Skip to main content

Full text of "Mitteilungen aus dem Osterlande"

See other formats


4 


vv 


RENNER, 


wooyuy NR 


wurywwiv 







METER) 


vw . 

BOLD ZE ALTEN 
BERTEEZE # ERIREIN - 
VUUMUMLUUVUUWTIMVUG, 
227) 2. 


wu. — TI FAT NAAR 


— R DEUTET WENN NEN: www. 


ng u RE 


42777 ‚ b 
UEUDUTSUU 23 - 
JMUEUNET WU rvuu 


vu 
un un x vun, Yuyu 
ee erh —* —8 —WE Me 
— wen VISYUHUEErEL Fe wesen “ur 


.u.. - “eu 


—* 
———— 
— 

a ee, WAT 
nass „guy vw 

wur twYdurywi te KEIL — 


ERTL 


wu» — 
2 


vb 


yvYre 


JwvuwvVv.. TED 
vor. TEEN 


u a 6 J — —32 WW 
Juvuwwvvy. ’ +2 es Fr 
“„VYvuywuvuvuvv 


ww. VYyyvuuy — — 
—— ——— —A ——— * vu. 


vw 


cc 


vYuwwuyvuvn. 
EEG — Lu 


MINI “ 
unser J vw... 
WM „as, 


PR 


a 
<« 
<< 


ww 





INN 
AUF SUNNM 
ALIEN —* 
Ss 
vv VUUSUINFNTUD 











. \ 
6 14 





TR 


Mittheilungen 
aus dem Osterlande. 


Gemeinſchaftlhich Herausgegeben 
von 
dem Kunst- und Handwerks - Vereine, der Natur- 


forfchenden und der Pomologifchen Gefellfchaft und 
vom Landwirthichaftlichen Vereine zu Altenburg. 





Siebenter Band. - 





Auf often der vier Gefellfcheften, 
EEE 
Altenburg, 1844. 


Gedruckt in der Hofbuhdruderei, 
In Commiſſion der Schnuphafefhen Buchhandlung. 


da, 


— u E Be | 


gear ' ioru 
— J— 





Inhalt Des fiebenten Bandes. 


©eite 
Protokoll über das Stiftungsfeft des Kunſt- und 
Handmwerfsvereing, den 6. Februar 1843 . » 1 
Bericht über das 25, Jahr des Kunft- und 
Handwerksvereins zu Altenburg, erftattet am 
Stiftungsfefte deffelben von Ed. Lange. » » 2 
Ueberfichtliche Darftellung des Standes der Kunft- 
und Gemwerbvereine':c. von Dr. Karl Bad . 11 
Bericht über das 18. Jahr der Kunft- und 
Handwerksfhule zu Altenburg, erftattet am Stif- 
tungsfefte des Kunft- und Handwerksvereins von 


no 4 
Scidfale einer Wollflode, Vom Oberinfpektor 
BRAIBUEE 0.0, LE ET NAAR 
Die Frühlingsverfammlung der pomologifchen Ge: 
ſellſchaft. Eine Mittheilung aus dem Protokoll 
von deren Sekretär Ed. Lange x » : » 50 


Protokoll über die Feftfigung der naturforfchenden 
Geſellſchaft am 5. Juli 143 222.55 
Eröffnungsrede am 26. Stiftungsfeft der natur 
forfhenden Gefellfhaft des Dfterlandes, den 
9. Juli 1843, von Carl Wais. 2 2... 57 
Sahresbericht, vorgetragen am Stiftungsfefte der 
naturforfchenden Gefellfhaft des Ofterlandes, den 
5. Suli 1843, vom Prof. 3. 9. Apes . . 69 
Geologifche Probleme vom Stadtfchreiber Fr. Alb. 
Fallou in Waldheim. 2. Gefchiebe, befonders 
Bär 2, a. a 
Ueber die Fortfegung der Schaafzucht. Eine 
Mittheilung aus den Verhandlungen des Land» 
wirthſchaftlichen Vereins zu Altenburg. Won 
deſſen Sekretär Ed. Lange » 2 2 2... 101 
Bemerkungen u. Andeutungen. Von Dr. Bad. 111 
Bekanntmachung der Preife und fonftigen Aus: 
zeihnungen, melde vom Kunft= und Handwerks⸗ 
verein zu Altenburg wegen der bei Gelegenheit 
ber fiebenten Verſammlung deutfcher Land» und 
Forſtwirthe veranftaltet geiwefenen Kunft» und 
Gewerbausftellung zuerkannt worden find. , . 113 


XIV. Bermögensftand des Kunft- und Handwerks: 
vereind und der Kunſt- und Handmwerksfhuie „ 119 
XV. Aus dem Protokoll über die Herbfiverfammlung 
der pomologifchen Gefelfhaft, den 11. October 
1843. Bon Ed. Lange, Sekretär der Geſellſchaft. 122 
XVI. Ueber den Winterfroftfehaden an Obſtbaͤumen 
- und Zraubenftöden, und wie man den Schaden 
ermäßigen Eann. Bon Sebaftian Englerth „ 134 
XVO. Etwas über einige mineralifche Düngftoffe. Aus 
ben Verhandlungen des Landwirthfchaftl. Vereins 
mitgetheilt von deffen Sekretär Ed. Zange . 140 
XVIII. Fortgeſetzte Verhandlungen des  Landtwirthfchafte 
lichen Vereins über mineralifche Düngftoffe, den 
3, Januar 1844, mitgetheilt von deffen Sekretär 


Ed. Longe .... 147 
XIX. Preisvertheilung des Landwirthſchaftlichen Bereing 154 
XX, Miscellen und Notizen... . 157 
XXL Das Stiftungsfeft des Kunſt⸗ und Handwerks 

vereins, den 6. Febr. 1443.. 161 


XXII. Boticht über das 26. Fahr des Kunft = und 
Handwerksvereins, erflattet am Stiftungstage 
deffelben, den 5. Febr. 1844, von deffen Secre-⸗ 
tür Ed. Lange » . . 162 

XXIII. Ueberfihtlihe Darftellung bes Beftehene und 
Wirkens der Kunſt- und Geterbvereine ꝛc. im 
Sabre 1843, mitgetheilt durch Dr. 8. Bad .„ 178 

-XXIV. Bericht über‘ das 19: Jahr der Kunft» und 
Handwerksfhule zu Altenburg, erflattet am 
Stiftungsfefte des Kunſt- und — 
von Ed, Lange .. 202 

XXV. Ueber Pinus obliqua und "bie Torfbildung im 
Sähfifhen Erzgebirge, von 9. Binder . „ 209 

XXVL Miscelen . . .. WEIT, 0 er 

Bier metereologifche Zabellen , vom "erfien. Sanuar bis Iegten 

December 1843. Vom Canzleirath Bechftein 


I. 


Protokoll 
über 
—* Stiftungsfeſt des Kunſt- und Handwerksvereins. 


Altenburg den 6. Febr, 1843, 


Da der 4, Februar ald der eigentliche Stiftungstag 
unferes Kunfts und Handwerfövereind died Mal auf einen 
Sonnabend fiel, fo war die Feier feines 2öjährigen Bes . 
ftehend auf Heute den 6, Februar verfchoben worden. 

Es verfammelten fi) daher Nachmittags nach halb 
2 Uhr im Logenhaufe etwa 50 Mitglieder und Freunde des 
Vereins und nahmen zuwörderft eine Fleine Ausftelung von 
Kunft s und Gewerbserzeugniffen in Augenfchein, worauf 
dann um 2 Uhr der DVereinsdireftor, Here Oberinfpeftor 
Meißner, die Anmwefenden zur Feftfisung in den blauen 
Saal des Logenhaufes einlud. Hier nahm zuerft Se, Excel⸗ 
lenz der Herr Staatöminifter Edler von Braun im Auftrage 
Seiner Herzoglichen Durchlaucht das Wort, um den Verein 
des fortdauernden gnädigen MWohlwollend und der theils 
nehmenden Fürforge feines erhabenen Proteftors zu vers 
fihern und denfelben aufzufordern, auf der bisher betretenen 
Bahn auch im meuen Vierteljahrhundert eifrig fortzus 
fhreiten. Hierauf trug zuerft der Unterzeichnete ald Vereins⸗ 
Secretair den Jahresbericht unſeres Kunfts und Handwerks⸗ 
vereind (II.), dann der Vicedireftor des Vereins, Herr Res 
gierungs⸗ und Confiftorialrath Dr. Bad, den Jahresbericht 
der verwandten inländifchen Vereine, Gewerbe und Gonns 
tagbſchulen (III.) und darauf abermals der Unterzeichnete 
ur: aa unferer hieſigen Kunfts und Handwerfös 

. 1 


— 


ſchule (IV.) vor; worauf dann der Here Direktor ſelbſt 
zum Schluffe in einem bumoriftifch s technifchen Vortrage die 
Schickſale einer Wollflode in ihrer fortfchreitenden Verarbeis 
tung ſchilderte (V.). 

Hierauf begann gegen 5 Uhr das. Feftmahl im Schügen- 
haufe, deffen Saal durd) feine finnige Ausfhmüdung die 
Eintretenden überrafihte, trotz feiner ‚Größe aber für die 
Menge der Theilnehmenden nicht hinreichenden Platz ge⸗ 
waͤhrte. Feſtlieder und Trinkſpruͤche wuͤrzten die Freuden 
der Tafel, die erſt gegen 8 Uhr aufgehoben wurde, um 
den Tänzern und Tänzerinnen, Bahn, und Plak zu vers 
ſchaffen, —* Reisen, das heitere Feft beſchloß. 





u se: Nachrichtlic won, m 

u Per Saon al d. 3. Vereind = Pr 

In co —J —V 
‚mssuanm MURATTT Ton ö az ih 6 

00 dan Ark man a m ab 

839 391977 ia ro EL FE an ni u 

19% pen Tr mEr IE Ar ninn on Ani 


Yon neunte WBeichikinnenid Ana Nm 
er driber „ea ha an unss 
das 25. "Zahı des Kunft = und Handwerks «Vereins zu 
nn Altenburg, evftattet am Stiftungsfefte pe 00 
Yan nr una ne 6: m] 
—V sd ——— Eduard Ranger; A — 
aliyd} 
* | BR) Yabıe, find verfloffen, feit die.8 Dis 
ſtifter unſeres Kunſt⸗ und Handwerks⸗-Vereins ‚namlich, 
der, ‚Hofrimmermeifter , Gutbier M —— 
Heinzich, der, Keltere, der Bauverwolter Jede, der 
Hofmaurermeiſter JZuͤde, der Baucon ducteur Maͤder, der 
Architekt und, Maurermeiſter Aem. Schmidt, der Maurer⸗ 
au, Schulze, der Aeltere, und. der, Zimme ermeifter 
oresfc, der, ftillen Wohnung, feines Stifters, es Bau 
meifterd Geinig zuwanderten, und hier den Verein gruͤn⸗ 
deten, als Pre früher oder ſpaͤter hinzugetretene Witglite 





—— 


wir uns heute begruͤßen. Er ſollte zunaͤchſt die Bauleute 
zu einem einmuͤthigen Zuſammenwirken in ihren Entwürfen 
und Arbeiten verbinden und ihre Herzen. und; Hände, ‚im 
Hinblick auf, dad ſchoͤne gemeinfame Ziel und auf,die Regeln 
der Kunft in gedeihlichen Einklang bringen. - Aber, mit ‚dem 
fortfhreitenden Wachſen des Vereins erweiterten, ſich auch 
von ſelbſt feine Zwecke, und alle feine Mitglieder, mochten 
ſie nun zunaͤchſt der Kunſt oder dem Gewerbsweſen oder 
der Wiſſenſchaft angehoͤren, fuͤhlten ſich gar bald gleichmaͤßig 
berufen und berechtigt zur einmuͤthigen Arbeit an dem Tempel 
der Bildung und Veredlung aller heimiſchen Kuͤnſte und 
Gewerbe. Wenigſtens ſtellt ſchon der ſechſte Jahresbericht 
als 8weck des Vereins das Streben auf? den Sinn für 
Kuͤnſte und Gewerbe zu wecken, zu: erhalten; und zu er⸗ 
hohen? mais“ 334. Nnug 
wnfinl In — eiſten Jahren kamen die ‚Mitglieder, ‚des ju 
Vereins woͤchentlich einmal in der Wohnung; feines * 
und, Direltors zufammen, beantworteten und beſprachen „die 
von dieſem aufgegebenen Fragen, legten Riſſe und Heich⸗ 
mungen zu gemeinſamer Beurtheilung vor, laſen und „bes 
ſprachen mit einander, „was Bücher und Seitſchtiften Neuss 
und Intereſſantes lieferten und ‚freuten ſich dann ‚am Sihlufle 
des Jahres im traulicher, eng geſchloſſener Gemeinſchaft ‚der 
bisherigen Thaͤtigkeit und: der Fruͤchte bee gemeinfanen 
Sleißes. 9 ml Bun Hnnol Win adaid 
Darauf nahm die Freimaurer oge im 4 Dahre den 
wachſenden Verein mit ſeinen bereits ‚begonnenen, Samm⸗ 
lungen vonsModellen, Büchern und) Kunftwerfen ; in ihre 
»gaftlichen Raͤume auf, und derfelbe tratıjegt bei, der Truͤtzſch⸗ 
lerſchen Jubelfeier faſt zum. erften. Male aus feiner „Zurü 
gezogenheit oͤffentlich hervor. Er knuͤpfte — * 
auswärtigen verwandten, Vereinen und einzelnen: firebfan 
‚Männern an: und werfuchte ſchon beim Beginn, feines, ‚fünften 
Dahres, ‚nämlich zum Stiftungöfefie ſelbſt, eine fleine Aus⸗ 
ſtellung von, Kunſt⸗ und Gewerbserzeugniflen, deren gi 

Erfolg ſchon im Sommer, des 6. und 7, ns u Bier 


u — 


holungen und dann auch zur Verloofung ausgeſtellt geweſener 
Gegenftände ermunterte, Im 8. Jahre aber wurde bes 
ſchloſſen, diefe Ausftellungen fünftig nur ein Jahr um das 
andere zu wiederholen, wozu endlich im 10, Jahre, welches 
dem DBereine die Ehre des Proteftorats unſeres Durchlauch⸗ 
tigften Herzogs Joſeph brachte, die Beftimmung hinzufam, 
dag die Ausftelungen ſtets mit dem 27, Aug. als dem 
Geburtötage unfered erhabenen Proteftord eröffnet werden 
ſollten. 

Schon im 6. Jahre hatten die Statuten des Vereins 
die erbetene landesherrliche Beſtaͤtigung und der Verein 
noch obendrein eine ſpaͤter noch erhoͤhte jaͤhrliche oͤffentliche 
Unterſtuͤtzung von 100 Thlr., hauptſaͤchlich zu Ermunterungs⸗ 
praͤmien erhalten. Um nun aber den anfänglichen Mittels 
punft des Vereins gegen die bereits erweiterten Tendenzen 
deffelben nicht allzufehr in den Hintergrund treten zu laffen, 
wurde ſchon im 7. Jahre deffelben eine befondere Depus 
tation für Baumefen und Landeöverfchönerung begründet, 
welche auch in Thätigfeit blieb, bis das Sceidejahr 1831 
den Stifter und Direktor des Vereind nicht blos diefem 
letztern, fondern überhaupt feiner ganzen bisherigen Wirk⸗ 
famfeit entriß und fo in dem Vereine eine Lüce verurfachte, 
welche nie wieder ausgefüllt werden Fonnte. Denn wie 
Baters und Mutterliebe auch durch die reinfte Menfchens 
liebe nicht erfeßt wird, fo Fonnte auch fein Eifer, fein 
guter Wille und Feine Unverdroffenheit der fpätern Leiter 
den Verein feines Stifterd vergeffen machen, den nun daß 
‚Grab det: Auch Gräber verfihönern die Erde, indem fie 
zue Stile und Ruhe einladen und der verfühnenden Ges 
eechtigfeit durch das verworrene Streiten der Parteifuht 
und durch das gleichgiltige Laͤrmen altäglicher Geſchaͤftigkeit 


hindurch Beachtung und Gehör verfchaffen. Und fo ift au | 


die gute Sache der Landeöverfchönerung nicht untergegangen, 
Das beweifet faft jede Stelle unferer Stadt, das die 
mancherlei freundlichen Anlagen in ihrer Umgebung, das 
die noch immer ſich vermehrenden und bald das ganze Land 





5 


in allen Richtungen durchziehenden Vicinalwege, in welchen 
Stadt und Land mit wohlbegründetem Stolz das Werf 
wetteifernder Aufopferung und Thätigfeit erblicken. Darum 
Dank, aufrihtigen Danf ihm, dem erhabenen Förderer der 
edlen Landesverfchönerung, Danf den thätigen Behörden 
und Vertretern ded Landes und der Stadt und Danf allen 
denen, welche durch Bereitwiligfeit und Ausdauer, auch 
ohne Diplom, die wahre Ehrenmitgliedfehaft dieſes großen 
und ausgebreiteten Verfehönerungsvereines erworben haben! 

Einen neuen Hebel, Kunft» und Gewerbfleiß zu fördern 
und zu belohnen, gläubte der Verein in feinem 7. Jahre 
durch die Einführung einer befondern Verdienſtmedaille zu 
gewinnen; denn der Geift bedarf der Worte und die Ges 
finnung der Zeihen, um ſich auszufprehen. Auch hoffen 
wir bei deren Verleihung immer die Sprache der Wahrheit 
und Aufrichtigfeit geredet und nicht durch leere Höflichkeit 
Sinn und Bedeutung derfelben herabgeſetzt zu haben. 

Gleichwohl aber blicke ich noch immer lieber auf den 
zweiten Hebel hin, welchen der Verein zur Foͤrderung der 
Gewerbe und der Gewerbtreibenden in Anwendung brachte, 
weil dieſer — ich meine die in ſeinem 8. Jahre gegruͤndete 
Kunſt⸗ und Handwerksſchule — ſich noch mehr auf den 
feften Punft zu ftügen feheint, von welchem aus bei uns 
die Welt der Rohheit und Unwiffenheit, fammt dem trogigen 
und doch verzagten Schlendrian aus ihren Angeln gehoben 
werden kann. 

Auch die Schule war anfangs faſt ausſchließlich auf 
junge Baugewerken und Kuͤnſtler berechnet; allein ſie er⸗ 
weiterte ſchon im Entſtehen ihre Zwecke zu einer allgemeinen 
Fortbildungsſchule fuͤr confirmirte und bereits in eine prak⸗ 
tiſche Berufsthaͤtigkeit eingetretene Juͤnglinge. 

Der Verein ſelbſt zaͤhlte am Schluſſe ſeines 1. und 
2. Jahres 12 Mitglieder, am Schluſſe des 5. ſchon 58 
inländifche und 23 ausländifhez am Schluffe des 8, 161 
infändifche und 117 ausländifhe und am Schluffe des 16. 
Jahres fogar 19% inländifhe und 197 ausländifhe Mit⸗ 


lieder Heute ift die Zahl feiner inländifchen Theilnehmer 
178 und feiner ausländifchen 175*). "Beide Zahlen find 
gegen den Stand von 1834 etwas 'gefunfen, und zwar 
hauptfächlich weshalb, weil mit der Gründung mehrerer 
in= und ausländifcher Gemwerbvereine die Aufforderung für 
auswaͤrtige Gewerböfreunde, ſich gerade unferem befcheidenen 
Vereine anzuſchließen, feltener und ſchwaͤcher werden mußte, 
Denm innerhalb der Mauern unferer Stadt felbft hat unfer 
Verein wohl fehwerlich jemals 131 Mitglieder gezählt, deren 
er jeht ſich Hier erfreut und von denen nicht weniger als 
21%) demſelben im Laufe des letzten Vereinsjahres beiges 
treten find, Auch die Zahl der übrigen inländifchen Mits 
glieder *k«*) Hat ſich feit dem Abdruck dor Testen Beftandlifte 
nicht vermindert, obgleich diefe, namentlich feit der Grüm⸗ 
dung der verwandten Vereine in Schmölln, Ronneburg und 
Eifenberg allerdings abgenommen hat. Aut sm 
Diev 11 diesjährigen Monatsverfammlungen wurden 
durchſchnittlich von je 22 und Feine derfelden von weniger 
als 16Mitgliedern beſucht, obgleich die durch aͤußere Ums 
ſtaͤnde veranlaßte Unterbrechung unferer der Rectüre und 
freien Unterhaltung gewidmeten Wochenverfammlungen auch 
die allmonatlichen Hauptverfammlungen einigermaßen ftörte, 
Unſere Verbindungen mit der Ferne waren im Ganjen 





rt) Leider fehlen in unſerm letzten gedrudten Mitgliederver- 
zeichniffe in Folge eines Verfchens nah N. 195 nicht weniger als 
44 auswärtige Mitglieder. Eu * 
Ir #24 derſelben ſind ſchon in dem neuen Mitgliederverzeichniſſe 
it Nah Naar ‚Es find diefem alfo nur noch beizufügen: 1) der 
Mebermei er Guſtav Hohl, 2) der Candidat des Predigfamts 
"Köhler, 8) der Klempnermeifter Krödel, 4) der Gelbgießer, Rob. 
Säle gel, 5) der Maurermeifter und Architekt Schmidt II. 6) der 
ndruder Sittinger und 7) der Uhrmacher Thomafins; 
während der Verein feit dent Abdrud diefes Mitgliederverzeichniffes 
Br 3, biefige Mitglieder verloren hat, nämlid 1) den Hofrath 
zrümmer und 2) den Oekonom Gzokld dur den Tod und 3) 
den Schheidermeifter Loth dur freiwilligen Abgang. 1. X 
**+) Bon diefen ftarb der Pfarrer Dr. Winkler zu Lohma und 


ber Seifenfieder Herrmann zog aus Roda weg. Dagegen trat 
»: * ums arten Kluge " —— Deco ‚bei und 

irte der Rathsmaurermeifter Lux in, Ronneburg, feine ſchon 
Een ——— Mirgtievicaft auch feiner — ———— tt 





u efebhaft: Woch · hattch wir auch in dieſem nr 
auswaͤrtigen Mitgliedern und Vereinen man 
3 ‚Gabe zu verdanken, z. B. dem Koͤnigl. baie 
Geh! Rath Wiebeking eine Schrift uͤber near 
Gebäude, deren Empfange fehr bald die öffentliche Nach⸗ 
richt or defien Tode folgte, ſo wie auch unfer verehrter 
Landsmann M. Sörgel'in Rüdersdorf furz nachdem feine 
bereits 1801 in einer Druckſchrift gemachten Vorſchlaͤge für 
Gruͤndung eines Handelsvereins deutfcher Staaten, Preußen 
an ihrer Spitze, wieder ins Andenken gerufen und er ſelbſt 
aus dem Lande der Schwaͤrmer und Träumer, wohin ihn 
feine: ‚öffentlichen Beurtheiler damals fofort verwieſen hatten, 
wieder reftituirt worden war, vom Tode diefer Welt klein⸗ 
müthigen 8weifels und fröfyen: Wahnes entruͤckt wurde. 
Uber warum Hätten 'wir und nicht freuen ſollen, daß der 
Gang der Exeigniſſe ſelbſt auch einmal die Anſichten "und 
Vorſchlaͤge eines ſlichten Privatmannes noch ju derjenigen 
Anerkennung brachte, welche dieſelben bei der befcheidenen 
Stellung ihres Urhebers wohl ſchwerlich jemals wegen ihrer 
innern Haltbarkeit an ſich gewonnen haben wuͤrden? —— 
Kine weit ſchnellere Beſtaͤtigung Hat ſchon je jeßt da 
durch "uns Herʒoglicher Landesregierung vötgele 
fichten des Oefonem Hager über die fine Me 
thode der Mehlbeteitung aus Kartoffeln erhalten. "Denn 
ſHwerlich "Hat bei deſſen Abſtattung Jemand ein fo ploͤtz⸗ 
hohes Anſteigen der Kartoffelpreiſe und die großen 
Vortheile erwartet, welche das fofortige Anfertigen einer 
anſehnlichen uanlitaͤt ſolchen Kartoffelmehles jetzt fuͤr die 


Unterhaltung der Hauöthiere gewaͤhren wuͤrde, nachdem 


fen und Wicken bereit sogar den Weizen {m he 
eeſtiegen Haben. Ma 

son "Andere auf hoͤhere Vaenlafſung in he ad 

M cafen die verhaͤltnißmaͤßige Heizfraft der Braunfohle 

dd Hole gegen einander und die Zweckmaͤßigkeit der 

Einführung einer in Votſchlag gebrachten Hand s über 


Rogmihte für ländliche — zum Schroten und 


a ER 


Mahlen des Getreides in wafjerarmen Jahren. Das von den 
Herren Hager in Saara, Heinfe in Gardſchuͤtz und Diese in 
Windiſchleuba über diefen legten Gegenftand abgegebene Guts 
achten fand dergleichen Vorrichtungen wegen ihres feltenen 
Gebrauches und wegen des auf fie zu verwendenden lange 
nuglo8 in ihnen ftecfenden Kapitals jeden Falls ziemlich) 
foftfpielig und deßhalb fo wie wegen des nicht ganz bes 
friedigenden Productes derfelben weit weniger empfehlends 
werth ald die Anlegung ftädtifcher Mehlmagazine und die 
Errihtung von Dampfmühlen zur Erzeugung von Dauermehl. 

Andere Vorträge und Verhandlungen hatten ihre Ver⸗ 
anlaffung im Vereine oder in feinen Mitgliedern felbft, 
z. B. das was Here Kalfoff über galvanoplaftifche Erzeugs 
niffe unter Vorlegung derartiger Petfchafte und vollftändiger 
aus dem Avers und Revers gehörig zufammengefester Mes 
daillen mittheilte, oder was die Herren Schneider und 
Gellert über Keller's Lack⸗ und Farbenfunde gutachtlich 
ausſprachen „ Oder was der gegenwärtige Berichterſtatter in 
einer freien Viertelftunde über die Reibung zum Beßten gab. 
Dagegen gab die Pesoldfihe Schrift über galvanifche Ders 
goldung, Berfilberung ıc., deren Zufendung wir dem Herrn 
Dr. Geinig in Dresden verdanfen, uns nicht allein Vers 
anlaffung, den darin befchriebenen Apparat durch Herrn 
Kalkoff anfertigen und durch Hrrn. Huͤbler mit den erfor⸗ 
derlichen chemiſchen Zuthaten verſehen zu laſſen; ſondern 
wir uͤbergaben dieſen dann auch einem unſerer Mitglieder 
zur Benutzung und hatten gar bald die Freude, gelungene 
Producte deſſelben in unſern Verſammlungen — zu 
erhalten. 

Dieſer Apparat fuͤhrt mich von ſelbſt auf die dies⸗ 
jährige den 27, Aug. eröffnete Kunfts und Gewerbe⸗Aus⸗ 
ftelung, bei der er in feiner Unfcheinbarfeit allerdings nur 
eine fehr befcheidene Rolle fpielen konnte. Sie enthielt im 
Ganzen 250 verfchiedene Gegenftände und wurde nicht allein 
von unferm Durhlauchtigften Proteftor und den übrigen 
Gliedern der Herzogl. Familie, fondern auch von einem 


—— 

ziemlich zahlreichen Publikum nach und nach beſucht. An 
ſie ſchloß ſich ſpaͤter eine Auslooſung ausgeſtellt geweſener 
Gegenſtaͤnde an, durch welche auf 730 Looſe im Ganzen 
für 2434, Thlr. Gewerbserzeugniſſe verſchiedener Art vertheilt 
wurden. Rechnen wir hierzu noch 32 Louisdor oder 
176 Ahle. Silberfutant. ald den Betrag der in Folge der 
Auöftelung vertheilten Geldpreife und Nemunerationen, ferner 
20 Thlr. dem ehemaligen Schüler der Kunfts und Hands 
werföfchule Zul: Bär zuertheilte Wanderprämie und 10 Thlr. 
Unterftügungsgelder an einen zweiten ehemaligen Schüler 
diefer Anftalt, fo fommt, ganz abgefehen von den nicht 
unbedeutenden Koften der Auöftellung und von den in Folge 
derfelben gemachten Verfäufen und vertheilten filbernen Vers 
dienftmedaillen,, fehon eine ziemliche Unterftügungsfumme zus 
fammen, welche dem Gewerböwefen in diefem Jahre durch 
unfern Verein zugewendet worden iſt. Dafür war uns 
aber auch das Gluͤck wieder günftig ,, indem der Verein auf 
eined der 80 Loofe, welche er bei der vom Nonneburger 
Gewerbverein veranftalteten Ausloofung des bei der Aus⸗ 
ftelung gewefenen MWeingartenfchen "Fortepianos genommen 
hatte, diefes Inſtrument gewann. 

Der Umlauf gewerblicher und anderer gemeinnüsiger 
Beitfehriften wurde auch in diefem Jahre in einem immer 
mehr erweiterten Leferfreife fortgefegt, nachdem diefelben bei 
den gewöhnlichen Wochenverfammlungen einige Zeit zur ges 
meinfamen Lectüre der Anweſenden vorgelegen hatten, Auch 
wurden von einer befonders hierzu ernannten Commiffion 
einige Vorbereitungen zu einem neuen berichtigten Abdrud 
des Verzeichniſſes unferer Bücher, Modelle und Kunftgegens 
fände gemacht, und diefer zugleich die Frage zur weiteren 
Prüfung und Begutachtung empfohlen, wie unfere Samms 
lungen duch eine größere Benugung derfelben gemeins 
nüßiger gemacht und welche Lüden in denfelben zunächft 
ausgefüllt werden follten. Man dachte dabei an eine Art 
Stadts oder Bürgerbibliothef, wie deren vermehrte Lefeluft 
und edler Gemeinfinn auch anderwarts hervorgerufen hat. 


Doch iſt bei uns Hierzu bisher faſt nur der gute Mile, 


Feineswegs aber ein beſtimmter ausführbarer Plan vor—⸗ 
handen geweſen. Und leicht kann es wohl auch ferner" bei 
dem guten Willen bleiben, "fo wie wir es auch mit dem 
„ bereits’ vielfach beſprochenen Gefellenfortbildungsvereine nicht 
weiter gebracht haben und wohl auch nicht weiter Bringen 
werden, bis unfer Verein wieder einmal nad) langem Ber 
harren einen entſchiedenen Schritt vorwaͤrts thut und ſich 
und ſeiner Schule in einem Gewerbehauſe die Fuͤglichkeit 
weiterer ſelbſtſtaͤndiger Entwickelung und einer geſicherten 
aͤußeren Stellung erwirbt, wie ſie bereits mancher juͤngere 
Verein, z. B. der Gewerbeverein in Annaberg beſitzt. 
Allerdings gehört zu einem folchen Unternehmen Muth und 
Vertrauen; allein ohne fie beftände ja weder unfer Verein, 
noch unfere Schule. Und warum follten wir der guten 
Sache und den großmüthigen Beſchüͤtzern derfelben nicht 
vertrauen, da nicht Teichtfertige Neuerungsfucht, ſondern 
die wohlbegründete Ueberzeugung uns treibt, daß von der 
Gewinnung eines eigenen Gewerbehaufes das weitere Fort 
ſchreiten des Vereins felbft, fo wie das zweckmaͤßige und 
fichere Unterfommen feiner Schule'bedingt fei, welche in diefem 
Jahre bereits ſchon einmal zur Räumung eines der ihr 
einftweilen jugeftandenen Fehrzimmer aufgefordert wurde und 
bis jeßt nur "einen Aufſchub, keineswegs aber eine definitive 
Surdiefnahme dieſes bedrohlichen und in wenigen Yaßren 
ganz unabwendbaren Befchluffes erwirken konnte! "Darum 
fordert nicht allein das Gefeg Fortfchreitender Entwicfelung, 
fordern auch die Pflicht der Erhaltung und Sicherung des 


bereits Beftehenden die ee eines eigenen ** 





e 
is u 
er ug 
EA ER j ’ 84 ai 
WE sy Vor RBTE 
Rı 548 ans 
t. hy: 3 4 


— * 


MO u one ei ne ern⸗ nun much 
Be Bonny one neue Br 
an 90 a yundıglirı- ala? Ynda Yrbie ru 

ELITE 6 7%) Heberfich fichtliche Darftellung, erinn 
des Standes der Kunſt? und ‚Gewerbvereine, Kunſt-, 
“Gerverb: und Sonntaheſchulen und äpntihen Anſtalten 


Mhucnnararr I ij⸗ seh nf ala 


ri, fin * 1) Mi rue 
EI 2 BE 1; 297 ‚Schw verterftäd ädten * ende” Ianldam 
ee mitgetheilt ; — Jubel gr N jur 

3.23. Singen 0 Sun un, Danboefi 
Utenburg, den 4, Febru ebrua A 343, — —⸗ 

— uin der Feſtſitzung —— —— 

dan nut sah 3 5 m ne IE sono eur 

bee ö« nr Bad, 


Br ea 
er I ee mau Ms oh 
e Hwefervereine ww 
„In 2 Monneburg geſtiftet a eröffnet am 12, Zuli 1828, 
2 





Eifenberg 20 ie » 24, Juni 1829, 
Il. , Kahla „4% Ds 4777. 30, Jan. 1831. 
⸗Luckae a end 2.1.94, 08. Juni 1832 
e —* ‚dar an 20 Ar 339, 
oͤlln nobsorud Ina: unten LO 
* rer une 
da a Ara)" hr: 
viß,.=. rs aa ** Eu 
na “re me mundi Hau a ih 
5 änsuchd Nang⸗ re 598 4 mn 06 wi ae 
rs Wiederum verfammelt -in- der freundlichen Bauhuͤtte, 
in welcher ſeit denn: Jahr 1804 eine altehrwuͤrdige, ſeit 
laͤnger als einem Jahrhunderte im gottgeſegneten Oſterlande 
unter ihres Altvaters Archimedes Namen thaͤtige Johannis⸗ 
bruͤderſchaft freier Maurer, mit Tauſenden und aber Tau⸗ 
enden zu gleichen Strebziele vereint, am Baue einer ſitt⸗ 








s 
” 


— — 


lichen Weltordnung zum Wohle ihrer Genoſſen, zum Wohle 
al ihrer Menſchenbruͤder ſtill und prunklos, aber rüftig 
und nicht ohne Erfolg mitarbeitet, begrüßen wir diefe, uns 
gleihfam neugewonnenen Hallen mit dem Gruße der Liebe 
und des Danfes und mit dem Bewußtfein geiftesverwandter 
Thaͤtigkeit. Seit 25 Jahren wirft der Kunfts und Hands 
werföverein, feit 18 Yahren die aus ihm hervorgegangene 
Schule im Geifte wahrer Humanität, im Geifte einer 
wohlverftandenen, menfchenfreundlichen Aufklärung für die 
geiftige Aufs und Ausbildung der Gewerbögenoffen im lieben 
Dflerlande, des feften guten Kerned, des Fräftigen Marfes 
eined ehrenhaften Bürgerthums. 

Neben und aufer uns ftreben und wirfen in. den 
Schwefterftädten und Marftflecfen des Landes ftamms und 
finnverwandte Vereine und Anftalten für gleichen Zweck, 
Laſſen Sie mich, der guten Sitte früherer Jahre getreu, 
über diefe auswärtigen Beftrebungen und Leiftungen folgende 
überfichtlihe Mittheilung machen: 


J. 


1. Der Kunſt⸗ und Gewerbverein in Ronne⸗ 
burg zaͤhlt dermalen 53 Mitglieder. Er hielt im Jahres⸗ 
verlaufe regelmaͤßige Monatsſitzungen, mit Vortraͤgen uͤber 
Kartoffelmehlbereitung (Herr Kaufmann Richter); über einen 
angeblichen Steinregen in Gallizien und über die Kranfs 
heiten der Gewerfen (Herr Poftmeifter Stephanus); tiber 
Bürger und Meifter, über die fogenannten Patentmeifter, 
über Bereinigung und Verſchmelzung verwandter Hands 
werfe, über den Kredit ded Gewerbsmannes, befonders des 
fleinern, über den Zwickauer Verein zu Verbreitung guter 
und wohlfeiler Volföfchriften; über die Feier des SOjährigen 
Jubilaͤum der Rathsfreiſchule in Leipzig (mit Vorlefung der 
Rede des Heren Superintendent Dr. Großmann daſelbſt); 
über die Zahl der Zunftglieder in Ronneburg ;_über Abhilfe 
gewerblicher Moth, nad) Anleitung eines Entwurfs des 


Me 
J 

verſtorbenen Bauraths Geinitz (Here Hofrath Klein); über 
dad empfehlenswerthe Oelgewächs Madia sativa (Herr Buchs 
Binder Meyner); über analytifche Chemie, über Benusung 
gefrorner Kartoffeln, über Vergoldung, Berfilberung, Vers 
fupferung auf galvanoplaftifchem Wege, nad) Dr. Petzolds 
Anweifung (Herr Kaufmann Richter); über die Schichtreihe 
der Erdrinde und über Verfteinerungen im Altenburgifchen (Herr 
Dr. Geinig in Dresden). Ueberhaupt fcheinen die Vereins⸗ 
verfammlungen dort vielfeitig belehrend und unterhaltend ges 
wefen zu fein. Bon fonftigen Borfommniffen gedenfe ich nad) 
den vorliegenden Berichten folgender: der einem dafigen Komitte 
eigenthuͤmlich gewefene Erdbohrer ift, weil dad Unternehmen, 
brennbare Foffilien zu erbohren, Feine fernere genuͤgende Unters 
ftügung gefunden, zum Leidwefen des Vereins immittelft ver 
fauft worden; Here Dr. Geinig in Dresden hat dem Bereine 
18 ſchoͤne Blätter Ornamentenzeichnungen geſchenkt; es find 
außer den Hauptverfammlungen noch zwanglofe Nebenvers 
fammlungen eine Woche um die andere, zu Befprechung von 
Gegenftänden des Vereinszweckes eingerichtet worden; der 
Verein ift dem aud) in Ronneburg durch Heren Hofrath Klein 
gebildeten Zweigvereine des Zwickauer allgemeinen Haupts 
vereind zur Verbreitung guter und wohlfeiler Volksſchriften, 
einem Vereine, der, nad) kaum zweijährigem Beftehen, ſchon 
Auögezeihnetes leiftet und für welchen ich aud) hierin 
Altenburg einen zahlreichen Sweigverein gewonnen habe, 
beigetreten; am Stiftungfefte des SKunfts und Gewerbs 
vereind hat eine Fleine Austellung von meift dort gefertigs 
ten Gewerbgegenftänden und fpäter die Verloofung eines 
großen Theils derfelben ftattgefundenz; dergleichen Arbeiten 
eingeliefert haben“ insbefondere: Here Hoftifchler Heufchkel, 
Herr Niemermeifter Wagner II., Herr Gürtlermeifter Jahn 
und deſſen in Paris ſich befindender und nun nad) News dorf 
gehender Sohn, Herr Profeffor Grünler, der Porzellan 
malerlehrling Lommel der Porzellanmalergehilfe Herr 
Oſchmann, Herr Woldemar Richter, Herr Schillers, Herr 
Buchbinder Meyner. Die ganze Veranſtaltung aber * ſo 


— 


ſehr angeſprochen, daß beſchloſſen worden iſt, zum Beſten der 
dortigen Gewerbe in einigen Jahren gleichergeſtalt zu verfahren. 
Die letzte von dem Sekretaͤr, Herrn Amtskopiſten 
Dahn gefuͤhrte und gelegte Vereinsrechnung ergab 103 Thlr. 
14 Rgr. 6 Pfr Einnahme „52 Thlr. 2Ngr. 1 Pf Aus⸗ 
gabe, mithin‘ SL) Thlr. 12 Ngri 4 Pf. Saftenübeniger 
und Beſtand · 

—Wereinsdirektor iſt dermalen Herr Hofrath Stein, 
Mitvorfteher «ber: Fabrikherr Sieber II. und. Herr Bud» 
rn Meyner ; die übrigen Beamten find die, früheren... 

Mach alle dem befteht‘ der: Verein nicht blos, Haudenn 
er iR ſelbſt in erfreulichem Fortſchreiten. 

2. Die Kunſt⸗ und Gewerbſchule daſelbſi hängt 
bus Beit „mit dem Vereine gleiches Namens innig, und 
von ihm gepflegt zufammenz doch felbfiftändig. waltet und 
wirft, fie in zwei Abtheilungen, Die Schuͤlerzahl iſt der 
malen): 39. /Erdbefchreibung und teutfche Geſchichte lehrt 
Herr Konreftor Schumann ; den Elementarunterricht ſetzt 
Herr Schullehrer⸗ Seminar⸗Aspirant Beier fort. In der 
erſten Klaſſe lehrt jetzt auch noch Herr Schullehrer⸗ 
Seminars Aöpirant Junghanns. Die ZSeichnenlehrer find 
‚noch die fruͤhern, namlich Herr Zimmermeifter Lippold ‚und 
Herr Weller, dem in Herrn Porzellanmaler Oſchmann 
ein Gehilfe zur Seite getreten iſt. In der Regel muß 
jeder Schüler am Zeichnenunterricht Theil nehmen z früher 
wroar dies freigeſtellt, aber man machte die auffallende „und 
unerfreuliche Erfahrung, daß da Viele das Linear⸗ ‚und 
HMandzeichnen unterließen. Der Verſaͤumniſſe ſind ſeit der 
meuen Einrichtung und ſeit Einfuͤhrung des Inſpektorats 
durch Vereinsmitglieder und: insbeſondere auch durch Vereins⸗ 
beamte weniger als ſonſt. Die kleine Leſeanſtalt der 
Schule, jetzt an 63 Baͤnde enthaltend, wird fleißig benutzt. 
Die letzte Rechnung ergab 112 Ahle Ngr. 9 Pf. Ein⸗ 
mahme, 83 Thlra LONgE Pf. Ausgabe, mithin 28 Thlr. 
20 Ngr.8 Pf. Ueberſchuß und mit dem früher Zuruͤck⸗ 
gelegten 403 Thlr. 29 Ngr. 8 Pf. Vermoͤgensbeſtand. Die 


— 14 — 


Räume, der Kunſt⸗und Gewerbſchule find. wieder die der 
Toͤchterſchule, die inzwiſchen und. nach dem letzten Brande 
dort, ſich geordneter als vorher wieder geöffnet haben 9.0 

Die in Nr. 53, 55, 57, 59 und 61der Ronneburger 
Blaͤtter abgedruckten Berichte und. die neuerliche umfaſſende 
ſchriftliche Mittheilung des Herrn Direktors auch der Schule, 
wie des Vereins enthalten noch des Anſprechenden viel 
über Verein und Schule; aber ich muß mir heut und hier 
vorbehalten, all dies Mehrere in einer der ** itzungen 


des hieſigen Vorſtandes ** vorzutragen ... 
uns im 0 on 8 eu oe 
dus Bin au MIITULET SER) 


ara Der. De al ie u; * und Bes 
lebung des ‚Kunft=, und ‚Gemerbfleified in Eifenb eng‘ bat 
im Jahre 1842 34 ‚Mitglieder gezaͤhlt, welche 21 Thlr— 
3 Ngr. — Pf, Jahresbeitraͤge leiſteten z hierzu kamen 41 Thlr⸗ 
3 Ngr. — Pf. aus Landesmitteln und SL, The IL Nero 

— Jahresʒinſen, ‚hiervon find neben dem Aufwande fuͤr 
N Sonntagsſchule 14 hle. 7 Ngr. 6 Pf. an Praͤmien 
verwilligt worden. Außerdem hat man noch einen Zimmer⸗ 
geſellen, der jetzt in Dresden baugewerkliche Ausbildung 
ſucht und findet, unterftügt und Okens Naturgeſchichte ans 
gekauft. Kuͤnftig ſoll ‚weniger auf Kapitalanſanimlung ge⸗ 
dacht, werden, da. der bereits gebildete Stock ausreichend 
erſcheint z man wuͤnſcht ‚und hofft ſomit dem Bereinszwede 
gemaͤß mehr wirken zu koͤnnen, ‚hat jedoch bisher Muͤhe 
gehabt, geeignete Verwendung zu ermitteln, wie za B. Die 
dem erwaͤhnten jungen Architekten in Dresden gewordene 
Unterſtuͤtzung, «deren. Verdoppelung vielleicht zu empfehlen 
fein duͤrfte, da derſelbe nach Zeugniſſen und (gelieferten! 
Probearbeiten ihrer wuͤrdig zu fein ſcheint und jedenfalls 
ihrer dringend; nothwendig bedarf, daher er auch vor einigen 
Zeit aus Staatsmitteln bedacht worden iſt. Hier alfor 
waͤre eine treffliche Gelegenheit fuͤr den Verein, durch Be⸗ 
ſchaffung „oder noͤthigen Geldmittel den fraglichen jungen 

Mann in, den Stand zu ſetzen, nach Vollendung feinen 


= Wir 


Dresdner Studien, in Berlin, München und fonft ſich als 
Baufünftler volfommen ausbilden und fomit feiner Vaters 
ftadt und feinem Heimathlande Ehre machen und wahrhaft. 
nüßlich werden zu Fünnen, 

Sn, der mit dem Gegggenvereine verbundenen Son ns 
tagsſchule, ift woͤchentlich in vier Stunden (aud) außer 
Sonntag) im Zeichnen und Schreiben durch Herrn Kanzs 
didat Bad, in Rechnen und teutfcher Sprache durch Herrn 
Schulfollaborator Grofchvetter Unterricht ertheilt worden, 
Weiter fonnte ſich nicht verftiegen werden, theild der geis 
ſtigen Befähigung der Zöglinge wegen, theild weil eine 
Vermehrung der Stundenzahl unregelmäßigen Schulbefud) 
befürchten ließ; denn ſchon jetzt gibt es Zoͤglinge, welche, 
an dem Beſuche der fonftigen Stunden angeblich durch ihre 
Berhältniffe behindert, nur den in den Mittagsftunden ges 
gebenen Zeichnen= und Schreibunterricht benutzen. — Zu 
den 20 Schülern des Jahres vorher, find im abgewichenen 
Sahre 17 neue hinzugefommen, überhaupt nur 6 weg» 
geblieben, mithin 31 verblieben, von welchen, nachdem 7 
nur kuͤrzere Zeit Zöglinge gewefen, 24 nod) jegt ziemlich 
regelmäßig die Stunden befuchen, Einige fihon über 2 
Sahre lang, daher mit leidlichen Fortſchritten. Die Schüler 
erhalten den Unterricht völlig unentgeltlich, haben weder 
beim Antritt noch beim Abgange etwas zu bezahlen, werden 
vielmehr, insbefondere die Dürftigern und Fleißigern, bis⸗ 
weilen mit Beichnenpapier, Federn und Bleiftiften befchenft 
und in befondern Fallen mit werthoolleren Prämien, z. B. 
mit guten Neißzeugen und dergl. belohnt. Letzteres ift 
jedod) im Jahreöverlaufe nicht vorgefommen. — Zu den 

Lehrmitteln hat man neuerdings die Abbildungen zu Okens 
Raturgefchichte und das Univerfalregifter zu dem ganzen 
Werke angeſchafft. Wirkt fomit die Sonntagöfchule nad 
wie, vor nad) Kräften nüßlidy fort, fo fteht nur dringend 
zu wuͤnſchen und Yu hoffen, daß, wie früher e& war, die 
<heilnahme der dortigen Gewerbtreibenden, insbefondere der 

‚ Eltern und Lehrmeiſter Unterricht bedürftiger Knaben fid) 


mehr fteigern ald bisher, damit fo manche, oft ſchon vors 
gefchlagene und für zweckmäßig erfannte Einrichtung auch 
dort ind Leben treten fünne, Vornehmlich wird dort der 
Wunſch immer lebhafters ed möchte von höherer Behörde 
jeder Geſellenſpruch von einer vorher zu beftehenden -Prüs 
fung (und bez. einer. zu liefernden Probearbeit) abhängig 
gemacht werden, Im der angelegentlichen Empfehlung diefes 
Wunſches ftimmt der Vorſtand des Georgenvereind (melden 
dermalen Here Nat und Rentfefretär Klögner als Direftor, 
Herr Konreftor Ludwig als Nechnungführer und Herr 
Juſtizrath und Stadtrichter Meißner ald Sefretär bilden) - 
allenthalben überein mit dem der Sonntagsſchule (Here 
Rektor Schwepfinger); fie insgeſammt verfprechen fid) von 
foldy einer Anordnung den beften gewerblichen Erfolg. 


II. 


Ueber die in Kahla bez. von dem Heren Kaufmann 
und. Fabrifinhaber Eckardt gegründeten und unter, feiner 
Oberleitung ftehenden hierher bezuͤglichen Anftalten bat. ders 
felbe unter Andern Folgendes anher mitgetheilt: 


1. Die Herzog⸗Joſephs-Sonntagsſchule 
zählte im Jahre 1842. abwechfelnd zwiſchen 41 und 18 
Schüler, welche zumeift die Mühwaltung der Herrn Lehrer 
dur) Fleiß und Aufmerffamfeit lohnten, daher bei der 
lestjährigen vom Herrn Superintendenten Findeifen geleiteten 
Prüfung, diefer ſich mit den Leiftungen der, Schüler zus 
ftieden erklärte, von diefen felbft aber der Handlunglehrling 
A. Kappes von da die von Sr. Herzogl. Durdylaucht bes 
ſtimmte filberne Medaille, und der Maurergefell K. Tenn— 
ftedt von da, der Wagnerlehrling Marquart von Unter 
bodnig, der Handlunglehrling H. Wendler von Uhlſtaͤdt, 
der Leinwebermeifter Höhn von Altendorf und der Schuhe 
macherlehrling Krüger von Naſchhauſen pafjende Bücher 
als Anerfenntniß ihres Fleißes, ihrer Aufioegkfamfeik und 
ihrer guten Führung empfingen, 

vn. 2 


re ER 


Die dermaligen Lehrer find: Herr Neftor Gruber für 
Rechtfehreibung und Erdfunde, Here Baffal. Große für 
Schönfchreiben, Herr Skribent Kellner und Here Rathöfopift 
Doffe für Rechnen, Here Fr. Jede und Herr W. Zipfel, 
beide Maurermeifter, für Zeichnen. Der Vorftand anerfennt 
belobend und danfbar ihre Ausdauer und Sorgfalt in Aus» 
übung der von ihnen übernommenen Verpflihtung. 

Bon dem Einnahmezufhuß an 41 Thlr. 3 Ngr. 3 Pf., 
welcher nach höchfter Verfügung alljährlih aus Landes 
mitteln durch Vermittelung des hiefigen Kunft» und Hands 
werfövereind der Sonntagsfchule dort zufließt, erhalten die 
Herren Lehrer ſtets die eine Hälfte als eine Fleine Ents 
fhädigung für ihre Mühwaltungen, während mit der ans 
dern Hälfte die Prämie für die Schüler und fonftige Fleine 
Ausgaben beftritten werden, der Ueberfhuß aber dem 
Hauptftamme des Vermögens der Anftalt zuwächft, der 
bereit auf 200 Thle, angeftiegen und zum größten Theile 
fhon bei der dortigen Sparfaffe werbend angelegt ift. 
Der Vorſtand wiederholt auch diesmal den bereitd früher 
geäußerten, bez. von dem Herrn Superintendenten Findeifen 
unterftügten Wunfh, daß doch durch Vermittelung der 
Ortöbehörde die dafigen Handwerfögefellen und Lehrlinge 
veranlaßt werden möchten, den Unterricht bei der Sonntags» 
ſchule mehr noch als biöher zu benugen, was insbefondere 
auch für die Herren Lehrer hocherfreulih und ermuthigend 
fein werde, die zum Theil feit Entftehen der Anftalt, alfo 
feit 13 Jahren, willig einen großen Theil ihrer fonft freien 
Erholungftunden der Anftalt, alfo dem allgemeinen Beten 
geopfert hatten. Gern gibt fich der Vorſtand der frohen 
Hoffnung bin, daß endlich fein fteter Wunfch in Erfüllung 
gehen, jedenfalls aber, unter Gotted Schuge und bei der 
ehrenwerthen Ausdauer warferer Lehrer die Anftalt übers 
baupt fortbeftehen und immer fegendreicher gedeihen werde, 

2, Die von Herm Edardt eingerichtete Befchäf- 
tigungsAnftalt dort beſteht unter den Aufpisien Gr. 
Herzogl. Durchlaucht feit 2 Jahren bei einem Betriebs⸗ 


= = 


hauptftamm von 2000. Thlen., welcher, auf hoͤchſte Ans 
ordnung, mit Iandfchaftlicher Verwilligung dem Begrlnder 
der Anftalt mit der Bedingung, daß nad) zweijährigem 
Beftehen derfelben alljährlich 200 Thlr. zuruͤckzuzahlen feien, 
unversinslich anvertrauet worden ift, um damit befonders 

Maurern, Zimmerleuten, Tifchlern und andern Handwerfern, 
denen ed zumal den Winter über an Erwerbe mangele, 
Arbeit und Verdienſt, fomit Unterhalt zu verfhaffen. Herr 
Eckardt Hat diefe ſchwierige Aufgabe möglichft genügend zu 
loͤſen fih bemüht, er bat daher zunaͤchſt die Fähigkeiten 
der zu Befchäftigenden geprüft, Jeden in dem, wozu er ſich 
zu eignen ſchien, unterrichten und dann: bunte Schiefer 
griffel durch) Maurer, Holzfidibuſſe durch Tifchler, Zimmers 
leute, ihre Frauen: und Sinder, Gewehrpfropfen von Kälbers 
haaren durch mehr ſchwaͤchliche Perfonen, Papierfapfeln für 
bomdopathifche Aerzte, und Zagdpatronen, von Pappe durch 
eine Witwe und ihre Kinder anfertigen laffen. Freilich 
iſt Anfangs das Meifte mangelhaft abgeliefert und mancher 
Thaler vergebens aufgewendet, fpäterhin aber zu des Be⸗ 
ftellerd Freude nur gute und verfäufliche Waare geliefert, 
es ift aber damit in den legten zwei Wintern 60 bi8 70 
Perfonen bei Diangel an anderer Arbeit Befchäftigung und 
Unterhalt verfchafft worden. 

Den meiſten Abfas fanden und finden ferner bunte 
Schiefergriffel; an Hohfidibuffen ward mehr fertig, ald abs 
gefegt werden Fonnte, da die Mehrzahl der zu Befchäftigens 
den gerade zu folder und zu feiner andern Arbeit ſich 
eigneten. Dann ließ Herr Eckardt Anfangs v. J. zwei 
Männer fommen, um Lehrlinge im Holzſchachtelmachen ans 
fernen zu laſſen; auch das erheifchte Opfer; doc) erlernten - 
3 Lehrlinge diefen Fabrifazionzmeig genügend, Viele frei 
lich Tafjen fich dazu nicht verwenden, daher Herr Eckardt 
demnaͤchſt noch Zuͤndhoͤlzchen fertigen laſſen, und damit 
noch fo Manchen befchäftigen zu koͤnnen hofft, um fomit 


vielſeitig dem fich geſteckten Ziele näher und näher zu 
fommen. 


2* 


Fe 


3, Die auf Veranlaffung Ihrer Hoheit der Frau 
Herzogin unter dem Namen AmaliensStiftung errichs 
tete Strick⸗ und Nähfchule für arme Mädchen von 
6. bis 134 Jahren fteht ſchon feit mehreren Jahren unter 
der Leitung der Gattin ded Heren Eckardt, erhält fich feldft, 
gewährt ſtets 30 bis 40 Schülerinnen Mittwochs und 
Sonnabendd von 1 bis 4 Uhr unentgeltlichen Unterricht 
und gedeihet mit fichtlihem erfreulihem Erfolge. f 


N | IV. 


Die Sonntagdfhule in Lucka Hat nun ide 
erfted Jahrzehent mit Gott glücklich vollendet, ein neues 
im Bertrauen auf ihn angetreten. Die Lehrer der Anftalt 
und deren Schüler (15 bis 20) find gefittet und fleißig 
und wenn died auch nicht von Allen in gleichem Grade 
gefagt werden mag, fo haben doch die Lehrer nie Urfache 
gehabt, einen Schüler wegen Anfittlichfeit oder Unfleißes 
von der Sonntagsſchule auszufchließen. Im Jahresverlaufe 
find 2 Lehrlinge aus dem freundnachbarlihen Wildenhain 
auf Anfuchen gern aufgenommen worden. — Unfer Beits 
alter, fagt der Jahresbericht des Vorftandes (Herr Kon= 
fiftorialtath und Oberpfarter Dr. Böhme, Herr Diafonus 
Mofer und Herr Neftor Bräutigam), ift dad Zeitalter der 
Denfmäler (je weniger Denfwürdiged gefchieht, defto mehr 
wird natürlich zuruͤckgeblickt auf das, was gefihehen ift!) 
Damit nun der mwandernde Gefell wiffe, wer die Männer 
gewefen, an deren Denfmale ihn fein Weg vorhberführt 
und was Großes fie gethan, daß die danfbare Nachwelt 
folh ein Denfmal ihnen feßte, nahm der Herr Diafonus 
Mofer fih vor, in feinen Vorträgen an die Schüler der 
Sonntagsfhule bei dem Denfmale Luthers in Wittenberg 
und bei dem Guftav Adolphs bei Lügen zu verweilen, dann 
aber auf das Hermanns und Gutenberg überzugehen. Bei 
dem exftern Konnte er um fo fürzer ſich faffen, als er im 
Sommerhalbjahre 1841 die Reformaziongeſchichte vorges 
tragen hatte; länger dagegen verweilte er bei der Gefchichte 


‘ - Bd — 


Guſtav Adolphs, bei welcher er das von ihm bei der 
zweiten Sekularfeier des Todestages jenes frommen und 
tapfern Fürften und Helden herausgebene Büchlein „Guftav 
Adolph, der Befchüger proteftantifcher Religion und teutfcher 
Freiheit" zum Grunde Tegte. 

Herr Reftor Bräutigam, der ftetd des Herrn Diaforius 
Mofer Lehrftunden gen übernahm, fo. oft diefer durch 
Amt und Beruf daran verhindert war, unterrichtete bes 
ſonders in teutfcher Sprache mit allem darauf Bezüglichen, 
als Stylübungen in Briefen, Nechnungen, Anzeigen, in 
Erklärung der Fremdwörter und Kunftausdrüce, trug auch 
von Zeit zu Zeit Verordnungen aus den dffentlichen Bläts 
tern und Fortfehritte im  Kunft» und Handwerföleben vor. 
Außerdem übte er die Schüler im Kopfrechnen. 

Here ‚Kirchner Tanner ertheilte Unterricht im Schoͤn⸗ 
und Rechtſchreiben. 

An die Stelle des Herrn Zimmermeiſters Bruͤmmer, 
welcher, wegen feiner vielen Berufsarbeiten, als Zeichnen⸗ 
lehrer auszufcheiden ſich gendthigt fah, trat, mit gleichem 
Eifer und gleicher Tüchtigfeit, Here Schullehrer er 
von Prösdorf. 

Yahreöbeiträge leiftet niemand dort. Die aus Landes⸗ 
gnaͤdigſt verwilligten 20 Thlr. 16 Ngr. — Pf. 
alljaͤhrlich, muͤſſen die gewoͤhnlichen Beduͤrfniſſe der Schule 
decken. Und doch find 6 Thlr. — Ngr. — Pf, verblieben 
und bei der Sparfaffe werbend angelegt worden. Stehende 
Aufwäande find die geringe Befoldung des Zeichnenlehrers,' 
einige Vergütung für den Schreiblehrer,, die. Koften der 
Verheitzung, der Anfhaffung und Unterhaltung von Schreiber 
blättern und die der Vermehrung der Buͤcherſammlung, 
weldyer 6 nügliche Schriften aus dem Vereine zur Vers 
breitung guter und wohlfeiler Volksſchriften zugewachſen 
ſind. Die Schüler werden nad) wie vor unentgeltlich 
er 

Zu Vertheilung von Prämien fehlt es an Geldmitteln. 

Sonſt noch beſteht in Lucka ein Zweigverein der 


— —— 


Guſtav⸗Adolphſtiftung und des vorgedachten Volksſchriften⸗ 
vereins. Der Herr Diakonus Moſer hat vorgeſchlagen, 
von jedem der von dieſem Vereine ausgegebenen Buͤcher je 
ein Exemplar zu Anlegung einer Stadtbibliothek zu beſtim⸗ 
men, was der Stadtrath ſofort gebilligt hat; iſt doch damit 
ein Anfang gemacht zu Weiterem! 


V. 


„Die gute Abſicht, in welcher im Jahre 1835 auch in 
Roda eine Sonntagsfehule gegründet, die landesvaͤterliche 
Fuͤrſorge, dur) welche fie mit einem jährlichen Beitrage 
aus Landesmitteln bedacht, die Obforge und Mühe der 
Vorfteher und Lehrer, welche ihre fortwährend zugewendet 
worden, hat,“ wie der Jahresbericht des Heren Kirchenraths 
und Superintendenten Streicher und des Herrn Stadtfchults 
heißen Zinfeifen fagt, „unter göttlichem Beiftande ihren Zweck 
nicht verfehlt, der Anftalt Leben und Gedeihen verliehen und 
durch fie vielen dortigen und. auswärtigen Yünglingen Ges 
legenheit gegeben, die oft ſehr ſchoͤnen Kenntniffe aus der, 
Stadtſchule her in den für das bürgerliche Gefchäftsleben 
zunächft berechneten Fächern fi) zu erhalten. und bei ges 
reifterem Verſtande auch fortzubauen, dem weniger erfreus 
lihen Bildungftande Mancher Hingegen Nachhilfe zu vers 
fhaffen, Allen aber in einzelnen Zweigen, namentlich Clemens 
ten, in welchen fi) dad Leben des erwachfenern Staatds 
bürgerd bewegt, ein neues Feld zu eröffnen und fie haupt⸗ 
fählih immer mehr zu guten Unterthanen und chriftlich 
gefitteten Menfchen heranzubilden ; fie wird auch fernerweit 
beftreben, diefer Aufgabe immer mehr zu genügen, obwohl 
bier und da Eltern und Lehrmeifter hierzu mehr fördernd 
die Hand -bieten follten und da, wo ein Gewerbeverein 
befteht, zu dem. Ende weit mehr gewirft werden kann.“ 
In Roda befteht ein folcher zur Zeit noch nicht, was aber 
der Sonntagäfihule in ihrer Wirffamfeit möglich wird, das 
ſuchen die Vorfteher mit den Lehrern und die einfichtvolleren 
Lehrmeifter zu unterftügen und zu fördern. Zur Einnahme 


un BR nn 


famen 41 Thlr. 3 Nor, 3 Pf. aus Staatömitteln und 
3. Thlr. 26 Nor. 4 Pf. durch freiwillige Gaben mehrerer 
Schüler namentlich ſolcher vom Lande; damit allenthalben 
wurden die nöthigen Aufwande für Lehrmittel und Bücher, 
darunter einige für arme Schüler, gedeckt, die Lefebüchers 
fammlung, die jest aus 55 theild zerlefenen Bändchen bes 
fteht, vermehrt, Prämien für fleißige Schüler angefchafft 
und Sonftiges beftrittenz; außerdem billigte man den drei 
Lehrern und dem Rechnungführer eine Fleine Vergütung zu. 
Nach der Testen Jahresrechnung war die Gefammteinahme 
74 Thlr. 6 Ngr. 6 Pf. (einſchließlich des übergenommenen 
Beftanded) die Ausgabe 39 Thlr. 2 Ngr. — Pf., mithin 
der Beltand 35 Ahle. + Nor. 9 Pf. 
Die Unterrichtögegenftände (im Sommerhalbjahre alle 
Sonntage von — bis 94 Uhr Mittags, im Winterhalb⸗ 
jahre früh von 7 Uhr an) waren: Zeichnen 1 Stunde, 
durd) den GSteuerauffeher Herrn Schulze (der Borftand 
wuͤnſcht fehr, daß diefem Lehrer feine Dienftverhältniffe ges 
ftatten mögten, fich länger der Anftalt zu widmen), Schöns 
und Nechtfchreiben, durch den Mädchenlehrer Heren Albrecht, 
Naturlehre im Sommerhalbjahre, Rechnen in 3 Abtheilungen, 
für Faͤhigere mit praftifchee Geometrie verbunden, in 2 
Stunden, Stylifiren und ſchriftliche Gefhäftsführung, in 
1 Stunde und Geographie mit Gefihichte verbunden, in 
. 4 Stunde, durch Heren Kirchner Rolle. Bei der Testen 
Hauptprüfung am 23. April war die Zahl der: Schüler 
%5, darunter mehrere vom Lande, mitunter 1 bis 14 Stunde 
woeit herz davon zwar 19 ab», aber auch fofort "23 neue 
zugegangen, fo daß ſich die Schülerzahl auf 49 erhöhet 
hat; fie Alle Haben den Unterricht unentgeltlich, ja einige 
Arme, wenn fie. befonderd würdig waren, bei ‚Gelegenheit 
‚der Hauptprüfung Feine Unterftügungen an Schreibmitteln 
und Büchern empfangen, dergleichen auch andern fleißigen 
und fonft guten Schülern ald Prämien zugetheilt worden 
find. Die, gleich anfänglich der Anftalt gegebene Einrichtung 
ift, als gut ſich bewaͤhrend, unverändert beibehalten worden. 


„Bu dem ferneren Gebeihen diefer unferee und ähnlicher Ans 
ftalten — ſchließt der Vorſtand feinen erfreulichen Bericht — 
gebe der Himmel feinen Segen und den regen Eifer unferer 
Dbern für Alles was gut und nüßlich ift, erfreue und 
belohne er mit den fehönften Früchten; died unfer Wunſch, 
dies unfere Hoffnung zu Gott!“ 


VI. 


a) Dem Jahresberichte des Herrn Archidiafonus 
Klögneer in Schmoͤlln über den Zuftand des dafigen 
Gewerbevereind entnehme ich, mit dem Vorbehalte, 
Anderes in einer unferer Monatöfisungen nachzutragen, 
Folgendes: zuvörderft wird danfbar anerfannt, daß für die 
dortige Kunfts und Handwerföfchule fernerweit alljährlich 
40 Thlr. durch landesherrliche Gnade aus den betreffenden 
Staatöfaffen verwendet worden und daß die ftädtifchen Be⸗ 
hörden nicht nur für die nöthigen Räume und die Heißung 
der Schule forgen, fondern auch mehrern Lehrern derfelben 
Brennholz gefpendet haben. Der Verein ift mit andern 
verwandten Vereinen auswärts in ftetem Verkehre geblieben. 
An die Stelle der allzuhäufigen und darum weniger bes 
ſuchten Wochenverfammlungen traten mit günftigem Er⸗ 
folge Monatöverfammlungen. Die Vorftandsverfammlungen 
gingen entweder voraus oder waren damit verbunden; an 
ihnen nahmen auch die Herren Direftoren und Lehrer der 
Gewerbfehule Theil, denn der letztern Gedeihen war und 
ift ja das gemeinfame Strebziel, Die Statuten find über- 
arbeitet und new herausgegeben worden, fie liegen auch uns 
vor. Die allgemeinen Unterhaltungen umfaßten Kunſt⸗ 
und Jnduftriegegenftände, durch Schriften und Lebenserfah⸗ 
rungen angeregt. Gern hörte man’ dabei die Anfichten 
weitgereifter Meifter. Der Stand de Handels, Rußlands 
Grenzfperren, Amerika's Geld» und Banfenwirren, das 
merfantile Spefulazionwefen dort, deffen Unzuläffigfeit und 
ungünftige Einwirfung auf das teutfche Manufafturs und 
Fabrikweſen, Anfichten über neu zu weckende Induſtrie⸗ 





zweige, ber Nothftand der arbeitenden Klaffe, die Mittel 
zur Abwehr oder Milderung deſſelben, das Naͤherruͤcken der 
Länder und Welttheile durd) Eifenbahnen, Kanaͤle, Dampfs 
und ſelbſt Luftfchifffahrt, der Gewinn teutfcher Induſtrie 
durch den allgemeinen teutfchen Bols und Handelöverein, 
die fteigende NRegfamfeit auf dem Felde der Mechanik, die 
Ergiebigfeit der-Madia sativa, die Förderung des Anbaues 
von Maulbeerbäumen, dann im Befondern die Lederfabris 
fazion, die in Schmölln nicht unbedeutende Gerberei, vers 
glichen mit der niederländifchen und rufjifchen, die Vers 
fertigung von Schuhwerk nad) ruffifher Art, die Tuch—⸗ 
webmafchinen, in Sachſen erfunden und doch da’ nicht 
eingeführt, gaben oft Anlaß zu nügliher und angeneh- 
mer Unterhaltung. Belehrend und angenehm waren aud) 
die hemifchen Verſuche, welche Herr Apothefer Kirmſe ans 
ftelite, veranlaßt durch des Heren Dr. Geinig in Dreöden 
brieflihe und fonftige Mittheilungen über analytifche Chemie. 
Geeignete Zeitfehriften und Bücher zirkuliren im Vereine, 
der, da im Jahreöverlaufe 5 neue Mitglieder Hinzugetreten, 
3 verftorben find, aus 118 überhaupt befteht. Bei einer 
Gefammteinnahme von 178 Tälern, 37 Ngr, 2 Pf. (63 Ahle, 
14 Nor, 9 Pf. Beftand, 3 Thlr. 10 Ngr. — Pf. Eins 
trittögeld, 53 Ihr, 15 Nor. — Pf. Jahresbeitrag zu je 
15 Ngr., 46 Thlr. 17 Nor, 3 Pf. für die Gewerbſchule, 
einfchließlih der Unterftügung aus Landesmitteln, und 
12 Thlr. — Ngr. — Pf. insgemein) und 107 Thlr. 


10 Nor. 2 Pf. Gefammtausgabe (23 Thlr. 13 Ngr. 8 Pf. 


für Drudfachen, 30 Thlr. 15 Ngr. — Pf. für Bedienung 
und beim Stiftungfefte, 40 Thlr. 28 Ngr. 7 Pf. für die 
Gewerbfihule, 12 Thlr. 10 Ngr. 2 Pf. insgemein) — 


ein Baarbeſtand von 71 Thlr. 19 Ngr. 5 Pf. 


b) Rad) dem Berichte des Heren Diafonus Sea 
über den Zuftand der Kunfts und Handwerfsfhule 


im Jahre 1842, der mit einem freudigen und erhebens 


den Aufblicke zum Allerhöchften beginnt, iſt auch diefe 
Schulanſtalt fernerweit freudig gediehen. Ihre Vorſteher 


— —— 


ſind der Herr Inſpektor und Oberpfarrer Gruner und 
der Here Diakonus Heyner; 114 Schüler aus der 
Stadt und den fie umgebenden Dörfern, darunter manch 
fremder, im Orte in Arbeit ftehender Geſell, haben durch 
Fleiß und Gefittung fi rühmlic) ausgezeichnet; ungern 
hat man, in Folge gewerblicher Nahrunglofigfeit, fo viele 
von ihnen ſcheiden fehen muͤſſen, daß jetzt die Schule 
nur 77 Schüler zählt; der Schulvorftand betrachtet fie 
gern und zuverfichtlih als gefunde, Fräftige Staͤmmchen, 
die da reiche und gute Früchte verheißen dem lieben Heimath> 
lande. Darum fühlen auch die Lehrer fih an die Schule 
mit Liebe gefettet und zu ausdauerndem Eifer ermuthigt, 
obfhon fie fonft noch viel befchäftigt find; darum aud) 
haben bei dem Feftmahle am 10. Zan. die Säfte wiederum 
fo reichlich gefpendet, daß am 11. Mai an 11 der fleißig⸗ 
ften und wohlgefittetften Schüler nuͤtzliche Bücher (z. B. 
Rammlerd Brieffteller, Fröhlih& und Saald Wanderbücher 
und Sydow’s Weg zur Ehre, zum Leben und Glüd) als 
Prämien, haben vertheilt werden fünnen, Die Lehrer find 
noch die früheren: Herr Schreiblehrer Golle für Kurrentz, 
Sanzleis und lateinifche Schriften, auch Modefchriften und 
Schriftzeichen des Alterthums nad den Mettenleiterfchen 
Kunftblättern, Here Oberlehrer Schumann für Gefellfchaft- 
vermifchungs und Falſirechnung (I. Abth.), fowie für Bruch- 
rechnung, Dezimalbruchrechnung, Regel de tri, Regulaquinque 
mit unmittelbaren und mittelbaren Verhältniffen, Settenregel 
und Gefelfchaftrehnung (I. Abth.). Die Herrn Maler 
Drefher, Lange und Schellenberg für Zeichnen, freies 
Hands und Linearzeichnen, Here Diafonus Heyner für 
teutfhe Sprache mit Uebungen durch Diftiren, mit Hins 
weifung auf die Regeln der Nechtfehreibung in Doly’d Hilfs 
buch, mit Anweifung zu allerlei ſchriftlichen Auffägen, in 
2 nad den Fafjungfreäften und Fortfchritten der Schüler 
bemeffenen Abtheilungen; die der erften fertigten längere 
Erzählungen und Befchreibungen nad) vorgelefenen wahrs 
haften Begebenheiten, mehrfach über den Satz „nichts 








— 
— 
bleibt verbotgen,“ um das wunderbare Walten Gottes, 
verborgene boͤſe Thaten ans Licht zu bringen, dem jugend⸗ 
lichen Gemuͤthe tief einzupraͤgen. Die Schuͤler der zweiten 
Abtheilung fertigten Briefe, Quittungen, Rechnungen und 
ſonſtige im Leben vorkommende Aufſaͤtze. 

Derſelbe Lehrer der Geographie ging nad) einer ges 
gebenen allgemeinen Ueberficht über Europa zur befondern 
Befchreibung von Dänemarf, Island, Schweden und 
Norwegen über, gedachte dabei nicht nur der Befchaffen- 
beit und Bodenerzeugniffe, der Städte des Landes, fondern 
auch der Sitten und Gebräuche, der Induftrie und Ge⸗ 
fehichte diefer Länder. Bei paflenden Gelegenheiten ward, 
nach) Anleitung von. Dr. Vogels Werf auch auf denk 
würdige Erfindungen bingewiefen. 

Alſo in ihrer Schule wirfend entfchwand den Lehrern 
zwar das Jahr in fihnelem Fluge, aber fie fehen heut 
noch ihres Wirfend Segen, preifen Gott dafür und geloben 
freudig, auch ferner zu wirfen, fo lange es Tag ift, der 
zuverfichtlichen Hoffnung lebend: der Herr werde ihr Werk 
wohlgelingen laſſen.“ 


VI. 


„So lange der Allwaltende mie noch Zeit und Faͤhig⸗ 
keit fchenft, zu Beförderung gemeinnügiger Anftalten und 
dadurch) zum immer erfreulichern Gedeihen der Wohlfahrt 
unferö vernünftigen Geſchlechts ein Fleined Scherflein beis 
zutragen, fo lange wird mir's Pfliht und fehr angenehmes 
Gefchäft fein, der wiederholten Aufforderung durch möglichft 
genaue Mittheilungen über das Fortbeftehen und die Frucht 
unſrer Sonntagsfchule nad) Kräften nachzukommen.“ So 
feinen erbetenen Yahreöbericht bevorwortend, theilt der Herr 
Infp. Bartholomäi in Göfnig Uber die dafige Wag⸗ 
ners⸗Sonntagsſſchule und Folgendes mit: 

Den Borftand derfelben bilden das dafige Stadtges 
richt, der Here Stadtrichter Adv. NRanft, der Hr. Vize⸗ 
ſtadtrichter Meurer, der Here Stadtgerichtöfhöppe Lamprecht 


— 3 — 


und die Hrru. Viertelömeifter Flaͤhmig, Kolbe, Engelmanh 
und Boigt. ’ 

Sahrlihe Beiträge find nicht nöthig — da 
alle Ausgaben fuͤr die Schule ſonſtig haben gedeckt werden 
koͤnnen, denn es iſt zur Einnahme gefommen 20 Thlr. 
16 Nor. 7 Pf. jaͤhrlicher landesherrlich gnaͤdigſt verfuͤgter 
Staatsbeitrag, 10 Thlr. — — bis 1841 wiederholtes Ges 
ſchenk des Herrn Geheimen Hofraths und Ritters Dr. Wagner 
in Altenburg, 2 Thlr. 3 Ngr. — von 11 neueingeſchriebenen 
Schülern, Gefellen, Dienftboten und Lehrlingen im Rech—⸗ 
nungjahre vom 5. März 1841 bis dahin 1842, 2Thlr. 
A1Ngr. 6 Pf. an einjährigen Zinfen von dem Hauptſtamme der 
Stiftung an 51 Thlr. 11 Ngr. 7 Pf, überhaupt alfo mit 
4 Thlr. 5. Ngr. 1 Pf. Beftand, bis zum 5. März 1842; 
38 Thlr. 260 Ngr. LPf., dagegen auögegeben worden: 9 Thlr, 
14 Ngr. 8 Pf. für neue aus der Buchhandlung bezogene 
Unterrichtömittel, 9 Thlr. — — zu einiger Vergütung an 
die Herren Lehrer Pilling (welcher jedoch feine 3 Ahle. der 
Bibliothef feiner Maͤdchenſchule wieder zuwies), Flaͤhmig, 
Barth und Schmieder, und 1 Thlr. 3 Ngr. 6 Pf. zu 
fonftigen kleinen Aufwanden, Die Anftalt befist nun einen 
Hauptftamm von 75 Thle, — —, bei Herzogl. Landeöbanf 
verzinslich eingelichen. 


Unterricht ertheilten: im Zeichnen die Herren Maurers 


meifter Barth und Schmieder, in der Erdfunde und anges 
wandten Mathematif und populären Geometrie wechfelds 
weiſe die beiden Herren Lehrer an der Stadtfehule, Herr 
Girbert, Kantor und Knabenſchullehrer und Pilling, Or⸗ 


ganift und Maädchenfihullehrer und im Schönfchreiben Here 


Bierteldmeifter Flaͤhmig (NRechnungführer der Anftalt), in 


der Nechtfchreibung mit Fertigung gemeinnügiger  Auffäße 


für dad bürgerliche Leben, Here Diafonus Holzhauer, 
Zu allen dieſen Unterrichtögegenftänden haben nie 


unter 5 und nicht über 22 Schüler, doch mit Ausfhluß 


mehrer Wochen, wo Niemand gefommen, fi) eingefunden. 
Aus Mangel an ausreichender, unausgefester Theilnahme 





_— 9 — 


an dem dargebotenen Unterrichte Hat die fonft alljährlich 
gehaltene Hauptprüfung und die Vertheilung von Prämien 
an Schüler, welche fich durch Fleiß, Geſchicklichkeit und 
befonderes Wohlverhalten —— nicht ſtatt finden 


* 


Erfreulich iſt's, daß die Bereitwilligkeit, den fo wohls 
tätigen Unterricht zu benugen, feit der Mitte des November 
im Steigen gewefen iſt, daher denn alle obenbemerften 
5 Lehrſtunden allwoͤchentlich feitdem unauögefegt‘ haben ges 
— werden koͤnnen. 


——— 1 


Be 


——— 


Nach dem neueſten Berichte des Herrn Inſpektor 
Beckers Laurich in Orlamuͤnda bat die dafige Induftries 
und Sonntagsfhule aud während des Jahres 1842 


in bisheriger Weiſe und ohne wefentliche Veränderung forts 


beftanden, obfihon für beide eine regere Theilnahme und 
ein lebendigerer Auffhwung zu wünfchen übrig geblieben ift. 
„Unter den obwaltenden Berhältniffen — fagt der Berichtös 
erftatter, der ‚zugleich der Stifter und treueifrige Förderer 
beider Anftalten ift, — muß es einftweilen genügen, das 
Beftehende zu erhalten und in dem Unvollfommenen der 
Gegenwart mit Zuverfiht einen Keim für, kuͤnftige Ent⸗ 
widelung und beſſere Geftaltung: zu erblicfen; wenigftens 
fol feine Gelegenheit ungenügt entfhwinden, wo für ges 
meinnügige Anftalten der Sinn geweckt und genäht und 
ide Wahöthum und Gedeihen gefördert werden koͤnnte; 
vertrauen wir nachft Gott und dem regen Geifte des Forts 
ſchrittes, welcher unfere Zeit beherrſcht, vornehmlich auch 
der väterlichen Fürforge unferd Landesvaterd und Seiner 
Regierung, welche ſich ſchon fo vielfach und auf fo dankens⸗ 
werthe Weife an dem armen Städtlein und zu feiner Aufhilfe 
‚bethätig that. Vertrauen wir, — fagt der Berichterftatter 
— daß durch diefe wäterliche Fürforge mit der Heit auch‘ der 
Orlamuͤnda'ſchen Sonntagsfchule einige Unterftügung zu Theil 


\ 


— — 


werden wird, damit durch eine ſolche ihr Beſtehen geſichert 
und ihren dringendſten Beduͤrfniſſen abgeholfen werde. 
1) Die Induſtrieſchule hat im vorigen Jahre 
über 30 Kinder mit Stricken und etwa 7 der aͤltern auch 
mit Nähen befchäftigtz die Mehrzahl ift regelmäßig ges 
fommen und hat fleißig gearbeitet; eine verhältnißmäßige 
Bergütung für gelieferte Arbeiten und die Belohnung der 


Fleißigern durch ein Fleined Chriftgefchenf regte zweckmaͤßig 


an. Auch die Eltern haben den Nusen, ja die Noths 
wendigfeit der Anftalt anerfannt: die gefchiefte Lehrerin, 
Sl. Schindler widmete fi) mit Fleiß und Sorgfalt dem 
Unterrichte; einzelne Mitglieder des Frauenvereins, deſſen 
Vorfteherin Frau Dr. Weiße ift, munterten mittelbar auf 
durch jeweiliged Beſuchen der Schule. Die Kaffeverhälts 
niffe derfelben find nicht ungünftige 51 Thlr. find bei der 
Sparfafle zu Kahla werbend eingeliehen; aus der Orlam. 
Ortsarmenfaffe wurden 25 Thlr, 21 Ngr. 2 Pf., aus der 
Pfarrei (durd) den Hrn. Inſp. Becker⸗Laurich) 10 Thlr. 


8 Nor. 3 Pf. beigefteuert, 3 Thlr. — — aus Arbeiten 
erlöft. VBerausgabt wurden nur 11 Thlr. — — für 
Unterriht, 3 Thle. — — für Heigung, 5 Ahle. — — 


für Striefgarn, Leinwand u. 

2) Minder günftig haben ſich die Verhältniffe der 
Sonntagsfhule geftaltet, welche zwar in ihren Ans 
fangen faft mehr nicht ald ein Verſuch, aber doch dem 
wichtigen Zwecke der geiftigen Fortbildung der dortigen Juͤng⸗ 
linge gewidmet ift. Allein diefe Juͤnglinge haben das Bedürfs 
niß, in nüslichen Kenntniffen und Fertigfeiten fortzuſchreiten, 
fo wenig gefühlt, daß die Sonntagsfchule im vorigen Sommer 
aus Mangel an Theilnahme faft eingegangen if. Der 
Unterricht hat ſich übrigens wöchentlich auf 2 Stunden des 
Sonntags befchränft, bez. vor dem Fruͤh⸗ und dem Nach⸗ 
mittagsgotteödienfte, durch die beiden Geiftlichen und Schuls 
lehrer des Orts, fo daß Jeder von ihnen unter 4 Sonns 
tagen den einen die Schule beforgte; die Morgenftunde 
ward der Uebung im Schönfihreiben gewidmet, die Nach⸗ 














ME 


mittagsftunde abwechſelnd auf Uebungen in fehriftlichen Auf— 
fägen, im Zeichnen, Rechnen und Nechtfchreiben verwendet. 
Die durch den frühern Schulunterricht Wohlvorbereiteten 
fonnten fomit vor dem Vergeſſen des Erlernten geſchuͤtzt, 
die im SKnabenalter Zurücfgebliebenen zum Nachholen des 
Berfäumten angeregt werden, „Und wie viel beffer, — 
fagt der Berichterftatter — ift nicht ein wenn auch langs 
fames Fortfchreiten, ald ein gänzlihes Stehenbleiben 
Dazu wird von den Herren Lehrern der Unterricht nicht 
nur ganz unentgeltlich ertheilt, fondern es wird auch übers 
haupt für Heitzung, Lehrmittel und Hin und wieder für 
Schreibmittel geforgt, eine Aufopferung, welche wol mehr 
Anerfennung von Seiten der jungen Leute und fonft vers 
diente! Zu wünfchen bleibt jedenfalls der Sonntagsfchule 
ein Fleiner Einnahmeftamm zu DBeftreitung unvermeidlicher 
Ausgaben, zu Verforgung der ärmern Sonntagsſchuͤler mit 
Schreibmitteln und zu Belohnung der fleißigften Schüler, 
Bon 21 Sonntagsfchllern überhaupt haben nur etwa 
8— 10 den Unterricht regelmäßig benust. 


RX. 


Die Sonntagsfhule in Meufelwis hat guten 
Fortgang. Unterricht ertheilten im Schönfchreiben Herr 
Organift Kirchhoff, im Kopf- und Tafelrechnen Herr Kantor 
Mehr, im Zeichnen Herr Diafonus Kratſch, in der Geos 
graphie mit Gefhichte und Anweifung zur Fertigung teut- 
ſcher Ausarbeitungen Herr Adjunft Weifez fie Alte unents 
geltlih. Am Unterricht im Schönfihreiben, Kopfz und 
Tafelrechnen nahmen 14, im Zeichnen 3, an dem übrigen 
Unterrihte 9 Schüler unentgeltlich Theil; im Allgemeinen 
mit lobenöwerthem Eifer und mit zum Theil recht guten 
Fortſchritten. Mit Auszeihnnng werden Wilhelm Berger 
und Mfte, Heinrich Heilmann genannt. Der Letztre hat 
faſt novellenartige Arbeiten, reich an Gedanken, in blüthens 
weicher, edler und Forrefter Sprache geliefert. 

Eine Schulfaffe beftcht nicht, namentlich ift bis jest 


nod) fein Staatsbeitrag gegeben worden. Gleichwohl waren Ä 


Borlegeblätter anzufihaffen und Feuerungmittel, Wie wurs 
den fie nun beſchafft? Die Herren Lehrer beſtritten ſolchen 
Aufwand aus eigenen Mitteln!! Architektoniſche Zeichnungen 
ſehlen: man hofft, der Altenburger Verein werde dergleichen 
mindeſtens herleihen koͤnnen! 

Ehrenpreiſe konnten unter ſolchen Umſtaͤnden nicht 
vertheilt werden, obſchon mehre Schüler fie verdient hätten. 
Herr Adjunkt Weiſe hofft ſo eben einen Leſeverein und dann 
in der Folge einen Gewerbverein dort begründen zu koͤnnen. 

Den wackern Lehrern dort unfre berzlichften Wünfche, 
aber auch unfre angelegentlihe Verwendung und thätige 
Foͤrderung! 

Noch gedenkt der Berichterftatter Hr. Adjunkt Weiſe 
mit inniget Theilnahme, Freude und Ruͤhrung eines in dem 
nahen Mumsdorf, einem eingepfarrten Kirchdorfe, von dem 
dafigen Schullehrer Herrn Baumgarten geftifteten Geſang⸗ 
und Lefevereins, eined Gefammtvereing, welcher den niedern 
Sinn für das Irdiſche, den trüben Geift der Zwietracht 
und der Spielfucht, wie die rohe Sinnenluft, entferne, den 
Sinn für das Gute und Heilige weſentlich wede und 
‚Fröftige und Freude und Friede höherer Art verbreite. 
| Ehre fei dem jungen Schulmeifter, "welchem Hr. Adi. 
Weiſe das Zeugniß gibt, daß er auch fonft feinem Amte mit 
feltener Liebe und Begeifterung fid) widme! 

Eine fernere Mittheilung. über eine ſich felbft bes 
wegende Maſchine, an welcher der. Stellmachermſtr. Hau⸗ 
ſchild dort ſeit Jahren arbeitet, behalte ich mir fuͤr hin 
nachfte, Monatöfisung vor. 

Die ſo eben -vernommenen Nachrichten zeigen uns, 
daß die Saat der guten Sache der Vereine und Anftalten, 
über welche fie fi) verbreiten, in allen Schwefterftadten 
und Marftflecfen des geliebten Heimathlandes mehr oder 
minder fröhlich fortgedeihet, wenn aud da und dort noch 
‚Manches zu wünfchen übrig bleibt, - Erlauben Gie mir, 
daß ich in diefer Beziehung Einiges bemerke: 











4) € ſteht zu wuͤnſchen, daß alle Behörden, 
welchen von der Landeöverfaffung die Obforge für gewerb⸗ 
liche Anftalten überwiefen ift, fi) der guten Sache der 
Gewerbvereine und Sonntagsfchulen werfthätig, insbefondre 
auch mit Befchaffung von Geldmitteln zu Beftreitung der 
dringendften Bedürfniffe, annehmen und da, wo nicht fehon 
aus Staatöfaffen Beihilfe gewährt wird, diefe durch bes 
richtlihe Verwendung. vermitteln, mindeſtens Beitraͤge von 
Seiten der Ortseinwohner veranlaſſen moͤgten. 

2) 08 ficht zu wuͤnſchen, daß die Zuͤnfte allents 
halben diefer, Iediglih der höheren Ausbildung der Ges 
werbtreibenden gewidmeten,Anftalten fich förderlich annehmen, 
allermindeftens von Seiten der Lehrmeifter den Iernbegierigen 
Lehrlingen und Gefellen feine Hemmungen bereiten mögten; 

3) es fteht zu wünfchen, daß Eltern, Pfleger, 
Bormünder den großen, laͤngſt von jedem Einfichtigen 
und Wohlmeinenden anerkannten Nutzen folcher Anftalten 
alfenthalben richtig würdigen und ihn ihren Kindern, Pflege 
und Schußbefohlenen felbft mit einigen, in der That uns 
verhältnigmäßig geringen Geldopfern zuwenden moͤgten; 

4) es ſteht zu wünfhen, daß Vorfteher und 
Lehrer an diefen Anftalten in ihrem menfchens 
freundlihen, aufopfernden Fleiße treu ausharren mögtenz 
fie werden ed, wenn Behörden, Zünfte, Eltern, Lehr 
meifter durch Mitförderung beweifen, daß fie den Werth 
der Mühwaltung der Lehrer gerecht und danfbar würdigen; 

5) es fteht zu wünfihen, daß die Schüler folder 
Anftalten durch Fleiß, Ausdauer, Gefittung und Dank 
gefühl die ihnen zugedachte und gefpendete große Wohlthat 
anerfennen und mindeſtens alfo einigermaßen vergelten; 
gleichmachen koͤnnen ſie nimmer, Einzelne vieleicht dadurch 
in der Folge, daß ſi ie, ſelbſtſtaͤndig geworden im buͤrger⸗ 
lichen Leben, Meiſter in ihrer Kunſt, in ihrem Gewerbe, 
pieleicht einberufen zu; Mitverwaltung ſtaͤdtiſcher Gemeins 
wefen, in dieſer Stellung die Sache derartiger: Bereine 
ra kraͤftig hegen und pflegen; ji 


6) es fteht zu wünfhen, daß die einzelnen Kunfts 
und Gewerbvereine, Kunfts, Gewerb⸗ und Sonns 
tagsſchulen des Laudes unter fi in nähere Verbindung 
treten, um ihre Erfahrungen und Anſichten einander mits 
zutheilen und wechfelsweife von einander zu lernen, fomit 


"aber der guten Sache diefer Anftalten mehr und mehr 


geiftigen Boden zu gewinnen, 

Auch die heutigen überfichtlihen Mittheilungen find 
gleih den ihnen in den frühern Jahren voraudgegangenen 
diefem Zwecke mittelbar gewidmet; mögen fie, fo jene wie 
diefe, ihn nicht ganz verfehlen. 

Und fo treten wie denn hinüber in das zweite Viertel— 
jahrhundert unſers, von feinem erhabenen Schutz⸗ und 
Schirmherrn, unſerm hochverehrten und innig geliebten 
Landes vater, Herzog Joſeph, von feinen Raͤthen, 
von den Behoͤrden, von den Kunſtgenoſſenſchaften 
und Zünften, von den Bewohnern dieſer guten 
Stadt feit 25 Jahren treu gepflegten Vereines, mit ins 
nigen Wünfchen für ihn und für das fefte Beftehen und 
froͤhliche Gedeihen auch unfrer Schweftervereine im 
ganzen Tieben Heimathlande. 





IV. 
Bericht 


über 
das 18. Jahr der Kunſt- und Handwerköfchule zu Alten⸗ 
* erſtattet am Stiftungsfeſte des Kunſt- und 
Handwerks = Vereins 
von 
Eduard Lange, 


Es gibt zwei Arten einer glücklichen Gewerbthätigfeit, ' 


die jedoch in‘ taufend Zwiſchenſtufen in einander übergehen, 
die gemäthliche und die fpeculirende, Die Erftere freut ſich 


ihrer die rohen Urftoffe veredelnden Wirkfamfeit und genießt 





in jedem gelungenen Werke einen neuen Lohn aller bisher 
aufgewendeten Mühe und Arbeit, während die letztere die 
Preiſe und Koften forgfaltig berechnet und ihre Kraft und 
Mittel ftetd auf dad wendet, was am eifrigften gefucht wird 
und den reichften Gewinn bringt. Die erfte Art gehört mehr 
dem Handwerfer oder, beſſer gefagt, dem felbftthätigen Ges 
werböfünftler an, anftatt daß die zweite den Fabrifanten 
bezeichnet, der wohl berechnet, daß ein vielmaliger Fleiner 
Gewinn im Ganzen doc) die größten Erträge liefert. Wer 
hätte ihn. nicht gern, den heitern, befcheidenen Mann, der 
mit uneigennüßiger Liebe in jedem Werfe feiner Hände feinen 
ſtillen Geift der Ordnung und des Einflanged ausprägt, den 
feine Mühe verdrießt, den jedes ungeheuchelte Wohlgefallen 
erfreut, und den befler als prunfende Anfündigungen und 
weit ftrahlende Firmen feine Werfe loben und empfehlen! 
Iſt er auch nicht reich, ja drückt ihn felbft biöweilen die 
Sorge um Weib und Kind, fo hebt ihn doch feine Ges 
fchieflichfeit und die Liebe zu feinem Berufe‘ weit, empor 
über manchen Reichen, der fic) und Andere in Ueberdruß 
und langer Weile quält und deffen Mißmuth die Menfchen 
ebenfo verfcheucht, wie fie die Harmlofigfeit unferes bes 
ſcheidenen Künftlers anzieht. . Wie gern fehren fie jeder 
Zeit zu feiner anfpruchlofen Behaufung zurück, die fie immer 
mit Wohlbehagen verlaffen! Und doch begrüßt der bes 
fonnene Patriot auch die Gefchäftigfeit des tüchtigen Fabris 
fanten mit freudigem Stolze, der immer mehr rührige Hände 
für feine Zwecke im zufammenwirfende Thätigfeit verfegt 
und dadurch, daß er jede zur Meifterfchaft. in ihren Fleinen 
Berrichtungen heranbildet, für einen ſich immer weiter auds 
dehnenden Kreis von Abnehmern eine reiche Fülle wohlges 
lungener und zugleich wohlfeiler Fabrifate liefert, 

Und wenn nod) ein Sweifel übrig wäre, wie wohl⸗ 
thätig und unerfeglich diefe beiden gewerblichen Richtungen 
für jeded Gemeinwefen find, fo dürften wir nur auf ihre 
Gegenfäge blicken, nämlich zuerft auf den ewig unzufriedenen, 


‚neidifchen und gehaͤſſigen Handwerfer, der ohne Liebe zu 
3% 


feinem Berufe nur zwifchen dem Neide gegen feine glückz 
licheren Concurrenten und dem Merger über feine immer 
niedrigere Preife verlangenden Abnehmer ſchwankt, und der die 
ihm Nohftoffe liefernden Handwerfer fchilt, weil ihre Erzeugs 
niffe theurer find als Mafchinenarbeit, und doch zugleich 
auch die Maſchinen verwünfht, mit deren Hilfe Andere 
vortheilhafter arbeiten ald er, Der rührigen Thätigfeit des 
Fabrikanten aber würde der eingeroftete halsftarrige Schlendrian 
gegenüberftehen, der fortdauernd für alle Welt Peruͤcken machen 
will, wenn fie auch nur noch die Glasföpfe tragen, und der 
feine Perfonenwagen wie vordem noch die alte Straße fendet, 
wenngleich daneben auf Eifenfchienen der Dampfiwagen dems 
felben Ziele entgegen eilt. Die Ungluͤckſeligen! Wie fie 
über ihre Zeit Flagen, die doch vielmehr über fie klagen 
folte, und wie fie vergeblich anfämpfen gegen die Neues 
sungen, während doch ſtarres Stehenbleiben auf dem bes 
veitd erreichten Punfte auf Erden die größte Neuerung wäre! 


Gewiß, diefe Verfnöcherung ift nicht minder für fich ſelbſt 


als für dad Gemeinweſen ein ſchweres Ungluͤck; denn ihr 
ift mit Feiner Kruͤcke fortzubelfen, und würde fie felbft aus 
China verfchrieben, Wohl aber läßt fich ihre vorbeugen 
durch Erweckung ded Geiſtes, durch Kräftigung des Ger 
müthes, duch Veredlung des Herzend. Denn nur die 
Befchränftheit ift blind und engherzig, und nur das Pfahls 
bürgertfum kennt feinen andern Standpunft für die Ber 
trachtung der lebensvollen Welt als feine düftere Werfftatt 
und begehrt, daß jene ſich nach diefer richte und ale Ana 
fprüche aufgebe, für deren Befriedigung diefe zu eng ift. 
Wer aber mit gefunden Sinnen fi) auch anderwärtd umges 
fehen und die Wünfche und Anfichten auch anderer Stände 
vernommen und erwogen hat, der bringt in feine. Werfs 
ftatt nicht blos mechanifche Fertigfeit, fondern auch den 
Sinn und Geift mit, der allein diefe fi und dem Ge— 
meinwefen unter allen Umftänden wahrhaft. nüßlich zu 
machen vermag. 

Diefen Sinn in der beranwachfenden gewerbtreibenden 


a 


Jugend zu wecken und zu Fräftigen ift die Beſtimmung 
unſerer Kunſt⸗ und Handwerksſchule, welcher fie auch in 
ihrem 18, Jahre nicht untreu geworden ift. Wenigftens 
fürchtet der gegenwärtige Berichterftatter nicht, in thörichter 
Selbfttäufchung befangen zu fein, wenn er die Negungen 
diefed Geiftes im Weſen der Schüler auch in dem letzten 
Sabre. vielfältig wahrzunehmen und nicht allein die Keime 
ftilee Gewerblichfeit, fondern auch die- Anlagen zu fpeculis 
rendem Unternehmungsgeiſte hier und da zu bemerfen und 
in ihrer naturgemäßen Entwicelung zu fürdern und zu uns 
terftügen. glaubte, Allein wer fah wohl je dad Wachfen 
der Bäume, die er pflegte, fo unverfennbar aud) ihr Zus 
nehmen in Sahreöfrift war? So geht e8 auch mit unfern 
Schülern, die wir nad) einiger Zeit. oft ziemlich fortges 
fhritten finden, ohne doch ihre Fortfehreiten von Woche zu 
Woche bemerken zu koͤnnen. 

Gegenwärtig zählen wir derer 98*), nämlic) 40 in 
der dritten, 31 in der zweiten und 27 in der erften Claſſe. 
Im Ganzen aber hat unfere Schule bisher 725 Schüler 
- aufgenommen und davon allein im Iesten Schuljahre 70, 
von denen aber 10 ſchon wieder weggeblieben oder aud) 
wegen nachläfliger Benugung der Schule fortgefhieft worden 
find. Es gehören demnach 60 Schüler unferer Anftalt noch - 
nicht ein volles Jahr an, Außer ihnen ftehen 25 in ihrem 
2., 10 in ihrem 3., 2 in ihrem 4. und 1 bereits im 6, 
Schuljahre, Von den dermaligen Schülern ftammen aus der 
Stadt Altenburg 46, aus den übrigen Städten und Orts 
haften unſeres Herzogthums 48 und aus andern. deutfchen 


..) Ihrem Gewerbe nah find 6 Dekonomen, 8 Gärtner, 1 
Bader, 4 Maurer, 1 Stubenmaler, 12 Zimmerleute, 6 Zifchler, 
1 Ladierer, 1 Stellmader, 1 Dredsler, 6 Seiler, 5 Leinweber, 
1 Wollarbeiter, 3 Schneider, 6 Schuhmacher, 1 Lohgerber, 1Weif- 
gerber, 1 Sattler, 2 Riemer, 1 Beutler, 1 Handfhuhmader, 2 
 Pofamentiere, 8 Buchbinder, 1 Hutmacher, 1 Korbmacher; 1 Zinn= 
ießer, 1 Gelbgießer, 2 Klempner, 2 Scloffer, 2 Mechaniker, 1 
hrmacher, 2 Hufjchmidte, 2 Glafer, 1 Schleifer, 1 Porzellanmaler, 
1 Maler, 1 Bildhauer und 7 Schreiber und Laufburſchen. 


Staaten 4 ab. Bor ihrer Aufnahme in unfere Schule 
hatten von den 27 Schülern unferer erften Claſſe 18 in 
der hiefigen Bürgerfihule, 4 in verfihiedenen Dorffchulen, 
3 in verfihiedenen auswärtigen Stadtfchulen, 1 im hiefigen 
Gymnafium und 1 bei einem Privatlehrer Schulunterricht 
genoffen, Doch Fonnten fämmtlihe 4 vorher in Dorfs 
fhulen unterwiefene Schüler erft, nachdem fie eine Zeit 
lang unfere zweite Claſſe befucht hatten, in die erfte Claffe 
verfeßt werden. — Bon den SL Schülern der 2, Claffe 
hatten vor ihrer Aufnahme in unfere Anftalt 17 die Hiefige 
Bürgerfihule, 8 verfchiedene Dorffchulen, 3 auswaͤrtige 
Stadtfchulen und 3 Privatunterricht befucht. Auch unter 
ihnen find Mehrere, welche ihre erfte Aufnahme in unferer 
dritten Claffe fanden. — Bon den 40 .Schülern der 


dritten Claſſe endlich gehörten früher 10 der hiefigen Buͤr⸗ 


gerſchule und 29 verfehiedenen Dorffchulen an und nur einer 
hatte vorher Privatunterricht genoffen. — 78 unferer 
Schüler wohnen jest in der Stadt felbft und 20 wandern 
wöchentlich 2 oder 3 Mal unferer Schule vom Lande her, 
zum Theil felbft einige Stunden weit, zu, z. B. aus 
Zſchernitzſch bei Schmölfn, aus Platfhüs, aus Gnadſchuͤtz, 
aus Roͤthenitz, aus Gödifa, aus Winterödorf u. ſ. w., 
wozu namentlich im Winter ein großer Eifer gehört, da 
die Wochentagsftunden, von denen feiner dispenfirt ift, nies 
mald vor 8 Uhr Abends gefchloffen werden, und da diefe 
entfernten Schüler auch bei böfem Wetter und Wege fid) 
nicht mehr Schulverfäumniffe zu Schulden fommen laſſen 
ald die Städter ſelbſt. Bei ſolcher Luft und Liebe darf 
es denn’ auch nicht wundern, daß mehrere diefer Landbe⸗ 
wohner die erfreulichften Fortfchritte machen und fo den 
alten Satz von Neuem bewähren, daß der Erfolg des Unterz 
vichtS weit weniger von der Menge ald von der Benugung 
der Lehrftunden abhängig fei, An dem Unterricht im Frans 
zöfifhen endlich, deſſen Beſuch den Schülern gänzlich frei 
geftellt ift, nahmen im Ganzen 17 Schüler, naͤmlich 8 in 
der erften und 9 in der zweiten Claffe Antheil. Indeß 











en 


befinden fich darunter 4 ehemalige, in der obigen Haupt⸗ 
fumme nicht mit gezählte Schüler, denen die Erlaubniß, 
diefen Unterricht noch ferner benugen zu dürfen, unbedenfs 
lich erteilt: worden iſt. 

Was die Reiftungen- der Schüler unferer beiden obern 
Glaffen*) anlangt, fo darf ich mich wohl auf die öffent 
lichen Prüfungen berufen, welche bisher immer den. erften 
Sonntag nad Oftern gehalten wurden, und denen es au) 
im legten Schuljahre nicht an erwuͤnſchter Theilnahme fehlte. 
Kann bei ihnen auch von gelehrtem Wiſſen durchaus nicht 
die Nede fein, fo darben fie doc) auch nicht in der wahrs 
baft traurigen Geiftesarmuth, die noch immer fo viele, zu 
etwas Beſſerem an ſich gewiß fähige Männer langweilt 
und fie nach vollbrachter Tagesarbeit entweder zum zeittoͤd⸗ 


tenden SKartenfpiel treibt oder in dumpfes Schlafwachen 


verfenft. So wie aber unfere Schule durch den Unterricht 
und durch ihre Lefeblicher daflır forgt, daß ihre Zöglinge 
Etwas von der Welt umher erfahren und des Denfftoffes 
nicht entbehren, ebenfo ftärft und übt fie auch unabläflig 
die Kraft, dad Erfahrene zu verarbeiten und felbftthätig zu 
beherrſchen. Noch höher aber, ald Beides, fehlägt.fie die 
Erwerfung der Lernbegier und des Lerngefchickes an, weil 
diefer innere Lehrmeifter die Schüler auch in den fpätern 
Jahren, in der Werfftatt und in der Fremde nie wieder 
verläßt. Doc würde die Lernluft noch weit größer und 
allgemeiner fein, wenn das Leben eines Gefellen nicht nod) 
immer alu arm an gewerblichen und wifjenfchaftlichen 
Anregungen und Bereicherungen wäre, ohne welde doc 
ſelbſt die lebhafteſte Theilnahme zulegt erfchlafft. Für diefe 
Erneuerung des Gelernten in gereifterem Alter und fuͤr diefe 
Erhaltung des wiflenfchaftlichen Intereſſes wuͤrde nichts 
vortheilhafter fein als die Gründung zweckmaͤßiger Stadts 


‚bibliothefen und geräufchlofer, frei fich entwidelnder Fort⸗ 





*) Da die dritte Caſſe blos nachholt, was die Schüler eigentlich 
Thon aus der Volksſchule mitbringen follten, fo werden die Schüler 
derfelben nicht öffentlich geprüft. 


=. de ; 


Bildungsvereine, deren Theilnehmer bier ald die Genofjen 
einer wahrhaftigen Schule des gegenfeitigen Unterrichts Jeder 
diejenigen Fragen aufftellte, über die er und Andere Bes 
lehrung zu erhalten wünfchten, und Jeder diejenigen Fragen 
beantwortete, über die er Etwas mitzutheilen wüßte. So 
würde der todte Schaß der Bücher fih nah und nad 
beleben und unfer Gewerböwefen felbft mit der Zeit eine 
fräftige Förderung und erfreulihe Erneuerung erhalten, 
Denn unmöglich kann ed doc) für unfere Gewerbtreibenden 
ganz einerlei fein, ob fie einander gegenfeitig wecken, ers 
muntern und fördern, oder ob fie, zerfallen mit ſich felbft 
und mit der Zeit, deren Zeichen fie nicht verftehen und 
deren Fortfchreiten fie gleichgiltig laßt, der immer. Fräftiger 
und näher heran drangenden Concurrenz zur gemeinfamen 
Beute werden, Darum follten an die vorhandenen ges 
werblichen Fortbildungsfchulen fich freiere gewerbliche Forts 
bildungsvereine und an die Lefebibliothefen der Schüler ſich 
Stadtbibliothefen der Bürger anfchließen. Es ift aber die 
Leſebibliothek unferer Schüler bereitö auf 209 Bände ans 
gewachfen, deren Titel erft ganz Fürzlich in einem‘ gedruckten 
Katalog zufammengeftelt worden find, damit jeder Schüler 
aus dem feinigen diejenigen Bücher auswählen fönne, von 
denen er vorzüglichen Genuß oder Nutzen erwartet, Um 
aber das Abhandenfommen und Berderben der Bücher 
mehr ald biöher zu verhindern, find neuerdings zugleich 
auch jedem Schüler 2 Empfangfcheine zugeftellt worden, 
aufs deren jeden er immer nur ein Buch auf einmal aus 
unferer Lefebibliothef erhalten Fann, Denn fo gern ich es 
auch im Stillen gefehen habe, daß unfere Bücher außer 
den Schülern felbft oft auch ihre Väter, Meifter, Gefellen, 
Kameraden und Gefchwifter laſen, fo war doch die Ab- 
nugung in Folge davon neuerdings allzugroß, um ohne 
alle Befchränfung fortdauern zu koͤnnen. 

Die Lehrgegenftände unferee Schule, welchen jedem 
allwöchentlich eine Stunde Zeit zufiel, waren im vorigen 


Jahre 1) Schönfihreiden in 3 Claſſen; 2) Freihandzeichnen _ 





N 





— m — 


in-3 Claſſen; 3) Linearzeichnen in 2 Claſſen; 4) Models 
liren für einige wenige auserwählte Schüler; 5) Rechnen 
in 3 Claffen, jede mit zwei verfchiedenen Unterabtheilungen; 
6) Rechtſchreiben und fhriftliche Auffäse in 3 Claſſen; 
7) Sranzöfifch für Freiwillige in2 Claffen; 8) Gkograpie 
in 1 Claſſe; 9) Geometrie in 1 Claffe und 10) Naturs 
lehre in 1 Claſſe. 

Ueber die Art und den Umfang diefes Unterrichts 
enthalten die früheren Jahresberichte das Weſentliche; auch 
ift der Zutritt zu den Unterrichtöftunden im Gebäude der 
Töchterfchule und zwar. Sonntags von 10— 12 und von 
1—2, Mont. Abends von 5— 8, Dienft. Abend von 
6—9, Mittw, Abends von 5— 9, und. Donnerft, Abends 
von 6— 8 Uhr feinem achtbaren Bürger verwehrt, fo ſelten 
derfelbe auch biöher gefucht worden fein mag. 

Die Lehrer. find ganz noch diefelben wie im vorigen 
Sabre, und. wie fie unfer gedrucdtes Mitgliederverzeihniß 
enthalt, und noch immer widmen die drei befiheidenen, 
patriotifihen Männer Doͤll, Jecke und Moßdorf unferer 
Scyule ihre ſchoͤnſten Sonntagsftunden, ohne irgend eine 
Entfhadigung und oft felbft ohne nur ein Wort des Danfes 
von den abgehenden Schülern zu vernehmen, Die übrigen 


Lehrer werden aus der Schulfaffe und der gegenwärtige 


Berichterftatter durch die gemeinfchaftlihe, alles Gute gern 
fördernde Munificenz unferes erhabenen Proteftors und der 
übrigen Glieder feined hohen Fürftenhaufes remunerirt. 

Sp geht unfer Werf feinen ftilen geordneten Gang, 
Und wenn dann, wie in diefem Jahre wiederholt gefchah, 
diefer -oder jener ehemalige Schüler unferer Anftalt, zum 
Manne gereift. und zum Meifter ernannt, fih um die 
Aufnahme in unfern Verein meldet, -dann heißen wir fie 
doppelt herzlich willfommen und freuen und, daß Fürftens 
buld und Lehrertreue nicht erfolglos an fie. verwendet 
worden find, 


Case, RE 


V. 
Schickſale einer Wollflocke. 
Eine humoriſtiſch-techniſche Skizze. 


Vorgetragen 
am Stiftungsfeſte des Kunſt⸗ und Handwerksvereins 


vom 
Oberinſpektor Meißner. 


