  gefeiert  wurden.  Später 
baben  natürlich  die  lobakcbien  den  Cbarakler  eines  Geschlech- 
terfestes aufij;e<Jjeben,  und  der  Eintritt  in  den  Kultverein  ist 
allen  Atbenern  (später  wol  auch  Ausländern)  gestattet  worden. 
Die  Zeit  der  Inscbrift  lässt  sieb,  wie  gesaut,  nicht  irenau 
feststellen,  aber  teils  aus  e})igrapliiscben.  teils  aus  spracli- 
licben  Gründen  dürfen  wir  annebmen.  dass  sie  etwa  um  die 
Mitte  des  drillen  .lalirbunderts  nacb  (]br.  abgefasst  worden  ist. 
Die  hier  erwiibnlen  Personen  zu  identillciren,  ist  mir  nicbt 
gelungen.  Der  Vorname  Aurelius,  den  der  frübere  Priester 
Nikomachos  trug,  ist  wol  mit  der  Verleihung  der  römiscben 
Civitäi  unter  Caracalla  in  Verbinduni»-  zu  bringen.  Vermu- 
tungsweise  teilen  wir  eine  andere  Kombination  mit.  Der  neuer- 


'  Ilesycli.  s.  V.  Anlliol.  Planud.  IV  289.  Dionysische  Hymnen,  'Io6ax/oi 
genannt,  von  Aicliiluchos  verfasst,  Ilepliaisl.  94.  Sleph.  Byz.  s  v.  Be/eip, 
V,:.'!.  i'iocl.  in  Phol.  Bil)!.  S.  320,  31  Beixixer. 

2  Pseiidü-Denioslh.  adv.  Neaeram  78  xal  ri  Osotvia  xai  zx  luZiv./v.o.  yspaipw 
TÄ  Aiovüaü)  xaT«  TÖc  ndtpia  xal  h  xoi{  xaOrjxouai  /pdvow.  Vgl.  Hesych.  V.  yepapal, 
I-:iyrn.  .Magn.  S.  227,  36.  Pollux  VIII  108. 


IN8CHBIFT    DER    lOBAKCHEN  26? 

nannte  Priester  heisst  Klaudios  Herodes.  Abgesehen  von  dem 
berühmten  Tib.  Klaudios  Attikos  Herodes,  giebt  es  im  C.I.A. 
III  nur  einen  Klaudios  Herodes.  Dieser,  der  Phyle  Pandionis 
angehörig,  erscheint  in  einem  Ephebenverzeichniss  aus  dem 
Jahre  des  Archonten  Patio?  Kacio?  'AzoXXwv.o;  {C.I.A.  III 
1169),  dessen  Archontat  von  Dumont^  um  das  Jahr  209  n. 
Chr.  angesetzt  wird.  Wenn  das  richtig  ist,  würde  der  Ephebe 
Klaudios  Herodes  um  das  Jahr  190  n.  Chr.  geboren  sein. 
Nehmen  wir  an,  dass  der  Priester  Klaudios  Herodes  etwa  40-50 
Jahre  alt  sein  Priesteramt  antrat,  so  wäre  es  leicht  möglich, 
den  Epheben  vom  Jahre  209  n.  Chr.  mit  dem  in  unserer  In- 
schrift erwähnten  Priester  zu  identificiren.  Diese  V'^ermiitung 
würde  also  die  Entstehung  der  Inschrift  etwa  auf  die  Jahre 
230-240  n.  Chr.  zurückführen. 

Sehr  eigentümlich  sind  die  in  der  Einleitung  angeführten 
Acclamationen.  Diese  kommen  in  den  griechischen  Inschrif- 
ten selten  vor;  ein  gutes  griechisches  Gegenstück  bietet  die 
von  Sp.  Lambros  in  den  Athen.  Miltheilungen  VI  (1881)  S. 
167  ff.  veröfl'entlichte  Inschrift  aus  Chalkis  (drittes  Jahrhun- 
dert n.  Chr.).  Dort  finden  wir  solche  Acclamationen,  wie 
'E€(c')o<iav)  Ol  rruvEopoi"  lla|;.(pi>,w  Y.%'kr\  y)  r,Yr,a'.(;'  outoj  vstvecÖw  — 
und  ferner  'E€(6-/i<j£v)  6  S('/i(7.o?)  So)t£i:.  "ESo^sv.  'E6(6r,<j£v)  6  S(yi- 
{jLo?)  TCoXXoi?  £T£<ii  Tou;  v£w>t6po'j?.  Dlcscr  letztere  Ausdruck 
stimmt  vollkommen  überein  mit  dem  in  unserer  Inschrift  an- 
geführten Zurufe  xoX^oi«;  eteci  töv  j^pocxiaTov  i£p£a  'HpcoSriv.  An- 
dere Beispiele  der  Acclamation  ünden  wir  besonders  bei  den 
Serif  tores  hlstoriae  Augustae,  wo  von  den  Senatssitzungen 
die  Rede  ist.  Ein  gutes  Beispiel  ungefähr  aus  derselben  Zeit 
findet  sich  im  Leben  des  Alexander  Severus  c.  56,  wo  die 
Senatsprotokolle  ausdrücklich  als  Quelle  angegeben  werden : 
Adclamalio  senatiis :  Alexander  Auguste,  di  te  servent. 
Persice  maxime,  di  te  servent.  vere  Parthicus,  \,'ere  Per- 
sicus.  trophaea  tua  et  nos  videmus,  ^'ictorias  et  nos  i'idc" 
mus.  iuveni  iniperatori,  patri  patriae,  pontifici  maximo. 


'   Diiiiiüiil,  ührunologie  des  archonies  alkeniens  Ö.  106  f. 


'i68  s.  wiDß 

per  te  victoriam  undiqiie  praesumimus .  ille  vincit ,  qui 
militem  regit,  dives  senatus,  dives  miles,  dives  Populus 
Romanus.  Wir  wissen,  dass  während  der  Kaiserzeit  der  rö- 
mische Urkundenstil  in  die  ijfriechischen  Volksbeschlüsse  mehr 
und  mehr  eingedrungen  ist',  und  man  möchte  daher  vermu- 
ten, dass  die  detaillirte  Darstellung  der  Geschäftsführung, 
welche  nicht  nur  in  dem  eben  erwähnten  Volksbeschluss,  son- 
dern auch  in  der  lobakcheninschrift  vorkommt,  von  dem  rö- 
mischen Urkundenstil  und  vor  allem  von  den  römischen  Se- 
natsprotokollen beeinflusst  worden  ist. 

Die  Bedeutung  der  Buchstaben  6  2  (Z.  13.  ?3)  ist  nicht 
ganz  klar.  So  viel  ist  sicher,  dass  sie  auf  die  folgenden  Accla- 
mationen  hinweisen  ;  vermutlich  haben  wir  hier  eine  Abkür- 
zung für  £;£€or,'7av  vor  uns.  Man  vergleiche  die  eben  citirte 
Inschrift  aus  Ciialkis,  wo  £ß(^6T,Gav)  ohne  Zweifel  richtig  er- 
gänzt wird,  und  die  Inschrift  aus  Hhodiapolis,  Petersen  und 
Luschan,  Reisen  in  Lykien  S.  104  (III  G  7)  [y.a]l  [v]Ov  ttxIiv 
67ri€e[€]o7)u.£v'/i;  tt,?  x.otv7i(;  toö  sOvo'j?  apjr aipsTiaxT^q  [i]/C>7)<7ia;  und 
S.   105  (V  C  1)    tÖ    Vi  e'Qvo;  sTciSsSörjTai  -aliv  T£tuLr,6r,va.t.   aÜTOv. 

Die  Statuten,  welche  von  den  lobakchen  angenommen  wur- 
den, waren  nicht  neu,  es  waren  xä  SöyaxTx  töjv  i£pacxy.£vü)v 
Xpu<7iTc:ro'j  x.ai  Aiov-j^icu,  welche  wol  früher  Geltung  gehabt 
hatten,  aber  aus  irgend  einem  Grunde  in  Vergessenheit  gera- 
ten wai'en  und  nun  wieder  in  Kraft  treten  sollten  Für  diese 
AutTassiing  spricht  auch  der  Ausdruck  ävi/.Tr,'7X'.  zx  (^öyay.-ot  : 
•stelle  die  Statuten  wieder  her,  bringe  sie  wieder  zur  Gel- 
tung '  2. 


'  V^l.  Swoboda,  Die  griecli.  Vulltsbesclilüsse  S,  212. 

2  Ein  analoges  Bei.spiel  linden  wir  in  der  Insclirift  C.  I.  A.  II  628,  wel- 
ciie  einen  r3escliluss  der  auvooo;  dionysisciier  Künstler  enlhält.  liier  wird  ein 
gewisser  I'liilemon  gelobt,  weil  er  ävty.TrJaaio  xi;  ;:aTp(ou?  Oja!«;,  nachdem 
das  llriligtiim  in  Folge  eines  grossen  Landesunglücks  zerstört  und  der  Gol- 
lesdienst  lange  unterbrochen  worden  war.  Dass  in  unserem  Fall  die  Slatu- 
len  allerdings  nicht  völlig  unverändert  geblieben  sind,  beweist  Z.  H6,  in 
der  auf  eine  Einrichtung  des  eben  abtretenden  Priesters  Bezug  genommen 
wird. 


INSCHRIFT    DEn    lOBAKCHEN  269 

Im  Allgemeinen  finden  wir  in  diesen  Statuten  manche  Ähn- 
lichkeiten mit  den  friilier  bekannten  Orgeoneninschriften  , 
doch  trifft  man  nirgendwo  sonst  auf  einmal  so  viele  und  so  de- 
taiilirte  Bestimmungen.  So  begegnen  uns  auch  in  anderen 
Orgeoneninschriften  Vorschriften  über  Eintritt  und  Dokima- 
sie,  Abgaben,  Ausschliessung  aus  dem  Thiasos,  Strafbestim- 
mimgen  gegen  solche,  welche  bei  den  Versammlungen  felilen, 
sich  Scbmäbungen.  Unordnungen  und  Schlägereien  zu  Schul- 
den kommen  lassen, Vorschriften  über  Teilnahme  an  Begräb- 
nissen u.  s.  \v.  Man  vergleiche  z.  B.  C.I.A.  III  2 >} v6- 

Y^jC,  £pav[t(7jTdJv.  [Mr,]o£vi  £[^]£'(TT(i)  (^[tevjai  [ic]  -rr^v  r;i\j-^trj-y.z\^ 
cOvooov  TcJjv  spaviGTcöv.  7r[pi]v  av  öox.'.aa'iO'/),   ii  in-',   ä^yvjöi;   /.ai  s-'j- 

rreSr,;  xai  ä[YaOö(;  ' a'J;av£T(o  §[£]  6  i'pavo?  itzX  (!f\\o-:i^C:jly.<.^' 

v.  ^£  Ti[<;]  Y-^y'x^  ''"'  ^Jopo  S^o-j?  x-stvöJv  ^xivo'.TO,  £x.Sa>.X£(j6ü)   to'j  epi- 

vou  [C]viu.touu.£vo;   TOti::    o[i]7u)>ai? -/.cinKü^ y\  "Kkr,- 

yaT;  alKi?^[6a£vo;] .  .  .   und  das  Decrctiini  Lanuvinum,  CLL. 

XIV  '21 1 '2 Lcrsi  collegi.  [Plac]uit  universis,  ut.  quis- 

c/tiis  in  hoc  colle^^iuin  intrnrc  voluerit,  dabit  kapititlari 
nomine  [scstertios  ccntum)  n[uninios)  et  vi[ni]  boni  amplio- 

rcun,    item   in    menses  sing{itlos)  a{sses  qiiinos) item 

placiiit,  ut  (juisquis  serviis  ex  hoc  collegio  über  /'actus  fite- 

rit,  is  dare  debcbit  vini  [bo]ni  amphornm item  pla- 

cuit,  si  quis  quid  r/f/eri  auf  rcferre  volet,  in  conventu  re- 
/erat,  ut  (piicti  et  hilares  diebus  sollemnibus  epulemur. 
Item  plucuil,  ut  quiscjuis  seditionis  causa  de  loco  in  alium 
lof'utn  trunsicrit,  ei  multa  esto  [sest.  quattuor)  /i{u/n/nu/n). 
Si  quis  autem  in  obprobriuni  alter  altcrius  di.rerit  aut 
tu[mul]tua/us  /'ucrit .  ei  multa  esto  [sest .  duodecim)  n{u/n- 
mutn). 

Als  Beamte  erscheinen  i£p£'j;,  x-^Hu^vj^,  oi.^yi^aiy.yoc.  -rxu.icn; 
und  ypaaaaTS'jc.  welcher  letztere  vom  Taiy.ia;  nach  Belieben 
und  auf  eigene  N'erantwortung  ernannt  wird  Dazu  kommen 
ein  Tzoonzx'T,^,  ein -pÖ£^po<;  und  vielleicht  ein  ßo'j/toAtxö: '.  Die- 
ner waren  die  schon  erwähnten  t-7:oi,  welche  unten  zu  bespre- 


Ul)  tlies  W'üil  als  ein  Boaiiiioniiaiiio  zu  lassen  ist,  bleihl  lui.sicher 

ATHEN.   MITTHEILUNGEN  XIX.  l9 


270  !?•  wiuii 

chen  sind.  Von  einer  Losung  der  Beamten  ist  nicht  die  Rede, 
während  dieses  Verfahren  in  anderen  Orgeoneninschriften  das 
geNvöhnlic'he  ist.  Der  Priester  ernennt  einen  Vicepriester,  der 
beim  lUicktritt  oder  Tod  des  ersteren,  wie  es  scheint,  in  des- 
sen Stelle  aufrückt  und  seinerseits  wieder  einen  Vicepriester 
desiiinirt  '.  Diese  Amter  waren  vermutlich  lebenslänglich. 
Über  die  Ernennung  des  Archibakchos  ist  uns  nichts  über- 
liet'ert.  Der  Schalzmeister  wird  lur  zwei  Jahre  von  den  lobak- 
chen  <ie\Nählt.  Die  Organisation  der  Beamten  scheint  hier  t'e- 
sler  gewesen  zu  sein  als  in  anderen  Kultgenossenschaiien  ' ; 
auch  lihten  der  Priester  und  der  Archibakchos  ein  nicht  un- 
bedeutendes Strafrecht  aus.  Der  -posSpo;  präsidirt  bei  den  Ver- 
sammlungen. Aon  ihm  ist  wol  der  T:cor,Tx--nc,  zu  unterscheiden, 
ein  Beamter,  der  auch  in  einer  anderen  Orgeoneninschrift  ge- 
nannt wird  (6'.  /.  .1.  Mi  23).  Wir  möchten  vermuten,  dass  er 
der  \'ei'treter  der  Orgeonen  nach  ausi?en  war,  besonders  vor 
den  staatlichen  (ierichten,  wo  es  sich  um  v6t7.o'.  spavix.oi  und 
andere  Angelegenheiten  der  Genossenschaft  handelte-'. 

Ob  es  einen  Beamten  ßo'j/.oX'./cö;  gab,  muss  dahingestellt 
bleil)en.  Wenn  es  ein  Beamter  war,  würth'n  wir  statt  ^o'j>co- 
'Xv/.öi  eher  (io'j/.oXo:  ei'w arten,  da  (io'jy.o'Xo:  und  äp/'.6o'j/.6Ao;  dio- 


<  W'oiiigsleiis  scheint  Klaudios  llciuilos  IVülior  Viceprieslor  i,'e\voscii  zu 
.sein;  als  er  Priester  wurde,  ernannte  er  einen  Viceprieslor. 

-  Vielleiclit  ist  dies  daraus  zu  eilvlären,  dass  der  Verein  der  lolialvclien, 
wie  ohen  vernuitel  wurde,  auf  sehr  alle  Zeilen  zuriicU^inj,'. 

•*  In  f^'cwissen  juridisclien  Inschnflen,  die  sich  auf  Verkauf,  iIy|iofhek 
u.  dgl.  beziehen,  linden  wir  neljen  einem  /.oivöv  IpavtaTojv  oder  OiaawTtüv  ei- 
nen Mann,  iler  deullich  als  Verlreter  des  xotvov  ersclieinl.  So  lesen  wir  in 

('.  /.   .1.   11  7G>  :    llspa O'.xojja  izo:fj-^o\J[(jOL ]a  'l'aavoüaiov  xai 

xoivö[v  Epavicr-öJv] D'jviir)  Iv  K£tpao[ü)Jv  otzoOia,  ä(-)0!p(u|[Y]oijja 

Nty.ö;o)rj[xov  Asuxovoea  x.ai  y.o;[v]'>v  ipavt^Twv Wahr^clieinlicii  handeil  es 

sich  hier  um  Sklaven,  die  sich  von  ihren  Herren  IVeif^ekaull  hallen  (Küh- 
ler, Alhen.  Millheilungen  lil  (1878)  S.  172  f.).  Bei  diesem  Handel  brauchte 
die  Kullgenossenschafl  enien  Verlreler.  und  dieser  i>l  vielleicht  dernpodia- 
TT,;  Toj  xotvoCi  Töv  Ipaviatüiv.  Man  vergleiche  die  allischen  llypolhekenin- 
schriflen,  C-I.A.  II  1147  (opo;  •/wp'o[yj  -c-paixevoy  ir.l  XJici  äpav[i]aTa!5  lotj 
IxETa  Ar,u.'jXoj  ' M<.['^[o'jz':q\>)]  X  H  H  ).  r'.  /.  .1 .  1 1  I  HS.  Allicn.  Millhcilun-en 
XII  (I887j  S.  88  und  die  Veikaufsui künde  C.  I.  A.  II  IIlü. 


INSCHRIFT   DER    lORAKCHEN  271 

nysische  Kultbeamtennamen  sind  (s.  Dieterich,  De  Injmnis 
orp/ncis  S.  4  f.).  Andererseits  scheint  es  etwas  gewagt,  ßo-jjto- 
Iv/Jjc,  als  Adjectiv  mit  dem  vorangehenden  Taaia:  oder  dem  fol- 
genden Aiöv'jTo?  zu  verbinden  ;  denn  wir  sehen  keinen  Grund, 
weshalb  unter  den  Beamten  gerade  der  raaia?  diese  I3ezeich- 
nung  führen  sollte,  und  noch  weniger  nötig  wäre  es  vvol  ge- 
wesen, dass  die  iobakchischen  Dionysosverehrer  ihrem  Gott 
eine  besondere  iTziyS^.-nn^c  beilegten.  Allein,  wie  es  auch  hier- 
mit sein  mag,  sicher  ist,  dass  das  Wort  ßo'j/40Aix.ö:  aus  dem 
Kreis  der  Vorstellungen  stammt,  in  welchen  Dionysos  als 
Stier  gedacht  wurde.  Diese  Vorstellungen  waren  über  die  hel- 
lenische Welt  weit  verbreitet ;  vgl.  Maass,  Göttingische  Ge- 
lehrte Anzeigen  1889  S.  810.  Dieterich,  De  hijninis  orp/ii- 
cis  S.  3-13.' 

Dass  diese  religiösen  Anschauun«ren  auch  in  Attika  uralt 
waren,  lernen  wir  aus  der  bekannten  Stelle  in  Aristoteles 
'AOr,vxi(i)v  -oXiTEia  3  :  y.\X  6  [;.£v  ßa.C)'.)>£o;  siys  to  vOv  x.a)vO'ju.£vov 
BouxoXiov,  TcViOcrtov  toö  Tup'j-aveio'j  (cr,a£iov  Sr  £ti  y,ai  vOv  yäj:  tt,? 
TO'j  ßaciAEO);  ^^^jvxiy.^jc,  r,  (jU[7-u.£i^'.<;  ivraöGa  yiyveTai  tu  Aiovucw  y.ai 
6  ydcp?).  Dieser  Dionysos  ist  der  Gott  der  Anthesterien  und 
I^enaien.  und  wir  haben  deshalb  in  dem  \\'ort  ßo'jxo)a)t6;  ei- 
nen Fingerzeig,  dass  die  neugefundene  Inschrift  sich  auf  die- 
sen Gott,  den  Dionysos  dv  Aiu.vai;,  bezogen  haben  wird. 

Gab  es  ausser  den  beiden  erwähnten  Priestern,  dem  UpEu; 
und  dem  ivöiepE-j;  noch  andere?  Man  wäre  versucht  dies  zu 
vermuten  wegen  der  Worte  des  Kl.  Herodes  xai  iu.oi  xai  toi? 
(j'jvupeuci  (xou  (Z.  17);  allein  da  sonst  mehrere  Priester  nicht 
erwähnt  werden  so  müssen  wir  annehmen  ,  dass  unter  den 
(j'jviepei;  des  Kl.  Herodes  (abgesehen  vom  Vicepriester)  entwe- 
der der  gewesene  Priester  Aur.  Xikomaciios  oder  der  Archi- 
bakchos,  der  auch  priesterliche  Funktionen  ausübte,  zu  ver- 
stehen ist. 

Der  ofiicielle  Name  des  Vereins  ist  Bax/Eiov  (Z.  7.  15.  30. 
55);  dasselbe  Wort  wird  auch  für  Fest  (Z.  'r2)  und  \'ereins- 
lokal  (Z.  100)  gebrnuchl.  Für  das  Fokal  linch'ii  wii"  auch  die 
Lezeichnung  eaTiaTopiov   [Z.  liUj.   Das  Fi^llokal    wii'd   auch 


$72  S.    WIDE 

(jTiSx;  genannt  (Z.  69  elni^ytnfiy.i  Ic,  t-)iv  an^zSa),  was  sonsl 
auch  das  Fest   bedeutet  (/.  111  GT'.fiixSo:  /.a-.  ia^isr-z^piSo?.  Z. 

150  f.   rä?  T£  £v>.Ta:  xai  ä[j.(p'.£T-/;ciSa    /.ai  GTiSiSo.).    Nicht  sicher 

ist  die  Bedeutung  Z.  47  stpyecöw  tt,;  ctiSz^oc.  Z.  51  6  TTpo(T- 
SE/Gr.Goasvo;  i;  tyjv  (rrt^zSa,  WO  das  Wort  ebenso  gut  (bis  Fest 
wie  (bis  Festbikal  l)ezeicbnen  kann. 

StiSxi;  ist  eigentlich  (bissclbe  wie  Streu  ocb^r  ein  einfaclies 
Lager  von  IMiiltern.  Schilt  u.  dgl.  In  dieser  Bedeutung  wird 
es  in  Kriegsschilderiingen  ( Aristophanes,  Frieden  34  8.  Xe- 
nophon.  Hellen.  VI!  1,J6.  2,2'2.  Polyb.  V  48,4)  gebraucht, 
sowie  in  der  Beschreibuns;  o-ewisser  Feste,  wo  die  Teilnehmer 
auf  solclien  ct'.ox^s;  lagerten  (Aristopli.  IMiifos  063.  Athen. 
IV  138  t'.  I4üt'.).  In  der  römischen  Zeit  tritt  das  Wort  stt- 
badiuni  nicht  selten  auf  und  bezeichnet  ein  halbkreistörmi- 
ges  Speisesopha  (s.  Forcellini  s.  v.).  Das  ^'ort  anSa«;  oder 
GTiSzt^i.ov  wird  auch  in  "i'iechiscben  Inschriften  aus  der  n")- 
mischen  Kaiserzeit  verwendet.  A.  Wilhehii  hat  in  den  Athen. 
Mittheilungen  XVII  (189-2)  S.  i90ff.  in  zwei  Orgeonenin- 
schrifteii  aus  Kleinasien  das  Woi't  cti^jz;  bez.  cxi^z^siov  rich- 
tig ergänzt.  Die  eine  Inschrift  stammt  aus  Pergamon  und  be- 
zieht  sieb  wahrscheinlich  auf  eine  dionysische  Kultgenossen- 
schafl.  enien  Verein  der  [io'j/töXoi,  die  wir  aus  einer  anderen 
pergamenischen  Inschrift  kennen  lernen.  Auch  in  einer  nuni- 
schen.  auf  den  Kult  des  Dionysos  bezüglichen  Inschrift  lin- 
den wir  das  Wort  sühddium  wieder,  Orelli  '2358:  Pontius 
Daduciis  S/)ir((rc/ies  Liberi  Patris  slibadiiiin  {resti)tuit 
loco .  .  .  .  Aus  i\{iv  Bedeutung  Speisesopha  scheint  also  die 
andere  Bedeutun"-  Festlokal  und  zuletzt  Fest  sich  entwickelt 
ZU  haben. 

Die  rj-:/rjy})i'^  scheincu  gerade  in  den  dionysischen  Kulten 
und  Kultvereinen  (\^v  römisclien  Kaiserzeit  liäufiü;  ü;ewesen  zu 
sein,  liier  möge  auch  ein  Zeugniss  angeführt  sein,  wo  die 
<jTt€i^c;  xiTToO  bei  einem  im  Kerameikos  geleierten  dionysi- 
schen Feste  verwendet  werden,  Philosli'.  \'it.  Sophist.  II  3 
(Herodes)  S.  549  x.ai  ai  S'.aOr,x.a'  Se,  £v  al;  tcö  'AOr^vaicov  S/;y.w 
Y.xziXv.Tii   x.aÖ'  j/.a'jTOv   jto;    y.vscv    /.äO'  e'vx,    agy3t>.0'^po'j'jvYiv  x,aT7)- 


INSCHRIFT    DEH    lOBAKCHEN  273 

yopooT'.  TO'j  äv^co:,  r,  x.a'.  s:  ra  y.).).»:  iycr,TO,  Ix.aröv  akv  ßo'3?  Tr, 
Öew  6'jojv  £v  rt'j.ip7.  fJAx  T:oAAa/.i;,  s^T'.oJv  Ss  ty,  Oj-^iz  tov  'AOr.vaiwv 
oriy-ov  x.aTa  'p'jAa:  y.ai  vev/i.  ÖttÖts  Ss  y,/.0'.  A'.ov'j^'.x  /.ai  x.v.Tio'.  £? 
'Ay.aSr,atxv  tÖ  toC  A'.ovJgo'j  i^oc.  iv  Ksca^aEt/.ö  -o-riCcov  ä7T0'j; 
GU.oiw?  x,xl  Es'vo'j;  x.araxs'.aEvo'j;  £-•  tti^zScov  -/.itto'j  '. 

Die  Aho;aben  der  Mitglieder  bestehen  teils  im  l'^intriltsueld 
( £!'7Y,),'j':'.ov),  teils  in  monatlichen  Beitrügen.  Dazu  kommt  die 
VerpflielitLin^'  heim  Eintritt  in  den  Verein  und  bei  besonderen 
glücklichen  l^]reignissen  eine  G-ovSy;  zu  geben.  Ausser  diesen 
Einkünften  hatte  der  Verein  auch  die  Strafgelder  zur  Verfü- 
gung. Die  Eintrittsgelder  waren  verschieden.  Diejenigen,  de- 
ren Väter  schon  Mitglieder  des  Thiasos  waren,  brauchten  nur 
die  Hälfte  des  gewöhnlichen,  d.h.  25  Denare,  zu  zahlen  (Z. 
38  tT.)  und  hatten,  so  lan^e  sie  unverheiratet  waren,  nur  die 
Hälfte  der  monatlichen  Beiträge  zu  entrichten.  So  ist  nämlich 
der  Ausdruck  ^'.r^ovTs:  ry.io^öpiov  (Z.  39)  zu  verstehen, denn  r.u.'.- 
(pöciov  ist  dasselbe  wie  tq  r/afj-j  tt,;  c^opy.c,  und  oopx  ist  in  den 
Orgeoneninschriften  der  Ausdruck  für  die  zu  entrichtenden 
monatlichen  Beiträge  der  Mitglieder  (Z.  46.  C.  I.  A.  11  630. 
Ilarpoerat.   v.   joavtarr,:). 

Eine  besondere  Klasse  unter  den  eingeschriebenen  Mitglie- 
dern bildeten  die,  welche  früher  isooi  -aiSs;  gewesen  waren. 
Sie  waren  vom  i']intrittsgeld  befreit  und  konnten  lobakchen 
werden  i-i  u.tz  GTrov^f,  toG  Trarpö:  (  Z.  56).  Die  Bezeichnung 
ispö«;  ■nrxi;  ist,  soviel  wir  wissen,  sonst  nicht  bekannt,  aber  über 
die  Bedeulung  kann  schwerlich  ein  Zweifel  sein.  Ein  (spö:  -at; 
ist  ein  Knabe,  der  bei  ^\vn  Choi'üesännen  und  sonstij^en  reli- 
giösen  Gebräuchen  mitwirkt.  Wenn  dieser  e^wTi/.öi;  xäOecOjii;, 
nach  aussen  versetzt  wird,  d.  h.  aufluirt  ein  Upö:  Trat:;  zu  sein 
(was  z.  B.  mit  einem  £(pT,€o;  geschieht,  der  nicht  mehr  ein 
r,<xlc,  ist*,  so  hat  er  das   l\echt  ein  ordentliches  Mitglied  der 


'  l)i('  hier  (MwäliiiltMi  Aiovji-.a  sind  iialiiilicli  die  iriosson  Diunvsien,  und 
der  (lOU,  dessen  liild  naeli  der  Akademie  iioUa^en  wurde, war  der  Diunvsos 
■EXeuOeoeü?,  vt,'l.  l'aus.  I  29,2. 

^  Vf:l.  die  Itei  I,eH,is-Wa(ldini:loii.  liisrn'ptiuns,  Aste  Mineure,  Nr.  L19  ver- 
ölleiltlielite   lusclilill;    ....    'soo?£   zf,    fJouXf,    a[(&i;aOaij   vCv   ix   tcöv  sj  vevovütiov 


Iii  S.    WIDK 

Iol)akclieni^esellscliat't  zu  werdiMi  ohne  Ijiilf'llsiiold  zu  zalilen, 
Man  rechnet  ihm  also  die  im  KnaluMialter  geleisteten  Dienste 
bei  dem  Eintritt  zu  Gute'. 

Die  Ahgahon  wurden  monatlich  enti'ichlet.  Das  erfahren 
wir  inschrilllich  hier  zum  ersten  Mal  ( wenigstens  was  die 
griechischen  Inschriften  betrifft);  früher  wusste  man  dies  nur 
durch  eine  Glosse   bei   Harpokration  v.  iox^inzr,:,  as'vToi  y.upiw? 

6(JTtv  6  TOÖ    epxvo'j    ^asTsytov    y.xl    Tf,v    (popäv    y)v    iy.xnTO'j    (J//"iv6;  ihn 

Auf  diese  verschiedenen  Kategorien  beziehen  sich  die  Worte 
TÖ  0£  a7coypatj;ap.£v(p  x.al  6rj(po(pop7iO£VTi  SiSotco  6  lsp£'j<;  E-'.TTOArjV. 
OT'.  iarlv  löSxxyo;.    ixv   TrpöJTOv  Sot  reo  Up£i    tÖ  IcTiXoctov.   £vypa<po- 

[Jt.£VO'J     Tvi     £-l<7T0>.Y)     TX     y (OpTiGOCVTa     £;?    t6o£  Tl  "^    (Z.    57    ff.).      Hlcr 

wird  gesagt,  dass  der  Priester  in  dem  Diplom  eine  Quittung 
ausstellen  soll  über  die  für  'das  und  das'  einsezoejenen  Ein- 
trittsgelder,  d.  h.  die  Summen,  welche  für  die  eine  oder  an- 
dere Kategorie  der  Eintretenden  eingezahlt  worden  sind.  Wir 
müssen  uns  also  denken,  dass  in  dem  Diplom  die  eingezahlte 
Summe  verzeichnet  und  daneben  bemerkt  wurde,  ob  das  neue 
Mitglied  der  Sohn  eines  iobakchen  oder  gewesener  Upöc  -xl; 
oder  schlechthin  ein  Eintretender  ohne  Ermässigung  war. 
Etwas  Entsprechendes  finden  wir  in  einer  anderen  Thiasoten- 
inschrift  'A0-;;v7.iov  VIII  (1879)  S.  235=  Diltenberger,  Sjjllogc 
426  ....  äv(xypacp£iv  Vi  x,al  twv  etcsiticvtcov  (jijvGiacwTüiv  [x'^x  övö- 


Tzaiöa;  Toiä/.ovTa,  oü;Ttva;  x.aO'  IxäaxrjV  fjae'pav  [aetix  twv  orj[jLoatwv  ;:aioo!puXäxfov 
[ajctjai  6  -atoovd[[Ao;  15  tö  jjJouXEUTrJpiov  Xsuy^ijjiovouvTa;  xai  eaTecpavwjjiEvo'j;  OaXAoü, 
k'yovta;  Oc  [j.£xä  "/ipa;  6[jlo(w;  OaXXoü;,  oi'xive;  auvKapdv[x(i)v  xajl  xiOaptatoü  xai  xtj- 
puxo;  aaovTat  üavov,  ov  av  juvrat?/)  Swaav5po?  AioarJSou;  ö  Ypa[j.|jLaT£'j;"  £äv  Oc  t'.ve; 
Tüiv  aipsOevTwv  [::a''o(ov  svxp]iOwaiv  t;  TO'J;  s^rJCo'JS  .  .  .  aXXou;  avOaip£laOa[i  (o;  tä- 
•/iJTja  £7:t  TTjV  a'jTT)v  ujxvojoiav  xxX. 

'  Dass  die  Sühne  (\veni},'slens  die.  Kiialjoii)  in  den  Kuilgenusscnscliaflen 
mitunter  nur  als  die  Begleiter  des  Vaters  betraclilol  wurden,  sehen  wir  aus 
Newton,  Discoveries  al  Ilalirarnassus  11  S.  7ü6,  Nr.  41  AioJxXf)?:'' <l>p[i>^]  xai 
u[-£p  x]ü3v  ::a'.o;'fi)v  op.  ■/.'.  ööa;  MjvOio;  x[ai]  unip  xuiv  uiwv  8p.  X'.Vf^'l.  C.  I.  A.  II 
6IÖ  öjtdaot  £v  X7i[i  axr5XJri[t  £jY[Y£ypa][jL|j.£voi  £;atv  r\  xo[üs  x]oux(ov  ex^ovou;. 

2  Die  graninialische  Erklärung  tlos  letzten  Salzes  verdanken  wir  Herrn 
K.  Buresch.  ToSext  kommt  schon  in  den  aristotelischen  Schriften  als  i)liilo- 
sophlscher  Terminus  lechnicus  vor,  s.  Botiitz,  Indei  aristol.  s.  v. 


INSCHRIFT   DER    lOBAKCHEN  275 

Y'jpio'j  /.aTJc  tÖ  V  V  6  a  ov  £v  töi'.  ipivo)'."  £vy:ao£T(o  Sc  ex-aTT' o\  aO- 
tÖv  t(Z)'.  a'jToO  ävaAcoi/XT'.  y.ETX  roO  Tay/i  O'j  /.y.i  toO  ycaaaaTeco?. 

Khe   wir  die  Iies|)rpf'l)unü;  der  Abgaljon   l^eenden.  müssen 

I  ~  ~ 

wir  mit  einigen  Worten  die  in  der  Insclirift  vorkommenden 
Währungen  herüliren.  Die  Strafgelder  werden  sowol  in  De- 
naren wie  in  Draclimen  gereclmet.  Das  ist  merkwürdig,  da 
wir  w  issen ,  dass  der  römisclie  Denar  ungefähr  donseihen 
Wert  hatte  wie  die  alte  attische  Drachme.  Indessen  haben  wir 
in  C.  I.A.  IM  61  eine  aus  dem  zweiten  oder  dritten  Jahr- 
hundert nach  Chr.  stammende  Inschrift,  in  der  die  Summen 
sowol  in  Denaren  als  in  Drachmen  o-erechnet  werden.  Aus 
ihr  ergieht  sich,  dass  die  Drachme  damals  '/g  des  Denars,  also 
dem  früheren  Oholos  gleich sNoi'ti'j;  war.  Dieses  eigentümliche 
Verhältniss  hat  Mommsen  ( Hermes  V  S.  136)  in  folgender 
Weise  charakterisirt :  "Hiernach  ist  die  Massregel  für  Athen 
mit  echt  rr»niisclier  Rinfachkeit  und  Präcision,  aber  auch  mit 
echt  römischer  Gewaltsamkeit  in  der  \^'eise  ausgeführt  wor- 
den, dass  man  das  bestehende  Rechnungssystem  nicht  eigent- 
lich abschaffte,  sondeiii  mir  aus  dem  Courant  in  die  Scheide- 
mimze  verwies,  an  die  Stelle  der  alten  Drachme  die  neue  at- 
tisclie  i\eiclisdrachme,  das  heisst  den  Denar,  setzte  und  der  al- 
ten Drachme  unter  dem  alten  Namen  und  mit  der  alten  Glie- 
(l(M'iing  den  Platz  des  ehemaligen  Obolos  anwies'.  Die  in  un- 
serer Inschrift  vorkommende  Drachme  ist  also  dem  Wert  nach 
nichts  anderes  als  der  fridiere  Obolos.  Die  Bezeichnung  ).£7:toö 
(äpY'jpio'j)  5pa/}y/ö  scheint  darauf  hinzuweisen,  dass  man  die  alte 
Bedeutung  der  Drachme  noch  nicht  vergessen  hatte. 

Die  Zusammenkünfte  der  lobakchen  sollten  am  neunten 
Tage  jeden  iMonals.  am  Stiflniigstage.  an  den  dionysischen 
Festen  und  an  ausserordentlichen   Festtagen  slatttinden '.   Die 


'  Von  den  i-'eslvorsa.i  iiiluii^'en  .shid  zu  IrtMincii  die  beratenden  und  he- 
scliliessenden  Zu.saninicnkiiiirie,  lür  weiclie  k-yoziiWv  levviinus  iechniciis  war 
(Z.  2.  85.  9ü).  Die  ordcnlliclien  äyoca'  \\urden  \\o\  im  Anseiiliiss  an  die 
prossen  Fo'<iveis.uiini!un;,'iMi  ■'elinlten  ;  (li(>  V(Ms,niunliini:,  in  wclrlicr  die  Sia- 


276  s.  WIDE 

BestimmunijjtMi  übei'  don  \'prl;uit"  Aov  I-'cslt'  und  doi'  Zusam- 
menkünfte sind  oben  an2;efiilirt  worden.  I^ei  den  Festen  sollte 
ein  jeder  uletx  ~xnr,;  s'xAO'jtt.ix^    y.xi   TtC^r/iy-i;   to'j:  L/.Ep'.T{AOu;  Xeystv 

Xal  TTOteiV   XpOTTJt'JdOVTO?    TO'J     UOEO);    71    TO'J   äpyiSx/t'^O'j   (Z.    63  ff.). 

Dem  entsprecliend  wird  Xsyetv  -^  ttoieiv  Z.  44  bei  den  Festen 
für  die  Teilnehmer  vorüesch rieben.  Ilotetv  bat  wol  bier  den- 
selben  Sinn  wie  Späv,  und  der  Gegensatz  zwischen  ^eyeiv  und 
TToieiv  ist  der  zwischen  xa  Xsyöaeva  und  tx  SpwiAeva  bei  den 
Mysterien.  Oi  ij.ioin^.oi  scheinen  nichts  anderes  zu  sein  als  töc 
[jApr,,  parfes. 

Dass  dramatische  Darstellungen  bei  den  lobakchenver- 
sammlunsjen  stattfanden,  ersehen  wir  aus  dem  nicht  üanz  deut- 
liehen  Parai^raphen  aspcjv  Ss  yc'.vop.svwv  a-ipsTw  Escs'jc,  ävOiepsüc, 
ap/i€x/cy_0(;,  TajL;.ia;,  ßo'jy.o>.i)c6;,  Aiövjco?,  Köpr,,  IlaXatu-wv,  'Acppo- 
SsiT-/],  IIp(i)Teup'jO[/.0(;  —  TX  Ss  övöaxTa  auTcov  »j'jvy.\ripou<TO(o  tto-Ti 
(Z.  120-126).  Was  erstens  u.sp(öv  yavoajvwv  betrifft,  könnte 
man  schwanken,  ob  darunter  Rollen  oder  Opferteile  zu  ver- 
stehen sind.  Für  die  erste  Bedeutuno-.  Rollen,  liesse  sich  an- 
führen,  dass  an  einer  anderen  Stelle  der  Inschrift  toO?  {^-ep'-- 
(7}/.o'j;  Xs'yE'.v  y.al  irotsiv  vorgeschrieben  wird.  Indessen  bietet  eine 
solche  Deutung  nicht  geringe  Schwierigkeiten.  Wenn  man 
nämlich  annimmt  (wie  uns  vorgeschlagen  wird)  dass  aJpsTw 
'eine  Rolle  übernehmen'  bedeutet,  so  ist  es  fast  unmöglich, 
die  grammatische  Stellung  des  Aiöviioo?,  Kopyi  u.  s.  w.  zu  er- 
klären ;  dazu  kommt,  dass  diese  Auffassuno;  mit  den  folgen- 
den  Worten  cjvjcXYipoocöw  ttäci  sich  schwerlich  vereinigen  lässt. 
Etwas  besser  wäre  wol  aipsTw  als  'die  Stimme  erheben'  zu 
fassen,  jedoch  scheint  der  ganze  Paragraph  ziemlich  üi^erlUis- 
sig,  wenn  es  sich  liier  nur  darum  handelt,  welche  Personen 
bei  den  dramatischen  Aufführungen  die  Stimme  erheben  soll- 
ten. Dazu  war  keine  Bestimmung  in  den  V'ereinsslaluten  nö- 


tulen  angcnürmnen  wurden,  Iral  am  8.  Klapliobolioii  zusaininen,  aisu  kurz 
vor  dem  giosson  Fest  am  10.  Elaphebolioii.  Derselbe  L'nlerscbied  begegnet 
uns  in  dem  decrelura  Lanuvinum,  in  welchem  convenlus  von  dies  soUemnes 
unlerschieden  waren  (Sielie  oben  S.  '^'691. 


INSCHRIFT   DER    lOBAKCHEN  277 

tig,  denn  Z.  64  f.  finden  wir  die  Vorschrift  toü?  ^.ip'.nu.oi;  \i- 
Y6'.v  y.at  TTouiv  nooaxaaaovxoQ  toü  iepewc  i"i  toü  do^iÖax^ou. 
Es  war  also  dem  Priester  oder  dem  Archibakchos  vorbehalten, 
die  AutTülirungen  zu  leiten  und  über  sie  zu  bestimmen. 

Es  empfiehlt  sich  daher  mehr,  usoöjv  als  '  OpCerteile '  zu  fas- 
sen und  anzunehmen,  dass  bei  der  Opferverleilunii'  der  Upsö;, 
ctvöieps'j?  und  die  anderen  genannten  Beamten,  ferner  Dionysos, 
Köre,  Palaimon.  Aphrodite  und  Proteurythmos.  d.  h.  die  lo- 
bakchen,  welche  diese  G<)tter  dai'stelllen.  das  Hecht  hatten  von 
den  Opferteilen  zu  nehmen.  Dies  i!;alt  ja  immer  als  ein  beson- 
deres Vorrecht,  und  es  lUsst  sich  also  sehr  gut  verstehen,  dass 
erstens  die  Beamten  und  zweitens  diejenigen,  welche  sich  der 
Mühe  unterzogen  hatten,  die  Götterrollen  einzuüben  und  zu 
spielen,  dies  Privilegium  genossen.  Dann  erklären  sich  auch 
die  \\  orte  toc  %\  övö'^.a-ra  aÜTwv  (j'jv/.>.rpo'j<;6(i)  ttocci  :  die  Namen 
(die  Bollen  der  Götter)  sollten  unter  alle  lobakchen  verlost 
werden  ;  ein  jedes  Mitglied   konnte  also  die  Götter  darstellen. 

Eigentümlich  erscheint  das  Paar  Palaimon  und  Aphrodite 
in  Verbindung  mit  Dionysos  und  Köre.  Palaimon  war  be- 
kanntlich in  Korinth  zu  Hause,  und  dort  wurde  er  mit  My- 
sterien gefeiert  (Pili lostr.  Imag.  li  16.  Ileroic.  XIX  \\.  \v\- 
stid.  IM  'iV).  Hymn.  Orph.  LXX\'  Abel).  Wie  er  in  den  dio- 
nysischen Kreis  hineingedrungen  ist.  ist  nicht  ganz  klar.  Am 
besten  erklärt  sich  die  Thatsache  dadurch,  dass  Ino,  die  Mut- 
ter des  Palaimon.  zugleich  aueh  die  Amme  des  Dionysos  war'. 
Vielleicht  hatte  der  von  den  lobakchen  verehrte  Dionysos, 
ti-anz  wie  Palaimon  imd  Ino-l^eukothea.  gewisse  Beziehungen 
zum  Meere,  wie  wir  ja  wissen,  dass  Dionysos  an  manchen 
Orten  als  Meersott  erscheint^. 


'  Vfj;l  (Ion  ur[)iiisclieii  Kullii\iiiiiiis  auf  l'alaimuii  (Alioi  L.XXV),  wo  die- 
ser als  aüvTpocpE  [iiay./£/opo;o  AtfovJao'j  ::oXuyr)Ooü;  angeruroii  wird. 

'^  Vfil.  Maass  im  Ilermi's  1888  S.  70  tf.  —  Dass  der  hei  den  Anlheslerieii 
verehrte  Dionysos  in  ^^niyriia  zuf,'leicli  Meerf;oll  war,  erhellt  aus  Philoslral. 
Vit.  Soph.  I  25  (Doleinon)  §  531...  xai  ttj;  Upä;  xpirlpout  £;i'.6aT£Ü£tv.  T.i}xr.i- 
xai  yäp  Ti;  (irivt  'AvOsaxTipiöivi  (XETapaia  xpirjpT);  e;  iyopav,  i^v  Ötoj  Atovüaou  (  Codd. 
Atovuaiou)  iepeüj,  oiov  zjSepvrjTri;,  süOüvsi  r.v.fz^tx-r  ex  OaXotTTr^  Aüo'jaav.  Dass  hi<'r 


?78  S.    WIDK 

Riitselliall  isl  der  zuletzt  erwähnte  np(OT£Üp'j9[j(.o^  Ein  Vor 
schliiii.  ihn  als  • 'ranznieislei''  aulzutassen  isl  kaum  zu  hilli- 
gen'. Besser  scheint  es  in  dem  npcoTsup-jOao;  einen  Gott  odei 
vielmehr  einen  Daimon  zu  erkennen.  Wir  wissen,  welche  Be- 
deutung die  orphischen  Kosmogonien  mit  ihren  bunten  dai- 
monisehen  Gestalten  in  den  religiösen  Vorstellungen  des  spä- 
teren Altertums  hatten.  l*]s  ist  nicht  unwahrschoinlich,  dass 
eine  von  diesen  Gestalten  in  den  iohakchisclien  GiUterkreis 
hineingedrungen  war.  Wir  kennen  z.  B.  aus  einem  pariser 
Papyros  einen  Daimon  IlcwTÖyovo?,  der  mit  folgenden  \\'orten 

angerufen  wil'd"^:  i~iy,y.\o'jy.'xi  as.  Tov  xpyr.viTri^  -in-/);  yevsGSw:. 
Tov  ötaxsivovTa  ra:  sxutoü  — Tspuya«;  sl^  tÖv  cOa-avTa  xöaty.ov.  .  .  . 
tÖv  (j'jvapao'jäasvov  xo.  -ivxa  zri  ixuTOu  ouvaast,  npcoTCyove,  xav- 
To;  xTicxa,  yp-jGo-xEp'jye  xxl.  .\ls  einen  solchen  kosmugonisch- 
orphischen  Daimon  kr)nnte  man  auch  den  ripcoreup-jOy.o?  auf- 
fassen, etwa  als  den.  welcher  dem  Weltall  den  puOaoc  eege- 
ben  hat. 

Dass  solche  Daimonen  in  den  spätgriechischen  Mysterien 
bisweilen  auftraten,  wissen  wir  aus  einer  Stelle  des  Euse- 
bios".  wo  es  heisst,  das  bei  den  eleusinischen  Mysterien  meh- 
rere Götter  daro;estellt  wurden,  und  dass  dabei  der  Hiero- 
phant  als  Sr,y.to'jpy6i;  auftrat.  Dieser  Sr,ato'jpy6?  ist  natürlich 
auch  ein  orphischer  Scliö})fungsdaimon  ;  und  es  liegt  nahe, 
ihn  mit  dem  npwTS'jpjOy.o;;  der  lohakchen  zu  vergleichen. 

Dass  bei  den  lohakchen  Dionysos  und  Köre  im  Kultus 
vereint  waren,  geht  hervor  aus  der  Zusammenstellung  ihrer 


der  Priester  des  Dionysos  den  GuU  selbst  vertritt,  wie  er  auf  dorn  Schillc 
fährt,  isl  iilar.  Da  diese  Feier  im  .Monat  Antheslerion  stattfand,  dürlen  wir 
wol  vermuten,  dass  es  die  Antheslerion  waren. 

Die  Vermutung,  dass  der  Dionysos  £v  Aijxvai:  ein  Gotl  dos  l^toeros  war, 
ist  schon  von  Maass  ausgesprociien  in  scinciii  riot,'rannii  De  Lcnaeo  ei  Del- 
phinio  S.  9. 

'  Diese  Deutung  h;ingl  übrigens  mit  dor  Aull'assung  von  uepwv  y£ivoja£v(ov 
(Z.  i?0)  als  Hoilonvorloilung  zusammen. 

2  Dielerich,  Abraxas  S.  132. 

3  Praeparalio  evang.  III  12,4  ev  toI?  xat"  EXtualva  [jiuoTTjpioi;  6  [xsv  i£po<pdvTr]j 
ii;  c'/.ova  toj  5r,|AioupYoD  Evo/Euarexai,  Saooüyo;  5k  £tc  Tr-jV  'HXtou  xtX, 


INSCHRIFT    DER    lOBAKCHKV  -79 

Namen  Z.123,  wo  es  sich  um  dramatische  Darstellungen  han- 
delt. Die  Verbindung  des  Dionysos  mit  den  eleusinischen  Göt- 
tinnen ist  nicht  ungcwfilinlich :  so  z.  B.  hei  Thelpusa  in  Ar- 
kadien (Paus.  VIII  25,3)  und  an  der  Strasse  von  Sikyon  nach 
Phleius  (Paus.  II  11,3).  Gerade  in  Attika  scheint  die  Ver- 
bindung des  Dionysos  mit  der  Köre  und  ihrer  Mutter  sehr  in- 
nig gewesen  zu  sein.  Es  ist  schon  längst  von  O.  Müller  und 
Gerhard '  angenommen  worden ,  dass  bei  den  Anthesterien 
Köre  mit  Dionysos  vermälilt  wurde,  indem  die  Basilinna.  die 
Gemahlin  des  Archon  Basileus,  die  Stelle  der  Köre  vertrat. 
Wenn  auch  dies  nicht  völlig  bewiesen  ist,  steht  doch  fest,  dass 
zwischen  dem  Dionysos  der  Anthesterien  und  der  Lenaien 
und  den  eleusinischen  GiUtinnen  enge  Beziehungen  bestanden. 
In  der  grossen  Inschrift  aus  Eleusis.  in  welcher  die  eleusini- 
schen Epistaten  und  die  Schatzmeister  der  eleusinischen  Göt- 
tinnen Rechenschaft  ablegen  {'E^^r^ii-iolc  äp/.  1883  S.  109  ff.) 
finden  wir  unter  den  Ausgaben  für  die  eleusinischen  Heiligtü- 
mer und  ihre  Filiale  in  Athen  auch  folgendes:  i-taTiTx-.;  £-■ 
A'ovata  Ta  Aiovüaia  Hünxi.  Die  \'erl)indung  zwischen  dem  eleu- 
sinischen Kult  und  den  Lenaien  wird  auch  bezeugt  durch  die 
Beteiliü;uni>;  der  iizuj.z'k-ri-y.l  tojv  a-j'jTr.picov  an  den  Lenaien.  Diese 
iTciixiVoTat,  vier  an  Zahl,  worunter  einer  den  Eumolpiden  und 
ein  anderer  den  Keryken  angehören  sollte,  waren  !)ei  den  Le- 
naien dem  König  behülllich  die  -Koy.iz-'n  zu  ordnen'.  Ebenso 
wissen  wir,  dass  der  Upoxvipu;  bei  den  Anthesterien  der  Basi- 
linna  behülllich  war, wenn  sie  die  vepapai  vereidigte  ( Pseudo- 
Dem.  adv.  Neaer.  78).  In  einer  Inschrift  aus  Eleusis  [Revue 
des  e'tudes  f^recr/ifes  1S93  S.  335  ff.)  werden  die  eleusini- 
schen Gottheiten  mit  Dionysos  zusammengestellt.  Foucart.  der 
diese  Inschrift  besprochen  hat,  erinnert  daran,   dass  in  einer 


'  0.  Müller,  Eleusinion  §  30.  (^lOrliaid  Aiilliosleiioii,  .\l)li;ui(lluiii,'iMi  der 
berliner  Akademie  1H58  8.  158.  197. 

^  Aristol.  "AOr,v.  FIoXit.  57  :  knEita  Atovuaüov  töv  £;:i  ATjvaiw'  Taüia  5c'  saTi 
[nofjLÄTj  xat  aytiiv.  tt)v]  (j.ev  oOv  r.O[iKr\y  xoiv^  r.i[).-K0'j<3iw  o  t£  ßaoiXeü;  xai  oi  £;:i|ji.eXT)- 
Ta;  (vgl.  Pollux,  VIII  00.  Ilarpocral.  v.  e7:'.[1£Xt)T7;;  tiöv  lAuaTTjp'wv).  C.  I.  A. 
II  741  A  [eyj  Atovuaiwv  Töiv  [E;:t  Ajr,vaitü[i  7:]apa  iJLjaTr,p:(ov  [£7:ijj.]£ArjTwv. 


280  S.    WIDE 

anderon  Insclirift  aus  Rleusis  von  einem  xirpto:  iywv  twv  Aio- 
v'j<jiü)v  die  Hede  ist  ('Eipr,u.£cU  äoy.  1883  S.  83).  Ebenso  weist 
Foucart  mi(  Ucclil  auf  (]en  Gei2;ensatz  zwischen  dem  älteren 
Dionysos  der  Lonai(Mi  um\  Aiitlicsterien  und  dem  jiinj2;eren 
Dionysos  aus  Eloutliorai  hin.  Die  Beziehungen  der  eleusini- 
schen  Göttinnen  zum  athenis(dien  DionysoskuUus  gehen  nur 
für  den  äheren  Dionysos  ev  Aiavat?  und  dessen  Feste,  die  Le- 
naien  und  die  Anlhesterien '. 

Das  ist  wichtig  für  die  Heurleilung  unserer  Inschrift.  Wenn 
wir  nicht  hehaupten  wollen,  dass  diese  Zusammenstellung  des 
Dionysos  und  der  Köre  ganz  zufällig  ist,  (hirfeu  wie  anneh- 
men, dass  diese  V^erhindung  auf  den  alten  Kuh  des  Dionysos 
£v  Ai|j.va'.<;  zurückgeht.  Diesem  Kult  scheinen  die  lohakchen 
sich  angeschlossen  zu  haben.  Zwar  scheinen  die  Feste  des 
Dionysos  ev  Atpai?  im  Laufe  der  Zeit  von  den  grossen  Dio- 
nysien  verdunkelt  und  ihrer  l^edeutiing  allmählich  beraubt 
worden  zu  sein:  wissen  wir  docii,  dass  schon  in  der  ersten 
Hälfte  des  vierten  Jahrhunderts  ein  Versuch  gemacht  wurde, 
die  F'eier  der  Lenaien  zu  beleben-.  Auch  muss  hervorgehoben 
werden,  dass  die  im  Präskript  erwähnte  Versammlung  am  8. 
Elaphebolien,  ebenso  dass  ein  llauptfest  der  lohakchen  am  10. 
Elaphebolien  stattfand,  also  während  der  Zeit  der  grossen  Dio- 
nysien.  Allein  das  darf  uns  nicht  irre  führen,  wenn  wir  dem 
Ursprung  des  iobakchischen  Kuhvereins  nachgehen.  Es  lässt 
sich  sehr  wol  denken,  dass  die  lohakchen  vorgezogen  haben, 
ihr  llauptfest  im  Zusammenliam;  mit  den  «rossen  Dionvsien 
zu  feiern,  statt  an  den  Lenaien,  welche,  wie  es  scheint,  in  der 
Kaiserzeit  einen  Teil  ihrer  Bedeutuno;  einüebüsst  halten-'. 


'  Audi  in  (ii'ii  iuljJikclicii  (k:.s  Aicliiluclius,  wclclu^,  [jckaiiiillicli  Kulllioder 
waren,  scheinen  Deincler  und  Koio.  •,'e\vis.se  Bezieliungon  /u  Dionysos  ge- 
lial>l  zu  lial)on,  Ilepliacsl.  94  o:ov  zö  ev  toi?  äva(p£po[xevoi?  sl;  'Ap/O.oyjv  'lo- 
Ga/.yo'.;*  Ar;;j.r,tco;  «Y'/f,;  y.ai  xdprj;  ttjv  Tcavrjyupiv  a^Swv. 

2  Vit.  X  oraU.  Lyouig  S.  347  f.  V-1.  (lillx-rt.  l)i(\  I-Vslzcil  dor  aUiscIien 
Diunjsien  S.  1?0ir. 

'  Völlig  erlüsclicii  war  das  l'osi  ddcli  iiiclil,  auch  iiielil  als  Staalsfesl.Wir 
wissen,  dass  noch  gc^'tMi  das  Ende  des  /.weilen  .Jahrlnimlerls  n.Chr.  die  l^e- 


Inschrift  der  iobakchei^  ?84 

Die  Diener,  welche  den  Auftrag  hatten.  Festteilnehmer, 
die  sich  gegen  die  gute  Ordnung  vergangen,  zu  entfernen, 
trugen  den  Namen  t--oi.  Dieser  Name  ist  zwar  anfangs  et- 
was autt'allend,  aber  wir  besitzen  gute  Analogien  dafür.  Es 
kam  nämlich  nicht  selten  vor,  das  die  l^riester  oder  Diener 
eines  Gottes  oder  einer  Göttin  Tiernamen  hatten.  So  hiessen 
die  Mädchen  im  Dienste  der  Artemis  Brauronia  xcx.to-.  (Ari- 
stophanes'  Lysistrate  G45  u.  Schol.,  vgl.  Suidas  v.  ap/.To;. 
ap/.T£0'7aij ;  die  Priesterinnen  der  Demeter  in  l^akonien  ttcöaoi 
{C.  I.  G.  l'i'^Q);  die  Tempelknal)en  des  Poseidon  in  Ephesos 
trugen  den  Namen  -raopc.  (Athen.  X  4'25  c).  Die  in  die  dio- 
nysiscben  Mysterien  lungeweihten  biessen  bald  ßös?,  bald  Tpi- 
yot,  die  Mysten  des  Mithras  hiessen  Ie'ovte;.  'Xea.'.vat  und  die 
Diener  wurden  /,6pa.x.c:  genannt  (Belege  bei  Dieterich,  De 
lujiniiiH  orphicis  S.  5).  In  diese  Reihe  gehören  natürlich 
auch  die  itctuo'.  bei  den  iobakchischen  Festen. 

Diese  Namen  sind  »ewiss  nicht  zufälliii".  sondern  haben  \\o- 


naien  gefeiert  wurden.  Vgl.  das  Ephebenverzeicliniss  C.  I.  A.  [II  1160  (nach 
Ditleiiberger,   Hermes  XII  S.  II  aus  dem  Jahre  l92/,i  ii.  Chr.)  ...  ßaaiXsü;- 

nd(-Xio$)  A1'a('.o?)  4>£iOi[JLO;  IlaXlXrjVey;)-  Im-i'kz'sv^  TÖv  (XYwva  twv  Ar,vai(jüV  xai 
lariaae  tojc  auvc'jrjSou;  y.al  to'j;  repi  to  A'.oyc'vctov  7:av:a;  ....  aYopavo'aoi"  A'.ovj- 
oo'otopo;  lir,aai(£j;),  Myivdoopo;  tJijdöou  'A/ap(v£Ü?;,  ir.iziXirsa'/  TOJ;  KüOpo'j;. 

Im  Zusammenhang  mil  Üionjsus  und  Koro  sieht  vielleicht  die  Z.  113  er- 
wähnte aTTovor,  x.aTaytoYiwv.  Was  diese  xa-aywY'.a  waren,  lässt  sich  nicht  sicher 
ermitteln.  Man  klinnte  sie  als  ein  Fest  betrachten  und  mit  einer  xaOoooc  der 
Köre  ziisaMimenslellen.  Wir  wissen,  dass  ein  derartiges  Fest  in  Syrakus  ge- 
feiert wurde,  Diodur  V  4  ttj;  asv  y*P  Kopr;;  Tf//  y.aiaYWYTjv  £;:o'.rjaavTO  Htpi  tov 
xaipöv  £v  (1)  TÖv  Toö  aiiou  xap:;üv  TE-EAEa'.oupf^ifjOai  auveoaivE.  In  iliesem  Sinne 
könnte  man  sich  die  xaiay^Y"''  ^'^^  lobakchen  vorstellen.  Ausgeschlossen  ist 
nicht,  dass  darunter  ein  Totenfest  zu  verstehen  sei,  wie  wir  wissen, dass  bei 
den  Choen  eine  ävooo;  twv  T£X£ui7)'jävTwv  gefeiert  wurde,  Phot.  [Aiapa  f;u.£'pa- 
£v  T015  Xü'jaiv  'AvOeaTTjpKJüvoj  [Jirjvd;,  £v  (;>  öoxoOaiv  ai  '\v/jx\  xtüv  T£A£JTriaävTwv 
ivtevat,  vgl.  Ilesjch  v.  [Aiapai  f,|ji£pat.  '  6o  wurde,  suwol  im  Frühjahre  als  ini 
Späijalire,  zugleich  mit  jenen  beiden  Acten  (  ävoSo?  u.  xäOooo;  tt;;  Kdpr,;)  eine 
Art  von  Allerseelenl'est,  wie  es  sich  auch  bei  den  Kömern  lindel,  gefeiert, 
über  dessen  nähere  Beschaircnheit  wir  aber  leider  nicht  unterrichtet  sind' 
(Preller,  Ucmeler  und  Persephone  S.  PJI).  \\'elcher  Gottheit  zu  leinen  die 
ephesischen  /.aiaycöyia  geleiert  wurden  iLoheck,  Aglaopliaiiius  S.  177),  wis- 
sen wir  nicht. 


282  !s-    WIDE,      INSCHRIFT    DER    lOBAKCHEN 

nigstens  ursprünglich  eine  Bedeutung,  die  mit  dem  Wesen 
des  Gottes  übereinstimmte.  Es  ist  nicht  zufällig,  dass  die  Ar- 
temisdienorinnen  xp/.Toi  hiessen.  da  Artemis  selber  oder  we- 
nigstens ihre  Hypostase  Kailisto  in  der  arkadischen  Sage  als 
Bärin  erscheint.  Auch  stimmt  die  Benennung  ttöXo-.,  mit  wel- 
cher die  Priesterinnen  der  Demeter  in  Lai<onien  belegt  wur- 
den, zu  den  alten  N'orslellungen  von  Demeter  mit  dem  Pler- 
dekopf.  Ebenso  ist  es  ganz  natürlich,  dass  die  Diener  des  Dio- 
nysos an  einigen  Orten  ßöe«;  hiessen,  da  wir  den  Dionysos 
selber  als  Stier  kennen  gelernt  haben.  Audi  der  Name  Itvtzoi 
ist  in  dem  dionysisclien  Kreis  der  lobakchen  gewiss  nicht  zu- 
lälliü,.  Zwar  kininen  wir  einen  Dionvsos  als  Pferd  nicht  nach- 
weisen,  aber  wir  erinnern  uns,  welche  Bedeutung  das  Pferd 
in  dem  bakchischen  Thiasos  hat.  Die  Seilene  erscheinen  in 
der  Kunst  mit  Plerdeschwanz,  Pferdehufen  und  Pferdeohren; 
so  finden  wir  sie  z.  B.  auf  der  attischen  Francoisvase. 

im  Laufe  der  Zeit  ist  der  Name  Itz-oi  ,  welchen  früher 
walirscheinlich  die  Begleiter  des  Dionysos  führten,  entwertet 
worden  und  erscheint  in  unserer  Inschrift  als  Bezeichnung 
für  gemeine  Diener,  '  Büttel'. 

Athen. 

.SAM  WIDK. 


■^^^IF^^ 


ZUM  IIKli(JüN  VON  GJÜLBASCUI-TliYSA 

In  einem  Feuilleton  doi'  'Prosse',  Wien  den  25.  Mai  1893, 
das  den  Zweck  verColgle.  die  Teilnehmer  der  4 '2.  Versamm- 
lung deutscher  Philulogen  und  SchulmJinner  auf  die  bedeu- 
tendste Erwerbung  der  Kaiserlichen  Museen,  auf  die  Friese 
von  Gjölbaschi.  aufmerksam  zu  machen,  habe  ich  kurz  Be- 
denken gegen  Benndorfs  Erklärung  der  Darstellungen  der 
VVestwand  ausges[)roclien  und  dann  am  29.  Mai  diese  Andeu- 
tungen in  mündlichem  N'ortrage  vor  dem  Monumente  selbst 
weiter  ausgeführt  (vgl.  Arch.  Anzeiger  1893  S.  58).  Aber 
obgleich  B.  Gräfin  seinem  Artikel:  Amazonen  ( Pauly-VVis- 
sowa's  Realencyclopädie  S.  5  des  S.  A.)  auf  meine  brielliche 
iMitteilung  hin  eine  ausführliche  Begründung  meiner  Ansicht 
angekündigt  hatte,  habe  ich  mich  doch  zu  einer  Veröffent- 
lichung nicht  recht  entschliessen  können  und  zwar  aus  zwei 
Grimden:  erstens  konnte  ich  zu  keiner  klaren,  mich  selbst 
belriedigenden  Ansicht  durchdringen  und  zweitens  that  es  mir, 
wenn  ich  so  sagen  soll,  leid,  die  schöne  Deutung  Benndorfs 
bei  Seite  zu  schieben,  ohne  eine  gleich  befriedigende  an  die 
Stelle  setzen  zu  können.  Doch  da  nun  der  Aufsatz  F.  ^'oack's 
(oben  XVill  S.  3Ü5  ff.)  vorliegt,  der  selbständig  zu  Besulta- 
ten  gelangt  ist,  die  mit  den  meinen  in  wesentlichen  Dingen 
übereinstimmen,  so  sei  mir  hier  ein  kurzes  Nachwort  gestattet. 

Ich  bin  von  der  Beobachtung  ausgegangen,  dass  die  ver- 
schiedenen Themata,  die  sich  zur  plastischen  N'erzierung  ei- 
nes Grabbaues  den  Kiinstlern  darboten,  wiederholt  dargestellt 
sind  und  zwar,  wie  ich  mich  ausdrückte,  sowol  in  heroischer 
Verklärung  als  in  typischer  Verallgemeinerung.  So  entspre- 
chen sich  in  inhaltlichem,  nicht  räumlichem  Parallelismus  die 
typische  Jagd  (iXordwand)  und  die  mythische  Meleagerjagd 
(Südwand,  innen):  so  der  Kampf  mit  Kenlauren  (^rs'ord-  und 


284  \v.  r.unLiTt 

Ostwand),  in  dem.  wie  bei  oinor  Jaiid.  die  Unholde  im  Wald 
aufeesucht  und  aus  ihren  N'erslecken  auf'i'esl()bert  werden, 
und  die  Bezwiiiiiiniii  der  Kentauren  hei  der  Hoclizeit  des  Pei- 
rithoos  (Südwand,  aussen).  Zweimal  sind  Ainazünenscidaeii- 
len  dargestellt  (Westwand  und  Siidwand.  aussen);  die  letzlere 
ist  durch  die  heroische  Nacktheit  des  Vorkämpfers,  dem  sich 
die  Führerin  der  Amazonen  ersieht,  als  ein  hestimmler  sa- 
«jenhalter  Vorgang.  Kampf  des  Theseus  gegen  die  Amazonen, 
gekennzeichnet.  Kbenso  ist  von  den  beiden  Sliidlebelagerun- 
gen  (Weslwand  und  Siidwand.  aussen)  die  zweite  deutlich  als 
der  Kampf  der  Sieben  vor  Theben  charakterisirt  und  bei  den 
beiden  Landungsschlachten  (Westwand  und  Südwand,  aus- 
sen) ist  wiederum  die  letzterwähnte  so  reich  an  individuellen 
Zügen,  dass  die  Deutung  Benndorfs  auf  die  erste  Landung 
am  troischen  Gestade  durch  Noack's  Hinweis  auf  die  Excerpta 
Sabbaitica  ihre  volle  Bestäliüuno;  befunden  hat.  ländlich  stellt 
sich  der  typischen  Darstellung  des  Gelages  bei  der  jährlichen 
Gedächtnissfeier  für  den  Verstorbenen  (Südwand,  innen  und 
Ostwand)  die  Schilderung  der  Ermordung  der  Freier  durch 
Odysseus  schon  durch  die  gleiche  Scenerie  zur  Seite  (Süd- 
wand, innen).  So  bleiben  nur  noch  der  Leukippidenrauh  an 
der  Nord  wand  und  die  Beste  eines  Cyclus  von  Perseus-  und 
^rheseusthaten  an  der  ari» beschädigten  Oslwand  iihrii»-.  Aber 
auch  für  diese  lässt  sich  eine  Anknüpfung  in  dem  sonstigen 
Skul()turenschmuck  linden.  Mit  Becht  hat  Benndorf  (S.  59  tT.) 
angenommen,  dass  die  drei  isolirlen  Darstellungen,  links 
von  der  Thüre,  innen  (Taf.  22),  einen  persönlichen  Bezug  zu 
dem  Stifter  des  lleroons  haben  müssen:  der  Lenker  des  Vier- 
gespanns ist  der  Verstorbene  selbst,  die  Schilderung  der  Be- 
zwingung dei'  Chimaira  darunter  deutet  darauf,  dass  der  Dy- 
nast von  Trysa  sein  Geschlecht  von  Bellerophonles  ableitete, 
für  die  dritte  Scene  daneben,  einen  beschildeten  und  behelm- 
ten Krieger,  der  mit  einer  Gestall  in  den  Armen  davoneilt, 
hat  Benndorf  auf  eine  Erklärung  vei'ziclilet.  .Mir  scheint  so 
viel  klar,  dass  sie  nicht  mit  dem  Bellerophonlesabenteuer  iL 
Zuöuinmeahau^  gebracht  werden  darf,  und  sehr  wahrächciii- 


ZUM    HEROOM    VON    GJOELBASCHI-THYSA  285 

lieh,  trotz  der  phrygischen  Mütze  rler  entführten  Gestalt,  dass 
wir  die  Darstellun*^  eines  Frauenrauhes  vor  uns  haheii.  Wenn 
wir  auch  den  Grund  ziii-  Wahl  <j;rade  dieses  Gegenstandes 
nicht  angehen  können,  so  muss  er  doch,  wie  die  beiden  an- 
deren ohen  erwähnten,  auf  Wunsch  des  hier  Begrabenen  an- 
gebracht worden  sein  :  er  war  fiir  die  Ivünstler.  denen  der  pla- 
stische Schmuck  anvertraut  wurde,  gegeben.  Ich  ghaube  nun, 
dass  die  Darstelhing  des  l^eukipj)i(lenrauhes  (hii'cli  eben  diese 
Scene,  gewisserrnassen  als  eine  weitere  Ausführung  derselben, 
veranlasst,  wie  auch  die  Anbringung  von  Perseus-  und  The- 
seusthaten  durch  das  Bellerophontesabenteuer  angeregt  war. 
Wir  erlangen,  wie  ich  meine,  dui'ch  diese  Betrachtungs- 
weise Einblick  in  das  Verfahren  der  Kimstler  bei  der  Aus- 
wahl (lev  Heliefdarstellungen.  Gegeben  war  der  Sclnnuck  des 
Thores  nebst  den  drei  eben  besprochenen  Scenen  durch  i)v[- 
liche  und  persönliche  Bezüge,  gegeben  war  die  Anbringung 
eines  'Totenmahls',  gegeben  endlich  durch  die  Sitte,  wie  sie 
uns  an  zahlreichen,  namentlich  lykischen  Grabmonumenlen 
entgegentritt,  im  Allgemeinen  die  Themata  des  sonstigen  i)la- 
stischen  Schmuckes:  Schlachten.  I3elagerungen.  Jagden.  Neh- 
men wir  nun  einmal  an.  was  doch  die  natürlichste  Annahme 
ist.  dass  die  Künstler  mit  der  Schmückung  der  Südwand  als 
Eingangswand  und  zwar  aussen  begannen,  so  linden  wir.  dass 
sie  als  rechte  Griechen  zunächst  bestimmte  N'oruänue  der  ih- 
nen  vertrauten  Sagen  auswählten  :  die  Belagerung  von  The- 
ben, die  erste  Eandung  am  troischen  Ufer,  den  Kampf  der 
l^apithen  und  Kentauren,  die  Amazonenschlacht  in  Attika.  Be- 
trachten wir  dann  die  Innenseite  der  Siülwand,  so  haben  wir 
links,  auf  die  ()sl\Nand  übergreifend,  die  l\eliefreihen  des 
'Tolenmahls'.  rechts  als  Geü;enbild  dazu  aus  der  Sage  den 
Freiermord,  eine  polygnotische  Sehö])fung.  die  einem  geistrei- 
chen Einfall  des  anordnenden  Künstlers  ihre  Stelle  am  Denk- 
mal verdankt,  darunter  die  Jagd  auf  den  kalydonischen  Eber. 
Von  nun  an  zeigen  sich  auf  der  West-Noi'd-  und  Ostwand 
entweder  Variationen  bereits  verwendeter  Motive  i  eine  zweite 
Landungsschlacht,   eine  zweite  Stadtbelagerung.   ein   zweiter 

ATHEN,    MTITHEILUNGEN   XlX.  "^O 


286  \v.  TtUrutt 

Amazonenkampf,  eine  zweite  Jagd  und  ein  zweiter  Kajnpf  mit 
Kentauren)  oder  Darstellungen  die  etwas  aus  dem  Rahmen 
des  Programms  herausfallen,  aher,  wie  wir  sahen  an  die  vom 
Auftraggeber  l)estellten  Scenen  ankniipfiMi.  der  i.eiikippiden- 
raub,  wiederum  eine  glückliche  Verwertung  «^ines  polygnoti- 
schen  V^orbildes,  und  die  Perseus- und  Theseuslhaten ,  für 
welche  der  Ausdruck  Lückenbüsser  wol  nicht  zu  hart  ist. Wem 
diese  Auffassung  allzu  mechanisch  vorkommt,  dem  mr)chte 
ich  entgegenhalten,  dass  die  ausführenden  Künstler  vor  der 
Aufgabe  standen  109  laufende  Meter  DoppellViese,  die  eine 
Fläche  von  1 '20''"' ergaben,  mit  Reliefs  zu  bedecken.  Es  ist 
nicht  zu  leugnen,  dass  diese  gewaltige  Ausdehnung  die  Künst- 
ler zwang  wiederholt  ähnliche,  ja  identische  Gestalten  und 
Gruppen  zu  verwenden. 

Nun  ist  von  vorne  herein  zuzugeben,  dass  die  überreiche 
Fülle  sagenhafter  Überlieferungen  und  künstlerischer  Gestal- 
tungen derselben  es  ermöglicht  hätte,  auch  in  solchen  Paral- 
leldarstellungen beidemal  einen  bestimmten  Vorgang  aus  der 
Sage  zu  wählen.  Thalsächlich  ist  es  al)er,  wie  klar  vorliegt, 
bei  den  Jagden  und  Kentaurenkämpfen  nicht  geschehen  und 
es  entstand  daher  die  Frage,  wie  sich  die  Landungsschlacht, 
die  Stadtbelagerung,  der  Amazonenkampf  auf  dei'  Westwand 
zu  ihi-en  Parallelen  an  der  Aussenseite  (h'r  Südwand  verhalten. 

Nachdem  ich  so  den  Ausgangspunkt  meiner  Untersuchung 
dariireleiift  habe,  will  ich  nur  noch  kurz  anneben.  wo  ich  mit 
Noack  übereinstimme,  wo  von  ihm  altweiche.  Ich  kann,  wie 
schon  aus  dem  oben  Gesagten  hervorgeht,  Noack  nicht  folgen, 
wenn  er  zu  den  Scenen,  die  'zu  keiner  speziellen  Deutung 
auffordern  auch  den  Kentaurenkampf  und  die  Amazonen- 
schlacht der  Südwand  rechnet.  Denn  ich  wüsste  nicht,  wie 
man  deutlicher  hätte  ausdrücken  sollen,  dass  es  sich  um  einen 
bestimmten  Vav'  der  K('ntaureMsa<»e.  eben  um  den  Streit  bei 
der  Hochzeit  des  Peirithoos,  handele,  als  dies  von  den  Künst- 
lern geschehen  ist.  Zwei  von  den  acht  Kentauren  schleudern 
Gelasse  auf  ihre  Gegnei'.  \i(!r  sind  ohne  W^alVen.  \'on  den  elf 
Lapithen  hat  nur  Kaineus  einen  Schild,  dessen  Stelle  fünfmal 


ZUM    HEROON    VON   GJOELBASCHI -TRYSA  ?87 

der  um  den  linken  Arm  gewundene  Mantel  vertritt,  kein  Helm 
ist  sicher  zu  eonstatiren ,  von  AngritTswaiTen  fünfmal  das 
Schwert,  einmal  eine  Lanze,  einmal  eine  Streitaxt,  während 
drei  Lapithen  unbewehrt  erscheinen  (  Benndorf  S.  184).  Al- 
les deutet  also  auf  einen  Streit,  der  plötzlich  heim  Mahle  aus- 
gebrochen ist,  und  es  fehlen  endlicli  aucii  nicht  die  Frauen  und 
die  Gruppe  des  Kaineus. 

Der  jugendliche  Protagonist  in  dev  Amazonenschlacht,  der 
bis  auf  einen  Mantel  im  Rücken  nackt  gebildet  ist  (Taf.  23, 
i4  2),  kann  ferner  nur  Theseus  sein.  In  gleicher  Tracht  er- 
scheint Theseus  noch  einmal  (Taf.  19,  llj,  zweimal  (ebenda 
10.  14)  ganz  nackt.  Bei  einem  anderen  griechischen  Werke 
würde  dies  wenig  beweisen :  aber  bei  der  l']rklärung  der 
Skulpturen  von  Gjölbaschi  hat  es  zwingende  Kraft.  Die  'selt- 
same Scheu  vor  nackten  Formen  .  wie  es  Benndorf  (S.  248) 
richtig  bezeichnet,  hat  dazu  geführt,  dass,  abgesehen  von  den 
koboldartio:en  Dämonen  auf  dem  Thiirslur/.  und  den  Freiern 
der  Penelope .  deren  -prüde  Ge\vandl)ehandlung "  Benndorf 
wiederholt  betont  (S.  98.  235.  248)  unter  den  rund  580  Fi- 
guren der  Friese  nur  fünf  ganz  nackt  gebildet  sind  —  darun- 
ter, wie  gesagt,  zweimal  Theseus  —  und  wiederum  nur  fünf 
bloss  mit  im  Kiickeu  hängendem  oder  nachflatterndem  Hima- 
tion  —  und  wiederum  erscheint  unler  ihnen  nach  unserer  An- 
nahme zweimal  Theseus  (Benndorf  S.  235).  Benndorf  hat 
Beeilt,  wenn  er  in  diesem  auffallenden  N'erhalten  (S.  248) 
nicht  nur  eine  Anbequemung  an  (»rl liehe  Sitten,  sondern  auch 
ein  charakteristisches  Merkmal  desjonisehen  Kunslkreises  er- 
blickt, aus  dem  die  Friese  hervorgingen.  In  scharfen  Gegensatz 
hierzu  setzt  sich  die  allische  Art.  die  uns  begreitlicher  Weise 
au  dein  atiischen  Heros  am  deutlichsten  entgegentritt. 

Mit  den  Ausführungen  Noack's  über  die  Landungsschlacht 
und  den  Amazonenkampf  der  Westwand  stimme  ich  überein 
und  wusste  seinen  Darlegungen  nichts  Wesentliches  hinzuzu- 
fügen. Dagegen  bin  ich  wieder  schwankend  geworden,  ob  wir 
berechtigt  siiul,  bei  dem  Mittelbildc  Avv  WCslwand  jeden  Be- 
zug auf  den  trojanischen  Krieg  zu  leugnen.  Ich  verkenne  nicht 


288  W.    GURLITT 

das  Gewicht  der  Gründe  Xoack's,  sind  sie  doch  zumeist  die- 
selben, die  auch  ich  erwogen  hatte,  und  meinte  ich  doch,  sie 
noch   durch   die   Analogie  der  übrigen   Paralleldarstellungen 
verstärken  zu  können.    Aber  diese  Schilderung  einer  belager- 
ten Stadt  sclieint  mir  doch  bei  wiederholter  Betrachtung  so- 
viel individuelle  Züge  aufzuweisen,    sich   dadurch  so  deutlich 
gegen  die  allgemein  gehaltenen  Jagden  und  Kentaurenkämpfe 
der  Nord- und  Ostwand   imd  auch  i!;eo;en  die  übrigen  Scenen 
der  Westwand  abzuheben,    dass   ich  mich  nicht  entschliessen 
kann,   sie  als  silualionslose  N'ariante  der  Belagerung  auf  der 
Südwand  zu   betrachten.    Dasselbe  hat  auch  Noack  gefühlt, 
wenn   er  am  Schlüsse  seiner  Arbeit.   ol><>leich  mit  aller  \'or- 
sieht,  die  N'ermutung  äussert,  dass  hier  ein  Ereigniss  aus  dem 
Leben  des  Stifters  des  Gi'abmals  verewigt  sein  könnte.    Doch 
dieser  Weg  zur  Erklärung  scheint  mir  wegen  der  ganzen  Art 
des  Grabbaues  und  seines  figürlichen  Schmuckes  im  Allge- 
meinen  und  der   Darstellung,    mit  der  wir  uns  beschäftigen, 
insbesondere,    nicht   gangbar.  Ivs  bleibt  somit,  wie  mir  vor- 
kommt, nicht.s  anderes  übi'ig.  als  den  X'orwurf  zu  diesem  Bilde 
einer  belagerten  Stadt  in  griechischer  Sage  zu  suchen.    Dann 
aber  drängt  sich  —  ich  mr)chte  sagen  mit  unwiderstehlicher 
Gewalt  alle  Bedenken  niederwerfend  —  der  Xame  Helena  auf 
für  die  königliche  l^^rau.  die  in  der  iVJilte  des  Bildes  überherr- 
sehend  thront,   der  Xame  Priamos  für  den  greisen  -orientali- 
sciien'  f  Benndorf  S.  i;^S)  Herrscher,  der  Name  Troja  für  die 
belagerte  Stadt.  Freilich  müssen  wir  zugleich  bekennen,  dass 
wir  die  bestimmt  eharakterisirte  Episode,  welche  hier  darge- 
stellt  ist.    bisher   in   den   Überlieferungen  aus  dem  troischen 
Kreise  nicht  nachweisen  können.  Dies  letztere  und  ferner,  dass 
die  auf  dem  Esel  reitende  F'rau,  die  von  einem  Begleiter  ge- 
leilet, ins  Gebirge  flieht,  nicht  Helena  sein  kann,  scheint  mir 
Noack  überzeugend  nachgewiesen  zu  haben.  Nur  däucht  mir, 
dass  er  dabei  zuviel  Nachdruck  auf  den   Beweis  gelegt  hat, 
dass  wir  keine  'iXioj  -ni^nii;  zu  erkennen  haben.  Denn  das  hat 
bisher   Niemand   beliauptiH  und   der  Augenschein  lehrt,  dass 
nicht  die  Eroberung  oder  gar  Zerstörung,  sondern  eine  Scene 


ZUM    HEROOV    VON    (IJOKLBASCHI  -  TRYSA  289 

aus  der  Belagerung  dargestellt  ist.  Die  Fliehenden  aber  sind 
nichts  als  der  bildliche  Ausdruck  für  das  bekannte  prophe- 
tische ECTJTai  r,aap. 

Wer  aber  behauptet,  dass  unseie  Überlieferung  des  troi- 
sciien  Sagenkreises  so  vollständig  sei,  dass  wir  den  Zug,  wel- 
chen die  Künstler  im  Bilde  festhielten,  kennen  niüssten.  mit 
dem  ist  schwer  zu  rechten.  Jedenfalls  wäre  eine  solche  An- 
sicht, soviel  ich  sehe,  uleiclibedeutend  mit  dem  wenigstens 
vorläufigen  N'erzicht  auf  jede  Deutung  —  denn  an  l^]urytos  und 
lole  auf  den  Mauern  Oichalias  wird  man  doch  nicht  denken 
wollen  —  und  da  jeder  neue  lu'klärungsversuch  von  der  An- 
wesenheit der  '  schönen  '  Frau  auf  der  Mauer  ausgehen  müsste, 
so  erginge  es  uns.  wie  den  Griechen  vor  llion:  auch  wir  wä- 
ren verurteilt   TOif,ö  äp.'ii:  yjva'./.'.  -o'XOv  ypovov  aXysa  Trxijysiv. 

Nur  eines  möchte  ich  in  Übereinstimmung  mit  Noack  noch 
hervorheben,  ehe  ich  schliesse.  Wie  man  auch  über  die  Be- 
deutuno; des  Mittelbildes  denken  mae;  —  auf  die  Auffassunij 
der  übrigen  Darstellungen  der  Westwand  darf  sie  keinen  Ein- 
fluss  üben.  Auf  der  Nord- und  Ostwand  stossen  Scenen,  die 
keinen  inneren  Zusammenhang  haben,  unvermittelt  aneinander: 
nicht  anders  verhält  es  sich  auf  der  W^estwand.  Bei  den  reichen 
Kunstmitteln,  über  welche  die  Künstler  verfügten  ,  wäre  es 
ihnen  ein  Leichtes  2;ewesen,  eine  Verbinduno;  anzudeuten,  wenn 
sie  in  ihrer  Absicht  gelegen  hätte.  Aber  grade  an  den  Fugen 
zwischen  den  einzelnen  Abteilungen,  wo  wir  sie  erwarten  vvür- 
den,  fehlt  sie  vollständig:  die  Friese  laufen  sich  einfach  tot 
wie  die  Architekten  sagen  würden.  Es  fällt  auch  schwer,  die 
räumliche  Anordnung  mit  der  zeitlichen  Abfolge  in  Überein- 
stimmung zu  bringen  und  der  feinsinnige  Hinweis  Benndorf's 
auf  die  Hauptwand  der  Stoa  Poikile  beweist  doch  zunächst 
nur,  dass  die  Griechen  sich  nicht  scheuten,  verschiedenartige 
Bilder  auf  derselben  Wandfläche  zu  vereinigen. 

Graz,    Februar  1894. 

W.  GURLITT. 


NOCHMALS  DAS  RIIEAEPlüKAMM  AUS  PllAISTOS 

E.  Maass  lial  oben  XVIII  S.  ^7-2  ff.  das  von  F.  Hall.liorr 
zuerst  [Ml/SCO  italiano  III  S.  7  36)  ver()ffentliclite  I^pijjjranini 
aus  Phaislos.  das  sich  als  b^pigramm  eines  Tempels  der  Gros- 
sen Mutter  zu  erkennen  giebt.  einer  erneuten  Besprechung 
unterzogen.  Blass,  der  seine  Auslegung  (Fleckeisen's  .lahr- 
bücher  1891  S.  1  ff.)  nicht  ohne  Bedenken  gegeben  hatte,  wird 
sich  dem  Gewicht  der  dagegen  von  Maass  angeführten  VÄn- 
wände  nicht  verschliessen  können.  Um  so  mehr  ist  es  zu  be- 
dauern, dass  auch  die  von  Maass  vertretene  Auffassung  nicht 
völlig  einwandfrei  erscheint.  Es  sei  gestattet,  kui'z  auf  dieje- 
nigen Modifiealionen  hinzuweisen,  unter  denen  diese  AulTas- 
sung  nicht  nur  annehmbar  wird,  sondern  auch  nun  erst  so 
überzeugend  wirkt,  wie  sie  es  verdiente. 

©aCaa  [Aey'  ävOpwTCOK;  xavTcov  Mxxrjp    7i:iSt>cv'jTi* 
TOi;  ooftoi;  x.tvypyiTt,  xai  o'i  yovsxv  uTrsy^^ovxai, 
TOI?  ö£  -rrapedSaivovff'.  O'.aiv  ye'vo?  ävTia  TCpiXTei. 
7r(XVT£(;  S'  S'jaeSiec  ts  xal  süyT^cöOoi  Träpiö'  äyvol 
evöeov  i?  MeyäXa(;  Marpö?  vaov,    svOso.  S' i'pya 
yvcüCY^O'  iOavicxa;,    x^ia.  twoe  vacli. 

Zweifellos  sichergestellt  scheint  mir  durch  Maass,  dass  es 
sich  um  ein  Orakel  der  Grossen  Mutter  handelt  und  dass  dies 
Orakel  in  Beziehung  zu  Rindern  steht;  was  sich  im  Einzelnen 
einwenden  lässt,  hat  Maass  selbst  jedoch  wol  gefühlt  und  nicht 
versäumt,  es  anzudeuten.  Es  sind  zwei  Punkte:  einmal  die 
logische  Härte,  eine  besondere  Species  (o'i  yovsicv  ü7r£';^ovTai )  so 
neben  dem  Genus  (  toi?  6r;iot?)  zu  finden'  —  die  Zulassigkeit 
dieser  Härlc  wird  durch  zwei  Beispiele  darzuthun  versucht  — 
und  zweitens,  dass  die  Mütter,  die  ihr  Kind  an  der  Brust  tra- 


K.    WERNICKE,      NOCHMALS    DAS    RHEAEPIPtRAMM    AUS   PHAISTOS       291 

gen,  mit  dem  männlichen  Relativpronomen  bezeichnet  wer- 
den—  dies  wird  als  Attraction  an  das  allgemein  gefasste  toü; 
oiio'.?  aufgetasst.  '  E\n  Irrtum  war  ja  auch  völlig  ausgeschlos- 
sen ,  da  es  sich  hier  nur  um  nährende  -Mütter'  handeln 
Jiann'.  Ich  möchte  gleich  noch  einen  dritten  Punkt  hinzutü- 
gen  :  man  begreift  nicht,  was  eigentlich  das  Wunderbare  an 
der  Sache  ist,  das  doch  in  der  Inschrift  so  hervorgehoben  wird. 
Orakel  waren  doch  nichts  seltenes  und  in  damaliger  Zeit  fing 
mancher  Gott,  der  es  vorher  nicht  i^elhan.  zu  weissagen  an: 
jedenfalls  kann  hier  zur  iM'klärung  die  Mciglichkeit.  dass  erst 
damals  das  Heiligtum  zu  orakeln  anfing,  nicht  genügen. 

Was  die  ersten  beiden  Punkte  betrifft,  so  treffen  die  Bei- 
spiele, welche  Maass  für  die  Zulässigkeit  der  mit  Recht  von 
ihm  ü;erüülen  loüisclien  Härte  anfuhrt,  beide  nicht  zu.  Aus 
der  Inschrift  von  llierapytna  (  'ATTOA'Xtov'.  Ar/.araoccw  /.al  toi? 
^wSsxa  (jsoi;;  /.ai  'AOavaiy.  flo'X'.aSi)  kann  man  ja  gewiss  nicht 
schliessen.  "dass  .Athene  und  Apollon  nicht  in  dem  dortigen 
Zwölfverein  waren'.  Es  werden  aber  hier  wie  öfters'  verschie- 
dene Cultauffassungen  derselben  Gottheit  von  einander  unter- 
schieden, hu  Zwölfverein  waren  Athena  und  Apollon  natür- 
lich, aber  nicht  als  Athena  Polias  und  Apollon  Dekalaphoros : 
diese  kcmnen  daher  unbeanstandet  daneben  aufgeführt  wer- 
den.  Und  die  Rallimachosstelle  ist  ebensowenig;  beweisend. 
Denn  erstens  steht  hier  ausdrücklich  xXT^ojv  dabei,  und  zwei- 
tens ist  bereits  durch  Robert  (Hermes  XVI  S.  l't  f.)  hervor- 
gehoben, dass  beim  GiUterstreit  um  Athen  die  Version,  welche 
die  zw()lf  Götter  als  Richter  einftdirt,  sich  einen  Rechenfehler 
zu  Schulden  kommen  lässt '. 

Der  zweite  von  Maass  als  bedenklich  empfundene  Punkt  ist 
i<änzlich   unannehmbar.    Sollte   es  wol  mr)ir|icli  üewesen  sein, 


'  Ähnliclit's  iinlor  dtMi  All;iien  in  C)l\iii|iia,  liiidif  ich  aut  iiifiiie  dem- 
iiiiclisl  im  .laliibucii  des  aicli.  liisliliils  oischeiiieiidi'  au^riiliiliclio  Darlefj'ung 
verweise. 

^  Bcsundol^  aullallend  Ovid,  Met.  VI  ~'2:  Bis  sex  awlestes.  nwäia  Jove, 
sedibus  altis  Augusta  gravilale  sedenl.  Ubrifjeiis  könnte  man  zur  Kiitscliul- 
di;;uiif.'  aiicli  hier  sapen,  Alhena  sei  als  Athena  i'ulia><  uiul  l'useiiKin  als  Po- 
seidon Krechlheus  besondcis  iredachl. 


292  K.  wrrn'ic.kf: 

Mütter,  nocli  dazu  mit  Säuglingen  an  (I(M'  Brust,  im  männ- 
lichen Geschlecht  aul'zut'iihren  ?  \i&  ist  Maass  nicht  gelungen 
für  eine  so  seltsame  •  Attraction'  Heispiele  zu  finden,  und  ohne 
uesicherle  Heispiele  ist  sie  uni>laui)lit,*h. 

Durch  einige  leichte  Modilicationeu  der  AutTassung  lassen 
sich  diese  Schw  ierigkeiten  beseitigen.  Ich  !»(^ginne  mit  der  zu- 
letzt hei'ührlcn.  Wenn  es  sich  hier  wirklich  um  Mütter  han- 
delt (^und  das  Wort  yovex  sowie  der  mutterliche  Charakter 
der  Gottheit  empfehlen  dies  durchaus),  so  ist  das  Masculinum 
0'.  nur  erträglich  in  dem  Falle,  dass  diese  Mütter  hier  mit  Per- 
sonen männlichen  Geschlechts  zusammengefasst  werden ;  es 
handelt  sich  also  nicht  um  Mütter  sondern  um  ßllern.  Dann 
kann  ÜTre/ovTa-.  natürlich  nicht  mehr  heissen  -sich  (das  Kind) 
unter  (die  Brust)  halten'.  Dass  yoveä  =ydv£7}  hier  auf  die  Rin- 
der seht,  hat  Maass  richti»'  oesehen  :  nur  liätte  er  nicht  •  Kind  " 
sondern  'Nachkommenschaft'  übersetzen  sollen.  Ks  liegt  kein 
Grund  vor  zur  Ablehnung  der  Möglichkeit,  dass  heitern  auch 
über  mehrere  Kinder  die  Gottheit  befragten.  Jedenfalls  kann 
in  dem  Oxe/ovrai  keine  Hindeutung  auf  Brustkinder  gefunden 
werden.  Ol  yoveäv  ÜTrsyovTa'.  würde  dann  etwa  heissen :  die  El- 
tern, die  ihre  Nachkommenschaft  unter  sich  (d.  h.  unter  ih- 
rer Botmässigkeit  stehend)  haben.  Wäre  es  gestattet,  einen 
leichten  Sehreib -oder  Lesefehler  in  der  Inschrift  anzuneh- 
men, so  würde  ich  die  Vermutung  wagen  o'l  yovsötv  ÜTueyovT- 
'die  ihre  Kinder  (der  Gottheit  zum  Zwecke  der  Weissagung) 
unter  (die  vorgestreckte  Hand?)  halten'. 

Auf  diese  Weise  fällt  auch  der  erste  von  Maass  angedeutete 
Punkt,  jene  logische  Härte,  weg.  Denn  die  yovet;  und  die  ot'.o-. 
verhalten  sich  hier  durchaus  nicht  wie  der  Teil  zum  Ganzen; 
es  kann  ja  eben  so  gut  yovsi;  geben,  die  nicht  otioi,  wie  öitoi, 
die  nicht  yovsi?  sind.  An  zwei  Bedingungen  wird  die  Erteilung 
von  Orakeln  hier  geknüpft:  die  Frager  müssen  öaiot  und  yo- 
veii;  sein.  Letzteres  Hess  sich  unschwer  nachweisen,  am  be- 
quemsten durch  Mitbringen   des  Kindes  ^   Die  ooiott)?  wurde 


*  Liest  man  uKe'/^ovit,  so  wäre  dies  sogar  notwendig  gewesen. 


NOCHMALS   DAS   HUEAEPIGfiAMM   AUS   PHAISTOS  293 

jedenfalls  nach  den  ausreichenden  Opfern  beurteilt.  Wer  übel 
beleumdet  war.  ma^  wirklich  ausgeschlossen  worden  sein. 
Und  Gegner  des  Kheacultus  —  -a:£'T^:;7.ivovT£;  O-.cüv  y^^^?  — 
wandten  sich  natürlich  ühei'haupl  nicht  an  das  Orakel. 

Wer  also  zwar  als  inio-  galt,  aber  keine  Kinder  hatte, 
nahte  sich  vergeblich  orakelsuchend  der  Göttin.  W  ie  ist  das 
zu  erklären?  Und  hier  kommen  wir  wirklich  zu  dem  uAvx 
Gaöjxa :  die  Grosse  Mutter  weissagt  nicht  wie  gewöhnliche  Ora- 
kel. Als  Mutter'  weissagt  sie  und  über  das  Schicksal  der 
Rinder"  also  nur  solclicn,  die  Kinder  haben.  Wer  keine  hat, 
mag  er  auch  öcto;  sein,  dem  schweigt  ihr  Mund.  Kam  einer, 
nur  jene  alltäglichen  Orakelfragen  zu  thun,  ob  er  Sklaven 
kaufen  oder  verkaufen,  eine  Ueise  unternehmen  solle,  so  gab 
ihm  die  Grosse  Mutter  von  Phaistos  keine  Auskunft.  Nur 
über  das  Los  der  Kinder  weissagte  sie  mit  mütterlichem  Sinn 
den  sorgenden  lullern,  wenn  sie  fromm  waren.  Und  das  ist  in 
der  Thal  wunderbar. 

Halle  a.  S. 

IvONKAI)  WERNIüKE. 


ZIM   l'Si:i>|116MA    1M:|,'   IIll'l'UMKDDN 

Die  von  Herrn  Professor  M.  Fränkel  oben  S.  133  gegebene 
llerstelluni'  des  zweiten  Teiles  der  liervorraoend  Nvichliii;en  Ur- 
künde,  die  wir  Otto  Kern  verdanken,  deckt  sich,  von  Klei- 
niofkeiten  abo;esel]en  ' .  mit  i]on  iM'uiin zünden,  die  icli  im  .la- 
nuar  1.  J.  der  Uedaction  dieser  Zeilsclirirt  zugesendet,  aber 
mit  Kücksicht  auf  den  unmittelbar  vorher  eins-etroffenen  Auf- 
salz  des  berhner  Gelehrten  zurucki'ezoi'en  hatte.  Durch  diesen 
ist  die  Sache  im  Wesentlichen  erledigt;  dennoch  wird  es  'je- 
Stattet  sein  auf  einige  Einzelheiten  zurückzukommen. 

Nach  Kern  ist  die  leider  sehr  beschädigte  Seite  (B)  des 
Steines,  auf  der  die  von  Fränkel  besprochenen  Zeilen  stehen, 
'offenbar'  die  Vorderseite  cjewesen.  Ich  weiss  nicht,  ob  aus- 
sere  Anzeichen  diese  Annahme  unterstützen  :  der  Inhalt  der 
Schriftstucke  scheint  sie  mir  keineswegs  zu  fordern.  Die  In- 
Schrift  der  Seite  A  (nach  Kern  der  llückseite)  giebt  den  aus- 
führlichen iMotivenbericht  des  Beschlusses.  Z.  1  ist  mit  Kern 
S.  349  zu  ergänzen  ßa'7'.'Xe'j;  'HylvTriTTpaTo«;  [Vatersname  eittev 
ETcetST;] ;  zu  Ende  der  Z.  21  —  welche  doch  wol.  wie  Z.  1  die 
erste,  die  letzte  Zeile  dieser  Seite  überhaupt  ist  —  steht  die 
Formel  äyaOr/.  f'^x.''''-  ^'^  ''^^''  ^''^"^^  eigentlichen  Beschluss  ein- 
geleitet, dessen  Gegenstand  nach  Z.  17.  dem  Ratsgutachten  ge- 
mäss, die  Belobung  llippomedons  und  die  Aufzeichnung  der 
ihm  verliehenen  Ehren  in  dem  Ileiliglnme  der  'A[^y]\x]  bil- 
dete Diesem  Beschlüsse  werden  Bestimmungen  über  die  Ab- 
sendung einer  Gesandtschaft  gefolgt  sein,  die  llippomedon  sei- 
tens der  Sainotlii-akcr  zu  begrüssen.  ihm  das  Psephisma  zu 
überreichen,  den  Statthalter  um  ferneres  VVolwollen  im  Ein- 
klänge mit  den  huldvollen  Intentionen  seiner  Souveräne  zu  bit- 


'  Z.  b  r.  '.'va  für  r.4  äv.  Das  Verbuiii  Z.  lU  veimoclilc  icli  nitlil  zu  linden. 


A.   WILHELM.      ZUM   PSEPHISMA   FUER    HIPPOMEDON  29o 

ten  und  einige  besondere  Anliegen  vorzubringen  batte.  Für 
all  diese  Bestimmungen,  soweit  sie  verloren  sind,  baben  die 
zebn  Zeilen,  welcbe  auf  Seite  13  bisber  unentziffert  blieben, 
sicberlicb  anf^eniessenen  Raum  ij;eboten. 

Was  gelesen  worden  ist,  bezeichnet  Fränkel  mit  Heclit  als 
'Teil  der  Instruction  einer  samotbrakischen  Gesandtschaft, 
ohne  Zweifel  an  denselben  ilippomedon,  dem  das  Ehrende- 
cret  der  anderen  Seite  gilt'.  Wenn  er  aber  Z.  3  fY.  ergänzt: 
Kxi  a[i-:o'j  V^oiyixiyr,[v]  /.ai  äTeXs'.av  SoOv'at  siTÄyo-j^iv  va]  Xecgovy;- 
no'j    /.ai    aAXoOcv    öOsv    aü-oJ'.    s'j/.aipov    cp  aivsTX'.   sivai  und  erklärt, 

'die  Gesandten  sollen  die  Befiigniss  des  Statthalters  anei-ken- 
nen.  die  Getreideausfuhr  imd  die  Bofreiimü;  von  Ein^anuszid- 
len  Anderen  als  PriNilenium  zu  lie^väb^eu.  Wir  lernen  dass 
der  Ivvport  von  Getreide  in  Sa  ui  ol  li  ra  ke  damals  grundsätz- 
lich untersao:t  i^evvesen  ist',  so  e;laiibe  ich  demi»;eü;eniiber  auf  die 
Auffassung  zurückkommen  zu  dürfen. welche  ich  früher  vor- 
ZLitrauen  "edachte.  Jene  Verleihunfi;  zollfreier  Ausfuhr  bezieht 
siel)  dem  Wortlaute  der  Inschrift  nach  zunächst  aufdieCher- 
sonesos,  nicht  auf  Samothrake.  Dass  aber  die  Bewohner  der 
heiligen  Insel  eine  Befugniss  des  Statthalters,  jene  Privile- 
gien für  die  Cbersonesos  und  andere  Orte  nach  seinem  Gut- 
dünken zu  verleihen,  förmlich  anerkennen,  wäre,  wie  mir 
scheint,  doch  nur  dann  möglich,  wenn  jene  Exportgebiete  Sa- 
mothrake unterstanden.  Wir  wissen  von  samotbrakischen  Be- 
sitzungen an  der  thrakischen  Küste:  mau  kiuinte  sogar  daran 
denken,  dass  Koni«'-  und  Köniüiu  den  Samothrakern  oder  viel- 
mehr  den  Göttern  der  Insel  auf  dem  Festlande  Ländereien  zu- 
gewiesen hätten,  deren  Erträgnisse,  für  im  Xameu  des  llerr- 
scherpaares  darzubringende  Opfer  und  i-xc/ai  bestimmt  wa- 
ren, und  dass  mit  einer  derartigen  Schenkung  die  Anlage  der 
Befestigung  {BZ.  5  tV.),  der  die  Besiedlung  und  Bewirtschaf- 
tung des  Landes  durch  samothrakische  Kleruchen  folgen  soll, 
in  Beziehung  stelu\  liuless  sind  wir  m.  E.  durch  keine  An- 
deutung der  Inschi'ift  befugt,  mit  unseren  Wrmutungen  den 
Boden  der  Insel  zu  verlassen;  mit  Becht  wird  /tA7;poj/£iv  von 
'innerer  Colonisation'   verstanden.   Gerade  die   von   Fränkel 


296  A.    WILHELM,      ZUM    PSDPHISMA    FUEH    HIPPOMEDON 

tretflich  geschilderte  und  ^ewürdiste  Notlane  der  Samothra- 
ker  scheint  es  mir  \ö\\\^  zu  roclil fertigen,  dass  sie  für  sich 
selbst  jene  BefriinstiiiLmii  zolllVeier  Getreideausfuhr  aus  der 
Chersonesos  und  anderen  dem  Statthalter  unterstellten  Gebie- 
ten erbitten.  Somit  halle  icli  an  ineinei"  tVüheren  Eri^änzimg 
fest  und  schlage  vor,  statt  mit  Friinkel  SoOv[at  i^ayo-jaiv  —  wo 
ich,  wenn  es  •  Anderen'  bedeuten  soll,  (h^n  Artikel  vermisse  — 
vielmehr  Soüv^ai  ty;i  -öXst  zu  lesen  Für  den  Anfang  des  Satzes 
vermute  ich,  selbstverständlich  ohne  das  Einzelne  zu  verbür- 
gen, nach  Psephismen  wie  Dittenberger,  Sylloge  140  {C.I.A. 
II  311)  Z.  42  ff.,  :56  Z.  42  ff.,  228  Z.  38  ff.  folgenden  Wort- 
laut: eXe'oOa'  Vi  xai  TrcsißsuTi?  avSpa;  Tpei;  oitiv£<;  äTxaryäaEvoi 
'lTC7:oaeSovTa  Trapä  toO  Stou-O'j  xal  (XtuoSövts;  t6  i|/Y;(pi(Taa  -apavta- 
T.EOOuT'.v  aüxöv  S'.aou).aTT£iv  tvjv  Ü7:äpyo'jaav  aütüi  xpo?  Tr,v  7:ö).tv 
euvoijav  xai  [äjcoXo'jösiv  xal  stt;  t6  >.oi-cv  tJei  toO  ßaTiXe'wc  xai  Tyi[; 
ßam>.iT»7Y)c  aipETEt]  )C(Xi  (7[iT0'j  iJQaycoyrjLVj  /.ai  äxeT^siav  öoCvLat  ttjI 
TcoXgi  £)cl  XeppovyiTO'j  y.al  aX"Xo6£v  xtX. 

Wien. 

AD.  WILHELM. 


'.r:^^^. 