Ich erblickte das Licht der Welt im Herzogthum 
Braunſchweig. Meine Mutter war die Tochter einer edeln 
Haideſchnuckin, des Sproͤßlings eines Volkes, deſſen Name 
bereits uͤber die Grenzen Deutſchlands hinaus erſcholl und 
eines vornehmen Spaniers. Meine Jugend verfloß unge— 
trübt und war leider nur von kurzer Dauer, Nur eines 
Ereigniffed aus ihr bin ich lange eingedenf gemwefen, des 
Augenblicks, ald man mich gemwaltfam von meiner Mutter 
trennte und, obfchon fpätere Ereigniffe meines Lebens von 
dem tiefften Eindruck auf mid) gewefen find, fo vermochte 
doc lange nichts, dad Andenfen an daffelbe ganz zu vers 
drängen. Der Trennung von meiner Mutter folgte nur 
zu bald die Trennung von der Heimath, doc) hatte ich noch 
vom Glücfe zu fagen, daß mir vergonnt ward, fie in Ge= 
fellfchaft meiner Schweftern zu verlaſſen. Mit ihnen im 
Schäferbunde eng verbunden, wie faum je zuvor, in 
einen langen Leiterwagen mit breiter weißer Plane gut 
verpackt, ging die Reife zunächft aus meiner Heimath in die 
nicht allzuferne Hauptftadt meines Vaterlanded, nad) Braun 
fhweig. Ueber alle Befchreibung überrafchend und neu war 
mir, der in einer einfamen Haidegegend Geborenen, daß, 
was mich bier umgab, als ich mit meinen Schweftern den 
Wagen verlafjen- hatte. Es war Meffe in Braunfchweig. 
Außer und noch unüberfehbare Reihen gleich und zur Meſſe 





— — 


gekommener Kinder des platten Landes, ungeheuere Vor⸗ 
raͤthe der verſchiedenartigſten Waaren und zwiſchen durch 
Verkaͤufer und Käufer in Menge und aus faft allen Ge— 
genden: Europa’d. Das Loos, welches meiner hier harrte, 
wurde mir nur zu bald flar, Es galt meine und meiner 
Schweftern Veräußerung an einen der vielen anwefenden 
Käufer und vielleicht eine weite Trennung von meinem ges 
liebten Geburtölande, Kaum hatten wir naͤmlich, nachdem 
wir den Wagen verlaffen, wieder eine einigermaßen ruhige 
Lage erlangt, fo erfchienen Männer, die und mit rauhen 
Händen anpadten, renften und dehnten, hierauf und von 
allen Seiten lange, finnend, vergleichend und erwägend bes 
fhauten und endlich ein Langes und Breite mit Demjenigen 
verhandelten, der und an unfern dermaligen Aufenthaltsort 
geführt Hatte. Das Reſultat diefer Verhandlung war, daß 
man uns rückjichtölos verfauft hatte, verfauft an einen 
Tuchfabrikanten aus Sachſen. Line bange Beforgniß vor 
der Zufunft bemächtigte fich meiner, als ich diefes erfuhr, 
und doc) follte das, was mir fpäter wirflich begegnete, 


meine Fühnften Befürchtungen nod) übertreffen. Die Dauer 


meines Aufenthalts in Braunfchweig war, nachdem der 
Handel über mic) und meine Schweftern abgeſchloſſen 
worden, nur noch kurz. Abermald mußte ic) mic) von 
einem Theile meiner Schweftern Tosgeriffen fehen, ich) wurde 
mit andern meines Standes einem großen, breitfelgigen 
Srachtwagen anvertraut, gegen den Einfluß der Witterung 
in aller Weiſe gefhüst und verließ fehon nad) wenig Tagen 
gehörig avifirt und verbrieft, meinem Herrn vorausgehend, 
Braunfchweig, Die Neife ging Über Halberftadt, Leipzig, 
Altenburg nad) Schmöln, dem Ziele meiner Neife, meiner 
neuen Heimath. Hier begann meine Bildung für das 
fünftige Leben. Sie hatte ed nicht auf meinen Geift, fon> 
dern ausfchlieglich auf meinen Körper abgefehen und rechts 
fertigte in ihrem weitern Verlaufe nur allzu ſehr meine im 
Voraus gehegte bange Beſorgniß. Bald nach meiner Anz 
Funft in Schmölln wurde ich wieder aus dem Afyl her 


— — 


vorgeholt, in welches man mich und meine Gefaͤhrtinnen 
gebracht hatte und in die Seifenwaſſerwaͤſche geführt. 
Sie wäre zu ertragen, ja fogar mir fehr erwünfcht ges 
wefen, wenn man mich dabei nicht gefchlagen und, 
was noch unglaublicher Flingt, im eigentlichen Sinne des 
Wortes, ausgerungen hätte und gleihwohl hatte ich 
es noch meiner ‚höhern Abkunft zu verdanfen, daß man 
mich nicht der Urinwäfche unterworfen, Meine Abfunft 
vermochte mich jedoch nicht gegen die Qualen zu ſchuͤtzen, 
die nunmehr meiner harrten. Kaum hatte ih) mich, nad) 
der mit mir zuleßt vorgenommenen, ſchmerzvollen Procedur, 
in. einem breiten, ofinen Korbe weich gebettet, einigermaßen 


erholt und getrocfnet, fo wurde ich wieder gezaufet und 


gezupfet, hierauf geflodet, d, 5. auf einem Slechts - 


werf von Stricken mit Nuthen gehauen, endlih, es ift 
fhreflih! in dem Wolfe oder Teufel mafdinirt. 
Und als ob man mich hierauf mit meiner Eriftenz hatte 
verfühnen wollen, fihenfte man mie nun einige Erholung, 
ja man fettete und ſchmelzte mich fogar ein, Hatte 
mich ſchon die bisher durchgemachte Schule wefentlich vers 
ändert: und mich gefihmeidiger und biegfamer gemacht, fo 
- trug der Unterricht, welchen ich nunmehr genoß, dazu bei, 
mich meinem ganzen Wefen nad) anders zu geftalten, Ich 
folte tiefere Blicfe in das Gewerböwefen thun und bald 
felbft ein nicht unbeachtendwerther Gegenftand deflelben 
feyn. Die Folge davon war, daß ich auf der Krempels 
mafchine gefrempelt und hierauf auf der Spinns 
maſchine gefponnen wurde, Haͤtten mich meine in 
Braunfchweig zurückgelaffenen Schweftern jest wieder ges 
fehen, fie würden Mühe gehabt haben, mich wieder zu ers 
fennen. Ich war zu einem langen, biegfamen und viels 
verfprechenden Faden emporgefihoffen. Wie fehr ift man 
in der Jugend geneigt, das zu verfennen, was zu unferm 
wahren Frommen dient. Jetzt fühlte ih die Wahrheit 
diefer Lehre, ich bildete mir etwas auf mich ein, ich kam 
mie im meiner jegigen Geftalt vor, wie ein Geſell, der 


ee 


— 1 — 


eben den Stock empfangen hat. Dazu lobte man mich 
allfeitig. Bald jedoch wurde ich jener guten Lehre wieder 
uneingedenf, ich vergaß die Furze Zeit des Genuffes, welchen 
ich gehabt, ich ftürzte aus meinem Himmel wieder herab 
in die Falte, bittere, ſchreckliche Wirklichkeit. Ich wurde 
gehaspelt. Was nüste es mir, daß ich zu dem ehren⸗ 
vollen Poften eines Gliedes der Kette einer nuͤtzlichen 
Verbindung auserfehen war, da ich mid) hierzu der Außerft 
ſchmerzlichen Operation des Paflirend durch heißes Leims 
wafler unterwerfen mußte, alfo doch geleimt.oder ges 
ſchlichtet und endlich fogar gefchiert wurde? „Was 
fruchtete e8 mir, daß mir nach der Schierung. ein 
Stuhl zur eignen Dispofition geftelt wurde, da ich mid) 
in ihm weder in einer bequemen, noch in. einer. fonft ana 
genehmen, fondern vielmehr in einer fehwebenden Lage befand, 
da ich mich darin bald zu einem eben nicht unterhaltenden 
Tanze, bei einer ziemlich monotonen Mufif, den in regele 
mäßigen Zwifchenrdumen wiederfehrenden Schlägen einer 
Lade und den unmittelbar darauf folgenden Stößen pfeil 
ſchnell vorübergleitender Schiffchen ausgefeßt, gezwungen 
ſah? Swar fand ich mich in meinem Stuhle allenthalben- 
von befreundeten Gefährten und Landöleuten umgeben und 
der großen, Funftvollen Verſchlingung, in die ich nun, 
nachdem ich den Stuhl verlaſſen, innig verſchlungen worden 


war, wurde allgemeines Lob ertheilt, indem fie frei von 


Zwiſten oder Fadenbrühen, von Doppelfhüffen, 


Neftern, Ueber» und Unterfhüffen, Moders 


fleden, Vorfhlägen oder Nieps gefunden, wurde, 
alles diefed aber fonnte mir nicht Troft fpenden und vers 


mochte nicht, mich) mit meinem Schickfale zu verfühnen, 


Das Ende meiner Leiden war noch nicht gefommen. Ich 


genoß hinfort nur die Erleichterung und den Teoft, den 


dad Bewußtfeyn gewahrt, Gefährten im Unglüd zu haben. 
Wir fielen, nachdem wir aus dem Stuhle erlöft worden 
waren, den Beleferinnen oder Nopperinnen in die 


Hände, wahren Qudlerinnen, die mit dem Noppeifen, 


— 


einer kleinen eiſernen Zange, alle uns noch anhaͤngenden, 
fremdartigen Theile, mit einem Worte, Alles, was nicht 
zu unſerer kuͤnftigen Empfehlung dienen konnte, nicht eben 
in zarter Weiſe, von uns hinwegnahmen und entfernten. 
Nachdem wir mit Muͤhe und Noth dem Regen entgangen 
waren, kamen wir in die Traufe. Man brachte uns in 
die Walkmuͤhle. Derjenige, welcher in feinem Leben 
einmal gewalft worden ift, kann ſich vielleicht eine Vor— 
ftelung von dem machen, was wir dort zu erwarten hatten, 
Bon dur Warlerfraft in Bewegung gefeßten Stampfern 
in den gewölbten Löchern des Grubenbaums unbarm⸗ 
herzig geftampft und gedreht, unauögefest mit Wafler 
überfchüttet, Dabei von keineswegs aromatifchem Geifens 
fhaum unangenehm berührt, wer vermöchte dad auszu⸗ 
halten! Und diefe Folter währte gegen 12 ‚Stunden, Mir 
fühlten uns unferer völligen Auflöfung nahe und noch Heute 
begreife ich nicht, wie wir diefer graufenerregenden Operas 
tion, ohne völlige Untergrabung unferer Eriftenz, zu entgehen " 
dermochten. Nur einige Schrippen, Flecken und 
Löcher trugen wir davon, jedoch hatte mich felbft Fein " 
Unfall betroffen, fo gut hatte fich bei mir die gute Grunde 
lege meiner Yugendbildung bewährt, Die Walfe hatte 
mich und meine Genofjen noch inniger und fefter vers | 
bunden, Wir wurden, nachdem man und aus der Walfe | 
entlaffen, in reinem Wafler abgefpült, fodann wieder N 
getrodnet und hierauf an einen Mann übergeben, der, 7 
wie der Bademeifter in einem türfifhen Bade, uns mit " 
dem Cardenfreuz raubte, fhor und bürftete. U 
Mir gerietben nad diefem Verfahren nicht in den bes F 
haglihen Zuftand, den man als Folge eines türfifchen ” 
Bades vielfach gerühmt hat, vielmehr hafteten an uns hie" 
und da Schmitze, Rattenfhwänze, Klaͤcke, Bana 
ferotte und Fadenſuͤchtigkeit. Diefe Gebrechen | 
machten, daß und die Behandlung, die uns der Tuch⸗ 
fheerer und Decateur (eben jener Bademeifter) hatte ana 
gedeihen Taflen, noch lange in der Erinnerung blieb,;, Bon” 








— AN — 


Neuem von den Nopperinnen genoppt, hierauf aus 
gefhüttelt, dann von den, Stopferinnen ausges 
beffert,  erblickten wir und, mehrere Wochen nad) unferen 
Abentheuern in der Walfe, abgeftumpft gegen alle Schläge 
des Schickſals und gewiffermaßen betäubt, an dem Tuch— 
rabmen auögefpannt und geſtreckt. Hier und 
da wurde, wiewohl unter Seufzen, die Hoffnung laut, 
daß nun doch wohl befiere Tage kommen müßten, allein 
ein altes aufgefärbtes Stuͤck Tuh an einem benach⸗ 
barten Ruchrahmen, das viele Erfahrungen gefammelt 
haben mochte, tröftete fchlecht und bewirfte, daß wir wies 
derum hoffnungslos die Köpfe hängen ließen. ‚Der Veteran 
hatte nur zu wahr gefprochen. Wie wurden von dem 
Rahmen, an welhem man uns ausgefpannt und geftreckt 


hatte, nur losgemacht, um in die Farbe gefihleppt'zu 


werden, Ich fage nichts: über das, was uns dort ber 
gegnete, nichts von unferem Schicffal in der warmen Farbe 
küpe, im Wafferbade und am Farberahmen, 
fpätere uͤblere Ereigniffe haben und das, was man und 


dort angethan, faft vergeffen laffen, Wir waren ſchwarz ges 


färbt worden. Als wir die Farbe verließen, fihieden noch 
mehrere blau, roth, braun, grün und gelb gefärbte Stücke 
Tuch von ihr, wer hätte denfen fünnen, daß wir fpäter 
wieder mit ihnen und unter welchen verfchiedenartigen Vers 
bältniffen zufammentreffen würden? Aus der Farbe nahm ung 
wieder der Scheerer in Empfang, in deſſen Händen wir 
und ſchon einmal befunden hatten. Wieder wurden. wir 


gerauht und gebürftet und geſtreckt und doch war 


damit dad Maß unferer Leiden noch nicht voll, fie follten 
vielmehr bis zu einem Grade. gefteigert : werden, welchen 
fie bisher noch nicht erreicht hatten. Wir famen in die: 
Preffe. Vielleiht vermag man fi) einen Begriff von 


unſerem martervollen Zuftande zu machen, wenn ich ers‘ 


mähne, daß wir in einer Fräftigen, durch eine Winde ges 


triebenen, Schraubenpreffe zwifchen Preßfpähnen, 


Preßbretern und erwaͤrmten metallenen Platten 


fürchterlich zufammengedrückt wurden. Es verging uns faft 
Athem und Leben und doc) wollte der furchtbare Druck 
lange nicht aufhören, Endlich,  weldhe angenehme Erleichs 
terung ! endlich ‘ließ er nach, wir athmeten auf, wir erholten 
und, wir fühlten wieder Leben in unfern Gliedern, das 
Ende unferer Marter fchien gefommen zu fein. Lange 
Zeit glaubten wir noch nicht an eine Milderung unſerer 
Lage, fo mißtrauifch waren wir geworden, fo oft hatten’ 
wir und in unfrer Hoffnung getäufcht gefehen. , Diesmal 
aber ſollte fie und nicht wieder verlaſſen. Wir und mehrere, 
gleich uns aus der Preffe hervorgegangene, zu. Stuͤcken Tuch 
vereinigte, Genoffen wurden nur noch gemefjen, ſodann mit 
der Firma des Fabrifanten geftempelt, auf unferem Spiegel, 
mit dem wir zu unferer Freude bedacht worden waren, mit: 
goldnen Buchftaben ſchoͤn geſchmuͤckt, endlich, vermittelft 
eines aus vier Pfeilern mit beweglichen Stangen beſtehenden 
Inſtruments, auf das Genaueſte in Falten gelegt, in 
Lagen gefaltet und. mit Kappen von gefaͤrbtem Schetter 
oder gummirter Leinwand überzogen. Noch einmal wur⸗ 
den wir an’ unfere vorhbergegangenen Drangfale erinnert, 

ald man und mit der Packpreſſe zufammenfchraubte, — * 
aber erlangte unſere Noth ihr Ende. Unſeres Bleibens 
in Schmoͤlln war nun nicht allzu lange mehr. Der Sommer 
war gekommen, die Natur prangte in ihrer ſchoͤnſten Pracht, 
Alles athmete Freude und Gluͤck, als man uns, mit 
mehrern Stuͤcken verſchiedenfarbigen Tuchs in Ballen zus 
ſammenverpackt, wieder auf einen geraͤumigen Frachtwagen 
lud. und “zu einer weiten Landreiſe darin ſorglich unter⸗ 
brachte, Wir verließen Schmöln an einem heitern Som⸗ 
mermorgen. Unſer Weg führte ung über Altenburg, Leipzig,’ 
Halberftadt und, man denfe fich meine Ueberrafchung und 
Freude! wieder: nach⸗ Braunſchweig. Wir uͤberließen und‘ 
unſerem Entzuͤcken in unbegrenzter Maße, wir hofften die: 
theuere Heimath wieder zu ſehen. Es kam jedoch anders, 

als wir gehofft. Abermals war Meſſe in Siaunſhweg 
In lichten Raͤumen ausgeſtellt, wurden wir wiederum von 





er 


einer Menge Perfonen geprüft und gemuftert, wiederum 
wurde um unfern Beſitz gefeilfht und gehandelt, wiederum 
wurden wir treulos verfauftl. Das Stuͤck ſchwarzes Tuch, 
in welches ich mit meinen Gefährten verwebt war, ging 
in den Befis eined Kaufmanns aus den Nheingegenden 
und zwar, wie ſich fpäter ergab, aus dem Naffauifchen, 
über. Unfer Herr führte uns nad) wenig Tagen in feine 
Heimath. Es würde zu weit. führen, wollte ich meine 
Reife dahin umftändlicher befchreiben, Nach kurzem Aufs 
enthalte im Haufe unferd nunmehrigen Befigerd, befanden 
wir und wieder auf der Neife nach einem Fleinen Städtchen 


‘am Rhein, wo Jahrmarft war. - Hier wurden wir aus 


sefhnitten, d. h. in einzelnen Fleinen Stüden verfauft, 
An mir und meinen nächften, mie liebgewordenen Genoſſen 
war die zerftörende Scheere glücklich vorhbergegangen, obs» 
gleih) wie nunmehr nur auf ein Fleines Fleckchen bes 
fhränft waren, Defto beneidenswerther war unfer 2008. 
Mir fielen einem jungen, huͤbſchen Bauermädchen aus der 
Umgegend anheim und waren, wie wir bald inne wurden, 
beftimmt, den Hauptbeftandtheil feines Feſttagswamſes aus⸗ 
zumachen, Es begannen nun, nachdem wir glüclich durch 
die Hände ded Schneiders gegangen waren, goldne Tage 
für und. Unſer Dienft wechfelte zwifchen dem Getragens 
werden von unfter liebenswürdigen Herrin und zwifchen 
wochenlangem, gemüthlihen Ruben im faubern Saften ihrer 
Kleidercommode, Es dürfte fehwer zu entfcheiden feyn, 
welches 2008 das fchönere war, ob das Nuhen auf den 
Schultern unfrer lieblichen Befigerin, oder das füße Nichts⸗ 


thun im angenehm duftenden Kleiderfchrein. . Während wir 


uns an Sonn= und Fefttagen, in Begleitung unfrer Herrin, 
der ungetrübten Freude ſorglos überliegen, gedachten wir 
an unferem ftilen Aufbewahrungsorte der vorübergegangenen 


Tage. Was hatten wir nicht ſchon erlebt, welche Koften, 


welche Anftrengungen hatte es bedurft, um aus unſchein⸗ 

baren Haarbüfcheln eine Fefttagszierde der Jugend und 

u Haus zu fhaffen! Eu, die ihr und zu dem machtet, 
s 4 


BER, 


was wir jeßt find, gebühret Bewunderung und ewiger 
Danfl Den Bervollfommnern ded rohen Stoff, Denen, 
welche Gefundheit und Leben der Veredelung und Vers 
fehönerung des einfachen Productö, zum Nutzen und Frommen 
ihrer Mitmenfchen opfern, rufen wir aus unferem Verſteck, 
wie gewiß noch viele, gleich uns, veredelte Stoffe, volle 
Anerfennung und den gefühlteften Danf zu. 

Ein ergrauter Tuchflieflappen in der verborgenften 
Ede unferer Behaufung will boshaft unfer ſtilles Gluͤck 
und verleiten. Er weiffagt und, in grimmiger Schadens 
freude, unſer Fünftiges Schickſal, ſpricht von dem bevor⸗ 
ſtehenden Wandern in die Papiermuͤhle, von den Martern 
unter dem Hollaͤnder und von unſerer kuͤnftigen Beſtim⸗ 
mung zu Loͤſch⸗ und Packpapier und zu Pappe, alles das 
laſſen wie uns aber nicht anfechten, nichts vermag uns 
unfer inniges Danfgefühl gegen die zu rauben, welche fi 
um uns fo verdient gemacht haben. 





VI. 


Die Frühlingsverſammlung der pomolo⸗ 
giſchen Gefellfchaft. 
Eine Mittheilung aus dem Protokoll 
von 
deren Sekretär Eduard Lange. 


Dem diesjaͤhrigen Fruͤhlingsconvente der pomologiſchen 
Geſellſchaft wohnten im Ganzen gegen 80 Mitglieder bei. 
Durch die Gefäligfeit dee Herren Adam, Beſſer, Brets 
fihneider, Kunze und Preßler war eine kleine Ausftelung 
von blühenden Kamellien, Azaleen, Rhododendern, Primeln, 
Hyazinthen, Roſen, Afazien u, f. w. zu Stande ‚gebracht 











ee — 


worden, bei welcher manches fihöne Eremplar die Auf⸗ 
merkfamfeit der Anfommenden auf ſich lenkte. Außerdem 
gefiefen vorzüglich die Blüthen: von Epimedium grandi- 
florum, Deutzia scabra, Aeschinanthus grandiflorus, 
Epacris impressa und Tropaeolum Jarathii ,. welche der 
Here Hofgärtnee Kunze in Aeſchen eingefendet hatte, 


Die eigentlihen Verhandlungen der Gefellfhaft wurs 
den ziemlich fpät durch den dermaligen Vorſtand, den 
Heren Regierungs⸗ und Gonfiftorialratd Dr. Back erdffnet, 
welcher dabei befonders den eigentHümlichen Lauf der Witterung 
feit unferer legten Herbftverfammlung den Unwefenden vers 
gegenwärtigte und daran Hoffnungen und Wünfche für das 
Kometenjahr 1843 fnüpfte. Hieran reihten fi Mittheis 
lungen über den erwänfchten Perſonal⸗ und Kaffenbeftand 
der Geſellſchaft und uͤber die Thaͤtigkeit der drei Sectionen 
der Geſellſchaft (für Obſtbau, Blumenzucht und Gemuͤſe⸗ 
bau), welche bei einigen auswaͤrtigen Mitgliedern, nament⸗ 
lich bei Hertn Haage jun. in Erfurt und bei Herrn 
Dr. Liegel in Braunau am Inn bereitwillige und uneigen⸗ 
nüßige Unterftüßung gefunden hatten. 


Hierauf hielt der Vorfisende unter Zuruͤckweiſung auf 
das treffliche Magazin für. die Literatur des Auslanded 
einen Furzen Vortrag über die Spuren vorweltlicher Pflan- 
. gen in den Steinfohlen, welche meift zu den Kryptogamen 
gehören, und gab dadurd) dem Herrn Kammerrath Waitz 
Gelegenheit die Stufenfolge der: Entwidlung in den nad 
einander auftretenden Pflanzenfchöpfungen auseinander zu 
feßen, Die erfte Pflanzenfchöpfung ift auf die unvollfommes 
nen, wenn gleich blätterreichen und zum Theil riefenhaften 
kryptogamiſchen Gewächfe, zu denen unter Andern auch noch 
unfere Farrenfräuter, Schadhtelhalme und Moofe gehören, be⸗ 
ſchraͤnkt. Ihr folgen die monofotyledonifihen Gewaͤchſe, 
d. 5. die Pflanzen, welche mit einem einzigen Saamens 
lappen aufgehen, zu denen unfere Gräfer und: Getreidearten 
gehören, und in deren Staubfäden: die Zahl 8 wor: 

4* 


— — 


herrſcht. Die Hauptmaſſe unſerer gegenwaͤrtigen Pflanzen 
aber bilden die Gewaͤchſe mit 2 Saamenlappen, in deren 
Blumen die Zahl 5 als Grundzahl der vorhandenen Staub— 
faͤden auftritt. 

Hierauf theilte der Herr Candidat Lange einige Era 
gebniffe feiner mehrjährigen Verſuche, Kartoffeln aus den 
Kernen der Saamenbeeren zu erziehen, mit, welche fih in 
Folgendem zufammenfafien lafien: 1. Die SKartoffelforten 
‚bleiben bei der Ausfaat der Kerne ziemlich conftantz denn die 
Kerne der rothen Lechenfartoffel geben wieder wohlſchmeckende 
rothe Lerchenfartoffeln, die Sämlinge der blaublühenden 
hollaͤndiſchen Kartoffel blüheten wieder blau, und die Knols 
len hatten wieder die diefer Sorte eigenthümliche rundliche 
eckige Form, die vollttagende Everlafting war auch in 
ihren Kernlingen vecht ergiebig, fowie auch die Sämlinge 
der frühen amerifanifchen Kartoffel wieder früher reiften 
und lockereres Fleiſch hatten, ald die übrigen, und die Kerns 
linge der laͤnglich geftalteten Zucferfartoffel zeigten wieder 
die eigenthümlichen tief eingefehligten Augen und das feſt—⸗ 
markige, fpät garfochende, wohlſchmeckende Fleiſch ihrer 
Mutterforte. 2, Hiermit hängt auch die Neigung zu den 
Tehlern und Sranfheiten der Mutterforte zufammen, und 
man darf fich daher nicht wundern, daß die aus Saamen⸗ 
fernem gewonnenen Kartoffeln der jegt herrfchenden Kartoffels 
krankheit (Trockenfaͤule) ebenfo zugänglic) find, als die dutch 
auögelegte Knollen gewonnenen Kartoffeln, fo viel Gewicht 
aud) die Theoretifer auf diefe Art der SKartoffelvermehrung 
ald Rettungsmittel gegen die Treocenfäule gelegt haben, 
Schon beim Herausnehmen aus dem Boden fand der Bes 
eichterftatter einen von der Krankheit gänzlich ergeiffenen 
Snollen und mehrere Mitglieder, denen er von feinen 
Sämlingöfollen eine Anzahl zufommen ließ, entdeckten 
unter ihnen foldhe, welche die Trocenfäule angegriffen und 
zerftört hatte, Je fefter aber die Tertur des: Sleifches 
und je glatter die. Schale einer Kartoffelforte ift, deſto 
weniger iſt dieſe für die Trockenfaͤule empfänglich, vieleicht 





ELBE 


u 


— — — — — 








— 55 — 


weil die Keimförner des diefelbe verurfachenden Pilzes bei 
ihnen nicht fo leicht haften und Wurzel faſſen Fönnen, 
Wenigſtens ift die Trocfenfäule unter unfern gewöhnlichen 
Kartoffelforten bei Feiner fo verderblih, als bei der bes 
diebten raubfchaligen, lockergefuͤgten und mehlreichen Lerchens 
Fartoffel. 3. Um von den Saamenpflanzen fihon im erften 
Sabre etwas größere Knollen zu erhalten, empfahl der 
Candidat Lange, diefe, fobald fie fingerhoch find, fortzupflans 
zen und fpäter zu behacken. Auf diefe Weife hat er feldft 
gleih im erſten Jahre wieder reife Saamenbeeren gewons 
nen, deren Kerne ihm zur Erziehung von Doppelfämlingen 
Beranlaffung boten. Die unverpflanzten und unbehadten 
Saͤmlinge bilden "dagegen gern Neſter ganz kleiner Knollen 
ums den: Stengel berum und feßen oft felbft an den 
Stengeln und zwar in den untern Blattwinfeln Luftknollen 
an, aus denen bisweilen wieder fadenfürmige Wurzeln 
gegen den Boden Binabtreiben. 4 Um aber von folchen 
Kartoffelforten, welche wie die Liverpool, die. englifche platt 
tunde u. a, bei großer Ergiebigkeit nicht leicht reife Saamen> 
beeren teagen, fondern ihre Blüthen entweder ſchon vor oder 
gleich nach dem Blühen abwerfen, Saamenbeeren zu erhalten, 
fand der Kandidat Lange die in einigen Gartenfhriften ges 
gebene Vorfchrift, die Wurzeln diefer Sorten rechtzeitig theils 
weis bloß zu legen und der Luft auszufesen, erfolgreich, 
indem cr fi fo Saamenbeeren der Algierfartoffel vers 
ſchaffte, von der alle Stoͤcke, bis auf den ſo behandel⸗ 
ten, ihre Bluͤthen abwarfen. 5. Uebrigens verlangt die 
Fortzuͤchtung der Kartoffeln aus den Saamenbeeren Aufs 
merffamfeit und Sorgfalt, indem neben dem ald Regel 
anzunehmenden Forterben der Eigenfchaften des Mutters 
ſtocks, doch das Auftreten neuer individueller Eigenthümlichs 
feiten bei einzelnen Stöden nicht zu verfennen ift. Go 
trugen einzelne Stöde der Doppelfämlinge 50 bis 60 
Knollen, während andere an ihren vielen weißlichen Saug⸗ 
wurzeln nur fehe wenige Knollen hatten. Wie fehr dann 
aber diefe individuellen Eigenthümlichfeiten bei der Vers 


 . 54 as 


mehrung durch ausgelegte Knollen conftant bleiben, kann 
der Umſtand beweiſen, daß von den Doppelfämlingen der 
laͤnglichrunden feinen Manleyfartoffel alle auögepflangten 
Funden Knollen im nächften Jahre wieder runde und alle 
länglichen wieder Tängliche Knolen gaben, fo daß daraus 
zwei ganz verfihiedene Sorten entftanden zu fein ſchienen. 
Wenigſtens fagte mir, ald ich beim Herausnehmen dieſer 
Doppelfämlinge zugegen war, mein Bruder bei jeder Zeile 
voraus, ob die Kartoffeln Tänglich oder rund fein würden, 
und wir ‚fanden Beide die Kartoffeln immer fo, wie es 
die beim Regen gefertigte Niederfehrift erwarten Tieß. 6, 
Was endlich die Zeit der Ausſaat der Kartoffelferne ans 
Tangt, fo Hat der Kandidat Lange diefe einmal ſchon im 
Herbſte kurz nach dem Neifen der Beeren ins freie Land 
außgeftreut, ohne diefelben im Srühjahre minder veichlih 
aufgehen zu fehen, ald bei der Saat im Frühjahre, die 
man allgemein als Negel aufftellt, und die gar Leicht zu 
Verwechslungen führt und jedenfalls umftändlicher ift als 
die Saat im Herbft. 

Nachdem nun noch der Herr Vorfigende das von der 
Regierung in Gotha den Gemeinden empfohlene Werk: Ans 
Teitung zur landwirthſchaftlichen Holzzucht und Waldbenutzung 
von ©. v. Schulte unter überfichtliher Angabe feines 
Inhaltes zur Beachtung empfohlen hatte, ſchloß derfelbe 
die Sitzung nach 1 Uhr. i 





Vo. 
Protokoll 


uͤber 
die Feftfißung der naturforfchenden Seal 
am 5, Juli 1843, 


Nachdem der von der Gefelifchaft gehegte Wunſch, 
daß die aus Adelaide erwartete Sendung von Natuts 
produften noch vor dem heutigen Stiftungäfefte eintreffen 
möchte, zu allgemeiner Freude befriedigt worden war, fand 
man mit Recht einen wahren Stolz darin, den auswärtigen 
Mitgliedern und Gäften dur) die Ausſtellung der neuen 
Ankoͤmmlinge aus Suͤdausſtralien einen ſeltenen Genuß be⸗ 
reiten zu koͤnnen. Die Ueberraſchung, welche, durch dieſe 
Naturſchoͤnheiten hervorgerufen, ſich ſchon in dem Antlitz 
der zahlreichen Verſammlung deutlich beurkundete, brach 
bald in Worte der Bewunderung aus, und wohl Keiner 
der Anweſenden ging von dannen, ohne für das Streben 
unſeres Vereins das Lebhaftefte Intereſſe zu empfinden, 


Nach 144 Uhr begannen auch diesmal im Gafthaufe 
zue Stadt Gotha die Feftvorträge. Die gefpanntefte Aufs 
merffamfeit der Zuhörer erregte zuerft die von dem erften 
Director, Herrn Kammerrath Wais, gehaltene Eroͤffnungs⸗ 
rede. Dann lad der um dad Secretariat hochverdiente, 
dermalige dritte Director der Gefelfchaft, Here Profeffor 
Dr. Apes, den Jahresbericht, wobei er zugleich den im 
Betreff der erwähnten Sendung eingegangenen Brief des 
Miffionaird Teihelmann mittheilte. Hierauf übergab 
Here Kammerrath Wais mit inniger Rührung und danfs 
barer Anerkennung für feine langjährigen Verdienfte Hexen 


Be 


Geldgiegr Schlegel, dem vormaligen Cuftod, das 
Diplom eines Ehrenmitgliedes, und außerdem wurden ernannt 
zu auswärtigen Mitgliedern: Here Regierungd» und Medis 
einalratö Dr. Horn in Erfurt, ferner Here Pharmaceut 
Müller aus Alftädt, und zum einheimifchen Mitgliedes 
Herr Kaufmann Ley, von bier, 


Hierauf ſprach Here Paftor Brehm über den hohen 
Werth der erhaltenen neuholländifchen Vögel, fodann las 
der zweite Director, Here Rath Zinfeifen, einen vom 
Herrn Stadtrichter Fallou in Waldheim eingefendeten, 


Höchft intereffanten Auſſatz: „Probleme über die erratifchen 


Blöcke 20, dann bielt der Unterzeichnete einen Vortrag 
über den Winters und Sommerfchlaf der Thiere, und zus 
legt wußte Herr Paftor Brehm durch feine in hoͤchſt ans 
fprechender Weiſe gegebenen Notizen „uber dad Benchmen 
wilder Vögel im gesähmten Zuſtande“ die Aufmerffamfeit 
der Berfammlung fo. zu feffeln, daß man nur ma 
fonnte, er hätte immer mehr gefprochen, 


Nach beendigter Sigung vereinigte. man fich zum 
Seftmahle, wobei, im Wechſel mit erheiternden Gefängen, 
fo mancher finnige Teinffpruh die Hand zum Becher 
führte, Die langerfehnte ſchoͤne Witterung geftattete, daß 
die Unterhaltung (bei einer Taſſe Kaffee) noch ein Stünds 
hen im Garten fortgefegt werden Fonnte, und fo trennte 
man fi) endlich in der Hoffnung auf ein frohes Wie⸗ 
derſehen. 


Dr. Kirmſe, Seeretair. 











Eröffnungsrede 
am. 26. Stiftungsfeft der naturforfchenden Gefellf haft 
des Dfterlandes 
den 8. Zuli 1843 


von 
Carl Waitz. 


Schon iſt im ſchnellen Fluge der Zeit ein Jahr ver⸗ 
floſſen, ſeit wir verfammelt waren, die ſilberne Jubelfeier 


des Beſtehens unſerer naturforſchenden Geſellſchaft feſtlich 


zu begehen. Einen Schritt vorwaͤrts haben wir wieder 


auf der begonnenen Laufbahn mit erneuetem Muthe gethan, 
und mit rüftigem Eifer haben wir geftrebt, daß das vers 


gangene Jahr Zeugniß gebe vonder nicht raftenden Thaͤtig⸗ 
feit der Mitglieder und von der Fortdauer des guten 


Geiſtes, welcher einft die Stifter befeelte, Feine Mühe zu 


ſcheuen und: feine Opfer zu verweigern, wo es galt, Schwie- 


‚rigfeiten zu überwinden, um dem Studium der Naturs 


seihichte in unferm Vaterlande Bahn zu brechen und den 
fihern Grund zu legen, daß durch eine nähere Kenntniß 
der, Gefege und Producte der Natur, nicht nur eine höhere 
Ausbildung ded Geiftes errungen, fondern auch eine fichere 
Duelle größern Wohlftandes: durch Förderung der materiel- 
len Intereſſen des Staats gewonnen werde, denn welches 
Gewerbe oder welches bürgerliche Verhältnig koͤnnte wohl 
gegenwärtig einer gründlichen SKenntniß der Natur und 


ihrer Kräfte gänzlich. entbehren, und welcher gebildete Dann 


möchte wohl den Einfluß. verfennen, welchen die Anwen⸗ 
dung diefer Kenntniffe auf das Wohl ganzer Nationen 
gehabt Hat? Durch fie hat das viel Fleinere Europa das 


rn 


Ucbergewoicht über alle Theile der Erde gewonnen und man 
fann wohl, ohne zu irren, den Grad geiftiger Bildung eines 
Volkes nah) dem Grade der Achtung beftimmen, welchen 
daffelbe dem Studium der. Natur widmet und nad) der 
regen Sheilnahme an der Verbreitung nüglicher Kenntniffe, 

Den unwiderleglichften Beweis für dieſe Behauptung 
liefert die Fleine Schweiz gegen das viel größere Stalien, 
Schweden gegen das gigantifhe Rußland, und felbft im 
Königreich Preußen, die geringere geiftige Cultur der Polen 
gegen die der Deutfchen im Großherzogthume Pofen, wo 
felöft die, von den reichften Familien des polnifchen Adels 
bevölferte Hauptftadt nad) den » öffentlihen Nachrichten 
Bedenfen trägt, eine Schenfung des in der Kapftadt lebens 
ven Apothekers Juritz anzunehmen, welder der. Stadt 
ofen, in danfbarer Erinnerung feiner dafelbft verlebten 
Qugend , eine ſehr beträchtliche Raturalienfammlung, von 
mehr‘ als 400 Wögelarten, einer nicht unbedeutenden Ana 
zahl füdaftifanifcher Quadrupeden, zahlreicher Schlangen 
und Lurche, über 600 Species von Kappflanzen und eine 
reihe Sammlung von Schmetterlingen, Inſecten, fo wie 
von Conchylien vom Kap und von Port Natal gefchenft 
Hat, die bereits in vielen Kiften wohlverwahrt dafeldft an: 
gekommen iſt, weil die dortigen Behörden die Koften für 
Die Aufftelung und Erhaltung ‚dee Sammlung feheuen. 
Wie erfreulich erfcheinen dagegen die Beftrebungen in fo 
vielen Städten des deutfchen Baterlandes, welche fich weder 
in Größe’ und Einwohnerzahl noch in Reichthum der nur⸗ 
genannten Stadt gleichftelen Fönnen, und in welchen ſich, 
befeelt von dem Streben Nüglicdhes zu wirken, Bereine 
bilden, um 845 Studium der Naturwiffenfchaften zu fürs 
dern "und die Producte ihres Vaterlandes beſſer kennen 
und Tebhafter benutzen zu lehren. So beging am 1& vor, 
Monats der naturwiffenfchaftliche Verein für das Fürftens 
thum Rippe ‚welcher ‚bereits 177 wirkliche Mitglieder zählt, 
in’ Detmold feierlich feine Sahresverfammlung und fo würde 
in’ Erfurt, auf Antrieb des Regierungsraths Horn eine 

b 








J 


— 59 — 


aaturforſchende Geſellſchaft für Thhringen geſtiftet, deren 
Wirkung unter der Leitung des wegen ſeiner genauen 
Beobachtung und Beſtimmung der Pflanzen, ſowie durch 
ſeine Bemuͤhung um den daſigen botaniſchen Garten, ruͤhm⸗ 
lich bekannten Profeſſors Dr. Jeanne gewiß eine gu 
fegnete fein wird, 
Das nähere Erkennen der Geſehe der Natur, * 
unterſcheiden der unendlichen Formen ihrer Producte, ſowie 
das tiefere Eindringen in die ſtufenweiſe Entfaltung und 
fortſchreitende Metamorphoſe ihrer Geſchoͤpfe beſchaͤftigen 
auf eine’ ſo angenehme Weiſe, bieten einen ſolchen Reich— 
thum nüglicher Kenntniſſe und ſichern dem Naturforſcher 
den ſchoͤnſten Lohn feiner Mühen und Opfer, indem fie 
ihm abziehen von den beengenden Formen und der ängfts 
lichen Sleinigkeitöfrämerei des conventionelen Lebens ers 
Heben fie ihn zu den hoͤchſten Gedanken, zu dem ewigen 
Urquell alles Seins, zu Gott, und geben ihm die ſicherſte 
Beruhigung bei den Stürmen und Wirren‘ det Zeit, durch 
den tröftenden Gedanfen, daß das unendliche Werfen, wel⸗ 
ches ſchon fo viele Jahrtauſende, mit der hoͤchſten Weisheit 
und Güte für alle Gefchöpfe forgfam wacht, die anftheinend 
serftörenden Kräfte der Natur fo beſchraͤnkt, daß ihre Thätigs 
keit nur wohlthätig auf die Erhaltung des Weltalls eins 
wirft, auch für ihn mit Vatergüte forgt, und mit Höchfter 
Meisheit eben fo die Bahnen. feines Erdenlebens beſtimmt, 
wie die Bahnen der Geſtirne im unermeßlichen Weltall. 
Wie koͤnnte wohl der Werth einer Wiſſenſchaft, die 
einen ſo wichtigen Einfluß auf das Wohl der Menſchheit 
aͤußert, die allen ihren Zoͤglingen ſo große Vortheile ge⸗ 


waͤhrt und eine ſo unerſchoͤpfliche Quelle neuer frucht⸗ 


bringender Entdeckungen darbietet, je verkannt werden, und 


wo Fönnte wohl ein Mann Anſpruch auf wahre Bildung 
“machen, der, unempfaͤnglich für die Reize der Natur, gleiche 


gültig für die Den ihrer unerfchöpflichen —— 
nun. wäre, 


R Muß ‚man nicht einen: Mangel geiftiger ‚Kräfte wer 


- 0 — 


Gleihgtiltigfeit für die wichtigften Interefien der Menfchs 
heit bei allen denen vorauszufegen, welche geringfchäßend 
die Beftrebungen aller derer befpötteln oder vornehm als 
Schwärmer belächeln, die Feine Befchwerlichfeit oder Mühe 
ſcheuen, und wie Agaßiz Monate lang auf den Eiöfeldern 
der Schweizer Hochalpen verweilen, um über die Bildung 
der Gletfcher neue Auffchlüffe geben zu koͤnnen, oder wie 
Burchard die glühenden Sandwüften Arabiens, unter Ents 
behrung aller Bequemlichfeiten ded Lebens durchwandern, 
oder, wie, Balder zehn Jahre lang in den entlegenften 
Theilen der Erde, an den unwirthbaren Küften des ftillen | 
Meltmeeres, unter fteter Todedgefahr 6000 Species und | 
Abarten von Conchylien fammeln, | 

Wird nicht die fpätere Zeit diefen Männern den vers | 
dienten Preis. zuerfennen, und wenn aud Fein Ordenss 
ftern im Leben ihre Bruft ſchmuͤckte, doch den Lorbeerfrang | 
ded Verdienftd auf ihren Sarg legen? 

Die Namen Pythagoras, Archimedes, Ariſtoteles un 
Plinius find felbft nach dem Verlauf von 2000 ZYahren | 
noch unvergeſſen. Die Namen der Begründer der neuern | 
Naturgeſchichte: Tournefort, Linne, Juſſieu, Büffen, Cuvier | 
und Decandole werden ftet3 neben den Namen der Könige | 
und Herrſcher in den Jahrbuͤchern der Weltgeſchichte ehren⸗ 
‚vol genannt werden, und die Nachwelt wird einft den 
noch Tebenden Ehrenmännern, welche durch ihre Forfihungen 
die Wiffenfchaft zu fordern und die Geheimniffe der Natur 
zu entfchleiern bemüht find, einen Robert Brown, Hum⸗ 
boldt, Ofen, Ehrenberg und die große Anzahl reichbegabter und 
hochverdienter Naturforfcher, Ehrenfaulen danfbar errichten. 
Wann wir auch Verzicht leiſten auf den Ruhm diefer, 
durch geiſtige Vorzüge und ausgezeichnete Leiftungen hoch⸗ 
geſtellten Maͤnner, welche durch guͤnſtige Verhaͤltniſſe auf 
Reiſen in entfernte Weltgegenden oder durch den Gebrauch hi 
reichausgeftatteter Bibliothefen und die Benugung großer N 
Katuralienfommlungen, in den Stand gefeßt werden, wich⸗ 
tige Entdeckungen zu machen, oder in unfterblichen Werfen h 





— — 


ihre Erfahrungen und Belehrungen niederzulegen: ſo glauben 
wir doch dadurch Nuͤtzliches zu wirken, daß wir keine Muͤhe 
ſcheuen und gerne Opfer an Zeit und Geld bringen, 
um Materialien zu fammeln, melde in Zufunft dazu 
dienen fönnen, den jungen Männern, die einft im Tempel⸗ 
dienft der Natur an unfere Stelle treten werden, das 
Studium zu erleichtern, und fie zu befähigen, durch Aufs 
zaͤhlung und Befchreibung aller Naturproducte unſers gluͤck— 
lichen Vaterlandes eine Luͤcke auszufüllen, welche bis jegt 
noch ſchmerzlich bemerkt wird. 

Wenn wir auf dieſe Weiſe der jugendlichen Thatkraft 
eine neue Laufbahn eroͤffnen und dem oft ungeſtuͤmen 
Streben ein ruͤhmliches Ziel aufſtellen: ſo erwerben wie 
und gewiß: Fein unbedeutendes Verdienft, indem wir dem 
jugendlichen Ehrgeiz den Weg bereiten, der eben fo gewiß 
zum Ruhm und zur Unfterblichfeit führt, ald& die Laufbahn 
des glüclichen Kriegers auf dem Felde der Ehre u 
des Siegs. 

Das Bewußtſein, daß unſere naturforſchende Geſell⸗ 
ſchaft den bei ihrer Stiftung beſtimmten Zweck treu verfolgt 
und dem vorgeſteckten Ziele ſich im Laufe von 26 ſchnell ent⸗ 
ſchwundenen Jahren moͤglichſt zu naͤhern geſucht hat, erhoͤhet 
unſere Freude bei der heutigen Feier, bei welcher ich noch 

F „eine heilige Pflicht zu erfüllen glaube, wenn ich vor dieſer 
anſehnlichen Verfammlung der Mitglieder ehrend gedenke, 
welche der Tod aus unfern Kreifen zu jenen lichtern Räumen 
erhöht hat, wo ihnen die Näthfel des Lebens gelöfet find, 
4 Bor Allen haben wir den Verluft zweier Männer, zu 
| beflagen, welche an der Stiftung unferer Geſellſchaft thätigen 
Antheil nahmen, nämlich des Heren Paſtors Winkler zu. 
| Lohma, welcher eine lange Reihe von Jahren hindurch das 
Amt eines Sekretairs mit lobenswerthem Eifer verwaltete 
und ſich dadurch unerloͤſchliche Anſpruͤche auf unſere Dankbar⸗ 
| feit erwarb, und des Heren Nittergutöbefigerd Dr. Gleits⸗ 
| mann zu Wildenhayn, der audgerüftet mit vorzüglichen 
| Kenntniffen in den Naturwifienfchaften, befonders in der 


| 
| 
N 


re 


Chemie, nicht nur und in den Berfammlungen belehrte und 
durch. wohlgelungene Erperimente oft erfreute, ſondern auch 
durch vielbefuchte Vorlefungen über die Chemie unter: feis 
nen Zuhörern auf dem Lande gründliche Kenntniffe über 
die Kräfte der Natur und ihren wichtigen Einfluß auf die 
Landwirthſchaft verbreitete, 

Außer diefen um unfere Gefellfchaft hochverdienten 
Männern verloren wir noch folgende in der gelehrten Welt 
ruͤhmlich befannte Ehrenmitglieder, nämlich den Regierungss 
tath von Böhninghaufen zu Münfter, Verfaſſer einer, durch 
ſcharfſichtige Beobachtungen ausgezeichneten Flora feines 
Baterlandes; den Hofrat Brandes zu Salzuffeln, Stifs 
ter und Director des norddeutfchen Apothefervereind, und 
den Profeſſor von Krombholz zu Prag, unermüdeten 
Beobachter der Pilze und Schwämme und Verfafjer einer, 
duch naturgetreue Abbildungen gezierten Monographie dies 
fer fo Außerft ſchwierigen Pflanzenfamilie. 

Den Berluft ſolcher Ehrenmänner betrauert nicht 

blos unfer Verein, fondern dad ganze deutfche Vaterland 

empfindet ihn ſchmerzlich. Wenn wir mit einem ernften 
Blick auf die Vergangenheit von dem verfloßnen Jahre 
fheidens fo beginnen wir das neue mit einem frohen 
Blick in die Zufunft. Er erhebe unfere Hoffnung, belebe 
unfere Thätigfeit, Fräftige und ermuthige uns, auf der vors 
gezeichneten Bahn rüftig fortzufchreiten und belohne uns 
durch die frohe Meberzeugung, daß unfer Wirfen nicht ohne 
Nutzen bleiben werde und daß das Gebäude, zu welchem 
wie vor 26 Jahren mit gutem Willen, froher Hoffnung 
und feftem Gottvertrauen den Grundftein legten, fich ers 
heben werde im Laufe der Zeiten zum Ruhm .und Stolz 
des Baterlandes, 














IX. 
Sabresbericht, 


FOR vorgetragen 
am Stiftungöfefte dev. naturforfchenden Gefellfchaft des 
Rn Dfterlandes, 
den I. Suli 1843, 
"90m 
Serretair der Gefellfchaft, 
Prof. J. H. Apetz. 


Der Ruͤckblick Auf das verfloſſene Jahr, das erſte im 
zweiten BVierteljahrhundert unſers Geſellſchaftslebens, ſetzt 
mich in den Stand, Ihnen, verehrte Anweſende techt Erz 
freuliches zu berichten, EN) 
Mas zunächft die Monatöverfammlungen .betrifjt, fo 
find ihrer mit Einfehluß der vorjäßrigen Seftfisung zwölf 
gehalten worden. Eine Monatöfigung mußte im September 
der in den Sammlungen vorzunchmenden Arbeiten wegen 
ausfallen; dagegen wurde den 21, Februar eine Extraſitzung 
gehalten. Auch iſt den 29, Mai die in den Juni gehoͤ⸗ 
rende Monatsſitzung vorausgenommen worden, da das 
Pfingſtfeſt in die Zeit fiel, zu welcher nach der beſtehenden 

Drönung die Juniſitzung hätte Statt finden follen. 
Sind in diefen Verfammlungen weniger ausführliche 
Abhandlungen vorgetragen worden, fo hat es doch- nicht 
an vielen theils fehriftlichen, theil® mündlichen Mittheilungen 
gefehlt, durch welche der Zweck derfelben, Unterhaltung und 
Belehrung, in der befriedigendften Weiſe erreicht worden iſt. 
In der Dctoberfigung ward und die große Freude zu Theil, 
unfern berühmten Landsmann, Herrn Dr. Schlegel aus - 
Leyden, im unferer Mitte zu fehen. Derfelbe Hatte die 
Güte, einen Vortrag über das große hollaͤndiſche Nationals 


* 


— — 


werk, uͤber die Naturgeſchichte des niederlaͤndiſchen Oſtindiens 
zu halten, wobei er die ſchoͤnen und inſtructiven, zum Theil 
von ihm ſelbſt trefflich gezeichneten und lithographirten Ab⸗ 
bildungen vorzeigte und erlaͤuterte. Gewiß erinnern ſich alle, 
welche in jener Verſammlung anweſend waren, mit Dank 
und Freude an dieſen genußreichen Abend. 


Die Novemberſitzung gewaͤhrte uns ebenfalls einen 
dankbarſter Erinnerung werthen Abend durch die Mittheis 
lungen des Herrn Kammerraths Waik über feine Erlebniffe 
während feiner Reife zue Verfammlung deutfcher Aerzte und 
Naturforſcher in Mainz. So find aud) die Mittheilungen her⸗ 
vorzuheben, welche Herr Rath Zinfeifen in der Septembers 
fisung über Salzbohrung, über die Saline zu Langenberg bei 
Gera und über feine mineralogifchen Erfahrungen gab, die 
er auf einer. in Gefelfchaft unſers Mitgliedes und Freundes, 
des Herrn Hauptmannd von Gutbier in Zwidau, unters 
nommenen Reife gefammelt hatte, 

Vielen Beifal fand ed, daß zuweilen aus den beften 
Werfen die Naturgefihichte der feltneren Thiere unfers 
Baterlandes, wie deö Cormoran, Phalacrocorax Carbo L., 
des Aufternfifchers, Haematopus ostralegus L. vorges 
lefen wurde, 

Reichen Stoff zur Belehrung und Unterhaltung ges 
waͤhrten auch in dem vergangenen Jahre unfte auswärtigen 
Correfpondenzen. Nur ungern. verfage ich mir dad Vers 
gnügen, mich ausführlicher über fie auszufprechenz; es würde 
dies jedoch eine Üüberflüffige Arbeit feyn, da zufolge des in 
einer Monatsfisung ausgefprodhenen Wunfched die wichtige 
ften Gegenftände diefer Correfpondenz durch den Drud in 
unfern ofterländifchen Mitteilungen zur Kenntniß auch ents 
fernterer Mitglieder gebracht werden follen, 


Reiche Erwerbungen, ja reichere, ald je in einem der 
früheren Jahre, haben unfere Sammlungen gemacht. Die 
feltfamften Formen, auögezeichnete Pracht der Farben, eine 
wunderbare Anmuth in Farbenvertheilung und Schattirung, 





= WW — 


wie auch die fonderbarften Producte der Launen, nach welchen 
die fehnffende und bildende Natur fo oft ein räthfelhaftes 
Spiel zu treiben fcheint, find und dadurd zur Anſchauung 
gebracht worden, haben unfre Kenntniffe und Ideen be— 
veichert und dad Gemüth zu dem erhoben, der in der Natur 
feine Macht und Meisheit fo liebevol bezeugt, wie er fie 
in den Regungen des menfchlichen Herzens offenbart, 

Größere Sendungen erhielten wir 
1) aus Athen von der dortigen naturforfhenden 

Geſellſchaft durch den Präfidenten derfelden, Herrn Dr. 
Lindermayer. Diefe Sendung beftand in 73 Vögels 
bälgen, einer fleinen Anzahl Mineralien und einigen Hundert 
Inſecten. Schade, daß die Inſecten dur) den Transport 
gelitten habenz denn mit wenig Ausnahmen find es Arten 
der Mittelmeer Fauna, die in unfern Sammlungen bisher 
fehlten. Unter den Mineralien befinden ſich einige für den 
Archäologen intereffante Stüde, wie Mufchelmarmor vom 
Tempel zu Olympia. Die Vögel enthalten viele für uns 
neue Arten; andere vervolftändigen die fchon vorhandenen, 
oder find als Producte der füdeuropäifchen Sauna von 
Wichtigkeit; noch andere fünnen ald Taufchmittel nuͤtzlich 
werden. Diefe Sendung hat aber außerdem noch einen 
zweifachen Werth. Einmal ift fie der Anfang einer Reihe 
von Sendungen, durd) welche und nach und nad) die Pros 
ducte der griechifhen Fauna möglihft vollftändig zugehen 
follen. Sodann ift fie aber auch die Bafid eines wiflens 
fhaftlihen Verkehrs mit Griechenland, der für uns, wie 
wir mit Zuverfiht hoffen, recht nüßlih und genußreid) 
‚ werden wird, Ich habe deshalb in Auftrag der Gefellfchaft 
geantwortet, und eine Gegenfendung ift fo weit vorbereitet, 
daß fie in einigen Wochen abgehen fann. 

2) Im Februar erhielten wir eine Kifte mit amerika⸗ 
niſchen Vögeln vom Herrn Conſul Hinrichs in Neuyorf, 
mit Ausnahme einer einzigen Art fämmtlich neu für unſere 
Sammlung. Von demfelben geehrten Mitgliede traf fpäter 
a a Kifte ein, Vögel, Conchylien, Mineralien und 

x 5 


us 


Sämereien enthaltend. Beſonders ſchoͤn waren die Voͤgel 
und eine ganz unverfehrte Schaale von Argonauta Argo, 
wie man fie felten in Sammlungen findet. Die Sämereien 
find von einigen biefigen Gartenfreunden ausgefäct worden 
und es ſteht das Nefultat zu erwarten, Eine deitte Kifte 
ift laut Anzeige von Hamburg unterwegs und muß in den 
nächften Tagen eintreffen. Sie fehen, verehrte Anmwefende, 
wie fehr wie diefem Herrn zu Danf verpflichtet find. und 
wie nüßlich und diefe Verbindung in einem Lande werden 
kann, aus dem wir noch fo wenig in unfern Sammlungen » 
aufzuweifen haben, während. die meiften Sammlungen reichlich 
damit -ausgeftattet find, zumal uns die Erfahrung gelehrt 
bat, dag wir von den Bemühungen unferer dort lebenden 
Landöleute wohl nicht viel zu erwarten haben. 

3) Die an Zahl, Schönheit und Koftbarfeit der Ge⸗ 
genſtaͤnde bei weitem wichtigſte Sendung jedoch erhielten 
wir vergangene Woche aus Suͤd⸗Auſtralien durch den 
Miſſionar Herrn Teichelmann. Sie haben ſie heute 
im Geſellſchaftslocal gewiß mit Vergnügen: betrachtet. Dies 
felbe -befteht aus 336 Exemplaren in etwa 170, Arten, 
fämtlih ohne Ausnahme für unfere Sammlung neu, 
Der volftändige Werth laͤßt fih nicht cher. beurtheilen, 
als bis die Ihiere beftimmt und nach ihrer relativen Seltene 
heit, im Vergleich mit ihrer Größe und Schönheit geſchaͤtzt 
feyn werden. Jedenfalls aber haben diefe Thiere einen ſehr 
- bedeutenden Werth. Und diefe Schäße verdanfen wir der 
Umfiht, Gewiſſenhaftigkeit und uͤberaus großen Gefaͤlligkeit 
unſers geehrten Freundes in Adelaide. 

Als vor zwei Jahren auf Veranlaſſung Teichelmanns 
der erſte Verſuch zur Bildung eines Actienvereins zur Er⸗ 
werbung ſuͤdauſtraliſcher Naturproducte gemacht wurde, 
glaubte: wohl feiner von uns, daß diefer Verſuch zu einem, 
fo glänzenden Refultate führen würde, ald es jest vorliegt. 
Schwerlih aber würde das Unternehmen zu Stande. ges 








fommen  feyn, 'wenn ed nicht von unferm gnadigften 


Sandeöheren, unfem Durdhlaudtigften Herzoa 








— . 11 DER 


auf'd großmüthigfte gefördert worden wäre. Gewiß find 
wir alle von den innigften Gefühlen des Dankes für diefen 
neuen Beweis buldvolfter Theilnahme an unfern wiſſen⸗ 
ſchaftlichen Beftrebungen durchdrungen und freuen und des 
Tages, wo Höchftderfelbe nah gluͤcklicher Ruͤckkehr 
in die theure Waterftadt die prachtvollen Bewohner eines 
weitentfernten Wunderlanded betrachtend unſre Freude theis 
len wird. 

‚ Unterfaffen wir aber auch nicht, dabei danfbarft unfers 
verehrten Freundes Sommer in Altona zu gedenfen, der 
mit freundfchaftlicher Uneigennügigfeit und mit. der ihm 
eigenen Erfahrung und Gewandbeit in überfeeifchen Gefchäften 
fih mander Mühwaltung in diefer Angelegenheit unterzogen 
bat. Denn ohne defien thätiofte Unterftügung würden wir 
fhwerlih ein fo glückliches Nefultat gewonnen haben, 

Der Comité des Actienvereins wird die weitern Ges 
fihäfte, die ihm. bis zur Beendigung des Unternehmens 
noch obliegen, gewiffenhaft beforgen und dann. in einer 
Schlußverſammlung Rechenſchaft ablegen, 


Geſchenke an Naturalien erhielten wir außerdem: 


1, Voͤgel vom Herrn Rath Zinkeiſen, vom Hrn. 


Forſtmeiſter Freiherrn von Schmertzing. 

2. Inſecten. a. Schmetterlinge vom Herrn 
Profeſſor Heering in Stettin und vom Herrn Rector 
Fack in Dornburg. b. Kaͤfer vom Herrn Director 
Dr. Suffrian in Siegen, 

3 Pflanzen. Vom Herrn Apotheker Gaffebeer 
in Bibra die Laubmoofe der Wetterau, Decade 4—7; 
vom Herm Pharmaceut Müller aus Alftädt die Laub⸗ 
moofe Deutfchlands; von unferm gefihägten Freunde Herrn 
Geyer in Eifenberg eine Anzahl getrockneter Pflanzen. 

4. Mineralien von-den Herren Obriftlieutenant von 
Kretfhmann zu Dillingen, Hauptmann von Gutbier 
in Swidau, Rath TERN Geyer, Dr. Geinig 
und Dr. Riten x 

5 


r - 8 — 


5, Büher von den Herren Graf Carberon in 
Mordhaufen, Wirthgen in Coblenz, Müller in Emmes 
ih, Palliardi in Franzensbrunn, Cartellieri ebens 
dafelbft, Zipfer in Neufohl, von Kubiny in Ungarn, 
Horadzef in Wien, von Weber bier, Dr. Horn in 
Erfurt. 

Bon Gefelfchaftöfchriften find eingegangen: Jahrbuͤcher 
der Pharmacie von der pfälzifchen Gefelfchaft für Pharmacie, 
Potsdamer Monatsfhrift und Mittheilungen der Flora zu 
: Dresden. 

Außerdem gelangten wir durch Tauſch in den Beſitz 
mehrerer fehägbarer Naturproducte. Auch wurde um einen 
fehe billigen Preid eine Sandfteinplatte mit Thierfährten 
von Hefberg bei Hildburghaufen erworben. 

Sm SPerfonale der Gefellfchaft find mehrere Vers 
Änderungen vorgegangen. Von einheimifchen Mitgliedern 
ift Here Profeffor Director Lange aus unferer Mitte ges 
fhieden. Here von Weber ift nad) feinem Weggange von 
bier in die Reihe der correfpondirenden Mitglieder getreten. 

Durch den Tod verloren wir Herren Obermedicinalrath 
Dr. Froriep in Weimar, einen vielfeitig gebildeten, um 
Verbreitung naturwiffenfchaftliher Kenntniffe Hochverdienten 
Mann, Heren Dr. Schmidt, praftifhen Arzt zu Stettin, 
und Heren Nittergutöbefiger Dr. Gleitömann in Wils 
denhayn. 

So wäre denn wieder einer von den verdienftvollen 
Stiftern unferer Gefellfchaft heimgegangen! — Geit feinem 
Weggange von Altenburg nahm er zwar felten an unfern 
Berfammlungen Theilz doch gedachte er au) dann noch 
immer mit Liebe des Vereins, in dem er einft eines feiner 
thätigften Mitglieder gewefen war, und gern und danfbar 
erinnern wie und Ale noch an feine Iehrreichen, meift von 
ſchoͤnen, oft Foftfpieligen Verfuchen begleiteten Vorträge, 
durch welche er fo wefentlih zu unferer Unterhaltung und 
Belehrung beitrug. Sein Name wird daher unter den ge» 





— 69 — 


feiertften der Gefellſchaft ſtets eine ehrenvolle Stelle bes 
haupten. Friede feinem Staube! ? 
Durch den Tod des Herrn Dr. Schmidt hat die 
Wiſſenſchaft einen fehweren Verluſt erlitten. Bei feinen 
vielen Gefhäften, die ihm als praftifchen Arzte oblagen, 
wußte er doch noch Zeit zu gewinnen, um ald VBorfteher des 
entomologifchen Vereins. zu Stettin und als Redacteur der 
entomologifchen Zeitung eine and Unglaubliche grenzende Thäs 
tigfeit zu entwickeln, und dabei eine fehr ausgebreitete Cor⸗ 
tefpondenz zu führen. Außer vielen Eleinern Auffägen und 
Notizen in der entomologifchen Zeitung hat er einige ums 
fangreiche, gründliche wiffenfchaftliche Arbeiten geliefert. Die 
erfte, eine Revifion der deutfchen Aphodiusarten, erfchien 
in Germard entomologifcher Zeitfchrift Band II, Heft 1. 
1840, Im folgenden Jahre gab er in derfelben Zeitfchrift 
eine Revifion der deutfchen Anifotomen. Sodann lieferte 
er im Jahrgange 1842 der entomologifchen Zeitung eine 
„Bearbeitung der europäifchen Arten der Gattung Anthicus.“ 
Zulest war er mit einer Arbeit über die Oedemeriden bes 
fohäftigt und bat fie auch, wie wir im Juliheft des Aten 
Jahrganges der entomol. 3. Iefen, fo weit vollendet, daß 
er feinen Freunden fagen fonnte, „nun fey die Arbeit fo. 
weit gediehen, daß er fie nur ins Reine zu fhreiben brauche,’ 
Wir wünfhen im Intereffe der Wiffenfchaft, daß diefe Arbeit 
recht bald dem Druck übergeben werden möge. Ich ber 
trauere in ihm einen gütigen Freund, dem ich vielfache 
briefliche Belehrung und manche ſchaͤtzbare Bereicherung meiner 
Sammlung verdanfe, Unfre Gefelfchaft erhielt von ihm zum 
vorjährigen Stiftungsfefte 200 Colooptern zum Gefchenf, und, 
ohnlängft erft fagte er mir brieflih zu, daß er fogleic nad) 
Vollendung feiner Arbeit über die Dedemeriden jener frühern. 
‚Sendung eine zweite werde folgen laffen, Gluͤcklicherweiſe 
dürfen wir hoffen, daß die wackern Männer, welche mit 
dem DVerewigten den entomologifchen Verein gründeten und 
Teiteten, ihn aud) in feinem Geifte fortführen und fo ein 
Inſtitut erhalten werden, das ſich durd) die Erfahrung bes 


| — 170 — 


währt und bereits der Wiſſenſchaft die erheblichften Dienfte 
geleiftet Hat. Auch ift feit Schmidts ‚Tode ſchon das 
zweite Heft der entomologiſchen Zeitung erſchienen, ein er⸗ 
freulicher Beweis, daß die Redaction dieſer nuͤtzlichen und 
weitverbreiteten Beitferift feine Unterbrechung. erleiden wird, 


Aufgenommen wurden in die Geſellſchaft: 


I. Ehrenmitglieder. 


1. Here Hofgärtneer Terſchek in Dresden, 

2, » Cantor Schramm in Dresden, 

die beiden Vorftände einer dafelbft blühenden bota⸗ 

nifchen Gefellfehaft, der Flora. 

3. # von Riedel, Director der Faiferlichen Gärten in 
Rio Janeiro. 

4 sDr. Horn, Regierungs⸗ und Medicinalrath zu 
Erfurt. 


5. ⸗Gelbgießer Schlegel, bisheriger Generalcuſtos 


unſerer Geſellſchafts ſammlungen. 


U. Einheimiſche Mitglieder 
1. Here Banquier Müller. N 
2 s Mafhinenmeifter von Weber. 
' M. Auswärtige Mitglieder, 
1. Here Dr. Lange in Ronneburg. 
2, ⸗Amtscommifſſaͤr Luͤders dafeldft. | 
-IV. Eorrefpondirende Mitglieder. 


. „Here von Pauliny, Director der osmanifchen Kupfers 
bergwerfe zu Tokat in Sleinafien. 

⸗Pharmaceut Müller aus Alftädt. 

. 3 Dr. Palliardy, Brunnenarzt zu Franzensbrunn. 


In der Wahlverfammlung am 9. Mai d. J. find 
einige Veränderungen vorgenommen worden. An die Stelle 


— 


NE 


des fiatutenmäßig auöfcheidenden erften Directors, des Heren 

















u ME. 


Kammerheren und Oberlandjägermeifterd Grafen v. Beuft, 
bat die Verfammlung mid) felbft zum dritten Director ers 
wählt, für welche ehrenvolle Ernennung ich meinen ergebens 
ften Danf auöfpreche, mich zugleich den fungirenden Herren 
Directoren zu collegialifhem Wohlwollen empfehlend, 
Hier fühle ich mich gedrungen, der verehrten Gefells 
ſchaft die Gefühle. des innigften Danfes auszudrücken "für 
dad große Vertrauen, welches mir -diefelbe während meiner 
dreisehnjährigen Secretariatöflihrung bewieſen hat. Beſon⸗ 
ders muß ich es dankbarſt anerkennen, wie es nie un⸗ 
beachtet geblieben iſt, daß das Secretariat, ſo wie alle 
Aemter der Geſellſchaft, Dienſtverpflichtungen ſind, welche 


die Beamten ſich ſelbſt auferlegen, und daß fiber diefe 


* 


Verpflichtungen noch hoͤhere Pflichten im Staatsdienſt und 
im buͤrgerlichen Leben geſtellt ſind. Die ideelle Auffaſſung 
der Geſellſchaftszwecke, nach welcher die hochachtbaren Vor⸗ 


ſtaͤnde des Vereins ihre Wirkſamkeit beſtimmen zu müffen 


glaubten und die auch nach meiner Ueberzeugung die allein 
richtige und wuͤrdige iſt, machte es unmoͤglich, daß Alles 
erreicht werden konnte, was man erſtrebte. Ich denke, 
inwiefern es mir Zeit und Kraͤfte geſtatteten, als Secretair 
Alles aufgeboten zu haben, um in dieſem Geiſte zu arbeiten 


und ſo den verehrten Vorſtand kraͤftigſt zu unterſtuͤtzen. 


Wenn dennoch Manches gethan wurde, was beſſer unter⸗ 
blieben waͤre, Manches auch verſaͤumt, was zum Beſten 
der Geſellſchaft haͤtte geſchehen koͤnnen, ſo moͤge uns der 
Gedanke an die Unvollkommenheit aller menſchlichen Leiſtun⸗ 
gen troͤſten und der Hinblick auf den rein eg uns 


ſerer Geſellſchaft beruhigen. 


In jener Wahlverſammlung wurde Herr Dr. girmſ e 
zum Secretair ernannt. Bei dem noch immer wachſenden 


Reichthume unſerer Sammlungen und unſern ausgebreiteten 
Verbindungen würde ich unſerm Herrn Secretair zu feiner 
Ernennung kaum Gluͤck zu wuͤnſchen wagen, wenn nicht 


in eben dieſer Verſammlung Erleichterungen für das Se⸗ 
eretariat getroffen worden wären, "Die dem Secretair und 


_ 3— 


dem Cuſtos obliegenden Gefchäfte follen nämlich Taut Pros 
tofol vom 8, Mai vorläufig fo vertheilt werden s 


A. Der Tünftige Geſellſchafts-Secretair hat zu 
übernehmen: 


1) Führung des Protokolls bei allen Haupt» und Extras 
fißungen der Geſellſchaft, namentlih aud am Stifs 
tungöfefte. 

2) Halten der Acten der Geſellſchaft. 

3) Führung einer genauen Regiftrande, worin alle Eins 
gänge und NRefolutionen darauf und die hiernad) era 
folgten Erpeditionen einzutragen. 

4) Abgabe diefer Regiftrande mit den eingegangenen 
Sachen jedes Mal einige Tage vor der Hauptfisung 
an den darin fungirenden Herrn Director, um den 
Vortrag darnach einzurichten. 

5) Führung der Haupteorrefpondenz der Gefellfchaft über 
allgemeine Angelegenheiten derfelben, während die 
Correſpondenz der Gefellfichaft über die einzelnen 
Zweige der Naturwiffenfchaft von den darin am beften 
unterrichteten Mitgliedern, wie zeither, beforgt wird. 

6) Den Jahresbericht bei dem jedesmaligen Stiftungsfeſte. 

7) Ausfertigung und Abfendung der Diplome an die 
neuaufgenommenen Mitglieder. 


B. Der General-Cuſtos erhält überwiefen: 


I) Die Protofonführung bei den Sigungen während der 
Abwefenheit des Generalfecretaird und Vertretung des⸗ 
felben in diefem Falle, 

2) Confervation der Sammlungen der Gefelfchaft, Aufz 
ficht über diefelben, Führung der angelegten Verzeich- 
niffe darüber, 

3) Führung des Geſchenkbuches und Specificirung der ein⸗ 
gegangenen Naturalien darin. 

4) Auffichtöführung über das angelegte Fremdenbuch und 











Sorge daflır,. daß Geſchenk-⸗ und Fremdenbuch ſtets 
im Local der Gefelfchaft vorliege. 

6) Ordnungerhaltung des Mitgliederverzeichniffes, naments 
lic) Eintragung der neuaufgenommenen und Bemerfung 
des Abgangs bei Mitgliedern, welche verftorben oder 

abgetreten find, wobei ihm zue Pflicht zu machen, 
von folchen Veränderungsfällen und Aufnahmen jeders 
zeit den Gefellfchafts » Caffirer in Kenntniß zu ſetzen. 


Herr Schlegel hatte in diefer Sigung erflärt, daß 
et bei feinem vorgerückten Alter de& Amtes eines Cuftoden 
entbunden zu ſeyn wuͤnſche. Die Gefellfchaft, welche Hrn. 
Schlegel für feine Tangjährige, treue und derfelben hoͤchſt 
erfprießliche Ihätigfeit ſich zu dauerndem Danfe verpflide 
tet fühlen muß, glaubte ihm feinen  AWunfch gewähren zu 
müflen, und ernannte zum Generalcuftos Heren Privatlehrer 
Schlenzig. Eine weitere Veränderung im Beamtenpers 
fonale wurde nicht beliebt. 





x, 
Geologiſche Probleme 


vom 


- Stadtfchreiber Fr. Alb. Fallou in Waldheim. 


2, Geſchiebe, beſonders nordiſche Bloͤcke. 


Ein Gegenſtand, der mit der Thalbildung, ſofern man 
fie einzig, oder doc, hauptſaͤchlich als Folge der Auswaſchung 
betrachtet, in ſehr naher Beziehung fteht, ift die ungeheuere 
Menge der Gerölle und Gefchiebe, womit wir die Niederungen 
des Feftlanded und namentlich die ganze norddeutfche Ebene 
bis an die Küften der Nords und Oftfee bedeckt ſehen. 


Es find Truͤmmer der feften Erdrinde, die durch 
mechanifche Gewalt aus ihren Fugen und von ihrer urfprüngs 
lichen Lagerftätte losgeriſſen, almählig, wie der Name es 
andeutet, von ſtroͤmenden Gemäflern fortgerolt und auf 
diefe Weiſe in ferne Gegenden verfchlagen worden, 

So verforgte die gütige Natur bereits vor Jahr⸗ 
taufenden die Bewohner dortiger Gegenden mit dem 
Ueberfluffe anderer Länder und gewährte ihnen diefelben 
Vortheile, welche dem Hochlaͤnder anderwärts feine Ges 
birge bieten. 

Denn in jenen fandigen und moorigen Ebenen, in 
denen meilenweit fein Hügel, geſchweige eine Klippe zu 
erblicken, in denen man daher Steinbrühe faum dem Nas 
men nad) Fennt, find diefe Trümmer eine gar wohlthätige 
und deßhalb willfommene Erfcheinung, 


Sie find das einzige Material zum Straßenbau, zu 


Ufer» und Hafendämmen, fie liefern die Grundfteine zu 
allen Gebäuden und hier und da fieht man alle Hof» und 
Gartenmauern lediglich aus diefen Gefchieben aufgeführt. 

Sie find aber nicht blos für die Bewohner jener 
Landftriche von hoher Bedeutung, fondern auc dem Naturs 
forfcher und Freunde der Wiſſenſchaft, ohne Ruͤckſicht auf 
ihren materiellen Nugen, wichtig in Bezug auf die Gefchichte 
der Erde, infofern fie ihm, wenn nicht Auffhluß, doch 
Winke geben über die Nichtung vorweltlicher Fluthen. 

Mag es immerhin Manchem fonderbar vorfommen, 
wie man died Geröfl, diefe nußlofen, ja dem Landmann 
fogar oft hoͤchſt Täftigen und verhaßten Feldwacken einer 
unterſuchung werth halten und eine lange Betrachtung 
darüber anſtellen koͤnnez dadurch darf man ſich nicht irren 
faffen. Es ift Zaufenden Vieles unbegreiflih, fie haben 
auch Fein Verlangen, ed zu begreifen, Für ſolche ift unfer 
Verſuch, eine Hieroglyphe der Natur zu entziffern, nicht 
beſtimmt. 

Ich geſtehe, daß ich ſelbſt fruͤher zu denen gehoͤrte, 
welche die Geſchiebe, als eine zu gewoͤhnliche Erſcheinung 





| 
| 


h 


und laͤngſt ausgemachte Sache wenig beachtet. Erſt als 
ich in der Gegend von Berlin, Lübef und Hamburg, an 
der Mündung der Elbe und Trave, in Mecklenburg und 
Holftein unter manden fremdartigen Gefchieben aud eine 
auffallende Menge Fragmente von Granulit, Gneus und 
Hornblendgeftein bemerkte, die ich fofort ald alte Befannte 
wiedererfannte, da fie den Originalien meiner Heimath fo 
vollfommen aͤhnlich waren, daß mie ihre Abftammung feis 
nen Augenblif ungewiß ſchien, wurden mir diefk Trümmer 
fo anziehend und merkwürdig, daß fie feitdem von Zeit zu 
Beit mein Nachdenken befchäftigten, Es drängte ſich mir 
die Frage auf: Wie famen fie dorthin? Ueber das 
Woher war ich nicht zweifelhaft. Denn was jene großs 
koͤrnigen Granitblöcfe betrifft, die man unter der Menge 
vieler andern Gebirgstrümmer hier und da zerftreut findet, 
fo beruhigte ich mich gern bei der jetzt allgemein herrſchen⸗ 
den Meinung, daß ſie aus den ſcandinaviſchen Gebirgen 
famen. Soviel aber die mir bekannten Granulitgeroͤlle 
anlangt, fo fihien mie nichts natürlicher, als ihre Abſtam⸗ 
mung in möglichfter Nähe zu ſuchen, im fächfifchen Erz⸗ 
gebirge. Iſt auch diefe Wanderung noch weit genug, fo 
ift fie doch jedenfalls natürlicher, folglich auch wahrfcheins 
licher, ald umgefchrt von Schweden herüber in Gemeins 
fhaft mit den übrigen nordifchen Blödfen durch das weite 
Becken der Oftfee. Zudem ift der meift geringere Um⸗ 
fang diefer Granulitgeröfle und ihre Abrundung, ald Wir— 
fung des Fortrollens, ebenfo unverfennbat, als ihre Iden⸗ 
„tität mit den Originalien des fächfifchen Granulitgebirges 
augenfcheinlih. Denn namentlid) fand ich an fo manchen 
diefer Gerölle jene in der Gegend von Penig, Mitweida 
und Waldheim fich fo oft: wiederholende Eigenthümlichfeit 
„wieder, daß fie von Fleins und großförnigem Granit durch⸗ 
ſetzt, oder in gewundener und gefurchter Streifung von eins 
zelnen Lagen und Neſtern fehwärzlicyen ini durd)s 
zogen werden. 

Bon diefen Granulitgefdjieben, deren Verbreitung fih 


- 


a — 


vieleicht auch nur auf die niederen Flächen zu beiden Geis 
ten der Elbe befchränft, fol daher nicht weiter die Rede 
fein, Nehmen wir an, daß fie von Hochfluthen der Zſchopau 
und Mulde, welche das fächfifche Granulitgebirge quer 
durchfchneiden, theild an feiner Grenze berühren, in bie 
Elbe herabgeführt und von diefer weiter, einerfeitd in die 
brandenburgifche und mecflenburgifche, andererfeitd in die 
hannoverfche Ebene verbreitet und felbft bis an die Sees 
füfte fortgefpült worden  feien. :Ebenfowenig wollen wir 
auch die übrigen Gerölle weiter berückfichtigen, deren Ur— 
fprung wir in anderen nahen Gebirgen des Feftlandes 
fuchen dürfen. 

Verweilen wir vielmehr bei den fogenannten erras 
tifhen oder nordiſchen Bloͤcken und zwar nicht 
ſowohl Hinfichtlic ihres Herfommens, fondern nur hin⸗ 
fihtlich ihres Fortfommend, oder ded Weges, den fie auf 
ihrer Wanderung nach dem Süden gemacht haben, 

Gelingt. es in diefer Beziehung über diefe unzweis 
deutigen Spuren einer vorgefehichtlichen, gewaltigen Aufs 
zegung der Natur im Norden unferes Erdtheiled ung einige 
Aufklärung zu verfchaffen und nad) Prüfung der verfchiedenen 
Bermuthungen hierüber irgend ein beftimmteres Nefultat zu 
erhalten, fo würde zugleich die Frage über ihr — 
Alter beantwortet ſein. 

Leider haben dieſe ſtummen Denkmale der Vorzeit 
keine Inſchriften, ſonſt wuͤrden Archaͤologen laͤngſt ihre 
ganze kritiſche Zuruͤſtung in Bewegung geſetzt, die geheim⸗ 
nißvolle Geſchichte derſelben in zahlreichen Bänden klaͤrlich 
entwickelt und dem Geologen die Mühe erſpart haben, feis 
nen Scharffinn und feine Muthmaßungsfunft zu üben, fo 
aber ift es diefen allein überlaffen, das Raͤthſel zu löfen, 
Es haben auch fhon viele Ausleger den Verſuch gemacht, 
doch fiheint es bis heute noch Keinem zu Aller Zufriedene 
beit gelungen zu fein. 

Darum fei ihm in Folgendem unfere Betrachtung 
ausfchlieglich gewidmet, nicht, ald ob ich mir anmaßen 








— oe — — 


Pr 


wollte, daͤs Problem entfcheidend zu beantworten, fondern 
lediglich, um es von. neuem in Erinnerung zu bringen 
und manchem unferer Lefer eine Theilnahme für die Sade 
abzugewinnen, die ihn beftimmen möchte, zur Aufflärung 
der obwaltenden Dunfelheit mitzuwirfen, 

"Denn es ift hohe Zeit. Schon feit Jahrhunderten 
bat die frühere Lage: diefer Blöce große Veränderungen 
erlitten. Viele Taufende von ihnen find zum Bau von 
Schanzen und Feftungswerfen, zu Hafen und Küftens 


dämmen verwendet worden. ine zahllofe Menge erfordert 


noch täglich) der Hause und Straßenbau. Bei der forts - 
fihreitenden Cultur des Bodens und der Beurbarung wüfter 
Landſtrecken werden ebenfald nicht wenige. derfelben ges 
fprengt, oder von ihrer bisherigen Lagerftätte weiter vers 
fest. Wo fie früher übereinander geftürzt, haufenweiſe beis 
fammen lagen, findet man jest kaum eine Spur mehr. 
In der Nähe großer Städte zumal find fie ſchon völlig 
verfhwunden. Sie werden ſchon mit vielen Koften meilens 
weit herbeigeſchafft, und ed wird die Zeit fommen, wo 
manche Landftriche, in denen fie ohnedem nur fparlic) vers 
freut waren, freiliegende Bloͤcke dieſer Art gar nicht mehr 
aufzuweifen haben werben. - 

Bei diefem allmähligen Verſchwinden, bei diefer zus 
nehmenden Seltenheit folder Blöde, womit auch ihre Uns 
terfuchung fehwieriger wird, ſcheint es mithin um fo mehr 
Pfliht aus der Beobachtung ihrer Lagerung und Verbreis 
tung diejenigen Gründe zufammenzuftellen, die uns über ihre 


räthfelhafte Wanderſchaft einige Andeutungen geben, mit 


deren Huͤlfe wir es vielleicht zu einem Grade von Wahr⸗ 
ſcheinlichkeit bringen, bei welcher wir uns, im Mangel 
aller hiftorifchen Gewißheit, beruhigen koͤnnen. 
Iſt die Unterfuchung hierüber. noch nicht gefchloffen, 
fo darf auch Jeder mitſprechen der ſich für die Sache 
intereſſirt. 

Es handelt ſich, wie gedacht, hier nur um die Frage: 
wie famen die Blöde auf die nordeuropaͤiſche 


Küfte? Denn wie nehmen, mit der allgemeinen Anficht 
einverftanden, als ausgemacht an, daß fie aus Gebirgen 
des Nordens ſtammen, weil die Feldart, aus der fie‘ bes 
fliehen, ein großförniger Granit mit vorwaltendem rothen 
Feldſpath, in Feinem der nächften deutſchen Gebirge, weder 
im Harz⸗ noch im Erzgebirge, noch in den Sudeten, fons 
dern nur in Norwegen, Schweden und Finnland und bier 
in ‚großer Verbreitung zu finden: ift. 
Was nun zuvoͤrderſt das Vorfommen und die Auds 
dehnung der Flächen nach Länge und Breite betrifft, über 
welche die fraglichen Sporaden von der Nord- und Oftfee 
aus landeinwaͤrts zerftreut find, fo find fie nachgewiefen 
in Weftphalen, Hannover, Oldenburg, Brandenburg, Mecks 
lenburg, Holftein, Pommern, Niederfchlefien, Polen und 
den Oftfeeprovinzen Rußlands, alfo mindeftend von der 
Emd bis zur Newa. Die füdliche Grenze zieht ſich in 
einem großen oa zwifchen 60 und 520 N. B. und 
25— 709.9. 8, ungefähr über Odnabrüdf, Braunfchweig, 
Berlin, Seanffurt a O., Warfhau, Mohilew, Mosfau, 
Niſchnei⸗Nowgorod und Wiatfa bis zur oberen Witſcheyda 
und mithin bis an den Fuß des Ural. Sie erreicht eine 
Meereshoͤhe von 300°; doch finden fi als Ausnahme 
von der Negel, in Niederfchlefien bei Freiburg und Waldens 
burg noch Blöce von 6 Kubikfuß Größe, unter einheimifchen 
Gneuss und Glimmerfchiefergefchieben auf Höhen von 1000', 
Sonach ſind ſie uͤber die ganze weite Ebene zerſtreut, die 
ſich in einer Breite von 20— 30 Meilen, von der Nord⸗ 
ſee bis ans weiße Meer hinaufzieht. N 

Senfeit der Oftfee aber trifft man fie wieder in großer 14 
Dienge auf den Inſeln Fuͤnen und. Seeland und noeh 7 
häufiger in Schweden, vorzüglich in Smäland und der 
Gegend von’ Upfala und Gothenburg, wiewohl hier mehr in 
zufammenhängenden Hügeln, aus einem Gemenge von Sand . 
und fleinen Geroͤllen beftehend. 

Die größten bis jest bekannten Eremplare  diefer 
Findlinge find die Marfgrafenfteine bei Fürftenwalde, von 





a 


deren einem ein gegen 15,000 Gentner ſchweres Stüd abs 
x gefprengt und zu der prachtvollen Schaale vor dem Mufeum 
gu : Berlin verarbeitet ward; ferner ein Blod auf der 
Inſel Fünen von 44 Durdmeffer, einer bei Rothſpalk in 
Mecklenbutg von 28° Länge und der 30,000 Eentner ſchwere, 
12 Werft von Peteröburg ————— Granitblock, auf 
welchen jetzt die Reiterſtatue Peter des Großen in jener 
—2— ſteht. 

Wie? dieſe ungeheueren Laſten ſollten durch Sluthen 
nennt worden fein? Das ſchien nad) den ges 
wöhnlichen Erfcheinungen in der Natur kaum begreiflich. 
Wir fehen jest nirgends etwas Achnliches mehr. - Darum 
lag der Gedanfe nahe, ed feien nur Trümmer noch in der 
Nähe, vorhandener, unter Tage feſt anftehender Felſen. Doch 
nirgends fand fich in der Tiefe eine Spur von ihrem Das 
fein, nirgends zeigte fi ein Zufammenhang mit einem 
feftanftehenden glachartigen Geftiin, fie lagen überall als 
lofe Stuͤcke „serftrewt über Untiefen von Triebſand, Torfs 
und Moorlagern. Man fah fi genöthiget diefe Meinung 
aufzugeben und auf eine andere Auslegung zu finnen, 

Die Hppothefen nun, welche man der Exflärung dies 
fer Naturwunder und der räthfelhaften Weife, wie fie auf 
ihre gegenwärtige Zagerftätte verfchlagen wurden, zu Grunde 
legte, find hauptfächlich folgende: 

4: Man betrachtet die fraglichen Blöcke lediglich als 
Gefchiebe in Folge jener allgemein verheerenden Weltfluth, 
melde nach den ibereinftimmenden Sagen aller Voͤlker 
einft die ganze Erde überfluthet und diefer nicht nur- ihre 
dermalige aͤußere Geftalt ‚gegeben, fondern auch die Trümmer 
„der von ihr zerftörten Helfen über alle Länder verbreitet 
Raten fol, 

Man bringt damit eine Erfcheinung in Verbindung, 
and wide man auf diefe Thatſache ſchließen wid. Man 

„die Gegend von Upfala in Schweden ift mit ſolchen 

ern: noch weit mehr bedeckt, als Norddeutfihland. 
Sie fegen hier ganze Hügel zufammen, welde bis. zu 300 


— ME 


Höhe anfteigen, fich jedoch mehr in die Länge als Breite 
erftrecfen und durchgängig eine ftrahlenförmige Richtung von 
RR O. nad S. © W. zeigen. Hierzu fommt, daß 
man in der Gegend von Gothenburg auf den höchften 
Stellen mehrerer derartiger Hügel eine Menge paralleler 
Furchen von verfchiedener Breite bemerft, welche fih in 
eben diefer Richtung über fie hinziehen. 

‘Sollte man daher nicht annehmen dürfen, daß jene 
Truͤmmer von einer aus N. bereinbrechenden Fluth über 
‚die Hügel, nachdem fie felbft erft Fury zuvor aus dem 
Bluthniederfchlag ſich gebildet Hatten, hinweggeſchoben und. 
fo bis zue Oftfee und von bier aus weiter bis über die 
flahen SKüften derfelben  Hinausgedrängt worden ſeien? 

2, Man meint, durch gewaltige Erfcehütterungen und . 

Serreißungen der ſcandinaviſchen Hochgebirge hätten ſich 
zuerft mächtige Felstrümmer abgelöft, die fodann durch 
große Fluthen auf ihre gegenwärtige Lagerftätte und zwar 
über Länder hinweggeführt worden feien, welde vormals 
ein ganz anderes Niveau gehabt hätten und erft fpäter im 
Waſſer untergegangen feien. Man nimmt alfo an, die 
Oſtſee fei zu diefer Zeit noch gar nicht vorhanden, fondern 
Teftland gewefen, fo daß, wenn man diefer Hypotheſe noch 
mit einer füdlichen Abdachung jenes vermeintlichen Feftlandes 
zu Hilfe fommt, ein Fortſchwemmen des feandinavifchen 
Gebirgöfchuttes durch eine nördliche Sturmfluth allerdings 
möglich gewefen fein koͤnnte. 
8. Andere dagegen glauben, das Polareis habe früher 
bis an die dermalige nordeuropäifche Küfte gereicht. Sowie 
nun die Gletfcher der Alpen eine Menge großer Blöde, 
weldhe von den höchften Spigen und Zinnen der in ihrer 
Nahe befindlichen Felfen fortwährend auf fie berabftürzen, 
nad) und nad) in die Tiefe Kerabführen und diefe Trümmer 
an ihrem Fuße zuruͤcklaſſen; fo fei auch jenes ganze Küftens 
land für eine ungeheure Moräne des vormaligen Polareifes 
zu halten, das, einem Gletfcher gleich, ſich Über den ganzen 
Norden verbreitet und nach feinen almahligen Ruͤckzuge 





u — 


die auf ihm abgefesten Bloͤcke an feinem ſuͤdlichen Nande 
binterlaffen babe. Aehnlich diefer Meinung ift endlid) 
4. Die Anfiht, eine Sturmfluth) von Norden ber 


habe von den Kuͤſten Schwedens oder Norwegens gewaltige 


Eismaſſen losgetiffen und, mit Felstrümmern beladen, nad) 


Süden’ getrieben, wo fie, nad) allmähligem Verlaufen der 


Gewäfler, geftrandet und ihte Laft abgefest hätten. 
Dieſe Anficht ſtuͤtzt ſich auf die Beobadhtung des 
Cap. Parry und anderer Seefahrer, wonad man nit 


ſelten an den Küften der Polarmeere, nad) dem Aufbruch 


dei Eiſes, meilenlange Eisfelder und ungeheure Eißberge 
mit Felötrimmern überfchüttet, umbertreiben fah. Noch 
mehe Wahrfiheinlichfeit aber gewinnt fie dadurch, daß 
man felbft in meuefter Zeit Eisfhollen mit beträchtlichen 
Felsbloͤcken belaftet, anfcheinend von Finnland herübers 
getrieben, an ber Pommerſchen Kuͤſte anſchwimmen und 
firanden ſah. 

Man hat zwar außerdem noch einige andere Anſichten 
uͤber die Sache aufgeſtellt, ſie ſind aber ungleich aben⸗ 
theuerlicher, als die bereits erwaͤhnten und koͤnnen daher 
hier mit Stillſchweigen uͤbergangen werden. 

Doch welcher von dieſen ſo eben — — Er⸗ 
klaͤrungen ſollen wir unſern Beifall ſchenken? Wo finden 
wie im dieſem dunkeln Irrſaal einen Lichtpunkt und ein 
Zeichen, dad uns den natürlichen Zufammenhang und die 
bewegende Kraft andeutet, die wir gegenwärtig nur nod) 
in ihren nachgelaffenen Wirfungen erfennen ? 

Weit entfernt, jene Hypothefen über den Haufen zu 
werfen und an deren Stelle eine neue Theorie zu begründen, 
fei mir vor jegt nur vergönnt, gegen diefelben überhaupt und 
gegen die vorherrfchende Anficht insbefondere befeheidentlich 
einige Zweifel und Bedenfen zu erheben. Die Mehrheit 
ſcheint namlich) darin, übereinzuftimmen, und fid) ſonach 
gerade der Fühnften obiger Hppothefen hinzugegeben, daß 
man bie fraglichen fporatifchen Felstruͤmmer mindeftens als 
gig Wirkung der Testen allgemeinen ———— 


Me. 


anerfennen muͤſſe, ohne Nückficht darauf, ob fie mit unters 
irdifchen Bewegungen und einer gleichzeitigen Erhebung und 
Zerreißung nordifcher Gebirge in Verbindung geftanden habe, 
oder nicht, Man betrachtet fie als eine Zugabe der 
Diluvialformation. IR 

Diefer Anſicht ftehen jedoch folgende Gründe ente 
gegen: a) das Fluthland befteht in der Regel aus zwei 
Schichten, oder Ablagerungen, dem groben Geröl und dem 
feineren Gefhlämm, d. h. Sand, oder Lehm, oder einem 
Gemifd) von beiden, dem productiven Boden, Die größeren 
Steintruͤmmer haben fi), vermöge ihrer Schwere, durchs 
gängig zuerft abgeſetzt, fpäter die Fleineren Geſchiebe und 
über diefe endlich deren feinfte, zu Staub zermalmte Theile,- 
die fi am längften ſchwebend im Waſſer erhielten, als 
Schlamm ausgebreitet, der mit vegetabilifchen und anderen 
Stoffen gemengt, dad tragbare Ackerland abgiebt, 

Das aufgeſchwemmte Land giebt über diefe Stufens 
folge faft allenthalben Auffchluß, wo es durch Natur oder 
Kunft bis zur Sohle aufgebrochen, der Beobachtung bloß 
liegt. Man ficht in SKieslagern von oben herein eine 
mehr oder minder ftarfe Lehmſchicht, welcher als Webers 
gang zum Geröll, oder als Mittelglied, eine feinere Sands 
lage folgt, während die größten Rollſtuͤcke die unterfte 
Stelle einnehmen und auf dem Felsgewoͤlbe der feften Erdrinde 
ruhen. Im Kleinen beobachtet man daffelbe Verhaͤltniß 
fhon in- Gruben und Abzugsgraͤben an Straßen und Felds 
rainen, wenn fie nad ftarfen Negengüffen verfchlämmt 
worden find. Gie find dann gewöhnlich mit einer feinen 
Schlamm⸗ oder Sandrinde überzogen, unter welcher fich 
dad von der Negenfluth fortgefpülte gröbere Kiesgeſchiebe 
verbirgt, das ſich bier’ zuerft zu Boden gefenft hat. 

Daß die Natur nad) diefem mechanifchen Gefeße auch 
im Großen gewirft habe, ift feinem Zweifel unterworfen. 

Nun fehen wir aber die Findlinge der norddeutfchen 
Ebene feinedwegs unter, fondern über der mächtigen Sands 
fehicht derfelden gelagert, durchgängig über Tage und aba 





‚gelebt auf der Oberflähe des Fluthlandes. 
Nirgends findet man fie in der Tiefe, von Sand, oder 


Dammerde uͤberlagert. Gerade die größten Blöcke liegen 
frei und loſe auf ihrem fandigen Untergrunde, und diefer 
reicht oft bis zu Tiefen hinab, die bis jest noch nicht ers 
funfen worden find. Als man im Jahre 1827 zu Bremers 
haven einen artefifchen Brunnen zu graben verfuchte, traf 
man, ungeachtet man bis 165° tief eindrang, doch nur 
Marſch- und Moorboden, Triebfand und Kieögerölle, 

Selbſt die aus füdlichen Gegenden abftammenden 
Geſchiebe der norddeutfchen Ebene, die Granulitz, Gneus⸗, 
und Glimmerfihieferfragmente liegen immer nur obenauf, 
fie zeigen fi) ebenfowenig in untern Tiefen, ald die erratis 
ſchen Bloͤcke. 

Schon nach dieſer Beobachtung koͤnnen ſie mithin keine 
Diluvialgeſchiebe, ſie koͤnnen nicht mit der allgemeinen 
Fluth angeſchwemmt, ſondern müffen erſt ſpaͤter, nach dem 
Niederſchlag der oberſten Schichten des Fluthlandes, auf 
ihrer gegenwärtigen Lagerſtaͤtte abgeſetzt worden fein. 

Wären fie gleichzeitig mit jenen ungeheueren Sands 
maſſen der nordeuropäifchen Küfte abgefest worden, fo 


würden fie tief unter ihnen vergraben liegen. Denn fie 
‚ würden ald die ſchwerſten Gerölle in dem leichten Triebs 


fande ſich zuerft zu Boden gefenft haben. Schwerlich 
würden wir fie in ihrer dermaligen Größe und Menge 
über jene Sandflähen verfireut finden und wer weiß, ob fie 
jemals Gegenftand einer geologifchen Unterfuchung gewor⸗ 
den wären. 

b) Die fraglichen Bloͤcke finden fih nieht blos auf 
den Dünen und am Strande von Helgoland, fondern felbft 
auf dem 200° hohen Felöplatenu dieſes Fleinen Eilandes. 
Sie find denen im Oldenburgifchen, in der bannoverfchen 
Haide und an der nächften Küfte völlig gleich, folglich 
eben fo unbezweifelt nordifchen Urfprungs, da die ganze 
Klippe von Helgoland aus nichtö weiter ald Rothliegen⸗ 
dem befteht. 

6* 


——— 


Billig darf man nun fragen: wie kamen denn die 

Bloͤcke aus dem Meereögrunde auf die meift ſenkrecht ab⸗ 
ftürzende Hohe? und nicht minder; wie gelangten fie, wenn 
fie aus Schweden ftammen, über den Sund, den. großen 
und, kleinen Belt, oder das SKattegat, die fie jedeifal vorz 
her. pafliren mußten? 

Ging die Reife unter Waſſer, fo mußten fie auf dies 
ſem Wege abwechfelnd in tiefe Ihalfeffel hinab und wieder 
beraufwandern. Aber eine Gewalt, die _Felöftüce von 
20,000 Gentnern Gewicht über 100 Meilen weit fortführen 
fonnte, wuͤrde diefe auf fo weitem und rauhem Wege eher 
völlig zermalmt und aufaerieben, ja fie würde fogar alle Berge 
binweggefpült und der Meeresfläche gleich gemacht haben. 

Zwar weift man und auf die furchtbaren Wirkungen 
der. Gewäfler bei Hochfluthen und Ueberſchwemmungen hin, 
auf die Schwere und Tragfähigkeit folder Schlammfluthen 
in Folge. ihrer Schwängerung mit erdigen Stoffen, Man 
führt- ‚beifpielöweife zum Beweis an, daß die Dranfe in 
Wallis im Jahre 1818 durch einen Gletſcher eingedaͤmmt 
und zu 200° body aufgeftaut, nachdem fie dieſen Eisdamm 
plöglih durchbrochen, nicht nur eine Strecke von 5 Meilen 
in 14 Stunde durdftrömt, fondern aud) unter den zahl— 
loſen Trümmern einen 25,000 Centner ſchweren Felsblock 
mit fortgefuͤhrt habe. 

Ich ſelbſt bin im Jahre 1839 Augenzeuge von der 
entfeglihen Gewalt eines durd einen Wolfenbrud) anges 
fhwellten Baches gewefen, der bei feinem gewöhnlichen 
Waſſerſtande faum 1 Elle breit, die an feiner Mündung 
100 Ellen breite Zſchopau in gerader Linie dergeftalt durchs 
brach, daß ‚feine trübe Fluth am gegenüberliegenden Ufer 
des Fluffes anſchlug. Dan vernahm am fteilen Ufer das 
dumpfe Krachen der an den Klippen in der Tiefe des Bettes 
anprallenden Felöblöcke, die von der braufenden Fluth, wie 
leichte Kieſel dahin geführt, oder vielmehr gefchleudert 
wurden. Später zeigte fi im Fluffe cin Damm von Ges 
feJieben, der ihm nur einen ſchmalen Durchgang übrig ließ. 








Bel einer fo heftigen Fluthſtroͤmnung werden die Ges 
ſchlebe allerdings mehr getragen und in der ſchlammigen 
Waſſermaſſe mehr ſchwebend mit fortgeführt. 

Allein folhe Wirkungen find auch nur denfbar bei 
ftarfer Preffung und reißender Strömung, folglich bei fteilem 
Gefälle. Der Niagara foll auch bei gewöhnlihem Wafler 
ftande oberhalb feines Falles fo reißend fein, daß ſelbſt 
Eifenftücke nicht fofort zu Boden finfen, fondern eine Strecke 
weit mit fortgeriffen und auf der Oberfläche ſchwimmend 
erhalten werden, aber er ſtroͤmt hier in einem abſchüſſi gen, 
von Felſen eingezwaͤngten Bette. 

Nur in Gebirgen in engen Thalſchluchten werden wir 
Aehnliches bemerken, nie im flachen Lande; wir haben 
wenigſtens ſeit geſchichtlicher Zeit kein Beiſpiel, daß große 
Felsbloͤcke bei ſolchen Ereigniſſen, wie der erwähnte Durch 
bruch eines aufgeſtauten oder angeſchwollenen Bergſtromes 
von den Fluthen bergauf getrieben worden wären. 

Zwar führt man dagegen ferner an, es fei an der 
ſchottiſchen Küfte nichts Seltenes, daß fehwere Felöblöcke bei - 
heftigen Stürmen an den Strand gefpült und fogar über 
den Wafferfpiegel gehoben’ und fortgefchoben würden. Dies 
ift aber nur am flachen Küften möglih, weil aud der 
heftigſte Sturm das Meer bekanntlich nur gegen 70 tief 
aufregt, fo daß in 90° völlige Stille Herrfcht, wenn auch 
die Oberfläche in Heftigfter Wallung ift. Die Perlenfifcher 
in Oftindien gehen ruhig ihrem Geſchaͤfte nach, während 
fein Schiff auszulaufen wagt. 

An fteilen Küften wird daher Fein Sturm vermögend 
fein, dergleichen Blöcke aus -dem Grunde des Meeres 
emporzubeben und hoch über dem Wafferfpiegel am felfigen 
Rande auszufpülen. 

_ Allerdings Hat die Nord» und Oftfee, wie faft alle 
Binnenmeere, eine fo geringe Tiefe, dag, wenn ſich ihr 


Waſſerſtand um 3007 ° verminderte, man trodnen Fußes 


von Pommern aus nad) Schweden und Finnland wandern 
konnte; aber dennoch wird dadurd) *4 keines wegs er⸗ 


Be 3 

klaͤrlich, wie feandinavifhe Felstruͤmmer durch die immer 
noch viel zu tiefen Keſſel und Abgründe des Kattegats 
und dur die Meerenge des Sunds und der beiden Belte, 
alfo bergauf und bergab unaufgehalten fortgeſchoben werden 
fonnten, noch weniger, wie die legte allgenteine Fluth bei 
einem viel Höheren Waſſerſtande, ald der gegenwärtige, 
jene Trümmer nad) allen Seiten bin ausbreiten und, wenn 
man die Tiefe der Oftfee mit eingerechnet, tiber 600° aufs 
wärtd und über 150 Meilen weit vorwärtd treiben, am 
allerwenigften aber, wie folhe Trümmer aus der Tiefe des 
Meergrundes auf die fteile Hochfläche von DR ges 
langen fonnten. Hierzu kommt 

€) ein Umftand, der ald entfcheidend in der Sache 
wohl mehr Beachtung verdient, als er biöher gefunden, 
Die meiften erratifchen Blöcke nämlich find zwar abgerundet 
und charafterifiren ſich ſonach allerdings ald Geroͤllez es 
finden fi) aber auch viele darunter und gerade die größs 
ten, welche noch Kanten und Eden und fid) anfcheinend 
noch in dem Zuftande zeigen, in welchem fie von der Felds 
maſſe, mit der fie verwachfen gewefen, loögefprengt und 
abgeriffen wurden. 

Diefe in dem großen Sturme aus ihrer Heimath 
verfhlagenen Fremdlinge fünnen alfo nicht, wie ihre übrigen 
Gefährten, im wilden Gedränge und im Sclamme der 
Gewaͤſſer mit fortgefchoben, ihre Neife gemacht haben, fons 
dern fie muͤſſen, wenn auch gleichfalls zu Wafler, doch 
mehr auf demfelben ruhig dahin getragen, nad) dem 
europäifchen Feſtlande gefommen und hier ganz fanft und 
unverfehrt abgefest worden fein. 

Denn wären fie gemeinfchaftlih mit dem großen 
Haufen ihrer Leidensgefährten von den fchwedifchen Hochs 
gebirgen herabgeſtuͤrzt und ins baltifhe Meer getrieben 
worden, fo würden fie ’ vermöge ihrer Schwerfälligfeit, 
unter allen gerade zuerft zum Erliegen gefommen fein und 
die Küfte gar nicht erreicht, fondern zertrümmert die Gründe 


und Schluchten, die fie zu paffiren hatten, ausgefüllt Haben. 


+ 


——— 


Hätten fie aber auch die Küfte wirklich erreicht, Hätte 
fie die Oft» oder Nordfee nicht auf ewig verfchlungen, 
wären fie nicht auf irgend einer Inſel ſitzen geblieben, fo 
würden fie dod) gewiß in Deutſchland u. ſ. w. ebenfo 
jertrümmert und zur Kugelform abgerundet, oder mit abs 
geftumpften Kanten und Eden angelangt fein, wie ihre 
übrigen Gefährten. Auffallend bleibt es endlich) 

d) daß fich diefe Bloͤcke nur auf die nördlichen 
Küftenländer Europa’s befchränfen und auch hier nicht in 
oleihmäßiger Vertheilung verbreiten. Wollte man aud) 
nicht behaupten, daß, wenn fie durch eine allgemeine Welts 
fluth fortgeführt wurden, fie aud) in anderen Gegenden 
- Europa’d vorfommen müßten, fo laßt fi) doch wenigftend 
die Annahme rechtfertigen: ebenfogut, als jene Fluth Granit 
von Schweden nad) Deutfchland, fonnte fie auch dergleichen 
aus Deutfchland und der Schweiz nach Italien befördern 
und überhaupt müßten fi) in der Nähe hoher Granits 
gebirge auch anderwärts ähnliche Erfiheinungen wiederfinden. 
Dennoch zeigen ſich weder in Thuͤringen dergleichen große 
Felöblöde vom Broden, der doch von feinem Ueberfluffe, 
viele derfelben abgeben Fonnte, noch in Baiern und Böhs 
men dergleichen aus dem Fichtelgebirge, oder Böhmerwalde, 
noch in der lombardifchen Ebene deren welche aus den 
penninifchen oder rhätifchen Alpen. 

Auch) außerhalb Europa hat man in Gegenden, von 
Granitbergen umgeben, dergleichen zerftreute Bloͤcke nicht 
bemerft. Die Ebene von Venezuela z. B. ift, nah Herrn 
N. v. Humboldt, frei davon, ungeachtet fie von Gebirgen 
begrenzt wird, deren Gipfel mit Trümmern von Granit 
bedeckt find und von heftigen Erfchüitterungen zeugen. 

Die großen Granitblöcfe auf dem Jura, der Würtems 
berger Alp und den Höhen bei Como Fünnen nicht dagegen 
angezogen werden, weil fie nicht mit jener allgemeinen 
Fluth dahin gelangt fein koͤnnen, dafern diefe eine füdliche 
Strömung gehabt haben fol, Angenommen, daß fie aus 
den Alpen ſtammen, ſetzt ihre gegenwärtige Lagerftätte eine 


= Ben 


ganz andere Strömung, mithin auch eine andere, nur pars 
tiele Fluth voraus, 

Doc) Fluthen koͤnnen hier überhaupt nicht qufgpließe 
lich die wirfende Urfache gewefen fein... Ein Bli auf die 
Gegend genügt, um diefe Hypotheſe zu perhorreſciren. Dex 
ſchlichte Verftand fträubt fi) gegen einen ſolchen Gedanfen, 
Wie iſt es möglich) — fragt man fih — daß eine Waſſer⸗ 
fluth, wie furchtbar fie die Phantafie ſich vorftellen mag, 
dergleichen Blöcke aus der Wolfenregion der favonfchen 
Alpen herab durch die Abgründe fo vieler Thaler, Schluds 
ten und Seen im Kanton Waadt, Freiburg und Bern, 
durch das tiefe und weite Becken des Genferfee’d bergauf. 
und ab bis wieder zu den Höhen des Jura ‚gerollt haben 
folte? und wer mag es begreifen, daf die auf den: fteilen 
Kalffelfen. bei Como zerfireuten Granitblöcfe ebenfalls nur 
durch Wafler emporgetrieben worden ſeien, daß fie vom 
Splügen, oder St; Gotthardt her eine Menge ſchroffer 
Gebirge und enger Thalgründe paffirt haben folten, um 
grade auf den ‚Höhen von Como zu raften und nicht weiter 
zu wandern in die nicht minder veizenden Ebenen von 
Mailand? Kurz, es läßt fi) diefer Gedanfe nicht reimen 
mit der Natur, d. h. mit ‚der Größe und Schwere der 
Bloͤcke, verglihen mit der Entfernung ihrer vormaligen 
Heimath und der angeblichen Art und Weife ihres Transports, 

Sp führt und Alles auf den, Schluß: diefe Fremd⸗ 
linge können nicht angeſchwemmt fein, nit als Diluvials 
sefchiebe und Reliquien der legten allgemeinen Erdübers 
fluthung: betrachtet werden. Sie fünnen erft nad diefer 
Kataftrophe durch irgend ein anderes gewaltige Naturs 
ereigniß auf die Oberfläche des Sluthlandes, als ihre gegen⸗ 
wärtige Lagerftätte verfehlagen worden fein. 

Doch damit. ift uns freilich das Wie nod) nidt ers 
klaͤrt. Prüfen wir daher die übrigen Hypothefen! — denn 
es fol, wie gedacht, hier feine neue aufgeftellt, fondern 
nur der Werth. der biöherigen beurtheilt werden.  MWelde 
Partei ich felbft -ergreife, voird fi) am Schluſſe zeigen. 








—A— 


Die zweite der oben angeführten Meinungen geht 


von der Vorausſetzung aus, die Oſtſee ſei früher Feſtland 


geweſen, habe mit der Kuͤſte Schwedens und Finnlands 
gleiches Niveau gehabt. Die von einer vulkaniſchen Er⸗ 
ſchuͤtterung dieſes ehemaligen Feſtlandes, oder auch der ans 
grenzenden Schwedifchen und finniſchen Hod)länder loss 
geriffenen. Felöteimmer hätten ſonach füglic) durch eine 
ploͤtzliche Sturmfluth über diefen Landſtrich hinweg und 
bis in die Gegend von Berlin ꝛc. geführt werden fönnen, 
Doch zugegeben, daß Schweden und Finnland. ein 
mit dem gegenwätrigen europaifchen Kontinente zufammens 
haͤngendes Feſtland gewefen fei, in vorgefchichtlicher Zeit 
aber durch eine furchtbare unterirdifche Nevolution erſchuͤt⸗ 
tert, ungeheuere Zerreißungen erlitten babe, wofür allers 
dings die vielen Seen und die gleichformige ſuͤdoͤſtliche 
Nihtung aller in den bottnifchen Meerbufen miündenden 
Slüfe zu ſprechen fiheinen, ſo ftehen doch diefer Anficht, 
infofern. man auch hier die Fortbewegung der ‚fraglichen 
Blöde nicht anders, als durch eine gleichzeitig mit der 
Erſchuͤtterung eingetretene Fluth zu erflären weiß, gleiche 
falls verfchiedene- Einwürfe entgegen und zwar folgende: 
a) die Meereshöhe, bis zu welcher die Bloͤcke gefuns 
den werden, iſt durchfihnittli 300. Die ftrahlenz oder 
fächerartige Ausbreitung derſelben gegen S. macht daher 
zugleich eine andere Vorausſetzung nothiwendig, naͤmlich eine 
ſuͤdliche Abdachung des ganzen nordifhen Hochlandes mit 
Einfluß des jegigen Oſtſeebeckens und felbft der Nordſee 
zwifchen Holland und Daͤnemark bis zu einer Höhe, welche 
dem Niveau gleichfemmt, bis zu welchem die Blöcke ges 
funden werden, alfo mindeftens 300%. Es ließe fid) außerdem 
nit denken, wie diefe auf dad Felsplateau von Helgos 
land und bis über Berlin hinausgeſchoben werden fonnten. 
Dod wäre auch auf dieſe Weife zur Noth erflätt, wie 
fie aus dem Norden ſoweit nad) Süden gelangen fonnten, 
ſo bleibt doch nichts defto weniger noch räthfelhaft, wie 
fie ſich noch san ihren Auferften Grenzen in fo großen 


— 90 - 


feften Maffen erhielten. Sie mußten doc) auf diefem weis 
ten Wege völlig zermalmt, nur noch ald Meerfand und 
fleines Geroͤll angeſchwemmt werden, 

Gleichwohl find gerade die größten von ihnen noch 
fharffantig, und. nichtö weniger, ald abgerundete Geſchiebe. 
Nicht minder laͤßt uns dieſe Anſicht 

b) noch darüber im Dunkel, wie es kam, daß die 
Bloͤcke hier und da gruppenweiſe und in größeren Haufen 
übereinander geworfen wurden und vor Allem, daß fie über 
Tage fi) ablagern konnten, da jene Fluth doch ficherlid) 
ebenfalls große Maſſen von Sand und Schlamm mitführte, 


in welchen die fehwerften Truͤmmer ſtets zuerft zu Boden 


finfen, mithin die tieffte Stelle einnehmen. 

c) Ferner laͤßt fi) einwenden: waren die Gebirgss 
zertrümmerungen im Norden gleichzeitig mit jener Fluth 
und folgen einer und derſelben Kataftrophe, fo ift auch 
mit Grund anzunehmen, daß hiermit zugleich das Becken 


der Oſtſee aufgeriffen, oder durch eine Verfenfung des vors 


maligen Feftlandes gebildet wurde, Dann würden jedoch 
die Bloͤcke ihre jetzige Lagerftätte nicht erreicht haben, fie 
würden auf halbem Lege für immer vom dem frifchen 
Sluthengrabe verfchlungen worden fein. 

d) Zudem fteht auch diefer Hypotheſe die Meinung 
entgegen, daß diejenige allgemeine Ueberfluthung der Erde, 
welcher wir dad gegenwärtige, aufgefhwemmte, oder Pros 
ductive Land verdanfen, die legte gewefen fei, welche unfer 
Planet erfahren, diefe aber in der äußeren Geftalt feiner 
Oberfläche und in der Vertheilung von Land und Meer 
£eine wefentlichen Veränderungen hervorgebracht habe. 

Es müßten fonady die Zerreifungen fcandinavifcher 
Gebirge und die Entftehung der Oftfee mit dem gegen 100 
Meilen langen und 25 Meilen breiten Bottnifchen Meerbufen, 
das Einfinfen diefes bedeutenden Landſtrichs, diefer Untergang 
yormaligen Fefllandes im Waſſer weit früher geſchehen fein. 
Dann müßten aber auch die bei diefer Gelegenheit nad) 


Norddeutſchland verfchlagenen Blöcke von der fpäteren Welts 











— m 


fluth hoch mit Diluvialfand überfchüttet worden fein, fie 
fünnten nicht mehr zu Tage liegen, wie gegenwärtig. 


Wenden wir uns daher zu der dritten Hypotheſe, zu 
der Anficht, daß das Polareis vormald bis an die fdlichen 
Küften der Nord» und Oftfee gereicht und diefe Küften, 
gleich einem ungeheuren Gletſcherwall umlagert habe. Doch 
auch fie wird und nicht genügen, 

Denn während man 


a) biöher eine viel, höhere Temperatur der Erde in 
früheren Zeiten anzunehmen fi) berechtigt gehalten hat, 
weil man fi) außerdem die foſſilen Ihier- und Pflanzens 
tefte eined tropifchen Klima, wie fie in den Schneewüften 
Sibiriend und Nordamerifa’5 und weit Über den Polarfreis 
binaus an den Küften ded nördlichen Eismeeres gefunden 
‚werden, nicht zu erflären vermöchte, 'müßte man bei diefer 
Anfiht gerade dad Gegentheil vorausfegen und von dem 
Grundfage auögehen, die Erde habe vormald eine fo niedrige 
Temperatur gehabt, daß das nördliche Eismeer mindeftens 
bis an die Küften der Nords und Oftfee gereicht habe. 
Damit ift jedoch) 

b) noch keineswegs die Möglichkeit erwiefen, wie 
Trümmer fcandinavifcher Felſen nach Deutfchland gelangen _ 
fonnten. Man fagt: ebenfo wie Felötrimmer der Alpen 
auf den Gletſchern der Schweiz, oder Tyrold. Allein diefe 
Bergleihung halt die Probe nicht. 

Allerdings loͤſen ſich von den hoͤchſten Alpenftöden 
nicht felten große Felöftücfe ab, fie werden von Lawinen 
mit fortgeriffen und in die Tiefe geworfen auf Gletſcher, 
welche den Fuß jemer Alpenftöcfe mit ewigem Eife ums 
fließen. Doc von hier aus werden fie nicht fowohl auf, 
als vielmehr unter dem Eife weiter geführt. Sie ſickern 
allmaͤhlig bis auf den Grund der Gletfcher, der immer 
eine geneigte Fläche bildet, durch das Eis hindurch, werden 
mit diefem immer weiter gefchoben und kommen endlich 
nad) Jahren am Fuße der Gletfeher zum Vorſchein, wo 


fit an den Schutthalden, oder fogenannten Moränen der 
legteren mit auögefpült werden. 

Mag man fid) nun auch das ganze Becken der Nord- 
und Oſtſee mit feinen Bufen und Buchten von Eis erfuͤllt, 
die ganze weite Strecke von der norddeutfihen Küfte bis 
an den Fuß der norwegiſchen Hochgebirge ald einen unges 
geheuern Gletfcher denfen, mag auch eine ganze Gebirgsz - 
fette auf ihn herabgeftürzt fein und ihn meilenweit mit 
ihren Trümmern bedecft haben, fo fünnen diefe doch jenes 
Becken nicht überfchritten haben, weil cd eben der Fuß des 
Gletſchers war, bis zu weldhem und nicht weiter die fehiefe 
Flaͤche deffelben gedacht werden fann, als die Moräne, in 
welcher zulegt alle Trümmer abgefegt werden mußten. 

Diefe nahm fie alle in ihrem Scoofe auf, man 
müßte denn glauben, das Eis habe fie auch von bier aus 
wieder aufwärts und über die flache Küfte weiter gefchoben, 


oder die Oftfee fei damald noch gar nicht vorhanden ges . » 


wefen, fondern ‚habe ald FSeftland und in einer nah M. 
‚ auffteigenden Fläche mit der feandinavifhen Halbinſel in 
Verbindung geftanden, ein Wagefas, der nicht weniger an's 
Unglaubliche ftreift. 

So fieht man fi, um diefe Hypotheſe zu begründen, 
wieder zu einer zweiten und dritten feine Zuflucht zu nehmen 
genöthigt, von denen die eine immer fühner ift, als die 
andere, 

ec) Und fragen wir nun endlich, und wohl mit rRecht, 
welche Zeit war es denn auf dieſer Erde, als ſich das 
Eismeer wieder zuruͤckzog und der Norden Europa's, von 
den Strahlen der Sonne erwärmt, allmaͤhlig aus feiner Erz 
ftarrung erwachend, bewohnbares Land ward? 

Nach der legten allgemeinen Weltfluth fann es nicht 
sefchehen fein. Denn da wäre ganz Schweden und Nora 
wegen noch heute ein Fahled und wüftes Felsland, weil 
jeder Gletſcher, vermöge feiner gewaltigen Schwere alles 
tragbare Erdreich vor fich herſchiebt und da, wo er im 
Zuruͤckweichen und Abnchmen begriffen ift, allenthalben nur 





— 


einen abgeſpuͤlten, glatten Felsboden zeigt. ee Ohtrehr 
lage ift durchaus nacktes Geftein. 

Soll es aber vor jener Ueberfluthung 5 ſeim 
fo ſtoßen wir auf dieſelben Widerſpruͤche, welche oben 
bereits aufgeſtellt wurden, naͤmlich die Scharfkantigkeit 
vieler Bloͤcke und die offene, freie Lage derſelben über 
dem Fluthlande. 

So fühlen wir uns denn nöthgedrungen, auch diefe 
Hypotheſe wieder fallen zu laſſen. 

Berfuchen wir, ob wir in det letzten den Schluſſel 
finden und auf einem naturgemaͤßeren, weniger ſchwierigen 
Wege das Näthfel zu loͤſen vermögen, 

Man glaubt nämlich, eine nördliche Sturmfluth habe 
ſich erhoben und große Eisfelder des Polarmeeres, beladen 
mit Truͤmmern ſcandinaviſcher Gebirge nach Suͤden getrieben, 
wo ſie zuletzt geſtrandet und geſchmolzen waͤren, ſo daß ſie 
ihre Ladung auf dem ſeichten, fpäter wieder trocken gelegten, 
Küftenlande abgefegt und zuruͤckgelaſſen hätten, 

Wäre nun vieleicht auch gegen diefe Meinung noch 
mancher Einwurf zu machen, fo hat fie doch infofern mehr 
für fih, ald fie nicht nur die Möglichfeit erflärt, wie 
viele Bloͤcke noch in ihrer anſcheinend urfprünglichen Geftalt 
mit Kanten und Eden zu uns gelangen fonnten, fondern 
auch dadurch an Wahrfcheinlichfeit gewinnt, daß noch heut _ 
zu Tage analoge Erfeheinungen auf ein Ereigniß ſchließen 
laſſen, bei weldhem man zwar immer nod) eine gewaltige 
Aufregung der Natur vorausfesen muß, weldes aber RR 
weniger mit ſich ſelbſt im Widerfpruch fteht, 

Die Erklärung fiheint einfacher und natürlicher. Hören 
wie zuoörderft die Gründe, die ſich dafür anführen laſſen! 

Es ift befannt, daß fich von den fteilen Küften der 
Polarmeere in den Sommermonaten nicht felten ungeheure 
 Eiör oder Gletfchermaffen losreißen, ins Meer ftürzen, bier 
von Stürmen in Bewegung gefeßt, zufammergetrieben, zum ' 
Theil zertruͤmmert, zum heil auch über einander geſchoben 
und ald ſchwimmende Eisberge bis an die gemäßigte Bone 


verfchlagen werden. Man hat fie bis in 360 &. Br. und 
andrerfeits bis 400 N. Br. treiben fehen. Ebenſo ift nach 
den Beobachtungen der Cap. Parry, Roß, Scoreöby und 


anderer berühmter Seefahrer befannt, daß die im Nords . 


polarmeere an den Küften Grönlands umherſchwimmenden 
unüberfehbaren Eiöfelder häufig von Stürmen in füdlicher 
Nichtung fortgetrieben werden. 

WVitele diefer gewaltigen Eismaſſen fah man mit Schutt 
und Steingetrümmer bedeckt. Diefe fünnen jedenfalls nicht 
anders aufs Eid gerathen, als daß die in den felfigen 
Buchten jenes Meeres ſich bildenden Gletſcher von Zeit zu 
Zeit zufammenftürzen, eine Menge Trümmer mit fortreißen 
und damit die ftarfe Eisdecke am Nande jener Buchten 
überfhütten, fodaß fie nad dem Aufbruch des Eifes auf 
defien Schollen ſchwimmend ins offene Meer hinausgetragen 
werden, bis fie in der milden Temperatur niederer Breiten 
endlich verfchiwinden. 

Bekannt ift ferner, daß die Oftfee mit ihren Bufen 
und Häfen bereitd feit gefchichtlicher Zeit mehrmals zuges 
froren gewefen. So war, um bier nur einiger Beifpiele 
zu gedenfen, das Sfager Rack im Jahre 1292 fo feſt ges 
froren, daß man von Ehriftiania nach Yütland reiten fonnte, 


Ebenſo in den Zahren 1294 und 1296. Kinige Yahre | 
 fpäter, 1302, fowie 1320, 1323 und 1333 war die Kälte | 
fo groß und anhaltend, daß nicht nur fänmtliche Häfen 7 
von Dänemarf und Schweden, fondern auch die ganze Fi 
Oſtſee, das Kattegat und die beiden Belte mit ftarfem | 


Eife bededft waren, auf welchem man, wie zu ande, von 


den deutfihen Küften aus nach Dänemarf reiten und fahren | 
konnte. In dem zulegt bemerften Jahre waren fogar hin | 
und wieder Herbergen auf dem Eife errichte. In den | 


‚Jahren 1394 und 1399 war die Oftfee von Pommern 


nad) Dänemarf wenigftens zu Fuß gangbar, in dem ftrengen | 
Winter von 1423 zu 1424 dagegen wieder fo feft gefroren, | 
daß fie Laftwagen trug und von Mecklenburg aus eine | 
Straße querüber nad) Dänemarf geführt werden Fonnte, 





\ 
| 
| 
N 
J 


auf welcher abermald mehrere Wirthöhäufer aufgefchlagen 
wurden. Im Winter 1459 ward fie von Luͤbeck, Roſtock 
und Stralfund aus nad) Dänemarf bis zum 17, Maͤrz zu 
Fuß und zu Pferde paffirt. Im Jahre 1620 und 1670 
fuhe man von Luͤbeck nah Kopenhagen zu Schlitten auf 
dem Eife und ebenfo im Winter von 1708 zu 1709 von 
Kopenhagen nad) Bornholm. 

Das neuefte Beifpiel wiederholte fi) im Winter 1841, 
in weldem man von Lund aus auf dem Eife über den 
Sund nad) Kopenhagen wanderte. 

Daß nun, wenn das Eis im Fruͤhjahre bricht und flott 
wird, Felötrümmer auf demfelben mit fortgeführt werden 
fünnen, welche von fteilen Küften auf dafjelbe herabrollten, 
oder von den Flüffen bei Eiögängen, die ftetö vor dem 
Aufbruche ded Meereifes erfolgen, darauf geworfen wurden, 
ift nichts weniger als unwahrſcheinlich; es ift fogar Thate 
fache, daß noch vor wenig Jahren ein bedeutender Fels⸗ 
block auf diefe Weife, von einer großen Scholle getragen, 
an die pommerfche Küfte gefpült wurde, 

Freilich läßt fid) auch) gegen diefe Gründe wieder eins 
wenden : wie hoch müßte die Fluth geftanden haben, welche 
die Eiöfelder und Berge des nördlichen Polarmeeres über 
die Gebirge Norwegens und Lapplands hinweg in die 
Dftfee treiben fonnte? wie famen ſchwediſche Felstruͤmmer 
auf Eiömaffen, welche fih an den Küften Grönlands und 
Spitzbergens bildeten ? und wie ift es bei der beträchtlichen 
Eigenfhwere des Eifed im Verhältnißg zum Waſſer mögs 
lic), daß jene Eiöfelder außerdem noch Laften von 20 bis 
30,000 Centner Gewicht tragen fonnten? — 

Indeß wird auch durch die beiden erften Fragen 
unfere Anfiht wanfend gemacht, ſtellt ſich hiernach auch 
die letztere Hnpothefe als überfpannt und fabelhaft darz 
- fo fcheint es doch unbedenflih, und wenigftend ‘an das 
Mittel zu Halten, welches unftreitig noch am meiften geeigs 
net ift, den Transport der fraglichen Bloͤcke zu erflären. 

Die Schwere des Eifes und mancher diefer Bloͤcke 


— — — 


darf uns nicht ſtoͤren. Dieſer Einwand iſt ſchon beſeitiget, 
wenn man nur die ungeheure Ausdehnung und Staͤrke 
jener Eiöfelder bedenkt, Platten von mindeftens 20° Maͤch⸗ 
tigkeit und Meilen lang und breit; wenn man 'erwägt, 
daß ſchon eine Eistafel von 10 Quadratfuß und 1 Stärfe 
mindeftens 2 Pfund Gewicht auf dem Waſſer zu tragen 
vermag, und died Gewicht beim Meerwafler noch höher 
angefchlagen werden muß. Sole ſchwimmende meilens 
breite Eisinfeln, wie fie bei einem höheren Waflerftande 
wohl auch in der Nord» und Oftfee fich bilden Fonnten, 
follten ‚nicht einen Felksblock von 30,000 Centnern zu 
tragen im Stande geweſen ſein? 

Selbſt von bloßen Eisbergen iſt dies glaublich, da 
auch dieſe Maſſen in ihrer Flaͤchenausdehnung immer noch 
groß genug find, um Felstruͤmmer von dieſem Gewicht 
aufjuladen. Denn man ſah dergleihen von mehreren 
Meilen im Umfange und 250° Höhe uͤber dem Waffers 
fpiegel. Cap. -Parry berechnete den Förperlihen Inhalt 
eined ſolchen Berges, welcher bei weitem nicht zu den 
größten gehörte, zu 48,000,000,000 Eubiffuß. Für fold 
einen Eiskoloß dürfte ein Felsblof von 10,000 Eubiffuß 
nur ein Sandforn fein; und dennoch wäre diefes Sands 
forn groß genug, um unfee Staunen zu erregen, wenn 
man uns verfichern wollte: es fei vor vielen Jahren von 
der fehwedifchen Küfte herübergefpült "worden an die 
deutfche. — \ 

So ließe ſich denn die Hypothefe eines Transports 
auf dem Eife wohl rechtfertigen, ohne derfelben gerade ein 
Hereinbrechen des Nordpolareifes zu Grunde zu legen. 

Allerdingd muͤſſen wir, wollen wir fie fefthalten, im⸗ 
mer nody ein großes Naturereigniß, einen gewaltigen Auf⸗ 
ruhr der Elemente, eine vulfanifche Erfchätterung der fans 
dinavifchen Gebirge und eine gleichzeitige Sturmfluth von 
N. ber zu Hilfe nehmen, weil außerdem die große Menge 
der fraglihen Blöcke, ihre fächerartige Verbreitung, ihre 
Entfernung von der Küfte und ihre bogenartige Grenze 


= — 


noch raͤthſelhaft bleiben würden; allein. dad Polareis ift 
demungeachtet zu unferer Eregefe nicht notbwendig, es würde 
derfelben fogar hinderlich ſein. Es feheint überhaupt nicht 
nöthig, fi jene revolutionäre Bewegung der Mutter Erde in 
fo übermäßiger Größe vorzuftellen und fi) eine Fluth zu 
denfen, welche die fcandinavifchen Hochgebirge überftieg. 
Legen. wir vielmehr einen Fleinen Mafftab an! Er möchte 
ſchon hinreichend fein, um alle Erfcheinungen, welche wir 
an jenen Blöcen beobachtet haben, zur Nothdurft zu erflären. 

Und fo fei mir denn erlaubt, indem ih mich für die 
leßtere Hppothefe, wenn auch nur in Bezug auf das 
MWefentliche, d. h. die Art und Weiſe, wie die Bloͤcke auf 
unfer Feſtland kamen, entfcheide, hier meine Ideen über 
diefes Problem kuͤrzlich mitzutheilen. 

Zuvoͤrderſt ift foviel gewiß: ein höherer Wafferftand 
der Nord⸗ und Oftfee ift unerläßlih. Die ganze nords 
deutfche, polnifche und ruffifche Ebene bi8 an den Fuß des 
Harzes, Erz und Niefengebirges, zum Theil auch des 
Ural war. früher Meereögrund. Dafür zeugen die weit 
erftreckten Sandflähen und Dünen, die bier und da vers 
breiteten Marſch⸗, Torf⸗ und Moorablagerungen, der in 
den Iesteren noch weit vom Oftfeeftrande und auf 20 Mei— 
len weit, landeinwaͤrts vorfommende Bernftein und die 


vielen Scaals und andern Seethierrefte jener Gegenden, 


Das Meer reichte jedenfals bis zu dem. großen Bogen, 
der, wie gedacht, zwifchen 25— 700 O. 8; und 60— 520 
N. B. ſich binziehend, gegenwärtig die füdliche Grenze der 
erratifchen Bloͤcke beftimmt. 

So mußte dafjelbe auch nothivendigerweife einen gro⸗ 


ben Theil der fehwedifchen Küfte bedecken. Die zahlreichen 


Buchten des bottnifchen Meerbufend mußten viel tiefer in's 
Land, eindringen und fich weiter hinaufziehen in die, engen 


 Selöthäler, der zu beiden Seiten einmündenden Flüffe, als 


jetzt. War diefer höhere MWaflerfpiegel der Schneelinie 
näher, fo war ‚auch ein Gefrieren, ded Meeres um fo leich⸗ 


ter nn häufiger, Schon Jahrhunderte vorher konnten ſonach 
. 7 


— 98 — 


einzelne Bloͤcke vom Winterfroſt geſprengt, auf die Eisdecke 
der noͤrdlichen Oſtſeekuͤſte niedergeſtuͤrzt und auf großen 
Schollen von Zeit zu Zeit an die füdliche Küfte getrieben 
worden fein, als plöslich, nad) einem heftigen Winter, von 
einem Erdbeben erfchättert, alle Feldwände des bottnifchen 
Meerbufens und feiner Flußthäler zufammenbrachen und 
mit ihren zahllofen Trümmern- die ftarfe Eisrinde des. 
nahen Gewäflers bedeckten. Die vulfanifche Zuckung ded 
ganzen Küftenlanded fprengte natürlich auch das Eid, daß 
Meer bob fih, der unterirdifche Aufruhr ging auch auf die 
Atmofphäre über, ein Orfan, wie er nicht felten Erdbeben 
begleitet, hier wohl auch nothwendige Folge der Falten 
Zuftftrömung von N. her, trieb die ganze ungeheure Eis⸗— 
fluth mit. ihrem Felsgetruͤmmer in füdlicher Richtung vor 
ſich ber und immer dichter ſich zufammendrängend, aus 
dem bottnifchen Bufen hinaus in die freie See. 

Der Hauptjug, in feiner Langenausdehnung der gans _ 
"zen Gewalt des Orfand ausgeſetzt, drang unaufhaltfam 
weiter nad) ©, vor und ftieg fo bis an die Vorberge des 
Niefengebirgd in Niederfchlefin am weiteſten aufwärts. 
Alles Uebrige ward von diefem Hauptzuge feitwärts ges 
ſchoben und verbeitete ſich immer weiter außeinandergehend, 
über die, ald fubmarine Plateaus, noch unter Waſſer 
ftehenden dänifchen Inſeln einers wie über die flachen 
Kuͤſten des finnifchen Meerbufend andererfeits. 

Auf diefem Wege ftrandeten die größten Eiöfelder und 
Schollen mit ihrer Ladung, den gewaltigften Felsbrocken in 
den Untiefen zwifchen Efthland und Holland, Das Fleinere 
Getrümmer ging theilweife früher fehon verloren und ward 
auf ewige Zeit im Becken der Nord⸗ und Oftfee begraben. 
Ein Theil davon Fam in der Folge, nad) dem almähligen 
Ruͤckzuge des Meeres wieder zu Tage, während ein anderer 
noch bis heute nad) und nach von den Wellen and Land 
gefpült wird. 

So dürfte fi) wohl noch am beſten erflären (offen, 
wie fihwedifcher Granit auf: die- ihrer Natur nad) ganz 








— 9 — 


verfchiedene Plattforme von Helgoland gelangen, wie gerade 
die größten Blöde ihre Kanten und Ecken erhalten, wie 


diefe Trümmer des feandinavifchen Hochlandes ſich fächers 


artig nad) allen Seiten hin ausbreiten und endlich, wie fie 
nit unter, fondern über dem Diluvialboden fih 
abſetzen Fonnten. 

Es bleibt nur noch ein Scrupel zu befeitigen. Denn 
man darf ſich freilih die Schwierigfeit nicht verhehlen, 
die Frage genuͤgend zu beantworten; wie eben die größten 
Blöcke aufs Eid gefommen feien und zwar fo, daß fie 
nicht durch ihr ungeheured Gewicht den Umfturz der ſchwan⸗ 
fenden Schollen zur Folge hatten? 

Gluͤcklicherweiſe find Blöcfe von mehr, ald 1000 Etnr, 
Gewicht eine Seltenheit. Sowie nun über die Tragfähigs 
feit größerer Eiöfelder für foldhe Laften Fein Zweifel, fo 
laßt ſich füglih) auch denfen, daß viele Trümmer der 
aus ihren Fugen weichenden Felſen nicht eben im fenf- 
rechten Sturz, fondern von fteilen Abhängen herabrollend, 
vom Strande aus fo weit aufs Eis hinüber gefchleudert 
wurden, daß ſich die Schollen im Gleichgewicht halten 
konnten; auch wurde vielleicht ein großer Theil diefer Trüms 
mer auf den Flüffen berabgeführt und über die ftarfe Eis⸗ 
decke der Buchten hinweggefchoben, deren größere Platten, 
ald Fiöfelder fie nun um fo leichter dahintrugen. 

Freilich ftaunen wir jest dad Koloffale mandjer die- 
fer Blöde an, zweifelnd, ob ihre weite Reife zu Waſſer 
eine Moͤglichkeit ſei; aber das Schaufpiel, welches die 
Natur noch jest alljährlich vor unfern Augen im Kleinen 
wiederholt, ſollte ed nicht aud) denfbar fein im Großen? 
Nicht blos diefe Blöcfe, noch vieles andere Wunderbare 
weit und auf großartige Kraftäuferungen diefer Erde in 
ihrer Jugendzeit bin, — 

Noch umgiebt uns die Natur alentbalben mit ihren 

Raͤthſeln. Ein Jeder rathe, fo gut er kann, und fo möge 

aud) diefe Unterfuhung ihrer verwitterten Felötrümmer nur 

als ein aͤhnlicher Verſuch angeſehen werden, wie er ſchon 
7® 


—- 10 — 


oft über die Theorie der Thalbildung und der Erde felbft 
gemacht worden if. Daß es ohne Hppothefen nicht abs 
geht, liegt in der Sache; doch muß es Grundfaß fein, 
nur diejenigen Bedingungen vorauszufesen, ohne welde die 
Erflärung eined Phänomens ganz unmöglich fein würde. 

Aus der vorliegenden laͤßt ſich zugleich auf meine 
Anſicht über die Zurablöce ſchließen. Obwohl nad Raum 
und Zeit verfchieden, mag auch hier eine ähnliche Kataftrophe 
den Uebergang diefer Trümmer aus den Alpen auf den 
Jura vermittelt Haben, Eine allgemeine Eisbedeckung deß⸗ 
halb anzunehmen, ift jedoch ebenfo überflüffig, ald widers 
fprechend, bereitd auch widerlegt; es genügt ſchon eine 
Waſſerbedeckung der Schweizer Thäler bei 3000° über dem 
jeßigen Niveau des Genferſee's, deren Erftarrung zu Eid 
bis 10° Tiefe und eine Erfchütterung der füdlichen Alpen» 
fetten. Denn daß bier ebenfalls nur von einem drtlichen 
Naturereigniffe die Rede fein fönne, ergiebt ſchon die ums 
gefehrte Richtung des Weges, den dieſe Bloͤcke genommen 
haben. Konnte im Jahr 860 das Adriatifche Meer fo 
ftarf gefrieren, daß man darauf von den Zonifchen Inſeln 
aus zu Wagen nad) Venedig reifen Fonnte, fo war das 
Gefrieren einer 4000° Höher gelegenen Waſſerflaͤche — 
weit eher moͤglich. 

Zwar ſtehen wir hier wieder auf einer Hoͤhe, wo 
der Verſtand ſchwindelt und der forſchende Geiſt ſich ums 
fangen ſieht von undurchdringlicher Nacht; aber noch iſt 
dieſe Hoͤhe nicht ſo kuͤhn und dieſe Idee noch nicht ſo 
phantaſtiſch, als die nicht weniger problematiſche und noch 
uͤberdem ungenuͤgende Annahme einer Erhebung des Jura. 


* 





— 11 — 


XI. 


Ueber die Fortſetzung der Schaafzucht. 


Eine Mittheilung aus den Verhandlungen des Landwirth⸗ 
of Ihaftlihen Vereins zu Altenburg. 


Boni ıı. . 
defien Secretair Eduard Zange. 


Das Schaaf fiheint von der Natur vorzugsweiſe bes 
ſtimmt zu fein, duch das Abweiden des Furzen und duͤrf⸗— 
tigen Graswuchſes auf Bergen und andern unfruchtbaren 
Stellen und dur feine darauf gegründete LWoll- und 
Fleiſcherzeugung ſelbſt ſolche Stellen der Cultur tributpflichtig 
und nutzbar zu machen, die ſonſt als werth- und herren⸗ 
loſe Einoͤden die cultivirten Laͤndereien unterbrechen wuͤrden. 
Hierzu kam aber noch im Anfange dieſes Jahrhunderts ein 
durch den Aufſchwung der Wollwaareninduſtrie und durch 
den hohen Werth, welchen dieſe wetteifernd namentlich auf 
die noch ziemlich feltenen und doch von der Mode eifrig bes 
gehrten feinften Wolforten Iegte, Hoch gefteigerter, aber 
eben darum nur vorübergehender Concurrenzwerth, „der den 
ehedem hohen Preifen der Tulipanen in den Niederlanden 
vergleihbar, wieder zuruͤckſinken muß, fobald der ver- 
mehrte Wolbedarf der Wollwaarenerzeuger durch die ebens 
mäßig oder felbft noch mehr gefteigerte MWolproduction der 
Schaafzuͤchter befriedigt und dabei zugleich die Kunft, 
minder feine Wollwaaren durd) gefchiefte Zurichtung den 
feinen ähnlich zu machen, allgemein verbreitet fein wird, 
welhem Zeitpunfte wir und jeßt mehr und mehr zu 
nähern fcheinen. 


— 402 — 


Unſere feinwölligen Schaafe ftammen aus Spanien, 
wohin fie weit frühere aus der Berberei verpflanzt worden: 
fein follen, noch ehe der Gewerbfleiß die Feinheit der 
Wolle durd fo hohe Preife zu belohnen pflegte, weßhalb 
auch die Fortzüchtung der aus dem Maroffanifchen bes 
zogenen feinwolligen Nace damald nod) nicht mit der ſpaͤ⸗ 
tern Sorgfalt betrieben und neue Bezüge daher-fpäter für 
nothtvendig erachtet wurden. Als abet die feinwolligen 
Schaafe 1765 aus Spanien nad) Sachſen verpflanzt und 
bier mit glücklicher Sorgfalt fortgezüchtet worden waren, 
überftieg der Bedarf und die Nachfrage der fortfchreitenden 
Induſttie mit der Zeit immer mehr den jährlich erzeugten 
Borrath feinfter Wolle, da die Schaafe ſich verhältnigmäßig 
nur langfam vermehren, fo daß der Stein folher Wolle 
1818 mit 36 Thalern bezahlt wurde, während kaum 10 
Jahre früher die gewöhnliche Wolle vom Landvieh für 
7 Thaler verfauft worden war. „Hatte nun Deutfchland 
fon 1816 nad) England eben fo viel ald Spanien, näms 
ih 2 Milionen Pfund feine Wolle geliefert, fo Fonnte 
es diefem 1822 bereits 11 Millionen und 1824 fogar 
30 Millionen Pfund gewähren; allein ſchon 1834 ging 
diefe Ausfuhr auf 25 Milionen Pfund zurüd. Denn 
überall erhob fich die Goncurren, So in Ungarn und 
Nufland, auf. dem Vorgebirge der guten Hoffnung, in 
Auftralien, Oftindien und in Südametifa. Während z. B. 
Auftralien 1806 nur 245 Pfund Wolle lieferte, führte es 
1838 fchon Uber 7 Millionen Pfund aus. Oſtindiens 
Wollausfuhr ftieg von 1835 bis 1838 von 255,840 Pfund 
bis über 2 Milionen Pfund, und Südamerifa, namentlih 
Peru, welches 1833 nur 223,832 Pfund Wolle lieferte, 
fhiffte 1838 ſchon 11 Millionen Pfund nach) Europa aus, 

Natürlich) werden fid) die nun einmal an fo vielen 
Punkten ſoweit gediehenen Schaafftämme in diefen für die 
Schaafzucht ganz vorzüglich geeigneten Gebieten noch weiter 
vermehren und durch die wachfende Menge ihrer erzeugten 
Wolle die langſamer fteigende Nachfrage der Induftrie übers 





— 105 — 


bieten und die Wollpreife wenigftens foweit vermindern, 
daß die Schaafzucht nur noch da wahrhaft lohnend bleiben 
dürfte, wo die Verhältniffe eine andere lohnendere Bodens 
benugung erfchweren oder unmöglich machen, wie z. B. 
in den meiften eben genannten, meift menfchenarmen außer⸗ 
europäifchen Befißungen. Es dürfte alfo die goldene Zeit 
der europäifchen oder doch der deutfchen Schaafzuͤchter 
bereitö vorüber und der anderweitig mit Vortheil zu bes 
nußende fruchtbare Boden faum ferner zur Schaafweide 
zu verwenden fein, Wenigſtens würde die legtere auf die, 
wie es fcheint, von der Natur felbft zur Schaafzucht bes 
ftimmten unfruchtbaren Triften und Abhänge einzufchränfen 
fein, Denn ſchon das allmählige Aufhören unferer bis⸗ 
berigen Wollausfuhr würde durch den ſchwerlich fogleich 
von unferer eigenen Induſtrie volftändig in Anfpruch ges 
nommenen Ueberfhuß ‚der erzeugten Wolle die  Preife ders 
felben herabdrücden; um wie viel mehr aber dürften diefe 
erft dann finfen, wenn mit der Zeit die bereitö genannten 
aufßereuropäifchen Wollerzeugungsländer ebenfo wie Ungarn 
und Polen ihte Erzeugniffe auf unfere Märfte zu bringen 
und mit unferer inländifhen Wolle um Abnehmer zu wer 
ben anfangen folten, zumal da ein Ausſchließen dieſes 
Urproductes dur hohe Eingangszölle durhaus ara 
erfcheint ? 

Indeß ſind wir dahin noch lange nicht ie fo ’ 
wenig wir aud) ſchon jest verfennen, daß hauptfächlich ‚die 
Güte und der Werth des Bodens fünftig entſcheiden 
müffen, wo Schaafe noch ferner mit Vortheil gehalten wers 
den koͤnnen. So werden die Schaafherden gar bald ‚ein 
Barometer für die Productionsfähigfeit des Bodens und für 
die Verwerthung feiner Erzeugniffe abgeben, und demnach 
von der fortfchreitenden Cultur immer weiter in die, weniger 
bevölferten und cultivieten Gegenden zurücgedrängt werden, 
gerade fo wie bereitd mehrere wilde Thiere vor der 
Eultur immer weiter nad dem Norden und Often — 
gewichen ſind. 


— 11 — 


Bon diefen allgemeinen Erörterungen zur ſpeciellen 
Beantwortung der erften Frage: „Unter welchen Umftänden 
koͤnnen bei uns noch ferner Schaafe mit Vortheil gehalten 
werden, und unter welchen Umftänden ift deren Abfchaffung 
anzurathen?“ übergehend, bemerfte nun Here SKrefie, dem 
wir überhaupt die einzige fehriftliche Beantwortung der aufs 
geftellten Tragen zu verdanfen hatten, fich lediglich auf 
das Herzogthum Altenburg befchränfend, daß der weftliche 
Kreis defjelben wegen feiner Berge, Triften, Leeden und 
Wälder fih noch ange zur Schaafzucht berufen fehen 
werde und zwar bis, den gegenwärtigen Mittelpreis der 
‚übrigen Landwirthſchaftserzeugniſſe vorausgefegt, der Stein 
geringer Wole auf 7 Thlr. und feinerer Wode auf 9 Thlr. 
berabgefunfen fein werde, - oder bis durch Urbarmachung der 
Leeden 'und durch Bewaldung der Berge von dem Adfer 
Landes ein jährlicher Neinertrag von 2 bis 3 Thlr. ge⸗ 
wonnen werden fünne. Denn indem die Schaafe dort 
beim Hordenfchlag entfernte Berg= und Außenfelder duͤngen, 
vermindern fie zugleich die Beftelungsfoften des Ackerbaues 
und erhöhen fo ihre eigne durd) den Werth der Wolle 
und des Märzviches bedingte Mente, Im Altenburger 
Kreife dagegen werden entweder nur da, wo noch Triften, 
Xeeden u, f. w. vorhanden find oder nur dann GSchaafe 
mit Bortheil gehalten werden fünnen, wenn der Stein 
Wolle mindeftens 9 bis 11 Thlr. gilt, und wenn die biö> 
her zur Schaaftrift benutzten Grundſtuͤcke auf den Ader 
tultivirten Landes hoͤchſtens 4 bis 5 Thlr. Reinertrag geben. 
Denn der Boden bat hier zu viel Werth, ald daß man 
ihn noch mit Wortheil zur Schaafweide verwenden Fünnte, 
und dad auf ihm durch Funftmäßigen Anbau gewonnene 
Butter laͤßt fich bei der Stallfütterung durch Rindvieh höher 
nüsen ald dur Schaafe. Auch ftehen dem biefigen Land 
wirthe andere Mittel zu Gebote, feine Felder zu düngen 
und in Kraft zu erhalten ald der Hordenfchlag der Schaafe. 

Uebrigens find hierbei nody manche Nebenumftände 
nicht außer Acht zu laſſen. So ift die Schafhaltung auf 





ii =... 


geöfem geftofenen Gütern beliebter als die Rindviehzucht, 


“weil fie fi) beſſer controliren läßt, und weil fie doc nicht 


eine fo unausgefeste und vielfeitige "Beauffichtigung und 
Arbeit erfordert ald die Nindvichhaltung und Mildywirths 
ſchaft. Auch mindern ſich die Koſten des Schaͤfers bei 
vollſtaͤndigen Heerden im Vergleich mit den ſchwachen 
Heerden kleinerer Beſitzer oder Gemeinden. Dazu kann 
man dort leicht durch Ausſaat von Futterpflanzen eine reich⸗ 
liche Weide gewinnen, wozu die zuſammengehoͤrigen Ge⸗ 
meindeglieder, welche ſaͤmmtlich ihre beſondern Zwecke ver⸗ 
folgen, ſich nicht leicht. entſchließen werden. 
Ueberhaupt wurde bei dieſer Gelegenheit die Aolih 
noch beſtehende und darum trotz den wiederholten Streitig⸗ 
keiten fortwährend felbft gegen den Willen der Wehryahl 
der Gemeindeglieder auf das Anlangen einiger wenigen und 
felbſt eines einzigen Gemeindegliedes geſchuͤtzte Anſtalt der 
Gemeindehirten allgemein fuͤr veraltet, den Fortſchritten der 
Landwirthſchaft hinderlich und den kleinen Grundbeſit iher 
vorzugsweiſe belaͤſtigend erklaͤrt und dabei die Hoffnung 
ausgeſprochen, daß unfere gefeßgebenden Behörden die ge⸗ 


rechten Anfprüche und das wohlverftandene Intereſſe der 


Gegenwart, ſo wie die nicht minder wichtigen Fortſchritte 
der Zukunft recht bald von den Hemmungen geſetzlich be⸗ 


freien werden, welche der ehemaligen Wirthfhaftsführung 


angehörig, auch mit dieſer Hätten zu Grabe getragen wer⸗ 
den follen, Denn mit der Bebauung ber Brache und 
mit der Stallfütterung iſt das vorher wohlthaͤtige Inſtitut 
der Gemeindehirten uͤberfluͤſſig und der Hirtenſchutt ein nur 
der abgeftorbenen frühern Ordnung, aber nicht den Intereſſen 
der lebendigen Gegenwart gewidmetes Opfer geworden, für 
dad auch der lekte Scheingrund hinwegfallen muͤßte, wenn 
auf die Schaafzucht, wie bisher, noch ferner zuruͤckginge, 
und wenn dann die verftändige Mehrzahl, welche diefes 
einfieht, dem Eigenfinne derer, welche diefes nicht einfehen 
Fönnen oder wollen, zu Liebe in dem biöherigen Gemeindes 
ſchutt ꝛc. noch immer die Laften tragen müßte, welche blos 


in der Gefhichte, keineswegs aber in der öffentlichen Wohl⸗ 
fahrt eine Erflärung und Rechtfertigung finden koͤnnten. 
Es befommt aber, um dabei einen wirflihen Fall zu 
Grunde zu legen, ein folher Gemeindehirte ? 


1. freie Wohnung unter Benutzung eines Gärtchens, 

jaͤhrlich 2.2222... 12H anzufchlagen 
2,10 Scheffel Korn zu Ahlın, ... =40s ⸗ 
3,5 ⸗Geſrſte zu 3 Thlin.. ..,=15; ⸗ 

4. zu Weihnachten 12 Brote zu + Thlr. — 3⸗ ⸗ 

5. desgl. 6 Brote wegen des Gaͤnſehuͤtens — 14⸗ ⸗ 

6. 12 Kuchen zu den Feften...... = 1% ⸗ 
alſo zuſammen jaͤhrlich 73 Thlr. 

Da nun die fragliche Gemeinde 252 Acker hutbare 
Grundftüce befist und alfo nur 168 Stüf Schaafe halten 
darf, fo Foftet jedes Schaaf, mit Einfchluß einer geringen 
Anzahl Gänfe, jährlih 13 Nor. zu hüten. Während ded 
Winters müfjen aber die Schaafe jährlich im Durchſchnitt 
150 Tage im Stalle gefüttert werden, wozu 2 Pfund auf 
Heu reducirted Futter hierfür täglich in Anfchlag gebracht, 
täglich 336 Pfund und in 150 Tagen 458 Centner erfors 
derlich find, welche, den Gentner Heu zu 12 Ngr. gerechnet, . 
183 Thlr. 6 Nor. und mit obigem Aufwande für den 
Hirten zufammen 256 Thlr. 6 Ngr. koſten würden, wobei 
weder eine Jahreörente für die Ställe und Utenfilien, noch 
die Verwendung der Zeit zum Füttern in Anfchlag ges 
bracht ift, 

Der Rohertrag diefer 168 Stuͤck Schaafe dürfte ſich 
nun folgender Maßen geftalten. Zehn Schaafe geben 
1 Stein Wolle, folglich die ganze Heerde 164 Stein, oder 
den Stein zu 11 Ahlen, gerechnet, für 184 Thlr. 20 Ngr. 
Wolle, Werden ferner von diefen Schaafen 42 Lämmer 
gezogen, fo koͤnnen jährlich dafür 42 Stuͤck Maͤrzvieh ver 
fauft werden, welche bei Berücffihtigung des Abgangs 
und fonft nicht preiswürdiger Stüde nur zu 14 Thaler 
oder zufammen zu 63 Thlr. anzufegen find. Berner geben 





— 107 — 


3 Schaafe erfahrungsmaͤßig 1 Fuder Duͤnger, weil waͤhrend 
der 7 Sommermonate der meiſte Dünger beim Aus» und 
Eintreiben auf den Wegen und auf den Weiden verloren 
geht oder doch auf den Feldern, der Witterung ausgeſetzt, 
nicht volle Düngefraft behält. Dies würde auf 168 Schaafe 
jährlih 56 Fuder Mift oder das Fuder zu 1 Thlr. ges 
rechnet, für 56 Thlr. oder auf jedes Schaaf für 10 Nor, 
Staldünger geben. Somit würde der gefammte Nohertrag 
303 Thlr. 20 Nor. betragen und den ‚obigen Aufwand 


von 256 Ahlen. 6 Nor. um 47 Thlr. 14 Ngr. überfteigen, 


Hierbei ift aber der Werth der Sommerweide während ber 
7 Sommermonate noch gar nicht in Anſatz gebradht, Es 
dürften aber 168 Schaafe mindeftens 10 Acker Triftweide 
oder Brachfeld erfordern, wobei die Wiefens und Wald⸗ 
butung im Fruͤhjahr und die Stoppelhutung im Herbſt 


* ebenfowenig ald der Schaden in Anfchlag gebracht ift, wels 


hen fie an Feld, Holz und Wiefen anrichten. Gäbe nun 
1 Acker folcher Trift bei amderweitiger Benugung nur 
5 Thlr. alfo 10 Ader 50 Thlr. Reinertrag, fo würde die ganze 
Schaafhaltung der Gemeinde fhon 2 Thlr. 16 Ngr. reinen 
Berluft verurfadhen, Es dürften demnach) in diefem Falle - 
nur dann noch Schaafe mit Vortheil zu halten fein, wenn 
dem zu ihrer Weide erforderlichen Land nicht einmal 5 Thlr. 
Reinertrag auf den Acker abgemwonnen werden fünnte. 
Hieraus leuchtet ein, wie verftändig diejenigen Gemeinden 
gehandelt haben, welche den Hirtenfchutt einftimmig abfchaffs 
ten, und wie fehr alle diejenigen zu bedauern find, denen 
dies die Halöftarrigfeit eines oder weniger einzelnen. Ge» 
meindeglieder bei den beftehenden Gefegen nicht geftattet. 

Die zweite aufgeftellte Frage lautete: „Durch welde 
Biehgattung würden die Schaafe am beften zu. erfegen 
ſein?“ und man antwortete kurz: Hauptfächlic durch ver 


mehrte Rindviehzucht, wozu nur unter gewiflen Umftänden 


auch Pferdesuht und vermehrte Schweinehaltung - treten 
Fönnte; letztere z. B. dann, wenn, wie in diefem Jahre, 
wegen Berminderung der Vichbeftände auf dauernd erhöhte 


* 


—- 108 — 


Steiföpreife zu rechnen iſt, indem die große Anzahl der 
ungen, welhe cin einziges Mutterfehwein wirft, ſchneller 
zum Erſatz des Fehlenden fuͤhrt als bei irgend einer 
andern Viehgattung. 

Die dritte Frage lautete: Wie viel Stuͤck von die⸗ 
ſer Viehgattung würden die bisherige Anzahl der Schaafe 
wohl erſetzen?“ Bei Beantwortung derfelben ging Herr 
Kreſſe von der gewoͤhnlichen Annahme, daß eine Kuh ſoviel 
Futter beduͤrfe als 10 Schaafe, ab, weil bei uns die Kuͤhe 
das ganze Jahr im Stalle geflittert werden — die geringe 
Herbftweide kann Hierbei fuͤglich unbeachtet bleiben — an⸗ 
ſtatt daß die Schaafe nur 5 Monate im Stalle genaͤhrt 
werden brauchen. Auch glaubte er nicht 20, fondern 

23 Pfund auf Heu reducirtes Futter für eine Melkkuh 
täglich annehmen zu müflen, wenn diefe jährlich nach ger | 
machten Erfahrungen für 35 Thlr. Milch liefern ſoll. Demnach 
wuͤrden die 458 Centner reducirtes Heufutter, welches 166 
Schaafe den Winter hindurch bedürfen 1 Kuh 2190 Tage, 
oder 6 Meiffühe 1 Jahr hindurch ernähren, fo daß' 1Kuh 
das Jahr hindurch eben fo viel Futter braucht ald 28 | 
Schaafe während der 5 MWintermonate, Es gibt aber | 
1 Melktuh erfahrungsmaͤßig jaͤhrlich 12 Fuder Dünger und | 
10 Stück Rindvieh ‚machen 1 Magd zu ihrer Beſchickung 
nöthig, deren Unterhalt in Lohn und Koft jährlich zu 
60 Thlen. angefchlagen werden Fann. Der Aufwand für 
Stallung und Utenfilien aber dürfte ſich bei der Schaaf- 
und der fie erfegenden Rindviehhaltung fo ziemlich auss 
gleichen und mag deßhalb bei der Vergleichung wegbleiben. 

Nechnet man nun, um bei dem gegebenen Beiſpiele 
ftehen zu bleiben, 210 Thlr. jährlichen Mildhertrag von 67 
Kühen und 60 Thlr. für 72 Fuder Dünger, fo hat man von 
denfelben, ohne die Kälber oder das Märzvieh, wie bei den” 
Schaafen gefchehen ift, in Anfchlag zu bringen, von ihnen! I 
270 Thlr. jährlihe Einnahme, welcher eine Ausgabe von] 
183 Thlr. 6 Ngr. für das bereits oben veranfthlagte Futter) 
und von 36 Ahlen. oder To der Unterhaltungsfoften einer! R 


























N" nn m ——— 


— 109 — 


Magd, zufammen alfo von 219 Thlr. 6 Ngr. gegenüber 
ſteht. Es würde demnach) das Nindvich 50 Thlr. 24 Nor. 
Gewinn und die Schaafe 2 Thlr. 16 Ngr. Verluſt bringen, 
mithin die Bodenrente bei der Futterverwerthung durch 
Rindvieh 53 -Thlr, 10 Ngr. höher fein ald durch Schafe, 

Nicht minder body ald diefer Gewinn ift aber die 
freie Gebahrung mit dem vorhandenen Grundeigenthum 
überhaupt und die dadurch bedingte Füglichkeit zu einem 
verbefjerten Feldſyſtem überzugehen, anzuſchlagen. Dann 
würde man nicht mehr genöthigt fein, blos um der Schaafe 
willen, Triften liegen zu laſſen, oder die Brache beim 
Rapsbau zu fpät zu beftellen, wodurd bei diefer fo vors 
theilhaften Frucht felbft deren ganzes Gedeihen aufs Spiel 


geſetzt ſein kann; ferner würde der Ertrag unferer Wieſen 


in Menge und Güte des Futterd ſich erhöhen, indem die 
Schaafe denfelben nicht mehr im frühften Herbft und beim 
erften Aufleben der Vegetation im Frühjahr verfümmern 
würden, und Büfche und Holzungen und die lebenden 
Gartenzäune würden bald ein beffered Gedeihen zeigen, 
Hiermit wäre denn auch die 4. Frage nad dem 
Einfluß der gänzlihen Abfhaffung der Schaafjuht in 
unferer Gegend auf den gefammten Ackerbau beantwortet, 
wenn nicht noch ein Vorurtheil zu befeitigen wäre, das in 
den Schaafen ein Hauptmittel zum Neinhalten der Felder 
don Unfräutern erblickt, während es doch die guten und 
ſchmackhaften Wicfenfräuter von dem Biß des Schaafes 
nicht eben gefährdet glaubt. Das befte Mittel zur Vers 
tilgung der Feldunfräuter ift und bleibt der Pflug und -die 
Egge, die ihnen an die Wurzel gehen, während das Schaaf 
oft feldft die aufgefchoffenen Difteln und Quecken unbes 
rührt läßt und die Wurzeln der Unfräuter höchftens mittels 
bar gefährdet, Welcher Landwirt würde aber wohl 
Sedtich (Rhaphanus raphanistrum), Senf (Sinapis ar- 
vensis), Wildhafer (Avena fatua), wilde Kamillen (Py- 
eihrum inodorum und Anthemis arvensis), Queden 
(Triticum repens) und. Difteln (Cirsium arvense) frei 


- 110 — 


und ungeftört auf etwaigem Brachlande wuchern und Saamen 
tragen laſſen; oder Fann fie dad Schaaf vertilgen, wo fie 
unter dem Getreide emporwachfen und mit diefem zugleich 
ihre Saamen reifen? Daher nimmt uns die Erfahrung, 
daß in Gemeinden, welche die Schaafhaltung bereits vor 
mehreren Jahren aufgegeben haben, durchaus feine Ver— 
mehrung der Feldunfräuter wahrzunehmen ift, nicht im 
Mindeften Wunder, 

Die fünfte und Teste Frage lautete: „Würde die 
Vertaufhung der Schaafe mit der in Vorſchlag gebrachten 
Viehgattung einen wefentlichen Aufwand in der Wirthſchaft 
veranlaffen, z. B. in der Anzahl der zu haltenden Dienftboten, 
in der Größe der erforderlihen Ställe und andern Räums 
lichfeiten und zwar wie?” Bei ihrer Beantwortung erinnerte 
Herr Kreſſe, daß bereits oben angeführt fei, wie für eine 
verhältnigmäfige Zahl Kühe, die ftatt der Schaafe gehalten 
würden, nur die Halfte des Dienftperfonald gebraucht, 
mithin auch die Hälfte des Lohnd und Unterhalts erfpart 
werde, Aehnlich ift es auch mit den Stälen und übrigen 
Räumlichkeiten, indem der Stallraum für 6 Kühe nur 4 
des Raumes für 168 Schaafe zu enthalten brauche. Wo 
aber auf größern Gütern die Schafereigebaude abgefondert 
ſtehen, koͤnnen dieſe ald Schuppen und Scheunen noch 
immer nuͤtzlich verwendet und dadurch oft einem fuͤhlbarern 
Mangel abgeholfen werden, ſo daß ſelbſt in dieſer Be⸗ 
ziehung eher Nutzen als Nachtheil zu erwarten fein wird, 


UL U —— 


Bemerkungen und Andentungen, 


veranlaßt durch das III. Heft der durch Herrn 8. Zr. 

Schramm, Secretair der Flora, Geſellſchaft für Botanik 

und Gartenbau in Dresden, herausgegebenen Mittheis 
lungen diefer Gefellfchaft für 1843, 


Bon Dr. Ba. 


1. Die Georginen feſſeln nit blo8 die Aufmerfs 
famfeit der Blumiften, fondern haben aud) die der Chemifer 
auf ſich gezogen. So hat man nad) einer Mittheilung 
bed Heren Hauptmanns Eberhardt in Dresden (FI. ©. 5) 
in der dafigen Marienapothefe unlängft den Verſuch gemacht, 
aus den Georginenblumen Farbeftoff zu ziehen und ges 
funden,, daß derfelbe mit Alfalien weingrün, mit Säuren 
aber roth wird. Bei den bisher einzig mit Papier ges 
machten Verſuchen zu Anwendung des gewonnenen Farbe⸗ 
ſtoffes ift, nachdem das erſtere durch letztere gezogen 
worden, die Farbe nad) 6—8 Minuten bervorgetreten. 
Herr Apothefer Räple Hat jedoch bezweifelt, daß. diefer 
Sarbeftoff auf andern Stoffen fi werde fefthalten laflen, 
da er fo fein fei, daß er fih an der Luft leicht zerfeße. 

2, Ein aus der Berliner allgemeinen Gartenzeitung 
in dad Archiv des Garten» und Blumenbauvereind für Hams 
burg, Altona und Umgegend übergetragener überaus ans 
ziehender und praftifc wichtiger Aufſatz des Herrn Pros 
fefford Dr. Zuccarini in München über die Vermehrung 


der Pflanzen durh Stedreifer zc. unter Ans 


wendung der Kohle, liefert (FI. S. 9) eine Menge 
von Überrafchenden und erfreufichen Ergebniffen, wie Pflans 
gen und Reiſer, Blätter und Blattftiele, Kelche ꝛc. ſich 


a 


vermehren laſſen, indem man fie in Kohle ſteckt; felbft bei 
Pflanzen, die nad) der bisher üblihen Behandlungweife 
felten oder nie Wurzeln treiben, zeigten fich die günftigften 
- Erfolge; ſchon bewurzelte Pflanzen entwicfelten, wenn man 
den fonft gewöhnlichen Bodenmifchungen eine verhältnißs 
mäßige Menge Koblenpulver, oft bis zur Hälfte,’ zufeste, 
eine ungewöhnliche Triebkraft; vorzüglih neu eingefeßte 
Arum, Caladium, Begonia, Gesneria, Gloxinia und 
Scitaminea; auch SKafteen und Euphorbien, namentlich 
die merifanifchen, gediehen in einer Beimifhung von Kohle 
ſehr gut. Die Kohle empfiehlt fih auch als SKurmittel 
für Fränfelnde Pflanzenz man: erſetzte 3. B. durd Kohle 
die binweggenommene obere Schicht von Drangen und Gars 
- danien, welche vol gelber Blätter "waren und fie ftanden 
bald wieder frifch und. grün da. Die belebende und ers 
baltende Kraft der Kohle ift aber um fo wirffamer, wenn 
die Kohle erſt ein paar Monate der Luft und den Eins 
flüffen der Witterung ausgeſetzt gewefen iſt. AU diefe 
Wahrnehmungen find unfehlbar geeignet, die Aufmerffams 
feit unfereer Blumen= und Gewaͤchszuͤchter auf fich zu 
ziehen und fie zu eigenen Verſuchen und feinerzeitigen Mits 
theilungen darüber aufzufordern, 
















ua rt, 


Nachmittags 2 





Stand des 
Baro= 
meters, 














27" 7,7414 7,750 Tg 0° NM 
54). 085 wid | — 15 [wii R. ® 
[= 236 40 m. | 1,25 wie, I 

26 10,8 35 8 5 dene 
27 27 | 25 |tt0 + = tr. W. 

= 32 10 50 wie. N. DO 

= 61 65 w2 = belle I. © 

:- 78 | 15 M | 10 9. D. 

: u | 15» | 20 5. 

= 70 25 wE | 2,75 I. ©, 

ee #2 45 HA | 325 tr. ©, 

= 6,7 2,0 nd 1,5. tr. r. © ® B. | 

- 70 10 tb — wi. ©, ©. 

-' 31 5 8 no. 

= 15 IVCM = Reg. ©. ©. 
126 104 | 65 0 = wie, N. 

27 10 35 bee ©. 

- 22 275 ir belle @. | 

. 30 20 13 4,25 wif. ©. 

Pe: 10 40 — bee DO. 
| - 32 40 8 | 6 helle D, 
heile ©. 
2 | 105 
18 45 |B_ —- heile N. DO: 
Eh 230 helle ©. 
D. | 28 2,75 D | 34 r wi. D, 
36 99 5,5 5 | M 40 WER. 
R- 76 | 40 5 * wi, De 
I belle W. 
3 100 hie © 
130 wi.& — 











Stand des 
Thermo= 


meters, 











Rachmittags 2 Uhr, 


deslStann des 











Zuftand 
= |Thermo- des 
metersg, Wetters, 























d den 49. Januar - 4,4. 


den 12. Januar 


7,00 























Meteorologifche Tabelle auf die Monate: Jannar, Februar, März, 1843, von W. Bechftein. 







































































































































































































































































































































































































































nam: WM .0rT. se mi meorı Marz. 
Früh 8 Uhr. ‚ Nachmittags 2 Uhr. Früh 8 Uhr, $ Nachmittags 2 Uhr. Fruͤh S Uhr. Nachmittags 2 Uhr, 
a Sea an. > ee & Stand des Stand des Zuftand Stand des Stand bes Buftand [x Stand des Stand des Zuſtand er 
Baro-Thermo— des Baro-Thermo— des * Baro- Thermo— des Baro- Thermo— des * Baro- Thermo— des Baro- Thermo⸗— des 
meters. meters. Wetters, meters. meters. Wetters. meters. meters. Wetters. meters. meters. Wetters, meters. meters. Wetters, | meters. meters. Wetters. 
——— 2,25° wit. ®. 127 7,6”) 450 wie, © — 1 126° 5”. 0% 9 — ER. 
=33=0 kim (2 26:3 07: ©: 2|: 75 | 575 wi© -|- 54 |. 65 |wi©. | 227 42-35 WER.W. |- 5-5 WERE 
70 Sa - 2-5 RG | 3|- 44| 45 I. : 26 | 40 nit. ©. _3|: 58 | 70 _|helle ©. = 60.) 1,25 wie ®. 
=T06 | 60 beik ©. = 96 | 25 helle ©. 4 26 90 | 30 wi ©. 26 108 | 35 ww | 42 80 | 5,25 (he. = 88] 1,25 |hee ©. 
60115 0. ©: - 77 +10 wi. ©. 5 27 26 | 10 Scn®. 327 27 | 25 9 | 51:10 =0 RW. |= 10 |F25 .®. 
73 | 10 588% |: 50 | 10 |Shn®. 6|= 3 =0 NR |: 32) 10 HERS.M. | 6 |- 114-—-125 |: 10.| 20 WERD 
Fugen ine- 712 53 > m©.® _7|: 54 + 15 |. ©. - 61 6,25 |wif, D. 7|\- 95 20 wi N "1:92 20 helle N. ©. 
= 2» |r 20 ine©. - 40 |Reg.© Nebl. W. 207,8 1,55 Ne. N. ©. | 8|- 93 10 mM O - 10,1 10 |. N. D. 
= wE0 wES |. | Bm ® 19]= 69 =0 RL, = 60 175 Nebl.©. | 9 |- 14 +05 |m.ND. |- 75| 20 ED. 
5110 =0 it. Stm. ©. 6 76 | 20 |. Stım. © | 10 |- 65 |=0 ner ©. : 70 | 25 wEe©. |10\- 110 | 20 |nt.D. |- 04 | 235 m ©. 
= 90 + 15 \k. Stm. ©): 96 | 20 wE.©&.®. |11|- 74 | +13 n©9. |- 73 435 be “ TI )- 96 | 15 MW _\= 94 | 325 |. ®. 
2|- 7Aa|l 25 me. un 50 nE.®. _|1M|- 64 |=0 Ne.R = 67 | 20 WENM. (12 |- 83 05 | W - 04 | 15 _ ©. ®. 
- 115 | 20 HRS. ®. |: 108 | 40 ni. ©. 3B]- m» =0 "Re 7 2570| 10. RD. 13|= 33 | 20 ©.®. |: 36| 50 E©® | 
117 1187| 235 nE& 127 00 | 325:0.©& 11 |; 43 30 jhle® 177351 15 helle W |14|- 30 | 45 wii. © - 23 | _ WM m SB | 
= 87 | 1,75 _|wif. Stm. ©.26 100 |, 20 \weStm @| 15 |» 13 | 20 8 | 151 10 RSM || 38 590 SW | 20 | 80 RS 
6 |= 102 — 1,0 |nebt. ®. 27 00 | 1,0 Imik. ®. 16 |26 10,8 |+ 2,25 |wif. ©. 126 104 65 wi.& - 16 |- 75 1,755 wi. ©. ®. |=- 80 | 5,25 wi. N. 
1727 65 | =0- u. | 87 |, 10: we. |1|-13| 525 wie 7 10. 85 \ni m. 17: 15 heS |- 8) 70 [bee ©. 
=.119. |—- 35 |hele ©. 23 06 = hie ©. ©. | 18 27 14 1,25 Reg. D. 221 278 tu. B|: 6% 50. helle ©. = 62 11,0 helle ®. 
19 8:28 | 50 she &. |: 15 |F10. ven. |10|- 22 =0 Mer. :- 20 | 20 Ne. |\11- 89 | 35 (©. = | 42 wii D. 
28 06 | 30 Re. R.S. 27113 15; ©. |20|- 10 +20 Me. D |, 10 | 40 | D. 20 |- 88 =0 _jpme®. 84 | 45 peleD. 
21 27 102 | 35 Ner. ©. ®. - 100 | 723,5:. Net. 9. 21 = 26.| 30. Rio. Fr Bora on 2i = 64 |}F 20 hieS. |» 58 | 65 HRD. 
: 56| 40 bie ©.®. |- 83 | "10 ee ©, ©. | 22 |- 20 | 25 |Nebt. W - 22 | 50 MR. 22|- 52 | 20 hie |- | pl. — 
- 96 | 45 helle © - 91| 05. be ©... [23 |= 30 | 20 Ne. ND. |7 23 35 ned. N. DO. | 23|- 53 | 40 hie |=- 10,5 |helle D. 
- 97 | 475 heile © = 9 =0 Ihe ©. 21 |: 06 | 730 Re. ® = m|i 5. 7 |24% 22. 457 kelsısı = 76 | 90 helle N. D. 
5 |= 783 1750 hie. 1784 =0 ES ||: 30 | 10 Bew 7517| 20 | n 25)- 85 | 15 |bleS.  |- 74 | 70 |pelleD 
= 7866| % 6 - 75|+20 ©. 25 = 32 | 10 Ren RO. |, 28 2,75 I. ð 26 = 63 10 helle 0. |=- 60 30 will. O 
- 70 + 225 wE® : 65 | 40 wne.©. 127126 114 | 25 © 156 99 55 It ©. 27|- 56 10 bieS. —|= 56 40 WER. S 
= 50 |- 525 Reg. © = 30 70. |Rg.®. |28|- 75 2,25 Reg. nel. R.|7 7,6 40 |Neg. N. 28 1=: 55 + 05 WEN. = 55 5,0 wit. O 
= 38 | 35 nie ® - A5.|: 45 ; oil. ©. — a EIER TEEN ETUI NT. 
= 24 | 60 Reg. W 7724 7,0 Neo. ©. — = 30 3,25 helle ©. —— 10,0 helle ©. 
- 50 40 mW = 63 5,0 _ it. — —— ER 31 60 | 60 helle ©. = .49 13,0 wid, S 
— | Am 30. Januar Abends zwifchen 8 u. 9 Uhr Höchfter Barometerftand den 49. Januar — 28” 2,8 Mittler Barometerftand = 27" 2,2%, 
donnerte u, er es bei Dee Sturm A ſtark.ſ Tiefſter REN den 12. ‚Januar = 266 Au — Tag den 3. Maͤrz — — 7,00 





Erklärung der Abkürzungen: tt, triße, nit, wolkig, * Ken, nebl. nebelig, Net, Nebel; Stım, Sm 2. of, er "Sir, W. Ve, NR, Nord, 








Metenrologifche Zabelle auf Die Monate: Mpril, Mai, Juni, 1843, von W. Bechſtein. 






























































































































































































































































































































































































































2 a a a abe 1; ee Inne 
Früh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr. Fruͤh 8 Uhr. Nachmittags I Uhr. Fruͤh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr, 
R Giant derl@tanı tel Bufand Stand del Stand. on 0 Stand des Stand bes Zuftand a, a Be Stand deslStand des Zuftand 
& | Baro= |Thermo= des Baro=- |Thermo= des ® | Baro= |Thermo: des Baro= |Thermo=- des = Baro=- Thermo— des Baro= |Thermo- des 
meters. meters. Wetters. meters. meters. Wetters, meters. meters. Wetters. meters. meters. Wetters. meters. meters. Wetters. meters. meters. Wetters, 
| 1 127° 4,5“) 9,0° tr. ©. 27° 5,0) + 10,0° Itr. W. __ 1 127“ 9,0” 10,0° |helle N. 27" 9,0")4+ 150° |pelleN. Gmom| 1 127% 6,3444 12,0 It. ©. 27% 5,6 16,5° jwiE. W. 
2]: 64 9% m©. = 58 150 wi. ©.®. | 2|- 93 9,25 he N. DO. |= 85 150 heile N. D. 2|= 40 |) 165 hle©. .|- 38 | 210 WE® 1 
Fee 90 WwES.W. |- 60 120 vl. SW. | 3|- 67 11,0 helle ©. = 60 16,0 helle ©. 3|=- 43 16,25 [helle ©. - 35 | 210 ven 1 
= = 45 80 386 12,5 |vit.&.0.6www.]| 4|=- 50 | 10,0 helle )=- 50 15,0 helle N. Sal=7 aA 16,0 helle N. ®. | = 
5|= 60 | 75 HU. 1-64 10,0 wit, ®. 5.2.52 10,0 \wiE. N. = 52 13,0 wie. N. 5|=- 57 | 130 in ©. = 45 — 
6|- 53 | 55 helle ©. - 81 100 |Reg.®. | 6|- 54 95 |hele ©. |= 50 150 He %. | 6|= 55 10,75 wit. W —— 
7|= 50 75. |\m ©. - 40 11,5 It. ®. — 38 10,5-+ tr. ©. ®. - 40 95 N. 7|\=- 58 10,25 helle ©. W. |: 
s|=- 18 95 Reg SWieſSt. 30 11,0 wi. ®. Strm.| 8 |= 35 60 ° WEN. SD. |= 28 | 11,0 Ihelle ©. 8|-: 68 10,25 \helle ©. = 
-91=' 30 6 WS. |- 230 I U | 920 65 WENNS |= 38 120 wEN.D. | 9|= A 120 |Reg. S P 
10 |- 20 225 |tr. N: = 40 55 WEN.W. [10|- 64 65 WEND |- 72 80 [tr N. 10 \=: 57) 95° |Reg.©. Wi|- 
1|=- 52 | 235 wE® ,|--44|.60 wmEW. | 11 |=.:90| 50 ||helle ©. - 90 | 1125 wife. R. 11): 63 | 120 |wif. ® B 
12 |2 58 2,75 |wif. W. = 58 | 625 |wif. ®. 12|- 8 | 105 he SW. |- 78 | 145 wi. ®. 12|- 40 90 Mg. N.V. | 7 30 11,0 Reg. N. 
BBje3 BEE = 45| 50 | 13:| =. 68: |0785, Weller 82 105 |. N. 3|- 317 DS |Rg® = 35 | 30 Re. ®. 
14 |: 54 30 wii, W - 58 60 wie W. 14 |- 60 50 ER Deren 14 |- 50 100 tm. N = 60 130 m. ®. 
5 |= 80 | 35 wi. ®. - 99 70 WEN. 115 |- 40 SB ET: 115 |. ©.0m um. 15 7 66 925 |. N. D. = 6» 105 |. N | 
16 |- 91 5,0 - helle ©. zB 120 helle ©. 16 = 40 11,0 helle ©. ®. |-, 28 150 . ©.92. [16 |= 60 | 90 |Nebt. ©. = 5,8 13,0 \wif. R. 
Era 75 helle ©. - 60 125 wEN.®. I17|- 28 90 Reg ©. |: 23 135 wie. ®. 17 |: 66 130 helle ®. |- 72 16,5 |wiE. N | 
18.12.0770 85 helle N. — 130 helle N. DO 18 |= 25 55 NR |: 30 50 Neg.O0. 118 |= 80 | 150 hieS |: 74 | 190 hieS©.D. | 
"19/2 783 80 helle ©. — 145 bee ©. ©. [19 |- 1 5,75 Meg. N. : 50 7,20. 01: RD. ED 20 MIO Bee ee 21,0 venmoo.. 
20 1= 58 helle ©. : 50 180 wik 1201: 64 8,75 \wik. ©. 2 93 11,0 \wik. ©. 120 |= 43 115 |. N. ©. - 50 13,0 tr. RN. 
2 |= 54 | 130 helle ©. - 55 | 190 jwiE. R. 21 |- 62 | 11,5 helle ©. - 55 | 150 helle ©. ©. [21|- 79 11,0 helle ®. : 73| 10 wi.®. | 
2|- 6l 10,75 tr. R. GE 30 Meg N.D. | 22 |= 56 10,0 tr. ©. - 50 125 ni. ©.®. [22 |- 60 130 wi.©.®. |- 58 30 U R.®. | 
3|- 83 419 m R.O 2782178070808 ]:232 75,6 12,0 helle ®. = 51 150 wii. NR. ° 123 |- 58 90 |tr. W. - 59 120 WW. 1 
241; 70 4,75 hie N. ©. |= 65 50 RO |24|1- 51 13,25 |helie N. ©. |= 47 18,25 |wif. ©. 24|- 50 10,25 tr. ®. [fe -590 B35E% = 
23 |- 61 50 IhieS. ° 17 56 10,0 |tr. ®. 751: 2738 16,0 helle ®. =.32 150 fr. D.om.u.w! 25 |= 40 | 100 |Re. ©. |- 40 | 120 m. N. 
236 |= 49 | 80 |. ©. - 45 11,0 Itr. ©. 26 |= 37 11,5 |te. ®. - 44 13,0 wit. ®. 26 = 22 | 85 Reg W. Be 10,0 Reg. ®. 
27 |- 58| 75 m - 50 | 9 |RgN.D. [27 |- 42 | 100 Reg. ©. - 42) 10 ni. ©.®. |27|- 39 | 100 nt®. _ |- 40 | 0 mEW 
123 |- 56 55 wii - 60 12,0 |wiE. N. 38.|=- 27 120 \wif. ©. - 81 14,25 vi. &.®. |33|- 33 11,0 |te. ©. za BSG 
29 | - 66 90 hieES. |- 62 15,0 wik. ©. 29 | - 5 | 15 mES WM |:- 58 120 wit. ®. 29 |= 230 130 wit. S. ®. |- 21 130 Reg ©. 
30 | = 80 11,5 helle ©. - 80 15,25 helle ©. 30 |=- 781 70 Rg&.W |- 36 95 helle 1130|: 42 90 It. W. = 45 12,0 |wlf. ®. 
R ar 27785 10,0- helle ©. : 74 In D r — 
Hoͤchſter Barometerſtand den 15. April — 27° 9,9, Mittler Barometerſtand —= 97 3,90% 


Tieffter Barometerftand den 26 u. 29. Juni — 27° 2,0% Wärmfter Tag den 2 u. 5. Juni — + .21,0° 





Erklärungen der Abkürzungen: tr, trübe, wlk. wolkig, Neg, Negen, Nebl, Nebel; Stem, Sturm, Gew,.v, w. Gewitter von weitem, O. Oft, S, Sid, W, Wert, N, Nord, 


XI. 


Bekanntmachung der Preife und fonftigen 
2luszeichnungen, 


⸗ welche 


vom Kunſt- und Handwerksverein zu Altenburg wegen 
der bei Gelegenheit der fiebenten Verfammlung deutfcher 
Land⸗ und Forftwirthe veranftaltet geweſenen 


Kunft: und Gemwerbs: Ausftellung 


zuerkannt worden find, 


Der Kunft»s und Handwerföverein allhier Hat auf 
den Grund der von feiner Commiffion zur Leitung der 
bei Gelegenheit der fiebenten Verfammlung deutfcher Lands 
und Forftwirthe geöffnet gewefenen Kunſt- und Gewerbös 
ausftellung und den von diefer hinzugezogenen Sachverſtaͤn⸗ 
digen abgegebenen Gutachten in ſeiner am 6, ð. Mts. 
gehaltenen Sitzung beſchloſſen, den nacherwaͤhnten Einſen⸗ 
dern wegen der bei ihren Namen angegebenen Ausſtellungs⸗ 
gegenſtaͤnde folgende Auszeichnungen er ertheilen, als: 


J. Die ſilberne Verdienſtmedaille des 
⸗ Vereins: 

1) dem Großherzogl. Weimariſchen Profeſſor Grünler 
zu Zeulenroda wegen der unter Nr. 9 bis 12 im 
Katalog angeführten mit wahrhaft fünftlerifchem Geifte 

aufgefaßten und mit vorzüglihem Fleiße audgeführten 
ODelgemaͤlde; 
2) dem Fabrikanten Behr & Schubert in Frans 
. ers wegen der unter Nr, 273 bis mit 285 
fi 8 


-— m = 


aufgeführten vorzüglihen, an Güte den außerdeutfchen 
nahe ftehenden feidenen Stoffe; 


3) dem Papierfabrifanten Joſeph Wei in Ziegen» 
hals bei Neiße wegen der unter Nr, 508 bis 512 
aufgeführten Erzeugniffe und Proben von der von 
ihm neu erfundenen Waldwolle. 


II. Die bronzene Berdienftmedaille des 
Vereins: 


N den Tuchfabrifanten Gebrüder Seelig in Annas 
berg wegen der, im Katalog nicht eingetragenen, 
fi) dur die Güte und Feinheit der Appretur auds 
zeichnenden Tuche; 


2) dem Verfertiger chirurgiſcher Inſtrumente und Meſſer⸗ 
ſchmidt Heinrich Haus wald zu Dresden wegen 
der unter Nr. 169 und 170 und 


3) dem Meſſerſchmidt Moritz Kunde zu Dresden 
wegen der unter Nr. 171 aufgefuͤhrten ausgezeichne⸗ 
ten Meſſerſchmidtwaaren; 


4) dem Riemermeiſter Heinrich Schneider allhier 
wegen der unter Nr. 368 und 369 ausgeſtellt ge⸗ 
weſenen ſehr ſauber und geſchmackvoll gearbeiteten 
Pferdegeſchirre und Jagdtaſche; 

5) dem Koͤnigl. Haupt⸗Zeughaus⸗Schwertfeger Ernſt 
Ludwig Voigt zu Dresden wegen der unter 
Nr. 137 bis mit 152 im Katalog aufgeführten durch 
ihre folide, gefchmadvolle und feine Ausführung ſich 
außzeichnenden GSeitengewehre; 


6) dem Hofbildhauer Heß jun. allhier wegen der von 
ihm auögeftellten, jedoch im Katalog nicht aufgeführs 
ten, dur die Aehnlichfeit mit ihrem Original vors 
zuͤglich anfpredhenden und mit Mn Fleiße aus⸗ 
gefuͤhrten Gypsbuͤſte. 


—_ 15 — 
UL, Die öffentlich ausgefegten Geldpreife, 


und zwar: 


a) einen Preis von je vier Louisd'or: 


1) dem *ifchlermeifter Bernftein allhier wegen des 
unter Nr, 222 aufgeführten mit vorzügliher Ges 
nauigfeit und Sauberfeit gearbeiteten Sekretaͤrs; 

2) dem Hofbuͤchſenmacher Gmeiner allhier wegen der 
unter Nr, 129, 130, 618 und 619 aufgeführten, die 
befannte Gefchiclichfeit des Verfertigerd beurfundens 
den Gewehre und Piftolenz 


b) einen Preis von je drei Louisd’or; 


1) dem Hofgoldarbeiter Kiel ing sen. allhier wegen 
des unter Nr. 684 aufgeführten, von ihm zuerft im 
Inlande gefertigten emaidirten Ordens; 

2) dem Holjfhniger H. Gleitömann in Langen⸗ 
leuba⸗Niederhain wegen des unter Ar. 237 
aufgeführten kunſtvollen und ſehr rein geſchnitzten 
Kronleuchters; 

3) dem Buͤchſenmacher A. W. Edel in Leipzig 
wegen der unter Nr. 135 a. uw b. aufgeführten 
fehr Funftvoll und tuͤchtig gearbeiteten beiden Doppel» 
gewehre; 


e) einen Preis von je zwei Louidd’or: 


1) dem Maler Eduard Schnabel allhier wegen des, 
Im Katalog nicht aufgeführten, Delgemäldes „Hans 
Sachs“ als feiner erſten ausgefuͤhrten eigenen 
Compoſition; 

2) dem *ifchlermeifter Johann Georg Amthor in 
Gotha wegen des unter Nr. 221 aufgeführten 
kuͤnſtlich eingelegten und geſchmackvoll ausgeführten 
Saͤulentiſches in gothiſchem Geſchmack; 

3) dem Gerbermeiſter Jacob Lange in Cahla wegen 
der unter. Nr, 367 aufgeführten feinen: Cylinderfalbfelle; 
8 % 


— 6— 


4) dem Sattlermeiſter Friedrich Löffler in Poͤßneck 
wegen der unter Nr. 370 aufgeführten vorzüglich 
fauber und tüchtig gearbeiteten Sättel; 

5) dem Nothgerbermeifter Auguft Kellner in Cahla 
wegen der unter Nr. 667 bis mit 674 aufgeführten 
gut gefärbten Leder; 


d) einen Preis von je einem Louisd’or: 

1) dem Gürtlermeifter Herrmann Köhler allhier wegen 
feines , durch die unter Nr. 693 bis 695 auögeftells 
ten Gegenftände befundeten, Tobenswerthen Beftrebens 
der Anwendung galvanifcher Vergoldung ; 

2) dem Buchbindermeifter Herrmann Graf alldier wegen 
der unter Nr. 518 bis 525 auögeftellten geſchmack⸗ 
vollen Buchbinderarbeiten ; 

3) dem SKlempnermeifter Auguft Sander in Chem» 
niß wegen der unter Nr. 200 aufgeführten mit 
vorzüglihem Fleiße und Geſchicklichkeit aus einem 
Stuͤck getriebenen achteckigen Theemaſchine; 

4) dem Drechslermeiſter Adam Heinke allhier wegen 
der unter Nr, 257 und 258 aufgeführten kunſtvollen 
Drechölerarbeiten; 

5) dem Klempnermeifter Friedrih Wilhelm Flach jun. 
allhier wegen feined, durch die unter Ar. 190 bis 
mit 199 ausgeftellten Gegenftände befundeten, aufzus 
munternden Beftrebend, auf der Drehbanf gedruͤckte 

Blechwaaren herzuftellen ; 

6) den Gebrüdern Schlenzig in Luda wegen des 
unter Nr. 371 ausgeftellten von ihnen neu confteuirs 

. ten und Tüchtiges leiftenden Blafebalgs ; 

7) dem Hofbürftenfabrifant Meufhfe allhier wegen 
der unter Nr, 463 aufgeführten vorzuͤglichen Bürften. 

IV. Einer öffentlihen Belobung wurden für 
würdig erachtet: 

4) der Kunftdrechölermeifter I. €. Siegling in 
Erfurt wegen der unter Nr, 248 bi mit 253 





rt 
u 


WR 


aufgeführten Re in Hieſchhorn geſchnitzten Ge⸗ 
genſtaͤnde: 

2) der SKürfchnermeifter 3. G. Liebel in Leipzig 

wegen des unter Nr, 374 aufgeführten geſchmackvoll 
zufammengefeßten Pelzteppichs; 

3) die Brieftaſchen- und Etuis Fabrif von Adolph 
Schlegel in. Freiberg wegen der unter Nr. 375 
bis mit 444 aufgeführten geſchmackvollen und faubern 
Rederarbeiten ; 

4) der Snopfmaher ©. Ettler & Comp. in Leip⸗ 
zig wegen der unter Nr, 471 und 472 aufgeführten 
Fünftlihen Snopfmacherarbeiten ; 

5) der Buchbindermeifter Theodor Reuter allhier wegen 
der unter Nr. 530 aufgeführten fauber gebundenen 


Alltarbibel ; 


6) der Gold⸗ und Silberarbeiter Yuguft German 
allhier wegen der unter Nr. 579 und 580 aufgeführs 
ten gelungenen Silberarbeiten ; 

7),der Mefferfihmidt Traugott Keller in Dresden 
wegen der unter Rr, 616 und 617 aufgeführten 
vorzüglihen Meſſer; 

8) der Hofbüchfenmaher W. Hanau in Gera wegen 
der unter Nr. 683 ausgeſtellt geweſenen ſehr gut 
gearbeiteten Doppelflinte; 

9) der Drechslermeiſter C. G. Lorentz in Dresden 
wegen des unter Nr. 685 aufgefuͤhrten mit vieler 
Geſchicklichkeit aus Hirſchhorn zuſammengeſetzten und 
mit ſchoͤnen Gravirungen gezierten Stuhls. 


Ferner ſind 


V. die Handſchuhfabrikanten Johann Ludwig Ran⸗ 
niger F Söhne allhier wegen des unter Nr. 244 und 
245 aufgeführten Sortimentd von Ledern und daraus 
gefertigten feinen Handſchuhen der ihnen bereits im 


— ı Ale 


Sabre 1840 ertheilten. filbernen Berdienftmedaille von 
Neuem für würdig erachtet worden; 

und endlich ift 

VI. dem Hutmachermeifter Friedrih Daniel Kittel in 
Roda zur Aufmunterung für feine unter Nr, 337 
bis 340 zur Anfiht auögeftellten Verſuche in der 
Herftellung von Filztuch eine außerordentliche Remunes 
ration von einem Louisd’or ertheilt worden, 


Wir koͤnnen übrigend diefe Befanntmahung nicht 
fhließen, ohne zugleich allen denjenigen, welche durd) ihre 
Einfendungen die diesjährige Kunft» und Gewerbsaußftellung 
wohlwollend unterftügt haben, unfern herzlihften Danf 
bierfür auszudruͤcken. 


Altenburg, den 11, October 1843, 
. Das —— des Kunſt⸗ und Handwerks⸗ 
Vereins. 


Meißner. Dr. Bad, C. Voretzſch. E. Kalkoff. 
Ed. Lange, Secretair. 


— — 


XIV. 


Bermögenszuftand 
des 


Kunft= und Handwerksvereins und der Kunſt- und 
Handwerksſchule. 


A. Beim Kunft: und Handwerksverein hat 1842 betragen 
1) die Einnahme: 


159 Thlr. 12 Nor. Pf. Kaflendeftand vom Jahre 1541. 
13 2 — ss — 3 Aufnahmegelder der neuen Mite 
- glieder, 
226 » 2 s 5. Beiträge der Mitglieder, 
154 » 5 s — s gnädigft verwilligte Beiträge aus 
GStaatöfaffen, 
10 ⸗— 5 — 3 zurücgesahlted Activcapital. 
35 s 12 s — ⸗ Binfen von ausgeliehenen Activ⸗ 
capitalen. 
688 Thir. INgr. I Pf. Sildercur. Sa. aller Einnahme, 


2) Die Ausgabe: 
Br 10. Ngr. — Pf. für einen Apparat zum galvanis 
ſchen Vergolden, Berfilbern zc. 
6 ⸗56 » — s nicht eingegangene Reſte von 
t Beitragsgeldern. 
86 ⸗28 » 5⸗ für Bücher, Journale und Zei⸗ 
* tungen. 
60 » 29 82Druckkoſten, Copialien und — 
—* binderarbeit. 


167 Thlr. 8 Ngr. 8 Pf. Latus. 


— 190 — 


167 Thlr. 8 Ngr. 3Pf. Transp. 
82 s 7 s 6 s» Aufwand auf Herausgabe der 
Mittheilungen aus dem Ofterlande, 
9» 3 s 65 für Erleuchtung, Heizung und 
Reinigung des Verſammlungs⸗ 
lokals. 
fuͤr Praͤmien und Unterſtuͤtzungen. 


— 2 
52 = 20 ⸗ — ⸗ an Beſoldungenu. Remunerationen. 
100 ⸗— » — > ausgeliehenes Activcapital. 
7 2% = 2 s Poftporti und Botenloͤhne. 
3 ss 23 = 9 > Snfertionögebühren. 
47 = 5 = 5 s» inögemein. 


661 Hr. 2INgr, Pf. Silbercur. Sa. aller Ausgabe. 
3) Daraus ergibt fih ein Kaſſenbeſtand von 


26 Thlen. 2 Ngr. 8 Pf. 
welcher mit den ausgeliehenen Activ⸗ 
capitalen von 2 2 22.2... 90 =» — ⸗— ⸗ 


zufammen. einen reinen Vermögens» 
fand von . 0. 976 Thlen. 2Ngr. 3 Pf. 


begründet. 
B. Bei der Sunft- und Handwerksſchule hat 1842 betragen, 
1) Die Einnahme: 
64 Thlr. I Ngr. 7 Pf. Kaflenbeftand von 1841. 
49 ⸗25 s 7 s dffentlihe Beiträge für unfere und 
| andere inländifche Sonntagds und 
Gewerbfchulen, worunter 102 Thlr. 
23 Nur. 3 Pf. aus hiefiger Raths⸗ 
fammerei und 5 Thlr. 4 Nor. 
ia 2 Pf. von der Freimaurerloge zu 
Prämien. 
14 » 15 so — s Binfen von auögelichenen Activ⸗ 
capitalen. 
43 ⸗8⸗820 Eintrittsgelder von 33 Schülern, 


761 Thlr. 20 Rgr. 2 Pf. Sa. der Einnahme. 








— 121 — 


2) Die Ausgabe: 


246 Thlr. 19 Ngr. Pf. auögezahlte Beiträge für die 
übrigen Gewerb s und Sonntagds 


ſchulen. 
5 » 12 s 7 s Snfertionsgebühren u. Buchbinder⸗ 
j arbeit. 
9 » 16 s — » für Geraͤthſchaften und Inven⸗ 
tarienftücfe. 


As 7 es 5 = Beihen- und Schreibmaterialien. 

599 ee 5 s > Beleuchtung, Heizung und Reis 
nigung der Schulzimmer. 

65 = 6 s 95 Honorar für 8 Lehrer und 2 
Schuldiener. 

13 » — 2 % > indgemein, namentlich Reifeunters 
ftüßung eines ehemaligen —R 

600 Thlr. 8 Ngr. 3Pf. Sa. der Ausgabe. 


3) Daraus ergibt ſich 
161 Thlr. 20 Ngr. 9 Pf. Kaſſenbeſtand, welcher mit 


100 ⸗ — ⸗ — >» in einem Preuß. —— 
ſchein und mit 
3050 2 — ⸗— =  auögeliehenem Activcapital. 


3311 Sole 20 Ngr. 9 Pf. Gefammtvermögen der Kunfts und 
Handwerföfchule begründet. 


& XV. 
Aus dem Protokoll 


uͤber die 
Herbſtverſammlung der pomologiſchen Geſellſchaft, 
den 11. October 1843, 
Don Ed, Lange, Secretaie der Gefellfhaft. 


“ Die diesjahrige Herbftverfammlung der pomologifchen 
Geſellſchaft, welche, vieleicht in Folge der unfichern Witte 
zung, nicht ſehr zahlreich befucht war, wurde durch den 
Vorfisenden, Heren Regierungs⸗ und Konfiftorialrath 
Dr. Bad um 12 Uhr eröffnet, indem derfelbe die 
Wahl der Gefellfhaftsbeamten und die Beant⸗ 
wortung und Befprehung der öffentlich aufs 
geftellten Fragen ald die wichtigſten —— 
unſerer heutigen Zuſammenkunft bezeichnete. 

Die erſte Frage lautete: Welche Erfahrungen 
ſind im Laufe des verfloſſenen Sommers im 
Blumen-, Gemuͤſe⸗ und Obſtbau gemacht wor⸗ 
den? und man antwortete: Im Ganzen iſt uͤber den 
Blumenflor nicht zu klagen geweſen, wenn auch der 
Froſt in den Nächten vom 9, bis 11. Mai bier und da - 
einigen Schaden brachte, z. B. an den Schwert und 
Seuerlilien. Namentlich zeigten fi) die Georginen 
weit danfbarer ald im vorigen Jahre und prangen nod) 
jeßt, wenn auch vom Sturme zerzauft, in erfreuliche Bluͤ⸗ 
thenfüle. Im Garten ded Herrn Vorfigenden hatte die 
Fuchsia coccinea 5 bis 6 Fuß lange Sommerlatten und 
eine außerordentliche Blüthenfiile gebracht und ebenfo wie 
Fuchsia globosa die Ueberwinterung im freien Lande gut 





- 135 — 


uͤberdauert. Im Herbſte werden dieſe eingefchnitten und 
mit trocknem Laube uͤberdeckt und Haben fo fhon 4 Wins 
ter unbefchädigt ertragen. Seit noch längerer Zeit aber 
ftehen ganze Gruppen Fuchfien im Eifenberger Schloßgarten 
im freien Lande und zeigen fortwährend das fehönfte Ges 
deihen. Zwar wurde die Frage, ob dieſes Ueberwintern 
auch bei den zarteren Fuchfien verfucht worden fei, verneintz 
doch bemerfte Herr Kammerrath Waitz, daß die Fuchſien 
mit Knollen vielleicht ebenfo wie die Georginen oder wie 
Salvia patens durch Aufbewahrung ihrer Knollen an einem 
feoftfreien Orte den Winter hindurch erhalten werden 
koͤnnten. Endlich erzählte noch Herr Quaas, daß er im 
vorigen Jahre von der Erythrina crista galli einige reife 
Saamen erbaut und in diefem Jahre auögepflanzt habe, 
ſie feien aber noch nicht aufgegangen. 

Ald man hierauf zu den im Gemüfebau gemad)s 
ten Erfahrungen überging, bemerfte zuerft der gegenwärtige 
Berichterftatter, daß in Folge der Ueberfchwemmungen im 
Monat Juni in feinem Garten in Saara Kartoffeln 
audgefault feien und dann aus Mangel an binreichenden 
Knollen in den Blattwinfeln Luftfnollen angeſetzt haͤt⸗ 
‚ten, in denen wahrfcheinlich ein Theil des Staͤrkemehls 
niedergelegt fei, welches die Blätter gegen den Herbft Hin 
gu erzeugen und -die abfteigenden Saftgefäße den Knollen 
zuzuführen pflegen. Solche Luftknollen feien auch bei uns 
behäufelten und in feuchtem Boden ftehenden Kartoffeln 
oder an gefnickten Aeften in feuchten Jahren gar nicht 
felten „und ſcheinen ihm ein trefflicher Beleg fuͤr die Anſicht zu 
fein, daß die Kartoffeln eigentlich als unterirdifche ftärfes 
mehlhaltige Stengel zu betrachten feien, welche das bis⸗ 
berige Pflangenleben gleich den unterirdifchen Queckentrieben 
im nächften Jahre fortzufühten beftimmt feier. Hiermit 
 Mimmte auch das, was Herr Paftor Hempel aus Zedt⸗ 
fig, ebenfalls unter Votzeigung mehrerer Kartöffelftengel mit 
Luftknollen, über die große Produftionsftaft der Kartoffels 
pflange mittheilte, vielfad überein. Denn auch bei ihm 


a —— 


hatten die unter Waſſer geftandenen Pflanzen eine Menge 
Zuftfnollen getrieben und ihm auf die Frage gebracht, ob 
diefe Kartoffelzweige nicht, "bei gehöriger Ueberhäufelung mit 
fruchtbarer Erde, ftatt der unbrauchbaren Luftfnollen „eine 
Menge brauchbarer unterirdifcher Knollen. geliefert haben 
würden. Hierzu bemerkte Herr Candidat Lange, daß ein 
derartiged hohes, etagenartiges Behäufeln der, auseinander 
gebreiteten Kartoffelzweige bereitö vor einigen Jahren Fleinern 
Landwirthen in oͤffentlichen Schriften empfohlen worden fei, 
um den Ertrag der Kartoffeln zu erhöhen; doch muͤſſe er 
geftehen, daß nad feinen desfalls angeftellten Verſuchen 
der erhöhte Ertrag wohl kaum den Geld» und Zeitaufwand 
vergüte, welchen ein ſolches Verfahren erfordern würde, 
Dagegen habe fi) dad Auspflanzenvon Kartoffel: 
zweigen in fofern wohl bewährt, als diefe von: viels 
zweigigen Stöcfen abgelöft und huͤbſch dicht neben einander 
an leere Stellen eingepflanzt jeder einige anfehnlihe und 
wohl ausgereifte Sinollen geliefert hätten, wo fonft nad) 
dem Ausfaulen der Stoͤcke gar nichts hätte erbaut wers 
den fünnen, 

Hierauf legte der Herr Borfißende ald ein merks 
würdiges Naturfpiel einige von unferm Mitglied Herrn 
Friedrich Geyer in Eifenberg ihm überfandte gefchedte 
Blätter und Fruchthuͤlſen der gewöhnliden 
Bohne den Anwefenden vor und verfprach, einige reife 
Früchte diefed Bohnenftods im naͤchſten Jahre auszulegen, 
um zu verfuchen, ob ſich diefes Naturfpiel vieleicht wies. 
derhole. Deögleichen zeigte Here Nat Zinfeifen Blu⸗ 
men und unreife Sruchthülfen einer aus Amerika era 
baltenen Bohnenſorte vor, die in den meiften Gärten 
eingegangen "war,  Endlih wurde auch noch der diese 
jährigen reihen Erträge an Bohnen, Erbfen, 
Kohl, Möhren, Zwiebeln, Sellerie und Spars 
gel neben einer nur mäßigen Öurfenernte gedacht, 
dabei aber auch der ungewöhnlich zahlreihen Raupen 
des Kohlweißlings nicht vergefien,. welche unfern 


— Di 


Kohlpflanzungen in den Testen Wochen dad Anfehen von 
Befenreißig gegeben und die Bewohner der Gartenhäufer 
faft aus ihren Wohnungen getrieben oder doch um den 
Genuß friſcher Luft in ihren Zimmern gebracht haben, 
Als man hierauf zu den Erfahrungen über den 
Obſtbau überging, bemerkte zuerft Herr Teihmann, 
daß er gern die Anficht der Verfammelten über die erfte 
für die Verfammlung der deutfchen Lands und Forftwirthe 
aufgeftellte pomologifche Frage vernommen hätte, welche den 
verhältnigmäßigen Nugen der Obftanpflanzung an 


den Feldräandern zu ihrem Gegenftande gehabt habe. 


Seiner Anfiht nach brächten Obftbäume an den Feld» 
ändern den Feldfrüchten allerdings Schaden, denn ihre 
Wurzeln nähmen die Bodenfraft eben fo fehr in Anſpruch, 
ald ihre Kronen den freien Zutritt von Luft und Sonne 
erfchwerten. Doch fei ed nicht einerlei, welche Rihtung 
ſolche Baumreihen an den Feldern hätten, und in Bes 
ziehung auf die Einwirfung der Sonne würde er immer 
Baumreihen, die von Süd nad Nord liefen, Tieber fehen 
als folhe von Oft gegen Welt. Auch nahmen unter dem 
Kernobft Birnbaume weniger Raum in Anfpruh als 
Apfelbäume und unter dem Steinobft Pflaumbäume weniger 
als Kirfhbäume, weshalb die erfteren in Nücficht auf das 
Feld den Vorzug verdienten. Ye weniger übrigens. Gegend 
und Boden den Obftbäumen zufage, und je weniger ein 
reicher und lohnender Ertrag von denſelben zu erwarten 
ſtehe, um ſo weniger wuͤrden dieſe auch den Schaden, 
welchen ſie dem Felde braͤchten, zu erſetzen im Stande 
ſein. Doch ſchien * B. in der Gegend von Teplitz, wo 


‚oft ſelbſt mitten in den Feldern Obſtbaͤume ſtaͤnden, 


ſowohl viel Obſt-⸗ als auch viel Getreide gewonnen 
zu werden. 


Hierzu bemerkte der Berichterſtatter, daß den Baum⸗ 


reihen von Süden nach Norden allerdings der Vorzug beis 


wohne, daß fie die Einwirfung der Sonne dem anftoßens 
den Felde nicht fehr entzögen, dagegen hätten fie aber 


— 16 — 


für das zunächft dftlih daran ftoßende Feld den Nachtheil, 
den Regen, der bei und meift aus dem Weſten fomme, 
aufsufangen und fo dem Felde mit Krone und Wurzel 
gleichmäßig die Feuchtigkeit zu entziehen. Er würde daher, 
ganz abgefehen von den Anfprüchen ded Schönheitöfinnes, 
in diefen zwei Beziehungen dad Bepflanzen der Bicinals 
wege mit Obftbäumen für die Felder am unbedenflichften 
dann finden, wenn die von Welten nad Often laufenden 
Wege an ihrer Südfeite und die von Süd nad) Nord 
giehenden Wege an ihrer MWeftfeite Baumalleen erhielten. 
Dann würden die erftern Alleen ihren Schatten auf die 
Wege werfen und die legtern Alleen würden. den Regen 
nicht von den Feldern, wohl aber von den Wegen abhalten, 
Uebrigend gebe er noch zu bedenfen, daß man im Hol⸗ 
fteinifchen den Feldumzaͤunungen unter Anderm auch 
den Vortheil zufchreibe, daß diefe die Winde braͤchen und 
den umzäunten Aderboden mild und feucht erhielten, und 
frage nun an, ob nicht Obftbaumallen um die Felder 
wenigftend an den Wegen hin eine ähnliche Wirfung haben 
würden. Dagegen meinte man, daß die Zäune wohl 
bauptfächlih zum Zufammenhalten der weidenden Vieh⸗ 
beerden beftimmt feien, daß man den freien ungehinderten 
Luftzutritt den Feldern lieber geben ald nehmen folle, und 
daß namentlich die Kirſchbaͤume durch die frühe Reife ihrer 
Früchte zum Niedertreten der anftogenden Feldfrüchte noch 
die Veranlaffung gäben. 

Hierauf trat man dem dritten Theile der vorliegens 
den Frage nody näher, und der Here Vorfigende theilte 
zuerft einen kurzen Auffag des Herrn, Sebaftian Englerth 
in Würzburg über eine franfhafte Erfheinung 
an den Blättern der Obſtbaͤume mit, Es hatte 
nämlih in diefem Jahre eine reiche Obftbläthe und ein 
günftiger Fruchtanfag in Unterfranken. gute Hoffnungen 
auf eine ergiebige Obfternte erweckt. Allein im Juni bes 
fegten fich die Apfelbaumblätter, oben ibefonders an den 
Blattrippen, mit einem braunen Staube, der ihnen ihr ana 


| 
| 


- wi 


genehmed Grüm entzog. Auch die Blätter der Birnbäume 
blieben nicht frei davon und zeigten diefe Krankheit befons 
derd auf ihrer untern Seite. - Diefer Staub griff die 
Blattſubſtanz an und verurfachte, bis zur andern Seite 
vordeingend, trockne Flecken und ein frühzeitiges Abfallen 
diefer Franfen Blätter. Here Englerth ift mehr geneigt, 
diefe thatfächlihe Krankheit einer Auflagerung ald einer 
Ausfcheidung beizumefjen. Auch die Früchte diefer Bäume 
blieben nicht frei von ähnlichen Flecken und fielen großen 
Theils vor der Zeit ab, An den Blättern der Zwetfchens 
bäume bemerkte man viele braune und gelbe Pilze, deren 
man auch an den Blättern und Früchten der Walnußs 
bäume beobachtete. Man war Herrn Englertd für diefe 
Mittheilungen um fo danfbarer, ald diefelben auch von 
eingelegten franfhaften Blättern und eingefandten ſchwarz⸗ 
gefledten Früchten begleitet waren. Indeß glaubte der 
Berihterftatter fie doch mehr ald eine Ausſcheidung anſehen 
zu müffen, weil in feiner Baumſchule unter einigen hundert 
Apfelforten mehrere Sorten ganz untermifcht mit den krank⸗ 
baften Bäumen, völlig gefunde Blätter zeigten, während 
die Nahbarbäume von einer zärtlicheren Sorte bereits ihre 
franfhaften Blätter abgeworfen und zum Theil fogar wies 
der neues unreifed Holy aus den früher erwachfenen Frans 
fen Sommertrieben hervorgetrieben hatten. Er müffe daher 
bierbei zunachft an die Befchädigungen, welche der Froſt 
vom 9. bis 11. Mai den GSaftgefäßen der zärtlicheren 
Apfelforten gebracht habe, und dann an die Ueberfülung 
rohen Saftes denfen, weldhe die naſſe Witterung im 
Juni den Blättern zugeführt und welche bei dem Mangel 
an Sonnenfhein nicht gehörig habe verarbeitet werden 
fönnen. Hierauf berichtete Here Paftor Hempel aus 
Bedtlig, welhen Schaden der Spätfroft am 9, und 
10. Mai der reichen Obftblüthe gebracht und wie ders 


- felbe die gehoffte reiche Obfternte in eine ziemlich fpärliche 


umgerwandelt habe, indem nur die im Schuge von Wäns 
den ftehenden Obftbäume in feiner Gegend reichliche Früchte 


- m — 


gebracht hätten. Dazu hätten die Baume felbft nicht 
wenig gelitten, indem fie, der- Froſt in der uͤppigſten Vege⸗ 
tation getroffen und fo ein Stocden der Säfte veranlaßt 
habe. Doc fünne auch das ſchlechte Ausfehen ‚der Obfts 
bäume eine Folge mehrmaliger Sonnenregen fein. Jeden 
Falls fei ein durchgreifended Auspugen und Einftugen der 
fhadhaften Bäume, ferner tiefed Auflockern, Erneuern und 
Düngen des Bodens um fie ber fehr zu empfehlen, wenn 
der Winter ihnen nicht noch größeren Schaden bringen folle, 
Here Teichmann erinnerte darauf an die Nach⸗ 
wirfungen des trodnen Hungerjahres 1842 
auf die Thiere und namentlich auf die Milchergiebig— 
feit der Rinder, welde troß aller diesjährigen Futters 
mittel doc) nod) immer nicht völlig wieder hergeftellt fei, 
und glaubte, daß auch der Franfhafte Zuſtand unferer 
Obſtbaͤume noch eine Nachwirfung von 1842 fein Fönne, 
wie ja auch das häufige Eingehen und Sränfeln von 
Pappeln und Weiden darauf zurüczuführen fein möchte, 
Auch Here Kammerratd Waitz hielt die fragliche 
Blattfranfheit der. Obftbaume mehr für eine Ausfcheidung 
ald für eine Ablagerung aus der Luft. Jeden Falls fei 
im Juni ein Mifverhältnig im Auf- und Abfteigen des 
Saftes eingetreten; die daraus entftandene Saftſtockung 
babe Franfhafte Saftausfonderungen veranlaßt, und der fo 
ausgeſchwitzte Saft fei in, Gaͤhrung und Fäulniß gerathen, 
Das gabe nun den beften Boden und die geeignetfte Grunds 
lage für allerhand Fryptogamifche Gewaͤchſe ab, welche auf 
den Blättern wuchernd dad Verderben nur noch vers 
mehrten. Dabei fielen ihm feine jest vom Mehlthau fo 
oft: befchädigten Nofen ein, den man hier ehedem an den 
Roſen faum gefannt habe, bevor er an einigen aus Haarlem 
bezogenen Stöcen aufgetreten, feit dem aber nie wieder vers 
fhwunden fei. Es fei nun einmal den Kryptogamen eine 
ungemeine Vermehrung eigen, fobald diefen nur die aͤußern 
Bedingungen einigermaßen günftig wären, und folche bes 
günftigende -Umftände ſchienen ihm allerdings der Froſt, die 


» 





| 
| 


| 


e 


- 19 — 


große Feuchtigkeit und die Sonnenregen zu fein, welche dies 
ſes Frühjahr und gebracht hätte, 

Hierauf gedachte Herr Teihmann der großen Bes 
ſchaͤdigungen, welhe der Hagel in feiner Gegend den 
Obftbäumen gebracht, und Herr Dr. Jacobi des in 
Schwaben üblihen Anftreihend der Obftbäume 
mit Seifenfiederafhe, in Waffer angerührt, 
ftatt daß man hier meift Kalf dazu verwendet, und ber 
Berichterftatter zeigte noch die rothen Frühte eines 
Sämlings vom rothen Paradiesapfel vor, welche 
die doppelte Größe der Früchte ihres Mutterftammes, im 
Ganzen aber doch wieder denfelben Habitus hatten. Dann 
legte derfelbe einige bergamottenartige große grüne Birnen 
vor, welche Herr Oberförfter Schmidt in Paſſow in 
Pommern nebft einem ſchoͤnen rothen Apfel zu gefäliger 
Beftimmung an die Gefelfchaft eingefendet hatte, und ließ 
den Apfel cirfuliren. Die Birnen. aber wurden zum 
Behuf des Koftens für die Mittagstafel aufgehoben. 
Endlich zeigte derſelbe auh noch eine Menge Birns 


blätter, deögleihen au einen Birn-Sommertrieb. 


und eine Birne, welche fämmtlich mit einer, Hauptfächlich 
die untere Seite der Blätter ergreifenden Krankheit 


behaftet waren, wobei ſich zuerft im Anfange des Som⸗ 


merd eine gelbe oder röthlihe Blatter zeigt, hierauf die 


Blattfubftang an der untern Seite anfhwillt, dann mehr 


rere Tegelförmige Erhöhungen emporfteigen, aus denen im 


Herbfte ein brauner rusartiger Staub fommt, welder 


fi) wahrfcheinlid auch auf die Sinospen lagert und von 
biefen aus im nächften Jahre wieder die jungen Blätter 
‚mit feinen Keimförnern heimſucht, wodurd bei Hinlängs 
licher Vermehrung Anfangs ale Früchte und zulegt der 
ganze Baum zu Grunde geht. Diefe Blattfranfheit der 
Birnbaͤnme ift faft in allen Gärten Altenburgs mehr oder 
Weniger zu finden und hat feit einigen Jahren ſchon meh» 
were Bienbdume, die auf den gefundeften Unterlagen ans 
— gediehen, zu Grunde gerichtet, indem manche 
9 


* 


— 60 — 


Baͤume kaum noch ein geſundes Blatt und einzelne Blaͤtter 
derſelben 6—10 ſolche Blattern zeigen. 

Die zweite aufgeſtellte Frage war: „weldes f ind 
die beliebteften Apfel» und Birnforten, die 
jest im Bereihe der einzelnen Mitglieder 
gebaut werden, und zwar a) wegen ihres guten 
Gefhmads, b) wegen ihrer befondern Nutzbar⸗ 
keit in der WirtHfhaft und c) wegen ihrer vor⸗ 
züglihen Tragbarfeit?“ 

Here Paftor Hempel antwortete; Um Borna und 
Zedtlig ift der frühzeitige und tragbare Frauen» Waizens 
oder Gerftenapfel fehr verbreitet, dann der rothe Stettiner 
und der Borödorfer, welcher lestere aber nicht ſonderlich 
trägt; ferner findet fih der rothe- Kardinal (mit dem 
rothen Danziger Kantapfel einerlei) der Moris Schellenberg 
(der feine Weißborödorfer), der rothe Taubenapfel, der dauers 
bafte und tragbare rothe Franzfaderapfel (rothe Fenchels 
apfel) der Quitten⸗, Es und Safferapfel in vielen Gärten, 

Die haͤufigſte Birne ift die Rettigbirne; die Peterds 
birne ift fchon feltener, auch feltener als die Grünbirne 
oder Sommerbergamotte, As Wirthöfchaftöbirne ift ber 
fonderd die Speck⸗ oder Schmeerbirne häufig; dann findet 
man noch oft alte Baume der Martinsbirne, der Frauens 
birne und der Krautbirne, welche neuerdings von beſſern 
Sorten verdrängt werden. 

In der Umgegend von Altenburg dürften die ges 
wöhnlichften Obftforten der Waizenapfel, der Grauapfel 
(rother Sommerrambour ?) die englifche Birnreinette (Pear 
Renet, großer Sommerzueferhut), der Safferapfel (Safran 
apfel), der fränkifche Süfapfel (Süpfranfe), der Pfingfte 
apfel, der.rothe Stettiner, das Spishütchen (weißer Taus 
benapfel) der rothe Franz⸗ oder MWeihnachtdapfel, der 
Franzkader⸗ (rothe Fenchel=) Apfel, der Borsdorfer, die 
Sorellreinette (lange rothgeftreifte grüne Reinette), die Grau 
reinette und der Winterftreifling fein, ALS die gewöhnliche 
ften Birnen Fönnen vielleicht geltens die Johannisbirne 





— 131 — 


(Grüne Sommernagdalene), die Peteröbirne, die Nettigs 
birne, die Butterhofe (Große Pfalzgräfin), die römifche 
Honigbirne (Fleine Pfalzgräfin), die Zapfenbirne, die Harts 
mannsbirne (weiße Butterbirne, beurr& blanc), die Ambrette 
oder Grieöbirne (Wildling von La Motte) die Schuppens 
Biene, die Speckbirne, die Winterbirne (Venusbruſt ?), 

m Weftfreife des Herzogthums Altenburg baut 
man nad) Angabe des Herrn Borfißkenden am liebften 
Calvillen, pigeons , Franzbädchen, Peteröbirnen, : Coule 
soif, Rettigbirnen, bon chrötien oder Bunfetine wegen 
ihres Wohlgeſchmacks; Petersbirnen, Margrethenbirnen, 
Rettigbirnen, Hafelbirnen, Stettiner, Reinetten, Grauäpfel, 
Safranäpfel wegen ihrer wirthfchaftlichen Nußbarfeit, Mars 
garethenbirnen, Peteröbirnen, Simöbirnen, Stettiner, Reis 
netten und Pigeons wegen ihrer vorzüglichen Tragbarfeit, 

In den Gaͤrten Herrn Teichmanns zu Mudern 
herrſchen der Bohnenapfel, der fraͤnkiſche Suͤßapfel, der 
Safranapfel, der Pigeonet und vor allen der ———— 
Himbeerapfel oder Mohrenborsdorfer vor. 

Endlich empfahl noch Herr Kammerrath Waitz die 
faftvolle Napoleonsbirne zu weiterer Verbreitung, nachdem 
die Frage des Berichterftatterd nad) der pomologifchen Bes 
deutung der mancherlei Provinzialnamen der genannten 
Fruͤchte damit befeitigt worden war, daß man auf die im 
naheliegenden Saale in zahlreichen Eremplaren außgeftellten 
und mit den Ortsnamen größtentheils bezeichneten Früchte 
hingewiefen hatte, unter denen die Mehrzahl der genannten 
Obſtſorten enthalten wäre. Solche Frühte hatten 
ausgeſtellt 1) der Herr Vorſitzen de aus ſeinem 
Garten in dem Weſtkreiſe und aus ſeinem Hausgarten hier, 
2) Herr Schullehrer Vogler aus Leeſen über 250 
Nummern SKernobft und 7 MWeinforten, 3) Herr Beffer 
|. Fr der auch ein Sortiment fihöner Georginen und daruns 

einige interefjante Sämlinge beigegeben hatte, 4) Herr 
ter Back aus Lohma a. %, der auch mehrere 
ntlich große Rüben eingefandt En 5) Herr 


— - 


Kantor Bad aus Gdödern und 6) Herr Kaftellan 
Hammerfhmidt. Endlich hatten wir und noch eines 
fhönen Georginenfortiments vom Herrn Direftor 
Dr. Foß und einiger Weims und Kartoffelforten 
von Heren Oekonom Börner zu erfreuen, 

Auch die dritte Frage follte noch abgehandelt werden, 
während die Stimmzettel zur Beamtenwahl herumgegeben 
wurden. Sie lautete: welche Kartoffelforten zeich— 
nen fi bei und aus, a) dur Feinheit des Ges 
ſchmacks, b) durh Tragbarfeit, c) durch frühe 
Reife? 

Here Paftor Hempel meinte, ald vorzüglichfte Kars 
toffel nach ihrem Geſchmack gelte wohl die rauhfchalige, 
innen gelbe Lerhenfartoffel. Dagegen finde man 
wegen ihrer Tragbarfeit die große weiße englis 
fhe oder wilde und die rothe lange Zopffartoffel 
beachtenswerth. Durch ihre frühe Reife endlich zeiche 
neten fi) die Nierenfartoffel und die Karlsbader 
Mäufe aud. Herr Kandidat Lange rühnite dagegen 
als Speifefartoffel die rothe Lerhenfartoffel, ins 
dem die weiße Lerchenfartoffel, wie auch Here Teichmann 
beftätigte, nur anfangs wohlfchmede, fpäter aber troden 
und geobfleifhig werde. Wohlſchmeckend fei ferner 
die Algierfartoffel. Doch glaube er einen feiner 
Sämlinge den meiften Speifefartoffeln im Geſchmack vors 
ziehen zu muͤſſen. 

Als eine ſehr frühe Kartoffel Habe fich die frühe 
Amerifaner und dann aud die Lerhenfartoffel 
audgewiefen. 

Hierauf empfahl Here Hager wegen ihrer Trag⸗ 
barfeit die unter dem Namen Frohburger verbreitete 
Viehkartoffel und Herr Teihmann die bei ihm 
unter dem Namen Dürrenberger und Englifche Kare 
toffel verbreitete Sorte. Doch machte der 2estere hierbei 
zugleich auf das Haltloſe und Schwanfende der hier waltenden 
Nomenclatur aufmerffam und bedauerte, daß für den Kar⸗ 


\ » 





— 153 — 


toffelbau noch weit weniger durch Beſchreibungen und 
Abbildungen der vorhandenen Sorten gethan fei als für 
- den Obſtbau. Als darauf nad der Rohanfartoffel 
gefragt wurde, theilte Herr Börner mit, wie biefe Bei 
ihm ſeit 2 Jahren, im Großen angebaut, ſich ergiebiger 
ald die. tragbarften Viehfartoffeln gezeigt und ihren guten 
Muf alfo wohl bewährt habe. 

Nachdem nun der Herr Vorfißende noch bemerft 
batte, daß die neu begründete Gefellfhaft der Gars 
tenfreunde Berlins mit unferer Gefelifchaft in Vers 
bindung zu treten wünfche, und daß Herr Englerth noch 
einen Auffag über den Winterfroftffhaden an Obfts 
Bäumen und Traubenftöden und über die Mittel 
diefen Schaden zu ermäßigen, der Gefellfchaft zur 

enugung wohlmwollend uͤberlaſſen habe, daß aber Heute 
leider feine Zeit mehr dafür vorhanden fei, wurde noch fols 
gended Refultat der indeß eingefammelten und zufammens 
- geftelten Stimmzettel befannt gemadt: 

4) Ad Direktor der Gefellfehaft ift Herr Kam⸗ 
merrath Wais mit 17 Stimmen erwählt. Außerdem - 
* der Berichterftatter 5, Herr Regierungsrath Dr. Bad 
2, und Here Kanzleirath Behftein 1 Stimme. 

2) Ad Vicedireftor war Here Regierungsrath 
Dr. Bad mit 9 Stimmen erwählt. Außerdem hatte der 
Berihterftatter 2 und Here Graf Beuft, Herr Kanzleis 
rath Bechftein, Herr Landesjuftig- Direftor Thienemann und 
Herr Kammerrath Waig jeder 1 Stimme. 