« 

L  I  T  T  K  R  A  T  r  R 

A.  M.  KAAüIlüeAKHS,  'O  /(op'.Taö;  Tr/<;  (7TpaTi(0Ti/.7;;  y.at  770- 
XtTtJtY);  e^O'jaia?  y.xi  •/)  P(iJU-ai/.7)  ^'.oi/,r,n>.i  -rzxo'x  tÖv  /.xtci)  Aoovaßiv. 
Athen  1894. 

n.  r.  KaSTPIÜTHS,  Ol  AeXcpot,  'IfJTOp'.ÄTi  xal  äp/a'.oXoyiJty)  a-j- 
T(t>v  Trep'.ypacpr/    ini   z-ri  ßäcsi    tcöv  ve'wv   Trr.yüiv    xa».  tcöv  äva.'i/.xocöv. 

Athen  1894. 

A.   N.   2l!kias,    'EXk-n^i-An  ypa{ji(/,aTi>cr).  Athen    1894. 

E.  I.  UtaMaIIAAU^  .  Bio;  'Ixy.öiSo'j  Bxa'.'kix.oü ,  Se-jt^Ötou  Si- 
p.o\j,  aapx.r,TTio'j  lixpo'j.  xöu.r.To;  FlaXaTivo'j  x,xi  r,y£a6vo;  xr,;  MoX- 
Savjix;.  Samos  1  894. 

A0HNA ,  (juyypajAaa  ~£piooc/cöv  rr,;  sv  'A6r,vai;  £-tGTr,aovi/.7;; 
iraipeta;  VI,   1  . 

AMAA0EIA  ,  Smyrna  5/13  Oktober  1893  veröffentlicht  Herr 
M.  Tsakyrünlus  eine  Inschrift  aus  kiikluilja  bei  Smyrna,  ("iber 
welche  er  selbst  und  Herr  G.  Weber  uns  weitere  Mitteilungen 
gemacht  haben.  Sie  befindet  sich  in  dem  o;enannten  Ort  im 
Mause  des  Bäckers  Kvangeliu  und  ist  in  der  Ebene  nahebei 
ij-efunden  :  Läni»;e  0,85'",  Höhe  links  noch  ü. 50,  Dicke  0.15, 
unten  abgebrochen.  Ein  profilirter  Bahnien  fasst  die  Inschrift 
ein;  gezierte  Buchstaben  mit  Apices. 

(t)A.IOYAIOZArOPA2A2TOnON 
KAOAPONONKATEZKEYAZEHMHTHPA¥ 
TfiN  I  OYAIATEPMAEAYTHKAIT^ANAPI 

KAITEKNOIZKAIEKFONOI^KAI 
5  A  n  E  A  E  Y  O  E  P  O  I  2  K  A  '  A  O  Y  A  O  I  Z 

MHAENOSAAAOYEXONTO^iEZOY 
ZIANTOYMNHMEIOY 
A  Y  ^  ^ 

^I^X.  'lo'JXio?  xyozxax;  tottov  /.xOxpOv  ov  /.xriCKi'^xni  r,  u.r,-:yi:  av- 


•298  I.lTTEHATtiH 

Ttiiv    'lo'j'Xta   Tspixa  eau-vi   xal  tw  ävöpt  jcal  tejcvok;  x.at  sxyovoi;  x,ai 
astO'j  .  .  .    a'jTO  .... 

Das  Wort  AV|TQN  /.  2.  3  ist  naclitriii-lich  auf  der  Tm- 
raliiiuini;  einüeti'ai''Gn  worden. 

In  derselben  Zeitung  Xr.  5233  hat  Herr  Tsakyroglus  eine 
Insclirift  aus  Smyrna  mit  folgenden  Bemerkungen  abgedruckt: 

"Ev  Tivi  (xpu.£vix,ri  oi/tiac  Trapä  rov  üopou.'j'Xov  t7;(;  G'jvoixia;  -rou 
'Ayio'j  Ni)toXäo'j  eupriTa'.  Itti  Tsax/io'j  uapp.apivTi;  ':7>,ax6?,  xetaevr/? 
£v  T(p  y.r,7:api(i)  >tal  £'jp£Ocic;r;<;  £:t'  tottou,  t)  £:iroa£VY)  T£TpacTtyO(;  exi- 
vpa<07; : 

nP020A02 

KOPNHAIOY 

X  P  H  Z  T  H  I 

H  P  n    Z    X  A  I  P  E 

T6  £v  ay^CXaii;  TTOtyeiov  etvat  rifxiEa^ETij.Evov. 

AeaTION  t-^<;  i<TT0pi>c7i;  xai  iOvoXoyixy;?  STottpia«;  Tr^;  'EXT^äSo; 
W ,  3.  Darin  u.  a.  S.  423.  A.  MYi>.'.apa)t7i; ,  M£(j«jacta.  'laxopi- 
•/.al  £p£'jva'.  TTEpi  Toü  ovö[;-aTO:  touto'j  w;  y£{i)ypacpt>tou.  —  S.  513. 
11.  ZepT^fiVTirii;,  Ilfipl  ToO  y£{i>ypa(pix.oö  övöaaxoi;  llapxik  -  HapoDCia. 
—  S.  53'i.  A.  Rubio  y  Llucli,  n£pi  Tr/<;  £77o/r<;  .taO' viv  ol  Ka- 
TaXxvot  äTüwXeaav  rä:    *A6yivac. 

EsTiA  1894  Nr.  10-17.  Darin  u.  a.  S.  186.  K.  IlaXaay.?, 
'0  Gavo?Tou  'AxöX^wvo?  [Wiederholung  des  Textes  nach  B.C.H. 
1893  S.  574  und  Übersetzung]. 

Ei'iiMEPis  APXAiüAüriKii  1894  Heft  1.2.  Darin  S.  1.  \\  . 
Dörpfeld,  'H  'EwEzjtpo-jvo;  xat  y)  KaXXippÖT). —  S.  1  1  .  II.  Ka6- 
€aSia;,  'Avtit'jttx  toö  ev  'ETTtoaüpw  •/p'j(7£>,£'pavTivo'j  äyiX{;,aTO? 
ToO  'ATitV/iTTtoö.  —  S.  15.  Derselbe, 'ETTiypacpat  £^  'ETCiSaüpou. — 
S.  25.  J.  VV.  White,  Tö  FleT^apyi/tov  irA  n£pix.>^£ou:.  — S.  63. 
B.  üxi'/)? .  'Ep6Tfiax-A)  XTj'/tuOo;.  —  S.  69.  F.  Ntx.oXaiSr,i;,  Ilfipi 
TO'j  /.aO'  "Ou.r.pov  'IXiou.  —  S.  99.  A.  'l't>.aS£>>cp£'j? ,  T6  Topyö- 
v£'.ov  £v  TO)  £/C  riEipaicü;  «j/TTp'.SüJToi.  —  S.  111.  G.  Milliet,  ^'Oipt- 
8(i)Tx  TO'j  SV  Aacpviw  vaoö,  —  S.  121.  P.  Hartwig,   K6<paXr)  at- 


PI  NOK  599 

OioTCO?  asTÖt  TTi?  iTTiYpaor/?  UEAAPo^  KAUO^.  —  S.  127. 
A.  2I/f.3c?,  Kai  TCxXtv  TTspi  T-/i;  A£;£w;  auatuo.  —  S.  129.  K.  M-j- 
XwvÄ?,    H.  G.  LoUino;. 

cunöyo-j  XVI,  3-9.  Darin  u.  a.  S.  2'.  I.  A.  IlcraX?.;  Oi  Asa- 
^01.  —  S.  5H5.  'I>.  Ar,|j.r,TC',7.Sr/C ,  'H  ^l'VTp'.Soypaoia  ev  rf,  xo/rii- 
TriTi  /tal  /.aTX  tov  '/iTxiwvx . 


F  INI)  E 


Über  einen  Grabfand  auf  Kliodos  maclil  uns  Herr  F.  II il- 
1er  von  Gäriringen  fbliiende  Mitteilung,  die  auf  einem  Bericht 
des  Herrn  Dr.  med  Stylianos  Saridakis  beruht  \m  növü- 
lichen  Bergahhange  der  Akropolis  von  Rhodos  über  der  Quelle 
\xy.xvr,  (=  ).£/.7.vrj).  gegenüber  der  Gerberei,  wurde  bei  der 
Fundamenlirung  eines  Hauses  ein  antikes  Grab  gefunden,  wel- 
ches in  den  Fels  eingearbeitet  ist.  Darin  lag  ein  goldener  Lor- 
beerkranz von  150  Gramm  Schwei'e.  Ausserdem  wurde  eine 
eherne,  an  vielen  Stellen  noch  vergoldete  -/.xItzt,  gefunden,  die 
bis  auf  den  Boden  unversehrt  war  und  verbrannte  Knochen 
enthielt,  sowie  eine  Menge  Thongefässe,  wolerhallen  und  von 
tretllicher  Ausfidirung.  in  verschiedener  Grösse  und  F((rm. 
In  einigen  dieser  Gelasse  fanden  sich  in  der  Mitte  durchbohrte 
perlenartige  Kügvlchen.  zum  Teil  vergoldet.  Xeben  dem  Grabe 
und  anscheinend  zu  demselben  gehiü-ig  lag  eine  Basis  (  oder 
■viereckiger  Grabaltar)  aus  wcMssem  .Marmor.  (),(U)  lanii.  <l.4() 
breit,  0.50  hoch,   mit  der  Inschrift 

APXINIKOlPPATo^nNToZ  'Ap/jv.x.o;  npaTOocövro; 

KYMI2AAEYZ  Iv.ai^aieo?. ' 

Die  Jnschi'ifl    bietet  das  zweite   Beispiel  für  das  N'orkommen 
des  Demolikon   K'j'r.fjxlv'j;,    das    wahrscheinlich   zu    Kamiros 


300  Nachtrag  zu  s.  168.  192 

gehört  und  auf  den  modernen  Ortsnamen  Kuu^cxlv.  zu  beziehen 
ist  (vgl.  diese  Mitth.  XVII  189-2  S.  3(i8).  Als  noch  ein  zwei- 
tes Grab  mit  ähnlichen  Thonfiguren  aufgedeckt  wurde,  stellte 
die  Re^ioruMü-  einen  \Vacht|)o.s(on  auf,  iini  das  Publikum  von 
tier  Stätte  fern  zu  halten. 

Herr  Saridakis  setzt  die  (iräbcr  nach  dem  Schriftcharakter 
der  Basis  ins  dritte  vorchristliche  .lahrhundert.  Der  Fund  hat 
ein  gewisses  Interesse,  da  wir  zwar  übei'  die  ältesten  Gräber 
von  lalysos  und  Ramiros  mancherlei  wissen,  dagegen  über  Grä- 
berfunde bei  dei'  Hauptstadt  Rhodos  genauere  Berichte  fast 
o;anz  entbehren.  Auch  der  Platz  ist  bemerkenswert;  er  ist  nicht 
weit  von  der  niH'dlichen  Stadtmauer  entfernt,  welche  bekannt- 
lich die  äusserste  Spitze  der  Insel,  die  •  Sandnase'  (Kum- 
burnu)  ausscbiiesst  (vgl  den  Plan  der  engliscIuMi  Seekarte, 
der  z.  B.  in  Newton.  Travels  and  discovcries  in  (he  Levant 
I  zu  S.    140  w  iederholt  ist). 


NACHT RArx  ZU  S.   168.  192. 


Tviv  Siaxoi^rjV  toö  FoucarL  u.vYiy.ovs-jOei'jav  m\.  168,3  ^\i7:i  ev 
Revue  de  philologie  1893  ni\.  161.  Et?  toü;  TrapsvOiTo-j?  -ivx/.a(; 
ZTiC,  rreXiSo;  192  criy.  27  ->>aup5c;  A  y,ai  n-iy .  3i  TrXsupoc;  B  ävrl 
Toö  o(kp[otoc.  .  •  .  (XvayvüiOi  öivcpofu^.  .  .  'Ev  tö  >,t6(i)  Siaxptvov- 
xai  töc  l'yvT)  to'j  O. 


A.  «1)IAI0S. 


•■»?••  t<  '■^*"- 


Itl.  Juli  1894. 


DORYLAION 


^^#-^>.»«|r-^  ■■• 


fm  Juni  1893  war  es  A.  Körte,  F.  Noack,  Max  L.  Stmok 
und  mir  durch  die  Liebenswürdigkeit  des  Direktors  der  anato- 
lischen  Bahn,  Herrn  von  Kühlmann,  vergönnt,  einen  Ausflug 
von  Skulari  nach  Angora  zu  machen,  rntorwegs  hiehen  wir 
uns  zwei  Tage  in  I'^ski-Schehir  auf,  wo  man  seit  l.eake  iAsin 
minor  S.  18)  das  ahe  Dorylaion  ansetzt,  ^^'as  wir  in  der 
kurzen  Zeit  iiher  die  Lage  der  antiken  Sladi  ermitteln  konn- 
ten, teile  ich  nehst  einigen  Inschrillen,  die  wir  al)schriel)en. 
im  Folgenden  mit.  Die  ohenslehende  Skizze  Xoack's  wird  die 
Übersicht  erleichtern. 

Auf  der  grossen  flochebene  Innerkleinasiens  ist  Fski-Schehir 
die  erste  Stadt,  die  man  von  Nikomedien  und  Nikaea  kom- 
mend erreicht.  Sie  liegt  zum  gntssten  Teil  zwischen  dem  rech- 
ten Ufer  des  Pursak  (des  antiken  Tymbres)  und  den  Höhen, 

ATHEN.    MITTHEILUNGEN    XIX.  21 


302  TH.    PHRGKU 

welche  südlich  vom  Fliiss  aufsteigen  zur  Ebene  von  Kotyaeion 
und  Nakoleia.  Die  südliche  I lallte,  das  'riirkenvierlel,  ist  von 
der  sogenannten  Basarsladt  in  der  Nähe  des  b'lusses  deutlich 
getrennt.  In  letzlerei'  erhebt  sieh  nichl  weit  \on  der  Pui'sak- 
brücke  der  Kuppelbau  der  TbernuMi.  wclclie  neben  denen  von 
Brussa  einen  bedeutenden  lUil'  haben.  Am  linken  l  Ter  des 
Flusses  hat  sich  leils  duich  die  \'erj»l'lan/.iiiiii'  \on  Muhauieda- 
nern  aus  Bidi;ai'ien.  leils  in  Folj^e  des  Bahn  haus  ein  y;anz 
neues  Viertel  i>ebildet.  Jenseits  der  Bahnlinie  dehnt  sich  die 
Ebene  noch  weit  bis  zu  den  uiM'dlichen  lluiiclkellen  aus'.  Sie 
wird  bloss  unterbrochen  durch  eine  auf  Kieperfs  Karle  als 
Shar  -  oijük  bezeichnete  Anhöhe,  welche  etwa  3'""  nördlich 
von  b]ski-Schehir  sich  mitten  aus  ilein  Flachland  etwa  20'" 
hoch  erhebt,  llumann  ( Beisen  in  kleinasien  S.  18  j  vermutete 
in  diesem  Hügel  die  Akropolis  von  Dorylaion,  und  dass  hier 
eine  antike  Stadt  lag,  zeigen  die  neuerdings  freigelegten  i\este. 

Wir  fanden  nämlich  den  Abhang  des  Hügels  und  beson- 
ders das  Gebiet  rings  um  ihn  von  einer  Beihe  von  Gräben 
durchzogen.  Die  Bewohner  von  Eski-Schehir,  namentlich  die 
neuen  Ansiedler,  haben  hier  in  den  letzten  Jahren  fast  syste- 
matisch nach  Bausteinen  gegraben. 

Dabei  stiessen  sie  z.  B.  im  Südosten  des  Hügels  auf  das 
Fundament  einer  Halle,  von  welchem  eine  Strecke  von  4  3'" 
Länge  freigelegt  ist,  ohne  dass  auf  einer  Seite  eine  l^^cke  er- 
reicht wäre.  Psicht  weit  davon  ist  die  Ecke  eines  Stufenbaus, 
vielleicht  eines  Tempels,  ausgegraben.  Im  Süden  sahen  wir, 
teilweise  noch  in  der  Erde  verborüen.  einen  Thorboi^en,  des- 
sen  Quadern,  einst  einem  jonischen  Architrav  angehörig,  erst 
nachträglich  konisch  zugeschnilten  sind.  Sehr  häufig  triti  ri')- 
misches  opus  uicertuni  und  Ziegelmauerwerk  zu  Tage.  Aus 
spätrömischer  oder  byzantinischer  Zeit  stammt  eine  Mauer, 
von  welcher  im  Süden  und  Siulwesten  ein  grosses  Stiick  frei- 


'  Am  Al)li;iiig  dieser  llü>,'el  lie;;!  .Miilalili,  wuliiii  ein  M(!ileiisleiii  lIoi" 
Strasse  Dürylaeuin-Coliaemn  veisclile|i|il  wurden  ist.  S.  Eplicmci'i.\  cpiyra- 
pliira  \'  S.  b'rl  xNi.  1^UU. 


hORYI.A.'ON  303 

tiplofrt  ist.  In  (lieselhe  sind  eine  Mensje  von  Architekturstücken 
lind  liis(dii'iriljasen  verhaut'. 

Dass  diese  anliken    Kesie  dem   alten  Dorvlaion  angehören, 
können  wir.  wenn  aiudi  ein  iiiisserliches  inschriftliches  Zeu^- 
niss  felih,.    mit  Sicheiheit  annelimen.    Denn   in  der  Nähe  der 
lieissen   Quellen,  welche   uns  von   Allienaeus  und   Stephanus 
F3)'zanlius   IVir  Dorylaion  hezcuiil  sind.  Ijcni  l^cine  andere  An- 
höhe, wclclic  die  Akropolis  einer  Stadt   hätte  tragen  können, 
i'^ine  Akropolis  aher  hatte   Dorylaion  nach   der  gleich    unten 
anziiriilireiiden  Xachricht  des  Joannes  (linnamus.  Schon  dieser 
(Iriind    wurde  genügen,  um  die  Ansicht  Kiepert's  und  lUim- 
say's.  welche  Dorylaion  genau  an  ilei- Stelle  der  lieutii,'en  h  ü- 
gel  losen    Sladt  suchen,   zu  widerlegen.    Doch  sj)richt  noch 
anderes  gegen  ihre  Ansetziing.  Aus  den  Worten  des  Athenaeus, 
welcher  hei   Aufzählung   von  lieissen    OuellenfS.  431»)  auch 
die  Thermen   Jicoi   Aoc.Aaiov   erwähnt — wiihrend  er  die  von 
lirussa  tv  Ilpoo'ir,  liegen  lässt  —  können  wir  entnehmen,  dass 
die  Thermen   nicht  in  der  Stadt,   sondern  aiisserhalh  lauen'. 
Auch  erzählt  Diest  in  seiner  Ikiseheschreihung  '  \'on  Perga- 
mon  üher  den  Dindymos  zum   Pontus'  (Petermann's  Mittei- 
lungen, 94.  Ergänzungsheft)  S.  52,  dass  eine  unter  der  Erde 
verhorgene  alte  Pflasterung  von  Shar-öyük  nach  Eski-Schehir 
fidire.  Dies  wird  ehen  die  Strasse  sein,  welche  Dorylaion  mit 
den  Thermen  am  rechten  Ufer  des  Flusses  verband.  Noch  ist 
zur  Hälfte  wenigstens  die  Brücke  aus  römischer  Zeit  erhalten, 
auf  welcher  sie  i\en  Fluss  üherschritt.  Endlich  spricht  auch  die 
Betrachtung  der  späteren  Schicksale  Dorvlaions  •' liegen  Kie- 
pert und  liamsay. 


'  Man  k(iiiiil("  l.ci  dieser  Mauer  an  die  Bolageiuii','  Durvlaioii.s  »lurcli  die 
Sarazenen  im  .fahr  717  denken;  s  Hainsay,  Hisloriral  geography  uf  Asia 
minor  S.  578. 

=*  Keinen  sicheren  ydiiuss  f,'estaUet  die  iSlelle  des  Siepli.  B}z.  s.  v.  Sip^z- 

•/wfiov  ^^.r/.iliai saTt  xal  BiOuvfa,-  öepfxa  ri  (jl£v  flüOia,    li  Sc  £v  npo-Jar;  ßa- 

oiXixa  li^öiki'.a,  xa.  o' ev  Kar.naooxta  xa  U  ev  Xyp;'?,  t«  oi  AopjXaEiou,  oi  oJxoüvtcj 
Wep[jr,vo;. 

^  6.  Haiiisay  a.  O.  S.  ?01,  '21l',  -278.  -  IJber  die  allere  Zeil  sind  die  \acli- 


304  TH.   fREGER 

'  Dorylaion  war  einmal',  so  erzählt  loannes  Cinnamus  S. 
295  Bonn,  'eine  Stadt  so  gross  wie  nur  eine  in  Asien  und 
verdiente  seinen  Ruf.  iMne  weiche  Luft  wehte  über  die  Ebene, 
weite  herrliche  Felder  lai'en  in  ihrem  Umkreis,  mit  fettem 
Boden  und  fruchtbar,  so  dass  sie  eine  dichte  Weide  und  reiche 
Erndte  sahen.  Der  Fluss,  der  durch  diese  Geiilde  lliesst,  ist 
schön  und  hat  köstliches  Trinkwasser.  Eine  unerschöpfliche 
Fülle  von  Fischen  giebt  es  darin.  Hier  standen  einst  herrliche 
Häuser  und  menschenreiche  Dörfer;  natürliche  Quellen  gab  es 
und  Hallen  und  Bäder,  und  alles  was  das  Menschenherz  sich 
nur  wünscht,  spendete  hier  im  Überfluss  die  Erde'. 

In  diese  slückliche  Gesiend  '  brachen  um  1070  die  mäch- 
tig  nach  Westen  dringenden  Türken  ein  und  zerstörten  die 
Stadt  voUständie:.  Hundert  Jahre  hausten  dann  Nomaden  in 
den  Trümmern,  bis  endlich  1175  Kaiser  Manuel  I.  Komnenos 
die  Barbaren  vertrieb  und  ein  neues  Dorylaion  gründete  un- 
weit der  alten  Stadt  (/ipaxa  tt};  xöXewi;  oü  aaxpav  azwÖev  Trepi- 
€x>.(ov).  Die  neue  Stadt  war  kleiner  als  die  frühere  und  von 
der  alten  Akropolis  etwas  entfernt  (cyjri{;.aTO(;  u.kv  xoXXö  toO 
TrpÖTepov  i'vSov  Ö770)tej(^(j>pr()cura,  toö  Ss  et«;  ajtpav  auTvi  äv£(jTri>cÖTOi; 
Ta  xpÖTspov  yr^öcpou  öXiyw  Sri  äzcoTs'pco).  Während  des  Baues 
der  Mauern  fanden  beständig  Kämpfe  mit  den  Barbaren  statt; 
denn  diese  hörten  nicht  auf,  durch  Überlälle  von  oben  her 
das  Werk  zu  stören  (oü>t  dveXiTrov  ix.  tgjv  ävtüTäTO)  auppe'ovTei;  £<p'4> 
T'/iv  oixoSofxiav  outw  ^ccoXueiv).  Dieses  Neu-Dorylaion  sucht  Bam- 
say  [Historical  geography  of  Asia  minor  S.  86)  bei  Ka- 
radscha-Schehir,  einer  Ruinenstätte,  welche  etwa  S"*"' südwest- 
lich und  tlussaufwärts,  110'"  über  dem  Fluss  auf  dem  Gipfel 


riclilcn  der  Allen  spärlich.  Die  Erwähnung  bei  Diotlor  'JU,  108  liihil  auf  das 
Jahr  302  v.  Chr.  Aulunoiiie  Münzen  sind  bis  jelzl,  nicht  l)ei<annt.  Du^  Blüte 
der  Sladl  scheint  in  die  Kaiserzeit  zu  fallen.  Münzen  aus  dieser  Periode  bei 
Miunnel  IV  524  fT. 

'  Galen  VI  S.  515  Kühn  erwähnt  Üorylaion  wegen  der  Getreidearl  ?£o- 
nupov :  ovdfAaTa  ZI  xatj  jwdXeaiv,  £v  ai?  yiyvETai  x6  07:^p[j.a  toüto,  Ntxata  xai  Ilpoüoa, 
xai  Kiäaaou  xa\  KXauoiou  ticIXei;  t£  xai  'IlXioünoXi;,  iXXi  xai  Ao&üXatov  (die  Aus- 
gaben haben  AopuXai)  ij  eaii  |j.ev  E<J/.äTij  ttjj  'AffiavJj«  4>puYtaj  noXij. 


DORYLAION  305 

eines  steil  abfallenden  Plateaus  liegt.  Doch  zu  Cinnamus'  Be- 
richt stimmt  diese  weit  entfernte,  von  oben  nicht  angreif- 
bare Rurg  keineswegs.  Vollständig  dagegen  passt  die  Beschrei- 
bung des  Historikers  auf  das  jetzige  Eski-Schehir,  zumal  zu 
dem  an  die  Hügel  gelehnten  Türkenviertel.  Gerade  dort  findet 
sich  auch  eine  Menge  byzantinischer  Architekturstücke,  teils 
verbaut,  teils  ohne  Verwendung.  Dass  alle  diese  Bauglieder, 
zumal  die  jetzt  unbenutzt  umherliegenden ,  aus  Shar-()yük 
verschleppt  seien,  ist  kaum  denkbar.  Vielmehr  existirte  an 
dieser  Stelle  jedenfalls  eine  byzantinische  Stadt,  in  der  wir  so 
gut  wie  sicher  Neu-Dorylaion  erkennen  dürfen.  Kaiser  Ma- 
nuel I.  verlebte  also  die  Stadt  von  dem  Bur^hüsel  am  linken 
Ufer  des  Tymbres  an  den  Fuss  der  sanft  abfallenden  Höhen 
am  rechten  Ufer.  Ein  Hauptgrund  hiefür  mag  die  Nähe  der 
Thermen  und  des  Flusses  gewesen  sein.  Als  dann  die  Türken 
endgiltig  Herren  des  Landes  wurden,  scheint  die  Stadt  weiter 
bestanden  zu  haben.  Sie  erhielt  in  Erinnerung  an  die  vortür- 
kische Zeit  den  Namen  Eski-Schehir  d.  h.  Altstadt. 


I.      1   N  S  C  H  R  I  F  T  E  \ 

Die  Gegend  von  Nordphrygien  ist  bis  jetzt  noch  sehr  arm 
an  inschriftfundon.  Aus  Eski-Schehir  kennt  das  Corpus  bloss 
8  Inschriften  (III  Nr.  3810  3816  und  3817  Z>).  Seitdem  ha- 
ben Mordtmann  [Annali  delVIstituto  1861  S.  189).  Doma- 
szewski  (  Arch.-epigr.  Mittheilungen  aus  Österreich  \'ll  S.  176- 
178)  und  llirsclifeld  ( Sitzungsberichte  der  preussischen  Aka- 
demie 1888  II  S.  866  Nr.  8-11)  die  Zahl  etwas  vermehrt.  Die 
im  Foli^enden  mitgeteilten  Inschriften  stammen  teils  aus  der 
jetzigen  Siadt.  wohin  sie  jedenfalls  verschleppt  wurden,  sei  es 
im  Mittelalter,  sei  es  in  der  Neuzeit,  teils  aus  Shar-öyük 
selbst.  Fiir  manche  Unterstützung  sind  wir  dem  Bahnbeamten 
Herrn  Heiser  zu  Dank  verpllichlet. 

1 .  Am  Bahnhofgebäude,  wohin  H.  von  Kühlmann  den  Stein 


306  TH.    PREGKH 

von  Shar-öyiik  hatte  bringen  lassen.  Marmor,  oben  und  un- 
ten orebrochen.  H.  0,62.  Br.  Ü,7U.  T.  ().5*>. 

_.  >M    .    M  :^   1 1  O  A   E   1  T   E   I 

N^AIIOI    EIMIISEnN-TITnKAQAI 

nEnPinMAPKEAAQANOYnATQTOB 

ettimeahoentozth2ana2Ta:ze 
5    nzt0yanapiant02kaithnba 
sinektoyiaioykataskeya 

2:ANT020E0rEN0YZMENAI 
APOYTOYMENEMAXOYAPXI 
nAPA4)YAAKOS 

ä-OTEiy.-^Tiwv  TiTCi)  K>.(oSi|(i)  'E-ci(p  Mapy.£A>^(p  ävO'jTriTw  to  ß.j  etti- 
ü.sAr.ös'vTOC  TY)?  ävxGTOCGslw:  Too  ävSp'.zvTo:  xai  Tr,v  ßi|';iv  ix.  to'j 
i^io'j  xaxa'jX.S'jajfjavTo;  ©e'oysvou;  MgvavjSpo'j  toO  Mevsp-x^ou  äpy^'.-| 
TrapacpuXaxo?. 

T.  Glodius  M.  f  l^prius  Marcelhis  ist  der  aus  Tacitus  be- 
kannte Ankläger  des  Thrasea.  Xach  der  Inschrift  CLL.  X 
Xr.  3853  war  er  mindestens  drei  Jahre  Proconsul  der  Provinz 
Asien.  Die  Zeit  seiner  Verwaltiino;  setzt  Waddinijton.  Fastes 
fic  la  province  d'Asie  S.  704  mit  Wahrsciieinliclikeit  in  die 
Jahre  70-73.  Unsere  Inschrift  würde  demnach  in  das  Jahr 
7i/7'2  fallen.  Die  Rosten  für  die  Statue,  welche  wol  die  Stadt 
dem  Eprius  Marcellus  setzen  liess, wurden  sx.  twv  ä-o-riu.Y.rrewv ' 
Tvi;  xoXiTEix?,  aus  den  Staatsabgaben,  d.  h.  wol  aus  den  Über- 
schüssen derselben  bestritten.  Vgl.  die  Inschriften  bei  Sler- 
rett,  Papers  of  the  American  svhool  III  Nr.  416  und  LeBas, 
Asie  mineure  Nr.  883.  Der  Titel  eines  äp/'.-apao^Xa;  ist  bis- 
her unbekannt.  Das  Amt  der  Trxpao-JXy./.s:.  KV^VKn\  Vorstand  er 
jedenfalls  war,   begegnet  uns  in  einer  Reihe  von  kleinasiati- 


'  Bekker,  Anecdota  437,  30  inoxi^t-r^aiv  tAo?  rj  ipopov.  Sun.sl  bcdeulel  i-ori- 
lATjais  Schätzung,  s.  Marquardt,  Rom.  Slaalsverwallung  II  S.  219. 


DORYLAION  30.7 

sehen  Inschriften',  regelmässig  in  Verbindung  mit  andern 
städtischen  Amtern.  Docli  hat  sicli  ihre  Compotenz  bisher 
noch   nicht  sicher  feststellen  lassen.  ().  Ilirschfeld.    Silzun»s- 

c 

berichte  der  Akademie  zu  Berlin  1891  11  S.  868  Anm.  116 
hält  die  -apafpO^y/.e:  für  die  Vorstände  des  Gendarmeriecorps 
der  xapafp'jXa/äTa'.,  Fränkel.  Die  Inschriften  von  Pergamon  Nr. 
239  identificirt  das  Amt  mit  dem  des  pergamenischen  Beam- 
ten 6  -pö;  ZT,  Trapa-p-j^ax-T]  Toiv  v6a(i)v],  beide  ohne  zwingende 
Gründe.  Mir  ist  es  nicht  unwahrscheinlich  .  dass  die -apa- 
o'jloiy.ic,  einen  ähnlichen  Wirkungskreis  hatten,  wie  die  ap- 
yyu''Ay.y.sc  und  ';-oo'jAa/.5c  des  lykischen  Bundes.  Dies  waren 
Steuoi'hcamte  und  hatten,  wie  Löwy  ( Heisen  in  Lykien  1! 
S.  1  19  f.)  wahrscheinlich  macht,  hinsichtlich  der  Steuerlei- 
stung die  Provinz  gegenüber  dem  Fiscus  zu  vertreten.  Ist  diese 
\>rmutung  richtig,  so  passt  es  sehr  gut.  dass  der  Vorstand  des 
Collegiums  der  TrapacpO'Xx/.g:  Basis  und  Aufstellung  einer  Sta- 
tue besorgt,  welche  aus  den  Abgaben,  die  er  zu  verwalten  hat, 
hergestellt  ist. 

2.  Schuppen  in  der  Nähe  der  Bahnhofs.  Jedenfalls  auch 
aus  Shar-()yük.  Unten  gebrochen.  H.  I.Od.  Br.  0.60.  Sorg- 
fältige, etwas  gezierte  Buchstaben. 

M  0  Hl  T  ¥  X  H.  'Ayjaeyii  zuyY>i 

MAFNIONAIO  Mäy^-ov  A-.o- 

N  Y  Z  I  O  N  I  TT  n  I  vo'jiov  iT^TTi- 

KONATTOSTPATEJ  xöv  iizo  (rrpaTe-.- 

fiNVlONM.  A¥P- AI  5      wv  ui6v  M.  A'jp.  A'.- 
ON¥2IO¥nPnTO^  ov.^ioo  -cwTO'j 


<  liuU.  decorr.  hell.  Vit  8.  ?73  ( Nysa  in  I>j(li>n),  Hicivs,  Ancienl  Greek  in- 
xrripUon.s  in  the  Britisli  Museum  III  8.87  (Epiie.sos),  MouaeTov  zai  BiCXioÖrjxr, 
Tf,;  EuaYYEXtxTJs  ayoX^i;  V  S.  60  Nr.  !fv8'  uilil  KonduJPun,  Mi/paaiaval  Irtyp«- 
oatS.  'ifiNr.  ÜO  (Miifrnosia  a.  IM  ;.  i\Iilllipiliiii;;pn  ilos  allion.  Iiishiuts  VIII 
S.  239  (Tralles),  LcBas  Nr.  1093  t  (Kolossapi,  SleiroU,  Paprrs  i>f  the  Avie- 
7'ican  schoul  II  Nr.  25  (Sel)aslopolis  in  Karioii).  bull,  de  corr.  hell.  X  S.  54 
(Kadyanda  inLykion),^.  1.11.  ^\\3<^  ( lolape  in  Kilil<ipnl.  Vpl.  auch  Sl.ldlp 
Pamjjlijlipns  iiml  IMsidicns  11  S.  203  Nr.  5S. 


308  TH.   PREGER 

APXONTOZTOB-KAI2TE  xpyovxo:  tÖ  ß.  xa!  are- 

(j)ANH(j)OPO¥ErrO  cpavTTpöpo'j,  eyyo- 

N  O  N  M.  A  ¥  P     E  P  M  ;////  vov  M.  Aüp.   'Ep[;{o- 

AAOVTTPnTOYAP  10  Ixou  -rp^ro-j  äp- 

X  O  N  T  O  2  T  O  B  •  K  A  I  Z  T  /J  /ovro<;  tö  (i.  y.ai  <tt[6- 

<|)ANH<))OPOYMArN'/^;^  (pav-/i(p6po'j.  Miyv^i- 

ilili^^iilll  o]?  [AiovuCTto;  äpexv^;  evexa  ? 

Magnius  Dionysius  war  rihnisclier  Ritter  und  comes  mili- 
taris,  s.  C.  I.  G.  III  4499.  Sein  Vater  und  Grossvater  hatten 
die  höchsten  städtischen  Ämter  bekleidet. 

3.  Shar-öyük.  Grosser  Block  in  einem  Graben.  H.  l,«f), 
Br.  1,80,  T.  0.66'".  Schöne,  0,07'"  hohe  Buchstaben.  Die  letz- 
ten 4-6  Buchstaben  jeder  Zeile  sind  schon  im  Altertum  aus- 
gemeisselt,  aber  noch  lesbar. 

MAPKIAZTPA  MapKia  ( Sxpa- 

TONEIKOYH  Tov6i(xou  ti 

K  A  I  A  O  M   N  A  ...  Y  xal  A6({xva  [A]u- 

AIHNHIOYTA  Siriv(7)i  Öuya- 

TPITTlOM^iP^  5  Tpi  7r(po^aoip(i)i 

EZHSENETHir^  e^7)(i6(v  i'Tvi  ly'. 

Das  letzte  Iota  von  TCpofAoipw  steht  innerhalb  des  fi. 

4.  Shar-öyük  in  der  späten  Mauer  verbaut.  Hohe  Basis, 
oben  und  unten  stark  profilirt,  II.  2,50,  Br.  0,68,  T.  0,68. 
Buchstabenhöhe  0,05'". 

TONnATPHZ^ 
2TPATONEIKON 
YTTEIPOXONQAEZE 
BAZTH(t)YAHETEIMH 

5         5:eneikonixaake 

A  A  T  n   I 

Tov  Tcixp-/);  I  STpaTOvEDCov  I  ÜTTeipoj^ov    tuSg   Sej^acTT) 
(puXr)  6T£ipLyi|(Tev  eixovi  j^aXxejXdcTwi. 


DORYLAION  309 

Die  Inschrift  stammt  aus  der  ersten  Kaiserzeit.  Aus  Dory- 
laion  kannten  wir  bis  jetzt  noch  keine  Phylen.  \i'\ne  weitere 
Phyle  s.  unten  Xr.  5.  Eine  Pliyle  Sebaste  ist  uns  auch  noch 
überliefert  in  Kyzikos  (Athen.  Mitth.  XIII  S.  305).  Ankyra 
{C.I.  G.  40'?7,  4031)  und  Nysa  in  Lydien  {Bull,  de  corr. 
hell.  VII  S.  269). 

5.  Shar-öyük,  in  der  späten  Mauer  verbaut.  Hohe  Basis 
derselben  Form  wie  Nr.  4.  II.  etwa  2,50,  Br.  0,70'".  Die 
erste  Zeile  steht  auf  einer  Profilleiste. 

K  O  Y  O  K  A  I  AZTPATONEIKON 

OYTEOANONTO^SOVAH 

OHNAKAMANTHAABONTO 

0YAETAIOinA4)IHCMEMNH 

5         nenoihoea2:eio/a 

#¥nekanatttoainheoa 

lOAEITHCHÜlO^WCTIX 
rrAISITTATH  PATNA  I   2   I  OE 
MIETEYwNnPAÜlAESZI 

K.  Oüo>c(o)viov)  Al'X(tov)  ^Tparövsuov. 
OuTS  GavovTo;  ao'j  Xr;|6r(V  ä/cocaavx'  {ifköi^o^-zo  \ 
<puX£Tat  ol  IlacptT);  [x£[xv7)|(a)evoi  -/iGea  ceio,  | 

rraiCit  xaTYip  ctyvai'ji  ösIfjUGTeOcov  TrpaTriSeTT'.. 

Es  sind  sehr  viele  Ligaturen  verwendet ;  T  mit  H  .  H  mit  E 
M  mit  E  und  N,  N  mit  H  und  E,  W  mit  C  und  N.  Das  letzte 
N  der  ersten  Zeile  steht  innerhalb  des  O.  Z.  3  ä/.xaavTrXaSovTo 
steht  deutlich  auf  dem  Stein,  doch  wird  ein  N'ersehen  vor- 
liegen. Immerhin  ist  der  Ausdruck  äx.zaavTx  Xr,Or,v  >a€tc8a'. 
merkwürdig.  Das  in  Zeile  5  am  Schluss  stehende  Zeichen  tA 
ist  später  eingekratzt,  üb  die  Phyle  na9iy;<;=  IIa9t£i;  oder  nacii 
der  rioccpia  hiess,  lässt  sicii  nicht  entscheiden,  doch  ist  letzteres 
das  Wahrscheinlichere. 

6.  Shar-öyük,  in  der  späten  Mauer  verbaut.  Prolilirte  Ba- 
sis, H.  etwa  0,80,  zwischen  den  Proüleö  0,63,  I3r.  Ü.S^™. 


3!0  TH.    PRECtER 

AYPZW2IMHKAI  \vp.   Zwa-av)  xat 

AYP-EYTYXIANH  Aüp.  E^Tuyixs>r, 

^  Y  N  K  A  i  A  Y  P     K  O  P  cOv  xaL  A-Jp.  Kop 

NHAIATHMHTPI  ^rtlix  zr^  y.'nzpi 

AYPEYTYXIA  5             AOo .  E  O-o/ ta- 

NQZ$5ZIMO¥  vo   Zcoiiao'j 

TTATPIFAYKYT   /^  xarpl  y^-jx.oTi- 

M  H  2  X  A  Tü>  txv7)]aYi<;  y^x- 
piv]. 

Z.  -2  Liiiatüi'  \on  N  und  H.  /.  8  von  M  und  H.  Die  erste 
lliilfte  von  Zeile  8  isl  üanz  ulatt ;  das  Fehlende  war  also  auf- 
gemalt.  In  den  übrigen  Buchstaben  ist  jetzt  noch  rote  Farbe 
sichtbar. 

7.  Shar-öyt'dv.  in  der  späten  Mauer.  Gi'abstele  mit  Giebel. 
Über  ihre  Skulpturen  s.  Xoack  unten  S.  318. 

ATT(t>IAEaKPATOY[I  'A-9ia  SwxpäTO-j; 

HPaAlANnTEKNn  'HpwStavü  tUviö 

MNHMHIIXAPIN  y.vr,y.'/;?  yäpiv. 

8.  Eski-Schehir.  Mühle  in  der  Nähe  der  Thermen  Mar- 
morblock, jetzt  als  Basis  eines  Holzpfeilers  benützt.  Sehr  ab- 
getreten, unten  gebrochen.  H.  0,65.  Br.  0,60. 

i^  ^ 

EA^TI^  COYCOY  l^'jGO'j 

CKAATUÜKAYTHZ 

'    ^PIMETATQNTC  av]f^pi  [zexä  twv  xe- 

I    M    N    H    M    H    r  xv(i)v^  [j.v7;t;.r,? 

P  I  N   ^  X^]piv. 

Der  Name  ^'■ylnoc  kommt  auch  sonst  vor:  Sterrelt.  Pa/wrs: 
of  thc  American  sc/tool  II  Nr.  156.  166.  C.  I.  (i.  u.  d.  VV. 

9.  Eski-Schehir.  ebenda;  Verwendung  dieselbe.  11.  0.64, 
Br.  0,'i3"'. 


DORYLAION 


311 


EPM"-    PHEME 
N  \  P  O  Y  K- 

G  Z   T   Q    C   Y 

N  L_    E    P    M    A 

A    I     n     N     I     T     E     K 
N    n    K-    A    I     I     B     P 
N     T     Q     N     T     I 


O 


EpfAsptoc  Me- 

VJ^OCvS^pO-J    X£ 

'"'[efAtlcTco  n'j- 
V  o'.o  ;   'Epy,x- 
oiwv.  rix.- 
vo)  x.£  A'.'.  'ioo- 


Die  Grabschrift  hat,  wie  häiifi"-  in  Phrygien,  die  Form  ei- 
ner Weiiiunj»-  an  Zs-j;  ßpovTüv.  Hierüber  s.  Ramsay.  Journal 
ofHell.  stuf/irs  V  255  IT.  i  III  1-J3ff.).  Rohde.  Psyclie  S.  631. 
Alis  Dorylaion  selbst  wai'  bisher  jnir  ein  Beispiel  bekannt, 
die  Inschrilt  an  der  Brücke  (am  L-enauesten  publicirt  von 
Ramsay  a.  a  O.).  Derselben  Klasse  gehören  die  zwei  foly en- 
den Beispiele  an.  Vgl.  C.  /.  G.  3817/;. 

10.  Eski-Schehii'  im  Türkenviertel  am  Markt.  Der  Stein 
wurde  später  architektonisch  verwertet,  deshalb  rechts  und 
links  Buchstaben  abgearbeitet.  Sehr  abgetreten.  Sicher  er- 
kennbar ist  nur  Folo;endes. 


/    T  O  I  i 

E  E  K-  A  I 

N  T  n   N   T   I   E  Y;// 

X     H     N 


[icO  VTCÖVTl    £'J- 


II.    Fski-Schehir.    in   der  iNähe  der  Moschee  Sultan  Alai- 
din.  H.  0.28.   Br.  0.37"'. 


//f  A  E  A  C 
^^W/Z/fAETYN  AI 
KIKYPIAAHZQ 
EHK-0PONOYEH 
K-AMBPONTaNTI 
E  YXH  N 


V'jvai- 
yX  K'jpi>.>.r,  C<i>- 
ar.  xi  ©povo'j«7in 
x.£  A'.i  [ipovrcüvTi 
£'J/_-/;v . 


12.    Fski-Scbeliir.  an  der  Thüre  der  Moschee  Sultan   Alai- 


312  TH.    PRErxER 

din,  als  Pfeiler  zugehauen.  H.  1.95.  Br.  0,36"".  Schöne,  deut- 
liche Buchstaben  (0.06). 

C   A   N    K   T 
KT  O  Y  I 
A  I  K  I  A  A 

O  YOYI 
5  K  T  H  r  A^ 

K-  C  A  N  K1 

KOCOK-AÄ 

M  H  T  P  I 

T  H  •  K  E  K 
10  T    ^    N    T 

1 3.  Ebenda,  als  Brunnen  verwendet,  profilirte  Basis.  Grund- 
riss  quadratisch  mit  einspringenden  Ecken.  Br.  0,90"".  Vorn: 

YnePeYX..^OeOA8A8K-THCCYNBI8Mii  «Äfi 
llrij,  8  A  Y  I  UU  N 

Links:   YnePMNHMHCZ8PZAnPeCB,i;vy§eP8 
Rechts  :   Z  O  Y  P  Z  A 

'Tttsp  eüjr*/]?  ©soSouXou  x.£  ttj;  (juv^iou  a[ÜT]oö  [ks  tou  re-j 

xv]ou  auTwv. 

'Ttteo  [y.vriy.ric  Zoop^a  TrpecSfuTjepou. 

Zo'jpCa. 

Das  Denkmal  wurde  zur  Erinnerung  an  den  Presbyter 
Zo'jpCa  von  der  Familie  des  Theodulos  zum  Z>veck  der  Für- 
bitte geweiht.  Eine  ähnliche  Weihinschrif't  aus  Aezani  bei  Le- 
Bas-Waddiniiton.  Asie  Mineiire  Nr.  980. 

14.  Eski-Schehir,  am  Ende  des  Basars.  Grosse  Grabstele, 
jetzt  als  Brunnen  verwendet.  Über  die  Heliefs  s.  Noack  unten 
's.  315.  H.  \A\.  Br.0,83'". 

AOYKICOYAAePIOCnOYA 
XePAMACYNBinrAYKYTATH 
„ßj-MN  HMHCXAPINyßT 


bORYLAlOM  Mi 

Aouxi;   O'jaXepioi;   OouXlyep   aaa  »j-jv^iw  Y>.'jx.'jTXTyi  |  [avtii/yii;  yxpiv. 

16.  Eski-Scheliir,  im  Besitze  des  Barbiers  IlsTpo;  KXr.povo- 
(AiSou  an  der  Pursakbrücke.  Marmorplatte  etwa  0,30  breit, 
0,15  hoch. 

AAINEONMETEXNACMA 

ECOPACAAIHArEPONTA 

OHKEAEAnOAAUUNIEANA 

OHMATTOCEIAAUUNI 

Aaiveov  ^.i  -zijyoic^.x  j  edopa«;  äXiyja  yipovTa,  ) 
6rj/C£  Sk    'A770>.Xü)vt(;  ävi|ÖY)u.a  IloceiSxcüvt. 

Unter  dem  iXieo;  yspwv  wird  schwerlich  Xereus  (Hes.  Theog. 
1003  Nrpv-o:.  .  ä>.ioio  ylpovTo:)  ZU  verstehen  sein,  sondern  ir- 
gend ein  Flussgott  oder  Meerdämon,  vielleicht  auch  Poseidon 
selbst,  dessen  Bezeichnung  als  yepov  uns  in  einem  späten  Epi- 
gramm nicht  wundern  dürfte.  Für  einen  Kult  Poseidons  in  Üo- 
rylaion  spraciien  bis  jetzt  nur  einige  Münzen  aus  hadriani- 
scher  Zeit  (s.  S.  303  Anm.  3)  mit  dem  Bilde  des  Gottes,  sowie 
der  Umstand,  dass  im  dritten  Jahrhundert  n.  Chr.  ein  ägyp- 
tischer Sibyllinentälscher  Dorylaion  als  ttöXi?  csict/Oovo;  swo- 
ciyaio'j  irilümlicli  mit  der  Poseidonstadt  Relainai  verwechseln 
konnte  (s.  Buresch ,  Philologus  lisy2  S.  460).  Zu  diesen 
Zeugnissen  tritt  nun  der  obige  erste  inschriflliche  Beleg  hinzu. 

15.  Eski-Schehir  in  Privatbesitz.  Stele,  in  einen  Giebel  mit 
Vierblalt  auslaufend.  Höhe  etwa  0,4  0,  Breite  etwa  0,25'". 
unten  Zapfen  zum  Einsetzen.  Auf  dieser  Stele  ist  in  ganz  ro- 
hem I\elief  ein  Mann  dargestellt,  der  nach  rechts  auf  einer 
Kline  ruht,  der  Oberkörper  ist  halb  aufgerichtet,  in  der  ausge- 
streckten Rechten  hält  er  einen  Fisch,  in  der  Linken  einen 
Becher.  Unter  der  Kline  sieht  man  zwei  Fische.  Auf  dem 
schmalen  Ouerbalken  unter  dem  Giebel  die  Inschrift 

lAAPIUNePMUANeOHKeN 

'iXapicüv   'Ep}X(ö  (xvt9>)/tev, 


3i4  TH.    PllKdER 

Der  gelagerte  iMann  ist  also  offenbar  der  Flussgott  Hermos. 
üass  -svir  in  dieser  Georend  einem  Kulte  dieses  Gottes  be^esnen 
darf  uns  niciit  wundern,  da  nacb  der  Ansiobt  der  Allen  der 
flermos  bei  Dorylaion  entsprang:  Plinius  X.  H.  5,119  ller- 
mus  amnis  oritur  iii.vtd  Dori/Idcum  P/irygiae  civitatem 
(daraus  Martian.Cap.  6,686  und  Solin  'lü.  15).  Xacb  unsren 
beutigen  Karten  ersebeint  dies  IVeilicb  als  ein  Irrluni,  der  je- 
doeb  bei  dem  verwickelten  Flussnetze  Kleinasiens  bcureiilicb 
wäre.  Aber  A.  Körte  bat  neuerdings  bei  "enauerem  Studium 
jener  Gegenden  die  Beobacbtung  gemaebt,  dass  der  In  tum 
wol  vielmebr  in  unsren  Karten  liegt,  und  dass  der  Hermos  in 
der  Tbat  ganz  nabe  bei  Dorylaion  fliessl,  was  wiederum  dureb 
unser  Ueliet'  nur  bestätigt  werden  kann. 

Der  Kult  des  Flussgottes  ist  uns  aucli  sonst  in  Kleinasien 
durcb  Münzen  bezeugt;  vgl.  StoU  in  Roseber's  Lexikon  u.  d.W. 

Atben. 

THEODOR  PREGER. 


DÖRYLAIOV 


3lS 


II.      (in  \  B  K  i;  I.  1  r.  F  s 

Im  Folgenden  werJen  nacli  Skizzen,  die  ich  bei  iinsrem 
zweität^i<j;en  Aulentlialte  in  Eski-Sdioliir- Dorylaion  von  den 
Oriü;inalen  '  inacliLe,  inelirere  Grabreliet's  aus  römisclier  Zeit 
verötTcnllicliL  die  darum  von  Interesse  sind,  weil  sie  einer 
grossen  (jruj)[)e  anji;ehören,  die  Plii"y<j!;ien  und  seiner  nächsten 
Umgebung  eigentümlich  sind.  Auch  vertreten  sie  eine  ganz 
bestimmte  Rta[)pe  in  der  letzten  l']nl\vicklung  der  antiken 
Grabreliels  überhaupt  '. 

Sie  bedürfen  zunächst  einer  kurzen   Erklärunij;. 


5ffii;^^;;^''äafeig*  1 


l'Ki.     I 


'  S.  in  dieser  ZeiKcluit't  oben  ö.  \h'i.  Vuu  diesen  Steinen  sind  Nr.  "2.  4 
und  5  iiuwisclien  in  das  .Museum  zu  CünsLanlinopc!  jjjebrachl  und  küizlicli 
in  der  Ikviic  airlu'ulogique  XXIV  (ISO-'i)  Taf.  5.  6  von  A.  Joubin  verülTenl- 
liehl  und  auf  S.  ISI-183  kurz  besprochen  worden  Icli  habe  meine  Darstel- 
lung trotzdem  im  Wcsentliehen  unverändert  hissen  können. 

-  Vielleieiil  bezitdit  sieb  auf  eines  dieser  Reliefs  die  Angabe  von  liarlli 
(3.  Ergäiizungsliell  zu  l'etermanns  Mitteilungen  S.  'J9),  der  unter  einigen 
'Skulpturen  aus  dem  römischen  Altertum,  die  sieh  an  Brunnen  und  sonst 
fanden"  zuni'ichst  'eine  (Iruppe  von  zwei  kämpfenden  I^öwen  und  Bären' 
und  dann  eine  Skulptur  '  mit  einer  höchst  eigentümlichen  l'empelilar- 
slell  u  ng'  neiuit. 


316  P.    NOAGR 

Fig.  1 .  Grabstein,  Stadt  Eski-Schehir,  rechts  vom  Ausgange 
des  Basars;  er  ist  als  Fassade  eines  Laufbrunnens  verwendet 
und  in  eine  Mauer  eingelassen.  Höhe  1,44'",  Breite  0,83'", 
Grösse  der  viergeteilten  Helieilliiche  0.70 :  0,51'".  Wie  auch 
bei  den  übrigen  Stücken  ist  der  Reliefgrund  der  viereckigen 
Felder  um  die  einzelnen  dargestellten  Gegenstände  herausgear- 
beitet. Daü:eo;en  treten  die  übrio;en  architektonischen  Teile  wei- 
ter  hervor.  Zwei  kleine  mit  Hankenornament  geschmückte 
Pfeiler  mit  Kapitell  tragen  einen  Bogengiebel,  dessen  inneres 
muschelförmig  bearbeitet  ist.  Auf  einen  schmalen  Steg  darun- 
ter ist  die  türkische  Brunneninschrift  gesetzt,  die  antike  Grab- 
inschrift (s.  0.  S.  312  Nr.  14)  steht  unterhalb  auf  der  Re- 
lietnäche.  Das  Ganze  hat  die  Form  eines  Thores. 

Das  rechte  Feld  oben  enthält  eine  Rolle,  so  wie  man  sie 
beim  Lesen  zu  halten  pflegte',  daneben  das  geschlossene  Fut- 
teral eines  Schreibzeugs  '  und  darunter  ein  Diptychon.  Im  lin- 
ken Felde  sehen  wir  die  Scheere-^  neben  ihr  ein  Messer:  denn 
so  ist  der  nach  unten  sich  verbreiternde  Hache  Gegenstand  wol 
zu  erklären  ^  Zwei  kleine  lanzettförmige  Instrumente  mit 
durchbohrtem  Kopf,  vielleicht  Pincettes\  folgen  in  einem  Re- 
steckkäslchen  ;  quer  darunter  liegt  ein  Gegenstand,  den  ich 
nach  Vergleichung  mit  anderen  Monumenten  für  eine  Säge 
halten  möchtet    In  dem  linken  Felde  unten  steht  neben  dem 


'  Bauineislor,  l^enkmäler  des  klassischen  Altertums  S.  316.  1413.  15S5. 
Guhl  und  Küiicr,  lieben  der  Griechen  und  Homer  ^  S.  XP  Fig.  45?.  Mon. 
ed  Ann.  dell'lnslilitlu  I85r)  Taf.  15.  16. 

2  LeBas,  Voijage  archeolugique,  Monunienls  fi;/ urcs  TaL  ISO,*?.  Guhl  und 
Koner  c  S.  337  Fig.  452. 

3  Baumeister  S.  1581  Abb.  1638. 

■♦  Darembcrg-Saglio,  Diclionnaire  des  anliquiies  I,  2  S.  1584  11".  s.  v.  Cul- 
ler.  S.  115'J  Abb.  1452.  S.  TiDS  Abb.  1933.  Guhl  und  Koner  ^  S.  678  Abb. 
48'J  (/.  Die  unigobcnden  Iiistrunicnle  l)t>füi  worlen  diese  DiMilung  Eine  ;ilin- 
licbe  Form  hat  auch  das  Fal/bein,  iiiil  doni  man  das  Wachs  aul'  der  Schroib- 
tafel  nach  dem  Gebrauch  von  neuem  zu  ^,'l;illen  pllegle,  s.  Guhl  und  Kuncr*^ 
S.  337. 

3  Beispiele  in  der  Saniniluii^'  der  archäologischen  Gesellschaft  in  Athen 
unter  Nr.  1IU3. 

G  Blümner,  Technologie  II  S.  220.  Vgl.  auch  Üaremberg-Saglio  1,2  Sil  13 


DORYLAION  317 

Spiegel  ein   kleines  Alabastron ;  das  Kästehen  ist  dann  nach 
Analogie  der  anderen  Steine  für  die  Alabastrotheke  (s.  u.)  zu 
hallen.  Be'\  dem  daneben  dargestellten  Kamme  sind  die  ein- 
zelnen   Zähne  nicht  wie  z.  B.  bei   Nr.  2  und  5  ausdrücklich 
angegeben.    Wenn  man  in  den  beiden  oberen  Feldern  Gegen- 
stände des  männliciien  Berufes  eri)licken  darf,  so  würden  die 
zweifellos  der   Frau  gehörigen  Geräte  links  unten   uns  dazu 
führen,   in  dem  Felde  rechts  davon  Gleichartiges  zu  suchen. 
Eine  sichere  Erklärung  kann  ich  nicht  geben.  Bei  dem  klei- 
nen Rahmen   könnte  man  an  den  eines  Webstuhles  '    so  gut 
wie  an  den  Rühmen  eines  Gemäldes  denken,    wie  wir  ihn  im 
Atelier  einer  Malerin  auf  einem  pompeianischen  Bilde  sehen  ^ ; 
auch  ein  Stickrahmen  wäre  denkbar.  Der  im  Original  schwer 
zu   erkennende  Gegenstand  links  ist  vielleicht  ein  schlankes 
Fläschchen  ;  rechts  würde  man  je  nach  der  Erklärung  des  Rah- 
mens einen  Arbeilskorb  oder  ein  zum  Malen  nötiges  Gefäss  zu 
erkennen  haben.  Was  die  drei  anderen  kleinen  Reste  bedeu- 
ten, weiss  ich  nicht.   Kann  man   bei  den  Geräten   links  oben 
und  rechts  unten  zweifelhaft  sein,  ob  sie  einem  Manne  oder 
einer  Frau  zukommen,  so  weisen  sicher  die  Schreibgeräte  auf 
den  Beruf  des  Mannes,  Kamm,  Spiegel  usw.  auf  das  Treiben 
der  Frau.  Das  ist  wichtig  für  die  allgemeine  Beurteilung  die- 
ser Reliefs:    der   Inschrift   nach   gehenkte  nämlich  dieser  Stein 
auf  das  Grab  eines  Mannes. 

Fig.  2.  Der  Grabstein  liegt  in  einem  der  Gräben,  in  denen  die 
Reste  des  alten  Dorylaion  zu  Tage  gekommen  sind  (s.  o.  S. 
302).  Der  Steinmetz  hat  hier  zwei  verschiedene  Vorlagen 
verbunden:  der  obere  Teil  hat  eine  üewöhnliche  Form  der 
Grabstele.    In  deren  flachem  Giebel  sind,  wie  sehr  häulii«,  in 


Al.l).  I'il4  und  S.  IUI  Abb.  1408.0b  der  Rossarzl  Euljebos  auf  einem  Rc- 
licf  im  Nalionalmuseum  in  Alben  Nr.  1248  (  Friedericbs- Wolters  Nr.  1S03) 
denselben  oder  einen  äbnlicben  Gegenstand  in  der  Hand  ball,  weiss  ich 
niclit. 

'  Blümner,  Tecbnologie  I    S.  138,15. 

^  Helbig,  Campaniscbc  Wandgemälde  Nr.  1443.  Baumeisler  S.  1344. 
Blümner,  Tecbnologie  III  6.  '2%.  Gubl  und  Koner  ^  S.  717  lig.  940. 

ATHEN.    MITTHEILUNGEN  XIX.  22 


318 


F.    NOACK 


dem  Sinne  der  Abwehr  oder  auch  der  Verwünschung*,  zwei 
tlach  erhobene  Hände  dargesteüt.  Unter  dem  Lorbeerzweig 
steht  auf  der  Relietnäche  die  Inschrift  (s.  o.  S.  310  Nr.  7). 
Diese  Stele  ist  auf  den  Giebel  eines,   wie  wir  sehen  werden, 


AIT?UCQtPATOTC 
MNHMHCXAPIN 


Fig.  2. 


specifisch  phrygischen  Grabsteines  gesetzt;  der  Giebel  erhebt 
sich  über  dem  Bogen  eines  Thores.  An  dessen  Bedeutung  aber 


'  Diese  Erklärung  isl  durclj  den  Inlialt  der  auf  einer  Reihe  von  Grab- 
steinen zugefügten  Inscliiiflen  gegeben.  Ausser  der  von  Sittl,  Gebärden  307 
Anra.  1-7  angeführten  Lilleratur  vgl.  Berichte  der  säcbs.  Ges.  der  Wiss. 
1855  S.  54  ff.  und  18'Jl  Ö.  147.  Bull,  de  corr.  hell.  1882  S.  501.  Arch.  epi- 
graphische Mitlheilungen  aus  Österreich  1878  S.  til,  30;  American  Journal 
of  archaeologii  IV  S.  265.  V  S.  47.  Monumenti  dei  Linrei  I  S.  176.  Aus  die- 
sen Analogien  dürfte  man  schliessen,  dass  auch  der  junge  Ilerodianos  —  si- 
cher wenigstens  nach  dein  Glauben  der  Muller  —  keines  natürlichen  Todes 
gestorben  isl,  und  dass  mit  den  ausgcslrecklen  Händen  die  Gottheit  zur  Ra- 
che an  dem  Mörder  angerufen,  dieser  oder  was  immer  man  für  die  Todesur- 
sache halten  mochte,  verwünscht  werden  sollte.  Aber  es  bleibt  ja  fraglich, 
ob  der  Stein  für  diesen  Fall  bergeslelll  wurde.  —  Zwei  Hände  in  derselben 
Weise  einporgcstieckl  zeigt  auch  der  Stein:  Beschreibung  deranl.  Skulptu- 
ren (Berlin)  Xr.  803,  der  Grabstein  eines  liandnianncs  und  zwei  andere  im 
Tschinili  Kiosk  in  Constantinopel  (Joubin,  Monuuienla  funeraires  Nr.  108, 
123). 


DORYLAION  319 

hat  man  bei  der  Ausschmückung  der  Thürfelder  fast  nicht 
mehr  gedacht;  von  den  seclis  F'eldern  bewahren  nur  noch  die 
beiden  obersten  in  dem  Bo^en  die  Krinnerun^r  an  das  Vor- 
bild,  das  Schloss  mit  Schlüsselloch  und  den  Schlüssel  in  der 
bekannten  Form  '. 

Unter  dem  Schlosse  sieht  man  drei  kleine  Alabastren.  den 
deutlich  ausgeführten  Kamm  und  den  geflochtenen  Korb,  da- 
neben Spindel  und  Kocken  :  diese  Bedeutung  der  beiden  Ge- 
räte wird  gesichert  zunächst  durch  das  dritte  Belief,  wo  beide 
noch  durch  den  schräggespannten  Faden  verbunden  sind. 
Dazu  kommt  eine  Beihe  von  Vasenbildern  und  Beliefs.  die  uns 
diese  beiden  Geräte  in  dem  [)raktischen  Gebrauche  zeigen-. 
Der  Bocken  hat  eine  etwas  andere  Form  als  auf  3  und  4,  ist 
aber  demjenigen  auf  5  viWlig  gleich.  Auf  den  teilweise  zer- 
störten unteren  Feldern  sind  rechts  ein  Spiegel  und  zwei  Ala- 
bastren, links  sicher  nur  ein  Fläschchen  erkennbar.  Darunter 
sind  jedenfalls  zwei  gelrennte  Geräle  dargestellt  ;  denn  dass 
es  nicht  zulässig  ist,  etwa  an  einen  in  der  Mitte  zerstörten  Tisch 
zu  denken,  leliren  die  andern  Beliefs,  wo  die  Tischplatte  stets 
dicker  gebildet  ist.  Auch  zeist  der  Stein  da,  wo  das  jnittlere 
Bein  sein  müsste.  keinerlei  N'erletzun^  der  Belietfläche.  Um 
die  beiden  Dinge  in  dem  mittleren  Felde  links  zu  verstehen, 
ist  auf  zwei  spartanische,  jetzt  im  British  Museum  befindliche 
VVeihreliefs  hinzuweisen.  Diese  beiden  von  Prieslerinnen  sc- 
weihten  Steine  '  stehen  unsren  Grabreliefs  insofern  nahe,  als 


'  Vgl.  Baumeisler  S.  1807  und  das  roUiguiige  Vasenbild  Gerhard,  Trink- 
schalen  und  Gefässe  '.'8  =  Baumeister  S.  1805,  wo  das  Autsehlicssen  der 
Tluir  dargestellt  ist. 

■■*  Hartwig,  Meislt'rscliak'ii  S.  3iU  Anm.  1.  Bliiinnor,  Tcchiiulugie  I  S.!18f. 
A-E.  Hcjdeiii.iiiii,  (Irircliisclio  Vaseubilder  Tal".  IX,  5c.  Comple-rendu  1863 
Taf.  I,  3.  Rolligurigc  Vy\h  in  der  Sammlung  der  archäologischen  Geseii- 
schafl  in  Athen  Nr.  559.  Auch  zwei  rolligurigc  Scherben  von  der  Akropolis 
sind  hier  zu  nennen,  ferner  Athen.  Millli.  I6ÜÜ  Tal".  4  ( thessalische  Grab- 
slele)  uu(i  Con/.e,  Grabreliefs  I  Taf.  17  (Mynnoi. 

3  \Val|jolc,  Mcmuirs  (1818)  'J  af.  zu  S.  '152  11".  und  Friederichs-Wolters 
1851.  185\?,  wo  die  Lilleralur  angegeben  ist.  Kaum  glaublich  will  es  schei- 
nen, dass  Ca.vlus  in  seinem  lienieil  II  Taf.  51  dieselbon  Heliels  abgobihlel 
hat. 


320 


F.    NOACK 


auch  sie  eine  Reihe  weiblicher  Pützgegenstände,  von  einem 
Fruchtkranze  umschlossen,  zeigen.  Daruntei'  sind  auch  zwei 
flache  Schalen  und  darin  ein  Gerät,  dessen  Form,  ein  Fuss 
mit  Unterschenkel,  mit  denen  unsres  lleliefs  verglichen  wer- 
den darf.  Es  sind  die  Stösser,  womit  Salben  und  Schminke 
für  die  Toilette  angerieben  und  zerrieben  wurden.  Auch  in 
der  Gestalt  von  Fingern  und  Armen  hat  man  diese  Stösser 
zahlreich  gefunden'.  Vielleicht  ist  der  neben  der  Spindel(?) 
in  dem  Giebel  dargestellte  Gegenstand  von  gleicher  Art. 

Nach  allen  diesen  Geräten  wurde  man  ohne  ein  Bedenken 
den  Grabstein  einer  Frau  zuweisen:  dennoch  hat  ihn  Apphia 
ihrem  Sohne  Herodianos  gesetzt  (s.  o.  S.  310  Nr.  7). 


Fig.  3.  Das  Relief  ist  am  Sockel  des  Minares  der  Moschee 
Dejirmen-djami  im  Türkenviericl  von  ]^]ski-Schehir  einge- 
mauert. Hier  wie  bei  den  zwei  folij;enden  Stücken  ist  keine  In- 
Schrift  erhalten.  Beide  Thore  zeigen  zunächst  wieder  Schlüssel 
und  Schloss,  darunter  rechts  Spiegel  und  Schuhe.  Die  kleinen 
Alabaslren  sind  auf  das  Kästchen  gestellt,  in  das  sie  gehören, 


'  Z.  B.  bei  den  Ausgrabungen  bei  der  Enneakrunos  in  Athen,  über  deren 
Einzellunde  später  in  diesen  Miltheilungen  berichtet  wird. 


DORVLAION  324 

wie  der  Vergleich  mit  den  erwälinten  spartanischen  Votivre- 
liefs  und  rotfigurigen  N'asenhildern  zeigt'.  Darüber  Spindel 
und  Hocken  sowie  zwei  Fläschchen.  Links  Henkelgetäss  und 
ein  auf  die  Ecke  gestelller  Rahmen,  der  vielleicht  nur  ein 
Anklang  an  die  ursprünglichere  Decorationsweise  ist  (s.  u.j : 
über  diesem  drei  kleine  Gelasse,  Kännchen.  Aryballos  und 
Becher,  auf  dem  Kredenztischchen,  das  mit  den  drei,  hier 
sehr  flüchtig  gearbeiteten  Beinen  die  übliche  Gestalt  zeigt*. 
Zur  Seile  hänüren  zwei  Schabeisen  und  ein  Salbfläschchen  an 
einem  halbkreislörmigen  Tragring,  dem  xpix.o;,  wie  er  in  dem 
Steckbriefe  eines  Sklaven  genannt  wird^.  In  dieser  Weise  an 
einem  Ringe  vereinigte  Stlengides  sind  mehrfach  erhaltend 
Darüber  ein  Täfelchen  und  wol  ein  Stift'.  Im  rechten  Gie- 
beldreieck erscheint  der  Kamm,  der  Wollkorb  und  eine  kleine 
Vase,  im  anderen  Giebel  zwischen  zwei  Rollen  ein  von  einem 
Querband  zusammengehaltenes  Bündel  von  Stäbchen :  man 
darf  darin  das  Schreibzeug,  die  theca  calamaria  sehen  ^.  Das 
Doppelthor  hat  wol  bei  einem  Doppelgrab,  vermutlich  dem 
Grabe  eines  Ehepaars,  gestanden  ^ 

Fig.  4.  Am  Bahnhofe  von  Eski-Schehir.  Höhe  O-Sß"",  Breite 
0,90'".  Es  wiederholen  sich  hier  die  schon  bekannten  Geräte. 
Auf  der  Alabastrolheke  ist  diesmal  auch  das  Schlüsselloch  an- 
gegeben, darunter  das  zugehörige  Schlüsselchen.  Zu  den  Spie- 


'  Z.  B.  Millingeii,  Peinttwes  de  vases  Taf.  58.  Daremberg-Saglio,  Üiclion- 
iiaire  I  S.  177.  Monumenii  IV  Taf.  15. 

*  Baumeister  S.  1811^  und  sonst. 

3  Hierauf  machte  mich  Wollers  aufmerksam,  s. Wattenbach,  Schrifttafeln 
zur  Geschichte  der  fjriccliischon  Schrift.  Borlin  1876,  Taf.  III  (nach  Xolires 
et  exlrails  XVIll,  '2). 

*  Bois[)ielc  in  der  Öainmlun;,'  der  arch;iülüj,'isohen  Gesellsci)aft  in  Athen, 
Bronzen  Nr.  437  und  Stil,  andere  hoi  Baumeister  S.  ?4'i.  Museo  Borboniro 
VIII  Taf.  16. 

'^  Dieselben  Gejjensl.'inde  sind  otlenbar  dargestellt  bei  LeBas  a.  a.  0.  Taf. 
13U,  II,  wo  sie  sehr  unwahrscheinlich  auf  ein  Tuch  und  B.'inder  gedeutet 
werden. 

'■•  Daremberg- t?aglio,  Dirtionnaire  1,  '2  S.  812  Abb.  995.  Guhl  und  Ko- 
ner« S.  337. 

'  Vgl.  LeBas  a.  a.  C).  Archileclure  Taf.  35. 


322 


F.    NOACK 


geln,  dein  Kamm  und  den  lüssenztlasclichen  ist  die  lange  Na- 
del gesetzt,  die  als  discemiculiun  und  Aufstecknadel  der 
Haare  eine  wichtige  Rolle  bei  der  Frauentoilotle  spielte  '.  Der 
Ralathos  über  den   Schuhen  war  der  Arbeitskorb  der  tleissi- 


FlG.  4. 


gen  Hausfrau,  das  junge  Mädchen  ptlegte  aber  auch  seine 
Blumen  darin  zu  sammeln.  Hier  geben  ihm  Rocken  und  Spin- 
del daneben  die  erstere  Deutung.  Das  Kredenztischchen  über 
Schloss  und  Schlüssel  hat  dieselbe  Form  wie  bei  3. 

Fig.  5.  Dorylaion.  in  derselben  Grube  wie  2.  Höhe  1,10, 
Dicke  0,2ü"',  Grösse  der  Relielfläche  0,65  zu  0,49'",  schlech- 
ter Marmor.  Links  Rocken  und  Spindel  über  Schloss  und 
Schlüssel,  ein  Henkelgefäss  '  über  den  Schuhen.  Rechts  Ramm, 
Spiegel  und  der  geflochtene  Arbeitskorb -^ ;  der  Schlüssel  dar- 


*  Varro,  L-  L.  V  29,  129  discerniculum,  quo  discernilur  capUlus.  Dareni- 
berg-Saglio  I,  1  S.  63,  Abb.  101.  102.  Baumeislpr  S.  618,  Abb.  687.  689.  Gori, 
Inscr.  Etrusc.  I,  10. 

'*  ßlite  des  monuments  c^ramograpliif/ues  IV  Taf.  30.  (>uhl  iiiid  Koner  *•  S. 
178,  Abb.  184. 

^  Das  Flechtwerk  ist  häufig  in  dieser  Weise  dargestellt,  v(?I.  Baumeister 
S.  702,  Abb.  760. 


DORYLAION 


323 


unter  gehört  wie  bei  4  zur  Alahastrotheke  im  unteren  Felde. 
Die  beiden  letzten  Steine  sind  nielir  als  die  anderen  beschä- 
digt. Aber  sie  haben  dieselbe  Einteilung  in  Felder  wie  jene 
und  auf  beiden  sind  noch  links  und  i-echts  die  vorspringenden 
Pfeiler  erhalten,  so  dass  auch  sie  oline  Zweifel  die  ein  Thor 
nachbildende  Form  gehabt  haben.  Ein  architektonischer  Ab- 
scbluss,  Giebel  oder  Bogen  wird  ihnen  so  wenig  gefehlt  haben, 


Fig.  5. 


wie  jenen.  Ausschliesslicher  als  1  und  3  enthalten  ihre  Reliefs 
nur  Frauengerät;  aber  das  Beispiel  von  I  und  ?  hindert  uns, 
so  naheliefirend  es  erscheint,  sie  mit  voller  Sicherheit  auf 
Frauengräber  zu  beziehen. 

Sehen  wir  nun  von  den  kleinen  Gegenständen  der  lieliefs 
ab,  so  ist  die  Nachbildung  des  Thores  mit  architektonischer 
Umrahmung  etwas  Ungewöhnliclies,  das  der  Erklärung  be- 
darf. Es  liegt  bereits  eine  gewisse  Stilisirung  vor.  die  nicht 
mehr  alle  wesentlichen  Teile  des  A'orbildcs  beachtet,  sie  teils 
auslässt,  teils  schmückt,  wie  es  zur  ursprünglichen  Bedeutung 
nicht  passt.  Eine  solche  Stilisirung.  das  zum  Schema  Gewor- 
dene, setzt  stets  ein  Natürliches  voraus.  Ehe  man  diese  Tbur- 
felder  mit  Geräten  besetzte,  die  nicht  darauf  G;eh()ren.  wird 
man  in  einfacher  Nachbildung  wirklicher  Portale  sie  entwe- 


324  F.    NOACK 

der  leei'  gelassen  oder  mit  don  ihnen  zidvOinmenden  Ornamen- 
ten geschmückt  haben.   Das  Schloss  ist  noch  eine  der  letzten 
Spuren   hiervon.    Dass  ein   solcher  Schluss  richtig  ist,  wird 
durcli  eine  Reihe  von  Grabsteinen  bewiesen,  die  diese  frühere 
Stute  vertreten.  Von  den  wenigen  Beispielen  derartiger  Denk- 
mäler, die  uns  auf  griechischem  Boden  erhalten  sind,  dürfen 
wir  hier  absehen.    Denn  einerseits  tragen  sie  zur  Erklärung 
der  vorliegenden  Grabsteine  nieht.^  bei,  und  andrerseits  linden 
wir  in  Phrygien  selbst,  wo  jene  uns  begegnen,   die  geschlos- 
sene Entwicklunosreihe  vor.  welche  uns  rückwärts  zu  Denk- 
malern  führt,  die  älter  und  ursprünglicher  sind  als  selbst  das 
älteste  der  wenigen  griechischen,  das  sog.  Logari  in  Delphi'. 
Von  den  phrygischen  Giabsteinen,  die  zunächst  in  Betracht 
kommen,  sind  mir  sieben — sechs  aus  Aezani,  einer  aus  Pes- 
sinunt — durch  Abbildung  bekannt'.  Die  Gesamtform  des  Stei- 
nes ist  immer  das  Portal.  Die  beiden  Thürflügel  sind  in  Fel- 
der geteilt,   die  entweder  leer  sind  oder  einen  Knopf,  ein  auf 
die  Spitze  gestelltes  Viereck,  Gittervverk,  Rosetten  und  schliess- 
lich zweimal  auch  das  kreisförmige  Schloss  zeigen.  Zwei  kan- 
nelirte  oder  mit  Rankenornament,  einmal   mit  Widderköpten 
und   Blumeni:;uirlande   oeschmückte   Pfeiler  —  zweimal  ist  an 
ihre  Stelle  schon  der  einfache  Streifen  mit  Ranken  gesetzt  — 
tragen  einen  architektonischen  Aufsatz.  Dieser  enthält  zunächst 
einen  mehr  oder  weniger  gegliederten  und  verzierten  Rund- 


*  Ausser  diesein  (abj,'.  l'onilüw,  Beiträge  zur  Topograpliie  vuii  Delplii  Taf. 
X)  sind  es  das  Fragmeiil  aus  Tliessalien,  in  diesen  Millhoilungen  XV  S.  206. 
die  beiden  Grablhiiren  von  Leeds,  Journal  of  Hellenic  sludies  1890  S.  269, 
diejenige  von  Rlieneia,  jetzt  in  Alben,  Friederichs- Wolters  Nr.  1800.  Aus 
röniisclier  Zeil  slainml  die  Siele  von  Sanioliiralie,  ßecue  des  eludes  grecqucs 
1892  S.  200,  die  wo!  demselben  Zwecke  diente.  Drei  «eitere  aus  Aegina,  in 
Syra  und  bei  Epidauros  l'übrl  Ulriclis,  Reisen  und  Forschungen  8.  52  Anni. 
2  an.  Endlict)  seien  an  dieser  Slelie  nocli  der  Uiürförniig  verzierte  römische 
(Irabcippus  und  ein  anderes  ähnliches  Monument  genannt,  beide  aus  Vulci, 
jetzt  in  Berlin  und  abgebildet  in  der  Beschreibung  der  antiken  Skulpturen 
Nr.  120G  und  1208. 

■-  Texier,  Üescription  de  l'Asie  uiineure  I  Taf.  37.  38  (Aezani).  51  (Fessi- 
nunt).  LeBas,  Voyage  archiologique,  Arcküeclure,  Asie  »äneure  Taf.  34-  35. 


DORYLAION  325 

bogen,  der  auf  den  Pfeilern  aufsitzt.  Das  Fialbrund  zeigt  in 
Relief  einen  Adler,  den  Kalathos.  die  Büsten  des  verstorbenen 
Ehepaars,  eine  Holle,  oder  es  ist  leer.  Bis  hierher  hat  beson- 
ders unser  erstes  Belief  grosse  Ähnlichkeit  mit  diesen  Wer- 
ken'. Das  Ganze  scliliesst,  mit  einer  Ausnahme,  oben  mit 
einem  spitzen  Giebel  ab,  der  auch  mit  Ornamenten,  Banken 
und  Palmetten  geschmückt  ist.  Bei  dem  einen  Belief  aus  Ae- 
zani  mit  Doppelthor,  Bundbogen  und  Giebel  werden  wir  an 
den  drillen  Grabstein  von  Eski-Schehir  erinnert.  Zu  diesen 
Beispielen  lassen  sich  aus  kurzen  Beschreibungen  noch  zahl- 
reiche andere  Grabsteine  hinzufügen,  die  das  Thor  und  seine 
Teile  in  richtiger  Weise  nachbilden.  Sie  finden  sich  in  Uschak 
(Traianopolis).  Ahatköi,  Emrez.  Abia,  Kiutahia,  Hadjiköi, 
Aezani  und  dessen  Umgebung%  Sivrihissar  und  l^essinunt  ■'. 
Von  ihnen  sind  die  Grabsteine  einer  späteren  Stufe  zu  schei- 
den. Der  Sockel,  d.  Ii.  ursprünglich  die  Schwelle,  und  das 
Giebelfeld  boten  bald  eine  natürliche  Geleo;enheit,  Geigen- 
stände  und  Gei-äte  des  täglichen  Lebens  aufzustellen.  Daher 
werden  diejenigen  Grabstelen  in  Thürform,  bei  denen  wir  im 
Giebelfeld  den  Kalathos,  Spiegel  und  Kamm,  am  Sockel  Di- 
ptychon, Kamm,  Bad,  Pflug  u.  a.  m.  sehen'',  als  Beispiele 
des  Überganges  zu  unsrer  Gruppe  anzusehen  sein.  In  dieser 
sind,  wie  wir  sahen,  die  Geräte  uhne  Bedenken  auf  die  Thür- 


'  Vgl.  auch  die  Ornamenlc,  z.  B.  tlie  Rauken  auf  doii  ITeilcni,  mit  I.cBas 
a.  a.  O.  Taf.  34  (Mittelslab  derTliür)  und  die  Pali^ieUeii  uiisres  drillen  Re- 
liefs niii  denen  der  S.  321  Anin.  2  genannlen  Graltsleine. 

2  Ich  enlnehmc  sie  LeBas,  Voyage  archeulogique,  Inscriplions,  III,  2:  Nr. 
721.  723.  725  (Uschak).  763  (Ahalköi).  769  (Emrez).  772  (Abia).  797.  799. 
826  (Kiutahia).  822.  830.  >38  (Hadjiköi).  888.  912.  917.  920  9;8.  930.  946. 
949.  952.  958.  961,  902  90S.  971.  973.  976.  989  (Aezani).  Bull,  de  curr.  hell. 
18J3  S.  260,  44.  45  (Ahalköi).  Ein  Relief  hei  Fellows,  Austlug  nach  Klein- 
asien Taf.  2,29  und  S.  76. 

•■*  Domaszewski,  Arch.  epij,Maph.  Millheilunwn  aus  Oslcrrcich  \II  S. 
181  Nr.  42.  S.  182,  43.  45.  S.  185,  hU. 

*  LeBas  a.  a.  0.  III.  2  Nr.  714.  718.  727  (Uschak).  761  (Ahatköi).  772. 
773  (Aghar-Hissar).  792  (Abia).  801  (Kiutahial.  893.  916.944.  972.  983  (Ae- 
zani und  Umgebung).  LeBas,  Voyage  nirlteologiyue.  Moninnenls  figutrs  'rr\i 
135, 1  (Erigueux). 


3?6  F.    NOACK 

t'elder  selbst  gesetzt.  Den  fünf  besprochenen  Exemplaren 
schliessen  sich  nach  Beschreibung  sechs  Grabsteine  in  Kiutahia 
an  '.  Von  den  genannten  Orten  liegen  nnr  Sivrihissar  und  Pcs- 
sinunt  ausserhalb,  aber  in  grössten  Nähe  des  phrygischen  Ge- 
bietes. Es  kann  daher  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  wir  es  hier 
mit  einer  specifisch  phrygischen  Ausgestaltung  des  Grabstei- 
nes zu  thun  haben.  Damit  stimmt  vortrelTlich,  dass  auf  die 
Frage,  wie  man  zu  dieser  eigentümlichen  Form  gekommen 
sei,  auch  wieder  phrygische  Denkmäler  uns  die  Antwort  ge- 
ben. Nicht  etwa  speculative  Gedanken,  die  in  dem  Thore 
symbolisch  den  Eingang  zum  Hades,  zum  anderen  Leben,  an- 
deuten wollten,  führten  dazu,  noch  weniger  wollte  man  etwa, 
wie  auf  ägyptischen  Denkmälern,  die  einzelnen  Räume  eines 
Hauses  darstellen, welche  durch  die  verschiedenen  Gegenstände 
als  Toiletten-,  Speise-Zimmer,  Weinkeller  charakterisirt  wären 
(Joubin  a.  a.  O.  182),  sondern  es  waren  die  Jahrhunderte 
alten  Fassaden  der  Felsgräber,  die  dem  Steinmetz  der  späte- 
ren Zeiten  zum  Vorbilde  dienten. 

In  die  Felswand  hinein  wurde  die  Kammer  gehauen,  w^el- 
che  die  Toten  bergen  sollte.  Der  rohen  Öffnung,  die  zu  dieser 
Gruft  führte,  gab  man  naturgemäss  die  Form  des  Thores  und 
gestaltete  dieses  architektonisch  aus.  Bald  kamen  Pfeiler  und 
Architrav,  Giebel  und  Rundbogen  an  die  Grabfassade.  So 
zeigt  schon  eines  der  ältesten  Felsgräber  [Journal  of  Hellcnic 
studies  1882  Taf.  22,  5)  zwar  nur  eine  Thür.  aber  darüber 
zwei  Bösen,  bei  denen  ebenso  wie  an  anderen  Felsfassaden ^ 
sich  auch  das  Bestreben,  das  Giei)elfeld  nicht  leer  zu  lassen, 
findet.  Ich  verweise  noch  auf  die  Grabfassaden  zu  .\rslan-Kaja, 
auf  das  Portal  der  Nekropolen  von  Ayazinn  und  von  ^'apul- 
dak,  auf  das  Midasurab  und  vor  allem  auf  das  Grab  zu  Küm- 


«  LeBas  a.  a.  0.  III,  2  Nr.  80.3.  813.  814.  818.  8U).  823. 

2  Perrol-Chipicz,  Hisloire  de  l'arl  V  Al)b.  58.  und  59,  dazu  Ramsa.y,  Jour- 
nal of  Heüenic  studies  1888  S.  381  uiul  Al)l).  13,  der  seine  Ansicht,  dass  wir 
PS  aucli  liier  riiil  einer  Grabfassade  zu  lliun  halben,  aufrecht  li/ill  Im  Ginbel 
sind  zwei  kleine  verriegelte  Thore  dargestelU, 


DORYLAION  327 

bet',  WO  wir  auch  den  OrnamentHn  von  Nr.  1  und  3  unsrer 
Grabreliefs  beg;egnen.  Man  hrauchl  sich  nur  diese  Grabportale 
mit  ihrer  Umrahmung  als  Platte  aus  dem  Felsen  herausgelöst 
zu  denken,  um  das  Prototyp  für  jene  späten  Grabsteine  zu  er- 
kennen ~. 

Nur  insofern   von   unsren   Grabsteinen  verschieden,   als  er 
nicht  die  Form  des  Thores  wiedergiebt,  ist  ein  Grabstein,  wel- 


A 


*nc-*A4«AlTo.CTflfNO|C|ACOf>(l 
<Aij»n6AAATOIcrArVrT4  TOlCTO 


Fig.  G. 


eben  K.  Burescii  in  diesem  Frühjahr  in  Gediz  (Phrygia  epik- 
tetos)  gefunden  und  dessen  Photographie  er  mir  freundlich 
zur  Verfüo-unij;  gestellt  hat.  Nach  dieser  habe  ich  beistehende 
Skizze  gemacht  (Fig.  6).   Grabstele  mit  Giebel,  i.87'"  hoch. 


'  Journal  of  Hellcnic  sludics  18S2  Tal'.  JS.  188'j  Taf.  iL  Periol-('hi|»iez 
V  S.  123.  132.  136.  139.  156.  Pcrrol,  Galalie  et  Bithynic  Taf.  7. 

-  Auch  an  .'ihiilichc  Grabfassaden  in  Lykien  (Reisen  in  Lykion  II  Taf.  7 
und  12),  in  Phönikien  (i*errol  III  Taf.  115),  in  Galatien  (Pcrrul,  Galalie  et 
Bilhynie  Taf.  6.  12)  darf  erinnert  werden.  In  Karien  sind,  wie  ich  aus 
mündlicher  Mitteilung  entnehme,  zwei  solche  Grabfassaden  conslaiirl. 


358  F.    NOACK 

0,55  breit,  Nveisser  Marmor.  Unter  den  beiden  Kränzen  zeigt 
die  Fläche  der  Stele  eine  Hribo  uns  schon  bekannter  Gegen- 
stände. Spiegel  und  Kamm,  darunter  das  Diptychon  und  rechts 
das  Sehreibzeug  mit  oeüfl'netem  und  zur  Seite  herunter  ^e- 
klapptem  Deckel.  Wie  bei  dem  S.  316  Anm.  2  erwähnten  Bei- 
spiele sieht  man  auch  hier  gewissermassen  im  Durchschnitt, 
was  eigentlich  in  dem  Futterale  enthalten  ist,  hier  ein  Fläsch- 
chen ,  hinter  dem  die  oberen  l']nden  dreier  Schreibrohre 
hervorsehen.  In  der  Mitte  ist  das  Ganze  von  einer  Art  von 
Schieber  umschlossen.  Den  Stab  daneben  kann  man  für  ein 
Lineal  ansehen  ;  nach  Analogie  des  Grabsteines  Daremberg- 
Saglio  1.  8ll  (  =  Gori.  Inscr.  Etrtisc.  1,10)  aber  könnte  man 
auch  an  das  Brenneisen,  calamistriim  denken,  das  sich  auch 
dort,  neben  Kamm  und  Spiegel  findet'.  Unter  dem  Spiegel 
ein  Fläschchen  und  daneben,  mit  einander  verbunden,  Spin- 
del und  Rocken.  Darunter  steht  die  Inschrift: 

<i>oupia  Kuowvsia  cuv  to)  ävSpl  |  'AtuA^z  xal  Toic  TEXvot:  'Ix- 
oovt  I  xai  ^A.7:iXK'x  toi?  y'X'jx,utxto'.(;  -^o\'^VJn<.  KoivTtp  xal  Kopvo'jx'/) 
{/.vet|a(;  yäpiv. 

Dass  wir  es  trotz  des  Fehlens  des  Thores  auch  hier  mit  ei- 
nem specifisch  phrygischen  W  erke  zu  thun  haben,  beweist  die 
Thiergruppe  in  dem  mit  drei  Akroterien  geschmückten  Gie- 
bel:  zwei  unschöne,  mit  nur  noch  geringer  Kenntniss  der  Na- 
tur ausgeführte  Löwen  legen  jeder  eine  Tatze  auf  einen  zwi- 
schen ihnen  liegenden  Stierkopf.  Auch  hier  sind  es  wieder  die 
phrygischen  Felsengräber,  welche  das  Vorbild  für  dieses  Or- 
nament abgegeben  haben  ^.  Von  besonderem  Interesse  ist  die- 
ser Stein  durch  seine  Datirung  6TOYCCB  auf  der  Leiste 
unterhalb  des  Giebelfeldes.  Wenn,  wie  Burescl»  meint,  nach 
Analogie  zahlreicher  andrer  Inschriftsteine  der  Gegend  die 
suUanische  Aera  dort  gegolten  hat,  so  würden  wir  diesen  Stein 


<  Varro,  L.  L.  V,  29  (Spengel)  calamisirum,  quod  his  calfaclis  in  cinere 
rapillus  ornatur. 

?  Journal  of  Hellenic  sludies  1882  Taf.  27  und  28, 


DORYLAION  329 

trotz  einiger  Buchstabenformen,  die  ihn  jünger  erscheinen  las- 
sen, in  das  Jahr  115  n.  Chr.  zu  setzen  haben. 

ist  also  die  architektonische  Form  unsrer  Grabsteine  ein 
der  phrygischen  Kunst  eigentümliches  Erzeugniss,  so  führt 
der  Inhalt  ihrer  Heliefdarstellungen  sie  in  einen  viel  ausge- 
dehnteren Kreis  von  Bildwerken  ein,  mit  dem  sie  gleichfalls 
am  Ende  einer  Entwickelungsreihe  stehen. 

Diese  Gegenstünde  und  Geräte  täglichen  Lebens  und  tägli- 
cher Beschäftigung  begegnen  uns,  wenn  auch  in  den  einzelnen 
Epochen  in  verschiedener  Weise,  allezeit  in  enger  N'erbin- 
dung  mit  dem  Toten,  mit  dem  Grabe.  Schmuck  und  andere 
Geräte  gab  man  bereits  in  der  mykenischen  Zeit  dem  Totea 
mit.  Dass  man  in  der  I)i})ylonzeit  dem  Verstorbenen  alle  mög- 
lichen zu  Speise  und  Trank  und  zur  Pflege  des  Körpers  nöti- 
gen Dinge,  Schüssel  und  Schale,  Kessel  und  Kanne,  der  Frau 
Spiegel,  Schminke,  Alabastron,  Schmuckkasten  und  Spinn- 
gerät, Waffen  und  Slrigilis  dem  Manne,  Spielzeug  und  selbst 
den  kleinen  Lieblini'svooel  dem  Kinde  mitsfab,  haben  w^r 
jetzt  gelernt'.  Und  diese  Sitte,  mag  auch  in  der  Folgezeit  die 
Mannigfaltigkeit  der  Beigaben  z.  B.  in  Attika  abgenommen 
haben,  hat  sich  in  anderen  Gegenden  und  zumal  bei  den  Rö- 
mern in  dem  alten  Umfano;e  durch  die  Jahrhunderte  sehalten'-'. 

Längst  aber  war  eine  andere  Sitte  dazugekommen,  die  wir 
bis  jetzt  vorzugsweise  in  Attika  kennen  lernen.  Mit  TrpöOe^i^ 
und  6>c<popä  hatten  die  grossen  geometrischen  Grabvasen  nur 
in  allgemeiner  und  völlig  unpersönlicher  Weise  auf  den  Toten 
Bezug  genommen.  Nun  waren  die  Grabreliefs  gefolgt,  und  der 
fromme  Sinn  der  Athener  legte  eine  Fülle  gemütvoller  Züge 
in  sie  hinein.  Der  Verstorbene  wird  erst  allein  und  später  im 
Kreise  der  ihm  Nahestehenden  dargestellt  und  häufig  werden 
die  Geräte,  die  ihn  im  Leben  umgaben  und  die  ihm  ursprüng- 


<  In  ilieser  ZcKsclirifl  18'J3  S.  89.  141.  liT.  1G6-G8.  17-2-i7'J.  Aicli.  An- 
zeiger 1891  S.  21. 

2  Marquanlt,  Fiivalallerliinicr  ticr  Kölner  S.  306.  367.  J.  Müller,  Hami- 
bucli  -'  IV,  1,  2  S.  222.  Hcrinanu-Biümner.  l'rivatalterlüraer  S.  379  Aom. 
2.  380. 


330  K.    NOACK 

lieh  nur  ins  Grab  gelegt  Nvorden  waren,  nun  auch  auf  den 
Grabstein  mitgegeben.  So  erscheint  Aristion  in  \\'affen,  der 
Ephebe  mit  den.  Diskos,  Sosinus  mit  den  Geräten  des  Erz- 
giessers,  der  Schuster  mit  dem  Leisten,  der  Gelelirle  mit  Bü- 
cherkasten  und  Holle.  Mynno  spinnt,  der  Arbeilskorb  steht 
unter  ihrem  Stuhle,  andere  Frauen  halten  den  Spiegel,  die 
Dienerin  reicht  ihnen  das  Schmuckkästchen  dar;  auch  das 
Vüo;elchen  fehlt  nicht  auf  dem  Steine  und  der  Hund  springt 
an  seinem  Herrn  hinauf'.  Zwar  machte  das  nüchterne  Gesetz 
des  Demetrios  der  Poesie  der  attischen  Grabsteine  mit  einem 
Schlage  ein  Ende"-^,  und  wir  wissen  nocii  nicht,  wieweit  sich 
die  schöne  Sitte  über  die  Grenzen  des  attischen  Kunsteinllus- 
ses  verbreitet  hatte.  Jedenfalls  nalim  die  Kunst  der  römischen 
Zeit  den  Gebrauch  wieder  auf,  und  man  wird  lebhaft  an  die 
alten  attischen  Werke  erinnert;  wieder  sehen  wir  den  Schmied, 
den  Maultiertreiber,  den  Schuster,  den  Landman  u.  a.  in  der 
Berufslhätigkeit,  den  SchifTer  mit  seinem  SchitTe  auf  den  Grab- 
steinen, auch  zahlreiche  andere  iMotive  begegnen  uns  hier  wie- 
der^. Irgend  welche  Tradition  wird  man  otTenbar  hier  anzu- 
nehmen haben. 


'  Zahlreiche  deraiLige  Motive  hahen  die  Meisler  der  weissgiiiiidifieii  Grah- 
lekjlheii  verweilet,  s.  z  B.  Boiiiidorl",  Vaseuhihler  Taf.  18  IV.  Saniiiiluiig 
der  archäologischen  Gesellschaft,  Athen,  Nr.  CT.-j.  2034.  296;).  3537.  3808- 
3810  u.  a.  m. 

2  Arch.  Anzeiger  1891  S.  23. 

3  Dülschke,  Antike  Bildwerke  IV,  26  (Schmied).  35  (Maullierlreiber).V, 
986  (Schuster).  IV,4-:2  (Schiller). V,  1018.  Hevue  arch^uloijiquc  1892  (II)  Tai'. 
XIII  (Schmied).  Beschreibung  der  antiken  Skulpturen  des  Museums  zu  Ber- 
lin 789.790  iSchmied).  Athenische  Mittheilungen  XI  S  50.  XIV  S. 158  (Zim- 
mermann). XIV  S. 58  (Schiller).  251  (  Landmann  mit  dem  Pflug;  desgl.  inCon- 
stantinupel,  Tschinili  Kiosk;  vgl.  Jouhiu,  Muniinicnls  funi'raircs  \'12).  Arch. 
Anzeiger  1889  S.  102. 158,  1.  Darembcrg-Saglio  II,  1159  und  Athenische  Mit- 
theilungen XVII  S.202  (Metzger).  Darembcrg-Saglio  1,571  (Goldschmied). 
LeBas  a.  a.  U.  Munumenls  ßguris  97,  3  (Mann  in  seinem  Beruf?).  .Menard, 
Vie  privie  des  anciens  III  Fig.  413  (Kaufmann  mit  Waage).  332  (Schmied). 
1'i6.  147  (Walker).  423.  Die  Pricslerin  tiägt  den  Schlüssel  (Ilelief  aus 
Ilhamnus  im  Xationalmuseum,  Athen  vgl.  AsXxi'ov  äp/a'.oXoYiy.dv  1892 S.  83,1) 
wie  andere  Priester  und  Priesteriinicn  andere  Abzeichen  ihrer  Würde  tra- 
gen, vgl.  z.  B.  die  Reliefs  mit  Isisprieslerinnen  (einen  Isispiiestcr  zeigt  ein 


dOrylaion  331 

Inzwischen  vollzieht  sieh  aber  auch  hier  eine  Wandlung, 
die  sich  schon  in  der  hellenistischen  Zeit  verfolgen  lässt ;  ein 
neuer  Gebrauch  ging  neben  dem  älteren  iier.  Es  wird  aller- 
dings schwerer,  unter  der  Fülle  der  späteren  Grubnionumenle 
scharfe  und  ganz  reinliche  Scheidungen  vorzunehmen;  nur 
die  Sarkophage  sondern  sich  als  eine  mächtige,  neue  und  ei- 
genartige Gruppe  vom  Übrigen  ab.  Unter  den  anderen  Grab- 
denkmälern hat  die  Beharrlichkeit  der  künstlerischen  Über- 
lieferung und  nicht  weniger  der  sich  immer  fühlbarer  ma- 
chende Mangel  selbständiger  Erfindungsgabe  manche  Züge  der 
alten  grossen  Kunst  erhalten.  Ein  Niedergang  des  künstleri- 
schen Schattens  aber, der  zu  immer  handwerksmässigeren  und 
äusserlicheren  Mitteln  ij;reift.  lässt  sich  nicht  verkennen.  Es 
sind  keine  Neuerungen  mehr,  die  etwa  deshalb  immer  grös- 
sere Verbreitung  finden,  weil  sie  aus  neuen  schöpferischen  Ge- 
danken hervorgegangen  sind,  stark  und  eindrucksvoll  genug, 
das  Vorhandene  zu  verdrängen  und  es  als  ein  Besseres  zu  er- 
setzen. Das  zeigen  auch  die  \\'erke,  die  hier  in  Frage  kom- 
men. Man  hörte  nämlich  auf,  die  Geräte  allein  in  der  sinni- 
gen unmittelbaren  Beziehung  zu  dem  Toten  darzustellen.  Ein 
Sockel,  ein  Absatz  an  der  Wand  oder  auch  nur  deren  Fläche 
wurden  nun  der  Platz  für  Handwerkszeug,  Watten,  Abzeichen 
der  Würde  und  Frauengeräte.  Wir  sehen  nicht  mehr,  dass  der 
Verstorbene  sich  mit  ihnen  beschäftigt;  oft  genug  ist  nur  seine 
Büste  dargestellt.  An  zahlreichen  Beispielen  lässt  sich  dieser 
Gebrauch  sogar  bis  in  die  christliche  Kunst  verfolgen'.  \'on 


neuenliiiiis  j,'erLiiulcncs  Relief  üi  Ijauriun).  6.  auch  ilie  /ahlreiclieu  liierlier 
gehörigen  lieliel's  tiiil  Scenen  des  Handwerks,  welche  0.  Jahn,  Berichte  der 
Sachs.  Ges.  der  Wiss.  186!  'i'af.  6- 13  voröHViitlicIil  und  hespiochiMi  hat.  Den 
Liehlinirsvogtd,  das  seinem  Herrn  schnu'iclitdndc  Hündchen,  hahen  auch 
diese  späteren  lleliefs,  s.  Diilschke  a.  a.  Ü.  V,  395.  83..*.  5.  lUlS.  IV,  696 
und  S.  31  i  unten,  wo  verschiedene  Beispiele  angeführt  sind.  Weisshaupl, 
Grabgedichle  S.  77  Anni  3. 

'  Z.  B,  Üiilschke  I\\3'Ji:  auf  dem  Grahslein  der  Euklea  stehen  auf  einem 
Bort  an  der  Wand  Wullkorh,  Klap|)si)ieg('l.  IU)lKMibiindcl,  Lekvihus.  :?pule, 
Kästchen  u.  s.  w.  Dütschke  V,  "ü.  IV,  b'f2  und  G9J.  LeBas  a.  a.  U.  Mü- 
miinenlii  figures  97,3  und  5.  i3Ü,  2.  135,  1.  Athenische  .Milllieiluugen  XI  S. 


ä32  P.   NÖACK 

einer  solchen  veräusserlichenden  Darstellungsweise  war  der 
Schritt  nicht  weit  zu  den  Reliefs  von  der  Art  unsrer  phrygi- 
schen  Grabsteine:  das  fioiirliche  Bild  füllt  e;anz  wep;  und  die 
Geräte  bilden  den  einzigen  Gci^enstand  der  Darslelluno;.  Auch 
in  dem  Gehrauche,  ein  oder  mehrere  Geräte  in  steinernem 
Rundbild  auf  das  Grab  zu  stellen,  dürfen  wir  eine  Vorstufe  zu 
jenen  späten  Arbeiten  erkennen.  Der  Scbrnuckkasten  mit  dem 
Kalathos  im  athenischen  Nationalmuseuiii  '  kann  für  die  hel- 
lenistische Zeit  nur  ein  Beispiel  von  vielen  sein  und  Vergil 
hat  bei  dem  Grabmal  des  Misenus  (Aeneis  VI  ?32)  vielleicht 
auch  nicht  nur  das  Grab  Elj)enoi's  (>.  75  ff.  u.  1  3  f.)  vor  Augen 
gehabt. 

Auch  sonst  klingt  in  der  Litteratur  diese  Wandlung  des  äl- 
teren Brauches  wieder.  Cicero  suchte  und  fand  das  Grab  des 
Archimedes,  geleitet  von  den  Versen  des  Epigramms,  wonach 
man  auf  demselben  sphaeram  cum  cyJindro  dargestellt  hatte 
(^  Tusc.  V  23,64).  in  seinem  Testamente  bittet  Trimalchio, 
doch  ja  zu  Füssen  seiner  Grabstatue  das  Schoosshündchen, 
Kiänze  und   Essenzfläschchen  anzubringen  (Petronius  S.  48 


120,  2.  AnliquüH  du  Bosphore  Cimmerien  Taf.  9ö.  Clarac  Taf.  158.  342  (rail 
Büste).  Perrol-Chipiez  V  S.  35=  Müller-Wieseler  Taf.  63,  817  =  Baumei- 
sler  S.  801.  Daremherg-Saglio  I  S.  4G4  (Gralunal  eines  Schreiners  mit 
Biisle).  Revue  nrclu'ulof/ique  1877  Taf.  II  (Totenmahl,  die  WalTen  an  der 
Wand).  Cunslanlinopel,  T.scliinili  Kiosk,  Joiihin,  Monurnenis  funfraires 
101.  HO.  (Tolenmahl;  einmal  h;inf,'en  die  Waffen  an  der  Wand,  das  andre 
Mal  stehen  Hammer,  Zange  u.  a.  auf  einem  Bort).  Smyrna,  Eüayy.  ax^oXrj: 
Relief,  die  Verstorbene  steht,  links  und  rechts  auf  Pfeilern  Kästchen,  Korb 
und  IIul.  Im  Nationalmuseum  in  Athen  der  Gral)slein  der  Aphrodisia,  wo 
unter  der  Nische  mit  dem  Relief  Wollkorh,  Kästchen,  Si)iegel  und  Kamm 
llach  eiiigemeisell  sind.  Beschreibung  der  antiken  Skulpturen  (Berlin)  Nr. 
804.  Jahn  a.  a.  ü.  Taf.  IX,  11  und  S.  333,  Anm.  146).  Nr.  769  (über  drei 
Personen  stehen  auf  einem  Bort  zwei  Toilellenkästchen,  Fächer,  Spilzhul 
u.  a.  m.).  Der  Spitzhul  findet  sich  öfters  auf  den  Grabsteinen,  z.  B.  Dütschke 
V,  269.  530.  Michaelis,  Ancieul  marbles  S.  588,  .'05.  Beschreibung  der  anl. 
Skulpturen  (Berlin)  S.  204.  Vgl.  endlich  Weissbäupl,  Grabgedichte  S.77f. 
Als  Beispiel  aus  der  christlichen  Kunst  nenne  ich  Goii,  Inscr.  Etrusc.  III 
Appendix  S.  357. 

'  Sybel,  Katalog  der  Skulpturen  zu  Athen  2174.  Ebenso  ein  weiteres  Bei- 
»piel  im  Nationalmuseum. 


DORYLAION 


3^3 


feücheler^j.  Wie  jenes  Epigramm,  so  beschreiben  zahlreiche 
andere  in  der  Antljologie  die  Gegenstände,  die  bald  der  Lieb- 
lingsbeschäftigiini'  iiml  dem  Sj)iple.  bald  dem  Hcrnre  des  To- 
ten entnommen  auf  dem  Grabmal  zu  seilen  wai-en.  Sie  reden 
vom  yX'jrTOv  ÜTTsp  T'jy.^O'j  /.eiu.svov  i.nzoy.yx'fsy'  (Antll.  Pal.  VII 
't2"2).  von  Wollkorb  und  iiaarbinde  der  liittis  (d«;rl  4-?3).  von 
Heuse  und  HiKb-r.  die  (b'iii  Kischer  Pelagon  der  Vater  als 
Denkmal  aufstellte  (dort  505),  von  den  So-jpoTÖu.ot  -zli/.v.c.  die 
als  jj.av'jTai  Tg'/va?  auf*  dem  Grabsteine  zweier  llolzläller  stan- 
den (dort  \'\h) '. 