3) Ad Secretair hatte der Berichterftatter, obs 
glei er fehon im Voraus ſich jede Wicdererwahlung vers 
beten hatte, 5, Herr Kandidat Lange, der dies ebens 
falls gethan, 4, Herr Advofat Adam 3 und die Herren 
Dr. Bad, Hager, Hempel, Rogge und Winkler 
* 1 Stimme, Um dem Zweifel ein Ende zu machen, 

t ſich endlich der Verichterftatter, noch ein Jahr lang 

tair fein zu wollen, ward aber durch das Anerbieten 
a, ded Kandidaten Lange, für diefen Fall 


— B — 


ihm, lieber «diefe Arbeit abnehmen zu wollen, zur Zuruͤck⸗ 
nahme diefer Erklärung veranlaßt und demnad) Den an⸗ 
didat a nge old Secretair anerfannt. 

4) Das Amt des Kaffirers hatten alle Stimmens 
den wieder, Herrn Kammerrath Hafe zugedacht und 5) 
dad des Bibliothefars mit Ausnahme einer einzigen 
Stimme, die auf Herrn Seidewiß gefallen war, wieder 
Heren Rogge. 

Die Sitzung ſchloß um 2 Uhr, 





xvi. 


Ueber den Winterfroſtſchaden an Obſtbäumen 
und Traubenſtöcken, und wie man den Schaden 
ermäßigen kann. 


Von 
Sebaſtian Englerth. 


In verſchiedenen Jahren treffen unſere Pflanzungen 
ganz ſchaͤdliche Naturereigniſſe, die wir ungehindert ges 
ſchehen laffen muͤſſen. Manche dienen uns zur Lehre, fie 
bereichern ‚und mit Senntniffen, die wir fpäter nutzbar vers 
wenden; auch Fann die Schadlichfeit oft durch richtiges Ente 
gegenwirfen gemildert werden. Zu diefen Ereigniffen gehört 
auch, der. ftärfere Winterfroft, welcher unfere Baume und 
Weinberge beſchaͤdigt. 

Nach unferem Flimatifchen Verhältniffe und, der. Natur 
der Bäume und Teaubenpflanzen treffen uns diefe Frofta 
fhaden zwar. felten, werden auch, bei einem. darauf folgen: 
den -günftigen. Sahre, wenn. fi) die Vegetation einigermaßen, 
wieder, ‚erfeßt, ald unangenehme Gäfte der Vergeſſenheit 
übergeben, : Deßwegen. wurde, fo. viel mir befannt iſt, 





= WM — 


biöher Fein Verfahren näher bezeichnet, der Schädlichfeit 
des Winterfroftes in Bezug auf Obftbäume erfolgreich ents 
gegen zu wirfen. 

Bevor wie diefes verfuhen, muͤſſen wir erft bie 
Erfcheinungen des Winterfroftes nad ihrer verfchiedenen 
Art näher Fennen lernen. Diefe find dreierlei: 

1) Beſchaͤdigung der Theile außer der Erde (Stamm, 
Aeſte, Zweige), wobei die Wurzeln gut bleiben. Hier 
vegenerirt fich, bei mäßiger Befchädigung, die Pflanze wies 
der ſelbſt. 

2) Beſchaͤdigung der Wurzeln, während die äußern 
Theile gut bleiben. Hier muß die menfhlihe Hand 
Hilfe leiſten. 

3) Belhädigung des ganzen Baumes (der obern 
Theile und der Wurzeln) worauf der Tod erfolgt, 

i ad 1. Nach) unferm Flimatifchen Verhaͤltniſſe ift der 
hoͤchſte Kältegrad in feltenen Jahren 250 R. Die Kälte 
wird meiftend dur) voraus Statt gehabte bedeutende 
Schneefaͤlle auf diefe Höhe gefteigert, Durch die Schnee— 
decke fann der Froft nicht in den Boden eindringen‘, die 
Wurzeln der Gewächfe werden fohin gleichfam durch ein. 
Winterfleid gefhüst, und nur auf. die außer dem Boden 
befindlichen Theile kann die Kälte ungeſchwaͤcht, je nad) der 
Natur der Pflanze mehr oder minder vernichtend wirfen, 
Bei einem SKältegrad von 180 R. leidet ſchon der Weins 
ſtock, fteigt die Kälte höher, oder gar auf 250, fo leiden 
auch die Bäume fehr, und unter diefen zuerft die von 
Natur zarteren, dann auch die dauerhafteren, je nad) 
ihrer Stärke, zunächft an den ſchwaͤcheren Zweigen, dann 
an den Aeſten und zulegt aud) am Stamme, wie z. ©, 
im Jahre, 1830 der Weinſtock, der Nußbaum, Pfirfiche, 
Aprifofen, und zum Theil auch die Kernobftbäume. 
Haben nur die jährigen Zweige oder ſchwaͤcheren 
Acſte gelitten, die ftarfen Aefte und der Stamm aber nicht, 
fo fenden im Frühjahre die in ihrem ganzen Bereiche gut 
liebenen Wurzeln, die in einem ungleich größern Vet⸗ 


- MB 


hältniffe zu dem noch teiebfähigen Holze ftehen, mehr Saft, 
als diefes zum gewöhnlichen Wachsſthume braucht; die 
Vegetation wird daher im fommenden Frühjahre am Baume 
oder Weinſtocke duch mehr und Fräftigere Triebe, duch 
üppigered Wachsthum, ald in andern Jahren, das Erftorbene 
bald von felbft wieder erfegen. 

ad 2) Anders ift es, wenn bei früh eintretendem Win⸗ 
terfeofte, länger anhaltender und immer fteigender Kälte 
Gedoch nicht über 189) ohne Schnee der Boden bis zu 
einer Tiefe von beiläufig 2—8 Fuß gefrieret, hierauf bei 
eintretendem Regen noch im Winter wieder oben aufthaut, 
und Feuchtigkeit in fi aufnimmt, ohne daß diefes haus 
wetter fo lange anhalt, um den gefrornen Boden ganz zu 
durchdringen. Denn wenn nun wieder Froft eintritt, fo 
werden die Wurzeln zwifchen zwei getrennten fi) erft nad 
und nad) vereinigenden gefrornen Erdſchichten gedehnt und 
vielfach befchädigt, wovon und der Winter 1842 ein Beis 
fpiel gibt. Diefes muß ganz nadhtheilig auf das Wurzels 
vermögen der Pflanzen einwirfen, wie wir es aud im 
Sommer 1841 beftätiget fanden. Obgleich die Baume und 
der MWeinftof im: Winter außer dem Boden nicht litten 
(der tieffte Stand des Thermometerd war 179 den 16. und 
17. December 1840), und obgleich ein günftiges Frühjahr 
mit vieler Winterfeuchtigfeit und ein teodener Sommer 
darauf erfolgte, fo war dod das Wachsthum der gefundes 
ften Bäume, befonderd auf leichtem Boden, fehr geſchwaͤcht; 
mehrere ftanden ſiech, andere ftarben ganz ab, und die 
Ernte war eine geringe, Es ergab fi ein unberechen⸗ 
barer Schaden für die Obftfultur. In gleichem Verhälts 
niffe war der Nachtheil im Weinbaue. Die Rebfchulen 
wurden meiftend zerftort, die Setzen litten ſehr, und die 
Stoͤcke in den tragbaren Weinbergen entwidelten weniger 
Schoſſe, oder hatten eine geſchwaͤchte Triebfraft, Trotz des 


baldigen und günftigen Frühjahr und des fonft dem 


Weinſtocke zufagenden trocknen und warmen Sommers fielen 
die Trauben nach der Blüthe ftarf aus, die hängen geblica 





— 137 — 


benen ſchritten, im Vergleich zu andern Jahren, nicht in 
gleichem Verhaͤltniſſe vor, die Krankheit „der Brenner“ 
trat mit feltener Heftigfeit ein, ed gab wenig Wein, 


Alles dies beruhte auf der größern oder geringern 
Belhädigung der Wurzeln durch den Winterfroft, Der 
Grundfag: „Wurzel, Stamm und Aefte ftehen in gleichem 
Verhältniffe und gleicher Wechſelwirkung,“ muß uns im 
ganzen Pflanzenreiche ftets als Leitfaden dienen; wir finden 
ihn jederzeit in der Natur vollfommen beftätige. Wird 
alfo durch Winterfroft ein Theil der Wurzeln getödtet, fo 
teifft dieſes die oberen feineren (Haarwurzeln), gerade dies 
jenigen, die durch ihr vielfeitiged Verzweigen mit ihren 
Endfpigen den Saft einfaugen und den Wurjeläften zufuͤh⸗ 
‚ ten; die wenigen, noch gut gebliebenen Wurzeln fünnen 
der unverfürzten Krone mit ihren vielen Aeften und Zweigen 
unmoͤglich die volle Bodenernaͤhrung, wie früher, verfchaffen; 
die unvollfommene Ernährung wird ein ſchwaͤchliches Wachs⸗ 
thum veranlaſſen, der Baum muß ſiech werden, einzelne 
Aeſte ſterben ab, und manche Baͤume gehen wohl gan 
ju Grunde, 


Diefed bemerkend fehnitt ih an meinen Spalierbiumen 
fon im Sommer 1841 mehrere fränfliche Aefte aus, ans 
dere zurüd, und fand den beften Erfolg. Meine größeren 
Bäume ließ ich unberührt. Als ich aber, dur) das Gelbs 
werden der Weinberge im Sommer 1842 aus ganz ents 
gegengefeßter Urfahe, ald fie es fonft zu werden pflegen, 
naher aufgeflärt, über diefen Gegenftand einen. Auffas 
fhrieb *), wurde ich erft auf das wahre Verhaͤltniß der 
Wurzeln zu den dufern heilen aufmerffamer. Ich ers 
flärte mir nun erft die Krankheit der Bäume, und mit -der 
Erfenntnig waren die Mittel zur Nachhilfe nicht fern. 
IH weiß wohl, daß während der Ruhe der Vegetation, 
dor dem Sprofien, die eigentlihe Zeit. zum Baumfchnitte 





9) Abgedrudkt in der Brauendorfer Gartenzeitung vom %. 1843. 


— 18 — 


iſt, und wie ſehr oft die Natur einen verſpaͤteten oder 
ungeſchickten Schnitt beſtraft. Die Zeit zum Baumſchnitt 
war uͤberſchritten; ich glaubte aber, daß hier ein Sommers 
fihnitt zur Rettung ded Baumes angewendet. werden koͤnne 
und muͤſſe. Ich machte einen Verſuch an dem meift ber 
fhädigten Apfelbaume meined Gartens, von der Dicke eines 
Armes, der früher gang gefund und Fräftig war und 
fhöne Früchte trug, während der verfloffenen Jahre aber 
nur mit gelben Blättern befest war, und die Srüchte gleich 
nach der. Blüthe wieder abwarf, was fi, im Fruͤhjahre 
1843 wieder zeigte. Ich ließ. ihm vor dem zweiten Safte, 
Mitte Juni, die Aefte auf die Hälfte zuruͤckſchneiden. Es 
entwickelten ſich ſchon nach Verlauf von vier Wochen kraͤftige 
junge Schoſſe wovon noch in demſelben Jahre mehrere zu 
einer Höhe von 1 Fuß heran wuchſen. Der Baum bekam 
ein geſundes Ausſehen und fihien ſich volfommen erholt - 
zu ‚haben, litt auch nicht von der allgemeinen Krankheit, 
der Anfangs Juli auf der Oberfeite mit einem. braunen 
Staube belegten Blätter der Apfelbaume; doch waren feine 
Blätter etwas empfindlich für den Brenner an den heißen 
Tagen vom 14 —20. Auguft. 

Ich glaube, diefen Gegenftand im allgemeinen Intereſſe 
anregen zu dürfen, und erlaube mir, darauf aufmerffam 
zu machen, daß bei einem wiederfehrenden Falle der Baum 
ſich nicht ſelbſt überlaffen bleiben darf. Die menſchliche 
Hand muß thätig fein, ein angemeſſenes Verhältnig zwifchen 
den befchädigten Wurzeln und den Aeften zu erhalten und 
wieder herzuftellen. Das Näthlichfte ift allerdings, ſolche 
Bäume im Frühjahre auszuſchneiden. Diefes Fann aber 
derfäumt werden, oder man kann wohl auch durd) 
den Fruͤhlingstrieb ſich erft die Ueberzeugung verſchaffen, 
in wiefern der Froſt auf jeden einzelnen Baum ein⸗ 
wirftes denn es koͤnnen Bäume von einer Größe und 
einem Standorte, der eine mehr, der andere weniger ers 
feoren fein, was in dem SKernftamme und der verfihiedens 
artigen Bewurzelung ſeinen Grund bat. Sobald man aber 


— m —- 


durch den geſchwaͤchten Fruͤhlingstrieb über die Größe der 
Beſchaͤdigung belehtt und auf die jedem Baume entſpre⸗ 
chende Hilfe aufmerkſam gemacht iſt, ſo ſaͤume man nicht, 
ihn auch im Sommer zu beſchneiden. Denn ſo gefaͤhrlich 
es waͤre, einen Baum von entſprechendem Verhaͤltniſſe der 
Wurzeln zu den Aeſten beſonders auf fettem Boden im 
——A zu beſchneiden, ſo geſchieht es hier mit dem beſten 
Erfo ge. Man unterlaſſe es nicht, den Baum noch vor 
Eintritt des zweiten Saftes einzukurzen, was doch nur an 
den aͤußern Theilen geſchieht und keine große Verwundung 
veranlaßt, die ſich in einigen Jahren wieder vernarbt. 
Wie viele Baͤume haͤtten ſo vor dem Abſterben ge⸗ 
ſchuͤtzt werden, hätten ſich wieder als geſunde Bäume ers 
kraͤftigen und noch lange durch ihre geſegneten Fruͤchte 
lohnen koͤnnen, welche ohne dieſe Hilfe. abgeſtorben ſind! 
Im gleichen: Tale muß: auch der, Weinſtock im 


Fruͤhjahre weniger und fürzeres Holz, ald in gewöhnlichen: 


Jahren, angefchnitten erhalten. Die Bodenernährung fommt 
dadurch mit den äußern Theilen in ein gleiches Verhaͤltniß; 
durch Die Neproduftion der Wurzel: erfräftigt: der: Pi 
wieder und wird gefund. 


m ge 


— 190 — 


XVII. 


Etwas über einige mineralifche Düngitoffe. 


Aus den Verhandlungen des Landwirthfchaftlichen Vereins 
mitgetheilt 


Be von 
deſſen Secretair Eduard Lange. 


Nachdem dur die Aufnahme von 8 neuen Mits 
gliedern, den 1. November 1843, die Mitgliederzahl des 
Landwirthfehaftlichen Vereins bis auf 91 vermehrt worden 
war, ging man ohne Weiteres zu den bis zur heutigen 
Sigung verfchobenen Fragen über die mineralifhen Düngs 
ftoffe über, welde von Herrn Pesold in Goldſchau ſchrift⸗ 
li) beantwortet waren, welche Beantwortungen diefer auch 
jedesmal zuerft vorlas, 

Die erfte Trage war: „Welche Erfahrungen find 
bei und über den Gebraud und die Wirfung der Gyps⸗ 
düngung gemacht worden, und bei welcher Pflanzenart 
und Bodenbefchaffenheit zeigte fich diefe beſonders wirffam ? 

Nach den Erfahrungen von Bärenfteind, Mehnerts 
und Anderer fol die Wirfung des Gypſens jeßt auf unferem 
Boden lange nicht mehr fo entfchieden und durchgreifend 
fein, als vor etwa 20 Jahren. — So durfte. damals 
bei Mehnerts Vater der Saamenflee nicht mit Gyps bes 
fireuet werden und blieb gegen den gegyypſten ſtets Flein 
und fpärlih, war aber daflr aud) ergiebig an Saamen, 
während diefer jet, obgleich ebenfo ohne Gypsdüngung 
gelafien, faum gegen den gegypſten zurücdbleibt.e Und 
Pachter Henks, der feit 18 Jahren feinen Klee weder mit, 
Gyps noch mit Düngefalz beftreut, hatte gleichwohl, bes 








— 441 — 


fonderd in den legten Jahren nie über ein fpärlichere& 
Wachsthum deffelben zu klagen. Kreſſe fand dagegen den 
Gyps nad) vielfachen Verfuchen auf fein andres Gewaͤchs, 
‚ald auf den Klee wirffam, glaubte aber aud) hier einen 
halben Scheffel für den Acker hinreichend, weil nad) feinen 
Berfuhen größere Mengen bei günftiger Witterung kaum 
größeren Erfolg, bei ungünftigem Wetter aber fogar ein 
Verbrennen der Pflanzen zur Folge gehabt hätten. Ueber⸗ 
haupt fiheint die Witterung bei der Gypsdüngung von 
großem Einfluß zn fein, indem in dem einen Jahre auf. 
demfelben Kleeacker der ungedüngte Klee eben fo gut 
waͤchſt, ald der mit Gyps oder Düngefalz gedüngte, in 
dem anderen Jahre aber wieder ein merflicher Unterfchied 
zu Gunften des gedüngten hervortritt. Es darf namentlid) 
nicht fogleih auf den auögeftreuten Gyps regnen, fonft 
quilt er nicht auf, wie im Sonnenfchein, fondern klebt zu 
unwirffamen Slumpen zufemmen, Was. die Bodens 
befchaffenheit anlangt, fo wirft er am wohlthätigften auf 
zaͤhem und ftrengem Boden, fo daß vielleicht feine vermins 
derte Wirffamfeit zum Theil daher fommt, weil jest der 
Boden durdy die vielfadhere Bearbeitung überhaupt ſchon 
lockerer und aufgefchloffener ift, ald vor 20 Jahren. Die 
günftigfte Wirfung aber Hat er unter allen Pflanzen auf 
Klee, für den ihn aud) viele Anweſende noch immer als 
dad geeignetfte Düngemittel anfahen, ob ihm gleich Nies 
mand einen: fehe nachhaltigen Einfluß beilegte. — Weit 
wweifelhafter war feine Wirfung auf Exrbfen, Wien, Bobs 
nen und andere Hülfenfrüchte, die Petzold vertheidigte, 
Andere beftritten und wieder Andere nur auf das Blätters 
werf, keineswegs aber auf die Saamenergiebigfeit diefer 
Fruͤchte zugeftanden. Endlich rühmte noch Kammergutös 
pachter Loͤhner ſeinen Einfluß anf einen Weinſtock, der 
danach außerordentlich gewachſen, aber keine Bluͤthen ge⸗ 
bracht habe, und Gutsbeſitzer Mehnert erzaͤhlte, daß eine 
ge Weiſe, mit Gyps theilweis beſtreut, an dieſen 
tellen im erſten Jahre das uͤppigſte Wachsthum gezeigt 


— MB — 


babe, fo dab Moos und Binfen wie verſchwunden und 
gelber Klee auf einmal in Menge vorhanden gewefen wäre; 
‚allein ſchon im folgenden Jahre fein Moos und Schilf 
wieder fichtbar, die Unergiebigfeit der Wiefe aber noch aufs 
fallender gewefen ald vorher, fo daß fie faum durch 
Dünger wieder habe hergeftellt werden fünnen, Dagegen 
haben aber v. Bärenftein und Kreſſe bei fi) dad Moos 
auch nicht ein Jahr vor dem Gyps verfchwinden gefehen. 
Da nun aber der Gyps ald fehwefelfaurer Kalk ſchwerlich 
unmittelbar die Pflanzen nähren fann, fo ſchien auch die 
Frage, wie derfelbe der Vegetation überhaupt förderlich fein 
fönne, nicht unwichtig. Niemand wagte aber zu entfcheis 
‚den, ob er wirklich aus der Luft Fohlenfaured Ammoniaf 
anziehe, und ſich mit diefem gegenfeitig in fohlenfauren 
Kalf und in ſchwefelſaures Ammoniak zerfege, welcher legtere 
‚dann durch feinen Sticfftoffgehalt und vieleicht auch durch 
feine: Schwefelfäure und deren Schwefel der Vegetation 
ſdrderlich werden foll, 


Die zweite Frage war: „Welche Wirkung bringt 
Kauf auf Aeckern und Wiefen hervor; für welchen Boden 
und für, welche Gewächfe ift die Kalkduͤngung vorzüglich 
geeignet, und welches ift dazu die befte Zeit? 


Petzold hält Kalfotıngung vorzüglich für humusreichen 
Boden, v. Bärenftein und Paſtor Meifel auch auf Lehm 
und befonderd auf fihweren, thonigen Boden geeignet, 
Wagner will nicht allein die Befchaffenheit des Bodens 
am fich, fondern auch feine biöherige Benutzung berüdfichtiget 
wiflen, indem ſich die Kalfdüngung bei ihm auf bisheriges 
Holjland bei deſſen Umwandlung in Feld ausgezeichnet 
wirffam erwieſen und: diefen lehmigen Holzboden in wer 
nigen Jahren außerordentlich gelocfert und verbeflert habe. 
Nur müfe man den Kalk trofen einbringen. _ Dann 
folge ihm ſchoͤnes Fornreiches Getreide, das ſich nicht 
leicht Tagere, und gegen dad nur’ etwa der Einwand ges 
macht werden "tönne, daß das Stroh etwas zäh und 





— — — — 


— 143 — 
von den Dferden als Hädfel etwas weniger gen ige 
frefien werde. 

Kreſſe brachte in diefem Jahre etwas alten Kalt auf 
vorjähriges Gerftland, das heuer zu Hafer beftimmt war. 
Das damit gedüngte Beet Hafer ftand weit beffer, al 
die übrigen, der Hafer blieb dicht und wuchshaft, ald der 
andere Anfangs Fränfelte, wurde aber am Ende auch lager, 
wie der übrige, 

Henks und Löhner fanden den Kalf, allein und mit 
Braunfohlenafche gemengt, fehr wirffam als Wiefendüngung, 
Loͤhner namentlich auf moorige Neuwiefen, wo feine Wirfung 
mehrere Jahre fichtbar blieb. Während aber Henfs meinte, 
daß der Erfolg des im Frühjahr geftreuten Kalks erft im 
Grummet recht fihtbar werde, hatte Hager I. auf einer 
MWiefe die Erfahrung gemacht, daß das Wachsthum nad) 
Kalk zwar ſchnell eintrete, aber auch fehnell vorüber fei, 
Doc, ſtellte fi) bald heraus, daß diefe Wieſe Mergel zum 
Untergrund hatte, deflen Kalfgehalt allerdings jede Kalk⸗ 
dingung unraͤthlich zu machen fihien. 

Daß aber Kalf auch auf vieljähriges Aderland vor⸗ 
theilhaft wirke, hatte Kröber erfahren, bei welchem 24 Adfer 
Geld, das alle 3 Jahre gehörig gedüngt worden war, doch 
nie gehörige Ernten gebracht hatte, bis er daſſelbe aufer 
mit 32 Fudern Stallmift noch mit 47 Scheffeln Kalk 
düngete und dabei blos 4 Stellen ohne Kalf lieg. Dee 
Kalf wurde untergepflügt und das Korn ftand, nur mit 
Auönahme: der vier nicht gefalften Plaͤtze, ſehr gut und 
wurde nicht lager, wie anderes, gleich ſchoͤnes Korn in der 
Nähe. Wenn ſonach Kalf fi) in fehr vielen Bodens 
verhältniffen wirffam zeigt, fo dürfte derfelbe vieleicht nur 
bei Kalfs und Mergelboden und in trocknen Jahren auf 
Sandboden unräthlic) fein und dabei wohl allen Pflans 


 jengattungen gute Dienfte leiften. Die Fleinfte Quantität 


auf 4 Acer Landes dürften 4—5 Scheffel, und eine 
siemlich reiche Kalfdüngung fchon 7 — 10 Scheffel fein. 
WM man aber den Kalf nicht blos eineggen, fondern 


u — 


unterpflügen, dann fann man wohl, wie Kröber, bis zu 
20 Scheffeln auf den Ader anfteigen. Was nun endlich 
die Art des Aufbringend anlangt, fo erzeugt das Gtreuen 
aus freier Hand bei den Arbeitern Augenentzuͤndung und 
Huften, weßhalb fi) die Mengung ded Kalks mit Erde, 
oder dad GStreuen aus der Nadeberge mit ber Schaufel, 
welche der Arbeiter immer ein wenig bin und herwendet, 
empfahl. Anderwärtd fahrt man den Kalf in Haufen auf 
die Aecker, läßt ihn hier zerfallen und freut ihm dann, mit 
oder ohne Erdebeimifhung, ihn mit der Schaufel umher⸗ 
werfend. Alle Beläftigung der Arbeiter würde aber durch 
die Anmwendung einer zweckmaͤßigen Gyps⸗ und Kalfs 
fireumafchine wegfallen, wie fie, den Saͤemaſchinen aͤhn⸗ 
lich, namentli im Mecklenburgiſchen gebraucht werden 
follen, und Here Löhner verſprach, dad Modell einer folhen 
bei der nächfteh Verfammlung vorzuzeigen, 

Da nun aber der Kalf ald folcher nur in fehr fleinen 
Duantitäten in die Pflanzen aufgenommen wird, fo ift 
die Frage, wodurch derfelbe denn eigentlich fo günftig auf 
die Vegetation wirfe, von Widhtigfeit. 

Vielleicht dadurch, daß er die Humudfäure neutralifict 
und nad) und nad in nährende Kohlenfäure oder andere 
Koblenftoffverbindungen übergehen laßt, oder daß er die 
Kohlenfäure vom Kali, Natron und Ammoniaf abzieht und _ 
diefe Bafen dadurch, vieleicht nun auch mit Kiefelfäure 
verbunden, den Pflanzen zugänglicher madt. Aber mag 
es auch zugehen, wie ed will, der Kalf bleibt ein vor 
zuͤgliches und dabei (der Scheffel zu 4 Thlr.) nicht eben 
theures Düngungsmittel für die Aecker und Wieſen. 

Die dritte Frage wars „Weldhe Erfahrungen Füns 
nen über dad Düngen mit Knochenmehl angeführt wers 
den? Wie viel _Scheffel oder Gentner find namentlich) 
einee mäßigen Stalmiftdüngung für einen Altenburger 
Acer gleich zu feßen, und ift diefe Düngung wirffamer, 
wenn fie vor oder nach dem Winter, wenn fie auf feuche 
tem oder trodnem Boden angervendet- wird 2“ 


— 15 — 


Da Herr Petzold hieruͤber nicht ſelbſt gemachte Ers 
fahrungen beizubringen hatte, ſo begnuͤgte er ſich damit, 
einige anderwaͤrts gemachte Erfahrungen aus Schriften zu⸗ 
ſammenzuſtellen und zu wiederholen, worauf Rittmeiſter 
v. Baͤrenſtein das Wort nahm und bemerkte, daß ſich die 
Knochenmehlduͤngung bei ihm im Kleinen und bei ſeinem 
Schwager im Voigtlande im Großen, trotz der verſchieden⸗ 
artigſten von dieſem Letztern gemachten Verſuche und Be⸗ 
handlungsarten erfolglos bewieſen habe. 


Hager J. hatte von ihr auf einem Gerſtenacker keinen, 


auf 3 Beeten Lein aber einen ganz vorzuͤglichen Erfolg 


—⸗ EEE 


wahrgenommen, indem der Flachs hier weit ſchoͤner war, 
als auf den Beeten daneben. 


Loͤhner hatte von 9 Ackern Feld zu Sommerruͤbſamen 
3 Acker mit Stallmiſt und 6 Acker mit Knochenmehl aus 
Leipzig gedüngt und ziemlich gleich guten Rübfamen auf 
beiden Theilen geerntet: aber der Noggen im darauf fols 
genden und der Hafer im zweiten Jahre waren weit 
fhöner auf dem mit Knochenmehl, ald auf dem mit Stalls 
mift gedüngten Lande. 

Man müfje aber, fuhr derfelbe fort, das Knochens 
mehl ſchon vor dem Winter, oder doch ganz zeitig im 
Fruͤhjahre anwenden, wenn es feine Wirfung nicht erft in 
den nächften Jahren aͤußern folle. 

Auh auf Kirfhbäume Habe ed bei ihm die beſte 
MWirfung gehabt, indem diefe foweit als fie, jeder Baum 
etwa mit einer Backmulde vol Knochenmehl, gedüngt wors 
den feien, ein viel freudigeres Wachsthum gezeigt Hätten, 
ald die übrigen Bäume. Dagegen hatte Kröber, ebenfalls 
bei Flachs, vom Knochenmehl Feine Wirfung gefpürt, gab - 
aber zu, daſſelbe vieleicht zu fpät auf den Acer gebracht 
u haben. Um die entgegen ftehenden Erfahrungen noch 
um eine zu vermehren, erzählte nun auch Hager I., daß 
Dr. Glaß auf Zſchillichau feit mehreren Jahren ſich faft 
44 der Knochenmehlduͤngung mit gutem Erfolge 

A 10 


= ME 


bediene und fich fo beſſer zu fichen glaube, als wenn er 
noch feinen Viehſtand hätte, wie früher, und mit Stalmift 
dünge, Die erforderliche Quantität Knochenmehl, das man 
pr. Centner mit 14 Thlr. bezahlt hatte, ſchlug Loͤhner mit 
8 Centner fuͤr J Acker an und erklaͤrte zugleich einen 
maͤßig feuchten Boden fuͤr dieſe Duͤngung geeigneter, als 
trocknen Boden, wobei jedoch Rittmeiſter v. Baͤrenſtein 
bemerkte, daß man allgemein feuchten und ſchweren een 
dazu für ungeeignet halte. 


Offenbar fehlte ed über diefe Düngung noch an hins 
geichenden, alfeitigen Erfahrungen, zumal da zwifchen Kno—⸗ 
henmehl von feifhen und Knochenmehl von alten, halb 
verweften Knochen, dem vieleicht noch Kalf und andere 
minder wirffame Zufäge beigemengt find, ein großer Unters 
fhied if. So war man auch darüber nicht wohl im 
Klaren, ob ſich dad Knochenmehl erft erhigen ka ehe 
"man ed auöftreue oder nicht. 


Es beftehen aber die Knochen, der Hauptfache nach, 
aus phosphorfaurem und Fohlenfaurem Kalf und aus Gal⸗ 
lerte, die wiederum aus Kohlenftoff, Sauerftoff, Waſſerſtoff 
und Sticfftoff zufammengefest ift. Letztere Stoffe find zu> 
gleich Hauptbeftandtheile aller Pflanzen, und deßhalb Fünz 
nen frifche Knochen nach gehöriger Zerfleinerung und Aufs 
fhliegung faum erfolglos bleiben, Dagegen nähert ſich 
dad SKnochenmehl aus verweften Knochen fihon mehr der 
Kalkduͤngung, übertrifft diefe jedoch durch) ihren Gehalt an 
Phosphorfäure, die namentlich der Waizen, wenn auch nur 
in kleinen Quantitäten bedürfen fol, fteht ihr aber nad, 
weil beim SKnochenmehl der Kalf feine Kohlenfäure ſchon 
mit fich führt, wenn er auch wegen des früheren Gallert⸗ 
gehaltes der Knochen in auögezeichnet lockerm und aufgeſchloſſe⸗ 
nem Zuftande in den Knochen, enthalten iſt. Jedenfalls 
find darüber noch weitere, vergleichende Verfuche bei uns 
anzuftellen und dabei die Wirfung auf eine längere Reihe 
von Jahren hinaus nicht außer Acht zu laflen. 


: "mr, — 


Die noch übrigen Fragen über mineralifche Duͤng⸗ 
mittel follen in der naͤchſten Verfammlung im Monat 
Januar verhandelt werden. 


Nach Erledigung einiger andern Angelegenheiten wurs 
den hierauf noch 3, vom Herrn Dr. Richter in Roda_eins 
gefandte Kartoffeln, welche von der in jener Gegend vors 
fommenden Sartoffelflechte mehr oder weniger. angegriffen 
waren, berumgezeigt und dabei bemerkt, daß man diefes 
Uebel in unferer Gegend noch niemald wahrgenommen habe, 


Den Nachmittag darauf wurden. noch eine Anzahl 
landwirthſchaftlicher Geräthe und Mafchinen unter den Mit 
gliedern verfteigert. 





XV. 


Fortgefekte Verhandlunge 
des 
Landwirthſchaftlichen Vereins über mineraliſche Düngftoffe, 
En mitgetheilt 
von deſſen Secretaic Ed. Lange, 


Die vierte Frage Tautetes „Auf welchem Boden und 
unter welchen Berhältniffen wirft Mergeldüngung vors 
theilhaft? Wie wird diefelbe dem Acker einverleibt, und wie 
viel ift davon auf den Altenburger Acker nöthig ? Wie viel 
Zahre Hält diefe Düngung nah? In welchen Gegenden 
unſeres Landes find gute und reichliche Mergellager vors 

handen, und wo wird diefe Düngung bereitd mit Vortheil 
bei und angewendet? 
| 10 * 


— 148 — 

Man begann mit dem legten Theil diefer Gefammt- 
frage, wobei ſich herausftellte, daß nur um Pofa und Pöhla 
noch mit Mergel, gedüngt wird, und zwar 350 — 450 Kar⸗ 
ren auf 1 Acker. Der Boden ift dort mürber, eifens 
ſchuͤſſiger Lehm, und im Mergel fiheint der Thon das 
Borwiegende zu fein, Er wirft mindeftens 30 bis 40 Jahre 
lang und befonderd günftig auf dad Sommergetreide, bei 
dem man nicht gerade über Vermehrung des Unfrautes zu 
lagen hat. Früher ift aber auch an vielen andern Orten 
Mergel angewendet worden z. B. um Kriebitzſch nach 
Urfunden ſchon im 16. Jahrhundert und ebenfo auch um 
Goͤldſchen vor langer Zeit, wie die von den alten Mergels 
gruben zurücgebliebenen tiefen Löcher dafelbft verrathen. 
Daffelbe weiß man auch durch Ueberlieferung von der 
Saaraifchen, Burfersdorfer, Kürbiger, Kosmaer und Knaus 
fhen Flur, wo aber überall Senf, Hederih und andere 
Unfräuter mehr als fonft hervortreten und meiftend auch 
dad Auswintern des Kleed und MWintergetreided ſich als 
eine ebenfo nachhaltige Folge der duch den Mergel hervor: 
gebrachten Bodenloderung bemerflih macht. 

Man bielt denfelben daher, wenigftens in Verbindung 
mit dem Kleebau, in den meiften - Berhältniffen unferer 
Gegend für ſchaͤdlich, befonders in trocknen Jahren, ohne 
damit die guten Erfolge um Pofa und Pöhla, oder auch 
die Erfahrung Winkler in Prehna, der im dritten Jahre 
auf gemergeltem Boden vorzüglich ſchoͤne Gerfte erbaut hatte, 
irgendwie zu beftreiten. 

Es finden fich aber gute und reichhaltige Mergel⸗ 
lager faft unter ſaͤmmtlichen Befisungen des Nittmeifters 
v. Bärenftein auf Zechau, jedoch erſt 20—25 Ellen tief, 
unter Lehm (doc) werden diefe nicht benugt, weil der Merz 
gel den Boden zu troden und locker machen würde) ferner 
im Thale des Stadtbaches oberhalb Altenburg, vielleicht 
bis zu deflen Entftehung und im Sprottenthale oberhalb 
Saara. Hier liegt derfelbe etwa zwei Ellen tief unter der 
Rafennarbe der Thalwiefen. - Gewöhnlidy wird der Mergel 





= 19 — 


gegen den Winter ausgebracht, dann ein Jahr lang zur 
Berwitterung an der Luft liegen gelaffen, hierauf im naͤch— 
fien Winter auf die Felder gefahren, wie Erde geſtreut 
und trocken untergebracht. Seine Wirfung beruht haupt—⸗ 
ſaͤchlich auf denjenigen feiner Beftandtheile, die in dem 
Boden, welchem er beigemifcht wird, nicht reichlih genug 
vorhanden find, und die Bodenmifchungen oft fo vortheils 
baft erfcheinen laſſen. Man muß daher, um Mergel mit 
Vortheil anzuwenden, nicht allein die Beftandtheile ſei— 
ned Bodens, fondern auch des Mergeld fennen, den man 
anwenden will, weil in diefem bald der Kalf, bald der 
Thon und bald der Sand die Hauptfahe ausmacht. 

Die fünfte Frage: „Bei welchen Früchten und in 
welchem Verhältniß ift Düngefalz zu empfehlen, und wie 
viel ift davon auf 1 Altenb. Acker nöthig?" veranlafte 
zunachft die Vorbemerfung, daß man hier 3 Arten Dünges 
falz zu unterfcheiden habe, alö a) das hauptfächlid aus 
Gyps beftehende, welches der Dornenftein der GSalinen 
z. B. in Dürrenberg hergebe, und welches neuerdingd wohl 
auch mit Braunfohlenafche gemifcht verfauft werde und 
dadurch, nicht zu feiner Empfehlung, der dritten Sorte näher 


gefommen fei, b) das in Heinrichshall bei Köftris vers 


Fäufliche, welches hauptfählih aus dem Pfannenftein der 
Siedepfannen der dortigen Saline, vieleicht mit einem 
Afchenzufas, gebildet, aus Kalf, Gyps, Glauberfalz und 


Kochſalz zufammengefegt und fehr hisiger Natur fei, und 


endlich c) die gehaltlofefte Art, nämlih Braunkohlenaſche 
mit Salzfoole gefhwängert, wie fie neuerdings in Dürren> 
berg, Sulza ꝛc. bereitet und ausgeboten werde, 

Was nun a) den Dornenftein anlangt, fo gleicht 
derfelbe, fofern er nicht durch Braunfohlenafhenzufas an 
Gehalt verloren bat, in feiner Wirfung dem Gyps, von 
dem er fich nur durch feinen Salzgehalt und feine Tertur 
unterſcheidet, und fommt bei und blos deßhalb weit feltener 
in Anwendung, weil er, namentlich durch den weitern 
Transport, Foftfpieliger iſt, als Gyps. Man nimmt davon 


% 


— 150 — 


3 bi6 14 Scheffel auf 1 Ader Klee und glaubt, daß dies 
ſes Düngefaly vielleicht etwas Tangfamer, aber dabei auch 
nachhaltiger wirfe, ald Gyps, was namentlich auch Hager II. 
beftätigte, bei dem der Roggen da, wo der Klee vorher mit 
Düngefalz beftreut worden war, augenfcheinlich beffer ftand, 
als daneben, wo ‚fein Düngefalz auf den Klee gebracht 
worden war, Dagegen begweifelt Kreſſe dieſe Nachhaltigkeit 
der Wirfung ‚gegen den Gyps, welchem letztern Hans aus 
Breitenhain das. Verwerfen der Kühe zufchrieb, wenn ders 
felbe auf den. Kleeblättern liegen bliebe und fo mit diefen 
verfüttert werde, 

Ebenfoviel Hat man auch Pfannenftein aus Heinrichs⸗ 
ball auf den Ader Landes gebracht und damit theild Ge⸗ 
treide, theils Ruͤbſen gedüngt, Namentlich) düngte Hager I. 
damit fehr zeitig im Frühjahe Winterrübfen (14 Scheffel 
u 3 Thlr. auf 1Ader), der darnad) weit beſſer ftand, als 
daneben, wo theils mit Gyps, theild gar nicht gedüngt 
worden war, 

Bon der dritten Art Düngefalz, der Braunkohlenaſche 
mit Salzſoole geſchwaͤngert, hatte Junghanns wenig oder, 
keine Wirkung geſpuͤrt, und man erklaͤrte dieſe kaum der 
Transportkoſten werth, ſowie auch uͤberhaupt alle dieſe 
Duͤngemittel wegen dieſer und aͤhnlicher Beichenuns ſehr 
in ihrem Kredit verloren haben. 

Die ſechſte Frage lautete: „Wo iſt Rus als Duͤn⸗ 
gungsmittel anzurathen, und welche Vorſicht iſt beim Aus⸗ 
ſtreuen deſſelben noͤthig?“ 

Man antwortete: auf Wieſen oder auf Kleeland, und 
zwar 1 Scheffel auf den Acker, obgleich v. Baͤrenſtein mit 
I Scheffeln auf den Adler eine noch) viel uͤppigere Vegeta⸗ 
tion hervorgerufen hatte, Nur hält feine Wirfung wenig 
an und ft oft fihon beim Grummet faft verſchwunden, 
wenn man ihn im Frühjahr auöftreut. Doch gewann 
Nittmeifter v. Bärenftein bei Kopfflee nach Rus 3 ſehr 
reihlihe Schnitte und hatte auf diefer Stelle dann noch 
immer lageres Korn. ° Hierzu bemerkt Kröber, daß er bei 





- mE - 


Getreide nach einer ftarfen Rusduͤngung 8 Scheffel auf 1 Adern). 

zwar üppiged Stroh, aber flache Körner erhalten habe, das 

gegen aber wiederum Schmiddemeifter Junghanns, daß fein 

Korn, mit Rus beftreut, an Stroh und Körnern fehr er> 

giebig gewefen fei, während der Rus eingeeggt, Feine Wir⸗ 
kung darauf geäußert habe. 

Das letztere beftätige auch Hager I. und Andere, fo 
daß die Wechfelwirfung des Ruſes mit dem Sauerftoff der 
Luft und die almählihe Verwandlung feines: Kohlenftoffs 
in Kohlenſaͤure deſſen Einfluß zu bedingen feheint. 
Nachdem nun noch die Wirfung des Ruſes auf 
Rapps gerühmt worden war, warnte Pachter Löhner zulest 
nody davor, denfelben nicht nad) anhaltender Dürre und 
nicht zu dick auszuſtreuen, weil er fonft die zarteren Pflans 
gen verbrenne, 

‚Die fiebente Frage: „Sind Hornfpandlingungen bei 

uns bereitdö im Großen gemacht worden, und zwar mit 
welchem Erfolge? Wie viel Hornfpäne find bei uns auf 
1 Ader erforderlich 7 veranlaßte zunachft Heren Rittmeiſter 
v. Bärenftein zw der Mittheilung, daß er früher in Hai⸗ 
nichen im Königreich Sachfen mit ſchoͤnen, kleinen, holz⸗ 
freien Hornfpänen, und zwar mit 20 Dresdner Scheffeln 
auf 1 Ader gedüngt und eine außerordentlic) ‚vortheilhafte 
und nachhaltige Wirfung bemerft habe, Aehnliches ruͤhmt 

Loͤhner von Rößelmüllers größeren und feinen eignen klei⸗ 
neren Verfuchen mit der Hornfpandüngung auf Feld und 
auf Baumpflanzungen, 

Heinfe aus Kosma düngte 1 Acer Sommerrüßfen mit 
15 FZudern Stallmift und einen zweiten Ader Sommers 
ruͤbſen mit 15 Scheffeln Hornfpänen, die ee im vorigen 

Dahr, bei der großen Nachfrage nach ähnlichen Dünges 
mitteln, den Scheffel mit 20 Ngr. bezahlen mußte; Lestere 
Pflügte er unter und hatte davon eine färfere Wirkung, 

als von der Miftdüngung. 

7 Dagegen brachte Kreſſe vor fängerer Zeit 40 Scheffel 

' ziemlich grobe Hornfpäne auf 1 Ader Feld und bemerfte 


| 
| 


- 12 — 


weder in diefem erften Jahre, noch in den nachfolgenden 
Früchten eine entfchiedene Wirfung, wad um fo mehr aufs 
fiel, ald dieſes Feld an ſich nicht zu den ſchlechten gehörte, 

Nun folgte die achte Frage: „Wie läßt ſich unfere 
Braunfohlenafche am beften zur Düngung benugen, und 
wirft diefe befjer auf Feldern oder auf Wiefen, auf trods 
nem oder auf naffem Boden 2 

Auch hier wurden mehrere Einzelerfahrungen mits 
getheilt, aber nicht ein völlig einftimmiges Gefammturtheil 
gewonnen. 

Kreſſe, Hans und Löhner riethen, fie auf naffe Wie— 
fen reichlich zu verwenden, und führten mandherlei dafür 
fprechende Erfolge an, während v. Baͤrenſtein fie lieber 
auf etwas trodne Wiefen zu bringen empfahl, wogegen 
Hager I. bemerkte, daß einer feiner Nachbarn auf einer 
folhen damit nur eine Menge Moos hervorgerufen habe. 
Porzig hatte fie auf feuchten Feldern mit gutem Erfolg 
verwendet, wozu fie auch in die Gegend von Penig vers 
fahren und daſelbſt gefhägt wird. Hager I. benust fie 
zur Anfertigung von Compoft, den er auf Krautfeld oder 
auf Wiefen bringt und fehr wirffam findet. Dagegen gab 
Braunfohlenafche, mit Jauche gefchwängert, bei. Berger in 
Wilchwitz auf feuchten Felde faft feine Wirfung, während 
fie . bei demfelben auf feuchten Wiefen und zwar ohne 
Jauchezuſatz nicht erfolglos blieb. Endlich machte noch 
Löhner auf die nachtheilige Wirkung der Braunfohlenafche 
für Baumpflanzungen, namentlich für Kirſchbaͤume aufmerfs 
fan, die darnad) biöweilen felbft eingingen. 

Nah allen diefen Mittheilungen glaubte man der 
Braunfohlenafche, die meift aus Kalf, Thon und Sand 
befteht und durch den Kaligehalt des gewöhnlich mit vera 
brannten Holzes noch einen etwas höhern Werth erhält, an 
fi) faum eine größere Wirfung zugeftehen zu dürfen, als 
den Einfluß, welchen überhaupt die Miſchung verfchiedener 
Bodenarten bat, wenn diefelbe dem vorhandenen Boden 
etwa fehlende Beftandtheile zuführt. 





— 15 — 


Die legte Frage war: „Sind bei und Verſuche mit 
noch andern mineralifchen Düngftoffen z. B. mit Ziegelmehl, 
mit verdünnter Schwefelfäure, mit den Fünftlihen Duͤng⸗ 
mitteln, die in Waldheim und in Dürrenberg fabricirt wers 
den, mit Guano und mit dem Brennen des Bodens ges 
macht worden und zwar mit welchem Erfolge ?‘ 

Rittmeiſter v. Bärenftein antwortete: Das Ziegel 
mehl von fehr ſchwach gebrannten Ziegeln ift auf fehweren 
Feldern faft fo ftarf, wie Erde aufgefahren, ein treffliches 
Lockerungsmittel, allein für den, welcher daſſelbe faufen fol, 
gewiß ftetö zu theuer, Ich Habe fo die Abgänge von mei⸗ 
ner Ziegelei mit Erfolg als Düngmittel verwendet. Da> 
gegen bat bei mir verdünnte Schwefelfäure auf Klee und 
zwar auf den erften Schnitt defjelben ähnlich und ebenfo 
wenig nachhaltig wie Gyps gewirft,, Von der legtern 
hatte Kröber auf einer etwas trocknen Wiefe feinen Erfolg 
bemerft, und Kreſſe bei nur 100facher Verdünnung zuerft 
dad Grad verbrannt, dann aber feine befondere Nach⸗ 
wirfung verfpürt. 

r Die Waldheimer und Dürrenberger Düngfubftanzen 
waren von Niemand verfucht worden, infofern nicht etwa 
die bereitö erwähnte, mit Salzwaſſer gefchwängerte Braun- 
fohlenafhe aus Dürrenberg hierbei in Betracht Fommt. 
Dad Guano endlich, welches urfprünglidy aus dem Thierz 
“reihe ftammt, ift für uns viel zu theuer (der Gentner über 
7 ahle.) und möglichen Verfaͤlſchungen zu fehr auögefest, 
um einen größern Gebrauch zu geftatten, bat ſich jedod) 
bei Löhner auf Sommerrübfen noch etwas wirffamer, als 
Schaafmift und in der Gegend von Eifenberg auf einer 
Hochwieſe außerordentlich wirffam gezeigt.  Deögleichen 
halt man auch das Brennen ded Bodens in unfern Ver: 
haͤltniſſen für durchaus unpraktiſch. Wenigſtens lag durch⸗ 
aus keine Erfahrung daruͤber vor. 





XIX. si ? 4 | vH 
Preisvertheilung 
des 


landwirthſchaftlichen Vereins. 


Zur Förderung der bei Gelegenheit der ſiebenten Ver⸗ 
fammtlung  deutfiher Lands und Forftwirthe, in Altenburg 
zu veranftaltenden Ausftellung landwirthſchaft— 
licher Erzeugniffe waren von dem hiefigen landwirth⸗ 
fhaftlihen Verein unter dem 31, Zuli d. 3. mehrere 
Preife oͤffentlich ausgefegt worden, über deren 
Zuerfennung und Vertheilung durch die hierzu ernannten 
Preiörichter wir Folgendes befannt zu machen haben. 

I. Bei den Pferden find nicht fowohl die edelften 
Thiere arabifcher Abkunft, als vielmehr folche Thiere beruͤck— 
fihtigt worden, „welche zur Vervolfommnung der Landes 
pferdezucht vorzugsweife geeignet erfchienen. Es fü nd dem= 
nach folgende 5 Preife vertheilt worden: 

4) ein jilberner Becher an den Gutöbefiger M. Rice 
in Heyersdorf für einen Schimmelhengft; 

2) ein filberner Becher an den Gutöbefiser M. Koͤh⸗ 
ler in Selleriö für eine braune Stute; 

3) ein filberner Becher an den Rittergutöbefi ißer v. Mans» 
bad auf Franfenhaufen für eine braune Vollblutſtute; 

4) ein Silberner Becher an den Gutöbefiser Apel in 

Knau für ein zweijähriges gelbes Fohlen; J 
5)48 Thlr. an den Gutsbeſitzer Chr, Kipping in 

Lehma für eine ſechsjaͤhrige Schimmelſtute. 

II. Fuͤr Rind vieh find 13 Preife — wor⸗ 
den, und zwar 

a) fuͤr reine Raſſethiere: 
nachdem Rittergutöbefißer -Dr. Cruſius auf Ruͤdigsdorf 
und Sahlis die Annahme der ihm fuͤr ſeine ausgeſtellten 





- 15 — 


zahlreichen und. fihönen Thiere zugedachten erften Preife 
freundlid abgelehnt Hatte: 


1) ein filberner "Becher an den Profeffor Schweiger 
in Sharand für einen Ayfhire» Bullen; 

2) ein filbernee Becher an den Gutöbefiser Apel in 
Modelwis- für eine Friedländer Kuhz 

3) ein filberner Becher an den Paftor Krusfh in 
Trautzſchen für eine tragende Oldenburger Salbe; 


4 48 Thlr. an. den Hauptmann v. Einſiedel auf 


Gnandſtein für eine Voigtländer Kuh. Doch iſt dies 
fer Preis wohlwollend abgelehnt und darüber nachher 
anderweitig (V. 3) verfügt worden, 

5) 15 Thlr. an den Pachter Heitſch auf dem Kammer⸗ 
gute Ehrenberg fuͤr eine Frieſiſche Kuh; 


h fuͤr Lande und Baſtardvieh: 
1) ein filberner Becher an den Hauptmann v. Eins 
fiedel auf Gmandftein für einen Allgauer Bullen; 
2) ein ſilberner Becher an den Rittmeifter v. Baͤ ren⸗ 
ftein. auf Zehau für eine Landkuh; 

3) ein filberner Becher an den Paftor Thienemann 
in Tegfwig für eine tragende Kalbe; 

4) 18 Thlr. an den Defonomieinfpeftor Garten in 
Glauchau für eine Landkuh; 

5) 16 Thlr. an den Pohlhofspachter Zetz ſche in Alten 
burg für eine Landkuh; 

6) 14 Thlr. an den Pachter Henkß in Windiſchleuba 
fuͤr eine Landkuh; 

7 12 Thlr. an den Gutsbeſitzer Apel in Knau fuͤr eine 
Landkuh; 

8) 10 Thlr. an den Gutsbeſitzer Zetſche in Kriebitſch 
fuͤr ein Abſetzkalb. 


I. Füur Schaafe 


lamen die erſten Preiſe nicht zur Vertheilung, wohl aber 


9 18 Thlr. an den Rittergutsbeſi iger Lommagfd) aus 
Heinitz bei Meißen fr einen Schaafbock; 


= — 


2,15 Thlr. an den Kaufmann Behm aus Boitzenburg 
im Mecklenburgiſchen, als Anerkenntniß ſeiner Ver⸗ 
J der Fuͤtterung mit Maulbeerblaͤttern. 


.Fuͤr Schweine wurde nur 1 Preis vertheilt, 
— 
12 Thlr. an den Kammergutspachter Löhner in Wilch⸗ 
wis für einen Eber. 


V. Für neu erfundene oder verbefferte 
landwirthfhaftlihe Geräthe und Mafhinen 
6 Preiſe, ald: 

1) ein filberner Becher an den Mafchinenbauer Theophil 
Weiſe in Dresden für eine leichtconftruirte Hands 
ſchrotmuͤhle mit Müplftein ; 

2) 18 Thlr. an den Stellmacher Schade in Wilden⸗ 
boͤrten für den Statenpflug, welcher beim Probe⸗ 
pflügen den geringften Kraftaufwand erforderte; 

' 3)18 Thlr. an den Schmiedemeifter Sunfhänel in 

Raum bei Lößnig für einen verbefferten Pflug; ; 

4) 15 Thlt. an den Mafchinenbauer Erbfe in Gera 
für eine verbefferte Säemafıhine zur Reihenſaat; 

5) 12 Thlr. an den Maſchinenbauer Luͤdke in Vehlow 
bei Kyritz für eine verbefjerte Alban’fche Saͤemaſchine; 

6)9 Thlr. an den Zeugarbeiter Heilmann in Groß⸗ 
ſtoͤbnitz, als Berfertiger einer Flachsbrechmaſchine für 
den landwirthſchaftlichen Verein. 


VI. Für Produfte des Feld- und Gartens 
baues 3 Preife, als: 

1) ein filberner Becher an den Kammergutöpachter Lö J 
ner in Wilchwitz wegen der eingelieferten zahlreichen 
Kartoffelſorten, Getreideproben in Achren, Obftforten 
und Sämereien;z 

2) 18 Thlr. an den Paftor Krusfd in Trautzſchen 
für die von ihm in Achren und auögedrofchen in 
Säden gelieferten Getreideproben; 





-' 11 - 


3) 15 Thlr. an den Schulcollaborator Lange in Altens 
burg für die von ihm theild aus Saamen erzeugten, 
theild aus Hannover, Hamburg 2. eingeführten Kars 
toffelforten. | 

Indem wir dieſes Verzeichniß hiermit befannt machen 
und zugleih allen Denjenigen, welche unfere Ausftelung 
durch Beiträge irgend einer Art unterftügt haben, herzlich 
danfen, koͤnnen wir den Wunſch und die Hoffnung nicht 
unterdrüden, daß das ſchoͤne Feſt, deſſen Theilnehmer und 
Zeugen wie gewefen find, ein erhöhtes Streben nach Vers 
volfommnung aller unferer Erzeugniffe und eine immer 
größere Thätigfeit und Negfamfeit in allen Zweigen der 
Landwirthſchaft unter uns zurüclaflen, und daß ung die 
dankbar anerfannte Fürforge unferer Staatöregierung aud) 
in Zufunft in den Stand fesen möge, ähnliche Ausftelun 
gen von Zeit zu Zeit zu wiederholen. . 

Altenburg, den 26. September 1843, 

Der Borftand des landwirthſchaftl. Vereins. 

Im Auftrage 
Eduard Lange, Secretair. 





XX. 
Miscellen und Notizen. 


In Nr. 41 der Allgem, Gartenzeitung (Jahrgang 

1842) berichten, die Herren 3. Baumann und Sohn aud 
Bollwiller, daß fie die nachtheiligen Wirfungen der Dürre 
des Sommers 1842 von ihren Pflanzungen durch Aufs 
fodfern der Oberfläche und durch Zudecken der entftandenen 
Riſſe im Boden abgewendet hätten, was mit der Erfahrung 
‚ sufammenftimmt, daß manche fandige Landfteiche in jenem 


u 


| 
| 
| 
| 


— 158 — 


Jahre weit beſſere Ernten gaben, als andere Gegenden mit 
ſonſt weit feuchterem, aber mehr bindendem Boden. Bei 
den Herren Baumann iſt es ſelbſt den Gartenarbeitern 
‚ ‚aufgefallen, daß noch niemals rajolter Grasboden beim 
Najolen 2—3 Fuß tief ausgedorrt war, während der 
Boden der aufgelocerten Baumpflanzungen daneben unten 
fi) davon wie eine feuchte Wand unterfchied. Daher ges 
lang ihnen aud) troß aller Dürre dad Ofuliren ungewöhnz 
fih gut, fo daß von ungefähr 200,000 Augen nicht ein 
Procent fehlgefhlagen fein fol, — 5 litten bei ihnen 
nur junge Staͤmmchen, deren Wurzeln nicht tief genug in 
die Erde drangen, durch die Hitze, während ältere Bäume 
üppig wuchfen und die Ofulanten vom Jahre vorher Triebe‘ 
von 5 bis 10 Fuß machten, Ueber diefe Weppigfeit zwi⸗ 
fen den verbrannten Wiefen und Feldern umher hätten 
viele Reifende geftaunt, und aud) die Weinreben und 
Weinſchulen hätten in Folge des Auflocferns fich vor den 
Reben der Nachbarn durch ein weit dunflered Gruͤn und 
durch fehönere Trauben entfihieden ausgezeichnet. 
Aller Wahrfcheinlichfeit nach wird man bei allen tiefer 
wurzelnden Pflanzen auch anderwärts ähnliche Erfahrungen 
gemacht haben. 


Ableger von veredelten Obftbäumen 
fol man jest in Belgien nach dem Vorgange der Chines 
fen folgendermaßen gewinnen. Man windet einen dünnen 
Draht feft um den zum Ableger beftimmten, aufrecht zu 
richtenden Zweig eined veredelten Obftbaumes und zwar 
an der Stelle, wo er Wurzeln ſchlagen fol, Hier bildet 
fi) in Folge davon bald eine Wulſt. Nun macht man 
unterhalb des Drahtringes mit einem ſcharfen Meſſer einen 
Ringſchnitt bis zur Haͤlfte der Dicke des Zweiges, umwin⸗ 
det dieſen unterhalb der Wulſt mit einer Bleiplatte, ſo 
daß dieſe eine aufrecht ſtehende Duͤte bildet, welche außer 


der Wulſt noch eine Quantitaͤt Erde aufnehmen kann. 





— — 





mM — 


Noͤthigen Falld wird dieſe Düte an einigen Nebenäften 
noch befeftigt, und die, Erde bei trocknem Wetter ange⸗ 
feuchtet. Nun Fommen aus der Wulft Wurzeln hervor, 
wodurch der fo verbreitete Zweig zum Abtrennen und Eins 
pflanzen in die Erde gefchieft wird, Das fo gewonnene 
Baͤumchen bedarf natürlich Feiner weitern Veredlung, fon- 
dern ift wurzelaͤcht. 





Neber den Brand im Waizen 

ſtellte der Halberftädter landwirthſchaftliche Verein folgende 

Verſuche an: . 

a) Den 14. September 1842 wurden 1700 vollreife, 
brandfreie Waizenkoͤrner ohne alle Vorbereitung geſaͤet 
und den 12, Zuli 1843 davon 600. ganz brandfreie 
Achten geerntet. 

b) Den 14, September 1842 wurden 246 Waizenförner, 
die Feine volle Reife erlangt hatten, auf demfelben 
Beste gefüet und davon 253 Aehren mit völlig brands 
freien gefunden Körnern gewonnen, 

° 0) Den 14, September 1842 wurden dicht daneben 1700 
vollreife und brandfreie Körner, welche Furz vorher mit 
Brandftaub trocken eingerieben und vermengt waren, 
gefäet und den 12, Zuli 1843 1194 Achren gezählt, 
die jedoch nur Flein und Ale vom Brande befallen 
waren. 

d) Den 13, November 1842 wurden neben dieſer mit 
Brandftaub vermifchten Ausfaat 1700 brandfreie 
Koͤrner ausgeſaͤet, die zuvor mit Kupfervitriol einge⸗ 
waͤſſert waren. Dieſe brachten den 12. Juli 1848 
352 voͤllig brandfreie Aehren. 

e) Den 18. November 1842 wurden von demſelben 

Waizen daneben 1700 Körner ausgeſaͤet, welche vor— 
den 12, Zuli 1843 davon 537 ganz brandfreie Achren 
eingeerntet. 


> 


ber auf die gewöhnliche Weiſe eingefalft waren, und - 


2 2 


f) Den 13. November 1842 wurden daneben 1700 Koͤr⸗ 
ner von einer brandigen Ernte, alfo natürlich mit 
Brandftaub vermifcht, audgefäet und davon den 
12, Zuli 1843 630 Aehren gewonnen, wovon nur 80 
brandfreie und 542 vom Brand befallene waren. 


Um Spaliernägel vor dem Roften zu fhüs 
Gen erhist man eine Menge ſolcher Nägel, jedoch nicht 
bis zum Glühen, in einem Gefäße und gieft fodann etwas 
Wallfiſchthran darauf. Dadurch) werden fie auf mehrere 
Jahre vor dem Noften gefchüst und follen ſogar durch 
ihren Geruch die Infeften von dem Spalier entfernt halten. 


Den Salat fann man vor dem Schoflen, wodurd) 
fel6ft die fehönften Köpfe zum Eſſen unbrauchbar werden, 
bewahren, wenn man den Strunk des Salatkopfes über 
der Erde mit einem feharfen Meffer bis etwa zur Hälfte 
einfchneidet. Dadurch wird der Zufluß des Saftes fo ge⸗ 
mäßigt, daß die Staude nur fortgrünt, aber längere Zeit 
nicht fortwächft. So kann man feinen herangewachfenen 
Salat nad) Bequemlichkeit im Haushalt anwenden, ohne 
bald durch den Mangel, bald durch die Ueberfülle eßbarer 
Köpfe in BVerlegenheit gefest zu werden. 


. . — 
— 
x 





ıNak 


—VV —DV— — 


rn 
D. 
ZA 


u 


ft, 


r. 


Nachmittagittags 2 Uhr. 











Stand desiStand and des Zuftand 
Baro— As dee des 
meters, | meteneters, | Wetters. 








237" 6,9+ 16, 19,0° wiE, N. 
68 | 20,165 165 wEW. 


50 | 207 16,0 |wiE. ®. 
= 43 | 17,145 WE ®. 
8 | 161590 RM. 





= 70 | 14140 mE 


= 91) 141,3 wi. ®. 
= 100 | 16,155 wie. ®. 


9,1 16, 17,5 helle ®. 


81 19, 19,0 helle N. 


8,3 14,' 14,0 helle ©. 


= 87 | 164150 He D. 





- 
z 
- 
z 
- 
z 
* 
z 





9, 
9, 
90 
EI 





“ “ “ w “ u “ w u“ uw 


12 u. 


78 20;: 16,0 helle D. 
= 810) 17,51725 helle ©. 
0 197 175 helle D. 
TRY 204 175 helle ©. 
0 20, 17,5 \helle ©. 
20,7 16,5 helle N. 


3,6 DL T60 helle N. W. 











Mittler 


h Birmfl 


6,0 | 19,7°170 helle W. 

6,8 18,0 14,0 \wiE. W. 

5, 20,145 WEN.D. 
4,9 19; 14,0 wiE, MW. 

8,2 17, 10,0 |Reg. ®. 

9,0 20,0 10,25 'wIt. W. 

88 — 80° wif, 9 N. 

— 15090 vi. & W 
I 20, — 


— 










— 1, FT mug fi, Se te wu au 





































































































































































































































































































































































Fruͤh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr. Fruͤh S Uhr. Nachmittags 2 Uhr. Fruͤh S Uhr. Nachmittags 2 Uhr. 
TE — | > Te gg ⸗ —ñ— — — — 
© |Stand des Stand des) Zuſtand Stand des Stand des Zuſtand Stand des Stand bes u | Sand Dealesunn tale Alk hand beel&iund due] Bufand 
& Baro= Thermo— “ Baro-Thermo— des = Baro⸗ — a ee en Bi a is — Ben 
meters. | meters. Wetters. |meters. | meters, | Wetters, meters, |meters. | Wetters. meters, | meters, Wetters, ö meters. | meters. | Wetters, | meters, | metere. | Wetters. 

1 27% 54 95° Meg. W. 27% 6,274 + 11,5° |Reg. W. — — 6,84 120 Itr. W. 27" 694 16,9° wik. ©. MR, 1 127”10,5°)+ 14,0° Itv, N. 27°10,7° + 19,0° wolf, NR. 
Faleezza — 13,07 Reg. ®. —— 14,0 helle = 68 200 wE©&.®. | 2|- 102 | 140 .®. = 100.) 165 ww 
— 69 | 1125 |Re. ©. E73 27509. | 3|- 55 16,25 If. ©. - 50 205 |wiE. ©. cw.um.] 3 |= 109 13,0 helle ®. |= 108 | 7160 nE.W. 
== 78 | 1,35 it. ®. = 78 | 155 wi N. ®. 4|-: 50 13,25 Reg. W. = 483 17,0 \wiE. ®. 43 [E2u6)50| E20 um E70 4350ER | 
5 |= 29 | 16,25 helle ©. - 78 21,0 helle ©. > |= 40 12,0 wi, W. = 48 16,5 wiE. W. —— 70 10,0 |Neg. W. -u.75 13,0 |. N. ®. 

6|= 70 | 17,75 hie © ©. |= 65 23,5 helle ©. Se 120 hie ©.  |- 70 140 |\.®. | 6 80 11,25 |wif. ®. = 80 14,0 nm. 

7|= 683| 935 hte&.® |- 78 20,0 wi. W. EaAEmSS 12,0 wit, ®. zus 14,0 wi. ®. 7|= 99 | 115 hellen. - 101 | Bw W | 
8]: 89 | BO WEN .- |= 80 175 wit. ©. 8 = 10,1 13,0. wi. ®. - 100 160 wiE.©.®. | 8|- IL1 10,5 nebl. W. = 11,2 155 wie WW. 

9|= 60 | 150 ik. ©. - 61 1875 he ©. _ |-9|= 93 12,35 wii. N.W. |- 91 16,5 helle W. 9 = 108 12,0 |\wif. ©. = 103 | 1175 beie 
10 |= 47 | 140 |tR. = 32 | 180 Itr. D.om.v.m.| I0|- 85 | 140 heine. = 81 190 helle N. 10.|- 95 | 130 helle ©. = 90 | 190 heile N. 

11 |- 40 | 13,75 will, N. = 5,0 190 wid ®. Gm.| 11 |=- 75 16,0 nik. ©. = 75 | 20,0 tt. m.00.6c.v.w. 11|-: 90 11,5 heile N. OD. |= 93 17,0 helle ©. 
12alemu776 14,0 helle W. ⸗79 17,5 heſle W. 12 ! =, 80 12,0 Reg. N. WB. |= 83 14,5 tr. N. W. 12 |- 105 10,5 helle R. DO. |= 10,7 14,0 helle ©, 
| 13 |-= 61 | 150 heile ©. nz 19,0 \wiE. N. 13 | = 90 140 tt. ®. — 16,0 wi. ©. 13 = 110 9,75 helle ©. = 10,6 15,0 helle ©. 

14 | 66 | 160 wi. ®. = 60 19,5 wit. N. 14 |- "82 15,0 Helle N. 9. |= 78 205 helle ©. 14 |= 97 10,5 helle ©. = 96 | 160 Heike ©. 

15 |- 70 | 145 m N. ®. — — 80 15,5 |helle ©. = 810| 17,25 wiEN. om.v.m.| 15 |= 9,4 115 bie O9, — |= 9 17,25 helle DO. 
16 = 93 | 1425 we @ "|- 93 | 150 It. @. 16 = 90 145 here N. DO. |= 90 195 Hefe N. ©. | 16 |= 10,0 | -13,0 helle D. = 10,2 17,5 ihelle ©. 

17 |: 105 | 45 wiE ®. - 105 17,25 |hele NR. ®. | 17 |= 94 135 |helle ©. - 93 20,0 |pelle 2. 17 \= 11,4 10,0 helle D. = 11,5 175 \hele ©. 
18 |= 88 | 160 helle ©. - 74 21,5 helle ©. 18 |= 96 14,0 helle 2. = 90 20,0. helle ©. 18 |= 115 15 hie ©.  |= 108 175 hee 0. 
19 |= 45 | 180 helle ©. = 3,9 130 Reg. ®. 19 |= 85 15,0. |hele ©. 2. |= 81 20,5 helle D. 19 [= 105 10,0 helle © - 10,1 16,5 Helle N 
20 |= 36 | 150 wik ®. = 40 185 tr. ©, ©. 20 = 66 15,5 _|pelle D. = 56 | 21,5 |helle D. 20 |= 7977 9,0 helle S - 92 | 7160 HeEN.W. 
1 21|- 45 | 320 ee &.W. |= 44 )1045 wE©: |21|- 61 155 hie ©  |= 60 19,5 \viE. ®. 21 |= 90 10,0 helle S = 90 | 170 helle W. 

22 - 43 | 11,5 Reg. ®. = 48 17 B0 WE ©.®8. |2]= 75 13,0 nik. ©. = 768 150 nik. ©. 22 |= 90 11,5 tt. W = 92 14,0 wik. W 
233|- 27| 20 —— 23 |= 55 155 wiE ©. = 55 20,0 \wiE. W. 23 | = 109 IB.nEN.M. |= 97 145 WEN. MW. 
24 |- 28 | 115 |. ®. = 44 130 .®. [24 )- 46 14,5 wi. ©; = 49 195 _|wiE. ©. 24 |= 106 80 | ®. = 99 | 1140 ni ®. 7 
25 |- 72 | 10,25 wiE. ®. = 69 115 wii. ®. 3|=- 74 140 tr. ©. ®. - 82 17,5 |wiE. ®. 35|- 10,5 |nebl. ©. = 58 10,0 Reg. W 
%|- 74 | 10 N9©%8. = 78 12,0 WEN. W. | 26 |= 93 15,0 helle ©. = 90 20,0 yelle ©. 26 |= 50 75 \wif. ®. = 44 10,25 TE. W 
27\= 80 115 hie ©: = 72 140 |. ®. 27|= 94 150 bie ©... |=- 88 21,5 helle N. 27 EEG 65 |Reg. W. 2718 80 wii N. 
23|- 57 | 120 fen. W = 56 150 ve N. ®. |238|- 88 53.  |=- 89 15,0 helle N. ©. | 28] = 16 62 wi ©.W. |=- 16 90 nE.©.W. 
291 = 77,021 1255. te. ©; - 66 16,5. \wif. ©. "9|- 8| 10 ©. » 88 20,0 nie. @. 29 = 28 5,0 | Neg. N. = 44 707 te 0, 0001 
30 |= 50 | 150 hie © ©. |- 50 | 190 wii. ©. @. | 30 |- 92 | 16,0 Iheik ©. = 91 | 195 nik. ®. |30|= 59 55_ nl. ©. W. |- 50 DB SW 
31 |= 50 | 50 we &®. |- 51 16,0 wik. R.®. | 31 |= 98 15,0 wi. &®. |- 98 195 wit. ®. 
Höchfter Barometerftand den 18. September = 27” 41,5%, Mittler Barometerftand = 97" 6,5". 










Tieffter Barometerftand den 25. Juli = 97° 41,5% Wärmfter Tag den 6. Juli = + 25,59. x 








Erklärungen der Abkürzungen: tr, truͤbe, wlk. wolkig, nebl. nebelig, Neg, Negen, Gew, Gewitter, Gew, v. w. Gewitter von weitem, D. Oft, S, Sid, W. Wet, N, Nord, 









XXI. 


Das Stiftungsfeſt 
des 
Kunſt- und Handwerksvereins 


den 5. Febr. 1844. 


Da der 4. Febr., als der eigentliche Stiftungstag des 
Kunſt⸗ und Handwerfövereind, dies Mal auf einen Sonntag 
fiel, fo war die Feftfeiee auf den 5. Februar verfchoben 
worden. * 

Nachdem nun Nachmittags gegen 2 Uhr unſer Durch⸗ 
lauchtigſter Proteftor Herzog Joſeph und Sr, Durchlaucht 
Prinz Georg erfihienen waren und die Fleine Auöftellung, 
welche von den Herren Dietrich, Finf und Wach und von 
Heren Jacob aus Schmölln mit mancherlei Gemälden, fo 
wie auch vom Hofmechanikus SKalfoff und vom Gürtlers 
meifter Köhler mit einigen andern SKunftgegenftänden, von 
dem Letzteren namentlich mit einem dem Verein zum Ges 
fhenf gemachten Pofal auögeftattet worden war, in Aus 
genfchein genommen hatten, eröffnete der wieder erwählte 
Bereinsdireetor, Steuerrath Meißner, die Feſtſitzung mit 
einigen Worten, worauf dann 1) der Profeffor Lange ald 
Bereinöfecretaie den Jahresbericht des SKunft» und Hands 
werfövereind, 2) der ebenfalld wieder erwählte Bicedirector 
des Vereins, Regierungsrath Dr. Bad, ald Secretair des 
Directoriumd der Kunfte und Handwerköfchule den Jahres⸗ 
— die mancherlei inlaͤndiſchen verwandten Vereine 

11 


— 12 — 


und Schulen und 3) abermald der Profefjor Lange den 
"Jahresbericht der hiefigen Kunfts und Handwerföfchule vor: 
trug und endlih der Vorfigende die Feftfigung gegen 4 Uhr 
fhloß und die Verfammelten die für diefelbe uns freunds 
lich zugeftandne Freimaurerloge verließen. 

Nun folgte zur Nachfeier auf dem Schuͤtzenhauſe ein 
einfaches Feftmahl, an welchem auch die weiblichen Famis 
lienglieder der Zutrittsberechtigten Antheil nahmen, fo daß 
der Hauptfaal mit feinen 218 Sigplägen nicht außreichte, 
Durd) die alten guten Lieder und eine Fülle finniger Trinf- 
fprüche gehoben, dauerten die Tafelfreuden bis gegen 8 Uhr, 
worauf dann unter einem großen Zufluß jüngerer Feſtge— 
noſſen der Ball begann und erft fpät dad ganze Feft beſchloß. 





XXI. 
Bericht 
Ä über 
das 26. Jahr des Kunft- und Handwerkövereins, 
‚erftattet am Stiftungöfefte deffelben 


den 5. Febr, 1844 


5 von 
deffen Secretair Eduard Lange. 


Das GStiftungöfeft unferes Kunftz und Handwerks⸗ 
vereind war ftetd der Erinnerung und der Hoffnung geweiht, 
indem es unfere Blicke theild der Vergangenheit, theils der 
Zufunft zuwendete. Heute fehweifen diefe ſchon über 26 
Sabre zuruͤck, ein Beftehen, deſſen ſich nur die wenigften 
deutfchen Gewerbvereine rühmen koͤnnen, ſelbſt viele ſolche 
nicht, gegen deren Ausbreitung und Wirkfamfeit wir wohl: 





— MB — 


bereitwillig zurücktreten. Fuͤrwahr, es hat fi) Vieles in 
diefen 26 Yahren verändert, verändert in unferer Stadt, 
in unſerem Staate, in unferem Baterlande, ja über die 
Gränzen ded gefammten Europad hinaus auf der ganzen 
Erde! Das Leben pulfirt jest ſchnell, und die mächtige 
Dampffraft feheint nicht blos die Wagen und Schiffe be 
flügelt zu haben, 

„Iſt aber diefe Eile auch gut 24 höre ich forglich fras 
gen, „und führt fie die Menfchheit zum erfehnten Gluͤcke?“ — 
Ich weiß es nichtz aber Der, welcher unferer Erde 4 und 
dem Lichte 40,000 Meilen in jeder Secunde fortzufchreiten 
geboten, hat gewiß auch die Fortfihritte der Menfchheit ers 
mefjen und leitet auch fie mit weifer Allmacht. Bon dies 
fem Standpunfte aus ſcheint es nicht blos als unberufener 
Dünfel, fondern auch als vergebliched Bemühen, wenn ein» 
zelne beforgte Menfchenfeelen den Lauf der Zeiten reguliren 
und den großen Entwicfelungsgang der gefammten Menfchs 
beit langfamer und gemäcdjliher machen wollen. Sie füns 
nen wohl für ihre Perfon oder auch für die Reifegefenfchaft, 
die fich ihrer Führung anvertraut hat, täglich ein Stuͤck 
nah Weften ziehen; die Erdfugel aber dreht ſich mit ihnen 
doch ewig nad) Often und kuͤmmert fich nicht um ihre mas 
thematifchen Bedenken. Laſſen wir darum alle unpraftifchen 
Grübeleien über Das, was nicht unferes Amtes ift, und 
wenden wir unfere Blice lieber auf Das, was in unſere 
Hand gelegt wurde! 

Das verfloſſene 26. Jahr unſeres Vereins war in 
mancher Hinſicht ausgezeichnet. In ihm ſtieg die Zahl un⸗ 
ſerer inlaͤndiſchen Mitglieder nach dem Verluſte dreier der⸗ 
ſelben durch den Tod*) und nach dem freiwilligen Austritt 
“4 Nittergutöbefißerd Steinbach von Lumpzig in Folge der 
nahme von 23 neuen hiefigen Mitgliedern **) auf 197, 


9 Chirurg Herrmann und 2) Tiſchlermeiſter Keul bier, 
3, Beh. Sonfi iſtorlalrath und Superintendent Dr. Shuderoff in 


FD) Bucbindermeifter Bad, 2) Leinwebermeifter Böhme, 
* Shumaderm, Buſch, 4) Sandesjuftiz = en ftorialauditor 


— 164 — 


von denen nicht weniger als 151 unſerer Stadt ſelbſt an⸗ 
gehoͤren. Leider ſind wir uͤber die auswaͤrtigen Mitglieder 
nicht eben ſo vollſtaͤndig im Klaren und entbehren ſelbſt 
uͤber das Leben nicht Weniger derſelben aller Nachrichten. 
Das kommt daher, daß wir mit den Meiſten keinen leben» 
digen Verkehr unterhalten, und daß fie in der Mitgliedfchaft 
unferes Vereines nur eine freundliche Aufmerffamfeit erblicken, 
die nur felten veranlaßt ift, eine Gegengefälligfeit in Ans 
ſpruch zu nehmen. Vielleicht iere ich nicht wefentlich, wenn 
ich die Zahl unferer ausländifchen Mitglieder auf 170 ſchaͤtze, 
von denen nur ein einziged in diefem Jahre neu aufgenoms 
men wurde, nämlich Here Profeffor Haindl, Lehrer an der 
polytechniſchen Schule in München, welchem unfer Verein 
für die Ueberfendung mehrerer gewerblicher Schriften und 
Zeichnungen danfbar verpflichtet: ift. 
Wie mit den auswärtigen Mitgliedern, fo ift auch 
unfer Verkehr mit verwandten auswärtigen Vereinen in dies 
fem Jahre nicht befonderd lebhaft gewefen, indem wir, ab» 
gefehen von dem bloßen Austaufch der Vereinsſchriften, nur 
mit der Gefelfchaft zur Beförderung der Gewerbe in Würs 
temberg einige Schreiben gewechfelt und uns namentlic) auf 
deren Beranlaffung zu einem größern Zufammenwirken der 
deutfehen Gewerbvereine für die Hebung des Gewerbfleißes 
und der Gewerbtreibenden im Vaterlande, fo weit ed näms 
lich die deutfchen Staatöregierungen wünfchen und für gut 
erachten werden, bereitwillig erflärt und fpater auch unfere 
befcheidenen Anfichten über den Einfluß gewifjer Zollbeftims 
mungen auf die inländifche Induſtrie nicht zuruͤckbehalten 
haben. Unverfennbar ift unfer deutfihes Gewerböwefen im 


Dyberi, 5) Klempnerm.. Flach jun., 6) Maurerm. Fiedler, 
7) Snftrumentmader Förfter, 8) Ann Friedrich, 9) Bud- 
binderm. Graf, 10) Uhrmacherm. Friedr. Hartmann, 11) Sei— 
fenfiederm. Heilmann, 12) Regenfhirmfabritant Heitf ch, 13) Con⸗ 
. bitor Jahn, 14) Buchbinderm. Jüngling, 15) Olaferm. Köhler, 
16) Porzellanmaler Matthes, 17) Hoftifhlerm. Meiner, 18) Bür— 
ftenfabrifant Meufchfe jun., 19) Pofament. Anton Röhnid, 
2 r — Schulze, 21) Architekt Schuſter, 3) Tiſchlerm. 
eifert. 





=: 165 — 


Sortfpreiten und im Streben nad) einer Iebendigeren Vers 
einigung und Zufammenwirfung feiner zerftreuten Kräfte bes 
griffen; allein fo oft ſich auch die Verfuche zu deren Durchs 
führung wiederholt Haben, fo feheint doc der rechte Orgas 
nismus dafuͤr noch Feineswegd gefunden zu fein, ein Ors 
ganismus, durch welchen felbft die entgegenftehenden Kräfte 
vereint, der Kampf derfelben geregelt und zugleich zum Hes 
bel der gemeinfamen Fortfchritte gemacht werden müßte: fo 
wie die Kolben der Dampfmafıhinen von den eingefchlofles 
nen Dämpfen bald auf bald nieder getrieben, dennoch im 
Dampfivagen oder im Dampffchiffe die. ganze Mafchine 
und Alles, was mit ihr im gehöriger Verbindung. ftcht, 
vorwärtd bewegen. 

Aber kehren wir zurück von diefem weiten, unbegränz- 
ten Gebiete der möglichen Zufunft in die engen Graͤnzen 
unferer wirflihen Vergangenheit, welcher diefer Tag zunaͤchſt 
beftimmt ift! Es wurden in dem abgelaufenen Jahre im 
Ganzen 10 Hauptverfammlungen gehalten; denn wahrend 
der großen fiebenten Berfammlung deutfcher Land» und Forfts 
wirthe im’ den erften Tagen des Septemberö 1843 war 
an ein Abhalten unferer befcheidenen Monatsverfammlung 
nicht zu denfen. Die VBerfammlung der Altenburger ging 
mit Necht in der Berfammlung der Männer aus allen Gauen 
des deutfchen Vaterlandes auf. — Die Durchſchnittszahl 
der anmwefenden Mitglieder bei unfern 10 Monatöfisungen 
bat fi ich in dieſem Jahre bis auf 28 erhoͤht, eine Zahl, 
welche im Vergleich zu dem Mitgliederbeſtande noch keines⸗ 
wegs betraͤchtlich genannt werden kann. 

Die Verhandlungsgegenſtaͤnde bei den Verſammlungen 


waren theils allgemein techniſcher Natur, theils betrafen ſie 
das Beſtehen und Gedeihen des Vereins ſelbſt. So legte 
U der doͤpfermeiſter Jahn einige Proben von kleinen Toͤpfer⸗ 


geſchirren vor, welche er aus verwittertem Paditzer Porphyr 
gebrannt hatte, und bemerkte, daß der daraus entſtandene 
Thon zum Brennen ſehr viel Hitze verlange, dann aber auch 
mehr Hitze aushalte, als der fettere und gleichartigere Un⸗ 


* 


— 166 — 

tetmolbitzer Thon, welchen die hieſigen Töpfer zu verarbei⸗ 
ten pflegten. Er. babe deshalb ‚unter Anderm auch Kleine 
Schmelztiegel daraus gefertigt. und diefe dann, einem Gelb» 
gießer und ‚einem Goldarbeiter zur Probe übergeben, welche 
fie allerdings auch ‚der Hauptfache nach. beftanden ‚hätten, 
Doch. beziehe, man dergleihen Schmelztiegel von anderwärtd 
her bereitö fo wohlfeil, daß an einen Gewinn bei der, Bers 
wendung. deö verwitterten Porphyrs zu dergleichen Geraͤth⸗ 
ſchaften wohl eben ſo wenig zu denken ſei, als zu gemei⸗ 
nem Toͤpfergeſchirr. Ueber die Brauchbarkeit deſſelben zu 
Chamotteſteinen ſehen wie noch weiteren Proben und Mit⸗ 
tbeilungen entgegen. Berner wurden dem Verein 2) durch 
den auch) um das Sonntagsſchulweſen vielfach verdienten 
Herren Kirchner Role in Roda Proben von Filztuch uͤber⸗ 
fendet, welche, der Hutmacher Kittel daſelbſt gefertigt hatte, 
Zwar fand daſſelbe gegen das Berliner Filztuch entſchie⸗ 
den nach, doc erregte es ald das erfte inländifche Filztuch 
nicht wenig Theilnahme, zumal da der Verfertiger deflelben 
es ohne fremde Anweiſung gemacht hatte, weshalb ihm auch 
nad) der legten Kunfte und Gewerbeausftellung eine Fleine 
Remuneration zuerkannt wurde. Ebenfo erregte au 3) 
GSeilermeifter Heinig bier durch) feine Inftrumentfaiten die 
Theilnahme ded Vereins, indem man auch bei diefem neuen 
- Erzeugniß die Regſamkeit und den Unternehmungdgeift nicht 
verfannte, welcher die erfte Bedingung aller gewerblichen 
Fortfehritte ift.  Daffelbe gilt auch 4) von dem blauen 
Sarbeftoff, wovon deffen Berfertiger, Herr Kaufmann Nuͤtzer 
in Eifenberg, uns eine Probe überfandte, welche die Hers 
ven Hofapothefer Hübler und Profeſſor Dol auf unfern 
Wunſch einer chemifchen und techniſchen Prüfung unterwars 
fen, wobei jedoch der fehöne Ton diefer Farbe ſich ald uns 
beftändig. und unhaltbar auswics. 

Gegen diefe mehr oder weniger gelungenen praftifchen 
Leiftungen im Gebiete der Technif, treten die bloßen Ber . 
richterftattungen von anderwärtd gemachten Erfindungen und 
Fortſchritten, fo zweckmaͤßig und erfprießlich fie auch) an ſich 





- Mi - 


find, von ſelbſt in den Hintergrund zurüd, Es wurden 
aber derartige Mittheilungen vorzugsweife von. den; verſchie⸗ 
denen Direftorialmitgliedern und zwar bald aus Zeitſchrif⸗ 
tem, ‚bald. aus Briefen. gemacht und, dabei bald. die Da⸗ 
guerreotypie, ‚bald die Chromatypie, bald die Mittel, Feuch⸗ 
tigfeit und. Faͤulniß vom Holz durch Schwefelfäure ‚oder 
durch. irgend einen Anftrich abzuhalten, bald die Bereitung 
des hydrauliſchen Mörteld, bald die, Darſtellung flacher 
Decken aus Badfteinen, bald das Chinafilber, bald. die 
Zufteifenbahnen und bald der wachfende Verkehr, der. fi 
biöher auf unſerer Dampfiwageneifenbahn bewegte, ins Auge 
gefaßt, felten. aber die rege Theilnahme der Anmefenden das 
für erweckt, welche, eine-felbftgemachte Erfindung oder Leiftung 
oder. auch eine die praftifchen Lebensverhältniffe unmittels 
bar berührende Maßregel ganz von felbft in Anſpruch nimmt, 
Dieſe Theilnahme fand. die diesjährige bei Gelegenheit 
der fiebenten Verſammlung deutfher Lands und Forftwirthe 
im, Schüßenfaale.den 3, Sept. eröffnete und den. 17. Sept. 
geſchloſſene Kunſt- und Gewerbeausftelung, welche haupt⸗ 
ſaͤchlich in Folge: der fchäsbaren Zufendungen aus dem nach⸗ 
barlichen Königreih Sachfen reicher ausgeftattet war, als 
irgend eine. unſerer früheren Ausſtellungen. Denn der ge 
druckte ‚Katalog weift nicht weniger al& 720 Nummern 
von Ausftelungsgegenftänden nach, deren mehrere ald Sams 
melnummern. oder unter einem beigefügten a und b vers 
fhiedene Gegenftände zugleich. umfajlen, und dennoch geht 
on aus der Bekanntmachung der in Folge, diefer Aus⸗ 
elung zuerkannten Preiſe und ſonſtigen Auszeichnungen 
be or, daß in jenem Katalog noch immer nicht alle aus⸗ 
geftellten Gegenftände aufgezählt waren, Es beftanden aber 
diefe zuerfannten Auszeichnungen 1) in 3 filbernen und in 
6 bronzenen Berdienftmedaillen des Vereins, 2) i in 17 Geld⸗ 
preifen von je 1 bis zu 4 Louisdor, welche uſammen 34 
— ‚betrugen, und, 3) in der. Zuerfennung einer aus⸗ 
n Belobung, ‚deren noch 9 verſchiedene Einſender 

von —— würdig erachtet wurden, wie 


= 16 — 


diefed Alles die bereitö erwähnte und in unfern Mittheiluns 
gen ausdem Ofterlande wieder abgedruckte Befanntmachung *) 
näher nachweifet. 

Welche Arbeit aber die Vorbereitung, Aufftelung, Bes 
auffichtigung und Beurtheilung diefer Austellung der damit 
beauftragten Vereinscommiffion gemacht, und welche Aufs 
opferung, Ausdauer und Pünftlichfeit**) zur glücflichen Loͤ⸗ 
fung einer folhen Aufgabe gehöre, dad weiß nur der recht 
zu würdigen, der ſchon felbft einmal bei dergleichen zufams 
mengefesten Arbeiten in einem ziemlich entlegenen Lokale 
unverdroffen und thätig mitwirfte. Es hat fid) daher die 
ganze Ausftelungscommiffion, ganz befonders aber ihr Vors 
ftand, Herr Advofat und Gerichtödirector Hafe, den Danf 
unferes ganzen Vereins, ja überhaupt aller Derer erwors 
ben, denen die Ehre und das Fortfchreiten unferes heimis 
fhen Gewerbfleißes am Herzen liegt. Diefem thätigen Zus 
fammenwirfen fo vieler guter Kräfte entſprach aber auch 
die Theilnahme des fehauluftigen Publifums, indem unges 
achtet der großen Anzahl Derer, welche zu freiem Zutritt 
berechtigt ***) waren, die Einnahme aus den fehr mäßigen 
Eintrittögeldern und dabei abgefegten Katalogen doch nicht 
weniger ald 469 Thlr. 12 Ngr. 6 Pf. betrug, wozu noch für vers 
faufteoofe 533 > 10 = und 

» 29 = andere Fleine Einnahmen kom⸗ 
men, was im Ganzen eine Ges 
fammteinnabme von 

1007 Thlr. 21Ngr. 6 Pf. begründet, welcher, ganz 

abgefehen von den bereitö erwähnten Auszeichnungen und 
Preifen, eine Gefammtausgabe von 899 Thlr. 1 Ngr. 7 Pf. 
gegenüber fteht, namlich 


*) ©, 113, i 
**) Es find dabei allein 489 Briefe ein= und abgegangen. 

***) Hierzu waren berehtigt fämmtlihe Mitglieder der 7; Ver- 
fammlung deutfcher Land» und Forftwirthe, fowie aller 4 hiefigen die 
Zwecke diefer Verfammlung durch Beiträge zu den mancherlei Aus 
ftellungen fördernden Bereine. - 


— 169 — 


114 Thlr. 13 Ngr. 8 Pf. für Drud, Schreiberei x. 
146 s 6 s 4 » für Fracht, Porto «c, 
518» 0 » 5 = für erfaufte Ausloofungsgegens 


ftände. 
4 » 21 s — 3 für Bedienung, Bewachung ꝛc. u, 
5» — ⸗— » uͤbergezahlter Einnahmeantheil 


an die Naturforſch. Geſellſchaft. 

Gewiß wurden die Arbeiten der Ausftelungscommiffion 
und unfere Verpflichtungen gegen die thätigen Mitglieder 
derfelben durch die mit der. Auöftellung in Verbindung ges 
feste Verloofung einer Anzahl Auöftellungsgegenftände nicht 
wenig erhöht; allein damit ift gleichwohl die Ihätigfeit dies 
fer Commiffion noch immer nicht erfchöpft, indem dieſe ſich 
auch der Mühewaltung bei der furz vorher erfolgten Aus⸗ 
loofung Rußdorfer Strumpfwaaren unterzog, wozu Herzogs 
liche Landesregierung unfern Verein aufgefordert und ers 
mächtigt hatte, um der in Folge eingetretener Geſchaͤftsſtockung 
und damit zugleich verbundener Theuerung der nothwendigſten 
Lebensbedürfniffe mothleidenden Bevölferung diefes gewerbs 
fleißigen Ortes auch hierdurdy Hilfreiche Hand angedeihen zu 
laffen. Die ganze zw diefem Zwede von den 6 mit dem 
« Bertriebe der Loofe beauftragten Vereinsmitgliedern *) eins 
genommene Summe betrug 413 Ahle, 21Ngr. 5 Pf. und die 
größtentheils durch den Anfauf 
der  Berloofungsgegenftände 
berbeigeführte Ausgabe . 466 = 26 » 7 = fo baßbie 
Vereinskaſſe einen baaren 
Vorſchuß von 2... 5I:Hlr. 5 Ngr. 2Pf. zu mas 
chen hatte, welcher Letztere ihr jedoch ſpaͤter unter Bezeigung 
freundlicher und ermunternder Anerkennung aus Herzoglis 
her Oberfteuerfafje zuruͤckerſtattet worden ift. 

So wie nun der Verein gegen die gefammte Ausftels 
lungscommiffion und deren Borfigenden bereits in der October⸗ 





*) Eonfiftorial= und Regierungsrath Dr. Bad, Kreishauptmann 
und Regierungsratd Graf Beuft, Hoffhloffer Graf, Webermeifter 
Hohl I., Steuerrath Meißner, Architekt Schmidt. 


— AR — 


verſammlung des vergangenen Jahres ſeine aufrichtige Dank⸗ 
barkeit durch ſeinen Director foͤrmlich ausſprach, ſo war dies 
auch fruͤher in Bezug auf ein anderes verdientes Vereins⸗ 
mitglied, den dermaligen Rentamtmann Jecke, geſchehen, als, 
dieſer unſere Stadt verließ, um in Ronneburg ſein neues 
Amt anzutreten. Als Mitſtifter und vieljaͤhriger Secretair 
des Vereins, ſowie als treuer, uneigennuͤtziger, niemals durch 
irgend ein Honorar entſchaͤdigter Lehrer feiner Schule von 
ihrer erſten Gründung an bis zu feinem Abgange nach Ron⸗ 
neburg/ ließ dieſer anſpruchloſe, befcheidähe Ehrenmann 8 
in dev, That in Zweifel, welches feiner vielen Verdienſte um 
den Verein und feine» Schule das größte ſei. Daher fand 
auch der Vorſchlag des Directoriumd, demfelben zum Zei⸗ 
chen unferer danfbaren Anerkennung einen mit der Verdienfts 
medaille des Vereins in feinem Deckel gezierten filbernen 
Becher zu überreichen, allgemeinen Beifall, und mit Freus 
den: 'vernahmen wir darauf von unferm Herrn Director ‚die 
Mittheilung ‚daß ihm dieſes unſer Andenfen VO 
und erfreulich gewefen fei. 

Endlich ward auch die Idee, dem Vereine nad) 25jah⸗ 
rigem Beſtehen eine eigne bleibende Staͤtte zu erwerben, 
nicht aufgegeben, ſondern wiederholt bei verſchiedenen Ge— 
legenheiten beſprochen und erwogen. Dazu gab z. B. Here 
Siegellacksfabrikant Barth durch den Vorſchlag Veranlaſſung, 
mit dem Vereinshauſe zugleich eine Art ſtaͤdtiſches Muſeum 
fuͤr Kunſt⸗und Naturgegenſtaͤnde zu errichten; eine Idee, 
die an ſich viel Anſprechendes hat, ob es gleich gewiß ſtets 
leichter ſein wird, die in unſern 4 verſchiedenen wiſſenſchaft⸗ 
lichen und gemeinnuͤtzigen Vereinen in getrennter Wirkſam⸗ 
keit vorhandenen geiſtigen und materiellen Kraͤfte fuͤr ein⸗ 
zelne gemeinſame Unternehmungen, wie. z.B, fuͤr die man— 
cherlei Ausſtellungen bei der großen Verſammlung der deut⸗ 
ſchen Land⸗ und: Forſtwirthe oder für die Herausgabe uns 
ferer gemeinfamen Mittheilungen aus dem Ofterlande zu 
vereinigen, als zur Aufgebung ihres verfehiedenen , hiſtoriſch 
gefonderten Einzelbeftchens ‚oder a Bereinigung ihrer ge⸗ 


— MM — 


trennten Fleineren oder «größeren Sammlungen zw vermögen, 
weil der, Erfolg des Verſuchs, ob Das, was dieſe Vereine 
biöher jeder einzeln möglich gemacht haben, bei ihrer Ver— 
bindung ‚in einen veinzigen Gefammtverein flr Naturfunde 
und: Gewerbfleiß dann vielleicht noch leichter und vollftäns 
digernerreicht «werden fönne, nicht allein ungewiß ift,, ſon⸗ 
dern fuͤr das fernere Beftchen des einen oder andern feldft 
bedenklich werden koͤnnte. ı Allein ganz abgefehen von dies 
fer an ſich gewiß nicht verwerflichen Idee, fo war die Ber 
gelimdung seines eigenen Gewerbehaufes für unfern Verein 
und feine Schule auch ohnedies eine anfprechende und nicht 
wohl zurüchzumeifende Aufgabe, auf welche wir. theild durch 
die Pflicht, an ein anderweitiges Unterfommenunferer mit 
dem Berlufte ihres dermaligen Lokales entfihieden bedrohten 
Schule zu denfen, theild durch die Befprechung der andere _ 
wärtd mit gutem Erfolg begründeten "Stadt und Bürgers 
bibliothefen, ſowie der immer mehr fi) verbreitenden Ges 
felfenfortbildungsvereine «und der imit Verkaufsmagazinen und 
Borfchußanftalten für Armere -Gewerbtreibende verbundenen 
fortwährenden Induftrienusftellungen mannigfach und wies 
derholt zurückgeführt wurden, bis wir endlich den Entſchluß 
faßten, unſere desfallfigen Ideen und Wünfche. nicht allein 
"einem Wohlloͤblichen Stadtrathe, fondern: aud) Herzoglichem 
Hohen Minifterium zu geneigter Prüfung und Unterftügung 
vertrauensvoll vorzutragen.  Unfere Bittgefuche fanden eine 
ſehr wohlwoliende Aufnahme und die freundlichfte  Erwis 
derung. Doch fonnten wir von der Bereitwilligkeit des 
Wohlloͤblichen Stadtraths, und für den beabſichtigten Neu⸗ 
bau einen hierzu außerordentlich guͤnſtig gelegenen Bauplatz 
uͤberlaſſen zu wollen, ſchon um deßwillen keinen Gebrauch 
machen, weil Herzogliches Hohes Miniſterium in ſeinem kurz 
darauf an das Directorium gelangten, uͤberaus wohlwollen⸗ 
den Referipte theils die Mittel der oͤffentlichen Kaſſen für 
die naͤchſten Jahre bereits durch Beduͤrfniſſe anderer Art 
in Anſpruch genommen, theils die Gefahr fuͤr die Kunſt⸗ 

und Handwerksſchule, ihre bisherigen Lehreaume zu verlie⸗ 


m — 


ten vor der Hand noch nicht für fo drohend erachtete, um 
in Bezug auf die in unferm Bittgefuch beiläufig erwähnte 
Errichtung einer Realſchule ſchon jegt Hierin einer der Zus 
funft vorzubehaltenden Entfcheidung vorzugreifen. Doch 
bat uns diefe Behörde, falls ſich unfere Bauplane bei länges 
ver Beobachtung troß der hierzu ungünftigen Zeit in der 
That unvermeidlich zeigen follten, geftattet, im Monat Sept, 
1844 mit fpecieleren Anträgen bervorzutreten. 

Diefe Entfcheidung nahm dem Directorium eine nicht 
geringe Sorge von dem Herzen. Denn ift ſchon der Bau 
eines Haufes für eine Familie, die ein zwar. beftimmtes, 
aber von Conjuncturen des Verkehrs abhängiges Gefhäft 
betreibt, nicht gerade Teicht, wenn dad Haus den ungewife 
fen Anfprüchen der Zufunft genügen und doc) zugleich die 
Kräfte und den Eredit der Gegenwart nicht um bloßer zus 
Fünftiger Möglichfeiten willen zu ftarf in Anfprud) nehmen 
fol; um wie viel fhwieriger muß ed dann hier fein, für 
die ungewiffe Zufunft zu bauen, da der Verein, wie feine 
Schule eben fo gut, zum Theil felbft in Folge des Baues, 
einen neuen größern Auffchwung nehmen, ald auch, mer 
weiß, durch welche Nichtung der Zeit oder durch welche 
perfönlihen und örtlichen Einflüffe, wieder zur Unbedeutend⸗ 
heit herabfinfen und unpraktiſch oder überflüffig gemacht 
werden fann? Und das Alles laßt fich vieleicht fhon wes 
nige Jahre nad Vollendung eines eignen Bereinshaufes 
mit ziemlicher Gewißheit erfennen, während es doch jetzt 
in gaͤnzliches Dunfel gehuͤllt feheint, woran man aber dann 
faum noch denfen würde, wenn alle Welt durd) den Aus 
genfchein ein Necht erhalten zu haben glaubte, die überfchwengs 
lihen Hoffnungen oder die Fleinmüthige Verzagtheit Derer 
zu tadeln, welche eine fo leicht vorauszufehende Zufunft 
doch fo gänzlich zu verfennen unglücklich genug gewefen waren. 

Um nun aber jedenfalls nichtd zu verabfäumen, was 
zur weitern Bereifung diefer Plane dienen möchte, verloren 
wir diefelben nicht nur nie ganz aus den Augen, fondern 
fuhten fie auch mit einer andern Einrichtung in heilſame 


und förderlihe Wechfelwirfung zu bringen, Es hatte näms 
lich dem gegenwärtigen Berichterftatter gefchienen, als ob 
ed zur Belebung unferer Monatöverfammlungen und zur 
nüglichen und anregenden Verwendung der dabei nach Era 
ledigung der Taufenden Gefchäfte und der mehr zufällig in 
Bereitfchaft gehaltenen technifchen Mittheilungen öfters noch 
übrig bleibenden Zeit wefentlich beitragen fünnte, wenn nad) 
dem Borgange des landwirthfchaftlichen Vereins und neuerz 
dings auch der pomologifhen Geſellſchaft fehon vor der Zur 
fammenfunft beftimmte, zeitgemäße Fragen aufgeftellt und 
befannt gemacht wären, über welche dann in der Berfamms 
fung zu verhandeln fein würde, Es fann dann Jeder ſchon 
im Voraus darüber nachdenken und Erfundigungen einziehen, 
und er fommt dann fihon mit einer gewiffen Theilnahme 
für die zu verhandelnden Gegenflände in die Berfammlung. 
Hier bleiben die Mitglieder, wenn die Fragen nur übers 
haupt glücklich gewählt und für ihre Lebensverhältniffe von 
Belang find, nicht mehr ftumme Zuhörer Deffen, was ihs 
nen die Vorſteher ded Vereins etwa mitzutheilen haben, 
fondern fie nehmen auch feldftthätig und felbftdenfend an 
den Verhandlungen Theil, Iſt dabei die Verſammlung güns 
ftig, d. 5. einigermaßen mannigfaltig zufammengefegt, fo 
gewinnt jede Seite der aufgeftellten Fragen bald ihren Vera 
teeter und jede Einfeitigfeit ihre heilfame Gegenwirfung. 
So wählt die Belehrung und eine billige und gemäßigte 
Anfiht über die vorliegenden Fragen und Intereſſen faft 
ohne Fünftlihe Pflege wie von felbft auf, und follte auch 
einmal die Wahrheit verfehlt werden, fo bat ſchon das ges 
meinfame Suchen derfelben, ja felbft der redliche Kampf 
entgegengefeßter Anfichten einen unverfennbaren Nutzen. Das 
bewährte fi) bei und auch ſchon zum Theil in den beiden 


letzten Berfammlungen. Denn nachdem der Here Director 


fidy mit diefer ihm vorgetragenen Idee einverftanden und des 
ten weitere Darlegung vor der Verfammlung für erwünfcht 
erklärt hatte, erfolgte ſchon in der hierzu beftimmten vors 
legten Berfammlung des Vereins über die Art ihrer Durchs 


x 


= u 


führung eine ziemlich Tebhafte Verhandlung, welche aber in 
der legten Berfammlung noch weiter fich verbreitete, als es 
nach Erledigung der laufenden Gefchäfte und namentlich 
nad) faſt einftimmiger Wiedererwählung des biöherigen Dis 
rectoriums zuleßt noch zur Verhandlung der erften aufges 
ftellten Frage kam. Diefe Frage lautete: „Iſt die Eroͤff⸗ 
nung einer fortwährenden Gewerbeausftellung in Verbindung 
mit einem Berfaufsmagazin a) für unfere Gewerbtreibens 
den wünfchenswerth und b)) bei den beftehenden Gewerbs⸗ 
und Innungsverhältniffen zulaͤſſig?“ 

Es wurde nun im Einflange mit einer ſchon vor vies 
len Sahren ergangenen Anregung von Seiten unferes erhas 
benen Protectord eine ſolche Gewerbeausftelung von vielen 
Seiten für wünfchenswerth und zeitgemäß erflärt, weil das 
durch der nur vorübergehende Nusen bisweiliger Gewerbes 
ausftellungen für Erweckung und Hebung des Gewerbfleis 
bes dauernd und anhaltend und durch den Verfauf der aus⸗ 
geftellten Gegenftände neben der Ehre des oͤffentlichen Bei⸗ 
falls zugleich) auch eine größere Hoffnung auf den materielz 
len Gewinn aus dem Berfauf der auögeftellten Sachen ges 
boten werde, weil ferner dem jungen Anfänger, der für fein 
foftbares Meifterftücf oder für andere ohne befondere Bez 
ſtellung gearbeitete Sachen feinen günftigen Aufftellungsraum 
und noch Feine Kundſchaft befigt, welche dergleichen Dinge 
bei ihm fucht, dadurch eine günftige Gelegenheit, diefe Erz 
zeugniffe dem Publifum vorzuführen und bei fonftiger Preise 
würdigfeit und Zweemäßigfeit wohl auch an Kaufluftige 
abzufegen und fo zugleich die befte Aufforderung zum weis 
tern Fortfehreiten in feinen 2eiftungen ‚geboten werde, und 
weil endlich) auch dergleichen gemeinfame Verfaufsmagasine 
dad befte Mittel feien, das Faufluftige Publifum, welches 
bei den immer mehr wachfenden Verfehrsmitteln ſich forgern 
und leicht anderwärts zu verforgen pflege, den hiefigen Pros 
ducenten zu erhalten, indem die Bequemlichkeit der Auswahl 
unter bereitö fertig vorliegenden. Arbeiten gewiß Manchem, 
der nicht gern auf Beftellung arbeiten laͤßt, oder der auch 





= B— 


nur einem augenblicklichen Bedarf zu befriedigen hat, fich 
bier zu verſorgen beftimmen werde, der ſich außerdem ans 
derwaͤrts in den Magazinen bloßer Speculanten dur) leichte 
und unſolide Schauftücke vieleicht betrogen haben würde. 
Das iſt 68 eben, wurde auf der andern Seite: erwidert, 
was den Berfaufömagazinen immer entgegen: ftehen muß, 
und was fie für den redlichen Gewerbömann ebenfo vers 
derblich macht, wie für das Faufende, ſich immer" wieder 
ſelbſt täufchende Publifum. Um Käufer anzuloden, arbeis 
tet der fonft arbeitlofe Handwerfer ganz unter dem Preife, 
und eine vergängliche glänzende Außenfeite ift Alles, worauf 
er feinen Fleiß richtet. Güte und Dauerhaftigfeit, durch) 
welche der auf Beftelung arbeitende Handwerker fid) feine 
Kundfchaft zu erhalten fucht, Fommen bei dem fürden bloß 
zufälligen Bedarf Unbefannter arbeitenden, mit dem Abneh⸗ 
mer in feinerlei Verbindlichfeit ftehenden, fonft unbefchäftigs 
ten Gewerbtreibenden nicht in Betracht. Sind dann die 
ind Magazin gelieferten Waaren nad einem Jahre noch 
nicht verfauft, fo fest man ihren ohnehin. geringen und nur 
auf leere Schauftücfe berechneten Preis noch mehr herab, 
und fo muß der ohnehin brodlofe Verfertiger ſich am Ende 
mit einem wahren Berfchleudern derfelben zufrieden geben. 
Das Faufende Publifum aber wird dabei nicht minder bes 
trogen; denn unſolide Arbeit iſt auch zu niedrigen Preiſen 
noch immer die theuerſte, und bettelarme Handwerker —— 
ein Unglüd für jedes Gemeinwefen. 
Bei dieſer mit fteigender Lebhaftigfeit fi h nach und 
* entfaltenden Diskuſſion blieb auch der zweite Theil der 
vorliegenden Frage, naͤmlich die Zulaͤſſigkeit eines ſolchen 


Verkaufsmagazins bei den dermaligen Gewerbs⸗ und In⸗ 


nungsverhaͤltniſſen nicht uneroͤrtetr. Wollte man naͤmlich 
die Aufnahmefaͤhigkeit verkaͤuflicher Gegenſtaͤnde auch auf 
die Erzeugniſſe von Handwerksmeiſtern oder ſogar von un⸗ 
berechtigten Privatperſonen außerhalb der Stadt Altenburg 
ausdehnen, ſo wuͤrde daſſelbe zu einer offenbaren Umgehung 
der beſtehenden Rechte unſerer ſtaͤdtiſchen Innungen fuͤhren, 


“ 


— 176 — 


die ſich dann nicht einmal durch die Benutzung aͤhnlicher 
Anſtalten anderwaͤrts wuͤrden ſchadlos halten koͤnnen, indem 
ſolche Verkaufsmagazine jest noch in unſerer Nachbarſchaft 
durchaus nicht eriftiren und dem Vernehmen nad) vor der 
Hand nur in Mainz und Aachen begründet worden find. 
Man war daher ziemlich einftimmig der Unficht, daß eine 
folhe Ausſtellung verfäuflicher Gewerbserzeugniffe nur Pros 
‚ben, nicht aber wirfliche Verfaufögegenftände auswärtiger 
Meifter enthalten dürfe. Daß dabei auch die Schwierige 
feiten der Einrichtung und Verwaltung, welche leßtere der 
Gegenftand einer zweiten Frage fein folte, ſchon vielfach 
in Erwähnung famen, darf durchaus nicht Wunder nehmen, 
wenn man bedenft, wie wenig wir dergleichen öffentliche 
Disfuffionen und ein forgfältiges Fefthalten der eben gerade 
vorliegenden Hauptfrage gewohnt find. Dabei verging die 
wenige noch übrige Zeit ungemein ſchnell, und die Sache 
fhien den Verfammelten noch durchaus nicht erſchoͤpft und 
namentlich die verfchiedenen Einwendungen in ihrer Halte 
barfeit noch durchaus nicht genugfam geprüft, ald der Here 
Director daran erinnerte, daß die Zeit der Verfammlung 
bereitö verfloffen fei und die Vertagung der weitern Debatte 
auf die nächfte Monatöverfammlung räthlich erfcheine. Man 
war mit der legten Anficht gern einverftanden, zumal da 
man die ihr zu Grunde liegende Thatfache nicht abläugnen 
fonnte, und trennte fi) unter mancherlei lebhaften, die Ver— 
bandlungen fortfpinnenden Gefprächen. 

Der Punft aber, welchen diefe Debatte mit der Idee, 
ein Vereinshaus zu erbauen, gemein hat, ift die wichtige 
Stage, ob die Herftellung eines geräumigen Ausſtellungs⸗ 
ſaales mit den etwa noch erforderlichen Nebenzimmern in 
den zu entwerfenden Bauplan aufzunehmen ſein wuͤrde oder 
nicht. Denn offenbar wuͤrde der Bau eines ſolchen Saa⸗ 
les, wenn dieſer nur in je 2 Jahren einmal, etwa 14 Tage 
hindurch zur Aufnahme unſerer gewöhnlichen Kunſt⸗ und 
Gewerbeauöftellung dienen follte, wegen der dadurch nicht 


wenig gefteigerten gefanmten Baufoften ald eine Art Vers 








u 


ſchwendung erfcheinen, die fih nur bei einer Fülle der vors 
handenen Mittel, Feineswegs aber bei Verhältniffen rechts 
fertigen laſſen würde, wie diefe bei uns vorliegen und bei 
Darlegung unferes Kaffenwefend in den Mittheilungen aus 
dem Ofterlande veröffentlicht worden find, 
So wenig nun aud) durch dieſe unfre Verhandlungen 
ein handgreifliches Ergebniß, welches jeder Theilnehmer auf 
einem Blatt Papier in der Taſche hätte mit nad) Haufe 
nehmen Fönnen, gewonnen worden ift, fo haben wir doch 
auch nicht umfonft und ind Blaue hinein geredet, Viel—⸗ 
mehr fiheint das biöher vorherrfchende paffive Zuhören der 
Berfammelten auf Das, was die Beamten und fonftigen 
Beauftragten des DVereind vortrugen, einer größern activen 
<heilnahme der Mitglieder an den Berhandlungen mehr und 
mehr Pla machen zu wollen. Und während unfer Vers 
ein, wenigftens feitdem ich die Ehre habe, demfelben anzus 
gehören, ſich die ftille Gleichmäßigfeit eines geruhigen Haus⸗ 
weſens oder den -geräufchlofen Gang «iner gut conftruirten 
Mafchine zum Vorbilde genommen zu haben ſchien, die um 
fo befjer find, je weniger fie ſich bemerflich machen, fo wird 
derfelbe Fünftig vieleicht mehr einem Iebensfrifchen Staate 
mit einer energifchen Regierung und mit Fräftigen, ſich für 
das Gemeinwefen intereffirenden Staatöbürgern oder wohl 
auch einem lebendigen Organismus ähnlich werden, in wel 
chem alle Theile zugleich aufnehmend und erzeugend beitras 
gen zum Leben und Gedeihen des Ganzen, deſſen Wohlfein, 
Kraft und Wirkfamfeit nur auf der zufammenwirfenden Thäs 
tigfeit aller einzelnen Glieder beruht. 

Doch ift dieſes Sache der Zufunftz fie wird entfcheis 
den, ob und wie weit ich mic) ‚hierin geirrt habe. 