Viel  zahlreirher  abci'  sind  die  erhaltenen  Grabsteine  selbst, 
welche  uns  die  vielen  kleinen  Geräte  weiblicher  Beschäftigung 
und  Toilette,  das  Werkzeug  des  Mannes  und  die  Abzeichen 
der  Würde  vor  Augen  führen.  Derartige  Steine  sind  in  den 
verschiedensten  Teilen  des  römischen  Reiches  gefunden  wor- 
den ^.  Gerade  in  rMirygien  aber  müssen  sich  zu  einer  bestimm- 


'  Vgl.  Iiierüber  Weissliäupl,  Grabgerii etile  S.  74  (T. 

2  Dütsclilic  Ilf,  274  =  Gori,  Inscr.  Elnisc.  I,  IO  =  Dareml)eig-Sa^'lio  I  S. 
811  (Schreinerweikzeug  und  Frisirgeiäl).  Muraloii  091,  2  (Grabslein  ei- 
ner ornalrix  a  calamixlro,  s  Daremberg-Sagliü  I  S.  811).  Dülschiie  III,  3G2 
(Schmied).  IV,  506  und  Gori  I.  277  (Sclireiiiei).  Diilscbke  V,  3Üü.  Claiac 
442.  Cippus  im  Hofe  des  Xatiun.ilmuseiims  in  Allioii.  Museo  Capilolino, 
Erdgcsclioss  3  5  (Zimmormiiiiii).  Bliimiier,  Tecbiioio.t^'ie  I  S  240,23.  Düt- 
sclike  V,  949  (Färber).  Altieiiiscbe  MiUheilungen  XIV  ö.  194  ( iJoolsfühier). 
XV  S.  333  (Geinmenselineidei).  XIII  S.  3C4  (Giabslele  des  Melrudor  von 
Chios).  X  S.  16.  Bescliieibung  der  antiken  Skulpturen  ilDerlin)  Nr.  791 
(Toilelle).  llull.  de  rurr  hell.  1893  S.  200,42  (Toilolle).  Musloxidis,  Delle 
cose  Curciresi  1H4(S  S.  309  (Grabslein  der  Dion^sia,  im  (jiebel  .Malgeiälc  oder 
dergl.).  Bericble  der  s/ichs.Ges.  derWiss.  1873  Tal'.  I  (Grabslein  eines  Gym- 
nasiarchen). Curlius  und  Kaupert,  Alias  von  Allien  Bl.  II  (Sj'bei  3279). 
Ein  Pflug  liiidet  sich  häulig,  z.  B.  auf  Grabcippen  im  athenischen  Nalio- 
nalmuseum,  ebenso  Flölen,  Scliiüssel  der  Prieslerinnen.  Alhenische  .Millhei- 
lungen  IV  S.  155.  Diilscbke  I,  lüG.  II,  23.25.  IV,  323.  V,  837.  lOOi  1010 
(  Hammer  ii.  a.).  ExphliLion  de  In  Morfe  III  Taf.  15,  V.  Daremberg-Saglio  II 
S.  not)  und  Uli  (UKMliciniscbe  Geräte).  Dül.schke  IV.  18.  32.  33.  LcBas 
n.  a.  O.  Tai'.  !)>!,  .'  und  .litubin,  .Voninncnls  fumvaires  104,  drabstein  des 
l'armeniskos  im  Tscbinili  Kiosk  in  Con>lantino|)et  (Wallen).  Diilscbke  I\', 
506  (Sevir  Augu^lalis).  Arcli.  ZeiUing  1875  rat".  2.  5,  und  die  ausscbliess- 
licli  oder  doch  vorzugsweise  weibliche  Geräle,  Spiegel,  Kanuu,  Wollkorb 
u.  s.  w..  Wagenden  Gralislcine  bei  t'.uri  a.  a.  C).  111  A]>i>i/idi.r  18.  2ü.  I, 
ATHEN.   MITTHEILUNGEN   XL\.  23 


334  P.   NOACK  ,      DORYLAION 

ten  Zeit  —  nach  Nr.  6  schon  früh  im  2.  und  im  3,  Jahrhun- 
dert n.  (]hr.  —  diese  meist  flüchtigen  und  schematischen  Reliefs 
einer  besonderen  Beliebtheit  erfreut  haben,  so  dass  sie  doch 
wieder  eine  für  sich  gesclilossene  Gruppe  bilden.  In  viel  aus- 
liedelinlerem  Masse  als  sonst  ist  auf  ihnen  das  Geräte  der  Frau 
dargestellt,  das  mit  Kamm,  Spiegel,  Nadeln  und  Schuhen. 
Alabastrotheken  und  Essenzlläschchen,  Spindel,  Hocken  und 
Ralathos  gegenüber  den  vereinzelten  Geräten  des  Mannes  stark 
hervortritt.  Das  charakteristische  Gepräge  aber  giebt  ihnen 
doch  die  architektonische  Form,  das  Thor  mit  seiner  Umrah- 
mung. Hiernach  hat  schon  Ramsay  diese  Gruppe  mit  kurzen 
Worten  zusammengefasst '.  Wir  sahen,  dass  selbst  der  Grab- 
stein männruther  Personen  die  Ttensilien  des  weibliehen  Ar- 
beits-und  Putzliscbes  trug-.  OCienbar  dachte  man  sich  wenig 
oder  nichts  mehr  dabei,  wenn  man  diese  Dinge  immer  von 
neuem  wiederholte;  man  fertigte  sie  wie  heutzutage  auf  N'orrat 
an  und  hatte  nach  der  Bestellung  nur  die  Inschrift  noch  hin- 
zuzufügen. 

FERDINAND  NOACK. 


465.  II,  45.  Baumeister  S.775,  827,  Üütscliko  II,  116.  Clarac  ^J54.  614.  Vor 
allem  fisliörl  aber  liierlier  die  grosse  Zahl  vuii  (iralMfliels  aus  IMirygien  (und 
Bitliynien),  die  ja  von  Ijesonderem  Iiilorossc  lilr  uns  nIih!:  limie  arclico- 
logique  1879  S.  209  (Bru.ssa).  Arcli.  e|iij:ra|)liiscli('  MiUlieilungiM»  aus  Üsler- 
reich  VII  S.  1721'.  Nr.  9.  13.  21  (Brussa.  Eski-Solieliir).  LoBas  a.  a.  O. 
130.  133,  1.  13'-),  1.  Inscriptiuns  II  3,  762.  771.  750-783.  786.  7S9.  805.  810- 
812.  816-817.  »20.  8.'2.  835.  844.  8S7.  W07.  923.931.  934.  935.  942.  945.  953. 
963.  967.  975.  990.  1003.  Texier,  Asie  mineure  I,  35.  3. 

'  Journal  of  lleUenic  sludirs  \S6't  (V)  S.  250. 

-  Ein  ahnliclies  draslischos  Beis|)ip!  liolVrt  dor  (iraiislein  aus  iIimu  pliry- 
ijischon  .\l»ia,  Silzun^'sher iclile  <l('r  hcriinor  Akademie  I^HS  S.  S6.t,  woraiil 
ein  Mann  (mit  Diitlychon )  und  seine  trau  mit  l'ocken  und  Spimlel)  dar- 
gestellt sind  :  die  Inschrift  Ihut  einer  l'rau  niil  keiiicni  Worte  Krwalinuni.'. 
S.  auch  LeBas  a.  a.  ü.  Monumenta  figuris  Tal".  130,  II. 


DIE  ERIPHYLE  DES  POLYGNOT 

So  gross  ist  der  Fortschritt,  den  die  Reconstruclion  der  Ne- 
kyiu  durcli  lioherl  '  ücmkicIiI  hat.  dass.  ohgh'ich  das  Ziel  nocli 
nicht  erreicht  ist-,  schwerlicli  ein  ähnlicher  je  ueliniien  wird, 
wenn  nicht  in  Delphi  l^este  der  Marmors  wiedergefunden 
werden  sollten,  auf  welchen  Polygnot  malte.  Danehen  wird 
aher  selh.slversländlich  im  i^^inzelnen  noch  Manches  zu  ver- 
hessern  (ihrig  hleil)en.  wovon  wol  l^oi)ert  nicht  am  wenigsten 
überzeugt  sein  möchte. 

Einen  kleinen  Beilrag  dazu  glaube  ich  liefern  zu  können. 
Itohert  schreihl''':  •  Die  Stelle  über  die  Armhaltung  der  Eri- 
phyle  ist  noch  nicht  mit  Sicherheit  geheilt:  iiber  den  Sinn 
kann  indessen  kaum  ein  Zweifel  bestehen.  Die  eine  Hand  zos 
mit  jener  beliebten  und  graziösen  Bewegung  den  Chiton  über 
die  eine  Schulter  empor,  die  andere  schien  unter  dem  Chiton 
das  Halsband  verborgen  zu  halten.  Dass  diese  Hand  selbst 
unter  dem  Überschlag,  oder,  falls  das  Gewand  ein  ionischer 
Chiton  war,  unter  dem  Kolpos  verborgen  gewesen  sein  sollte. 
kann  man  sich  schwer  vorsteUen.  Die  geschlossene  Hand  wird 
wirklich  oder  scheinbar  eine  Falte  des  Gewandes  uefasst  ha- 
ben, \\i(!  wir  es  bei  der  llippodamia  des  olympischen  UCst- 
giebels  sehen.  Das  brachte  die  Inlerprelen  auf  die  N'erniutuni;- 
—  denn  nur  von  einer  solchen  spricht  ja  auch  Tansanias  — 
sie  halte  von  dem  Gewand  verdeckt  i\vn  iialsschmnck.  Ob  sie 
damit  freilich  die  Meinung  des  i\)lygnot  getrotVen  haben,  ist 
mir  sehr  fraulich  '. 


'  C.  Ix'oljoit,  l>i('  XclvNiadcs  lV.I>>riiol.  Kl.  Iiaiiisrlios  W'inekolmniinspni- 
giiuiiiii  I8Ü3. 

-  So  Irin  die  (jlicdeiuiij,'  der  Cuiiiposilioii  iliircli  Aas  ICriain  imih  tiiclil 
deullifii  ^.MMiiif^  lioivoi.  wie  ein  \]\\r\i  auf  den  Aii.'uiiatilciikialei   leliil. 

'  A    a.  (,).  6.  ÜJ. 


336  j.  six 

Die  Stelle  i:!;eliürt  otYenbar  zu  denjenigen,  bei  deren  llerstel- 
lun";  Robert  '  rCicksicbtslosei'  vorüenani'en,  als  es  bei  einer 
kritisclien  Ausgabe  erlaubt  gewesen  wäre''.  Wie  mir  scbeint 
nicht  mit  Gluck.  Die  Worte  (X,  "29,7).  wie  sie  die  Hand- 
schriften bieten,  mögen  der  Heilung  bedürftig  sein,  ihr  Sinn 
lässt  sich  aber  erschliessen.  Kai  'Epicp-JX-/)  -ap' aÜT/.v  (äcTiv) 
iaxionx  O'.x  txsv  toö  y.Tcövo;  äva'yo'j'jx  a/tpou«;  Trapx  tov  Tpäj(_7)Aov 
Toü?  SaxT'j^^ou:,  Toü  yiTwvo;  Sk  äv  toi;  x,oi).oii;  ei/CZGSi;  toöv  j^^eipojv 
tjcsivov  TÖv  öpaov  a'JT7;v  e/siv.  So  die  Ilandscbrüten.  Ich  muss 
es  anderen  überlassen,  den  griechischen  Text  vorwurCsIVei  zu 
gestalten  ;  der  Sinn  kann  nur  dieser  sein  :  '  Und  iM'iphyle  steht 
bei  ihr  und  biilt  durch  ihren  Cdiiton  die  Fingerspitzen  au  ih- 
ren Hals;  man  kommt  durch  die  Haltuni»-  der  Hände  zu  der 
Vermutung,  dass  sie  verborgen  unter  ihrem  (Chiton  jene  Kette 
trage '. 

Mir  scheint  der  Gedanke  völlig  klar  und  zutretTend.  Eri- 
phyle  kann,  wie  im  Leben,  nicht  von  dem  verhiingnissvollen 
Schmuck  ablassen,  den  offen  zu  tragen  sie  sich  scheut;  unter 
ihrem  Gewand  legt  sie  die  Finger  immer  wieder  dort  an  den 
Hals,  wo  die  Rette  brennt. 

Wie  man  sich  die  Hände  unter  dem  Überschlag  des  Chiton 
zu  denken  habe,  lehrt  eine  reizende  kleine  fM'zfigur,  die  mit 
Polygnot  gleichzeitig  ist.  Sie  diente,  von  zwei  Frotcn  umflat- 
tert, als  Spiegelstütze.  In  Allkorinth  gefunden'  befindet  sie 
sich  in  der  Sammlung  der  archäologischen  Gesellschaft  zu 
Athen  {Xx\y,y.  'lüü)  und  ist  in  Dumont's  Ccrtmiü/ucs  de  l<i 
Greve  propre  II  'i'af.  35  S.  24  9  YeriUTentlicht^. 

Die  Figur,  welche   mit   linkem  Spielbein  aufrecht  dasteht, 


*  A.  a.  0.  S.  5. 

2  Diese  Fundnotiz  beruht  auf  einer  naclUräfilichen  Aussaj^'e  iles  Ent- 
deckers, die  in  das  Inventar  der  arcli.  Oesclischafl  (Mnj^elrafjen  ist. 

•'»  Vgl.  MuXoivaj,  'EXXrjvixi  /.äTo,':Tpa  Taf.  2  Ö.  2'»  Nr.  II.  AÖTlvatov  I  S.  173. 
üulil  und  Koner,  Lei)en  der  Grieclien  "  S.  317.  Bcrnoulli,  Aphrodite  S.  83,9. 
An  allen  diesen  Stellen  ist  die  Fi^'ur  für  Aphrodite  erklärt,  obgleich  Pol- 
ticr,  bei  Dunionl  S.  452/3,  ausdrücklich  hervorhebt,  dass  diese  I3cnennunf< 
nichts  Z\\iIl^'elldt"^  hat.  Vl'I.  auch  Ikiue  arch.  S.  S.  XVII  S.  408. 


DIK    ERIPHVLE    DES    POLYGNOT 


337 


Streckt  den  rncliten,  im  Ellbogen  j!;eki'ümmten  Arm  vorwärts; 
die  ^eöftnele  Hand  Inm  wol  irgend  einen  Gegenstand.  Der 
linke  Unterarm  greift  unter  dem  Überschlag  des  dorischen 
Chiton  aufwärts,  so  dass  die  Finii;er  unter  dem  Gewand  den 
Hals  berühien'.  In  dem  Gemälde  des  Polygnot  liess  sich  ein 
sohdies  Spiel  der  Finger  gewiss  deutlicher  durch  das  Gewand 
hindurch  beobachten.  Da  es  genügt,  das  geforderte  Motiv  an 
einer  gleichzeitigen  griechischen  Figur  nachgewiesen  zu  ha- 
ben, ist  die  Deutung  der  l']r/Jigur  fiir  unsere  Frage  zunächst 
gleichgültig:  doch  möchte  ich  die  Vermutung  aussprechen, 
dass  auch  sie  Eriphyle  darstellt  und  von  dem  monumentalen 
Gemälde  abhängig  ist.  Die  Eriphyle  des  Polygnot  mag  in  Drei- 
viertelansicht nach  links  gewendet  dargestellt  gewesen  sein  ; 


die  vorstehende  Skizze  veidanke  ich  meinem  Schwager  S. 
C.  Bosch  \\e'\{z.  Der  Künstler  der  Bronzefigur  berechnete  sein 
Bildwerk  ftu-  Vorderansicht    und    war   daher  gez\\ungen.  um 


'  Obsohoii  ähiilicli,  ist  die  Gebärde  dt-r  Spiei-'clsliilze  bei  Hajel,  Monu- 
iitrnts  anlüjurs  I  Taf  "2 .'  (Duinoiil,  rrra)ni(iues  II  S.  2ö;>,  31  )  doch  wesent- 
lich voiscbiedcii,  da  ilic  ciiic  Hand  in  bckaniUor  Weise  an  die  Hrusl  iricift, 
während  sie  bei  unserer  l'if^'iir  dariii)er  hinaus  reicht.  Zu  welehem  der  hei- 
(h-n  T.vpen  eine  dritte  l-'ijrur  (Duinunt  S.  '■2."iO,  7  )  irehörl,  kaiuj  ieli  nicht 
entscheiden.  lOs  bat  an  sicli  nichts  Herreindliches,  dasselbe  Schema  in  ver- 
schiedener bedeulunj,'  anL'ewendel  i\i  sehen. 


338  ^  s'x 

niclil  oiiu'  all/ii  steife  Figur  zu  bilden,  die  cliaraklerisLische 
Erliebiuiii  auf  den  einen  Arm  zu  hescliriinken,  und  für  den 
rechten  ein  anderes  ihm  geläufiges,  al)ei'  niclit  l)esonders  l)e- 
zeichnen(h's  M()li\  /u  wählen. 

Bei  Robert  ist  das  ganze  sinnreiche  Motiv  durch  ein  gleich- 
gültiges und  bedeutungsloses  ersetzt.  Das  ist  ein  bei  Polygnot 
stets  bedenkliches  Vorgehen,  wie  sich  auch  am  Orpheus  zei- 
gen lässt.  Von  ihm  sagt  Tansanias  X,  30,  6  :  T-Ti  Ss  exspa  ^(^etpi 
l-rix;  'ly/jir  x.^.tövs;  s-tiv  J)-;  (Lx-jsi  Das  soll  nach  Hobert  (S.  32) 
ein  ^lissversländniss  des  Tansanias  sein,  ist  aber  im  Gegenteil 
ein  wertvolles  Zeuüniss,  welches  uns  eine  bisher  unverstandene 
N'ergilstelle  erklären  hilft  und  durch  sie  selbst  Licht  empfängt. 
Norden  '  ist  mit  seiner  Erklärung  der  Stelle  (\'l,  i07).  wo 
der  Dichter  berichtet,  wie  Charon  den  goldenen  Zweig  des 
Aeneas  seit  lange  nicht  gesehen,  longo  />ost  tempore  visum, 
fast  am  Ziele.  Hätte  er  neben  der  litterarischen  Überlieferung 
die  bildliche  berücksichtigt,  so  würde  er  ohne  Zweifel  erkannt 
haben,  dass  Vergil  nur  an  Orpheus  gedacht  haben  kann.  Ro- 
bert hat  zwar  dargelegt,  dass  diese  Iladesfahrt  des  Orpheus 
aus  der  Minyas  stammen  muss,  aber  daraus  geht  noch  keines- 
wegs hervor,  dass  auch  \>rgil  die  iMinyas  gekannt  hat,  denn 
Orpheus  spielt  ja  auch  in  den  unteritalischen  Nekyien  eine 
Hauptrolle '.  Aber  es  leuchtet  ein.  dass  der  Mythos  vom  gol- 
denen Zweige  nur  auf  den  passt.  dessen  Mysten  auch  in  der 
L'nterwelt  Zweioe  tra2;en  •'.  und  andererseits,  dass  wer  zuerst 
den  goldenen  Zweig  gepflückt  hat,  nicht  nur  zufällig  mit  der 
Hand  den  Unterweltsbaum  berührend  dargestellt  werden  konn- 
tet Das  ist  wieder  ganz  Polygnot.  Nicht  pfliu;kend  wird  Or- 
pheus gemalt,    er   berührt   nur  den   Zweig,  und  erinnert  da- 


'  Hermes  1893  S.  3öS  H'. 

2  Arch.  Jalirbucli  1893  S.  104  11'.  (  Kuhnert). 

^  Kuhnert  a.  a.  0. 

'  teil  darf  wo!  daran  oiinnern,  dass  dio  Traurirwoide,  welche  Robert  in 
seine  Zeichnunj,'  aufgonomnien  hat,  an  der  Küste  Persiens  wiM  wäclisl  und 
in  China  h,'iufig  ist,  aber  erst  Knde  des  siebzehnten  Jahrhunderts  nach  Eu- 
ropa kam. 


DIE    ERIPHYLE    DES    POLYßNOT  339 

durcli  an  seine  frühere  grosse  'l'liat.  wie  er  lebend  in  den  Ha- 
des hinabgestiegen  und  zur  Oberwelt  zurückgekehrt,  seine 
Lehre  verbreitet  hat. 

So  haben  wir  jetzt  auch  f'iir  Kripliyle  eine  Darstellung  ge- 
funden, die  der  Art  des  Polygnot  nicht  weniger  genau  ent- 
spricht wie  der  ikschreibung  des  Pausanias.  Es  ist  gleichgül- 
tig, ob  er  Hecht  hat.  wenn  er  sich  dort,  wohin  die  Finger- 
spitzen fühlen,  unter  dem  Chiton  die  Halskette  denkt,  oder 
ob,  wie  mir  vorgeschlagen  wird,  lu'iphyle  nur  nicht  ablassen 
kann  von  der  Stelle,  wo  sie  einst  den  verderblichen  Schmuck 
getragen'.  Es  ändert  dies  nichts  an  dem  Sinn,  und  es  dürfte 
sich  so  wie  so  das  hochgerühmte  r,'io;  des  Polygnot  kaum  in 
einem  anderen  Falle  so  deutlich  aussprechen,  wie  in  diesem, 
in  dem  der  Meisler  mehr  wie  sonst  dem  Geiste  Üante's  nahe 
zu  kommen  scheint.  Oder  sollte  man  hier  nicht  an  eine  ewige 
Oual,  verursacht  durch  die  böse  That  selbst,  denken  dürfen? 

\\  ie  echt  polygnotisch  dieses  Bild  ist,  leuchtet  jedenfalls 
ein.  wenn  man  sich  an  die  riesige  Kette  der  Amphiaraosvase 
erinnert,  zu  der  sich  das  heimliche  Tasten  bei  Polygnot  ver- 
hält wie  zu  einem  epischen  Epitheton  ein  pindarisches  Wort. 

Amsterdam,  im  August  1893. 

J.  SIX. 


'  Üiesor  scIIjsI  war  in  Delphi  ;,'t'\\eilil,  wo  er  blieb,  l)is  IMiayllus  ihn  für 
seine  Geliebto  rauble,  mit  deren  Hesitz  er  verbrannt  sein  soll  (  Pausani.is 
VIII.  2i.S.  IX.  ()!,?.  Kpboio.s  bei  Alhenaeiis  VI  S.  23?«.  [)io(loros  XVI. 
f)i.  ParlluMiios  25).  I^anebeii  besass  man  in  Delos  eine  goldene  Kelle  der 
Eripbjle,  die  in  den  Inventaren  von  .S(i4  bis  zun)  Anfan:^  de;  zweiten  Jahr- 
bunderls  vorkominl  {llull.  de  curr.  hell.  ISS.;  S.  12i.  1886  S.  46  i.  18'J0  S. 
■'i06.  1891  S.  I3'i)-  l'^iii  »IriUes  K\em|)lar  ans  1,'riinen  Steinen  mit  Gold  pe- 
fasst  halte  man  im  Tempel  des  Adonis  zu  Amalhus  auf  Kypros  (Pausanias 
.\l,  61,  2).  ('an/,  ebenso  besitzt  man  heulitJen  Ta^'es  in  Holland  mehrere 
«Schwerter,  mit  denen  Oblenbarneveld  enthauptet  und  mehrere  Bücherki- 
sten, in  denen  Grolius  gerettet  worden. 


DER  AGVIEU6  DES  MYS 

Im  Friihjahr  1888  halle  ich  das  damals  sellene  Glück,  das 
Museum  des  Gymnasiums  zu  Ivorl'u.  in  dem  die  ordnende 
Hand  eines  Ephoren  noch  nichl  gewallel  lialle,  hesichligen  zu 
dürfen,  allerdings  nichl  bevor  ich  erklärt  halte,  nichts  publi- 
ciren  zu  wollen.  Es  wurde  mir  in  liehenswürdigster  Weise 
iieslattet,  einige  Abklatsche  zu  machen:  es  war  mir  dabei  nur 
um  Schriftproben  zu  thun,  und  da  ich  meinte,  nur  Bekanntes 
vor  mir  zu  haben,  fehlt  mir  jede  Notiz  über  die  Herkunft  des 
einzigen  Stückes,  das  sich  nachträglich  als  unedirl  heraus- 
stelltet Jetzt,  nachdem  diese  Inschrift  von  K.  Brugmann  in 
den  Indogermanischen  Forschungen  von  1893  auf  Tafel  1  ab- 
gebildet und  auf  S.  87-89  in  sprachlicher  Hinsicht  erläutert 
ist,  hält  mich  nichts  mehr  ab,  auch  meinerseits  einige  Fra- 
gen, die  sich  daran  knüpfen  zu  erörtern. 

Es  ist  ein  roher  konischer  Kalkstein,  an  der  inschriftseite 
eben,  unten  grade  abgeschnitten,  nach  den  am  Abklatsch  ge- 
nommenen Massen  0,39'"  hoch,  unten  0,13"'  breit -^  und  nach 
Brugmann  0,11'"  dick.  Unten  ist  ein  Teil  des  Steines  abge- 
splittert. 

Die  Behandlung  Brugmann's  überhebt  mich  der  sprach- 
lichen Erläuterung;  nur  auf  den  Namen  des  Weihenden  muss 
ich  näher  eingehen.  Der  erste  Buchstabe  ist  teilvs'eise  zerstört; 
nach  Brugmann  könnte  es  a,  8,  1,  u.  und  a  sein,  auf  dem  Ab- 


'  Ich  boimlze  die  Gole^eiilicil,  utti  iUif  oine  Grabslolc  mit  PalnioUoiilie- 
kiliiiunj,'  im  Museum  von  Zaiilo  aulmciksam  zu  maclioii,  deren  Iiisclirin  ich 
nichl  zu  deuleii  veifiia.i.'.  K^  slciil  dorl  von  ulicii  nach  uuleii  ?  I  O  A  R  B. 
Der  Iclzle  Buchstabe,  B,  ist  etwas  verwischt;  ob  weitere  fulgteu  ist  nicht 
sicher.  Die  Siele  slafiiml  aus  Lithakias. 

2  Brugmann  giebt  0,41  zu  0,17"»  an. 


J.    Srx.      DKM    AftYlEUS    DES    MYS 


341 


klatsch  hebt  sich  aber  deutlich  auf  der  durch  Abblättern  ent- 
standenen ßruchtliiche  die  Spur  des  Buchstabens  ab  und  es 
ist  klar  zu  erkennen  dass  nur  M,  also  y.  dagestanden  haben 
kann.  Brugmann  glaubt,  es  sei  ein  Kurzname  auf  -j;  voraus- 
zusetzen, wie  er  solche  für  Kerkyra  zwar  nicht  nachweisen 
kann,  aber  annehmen  zu  dürfen  meint.  Ich  glaube  den  Na- 
men für  vollständig  halten  zu  niusscn,  und  zwar  nicht  nur. 
weil  Mo?,  besonders  in  dorischem  Gebiete,  der  nächstliegende 
Name  ist,  sondern  auch  weil,  wie  wir  sehen  werden,  kaum 
für  mehr  Buchstaben  Baum  vorhanden  gewesen  sein  kann. 


Fig.  I 


Die  Inschrift,  vorstehemi  l^ig.  1  auf'/.,  verkleinert,  lautet  also 
Mö<;  U.6  /iia\xTo;  so  möchte  auch  Brugmann  lieber  wie //it^xto, 
hiirsoLzo  oder  //siiTaxo  lesen.  Der  Sinn  kann  kein  anderer  sein 
als  MO;  u.s  i^z'jGy.zo.  Nicillsan  dem  Steine  maclit  die  Annahme 
Brugmann's  wahrscheinlich,  dass  er  zu  einer  Basis  gehiirl 
habe,  im  Gegenteil,  Stein  und  Inschrift  bilden  ein  gesidilosse- 


34? 


j.  six 


nes  Ganzes  iind  erkliiren  sich  liegen  seit  ig.  Es  ist  eines  jener 
ganz  rohen  Göfleridole,  wie  sie  in  verschiedenen  Ländern  vor- 
kommen'. Deruleiclien  Idole  waren  selir  häufm.  icli  entsinne 
mich  aher  nur  eines  zweiten  Ivxemphires  mit  Inschrift,  das 
aiit'  uns  gckiiniiiuMi  ist.  i^s  isl  i\v\'  h('k;iniil('  zu  .Xntihcs  gefun- 
dene Stein,  welcher  sich  durch  seine  Inschrift  als  Terpon  der 
Diener  Aphrodites  zu  erkennen  gieht*. 

Die  Kenntniss  von  zwei  anderen  .Mouuiuenleu,  die  ü;ewiss 
auch  hierhergehören,  verdanke  ich  der  Freundlichkeit  Wol- 
ters': beide  befinden  sich  in  Pompei  und  sind  nach  seinen 
Skizzen  hier  wiederi»ei>eben.  Der  Vermittelunu;  Man's.  den  wir 
um  weitere  Auskunft  angingen,  verdanken  wir  die  kleinen 
Grundrisse  (1 :  40)  sowie  Zeichnung  und  Beschreibungeines 
dritten  Monumentes,  dass  nach  .seiner  .Ansicht  zu  derselben 
Klasse  ijehört.  Diese  letzteren  Aiilnahmen  hat  freundlichst  II. 
Rjeder  für  uns  hergestellt. 

.\uf  dem  Dcciiniarnis  minor  i  Sfrada  <lcU  Ahhonddnzd  ) 
sieht  neben  der  zweiten  'J'hür  vom  Forum  (^X'lll,  3.  "2  )  ein 
kleiner  Ivegel  •'  aus  dunkeler  Lava,  etwa  0.?!'"  hoch  und  un- 
ten 0.18  breit  (Fig.  "2.  ^)\  seine  untere  Plinthe  ist  z.  'I'.  zer- 


FiG.  2. 


I<^i(;.  3. 


stört,   seine  vermutete  ursprüngliche  Gestalt  duich  die  punk- 
tirte  Linie  angegeben. 

Auf  dem  Decumanus  maior  [Slrada  della  Fortuna)  be- 


'   E.  (jcriiard,  MeUouii  uiul  GüUeriuuUor  S.  ■?!) 'I'nl'.  1 1=  Akademische  Ab- 
liandlunf,'en  II  S.  \1\  Taf.  59. 
2  Röhl  /.  6".  /I.  551. 
•''  Vf^l.  Gell,  Pompejana  l  S.  5.  Nissen,  Pompejanische  Studien  S.  188. 


DER    AGYIEUS    DES    MVS 


343 


findet  sich,  wiederum  nohen  einem  Eingang  (VI,  14.  M  ),  ein 
omplialosartiger   Siein   auf  (jiiadratiseher  Plinthe  (Fig.   'i .  5) 


KiG.  4. 


TM..»fcM^^ÖM^^^ 


aus  testetn  Kalkstein,  0.1  V"  hoch.  Aus  der  Fundsteile  ergieht 
sich,  wie  wir  sehen  werden,  auch  seine  Bedeutung. 

Rin  allerdings  nicht  genau  ents|)rechender  Stein  steht  in  der 
Strnda  Stahiana  hei  IX.  H,3  (Fig.  6.  7).     Dicht  nehen  der 


Fig.  6. 


Thür  3  hildet  die  Hausmauer  gegen  die  Strasse  eine  Ecke,  in 
welcher  sich  ein  kleiner  etwa  0.'24"'  hoher  Aufhau  von  teilweise 
zerstörten  Backsteinen  befindet,  und  auf  diesem  befestigt  ein 
Stein  (sog.Travertin),  dessen  Basis  ein  unregelmässiges  Viereck 
bildet  und  welcher  oben  abgerundet  ist.  Seine  Höhe,  soweit  er 
aus  dem  Postament  hervorragt,  beträgt  0, 17'".  Auf  der  \'or- 
derseite  des  Steins  rechts  ist  eine  kleine  Rille,  jedenfalls  \on 
früherer  Verwendung  stammend'. 

Der  Stein  des  Mys  trägt  den  Namen  des  Gottes  nicht,  doch 
kann  man  über  ihn  kaum  im  Zweifel  sein.  Die  Form  ist  unge- 
fähr die.  welche  wir  aus  den  litterarischen  Quellen  und  von 
den  Münzbildern  als  die  des  Apollon  Agyieus  kennen'.  Der 
Agyieus  wird   beschrieben  als  /ciwv  ei;  övj  >.")^,ywv ',   auch  wol 


'  Overbeck.  Kunslm.vlIiuloLrio,   Besonderer  Teil  III  i  Apollo)  8.  3. 
3  Harpükralion  q.  tl,  W.   "Ayucä;, 


344  .1.  six 

als  '^'/r,ax  TJTczywvov '  und  zeigl  auf  den  Miinzbildern  auch 
wirklich  eine  spitze,  säulenfin-mi^e  Gestalt.  Die  Form  unseres 
Steines  ist  entweder  ganz  oder  doch  grösstenteils  die  ursprüng- 
liche des  Steines,  ohne  t'einei'e  Boarheitung.  so  dass  wir  eine 
zu  genaue  Ühereinstiinuuing  nicht  erwarten  dürlen.  Doch 
braucht  ihm  auch  die  kleine  Basis,  welche  die  Münzhilder 
meist  zeisen,  nicht  gefehlt  zu  haben,  und  das  untere  JMide.  so- 
weit  es  unbeschrieben  war.  wird  darin  und  in  den  l^oden  ein- 
gelassen gewesen  sein  neben  der  llausthür  eines  einfachen, 
aber  der  Schrift  kundigen  Mannes. 

Die  Aufstellung  neben  der  Hausthür  wird  in  unseren  Quel- 
len (oben  S.  343  Anm.  2)  überliefert  und  sie  macht  es  auch 
wahrscheinlich,  dass  die  beiden  Steine  in  Ponipei  (Fig.  2.  4  ) 
als  Agyieus  zu  fassen  sind,  obgleicli  der  zweite  in  der  Form 
abweicht  und  sich  mehr  dem  Omphalos,  freilich  auch  einem 
apollinischen  Symbol,  nähert.  Die  Bedeutung  des  dritten  Stei- 
nes ist  seiner  unvollkommenen  Gestalt  wegen  nicht  ebenso 
sicher  ^ 

Wenn  wirklich  mit  VVieseler^'  'Ayuie-j;  und  äyu'.su?  ßwp.ö? 
streng  zu  scheiden  wären,  würde  allerdings  der  Omphalos 
nicht  den  Gott,  sondern  seinen  Altar  darstellen,  den  Photios^ 
als  ßdjaö;  'jTpoyyjXo?  bezeichnet.  Mir  scheint  dieser  Unterschied 
aber  etwas  spitzfindig,  besonders  da  Hesycli  (u.  d.  ^^^)  be- 
richtet :  äyu'E'j«;  6  Trpö  tcüv  Oupüiv  ettw?  ^copoc  £v  ayriU.XTi  iciovog. 
Es  ist  nicht  recht  klar,  wo  die  Grenze  zu  ziehen  wäre,  auch 
ist  es  nicht  wahrscheinlieh,  dass  die  älteste  Anschauung  zwi- 
schen dem  Weihrauchaltar  und  dem  Götterstein  unterschieden 


'  Pausanias  VIII,  14. 

-'  Mau  bemerkt,  dass  diese  Steine  seiner  Meinniif,'  nach  'abgesehen  von 
etwaii-'er  anderer  Bedeutung  auch  als  (ireiizsteine  dienten  Der  in  Via 
deU'Abbondanza  sieht  an  der  Grenze  des  an  ein  städtisches  und  an  ein  Pri- 
vatgebäude anslossenden  Trottoirs,  die  beiilen  andern  an  der  Grenze  zweier 
Privalhäuser.  Der  von  l.X,  3  gehört  trotz  seiner  unvolli\umnieneren  Gestalt 
doch  wol  mit  den  beiden  anderen  /.usaninien,  aiicli  eben  (l(>slialb,  weil  er 
/luf  einer  Grenze  steht '. 

3  Annali  l«b8  Ö.  22-2  (T. 

i  Bibl.  S.  .535,  3.^  Bekker, 


i»ER   AGYIEUS   DES    MYS  345 

hätte ;   eine  eingehendere   Untersuchung  darüber  würde  uns 
für  jetzt  zu  weil  füiiren. 

Ein  weilerer  Grund  l'iir  unsere  AufVassung  des  Iverkyräischen 
Steines  ist.  dass  man  in  dorischem  Gebiet  zunächst  an  Apol- 
lon  Agyieus  zu  denken  haben  wird,  da  dieser  ein  dorischer 
Golt  war  und  erst  durch  das  delj)iiische  Orakel  in  Athen  ein- 
getulirt  wurde  '.  Ferner  ist  zwar  der  Agyieus  für  Iverkyra  niclit 
besonders  bezeugt,  kommt  aber  nirgends  häufiger  vor  als  an 
der  gegenüberliegenden  Küste,  von  Ambrakia  bis  Apollonia 
lUyriae,  uie  die  Münzen  lehren'^.  Wir  besitzen  also  in  die- 
sem unscheinbaren  Steine  ein  Monument,  das  so  interessantes 
für  die  Sprachforschung  sein  mag.  von  viel  gr()sserer  Wich- 
tigkeit fiir  die  Geschichte  der  Gullformen  ist. 

Amsterdam,  im  Januar  1894. 

.1.  six. 


-■♦>*■— f'j—'-»^**- 


'  ().  .Müller,  Doiifi-  l  S.  -JO'J  1". 

*  üverbcck  a.  a.  l».  ^.  i.  .Miiii/.larol  I,  \  S, 


EINE  BÖOTISCHE  VASE  MIT  BURLESKER  DARSTELLUNG 

In  der  reichen  Vasensammlunijder  griechischen  arch.Gesell- 
scliai't  zu  Athen  belindet  sich  unter  Nr.  5815  das  nachstehend 
abgebildete  GefU?s,  dessen  V^erölTentlichung  mir  Herr  A.  Kuma- 
nudis  gütigst  gestattete.  Die  Vase  ist  ein  Glockenkrater,  (K2^i5"' 
hoch    hei   einem   grössten    Diirelimesser   von    0.30'".  etwa  von 


der  Form  49  hei  Furt\väni>ler.  \'asensamniluns[  des  berliner 
Museums.  Sie  ist  als  b()otisch  unter  unverdächtisen  Umslän- 
den  gekauft,  also  wol  wie  hr»otischen  Fundoilos  so  bt')0tischer 
Fabrikation.  Sie  gelKU't  (hmn  zu  höotischcn  Nasen,  welche 
attischen  Stil  und  attische  Technik  mehr  oder  minder  ^e- 
schickt  nachahinen  ;  leclinisch  bemerkenswert  ist  an  ilii'.  dass 
der  gelbliche  Thon  der  ausgesparten  b^iguren  nach  Fertigstel- 
luno der  ";anzen  Malerei  einen  riUlichcn  Cberzuü;  erhalten  hat, 
wol  um  dasGeläss  den  attischen  ähnlicbei' erscheinen  zu  lassen. 
Die  Mitte  der  N'orderseite  nimmt  ein  Mörser  ein,  auf  des- 
sen oberem  Rande  eine  Anzahl  weisser  K()rner  oder  Beeren 
sichtbar  werden,  über  ihm  hängt  eine  weisse  Traube  An  dem 
M()rs<M'  waren  zwei  Männer  beschälligt.  deren  Aufmerksam- 
keit aber  IVirdcn  Augenblick  ganz  von  ihrer  Arbeit  abgelenkt 
ist.  Die  Mörserkeulen  halten  sie  zwar  noch  mit  der  einen  Hand 


A.  KÖERTE,    EINE   BOEOTISCHE   VASE   MIT  BURLESKER   DaRSTELLUNT,    34T 

über  dem  Gefäss,  aber  mit  der  andern  scheuchen  sie  je  eine 
grosse  Gans  zurück,  die  sich  wol  mit  naschhaften  Gelüsten 
dem  Mörser  nähert.  Der  Mann  links  begnügt  sich,  den  Vogel 
mit  der  erhobenen  Hechten  zu  bedrohen,  der  andere  bedient 
sich  auch  seines  recliten  Fusses.  um  das  zudringliche  Tier  zu 
verjagen.  Die  Scene  ist  roh.  aber  Hott  gezeichnet.  AuITallend 
ist  nun  die  Tracht  der  Männer,  sie  tragen  unzweifelhaft  Thea- 
termasken mit  spilzcin  Hart  und  grossem  Maul,  ferner  ein 
Tricot,  dessen  Ansätze  an  Hand-  nnd  Inissgelenken  deutlich 
angegeben  sind,  einen  kurzen  Chiton  mit  dick  ausgestopftem 
Baucli  und  Gesäss,  dazu  der  linke  noch  einen  stattlichen  Phal- 
los.  Ihr  Haar  ist  mit  weissen,  jetzt  ziemlich  abgeblassten  Ivrän- 
zen  geschmückt.  Zu  beiden  Seilen  finden  sich  zwei  Rosetten 
auf  warzenartigen  lu-hebungen .  und  unter  der  Darstellung 
zieht  sich  das  laufender  Hund  genannte  Ornament  hin.  Die 
Rückseite  zeigt  zwei  llüchtig  gemalte,  einander  zugekehrte,  in 
ihre  Mäntel  gehüllte  Jüni>lini2;e  mit  Ranke  bez.  Stock  in  der 
Hand,  zur  Rauml'üllung  dienen  eine  Schreibtafel,  ein  Kasten 
am  Boden,  eine  muschelarlige  Verzierung  und  einige  Kreise. 

Das  ganze  Gefäss  ist  in  künstlerischer  Hinsicht  recht  uner- 
freulich, aber  es  ist  wichtig  durch  den  Inhalt  der  Darstellung. 
Denn  es  gestattet  unter  der  Voraussetzung  des  böotischen  Ur- 
sprungs folgende  Schlüsse. 

Diese  Gesellen  mit  ihrer  grotesken  Maske,  ihrem  Tricot. 
dem  dicken  Bauch  und  dem  Phallos  cjleichen  \ö\Vm  den  Phlva- 
ken  der  unteritalischen  Vasen  und  den  Thonfiguren  altatti- 
scher Komiker,  die  ich  im  Jahrbuch  des  arch.  Instituts  \'lll 
S.  69  IV.  zusammengestellt  habe.  Sie  tragen  ein  vollkommenes 
Theaterkostüm  und  doch  sind  sie  nicht  auf  der  Bühne  gedacht, 
denn  diese  angreifenden  X'ögel  simi  im  Theater  unmöglich. 
Wir  haben  hier  also  denselben  Gegensatz  von  Biibnent rächt 
und  dargestellter  Situation,  wie  auf  mehreren  Phlyaken-N'asen. 
Bei  diesen  habe  ich  a.  a.  O.  S.  9*2  dieselbe  autVallende  Er- 
scheinuug  aus  dem  Unvermögen  des  unterilalischen  \'asen- 
malers  erklärt.  Figuren,  deren  mythische  Urbilder  ihm  zwar 
als  alte  Dionysosbegleiter  vertraut,   aber  nicht  durch  die  atti- 


'MS  A.    KOERTK 

seile  Kunst  in  l)ildlieliei'  Darstellung  vermittelt  waren,  anders 
als  in  der  aus  der  Posse  hekannlen  Gestalt  wiederzugeben 

Meine  Aufl'assunj;  wird  nun  hesliiiijil  durch  das  neue  Uöo- 
tisclie  Gefäss.  Auch  in  Hixilieu  haiien  wir  eine  Keramik,  die 
von  Anika  durchaus  ahhiini-ij;  ist.  stäikcr  so^ar  als  die  itali- 
sche, wir  haheu  Icriier  eine  \01ksposse.  die  uiil  (Kmi  Phlyaken 
vNesenst;leich  ist.  niöiien  ihre  Trauer  nun  sOsXovxat  oder  an- 
ders u;eheissen  haben  (v^l.  Athenaeus  Xl\'  S.  6"2I  r-/.), 
und  nun  finden  wir  dieselben  Schauspieler  von  der  Hidine 
losoelöst.  als  burleske  Kobolde,  und  doch  in  der  Thealertracht 
dariiestellt  Die  völlige  Übereinstiminuiifi  der  \'oi'l)edinij;unt;en 
in  Italien  und  Böolien  ei heischt  die  «ileiche  Erklärung  für  die 
hier  wie  dort  befremdende  iM'scheinunj;.  und  ich  vermag  diese 
nur  in  dem  Mani:;el  attischer  V^orbilder  für  die  mythischen 
Urbilder  der  komischen  Schauspieler  zu  finden. 

Die  böotische  Keramik  i;evvährt  uns  aber  noch  weitere  Auf- 
schlüsse in  dieser  Frage  Neben  der  ganz  in  attischem  Banne 
stehenden  Keramik  kennen  w  ir  in  Böotien  seit  der  Aufdeckung 
des  kabirenheiligtums  noch  eine  andere,  die  echt  böotisch 
volkstümlich  und  von  attischen  Fintlüsseu  fast  unberührt  ist 
(s.  Athen.  Mittheilungen  XIII  188<S  S.  41^2  tl'.).  Fine  zusam- 
menfassende Behandlung  dieser  anscheinend  auf  die  nähere 
Umgegend  Thebens  beschränkten  (jcliisse  (vgl.  W'inuefeld. 
Arch.  Anzeiger  \8\)'A  S.  6'i  )  wird  die  Pidjlikation  des  Kal)i- 
lenheiligtums  bringen',  doch  ist  schon  jetzt  eine  genügende 
Anzahl  von  derartigen  Vasen  durch  Abbildungen  und  Be- 
schreibungen bekannt,  um  diese  Gefässklasse  hier  heranziehen 
zu  können.  Auf  ihnen  nehmen  burleske  Gestalten  einen  brei- 
ten Raum  ein,  die  in  wesentlichen  Zügen  an  die  Phlyaken  und 
attischen  Komiker  erinnern,  dicker  Bauch,  starkes  Gesäss  und 
grosser   Phallos   sind  auch    ihnen  eigentümlich  ^  Häufig  sind 


'  H.  Wiiiiicfclil  ;.'('slaUolc  inii  t.'iilij.'sl.  die  ImmimN  fei  liircii  Zficluuiii.t,'oii 
eiiizuso.iicii. 

^  NictiL  alle  ilicsc  '/Äiim  tvelircii  lioi  allen  I-'ii-'uicii  wieder  —  eine  so  freie 
Karrikalur  iicbl  iciclien  Wcclisel  iler  Misst)ililiiii;,'eii  —  alt(>r  sie  .sind  li;iiili;if 
jtoiiuy;,  um  al.-»  Urundlaije  des  T^pu.s  kenullicli  zu  sein. 


EINE    BOEOTISCHE    VASE    MIT    BURLESKER    DARSTELLUNf,  349 

sie  die  Träger  mythologischer  Scenen  ;  so  finden  wir  Boreas 
und  Odysseus  (P.  Gardner,  Ashmolenn,  Museum  Nr.  26*2  Taf. 
?G).  Odysseus  mit  Rirke  (ebenda).  Bellerophon  (Athen.  Mit- 
Iheilungen  Xill  18S8  Taf.  i:),  Keplialos  (ebenda  S.  421). 
Kadmos  u.  a.  von  diesen  lächerlichen  Gestalten  dargestellt, 
die  daneben  auch  tanzend  und  schwärmend  vorkommen  (s. 
VVinnefeld,  Athen.  Millheihingen  XIII  1  888  S.  4 22).  Naturlich 
stellt  sich  der  Maler  die  Helden  der  Sasre  nicht  wirklich  so 
missgestalt't  vor,  er  travestirt  vielmehr  die  Mythen,  indem 
er  für  G(Hler  und  Helden  sptisshafte  Dämonen  unterschiebt, 
ebenso  wie  attische  Vasenmaler  gelegentlich  ernste  Scenen  von 
Satyrn  travestiren  lassen  (vgl.  M.Mayer,  Athen.  Millheilungen 
XVI  18'Jl  S  3(12  ff).  Der  Übermut,  mit  dem  hier  eine  pos- 
senhafte Kunst  die  Götler-  und  lleldensas:e  ins  Burleske  iier- 
abzieht,  ist  innerlich  auf  das  engste  verwandt  mit  der  Behand- 
lung der  Mythen  durch  die  Phlyakenposse,  wie  wir  sie  aus 
den  litlerarischen  Nachrichten  und  besonders  den  ^'asen  ken- 
nen (vgl.  Jahrbuch  I  S.  2ßü  (T..  VIII  S.  86  IT.).  Auf  den  böo- 
lischen  Gelassen  sehen  wir  unmittelbar  die  drolligen  Kobolde 
als  Göller  und  Helden  agiren',  auf  den  italischen  sind  ihre 
menschlichen  Nachahmer, die  Schauspieler  der  Phlyakenposse, 
in  denselben  Rollen  tliälig,  es  hat  sich  also  die  Bühne  zwi- 
schen diese  Ausgeburten  des  Volkshumors  und  ihre  maleri- 
sche Darstellung  eingeschoben,  aber  die  a£TxppOOy.'<j'.;  twv  c-o'j- 
Sziwv  £■;  Tx  y-^o^x  ist  in  beiden  Fällen  die  gleiche.  Der  dio- 
nysische Charakter  der  Dämonen  auf  den  lokalböotischen  Va- 
sen bedarf  kaum  eines  Beweises.  Kern  hat  bereits  auf  die  enge 
Verwandtschaft  der  böotischen  Kabiien  mit  Dionysos  hinire- 
wiesen  (Hermes  1890  S.  3).  wie  sie  sich  unter  anderem  in  der 
Darstellung  des  Kabiros  auf  dem  schönen  Geläss  Athen.  Mit- 
iheilungen  XIII  188STaf.  ü  ausspricht,  und  besonders  deutlich 
zeigen  den  dionysischen  Ursprung  dieser  i:auzen  Däiiionenschar 
jene  wenigen  in  und  ausserhalb  des  Kabirions  gefundenen 
Stiicke,  auf  denen  Satyrn  und  Mänaden  die  Stelle  der  grotes- 

'  Mit  Umochl  li;lll  P.Gardiier  a.a.O.  das  Gesicht  des  Odysseus  für  eine 
Masite,  die  Figur  also  für  einen  Sciiauspieler. 

ATHEN.   MITTHEILUNGEN  XIX.  24 


350   A.KOEnfE,    EINE  BOEOTISCHE  VASE  MIT  nunLESKEH  DAÜSTELLUNÖ 

ken  Gesellen  einnelimen  Zu  dem  besten  dieser  (leüisse  (a.a.  0. 
Taf.  10)  bemerla  Winneleld  (S.  4-?2)  sehr  nclilig:  •  Der  Ma- 
ler hat  hier  offenbar  in  seiner  Phantasie  nicht  heimische  We- 
sen dargestellt,  die  in  ihrei"  ihm  fienulen  \\'eise  dasselbe  aus- 
drückten, was  er  in  ganz  anderer  Art  zu  gestalten  gewohnt  war: 
er  hat  sich  hier  olTenJjar,  ans  welchen  Gründen  wissen  wir 
nicht,  an  attische  Vorbilder  mehr  oder  minder  eng  angeschlos- 
sen'. Seihst  diese  ihre  böotische  Eigenart  so  zäh  festhallenden 
Vasenmaler  müssen  eben  dei'  alles  überwältigenden  attischen 
Kunst  ihren  Tribut  zollen,  aber  sie  thun  es  widerwilliijr. 

Kehren  wir  jetzt  zu  den  Figuren  des  oben  verölTentlichten 
Kraters  zurück,  so  leuchtet  ein,  dass  sie  mit  den  Dämonen  der 
Kabirionvasen  zusammengehören;  beide  werden  verbunden 
durch  die  äusserlich  mit  diesen,  innerlich  mit  jenen  nah  ver- 
wandten Phlyukenvasen.  Im  Grunde  will  der  Maler  des  Kra- 
ters dasselbe  darstellen  wie  die  der  Kabirionvasen,  und  nur  der 
Zwanaj  des  fremden  Stils, von  dem  ersieh  nicht  befreien  kann, 
nötigt  ihn,  seine  Kobolde  in  das  ßühnenkostüm  zu  stecken. 
Der  völlig  allikisirende  Maler  unterliegt  gewissermassen  einer 
lokalböotischen  Anwandlung,  wenn  er  seine  heimatlichen  DU- 
monen,  freilich  in  attischer  Stilisirung,  darstellt,  so  wie  umge- 
kehrt der  echtböotische  Künstler  fremdem  Eintluss  nachuiebt, 
wenn  er  attische  Satvrn  mit  leichtem  böotischen  Anlluue  tnalt. 

Wie  die  Dionysosdiener  Böotiens  auf  der  Bühne  aussahen, 
lehrt  das  auf  S.  3'i6  abgebildete  Geläss,  wie  sich  das  Volk 
ihre  ci»enlliche  Gestalt  dachte,  zeigen  die  Kabirionvasen;  wir 
sind  hier  also  besser  daran  als  bei  den  Phlyaken,  wo  wir  nur 
aus  der  Bühnentracht  einen  Bückschluss  auf  die  Dämonen^e- 
stalt  machen  konnten  (Jahrbuch  VI II  S.  92).  Es  ist  interes- 
sant, dass  sich  die  alten  peloponnesischen  Dionysosgenossen. 
die  wir  bisher  nur  auf  den  archaischen  Vasen  Korinths  nach- 
weisen konnten  (a.  a.  0.  S.  90  IT.),  bei  den  Böotern  bis  in  das 
vierte  Jahrhundert  in  ihrer  Dämonenform  behauptet  haben. 

Konstanlinopel. 

A.  KÖIITE. 


AUS    MESSENIEN 
I.   rpayuEvn  nixga. 

Als  im  Jahre  25  n.  Chr.  die  lelzte  sicher  bezeugte  Grenz- 
resulirunii  zwischen  Lakedaimon  und  Messenien  stallfand, 
sprach  der  römische  Senat  den  Messeniern  das  strittige  Gebiet, 
den  denlheleatischen  Landstrich  d.  h.  die  südwestlichen  Ab- 
hänge des  Tavgetos  zu.  Damals  begründeten  die  lakedaimoni- 
schen  Gesandion  ihren  Anspruch  vor  Allem  mit  dem  Hinweis 
auf  das  uralle  Heiligtum  der  Artemis  Limnatis  (hei  dem  heu- 
tigen Volimno),  dessen  Gründung  von  Sparla  ausgegangen 
sei.  Die  messen ischen  hingegen  brachten  vor,  dass  bei  der  Tei- 
lung unter  den  Herakliden  ihrem  Könige  das  Land  aboretrelen 
worden  sei,  des  seien  Felsinschriflen  und  alle  Urkunden  Zeuge. 
Und  so  habe  denn  auch  Philippos  von  Makedonien,  so  König 
Antitionns,  so  AJummius  und  andere  entschieden'.  Seitdem 
ist  man  im  Altertum  bei  dieser  Grenze  geblieben^. 

Aber  in  ganz  moderner  Zeit  soll  der  alte  Hader  wieder  aus- 
gebrochen  sein.  Hoss  erzählt  nämlich  ^  von  zwei  antiken  Grenz- 
steinen, welche  auf  der  Wasserscheide  des  Ta^'getos  östlich 
vom  Orte  Silsova  zu  finden  seien.  Er  selbst  hatte  sie  nicht 
gesehen,  sondern  war  von  dem  tiamaligen  Lparchen  von  Kala- 
mala  darauf  aufmerksam  gemacht  worden.   Der  eine  befinde 


'  TaciUis,  Ann.  IV.  43. 

2  Ailieii.  Miüliciluii},'('n  VM  S.  217  (F.  schliessl  Weil  aus  einifion  unter 
Sept.  Scveius  von  Tliuria  j,'t'sclil;igiMieii  Miiiiznu  sowie  aus  Pausuiiias,  dass 
später  und  zwar  unter  Tiajan  eine  neue  Greuzre^iulirunj,'  slallt^elunden  habe, 
durch  welclic  der  von  Augustus  },'escliairene  Zustand  wiederhergestellt  sei. 
Die  Slollen  des  I'iiusanias  aher  (IV,  31,  1  und  IV,  oO.  2)  lassen  auch  diege- 
genU'ilige  Inlerprelatioii  zu.  Auf  den  Münzen  von  Thuria  steht  freilich  AA, 
was  nur  Aay.£oai[Aovi(ov  sein  kann;  aher  eine  wirkliciie  Ahlrelung  von  Thuria 
an  Sparla  ist  daraus  nicht  zu  enUiehmen.denu  Thuria  blieb,  wie  das  Recht 
der  iMüuzc  zeigt,  selbständig. 

'  Iq  seinen  Reisen  und  Heiscrouten  S.  2-4. 


3S2  E.   PERNICE 

sich  an  der  Ostseile  des  Berges  toü  TwXo'j,  eine  stattliche  Mar- 
morstele mit  grosser  Inschrift: 

D  P  O  Z 
\  A  K  E  A  A  I 
M   O   N  I  TT  P  O  Z 
MEZZHNHN 

Er  sei  von  den  Bauern  des  Ortes  Sitsova  zerstört  und  von 
seinem  ursprüngliciien  Standorte  entfernt  worden,  weil  sie  ge- 
fürchtet liätten  ,  sein  Bekanntwerden  könne  für  die  Regie- 
rung einen  Grund  mehr  zu  der  von  ihnen  damals  \venig- 
stens  nicht  gewünschten  Trennung  von  der  Eparchie  Sparta 
abgeben. 

Die  andere  stehe  weiter  nördlich  auf  dem  Rücken  der  Was- 
serscheide am  Beroe  iMalevo  und  sei  den  Bauern  unter  dem 
Namen  ypxaas'vr,  -jTsrpa  bekannt.  Die  stark  beschädigte,  gleich- 
falls vierzeilige  Inschrift  laute: 

O  Z 
E  A  A   I 
M   O   N   I  TT  P  O 
Z  H  N 


Dass  diese  Inschrift  zugleich  mit  jener  und  aus  gleichen  Be- 
weggründen umgestürzt  und  fortgewälzt  sei,  berichtet  Curtius, 
Peloponnes  II  S.  157.  Seitdem  galten  die  Inschriften  als  ver- 
schollen '. 

Aber  der  eine  dieser  Steine  liegt  noch  wenigstens  zum  Teil 
an  seiner  alten  Stelle  und  seine  Aullindung.  die  mir  zufällig 
geglückt  ist,  giebt  uns  zugleich  die  Aiöglichkeit  zu  entschei- 
den, bei  welcher  Grenzregulirung  er  seine  Aufstellung  gefun- 
den hat. 

Von  Sitsova  üelann;t  man  sleil  in  östlicher  Bichtuno;  berg- 
ansteigend  in  etwa  1  '/^  Stunden  zu  dem  Gipfel  des  II.  Mav- 
rikios.   Kurz  bevor   man   diese  Höhe  erreicht,  stösst  man  auf 


•  VsrI.  Badekei's  GrieclienlaQil  ^  S.  289. 


AUS    MESSENIEN 


353 


eine  behaute  kleine  T^hene.  Hier  werden  von  den  Bauern  bei 
der  [Joarbeilung  dos  Bodens  häufig  Lager  einer  kohlenarli- 
gen  Substanz  gefunden,  wehdie  sie  /.aaiv.a  nennen.  Diese  La- 
ger gehen  ziemlich  tief  in  die  ßrde  hinein  und  rühren  wol 
aus  alter  Zeit  her.  Die  Vermutung,  dass  wir  es  hier  mit  Spu- 
ren antiken  Bergbaues  zu  thun  hätten  —  der  Reichtum  des 
Taygelos  an  Eisen  ist  bekannt '  — erwies  sich  leider  als  irrig 2. 
Von  II.  Mavrikios  in  mehr  nordöstlicher  Bichlung  stets  berg- 
auf vordringend  bemerkt  man  nach  ■'/,  Stunden  einen  deut- 
lich sich  abhebenden  kleinen  Kegel.  Auf  diesem  war  der  Grenz- 
stein aufgerichtet,  welcher  I>akedaimon  von  Messenien  schied. 
Man  überblickt  von  dieser  llithe  den  grössten  Teil  des  Pelo- 
ponnes.  Nach  Norden  reicht  das  Auge  weit  über  Tripolitsa 
hinweg  nach  Ilocharkadien,  nach  Westen  dehnt  sich  in  gan- 
zer Weite  die  messenische  Ebene  aus,  vom  Meere  allseits  um- 
säumt, im  Süden  thürnU  sich  der  Taygetos  zum  11.  Elias  auf. 
Nur  nach  Lakedaimon  hinüber  ist  der  Blick  beschränkter  und 
wird  durch  zwei  vorgelagerte  Berge,  den  Xerovüno  südlich 
und  den  Teloni  nebst  Phokilistria  nördlich,  beengt,  aber  durch 
das  zwischen  beiden  liegende  Thal  hindui-ch  erblickt  man  tief 
unten  den  Eurotas  und  weiterhin  den  Parnon. 

Die  Karten  geben  den  Punkt  nicht  besonders  an.  Am  be- 
sten stellt  er  sich  dar  als  Mittelpunkt  einer  Linie,  welche  die 
Orte  Silsova  und  Kaslänia  mit  einander  verbindet.  Seine  Höhe 
weicht  der  des  Mälevo,  welcher  in  genau  nöi'dlicber  Richtung 
nahebei  liegt,  mit  I60G'"  nur  um  ein  Geringes.  Der  alle  Inschrift- 
stein ist  von  Hirten,  welche  der  im  Orient  weitverbreiteten 


'  V^'l.  Cuilius,  I^^loponiirs  II  S.  506. 

2  Ilorr  Prof.  Cohen  in  Gicifswald  loille  mir  iih^r  ein  aufi.'plosenes  Slück 
pülifisl  Fül;j(Mvles  niil:  'Das  voilio-^ondo  Slück  isl  zweifellos  ein  Kunslpro- 
duct.  Dasselbe  bcslelil  aus  Quaizköinern  und  Ihonijjen  Partikeln,  innifj  ge- 
mcntil  iiiil  einer  külilij.'-liiluininöson  Suhslanz.  Ks  mag  ursprünglich  ein  mit 
Shoh  udcr  anderen  organischen  t^uhslanzen  gemeiigler  sandiger  Lehm  vor- 
fiele).en  hahen,  der  elwa  zu  Ziegeln  verarheilct  oder  aU  Bewuifniassc  ver- 
wandt worden  ist,  wie  dies  noch  jelzl  in  ländlichen  Di>tiiclen  öfiers  ge- 
schiclil.  iSp.'llcr  isl  wahrscheinlich  bei  einer  Feuersbruiisl  die  Masse  ver- 
kohlt', 


354  E.    PERNICE 

Fabel  glaubten,  dass  Steine  mit  Inschriften  Gold  bergen,  her- 
ausgenommen und  zerschhigen  worden.  Kv  l)Oslehl  aus  einem 
gewöhnlichen,  an  Ort  und  Stelle  brechenden  Glimmerschie- 
fer' und  ist  aus  diesem  Grunde  besonders  stark  zerplittert.  Nur 
zwei  Fragmente  haben  sich  gefunden,  das  eine  lag  auf  dem 
Gipfel  des  Kegels,  das  andere  war  etwa  '20-"?ö"'  tief  herabge- 
rollt.  Beide  Fragmente  passen  an  einander  an,  geben  aber  über 
die  ursprungliche  Form  des  Ganzen  leider  keinen  Aufschluss. 
Doch  scheint  der  Stein  eher  ein  roh  behauener  Felsblock,  als 
eine  quadratische  Herme,  wie  Uoss  meinte,  zu  sein.  Von  ei- 
nem Unterbau  war  keine  Spur  vorhanden.  Die  Buchstaben 
sind  10-11'™  hoch  und  gerade  und  kräftig  in  den  Stein  ge- 
meisselt.  Man  erkennt'^: 


0X-' 

"Opjo«: 

AAKEA/ 

Aa/.£Sa[i- 

'.npc 

aovtj  TToöf; 

/Hr-I 

1                   J              l         L 

M£C(7]7;vr,[v 

Die  Nachricht  bei  Ross,  dass  Silsova  nicht  weit  von  dem 
oben  zuerst  beschriebenen  Stein  entfernt  liege,  scheint  dafür 
zu  sprechen,  dass  es  eben  dieser  ist.  dessen  Fragmente  jetzt 
wieder  gefunden  sind.  Aber  es  müsste  dann  der  li^parch  sich 
in  der  Anoabe  des  Steines  sehr  i>rob  ü:eläuscht  haben.  Daher 
werden  wir  nicht  fehl  gehen,  wenn  wir  in  unserem  Stein  den 
bei  Ross  an  zweiter  Stelle  ü;cnannlen  erkennen.  Das  Material 
ist  dort  nicht  angegeben.  Die  erhaltenen  Buchstaben  stimmen 
annähernd  mit  unserer  /Abschrift.  Der  Stein  war  bei  der  Pu- 
blication  durch  Ross  noch  nahezu  intact,  nur  ist  er  von  einem 
ungeübten  Auge  fehlerhaft  gelesen  worden. 

Dieser  Stein  wird  im  Volksmunde  ypxav.svyi  Trerpa  genannt; 
aber  nicht  dieser  allein.  Zwischen  ihm  und  dem  bekannten 
Chani  des  Kanellas,  in  welchem  man  vor  dem  Marsch  durch 
die  wilde  Langädaschlucht  zu  rasten   pflegt,  liegt  nach  Aus- 


'  Vi;I.  IMiiliiipson,  iJcr  l'cloponiir.s  S.  203. 

'  Ein  Abklatsch  der  Insciuifl  beliiidet  sich  jetzt  im  epigrapliischen  Mu- 
seum zu  Athen. 


AUS   ME8SENIEN  355 

sage  des  Entomologen  Dohiasch-Padewielh  eine  beschriebene 
Marmorplatle,  welche  von  einem  dort  ansässigen  Jäger  gezeigt 
wird  und  gleich  falls  v?ou.u.i^r,  -rirox  heisst.  Icli  war  nicht  mehr 
in  der  Laire.  diesen  Stein  zu  untersuchen.  Aber  es  ist  leicht 
denkltar,  dass  dies  der  zweile  Grenzslein  ist  und  es  würde  sich 
des  geringen  Abstechers  verh)lmen.  um  nach  dieser  sicheren 
Angabe  das  lUitsel  zu  lösen  '. 

Bei  der  Erbitterung,  mit  welcher  die  Grenzstreitigkeiten 
geführt  wurden,  ist  anzunehmen,  dass  bei  jeder  neuen  Regu- 
lirung  die  allen  Steine  schleunigst  entfernt  und  zerschlagen 
wur(Jen.  Und  wenn  wir  heute  noch  an  Ort  und  Stelle  einen 
Grenzslein  fin.len,  so  ist  an  und  für  sich  die  wahrscheinlichste 
Annahme,  dass  er  von  der  letzten  Festlegung  der  Grenze  her- 
rührt, also  der  des  Tiberius.  Dagegen  sprechen  die  Formen 
der  wenii:;en  erhaltenen  Buchstaben  in  keiner  Weise. 

II.   Pherai. 


Rei  einer  Reise,  welche  ich  gemeinsam  mit  Otlo  Rem  im 
Frühjahr  1891    in  Messenien  machte,   wurden  wir  von  dem 


'  Für  den.  welciicr  sich  dicsor  Aufsähe  unlerziohl,  sei  bemerkt,  dnss  süd- 
lich von  diesem  Chani,  in  fjeradc'  liichlung  auf  den  Gipfel  des  II.  Elias 
clw.i  3  ."^lundiMi  her.u'an  noch  ein  jriosser  Inseln iflslein  lie^'l.  Bei  der  Un- 
wc^snmkeil  des  Geliir;;es  i>l  es  wahrscheinlich,  dass  der  iSlein  uichl  weil 
verschleppt  ist,  vielmehr  noch  an  seiner  allen  Stelle  liegt. 


356  E,    PERNICE 

deutschen  Konsul  in  Kalamata,  Herrn  Zalin,  in  liebenswüp- 
tigsler  Weise  iln rauf  aufmerksam  gemaclit,  dass  sich  in  Janitsa, 
2  Stunden  von  Kalamata,  in  den  Vorherigen  des  Tayi^elos  Reste 
von  Mauern  Üiuden.die  so  i^ut  wie  unhekaunt  seien.  Die  Kürze 
der  Zeit  liess  uns  damals  nur  zu  lliichli^em  Studium  kommen. 
Ich  habe  itn  Sommer  189"2  einen  zweiten  läno;eren  Aufenthalt 
daselhst  üjenommen  und  Polujendes  ermitteln  können. 

Von  Kalamata  lidit  man  durch  eine  flache  I^hene,  mehr- 
fach kleine  KüstenHusschcn  überschreitend,  in  etwa  einer  hal- 
ben Stunde  nach  dem  Dörfchen  Janitsanika.  Nach  einer  aber- 
maligen halben  Stunde  beij;innt  der  Wvj:  langsam  und  dann 
rasch  zu  steigen  und  wird  schliesslich  zu  einem  beschwer- 
lichen Felspfad.  Man  steigt  eine  Stunde,  zuletzt  am  Uande  einer 
tiefen  zu  beiden  Seiten  fest  senkrecht  abfallcMiden  Schlucht 
hinan,  welche  man  kurz  vor  ihrem  l^nde  auf  einer  Brücke 
überschreitet.  Der  schmale  Bergrücken,  an  dessen  mittlerer 
Höhe  man  nach  Überschreitung  der  Brücke  angelangt  ist,  üillt 
auch  nach  der  anderen  Seite  zu  einem  Flusslhal  ab,  jedoch  nicht 
mit  dergleichen  Schroflheit  wie  hier.  Die  llauplrichtung  die- 
ses von  den  beiden  Thälern  begrenzten  Rückens  ist  die  von 
Nordosten  nach  Südwesten.  Der  südliche  Baclilauf  in  der  lie- 
fen Schlucht  heisst  Stachteas,  der  nördliche  Sovolaka.  Beide 
Bäche  vereinigen  sich  in  der  Ebene  und  fliessen  östlich  vom 
Nedonfluss  in  das  Meer.  Der  vordere  Ausläufer  des  Berg- 
rückens  trägt  eine  Kapelle  der  II.  Nd<6laos,  hinter  diesem  er- 
hebt sich  jäh  und  schrolT  aus  dem  Rücken  hervorspringend 
der  eigentliche  Bei'gkegel,  welcher  nach  der  Seite  zu,  wo  er 
mit  dem  Gebirge  zusammenhängt,  w  ieder  etwas  sanfter  abfällt. 
An  diesem  Abhänge  und  in  der  Einsenkung  liegt  das  Dorf 
Janitsa. 

Es  ist  einleuchtend,  wie  ausserordentlich  günstig  die  Be- 
dingungen für  die  Anlage  einer  starken  Festung  sind.  Ein 
wirklicher  Zugang  ist  nur  von  den  hinleren  Bergen  aus  mög- 
lieh,  nach  allen  anderen  Seiten  verbietet  der  Berg  schon  in 
seinem  natürlichen  unbefestigten  Zustande  eine  Annäherung. 
Dazu  beherrscht  der  Blick  von  der  Höhe  des  Berges  aus  die 


AUS   MESSKNIEN  357 

ganze  untere  messenische  l!]l)ene  in  üljerraschender  Vollslän- 
(Ji.i;keit,  wälii-cnd  die  voi'gelugerlcn  niedrigeren  Hügel  es  be- 
wirlven,  dass  die  Höhe  dem  lilicke  des  Ankommenden  gänz- 
licli  verborgen  Ijleibt.  bis  dieser  in  ihre  unmilLelbare  Nähe  ge- 
langt ist. 

Unwillkürlich  denkt  man  bei  solcher  Erwägung  dei  ört- 
lichen N'erhältnisse  an  die  ganz  identische  Lage  von  Mykenai. 
'Zwei  Sclihichten',  so  beschreibt  E.  Curtius',  "ziehen  sich 
von  Osten  nach  Westen  das  Gebirge  herunter.  Von  beiden  ein- 
geschlossen erstreckt  sich  in  i-leicher  Kichtuni;  der  im  Osten 
mit  dem  Gebiriie  zusammen  bannende  Burghüii'el  und  weiter 
abwärts  geii-en  Südwesten  der  Hache  Höhenrücken  der  Unter- 
Stadt.  I3ie  ßurg  hat  ungefähr  die  Gestalt  eines  Dreiecks,  des- 
sen  Grundtläche  nach  Südwesten,  die  Spitze  nach  Osten  gegen 
das  Gebirge  gerichtet  ist.  An  der  südlichen  Seite  zieht  sich 
eine  liefe  Schlucht  mit  schrott'en  Felswänden,  das  Bett  eines 
Giessbachs,  welcher  nur  im  Frühjahr  voll  Wasser  zu  sein 
pflegt ;  auf  der  entgegengesetzten  Seite  sind  die  Abhänge  sanf- 
ter und  grasig'.  Und  über  die  Lage  zur  Umgebung  heisst  es : 
'danach  hatte  die  Stadt  in  (loi)pelter  Bezitdiung  eine  ausge- 
zeichnete Lage.  Einmal  beherrschte  sie  den  oberen  Teil  der 
grossen  Ebene,  der  sich  gegen  Westen  und  Süden  Jiin  unter 
ihren  Mauei'u  ausbreitete,  und  dann  kommen  bei  Mykenai  die 
wichtigsten  Strassen  aus  dem  Küstenlande  des  korinthischen 
Golfs,  die  Strassen  von  Phlius.  Nemea,  Rleonai,  Korinthos 
vereinigt  über  das  Joch  der  Berge  in  die  argivische  Ebene 
herunter'.  "Selbst  versteckt,  überschaut  sie  das  Tiefland  mit 
seinen  wichtigsten  Punkten'. 

Gleich  nachdem  man  die  Brücke,  welche  über  die  Stachteas- 
sclducht  führt,  überschritten  hat.  bemerkt  man.  wie  an  so 
vielen  alten  Stätten,  in  den  modernen  Terrassen  und  Umfas- 
sungsmauern der  einzelnen  Grundslücke  zahlreiche  gewaltige 
Steine,  welche  zweifellos  einst  einer  starken  Befesligiings- 
mauci' aiig('li(Ml  liabcii.  Und  so  wurde  uns  ilenn  auch  erzählt. 


Peloponnes  II  S.  403.  400. 


S58  E.    PERNICE 

dass  alte  Leute  dort  noch  eine  vollständige  Mauer  erblickt  ha- 
ben wollen.  OLiwol  man  dei'artii'on  Nachrichten  moderner 
'aller  Leute'  im  AllücMnoincn  ebenso  \venii>;  Glauhen  schenken 
darf,  wie  ihren  ^'o^Iäu^('rn  im  Altertum,  so  hat  doch  in  die- 
sem {•'alle  die  Volkssace  bis  zu  einem  gewissen  Grade  Recht 
behalten.  Denn,  freilich  nicht  tief  unicn.  sondern  auf  halber 
Höhe  sind  auch  an  dieser  Seite  Mauei'reste  erhallen,  welche 
die  einstige  ganze  Ummauerung  sicher  stellen.  Der  grösste 
und  statllichsle  Mauerzuü;  daü;ei;en  befindet  sich  an  der  entge- 
gengeselzten  Nordseile  des  Berges.  Die  Länge  des  erhaltenen 
Stückes  beträgt  2i"'.  die  Höhe  bis  .')'/,'".  Linzeine  Steine  er- 
reichen die  stattliche  Grösse  von  '1'"  Läuüe  bei  80'™  Höhe.  Die 
Dicke  der  Mauer  ist  nicht  mehr  festzustellen,  denn  jetzt  ist  sie 
zu  einer  Terrassenmauer  geworden,  die  sie  urs|)rünglicli  nicht 
war.  Die  Bauart  dieser  Mauer  ist  noch  nicht  eigentlich  poly- 
gonal zu  nennen,  sondern  die  Steine  sind  mehr  nach  Art  ky- 
klopischer  Bauwerke  aufeinandergetiirml ;  weder  regelmässige 
Fugen  noch  fesler  Fugenscliluss  ist  vorhanden.  Die  zwischen 
den  grossen  Steinen  freibleibenden  L(»clier  sind  meist  durch 
einen  kleineren  Stein  sorulältiuj  i2;efiillt.  und  das  ist  der  einzige 
Unlerschieil.  der  zwischen  diesen  Mauern  und  denen  der  my- 
kenischen  Iilpocbe  obwaltet,  bei  welchen  die  Löcher  durch 
mehrere  kleine  unregidmässige  Steine  verstopft  werden.  Aber, 
wie  auch  Kern  mir  nachlriiglicli  versichert,  an  (hn  Mauern 
von  Janilsa  sind  auch  Beste  dieser  echt  mykenischen  Bauweise 
zu  erkennen.  Die  Steine  sind  nur  teilweise  aussen  ^ej'lältet. 
Nicht  weit  von  diesem  Mauerzuge,  etwas  weiter  östlich  ge- 
legen und  ein  wenig  tiefer,  ist  ein  zweites  Mauerstück  von  '26'" 
Länge  erhallen,  wobei  zwei  kleine  Unterbrechungen  einge- 
rechnet w^erden.  Es  ist  ganz  von  Grün  überwachsen  und  des- 
halb weniger  sichtbar.  In  seiner  Bauweise  zei^t  das  Stück 
genau  die  gleichen  Ligentümlichkeilen  wie  die  grosse  iMauer. 
An  der  vorderen  Weslspilze  waren  nur  unsichere  Beste,  iiudir 
di'ue^en.  wie  bereits  angedeutet  wurde,  an  der  Südseite  nach 
der  steilen  Schlucht  zu,  wo  einmal  ein  Stück  von  'i  '/./".  ein 
anderes  Mal  ein   Stück  von  2'°  Länge  sichtbar  wird.  An  der 


AUS    MESREN'IEN  36P 

Ostseite  liegt  das  Dorf  selbst.  In  den  Häusern,  die  ich  nicht 
näher  untersuchen  konnte,  mögen  noch  Reste  der  alten  Mauern 
stecken. 

Die  gescliilderten  Mauerslücke  gleicher  Bauart  umschlies- 
scn  ein  ziemlich  grosses  Plateau  von  etwa  150'"  Länge  bei  80™ 
Breite,  genügend  für  eine  bedeutende  Burganlage.  Da  wo  jetzt 
das  Dorf  liegt,  würde  man  die  Unterstadt  ansetzen.  Für  die 
genaue  Feststellung  des  Laufes  der  Umfassungsmauer  im  Ein- 
zelnen reichen  die  erhaltenen  Stücke  nicht  aus  und  einen  Plan 
zu  entwerfen  ist  daher  nicht  möglich  Llwas  weiter  unten  an 
dem  nördlichen  Abhang  ist  noch  ein  geringes  Stück  antiker 
Mauer  erhalten,  welches  einer  jüngeren  Epoche, wahrscheinlich 
einem  'l'urme.  angehört. 

Auf  der  höchsten  Höhe  des  Plateaus  stehen  zwei  verfallene 
Kapellen,  eine  des  IL  Andreas,  die  andere  des  IL  Taxiar- 
chis.  Hinzu  kommen  auch  hier  die  ajrossen  Reste  einer  ehe- 
mahnen  crewaltii'en  Bauthätiokeit.  Man  erkennt  vor  Allem  ein 

crosses  Stück  einer  Gebäudeecke.  Die  Mauern  sind  hier  sorsr- 

~  <-^ 

faltiger  nefügt  als  an  dem  unleren  Binüf  und  zeigen  schon  ganz 
die  polygonale  Bauweise.  Vielfach  findet  sich  in  den  Mauer- 
fugen Mörtel,  herrührend  von  Bauton  mittelalterlicher  und 
moderner  Zeit,  welche  sich  an  die  allen  Mauern  anlehnten  und 
deren  Überreste  den  oberen  Teil  des  Plateaus  nach  allen  Rich- 
tungen hin  durchziehen.  Auch  antike  Mauern  sind  ausser  dem 
genannten  Stück  noch  reichlich  vorhanden  und  schon  dadurch 
wird  erwiesen,  dass  die  ersterwähnte  Ecke  nicht  etwa  einem 
Turme  sondern  einem  Gebäude  angehört.  Zu  erwähnen  ist 
endlich  ein  grosser  Felsstein  dicht  bei  der  Gebäudeecke,  wel- 
cher an  der  einen  geglätteten  Seite  Einarbeitungen  zur  Auf- 
nahme hölzerner  Balken  zeigt.  Alle  diese  Reste  auf  der  hoch- 
sten  Höhe  der  Burg  dürfen  wir  als  Teile  eines  einzigen  gros- 
sen Bauwerkes  aulTassen.-  Wir  halten  demnach  inJänitsa  eine 
sehr  alte  Burg,  in  der  natürlichen  Anlage  des  Burghügels  iden- 
tisch mit  Mykenai,  in  der  beherrschenden  Lage  hoch  über  der 
Ebene  zu  vergleichen  mit  Mykenai,  Andania,  .Mideia  und  an- 
deren  Burgen   der  mykenischen   Epoche.    Auf  der  Höhe,  wo 


360  E.    PERNICE 

man  den  Palast  erwarten  würde,  steht  ein  grosses  Gebäude,  in 
halber  ll()he  liegt  ein  fesler  Mauerring,  daran  scliloss  sich  die 
Ünlersladt. 

Verlässt  man  Janilsa  an  der  östlichen  Seite  und  umgeht  die 
nördliche  Sovoiakaschlucht ,  so  gelangt  man  nach  etwa  20 
I\Iinulen  an  dem  jenseitigen  Schluchtrande  zu  einer  Kapelle 
des  H.  \'asiIios,  welche  zum  Teil  aus  antiken  Werkstiicken 
gebaut  ist;  einzelne  massig  mit  Flechlbänderu  verzierte  Mar- 
morleisten zeigen,  dass  hier  im  Altertum  ein  grösseres  Bau- 
werk gestanden  hat.  Dicht  unterhalb  der  Kapelle  sind  in  die 
modernen  Terrassenmauern  zwei  antike  Inschriften  vermauert, 
beide  aus  später  Zeil.  Die  eine  derselben  ist  nach  einem  mas- 
sigen Abklatsch  von  Petridis  und  einer  vollständigeren  Ab- 
schrift Fourinonl's  von  Foucart  im  Bull,  de  corr.  hell.  I  S. 
31  und  32  herausgegeben.  Die  erneute  Wiedergabe  sei  beson- 
ders wegen  Z.  9  hier  gestattet'. 


H     I 
N    I    n   N    I    L 
AAKEAAIMl 
MAI    ZKATO    IKh 
5      nEPITOYSrONEIZt. 
A2KAI    2:n(J)POi:YNH2K/ 
AE    I    AZXAPJNnPOSAEiAK 
T  OA  N  A  AnMAXAPITEAOY2TOYA 
AE    I    OY    K   A    ITIIV1AAOSTH2IOYNI 
iO      O  YT  n  N  r  O  N  E  n  N  A  Y  T  O  Y  K  A  I  X  AP  I 
TEAOYZTOYXAPITEAOY^T   O   Y 
AAEA0OYA  YTOY 


»  Weil  Ijpiiieilxl  zu  ilcr  Insclnifl,  die  er  Allion.  iMillIi(>ilun^'en  VII  S.  216 
erwähnt,  dass  duicii  sie  die  l)ishpr  bcsUiUeiic  I.npo  der  z(.');it]  Kniamai  bei 
dem  iiculitreii  Janilsa  elwa  "2  ISluiideii  östllcli  vuii  Kalaiiiai  li\irl  weide.  Der 
Schluss  scheint  mir  nichl  zwingend  zu  sein. 


1( 


EN.    MlTTHEILUNGEN    XIX    S.    361. 


lAHATCAA.       .      .     . 
KAinPOrONUL).     . 

NenA 1 NONYnsp 

eiCTeTAKOINA 
lAC.      .      AlTHnOAe 
OC     I     ACXUUPAC     .     . 
CT    H    AI..     . 


K    A     I     e  I    C    T   A 


1 ' 


2( 


n 


N   A    N   A  A 
.    A    A  A    . 

AAUUCAC    K     I     NAYN. 

SNAYTOCCnOYAH 

..c.'ieTcne    .. 

tnPOC      HKOYCHC. 
0PO      N     HTON.     .      .     . 
leUUeAGAOMeNHC      A 
MCnOAeUUCHM    (JUN 
(JUNHMe     I     NKAI     TUUN 
0(t)e6N.     lYAC.     .     . 

YSATuuNo  I  KoeeN 
euucHMuuNnpoc   . 

fJMSIKPOYAeiN 
A    I     A     I    A  T  O   Y 
C   A   O    K    N   (JU    K     . 
NTOAGAHM 
.    T  O  e  O  O  Y    . 
N    .    A    I     K    AT    A 
C  UU  N  A  e  T 
\   C   /      .    A    . 


»  UU  K 
M  .  N  H 

Y  A  c  e 

TAPS 
I  C  I  O 

Y  A  /   . 
CO.. 


3( 


ACKAIMHAC. 

ONTOY  I  ePOY 

O  \  I  I  .  .  .  A  N  A  . 

e  N  A  I  e  UU  .  O  I  . 

N  T  c  -  e  e  .  .  .  . 

IC  O  I  K  O  O  C  .  .   . 

T  H  C  .  .   .   . 


3£-  e 


.   .    .A.    .       CNAPxiAN-AeAKAioirepONTecenSKPeiNANeneiAHArcAA 

.    .    .   .M 'Tocre.o.CTeTOYnpuuTOYnAPHMeiNYnAPxujNüAinporoNuu.    ,    . 

.    .M oi'iA.   TAnenoAeiTevMeNuuNnANTAteei    i       NenAiNONvnePi 

OeAC ANHPHMeNOCKAInPOAl     .eee.      .  UJMHCeiCTeTAKOINA- 

HC.A.XPC.      -CNe.     ("IC  .      IL      IKA(UJMAlt>eONOI      'CIIIAC     ,      .      AlTHnOASI 

.♦lAOXeiMOYMeNOCKA     I     .  .MeNTHCAKPeOJCHMUJNKAITHCAHMOC     1      ACXUJPAC     .     .      . 

C.  nO ICKAinANTAOCAANANKAlONHKeiCTHAI,.     .     .NANAA 

AC.C. TUUNCYNArOPGYON     .  NMICBOYCKA     i     eiCTA.AAA. 

IHNAI. PC.      .      jekTUJNIAlUUNnPOeYMUJCANAAlUCACKINAYN. 

OYCANATIOACCII IS.  lUCYl      .      lANnOAAHNPei       I CeNAYTOCCnOYAH 

KAI*PONTIAinOAAI- UUNANAAUUMATUUN       XPHCAMeN.C.ieTCne       .. 

OirSNe/      .      .      .      .OIN *AN.e  NTUJ.     KAIXHCOYAeNAYTO     ICnPOC      HKOYCHC. 

CeiCMCNNTHC  .  cflineNAeKAITHNnOAlNHMLUNOYKeYK      ATA*PO      NHTOM.      .      .      . 

preTHC      CNCiACi cx.onoui"...    iNAnoiHC..nponoAeujeAeAOMeNHC    a 

.OPH.      .     .  C.     .  C NHCKAITUUMeriCTUJKlNAYNUITHCnOASIJUCHMUJN 

\CICCAAC.C.     .     .     .      v.ANeiCAC.  KAlnAPAKeiNOYMeNUUNHMeiNHAITUJN 

NIUMACJUIC.      .      -      .CC A.      .      .AAABONTeCCITOYT.P.POlt>eeN.      lYAC.     .     . 

MO.ANKAI     .OYTUÜI A.      .  CCUJZUJNKAIM.      .eNTAYSATUÜNOlKOeeN 

.      .      .      .MeNOCXPHMA.UJN* AY.TA.      .CIMAKelMHTATAT.nOASUUCHMLUNnPOC.      . 

..H~.TO.B.e*YA        TCIX...        NAN OAHI ctlAAANeCNMeiRPOYASIN. 

ACitlOCk/OHPI' .../  OYKCY ClICeN...       .UJkAIAIATOYT 

^YNATlUCC^     I  AK     ..IM Cn NAIAKSIM     .     NHCAOKNUJK.      . 

nPOCTOYTO(t>IAOTeiMIAXPHCAMeNOC NA HeYACSNTOAeAHM. 

.      .TONKAinOAAUUNA.PCC      .      NAIUü  lOI      .AlR       A       IO TAPe.TOeOOY.     . 

nATPlOYnANTUÜNHMUUNC.      OYCA<      .     .     NOPUJN  lOlCION.AI     KATA. 

..IHAOYKHNCIAC OI.KAIGIN YA/.CUUNAeT,       .. 

POCT...         NA>CA.      .KAI.      N     .      .AC.      .  AITHCRPOC YCO.     .     \C/  A.     .      .      . 

...reNiO)  AI c..e  iainc 

c(ju e/.CTci...YnHi apxhcka.ac.hcackaimhac. 

....  'JOIKel^JU..OKIA^  .CXPHMATCJU NKOCMONTOYISPOY-. 

.NAI...PAMeN.IOOI.  ...  ..OYAO    CN..XO\II..ANA.... 

...eiiA.-  eNCCKAi.Ai  CKC neAHeeNAieuüOi... 

III HAN.N  OION.CTO  TICNTC^SS 

...THNC.  TOIC..-I.  AeiANA.CYA TOCOIKOOC 

THCI TOICMA.  A' HMICS-THC 

A     .      N    C  Y   A   A    I 


c 


Alis    .NfESSENIEN  3öl 

viojv   'Io['jviov  XapireXo'j; 
Aa5C6Saij;.G[viov  iv  KaXa- 

Ssia;  yzciv  rcO'7S£^au.[£v(üv 
tÖ  ivälwaa  XxpiT£).0'j;  toO    'A- 
SstO'j  y.xi  Tti/.i'io;  xr,?   'louvi- 
1  0        O'j  TÖJv  yovEiüv  auToO  y.xl  Xxpi- 
x£>vO'j;  TO'j  XapixeXou;  xo'J 
äSiXcpo'j  a'jxo'j. 

Die  zweite  Insclirift  abzuklatschen  und  abzuschreiben  hat 
Petridis  nicht  füi"  niUig  i^ehallen,  da  die  Züge  der  Buchstaben 
{gänzlich  verschwunden  seien.  \ls  Hessen  sich  indessen  nach 
längerem  Studium  doch  noch  die  Reste  eines  grossen  Ehren- 
dekrets ermitteln,  welche  auf  der  Beilage  wiedergegeben  sind. 


Karjx  [tvjv]  <y[u]vap/^i3cv  xxOk  x.xt  ol  yi^o^':i(;  e7:£x.p£tvxv  6-£iSy) 

'Ay£Sx[ao<;?].  .  . 

Y£[v]o['j];  TS    TOü  xpcÖTOu    TTap'  y;y.eiv  orrxpycov  xai 

•r:poyövfa)[v .  .  . 

TTETToT^EiTE'jy.Evcov    "ivTa    §£    ^^./^  "^  £-ar^ov 

ü-ep.  .  .  . 

ävYipYiuEvoi;  xat  -poxt[pl£0£[i(;  ?  p]ä);j.r,<;  eI';  t£  xk  Jto'.vk. 

5    S'./.aiojya  <p06vo'. xf,  "jtoXEt. 

odoT£'.y.ooij.£vo;    /cai    xvi;    ax.p£co;   y;ü.(I)v   /.xl  xr,^  öraof^ia; 

■/wpa; 

x.at  xxvxa    cia  ävav/.aiov  f./.eicTYj.  .  .  .ävx>- 

x(öv  <7'jvayop£'jCv!^xwjv  {^.igOoö?  y.ai  £•.;  xk  [xJXXa 

i/,  xcöv  iSiwv  7rpoO'jj;.cj>;  xvaXto'JX?  xtvSüv- 

10   O'j; £'j^vo]txv   Tzollr,^  7:£pi[67»oiYi]<76v  auxc?  (T-o-jöyj 

KXt  cppovxiSi  7;oXX-/i xva>.cijy.xx(i)v  yp7](;xjX£v[o; 

xxt  xTi?  oüStv  xOxoi?  7;po(rr,>coO'jr,; 


362  6.    PERNICE 

yvi?,  [x7re]^Yiv£v  Se  y.ai  ttiv  xoXiv  r^acüv  oujc  tuxaTa^po- 

VYITOV    [eU- 

ecyETT); ttoiy;«?.  .   -po  7;6>e(o;  SeSoiy,£vr,; 

15    vr,;    y,xi  tc5  [^.eyi'jTw  xivSövco  T*r,<;  ttoXeo)?  TjUlöv 

oJavEioa^.  . -/Cxt  T7apax.£tvo'Ju,£vci)v  y;|/.£iv  /txi  röiv 

T:ap]xXaS6vT£(;  rri-ro-j 

cw^tüv  /.ai.  .  .  ivraöOac  tcüv  ol'/toOev 

....  ü.£vo;  ypr,(7.z[T](üv '^['^^1   ttÖXewi;  vjy.div  7:po; 

20    v.£ix.pou   Ssiv 

/.al  oix  Tou 

öuvaröj?. )C£i{y.[£jvr,(;  äö/.vco  x[ai 

■77pö;  TOUTO  ^'.>.OT£taia  y^r.nxu.s^oc .  .  .  .  elTy-EÖarrEv.  to  Se  <V,a[6'J'.ov 
.  .  .  tÖv  y.ai  TToX'Xäiv 

In  den  folgenden  Zeilen  ist  so  gut  wie  nichts  mehr  zu  ent- 
ziffern.   Z.  27    )t]xl   TTJi;   -pö?,    Z.   ;-^0  0'!/'.£i(i)[v ]   ypr,u'.icT(i)[v 

£i(;  TÖjv  /.ÖGy.ov  toO  UpoO.  Also  hier  war  die  Aufzählung  der 
VVoIthalen  des  Geehrten  für  dasGemeinwesen  noch  nicht  been- 
det, interessant  ist,  dass  es  sich  an  einer  Stelle  Z.  13  um 
Grenzstreiligkeiten  zu  handeln  scheint. 

Dicht  oberhalb  der  Kapelle  nun  ist  eine  wundervolle  nie 
versiegende  Ouelle,  die  aus  einer  kleinen  betretbaren  Felsen- 
höhle kommt.  Sie  ist  so  stark,  dass  sie  eine  Mühle  treibt  und 
den  ganzen  Abhang  so  reichlich  mit  Wasser  versieht,  dass  von 
ihr  aus  das  ganze  Thal  einen  einzigen  grossen  Obst- und  Blu- 
mengarten bildet,  ^'on  besonderer  und  seltener  Kraft  der  Ve- 
gelation  sind  die  Ränder  des  engen  Bettes,  in  dem  sich  der 
Quellbach  zunächst  bewegt.  Die  Ouelle  in  Veibindunijf  mit 
den  Archilekturslücken  und  Inschriften  lässt  annehmen  ,  dass 
hier  ein  Heiligtum  gestanden  liat. 

Gleich  bei  unserem  ersten  Besuch  glaubten  wir,  in  Janitsa 
den  Punkt  ei'kennen  zu  müssen,  wo  die  uralte  Stadt  Pherai 
gelegen  hat,  der  Sitz  des  Diokles,  wo  Homer  den  Telemachos 
auf  seiner  Beise  von  Pylos  nach  Sparta  übernachten  lässt.  Die 
alten  Nachrichten  über  Pherai  sind  nicht  reichlich.  Pausanias 


AUS    MKSSENIEN  363 

erzählt,  dass  Pherai  von  Abia  70  Stadien,  von  Thuria  80  Sta- 
dien entfernt  sei.  Pherai  selbst  setzt  er  ungefähr  sechs  Stadien 
vom  Meere  an,  ähnliches  berichtet  Slrabon,  der  sorjar  nur 
fünf  Stadien  Entfernung  vom  Meei'e  rechnet,  in  der  Nähe  den 
Nebentluss  münden  iässt,  und  die  Stadt  auf  eine  hohe  Anhöhe 
verlegt,  ßei  Homer  heisst  es  <^•/;r/-  vr/.Tiu.i^-n  und  *l>r,oxi  'C,if)ix'.. 
Pausanias  fährt,  nachdem  er  von  Pherai  gesprochen  hat  fort: 
oXiyov  Ss  otTTüJTipa)  «I'xpojv  *At:6XXwvo:  aX'jo;  j^tI  Ivxcvcio'j  xal  \J^x~ 

Bisher  hatte  man  das  alte  Pherai  bei  dem  heutigen  Kala- 
mata  an"esct/t.  Aber  in  Ralamata  sind  nur  verschwindend 
wenige  antike  Überreste  zum  Vorschein  gekommen'.  Nun  hat 
zwar  Kalamata  im  Mittelalter  wie  in  der  Neuzeit  eine  2;rosse 
Rolle  gespielt,  liier  war  einst  der  feste  Sitz  der  fränkischen 
Herrschaft,  hier  sassen  die  Venezianer,  es  hatten  hier  die  Tür- 
ken einen  Watfenplalz  gegen  die  Mainoten,  und  in  der  Neu- 
zeit war  Kalamata  der  Mittelpunkt  des  Aufstandes  ^.  Alles  das 
muss  dazu  beigetragen  haben,  die  Spuren  des  Altertums  zu 
verwischen.  Aber  etwas  würden  wir  doch  erwarten.  Kein  Stein 
der  grossen  Mauern  und  Belestigungswerke  Iässt  auf  antike 
Verwendung  scliliessen,  nur  einen  kleinen  Säulenslumpf  von 
80""  Länge  fand  ich  an  einer  Stelle  in  der  xMauer  verbaut.  Den 
Eindruck  einer  späten  Anlage  hatte  aber  nicht  nur  ich  allein, 
sondern  viele,  die  Kalamata  besucht  hatten,  ohne  von  Janitsa 
etwas  zu  WMSsen.  Dazu  kommt  ein  weiteres.  Der  messenische 
Golf  wurde  im  Altertum  nicht  nach  Pherai  genannt,  welches 
nach  seinen  Schicksalen  zu  urteilen  die  o;leiclie  Machtstelluns 
wie  Thuria  hatte,  sondern  er  hiess  Oo'jp-.y.Tr,;  ■aöI-oqK  Also  die 
Stadt,  welclic  unmittelbar  an  der  See  untl.  wie  die  Ansie- 
delung der  Venezianer  zeigt,   für  Seeverkehr  durchaus  gün- 


•   Uiiisian,  Geu.mapliio  von  Giioi-henlaiul  II  S    170. 
2  Cuilius,  Pelupomies  II  S.  15"J. 

'  Kr  halle  auch  andere  Namen,  aber  keiner  derselben  hat  etwas  mit  Phe- 
rai zu  thun. 


36^  K.  Kernige 

stig  lag,   spielte  demnach  gar  keine  Rolle  auf  diesem  Gebiet. 

Es  bleibt  aber  die  Angabe,  dass  Plierai  nur  etwa  C  Stadien 
vom  Meere  entfert  lag.  Indessen  ist  die  ganze  Küste  junges 
Schwemmland,  hervorgerufen  durch  die  Ablagerungen  der 
Flüsse,  hauptsächlich  des  Pamisos.  Heute  sehätzt  man  die  Ent- 
fernung Kalamatas  vom  Meere  schon  auf  v''"'d.  h.  etwa  12 
Stadien  und  wir  kimnen  nicht  sagen,  wie  weit  vom  Meere  im 
Altertum  der  Schlossberg  von  Kalamata  gelegen  hat.  So  hat 
z.  B.  das  Slädtclien  Nisi,  für  welclies  eine  antike  Niederlas- 
sung nicbt  nachweisbar  ist,  olTenbar  seinen  Namen  von  seiner 
ins  Meer  vorspringenden  inselartigen  Eage  ;  jetzt  ist  es  4"""  vom 
Meere  entfernt.  Einmal  wurde  aucb  der  Schlossberü;  von  Ka- 
lamata  vom  Meere  bespült;  das  zeigen  die  ausgewaschenen 
Stellen  am  Schlossfelsen  mit  aller  Deutlichkeit. 

Eässt  man  nun  ein  möiilichst  weites  Hineingehen  des  Mee- 
res  schon  für  das  Altertum  2;el(en,  so  w  ird  die  Entfernunn;  Ja- 
nitsas  vom  Meere  zwar  noch  nicht  6  Sladien  klein,  nähert  sich 
aber  diesem  Betrage  um  ein  Beträchtliches.  Und  wenn  2;esa2;t 
wird,  dass  der  Nedon  bei  Pherai  mündete,  so  ist  Pherai  eben 
der  der  Nedonmündun"  am  nächsten  i^ele^ene  Ort. 

Dass  Plierai  nicht  in  der  [;.£r>6yaia  von  Messenien  lag  son- 
dern in  den  Berten,  möchte  man  auch  aus  der  Art  schlies- 
sen,  wie  Pausanias  seine  Reise  an  der  Küste  nach  Thuria  be- 
schreibt. Er  reist  über  Kardamyle,  Gerenia,  Abia,  das  dicht 
unterhalb  des  heutigen  Mandinia,  also  schon  im  Gebirge  lag, 
nach  Pliei'ai  und  sagt  sodann,  ivTsCOsv  Tzpo;  y.sGoyaiav  zr,;  Ms?- 
<yr,via^  craSio'j;  77po£)>06vTi  öySor./.ovrx  e'jtiv  ri  ©ouptaxdiv  ttö^'.c. 
Also  von  Pherai  aus  geht  er  in  die  i^.siÖYxia  hinab,  in  welcher 
Kalamata  schon  liei-t.  Schliesslich  stimmt  die  luitfernun«:;  Phe- 
rais  von  Thuria,  die  Pausanias  auf  80  Stadien  angiebt,  wie 
mir  0.  Cimlz  bemerkt,  viel  eher  zu  .laiiilsa,  als  zu  Kalamala. 
Ist  also  Jänitsa  Pherai,  dann  halten  wir  in  der  beschriebenen 
Quelle  die  G.^xto;  -ryvi  im  Ilain  des  Apollon  Karneios  zu  er- 
kennen. Der  Ilain  ist  ja  noch  heute  da.  Aber  auch  wenn  wir 
uns  geirrt  haben,  bleibt  dem  Orte  durch  seine  hohe  Altertüm- 
lichkeit  ein    bleibendes  Interesse  gesichei't,  ein    Inleresse  das 


AUS    MESSENIEN  365 

getragen  wird  durch  die  zahlreichen  uralten  Gründungen  in 
Messenien  und  durch  die  Erinnerung  an  die  sieben  Städte, 
welche  Agamemnon  dem  Achill  als  seinem  Tochtermann  mit- 
zugeben gelobte 

KapSap-uXrjV  'Evoxtiv  t£  /tai  'If^v  7rotr,e<jaav 
<l>r,p&(;  Te  C^ösa?  ■/)§'  "Av9eiav  ßaO'j>.£iu.ov 
y,a).-^v  T'Al'xeiav  xai  n-/)Sac>ov  aa^eXoeiffav. 


III.   Der  Fahrweg  über  den  Taygetos. 

Telemachos  reiste  von  Pylos  über  Pherai  zu  Wagen  nach 
Sparta.  Er  verliess  Pherai  frühmorgens,  gelangte  von  dort  in 
eine  Ebene  und  musste  dann  den  Taygetos  überschreiten.  Man 
hat  eine  Reise  zu  Wagen  über  den  Taygetos  vielfach  für  eine 
Unmöo;lichkeit  sehalten  ^  und  doch  lässt  sich  ein  solcher  an- 
tiker  Fahrweg,  der  bis  hoch  in  die  Berge  geht,  dicht  bei  Ja- 
nitsa  nocii  heute  nachweisen.  Bisher  hatte  man  nur  einen 
grösseren  Weg  über  den  Taygetos  angenommen  von  Sparta 
nach  Rardamyle  (dem  deutigen  Skardamula).  Kardamyle  war 
den  Spartanern  von  Augustus  als  Hafenort  angewiesen  wor- 
den und  hatte  schon  in  sagenhafter  Zeit  als  solcher  zu  Sparta 
gehört'.  Mit  diesem  Wege,  welcher  südlich  um  den  Gipfel 
des  II.  Elias,  die  höchste  Erhebung  des  Taygetos,  führt,  hängt 
vielleiciit  die  antike  Brücke  zusammen,  welche  südlich  von 
Sparta  bei  Xerokampi  sich  über  der  Basina,  einem  Neben- 
fluss  des  Eurolas,  wölbt-'.  Aber  das  kann  nicht  der  Weg  sein, 
den  Telemach  von  Pherai  aus  nalim ''.  Im  benutzte  auch  nicht 
den  heute  üblichen  Weg  durch  die  Langadaschlucht,  die  selbst 


'  Hursian,  Geograpliie  von  Griechenland  II  S.  104.  105  Anm.  i,  anders 
Curliiis,  Zur  Gesch.  des  Wegebaus  bei  den  Griechen  S.  "217. 
2  Curtius,  Peloponnes  II  S.  285.  214. 

**  Curtius,  Peloponnes  II  S.  287,  anders  Bursian,  Geographie  II  S.  132. 
■•  Wie  Brunn,  Griech.  Kunstgeschichte  S.  15  annimml. 

ATHEN.    MITTHEILUNGEN   XIX.  25 


366  i:.  PER  NICK 

für  Maultiere  schwer  passirbar  ist  und  nach  allgemeiner  Über- 
einstimmung keine  antike  Strasse  war.  sondern  einen  dritten 
Weof  südlich  von  der  Lano^ada.  Von  .hinitsa  aus  i>elano;t  man 
über  einio;e  Hüij;el  hinwes;  in  südöstlicher  Kiclitunii;  in  das 
grosse  bieite  'PvZu.x  toO  äyicj  Fscopyiou.  Diese  Schlucht  des  H. 
Georg  endigt  in  einer  von  Bergen  ringsumschlossenen  bebau- 
ten Ebene,  die  vvol  eine  halbe  Stunde  lang  ist.  Kurz  bevor 
man  aus  der  Schlucht  in  die  Ebene  eintritt,  bemerkt  man  et- 
was unterhalb  des  heutigen  Weges  künstlich  eingeschnittene 
antike  Wagenspuren  in  einer  Länge  von  etwa  50'";  die  Spu- 
ren sind  bis  7'™  tief  und  15"°'  breit,  also  für  ein  kräftiges  Rad 
berechnet,  an  einigen  Stellen  ist  die  Spur  stärker  ausgefahren. 
Der  Abstand  der  Spuren  von  einander  konnte  hier  nicht  mit 
Sicherheit  festgestellt  werden,  da  meist  nur  eine  Spur  vor- 
handen war.  Aber  wenn  man  die  Ebene,  die  man  ja  mit  der 
homerischen  zusammenstellen  kann,  durchmessen  hat  und  wie- 
der Yo  Stunde  stark  bergan  gestiegen  ist,  so  gelangt  man  ge- 
genüber einem  Platanaki  genannten  Bergrücken  auf  ein  felsi- 
ges Plateau,  welches  im  Volke  Tikli  d.i.  steiniger  Ort  heisst, 
und  hier  erkennt  man  in  dem  glatten  Felsen  wieder  mit  vol- 
ler Deutlichkeit  Wagenspuren  nicht  ganz  so  tief  wie  die  an 
der  ersten  Stelle,  aber  von  derselben  Breite  und  in  einer 
messbaren  Distanz  von  90"".  Breiter  durften  wol  auch  Gebirgs- 
wagen  nicht  sein.  Von  hier  gelangt  man  nach  dem  Punkte 
Kalo  Portäs,  dort  finden  sich  jetzt  schon  in  beträchtlicher  Höhe 
die  Spuren  zum  dritten  Male.  Weiter  als  bis  dort  bin  ich  da- 
mals nicht  eelanü;t,  aber  es  ist  sehr  wahrscheinlich,  dass  sich 
auch  weiterhin  neue  Spuren  desselben  Weges  finden  wer- 
den. Noch  heute  ist  hier  ein  Übergang  über  den  Taygetos  und 
bei  meiner  Wanderung  begegneten  mir  manche  Leute  mit  be- 
packten Tieren,  welche  nach  Sparta  wollton.  Der  Weg  hat 
sich  südlich  von  der  Langadaschlucht,  nih'dlich  vom  11.  Elias 
über  den  Taygetos  gezogen.  Zu  dieser  Annahme  stimmt  vor- 
treinicli  die  Notiz  bei  Philippson,  Peloponnes  S.  ?3'i,  welcher 
von  einem  östlich  goricliteten  Bachlauf  spricht,  der  südlich  von 
Mistra  den  llauplkamm  des  Taygetos  durchbricht  und  in  ei- 


AUS    MESSENIEN  361 

ner  Anmerkung  hinzufügt:  'durch  dieses  Thal  soll  ein  ziem- 
lich bequemer  Übergang  hinüberführen,  der  die  Langada  um- 
seht. Es  ist  müdich,  dass  im  Altertum  die  Strasse  Sparta- 
Pherai  diesen  Übergang  benutzte'.  Es  ist  zu  hoffen  dass  es  ge- 
lingen wird,  diese  wichtige  Fahrstrasse  in  ihrem  ganzen  Ver- 
lauf dereinst  festzustellen'. 

ERICH  PERNICE. 


-<=i*e!e«= 


'  LoUing  crwälint  die  '  kyklüpische'  Burg  von  Janilsa  in  seiner  Helle- 
nischen Landesknnfle  (I.  Miiller's  Mandbucli  III  S.  188).  Er  setzt  dahin 
wie  Weil  das  von  Pausanias  genannte  Kalamai.  Seine  Quellen  für  Janilsa 
sind  die  Schriften  zweier  Griechen  des  A.  nstotoT)?.  'ApyaioXoYur)  xa\  laio- 
pixT)  kpeuva  repl  <I>apü)v  zai  KaXa[j.üiv,  Kalamata  1875,  und  H.  A.  Ko[j.vTivd?,  'Ap- 
yaioXoYuat  ^taTpiSa-,  Tripolis  1874,  S.  1-51.  Ein  genaueres  Eingehen  auf  diese 
Schriften  ist  überllüssig;  aber  immerhin  niuss  hervorgehoben  werden,  dass 
sich  dort  schon  die  Vermutung  ausgesprochen  tindet,  ilass  .lanitsa  mit  Phe- 
rai identisch  ist,  sowie  dass  dort  bereits  die  Hede  von  Wagenspuren  ist, 
welche  allerdings  von  dem  Verfasser  selbst  nicht  in  Augenschein  genommen 
zu  sein  scheinen. 


INSCHRIFTEN  AUS  BITHYNIEN 

Die  folgenden  Inschriften  sind  von  den  Herren  VV.  von 
Diest,  jetzt  Major  im  Generalstabe  der  11.  Division,  und  An- 
ton, jetzt  Hauptmann  der  Festungsartillerie  in  Bromberg,  auf 
ihren  in  den  letzten  Jahren  unternommenen  Reisen,  über  wei- 
che sie  demnächst  ausführlich  berichten  werden,  entdeckt  und 
mir  zur  vorläufigen  Veröffentlichung  freundlichst  überlassen 
worden. 

1. 

Grabstein  auf  dem  Hofe  der  Mussafir-Oda  von  Bunaklar 
am  rechten  Ufer  des  Sangarios,  westlich  von  Gordion.  Höhe 
1,20™,  Breite  0,48.  Nach  einer  Photographie,  welche  Herr  von 
Diest  an  Ort  und  Stelle  gemacht  hat. 

OrAYKEPOYRIOTOlO 

TPY(t)HCnAC:HIIAno 

AAYEACEAREINIA   N 

OCEPMAFOPA   ETTOA 
5        Y(t)PujN0(j)IA02:EN0C 

oiAETEGAnTAIKAE 

lAAAMHYPICEKTEPI 

EENAE(j)IAANAPOTA 

THEYNOMEYNOC 
10        E  A  R  1  N  I  A  N  O  E  E  P  M  A  r  O 

PAEYIOCAEFEPAETO 

AEGHKATONEYArO 

PAETEAGANATOIEI 

GEOIETOICKAAAITE 
15        KNOICirONEYClNZHZ 


R.    FOERSTER.      INSCHRIFTEN   AUS   BITHYNIEN  369 

'0  Y>.ux.£pou  ß'.ÖTOio  Tp'jor?  T:y.nr,',  i.T.'Ay/jcx^ 

'Epixavocai;  Tco'Xijfppcov  6  (pt^o^evo;  woe  TtOx-Ta;, 

Aa[jLicupl(;  e/.TEpiTEv  Se  ^i>,avSpoTäTy)  (J-jvou-euvoi;, 

'Epjj.ayopa;  uiö:  oe  yE'pa;  tÖo    lOr,y.aTOv  E'jayöca;  te 
äOavÄTOia'.  Oeoi;  toI?  xa>.).'TE'/.vo'.'Ji  yovE'jc.v. 
Zvi. 

Z.  1.  Die  Form  des  R  =  B  ist  stehend.  —  Z.  3.  iTroXaoia:. 
Der  Stein  hat  E  statt  des  vorletzten  C.  Der  Name  SaßEivixvöi; 
steht  hier  und  unten,  ebenso  wie  Kaaia,  ausserhalb  des  Ver- 
ses.—  Z.  7.  AaaTT'jpt?.  Der  Stein  hat  A  statt  A.  —  Der  dritte 
Vers  hat  sieben  Füsse.  Das  einem  z  ähnliche  Zeichen  am 
Schluss  der  Inschrift  wird  ein  Schnörkel  sein,  vol.  Franz, 
Elementa  S.  375. 


Marmorstele,  l,62'\hoch,  0,88  breit,  in  dem  Dorfe  Ütsch- 
basch  südlich  des  Ulutschar,  nicht  sehr  weit  von  dem  Wege 
Iladjilarobasi-Viranschehir  in  die  Erde  eingegraben,  oben  mit 
einer  Aushöhlung  zum  Kornstampfen  versehen.  Die  Grösse 
der  Buchstaben  der  ersten  10  Zeilen  beträgt  ungelälir  3,  die 
der  übrigen  3 '/.""•  N^ich  einem  von  Herrn  Anton  in  Stücken 
gefertigten  Abklatsch.  (Abschrift  s.  S.  370). 


TerpaETrii;  [X£[v  sycov]  eXittov  (pxo;  TiEXioio, 
TETpaETE;  [S'  coXeoas]  7caTr)p  x.ai  Tröxv.a  {;.7)T7ip, 
tte'vttto'j  xal  [ekoc;]  ovtx  \).%  TapTa[pjE'ai<ii  xeXeuOois 
SüixEv  Moipa  (pEpEaOai,  etteI  oux  ap'  eixeXXov  Eywye 
5      r\^'t\c,  (jLE'Tpov  [i'/tEcöjai  dT^rpirou  oute  yovEuaiv 

OpETCTpa  (piXo'.;  (XtcoSoOvxi,  oi!  Eaöv  TroTfxov  yoccüVTE; 

OÜSE'ro[T'    eJCKppOTUVY)    T£Tp(a)aa£VOV   IITOp    £^£(7)C<i)V 

äXX'  aiE'.  ä['Xi]a(JTOv  oSup6[J.EvO'.  xaxä  öcüixä 


370  R-    FOERSTER 


O. 


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o'-oLuz.t-ujO  ^"^^>n 

<^<<<Hh-x<<l^  <00 

tüj^iOQ-^<'-  >    ^  _-e- 


h-~l-^2:vy  Oq.  ^ 


^     w    _    -     ^     W^^    ö    -  ^    .     z     X     ^ 

_'^<-e-Q_o^<l^<  z<>z^ 
^!.    H    :^    <    j_    < 

LÜ      s.      Q-  ~  ^  "^      O      ,  , 

LU  -^—Ljj-e-         <<w  H  i^ 

<<oos<o;:-o  ^    ^    <i   T 


iO 


ifd 


INSCHRIFTEN    AUS    BITHYNIEN  371 

Olo  xa7[iv]vy)TOto  SeoouTTOTo;  ävyöOt  /.eXTa 
0'jvo[;,a  ['AjXE^avSpo;  Moipr/?  O-ö  aüor,<7XGr/? 
O'jvoa'    'O^Xj'jaTTioowpoc  lyw  xai  Ao'jx.[t]oi;  av<f/w 
öo'.o  )ca(j[iy]vy)T&)v  Sotol  exi  äyvjtj.^e  vot  xr,p 
14      Ypai|/a(;.[£v]  (iv)  tty;)//),  cv'  ap[t](ppaS£(;  '/jpfiolv  £iy). 

Die  in  eckige  Klammern  gesetzten  Buchstaben  sind  im  Ab- 
klatscl)  nicht  erkennbar,  die  in  runden  Klammern  sind  in  der 
Inschrift  selbst  ausgelassen.  Z.  2  S'  {o).£':c£  halte  ich  selbst 
nicht  für  sicher,  desgleichen  Z.  3  i/.x;.  Z.  H  iiat  der  Stein 
statt  des  ersten  T  in  TapTa[p]£'ai(ji  ein  TT.  Z.  5  das  B  in  r,^jr,c,  ist 
nicht  vollständig  erkennbar.  Z.  9.  TrpoTiSeyfy-svo?  vgl.  Hesvch 
Tzporioeyu.X'.'  TrpocrSsyoy.a.i.  TTCoTiöc'yu.svor   ttpotSevoulevo'.. 

Das  Hauptinteresse  bietet  die  Arl,  in  welcher  die  epischen 
Floskeln   verwendet  worden  sind. 

3. 

Marmorstele,  1'"  aus  dem  Boden  ragend,  0.78'"  breit,  am 
Wege  Safranboli-Viranschehir  im  Rngpass  des  \'iranscheliir- 
Flusses  auf  einer  alten  Ikgräbnisstiitte  in  der  Nähe  von  alten 
Befestigungen  und  einer  ehemaligen  Stadt.  Die  Höhe  der  Buch- 
staben beträgt  5"".  Nach  der  Abschrift  Herrn  Anlon's. 

OCTEAMAPKEAAOYCTH 
AH(t)EPEIOYTOTEEQMAT 
KAI0QNHNEPATHMAT 
^OIEEAESATOFH 

'OtjTEO.  MapjteXXo'j  (jtyjXy)  0£'p£t,  oü  t6  te  (Tüi{j(.a<(T^ 
ytai  (pojvTjV  £paT7)[v]   'AtOi;  dSfi^aro  yy). 

Der  Ausdruck  n-zriVri  (pg'pEi  ogts«  ist  aunällig  und  kann  ve- 
rtäu genommen  nur  von  einem  Grabmal  verstanden  Averden. 


372  R.    FOERSTER 

^velclles  oben  den  Behälter  für  den  Leichnam  trägt;  solche 
Grabmäler  sind  grade  in  Billiynien  nachzuweisen,  vgl.  diese 
Mittheilungen  1892  S.  80.  1893  S.  27.  Trotzdem  möchte 
P.  Wolters  die  Fra2;e  auswerfen,  ob  etwa  zu  Anfan«  statt  oaxix 
gelesen  werden  kiuine  ojvou-a  —  wozu  allerdings  der  Raum 
nicht  zu  reichen  scheint  —  weil  sich  dann  folgende,  an  sich 
befriedigende  Lesung  ergäbe : 

0'jvou.a  MapxeXXou  0X7)7-/)  cpepet,  ou  t6  ts  oGi^Lcn 
y.xi  (pcdv/jv   Epaxriv   'Axöt;  i^i^cuTO  yri. 

Das  Denkmal  wäre  dann  ein  Kenotaph.  Vgl.  Kaibel,  Epi- 
grammata  230. 


Viereckiger  Stein  (Marmor)  ungefähr  1'"  aus  dem  Boden 
ragend,  unten  45,  oben  56"'  breit,  in  Ivaradjadagh-Köi  am 
Ulutschar  bei  der  Moschee.  Die  Buchstabenhöhe  beträgt  etwa 
4"°.  Nach  der  Abschrift  des  Herrn  Anton. 


A   I   I   e  TT  I   A   H   M  I  UU 
KAAYAlOYCeHPO 
CO0eAIUUNOlKO 
NOMOCK-HAIAC 
YTTePTeKNUüN 
K-TUUNBOUUN 
eVXHCXAPIN 
ANECTHCA 
M    6     N 


All   iTCiSyiixifa)   K>.xuSio[?]   SeT^po?   '0(peXicöv   olxovöixo?  v.v.\  'HXia; 
uzep  T£)4V(j)v  xai  tcüv  ßodiv  thyr,^  /acpiv  ävs(iTr)(ia(xev. 

Meines  Wissens  ist  ein  Zeu?  i77tSr){ji,io;  bisher  nicht  bezeugt. 


INSCHRIFTEN    AUS    BITHYNIEN  373 

Aber  sollte  derselbe  nicht  im  'E:riS7){xio;*   Zsu;  h  St'pvw  des 
Hesych  stecken  •  ? 

5. 

Marmorstein,  in  der  Wand  der  Moschee  von  Tschardak  in 
Dörtdivan  am  ülutschar  eingemauert.  Die  Höhe  der  Buchsta- 
ben beträgt  ungefähr  10"".  Abschrift  Herrn  Anton's. 


A   I   I   ^  B  A  A   H   n 
^  TT  O  TT  A  I  O  Z 
A   N  T  n  N  I  O  Z 
^APEsTOS^ 

Ali  BaXrjü)  nÖTvXto?   'Avtwvio^   'Ape^TO?. 

Aucli  der  Zsö;  BiXr/o;  ist  meines  Wissens  bisher  noch  niciit 

Breslau. 


bezeugt. 


RICHARD  FORSTER. 


-" *>-5$B!=3-o- 


*  Die  Erklärung  des  Namens  bei  Welcker,  Griech.  Göllerlelire  H  S.  20" 
ist  unbefriedigend. 


H  EN  A0HNAIS  AMAZONIS  STIIAII 

( 'EJetaai;  xoü  x£t[i.E'vou  xöv  Hauiaviou  'Atxikcov  II,  l*. 

((  'E<j£>.96vT(j)v  ö£  iq  rr/V  Tr6>.'.v  inrl^  'AvTt67i;Yi(;  |y.v9i[xa  'Afz-a^ovoi;. 
TaÜTy)v  TTiv  'AvTiOTTTjV  llivSapo;  {;.£v  oriCiv  ü-ö  IhtfiOou  )tai  ©Yiaso)? 
äpTraffOfjvai,  TpotCiO>'tw  ö£  'Hyia  toikSe  £<;  aurr/V  TCSTroiTiTai" 'HpaxXe'a 
©eu.i'jxupav  7uo>.iop)touvTa  tt/V  etcI  ©spjjLöSovTi  s^siv  p.r,  SuvaiOai, 
0yi(7£O)i;  Se  £pacÖ£i'7av  'Avtiottyiv,  cxparEUTat  yap  afxa  'Hpax.X£i  xoct 
07)U£a,  TrapaSoövai  to  j^upiov.  TxSe  [X£v  'Hyia?  7r£Tcot'/i;t£V  'Aön- 
vmoi  8e  ^acTiv,  enei  xe  n?v.öov  'Aiia^oveg  'Avxionnv  ^dv  ujxo 
Mo^jxaSiac  xo^euönvai,  Mo?^Jtaö{av  Sc  djioöciveiv  vnb  0n- 
öecog.  Kai  ^avy^p^oc  £(jti  xai  MoXTCaSia:   'AÖ-/ivaiot<;  ^ ». 

'Hytai;  6  TcoiviTy);  7r£ptypx<p(i)v  tÖv  'HpaK>.£a  7:o)^topxouvTa  u,£Ta 
Tou  0rj(j£O);  T7;V  ETTt  0£p[j.ä)oovTi  TToXiv  Tüiv  'Ap,a'C6v(ov  0£L/.iay.upav 
xat  ^Lfi  ouvx[X£vov  va  stupiEoarj  auxr^:,  £0£i)tvugv  gv  tw  rot'oaaTi  xriv 
'AvTioTCTiv,  —  [Aiav  Toiv  7ro>.top)COua£v(i)v  'Af/.a^6vü)v,  —  gpacOeifrav  tou 
0r;T£{Oi;,  (Xvoi^aaav  aurw  xä?  TrOXa?  >cai  TuapaSouTav  Tr,v  tcöXiv.  Tau- 
xy]v  xr,v  icpy)yi''i<Jtv  TCpoxaffTwv  6  Ila'jcravix?.  £-t<p£:£i  ö^a  gv  auxal(; 
xai^  'AOirivat;  •/ix.o'jrrg  TTgpl  tou  öavixou  xvji;  'Avticttyii;  «ruvicSovxa  7i:pö(; 
xöv  >.6yov  TOU  TTOiYiTOu.  Aev  xpoy.giTat  Trgpl  y.Tz'kr,!;  äp7:ayr,;  Tfi(;  'Av- 
TiOTcr;  ÜTTQ  rigtpiöou  )tai  0irjT£Ci)^,  CO?  6  IlivSapoi;  >,£y£i,  äXXoc  7U£pl 
i'pcoTOi;  TT)?  'AvTtOTV'/i?  Tupöc  tÖv  Q-nnix  •/,olI  7r£pl  rapaSoTSwi;  e'ii;  tov 
'A6r,vaiov  "opwa  xy];  xoXgci)?  y)<;  Sev  yiSuväxo  va  xuptguGr,  6  {7.£yaXo- 
öuvaao«;  'Hpax.'Xvi;.  '0  toiouto?  Xoyo;  l(paiv£TO  [7-£v  ßfiSaiw?  TOi(;  'A6yi- 
vaio'.?  E'jTjpocSgXTÖTgpoi;  ei?  Tip-r.v  tou  ßa(Ti>.£a)?  )cal  oix.irrTOu  twv  'A9yi- 
v(öv,  uTTsp  ou  Toaax,i?  gxÖL/.Trariav  tÖ  a  oÜ5c  av£u  ©Yiog'wi; » ,  sKupouTO  Sg 


'   "IÖ£  kV.5oaiv  J.  H.  Ch.  Scluibarl,   oüo^v  iv  toüxw  tw  (J-epei  xaivo-cojJiTJaavcoj   ») 
8iopöü5aavTo;,  wj  i/.  tou  npooijj-^ou  ( praefaljo )  x^t  exSp'oewj  Jtpoxünxst, 


ZT.    N.  APAI'ürMHi:,   H  EN  AeHNAIS;  AMAZONIE  STHAH  375 

uttÖ  xri(;  iv  'AOrjvai?  cw^ojxevri;  7:apaS6ceto;  SpaaaTi/.cü;  tx  xocTot 
'AvTiOTCYiv  )cai  0Y)aea  <jup.7cXy)pouiT-/)(;.  Aioti  oi  "AOyivaioi  S'/ziyouv-ro, 
xaTot  tÖv  TTEptr/yr/TTiv,  oti  ots  £-x£Spa(;.ov  ai  'Aa3C^ov£{;  xara  Tri?  'At- 
TDcrJ?,  ■:o  f^-£v  'AvTio-r,,  7)  (xstx  T7)v  äA(jj<T'v  xr,;  ©ea'.Tx.'jpa;  rauri- 
<ja(7a  Tf,v  iSiav  To^r^v  ^rpo?  Tr,v  toO  IpaiTO'j,  octteOxvev  £v  'AOr^vai; 
TO$£u0£T(7a  üttÖ  ty^?  oaotpu^O'j  Mo>.7raSia(;,  6  ^k  ©rTsO:,  Ex.d'./.üiv  Trapcj- 
9u?  iTii  <piX7i;  Tov  öxvaTov,  icpöveuTsv  ettI  tö-o'j  t7;v  MoX-aöiav,  t-j- 
j^oöoav  jcai  auTYjv  xioQu  iv  'Aörivatc. 

TaoTa  sty£  vx  S!.71yy,6yi  6  Flx-j'jxvia?,  upö  toO  u.vrj[/.aTO?  Tr,;  'Av- 
TiÖTCTO?  ävacT6i).a?  ro  ßr,aa  aaa  Trj  £/.  fl>aV/;:o'j  ilno^oi  v.%  Tr,v  -6- 
Xiv.  "Ej(^(ov  Trpo  ö<p6a)-[-;,ä)v  Tr,v  t£  7:£pi  Tr,;  dziSpoar.t;  tcüv  'Aaa^ovwv 
xoaTO'jTxv  £v  'AÖTjvai?  Trapafioaiv  xal  -xvtx  tx  ü— ö  t(Öv  7:pö  aoToG 
cuyypxiipecov  (cTOp'oOsvTX,  '/lOeAr.TE  -poo'/i'Xco;  vx  o£ic;ri  oti  t)  'Avt'.ot:"/) 
Ir^iQi  To;£uO£t(jx  'j-ö  Tvii  MoXttxSix;  uexci  tuv  eiaooov  icov  'Aya- 
^6vo3v  eig  TUV  nf3?^iv  i<ai  oxi  oici  toüto  i:a\  xo  iivfiua  auxnc 
ex8ev  äua  Cicfe^^ötov.  a 'EgAOÖvtwv  Sa  s;  -rriV  -öX'.v  eTTiv  'Avnö- 
TTY)?  [Avvitxx  'Afxx'Cövo:  » . 

Ei;  Jt'jpwc'.v  TV)?  TOtauTTig  x.piG£ü)i;  Trspi  tt,;  svvoix;  Tciv  >.6y(j>"^  tO'j 
Trepnoy'Troö  EpjrovTXi  öcx  xXXoOev  Yiva)(jy.ou.£v  7i;£pi  t£  to'j  xpxyix.o'j 
TeXou?  TYi;   'AvTtOTTT]«;  y.ai  xspl  toCI  Txcpou  ty;;   'Aji.a?,6vo(;. 

'0  {A£v  nXouTxp/o;  (ev  ßioj  ör^aEü);  '?7)  -spiypz^pwv  Ty-jV  v.c, 
'AOY)va<;  EicSoAr^v  xcöv  'Aj/.x^övwv,  xüxxt?  Xs^sGt  >.£y£i  xx  ETröiy.cvx. 
« Ou  ycip  dv  ev  ciaxci  Kaxecrxoaxojieöeuo'av  *  ouSs  xtjv  ax/rjv 
<yuvr;^j;xv  £v  ypö  Trepi  xy;v  Ilv'j^cx  y.xl  xö  Mo'jtsiov,  e!  u//;  xpxxo'jax'. 
xYi;  ywpx?,  dSewc;  xu  n6A,ei  xrpoo'^y.i^av  .  .  .  To  5t;  tv  xn  .nö- 
?tei  cr^e56v  aüxcig  evaxpaxojteoeüo'ai  ucioxupeixai  kqi  xoTc 
övo^iaöi  XGov  xöjicov  xai  xaig  önvcaig  xwv  jiecrövxcov.  rioX-jv 
ö£  J(^p6vov  öx.vo;  '/)v  xxl  a£'X'XY;'ji;  xy.^poxE'pot;  xvi;  i-iy^^EipridEü);"  xeXo; 
Se  0yi(7EÜ;  >caxx  xi  Xoytov  xö  *I>6€a>  ccpxyixaxixEvo;  a'jvvitj/Ev    x'jxxi:. 


'  JtO(J.  IV,  28:  « xatcaTpaTOTTc'Ösuiav  ( 'Aixasovj; )  o::o'j  vjv  i<z-.<.  t6  zaXoü(i£vov 
irt' exetvwv  'A[JLa^dv£iov  ».  "IBe  xai  '^f3.To;«pariü)ra  xa't  2)rf ^aroy  ßi'Covrtov  ev  X. 
'Ay,a^Övl0V  rj  'Ay.a^ÖveiOV.  flpS.  xai  ^tajü.^ou,  EJfxev.  GSS  i:;.«  riayov  8'  "Apetov 
TOvS' 'A[J.a!^dvti)V  EÖpav  |  axTjvä?  ö' oi'  r^XOov  ©rjiiwj  xaii  ^ödvov  |  orpaTTjXaioüja' 
xai    KoXtv   vEortoXiv  I  TTjvo'  u'lt'nupyov    ävTt^züpywaav    7:öX£i,   |  "Apei    8"  k'Oyov,    evOev 


37ft  ST.    N.    APArOrMH!: 

'H  [jLsv  O'jv  [Lxyr^  Bor.SpofAitövo?  ^J'£VETO  u.y)v6?.  .  .  .  'Icxopsi  §£  xai 
KXeiöYiao;,  e^a-/tpi€o'jv  ra  xaö'  k'/.acTTa  ßo'jXoasvoc,  TO  iii:v  eucovv- 
|.iov  Tcov  'Aua^ovcov  Kepag  djiiaT^e([)eiv  npög  t6  vüv  Ka?tou- 
|jevov  'Aya^oveiov,  t6  5t;  öe^iov  npog  tiiv  FIvuKa  Kaici 
xhv  Xpi/aav  ukciv.  MiyedOai  Se  77pö;  toöto  tou?  'AOr.vaioui;  äiio 
Toö  Mo'jffsiou  Tai;  'Ajxx^oai  cjy.-srrövTa;"  KCii  Td'|)OVC  xwv  neo'6\'- 
Twv  Jiepi  Tuv  n?^.aTei:av  civai  tuv  (jjepoucrav  in\  xdg  nv'kaq, 
na^a  t6  Xa?iK(68ovToc:  npöJov,  äg  vüv  neipaiKcic  6vo|.id- 
^ovo'i.  Kai  TauTY)  (;.£v  EJtSia'^Oyivat  p.£j^pi  xdiv  Eüjy.svtSwv  xai  üxo- 
yopyidai  rat;  '•(uvx\.t,v4-  ol-o  Se  IlalXaSio'j  xai  'ApSviTTOo  xai  Au- 
XEiou  xpoiT&aXovTai;  w^acOai  tÖ  Ss^töv  auTcäv  avpi  tou  GxpaTOTceSou 
xai  7vo)^>>a?  xaraßaXsiv.  TerapT«  Sk  l/.tivI  (juvOyjJta?  yevecöai  Siä  ty]«; 
'iTTXoXuTy);.  'Itc-oXuty;v  yap  ouzoc,  övofxa^ei  T7;v  tw  6y)56i  cuvoiäoC- 
oav  ouy.  'AvTtoTTYiv.  "Evtoi  §£  (padi  |.ieTd  xoü  OnCccog  |.ia}(oy.evixv 
Jiecreiv  xnv  dvöpconov  iinb  Mo?tHaoiac  dKOvxiööeicrav  Kai 
xiiv  Cxu^ixv  xiiv  jiapd  x6  xfig  Tue  xng  '0^u|.ijxiac  iepov  ^m 
xa-uxn  Keiaöai». 

'Ev  Sk  nXaTcovo;  'A^i6}((j)  (364  d)  TO  py^(i.a  t-^?  'AvTi67rYi(; 
(jt,vr,{xov£Ü£Tai  x,£{a£vov  ev  xri  .noAei,  xapä  tÖc^  'iTWvia;  TüOXa;,  xap' 
auxa;  öyiXaö-/)  xa?  -nruXa:  Si'  (I)v  ö  OauTavia;  £i<j£>.9öiv  ex.  $a>.y)pou 
ei;  TT/V  TCÖXiv  äv£ypa(|/£  xpciTOv  Ty^;  'A[xas6vo;  tÖ  py^f^a.  'TttÖ  toö 
nXzTwvo;  6  Sojy.paTY);  TrapiffTaxai  ßa^t^tov  zapa  tÖv  'IXkj'jov,  e^w 
TOÖ  TEij^ouc,  y.ai  avaxaXoü[7.evO(;  uttÖ  toö  KXeiviou,  ogti;  ExpEj^ev  auTo; 
Trpö;  TYjv  KaX>-ipp6r,v.  'EttI  tt?)  7rapaxXy)(7£t  toö  K>.£ivto'j,  6  Zcoxpa- 
Tvi;  <J7ue'jO£i  Trpö;  Trapriyopiav  toö  Traxpö;  auTOÖ  'A^ioj^o'j'  « w;  Se 
Ökttov  Ty]v  irapä  to  XEijro;  r.£ia£v,  —  X£yei  t6  KEi^aEvov  tÖ  utco  tÖ 
övofjia  TOÖ  nXaTwvo;,  —  xaig  'IxQviaic  (n^^nciov  ycip  coxei 
xcöv  jxi;A,(öv,  npoc  xn  'A|ia^ov{öi  cxn^u)  Kaxa?;au6dvoy,ev 
avxov  » . 

"Oti  piv  n  'A]jia^ov\c  öxn^n  (xö  yvn|xa  xfig  'Avxiojinc) 
ExeiTo  IvtÖ;  töv  Teiywv,  £Ü8ui;  (xeTa  ttiv  iy,  ^aXyipou  EiaoSov  ei;  ttjv 
7r6).iv,  Trapä  Ta;  'Ixcovia;  TC'jXa;,  axoSeiy.vu£Tai  ava[j(.<p'.>.£y.TCü;  ix.  tcüv 
TTapa  riauaavia  xai  IlXäTOJvt ' .  "Oxt  §£  r,  toö  ^v  tv)  xoXei  {j.vyi|/.aT0? 


^    Kata  TO  avwTEpw  napaisOlv  ywpiov  toü  nXoutapyou  f)  aTrJXr]   Exstto  «jtapi  to 
T^?  Frii  Trjj  "OX'jjjLTc^aj  Upov  ».  "AXXa  xai  tÖ  Tt|i.£vo;  toüto,  ipyatov  ov,  exeito,  xat« 


II    EN    A0HNAIE    AMAZONIS    STHAH  377 

Tjpw'i;  'AvTioTTY),  vnkg  tyiq  7i61.zo)q  eviög  xoü  dcriecjc  y-^TÖ.  xoü 
önaeojc  ]-ia}(oy,evn  Kaxd  tcöv  cjiiopay.ovo'cöv  6|xo<^u^ojv,  znz- 
aev  iv  aüxn  xn  jxo^ei  xo^evöeiaa  n  dKovxicrOeiaa  i/jto  xng 
Mo?c.Tia8iac,  Trpoy.'jTCxei  i/.  irii;  Trepiypacpr,;  toO  ElXo'jTapyou  ay.p'.So- 
XoyyjcavTOi;  TTspl  ty^?  £v  t"?)  TvoXet  (  tö  xctsi)  JcaTacTpxTOTTeos'jcga); 
Töv  'A[/a^6v(i)v,  TT);  6v  auTö  tö  acxet,  Tcepi  xnv  IIvuKa  Kai  x6 
Movcreiov ,  cjva^'ew?  H'-^X'"'^  (TUffTäST/v  -rrpoi;  to'j?  u-o  tov  Orj^ea 
'AOrjvxioui;  djio  xoü  Mouaeiou  ö'uujieo'ovxag  npog  xdg  'A|xa- 
C,6vag,  Kai  ndA-iv  dnö  llaA,?\,aoiou  Kai  'Aponxxoü  Kai  Av- 
Keiou  Tigoa6a'k6vTag  avxaic'. 

Ta  TrpöcyaaTOt  £'/_o{X£v  vuv  aacpr;. 

Kaxoi)  ToG  Mo'jietO'j,  Tvpö?  avxToXa;,  Tcxpotxov  tcsoiSoXov  to-j  'OX-j^a- 
Tiieiou,  e/.sivTO  a(  'Ixüviat  T'jXai'  Ixsi  tXyiijiov  STeXeTOri  ly.ia  toüv  ttoa- 
Xüiv  (ju(;-7;Xox,(I)V  Töiv  ÜTOöc'.x.vuoty.svcov  Ü7:ö  TT);  eix.ovix.cüTXT'/;;  TTgp'.ypx- 
^95?  Tou  Xaipwveci)?*    d>c£i   i'Tredsv,    i/.ii  £Tä(p'/)  ■/)   'Avtiotcyj,  axT^Öei^r); 


Ilauaaviav,  ev  tw  7:£pi6dX'.)   tou   ispou   toü   A165  TOÜ  'Oau[j.-(oj   tw   sAa/ia-cov   ä;:£- 
y^ovTi  Töv  'Itwv(iüv  ;:uX(Iiv  (  1,  XVIII,  7). 

*  "AvayxT]  vi  £)(_w[jlcV  ut:"  Öij/si  on  :ipd/{£itai  7:spi  to'tjojv  xetiievcuv  Ivto;  tt;;  rdXewj 
xnq  vvv  oüdn?,  xata  xov  0ouxuotor,v  ( 11,  In )  ■/.%[  ovx'i  xng  ngö  xoü  ©ad^cog 
JXÖ^ecog.  AtOTi  6  Xdyo;  r.zpl  roX£[jnxr)5  T:pac5cw;  aufxoaar,;  [xstoc  tov  C;:ö  0r,7ito; 
auvoixtajxöv  TtJüv  'A07;va;wv  si;  {xiav  [Ji£Y*Xr,v  tzo'Xiv.  Trjv  unö  to'j  Ata/uXou  ( k'vOa  ävw- 
Tc'pw)  £;:iTU/^w;  övojAaaOsTiav  TCÖ2^1V  veÖJlXO?av,  —  vedJlO?av  w;  f,[i.£T;  ar{[jLcpov 
XEyofjLEv  r]  6)i  fjOiXcv  cl'nct  y.ai  ayio;  ö  AiayyXo;  äv  InE^oypatfJ'-.  Tfjv  v£av  xaÜTr,v  nd- 
Xiv  xaraXaSoüaat  ai  'AiAaCdv£;  ir.s-/^dpr,aay  TfjV  -oXiopxiav  x^s  naXaiag  tzo'Xecüj  (  tj^j 
xax' l^oy^Tjv  -oXeo);  )  xrj;  axpoTrdXsw;  xai  x^';  ä(j.£aw;  6;:' aux^  ayvoixia?.  'Ex  xwv  xo- 
TioYpa^pixwv  XsnxopLipS'.wv  x^;  avti)  a^rfiTjasco;  xwv  ::tpi  xr,v  ev  Aöijvaic  "AaaLOvo[jia- 
■/lav  7:poxj-x£'.  aaspw;,  oxi,  fejxcKTat3e((3ng  TÜg  Tia?.aioTtpac  Irjiö  xhv  AKpö- 
^IV  KaxoxxncJccog,  xa  jrpö;  vdxov,  |i.£xa  -f^i  -pö;  xtjv  "AxpoTioXiv  X£xpa[X[i.£VT);  ::Xe-j- 
paj  xou  Mouaeiou,  xat  xä  r.poi  0U7[j.a;,  [j.£xa  x^;  Hvuxds,  iresx^Xouv  (xlpos  xfj;  xdxE 
TtdXew;  [J-e/P'  "^r,;  -(poL^L[Lr^i  xwv  äpyaiwv  x£i/ wv,  r,;  ;:ept£awOT)aav  k'xi  xat  ei;  Tjiia;  xa 
l'yvr).  AiaXE'jxaiVcxa'.  8'  oüxw  TZEpiaadxioov  f,  evvoia  x^;  öouxuS'Ocioj  Tziov^pcL-jf,;. 
«  'h]::£t  0£  Hr^aEÜs  £6aatX£ua£,  .  .  .  xaxxXJaa;  xwv  i'XXwv  ndXswv  xa  x£  ßouXeuxrjpia 
xai  xaj  äp/.ä;,  1;  xt,v  vüv  rdXiv  ouaav,  £v  ßouXEuxrJpiov  ävaÖEi^as  xai  7:puxav£lov, 
fuvüSxias  Tcccvxa;,  xat  v£ij.oiji£vou;  xa  auxwv  ixäaxou;  ijitp  xai  npoxou  :^väYxaa£  aiä 
;:dX£t  xauxr)  yp^aOat,  'i]  i:;avx(üv  T)or,  ^uvxeXoüvxwv  i;  auxrjv  ^eyä^n  Yevoy.6vn 
napeÖöOn  iinö  Önö^cog  xoTg  f  Jieixa  .  .  .  Td  §£  j;pd  xoJxou  r,  ixzör.ohi  fj  vüv 
oü^a  ndXt?  r,v  Kai  xö  vn  avxhv  ngöq  vöxov  ].id.?.iöxa  xcxpa|.i}.i6vov.  Tex- 
|jiT]piov  8^"  xa  yötp  iepa  ev  aüxr,  xf,  äxpo::dX£i  xat  iXXwv  Oitöv  £axi,  xat  xa  'i^vD  npor 
Touxo  t6  |i^po{  TT){  rdXccüj  [aSXXov  iSpuxai  .  .  .  xaXjTxat  6:  oiä  xt)v  naXaiäv  xaä- 
xaxo^xrjaiv  xat  f;  äxpd:;oXt5  [Ji.£y,pi  xoüSc  6x"A6»)va(a)v  7:dXi{». 


378  5:t.  n.  APArorMHi 

£-'  a'jrr]  ty;?  'Aua^OviSoc;  öxn^nc  £>t£i  ävTextde  tÖv  (pövov  aurrii; 
6  ÖrjTi'j?  i-ox.Tsivx;  Tr.v  Mo'XTTxSiaV  £X,£i  -ou  ~lr,r;!.rj^  l'rjco;  ex.sito 
xxi  TaÜTr,?  6  Tic(po(;,  6  6:rö  tO'j  llx'jnx^noj  ä-pOTb-ociaTOJ^  ivxptcö- 
aevo;.  —  TaOxa  Se  7rpoSr)).w;  ri^i'Xr,r;i  vjc  §£(;■()  ö  Ila^j'^acia;. 

'AaXx,    -XOX    TCO    -£pi7)Y71T-/i,     (XvaYp5C'}3^'''l     '^Ö    ä'IUVY.Os;    TOOtO    ÖtI 

c?'jv-/;vT'/;'jc  Ty.i^co  iv-rö;  t'^;  -oAsoj;'.  /.ocito-  6  Xoyo;  (pxivexai  £^  ap- 
y^;  T£iv(i>v  eii;  £^y)yr,<7tv  ;cai  tti;  aixia«;  Si'  y;v  t6  [;.v9iaa  iTTa-ro  £/t6i, 
—  OTi  S'/iXaSv)  £/.£t,  ivTÖg  tyxq  Jio^ecoc,  £7:£(J6  [zapaEVTi  t)  'Av- 
TiOTTYi, — tÖ  x,£ia£vov  olov  TapESoSv)  7)aiv  TTEpaTOurai  £v  aoacpEia* 
«  'A6y)vaiot  Ss  tpacv  ejTEi  xe  n?^öov  'A^aa^övE?  'Avtiötc-iov  [;,£v  ütto 
Mo>.7:aSiai;  TO^suör^vai,  Mo^TvaSiav  Se  aTvoöavfiiv  uro  0vi(j£Ct)?  »,  tO(; 
£1  £7w£Xa6£TO  6  Ypäopcov  TYi?  £v  ap)(_9i  TO'J  >.6you  <^av£pa;  xpoOECEco;  vä 
6pti77]  y.xl  tÖv  tÖtcov  i'vOa  ettetev  y]   'A{;.a*({Ov. 

EuXoYw;  apa  ipsuvcöv  t-.;  Iv  tö  x£ta.£V(p  ^totsi  [t-ri  xt  u7rapj(^Y)  iv 
auTtp  t6  vocnpov  ^ai  aic6av6j^.6vo<;  to  Iv  tyi  cppacst  xaxo^YiT.ov  toC 
«ejieixe»,  ipwTa  ti  6£>>st  £>i£t;  £v  ÖE^-aTi  äx>>ö  guvSecjao;  £l?  CUJX- 
TrXo/.T/V  Suo  opwv  yp'/)Giu.O(;.  'E{7.SxX>.£Tai  (jt,a>.icTa  £i?  xfiipa^p-öv  va 
SiaYvcÖG'/)  ävT'.Yoacp!.x.6v  äadcpTriii-oc  iv  tw  T  E  »tal  oiopÖcoc-/)  auTO  £i; 
E^,  outö)'  «  enex  eön^iGov  »,  —  sl?  ttiv  ttoXiv  SToXaSv).  'A>Xdc,  Tusptc- 


'  Taiaoi  evTÖ;  tJ];  tioXew?,  tcXtjv  twv  Iv  tw  ivwT£pw  rapateO^vTi  /.wpiw  xou  FIXou- 
tap/^ou  TtXetovwv,  ij.vT)ii.ovE'JOVTat  w;  s^atpsTixdv  ti  xal  aX>oi,  Tzavte;  twv  fjpwVxöv 
Xeyo[j.^vwv  ypovwv.  '0  toü  'EpxxOoviov  «Ta9^vT05  £V  tw  T£[i.£v£'.  T^s  'AÖrjvä?»  e:ii 
Tij?  'AxpoTzdXew;  ( 'AnoXXoo,  III,  14,  7,  t  ),  6  tou  K^KpOTCOg  waaÜTw?  Iv  irj  Wxpo- 
ndXei  ( ©Eo8tüpT{Tou  VIII,  30,  6,  a.  tlo)  xal  ö  tou 'IlJ,y,apdÖ0V  foveuO^vTO?  Iv  jjiayr) 
U7:ö  TOU  'Epe/Öeco;  xal  Ta'^e'vxo?  Iv  tw  utzo  tt)v  'AxpdnoXtv  'EXsuatviio  ( Iv  tt}  ;:pö  toü 
cuvo'.xiapLOij  7:dX£i).  IIspl  tojtwv  KX7{tj.r);  6  'AXs^avBpsüs  (  Dpoip.  III,  45,  6,  a.  13) 
X^Y£r  «  T^  0£  ;  'Epi/Odvioc  ouyl  Iv  to)  veöi  t^;  FloXiäoos  x£xr|8£UTat ;  'I[j.[j.apa6o;  6 
EüjidXTiou  xal  AaEipa;  ouyl  Iv  tw  zepiSdXo  toü  'EX£uatviou  tou  u::ö  tf]  'AxpondXei ;  » 
(np.  Arnob.  Adv.  gent.VI,6).  '6  toü  OiÖtnoÖog  (Flaua.  I,  XXVIII, 7.  Val. 
Max.  V,  3,  ext.  3).  'O  tou  Mo\/daiov,  xaTa  riauaaviav  (I,  XV,  8):  «  eait  51 
fcVTÖC  TOV  nfpl6ö?^CiV  TOV  c'ipxaiOU  to  Mouaclov,  änaviixpü  i^?  axpo;:dX£(ü?  Xd- 
90?,  gvGa  Mni'fJaTov  nöeiv  Kax  djxoOavcWxa  yviga  xa^nvai  Jv^yo-uöi- 
uaTEoov  81  ävopi  (öxooOjJiT^Or)  Süpo)  w  (  t6  [J.vf,jAa  toü  «tiXonaTizou ).  'O  toü  KdA-co 
xal  6  TOÜ  Innoi'.iJXOV,  xaxa  tov  auTÖv  Ilauaaviav  (  I,  XXI,  16  xai  I,  XXII,  i  ). 
'0  TOÜ  Kööpov  (C.  I.  A.  in,  943.  IV,  l  a.  66,  53  a)  "law;  51  xal  6  toÜ  Aev- 
v:a?ac.jvog  (Ilaua,  I,  XVIII,  S).  Kai  aÜTou  5i  tou  Öncf^wg  li  öixi  u-ö  K^ 
[Alovo;  Ix  Xxüpoj  ävaxo;j.'.oO£vTa  kV.sivTO  «  i;v  |irclu  XÜ  riö?vri  Ttnpa  xö  vCv  yv- 
^VdÖlOV»,  xaiflc  UXouTapy^ov  (  ©rja.  36  j. 


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riauaavio'j,  öpöcö;  dre^rst.  'Ev  aürot;  toi;  'Attix-oi;  Sl;  xr.x^rx  iv 
■rcapaTrX'/iaioc  y.aTac7>i£'j'/i  'ö  /.a/.o^r,Ao;  sv  tteCcö  T^öycii  ycr,n<.;i  toO  aopio'j 
xe  {7.6X0,  xoO  tJiei '.  Kai  Sjvaxov  p.ev  ti;  X7ipä»v  auxo  vx  cjaxXrpüi'j-/) 
T7)v  e'vvoiav  Tcapei'jaywv  ö);  i/CTrciro'jijav  eTci  Jt£(pxXr,(;  xoO  pyjaocxo?  xrjv 
TrpöOeciv  ec  ouxco;"  «  ^jrei  xe  ecn^öov».  'AXX' r;(/,£i?  7:pox'.L/.ü)|jLev 
va  £^(i)(y.£v  xöv  TrfipinYYix-yiv  uttsOÖ'jvov  öXtywpia;,  aXXw;  ou^i  (jzavia(; 
iv  XY)  C'jyypacpY)  ocjxoO. 

'Ev  Krjspiaia,  t^  15  Ailyou^tou  1894. 


2TE*ANÜS  N.  APArOTMHS. 


'  Ilaua.  I,  XX,  2:  «  y.ai  T7;v  |j.£v  tjrei  tc  ey.aÖEXsTO  ÖE&saOai,  OstÖv  ok  xtX.u  — 
I,  XXII,  3:  « 'Acco8iT7)v  8^  t7]v  IlävSr.iiov,  inti'zv  'A0r,vo'Oü?  ©tjoeü;  e«  [x^av 
TJ^a^ev  änö  Toiv  Bj^jjliuv  JtdXiv,  aürijv  T£  asDEoOai  xtX.». 


DIE  AUSGRABUNGEN  IN  TROJA  1894 
(Hierzu  Tafel  IX) 

Die  im  Sommer  1893  auf  dem  Burghügel  von  Ilion  veran- 
staltoten  Ausgrabungen  hatten  zu  dem  wichtigen  Ergebniss 
gefülirt,  dass  zwischen  der  aus  prähistorischer  Zeit  stammen- 
den 11.  Schicht  und  den  oberen,  den  historischen  Zeiten 
angehörigen  Schichten  eine  stattliche  Burganlage  lag,  wel- 
che nachweisbar  in  der  Epoche  der  sog.  mykenischen  Kultur 
bestanden  hatte.  Diese  Anlage  durften  wir  ohne  jedes  Beden- 
ken für  diejenige  Burg  halten,  welche  Homer  als  die  Perga- 
mos  von  Troja  besungen  hat. 

Ein  kurzer  vorläufiger  Bericht  über  jene  Grabung  und  ihre 
Resultate  wurde  im  vorigen  Jahrgänge  dieser  Zeitschrift  (1893 
S.  199)  veröffentlicht.  Eine  umfangreichere,  mit  Plänen  und 
Abbildungen  ausgestattete  Publication  erschien  vor  Kurzem 
unter  dem  Titel:  Troja  1893,  Bericht  über  die  im  Jahre 
1893  in  Troja  veranstalteten  Ausgrabungen  von  VV. 
Dörpfeld,  untCi' Mitwirkung  von  A.  Brückner,  M.  Wei- 
gel  und  W.  Wilberg.  Verlag  von  E.  A.  Brockhaus. 

Die  Ausgrabuno;  der  berühmten  Bure;  war  durch  die  Ar- 
beiten  von  1893  noch  nicht  beendet.  Ausdehnung  und  Bauart 
der  Burgmauer,  Plan  und  Bauweise  einiger  Gebäude  des  In- 
nern waren  zwar  festgestellt,  aber  es  fehlte  jede  genauere 
Kenntniss  von  dem  Zuge  der  Ringmauer,  von  der  Lage  und 
Gestalt  der  Türme  und  Thore.  von  der  Anordnung  der  NA'ege 
und  Terrassen  im  Innern,  von  der  Eorm  und  Bestimmung  der 
verschiedenartigen  Gebäude. 

Je  stattlicher  die  schon  aufgedeckten  Bauwerke  waren,  und 
je  wertvoller  die  Auffindung  dieser  Burg  der  myl<enischen 
Periode  für  die  Lösungder  trojanischen  und  homerischen  Erage 
schien,  um  so  lebhafter  mussle  in  uns  der  Wunsch  leben,  die 


W.    DOERPPELD,      DIE    AUSGRABUNGEN    IN    TROJA    1894  381 

angefangene  Arbeit  zu  vollenden  und  die  vielumstrittene  Burg, 
deren  \'orliandensein  nun  festgestellt  war,  ganz  von  dem  Schut- 
te der  Jahrtausende  zu  befreien  und  der  Wissenschaft  wieder- 
zusehen ken. 

Dass  dieser  Wunsch  in  Erfüllung  gegangen  ist  und  zwar 
früher,  als  wir  zu  hotfen  gewagt  hatten,  verdanken  wir  dem 
warmen  und  ihatkräftigen  Interesse,  welches  Seine  Majestät 
der  deutsche  Kaiser  für  Troja  und  seine  Ruinen  hegt.  Auf 
Empfehlung  der  königlich  preussischen  und  kaiserlich  deut- 
schen Behörden  hat  Seine  Majestät  die  Gnade  gehabt,  dem 
Unterzeichneten  aus  den  allerhöchsten  Dispositionsfonds  die 
zur  Fortsetzung  der  Ausgrabungen  nötigen  Mittel  zur  Ver- 
fügung zu  stellen. 

Nachdem  die  türkische  Regierung  durch  Verlängerung  des 
früheren  Firmans  die  Erlaubniss  zu  Ausgrabungen  in  Hissarlik 
erteilt,  konnten  die  Arbeiten  schon  Ende  April  dieses  Jahres 
beginnen  und  gelangten  nach  einer  Arbeitszeit  von  fast  12 
Wochen  gegen  Mitte  Juli  zum  Abschluss.  Die  Zahl  der  Arbei- 
ter war  doppelt  so  gross  wie  im  vorigen  Jahre,  nämlich  etwa 
120;  nur  in  den  ersten  Tagen  und  später  w^ährend  der  Ernte 
war  sie  kleiner. 

Von  meinen  vorjährigen  Mitarbeitern  war  nur  Herr  Archi- 
tekt W.  Wilberg  wieder  zugegen.  Die  Herren  A.  Brückner 
und  M.  Weigel  konnten  leider  nicht  wieder  teilnehmen;  der 
letztere  war  seit  dem  letzten  Sommer  bedenklich  erkrankt  und 
erlag  in  seiner  Heimat  einem  längeren  Leiden,  gerade  als  \\'\r 
die  Ausgrabungen,  auf  die  er  sich  gefreut,  begonnen  hatten. 
Dafür  nahmen  die  Herren  H.  Winnefeld  und  H.  Schmidt  als 
Archäologen  und  A.  Götze  als  Prähistoriker  an  der  Leitung 
der  Grabungen  und  an  dem  Studium  der  Ergebnisse  Teil. 
Commissar  der  türkischen  Regierung  war  Herr  Achmet  Bey, 
Beamter  des  kaiserlichen  Museums  in  Constantinopel. 

Unsere  Aufgaben  waren  durch  die  Resultate  der  früheren 
Ausgrabungen  bestimmt  vorgezeichnet.  In  erster  Linie  galt  es 
die  Burg  der  VI.  Schicht  möglichst  vollständig  auszugraben. 
Die  Burgmauer  mit   ihren  Thorcii  und  Türmen  wnr  freizule- 

ATHEN.    MITTHEILUNGEN   XIX.  -^b 


382  W.    DOEl\PFELD 

gen,  und  die  im  Innern  noch  vorhandenen  Bauwerke  mussten 
aufgesucht  und  weiter  durchtbrsclit  werden.  Neben  dieser 
Hauptaufgabe  sollte  ausserhalb  der  Burg  nach  Gräbern  gesucht 
und  zugleich  festgestellt  werden,  ob  zu  der  VI.  Burg  eine  Un- 
terstadt gehört  hat.  Schliesslich  waren  auch  in  den  übrigen 
Schichten  der  Burg  noch  kleinere  Ausgrabungen  vorzuneh- 
men,  um  einige  dunkle   Punkte  aufzuklären. 

Diese  Aufgaben  haben  wir  im  Wesentlichen  gelöst  und  da- 
bei zum  Teil  unerwartet  gute  Besultate  erzielt.  Ein  ausführ- 
licher Bericht  über  die  gewonnenen  Ergebnisse,  verbunden 
mit  einer  zusammenfassenden  Darstellung  der  Uesultale  aller 
früheren  Ausgrabungen,  soll  im  nächsten  Jahre  in  einem  grös- 
seren Buche  veröffentlicht  werden,  liier  beschränke  ich  mich 
auf  eine  kurze  übersichtliche  Zusammenstellung  der  wichtig- 
sten Resultate  der  diesjährigen  Grabungen. 

Die  Ringmauer  der  VI.  oder  mykenischen  Burg  hatten 
wir  im  Jahre  1893  an  sechs  verschiedenen  Stellen  des  Hügels 
aufgefunden,  so  dass  wir  auf  Plan  U  des  Buches  '  T  roj  a  1893' 
den  Zug  der  Mauer  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  ergänzen 
durften.  Jetzt  ist  die  ganze  iMauer,  soweit  sie  noch  erhalten 
war,  ausgegraben  worden.  Die  Ergänzungen  haben  sich  dabei 
im  Wesentlichen  als  richtig  herausgestellt. 

Wir  begannen  ihre  Freilegung  zugleich  an  der  Nordost- und 
Südwest-Ecke  der  Burg  und  folgten  von  beiden  Seiten  mit  den 
Eisenbahnen  ihrem  Zuge  bis  zur  Südost-Ecke,  wo  die  beiden 
Arbeitercolonnen  zusammenstossen  sollten  und  thatsächlich 
auch  am  Schlüsse  unserer  Arbeitszeit  zusammentrafen.  Hier- 
durch war  der  Lauf  der  Mauer  soweit  als  möglich  festgestellt, 
denn  an  der  nördlichen  und  nordwestlichen  Seite  des  Hügels 
fehlt,  wie  schon  früher  beobachtet  war,  die  Mauer  einschliess- 
lich ihres  Fundamentes  vollständig.  Dass  ihr  Abbruch  in  alt- 
griechischer Zeit  erfolgt  ist,  als  Archaianax  die  Mauern  von 
Sigeion  baute  und  dazu  die  Steine  der  alten  trojanischen  Mauer 
verwendete,  unterliegt  nach  den  Worten  Strabos  (XIII,  599) 
keinem  Zweifel.  Der  erhaltene  Teil  der  Burgmauer  ist  rund 
3U0'"  lang,  der  zerstörte  darf  auf  etwa  20Ü'"  geschätzt  werden, 


DIE   AUSGRABUNGEN   IN   TROJA   1894  3Ö3 

SO  dass  also  mehr  als  die  Hälfte  des  ganzen  Ringes  aufgedeckt  ist. 

Wie  der  ausgegrabene  Teil  des  Mauerringes  gestaltet  ist, 
zeigt  der  beigefügte  Grundriss  der  Burg  auf  Taf.  9.  In  diesem 
Plane  sind  fast  ausschliesslich  die  Bauwerke  der  VI.  Schicht 
trezeichnet.  Die  Gebäude  und  Ringmauern  der  anderen  Schich- 
ten sind  fortgelassen.  Nur  einige  Bauwerke  der  obersten  Schicht 
sind  mit  einfachen  Linien  angedeutet,  namentlich  der  Tempel 
der  Athena  und  die  Grenzen  ihres  heiligen  Bezirks.  Ein  Ver- 
gleich mit  den  früheren  Plänen  ist  dadurch  erleichtert,  dass 
der  ganze  Grundriss  in  derselben  Weise  wie  jene  in  Quadrate 
abgeteilt  ist,  welche  mit  Buchstaben  und  Zahlen  bezeichnet 
sind.  Der  untere  stark  geböschte  Teil  der  Burgmauer  ist  im 
Plane  mit  einer  doppelten  Schraffur  versehen,  während  der 
obere  Teil,  soweit  er  erhalten  ist,  und  die  Mauern  der  In- 
nengebäude ganz  schwarz  angelegt  sind.  Die  etwas  jüngeren 
kleinen  Vorratsräume  haben  eine  engere  Kreuzschraffur  er- 
hallen. 

Der  Erhaltungszustand  der  Burgmauer  stellte  sich  als  ein 
ausserordentlich  guter  heraus  ;  er  war  viel  besser,  als  wir  nach 
den  vorigjährigen  Ausgrabungen  erwarten  durften.  Selbst  an 
den  Steifen,  wo  wir  die  alte  Mauer  durch  spätere  Umbauten 
ersetzt  ulaubtcn.  kam  sie  tief  unter  den  Zusätzen  und  Anbau- 
ten in  auffallend  gutem  Zustande  zu  Tage. 

Die  Mauer  ist  in  ihrem  unteren  Teil,  wo  sie  zugleich  Stütz- 
mauer ist,  4,60  —  5,00'"  stark,  aus  grossen  flachen  Steinen  er- 
baut und  an  ihrer  Aussenseite  mehr  oder  minder  glalt  l)ear- 
beitet  und  stark  geböscht.  Die  auf  diesem  Unterbau  sich  er- 
hebende Obermauer,  die  an  der  Ostseite  noch  an  mehreren 
Stellen  erhalten  ist,  hat  eine  Dicke  von  1,80-2,00'"  und  ist 
aussen  fast  senkrecht  abgearbeitet.  An  dem  unteren  Teile  der 
östlichen  Mauer  kann  man  allenfalls  hinaufklettern,  an  dem 
oberen  Teile  aber  nicht.   Im  Süden   war  die  Mauer  nirgends 


zu  ersteigen. 


Im  Grundriss  bildet  die  Burgmauer  ein  Polygon  von  gera- 
den Linien.  Gebogene  Mauerstücke  kommen  gar  nicht  vor.  Die 
Seiten   des  Vielecks,    welche   durchschnittlich  etwa   9'"  laug 


384  W.    nOKRPFELD 

sind,  bilden  meist  Winkel  von  etwas  unter  180°,  nur  an  der 
Südseite  kommen  auch  einige  2:rössere  Winkel  vor. 

Die  Ecken  sind  nicht  als  einfache  Winkel  gebildet,  sondern 
zeigen  überall  einen  sorglältig  angearbeitcten  Vorsprang  von 
0,10  —  0,15'",  der  nur  ganz  vereinzelt  bis  0,30'"  steigt  (vgl. 
'  Troja  i8y3'  Abb.  9).  Diese  mit  grossem  Rostenaufwande 
hergestellten  \"orsprünge  sind  für  das  Auge  sehr  wirkungsvoll 
und  verleihen  selbst  heule  der  Mauer  nocii  ein  stattliches  und 
regelmässiges  Aussehen.  Der  Zweck  der  Vorsprünge  könnte 
zweifelhaft  sein,  v^enn  ihre  Tiefe  eine  grössere  wäre,  denn  man 
würde  annehmen  können,  dass  sie  zur  Flankirung  der  zu- 
rückspringenden Mauerstücke  angelegt  wären.  Die  geringe 
Tiefe  schliesst  aber  eine  solche  Annahme  vollständig  aus.  Auch 
die  weiteren  Thatsachen,  dass  entsprechende  Vorsprünge  an 
der  Innenseite  der  Mauer  und  in  ähnlicher  W'eise  sogar  an 
den  Stützmauern  zweier  innengebäude  vorkommen,  wider- 
sprechen jener  Annahme. 

Meines  Erachtens  haben  sie  in  der  vorliegenden  Form  nur 
einen  künstlerischen  Zweck.  Sie  dienen  dazu,  die  gleichmäs- 
sige  horizontale  Linie  der  Mauer  durch  senkrechte  Linien  wir- 
kungsvoll zu  unierbrechen.  Ob  sie  auch  ursprünglich  zu  die- 
sem Zwecke  angelegt  sind  oder  ob  sie  früher,  als  sie  vielleicht 
grösser  waren,  behufs  Flankirung  oder  aus  einem  technischen 
Grunde  angelegt  sind,  mag  vorläufig  unerörtert  bleiben. 

Vereinzelle  ähnliche  Vorsprünge  kommen  auch  bei  der 
Mauer  von  Tir}  ns  vor ;  besonders  finden  sie  sich  an  der  we- 
nig bekannten  Burg  Gla  in  der  Ropais- Ebene,  von  welcher 
F.  Noack  demnächst  in  dieser  Zeitschrift  einen  Plan  veröffent- 
lichen wird. 

Die  ganze  Mauer  ist  so  solide  und  sorgfältig  gebaut,  dass 
sie  sich  an   Stärke  und  Fesliiikeit  mit  den  Mauern  anderer 

o 

Burgen  der  mykenischen  Zeit  messen  kann  ,  in  Bezug  auf 
Bauart  und  äussere  Bearbeitung  sie  aber  alle  übertrifi't.  Aller- 
din''s  ist  der  erhaltene  Mauerzuü;  nicht  iiranz  einheitlich  ü;e- 
baut;  es  lassen  sich  deutlich  drei  verschiedene  Bauweisen 
unterscheiden.  Im  Westen  hat  die  Mauer  die  geringste  Stärke, 


DIE    AUSGRABUNGEN    IN   TROJA    1894  385 

die  Steine  sind  nicht  viel  über  0,50™  lang  und  selbst  an  ihrer 
Aussenseite  nicht  vollslündig  bearbeitet.  Im  Osten  finden  wir 
eine  Mauerdicke  von  etwa  5'",  eine  Länge  der  Steine  bis  1'" 
und  eine  gute  Bearbeitung  der  gehuschten  Aussenseite.  Am 
besten  ist  die  Südmauer  gebaut;  die  Steine  sind  hier  durcli 
die  ganze  Dicke  der  Mauer  von  rund  5™  bearbeitet  und  haben 
an  der  Aussenseite  eine  so  gute  Fugenbildung  und  eine  so  re- 
gelmässige Glättung  der  geböschten  Fläche,  dass  man  auf  den 
ersten  Blick  griechisches  Quadermauerwerk  vor  sich  zu  ha- 
ben meint  Die  Länge  der  Steine  steigt  hier  bis  1,50™.  Ebenso 
gut  wie  die  Südmauer  sind  auch  die  drei  in  der  Osthälfte  dei- 
Burg  aufgedeckten  Türme  gebaut. 

Diese  Verschiedenheit  kann  nicht  durch  den  späteren  Umbau 
einer  älteren  gleichmässigen  Mauer  erklärt  werden,  sondern 
wird  dadurch  entstanden  sein,  dass  sich  die  Kunst  der  Stein- 
bearbeitung während  der  Herstellung  der  500™  langen  Mauer 
immer  mehr  vervollkommnete.  Die  Türme  der  Ostmauer,  wel- 
che eine  jüngere  Bauweise  als  diese  selbst  zeigen,  sind  zwar 
unzweifelhaft  an  die  schon  fertige  Mauer  angefügt,  waren  aber 
gewiss  im  ursprünglichen  Plane  schon  vorgesehen.  Wenig- 
stens für  den  grossen  Nordost-Turm  ist  dies  gesichert,  denn 
ohne  ihn  würde  weder  der  Mauerrin^-  an  dieser  Stelle  »e- 
schlössen,  noch  der  hier  liegende  Hauptbrunnen  geschützt  sein. 

Gegen  diese  Erklärung  der  verschiedenen  Bauweisen  wird 
man  freilich  auf  eine  Burg  wie  Tiryns  verweisen,  die  eine 
noch  längere  Riniimauer  hat,  ohne  dass  deshalb  auch  nur  der 
geringste  Fortschritt  in  der  Steinbeai'beitung  innerhalb  des 
Mauerzuges  zu  beobachten  wäre.  Man  muss  jedoch  in  Erwä- 
gung ziehen,  dass  das  Baumaterial  von  Tiryns  ein  sehr  harter 
Kalkstein  ist,  der  sich  nur  mit  Midie  bearlieiten  Hess,  wäh- 
rend bei  der  Mauer  von  Troja  ein  leicht  zu  behauender  porö- 
ser Kalkstein  benutzt  wurde,  der  zu  einer  regelmässigen  Bear- 
beitung geradezu  herausforderte.  Es  ist  derselbe  Porös,  dem 
wir  auch  die  erste  Entwicklung  der  griechischen  Steinsciilplur 
auf  dem  Gebiete  der  Baukunst  wie  der  Bildhauerkunst  ver- 
danken. 


386  W.    DOERPFELD 

Wenn  man  jetzt  die  vorzüglicli  erlialtene,  fast  überall  noch 
5'"  hoch  aufrecht  stellende  Biirt!;inauer  der  VI.  Sciiiclit  be- 
trachtet, fragt  man  sich  unwilllvürlich  :  Rann  das  die  Mauei' 
einer  Burg  sein,  deren  gänzliche  Zerstörung  übereinstimmend 
von  den  antilvcn  Schriftstellern  bericiitet  wird?  Allerdings 
galt  es  im  ganzen  Altertum  als  Thalsache,  dass  Burg  und  Stadt 
des  Priamos  von  den  Griechen  vollsUindig  zerstört  worden  sei, 
und  gerade  weil  nichts  mehr  von  den  berühmten  Mauern  zu 
sehen  war,  konnte  der  Streit  über  die  Lage  und  sogar  über 
die  ehemalige  Existenz  der  Burg  entstehen.  Trotzdem  liegt  hier 
keinerlei  ernstliche  Schwierigkeit  vor,  vielmehr  erklären  sich 
jene  Nachrichten  der  Schriftsteller  gerade  aus  der  beobachte- 
ten Thatsache  der  allmählichen  Verschüttung  der  halb  zer- 
störten Bauwerke. 

Schon  während  des  Bestehens  der  VI.  Burg  war  nämlich 
die  Ringmauer  1  bis  2""  hoch  verschüttet  worden  und  zwar 
besonders  auf  denjenigen  Seiten  des  Burghügels,  wo  das  In- 
nere sich  nur  wenige  Meter  über  den  Fussboden  im  Ausse- 
ren erhob.  Die  bei  der  Ausgrabung  gefundenen  Erdschichten 
lassen  hierüber  keinen  Zweifel.  Bei  der  Zerstörung  der  Burg 
und  unmittelbar  nachher  nahm  diese  Verschüttung  noch  be- 
trächtlich zu,  so  dass  die  Mauern  im  Osten  und  Süden  schon 
fast  3™  hoch  mit  Erde  und  Schutt  bedeckt  waren,  als  neue  An- 
siedler (die  Bewohner  der  VII.  Schicht)  sich  auf  der  Uuinen- 
stätte  niederliessen.  Da  die  Schuttmassen  in  der  Folgezeit  noch 
weiterstiegen,  können  allmählich  nur  noch  an  der  Nord- und 
Nordwestseite,  wo  der  Burghügel  sich  beträchtlich  über  der 
Ebene  erhebt  und  steil  zu  dieser  abfällt,  grössere  Stücke  der 
Mauer  siebtbar  gewiesen  sein.  Auf  den  anderen  Seiten  wurden 
die  i-erini^en  Reste,  welche  etwa  noch  aus  der  Erde  heraus- 
ragten,  durch  Vor- und  Umbauten  verdeckt,  und  so  den  Bli- 
cken der  Bewohner  entzogen.  Die  Tiefe,  bis  zu  der  die  vorge- 
bauten Mauern  hinabreichen,  gicbt  einen  sicheren  Anhalts- 
punkt zur  Bestimmung  der  Höhe,  welche  die  Verschüttung 
damals  erreicht  hatte.  Nachdem  nun  in  altij;ricchischer  Zeit  die 
allein  noch  sichtbare  Mauer  der  Nord- und  Nordwest -Seite 


DIE    AUSGRABUNGEN   IN   THOJA    1894  387 

durch  Arcliaianax  abgebrochen  war,  konnte  man  in  spätgrie- 
chischer und  römischer  Zeit  auch  keinen  Stein  der  alten  Mauer 
mehr  sehen.  Da  auch  von  den  verschütteten  Mauerstücken 
nichts  bekannt  war,  denn  Ausgrabunger  wurden  noch  nicht 
vor;2;enommen,  so  mussle  in  der  That  die  Meinuni^  entstehen, 
dass  die  ehemalii'e  Zerstörun»  eine  voliständiü;e  gewesen  sei. 

Wenn  schon  ältere  Schriftsteller  zu  einer  Zeit,  als  vielleicht 
noch  einige  Mauerstücke  sichtbar  waren,  von  einer  totalen  Zer- 
störung der  Ikirg  berichteten,  so  erklärt  sich  das  aus  der  be- 
kannten Thatsache,  dass  die  Schilderungen  von  Zerstörungen 
gewöhnlich  übertrieben  sind.  Um  nur  ein  Beispiel  zu  erwäh- 
nen, erinnere  ich  an  die  Nachricht  Herodots,  welcher  IX,  13 
über  Athen  meldet,  dass  Mardonios  alles,  was  er  von  den 
Mauern  noch  aufrecht  stehend  gefunden  habe,  niedergeworfen 
und  dem  Erdboden  gleich  gemacht  habe.  Trotzdem  stehen  die 
allen  pelargischen  Mauern  der  Akropolis  noch  jetzt  an  meh- 
reren Stellen  einicre  Meter  hoch  aufrecht! 

Von  der  römischen  Zeit  bis  zu  unseren  Tagen  sind  die 
Mauern  Trojas  verschüttet  geblieben  ;  auch  nicht  ein  Stein  von 
ihnen  war  über  dem  Erdboden  sichtbar.  Ist  es  da  zu  verwun- 
dern, dass  man  sogar  die  Existenz  der  Burg  geleugnet  oder 
sie  an  einem  andern  Orte  gesucht  hat,  wo  noch  einige  alte 
Mauern  sichtbar  waren? 

Drei  Thore  und  eine  Pforte  haben  wir  im  Zuge  der  Burg- 
mauer  gefunden.  Die  Pforte,  in  dem  Nordost-Turme  gelegen, 
wurde  schon  im  vorigen  Jahre  entdeckt  und  ist  im  Buche 
'Troja  1893'  S.  52  beschrieben.  Das  erste  Thor  {VI  S  auf 
dem  Plane)  kam  südlich  von  dem  genannten  Turme  zu  Tage. 
Es  ist  in  der  Weise  angelegt,  dass  die  von  Norden  kommende 
Burgmauer  im  Bogen  vor  die  Thor()ffnung  vorgezogen  ist  und 
so  einen  längeren  nach  Süden  gerichteten  Thorweg  bildet.  Der 
eigentliche  Thorverschluss  liegt  weiter  zurück,  durch  die  vor- 
springende Mauer  geschützt.  Seine  unteren  Steinschichten  sind 
noch  erhalten. 

Das  zweite  Thor  {VI  T)  wurde  an  der  Südost-Ecke  der 
Burg  an   der  Stelle  gefunden,  wo  die  Burg  nur  wenig  hö- 


388  W.    nOERPFELD 

her  liegt  als  das  anstossende  Plateau.  Es  ist  durch  seine  Lage 
und  seine  Abmessungen  als  Ilaupllhor  der  Burg  gesichert. 
Dass  das  grössle  Thor  sich  gerade  liier  belinden  müsse,  Hess 
sich  vorhersagen,  weil  sowol  in  der  viel  älteren  11.  Burg,  als 
auch  in  der  Akropolis  des  römischen  ilion  an  dieser  Stelle 
der  Hauptaufgang  zur  Burg  gelegen  hat.  Der  3,50'"  breite 
Thorweg  ^vird  links  von  einem  miichligen  Turm  flankirt, 
Nvolcher  später  an  die  Mauer  angefügt  ist,  weil  die  geböschte 
iMauer  im  Innern  des  Turmes  w  ieder  zum  Vorscheint  kommt. 
Der  Weg  ist  mit  Steinplatten  gepflastert,  unter  denen  ein  zur 
Abführung  des  Hegen wassers  bestimmter  gemauerter  Canal 
lieijft.  Über  dem  Pflaster  fanden  wir  eine  Brandschicht  von 
etwa  1'"  Stärke  und  darüber  ein  aus  o-riechischer  Zeit  stam- 
mendes  jüngeres  Pflaster,  welches  von  den  Römern  wiederum 
mit  einer  Säulenhalle  und  einem  neuen  Aufgange  überbaut 
worden  ist. 

Wie  der  eigentliche  Abschluss  dieses  Ilauptthores  gestaltet 
war,  konnten  wir  nicht  mehr  feststellen;  vielleicht  ist  die  Um- 
rahmuns;  der  Thür  zerstört,  vielleicht  las  sie  aber  auch  wei- 
ter  im  Innern  der  Burg  ähnlich  wie  in  Tiryns.  In  diesem  Falle 
könnte  der  Thorverschluss  bei  einer  Fortsetzung  der  Grabun- 
ü;en  noch  gefunden  werden. 

Ausser  zwei  hochkantigen  Steinplatten,  mit  denen  die  bei- 
den vorderen  Ecken  des  Thores  gesichert  sind,  und  in  denen 
wol  Prellsteine  erkannt  werden  dürfen,  sind  noch  zwei  hohe 
viereckige  Steinpfeiler  zu  erwähnen,  welche  vor  der  Aussen- 
seite  des  Turmes  stehen  und  lebhaft  an  ähnliche  aus  Cypern 
bekannte  Pfeiler^  erinnern,  in  denen  man  Gultmale  glaubt  er- 
kennen zu  dürfen.  Der  am  besten  erhaltene  Pfeiler  ist  jetzt 
noch  0,98™  hoch,  hat  eine  Breite  von  0,75'"  und  eine  Dicke 
von  0,52"";  eine  mächtige  Steinplatte  dient  ihm  als  Basis. 

Das  dritte  Thor  [VI  U)  ist  schon  während  des  Bestehens 
der  VI.  Schicht  zugemauert  worden  und  so  als  Zugang  zur 
Burg  in  Fortfall  gekommen.  Es  lag  an  der  Südwest-Ecke  des 


Vgl.  Ohnefalsch-Riclitcr,  KyiJios  S.  169.  3GÜ. 


DIE   AUSGRAnUNGKN    IN   TROJA    1894  389 

r3iirgliügels  und  entsprach  offenbar  dem  südwestlichen  Thore 
der  II.  Burg.  Sein  ehemaliges  Vorhandensein  ist  durch  die 
Führung  der  Burgmauer  und  die  noch  erhaltenen  Mauerecken 
vollkommen  gesichert.  Wie  es  gestaltet  war,  ist  aber  unbe- 
kannt. Wir  hätten  die  den  Thorweg  sperrende  starke  Mauer 
und  einige  der  im  Innern  angebauten  Vorratsräume  abbrechen 
müssen,  um  nach  den  Besten  des  Thorverschlusses  zu  suchen, 
konnten  uns  dazu  aber  nicht  entschliessen. 

Ob  an  der  Nordseite  der  Burg  im  Zuge  der  jetzt  fehlenden 
Bingmauer  noch  ein  weiteres  Thor  gelegen  hat,  ist  unbekannt, 
darf  aber  wegen  der  Gestaltung  des  Hügels  als  unwahrschein- 
lich bezeichnet  werden. 

Von  den  drei  Türmen,  welche  ausgegraben  sind,  ist  der 
neben  dem  llauptthor  gelegene  ( VI  i)  schon  erwähnt.  Er  ent- 
hält ein  Turmzimmer,  welches  durch  eine  später  eingebro- 
chene Thür  mit  dem  Burginnern  verbunden  war.  Ein  zweiter 
grösserer  Turm  (  VI  h)  ist  an  der  Ostmauer  zwischen  den  bei- 
den Thoren  entdeckt  worden;  er  ist  10,90'"  breit  und  springt 
8,35'"  vor  die  Mauerilucht  vor.  Seine  ^^'ände  haben  eine  ge- 
ringere Böschung  als  die  Burgmauer,  eine  Erscheinung,  die 
nicht  nur  bei  den  beiden  anderen  Türmen,  sondern  auch  bei 
denen  der  11.  Schicht  wiederkehrt.  Er  diente  unzweifelhaft 
zur  Sicherung  der  ganzen  Ostseite  der  Burg  und  namentlich 
zum  Schutze  des  Ost-Thores  VI  S,  dessen  Eingang  er  be- 
herrschte. In  der  Höhe  des  geböschten  Unterbaues  der  Burg- 
mauer enthält  er  ein  Gemach  von  6,80"'  Breite  und  4,rO"' 
Tiefe,  das  einst  mit  einer  hölzernen  Balkendecke  versehen  und 
nur  von  oben  zugänglich  war.  Die  Balken,  deren  Abmessun- 
gen noch  zu  bestimmen  sind,  lagen  genau  in  der  Höhe  des  Ab- 
satzes der  Burgmauer.  Das  obere  Turmgomach  griff  daher 
über  die  Mauer  hiniiber  und  war  um  mehrere  Meter  grösser. 
In  der  Höhe  der  Obermauer  sjjrang  also  der  Turm  nicht  nur 
nach  Aussen,  sondern  auch  nach  Innen  vor  die  Mauerilucht 
vor. 

Der  dritte  Turm  F/^',  an  der  Nordost-Ecke  der  Burg  gele- 
gen, war  schon  im  vorigen  Jahre  entdeckt,   aber  noch  nich^ 


390  W.    DOKUPFELD 

ganz  ausgegraben  worden.  Seine  bedeutenden  Masse  (i  8™  Breite 
und  9™  Tiefe)  und  seine  hohe  Verschüttung  machten  diese 
Arbeit  zu  einer  sehr  mülievollen.  mit  der  ein  Teil  der  Arbei- 
ter ^^ährend  der  ganzen  Dauer  der  diesjälirigen  Campagno  be- 
schäftigt war.  Das  Ergebniss  lohnte  die  Mühe;  wir  fanden  im 
Innern  des  Turmes  einen  Brunnen  von  ganz  ungewöhnlichen 
Abmessungen,  unzweifelhaft  den  llauptbrunnen  der  Burg. 
Ein  viereckiger  Schacht  von  4,50'"  lichter  Weite,  mit  einer 
starken  Mauer  eingefasst,  ist  bis  zum  gewachsenen  Felsen 
hinabgeführt  und  dann  noch  rund  8'"  tief  in  diesen  hinabge- 
trieben, bis  wasserführende  Schichten  erreicht  waren.  Wie 
der  Brunnen  überdeckt  war,  wissen  wir  nicht.  Gerade  im 
Zuge  der  Burgmauer  gelegen,  wurde  er  durch  Anlage  des 
grossen  Turmes  in  den  Mauerkreis  hineingezogen.  Jetzt  er- 
klären sich  die  grossen,  uns  früher  ganz  rätselhaften  Masse 
des  Turmes,  jetzt  auch  seine  starke  Mauer,  die  in  einer  Dicke 
\on  4,50'"  aus  gut  bearbeiteten  Steinen  erbaut  ist,  jetzt  auch 
die  Pforte  mit  der  nach  Innen  hinabführenden  Treppe  (vgl. 
'Troja  1893'  S.  52),  durch  die  man  in  Friedenszeiten  von 
dem  Baume  ausserhalb  der  Burg  zu  dem  Brunnen  gelangen 
konnte.  Als  in  der  griechischen  Periode  der  Brunnen  zerstört 
und  verschüttet  war,  legte  man  ausserhalb  am  Fusse  des  Tur- 
mes einen  neuen  kleinen  Brunnen  an  und  erbaute  als  Zu- 
gangsweg von  der  Burg  die  grosse  Treppe,  welche  auf  meh- 
reren Abbildungen  des  Buches  'Troja  1893'  (z.  B.  S.  49 
und  55)  zu  sehen  ist. 

Andere  Brunnen  der  Vi.  Schicht  werden  im  Innern  der 
Burg  gelegen  haben,  von  denen  einer  von  '^"'  Durchmesser 
und  bedeutender  Tiefe  zwischen  dem  Gebäude  VI  F  und  der 
Burgmauer  gefunden  worden  ist.  Ein  dritter  Brunnen,  der 
etwa  10'"  westlich  von  dem  llauptbrunnen  zwischen  dem  rö- 
mischen Tempel  und  dem  Altar  gefunden  wurde,  stammt 
wahrscheinlich  erst  aus  jüngerer  Zeit;  jedenfalls  ist  er  in  der 
römischen  Periode  noch  benutzt  worden,  denn  damals  wurde 
er  mit  einem  laternenartigen  Bundtempelchen  aus  Marmor 
überbaut.    Bei  der  Ausräumung  dieses  16'"  tiefen   Brunnens 


DIE    AUSGRABUNGEN    IN    TKOJ.V    1894  391 

fanden  wir  neljen  zahlreichen  Marmorinschriften  aus  helleni- 
stischer und  römischer  Zeit  einen  colossalen  Zeus-Kopf  aus 
Marmor  und  sieben  menschliche  Skelette,  die  offenbar  bei  der 
Zerstörung  des  Tempels  und  der  Stadt  in  spätrömischer  Zeit 
hineingeworfen  worden  waren.  Von  den  Inschriften  mögen 
die  Fragmente  einiger  Volksbeschlüsse  der  Hier  und  einiger 
Urkunden  des  ilischen  Städtebundes  besonders  erwähnt  wer- 
den, weil  durch  sie  neues  Licht  auf  die  Geschichte  des  Athena- 
Heiligtums  in  hellenistischer  und  ritmischer  Zeit  fällt. 

Die  Gebäude,  welche  wir  im  Innern  der  Burg  ausge- 
graben haben,  liegen  alle  in  einem  rund  40'"  breiten  Streifen 
neben  der  erhaltenen  Ringmauer.  Dass  in  der  Mitte  der  Burg 
alle  Bauwerke  der  Vi.  Schicht  zerstört  sind,  ist  in  dem  Buche 
'Troja  1893'  auseinandergesetzt  und  durch  eine  Skizze  erläu- 
tert. Die  dort  fiir  diese  Erscheinung  angenommenen  Gründe 
haben  sich  als  richtig  herausgestellt.  Von  den  vermutungs- 
weise er'iänzten  Terrassenmauern  sind  mehrere  Yorzü2;lich  er- 
haltene  Beispiele  gefunden.  Die  vier  Gebäude  VI  M,  VI  F,  VI  E 
und  VI  Q  haben  nach  der  Burgmauer  hin  starke  geböschte 
Stützmauern,  welche  in  ihrer  Bauweise  mehr  oder  weniger  mit 
der  Ringmauer  übereinstimmen  ;  die  beiden  ersteren  haben 
sogar  dieselben  Vorsprünge  wie  diese,  ohne  dass  die  Mauern 
im  Grundrisse  Winkel  bildeten. 

Das  Innere  der  VI.  Burg  war  also  sicherlich  in  Terrassen 
aufgebaut,  welche  nach  der  Mitte  anstiegen.  Auf  der  ersten 
dieser  Terrassen  lauen  die  meisten  der  aufgefundenen  grossen 
Wohnhäuser,  denn  als  solche  dürfen  wir  die  einzelnen  Ge- 
bäude wol  ohne  Bedenken  bezeichnen.  Zwischen  der  unteren 
Terrasse  und  der  Burgmauer  befand  sich  im  Süden  und  Osten 
ursprünglich  ein  breiter  freier  Raum,  der  in  einer  späteren 
Zeit,  aber  noch  vor  der  Zerstörung  der  Burg,  als  der  Fussbo- 
den  schon  etwas  gestiegen  war,  von'einer  grossen  Anzahl  klei- 
ner Gemächer  eingenommen" wurde,  in  denen  wir  viele  jener 
fassartigen  grossen  Thongelässe  (Pithoi)  fanden,  die  sowol  im 
Altertum  wie  auch  nocli  heute  zur  Aufbewahrung  von  Ge- 
treide, Öl,  Wein  und  Wasser  benutzt  werden.  Zwölf  solcher 


392  W.    DOKUPI'KLD 

Pilhoi  standen  in  dem  Räume  s  dicht  gedrängt  nebenein- 
ander. Wir  dürfen  in  den  Kammern  Vorratsräume  erken- 
nen, die  in  der  letzten  Periode  dos  Bestehens  der  VI.  Burg 
angelegt  worden  sind.  Auf  unserem  Plane  sind  die  Mauern 
diesei  Räume  mit  einer  kreuzweisen  Sehraffur  gekennzeichnet; 
die  Räume  selbst  tragen  die  griechischen  Buchstaben  a-o. 

Die  schon  im  vorio-en  Jahre  üefundencn  Innenoebäude  sind 
jetzt  weiter  ausgegraben  und  einige  neue  dazu  freigelegt  wor- 
den. Ihre  Grundrissformen  sind  sehr  verschieden  und  aus 
dem  Plane  zu  ersehen.  Ihre  Bauart  ist  zum  Teil  die  kyklopi- 
sche,  bei  der  grössere  und  kleinere,  wenig  bearbeitete  Steine 
mit  Lehmmörtel  verbunden  sind  ;  zum  Teil  ist  aber  eine  vor- 
geschrittenere Bauweise  zur  Anwendung  gelangt,  bei  der  gut 
bearbeitete  Steine  ohne  Bindemittel  dicht  aneinander  gefügt 
sind.  So  ist  das  Haus  VI E  mit  einer  Sorgfalt  gebaut,  wie  man 
sie  bei  den  Bauwerken  der  mykenischen  Burgen  Griechenlands 
kaum  findet.  Nur  die  Ruppelgräber  von  Orchomenos  und  My- 
kenai  zeigen  ähnliches  Mauerwerk. 

Für  das  Verständniss  der  Innengebäude  würde  es  vorteil- 
haft sein,  wenn  der  noch  nicht  ausgegrabene  Teil,  der  zwi- 
schen dem  Thore  VI  T  und  dem  römischen  Propylaion  des 
Ileiliiitums  der  Athena  lie^t,  untersucht  und  die  daselbst  er- 
haltenen  Gebäude  der  VI.  Schicht  aufgedeckt  würden.  Ich 
halte  es  aber  für  richtiger,  wenn  dieser  Teil  des  Burginnern 
vorläufig  vom  Spaten  unberührt  bleibt.  Bedeutet  schon  bei  den 
meisten  Ausi>ra bumsen  die  Freileouno;  eines  Bauwerks  einen 
Schritt  zu  seiner  Zerstörung,  so  ist  dies  in  Troja  aus  manchen 
Gründen  in  besonderem  Grade  der  Fall.  Ausserdem  ist  dort 
die  Ausgrabung  der  unteren  Schichten  nur  möglich  unter  leil- 
weiser  oder  gänzlicher  Zerstörung  der  darüber  lagernden  Erd- 
schichten und  Bauwerke.  Dass  ein  solches  Vorgehen  aber  nur 
erlaubt  ist,  wo  es  sich  um  besonders  wichtige  wissenschaft- 
liche Ziele  handelt,  versteht  sich  von  selbst.  \\'ie  nun  Herr 
Schliemann  glücklicher  Weise  im  Centrum  der  Burg  einige 
Erdkegel  hat  stehen  lassen,  die  für  unsere  späteren  Beobach- 
tungen von  ganz  unschätzbarem  Werte  waren  und  auch  wol 


DIE  AUSGRABUNGEN    IN   TROJA    1894  393 

in  Zukunft  noch  sein  werden,  so  haben  auch  wir  es  für  un- 
sere Pflicht  gehahen,  an  der  Peripherie  der  Burg  ein  grösse- 
res Stück  für  spätere  Untersuchungen  unberührt  liegen  zu  las- 
sen. Dass  wir  gerade  den  Teil  hinter  dem  Hauptthore  dazu 
gewählt  haben,  war  durch  äussere  Gründe  des  Arbeitsbetrie- 
bes veranlasst. 

Die  Zahl  der  in  der  VI.  Schicht  gemachten  Einzelfunde 
ist  sehr  gross,  doch  befinden  sich  darunter  keine  Gegenstände 
von  besonderem  Werte.  Es  sind  meist  Stücke  der  einheimi- 
schen monochromen  Keramik  und  auch  wieder  zahlreiche 
Scherben  von  mykenischen  Vasen,  durch  welcbe  unsere  frü- 
here zeitliche  Bestimmung  der  VI.  Schicht  vollkommen  be- 
stätigt wird. 

Neben  der  Freilegung  der  VI.  Schicht  wurden  noch  klei- 
nere Grabungen  in  den  älteren  Schichten  vorgenommen. 
Unter  den  hierbei  erzielten  Resultaten  verdient  namentlich  die 
Auflindunsr  der  älteren  Burgmauern  der  II.  Schicht  erwähnt 
zu  werden.  Während  an  der  südlichen  und  westlichen  Seite 
der  II.  Büro;  drei  verschiedene  Ringmauern,  aus  den  drei  Pe- 
rioden  der  II.  Ansiedelung  stammend,  aufgedeckt  waren,  kann- 
ten w  ir  an  der  östlichen  Seite  nur  die  jüngste  dieser  Mauern. 
Durch  einen  im  vorigen  Jahre  zwischen  den  beiden  Quadra- 
ten G5  und  GG  begonnenen  Graben,  welcher  die  II.  Burg- 
mauer quer  durchschnitt,  untersuchten  wir  die  hinter  und 
unter  der  Mauer  liegenden  Schicliten  und  entdeckten  dabei  die 
hohen  steinernen  Unterbauten  zweier  älteren  Rinü-mauern  der- 
selben  Burg.  Die  Ausdehnung  und  allmähliche  Erweiterung 
der  uralten  II.  Burg  ist  dadurch  auch  an  der  Ostseite  festge- 
stellt. 

Behufs  Freilegung  der  Burgmauer  der  VI.  Schicht  musste 
der  noch  nicht  ausgegrabene  östliche  Teil  des  historischen 
Heiligtums  der  ilischen  Athena  aufgedeckt  werden.  Wir 
stiessen  dabei  auf  die  mäciitigen  Fundamentmauern  einer 
Säulenballe,  welciie  in  r()mischer  Zeit  den  östlicluMi  Abschluss 
des  heiligen  Bezirkes  bildete,  und  weiter  zu  unserer  grossen 
Überraschung  auf  ein  an  dem  südlichen  Abhang  des  Burghü- 


394  W.    DOERPFELD,      DIE   AUSOtHABUNGEN    IN    TnOJA    1894 

gels  gelegenes  drittes  römisches  Theater.  Beide  Gebäude  sind 
auf  dem  Plane  angedeutet.  We<;en  des  Theaters  konnten  wir 
einen  Teil  der  darunter  liegenden  \T.  Burgmauer  nicht  aus- 
graben. 

Bei  den  Grabungen  im  Äussern  der  Akropolis  wurden  an 
mehreren  Stellen  im  Innern  der  römischen  Stadt  die  sicheren 
Beweise  dafür  gefunden,  das  das  Plateau  der  römischen  Un- 
terstadt auch  zur  Zeit  der  VI.  Burg  wenigstens  teilweise  be- 
wohnt war.  Von  einer  Stadtmauer  aus  jener  Periode  fand  sich 
aber  nichts.  Auch  an  der  Burgmauer  zeigten  sich  keinerlei 
Merkmale,  die  für  das  Vorhandensein  einer  Mauer  der  Unter- 
stadt in  jener  alten  Zeit  angeführt  werden  könnten.  Das  Stück 
einer  Stadmauer,  das  wir  am  südlichen  Ende  der  römischen 
Stadt  entdeckten,  gehört  sicher  dieser  letzten  Schicht  an. 

Ausserhalb  des  jüngsten  Mauerringes  der  Unterstadt  wur- 
den wieder  rings  um  die  Stadt  zahlreiche  Gräber  aufgefun- 
den, welche  den  im  vorigen  Jahre  geöffneten  glichen  und  wol 
sämtlich  der  römischen  Periode  angehörten.  Gräber  der  Vi. 
Schicht  fanden  wir  nicht.  Unsere  Absicht,  in  einigen  derjeni- 
gen Tumuli  der  Troas  zu  graben,  in  denen  wir  Grabhügel 
der  VI.  Burg  glauben  sehen  zu  dürfen,  hat  sich  leider  auch 
in  diesem  Jahre  nicht  verwirklichen  lassen,  weil  uns  die  Ev- 
laubniss  dazu  trotz  unserer  dringenden  Eingaben  und  trotz 
warmer  Unterstützung  von  Seiten  der  deutschen  Bolschaft  ver- 
sagt worden  ist.  Hier  wäre  eine  Forlsetzung  unserer  Arbeit 
sehr  wünschenswert. 

Im  Übrigen  halten  wir  aber  die  Ausgrabungen  in  Troja  für 
vorläufig  abgeschlossen.  Unsere  Aufgabe  ist  es  jetzt,  unseren 
Fachgenossen  und  denen,  die  sich  sonst  für  Troja  interessi- 
ren,  die  erzielten  wertvollen  Resultate  zum  Studium  und  zur 
weiteren  Verwertung  zu  unterbreiten.  Der  vorliegende  Bericht 
soll  nur  der  erste  Schritt^dazu  sein. 

WllJIELM   DÖUPFELD. 


O'^iwi^fO" 


NOCFI  EIiNMAL  DIE  HIPPOMEDON- INSCHRIFT 

Obwül  Adolf  Wilhelm  oben  S.  294  sein  iJ-ewielitiijes  Urteil 
über  meine  Behandlung  der  Seile  B  der  Inschrift  (S.  233  IT.) 
dahin  abriebt,  dass  sie  das  Wesentliche  erledigt  habe,  darf 
ich  seine  gegen  einen  Punkt  gerichtete  Polemik  nicht  uner- 
widert lassen,  da  sie  mir  wie  den  ^^'orten  der  Inschrift  so  auch 
den  mein  igen  nicht  gerecht  zu  werden  scheint,  mein  Schwei- 
gen aber  leicht  als  Zustimmung  ausgelegt  werden  könnte.  Da 
ich,  vielleicht  in  Folge  zu  grosser  Kurze  des  Ausdrucks,  doch 
eine  Hauptsache,  die  wirtschaftliche  Bedeutung  der  Urkunde, 
nicht  völlig  herausgestellt  zu  haben  scheine,  möchte  ich  das 
Versäumte  nachzuholen  versuchen. 

Meine  Ergänzung  von  Z.  3  f.  v.xl  c[ix<j^j  sj^aywvf^v]  )tai  ixe- 
Xeiav  So'jv[at  stGxyoudiv  Ix.]  Xsppovyjcou  xai  aXXoOev  hatte  ich  SO  er- 
läutert:  'die  Gesandten  sollen  die  Befugniss  des  Statthalters 
anerkennen,  die  Getreideausfuhr  und  die  Befreiung  von  Ein- 
gangszöllen Anderen  als  Privilegium  zu  gewähren'.  Dagegen 
wendet  Wilhelm  ein:  'jene  Verleihung  zollfreier  Ausfuhr  be- 
zieht sich  dem  Wortlaute  der  Inschrift  nach  zunächst  auf  die 
Chersonesos,  nicht  auf  Samotlirake' ;  nun  seien  wir  nicht  be- 
fugt '  mit  unseren  Vermutungen  den  Boden  der  Insel  zu  ver- 
lassen' und  es  müssten  demnach  die  Samothraker  nicht  für 
Andere,  sondern  'für  sich  selbst  jene  Begünstigung  zoll- 
freier Getreideausfuhr  erbitten".  Wie  man  aber  sielit,  spreche 
ich  gar  nicht  von  'zollfreier  Ausfuhr",  so  wenig  wie  der 
Wortlaut  der  Inirchrifl,  und  ich  habe  mich  mit  meiner  Auf- 
fassung auch  durchaus  nicht  von  dem  Boden  der  Insel  ent- 
fernt. Ich  spreche  erstens  von  der  Gestattung  der  Getreideaus- 
fuhr aus  Samolhrake  (gar  nicht  von  irgend  einem  Ausfuhr- 
zoll), und  zweitens  von  zollfreier  Einfuhr  in  Samotlirake. 
Da  Wilhelm  mit  mir  einverstanden   ist,   dass  nur  gestanden 


39G  M.    FRAENKEL,      NOCH    EINMAL   DIE    HIPPOMEDON  ■  INSCHRIFT 

haben  kann  x.al  Clitou  gj^aywyr^v]  xal  äT£>.£iav  So'jvxi  -/.tX.,  also 
zwei  durch  die  Copida  verbundene  Accusalive,  so  haben  in 
der  That  die  Samothraker  ihre  Zustiminunii;  erklärt,  dass  der 
Statthalter  zweierlei  veiscliiedene  \'eri^ünstiiiuni^en  erteile : 
Getreideausfuhr  aus  Samothrake  —  diese  muss  also,  wie  in 
Athen,  grundsätzlich  verboten  gewesen  sein  —  und  eine  Zoll- 
freiheit für  etwas,  das  von  auswärts,  namentlich  aus  der  Cher- 
sones  nach  Samothrake  kommt,  nach  aller  Wahrscheinlichkeit 
ebenfalls  Getreide.  Gewiss  bezwecken  die  Samothraker  Vorteil 
für  sich  selbst  zu  erlangen  :  sie  wollen  die  Brotfrüchte,  auf 
deren  Einführung  sie  angewiesen  sind,  dadurch  billiger  kau- 
fen, dass  der  Importeur  nicht  mehr  einen  von  ihm  gezahlten 
Eino;anüszoll  auf  den  Preis  aufschlagen  muss.  Dafür  "iebt  es 
doch  keinen  anderen  Weg,  als  dass  der  Zoll  den  Importeu- 
ren erlassen  Avird,  als  welche  wir  im  Wesentlichen  chersone- 
sitische  und  andre  auswärtio;e  Producenten  und  Händler  vor- 
aussetzen  dürfen.  Da  aber  zu  Gunsten  einer  billigeren  Ernäh- 
rung  des  Volkes  die  Zolleinnahmen  der  Gemeinde  geschmä- 
lert werden  sollen,  so  liegt  es  in  der  Natur  der  Sache,  dass 
diese  ihre  Zustimmung  zu  erklären  hat. 

Die  beiden  Massregeln  stehen  im  engsten  Zusammenhange: 
das  Verbot  der  Getreideausfuhr  war  eine  den  Interessenten 
zum  Besten  der  Allgemeinheit  auferlegte  Härte;  es  durfte  ge- 
mildert werden,  wenn  man  dem  Mangel,  dem  es  steuern 
sollte,  durch  andre  Mittel  abzuhelfen  vermochte.  Ein  solches 
Mittel  war  die  Beförderung  der  Einfuhr  durch  Zollbefreiung, 
und  überdies  stand  ja  auch  durch  die  beschlossene  Landver- 
teilunijf.  als  deren  Zweck  ausdrücklich  der  Feldbau  ani>;eü;eben 

O  '  CO 

ist,  eine  Vermehrung  der  Production   in  sicherer  Aussicht. 

Dass  Wilhelm's  l*]inspruch  nicht  berechtigt  ist,  scheint 
sich  mir  zu  bestätigen,  wenn  man  seinen  Gegenvorschlag  für 
die  Ergänzung  betrachtet:  xa!  c[i-:(j'j  E^^aycoy^v]  y,ai  äT£>vetav 
SoOv[ai  TT,  7:ö>.£i  U]  Xspfovr^TO'j.  Dass  dies  eine  unmögliche  Aus- 
drucksweise  ist,  dass  so  nicht  anstatt  xa!  citou  E^aywy/i«;  a-ri- 
>.£iav  Soövx'.  gesagt  werden  kann,  wird  ein  so  vortreinicher 
Kenner  des  inschriflliclien  Sj)rachgebrauches  wie  \\  ilhclm  ge- 


0.    KERN,      THEORENLISTE   AUS   SAMOTHRAKE  397 

wiss  nicht  dauernd  bestreiten.  Wenn  eine  Atelie  sich  nicht 
auf  alle  Abgaben  beziehen  soll,  so  müssen  die  Steuern,  für 
die  sie  gilt,  namhaft  gemacht  werden  :  so  scheint  mir  sicher, 
dass  aTEXs'.av  Souvat  £'!'7xyo>j'7'.v  oder  e'.':xy(^yr,(;  gestanden  hat ; 
Beispiele  für  das  Parlicip  sind  Uittenberger  127, 29f.  318,9, 
für  das  Substantiv  Dittenberger  53,9.  Der  Artikel  ist  auch 
bei  dem  Particip  nicht  nötig. 

Unljedingt  stimme  ich  Wilhelm  darin  bei,  dass  B  die  FUick- 
seite  der  Urkunde  war.  Für  Zeile  8  f.  hatte  auch  ich  lange 
geschwankt,  ob  nicht  die  Finalpartikel  einzusetzen  sei.  Dass 
die  Opfer  für  das  Konigspaar  als  Zweck  der  ganzen  socialpo- 
litischen  Massregel  ausgegeben  würden,  widerspricht  gewiss 
nicht  dem  Geiste  jener  Zeit,  aber  ich  mochle  ihr  diesen  Ser- 
vilismus nicht  aufbürden,  wenn  es  eine  wie  mir  scheint  unan- 
fechtbare andre  Möglichkeit  giebt. 

Berlin. 

M.   FRÄNKEL. 


THEÜRENLISTE  AUS  SAMOTHRAKE 

Die  Theorenlisten  von  Samothrake  sind  im  Zusammenhange 
von  0.  Benndorf,  Neue  Untersuchungen  auf  Samothrake 
(1880)  S.  96  ff.  behandelt  worden,  dessen  Sammlung  bisher 
nur  ein  Stein  hinzugefügt  werden  konnte,  welcher  die  Theo- 
renliste Nr.  V  ergänzt  (Athen.  Mitth.  XVIII  S.  368  Nr.  11); 
denn  es  ist  unsicher,  ob  die  Fragmente  Athen.  Mitth.  XVIII 
S.  371  Nr.  14  und  S.  376  Nr.  55  hieher  gehören.  Durch  den 
unermüdlichen  Eifer  des  correspondirenden  Mitgliedes  unseres 
Instituts,  Herrn  N.  B.  Phardys  sind  wir  jetzt  in  den  Stand  ge- 
setzt, eine  neue  Theorenliste  zu  verötTentlichen,  an  deren  Zu- 
gehörigkeil zu  den  von  Benndorf  gesammellen  nicht  gezweifelt 
werden  kann.  Benndorf  hat  aus  den  Massen  der  Inschriilen 
nachgewiesen,  dass  dieselben  sämtlich  \()n  einem  Bau  her- 

ATHEN.    MITTHEILUNÜEN   XIX.  27 


398  0.   KERN 

rühren,  und  als  fliesen  Bau  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit 
den  allen  Kabirentempcl  bezeichnet'.  Auch  der  neue  Inschrift- 
stein hat  nach  der  Mitteilung  von  Phardys  die  geforderte  Höhe 
von  0,35'"  (vgl.  Benndorf  a.  a.  0.  S.  98);  seine  Breite  beträgt 
1,07  und  seine  Dicke  0,'20"'.  Phardys  fügt  hinzu,  dass  die  In- 
schrift mit  Sorgfalt  eingemeisselt  ist  und  in  die  KaOapö;  iXk-n- 
VI//))  sTo/Y)  zu  gehören  scheine.  Gefunden  hat  er  sie  ganz  kürz- 
lich an  der  südlichen  Wand  der  verlassenen  und  verfallenen 
Klosterkirche  Chrislös,  die  '  auf  halber  Berghohe  oberhalb  der 
heissen  Quellen  an  der  nördlichen  Abdachung  des  Inselgebir- 
ges liegt'  (Conze,  Reise  auf  den  Inseln  des  ihrakischen  Meeres 
S.  68),  und  aus  deren  Mauern  schon  einige  wichtige  Inschrif- 
ten ans  Tageslicht  gezogen  worden  sind,  darunter  die  Theo- 
renlislen  I.  II.  ^'ll.  Dass  alle  im  Kloster  Ghristös  verbauten 
Inschriften  und  sonstigen  allen  Werkslücke  aus  der  Palaeo- 
polis  stammen,  wird  nach  Conze's  und  Benndorfs  Darlegun- 
gen heute  Niemand  mehr  bezweifeln  wollen.  Leider  sind  wir 
über  das  Aller  der  Klosleranlage  nicht  unterrichtet.  Denn  da- 
für bringt  auch  nicht  eine  Mitteilung  von  Phardys  Aufschluss, 
nach  welcher  sich  auf  dem  von  Conze,  Reise  S.  71  bereits 
veröffentlichten  Steine  noch  die  Inschrift  befindet: 

+  .  .   .  .  fl4)  i  M  O 


17  5  6 

deren  Namen  Phardys  zu  2gpa](pi[;.o[?  ergänzt;  er  erinnert  dabei 
an  eine  andere  christliche  Inschrift  (-[- CAM  UU  H  A),  welche 
schon  Conze  auf  einem  ebenfalls  im  Kloster  Chrislös  befind- 
lichen Verzeichnisse  von  Theoron  (als  t/.u'jTai  vjoi^ü;)  bemerkt 
hat  (Reise  S.  70  ;  Neue  Untersuchungen  S.  98  Ä),  und  meint, 
dass  wir  in  zwei  Mönchen  Namens  Samuel  und  Seraphim  die 
Gründer  und  in  dem  Jahre  1756  das  Gründungsjahr  des  Klo- 
sters zu  erblicken  hätten.  Sicher  gehl  daraus  wol  nur  hervor, 
dass  das  Kloster  im  Jahre  1756  noch  bewohnt  war. 


^  Rubensolin,  Myslerienheiliglünjer  S.  l42. 


THEORENLISTE  AUS  SAMOTHRAKE 


399 


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400  0.   KEIIN,      THEORKNLISTt:    AJS   SAMOTHR.VKE 

Die  drei  Colinnnpn  stellen  Listen  von  Theoren  aus  Aigai, 
Kyzikos(?),  lialikarnass,  Gliios,  Eresos  und  Nysa  dar.  Viel- 
leicht ist  auch  A  4  >.s'.<;  zu  dem  Namen  einer  Stadt  oder  eines 
Volks  zu  ergänzen  wie  z.  B.  TpzXjXsK;'.  Bei  B  I  kann  man 
auch  an  Per"amon  denken,   doch  liei>t  auf  einer  Theorenliste 

c  c 

von  Samothrake  die  Ergänzung  Kii^'.x.r,voi  besonders  nahe,  vgl. 
Athen.  Mitth.  XVI II  S.  356  Ü'.  und  die  Thcoronlisten  II  und 
IV  bei  Benndorf  S.  1)7.  Bei  AiYaiei;  (.'^1  7)  ist  die  Auswahl 
2;ross,  und  eine  Entscheidung,  welches  Aigai  gemeint  ist,  un- 
möglich. Ilalikarnass  ist  bereits  auf  den  Listen  II.  III  (auch 
mit  der  Schreibung  ' AX'.y.xpvacsi; )  und  \TI  vertreten,  Eresos 
auf  IV  und  vielleicht  noch  auf  IX  (wo  man  nach  der  Ab- 
schrift des  Cyriakus  allerdings  auch  'E'^et-.o'.  annehmen  kann). 
Cliios  und  Nysa  erscheinen  auf  den  Theorenlisten  hier  zum 
ersten  Male.  Die  Zuverlässigkeit  von  Phardys'  Abschrift  vor- 
ausgesetzt, sind  die  C  1-U  aufgezählten  Männer  sämtlich  Chier. 
Ich  bemerke  sonst  nur  noch,  dass  Phardys  bis  auf  C  8  Ma- 
[yeiJaTou,  WO  er  selber  unsicher  ist,  seine  sämtlichen  Lesungen 
als  ganz  gesichert  hinstellt.  Es  liegt  nahe,  in  MocrysiUTou  den 
Namen  Ma[/,apTjaTO(;  zu  suchen  '.  Den  Namen  des  Gottes  Bak- 
chos  tragen  auch  Athener,  s.  C.  I.  Ä.  III  1,  126Ü  ;  1 145,  64  ; 
III  2,  1742;  über  Götternamen  als  Menschennamen  vgl.  jetzt 
im  Allgemeinen  Eick-Bechtel,  Griech.  Personennamen  '^  (1894) 
S.  304  ff.  H.  Meyersahm,  Deoruni  nomiiia  hominibus  im- 
posita  (Kiel  1891).  Der  Name  Natwv  sciieint  bisher  nur  aus 
Teos  [C.  I.  G.  3064,  31)  bekannt  zu  sein ;  s.  Fick-Bechtel  S. 
213.  Unter  den  Chiern  steht  C  2  ein  Fremder,  Symmachos 
aus  Styra  (auf  Euboia;  bisher  war  nur  die  Form  Srupeu;  be- 
kannt). Zu  C  4  merkt  Phardys  an,  dass  das  zweite  Aiovucrioii 
in  kleineren  Buchstaben,  aber  von  derselben  Hand  wie  das 
Übrige  geschrieben  sei :  er  liest  richtig  AtovuTto;  Aiovuoio'j  (toö) 
Atovuctou. 