VI. | air 


— 178 — 


XXIII. 
Ueberſichtliche Darſtellung 
des Beſtehens und Wirkens der Kunſt- und Gewerb— 
Vereine, der Kunſt-⸗, Gewerb⸗ und Sonntags-Schulen 
und aͤhnlichen Anſtalten 
in den 
Schweſterſtädten des Landes 
im Jahr 1843. 
* namentlich 
7. Sn Ronneburg: \ 
der Kunft» und Gewerbfihule; geftiftet am 12. Juli 1828, 
des Kunfts und Gewerbvereins; = » 7.9uni1843, 
1. In Eifenberg: 
des Georgenftiftungvereindz; . .  geftiftet am 24. Juni 1829, 
der Sonntagöfhul; . . -» = 2 6,$ebr.1830, 
II. Sin Kahla: ’ 
der Herzog⸗ Joſephs⸗Sonntagsſchule; geft. am 30, Jan. 1831. 
d. Strick⸗ u. Naͤhſchule (Amalienſtiftung) = = 30. Yan, 1840, 
der Befchäftigunganftalt5; - » -» = e 30, Jan. 1841. 
av. In Luda? 
der Sonntagsſchulez  : geſtiftet am 8. Juni 1832, 
V. In Noda: 
der Sonntagöfihules;s + » + geftiftet am 26. April 1835. 
vi. Sn Schmölln: 
des Kunfts und Gewerbvereind; geftiftet am 7. Dec. 1835. 
der Kunft- und Gewerbfchule; 2 = 7,Der, 1835, 
vos Sin Göfnik: | 
der Sonntagäfchule od. Wagneröftiftung ;geft. amd. Maͤrz1837. 
VIII. Sn Orlamünda: 
‚der Strick⸗ und Naͤhſchulez . geſtiftet am 21. Nov. 1838. 
der. Sonntagefhules + >» 0 = 24,06, 1842, 





- 179 — 


IX. Sn Menfelwig: 

der Sonntagsſchule nebft Strick⸗, Nähe 

und Stickſchule, des Jugend» u. Volks⸗ 

lefevereind daſelbſt und des Sing⸗ und 
Leſevereins in Mumsdorf; . geftiftet am 81. Aug, 1840. 


Mitgetheilt 
am 26, Stiftungfefte des Kunft» und Handwerfövereins 
zu Altenburg, den 4. 5. Februar 1844 
| durch 


den Landesregierung⸗ und Konfiſtorialrath 


Dr. Karl Bad, 
“als ll. — des Kunft- und Handwerksvereins und Sekretair 
Kunft und Handwerksfchule dafelbft, 


Auch den Kunft- und Gewerbvereinen, Kunſt⸗ und 
Gewerbs und Sonntagöfchulen und ähnlichen Anftalten in 
den Schwefterftädten ded Landes ift das Jahr 1843 ver- 
floffen mit feinen Sorgen und Hoffnungen, mit feinen Mühen 
und Freuden! Die berichtlichen gefaͤlligen Mittheilungen 
der verehrlichen Vorftände der genannten gemeinnügigen Ans 
ftalten haben mich abermals in den Stand gefeßt, denen, 
welche für all ſolche volfsthümliche gewerbliche Fortbildung⸗ 
anftalten Sinn und Gemüth haben, eine überfihtlihe Dars 
ſtellung des Beftehend und Wirfens der oben namhaft ges 
machten Schweftervereine und Anftalten in folgenden nach 
den Stiftungjahren geordneten Abfchnitten vorzulegen: 


J. 


Nach) dem von dem Herrn Hofrath Klein in Ron⸗ 

neburg, ald bisdahinigem Direktor de& dafigen Kunſt⸗ 

und Gewerbvereins, öffentlich erftatteten und gedruckt 

vorliegenden Berichte über dad Beftehen und Wirfen diefes 

Vereins und der damit verbundenen KRunfts und Gewerbs 

ſchule, vom 1. Zuli 1842 bis 12, Septbr. 1843, und 
12* 


— 180 — 


nach dem neuerlichen ſchriftlichen Nachtrage des gedachten 
Herrn Berichtserſtatters dazu vom 3 Januar 1844 hat fo 
Verein wie Schule auch in dem abgewichenen Jahre 1843 
in erfreuliher Wirffamfeit fortbeftanden. Der Vereinsmit⸗ 
glieder find, mit Berücdfichtigung dee im Jahreöverlaufe Aus⸗ 
gefchiedenen und Neuhinzugetretenen, Mitte Septembers v, I. 
51 gewefen, die Monatöfisungen aber, bei Herrn Wagner 
am Gefundbrunnen, in der Regel nur von 11. oder 12 be: 
fucht worden. Die Beamteten waren bi8 12. September 
1843 die vorigen geblieben, nur daß die beiden Vorfteher 
gewechfelt hatten und daß Here Fabrifherr Sieber d. J. 
und Here Buchbindermeifter Meiner an die Stelle der 
frühern getreten waren. Mit der Feftfisung am 4, Sep⸗ 
tember, welcher 29 Mitglieder beiwohnten, war eine Fleine 
Auöftelung von dortigen Kunft- und Gewerberzeugniffen 
nebft einer erfolgreichen Berloofung der meiften derfelben 
verbunden. Außerdem hielt man von 14 zu 14 Tagen 
Swifchenfißungen zu freier Befprechung von Bereindangeles 
genheiten und Gewerblihem, Herr Dr. Geinig in Dress 
den erfreuete mehrfach durch Zufendung entſprechender Schrif— 
ten. Die von dem Herrn Direftor aufgeworfene Frage: 


wieviel wol in Ronneburg in Hinblick auf die Seelenzahl - | 


der Stadt und etwa des Amtsbezirks, der freilich feine eis 
genen Gewerbe zahlt, und ob, dem angemeffen, Meifter von 
jeder Innung zu viel oder zu wenig vorhanden feien, vers 
anlaßte entfprechende Erörterungen und überfichtliche Ergebs 
niffe, welche in einer gedruckten Tabelle vorliegen, die zus 
gleich, die Arten und Zahlen der Gewerbtreibenden überhaupt 
begreift. Außer dem Herrn Direftor hielten befonders 
noch Herr Zahn und Herr Sieber Vorträge über Ges 
genftände, welche in den Vereinszweck einfchlagen, Der 
Herr Direftor regte unter Anderm die ‚Erörterung der 
Tragen an: „woher es kommen möge, wenn die Ortseins 
wohner gewiſſe Waaren lieber auswärts ald bei den Zunft⸗ 
genoffen und Händlern in der Stadt faufenz ferner: ob die 


Beftelung zum Bunftobermeifter durch Wahl, nad) Berdienft oder- 


—— — 











— #1 — 


der Neihe nach, durch Zufall und als Bürde ftattfinde, 
und: ob der Zement des Heren Eckardt in Kahla befannt 
und in Gebrauch fi.” 

Der Leſekreis befteht fort. Die Jahresrechnung ers 
gab 104 Thlr. Einnahme, 59 Thlr. Ausgabe, alfo 45 Thlr. 
Ueberfchuß. 

In der Vereinsfigung vom 5. Dezember 1843 wurs 
den, (nachdem Herr Hofrath Klein wiederholt dringend 
um Entbindung von den Direftorialgefchäften gebeten hatte) 
Herr Fabrifhere Sieber zum Direftor, Herr Hofrath Klein 
zum I., Here Leinwebermeifter Kraufe zum II. Vorfteher, 
Herr Amtöfopift Jahn zum Sekretair und Rechnungfühs 
ver, Herr. Kaufherr Ziegler zum Bibliothefar erwählt. 
Dann befchäftigte man ſich mit Erörterung der Frage: „ob 
es nicht möglich fein dürfte, zu erwirfen, daß beim Ge: 
ſellen- und Meifterwerden nicht blos Handwerksgeſchicklich⸗ 
keit an fi), fondern auch gnügende Kenntniß im Schreis 
ben, Rechnen und Auffesen zu erheifchen und bei der Hand⸗ 
werföprüfung mit zu erforfchen ſei?“ welche Frage in einer 
fpätern Sigung von Herrn Zahn fhriftlich erörtert ward, 
welcher dabei zunächft Benchmung mit der H. Gewerbös 
fommiffion vorfchlug. — Herr Hofrat Klein brachte noch 
die gute Sache der Kleinfinderverwahr=Anftalten in Anre⸗ 
gung und forderte zu Begründung einer folchen dort auf. 

Bei der Kunſt- und Gewerbſchule find wenig 
Beränderungen vorgefommen, der Schüler abwechfelnd ges 
sen 40, mehr oder weniger gewefen, die Schulftunden, wenn 
nicht unverftändige oder unbillige Lchrmeifter ihre Lehrlinge 
daran gehindert, gut befucht worden. Unterrichtet wurden 
die Schüler im Lefen, Schreiben (Schön= Recht: und Nach⸗ 
ſchreiben), Rechnen, Erdfunde, Gefihichte, Zeichnen (unter 
Beihülfe des Herrn Ofhmann für das freie Handzeich- 
nen und des Herrn Rentamtmann Jecke für dad Baus 
zeichnen), Lehrer in der ElementarsSKlaffe waren Here Jung» 
bank und Herr Hoffmannz jegt, da derfelbe-in das 
Landed:Schullehrer-Seminar eingetreten, Here Beyer, Die 


1 — 


Schulbeauffihtigung durch 12 Vereinsmitglieder dauerte mit 
gutem Erfolge fort. Here Dr. Geinig in Dresden fehenfte 
der Schule die guten Borlegeblätter für die Saͤchſ. Gewerb⸗ 
und Sonntagsſchulen. Die Schulprüfung am 10, Auguft 
war befriedigend; die beften Schüler empfingen Preisge⸗ 
fhenfe. Bei 111 Thlr. 10 Ngr. 24 Pf. Einnahme und 
127 Zhle, 9 Ngr. 7 Pf. Ausgabe, ergab ſich ein Fehlbes 
trag von 15 Thlr. 29 Ngr. 44 Pf. ald Mehraufwand auf 
neue Lehrmittel und vergl, Die Zeichnenftunden, die ans 
derwärts am liebſten befucht werden, find in Nonneburg 
gerade am meiften verfäumt worden, vieleicht weil unter 
den Schülern die meiften, 22, Weberlehrlinge und nur 4 
baugewerbliche find, 

Ich behalte mir vor, noch) fo manches Anfprechende 
aus den gedruckten und gefchriebenen Berichten des Herrn 
Hofrath Klein in einer der naͤchſten Sitzungen unferes 
Kunſt⸗ und Handwerfvereind vorzutragen, 


II. 


In dem verfloffenen Jahre 1843 find nach dem Bes 
richte ded Vorſtandes (Herr Rath Klösner, Direftor, Here 
Juſtizrath Meißner, Seftetair, HerrReftorSchwepfinger, 
Direktor der Gewerbfchule) vom 42. Januar 1844, die Aus 
ßeren Berhältniffe de8 Georgenvereind zu Eifenberg 
ziemlich diefelben geblieben, wie fie in dem vorjährigen Be⸗ 
richte angegeben worden waren. Die Anzahl der Mitglies 
der des Vereins hat fi) um 4 Perfonen und die Summe 
der jährlichen Beiträge um einige Thaler gemindert. Yes 
doch erlaubten es die fonftigen Kaffeverhältniffe, auch in 
diefem Jahre ‚gegen 50 Thle. zur Unterftügung für zwei 
junge SKünftler, nämlich) nochmals für den fihon im voris 
sen Jahresberichte erwähnten Architekten, Zimmergefel 
Milfner aus Eifenderg, und für einen Malerlehrling, 
Preller von Eifenberg, der ſich gegenwärtig in Weimar 
aufhält und der von dort empfehlende Zeugniffe und Pros 
ben feiner Gefchieflichfeit zugefandt Hatte, zu verwenden. 


— 185 — 


Die Gewerbſchule anlangend, ſo wird dieſelbe jetzt 
von 35 Schülern ziemlich regelmäßig beſucht. Won den 
24 nämlich, die fie am Schluffe des vorigen Jahres zählte, 
blieben nach und nad) 9 aus den Stunden weg, dagegen 
traten im Laufe des Jahres 20 neue ein. Mehrere diefer 
Schüler, befonderd unter denen, die ſchon längere Zeit an 
dem Unterrichte Theil nehmen, machen den Lehrern Dur) 
ihre Fortfchritte und durch ihe Betragen große Freude, wenn 
es auch leider auf der andern Seite nicht an ſolchen fehlt, 
die den Zweck und die Bedeutung der Lehranftalt für fie 
und Shreögleichen nicht zu würdigen verftchen, die nur. gez 
ringes Intereſſe für jene an den Tag legen und daher nur 
einen fehr geringen und zweideutigen Nugen aus derfelben 
mit fi nehmen, Die Lehrgegenftände find noch, wie früher, 
Zeichnen, Schreiben, Arithmetif und teutfhe Sprache und 
für jeden diefer Gegenftände ift eine Stunde wöchentlich bes 
ftimmt. Den Unterricht in den beiden letztern Gegenftäns 
den ertheilte bis gegen das Ende des vorigen Jahres Herr 
Kolaborator Grofchvetter. Da diefer aber nun zum 
Pfarramt nach Thränig befördert worden ift, fo wird in 
dem gegenwärtigen Jahre Here Konreftor Ludwig die 
Güte haben, diefe Stunden zu übernehmen, Als Zeichnens 
und Schreibelehrer ift fortwährend noch Here Kandidat 
Back thätig gewefen. Auch zur Anfchaffung neuer Lehre 
mittel, namentlich zweckmaͤßiger Vorlegeblaͤtter zum Zeiche 
nenuntereichte Ffonnten im vergangenen Jahre mehrere Tha⸗ 
ler aufgewendet, fowie in der Bertheilung von. Materialien 
zum Schreiben und Zeichnen an die beffern und fleißigern 
Schüler fortgefahren ‚werden. 

Sollte ſich die gegenwärtige Zahl der Schüler erhals 
ten oder vermehren und das erhöhte Intereffe an der Schulz 
anftalt, das ſich jeßt durch die häufigen Anmeldungen neuer 
Schüler fund zu geben fiheint, fi) dauernd zeigen, fo wird 
der Vorftand baldigft und mit Freuden auf die Mittel ber 
dacht fein, um entweder noch eine zweite höhere Klaſſe zu 
errichten oder wenigftend die Unterrichtögegenftände dem all⸗ 


— 134 — 


gemeinen Zwecke einer Gewerbſchule gemaͤß zu erweitern 
und zu vervollſtaͤndigen. 


III. 


Die Herzog⸗Joſephs— Sonntagsſchule in 


Kahla ward nach dem Berichte ihres Vorſtehers, des Herrn 


31, Dezbr. 1843 N 
Fabrikinhaber Efardt daſ. vom ag air unter Gots 


tes Schutze mit 16 Schülern fortgefest, welche Zahl im Som⸗ 
mer auf 56 anftieg, am Jahresſchluſſe auf 26 fi) mins 
derte, Die Herren Lehrer (Hoforganift Große im Schöns 
fhreiben, Reftor Gruber im Nechtfchreiben und Erdfunde, 
Maurermeifter Jede und Zipfel im Zeichnen, Rathskop. 
Joſſe und Schreiber Kellner im Rechnen) fahen ihren 
ausdauernden Eifer in Förderung ded Guten durch Fleiß 
und gute DBetragen von Seiten der meiften Schüler aners 
kannt; aud) war das Ergebniß der am 6. Aug. Beifeins 
einiger Mitglieder dafiger Behörden von dem Herrn Su⸗ 
perintendenten Findeifen geleiteten Prüfung befriedigend, 
und es empfingen daher 5 Schüler Preis-Buͤcher. 

Die in 4 Thlr. 3 Ngr. 3 Pf. aus Landeömitteln 


beftehende Einnahme ward zur einen Hälfte den Herren 


Lehrern als eine Fleine Entfchädigung für ihre große Mühe 
waltung zugetheilt, zur andern Hälfte theild zu den Preids 
buͤchern und fonftigen fleinen Ausgaben verwendet, theils 
zum werbenden Bermögensftocfe (bereitd 200 Thlr.) gefchlagen, 

Der - VBorftand wiederholt auch jest den fihon oft, 
aber bislang vergebens geäußerten Wunſch, daß von Geis 
ten der Gewerbbehörde dahin mit hingewirkt werden mögte, 
daß die dafigen Handwerkslehrlinge zum Befuche der" RN 
tagsfchule angehalten werden. 

Die Befhäftigunganftalt dafeldft, (dem Bors 
ftande find dazu auf höchfte Anordnung mit landfchaftlicher 
Zuftimmung auf 12 Zahre unverzinsliche nad) und nach mit 
aljährlih 200 Thlr. rüczahlbare 2000 Thlr. aus Landes⸗ 
mitteln i. 3. 1840 vorgeftrecft worden) befteht felbft unter 


ſchwierigen Verhältniffen, mit Erfolg fort, Mit Anfertigung 


— 


von Holzfidibuſſen, Gewehrpfropfen und bunten Schiefer⸗ 
griffeln konnten von Neujahr bis Oſtern 1843: 46, von 
da bis Johannis: 42, von da bis Michaelis: 39 und von 
da bis Weihnachten: 47 Perfonen befchäftigt werden. Mit 
dem Fertigen von Holfchachteln wollte ed nicht vorwärts 
gehen, da ed Fleiß und Ausdauer erfordert und bei dem 
geringen Preife, zu welchem diefe Waare vom Thüringer 
Walde geliefert wird, wenig Verdienft herausſpringt; auch 
bat von 3 Lehrlingen,, welche dad Schachtelmachen erlerns 
ten, noch feiner e8 auf eigene Hand betrieben. Demnädft 
werden Schwefelhölzchen gefertigt werden. Der Unternebs 
mer (Here Fabrifinhaber Ecfardt) verfpricht fi von der 
Anftalt dad befte Gedeihen, da die Hauptſchwierigkeiten biös 
ber überwunden worden find, 

Die auf Beranlaffung Ihrer Hoheit der Frau Her: 
‚ zogin unter deren Namen „Amalienftiftung“ errichtete Striſck⸗ 
und Naͤhſſchule für arnie Mädchen von 5 bis 134 Jah⸗ 
ten zählte in den Lehrftunden Mittwochs und Sonnabend 
von 1 bis 4 Uhr Nachmittags immer gegen 40 unentgelts 
lich unterwiefene Schülerinnen und erfreute ſich unter Leis 
tung ihrer Vorfteherin, der Gattin des mehrgedachten Heren 
Eckardt, reger Theilnahme und ſittlich guten Erfolgs. Die 
Anſtalt erhält ſich ſelbſt und beſitzt bereits einen bei dorti⸗ 
ger Sparkaſſe werbend eingelegten nr von 22 Ahlr. 
15 Ngr. 9 Pf. 


IV. 


Die Sonntagsfhule zu Lucka hat aud in dem 
verwichenen Jahre 1843, das wohl Allen, die es durchleb⸗ 
ten, unvergeßlich, diefer Anftalt aber befonders deshalb denk⸗ 
würdig bleiben wird, daß ihre Lehrer und felbft einige 
Schüler von ihr das goldene Amtsjubelfeft ihres würdigen 
Infpeftors, ded Herrn Geheimen Konfiftorialrathed Dr. Böhme 
mitfeiern zu fönnen, fo gluͤcklich waren, ſtill und ruhig und 
mit manchem Segen ihrem Ziele angeftrebt. 


— 186° — 


In dem Lehrerperfonale find Feine Veränderungen vors 

gefommen, auch find die Lehrgegenftände, namlich Gefchichte, 
teutfche Sprachlehre mit Stilübungen, Rechnen, Schön= und 
Rechtfehreiben fo ziemlich diefelben geblieben, wie auch die 
Zeit ded Unterrichts (im Sommerhalbjahre von Nachmittags 
2 bis 4 Uhr, im Winterhalbjahre von Mittags 12 bis 2 
uhr) diefelbe geblieben: ift. 
Der Diafonus Mofer gab den Schülern eine kutze 
Beſchreibung von dem Leben und den Thaten des Cherus⸗ 
kerfuͤrſten Hermann und des Erfinders der Buchdrucker⸗ 
kunſt Gutenberg, und zwar in der Abſicht, daß die 
Schuͤler wuͤßten, warum dieſen großen Maͤnnern ſo ſchoͤne 
und großartige Denkmaͤler in der neueſten Zeit errichtet 
worden ſind. In den letzten Stunden des Sommerhalb⸗ 
jahres zeigte er im Allgemeinen den Unterſchied zwiſchen 
Erfindung und Entdeckung und ging dann zur — 
der Erfindung des Glafes über. 

Here Rektor Bräutigam lehrte teutfche Sprachlehre 
mit Stiluͤbungen in Briefen, Vorträgen ꝛc. und im Rech— 
nen gab er NRachhülfe Denen, welche vor oder bald nad) 
Einführung ded neuen Münzs und Gewichts» Syftems die 
biefige oder auswärtige Schulen verlaffen hatten. 3 

Here Kirchner Tanner beforgte den Unterricht im 
Schoͤn⸗ und Rechtfihreiben, und 

der Herr Scullehrer Thurmann von dem Hiofeh 
Proͤsdorf im Zeichnen. 

Für das Jahr 1844 iſt der Herr Kaufmann Dietz⸗ 
mann dafelbft ald Lehrer gewonnen worden, welcher den 

Schülern Anleitung zum Modelliren, Formſchneiden 1 zu 
geben gedenkt. 

Die Zahl der Schüler bat fich weder vermehrt noch 
vermindert (15— 20) und Fleiß und Betragen derfelben 
fann nur gelobt werden. 

Bon der Einnahme Fonnte nichts eruͤbriget — 
da mehre neue Zeichnungen angeſchafft werden mußten. 

Die Bibliothek der Sonntagsſchule hat ſich durch im 





— 1917 — 


Vereine zur Berbreitung guter und wohlfeiler Volksſchriften 
im Swicau im Jahre 1843 herausgegebene Schriften vers 
mehrt; da fie Mitglied diefes, wenn auch awelhua⸗⸗ 
doch als ſehr nuͤtzlich ſich bewaͤhrenden Vereines iſt 


| V. 

Mit derſelben regen Theilnahme ſowohl von Seiten 
der Lehrer als der Schüler hat nad) dem Berichte des Bors 
ftandes (Herr Kirchenratd Streicher und Herr Stadt⸗ 
ſchultheiß Zin keiſen) vom 44. Januar 1844 auch im 
verfloſſenen Jahre 1843 der Untereicht; in der Sonntags 
fhule zu Roda ununterbrochen fortbeftanden, wie. dies 
ſeit ihrer Gruͤndung im Jahr 1835 der Fall war und obs 
ſchon ſich derfelbe auch nur auf 5—54 Stunden an den 
Sonn- und fleinen Feſttagen früh und zu Mittage befchränft, 
fo iſt doch diefe Zeit zweckmaͤßig genug eingetheilt, um das 
geftecfte Ziel mehr und mehr zu erreichen, Der Borftand 
ift überzeugt, daß durch ihre Wirkfamfeit auf eine gute Ge⸗ 
fittung der Schüler, auf Erhaltung und Vermehrung der 
bereitö erlangten Schulfenntniffe, auf Erwerbung der dem 
GStaatöbürger im Gewerbfacdhe und Stande neben feiner Hand⸗ 


werkspraxis nöthigen Wiffenfchaft und auf Kenntniß des 
Staats⸗ und bürgerlichen Lebens vom höheren Standpunfte 


aus betrachtet, fowie auf Liebe zum Vaterlande und Ach⸗ 
tung und Gehorfam gegen Gefeß und Obrigkeit hingearbeis 


tet wird. Faft ohne Ausnahme gehören die Sonntagsſchuͤ⸗ 


ler zu den befiern Sünglingen der Stadt und bei Einzelnen, 
namentlich Fremden, deren Borfenntniffe wegen ihres mehr 
vorgerücften Alters und ſonſt wieder in Abnahme gefommen 
oder ‚gering waren, find die Früchte des Unterrichts unvers 
kennbar erfreulich, fehneller heranreifend bei folchen, die ſchon 
mit mehr Vorkenntniſſen verfehen und für weitere donchri 


empfaͤnglicher find, 


Bon den 49 Schülern, welche die Anftalt zu Oftern 
v. I beſuchten, find nad) der am 30. April 1843 gehals 
tenen Prüfung 16 ausgefihieden, 14 neue dafür eingetreten 


— 188 — 


und ſo beſtand deren Anzahl am Schluſſe des Jahres noch 
aus 47, wovon die meiſten gehoͤrig und puͤnktlich die Schule 
beſuchten; indeß hat ſich die Theilnahme junger Leute vom 
Lande gegen das vorige Jahr etwas vermindert, dagegen 
aus der Stadt vermehrt. Jedenfalls wuͤrde dieſelbe übers 
haupt größer fein, wenn nicht bie. und da befonders die 
Morgenftunden der Sonntage zu alltägliher Gefchäftigfeit 
in den Werkftätten zu ſehr benugt würden, was vorzüglich 
in jegiger bedrängter Zeit mehr hervortritt, 

Der Unterricht in der Naturlehre und Naturgefchichte, 
befonderd in Rückficht auf ihre Verwandtfchaft mit der Teche 
nologie; im Nechnen mit feinen praftifchen Beziehungen 
. auf den Gewerbs- und Gefchaftöverfehr, diefed Jahr vor 
zugsweife au) mit Raums und Flächenberechnungen verz 
bunden und mit praftifcher Anwendung der Quadrat» und- 
Kubifwurzel-Ausziehung verfehen; im Zeichnen, Schönfhreis 
ben, Rechtſchreiben und Stilifiren, letzteres für den bürger- 
lichen Gefchäftsverfehr berechnet; fowie in der Geographie 
in Verbindung mit Voͤlker⸗- und Staatenfunde und deren 
Geſchichte, wird noch von denfelben Lehrern wie früher in 
den beftimmten Stunden ertheilt und bei legterem die vor— 
theilhafte Vergleihung unferer teutfchen Staaten mit vielen 
andern Ländern der Erde befonderd hervorgehoben. Zu Vers 
mehrung der Kenntniß und Einfiht in Beziehung auf mans 
hen Unterrichtgegenftand trägt dort die Benugung der auß 
61 entfprechenden Schriften beftehenden Fleinen Lefebibliothef 
‚allerdings mit bei. Wo es nur anwendbar und pafjend 
erfcheint, werden Hinweifungen auf die ae des chrifte 
lichen moralifchen Lebens eingewebt. 

In folder Weife fol denn mit Vertaue auf den 
hoͤchſten Beſchuͤtzer und Foͤrderer alles Guten auch ferner 
in dieſer Anſtalt fortgewirkt werden, damit auch ſie ihr 
Scherflein zur Summe des Guten mit beitrage, was im 
lieben teutfchen Baterlande auf fo mannichfache Weiſe zur 
Beförderung der geiftigen Bildung gefchiehtz und der Him⸗ 
mel wird dazu feinen Segen verleihen. 








; — Mi — 


Die finanziellen Verhältniffe der Anftalt ftehen forts 
während gut; bei 79 Thlr. 17 Nor. 5 Pf. Einnahme, woruns 
tee 44 Ihle. INgr. 3 Pf. aus Staatömitteln, und 25 Thlr. 
2INgr. 3 Pf. Ausgaben, darunter mehrere für Lehrmittel, 
Prämien für die beſſern Schüler und eine Fleine Remunes 
ration für die Lehrer, ergab ſich im der legten Jahresrech— 
nung 33 Thlr. 18 Nor. 2 Pf. Beltand, 


WE, 


Der Runftzund Gewerbevereinin Shmölln, 
defien Vorftand Here Dofenfabrifant Jacob ald Direftor 
und Here Archidiafonus Kloͤtzner ald Geftetair bilden, 
bat, nad) deö Iegtern Berichte vom 48. Januar 1844, nun 
bereits 8 Jahre lang frifh und fröhlich) beftanden und die 
Theilnahme daran auch im Jahr 1843 ſich nicht gemindert. 
Er zählt jest 190 Mitglieder. In den allmonatlichen, durchs 
ſchnittlich von je 18 Mitgliedern befuchten Verfammlungen 
befchäftigte man ſich nicht fowohl mit fürmlicher Verbands 
lung befonderer Gegenftände, ald vielmehr mit der Auffafs 
fung und Durchſprechung der Zeiterfcheinungen und Zeitfra= 
gen in den verfchiedenen Bereichen des Gewerblebens. Das 
bin einfchlagende Schriften wurden in 8 Abtheilungen in 
Umlauf gefest, was den Zweck der Verbreitung ihres ge> 
meinnuͤtzigen Inhaltes wefentlih förderte. Eine im Laufe 
des Jahres ftattgefundene Verloofung ausgeftellt gewefener 
Kunſt- und Gewerberzeugniffe war lediglich auf Anregung 
und Aufmunterung, nicht auf Gewinn für die Kaffe bes 
rechnet, welche daher einigen Einnahmeausfall dabei zu bes 
defen hatte. Die Vereinskaſſe felbft behielt bei 184 Thlr. 
4 Nor. 2 Pf. Einnahme (einfhliegih 71 Thlr. 19 Ngr. 
5 Pf. Beltand von voriger Rechnung, 3 Thlr. 10 Nr, 
Eintrittsgeldern, 53 Thlr. Einlagen, 47 Thlr. 1 Ngr. 7 Pf. 
. Einnahmen für die Schule, worunter 4 Thlr. 3 Ngr. aus 
Landesmitteln, und 9 Thlr. 3 Ngr. inögemein) und 119 Thlr. 
26 Nr. 8 Pf. Ausgabe Ceinfchlieglih 23 Ahle. 4 Rgr. 
8 Pf. für Druckſachen, 31 Thlr. 15 Nor. für Bedienung, 


— 10 - 


42 Thlr. 22 Ngr. 8 Pf. für die Kunft> und Handwerks 
Schule, und 21 Thlr. 24 Nor. 2 Pf. inögemein) ; 64 Thlr. 
7 Nur. 4 Pf. Beftand. 


Auch die Kunft- und Eee daſelbſt 
iſt unter ihrem Vorſtande, Herrn Inſpektor Gruner und 
Herrn Diakonus Heyner, nach deren Berichte vom 48. 
Januar 1844 im Laufe des Yahres 1843 frifch, frei, froͤh⸗ 
ih, fromm gedichen. Die Anzahl ihrer Schüler, die im 
Jahr 1842 bereits 78 war, ift durch die Aufnahme neuer 
Schüler am 31. Mai auf 98 geftiegen und betrug Anfang 
Januar 1844, nachdem vor Kurzem einige die Schule ver 
laſſen hatten, nod) 83. Fragt man nun mit dem Schuls | 
vorftande: was hat die Schule in dem entfehwundenen Zeit | 
taume den Schülern diefer Anftalt- genügt, was Haben fie | 
gewonnen? fo falt zu Aller Betheiligter Freude abermald _ 
der Blick nicht auf ein düftees Bild, fondern auf einen | 
fhönen Acer, der gute Früchte trug. Denn die Herren | 
Lehrer fahen größtentheil® in ihren Schülern wohlgefittete 
Sünglinge, die mit regem Eifer zu den fihon erlangten 
Kenntniffen neue fammelten und an nüßlichen Fertigfeiten 
zunahmen und dadurch in ihren Lehrern die frohe Hoffnung 
erweckten, daß ihre Schüler einft als tüchtige Bürger dem 
Baterlande zum Heile gereichen werden, 


Durch eine Sammlung bei dem Feftmahle am 10, 
Januar ward es bemögliht, am 31. Januar 10 der. vors 
zuͤglichſten Schüler, durch Prämien,  beftehend in nüglichen 
Buͤchern, auszuzeichnen und viele andere Fonnten wegen ihr 
red Fleißes und ihres guten Betragens öffentlich belobt werden. 


Soll der Menfch in feinem Eifer nicht ermüden, ſon⸗ 
dern in Dem, was er angefangen hat, feftbeharren, fo muß 
er feines Wirfens Segen ſehen; und dies gilt auch von 
den Lehrern dieſer Schule; da fie bisher ihren mit Liebe 
und Sorgfalt auögeftreuten Saamen fhöne Früchte tragen 
fehen, fo find fie ihrem Werfe treu geblieben und noch diefels 
ben, wiefrüher; nur der Maler Herr Drefcher hat ſich durch 














| 
| 
| 


= + 


feine veränderten Familienverhältniffe gendthigt gefehen, aus 
dem Kreiſe der Lehrer zu treten, 

Soviel hiernachft dad Wirfen eined jeden einzelnen 
Lehrers anbetrifft, fo hatte Herr Schreiblehrer Golle, der 
im Laufe des Jahres 1843 auch wie fonft, Sonntags früh 
vor dem Gottesdienft mit unermüdetem Fleiße 97 Schüler 
im Scönfchreiben unterrichtete, die Freude, nicht allein in 
den gewöhnlichen Schriften gute Schüler zu bilden, fondern 
auch von feinem Unterrichte im SKunftfchreiben nad) den 


- Mettenleiterfchen Vorlegeblättern lohnende Früchte zu erndten, 


Here Oberlehrer Schumann, der mit gewandtem 
Geifte Montags Abend von 6—7 Uhr 22 Schülern im 
Rechnen Unterricht ertheilte, führte fie von der Bruchrech⸗ 
nung zur Slächens und Körperberechnung, Negeldetri, Regels 
quinque, Sntereffenrechnung und bis zur einfachen. und zu⸗ 
fammengefesten Geſellſchaftrechuung. Um feine Schüler 
recht vertraut mit den Zahlen zu machen, verdand er ſtets 
mit Tafelrechnen auch Kopfrechnen. 

Here Maler Schellenberg, der mit großer Ord- 
nungsliebe Sonntags von 11 — 12 Uhr feinen Unterricht 
gab, zählte 20 Schüler, die ihren meiften Fleiß auf Lands 
ſchaft⸗ und Decoration Zeichnen verwendeten. In figürs 
lichen Zeichnungen waren feine hauptſaͤchlichen Schritte bes 
merfbar. 

An dem Unterrichte des Heren Diafonus Heyner 
in der teutſchen Sprache und Geographie, verbunden mit 
Geſchichte, nahmen 59 Schüler Antheil. Um diefe im Recht⸗ 
fhreiben zu üben und zugleich das Nachdenken zu fchärfen, 
wurden nicht allein die allgemeinen Schreibregeln dem Ges 
daͤchtniß eingeprägt, fondern auch alle faft gleichlautenden 


Woͤrter, ald: Leiden, leiten, Leuten, Täuten — zufammenges 


ſtellt, daraus Säge gebildet und diktirt; dieß trug gute 
Früchte; denn viele Ternten durch diefe Zufammenftelung 
die Bedeutung der Wörter erft richtig auffaflen. "Damit 
wurden aber auch ftet fchriftliche Auffäge verbunden. Die 
älteren Schüler fertigten längere Erzählungen, bald heitern, 


- ME 


bald ernften Inhalts, und Befchreibungen von allerlei Ges 
genftänden, die weniger gelbten dagegen machten kuͤrzere 
im bürgerlichen Leben oft vorfommende Auffäge, 

In der Geographie ging Here Diafonus Heyner 
nad) einer gegebenen allgemeinen Weberficht über die 5 Welts 
“theile, namentlich Europas, und einer befondern Weberficht 
über Teutfchland, auf Rußland über mit feinen unerfchöpfs 
lihen Hilfquellen, mit feinen vielerlei Völferfchaften und 
ihren Gebräudhen. Indem die Schüler durch die Topogras . 
phie mit den großen Städten, Gebirgen, Flüffen und Waͤl⸗ 
dern, und durch die Naturgefchichte mit den vielerlei Pros 
duften, namentlich auch mit dem Frauenglad und dem Plas 
tina diefed unermeßlichen Reiches befannt gemacht wurden, 
erinnerte fie die Gefchichte .diefed Landes an gewaltige Bes 
berrfcher, die oft mit vieler Graufamfeit gegen ihre Unters 
thanen verfuhren; an Peter den Großen, der ald Zimmers 
mann in Zaardam arbeitete und es für nichts Geringes hielt, 
auch Eifen fehmieden zu lernen; an Carl XII. von Schwer 
den, deſſen Macht bei Pultawa und an Napoleon, deſſen 
Gewalt in Mosfau gebrochen wurde, Sibirien zeigte den 
Schülern feine ungeheuren Steppen und Wüfteneienz Ger 
genden, wo, wunderbar genug, Elfenbein aus dem Schoos 
der Erde gegraben wird; feine großen Wälder mit vortreffe _ 
lichen Pelzthieren, namentlich Zobeln, die fo mancher, einft 
hochangefehene Dann in feiner Verbannung fangen oder 
der in Nertfchinsf in Silber- und DBleibergwerfen arbeiten 
muß; es zeigte den Schülern den Karavanenweg der ruffis 
fhen Kaufleute über SKiachta nad) dem himmlifchen Reihe 7 
des chinefifchen Kaifers, um ihre Waaren für andere aus A 
zutauſchen. J— 

Mit Aufmerkſamkeit achteten die Schuͤler auf dieſen 
Unterricht und gewiß dankte mancher im Stillen Gott, daß 
er ihm ein ſo ſchoͤnes Land, wie unſer theures Vaterland 
iſt, zum Wohnorte gegeben hat. Fuͤr dieſes wollen denn 
auch die Lehrer an der Sonntagsſchule ferner mit Hilfe des 
Allmaͤchtigen treu und redlich wirken und ihren Nachkommen 





— 5 — 


einen guten Grund legen, auf dem fie weiter zum Heile 
der Menſchheit fortbauen moͤgen. Sie hoffen — —— 
daß vie vn feinen Segen —* werde. 


VI. 


Die Sonntagsſchule (Wagners⸗Stiftung) in Goͤß⸗ 
nis ward nach dem Berichte des Herrn Adjunktus Bars 
tholomai dafelöft vom 2%. Januar 1844 unter der umſich⸗ 
tigen Leitung diefed leider jekt an großer, wie wünfchen und 
hoffen, heilbarer Augenſchwaͤche leidenden Ehrenmannes und. 
unter dem Borftande des dafigen Stadtgerichtd auch im 
Jahr 1843 fortgefest.. Bon dem in 20 Thle 16 Nor, 
6 Pf, beftehenden jährlihen Staatöbeitrage — andre Bus 
flüffe, insbefondere auch Eintrittögelder der Schüler, wie 
anderwärts, find nicht vorgefommen — wurden zu einiger 
Entfhädigung der Herren Lehrer, zu Bedeckung des Vers 
heitzungaufwandes und dergleihen, namentlich" zu Anſchaf⸗ 
fung von Burgerd Tellurium und Lunarium, ſowie zu Preiss 
gaben an fleifige Schuͤler, zweckmaͤßig verwendet, Im 
Beichnen ward. durch die Herren Maurermeifter Barth und 
Schneider, in der Erdfunde durch Herrn Organift Pils 
ling, in der Stereometrie dur) Heren Kantor Girbert, 
im Schöns und Rechtfchreiben und im Fertigen von’ Aufs 
fägen für das Gewerböleben durch Heren Viertelsmeiſter 
Flaͤmig in 3 bis 4 Stunden allfonntäglic) vor und nach 
dem Bormittagsgotteödienfte an 5 bis 20 Lehrlinge und 
Geſellen unentgeltliher Unterricht ertheilt, 

“Mach der Anficht des Heren Adjunktus Bartholos 
mai dürfte e8 von guter Wirkung fein, wenn jedem Schuͤ⸗ 
fer, der den Unterricht unausgefest befucht hat, bei feinem 


Ablbgange eine Belobungfarte verabreicht würde, wie dies 
‚auch Hier und anderwärts bei ähnlichen Anftalten gefchicht. 
gm Allgemeinen ift ein guter Geift des Fortftrebens 


unter den Schülern nicht zu verfennen gewefen. Der aus⸗ 

dauernde Fleiß der Lehrer aber ift .befonders rühmend und 

RR anzuerfennen und dabei insbefondere zu erwähnen, 
! 13 


— AR — 


daß Here Kantor Girbert und Herr Organift Pilling 
die ihnen zugebilligte Fleine Geldvergütung nur zur Wer 
mehrung der Bücherfammlung. verwenden, aus welcher die 
- Knaben und Mädchen der * igen Schule gute Leſebuͤcher 
erhalten. 
VII. 


Der Schluß des Jahres 1843 bot nad) dem Berichte 
de8 Heren Infpeftor Becker Laurich in Orlaminde 
einen nicht unerfreulichen Ruͤckblick auf das fernere Gedeihen 
der Sonntags und der Induftries Schule daſelbſt. 
Die im vorjährigen Berichte ausgefprochenen Wünfche nach 
einer regern Theilnahme für die Sonntagsſchule und 
nad) einer fleißigeren Benugung derfelben von Seiten der 
Schüler, find nicht unerfüht geblieben, während die In» 
duſtrieſchule nicht nur in einem befriedigenden Zuftande 
ſich erhalten, ſondern an regerer Theilnahme daran auch 
noch zugenommen hat. Die Ueberzeugung von der Nuͤtz⸗ 
lichkeit und Nothwendigkeit dieſer Anſtalten faßt immer mehr 
Wurzel in der Gemeinde und hierin liegt eine ſichere Buͤrg⸗ 
ſchaft fuͤr ein weiteres Fortſchreiten derſelben. Jedoch nicht 
allein als Frucht redlicher Bemühungen von Seiten der Lehr 
ver betrachtet: der Here Vorfteber diefen günftigen Erfolg; 
es hat ‚vielmehr, fagt derfelbe, nächft dem Segen von oben, 
die Beachtung und Aufmunterung, welche beide Anftalten 
feit ihrer Gründung im Vaterlande und namentlid von 
Seiten des verehrlihen Kunft- und Handwerfövereind zu 
Altenburg gefunden haben, zu dem Gedeihen derfelben recht 
weſentlich beigetragen. Es hat ja der Durchlauchtigfte Lan 
deövater, im verwichenen Jahre in Folge der. Verwendung 
und Fürfprache des genannten Vereins der Sonntagöfchule 
einen jährlihen Beitrag von 10 Thalern zur. Beftreitung 
der noͤthigſten Bedürfniffe derfelben verwiligt, Möge ruͤhm⸗ 
licher Fleiß wie der Lehrer fo der Schüler auch in Zufunft 
den ficherften Beweis einer Danfbarfeit geben, welche wir 
im Herzen lebhafte fühlen ald wir mit Worten fie * 
ſprechen veimdaan⸗ J 


—* 








- 195 — 


Die Induftriefhule wurde im verflofienen Jahre 
von 42 Kindern und zwar von einem nicht geringen Theile 
derfelben regelmäßig befucht, Die Fleineren Mädchen wur⸗ 
den mit Streifen, die darin bereits geuͤbten mit Nähen bes 
ſchaͤftigt. Mit dem Fleiße derfelben Fonnte man groͤßern⸗ 
theils zufrieden fein, Die. gefchickte Lehrerin, Fräulein 
Schindler, hat einen regen Wetteifer unter ihren Schülerins 
nen zu erwerfen gewußt und lange vor Anfang der Stunde 
pflegen fi) die Kinder einzufinden und dann 2 bis 3 Stun: 
‚den unermüdet ihre Arbeit fortzufegen, Die Mütter freuen 
ſich diefer Schulanftalt und übergeben derfelben ihte Toͤch⸗ 
tee ſchon im zarten Alter. Die meiften Berfäumniffe kamen 
im Sommer und namentlich während der. Erntezeit vor, da 
‚die ärmern Kinder von ihren Aeltern haufig zu andern Ges 
ſchaͤften verwendet wurden, was eben: fo. wenig. zu. verhins 
dern, ald, fo lange nur die, Schranfen der, Ordnung nicht 
überfchritten werden, zu mißbilligen: fein dürfte, Wie bies 
ber erhielten die Kinder eine kleine Vergütung für. gefertigte 
Arbeiten und diejenigen 12. Schülerinnen, welche durch Fleiß 
und regelmäßigen Schulbefud) ſich auögezeichnet hatten, wurs 
den mit Weihnachtgefchenfen erfreut. 

Auch die SKaffeverhältniffe der Anftalt find gfınfig. 
‚Der Erlös aus gefertigten Arbeiten, welche zum Theil von 
mehreren Jahren her unverfauft geblieben waren, betrug ges 
gen. 9 Thlr. und die ganze Einnahme, dieregelmäßigen Beis 
träge von der dafigen Armenanftalt und der Pfarrei (dem 
Heren Borfteher) eingefchloffen, nahe an 33 Thlr., fo daß 
nah Abzug der Ausgabe von ungefähr 18 Thlr. (nämlich 
11 Thlr. für die Lehrerin, 3 Thlr. für Heitzung und 4 Thlr. 
für Stridgarn, Strieenadeln und Arbeitlöhne) wenn der Beis 
trag aus der Armenfafle ausgezahlt fein wird, wiederum 
45 Thlr. in die Sparfaffe zu Kahla eingeliehen werden 
fönnen, wodurd) ſich der verzinsliche Hauptftamm der Ins 
— auf 67 Thlr. erhöhen wird. 
Auch die Sonntagsſchule hat im verwichenen 
Zehre eine vermehrte und fleißigere Benutzung gefunden. Es 
13 * 


— u — 


haben 30 Schüler und zum Theil regelmäßig den Unter⸗ 
richt benutzt. Zu des Herrn Vorftchers und der Lehrer 
Freude Tiegen fich felbft zwei Hausväter aus der Gemeinde 
unter die Sonntag sſchuͤler aufnehmen, um fi) im Schteis 
ben und Rechnen zu vervollfommnen, wie auch zwei Jüng- 
linge von. Heilingen den Weg von einer Stunde nicht ſcheu— 
ten, um an dem Untereichte Theil zu nehmen. Uebrigens 
wurde von denfelben Lehrern und in denfelben Fächern, wie 
bisher, der Unterricht fonntäglich in zwei Stunden, in eis 
ner vor der Frühfirhe und in einer vor der Nachmittagd- 
kirche, unausgeſetzt ertheilt und nur an Fefttagen eingeftellt. 
Im gegenwärtigen Jahre wird die Bereitwilligfeit des Zeich- 
nenlehrerd, Heren Tifchlermeifterd Schmeißer, den Schüs 
lern noch öfter Gelegenheit zum Hand» und Linearzeichnen 
darbieten und zwar nad) dem Schluffe der Nachmittagsfirche. 
Bon den der Anftalt verwilligten 10 Ihalern wur⸗ 
den 4 Thlr. zur Nemunerazion zweier Lehrer, 2 Ihle. zur 
Heißung, 2 Thlr. zur Anfchaffung von VBorfchriften und 
Vorzeihnungen, Zirfeln, Stahlfedern ꝛc., 2 Thlr. endlich 
zum Anfaufe von Prämien (einem Schulatlas, einigen Lehr⸗ 
büchern und Schreibbüchern) verwendet, Die Verteilung 
diefer Prämien wird naͤchſtens in der. Sonntagsfchule unter 
angemefjenen Feierlichfeiten und in Gegenwart der obrig- 
feitlichen Perfonen und anderer Schulfreunde . ftattfinden, 
um der Aufmerffamfeit und Theilnahme des Publifum auch 
auf diefem Wege die Sonntagsfchule zu empfehlen, 


144 

Daß das Gute im Leben beſteht, daß es waͤchſt und 
gedeiht und ſeine Frucht bringt, ob es auch wohl manchen 
Kampf mit dem Nichtguten zu beſtehen und manches Hin⸗ 
derniß zu beſiegen hat, das ihm von daher in den Weg 
gelegt wird, iſt die Erfahrung geweſen, welche der unterm 
34. Januar 1844 über die Kunft= und Gewerbvereine zu 
Meufelwis Bericht erftattende Vorfteher derfelben, Herr 
Ad. Weiße dafeldft, auch im Jahre 1843 gemacht hat. 





= — 


1) Was zunächft die Sonntagsfhule betrifft, fo 
bat fie auch in diefem Jahre wohl beftanden. Sie iſt nicht 
blos, wie früher, während der Sommerzeit, fondern auch), 
mit weniger Unterbrechung, während der Winterzeit bis auf 
die jekigen Tage gehalten worden, Das Inventarium ders 
felben hat fich vermehrt, Nicht blos daß ein Heft ofters 
Kändifcher Blätter, und zwar dad vom Jahr 1843 dazu 
fam, fo bat ed aud durch eine Anzahl architeftonifcher 
Zeichnungen, welche ihr ald Gefchenf von mir, Herrn Res 
gierungdrath Schuderoff und Heren Advofat und Ger 
richts⸗Direktor Hafe durch die Güte des Herrn Steuer⸗ 
rath Meißner überfendet wurden, einen danfbar anerfanns 
ten Zuwachs erhalten. Die Theilnahme der jungen Leute 
am diefer Anftalt war freilich noch nicht zur Zufriedenheit 


ihres Vorſtehers. Theils die inwohnende Trägheit zum Gu⸗ 


ten, theild das Vorurtheil, theils die zu gewinnfüchtige Ger 
fchaftöbetreibung ihrer Eltern und Lebrheren hielt mande 
Sünglinge von der Anftalt zurük, Es waren aber doc) 
9 Zöglinge, die zum Theil ziemlich regelmäßig, sum Theil 
ohne Ausnahme, daran Antheil nahmen. 

Die Unterrichtsſtaͤtte war fuͤr gewoͤhnlich das Schul⸗ 
haus, während des Winters theilweiſe auch die Pfarrwoh⸗ 
nung. Die: Dauer des Unterrichtd war allfonntäglid 4 
Stunden, theils früh, theils zu Mittag, theils Nachmittags. 

Die Lehrer waren die beiden Prediger und Schul 


lehrer des Orte, Die Gegenftände des Unterrichts: 


a. Rechnen „ vorgetragen vom Herrn Kantor Mehr. 
Es wurden die Species mit Bruͤchen oder. auch die Pros 
‚porzionrechnungen geübt; 


be Schönfhreiben, gelehrt vom Herrn Organift 


Kirchhoff. Es wurde theils die teutfche, theild Die enge 
liſche Schrift nad) VBorlegeblättern von Heinrigd geuͤbt; 

c. Zeichnen, worin der Here Diafonus Kratſch 
‚Untereicht erteilte, der, aus Mangel an Borfenntriffen der 
Schüler, bisher nur noch auf die Uebung in geraden und 


— 


— 198 — 
gebogenen Linien und in einfachen, aus ihnen sufanmmens 
gefesten Figuren beftehen Fonntez 

d. Anweifung zur Verfertigung teutſcher Ausar⸗ 
beitungen mit Ruͤckſicht auf Rechtſchreiben, ertheilt vom 
Herrn Adjunktus Weiße. Es wurden gefertigt Rechnun⸗ 
gen, Quittungen, Zeugniſſe, Anzeigen, Schuldſcheine, Vers 
traͤge und Briefe verſchiedenen Inhalts, und die Regeln 
dazu vorher diftirt und erklaͤrt. 

e. Erdfunde mit Nüdfiht auf Geſchichte, vorges 
tragen von demfelben Lehrer, Es war vornamlich Teutfcha 
land mit feinen verfehiedenen Einzellandern, das zum Ges 
genftande des Unterrichtd diente, der aber erft fpäter an⸗ 
gefangen werden Fonnte, da der Unterricht über den voris 
gen Gegenftand, bevor er feine Früchte bringen Fonnte, zu 
viel Zeit in Anfpruch nahm. 

Um aber den bisher bewieſenen Fleiß der Schüler 
zu belohnen und fie zu neuem, größern Fleiße anzuregen, 
wurden am Schluffe des Schuljahrs einige Preisgaben vertheilt. 

Außer diefer Sonntagöfchule beftand in Meufelwis 

2) eine Anftalt, in welder Unterridt in 
weiblihen Arbeiten ertheilt wurde, 

Der Vorfteher der Sonntagsfehule errichtete fie im ers 
ften Viertel des vorigen Jahres. 

Die Stätte des Unterrichts ift die eine Unterftube feis 
nee Wohnung. 

Die Lehrerin ift defjen Altefte Tochter Marie Weiße. 

Es wird täglich # Stunden Unterricht ertheilt, außer 
am Sonnabend. _ 

Die Zahl der Kinder ift dermalen 16, darunter eins 
aus Schnauderhainichen, von welchen 5: den Unterricht mehr 
oder weniger bezahlen, wie ed ihre Kräfte erlauben, waͤh— 
rend die Andern nichts dafuͤr geben, da fie unbemittelt find, 
und theilweife auch das Material zu ihren Arbeiten RA 
ten müffen. 


Die Gegenftände des Unterrichts find: Stricken, Haͤ⸗ 


keln, Weißnaͤhen, Zeichnen, Sticken und Kleidermachen. 





Der Vorſteher der Sonntagsſchule beauffichtigt diefe 
Anftalt und erhält woͤchentlich die von der Lehrerin gefers 
tigten Zenfuren über Fleiß und Verhalten der Kinder, welche 
er alsdann deren Eltern zuſendet. 

Uebrigens hofft und ſtrebt er, dieſe Anſtalt noch zu 
vervollkommnen und dahin auszubilden, daß ſie nicht blos 
eine Unterrichts⸗, ſondern wo moͤglich auch eine Erwerbös 
anftalt für die ärmern Kinder werde, wenn ed ihm gelingt, 
die noͤthigen Arbeiten im Stricken und Nähen ausfindig 
zu machen, 

3) Zugleich Hat der Vorſteher der Sonntagsfchule den 
Grund zu einer Jugend⸗ und Bolfsbibliothef für 
die Gemeinde und Kirchfahrt Meuſelwitz gelegt. 

. Er fonnte freilich) vor der Hand nur 2 Werfe für fie 
anfchaffen, nämlich: Gumal und Lina, 3 Bde. und Franz 
Nowack, der erfahrene Landmann, Er hat aber die Ein- 
richtung getroffen, daß jährlich mindeftens 3 Thlr. aufges 
wendet werden follen, um die Zahl ihrer Bücher zu mehs 
ren und hofft, daß auf diefe Weife, fowie dadurch, daß in 
Zufunft für das Lefen diefer Schriften eine Fleine Abgabe 
ftattfinden fol, auch diefe Anftalt wohl beſtehen und wach⸗ 
fen und zunehmen ſoll. 

Es bemerkt aber der Herr — daß er Vieles 
von dem Beſtehenden in feinem Wahsthum und Gedeihen 
weniger auf die- Dauer hätte erhalten und fördern fünnen, 
oder ganz ungethan laffen müflen, wenn ihm nicht auf 
freundliche Verwendung des verehrlihen Vorftandes des 
Kunft» und Handwerfövereind zu Altenburg durd) die Gnade 
feines Durchlauchtigſten Herzogs und Herrn alljährlid) 20 
‚Thaler aus Landeömitteln zugewiefen worden wären, um 
ſie für gemeinnügige Zwecke zu verwenden. Und indem er 
‘darin einen Zug mehr von der väterlichen Fürforge dieſes 
Durchlauchtigſten Heren für dad Wohl feiner Unterthanen 
‚erblickte, als er darin Mittel fand, feine eigne Wirffamfeit 
für) dad Wohl feiner Gemeinde weiter auözudehnen und 
nicht blos in intelleftuchler, fondern auch in phyfifcher Hins 


— 2900 — 


fiht ein ‚gutes Werk mehr zu fliften; ſo fonnte er nicht 
anders, ald über: diefe gnadenreiche Unterftügung. eine le⸗ 
bendige Freude zu. empfinden und bei dieſer ©elegenheit 
nochmals feinen unterthänigften Danf auszufprechen. 
Es hat aber ‚derfelbe die heiten — auf 
folgende Weiſe verwendet; 
1 Thlr. 16 * dem Herrn Sarth für Vorlege⸗ 
blaͤtter im Zeichnen; 
2 — ⸗ — 3 dem Organiſten Kirchhoff für ſei⸗ 
nen Unterricht an der Sonntags⸗ 


‚A | ſchule ; 
In für Seuermaterialien und Licht 
ia in der Sonntagöfchule; | 
1.5.10 2. —» für Prämien an einige Schüler 
derfelben; 

8 2. — 3. — ⸗ fan Aufwand für die Strick⸗ und 
„ Naͤhanſtalt; 

— ⸗25⸗ — ⸗ fuͤr 2 Bänfe in derfelbenz 
3.2. — 8 — 3 für Bücher. und deren Einband 


zur Jugend⸗ u, Volksbibliothek; 
19 Thlr. 21 Ngr. — Pf. alſo in Summa, ſo daß —* 
— 2 92 — »in Kaſſe verbleiben. 
Sollte jedoch dieſe eben angegebene Verwendung der 
gedachten Unterſtuͤtzungsgelder einer Zurechtweiſung in der 
einen oder andern Hinſicht beduͤrfen, fo wird derſelbe fie ſich 
gern gefallen laſſen und beachten, fo viel ihm möglich iſt. 
Neben diefen Anftalten in Meufelwig aber hat auch 
in diefem Jahre fortbeftanden 
4) der Sing und Lefeverein in Mums dorf. 
Der Schulchrer Baumgarten gab an den Aben⸗ 
den der Wochen, foweit es die Gefchäfte des Tags geftats 
teten, der erwachſenen Yugend feines Orts fammt einigen 
Männern deffelben im Verein mit den erwachfenen Schuls 
kindern Unterricht im Geſange. Es wirfte für diefen Uns 
tereicht befonderd mit der Bauer Fahr, auch Köhler 
und Porzig. 





_— HH — 


Es nahm am derfelben auch Antheil eine Zahl von 
Yünglingen au Meufelwis, fo oft es nur die Witterung 
erlaubte, den nicht eben angenehmen Weg nad) Mumsdorf 
zu gehen. Der Aufwand dabei wurde durch gemeinfchafts 
liche Einlagen gedeft. Der Eifer, womit der Lehrer fein 
Werk betrieb und womit die Lernenden daran Antheil nah⸗ 
men, war lobenöwerth. Die Fortfchritte, welche dabei ges 
macht wurden, waren zum Theil fehr erfreulih, und ein 
Konzert, dad von diefem Singverein am Schluffe des Jah 
res gegeben wurde, hat gar fehr die Zuhörer befriedigt, 

Was den Lefeverein anlangt, fo wurde er an meh⸗ 
vorn Tagen der Woche während des Winters in der Schenke 
des Orts gehalten. 

Gegenftände aus der. Gefchichte der Völfer und ein- 
zelner Menſchen, aus der Erdfunde und befondere Vorfälle 
im täglichen Leben waren es, worüber ſich die Vorlefungen 
verbreiteten. Sie wurden fleißig befucht, gern und aufs 
merffam gehört und wirften veredelnd auf dad gefellige und 
. Häusliche Leben wie auf das Gemüth der Zuhörer ein, 

Died alfo ift der Stand der uns ſtamm⸗ und geifte . 
verwandten Vereine in den Schwefterftädten unſers gottges 
fegneten lieben Heimathlandes. Vergleichen wir diefe Dars 
ftelung mit dem in meinen überfihtlihen Mittheilungen von 
den Jahren 1839 bis mit 1843 gegebenen, fo finden wir, mit 
lebhafter Freude und Genugthuung, daß im Jahr 1843 allents 
halben die gute Sache der genannten Vereine von treueifrigen 
Freunden wefentlich gefördert worden ift. Und fo geben wir uns 
gern der zuverfichtlichen Hoffnung hin: fie werde unter Gottes 
allmächtigem Segen, unter eines erleuchteten und gütigen Lan⸗ 
desvaters und einfichtiger und volksfreundlicher Obrigfeiten 
Schutze, unter gefinnungtreuer und werfthätiger Bolföfteunde 
und Volkslehrer fteter Mithilfe von Jahr zu Jahr immer froͤh⸗ 
licher und gemeinnuͤtziger gedeihen. 

Das walte Gott! 1 
— 4 Mr Dr. Ball, 5 





"XXIV. 
Beri ct 
tber 


das 19. Jahr der Kunft- und Handwerksfchule zu Als 
tenburg, erftattet am Stiftungsfefte des Kunft- 
und Handwerksvereins 


von 


Eduard Lange j 


Das 19, Jahr unferer Kunfts und Handwerföfchule, 
über welches mir nun noch eine kurze Berichterftattung ob» 
Tiegt, war im Ganzen feinen nächften Vorgängern ziemlich 
aͤhnlich. Die Schülerzahl erlitt Feine wefentliche Aenderung 
und beträgt jeßt 92, indem feit dem legten Stiftungsfefte 
nad) und nad) 78 Schüler unfere Anftalt wieder verlaffen 
haben, dagegen aber zu Oftern 1843 50 und nad) Mi- 
chaelis wiederum 22 neue Schüler in diefelbe aufgenommen 
‚worden find. Der Austritt aus der Schule fteht nämlich 
jeder Zeit offen, - obgleich es uns um der guten Ordnung 
willen ſtets am liebften ift, wenn derfelbe mit dem Schluffe 
des Schuljahres, alfo zu Oftern erfolgt. Die Nummer, 
welche unfer Tester Schüler in dem regelmäßig fortgeführs | 
ten und hier vorliegenden Aufnahme und Genfurenbud) führt, 
ift 797, wobei ich nur noch bemerfe, daß ich die neuen 
Schüler feit mehreren Jahren ftets erft einige Wochen nad 
deren wirklich erfolgtem Eintritt in diefes Hauptbud) eine | 
trage, um wenigftend Diejenigen nicht unnöthiger Weiſe mit | 
aufzuführen, die, obgleich gehörig angemeldet und vieleicht | 
auch fihon geprüft und einer beftimmten Clafje zugetheilt, | 


E 





— 205 — A 


dennoch hernach gar nicht in der Schule erfcheinen, deren 
Anzahl ‚gewöhnlich nod) von Denjenigen übertroffen wird, 

welche im Laufe des erften Vierteljahres nach ihrer‘ Yufs 
nahme wieder wegbleiben, fowie z. B. unter den 78 feit 
dem legten Stiftungsfefte abgegangenen Schülern nicht wes 
niger ald 18 von den 50 find, die Teste Oftern in die 
Schule aufgenommen wurden, „Wie iſt dad aber möglich) ?“ 
wird vieleicht Mancher im Stillen fragen, indem die In⸗ 
conſequenz, ſo oft wir ſie auch im Leben wahrnehmen, uns 
wegen ihres Widerſpruchs mit ſich ſelbſt doch bei jedem 
neuen Begegnen wieder von Neuem auffaͤllt. Die Urſachen 
duͤrften hier wohl ſehr mannigfaltig ſein. Bald meinen 
die Schuͤler, ſie haͤtten in eine hoͤhere Claſſe geſetzt zu wer⸗ 
den verdient, bald iſt es dem oder jenem Meiſter nicht lieb, 
ſeine Einwilligung zum Beſuche unſerer Anſtalt gegeben zu 
haben, beſonders nachdem es ihm einige Mal ſtoͤrend ges 
wefen ift, daß die Schule feinen Lehrling auch in den Wos 
hentagen einige Stunden gegen Abend der Werkſtatt ents 
ziehtz er entläßt ihn alfo nur ungern oder felbft gar nicht 
von der Arbeit und ficht es in Folge davon fpäter im 
Stillen wohl recht gern, wenn der Lehrling, über feinen uns _ 
geordneten Schulbefuch zur Rede gefeßt und getadelt, im - 
Kampfe der widerftreitenden Anfprüche nad) Furzer Zeit die 

Luft jur Schule verliert und daheim bleibt; bald findet es 
auch ein. Lehrling, der vielleicht fehon die Knabenfchule nur 
gezwungen befuchte und den Tag der Confirmation als die 
langerſehnte Morgenröthe ded endlichen Freiwerdens vom 
laͤſtigen Schulgwange begrüßte, der aber gleichwohl den 
Eltern, welche ihm im Einverftändniß mit feinem fünftigen 
Rehrmeifter geboten, fi zur Aufnahme in die Handwerfös 
ſchule zu melden, hierin nicht offenbar ungehorfam zu fein 
wagte — bald, fage ich, findet es ein Solcher mit der Stime 
mung feines Snnern und mit den Anfichten feiner gleiche 
gefinnten Kameraden doch in zu grelem Widerſpruch, ſich 
nun abermald auf Jahre hinaus der beengenden Schulords 
nung unterwerfen zu follen, und ce benust die erfte fi) 


u u 




































darbietende Gelegenheit, fich diefem Joche zu entzichen, wos 
bei e& ihm auf eine Lüge gegen Eltern und Meifter nicht 
weiter ankommt; bald endlich erfcheint dem jugendlichen 
Leichtfinn nad) Htägiger Arbeit in der engen, noch unges 
wohnten Werfftatt am 7. Tage der Himmel doch zu blau 
und die freie Natur zu lockend, um nicht fo bald als mögs 
lich hinaus zu eilen ins Freie und fich hier, fern von bes 
engender Aufficht, mit gleich geftimmten Kameraden den vers 
führerifchen Reizen einer lang erfehnten Ungebundenheit zu 
überlaffen, Der Weg der Tugend iſt nun einmal meift 
fteil und rauf, und fo haben auch wir e& nicht vermocht, 
denfelben für den. nur der Gegenwart und ihren Lockungen 
zugänglichen Leichtfinn anfprechender und reisender zu ma⸗ 
hen, ald die ſchnell verfchwindende Luft des Augenblicks. 
Sollte man aber, fo hörte ich öfters fragen, diefem Uebel 
nicht durch Zwang und bindende Mafregeln entgegentreten,. 
und es den mißgünftigen, feldftfüchtigen Meiftern, ebenfo wie 
den unverftändigen und Teichtfinnigen Lehrlingen unmoͤglich 
machen, der trügerifchen Gegenwart die Fortfchritte der Zus 
Funft zu opfern? — Ich habe nie dazu gerathen und fann 
ed auch jegt nicht, weil fi) in manden Fällen vielleicht 
wohl das Förperliche Erfcheinen der Lehrlinge in der Schule, 
keineswegs aber die allein den Erfolg fichernde Luft und 
MWiligfeit des Geifted erzwingen läßt, und weil ed die gute 
Sache fortfchreitender Bildung gewiß noch mehr fördert, 
wenn eine Fleinere Anzahl Iernbegieriger Schüler ungehemmt 
und freudig vorwärts fchreitet, ald wenn eine feldft dop⸗ 
pelt oder dreifach fo große Menge zum Theil felbft widers 
fpenftigee Schüler Lehrern und Mitfchülern zugleich die wer 
nigen Unterrichtöftunden verleidet und verfümmert, Und wo 
follten wir, um bei den biefigen Verhältniffen ftehen zu bleis 
ben, eine nur etwa um die Hälfte erhöhte Schülermenge 
unterbringen, da fihon die gegenwärtige Zahl wenigftens in 
den Zeichenftunden, an denen nicht einmal Ale ohne Aus— 
nahme Antheil nehmen, den vorhandenen Raum. und: die 
der Anftalt zu Gebote ftehenden nicht unbedeutenden Lehrers" 


— —— — 


kraͤfte waͤhrend der kurzen hierzu paſſenden Zeit vollſtaͤndig 
in Anſpruch nimmt? Auch würde die Freundlichkeit und 
Butraulichfeit zwifchen Lehrern und Schülern nicht wenig 
leiden, wenn jene bei diefen nicht den guten Willen und 
die wege Lernbegier, fondern nur den Gehorfam gegen ein 
bindendes Geſetz als Grund ihres Schulbefuhs voraus: 
feßen müßten, und endlich würde auch unfere einzige, nicht 
ganz felten angewandte und auf die Ehrenhaftigkeit der Schuͤ⸗ 
fer gewiß einflußreiche Schulſtrafe, ich meine die Entfernung 
‚aus unferer Schule, dann nicht mehr ald die ernfte und 
beſchaͤmende Loſung eines freien, dem Schüler allein heil⸗ 
ſamen, aber in ſeinen Grundbedingungen von ihm gleich⸗ 
wohl untergrabenen Verhaͤltniſſes, ſondern als die vieleicht 
von ihm abſichtlich herbeigefuͤhrte endliche Erloͤſung von eis 
nem laͤſtigen Zwange erſcheinen und ſomit gegen die Wider⸗ 
ſpenſtigen alle Wirkung verfehlen. Darum nur keine Zwangs⸗ 
fhüler! dafür aber freundlichen Ernſt, ungeheuchelte Ge⸗ 
wifjenhaftigfeit und aufrichtigen Eifer in der Erfüllung der 
Rehrerpflichten, welche die Schüler durch das moralifche Band 
des guten Beifpield und durch die herefchende Ueberzeugung 
von der Wohlthaͤtigkeit und Nüslichfeit der Anftalt inniger 
und dauernder als alle Swangsmaßregeln an die Schule 
binden, die ja ſelbſt nur als ein freies Erzeugniß edlen Ge 
meinfinnd vor 19 Jahten ind Leben trat und feit 12 Jah⸗ 
gen durch die fortdauernde Munificenz unſeres erhabenen 
—— * feſter begründet und erweitert worden ift; 
Die Mehrzahl, d. h. über 3 unferer Schüler find 
Reßılinge und ftehen in einem Alter‘ von 14 bis 18 Jah⸗ 
‚ten, Doch hat es uns auch nie an Geſellen und übers 
st nie an Schuͤlern von geſehterem Alter gefehlt, fowie 
auch jeßt in jeder der Beiden obern Claſſen einen Schuͤ⸗ 
Tee-son 35*) und\aud) in der dritten Claffe einen von 30 
Jahren befisen, welche ſich die Schule recht angelegen ſein 
5 Beim Unterricht in den‘ Wiſfenſchaften befinden ſich 


D ne ⸗ 
— De: — herfelsen. ift fen fäon feit mehreren Jahren Haus⸗ 


— — 


in unſerer erſten Claſſe 32, in der zweiten 36 und in der 
dritten 24 Schüler, Dem Unterrichte in der frangdfifchen 
Sprache aber wohnen in der obern Claffe 12 und in der 
untern 9 Schüler bei. In Betreff der Abftammung und 
Heimathöverhältniffe gehören, von 10 Ausländern (7 Sach⸗ 
fen, 1 Preußen, 1 Baier und 1 Sachfen-Meininger), welche 
hier ald Gefellen oder Lehrlinge in Arbeit ftehen, abgefehen, 
. 44 unferer Schüler der Stadt Altenburg feldft und 38 den 
übrigen Ortfchaften unfered Herzogthums zu, von welchen 
Letztern 13 auch noch jest auf dem Lande wohnen und zum 
Theil über eine Meile weit von den Dorffchaften des Ams 
tes Altenburg der Schule zuwandern, was bei den erft um 
8 Uhr fihließenden Abendftunden, befonders im Winterhalbs 
‚jahre, nicht geringen Eifer beweift *). 

Das Lehrerperfonal ift im Ganzen das biöherige ges 
blieben. Doch gab, wie bereitd im Jahresberichte des 
Kunſt⸗ und KHandwerfsvereind erwähnt worden iſt, Herr 
Bauverwalter Jecke, in Folge feiner Ernennung zum Rents 
amtmann in Ronneburg, fein von den erſten Tagen: der 
Eröffnung unferer Schule ‚an. mit - ununterbrochener Treue 
und. „uneigennüßiger Gewiſſenhaftigkeit verwaltetes Lehramt 
im Linearzeichnen auf, worauf Herr Architekt und Maurers 
meifter Schmidt hierin die erſte Zeichenclaſſe übernahm, ne⸗ 
ben welchem wir auch noch in dem Herrn Architekt Schu⸗ 
ſter einen Lehrer fuͤr eine dritte Claſſe im Linearzeichnen 
oder, ſofern die vorhandene Schuͤlerzahl das Beſtehen einer 
ſolchen nicht nothwendig macht, fuͤr eine Wesel der 
zahlreichen zweiten Bias gewonnen haben... — 





9 Nach den 3 Claſſen im Wiffenf ———— eingetheilt, And; in 


IIl. zuſammen 

Daus der Stadt Altenburg ſelbſt 

gebürtige Schüler 25. IT24. 
2) aus den übrigen Sırf, haften des * 

Herzogth. Altenburg gebürtig 5. 16. 17. 39, 

(von diefen Dee: der Prauie at 177 

vom Lande her zu:) . 2) (@%) (6,) (13.)__ 
3) aus dem übrigen Deuffäl. geb. a: 3. 3. 1% 

Summe: 32 Herrin? an: Mr 











— 207 — 


Die Unterrichtsſtunden und die Lehrgegenſtaͤnde blie⸗ 
ben die bisherigen; nur wurde die erſte Claſſe, wie vor 3 
Jahren, ſtatt in der Naturlehre wieder einmal zur Abwechs⸗ 
lung in den Anfangsgruͤnden der techniſchen Chemie unter⸗ 
richtet, was bei dem Mangel aller Vorkenntniſſe von Sei⸗ 
ten der Schüler und eines Apparates zu veranſchaulichen⸗ 
den Experimenten bei der Anſtalt nicht gerade eine * 
re zu nennen: ift, 

‚Die Lehrmittel wurden durch die Anfchaffung einer 
Menge neuer Zeichenvorlegeblätter wefentlich vermehrt, und 
die Lefebibliothef der Schüler, aus welcher der Schuldie⸗ 
ner, der ſelbſt ein Schüler der erften Claſſe ift, nad) dem 
Schluſſe der Wochentagsftunden gegen Empfangsfcheine jede 
Woche eine nicht geringe Anzahl Bücher ausgibt und zus 
zücfempfängt, wurde in diefem Jahre auf 219 Bände, im 
Ganzen alfo nur um 10 Bände vermehrt, welche Tegtern 
der Schule größtentheild von Mitgliedern des Directoriums 
und von unferm Vereinsbibliothefar, Heren Seyffert, gefchenft 
worden find. Doch find auch einige der früheren Bücher, haupt⸗ 
ſaͤchlich in Folge ihres Haltlofen Papiers, völlig zerlefen und ihre 
fpätere Wiederanfchaffung hierdurch nothwendig gemacht worden. 
So wenig wir aber auch) diefe und andere Unvoll⸗ 
fommenheiten verfennen, die unferer Schule nicht ohne Grund 
zur Laſt gelegt werden Fünnen, fo dürfen wir derfelben doch 
in der Hauptfache dad Zeugniß nicht verfagen, daß fie ihr 
rer Beftimmung in ernfter, anfpruchlofer Wirffamfeit jeder 
Zeit entgegen geftrebt bat. Darauf gründet ſich auch uns 
fere Hoffnung, daß fie wohl auch mit der Zeit eine ‚Heiz 
math finden werde, aus der fie Fein anderweitiges Intereſſe 
verdrängen Fann,: Denn auch in dem vierten der gaftlichen 
Häufer, welde unfere Anftalt bis jest nach einander. aufs 
genommen ‚haben, in: unferm Töchterfehulgebäude, werden 


die ihe bisher wohlwollend überlaffenen Räume jest von 


der Hauptbeftimmung des Haufes fo entfchieden in Anfpruch 
genommen, daß dad Räumen des einen unſrer beiden Lehrs 
zimmer nächte Oftern ganz unvermeidlich) und die dann das 


GR — 


für einftweilen geſtattete Benußung eines an fich wohl 
freundlichen, aber, wie wir fürchten, ‘den Einflüffen der wech» 
felnden Temperatur nicht wenig zugänglicdyen Lokales oben 
unter dem Dache des genannten Gebäudes nur mit Danf 
für diefe abermalige Aushilfe anzunehmen ift. Doc) wird 
unfer ganzer Aufenthalt im Töchterfchulgebaude nur noch 
von kurzer Dauer fein, da und aud das zweite Lehrzim⸗ 


mer nur noch bis Michaelis 1844 zugeftanden worden ift, 


weil dann eine Claffe der Töchterfchule, deren biöheriger 
dunfler Claffenraum, namentlich in den düftern Tagen dies 
ſes Winters, gerechte Beforgniffe für die Erhaltung der 
Sehkraft der Schülerinnen erweckt hat, in diefed unfer zwei⸗ 
‚ ted biöheriges Lehrzimmer einziehen und ſich der bier herr⸗ 
fhenden größern Helligfeit erfreuen fol. 

Diefen Uenderungen und Berluften würde ich mit weit 
größerer Beforgniß entgegen fehen, wenn mit deren wieders 
bolter Ankündigung, felbft nachdem das Directorium unfes 
ter Anftalt einer Wohllöblichen Kirchen und Schulinfpecs 
tion unfere Bedenfen und Wünfche vorgetragen hatte, ſich 
nicht zugleich die größte Bereitwilligfeit, für ein amderes 
zweckmaͤßiges Unterfommen unſerer Schule zu forgen, fund 
gegeben hätte. Wo aber wahrhaft guter Wide ift, da fehlt 
es auch nicht an Gelegenheit, ihn zu bethätigen., Kann 
diefes noch jegt an einem paflenden Orte ohne ein eigned 
Vereins⸗ oder Schulhaus mit einiger Sicherheit und Dauer 
gefchehen, dann wird unfer verehrtes Schuldirectorium in 
dankbarer Anerkennung der fortgefesten Opfer, welche unfer 
erhabener Proteftor und die übrigen Glieder feines hohen Fürs 
ftenhaufes alljährlich unferer Anftalt in der Befoldung ihres 
Hauptlehrerö bringen, und unterftügt durch die jährlichen Bei⸗ 
träge, welche derfelben aus Staats⸗ und Stadtfaffen zufließen, 
wie bisher nicht allein deren laufende Bedürfnifje beftreiten, ſon⸗ 
dern auch die vorhandenen Geldmittel noch fernervermehren koͤn⸗ 
nen, durch welche eö derfelben, wenn auch vieleicht erft nad) Bes 


endigung unferer ſchwachen Wirffamfeit, doch zuletzt noch gelingen 


wird, die langerfehnten Heimathrechte zu gewinnen. 








XXV. 


Ueber Pinus obliqua und die Torfbildung 
im Sächſiſchen Erzgebirge. 
Von 


Herrmann Binder. *) 


MWährend meines langjährigen Aufenthaltes im Erzge⸗ 
birge führten mich meine hauptſaͤchlich in botanifchem Ina 
tereffe unternommenen Wanderungen alhaͤhrlich mehrere Male 
auf den Hochkamm des Gebirges, womit Ich jene Höhe bes 
zeichne, welche unabhängig von den einzelnen höheren Punk⸗ 
ten, ald dem SFichtelberg von 3800, dem Keilberg von 
3830, bei einer Höhe von 28001 31624 (bei Gottes⸗ 
gabe) ſich laͤngs des Gebirgsruͤckens hinzieht, bald mehr, 
bald weniger Fleine muldenförmige Vertiefungen bildend, 
ohne daß man eine eigentliche Unterbrechung defjelben wahrs 
zunehmen vermag oder, annehmen ‚Fann. . Das Hauptge⸗ 
birge, welches Sachſen von Böhmen fepeibet, faͤllt füdöftlich 
nad) Böhmen: zu fehr fchroff und fteil ab, fo daß man den 
eigentlichen Fuß des Gebirges zu erkennen vermag, und bil⸗ 
det nur kurze, aber ſehr tiefe Thaͤler. Anders verhaͤlt es 
ſich nordweſtlich auf ſaͤchſiſcher Seite. Hier geſchieht der 
Abfall nur, fehr allmaͤhlig, „man erblickt, fo weit das ‚Auge 


J 


*) Obige in einer Verſammlun ber Iſis zu. Dresden. borgele- 
me Abhandlung wurde von einem Mitgliede der naturforfhenden 
aft zu Altenburg eingeſandt mit der Anfrage, ob wohl Lies 
e in den ofterländifhen Mittheilungen abgedrudt werden Fönnte, 
dem fie in der Monatsverfammlung vom März d. 3. zum Vor⸗ 
trage gefommen, wurde fie) zu F folge eines ——— der 
* ik ‚sur esutachtung überwiefen und yon dieſer 
druck genehmi. 
Ar} l j 12 A. ds N. 

vn. - 14 





reicht, eine fortlaufende Gebirgsſcene, vielfach zerriffen und 
in Thäler zerflüftet, in welche die vielen Gebirgsbäche hinab⸗ 
taufchen, die ihren Urfprung diefen Höhen zu danfen haben, 
Die Thäler felbft tragen durchgehends jenes Gepräge der 
Großartigfeit, welches man mit dem Namen wildromantifch 
belegt. Starr ſich hoch in» die Lüfte erhebende Felfenmaffen, 
größtentheild aus Gneis beftchend, bezeichnen die Thalfcheis. 
den, in welchen ſich in ununterbrodhenen Cascatellen die 
Gebirgsbäche durchdrängen. Die düftere. Fichte begranzt die 
Höhen und fteigt herab im die Thaler, dort fich in der größ- 
ten Ueppigfeit entwickelnd; eine in lichteren Farben ſchim⸗ 
mernde, wenn auch nicht geradezu reichhaltige Vegetation: 
bedecft die nur mit wenig Humus befleideten Felsmaſſen; 
der ernfte Gefang der Zippe, Turdus musieus, welche 
die Bewohner als ihre Nachtigall zu betrachten fich gewöhnt 
haben, — der eintönige Nuf der Coracias garrula, Dans 
delfrähe, oder des Corvus glandarius, Holzheher, giebt den 
Gegenden Leben, wenn nicht tiefer diefelben bebaut, die 
mächtige Waſſerkraft nuͤtzend fich die befannte <hätigfeit 
. des fächfifchen Volfes zeigte und die Gegenden belebte. 
Auf diefen Wanderungen nun, die ich größtentheils 
allein machte, fielen mir die mächtigen Torflagen, welche 
ſich längs des Hochfammes. ausbreiten, auf. Die im alle 
gemeinen Armliche Vegetation, felbft wenn Sahrhunderte hier 
gewirft hätten, konnte meines Dafürhaltens nicht im Stande 
fein, diefelben in einer ſolchen Mächtigfeit, an manchen Ors 
ten bis zu 15— 20°’, und zwar gerade auf den höchften 
Stellen deſſelben, als bei Gottesgabe nad) Platten zu, here 
vorzubtingen, Und indem dieſer Gegenftand meine Aufs 
merffamfeit immer mehr und mehr in Anſpruch nahm, fo 
wurde mir nad) und nach die Ueberzeugung, daß. unmöge 
lich die. Bildung des Torfed der dortigen. Gegend von ‚den 
gewoͤhnlichen Torfpflanzen herruͤhren koͤnne, wie angenom⸗ 
men wird, daß derfelbe durch: ſelbige vorzüglich in den 
Niederungen Hollands, Hannovers, Oft und Weſtfrieslands, 
‚Pommerns, Englands und Irlands entftanden fei, 














— 1 — 


Es liegt außer der Sphaͤre dieſer Abhandlung, mich 
uͤber die Verbreitung des Torfes über die Erdoberfläche, 
fein verfchiedenes Vorkommen und die verfchiedenartigen 
‚Erflärungen feiner Entftehung auszulaffen. Ich werde viels 
mehr nur dad Allgemeine, auf das vaterländifche Intereſſe 
Bezüigliche zur Sprache bringen. 
| Das obere Erzgebirge ift an Torflagern ungemein 
reich, und find diefelben, vorzüglich auf dem Hochfamm des 
Gränzgebirges überaus maͤchtig. Bei Sebaftiansberg 
in Böhmen beginnend, gehen diefelben über den ganzen 
Hohfamm, Raitzenhayn, Hohftadt, Salzungen, 
Schmelzjgrube, Preßniger Höhe, Gottesgabe, 
Platten nad Sohanngeorgenftadt und weiter, und 
treten hier und da mit einer Mächtigfeit auf, welche, wie 
ſchon erwähnt, bis 20° GStärfe erreicht. Zwiſchen Sals 
zungen und Schmelzgrube, wo ich hauptfächlich zu meinen 
Beobachtungen veranlaßt wurde, find die großen Salzunger, 
die Schwarzwaffer und Tiefenbacher Heiden die hauptfäch- 
lichſten, ungerechnet eine große Menge Fleinerer Torf⸗ und 
Moorbruͤche, welche in neuerer Zeit durch Trodfenlegen ders 
‚felben und Anpflanzung von Radelholz mehr oder weniger 
möglichft nusbar geworden find. 

Wie auf allen Hochebenen, ſo auch hier, 4 nicht 
allein der Schnee die laͤngſte Zeit des Jahres auf denſel⸗ 
ben, ſondern es ſaugen auch dieſelben, gleichſam einem Schwamm 
ähnlich, wozu die eigenthuͤmlichen Torfmaſſen vorzüglich ges 
‚eignet find und weshalb fie gewiffermaßen von dem Schöpfer 
zu diefem Swed ihren Wohnort erhalten Haben, beinahe be> 
ſtaͤndig aus den auf denfelben lagernden Wolfenmaflen uns 
unterbrochen Feuchtigfeit an, wodurch dieſelben als natürs 
liche Woafferbehälter für ae niederen Gegenden von hoher 
Wichtigkeit werden. 

Leider hat man in neuerer Zeit das — nur 
dem Holzbeduͤrfniß zugewendet und durch Entwaͤſſern dieſer 
Hoͤhen ſich den Boden moͤglichſt dienſtbar zu machen ge⸗ 
ſucht. Der Waſſermangel aber, welcher ſeit einer Reihe 

% 


— 12 — 


von Jahren, oftmald im hoͤchſten Grade fühlbar fir die 
gefammten Bewohner Sachſens herauögeftellt bat, dürfte 
wohl hier eine Eiflärung finden; denn wenn durch tiefe 
Abzugögräben nicht alein dem Waſſer ein raſcher Abflug 
gewährt wird und ſich diefelben nicht, wie früher, halten 
fönnen, um nur nad) und nad) ihe Wafler abzugeben, fo 
wird andern Theil der Verdünftungsproceß durch den ras 
ſchen Abflug nicht allein befördert, fondern derfelbe wird 
auch noch durch die Waldblößen, welche an vielen Orten 
durch Cultur des Bodens entftanden find, ‘erhöht; und fo 
muß im hohen Sommer ſtets Waffermangel eintreten, wenn 
fonft nicht außergewöhnliche Negengüffe diefen Mangel pas 
ralyſiren. 

Die Vegetation auf dieſen Hochebenen iſt, wie ſchon 
geſagt, ſpaͤrlich und aͤrmlich; ſie wird groͤßtentheils charak⸗ 
teriſirt von einer Anzahl Pflanzen, welche theils großen, 
dichten Raſen bilden, theils von ſolchen, welche holzartige 
Stengel haben. Theilweiſe ſind dieſe Gewaͤchſe ſtets dem 
hoͤheren Gebirge eigen, theilweiſe gehen ſie aber auch bis 
in die ſogenannten Marſchlaͤnder hinab, wo dieſelben als 
bezeichnend fuͤr Torfbildung angeſehen werden. Die 
Pflanzen, welche dieſe Hochebenen charakteriſiren, find haupt⸗ 
ſaͤchlich bezuͤglich der Torfbildung 
Vaceinium uliginosum 

Vitis idaea (V.myrtillus kommt beinahe 

gar nicht vor.) 


Oxycoccos palustris Luzula maxima mit ihrem 
) ftarfen Rhizom. 
Empetrum nigrum Ranunculus aconitifolius. . 
Andromeda polifolia Homogyne alpina. 
Calluna vulgaris Melyedium alpinum. 
Salix repens Tephroseris crispa in allen 
Formen, 


Betula nana, Betula pubescens. | 
Eriophorum vaginatum und Eriophorum latifolium. 
Carex curta (canescens) Sedum villosum. 








— WM > 


Carex glauca — Drosera rotundifolia 
ovina Pinguicula vulgaris. 
stellulata Orchideen. 


Eine Menge Arten von Sphagnum und Polytrichum, 
Hypnum aduncum nebſt Bartramia fontana, welche vors 
zuͤglich an quelligen Orten ſchoͤne polſterartige Ueberzuͤge bils 
det, überziehen. die waſſerreichen Stellen, fie find, indem fie 
die niedergefchlagene Feuchtigkeit der Atmofphäre begierig 
einfaugen und diefelbe bei flaren Tagen der Wirfung des 
Sonnenlihtö entziehen, von hoher Wichtigfeit, und während 
man im Hochſommer den oberen Theil diefer Pflanzen oft 
zwiſchen den Fingern zu dem feinften Pulver zerreiben fann, 
bergen die unteren Theile” eine Wafferfoole und verhindern 
fo den zu lebhaften Verdunftungsprocef. Außer genannten 
Pflanzen, fommt noch im Erzgebirge, jedoch tiefer liegend 
auf der Mooshaide bei Marienberg Tsedum palustre vor, 
und erinnert an die Torfbrüche der Niederlaufig, wo dies 
felbe Pflanze mit Erica Tetralix und Myrica Gale als 
Torfbildner auftritt. \ 

Ale diefe Pflanzen jedoch find ‚meiner Anfiht nach 
nicht im Stande, diefe mächtigen, fih auf dem Hochkamm 
vorfindenden Zorflager zu bilden. Ih muß die Bildung 
derfelben vor Allem dem Borfommen der Moosföhre, 
Sumpffiefer, Schwarzfiefer, Spirtenholz, auch Knieholz ges 
nannt, zufchreiben, Pinus uliginosa, Neumann, Pinus obli- 
qua, Sauter, P. pumilio, Haenke, P. Mughus Scopoli. 
Auf dem ganzen Hochkamm, welchen ich bezeichnet, findet 
man diefen Baum verbreitet, mehr vieleicht, als er bi jegt 
beobachtet worden ift, indem die eigentliche Kenntniß feiner 
Verbreitung weit von den Landftrafen abliegt, und man 
feine Eigenthümlichfeit oft nur mit Anftrengung, ja felbft 
mit Lebenögefahr beobachten fann. Reichenbach giebt in 
feiner Flora Saxonica pag. 111 die Höhe genannten Baus 
mes. auf L— 9’ an, wo hingegen 6. Heynhold fie als 
einen Baum von 30— 40° Höhe angibt, mit dem Bemers 
fen, daß an ungünftigen Stellen diefelde Früppelhaft, mit 


"2m — 


fhiefem Stamme, auch wohl ftrauchartig erſcheine, und da⸗ 
her den Namen Knieholz erhalten habe. 

Ob G. Heynhold auf dem ſaͤchſiſchen Hochkamm die⸗ 
ſen Baum in angegebener Groͤße beobachtet, oder ob der⸗ 
ſelbe blos nach den Angaben ſchleſiſcher Botaniker gearbei⸗ 
tet, wo dieſelbe nach Angabe von Wimmer, Grabowsky 
auf dem Rieſengebirge in ſolcher Hoͤhe vorkommen ſoll, weiß 
ich nicht; da, wo derſelbe fie in feiner Flora Saxonica ans 
giebt, habe ich fie nie fo gefunden. Durchgehends erfcheint 
und tritt fie (bei Gottesgabe, Platten, Zinnwald, Johann⸗ 
georgenftadt, Carlöfeld u. ſ. w.), fomweit ich die Gegend zu 
unterfuchen Gelegenheit hatte, in der Größe von 4—W 
auf, und nur hinter Salfungen und Sebaftiansberg, auf 
dem wildeften, rauhſten Terrain des Obergebirges, ſcheint 
fie einer größeren Vollkommenheit entgegenzugehen. Das 
Borfommen dieſer Moosföhrenwälder an diefer Stelle, welche 
dort ununterbrochen eine Ausdehnung von mindeftens 5—6 
Stunden in der Länge haben mögen, ift meines Wiſſens 
nach nirgends aufgeführt, Weder Reichenbach, der ſich 
um die vaterländifche Flora fo verdient gemacht, noch ein 
Ficinus, noch ein Heynhold erwähnen deffelben, und 
ſonach wäre ich wohl der erfte Botanifer, der diefe Ges 
genden betreten hätte! Dort fand ich meine ſchon laͤngſt 
gefaßte Idee über die Torfbildung des Hochgebirges beftäs 
tigt. Man denfe jich bei wohl über 3000° Seehöhe, for 
weit dad Auge reicht, eine große, große Fläche, auf welcher 
nur bier und da am Rande derfelben einzelne, feheinbar 
Feine Hügel fi) erheben, weldye aber nichts anderes hier, 
ald die Kuppen größerer Berge, ald z. B. der Heßberg in 
Böhmen, die Hochftädter Höhen, der Salzberg bei Preß⸗ 
niß, der Feuerthurm bei Stahlberg und andere minder ber 
beutende, Die ganze Fläche ift mit einem dunflen, graus 
grünen Grunde bededft, welcher bei näherer Betrachtung ſich 
geftaltet, ald wenn Kugel an Kugel fich gelagert habe, 

Swifchen diefen Flächen auf fleinen Erhöhungen, wo 
der Boden im Sommer auszutrodinen vermag, erfennt man 


— 15 — 


deutlich eine andere Vegetation, Betula pubescens und vers 


“früppelte Abies- excelsa unterfcheidet fich Teicht ſchon von 


Ferne, und gern lenkt der Wanderer feine Schritte nach lich» 
teren Stellen, indem er dort einigermaßen feften Grund) * 
Boden erwarten fann. 
Dort auf diefen Flächen, an den waſſerreichſten Stel 
len, wo dee Boden unter den Füßen fehwanft, der langfte 
Gebirgsſtock oft feinen Grund findet, man von: Wurzelſtock 
zu Wurzelſtock fpringen muß, um nur einigen feften Grund 
zum WWeiterfchreiten zu finden, dort fand ich diefen Baum 
in einer Vollkommenheit und Ausbildung, wie dieſelbe in 
der Flora Saxonica excurs: pag. 159 als bei Bierl-und 
Telfts in Tytol wachſend beſchrieben, und wie ſie * 
—— in ſeiner Flora Saxonica angiebt. 
Ich fah Stämme von 20— 50° Länge y 1214 
Durchmoffe, und zwar in foldhen Maffen, wie id) es nicht 
erwartet hatte. Sie waren fo dicht, daß man nur, mit 
Mühe ſich durcharbeiten Fonntez der Boden ſchwankte im⸗ 
merwährend unter den Füßen; oft brach man bis an das 
Knie durch vermoderte Baumſtaͤmme, weldye über und durch 


‚ einander nach allen Richtungen gefchichtet lagen, und: fing 


dann erſt an in den feuchten Moor zu verfinfen, Stämme 
von 15, 20°, 30° Länge lagen über und durd) einander, 
theils im Moder⸗Proceß begriffen, theils noch fröhlich fort 
grünend, unge Bäume fproßten Fräftig dazwifchen. aufz 
mit jedem Schritt wurde die Gefahr beim Bordringen grös 
Fer; und obgleich ich gern noch tiefer eingedrungen wäre, 
indem mie in weiter Entfernung die Bäume noch größer zu 
fein ſchienen, als diejenigen, welche ich bereits ausgemeffen, 
fo mußte ich doch meinen Plan aufgeben, da felbft mein 
Führer nicht: weiter wollte und mir ein weiteres —— 
als ſehr gefaͤhrlich ſchilderte. 

In dieſem weichen waſſerreichen Boden ſcheint non 
diefe Pinus-Art am beften zu gedeihen. Man findet jedoch 
felten einen Baum, welcher nur einigermaßen gerade aufs 
recht flände, Alle find: mehr oder weniger in fpigem Wins 


— 16 — 


kel gegen ihre Baſis geneigt, was am Ende leicht zu er⸗ 
klaͤren ſein duͤrfte, da dieſelben einen eigentlichen feſten Grund 
nie erlangen, indem, wenn der Baum nür einigermaßen 
in feinem Wachöthum vorgefchritten, fein eigner 1. 
punft ihn niederdrüden muß. 

Ein anderer Grund der ftetd ſchiefen Richtung der 
Bäume ift die von mir gemachte Bemerfung, daß die junge 
Pflanze fih immer in zwei Arme theilt und eine gabelars 
tige Form beſitzt. Nur bei auf weniger feuchten Stellen 
gewachfenen Bäumen rücfen die Aeſte näher, und nehmen 
eine entfernt woirtelfürmige Geftalt an. Nie fah ich dies 
felben aber fo, daß fie wie bei Abies und Pinus sylvestris 
quielförmig den. Hauptftamm umftehen. Auch Fonnte ic) 
nie eine Uebergangsform zur gewöhnlichen Foͤhre, Pinus 
sylvestris wahrnehmen, mit welder fie am meiften Aehn⸗ 
lichfeit hat, welche aber im Allgemeinen im Erzgebirge nicht 
häufig und nur vereinzelt vorfommt. 

Ein dritter Grund der fihiefen Richtung der Stämme 
ſcheint in den herrſchenden Winden zu liegen, — eine Bes 
obachtung, welche auch bei andern Torfmooren, wie Stus 
der und Razumovsfi berichten, gemacht worden, jedoch) mit 
dem Unterfchied, daß dort Quercus robur, Abies pecti- 
nata und excelsa die ZTorfbildner gewefen fein follen. 

Wenn ich auch denfelben einige Gewalt einräumen 
muß, fo ſcheint mir doch die letztere Annahme nicht ganz 
praftifch zu fein. Vielmehr ſchreibe ich das Niedergedrückts 
fein diefer Wälder einem andern Umftande zu, einem Ums 7 
ftande, welchen ich mir näher zu erörtern erlauben werde, | 
Auf diefen Höhen haͤuft fi) naͤmlich in fihneereihen Wins 
tern derfelbe oft zu einer Höhe von 15—20° und mehr 
an, fo daß die ganzen Flächen damit bedeckt find, und diefe 
Wälder, fo zu fagen, gänzlich unter demfelben verſchwin⸗ 
den. Gewöhnlich Bleibt der Schnee fehon zu einer Zeit 
liegen, che noch der Boden durch den Froft erhärten kann, 
indem nur eine dünne Eiöfrufte fi) bildet; wirft nun die 
Schwere diefer Schneemaflen auf die fo nadelreichen Bäume, | 





— 23 — 


fo müffen fie, da fie feine felte Bafid Haben, nachgeben und 
werden fo förmlich nad) und nad) an den Boden angedruͤckt. 
Tritt an der Bafis Widerftand ein, fo müflen fie brechen. 
Solches geſchieht aber felten, gewöhnlich ſpalten fie ſich, und 
fo liegen fie, wenn im Mai die Sonne die Schneededen 
ſchmilzt, uͤber und durch einander, ſterben theils ab, theils 
vegetiren ſie noch fort, und bilden ſo, meines TUNER, 
die Bafid der dortigen Torflager, 

+ Swifchen diefen nun ift die Vegetation der fogenanns 
ten Zorfpflangen in ihrer größten Vollkommenheit, und 
indem diefelben im Winter ebenfalls theilmeife abſterben; 
ihre Blätter und Stengel vermodern, fid) viel Humus und 
HumudfäuresBerbindungen erzeugen müflen, fi) außerdem 
durch die organifche Zerfegung der Gräfer und faftreicheren 
Gewaͤchſe noch Effigfaure, nach Einhof auch Phosphorfäure 
bildet (dad Waſſer, welches in Tuͤmpeln ftand und dunfel 
braungelb gefärbt worden war, wies, fo oft ich es mit dem 
Lackmuspapiere prüfte, ſtets Säure nach), fowie daß die 
Einwirfung der Luft und des Sonnenlichtd nicht in dem 
Grade auf die ſich zerfeßenden Vegetabilien ftattfinden fann, 
um den reinen Moder oder Dammerde zu bilden, indem 
dad fie umgebende Waffer fie daran verhindert, ſich viels 
mehr die unlöslihen Humusfäures Verbindungen, fowie die 
unauflöslihe Humuskohle die eigentliche Torfſubſtanz aus⸗ 


ſcheiden muß, fo ift die Entftehung diefer mächtigen Torfs 


maſſen leicht zu erklären. Woher, fo drängt ſich nun bei 
näherer Betrachtung der Torfmaflen die Frage auf, kommt 
denn dad Bitumen, der erdharzige Stoff, welcher in vielen 
Torfarten oft in nicht geringer Menge vorfommt? Kann ders 
felbe durch bloße Serfegung der Begetabilien ſich gebil 
det haben? 

Im —— Falle, wo es ſich um den obererz⸗ 
gebirgiſchen Torf handelt, glaube ich die letzte Frage mit 
Nein beantworten zu muͤſſen, vielmehr ſchreibe ich das ſo 
reichliche Vorkommen des Bitumens einem andern Umſtand, 
und zwar wiederum dem Hauptbildner, der Pinus uliginosa 


— 2118 — 


zu. Diefelbe ift nämlich fo ungemein harzteich, daß, wenn 
man einen Aft durchfchneidet, augenblicklich daſſelbe in heilen 
Tropfen hervorquillt. Tritt der Verwefungsproceß ein, fo 
dürfte wohl anzunehmen fein, daß hier die fich bildende 
Humusfäure, fowie Effigfaure, welche letztere unbefteitten in 
+ der Torffubftanz enthalten, da ein jedes Deftillat des Tor⸗ 
fes ſtets effigfaures Ammoniak liefert, glei) der Schwefelfäure, 
allmaͤhlig verfohlend wirfen, nicht allein die Holzfaſer in 
mehr Humwudfohle umwandeln, fondern auch das Say in 
jenen . veränderten Sgpredatgirficnt bringen, welchen wir wait 
dem Namen Bitumen, Erdharz bezeichnen, 

Dad Vorfommen der verfchiedenen Salze in zer aſche 
der Torfarten, ſowie zwiſchen den Lagen ſelbſt, wie z. B. 
blaue Eiſenerde, phosphorſaures Eiſen, Schwefelkieſe (ein 
ſogenannter Vitrioltorf), Eiſenoxyd, Kieſelerde, Schwefel, 
Salzfaure, Kali, ſowie Kalk und Bittererde nebſt Mangan⸗ 
oxyd, ſind leicht zu erklaͤren, richtet man den Blick auf die 


Analyſe pics Pflanzen, welche am häufigften darauf Be 


vorfommen. So enthält der Heidelbeerſtrauch: 

kohlenſaures, ſchwefelſaures und ſalzſaures Kali, kohlen⸗ 

ſauren Kalk und Bittererde, Thonerde, Kieſelerde, Eiſen 

und Manganoxyd. 

Die Fichte gleiche Beſtandtheile. 

Die Birfe außer genannten Stoffen noch Phosphorfäure, 

Die Tanne und Erle ebenfals Phosphorfäur, 

Das Rainfarrenfraut ebenfo. 

Die Gräfer und Equifetumarten enthalten en 

viel Kiefelerde, 

Die Saamen der verfchiedenen Gewaͤchſe am meiſten 

phosphorſauren Kalk, phosphorſaures Kali und Bittererde; 
und indem man die Torfbildung als einen natürlichen Vers 
fohlungsproceß wohl anzufehen berechtigt ift, man fünnte es 
auch wohl einen langfamen Verbrennungsproch nennen, 
fo erflärt fi) die Ausfcheidung und Bildung einiger Salze, 
welche vorher nicht in den Pflanzen gewefen, ald der Schwe⸗ 





— 219 — 


felfied, die blaue Eifenerde, am Ende von felbft, beobachtet 
man, wie Jahrhunderte die Zerfegung,, Auöfcheidung und 
Bildung bewerfftelligten, indem nur in älteren Torfbildungen 
(nicht Erzeugniß neuerer Zeit) jene Formen vorfommen, 
Ich bin überzeugt, daß die Pinus uliginosa, als das 
Klima noch rauher war, die Suͤmpfe und Moräfte wenis 
ger auögetrocfnet, die Wälder weniger'gelichtet waren, fid) 
allgemeiner: uͤber dad Erzgebirge verbreitet hat, als es jest 
der Fall iſt; ein Beweis dafür ift der, daß Bod bei eia 
ner Seehöhe von 1700° diefelbe auf dem fogenannten Filz 
bei Schneeberg beobachtete, wo fie jeßt gänzlich verfchwuns 
den ift. Und fo dürfte man wohl diefelbe, wenigftens für 
die Bildung der mächtigen Torflager des Oberersgebirges, 
ald von Naundorf, Cranzahl, Elterlein, Geier, Grünhain, 
Marienberg u. a. DO. ald Bafid annehmen koͤnnen. 

« Ob die Torflager des Niedergebirged davon herrühren, 
möchte ich bezweifeln. Die Struftur, fowie der Brenns 
werth fpricht ganz dagegen; auch laffen die darin vorkom— 
menden Halzarten, deren Struftur deutlich zu erkennen ifk, 
eine Annahme der Art nicht rechtfertigen. Sie find durdys 
fhnittlih weniger bituminds, mehr erdig, mit Gerölle un= 
termengt. Man findet oft ganze ftarfe Stämme von 18 
— 20 — 30” Durchmeſſer in ihnen vergraben, welche ſich 
durch ihre Struftur als der Abies pectinata oder excelsa 
angehörend ausweifen, Ueberrefte von Betula alba und Co- 
rylus Avellana find deutlih in denfelben zu erfennen, 
und nur die Zwifchenrdume find mit eigentlicyer Torfmaterie 
ausgefüllt, 

- Könnten bier nicht Ueberſchwemmungen, durch Wol⸗ 
kenbrüche veranlaßt, die Urfache der Bildung derfelben gez 
wefen fein? — Die Gewalt des Waſſers und vielleicht auch 
des Windes hat die Bäume entwurzelt, entweder fortgetries 
ben, oder fie find an Ort und Stelle liegen geblieben. 
Die leichtere Torffubftanz, welche von den Höhen herabge⸗ 
führt wurde, Lagerte ſich dazwiſchen. Die dadurd) fich ent⸗ 
wicfelnde eigenthümliche Vegetation trug zur Vollendung und 


Ausfüllung bei, und fo entftanden die Torfflächen des Nies 
dergebirges, fowie auch die Torfbildung der Thäler, 


Daß der Torf ein poftdiluvianifches Gebilde ift, wer 
möchte diefed bezweifeln? Wir fünnen feine Fortbildung 
überall. unter geeigneten Berhältniffen beobachten. 


Wir unterſcheiden deutlich in dem Torf der Niederungen 
das ſchwer zu zerftörende Rhizom der Arundo phragmites 
nebft dem fehwächern der Eriophorum-Carex-Arten, Wir 
finden in den unteren Ablagerungen mancher Torfarten die 
Saamen von Menyanthes trifoliata von Scheuchzeria pa- 
lustris; es find die Gebeine von Menfch, Pferd, Schwein, 
Biber, Hirfh, Ochs, ja Walfifch in denfelben gefunden wors 
benz; ja in der großen Marfche, welche von Holland bis 
jur ruflifchen Gränze reicht, findet man unterhalb des Tor⸗ 
fes Suͤßwaſſermuſcheln, als Limnaeus vulgaris, Paludina 
impura, Planorbis imbricatus, Cyclostoma acutum, welche 
uns den, deutlichen Beweis liefern, daß derfelbe erft ein 
Gebilde der neueften Zeit ift. 


Unterfuht man die Bafid oder Soole, auf welcher 
die Torflager des Obergebirges Tagern, fo befteht ſolche 
größtentheild aus einem Gerölle von abgerundeten Kiefeln 
mit Gneus> und Glimmerfchiefer- Gefhieben untermengt, 
welche auf einer feinen Schicht eines Iettenartigen, blaus 
grauen Sandes lagern. Daß diefe Schiht fi) während 
des Ablaufes der Waſſer, welche früher Europa überfluthet, 
gebildet, dürfte kaum zu beftreiten fein, und daß diefe Flus 
thungen die vorhin erwähnten Conchylien, fowie die Uebers 
refte des Walfiſches, wie ſolche in neurer Zeit bei Mon- 
teith, unfern Forth in Irland zugleich mit Hirfchgeweihen 
und Theilen von Wafferpflanzen aufgefunden worden find, 
dorthin geführt haben, dürfte A eben fo wenig in Be 
fel geſtellt werden koͤnnen. 


Höchft intereffant find die — welche uͤber 
die großen Torflager Englands, Irlands, Schottlands, Frank⸗ 








= 9 — 


reichs, Hollands und Rußlands, fo wie ber Schweiz ges 
macht worden find; es würde mid) zu weit führen, wollte 
ich) meinen Vortrag fo weit ausdehnen, 


XXVI. 
Miscellen 


Einige Bemerkungen über Asteroscopus Nubeculosa. 


Die Zimmererziehung diefer, von den Schmetterlings» 
fundigen als felten bezeichneten Eule wird nad) den bishe— 
rigen Erfahrungen nicht ohne Grund als fehr fehwierig ges 
ſchildert, theils, weil die aufgefundene Raupe meift von 
Scylupfwespen geftochen fei, theils, weil die gefunden Pups 
pen häufig verfchimmeln, 

Bergl, Treitſchke, die Schmetterlinge von Eutopa, 

Bd. V., Abth. 3. Seite 57. 

In einem Gehölze ohnweit Altenburg ift diefer Schmet⸗ 
terling in den erſten Frühlingstagen faft alljährlich aufzus 
finden, und es gelang mehrfach, von lebendig eingefangenen 
Weibchen in ihrer Claufur eine große Anzahl Eier zu be— 


kommen, aus denen ‘gewöhnlich zahlreiche Raͤupchen auss 


ſchluͤpften; meift aber ftarben ſchon viele derfelden, ehe fie 
bis zur Verpuppung gebracht werden Fonnten und höchft felten 
aber lieferten die Puppen den Schmetterling ,. obſchon doch 
auf diefem Wege ihrer Erzeugung die Raupen gegen bie 
Stacheln ihrer Feinde geſchuͤtzt waren. Mir iſt es endlich 
gelungen, eine Art der Erziehung auszufinden, welche in je⸗ 
der Beziehung hoͤchſt gluͤckliche Erfolge brachte, daher ich es 
nicht ohne Intereſſe halte, dieſelbe bekannt zu machen. 


= 00 


Nachdem ich auf die vorangegebene Weiſe Raͤupchen aus 
Eiern in großer Anzahl erlangt und zunaͤchſt in einem ge⸗ 
raͤumigen Einmachglafe einige Wochen herangezogen hatte, 
that ich diefelben in einen größeren hölzernen Kaſten, über 
deffen Einrichtung ich Folgendes anführe: 

Der Kaften ift Leckig, 1 Elle breit und 2 Ellen hoch. 
Sein Deckel befteht aud einem DBrete, woran ich Falz bes 
feftigt fi findet, welcher an allen f äußeren Seiten des 
Kaftend eng anſchließt. Die Mitte dieſes Bretes ift ders 
geftalt auögefchnitten, daß daffelbe der Länge nad) von als 
len 4 Seiten nur etwa eine Hand breit über die inneren 
Seitenwände des Kaſtens überfpringt, Ueber die dadurch 
entftandene Oeffnung des Dedeld habe ich faft 3 Ellen hohe, 
an der innern Geite diefer Deffnung befeftigte, Reife ges 
fpannt und dann diefe Reife in folder Weife überall mit 
Gaze überzogen, daß hierdurch den Raupen durch) die Deckel—⸗ 
dffnung zu entfommen unmöglicd) wurde, Da die Nube- 
culosa fid) befanntlich tief in der Erde verpuppt, habe ich 
fodann faft + Ele hoch mit Sand vermifchte, fein durch- 
‚gefiebte Gartenerde in den Kaften gethan, in die Mitte des 
Kaftens eine mit Waſſer gefüllte Glasflaſche in die Erde 
bineingefenft und darein die Futterpflanze (Birfe) fo hoch 
gefteckt, daß die letztere über den SKaften herauf in das Gaze⸗ 
gehäufe der Neife reichte; den Kaften felbft habe ich dann 
mit den Naupen an eine Stelle in meiner Wohnung ges 
feßt, welche fi) in der Nähe eined Fenſters befindet, das 
das ganze Jahr hindurch geöffnet bleibt; der Kaften ftand 
einige Schritte vom Fenfter entfernt. In diefem Kaften 
gediehen die Raupen höchft gefund; von 70—80 derfelben 
ftarben wohl faum 10, Die fid) Eingepuppten, welche ic) 
aus der Erde nicht heraus gethan hatte, lieferten Anfangs 
März ded darauf folgenden Jahres 54 Fräftige, wohlgebils 
dete Schmetterlinge. Mit diefem Erfolge ſchon hoͤchſt zu⸗ 
Frieden, hielt ich die nicht ausgefchlüpften Puppen für ges 
ftorben, Im Laufe des hierauf gefolgten Jahres that ih | 
die Erde aus dem Kaften nicht heraus und benugte dens 








- 225 - 


felben weiter für andere Buchten, ı Das ſodann folgende 
Sehhjahr erfreute mich jedoch mit der Erfahrung, daß die 
zurücfgebliebenen. Puppen nicht: geſtorben geweſen ſeien; 
denn obſchon ich im Fruͤhjahre vorher Feine Nubeculosa- 
Raupen wieder in den Kaſten gethan, fand ich im März in 
ihm nach und nad) wieder eine angemeſſene Anzahl Nube- 
eulosas: ausgefrochen, fo daß ich durch wie hier befchriebene 
Zucht derſelben zugleich den Beweis geliefert vor mir ſah, 
daß die Nubeculosapuppe mitunter aud) 2 Jahre liegt, ehe 
fie ausfchlüpft, eine Bemerfung, welche ich bis jegt in den 
Schmetterlingswerfen noch nicht angezeigt gefunden habe. 
or Altenburg, im März 1844, 


Dr. Schenck, Landesjuftizrath. 