Berlin,  22  September  1894. 

OTTO  KERN. 


^  Vgl.  I^apc-Benscler  s.  v.  und  Uolide,  I'syche  S.  326. 
<   Mayetavo;:  C.  1.  G,  III  4089. 


INSCHRIFT  AUS  ATlIIiN 


E  C  C 

I  ein  M  I 

E\  Y  /    <  II 

OEOTI  A  i   O  N 

5    coüci.  ^  A  rpni      1 1         iH 

CYM<t)E  LI!  C  Y  <J>  P  O  rV  > 

YTEINO  llin''  J.OC 

AEONTIA-^C  TPO<t)IMOC  AAO 

(DlAOKPA      HC-)EYnYirÄ  CTPAh     NT!.         vAOI 

lOr/IOCAlCl^lOY  IÜ)CIK       C> 

IÜ)EIMOCnDC\DIII  CYM>CETIi       KOI 

ICÜCIMOCEY  lO  CCUK        rHEABACKAI 

eEoAüüPocnx  <j)  i  Aom  ath  c 

A  A  E  E  A     _»POCF/     Am  aptemiAüji 
ii)     XPICTI'NAHMh~l'OY  AIAII'I 

CTAXYCl.CIAOTOY  RA     AMOII^ 

nTOAEMAL'OC  HP/  EI^HI 

CEM  NdCAAEH  XNAI  OY  EYT  NNGEOI 

YTPAMMOCAAEHANAPOY  CYME  L> 

20         YTYXIAHCCCJUTHPIAA  AIAE^         APiCTOC 

EOnOMnOCClCUTOY  EYIIMEII  3 

A\EEANAPOC<t)AYCTEIN  ANT  lAOZ 

API       lOTEÄHC)  OEMICÜ) 

CCDKPATHCMAPKOY  AMcDIAPAT-:         f 

25     A<t>POAlCIOCD  EniKTHTOC 

MOYCAIOCEICIAOTOY  oAYMnOCnPOCAE»:TC 

El  Cl  AOTOC  3 

rHMINCUCEYEAniCTOY 


402  L.    POLLAK,      INSCHIUFT   AUS   ATHEN 

Der  Stein,  dessen  Inschrift  vorstehend  mitgeteilt  ist,  befindet 
sich  lose  umherliecfend  im  Flofe  des  Hauses  Nr.  25  der  Metro- 

o 

polisstrasse '.  Er  besteht  aus  pentelischem  Marmor,  ist  rechts 
und  oben  fragmentirt  und  misst  in  der  grössten  Längenausdeh- 
nuni?  3'2"°,  in  der  Höhe  4  2'"'.  An  der  Vorderseite  links  unten 
zeisit  er  ein  ziemlich  arrosses  Diibelloch.  Die  Buchstaben  haben 
eine  durchschnittliche  Höhe  von  etwa  1"".  Die  stark  beschädigte 
und  verstossene  Inschrift  —  wol  das  Fragment  eines  Epheben- 
Katalogs  —  wird  man  dem  Charakter  der  Schriftziige  nach 
nicht  mit  Unrecht  in  das  Ende  des  zweiten  nachchristlichen 
Jahrhunderts  setzen. 

Athen,  im  Juli  1894. 

LUDWIG  POLLAK. 


<  In  demselben  Hause  heCindel  sich  als  Stufe  verkclirl  verwendet  auch  die 
wichtige  choregische  Inschrift  C.  /.  A.  I  336. 


LITTERATUR 

A.    SKIAS  ,    'EpveCTW  KoupTltp    £-1   XTi   OySoTQKOTTf)   ygVsOXitO.    S'JjJL- 

€o).ai  ÜQ  TY/v  'A67ivai/t7iv  Toxoypx^iav.  Athen  1894.  [Stadtmauer 
und  Iladriansthor.  Kallirroe.  Lykeion.  Heiligtum  der  Arte- 
mis Agroteraj. 

E.  1.  StaMATIAAHS,  'EzeTTipi?  T'lnz  •yiyeu.ovia;  Saaou  Sisc  to 
e'To;  1894.  Samos  1894. 

AöHNA  (juyypa[A[;-a  7i:epioSi>t6v  tt];  ev  *A9r/vai;  iTincTTijj'-ovtxyi; 
IxaipEix;  VI,  2.  3.  Darin  u.  a.  S.  174.  P.  A.  na^aSacXstou, 
'ETTiypacpai  ix.  XxXy.iooq. 

EsTiA  1894  Nr.  18-23.  Darin  u.  a.  S.  273.  2:v.  Axaiz^oc. 
'AxTDta  67rtTa<pi(x  avayXutpa.  [Zusammenfassende  Behandlung 
aus  Anlass  und  auf  Grund  des  conze'schen  Werkes].  —  S.  289. 
A.  2xta<;,  2up.6o>.al  ei;  ttiv  'AOrivaiÄYiv  toxoypatpiav  [s.  oben]. — 
S.   353.  B.  ^iXocjcr,;.  Ai  apyai  tt]?  tej^vyi;  ev  KpriTT). 

ÜAPNASSOS ,  CepioSiKov  (j'Jyypa[J!.[Aa  toö  ev  'AGrjvat?  Ojxuvufxou 
cuUoyou  XVh  10.  11.  Darin  u.  a.  S.  755.  K.  Za[;.77a?,  'H  ev 
2a>,aarvi  vxuaay^ia. 


<:o-o3^<Xv:.- 


eiinennungI':n 

Am  21.  April  1894  sind  ernannt  zu  ordentlichen  Mitfjlie- 
dern  die  Herren   fl.  Diels  in  Berlin,  J.  Hanipel  in  Budapest, 

E.  von  Herzog  in  Tübingen,  L.  Jacobi  in  Homburg  v.  d.  H., 

F.  Olilensclilager  in  Speyer,  E.  Pais  in  Pisa,  E.  Heisch  in 
Innsbruck,  R.  Richardson  in  Athen,  L.  von  Schwabe  in  Tü- 
bingen, VV.  Soldan  in  Darmstadt,  J.  Vablen  in  Berlin,  J.W. 
\\Tiite  in  Cambridge  U.  S.  A.,  U.  von  Wilamowitz-MöUen- 
dorlT  in  Göltingen,  zu  correspondirenden  Mitgliedern  die  Her- 
ren T.  Haverfield  in  Oxford,  M.  llörnes  in  AA'ien,  P.  Ka- 
striotis  in  Athen,  N.  B.  Phardys  auf  Samoihrake,  W.  Ra- 
dimcky  in  Serajewo,  A.  Skias  und  G.  Sotiriadis  in  Athen. 


-•^-»-' 


.-oAf-. 


9.  üklubor  1894. 


1.  Varia -Kalawothre.     2.  Binia  -  Kalawothre.     3.  Grosse  Kalawotlire. 

4.  Wegberesliguiig.  5.  Antike  Stadtiuinon.  6.  Megaloviino.  7.  Perdikowry- 
sis.  8.  Kloster  Hag.  Pelagia.  9.  Tsikuriöli.  \0.  Antike  Stadtruinen.  H.  An- 
tike Slrassenspurcn.  12.  Antike  Festung.  13.  Die  jetzigen  Ableitungsan- 
lagen. 

ARNE 
(Hierzu  Tafel  X-XIH) 

1. 

Wie  ungcniiu;end  das  Bild  wnv,  welches  Heisende  \vie  Wlie- 
Icr,  Raikes  und  andere  vom  Kopaissee  und  seinen  eigentüm- 
lichen Naturverhältnissen  gesehen  hatten,  davon  üherzeugt 
man  sich,  ^venn  man  0.  Äliiller's   Üaislellung  ( Orchomenos 

5.  -'»5  ff.)  liest.  Die  ei'sle  richtige  Kenntniss  dieser  Dinge  ver- 
danken ^vir  der  eingehenden  Untersuchung  Forchhanimer's, 


ATHEN,    MITTHEILUNGEN   XIX. 


28 


406  F.    NOACK 

welcher  Ulrichs'  vorzüglich  klare  Forschungen  gefolgt  sind. 
Dann  aber  haben  die  stillen  Ufer  des  immer  von  neuem  ver- 
sumpfenden Sees  für  uns  sich  erst  wieder  belebt,  als  Schlie- 
mann  in  Orchomenos  zu  graben  unternaiim.  Und  zum  drit- 
ten Male  richtet  sich  in  unsren  Tagen  (bis  wissenschaftliche 
Interesse  dorthin,  seit  die  erfolgreiche  Tliäligkeit  der  Gesell- 
schaft, welche  sich  die  Trockenlegung  des  Sees  zur  Aufgabe 
gemacht  hat,  uns  nicht  nur  an  den  Ulern,  sondern  in  der 
See-Ebene  selbst  uralte  Überreste  menschliclier  Thätigkeit  er- 
kennen lässt.  Darüber  liegen  jetzt  zwei  ausführliche  Berichte 
von  M.  Kambanis  vor,  an  deren  ersteren  anknüpfend  E.  Cur- 
tius  in  grossen  Zügen  ein  Bild  der  friedlichen  Arbeit  der  Mi- 
nyer  entworfen  hat'. 

Wenn  man  heute  vom  Heiligtume  des  ptoischen  ApoUon 
oder  von  den  höheren  Gipfeln  des  Ptoongebirges  über  den 
Burgberg  von  Akraiphiai  nach  Westen  sieht,  zeigt  sich  eine 
weite  Ebene,  in  der  nur  eine  grade  Wasserlinie  sich  von  Süd- 
westen herüber  zieht;  es  ist  einer  der  drei  grossen  Entwässe- 
rungskaniile,  welche  die  Gesellschaft  gezogen  hat.  Und  wer 
dann  vom  Ptoon  herunter  nach  Topolia  reitet,  findet  eine  bis 
auf  den  Melas  selbst  ganz  trockene  und  grösstenteils  mit  Fel- 
dern bedeckte  Ebene;  nur  südwestlich  von  Topolia  begegnet 
noch   sumpfiger    und    mühsam    passirbarer    Boden.    Ebenso 


*  Kambanis,  ß.  C.  H.  1892  S.  121  IL  1893  S.  322  iL  Curlius,  Silzuiigs- 
berichle  der  berliner  AkaJemie  1892  S.  1181  IL  und  Gesammelte  Abhand- 
lungen I  S.  266  tr.  Altere  Litteralur:  G.  Wheler,  Vuyage  de  Dalmatie 
de  Grece  et  du  Levant  (1723)  II  S.  294  ff.  Spon  und  Wheler,  Italiänische 
Reisebeschreibung  II  S.  17.  Raikes  bei  Walpole,  Monoirs  S.  303  l\.  Dod- 
well,  A  dassical  and  topographical  luur  Ihrough  Grcere  I  S.  233  ff.  Forcb- 
bammer,  Der  kopaische  iSee  und  seine  unlerirdischen  Abzugskanäle  (An- 
nalen  der  Physik  und  Chemie  38  (1836)  Nr.  6  und  llellenika  S.  159  ff. 
Fiedler,  Reise  durch  Griechenland  I  (1840)  S.  107  ff.  Ulrichs,  Reisen  und 
Forschungen  I  (1840)  S.  191  ff.  0.  Müller,  Orchumenos  S.  45  ff.  Bursian, 
Geographie  von  Griechenland  I  S.  195  ff.  Ncunianii-l'artsch ,  Physikali- 
sche Geographie  von  Griechenland  8.244  11".  Lolling,  liädeker's  Griechen- 
land '  S.  191.  Philippsoa's  öchrill  über  den  Kopaissee  ist  mir  noch  nicht 
zugänglich,  ebensowenig  F.  Kraus'  Aufsatz  in  den  Mitlheilungeii  der  geo- 
graphischen Gesellschaft,  Wien  1892. 


ARNE  407 

zeigte  mir  der  nordöstliche,  am  tiefsten  gelegene  Teil  des  Sees 
bis  zum  Passe  von  Kephalari  Ende  November  vorigen  Jahres 
trockenes,  weithin  angebautes  Land.  Wie  ein  Märchen  klingt 
es  jetzt,  wenn  man  hört,  dass  noch  1886  das  Wasser  diese  Ge- 
biete drei  Meter  hoch  bedeckt  habe. 

Die  schöne  grosse  Ebene  geht  also,  so  hoffen  wir,  wieder 
der  Zeit  entgegen,  wo  sie  von  Getreidefeldern  nnd  Weingäi'ten 
bedeckt,  sich  der  Eruchtharkeit  erfreut,  die  sie  einmal  in  ural- 
ter Zeit  besessen  und  trotz  späterer  grossartiger  Versuche  nie 
wieder  gewonnen  hat. 

Auch  damals  war  es  nur  durcli  gewaltige  künstliche  An- 
lagen möglich  gewesen,  den  Boden  des  Sees  zum  Anbau  zu 
Gewinnen.  Eine  Reihe  alter  'Dammwege'  hat  schon  Ulrichs, 
Reisen  und  Forschungen  I  S.  21 8  f.  beschrieben.  Jetzt  können 
wir  ein  grosses  einheitliches  System  von  Deichbauten,  d.  h. 
von  Kanälen  und  Dämmen  übersehen,  das  in  meisterhafter 
Weise  der  Natur  des  Sees  und  seiner  Ufer  angepasst  war. 

Von  Westen  und  Süden  lloss  eine  reiche  Wassermenge  die- 
sem grossen  Becken  zu.  Von  Westen  kamen  Melas  und  Re- 
phisos,  von  Süden  mehrere  kleine  Flüsse  und  Bäche,  darunter 
der  Triton  bei  dem  späteren  Alalkomenai '.  Wie  auf  diesen 
beiden  Seiten  der  Boden  mit  flachen  Abhängen  und  hohen 
Bergen  nur  Wasser  zufülirte,  aber  keinen  .Vblluss  gestattete, 
so  schien  auch  im  Norden  und  Osten  die  weite  Niederung 
durch  die  Berge  fest  abgeschlossen  zu  sein.  Aber  durch  deren 
Kalkstein massen  hatte  sich  das  Wasser  doch  seinen  Weg  ge- 
sucht, und  man  zählt  jetzt  23  Katawothren,  deren  tiefere  oder 
flachere  llöiilen  das  Wasser  aufnahmen  und  es  in  unterirdi- 
schen Spalten  und  Gängen  dem  Meere  zwischen  Euboia  und 
dem  Festlande  zuführten.  Drei  Stellen  sind  noch  sicher  nach- 
zuweisen, wo  das  \\^asser  in  der  Nähe  des  Meeres  wieder 
hervorslrömt,  bez.  seinen  Ahiluss  nach  diesem  sucht.  So  müs- 
sen die  südlichen  Gewässer  ihren  Hauptabttuss  durch  die 
Seen  Likeri  und  Paralimni  haben,  und  aus  dem  tiefsten  nörd- 


<  Paus.  IX  33,  7.  Vi;!.  B.  C  H.  ISOe  S.  1'2I  f. 


408  F.    NOACK 

liclien  Seegebiet  tritt  das  Wasser  bei  der  Bucht  von  Skropo- 
neri  und  bei  der  Anchoe  oberhalb  von  Larymna  wieder  her- 
vor und  fliesst  dem  Meere  zu  '. 

Die  Aufgabe,  welche  diese  natürlichen  Verhältnisse  an  eine 
Regulirung  durch  Menschenhand  stellten,  sehen  \vir  in  dem 
genannten  System  von  Deich  bauten  gelöst. 

Drei  srosse  Kanäle  —  die  aus  ihnen  ausü:ehobene  Erde  wur- 
de  an  den  Seiten  zu  hohen  Dämmen  aufgeschichtet  —  nahmen 
das  Wasser  der  verschiedenen  Zuflüsse,  da  wo  sie  in  das  See- 
becken eintraten,  auf  und  führten  es  dann,  der  eine  am  Nord- 
rande, der  andere  am  Südufer  des  Sees  her,  der  dritte  den  See 
quer  durchziehend,  nach  Osten  und  Nordosten  den  Katawo- 
thren  zu.  in  ebenso  einfacher  wie  sinnreicher  Weise  sind  die 
Kanäle,  vor  allem  der  Südkanal,  so  ücführt,  dass  m()o;lichst 
alle  Katawothren  benutzt  werden  konnten.  An  diesen  Stellen, 
so  wie  da,  wo  die  Uferfelsen  als  Gegendamm  dienen  konnten, 
und  da  wo  es  galt,  noch  weitere  Gewässer  aufzunehmen,  ist 
natürlich  der  äussere  Damm  wec:c:elassen  und  nur  nach  der 

Co 

Innenseite,  dem  See  zu,  ein  solcher  aufgeschüttet  gewesen. 
Dagegen  war  auf  der  Südseite  eine  Strecke  lang  nur  der  äus- 
sere Damm  vorhanden.  Nachdem  sich  Mittel- und  Südkanal 
bei  dem  Vorgebirge  Mytika  westlich  von  Karditza  vereinigt 
hatten,  traf  ihre  Fortsetzung  bei  der  vorspringenden  Höhe  ge- 
genüber von  Topolia,  dem  Pyrgos  der  II.  Marina  auf  den  die 
starke  Wassermasse  des  Melasflusses  mitführenden  Nordka- 
nal, und  ein  mächtiger  gemeinsamer  Kanal  führte  die  nun 
vereinigten  Gewässer  den  grossen  Katawothren  zu.  Er  reichte 
aber  nicht  bis  zu  ihrem  Felseingang  selbst,  sondern  endete  ge- 
genüber der  vordersten  Katawotlire  mitten  im  See,  so  dass  das 
Wasser  sich  von  da  an  fächerförmig  nach  den  einzelnen  Ka- 
tawothren ergoss".  Von  diesen  kommen  vor  allem  die  Kata- 


«  Ausführliches  hierüber  bei  Ulrichs  S.  ?06  tF.  220  f.  231  f.  und  Kamba- 
nis,  D.  C.  H.  1892  S.  121  IF.  Vgl.  auch  Philippson,  Der  Peloponnes  S.  493  f. 

2  S.  die  Pläne  bei  Kambanis  und  Curlius  und  den  kleinen  Siluations- 
plaa,  den  ich  nach  diesen  und  eigenen  Beobachtungen  skizzirt  habe  üben 
S.  405.  IL  C.  n.  1893  Ö.  337,-?. 


ARNE  409 

wothre  von  Spitia  (Varia),  die  Binia-und  die  grosse  Kata- 
wothre  in  Betracht.  Besonders  die  beiden  letzten  sind  von 
eindrucksvoller  Wirkung  {B.  C.  H.  1893  Taf.  7  und  11).  Es 
sind  mächtige  Grotten  mit  hochgewölbten  Eingängen  in  den 
felsigen  Steilrändern  der  Uferber^e,  in  deren  Gängen  und 
Spalten  am  inneren  Rande  und  am  Roden  sich  das  Was- 
ser lancfsam  einsickernd  verliert.  Etwa  175  Schritte  kann 
man.  an  dem  Wasser  vorbei,  in  die  breite  hohe  Höhlunii  der 
grossen  Katawothre  hineingehen.  Dann  schliessen  Felswände 
sie  ab  und  nur  noch  ganz  schmale  dunkle  Spalten  führen 
weiter  in  den  Berg  hinein  und  hinab. 

Mit  der  Führung  der  Kanäle  bis  zu  den  von  der  Natur  ge- 
botenen Abflusstollen  hatte  dieses  Werk  seinen  Abschluss 
und  seinen  Zweck  erreicht.  Der  weitaus  o;rösste  Teil  des  See- 
gebietes  muss  dadurch  entwässert  und  trocken  gelegt  worden 
sein.  Und  wenn  nun  Strabon  erzählt  (S.  415),  dass  'die  weite 
Ebene,  die  jetzt  der  See  bedeckt,  früher  einmal  ganz  trocken 
war  und  auf  alle  Weise  von  den  Orchomeniern  bebaut  wurde', 
so  wird  man  ohne  Zögern,  wie  es  längst  geschehen  ist,  die 
Erklärung  hierfür  in  jenem  System  von  Deichbauten  finden 
und  diese  mit  den  Minyern  von  Orchomenos  in  Verbindung 
bringen.  Nicht  weniger  spricht  die  grossartige  Einfachheit  des 
Werkes  für  sein  hohes  Alter,  für  seine  Entstehung  in  der  Zeit, 
wo  auf  das  Gebot  allmächtiger  Herrscher  tausende  von  Skla- 
venhänden, ebenso  wie  sie  Riesenblöcke  zu  kyklopischen  Mau- 
ern türmten  und  über  die  Thore  der  Kuppelgräber  legten,  auch 
solche  gewaltige  Erdarbeiten  schufen.  Ich  m(')clite  weniger 
Wert  legen  auf  die  Übereinstimmung,  die  man  zwischen  den 
Überresten  der  aus  grossen  und  kleinen  Blöcken  geschichte- 
ten Stützmauern  dieser  Deiche  {B.  C.H.  1892  S.  124.  134) 
und  den  Mauern  des  nahen  Paläokastro  von  Gla  (s.  u  )  ge- 
funden hat  ;  einzelne  Stücke  jener  Stützmauern  könnten 
nämlich  durch  ihre  mehr  polygonale  Fugung  stutzig  machen 
und  auf  eine  Verstärkung  der  Deiche  in  späterer  Zeit  hinwei- 
sen. Der  Charakter  dieser  Bauten  machte  eine  rnterstützunsr 
durch  Steinmauern  nicht  von  vornherein  erforderlich. 


410  F.    NOACK 

Wer  mit  diesen  Deichbauleii  die  anderen  Ableitungsanlagen 
vergleieht  welclie  sieh  im  Norden  und  Osten  des  Sees  finden, 
wird  das  Urleil  von  (lurtiiis  und  Ivambanis.  dass  dieselben 
nicht  mit  jenen  gleichzeitig  entstanden  seien,  nur  bestätigen 
können. 

Im  Osten  sind  es  mehrere  Schachte  und  und  der  Anfang  ei- 
nes tief  in  den  Felsen  geschnittenen  Kanals  zwischen  der  Bucht 
von  Rarditza  und  dem  Likerisee',  im  Norden  ist  eine  grössere 
Anlage  von  besonderem  Interesse -.  Dort,  wo  die  Biniakata- 
wothre  sich  ötTnet.  trennen  nur  niedere  Höhen  die  See-Ebene 
von  der  Bucht  von  Larymna  und  bilden  einen  flachen,  jetzt 
Pass  von  Kephalari  genannten  Sattel.  Über  diesen  Sattel  zie- 
hen sich  in  einer  Linie  von  etwa  9530'"  Länge  16  Schachte, 
der  kleinste  18'",  der  grösste  auf  der  Sattelhöhe  63'"  tief,  von 
der  Nähe  der  Binia  bis  zu  dem  sogenannten  Kephalari,  einer 
zerklüfteten  Felswand  oberhalb  der  Anchoe,  aus  deren  klei- 
nen Ritzen  und  Spalten  im  Winter  und  Frühjahr  gleichfalls 
Wasser  der  Biniagänge  hervorströmen  soll.  Indem  man  von 
jedem  dieser  Schachte  nach  beiden  Seiten  Stollen  nach  den 
Nachbarschachten  trieb,  2;edachte  man  einen  Kanal  herzustel- 
len,  der  die  vielverzweigten  natürlichen  Gänge  entlastete  und 
die  Garantie  eines  stärkeren  und  regelmässigeren  Abflusses 
bot.  Von  diesem  Kanal  sind  nur  etwa  500""  fertig  geworden, 
das  ganze  Werk  ist  unvollendet  liegen  geblieben. 

In  einzelnen  Schachten  hat  man  ausserdem  zwei  bis  drei 
Meter  über  jenem  Kanal  andere  Stollen  gefunden,  die  aber 
viel  wenis^er  weit  und  nirgends  bis  zur  Verbindung;  mit  dem 
Nachbarschacht  gefühi'l  sind.  Denkt  man  sie  sich  jedoch  aus- 
geführt, so  würde  der  so  entstandene  Kanal  ein  viel  geringe- 
res Gefälle  erhalten,  als  der  unter  ihm  angelegte  Stollen.  Aus 
dieser  Thatsache,  sowie  daraus,  dass  ein  Schachl  abseits  von 
der  ganzen  Linie  unfertig  liegen  geblieben,  hat  Kambanis  ge- 


«  B.  C.  H.  1892  S.  123. 

2  Für  die  Eiiizelheilcn,  Masse,  Pläne   und   Durclischnilte  dieser  Anlage 
verweise  icii  auf  den  zweilen  Bericlil  von  Kambanis,   IL  C.  11.  1893  S.  325. 


ARNE  4H 

schlössen,  dass  man  ursprünglich  den  Kanal  mit  zu  wenig 
Gefälle  und  in  einer  nicht  ganz  entsprechenden  Richtung  an- 
gelegt habe;  als  man  es  merkte,  habe  man  die  schon  begon- 
nenen Stollen  und  die  beabsichtigte  [Richtung  aufgegeben,  die 
Schachte  weiter  in  die  Tiefe  geführt  und  neue  Stollen  mit 
grösserem  Gefälle  angelegt.  Wenn  man  sich  hierbei  an  die 
ähnlichen  Verhältnisse  der  Wasserleitung  des  Eupalinos  auf 
Samos  '  erinnert,  so  miJchle  man  \\o\  auch  hier  die  Erklärung 
von  Kambanis  annehmen.  Wir  besitzen  jetzt  ein  anderes  Bei- 
spiel aus  derselben  Zeit  in  der  grossen  peisistratischen  Lei- 
tung, die  zur  Enneakrunos  führte,  ^\o  gleichfalls  zwischen 
den  einzelnen  senkrechten  Einstei^eschachten  zwei  Stollen  über 
einander  hergehen '.  Hier  aber  liegt  bis  jetzt  kein  Anlass  vor, 
einen  technischen  Irrtum  und  eine  Correction  desselben  anzu- 
nehmen. Man  könnte  daher  daran  denken,  dass  derartige  gros- 
se und  wichtige  Wasseranlagen  zu  ihrer  Überwachung  und 
Reinhaltung  die  M()glichkeit  einer  Begehung  trockenen  Kusses 
und  daher  auch  eine  directe  zweite  unterirdische  Verbindung 
der  einzelnen  Schachte  geradezu  erforderten  ;  man  könnte  hier- 
für auf  die  sog.  Quelle  des  llippokrates  auf  Kos  hinweisen  ^, 
wo  unmittelbar  über  dem  auch  teilweise  in  den  Felsen  ge- 
hauenen Leitungsstollen  ein  zweiter  kürzerer  Stollen  angelegt 
ist,  der  den  Zugang  zum  Brunnenhause  selbst  ermöglichen 
sollte.  Doch  stösst  eine  solche  Erklärung  bei  jenen  grösseren 
Leitungen  auf  mancherlei  Schwierigkeiten,  so  dass  die  Frage 
einstweilen  noch  unentschieden  bleiben  muss. 

Bei  dem  grossen  System  der  Deichbauten  hat  Curtius  auf 
die  '  bei  aller  Fülle  der  Mittel  doch  weise  Ökonomie'  hinge- 
wiesen, welche  die  natürlichen  Verhältnisse  heranzog,  wo  es 
nur  immer  ging,  und  zur  technischen  Aushülfe  nur  griff,  wo 
jene  nicht  mehr  mitwirken  konnten.  Dem  entsprechend  sehen 
wir  in  den  Deichbauten   in  der  See- Ebene,  die  nur  mit  den 


*  S.  Faliiieins  in  dicsor  Zcilsrlirifl  IX  S.  IST. 
2  S.  Diirpfeld  in  dieser  Zeilselirifl  XIX  S.  115. 
•^  Texier,  Aste  Mineure  II  Taf.  133. 


ilO  F.    NOAOK 

natürlichen  Abnusstollen  im  Gebir-^e  gerechnet  haben, 
ein  in  sich  abgeschlossenes,  einfaches,  aber  gerade  in  dieser 
Einfachheit  imjionirendes  Werk.  '  Endigaement,  canalisa- 
tioti,  ccouleincnt  des  eaux  par  les  cntnvothres,  voilä  donc 
le  travail  et  tout  le  travail  des  Min?jens\  Jene  nicht  min- 
der grossartigen  künstlichen  Kanalbauten  scheiden  sich  von 
ihm  ungezwungen  schon  dadurch,  dass  sie  ja  die  natürli- 
chen Ableitunüsn;än"e.  an  welche  die  Deich  bauten  sich  an- 
lehnten,  zu  ersetzen  bestimmt  waren.  Nicht  mit  Unrecht  hat 
Kambanis  die  Frage  aufgeworfen,  ob  man  nicht  jenen  Haupt- 
kanal im  nordöstlichen  Teile  des  Sees  bis  zur  Binia  herange- 
führt haben  würde,  wenn  man  schon  bei  der  ältesten  Anlage 
diese  Ratawothre  auf  künstlichem  ^A"ege  zur  alleinigen  oder 
doch  zur  Hauptableitung  hätte  machen  wollen.  Dieses  Urteil 
\N erden  wir  unten  noch  vollauf  bestätigen  können.  Hier  soll 
nur  noch  auf  die  grosse  Übereinstimmung  in  der  technischen 
Ausführung  der  Stollenanlage  des  Kephalaripasses  mit  den 
genannten  AA'asseranlagen  der  Tyrannenzeit  hingewiesen  wer- 
den. Sie  alle  setzen  ein  hochentwickeltes  Rönnen  und  eine  Be- 
herrschung mechanischer  Mittel  voraus,  wie  wir  sie  bei  aller 
anerkannten  Vorzüglichkeit  der  Rünstler  und  Techniker  der 
heroischen  Zeit  für  diese  doch  noch  nicht  annehmen  können. 
Von  Einzelheiten  aber  hebe  ich  die  Schachte  hervor,  die  mit 
ihren  ausgezeichnet  geglätteten  Wänden  und  den  mit  beson- 
derer Sorgfalt  hergestellten,  leicht  abgerundeten  Ecken  sich 
unmittelbar  neben  die  Brunnenschächte  unterhalb  der  Pnyx- 
felsen  stellen;  diese  sind  nach  den  Ergebnissen  der  diesjähri- 
gen Ausgrabungen  ins  5.  oder  4.  Jahrhundert  zu  setzen.  Ver- 
weisen also  schon  diese  Überlegungen  den  Biniakanal  in  die 
historische  Zeit,  so  haben  wir  in  der  Nachricht  des  Strabon 
ein  direktes  Zeugniss,  dass  die  erste  Begulirung  der  Ropais- 
gewässer  in  historischer  Zeit,  auf  Alexander  des  Grossen  Auf- 
trag, von  dem  Chalkidier  Krates  unternommen  wurde:  als  die 
Katawothren  wieder  verstopft  waren,  reinigte  er  sie  (Strabon 
S.  407)  und  zog  neue  Gräben  (Slej)li.  Byz.  s.  v.  'AOyivat).  Aber 
sein  Werk  blieb  unvollendet.  So  liegt  es  gewiss  am  nächsten, 


ARNE  413 

in  der  gleichfalls  unvollendeten  Stollen-  und  Schachtanlage 
des  Kephalaripasses  die  Arbeit  des  makedonischen  Ingenieurs 
zu  erkennen,  wie  es  im  Geiiensatze  zu  Leake  u.  a.  Curtius 
und  Rambanis  gethan  haben  * ;  die  kurze  und  etwas  allgemeine 
Besehreibunof  der  Arbeiten  des  Krates  bei  Strabon  wird  man 
deshalb,  weit  sie  die  Schachte  und  Stollen  unerwähnt  lässt, 
jetzt  doch  nicht  mehr  als  Gegenbeweis  anführen  wollen,  wo 
die  Thatsachen  so  deutlich  reden  Das  Werk,  das  der  Befehl 
eines  fremden  Machthabers  im  unterworfenen  Lande  veran- 
lasste, ward  unterbrochen  und  blieb  unvollendet  durch  neue 
Aufstände  der  Bewohner  selbst.  Das  arrosse  Friedenswerk,  das 
ein  mächtiges  Reich  im  eigenen  Lande  für  sein  eigenes  Wol 
geschaffen  hatte,  war  vollendet  worden  und  hatte  Segen  ge- 
bracht. 

2. 

So  lansre  es  bestand,  so  lan^e  also  die  "janze  See-Ebene  an- 
gebaut  werden  konnte  und  reiche  Ernte  lieferte,  blühte  Or- 
chomenos  und  das  alte  Minyerreich -.  Das  ist  so  natürlich, 
die  Existenz  der  Deichbauten  im  Kopaissee  und  die  Blüte  von 
Orchomenos  bedingen  einander  so  sehr,  dass  wir  nun  auch 
den  Gehalt  der  Sa^e  richtii:;  erfassen  können,  die  uns  erzählt, 
dass  Orchomenos  den  böotischen  Thebanern  erlasr,  als  durch 
Herakles  eine  grosse  Überschwemmung  hervorgerufen  wurde  ; 
er  soll  nämlich  den  unterirdischen  Abfluss  des  Kephisos  ver- 
stopft und  sein  Wasser  in  die  Ebene  von  Orchomenos  geleitet 
haben'.    Ulrichs    wollte    hierin    die   älteste,    vorhomerische 


*  Vor  ihnen  schon  Ross,  Königsreisen  I  S.  99  f.  Buisian,  Geoirraphie  I 
S.  199.  Schulz,  Arkadien  (IS52)  S.  15.  Für  die  Arbeit  der  Minyer  halten 
die  Schachte  Leake,  Travels  in  Northern  Greece  II  S.  '293.  Ulrichs,  Reisen 
I  S.  221.  W.  Vischer,  Erinnerungen  S.  573.  Forchhammer  a.  a.  O.  S.  170. 
Lülling,  Bädeker's  Griechenland  ^  S.  194. 

■ä  Vgl.  Homer  I  381,  dazu  Wilaniowilz,  Hermes  26  S.  224,1  und  X  459 
und  dazu  Curtius,  Ges.  Abhandlungen  I  S.  274.  Strabon  S.  415. 

"'  Rausanias  IX  38,7  (")r,6aioi  ol  t6v  -0Ta[j.öv  tÖv  Krjipiaov  y aaiv  C-ö  'Hpa- 
xXeou;  ej  t6  ;t£5;ov  äjioüTpa^fivai  tÖ  'Op/_o,aeviov  x^to;  os  aÜTOv  Cccö  tÖ  oso;  e;  0a- 


414  F.    NOACK 

Überschwemmung'  erkennen  nnd  nalim  gestützt  auf  Strabon 
S.  4('ß.  'i07  eine  zweite  solelie  Katasiroplie  nach  dem  troja- 
nischen Kriege  an,  in  Nvelclier  Arne  imtl  Mideia  zu  Gi'unde 
eeüaniien  und  nur  Kopai  wie  (kircli  ein  ^^^lnder  üeretlet  wor- 
den  sei'.  Eine  genaue  Prüfung  der  Überlieferung  aber.,  ver- 
bunden mit  dem,  was  uns  die  topographischen  Verliältnisse 
und  die  arehäolocischen  Fimde  h'li ren,  zwingt  uns  heute  an- 
ders  zu  urteilen  —  und  Pausanias  selbst  ist  uns  darin  vorange- 
gangen ( IX  38,  8  j. 

Die  Form  der  Saee  von  der  herkulischen  Überschwem- 
mung,  wie  sie  bei  Pausanias  vorliegt,  ist  nicht  sehr  alt.  In  ihr 
kommt  das  historische  Faktum  des  endlichen  Sieges  von  The- 
ben über  Orchomenos  zum  Ausdruck,  und  dieser  Siea;  fällt 
ins  8..  vielleicht  soi>ar  erst  ins  7.  Jahrhundert'.  So  lanij;e  wir 
noch  im  Kreise  homerischer  Poesie  stehen,  erscheint  Orcho- 
menos als  eine  unabhängige  Stadt  neben  dem  schon  längst 
von  den  Böotern  besetzten  Theben  :  deutlich  zeio;t  das  die  llias 
I  381,  und  so2;ar  noch  die  mit  den  böotischen  Verhältnissen 
besonders  vertraute  Botwxta.^  giebt  V.  511  Orchomenos  eine 


Xa^jav  £;t£vai  7:piv  rj  xov  'IlpaxXsa  xo  yata'j.a  lixipa^aL  lö  8iä  lou  opo'Ji  ....  "E/_ei 
8c  oÜÖe  Eixoia  "ko^o"^  louq  'Opy^opiEviou;  [xr]  xai  t6  yäa[j.a  e^euoeTv  xat  xo'j  'IlpotxXe'ou; 
avapprj^avxas  xö  Epyov  (XTioSouvai  xr-jV  8ie?o8ov  xö  Krjcpiaö  xr)v  apy^aiav,  eixel  |J-ri5k 
a-^pi  xwv  Tpw'txöv  y^pTJ[Jiaatv  äBjväxoj;  siyov  [Aapxupet  8e  p.oi  xai  "Ü(i.T)po;  ev  'AyiA- 
Xe'ws  ar.oy.pian  -po;  xo'j;  ■Kctpa.  "AYa[j.£[j.vovo;  TxpEaöst?"  oüo'  oV  I;  'Opy^0[J.£v6v  r.ozivia- 
aExai,  oijAa  Srjro'jOEv  oj;  xai  xoxe  7:poaidvxwv  xoT;  'Opy_0[j.£vioi;  yprjijiaxwv  TtoXXwv. 
DiocI.  IV,  18  Ijeiiclilet  auch  diese  Sasto,  während  Slrahon  S.  414  die  Über- 
schwemmunj;  nicht  erwähnt.  In  anderen  Safien  wird  Herakles  die  enlge- 
{jengeselzte  Thäliu;keit  zugewiesen:  so  sind  die  t^cichhauten,  welche  die  Ab- 
flüsse der  Gewässer  bei  Pheneos  und  Styinplialus  nach  den  Katawulhrcn 
reirellen,  von  seiner  Hand;  vj,'l.  Bursian,  Geugrapiiio  I  S.  195  f.  199.  ?09. 
Curlius,  l'ciüponnesos  I  S.  187  f.  223.  225.  Ebenso  entwässerte  er  die  thes- 
salische  Tiefcitenc  nach  Diodor  a.  a.  O.,  und  die  Sajre  von  seinem  Kampfe 
mit  Acheloos,  der  in  laiisciidi;iiiiii,MM-  Arlicit  die  Südwcslküste  Aivarnanions 
so  ener>,'isch  umf,'estallel  hat,  enlh/ill  einen  äiinlichen  Gedanken. 

'  A.  a.  O.  I  S.  208  IV.  (über  die  verschiedenen  in  der  Überlieferung  er- 
wähnten Überschwemmungen  und  Kataslro|ilieii  des  Sees). 

2  Wilarnuwitz,   Herakles  H  S.  61.  Busolt,   Griechische  Geschichte  '■^  I  S. 
256.  E.  Meyer,  Geschichte  des  Altertums  H  S.  191. 

3  Thrämcr,  Perganios  S.  129. 


ARNE  415 

Sonderstellung.  Wenn  also  unsere  Sage  an  sich  eine  vorhome- 
rische Katastrophe  nicht  bezeugt,  so  ist  es  doch  wichtig,  dass 
sie  uns  zeigt,  worauf  nach  altem  Glauben  die  Blüte  und  do- 
minirende  Macht  von  Orcliomenos  beruhte  :  auf  der  durch  jene 
Deichbauten  regulirten  und  trocken  gelegten  Kopaisebene. 
Schwerlich  aber  ist  erst  in  jener  Zeit  des  thebanischen  Sieges 
die  Katastrophe  über  die  orchomenische  See-Ebene  hereinge- 
brochen. Vielmehr  liegt  hier,  wie  ich  glaube,  eine  Analogie- 
bilduno; der  construircnden  Sa^e  vor,  welche  ein  viel  älteres 
Motiv  in  etwas  veränderter  Gestalt  wiederholte.  Es  ist  das  die 
von  Ulrichs  nach  dem  troischen  Kriege  angesetzte  zweite  Über- 
schwemmung des  Sees,  durch  welche  Kopai  bedroht  wurde. 
Strabon  spricht  S.  406  f.  über  Seen,  die  sich  nur  durch 
unterirdische  Gänijre  entleeren,  und  über  die  hierdurch  leicht 
entstehende  Gefahr  der  Überschwemmung.  Als  Hauptbeispiel 
dafür  führt  er  den  Kopaissee  und  dessen  eine  grosse  Überflu- 
tung 'all  Damals  wurde  Kopai  allein  dadurch  gerettet,  dass 
sich  in  der  Nähe  ein  neuer  unterirdischer  Abzuü;  öiTnete :  aO- 
^oiaevy;!;  yap  a-JT'/i«;  (tv5;  Xiav^i;)  Otts  x.ivS'jvs'je'v  -/.a-Ta-oOr/vai  Ta; 
KwTca?  .  .  .  yy.rju.0!.  yevr,0£v  Tüpo?  tq  Xiu.^r,  -ItigIo^  tcöv  Kojttöjv  ivscp- 
^ev  uxö  yvi?  pöiOpov  öioy  Tpii/.ovTa  cxaStwv  -ytai  i^i^xxo  tov  izozx- 
(/.ov,  eiTa  sHeppri^sv  ei;  t'^v  sTTc^iveiav  jcarx  Azpuavotv  tt^;  Aoxpi^o; 
TT/V  avw  .  .  .  y.ca'kd-a.i  S'  6  totto«;  'Ay/^6-/).  Durch  die  Erwähnung 
der  Anchoe  bei  Ober-Larymna  ist  erwiesen,  dass  der  Gewährs- 
mann des  Geographen  die  Biniakatawothre  gemeint  hat.  Eben- 
so wie  dies  macht  auch  die  iranz  richtige  Annahme,  dass  eine 
Störung  und  Verstopfung  der  Kalawotiiren  die  natürliche  Ur- 
sache der  Katastrophe  gewesen  sei,  ganz  den  Eindruck,  dass 
Strabon  hier  eine  sehr  gute  Überlieferung  vorgelegen  habe. 
Er  lährt  fort:  als  die  Überschwomnuing  nun  zurückgegangen 
war,  verschwand  auch  die  Gefahr  für  die  Bewohner,  abgese- 
hen von  den  Städten,  die  bereits  verschlungen  worden  waren. 
Diese  waren  also  nicht  mehr  zu  retten  gewesen,  und  erst  als 
Krates  seine  Arbeiten  begann,  kamen  mehrere  wieder  zum 
Vorschein,  ev  ol;  ot  p.£v  tÖv  'Op^ou.evöv  oiKsiaOai  tÖv  äpyaiov  ü-£- 
Xap,€avov,  ol  S'  'EXeuoiva  xai  *AÖr)va(;  Trapa  tqv  Tpixwva  uoTajxov. 


446  F.    NOACK 

Deutlicher  giebt  Stephanos  von  Byzanz  die  Angabc  seiner 
Quelle  wieder:  die  Stadt.  Avelche  früber  einmal  vom  See  ver- 
scblunsfcn  worden  war  und  in  Folü;e  der  Arbeilen  des  Krates 
wieder  siebtbar  wurde,  bielten  die  einen  für  Alben,  andere, 
so  die  Böoter,  für  Orcbomenos  (s.  v.  'AOriVxi :  ri  iy.  Tvi?  >.itxvYi(; 
ava(p(xv£i(j(X  [)Azx  to  TrpoTepov  ix'.y.l'jcOvivai  T9i<;  Kwzaiooi;,  öxe  Kpä- 
TTO?  auTr)v  SiSTÄcpps'jcev  iySkr/ht  Ss  t)  ttÖXk;,  o);  tive?  uev  ^aaiv,  'AOvi- 
vat,  aX>.oi  Ss  'Opyof;.ev6c,  w;  ot  Boiwtoi).  Es  ist  klar,  dass  Ste- 
pbanos  hier  nicbt  aus  Strabon  cescb()pft  baben  kann  ;  aber  es 
ist  auch  klar,  dass  beide  auf  diesellje  Quelle  zurückgeben, 
und  diese  kann  nicbts  anderes  gewesen  sein  als  ApoUodors 
Commenlar  zum  ScbitYskatalog  ^  Strabon  und  Stephanos  zu- 
sammen geben  uns  also  ein  sehr  gutes  gelehrtes  Material,  un- 
ter dem  ein  Bericht  des  Krates  über  den  Misserfolg  seiner  Ar- 
beiten an  Alexander  eine  nicht  zu  Yeracblende  Bolle  spielt. 
Auch  die  Angabe  bei  Pausanias^,  der  See  habe  jene  Städte 
zur  Winterszeit  (w:  wpa  /eiawvo?)  verschlungen,  darf  hier  an- 
gereiht werden. 

Wie  baben  wir  diese  Überlieferung  zu  beurteilen? 

Dass  die  wieder  zu  Tage  getretenen  Städte  am  Südufer  der 
Kopais  lagen,  ergiebt  sich  aus  Strabons  Worten  Trapö.  töv  Tpi- 
Tcovo.  xoTaty.6v,  denn  dieser  Fluss  mündet  von  Süden  her  in 
den  See  (Pausanias  IX  33,  7).  Daraus  folgt,  dass  man  im  4. 
Jahrhundert  in  der  dortigen  Gegend  glaubte,  ein  älteres  Or- 
cbomenos habe  einmal  am  Südrande  der  Kopais  gelegen.  Dass 
wir  es  hierbei  aber  mit  einer  irrtümlichen  Lokalüberliefe- 
rung ^  zu  thun  haben,  die  überdies  mit  Becht  von  anderen 
bestritten  wurde,  ist  durch  die  Funde  in  der  Stadt  am  Akon- 
lion  bewiesen.  Dort  ist  nicbt  allein  das  Kuppelgrab,  welches 
doch  eine  bessere  Überlieferung  auch  schon  im  Altertum  für 


<,Vgl.  Niese,  Rheinisches  Museum  32  S.  276. 

2  Paus.  IX  2i,  2;  wenn  auci)  kürzer  fiefassl,  so  scheint  sie  doch  auf  die- 
selbe oder  eine  iihnliciie|,QuelIe  zurückzuf.'ehen,  wie  tSIcphanos,  vgl.  ejtixXü- 
oaaa  Tj^aviaev  auT«  (Allien  und  EIcusis)  f)  X''jivri. 

3  Wenn  diese  ein  ältestes  Orchomenos  nach  dem  Südiiler  vcih-gle,  so  ist 
es  erklärlich,  dass  auch  der  Melasfluss  mit  durthin  wanderte. 


ARNE  417 

das  uralte  Schatzhaus  des  Minyas  hielt,  das  glänzendste  Zeug- 
niss  für  das  Bestehen  eines  vorhomerischen ,  mykenischen 
Orchomenos  an  dieser  Stelle,  sondern  auch  die  Thonwaare  ^ 
welche  der  ältesten  troischen  entspricht,  beweist,  dass  an  der 
selben  Stelle  schon  eine  viel  ältere  Ansiedelung  bestanden 
hatte.  Mit  unsrer  auf  die  Fundthatsachen  gegründeten  besse- 
ren Erkenntniss  müssen  wir  schliessen,  dass  Orchomenos  zu 
allen  Zeiten  am  \Vestabhani2;e  des  Akontion  iiele'jfen  hat'-^. 

Dann  bleibt  also  die  andere  Cberlielbrung  zu  Uecht  beste- 
hen, dass  am  Südufer  des  Sees  einmal  zwei  Städte  Eleusis 
und  Athen  gelegen  haben.  Beide  kennt  der  Schißskatalog  nicht 
mehr,  und  das  von  derselben  Überschwemmunij:  — denn  doch 
nur  so  kann  Strabon  S.  406.  407  verstanden  werden  —  die 
sie  verschlang,  bedrohte  Ivopai  konnte  nur  deshalb  noch  im 
Katalog  genannt  werden,  weil  es  im  letzten  Augenblicke  in 
der  von  Strabon  angegebenen  Weise  gerettet  wurde.  Denn 
nicht  ohne  Grund  heben  Strabon  und  Pausanias  gerade  bei 
Kopai  hervor,  dass  es  noch  von  Homer  angeführt  werde.  Ich 
vermute,  dass  wir  hier  die  Splitter  der  Gelehrsamkeit  haben, 
welche  ApoUodor  in  seinem  Commentar  zur  Erwähnung  von 
KüJTüai  zusammengestellt  hatte.  Das  'dzriiix  war  aufgeworfen, 
wie  es  denn  möglich  sei,  dass  Homer  diese  Stadt  noch  unter 
den  Bundesgenossen  Agamemnons  nenne, da  doch  lange  vor  der 
Zeit  des  Dichters  andere  Städte  am  Kopaissee,wie  Eleusis  und 
Athen,  durch  jene  berühmte  Hochllut  vernichtet  worden  seien. 
Die  Antwort  wurde  in  dem  oben  angeführten  Sinne  gegeben. 
Hier  haben  wir  also  die  eine  grosse  uralte  Überschwemmung 
erreicht,  die  einmal  eine  schwere  Katastrophe  herbeigeführt, 
blühende  Städte  vernichtet  hat,  die  Deiche  gebrochen  und 
vor  allem  die  See- Ebene  selbst  auf  lange  Zeit  hinaus  verwü- 
stet haben  muss.  Sie  muss  auch  der  Macht  des  köniii;lichen 
Orchomenos  den  ersten  Stoss  gegeben  haben,  wenn  die  Stadt 


<  Athen.  MiUlieilungen  XI  S.  207. 

^  E.  iMeyer,   Geschichlc  des  AIUmLuuis  II  ö.  l'Ji:  All-Oicliüinonos  in  clor 
Ebene  am  Fusse  des  Berges  beim  Kuppelgrab,  die  spätere  ^ladt  der  make- 


doniscben  Zeit  auf  dem  Berge. 


i\B  F.    NOACK 

selbst  auch  in  ijjesichorler  Höhe  lag  und  nur  iiire  Felder  und 
Dörfer  unten  in  der  einst  dem  Element  abgerungenen  Ebene 
wieder  in  den  Muten  verschwinden  sah.  Dieses  Ereigniss  ist 
niemals  in  das  Gewand  der  Sage  gekleidet  worden,  als  ein- 
fädle aber  fürchterliche  Thatsache  hat  es  sich  durch  Jahrhun- 
derte im  Gedächtniss  der  Menschen  erhalten  und  so  tritt  es, 
auch  in  seinen  Ursachen  natürlich  erklärt,  noch  uns  in  der 
Überlieferung  entgegen.  Mag  auch  später  noch  zuweilen  das 
Wasser  wieder  gestiegen  sein,  wir  haben  bis  auf  die  make- 
donische Zeit'  kein  weiteres  ganz  zuverlässiges  Zeugniss  für 
eine  grössere  folgenreiche  Überschwemmung.  Die  zuerst  er- 
wähnte, ziemlich  junge  Version  der  durch  Herakles  herbei- 
geführten Überschwemmung  kann  ich  nicht  für  zuverlässig 
halten,  da  auch  die  dritte  in  die  alte  Zeit  versetzte  Katastrophe 
sich  bei  genauer  Prüfung  nur  als  eine  unbegründete  Wie- 
derholung jener  ältesten  vorhomerischen  erweisen  wird. 

Mit  dieser  letzteren  stehen  wir  also  in  der  Epoche  der  my- 
kenischen  Kultur.  Dazu  stimmt  ja  selbstverständlich  Orclio- 
menos.  Aber  beachtenswert  ist  auch,  dass  die  beiden  anderen 
Orte,  Eleusis  und  Athen,  Namen  von  Städten  tragen,  in  denen 
die  mykenische  Kultur  nicht  nur  mit  Vasen  und  beweglicher 
Import waare,  sondern  mit  ihren  Mauern,  also  zu  dauernder 
llei-rschaft,  ihren  Einzuü;  gehalten  hatte:  Athen-   und   Eleu- 


<  Vgl.  Uliiclis  a.  a.  O.  S.  21Ü1T. 

2  E.  Meyer  a.  a.  0.  IIS. 198  setzt  die  alle  neunlliorigc  Biiiginauer,  die 
später  den  Namen  Pelargikon  führte  'in  mykenische  Zeil.  Die  Überreste 
bestäliglen,  dass  sie  in  ihren  oberen  Teilen  aus  Ziegeln  bestanden  habe' 
(S.  162  Anin.).  Ich  weiss  nicht,  woraus  dies  geschlossen  werden  kann.  Der 
mykenische  Maucrriiig,  der  den  oberen  liand  des  Burgfelscns  umschloss, 
und  auf  dessen  hoch  erhaltenen  Überrest  man  noch  beim  liau  des  öüdllii- 
gels  der  Propyläen  Rücksichl  nehmen  mussle,  kann  nur  in  seiner  ganzen 
Höhe  aus  Stein  gewesen  sein.  Bei  den  Terrassenmauern,  deren  Resle  sich 
von  den  Propyläen  bis  zur  Asklepiosterrasse  übereinaniler  um  den  Wesl- 
und  Siidalihangder  Burg  ziehen  an  einen  Überbau  aus  Luflzicgeln  zu  denken 
ist  noch  weniger  müglich  ;  auch  sind  diese  polygonal  und  werden  durch  ihre 
Technik  etwa  in  peisisiralischc Zeil  verwiesen.  Sie  erklären  erst,  wie  man  die 
neunlhorige  Anlage  zu  verliehen  hat,  sie  sind  zugleich  aber  auch  das  frü- 
heste Zeugniss  für  sie.  Dass  schon  in  mykenischer  Zeil  der  Aufgang  zur 


ARNE  419 

sis '  in  Attika.  Über  die  wichtigen,  damit  in  enger  Bezie- 
hung stehenden  Überreste  der  Minyerherrschaft  hier  in  At- 
tika und  dort  am  Kopaissee  kann  an  dieser  Stelle  nicht  aus- 
führlicher gehandelt  werden  ;  hier  ist  zunächst  die  Fragenach 
den  ältesten  Übersciiwemmungen  zu  erledigen. 

Auch  Arne  und  Mideia  sollen  von  dem  See  verschlungen 
worden  sein.  Auf  Grund  dieser  kurzen  Angabe  Strabons  (S. 
413)  und  weil  die  beiden  Städte  noch  B  507  stehen,  hat  man 
eine  zweite  nachhomerische  Überschwemmung  construirt  und 
hiermit,  wie  wir  sahen,  mit  Unrecht,  die  Nachricht  über  Ko- 
pai  verbunden.  Aber  auch  die  Nachricht  über  jene  beiden 
Städte  hält  nicht  Stand,  sie  stellt  nicht  einmal  eine  allgemein 
anerkannte   Überlieferung  dar,   sondern  ist,   wie  sich  zeigen 


Burghöhe  durch  neun  Thore  geführt  habe  (so  auch  Wachsmuth,  Berichte 
der  Sachs.  Ges.  der  Wissenschaften  1887  S.  39911.)  lüssl  sich  durch  nichts, 
weder  durch  liiterarische  Zeugnisse  noch  durch  Überreste  am  Burgabhang 
beweisen.  Auch  spricht  die  bei  allen  anderen  niykcnischen  Burgen  doch  in 
den  Grundziigen  übereinstimmende  Art  der  Thoranlagen  ebenso  wie  ihre 
Zahl  gegen  Furm  und  Thorzahl  des  polygonalen,  vielleicht  erst  unter  Peisi- 
stratos  angelegten  Pelargikon.  Sicher  wissen  wir  nur,  dass  sich  in  rajkeni- 
scher  Zeit  am  Rand  des  Burgfeisens  und  unten  an  seinem  Fusse  je  ein  ein- 
facher kyklopischer  Mauerring  herzog,  dessen  Name  Pelargikon  war(E.  Me- 
yer, Forschungen  I  S.  6  11".).  Als  diese  beiden  mjkenischen  liingmauern  in 
die  Terrassenanlage  als  oberster  innerster  und  unterster  äusserster  Kreis 
hineingezogen  waren, wurde  der  alte  Name  auf  diese  ganze  Befestigung  über- 
tragen, und  von  da  an  war  das  Pelargikon  neunthorig.  Als  solches  wird  es 
erst  von  Kleidemos  erwähnt  (s.  Curtius,  Stadtgeschichte  S.  LXXVI). 

'  Die  innerhalb  iles  pcisistralibchen  Tempels  zu  Tage  gekommenen  Mauer- 
züge, die  Fundamente  des  vorpeisistratisclicn  Ileiliglumes,  sind  zu  dati- 
ren  (s.  u.  S.  4'27);  die  dazu  gehörigen  Mauerfundamente  A  A'  A"  vO  sind 
also  nicht  die  der  Peribolosmauer  des  ältesten  Ileiligtumes,  wie  0.  Ku- 
bensohn, Die  Mjsterienheiligtümer  in  Eleusis  und  Samothrake  S.  15,  will. 
Die  Umfriedung  des  ältesten  eleusinisclion  Kullplalzes  war  inykenisch;  ein 
mykenisches  Mauerslück  ist  |  bei  0')  erhallen,  an  mykenisehen  Gelassen 
und  Scherben  fehlt  es  hier  nicht.  Zwischen  der  vorpeisistratisclicn  (A'vO) 
und  der  peisistratischen  Bezitkmauer  (TT')  ist  ein  mykenisches  Grab, 
am  Südwestabhang  des  Akropolishügcls  ein  kleines  Kuppelgrab  gefunden 
worden  (s.  "EifrjiJLepU  äp/.  1889  S.  171  11'.).  Üb  uiUer  denScherben  solche  sintI, 
welche  milden  vormykenischen,  alttroiscben  übereinstimmen  (Aroh.  Anzei- 
ger 1893  S.  IG),  ist,  wie  mir  B.  Graef  jetzt  miUeill,  noch  nicht  entschieden. 


420  P-    NOACK 

lässt,  eine  ganz  durchsichtige  Erfindung,  offenbar  nach  Ana- 
logie der  ursprünglicli  allein  bekannten  grossen  Überschwem- 
niuna:.  Zunächst  inleressirt  uns  das  eine,  dass  wir  hier  we- 
nigstens  einem  Namen  begegnen,  der  seinen  Doppolgjinger  in 
dem  argivischen  Alideia  hat.  also  auch  in  einer  mykenischen 
Burg.  Schon  hieraus  möchte  man  schliessen,  dass  auch  die 
letzte  der  Kopaisstädte,  Arne,  in  der  mykenischen  Zeit  bestan- 
den liabe.  Und  gerade  bei  ihr  kann  man  denn  aucli  zu  einem 
greifbareren  Ergebnisse  gelangen  als  bei  den  vorher  genann- 
ten Namen. 

Doch  ehe  wir  dieser  Frage  weiter  nachgehen,  müssen  wir 
die  Burgen  betrachten,  welche  im  nördlichen  Kopaissee  und 
seiner  Uma-ebun"-  bis  heute  erhallen  sind  '. 


3. 

Von  Kopai  sind  Inschriften  und  andere  Reste  bei  und  in 
dem  heutigen  Topolia  zur  Genüge  gefunden,  um  an  der  Lage 
der  alten  Stadt  nicht  zu  zweifeln^.  Dass  aber  diese  zu  irgend 
einer  Zeit  von  einer  anderen  Stelle  hierher  verlegt  worden 
sei,  wird  nirgends  überliefert. 

Etwa  dreiviertel  Stunden  westlich  von  Topolia,  zehn  Ali- 
nuten von  dem  nächsten  östlichen  IJfervorsprung,  steigt  aus 
der  See-Ebene  eine  stattliche  Insel  auf,  welche  von  den  Um- 
wohnern des  Sees  Gla  genannt  wird.  Der  auf  Taf.  10  gegebene 
Plan  überhebt  mich  einer  Beschreibuno;  ihrer  alkemeinen 
Form.  Die  Insel  besteht  in  ihrer  ganzen  Masse  aus  Fels,  der 
ohne  Übergang  sich  überall  direkt  aus  der  Ebene  erhebt  und 
im  westlichen  Teile  der  Nordseite,  wo  die  F^elswände  senk- 
recht abfallen  (Taf.  H  ),  eine  Höhe  von  etwa  70'"  über  der 
Ebene  erreicht.  Nur  ein  kleines  Stück  erheljt  sich  jedoch  zu 
dieser  Höhe,   das  übrige  von  den  Felsrändern  getragene  Ge- 


t  Vgl.  ol)(;ii  S.  154. 

2  (;.  /.  G.  Sept.  I  494  f.  Vgl.  Forcliliamnicr  a.  a.  0.  S.  179.   Ulrichs  a.  a. 
0.  S.  199.  W,  Vi.sclicr  a.  a.  0.  S.  570. 


ARNE  421 

biet  senkt  sich  nach  Westen  und  Süden  allmälig  zu  halber 
Höhe,  bedeutender  dagegen  nacli  Osten,  wo  das  Nordthor  an 
der  tiefsten  Stelle  nur  etwa  12'"  über  der  Ebene  liegt.  Ein 
niederer  Sattel  (etwa  <0"')  trennt  die  westliche  Hauptmasse 
der  Insel  von  einer  kleineren  östlichen  Erhebung  (etwa  43'"), 
welche  gleichfalls  im  Norden  von  schroffen  Felsen  getragen 
wird  und  sich  gleichmässig  nach  den  anderen  Seiten  abdacht. 
Eine  flache  Mulde  führt  von  dem  Westtlior  D  ostwärts  zu  ei- 
ner Sattelhöhe,  die  wieder  südöstlich  zu  dem  Thore  ^  abfällt 
und  so  die  südlichste  Erhebung  der  Insel  als  ein  selbständiges 
Glied  vom  Übrigen  unterscheidet. 

Diese  Insel  trägt  auf  den  äussersten  Rändern  ihrer  Felsen, 
so  dass  kein  Fussbreit  ihrer  Oberfläche  verloren  geht,  eine 
gewaltige  fast  6'"  starke  Ringmauer  und  innerhalb  dieser  die 
Fundamente  anderer  Abschlussmauern  und  zahlreicher  Ge- 
bäude. Es  ist  die  mächtigste  Ruine  aus  mykenischer  Zeit.  Um 
einen  BegrilTvon  ihrer  Grösse  zu  geben,  genügt  ein  Vergleich 
mit  der  Ausdehnung  der  anderen  mykenischen  Burgen  (Taf. 
10).  Die  grösste  Länge  von  Mykenai  ist  323'",  von  Tiryns 
282'",  ungefähr  ebensoviel  beträgt  die  der  mykenischen  Akro- 
polis  von  Athen,  die  des  mykenischen  Troja  (VI.  Schicht) 
183'",  diejenige  des  Paläokastro  auf  der  Insel  Gla  865'".  Bis 
heute  besitzen  w  ir  über  diese  Riesenburg  nur  wenige  und  nur 
immer  wiederholte  Angaben  ^ 

Ich  hatte  mich  zuerst  Anfang  Mai  vorigen  Jahres  dort  auf- 
gehalten und  mit  Unterstützung  meiner  Reisegenossen  einen 
vorläufigen  Plan  aufgenommen.  Meine  Absicht  war,  bei  einer 
Veröftentlichung  desselben  zugleich  auf  die  Notwendigkeit  ei- 
ner Ausgrabung  hinzuweisen.  Zwar  hatte  Schliemann,  als  er 
von  Orchomenos  aus  Gla  besuchte,  von  einer  Ausgrabung  ab- 
gesehen, aber  noch  ragte  der  mächtiü;e  Unterbau  des  Palastes 


'  liulliiif,',  Bäileker's  (iriocli(M)laii(l  ^  IS.  19?  (die  cinzif^e  Hoscliicit)un,Er,  die 
Vj.  Meyer  a.  a.  O.  II  Ö.  12'J  aiiliihren  kann)  giebt  nielil  niclir  als  l\»rclihain- 
mer  a.  a.  O.  S.  179  f.,  weniger  Ulrichs  a.  a.  0.  S.  'ÜIT  und  Vischer  a.  a.  O. 
S.  581.  In  Folge  dessen  tritt  diese  Burg  aucli  Lei  Scluiclihardl,  t>clilieinanns 
Ausgrabungen  S.  330  und  Busoll,  Griecli.  Gesch.  ^  I  S.  10  solir  zurück. 

ATHEN.    MITTHEILUNGEN   XIX.  29 


422  F-   NOACK 

auf  der  Höhe  im  Norden  mehr  als  zwei  Meter  über  dem  Fels- 
boden auf  (s.  Taf.  11),  selbst  die  Züge  einicjer  Innenwände 
Hessen  sich  erkennen,  und  auch  andere  Fundamente  südlich 
davon  galt  es  noch  zu  untersuchen.  Nach  einer  gründlichen 
Reinisunii  des  «anzen  umschlossenen  Gebietes  von  dem  dichten 
Gestrüpp  würden  noch  manche  der  überall  zerstreuten  und 
nur  mit  Mühe  zu  constatirenden  Gebäudespuren  deutlicher  zu 
übersehen  sein. 

Der  Wunsch  nach  einer  Untersuchung  der  Ruinen  wurde 
schneller,  als  wir  dachten,  erfüllt.  Kaum  einen  Monat  später 
begann  Herr  de  Ridder  seine  Ausgrabungen,  welche  das  In- 
nere des  Palastes  und  den  grossen  Agoraplatz  im  Süden  frei- 
legten [s.  jetzt  B.  C.  H  1894  S.  271].  Inzwischen  habe  ich 
meinen  Plan  durch  genaue  in  diesem  Sommer  mit  dem  Mess- 


o" 


tisch  vorgenommene  Aufnahmen  revidirt,  wobei  selbstver- 
ständlich alles,  was  die  französischen  Ausgrabungen  zu  Tage 
gefördert  hatten,  ausser  Acht  gelassen  worden  ist. 

Aber  auch  die  völlig  unabhängig  von  den  Ausgrabungsre- 
sullaten  und,  wie  gesagt,  zum  Teil  schon  vor  diesen  angestellte 
Untersuchung  der  Ruinen  führt  zu  einer  Reihe  von  Ergebnissen, 
welche  für  die  Erkenntniss  der  mykenischen  Zeit  und  Kultur 
von  Bedeutung  sind. 

Wir  haben  auf  Gla  nicht  nur  eine  Burg  im  engeren  Sinne, 
sondern  eine  grosse  Stadtanlage  zu  erkennen',  innerhalb  die- 
ser sehen  wir  den  Palast  [P),  dessen  Nordseite  sich  über  der 
Burgmauer  erhebt  und  diese  als  Fundament  benutzt,  sich  mit 
einem  mächtigen  Flügel  nach  Süden  erstrecken.  Auf  dem  nach 
Süden  abfallenden  Terrain  umschliessen  die  Fundamente  lang- 
gestreckter Gebäude  (Hallen)  einen  weiten  etwas  eingesenk- 
ten Raum,  in  welchem  wir  wol,  zum  erstenmal  in  einer  my- 
kenischen  Burg,  die  Agora  erkennen  dürfen.  An  zwei  grössere 
rechteckige  Gebäude  im  Süden  {L.  L)  schliesst  sich  je  ein 
schmalerer  Bau  (/.  A')  an,  der  sich  etwa  100'"  nach  Norden 
hinzieht,  wo  eine  Quermauer  und  an  der  Nordostecke  wie- 


'  Ebenso  R.  Meyer  a.  a.  0.  II  S.  129,  nacli  ei;j:ciicr  Anschauung. 


ARNE  423 

der  ein  grösseres  Gebäude  (//)  die  Agora  abschliessen.  Ein 
Tlior  {G)  in  dieser  Quermauer,  von  zwei  Pfeilern  flankirt, 
gewährte  denen,  die  vom  Palaste  kamen,  Einlass.  So  sicher  wie 
der  Abscliluss  der  Agora  im  Nordosten  und  Westen  ist  derje- 
ni'TC  nacli  Süden  niclit.  In  dem  Baume  zwischen  den  beiden 
Südbauten  (gegen  30'")  liessen  sich  keine  weiteren  Spuren 
feststellen.  Vielleicht  verzichtete  man  auf  einen  Abschluss  der 
Agora  selbst  nach  dieser  Seite,  weil  unmittelbar  davor  sich 
das  Thor  der  grossen  Umfassungsmauer  {F)  befand.  Diese 
setzt  mit  beiden  Enden  an  der  Hingmauer  an  und  umzieht 
noch  überall  deutlich  erkennbar,  in  der  Stärke  von  etwa  1 ,20'", 
Palast  und  Agora.  Nur  zwei  Thore,  ein  kleineres  [E]  und 
das  grosse  Südportal  mit  zwei  mächtigen  Pylonen  (/'),  durch- 
brechen die  lange  Mauerlinie,  welche  ihrerseits  sowol  mit 
der  nördlichen  Abschlussmauer  der  Agora  als  auch  mit  dem 
Osttlügel  des  Palastes  durch  eine  Mauer  verbunden  war.  Die- 
ser ganze  Complex  mag  wol  einen  Ersatz  für  die  hier  fehlende 
ei"-entliche  Akronolis  iiebildet  haben.  Für  alle  die  weiteren 
sehr  interessanten  l-^inzelheiten  in  Palast  und  Agora  muss  ich 
auf  den  in  Aussicht  stehenden  Bericht  von  Herrn  de  Ridder 
[B.  C.  H.  1894  S.  271]  verweisen. 

Auch  die  kleinere  Kuppe  im  Osten  scheint  eine  eigene  Ab- 
schlussmaucr  gehabt  zu  haben.  Verfolgt  man  nämlich  die  Spu- 
ren der  freilich  sehr  zerstörten  Mauer  (/l.  A  ),  so  trifft  man  gera- 
de etwa  auf  den  Mittelpfeiler  eines  grossen  Doppelthores  [B\ 
das  die  Südmauer  durchbricht.  Hierdurch  würde  die  auffal- 
lende Form  dieses  Thores  ( S.  i34  )  eine  gute  Erklärung  linden  : 
das  östliche  Thor  führte  zu  dem  abgeschlossenen  Gebiet  der 
Ostkuppe,  das  westliche  in  das  Stadtgebiet  ausserhalb  der- 
selben. In  der  von  mir  angenommenen  Linie  der  Abschluss- 
mauer  lässt  sich  eine  nach  dem  Sattel,  also  nach  aussen  vor- 
sjjringende  Fundamentspur  vielleiclit  als  Pfeiler  eines  Thores 
erklären,  womit  dann  der  Zweck  der  Mauer  gesichert  wäre. 
An  eine  Terrassenmauer  ist  bei  dem  gerade  hier  sehr  sanft 
ansteigenden  Hoden  nicht  zu  denken. 

Zu  den  auf  dem  Plane  eingczeiclinelen  l'jnzelbaiitcii  ist  kaum 


424  F.    NOAf-K 

mehr  zu  bemerken,  als  dass  zwar  sichere,  aber  nur  sehr  arm- 
selige Grundlinien  vorhanden  sind,  die  sich  z.  T.  zwischen 
den  zackig  hervorstehenden  Kelsen  gänzlich  verlieren.  Eine 
Ausnahme  macht  der  lange  hallenähnliche  Unterbau  im  Nord- 
westen (il-/),  dessen  westlicher  Teil  in  zwei  Schichten  noch 
erhalten  ist.  Wegen  seiner  Form  bemerkenswert  ist  das  Ge- 
bäude auf  der  üstkuppe  (0);  bei  der  Abmessung  der  spär- 
lichen Spuren  ergab  sich  der  Grundriss,  wie  der  Plan  ihn 
zeigt,  ein  längliches  Rechteck,  das  an  der  nördlichen  Schmal- 
seite durch  einen  Halbkreis  geschlossen  ist.  Unwillkürlich 
denkt  man  an  die  beiden  Ilaupträume  des  Buleuterions  in 
Olympia,  und,  obwol  ich  keine  Beziehung  herstellen  kann, 
will  ich  doch  auch  daran  erinnern,  dass  sich  gerade  in  Böo- 
tien  drei  Tempel  mit  Apsis  gefunden  haben  (Ptoon,  Kabirion, 
Thespiai).  Aber  da  sich  auf  dem  ganzen  Stadtgebiet,  bis  auf 
eine  jetzt  zerstörte  Kapelle  auf  der  Palasthöhe,  keine  Spuren 
aus  irgend  einer  späteren  Zeit  gefunden  haben,  so  müssen  wir 
zunächst  annehmen,  dass  auch  jenes  Gebäude  in  der  mykeni- 
schen  Zeit  entstanden  ist,  aus  der  wir  keine  Analogie  zur  Er- 
klärung heranziehen  können.  Auf  der  südlichsten  Erhebung 
scheint  ein  grösserer  Bezirk  (TV)  gelegen  zu  haben. 

Den  weitaus  imposantesten  Teil  der  Ruinen  bildet  die  Ring- 
mauer mit  ihren  Thoren. 

Hier  ist  hervorzuheben,  dass  von  der  Mauer  zwar  fast  nir- 
sends  viel  mehr  als  die  untersten  Teile  erhalten  ist,  dass  sie 
aber  an  keiner  einzigen  Stelle  vollständig  fehlt.  Die  Zerstö- 
rung, zu  der  elementare  Mächte  wol  mehr  beigetragen  haben 
als  menschliche  Kraft,  hat  nur  die  oberen  Schichten  getroiYen. 
Da  die  Mauer  an  dem  schrägen  Abhang  der  Felsen  errichtet 
ist  und  bei  der  grossen  Stärke'  von  durchgängig  5,70'"  die 
Höhe  des  Bodens  innen  von  der  äusseren  sich  sehr  unterschei- 
det, so  sehen  wir  die  Zerstörung  auf  der  Innenseite  meist  bis 
zum   Boden   durchi^eführt,    während   die  Aussenseile   überall 


*  Nur  Tirjiis  und  t-iiiige  Stücke  der  .Mauern  vun  .Mjkcnai  zeigen  eine 
grössere  Slarkc. 


AKNE  iiO 

noch  mehrere  Schichten,  an  einzelnen  Stellen  bis  zu  3™.  Flöhe 
emporragt.  Da  die  Stätte  in  späterer  Zeit  nicht  bewohnt  war, 
so  sind  die  Trümmer  der  Riesenmauer  auch  niemals  als  Stein- 
bruch benutzt  worden,  und  unberührt  liegt  daher  die  grosse 
Masse  grosser  und  kleiner  Blöcke  noch  heute  um  die  Mauer- 
züge selber  da.  Aus  dem  vidlig  gleichartigen  Zustand  des 
grössten  Teiles  des  Ringes  —  die  Mauern  sind  durch  ihre  ganze 
Dicke  hindurcb  vor  allem  da  liorizontal  rasirl,  wo  der  Boden 
sich  senkte  —  auf  eine  einiieitlicli  durcligefuhrte  Zerstörung 
zu  schliessen  geht  nicht  an:  eine  solche  würde  Monate,  wenn 
nicht  länger  gedauert  haben. 

Die  Mauern  waren  massiv  aufgebaut  und  nicht  etwa,  wie  es 
in  späterer  Zeit  meistens  geschah,  aus  zwei  Stirnmauern  und 
aufs  Geratewol  dazwischen  geschütteten  Steinen  gebildet.  Spu- 
ren zu  finden,  welche  das  Vorhandensein  von  Gallerien  wie  in 
Tiryns  oder  'Poternen'  wie  in  Mykenai  (Steffen,  Karten  von 
Mykenai  S.  16)  erwiesen,  wird  man  schon  wegen  des  jetzigen 
Zustandes  der  Mauern  nicht  erwarten.  Ausserdem  würde  we- 
nigstens  die  Anlage  von  Gallerien,  wenn  man  nacii  Analogie 
von  Tiryns  schliessen  darf,  eine  grössere  Mauerdicke  erfordern. 
Viel  wichtiger  ist  eine  andere  Eigentümlichkeit  der  Mauern 
von  Gla.  die  wir  bei  den  ari>i vischen  Burgen  nicht  in  dieser 
Weise  finden.  Die  Fluchtlinie  der  Mauer  ist  in  bestimmten, 
zwischen  G'"  und  12'"  schwankenden  ',  in  der  Mehrzahl  9-10'" 
grossen  Abständen  von  Absätzen  unterbrochen,  so  dass  sie  im 
Grundriss  ein  säge-  oder  treppenlörmiges  Aussehen  erhält.  Psach 
je  6'",  7'",  9'"  u.  s  \v.  endet  sie  mit  einer  Ecke,  welche  aus  ho- 
rizontal aulVinander  geschiciiteten  Blöcken  sorgfältiger  gebaut 
ist  (Fig.  1).  Audi  die  äussere  Kante  ist,  soweit  es  bei  dem 
Mangel  eines  wirklichen  Fugenschlusses  möglich  ist,  gerade 
und  scliarf.  Besonders  an  der  Nordseite  ist  deutlicli  zu  beob- 
achten, dass  man  diesen  locken  dadurch  eine  grössere  Fe- 
stigkeit zu  geben  suchte,  dass  in  einer  der  oberen  Schichten 
ein  sehr  breiter  (z.  B.  1,65'")  und  tiefeingreifender  (z.  B.  2'") 


'  Usllicli  VOM  'lliui-  /;  V..  li.  1  l'"VH),  1 1'>'30,  \\c>llicli  davon  Li-'^ö,  5'"85,  b'"80. 


4:6 


F.    NOACK 


oder  ein  sehr  liolicr  Block  eingefügt  wurde.  An  die  ein- 
springende Seite  dieser  Ecke  setzt  etwas  zurücktretend  das  fol- 
gende Mauerslück  an.  Das  Stück,  um  welches  die  Ecke  vor 
diesem  vorspringt,  ist  von  ganz  verscliiedener  Grösse;  zwi- 
schen 15""  ( 10""  nur  sehr  selten)  und  60'"'  lindet  man  die  ver- 
schiedensten Masse;  am  häufigsten  '25,30  und  40'"'.  Die  stär- 
keren Vorsprünge  finden  sich  meist  auf  der  Südseite.  Nur  an 
drei  Stellen  konnte  ich  einen  Stein  finden,  der  von  dem  Vor- 


FlG.  \. 


Sprung  noch  in  das  zurückstehende  anstossende  Mauerstück 
eingriff,  und  an  dem  nur  die  einspringende  Ecke  etwas  an- 
gearbeitet war.  Jedoch  betrug  dieses  Übergreifen  stets  nur  we- 
nige Centimeter,  und  da  sonst  überall  die  Ecksteine  in  die 
Mauer  hineingehen  und  mit  dem  anstosscnden  Stück,  von  aus- 
sen gesehen,  wirklich  ein  neuer  Absatz  beginnt,  und  da  end- 
lich die  Innenseite  der  Mauer  an  denselben  Stellen  wie  die 
Aussenseite  derartige  Vorsprünge  enthält  ' ,  so  liegt  die  An- 
nahme nahe,  dass  die  Mauer  überhaupt  in  solchen  Abschnitten 
erbaut  wurde,  und  dass  man  den  folgenden  Abschnitt  erst  be- 
gann, wenn  der  vorhergeliende  durch  die  ganze  Mauerslärke 
hindurch  vollendet  war.  Diese  Technik,  in  einzelnen  Abschnit- 


*  So  koniile  an  verschiedenen  I'iinklcMi  das  VoilKUnIcusein  von  Vorspiiin- 
gen  aussen  auf  Grund   der  noch  vurhandcncu  inneren  ersclilossen  werden. 


ARNE  427 

ten  zu  bauen,  ist  aus  Tiryns  bekannt'.  Die  Oberfläche  der 
Mauer  ist  leider  zu  sehr  zerstört  und  mit  Trümmern  bedeckt, 
um  den  ^vahren  Sachverhalt  noch  mit  völlig;er  Sicherheit  fest- 
stellen zu  können ;  an  einzelnen  Stellen  lässt  sich  aber  erken- 
nen, dass  der  Abschnitt  von  aussen  nach  innen  die  ganze 
Mauerdicke  durchzog,  was  für  die  obige  Annahme  sprechen 
würde.  Versuchen  wir  nun  dieses  Verfahren  zu  erklären^.  Es 
Hess  sich  dadurch  allerdings  nicht  nur  jede  gekrümmte  Linie 
vermeiden,  sondern  auch  das  Gellinde  noch  besser  und  voll- 
ständiger als  durch  Curvenführung  ausnützen  und  jedes  am 
Felsrand  freibleibende  Fleckchen  in  die  Umwallung  herein- 
ziehen. Aber  man  verstand  doch  in  jener  Epoche  auch  die 
Mauer  im  Bogen  zu  führen,  wie  einzelne  Stellen  in  Tiryns 
und  vor  allem  Mykenai  beweisen,  und  ausserdem  ist  nicht  er- 
klärt, weshalb  man  auch  da,  wo  das  Terrain  eine  gradlinige 
Mauerflucht  verlangte  (z.  B.  links  und  rechts  vom  Nordthor), 
den  Bau  sogar  in  besonders  kleinen  Abschnitten  durchgeführt 
hat.  Ich  glaube  daber,  dass  hier  ursprünglich  noch  ein  an- 
deres Prinzip  mitgesprochen  hat,  nämlich  die  Rücksicht  auf 
die  richtige  Flankirung  der  Mauerstrecken.  Wir  finden  bei 
älteren  Burgen  der  griechischen  Zeit  dieses  Prinzip  mit  Vor- 
liebe angewandt.  Bei  den  Mauern  von  Abai,  die  wol  schon 
im  7.  Jahrhundert  entstanden  ^  ist  zwar  die  Innenlinie  in  ei- 


'  Dörpfeld  bei  Schliemann,  Tiryns  S   359. 

2  Füiclihammer's  Gedanke  an  'Tagewerke'  ist  bei  der  Kolossalität  selbst 
der  kleinsten  AbscImiUe  nicht  annehmbar,  und  ebensowenij;  hält  auch  die 
von  ihm  selbst  vür;,'ezo,i,'ene  Krkbirun,;,'  Stand,  dass  die  Al)schnitte  den  Zweck 
gehabt  hätten,  bei  einem  feindlichen  Angrill'  die  zerstörende  Wirkung  auf 
einen  sülcben  Abschnitt  zu  beschranken,  ohne  dass  ein  grösseres  Stück 
nachstürzte.  Denn  an  eine  derartige  Zerstörung  der  Mauern  unmittelbar 
l>eim  AngritV  hat  man  bei  dem  gänzlichen  Fehlen  von  Belagerungswerk- 
zeugen und  bei  der  Art  ältester  KriegstTiliruiig  ülurhaupi  unmöglich  denken 
können.  Das  bezeugt  nicht  nur  das  Epos,  sundern  die  Kriegsgeschichte  bis 
zur  makedonischen  Zeit. 

•''  Ich  glaube  das  aus  Folgendem  schliessen  zu  dürfen.  Die  polygonalen 
Mauern  von  Abai  zeigen  die  Kigenlümlichkeit,  dess  die  Mehrzahl  der  Fu- 
gen nicht  in  geraden,  sondern  curvenl'örmigcn  Linien  geführt  ist.  Das  ist 
nicht  die  ursprüngliche  Weise  des  Pulygonal[)aues,  somiern  bereits  eine  Art 


4-:8 


F.    NOACK 


ner  Fliii'lit  iinunlcrbroclien  rortgefiilirt,  die  Aussenseile  aber 
spriiii^t  in  grösseren  Abständen,  (50,  30,  50'")  mit  einer  scbar- 
fen  Ecke  vor,  deren  Tiefe  zwiscben  0,85  und  1,50'"  schwankt 
(Fig.  2,  c).    Diese   Vorsprünge   können  nur  zur  Flankirung 


b 


TuojA. 


Samikon. 


Abai 


Fig.  2. 


gedient  haben,  eine  technische  Notwendigkeil  lag,  w^ie  schon 
die  durchgehende  Innenseite  beweist,  nicht  vor.    Die  hochai- 


Stilisirung,  welclio  den  Bau  iiiil  gra(lscilif,'cn  rulygunea  voraussoUl.  Nun 
findet  sich  dieselbe  Technik  hei  den  Heslen  des  vorpeisisiralischen  Hei- 
ligtums in  Eleiisis  (SS'S"  auf  dem  Plane  FIpax.Ttxa  1887  Taf.  1),  das 
man  in  solunische  Zeit  zu  setzen  pflegt.  Das  hoivunagondsle  Beispiel  dieser 
Pülygonalhauten  mit  Curvenfugung  ist  die  grosse  Terrassenmauer  in  Delphi 
(Pomlüw,  Beiträ^'e  zur  Topographie  von  Delphi  Taf.  5.  6.  9),  deren  von 
Wilamowilz  (Arisloteles  und  Athen  I  Ö.  35.  II  S.  287)  vorgeschlagene  Dali- 
rung  —  sie  wird  im  7.  Jahrhundert  vom  homerischen  Apoilohymnus  •?;).")  f. 
erwähnt  —  durch  den  Veri^Meich  mit  den  eleusinischen  liesten  Ixistätigt  wird  . 
Als  drittes  Beispiel  tritt  die  Mauer  von  Ahai  hinzu,  zu  deren  sonstigem  al- 
tertümlichen Charakter  (s.  o.)  die  Entstehung  im  7.  Jahrhundert  also  vor- 
ircfllich  passl.  Vielleicht  gehört  auch  der  ältere  Tempel  von  Rhamnus 
hierher. 


ARNE 


429 


tertümliche  Form  des  Tliores,  welche  der  mykenisclien  nahe 
steht,  erlauht  die  Vermutung,  dass  auch  jene  Vorsprünge  in 
Anlehnung  an  ein  altüberliefertes  System  gebaut  seien.  Noch 
stärker  (4-5,50"')  sind  die  Vorsprünge  die  sich  an  der  Süd- 
mauer  von  Samikon  ^  in  Abständen  von  etwa  20'"  folgen,  ihre 
grosse  Tiefe  verlangte  dass  die  Innenseite  der  Mauer  der  äus- 
seren Linie  folgte  (Fig.  2,  d).  Da  sie  gerade  nach  einem  fla- 
chen Sattel  gerichtet  sind,  der  den  leichtesten  Zugang  zu  den 
Mauern  bot,  so  erklären  sie  sich  in  keiner  anderen  Weise  als 
die  Vorsprünge  von  Abai.  Ebensolche  Vorsprünge  finden  sich 


-A»- 


FiG.  3. 


nun  auch  in  Tiryns  und  iMykenai  an  mehreren  Stellen,  wo 
keine  Hücksicht  auf  das  Terrain  sie  erforderte,  sondern  wo  sie 
nur  dem  Zwecke  dienen  konnten,  die  Mauer  wirksamer  be- 
streichen zu  können-^.  Halle  man  dieses  Prinzip  einmal,  so 
musste  es  auch  an  gradlinigen  Strecken  zur  Anwendung  kom- 
men. Erst  in  zweiler  Linie  konnte  man  es  dann  \erwenilen, 
um  die  Curve  zu  vermeiden  und  auch  ohne  sie  der  Bodenform 


<  ExpfdUion  de  la  Murre  I  Taf.  .")/,;  dio  uhiMi  gpfrolienc  Ski/./.e.  wie  ilic  vuii 
Ai)(ii,  nach  iMj,'eiier  Auriiahiiio. 

2  tSletVen,  Karleu  vuii  M^-kenai  Ö.  27  f. 


430  F.    NOACK 

sich  anzuscliliessen.  Und  endlicli  konnte  es  zu  einem  Stile, 
einer  Kunstform  werden,  indem  man  zuerst  noch  die  Ab- 
schnitte, in  denen  man  baute,  durch  die  inneren  und  äusseren 
A^orspriinii;e  markirle.  dann  aber  Nvas  aussen  durcli  diese  be- 
zeichnet werden  sollte,  im  Innern  der  Mauer  liar  nicht  mehr 
durchfidirte.  Dass  es  eine  solche  Stilisirung  2;ab.  wird  jetzt 
durch  die  Mauer  von  Troja  bewiesen.  Die  diesjährigen  Aus- 
grabungen '  haben  die  im  vorjährigen  Bericht  'Troja  1893' 
S.  45  ausixesprochene  Vermutuno;  bestätigt,  dass  die  "anze 
Ringmauer  der  l^ure;  'als  ein  Polv^on  von  last  2;eraden  Linien 
gebildet  war'.  Ferner  hat  sich  herausgestellt,  dass  an  allen 
Ecken  des  Polygons,  in  regelmässigen  Abständen  von  etwa  9'", 
die  hier  geböschte  Mauer  um  etwa  0,10-0,15'"  wie  auf  Gla 
(vgl.  Fig.  ?,  c),  vorsprang  und  auch  auf  der  Innenseite  die 
entsprechenden  einspringenden  Ecken  zeigte  (Fig.  2rz  vgl.  oben 
S.  384).  Diese  Ecken  sind  nun  erst  nachträürlich  eingearbeitet 
und  die  sie  bildenden  Steine  gehen  so  häufig  in  das  folgende 
Mauerstück  über,  dass  eine  bewusste  durch2;ehende  Trennuns; 
einzelner  Abschnitte  der  oanzen  Mauerstärke  hier  nicht  mehr 
angenommen  werden  kann.  Auch  der  Umstand,  dass  innen  die 
entsprechenden  Vorsprünge  sind,  beweist  hier  nichts  mehr, 
weil  auch  mehrere  Gebäudestützmauern  (VI  F,  VI  M;  s.  oben 
S.  384)  dieselben  ^'orsprünge  und  zwar  natürlich  nur  auf  der 
Aussenseite  haben  (Fig.  2,  b).  Ebensowenig  lässt  sich  bei  der 
geringen  Tiefe  der  Vorsprünge  an  einen  fortificatorischen  Zw^eck, 
nämlicli  an  eine  Flankirung,  denken  ;  gerade  da,  wo  er  noch 
m()glich  wäre,  d.h.  wo  die  Vorsprünge  noch  etwas  breiter  sind 
(VI  M)  würde  er  durch  die  Bestimmung  der  Mauer  (innere 
Terrassenmauer)  hinfällig  werden.  Wo  so  sehr  jeder  praktische 
l'^rklärungsversuch  versagt,  bleibt  keine  andere  Mr)ijrliclikeit 
als  die  Stilisirung  eines  früher  wirklich  praktischen  Zwecken 
dienenden  Motives  anzunehmen,  wie  es  oben  geschehen  ist. 
Unter  dieses  selbe  Urteil  fällt  auch  die  Ringmauer  von  Gla; 
vorzüglich  für  die  gradlinigen  Strecken  gilt  es ;  im  allgemeinen 


<  Vgl.  oben  S.  383  f. 


ARNE 


431 


steht  sie  noch  auf  einer  etwas  früheren  Stufe  der  Entwickelung, 
da,  wie  wir  salien,  doch  nocli  die  ursprünglicheren  prakti- 
schen Zwecke  hie  und  da  sich  erkennen  lassen  und  hefolgt 
worden  sind.  Immerliin  aber  ist  die  grosse  Verwandtschaft, 
welclie  das  Bild  der  Burgmauer  von  Troja  und  das  unsrer  Ko- 
paishurg  ergeben,  von  niclit  zu  unterschätzender  Bedeutung 
für  unsere  Erkennlniss  der  Beziehungen,  welche  in  mykeni- 
scher  Zeit  Ostgriechenland  mit  Kleinasien  verbanden. 

Die  Biniirmauer  wird  von  vierThoren  durchbrochen.  Die  bei- 
den  liauptthore  nach  Süden  {A)  und  Norden  {C)  sind  in  ihrer 
Grundform  einander  gleich  (Fig.  3  und  4)'.  Zwei  mächtige 
turmartige   Bauten   begrenzen  den   über  5'"  breiten    Eingang 


-ix. 


Fig.  4. 

(5,50'",  5,30'")  Ihre  Breite  schwankt,  wie  die  aller  anderen 
Thortürme,  zwischen  5  und  6"'.  Der  östliche  Turm  von  B  ist 
noch  4.60'"  hoch  erhalten.  Man  wird  sich  diesen  Einü-ano-.  wie 
in  Tiryns  und  Troja,  otTen.  ohne  Thorverschluss  zu  denken 
haben.  Daliinter  lieij;t,  von  dünneren  Mauern  umgeben,  ein 
kleiner  Thorhof,  dessen  Bückwand  sich,  wie  es  bei  dem  Süd- 
tlior  (Fig.  3)  noch  besonders  deutlich  ist,  zu  einem  ebenso 
breiten  lungan"'  öffnet,  liier  baben  wir  den  festen  Thorver- 
schluss  zu  suchen,  l^^inen  Deckbalken  bez.  Deckstein  bat  man 


'  Iirtüiiilicli  ^icljl  Biisull  a.  a.  O.  S.  lOilein  Xordllior  allein  diese  Grund- 
form. 


432  F.    NOACK 

über  den  vor(]eren  Türmen  so  ^veniü;  anzunehmen  wie  in  Ti- 
ryns,  Troja  oder  in  Mykenai  vor  dem  LiAvenllior.  Schon  der 
forlificatorische  Zweck  dieser  tiefen  Thorwege  und  Tliorhöfe 
( Benndorf,  GjiUhaschi  S.  1"?ß;  Heichel,  Ilomcrisclie  Wafien 
S.  18)  ^^ürde  es  verholen  haben.  Die  begehbare  Verbindung 
der  beiden  Mauerstücke  rechts  und  links  vom  Thor  bestand 
aus  den  Deckbalken  des  inneren  li]inij;an<2;es ,  welche  zum 
Schutze  des  hcHzernen  Thores  nötig  waren  und  dann,  da  die 
inneren  Mauern  etwa  1.30'"  breit  sind,  auch  einen  genügenden 
Verkeil rsweii;  boten.  Der  Thorhof  des  Nordthores  C  war  da- 
durch  etwas  kleiner,  dass  seine  westliche  Seitenwand  in  die 
Fluchtlinie  der  Innenwand  des  Turmes  gelegt  war.  Irrigerweise 
hat  man  dieses  Thor  für  das  stärkere  erklärt*.  Aber  sclion  da- 
durch, dass  die  beiden  Türme  nur  um  60""  vor  die  Fluchtli- 
nie der  Mauer  vorspringen  und  in  Folge  dessen  weniger  Ver- 
teidigern Platz  bieten,  erscheint  dieses  Thor  als  das  schwä- 
chere. Denn  bei  dem  Südthor  springt  nicht  nur  der  westliche 
Turm  fast  5'"  vor,  sondern  vor  allem  tritt  der  östliche  gleich 
einer  Bastion  und  ähnlich  dem  Turme  am  Löwenthor  und  am 
Ostthor  von  Troja  ^  noch  um  weitere  5'"  über  den  Westturm 
heraus  und  erschwert  schon  dadurch  einen  Angriff  oder  gar  ein 
Eindringen  in  geschlossener  Masse.  Weiter  liegt  das  Nordthor 
nur  etwa  12'"  über  der  Ebene;  das  ganz  aUmälig  von  dieser 
bis  zur  Mauer  ansteigende  Gelände  bereitete  also  dem  an- 
rückenden Feinde  kaum  eine  Schwierigkeit  und  ausserdem 
bot  gerade  hier  die  nach  beiden  Seiten  in  grader  Linie  ab- 
ziehende A'Iauer  keine  Flankirung  und  keinen  Schutz  für 
den  Eingang,  in  starkem  Gegensalz  zu  dem  an  den  Weslturin 
von  Thor  A  anschliessenden  Mauerslück.  Man  sollte  daher 
denken,  dass  gerade  das  Nordthor  durch  weiter  vorspringende 
Flankirungslürme  stärker  befestigt  worden  wäre;  das  ist  aber 
nicht  der  Fall.    Dagegen  war  die  Lage  des  Südlhores  A  (und 


*   Lollin^',  Hädeker's  GrieclionlaiKl   und  ihm  (oliicinl  Uiisull  a.  a.  (). ;   die 
mächliK  vorsprinpendon  Türme  von  A  werden  hier  gänzlich  ignorirl. 
?  Hier  verlrilt  das  Ende  der  breiten  IMauer  die  S(,ellc  des  Thorturincs. 


AHNE 


433 


auch  die  des  Doppelthores  D)  schon  von  Natur  eine  festere. 
Zumal  beim  ersteren  steigen  die  Felsen  beinahe  bis  zu  40'" 
empor,  und  nur  auf  einem  schmalen,  steilen  und  felsigen  Wege 
kann  man  zum  Eingang  gelangen.  Dennoch  hat  man  diese 
natürliche  Stärke  dur(;h  die  künstliche  Anlage  nur  noch  erhöht 
und  damit  das  Südthor  viel  stärker  gemacht  als  das  Nordthor. 
Sucht  man  nach  einer  Erklärung  hierfür,  so  kann  es  m.  E. 
nur  die  sein,  dass  man,  als  dieses  Thor  angelegt  wurde,  gerade 
von  Süden  her  eine  grössere  Gefahr  gewärtigte. 

Die  Türme  dieser  Thore  überragen  noch  jetzt  mit  ihren 
Trümmern  die  anstossenden  Mauern  beträchlich  (4-5'");  ihre 
ursprüngliche  Höhe  iässt  sich  nicht  mehr  bestimmen.  Sie 
waren  massiv  "ebaut.   Die  Mauern  der  Höfe  lassen  sich  nur 

o 

noch  in  ihren  Fundamenten  erkennen.  Schliesslich  sei  noch 
zu  Thor  A  bemerkt,  dass  sich  an  der  Innenseite  des  Osttur- 
mes das  am  Thorhof  entlang  zur  Turm-  und  Mauerhöhe  auf- 
steigende Fundament  einer  erst  2,40'"  und  neben  dem  Turme 
selbst  1,40'"  breiten  liampe  {a.  a)  deutlich  erkennen  Iässt. 


-Ml 


Fig.  5. 


Ein  weiteres  Tiior  im  Westen  (/)),  dessen  Existenz  ange- 
zweifelt worden  ist^  Iässt  sich  sicher  konstatiren  (Fig.  5).  In 
seinen  Massen  ist  es  etwas  kleiner  als  .1  und  C,  halte  aber 
auch  sicher  einen  Thorhol  und  wiii'de  auf  der  Nordseite  von 
einem  1,65'"  vorspringenden  Turme  llankirl.  Der  Aufstieg  von 
der  Ebene  ist,  wenn  auch  nicht  so  hoch  —  das  Thor  führte  zu 


'  Z.  13.  voll  Lulliiii:,  daher  es  von  Busull  überhaiipl  iiiclil  erwaluil  \vird. 


434 


F.    XOACK 


der  oben  erwähnten  muldenartigen  Senkuns;  des  Stadt2:ehie- 
tes  —  so  doch  kaum  \veni2;er  steil  und  felsig  wie  der  zu  Thor 
A.  i']s  ist  nur  noch  in  (h^n  untersten  Laii(Mi  zu  erkennen.  Aus 
ihm  luhrle  der  U  e^j;  nach  Kopai. 

Bis  jetzt  überhaupt  nocii  nicht  bemerkt  ist  dasoben  erwähnte 
Doppelthor  B  in  der  Südmauer,  vielleicht  weil  man  die  bei- 
den Lücken  sei  es  übersehen  —  ij;erade  hier  sind  die  Thortürme 
bis  zum  Niveau  der  Mauern  hinab  zerstört  —  sei  es  als  Fol^ijen 
einer  Zerstiu'ung  angesehen  hat.  Aber  an  den  vier  Kcken  die- 
ser Mauerstücke  lässt  sich  eine  viel  sorgläUigere  Bearbeitung, 
ein  viel  regelmässigerer  Aufbau  als  selbst  an  den  oben  be- 
sprochenen Mauervorsprüngen  erkennen,  und  deutlich  lässt 
sich  die  sorgfältige  fassadenartige  Behandlung  grossenteils 
durch  die  Tiefe  der  ganzen  Mauer  verfolgen  (Fig.  6).    Dazu 


-**-  -ii£ 


Fig.  6. 


springt  neben  dem  westlichen  Thorgange  die  Mauer  in  ei- 
ner Breite  von  5,5'"  niclit  nur  aussen,  sondern  auch  innen 
etwas  vor,  so  dass  sich  hier  ein  Thorturm  von  7'"  Tiefe  er- 
giel)t.  Endlich  ziehen  sich  die  innerhalb  der  Mauer  liegen- 
den Steinhaufen  aultäüig  weiter  nacli  dem  Innern  hinein,  als 
bei  den  übrigen  Mauerstrecken,  was  nur  in  der  Annahme  eine 
einleuchtende  Erklärung  findet,  dass,  wie  bei  den  anderen 
Tlioren,  auch  hier  ein  Thorhof  sich  angeschlossen  hat.  Der 
Versuch,  diese  sonst  sehr  selten  begegnende  Form  des  Dipy- 
lon  '  hier  in  der  Ringmauer  zu  erklären,  ist  oben  (S.  'i'2'S) 
gemacht  worden. 


'  Abgesehen  vuii  ilciii  ^'iüsscixmi  uikI  jüni;orni  'l'lioihau  an  ilci  11.  Triada 


ARNE  435 

Als  Fig.  7  ist  endlich  noch  ein  kleines  Thor  ahgebildet, 
das  sich  in  der  östlichen  Abschlussmauer  von  Palast  und  Agora 
{E)  befindet.  Mehr  als  die  in  dem  Plane  aufgenommenen 
Steine  ist  nicht  vorbanden,  dennoch  ist  sein  Vorhandensein 
durch  sie  genügend  gesichert.  Fragen  liesse  sich  nur,  ob  die 
ausserhalb  des  eigentlichen  Thorplanes  befindlichen  Steine  an 
ihrer  Stelle  liegen  und  in  diesem  Falle  eine  dem  südlichen 
Thorpfeiler  vorgesetzten  Turm  bezeugen.  Eine  Sicherheit  er- 
geben die  wenigen  Reste  nicht. 


Fig.  7. 

Ehe  wir  die  Tbore  verlassen,  müssen  wir  sie  noch  b insicht- 
lich eines  Punktes  betrachten.  Alle  vier  Thore  konnten  einem 
feindlichen  Angriffe  ausgesetzt  sein.  Weder  bei  dem  Westthor 
D  noch  vor  allem  bei  den  Thoren  B  und  C  finden  wir  eine 
vorgeschobene  Bastion,  welche  die  Absicht  zeigen  konnte,  des 
Angreifers  '  unbeschildete '  Seite  zu  gefährden.  Überall  dage- 
gen—  denn  auch  bei  dem  Üoppelthor  machen  die  Analogie 
und  der  oben  angegebene  Grund  es  mehr  als  wahrscheinlich — ■ 
finden  wir  den  Thorhof,  in  dem  die  Angreifer  sich  fangen 
konnten.  Nach  Ueichers  Darlegungen  (Homerische  WaiYen 
n  ff.)  braucht  das  nur  erwähnt  zu  werden,  um  sofort  erklärt 
zu  sein,  und  auch  die  Anlage  der  grossen  vorspringenden  Ba- 
stion des  Tliores  A  wird  jelzt,  wo  wir  wissen,  was  mykeni- 
sche  Schilde  sind,  nicht  mehr  durch  jene  falsche  Annahme 
begründet  werden. 


iu  Allicn  (vgl.  diese  Zcitseliiifl  III  Tal.  3.  i)  sielie  das  Doppolllior  von 
Krane  auf  Kephalenia  (gcbildel  durch  einen  ;in  die  Tiefe  des  breiten  Thor- 
weges ficselzlcn  Turin,  s.  Partsch,  Illiaka  und  Kcplialenia  Taf.  1 )  uuil  (\<^\\ 
inneren  Absclilu.>>s  des  arkadischen  Thores  zu  Messeno. 


436  F-    NOAGK 

Wir  können  schliesslicli  auch  hei  der  Frao;e  naeh  der  all- 
gemeinen Teclinik  der  Mauer  von  (h-n  Thoron  aus";ehen.  De- 
ren  'l'iiriiie  sind  in  sorgfältitiierer  Art  gebaut;  grosse  an  ilirer 
von  aussen  sichlharen  Seile  oblonge  ni()cke '  sind  in  regelmäs- 
sigen und  zienilicb  durcbgelienden  horizontalen  Lagen  ge- 
schichtet; nur  ganz  selten  füllen  kleine  Steinbrocken  eine  un- 
vermeidliche Lücke  aus.  Diese  Blöcke  sind  sorgfältig  bearbei- 
tet und  einigermassen  geglättet  (s.  Fig.  8,  Innenseite  des  Ost- 


FiG.  8. 


turmes  von  Thor  C).  Von  einer  haarscharf  schliessenden  Fu- 
gung ist  dabei  natürlich  nicht  die  Ilede.  Dieselbe  Technik 
zeigt  der  mächtige  Unterbau  des  Palastes  (Tat'.  12,?).  liier 
wie  bei  den  Thoren  werden  wir  lebhaft  an  die  Umgebung 
des  JJhvenlhores  und  den  Dromos  des  grossen  Kuppelgrabes 
erinnert,  wenn  dort  auch  der  Gesamteindruck,  dank  dem 
andersartigen  Materiale,  der  einer  noch  grösseren  Hegelmäs- 
sigkeit  ist.  Unmittelbar  daneben  aber  steht  die  Fassade  des 
Westturmes  von  Thor  A  mit  einem  Stück  unverfälschten  ky- 


<  Mon  mi.ssl  SMciiic  von  l,l'5'",  1,75'",  '2,35-"  (.1),  ?,G5'"  {Ü)  Lange. 


ARNE  437 

klopischen  Stiles,  wie  wir  ihn  von  Tiryns  und  Mykenai  ken- 
nen. Und  ebenso  ist  auch  der  Charakter  der  Hingmauer  seihst 
kein  anderer  (Fig.  1  Taf.  12, 1  );  grosse  und  kleine  rohe  oder 
kaum  hehauene  Blöcke  sind  grösstenteils  ohne  Rücksicht,  ob 
ihre  Kanten  zu  einander  passen  oder  nicht,  aufgeschichtet 
und  von  der  ehemaligen  Lehmmörtelfüllung  zwischen  ihnen 
liegen  jetzt  kleine  Steine  und  Steinhrocken  einzeln  oder  zu 
mehreren  in  den  bald  enü;en,  bald  klaffenden  Lücken  mehr 
oder  minder  locker  verstreut.  Wenn  dann  einzelne  Partien  der 
Mauer  beim  ersten  Anblick  regelmässiger  erscheinen,  wenn 
man  z.  B.  l)ei  der  Nordmauer  anfänglich  den  Eindruck  von 
reüelmässiüerer  Schichtuno;  und  durchüelienden.  ziemlich  ho- 
rizontalen  Fugenlinien  hat,  so  ergiebt  die  nähere  Betrach- 
tung bald,  dass  das  entweder  nur  auf  Täuschung  beruht  oder 
nur  in  der  a;erins;eren  Anzahl  der  vielen  kleinen  Brocken  sei- 
nen  Grund  hat.  was  sich  wiederum  dadurch  erklärt,  dass  der 
Zufall  einmal  an  diese  Stelle  günstiger  gebrochene  Steine 
braciite,  und  vielleicht  auch,  dass  dort  ein  geschickterer  Werk- 
meister gebot.  Man  braucht  nur  an  den  Steilrändern  des  See- 
ufers  die  abgestürzten  Stücke  zu  betrachten,  um  darunter  bald 
rohe  vieleckige,  bald  ganz  oblonge  regelmässige  oder  gut  po- 
lygonale  Blöcke  schon  von  der  Natur  geformt  zu  erkennen. 
So  werden  wir  also  die  gesamte  Ringmauer  unbedingt  als  ein 
einheitliches  Werk  ansehen  müssen,  und  da  es  unmöglich  ist, 
die  Thorbauten  davon  zu  trennen,  so  haben  wir  zu  .^chliessen, 
dass  man  die  urwüchsigere  und  ursprünglichere  Bauweise  ne- 
ben der  fortgeschritteneren  Technik,  die  oblonge  Blöcke  ver- 
wendete, bei  diesem  Riesenbau  gleichzeitig  nebeneinander  in 
Anwendung  brachte,  in  allen  Epochen  der  griechischen  Bau- 
kunst hat  man  wichtigere  Glieder  des  Baues,  wie  Tliore  und 
Türme  in  sorgfältigerer  Technik  errichtet:  die  Burgen  Akar- 
naniens  (um  nur  eine  Landschaft  von  \it'leii  zu  nennen)  zei- 
gen ausserordentlich  häufig  Türme  von  vollendet  regelmässi- 
gem  Stil'    organisch  (also  gleichzeitig)   in  Mauern   echtester 

'  L).  h.   cnlwetlor    uirkliclirr  (^)iiailoibau  ücler  SchicIiUuif;  mit  (iiircliL'O- 
lientleii  liuri/onlalcii  Ijai^i'ifii.m'ii  iiiicl  nur  z.  T.  schii'iiJgeslelllen  :rtüSbfuj:cD. 

ATHEN.    MITTHEILUNGEN  XIX.  30 


43Ö  f.    NOA^K 

Polyiionaltechnik  eingebaut.  Aber  wir  können  in  der  niykeni- 
schen  Zeit  selbst  bleiben:  aucli  die  aus  einem  Gusse  berü;e- 
stellten  Mauern  von  Tiryns,  mit  denen  die  iinsrer  Biii'ij;  so  Vie- 
les ijemein  baben,  zeiij;en  re^el massigere  und  i^anz  unreü-elmäs- 
siije  Scbiebtunii  nebeneinander ;  und  jetzt  zei<>t  der  Mauerring 
der  \'l.  Sladl  in  Troja  '  soii;ar  drei  Bauweisen  nebeneinander, 
von  unregel massigster  Steinanbäufung  bis  zu  scbarfer  Fügung 
oblonger  Steine  in  borizontaler  Scbicbtung:  es  ist  aber  nacb 
Dörpfeld's  Urteil  unmöglicb.  bier  verscbiedene  Bauperioden 
anzunebmen. 

Ebensowenig  sebe  icb  eine  Möglicbkeit,  in  unsrer  Ruine 
nacb  tecbniscben  Anzeichen  eine  Anlage  zu  erkennen,  welche 
älter  als  Orcbomenos  sei.  Mit  dem  Kuppelgrab  allein  können 
wir  das  Alter  jener  Stadt  nicbt  bestimmen,  und  durcb  die  neu- 
sten Scberbenfunde  ist,  wie  erwähnt,  eine  viel  ältere  Ansied- 
lung  an  derselben  Stelle  erwiesen.  Alles  was  wir  zunächst, 
von  dem  Thatbestand  ausgebend,  sagen  können,  ist:  unsere 
Burg  gehört  der  grossen  Epoche  an,  in  der  Tiryns  noch  be- 
stand, Mykenai  blühte  und  sich  am  westlichen  b]nde  des  Sees 
am  Abhänge  des  Akontion  das  minysche  Orcbomenos  erhob. 
Interessant  ist  es  zu  sehen,  wie  sich  diese  iUiine  keineswegs 
in  allen  Dingen  in  das  bis  jetzt  angenommene  Schema  myke- 
nischer  Burgen  fügt.  An  Stelle  der  stark  befestigten  unein- 
nehmbaren Akropolis,  um  die  sich  eine  meist  offene  Unter- 
stadt legte,  ist  hier  in  richtigem  Verständniss  der  Natur  des 
Bodens,  den  man  gewählt  hatte,  die  mächtige  Fostungsmauer 
um  das  Stadtgebiet  gezogen  und  von  diesem  ein  kleinerer  Teil 
vermittelst  einer  verhältnissmässig  schwachen  Mauer  als  Akro- 
polis abgetrennt  worden.  Dass  ausser  dem  Bauptthor  in  der 
Hegel  nur  noch  eine  kleine  Nebenpforte  existirte,  wird  durch 
Troja  (VI.  Stadt)  und  unsere  Buine  auf  die  argivischen  Burgen 
beschränkt.  Die  grossen  und  für  die  geringe  Ausdehi;ung  un- 
verhällnissmässig  zahlreichen  Thorbauten  in  Troja  (s.  oben 
S.  SS")  (T.)  sind  eine  weitere  Eigciiliinilichkeit,  welche  die  Be- 


'  S.  oben  y,  38i. 


ARf*E  439 

festigungon  dieser  Stadt  mit  denen  des  Paläokastro  von  Gla  in 
beachtenswerter  Weise  teilen. 

Zwei  Dinge  vermissen  ^vir  bei  dieser  mykenischen  Stadt, 
die  Quelle  und  die  Grabanlagen.  Auf  der  Felseninsel  entspringt 
kein  lebendiges  Wasser,  so  wenig  wie  an  dem  ganzen  näheren 
Ulergebiete  des  nordöstlichen  Sees  Um  so  mehr  w  undcrt  man 
sich,  nicht  wenigstens  die  Reste  von  Cisternen  im  Felsboden 
auf  Gla  zu  finden,  und  es  bleibt  nur  die  Annahme  übrig,  dass 
man  künstlich  aufgemauerle  Sammelbecken  besass,  wie  man 
ein  solches  z.  B.  in  dem  einen  südlichen  Eckturm  von  Tiryns 
vermutet  hat.  Grabanlagen  werden  wir  auf  der  Insel  selbst 
nicht  erwarten  können  ;  dagegen  spricht  die  Einheit  der  ihre 
ganze  Oberiläche  einnehmenden  Stadt.  Lag  die  Nekropole  der 
mykenis3hen  Zeit  in  der  See-Ebene,  so  werden  wir  sie  wol 
niemals  aullinden  können,  da  sich  der  Boden  seit  jener  Zeit 
durch  die  Ablagerungen  der  Gewässer  noch  etwas  gehoben 
hat.  Ebensowenig  lässt  sich  am  Ufer  eine  Stelle  bezeichnen, 
wo  man  den  Spaten  ansetzen  könnte.  Wenn  hier  nicht  die 
äyaOr,  -Jr/t]  hilCt,  werden  wir  uns  begnügen  müssen  mit  dem, 
was  wir  bis  heute  haben. 

In  Hinsicht  ihier  Lage  erweist  sich  die  Befestigung  von  Gla  als 
eine  echte  mykenische  Burg.  Nicht  auf  hohen,  schwer  zugäng- 
lichen Bergen, wie  man  noch  lange  nach  den  Wanderungen  Bur- 
gen und  Städte  baute,  die  ihre  Verteidiger  und  Insassen  nicht 
nur  schützten,  sondern  auch  von  der  Ebene  abschlössen  und 
dem  grossen  Verkehr  wenig  förderlich  waren,  vielmehr  gerade 
mit  besonderer  Bücksicht  auf  diesen  liegen  die  Städte  der  My- 
kenäer,  obwol  sie  als  richtige  Zw  ingbi.rgen  erscheinen,  in  der 
Ebene  oder  doch  an  ihrem  Bande.  Grosse  Verkehrsstrassen 
verbinden  sie  mit  (lein  Ilinterlande  und  die  Beziehung  zu  dem 
Meere  wird  bei  der  Anlage  nicht  vergessen. 

Auf  den  ersten  Blick  scheint  dies  bei  der  Insel  Gla  nicht 
der  Fall  zu  sein.  Aber  zunächst  steht  es  m.  E.  ausser  jedem 
Zweifel,  dass  die  grossen  Deichbauten  der  See-Ebene  auch 
diese  gewallige  Burg  angingen.  Die  ganze  Anlage,  vor  allem 
die  vier  Thore,   sowie  der  Umstand,  dass  der  auf  der  Noid- 


440  F.    NOACK 

Seite  nach  dem  Ufer  führende  Damm  '  gar  nicht  auf  das  Nord- 
thor Rücksiclit  nimmt,  sondern  im  Falle  irgend  welches  Was- 
serstandes nur  durch  Klettern  iiher  schroiTe  Felsen  und  Üher- 
steigen  der  dort  thürlosen  Mauer  zu  erreichen  wäre,  weisen 
deutlich  darauf  hin,  dass  sie  auf  ein  ringsum  trockenes,  zu- 
gängliches Gelände  berechnet  war.  Diese  Burg  ist  nur  zu  ver- 
stehen in  Verbindung  mit  dem  trocken  gelegten  Kopaissee. 
Würde  ihre  nächste  Umgebung  sonst  jemals  'AOaaavxiov  Jie- 
8iov  genannt  worden  sein  ? 

Die  Trockenlegung  des  Sees  ist  ein  Werk  des  Friedens  ge- 
wesen. Nur  eine  den  ganzen  See  und  seine  Ufer  beherrschende 
Macht  oder  die  in  gemeinsamem  Interesse  sich  die  Hand  bie- 
tenden verschiedenen  Machthaber  in  der  Fbene  können  es  her- 
voro;ebracht  haben.  Und  so  sehen  wir  den  Anfang;  der  Deiclie 
im  Westen,  wo  sie  das  gebändigte  Bergwasser  aufnehmen  in 
ihre  Kanäle,  geschützt  von  Orchomenos,  an  das  sich  in  wei- 
tem Bogen  Athen,  Eleusis  und  Haiiartos  schlössen,  das  Ende 
im  Nordosten,  wo  das  Wasser  seinen  geregelten  Abfluss  finden 
sollte,  beherrscht  von  unsrer  Feste. 

Es  ist  klar,  wie  unendlich  viel  für  den  Wolstand  der  Be- 
wohner dieser  dem  Elemente  abü;eruno;enen  Gefilde  davon  ab- 
hing,  dass  gerade  der  Abfluss  der  Gewässer  und  die  Sicher- 
heit der  Deiche  im  nordöstlichen  Teile  des  Sees  s:ewährleistet 

o 

war.  ^^'ir  dürften  daher  von  vornherein  dort   irsrend welche 

c 

befestigte  Anlagen  erwarten,  welche  diesem  Zwecke  dienten. 
Und  diese  Anlagen  finden  sich  in  der  That. 

Am  Nordufer  des  nordöstlichen  Teiles  des  Kopaissees  —  See 
von  Topolia  genannt  —  treten  drei  felsige  Vorsprünge  nach 
Süden  in  die  See-Ebene  hinein  (s.  die  ÜbersichlskarLe  S.  405). 
Die  beiden  westlichen  sind  durch  hohe  felsige  Sättel  mit  den 
Uferhöhen  verbunden ;  zwischen  der  dritten  östlichsten  Erhe- 
bung und  dem  Ufer  steigt  der  Boden  so  wenig  an,    dass  sie 


'  So  sclieiiil  z.  B.  E.  Meyer  a.  a.  O.  II  S.UM  diesen  Daniiii  mit  für  einen 
Beweis  anzusehen,  dass  die  Burganiage  auf  niöglicli->le  Isolirung  in  den 
Wassern  des  Sees  berechnet  gewesen  sei. 


ARNE  441 

eher  als  Insel  erscheint;  selbst  bei  niedrigem  Wasserstande 
musste  sie  als  solche  vom  Festland  getrennt  werden.  Wir  wer- 
den unten  den  Grund  dafür  erkennen,  dass  auf  ihr  keine  al- 
ten Ruinen  vorhanden  sind.  Dagegen  tragen  die  beiden  Halb- 
inseln sehr  alte  Mauerzüge,  die  von  keinem  der  Reisenden, 
welche  den  Ropaissee  untersucht  haben,  erwähnt  woi^den  sind^ 
Nur  mit  Mühe  sind  die  meist  nur  in  einer  Steinlage  erhalte- 
nen Mauerzüge  von  den  gleichfarbiij;  irrauen  Felszacken  zu  un- 
terscheiden,  besonders  auf  der  westlichen,  grösseren  und  hö- 
heren Halbinsel. 

Auf  der  östlichen  Halbinsel,  welche  auf  ihrer  Höhe  (nicht 
ganz  50'"  über  der  Ebene)  eine  vom  diesjährigen  Erdbeben 
zerstörte  Kapelle  des  H.  Johannis  trägt,  sind  die  Überreste 
zahlreicher  erhalten.  Die  Burg,  zu  der  sie  sich  zusammen- 
schliessen  (Taf.  13),  übertrifft  Tiryns  an  Ausdehnung  (etwa 
350'"  lang,  150'"  breit),  aber  ihre  Mauern  sind  nur  schwach 
im  Vergleich  zu  denen  anderer  m) kenischen  Festungen.  An 
der  am  besten  erhaltenen  Stelle  im  Westen  ersfiebt  sich  eine 
Mauerstärke  von  2,50'".  Die  Führung  der  Mauerlinie  ist  durch 
das  Terrain  bedingt.  Nur  die  lange  gerade  Strecke  der  Süd- 
westmauer hat  man  durch  einen  rechteckigen  Vorsprung 
(0,70'"  zu  6,30'")  unterbrochen. 

Im  Innern  der  Burg  liegen  verschiedene  Fundamente,  deren 
Bestimmung  wol  kaum  mehr  zu  erkennen  ist.  Sicher  scheint 
ein  im  Norden  und  Süden  die  Burg  quer  durchziehender  Ab- 
schluss  des  mittleren  Teiles  zu  sein.  Innerhalb  des  letzteren  wie- 
derum scheint  ein  längliches  abgeschlossenes  Gebiet  zu  liegen. 
Bei  dessen  Mauer  sowie  bei  der  zuerst  erwähnten  südlichen 
Quermaucr  ist  zu  bemerken,  dass  siez.  T.  aus  vierfachen  Zü- 
gen bestehen,  von  denen  je  zwei  nahe  zusammen  liegen  und 
in  der  Mitte  einen  grösseren  Zwischenraum  lassen;  es  sind 
wol  zwei  Parallelmauern  gewesen,  innerhalb  deren  vielleicht 
ein  leerer  Gang  lief.  Die  Dicke  des  Ganzen  schwankt  zwischen 


'  Nur  ilit>  frauzioischc  Karle  j^icbt  aul'ilcr  üsllicliou  Halbinsel  L;iiecliisclie 
Uuinon  (H.  IL)  an. 


442  F.    NOACK 

2,70  und  3'".  Thore  sind  nicht  erhalten,  aber  die  Stellen,  wo 
sie  gelegen  haben  können,  sind  mit  Wahrscheinlichkeit  zu 
bestimmen.  Zunächst  wird  am  Nordende  nahe  bei  der  tiefsten 
Einsenkung  des  Satlels  (a)  ein  Thorweg  gewesen  sein.  Aus- 
serdem laoen,  nach  der  Bodeni-estalt  zu  schliessen,  noch  bei 
c  und  d  Eingänge,  so  dass  jeder  der  drei  Teile  seinen  eigenen 
Zugang  hatte.  Es  ist  bemerkenswert,  dass  die  ganze  Ostseite 
keine  Stelle  zeigt,  wo  ein  solcher  gewesen  wäre:  die  Burg 
sollte  nach  dieser  Seite,  wo  das  Abllussgebiet  begann  (s.  u.), 
keinen  Ausüanii'  haben,  der  doch  zwecklos  gewesen  wäre.  Eine 
Pforte  ist  endlich  auch  in  der  südlichen  Quermauer  zu  er- 
kennen (b). 

Ausser  einigen  byzantinischen  Gräbern  {e.e.e)  —  sie  sind 
teilweise,  als  die  Mauern  schon  so  zerstört  waren  w  ie  jetzt, 
in  deren  Fluchtlinie  hineingesetzt  —  findet  man  keine  Spur 
späterer  Benutzung  der  Burgraumes. 

Für  das  Alter  dieser  Ruine  sprechen  zunächst  die  Mauern 
selbst  (Taf.  12,3).  Ihre  Aussenseite  besteht  aus  grösseren,  die 
Innenseile  und  ihre  Zwischenfüllung  aus  kleineren  Steinen. 
Man  darf  diese  Mauern  für  mykenisch  halten,  aucii  ohne  die 
zahlreichen  kleinen  Beste  mykenischer  Getässe  zu  kennen,  die 
noch  heute  besonders  auf  der  felsigen  und  nicht  anbaufähigen 
Ostseite  herumliegen.  Ein  paar  kleine  geometrische  Scherben 
zeigen,  dass  auch  in  den  folgenden  Jahrhunderten  noch  Leute 
im  Schutze  der  alten  Mauern  wohnten.  Die  beiden  nach  We- 
sten in  die  Ebene  gehenden  Mauerreste  ( 1 ,60'"  breit)  kann  ich 
nicht  erklären. 

Schwieriger  ist  es,  die  Reste  der  anderen  Burg  auf  der  h(">- 
heren  *  westlichen  Halbinsel  zusammenzufinden:  aber  ent- 


<  Etwa  76™  über  dem  Punkt  9,71"'  in  der  Ebene.  Dieser  Piini<t  wurde 
bei  der  Aufnalunc  der  Woslböbe  als  Nullpunlit  anijononirncn,  und  da  die 
Ebene  zwischen  beiden  Höhen  keine  nierkliclicii  IIühiMiunlorschicdc  zeif,'l, 
so  koniilo  er,  auch  ohne  d.'iss  er  direkt  durch  Messung:  an  die  liöhcnniasse 
der  Ostbur^'  an^'cschiossen  war,  mit  dem  südwcsllich  an  dem  Damme  ,^'ele- 
genen  Punkt  !J,71"'  gleichgeselzl  werden.  Somit  haben  alle  Masse  des  Planes 
als  tiefsten  Punkt  den  Nullpunkt  bei  der  Variakalawolhre. 


ARNE  443 

weder  lassen  sich  doch  die  Fundamente  noch  erkennen,  oder 
breite  Wälle  zusammengestürzter  Steine  geben  deutlich  den 
Lauf  der  Mauer  an.  So  ergiebt  sich  ein  die  Höhe  der  Halbin- 
sel umziohondor  en^er  Mauerrinu,  an  den  sich  nach  Norden 
zu  eine  länii;ere  Mauer  anschliesst.  Diese  scheint  nahe  bei  dem 
oberen  Ringe  von  einem  Thor  (/")  durchbrochen  gewesen  zu 
sein.  In  halber  Höhe  über  dem  Sattel  biegt  sie  nach  Osten  um 
und  hat.  wenn  man  nach  einem  kleinen  am  Südabhang  er- 
haltenen Mauerrest  {g)  schliessen  darf,  sich  ziemlich  auf  der- 
selben Höhe  haltend  den  Ost- und  Südabhanii;  umzoo;en.  Doch 
halte  ich  die  Möi:;lichkeit  nicht  für  ausoreschlossen,  dass  sich 
eine  Fortselzun";  dieser  Mauer  am  üferrand  enthinnr  nach  Osten 
bis  zur  anderen  Burg  hinüberzog,  da  wir  auch  im  Süden  eine 
ähnliche  Verbindung  haben  (s.  u.).  Die  grösste  jetzt  messbare 
Ausdehnung  ist  270'".  In  dem  oberen  Ringe  bezeugen  breite 
Trümmerhaufen  {/i.  h.  A),  dass  hier  ein  grösseres  Gebäude 
stand.  Die  Mauerdicke  beträgt  auch  hier  etwa  2,50'".  Die  we- 
nigen von  den  Mauern  erhaltenen  Bruchstücke  genügen  um 
zu  zeigen,  dass  die  Burg  derselben  Zeit  angehört  wie  die  von 
H.  Johannis.  Vasenscherben  haben  sich  nicht  sjefunden. 

Es  hat  sich  noch  eine  weitere  Spur  erhalten,  die  beweist, 
dass  beide  Burüjen  en^;  zusammeni>ehörten.  In  derselben  W  eise 
gekennzeichnet,  wie  die  Linien  der  übrigen  Deiche,  nämlich 
durch  zwei  parallele  Reihen  zerstreut  liegender  gebleichter 
Kalksteine,  zieht  sich  vom  Fusse  der  einen  Höhe  zur  andern 
der  Rest  eines  alten  Dammes  /.  /  (etwa  500'"  lang).  Er  ist  mög- 
lichst weit  nach  Süden,  d.  h.  nach  der  See-Ebene  zu  an2;e- 
legt  gewesen.  Bedenkt  man  nun.  dass  gerade  diese  beiden 
Halbinseln  mit  dem  Nordufer  durch  so  hohe  Erhebungen  ver- 
bunden sind,  dass  sie  auch  bei  höchstem  Wasserstande  nicht 
von  demscll)en  getrennt  werden,  so  erklärt  sich  der  Damm 
sehr  gut:  da  nur  von  Süden  her  bei  irgend  einer  Überschwem- 
mung \N  asser  in  diese  vom  Uferrand  und  den  beiden  Halbin- 
seln gebildete  Buciil  dringen  konnte,  so  schloss  man  sie  durch 
jenen  Damm  ab  und  erhielt  dadurch  ein  stattliches,  zur  Be- 
bauung und  Bewohnung  geeignetes  Land. 


444  F.    NOACK 

Damit  ist  auch  erklärt,  weslialh  sicli   auf  der  im   Übrigen 
ebenso  2:eeisneten  östlichsten   iM'hcItimi'   keine  Überreste  fin- 
tlon.  Sie  trus;  niemals  eine  Bure;;  als  Insel  war  sie  der  Gefahr 
einer  vöUinen   Trennung   vom   Festland  zu   leicht  aiisi»ese(zt, 
und  eine  künstliche  \'erbinduni;;  mit  jenem  wäre  zu  schwie- 
ris;  gewesen,  Avährend  die  beiden  Halbinseln  schon  von  Natur 
eine  grössere  Sicherheit   boten.  Das  entscheidende  wird  aber 
doch  gewesen   sein,   dass  die   Insel   bereits  im   Bereiche  der 
wichtigsten  Katawothren  lag.  Schon  westlich  von  ihr,  unmit- 
telbar am  Ostf'usse  der  Johannisburg  entlang  führte  der  erste 
grosse  Abflusskanal  die  Wasser  des  Hauptkanals  (s.o.  S.  'i08) 
der  Katawothre  Varia  (Spitia)  (Plan  S. 405, 1 )  zu,  deren  Spal- 
ten sich  an  der  zerklüfteten  Felswand  in  der  Tiefe  nord()stlich 
von  der  Burg  öffnen.   Noch  jetzt  ist  die   breite  Senkung  des 
Kanalbettes  und  die  beiderseitigen  Deiche  deutlich  und  weit- 
hin zu  verfolgen.  Es  ist  oben  bemerkt  worden,  dass  gerade  bis 
zur  Höhe  dieser  Katawothre  der  Hauptkanal  in  der  Mitte  des 
Sees  geleitet  war,  und  dass  er  sich  dort  in  die  verschiedenen, 
nach   den   einzelnen   Katawothren  führenden  Kanäle  spaltete. 
Auf  eine  Trockenlegung  dieses  letzten  tiefsten  Teiles  der  Ebene 
war  also  schon  bei  der  ältesten  Anlage  verzichtet  worden.  Man 
versteht  daher,   dass  jene  Insel,  die  schon  in  diesem  Gebiete 
lag,    für  eine   Befestigunij;  nicht  mehr  in   13etracht  kommen 
konnte.    Dagegen  lag  daneben  die  Doppelburg  von  H.  Johan- 
nis,  wenn  man  sie  so  nennen  darf,  gerade  soweit  vorgescho- 
ben, als  es  die  Deichbauten  erlaubten,  und  nahe  genug  bei  ih- 
ren,   um  eine  Zerstörung  oder  Verstopfung  des  llauptkanals 
oder  der  Katawothren  verhüten  zu  können.  Eine  ähnliche  Wich- 
tigkeit wie   diese  Stelle  hat  der  Punkt  des  Deichsystems,  wo 
der  vereinigte  Süd-  und  Miltelkanal  mit  dem  Nordkanal  sich 
verbindet  (s.  o.  S.  408)  und  wo  sich  noch  jetzt  die  Überreste  des 
einen  Deiches  mit  den  ^.iO'"  breiten  Stülzmauern  in  scharfer 
Biegung  nach  dem  Uferrand  wenden.  Dort  springt  der  Höhen- 
zug, der  die  Südgrenze  des  nordöstlichen  Seegebietes  bildet, 
nachdem   er  sich   schon  gesenkt  hat,   noch  einmal   mit  einer 
höheren  felsigen  Kuppe  (etwa  160'")  nach  Westen  in  die  Ebene 


ARNE 


vor.  Diese  Kuppe  hat  den  Namen  Pyrgos  der  II.  Mai-ina  und 
trägt  am  Rande  eines  langgezogenen  Plateaus  (etwa  150'")  und 
an  dessen  südlichem  Abhänge  eine  hochaltertümliche  Umwal- 
lung. Man  iiat  his  jetzt  aber  immer  nur  die  Keste  des  mittel- 
alterliehen Turmes  auf  der  Höhe  beachtet  und  dann  auch  wol 
die  xMauern  für  mittelalterlich  gehalten.  Antike  Spuren  wer- 
den nirgends  erwähnt.  Und  doch  lag  liier  in  mykenischer  Zeit 
schon  eine  Burg  ^Fig-  9). 


Pyrgos  der  H.  Marin.a 

Masstab  1:6000 

Bei  der  Kephisos- Brücke   ist   die  Höhe 
der  See-Ebene  über  dem  Meere  91 ,90™. 


Fig.  9. 


Die  Mauern  sind  sehr  zerstört,  am  meisten  längs  der  gan- 
zen Nordwestscite  und  im  Süden,  ^'on  der  Südostmauer  sind 
noch  einzelne  Teile  bis  zu  2'"  Höhe  erhalten.   Man  könnte 


446 


F.    NOACK 


denken,  dass  sie  hier,  wo  die  Satlelhölio  allein  einen  Ziinang 
l)()t,  von  besonderer  Stärke  waren  und  sich  darum  hesser  er- 
hielten. Dafür  spriehl.  dass  sich  in  der  Thal  auf  dieser  Seite 
eine  Verslärkuni»"  der  Mauer  noch  erkennen  lässt.  Wie  man 
aus  den   unter  Fii>'.  10  abgebildeten   Durchschnitten  ersieht, 


Fig.  10. 


lassen  sich  zwei  verschiedenartige  Mauerzüo;e  unterscheiden, 
eine  einfache  [a  .  n" .  b)  oder  doppelte  (c)  senkrechte  Linie  und 
eine  geböschte.  Erstere  überragen  die  Böschung  in  ihrem  jet- 
zigen Zustande,  und  da  sie  an  einicjen  Stellen  sich  als  Fassade 
ausweisen,  so  wird  die  Böschung  auch  ursprünglich  nicht  viel 
höher  gegangen  sein,  als  jetzt,  und  iiber  ihr  wird  die  eigent- 
liche Burgmauersich  senkrecht  ei'hoben  haben'.  Diese  besteht 
aus  nitässig  grossen  rohen  und  fast  unbehauenen  Steinen,  die 
ohne  Bindemittel,  wie  es  scheinl.  auf  einander  gesetzt  sind  ; 


^  Etwas /ihnliclios  hp:gc;;'nel  bi'i  den  Miniciii  der  II.  uiul  VI.  Sliull  in  Tioja. 


ARNE  447 

aus  etwas  kleineren  Steinen,  die  keine  Spur  \on  Bearbeitung 
zeigen,  und  auch  ohne  Verband,  sind  die  Böschungen  aufge- 
führt. Man  wird  lebhaft  an  die  IMauern  der  zweiten  Stadt  in 
Troja  erinnert,  wenn  diese  auch  fester  und  regelmässiger  ge- 
baut sind  *  und  nicht  einer  dreitausendjährigen  Verwitte- 
rung ausgesetzt  waren.  Bei  einer  Höhe  von  1,90™  beträgt  die 
Neigung  der  geböschten  Wände  0,45"'.  Leider  kann  ich  die 
Frage,  in  welchem  Verhältnisse  Böschung  und  senkrechte 
Mauer  stehen,  nicht  sicher  entscheiden.  Die  einzige  Parallele 
bieten  meines  Wissens  ausser  Troja  (II.  und  Vi.  Stadt)  die 
beiden  Burgen  am  Skamander  Eski-Hissarlik  und  Bali-Dagh 
bei  Bunarbasciii ;  in  erriechischer  Zeit  hat  man  derartige  Bö- 
schungen  kaum  mehr  angewendet  ^.  In  Troja  aber  bildete 
die  gebösehte  Mauer  wirklich  das  Fundament,  auf  dem  die 
senkrechte  Lehmziegelmauer  sich  erhob.  Auf  unsrer  Burg 
erscheinen  die  senkrechten  Mauern  hinter  der  Böschung  und 
führen  tiefer  hinab.  Die  Böschunu;  erscheint  also  vielmehr 
vor  die  andere  Mauer  gesetzt,  gcwissermassen  um  sie  an  dem 
abschüssisen  Boden  an  ihrer  Stelle  festzuhalten,  etwa  ver- 
gleich  bar  einem  auf  eine  grössere  Strecke  ausgedehnten  Stütz- 
oder Strebepfeiler.  Besonders  deutlich  wird  dies  an  ei- 
ner Stelle  (Fig.  10  «"),  wo  neben  der  geböschten  xMauer  die 
senkrechte,  ebenfalls  bis  zu  dem  Boden  reichend ,  hervor- 
tritt und  etwa  5'"  ohne  jede  gebösehte  Verkleidung  weiter- 
geht. Man  kann  aber  deutlich  erkennen,  wie  die  Steine  der 
Böschung  in  diejenige  der  senkrechten  Mauer  eingreifen,  sodass 
es  —  wenigstens  an  dieser  Stehe  —  nicht  möglich  ist,  in  der 
Böschung  einen  späteren  Zusatz  zu  erkennen.  Ich  sehe  aber 
keinen  Grund,  weshalb  man  die  anderen  Stücke  der  Böschung 
—  welche  sich  an  dem  samten  Südabhan^  hinzoij;  —  anders 


*  Sclilieiiiaini,  Truja  S.  Gl. 

2  Auch  ilie  iiijkeiiiselie  Mauer  der  allioiiisohon  Akiopolis  isL  loiclil  i;c- 
büsclil.  Ein 'rmiii  vuii  Saiiiikuii  ( l'ii,'.  ?, '/ 1  rulil  auf  einem  stark  geliöschlcn 
Fundament;  ausserdem  kann  ich  jelzl  nur  noch  die  jiohöschte  Mauer  von 
Cliaironeia,  ah,;,',  bei  Dodwell,  Views  and  dcscriplions  of  Cijclupian  ur  Pelasgic 
ronains  in  liircre  and  Italij  Tal'.  17  und  den  unten  zu  liesprcchenden  Hesl 
an  der  Paraliuini  anführen. 


448  F.    NOACK 

beurteilen  dürfte.  Sie  ist  also  kein  späterer  Zusatz,  sondern 
gleichzeitig  mit  der  senkrechten  Mauer  entstanden.  AutTallend 
ist  endlich,  dass  dieselbe  niclit  immer  in  einer  geraden,  der 
senkrechten  Mauer  parallelen  iJnie  geführt  ist,  sondern  mehr- 
fach in  unij;leich  langen  Abschnitten  boi>enl(jrmi«'  heraustritt 
(Fig.  10);  dabei  setzen  z^^ei  dieser  Abschnitte  (««')  gegen 
den  folgenden  mit  einem  Vorsprunge  von  etwa  '2()""  ab.  Einen 
besonderen  Grund  für  dieses  Verfahren  habe  ich  nicht  erken- 
nen können. 

in  grösserer  Menge  als  auf  der  Halbinsel  von  II.  Johannis 
liegen  hier  die  Scherben  zwischen  den  Mauertrümmern.  Aus- 
ser den  Resten  mykenischer  Gelasse  aus  schönem,  gelbem,  glän- 
zendem Thon  mit  rötliclier  oder  brauner  IJnearmalerei  finden 
sich  polirte  monochrome  Scherben  in  hellgrauer  und  hell- 
brauner Farbe;  auch  die  für  diese  Waare  charakteristische 
Proülirung  '  und  der  breite,  flach  angesetzte  Henkel  kommen 
vor.  Eine  Scherbe  zeigt  auf  geglättetem  und  polirtem  gelb- 
grauem Grund  Kreislinien  in  Mattmalerei,  eine  andere  auf  röt- 
lichem Grund  in  dersell)en  Manier  rote  Wellenlinien  und  rote 
Punkte,  letztere  in  braun  umgrenzten  Abschnitten. 

Diese  bis  heute  an  der  Oberfläche  liegenden  unscheinbaren, 
aber  wichtigen  Zeugen  im  \'eroin  mit  der  sehr  altertümlichen 
Technik  der  Mauern  lassen  uns  demnach  auch  hier  eine  iUirg- 
anläge  erkennen,  welche  bis  in  die  mykenische  Zeit  hinauf- 
reicht. Wie  es  nur  natürlich  ist,  hat  man  auch  später  noch 
die  Befestigungen  benutzt  und  haben  Leute  in  ihrem  Schutze 
gewohnt:  kleine  Vasensplittcr  mit  glänzend  schwarzem  Fir- 
niss  beweisen  es. 

Durch  diese  Burgen  wird  das  Bild,  das  uns  die  imposan- 
ten Deichbauten  von  jener  alten  Zeit  geben,  um  einen  wesent- 
lichen Zug  bereichert.  Zum  Schulze  für  die  See-Ebene,  von 
der  so  viel  für  den  W  olstand  ihrer  Herren  abhing,  zur  Abwehr 
jedes  sie  bedrohenden  äusseren  Feindes  erbaute  man  an  ihren 
Ufern  jene  Festungen.  Fügen  w  ir  zu  ihnen   noch  das  kleine, 


1  Vgl.  I3riickncr  bei  Düipfdd,  Troja  1893  B.  1U5  1V. 


ARNE  449 

auch  auf  einer  inselartigen  Erliebung  gelegene  Kopai,  so  er- 
halten wir  ein  System  von  Festungswerken,  das  im  Bogen  den 
Nordrand  des  Kopaissees  umzog',  und  seinen  stärktsten  Punkt 
im  Süden  in  der  Riesenhurg  von  Gla  besass.  Damit  verbin- 
det sich  die  oben  vor^^etrauene  F3eobachtunif  —  ja  sie  findet 
durch  dieses  System  eine  Bestätigung — ,  dass  die  stärker  ge- 
schützte Seite  dieser  Burg  nach  Süden  gerichtet  war.  Dass 
man  in  der  mykenischen  Periode  derartige  weitverzweigte  Be- 
festigungssysteme hatte,  ist  uns  durch  das  Beispiel  von  My- 
kenai  längst  erwiesen. 

Dieses  System  im  Kopaissee  würde  eine  Lücke  haben,  wenn 
nicht  auch  die  letzte  unvermeidliche  Consequenz  daraus  gezo- 
gen wäre,  ^^^enn  man  den  Zusamtnenfluss  des  Wassers  und 
seinen  Ablluss  nach  den  Katawolhren  so  sorgfältig  zu  schüt- 
zen verstand,  so  musste  notwendigerweise  mit  noch  viel  mehr 
Recht  auch  sein  Austritt  aus  denselben  und  sein  Abfluss  ins 
Meer  gesichert  gewesen  sein. 

Das  zu  den  nördlichen  Katawothren,  vor  allem  durch  die 
Binia  abgeleitete  Wasser  tritt  jenseits  der  niederen  Passhöhe 
von  Kephalari  wieder  zu  Tage,  um  in  einem  z.  T.  tiefen  Rev- 
ma  der  schönen  stillen  Bucht  von  Larymna  zuzufliessen.  Auf 
dieser  Strecke  finden  wir  zwei  Ruinenstätten.  Eine  halbe 
Stunde  oberhalb  der  Bucht  liegt  auf  dem  tafellörmigen  Berg- 
vorsprung, der  von  den  östlichen  Höhen  vortritt  und  das  Thal 
zu  dem  schmalen  Revma  verengt,  die  sehr  zerstörte  Ruine  von 
Oberlarymna  (jetzt  Basaraki).  Die  Überreste  bestätigen  die  An- 
gabe Strabons,  dass  dieser  Ort  eine  recht  späte  Gründung  sei  *. 
Unten  am  Ufer  aber  liegen  die  Ruinen  des  alten  Larymna^, 


'  Di(!  französisclic  Karle  uiolil  nucli  auf  einem  niederen  ke.selförmigen 
Hügel,  ösllicli  von  der  grossen  Kalawulliri',  den  icii  leider  nicht  mehr  be- 
suchen konnte,  griechische  Ruinen  an.  Müglicii  dass  also  auch  diese  wich- 
tige Abllussslelle  durch  ein  mykenisches  l'ort  gedeckt  war:  mündete  doch 
hier  aucli  der  eine  Passweg,  der  von  der  Bucht  von  Skroponeri  über  die 
Berge  kam  (s.  u  ). 

^  blrabon  S.  406.  Ulrichs  a.  a.  Ü.  S.  528.  Uursian,  Geographie  I  6.11)2. 

^  Leake  a.  a.  0.  II  S.  287  mil  ungenügender  Planskizze,  desgl.  Smith, 
Dicliunari/  of  Grcek  and  Ihman  f/cuijraplty  11  S.  !;",•.  L'lrichs  a.  a.  O.  S.  230  1". 


itÖ  F.    NOACK 

die  mit  ihren  hocliinteressanten  Qiiaimauern,  Molen  und  dem 
kleinen,  einst  verschlossenen  runden  Nordhafen  wol  ins  5. 
oder  A.  Jahrhundert  zu  setzen  sind.  Ausser  diesen  aus  grossen 
rötlichen  Quadern  vortrelllich  gefügten  Bauten  findet  sich  hier 
aber  als  Zeuije  einer  viel  früheren  Ansiodhins  eine  97'"  lanij;e 
und  -4. 50"'  dicke  polygonale  AJauor  ältester  Bauart,  die  den 
kleinen  Hafen  umschloss.  Sie  wird  gleichzeitig  sein  mit  den 
kleinen  protokorinthischen  Gelassen  die  aus  der  nahen  Nekro- 
polc  stammen.  Spuren  älterer,  mykcnischer  Zeit  sind  meines 
Wissens  noch  nicht  gefunden.  Aber  der  Ort  beherrscht  den 
kürzesten  und  bequemsten  Zugang,  der  zum  Ropaissee  vom 
Meere  her  führte;  auch  der  alexandrinische  Ingenieur  hat  für 
seine  Schachlanlage  diese  tiefste  Rinsonkung  zwischen  dem 
Ptoon  und  den  Ausläufern  der  lokrischen  Berge  gewählt.  Und 
jeder,  der  heute  die  verschiedenen  Möglichkeiten  einer  Ver- 
bindung der  Rüste  mit  dem  Seegebiet  übersieht,  wird  sich  dem 
Eindruck  nicht  entziehen  können,  dass  keine  einigermassen 
bedeutende  Macht  im  Bereiche  des  Sees,  die  sich  die  Garantie 
ihres  Gedeihens  sichern  wollte,  am  wenigsten  die  der  meer- 
gebietenden Minyer,  die  wir  noch  näher  als  die  Herren  dieser 
Burgen  kennen  lernen  werden,  des  von  der  Natur  gebotenen 
Hafens  von  Larymna  entralen  konnte.  Kommt  dazu  noch, 
wie  wir  sahen,  die  Notwendigkeit,  gerade  da  einen  Schutz  für 
den  Abfkiss  der  Gewässer  aus  den  Katawothren  zu  besitzen, 
so  werden  wir  gezwungen,  an  der  Stelle  von  Larymna  bereits 
eine  my kenische  Burg,  einen  befestigten  Hafen  anzunehmen, 
der  den  uns  noch  fehlenden  Abschluss  jenes  Systemes  mykc- 
nischer Befestigungen  bildete. 

Was  aber  für  Larymna  und  den  dortigen  Abfluss  der  Ge- 
wässer des  Sees  gilt,  musste  auch  für  die  Buchten  von  Skro- 
poneri  und  Anthedon  gelten,  wo  die  Wasser  der  grossen  Kata- 
wothre  und  die  der  südöstlichen  Kopais  das  Meer  erreichten. 
Die  Herrn  der  See-Ebene  mussten  also  auch  Herrn  sein  über 
diese  Küstenstrecken,  sie  mussten  das  ganze  Abflussgebiel  des 
Sees,  (las  Ptoongebirge  bcsilzcii  :  nicht  (tlmc  Grund  ist  dessen 


ARNE  451 

Eponym,  Ptoos,  schon  in  der  ältesten  Sage  zum  Sohn  des 
Athamas  gemacht. 

Sehen  wir  von  den  niederem  Ausläufern  ab,  welche  vom 
Ilauptsloek  des  Gebirges  nach  Süden  gelien  und  in  deren  Mitte 
der  Likeri-See  eingebettet  ist,  so  zeigt  sich  uns  das  Ptoon  zu- 
nächst als  ein  von  der  Nähe  von  Anthedon  aus  nach  Westen 
ziehender  mächtiger  in  sich  geschlossener  Wall.  Erst  am  West- 
ende der  Paralimni  führt  in  einem  schmalen  Thale  ein  be- 
schwerlicher Pfad  '  zur  obersten  Passhöhe,  wo  das  Kloster  der 
II.  Pelagia  (8)  liegt.  Es  ist  die  ersle  Gliederung  des  Gebirges, 
das  bis  dahin  in  grossen  kahlen  Flächen  steil  nach  Süden 
abfallt. 

In  der  Strecke  westlich  hiervon  erreicht  es  seine  grösste 
Mühe  in  einer  der  felsigen  Kuppen,  welche  die  langgestreckten 
Höhenkämme  hie  und  da  krönen.  An  ihrem  Nordfusse  liegt 
in  einem  Ilochthale,  das  zugleich  die  Passhöhe  bildet,  das 
Kloster.  Die  erste  wirksame  Unterbrechung  erfährt  der  Ge- 
biriiszuo;  durch  das  Hevma,  welches  zur  Perdikowrysis  und 
dem  ApoUonheiligtume  (7)  und  an  diesen  vorüber  nordwärts 
zu  einem  hocho;eleii:enen   Sattel  steigt,  von  welchem  auf  der 

DO  C 

anderen  Seite  der  Wes;  hinab  zum  Thale  von  Kokkino  und 
am  Nordostrande  des  Sees  entlang  nach  Larymna  geht.  Jen- 
seits des  Revmas  und  des  Sattels  im  Westen  setzt  der  hohe 
langgestreckte  Rücken  des  Megalovuno  (ü)  das  Ilauptgebirge 
fort  und  beendet  es  zugleich.  Niederere  Ausläufer  ziehen  von 
da  nach  dem  Seeufer;  zwischen  ihnen  führen  die  Wege  von 
Karditza  nach  dem  See.  Der  Gebirgszug,  welcher  vom  llaupt- 
stock  nach  Norden  streicht  und  sich  mit  einem  Arme  im  Bogen 
nach  Osten  wendet,  um  so  die  Bucht  von  Skroponeri  zu  bil- 
den, ist  eine  hohe  trennende  \N  and  zwischen  dem  See  und  dem 
Meere.  Nur  da,  wo  er  an  das  Ilauptgebirge  anstösst,  entsteht 
eine  tiefere  Einsattelung,  zu  der  sich  von  der  Skroponeribucht 
ein  Bevma  emporzieht,  NNäliicnd  ein  gleiches  diesseits  in  nord- 
westlicher Richtunij;,  immer  breiter  und  flacher  werdend,  sich 


Aul' dem  Übersichlsplan  S.405  boi  lU. 


4"5"5  F.    NOACK 

nach  der  Kopais  senkt,  um  endlich  in  die  See-Ebene  ül)erzu- 
gehen.  Hoeli  über  diesem  letzteren  l\evma  raü;t  der  Tsikui-ieli 
genannte  Berg  (9)  empor,  dessen  felsiger  Grat  in  nordsüd- 
licher Richtung  drei  Kuppen  trägt.  Mit  seinem  süd()stlichen 
Ende  geht  er  in  das  erwähnte  Hochtlial  des  Klosters  über  und 
zieht  von  da  in  nordiiordwestlicher  Uiclilnni:;,  durch  jenes 
Revma  im  Norden  und  ein  anderes  ebenso  tief  hinabziehendes 
im  Westen  begrenzt. 

So  convergiren  die  wenigen  Passwege  des  Ptoons  alle  nach 
der  nächsten  Umgebung  der  höchsten  Erliebung  bei  dem  Klo- 
ster; von  der  Perdikowrysis  bis  zu  dem  Sattel  nach  Skropo- 
neri  beträi>;t  die  direkte  Entfernung  nocii  nicht  zwei  Stunden. 
Dieses  kleine  Gebiet  musste  sich  sichern,  wer  die  Gebirss- 
Übergänge  und  Wege  zum  See  beherrschen  wollte. 

Man  wird  dort  keine  grcissere  Burganlage  erwarten  wollen; 
sie  hätte  nur  Raum  gefunden  in  der  breiten  Ilachen  Thalmul- 
de, zu  der  sich  die  ll()hen  östlich  und  nördlich  vom  Kloster 
einander  entgegensenken,  und  in  solcher  Lage  hätte  sie  die 
Pässe  nicht  überseiien,  sondern  wäre  ihrerseits  von  den  um- 
gebenden Bergen  beherrscht  worden.  Dagegen  boten  sich  die 
Gipfel  dieser  Höhen  scll)st  dar,  gleich  geeignet  den  spähenden 
Blick  weit  hin  ins  Land  schweifen  zu  lassen  und  Signale  aus 
grosser  Entfernung  aufzunehmen  und  über  die  Berge  ins  jen- 
seitige Gebiet  weiterzugeben.  Diesen  Zweck  haben  die  alten 
Befestigungen  erfüllt,  deren  Spuren  an  mehreren  dieser  Punkte 
erhalten  sind '. 

Auf  der  felsigen  niu'dlichsten  Kuppe  des  Tsikurieli  (9)  liegt, 
kaum  7"'  vom  Felsrand  entfernt,  der  unterste  Teil  eines  statt- 
lichen Rundturmes  von  7'"  Durchmesser.  In  der  etwa  1,40'" 
dicken  Wandung  lässt  sich  der  nach  Südosten  gerichtete  Ein- 
gang zum  Untergeschoss  erkennen.  Seine  Technik  ist  die  der 
ältesten  polygonalen  Bauten,  also  die  eines  Werkes  griechischer 
Zeit  ( Fig.  11.1 2).  Man  übersieht  klar  den  nordöstlichen  Kopais- 
see,  die  Insel  Gla,  die  gewundenen  Linien  des  Kephisos  bis  zu 


'  Auf  ilir  V'urliaii'lciisciii  liaile  iiiicli  M.  Kambaiiis  aiiriiioiksam   goniachl. 


AHNK 


lb3 


seinem  jetzif^en  Ende  bei  der  ü;mssen  Katawotlire,  die  Doppel- 
buru:  von  II.  Joiiannis  und  den  Kej)lialai-i[)ass ;  man  sieht  dar- 
iilier  hinaus  auf  das  uanzc  ni)rdiicht'   und    westliche   Böotien 


Fig.   II. 


und  his  zum  Parnass.  Helikon  und  Kithäron  schliessen  im  Sü- 
den das  Bild,  und  vom  Parnes  und  dem  einsam  aufrao;enden 
euböischen  l)ir[jlivs  im  Osten  zieht  der  Blick  über  den  blauen 


Fig.  12. 

Streifen  der  Meerenge  an  den  SleiKvänden  des  Kandili  vorü- 
ber bis  zu  den  dufliiien  Lmien  von  üllirys  und  Ola.  \'or  al- 
lem   übersiehl  njan    ahi-r   den    I'^ijij^an^   der   Skroj)oneribuehl 

ATHEN.    MlTTHlilLUNGEN    XI.X.  31 


454  F*.  noaGk 

und  die  nahe  Passhölie,  über  die  es  zur  grossen  Katawothre 
liinunteriiinü;. 

Diesem  vortreliliclien  Beobaclitungspunkte  gegenüber  liegt 
auf  der  höchsten  Spitze  des  Ploons,  hoch  über  dem  Kloster  nach 
Süden  und  von  ihm  aus  in  20  Minuten  zu  erreichen,  eine  etwa 
halbkreisiörmiii;e  Ringmauer:  mit  ihren  beich^i  Enden  schliesst 
sie  an  die  Südseite  des  Felsgrates  an.  der  jäh  zum  Kloster  ab- 
fällt. Der  Radius  dieser  kleinen  Umwallung  beträgt  etwa  GO'"; 
sie  ist  fast  ganz  zerstört,  nur  an  wenigen  Stellen  kann  man 
inmitten  der  Geröllhaufen  noch  eine  Steinla^e  an  ihrer  Stelle 
erkennen ;  darnach  war  es  eine  roh  geschichtete,  vielleicht 
schon  polygonale  Mauer.  Das  Thor,  dessen  Innenwand  noch 
sichtbar  ist,  war  nach  Süden  gewendet.  Dieser  Punkt  bildet 
die  nötige  Eri2;änzun<2;  zu  dem  Turme  auf  dem  Tsikurieli.  Denn 
während  für  ihn  die  Strecke  Kokkino-Gla-Topolia  nicht  sicht- 
bar ist,  beherrscht  seine  Uundsicht  dafür  die  nähere  Umge- 
bung im  Süden  des  Ptoons,den  Likerisee,  besonders  die  Stelle, 
wo  der  alte  Kanal  von  der  Bucht  von  Karditza  kommend  ein- 
mündete, und  die  Südseite  der  Paralimni. 

Eine  mehr  untergeordnete,  vermittelnde  Holle  spielten  zwei 
andere  kleine  befestigte  Anlagen,  oberhalb  der  Perdikowrysis. 
Die  eine  liegt  auf  der  Höhe  südöstlich  über  der  Quelle,  deren 
übei'hängende  Felswände  wesentlich  dazu  beitragen,  die  Lage 
des  Heiligtumes  so  grossartig  zu  gestalten.  Man  erreicht  sie, 
wenn  man  den  Weg  nach  dem  Kloster  etwa  zehn  Minuten  ver-» 
folgt  und  dann  den  Abhang  zur  Hechten  emporsteigt,  wo  schon 
von  weitem  die  Mauerreste  erscheinen  (7).  Das  hier  oben  auf 
halber  Höhe  des  Berges  auf  einem  breiten  Felsvorsprung  lie- 
gende kleine  Fort  hat  die  Form  einer  I^]llipse,  deren  etwa  loO'" 
messende  Längsachse  in  umgefähr  westöstlicher  Richtung  liegt. 
Die  Länge  der  Querachse  beträgt  75'".  Die  nördliche  Lang- 
seite der  Ellipse  wird  von  dem  Rand  der  Felsen  gebildet,  wel- 
che in  der  Mitte  stark  nach  Norden  ausbiegend  senkrecht  zum 
Thale  abfallen.  Von  diesen  Felsen  senkt  sich,  wie  bei  der  vor- 
hergenannten Befestigung,  der  Boden  nach  Siiden  und  We- 
sten, und  dieser  Abhang  trägt  die  von  einer  polygonalen  Mauer 


ARNE  455 

gebildete  südliclie  Langseite  der  Ellipse.  Über  ihren  Anschluss 
an  die  Felsen  im  Westen  lässt  die  starke  Zerstörung  nichts 
sagen,  im  Osten  setzt  sie  mit  einem  kleinen  Bogen  von  etwa 
5,50"'  Durchmesser  an,  der  sich  von  aussen  wie  ein  Rund- 
turm ansieht.  In  ihrem  östlichen  Teile  befindet  sich  ein.  wie 
die  ganze  Mauer  sehr  zerstörter  Thoreingang  von  1 .  UJ'"  Breite; 
im  westlichen  tiefer  gelegenen  Teile  bemerkt  man  einen  0.60'" 
tiefen  Mauervorsprung;  auch  biegt  die  Mauer  hier,  dem  Bo- 
den folgend  mehrfach  ein  und  aus.  In  dem  so  umschlossenen 
Baume  finden  sich  Spuren  von  Gebäuden  und  Ziegelscherben. 

Etwa  15'"  von  dieser  Mauer  entfernt  und  tiefer  zieht  sich, 
in  schwachen  Spuren  erhalten,  ein  zweiter  Mauerring  parallel 
zum  oberen  am  Südabhang  entlang,  und  endlich  fülirt  nahe 
beim  gerundeten  Ostende  der  obersten  Mauer.  17'"  von  ihr 
entfernt  beginnend,  dann  aber  bald  stark  abbiegend,  ein  dritter 
Mauerzug  in  südsüdwestlicher  Richtung  und  in  grader  Linie 
den  Abhang  hinunter.  Wo  er  dann  umbog,  um  wieder  an- 
steiüend  sich  mit  den  oberen  Mauern  zu  vereinigen,  konnte  ich 
nicht  mehr  feststellen. 

Bis  auf  das  etwas  sorgfältiger  gebaute  runde  Ostende  ist  die 
Mauer  in  altertümlichem  Polygonalstile  erbaut:  zwischen  die 
grösseren  Bl()cke  sind  vielfach  kleine  Steine  ohne  sorsfältio;e 
Fugung  eingeflickt.  Mit  dem  Turme  vom  Tsikurieli  lässt  sich 
diese  rohere  Bauart  nicht  vergleichen,  noch  weniger  mit  dem 
folgenden  Turme  auf  dem  Megalovuno. 

Man  sieht  auch  von  hier  über  die  Kopaisebene  bis  Orcho- 
menos  und  zum  Parnass ;  dagegen  ist  die  Übersicht  über  die 
nächste  Umgebung  beschränkt:  nur  die  Schluchten  des  süd- 
westlichen Ptoongebirges  bis  Karditza.  der  direkte  Weg  von 
da  nach  Topolia  (s.  u.)  und  die  Beobachtungsposten  auf  Tsi- 
kurieli und  Megalovuno  kommen  für  diesen  IHinkt  in  Betracht. 

Am  besten  erhallen  und  auch  am  besten  gebaut  ist  endlich 
der  polygonale  Rundturm  (Fig.  13)  auf  dem  Ostende  des 
Rückens  des  Megalovuno  (6).  Sein  Durchmesser  beträgt  nur 
5,50'",  die  Höhe  des  Erhaltenen  etwa  1,50'".  Er  liegt  im  öst- 
lichen Teile  einer  schmalen  nach  Nordwesten  u;eslrecklen  Um- 


456 


F.    NOACK 


Nvalluns  von  etwa  lüü'"  Liin<;o  und  '20'"  Broito.  Rei  ihrer  An- 
läge  (Fig.  l'i)  hat  man  (h\sselbe  Prinzip  hclolgt  wie  hei  den 
drei  vorhergellenden  Punkten.  Der  nach  Norden  steil  al)tallende 
Felsgrat,   der  hier  nach  der  Mitte  zu  etwas  einhielt,  wird  als 


sm 


■^.1,  .^•;;.ü-('' 


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'^^^.^^^-r^^f 


Fig.  13. 


natürliche  Mauer  benutzt,  und  die  beiden  Enden  des  nach  Sü- 
den das  enüre  Gebiet  abschliessenden  Mauerzuges  setzen  an  ihn 
an.  Die  Mauer  ist  bis  zum  Grund  zerstört;  mit  Mühe  erkennt 
man  eine  kleine  Pforte  (1,10'"  breit)  in  der  Nähe  eines  Ge- 
bäudes im  Innern,  das  in  den  Fundamenten  6  zu  10,40'"  niisst. 


Fic.   l'i. 


Die  Mauer  war  •^'.TjO'"  dick,  die  Technik  roh  polygonal.  Der 
Ausblick  nach  Osten  ist  natürlich  dui'cli  das  hidiere  Gebirge 
beschränkt,  er  iimfässt  gerade  noch  die  beiden  Posten  auf  dem 
Tsikurieli  und  iiber  dem  Kloster.  Vom  Kopaissee  ist  nur  die 
Strecke  \oii  (iia  bis  Tojidli;!  durch  die  N'orbcrge  verdeckt,  aber 


ARNE  457 


vom  Westende  des  Ber^^^es  war  auch  sie  zu  übersehen.  In  einer 
knappen  Stunde  erreidit  man  von  hier  Karditza  ( Akraiphiai). 

\\'ie  oben  erwähnt  wurde,  iiljersielit  man  von  derlhdie  über 
dem  Kloster  den  Likerisee  und  von  der  Paralimni  wenigstens 
das  südliche  Ufer.  Dort  ging  im  Altertume  die  Strasse  von 
Anthedon  zur  Kopaisebene.  Auf  der  Erhebung,  die  den  See 
von  dem  Meerufer  trennt,  liegen  noch  die  allen  Radspuren 
und  über  dem  Sceufer  lassen  sich  die  Reste  der  Stützmauern  ei- 
ner Strasse  mehrfach  auf  längere  Strecken  hin  verfolgen.  An 
mehreren  Stellen  erscheinen  die  Fundamente  antiker  Gebäude. 

Üer  Ausgangspunkt  dieser  Strasse  am  Meere,  Anthedon,  war 
eine  sehr  alte,  wie  es  scheint,  vorböotische  Ansiedelung.  Sie 
muss  den  Riniians:  zu  dem  langen  Paralimnithal  ueschützl  ha- 
ben.  Die  nächste  binnenländiscbe  Station  findet  sich  am  Ostende 
des  Sees.  Dort  erhebt  sich  oberhalb  einer  Katawothre  ein  fla- 
cher Hügel  mit  einem  weithin  sichtbaren  mittelalterlichen,  z.T. 
aus  antiken  Werkstücken  erbauten  Turme.  Gleichzeitig  mit  ihm 
ist  der  enge  Mauerring,  der  ihn  umschliesst.  Am  I\ande  des 
Hügels  sind  die  Reste  der  antiken  rmwallung  erhalten.  Die 
Nordmauer  lässt  sich  nur  noch  in  ihren  letzten  Fundamentre- 
sten erkennen;  sie  bildete  eine  gerade  Linie.  Ebenso  die  Ost- 
mauer, die  mit  einem  sehr  rohen  Stücke  beginnt,  dessen  un- 
ten stufenffirmig  vorspringende  Schichten  sich  aber  wol  so 
erklären,  dass  hier  die  besser  gefugte  äusserte  Steinschicht  her- 
abgestürzt ist.  Denn  in  der  weiteren  Fortsetzung  zeigt" diese 
Seite  der  Mauer  Stücke  von  sehr  regelmässigem  polygonalem 
Autbau  bis  zu  1.6;)'"  H()he.  Etwa  200  Schritt  weiter  biegt  die 
Mauer  mit  abü;erundeter  Ecke  nach  Südwesten  um.  wo  sich 
wiederum  einige  besser  ei'baltene  Stücke  finden.  Die  Westseite 
zeigt  ein  kleines  Thor  von  etwas  ungewöhnlichem  Grund- 
riss  (Fig.  15):  die  eine  Seite  desselben  springt  slai'k  vor  und 
ist  abi-erundet,  ilire  äusserst  soriz;lältii;e  Bauart  zeiiit  meist  ho- 
rizontale  Lagerfugen.  19  Schritte  davon  entfernt  liegt  im  In- 
nern parallel  ziii'  Aussenmauer  ein  gei.au  ebenso  gerundetes 
l'undamcnt.  Auch  die  Grundmauern  anderer  rechteckiger  Ge- 
bäude  sind   auf  dem    Hügel  zu   linden.    Die   Entfernung  vom 


458  F-    NOACK 

Thor  zur  ü-etjen  überliefen  den  Ostmauer  beträft  225  Schritte. 
Am  wiclit linsten  aber  sind  an  dieser  Ruine  die  unverkenn- 
baren Spuren  einer  sehr  ahen  i;eböschten  Mauer,  welche  die 
Ostmauer  auf  einer  kurzen  Strecke  unterbriciil.  Die  Böscliung 
muss  eine  sehr  tlache  gewesen  sein,  flacher  als  auf  dem  Pyr- 


FiG.  15. 

gos  der  H.  Marina  (S.  445)  an  deren  Mauern  sie  im  übrigen 
lebhaft  erinnert.  Ich  halte  es,  auch  im  Hinblick  auf  den  Bö- 
schungswinkel trojanischer  Mauern  (Dörpfeld,  Troja  1893  S. 
63)  für  möglich,  dass  hierin  die  letzte  Spur  einer  mykenischen 
Burg  erhallen  ist.  Die  umherliegenden  V'asenscherben  reichen 
nicht  so  weit  zurück. 

Einen  stärkeren  Abschluss  \vies  in  alter  Zeit  das  am  West- 
ende der  Paralimni  liegende  Thal  auf.  Von  Süden  her  treten 
die  Hügel  von  llungra  heute  bis  zum  Ufer  dieses  Sees.  Dessen 
Niveau  ist  durch  die  Aufnahme  der  Gewässer  des  Kopaissees 
bereits  so  sehr  gestiegen,  dass  es  die  früher  vom  Ufer  etwas 
entfernt  liegende  Quelle  RamiloAvrysis  bereits  erreicht  hat. 
Oberhalb  der  Quelle  liegt  auf  dem  Ostende  des  genannten 
Höhenzuges  ein  kleines  Paläokastro,  das  den  Weg.  der  am  Süd- 
ufer entlano;  führte,  beherrschte.  Ebenso  war  der  heute  bleich- 
falls  vom  Wasser  bedeckte  Weg  am  Nordufer  von  einem  Fort 
geschützt,  das  auf  einem  steilen  hoben  Felsvorsprung  des  Ploon 
lag  (jetzt  Kastraki  von  Strungena).  'Zwar  sind  die  Mauern 
desselben  zusammeni>;esunken,  aber  man  erkennt  doch  noch  an 
den  besser  erhaltenen  Stellen,  dass  die  Mauer  etwa  7  '  dick  war. 
Türme  Avaren  nicht  vorhanden,  auch  im  Innern  unterscheidet 
man  keine  Baufundainente,  das  Ganze  macht  aber  den  Ein- 
druck grosser  Altertüinlichkeit ;  da  wo  der  Felsvorsprung 
durch  eine  Einsattelung  mit  dem  Hauptstock  des  Gebirges  zu- 
sammenhängt, hat  man  eine  zweite  innere  Befestigung  der  vvei- 


ARNE 


459 


teren  eingefügt''.  Diese  Feste  kann  die  Vermittelung  zwi- 
schen dem  Posten  auf  der  Ptoonhöhe  und  der  Küste  bei  An- 
thedon  gebildet  haben.  An  seinem  Fusse.  da  wo  mit  dem  er- 
wähnten Revma  der  steile  Pfad,  der  vom  Kloster  kommt,  in 
die  kleine  Uferebene  einmündet,  liegen  die  mehr  als  eine  Vier- 
telstunde weit  sich  erstreckenden  Trümmer  einer  sehr  alten 
Stadt  (10).  Ihre  nur  wenig  über  den  Boden  hervorragenden 
Mauerreste  und  Häuserfundamente  sind  durch  die  modernen 
darauf  geselzten  Mauern  und  Hürden  (Mandren)  doch  nicht  un- 
kenntlich gemacht  worden.  Fs  waren  meist  rechteckige  Häu- 
ser von  geringer  Grösse  mit  einer  schmalen  Pforte  an  der  ei- 
nen Langseite.  Der  Grund riss  eines  Gebäudes,  dessen  Form 
sich  von  der  der  anderen  unterscheidet,  schien  mir  der  Auf- 
nahme wert  zu   sein  (Fig.  16).   Seine  Bestimmung  kann  ich 


Fig.  ig. 


nicht  erkennen.  Wenn  es,  was  möglich  ist,  auf  der  Südseile 
einen  abschliessenden  Hof  besass,  so  liesse  sich  dt  r  in  der 
Mitte  der  Verbindungsmauer  der  beiden  Flügel  vorspringende 
kleine  Bau  vielleicht  als  Propylon  erklären.  Auch  an  einen  Al- 


'  Icli  kcniio  (liosos  Kastio  nicht  aus  oiircMior  Anscliauunj,',  .sondiMii  miraiis 
Lolliiitjs  aiisliiliilirluMii  cinIimi  I']nl\\uir  zu  Badckcrs  CiiifcluMilauil  (S.  ."iO), 
(Iciii  ich  die  Bcschicihiini,'  cnliichiiic.  Kiiies  der  \vcnii;cn  Exeiiiplaic  dieses 
nur  zu  Arbeilszwecken  jj;cdrucl\leii  Mami^cripls  hcliiidcl  sich  in  der  Biblio- 
thek des  alhcniscl)en  Instituts. 


'»60  F.    NOACK 

lar  kcmnte  man  donkon  Das  WicIitii;sto  an  der  i^anzcn  Sladt- 
anlage  alior  ist.  dass  die  Teelinik  der  .Mauern  überall  auf  niy- 
kenische  Zeit  liinweist:  grosse  IMöeke,  nur  wenig  behauen, 
sind  aul-iiiid  nebeneinander  gescliiidilet.  und  kleine  Steine  ohne 
bearbeitete  Seilen  sind  dazwiseiien  i>;csetzt,  der  Lehmverband 
ist  meist  herausi>;e\vascben.  Die  Thiirpfeiier  sind  von  hochkan- 
tis;  gestellten  Blöcken  gebildet.  Der  obere  Teil  der  Gebäude 
bestand  wol  ans  unnebrannten  Ziesjeln. 

Wenden  wir  uns  schliesslich  noch  einmal  nach  Westen,  so 
linden  \vir  auf  den  Wenen,  die  von  Karditza  nach  dem  Ko- 
paissee  führen,  noch  einige  interessante  Huinen.  Der  Weg,  der 
das  Dorf  in  nördlicher  Richtung  verlässt,  spaltet  sich  sehr 
bald:  ein  Weg  führt  westwärts  durch  ein  langgezogenes  Ha- 
ches Revma  direct  zu  der  See-Ebene  und  durch  diese  nach 
Topolia.  Die  zahlreichen  Spuren  einer  Stützmauer  lehren  uns, 
dass  sich  an  den  nördlichen  Abhänü;en  des  Revmas  ein  antiker 
Weg  zum  See  hinab  zog.  Gleich  hinter  der  letzten  Verengung 
des  Revmas,  bevor  es  in  die  recht  breite  Bucht  des  Sees  über- 
geht, liegt  hart  am  Wege  auf  dem  felsigen  Abhänge  ein  vier- 
eckiges Gebäude  (etwa  22  zu  29'"),  dessen  im  Grundriss  er- 
haltene Form  beistehende  Skizze  wiedergiebt  (Fig.  H)-  Fs 
war  ohne  Zweifel  eine  Weü;befesti2:uno; ,  welche  nach  der 
Technik  der  weni«reii  zusammenhängenden  Reste  zu  urteilen, 
sehr  wol  schon  in  mykenischer  Zeit  bestanden  haben  kann. 
Dafür  spricht  auch  folgende  Überlegung.  Gerade  diese  Bucht 
ist  erst  in  allerneuster  Zeit  ausgetrocknet ;  das  beweisen  neben 
der  beträchtlichen  Senkung  des  Seebodens  nach  dem  Innern 
der  Bucht  zu  die  Schiltbüsche,  die  noch  in  dichten  Gruppen 
dastehen.  Waren  einmal  die  grossen  Deiche  zerstört,  so  muss, 
mag  das  Wasser  des  Sees  auch  von  Zeit  zu  Zeit  von  den  hi»- 
heren  Stellen  abgeilossen  sein,  gerade  diese  Stelle  immer  ih- 
ren sumpfigen  Charakter  bewahrt  haben.  Sie  ist  aber  auf  bei- 
den Seiten  von  steilen  Felsrändern  be<j;rcnzt :  ein  Wcü;  also, 
der  in  dieser  Bucht  mündete,  konnte  nur  darauf  berechnet 
sein,  sieb  in  {\vv  trocken  gelegten  Ebene  fortzusetzen,  wie  es 
auch  heute  der  Fall  ist.  Auch  würde  man  einen  Pfad,  der  sich 


ARNE 


461 


etwa  an  dem  Ufer  totlaufen  sollte  und  von  dem  man  nur  im 
Naelien  hätte  \veilergelan<i;en  können,  niclit  durch  besondere 
Befestigungen  zu  schützen  für  nötig  gehalten  haben.  Wenn  also 
schon  die  Art  der  ganzen  Weganlage,  welche  an  die  llochstras- 
sen  der  Argolis  erinnert,  und  die  erwähnte  Wegbefestigung  in 
eine  sehr  alte  Zeit  zurückweisen,  so  bleibt  nach  jener  J'^rwä- 
gung  und  bei  imsrer  Kenntniss  der  Gt'schichte  des  Sees  wol 
nur  die  Annahme  übrig,  dass  auch  diese  Bauten  gleichzeitig 
mit  den  mykenischen  iJeicli bauten  entstanden  sind. 


Nicht  weit  von  dci-  Wegfestung  nach  dem  Ufer  zu  schnei- 
det ein  anderer  Mauerzug  (Fundament)  in  nordsüdlicher  Rich- 
tung den  heutigen  Wog,  und  auch  da.  wo  dieser  den  Xord- 
rand  der  Bucht  erreicht,  wird  er  von  einem  viereckiiien  Ge- 
bäude  berührt.  Dasscdbe  ist  viel  jünger  als  jene  höher  gelegene 
Befestigung.  Seiner  Technik  nach,  die  man  an  einigen  weni- 
gen noch  aufrecht  stehenden  ( hiadern  erkennt,  könnte  es  im 
4.  Jahrhundert  entstanden  sein,  damals,  als  man  von  neuem 
den  See  trocken  zu  legen  suchte.  Der  Weg  erreicht  dann  bald 
bei  dem  bekannten  Felsblock  mit  der  Grenzinschrift '  die  of- 
fene  See-l']bene,    die  er,    die    Insel   (ila  in  einiger  llntfeiMiung 


«  B.  C.  H.  1889  S.  407 


402  F.    NOACK 

rechts   liegen   lassend,   in   gerader  Hiclitung  auf  Topolia   zu 
durchzieht. 

Der  andere  Arm  des  ^^>ges  von  Karditza  geht  in  nördlicher 
Richtunti"  über  einem  Uevma  am  Westabhanc;  des  Meualo- 
vuno  entlang,  um  den  Weg  zu  treffen,  der  von  Kolvkino  durch 
den  See  an  Gla  vorbei  nach  Topolia  führt.  Bevor  er  denselben 
erreicht,  streift  er  eine  ausgedehnte  uralte  Ruinenstätte  (5),  die 
sich  rechts  von  ihm  am  Abhang  in  mehreren  Terrassen  em- 
porzieht. In  dem  niederen  Gestrüpp  sind  die  Reste  viereckiger 
Häuserfundamenle  und  iännere  und  kiirzere  Terrassenmauern, 
welche  z.  T.  zugleieii  Hausmauern  sind,  nicht  zu  verken- 
nen. Die  Technik  einzelner,  bis  zu  1'"  Höhe  und  höher  er- 
haltener Stücke  ist  keine  andere  als  die  der  Mauern  von 
H.  Johannis,  und  gestattet  uns  auch  ohne  entsprechende  Va- 
senscherben hier  eine  mykenische  Ansiedelung  zu  erkennen. 
Ob  ihre  Umfassungsmauer  ebenso  wie  diejenige  der  Ruinen - 
Stätte  an  der  westlichen  Paralimni  nur  vollständig  zerstört  und 
verschwunden  ist  oder  ob  beide  Orte  offen  waren,  wie  solche 
bei  Mykenai',  bleibe  dahingestellt. 

Selbst  diejenigen,  welche  der  mykenisr;hen  Kultur  helleni- 
schen Ursprung  und  das  griechische  Mutterland  als  Heimal 
zusprechen,  können  letztere  nur  in  einer  unmittelbar  am  Meere 
liegenden  Landschaft  suchen,  und  sie  werden  zugeben  müs- 
sen, dass  mykenischer  Baustil  und  mykenische  Vasen  auch 
nach  B()0tien  nur  von  der  Rüste  her  gelangt  sein  können.  Wir 
sind  also  befugt  immer  mit  der  Möglichkeit  zu  rechnen,  Spu- 
ren dieser  Art  zu  finden,  welche  von  Innerböotien  nach  dem 
Meere  führen.  Ausserdem  hat  die  Betrachtung  der  künstlichen 
und  natürlichen  Abllüsse  des  Ropaissees  die  Forderung  auf- 
stellen lassen,  dass  die  mykenischen  Bewohner  der  Ebene,  die 
mit  ihnen  zu  rechnen  hatten,  unbedingt  auch  das  ganze  Ploon- 
gebirge  bis  zur  Küste  besessen  und  seinen  Besitz  sich  gesi- 
chert hal)en  müssen.  Diese  Erwägungen  haben  sich  bestätigt. 


'   Tsunilas,   'Esriaepi^  apy.  1888  S.  123  IV.,    Muxfjvai  zai  Muxrivalo?  roXtTiafjLO; 
S.  21  f. 


ARNE 


463 


Wir  liaben  einige  Anlagen  gefunden,  die  mit  annähernder 
Siclierlieit  der  inykenisclien  Zeit  zuzuweisen  sind.  Andere, 
die  zwar  auch  sehr  altertümlich,  aher  zeitlich  schwerer  zu  fi- 
xiren  sind,  oder  sicher  nachmykenische  Bauten,  wie  die  poly- 
gonalen Tiirme  und  Mauerrestc  auf  den  Gipfeln  des  Gehirges  ', 
erfüllen  durch  ihre  Lage  vollkommen  die  oben  aufgestellten 
Forderungen.  Wir  dürfen  daher  mit  Zuversicht  annehmen, 
dass  schon  die  mykenischen  Herren  des  Landes  und  Sees,  wie 
im  Norden  nach  Larymna  zu,  so  auch  nach  Osten  sich  die 
Verbindung  mit  dein  Meere  und  die  Ausflüsse  der  Kata- 
wothren  zu  sichern  verslanden,  und  dass  auch  jene  zuletzt  ge- 
nannten Anlagen  an  Stellen  stehen,  welche  bereits  mykenische 
Mauern  getragen  haben. 


Die  Reihen  von  Befestisun^en.   die  wir  zuletzt  verfoli^t  ha- 

OD  d 

ben,  convergiren  alle  nach  dem  nordöstlichen  Kopaissee  und 
in  diesem  wiederum  nach  der  grossen  Ruine  von  Gla.  von  der 
die  Untersuchung  ausgegangen  ist.  Sie  ist  das  imposante 
Machtcentrum  dieses  ganzen  wolüberdachten  Systemes  gewe- 
sen, welches  ein  schwieriges  Gebiet  umspannte  und  in  seinen 
Bereich  zog,  nicht  etwa,  weil  es  fruchtbar  und  ergiebig,  di- 
rekten Gewinn  gebracht  hätte,  sondern  vor  allem  nur  um  sich 
das  engere  Gebiet  des  Sees  dauernd  zu  sichern  und  die  Arbeit, 
die  man  hier  begonnen  hatte,  auch  ganz  zu  thun. 

Und  doch  haftet  an  dieser  grössten  der  mykenischen  Bur- 
gen bis  heule  noch  kein  Xame.  Die  verschiedensten  X'orschläge 
sind  gemacht  worden.  Dodwell  (Reise  durch  Griechenland  3 
S.  119)  und  selbst  noch  Ulrichs  (a.  a.  O.  S.  '?  1 8 )  und  lUir- 
sian  (Geographie  1  S.'2l"2)  sahen  in  ihr  ein  ältei'cs  Kopai.  das 
dann  an  die  Stelle  der  späteren  Stadt  verlegt  worden  wäre; 
aber  sie  konnten  sicli  auf  keine  Überlieferung  stülzen.  Leake 
(a.  a.  ().  1!  S.  295.  307  )  sehluu' den  aus  dein  iialirii  atliaiiiaii- 


'  Vj,'l.  liazu  den  Zusatz  8.  481. 


464  F.    NOACK 

tischen  Felde  abijeleileten  Namen  Athamantion  vor,  Forcli- 
hammer  (a.  a.  O.  S.  181)  ilaclile  an  Mideia.  auch  \\  .  Visclier 
(a.  a  O.  S.  58?)  spracli  für  eine  der  versunkenen  Städte  und 
nur  L.  Uoss  ( K()uiii;sreisen  I  S.  105)  hielt  die  Insel  für  einen 
namenlosen  ZulUichlsort  der  Bewohner  des  Sees.  Auch  Lol- 
lins:  hat  sehliesslicii  verzichtet,  ihr  einen  hestiuimten  Namen 
zu  sehen,  und  so  ist  es  i>;ehliei)en.  Und  soll  sie  auch  weiterhin 
ein  namenloses  Paliiokastro.  nur  Gul.is  oder  Gla.  hleihen  oder 
bietet  die  Üherlieferunj»;  uns  nicht  doch  die  ]M(">i2,liclikeit.  sie 
aus  ihrer  stolzen  stillen  Einsamkeil  wieder  in  lebendigen  Zu- 
sammenhang mit  den  übrigen  Zeugen  der  mykenischen  l^]j)o- 
che  zu  setzen  ? 

Wir  kehren  damit  zu  der  oben  unterbrochenen  Untersu- 
chung über  die  bei  den  ältesten  Überschwemmungen  des  Ko- 
paissees  genannten  Städte  zurück.  Die  Frage  war  aufgeworfen, 
ob  nicht  auch  bei  Arne  sich  eine  Beziehung  zur  mykenischen 
Zeit  erkennen  lasse. 

\\'ilamowilz  hat  es  für  unglaublich  gehalten,  dass  diese 
erossartiu;ste  Ruine  der  Heroenzeit  im  homerischen  Schiff'ska- 
talog  gefehlt  haben  sollte,  wo  doch  Orchomenos,  Tiryns  und 
Mykenai  nicht  fehlen.  Die  alte  Genealogie,  nach  der  Ptoos 
Sohn  des  Athamas  genannt  wird,  passt  dazu,  dass  im  Osten 
des  Sees,  unter  den  Ausläufern  des  Ptoongebirges  das  'ABx- 
azvT'.ov  -r.i^w  lag.  liier  wohnte  Athamas  und  die  Huine  von 
Gla  war.  so  schliesst  Wilamowitz,  einst  sein  Schloss.  Fr  ent- 
scheidet zwar  nicht  zwischen  den  Namen  Arne  und  Mideia 
für  sie,  neigt  sich  aber  ersterem  zu.  da  dieser,  wie  der  des 
Athamas  aus  Thessalien  stamme'.  Ich  glaulMV  wir  kinmen  zu 
einem  sichereren  Ergebnisse  gelangen. 

Die  Untersuclumg  hat  auszugehen  von  der  Stellen  im  SchilTs- 
katalog.  B  507,  wo  unter  den  Böotern  auch  diejenigen  aufge- 
zählt werden. 

Ol  T£  7ro).'j<jT5:'p'j').ov  "Apvrv  £yov.    oi  te  Miöeiav. 
An  dieses  Arne  lial  sich  in  ah'vandrinisclier  Zeil  eine  lebhafte 


•  Hermes  26  Ö.  ;'05  An;i:.  Vf,'i.  .•Iu'ikIji  ;'9  8.  546. 


AKNE  4ßn 

Gontroverse  clor  Gelehrten  ani^esclilosson.  Die  verschiedenen 
Meinungen  waren  in  Apollodors  Gommentar  zum  SchitTska- 
talog  zusammengestelh.  niid  aus  diesem  halben  sie  Strabon  S. 
413  sowie  die  Sclioliaslen  zu  B  507  entnommen.  Man  fragte 
sich,  wo  diese  Städte  gelegen  haben  könnten.  Die  Antwort 
lautete  verschieden. 

1.  Sehr  einfach  halfen  sich  die  einen:  Arne  und  Mideia 
sind  einst  von  dem  See  verschlungen  worden  (Strabon  S.  59 
und  413).  Damit  war  jedes  Suchen  nach  der  Stelle  wo  sie  ge- 
legen, jeder  Versuch,  sie  mit  noch  vorhandenen  Orten  zu 
identificiren,  überflüssig  um!  iiiiiniiglieh  gemacht. 

Diese  Ansicht  geht  auf  Demetrios  von  Skepsis  zurück  ^  Wir 
wissen  zunächst  nicht,  ob  er  damit  einer  älteren  Tradition 
folgte  oder  ob  er  gar  selbst  nur  einen  Analogieschluss  machte 
nach  dem  Schicksal  von  Eleusis  und  Athen.  Auf  keinen  Fall 
kann  seine  Angabe  für  uns  von  vornherein  bindend  sein,  schon 
deshalb  nicht,  weil  ein  anderer  sehr  beachtenswerter  Kritiker 
mit  diesem  Grunde  gar  nicht  gerechnet  und,  wenn  er  ihn 
überhaupt  gekannt,  ihn  nicht  anerkannt  hat. 

2.  Dieser  Kritiker  ist  kein  geringerer  als  Zenodotos.  Er  griff 
zu  einem  radikalen  Mittel  und  vermutete  für  -oX'jgtxo'jXov  "Ap- 
vTjv :  77o>'j(7ry.(pu>.ov  "A(j-/.or,v.  Arislarch  hat  diese  Conjectur  na- 
türlich und  mit  Hecht  verworfen,  da  es  schon  nach  der  ungün- 
stigen Schilderung,  welche  llesiod  von  seiner  Heimat  gegeben 
habe,  undenkbar  sei,  dass  ein  Dichter  Askra  Tzol'jnzx.c^'jlo^  ge- 
nannt habe:  Sc/iol.  A  a.  a.  O.:  öti  ZtivöSoto;  ypicpei  "A-j/tp-^v 
i'yov  ou  6'jva.Tai  hl  7:o>,uaTX'p'j'Xo(;  y)  "Ai/tpr,  Hytohy.'.'  äcio-iaTÖTe- 
po;  yy.p  £<jTiv  'llaioSo;  Aeycüv,  'A7/.pYi  /^£taa  /.xy.r\.  Ospsi  xzyxkir,, 
cödTs.  oüSe  -oA'j/cap-o;  ^eyoiTo  zv.  Auch  das  Urteil  EüSc;o'j  -oaü 
;(6tpco  liyo^zoc,  -ept  tt;?  "Any-zr,:,  halte  Arislarch  (Strabon  S.  '<13) 
angeführt,  und  wer  heute  die  kahle  felsige  lliWie  betrachtet, 
die  das  alte   Askra  trug,    wird  ihm  nur  beipllichlen  kininen. 

Ebenso  wurde  eine  andei'c  (ionjeelur  Tjcpvr,v  fiü' "Apvr.v  zu- 


*  Gäde,   Üemelvii  Scepsii  quac  surpersunl   S.  3.  Wilaiiiuwil/,,  Heiiues  % 
S.  Wo. 


466  F.    NOACK 

rückge>viesen,  da  Homer  nur  eine  Stadt  dieses  Namens  kenne, 
welche  in  Lydien  läge  (Strabon  S.  413,  Schal.  D  B  507). 

Es  seheint  mir  von  Bedeutimg.  dass  diese  zwiefach  bezeugte 
Überlieferung  nichts  davon  weiss,  dass  die  alexandrinischen 
Gelehrten  Mideia  beanstandet  hätten.  Nur  Arne  bescliältigte 
sie,  aber  in  (Rmu  Streite  darum  wurde  von  keiner  Seite  der 
Untergang  durch  Überschwemmung  verwendet.  ^^  ir  boren  ja 
mit  welchen  anderen  Gründen  (ganz  anders  als  Demetrios  von 
Skepsis)  man  die  vorgetragenen  Conjecturen  ablehnte,  und, 
was  nocb  wichtiger  ist,  wir  erfahren  wenigstens  einmal  auch, 
womit  man  eine  dieser  Conjecturen  begründete.  Die  Didymos- 
Scholien.  die,  wie  wir  jetzt  wissen,  auch  beste  und  älteste 
alexandriniscbe  Gelebrsamkeit  enliialten.  geben  den  Anlass 
zur  Änderung  mit  den  Worten  an  :  er-.  oj/_  eOpi^xsTat  /.ark  tou? 
Tpwiv.o'j;  xpovo'j:  "Acvr,  -i\<.c,  BoiwTca:.  Der  Conjectur  liegt  dem- 
nach folgende  Erwägung  zu  Grunde:  es  ist  unmöglicb,  dass 
Homer  unter  den  Bundesgenossen  Agamemnons  aus  Böotien 
schon  ein  Arne  angefübrt  habe,  denn  Arne  in  Böotien  kann 
erst  in  Folge  der  böotischen  Wanderung  von  den  Böotern 
sresründet  worden  sein;  die  Booter  aber  kamen  iy.  xvic  ©sTra- 
/^ix.-?,c  "Apvr?  ucTci  Tci  Tpcoiicd  (Strabon  S.  411,  auch  aus  Apol- 
lodor):  erst  nach  dem  trojanischen  Kriege  bringen  die  Booter 
den  Namen  Arne  aus  Thessalien  mit. 

Hier  steckt,  meine  ich,  wirkliche  Gelehrsamkeit,  die  mit 
historiscben  Daten  rechnet  und  so  weit  gekommen  ist.  als  man 
mit  der  damaligen  Erkenntniss  kommen  konnte.  Sie  bestä- 
tigt, dass  wir  mit  dem  Untergange  Arnes  durch  Überschwem- 
mung nicbt  mebr  zu  rechnen  brauchen.  Auch  liesse  sich, 
wenn  dieser  mehr  als  die  Vermutung  eines  einzelnen  Gelehr- 
ten gewesen  wäre,  scbwcr  einseben,  wie  gerade  solche  Städte 
sieb  mit  Arne  identificiren  konnten,  die  wie  Akraipliiai  und 
Chaironeia  der  Gefabr  einer  Überscliwemmung  niemals  aus- 
gesetzt waren  (s.  u).  Das  ist  es,  was  wir  diesem  Scholion  ver- 
danken. Dagegen  müssen  wir  um  weiter  zu  kommen,  auf  unse- 
rem Wege  das  in  dem  Scholion  entbaltene  und  bis  heute  gil- 
tige Vorurteil   beseitigen:  die  Gründung  einer  Stadt  Arne  in 


ARNE  467 

Böotien  durch  die  einwandernden  Böoter  schwebt  gänzlich  in 
der  Luft.  Keine  ursprüngliche  Überlieferung  weiss  davon.  Es 
ist  lediglich  ein  Scbluss.  der  aus  der  falschen  Voraussetzung 
schon  im  Allertum  ^ezouen  ist,  dass,  wenn  die  Böoter  aus 
dem  tliessalischcn  Arne  kamen  '  oder  doch  sicher  aus  Thes- 
salien, wo  es  ein  zweites  Arne  gab,  sie  auch  diesen  Namen 
zuerst  in  Böotien  ein<j;efühit  haben  müssten.  Aber  auch  wenn 
die  Böoter  aus  dem  thcssalischen  Arne  gekommen  sind  und 
wenn  auch  in  einer  Tradition  (Diod.  VT  67)  dessen  Eponyme 
zur  Mutter  des  Boiotos  gemacht  wird,  so  ist  damit  Arne  noch 
nicht  von  Uranfang  an  unauflöslich  mit  dem  böolischen  Na- 
men verbunden.  Wir  besitzen  sojjar  ein  Zeui^niss  dafür,  dass 
dieser  Name  lan2;e  vor  der  Einwanderung;  der  Böoter  nach  Böo- 
tien  kam. 

Lykophron  erzählt  Alexandra  6i2f.  u.  a.  auch,  dass  Böoter 
nach  Beendigung  des  trojanischen  Krieges  nach  dem  Westen 
gekommen  seien.  Dann  fährt  er  fort:  und  es  sind  nach  Iberien 
gekommen  in  die  Nähe  von  Tartessos 

"Apv/i;  TüaXaizi;  yewa,  Tejy.atxcov  tzpÖ^oi, 
das  Geschlecht  aus  dem  alten  Arne,  die  -p6[jt.o',  der  Temmi- 
ker.  Die  Temmiker  gehören  zur  Bevölkerung  Böotiens.  bevor 
die  Böoter  kamen  :  sie  stehen  zu  enge  mit  den  nachweislich 
vorböotischen  ilyanten  verbunden  in  der  Überlieferung^.  IIco- 
[^.01  der  Temmiker  können  nur  ihre  'Fürsten'  sein,  7:p6'j.xyoi 
oder  -pcjTapy(_o'..  iVJag  nun  auch  Lykophron  vielleicht  die  von 
ihm  aufgestöberte  alte  Notiz  im  Sinne  seiner  Zeit  verstanden 
und  missverstauden  haben,  wir  können,  wenn  diese  Temmi- 
kerfürsten  Arnes  altes  Geschlecht  genannt  werden,  unmöglich 
mehr  unter  diesem  Arne  eine  erst  von  Böotern  gegründete 
Stadt  verstehen.  Ebensowenig  kann  man  daran  denken,  dass 
die  Temmiker  aus  dem  thessalischen  Arne  den  Böotern  voran- 
gezogen wären,   denn  sie  sind  von  Sunion  gekommen  (Stra- 


'  Thuk.  I,  li.  Slrabon  S.  'ill.  Allieu.  \'l  26i  a. 

2  fcjliabou  S.  Uli.  ;32l.\Vilainu\vil/.,  IlLM-akles  I  S.'2üi  Aiun.  8.  E.  Meyer, 
Gesell,  des  AUeiluiiis  II  S,  191. 


468  F.    NOACK 

bon  S.  401:  r,  o"  o-Jv  Hoiwrix  -pÖTspov  uev  utto  ßapßapcov  (Öxeito 
'Aövojv  y.x\  Tsy.ai/.wv  t'K  Toü  ^ouvi'ou  .Tit.'.TiA.aiu'vi.jv.  Vielmehr 
(liirlen  wir  konslatiren.  dass  liier  ein  Stück  sehr  aller  Gelehr- 
samkeit für  ein  vurböolisches  Arne  in  Böotien  zeuü;t,  das  viel- 
leicht  auch  dem  gelehrtesten  und  dunkelsten  aller  Dichter  in 
seiner  wahren  Bedeutung  dunkel  geblieben  war.  Dieses  Re- 
sultat erofiebt  sich  unabhäniiiü;  von  aller  anderen  Überlieferuna: 
und  darf  also  als  seliistiindiijes  Glied  in  die  Untersucluinij;  ein- 
treten  ' . 

Damit  ist  für  die  oben  aufi'ew(  rfene  Frai>e  wenijrstens  eine 
Antwort  gefunden.  Unter  einem  vorböotischen  Arne  werden 
wir  uns  nur  eine  Stadt  der  mykenischen  Zeit  vorstellen  kön- 
nen. Aber  eine  volle  Sicherheit  linden  w ir  erst, wenn  wir  wei- 
ter fragen,  wo  diese  Stadt  gelegen  habe.  Darauf  antwortet 
uns  zunächst  die  dritte  von  den  Alexandrinern  versuchte  Lö- 
sung der  P'rage,  der  sich  auch  Apollodoros  (und  Aristarchos?) 
angeschlossen  zu  haben  scheint,  da  sie  Stral)on  zuerst  und 
ohne  jede  Bemerkung  anfidu't:  mit  Arne  habe  der  Dichter  die 
Stadt  Akraiphiai  gemeint  (tpar;!  Ss  toOto  — d.  h.  tö  'Ax.cxt'p'.ov  — 
xaXsicöai  "ApvTjV  uttÖ  toö  ttoi'/itou,  ow-ojvjfjLov  t-?)  BexTaXi/C-^).  Aller- 
diniis  war  Akraiphiai  nicht  die  einzige  Stadt,  die  auf  den  be- 
rühmten  Namen  Anspruch  machte:  auch  Chaironeia  wollte 
das  alte  Arne  sein  und  in  Lebadeia  suchte  man  Mideia^.  VVi- 
lamowitz  hat  allen  drei  Nachrichten  gleichen  Wert,  d.  h.  glei- 


^  Dann  ist  aucli  Dias  II  9  11'.  auf  das  vüri)üolisctie  Arne  zu  beziehen:  Me- 
neslliios  von  Arne,  Solin  des  Areillioos  uml  der  Philoniedusa,  wird  von  Ale- 
xandres erschlagen.  Die  Scholien  (i4/vl^zuII9)  nehmen  daran  Ansloss 
aus  chronologischen  Gründen,  da  nach  der  Sage,  die  von  seinem  Vater  ging, 
Meneslhios  selbst  aller  sein  miissle  als  Nestor;  sie  suchen  sich  durch  An- 
nahme eines  zweiten,  jüngeren  Areitlioos  zu  helfen.  Aber  wenn  Dümnilcr's 
Ilypolhcse  das  liichlige  gelrüüiMi  hat,  dass  Ilcktor  urs|»rünglich  nach  The- 
ben gehürl  und  gegen  die  eindringenden  Büuter  kämpll  (bei  Ötudniczka,  Ky- 
rene  S.  196  f.),  und  wenn  wir  eine  ältere  Sagenform  erreichen  können,  eine 
Ilias  ohne  Hektor,  in  der  Alexandros  der  Hort  der  Troer  war,  so  werden 
wir  es  auch  verstehen,  wie  es  möglich  sei,  dass  hier  Alexandros  einen  Ge- 
gner erlegt,  der  aus  dem  vorböolischen  Arne  kam. 

2  Schul.  HL  zu  B  r.07.  Paus.  IX  39,1.  Steph.  Byz.  .s.  v.  Xaiftövcia. 


ARNE  469 

clie  \A>rllosip;koi(  zii^rnscliriohon,  und  in  der  Tliat  erscheinen 
die  beiden  letzten  Ani-alx'n  ziemlicli  durclisichtijz;.  Weil  nicht 
weit  von  Ciiaironeia  ilie  liöoter  aus  dem  tiiessulischen  Arne 
zuerst  sich  niedergelassen  haben  sollten,  beanspruchte  Chai- 
roneia  das  homerische  und.  wie  man  iilaubte.  böotische  Arne 
zu  sein.  Zui>aminen  mit  diesem  nannte  der  homerische  ^'ers 
Mideia  :  so  gab  es  sich  einfach,  dass  das  benachbarte  Lebadeia 
sich  diesen  Namen  zueignete.  Diese  ganze  Combination  wird, 
nachdem  wir  ein  vorb(»olisches  Arne  kennen  gelernt  haben, 
we";en  der  Ankn(ii)runii'  an  die  Böoter  hinfällicj  iXicht  so  einfach 
erledigt  sich  die  Doppelbenennung  von  Akraiphiai.  Schon  weil 
die  Höoter  erst  verhältnissmässig  spät  dorthingekommen  sein 
k()nnen  ( F^usolt,  Gi'iech.  Geschichte  -  I  S.  95.5),  musseine  Er- 
klärung, wie  l)ei  den  b(;iden  anderen  Orten  ferner  liegen. 
Akraipliiai  muss  si(di  schon  auf  einen  anderen  Hechtstitel  be- 
rufen haben. 

Wenn  Arne,  wie  wir  sahen,  bereits  vor  den  Böotern  wie  in 
Thessalien  so  auch  in  Biiolien  bestand,  so  darf  man  die  Frage 
aufwerfen,  ob  es  rieht  zu  der  Reihe  von  Namen.  Orchomenos, 
Athamas,  l^aphystion.  Triton.  Koroneia  u.  a.  ',  geli(>re.  die 
gleichfalls  in  beiden  Landschaften  erscheinen  und  in  beiden 
in  engster  ^'erbill(lung  mit  den  Minyern  stehen.  Die  Antwort 
linden  wir  in  Akraiphiai  selbst;  essoll  von  Athamas  gegrün- 
det worden  sein'.  Hier  also  stehen  die  beiden  Namen  der 
vorböotischen  Stadt  und  des  minyschen  Königs  nebeneinander, 
verbunden  durch  ihre  beiderseitige  Beziehung  zu  Akraiphiai. 


'  Oi'cliomenos  s.  TöitlVei,  AUiscIic  Goiicalü^'io  S.  ISS  um!  Anm.  3.  5. 
Alliaiiias  als  I5rii(lei'  des  Kretlions  von  lolkos  ciiifvcibuiiden  mit  i\pn  miny- 
sclion  Ar;,'uiiauleii.  Die  alliaiiiaiiliscli(>  EI)one  am  |)aLrasäisclion  Gott'  Leim 
liaplij'slionl)er|,',  dessen  Name  auch  in  Böolien  wiedeikelirl;  ebenso  der  Tri- 
tonfluss,  der  Schul  Apollun.  I  109  (GöUingiscIic  gelehrte  Anzeigen  t890S. 
345;  für  Thessalien  bezeugl  isl,  Koroneia  (das  Athamas  in  Böolien  erhält 
I'aus.  IX  3i,  T )  und  Arne  in  Thessalien;  nach  Diodor  hiess  einmal  .':an/. 
Thessalien  Arne  und  die  Eponyme  Arne  war  in  dieser  Iberiieferun^' Toch- 
ter des  Aiolos,  wie  in  einer  anderen  (llesiod  Fr.  3'J  Göltlini;)  Albamas  sein 
Sohn. 

-  6lej>hanos  Bjz.  s.  v.   'Axoai-jiai. 

ATHEN.    MITTHEILUNGEN   XI.X.  32 


470  F.    NOACK 

Noch  ist  nicht  bewiesen,  dass  sie  auch  unmittelbar  zu  einan- 
der gehören.  Aber  da  beide,  jene  als  vorböotisch.  uiui  vor  al- 
lem dieser  als  Minyer,  auf  die  gleiche,  nämlich  die  myke- 
nische  Periode  fuhren,  so  möchte  num  \vol  schon  jetzt  zu  dem 
Schlüsse  kommen,  dass  Arne,  eine  myken Ische  Burg,  an  der 
Stelle  des  späteren  Akraiphiai  gelegen  habe.  Die  Überliefe- 
rung aber  wäre  hiernach  (hihin  zu  verbessern,  dass  Athamas' 
Gründung  nicht  Akraipliiai.  sondern  Arne  geheissen  habe. 
Aber  auf  der  Burghölie  von  Akraiphiai  linden  sich  keine  so 
alten  Überreste.  Die  altertümlich  polygonalen  iMauerreste,  die 
noch  heute  die  Mauern  des  späteren  Akraiphiai  schneiden  *, 
beweisen  nur,  dass  in  griechischer  Zeit  und  nach  der  böoti- 
schen  Besiedolung  eins  Burg  die  H()he  eingenommen  hat.  Arne 
und  die  Stadtgründung  des  Athamas  gehören  in  frühere  Zeit. 
Wir  müssten  uns  daher  mit  der  Annahme  begnügen,  dass  die 
Spuren  mykenischer  Zeit  durch  die  Ansiedelungen  der  folgen- 
den Jahrhunderte  gänzlich  verwischt  worden  wären,  oder  wir 
sind  zu  dem  Sciilusse  gezwungen  ,  dass  das  alte  Arne  ur- 
sprünglich nicht  an  der  Stelle  von  Akraiphiai  gelegen  haben 
kann.  In  diesem  Falle  würde,  wenn  das  oben  Gesagte  richtig 
ist,  noch  der  weitere  Schluss  sich  ergeben,  dass  der  Minyer 
Athamas  anfänglich  nicht  mit  Akraiphiai  verbunden  gewe- 
sen, sondern  erst  dahin  gekommen  wäre,  als  man  in  dieser  Stadt 
das  verböotische  Arne  gefunden  zu  haben  glaubte.  Die  Ent- 
scheidung giebt  das  AOafAxvTiov  -sSiov. 

Die  athamantische  Ebene  in  Böolien  haben  ausser  Leake 
(a.  a.  0.  11  S.  306)  wol  alle  Forscher  in  der  durch  einen  Mi- 
nyerdamm  vom  eigentlichen  See  abgeschlossenen  Bucht  von 
Karditza-Akraipbiai  gesucht  \  .letzt  hat  Kambanis  den  ersten 
Versuch  gemacht  ihre  Lage  richtiger,  im  Sinne  von  Leake,  zu 
bestimmen'-.  Pausanias  kommt  nach  Akrai[)hiai    -  dessen  statt- 


'  .Mil  IJiircclil  s.i.^l  W'ilaiiiuwilz  a.  a.  0.,  dass  Akraipliiai  vor  l'iiidais  uml 
Ilcroduls  Zeilen  kein  sell)släiidigei'  Orl  gewesen  sein  könne,  denn  es  hal)C 
keine  alte  Dui;,'. 

2  So  noch  zuIcUl  Curlius,  Ges.  Abhandlungen  I  6.  v'7-2. 

3  D.  0.  H.  4892  S.  129  Anm.  1, 


ARNE  471 

liehe  Reste  bei  dem  heutigen  Karditza  liegen  —  von  Süden,  von 
Tliehen  her.  Er  macht  einige  kurze  Bemerkungen  [über  die 
Stadt  und  (iilirt  dann  (IX  23,  6  j  folgendermassen  fort:  'wenn 
man  aus  (\(ir  Stadt  vorwärts  geht,  hat  man  zur  Hechten  in  ei- 
ner b>nlferriung  von  füntzehn  Stadien  das  Heiligtum  des  ptoi- 
schen  AjmjIIou'.  Von  der  ßurghöhe  von  Akraipliiai  sielit  man 
heute  mitten  hinein  in  das  Gebirge  und  erkennt  in  dem  klei- 
nen wundervollen  Ilochthal  die  Schutthalden  der  französischen 
Ausgra[)ungen  bei  dem  Heiligtum.  Zur  Hechten,  wie  Pausa- 
nias  sai^t,  hat  man  dieses  aber  nur  dann,  wenn  man  selbst 
nach  Norden  sieht,  bez.,  wie  Pausanias,  aus  Akraij)hiai  in 
nördlicher  Hichtung  sich  entfernt.  Pausanias  nun  geht  von  dort 
den  gera(hMi  Weg  nach  Kopai.  Der  Wog,  den  man  noch  heute 
von  Karditza-Akraiphiai  nach  Topolia-Kopai  einschlagt,  lässt 
das  Ptoon  mit  dem  Ileiliaitum  zur  Hechten,  seht  »erade  aus 
nach  Norden,  gabelt  sicii  (h-inn  aber,  wie  wir  sahen,  sehr  bald 
in  zwei  W'ege.  Wir  sahen  auch,  dass  beide  schon  im  Altertum 
gebraucht  wurden,  und  dass  beide  nach  dem  See  und  nach 
Kopai  führen.  Heberdey  hat  sich  für  den  ncM-dlichen  entschie- 
den, der  erst  jenseits  der  erwähnten  mykenischen  Ansiedelung 
sich  dem  See  zuwendet'.  Noch  vollkommener  scheint  mir  der 
andere  direktere  Weg  zur  Angabe  des  Periegeten  zu  passen, 
Pausanias  lässt  das  ptoische  Heiligtum  zur  Hechten  und  fährt 
dann  fort:  (IX  24,  1):  =;  'Ax.ca-.ovio-j  hl  ii-vz:  cjOiixv  s-1  Aiavr.v 
TY.v  I\r,^'.'7'.rta.  oi  (^£  KcoTrai^t  Övo^zCo-j-j',  Tr,v  /x'j-r.^j,  ncdiox  y.x- 
>,ou'X£v6v  ETTiv  "AOaudvTiov  (nKfiöai  oh  'AOnuavxa  tv  auxco 
<|>aaiv.  Rr  erwähnt  dann  den  Kephisos:  x.ai  Sia-).£Ö'7avTi  elci 
KüJTrai.  Wenn  je  eine  topographische  Bestimmung  genau  war, 
so  ist  es  diese:  hier,  noi'dwe.silich  Nom  Pioon  und  Non  Akrai- 
phiai  haben  wir  die  atiiamantisclie  l*]l)ene  zu  suchen.  Und  dass 
wir  es  hier  nicht  etwa  mit  später  Fabelei  oder  Periegetenweis- 
heil  zu  tliun  haben,  beweist  die  Thatsache,  dass  schon  Asios, 


*  Heberdey,  Die  Reisen  des  l'.uisaiiias  in  ('.riecliiMilaiiil,  hat  die  Fia^'o  im 
Texte  (S.  luv')  iiiclil  l)niiiirt,  at)i'r  auf  der  lieige.ucljcMieii  KarU'  den  W'ejj:  des 
Periegeten  in  die.ser  Weise  eingezeiclinet. 


472  F.    NOACK 

der  rOpiker.  dio  Genealogie  üherlieleni  konnte,  naeli  der  Atlia- 
nias  N'ater  des  Ptoos  ist  (  Pans.  IX  •23,  H).  Wenn  llelianikos 
(Fr.  19)  nun  Atliainas  zum  KTmig  in  Oreliornenos  maciit.  so 
ist  das  wol  seiner  Bedeutung  nacli  verständlich,  denn  Atliamas 
vertritt  die  iMinyerherrscIial't,  aber  es  ist  aucli  klar,  dass  die- 
ser ursprünglich  in  (hu*  i">hene  gesessen  hatte,  die  seinen  Na- 
men trug.  Pausanias  hat  also  auch  hier  die  älteste  Überliefe- 
rung bewahrt,  und  hier  mitten  in  der  athamantisehen  Ebene 
linden  wir  eine  mächtige  mykenische  Burg,  die  Felseninsel 
von  Gla.  Wir  müssen  schliessen,  dass  sie  der  Kimigssitz  des 
Athamas  und  seiner  Minyer  gewesen  ist.  War  das  Arne? 

Später  \\ussle  man  nicht  mehr  viel  von  der  Macht,  die  sich 
hier  inmitten  gesicherter  fruchtbarer  Gelilde  einst  ausgebreitet 
hatte.  Die  Wasser  des  Sees  waren  von  den  plötzlich  verschlos- 
senen Ratawothren   zurücki>ellutet  und   hatten  das  Werk  der 

o 

Minyer  vernichtet,  ihre  Deiche  gebrochen  ;  fremde  Völker  wa- 
ren über  das  Land  «iekommen.  die  Wanderunofen  mit  ihren 
Kämpfen  hatten  der  Umgebung  des  Sees  ein  anderes  Aussehen 
gegeben.  Noch  heule  zeigen  die  Linien  an  den  Felsen  von  Gla, 
wie  hoch  einst  das  Wasser  gestanden  hatte;  kein  Damm  führte 
mehr  hinüber  zu  der  einsamen  Insel,  die  Burg,  welche  sie 
trug,  war  verschollen,  und  statt  ihrer  gab  das  kleine  kopai  dem 
See  den  Namen. 

Wo  hatte  Athamas  gewohnt,  war  nun  die  Frage,  als  er  in 
das  kaum  entwirrbare  Netz  der  böotischen  Sagen  aufgenom- 
men war.  In  der  zweiten  Hallte  des  4.  Jahrhunderts  wurde 
Akraiphiai  selbständig  und  baute  sich  die  schönen  Mauern  im 
Stile  von  Eleuthcral  und  Messene,  die  heute  die  hauptsäch- 
lichen liuinen  bilden.  In  dieser  Zeit  entstand  die  Genealogie, 
dass  Akraipheus  wie  Ptoos  ein  Sohn  ApoUons,  Akraiphiai 
gegründet  habe  '.  liier  ist  von  Athamas  keine  iU^le  mehr;  auch 
wäre  nicht  einzuseluMi,  \\i(^  gerade  damals  eine  Verbindung 
von  .\kiaipliiai  mit  dem  Ai-ne  des  SchilTskataloges  aufgekom- 
men wäre.  I'^s  jjedaif  keines  Beweises,  dass  andere  N'ersionen, 


'   Ilciincs  2t  t^.  204  Aiim.  20  6.  246  11.  ^U•I>llilllos  liyi.  s.  v.   'Axpa;cpiat. 