Bon den in Deutfchland einheimifchen Leuchtfäfern, 
Lampyris noctiluca Lin., Lampyris splendidula Fabr. 
und Geopyris hemiptera Fabr., lebt die.Tegtere Art mehr 
in füdlichen Gegenden. Bei Odenbach z.B. bat fie Müls 
ber: zuerft genau beobachtet und in Illigers Magazin Bd, 4, 
©. 175 u. f. beſchrieben. Lampyris noetiluca kommt 
mehr im Norden vor und ift im füdlichen England und 
in, Schweden ziemlich häufig. Am verbreitetften ift Lampy- 
rxis splendidula F.,. welche zu Ende Maid und Anfang 
Augufts ald ein helleuchtender Punft in manchen Jahren 
felfner, in andern dagegen zahlreich die Luft durchkreuzt. 
Dieſe Art erſcheint auch alljaͤhrlich im Oſterlande, oft in 
großer Anzahl; noch nie aber iſt, ſo viel mir bekannt, 
Lampyris noctiluca in vollkommen entwickeltem Zuſtande 
gefunden. worden, Und doch bewohnt ſie unbezweifelt unſre 
Gegenden. Auf meinen entomologiſchen Excurſionen hatte 
ich zuweilen einzelne Larven dieſer Art gefunden, ohne ih⸗ 
nen beſondere Aufmerkfamfeit zu ſchenken. Im vorigen Sahre 
entdeckte ‚ich Ende. Octobers in dem’ jenfeitd der Pleiße un⸗ 
terhalb Paditz gelegenen, die Goͤßa genannten Holze eine. 
Stelle, wo dieſe Larve in ziemlicher Menge vorfam, Ich 


— mM — 


fand fie an den Wurzeln von Erlenbüfchen unter abgefallenem 
Laube in ſehr verfihiedener Größe und befchloß fogleich, ihre Er⸗ 
ziehung zu verfuchen. Ich ſammelte deshalb eine hinreichende An⸗ 


r. 
5 


zahl, nahm von dem Laube und der Erde, in welcher fiezeither 


gelebt hatten, mie und füllte damit ein Zuckerglas bis zur Hälfte, 
In dieſes Glas brachte ich nun meine Larven, band ein den Zus 
tritt der aͤußern Luft nicht gänzlich abfchließendes Papier darüber 
und feste diefes Glas in eine fchattige, Falte Kammer. Hier 
blieb es unangerährt ftehen. Am 1, April endlich, als mildere 
Srühlingswitterung eintrat, fah ich nach meinen Larven und 
bemerfte zu meiner Freude, daß fie noch lebten und ganz muns 
ter waren, Sollte es mir gelingen, fie zur Verwandlung zu brins 
gen, fo werde ich meine Beobachtungen in diefen Blättern mits 
theilen. Vorläufig jedoch ſei es bemerft, daß diefelben mit einem 
ſchoͤnen, glänzenden Lichte leuchten, das von den -Ichten Leibes⸗ 
ringen ausftrahlt. Doc) fieht man dies Licht nur felten und 


und ich mußte oft fehr lange warten, ehe es fich bei einer oder 


der andern zeigte. 

Das Weibehen von Lampyris noctiluca ift ganz unges 
flügelt, dad Weib von Lampyris splendidula hat nur zwei 
Feine Rudimente der Fluͤgeldecken auf dem erften Leibesabfchnitte. 
indem fie ruhig unter Hecken und Gebüfch ſitzen oder auf dem 
Boden und im Grafe umherlaufen, ftrahlen fie ihr helles Licht 
aus, um die Männchen. herbeizulodfen.. Während Lampyris 
splendidula alfenthalben die Bedingungen zu ihrem: Gedeihen 
findet, ſcheint Lampyris noctiluca nur an einzelnen feiner Na⸗ 
tur zufagenden Stellen vorzufommen, Theil aus diefem Grunde, 
theils weil fie in fpäter Nacht umherſchwaͤtmt, vielleicht auch, 
weil man aus Furcht vor Aſſeln die im Graſe leuchtenden Lar⸗ 
ven und Weibchen nicht aufzunehmen wagt, mag Lampyris 
noctiluca ſeltner entdeckt werden. Herr Director Dr. Suffraͤn 
in Sie gen hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Er war fo ge⸗ 
fällig, mir auf meine deöfallfige Anfrage zu erwiedern: „Lam- 
pyris noctiluca habe ic) bier noch nie finden koͤnnen, obgleid) 
- mie meine — * die Larve gebracht haben.“ 


— 








ZIEIDY JE Er. 


eo u m.be rt. | 












































3; Uhr. Nachmittags 2 Uhr. | 
des Zu Stand des Stand des Zuſtand 
mo⸗ Baro- Thermo— des 
rs. Web. meters. meters. Wetters. 
ſ27 64—4750 helle ©. ©. 
— T pebi. a 
belle ( 2 =: 10,0 230 ind... 
ho 50 wii. :_|= 100 | 50 x. ©. = 
0 nebl. | Zar 10,4 iu: tr. ©. W. 
Atr. © |: 83 55 wii W. 
50 helle = 89 52 itr. W. NG 
75 Reg. DE ie 6,6 7,0 tr. W. >| 
45 tr. - .7,4 5,0 Itr. W. 
20 ner. _|= 112 40 |. ©. 
1,0 Ne 3 05 1,0 wi. ©. ® 
75 Inebt. $_|= 00 20 helle W. 
0 Nebl. = 09 4,0 tr. © 
0% = 00 | 20 ee. 
Opeies 27 58] 0 mW —_ 
5 Schn. W. 8,4 5,0 wik. W 
Ineb.— —— 5,0 tr, W. 
20° wiE, ZH 2300 0,0 5,5 tr. W je 
D5_|net. (_|- 04 | 60 wi. 3 
> helle & _|= 04 50 |. W 
2,0 helle &. |= 0,6 35 tr. W 
B. | = 30 nebl. S. W. 


3,0 —*— W. 12° 
75 wi N en ee 
7,0 wit, &. 28 00 30 Reg. Ww. 
40 nd W. 1,4 75 Reg. N. W. 
75 wlk. 











helle ©. 0,3 30 helle ©. 


5 wi |- Wi 35 6488 
3,0 wiE, S = 1,0 3,25 tr © 

0 Shan] 2704) 135m 
- 83 wE© 


1,25 wi. ©. 





Meteorologifche Tabelle auf die Monate: Detober, November, December, 1SA3, von W, Bechftein. 


























































































































































































































































































































































































































































SPC DEOEEO MEET. a) a TO er DE nick einher. 
Früh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr. Fruͤh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr. Früh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr. 
0 u | — TE — 0 ⸗——— — — — . 
% Stand desiStand des) Zuftand (Stand desiStand Be] Sunan & |Stand des|Stand dei Buftand |Stand des Stand desi Zuftand a |Stand desjStand des Zuftend Stand desiStand des Zuftand 
3 Baro= Thermo— des Baro= |Thermo= des ® | Baro- |Thermo= des Baro= Thermo— des & Baro- Thermo— bes Baro=- |Thermo= des 
meters. | meters.| Wetters, |meters. | meters, | Wetters. meters, |metere. | Wetters, meters. | meters, Wetters, meters. | meters. | Wetters, | meters. | meters, | Wetters. 
1 1277 55° 50° [Reg ®. 127% 6,0) + 11,0° ji. DB. 1 127” 5,5%)+ 719° belle ©. 27" 6,0”) 12,59 helle ©. 1 127” 80”)+ 1,09 |tr. ©. 27" 6,4 + 75° — 
— —20 Reg. ©. —012 | €. 2|- 52 55 helle ©. = 40 | 100 \wIE. ©. _2|= 90 — 05 |Rebl.S |- 99 | 15 Inebl. ©. 
— 78 | 9,75 wit. ®. - 50 | 330 wii. ®. BI: 4,5 helle ©. = 60 100 wit. ®. |\3 = 100 0,25 |tr. ©. = 10,0 20 nel. ©. ®. 
4|: 80 | 80 | ©. - 72 | 11,5 it. ®. 4 |= 69 60 we N = 70.| 15 | D. 4 |= 100 |+ 30 tr. ©. = 10,0 |. 
5]= 85 | 100 Reg. ©. = 80) 12,5 jwlf. M. Slam 7,0 nel, ©. « 78 |, 80 | ©. — 74 | 50 joi.B. | 104 60 ©. W 
6|-= 75 | 10 m © 67 15,0 helle ©. W. | 6 |- 83 > SW. |- 87 > SW | 6]: 80 50 Inebl. W. = 83, 5,5 wie. W 
7|= 48 | 35 ik ©. z032 145 tr. ©.om.um| 7 |= 84 6,0 helle ©. - 70 85 If. ©. 71: 88 45 wit. ®. = 89 >> mW 
Emmen 130 |vE. ©. ®. | 8]- 50 75 |Reg. ©. = 22 9% Reg. | 8|- 70 70 |Reg. W = 66 70 | ® - 
9234| 0 me W |- 12 90 |Reg. ©. 2: | 9] = 29 45 |tr. ©. =u3B 5,5 tr. W. BE EuRGT 4,0 |. ®. BER ES 
101: 35 | 70 if. ®. 2750 9,0 wiE, W. 10\= 47 230 nl. ©.  |- 4 3,75 wiE ©. 10 = 100 20 vl. ®. —— 40 8 
111: 40 65 wii. ©. = 08 80 Reg  |ImM|- 61 1,0 |Nebl. N. = 6,4 2,25 wii. N. 11133 03 05 nel... 3 05 1,0 \wiE. ©. ® 
12 126,102 | 130 wit. ©. Stim.126 10,0 | 14,0 [wiE. WB. Stem.| 12 |- 75 | 0,75 nebl. N. - 82 30 |. R. 2. 12 27 1,8 | 05 hele ©. = 0% 20 helle W 
|13 127, 1,8 60 Reg ©. ©. [27 3,0 90 nwE.©S.W. |13|- 94 = 0 Net. N. - 90 1,75 tr. R. 13128 08 + 15 nel. ©. = 40 tr. © 
14 |- 31 | 45 | ©. 223,00 708 IE EHI Er ON - 83 1,0 tr. N. 14 |= 00 |— 05 helle ©. 20,0 2,0 Helle W 
5 = 46 40 wie. ©. - 40 70 oe ©. w. | 5 |= 80 = 0 |helle . — 05 Schn. R 15 27: 93 + 20 \nlE. ©. 27 88 20 mW 
I E30 4,75 mnebl. ©. 2274 5» itr. R. 16 = .65 - 05 |Schn N. - 79 15 tr. ®. I 5,0 Inebl. Reg. W.⸗84 3,0 wiſt. W. 
17 |- 45 30 helle ©. = 48 6,5 (helle ©. 17.|= 770 05 nd...  |= 70 10 .©.®. |I17|7 94 40 .®. 0 |: n2 5,0 tr. ©. 
181: 3,0 375 wi ©. - 30 5,0 ir. S. W. 18 |= 58 2,0 wik. ©. il 1,0 wik. ©. 15 |= 118 5,0 nebl. W. 23 0,0 32 tr. W. 
19,|= 075 35 Re. ®. - 90 50 Reg ®. |19|- 50 )+ 05 nen ©. = 69° 25 \wif. ©. "19 33 00 50 ned. ®. |- 04 6,0 wi W 
20 |= 103 | 230 helle ©. = 10,0 55 _ wi. ©. ®. | 20 |» 7,5 15 helle ©. ze 40 |t.©. 20 |= 05 50 tr. = 04 50 | ®. 
2] = 96 20 wi. ©. = 89 70 helle © ®. | 21 |» 70 20 hie © |: 69 6,0 It. ©. 21 |= 00 3,0 Inebl. ©. W. |- 06 38. W. 
2 | 9% 25 hele ©. = 98 75 wE.©.®.. |22|- 49 80 wi ©. = 50 90 Ir. ©. 2 |= 10 15 net. © ®. | = 712 3,0 nel. ©. ®. 
23 |- 85 Ab EST E78 7,25 ©. ®. Da Eme7A 75 |wiE. ©. = 45 9 heS m. | 23 | = 00 5,0 Helle ©.W. 127 11,5 2,0 nebl. ©. ©. 
24 |- 68 70 \nie ©. = 65 95 wE.©.W. |24|- 40 | 70 wii ©. 283 90 N. 24 |=- 00 30 Inebl. ©. ®. 128 00 5,0 Reg. W. 
—— 65 hie ©. E33 10,0 wif. ©. 25,|= Al 4,0 It, ©. = 60 45 tr. ®. as lemı15 6,0 |Nebt. W. = 14 75 Reg. N. W 
26|- 13 90 wi. ©. - 48 95 Re.W 126|=- 75 3,75 wiE. ©. : 80 6,75 |wif, ©. 26 |=- 12 5,0 It. ©. = 00 45 m S.® 
ea] 45 Reg. ©. — —— 5,0. helle ©, = 70 50 05 10 |hele © ®. |- 03 3,0 helle ©. 
23 |- 54 30 hele |= 42 75 | N. 23|- 74 | 55 |wiE ©. = 79 90 He. |25|- 10 1,0 tt. ©. Ze 33 W 
29|- 57 70 wi. ©. - 60 | 90 helle ©. 29 |= 75 5,0 wie ©. - 60 60 wei. — 129 |= 10 30 |. © ®. = 10 3,25 ir. S. 
30 6hbelle - 60 11,5 belle ©. 30 |- 70 | "230 |Sın.®. |: 75 20 Reg. ©. 30 27 ıl,1 5 .©®. 2714| 156. | 
31 |= 56 | 5 bes  .|= 52 120 helle ©. 3Iı=- 83 |— 15 Ihe ©. : 83 ©. 
Höchfter Barometerftand den 25. December = 98” 4,5, Mittler Barometerftand — WE 
Tieffter Barometerftand den 12. October = 26” 10,0% . Kältefter Tag den 10. November = — 2,0°. i 

















Erklärungen der Abfürzungen: tr. trübe, wik. wolkig. Strm. Sturm. Reg. Regen. Schn. Schnee, Nebl, Nebel, nebl, nebelig, Gew, Gewitter, Gew, v. w. Gewitter von weitem, D. Oft, S, Sid, W. Welt, N, Nord, 





Mittheilungen 


aus dem Dfterlande. 


Gemeinſchaftlich herausgegeben 


.o.sossee 


vom 


Kunft = und Handwerks - Vereine, von der 

Naturforfchenden und der Pomologifchen 

Gefelfchaft und vom Landwirthichaftlichen 
Vereine zu Altenburg. 


Siebenter Band. 


Erftes und zweites Bierteliahrheft, 
ausgegeben im Uuguft 1843, 


Auf Koften der vier Geſellſchaften. 


Altenburg, 1843. 
Gedruckt in der Hofbuch druckerei. 
(In Commiſſion der Schnuphafefchen Buchhandlung.) 


a 
a 
@ 
| ann 


* 
San 
J 
„ ge 
— 
% 
en 











“ 


a 
a Inhalt des erſten und zweiten Viertel 
jahrheftes: 


I. Protokoll über das Stiftungsfeſt des 
Kunft= und Handwerkövereind . » 
Bericht über das 25. Jahr des Kunft: 
und Kandmwerfövereing zu Altenburg, 
erftattet am Gtiftungsfefte deſſelben 
von Eduard Lange » 

. Ueberfichtliche Darftellung des Standes 
der Kunft= und Gemwerbvereine, Kunftz, 
Gewerb- und Sonntagsſchulen von 
Dr. Karl Ball, 

. Bericht ber das 18, Jahr der Kunſt 
und Handwerksſchule zu Altenburg, 
von Eduard Lange . 

. Schidfale einer Wollflode. Eine humo 
riſtiſch-techniſche Skizze vom HOber: 
infpeftor Meißner . - ‘ . 

. Die Srühlingsverfammlung der pomo= 
logifchen Geſellſchaft. Eine Mittheilung 
aus dem Protokoll von deren Sekretär 
Eduard Lange- . . -» 

Protokoll über die Feſtſitzung der natur- 
forfchenden Gefellfchaft am 5, Juli 1843 
von Dr. Kirmße, » 

. Eröffnungsrede am 26. Stiftungsfeft 
der naturforfchenden Gefellfchaft des 
Dfterl. d. 8. Suli 1843 von C. Wais 

. Sabresbericht der naturforfchenden Ges 
Luſchaft des — — vom Profeſſor 

J. H. Apetz 

Seotogifehe robleme vom Stadiſchrei⸗ 
ber Sr. Alb. Fallou in Waldheim . 

. Ueber die Zortfesung der Schaafzucht. 
Bon Eduard Kange . 

XI. Bemerkungen und Andeutungen. Bon 

Dr. Ba ck. — — 
zwei meteorofogifche Sabellen, vom erften Sanuar bis 
legten Suni 1843. Vom Kanzleiratd Bechftein, 


Q 
= 
m» 7 


» 


PAPPRARRPRARFET 
at 
E 


— 

3 
* 
— 


w 
> 


A DOES RE, ® 
DISSISUNSNSISOSLILILIDUSTSUYSLN LU 
a > u AR n N, \ * — 04, 


2 
2 
ic} 
2 
S2 
2 
2 
o 
9 
® 
@ 
2 
2 
® 
® 
42 
ic) 
2 
J9 
[C] 
ic) 
(C] 
[C 
9 
2 
® 
9 
u 9 
ic) 
® 
(C 
AS] 
» IC 
2 
@ 
9 
3,9 
7® 
ic) 
2 


SE 





SR 
NER 


Mittheilungen 


aus dem DÖfterlande. 


EI 
— 


Gemeinſchaftlich herausgegeben 
vom 
Kunft= und Handwerks-Vereine, von der 
Naturforfchenden und der Pomologifchen 


Gefelfhaft und vom Landwirthfchaftlichen 
Bereine zu Altenburg. 


Sicbenter Band. 


Drittes Heft, 
ausgegeben im Januar 1844 


SSH 


Auf Koften der vier Gefellfdyaften. 


Altenburg, 1844. 
Gedrudt in der Hofbuhdruderei. 


(Sn Commiſſion der Schnuphajeihen Buchhandlung.) 


[uluiulululululululululululululuieluiu] 














— —————— 


Inhalt des dritten Heftes: 


Seite 

.Bekanntmachung der Preife und ſon— 
ftigen Auszeichnungen, welche vom 
Kunft- und Handwerköverein zu Alten⸗ 
burg wegen der bei Gelegenheit der 
fiebenten Berfammlung deutfcher Land: 
und Forſtwirthe veranjtaltet gewefenen 
Kunft und Gewerbe Sa run zu⸗ 
erkannt worden find . - 

. Vermögenszuftand des Kunſt⸗ u. Hand: 
werfövereind und der Kunft: u, Hand: 
‚werköfchule . . 

. Aus dem Protokoll über die Heröfiver: 
fammlung der pomologifchen Geſellſchaft, 
den 11, Dctober 1843, Von Ed. Lange, 
Secretair der Gefellfchaft . - 

. Ueber den Winterfroftichaden an Hbft: 
baumen und Zraubenftöden, und wie 
man den Schaden ermäßigen fann. Bon 
Seb, Englertb . 

. Etwas über einige mineralifche Ding: 
ſtoffe. Aus den Verhandlungen des 
Sandwirtbfchaftlichen Vereins mitges 
theilt von deſſen Secretair Ed. Lange 

XVII, Fortgeſetzte Verhandlungen des Land: 

wirthſchaftlichen Vereins über minera- 

liſche Düngftoffe, mitgetbeilt von deffen 

Seeretair Ed. Lange. - » 147 
XIX. Preisvertheilung des Sandwirtöfhaft: 

lihen Bereins . 2...» ... 154 

IX. Miscellen und Notizen . . 157 

Eine meteorologifche Tabelle, vom erften Suli bis legten 

September 1843. Bom Kanzleirath Behftein, 


ve 
m 
1) 


— 
— 


Im 
— 
* 

— LT ER YA SL U A LT 


8 
9 
= A) 
® 
&® 
® 
3 
® 
S 
VARC] 
’@ 
ic) 
® 
49 
’® 
’‚® 
® 
’»o® 
S 
® 
1,9 
® 
® 
(C 
@ 
L ®. 
® 
'® 
‚ac 


ji 
we 
Ss‘ 


e09000 Sr. 2 ig 


eg 


© 


ES 

















Gemeinſchaftlich herausgegeben 


vom 


Naturforſchenden und der Pomologifchen 
Gefelfhaft und vom Landwirthfchaftlichen 
Vereine zu Altenburg. 


Siebenter Band. 


Biertes Heft, 
ausgegeben im April 184%, 


Auf Roften der vier Geſellſchaften. 


Altenburg, 1844. 
Gedrudt in der Hofbuhdruderei, 
(In Commiffion der Schnuphaſe ſchen Buchhandlung.) 


MULLULLLLLIN 
= > Y 8 S ni 
Sa AN iD 8 —* 


Se 





i — * 1 


> — — — 


x N 


—9 


a 


J 


— — — 


DA 











b. 00000 
80 


—— 


Inhalt des vierten Heftes: 


Seite 
XXI Das Gtiftungsfeft des Kunft- und 
Handwerksvereins, den 5. Febr. 1844 


XXI. Bericht über das 26. Jahr des Kunft- 
und KHandwerfövereins, erftattet am 
Stiftungstage deſſelben den 5. Febr. 
1844 von deſſen Seeretär Ed, Lange 


XXI, Ueberfichtliche Darftellung des Beftehens “ 
und Wirkens der Kunft: und Gewerb: 
vereine, der Kunft, Gewerb= u. Sonn: 
tagsfchulen 2c. in den Schwefterftädten 
des Landes im Jahr 1843, mitgetheilt 
durh Dr. Karl Bad.» ... 


XXIV. Bericht über das 19. Jahr der Kunft- 
und Handwerkefchule zu Altenburg, - 
erftattet am Stiftungsfeite des Kunfte 
u. Handwerkövereins von Ed, Lange. 


XXYV. Ueber Pinus obliqua und die Torf: 
bildung im Sachfifben Erzgebirge, von 
Herrmann Binder...» 

GEXVL Mischen . 2 +... 


Sl Seine meteorologifche Tabelle, vom erften Dctbr. bis letzten 
December 1843, Vom Kanzleirath Bechſtein. 


0969000000 


— 
oo 
- 


u 
2 
LS 


Sesasacaesecseece 
nn 


s.sos 


, 9 
,9 
/® 
ra 
*2 
ic) 
49 
ic 
ic) 


vn 
»» 
- 


SU ULLI % 


PARRFPRFRAPRZARRRAR 


.Q 
SUSI TAU U UL U U 


2 

















Mittheilungen 
ans Dem Osterlande, 


Gemeinfhaftlid Herausgegeben 


x | von 
dem Aunst- und Handwerks - Vereine, von der 
Naturforfchenden und der Pomologifchen Gefellfchaft 
und vom Sandwirthfchaftlichen Vereine zu Altenburg. 


4 


% 


. ' Achter Band. 


y 





Auf Koften der vier Geſellſchaften. 








nn 
P% Altenburg, 845. 


0 Gedrudt in der Hofbuhdruderei. 
In Commiſſion der Schnuphafefhen Buchhandlung. 


® 





* IT HIN 


oo vn Sana: nah 


AZ . f 


da 
1 


Inhalt des achten Bandes. 


Seite 
« I. Sortgefegte Verhandlungen des Kunft» und Hand: 
werksvereins über die Errichtung einer Ausftellungs- 
und Berkaufshalle ftädtifcher Gemerbserzeugniffe. 


”  Mitgetheilt von Eduard Lange . .» . 1 

I. Zur Rettung begrabener Scheintodter, vom Mecha- 
nikus Deyner . . .» 6 

IH. Geologifhe Probleme, Bom Stadtſchreiber gr. 
Ab, Fallou in Waldheim ... - 11 


IV. Protokoll vom Frühjahrsconvent der pomologifchen 
Geſellſchaft, gef. durch deren Seeretaiv R. Lange ll. 31 
V. Ueber den Anbau der Gerſte. Mitgetheilt aus den 
u Verhandlungen des landwirthſchaftlichen Vereins zu 
Altenburg durch deffen Secretair Eduard Lange 40 
VI. Verbefferungen und Verſchoͤnerungen Altenburgs. 
Vom Profeffor Eduard Lange . + + 0. 832 
VI. Die Baumpfähle in den Baumfhulen .’» » . 596 
Eine meteorologifhe Tabelle vom erften Januar bis 
h legten März 1844. Vom Kanzleirath Bech ſte in. 
VII. Das Wandern der Handwerksgefellen. Aus den Pro- 
tofollen des Kunſt⸗ und Handwerksvereins mit- 
e getheilt durch defjen Secretair Eduard Lange . 57 
mx. Der Herbftconvent der pomolog. Gefelfhaft. Eine 
protofollarifhe Mittheilung von R. Lange .» » 61 
X. Bemerkungen über die ornithologifhe Sammlung | 
der naturforfchenden Geſellſchaft des Oſterlandes . 76 
XI. Defideratenverzeichniß europäifcher Vögel . +» + S1 
XI. Btieflihe Mittheilungen von Dr. Zipfeer . » 87 
XII. Schreiben des Hrn, Regierungsprafid, v. Seden- 
dorff an den ee Derein zu 
_ Ütendtug . .» 95 
XIV. Ueber die Fortbildung, unferer heranwachſenden 
Landwirthe. Aus den Protokollen des Landwirth⸗ 
ſchaftlichen Vereins zu Altenburg mitgetheilt von 
Eduard Lange. . » 93 
XV. Beantwortung der dem Landwirthſchaftlichen Ver 
eine zu Altenburg in der Verſammlung am 10. Juli 
vorliegenden Fragen. Dom Dekonomie⸗Kommiſſaͤr 


Rich. Glaß in Bom . .. . 106 
XV. Neifebemerfungen. Vom Gutsbeſiher Hager in 
Sara . An. , 119 


XVIl. Baesre s sg der Obſtbaumzucht ves— 





XXI. 


— 1 V Le; ö 
Seite 


. Ueber den Abſatz unfrer Landiwirthfchaftl, Erzeugniffe 126 


Zwei meteorolog. Tabellen vom 1. April bis legten 
Sept. 1844. Vom Kanzleirath Bechftein. 

Das Stiftungsfeft des Kunft- und Handwersver⸗ 

eins, den 4, Februar 1845 22. 2m. 129 
Bericht Über das 27. Jahr des Kunfte und 
Handwerksvereins, erflattet am Stiftungsfefte 
deffelben, den 4. Februar 1845, von deffen 
Secretair Eduard Lange . » . 131 


. Meberfichtlihe Darftellung des Beftehens und 


Mirkens der Kunſt-, Gewerb= und Sonntags- 
Schulen und ähnlichen Unftalten in den Schwe: 
fterftädten des Landes im Jahr 144 .. . 18 
Bericht über das 20, Jahr der Kunfl- und 
Handwerksfchule zu Altenburg erftattet am Stif- 
tungsfefte des Kunſt⸗ und Handwerksvereins von 
Eduard Lange + » ‘ 158 
Einige Bemerkungen über bie Kugelform der Ge 

feine und fphäaroidifche Granitblöde insbeſondere. 
Vom Herrn Stadtſchreiber Fallou in Waldheim 165 
Berhandlungen des Landwirthfhaftlichen Vereins 

zu Altenburg mitgetheilt ed defjen Secretait 
Eduard Lange 169 


Fruͤhlingsfeſt⸗Sitzung der vongolegifeien Giſel 


ſchaft zu Altenburg, den 25: April 1845 . - 181 


xxvi. 
XXVIL. 
xxvm. 


XXX. 


Eine meteorologifhe Tabelle, vom 1. Detbr. bis 
legten Dec, 1844 Vom Kanzleirath Bechſtein. 
Dermögenszuftand des Kunſt⸗ und Handwerks⸗ 
vereins und der Kunſt- und Handmwerksfchule + 195 
Der Herbftconvent der pomologifhen Geſellſchaft. 
Mittheilung vom Profeſſor Eduard Lange 196 
Ueber Sortimentsliſten für Obſtbaumſchulen 207 
Nagiäg in topographifcher, bergmännifcher und 
naturhiftorifcher Beziehung. Vom Dr. Knöpfler 216 
Vortrag über den Falco palumbarius Linn. und 


die im mittleren Deutſchland vorkommenden Raub⸗ 


voͤgel. Beim Stiftungsfefte der Naturf. Gefelifchaft 
gehalten am 9. Zuli 1845 vom Rath Zinkeifen 234 
Ueber die Milchproduction des Rindviehs. Aus 

den Verhandl. des Altenb. Landwirthfchaftl. Ver . 
eins mitgetheilt durch deſſen Secretair Ed. Lange 245 
Erklärungen zum Altenburger Stadenpflug. Bon 
Zacharias Kreffe, Gutsbeſitzer in Dobraſchuͤtz 256 


Zwei meteorologiſche Tabellen vom 1. Januar bis letzten 


Juni 1845 vom Kanzleirath Bechſtein. 


T. 
Fortgefette Verhandlungen 
des 


Kunft= und Handwerkövereind über die Errichtung einer 
Ausftellungs- und Berkaufshalle flädtifcher Gewerbs: 
erzeugniffe. 


| Mitgetheilt von deſſen Secretär 
Eduard Lange 


Die entgegenftehenden Anfichten der verfchiedenen Mit⸗ 
‚ glieder unſeres Kunft= und Handwerfövereins über den Eins 
fluß eines Verfaufsmagazind hiefiger Gewerbserzeugniffe hat 
der Teste Zahresbericht diefes Vereins (Mittheilungen aus 
dem Ofterlande, Bd. VII. ©, 174 u. 175) dargelegt, Es 
galt nun diefe zu vereinigen, oder doch nochmals zu prüs 
fen und gegen einander gehörig abzuwägen, und diefes war 
einer der Berhandlungsgegenftände für die Verſammlung 
vom Monat März 1844. 
Man hatte nun bereitö in der Sigung vom 5. Jan. 
eine fortwährende Gewerbeauöftellung in Verbindung mit 
einem Verfaufömagazin für wünfchenswerth erklärt; 1) weil 
fie, wie biöweilige Gewerbeauöftellungen, durch die Ehre 
und Anerfennung, welche tüchtigen Leiftungen zu Theil 
werde, die Gewerbtreibenden ermuntere und den Gewerbs 
fleiß fördere; 2) weil fie durch den Berfauf der ausgeftells 
VII. « 1 


14 


— 


ten Sachen die Verfertiger preiswuͤrdiger Waaren zugleich 
materiell belohne; 3) weil fie den hieſigen Gewerbtreiben- 
den Abnehmer gewinnen werde, die ſich fonft in auswärs 
tigen Magazinen verforgt haben würden und 4) weil fie 
dem Anfänger oder unbemittelten Gewerbtreibenden einen 
geeigneten Ort darbiete, feine Erzeugniffe aufzuftellen, vor 
Befhädigungen zu fihern, dem Käufer vorzuführen und 
fi) bei wirklicher Preiswuͤrdigkeit derfelben Kundfchaft zu ' 
erwerben, 

Um nun zu erfahren, ob diefe Behauptungen auch 
ftihhaltig feien, oder blos auf täufchendem Schein beruhen, 
wurden. diefelben fämmtlih nochmals einzeln durchgenom⸗ 
men und alle Anwefenden zu deren Widerlegung aufges 
fordert. Allein es erfolgten nur einzelne beiftimmende oder 
doc) durch weitre Auseinanderfegung der Sache befeitigte 
und dann zurück genommene Aeußerungen, Man ging 
daher zur Prüfung der Gründe über, weshalb. man ders 
gleichen Ausftelungen in Verbindung mit Verfaufsmagas 
zinen für nicht wuͤnſchenswerth, ja fogar für verderblich 
erklärt hatte, nämlich 1) weil fie dadurch, daß der Erzeus | 
ger und der Käufer einer Waare nicht mit einander in 
Verkehr treten, den Verfertiger leicht zu unſolider Arbeit 
verführen, welche nur durch eine glänzende Außenfeite die 
Aufmerffamfeit flüchtiger Befchauer zu erregen beftimmt feiz 
2) weil fie zu Schleuderpreifen Veranlafjung geben, indem 
die Preife der nicht abgefegten Waaren nach einiger Zeit 
berabgefegt werden müfjen, wodurch 3) die Gewerbtreiben- 
den verarmen und ihren Communen, ftatt einer Stüße, gar 
bald eine Laſt werden. 

Allen diefen Nachtheilen glaubte man durch eine 
zweckmaͤßige Einrichtung ded Verfaufsmagazind begegnen zu 
fünnen, 3. B. dem unter 1) dadurch, daß jeder Gegen- 
ftand mit dem Namen feines Verfertigers bezeichnet fein 
muß, fo daß folide Arbeit demfelben Ehre und Kundfchaft, 
fihlechte Arbeit aber Schande bringt. ine Herabfegung 
des Preifes aber von Seiten des Magazins fann 2) ebenfo 


ee 


wenig erfolgen, ald dafjelbe den Preis auch urfprünglich 
nicht beftimmen fol. Setzt aber der Verfertiger einer uns 
verfäuflichen Waare, um fie nur ins Geld zu feken, deren 
Preis felbft unter den Erzeugungswerth herab, fo wird er 
diefes auch thun, wenn er nicht die Ausficht Hat, fie mit 

ilfe der Ausftelung dem Faufluftigen Publifum vorzus 

hren; ja er wird diefen dann wohl noch tiefer herab- 
feßen muͤſſen, weil ee dann noch weniger Ausficht haben 
dürfte, dafür einen Käufer zu finden. Ueberhaupt find 
Schleuderpreife für gewerbliche Erzeugniffe Feineswegs die 
Solge vermehrter Gelegenheit, diefelben abzufegen, fondern 
vielmehr der Production unbegehrter, oder nicht preiswürs 
diger, oder den örtlichen Bedarf überfteigender Mengen 
von Waarenz ja diefelbe Arbeit wird unter fonft gleichen, 
Berhältniffen um fo beffer und theurer abgehen, je mehr 
und je beffer Gelegenheit zu ihrem Verkaufe gegeben ift. 
Es fünnen alfo die Gewerbtreibenden nicht dadurch vers 


armen und den Communen zur Laft werden, daß man 


ihnen Gelegenheit bietet, ihre Arbeiten leichtere als bisher 
abzufegen. Sie verarmen vielmehr in Folge ihrer Unge⸗ 
ſchicklichkeit, ihres Leichtfinns, ihrer Ordnungslofigfeit oder 
befonderer Ungluͤcksfaͤlle, vielleicht auch wohl, weil es ihnen 
an Abfas derjenigen Waaren fehlt, auf welche fie ihre 
Geld⸗ und Arbeitöfräfte verwendet haben, ‚ohne dann da= 
für ‚eine Entfhädigung gewinnen zu fünnen. Damit aber 
das Reste weniger häufig eintrete, dazu foll eben das 
Berfaufömagazin mitwirken, deſſen Richtvorhandenfein wohl 
einzelne Kaufluftige veranlaffen koͤnnte, fich anderwärts zu 
dverforgen, ‚oder überhaupt nichts zu kaufen. 

Was endlich die Zuläßlichfeit einer ſolchen Verkaufs⸗ 
Halle unter den beftehenden Gewerbs⸗ und Innungsver⸗ 
hältnifjen anlangt, fo glaubte man ein Umgehen der bes 
ſtehenden Innungsrechte forgfältig vermeiden, mithin bloße 
Handelöwaaren, d. h. nicht im Orte ſelbſt von einem Bes 
rechtigten verfertigte Verfaufögegenftände gänzlich ausſchließen 
zu muͤſſen. MN 

1* 


— — 


Demnach ſchien die Ueberzeugung über das Erwuͤnſchte 
einer allgemeinen Verkaufshalle ſtaͤdtiſcher Gewerbserzeug⸗ 
niſſe feſt zu ſtehen, ſofern dieſe nur die rechte Einrichtung 
erhalten wuͤrde, und man konnte nun in der Sitzung vom 
26, April dieſe Einrichtung ſelbſt etwas ausführlicher bes 
fprechen. Dazu wurden auch die Mitglieder dur Bers - 
öffentlihung folgender Fragen fihon einige Tage vorher ein- 
geladen : 

„Welche Einrichtung würde ein Ausſtellungs⸗ und 
Verfaufsmagazin hieſiger Gewerböerzeugniffe erhalten 
müffen, um 1) dem Publifum gute und wohlfeile Waa⸗ 
ten, 2) den Gewerbtreibenden Abfak und Ermunterung 
und 3) dem daffelbe unternehmenden Vereine Erfaß für | 
die daraus erwachfenden Koften zu gewähren ? 

Man ertheile — das war der Hauptinhalt der darauf 
erfolgenden Antworten — die Leitung einer befondern Ver⸗ 
eindfommiffion anerfannter fachfundiger Ehrenmänner, welche 
neben der Pflicht, fehlechte Waaren aus der Halle zuruͤck⸗ 
zuweifen und die Ordnung und den Gefchäftsbetrieb des 
die erfte Annahme und den Bade ea vom 
Vereine befoldeten Kommiffard oder Kaftelland zu Fontros 
Viren und zu beauffichtigen, auch das Recht hat, vorzlige 
liche Waaren in dem ausliegenden BVerzeichniffe der aufs 
geftellten Gegenftände noch beſonders zu empfehlen, um! 
denjenigen Kaufluftigen, welche nicht gerade Sachfenner 
find, neben dem feften, vom Berfertiger felbft zu beſtim⸗ 
menden Preife noch einen Anhalt mehr für die Güte der 
Waaren zu geben, wie ihn etwa die Prüfungsberechtigten 
in den DVerfaufsmagazinen der Herenhuter oder bei den 
Hannoverſchen Linnenleggen darbieten mögen. Ferner werde] 
jeder Gegenftand mit dem Namen feines Verfertigers be 
zeichnet und unter Angabe feines feften Preifes, von de 
auch die vierteljährlichen Lager» oder Ausftellungsgebühren 
nach Procenten zu erheben find, in einem, dem Verfertige 
zu übergebenden Ausftelungsfchein fo aufgeführt und be 
zeichnet, daß derfelbe nicht verwechfelt werden Fann, fowil 



























NA: 


denn auch feine Rüdgabe an den Verfertiger oder feine 
Aushändigung an einen mit demfelben einig gewordenen 
Käufer nur unter Berichtigung der Ausftelungsgebühren 
und unter Ruͤckgabe des Ausftelungsfcheines erfolgt, infos 
weit nicht bei kleinen Gegenftänden hierin erleichternde Ab⸗ 
fürzungen für zweckmäßig erachtet werden. - Der dad Vers 
Faufsgefchäft in der Verkaufshalle beforgende SKaftellan oder 
Kommiſſar aber würde zunächft eine fire Befoldung für 
feine Gefhäftsführung, außerdem aber auch einen Theil 
der eingehenden Ausftellungs = und Berfaufögebühren er⸗ 
halten, um feine Thätigfeit anzufpornen und zu belohnen, 
damit er theild geeignete Gewerbtreibende zur Anfertigung 
von Gegenftänden ermuntere, nad) denen gefragt wird, oder 
die ihm fonft zweckmaͤßig und erwünfcht erfcheinen, theils 
ſich bemühe, die Aufmerffamfeit der Befucher für die vors 
bandenen Waaren zu gewinnen. Auch würde es ſehr 
wünfchenswerth fein, wenn fich dur) öffentliche Unters 
ftüßung oder fonft die Mittel gewinnen ließen, um einen 
Theil des von der Ausftelungsfommiffion anerfannten Kaufz 
werthed guter Ausftelungsgegenftände ihren Berfertigern 
vorfchußweife gegen mäßige Zinfen auszuzahlen und ihnen, 
durch diefes Pfand ficher geftellt, fo neue Mittel zur Forts 
feßung ihrer Arbeiten zu gewähren, ohne fie doc) gezwun⸗ 
gen zu ſehen, ihre bisherigen tüchtigen Arbeiten, ſelbſt uns 
ter dem Preife loszuſchlagen. 


Indem wie nun diefe flüchtigen Sdeen und Umeiffe 

dem Befchluffe des Vereins gemäß hiermit veröffentlichen, 
fordern wir feine Mitglieder und Freunde zu deren weite 
ter Prüfung auf, Namentlich würden wir eine Kritif ders 
felben von Solchen ſehr gern fehen, die über dergleichen 
Ausſtellungs⸗ und Verfaufsmagazine, wie etwa in Mainz 
oder in Aachen bereits Erfahrung gemacht haben, wenn 
auch) bei den dortigen Innungsverhältniffen manche Ber 


he 


ſchraͤnkung überflüffig und unzweckmaͤßig erfeheinen mag, 
welche und die hiefigen Verhältniffe gebieten. 

Darum folk audy die Frage jest einftweilen ruhen, 
nicht im Grabe der Vergeffenheit, fondern nur in ftiller 
Zurüdgezogenheit vom unruhigen Treiben ded Tages, um 
fpäter wieder in größerer Reife und Kraft and Licht zu 
treten, 


11. 


Zur Rettung begrabener Scheintodter 


find dem Kunft= und Handwerksverein von feinem Mit: 

gliede, Herrn Mechanikus Heyner, in nachftehendem 

Schreiben folgende auch ohne das Modell verfländliche 
Vorfchläge zugegangen : 


„Bor einigen Jahren Fam beim Landtage im Königs 
reihe Sachſen ein Gegenftand zur Sprache, der für die 
gefammte Menfchheit von unendliher Wichtigfeit iftz er 
betraf namlich) die Befhwichtigung der jedem gefühlvollen 
Menfchen nahe Tiegenden Sorge, fiheintodt begraben zu 
werden, und im Grabe wieder zu erwachen. Zu dem 
Ende wurde die Erbauung von Leichenhäufern beſchloſſen, 
die auch wirklich an verfchiedenen Orten angelegt worden 
find, Da aber eine fofortige Ausführung diefes Vorſchlags 
wegen Mangels an Geldmitteln nicht erzielt werden Tonnte, 
fo wurde einftweiten die Zodtenſchau angeordnet, die von 
einem Arzte oder von einer andern hierzu verpflichteten 
Perſon beſorgt werden muß. 





Pr 


Der Zweck diefer Beranftaltungen ift ein vortrefflicher, 
aber ſchwerlich dürfte er in vorfommenden Fällen durd) 
diefe Mittel immer erreicht werden Fünnen., In dem ges 
wöhnlich Falten, oft wohl dumpfigen Gemäuer eines Leichen⸗ 
hauſes wird der Scheintodte leicht noch mehr erftarren, da 
bingegen in der Erde der fiheinbar erftarrte Körper ſchon 
nad) einigen Stunden wieder warm und weich wird; und 
was die Todtenfehau anbetrifft, fo ift diefe, nach meiner 
darüber gewonnenen Ueberzeugung, noch weniger geeignet, 
den Zwei zu erreichen; denn wie diefelbe, namentlich auf 
dem Lande, betrieben wird, und bei dem Mangel an dazu 
geeigneten Perfonen betrieben werden. Fann, darüber hat 
man bereitd Erfahrungen gemacht, die, wäre nicht der Ges 
genftand fo ernfter Art, der Lachluft Stoff genug darbieten 
koͤnnten. 

Nachdem ich nun über dieſen Gegenſtand mic) oft 
mit erfahrenen Aerzten unterhalten und von diefen belehrt 
worden war, daß dad Miedererwachen eines Scheintodten 
am leichteften, auch wohl am bäufigften, nur in der wars 
men Erde erfolge, Fam ich auf die Idee, eine leicht anzus 
beingende, nicht Foftfpielige Vorrichtung an den Saͤrgen 

ſolcher Perfonen anzubringen, deren plößlicher, oder durd) 
beſondere Umſtaͤnde Herbeigeführter Tod ein Wiedererwachen 
im Grabe befürchten laſſe. Ich reichte daher zw jener 
Beit bei den Königl. Saͤchſ. Landtagsahgeordneten ein Mo: 
dell zu einer ſolchen Vorrichtung ein, welches in Der zweis 
ten Sammer 23 gegen 3 Stimmen für feine Zweckmaͤßig⸗ 
Feit erhielt; doch war der Beſchluß zur Einführung von 
Leichenhaͤuſern bereitö gefaßt und der deshalb erlaſſene Ges 
fesvorfchlag genehmigt; es ward mir diefes daher, unter 
ehrenvoller Anerkennung der Zweckmaͤßigkeit meiner Erfin— 
dung zu erfennen gegeben und bedauert, daß es zu ſpaͤt fei. 
Da nun in dem Herzoglich Sächfifhen Lande, deflen 
AUnterthan zu fein ich nun die Ehre habe, dieſer wichtige 
Gegenftand, fo vie! mir. befannt, noch nicht zur Öffentlichen 
Beratdung gekommen iftz fo erfaube ich mie, wit einem 


x. se 
aͤhnlichen Model hervor zu treten, und daffelbe dem vers 
ehrlichen Kunfts und Handwerksvereine und refp. ſolchen 
Männern, Die einflußreich darin zu wirken vermögen, zu 
weiterer, geneigter Prüfung zu übergeben, mit der Bitte; 
fih der Mitwirfung zur Einführung zu unterziehen. 

Ich würde mich fihon ſehr belohnt fühlen, wenn nur 
einige Verfuche damit angeftellt würden, wobei ich felöft 
. die Leitung zu übernehmen mic) erbiete, 

Die Befchaffenheit diefer Vorrichtung ift folgende ; 

Bei Anfertigung eines Sarges muß es gefeßlich wers 
den, und jeder Tifchler muß verbunden fein, bei bedenf- 
lichen Leichen dem Sarge oben in der Dede, wo daß 
Haupt liegt, eine runde Oeffnung von 3 Zoll Durchmefjer 
zu fihneiden und dieſe Oeffnung mit einer vom Flafchner 
gefertigten blechernen Dille zu verfehen, fo, daß diefe Dille 
3 Sol über die Oeffnung empor geht. Der Todtengräber 
muß im Befise einiger Rohre fein, länger und kuͤrzer, je 
nachdem das Grab tief ift; diefe Rohre haben am untern 
Theile, eines wie das andere, einerlei Maaß, ſo daß jedes 
derſelben auf die vom Tiſchler aufgeſchraubte Dille paßt. 
Iſt die Leiche nun ins Grab geſenkt, ſo ſteckt der Todten⸗ 
graͤber ein ſolches Rohr feſt auf die mehrerwaͤhnte Blech— 
dille und füllt alddann das Grab mit Erde zu. Iſt dies 
ſes geſchehen, fo laͤßt er behutfam einen leichten Stab, | 
welcher auch nach Befinden mit einem Schwamm, der mit 
etwas Wohlriechendem angefeuchtet ift, verfehen fein kann, 
in das Rohr hinabgleiten, fo daß der Stab jedesmal der 
Leiche auf die Stirn, oder auf einen andern Theil des 
Gefihts zu ſtehen fommt, Diefer Bifirftab ift oben in 
numerirte Grade getheilt. Stehet der Stab feft, fo | 
wird die Gradzahl, welhe dem obern Ende des Rohrs 
gleichftehet, genau gemerkt, was wohl von den: Hinters | 
laffenen fel6ft mit beobachtet werden fann, und dad Grab 
wird in diefer Stellung alddann verlaffen. In den erften. 
Tagen ift der Todtengräber verpflichtet, alle Stunden das | 
Grab zu beſuchen; hat fih nun der Stab mit den bes 










| 
| 





A 


merften Nummern verändert, oder ift er wohl ganz nieder⸗ 
gefallen, fo ift etwas mit der Leiche vorgefallen, und die⸗ 
felbe hat fich gewendet; hier fann nun dem Begrabenen zuge⸗ 
rufen werden, und ift derfelbe ind Leben zuruͤckgekehrt, fo 
erhält er die erforderliche Luft zum Athmen, und der 
Todtengräber öffnet ganz behutfam das Grab wieder. Zeigt 
fi) hingegen feine Spur des Erwachens, fo ziehet nad) 
2 mal 24 Stunden der Todtengräber das Rohr heraus. 
und fült das Fleine Loch mit Erde zu.“ 


Zur weitern Berathung diefed "Gegenftandes wurde 
vom Kunft- und Handwerföverein eine befondere Coma 
miffion ernannt, welche in ihrem mündlich erftatteten Gut— 
achten nicht allein die ehrenwerthe Abficht des Herrn Eins 
ſenders, fondern auch die Zweckmaͤßigkeit feiner Erfindung 
im Vergleich mit den ihr befannt gewordenen ähnlichen Appa⸗ 
taten dankbar anerkannte, dennoch aber die Errichtung von Leis 
chenhaͤuſern dadurch nicht für überflüffig gemacht erachtete, 
Denn wenn auc duch das Auffesen eines hinreichend lan⸗ 
gen hohlen Glaschlindersd oben auf das Blechrohr dafür 
geſorgt werden Fünne, daß der aus diefem bervorragende 
Zollſtab fo weit von äußeren Einflüffen abgefchloffen werde, 
um nicht durch) den Wind oder einen fich darauf feßenden Vo⸗ 
gel fich verfchieben und durch das Abgleiten feines untern 
Endes vom Kopfe der Leiche tiefer hinabſinken zu koͤnnen, 
fo koͤnne doch auch durch das Zufammenfinfen des Strohes 
unten im Sarge oder durch das Herausgehen der Citrone, 
welche man unter das Sinn derfelben nicht felten unter» 
fhiebe, eine Veränderung an dem Gradftabe erzeugt wers 
den, und dann würde felbft das Ausgraben der Leiche 
kaum hinreichen, alle Beunruhigung der hinterlaffenen Ans 
gehörigen zu befeitigen. So fehr daher auch die Com⸗ 
‚miffion die Anwendung diefes Apparated in den von dem 
Heren Erfinder angedeuteten befondern Fallen, fo lange 
nicht ein Leichenhaus eriftire, wuͤnſche und befürworte, fo 
glaube fie doch auch) die von demfelben angedeuteten Grenzen 


a A) 


einhalten und von einer allgemeinen und gezwungenen Ans 
wendung des Apparates abrathen zu müflen, zumal da 
die Ruhe der Hinterlaffenen, denen es ohnehin‘ fchon oft 
fo ſchwer werde, fih an den Gedanken, daß ein theurer 
Verftorbener wirftih nicht mehr Iche, zu gewöhnen, die 
ſchonendſte Beruͤckſichtigung erheifche. Ueberhaupt, fügten 
nun auch Andere hinzu, hat es gewiß etwas Stoͤrendes und 
Unnatuͤrliches, Jemanden zu begraben, ohne die vollſtaͤn⸗ 
dige Ueberzeugung ſeines wirklich erfolgten Todes, und 
wenn den Lebenden bei jeder Leiche durch einen derartigen 
Rettungsapparat der Gedanke an die Moͤglichkeit des Les 
bendigbegrabenwerdens gewiſſermaßen aufgedrungen wird, 
ſo iſt dieſes gewiß fuͤr die Wenigſten derſelben ein Be⸗ 
ruhigungsmittel. Auch von den Leichenhaͤuſern ſoll man 
nach einer Mittheilung des Herrn Vicedirectors da und dort 
und namentlich in Baiern wieder etwas zuruͤck gekommen 
ſein, vielleicht in Folge der in dem Heynerſchen Schreiben 
angedeuteten Temperatureinfluͤſſe, und vielfach halte man 
daher jetzt mit dem Medicinalrath Dr. Greiner in Eiſen⸗ 
berg den Ausſpruch verpflichteter Todtenbeſchauer für vols 
fommen fichernd, zumal da die Zeichen des wirklich erfolge 
ten Todes fo leicht zu erfennen feien, daß feldft eine ges 
wöhnliche Leichenfrau auf dem platten Lande fie recht gut 
beurtheifen koͤnne. Das fei, au) der Grund, weshalb 
neuerdings die Errichtung von Leichenhäufern bei uns nicht 
‚mehr fo dringend betrieben werde, wie vor einigen Jahren. 


Indem wir nun, dem Wunſche des Kunſt- und 
Handwerfövereind gemäß die Heynerſchen Vorfchläge mit 
den darüber gemachten Bemerkungen hiermit veröffentlichen, 
fordern wir auch das übrige Publifum zu deren weiterer, 
forgfältigere Beachtung angelegentlich auf, 








‘ m. 
Geologiſche Probleme. 


Vom 


Stadtſchreiber Fr. Alb. Fallou in Waldheim. 


3. Das kleine Geroͤlle, beſonders Kies und Sand, 


Verweilen wir noch einige Zeit bei der Betrachtung 
derjenigen väthfelhaften Erſcheinungen unſerer Erdoberfläche, 
deren Grund wir zunächft in der Einwirfung der Gewaͤſſer 
zu fuchen und gedrungen fühlen, und wenden wir uns 
daher von den Trümmern, welche vorgefchichtliche Sturm⸗ 
fluthen aus dem feften Gefüge der Erde herausgeriffen und 
über einen Theil unferes Feftlandes verfchlagen haben, zu 


den Eleineren und Fleinften, den Kiez und Sandgeröllen, 


die ſich und nicht weniger ald unverwerfliche Zeugen der 
früheren Weltherrſchaft Neptuns über die ganze Erde zu 
erfennen geben! 

Während fih jene großen Gefchiebe, die fogenannten 
nordifchen Bloͤcke, über die Oberfläche der niederen Küftens 
länder und Sandebenen an der Nord⸗ und Oſtſee zer» 
freut, frei und offen Jedermanns Anficht darftellen, auch 
dem Ungelehrten ihrer Größe und einfamen Lage halber ald 
etwas Seltſames vorfommen und Gelegenheit zum Nach⸗ 
denfen geben, wird das Fleine Gefchiebe unferem Anblicke 
meift auf weite Strecken entzogen. Nur der Sand der 
Dünen und der Wüften zeigt ſich dem Menfchen in feiner 


= — 


ganzen Blöße und Nacktheit, mit feiner fehauerlichen Dede 
und Stile, wie eine Leichengeftalt in trüber Mondfcheins 
nacht. Aber wer ahnet unter. den meilenlang wogenden 
Saaten und lahenden Blumenauen unferes fruchtbaren 
Hügelgeländes den Flugfand der Wüften und jenes todte, 
weißgebleichte Kiesgeroͤll, auf welchem auch das genügfamfte 
Moos Feine Nahrung finden würde, wäre es nicht von 
einer fetten Erdfhicht und gutem Aderlande hinreichend bez 
det? Erſt der Zufall, eine Ueberſchwemmung, ein Stra⸗ 
Genbau, eine Zorfgräberei u. ſ. w. führt und zu diefer 
Entdefung. Sie ift aber für und nicht weniger als 
überrafchend, die Milionen diefer Fleinen Siefel haben weis 
ter nichts Auffaͤlliges, eben weil fie Flein find; wären fie 
haushoch, würde Alles ftaunen. Daher ift man auch mit 
ihrer Erflärung Teicht fertig, man läßt fi) auf eine weit 
läufige Erörterung gar nicht ein, fondern meint, wie fi 
von felbft verftehe, feyen dieſe Kiefel weiter nichts, als 
zerfleintes Getruͤmmer zerftörter Felfen, welches vom Waſſer 
aus den nächften Gebirgen herabgeſchwemmt worden und 
auf diefe Weife zugleich feine gegenwärtige Geftalt und 
Lagerftätte erhalten habe, Das ift jedoch leichter gefagt, 
als erwiefen; denn bei der ſcheinbaren Nuslofigfeit -diefer 
gemeinen und in fo großer Menge überall vorhandenen 
Kiefel nimmt man ſich nicht die Mühe, über ihre Entſte— 
bung nachzudenfen, fondern beruhigt fich bei der hertſchen⸗ 
den oberflaͤchlichen Anſicht von der Sache. 


Gleichwohl iſt dieſes Geroͤlle, wie es auch mit den 
großen nordiſchen Bloͤcken der Fall, gar nicht ſo uͤberfluͤſſig 
und für die menſchliche Geſellſchaft keinesweges fo unwich— 
tig und werthlos, als es ſcheint. Nicht nur, daß es uns 
zum Haus- und Straßenbau, wie zur Glasfabrication und 
vielen anderen technifchen Arbeiten unentbehrlih, fo ift es 
au), wenn es ald Mittelglied zwifchen dem feften Geftein 
und der Adferfrume des aufgefchwernmten Landes in gehös | 
riger Tiefe ſich abgelagert Hat, in Bezug auf die Durch— 





laͤſſigkeit des letztern vom wohlthätigften Einfluß auf die 
Ertragsfaͤhigkeit deffelben und die Vegetation, 


Es bleibt alfo, ob auch Taufende gleichgültig daruͤber 
hingehen mögen, unferer Beachtung nicht minder werth, als 
. ein feltener Stein, und fowie dem Naturforfcher überhaupt 
Nichts zu gering ift, was nicht feine Aufmerffamfeit vers 
dienen möchte, fo ift auch dieſes Geröle namentlich dem 
Geologen infofern bedeutungsvoll, ald feine Beftandtheile, 
Erſtreckung und Berbreitung ihm einen Winf geben koͤnnen 
über die Nichfung und Gewalt der Fluthen, welche fie 
auf ihre jetzige Lagerftätte geführt Haben, mithin zur Aufs 
hellung der Gefchichte unferes Planeten und feiner Ver⸗ 
wandlungen beitragen. 

Es fei daher vergönnt, hinfichtlich diefer bisher fo uns 
beachtet gebliebenen Sand- und Siedgerölle die Frage 
über ihre Abfunft und über die Entftehung ihrer Abs 
lagerungen zu erörtern, womit wir uns zugleich eine bes 
ſtimmtere Anficht darüber verfchaffen, unter welche der neues 
ten Gebirgöformationen folhe zu claffificiren feien, eine 
Frage, worüber die Spftematifer noch Feinesweges im Reis 
nen find, 

Wuas nun zuvörderft dad Vorkommen diefer Gerölfe 
betrifft, fo fehen wir fie im Allgemeinen in mehr oder 
minder großer Verbreitung und Maächtigfeit über die ganze 
Erde audgeftreut, doch vorzugsweife mehr in den. Ebenen 
und in flachem Hügellande, an den Meereöfüften, am Ges 
ftade großer Landfeen und an den Ausmündungen der 
Ströme ind Meer, wo fie die fogenannten Deltad bilden ; 
weniger auf Hochebenen, noch weniger auf fteilen Hochge⸗ 

birgen, oder in engen Schluchten und Felsthälern. 


Schon hieraus follte man ſchließen koͤnnen, die Abs 

lagerungen der Gerölle feien die Wirfung noch gegenwärtig 
thatiger Naturfräfte, (Aluvium). Doch vom eigentlichen 
Kiesgeroͤlle laͤßt fi) dies nicht als Regel behaupten. Selbſt 
im flachen Lande zeigt ſich Hinfichtlich diefes Geroͤlles große 


Verſchiedenheit. Wo man cd zu vermuthen berechtigt 
wäre, wird es oft gänzlich vermißt. 

Lafien wir die ungeheueren Maffen beweglichen glüs 
benden Sandes, womit die africanifhen und afiatifchen 
Wuͤſten bedeckt find, vorjegt ganz außer Betracht, durd- 
ftreifen wir nur einen Theil unferes nördlichen Deutfch- 
lands, ja nur die kurze Strecke vom fächf. Erzgebirge 
abwärts bis an die Ufer der Spree und Havel, fo bes 
merfen wie im aufgefhwernmten Lande fihon einen aufs 
fallenden Unterfchied fowohl im wefentlihen Beſtand, als 
in der Erſtreckung und Mächtigfeit der Geroͤllſchicht. 

Wahrend z. B. nicht blos die Thalgruͤnde, fondern 
auch die flachen Höhen zwifchen der Zſchopau und Strins 
gis, fowie zwiſchen der Zfchopau und Zwickauer Mulde 
eigentliche Sands und Kieögeröll in zufammenhängenden 
Lagern gar nicht aufzuweifen haben, verbreitet ſich daſſelbe 
faft ununterbrochen theil über Tage, theild von Ackerland 
überdeckt, über den ganzen Landftrih, welcher ſich, oͤſtlich 
und twefttich von der Zwickauer Mulde und Pleiße ber 


grenzt, in der Breite von Wechſelburg bis Altenburg herab⸗ 


zieht bis in die Gegend von Eilenburg, und jenes anmu⸗ 
thige, fruchtbare Hügelland umfaßt, welches fich zugleich 
mit jenen beiden Flüffen ald die legte Terraffe der erzge⸗ 
birgifhen Hochebenen unmerflih in die Niederungen der 
Elbe verläuft, 

° Zwar erheben fich bereit® am fanften Gehänge des 
rechten Muldenufers, wie bei Wechfelburg, Rochlitz und 
Coldiß, eine Menge Hügel, nichtd anderes, als hohe, zu> 
fammengefhwenmte Sieshaufen von mehr ald 20° Mächs 


tigfeitz zwar findet fi) noch weiter oberhalb MWechfelburg, 
auf den Höhen zwifchen der Mulde und Chemnig, bei 


Wiederau, Claußnitz, Görishain und Burfersdorf eine feichte 


Kiedablagerung von zufammenhängender Ausdehnungs fie F 
überfteigt aber nirgends die Waſſerſcheide der Sfchopau 


und verfihwindet almählig am Nande der weſtlichen Ab⸗ 


dahung. Selbft in der Nähe der Braunfohlengeuben von 


% 
hl 





— — 


Oberfrankenau, Altmitweida und Ottendorf iſt nur eine 
ſchwache Schicht dieſes Geroͤlles bemerkbar, und in den 
flachen Thalgruͤnden dieſer Gegend liegt daſſelbe bisweilen 
unmittelbar unter der Raſendecke. Oft zeigt ſich das feſte 
Geſtein ſchon bei einer Tiefe von 2“. Auf der oͤſtlichen 
Abdachung des Zſchopaugebietes aber iſt ein Quarzkieſel 
in der Ackerkrume der Felder eine Seltenheit, und eben ſo 
verhaͤlt es ſich mit dem ganzen Plateau zwiſchen der Zſcho⸗ 
pau und Stringis, obwohl die Waſſerſcheide, der Höhens 
zug von Oberroffau nad) Reichenbach fehr hoch mit Fluths 
land uͤberſchwemmt ift. Der Untergrund deffelben enthält 
nur Getrümmer des unmittelbar unter ihm lagernden Grunde 
gebirgs. 


Außerdem ſieht man Kiesgeroͤlle in größerer Menge 
nur über einzelnen Granitpartieen in der Nähe von Wald 
beim, wo es diefe Gebirgsart ſchon durch die in der Aders 
frume zerftreuten weißen Quarzkieſel anfündigt. 


Kurz der größte Theil des Granulit=s und Schiefers 
gebirgs zwifchen der Zſchopau, Stringis und Freiberger 
Mulde ift von einer Anſchwemmung diefer Gerölle freis 

. geblieben, 


Auch in den üppigen Sluren jenfeit der Pleiße bis 
an die Ufer der Saale find fie in offen zu Tage gehen- 
den Lagern nur felten zu entdecken; doch find fie hier zu 

hoch von fruchtbarer Dammerde bedeeft, und erſt in der 

| Marf Brandenburg zeigen fie fih, zum feinften Sande 
zermalmt, wieder in ihrer traurigen Nacktheit als die eher 
maligen Dünen des nördlichen Oceans. 


| So durchſchneiden wie von der mittelften Teraffe des 
| Engebirgs, dem Plateau zwiſchen der Stringis und Zſcho⸗ 
pau im mordweftlicher Richtung bis in die Niederungen 
zwiſchen der Elbe, Spree und Havel, auf einer Längens 
ausdehnung von 25 — 30 Meilen: folgende Niederfchläge 


LU XXXX& 


der Diluvialformation, als: 


1) einen Niederfchlag von fehwerem, thonigem Lehm 
30— 40° hoch, frei von Kieögeröl, zwifchen der Strin⸗ 
gis und Zſchopau. Mittlere Meereshöhe 800°, 

2) Einen feihten, durchſchnittlich nur 3* mächtigen 
Niederfhlag von thonigem, doch etwas milderem Lehm, 
ohne Kieögeröl von der Zfchopau bis zu dem flachen Berg- 
rücken, welcher das Flußgebiet der Zfchopau und BANN 
Mulde feheidet, Mittlere Höhe 800. 

3) Einen Riederfchlag von leichterem, fandigem Lehm 
und 3— 6° durchſchnittlicher Mächtigfeit, unter welchem 
der Kies erft in der Nähe der Mulde zu Tage tritt, von 
der Waſſerſcheide bis and rechte Ufer derfelben. Mittlere 
Höhe 6004, 

4): Einen Niederſchlag von anfänglich mehr Ichmigem, 
weiterhin mehr fandigem Aderboden, von abwechfelnder 
Maächtigfeit, Häufig mit Kied gemengt, der nun faft ohne 
Unterbrechung die Unterlage bildet und nicht felten an der 
Oberfläche entblößt zum Vorfchein Fommt, von der Zwickauer 
Mulde bis an die Pleiße. Mittlere Höhe 400°, 

5) Einen Niederfchlag von fandigem, humusreichem 
Lehm, übergehend in ſchwarzen Marfchboden, der das 
Kiesgeroͤll hoch überdeckt, zwifchen der Pleiße, Mulde und 
Saale. Mittlere Höhe 300°, 

Bon bier nordöftlich gewendet: 

6) Einen Niederfhlag von lockerem, todtem Sand, 
theilweife noch gebunden dur) humusreichen Thon und 
Lehm, meift aber ohne alles Bindemittel, zwifchen der 
Elbe, Spree und Havel. Mittlere Höhe 150°, *) 

Diefe verfehiedenartigen Fluthniederfchläge haben zwar 
durchgängig grobes Geröl und Gefchiebe” zur Unterlage; 
das eigentliche Kiesgeroͤll beginnt jedoch, wie gedacht, erft 
am rechten Muldengehänge und bleibt nun von hier aus 
nordweftlih auf der ganzen, nach der Pleiße zu wellens 


*) Doch erhebt fich der Brauhausberg bei Potsdam 180° über 
den Spiegel der Havel. 


cccc 


— — — 


- 1 — * 


foͤrmig abfallenden Flaͤche der vorherrſchende Untergrund 
des tragbaren Ackerbodens. Es gibt ſich hier an unzaͤhli⸗ 
gen Stellen zu erkennen. Theils taucht es in ſogenann⸗ 
ten duͤrren Horſten bis zur Oberflaͤche herauf, wo es ſich 


ſchon durch duͤrftigen Gras- und Hochwuchs verraͤth, theils 


liegt es in einer Menge gangbarer Kiesgruben entbloͤßt 
vor Augen, bis es ſich endlich jenſeit der Pleiße unter 
einer immer maͤchtiger werdenden Schicht fruchtbarer Damm⸗ 
erde verliert und der Beobachtung gaͤnzlich entzieht. 

Fragen wir nun: woher kommen die ungeheueren 
Haufen dieſes todten, aller Kultur — Kiesgeroͤlles? 
fo erhalten wir den kurzen Beſcheid: fie famen.aus dem 
Gebirge. Es find Trümmer zerftörter Felſen, welche die 
legte allgemeine Weltfluth bei ihrem plöslihen Rücktritt 
aus höheren Gebirgsthälern herabführte und über die ganze 
Erde, mithin auch über die ganze norddeutfche Ebene vers 
breitete und ablagerte; was aber das Geröl der Flußs 
thäler inöbefondere betrifft, fo wurde daffelbe zum Theil 
auch von den Quellen und Zuflüffen der Ströme mit 
berabgefpült und ge; und nach an den Ufern anges 
fhwemmt. | 

Dies ift zur Zeit die herrfchende Anficht über diefen 
Gegenftand, worüber man ‘genauere Erörterung anzuftellen 
der Mühe nicht werth hält; und allerdings, wenn man 
blos die Art und Weife der Ablagerung berückfichtigt, ift 
Nichts dagegen zu fagen. Denn e8 zeigt fich diefelbe als 
eine fucceffive Aufihwemmung. In jedem Kieölager von 
einiger Mächtigfeit fehen wir mehre horizontale Lagen ſchich— 
tenweife übereinander, in welchen grobes und kleines Kies⸗ 
geröll theils mit fich ſelbſt, theils mit fihwachen Lagen 
feinen Triebfandes abwechſelt, an den Grenzlinien hin und 


wieder durch Eifenoryd ſchwarz oder braun gefärbt. Go 


feigt die ganze Maffe, offenbar durd) den Wellenſchlag 
nad) und nad) angefchwemmt, oder vielmehr periodiſch 
miedergefchlagen, aufwärts, bis fie allmählig in die thonige, 
ia efeinglich fihlammige Dammerde übergeht. 

I. 2 


> IB - 


Bevor wir und aber bei diefer gewöhnlichen Anficht 
von der Sache beruhigen, wollen wir den Beftand diefes 
Gerölles genauer unterfuchen und mit der Feldart der Ges 
birge, von welcher fie abftammen follen, vergleichen. 


Der Mehrzahl nad) beftehen diefe loſen Truͤmmer⸗ 
gefteine aus einem weißen oder grauen, dichten, fplittrigen 
Quarz in fugelfürmig abgerundeten Stücfen von der Größe 
eines Tauben= oder Hühnereied, mit größeren und Fleines 
ven Stücfen derfelben Subftanz reichlich gemengt, Unter 
diefen Rollſtuͤcken finden fi) zwar auch Kiefelfchiefer, Gra⸗ 
nit, Grünftein und mehr in flachrunder Form auch Gneus⸗ 
und Glimmerfchieferfragmente, fowie bisweilen Chalzedon, 
Hoenftein, Eifenfiefel und Bergfeyftall; fie kommen aber 
bei der weit überwiegenden Menge jener gewöhnlichen 
Duarzfiefel nicht in Betracht, ald welche immer den 
Hauptbeftandtheil der fraglichen Gerölffehicht abgeben. 

Diefe jedoch nur zu einer Höhe von 2° angenommen 
und jenen Landftrich zwifchen der Mulde und Pleiße, wo 
fie in faft ununterbrochener Verbreitung den Untergrund 
oder die Ackerſohle conftituirt, nur zu 15 Quadratmeilen 


gerechnet, würde eine Maffe ausmachen, welche nicht wes 


niger, als 
15,652,708,920 Eubiffuß 


enthält, ein Schutthaufen, womit man einen Wall von 


500° Höhe und Breite von Leipzig bis Wurzen aufwerfen - 


koͤnnte; und gleihwohl kann man diefe Gerdlfchicht unbes 


denflich zu 5° mittlere Mächtigfeit veranfchlagen, da fie an | 


vielen Stellen bei 20° Tiefe noch nicht bis zur Sohle 
durchfunfen ift. 
h Diefe fo beträchtlihe Mafje von Quarz fol nun 
ald zertrümmertes Geftein aus dem Erzgebirge und Voigt⸗ 
ande hberabgeflößt worden. fein. Denn das waren die 
nächften Gebirge, und binfichtlic der im Pleißen- und 
Muldenthale aufgefhwenmten Alluvialgefehiebe möchte ſich 
faum daran zweifeln laffen; wo ſollten fie fonft her fein? 





| 





= mw uw 


Um und aber davon zu überzeugen, wollen wir erft 
nachfehen, ob jene Gebirge wirklich) foviel Quarzſubſtanz, 
fei e8 in Lagern, Stöden oder Gängen, nachweifen, als 
nöthig war, um davon wieder foviel abzugeben, wie fich 
dermalen in den vorhandenen Kiedablagerungen erwähnten 
Diſtriets zertruͤmmert noch vorfindet, das, was hiervon 
in entferntere Gegenden geführt worden, gar nicht in Ans 


ſchlag gebracht. 


Ganz weggefhwenmt find jene urfprünglihen Quarz⸗ 
gefteine, wenn es dergleichen gegeben, gewiß ‚nit. Das 
große Waſſer der Sündfluth fol zwar über die höchften 
Berge binmweggegangen fein, es mag auch bier und da 
Bieled mit fortgefpült haben, dad Innere aber ift unvers 
fehet geblieben, und fo muß man auch jest noch fehen 
fünnen, woraus diefes innere damals beftanden. Es hat 


ſich darin Nichts geändert. 


Suchen wir alfo vorerft den Quarz! Aber das 
ganze Gebirgsland, wo wir ihn fuchen, zeigt und blos 
Granit, Gneus, Thon», Glimmer- und Kiefelfchiefer, auch 
Granulit, Porphyr, Grauwacke und Rothliegendes. In 
allen dieſen Gebirgen, zumal im Schiefer, finden ſich auch 
viele ſchmale Gaͤnge, Adern, Neſter und Bruchſtuͤcke von 
demſelben Quarz, wie er ſich in unſerem Kiesgeroͤll dar⸗ 
ſtellt; aber von einer ganzen Gebirgsmaſſe dieſes Minerals 
iſt nirgends Etwas zu ſehen. 


Zwar gibt es in der Gegend von Freiberg, Oederan 
und Zſchopau mehrere kleine ſtockfoͤrmige Parthieen von 
Quarz, ſie ſind aber theils an Umfang und Maͤchtigkeit 
viel zu unbedeutend, als daß fie vermoͤgend geweſen wäs 


ren, das Material zu dem ungeheueren Geröllfchutt zu 


liefern, wie er fich über die Ebenen von Altenburg, Leips 
zig u. ſ. w. auögebreitet hat, theild zeigt aud) Gefüge, 
Bruch und Beftand der Maffe, die fi mehr ald Quarzs 
ſchiefer charalteriſirt, die deutlichfte Verfchiedenheit. 

2* 


= MW = 


Daraus folgt, daß unfer Kieögeröll nicht von diefen 
Quarzſtoͤcken und Gängen, noch überhaupt aus dem Erz⸗ 
gebirge, oder Voigtlande abſtammen koͤnne. 

Es ſteht ferner dieſer Annahme der Umſtand entgegen, 
daß ſich das Quarzgetruͤmmer, als ein ſo feſtes und har⸗ 
tes Mineral, in der kurzen Zeit und auf der kurzen Strecke, 
die es von jenen Gebirgshoͤhen in die Thaͤler und Ebenen 
zwiſchen der Pleiße und Mulde zu durchwandern hatte, 
nicht zur Kugelform abrunden konnte. Dazu gehört eine 
heftige Friction unter ftarfem gegenfeitigen Drude, 

Es wäre mithin voraudzufegen, dad Quarzgetruͤmmer 
babe fi) in berghohen Maffen und in enge Felsfchluchten 
sufammengedrängt, ald ein dicker Schlammftrom herabge- 
wälzt, auf diefe Weife fich in kurzer Zeit abgefchliffen und 
dann über die tieferen Abhänge des Erzgebirgs bis in die 
Ebene von Leipzig -und weiterhin ausgebreitet. Dann ent» | 
fteht aber (felbft die Eriftenz großer Quarzlager im Erz⸗ 
gebirge zugegeben) wieder die-Frage: wie fommt ed, daß 
der größte Theil des Granulit- und des ihm angehörigen 
Schiefergebirges, und gerade der tiefere Theil defjelben, das 
von frei geblieben? Das Thal der Zichopau, welche eben 
diefen tieferen Theil durchfchneider und an ihrer Mündung 
in die Freiberger Mulde über 1000° unter dem hoͤchſten 
Puncte diefed Gebirges liegt, hat nur wenige Kiesbänfe, 
und ihe Bett ift meift mit groben Geſchieben der anftes 
benden Felfen erfüllt. Wollte man auch einräumen, das | 
Geröl habe in den engen felfigen Thalgründen der Zſcho— 
pau und Striegis nicht haften Ffünnen, es fei von der 
- reißenden Strömung mit fortgeführt worden, fo wäre doc) 
der flache Bergruͤcken zwifchen biefen Slüffen fein Hinders 
niß geweſen. Hier iſt aber, wie gedacht, noch viel wenis 
ger ein Kiefel zu bemerfen, gleihwie man auf der ents! 
gegengefegten Seite am der nordweftlihen Abdachung des 
Schiefers vergeblih danad) fuchen wird. Nur in den 
flachen Hochthaͤlern bei Erlau, Franfenau und Altmitt⸗ 
weida und an den oben aufgeführten Punkten des Gra 


























| 


- An 


nulitgebietes zeigen fich ſchwache Lagen eines eifenfhüffigen 
Kiesgeroͤlles. 

Eine fo ungleiche Vertheilung dieſes Geroͤlles auf 
einem der angeblichen Heimath defjelben fo nahen und dem 
Niveau nach zugleich tiefer gelegenen Landftriche laßt fich 
mit einer allgemeinen Ueberfluthung nicht reimen. 

Sonad) iſt zwar fein Zweifel, daß die Geröflablas 
gerungen des erwähnten Diftrictd aufgefhwemmt feyen, 
weil dies der Augenfchein und die Fremdartigfeit ihrer 
Subftanz zu deutlich beweiſt; allein fie müffen wo anders 
herftammen, ald aus den nahen Gebirgen, auch zum Theil 
ihre Geftalt auf andere Weife, als durch bloßes Abrollen 
in ftrömenden Gewäflern erhalten haben, da die Abruns 
dung einen viel größeren Druck erfordert, als das eigene 
Gewicht der, Gerölfe, 

Sind fie alfo vieleicht die Moränen jenes furditbas 
sen Gletſchers, der als ein zufammenhangendes Ganzes 
mit dem Polareife von den feandinavifchen Gebirgen bis 
zu unferen Hügeln herlberreichte und die ganze nordeuros 
päifche Niederung bededfte ? 
Doch das würde zur Anficht derjenigen nicht ftims 


men, welde vor der allgemeinen Fluth ein allgemeines 


teopifches. Klima annehmen; und überhaupt feheint diefe 
Hppothefe faſt zu phantaftifch und noch zu wenig von uns 
zweideutigen Thatfachen unterftüßt. Hierzu fommt, daß 
man dann immer wieder eine zweite und dritte Hppothefe 
zu Hilfe nehmen müßte, um fi) die Exiſtenz des Glet⸗ 
ſchers, fein Verfchwinden und die nachmalige Ablagerung 
der Geſchlaͤmmſchicht über der Geroͤllſchicht zu erklären. 

0 Verfuchen wie daher eine andere Auslegung diefer 
paradoren Erſcheinung. Es dürfte einer ruhigen Reflerion 


angemefien fein, fi) die Thaͤtigkeit der Naturfräfte nicht 


im üibertriebenften und unbegreiflihen Mafftabe. vorzus 
ſtellen und die Grundurſache eines vorliegenden Thatbeſtan⸗ 
des Fieber in der Nähe zu ſuchen, als fie weit herzuholen, 


ſie den gegenwärtig noch vorfommenden Aeußerungen einer 


inneren 2ebenäthätigfeit der Erde zu vergleichen, mithin 
Analogien zu fuchen und die Gegenwart auf die Vergans 
genheit anzuwenden. Selbſt bei diefer Erflärungsweife 
bleibt die Idee von der früheren Kraftäußerung der Natur 
noch großartig genug, wir müffen immer noch an gewaltige 
Stürme und Aufregungen und einen Kampf der Elemente 
denfen, wie fie jest nur noch im verjüngten Maßſtabe 
vorfommen. 

- Wir wollen daher dad Material der fraglichen Kies⸗ 
lager im Slußgebiete der Mulde und Pleiße, wenn wir 
es auch nicht in unferen nächften Gebirgen anftehend fin⸗ 
den, dennoch) nicht fofort ald aus weiter Ferne von den 
nordifchen Felsfüften heruͤbergeſchwemmt anfehen. Wie es 
jest zertrlümmert über Tage liegt, Fann es früher wohl 
auch ald feftes Geftein unter Tage beftanden haben. 

Zuvdrderft muß auf einen Umftand aufmerffam ges 
macht werden, der hier der Berückfichtigung werth feheint, 
weil er mit dem Kieögeröl in mehr oder weniger naher 
Beziehung ftehen möchte. Dies ift die große Menge von 
Sandfteinblöcden, welche am beiderfeitigen Muldengehänge 
von Colditz bis in die Gegend von Wurzen zerftreut lies 
gen und wieder von hier aus über Laufigf und Frohburg 
ſich bi in die Gegend von Altenburg verbreiten. Früher 
fah man diefe Blöde, mitunter zu 20—30° Umfang, in 
der Nähe von Colditz und Grimma in engen Seitenſchluch⸗ 
ten des Muldenthales, oder aud auf Fablen Hügelrüden 
und Kiedlagern fehr häufig, theild in großen Haufwerfen 
durcheinander geworfen, theild auch vereinzelt frei umbers 
liegen. Im neuerer Zeit find fie faft allerwärts verſchwun⸗ 
den, Die zunehmende Bevölferung machte ed rathfam, 
jeded bisher wuͤſt gelegene Pläschen zu benutzen und urs 
bar zu machen, Es wurden daher die meiften diefer 
Bloͤcke gefprengt und zum Straßenbau verwendet, zum 
Theil auch, wie bei Eoldis, zu Mühlfteinen verarbeitet und 


in andere Gegenden transportirt, Nur entfernt von Städten: 
und Dörfern in Gebüfchen, engen, vom Feldgewäfler aus⸗ 


gelpülten Schründen und Schluchten, oder auf dürren, hor⸗ 
ftigen Sandhligeln werden noch hier und da dergleichen 
Blöcke angetroffen. Ihrer Befchaffenheit nach find fie ein 
fehe fefter, graulichweißer, feinförniger, quarzreicher Sand» 
ftein. Kanten und Eden find abgerundet. Die Außen» 
fläche Hat nicht felten Eleine drufige Höhlungen, oder Eins 
drücfe und zuweilen röhrenförmige Durchgänge, welche nad) 
Heren s. t. Zinfeifend Verfiherung (Mittheilungen aus dem 
Ofterlande, Bd. IU., Hft. 3, ©, 175) in der Gegend 
von Altenburg oft noch Nefte von Wurzeln oder Baum 
äften enthalten. Ich felbft fah an einem der größten 
Blöce bei Grimma, an einer Stelle, welche vor dem Ein⸗ 
fluffe der MWittdrung und jedweder Zerftörung gefchüßt war, 
eine verfohlte Kornähre eingebaden. Faft ſaͤmmtliche Bloͤcke 
find an einer oder mehrern Seiten, wie mit einer Krufte 
von kleinen Duarzfiefeln überzogen (berappt), welche in 
der Grundmafle verwachfen feft ſitzen. Es fiheint, als 
feien die Blöde in noch weichem Zuftande über ein Kieſel⸗ 
feld Hinweggerollt worden, fo daß eine Menge Fleiner 
Kiefel eingedruͤkt und mit der Erhärtung der Blöcfe uns 
zertrennlich verfittet worden fe. An Auswafchung ift hier 
nicht zu denfen, fonft müßten fie auch) im Innern vorfoms 
men, wo fie jedoch eine Seltenheit find, Wahrfcheinlich 
ift,. daß fie urfprünglich Fleined Kiedgerdl zur Unterlage 
hatten, Hiernach fcheint fich das Geftein mechaniſch durch 
ein thoniges Bindemittel gebildet zu haben; doch dürfte es 
richtiger fein, eine chemifche Verbindung der Kiefelfäure mit 
der Thonerde anzunehmen. 

Anlangend ferner das Vorkommen und die Verbreis 
tung diefer Blöcke, fo ift ed beachtenswerth, daß fie das 
rechte Muldengehänge nicht überfteigen und ſich Tediglich 
auf das Bereich der Porphyrformation, namentlich aber auf 
die bereitd bezeichnete Umgegend von Altenburg, Frohburg, 
Laufigf, Rochlitz, Coldig und Grimma befchränfen. Im 
angrenzenden Schiefer» und Granulitgebirg ift feine Spur 


mehr davon zu fehen. Nur ald feltene Fremdlinge finden 


u. dl ae 


fi) Hier an einigen Orten Blödfe eines fehr feften, großs 
förnigen Schuttconglomerats, welches jedody in der Gegend 
von Rochlitz feft anftehen fol. Jenes Bereich der Sands 
ſteinbloͤcke ift aber zugleich der Landſtrich, tiber welche fich 
vormalige Urwälder in fo bedeutenden Maffen als nuns 
mehrige - Braunfohlenflöße abgelagert haben, daß fie ein 
unerfchöpfliches Depot unſeres gegenwärtigen Heizmaterials 
geworden und an vielen Orten theild über, theild unter 
Tage abgebaut werden; und fo erfcheinen denn diefe Bloͤcke 
offenbar als Trümmer ded fogenannten, zur Molaffe ges 


hoͤrigen Braunfohlenfandfteins, welcher anderwärts zwar 


% 


ebenfalls ald treuer Begleiter der Braunfohlenlager, jedoch 
mehr in zufammenhängenden Flögen, oder Bänfen anger 
troffen wird, - Daraus ergibt ſich zugleich, daß fie Feines: 
weges als erratifche, am allerwenigften ald nordifche Finds 
linge angefehen werden fünnen, weil fie außerdem weit 
häufiger nody an den Küften der Nord» und Oſtſee zu 
finden fein. würden, was doch nicht der Sal if, 

Nein, ihre Heimath ift ihre gegenwärtige Lagerftätte, 
die vorhin bezeichnete Gegend jenfeit der Zwickauer Mulde; 
und ebenfo entftand auch das Kiesgeroͤll, in deffen unmittel 
barer Nähe fie vorfommen, wenn auch nicht zu derfelben 
Seit, doch in demfelben Raume, Wir haben nicht nöthig, 
es von Norden her, fei es auch nur von der Meereöfüfte, 
alfo immer noch über 50 Meilen weit und bis zu 600° 
aufwärtö, bei einer gelegentlichen Sturmfluth anſchwem⸗ 
men zu laffen. 

Dürfen wir von den Beobachtungen über die Abs 
lagerung der Gerölfchicht auf dem angrenzenden Granulits 
und Schieferplateau einen Schluß ziehen, fo finden wir 
vieleicht einen Fingerzeig für die Erflarung über Entſte⸗ 
hung und Abfunft unſeres Kiesgeroͤlls. 

Die untere Schicht des die Schieferformation bes 
deefenden Fluthniederfchlags befteht lediglich aus gleichartiz 
gen Schieferfragmenten,. Zu unterft größere Brocken, wers 
den fie an der Grenze der oberen Schlammfdicht, eines. 





— —— 


milden, zerreiblichen Lehms, endlich nur lockres, zerkleintes , 
Geſchiebe. Es findet ſich Fein fremdartiges Geroͤlle daruns 
ter. Sie find offenbar die Trümmer des unmittelbar uns 
ter ihnen lagernden Grundgebirgs. Die Mächtigfeit diefer 
Truͤmmerſchicht beträgt durchfchnittlicd 2°, 

Zwar zeigen fich darin bisweilen auch Quarzbrocken 
mit eingemengt, fie find aber insgefammt fharffantig und 
ganz unzweideutige Truͤmmer der im Grundgebirge und 
zumal im Thonſchiefer häufig auffegenden und biefen viels 
fach durchſchwaͤrmenden Quarzadern. 

In der unteren Schicht des aufgeſchwemmten Landes 
uͤber dem Granulit, wenigſtens auf der noͤrdlichen Haͤlfte 
deſſelben, zeigen ſich ebenfalls nur ſcharfkantige Truͤmmer 
des Grundgebirgs, alſo Granulit mit Granitgrus gemengt, 
ſehr ſelten Trümmer von Diorit, Serpentin, oder Gneus, 
Kiesgeroͤll aber nur an den bereits erwaͤhnten, vereinzelten 
und iſolirten Stellen. 

Es ift fonach gewiß, daß ſich mit diefen wenigen 
Ausnahmen auf der ganzen Hochflaͤche des Granulit= und 
Scyiefergebirged Fein fremdartiges Gefchiebe abgeſetzt hat. 
Das Grundgebirg gab das Material zum Trümmerfihutt 
der unteren Diluvialfhicht, — 

Soollte died nicht auch beim Porphyr ftattgefunden 
haben, und das Kiesgeroͤll mithin nicht auch auf feiner 
jeßigen Lagerftätte entftanden fein? Aber dann hätten wir 
freilich nicht Quarzs fondern Porphyrgerölfe. Darum find 
wir hier auf dem Punfte, wo uns eine Hypothefe erlaubt 
fein muß, Es ift aber die einzige, und dürfte fi); nach 
den vorliegenden dunkeln Zeichen und Merkmalen, welche 
uns die Vorwelt als myſtiſche Winke fuͤr ihre Geſchichte 
hinterlaſſen hat, immer noch eher rechtfertigen laſſen, als 
eine Anſchwemmung dieſes Geroͤlles aus weiter, unbe⸗ 
kannter Ferne, 

Bei der vielfachen Durchflechtung des an den Pors 
phyr angrenzenden Thonſchiefers von Gaͤngen deſſelben Quar⸗ 
zes, wie er fi in unſerem Kiesgeroͤll wiederfindet, iſt es 


a 


nicht unwahrfcheinlich, daß derfelbe früher von einer Duarzs 
formation unterteuft worden fei, welche fid) an feiner gans 
zen nordweftlichen Grenze hin erftrecfte, und zum heil 
die Stelle einnahm, auf welcher jest dee Porphyr Plas 
genommen bat, wie denn überhaupt das Kiedgeröll auf 
eine früher viel größere Verbreitung des Quarzes fihließen 
läßt. Diefes Quarzgebirg war Meereögrund, Später 
erhob ſich der Porphyr ploͤtzlich und auf mehrern Punften 
zugleich, fprengte die Quarzdecke und zertruͤmmerte fie, 
Daß mit diefer Erhebung auch ein: Theil des Schieferges 
birgs Tosgeriffen und abgehoben worden fey, dies feinen 
einige ifolirte Schieferfuppen mitten im Porphyr anzudeus 
ten. Die Trümmer des Quarjlagerd wurden jest von 
der durch den unterirdifchen Aufruhr wild empörten Meers 
fluth, in langer wogender und wirbelnder Bewegung durch 
einander geworfen und auf diefe Weife allgemach zu Kies 
und Sand zermalmt, endlich) aber ruhig niedergefchlagen, 
und mit eintretender Ebbe von den zuruͤckweichenden Ges 
waͤſſern mit in die tieferen Thäler und Ebenen berabges 
führt, wo fie ihre bleibende Stätte fanden. Daß fi 
aber auch gleichzeitig mit diefer Eruption des Porphyrs aus 
den Ausbruchöfpalten Schlammftröme ergoffen haben mögen, 
welche theilweife mit SKiefelfäure gemifht, fpäterhin ſich 
ald Thon, Thonſtein und Braunfohlenfandftein ablagerten, 
dahin deuten die an der weftlihen Schiefergrenze, bei Koh⸗ 
ren, Rochlitz und Goldig vorfommenden Thonfteinlager, fos 
wie der Umftand, daß Thon und Kies noch) jest die Sohle 
der Braunfohlenflöge bilden, während der Sandftein, wie 
die in ihrer Umgebung: zerftreuten Bloͤcke beweifen, durch 
eine fpätere SKataftrophe jedenfalls wieder zerſtoͤrt worden 
iſt. Der gewaltfame, Durchbruch des Porphyrs felbft aber 
ift wohl um fo weniger zu bezweifeln, da die große Menge 
der in ihm eingefchloffenen Schieferfragmente, wie. fie ‚an 
feiner füdlichen Grenze bei Wendishain und Neuhhain, und 
auf einer rings von Schiefer umfchloffenen Porphyrkuppe 
bei: Mochau vorfommen, nicht anders ſchließen läßt, als 





—— 


daß die Porphyrmaſſe im Hangenden des Schiefers und 
großen Theils noch unter demſelben gewaltſam hervorge⸗ 
treten, betraͤchtliche Schichtenſtuͤcke losgeriſſen und zertruͤm⸗ 
mert in ſeine Maſſe aufgenommen habe. 

Duͤrfen wir hiernach das Kiesgeroͤll unſerer Braun⸗ 
kohlenformation als gleichzeitige und gemeinſchaftliche Wirs 
fung vulcaniſcher und neptuniſcher Kraͤfte, als das Ges 
truͤmmer einer an feiner Stelle früher vorhanden geweſe⸗ 
nen, zerftörten Quarzformation und gewiffermaßen als ein 
ſchuͤttiges Reibungsconglomerat betrachten, fo folgt, daß. es 
nicht als Diluvialgeröll angefehen werden Fünne, auch ſchon 
deshalb nicht, weil es Alter, fein muß, als die Braunfohle, 
die darauf abgelagert ift, und organifche Reſte nicht unter, 
fondern nur über demfelben gefunden werden. 

Schwieriger feheint fih das Vorkommen von Kies⸗ 
geröl auf den ifolirten Granitparthieen des Granulitgebirs 
ges erklären zu laſſen. Es ift auffallend, daß, während 
in der, die Granitlager bei Kriebftein und Kloſtergerings⸗ 
walde bederfenden, feichten Trümmerfhicht und in ihrer 
ganzen Umgebung fein einziger Quarzfiefel zu bemerken ift, 
die Granitſtoͤcke des Bornbergs und Zingenfteins bei Wald» 
beim, und einige andere Granitlager dieſer Gegend von 
einer freilich nur fehr unbedeutenden Geroͤllſchicht überlagert 
werden, in welcher der weiße Quarzfiefel vorherrfchend ift, 
und fi) zuweilen in den Granitgrus eingefenft bat, der 
nod) eine befondere 2—6' mächtige Schicht für fich bildet, 

Bon einer Anfhwemmung kann bier noch weniger 
die Rede fein. Die nächftgelegenen Granulithöhen müßten 
dies darthun, aber bier ift nirgends ein Kiefel zu findenz 
bei gleihem Niveau fommt das fefte Geftein ftellenweife 
fon in 17 Ziefe unter der Aderfrume zum Borfchein. 
Man muß fi daher die Sache anderd zu erflären fuchen. 
Wir fönnen wohl mit einigem Grund annehmen, daß auch 
der Granit beim Emporfteigen einzelne Quarztrümmer aus 
unteren Zeufen mit fortgeriffen und auf diefem Wege zu 
kleineren Trümmern zermalmt, mit zur Oberfläche herauf⸗ 


= MW — 


gebracht habe. Diefe Trümmer find auch keinesweges fo 
abgerundet, ald andere Gerölle. Kanten und Ecken find 
zum Theil nur abgeftumpft. 

So wären fie vielleicht nocd) mit mehr Recht ein 
Neibungsconglomerat zu nennen, als jenes Kiesgeroͤll des 
Braunfohlengebirges an der Mulde und Pleife. So würde 
aber auch zugleid das Vorfommen diefes Gerölled in der 
Gegend von Altmittweida und Franfenau, wo ed, wie 
anderwärts, unter Braunfohlen liegt, feine Erflärung fins 
den. Denn diefe haben fi) hart an der Grenze des 
Mittweidaer Granitzugs eingebettet; man würde daher auch 
den Kieslagern bei Buraftadt gleiche Entftehung zufchreiben 
koͤnnen, und fo würde endlich diefe Erfcheinung eher geeigs 
net fein, obige Hypotheſe zu unterftügen, als zu ent: 
fräften. 

Werfen wirsjegt noch einen. Blick auf jene traurigen 
Ebenen, in melden fid) die Ruinen unferer Quarjgebirge 
nur noch in den Fleinften Geröllen, ald Sand vorfinden, 
der eben als ſolcher, und vermöge feiner Haltlofigfeit und 
Beweglichkeit, jene Ebenen fo fteril und öde, und darum 
fo düfter und unfreundlich macht, daß dem Bewohner der 
Berge da unheimlich und bange wird, ein Grund mehr, 
der manchen Gebirgöforfcher,” an erhabene und malerifche 
Naturſcenen gewöhnt, abhalten mag, fi) auf eine genauere 
Unterfuchung diefer einformigen Sandwehen einzulaffen. 

Allerdings ift auch Feinem Zweifel unterworfen, daß 
man fie al& den Iekten Niederſchlag der in periodifchen 
Fluthen aufgelöften und mit fortgeführten Eleinften Gebirgs⸗ 
trümmer zu halten habe. 

Allein wenn Bohrverfuhe und Radiprabungle an 
diefem Niederfchlage einen mehrfachen Wechſel fehr vers 
ſchiedenartiger Schichten, als Quarze, Trieb» und Schlamms 
fand zwifchen Lagen von Thon, Kies und Moor nachge— 
wiefen haben, fo erfcheint diefes Sandgeroͤll offenbar als 
eine Ablagerung von zermalmtem Felsgetruͤmmer nicht blos 
aus fehr verfchiedenen Zeiten, fondern auch aus verſchie⸗ 





= m — 


denen Gebirgen. Es entftand nicht auf einmal, fondern 
durch almählige Acceffion und mehrmalige Niederfchläge, 
ift alfo nicht Folge einer einzigen Flut), und weder den 
Diluvial» noch Aluvialbildungen ausſchließlich beizuzählen. 
Denn es iſt theils alter, theild jünger, ald das Kiesgeroͤll, 
theild von gleichem Alter mit diefem. Auch fiheint es 
nicht nothwendig, das Material dazu aus fernen Ländern 
fommen zu laſſen. Ein großer Theil mag heimifc ges 
wefen fein, und entftand vielleicht im kurzer Zeit durch 
plöglihe Zertrümmerung nahe gelegener Gebirge, indeß ein 
anderer Theil, durch Ströme abgeführt, erft nach Jahr⸗ 
hunderten zu einer Schicht von gleicher Mäshtigfeit fich 
bilden konnte. Daher ift auch die Bildung diefes mehr 
den flüffigen, als feften Beftandtheilem unferer Erde ans 
gehörigen Zwitterd von Gebirgsart noch nicht beendigt, 
fondern noch fortwährend in Zunahme begriffen, wogegen 
die Maſſe der feften Gefteine unaufhörlich ſich vermindert. 


Es ift nicht unbedeutend, was die Ströme an cerdis 
gen, urfprünglich feften Stoffen nach und nad) ind Meer 
ſchaffen. Man hat berechnet, daß der Rhein, der gegen 
andere Ströme noch fehr rein und Flar ift, bei Bonn tägs 
fi 145,981 Cubiffuß feſter Subftang vorüberführt. Wie 
groß müflen daher die Maffen von Sand und Schlamm 
fein, welche der Miffifippi und Amazonenftrom in Amerifa, 
der Ganges und Hoangho in Afien und der Nil und Ni—⸗ 
ger in Afrifa, fammtlid 5 — 20 Mal ftärker, ald der 
Rhein, feit Mienfchengedenfen in die Tiefen des Meeres 
binabgerolt haben ? 


Es ift daher nicht übertrieben, wenn man behauptet, 
die gegenwärtig auf dem Grunde ded Meeres, in den afias 
tifhen und afrifanifchen Wüften und europäifchen Haiden, 
und überhaupt auf der ganzen Erde verbreitete Menge des 
fofen Getrümmers, des Sand» und Kiesgeroͤlles betrage 
mehr, ald das noch über‘ Tage fichende fefte Geftein der 
Gebirge. So viel ift bereits von unferer maffiven Erds 


= a 


oberfläche im Laufe der Zeiten zerftört, hinweggeſpuͤlt und 
völlig verwandelt, anderwärtd wieder angefest worden. — 

Ich Habe Hiermit einen Gegenftand zur Sprache ges 
bracht, dem bis jegt noch feine durchgreifende, wiſſen⸗ 
fchaftliche Forfhung gewidmet worden, und ich darf daher 
bei Beurtheilung dieſes Verſuchs, mein Problem zu Iöfen, 
wohl billige Nahfiht erwarten, da mir feine anderen 
Hilfsmittel, ald meine eigene Erfahrung zu Gebote ftanden, 
Möge er Veranlaffung zu weiterem Nachdenken und zur 
Aufklaͤrung der Sache geben, die feineswegs fo unerhebs 
lich ift, als fie ſcheint. 

Eine gruͤndliche Unterſuchung der Geſchiebeablagerun⸗ 
gen nach ihrer phyſikaliſchen Beſchaffenheit, Maͤchtigkeit, 
Verbreitung und Beziehung zum Grundgebirg, ſowie eine 
vergleichende Ueberſicht derſelben auf große Landſtrecken 
wuͤrde uns ſicherlich noch wichtige, geologiſche Aufſchluͤſſe 
geben. Liegen doch ſchon in dem kleinen Raume, welcher 
mir Gelegenheit zu vorſtehender Betrachtung gegeben hat, 
Thatſachen vor, welche die herrſchende Meinung von einer 
allgemeinen Erduͤberfluthung, ihrer Richtung und furcht⸗ 
baren Verwuͤſtung ſehr zweifelhaft machen. 





IV. 


Protokoll vom Frübjahrsennvent Der po: 
mologifchen Gefellichaft, 


- gefertigt durch deren Secretär Mobert Lange II. 


Altenburg, den 17, April 1844, 


Durch die Güte der Herren Hofgärtner Kunze, Kaufs 
mann Befler, Kunftgärtner Preßler ꝛc., war für den heus 
tigen Fefttag der größere Saal des Logenhaufes mit fels 
tenen, fehönen und wohlriechenden Pflanzen fo geſchmack⸗ 
vol ausgefhmüdt worden, daß fi) allgemein der Wunfch 
äußerte, die ausgeftellten Pflanzen nod einige Tage für 
das theilnehmende Publifum ftehen zu laffen und eine Vers 
loofung derfelben zu veranftalten. 

In diefem freundlichen Lofale verfammelten fih nad 
und nad) einige und dreißig Mitglieder und Gäfte der 
Gefelfchaft, und etwas vor 12 Uhr begann im Fleinen 
Saale des Logenhaufes die Feftfisung. Sie wurde eröffs 
net durch eine einleitende Rede des Vorfigenden, ded Herrn 
Kammerrath Waitz, in welcher er bei dem Erwachen der 
Natur zu erneuter Thätigfeit aufforderte, der heimgeganges 
nen, zus und audgetretenen Mitglieder gedachte, die litera- 
riſche Thätigfeit des Vereins erwähnte, und vornehmlich 
die praftifche Wirffamfeit ſolcher Mitglieder anerfennend 
bervorhob, die fid) um Pomologie, Gemüfebau und Blus 
menzucht fortdauernde Verdienfte erworben hatten. Leider 
aber mußte er auch zugeftehen, daß fih nur mit vieler 


— 32 — 


Muͤhe aus einer Ueberzahl von Obſtſorten die tragbarſten 
und wohlſchmeckendſten ermitteln laſſen, und daß unter 
den zum Verſuch bezogenen neuen Gemuͤſen und Blumen 
manche nicht keimfaͤhig, manche aber auch der Fortzucht 
nicht wuͤrdig erſchienen waͤren. Wiederholt forderte er noch 
zu Anbauverſuchen des Rhabarbers auf, der in England 
fuͤr ein allgemein wegen feines Wohlgefhmads geſchaͤtztes 
Gemüfe gelte, ließ weiter zwei Zufchriften von Bewerbern: 
um die Mitgliedfchaft verlefen und die neuangefauften bfus 
miftifchen Bilderwerfe herumgeben. 

Eine Borbefprehung wurde nun etwa fo von dem 

Regierungs⸗ und Confiftorialrath Dr. Bad begonnen: 

„Auch ich muß dem beiftimmen, was vom Seren 
VBorfigenden über dad anher bezogene Gemüfe gefagt 
wurde. Ein großer Theil davon ift nicht gefeimt. Die 
Karotten, Schoten ꝛc. aber waren fihlechter, ald unfere 
ſchon cultivirten Sorten. Und aud) die Blumen, welche 
unter meinen Augen von Herrn Prefler gefüct und ges 
jogen wurden, verdienten ihr Lob nicht, So daß ich 
aus Erfahrung beftätiget finde, wie * oft die An⸗ 
preiſungen der Handelsgaͤrtner ſind.“ 

Herr Teichmann auf Muckern: 

„Da gehts den Gartenbauern gerade, wie es den 
Landbauern mit neuen Getraidearten geht; unter zwan⸗ 

zigen iſt oft nur eine Sorte brauchbar, und auch von 
diefen verlieren oft noch einzelne bei längerem Anbau 
ihre vortheilhaften Eigenfihaften wieder.“ 

Here Köhner, Kammergutöpachter: 

„Das hat feine Richtigkeit; allein beim Gemuͤſe ent 
fiehen wohl auch manche Auöftellungen daran, daß man 
die rechte Zubereitungsart derfelben nicht Fennt.  Ded- 
balb möchte ic) mir, da ic) Rhabarber gezogen habe, 
vom Herrn Vorfisenden ein Recept fir die, Zubereitung 
defjelben erbitten.“ 

Died wurde kurz gegeben, vom Director aber auch 

zugleich aufgefordert, bei der bevorftehenden Baumblürhe, 








— 5 — 


auf die Behaarung, Länge ꝛc. der Griffel und Staubs 
fäden aufmerffam zu fein, um vielleicht neue Kennzeichen 
der Sorten aufzufinden, nächftdem aber auch fich zu vers 
gegenwärtigen, daß die heuer erfcheinenden Maifäfer, zer 
quetfiht und mit DBraunfohlens oder Zorfafche gemifcht, 
ein gutes Düngmittel abgeben follen. Auch erinnerte ders 
ſelbe, daß die graue Larve ded ZYuniusfäfers vielen Schas 
den verurfache, und ließ dann den Gecretär die erfte zu 
befprechende Frage vorlefen. Sie lautete: 

Welche Obftart empfiehlt fih für und 
ammeiften zur Anpflangung an Straßen und 
Seldränder? 

Der Vorſitzende: 

„Die größte Nente werfen bei und gewiß die Kirfch- 
bäume ab, weil fie kurz nad) der Pflanzung ſchon Frucht 
geben.” 

Profeſſor Lange: 

„Dem ift nicht zu widerfpredhen. Doch in den 
Thaͤlern erfrieren die Blüthen und fleinen Früchte fehr 
häufig. Ja fogar die Stämme leiden in den erften 
Wintern nach ihrer Anpflanzung oft durch Froft, und 
müflen darum öfter, an einzelnen Stellen wohl 5 
Mal ergänzt werden, wodurch die Anpflanzungsfoften 
fehr vermehrt werden. Außerdem befchädigen diejenigen, 
welche die Kirfchen pflüden, die angrenzenden Felder auf 
eine unerfreuliche Weiſe, und überdies kann die Kirfche 
nicht eigentlich eine wahrhaft nusbare Frucht genannt 
werden, fondern möchte wohl richtiger unter die Nafch- 
früchte zu zählen fein. Darum wären wohl auch ans 
dere Dbftarten zur Pflanzung anzuempfehlen, und ich 
halte die Aepfel für paflend, zumal wenn man die 
rechten Sorten auswaͤhlt.“ 

Dr. Back: 

„Im Reußiſchen muß man wenigſtens die Bepflan⸗ 
zung der Straßen mit Kernobſt vortheilhaft gefunden 
Mg da man immer noch in derfelben fortfährt, und 

r 3 


4. 


— 34 — 


namentlich Sorten von gleicher Reifzeit und mehr pyra⸗ 
midaliſcher Kronenform auswaͤhlt.“ 

Teichmann: 

„Gewiß, das beweiſen die Obſtbaumalleen zwiſchen 
Meißen und Dresden und bei Schulpforte.“ 

Lange II.: 

„Ich erinnere nur noch nachtraͤglich, wie ekelhaft die 
Kirſchmade den Genuß der Kirſchen macht, und wie 
ſchnell dieſe Frucht bei feuchter Witterung zerſpringt 
und verdirbt.“ 

Das Directorium: 

„Meine erſten Aepfelalleen habe ich im Deſſauiſchen 
geſehen, und denke noch mit Freuden an ihre herrliche 
Bluͤthe, die allein ſchon dieſen Baum zu en Pflan⸗ 
zungen empfehlen ſollte.“ 

Lange J.: 

„Wie waͤre aber nun eine Anlage zu machen? Ich 
wuͤrde vorſchlagen: man kaufe ſtarke, geſunde Wildlinge, 
und laſſe dieſe nach etwa 2 Jahren mit ſpaͤt reifens 
den, wegen des MWinded nicht eben großen orten, 
gleich 6 — 20 Staͤmmchen neben einander veredeln. 
Die Sorten müffen gut tragen und haltbar fein, 

Teichmann: 

„Sollte man nicht hauptſaͤchlich auf Reinetten Ruͤck⸗ 
ſicht nehmen?“ 

Loͤhner: 

„Ich nenne pomme rouge, pigeon blane, (Zucker⸗ 
bütchen), den rothen Fenchelapfel (Franzkader.)“ 

Lange J.: 

„Auch ſpaͤte Goldreinette, pigeon rouge (rother Tau⸗ 
benapfel), u. A.“ 

Der Direktor: 

Was ſagen Sie aber zu einer etwaigen Bepflanzung 
der Straßen und Feldraͤnder mit Birnbaͤumen, ſollte 
dieſe nicht gleiche Vortheile gewaͤhren, da der Birn⸗ 


baum mit ſeinen Wurzeln tief hinabſteigt, wegen ſeiner 


* 





— 5 — 


pyramidalen Form die Paffage nicht beengt und den 
Ruftzug weniger hemmt 2 

Range J.: 

„Der Birnbaum iſt ſchwerer heraufzuziehen und Fo: 
ſtet beim Ankauf um den vierten Theil mehr.“ 

Range I.: 

„Auch erfrieren die Birnbaͤume im Allgemeinen leich— 
ter, und ihre ſich fruͤhzeitiger entwickelnden Bluͤthen lei⸗ 
den oͤfter von den Spaͤtfroͤſten.“ 

Das Directorium: 

„Ließe ſich dieſer Nachtheil nicht durch verſtaͤndige 
Auswahl der Sorten beſeitigen? Denn man wuͤrde 
natürlich Sorten vorziehen, die nicht vom Baume cfs 
bar find, fondern erft lagerreif werden muͤſſen. Bei 
Schöngleina habe ich ja von den Wegpflanzungen die 
beurré blanc Körbe weis hereintragen fehen. 

Loͤhner: 

„Hierzu empfehle ich 1) den Erzherzog Ferbinand 
und 2) die Jagdbirne, in welcher letztern wohl, beim 
Genuß vom Baume, mancher nicht feſte Zahn ſtecken 
bleiben duͤrfte.“ 

Der Direktor: 

„Im Wuͤrtembergiſchen zieht man häufig die Cham: 
pagnerbiene, ift deren Anzucht alfo nicht anzurathen 2 

Löhner: 

„Sie wird meift nur zu Moft verbraucht, und man 
zieht dort neben ihre auch haufig die Moft» und Brat⸗ 
birne.“ 

Lange J.: 

„Ich babe die Champagnerbirne früher auch in mei⸗ 
nee Baumfchule geführt, allein fie ift nur zur Moftber 
weitung zu brauchen, und darum habe ich. fie wieder 
ausgehen laflen. Ueberhaupt wären wohl nur Sorten 
zu empfehlen, die eine mehrfeitige Benugung geſtatten.“ 

Zeichmann: 

Was halten aber die Anweſenden von Obftanlagen 
3* 


\ 


aus Pflaumenbäumen ? Wenigftens in einzelnen Ges 
meinden habe ich fie reichlichen Gewinn abwerfen fehen, “ 

Zange II. : 

„Dies ift woahrfcheinlih auf Falfhaltigem Schutts 
boden gewefen. Und fchlimm bleibt’3 immer, daß Pflaus 
menbäume leicht erfrieren. 

Range 1. 

„Hier voden die Landleute ihre angepflanzten Pflau— 
menplantagen theilweis wieder aus, weil diefelben we⸗ 
gen geringer Tragbarfeit zu felten Gewinn abwerfen. 
Dazu kommt noch, daß die Pflaumen, wie die Gauers 
firfhen zu flach mit ihren Wurzeln in gutem Boden 
fortgehen und den Feldern zu viel Düngfraft entziehen, 
was SKernobft und Süßfirfihen nicht fo thun, 

Klaus: 

„Das iſt ein Hauptfehler; deswegen ſchaden auch 
die lombardiſchen Pappeln an den Strafen fo unge— 
heuer, daß man auf 2 Beeten neben ihnen faum nod) 
Getraide bauen fann, und fomit auf beiden Seiten der 
Straßen ein breiter Streif faum bauwürdiges Land 
entſteht.“ 

Lange II.: 

„Iſt denn dieſes Land beim Anfauf des Grundbes 
ſitzes für die Straße oder bei Bepflanzung derfelben 
durch Pappeln entfprechend bezahlt worden ?“ 

Der Director: 

„Leider gehen auch die Pappeln nicht nur viele Fuß 
tief an den Böfchungen hinab und faugen noch unten 
das Land aus, fondern fie fteigen fogar bi8 an 18 Fuß 
in den Einſchnitten aufwärts und gehen. oben wieder 
ind gute Land. Gewiß alfo find Obftbaume an den 
bezeichneten Orten zu empfehlen, das wird Niemand 
leugnen, der die fehönen NRaffauifchen Anlagen auf den 
Feldern längs der Straßen gefehen und bewundert bat. 
Es entfteht alfo nue noch die Frage, wer die Anlage - 





folder Baumpflanzungen machen fol, die Behörden 


oder die einzelnen Beſitzer des naheliegenden Landes?" 

Teichmann; 

„Auf jeden Fall der Staat oder die Behörden, das 
mit nad) gleichen Grundfägen beim Anpflanzen verfahren 
wird, fo daß durch Gleichheit der Gattungen und Sors 
ten die Verwerthung leichter möglid und nicht zu große 
Berftöße gegen den Schönheitöfinn vorfommen,. 


. Die zweite zur Beſprechung vorgelefene Trage hieß: 
„Welches ift das befte und leichtefte Mittel, 
um die Erdflöhbe von den jungen Gemüfe- 
pflanzen abzuhalten?” 


Teichmann: 

„Am liebften wendet man eine Beftreuung mit et⸗ 
was Rauhem, dad aber unfehuldig und nicht Akend 
fein darf, an; wie etwa den Straßenftaub, und dies 
gern während des Morgenthaues, weil dadurch die 


Blätter mit einer leichten Kruſte überzogen werden, 


Der Director; 
„Ich meine, man taucht auch die Pflanzen nebft 


den Blättern in etwas recht Bitteres, 


Teichmann; 

„Auch bringt man längs dem Pflanzenbeete Fleine 
Holgabeln an, um auf diefelben Querftangen und auf 
diefe wieder Stroh zu legen, weil ſich die Erbflöhe nicht 


im Schatten aufhalten, Aber durch dieſes Dach. darf 


ja der Luftzug nicht verhindert werden, wenn die Pflans 
zen nicht verzärteln und fpater noch dem Anfreſſen auss 
gefest bleiben ſollen.“ 

Loͤhner: 
„Bu gleichem Zwecke wende ich RR an, 
weldyes noch den Vortheil gewährt, daß es gegen oft 
eintretende Spätfröfte fo ziemlich ſchuͤtzt.“ 


= Mi 


Der Director; 
„Graͤbt man nicht auch Pflanzenbeete im Rafenland 
auf?’ 


Zange 1. : | 
„Allerdings, und zwar gern im Baumſchatten.“ 
Preßler und Klaus; 

„Auch bringt man Franzofenöl aufs Land, deffen 
widerlicher Geruch für einige Zeit ſchuͤtzt.“ 

Kerften; 

„» Died Fann man, wie nicht minder assa —J— 
auf Papierſtreifen bringen und dieſe dann um die Beete 
aufhaͤngen. * 

Loͤhner: 

„Nur mag ſich Jeder hüten, etwa einen Finger an 
diefe Parfümerieen zu bringen, denn der Geftanf ift abs 
fheulih und hält Tange, wieder, 

Zeihmannz 

„Sind die Pflangen dann einigermaßen erftarft, fo 
fann man auch durch Zwifchenftreuen neuen Samend 
und durch dad Aufgehen junger, zarterer Pflanzen die 
älteren fihern. Weöwegen man im MWürtembergifchen 
noch einen leichten Ueberwurf von demfelben Samen 
zwiſchen die angegriffenen Pflanzen macht.“ 

Loͤhner: 

„Die Erdfloͤhe lieben die zarten Pflanzen vornehmlich 
und greifen fogar jungen unbeſchatteten Klee an.“ — — 

Die dritte zur Beſprechung aufgeſtellte Frage wars 


„Wie muß man die Spargelbeete anlegen 
und duͤngen, um recht reichlichen und ſchmack⸗ 
haften Spargel davon zu gewinnen?“ 

Ueber dieſe hatte der am Erſcheinen gehinderte Herr 

Hofgaͤrtner Kunze folgende kurze BER eingefendet, 

welche nun vorgelefen wurde; 





— 59 — 


Borläufige Mittheilungen über die Ans 
legung und Behandlung von Spargelbees 
ten Behufs der Gewinnung eined recht 
reihlihen und fhmadhaften Spargels. 