ARM-:  473 

in  denen   Ploos  mit  Alhamas    verbunden  und   Athamas   als 
Gründer  von  Akraipliiai   erscheint,   älter  und  ursprünglicher 
sind.  Zu  Pindars   Zeit  muss  die  W  andlunüf  eingetreten  tjewe- 
sen  sein.  Denn  er  kennt  zw.w  noch  l'toos  als  Enkel  des  Atha- 
mas und  Sohn  von  Apollon  und  Zeuxippe,  aber  er  hat  auch 
schon  die  neue,  den  Umscliwunii  der  ireschichtlichen  X'eihäll- 
nisse  widerspiegelnde  Tradition  aur<:;('nominen.  die  das  Ploon 
mit  Teneros   und   Theben   in   N'erbindung   briniit.    Noch   ur- 
sprün^^licher  muss  die  erwähnte  Genealogie  sein,  die  bei  Asios 
stand  und  Ptoos  Sohn  des  .\thamas  und  der  Themisto  nennt '. 
Man  darf  hieraus  wol  den  Schluss  ziehen,  dass  Athamas  zum 
xTicTTr,?  von  Akraipliiai  noch  in  einer  Zeit  gemacht  worden  ist, 
in  der  er  auch   mit  Ptoos  verbunden  war.    Damit  hing  aber, 
wie  wir  sahen,  aul's  engste  zusammen,   dass  am  Ostfusse  des 
Ptoons  die  athamantische  Ebene  lag.  Wie  kam  man  nun  dazu, 
Athamas,    den  Herrscher,  der  unten  in  dieser  Ebene  gewohnt 
hatte,   auf  einmal   mit  der  Stadt  Akraipliiai  auf  d»T  Ib'the  zu 
verbinden?  Ich  glaube,  die  Lösung  dieser  Frage  setzt  diejenige 
der  anderen,  aber  auch  nur  diese,  voraus:  warum  suchte  man 
gerade  in   Akraij)hiai  das  alte  vorbr)olische  Arne?  NN'eil  man 
die  Burg  des  Athamas  suchte  und  weil  sich  die  Erinnerung 
erhalten  halte,   dass  diese   das  alle  Arne  gewesen    war.  Beim 
athamantischen  Felde  musste  dann  dieses  gelegen  haben  — die 
Kuinen  von  Gla  waren  vei'schollen  —  man  hatte  nur  no(di  die 
polygonalen  Reste  der  alten  Stadt  Akraiphiai   und  glaubte  in 
ihnen  die  von  Arne  sehen  zu  dürfen.  War  dieser  Schritt  ge- 
than,  so  zog  natürlich  der  A'ame  der  Burg  auch  ihren  Herrn 
und  h]rbauer   mit  sich  aus  der  i<]bene  nach  der  neuen  Heimat 
und  auch  Arue-Akraiphiai  musste  nun  von  Athamas  ueirrün- 
dct  worden  sein. 

War  also  Arne  durch  Athamas  berühmt,  war  Arne  der  Name 
seiner  Burg  und  erklärt  es  nur  als  solche,  wie  es  neben  jenem 
llerrschernamen  in  Akraipliiai  erscheinen  kann,  und  hat  es 
mit  diesem  anliiiiglicli  iiidils  /u  llnin  gehabt,  so  gehört  es  ur- 


'   Hermes  'IW  S.  | V,)  und  ul»eii  S.  47-2  Aiim    I. 


474  F.    NOACK 

spriinglicli  mit  Alliaiiias  liinunter  in  die  l']bone,  welche  die 
atliaiiiantisclie  lieisst.  Foliilicli  kann  die  liewalliiije  mykenisclie 
Stadt,  die  uns  dort  auf  Gla  ei'lialli'ii  ist.  nur  das  alte  vorhöo- 
tische  Arne  des  Albamas  gewesen  sein. 

Dass  Arne  eine  mvkenisclie  Riirüj  gewesen,  durfte  man  schon 
daraus  schliessen,  dass  es  vorböotisch  war.  Seine  enji;e  und 
uralte  Verbinduns  mit  Albamas  bestätiiit  das  :  für  einen  ml- 
nyschen  Herrscher  werden  wir  eine  niykenische  Anlage  gera- 
dezu verlangen  müssen. 

Der  Zusammenhang  der  Minyer  mit  der  mykenischen  Kul- 
tur ist  keine  unsichere  Behauptung  mehr,  seit  Scliliemann  auf 
der  Stätte  des  minyschen  Orcbomenos  das  Kuppelgrab  freige- 
legt hat.  seit  die  Kuppelgriiber  von  Dimini  und  V'afio'.  die 
mykenischen  Spuren  im  Taygetos-  bekannt  geworden  sind. 
Nun  dürfen  wir  in  dem  mykenischen  Arne  im  Kopaissee  eine 
neue  Feste  derMinyerherrschaft  sehen.  Dadurch  läilt  aber  auch 
noch  mehr  Licht  auf  jene  dunkle  Angabe  des  Lykophron.  Die 
Leute,  deren  Herrscher  auf  Arne  sassen,  sind  von  Sunion  ge- 
kommen und  müssen  Mykenäer  gewesen  sein.  Nun,  bei  Su- 
nion liegt  Thorikos,  und  dort  können  jetzt  uralte  Ansiedelun- 
gen bis  in  die  niykenische  Zeit  und  weiter  zurück  verfolgt 
werden'"'.  Auf  Sunion  selbst  aber  hat  man  von  allers  her  Po- 
seidon, den  iMinyergolt,  verehrt.  Dann  ist  die  letzte  Conse- 
quenz,  dass  wie  Arne,  so  auch  der  Name  des  Albamas  durch 
Temmiker  von  Sunion  her  nach  Böotien  getragen  worden  ist. 
Dass  ein  einzelner  Stamm  des  viel  verzweigten  Minyervolkes 
einen  Sondernamen  geführt  habe,  ist  ebenso  natürlich  und 
einleuchtend,  wie  dass  andrerseits  in  den  späteren  Sagencon- 


'  Valio  s.  Tsundas,  'E^riiispi;  Öl^/.  1889  S.  1^29  11'.  IMiiiyor  in  liakonicii  : 
O.  Müller,  Orcliüinciios  S.  31011".  Studniczkas  Ausftilirun^'oii,  die  dies  l»e- 
slrcileii  (Kyrene  8.  47  II'.)  sind  von  Maass,  Göttinu'ische  ij:el.  An/.eif;en  1890 
S.  353  IL.  und  Gruppe,  ücilincr  phil.  Wuclicnscliiiri  1890  S.  S'Ji  11'.  zu- 
rückgewiesen worden. 

2  Tsundas,  'E^rii^EpU  io/.  1889  S.  132  ir.  1891  S.  18911. 

3  Berliner  pliil.  Woclicnschrifl  1891  S.  707.  1058. 


AHNE  475 

structionen  derartige  lebendige  Einzelzüge  verwischt  worden 
sind. 

Jadoch,  wenn  man  bedenkt,  dass  diese  Temmiker  noch  vor 
Kurzem  ein  üänzlich  verschollenes  N'olk  ijen.mnt  worden  sind, 
imd  dass  die  Spur,  die  durch  ihre  Beziebung  zu  einer  vor- 
böotiscben  mykenischen  Burg  und  zu  minyschen  Namen  ge- 
funden ist,  doci)  zunäcbst  noch  eine  ganz  vereinzelte  und  des- 
halb schwache  ist,  so  gilt  es  vorsichtig  zu  sein,  damit  durch 
die  heute  über  die  Minycr  herrschenden  Meinungen  diese  Spur 
nicht  wieder  sofort  vernichtet  werde.  Denn  während  die  einen 
diesen  Volksstamm  als  einen  ursprünglich  in  Böotien  hei- 
mischen ansehen  wollen  ',  werden  andere  fragen,  ob  es  mög- 
lich sei,  dass  die  Wege,  auf  denen  er  nach  Böotien  kam, 
nicht  rückwärts  nach  Thessalien  führten.  Die  thessalische 
Urheimat  der  Minyer  ist  seit  Otfried  Müller  bis  in  die  neu- 
ste Zeit  trotz  Buttmann 's  grosser  Abhandlung  mit  Vorliebe 
festgehalten  worden  2.  Das  Ergebniss  der  vorstehenden  Un- 
tersuchung verlangte,  dass  auch  noch  dieser  Frage,  soweit 
möglich,  nachoe'jani'en  werde.  Allein  der  Probleme,  die  es  da- 
bei  zu  lösen  gilt,  sind  so  viele,  bei  jedem  Schritt,  den  man 
vorwärts  thut.  wachsen  neue  Fragen  hervor,  die  Antwort  for- 
dern  und,  wie  ich  glaube,  auch  finden  können,  aber  nur  in 
eingebender  sorgfältigster  Prüfung,  so  dass  hier  nur  Weniges 
angedeutet  werden  kann. 

Niclit  nur  die  oben  erwäimten  Orte,  sondern  nahezu  alle, 
an  denen  minysche  Namen  und  minysche  Erinnerungen  haf- 
ten, haben  jetzt  auch  mykenisciie  Beste  aufzuweisen.  Und  wo 
diese  fehlen  —  meist  ist  es  das  unscheinbare  und  doch  so 
entscheidende  Zeugniss  der  Vasenscherben  einerseits,  oder 
eine  fassl)are  Minyersage  andrerseits  — .  treten  oft  genug  die 
Kulte  liilfreicb  ein  Mit  Becht  wird  gerade  den  Minyern  die 
Verl)reituni?  wichtiy;er,  bestimmter  Kulte  zusfesclirieben.  In  er- 
ster  Linie  steht  der  Kult  des  Poseidon,   besonders  des  Gaiao- 


'  E.  Meyer,  Gesell,  des  Alteilums  II  S.  191. 

2  So  noch  von  Tüpller,  AUiscIie  Genealogie  Ö.  188. 


476  F.    NOACK 

chos.  Schon  Röckli  und  LachiiKinn  halxMi  auf  dio  eng'on  Bezie- 
liiinücn  ilci'  Minver  /.um  PoMMdoiikiillc  liini^cw  lesen '.  Dem 
Poseidonkidl  bei  Samikon  wird  hier  eine  besondere  Aui'merk- 
samkeil  zu  widmen  sein;  seine  Bliile  wird  noeh  in  (he  Zeil 
lallen,  als  die  Kulte  am  Rronoshügel  und  in  der  Altis  von 
Olympia  nel)en  ihm  noeh  keine  Bedeutimjj;  hesassen.  Über  das 
Alter  des  Seebundes  von  Kalaureia  konnte  man  trotz  der  Teil- 
nahme \on  Orchomenos  bis  jetzt  im  Zweifel  sein.  Jetzt  bewei- 
sen die  im  heiligen  Bezirke  auf  Kalaureia  befundenen  Scherben 
mykenischer  Gelasse,  dass  bereits  in  jener  Epoche  Menschen 
auf  die  freie  Höhe  kamen,  um,  wie  man  sai^en  darf,  schon  da- 
mals dem  selben  Gotte.  mochte  er  schon  Poseidon  heissen  oder 
mit  ihm  üleichnesetzt  sein  oder  nicht,  zu  o|)fern.  Nun  erst  darf 
man  daran  erinnern,  dass  bis  auf  Prasiai  und  llermione  (wo 
dieselbe  Möglichkeit  natürlich  vorhanden  ist)  all(>  uns  lie- 
kannten  Mitglieder  des  Seebundes  Stätten  mykenischer  Kul- 
tur sewesen  sind  und  ausser  Aeij;ina  auch  eiü;ene  Poseidonkulte 
und  meist  irgend  welche  Beziehungen  zu  den  Minyern  haben  ^. 
Was  sich  für  Kalaureia  erschliessen  liisst,  wird  durch  die  neue- 
sten Funde  auf  einem  anderen,  ebenso  uralt  lieiligen  I^oden 
bestätigt.  Das  kleine  Kuppelgrab  mit  zahlreichen  mykenischen 
Thon^eiässen,  besonders  Bü^elkannen.  das  in  diesem  Jahre 
in  Delphi  zum  Vorschein  gekommen  ist,  liefert  den  thatsäch- 
lichen  Beweis,  dass  man  schon  in  vorhomerischen  Tagen  zu 
den  Göttern  am  Fusse  der  Phaidriaden  gewallfahrlet  und  dort 
angesiedelt  gewesen  ist.  Diese  Götter  waren  aber  Gaia  und  Po- 
seidon. Dieser  war  der  vordorische  Vc/.'.r,rj-j^oq,  die  Träger  sei- 
nes Kultes  waren  dieMinyer^,  und  werden  Mittelpunkt  ihrer 
Herrschaft  in  Hellas,  die  kopaische  l^^bene,  überschaut,  kann 
verstellen,  warum  sie  auf  dem  Parnass  die  Wohnstätte  ihres 
Gottes  gedacht  haben.  Wie  ein  anderer  Olymp  und  weit  mäch- 


'  Böckli,   Kleine  Scliiiflcii  Vt  S.  'J.  tjacliiiuuiii,  Spailaiiisclic  Verfassung 
S.  37  (diese  Arbeit  ist  iiiii  iiiclil  zu^'än},'licii). 
2  S.  auch  E.  ^Feyel•  a.  a.  O.  II  S.  lO'J. 
•'  Moiniiisen,  iJelpliica  ö.  I  11'.  Wide,  Lakonische  Kulte  iS.  'i2,  47  und  3'J. 


Alt  NE 


477 


ti^^er  als  der  troischo  Ida,  bohorrsclil  er  tias  ganze  Gebiet  des 
Sees,  von  überalllier  sichthar  und  mit  seiner  vielzackigen 
Masse  alle  anderen  Berge  ringsum  li(»cli  überragend.  Nun  dürf- 
te auch  der  Hinweis  darauf,  dass  der  delphische  Oinphalos 
die  Gestalt  des  Kiippolgrabes  gehabt  habe',  mehr  Bedeutung 
und  Wahrscheinlichkeit  gewinnen.  Von  dem  vielen,  was  sich 
hier  anreihen  würde,  will  ich  nur  noch  eines  hervorheben.  In 
Attika  vereinigen  Eleusis  und  Athen  mit  mykenischen  Resten 
und  minyschen  Erinnerungen  besonders  heilige  und  alte  Po- 
seidonkulte. Das  wird  man  nicht  mehr  als  Zufall  ansehen  kön- 
nen. Auf  den  berühmten  Streit  zwischen  Poseidon  und  Alhena, 
zwischen  (h-m  von  der  See  her  eindringenden  Minyergotle  und 
der  Schutzuöttin  der  einheimischen  Bevölkerung',  lallt  ein 
neues  I.icht.  Ursprünglich  kann  Poseidon  nicht  (wie  die  spä- 
tere Lokalsage"'  will),  erlegen  sein;  die  minyschen  Ankömm- 
linge haben  auf  dem  kahlen  Felsen  oberhalb  des  llisos  ihre 
kyklopischen  Mauern  errichtet  und  dort  mit  ihrem  Poseidon- 
kult und  ihren  mykenischen  Gelassen  siegreichen  Einzug  ge- 
halten. Nur  damals  kann  Athen  lloae'.Scüvix  benannt  gewesen 
sein^.  Nordöstlich  von  der  Stelle  des  jetzigen  Erechtheions, 
mit  seinen  Trümmern  z.  T.  noch  unter  dessen  Fundamente 
greifend,  erhob  sich  das  mykenische  Anakienhaus,  das  feste 
Haus  des  f^rechtheus,  wie  es  die  Odyssee  r,  81  nennt  '.  Die  my- 
kenische Zeit  kennt  keine  Tempel  ;  die  Kultstätte,  der  Allar, 
wo  man  den  Gott  verehrte,  lag  in  dem  Königspalast.  Dort  also 
wurde  Poseidon  verehrt,  wo  ja  noch  in  spätester  Zeit  seine 
Kultmale  lagen.  Erechtheus  war  sein  Beiname",  und  darum 
hiessauch  der  poseidonische  Salzquell  OxXaTaa  'Eps/O'/^i;.  \\  enn 


'    E.  Rolide,  iSjclie  S>.  ]V3  und  Aiiiii.  v. 

2  Busoll,  Grioch.  Ge.scliichle  '  I  S.  370. 

■^  l'reller-Iiubeil,  Mylliulogie  I  S.  2U3  Aritu.  1. 

'  Euphoriuii  liei  .Scliol.  Diuiiys.  l\'rit'g.  li;Ü  ( .Mciiieko,  Analciia  Alcr.Q'l), 
Slral)uii  S.  o'.)7. 

"'  Vf,'l.  WacliMiiulli,  lU'ricIitf  dci  s;i('lisi>flitMi  (n'st'llscIiiU'l  iler  Wisseii- 
schafleii  1887  S.  3'.»',)  11'. 

6  I'rcller-Ruln'il  u.  a.  ().  S.  ;'().;  und  .\iim.  0. 


''"^^  F.    NOAfiK 

dann  an  derselben  Stelle  in  der  Erdtiefe  Erechtheiis  als  ent- 
rückter Heros  weiter  lebte  '  so  bleibt  er  im  Grunde  doch  immer 
der  alte  Gott,  der  bereits  im  Kultus  und  in  der  Religion  der 

Cr* 

AJinjer  einen  vornebmlicb  cbllioniscben  (Miarakter  i^eliabt  bat 
Das  feste  Haus  des  Krecbtiieus  ist  also  der  Königspalast,  in 
welchem  Poseidon-Erechlheus,\vie  ich  i>laube,von  den  Minyern 
eingesetzt  und  verehrt  war.  Dabin  gebt  aucli  Atbena :  neben 
dem  Gölte  des  herrscbenden  Teiles  der  BevcWkerunu-  wird  auch 
der  Göttin  des  eingesessenen  Volkes  ein  Platz,  ein  Altar  ge- 
vväbrf-.  Da  hat  sie  neben  Poseidon.  Erechtbeus  in  vollen  Elircn 
geherrscht,  und  wie  noch  in  derselben  mykenischen  Periode 
aus  einer  Misebung  der  verscbiedenartigsten  Elemente,  aus 
einem  lebbaften  Austausch  und  Umwechseln  von  Gedanken 
und  Dingen  sich  in  Glauben  und  KuUur  schon  das  herauszu- 
bilden begann,  was  wir  das  eigentlich  Griechische  nennen, 
so  ist  auch  Atbena  noch  damals  'zu  einer  der  grössten  Gott- 
heiten aller  griechischen  Stämme'  geworden.  Wie  das  u.  a. 
auch   darin   seinen  Ausdruck  fand,  dass  man  an  zahlreichen 


'  Rohde  a.  a.  0.  S.  127.  Clilhonia  liiess  eine  seiner  Tücliter. 

2  Die  Stelle  Ilias  B  545f.,wo  es  lieisst,(lass  Atliena  den  l-]reclitheiis  ho  evi 
jziov.  vjio)  auf^nonmien  habe,  slolil  eine  viel  späleic  lokale  Anseiiauinii,' dar, 
die  etwa  deijeni.ijfen  von  iliieni  Siei,'e  über  Puseiilon  cnlspiichl  und  die  nicht 
mit  den  Worten  der  Odyssee  yj  8t  11".  zusammengeworfen  werden  darf,  wie 
es  bei  Furtw;in}i;ler,  Meisterwerke  der  griech.  Plastik  S.  Iö6,  geschieht.  Im 
B  hat  Alhena  bereits  einen  eigenen  Tempel,  mit  dem  das  Haus  des  Erech- 
tbeus unuiöglich  idenlificirt  werden  kann,  der  vielmehr,  wie  es  Dörpfeld 
länirst  nachgewiesen  hat  (in  dieser  Zeilscbrifl  1887  S.  26),  nur  der  sehr  alte 
vorpeisistratische  hundeilliissige  Amphiproslylos,  dessen  F'undamenic  aus 
blauem  Burgkalkslein  wir  haben  (alter  Alhenalempel ),  gewesen  sein  kann. 
Die  unter  diesen  Fundamenten  festgestellten  noch  älteren  Reste  (darunter 
zwei  Säulenresle)  liefern  vielleicbl  den  Beweis,  dass  man  den  Tempel  für  die 
Göttin  genau  an  der  Stelle  crbaule,  an  welcher  schon  in  der  mykenischen 
Palastumfricilung  ihre  KuUslätle  gewesen  war.  So  eng  war  inzwischen  noch 
dort  im  allen  Königspalast  die  Verbindung  beider  Kulte  geworden,  dass  auch 
Erechtheus  mit  in  den  Tempel  Atbenas  wanderte  und  hier  wol  einen  Altar 
bekam.  Dann,  als  aus  irgend  einem  (irunde  sein  Kult  wieder  an  Bedeutung 
gewann,  baute  man  ihm  nördlich  neben  dem  Alhenalempel  ein  neues  eige- 
nes Heiligtum,  das  Herodol  ausdrücklich  als  vtjo;  'Eps/Oeo;  von  jenem,  das 
er  mil  iJiSYapov  bezeichnet,  unterscheidet. 


479 


ARNE 

Orten  die  Schutzp^ottlioit  der  Burg  nach  ihr  benannte  S  so  darf 
man  darauf  wol  auch  die  Thalsache  zurückfuhren,  dass  die 
Stadt  am  Kopaissee,  die  auch  in  den  Bereich  der  Minyerherr- 
schaft  fülU,   nicht  etwa  Poseidonia,   sondern  Athen  genannt 

wurde. 

Es  kommt  hinzu,  dass  der  Poseidonkult  an  vielen  Stätten, 
wo  er  mit  vordoriscli-minyschen  und  vorhomerisch-mykeni- 
sehen  Überresten  vereinigt  ist,  entweder  selbst  einen  chthoni- 
sclien  Charakter  trügt  oder  doch  mit  anderen  chthonischen 
Kulten  verbunden  auftritt.  Wieder  sind  es  nun  gerade  die  mit 
Poseidon  so  enge  verbundenen  Minyer,  die,  wie  Böckh  zuerst 
ausgesprochen  hat  '  eigentümliche  Vorstellungen  über  Tod  und 
Unterwelt  und  über  die  dunkeln  unterirdischen  Mächte  ge- 
habt haben'.  Man  darf  ihnen  die  Vermittelung  vieler  chtho- 
nischen Kulte  zuschreiben  2.  Dazu  kommt  ihr  stark  ausgepräg- 
ter Glaube  an  die  Fortdauer  der  Seele  und  ein  damit  enge  zu- 
sammenhängender Totenkult.  Wenn  uns  nun  für  dieselbe  Zeit, 
der  sie  angehören,  aus  den  in  den  homerischen  F.pen  und  bei 
Hesiod  erhaltenen  Rudimenten  derselbe  Seelenglaube  und  der- 
selbe Totenkult  von  E.  Bohde  nacligewiesen  ist  und  die  my- 
kenischen  Fundthatsachen  dies  vollauf  bestätigen  ,  so  wird 
man  nicht  mehr  zögern,  die  engste  Verbindung  von  Miny- 
schem  mit  \'orhomeriscli-Mykenischem  zu  vollziehen.  Dann 
aber  wird  jenes  auch  zur  weiteren  Frkenntniss  des  Mykenischen 
beitragen  können.  So  wird  z.  B.  Theseus  dem  Kreise  miny- 
scher  Kulte  eingereiht  werden  müssen ;  zu  seinen  Beziehungen 
zu  chthonischen  Kulten  treten  mykenische  Beste  in  Apbidna, 
und  es  wird  von  Bedeutung  sein,  dass  man  ihn  mit  einem  am 
pagasäischen  Golfe,  also  im  Minyergebiet,  gelegenen  Trozen 
verbinden  kann^.  Andrerseits  weisen  sein  Zusammenhang  mit 
Minos  und  die  dazu  gehörigen  Sagen  auf  sehr  alte  Beziohun- 


«  E.  Mcycr  a.  a.  O.  II  S.  1 1 4  f .  lOS. 

2  Bückli   a.  a.  0.  S.  11.    V^'l.    Wide,   Skaiidiiiavischos   Arcliiv   1   (1891) 

S.  114. 

;>  L.  I\illat,  De  fabula  Ariadnea,  Diss.  Berlin,  These  1. 


480  F.    NOACK 

r^en  ZNvisclion  Kreta  und  der  altisclion  Oslkiislo.  Für  eine  ur- 
sprüngliche Identität  von  Minos  und  Minyas  aber  sind  ein- 
leuflitende  Gründe  vorgebracht  worden.  Minotauros,  die  sehr 
alte  Wrehrung  des  Poseidon  txucso:  in  Bitotien  u.  a.  ni.  wer- 
den auch  die  Frage  nacli  der  theriomorphislischen  Götterver- 
ehruno;  heranziehen  lassen,  und  man  wird  sicli  ihr  ü;e2;enü- 
l»er  zwar  vorsichtiger  und  vor  allem  kritischer  vei'halten  müs- 
sen, als  es  neuerdings  gescheheu  ist',  wird  sie  aber  in  der 
Hauptsache  für  die  mykenische  Zeit  bejahen  müssen.  DerTlie- 
riomor[)hismus  reicht  noch  in  diese  Periode  aus  einer  früheren 
herein.  Sehr  gut  lässt  sich  damit  vereinigen,  dass  man  in  an- 
deren  Kultgebräuchen  und  Satzungen  der  JVlinyer  die  Merk- 
male einer  "rossen,  vorhellenischen  Kultur  erkannt  hat,  die 
ihre  Spuren  auf  den  Inseln  und  auf  den  beiderseitigen  Gesta- 
den des  äi^äischen  Meeres  zurückgelassen  habe-. 

Nehmen  wir  zu  alle  diesem  nocli  den  Charakter  der  Minyer 
als  eines  Seevolkes,  so  bleibt  nicht  viel,  was  für  ihre  Urhei- 
mat Thessalien  spräche.  Ebenso  wird  es  bedenklich  erschei- 
nen, in  den  drei  Etappen  minyscher  Wanderung,  Thera,  Eleu- 
sis  in  Atlika  und  Eleusis  am  Kopaissee,  wie  es  seit  Böckh's 
Behandlnng  der  theräischen  Inschriften  bis  in  die  letzte  Zeit'' 
geschehen  ist,  die  Zeichen  des  Weges  zu  erkennen,  den  aus 
B(")Oti('n  auswandernde  Minver  nach  dem  Osten  iiezo^en  wä- 
ren.  Der  Gedanke,  dass  vielmehr  umgekehrt  vom  Meere,  von 
der  attischen  Küste  her  Minyer  nach  dem  Ufer  des  Kopaissees 
vordrun^en  seien,  lieüt  nahe  o-enui»';  er  ist  jetzt  von  1'].  Cur- 
tius  in  der  oben  genannten  Abhandlung  ausgesprochen  wor- 
den. Die  Etappen  der  minyschen  Züge  reichen  von  Attika  wei- 
ter bis  zum  Euripos  und  nordwärts  nach  Thessalien.  Der  Weg 
führt  an  der  stillen  Bucht  von  Larymna  vorüber.  Dort  m()gen 
auch  Schaaren  der  Minyer  gelandet  sein  und  von  da  den  ein- 
zig sich  bietenden   Thalweg  zum   Kopaissee  gefunden   haben. 


'  CuoInO,  Journal  of  Uellenir  sludics  1894  'S.  82  IV. 
2  Töpder,  Atlische  Gciiealof^ie  S.  186  If. 
•'  öü  noch  Ölu(liiiczl<a,  Kyrenc,  fS.  65. 


ARNE  481 

Sic;  nannten  sicli  Temmiker  und  N\aren  zunUclisl  von  Sunion 
gekommen. 

Wie  dieses  einzelne  Beispiel,  so  wird  auch  das  Ganze  zu 
beurteilen  sein.  Gelingt  es  aber,  eine  einheitliche,  in  die  niy- 
kenische  Zeit  fallende,  minysche  Kolonisation  und  Beherr- 
schung des  ganzen  östlichen  Griechenlands  von  Tainaron  bis 
lolkos  und  auch  der  westlichen  Küste  zum  Teil  zu  erkennen 
—  nur  Tiryns  und  Mykenai  fallen  bis  jetzt  heraus — ,  so  wer- 
den die  AJinyer  auch  berufen  sein,  bei  der  mykenischen  Frage 
ein  gewichtiges  Wort  mitzusprechen.  Sie  werden  die  vom 
Osten  überkommenen  mykenischen  Kulturelemente  vermittelt 
und  ihnen  zugleich  durch  ihre  eigene  Machtstellung  zu  der 
ausgedehnten,  mehrere  Jahrhunderte  währenden  Herrschaft 
und  r^ntfaltung  verholfen  haben.  Dazu  passt  vortrelllich  der 
beiden  Mächten  gemeinsame  Charakter,  der  der  ersten  Tyran- 
niMizeit  auf  griechischem  Boden  '. 


Zusatz  zü  S.    -^63. 

Die  Burg  von  Janilsa. 

Nur  mit  der  grössten  Vorsicht  dürfen  wir  serade  aus  dem 
|)olygonalen  Baustil  chronologiscdie  Folgerungen  ziehen.  Man 
hat  zu  allen  Zeiten  der  griechischen  Baugeschichte  polygonale 
Mauern  gebaut,  und  wir  wissen  auch,  dass  man  unter  Peisi- 
stratos  sie  anders  baute,  als  zu  Tbemistokles'  Zeit  und  anders 


<  Aus  l'liili|ipsoirs  Abhand  I II 11^'  filier  diMi  Kopaissee  (Zi'ilsclirifl 
der  Oescilschari  (ür  FünUvuiide  zu  Berlin  X.XIX,  18'Ji,  ö.  I  IV.),  die  icli  erst 
wahrem!  des  Druckes  eiiiselicii  Ivonnte,  inöclile  ich  hier  kurz  auch  Kinifics 
nachlia^,'eii.  Die  Aiii^'ahe  SUaluiiis  üher  einen  Melaslluss  hei  llaliartos  ersieht 
sich,  \\'h\  auch  ich  schluss,  als  ein  Irrtum  die>es  Aulurs  (S.41).  ltei-  Aldluss 
des  Wassers  des  Sees  nach  Laryinua  zu  ( Kophalari  und  Anchoe)  fand  nach 
l'liilippsun's  auf  lue  Gesloinschiclilun-  j^'cslülzlor  Vernuiluni,' (  S.  50  f.)  niehl 


482  F.    NOAGK 

wiederum  im  4.  Jalirhnndert.  Eine  2;anz  bestimmte  Stilisiruns; 
der  polygonalen  Technik,  die  schon  im  7.  .lahrhundert  be- 
"oo-netfs.  oben  S.  4*27  Anm.  3),  setzt  eine  hindere  iMitwicke- 
liinii;  und  eine  Ausübuno;  dieses  Stiles  in  recht  Crüher  Zeit 
voraus.  Etwa  in  der  Blütezeit  des  geometrischen  Stiles  wird 
man  zuerst  polygonal  gebaut  haben,  aber  nicht  früher  und 
keinesfalls  schon  in  der  mykenischen  Periode.  Eines  der  iilte- 


duicli  die  Biniakalawüihre,  soiidi'iii  iluicli  die  wesllicli  von  dieser  ^'cloj,'onen 
Kalawollnen,  hes.dic  von  Spitia  (  Varia  )  hei  unsrcr  Doppelburg  slaU.  Dem- 
entsprecliend  dürflo  dann  aucii  t^irabon  4ü()/7  ( ReUung  von  Kopai )  niclit 
auf  die  Binia  bc/.ogen  werden.  Sclir  eiiileuchlend  erscheint  der  Gedanke 
(S.  5i ),  dass  der  Phan,  die  Ebene  dauernd  zu  entwässern,  wo!  nur  (hinn  auf- 
gekommen sein  könne,  als  der  See  periodisch  stieg  und  liel  und  man  also 
schon  von  Natur  jiilniicii  («ine  Zeitlang  trockenes  Land  hesass.  Der  See  würde 
also  von  der  Minjerzcil  l)is  heule  einen  im  wesentlichen  immer  gleichen 
Charakter  gehabt  haben.  Die  jetzt  fiMilenden  Strecken  des  Mittel- und  Siid- 
kanals  der  Minjer  will  Pbilippson  nicht  ergänzen  ( S.  61  f.).  Bei  letzterem 
hänge  die  Unterbrechung  möglicherweise  mit  den  Sümpfen  von  Ilaliartos 
zusammen;  der  Mitlelkanal  aber  führte  vielleicht  die  Wasser  der  Herkyna 
bis  zu  der  i  noch  heute  am  höchsten  gelegenen)  Mitte  des  Sees,  von  wo  aus 
dann  das  Wasser  zur  Berieselung  der  Felder  verwendet  wurde.  Damit  ist 
wol  ilie  richtige  l']rkiärung  gefunden.  Jetzt,  wo  dank  di  n  mudornen  lOntwäs- 
serungsarbeiten  derselbe  Zustand  wie  zur  Minyerzeit  zurückgekehrt  ist, 
kann  man  sich  beim  Anblick  der  weiten  ausgebrannten  l''lächen  der  Be- 
fürchtung nicht  entziehen,  es  möchte  —  ohne  eine  genügende  künstliche  Be- 
wässerung—  wie  früher  zu  viel,  jetzt  zu  wenig  Wasser  vorhanden  sein.  Hier 
möchte  ich  dann  noch  im  Gegensatz  zu  der  Angabe  S.  84  bemerken,  dass 
mir  die  weissliche  Farbe  der  Oberfläche  des  Seebodens  auf  mehreren  Strecken 
gerade  ausdrücklich  aufgefallen  ist.  Ebenso  möchte  ich  es  doch  auch  wei- 
terhin für  das  wahrscheinlichste  halten,  dass  die  unvollendet  gebliebenen 
Tunnelarbciten  und  Schachte  zu  den  Entwässerungsversuchen  des  Krates 
gehört  haben  (  Philippson  S.  G8).  Die  von  ihm  erreichte  Senkung  des  Se(>spie- 
gels  konnte  schon  der  Erfolg  seiner  Heinigungsarbeilen  in  den  Kalawotbren 
und  seiner  im  See  gezogenen  Gräben  sein;  zur  dauernden  Sicherung  wollte 
er  dann  jene  künstlichen  Emissäre  bauen,  l^nd  wie  man  heute  neben  dem 
IIau|)lableilungskanal  im  (Jsten  noch  im  Norden  den  Melas  zur  grossen  Ka- 
lawotlirc  führt,  so  konnte  auch  Krates  eine  künstlicln»  Ableitung  nach  bi'i- 
den  lücli'ungen  nebeneinander  geplant  haben.  iJass  Strabo  dii^  unvollendei 
liegen  gebliebenen  Anlagen  nicht  erwähnt,  wird  uns  nicht  wundern.  Sie 
Jagen  wol  schon  längst  wieder  halbverschüttet  und  unbeachtet  da,  wie  durch 
alle  folgenden  Jahrhunderte  hindurch  bis  zur  neueren  Zeit.  Das  Schweigen 
Slrabons  wird  man  daher  nicht  als  Icrniinits  pusl  (jucm  für  ihre  Anhige  be- 
nutzen können. 


ARNE  483 

sten  Beispiele  des  Polygonalbaues,  die  alte  Burg  von  Janilsa, 
hat  kiu'zlich  durch  E.  Pernice  die  ihr  gebührende  Beachtung 
gefunden  (s.  oben  S.  355  fV.).  Aber  es  ist  unmöglich,    in  ihr 
das  homerische  Pherai  (was  Ileberdey,  Die  l\eisen  des  Pausa- 
nias  S.  G4  angenommen  hat)  und  damit  eine  mykenische  An- 
lage zu  erkennen,    ich   kann  mich  darin  nur  der  Ansicht  von 
R.  Weil(Arch.  Anzeiger  1893  S.  140)  anschliessen.  Das  ent- 
scheidende Wort  spricht  die  Technik.   Diejenige  der  mykeni- 
schen    Pestungsmauern   ist  allerdings  keine  einheitliche ;  wir 
wissen  jetzt,  dass  man  damals  nicht  allein  •  kyklopisch'  baute. 
Das  Löwenthor  mit  seiner   Umgebung,   die  Thorbauten  von 
Gla,  und  die  Reliefdarstellung  auf  dem  Silbergefäss  'E'^r.asci; 
äc^-  1891  Taf.  2  (  =  Tsundas,   Uuy.-hxi   Tai'.  7,lj  beweisen, 
dass  man  den  Quaderbau  kannte  und  ausübte,  und  die  gros- 
sen Mauern  der  VI.  Stadt  auf  Hissarlik  sind  als  reiner  Stein- 
bau ohne  den  Lehmmörtelverband  mit  festestem  Fugenschluss 
ausgeführt.  Aber  die  charakteristische  Eigenart  des  ältesten 
Polygonalstiles,  dass  Polygone  der  verschiedensten  Gestalt  mit 
überall  sorgfältig  behauenen  Kanten  so  ineinandergefügt  sind, 
dass  horizontale  F'ugen  geradezu  vermieden  werden,  begegnet 
in  der  mykenischen   Bauweise  noch   nicht.   Und  gerade  jene 
Eigenart  tritt  deutlich  an  den  Mauern  von  .Janitsa  hervor.   Die 
umstehende  nach  einer  Photographie  gemachte  Skizze  des  am 
besten  erhaltenen  Mauerzuges  (oben  S.  358)  wird  das  genü- 
gend bestätigen.   Schon  allein  die  Art,  wie  die  kleineren  Po- 
lygone in   die  Lücken  zwischen  den  grossen  eingepasst  sind, 
scheint  mir  beweisend.  Dazu  tritt  die  'polygonale  Bauweise' 
des  Gebäudefundamentes  auf  der  Spitze  des  Berges,  die  Per- 
nice selbst  hervorhebt.  Wenn  wiiklieh  einzelne  Fugen   nicht 
mehr  ganz  fest  aneinanderschliessen,  so  ist  das  eine  Wirkun«^'- 
der  Jahi'tausende:  die  gute  gradlinige  Bearbeitung  der  Seiten 
der  Polygone   beweist,   dass  der  feste  Fugenschluss  einst  er- 
strebt und,  wie  andere  Stellen  zeigen,  auch  erreicht  war.  Das- 
selbe gilt  von  den  übrigen  lösten  auf  der  Höhe  und  an  ihren 
Abhängen.  Xaeh  den  von  Kern  angegebenen  Resten  'echt  my- 
kenischer  Bauweise'   habe  ich  vergeblich  gesucht;  selbst  bei 


'(84  F.    NOAOK 

den  ji;anz  verwitlerlon  Stücken  lässt.  sicli  Hocli  an  den  einzel- 
nen Blöcken  die  l'iir  den  polygonalen  Fui^enscliliiss  nötige  Be- 
arbeitung noch  ei'kennen.  Der  Vergleich  der  (uMlichen  V^^r- 
liiillnisse  dieser  Buii;anlai2;e  mit  der  '";anz  idenlisehen  l^aüc 
von  AJykenai'  wird  hei  o;enaner  Betrachtunii;  auf  wenige  all- 
gemeine  Ziige  heschriinkt,  wenn  er  nicht  öherhaiipt  zu  Un- 
gunsten von  Pernice'  Ansicht  spricht.  Wir  können  nach  uns- 
rer  heutigen  Kenntniss  der  mykcnischen  Burg-  und  Stadian- 
lagen (s.  0.  S.  439)  nicht  mehr  mit  einem  Schematismus  rech- 
nen,   wie   ihn  ein  solcher  \^M'i>leich  zur  Voraussetzun^r  haben 


FlO.  18. 


müsste.  Hier  haben  wir  ein  richtiges  Felsennest,  wie  sie  in 
dem  späteren  Griechenland  sehr  zahlreich  sind,  das  ohne  Ein- 
heit und  ohne  Landfriede  durch  endlose  kleine  Fehden  zerris- 
sen ui.d  gefährdet  wai".  Gerne  wird  man  mit  P<M"nice  in  dem 
^on  ihm  auf  grosse  Strecken  hin  verfolgten  Fahrweg  iiber 
den  Taygelos  denjenigen  sehen,  den  der  hemerische  Dichter 
bei  Telemachs  Fahrt  im  Sinn  gehabt  haben  kann.  Aber  ist  es 
nicht  aurt'allend,  dass  dieser  W  eg  nicht,  wie  der  heutige  fel- 
sige Anstiei*  in  der  Schlucht  Stachteas  hinauf  nach  der  Buraj 

CO  o 


AHNE  485 

von  Janitsa  und  an  ihr  vorbei  zu  der  Passhöhe  führt,  sondern 
in  dem  Revma  des  11.  Georg;ios,  das  durch  eine  nicht  unbe- 
deutende Höhe  von  Janitsa  getrennt  ist?  Auf  diesem  alten 
Wege  kam  man  also  gar  nicht  an  der  polygonalen  Burg  vor- 
bei. Die  Anlage  der  starken  Bergfeste,  die  sich  nur  als  ein 
von  lakonischer  Seite  aus  vorgeschobener  Posten  zum  Schutz 
und  zur  Beherrschung  des  Einganges  nach  Lakonien  verste- 
hen lässt,  kann  also  nur  in  eine  Zeit  fallen,  wo  man  den 
Fahrweg  wenigstens  in  seinem  westlichen  Teile  nicht  mehr  be- 
nutzte. Wäre  er  gleichzeitig  oder  später  als  die  Burg  entstan- 
den, so  hätte  man  ihn  doch  wo!  an  dieser  vorüber  geführt. 
Die  Entfernung  Janitsas  vom  Meere  beträgt  in  direkter  Luftli- 
nie etwa  25  Stadien.  Selbst  wenn  Pausanias'  Angabe  (6  Sta- 
dien) nicht  ganz  genau  ist,  kann  man  ihm  einen  solchen  Irrtum 
nicht  zumuten,  und  selbst  wenn  man  annähme,  dass  das  Meer 
in  alter  Zeit  tiefer  ins  Land  eingeschnitten  habe,  so  würde 
doch  die  Entfernung  der  Burghöhe  von  Janitsa  von  der  Küste 
noch  nicht  um  die  Hälfte  verkürzt.  Nach  Westen  zu  ist  das 
Land  flacher  und  dort  kann  das  Meer  also  einst  wol  bis  Nisi 
gereicht  haben  (oben  S.  364).  Es  liegt  demnach  kein  Grund 
vor,  die  seitherige  Ansetzung  von  Pherai  an  der  Stelle  von 
Kalamata  aufzugeben.  Dass  sich  dort  so  wenige  Überreste  des 
Altertumes  finden,  hat  Curtius,  Peloponnesos  II  S.  159,  er- 
klärt. Zu  Kalamata  stimmt  die  Entfernungsangabe  der  Alten 
am  besten  ;  ebenso  stimmt  dazu  aber  auch,  dass  Pausanias 
von  dort  in  die  Mesogaia  von  Messenien  geht  (IV  31,1:  -zoocl- 
OövTt,  also  nicht  'hinab'  wie  Pernice  annimmt):  denn  Kala- 
mata liegt  noch  nicht  in  der  Mesogaia,  sondern  in  einer  schma- 
len Strandebene  südöstlich  davon  und  ist  noch  heute  Küsten- 
stadt; wie  viel  mehr  im  Altertum,  wenn  w'w  mit  Pernice  eine 
bedeutende  Anschwemmung  voraussetzen. 

FERDINAND  NOACK. 

■ H»{-»  •^«—  ♦■}•- 

ATHEN.   MITTHEILUNGEN   XIX.  33 


MYKENISCHE  GRÄBER  IN  KEPIIALLENIA 

Soviel  mir  bekannt,  sind  Reste  mykenischer  Kultur  auf  den 
ionischen  Inseln  bisher  nicht  mit  Sicherheit  nachgewiesen  ; 
um  so  notwendiger  erschien  es  uns,  11.  Bulle,  F.  Noack  und 
mir,  bei  einem  gemeinsamen  Besuch  von  Kephallenia  ge- 
nauere l^rkundigungen  über  einen  unterirdischen  Rundbau 
einzuziehen,  der  im  AeXxiov  ap^^^aioXoyiy.öv  des  Jahres  1886 
(darnach  Athen.  Mittheilungen  1886  S.  456)  so  beschrieben 
wird  :  'Ev  K£(paX>>Yivia,  iv  tco  ywpio)  Ma^apastzra,  dcvsipxvTi  y.uxko- 
Teps;  ÜTcöyeiov  oiy-oSöaT^jv-a  (u<|'.  1,50,  oiXL/.expo;  3,60)  x.aT£(JX,£ua- 
Gixevov  ix.  7vwptv{i)v  öpOoywviwv  Xiöwv  jtaxa  t6  irroSofxix.öv  aodxYjjxa, 
xai  <JTevoü{j(.6vov  TTpo;  rk  avcü  outo)?,  ojuts  äTrOTeXei  etSo^  öoXou*  ayet 
Se  sti;  auTO  Spoixo?,  /.otra  tÖv  auröv  TpoTTOv  a)xoSo[xy)aevo?.  Dieser 
Bericht  des  Herrn  L.  Papandreu  wird  ergänzt  durch  seine  bei 
Biedermann,  Die  Insel  Kephallenia  im  Altertum,  München 
1887,  S.  7  4  abgedruckte  Mitteilung.  Darnach  fällt  die  Ent- 
deckung schon  etwa  ins  Jahr  1881.  Der  Thürsturz  lag  noch 
an  seiner  Stelle.  Die  Vermutung,  dass  es  sich  um  ein  Kup- 
pelgrab mykenischer  Epoche  handle,  welclier  an  beiden  Stel- 
len Ausdruck  gegeben  ist,  lag  in  der  That  nahe ;  befremdlicli 
war  dabei  nur  die  verhältnissmässig  geringe  Höhe  von  1,50'" 
bei  einem  Durchmesser  von  3,60.  In  jedem  Falle  war  eine 
Untersuchung  des  Baues  notwendig. 

Dass  wir,  glücklicher  als  einige  Vorgänger',  die  jetzt  fast 
unkenntliche  Stelle  wiedergefunden  haben,  verdanken  wir  vor 
allem  den  freundlichen  Bemühungen  des  Herrn  M.  G.  Avli- 
chos,  welcher  uns  mit  einem  Gliede  der  Familie  bekannt 
machte,  in  deren  Besitz  sich  das  Örtchen  Masarakäta  befindet 


'  Dass  Parlscil  (Kephallenia  S.  79)  die  Reste  aufgesuclil  halle,  war  mir 
unhekannt  irebliebcn. 


P.   WOLTERS,      MYKENISCHE   GRAEBER   IN  KEPHALLENIA  487 

und  nach  welcher  es,  wie  ähnlich  die  meisten  Ortschaften  Ke- 
phallenias,  genannt  ist,  dem  Herrn  K.  A.  iMasarukis.  Unter  ih- 
rer freundlichen  Führung  und  begleitet  von  den  stets  hülfs- 
bereiten  Herren  D.  A.  Davis  und  A.  A.  Mompherratos  mach- 
ten wir  uns  am  17.  Juni  d.  J.  auf  den  Weg. 

Das  kleine  Dörfchen  iMasarakata  liegt  dicht  bei  dem  präch- 
tigen venezianischen  Kastell  H.  Georgios,  etwas  westlich  da- 
von (vgl.  Partsch's  Karte  in  seiner  Monographie  '  Kephalle- 
nia'  oder  in  deren  Übersetzung  von  L.  Papandreu,  K£cpaXXr,via 
xai  'lOa/.Ti,  Athen  1892).  Hier  befindet  sich  im  Weinberg  des 
Dimitrios  Masarakis  der  fragliche  Bau.  Schon  als  er  entdeckt 
wurde,  war  der  obere  Teil  der  Kuppel  zerstört  und  die  Hö- 
henangabe von  1  Yo™  bezieht  sich  nur  auf  den  erhaltenen  Rest 
der  Mauer.  Jetzt  sind  die  rechtwinklig  geschnittenen  Steine, 
aus  denen  sie  bestand,  wie  es  scheint  alle  entfernt*  und  sowol 
der  etwa  nach  Süden  gewendete  Eingang  als  das  eigentliche 
Rund  des  Grabes  wieder  mit  Erde  angefüllt.  Sichtbar  war  für 
uns  deshalb  zunächst  nur  eine  Spur  der  in  den  Felsen  einge- 
tieften Rundung,  innerhalb  derer  der  Quaderbau  aufgeführt 
war;  ihr  Durchmesser  Hess  sich  auf  etwa  5"  bestimmen,  was 
zu  der  Angabe,  dass  der  Bau  3,60™  im  Durchmesser  gehabt 
habe,  passt.  Für  die  Mauer  ergiebt  sich  also  eine  Stärke  von 
10"".  Der  Deckstein  des  Eingangs  scheint  noch  an  seiner  Stelle 
zu  liegen  ;  er  misst  1 ,40  zu  0,80'°  und  ist  S?'""  dick.  Die  Thür- 
breite  muss  etwa  80"°"  betrasfen  haben. 

Der  Eindruck,  dass  wir  hier  in  der  That  ein  Kuppelgrab 
mykenischer  Epoche  vor  uns  hätten,  wurde  durch  den  Um- 
stand verstärkt,  dass  ganz  nahebei  Kammergräber  in  den  Fel- 
sen eingearbeitet  sind,  deren  mykenischer  Ursprung  unzwei- 
felliaft  ist.  Sie  liegen  ein  wenig  südöstlich  vom  Dörfchen, 
nördlich  von  der  Fahrstrasse,  die  an  Masarakata  vorüber  führt. 
Die  Stelle  heisst  ^-r'ot.  ijyn^.xTOi  und  ist  von  0.  Riemann,  Re- 


*  Schon  l'ailscli  (Kephallcnia  S.  79)  fand  i888  das  Grab  'bis  auf  einzelne 
noch  uinlicrliei^'cnde  Blöcke  vülli-,'  zerslüit.  Die  Aufnahme  eines  Grundrisses 
war  bereits  unmÜL'lich ". 


488 


P.    WOLTERS 


cherches  arch.  sur  les  fies  ioniennes  II  S.  58  kurz  be- 
schrieben, allerdings  mit  einigen  Ungenauigkeiten '.  Die  hier 
wiedergegebene  Planskizze  wird  unsere  Beschreibung  veran- 
schaulichen. 


^'^T^       fr? 


Erhalten  sind  drei  Gräber,  deren  Ausgänge  nach  Norden 
gewendet  sind;  zwei,  B  und  C,  stehen  unter  sich  in  Verbin- 
dung, doch  ist  die  Öffnung  so  niedrig,  dass  sie  zulällig  scheint. 
Auch  bei  dem  grüssten  Grabe,  A,  sind  ausser  dem  ursprüng- 
lichen jetzt  zwei  weitere  Zugänge  entstanden,  aber  otTenbar 
nur  dadurch,  dass  man  später  südöstlich  davon  den  weichen 
Kalksandstein  gebrochen  hat,  aus  dem  der  Felsen  hier  besteht; 
dieser  Steinbruch   ist  von   Riemann  irrig  für  einen  Teil  der 


<  Aufgeführt  ist  der  Name  mit  Erwähnun;,'  dor  ("iräher  auch  in  dem  gco- 
firaphischen  Verzeichniss  von  E.  Tsilsölis,  Ilapvaaao?  I  iS.852:  vgl.  Partsch, 
KephaHciiia  S.  21.  79.  Biedermann,  KephalhMiia  S.  Vi. 


MYKENISCHE    GRAEBEK    IN    KKPHALLENIA  489 

ursprünglichen  Anlage  gehalten  worden.  Seine  Auffassung  wird 
schon  dadurch  widerlegt,  dass  die  jetzt  in  den  Steinbruch 
führenden  Zugänge  im  Gegensatz  zu  dem  nach  Norden  ge- 
richteten ursprünglichen  eine  ganz  unregelmüssige  Gestalt  zei- 
sen  und  dass  ihre  Schwellen  um  ein  beträchtliches  Stück  über 
dem  Boden  der  Grabkammer  liegen,  bei  dem  grösseren,  1,50" 
breiten,  um  70"",  bei  dem  schmaleren,  75'™  breiten,  sogar  um 
1™,  ebenso  viel  als  die  ganze  Höhe  der  Öffnung  beträgt.  Auch 
an  der  Ostseite  scheint  die  Kammer  durch  Beschädigung  des 
weichen  Felsens  ihre  ursprüngliche  Gestalt  verändert  zu  ha- 
ben, wenigstens  lässt  sich  die  unregelmässige  Ausbuchtung 
hier  so  am  einfachsten  erklären.  Es  ist  allerdings  nicht  un- 
möglich, dass  diese  sowol  als  die  beiden  Öffnungen  mit  ver- 
ursacht sind  durch  Nischen,  welche  sich  dort  befanden.  Eine 
solche,  oben  halbrund  abgeschlossen,  1,40'"  lang,  1™  hoch, 
70'^'"  tief  und  ebenso  viel  über  dem  Boden  liegend  ist  an  der 
Nordostecke  erhalten.  Die  ganze  Grabkammer  ist  etwa  3  zu  6™ 
gross  und  3™  hoch,  die  Thüre  etwa  r  breit,  der  Gang  9™  lang, 
bis  zu  3,60  hoch  und  unten  1.70  oben  0,55'"  breit;  er  veren- 
gert sich  ebenso  wie  die  Gänge  der  beiden  andern  Gräber  [B.  C) 
in  der  für  mykenische  Kammergräber  charakteristischen  Weise 
nach  oben.  Die  Thüre  ist  nach  oben  spitzwinklig  begrenzt. 

Dicht  daneben  liegt  eine  zweite  kleinere  Grabkammer  {B) 
von  unregelmässiger  Gestalt;  ihre  Grösse  beträgt  etwa  2,50 
zu  2,30™,  ihre  Höhe  1,20,  der  Gang  ist  4,5'"  lang  und  0,75'" 
breit,  die  Thüre  1.35  hoch.  Im  Inneren  finden  sich  drei  be- 
sondere in  den  Boden  eingetiefte  Gräber,  bei  denen  sich  nur 
die  Breite  noch  feststellen  lässt;  sie  beträgt  (1)  44.  (2)  46  und 
(3)  W^. 

Die  dritte  Kammer  ist  wieder  etwas  grösser,  bis  zu  5™  breit, 
3,85"'  tief  und  1,35'"  hoch.  Auch  in  ihren  Boden  sind  ein- 
zelne Gräber,  zehn  an  Zahl,  eingelassen,  deren  Tiefe  zwischen 
36  (8)  und  GS'""  (10)  schwankt,  ibre  Länge  wechselt  von  0.90™ 
(8)  zu  2,12™  (7),  die  Breite  von  0,24™  (8)  zu  0,'.7™(2).  Sol- 
che besonders  eingetiefte  Gräber  sind  in  mykenischen  Graban- 
lagen nicht  mehr  ungewöhnlich.  Der  Gang  dieser  Kammer  ist 


490  P.    WOLTERS,      MYKEMSCHE   ÜIIAEUER    IN    KEPHALLENIA 

etwa  2,75™  lang  und  1,10""  breit,  die  Thüre  0,7'2  breit  und 
gegen  0,85"  hoch. 

Etwa  5'"  weiter  östlich  von  diesem  Grabe  sind  noch  die 
Spuren  einer  weiteren,  eingestürzten  Kammer  zu  erkennen. 
Ob  noch  andere  Gräber  gleicher  Epoche  ^  vor  allem  noch 
uneröiYnete,  hier  liegen,  würde  nur  eine  Ausgrabung  lehren 
können. 

Athen,  September  1894. 

PAUL  WOLTERS. 


^-»^.  ;«;  «^■».- 


'  Die   kurzo  Notiz  von  Papandrdu  bei  Bicficrmann,  Kephallcnia  S.  74 
scheint  sich  auf  die  oben  beschriebenen  Kammern  IL  C.  zu  beziehen. 


TA  EN  Tu  M0T2EIÜ  THS  AKPOHOAEÜS  ANA0EIMATA 
T^  A0HNA 

AiopicOel?  Tirpö  e'to'j;  efpopo?  tou  Mouceio'j   ty^;   'AjcpoiroXsw?,  OTrsp 

SlX   TY)V    (TTUOuSaiOTTlTa,     TCÖV     SV     aUTW     y.aTay.gtJ/.£V(i)V    6UpY)(xiTWV    OeW- 

peixai  £v  ToJv  TroXuTiaoTaTwv  -/«al  £y)C'j<]/a;  st?  tt/V  [AsXeTrjV  tcjv  ev 
auTÖ  epywv  Tri<;  apyaia?  zi'pt\^,  eupov  [y.STa^u  aXXov  [Aiy.px  7ür,X'.vx 
aya>>ao(:Tia  ä/C£(pa>.a  u'|ou?  0,10[/-.  rapiGTavra  y'jvai-/.£ta(;  {xopcpai; 
(pepouaa;  Sia  [jlsv  tti;  apiTTspa;  äaziSa,  Sia  ö£  t9i;  ös^ia?  ItcI  tou 
(TTV/Öou;  xapTTOv  7^  TTTYivov.  'Ej7.£>.£TY)<Ta  xxXoi;  Toc  xyaXay.T'.a  dxeiva 
xai  <T'jv£)cpiva  aura  Tupö?  rä  Iv  ty)  äpy^a'i'/^Y)  aiOoua-^i  ävax£i[A£vot  jJ.ap- 
[xapiva  TOtauTa  xai  uc,  ttjv  ocTTTtSot  (XTriSwv  ö£v  60iTTa<ja  vä,  Oewp-^Cü) 
aura  (ö?  IxTrpoacoxoovTa  ttiv  xax'  d^oy^'^v  etcI  t71(;  'AxpoTCO^Ecü;  Xa- 
Tp6uO(X£vyiv  öeav  'AGyivciv,  7:apa  t7;v  tce'p'jciv  iv  tö  £[Jt.ü)  epyti)  «Td 
Mvny,eia  Twv  'AGnvöv  »  ((T6>..  201)  ixcppacögicav  yv(ö{;.7)v  [xou  ttjV 
Tup-^wvooirav  7rpö(;  xa  utvo  tou  Yi[xsT£pou  a.py^ato>,6you  0.  So-pou).*/) 
ypacpöfXEva  ^  oti  TOcOra  ri(7av  dyci^^paTCi  KOpwv,  (Öpiaij-Evcdv  toÜtecti 
TcapÖEvwv  yuvat/.cüv,  >.a6o'jcwv  [j.epo?  £v  ty)  navaÖYivaixyi  7UO(i7UYi,  äirep 
ol  yov6i;  y)  oi  auyyeveii;  äfpiepouv  tvj  öea. 

Taijxa  ypi'pcüv  Ssv  Xeyw  ßeSaiw;  Tt  veov  moxi  xal  xpö  laou  o  xe 
G.  Robert  ev  rtvi  7rpay[;-aT£ta  auToo :  Eine  attische  Künstlerin- 
schrift aus  kleisthenischer  Zeit-,  SüT/upi^ETat  oti  xa  apj^aixa 
exeiva  ayäXp-axa  xoc  (pEpovxa  siaexi  ext  x£  xcLv  vwxwv  xal  xcov  7;po- 
TWTUüJv  auxcöv  xoc  l'j^vT)  XY]?  TTEpiucYii;  ßap€ap6xY)xO(;,  Y;(jav  eixove;  a'jXY^<; 
XYi;  Ö£a^  'AOyiväi;  x.al  6  y£vixo?  £(popo;  xtöv  apj(^aioxY)x(i)v  11.  Kaooa- 
Sia;  iv  xoi;  FA-UJiTOig  Tov  MouCeiov  inc  'AKpojx6?^etoc -^  (xexa 
xivo(;  £vSoia(T[jt.oC5   tö<;   'AOY)vai;   ÖEcopfii,    ö;   avacpipei   6   Robert. 


*   'ISi  TÖ  k'pyov  aÜToD:  Tä,  fcv  'AKpOTtöXei  dyd^yaTa  Kopwv.  'A0^vail892. 
»  Hermes  XXII,  1887,  aeX.  129.  135. 
3   'AOfjvai  1888  aeX.  134. 


492  n.  KASTPinTHs 

'H  'AOr,va  av£u  roiv  ToXsaf/.üJv  da^Xr/U-irwv  r.Svi  x-axo.  tov  c'. 
aiüiva  sive  G'jvy;Or,;  xai  äpx.si  va  äva^spwfxev  tÖ  dyYeiOV  TOÜ  iI>paY- 
KiCKOu  ( «  Frangoisvase  »,  tSs  xapoc  Baumeister,  Denkmäler 
TTiv.  74)  icp' O'j  V)  x-ax'  £i;o^Y;v  tt^;  'Ax,po7v6>.£Ci);  6eX  TrapiTTXTai  aveu 
Tcjv  {ZETO.  Taöra  äxapxiTviTwv  aÜTf/  yap3cx.TYipiGTt)tcöv  £p.SXr,aaTcov. 
Kai   £iv6    u.iw    äXrjÖs;   ort   y.aO'  tiv  £TCoy^y)v  iyfiVExo    tÖ    äyyEiov    toGto 

Y)     TU77t)tY)     EX^pOtTt;     TTl^    'A9r/V0C?    Sev    7)70    £i'j£Tt    0)pia(X£V71,    cI)?   7Cap£- 

TyjpYiTsv  6  Milchhöfer  (Arch.  Zeitung  1881  <7£>..  55  y.at  Athen. 
Mittheilungen  V  <j£>..  213,  TrpS.  Michaelis,  Altattische  Kunst 
azl.  23.  Friederichs-Wolters  Nr.  112-114.  Furtwängler,  Mei- 
sterwerke dil.  173  x.al  £<p£;r,<;),  OTTi;  x.ai  xpcJTo;  tov  tuttov  wpicrs 
xal  OTi  ßpaS'jT£pov  )tal  etvi  tt^;  /.araTy-Euv^?  tcüv  tt'XeiÖvcov  tyj;  'Ax.po- 
7c6).£(i);  yuvai)t£i(ov    j7.op(pcüv  6  tottoi;  tt,;   'AOtivä?  £tv£  xacÖapcöt;  Ikxe- 

Cppa<J{Jt.£VO?,     tb?     IfACpaiVETOtl     £V    Tl<7l    £V     TÖ    MoUTElCi)    TT^?    'Ax.pOx6X£(i)(; 

ava>t£i(ji.£vot(;  avayXü(pot(;  (7rp6.  t:.  y.  'EcpYiu.Epi;  äpy.  1886  ttiv.  9) 
a).Xä  xai  TryAiv  ö  tOtto;  Sev  qjaivETat  yEvixö;"  Siört  £v  tioXXoi;  TT'oXivoii; 
eIScoXioi;  y)  'AOtivä  (patvETai  iviayoO  u.ev  jy^sTO.  x.pivo'j;  /tal  yopyovEio'j, 
aXXayou  S'  o\jyi,  x.ai  öu.(o;  Ssv  ö'jvä.a£6x  vk  ^av)  ÖEwpr/Twp.EV  TOt  avEu 
Tcöv  yapax.TrpKTTix.üiv  tt;;  'AOr/Vz;  £a€Xr]aaT(Ov  EiSwXia  cö;  (j.7)  'Aöu- 
väg,  £av  äxiScoaEV  £t;  rviv  tvXyiOov  aurciv,  toöO' o-£p  Seixvuciv,  oti 
xai  xä  £x.  {;.apaapou  äyaXp.a.Ta  riaav  äcpupwaaTa  ty)  'AOyivä  tyiv 
[7.op^y5V  a'jTYi;  Eix.ovi^^ovTa  xai-£p  cpepovra  ia^Xv)aaTa  oü^l  l'6ia  tti 
Ofia  TauTY)  otov  (tte'oxvov,  x.apTvöv  potöc;  (iv  T"?i  alöouoy,  Modjrocpo- 
pou),  {;.'o>.ov  ( £v  TY)  äpyaiy/?i  alOo'jGY)),  TTrrjvöv  (TEi/.iyta),  ixo'XovÖTt 
xal  Y)  'A6r,va  NixY),  x.axä  tov  'IlXtoSwpov  (Trap'  'Ap-ox.paTicovt  ev 
>.£'^£i),  xapidxaTat  cpE'po'jaa  xap-öv  pota?  ev  xrj  Se^iX  xai  xö  xpxvo; 
dv  xYi  aptaxspy.  ^  Ta  äyxX^xaxa  xaOxa  Tirpöi;  xXkrfkoi.  (juyxpiv6[ji.£va 
evSEtxvüouG'.v  ix.avä?  T^apaXXaya?,  o\iyi  xocov  xaxa  xov  iy.axi'ju.ov, 
0(70v  x.axa  xä?  |jLop(p3i:;,  aixivEi;  Tcapidxavxai  'iyo\>oa.i  xutüixov  xi  jaei- 
8ia[;-a,  xai  xo'j?  öcpOaXi^.o'j?  vXkdi;,  7:ap'  (x>L>.aic,  ä>.>>a  x6  xotouxov  öev 
xcüXÜEi  Yip-a;  vä  aTToSs/^OojixEv  öxi  aoxai  Sev  r^Tav  ii'peiai  O'jSe  Kopai, 
aXX' £ix6v£(;  auxYi?  ty]?  Geo.;  'Aönväg.  'O  Winter  y^Sy)  (Arch.  An- 
zeiger 1893  oeX.  146)  (XE'po?  xoiv  äyaXu-axwv  xo'jxcov  yuvaixEtai;  (Ji-op- 


^  lipo,  Koscliers  Lexikon  I  aeX.  G89.  Arcli.  Zciluiiy  1865  Jtt'v.  12,1. 


TA  EN  TQ  MOrEEin  THE  AKPOnOAEQE  ANASHMATA  TH  AeHNA       493 

OTi<;  OEwpYiTOc;  (I);  Oea.?,  [^.iav  I;  a-Jxüiv  ^AIiütv.  oj;   'A-ppooi-iov     IIäv- 

S-/1[7,0V    Sl£/C-/ip'j;£,     CTY)pi^Öa£VO<;     £t?     TO    OTl    £771    TTi?     'Ay.pO-OA£(0;     /.X'. 

aXkoi  aX>.wv  Ö£(I)v  vaol  uTTv^p/ov  xal  Siot«.  rä  Ix,  TnriXovi  filöwA'.a,  Öj; 
)i£Y£i,  OECOuTt  TO.  cüu.SoXa  oüyl  aovov  TT,;  'A0r,v3c;  aA^.o,  y-al  tt,; 
'ApTfijX'.Soi;  xai  'A(ppoStTri;,  r,TOt  Sop/.iSa,  ttttivÖv  r,  p-9]).ov.  'Hu,£i(; 
op.(i>;  £7:ava)vau.?7.vop.£v  y.al  TräXtv  vä  £l'-o)a£v,  oxt  Tcäoai  auxat  eIcIv 
eix6v£(;  auT-?;;  xr,;  'AOr,va;  Jtal  ou/_l  'Aöuvami  Kopai  ävwvuu.oi,  ü>; 
U7r£0£'7£V    6    Lecliat    £V    77)    aÜTO'J    SiaTpi^Y,     C(  TtCpl    Tcöv    doj^aiKOJv 

dyttA-uaTOJV  twv  'Aönvwv  »  ty)  Sr,u.oc;i£u6£iaYi  sv  tö  AeT^ti^  Tr^; 
'EXXr,viy.v;i;  'AX'XYiXoYpa9ia(;  2.  Atori  v]  uiv  ttocött]  Occopia  5t'.  St)- 
XaSy]  Yjdav  U'pEtai  y.XT£T:£a£v  •/]S■(^  ivTE^oi?,  axE  p.7)  (pEoooaa  <jxoi/£ia 
cuvcfcöovxa  Trpo;  auxr^v  xr,v  q)ucrtv  xojv  lepE'.wv,  aixivE?  r^^av  '.gooioi,  v)  0£ 
Tevvi/cy)  i()yxaix  xcov  äyaAty.Äxwv,  — oirjOsvxcov  ivxö?  TjaiGECü;  xEpi'TkO'j 
alövo?,  £iv£  (pucix.öv  va  ■r:xoiyri  S'.acpopic  xiva;,  aXX'  ouyl  x.ai  xo  ivöö- 
Gi{XOV  oxt  Eive  iepeicil-  y.aOoxi  xx:  'h  'AOr,vÄ  p.iav  x.al  p-övYiv  lepsiav  £i/£v 
tffößiov  xai  ou^l  ttXeio'j;.  Asv  Suvaa£0x  Se  va  u7ro9£'<j(j)f;.£v,  oxi  ivxo? 
j^povDcoö  Sia(Jxyip,axo;  r;;J-i'j£w?  aloüvo?  (XtüeOxvov  ifjapiGaoi  U'pEiai,  sxv 
aTTiSwy.Ev  Et;  xo  Tzlrfio;  xG)v  7:Ept(T(i)6£vxa)v  Y)aiv  xo'j  auxo'j  Eiöoui;  ayaX- 
{jLaxtüv  Y'jvaDtEia?  [;-op(p-0(;.  MoXovoxt  /.al  xouxo  xoXi^Exat  tiw;,  iäv 
eiTvwjxEv  oxi  /taO'  oXov  xöv  ßiov  aux?;;  v)  U'pEia  Sev  7rpo<7£'cp£p£v  ev  ao- 
vov avaXfjLa  aüxvi;,  äXXo,  ttXeiovoc,  y-xl  oxi  — Xr,v  xcjv  (ECE'.öiv  ÜTTvipyov 
xai  aX>ai  (juvuTryipExpiat,  ai  'AppY](p6poi,  al  Kavio<p6poi  y.ai  xoaai  aX- 
Xai  y.opa!,,  6X6)tX7ipov  JipocTCOJilKOV  x9i?  XaxpEiag  xvi;  'A6-/)vai;  stTroTE- 
XoOcrai,  aixtvE^  rjSuvavxo  vä  i(pi£pü)7(i)<jiv  ayaX^JLX  xi  a'Jxri  x-/i  'AOrvx. 
'H  §£  SeuxEpa  OEupta  oxi  eive  KÖpcii,  o);  6  ÜO'pO'jX-io;  laj^upi^Exat, 
ßaciCöp-Evoi;  £TCt  -zTiC,   ETvtypafpyi; : 

TeJvSe  y.opEv  avEÖEX-Ev  X7:xpyh  ,  .  .  Xöj^o?  xy^x^, 

ev  ol  IIovxo{A£'8[ov  ypu'jOxpta[t]v'  izopsv  "^ 


'  "Oti  7)  nav87;[jLO;  'AfpoSiTi)  rj'Sr]  xaiä  tou;  äp/aiOTaTOj;  ypdvoj?  eXaipsueTO  eni 
TTjs  'Axpo^öXew?  Seixvuc'.  aydXidv  Ti  ei?  Eüpirioou  'In-dXuiov  30,  e/ov  outw?  : 
'A(|)poöixng  vciöv  iöpüdadOai  xnv  <I>aiöpav  ^nctiv,  feKd?.ecJe  öe  'A^po- 
öixnv  t^'  'InnoPvVTW,  o  vvv  Kai  'Itctxo/.ütciov  Ka?.oücJi.  Tpv.;  Ita- 
Ypaaai  EupeOsTaat  xaxi  tö  MA.  [J.e'po;  t^;  'Axpo::dXe(.o;  xat  orjjxoiiE'jÖEiaa'.  £v  tw  AeX- 
Tuo  1888  oeX.  187  xat  1889  aeX.  127  xal  lifE^r;;,  ävrjxouaiv  ei;  touto  tÖ  iecov. 

2  B.  C.  II.  1892  asX,  206. 

3  H.  G    LulIiagj'Apxa'oXoytxdv  AcXiiov  1890  a^X.  14G.  U.  I.  A.  IV,  I  jeX.179 


494 


n.    KAETPIQTHE 


ö£v  eive  öuvaTOv  va  yivri  acfTvaaTr;*  Siört  yj  eTviypacpy}  xal  (xovaSiKTj 
£tv£,  aXXco;  ö£  xal  t6  7r£pi£j^6[Jt£VOV  auTvii;  avaypafpoucyi;  (X7rapj^y)v 
aYpa(;  u(p'  aXtEw;  xpö;  tov  novTOfxeSovra  üodEiScüva  ri  i/.xXko^,  xaö' 
Yiaai;,  rpo;  Tr;v  'AOiovav  \  y)"^  Trap£Gjr£  tw  aXui  6  ^(^puaoTpiaivo;  Ilo- 
(jscoöjv,  ouo£jj.iav  ^aivEtai  i'yov  n'jf^iciv  xpö;  Tr)v  no>.'.ouj(^ov  'AOrivöcv 
ttXvjv  T>i<;  spiöo;  auT7i(;  Trpc«;  tov  OoTEiSüiva,  7r£pi  •:^<;  Ssv  £tv£  EuKaipov 
va  EiTTcofzev  ti  EvxauGa.  'Ejcto?  Ss  toutou  Sev  7rp£Tir£i  £VT«.06a  ty)V 
Xe^iv  Kopnv  va  6£wpvi(jwjj!.£v  w;  SinXoCaav  Kopnv  napöevov  olav- 
öYi7roT£,  aXXa  dyciA.'j.ia  1^  oia<7^-/i7roT£  xaxETx.fiuadfj'.Evov  uX-/i;,  xai  ouj^^l 
ix.  y6^o\j  Ti  TTTilou  d);  opi^ei  aurö  6  toc;  pviTOptxcic?  li^nc,  auvra^ai;^, 
u>.{öv  6$  (ov  y.aT£C)>4£ua^ov  toc?  >.£You'.£va;  7:'Kxyy6vy.<;  -/.(xl  TcapaSEiyfxa 
£;^op,gv  Toc?  fAapi/.apiva?  KapvdiiSaca;  auXcö?  xopa?  xaXoudiv  oi  ap- 
j^aiot,  iTCOfXEvcoi;  tv^v  >.£^tv  icopev  G£(i)pou(^.£v  TauT6(jyi[7.ov  Trpo;  tyiv  Itci 
Tou  ßÄöpou  Tou  aYixX[i.aTO?  xou  'AvTYivopo?  <j'ja7rXy}pw6£i(7av  utco  toG 
Kirchhoff  (G. I.A.  IV,  1  atk.  181)  Xe^iv  dya^^i^ia.  "Üaxe  Skv  SuvcSc- 
[xeSa  7)  ouTco;  -^  a^Xw?  va  ÖEwpyi/TwjxEv  xa  äyocXjxaxa  xauxa,  ö;  i<0- 
pwv  i8i03TiOcov,  aXX'  (I)?  aux9]?   xvi?   öedg  'AGnvdc. 

Oapofxoiai  ö£  Tupö?  t7]v  iTCiypacpvjv  X7)v  ava^Epoufrav  xat  >>£^iv  k6- 
pnv  tcXtiv  x9i;  avaXoyo'j  sv  xö  ap-/_.  AeT^tico  (1890  (teX.  146):  Kogn 
•^gvön  ini  rnnKriq,  döiaö^ioc,  rizK;  eIve  äv5cOr,[j.a  ex,  xoG  vaou 
XTi;  'AOviva?,  i)7uapj^_ou(jt  )tat  aX>.ai  (tt.  j^.  at  £v  xcp  äpy.  AeT^xiw 
1888  <7£>..  94-95  Sinao^iEuOEiTat),  Iv  al?  75  'AÖTjva  y-a>.£ixai:  naiq 
Aioc  laey^^ou  xai  xopn  Aiog  y-syd^^ov,  1^  wv  g>;  xopriv  TrpE'Trst 
va  voyi(7(i)(;.£v  xtjv  'AGrivav.  'AtcXoj;  Se  y)  xou  'Avx'^vopo;  ETCiypacpv) 
Xfi'yei  OTi  t6  ä.yxki/.a.  xoOxo  (xt)?  'AG'ova?  S'/5>.aS7i)  avaxiGrifft  xvj  Geä 
[zYi  *AG?iva)  otoxi,  (o?  yvüjffxov,  ottou  xy;?  'E^aSo?  lyE'vovxo  ava- 
(Txacpal  t'jpiB'nnx^  ayaXj/axa  av?)>covxa  auxT)  xy)  ev  auxfi»  >.aTp£uoaE'vyi 
Geoxvixi  E5txö;  oXiywv  TTEpiTrxwaEco;"  w«;  ev  Ayi^o)  EupsGy)  y;  Ni)fir)  xou 
'Apj^Epfxou  a(pi£pa>{ji.£V7i  Tü  auxöQt  vaC»  xou  'AttoXXwvo;,  etci  xyi?  'A)cpo- 
tcoXeü);  Ss  'AGyivcüv  EupEGvicav  NiJtat. 

'Eav  XoiTCOV,    xa  etti  xti;   'A)tpo7v6>>£(i)?  EupsGEVxa  aya^p-axa  Tvapa 


^  Qs  6  x£pa[Ji£'j?  ex  iCJv  xepajiwv  aTiap/ä?  Trj  'AOtjvöc,  ev  t^  eniypa«})^  tou  ^pyoo 
TOU  AvTrjvopo;,  ojtu)  xal  6  ocXieü?  w;  (XTiapyfjV  aypa?,  i^v  eSwxev  auTO)  6  IloaeiSäiv, 
TT)   'AOriva. 

2  'I8e  Bekkeri  Anecdola  Graeca,  T^.  A'.  272.  31.  np6.  xal  M^y*  'E^uH^o- 
Xoyixöv  ev  >i5£i  KopoJX?vdöTng. 


TA  EN  TQ  MOrEEIQ  THE  AKPOnOAEÜE  ANA.eHMArA  TH  AeHNA       495 

Tov  vaov  T'o;  rioXixSo;  'AOtoväi;,  y^apa/.T-opiTwiy.ev  w;  xyxkiLxrx  KO- 
pwv  ri  a)J(i);  ttcü;,  tote  ttw;  I^Y^ysiTai  -/i  c/eSöv  £>.Xei'];i;  aya^^fy-iTOJv 

TV);  'AxpozoXsw;,  ty;?  x.ar'  l^o/r^v  OcX;  Tr^?  'AxpoTToXeoi?,  £/.  tou  vaoO 
t95?  oxoia;  Trpoepyovxat  ötTcavTa,  Ikzoi;  av  uTCoOeTWj^.ev  ort  tx'jtx  aev 
IxXäxvidav,  St£Tr,py)0'/T7av  öe,  w;  u.Ti  o^pe'Ae,  tÖc  a>.>va. 

Tou  cup-SoXou  TTJ;  'Aö'^vöt;,  T'/i«;  a«T7i:iSo?,  Tuapa  TOt?  Y)[xeT£poi;  ö'jtI 
tcyiXivok;  E'.SwXtoi?,  £>t  tti;  ivuTrÄp^ECix;  tti?  7r6pix£(paXaia;  ev  -KXehz'-A^ 
£T£poi<;  TUTj'XivoK;  elSw'Xioic,  £>t  t-o«;  oaoio-r'/iTO;  täv  utc'  apiO.  543, 
673,  674,  680,  685  (KaTaX.  Mo'j(j£iou  'A-/.poT.6U(^<;  tzo^.  Win- 
ter, Arch.  Anzeiger  1893  ciX.  142j  xal  tüoXXwv  aXXcov  xrAtvwv 
£(S(i)Xiü)v  7rapi(JTcövTWV  'AQtivkv  xai  ä<pt£pcoL/.£v(ov  T-?i  Oez  xa'jT'ri  ui; 
x.al  iy.  Twv  xa6-/i[;.£V(ov  tc-j^Xivwv  EiöwXiwv  täv  ev  T-?i  y'.  aiOouG'/i  tou 
Moudeiou  äva}t£ip.£V(ov,  wv  xa  Tz'kilnrx  «pEpouaiv  ettI  xoO  cxr/Oo'j;  xr;v 
xe(paX-/iv  xfi(;  MeSou^ty)?,  xat  dx.  tuoXXcöv  ixXXcov  tt-zi^ivcüv  eiScüXiwv  »pe- 
povTWv  xöv  a'jxöv  Tupo?  xöv  x(öv  [j.ap[/.apiv{ov  äpj^aix.ü)v  ayaX{/.aT(i)v 
ijjt.axKjpt.6v  d)?  x.ai  atyiSa,  £)t  tcgcvtcov  touxwv,  ^Eyco,  IvKjj^uotxEvoi  Sü- 
cjy^{C6[t.iBx  oxt  xä  iv  x-?!  ai.^yxiy.ri  alOouTio  xoO  Mo'jceiou  xri«;  'A/tpo- 
TCÖXeco?  yuvaiKsta;  [xopcpri;  x^yx'iy.k  ayaX[;.axa,  aTCsp  xo  {/.ev  -nrpwxov 
(b^  icpeiai  Etxa  ox;  Kopai  l^apaxxTipicÖYi^rav  xai  utc'  aXXwv  ocXXü)?, 
elciv  äyaXaaxa  aving  xauxnc  xvi;  Ösä?  utto  Sia^opoiv  TrpoawTCcov 
6TCI  di(X<p6poi(;  eu)taipiai(;  acpiepwÖEvxa  xy)  Geä;  tcoXiouj^w  x9i;  tcoXeco; 
'AOriva. 

'A9"if)VYi(ji. 

n.  KASTPIQTHS. 


-t>-i^Sy^o- 


DIE   AUSGRABUNGEN   AM   WESTABHANGE 
DER  AKROPOLIS.  I. 

(Hierzu  Tafel  XIV) 

Allgemeine  Übersicht. 

Das  Bild  der  alten  Stadt  Athen,  welches  die  Altertumswis- 
senschaft in  jahrelanger  Arbeit  entworfen  hat,  ist  noch  in  sehr 
vielen  Punkten  ein  Phantasiegemälde.  Zwar  sind  durch  die 
Auso-rabunoen  der  letzten  60  Jahre  und  durch  die  Studien 
vieler  Forscher  manche  Teile  des  Bildes  aufgehellt  und  end- 
eültii?  fest2;estellt  worden,  aber  noch  immer  siebt  es  nicht 
wenige  dunkle  Stellen,  noch  immer  hat  die  attische  Topo- 
graphie eine  Anzahl  offener  Fragen.  Selbst  über  einige  Kern- 
punkte der  Stadtgeschichte  und  über  die  Lage  mehrerer  wich- 
tiger Heiligtümer  und  öffentlicher  Gebäude  gehen  die  Ansich- 
ten der  Fachgelehrten  noch  sehr  weit  auseinander. 

Wo  lag  die  älteste  Agora  Athens  und  wo  die  spätere  Agora 
mit  der  Könii'shalle  und  den  anderen  Stoen,  mit  den  Tem- 
peln  des  Apollon,  der  Göttermutter  und  des  Ares,  mit  dem 
Buleuterion  und  der  Tholos  und  mit  der  alten  Orchestra?  Wo 
ist  das  Eleusinion  mit  seinen  Tempeln  und  übrigen  Anlagen 
anzusetzen?  Wo  hat  man  sich  die  älteste  Stadt  zu  denken, 
jene  alte  Polis,  welche  Thukydides  (II,  15)  schildert?  Wo  la- 
gen die  uralten  Heiligtümer,  welche  Thukydides  dieser  älte- 
sten Stadt  zuteilt,  nämlich  die  älteren  Heiligtümer  des  Zeus, 
des  Apollon  Pythios,  der  Ge  und  des  Dionysos,  und  wo  lag 
die  alte  und  einzige  Stadtquelle,  die  Kallirroe,  welche  Peisi- 
stratos  zu  der  berühmten  neunmündigen  Enneakrunos  umge- 
baut hatte  und  welche  jener  ältesten  Stadt  so  nahe  war,  dass 
ursprünglich  alle  Athener  ihr  Wasser  dort  holten? 

Von  den  Fachgelehrten  wird  man  sehr  verschiedene  Ant- 


DIE  AUSGRABUNGEN  AM  WESTABHaNGE  DER  AKROPOLIS.   1.  497 

Worten  auf  diese  Fragen  erbalten.  Viele  glauben  die  vier  alten 
Heiligtümer  und  die  Enneakrunos  südösllicli  von  der  Akro- 
polis  am  liissos  nachweisen  zu  können.  Sie  meinen  auch  in 
der  Attalosstoa  eines  der  Gebäude  des  Marktes  zu  besitzen. 
Die  älteste  Agora  suchen  Manche  im  Süden  der  Akropolis  und 
die  uralte  Polis  denken  sich  Viele  bis  in  die  ?sälie  des  liissos 
reichend.  Ich  halte  diese  Ansichten  aber  für  unrichtig.  Die 
Attalosstoa  gehört  zu  der  hellenistischen  Erweiterung  der  al- 
ten Agora;  diese  selbst  lag  seit  den  ältesten  Zeiten  westlich 
und  nordwestlich  von  der  Burg  in  der  Niederung  zwischen 
dem  Theseionhügel  (dem  Kolonos  Agoraios),  dem  Areopag 
und  der  Pnyx.  Von  ihr  ist  meines  Erachtens  noch  kein  einzi- 
ges Gebäude  gefunden  worden.  Und  jene  bei  der  ältesten  Stadt 
gelegenen  Heiligtümer  glaube  ich  seit  langer  Zeit  nicht  im 
Südosten  beim  liissos,  sondern  im  entgegengesetzten  Teile  der 
Stadt,  nämlich  am  westlichen  und  nordwestlichen  Abhänge 
der  Akropolis,  ansetzen  zu  müssen.  Die  älteste  Polis  umfasste 
nur  die  Akropolis  und  ihren  südlichen  und  südwestlichen  Fuss 
und  hatte  ihr  Ilauptthor  gegenüber  dem  Areopag. 

Die  Gründe  für  diese  abweichenden  Ansichten  habe  ich 
bisher  noch  nicht  veröffentlicht,  weil  icli  alle  die  schweben- 
den Fragen  durch  den  Spaten  endgültig  zu  lösen  hoffte.  Es 
schien  mir  zwecklos,  die  Theorien  über  Alt- Athen  um  eine 
neue  zu  vermehren,  solange  der  Boden  selbst  noch  nicht  ge- 
nügend befragt,  und  nicht  einmal  der  Versuch  gemacht  war, 
die  vielumstrittenen  Gebäude  selbst  aufzufinden. 

Schon  im  Jahre  1887  habe  ich  im  Auftrage  des  Instituts 
die  ersten  Ausgrabungen  zur  Bestimmung  der  Lage  und  Aus- 
dehnung des  Marktes  vorgenommen,  indem  ich  westlich  und 
nordwestlich  vom  Areopag  einige  Gräben  aushob.  Obwol  meh- 
rere Gebäude  gefunden  und  auch  die  von  der  Agora  zum  pi- 
räischen  Thore  führende  Strasse  entdeckt  wurde,  war  der  Er- 
folg nicht  bedeutend,  weil  die  Bauwerke  wegen  der  geringen 
Breite  und  grossen  Tiefe  der  ausgeworfenen  Gräben  in  Bezug 
auf  ihre  Gestalt  und  ihren  Zweck  unerkannt  blieben  (vgl. 
Athen.  Miltheilungen  XI  S.  'i53). 


498  \V.    DOEBPFELD 

Trotz  dieses  wenig  ermutigenden  Anfangs  unternahm  ich 
im  Anfange  des  Jahres  1892  neue  Ausgrabungen,  zu  denen 
die  Centraldirection  des  Instituts  wiederum  die  Mittel  bewil- 
ligte. Diesmal  waren  die  Ergebnisse  so  befriedigend,  dass  mir 
für  die  beiden  folgenden  Winter  1892-1894  vom  Institut  wei- 
tere Geldmittel  zur  Verfügung  gestellt  wurden.  Vorläufige  Be- 
richte über  die  erzielten  Resultate  erschienen  in  dieser  Zeit- 
schrift (XVI  S.  443;  XVII  S.  90  und  439;  XIX  S.  143). 
Unter  den  Funden  waren  die  wichtigsten:  die  von  der  Agora 
zur  Akropolis  führende  Fahrstrasse  und  mehrere  andere  Wege, 
ein  kleines  Heiligtum,  über  dem  später  eine  Lesche  erbaut 
w^ar,  mehrere  Privatliäuser,  der  Bezirk  eines  Heilgottes,  das 
Versammlunfirshaus  der  lobakchen,  unter  ihm  die  Ruinen  ei- 
nes  alten  Heiligtums  des  Dionysos  und  endlich  wichtige  Reste 
des  in  erster  Linie  gesuchten  Stadtbrunnens,  der  berühmten 
Enneakrunos. 

Leider  konnten  wir  nur  kleine  Stücke  dieser  Anlagen  aus- 
graben. Ihre  vollständige  Freilegung  war  aus  einem  doppelten 
Grunde  nicht  möglich.  Erstens  war  die  Erlaubniss  zur  Vor- 
nähme  der  Grabunoen  von  den  Besitzern  der  Grundstücke 
nur  unter  der  Bedin^uno;  erteilt  worden,  dass  die  Gräben  und 
Löcher  wieder  zugeschüttet  würden.  Es  mussten  daher  die 
ausgegrabenen  Erdmassen  zu  Hügeln  aufgeschüttet  werden, 
>velche  bei  der  Fortsetzung  der  Arbeit  immer  hindernd  im 
Wege  lagen.  Zweitens  waren  die  Mittel  so  beschränkt,  dass 
nur  mit  wenigen  Arbeitskräften  und  nur  für  kurze  Zeit  ge- 
graben werden  konnte. 

Beide  Hindernisse  sind  jetzt  gehoben.  Als  im  vorigen  Win- 
ter wichtige  Gebäude,  zahlreiche  Skulpturen  und  mehrere  In- 
schriften gefunden  wurden,  entschloss  sich  die  griechische 
Regierung  den  ganzen  Westabhang  der  Akropolis  zu  expro- 
priiren  und  dem  deutschen  Institute  zur  Ausgrabung  zu  über- 
lassen. Zugleich  erteilte  sie  die  Erlaubniss,  die  sämtlichen 
Erdmassen  fortzuschaffen  ;  an  eine  Wiederverschüttung  der 
freigelegten  Gebäude  ist  jetzt  nicht  mehr  zu  denken.  Das  In- 
stitut ist  der  griechischen  Regierung  hierfür  zu  grossem  Danke 


DIE   AUSGRABUNGEN   AM    WESTABMANGE    DER   AKROPOLlS.    I.  499 

verpflichtet.  Insbesondere  möchte  ich  dem  Herrn  Minister- 
präsidenten Ch.  Trikupis  und  dem  Herrn  General -Ephoros 
P.  Kavvadias  auch  liier  meinen  verbindlichsten  Dank  für  die 
wohvollende  Unterstützung  des  Unternehmens  aussprechen. 

Sodann  haben  eine  grössere  Anzahl  deutscher  Altertums- 
freunde auf  Antrag  der  Herren  Prof.  A.  Conze,  Gesandten  Dr. 
Krüger  und  Prof.  Theodor  Mommsen  dem  athenischen  Insti- 
tute die  Mittel  zur  Verfügung  gestellt,  um  den  ganzen  Winter 
189''i/95  hindurch  mit  reichlicheren  Arbeitskräften  graben 
und  ein  grosses  Stück  des  westlichen  Burgabhangs  aufdecken 
zu  können.  Den  Veranstaltern  des  Aufrufs,  sowie  den  gütigen 
Gebern  hier  öffentlich  den  wärmsten  Dank  dafür  auszuspre- 
chen, ist  mir  Bedürfniss.  Beiträge  haben  gezeichnet: 

Der  Herr  Reichskanzler, 
Herr  Erdwin  Amsinck  in  Hamburg, 
Herr  Generalintendant  Dr.  Bürklin  in  Karlsruhe, 
Herren  Delbrück,  Leo  und  G"  in  Berlin, 
Herr  Professor  Dr.  Friedberg  in  Halle, 
Herr  Freiherr  von  Heyl  zu  Herrnsheim  in  Worms, 
Frau  Geheime  Commerzienräthin  Herz  in  Berlin, 
Herr  Commerzienrath  Heinrich  Lehmann  in  Halle, 
Herr  Franz  Freiherr  von  Lipperheide  in  Berlin, 
Herr  Arthur  Löbbecke  in  Braunschweig, 
Herr  Professor  Dr.  Martius  in  Bonn, 
Herr  Geheimer  Commerzienrath  Ernst  Mendelssohn- Bartholdy 

in  Berlin, 
Herr  Franz  von  Mendelssohn  in  Berlin, 
Herr  Robert  von  Mendelssohn  in  Berlin, 
Herr  Geheimer  Commerzienrath  von  Mevissen  in  Köln, 
Herr  Hugo  Oppenheim  in  Berlin, 
Herr  Jakob  Pini  in  Hamburg, 
Herr  Professor  Dr.  Schultze  in  Bonn, 
Herr  Ferdinand  Scipio  in  Mannheim, 
Herr  Geheimer  Commerzienrath  Gustav  Siegle  in  Stuttgart, 
Herr  W.  Spemann  in  Stuttgart, 
Herr  Geheimer  Commerzienrath  Dr.  Kilian  Steiner  in  Stuttgart, 


500  W.    DOERPFELD 

Herr  Geheimer  Commerzienrath  Veit  in  Berlin, 
Herr  R.  Zanders  in  Bergiseh-GIadbaeli, 
Herr  Josef  Ziintz,  Königl.  griechischer  Consul  in  Bonn, 
ein  Ungenannter. 

Die  neuen  Auso;rabunoen  haben  im  Oktober  1894  besonnen 

CO  o 

und  sollen  ohne  Unterbrechung  den  ganzen  Winter  hindurch 
bis  Ostern  fortgesetzt  werden.  Die  erste  Aufgabe,  welche  uns 
gestellt  war,  bestand  in  der  vollständigen  Freilegung  des  im 
vorioen  Jahre  entdeckten  Heiligtums  des  Dionvsos  und  seiner 
nächsten  Umgebung.  Nachdem  diese  Arbeit  Anfang  Dezem- 
ber beendet  war,  ist  als  zweite  Aufgabe  die  Aufdeckung  der 
Stelle  des  alten  Brunnenhauses  nnd  des  Platzes  vor  ihm  in 
Angriff  ü;enommen  worden.  Zuii;leicli  soll  die  Erforschung;  der 
alten  Quellen  und  der  grossen  Wasserleitung  des  Peisistratos 
zu  Ende  geführt  werden.  Unsere  dritte  Aufgabe  wird  die  gänz- 
liche Aufdeckung  des  früher  gefundenen  Bezirks  eines  Heil- 
gottes,  des  kleineren  Asklepieions  sein.  Viertens  werden  wir 
das  Eleusinion,  das  oberhalb  des  Brunnens  gelegen  haben 
muss,  aufsuchen  und  einen  Teil  desselben  ausgraben.  Ob  wir 
noch  in  diesem  Jahre  dazu  kommen  werden,  den  ^^'estabhang 
des  Areopags  in  Angriff  zu  nehmen,  um  nach  dem  Odeion.  der 
Orchestra  und  dem  Ares-Tempel  zu  suchen,  lässt  sich  noch 
nicht  übersehen. 

Die  eingehende  Veröffentlichung  der  Resultate  dieser  Ar- 
beiten soll  in  der  Reihenfolge  stattfinden ,  in  der  die  Gebäude 
freigelegt  werden.  Wir  gedenken  mit  dorn  Heiligtum  des  Dio- 
nysos, dessen  Ausgrabung  vollständig  abgeschlossen  ist,  zu  be- 
ginnen. 

Zum  besseren  Verständniss  dieser  einzelnen  Aufsätze  ist  es 
nötig,  zunächst  einen  kurzen  Überblick  zu  geben  über  die 
sämtlichen  bis  jetzt  gefundenen  Strassen  und  Bauwerke,  Es 
geschieht  dies  im  Anschlüsse  an  einen  auf  Taf,  l'i  veröffent- 
lichten Plan,  welcher  den  ganzen  unteren  Teil  des  Westab- 
hanges der  Akropolis  im  Masstabe  1:1000  enthält,  und  des- 
sen einzelne  Teile  später  grösser  wiederholt  werden  sollen. 
Die  Tafel  musste  wegen  des  Formates  dieser  Zeitschrift  so 


DIE   AUSGRABUNGEN   AM    WESTABHANGE    DER    AKROPOLIS.    I.  501 

orientirt  werden,  dass  Osten  oben  und  Norden  links  liegt.  Am 
unteren  Rande  des  Planes  sieht  man  den  östlichen  Felsabhang 
des  Pnyxhügels  und  am  linken  Rande  die  südwestliche  Ecke 
des  Areopags.  Die  heutige,  mit  Bäumen  bepflanzte  Fahr- 
strasse, welche  vom  sog.  Theseion  zur  Akropolis  hinaufführt, 
ist  auf  dem  Plane  an  den  die  Bäume  bezeichnenden  kleinen 
Kreisen  zu  erkennen;  sie  läuft  am  Abhänge  des  Pnyxhügels 
entlang,  biegt  am  rechten  Bande  des  Planes  nach  Osten  zum 
Herodes-Theater  um  und  wendet  sich  in  noch  grösserem  Bo- 
gen wieder  nach  Nordosten  zum  Thor  der  Akropolis.  Das  letz- 
tere ist  gerade  über  der  Mitte  des  Planes  in  einem  Abstände 
von  10™  (==  100'")  anzusetzen. 

Die  von  uns  aufgedeckte  alte  Fahrstrasse,  welche  ungefähr 
dieselbe  Richtunür  und  Steiuun»;  wie  die  heutige  hat,  ist  auf 
dem  Plane  durch  eine  volle  Punktirunii;  hervorgehoben.  Wo 
sie  noch  nicht  festgestellt  ist,  sind  ihre  Einfassungslinien  auch 
punklirt,  Sie  war  einst  die  Hauptfahrstrasse  vom  Markt  zur 
Akropolis.  Ihre  Lage  und  Richtung  konnte  im  Grossen  und 
Ganzen  jeder  Techniker  im  Voraus  nach  den  Bodenverhält- 
nissen bestimmen.  Ich  habe  sie  so.  wie  sie  sich  jetzt  heraus- 
gestellt hat.  seit  Jahren  in  meinen  athenischen  Vorträgen  an- 
genommen  (vgl.  Jane  E.  Ilarrison.  Ancient  Athens,  Plan  der 
Agota);  ebenso  hat  auch  Paul  Weizsäcker  mit  Unterstützung 
eines  Fachmannes  in  seinem  Aufsatze  über  den  Markt  von 
Athen  (Jahrbücher  für  klassische  Philologie  1887  S.612)  die 
Fahrstrasse  schon  früher  in  richtiger  Weise  gezeichnet. 

An  der  rechten  Seite  unseres  Planes,  wo  die  alte  Strasse 
den  grossen  Bogen  macht,  um  das  Burgthor  zu  erreichen, 
zweigten  sich  mehrere  Wege  ab.  welche  einerseits  hinauf  zur 
Pny\  und  zu  dem  Stadtteile  Koile.  andrerseits  hinunter  zum 
itonischen  Thore  führten.  Hier  war  also  einer  der  wichtigsten 
Kreuzwege  im  alten  Athen.  Bis  zu  diesem  Punkte  hat  mei- 
nes Erachtens  auch  Pausanias  bei  seiner  Wanderung  vom 
Markte  aus  unsere  Sti'asse  verfolgt,  um  sich  dann  wieder  zu- 
rück zu  wenden  zu  dem  westlich  vom  Markt  auf  dem  Kolonos 
Agoraios  gelegenen  Ilephaistos-Tempel  (dem  sog.  Theseion) 

ATHEN.    MlTTIHvlLUNGEN   XI.X.  34 


S02  \V.  l)Oi:hpfeld 

und  dem  jetzt  wieder  aufgefundenen  Heiligtum  der  Aphrodite 
Urania  (vgl.  E.  Reiscli  ,  Der  Dionysos  des  Alkamenes,  im 
Eranos  Vindobonensis  S.  '22).  Wessliall)  er  die  Strasse  zur 
Burg  nur  bis  an  diesen  Kreuzpunkt  verfolgt,  kann  dem  nicht 
merkwürdig  erscheinen,  der  weiss,  dass  der  Perieget  später 
auf  dem  Wege  vom  Theater  zum  Burgthor  wiederum  in  die 
Nähe  dieses  Punktes  kommt. 

Die  Falirstrassc  selbst  mit  ihren  Aljzngscanälen,  Einslei- 
geschachlen,  Wasserleitungen  und  Fusswegcn  soll  später  be- 
schrieben werden,  wenn  sie  ganz  aufgedeckt  ist.  Hier  sind 
noch  einige  auf  dem  Plane  gezeichnete  Nebenwege  zu  erwäh- 
nen, welche  bei  den  Ausgrabungen  zu  Tage  getreten  sind.  Der 
eine  führte  vom  Areopag  an  der  Ostseite  des  Dionysion  vorbei 
zu  dem  Platze  vor  der  Enneakrunos,  der  andere,  dessen  An- 
fang neben  dem  Asklepieion  aufgedeckt  ist.  bildete  die  gerad- 
linige Verbindung  zwischen  dem  Burgthore  und  dem  Stadt- 
brunnen. Es  ist  der  Weg,  den  die  Töchter  der  Athener  mach- 
ten, wenn  sie  die  Burg  verliessen,  um  an  der  damals  noch  Kal- 
lirroe  genannten  Quelle  Wasser  zu  schöpfen  ( Ilerodot  VI,  137  ). 

An  der  flauptstrasse  ist  eine  lange  Reihe  nicht  unbedeu- 
tender Bauwerke  und  Bezirke  zu  Tage  gefördert,  welche  auf 
dem  Plane  an^i  deutet  sind.  Die  älteren  aus  griechischer  Zeit 
stammenden  Mauern  sind  ganz  schwarz  angelegt,  während 
die  jüngeren  teils  nur  iiiiL  Linien  gezeichnet,  teils  ganz  fortge- 
lassen sind.  Die  kurze  P)eschreibung  dieser  verschiedenen  An- 
lasen beginnen  wir  am  besten  am  unleren  nördlichen  Ende 
der  Strasse  und  betrachten  zuerst  die  westliche,  dann  die  öst- 
liche Seite. 

Von  dem  mit  D  bezeichneten,  westlich  vom  Areopag  gele- 
genen Gebäude  sind  zwei  eine  Ecke  bildende  Mauern  gefun- 
den, die  ius  polygonalen  Kalksteinen  erbaut  sind.  Neben  ih- 
nen führt  ein  Fussweg  zu  dem  Volksversammlungsplatze,  auf 
die  Pnyx  hinauf.  VÄn  oberes  Stück  desselben,  mit  Felsstufen 
versehen,  ist  bei  C  aufgedeckt.  Der  Lauf  der  Fahrstrasse  von 
B  bis  F  konnte  nicht  festgestellt  werden,  weil  ihre  Ausgra- 
bung durch    die   heutige    Fahrstrasse    verhindert   wird.    Ihre 


DIE    AUSGRABUNGEN    AM    WESTABHANGE    DER   AKROPOLIS.    I.  503 

Richtung  ist  aber  bestimmt  durch  das  bei  D  aufgedeckte  Ge- 
bäude, vermutlicli  ein  Wohnhaus,  dessen  Richtung  von  der- 
jenigen der  Strasse  abhängig  war. 

Rei  /'  fanden  wir  eine  ursprünglich  offene  viereckige  Exe- 
dra,  in  welclior  der  Unterbau  eines  kleinen  Tempelchens  und 
ein  runder  Altar  erhalten  sind  (vgl.  oben  XVII  S.  91).  Durch 
einen  noch  an  seiner  Stelle  befindlichen  Grenzstein  wird  als 
Erbauungszeit  dieses  Heiligtums  das  Vi.  Jahrhundert  vor  Chr. 
gesichert.  Im  iV.  Jahrhundert  wurde  das  Hieron  bereits  ver- 
schüttet und  über  ihm  ein  neues  Gebäude  errichtet,  welches  sich 
unter  der  heutigen  Fahrstrasse  bis  zum  Felsabhang  der  Pnyx 
erstreckt  und  bei  E  aufgedeckt  ist.  Zwei  an  der  Strasse  ste- 
hende Grenzsteine  lehren,  dass  dieser  neue  Rau  eine  Lesche 
war. 

Nach  Süden  folgt  ein  kleines  Privathaus  G  mit  zwei  Hypo- 
theken-Inschriften aus  dem  l\'.  Jahrhundert;  seine  Tiefe  ist 
noch  nicht  festgestellt.  Der  unmittelbar  sich  anschliessende, 
ebenfalls  alturiechischc  Rau  H  \on  etwa  Sl""  Läniie  kann  ein 
Privathaus  sein,  doch  mijchte  man  wegen  seiner  Grösse  lieber 
an  ein  ölTentliches  Gebäude  denken.  Erst  wenn  der  Grundriss 
weiter  aufgedeckt  ist,  wird  sich  darüber  bestimmter  urteilen 
lassen. 

Rei  /,  K  und  Z,  gegenüber  den  beiden  vom  Areopag  und 
von  der  Akropolis  kommenden  alten  Nebenstrassen,  sind  die 
Mauern  eines  spätrömischen  Hauses  gefunden,  welches  den 
ganzen  Platz  zwischen  der  Fahrstrasse  und  dem  Pnyxfelsen 
einnahm.  Auf  unserem  Plane  ist  es  noch  nicht  verzeichnet, 
weil  es  erst  während  des  Druckes  zum  Vorschein  gekommen 
ist.  Nur  die  vorderen  an  der  Strasse  gelegenen  iMauern  sind 
schon  eingetragen.  Das  Haus  besteht  aus  einem  grossen,  von 
12  Säulen  gebildeten  Atrium  oder  Perislyl  und  mehreren 
ringsherum  liegenden  Zimmern.  Die  Wände  sind  aus  allen 
möglichen  Rausleinen  zusammengeflickt,  und  auch  zu  den  Sau- 
lenbasen  sind  verschiedenartiee  Stücke  Ncrwendet. 

Unter  diesem  unzweifelhaft  späten  Hause  ist  vorne  an  der 
Strasse  ein  älteres  Gebäude  aulucdeckl,  welches  nur  ein  Zim- 


0Ü4  W.    DOliRPFELD 

mer  tief  ist  und  seiner  Bauart  nach  aus  sj)ätgriecliischer  oder 
frührömiscliet*  Zeit  stammt.  Ein  St'in  der  Vordervvand  träs;t 
an  seiner  Seitentläche  eine  Horos- Inschrift,  die  wol  noch  dem 
IV.  Jalirhundert  vor  Ciir.  aniiehört  und  ArisloihMiins  aus 
Aphidna  als  Inhaber  einer  auf  dem  Hause  lastenden  Hypothek 
nennt.  Vermutlich  ist  der  Stein  einem  älteren  Gebäude  ent- 
nommen und  hier  zum  zweiten  Male  verwendet  worden;  die 
Bestimmunii;  des  Gebäudes  wird  also  dadurch  nicht  2;esichert. 

Zwischen  diesem  Gebäude  und  dem  Pnyxfelsen  liegt  ein  fast 
20'"  breiter  und  40™  langer  Platz,  der  mit  der  alten  Fahr- 
strasse durch  einen  fast  10'"  breiten  Zui2;anü;  verbunden  ist. 
An  diesem  Platze  hat  im  ganzen  Altertume  bis  zur  Erbauung 
jenes  spätrömischon  Hauses  der  Sladtbrunnen  Athens  gele- 
gen. Das  Brunnenhaus  mit  den  neun  Mündungen  hat  nach 
geringen  erhaltenen  Resten  vor  (Jer  Felswand  unter  der  heuti- 
gen Fahrstrasse  etwa  dort  gelegen,  wo  auf  dem  Plane  das 
Wort  Enneakrimos  steht  Die  Grabungen  sind  hier  noch  nicht 
abijreschlossen  und  können  nur  lanü;sam  mit  grossen  Schwie- 
rigkeiten  ausgeführt  werden,  weil  die  mit  Bäumen  bepllanzte 
und  sehr  viel  l)efahrene  Strasse  im  Wege  ist  und  nur  stellen- 
weise untersucht  werden  kann. 

Die  alten  sichtbaren  Quellen  (Thukydides  II,  15)  kamen 
einst  hier  aus  dem  Felsen  hervor  und  sind  noch  jetzt  in  deut- 
lichen Resten  erhalten,  die  zwischen  der  Pnyx  und  der  heu- 
tiofen  Fahrstrasse  zum  Vorschein  gekommen  sind.  Die  Fels- 
kammer  0  und  das  von  ihr  aus  zuüänü;liclie  Bassin  P  u^ohö- 
ren  meines  Erachtens  zu  der  ältesten  Quelle  Kallinoe,  deren 
Wasser  noch  in  späterer  Zeit  von  allen  Athenern  zu  heiligen 
Gebräuchen  geholt  wurde.  Vor  dieser  Duelle  hatte  Peisistra- 
tos  den  neunmiuidiii;en  Brunnen  an^eleiit,  indem  er  reich- 
liebes  Wasser  vermittelst  einer  ^rossartiüen  Leitunij;  cerade 
an  diese  Stelle  neben  den  uralten  Stadlbi'unnen  leitete. 

Das  alte  Brunnenhaus  selbst  ist  zerstört.  Aber  die  uralten 
Ouellf-n  und  Wasseranlagen,  di(^  hier  mündende  srosse  Was- 
serleitung  aus  dem  VI.  Jahrhundei-t,  die  zahlreichen  tiefen 
Canäle  zum  Abführen  des  verbrauchten  Wassers,  die  charak- 


DIE   AUSGRABUNGEN   AM   WESTABHANGE    DER   AKROPOLIS.    I.  505 

teristischen  Steine  des  alten  Brunnenliauses ,  die  zahllosen 
jüngeren  Wasserleitungen  und  die  überraschend  grosse  Anzahl 
von  etwa  zwanzig  Tiefbrunnen  lassen  keinen  Zweifel  mehr 
darüber,  dass  hier  der  alle  Stadtbrunnen,  die  berühnote  En- 
neakrunos.  gelegen  hat. 