Suvörderft ift ein lodferes und mildes Erdreich erfor 
derlih, welches wenigftend 2 Fuß tief von gleicher 
Befchaffenheit fein muß. "Hat die zur Anlegung eines 
Spargelbeeted beftimmte Fläche diefes Erforderniß, fo 
theilt man fie in Felder von je 3: Fuß ins Gevierte und 
gräbt an den Stellen, wo ſich je 4 folcher Felder bes 
rühren, Vertiefungen von 1 Cubiffuß. » Diefe werden 
bierauf wieder zur Hälfte ausgefüllt und zwar fo, daß 
die Ausfüllung in der Mitte höher, ald an den Seiten 
ift, mithin einen Hügel bildet, Iſt diefes gefchehen, 
fo fest man auf jeden ſolchen Hügel eine und nur in 
dem Falle, wenn ſolche ſchwach find, zwei junge 
Spargelpflanzen, mehr aber durchaus nicht. Man 
wählt in der Negel hierzu dreijährige Pflanzen; doch 
find zweijährige, wenn fie fräftig und gefund find, 
eben fo gut gerignet. Die Wurzeln der Spargelpflanzen 
werden über die genannten Hügel in den Vertiefungen 
ausgebreitet und alsdann vermittelft der ausgeworfenen, 
mit den Händen Kar geriebenen Erde 3 Zoll. hoch 
locker überdedt, fo daß jene mit der Erdfläche wieder 
gleih werden, — 

Das Land im erften Jahre zu düngen, iſt nicht 
nötbig, fondern es ift aus fpater mitzutheilenden Grüns 
den fogar befjer, wenn die Düngung erſt im zweiten 
Sabre geſchieht, zu der jedoch alsdann doppelt foviel 
Dünger, ald beim gewöhnlichen Verfahren zu verwens 
den ift. Ganz. befonders noͤthig aber ift, das Erdreich, 
vorzüglich im <erften Jahre, fleißig von allem Unfraut 
du reinigen, damit: foldyes den jungen Pflanzen nicht 
die. Nahrung entziehe, und es öfterd zu behaden, damit 
der ‚Sauerftoff leichter eindringen, und die Spargels 
pflanzen ihre Wurzeln befjee und kraͤftiger anfchlagen 


- Mb = 


können. Im dritten Jahre wird abermals frifch gedüngt, 
und zwar der Dünger untergegraben, wobei ic) jedoch 
bemerfe, daß dies lieber im Herbfte, ald im Fruͤhjahre 
vorzunehmen iftz denn während im Frühjahre die Pflane 
zen größtentheild abgefault find,, find felbige im Herbfte 

noch vorhanden und fichtbar, fo daß das Umgraben zu 
diefer Zeit leichter gefchehen fann, ohne daß man zu 
befürchten braucht, jene zu befchädigen, oder wohl gar 
zu zerftechen. 

Diefe Mittheilungen erlaube ich mir, der verehrlichen 
Geſellſchaft vorläufig zu machen, behalte mir jedoch) vor, 
da heute nothwendige Gefchäfte die perfünliche Theilnahme 
mir verfagen, das Nähere bei nächfter Gelegenheit noch) 
mündlich zu eröffnen, 

Hierzu wurden nod) folgende Bemerfungen gemacht vom 

Heren Director: 

„Allerdings glaube auch ich, daß die Düngung ded 
Spargels nicht fo nothiwendig ift, wie man gewöhnlich) 
zu meinen fiheint, MWenigftend find mir Beifpiele bes 
fannt, wo derfelbe auch ohne abfonderliche Düngung 
gut gedieh, 

Dr. Bad: 

„Gewiß iſt die Herbftdüngung vor Allem anzuratben, 
wie dies auch im Auffase gefchicht, mag meinetwegen 
auch im Frühjahr leicht obenhin gedüngt werden; denn 
bei erfterer werden die Wurzelftöce nicht verlegt,“ 

Zange J. 

„Deswegen legt man wohl auch tief unter den 
Spargel noch ein Düngmittel, damit der Spargel beim 
Sufammenfaulen des Düngers lange Pfeifen treiben kann, 
im Grunde noch Nahrung findet, und fein Wurzelftocf beim 
Stechen nicht verlegt wird. Seicht ftehender Spargel hat 
zum wenigften bei mir gleichfalls ftarfe Pfeifen getrieben.’ 

So fihien die Befprehung fo weit gedichen zu fein, 

dag Herr Teichmann nun dad Wort nahm, um zu erzähs 
len, wie er gefonnen gewefen wäre, bei der Gefelfhaft 





u Me 


einen Antrag über Sragenftelung bei den Conventen zu 
machen, und jest mit Freuden diefe ſchon eingeführt 
finde, wie er aber auch glaube, daß nicht fo verfchiedens 
artige Fragen gewählt werden follten, damit man bei der 
Erörterung ded Gleichartigen genauer auf die Sachen eins 
gehen fünnte, Auch) folte jedem Mitglied vorbehalten bleiben, 
es interefjirende Fragen an die Direction oder Nedaction 
einzufenden, damit fi) fo ein Vorrath davon anfammele, für 
defien Verarbeitung der Vorftand gewiß gern Sorge tragen 
werde. Zu .diefem Zwecke übergab derfelbe eine Ans 
zahl folher Fragen, die theild von ihm felbft entwora 
fen, theil® aber auch ſchon von andern Vereinen zur Bes 
fprehung aufgeftellt worden waren. 

Der Borfisende nahm fie danfbar entgegen, und es 
wurde nur nach über die Verfehiedenartigfeit unfrer Fragen 
angeführt, diefelbe entfpringe daher, daß die Comes 
miffionen für Obftbau, Gemüfebau und Blumenzuht ges 
wöhnlih je eine Frage zur Beſprechung aufgeftellt hätten, 

Weiter gab der 2. Herr Vorfigende, Regierungs⸗ und 
Confiftorialratb Dr. Bad, eine überfihtlihe Zufammens 
ftelung über die beſonders günftigen Kaffenverbältniffe des 
verfloffenen Jahres, worauf der Saffirer, Her? Kammers 
rath Hafe, bei diefen DVerhältniffen auf eine Bereicherung 
des literariſchen Geſellſchaftseigenthums antrug. 

Schließlich referirte noch kurz der 2. Herr Vorſitzende 
uͤber die von ihm geſehene Blumenausſtellung zu Dresden, 
machte, ſowie der erſte Vorſitzende, manche neue Prachts 
pflanze namhaft, und die Geſellſchaft ging und verſammelte 
ſich wieder bei einem gemuͤthlichen Mittagsmahle, zu wel—⸗ 
chem ſich auch noch einige andere bisher abweſende Mit 
glieder einfanden. 


V. 
Ueber den Anbau der Gerſte. 


Mitgetheilt aus den Verhandlungen des ROHR 
lichen Vereins zu Altenburg 


durch deffen Secretär Eduard Lange 


Die erfte Trage, welche für die Fruͤhlingsverſamm⸗ 
lung des Altenburger landwirthſchaftlichen Vereins den 29, 
März 1844 über den Gerftendau aufgeftellt war, lautete; 

„Welden Boden verlangt die Gerfte, wenn ihr 
Anbau gelingen fol?“ und die Herren Hager II. und 
Kreffe, welche fohriftlihe Bemerfungen darüber mitgebracht 
datten, antworteten unter Zuftimmung der Anwefendenz 
einen warmen, milden, fruchtbaren Lehmboden; denn Thons 
boden ift zu Falt und bindend, und hält die Näffe für 
diefe efle Frucht zu lange zuruͤck, während Sandboden für 
fie zu locker ıft, und bei trockner Witterung zu ſchnell aus⸗ 
trocknet, um dieſer ſchnell wachfenden Frucht diejenige 
—— anhaltend darzubieten, welche ſie zur Aufloͤſung 
der Nahrungsſtoffe des Bodens bedarf, 

Die zweite Frage lautete: 

„Welche Fruchtfolge ift für ihr Gedeihen im 
hiefigen Kreiſe am angemefienften?" Man antwortete: 
Anderwärts baut man die Gerfte gern und vorzugsweife 
nach gedüngten Hackfruͤchten, nach denen es dort nicht ims 
mer rathfam erfcheint, Wintergetraide zu füen, weil der 
Boden dazu entweder zu bündig und zu feucht, bisweilen 
auch nicht Fräftig genug iſt, um noch eine fpate Winters 


fruchtſaat mit Erfolg zu wagen; oder man will die Gerſte | 








a x— 


bei Sandboden, in welchem fi) der Dünger ſchnell zer⸗ 
fest, noch in einen Fräftigen Boden bringen, und fo muß 
man derfelben hier bei der Wechſelwirthſchaft ebenfalls 
nach gedüngten Hadfrüchten ihren Platz anweifen, um fid 
nicht ein Jahre fpäter einer Mißernte auszufegen. Bei 
Thonboden ift dagegen der noch nicht verrottete Dünger 
ein Mittel, den Boden gehörig locker zu erhalten; und 
überhaupt macht der Kleebau, welcher der Gerfte, folgt, 
und einen noch nicht erfchöpften Boden verlangt, dort das 
Einfchieben von Winterroggen zwifchen die Hackfrucht und 
die Gerfte bedenklich. und unrathlih. Anders ift es aber 
bei und. Unſer ſchon an ſich vortreffliher Gerftes und 
Kleeboden überhebt uns allen diefen Befürchtungen, und 
die Erfahrung beweift, daß hier Gerfte nach Roggen, wels 
Her auf Hackfruͤchte folgte, felbft beffer zu gedeihen: pflegt, 
als nah den Hacfrüchten unmittelbar, ja daß Gerfte, 
felbft nach Hackfruchtgerſte geſaͤet, oft noch beſſer geräth, als 
die erfte Gerfte unmittelbar nad) den Hadfrüchten, Denn 
nad) diefen hält unfer Boden ſich im Frühjahr in der 
Negel Tange feucht und Bearbeitet fih daher weniger gut, 
als vorjähriged Stoppelfeld, Hat man’ ihm aber auch 
durch mehtmaliges Bearbeiten genugſam vorgerichtet, ſo iſt 
ein einziger Regen wieder hinreichend, ihn fuͤr den Gerſten⸗ 
bau zu vergiften, was bei der Milde und Lockerheit vors 
jährigen Stoppellandes weit weniger zu befürchten iſt. 
Darum wird bei uns die Gerfte in der Regel wohl fo 
lange ihren Platz nach) Roggen, welchem Hackfrüchte vors 
ausgingen, behaupten, als der Boden die dermalige Kraft 
und Beſchaffenheit behält. Weniger gut geraͤth dieſelbe 
nach Waizen, deſſen haͤufige Stoppeln dad Feld zu locker 
und trocken machen, um, wenigſtens in trocknen Sommern, 
eine reichliche Gerſternte zu gewaͤhren. 

Gegen dieſe von der Mehrzahl getheilten Anfichten 
bemerkte zuerft Here Löhner, daß cr bei feinem etwas Todfes 
een, leicht verfchwimmenden Boden bereits feit 3 Jahren 
Gerfte unmittelbar nad Hackfruͤchten gebaut und dabei 


Wi 


troß der großen Verfchiedenheit der herrſchenden Witterung 
fo gute Gerfternten gemacht habe, wie kaum jemald vors 
ber, als er noch Gerfte nach MWinterroggen gebaut habe, 
Auch Hager I., der bis jest die hier gewöhnliche Fruchts 
folge beibehalten hat, erklärte feinen Entfhluß, Gerfte uns 
mittelbar nad den Hadfrüchten bauen zu wollen, um zu 
verfuhhen, ob er fo weniger von den Unkraͤutern leiden 
werde, welche feinen Gerftbau bisher beeinträchtiget hätten, 

Man Fonnte fi dieſer Verfuhe zur fortgefeßten 
Prüfung diefer Streitfrage nur freuen, glaubte aber den 
noch zu erwartenden Erfolgen. derfelben durch weitere Bes 
ſprechung nichtd hinzuthun oder hinwegnehmen zu Fönnen. 
Darum wendete man fih ohne Weiteres zur dritten 
Frage: 

„Welche Feld beſtellung verlangt die Gerſte, und 
welches iſt die rechte Zeit zu ihrer Ausſaat?“ 

Die Feldbeſtellung haͤngt vorzuͤglich von der Zeit der 
Ausſaat ab. Nur huͤte man ſich, im Fruͤhjahr bei vor⸗ 
waltender Naͤſſe fuͤr die Gerſte zu ackern, oder auch den 
Boden vor der Saat austrocknen zu laſſen! Was die 
Zeit anlangt, fo füeten unfre Vorfahren im Monat Mai, 
und hielten deſſen Mitte für die geeignetfte Saatzeit, wir 
fäen fie jegt von der Mitte Aprils bis zum Anfange des Mai, 

Die ehemalige geringere Kraft des Bodens und die 
fpäter eintretende. Wärme feheinen die fpätere Saat räths 
lich "gemacht und die Furcht vor dem Erfrieren ‚der jungen 
Gerfte von früheren Saaten zurücgehalten zu haben. Da 
verbreitete der Aberglaube die Fühne Behauptung, daß 
Gerfte, den 8. April: gefäet, von den Fröften nichtd zu 
leiden ‚babe, und die darauf hin gewagten Verſuche ers 
gaben, daß diefe Gerfte nicht allein ausdauerte, fondern 
auch ftärfere Körner brachte. Nun behauptete der Nar 
-tionalismus, daß diefed nicht im 8. April, fondern in der 
Natur der Gerfte liege, der eine frühzeitige Saat übers 
haupt weit mehr zufage, als man bisher gemeint habe. 
Die mancherlei Vortheile derfelben führten in der jüngften - 





= u = 
Zeit zur Ausſaat der Gerfte auf die Winterrußre und zum 
Unterbringen derfelben mit dem Erftirpator, 


Sol nun die Gerftfaat erft Anfang Mai gefchehen, 
fo dürfte ed rathlih fein, im Herbfte die Stoppel blos 
zu felgen und im Frühjahr, fobald es trocken ift, zu ruhren, 
. die Nuhre nad) einem Negen einzueggen und unmittelbar 

auf die legte Furche zu ſaͤen, worauf noch zwei Eggeftriche 
folgen, Bei der Saat nad) der Mitte des April aber 
wird es gut fein, den Acer ſchon im Herbfte zu ruhren 
und bei trocdnem Wetter im Frühjahe nur einmal zu 
ackern und darauf unmittelbar zu fäen und einzueggen, wie 
vorher, Will man aber die Saat noch früher unterbrins 
gen, fobald nur der Boden zur Beftellung hinreichend 
trocken ift, fo begnügt man fih mit der Winterrubre, 
beingt die Saat mit dem, Erftiepator unter, worauf man 
nod) einen oder zwei Eggeſtriche folgen laſſen kann. Auch 
diefed neue Verfahren hat fi) bisher ald zweckmaͤßig bez 
währt. Auf diefe Art brachte z. B. Herr Kreſſe voriges 
Jahr feine ganze Gerfte unter, mit Ausnahme blos eines 
Aders, den er des Vergleichs wegen wie früher behandelte, 


Das Gedeihen war im Ganzen gleich, nur zeigte fich 
das Stroh auf dem Ader, wo im Frühjahr wieder ges 
pflügt worden war, weicher, die Gerfte Iagerte ſich fehnels 
ler und die Körner wurden nicht fo ftarf, als bei der 
übrigen Gerfte. Die Schockzahl war auf beiden Flächen 
gleich; die Scheffelzahl konnte aber nicht ermittelt werden, 
da beide Sorten unter einander gelegt worden waren 
Nach der Beſchaffenheit der Körner war fie aber wahrs 
feinlih bei der Gerfte von dem im Fruͤhjahr nochmals 
gepflügten Acker geringer, 

Einen ähnlichen Verſuch machte auch Hager II., der 
im vorigen Jahr auf einem und demfelben Felde zwei 
Acker Gerfte in die Ruhre fäcte und 3 Ader vor dem 
Saͤen nochmals pflügen ließ, aber wegen Näffe während 
der Ofterfeiertage liegen laſſen mußte, 


- 16 — ; 


Dad Ernteergebniß war ziemlich gleih, nur war dad 
Stroh der in die Nuhre geſaͤeten 2 Acker länger. Doc 
hat ihm diefes Verfahren und fein Erfolg fo zugefagt, daß 
auch er diefed Jahr feine ganze Gerfte fo zu ſaͤen gedenft. 
Auch Nittmeifter von Bärenftein und Gutöbefiser Fahr 
ftimmten diefem bei, indem ihre Gerfte, welche fie vers 
gangenes Jahr ſchon den 4. April obenauf ſaͤeten, außers 
ordentlich fhon und groß wurde, und Here Paftor Krutzſch 
aus Trautfchen bei Pegau fligte noch bei, daß bei ibm 
die Saat mit dem Erftirpator mißlungen fei, und daß fh 
dagegen die Bearbeitung ded Bodend mit dem Untere 
grundpfluge im Herbfte und dann ein leichtes Adern im 
Frühjahr zur Saat ald vorzüglich bewährt habe, Es 
fheint fomit auch bei der Gerftfaat, wie fehon früher bei 
der Haferfaat die Zeit nahe gefommen zu fein, wo man 
das bisher für nöthig gehaltene nochmalige Adern im Fruͤh— 
jahr aufgibt, wenn anderd noch zahlreichere Vergleichungss 
‚verfuhe die biöherigen Wahrnehmungen beftätigen. 

Folgende Vortheile fheinen mit einer frühen Gerftens 
faat verbunden zu feinz 

1) Dan kann zu ihe im Herbfte felbft Bei nafler 
Witterung adfern, denn der Froft des Winterd hebt 
die Nachtheile Hiervon wieder auf. 

2) Die Saat geht fehnell und unaufgehalten von Stats 
ten, fobald nur das Feld nach Wunſch abgetrocnet 
ift, und wird, nicht durch nochmals vorhergehendes 
Ackern und Eggen hinausgefchoben, 

3) Der Boden, welder nur 3 Zoll tief gelockert wird, 
behält unten die erforderliche Feuchtigkeit, 

4) Die Gefahr, daß heftige Gewitterregen den frifhen 
Acer derb fchlagen, und daß die Saat Dur die 
barte Rinde nicht ordentlich Hindurd) Fann, wird bes 

ſeitigt oder doch vermindert, 

5) Die Saat geht gleihmäßiger auf, der nachtheilige j 
Zweiwuchs ift daher nicht zu fürchten, und die Koͤr⸗ 
ner werben ftärfer, 





J 


= Wo 


6) Die Reife erfolgt zeitig, die Ernte geht bei dem noch 
höheren Stande der Sonne ſchneller und beſſer von 
Statten, zumal wenn Klee eingefäet ift ‚, der bei der 
Fruͤhſaat ficherer aufgeht, als fpäter. 

7) Die Pflanzen des eingefäcten Klees beſtocken fich 
fräftiger. 

8) Das im Herbfte und erften Fruͤhjahr aufgegangene 

oder gefeimte Unkraut wird bei ber Beftellung zer⸗ 
ſtoͤrt. 

Doch dürfen auch folgende Nachtheile nicht unbe⸗ 
achtet bleiben; 


a) Die ohnehin reichliche Herbſtarbeit wird vermehrt; 
denn der Acker muß zeitig gefelgt werden, damit er 

ſich erliegt und dann noch im Herbſte die GSaate 
furche erhalten Fann, 

' b) Die Gerfte wird gleich nach dem Roggen, ja vieleicht 
mit diefem zugleich reif und vermehrt den Drang der 
erften Erntearbeiten. 

c) Der Klee fann vieleicht die Gerfte überwachfen und 
ihe ſchaden. | 

d) Spätfröfte fünnen einmal die bereits aufgegangene 
Gerfte vernichten, 

ec) Man fann einem vergraßten Ader nicht fo leicht zu 
Hilfe kommen. 


Die vierte Frage Tautete: 
„Pat die Unterfaat von Klee unter die Gerfte" Eins 
fluß auf ihren Ertrag und Werth, und welchen 24 


Man antwortete: < | 

Der Klee Fann allerdings bei feuchter Witterung zu 
üppig wachen, dann manden ſchwachen Halm der Gerfte 
im Wachsthum beeinträchtigen, bei Negenwetter die Gerfte 
. Mit niederziehen, dadurch flache Körner veranlaffen und 
endlich auch, wenn die Gerfte bei anhaltenden Regen in 
Schwaden liegt, dieſe ſchwarz machen; doch treten dieſe 
Nachtheile nicht eben haͤufig ein. 


Bei der fünften Frage: 


EEE 


„Welche Unfräuter find bei und in der Gerfte - 


vorzüglich häufig und fhädlih, und wie läßt fich dies 

fen am beften entgegen, wirfen 2 
wurden vorzugsweife der Acferfenf (Sinapis arvensis), ber 
Hedrih (Raphanus raphanistrum) und der Wildhafer 
(Avena fatua) genannt. Dann famen noch in Erwäh- 
nung die Melde, der Taumellolch (Töbrih), der Klebrich, 
die Winde, der Katzenſchwanz (Schachtelhalm), die Rade, 
die Slatfchrofe (Mohn), die Ackerdiftel, Gänfediftel, die 
Aderfamille, der Meierih (Sternmiere), der Ampfer und 
auf feuchten Aeckern die Münze, Das befte Mittel zu 
ihrer Vertilgung ift Sorgfalt beim Hadfruchtbau, Zers 
ftören ihrer zarten Pflanzen bei der Saat und dann dad 
Ausjäten. 

Die fehödte Frage: 

„Welchen Rohertrag gibt ein hiefiger Acker Gerfte 
bei gutem, mittlem und geringem Stand derfelben und 
zwar nach Körnern, Stroh und Geld 2" 

beantwortete Hager I. fo: 

Angenommen, daß der Sheffel Gerfte 200 Pfd. 
wiegt und daß 70 Pfd. Körner 100 Pfd. Stroh, 
Siede und Ueberfehr geben, erntete ich 

1840 pr. Ader 14 Schffl. Gerfte a 2 Thlr. LONgr, —=32 Thlr. 20 Ngr. 
dazu 36,3 Entr, Stroh zu 2 Thlr. = 18 Thlr. 44 Ngr. 
im Ganzen 50 Thlr, 241 Nor. 


1841 pr. Ader 153 Schffl. Gerfte & 2 Thlr. 10 Ngr. = 36 Thlr. 


22 Nor. 5 Pf. dazu 40,9 Entr, Stroh zu 4 Thle. — 
20 Thlr. 134 Nor. im Ganzen 57 Thlr. 6 Nor, 

1842 pr. Ader 123 Schffl. Gerfte a 5 Thlr. = 63 Thlr. 2Ngr. 5 Pf. 
dazu 32 Entr. Stroh zu + Thlr. = 16 Thlr. im Gan⸗ 
zen 79 Thlr. 22 Nor. 5 Pf. 

1843 pr. Ader 15 Schffl. Gerfte à 34 Thlr. — 50 Thlr. dazu 40 
Eintr, Stroh zu + The. = 20 Thlr. im Ganzen 
70 Thlr. 

Durchſchnitt auf 1 Jahr 143 Schffl. Gerfte a 3 Thlr. 7 Ngr. 5 Pf. 
— 45 Thlr. 24Ngr. dazu 37,3 Entr, Stroh zu 18 Thlr. 
192 Ngr. = 64 Thlr. 13 Ngr., 


. Pr — 


welcher Durchſchnittsertrag fi, den Centner Stroh, 
Siede und Ueberfehr blos zu 4 Thlr. angenommen, für 
diefe blos auf 9 Thlr. 10 Nor. und in dem Gefammts 
ertrag auf 55 Thlr. + Ngr. pr. Jahr und Acker bes 
rechnen würde. 


Beim Gutöbefiger Heinfe in Cosma war der jähts 
liche Durchſchnittsertrag von 1 Acker Gerfiboden in den 
Testen 15 Jahren 15 Scheffel, der jährliche Durchſchnitts⸗ 
preis von 1 Scheffel Gerfte in derfelben Zeit 3 Thlr. 
41 Nor. 7.Pf. (während der 26jährige Durchfihnittds 
preid fih auf 3 Thlr. 4 Ngr. 5 Pf. vom Schefiel bes 
rechnet). Endlich rechnete derfelbe für Stroh und Webers 
kehr vom Ader jährlich 7 Thlr. 20 Ngr., fo daß der 
Adler Gerſtland jährlich im Durchſchnitt 54 Thlr. 21 Nor. 
Rohertrag gab. 


Nach Kreſſe ſchwankt der Rohertrag eines hieſigen 
Ackers Gerſte zwiſchen 4 und 10 Schock. 6 Schock 
Garben find ſchon eine gute Ernte. Sie bilden den 
gewöhnlichen Ertrag. Aber ſchon bei 4 Schock kann 
man den mittleren SKörnerertrag erreihen, den man 
ſelbſt bei 10 Schoc nicht gerade überfteigen muß, weil 
dabei Lagerung und beigemifchter Klee vorauszufegen ift. 
Der Körnerertrag vom Schock ſchwankt zwifchen 14 und 
34 Scheffel, und der Körnerertrag vom Ader ‘von 11 
bis 18 Scheffel. Das Häufigfte find 14 bis 15 Schef⸗ 
fell. Das Gewiht von 1 Scheffel Gerſte ſchwankt 


zwiſchen 160 bis 210 Pfund; 200 Pfund fommen am 


häufigften vor, 100 Pfund Körner laſſen an Stroh, 
Siede und Ueberfehr 10 —160 Pfund erwarten. 140 
Pfund dürften dad Gewöhnliche fein. Lagere und dicht 


beſtandene Gerfte gibt verhältnißmäßig das größte Stroh> 
gewicht. Der Strohertrag eines Aders ſchwankt zwis 
ſchen 25 und 45 Gentner, 35 Centner dürfte ald ger 


wöhnlicher Ertrag anzunehmen fein. Den Centner Stroh 
und Ueberkehr nahm Kreffe zu 15 Ngr. an, während 
4 


N 
ihn mehrere Andere nur zu 74 Agr. berechnet wiffen 
wollten. Den Mittelpreis F Gerſte ſetzte man fur 
zu 3 Thlrn. an. ‚ 


Es würde demnach 


1 Ader Gerſte bei 11 Scheffel Ertrag für 33 Thlr. Körner und 
25 Gentner Stroh zu 124 oder zu 64 Thlr. zufammen 
alfo 454 Thlr. oder 394 Thlr. Rohertrag geben. 

1 Ader Gerfte bei 15 Scheffel Ertrag für 45 Thlr, Körner und 35 
Sentner Stroh zu 174 oder zu 83 Thlr. zufammen alfo 
624 oder 533 Thlr, Rohertrag geben. 

1 Ader Gerfte bei 18 Scheffel Ertrag für 56 Thlr. Körner und 45 
Eentner Stroh zu 224 oder zu 114 Thlr. zufammen alfo 
784 oder 674 Thlr. Rohertrag geben. 


Die flebente Frage wars 


„Iſt es für und bei den biöherigen Durchſchnitts⸗ 
- preifen unſerer Acfererzeugniffe vortheilhaft, den Anbau 
der Gerfte zu befchränfen und an ihrer Stelle zum 
Theil andere Früchte zu bauen, und zwar welche?“ 


Die Beantwortung diefer Frage hängt von dem Wirth⸗ 
ſchaftsſyſtem, das man befolgt, vom Boden, den man 
bebaut und von den herrfchenden Preifen der Bodens 
erzeugniffe ab, Wollte man andere Halmfrüchte ftatt 
der Gerfte anbauen, fo giebt: 

N Yder Roggen bei 9 Sceffel Ertrag, im Werth von 36 Thlr, | 
und bei40 Centner Strohertrag, 262 Thlr, werth, zufammen 
623 Thlr. Ertrag; 
1 Ader Hafer bei 21 Scheffel Ertrag, im Werth von 42 Thlr. und 
be 44 Centner Strohertrag, 204 Thlr. werth, zufammen 
21 Thlr. Ertrag; 
1 Ader — bei 15 Scheffel Ertrag, im Werth von 45 Thlr und 
bei 35 Centner ehertra 174 Thlr. werth, zuſammen 
62: Thlr. Ertrag, i 
rechnet man aber das Stroh der Gerfte nur zur Hälfte | 
alfo pr. Centner zu 4 Thlr., und behält dabei gleichwohl " 
die übrigen Anfäse für dad Stroh bei, fo fällt der Ertrag ı 
der Gerfte auf 53% Thlr. herab und ftellt fi) ald der ger! 
eingfte heraus. Jedenfalls ift der Unterfchied nicht febe 
groß und wird noch geringer, wenn man erwägt, daß 











MRS, NR 


die Gerfte gewöhnlich die Vorfrucht für den Klee abgibt, 
und daß diefer in feinem Gedeihen den etwaigen Aus» 
fall feiner Vorfrucht wieder deckt und dad Gleichgewicht 
wieder herſtellt. Wenigſtens geräth der Klee nad) Hafer 
durchgehends fchlechter als nad Gerfte, anftatt daß er 
nad) Roggen, wenn diefer nicht zu dick fteht, oft noch 
fhöner gedeiht, als nad) Gerfte, Es dürfte alfo zus 
nächft der Noggen ald Stellvertreter der Gerfte in Bes 
traht zu ziehen fein, dann aber au) der Raps, dem - 
Waizen und dann Hack- oder Hülfenfrüchte und darauf 
Roggen ꝛc. folgen Fünnte, 


—— 


VI. 
Berbefferungen und VBerfsbönerungen 
Mlitenburgs. 


Eine freie Berichterflattung 
vom Profeſſor Ed. Lauge. 


Wohl noch nie iſt in ſo kurzer Zeit ſo viel fuͤr die 
eeen— unſerer Stadt geſchehen, als in den letzten 

Jahren. Leider ſind aber dadurch auch die Mittel der 
Er ſehr erfchöpft und die Kräfte ihrer Bewohner ftärfer 
in Anſpruch genommen worden, als vorher. Und doch 
fönnen und wollen wir nicht ftehen bleiben, fondern dem 
Drange folgen, der und zu neuen Fortfchritten treibt; und 
während wir bald diefe, bald jene Verwendung der öffentlichen 
Mittel nicht billigen, haben wir doch zugleich Jeder Vor⸗ 
fehläge zu neuen Verbefferungen in Bereitfchaft und Fönnen 
die Zeit nicht erwarten, welche diefe ind Leben führen fol, 
Was werden aber unfere Nachfommen dazu fagenz daß 
wir fie, mitten im Frieden und frei von dem Drude 
öffentlichen Ungluͤckes, doc) durch immer wachfende Stadte 
ſchulden belaftet Haben? Aber nehmen wir denn die Vers 
befferungen mit und in dad Grab, und laffen wir fie 
ihnen nicht als ungefchmälertes Erbe zuruͤck? und forgt 
der Familienvater, welcher fein, Haus allmahlig in Verfall 
gerathen läßt, um nur nicht Schulden zu machen, in der 
That verftändiger für feine Nachfommen als fein Nachbar, 
welcher den Seinen zwar einige Schulden, aber zugleich 
auch ein ſtattliches Haus Hinterläßt, worin ed nie an 
Miethöleuten fehlt, deren Miethzind noch immer einen 
baaren Ueberfchuß gewährt? Und wohnlicher ift es gewiß - 


in einem Haufe, über deſſen Erhaltung und Verbefferung 


ale Bewohner gemeinfhaftlih wachen, al& wenn diefe 
gleichgiltig und unbeforgt in demfelben nur arbeiten, eſſen 
und ſchlafen und unbefümmert von dannen ziehen, wenn 
ihnen eine andere Stätte hierzu eine billigere Gelegenheit zu 
bieten ſcheint. 

Diefe Theilnahme an dem gemeinſamen Vaterhauſe, 
welche unſere ſtaͤdtiſche Familie umſchließt, war es auch, 
welche den Kunſt⸗ und Handwerksverein zu der Frage an 
feine Mitglieder veranlaßte: „Welche Verbefferungen und 
Berfchönerungen find unferer Stadt vorzüglich zu wuͤnſchen, 
und wie ließen fich diefelben am leichteften herftellen 2 

Verweilen wir zunähft im Innern der Stadt, fo 


fällt uns zuerft der Zuftand des Pflafterd und der ganzliche 


Mangel an Trottoirs auf, und zwar um ſo mehr, je 
weitläufiger Altenburg im Verhaͤltniß zu feiner Bevölferung, - 
und je fleinee die Zahl derjenigen ift, welche die Straßen 
der Stadt nicht zu Fuß, fondern zu Wagen zu paffiren 
pflegen. Und follten wie es einftweilen nur in den ebenern 
Straßen etwa 1 Elle von den Häufern zu Fußwegen aus 
folhen Porphyrplatten bringen, wie fie den Kanal in der 
Kunftgaffe decken, fo wäre das fehon ein Gewinn und ein. 
Anfang zum Beſſern. Die Hausbefiser aber, welche 
damit vor ihren Häufern begönnen, würden fid) gerechte ' 
Anfprüche auf den Danf vieler Sewohner und Bewohne⸗ 
rinnen Altenburgs erwerben. 

Schauen wir nun empor, fo erweckt noch hier und 
da der Anblick eines über die Nachbarhäufer herausragenden 
alten Bretergiebels den Eindrucf des Unfoliden, und wir 
wuͤnſchten diefe, nad) Entfernung der Schindeldächer um fo 
eher befeitigt zu fehen, je gefährlicher fie nicht allein für die 
Hauöbefiger und ihre nächften Nachbarn, fondern für ihre 


ganze Umgebung werden fünnen, Was die Beleudhtung _ 


unferer Straßen zur Nachtzeit anlangt, fo hat fich diefe 
nicht allein verbefjert, fondern auch auf die Vorftädte auöges 
dehnt, deren Bewohner fi) nun auch lieber gleih noch im 


dr 


Briefträgergelde den Innenftädtern gleich geftelt fähen, wenn 
ein folder Wunſch nicht allzu Fühn wäre. Allein das Lampens 
licht ift nun ſchon Vielen nicht mehr hell genug, und je 
häufiger fie jetzt Zwickauer Steinfohlen zu Geſicht befommen, 
defto öfter werden fie an die Gasbeleuchtung erinnert, die 
unſerer Stadt allerdings nicht übel ftchen würde. Die 
erfte Frage find aber die Koften, Diefe betragen in Berlin 
und Hannover für eine Gasflamme jährlid 20 Thlr. und 
bei und für eine Straßenlaterne im Durchſchnitt über 35 
Thlr. Es ſcheint alfo, ald ob die größere Wohlfeilheit 
auf der Seite des helleren Gaslichtes waͤre. Allein die 
allerdings nur einmal zu verwendenden Koſten fuͤr die 
Herſtellung der Anſtalt zur Bereitung und der Roͤhren⸗ 
leitungen zur Fortführung des Leuchtgaſes ſchrecken nicht 
allein wegen der Gefahr vermehrter Stadtſchulden ab, 
ſondern der Preis einer einzelnen Gasflamme wird 
auch um ſo groͤßer, je weniger ſolcher Flammen an 
einem Orte brennen; es wuͤrden deren aber wenigſtens 600 
nöthig fein, um jede mit 20 Thlr. jährlich beſtreiten zu 
fünnen. Unfere Stadt aber hat dem Vernehmen nad) nur 
gegen 140 Straßenlaternen, fann alfo zur Uebernahme einer fo 
großen Menge Gadflammen feine Hoffnung machen. Auch 
läßt ſich nicht erwarten, daß unfere Gaftwirthe, Kauf 
feute x. fo viel Gasflammen in Anſpruch nehmen würden, 
daß eine etwaige Actiengeſellſchaft für diefen Zweck dabei 
ihre Rechnung finden follte. Kurz die Gasbeleuchtung 
würde uns jegt in Altenburg eben fo überrafchen, ald vor 
anderthalb Jahren der Komet, wenn diefelbe au), einmal 
eingeführt, nicht fo fehnell wieder verfchwinden würde, 
Aber verlaffen wir nun die Mauern der Stadt, um 
und in ihrer Umgebung umzufehen! Hier fällt und zu⸗ 
naͤchſt die ungleiche Vertheilung der Ausgaͤnge auf, ins 
dem dieſelbe auf ihrer Suͤdſeite zwiſchen dem Schmoͤllnſchen 
und dem Teichthore, ungefaͤhr 1200 Ellen weit, nicht einen 


einzigen Ausgang beſitzt und gegen Nordweſten bin von der‘ 
‚Stelle an, wo die Zeißer Straße ſich aus der Johannis⸗ 





u — 


vorftadt hinaus windet, bis hinunter zu dem Sudelwege, 
der von der Pauriger Straße nach der Scharfrichterei bins 
über führt, d. h. ungefähr 1800 Ellen weit, ebenfalls jedes 
fahrbaren Ausweges entbehrt, obgleih die Felder Hinter 
dem Pohlhofe nur 600 Ellen von der Mitte des Marftes 
entfernt find, alfo diefem noch über 200 Elfen näher liegen, . 
als die wegen ihrer großen Nähe zu Bauplägen vorzüglich) 
geeignete Scheunenftraße. Bedenfen wir ferner, daß dieſe 
Felder dem Eifenbahnhofe, ald dem DBrennpunfte des auss 
wärtigen Verkehres noch naͤher liegen als der Hauptmarkt 
ſelbſt, ſo bleibt uns kaum ein Zweifel, daß dieſe Felder 
die geeignetſte Stelle zur Vergroͤßerung der Stadt ſein 
wuͤrden, wenn ſie nur von der Stadt aus zugaͤnglicher 
waͤren. Hierzu beduͤrfte es aber von der Neuſtadt aus 
nur einer 200 Ellen langen Straße, wodurch nicht allein 
dieſe Feldgrundſtuͤcke ſelbſt, die Haͤuſer in der Neuſtadt 
und in der Kehrichtsgrube in ihrem Werthe ſteigen, ſondern 


auch die ganze Stadt eine neue Verbindung mit der freien 


Natur und einen Zugang mehr für den Fall einer Feuerds 
noth in jener Gegend erhalten würde, Was die Spas 
jiergänge und Anlagen in der Nähe der Stadt ans 
langt, fo leiden wir an ſolchen allerdings feinen Mangel 
und fünnen und auch in ihnen der Fortfchritte der Neuzeit 
mit gutem Grunde freuen, Nur find diefelben unter fich 
zu wenig verbunden und machen es dem Fremden, der 
fie beſuchen und dem Altenburger, der fih in ihnen auf 
einem größern Spaziergange ergehen möchte, zu ſchwer und 
unangenehm, diefes ind Werk zu ſetzen. Wie viel fchöner 


- würde überhaupt Altenburg fein, wenn es noch mehr fo 


liebliche Gärten umgäben und die Partien zwifchen feinen 
freundlichen Anlagen fhmüden hälfen, wie etwa der Rans 
nigerfhe Garten in der Nähe des Angers! Dazu trage 
Jeder das Seine wilig und freudig bei; Wer nichts Beſ—⸗ 
ſeres hat, Worte, Wer aber mehr vermag, Unternehmungen 
und Thaten! ve 


Die Baumpfähle in Den Baumfehulen. 


Ein Fräftiger Obftbaum muß eben fo wenig eines 
Pfahles bedürfen, ald ein gefunder Waldbaum, und jeder 
Obſtbaum ift fehlerhaft gezogen, der oben ftärfer ift ald 
unten und der ohne Pfahl ſich zur Erde neigt; fo wie 
man aud von einem Menfchen nicht rühmen kann, er 
habe eine gute Erziehung genofjen, wenn er nicht feft auf 
feinen Füßen zu ftehen, ſich nicht ſelbſt im Leben aufrecht 
zu erhalten vermag. "Damit ift aber nicht gefagt, daß 
man einen neu auögepflanzten Obftbaum niemals durd) 
einen Pfahl fhügen ſolle; nur muß er diefen entbehren 
fünnen und feine Haltung auch ohne ihn bewahren, Es 
werden nämlid die Baume nicht blos, ja nicht einmal 
vorzugsweife von den Wurzeln ernährt, fondern auch von 
dem Blätterwerf ihrer Kronen, und deshalb bedarf der 
junge Obftbaum zu einem freudigen Wachöthum ebenfo 
gut einer verhältnißmäßigen Anzahl Seitenäfte, ald die 
junge Fichte, Kiefer, Erle und Birfe, 

Kann und will man aber feine jungen Obftbaume in 
den Baumfchulen nicht dem wilden Naturwuchfe überlaflen, 
ſo ſchneide man ihre Nebenäfte wenigftend erft dann ab, 
wenn fie ein Jahr lang zur Erftarfung des Baumes beiges 
tragen haben, fhneide dann aber auch den gerade aufwärts 
gehenden Hauptwuchs ein Stuͤck zurüd, um den Stamm 
dadurch zu neuen fräftigen Seitentrieben zu veranlaffen 
und fo neben der zunehmenden Länge auch für die wach⸗ 
ſende Staͤrke zu ſorgen. 

Bei dieſer Behandlung werden nur die Schwaͤchlinge 
in der Baumſchule eines Pfahles beduͤrfen, etwa ſo wie 
man nur für Kinder mit gekruͤmmtem Ruͤckgrath eine aufs 
fteifende Schnürbruft nöthig haben mag. 








Stand des Zuftand ° 

Thermo⸗ des 
meters. meters. Wetters. 
23,0 40 wik. ©. W. 


3,0 


“ v 





10 wi. . 
2,0 Ipele ©. 6 118° 





Meteorologifche Tabelle auf die Monate: Januar, Februar, März, 1844, von W. Bechftein. 































































































































































































































































































en A) nee N Alva. | 
Fruͤh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr. Fruͤh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr, Fruͤh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr, 
8 a Stand des Stand des Buftand a |Stand des Stand des Zuftand Blank bes Erann bes Zuftand = |Stand desiStand des Zuftand Stand des|Stand bes Zuftand | 
& | Baro= |Thermo- des Baro= |Thermos des = Baro= Thermo— ‘des Baro= Thermo— des = Baro=- Thermo— des Baro- Thermo— des 
meters. meters. Wetters. |meters.| meters, Metters. meters, | meters, Metters. meters. | meters, Metters. meters.| meters. Metters, | meters. | meters. Wetters. 
1 127° 5,5°)— 0,5% helle ©. 27° 5,0% + 1,25° |helle ©. 1 127” 2,0°”)— 0,75° |tr. ®. 27" 3,24 1,0% helle W. 1 27” 4,71)— 2,5° helle ©. 27" 359“ + 15° tr. ©: 

EIER 25 2: 227 15 Itr. ©. 2|-. 40 0,5 nik. N. 2.35 0,25 |tr. N. W. 2|=:37 |F 05 Ihelle ©. = 30 40 ni. ©. ®. 
3]: 52 | 035 nik @. = 67 1,5_|wif. ®. 31: 33 5 RW |- 44 = 0 MENRW | 3]- 30 1,5 helle ©. = 28 | 10 Reg. ©.W. 
41: 50 |- 20 |hele ©. ae 4 |= MW 5 ©. = 40 [> 30 |San. © T|- Elena — 
5 2765. | IB ©: E57 EEE TS: Huler 225 5,755 |tr. ©. = 20 30 wif. ©. 5|= 20 20 \wiE. ©. Stm|- 32 | 25 neW. 

6l= 34 |+ 50. nik. ©. [= 30 60 1. ©. Sa 55 It. ©, = 20 | 230 It W. 627 400,75 nl ©. = 48 1,0 d&. ®. 
BzE05 5,0 tr. ©. = 08 55 |tr. W —— 0 — 65 wi. ©, =. 36 3,0 helle ©. W. 7|= 60 30 Ne. 0. |: 66 = 0 wen D. 
5|= 38 | 30 |. RD. |=- 53 |— 10 | RD. 3 26 63 25 fr. ©. 26 115 |+ 1,0 wit. ®. — 88 30 RD |= 96 = 25 NS. 
91% 1,1 | 55- heile N. ©. 28 0,0 45 wife ©. 9 27 1,0 1,0 wi. ©. DZO 10 dee © | 9|= 103 35 helle ©. ®. |- 90 |F 10 Ihelle ©. 

10 28, 17 | 55 |bele ©; za 3,5 helle D, 10 = 00 15 hie © ®. |- 12 5 veES. (1: 5 F03mS.® |- 46 25 tr. ©.®. 

11 |= 04 85 |hele ©. = 0/1 45 helle ©. Il |= 38 2,0 wik. ©. - 51 =0 HEeS.M. | I |: 58 = 0 |. - 40 10 |. © W. | 
12 |= 00 | 100 Helle ®. 27 11,7 65 bee N.  |121: 64 20 wii. S. = 65 |+ 0,775 |helle ®. 12 26 105 |F 05 if. ®. 26 10,0 20 wik. ®. 
113127, 90 | 100 |tr. N. = 83 | 5,75 |bele R.S©. | 13 |- 70 3,75 |te N. - 68 |— 30 |te N. 13 27 03 |— 15 |Shn.®. 127 26 |— 20 |Schn. N. ®. 
14 |: 83 | 80 heile ©. 9. |= 95 4,75 helle N. 14 E= 9777. 49 |. N. D. : 80 30 m N. D. 14 = 55 10 It. ®. - 55 |F 10 nik. ©. 

35 2 110 | 95 Helle N. - 11,3 70 |helle N. 15 - 80 | 50 NL. &.®. |- 75 3,0 helle W 15 |= 59.| 2,25 wit. ©. = 58 1,0 tif, ©. ©. 
16 = 99 | 100 helle ©. ©. |-= 84 3,5 helle W. 16 |= 74 30 hie ©.W. |=- 74 + o» m©.®. |16|2 43 + 1,25 wie. ©. | 45 |te ©. 

17 |: 60 | 10 |Shn. ®. - 61 + 05 [te W 17|- 0 = 0 hie ©&®. |=- 63 2,0 |tr. ®. 17 7 70 — 05 San. R. 2. |= 79 15 m N. 2. 
1B|: 58 4175 |.®  |- 59 |. 275 tn @. 8) 8 + Wro.® |- W| 13 890.8. |B|- 62 | 25 m R. : 51 = 0. fee}. 

19 |= 36 | 230 Itr. ®. = 20 30 ti W. 19 |= 40 |— 10 wi, ©. = 33 20 w.©&®. | 19 |: 42 2,0 helle W. = 40 — 05 wid. ®. 

20 |= 08 |-=123 |Schn. R2.®.|- 10 = 0 |vif. ©. 20 |= 03 + 20 He. |- 18 20 vn. ©... | 20|= 15 1,75 |Shn. S. 8% 18 + VW er. ©W. | 
2] = 31 | 20 jegn.®. |- 24 |= 05 Son. R.®.| 21 |- 38 — 30 It. ©. - 30 = 05 helle W 21 |= 10 40 Sön.n%. 127 43 = 25 wie N. 
2|- 5 | 05 IM. = 30 + 125 |tr. @. 22 26 105-| 20 |Edn.©.W. -. 10 15 | N. 22|- 52 50 WE ©. |- 0 = 0 In}. 

3 65 | 20 WER — |: 75 | — 20 WEN W. | 23127 460 |) 80 \pien.®. |= 50 40 |helle ©. W. | 23 | = 40 | 15 |Shn.ndl.SW|- 45 + 20 heile S.W. 
24 |: 90 | 70 Ihe ©. |- 87 25 wif. ©. 24 26 10,0 | 50 |Schn.S.Stm.26 68 F 10 |t.S.W.Stm| 24 |= 5 |F 1,0 \wiE. ©. Zn 50_ helle ©. 

23 |= 84 |+ 10 Ir ®. = 86 + 230 te M. 25 27 52 40 |Schn. ®. 27 60 |— 230 wit. W. PFREREN) 2» © ®. 45 5,0 tr. W. 
—— 2,0 |tr. ®. 26 26 85 + 30 Itr. ©. Stm. 126 7,5 + 30 Reg. ©. ®. | 26 |- 10 40 |Rg.© |=- 15 6,0 wit, W. 
27.\= 50 10 it. ® := 66 2,0 tr. ®. 27 |= 68 1,0 wi. ©. ®. |= 100 — 1,0 \Schn. N. — 6 35 ir MW. = 77,0 3 ir. W. 
5690 nel. © ® |- 51 25 tr. ®. 23127 20 = 70 |te. ©. —— 20 tr. © ®. 25 |= 90 35 It. ©. = 95 60 I. N. 

29]; 40 | 175 |. 5 62 | 30 hele W. 29 |: 5,3 40 wE.&©. =: 52 + 10 helle ©. 29 28 04 05 |. N. ©. 23 10 5 | ND. 
30 = 31 | 20 S.8.5m. 212 | 30 te. ®. 2 30 = 04 |__20 jkleD. 27116 | 60 wiE.D. 
3l = 00 20 net. ©. = 08 2335 tr. ®. "ie u. 2 31 27 11,0 40 Neon.  |= 18 | 60 | N 

Höchfter Barometerftand den 10. Januar — 28” 1,7 Mittler Barometerftand —= 27 4,925, 


Ziefiter Barometerftand den 24. Februar = 26 6,8”  Kältefte Tage den 12., 15. u. 16. Januar = — 10,°. 





Erklärungen der Abkürzungen: tt, truͤbe, wlk. wolkig. Stem, Sturm. Meg, Regen. Schn, Schnee, Nebl, Nebel, nebl, nebelig, O. Oft, S. Süd, W. Wert, N, Nord, 


VII. 
Das Wandern der Handwerksgeſellen. 


Aus den Protokollen des Kunft = und Handwerksvereins 
mitgetheilt 
durch deſſen Secretair Ed. Lange. 


Bei der vom Kunft- und Handwerföverein aufgeftells 
ten Frage: 

„Was ift von der geſetzlich noch beftehens 

den Pflicht des Wandernsder Handwerfös 

burſchen zu halten?“ 
waren alle Stimmen, die fich vernehmen ließen, für deren 
Aufrechthaltung, fo häufig auch Gefuche um Dispenfation 
von diefer Vorfchrift beim beabfichtigten Meifterwerden, vors 
züglih aus dem MWeftkreife unfered Herzogthums, eingehen 
mögen. Denn unfere jungen Handwerfer holen ſich nicht 
allein in der Fremde neue Ideen, Erfahrungen und Kunfts 
geiffe, fondern die zu und wandernden fremden. Handwerfös 
burfchen tragen und auch dergleichen zu. Das Wandern 
erhält den Handwerköbetrieb in frifchem Leben, in wohls 
tätiger Bewegung, während er ohne diefed wohl gar zum 
faulenden Sumpfe werden würde. Und wenn fihon an 
einem und demfelben Orte eine Werfftatt vor der andern 
gewiſſe Vorzüge und eigenthümliche Vortheile voraus hat, 
. So findet dies noch weit mehr in weit entfernten Orten 

Statt, und es ift oft leichter, fie aus der Fremde, ald 

aus der benachbarten Werfftatt in der Heimath in neue 
Werfftellen überzutragen. Es ift alfo das Wandern nicht 
a Fünftigen Meifter aufgedrungene MWeitläufigfeit 

a 5 


und Schwierigfeit, fondern eine Bildungsfchule, die er ebenfo 
fehr zu. feinem eigenen Heile, ald zur Ehre des Handmerfs- 
betriebes überhaupt zu durchlaufen hat. Daher ift auch) 
die Nachfiht, welche man bisweilen Meiftersföhnen und 
in die Innung einheirathenden Gefellen infofern zufommen 
läßt, ald man von ihnen flatt zwei oder drei, nur ein 
Jahr Wanderzeit verlangt, nur als Tine Erleichterung bei 
der Benutzung zufällige, der Anfäffigmachung glnftiger 
Umſtaͤnde zu betrachten, deren öftere Wiederkehr nur die 
‚Ehre und Tüchtigfeit ſolcher Meifter gefährden dürfte, weß- 
balb diefe Maßregel ftetd nur Ausnahme bleiben follte. 
Da fih nun aber gar feine Stimme gegen die Noth⸗ 
wendigfeit ded Wanderns erheben wollte, fo forderte man 
ausdrücklich zum Hervorheben feiner Schattenfeiten auf, und 
nachdem nun die Erörterung der mancherlei drüdfenden Ers 
ſchwerniſſe deffelben für eine fpatere Zeit verfchoben worden 
war, erhob fich zunächft eine Stimme, um den rohen und 
fittenlofen Ton, welcher bei einigen Handwerkern noch hier 
und da auf den Herbergen der herrfchende ift, in feiz 
ner Verderblichfeit und Gefährlichkeit anzuflagen. Durch 
ihn fönne ed wohl oft foweit fommen, daß der junge 
Handwerker feine vermehrte Gefhieklichfeit, feine reichern 
Erfahrungen nur gegen den Berluft feiner guten und 
einfachen Sitten gewonnen habe. - Das führte auf die 
ſogenannten Brüderfchaften dee Gefellen und auf dad abe 
gefchloffene, Zufammenleben derfelben in den Herbergen. Bei | 
des iſt wohl oft gemißbrauht und für die Betheiligten vers | 
derblich geworden. Aber indem man dem Gefellenftande, 
um dieſer Mißbraͤuche willen, feine frühere Selbftftändigfeit 
entzog, nahm man ihm zugleich ein Element der Charakters 
bildung «und einen Halt für feine ehrenhafte Entwidelung, 
ohne zugleich, das Verlorne dur) etwas Beflered zu ers 
ſetzen. Es zeigte ſich aber der Geift der Selbfiftändigfeit 
in den alten Gefelenbrüderfihaften ſchon darin, daß der 
von: der Meifterinnung zum Gefellen gefprochene Handwerfer 
in der Brüderfchaft erft dann ald folher galt, wenn er 





\ 
deren Anerkennung, freilich oft durch unlöbliche oder unzweck⸗ 
mäßige Nebenleiftungen, gewonnen hatte; und der einer folchen 
"weitverbreiteten Brüderfchaft angehörige Handwerfsburfche 
‚trat in eine ferne fremde Stadt mit weit größerer Zuverficht 
ein, weil er darin Gefellen wußte, die ſich feiner um der 
Brüderfhaft willen annahmen, als wenn er als einzelner 
Fremdling zu eben fo vielen Einzelnen gefommen wäre, die 
fih nicht um ihn zu Fümmern hatten. Oft mochte aber 
auch das Vertrauen auf die Brüderfchaft züm Teichtfinnigen 
Verſchwenden der Geldmittel führen, da ja die Brüderfchaft 
die Pflicht Hatte, den Kameraden nicht finfen zu laffen. 
So war auch früher Licht und Schatten neben einander, 
und die Brüderfchaften der Gefellen wenigftens fo Tange 
zeitgemäß, ald noch die Selbftftändigfeit der Korporationen 
und die alte Gaftfreundfchaft Blühete, welche beide zwar 
auf die Seite gefhoben, aber doch nicht völlig erſetzt find. 
Erft einige Monate fpäter Fonnten diefe Verhand⸗ 
- lungen weiter geführt werden und zwar dur) Befprechung 
der Frage: 
„Bas ift zu thun, damit die jungen 
Handwerfer die Zwede des Wanderns 
leicht und vollftändig erreihen?” 

Man antwortete: Sie muͤſſen dazu technifch, geiftig 
und fittlich gehörig vorgebildet ſein; fie müfjen die für ihe 
Gewerbe befonderd wichtigen Städte und die polizeilichen 
Anordnungen kennen, die fie zu beobachten haben, wozu 
namentlich das Losfprechen der bisherigen Lehrlinge benutzt 
werden, oder die DVeranftaltung öffentlicher Vorträge über 

dieſen Gegenftand um die Ofterzeit zweckmaͤßig fein fönnte, 
fo wenig ſich auch in einigen flüchtigen Stunden jemals 
wird nachholen laſſen, was ein tüchtiger, gebildeter und 
. wohlmwollender Meifter in Wochen und Jahren an feinen 
Lehrlingen thun und vorbereiten Fann. Auch wird die Empfeh⸗ 
lung eines Solchen an einige tüchtige Werfftellen ftetö von 
wohlthätigem Einfluffe fein, befonders in Zeiten, wo e8, 
wie jest, für nicht Empfohlene ſchwer Hält, in eine folde 
5 * 


a 


folche aufgenommen zu werden. Nicht unzweckmaͤßig find 
auch gute Bücher mit Vorfchriften und Anweiſungen zu 
einem erfolgreichen Wandern und die Sufammenftellung der 
Pflichten der Meifter, Gefelen und Lehrlinge, wie fie 5. B. 
dem Vernehmen nad) in Preußen den Zimmerleuten beim 
Aufdingen und Losfprechen vorgelefen und gedruckt über- 
geben werden follen. Wohl wird dem wandernden Ge⸗ 
fellen dad Wandern nicht felten auch durd) die barfche und 
hintanfegende Behandlung von Seiten einzelner Polizei⸗ 
beamten, Saftwirthe und felbft Privatperfonen verleidet, allein 
jemehr die Zahl der Tüderlichen, ſich zwecklos in der Welt 
umbertreibenden Wanderburfchen, durch die gegen fie ges 
troffenen Anordnungen abnimmt, jemehr gebildete und be= 
holfene junge Leute fih auf die Wanderfchaft begeben, 
um fo mehr werden auch diefe Nachtheile ſchwinden. Es 
fommt alfo Alles auf eine tüchtige geiftige, fittliche und 
technifche Vorbildung an, die freilich) nur unter ebenfo ge- 
bildeten Meiftern zu erreichen fein wird, Neben diefen 
mögen auch die Gewerb> und Sonntagöfchulen und die 
fih) jest immer mehr audbreitenden Gefellenfortbildungs> 
vereine dad Gute, was Haus und Schule gepflanzt und 
begründet haben, fortfegen und erweitern, aber die gute 
Hausordnung des Lehrmeifterd werden fie nie vollftändig 
erſetzen, geſchweige denn überflüffig machen koͤnnen. — 


i IX. 


‚Der sent Der pomplogifchen 
Gefellfchaft, 


den 9. Oftober 1844, 


Zur diesjährigen Herbftverfammlung der pomologifchen 
Gefellfhaft war wiederum das Logenhaus mit feinen freund- 
lichen Räumen den Mitgliedern ded Vereins geöffnet, und 
es hatten, namentlich im größeren Saale deffelben, Herr 
Kammergutspachter Löhner über 100 Sorten Aepfel und 
Birnen, Here Lehrer Voͤgler ebenfald an 60 Gorten 
Obſt nebft einigem Wein, die Brüder Profeffor und Kols 
laborator Lange an 130 Sorten Obft und einige dreißig 
Sorten Kartoffeln nebft etwa 40 Sorten Aepfel und Birs 
nen, die fie durch gefällige Zufendung des Lieutenants 
Donauer von Koburg für den Verein erhalten hatten, 
Herr Kunftgärtner Bretfhneider mit Herrn Ranz 
niger sen. etwa 300 Sorten Georginen, Herr Gymnas 
fialdireftoe Dr. Fo ß an 70 Sorten Georginen, Herr Kunfts 
gärtner Sieckmann 72 Sorten Nelken nebft einer Mufter 
farte von feiner fehe zahlreichen Nelfenfammlung, Herr 
Gottlieb Müller aus Rodameufchel wohl 10 recht an- 
fehnliche, aber in ihrer Größe doch mannigfach verfchiedene 
Sartoffelfämlinge, endlich die Herren Negierungds und 
SKonfiftorialratd Dr. Bad, Börner, Heinfe, Rogge, 
Kunze ꝛc. mancherlei Arten Gemüfe, Kartoffeln, Wein 

u, f. w. ausgeftellt. 

Kurz nah 14 Uhr war fehon eine ziemliche Anzahl 
der Bereinsmitglieder hier zufammengefommen und betrachs 
tete mit Theilnahme und Wohlgefalen die reichen Schäge 


— 8 — 


ded Obftbaues und der Blumenzucht, bis gegen halb zwölf 
Uhr die Feftfisung im fleineren Saale deſſelben Haufes 
ihren Anfang nahm. 

Der Direftor der Gefellfchaft, Herr Kammerrath Waitz, 
ging bei Einleitung der Sikung etwa davon aus, daß 
‚der trübe Sommer für die Kultur der Zierpflanzen weniger 
günftig, für die umfänglihe Ausbildung des Obfted da⸗ 
gegen offenbar von Vortheil gewefen fei, bob aber fpäter 
vornehmlich hervor, daß unfer Obftbau, der fich glücklicher 
Weiſe von der Weberführung mit geringeren Obftforten aus 
Franken frei gemacht habe, annoch gegen 3 Hindernifle Ans 
zufämpfen habe, nämlich dagegen, daß man nicht forgfältig 
genug Ferngefunde Unterftämme heraufziehe, oft Edelforten 
auf einen alzuverfchiedenartigen Grundftamm fege und durch 
die babyloniſche Namenmengung der Obftforten felbft vom 
Anfauf renommirter Arten 'abgefchrecft werde, Natürlich 
reihte fich daran Der fromme Wunfch, womöglich eines der 
Mitglieder fi) mit einer foftematifchen SKlaffififation des 
Obſtes befaffen zu fehen. Hieran ſchloß fich die Angabe 
der Verluſte, welche die Gefellfhaft durch den Tod oder 
Austritt von Mitgliedern erfahren hatte. » Und darauf 
wurde die Wahl der fFünftigen Gefellfchaftsbeamten vors 
genommen, ald welche fpäter nach den (26) Wahlzetteln 

Herr Regierungss und SKonfiftorialratd Dr. Bad 

fürs Direftorat mit 23 Stimmen, 

Here Kammerrath Waig fürs Vicedireftorat mit 

21 Stimmen, 
Herr Rath Zinfeifen mit S Stimmen fürs Sekre⸗ 

-  tariat 
und Herr Kammerrath Hafe für die Kaffenführung und 
Herr Lehrer Rogge für das Bibliothefariat mit allen 
Stimmen ernannt wurden. 

Dod) Ichnte Here Rath Zinfeifen die Uebernahme 
der Schriftfuͤhrung entſchieden ab, und der Vorſtand ver⸗ 
hieß dabei, irgendwie eine vermittelnde Anordnung ei 
zu wollen, 





Wahrend aber diefer Wahlaft vor fich ging, wurden 
vom Bicedireftor, Herrn Dr. Bad, die folgenden Gegens 
ftände zu einftweiligee Befprechung vorgelegt und im freier 
Diöfuffion ungefähr fo erörtert; 

Dr. Bad: Indeß Sie Ihre Stimmen geben, laſſen Sie 

‘mich Hier ein in der Schwetfchfefhen Buchhandlung 
in Halle unlängft erſchienenes Werk vom Heren Pros 
feffoe Dr. Germar in Halle, welches Abbildungen 
und Befchreibungen von Verfteinerungen aus 
den Steinfohlenlagern von Wettin und 
Loͤbejuͤn enthält, herumgeben. — Laflen Sie Sic) 

aber jest zuerft an die Bohnen erinnern, welche 

ich Ihnen im vorigen Jahr von unferm nun verftors 
benen Mitgliede Geyer aus Eifenberg vorzeigte, 
weil fie bei ihrem Wahsthum halb weiße Blätter 
‚gezeigt hatten. Ich verhieß, fie auszulegen, und habe. 
died gethan. Allein alle Pflanzen find wieder ges 
woöhnlihe Bohnen geworden, bis auf eine, die mit 
lauter weißen Blättern zu Tage Fam, aber bald 
fümmerte und abftarb. 

Kollaborator Langer Died erinnert mich an manche 
franfe Obftfämlinge, die mein Bruder und ich 
früher bisweilen in unfern Baumfchulen antrafen, und 
wegen ihrer bleichen Faͤrbung fcherzweife Gefpenfter 
nannten., Die Gefpenfter aber koͤnnen einmal nur 
beim Aberglauben des Volkes leben, und darum find 
wohl auch unfere Gefpenfter am hellen Tageslichte 
bald verftorben, Leider habe ich jetzt Feine folchen 
Schatten ‚von Bäumen in den Schulen mehr ans 
getroffen, die es zur ordentlichen Holzbildung gebracht 
hatten, weßhalb ich auch zu meinem großen Bedauern, 

beſagte Gefpenfter nicht Habe fortpfropfen fünnen, 
"Profeffor Lange: Offenbar rührt das bleiche Aus⸗ 
ſehen derartiger Pflanzen von nicht gehöriger Zerfegung 

der Urſtoffe her, Darum fterben diefe Pflanzen auch 
bald ab, Moͤglich aber bleibt cd gewiß, durch Ver: 


or 


mehrung oder Veredelung derfelben Spielarten zu ers 
ziehen, wie died ja wohl deutlich dad Bandgras und 
die gefleckten Sler», —— Be ꝛc. 
Arten zeigen. 

Kammerrath Waitz: So habe einft einen gefleck⸗ 
ten! Myrtus ofulirt gefehen. Das Merkwuͤrdigſte 
aber an ihm war, daß ein Stuͤck unter der Ofulirs 
ſtelle fpäter ein Aſt vortrieb, welcher geſcheckte Blätter - 
zeigte, was allerdings für eine Einwirfung des Edels 
reißes oder Edelauges auf den Grundftamm fpres 
chen ſollte. 3 

Regierungsrath ꝛc. Dr. Bad: Neben der Klage 
über jenen mißlungenen Verſuch mit den filberblättrigen 
Bohnen möchte ich aber noch eine viel fihmwerere 
gegen das mannichfaltige Ungeziefer diefes 
Jahres anbringen, welches mir meine blühenden 
Kirfhbäume ganz abgenagt und feelettirt hat, 

Profeffor Lange: Da meinen Sie vieleicht jene, fol 
ich fie vergleichen, blutegelartigen Thierchen, 
welche von den Blaͤttern die Oberhaut und die wei⸗ 
here Ausfuͤllung zwiſchen den Blattadern freſſen, 
und ſo ein feines Gerippe des Blattes hinterlaſſen? 
Dieſes Gewuͤrm geht viele Baͤume an, wie Birnen, 
Quitten ꝛc., ja ſelbſt die bitteren Erlenblaͤtter ſcheinen 
ihm vortrefflich zu ſchmecken. Wenigſtens ſah ich 
dieſe Thiere zuerſt auf Erlenbuͤſchen. Wenn nur noch 
der Herr Profeſſor Apetz hier waͤre, dann koͤnnten 
wir ſogleich ſchnellen Aufſchluß uͤber dieſelben erhalten. 

Rath Sinkeiſen: Auch mir find dieſe Feinde von 
meinen Sranzobftbaumchen ber befannt, fie riechen fehr 
ftarf und fehen dunfel aus. 

Negierungdrath w. Dr. Bad: Ich bin nun eins 
mal im Slagen, darum laffen Sie Sich's wohl auch 
gefallen, wenn ich andere Klagen übernehme, und 
Ahnen namentlich vom Paftor Sörgel in Lipperss 
dorf bei Roda erzähle, wie er zwar gern den Obftbau 


— 65 an | 
beben wolle, aber mit feinen Bauern deßhalb nichts 
ausrichten koͤnne, weil die frei zwifchen den Feldern 
ftehenden Pflaumenbaume alle Früchte durch Inſekten 
verlieren, die diefelben ſchon frühzeitig abfneipen, fo 
daß die Bauern anfangen, die Pflaumenbäume an 
den Feldrändern abzubauen. Sollte Jemand ein 
Mittel gegen diefe fchädlichen Rüffelfäfer kennen? 

Ba Krenkel: Ein Mittel fenne ih nicht, die 
Kafer felbft aber Fenne ich ſehr gut, denn fie Baben 
mir die Pflaumenernte nicht im Freien, fondern in 
meinem Hausgarten gleichfalls verdorben. 

N Drofeffor Lange: Ein bewährtes Mittel gegen fo 
fleine und zahllofe Feinde dürfte auch fihwerlich ans 
zugeben fein. Wohl aber weiß ich, daß in meinem 
Garten oft die Pimpinellrofenfträucher von folchen 
abfneipenden Rüffelfäfern heimgefucht wurden, und 
daß ich z. B. vorm Jahre wegen der Menge diefer 
Inſekten für die heurige Blüthe fehr beforgt wurde; 
doc) heuer habe ich den alten Feind gar nicht wieder 
gefpürt, weil wahrfcheinlih die Witterung ihn vers 
nichtet hat. Zu wuͤnſchen wäre nur, daß auch das 
Wetter jenem Nüffelfafer den Tod -brächte, welcher 
die innern Theile der Baumblüthen abnagt und feis 
nem Werfe durch die verbundenen Blumenblätter die 
Krone, oder wenigften eine Haube auffest. 

Dr. Bad: Das wären mie Kronen! möchten wir 
lieber eine folche, und wäre fie auch nur von Blumen, 
dem Schneidermeiſter Fuchs in Lippersdorf aufs 
druͤcken, weil er in den ſogenannten Thaͤlern uneigen⸗ 
nuͤtzig und gefaͤllig pfropft und veredelt nach Herzensluſt. 

Aber laſſen Sie Sich hier noch eine ſchoͤne 
Sorte Hafer (fogenannten Schwarzhafer) vorzeigen, 
der bisweilen in dem Holzlande den Pafloren 
ald Decem gefchüttet wird, und von dem die Bauern 
angeben, es wüchfe nur foldher Hafer auf ihren Fels 
dern und der auögefaete Weißhafer verwandle fi 





— 66 — 


in dieſen Schwarzhafer. Sagen Sie, ſollte wirklich 
eine ſolche Verwandlung moͤglich ſein? 

Dagegen erklaͤrte ſich die ganze Verfammlung. 
einſtimmig und Herr Loͤhner ſagte noch zum wei⸗ 
tern Verſtaͤndniß, „dies werde Wildhafer ſein, der 
leider ein perennirendes Unkraut waͤre und leicht 
durch uͤppige Vegetation den guten Hafer verdraͤnge.“ 

Kammerrath Waitz: Ich glaube nicht, daß der 
vorliegende Hafer Wildhafer ift, denn fonft müßte er 
behaart fein, 

Gutöbefiger Heinfe aus Kaimnitz: Auch ich 
halte ihn micht für Wildhafer, fondern es ift eine 
geringe Sorte fihwarzer Hafer, die allerdings im 
Holzlande gebaut und in Gera häufig facfweife zu 
Marfte gebracht wird. . 

Dr. Bad: Laffen Sie mich aber nun noch, im Namen 
unferes Ornithologen, des Herrn Pfarrerd Brehm 
in Unterrenthendorf zwei Fragen an Sie richten, meine 
Herren; und zwar zuerſt: welches ift das befte 
Mittel, um die Wurzeln der Kohlpflanzen 

frei von den Knollen zu machen, welde 
duch Angriffe von Inſekten an ihnen 
hervorgebracht werden? 

Profeffor Lange: Ein bewährtes Mittel? Das iſt 
gegen dieſe Feinde, wie gegen die ſchon erwähnten 
Rüffelkäfer, ſchwerlich anzugeben; raͤthlich aber dürfte 
es gewiß fein, nicht reichlich zu düngen, weil jene 
Inſekten im Dünger ihren Unterhalt haben, 

Kammergutspachter Löhner: Vornehmlich fol 
man nie in frifchen Dünger pflanzen, fondern das 
Land noch vor Winterd düngen, Wenigſtens bat 
died bei mie jene Feinde ziemlich unſchaͤdlich gemacht. 

Dr. Bad: Giebt es ferner ein ſicheres Mits 
tel, umdie Maulwurfögrille gu vertilgen? 
fragt Herr Brehm, 


a 


Kammerrath Wais: Da macht ja eben ein ges 
wiſſer Magnus aus Befancon, denfe ich, ein folches 
Mittel gegen eine Vergütung von 4 Thalern im 
Wochenblatt befannt und beruft ſich auf die Attefte 
ſachkundiger Landwirthe, 

Profeffor Lange: Wir fennen diefes Infekt in unferm 
Amte Altenburg faft nicht, verfteht fi) daher, daß 
wir auch Fein Radifalmittel dagegen willen. 

Kammergutöpahter Löhner: Jenes angepriefene 
Mittel von Magnus foll nach der Ausfage feiner 

Käufer recht wirkſam fein. Es befteht aus einem 
Raͤucherapparat, durch welchen der Dampf von übels 
riechenden Dingen in die unterirdifchen Gänge Hineins 
getrieben wird, wodurch dann wieder die böfen Feinde 
aus ihren Löchern viele, viele Schritte weit heraus⸗ 
geräuchert werden. Uebrigens fertigt unfer alten- 
burgifcher Klempner Flach diefelbe Mafthine recht gut 
und wahrſcheinlich auch wohlfeiler an. 

Profeffor Lange: Werden aber auch die Mauls 
wurfsgrillen durch dieſen Rauch getödtet oder vers 
trieben? Ich Habe hierüber nichts in Erfahrung bringen 

koͤnnen. 

Dr. Back: Nun will ih Ihnen wenigſtens noch aus 
dem Kahlaifchen Nachrichtsblatt die erfreuliche Nachricht 
mittheilen, daß bei einem landwirthſchaftlichen 
Feſte zu Kuhfraß die Gemeinde Moͤtzelbach, 
in welcher der Landtagsabgeordnete Müller einen 
fegensreichen Einfluß ausübt, wegen vieler lobens⸗ 
werther Eigenfchaften und Bethätigungen mit allge 
meiner Zuftimmung den auögefesten Preis erhals 
ten bat. 4 

Kammerrath Waitz: Sind wir einmal abgefchweift, 
fo wild ih Ihnen nur kuͤrzlich berichten, daß 
fih die 1842 mir aus Trieft zugefommene 
Bohnenſorte, welche hier vorliegt, durch reichlichen 
Ertrag, huͤbſches Ausfehen, und durch ihren Wohl: 


geſchmack bewährt hat, und daß ich reichlichen 
Saamen zu fpäterer Bertheilung zu fammeln hoffe. 
Auch glaube ich für den unferen Birnbäumen 
‚bier fehr fchädlichen Pilz, welcher die Blätter, jungen 
Triebe und felbft die Früchte ergreift und verdirbt, 
gelbe Auswüchfe erzeugt und braun ausftäubt, den 
Namen in Roestellia cancellata gefunden zu haben. 

Kammergutspahter Löhner: Ich habe immer 
noch Luft, unfere Franfen Birnblätter dem Sons 
nenrtegen zuzuſchreiben; denn ich habe fie ſtets 
auf folhen Bäumen, die vom Sonnenregen - betroffen 
worden waren, wahrgenommen. 

Profeffor Lange: Das ftelle id) durchaus in Abrede, 
denn ftetd verbreitet ſich die Blattfranfheit da rund 
herum, wo die Pilze einmal auf einem Baume heis 
mifch geworden find, Und c& wird ja faft immer ein 
ganzer Garten vom Sonnenregen betroffen werden, 
während doc) nur einzelne Bäume befallen find. 

Kanzleirath Behftein: Rundum, fagen Sie? Ich 
glaube aber bemerft zu haben, daß die Baume ſtrich— 
weis erfranfen. 

Profeſſor Lange: Aber wie follten denn bei Sonnens 
regen die Blätter zuerft auf der unteren Seite, wie 
dies doch regelmäßig gefchieht, die Kranfheitöfpuren 
zeigen, da doch der Negen oben darauf fallt? 

Kollaborator Lange: Ließe fih nicht gleichwohl 
eine fteichweife Verbreitung der Sranfheit leicht mit 
einer Pilzbefamung fo vereinigen, daß ein länger ans 
haltender Wind oder Regen von den Franfen Bäumen 
die Sporen der Pilze nad) gewilfen Strichen hin 
häufiger verführte? — Allein was würden Sie denn 
dazu fagen, wenn im Garten des Deutfchen Hofes 
hier notorifch nachgewiefen werden fann, daß von 
einem Peteröbirnbaum aus ſich die Kranfheit nad) 
allen Seiten bin verbreitet hat und an den von dies 
fem Suͤndenbock mehr entfernten Punkten bei weitem - 


a open 


weniger heftig fich zeigt? Und wenn der Gärtner 
unter jenem franfen Birnbaum fihon zwei⸗ und 
dreimal junge Franzbaͤume einpflanzen mußte, weil 
fie zwar das erfte Jahr üppig vegetirten, im zweiten 
Sabre aber befallen wurden und Fümmerten, im dritten 
oder vierten Jahre aber ſchon regelmäßig als vers 
dorben heraußgeriffen werden mußten. Machten das 
auch die Sonnenregen ? 

Kammerrath Wais: Es ſprechen ja auc) englifche 
Sournale darüber, daß ſich Schwaͤmme auf Blättern 
zeigen und diefelben verderben. 

Profeffor Lange: Nun ich hoffe, Sie übers Jahr 
überführen zu Fönnen, weil ich heuer Blätter, auf 
denen die Pilze ausftäubten, mit in meine Baum⸗ 
ſchule genommen und einige einzelnftehende Bäume 
zu inficiren verfucht habe. — Wogegen ic) und mein 
Bruder unfere Baumſchule fihon im vorigen Sabre, 
wo fih die SKranfheit überhaupt cher heftiger als 
heuer zeigte, für diefes Jahr faft dadurch gereinigt 
haben, daß wir alle Franfhaften Blätter vor dem 
Ausftäuben der Pilze abriffen. Daſſelbe Bat aber 
auch, wenn fihon mit etwas geringerem Erfolg der 
Advofat Adam erreicht, der gewiſſe Bäume ganz 
wegfchlug, von den andern aber, fo viel dies anging, 
auch die Franfhaften Blätter abriß. 

Kammerrathd Wais: Zu Ihrer Bemerfung, daß 
fi) die Pilze auf den Birnblättern Heuer weniger 
heftig zeigen, will ic) nur die allgemeine Wahrnehmung 
hinzufügen, daß fi) alle Pilze in gewiffen Jahrgaͤngen 
viel zahlreicher, ald in anderen zeigen, wie man dies 
genau von den Morgeln weiß, 

Kollaborator Lange: Und ih will nur noch era 
wähnen, daß ſich die Pilzkrankheit nicht allein auf 
Birnbäumen findet, fondern daß die Pflaumenbäume 
auch recht häufig befallen werden, obgleid) auf ihren 
Blättern die Pilze feltner bi zum Saamentragen und 


- m - 


Ausftäuben fommen. Ja ganz einzeln werden fogar 
Quittene und noch feltener Aepfelblätter befallen. 
Kammerrathb Waitz: Uebrigend laſſen Sie uns ja 
diefe Krankheit möglichft wiſſenſchaftlich beobachten. 
Nun aber nehmen Sie noch) freundlichft, che wir zur 
Befprechung der erften aufgeftellten Frage fortfchreiten, 
folgende kurze Notizen auf, daß man in Leipzig zum 
erften Mal eine Ausftelung von Gartenergeugniffen 
veranftaltet hat, daß mir hier aus Gotha der neue 
Jahresbericht des Ihüringer Gartenbauvereind nebft 
recht überfichtlichen Vergeichniffen vorliegt, und daß 
id) auf meiner Neife zur Verfammlung der Raturs 
forfcher nach) Bremen, in Norddeutfchland eine Fruchts 
barkeit der Obftbaume getroffen habe, die ich dort 
niemals zu finden gehofft hätte. Die Baume waren 

bis zum Brechen behangen. 

Doch nun die erfte Frage. Sie lautet: 

Auf welde Weife werden Gewaͤchſe einer 
wärmeren Zone bei uns acclimatifirt? 
Die Verhandlung wurde vom Heren Vorfigenden etwa 
fo eröffnet: 

Es iſt viel gefteitten worden, ob ſich Pflanzen acclima⸗ 
tifiren laffen, oder ob ſchon früher in ihnen die Kraft 
lag, höhere Kältegrade, ald die ihres Vaterlandes zu 
ertragen. Erwieſen ift, daß viele Pflanzen, wie 
Springen, Roßkaſtanien ꝛc. aus wärmeren Gegenden 
zu und verpflangt wurden und unfere Winter ertragen. 

Profeffor Lange: Dennoch dürften und geeignete 
Borverfuhe für die Beantwortung fehlen, da -unter 
und wohl Niemand ſolche in größerer Ausdehnung 
gemacht bat, obfehon ich mit meinem Bruder wohl 
anführen darf, daß in unferer Baumfchule die der 
Gefelfchaft aus Abafien vom Nuffifchen Krongaͤrtner 
Döllinger zugefendeten Samen der Cidonia arborea 
und Mespilus germanica fructu maximo nicht nur 
zu ziemlichen Pflanzen herangezogen worden find, fons 





- 1 — 


dern daß auch mamentlic die Baumquitte an ihren 

Spigen nie ſo viel vom Frofte gelitten hat, wie die 

gewöhnliche Quitte, ja daß fie vielmehr nach einigen 

Wintern ganz unverfehrte Spisen gezeigt hat. Woraus 

erhellt, daß jene abafifchen Pflanzen unfere Winter 

fehr leicht erteugen. Und fo bat fi wohl aud) die 

Noffaftanie durchwintern laffen, ohne daß man crft 

nöthig hatte, irgendwie Mittel anzuwenden, um fie 

an unfere Kalte zu gewöhnen, 

-Sammerrath Waitz: Noch anzufuͤhren waͤre, daß 
man raͤth, Baͤume einer waͤrmeren Gegend nicht wieder 
zu Baͤumen hinaufzuſchneiden, ſondern ſie in kaͤltern 

Laͤndern ſtrauchartig zu cultiviren. Wozu ich noch 
anempfehlen moͤchte, bei Acclimatiſationsverſuchen im⸗ 
mer die Kerne der erſten gereiften Fruͤchte zu ſammeln 
und wieder auszuſaͤen, damit man ſo Pflanzen zu 
gewinnen ſuche, die ſchon fuͤr eine kuͤrzere Vegetations⸗ 
periode ſich geneigt zeigen, und die, weil ſie die Blaͤtter 
fruͤhzeitiger abwerfen werden, ein reiferes und dauer- 
bafteres Holz befißen, 

Profeſſor Lange: Wenn Kecklimatifntien möglich ift, 
dann dürfte fie gewiß am eheften bei der Ausfaat 
der geeigneten Saamen zu bewerffteligen fein, weil 
jedesmal durd) Ausfaat neue Individuen erzeugt wers 
den, die fich doch vieleicht irgendwie der Bodens und 
Slimabefchaffenheit einer andern Gegend anbequemen 
fönnten. 

Kammerrath Wais: Wunderbar bleibt ed, zum 
Wenigften, wie in England Manches ausdauert, ja 
wie man dort felbft Erifen und Kaften im Freien 
durchwintern will, . 

Profeſſor Langes Dabei muß gewiß zunaͤchſt das 
Inſelklima Englands und der Küften Norddeutfchlands 

in Rechnung gebracht werden, da diefes Klima auf der _ 

aͤußerſten Südweftfpiße Englands im Winter nicht 
einmal -andauernd den Schnee liegen bleiben laͤßt. 


- mu. 


Und glauben Sie nur: man hat auch neuerdings viele 

mehr Vertrauen zu der Dauerhaftigfeit der Pflanzen 

gewonnen, 7 
Diefe Frage wurde, nun aufgegeben und zur Ber 

fprechung der zweiten übergegangen, welche hieß: 

„Welches find die wirffamften Mittel 
zu fhneller Bertilgung der den Pflans 
zen fhädliden Ohrwuͤrmer?“ 

Ihre Befprechung eröffnete: 

Herr Regierungsratb Dr. Back: Bom Herrn 
Hofgärtner Kunze hier werden gegen die Ohrwuͤrmer 
Kuhklauen angewendet, 

Bretſchneider J.: Died gefihieht auch bei mir mit 
faft genügendem Erfolg. 

Sanzleirath Behftein: Man fann auch Düten 
brauchen, fowie alles, was diefe Inſekten gegen 
Sonne, Wind und Wetter fchüst. 

Kammergutspahter Löhners Nur werden die 
Düten vom Wind leicht weggeführt und zerweichen 
bei Regen. 

Kaufmann Beffer: Mein Gärtner hat auf die 
Dfähle der Georginen, denn diefen wird man wohl 
hauptſaͤchlich Schus gewähren wollen, kleine ziemlich 
anfchließende Blumenäfche hutartig aufgefest, und viele 
Ohrwuͤrmer darin gefangen, Freilich aber fallen die 
Thierchen aus den Aefchen etwas leichter herab und 
entfommen. 

Gymnafialdireftor Dr. Foß: Bei den Kuhflauen 
babe ich noch die Erfahrung gemacht, daß die Ohr⸗ 
mwürmer fich viel lieber in die dunflen, wenig durch⸗ 
fiheinenden zurücziehen, fo daß oft in einer dunflen 
Klaue 10 derfelben ſich vorfanden, während in einer 
hellen und durchfiheinenden Feiner oder nur einzelne 
gefangen wurden. | 

Profeffor Lange: Kann etwa einer der Herren 
über die Fortpflanzung der Ohrwuͤrmer nähere Aus⸗ 


funft geben, damit wir fie vielleicht in irgend einer 
anderen Entwicelungsperivde erfolgreicher befämpfen 
fönnten? Es ift recht Schade, daf und vorhin Herr 
Profeffor Apes gleich wieder verlaffen hat, denn von 
ihm hätten wir leicht und ſchnell alles Nöthige ers 
fahren. Sie muͤſſen naͤmlich wiffen, daß ich mid, 
obgleich ich Fein Georginenzüchter bin, dennoch eben» 
falls unter die entfchiedenen Gegner der Ohrwuͤrmer 
zähle, weil fie mir heuer viele Pfirſchen vom Stempel 
herein benagt und zum Faulen gebracht haben, welche 
an meinen aus Saamen erzeugten Pfirſchbaͤumen freus 
dig prangten, 

Sammergutspahter Löhner: Aud mir haben 
die Obrwürmer gewiß 2 Deittheile meiner Pfirfchen 
zum Abfallen gebracht. 


„Rath Binfeifen: Haben Sie auch noch diefen Feind 


‚über Ihren Pfirfchen gehabt? Ich dachte, die Blatts 
läufe wären ſchon ſchlimm genug gewefen. 

Drofeffor Lange: Die waren heuer allerdings 
fhlimm auf Pflaumen und Steinobſt. 

Kammergutöpadter Löhner: Bon jenen Blatts 
läufen, Here Rath, erholten fi) meine Pfirfchen 
glei) nad) dem erften warmen Regen; aber die vers 
wünfchten Ohrwürmer griffen die Früchte beim Reif⸗ 
werden an, wobei ihnen Wespen und anderes Uns 

geziefer treufich halfen. 

Gutsbeſitzer Heinke aus Kaimnitz: Wenn es 

auch nicht ganz hierher paſſen will, ſo glaube ich 


doch mit Recht hier noch einen viel ſchlimmern Gartens 


feind in's Gerede bringen zu muͤſſen. Das ift nämlich 
der Sperling, der bei mir wohl 3 Biertheile der 


Pflaumen anhackte und herabwarf, der außerdem die 


Pflanzen, wenn fie mit den ihm wohlbehagenden 
Saamenlappen aus der Erde herausfommen, ‚abbeißt, 
Kirſchen, Beeren und allerlei Getraide und Gefäme 
sehntet, und in großer Menge wegfrißt, kurz, mögen 

R 6 


= ww. 


Sie's glauben, meine Herren, diefer ſchaͤndliche Vogel 
uͤbermannt Faft die Dorffchaften, fo daß er z. 8, 
meinem Nachbar, auf deffen kleinem Feldftüdfe ich 
vielleicht, da man mir ausnahmsweife die Erfaubniß 

zum Schießen gegeben hat, an 50 Stück erfihoffen 
habe, gewiß an 6 Viertel Hafer gefreffen hat, was 
die 50. Stuͤck Sperlinge, Pulver und Schrot nicht 
gerechnef, ziemlich theuer bezahlen heißt. 
Paſtor Krenfel: Und wie wenig Ungeziefer freffen 
dieſe Gartens und Felddiche! 


Heinfe aus Kaimnig: Das wollen nicht Alle, 
zugeben , denn ‚hört man die Liebhaber der Sperlinge, 
dann foll er unzählig viel Raupen freſſen. Ich hege 
aber allerdings aud) meine befcheidenen Zweifel, 


Warum aber, fragten Mehrere, warum darf denn 
dieſer überaus ſchaͤdliche Vogel nicht von Jedermann 

‚gefchoffen werden? 

Gefelifhafsdireftor Waitz: Man fagt: es ift 

bisweilen Unglüd entſtanden, wenn in Kirſchalleen 

geſchoſſen wurde, und Leute in der Nähe vorbeifuhren ; 
auch haben in jüngerer Zeit einige Ungluͤcksfaͤlle mit 
Schießgewehren ftattgefunden, und man fieht alle 
Zagdſtoͤrungen nicht gern. 

Ueber die Triftigfeit diefer Gründe ſprach ſich Nies 
mand.aus, » Wohl aber machte Herr HeinfeausKaims 
miss wieder bemerklich, daß bei der Klugheit des Sperlings 
wohl wenig. mit Schießen auszurichten ſei, daß man aber 
Baumloͤcher und verlaſſene Schwalbennefter ‚zerftören und 
verfchließen muͤßte, damit, fih die Sperlinge, da ‚fie bei 
der; harten Bedachung unferes Landes nicht mehr ſoviel 
Zufluchtsͤrter hätten, nicht no) mehr vermehren koͤnnten. 

when Klein: Auch folte man die Sperlinge zum 

Werſpeiſen nuͤtzen, wie fie dazu in ae ger 

A und sörtigt‘ werden, 





Mi — 


Rath Zinfeifen: Ich möchte vorfchlagen, die Mefter 
zu zerftören und die Eier wegzunehmen. 

Herr Gutöbefiger Heinfe aus Kosma: Ers 
folgreicher, meine ich, würden die Sperlinge befämpft, 
wenn die beläftigten Ortfchaften angehalten würden, 
im Winter, wo man der Sperlinge leicht in ziemlicher 
‚Menge babhaft werden kann, eine gewiffe Anzahl 
einzuliefern. 

Kaufmann Beſſer: Aber was wollen Gie blos bei 
den Sperlingen ftehen bleiben ? Thuen denn die Dohlen, 
Elftern und felbft die Nußhacker nicht auch großen 
Schaden in unferen Gärten? Und wozu nüsen diefe? 
Und warum darf fich ein verftändiger Mann feines 
Schießgewehres nicht gegen diefe bedienen ? 

Nath Zinfeifen: Leider, leider brechen die Dohlen 
Pfeopfreißer ab, baden Früchte an u. ſ. f., aber man 

braucht fie nur auf den Kirhthärmen zu vertilgen, 
dann hörte au dad Martern der jungen Dohlen 
durch muthwillige Buben auf. 


Sammerrath Wais; Wozu noch fommt, daß die 
Dohlennefter für herabfahrende Blise durch das duͤrre 
‚Genifte, aus dem fie beftehen, eine wahre Brandftelle 
abgeben, und die Thlrme und mit ihnen alle ums» 
liegenden Häufer bei Feueröbrünften viel mehr dem 
Flugfeuer ausſetzen. Was Alles die Anfrage wohl 
rechtfertiget, ob unfere Gefellfchaft etwa an geeigneter 
‚Stelle eine Borftellung über Unſchaͤdlichmachung diefer 
Feinde zu machen beabfichtige. 


Allein che noch Stimmen hierüber laut wurden, 


fand ſich's, daß die feſtgeſetzte Zeit lange verftrichen war. 


Deßhalb wurde die dritte aufgeftellte Trage unerörtert ges 

laflen. Alle aber vereinigten fich bald wieder bei einem 

feöhlihen ‚Mittagsmahle im größeren Saale, bei welchem 

auch die zum erften Male anwefenden Frauen das Ihrige 
6* 


— — 
zur Erheiterung und Belebung beitrugen und bein dem 
Herr Hofgärtner Kunze ein Körbchen recht ſchoͤn — 


Stiefmuͤtterchen zur Anſicht herum geben lief, 
Nachrichtlich niedergeſchrieben von 


Nobert Lange, 
derzeitigem Secretair der —— oenuiuet. 
ERW 


x. 


Bemerfungen 
über 


die ornithologifche Sammlung der — 
Geſellſchaft des Oſterlandes. 


Mehrfach iſt der Wunſch geaͤußert worden, es moͤch⸗ 
ten zuweilen in dieſer Zeitſchrift Nachrichten über den 
Beſtand der hiefigen naturwiffenfchaftlihen Sammlungen 
mitgetheilt werden. Um diefem billigen Wunfche zu ent⸗ 
fprechen, geben wir in diefem Hefte der Mittheilungen einen 
furzen Bericht über unfere ornithologifche Sammlung. 


Die der Sammlung einverleibten Vögel find theils 
in 7 großen Glasfchränfen, theils auf Regalen aufgeftelt. 
Um Raum zu erfparen, haben die Vögel fehr zufammens 
gedrängt werden müffen. Auch Fonnte aus demfelben Grunde 
die ftreng wiffenfchaftlihe Anordnung nicht immer befolgt 
werden, wodurd) allerdings die Ueberſicht nicht minder ers 
ſchwert wird, als die Benugung zum Studium, Da wir-nicht 
mehr ald fieben Schränfe aufftellen Fönnen, fo ftehen noch 
immer eine ziemliche Anzahl Voͤgel frei. Diefe find freilich 





= u zZ 


‚den Angriffen der Raubinfeften und dem nie gan) abzus 
‚wehrenden Staube mehr ausgeſetzt, ſo daß es bei der ſorg⸗ 
faͤltigſten Aufſicht doch nicht immer moͤglich iſt, fie vor 
allem Schaden zu bewahren. Durch farbige Etiketten iſt 
der Erdtheil, welchen die Gattung bewohnt, bemerklich ge⸗ 
macht und die Farbenvertheilung durch eine in den Zimmern 
aufgehaͤngte Farbentafel angegeben. 


Wenn der Vogel nicht immer feine natürliche Stel⸗ 
lung erhalten fonnte, fo liegt dies zum Theil daran, daß 
und bie Foftfpieligen größern Bilderwerfe nicht zugängs 
lic) find, auch in diefen gar oft auf die natürliche Stels 
lung wenig NRüdfiht genommen iftz theils mußte eine 
natürlihere Aufftelung den gebieterifchen Forderungen der 
möglichften Raumerfparnig zum Opfer gebracht werden. 
Im Allgemeinen aber find fie gut ausgeftopft, zumal die 
neueſten Erwerbungen durch ‘den fleißigen und geſchickten 
‚ehemaligen Ordonnanzbeiboten Döring, 


Von den dad Ofterland bewohnenden Vögeln fehlen 
uns wohl nur wenige Arten. . Manche find. überhaupt 
felten; andere fommen zwar häufiger vor, aber fie find 
oft ſchwer von den verwandten gemeinen Arten zu unters 
ſcheiden und entgehen daher dem Auge des Unkundigen, oder 
wer ſie entdeckt, iſt nicht berechtigt, ſie zu ſchießen. 
Einzelne Gattungen, welche ſich auf ihren Wanderungen 
zu uns verirren, werden erlegt, ohne daß ſie in unſern 
Beſitz kommen. So ſoll Strix nyctea L., dee Schnees 
Yauz,. ‚eine. der. fchönften Eulen, eine ne des hoͤch⸗ 
sten Nordens, einmal in unſerer Gegend erlegt worden, 
aber in eine auswärtige Sammlung ‚gewandert fein, was 
\ pie freilich fehr beflagen müffen. 


| Doch verdanken wir auch den Freunden unferer Ges 
| haha manchen ſehr ſchaͤtbbaren Beitrag diefer Art. 

Saben wir gern und danfbarft in den Jahresberichten 
dieſer freundlichen Gaben gedacht, fo koͤnnen wir «8 und 


— 78 — 


dennoch nicht verſagen, den gütigen Gebern insgeſammt Hier 
noch einmal den aufrichtigften Dank zu fagen und ihnen 
unfere Sammlungen zu fernerer Beräcfihtigung ans ' 
gelegentlichft zu empfehlen. 


Die Geſammtzahl aller unſerer Voͤgel — die Doubletten 
und ausrangirten Voͤgel nicht mit inbegriffen — beträgt: 


Gattungen 240, 
Arten 692, 
Eremplare 1560. 


Von europäifchen Vögeln beſitzen wir 


Gattungen 138, 
Arten, 200, 
Eremplare 900, 
Freilich fehlt no) von manchen Arten das Andere 
Geſchlecht, oder dad Zunge, oder eine abweichende Färbung, 
fo daß es hier noch viele Luͤcken auszufüllen giebt. 


Unter den Gättungen befinden fi) 80 exotiſche, die 
dutch keine Repraͤſentanten in Europa vertreten find, 


Bon einzelnen bedeutenden Erwerbungen haben wir 
vorzüglich 4 zu erwähnen, Zuerſt eine bedeutende Samms 
Tung europäifiher Vögel, ein Geſchenk Sr. Hoheit des 
Prinzen Georg, unfered erhabenen Proteftors, ‚Sodann 
eine ſchoͤne Sendung oſtindiſcher Vögel, vom Mufeum zu 
Leyden als Aequivalent für dahin abgegebene Naturalien, 
durch freundſchaftliche Vermittlung unſers als Naturforſcher 
berühmten Landsmannes, des Herrn Conſervator Dr. Herrs 
mann Schlegel zu Leyden, erhalten. 


Ferner eine reiche Sammlung einheimifcher, Raubvoͤgel 
in vorzuͤglichen Eremplaren, ein Geſchenk des Herrn 
von Poͤllnitz auf Oberloͤdla, eines Mannes, der in einer 
fangen Reihe von Jahren als Mitglied des Direktoriums 
fih große Verdienſte um unftte Geſellſchaft erworben hat. 





PER 
** erwähnen. wir noch eine ausgezeichnete Sens 
dung aus. Suͤdauſtralien, beforgt durch den. ‚dort lebenden 
evangelifihen Miſſionaͤr Te ich elm ann. Wie reiche Fruͤchte 
die Actienunternehmung, welcher wir dieſe Schaͤtze verdan⸗ 
ken, getragen hat, iſt den geſchaͤtzten Mitgliedern aus den 
Mittheilungen am vorjaͤhrigen Stiftungsfeſte hinreichend 
bekannt. Nach Abzug der jur Befriedigung einiger Aetionäre 
abgegebenen Vögel und einer Anzahl Doubletten befigen 
wie nun an fübauftralifchen Vögeln: 


Öattungen 88, 
Arten 132, 
Eremplare 230, 


während wir vorher eine einzige Art befaßen, den Psittacus 
scapulatus. Vaill. Bon Papageien zählt: unfere Samm⸗ 


lung gegenwärtig 32 Arten, 


Wohl wenige Mufeen des Continentd duͤrften eine 
aͤhnliche Sammlung neuholländifcher Vögel aufzumweifen 
haben und mehr ald eine Art mag wohl nur noch in Eng» 
land zu finden fein. Es würde zu weit führen, wenn 
wir nur die ausgezeichnetften Arten, wie Cacatu Banksii, 
Temmingkii, Psittacus selectus Lichtenst.. Psitt. seri- 
ceus Lichtenst. Trichoglossus porphyrocephalus Gould. 
Alcedo sacra. Ardea conspurcala. Lichtenst. Aegialites 
pyrrhopleura Lichtenst. Porphyrio melanotus, Gallinula 
‚leueosticta Lichtenst. Otis australis (dem Otis nigriceps 
nahe) Chloeophaga semipalmata, Fulmarus ossifragus 
Forster in litt., Falco advena, Circus neomorphus 
Lichtenst., Pedionomus torquatus, Zosterops dorsalis, 
ba Museicapa Lathami etc. etc. namentlich aufführen wollten, 


Ueberdies waren wir durch diefe Sendung in den 
Befis von Doubletten gekommen, die und in jlngfter 
Zeit in den Stand feßten, unfere Sammlung mit vielen 
ſchoͤnen afrikaniſchen Vögeln zu vermehren, Mir erhielten 
fie gegen neuhollaͤndiſche Voͤgel und Amphibien von einem 


= = 


hochgeſtellten Naturforfcher, dem durch feine großen Reifen 
in Afrifa und Amerifa, wir durch feine ausgebreiteten und 
tiefen SKenntniffe in den Naturwiſſenſchaften gleich beruͤhm⸗ 
ten Prinzen Paul Wilhelm, Herzog zu Württemberg. 
Diefe Vögel muͤſſen uns um fo fehäsbarer fein, da fie der 
hohe Reifende auf feinen befchwerlichen und gefahrvollen 
‚Wanderungen in Aegypten, Nubien, Sennaar und Kordofan 
größtentheild felbft erlegt oder gefammelt hat. 

Wer es weiß, daß fih die Wifjenfchaften nur im 
Bufammenhange gründlich ftudiren laffen, wird unfere Bes 
mühungen, unfere Sammlungen auch mit ausländifchen 
Thieren immer reicher auszuftatten, nicht tadeln. Doc 
ift unfer Streben ftetd und hauptſaͤchlich auf Vervollftäns 
digung der vaterländifchen Sammlung gerichtet gewefen. 
Wir bitten am Schluffe diefes Berichtes alle Gönner und 
Freunde unferd naturwiflenfchaftlichen Vereins, uns in dies 
fen Befteebungen aud) in Zufunft gütigft zu unterftügen. 











XI. 


Desideratenverzeichniss 
europäischer Vögel. 


Nilophron percnopterus. Temm. Aasgeier. 
Aegypius cinereus. Bonap. 
auricularis. 
Gypaötus barbatus. Barigeier. 
Falco candicans. Gm. 
laniarius. Linn. 
concolor. Temm. 
vespertinus. Linn. 
Arcadicus. Lindenmayer. 
Eleonorae. Gene. 
Nauclerus furcatus. L. 
Circastos Be “ Gm.  Schlangenadler. 
ypoleucos. Pall. 
Aquila ae Gm. Zwergadler. 
usca. Brehm. 
Bonelli. Temm. 
imperialis. Bechst. Königsadler. 
Haliaötos leucocephalus. Briss. 
leucorypha. Pall. 
Milvus regalis. Briss. Gabelweihe. 
Circus pallidus. Sykes. 


x 


Ulula nebulosa. Forster. 
barbata. Pall. Barteule. 
Nyctale Tengmalmi. Gm. 
Stryx nyctea. L. Schneeeule. 
Bubo Ascalaphus. Savigny. 


a 


Cypselus Melba. L. Alpensegler. 
Caprimulgus ruficollis.. Temm. 
‚Goccystes glandarius. L. Heherkukuk. 
Alcedo rudis. Hasselquist. 
Merops Persica. Pall. 
Alaemon desertorum. Stanley. 
Phyleremos Kollyi. Temm. 

Sibirica. Gm. 
Melanocorypha tartarica. Pall. Mohrenlerche. 
Calandrella leucoptera. Bonap. 


Plectrophanes Lapponica. L. Spornammer. 

Emberiza rustica. Pall. 
fucata. Pall. 
pithyornus. Pall. 
pyrrhuloides. Pall. 
—— eh r 
chrysophrys. Pall. 
Boat Barthel. 
cinerea. Strickl. 
striolata. Lichtenst. 
Durazzi. Bonap. 


Pyrrhula Sibirica. Pall. 
Caucasica. Pall. 
rosea. Pall. 
erythrina. Pall. 
eitrinella. Lichtenst. 

Fringilla chloris. Vieill. 

; incerta. Risso: 

Crucirostra bifasciata. Brehm. 

rubrifasciata. Brehm. 
intercedens. Brehm. 

Parus cyanus. Pall. Lasurmeise. 

bicolor. L. 
Sitta syriaca. Ehrenb. 
Uralensis. Lichtenst. 

Pica cyana. Pall. Si: 

Corvus spermologus. Vieil. 

Anthus obscurus. Permant. 
cervinus. Pall. 





— — 


Anthus Richardi. Vieill. 
Motacilla lugubris. Temm. 
Yarrellii. Gould. 
ceitrinella. Pall. 
campestris. Pall. 
Turdus atrigularis. Natterer. i. 1. 
-auroreus. Pall. 
allidus. Lath. 
itei. Eyton. 
Sibiricus. Pall. 
dubius. Bechst. 
Seyffertitzii. Brehm. 
Accentor montanellus. Pall. 
Salicaria fluviatilis. Meyer. 
luscinioides. Savi. 
lanceolata.. Temm. A 
palustris. Bechst. Sumpfrokrsänyer. 
nigrifons. Boie. 
aquatica. Lath. Binsensänger. 
Gariceti. Naum. 
cisticla. Temm. 
melampogon. Teinm. 
sericea. Natterer. 
Regulus proregulus. Pall. 
modestus. Gould. 
Ficedula sibilatrix. Bechst. Waldlaubvogel, 
icterina. Vieill. 
Bonellii. Vieill. 
Sylvia subalpina. Bonelli, 
rovincialis. Gm. 
arda.. Marmora. 
Orphea. Temm. "Orpheus. 
Rüppelii. Temm. 
Lusciniola caligata. Lichtenist. 
Calliope. Pall. 
aurorea. Pall. 
Saxicola saltatrix. Menetrier. 
leucomela. (?) Paill. 
leucura. Gmel. 
Lanius major. Pall. 
er — 
eldeggii. Brehm. Schwärzer Fliogenschnäpper, 
albicolis. Temm. i 


- a1 — 


Lanius parva. Bechst. 

Hirundo alpestris. Pall. 
Boissoneauti. Temm. 

Columba risoria. L. Lachtaube. 
senegalensis. L. 

Pterocles arenarius. Pall. 

Lagopus scoticus. Briss. 
albus. Gm. Moorschneehuhn. 
brachydactylus. 

Attagen Francolinus. L. Frankolin. 

Ortygis Andalusica. Gm. 
Gibraltarica. Gm. 


Otis Tetrax. L. Zwergtruppe. 
Houbara. Gm. Kragentrappe. 
Porphyrio antiquorum. Bonaparte. 
Grus leucogeranus. Pall. 
virgo. L 

Vanellus gregarius. Pall. 

Eudromias morinellus. L. Mornellregenpfeifer. 

asiaticus. Pall. 

Aegialites curonicus. Besecke. 

Totanus Glottis. L. Heller Wasserläufer. 
stagnatilis. Bechst. Teichwasseerl. 
semipalmatus. Lath. 

Actitis Bartrami. Wils. 
macularis. L. Wiesendrossel. 

Phalaropus cinereus. Briss. 

Limosa cinerea. Güldenst. 
atrocephala. L. Pfuhlschnepfe. 
rufa. Briss. Rothe Pfuhlschnepfe. 

Macroramphus griseus. Gm. | 

Tringa subarquata. Güldenst. 
pectoralis. Bonap. 
rufescens. Vieill. 
Temminckii. Leisler. 
minuta. Leisl. 
pygmaea. Nilss. 

Limicola pygmaea. Lath. 

Ascalopax Sabini. Vigors. 

major. Gm. Bruchwaldschnepfe. 





Numenius phaeopus. L. Kleiner Braohvogel. mo ai) 
tenuiröstris. "Vieilk ! um! ange‘) 
Ardea orientalis.'.Gray. ... .ellanıny 
lentiginosa. Montagm ı" 5 aunlenin 
Fussata.\.Wagh 11a antndgssonsls 
Herodias egrettoides. Temmit . u „oninwinsi 
Ciconia americana. Briss. iinicl' ‚nal © 
Cygnus musicus. Bechst. 8 
minor. Pall. il 1) 
Anser Ganadensis. Briss. Aod urionfonedl 
hyperboreus. Pall. Polargans. „| wi nu 
leucopsis. Bechst. Weisswangige Gans. 
ruficollis. Pall. Rothhalsige Gans. un 
brevirostris. Heckel. 
cineraceus. Brehm. 
Bruchii. Brehm. 20 ae er 
Vulpanser rutila. Pall. Höhlenente . * 
Anas bimaculata. Pennant. Jill. ‚sierki 
Somateria spectabilis. L. lid ine 
Oidemia perspicillata. L. 
fusca. L. Sammtente, 
Undina mersa. Pall. 
Glaucion islandicum. Gm. 
Harelda histrionica. L. Kragenente. 
Stelleri. Pall. J 
Fuligula ruſina. Pall. Kolbente. 
Sula Bassana. Briss. Tölpel. 
Podiceps auritus., Briss. 
cornutus. Lath. 
arcticus. Boie. 
Colymbus arcticus. L. 
Alca arctica. 
Uria Grylie. L. 
Mandtii. Pall. 
Arra. Pall. 
Hringia. Brünn. 
Thalassidroma Bulweri. Jard. et Selb. 
Procellaria glacialis. L. 
Nectris cinerea. Gm. 
Puffinus. Brünn. 
obscura. Gm. 
| fuliginosa. Strickland. 
| Lestris catarrhactes. L. Grosse Raubmöve. 





a — 


Lestris pomarina Temm. . Breitschwingige R. ya 
ephus. Brünn. Leaigschwänzige R. 

parasita. Brünn. Kurzschwänzige R. 

Larus minutus. Pall. Zwergmöve, 
melanocephalus. Natterer. Schwarzköpfige Möve. _ 
ichthyaötos. Pall. Fischer-M, anihr 
gelastes. Lichtenst. _ 
eburneus. Gm. Der Ratlsherr. 


- leucophthalmus. 
leucopterus. Faber. 
atricilla. i 


Ardonini. Payrandean. 

cachinnans. Pall. 

fuscus. L. Heringsmöve. | 

marinns. Mantelmöve. ; 
Sterna plumiceps: Brehm. 

velox. Rüppel. 

Caspia. Pall 

affınis. Rüppel. 

“ paradisea. Brünn. 

cantiaca.. Gm. Brund- Schwalbe. 

angelica Montagu. Lach-S. 

hybrida. Pall. Weissbärtige S. 

leucoptera. Meissner u. Schinz. Weissflügelige 8 
Megalopterus stolidus. 





XII. 
Briefliche Mittbeilungen”). 


Ende Juli kam ich in Begleitung meiner Frau nach 
Veſth, ſetzte mic auf das Dampfboot Samſon und glitt 
während 3 Tagen an Belgrad, Semendria, Kolumbatſch, 
und an den Trajanifchen Tafeln vorbei bis Orfova, wo 
ich außftieg und zu Lande weiter in die Türfei fuhr, um 
die gefährlichen Donaufataraften, das faͤlſchlich genannte 
eiferne Thor zu fehen. Sie geben ſich durd) ihr Raufchen 
von weitem fund und erregen dad Bedauern, daß diefe 
für die Donauſchifffahrt fo aͤußerſt gefährliche Stelle noch 
immer nicht fahrbar gemacht werden fann. Es find dies 
aus der Donau hervorragende Felſenklippen, an denen ſich 
ihre Wellen braufend brechen. Schon die Römer erfannten 
diefen Uebelftand und zogen an der türfifchen Uferfeite einen 
Kanal, der vernachläffigt, jegt wieder einer Aufmerffamfeit 
gewürdigt worden ift. — Nachdem ich mid) von der türs 
fifhen Indolenz und Unreinlichfeit überzeugt, eilte ich ‘gen 
Mehadia und gefiel mir in den 'aufgefundenen Ueberreften 
der einfimaligen roͤmiſchen Herfulesbäder. Won hieraus 
ging es am Gpernafluffe durch das Almaſcher Thal nad 
den banater Bergwerfen Szaßfa, Neu: Moldowa, Orawitza, 
Dognatfhfa, Bogſcha, Nefhiga u. ſ. w. Sie alle nahe 
men meine ganze Aufmerffamfeit in Anfprud. Wie hätte 
ih Sie mir an meine Seite gewuͤnſcht, ald ich vor der 
Einlagerung des Scyalfteines mit braunen und gelben 


*) Diefen intereffanten Reifebericht unferes verehrten Mitgliedes 
und Freundes, des Herrn Rath Dr. Zipfer in Neufohl, an den 
F Rath Zinkeiſen hier durften wir den Leſern dieſer Zeit⸗ 
ſchrift nicht vorenthalten. 


= 


— — 


Granaten nebſt himmelblauem Kalkſpath ſtand, und bei 
400 Stuͤck geſchlagen habe, oder wenn Sie ſich an dem 
XX. Arſenikkies im Kalkſpath geweidet haͤtten! Koloſſal 
hat ſich die Natur hier ausgeſprochen und verſchwenderiſche 
Schaͤtze niedergelegt, wovon ich nach Moͤglichkeit mitgenom⸗ 
men habe, um auch unſer Altenburg damit zu bedenken. 
Nun ging es nad) Caranſebes in der wallachiſch- illyriſchen 
Militärgrenze und über das eiferne Thor, einen Gebirgspaf, 
nad, Siebenbürgen. Mit dem Betreten dieſes ‚herrlichen 
Landes begrüßte ich die chemalige deutfche Provinz und in 
Vaͤrhely (wallachiſch Gradifchta) die ehemalige Nefidenz des 
dacifchen Königs Decebalus, Sarmazetegufa, fpäter. Ulpia 
Trajana genannt, Wie flug mir das Herz, ald ich mich 
in, „diefer Umgebung bewegte! Noch ſteht das ungeheure 
Amphitheater mit 4 Eingängen, nod) ficht man die Folofjalen 
Löwen, die jene zierten, die. halbrunden fteinernen Bänfe, 
worauf das römifche Volk ſaß. Es gibt fein Haus in 
diefem, jest zum Dorfe berabgefunfenen Orte, in dem man 
nicht eine Votivtafel, einen Sarfophag oder eine Säule, 
eine. Statue, meiftens ohne Kopf, faͤnde. Nach den bis 
heute aufgedeckten Sundamenten der alten Römerftadt 
batte fie einen Umfang von I4 Stunde. Mit Bedauern 
und, Wehmuth war ic) Zeuge eines Vandalismus, der ſich 
an diefen Ueberreſten gefällt. Eine Excellenzfrau v. Noptſcha 
läßt aus den aufgefundenen Ueberreften Kalk brennen, an⸗ 
dere pfählen mit Votivtafeln ihre Gärten ein, oder brauchen 
Sie zu Eeffteinen in der Einfahrt; zwei wunderfchöne Moſaik— 
böden fand ich dem Wind und Wetter ausgefest zum gro⸗ 
fen Theil. aufgelöft;, was noch mehr, ich fand einige, gruns 
zende, Alterthümler, d. h. Schweine, wie fie behaglid auf 
dem Paris lagen, der der Venus den goldnen Apfel reicht, 
Diefer Vandalismus bewog mich, in Klauſenburg einen 
archaͤologiſchen Verein zu begründen, deſſen Rerpflihtung 
vor der. Hand darin liegt, die aufgefundenen. Alterthümer 
zu übernehmen : und wo möglich an fi) zu bringen, Ich 
hoffe dadurch Manches zu retten, um fo mehr, ald ſich an 


— — 


die Spitze des Vereins der Landesgouverneur Graf Teleky 
ſtellte. Mehr als 40 roͤmiſche Staͤdte und Kolonien habe 
ich in dem bereiſten Theile Siebenbuͤrgens gefunden. Die 
meiſten kennt man kaum dem Namen nach. Auraria 
minor — heute Zalathna, Auraria major — heute Offens 
bänya, Dacopolis, Salinae, Apulum,-Patruissa, Deisdara, 
Tiriscum, Sarmitz, Diernum ,„' Sandura, Napoca, 
Aquae, Parelissum, lauter Städte, die der Provinz Dacien 
einftmald zum Schmude und Glanze gereichten. Daß diefe 
Sachen meine Reifemappen reihlih fülten, koͤnnen Sie 
mir glauben, und gerne werde ich Mittheilungen jenen 
Vereinen unterbreiten, welche fic) dafür intereffiren. 