Von  einem  Umbau  des  Brunnenhauses  in  frührümischer 
Zeit  legen  die  gefundenen  Reste  deutliches  Zeugniss  ab.  Die 
Sohle  des  grossen  Wasserbehälters  und  damit  auch  die  Aus- 
tlussöffnungen  sind  damals  um  fast  1 ,50'"  tiefer  gelegt  wor- 
den. Da  eine  i-enaue  Datirunü;  des  Umbaues  nicht  möslicli  ist, 
muss  es  unentschieden  bleiben,  ob  Pausanias  die  Anlage  im 
alten  oder  schon  im  veränderten  Zustande  gesehen  hat.  In 
spätrömischer  Zeit,  als  jenes  grosse  W^ohnhaus  erbaut  wurde, 
ist  der  grosse  Behälter  sowol  als  der  Laulbrunnen  selbst  i>anz 
in  Fortfall  gekommen.  Das  Wasser  der  orossen  Leituni;;  wurde 
damals  vermittelstThonrolirleitungen  in  die  Unterstadt  geführt. 

Die  erwähnten  Steine  des  alten  Brunnenhauses  waren  zur 
Erbauung  des  späten  Wohnhauses  benutzt  und  sind  von  uns 
aus  den  Mauern  herausgebrochen  worden.  Einige  von  ihnen 
sind  schon  früher  erwähnt  (Athen.  Mitlheilungen  X\'II  S.  4  43), 
andere,  und  darunter  eine  Kalksteinquader,  in  welche  augen- 
scheinlich ein  als  Brunnenmündung  dienender  0,3  V"  grosser 
Löwenkopf  eingelassen  war.  sind  jetzt  gefunden  worden. 

Durch  eine  alte  polygonale  Stützmauer  war  der  Platz  vor 
dem    Brunnenhause  ü;etrennt  von   dem   höher  i^ele^enen  Ge- 

o  0        0 

bäude  M,  welches  wegen  seiner  Bauart  und  seiner  Mosaik- 
fussböden  der  römischen  Zeit  zugeschrieben  werden  muss.  Ob 
es  ein  Wohnhaus  war,   ist  nicht  sichei'. 

Zwischen  ihm  und  dem  Pnyxfelsen  liegt  das  grosse  W^as- 
serbassin  TV  (vgl.  Athen.  iMitlheilungen  X\'ll  S.  4il),  wel- 
ches einst  das  Sammelbecken  der  Enneakrunos  war.  Ur- 
sprünglich klein,  ist  es  in  riniiiseher  Zeit  vergrössert  und  ver- 
tieft worden.  Seine  vollsländige  Freilegung  wird  durch  die 
heutige  Fahrstrasse  verhiiulcii  :  die  Umfassung  soll  aber  nach 
MCtglichkeit  festgestellt  werden. 

Bei    iliesem    Bassin   endet    noch    jetzt  die  grosse  NNasserlei- 


506  W.    DOERPFELD 

Ulnü:.^^elcl)0  unzweilelliart  im  VI.  JalirliLindei't  angelest  und  in 
den  späteren  Zeiten  melirfaeli  reparirt  worden  ist.  Die  Lei- 
tuns  und  der  Felsstollen  sind  schon  im  voiMü;en  Jahre  aufü;e- 
funden  und  damals  in  dieser  Zeitschrift  (XiX  S.  1  '(3)  be- 
schrieben worden.  Jetzt  haben  wir  den  Stollen  bis  zum  Dio- 
nysostheater verlblgt,  wo  erzwischen  den  beiden  Tempeln  des 
Dionysos  hindurch  läuft.  Auch  hier  ist  die  Leitung-  in  riuni- 
scher  Zeit  teilweise  verlegt  worden.  Genaue  Pläne  der  ganzen 
Anlage  sollen  veröffentlicht  werden,  nachdem  die  Untersu- 
chung abgeschlossen  ist. 

Dies  sind  die  bisher  an  der  westliciien  Seite  der  alten  Fahr- 
strasse gefundenen  Bauwerke.  Ihnen  gegenüber  liegen  an  der 
östlichen  Seite  eine  Reihe  anderer  niclit  minder  wertvoller  Bau- 
anlagen, unter  denen  sich  mehrere  Heiligtümer  befinden. 

Da  ist  zunächst  westlich  vom  Areopag  der  Bau  Ä  von  un- 
bekannter Ausdehnung  und  Bestimmung,  wahrscheinlich  noch 
der  griechischen  Zeit  angehörend.  Sodann  tritt  die  südwest- 
liche Ecke  des  Areopags  so  dicht  an  die  Strasse  heran,  dass 
kein  grösserer  Biui  dazwischen  Platz  hat.  Der  zu  Tage  lie- 
gende Fels  zeigt  hier  viele  l^narbeitungen,  die  einzigen  Über- 
reste  mehrerer  Gebäude,  welche  einst  diese  Ecke  des  Areshü- 
gels bedeckten.  l^]s  ist  nicht  unmöglich,  dass  eine  dieser  Ein- 
arbeitungen,  welche  einem  grossen  Bundbau  angehört  zu  ha- 
ben  scheint,  der  letzte  Rest  des  Odeion  ist,  das  Pausanias  nach 
dem  Ares-Tempel  und  der  alten  Orchestra  erwähnt,  liier  wer- 
den erst  weitere  Ausgrabungen  des  ganzen  Abhanges  ein  si- 
cheres Urteil  erlauben. 

Von  dem  folgenden  Bau,  auf  dem  Plane  mit  7"  bezeichnet, 
sind  nur  kleine  Stücke  altertümlicher  Kalksteinmauern  aufge- 
funden, welche  aber  nicht  genügen,  um  den  Grundriss  und 
den  Zweck  des  Gebäudes  zn  bestimmen.  Nach  Süden  stösst 
dieser  Bau  an  einen  nach  Osten  sehr  ansteigenden  Weg,  wel- 
cher unsere  Fahrstrasse  mit  dem  schon  erwiihnten  Wege  zum 
Areopag  verbindet.  Als  öffentliche  Strasse  ist  er  leicht  kennt- 
lich, einmal  an  der  oft  erneuerten  Steinschüttung  und  sodann 
an  dem  Wassercanal,  welcher  unter  dem  Strassen boden  liegt. 


DIE    AUSGRABUNGEN   AM    WESTABHANGE    DER    AKROPOLIS.    I.  507 

Weiter  südlich,  gegenüber  den  Bauwerken  F,  G  und  H, 
ist  ein  von  Strassen  rings  umgebener,  in  seinem  Grundriss 
fast  dreieckiger  heiliger  Bezirk  aufgedeckt,  in  dem  man  mit 
voller  Sicherheit  den  Bezirk  des  Dionysos  in  den  Limnai,  das 
vieigesLichte  i^enaion  erkennen  darf.  Das  von  einer  altertüm- 
lichen polygonalen  Kalksteinmauer  umgebene  Heiligtum  lag 
tiefer  als  die  Strassen  und  ist  verhältnissmässig  gut  erhalten, 
weil  es  noch  im  Altertum  verschüttet  und  überbaut  worden 
ist.  In  der  Mitte  des  alten  Bezirks  liegt  der  Unterbau  eines 
grossen  tischtörmigen  Altars  von  3'"  im  Quadrat,  auf  dessen 
westlicher  Stufe  einot,  wie  die  noch  vorhandenen  Einarbei- 
tungen deutlich  zeigen,  zwei  steinerne  Stelen  gestanden  ha- 
ben. In  der  nordwestlichen  T^cke  des  Hieron  ist  eine  woler- 
haltene  griechische  Weinkelter  ausiieiipaben,  über  welcher  in 
jüngerer  Zeit  eine  kleinere  Kelter  errichtet  ist.  In  der  südlichen 
Ecke  haben  wir  die  Untermauern  eines  kleinen  altertümlichen 
Tempels  aufgedeckt,  der  eine  quadratische  Cella  und  einen 
nach  Südosten  gerichteten  Pronaos  hatte.  Die  Anlagen  sind 
auf  dem  Plane  sanz  schwarz  ü;ezeichnet  und  heben  sich  daher 
deutlich  ab  von  den  jüngeren  Bauwerken,  welche  auf  dem 
Plane  weiss  njelassen  und  sicherlich  erst  erbaut  sind,  als  das 
alte  Dionysion  schon  zwei  Meter  tief  verschüttet  war.  Dass 
die  ältere  Anlaii:e  ein  heiliger  Bezirk  des  Dionysos  war,  leb- 
i'en  die  Funde;  dass  es  das  Lenaion.  der  Bezirk  in  den  Lim- 
nai war,  geht  aus  den  Nachi'ichlen   der  Schriftsteller  hervor.. 

Die  jüngere  Anlage  greift  nach  Osten  über  die  Strasse  und 
den  Nachbai'bau  hiniiber  und  ist  inschriftlich  alsdas  Bakcheion 
gesichert,  als  der  \'ersammluni;ssaal  des  Thiasos  der  lobak- 
chen.  Die  auf  einer  Säule  des  Saales  aufgeschriebenen  Statu- 
ten dieses  Vereines  sind  oben  (S.  9 '18)  veröffentlicht  worden. 
Dionysion  und  Bakcheion  sollen  beide  demnächst  in  dieser 
Zeitschrilt  eingehend  beschrieben  und  behandelt  \n erden.  Ge- 
funden ist  das  Dionysion  schon  im  vorigen  Frühjahre,  ganz 
freigelegt  ist  es  aber  erst  im  Oktober  und  November  dieses 
Winters. 

Jenseits  der  Strasse,  wclflie  das  Dionysion  (')stlicli  begrenzt, 


508  w.  noKMPFi'Lü 

sind  die  Mauern  und  Fussbüden  eines  allgriccliisclien  Gebäu- 
des gefunden,  dessen  Grundriss  zwar  noch  unbekannt  ist, 
das  aber  weiien  eiiiiij;er  o;ut  erlialtener  Mosaiken  ein  besonde- 
res  Interesse  verdient  Wir  haben  hier  wahrscheinlich  die  äl- 
testen n;riechisclien  Mosaikfussliiulen  vor  uns;  denn  die  Mau- 
ern, die  mit  den  I^\issl)öden  iiileichzeilig  sind,  zeigen  altes  po- 
lygonales Kalksleinmauerwerk.  Der  Estrich  ist  aus  runden 
oder  flaclien  Kieselsteinen  hergestellt,  die  mitten  durchge- 
schnitten und  geschliffen  sind.  Durch  den  Wechsel  der  Far- 
ben sind  einige  einfache  iMuster  (Kreis  mit  Kreuz  und  Rhom- 
ben) dargestellt.  Die  Technik  und  der  Erhaltungszustand  der 
Fussböden  ist  in  zwei  Zimmern  ganz  vorzüglich.  Ob  in  dem 
Gebäude  ein  Privathaus  zu  erkennen  ist,  muss  vorläufig  un- 
entschieden bleiben,  weil  erst  ein  kleines  Stück  des  ganzen 
Baues  aus"eij;raben  ist.  Da  er  allem  Anscheine  nach  sehr  sjross 
ist  und  ausserdem  eine  für  jene  alte  Zeit  stattliche  Ausführung 
zeigt,  darf  man  vielleicht  ein  öffentliches  Gebäude  darin  ver- 
muten. 

Weiter  südlich  gelangen  w  ir  zu  dem  Bezirke  eines  lleil- 
gottes,  den  wir  vor  zwei  Jahren  fanden  und  teilweise  aus- 
gruben. Die  damals  gemachten  Funde,  unter  denen  sich  auch 
ein  Relief  mit  der  VYeihinschrift  an  Asklepios  befand,  sind 
im  vorigen  Jahrgange  dieser  Zeitschrift  (S.  231)  besprochen. 
Die  vollständige  Freilegung  des  Heiligtums  wird  eine  unse- 
rer nächsten  Aufgaben  sein.  Vielleicht  bildet  dieser  Bezirk 
schon  einen  Teil  des  grossen  Heiligtums  der  Demeter  und 
Köre,  des  städtischen  I^leusinions,  das  wir  weiter  südlich 
suchen.  Bisher  haben  wir,  wie  der  Plan  andeutet,  nur  ein 
Stück  der  an  der  Strasse  gelegenen  Umfassungsmauer  aufge- 
deckt. Da  die  Ausgrabungen  bis  jetzt  noch  nichts  geliefert 
haben, was  jene  Vermutung  zu  beweisen  geeignet  wäre,  so  muss 
ich  mich  vorläufig  mit  der  \'crsicherun<^  be^nü^en,  dass  die 
Lage  zu  den  Angaben  der  Schriftsteller  vorzüglich  passt.  We- 
gen der  Wichtigkeit,  welche  das  Eleusinion  für  die  attische 
Topographie  und  für  manche  andere  Gebiete  der  Altertums- 
kunde hat,  werden  wir  seine  weitere  Erforschung  als  die  wich- 


Dlli:   AUSGRABUNGEN   AM   WESTABHANGE    DER   AKROPOLIS.    I.  509 

tigste  Aufgabe  für  die  Arbeit  der  nächsten  Monate  betrachten. 

Diese  kurze  Übersicht  über  die  bisherigen  Funde  soll  als 
Grundlage  für  die  spätere  Behandlung  der  einzelnen  Bauwerke 
dienen.  Sie  wird  den  Leser  überzeugt  liaben,  dass  durch  die 
bisherigen  Grabungen  manche  wichtige  Resultate  erzielt  sind. 
Ist  schon  die  Aullindung  der  alten  zur  Akropolis  führenden 
Fahrstrasse  ein  nicht  zu  unterschätzender  Gewinn,  so  ist  die 
endliche  Fntdeckunff  des  Sladtbrunne.is  und  einiger  Ileiligtü- 
mer (namentlich  des  Dionysion  in  den  Limnai)  von  sehr  ein- 
schneidender Bedeutung  und  wird  das  Bild  des  alten  Athen  in 
wesentlichen  Punkten  verändern. 

Ich  schliesse  mit  der  lloftnunf^.  dass  die  weiteren  Funde 
derartige  sein  möchten  dass  jeder  noch  bestehende  Zweifel 
ausgeschlossen  ist,  und  die  neuen  Entdeckungen  allgemein  als 
sichere  Grundlage  einer  neuen  Stadtgeschichte  gelten  können. 

Athen,  12.  Januar  1895. 

WILHELM  DÖRPFELD. 


KURINTIIIi^CHE  VASE  MIT  DEli  liÜUKFÜII KLING 
DES  HEIMIAISTÜS 

(Hierzu  Tafel  VIII) 

Der  auf  Taf.  8  abgebildete  Ampboriskos'  wurde  im  Jabn 
1869  von  der  Arcli.  Gesellscbaft  in  Alben  erworben  und  isl 
mit  ibror  gesamten  kostbaren  Vasensammlung  letztbin  im 
National-Museum  aufgestellt  worden.  Für  die  freundlich  er- 
teilte Erlaubniss  zur  Publication  baben  wir  Herrn  P.  Kavva- 
dias  zu  danken. 

Der  Fundort  der  Vase  ist  unbekannt;  Tecbnik,  Form  und 
Stil  lassen  aber  keinen  Zweifel,  dass  wir  eine  korintbiscbe 
Arbeit  aus  dem  Anfang  des  VI.  Jabrbunderts  vor  uns  baben. 
Der  Tbon  ist  noch  ungefärbt,  Weiss  nicht  verwendet,  das 
Gewand  der  Frau  tbonojrundiar.  Aufüiesetztes  Rot  bat  Herr  Gil- 
lieron  in  seiner  sorgfältigen,  in  Originalgrösse  ausgeführten, 
auf  unsrer  Tafel  etwa  auf  ^5  verkleinerten  Zeichnung  des  Bild- 
streifens (ö)  schraffirt.  Ausserdem  sind  rot  der  Fuss  der  Vase, 
einige  der  Doppelstrablen,  einzelne  Striche  an  der  Schulter 
und  Mündung,  sowie  die  Zickzacklinien  am  Hals,  letztere 
aber  nur  an  der  Vorderseite  der  Vase. 

Die  schlanke  Form  der  Amphora  mit  der  starken  Einziehung 
am  Fussende  und  Hals,  den  hochsitzenden,  runden  Henkeln 
und  dem  abfallenden  Fuss,  ist  am  bekanntesten  durch  die  klei- 
nen blau  und  gelben  phönikischen  Glasgefässe.  Auch  in  der 
korinthischen  Keramik  ist  sie  auf  kleine  Gefässe  von  8-15  Cen- 
timeter  Höhe  beschränkt  2.  Bauch  und  Scluillcr  |)fleijen  imeson- 


'  Hoch  0,115"'.  Invenlar-Nuinuieidci- Aldi.  Clesellscliafl  I09v,  des  Nalio- 
nal-Museums  Vasen  6ö4. 

2  In  Naukratis  (Flinders  r(i\no.,  Naukrali.s  I  Taf.  16)  und  Defeniicli  (Taf. 
33)  sind  im  VI.  Jaiiiliundert  fi;russc  uiiluMnailc  Ainphuren  dioht;r  aus  dem 


Cj.    LOESCHCKE,      RUECKFUEHRUNG    DES    HEPHAISTOS  5H 

dert  dekorirt  zu  werden,  entweder  beide  mit  Tierstreifen  (z.  B. 
Berlin  1 139-42,  3933,  vgl.  Furtwängler-Genick,  Griech.  Kera- 
mikTaf.  38,1  und  Sammlung  SabouroffTaf.  47)  oder  der  Bauch 
mit  einem  Tierfries,  die  Schulter  mit  Blätlchen  (  Berlin  1 143, 
1 144  ;  Wien 77,78  Masner).  Darstellungen  menschlicher  Figu- 
ren sind  selten,  ich  bin  ihnen  ausser  auf  dem  hier  pul)licirten 
Gefäss  nur  noch  in  der  Beschreibung  eines  in  Argos  gefundenen 
Exemplars  dieser  Gattung  begegnet,  die  Conze  in  der  Arch. 
Zeitung  1859  S.  33  veröffentlicht  hat.  'Amphora,  0,19  Meter 
hoch.  Die  Malerei  läuft  rund  um  den  Bauch  und  besteht  aus 
bacchischen  Figuren  in  aufgeregter  Bewegung;  der  helle  Grund 
zwischen  den  Figuren  ist  mit  kleinen  Rosetten  besetzt,  welche 
aus  fünf  Punkten,  die  um  einen  Punkt  in  der  Mitte  stehen, 
gebildet  sind'.  Die  Vase  ist  verschollen,  da  aber  Conze  dan- 
kenswerter Weise  seiner  Beschreibung  eine  Skizze  beigefügt 
hat,  die  zwischen  der  argivischen  Vase  und  der  hier  ai)gebil- 
deten  die  weitgehendste  Übereinstimmung  in  Form,  Decora- 
tion und  Ornamentik  aufweist,  so  darf  man  zuversichtlich 
beide  Getässe  derselben  ^^'erkstatt  zuschreiben.  Auch  die  dar- 
gestellten Themata  berühren  sich  nahe  :  dort  ein  bacchischer 
Tanz,  hier  eine  der  grössten  Ruhmesthaten  des  Dionysos,  die 
Rückführung  des  Hephaistos  in  den  Olymp. 

Hephaistos  ist  unverkennbar.  Statt  des  gewöhnlich  von  ihm 
benutzten  Maultiers  hat  er  ein  Pferd  bestiegen,  auf  dem  er 
nach  Frauenart  sitzt.  Mit  der  rechten  Hand  zügelt  er  das  Tier, 
mit  der  linken  führt  er  ein  Trinkhorn  zum  Munde.  Hephai- 
stos ist  unbürtig,  vor  dem  Ohr  trägt  er  eine  Locke  frei  herab- 


spilzeti,  fusslosea  IMlhos  enUvickcIleii  Form  häiilig.  Mehrere  jrrosse  Ge- 
fässe  ähnlicher  Form  in  orionlalisireiuler  Weise  mit  Friesen  liemall,  tinilen 
sich  im  Louvre  (Sammlung,'  Cam|)ana).  Unter  den  Darslellun^'en  lallen 
Schitrc  auf,  Panther  mit  Tierschenkeln  im  Maul,  weidende  Rehe  mit  }:ros- 
sen  Ohren.  Als  Fiillornameiil  ist  ausschliesslich  die  Punklrosette  verwen- 
det, in  den  Ornamcnislreiren  fehlen  Falmetlen  und  Lotos,  dafür  trelcQ 
Flcehlhand  und  Schuppen  ein.  Stall  der  Sirahlen  am  Fusseiido  Stahorna- 
inenl.  Die  Vasen  werden  in  den  ionischen  Kunsikreis  geliöien.  In  .\then 
wurden  ähnlich  geformte  Amphoren  hekanntlich  ab  panathenaische  l'reis- 
vascn  verwendet. 


512  (t.  loeschcke 

hängend,  wie  sie  Jünglinge  zu  tragen  pflegen  z.  B.  Perseus 
auf  der  clialkidisclien  Ampliora  Gerhard  A.  V.  Tat'.  3"23,  Ilip- 
potion  vor  den  Rossen  des  Ampliiaraos  auf  dem  ivorinlhisclien 
Krater  Berlin  1055.  Sein  Kleid  ist  der  kui'zo  Ciiiton.  Im  Wi- 
derspruch mit  der  damals  herrschenden  Meinung:  die  Helle- 
nen hätten  es  jeder  Zeil  vermieden,  das  körperliche  Gebrechen 
des  Gottes  im  Bild  zu  zeigen,  hahe  ich  hei  L.  von  Schröder, 
Aphrodite,  Flros  und  ne|)haislos  91  nachgewiesen,  dass  io- 
nische Vasenmaler  wiederholt  den  yjjXkrjTzo^ibiv  dargestellt  ha- 
ben und  zwar  mit  jener  rücksichtslosen  Kraft  der  Charakte- 
ristik, welche  die  ionische  Kunst  zum  Sauerteig  von  ganz  Hel- 
las werden  Hess.  Auf  einer  '  caerelaner'  Hydria  des  österreichi- 
schen Museums'  sind  die  Beine  des  Hephaistos  gekrümmt, 
die  Füsse  zu  Klumpfüssen  verkrüppelt;  auf  einer  jetzt  ver- 
schollenen Amphora,  die  ich  wegen  der  Bildung  der  Silene 
(Bulle,  Silene  8,  14)  der  Fabrik  der  Phineusschale  zuteile, 
ist  wenigstens  der  eine  Fuss  des  auf  dem  Maultier  gelagerten 
Gottes  deutlich  verrenkt.  Auch  zwei  altische  Vasen  vom 
Ende  des  Vi.  Jahrhunderts  konnte  ich  schon  damals  auffüh- 
ren, die,  wenn  auch  in  massvollerer  Weise,  jene  anomale 
Bildung  zeigten  (Gerhard  A.  V.  Taf.  38  und  57).  Inzwischen 
hat  die  wiener  Ausgabe  der  Francoisvase  gelehrt,  dass  diese 
in  Attika  schon  zu  Anfang  des  Vi.  Jahrhunderts  üblich  war, 
während  korinthische  Maler,  wie  die  hier  veröffentlichte  Vase 
zeigt,  etv^a  gleichzeitig  noch  an  der  crassesten  Form  der  Ver- 
krüi)pelung  festhielten.  Ob  an  der  Kypseloslade  der  Gott  auf 
beiden  P^üssen  lahmte  oder  nur  auf  einem,  muss  dahin  ge- 
stellt bleiben,  auf  jeden  Fall  aber  war  es  eine  unzweideutig 
dargestellte  Missbilduni>;,  die  Tansanias  V  19,  8  zu  der  ik^mer- 
kung  veranlasste  6  xä  ö::la  SiSou?  oute  toÜ?  -öSa:  6'7Tiv  eppw- 
(Jt.evo;'^. 


<  Masnor,  Taf.  2,  218. 

2  Meine  Arcli.  Miscdhüi.  Dorpal  1S80,  5  bogrümlelo  Aiiiiahinc,  dass  auf 
dorn  ubeislcn  Slicifen  dor  K^iisoliisladc  die  Nereiden  darf^'osUdit  waren  wie 
sie  unter  Anführunj,'  des  Chiron  Peleus  und  Tiielis  von  lIc|)liaistos  geschniie- 
delc  Wallen  überl)rin,i,'en,  scheint  allj^'cniein  gebilligt  zu  werden  (vgl.  Ovcr- 


KORINTHISCHE    VASE    MIT   DER    RUECKFUEHRUNG    DES    HEPHAISTOS    513 

Die  Darstellung  läuft  ununterbrochen  um  das  Gefäss  herum. 
Wenn  die  Abbildunjj;  den  Ring  so  durclischnitlen  hat,  dass 
Ilephaistos  die  Mitte  der  Composition  einnimmt,  so  ist  damit, 
wie  ein  Blick  auf  die  Gesamtansicht  der  Vase  zeitjt ,  die 
decorative  Absicht  des  Malers  richtig  erfasst.  Ob  dieser  aber 
wirklich  bei  seiner,  natürlich  nach  rechtshin  fortschreitenden 
Arbeit  den  Mann  mit  der  Kanne  zuerst,  den  nach  Links  ge- 


heck,  Plaslik  '  I  86.  Brunn,  Kunslf,'esehiclilc  I  174).  Hingegen  ladein,  nach 
dem  Vorgang  von  Kiein  (Kypsele  64),  Furtwängler  (Meisterwerke  727)  und 
Jones  (J.  //.  S.  XIV  53),  dass  meine  Kritik  vor  dem  Nausikaabild  Halt  ge- 
macht habe,  statt  in  dem  Mauiticrwagen  mit  den  zwei  Frauen  das  letzte 
Glied  des  Nereidenzugs  zu  erkennen.  Ich  glaube  aber  nach  wie  vor — unti 
habe  bei  Schneider,  Der  troische  Sagenkreis  65  Zustimmung  gefunden— dass 
diese  naheliegende  Vermutung  in  die  Irre  führt.  Denn  erstlich  bin  ich  über- 
haupt der  Meinung,  dass  man  nicht  ohne  zwingende  Gründe  an  den  Deu- 
tungen des  Pausanias  oder  seines  Gewährsmanns  rütteln  darf,  da  sie  das 
Bildwerk  vor  Augen  halten.  Namentlich  wird  man  aber  mit  der  Annahme 
falscher  Abteilung  der  Bilder  vorsichtig  sein  müssen,  weil  möglicher  Weise 
zwischengeschobene  Ornamente,  die  der  Pcrieget  grundsätzlich  in  seiner 
Beschreibung  übergeht,  die  Einteilung  ausser  Zweifel  gesetzt  haben.  Sodann 
ziehen  den  von  Nausikaa  gelenkten  Wagen  Maultiere,  die  \\'agen  der  Ne- 
reiden Rosse  und  zwar  geflügelte.  Man  hat  wol  gesagt,  die  Flügel  würden 
am  Gespann  der  Nrusikaa  abgebrochen  gewesen  sein.  Aber  die  Darstellun- 
gen an  der  Larnax  waren  eingelegte  Arbeit;  da  verschwinden  Flügel  weder 
leicht  noch  spurlos.  Schwerer  aber  als  dies  Alles  wiegt,  dass  die  beiden 
stehenden  Gestalten,  Ilepliaisios  und  sein  die  Zange  haltender  Diener  (vgl. 
Furtwängler,  Arch.  Jahrbuch  VI  IUI),  bei  der  Annahme  Klein's  in  beispiel- 
loser Weise  den  Wagenzug  unierbrechen  würden,  während  sie  in  der  Spra- 
che der  archaischen  Kunst  den  Ausgangspunkt  des  Zugs  markiren,  ganz  wie 
Thelis  auf  dem  hier  veröHentlichten  Amphoriskos  oder  Priamos  auf  der 
Troilosflasche  des  Timonidas.  Die  alten  korinthischen  Meisler,  und  wahr- 
scheinlich auch  Klitias  und  Ergotimos,  dachten  sich  die  Schmiede  des  Ile- 
phaistos noch  nicht  im  Olymp,  wo  das  Epos  nach  und  nach  den  Haushalt 
aller  Gölter  concentrirt,  sondern  am  Meer  gelegen,  wo  Okeanos  Thelis  und 
die  Nereiden  heimisch  siml.  Das  Maultiergespann  muss  also  vom  Nereiden- 
zug gelrennl  bleiben.  Ob  aber  Pausanias'  Deutung  auf  Nausikaa  richtig  ist? 
Ich  möchte  es  fast  glauben,  ila  das  in  der  Mitte  des  obersten  Slreifens,  also 
an  hervorragender  Stelle  angebrachte  Bildchen  ein  so  passender,  redender 
Schmuck  der  —  Kleidertruhe  ist.  Denn  das  —  und  weder  ein  Korngefiiss 
noch  eine  Statuenbasis — isl  und  bleibt  die  viereckige  aus  Cedernholz  ge- 
zimmerte Larnax.  Vgl.  zuletzt  Furtwängler  a.  a.  0.  Anders  Silll,  Parerga 
24.  Studniczka,  Arch.  Jahrbuch  IX  53. 


514  6.   LOESCHCKE 

wendeten  Phallophoren  zuletzt  ausgeführt  hat,  ist  zweifelhaft, 
jedenfalls  scheint  mir  die  Vorlage,  die  er  benutzte,  anders 
componirt  gewesen  zu  sein. 

Denn  alle  Glieder  des  dionysischen  Schwarms,  der  Ilephai- 
stos  unigiebt,  sind  in  mehr  oder  weniger  lehliafter  Erregung 
und  Bewegung.  Völlig  ruhig  ist  nur  die  Frau,  ihre  Benen- 
nung macht  zunächst  Schwieriorkeiten.  Denn  an  Athena,  wie 
sie  auf  altertümlichen  Bildwerken  so  häufig  den  Helden  bei- 
steht, kann  man  nicht  denken;  hier  bedarf  Niemand  gött- 
licher Hilfe  oder  Nähe,  auch  sind  die  Göttinnen  im  Olymp 
versammelt  zu  denken,  wo  sie  die  Ankunft  des  Ilephaistos  er- 
warten. Vielmehr  scheint  mir  die  einzige  Frau,  deren  Anwe- 
senheit sich  vollkommen  aus  der  Situation  erklärt.  Thetis  zu 
sein.  Sie  war  es,  die  Ilephaistos  gastlich  aufnahm  als  er  aus 
dem  Olymp  Verstössen  wurde,  aus  ihrer  Wohnung  wird  er 
vom  Thiasos  abgeholt.  Die  unbewegliche  Haltung,  in  der 
die  Göttin  auf  dem  Vasenbild  erscheint,  zeigt  uns,  dass  sie  hier 
zu  Haus  ist  und  nicht  daran  denkt,  sich  dem  Zug  anzuschlies- 
sen.  ebensowenig  wie  etwa  die  Frau,  die  auf  der  mykenäi- 
schen  Kriegervase  den  ausziehenden  Helden  nachklagt  \ 

Während  Thetis  zurückbleibt,  ziejit  Hephaistos  fröhlich 
seine  Strasse,  geleitet  vom  dionysischen  Schwärm.  Einer  der 
Gesellen,  der  neben  dem  Pferde  hergeht,  hält  eine  Traube  em- 
por und  mahnt  damit  an  den  berauschenden  Trank,  den  der 
betörte  Gott  selbst  unterwegs  gierig  schlürft.  Zwei  andere 
sind  vorausgehüpft,  jetzt  sehen  sie  sich  um,  ob  Hephaistos  ili- 
nen  auch  folgt  und  scheinen  mit  sprechender  Bewegung  Boss 
und  Reiter  hinter  sich  herzulocken.  Hingegen  schreitet  der 
Mann  mit  dem  mächtigen  Uebzweig  über  der  Schulter  rüstig 
vorwärts,  nur  das  Ziel  im  Auge.   Ihm  folgt,  wie  ein  Diener 


'  Das  Schuppenornamenl  am  Mantel  der  Tliclis  ist  nalürlicli  rein  ilcco- 
raliv  und  darf  nicht  als  eine  Anspiclunf?  auf  die  MeerfjüUin  angesehen  wer- 
den. Ilinijcgen  dient  das  Bäuinchon  vor  Ileithaislüs  (für  dessen  Slilisirung 
auf  die  Lekjthüs  y. //.  6'.  XII 79  zu  verweisen  ist )  vielleicht  nicht  nur  zur 
Raumfiillun?,  sondern  deulct  das  Feslland  an  im  Gegensatz  zum  Meerespa- 
last der  Thetis. 


KORINTHISCHE   VASE   MIT   DER    RÜECKFUEHRUNG   DES   HEPHAlSTOS    515 

seinem  Herrn,  ein  Genosse,  der  eine  mit  Streifen  verzierte 
VVeinkanne  in  der  Hand  trägt,  um  nach  Bedarf  das  Trinkhorn 
des  Hephaislos  frisch  zu  füllen. 

Wo  aber  ist  Dionysos?  Vergebens  sucht  man  die  würdige, 
langgewandete  Gestalt  mit  dem  Eplieukranz  auf  dem  Haupt, 
dem  Becher  oder  Trinkhorn  in  der  Hand.  Dass  der  Maler  den 
Protagonisten  der  Handluno;  aus  Nachlässiu;keit  weggelassen 
habe,  ist  wenig  wahrscheinlich  ;  das  Bild  ist  flott,  aber  nicht 
ohne  Sorgfalt  ausgeführt.  Vielmehr  muss  ernstlich  erwogen 
werden,  ob  nicht  doch  einer  der  Dargestellten  Dionysos  sei,  ob 
die  uns  aus  der  ionisch -attischen  Kunst  geläufige  Erschei- 
nungsform des  Gottes  auch  die  einzige  den  Korinthiern  ver- 
traute war. 

In  der  Umgebung  des  Hephaistos  ist  die  vornehmste  Gestalt 
zweifellos  der  öc/ocpopo?.  in  ihm  haben  wir  Dionysos  zu  er- 
kennen. Schon  der  Rebzweig  stellt  diese  Deutung  sicher.  Denn 
neben  Trinkhorn  und  Becher  ist  dieser  das  älteste  und  häu- 
figste Attribut  des  Gottes,  während  er  sich  in  der  Hand  seiner 
Begleiter,  mögen  sie  Silene,  Satyrn  oder  wie  sonst  heissen, 
in  älterer  Zeit  nie  findet.  Der  Thiasos  wahrt  in  der  bildlichen 
Tradition  seine  ursprüngliche  Selbständigkeit  gegenüber  dem 
VVeingott.  Die  Traube,  die  einer  der  Thiasoten  auf  unserm  Bild 
hinter  Hephaistos  emporhebt,  darf  daran  nicht  irre  machen. 
Sie  ist  kein  symbolisches  Attribut,  sondern  erklärt  sich  aus 
der  Situation,  sie  erzählt  in  der  kindlichen  Bildersprache  des 
Malers,  dass  Hephaistos  Wein  trinkt,  ganz  ähnlich  wie  auf  der 
Francoisvase  der  Rebzweig  den  Inhalt  der  Amphora  verrät, 
die  Dionysos  als  Hochzeitsgeschenk  herbeischleppt. 

Aber  auch  die  Stelle,  die  Dionysos  innerhalb  der  Compo- 
sition  einnimmt,  kennzeichnet  ihn.  Er  ist  der  Führer  des  gan- 
zen Zugs,  der  einzige,  der  wirklich  frei  und  unbeengt  aus- 
schreitet. Diese  führende  Stellung  wird  auf  der  friesartig  fort- 
laufenden Originalcomposition,  die  wir  vorauszusetzen  haben, 
noch  deutlicher  hervorgetreten  sein.  Dort  kann  das  Ziel  des 
Zuges,  das  wir  von  der  Franfoisvase  kennen,  nicht  gefehlt 
haben,  die  Versammlung  der  Götter  im  Olymp.  Auf  sie  deutet 


516  G.   LOESCHCKE 

Dionysos  mit  der  hoch  erhohenen  Linken  hin,  indem  er  ihnen 
selion  von  ferne  einen  fröhlichen  Gruss  zuruft,  der  das  Gelin- 
gen des  schwierigen  Auftrags  meldet. 

Noch  hleibt  aber  das  schwerste  Bedenken  zu  heben:  die 
Nacktheit  des  fraglichen  Dionysos.  In  der  That  ist  ein  nackter 
Dionysos  in  der  altertümlichen  Vasenmalerei  sonst  nicht  nach- 
zuweisen und  es  kann  unmethodisch  erscheinen,  gegenüber 
den  vielen  hunderten  von  Darstellungen  des  bekleideten  Got- 
tes eine  Ausnahme  statuiren  zu  wollen.  Das  Problem  erscheint 
aber  sogleich  in  anderem  Licht,  wenn  man  fragt:  wieviel 
Bilder  des  Dionysos  sich  auf  Vasen  finden,  wenn  man  einmal 
von  den  ionischen  und  den  von  ihnen  abhängigen  attischen 
absieht.  Auf  kyrenjiischen  Vasen  fehlt  Dionysos  durchaus,  auf 
korinthischen  wüsste  ich  ihn  nur  auf  dem  Krater  mit  der 
Rückführung  des  Hephaistos,  British  Museum  B  42'  und  auf 


<  Die  Vase  wird  von  H.  1?.  Walters,  dem  Verfasser  des  II.  Bandes  des 
Calalogue  of  the  Greek  and  Elruscan  vascs  in  the  llrüisk  A/w5C»»i  ausdrücklich 
für  nicht  echt  korinthisch,  sondern  für  eine  Imitation  korinthischer  Waare 
erklärt.  Ich  habe  sie  mir  vor  Jahren  unbedenklich  als  korinthisch  nolirt 
und  niüchle  vorlaufi-;  daran  festhalten.  Denn  so  fiewiss  das  erste  Gefühl  ge- 
genüber dem  neuen  Vasenkataiog  das  des  lebhaften  Danks  für  den  Verfasser 
sein  muss,  so  darf,  um  Schaden  zu  verhüten,  nicht  verschwiegen  werden, 
dass  er  volle  Sicherheil  in  der  Unterscheidung  der  selteneren  Vasengattun- 
gen noch  nicht  erlangt  hat.  Die  chalkidischon  Vasen  It  75  und  156  werden 
z.  B.  trotz  Alphabol  und  Dialekt  der  Inschriften,  für  koiinthisches  und  al- 
lisches Fabrikat  erklärt.  Es  kann  darnach  nicht  überraschen,  wenn,  um 
nur  ganz  sicher  chalkidische  Gefässe  zu  nennen,  der  herrliche  Krater  15, 
die  Amphora  22,  die  Oenochoen  34  und  ;J5  unter  die  korinthischen  Vasen 
geraten  sind.  Ein  unnötiger  Fehler  ist  es  auch,  wenn  im  Widerspruch  mit 
moinor  Zuteilung  des  Gefässes  an  die  Klasse  der  Arkesilas-Sclialc  (Reliefs 
der  altspartanisclien  Basis,  Dorpal  1879,  \k),  die  allgemeine  Zustimmung 
gefunden  hat,  die  Iljdria  58  mit  einer  '  caeretaner"  Iljdria  zusammenge- 
stellt wild,  der  sie  so  unähnlich  ist,  wie  sich  zwei  etwa  gleichzeitige  Vasen 
nur  sein  können.  Ich  kann  dafür  Potlier's  .sorgfältiger  Sammlung  dieser 
Vasenclasse  im  H.  C.  IL  XVI  254  ein  anderes  Exemplar  hinzufügen,  von 
dem  ich  1.S78  eine  Anzahl  Scherben  in  tier  Sammlung  Huspuli  in  Cervetri 
sah.  Die  Schulter  war  mit  Eplieu  und  Korjniben  dceorirt.  Über  den  Fiiss- 
slrahlen  folgte  ein  I'almetten-Lotosfries,  wie  Pottier  Nr.  7  =  Masner  218, 
darauf  ein  Tierfrics,  aus  dem  ich  einen  Stier  mil  Menschengesichl  hervor- 
hebe, da  der  T^pus  hier  zum  ersten  Mal  in  dieser  Gattung  crsclicinl  unc 


KORINTHISCHE    VASE    MIT   DER    RUEGKFUEHRUNG    DßS    HEPHAISTOS   51t 

dem  Teller  bei  Benndorf,  Griech.  und  sicilische  Vasenbilder 
Taf.  7  nacbzuweisen.  Beide  Male  ist  er  vollbekleidet,  aber  neben 
zwei  bekleideten  kann  sich  der  nackte  Dionysos  des  Ampho- 
riskos  um  so  leichter  behaupten,  als  er  die  älteste  Darstel- 
lung des  Gottes  ist,  die  wir  überhaupt  besitzen  und  das  Auf- 
treten des  Gottes  in  Chiton  und  llimation  auf  den  jüngeren 
Vasen  und  der  Kypseloslade  sich  aus  dem  wachsenden  Ein- 
fluss  der  ionischen  Kunst  auf  Korinth  leicht  erklärt. 

Hierzu  kommt,  dass  die  Vasenmalerei  eine  einseitige  Quelle 
ist.  Was  wüssten  wir  von  den  ganz  oder  nahezu  nackten  Bil- 
dungen des  Zeus  und  Poseidon  in  der  archaischen  Kunst, 
wenn  wir  nur  Vasenbilder  hätten,  wenn  uns  namentlich  die 
Münzen  fehlten  ? 

Eine  Münze  ist  es  auch  im  vorliegenden  Fall,  die  den 
Ausschlag  giebt  für  die  von  mir  aufgestellte  Erklärung.  Aus 
einer  unteritalischen  Griechenstadt ,  deren  Lage  und  Name 
unbekannt  ist,  hat  sich  eine  Münze  erhalten,  die  einen  nack- 
ten stehenden  Mann  zeigt  mit  langem  Haupthaar  und  spitzem 
Bart.  In  der  linken  Hand  hält  er  einen  Hebzweig,  der  auf  sei- 
ner Schulter  ruht,  mit  der  rechten  den  Kantharos.  Richtig 
haben   Gardner  [Types  of  Greek  coins  87)   und  Thrämer 


für  ihre  ionische  Herkunft  bezeichnend  ist.  Im  Hauptstreifen  befanden 
sich  neben  deni  hinteren  Henkel  zwei  spriniJ^ende  Pferde,  wie  auf  dem  ca- 
pilulinischen  Exemplar  von  Hephaistos  Besuch  bei  Dionysos,  Potlier  Nr.  8. 
Die  Vorderseite  fehlte  ganz  oder  war  in  kleine  Splitter  zerschlagen:  ich 
konnte  nur  ein  Pferd  conslaliren  und  einen  baarhiiuptigen  Mann.  Dass  hier 
zum  dritten  Mal  in  dieser  Vasengruppe  Hephaislos  Verkehr  mit  Dionysos 
geschihlerl  gewesen  sei,  war  mir  nicht  unwahrscheinlich,  aber  nicht  si- 
cher zu  beweisen.  Hingegen  muss  ich  mit  aller  Bestimmtheit  an  meiner 
Deutung  dieser  Bilder  festhalten  (bei  L.  von  Schröder  a.  a.  0.),  trotz  der 
Einwendungen  von  Bulle,  Silene  52.  Bulle  übersieht,  dass  wir  es  hier  mit 
keinem  gedankenlosen  Pfuscher  zu  thun  haben,  sondern  mit  einem  Maler, 
der  vorzüglich  zu  erzählen  versteht  und  durch  den  Augenschein  jeden  Ge- 
danken aussoliliesst  als  führe  hier  Dionysos  den  Hephaistos  in  den  Olyn\p 
zurück.  Vielmehr  ist  Hephaistos  in  allen  den  von  mir  besprochenen  Bil- 
dern ein  Freund  des  Dionysos,  der  nach  Belieben  kommt  und  gehl  und  wenn 
er  sich  bei  dem  üotle  aufh/ill  z.  B.  auf  der  verschollenen  attischen  Amphora 
bei  Gerhand  A.  V.  Taf.  95,  wie  ein  vollbürtiges  und  gleichartiges  Glied 
des  Thiasos  erscheinl. 

ATHEN.    MITTHElLUiNGEN   Xl.\.  35 


518  G.   LOESCHCKE 

(Roscher's  Mytli.  Lexikon  I  1100)  an  seiner  Erklärung  als 
Dionysos  festgehalten,  obgleich  der  Versuch  den  Gott  völlig 
nackt  darzustellen,  damals  vereinzelt  dastand.  Jetzt  stützen 
sich  die  Deutungen  des  Vasenhildes  und  der  Münze  gegensei- 
tig und  man  wird  zuversichtlich  die  letztere  einer  achäischen 
aus  dem  Peloponnes  deducirten  Golonie  zuschreiben  dürfen. 
Diese  Annahme  hat  um  so  grössere  Wahrscheinlichkeit,  als 
auch  die  Begleiter  des  Dionysos  auf  dem  korinthischen  Ampho- 
riskos  ihr  Gegenbild  in  den   unteritalischen  Phlyaken  haben. 

Als  ich  vor  langen  Jahren  die  Beobachtung  machte,  dass 
die  ionischen  Pferdedämonen,  die  Silene,  auf  den  korinthi- 
schen Vasen  fehlen  und  hier  durch  burleske,  ausgelassen  tan- 
zende Männer  ersetzt  werden,  hielt  ich  diese  für  irdische  Ver- 
ehrer des  Gottes;  nicht  anders  Furtwängler,  Annali  1811 , 
450  und  im  Satyr  aus  Pergamon  und  v.  Uohden  in  Baumei- 
ster's  Denkmälern  111  1962.  Erst  Dümmler  warf  die  Frage 
auf,  ob  die  korinthischen  Tänzer  nicht  vielmehr  Dämonen 
seien  {Annali  1885,  129)  und  A.  Körte  hob  nachdrücklich 
zu  Gunsten  dieser  Ansicht  hervor,  dass  der  Name  "Oixfgjpi/co?, 
den  einer  von  ihnen  auf  dem  von  Dümmler  publicirten  Kra- 
ter trägt,  für  Ilalikarnass  als  Beiname  des  Dionysos  bezeugt 
sei  (Arch.  Jahrbuch  VllI  91).  Die  definitive  Bestätigung  für 
den  dämonischen  Charakter  dieser  dionysischen  Gesellen  brin- 
gen unser  Amphoriskos  und  der  londoner  Krater  B  42,  die 
sie  bei  der  Rückführung  des  Hephaistos  zeigen.  Denn  selbst- 
verständlich kann  hier  einzig  die  mythische  Gefolgschaft  des 
Dionysos  mitwirken. 

Über  Heimat  und  Verbreitung  dieser  (px>Xo(p6pot  liat  letzthin 
A.  Körte  a.  a.  0.  S.  Gl  ff.  gehandelt.  Er  hat  vortrefflich  aus- 
geführt, dass  die  attischen  Schauspieler  der  alten  Komödie 
und  die  unteritalischen  Phlyaken  die  Vertreter  jener  Dämonen 
im  Gült  sind  und  von  ihnen  Gestalt  und  Charakter  entlehnt 
haben'.  Wenn  er  sie  aber  für  dorisch  erklärt,  so   kann  ich 


<  Was  J.  Püppelrculer  im  I.  Uapitel  seiner  lüchligcn  Dissertation  De  co- 
moediae  allicac  priinordiis,  Berlin  1893,  vorlräj,'l,  widerspriclil  Körte's  Itc- 


KORINTHISCHE  VASE   MIT   DER   RUECKFUEHRUNG   DES   HEPHAISTOS   519 

ihm  darin  nicht  folgen.  Fest  steht  durch  die  korinthischen 
Vasen,  dass  sie  im  Peloponnes  verehrt  wurden;  ob  sie  aber 
der  dorischen  oder  der  vordorischen  Schicht  des  Volksglau- 
bens angehören,  ist  zunächst  eine  offene  Frage.  Ihr  Vorkom- 
men in  Unteritalien  und  Kyrene(Arch.  Zeitung  188 ITaf.  12,1. 
13,4)  bringt  keine  Entscheidung,  obgleich  es  wahrscheinlich 
ist,  dass  die  breite  Masse  der  peloponnesischen  Auswanderer, 
deren  Anschauungen  in  der  volkstümlichen  Vasenmalerei  zum 
Ausdruck  o-elangen,  überwieo;end  AchUer  waren.  Dass  Aristo- 
teles  die  Entstehung  der  Komödie  bei  den  Dorern  kurzer  Hand 
abweist,  ist  Körte's  Annahme  jedenfalls  nicht  günstig.  Ent- 
scheidend ist  aber,  dass  sich  auch  auf  einer  chalkidischen 
Vase  (Roulez,  Vases  de  Leide  Tat  5),  die  Körte  erwähnt, 
aber  nicht  genügend  berücksichtigt,  jene  korinthischen  Tän- 
zer fmden.  Denn  dass  die  chalkidische  Töpferei  stark  auf  die 
spätere  korinthische  gewirkt  hat,  lässt  sich  nicht  bezweifeln', 


sullaten  nicht,  sondern  ergänzt  sie.  Die  von  Poppelreuter  behandelten  Va- 
senhilder  (zu  denen  ich  liull.  Napolelano  N.  S.  V  Taf.  7,  \  mit  dem  Chor 
der  Delphin- und  Slraussenreiter  zählen  möchte)  zeigen  Vorstufen  des  ko- 
mischen Cliors,  während  Kürte  von  den  komischen  Schauspielern  han- 
delt. Die  litterarische  Kunslform  der  Komödie  ist  aus  zwiespältiger  Wurzel 
entsprungen,  Choreuten  und  Schauspieler  scheinen  in  der  Komödie  an- 
fänglich ihrem  Wesen  nach  ebenso  verschieden  gewesen  zu  sein,  wie  sie  es 
im  Satyrspiel  immer  gebliehen  sind  und  wie  sie  es  auch  im  Heroenspiel, 
der  Tragödie,  dem  Namen  nach  zu  schliessen,  einst  waren.  Die  Schauspie- 
ler der  Komödie  sind  aus  den  (paXXo^dfot  hervorgegangen,  die  im  Cult  jene 
Dämonen  nachahmen,  deren  Verbreitung  und  Namen  wir  zu  ermitteln  su- 
chen, im  allerletzten  Grund  doch  wol  die  Ahnengeister,  die  segnend  und 
lebenweckend  durch  die  Fluren  ihrer  Nachkommen  schweifen.  Der  (.'bor 
wird  von  Tieren  oder  liergcslaltigen  Dämonen  j^'obildel,  wie  sie  für  den  grie- 
chischen Volksglauben  in  nianichfaltigster  Form  vorausgesetzt  werden  müs- 
sen, bevor  die  Poesie  wenigstens  für  die  höchsten  Götter  die  Menschenge- 
stall siegreich  durchsetzte.  Es  ist  ein  bleibendes  Venlienst  Milchhöfer's  in 
dan  krausen  Bildern  der  mykenisclien  Amulelsteine  solche  vorhomerische 
Dämonen  erkannt  zu  haben.  .Mit  viel  reicherem  Material  und  einigen  rich- 
tigen anthropologischen  Gesichtspunkten  hat  lelzlhin  Cook  im  J.  //.  6'.  XIV 
81  die  Untersuchung  weiter  zu  führen  gesucht,  der  guten  Sache  die  er  ver- 
Irill  aber,  wie  ich  fürchte,  mehr  geschadet  als  genützt,  da  er  all  zu  unkri- 
tisch vorgeht. 
'  Bonner  Studien  258.   Um   noch  einige  Beispiele  anzuführen,  so  steht 


520  G.    LOESCHGKE 

ein  Einfluss  in  umgekehrter  Richtung  ist  aber  nirgends  erwie- 
sen. Überdies  hat  man  gegenüber  der  leidener  Amphora 
nicht  den  Eindruck  als  ob  jene  Tänzer  etwa  als  ein  ausseror- 
dentlicher, neumodischer  Schmuck  auf  das  Gefiiss  gemalt 
seien,  sondern  sie  w  irken  im  Gegenteil  wie  ein  Rudiment.  Im 
Hauptbild,  am  Bauch  der  Amphora,  tanzen  in  grossem  Mass- 
stab, breit  ausgeführt,  die  pferdehufigen  Silene;  die  '  pelopon- 
nesischen '  Kobolde  müssen  sich  mit  dem  Schulterbild  be- 
gnügen, demjenigen  Teil  der  Decoration  auf  den  überwundene 
Verzierungsarten  zurückgedrängt  zu  werden  pflegen,  um  sich 
hier  langsam  auszuleben.  Die  Vorstellung  von  den  burlesken, 
menschengestaltigen  Genossen  des  Dionysos  wird  auch  in 
Chalkis  einst  geherrscht  haben ;  die  Pferdesilene,  eine  kleina- 
siatische Schöpfung  des  VII.  Jahrhunderts,  haben  sie  ver- 
drängt. Dass  man  in  Böotien,  dem  Hinterland  von  Chalkis, 
auch  später  noch  an  jene  glaubte,  zeigen  die  Kabirenvasen '. 
Hierzu  kommt,  dass  wahrscheinlich  auch  in  Arkadien  der- 
artise  Dämonen  nicht  gefehlt  haben.  Nach  ihrem  Thun  und 
Treiben,  ihrer  Gestalt  und  ihren  Namen  (Euvo(u)?,  'OfpeXavSpo;, 
"0(i,[S]pi)co:),  erscheinen  die  peloponnesischen  Thiasoten  als 
neckische  aber  gütige  Geister,  die  vegetative  und  animalische 
Fruchtbarkeit  spenden.  Von  den  Silenen   und  Satyrn  unter- 


nach  Technik,  Ornamcnlik  und  Typik  die  Ilydria  Bcnlin  1657  trotz  der  ko- 
rinthischen Inschriften,  ganz  unter  chalkidischom  Einlluss;  die  chalkidi- 
sche  Vurlaj,'e  für  den  Hund  des  Timunidas  (Ant.  Denkmäler  I  Taf.  8,13  = 
Wiener  Vorlegeblätler  1888  Taf.  1,11)  glaubt  man  erhalten  in  dem  clialki- 
dischen  Krater  British  Museum  ß  15.  Auch  auf  dem  korinthischen  Napf 
Berlin  3925  (Sammlung  Sabouroir  Taf.  48,1;  sind  die  Hähne  und  die  Tän- 
zer nach  einer  chalkidischen  Vorlage  gemall. 

<  Oben  346ir.  (A.  Körte).  Ob  die  dort  abgebildete  rotligurigc  Vase  in 
Böotien  fabricirt  ist  oder  zu  irgend  welcher  Zeil  aus  Lukanicn  nach  Grie- 
chenland importirl,  muss  dahin  gestellt  bleiben.  Es  verdient  aber  jcdentalls 
erwähnt  zu  werden,  dass  sie  den  lukanischen  zum  Verwechseln  ähnlich  ist. 
Zur  Darstellung  bemerke  ich  gelegentlich,  dass  die  Mörserkeulen  von  den 
mit  beiden  Armen  geslikulirenden  'Phlyaken'  nicht  gehallen  werden,  son- 
dern, wie  die  Vase  British  Museum  fi  473  lehrl,  augtuiblicklich  mit  dem 
Griir  im  Mörser  stecken.  Das  untere,  jetzt  emporragende  Ende  ist  von  der 
vorangegangenen  Arbeit  beschmutzt. 


KORINTHISCHE    VASE    MIT    DER    RUEGKFUEHRUNG    DES    HEPHAISTOS   521 

scheiden  sie  sich  durch  das  Fehlen  jedes  tierischen  Abzeichens, 
schon  hierdurch  dem  italischen  Faunus  ähnlich  (Hoscher's 
Myth.  Lexikon  I  1458,  Wissowa.  Bonner  Jahrbücher  LXXXX 
9,  Milchhöfer).  Nun  hat  Schvvegler  ( Rom.  Gesch.  1  354  ff.) 
den  Beweis  erbracht,  dass  der  arkadische  E-javSco;,  der  angeb- 
liche Stifter  des  Faunuscults  in  Rom,  eben  Faunus  selber  ist. 
Die  der  Überlieferung  zu  Grunde  liegende  pseudohistorische 
Combination  hat  zur  Voraussetzung,  dass  man,  da  E-javSpo? 
nicht  wörtliche  Übersetzung  von  Faunus  ist,  in  Arkadien  einen 
dem  Faunus  ähnlichen  Dämon  Namens  EuavSpo;  verehrte. 
Wie  im  Wesen  so  im  Namen  würde  sich  dieser  E-javSpo;  als 
Parallelfigur  zu  Euvo(u)?  und  'O^ilxApoc;  der  korinthischen 
Vase  stellen. 

Wenn  hiernach  die  später  um  Dionysos  versammelten  men- 
schengestaltigen Kobolde  der  ältesten  Schicht  griechischen 
Volksglaubens  angehören  und  weit  über  Korinth  und  den  Pe- 
loponnes  hinaus  verbreitet  waren,  so  kann  ihr  Name  in  unse- 
rer litterarischen  Überlieferung  kaum  fehlen. 

Abgesehen  von  Bäk/oi,  der  allgemeinsten  Bezeichnung  für 
alle  von  Dionysos  Begeisterten,  nennt  Apollodor  in  seiner  Un- 
tersuchung über  die  Kureten  als  die  wichtigsten  männlichen 
Dämonen,  die  Dionysos  umschwärmen,  wiederholt  SiXr^voi, 
TtTupoi  und  Z:xTupoi  (Strabo  S.  466,7.  468,10.  Vgl.  470,15). 
In  der  bildenden  Kunst  begegnen  wir  in  der  Gefolgschaft  des 
Gottes:  Pferdedämonen,  Bocksdämonen  und  menschengestal- 
tigen Genossen.  Fest  steht,  dass  SiXvivoi  der  Name  der  Pferde- 
dämonen ist,  dass  diese  in  lonien  zu  Haus  waren,  mit  dem 
Dionysos  der  Anthesterien  aber  früh  in  Attika  heimisch  ge- 
worden sind,  dass  sie  dort  als  ittttoi  mit  Pferdeschweif  und 
Pferdeohren  dem  Gotte  zu  Ehren  als  Chor  im  Satyrspiel  auf- 
traten und  wahrscheinlich  auch  den  Namen  Ittttoi  führten,  der 
im  Thiasos  der  lobakchen  zuletzt  noch  an  den  untersten  Die- 
nern haftet  (oben  281,  S.  Wide). 

Das  Verständniss  des  Namens  Tixupoi  hat  Bücheier  im  Ar- 
chiv für  lat.  Lexicographie  II  119  erschlossen,  unter  Zustim- 
mung von  V.  VVilamowitz  (Herakles  I  81).   Er  bezeichnet  die 


522  G.   LOESCHGKE 

Dämonen  als  iOu<pa>.Xoi.  Wenn  der  Scholiast  zu  Theokrit  III  2 
sagt  Toü;  xpayou;  TiTüpou?  liyouai,  SO  wird  dies  richtig  sein, 
wenn  man  es  7aiv  Zeit  aucli  nicht  controllircn  kann.  Die  titu- 
pot  würden  dann,  entsprechend  den  ionischen  itttcoi,  xpayoi 
sein,  wie  man  sie  wegen  der  Tpayixol  /opoi,  wegen  Pan  und 
der  Ziegensatyrn  der  lysippischen  Schule  im  Volksglauben 
des  Peloponnes  ohnehin  voraussetzen  muss.  In  der  archaischen 
Kunst  fehlen  sie  bisher.  Die  älteste  Darstellung  eines  Bocks- 
chors bietet  wol  der  Krater  mit  der  Pandorageburt  /.  H.  S. 
XI  Taf.  11. 

So  bleibt  die  Frage :  wie  sahen  die  SotTupoi  aus  und  was 
bedeutet  ihr  Name?  v.  Wilamowitz  a.a.O.  meint:  'es  wäre  zu 
wünschen,  dass  es  Bock  bedeutet  hätte'.  Dieser  Wunsch  ent- 
springt dem  verbreiteten  Glauben,  dass  das  Satyrspiel  ur- 
sprünglich von  Tpayoi  ausgeführt  worden  sei.  Aber  diese  An- 
nahme steht  auf  schwachen  Füssen.  Sie  gründet  sich  auf  die 
Angabe,  dass  der  Salyrchor  auf  der  Bühne  ein  Bocksfell  ge- 
tragen habe.  Wie  die  Vasenbilder  lehren  ist  dies  aber  nicht 
wahr.  Das  Bocksfell  der  Satyrn  in  Euripides'  Kyklops  ist  nicht 
conventionell,  sondern  entspricht  der  Situation,  es  ist,  wie  es 
der  Dichter  V.  8ü  tf.  auch  motivirt,  das  Knechtsgewand. 

Dass  Aischylos  im  Prometheus  7cupy.a.£u;  (Frag.  207,  Plu- 
tarch  Mor.  S.  86  f.)  einen  Satyr  xpayo?  genannt  hat,  steht 
allerdings  fest.  Aber  die  Situation,  in  der  xpayo;  gebraucht 
wird,  lässt  keinen  Zweifel,  dass  es  als  Scheltwort  gemeint  war. 
Kaum  lodert  das  erste  Feuer  empor,  so  naht  sich  ihm  gierig 
der  Satyr,  der  keinen  andern  Gedanken  hat  als  die  glänzende 
Erscheinung  wie  ein  schönes  Mädchen  zu  umarmen  und  zu 
liebkosen.  'Du  geiler  Bock  wirst  dir  den  Bart  verbrennen' 
Tpxyo;  yeve-.ov  apa  7r£vG7)'7si?  coye  ruft  ihm  Prometheus  zu.  Ich 
meine  das  ist  verständlich  (selbst  wenn  hier  keine  sprüch- 
wörtliche Redensart  benutzt  sein  sollte)  und  es  bedarf  nicht  der 
Annahme,  ein  Satyr  sei  je  anders  als  metaphorisch  als  Bock 
bezeichnet  worden,  während  ihm  ein  stattlicher  Pferdeschweif 
im  Bücken  hing.  Aus  der  Thalsaclie,  dass  man  in  der  olTiciel- 
len  Sprache   Athens  die  itcttoi,   die  zu  Ehren  des  Dionysos 


KORINTHISCHE   VASE   MIT   DER   RUECKFUEHRUNG  DES  HEPHAISTOS   523 

tanzten,  cxTupoi  nannte,  ist  vielmehr  zu  folgern,  dass  «rxTupoi; 
nicht  Tpayo«;  bedeutete  und  da  —  wir  wissen  leider  nicht  seit 
wann  —  auch  die  Bocksdämonen  airupoi  genannt  wurden,  so 
wird  das  Wort  überliaupt  kein  Tiername  sein,  sondern  eine 
allgemeinere  Bedeutunir  goliabt  haben,  die  es  zur  Bezeichnung 
verschiedenartiger  dionysischer  Dämonen  geeignet  machte. 

Bekanntlich  leitete  man  nachVarro  (Diomed.  III  S.485f.  K.) 
die  römische  satura  entweder  von  den  (rzr'jpoi  oder  von  sa^ 
tur  ^h.  Mommsen  sah,  dass  beide  Etymologien  auf  dasselbe 
hinauslaufen  und  erklärte  die  satura  für  den  '  Mummenschanz 
der  vollen  Leute  ((TÄTupoi)'  (R.  G.  I  29).  Diese  Deutung  darf 
wol  zur  Zeit  als  die  herrschende  gelten.  Letzthin  hat  aberv.Wi- 
lamowitz  es  a.  a.  0.  als  natürlich  bezeichnet,  dass  caTupo«; 
Nichts  mit  satiir  zu  thun  habe.  Da  er  keinen  Grund  anführt 
so  erbat  ich  Belehrung  bei  Bücheier,  der  die  Freundlichkeit 
hatte  niclit  nur  das  Problem  mit  mir  durchzusprechen,  sondern 
mir  auch  zu  bemerken  gestattet,  dass  er  jene  Etymologie  für 
inhaltlich  geboten  und  bei  einem  altertümlichen  Namen  für 
formell  möglich  d.  h.  für  richtig  halte. 

Die  Zusammenstellung  bei  Brugmann,  Vergleichende  Gram- 
matik 1  102  aus  der  ich  nur  hervorhebe:  '  Griech.  a-Sviv 
sattsam;  Lat.  satiir,  safis ;  A.  ir.  sa-t/ioch  satt;  A.  ind.  a- 
si-nvd-  unersättlich'  lehrt,  dass  die  weitverbreitete  Wurzel 
-sa-  lautet.  Das  anlautende  Sigma  hat  sich  in  axTupo;  —  ne- 
ben homerischem  äSrv  —  erhalten,  wie  in  gC?  neben  u;.  Das 
SuH'ix  aber  ist  dasselbe  wie  in  iv.äp-xupo;.  Da  nun  ein  Zeuge 
ein  Mann  ist,  der  '  Kunde  oder  Erinnerung  schafft'  (vgl.z.  B. 
L.  Meyer, Vergleichende  Grammatik  1  696),  so  liegt  die  Mög- 
lichkeit vor  auch  crä-xucoc  als  nomen  agentis  aufzufassen  und 
die  Satyrn  als  gute  Geister,  die  Sättigung  und  Fülle  verleihen, 
die  Haus  und  Flur,  Stall,  Scheuerund  Kellerfüllen,  ganz  wie 
ihre  von  Mannhardt  in  ihrem  Wirken  und  ihrer  wandelbaren 
bald  menschlichen  bald  tierischen  Gestalt  so  meisterlich  ge- 
schilderten Vettern, die  nordischen  Feld-  und  Waldgeister.  Ver- 
liehen  sie  aber  Fülle  und  lebten  in  Hülle  und  Fülle,  so  lag 
die  Vorstellung  nahe  und  bot  sich  der  Kunst  zur  Charakteri- 


524  G.    LOESCHCKE 

stik,  dass  sie  selbst  wie  ihre  irdischen  Verehrer  und  Abbilder 
'fiillig',  also  TupoyxcrTopsi;  waren. 

Hesiod  dachte  sich  die  Satyrn,   die  Enkel  des  Phoroneus, 
im  Peloponnes  heimisch  (StraboXS.  471),  und  vordorischer 
Sage  schreibt  v.  \\  ilamowitz  a.  a.  0.  83,47  mit  Recht  den  in 
Arkadien  hausenden  Satyros  zu,  den  Argos  erschlägt  (Apol- 
lod.  II  1,2).  Nun  finden  wir  auf  altgriechischen,    besonders 
häufig  auf  korinthischen  Vasen  dickbäuchige,  bisweilen  ithy- 
phallische  Dämonen,  deren  Namen  sie  als  freundliche  Vege- 
tationssfeister  kennzeichnen  und  sehen  sie  bei  der  Rückfüh- 
rung  des  Hephaistos,  auf  dem  dümmler'schen  Krater  und  auf 
zahlreichen  Vasen  mit  Tanzscenen  so  nichtsnutzie;  und  ausiz;e- 
lassen,   als  wollten  sie  Ilesiods  bekannte  Charakteristik  des 
yevo?  ouTiSavüiv  caxupcov  xal  a|;/o/^avo£py(Lv  durch  ihr  Treiben  illu- 
striren.   Es  scheint  mir  kaum  ein  Zweifel  möglich,  dass  der 
richtige  Name  für  die  'korinthischen  Tänzer'   cÄxupoi  ist  und 
dass  wir  die  korinthischen  Vasen,  auf  denen  die  Bilder  der  Dä- 
monen und  der  nach  ihrem  Vorbild  schwärmenden  Bacchanten 
sich  nicht  scharf  scheiden  lassen,   benutzen  dürfen,   um  uns 
eine  Vorstellung  von  den  altpeloponnesischen  Satyrchören  zu 
machen.   Der  archäologische  Sprachgebrauch  aber  würde  an 
Kürze  und  Genauigkeit  gewinnen,   wenn  man  sich  gewöhnte 
die  Pferdedämonen  regelmässig  cCkri^oi  zu  nennen,  die  Bocks- 
dämonen TiTupoi,   den   Namen  (jÄT'jpo-,  aber,   obgleich  er  der 
umfassendste  ist,  für  die  urhellenischen  mcnschengestaltigen 
Kobolde  aufzusparen,  wie  sie  auf  unserem  korinthischen  Am- 
phoriskos  Dionysos  und  Hephaistos  geleiten,  sich  aber  gleich- 
artig auch  in  Kyrene  und  Unteritalien,  in  Böotien  und  Chalkis 
finden  und  wie  sie  in  den  Schauspielern  der  alten  Komödie, 
die  also  auch  ein  Spau.a  aaTupiy.ov,  eine  satiira  ist,  auf  der  at- 
tischen  Bühne  heimiscli  geworden   sind  und   sich  vereinzelt 
vielleicht  auch  sonst  in  Attika  neben  den  Silencn  nachweisen 
lassen.  Denn  wenn  auf  der  florentiner  Schale  mit  der  Phallo- 
phorie  (Heydemann,  Antikensammlungen  in  Ober-  und  Mit- 
telitalien Taf.  2,  3  «•  '^•),  an  deren  attischem  Ursprung  zu  zwei- 
feln ich  keinen  genügenden  Grund  sehe,  auf  der  einen  Seite 


KORINTHISCHE    VASE   MIT   DER    RUECKFUEHRUNG   DES   HEPHAISTOS   525 

ein  Silen,  ein  echter  ittxo?,  der  von  einem  andern  kleinen  Ko- 
bold geritten  wird,  sieh  an  dem  Phallos  zu  schaffen  macht. 
auf  der  andern  ein  in  gleicher  übermenschlicher  Grösse  ge- 
bildeter Dämon  ohne  ein  tierisches  Abzeichen,  so  wüsste  ich 
diesen  nicht  besser  zu  benennen  als  Tax'jpo?. 

Bonn  am  Rhein. 

G.  LOESCHCKE. 


'*«S4j^^»c 


ZUM  PSEPHISMA  FÜR  HIPPOMEDON.  IT. 

Auf  die  EinAvände,  welche  Herr  Professor  Fränkel  Siegen 
meine  Auffassung  einer  Stelle  des  Psephisma  für  Hipponiedon 
erhoben  hat  (oben  S.  395),  kann  ich,  ohne  umständliche  Wi- 
derlegung seiner  Ausfuhrungen  oder  neuerliche  Verteidigung 
meiner  Vermutungen  versuchen  zu  müssen,  in  Kürze  antwor- 
ten. Gleich  nach  Veröffentlichung  meiner  Bemerkungen  (S. 
294)  hat  mir  Herr  Dr.  Kern  freundlichst  mitgeteilt,  der  Ab- 
klatsch scheine  meine  Lesung  zu  bestätigen.  Dass  dem  so  ist, 
davon  habe  ich  nunmehr  mich  selbst  und  haben  sich  auf 
meine  Bitte  hin  befreundete  Gelehrte  angesichts  eines  von  der 
Hand  des  Finders  gefertigten  Abdruckes  im  Institute  zu  Athen 
überzeugt.  Die  Reste,  welche  sich  an  der  fraglichen  Stelle  er- 
kennen lassen,  sind  deutlich  genug,  um  den  Vorschlag  sitx- 
you<7iv  —  der  mir  an  sich  aus  sprachlichen  und  sachlichen  Grün- 
den nach  wie  vor  als  unwahrscheinlich  "elten  muss  —  als  un- 
zulässig  zu  erweisen.  Man  sieht  auf  dem  Abklatsche  zu  An- 
fang von  Z.  4  P,§  /x  h  I ;  somit  ist  tyi  tzöIv.,  wie  ich  ergänzt 
habe,  gesichert. 

Das  V^ort  mit  dem  Zeile  20  —  übrigens  nicht  die  letzte,  da 
der  Abklatsch  noch  Spuren  einer  folgenden  Zeile  zeigt  —  be- 
gonnen hat,  ist  von  Fränkel  zu  TrpojvoüvTat  ergänzt  worden. 
Die  Bedenken,  welche  ich  ge^en  diese  Vermutung  he^te,  da 
ä-ap/i?  TrpovoEiv  eine  ungewöhnliche,  wol  unbelegle  Verbin- 
dung ist,  haben  sich  bei  Einsicht  des  Abdruckes  bestätigt. 
Von  den  Zeichen  NOi^NTAI,  die  Kerns  Abschrift  gibt,  ist 
das  erste  in  der  That  unsicher;  ich  glaube  Tl  zu  erkennen, 
so  dass  xal  ä7rxp^[al  ävaJriOüivTai  ZU  schreiben  sein  wird. 

Athen. 

AD.  WILHELM. 


INSCHRIFTEN  AUS  SAMOTHRAKE 

Wiederum  können  wir  zwei  Inschriften  aus  Samothrake ' 
veröfYentlicIien,  deren  iVlitteilunj^^  wir  der  Freundlichkeit  des 
Herrn  N.  B.  Phardys  verdanken. 

1 .  Weisser  iMarinor,  Chora  oberhalb  der  Hausthür  des  Ma- 
nolaki  Sougli ;  hoch  0/^4,  breit  0,19™,  an  allen  Seiten  aus- 
ser der  linken  gebrochen.  Buchstabenhöhe  0,035  (Zeile  3)  — 
0,045  (Zeile  4).  Aus  römischer  Zeit. 

E   Y   A  et\va  :  Eüaryopa;] 

A   P   I  A  'ApiS[rAo'j] 

ihn;?"  Tr)v  <T[Tt€xSaJ 

0  E  06[oi?J. 

Z.  3  ist  nach  Phardys  die  Spur  des  Z  sicher.  Zu  der  Er- 
gänzung (TTiSiSa  vgl.  Inscr.  Graec.  irisul.  1  786. 

2.  Grabstele,  im  Frühling  1894  auf  der  Begräbnisstelle 
südlich  vom  Ptolemaion  (Athen.  Mittheilungen  1893  S.  344) 
gefunden.  Die  Stele,  unten  abgebrochen,  wird  von  einem  Gie- 
bel mit  Akroterien  bekrönt,  ist  0,41'"  hoch,  0,30  breit,  0,05 
dick  und  trägt  in  einigem  Abstände  von  dem  oberen  Rande 
des  Schaftes  die  Inschrift: 

NYM(j)OAf2POS 
A   I   O  A  n  P  O  Y 

N'jafpöSwpo; 
AioSwpou 

Die  Buchstaben  gleichen  denen  der  Inschrift  vom  Arsi- 
noeion  und  gehören  etwa  in  dieselbe  Zeit. 

Berlin. 

OTTO  KERN. 


üben  S.  3'J9  C  Z.  2  isl  wul  zu  lesen  S[üji][jiax,os  STupa[x]o{. 


LITTERATUR 

B.  Apostolidks,  La  statue  dlrcnue  et  la  ville  de  Soknopee 
(Extrait  des  N"'  6  et  7  de  L'EGYriE).  Alexandrien  189'i. 

r.  MlSTPIQTHS,  'EXXr,vix,y)  ypaau.aTo'Xoytx  ä~6  rojv  äpyaioxx- 
Twv  ypovcov  (^'Sypi  tti?  utto  töüv  To'jpx.cov  aXiöaeo);  T'/i(;  K(i)v«7TavTi- 
vou7r6>.£(o<;.  I.  Athen  1894. 

N.  r.  riOAITlli: ,  'Epv£(7T(i)  Ko'jpTio)  iivi  TY)  oySoYixocTvi  ys^ß" 
ÖXicp.  AtijzwSs'.?  y.oGf;.oyovt;toi  [xOGoi.  Athen  1894. 

AöHNA  (jüyypafxaa  TuspioSi/.öv  T"?i?  iv  'AGv/Vai?  eTCKJTVii^-Ovixri; 
Ixatpeia;  VI,  4.  Darin  u.  a.  S.  442.  I.  N.  Dojltavöi;,  'kapiKo. 
uxö  E.  Srap-aTiocSou. — S.  471.  I.  Kocp'.vtwTr,;,  'AtüoXXwv  Kpo.- 
Tsavö?  [Abbildung  eines  der  üblichen  Weihereliefs  wie  Arch. 
Zeitung  XXXI I  S.  16'2  mit  der  Unterschrift  'AtcoT^T^öSoto? 
'AGy-lnlTTiSou  'Az6>,X(i)vi  Kpa|T£avüJi  )(^api<TTy)ptov].  —  S.  483.  FI, 
KjcSSxSia?,  rispl  £7riypa(p>i?  eüpsOsi'jyi;  iv  Tvi  ävaTxacp-Pi  tou  Iv  'Etti- 
Saupw  cTaSiO'j  [Bericht  über  einen  Vortrag.  Die  Inschrift  lau- 
tet :  Xapty.3tvTiSa[t  .  .  .]x^x  'ETTiSauptOi;  'AttÖXXojvi  'Aa)t>7i7T:ioit  ävs- 
ÖYiKEv.  0paa'j[j.YiSYi;  £tcoi-/ig£v  ;  sie  bestätigt  die  Meinung  des  Vor- 
tragenden, dass  Thrasymedes  im  Anfang  des  IV.  Jahrhun- 
derts lebte]. 

Apmonia  ,  Smyrna,  15  2I£7ct.  1894.  11.  N.  Oaxayewpyiou, 
MiTuXrivr,?  [j.£Tptxöv  £7rtypa[;.u,a.  [Auf  der  Inschrift  Athen.  Mitth. 
XIII  S.  77,  45  steht  sicher  IHPON,  es  ist  also  zu  lesen  oü 
tö  Oav£iv  XuItt'/icov  -/.tX.  nicht  wie  vorgeschlagen  war  öSuvJYipov]. 
Vgl.  Berliner  phil.  Wochenschrift  1894  S.  1469. 

AsTr,  Athen,  12  Aex.  1894.  «Ka'^iw  vv  eöuöe  xä  KopFci.  Ou- 
Tw;  ävEyvwGÖY)  £v  TÖ  £7rtypa(pr/.(p  (ppovTidT'/ipiw  tou  y.aOioyiOToij  Tvi; 
apyatoXoyia?  x.  A.  OiKOvof/.ou  t)  iizl  ya^KOu  jtuty.SöcXo'j,  £v  tw  >c£VTpi)t({i 
[xouGEKi)  axoxEifAEVou,  EyxE^apayj^.Ev/)  ETriypacpy),  r,Tiq  [>-^'/^p^  touö£  ave- 
yivöicy.ETo  Kd|xoi/v  eövcre  xtl  KopFci  (Höhl.  Inscriptiones  graecae 
antiquissimae  324)  •/.aTa^Eyopi.Evio  oüyj  öpOöJt;  ilc,  ra?  ÖEaoaXixäi;.» 
Estia  1894  Nr.  24-30.   Darin  u.  a.  S.  465  Ch.  Chipicz, 

^/Ifkix'/)    -Kiol   TCJV    äpVCiv    TGÖ  Awpi)COÖ  p'j6[J!.Oi3. 


FUNDE  529 

E<i>HMEPis  APXAiOAoriKH   1894  Heft  3.    Darin  S.  133.   A. 

2x,ta;,  'AvayX'j'px  e/.  t-?];  Iv  tyi  x.otT'^i  too  'lAfiioO  äva-r/.aor,;.  — 
S.  141.  Th.  Homoile ,  Ihcl  t-?,;  /povo).OYia?  -rrj?  SiaOr/z-r?  Tr,; 
'E7rt)CT-/iTa;.  —  S.  1  49.  G.  Millet,  W-n'^i^ui-zx  toO  Aa-pvio-j.  —  S. 
161.  A.  SxiXi;,  'E-iypa-pai  'EXe'jgivo;.  — S.  187.  K.  A.  M'jAw- 
va<;,  Tep-dc^ia  {y,£T077(I»v  £x  tt,;  jj-eG-zifj-Spivr,?  toO  FlapOevoJvo;  TTAe'jpy.?. 
IIaPNAXSOS,    TCspioS'.xöv    <7'jYYpa[xi7.x    ToG    £v    'AOrjVat;    6u.cov'ju.0'j 

ou^öyou  XVI,  12.  XVll,  1-3.  Darin  u.  a.  S.  930.  76.  K.  Ila':- 
«Tayiiwr,«;,    Maviixuca   ^.oi^olöyioi..  — S.  81.    N.  F.   rio)viTr,<;,    Tö 


FUNDE 

Über  die  Ausgrabungen,  welche  vom  deutschen  Institute 
am  VVestabliange  der  Akropolis  von  Athen  vorgenommen 
werden,  ist  oben  ausführlich  berichtet.  Andere  Grabungen 
haben  in  Athen  nicht  stattgefunden.  Aber  zufällig  sind  bei  der 
Fundamentirung  von  Wohnhäusern  in  verschiedenen  Gegen- 
den der  Stadt  einige  antike  Bauwerke  zum  Vorschein  n;ekom- 
men,  von  denen  hier  nur  ein  Stück  der  Stadimauer  erwähnt 
zu  werden  verdient,  das  unmittelbar  nördlich  vom  Dipylon  an 
der  Ecke  der  "OSö;  "Tapou.yi^.iyyou  und  'Arrwa.zTüjv  (s.  oben  1893 
Taf.  6,  1  ;  öSo;  'Arrcoay.Twv  ist  die  erste  Strasse  östlich  vom  Di- 
pylon)  aufgefunden  ist.  Es  bestätigt,  soweit  das  kleine  Mauer- 
stück ein  Urteil  gestattet,  die  bisherige  Ergänzung  der  Stadt- 
mauer an  dieser  Stelle. 

Durch  die  Tageszeitungen  sind  verschiedene  Nachrichten 
über  grosse  Beschädigungen  des  Parthenon  gelaufen. 
Es  wird  den  Facligenosscn  und  Altertumsfreunden  lieb  sein, 
an  dieser  Stelle  einige  sichere  Angaben  über  den  Sachverhalt 
zu  linden.  Der  Tempel  ist  in  der  That  an  vielen  Stellen  sehr 
beschädigt.    Manche    Säulen    zeigen    bedenkliche    Hisse    und 


530  FUNDE 

Lücken,  von  mehreren  Kapitellen  sind  grössere  Stücke  abge- 
sprungen,  so  dass  die  Architrave,   vvelche  selbst  vieltach  be- 
schädigt sind,  an  mehreren  Stellen  nur  noch  sehr  kleine  Auf- 
la£:er  haben  und  leicht  herunterstürzen  können.  Auch  an  den 
oberen  Teilen  des  Gebälks  und  an  den  anderen  Gebäudeteilen 
bemerkt  man  viele  reparaturbedürftige  Stellen.  Alle  diese  Be- 
schädigungen sind  nicht,    wie  vielfach   behauptet  wird,  erst 
durch  das  starke  Erdbeben  vom  April  1894  entstanden,  son- 
dern bestehen  schon  seit  vielen  Jahren  und  sind  auf  verschie- 
dene Ursachen  zurückzuführen.  Die  grosse  Explosion  des  Jah- 
res 1687  hat  nicht  nur  einen  grossen  Teil  des  Baues  gänzlich 
zerstört,  sondern  auch  den   stehen  gebliebenen  Teil  naturge- 
mäss  sehr  beschädigt.  Dass  auch  das  wiederholte  Beschiessen 
der  Akropolis  dem  Parthenon  grossen  Schaden  zugefügt  hat, 
zeigen  deutlich  die  schon  von  Weitem  sichtbaren  Stellen,  wo 
die  Kugeln  getroffen  und  einzelne  Steine  ganz  oder  teilweise 
zertrümmert  haben.  Weiteren  Schaden  hat  der  des  Daches  be- 
raubte Bau  durch  die  Einflüsse  der  Witterung  erfahren.  Das 
Regenwasser  ist  in  die  Risse  und  Sprünge  eingedrungen  und 
der  Frost  hat  sie  erweitert.  An  vielen  Steinen  hat  sich  der  in 
feinen  Adern  vorhandene  Glimmerschiefer  aufgelöst,   so  dass 
der  Marmor  sein  festes  Gefüge  verloren  hat.  Schliesslich  sind 
auch  die  verschiedenen  Erdbeben,  welche  Athen  im  Laufe  der 
Jahrhunderte  erlebt  hat,  nicht  ohne  zerstörenden  EinOuss  auf 
den  Tempel  geblieben.  So  hat  auch  das  letzte  Erdbeben  einige 
längst  schadhafte  Steinstücke  zu  Fall  gebracht,  ohne  grosse 
neue  Beschädigungen  zu  verursachen.  Etwas  Gutes  hat  es  aber 
bewirkt.   Es  hat  die  Augen  der  griechischen  Regierung  und 
der  vielen  Altertumsfreunde  auf  die  Schäden  des  Baues  ge- 
lenkt, die  bisher  nur  Wenigen  bekannt  waren. 

Die  griechische  Regierung  hat  sofort  eine  Commission  aus 
einheimischen  und  fremden  Architekten  ernannt,  um  den  Bau 
zu  untersuchen  und  Mittel  zu  seiner  Erhaltung  vorzuschlagen. 
Der  Unterzeichnete  war  auch  Mitglied  derselben.  Nach  mehr- 
maliger Untersuchung  des  Baues,  und  nachdem  ein  Gerüst 
zur  Untersuchung  des  als  besonders  baufällig  erkannten  mitt- 


FUNDE  531 

leren  Architravs  des  Opistfiodoms  errichtet  war,  beschloss  die 
Commission,  der  Regierung  eine  gründliche  Reparatur  des 
ganzen  Tempels  und  besonders  eine  Erneuerung  der  inneren 
Platte  jenes  aus  drei  nebeneinanderliegenden  Platten  beste- 
henden Architravs  des  Hinterhauses  zu  empfehlen.  Ein  Mit- 
glied der  Commission,  Herr  Architekt  E.  Ziller,  war  abwei- 
chender Ansicht,  er  sprach  sich  gegen  jede  Erneuerung  irgend 
eines  Teiles  des  Baues  aus  und  will  alle  bautälligen  Steine 
und  so  auch  jenen  Architrav  mit  Marmorkitt  ausllicken.  In 
griechischen  und  deutschen  Zeitungen  hat  er  seine  Ansicht 
veröffentlichen  lassen. 

Da  in  der  Commission  keine  Einstimmigkeit  erzielt  werden 
konnte,  entschloss  sich  die  l\egierung,  eine  anerkannte  Auto- 
rität für  die  Frage  der  Erhaltung  und  Wiederherstellung  von 
Kunstwerken,  Herrn  Baudirector  und  Professor  Dr.  J.  Durm 
in  Karlsruhe  nach  Athen  zu  berufen  und  mit  der  genauen  Un- 
tersuchung des  Tempels  und  der  Abgabe  eines  Gutachtens 
über  seine  Erhaltung  zu  beauftragen.  Herr  Durm  hat  den  Auf- 
trag angenommen  und  wird  Mitte  Januar  in  Athen  erwartet. 

Auf  der  benachbarten  Insel  Porös  (Kalaureia)  haben  die 
schwedischen  Archäologen  S.  Wide  und  L.  Kjellberg  das  Hei- 
ligtum des  Poseidon,  das  Gentrum  des  kalaurischen  Städte- 
bundes, ausgegraben.  Nicht  nur  der  Tempel  und  sein  Peri- 
bolos,  sondern  auch  eine  Agora  mit  mehreren  Säulenhallen 
und  anderen  Bauwerken  ist  in  mehr  oder  weniger  gut  erhal- 
tenen Resten  freigelegt.  Ein  mit  mehreren  Plänen  ausgestatte- 
ter Bericht  wird  in  dieser  Zeitschrift  erscheinen. 

In  der  Nähe  der  attischen  Burg  Aphidna  haben  dieselben 
Forscher  einen  Grabhügel  untersucht  und  darin  mehrere  Grä- 
ber aus  sehr  alter  Zeit  gefunden.  Auch  über  diesen  Fund  wird 
ein  Bericht  in  dieser  Zeitschrift  erscheinen. 

Über  die  erfolgreichen  Ausgrabungen  in  Epidauros,  De- 
los  nnd  Delphi  berichte  ich  nicht,  weil  ich  diese  Orte  nach 
den  letzten  Grabungen  nicht  selbst  besucht  habe. 

In  Eretria  hat  die  amerikanische  Schule  unter  Leitung 
ihres  Directors  Herrn  Richardson  im  Sommer  Ausgrabungen 


53-2  FUNDE 

vorgenommen.  Erstens  hat  man  die  westliche  Parodos  des 
höchst  interessanten  Theaters  freigelegt  und  zweitens  die  Fun- 
damente eines  Tempels  und  eines  vor  ihm  gelegenen  Altars 
gefunden;  diese  waren  vermutlich  dem  Dionysos  geweiht.  Der 
Tempel  war  ein  Peripteros  und  lag  unmittelbar  neben  der  ge- 
nannten Parodos  des  Theaters.  [w,  D.] 

Wir  schliessen  kurze  Notizen  über  mancherlei  Ausgrabun- 
gen und  Funde  an,  welche  wir  hiesigen  Tagesblältern  entneh- 
men. Wenn  sie  auch  mitunter  nicht  von  Fachmännern  herrüh- 
ren und  an  Genauigkeit  zu  wünschen  übrig  lassen,  so  scheint 
uns  doch  die  weitere  Verbreitung  dieser  Nachrichten,  aufwei- 
che die  Zeitungen  dankenswerter  Weise  mehr  und  mehr  Ge- 
wicht legen,  nützlich.  Vollständigkeit  können  wir  allerdings 
nicht  verbürgen. 

Attika.  In  der  Gegend  des  alten  Prasiai  bei  dem  heutigen 
Dorfe  Markopulo  hat  Herr  Stais  auf  Kosten  der  arch.  Ge- 
sellschaft wieder  Ausgrabungen  begonnen,  welche  bis  jetzt  22 
mykenischer  Gräber  zu  Tage  brachten.  Als  hauptsächliche 
Funde  werden  Thongefässe  bezeichnet,  deren  gegen  200  ge- 
funden sind  und  die  zum  Teil  ganz  ungewöhnliche  Darstellun- 
gen tragen,  ausserdem  ein  goldener  und  zwei  silberne  Ringe 
und  bronzene  Messer  ("Acjtu  8.  23.  31.  'Okt.  1894). 

Bei  Laurion  in  der  Gegend  Agrilesa  ist  bei  den  Arbeiten 
der  griechischen  Bergwerksgesellschaft  (s.  oben  S.  241)  nach 
Mitteilung  des  A.  'AvTwvajtÖTvouXo?  eine  2"  hohe  und  0,40'"  im 
Umfang  messende  Säule  mit  der  Inschrift 

NOYMHNE02 
A  P  T  E  M  I  A  I 
AN  E0  H  K  E 

gefunden.  (Nea  'E<^r,u.ipl<;  5  'Iou)aou  1894).  Bei  denselben  Ar- 
beiten entdeckte  man  eine  marmorne  Grabampliora  mit  der  Re- 
liefdarstellung einer  sitzenden  Frau  die  einem  stehenden  Manne 
(zerstört)  die  Hand  reicht.  Zugleich  wurde  das  Oberteil  einer 
Grabstele,   bekrönt  von  einer  Sirene,  gefunden ;   erhalten  ist 


FüNDß  633 

der  Kopl  des  verstorbenen  Jünglings  mit  Diadem  und  darü- 
ber sein  Name  STpaxox.AY-i;.  Beide  Stücke  sollen  in  das  hiesige 
Nationalmuseum  gebracht  werden.  ("Attu  19  Settt.  1894. 
'Edxia  18  Settt.  1894). 

In  Aegina  hat  die  arch.  Gesellschaft  durch  Herrn  Stais 
ausgraben  lassen  und  zwar  bei  dem  in  der  Nähe  der  Stadt  be- 
findlichen sog.  Aphrodite-Tempel,  von  welchem  ausser  Teilen 
der  Fundamente  eine  aufrecht  stehende  Säule  erhalten  ist. 
Unterhalb  der  Aufschüttung,  welche  diesen  Tempel  trug  und 
als  Terrasse  umgab,  fänden  sich  altgriechische  Bauten,  unter- 
halb dieser  eine  tiefere  Schicht  der  mykenischen  Epoche.  Die 
Bauten  dieser  letzteren,  vielleicht  Wohnhäuser,  sind  in  Folge 
ihrer  hohen  Verschüttung  ungewöhnlich  gut  erhalten ;  unter 
den  reichen  Vasenfunden  tritt  eine  eigentümliche  Art  von  Ge- 
lassen mit  geometrischen  linearen,  in  stumpfer  Farbe  auf  den 
hellen,  gelblichgrauen  Thon  aufgemalten  Ornamenten  beson- 
ders hervor.  ("Att'.  20  ::£7:t.  1894). 

in  Epidauros  schreiten  die  Ausgrabungen  im  Asklepios- 
heiligtum  stätig  fort.  Es  wird  jetzt  das  Stadion  ausgegraben, 
das  unter  seiner  7'"  tiefen  Verschüttung  Sitzstufen  und  Ziel 
trefflich  erhalten  zeigt.  Der  Fund  einer  Marmorbasis  mit  Künst- 
lerinschrift des  Thrasymedes  von  Faros  an  ihrer  ursprüngli- 
chen Stelle  erregt  den  Wunsch,  dass  auch  die  zugehörige  Por- 
trätstatue entdeckt  werde.  ("Att-j  7.8.  Nosu-Sptou  1894).  Vgl. 
oben  S.  528. 

Südlich  von  Chalkis  sind  in  der  Gegend  M-e'r-MTa^e;  zu- 
fällig Beste  antiker  Bauten  gefunden  worden.  Es  liegt  dort  ein 
etwa  200'''°  grosser  Fussboden,  kunstlos  aus  weissen  Steinen 
zusammengesetzt,  an  den  Bändern  von  zwei  schmalen  grünen 
Streifen  und  dazwischen  liegenden  übereck  iiestellten  Vier- 
ecken eingeiässt.  iMit  diesem  Mosaikboden  slösst  ein  zweiler 
zusammen,  der  etwa  1 00"^  gross  ist  und  aus  abwechselnden 
weissen  und  schwarzen  Marmorplatten  zusammengesetzt  ist. 
Von  dem  Gemach,  zu  dem  dieser  Boden  gehörte,  sind  auch 
Reste  der  Wände  erhalten,  die  sich  noch  ziemlich  weit  über 
den  erhaltenen    Boden  hinaus  erstrecken    und    Brandspuren 

ATHEN,    MITTHEILUNGEN   XIX.  36 


534  FUNDE 

zeigen.  Da  auch  kleine  Pfeiler  aus  runden  Ziegelplatten  er- 
wähnt werden,  so  ist  ofYenhar  ein  Hypocaustum  anzunehmen. 
Die  sonst  aufgeführten  Reste:  ungeriefelte  Säulen,  Kapitell, 
viereckige  Ziegel,  geben  weiter  keinen  Aufschluss;  doch  sind 
auch  drei  Inschriften  vorrömischer  Zeit,  Namenlisten,  gefun- 
den, sowie  eine  Statuenbasis  mit  der  Aufschrift  'H  ^ouXvi  y.x\ 
6  Srifxo?.   (A.  Mäxrra?  im  "Actu  29    'Ojct.  1894). 

Thessalien.  In  Larissa  ist  eine  Bronzestatuette  der  Athena 
confiscirt  und  dem  Nationalmuseum  hier  überwiesen  worden. 
Sie  wird  als  Werk  des  VI.  Jahrhunderts  v.  Ch.  aber  ohne  be- 
sonderen Kunstwert  bezeichnet  und  stellt  die  Göttin  mit  Helm, 
Schild  und  Lanze  im  gewöhnlichen  Typus  der  Palladien  dar. 
("A<jTu  16  'OxT.  1894). 

Amorgos.  Unter  der  Leitung  des  Herrn  Tsundas  sind 
Ausgrabungen  vorgenommen  worden,  welche  zwanzig  vorge- 
schichtliche Gräber  der  von  den  Kykladen  bekannten  Art  auf- 
deckten. Als  Funde  werden  Waffen,  Thongefässe  und  Mar- 
moridole genannt,  offenbar  in  der  Hauptsache  mit  schon  be- 
kanntem übereinstimmend.  ("Agtu  16  'Oxt.  1894). 

Auf  Andros  wurde  an  der  Stelle  der  antiken  Stadt  (Pa- 
läopolis)  im  Acker  eines  gewissen  F.  Sru^iavöc  angeblich  eine 
männliche  Statue  gefunden,  der  ausgezeichnete  Erhaltung  und 
gute  Arbeit  nachgerühmt  wurden.  Jetzt  hat  eine  Untersuchung 
durch  die  Ephorie  ergeben,  dass  es  sich  um  ein  schlechtes 
Relief  (stehender  nackter  Jüngling)  spätester  Zeit  handelt. 
(■'A(jTu  20  NoE^a.  10  ^ix..  1894). 

Kleinasien.  In  der  Kaysterebene,  in  dem  südlichen,  Bo- 
ghas  genannten  Thale  fand  sich  bei  einem  türkischen  Friedhof 
eine  viereckige  Marmorstele  etwa  1,30'"  lang,  0,90  breit,  de- 
ren oberer  Teil  fehlt.  Sie  trägt  (nach  Xp.  BactXaKocxYiO  fol- 
gende Inschrift:  M 

I  n  p 

T]  A  A  N  ft  0  [I 
02THNKA[T 
5  E]TEIMHZAME[N 

K  AT  A2K  E  YAZAI 


FUNDE  535 

Tn]NIAiaNKA0AKA 
AHAYTOYHÜPOS 
ENHENTHAFOPAAH 
10  K  A  I  E  N  A  A  A  O  I  Z  A  E  0=1 

EY]EPrETHKOTAHMQN 
THNKATOIKIAN 

E  n  I 

AJPX0NT02AYP.  0AY2TOY 
15     KJAIAPFYPOTAMIOYAYP. 
A  Y  2  Y  r  A 
('Apaovia,  Smyrna,  28  'Oxt.  1894). 

Mysien.   Aus  Soma  wird  der  'Apaovta  (Smyrna,  22  'Okz. 

1894)  mitgeteilt:  Mexaßä;  tzoo  tivwv  yjaepaiv  e(;  to  ywpiov  NTaco- 

xa>,e   [x^y^ccioi.   'AizoXkcä'^ix)    y^aiTSiav    wpav    evtsöOsv  ai.7:iyo'^,    sopov 

licl  XiOou  j^py)(Jt{A6ÜovTO;  co;  <jty;1"io  '^p'^/VT;;  xivoc  Tr,v  xxtwOi  iTT'.ypa'pYiv: 

AYPIAYKQNMAMnN 

EnEOHKENBOMONTHZ 

TPIMOZXinBAHOHAE 
EANEKTHZSYNFENEIAZ 
5  EIAETI20EAH2 

ANYZAI0HSEIIZTO 
MEIONATTIKA2:XI 
AIAZTTENTAKOZI 
Thyateira.   Die  Inschrift  ^.  C. //^.  1887  S.  459,  22  ist  von 
n.  STO'jpaiT-/i<;  in  der  'Api/ovia  (Smyrna,  24  'Iouv.1894)  voll- 
ständiger iierausgegeben,   vermutlich  nachdem  der  1'"  lange 
und  0,45  breite  Stein  aus  der  Mauer,  in  die  er  verbaut  war, 
herausgebrochen  und  dadurch  der  Anfang  lesbar  geworden 
war.  Er  lautet: 

H  B  O  Y  A  H  K  A  I  O  A  H  M  O  2 
ETEIM  H2EN 
AlONYSIONMENEAAOYnAIAA 

npaTONArnNooETHNTHsnpo 

TfiSAXOEISHSYnOTH^nOAEnS 
ZEBAZTElOY-KAITYPIMNHOY-nA    usf. 
In  der  Nähe  von  Nevscheher,  Vilayet  Konia  (Ikonion), 


536  siTZüngsprotokolle.     Berichtigungen 

Sandjak  Nigde,  bei  einem  3  Stunden  davon  entfernt  liegenden 
Dorfe  SoXaxa  oder  Sile  wurde  ein  Pithos  voll  Münzen  sefun- 
den.  Sie  haben  alle  dieselbe  Grösse,  etwa  2"°  im  Dm.  und  zei- 
gen nach  der  Beschreibung  auf  der  einen  Seite  eine  Kimigin 
mit  der  Umschrift  IMPEPLICHALERINHSAHC,  auf 
der  anderen  zwei  Könige,  von  denen  der  erste  einen  Kranz, 
der  zweite  eine  Fahne  oder  Stab  hält  mit  der  Umschrift 
RESTITHTORP-EINTIZ.  350  Exemplare  sind  von 
dem  Kaimakam  confiscirt  worden.  ("Agtu  20  üetct.  1894). 
Es  handelt  sich  offenbar  um  Münzen  des  Imp.  C.  P.  Lic. 
Valerianus  Aug.  mit  dem  Revers  Restitut.  Or lentis. 


SITZÜNGSPROTOKOLLE 

5.  Dez.  1894.  Festsitzung  zur  Feier  von  Winckelmann's 
Geburtstag.  VV.  Doeupfeld  erstattet  den  Jahresbericht  und  ge- 
denkt des  fünfzigjährigen  Jubiläums,  das  E.  Curtius  kürzlich 
gefeiert,  sowie  der  Verluste  welche  das  Institut  durch  den 
Tod  der  Mitglieder  seiner  Centraldirektion  H.  Brunn  und 
G.  B.  de  Rossi  erlitten.  Sodann  berichtet  er  über  die  Resul- 
tate der  Ausgrabungen  in  Troja  1894.  —  A.  Koerte  legt  die 
Ergebnisse  seiner  Reisen  in  Kleinasien  dar. 

19.  Dez.  1894.  VV.  Doerpfeld  «edenkt  des  verstorbenen  Eh- 
renmitgliedes  der  Centraldirektion  C.  T.  Newton.  —  S.  Wide, 
Ausgrabungen  im  Poseidonheiligtum  auf  Kalaureia.  —  W. 
Doerpfeld,  Das  Dionysion  in  den  Limnai. 


BERICHTIGUNGEN 

Auf  dem  Plan  Taf.  IX  ist  durch  ein  Versehen  die  Beziffe- 
rung der  Quadrate  um  Eins  zu  niedrig  gesetzt.  Es  ist  also  statt 
2  zu  lesen  3  und  so  weiter. 

Auf  der  Karte  S.  405  ist  statt  Skoponcri  zu  lesen  Skro- 
poneri  und  statt  Antheion  :  Anthedon. 

-cx^^R^-e>" 


4.  Februar  1895, 


T  H   E  AT  E  R 


1 


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7 


iißi$  r| 


R  o  e  1/  I  s  c  H 

PFLAST  E 


'        I        i        I        I        '        I        I        I        I        I 


G  N  E  S  I  A     A     M. 


n 


^m  AELTESTER  BAU 
r^~1  ERSTER  UMBAU 
W^m     ZWEITER    UMBAU 


G  RIECHISCHER 
GRUNDRI  SS. 

EKCAENZT 


>ii'  I  I  I  i^.j.jia.^ 


ROEMISCHER 
GRUNDRISS 

ERGAENZT 


THEATER 


N       MAGNESIA     A.    M. 


;iA    A.  M. 


TA  F.  IE. 


1^ 

0  N 

=.ä 

UNTERIRDISCHER  GANG 
(RÖMISCH  ) 


HE   PARODOS 


THEATER        IN       MAGNESIA     A.   M. 


RÖMISCHEN         LOGEION 


2.    SCHNITT      DURCH      DIE      SÜDLICHE       PARODOS. 


"S  TE4'ANH4'OPOYNTosAroAAOÄ  APOVATANO  GEIT/o^ 

TOYkAEA  I  N  O  YATTOA  AOAAPOVToY  A  EONTE  AS  OLA.E 

"TPATAIAl^aN  .       k^aiM^OA 

0  EOAAPoZATONYSlOYAPAMATIETPiMIONHI     M  HTPOA'il  PO^/^ 

YroKPITH2  ATOA  AAN  102  ATOAAANIOY    YnoKPI  n^HXAr 

,   ,^  .  M   lAHS  I  C 


XT'E^'ANH'^oPoYNToS.  :5:>0LKPÄToV2ArA  N  O  OETOYN  T 
AlON  VXAPXOYTOY/vAMTTONOIS         TEPüNfT  IAO  VT  O 
TaN  P  AMAinN      TOIHTAI  KAI  NaMAPAt^^  AT  A  N 
— *  PA  r  A  A  ID<N  r  A  AV  Y€u  N  TA  AYK  AN  0  s:  .-      v  K  va  M  a  A  i 

>E:S1I02:     Yr'oKPlTH^:  HPAKAElTos        /         ^xOHMoA 
MHNOAAPoY  MAAA>a:/  X^PI"^^- 


(^A,^) 


/ 


AHMHTPIOY        XTE4=ANHtPPoYNTorATTAA 


r 


^ 


^i^KAEIOYSXPYAPI^TOKFAToYSEYANAPIAc 
POMAI<>Nl  IT  QIHnrA  I 


koMOiAlON     ^    ,  ^         SATYPor 

yArAQHNoPAPiSTaN  akto:2:e:4^e:5:ios         tioa  EMAIOSTAIC 

A  PAMATlMlAfelAYTTOt^PlTHS  A  PA  MATI        A 

ie:pokahsie:pokahoy:s4>y:se:iae: 

^lAOTOY  TPA    ^AIANOX 


■^B,^J 


/ETOYNnrONAEPOMAlA  ^^ElJ, 

-"OYONH  XoNo:zol  ^EEN  ItCON  THTTÖI 

/SATYPOM       TTolHTHX 

lAPMOAlos:  ASKAHTTIAAOY 
t-aPZ:EYS        APA  MATI 

)  TTPOTESIAAO 


(B,5j 


Y 


^aNEYANAPlAoyToYEYANAPIAOYMANAPOAA?oy    ^, 
a NToHArxiNAT ANPa MAIANroiHTAIKA I  N  Ji  H  ApAMA T  A M 

_  ^AT  Y  P    XL    N      _   ^ 

AANI  OYAPAMATlOMOIoi:^       OL"  OAA  P  OS.  AION  VS^IOY 
KAH-SArAGOKAEloYK  APAMATiOYTHI 


i  A  1  AropoYToVAHMHTpioY 
PONTIAOY       OlAEEMIkßNTOMA  r^''NA 


A  10MHAH2- 
^r  EPrAV.HNOX 
AoToSMüTPoAApoYrePrAMH 


^roNooCToYNT' 


^rpAroiAioN 
e;maio5:aioaopo  Y  Cc^ 

vi  ATI     KAYTAIMH 
MTH:2APreMIAO'  P0„ 
MIAOPOYTOYAloSKOYPrAOY 


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TTA  A  AWH  AH 


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VII 


RHOMAIDES,     ATHILN 


vnt 


A 


B 


C 


D 


DIE        BURG         l)i:U       \-I     SCHICHT 
ATHENA  -  HEILIGTU.H      DKH       IX    SCHICI  IT. 

i'iii  liMl       I     .     !     !     ' k 


AUSGRABUNG     v 


i 


Lllli     Ä  r,ru„i/,nn:-, .  -I/Iir.; 


TROJA  I/^^  JAHRK   1894. 


m 


DIE  INSEL  GLA  od.r  PAlÄOKASTRO 

c  ARNE  1 
im    iionliistlii'hrri  Koiuiissev 


M' 


Httssrnb     l:2»)0 


r  ß/-/!/  /,yf  w,  Jer  U;,/vrf/r  ärr  Billy  93,Eg  -  nbfr  Jrm 

Aufgenommen  und  gezeichnet  von  E  Noadt. 


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XI 


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(95  u.d.M.) 


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MYKENISCHE  BURGEN 

bei  der  Varia-Katawothre  (KopaTssee) 

Masslab  -  i  :  öooo 


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.J///  Sf////ussc  //es  ii)(\stlir/icii  Uli  (/eis  ist  die  Ho/ic  (h'rScc-Ebaic 
übe/-  (Irffi  Mcrn  !J:J-^^ 

Aiif()('ii()Ttnii{'n   und  (](v,(Mcliii('t  vom  F.  Xoa(k. 


XIV 


R  G  I  KON 


KGi-undmann  Athen. 


PLAN    DEH    AUSGRABUNGEN 


WESTABHANG     der    AKROPOLIS 


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