Ueber Vajda⸗Hunyad, dem ehemaligen Reſidenz⸗ 
ſchloſſe des ungarifchen Gubernatord Johann Hunyadi, der 
in SKarlsburg (Alba Julia der Römer, mit vielen merfs 
würdigen Alterthümern) begraben liegt, und Dewa fam 
ih nad Nagyag, dem öfterreichifchen Peru und Mexiko, 
dem Fundorte des Nagyafer Erzes, oder blättrigen Tellurs. 
Ich war Zeuge, wie 300 Arbeiter binnen 6 Stunden 
Arbeit einen Metallwertb von 3000 Gulden. Conventiondz 
münze aus der Grube brachten, — 


Dabei litt ich gleichwohl Durft, fo nahe ich auch der 
Quelle geftanden; denn es ift unter großer ‚Verantwortung 
verboten, etwad an Jemand abzugeben. Vielleicht ift unfere 
Gefeafhaft in Altenburg glüclicher und es würde mic) 
wahrhaft freuen, deren Sammlung mit einigen ſchoͤnen 
Telurftufen 'gefhmückt zu wiſſen. Vorbereitete, für das 
faiferl, Wiener Kabinet beftimmte Eremplare im Werthe 
von 800 Gulden Eonventionsmünze werden die Bewunde⸗ 
tung mancher Liebhaber wecken. 


Auf der Ueberfahrt Über die Marofch blieb ich auf 
einer Sandbanf ſtecken, denn ed war Naht, und hatte 
Muͤhe, mich flott zu machen. Nun ging es über Szaßväros 
a in die Bergmwerfe Zalathna, Abrudbänya, 

BR 7 


— — 


Voͤröspatak, Oſtenbunya, wo ſich der Goldreichthum erſt 
recht herausſtellt. Da iſt aber auch jeder Wallache Berg- 
mann. Er fragt und fucht nad) Gold, wo es ihm frommt, 
verpocht es in eigenem, freilich fchlecht Fonftruirtem Poch— 
werf und läuft mit feinem Goldſchlich in die nächte Gold— 
einlöfung, In Vöröspataf allein babe ich über 500 folche 
Pochwerke gezählt. Das Gold kommt im reinften fryftals 
lifirten Zuftande vorz ich babe einige Stufen lithographiren 
laſſen und erfcheinen Fommendes Jahr in den Verbands 
lungen der Slaufenburger Verſammlung. Ganze Dianens 
baͤume bilden die fharf ausgebildeten Pyramiden und 
Goldoftaeder. Stuͤcke im Goldwerthe von 20— 400 Duka⸗ 
ten find gar nichts Seltenes. Und was fol ich Ihnen 
von der Tfhetate mare und Tſchetate mifa fagen? 


) In diefen grandidfen Felfenparthien, die von Tag 
aus Gold führen, arbeiteten fehon die Römer; man bewuns 
dert ihre Kühnheit, während man in der Gegenwart die 
Verwegenheit nicht begreift, mit welcher die Sucht nad) 
Gold felbft das Leben aufs Spiel ſetzt. Mich ergriff ein 
Schauder, ald ich in den offenen Schlund hinabſtieg; denn 
ich) glaubte mit jedem Augenblicke von den gähnend übers 
hängenden Felömaffen begraben zu werden; darum trug ich 
Bedenfen, einige Stüde abzufihlagen, um nicht einen Sturz 
zu veranlaffen. Die. Löcher, in welchen die Römer arbeis 
teten, gleihen Schwalbenneftern, zu denen fie mittelft Stricken 
oder Leitern gelangten. Man fann fich ihre fehwere Arbeit 
beim völligen Mangel des Pulverd denfen. Als Nuffegger 
diefe Gegend befuchte, fol er ſich geaußert Haben, man folle 
die Berge alle, wie fie daftehen, abtragen, — fie alle 
gaben Gold, und er hatte nicht Unrecht, Vielleicht kommt 
nad) taufend Jahren die Zeit, wo man die Straßen zu 
Gute bringen und Gold gewinnen wird, 

Bon Börospataf ging es über Valle Abruzell Ta 
Baje la Slocca nad) der Detunata goala und Detunata 
floccosa. Died find Bafaltbildungen im Stile der Fins 


= Mo 


galshöhle, Ungeheutk Säulen reihen ſich bogenfoͤrmig an 
einander und ragen zum Theil in einzelnen Spitzen hervor, 
wie ungefähr das Blättchen zeigt. Erhalte id von Abruds 
bänya ein Exemplar der lithographirten Anfiht, fo werde 
id) damit dienen. Das Wort Detunata bedeutet foviel 
als vom Blitz getroffen und goala kahl, fowie 
Noceosa bewach ſene. In der neuften Zeit wollte man 
den Bafalt bezweifeln, aber Olivin und Zeolith, der ihm 
beigemengt ift, laſſen feinem Zweifel Raum. 


Die hohen Berge, die ich paffirte, mußten alle auf 
Saumpferden überftiegen werden. Sch faß mandyen Tag 
auf 13 Stunden zu Pferde und hungerte zum Theil nad) 
Herzensluſt. So fam ic) nad Offenbanya, von woaus 
jedes weitere Fortfommen zu Wagen rein unmöglich ift. 
Mein Weg führte mich über 4—5 Tauſend Fuß hohe Alpen 
gen Szolcfova, wo fchöne Staurolithe mit Granaten vorfoms 
“ men, bis Engad, und über Thorda nad) Klaufenburg, wo 
ih die zur Verſammlung ungarifcher Naturforfcher eins 
gefendeten Schaͤtze ordnete, 


. Schon am 1, September waren 352 Mitglieder eins 
gefchrieben — fie alle verfammelte der große Redoutens 
faal am Tage Ihrer filbernen Hochzeit (mögen Sie aud) die 
goldene erleben!), Direftor Kubiny, den Gie von 1843 
fennen, hielt einen Vortrag Über den Zuftand der Zoologie 
in Europa und in Ungarn inöbefondere, Peteny, unfer 
Mitglied, theilte einen Auszug mit aus feiner gefrönten 
Preisfchrift über die Ihierquälerei in Ungarn und die 
Mittel, ihe abzuhelfen, und widmete die gewonnenen 
24 Ducaten einer neuen naturwifjenfchaftlichen Preiöfrage, 
Der erſte Präfes, Graf Joſeph Telefi, Landeögouvers 
neur, hielt eine tüchtige Eröffnungsrede, der zweite Praͤſes, 
Sranz-v. Kubiny, älterer Bruder des Obigen, ließ fi) 
über die Nothwendigkeit zu errichtender Mufeen im Lande aus, 
ich hielt einen Vortrag über die aufgefundene Meteoreifens 
J 7* 


4 


= Mm 


maffe von Szlanisza im Graner Komitate, machte eine 
Motive in Bezug auf die Sandfteinfugeln, die fo häufig in der 
Umgebung von Klaufenburg von der Größe einer Flintens 
fugel bis zu jener von 30 — 50 Gentner vorkommen. Dies 
veranlafte eine Kommiffion, welche die Urfachen der unter 
unfern Augen ftattfindenden Bildungen naher erörtern und 
das Nefultat der nächften Berfammlung in Fünffirhen 
unterbreiten fol. Dr. Knöpfler gab eine geognoftifchs 
ftatiftifche Ueberficht des Nagyager Grubenbaues. 

Galler aus Schemnig machte und mit den geognos 
ftifhen Verhältniffen Radobrys in Kroatien befannt; Graf 
B a5 las über die Ebenen des Szefler-Landed; Dr. Baron 
über die Slußfandgegenden feinee Umgebung; Direftor 
Kubiny über den Papyrus antiquorum in botanifcher 
und archäologifcher Beziehung; Negimentsarzt Dr. Joviſch 
über die Anwendung des Jods in Siebenbürgen, wobei er die 
falfhe Meinung, ald wäre diefer den Siebenbürger Aerzten 
erſt fpat defannt worden, zu befämpfen fuchte. Dr. Erder 
legte die Analyfe der berühmteften Mineralwafler vor. 
Dr. Harfa fprach über die Salinenbäder in Thorda und 
ihre Wirfungen. Dr. Groß aus Großmardein unterbreitete 
einen Bericht über 6 Söhne eined Vaters, die alle blind 
geboren, durch ihn fehend gemacht worden find, Ein 
lithographirtes Blatt ftellte fie Ale dar und ed wurde vers 
theilt. Sriedrih Wilhelm Steller aus Dewa theilte 
Nachrichten über die Vögel Siebenbürgens mit und begleis 
tete fie mit feinen Bemerfungen, Joſeph Koraes fandte 
die Befchreibung der Marod-Uivarer Saljgruben ein. 
Profeſſor Dr. Reifinger aus Pefth empfahl die Wein—⸗ 
rebenblüthen ald Surrogat des dhinefifhen Thees, da fie 
nach) feinen Erfahrungen ganz die Eigenfchaften des dhinefis 
ſchen Thees befisen. Er bat um die» Ernennung einer 
Kommiffion, die mit ihm diefes Iheefurrogat näher unters 
fuchen mödte. Graf Samuel Bas fprady über das fiebens 
bürgifche Haideland, Mezösegröl genannt, in geologifcher 
Beziehung, Dr. Groß über die medizinifche Nüglichfeit 


| 
| 


- 9. — 


der Heilquellen in ftaatööfonomifcher und medizinifcher 
Hinfiht. Johann Zeif fandte eine Befchreibung ded Res 
tezat, einer impofanten Bergfette, welche Siebenbürgen von 
der Walachei fiheidet. Petény, Euftos=Adjunft beim 
ungarifchen National» Mufeum in Pefth, lieft in Auftrag 
des Profefjors Kanya uͤber die Vernachläffigung der Nature 
wiffenfchaften in Ungarn. Erescy, Gerichtätafelbeifiger, 
lad über die Flora des Thordaer Komitates und vertheilte 
fie auch im Drucke. Joſeph Gäl aus Arad über den 
Mangel botanifcher Gärten und die Art ihrer Einführung in 
Ungarn und Siebenbürgen, Dr. Julius Kora&s aus Wien ' 
über eine neue Methode beim Trocknen der Pflanzen und 
ihren Austaufh. Franzenau, Berg- und Nevierverwalter 
zu Nagyag, fendet eine Sammlung feltener Schmetterlinge 
aus der Nagyager Umgebung nebft ihrer Befhreibung. Pros 
feffjor Dr. Reifinger aus Pefth fprach über die Hundes 
wuth, welche er von dem Mifverhältniß zwifchen der Zahl 
männlicher und weiblicher Hunde berleitete. Dr; Scyöes 
aus Slaufenburg theilte feine Erfahrungen über die Bes 
handlung der Trunfenbolde und den Säuferwahnfinn mit. 
Dr. Julius Kora&s ſprach über die fiebenbürgifche Flora 
im Allgemeinen und legte einen, Plan über eine in 
Druck herauszugebende ungarifc) »fiebenbürgifche Flora vor. 
Dr. Beltefy aus Maros » Väfärhely präfentirte vorwelts 
liche Knochen feiner Umgebung, die er für Rhinocerosfnochen 
anſah, die ſich aber als folche nicht bewährten. Dr. Patafi, 
praftifcher Art in Klauſenburg, über die Luftfeuche und 
ihre Heilung. Dody wer wollte diefe Vorträge alle ans 
‚führen, Ich will nur bemerken, daß wir die vorgeworfene, 
wahrſcheinlich von einem hungrigen Journaliften fommende 
- Mahlzeit ehrlich verdient haben. Ob wir uns gleid) 
mit dem Geleifteten auf feine Weiſe mit dem Auslande 
meſſen fünnen, fo haben diefe ungarifchen Berfammlungen 
bereitö viel Gutes geftiftet. ES ift der Sinn für Naturs 
wiſſenſchaft geweckt und allgemeiner gemacht worden, und 
808 will in einem Lande viel heißen, wo nur Jenes gen 


ze 


würdigt wird, was Brot gibt. Schon das ift ein gutes 
Beichen für die Sache, daß die Zahl der Theilnehmer mit 
jedem Jahre wähft. — An PVergnügungen hat es nicht 
gefehlt, fo wie an Spireed und Bälen. Am 5, September 
wurde die ganze Gefellfchaft von der Stadt eingeladen. 
Weil wir bis 5 Uhr Abends Mahlzeit halten mußten, fo 
fuhren wir kurz vor 6 Uhr nach den 6 Meilen entfernten 
Salinaͤ der Römer in 80 Wagen ab. Bald brach die 
Nacht ein und die 70 Fackeln wurden nun alle angezuͤndet, 
um bei dem fihlechten Wege den Hald nicht zu brechen, 
Vor der Stadt Ffamen und 6 Huffaren mit brennenden 
Fackeln entgegen und führten den Zug nad) der- beleuchs 
teten, diesmal fehe bewegten Stadt. Mufif, Jubel und 
Böllergefrache überboten ſich wechfelfeitig — dod) von der 
Neife müde legte fich bald Alles zur Nuhe, Den andern 
Morgen zog die Geſellſchaft nad) den 3 Stunden entfernten 
Saljgruben in Marodsllivar, Alles beeilte fich, die 
unterirdifchen Wunder in Augenfchein zu nehmen, und mit 
Recht; denn ald ich in den Hallen oder Kammern von _ 
33‘. Höhe und 10 — 15 Breite ftand, wußte ich nicht, 
ob ich diefen oder den Wieliczkaer Gruben den Vorzug 
einräumen fol; denn Hallein mit feinem Dürrenberg vers 
ſchwindet gang bei diefer Grofartigfeit. Wir verweilten , 
4 Stunden in einer Teufe von 63° und Fehrten ziemlic) 
fpät nad) Thorda zurück, wo wir die Salzbäder mehr bes 
fihtigten und uns abermald (an dem Tage zum erften 
Male) zur Mahlzeit festen. Diefe dauerte bis 11 Uhr 
Nachts, und um fie zu verdienen, bielten wir: bis 1 Uhr 
nach Mitternacht noch eine Sitzung (darüber mufte doc) 
der Journalift eine wahre Freude haben) und reiften um 
3 Uhr Morgens ab, um den Sitzungen des 7. Septembers 
beizumohnen, welche von 7 Uhr früh bis 3 Uhr Nach— 
mittagd dauerten. Auf dem glänzenden Valle, den ein 
Graf Keminy und zu Ehren veranftaltete, wurden bie 
fildernen Denfmünzen von der Größe eines neuen Zweis 
thalerftückes an ſaͤmmtliche Mitglieder vertheilt, und jedes 





ging, woher ed Fam, ich Uber Debrezin und Pefth, wo ic) 
bei erfterer Stadt den Unfall hatte, umgemworfen und im 
weichen Slußfande eine Strecke fortgefchleppt worden zu 
fein. Doch geſchah — eine Fleine Kontufion an dem 
Schlafe auögenommen — nicht viel. 





XII. 


Schreiben 
des 


Herrn Regierungspraͤſidenten v. Seckendorff an den 
Landwirthſchaftlichen Verein zu Altenburg. 


Gewiß erinnern Sie Sich, meine hochgeehrten Herren, 
freundlich, welchen lebhaften Antheil ich an dem Vortrage 
des Geheimen Regierungsraths Albrecht aus Wiesbaden 
in der fünften allgemeinen Sitzung der ſiebenten Verſamm⸗ 
lung Deutſcher Land » und Forftwirthe über den v. Pfaffen⸗ 
tathfchen, den Unterricht in der Landwirthfchaft betreffenden 
Antrag zu nehmen mich gedrungen fühlte, wie fehe mich 
die deöfald von der dazu niedergefegten Kommiffion durch 
ihren. vorgenannten Herrn Referenten gebildeten Vorſchlaͤge 
anfpradyen, und wie ich mid) bereit erflärte, nad) Mögliche 
feit dazu beizutragen, daß diefe Vorfchläge in meinem 
ſpeziellen Vaterlande nicht unbenugt blieben. Der amts 
liche Bericht Seite 171 ff. enthält das Nähere uͤber die— 
fen Gegenftand, bezüglich defjen ich mic indeß leider auf 
einem dem Kreife erfchöpfender Beurtheilung beimahe völlig 
fremden Gebiete befinde; es eruͤbrigt mir daher etwas anderes 
nicht, als, im Sinne der erwähnten Kommifjionsvorfehläge 


(Seite 172 des amtlichen Berichts) die hochwichtige Ans 
gelegenheit der Berathung des gechrten Altenburger Lands 
wirthfchaftlihen Vereins, infonderheit zu Bildung geeigneter 
Anträge bei der hohen Staatöregierung und zwar gerade 
jeßt um deöwillen ganz befonderd zu empfehlen, weil viels 
leicht in Folge foldyer Anträge die hohe Staatöregierung 
fih) zur Vorbereitung weiterer Verhandlungen mit dem im 
Laufe dieſes Winters zufammentretenden Landtage veranlaßt 
fehen koͤnnte. 

Infoweit hierbei von dem Unterriht im Scullehrers 
feminar die Nede, dürfte fi) vor Stellung beftimmter Ans 
träge an dad Gouvernement ein Einvernehmen mit_ dem 
derzeitigen Direftor deffelben, Herrn Geheimen Konfiftorials 
rath. Dr. Grofe, empfehlen, und würde es mir angenehm 
fein, ein foldyes vermitteln, überhaupt aber an den des⸗ 
falfigen Berathungen des geehrten Landwirthfchaftlichen 
Vereins Theil nehmen zu Fünnen. 

Was insbefondere den dritten der eingangserwähnten 
Vorſchlaͤge betrifft, fo dürfte vieleicht dur) Vermittelung 
der verfchiedenen Landwirthfchaftlichen Vereine ded Landes — 
eben jest bildet ſich wieder ein folder für den weftliden 
Landestheil — und ihrer einzelnen Mitglieder unter Mitwirfung 
waderer Geiftlihen und Schullehrer die Errichtung von Abends 
oder Sonntagsfcdjulen auch auf dem platten Lande, als 
paffendes und erſprießliches Surrrogat fuͤr die vom Geheimen 
Finanzrath Pabſt in feinem umfaſſenden Vortrage (Seite 148 
des amtlichen Berichts) erwähnten Ackerbauſchulen ſich uns 
fhwer ermöglichen laffen, und wird nur. an irgend einem 
Punfte ded Landes mit der Begründung ſolch' einer Uns 
terweifungsanftalt der Anfang gemacht, dann zweifle ich aud) 
nicht an der weitern Ausbreitung ſolch' heilfamer Fordes 
rungsmittel rationellen Landwirthfihaftöbetriebs, zumal .bei 
der vorherrfehenden Neigung unferer Grundeigenthümer auf 
dem Lande zu fortfchreitender Ausbildung. 

Auf eines noch erlaube ich mir fihlieglih die Auf⸗ 
merffamfeit zu Ienfen, nämlich auf die thunlichfte Förderung 








—— pe 


des Befuchs höherer Iandwirthfchaftliher Lehranftalten, ins 
fonderheit zu Heranbildung inländifcher Lehrer der Lands 
wirthfchaft, dur) welche dann am angemeffenften die lands 
wirtbfchaftliche Unterweifung der Söhne unferer größeren und 
Heineren Landwirthe in der fogenannten Sonntagss oder 
Abendſchule gefördert werden koͤnnte; foldy’ eine Förderung 
aber dürfte fih am leichteften und mit den mindeften 
finanziellen Opfern durdy Begründung und Berleihung von 
Stipendien für ſolche junge Landwirthe, welche derartige 
Lehranftalten (zu Hohenheim, Eldena, Jena) befuchen wollen, 
erreichen laſſen; am paffendften erfcheint in diefer Beziehung 
eine bei hoher Staatsregierung zu beantragende und von 
diefer im Einverftändniß mit getreuer Landſchaft zu bes 
fließende Vermehrung des dem Finanzfollegium übers 
wiefenen fogenannten Studien »Unterftügungs= Fonds, wels 
her dermalen für junge Bauhandwerfer und Ard)iteften, 
junge Medieiner, Chirurgen und Thierärzte und endlich für 
junge SKünftler beftimmt ift, die Zumeifung einer neuen 
Kategorie von zu unterftägenden Individuen aber feines 
geringeren Umfangs halber nicht zuläßt. | 

, Möchte ed Einem geehrten Landwirthfchaftlichen Verein 
gefallen, diefe Jdeen feiner weitern Erwägung zu unterftellen, 
* ihre Förderung ſich thunlich angelegen fein zu laffen, 
Altenburg, den 5. April 1844, 


A. Frhr. v. Seckendorff. 





XV. 


Ueber die Fortbildung unſerer heranwachſenden 
andwirthe. 


Aus den Protokollen des Landwirthſchaftlichen Perein⸗ 
zu Altenburg mitgetheilt 


von 
Eduard Lange 


Durch vorftcehenden Brief veranlaßt, wurde bei der 
legten Sommers und Herbftverfammlung des Altenburger 
Landwirthfehaftlihen Vereins vorzüglich die geiftige, fittliche 
und gewerbliche Bildung der heranwachfenden ländlichen 
Bevölferung befprochen, 

Die erfte der zu diefem Behufe aufgeftellten Fragen 
lautete: 

„Was koͤnnte und follte bei und für eine sellatmäße 

Fortbildung der jungen Bauerburfchen gefchehen, und 

würden namentlich die Landfihullehrer (vergl, Amtlichen 

Bericht über die fiebente Berfammlung Deutfcher Lands 

und Forftwirthe zu Altenburg S. 172) durd) eine grös 

Gere Kenntniß der Naturmwiffenfchaften und der Haupts 

regeln der Landwirthſchaft den Landbewohnern nod) 

mehr nuͤtzen fünnen und zwar auf welche Aeife 2” 
und die zweite Frage war: 

„Liegen ſich vielleicht die in mehreren Städten beſtehen⸗ 

den Sonntags- und Abendſchulen fuͤr die erwachſene 

maͤnnliche Jugend auf das platte Land mit wirklichem 

Nutzen verpflanzen, und welches dürften die haupts 

fächlichften Umänderungen fein, welche durch die eigens 

thümlichen Verhältniffe der Landleute hierbei raͤthlich 
gemacht würden ? 








— vuu — 


Es ſprach ſich nun zuerſt die dankbare Anerkennung 
gegen den Herrn Regierungspraͤſidenten v. Seckendorff aus, 
daß er uns durch das eben mitgetheilte Schreiben und die 
darin enthaltenen Vorſchlaͤge Veranlaſſung und Haltpunkte 
zur Verhandlung uͤber eine ſo wichtige Angelegenheit gegeben 
babe, wie die Fortbildung der heranreifenden und der bes 
reits thätigen landwirtbfchaftlichen Bevölferung fei. ALS 
man jedoch zur nähern Beſprechung der in Vorſchlag gebrachs 
ten Mittel, ald a) Stipendien für ſich heranbildende Lehrer 
und andere Landwirthfchaftsfundige beim Beſuche höherer 
landwirthfchaftlicher Lehranftalten, b) eine zweckmaͤßige Vor⸗ 
bildung’ der Fünftigen Volföfchullehrer auf dem Seminar und 
ec) landwirthfchaftlihe Ortövereine zur gegenfeitigen Forts 
bildung der praftifhen Landwirthe in den kleinern Bezirken 
des Landes übergehen wollte, ftellte fi) heraus, daß unfer 
gecehrted Mitglied, Here DOefonomicfommiffar Glaß aus 
Borna, eine fchriftlihe Beantwortung der heutigen Fragen 
ausgearbeitet und mitgebradyt hatte, weßhalb derfelbe um 
deren fofortige Vorlefung gebeten wurde. 


Sein Vorſchlag ging auf Eröffnung einer fürmlichen 
Ackerbauſchuſe auf einem benadhbarten Kammergute und 
fand unter den Berfammelten fo vielen Beifall, daß faft 
nur der Koftenpunft dagegen geltend gemacht wurde, 


Dagegen wurde erwidert, daß eine folche Anftalt bei 
zahlreihem Befuhe, an dem hier nicht zu zweifeln fein 
würde, ihre Koften im MWefentlichen felbft decken würde, 
indem 30 Zöglinge bei 100 Thalern jährlihen Beitrags 
3000 Thaler einbringen würden, Sollten aber fo viele 
nicht im Inlande felbft fid) finden, fo genieße die Altens 
burger Landwirthfchaft eines fo guten Nufes, daß ſich diefe 
anderwaͤrts mit Leichtigkeit auffinden, und ſchwerlich der 
Wunſch aller Kompetenten würde befriedigt werden fünnen, 
Doch erhoben fi) noch immer von mehreren Seiten Zweis 
fel, ob diefe Annahme der höchften Stelle begründet erfcheis 
nen und die Koften der erften Einrichtung nicht noch al& 


- 10 — 


unbeſiegbares Hinderniß geltend gemacht werden würden, 
Auch) glaubte man, daß eine derartige Anftalt, dem biss 
herigen Bildungdgange unferer praftifchen Landwirthe gegens 
tiber, eine zu durchgreifende Aenderung fein würde, um daß 
erforderliche Zutrauen zu erwecken, und wünfchte daher ges 
wiffermaßen ald Vorbereitungd » und Uebergangsanftalt zus 
naͤchſt eine Winterfchule für junge Bauerburfchen errichtet 
zu fehen, worin leßtere etwa von der Mitte November bis 
zur Mitte ded März nicht allein in den Schulwiffenfchaften 
weiter fortgebildet, fondern auch in diejenigen Zweige der 
Naturs und Landwirthſchaftswiſſenſchaften eingeführt wers 
den fünnten, die für einen verftändigen und umfichtigen 
Betrieb der Landwirthfchaft vorzüglich heilfam find. So würs 
den die Fünftigen Landwirthe der praftifdhen Thätigfeit nicht 
entfremdet und doch zugleich vor dem Vergeſſen und Liegen⸗ 
laſſen des biöher in der Schule Erlernten geſichert und zum 
MWeiterbauen auf-dem bisherigen Grunde in Theorie und 
Prarid angeleitet werden. Dagegen machte man jedoch 
von der andern Seite geltend, daß ein derartiges Surrogat 
einer ordentlichen Ackerbauſchule der SKoften, die daffelbe 
verurfachen werde, nicht werth und, in einer Stadt errichtet, 
wegen der Gefährlidyfeit ded Stadtlebend für fünftige Landa 
wirthe fogar bedenklich erfcheing, Man müfle, entgegnete 
man hierauf, fid) nicht durch bloße Worte beftechen und bes 
irren laffen und nicht vergeffen, daß die Sonntagsſchulen 
der Handwerker, obgleich ebenfalls Surrogate genannt, doch 
ſehr fegensreich für diejenigen fid) erwieſen hätten, die es 
niemald würden möglich gemacht haben, eine höhere Ges 
werböfchule oder eine polytechnifhe Anſtalt zu befuchen, 
Auch werde der eifrige Beſuch einer foldyen Fortbildungss 
anftalt den beften Beweis liefern, ob eine Aderbaufdyule 
bei uns Zeitbeduͤrfniß fei oder nicht, und den beften Anhalt 
für eine zweckmaͤßige Einrichtung einer foldyen gewähren, 
Denn jest fei eine Adferbaufchule hier doch nur ein Ideal, 
dad unferm Landmann erft mit der Zeit Vertrauen abs 
gewinnen fönne, Sie fei ein Sprung in feinem Ents 


— 101 — 


wicfelungsgange, während die Winterfihule nur ein Forts 
ſchritt oder eine Erweiterung des bisherigen Schulunterricht8 
fein würde, — 


Da eine völlige Vereinigung über die Zweckmaͤßigkeit 
der beiden zunaͤchſt in's Auge gefaßten Bildungsanftalten 
nicht herbeizuführen war, fo vereinigte man ſich endlich in 
folgenden Beſchluͤſſen: 


1) Es fol der hoͤchſten Stelle der Glaß'ſche Vortrag 
nebft einer vom Herrn Glaß noch anzuflgenden Bes 
rechnung über die wahrſcheinlichen Koften der Aus⸗ 
führung der darin enthaltenen Vorfchläge mit dem 
Gefuh um Empfehlung diefer Angelegenheit bei dem 
naͤchſten Landtage und um möglichft baldige Einrichs 
tung einer derartigen Aderbaufchule vorgelegt werden. 

Dafür war man ohne irgend eine Widerrede. 
2) Sür den Fall, daß der fofortigen Einrichtung einer 
derartigen Anftalt Hinderniffe entgegen ftehen follten, 
fol um Errichtung einer oder einiger Winterfchulen 
für junge Sandwirthe und zwar am beften auf dem 
Lande, und nur dann, wenn fic) dafeldft hierzu feine 
Süglichfeit ausmitteln laſſen follte, in einer oder 
einigen Städten ded Herzogtums gebeten werden, 


Der letztere Beſchluß Hatte jedoch nur 28 Stims 
men für ſich, während 16 Stimmen dagegen waren, und 
lediglich) nur die erfte Bitte audgefprochen fehen wollten. 


Nachdem man nun über diefe zunächft an den Glaß'⸗ 
Then Vortrag gefnüpften Vorfchläge einig geworden war, 
ging man zu den übrigen im v. Seckendorff'ſchen Schreis 
ben enthaltenen und in einer darüber gepflogenen Vor⸗ 
berathung angenommen Anträgen über und war zunaͤchſt 
allgemein damit einverftanden, der hoͤchſten Stelle das 
Gefuh um Ausfegung einer Summe zu Stipendien für 
ſolche junge Landwirthe vorzutragen, die ihre: bereitd mit 
gutem Erfolge begonnene landwirthſchaftliche Bildung durch 


— 102 — 


den Befuch einer höheren Tandwirthfehaftlichen Lehranftalt 
fortzuführen und zu vervollfommnen gedenfen. Doch wünfchte 
man dabei nicht blos fFünftige Lehrer der Landwirthfchaft 
und SKammeraliften, fondern überhaupt Areisifä Landwirthe 
aller Art bedacht zu ſehen. 


Nicht minder war man darüber einverftanden, daß 
eine gründliche Vorbildung der fünftigen Schullehrer in den 
Naturwiflenfchaften und den allgemeinen Grundlagen der 
Landwirthfchaft dieſen nit allein in den Dorfichulen, 
fondern auch in den Gemeinden eine fegensreichere Wirfs 
famfeit fihern und eine achtungsvollere Stellung gewähren 
werde, und befchloß defhalb, e dem umfichtigen Ermeffen der 
höchften Stelle zur weitern Erwägung zu empfehlen, ob und 
wie dem Stande der Landwirthe und der Schullehrer diefe 
Bortheile zugewendet werden Fönnten, wobei man wieder 
holt an die Einrichtungen des Schullchrerfeminars im Herz 
zogthum Naſſau erinnerte, 


Was endlich die Errichtung Fleiner  Tandwirthfchafts 
licher Ortövereine, deren ſchon einige beftehen, anlangt, fo 
hielt man diefelbe für eine Angelegenheit des Eifers der 
Bereinsglieder und anderer regfamer Landwirthe, ohne wels 
hen aud) die wohlgemeinteften öffentlichen Maßregeln feinen 
rechten Erfolg haben würden, und ſprach daher mehrfach) 
die Hoffnung aus, mit der Zeit immer mehr folde Vereine 
entftehen und gedeihen zu fehen. 


‚Bei der dritten der aufgeftellten Fragen: 


„Welche Sitten und Gewohnheiten gefährden vornehms 
lich die Moralität und das Fortfchreiten unferer, Lands 
leute, und wodurd) fünnte diefen Uebelftänden am ers 
folgreichften entgegengewirft werden?“ 

wendete ſich die Aufmerkſamkeit der Anwefenden nicht fos 
wohl auf dad, was: dem Stande der Gutsbeſitzer und ihren 
Angehörigen mangelt, ald auf dad, was ihren ‚Dienfte 
boten und Taglöhnern Unerfreuliches nachzufagen ift. Es 


— 





— 105 — 


war daher wenig von den unbärtigen, kaum der Schuls 
zucht entwachfenen Bauerburfhen und den zarten Bauers 
töchtern die Rede, die cd alsbald auf den Tanzböden den 
ältern Burfchen und Mädchen gleich zu thun fuchen und 
über diefem Streben nad) Aufßerliher Geltung fo Mandyes 
fortzuführen verfäumen, was ihrer Gittlichfeit und. ihrem 
Fortſchreiten heilfamer fein würde, Auch wurde das häufige 
und hohe Kartenfpielen der Bauern nur furg erwähnt, das 
für ein geiftiges Fortfchreiten um fo fchädlicher ift, je mehr 
es die Aufmerffamfeit fpannt, das Intereſſe des Augens 
blicks befriedigt und von beiferer Ihätigfeit abzieht. Das 
gegen fand das Lärmen der Dienftboten und der ländlichen 
Sugend in den Abendftunden, befonders des Sonnabends, 
aber auch an jedem andern Tage in den wärmeren Monaten 
verdiente Mifbilligung, und die Gleichgiltigfeit der Gens⸗ 
d'armen dagegen mannichfachen Tadel, obgleih man diefe 
zum Theile felbft der Abgeneigtheit derjenigen Beamten zu⸗ 
fhreiben wollte, denen die Beftrafung angezeigten Unfug 
obliegen würde, die fich aber nicht gern mit dergleichen 
Angelegenheiten behelligen lafjen möchten. Darum würden 
auch die Häufer, deren Beſitzer Auflagen bei ſich duldeten, 
welche doch vorzuͤglich in groͤßeren und volkreicheren Doͤr⸗ 
fern einen ſehr nachtheiligen Einfluß haͤtten, viel zu wenig 
beaufſichtigt und gewoͤhnlich erſt dann ernſtlich in's Auge gefaßt, 
wenn ihre Schaͤdlichkeit ſich bereits durch auffallende Schlechtig⸗ 
keiten bethaͤtigt habe. — Rechne man nun noch dazu, daß 
die jetzige Jugend nicht mehr, wie ehedem, durch dad Spins 
nen an praftifche Ihätigfeit und Arbeit gewöhnt werde, 
indem es jest an einer nugenbringenden Beſchaͤftigung für 
ſchwache Kräfte und für einige wenige Stunden des Tages 
faft gänzlich fehle, daß ferner eine falfchverftandene Humas 
hität dem Armen ftatt einer förperlichen Züchtigung lieber 
eine Geldftrafe auferlege und ihn fo zur Bettelhaftigfeit 
- und Dieberei felbft mit hindränge, fo fei es durchaus nicht 
zu verwundern, wenn es trog dem beffern Schulunterricht 
nicht beſſer * der aͤrmern Bevoͤlkerung ausſehe. Als 


— 104 — 


man nun aber nad) den etwaigen Heilmitteln fragte, wurde 
1) eine nachhaltigere und verftändigere häusliche Zucht ges 
wünfcht, namentlid daß die Eltern nicht mit. der Konfirmas 
tion ihre Kinder. ald felbftändig betrachten und ſich felbft 
überlaffen möchten, und daß die Herrfchaften ihre Dienfts 
boten nicht nur ald nutzbare Arbeitsmafchinen anfehen und 
fi) aller Sorge und Auffiht über deren Pebenswandel 
überhoben glauben möchten, fo lange fie nur die pflichts 
fhuldigen Arbeiten verrichteten. — Dann 2) wurde die Eins 
führung einer gefchriebenen Gemeindeordnung und die lebens 
dige Volziehung ihrer Beftimmungen durch den guten 
Geift der felbftitändigen Gemeindeglieder und der durch) 
diefen und die vorgefesten Behörden fraftig unterftüßten 
Gemeindebeamten für fehr wünfdenswerth erachtet, und der 
gute Erfolg einer ſolchen namentlid) in. der Gemeinde Bur— 
ferödorf und Kaimnig wiederholt gerühmt, ferner 3. auch ein 
firengeres Halten auf die Beftimmungen der Gefindeordnung 
empfohlen, die in. vielen Faͤllen Mittel der Abhilfe böten, 
wenn man fie nur mit Berftand und Umficht geltend 
machen wolle, 

Hiermit war auch fihon ein Theil der folgenden vier 
ten Frage: 

„Was koͤnnten und ſollten wir thun, um unſerm 

Lande recht viel gute Dienftboten und gute und zus 

friedene Tagelöhner zu erhalten und heran zu bilden 24 
beantwortet. Denn auch bier fam man auf das gute 
Beifpiel eines wohlgeordneten eignen Hausweſens, einer 
verftändigen Erziehung und einer acht ländlichen Genügfams 
feit ‚zurück, die mehr ald alle Befehle und Strafen, als 
alle Zerftreuungen und Genüffe, Sittlidfeit und Zufriedens 
heit erzeugt, Aber leider nehme die Genügfamfeit immer 
mehr ab, und mit ihe ſchwinde auch die Zufriedens 
heit. Vorzüglich würden aber die Dienftboten durd) hohen 
Lohn und durch gute und reihlihe Nahrung nicht fels 
ten. verwöhnt, fo daß ihnen das fpätere Leben als 
Taglöhner, wenn fie einen eigenen Hausftand gegründet 





a: 


und. vielleicht‘ seine: ‚zahlreiche Familie zu ‚ernähren „hätten, 
gar. traurig und. reich an ſchweren Entbehrungen vorkomme. 
Auch ſcheine der Gefindelohn in der That höher zu ſtehen, 
ald der. Tagelohn fuͤr verheiratete Arbeiter, und, die Be— 
föftigung ‚der Erſtern dabei kaum gehörig. in, Anſchlag ge⸗ 
bracht zu ſein. Leider aber diene der habe Lohn dem 
Gefinde auf dem Lande nur felten zur, Anſammlung eines 
Nothpfennigs für fpätere, Tage, fondern werde meiſt nur zu 
leihtfinnigen Vergnügungen verwandt, denen die fpätern 
Entbehrungen alö finftere Nachtgeftalten gegenüber zu treten 
pflegten. Als Hilfsmittel wurden hierbei außer den frühes 
ten das Auögeben einfräglicher Accordarbeiten an die Tages 
löhner, wobei in der Negel ſich beide Theile beffer zu ftehen 
pflegten, und das lebereinfommen mit den neu zu miethens 
den Dienftboten empfohlen, daß diefe ihren Lohn mit jedem 
Vierteljahr fteigend ausgezahlt. befamen, daß z. B. ein 
Knecht, der jährlich 36 Thaler erhalte, im erſten Vierteljahr 
davon nur 4, im zweiten 8, und im dritten und vierten je 
12 Thaler ausgezahlt befäme. Dadurch würden fie zugleich 
u zur Ausdauer im Dienfte angehalten werdens 


» Die fünfte Frage endlich 


FAR die neue Gefindeordnung einen Einfluß auf die 
landwirthfihaftlidhen "Dienftboten gehabt, ** zwar 
welchen?“ | 


J Mehrere Anweſende zu der —* rn dies 
ſelbe den Trotz⸗ und die Halsſtarrigkeit ſtoͤrriſcher Dienſt⸗ 
‚boten gemaͤßigt und ſchon in ſofern wohlthaͤtig gewirkt Habe, 
als fie das Verhaͤltniß zwiſchen Herrſchaften und‘ Dienſt— 
boten feſtgeſtellt und aus dem Bereiche der bloßen Wiltkuͤr 
und der Unbeftimmtheit "heraus auf einen’ fefteren‘ Boden 
gerückt, babe. , Würden nur. die. Cittenzeugniffe, in ‚den Ge⸗ 
findebüchern gewiſſenhafter ertheilt und die fpäteren Artefte 
nit „wie es ‚noch, oft geſchieht, aus. Mangel an Geſchick 
in der Faſſung einer Niederſchrift, oft nur von dem vor⸗ 
8 


= As = 


bergehenden Zeugniffe abgefchrieben; würden ferner die etwa 
fehlenden Seiten, welche fic) durch die Sprünge in den Seitens 
zahlen leicht verrathen, als bedenfliche Zeichen nie unbeachtet 
gelaffen, und überhaupt von Seiten der Betheiligten mehr 
gethan, das auch zu ihrem Nutzen erlaffene Gefeg in allen 
Beziehungen gewiffenhaft aufrecht zu erhalten und in Sitte 
und Leben einzuführen, fo müßte fein wohlthätiger STE 
noch) weit durchgreifender erfcheinen. 


is — 


XV. 


Beantwortung J 


der dem Landwirthſchaftlichen Vereine zu Altenburg in 
der Verſammlung am 10. Juli 1844 — 
Fragen. 
Vom Oekonomie⸗Kommiſſaͤr Mich, Glaß in Borna. 


Ad 1. 


Je maͤchtiger in neuerer Zeit das allgemeine Streben 
nach Fortbildung in allen Lebensverhaͤltniſſen und in allen 
Sphaͤren der bürgerlichen Geſellſchaft ſichtbar wird, je mehr 
namentlih auch das Tandwirthfchaftliche Gewerbe und. die 
Landwirthſchaftswiſſenſchaft auf das Feld der materiellen 
und geiftigen Speculation getrieben worden ift, deſto ges 
bietender tritt das Bedürfniß hervor: 


„durd eine tüchtige Vor⸗ und Nahbildung den 
„Landwirth fähig zu machen, ſich und fein Gewerbe den 
„Bedürfniffen und Anforderungen der Gegenwart an⸗ 
„upaſſen.“ 








! — — 


Die Wichtigkeit dieſer Ausbildung iſt ſchon laͤngſt 
anerkannt und: in verſchiedenen Ländern. der Verſuch zw 
deren. Verwirklichung durch Litteratur, Unterrichtsanftalten 
und Vereine) gemacht worden, allein- diefe drei Haupthebel 
der landwirthfchaftlihen Induftrie haben demungeachtet nicht 
die ganze Summe des Bedürfniſſes zu tilgen vermocht, 
indem ſie mehr oder weniger der mangelnden Vorbildung 
zu viel unbefannten Stoff zur Verarbeitung übergaben, oder 
der vorhandenen Bildung zu wenig praftifches Clement beis . 
gefelten, oder aud zu verfchisdenartige Subftanzen der 
geiftigen und bürgerlihen Sphäre gleichzeitig an dem 
Streben zum Ziele heil nehmen ließen. 


Nicht weniger gefährlich ald der Mangel ift auch 
dad Uebermaß, und defhald ift namentlich bei der Auss 
und Fortbildung des ald die, fräftigfte Bafis des Staats⸗ 
wohles zu. befrachtenden landwirthfchaftlihen Mittelftandes 
die „richtige Innehaltung der Grenze zwifchen dem Feh⸗ 
lenden und zu Erfegenden fowie dem Nöthigen 
und Ueberflüffigen vorzugsweife ins Auge zu fallen, 
und die Beobachtung des rechten Maßes Iediglid, auf die 
MWirdigung der bäuerlichen Verhältniffe, Bedürfniffe, Sitten 
und EN EAUEHDESIER zu ftügen, } 


Die vorliegende Frage fest die Nothwendigfeit einer 
Fortbildung der jungen Bauernburfchen voraus und vers 
langt. nur zu wien: 

was koͤnnte und follte für diefen Zweck und Ar 
6 Weiſe geſchehen LEER 

Der erfte Theil diefer Trage bezieht fich auf das 
Material, der letzte auf die Verwendung, ‘und fragt dem⸗ 
nach jener nad) dem Zwecke und diefer mad) den Mitteln, 
Obgleich es weder zweifelhaft ift, noch für eine übers 
triebene Schmeichelei gehalten werden fannz daß der alten⸗ 
burgiſche Bauer unter allen feines Standes im: In = und - 
6% 


- 1 — 


Auslande eine der erften Stellen einnimmt, fo iſt doc feine 
Ausbildung in mannichfacher Beziehung eine einfeitige 
geblieben und deshalb eine zeitgemäßere ein um fo 
größeres Bedürfniß, je uͤberwiegender ihre Einfluß auf den 
zu den rein Aderbau treibenden gehörigen Staat ift. 


Die Schritte, welche. in diefer Beziehung gethan wers 
den Fonnten, find auf einen doppelten Zweck zu richten, 
von denen der eine die Unterlaffungsfünden der Vergangens 
heit auszugleichen und der andere die Zufunft, vor gleichem 
Mangel ſicher zu ftelen hat. Jener ift nichts Anderes ald 
die Sorge für die Nahbildung des athmenden 
und diefer nichtd Andered ald die Sorge für die Vore 
bildung des fommenden Gefhlehtes, und für 
beide fann und fol der Staat das Geinige thun. 


Das befte Mittel, die mangelnde Vorbildung junger 
Bauerburfchen durch eine tüchtige Nachbildung zu erfegen, 
find die Aferbaufhulen, wie folhe in Hohenheim, 
Schleißheim, Idſtein (Später in Wiesbaden), in Ellwangen 
und Ochſenhauſen eingerichtet find, 

Das Beduͤrfniß ded landwirthſchaftlichen Unterrichts 
theilt die Lernenden in 3 Hauptflaffen und zwar: 

- 4) in folhe, welche fih mit der Landwirthfchaft und 
allen dazu gehörigen Wiffenfchaften fowohl praktiſch 
ald theoretifch, vertraut machen wollen, 

2) in folche, welche für die Ausübung des landwirths 
ſchaftlichen Gewerbes ſich die erforderlichen Kenntniffe 
verfchaffen wollen, ohne auf höhere wiffenfchaftliche 
Bildung Anſpruch zu machen, und 

3) in folche, welche fi) blos in der — des Ge⸗ 
werbes unterrichten wollen. 


Die Erſteren gehoͤren hauptſaͤchlich den hoͤheren 
Schichten der buͤrgerlichen Geſellſchaft, die Andern dem 
Stande der Bauern und die Letztern der arbeitenden Klaſſe an, 


— 400 — 


Die vorliegende Frage beſchaͤftiget ſich lediglich mit 
den Individuen der zweiten Klaſſe, und ſo heilſam auch 
‚eine Vereinigung des Unterrichts, namentlich der beiden 
letzteren gerade für dad Herzogthum Altenburg fein würde, 
fo ift doc), namentlich um der vierten Frage nicht vorzus 
greifen, deshalb nur auf diefe. Bezug zu nehmen. 


| Unftreitig find die Alkerbauſchulen am geeignetſten, 
den jungen Bauerſoͤhnen eine zeitgemaͤße Fortbildung zu 
ertheilen, nur muß ſich der darin zu ertheilende Unterricht 
ſtreng in den Grenzen des Berufs ihrer Zoͤglinge halten, 
damit er weder eine mit der Einfachheit des Gewerbes 
nicht im Verhaͤltniß ſtehende und das patriarchaliſche Leben 
gefaͤhrdende Vielwiſſerei, noch blos eine rein praktiſche Aus⸗ 
bildung bewirke, fuͤr welche die Vaͤter ſelbſt in der ee 
die beten Lehrer find. 


Der Hauptzweck muß fi) darauf befchränfen: 
3) mangelnde Schulfenntniffe zu erfeßen und vorhandene. 
zu erweitern; 
2) von der Praris auf die Theorie und dadurd) von dem 
k Einzelnen aufs Ganze fihließen zu lernen; 
3) neue Erfindungen, Verbefferungen und Verſuche ken⸗ 
nen zu lernen; 
4) durd die Kenntniß dee Grundlehren der Theorie die 
Praxis zu, unterftügen ; 


5) dadurd) den Sandwirth zum felbftftändigen Denken und 


Weiterbilden heran zu ziehen und 


6) durch Wiffenfchaftlichfeit die fittlihe Würde des Mens 
fen zu heben. 


- Fragen wir, auf welche Weife diefer Zweck zu ers 
teihen ift, fo kommen wir auf die Beantwortung dei 
zweiten Theils der Frage, wobei ic) jedoch diejenige Nas 


— 10 — 


erdrterung mir vorbehalten muß, weldje in der Frage ald 
‘aufgeworfenes Beiſpiel den Mittelfaß bildet‘, nach der von 
mir gewählten Spaltung des Zweckes, mit der’ Vorbildung 
work der Sotge für das zufünftige Geſchlecht zuſammenfällt. 


Die. ‚Erreichung des obigen Zweckes feßt zwei Grund⸗ 
bedingungen voraus und zwar: 


ER. daß die UntereichtSanftalt mit einem nicht: zu großen 
und nicht zu Fleinen Gute verbunden und | 
B. daß felbige, nicht in, aber in der Naͤhe einer 
Stadt fei; { i ) Ind: 
weil ur 

ur Aa ad A. 

Altes landwirthſchaftliche Wiffen ohne praftifche Eeatrfik 
tion und ohne Verſuche nur Stücwerf bleiben wirde und 


ad B. 


c ‚Die Gelegenheit zur Zerftreuung und sum K Kennenlernen 
ſtaͤdtiſcher Genüffe den längern Aufenthalt ‚in „der. Stadt 
‚als unvortheilhaft, die Nähe derfelben aber, zu fihnells 
möglichfter Beziehung aller Bedürfniffe als vortheilhaft era 
feinen laßt. 


Am geeignetften würde hierzu ein Staatögut fein, 
theild um eine ftrengere und geregeltere Controle zu haben 
und theils, um dadurd) eine vermittelnde Betheiligung des 
Staates an dem Bildungögange des Volks zu bewerffteligen. | 

Die Unterrichtögegenftände würden hauptlaͤchlich fol⸗ 
gende ſein: * 
4) in Beziehung auf den Ackerbau; 

a) Bodenfunde, | 

) Düngungslehre, 

4 ©) Pflanzenkunde und Oofsaumut, el 
d) Landbau m u, I 


— 44 — 


2) in Beziehung auf die Viehzucht: 
) Thier ⸗Naturgeſchichte, 
) Vieharzneikunde; 


9: in gewerblicher Beziehung: 


Wa) techniſche Gewerböfunde, 
rag b) Raturlehre, namentlich in Beziehung auf Mecha⸗ 
6 1 nik, und 
em c) das Nöthigfte der Chemie. 
"Bin allgemeiner Beziehung: 
a) Arithmetif, 
+2) Buchhaltung, 
> 6) Münze, Maaß⸗ und Gewichtfunde, 
d) Fertigung von einfachen Anfchlägen, Kontraften 
und Berichten, 
. e) Baufunft. 


"Man wird entgegnen, daß zwar durch Einrichtung 
‚einer derartigen Ackerbauſchule der beabfichtigte Zwe am 
vollkommenſten erreicht werde, daß aber die Größe des Lans 
des mit. den Opfern „welche diefelbe erheifht, nicht im 
BR ſtehe. 


Hiergegen iſt zu erwidern: daß die Staatswirthſchaft 
jede halbe Maßregel moͤglichſt vermeiden und dann erſt zu 
Surrogaten ſeine Zuflucht nehmen muß, wenn die Kraͤfte 
des Staates dem Poſtulate nicht gewachſen find, 


Allein wo wäre im ganzen deutſchen Lande noch ein 
Staat zu finden, der wie das Herzogthum Altenburg eine 
größere Garantie für das Gedeihen eines derartigen Ina 

ſtitutes geben fünnten, da der Gros der Nation aus vors 
zugsweiſe gebildeten ——— und der Hauptreichthum 
des Landes lediglich in Grund und Boden beſteht, wo ſich 
bei der hohen Wichtigkeit einer zeitgemäßen Fortbildung des 


= — 


Baucrnftanded die Hohe Landesregierung’ eben fo wenig 
mit halben Mafregeln begnügen: wird, ald eine Xheils 
nahmlofigfeit an der guten Sache von: Seiten des hg 
habenden und ſtrebenden Bauernſtandes denlbar ft? , 


Doch felbft der klarſten und innigften —— 
ſetzt die Ausfuͤhrung der Frage noch Zahlen entgegen, und 
deshalb moͤge nur ein kurzer Hinblick auf die Mittel zu 
einer Ackerbauſchule im Herzogthum Altenburg ‚geftattet fein. 


Mit Ausnahme der früher beftandenen, ‚von. Fellenberg 
in Hofwyl geſtifteten und der neuerdings. von Jorke und 
Franz in Schöppenftädt und Hude in Urbig projeftirten 
Ackerbauſchulen, find die Negierungen es gewefen, welde 
die jest beftehenden Inſtitute diefer Art ins Leben riefen, 
"und namentlich hat Württemberg, Naſſau und Baiern dafuͤr 
das Meiſte gethan. 


Schon daß Privaten im Stande find, eine ſolche 
‚Schöpfung ind Leben zu rufen und lange Jahre mit Ers 
'folg fortzufüheen, Tiefert den Beweis: daß fi) die dazu 
‚gehörigen Mittel bejahlen und daß daher für die Negierung 
feine Beranlaffung vorliegt: die Betheiligung an einer Sache 
zurüd zu weifen, durd) welche, wenn fie unter ihren Aufpicien 
ins Leben. tritt, gleichzeitig. verſchiedene an erledigt 
‚werden koͤnnen. 


Die verfte Frage, welche mit Bezugnahme auf das 
— Altenburg unſerer Aufmerkſamkeit in Anſpruch 
nimmt, iſt auf die Moͤglichkeit des Gedeihens gerichtet. 


Bedenken wir, daß allein der im * 
einen Reichthum von | 


917 Anfpanngüteen und 
1344 Handgütern 





Orth Sttima! PONTE mA 


EEE MEER 


= = 


befist, ſo kann man wohl annehmen und mit Gewißheit 
vorausſetzen, daß diefe Sihe mindeſtens alljaͤhrlich 


60 Söglinge 
der Anſtalt juſenden. Dieſe wuͤrden ihren witeen bei 
Yäprigem Eurfus à 120 hal ACER, 
: 6000. Thaler " 


Toften, wovon jedoch (da fie. felbige für. vleſes Jahr aus 
der Koſt los werden, welche pro Kopf mit 70 Thaler ans 
san if) * er 
RR "3500 Doler 
rt werden mögen, unbasıgubätden dr 
e 
" siernad), würde jeber Bögling, für, bie — einer 
er Bildung nicht mehr als —6 
* nm — 501 Thaler 
aufguwenden. haben. — 
Laͤßt ſich bei der Wohlhobenheit des Altenburgiſchen 
Bauers und bei ſeiner Geneigtheit zur Erwerbung eines 
hoͤheren Grades von Bildung erwarten: daß er nicht unter⸗ 
laſſen wird, dies geringe Kapital auf ſo hohe Zinſen bei 
ſeinen Söhnen anzulegen, fo fnüpft ſich daran die zweite 
Frage: 
Ran mit ‚hiefen Softz und Unteres eine 
Ackerbauſchule erhalten werden 2 3 


Obwohl ſich mit Beſtimmtheit hoffen läßt: daß kin 
ſolches Inſtitut auch Zöglinge der benachbarten Königlich 
Saͤchfiſchen und Fuͤrſtlich Reußiſchen Landestheile herbei⸗ 
‚ziehen wuͤrde, da der Ruf der Altenburgiſchen Landwirth⸗ 


fi ſchaft im Auslande einen guten Klang hat, fo wollen wir 


doch bei dem obigen le > 
ſtehen bleiben, 0 0” 


- Mi.=- 


Die Verpflegung ..der 50,8 belinan wäre ‚höher 
A ale im atelchen — il mit —* 


3500 Thalern 


anzuſchlagen „fein, ‚da, unbeſtritten der Aufwand, mit ‚ber 
größern Zahl in ein progreſſiv Zunſtigeres Verhaͤltniß tritt, 
Außerdem wuͤrden noͤthig ſein: 
1000, ‚zlt, ‚für den, Direftor der Schule, „welcher gleich⸗ 
zeitig die Direftion des Gutes, die Oberaufficht 
über die Zöglinge und den praktiſchen Untere 
richt zu übernehmen hat. 

NB. Vorjſugsweife die oben ad 1a, 1d, 
4b und 4d gedachten Gegenftändez » 
ar ⸗ fuͤr einen oder nach Befinden zwei Lehrer, 

PN Bmuann) "welehe" den übrigen Unterricht ertheilen; 
100 » für einen (nicht daſelbſt wohnenden) geſchickten 
Thierarzt für, den Unterricht in der Thier⸗ 

heilkunde ; —— 

100 ⸗ für einen Arzt in der benachbarten Stadt; 
200 ⸗fuͤr die Verſuchswirthſchaft; 
2 
2 


an TURdE 


450 29 für Waͤſche, Unterhaltung der Geräthfehaften: ꝛc.; 

“50 für Bücher und fonftige Untereichtögegenftände; 
4100. 3 für (allgemeine —— 

2500 Thlrin Summa. 


Die Wirthſchaft, ſelbſt möge fie nun pachtweiſe über» 
Hafen, oder für den Eigenthämer: verwaltet werden , erhält 
ſich felbft, e8 würde demnadh, da Unterricht und Verpflegung 

th, Die, Penfionsgelder gedeckt werden, der Negierung nur 
Die Einrihtung anheimfallen. 


Verbindet man, was bei der vierten‘ Stage Gertßrt 
‚werden wird, mit einen folchen Aderbaufchule den Zweck 
der abi auter Arbeiter mittelft einer — ſich felbft 
erhaltenden — Armenſchule, und betrachtet man ein ſolches 
Gut ald den geeignetften Ort, wo die aus den Straf und 





Verſorgungsanſtalten Entlaſſenen Arbeit! findem und: vor dem 
Ruͤckfalle «bewahrt: werden  fonnen, fo duͤrfte — beſonders 
wenn alle die außerdem oder bisher auf Surrogate vers 
wendeten Koſten mit in An- und Abrehnungingebradht 
werden — die Einrichtung einer Ackerbau⸗, Armen⸗und 
Verſorgungs⸗Schule nicht nur al eine ‚der ſegensreichſten, 
ſondern auch als eine der billigſten Staatsanftalten, zu bes 
trachten fein. 


Die weitere Ausfuͤhrung und Seganifakion, nee, der. 
artigen Unterrichtsanſtalt gehört nicht hierher, und erlaube ich 
mir deshalb nur noch mit wenig Worten, in Bezug auf 
wie zukünftige — bisher offenbar vernachläfigte — — 
bildung des Bauernſtandes zu ubemerfend U usw © 


daß die ‚gründliche Kenntniß NG und 
der Grundlehren, der Landwirthſchaftswiſſenſchaft bei ‚den 
Schullehrern foviel als möglic zur, Bedingung, ‚gemacht 
a ‚and, deshalb, auf den Seminarien für, diefe wichtige Auf⸗ 

x, gabe, ‚ihrer, Wirkſamkeit die erforderliche, Boreus 
3; En, nicht unterlaifen. werden. folte; 


denn der erfte Unterricht bt auf den Menſchen die ‚größte 
Wirfung und ift am geeignetften, ihm gleichzeitig mit dems 
felben die Grundlehren des fünftigen Berufes faft fpielend 
"einzuprägen, Vorurtheile auszurotten und die, Liebe für die 
Pit, in dem Herzen des Jungen Weltbuͤrgers wachfen zu 
laſſen zum eigenen Wohle wie zu dem des fd th 
‚und Ihm Menfchheit. 


Ad Frage % 


Sonntags⸗ und Abendſchulen ſind als Hilfemittel 
der mangelnden Volksbildung zu Betrachten und darauf bes 


rechnet, die geiftige Nachhilfe ohne Einfhränfung der auf 


die Arbeit zu verwendenden Zeit zu bewirfen, 


Sie find vorzugsweiſe nur in- Städten antwendbar, 


weil die: beſchraͤnkte Zeit nicht geſtattet, weit darnach zu 


- A — 


‚gehen, und ed würde deshalb, nach meinem Dafuͤrhalten, 
eine Berpflanzung derfelben auf das platte Land seine fehr 
unvolftändige Mafregel fein, weil bei der nothwendigen 
Bufammenziehung einer Anzahl Dörfer, die oͤftere Unter 
bredjung des Beſuchs De Stunden eine unauöbleiblide 
Folge ſein wuͤrde. 


Monte man aud) 20, Ortfchaften einem ſolchen Sonn⸗ 
tagsſchulenbezirke einverleiben, ſo wuͤrden allein im Kreis⸗ 
amtsbeuitke Altenburg 

13 Schulen 


pᷣthi⸗ ſein und auf jede derſelben im Durchſchnitt eine 
Maſſe von 460 konfirmirten Mannsperſonen kommen. 


Derartige Schulfurrogate find nur da nuͤtzlich, wo 
fi) eine größere Menfchenmaffe auf einen Fleinen Raum 
zufammengedrängt befindet, denn ihre Organifation beruhet 
auf Benugung ber. freien Zeit zu Gunften der geiftigen 
Ausbildung und kann daher weniger Segen bringen, wo 
die Lernbegierde durdy die doppelte Erfhöpfung der Arbeit 
und des Weges nad) der Schule beeintiachtiget wird. 


Noch weniger aber würde ein perpetuirlicher Beſuch 
der. Sonntagsfchulen in der Stadt dem Landvolfe erfprießs 
lic, fein, ‚weil weder das längere Stadtleben feinem fünfs 
‚tigen Berufe günftig, noch die angemeffene Ausfülung der 
— Zwiſchenzeiten denkbar iſt. 


Man uͤberlaſſe daher die Sonntagsſchulen den Städten, 
wo fie. namentlich auf Lehrjungen und Gefelen den heils 
famften Einfluß geäußert haben und nod) ferner bin 
werden. 

Ad Frage 4. 


Die bei der Landwirthfchaft hauptluchlich in En. 
fommenden Perfonen der ‚arbeitenden Klaſſe beſtehen: 


u 


— — — 


— 17 — 


"a) in Knechten und 'Mägden, 
b) in’ Scjirrmeiftern und gefeiunn, 
c) in Tageloͤhnern. 


Der Mafftab für die Güte der Dienftboten liegt 
in der ihnen inwohnenden Faͤhigkeit zu Verrichtung eines 
Dienſtes und die Garantie ihres Betragens in der gegens 
feitigen Stelung und Behandlung PARSE Hertſchaft 
und Geſinde. 


Es kommt daher bei ———— dieſer Frage 
1) auf die Heranziehung guter Dienftboten und. 
2) auf die Behandlung derfelben an. SE 


Die gewöhnlihe Schule für Knechte 98 Migde il it 
der Dienftz guter Wile und die erfte Herrfchaft find ihre 
Rehrmeifter. Bei ihnen fommt daher auf gute Behands 
lung Ale an, 


Es liegt in der- gegenfeitigen Contractöverbindlichfeit, 
daß der Herr von feinen Arbeitern treue Pflichterfüillung 
nur erwarten fann, wenn er felbft feine Schuldigfeit gegen 
diefelben erfüllt, Deshalb muß er ſich's angelegen fein 
lafien, weder zu fireng noch zu nachſichtig gegen feine 
Dienftboten zu verfahren, denn jenes erzeugt Unluft, dies 
ſes Lauheit zum Arbeiten; ihnen nicht alle Genüffe zu 
entziehen, aber aud) nicht zu viele zu geftatten, denn ers 
ftered erzeugt Unzufriedenheit und diefes Liederlichfeitz mäßig 
zu loben und milde zu tadeln und beides zu rechter Zeit, 
denn zu viel Lob verführt zu dem Gefühle der Unentbehrs 
fichfeit und zu viel Tadel bringt Ueberdruß zur Arbeit 
hervor. Eine fernere Pflicht des Dienftherrn ift die pünfts 
licye, weder fpätere noch frühere Bezahlung des Lohned, 
denn jeder Arbeiter ift feines Lohnes gewärtig, aber vors 
gegefienes Brod macht arm und mager. Uebrigens erfors 
dert es die Vorfiht: auf fteigendes Lohn zu miethen und 
nicht zu oft zu wechſeln. 


— 18. — 


Was dagegen Schirrmeiſter und Voigte anlangt, ſo 
kann deren Heranziehung am Beſten auf den mit einer 
Ackerbauſchule verbundenen Guͤtern erreicht werden, wo ſie 
ihren Unterhalt ſelbſt verdienen, ſich die noͤthige Geſchick— 
lichkeit in allen landwirthſchaftlichen Arbeiten verſchaffen und 
dadurd gute brauchbare und zuverlaͤſſige Arbeiter und Tages 
(öhner höheren Schlages werden Tonnen. 


sc) 


Hierbei fünnte vorzugsweife auf arme Kinder Nücficht 
genommen „und dadurd) der doppelte Zweck einer Vers 
forgungöanftalt für Arme und, einer Bildungsanftalt ‚für 
- Arbeiter erreicht werden, ‚ohne dem, Staate dafür große 
Ser anzufinnen, 


J 2) 27 1 
Inh J > 
' XVI. 
Reiſebemerkungen. 


Vom Gutsbefitzer Hager in Saara. ou 


Meine Herren ! 
Die auf meiner Reife durchs Königreich Baiern, Ende 


September d. $., von Hof über Baireuth, Amberg, Regens⸗ 


burg, Landshut nach Muͤnchen und von da nach Tegernſee 
und Kreuth, ſo wie auf der Ruͤckreiſe von Muͤnchen uͤber 
Augsburg, Ruͤrnberg und Bamberg geſammelten Notizen 
im Bereiche der Landwirthſchaft koͤnnen nur ſehr oberflaͤch⸗ 
lich ſein, da ich dieſe Reiſe mit der Eilpoſt und per Eiſen⸗ 
bahn gemacht Habe und mir deshalb wenig Zeit übrig dlich, 
um mic auf den dortigen Landgütern umzufehen. 
Nach dem Augenfchein zu urtheilen, ftehen die dortigen 
Randwirthe in der Beftellung ihrer Felder gegen unfere Lands 
wirthe nod) in mancher Beziehung zurück; mit feltener Aus⸗ 
nahme fand ich auf meiner ganzen Reife bei Kalfunterlage 
(die faft in ganz Baiern vorherrfchend ift) und bei 4 bis 7 
Zoll Ackerkrume nur 4 Fürchen haltende Beete, einen ſchwer⸗ 


- fäligen Stockpflug und Eggen mit eiſernen ruͤckſtehenden 


Zinken. Zur Fuͤhrung hatten dieſe 2 mit Eiſen beſchlagene 


Rüͤſtern, die zugleich die Stelle unſerer Eggeſchlitten vertreten, 


Die Erntewagen um die Hälfte länger als die unfrigen, 
mit niedrigen Rädern und ganz geraden Leiterbäumen, baren 
gang ohne Kettenzeug, Das Befden der Felder beforgt 
das weibliche Geflecht. ' Das MWintergetreide vwoirb faſt 


durchgehendd mit der Blattfihel gefchnitten und fo hohe 
Stoppeln gelaffen, daß ein nochmaliges Hauen, um Einftreu 
zu erhalten, folgen muß. — Die Bauernhöfe beftehen, mit 
Ausnahme der Gebirgägegenden, wo ein Gebäude den gans 
zen Hof bildet, aus 3 bis 4 Gebäuden, wovon der größte 
Theil mit Stroh) oder Schindeln gededt ift. _ Die Scheunen 
mit hölzernen Tennen find, im Verhältniß der andern Ges 
bäude, flein. Der Lärmen, den das Drefchen auf diefen 
Tennen verurfacht, da in. der Negel 8 zufammen drefchen, 
ift entfeglih. Männer und Frauen verrichten diefe Arbeit 
und drefchen, wie ſie mir ſagten, täglich) nur 4 Schock. 
Die Drefchflegel, den dritten Iheil fürzer ald die unfrigen, 
find mit eifernen Kappen verfehen, Die dreisinfigen Streus 
gabeln, beſtehen aus 3 Stuͤcken, naͤmlich aus dem Gabel⸗ 
fliel mit einer Zinke und aus den beiden aͤußern Zinken, 
welche mit Schrauben an den Gabelſtiel befeſtigt find, 
Die Spigen der, Zinfen ſind mit, Eifenbled) beſchlagen. 
Sie ſi find‘ dauerhafter als unſere Streugabeln und zur Rach⸗ 
abmung zu empfehlen. Getreidereinigungsmafc)inen waren 
aud) dort, wie hier, in den Höfen anzutreffen. .- Der, Mift 
lag in vielen Höfen. zu einem. hohen Haufen aufgefchichtet 
und zwar größtentheild da, wo Schwarzholznadeln zur Ein⸗ 
ſtreu verwendet worden. Zur Beſtellung der Felder haben 
die Baiern einen leichten Schlag Pferde, hier und da auf) 
Ochſen, ſelten Kuͤhe. Ein einzelner im Felde ſtehender 

Bauernhof wird eine Einoͤde genannt. Ein Paar zuſammen⸗ 
legende Hoͤfe heißen ein Weiler. Erſt mehrere zuſammen 
ſtehende Hoͤfe und Haͤuſer bilden ein Dorf, Von Rind⸗ 
viehracen ſah id) auf den. Ritterguͤtern den Egerlaͤnder 
Schlag bei Hof, den Tiroler bei Tegernfee,, den Argauer, 
Allgauer und Anſpacher Schlag bei Muͤnchen und. Augs⸗ 
burg. Die Bauern haben gemifchtes Vieh. Die Schafe, 
die, ‚Ih fah, waren ſehr groß, mit rothen Mäulern vers 
fehen und. mit langer grober Wolle bedeckt, ‚Die Schweine, 
xoth und, weiß gezeichnet, find ein kurzer Schlag, werden 








— DER — 


aber wegen ihres fchmadhaften Fleiſches allen andern 
Schweineracen dort vorgezogen. 

Die Dreifelderwirthfehaft ift, wie in unferm Lande, 
noch vorherrſchend. Ausnahmen davon machen die Gegenden 
bei Nürnberg, Erlangen und Bamberg, wo der Gemüfebau 
großartig betrieben wird, und. die. Gebirgswirthfchaften bei 
Tegernfee, die eine ganz andere Tendenz ald das Dreifelders 
foftem haben. Hier ift nicht der Getreidebau die Haupt 
ſache, fondern die Viehzucht, welche den einzigen Erwerbs⸗ 
zweig der dortigen Bauern bildet. Nur ein Gebäude bildet 
den Hof, In diefem wohnt an der einen Giebelfeite die 
Familie, dann kommt der Kuhſtall, dann die Schweine 
ftälle und dann der Pferdeftall. Ueber diefen Staͤllen eine 
Treppe hoch am andern Giebel ift die Scheune, in weldyer 
freilich ‚nur wenig Getre’de, defto mehr aber Hew und 
Grummet aufbewahrt wird, Um in die Scheunen fahren zu 
fönnen, ift an der Gibelfeite eine Auffahrt angebracht. Das 
Gebäude ift ganz nach. Schweizer Art gebauet und mit 
Ausnahme der mit Mauern umgebenen Stäle faft ganz 
von Holz. Um das ganze Gebäude Kauft, ein Stockwerk 
hoch, eine Gallerie, die durch dad Dach, welches 3 Ellen 
Vorſprung bat, vor Regen geſchuͤtzt iſt. Das ganz flache 
Schindeldach ift, um es vor den dort häufigen Stürmen 
zu ſchuͤtzen, mit Bretern belegt, worauf eine Menge zentners 
fhwere Steine. liegen. Die Grundftüde find alle einge 
zäunt und liegen um den Hof herum, Sie bilden größten» 
theild eine Wiefenflähe, da der dortige Landmann alle 
Sabre nur foviel Wieſe aufreißt, ftarft düngt und mit 
Sommerweizen beftellt, als er und feine Familie hiervon 
zum Lebensbedarf braucht. Diefed Getreide wird hinter der 
Sichel her gleich aufgebunden und auf eine Art Kleereuter 
gelegt, damit es nicht auswächft und erft nach drei 
Wochen eingefahren. Iſt es abgeerntet, fo bleibt das Feld 
— zu Wieſe liegen und verraſet as weitere 


— Mi — 


Nachhilfe in einem Jahre, da die vielen feuchten Nebel 
dort den Graswuchs außerordentlich beguͤnſtigen. Da außer 
dem wenigen zu düngenden Felde - den übrigen Mift die 
Wieſen erhalten, fo ftehen diefe deshalb in Hoher, Kultur, 
Die Wiefen werden nur im Herbft nad) der Grummeternte 
mit dem Rindvieh beweidet, welches den ganzen Sommer 
über fein. Futter auf den dortigen Bergen (Almen) fuchen 
muß und diefes auch reichlih findet. Hier ift für die 
Ninder ein Sommerftall vorgerichtet und der Senner, der 
dien Aufficht über diefelben, das Melfen, Butter» und 
Käfebereiten (nad Schweizer Art) Hat, wohnt mit feinen 
Gehilfen dicht daran in feiner Sennerhütte. 

Erbauet auch Baiern in Verhältniß feines Flaͤchen⸗ 
gehaltes gegen unſer Herzogthum ſehr wenig Getreide, 
und iſt es auch in der Feldbeſtellung noch zuruͤck, ſo iſt 
ſeinen Bewohnern doch nicht abzuſtreiten, daß ſie in andern 
Faͤchern uns voraus ſind. Dahin gehoͤrt die Kunſt der Bier⸗ 
Brauerei, in einigen Gegenden der Hopfen⸗ und Tabaksbau, 
ſo wie der großartige Gemuͤſebau bei Bamberg und Nuͤrn⸗ 
berg. Der Spargel wird von da bis nad) Wien, der 
Meerrettig bis Amerifa verſchickt und von Gemuͤſeſaͤmereien 
beziehen wie ja ſelbſt viel aus jener Gegend, 

Ueber die Verhandlungen der Landwirthe in München 
wird Ihnen, meine Herren, ein anderer Berichterftatter 
erzählen, 


} 








ZUR 


XVI. 
Diecker's Regeln der Obſtbaumzucht. 


Zwar hat es ſich dieſe Zeitſchriſt nicht zur Aufgabe 
geſtellt, Recenſionen über erſchienene Schriften abzugeben, 
allein warum ſoll dies nichts deſto weniger geſchehen, wenn 
zumal der Recenſent nicht ſowohl fuͤr einen oͤffentlichen An⸗ 
klaͤger, ſondern vielmehr fuͤr einen anerkennenden Beurtheiler 
angeſehen ſein will? Dieſe Stellung nimmt gewiß jeder 
billig Denkende gern ein; und dieſe Stellung wuͤrde Jeder 
einnehmen, wenn er feine Anſichten von dem „Kommenzs 
tar über die gewöhnlihen Regeln der Obfts 
baumzudht von Herb, Rud. Diecker“ (bei Fried⸗ 
rich Ehrlich in Prag) abzugeben hätte. Das Buch, würde 
er fagen, ift für den einfachen Mann „leicht faßlich“ 
gefchrieben, enthält viel „Gutes“ und „Erprobtes“, 
iſt „kurz“ und „wohlfeil“ und wurde nicht, wie uns 
zählige andere, als elftes aus zehn frühern zuſammen⸗ 
gefchrieben, fondern ift ganz eigentlih von der Erfahrung 
dietiet worden. Freilich werden darin manche alte Regeln 
ald unbegründet befeitigt, aber ift dies nicht eben ein fehr 
ſchaͤtzenswerther Vorzug, der nur durch ruhige Beobachtung 


und gründliche Forſchung zu erreichen war? Sollen denn 


immerfort fchlecht bewurzelte Bäume aus dürftigem Boden 
den Fräftigften - und wuchöhafteften aus gutem Lande, vors 
gezogen werden, bloß weil eine alte Bauernregel fagt, die 


— 420 — 


anzupflanzenden Baͤume muͤßten auf geringem Untergrunde 
erwachſen ſein? Sollen immer wieder die ſtarkmachenden 
Nebenzweige von dem geradeauf gehenden Hauptſchoß 
weggebrochen und mit ihren Blaͤttern dem Baume ſeine 
Athmungswerkzeuge abgeriſſen werden, damit er ja als ein 
kraͤnkelnder Schwaͤchling recht ſchlank in die Hoͤhe ſpindele? 
Sollen immer noch beim Okuliren die Augen vom unters 
liegenden Holz losgedruͤckt, dabei häufig im Innern verlegt 
und damit die ganze Ofulation in ihrem Erfolg vereitelt 
werden? Sollen noch ferner die ſchon veredelten Bäume, 
wie died die auf Koften der baierfchen Regierung gedruckte 
nzabelle der Obſtbaumzucht““ (München 1829) anempfichlt, 
noch einmal in der Edelfchule fortgepflanzt und dadurch 
die Arbeit vermehrt, dad Wachsthum gefchwächt und eine 
Sortenverwechfelung leichter möglich gemacht werden ? "Alle 
diefe Irrthuͤmer wird Jeder leicht umgehen, fobald er fi) 
nur von Diecker's Kommentar rathen laffen will, der jene 
Münchner Tabelle gleichſam ald Ueberfchrift vor den behan⸗ 
beiten Paragraphen abdrucft und da, wo fie Richtiges lehrt, 
daſſelbe durch mehrfache Erfahrungen beftätigt und befräftigt, 
da aber, wo jene irrt, mit einer auf Verſuche geftügten 
gründlichen Zurechtweifung das Fehlerhafte befämpft. Doch 
ed wuͤrde fehr viel. Raum fordern, follten alle von Dierfer 
nachgewiefenen Fehler bei der Obftbaumzucht nur ganz kurz 
aufgezählt, und all das von ihm anempfohlene Neue‘ nad) 
feiner Zwecfmäßigfeit gerecht gewürdigt werden, Der Res 
cenfent darf wenigftend verfichern, daß er dad Dieckerſche 
Werkchen wiederholt und mit. wahrer Befriedigung geleſen 
bat, weil es ihm Vieles Flar machte und beftätigte, "was 
er felbft durch zwanzigjährige praftifche Baumzucht in Er⸗ 
fahrung gebracht Hatte, Nur nahm ed ihn Wunder, beim 
Aufplatten (beim Kopuliren mit ungleihem Neiß nad) 
Diecker) und beim Befeftigen der Schale als Dede über 


dem Dfulirauge nirgends der mit Baumwachs beftrichenen 


— 15 — 


Papierftreifchen, durch welche alles Lockern der Verbände, 
alles Stören und Beſchaͤdigen des Edelreißes oder Edel: 
auges umgangen wird, gehörige Erwähnung getan zu 
ſehen. Möge Here Diedfer noch viel Freude an feinen 
Pfleglingen erleben, und möge er uns vielleicht bald Ges 
legenheit geben, eine in gleicher Weiſe praftifhe Schrift 
über die böhmifchen und öfterreichifchen Obſtſorten zu 
beurtheifen ! 


Robert Lange, 
aur Zeit Secretär der pomologifchen Gefellfchaft. 





xVm. 
Ueber den Abſatz 


unferer 


londwirtbfchaftlichen Erzeugniſſe. 


Die Bewohner des Altenburger Kreiſes muͤſſen ſich 
vorzuͤglich durch das, was ſie an landwirthſchaftlichen Ers 
zeugniſſen uͤber ihren eigenen Geſammtbedarf gewinnen, 
die Mittel verſchaffen um damit ihren Bedarf an Zucker 
und Kaffee, ran Baumwolle und Seidenwaaren und übers 
haupt an ausländifchen Erzeugnifien fortdauernd bes 
zahlen zu koͤnnen. Denn die meiften Gewerbtreibenden 


— 18 — 


deſſelben arbeiten nicht für das entfernte Ausland, ſon⸗ 
dern für den innern ‚Bedarf Äbre Ortes und. (ap 
Umgebung. N 


Den größten Ueberſchuß gewährt das Getreide und ' 
namentlich) der Noggen. Denn der Weizenbau ift im Gans 
zen nur unbedeutend, und von der Gerfte nehmen die zum 
Theil jet fehr ſchwunghaft betriebenen Bierbrauereien der 
Stadt Altenburg und ihrer Umgegend nicht wenig in Unfpruch, 
obgleich) noch immer eine beträchtliche Quantität derfelben 
nach Often, Stöoften und Süden bin ausgeführt werden 
mag. Dahin geht auch Hafer, welcher bisweilen feldft 
auch nach Norden hin Abfas findet. Der Roggenübers 
ſchuß aber, fehiebt fich faft ohne Ausnahme nad) Süden 
und Südoften hin vorwärts, fo daß der Altenburger Ges 
treidemarft faft nur von den nahen und fernen Dorffchaften 
in Weften, Nordweſten und Norden der Stadt bis jenfeit 
der Landeögrenze her mit Roggen verfehen wird, während 
. alle Südlich und öftlich davor liegende Ortfhäften ihr Korn 
gleih daheim an Haͤndler zu verkaufen pflegen, die daſſelbe 
nad) Zwickau, Glauchau, Waldenburg, Penig ꝛc. verführen, 
Dahin wird auch nicht allein viel-in Altenburg felbft aufs 
gefauftes Korn, fondern bisweilen: auch bereits gebadenes 
Brot gefchafft, fowie auch vom Ronneburger Marfte nicht 
wenig Getreide nach Crimmitfhau, Werdau und Zwidau 
verführt wird. So fommt es, daß felbft Modern, Bur⸗ 
kersdorf, Kürbis, Cosma x. ihr Korn: gewöhnlich nicht 
auf den Altenburger Marft bringen, fondern ſogleich das 
heim an Händler verfaufen, welche daſſelbe nad) Süden 
hin ausführen. ! 

Die Oelfruchte diehen ſich meiſt nach ben stöfern 
Sefmißten ander Mulde und Elfter, ſo "weit fie nicht 
von den kleinern Delmühlen des —* in —* 
genommen werden. h 


—⸗ 


= Mi — 


Das Maftvich deckt im Wefentlichen ungefähr den 
Fleifchbedarf des Kreifes felbft und geht ſelten in größere 
Entfernungen. Daſſelbe gilt auch vom Zuchtvich, jedoch) 
mit Ausnahme der jungen Schweine, von denen jährlich 
eine ſehr große Anzahl nad dem Erzgebirge und Voigt— 
lande und felöft nach dem mordöftlichen Baiern ausge— 
führt werden, wozu noch fehr viel polnifche oder doch dem 
nordöftfihen Deutfchland entftammende junge Schweine 
fommen, welche diefelbe Richtung einfehlagen oder doch die 
Lücken auszufüllen haben, welche durch die Ausfuhr dahin 


entftanden find, 


Eine ganz andere Richtung nimmt der Vertrieb von 
Butter und Käfe, deren Ueberfchuß fi) weniger dem Süden 
und ‚Südoften als dem Norden und Nordoften zuwen⸗ 
det, fo daß die Butter aus Knau, Treben, Serbitz 
und Gerftenberg ſchon Häufig nach Leipzig hinabgefchafft 
wird, deſſen Anziehungsfraft dafür felbft bis Pölzig 
binaufreicht, 

Der mit der Schaafzuht noch immer im Abnehmen 
begriffene Wollertrag findet feinen hauptfählichften Abſatz⸗ 
marft in Leipzig, dem auch ein Theil des Bieres zus 
geht, welches in Altenburg, Ehrenberg ꝛc. gebraut wird, 
Doch geht Ehrenberger Bier auch nad) Glauchau und 
Waldenburg. | 


Obſt, befonderd Kirfchen und Birnen, und Gemüfe, 
ald Salat, Gurfen, Zwiebeln und Sellerie haben ihren Zug 
nah Süden und Südoften; Kalf dagegen mehr nad) 
Norden. Bruchſteine und Braunfohle gehen von ihren 
Fundorten nach allen Seiten bin, foweit die Transports 
foften und die -Concurrenz ihre Ausfuhr geftatten. Das 
gegen ift die Einfuhr von GSteinfohlen und, Kof von 
Zwickau her noch immer im Zunehmen begriffen. Sollte 
Jemand diefe flüchtigen, den Verhandlungen ded lands 


— 1383 — 


wiethfchaftlichen Vereins entnommenen Notizen zu be⸗ 
richtigen „oder zu. vervollftändigen geneigt fein, fo wuͤr⸗ 
den wie diefes mit um fo größerer Danfbarfeit aners 
Fennen, ‚je mehr und daran liegt, die dermaligen Vers 
Fehröverhältniffe feftzuftellen, um nad) Vollendung der 
Sähfid) = Baierfchen Eifenbahn den Einfluß beurtheilen 
zu koͤnnen, welchen diefe etwa auf deren Umänderung 
ausüben dürfte, 


Ed. Zange, 
Secretär des Iandwirthfchaftlihen Vereins. 








x A 








I 
47 + 120° pe D. | 
5 15,0 helle N. 


SI BEN | 
| 40 bee | 
es —0_| 170 jhele ©. | 








— 6) 170 hbele | 
wir. ©. ;?_|__480 [wit B. 
wif, ©, ! ‚0 | 19,5 wit. W. Gewitt.if 
Re 5 1 dem | 


ei 150° A— | 
un | I en | 
on Zu 14,5 wik. ®. 
/ 12,25 Neo. W. 
— | 
5_\ 145 — 
Bot. ©.® | 
_ 10 wi. 8 | 
j 15,3 wik. W. 


— — — — — 


19,5 nl. ©. ®. 








— — 
— — 


TE — — 
el 


a | tr. W. 








21,0 helle N. 9, I 


Meteorologifche Tabelle auf die Monate: April, Mai, Juni, 1S4A4, von W. Bechitein. 






























| a U ——_ = 
| pe Mai J i 
| Fruͤh 8 U Nachmi | — 
uͤ 
ruͤh hr achmittags 2 Uhr. Fruͤh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr. Früh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr, | 
⸗ | — ⸗s 
7 ——— — — jt 
= ri a: ee —— me > nn 3m Zuſtand & |Stand des Stand del Zuſtand Stand des Stand des Zuſtand a |Stand deslStand des Zuftand Stand des Stand besl Zuftand | 
* metere. | metere Metters = & — des = | Baro» Ther mo⸗ bes Baros Thermo— bes 8 | Baro- |Ehermo: des Baro= Thermo⸗— des | 
. meterse meters. Wetters. meters. meters. Wetters, meters. | meters. Metters, E meters, | meters, Wetters, meters. | meters, | Wetters. 





































































































































































































































































































































































































































































































(} 

971 Bu 250 5 Tu 3 
1 — 4 Am | &|= h 2) wlk. W = 94 90 \wi.D.Gw.o.n.| 2 |= 5,2 10,0 helle RD. 15,0 helle N. 
er 4,0 heile ©. = 68 | 11,0 helle ©. 3]: 82 50 Ir. N. :- 67 | 1 8|=- 45 10,5 helle N 150 — 
> 75 | 50 70 | 100 heile 8. 70170 67 | 115 5. | sts — | 
5]: 75 | _50 _|net. ©.  _|= 70 | 100 |belle D. 5|=: 75| 75 m ®  . |* 78 | T10 nik ©. 5] 86 90 he © |= 80 | 140 hele RW. 
— _ 230 helle . 75 5,0 helle O 6|= 5,7 85 Itr. ©. Eu 11,25 wit. ©. 6|- 76 12,25 helle © = 20 | 1707 de. 
— — belee 89 7,0 helle D. Ener 10,25 |helle ©. - 4 | BOWEON 17% 76 145 helle ©. 76 — pe | 
8]: 13 2helle  |= 11,6 7,0 helle N. 8560 11,25 vi. ©. ®. |. 60 135 if. ©. 8-7 — 0 WE = 5 | 180 ww | 
9: 13 | 40 pe ®. |: 112 | 90 weE®w __| 9|- 62 | 100 ni. ©. >60 1155 nit. Gonit.| 9 |= 84 | 135 pie ©. 12 80 | 195 ni. Gmwitek 
10-115 | 70 |.®. |- 110 | 100 RW. | 10]: 63 | 90 |Re.©.W. |- 60 | 135 wENR®. |10|- 82 140 ve. ®. TE | 
1 98 | 75 oft. © a0 TS MED. Sm, 5 oa © 63 5 Fre Ba 0 le 188 | 5 ee. 
12|- 56 | 9 _ Rg©.®. |» 57 | 70 |Rg.N | 12)- 72 | 110 N. : 74 | 115 we. 12 |= 96 | 105 Int. 1,95 | 150 Int. 8. | 
13]: 57 |_ 6 WEG |» 54 | 100 wk&S  |13|- 92 | 700 e.R  |- 92 | 110 wE©.®. |13|j- 82 135 vi. ©. 50 | 50 Ram | 
15 SER 50 | 75 RS EB 70 > BO | TEEN W [14], 49 | 150 nit. ®. 0 TE 1 
15|= 80 5 _ RB | 9 | mM — | 65 60 RE | 65 rm 15 59 | 1720 helle |: 57 | 145 jwik, | v/v5 
16 |: 103 | _60 pie ©. ®. |= 103 | 110 helle ©. 16 | = 84 475.© |: 75| Ts WE  |16|- 67 90 Ir. W. = 70 | 1225 1 
[17 |: 105 | 80 ni. S.  _|= 102 | 105 wi. R. 7|=: 52 85 helle ©. > 44 | 35 se. W. |17|7 80 | ei |: BB Wan. 
18/7 95 | 80 hie. _|--86 | .125 He.  TT8|- 4 9,75 wii. 0. ©. |= 38 | 30 we.N.D. |W|:- 62 75 hie ©. |: 55 | 145 En 1 
131789 | 80 hi ©. _|= 83 = 35 | 11,5 heile n.D®. |= 32 | 335 wit. ©. 1: 37 | 10,0 fg. ©. - 44 | Bbneom 
20 |= 100 | 65 _ Reg RN _|= 96 = 30 | 1425 helle ©.9. |= 31 | 175 |wit. ©. 20 = 76 | 9,25 \wıt. ®. — % "59 he ®. 
a |= % | 675 |helle ©. » 88 = 60 | N5 wi ©®. |- 66 | 15 jr ®. 21 |= 78 | 110 n.®. |: 78 | 5 Wim 1 
22 |- 97 | 60 | N. - 93 | 11,25 wit. W 22 |- 83 | 11,25 HUeN.o. |= 78 | 16,5 [heile D. |, 65 | 50 kE© |761 |) 195 iO. 
3: 9 | B_wENnM. |- 90 | 12,25 jene N. 35), 60 95m |= 68 8,75 1. N. 3|7 66 | 165 |öele . = 63 | 210 he N. D. 
[2 |- 73 | 110 bie |» 62 | 185 |vE.®. 21 |- 58 9,0 wit, N = 50 | 140 vie N. 341= 65 | 155 ee D. |- 55 | 195 bed. | 
1351297 | 90 ve ©. |= 9,7 | 110 jew. 7 |25 = 42 | _11,0 [pie ®. = 40 | 50 ne ||: 30 | 145 Ro.  |= 20 | 195 mie 1 
E - 96 | 70 hie ©. = 90 |- 130 |heie ©. 7590 75 wER |: 50| 125 WER 36 |: 27 | 150 It. ©. = 30 | 150 if. M. 
27 |= 73 | 100 helle ©. = 65 | 15,25 helle W 27|= 61 6,5 |... D |» 90 | 82m N. 27 |= 51 | n5 wi. — |- 48 | 395 wii. W 
28 |- 90 3,0 It W. gl 95 wi.N |28|- 50 5,5 |Reg. D. = 41 75 Ro. ©  128)- 52 11,5 wit. ®. = 56 14,0 wik. W. 
29 |- V00hbelle . B 101 | 0 vEN.®. |239|= 45 65 Reg. N.D. |= 43 85 Re. ©. 2917 67 90 tr. ©. :- 70 | 10 m ® 
130 |= 97 | 65 win. _ |= 100 | 100 ei N. 301 38 | 75 RI... |= 40 | NS RW |30|- 783 95 WEN | = 60 | 150 wii B. 
—— [31 |= 70 | 85 helle N. — 12,0 helle N. =: | 


















Höchfter Barometerftand den 1. Mai = 27" 11,8% Mittler Barometerfiand — 27 6,9'*. 
Tieffter Barometerftand den 25. Juni = 277 2,0%. MWärmfter Tag den 25. Juni = + 24,P. 


» Erklärungen der Abkürzungen: tr, trübe, nik, wolkig, Reg. Negen, nebl, nebelig, Gew, dv, w. Gewitter von weiten, ©. * S. Eid, =. Welt, N Nord, 





DI SI &5 


SS w 





— — — 


- 





en 






























































bie ul Aa Fi 
ci Nachmittags 2 Uhr. 
Stand desiStand bes Zuftand 
Sti Baro- Thermo— des 
u meters. | metere. Wetters. 
127“11,5%)+ 13,5° it. N. 
772 | 140 WERD. 
= 320 |,.180 m 9. 
- 72 3 10 WERD. | 
= 193. 90 ‚helle — 
- 82 | 190 wid. | 
'|= 85 20,0 wii. N 
— |= 62 | 21,0 Ihelle O 
— |: 50 210 ni.S 
—i: 61 | 1775 m ©. 
(12 85 | 155 je. 
— |: 68 14,0 wit. 9 
295] 145 ik. ©. 
- 98 16,0 helle W. 
- 9A | 1675 ee 
- 64 135 jwiE. ©. 
- 50 an 15,0 Reg. W. 
[= 48 16,0 wil. ©. Gew. 
— |: 62 | 130 |Rg. ®. 
- 62 | 110 nik ©, 
i = | 95 —— 
_ |: 37 | 100 N. ©. 
— |: 44 10,25 wik. N.9. @.v.w. 
1:55 1735 9.09 
BEI ID. 2 
|» 102 | 105 wER.S. 
— |: 97 | 130 Ihe. 
- |=.726 | 145 helle ©; 
I: 52 25. ©®. 
: 92 95 wik. B 














Metenrologifche Tabelle auf die Monate: Juli, Anguſt, September, LSA, von W. Bechſtein. 
















































































































































































































































































































































































































































Erklärungen der Abkürzungen: 




















te, trübe, wik. wolfig, Reg. Negen, Gew, Gewitter, G. v. w, Gewitter von Welten O. 5 S. Sid, W. Weſt, N, Nord, 

















[eo] ” * * 
A a Bw xXuguf. "BE... 6.0 
* ruͤh F Nachmittags 2 Uhr. Fruͤh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr, Fruͤh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr. 
& Stand des Stand d | 
meters.| m } Ei x: r = rmo= e aros ermo= es 

- — — — — — NT — nn — —— meters. Wetters. meters. meters. Wetters, | meters, — Wetters. 
212° 42 105 8. a nn en ren Daran ee en 271,7 + 11,09 ot, N. 8. 2711,54 13,59 ie N. | 
— ‚> |tr. 2 4,0 10,0 wik. W. = 39 8,75 Reg. W. 2 [= 10,6 90 Ir. N - 10,2 140 wi. N. ©. | 
1 3 - 43 | 100 |. @. = 45 | 325 wi, N. 3» 55) 10 |. = 50 | 150 wi. | 8|> 75 | 0. | 70) 50 m B 
4]: 60 | 100 wit. ®. - 4858| 55wWE®. | 4|- 458 | 130 Ihie©.®. |= 48 140 |nf.©.@. | 4|- 74) Wen |, 72 Shit b) - 
3 |: 34 | BO WER. |- 29 | 140 wi | 5|- 64 | 110 ik @. «= 70 |__150 il. ®. 78 | 130 ee 8. 12 78 — — 
6|= 35 | 975 Reg W. = 33 | 10,75 NgW. | 6|- 70 | 120 Iwik, ©. = 6,2 19,5 helle W. 6 = EN 150 bat 5. : 82 — EB 3 
7 [= 60_|_105 nit. 2. - 61 | B5 we. | 7|- 62 | 10 © |- 66 | 195 |jiE m. ET geile ©. — — ER 
5610ir. N. - 50 135 wE.©.®. | 8|- 56 11,25 tr. ©. Elfe Ar5 8 |- 72 535 wif ©. 5 62 an nie 

9|= 52 | 95 Re W. | 52 | 105 6 9|- 53 12,0. helle ©. = 50 15,5 |wiE. W. 92 56 150 bel S 50 21,0 wit. & 
110,360. | 9,75 Jatt. © ©.) ©. © |= 38 | 1425 ie. ©. 1012 60 Blu. — 
11 |= 68 | 11,25 helle ®. = 11,6 14,235 wi. ®.  |11|=- 35 100 |Reg. N. ©. |- 48 11,5 |Reg. N. AT = 75 | 50 — W. Aa — 
2]: 59 | 125 wWiE©o® |» 54 | 15,25 nik W. 12 |= 60 > 55 | 150 Int. ©. [12 |- 65 | 15 m ©. 68 190 Ju. © 
13]: 60 9,75 |tr. W. 65 145 |wiE.S. Gmwitt.| 13 |= 48 12,0 wii. ©. ®. |- 45 150 ni. &.®. | 13 |7 88 10,0 tr. ©. 5 145 |vit. © 

14 |: 28 |, 105 Reg. ©. = 28 135 Reg. ®. 14 |- 42 120 hie ©.  |= 35 15,5 wi. ©. "14 |- 96 95 tt ©. — — he 
0vit. . |- 64 | 135 ®  |15|- 08 | 105 wii ©. : 9 | 25 © |15|- 98 | 1025 mit. © 94 | 16,75 elle ©. 

16 |= 64 | 1230 helle W. = 65 | 145 wik. ©. 16 = 30 | 100 RW. |=- 40 | 120 Re. 116 |- 70 | 10,75 Re. ©. - 64 | 135 nik. © 

17 |; 66 | 110 wWE®. _|=- 65 125 wE®.  I[17|- 64 105 |. ®.  |=- 60 | 120 wi. | 17°)= 50 120 |. © ®. = 50 15,0 Reg. ©. 
18.|- 52 | 105 nE&S 1.7 42 12,0 wi. ©. 18 |= 690 10,5 vi. ®. = 551 140 |181- 48 13,25 tt. ©. = Zu 16,0 wit. ©. Gew. 
19 |= 42 95 tr. M. = 40 13,0 |\wiE. ©. 19 |= 45 85 Ir. ®. |: 4 | 95 |Rg. SW. | 19 |- 65 | 10 u ®. = 62 13,0 |Reg. W 
a |: 62 | 105 _wif ©. = 6,8 125 |wiE. ®. 20 = 48 85 It. ®. = 50 13,0 wit. @. 20 |= 60 10,25 |. N. ©. : 62 11,0 wit. © 

21 = 90 100 ir. W. = E05 12,5 |tr. ®. 21 |= 40 10,75 1.©% |- 40 | 125 Re. ©. 21|- 74 50 ir. N. D©. - 80 5 m 
22 |- 92 85 N —I 135 \wif. W. 22 |= 48 | 100 mil. ©. - 50 14,0 |wiE. N. — —— 80 itr. N. ©. 2ER 37 100 |. N. 9 
3|- 74 | 720 hen = 68 16,5 \wiE. N. 23,|= 55 11,25 \wif. ©. = 52 | 165 wi. ®. 23-54 | 70. MD. = 44 10,25 wie. N.D. ©.0.m 
241 |= 66 | 12,0 mik W. = 61 | 170 ne.®. |2%4)- 5 | 140 beS.M. |- 40 | 205 heieS.n. |24|- 48 90 nik. ©. = 55 | 125 v9. D. 
135 1|= 58 | 105 _|te ®. = 61 145 EN. 125|=- 57 12,9 \helle ©. = 60 140 |. ©. 35 |- 80 0 NW |=- 85 1025 It. ©. © 
136 = 65 | 130 bie.  |=- 64 16,0 wii. © ©. | 26|- 67 100 vE©& |; 6 | 130 | ®. 26 |= 102 725 belle ©. ©. |- 102 | 10% weND 
127 |= 65 | 120 |Rog.®. |- 70 | 150 ik ®. D7alE6r 7ER.  |= 65 12,5 wit. ®. "27 |= 10,3 95 bieS. |=- 97 13,0 helle N. 
25|- 81 | 10,75 wii. ®. - 81 135 wit. ®. 28127 77,0 EPIE = 70 15 weE®W. 138): 85 | 75 Ihele © :» 76 14,5 helle ©. 

2 : 72 | 10 ©. ®. = 60 130 Reg. ®. 29 |» 78 90 tr. W. - 78 | 110 wii @. 291: 59 9,75 |helle © : 52 122,25 tr. ©. ®. 
30 |= 50 | 100 wii. ®. = 46 110 tr. ©. ®. 30 |= 83 | 95 wiE W. = 5 | Böhm. |30|- 80 DD r®. |+ 92 Hm WB 
BSnr23E EIER STB 135 wi. ®. 31 |= 100 90 we. [= 10,7 140 weN. 3 

Höchfter Barometerftand den A. Septbr, = 27” 41,7, Mittler Barometerftand — 27 6,25. 
Tiefſter Barometerftand den 15. Aug, = 97" 0,8% Waͤrmſter Tag den 8. u, 9. Sepibr. = * 214,0. 









— 1 — 


XIX. 


Das. Stiftungsfeit des Kunft: und 
Handwerfsvereins, 


den 4 Februar 1845, 


Zur Feier des 28. Stiftungstages unfered Kunft> und 
Handwerfövereind verfammelten fi den 4. Februar 1845 
Nachmittag gegen 2 Uhr ungefähre 50 Iheilnehmer im 
Logenhaufe und betrachteten zunächft eine Fleine, hierzu vers 

“anftaltete Ausftellung von Kunſt- und Induftries 
gegenftänden. Wir nennen von diefen außer einigen 
Gemälden des Furz darauf geftorbenen Blumenmalers Burk⸗ 
hardt und Anderer vorzüglich ein Sortiment Porzellanwaaren: 
aus der neu errichteten Fabrik des ruͤhmlich thätigen Herrn 
Eckart in Cahla und einen gut gearbeiteten Kleiderfchranf 
des Tifchlermeifterd Hammer bier; 

Die Hoffnung, daß unfer Durchlauchtigſter Protector 
unferer Feftfigung die Ehre Seiner Anwefenheit gönnen 
werde, wurde durch eine ploͤtzlich eingetretene Unpäßlichfeit 

Sr, Hoheit vernichtet. Dagegen erfreute Se. Excellenz der 
Here Geheime Rath und Minifter Edler v. Braun den 

F Berein auch diefes Mal dur) feine ftets dankbar anerfannte 
Theilnahme. 

Die Feier ſelbſt war ganz wie in den letzten Jahren. 
Der Herr Steuerrath Meißner eröffnete ald Director die, 
Berfommlung um 2 Uhr mit einigen einleitenden 
Worten, ‚Dann lad der Unterzeichnete ald Vereins» 
Seeretaie den Bericht über das eben befhloffene 
Bereinsjahr vor, Hierauf erftattete der Vicedirector 

VII. 10 


— 10 — 


des Vereins, Herr Regierungss und Confiftorialrath Dr. 
Back, ald Secretair des Directoriums der Kunft» und 
Handwerföfhule über die verwandten inländis 
fhen Gewerbfhulen und Gewerbvereine auß 
den von diefen eingefandten ſchriftlichen oder "gedruckten 
Mittheilungen in freiem Vortrage und mit Vorbehalt bes 
fonderer fchriftlicher Bearbeitung Bericht, und endlid las 
der Unterzeichnete noch feinen Bericht vor über, dad 20, 
Jahr der hieſigen Kunfte und Handwerföfhule, 
worauf dann der Herr. Director die Feftfisung mit einigen 
Worten des Danfes an die Verfammelten fchloß. 

Die Nachfeier auf dem Schügenhaufe begann nad) 
4 Uhr mit einem einfachen Feftmahle und ſchloß mit 
einem Balle, welcher gegen 8 Uhr feinen Anfang nahm, 
Am Feftmahle, welches Se. Excellenz der Here Geheime 
Rath v. Braun mit feiner Theilnahme beehrte, nahmen im 
Ganzen ungefähre 200 Mitglieder und Angehörige derfelben 
heil, Das, Lebehoch, welches der Vorfisende, Herr Res 
gierungsrath Dr. Bad, unferem Durchlauchtigſten Protector 
mit Hindeutung auf die vielen Wohlthaten, welche der 
bürgerfreundliche Fürft im legten Jahre unferer Stadt ers 
wiefen, darbrachte, fand eben fo wie die wohlwollenden 
und ernften Worte, welche darauf Se. Excellenz Here Ges 
heime Rath v. Braun den Berfammelten vornehmlich in 
Bezug auf die neu errichtete Vorſchußkaſſe and Herz legte, 
und wie die Aufforderung des Kaufmanns Beffer jun. zu 
einer Geldfammlung für den nach Unabhängigfeit von der 
römifchen Hierarchie ftrebenden Katholifen Ronge und für 
die neu errichtete deutfch > Fatholifche Gemeinde zu Schneide— 
mühl lauten Beifall, und ed kamen fofort mit Einfluß 
einiger, noch diefen Abend nachträglich beigefügter Beiträge 
20 Thlr. 26 Nor. für Johannes Nonge und 18 Thlr. 
8 Nor. für die deutfchsFatholifche Gemeinde zu Schneider 
mühl zufammen, fo wie auch bereits größtentheild bei der 
Feftfigung felöft in einer Hierzu ausgeftellten Büchfe 12 Thlr. 
für die Errichtung eined Vereinshaufes eingefommen waren, 





- a — 


Bei dem hierauf folgenden Feftballe freute man ſich, 
den Saal dies Mal nicht überfüllt und faft ganz frei von 
unbefugten Theilnehmern zu fehen, und erfannte darin theils 
eine Folge der beftimmteren Grundfäge, welche der Verein 
dies Mal über die Zuläffigfeit von Nichtmitgliedern aufs 
geftellt hatte, theil® der zweckmaͤßigeren Anordnungen von 
Seiten der für deren Aufrechterhaltung ernannten Fefts 
commiffion, 


Ed. Lange, 
Seeretair des Kunft- und Handwerksvereins. 





XX. 
Bericht 
uͤber 
das 27. Jahr des Kunſt- und Handwerksvereins, 
erſtattet 


am Stiftungsfeſte deſſelben, 
den 4. Februar 1845, 
von 


deſſen Secretair Eduard Lange. 


Nicht blos den einzelnen Menſchen, ſondern auch 
ihren Geſellſchaften und Vereinen iſt das Loos gefallen, 
auch bei dem redlichſten Streben doch ſtets hinter dem 
Biele der Vollkommenheit zurück zu bleiben. Gleich dem 
Regenbogen ruͤckt das Ziel bei unferer Annäherung immer 
weiter. — Dafuͤr liefert auch das heute fihließende 27, Jahr 
unfered SKunft = und Handwerfsvereind manchen Beleg. 

10* 


- 112 -— 


Troß dem freiwilligen Abgang zweier *) und troß dem 
Rode von 5**) inländifchen Mitgliedern nahm die Zahl 
derfelben doc) durch den Beitritt von 17° neuen Mits 
gliedern ***) abermald um 10 zu; aber noch gibt es in 
unferer Stadt und in unferem Lande gar viele wackere 
Gewerbtreibende und Gefchäftsleute und ganz befonders viele 
meift jüngere Staatödiener, welde ſich nicht entfchließen 
mögen, demfelben ihre Iheilnahme und Unterftügung zuzus 
wenden. Seine 12 Monatsverfammlungen wurden, mit 
wenigen Ausnahmen, ziemlich zahlreich befucht; aber was 
find durchfchnittlich 22 Anwefende bei einem Vereine, welcher 
in der Stadt Altenburg allein 160 Mitglieder beſitzt! 
Mancher achtbare Bürger fprach in den Verfammlungen 


feine Anfichten und Erfahrungen frei und ohne Rückhalt 


aus; aber wie viele Andere mochten damit zurückhalten, weil 
fie in befcheidener Eitelfeit nur mit etwas ganz Abfonders 
lihem hervortreten zu dürfen meinten! Mancher deutfche 
Gewerbverein und namentlich auch der neu gegründete In⸗ 
duftries und Gewerbverein in Fürth und der Verein für 
Handel und Gewerbe in Potödam trat mit und in Vers 
bindung, während andere ihren biöherigen Verfehr mit und 
fortfesten und und durch ihre gedruckten Verhandlungen 
erfreuten, aber weit größer ift doc) die Zahl derjenigen, 


welche nichts von uns wifjen, oder welche die Spärlichfeit - 


unferer Mittheilungen lau und. gleichgiltig gemacht haben 


*) 1) Apotheker Henny in Lucka und 2, Porzellanmaler Trü⸗ 
biger bier, . 


**) 1) Oberfteuerbuchhalter Meier, 2) Eomptoirift Rohn, 3) Prise 
vatlehrer Stahn und 4 Stadtridter Uhlig, hier, und 5) Raths⸗ 
maurermeifter Lux in Ronneburg, * 


***) ]) Kaufmann Beſſer jun., 2) Zapezirer Blau, 3) Kaufmann 
Dörftling,, 4) Tiſchlermſtr. Göge, 5) Drechslermſtr. Heinke, 6) Seifen 
fiedermftr. Müller, 7) Sattler Müller, 8) Knabenfhullehrer Müller, 
9) Leinwebermftr. Müller, 10) Gaftwirth Raufhenbah zum Grün= 
thal, 11) Dekonom Rauſchenbach, 12) Buchbindermftr. Reuter jun., 
13) Klempnermftr, Schiffmann, 14) Kaufmann Karl Shlippe, 15) 
Architekt Sprenger, 16) Architekt Wagenbreth, ſämmtlich in Alten- 
burg, und 17) Holzſchneider Gleitsmann in Langenleuba-Niederhain, 


— 15 — 


dürfte. Eben fo loder ift auch dad Band, welches uns 
fere auswärtigen Mitglieder an unfern Verein knuͤpft, 
von denen und faft nur das jüngfte derfelben, Herr Pros 
feffor Haindl in Münden, durdy ein Zeichen feiner Theil 
nahme erfreut bat, 

Das follen aber durchaus nur Thatfachen, nicht Vors 
wuͤrfe fein, die ja überhaupt uns und unfre Thätigfeit 
zuerft und am meiften treffen würden. Denn wie wir von 
den Geiftlichen in die Kirchen gezogen, und von den Büchern, 
in die wir unfere Blicke werfen, feftgehalten zu werden 
wuͤnſchen, fo muͤſſen wir auch felbft durch die Wichtigfeit 
unferer Verhandlungen anzuziehen und durd) ‚deren Gehalt 
und Erfolg die Theilnahme feftzuhalten fuchen. Die Schuͤch⸗ 
ternen fol unfere wohlwollende Aufmerffamfeit ermuthigen 
und die Gleichgiltigen fol unſer ungeheucheltes Intereffe mit 
Ernft und Achtung gegen die Wichtigfeit ihres Berufes ers 
füllen. Und wenn die Rocerheit und Zerfallenheit der Zeit 
dad ehrenwerthe Bürgertfum angreift, wenn die Leichte 
fertigfeit und Genußſucht unferer modernen Gefelligfeit feine 
Grundpfeiler unterwühlt, wenn die unbeholfene Starrheit 
an den lofen Trümmern der Vergangenheit thöricht fefthält 
und in diefen einen fichern Hafen gegen die heranftürmens 
den Wogen der Neuzeit zu befiken wähntz. wenn endlich 
der veränderungsfüchtige Leichtfinn den feften Boden. des 
beftehenden Rechts aufgeben und ſich forglo8 in den träumes 
riſchen Wolfengebilden unverftandener Ideale wiegen will, 
die der Hauch der Winde an einem Tage zufammenführt 
und zerſtreut: dann follen fihlichter Gemeinfinn und ftiller 
Gewerbfleiß, zeitgemaͤßes Fortfchreiten und vorfichtige Bes 
bhutfamfeit ihren Kraft⸗, und Mittelpunkt vor Allem in einem 
Vereine finden, der, allen diefen Zwecken zugleich gewidmet, 
in. der Zahl und Verſchiedenartigkeit feiner Mitglieder für 
fie allefammt Mittel und Kräfte befist. Vereinigen wir 
nur wahrhaft unfere Kräfte, dann werden wir weder ſchwach, 
noch arm fein, und das öffentliche Vertrauen. wird uns 
ftügen und tragen, fobald wir und nur feldft zu vertrauen 


— ie — 


wagen. MWir dürfen und der fortdauernden Huld unferes 
erhabenen Protectord und Seines ganzen Herzogl. Haufes 
rühmenz und. fehlt nicht das ſchaͤtzbare Wohlwollen Seiner 
Raͤthe und die ermunternde Unterftüßung der öffentlichen 
Behörden, welche ſich aud in diefem Jahre nicht allein 
durch die gewöhnlichen Beiträge zu unferer Kaffe, fondern 
auch durch einige werthvolle Gaben für unfere Bibliothek *) 
bethätigt haben. Eine bedeutende Anzahl junger Bürger 
und Gefchäftdmänner hat fi) uns in den 3 legten Jahren 
angefhloffen, und ed ift eine feltene Ausnahme, wenn eins 
mal ein biöheriges Mitglied feine Theilnahme zuruͤcknimmt; 
fo wie wir auch in diefem Jahre feldft die Freude hatten, 
dem Gelbgießer und Stadtgerichtöaffeffor Schlegel die Ehrens 
mitgliedfehaft zu ertheilen, als Zeichen der Anerfennung 
2djähriger ununterbrochener Theilnahme und ald einen Bea 
weis, wie ſehr dem Vereine daran gelegen fei, fi) neben 
dem erfreulichen Zufluffe neuer jugendlicher Kräfte auch den 
Rath und die Erfahrung des wohlbewährten Alters uns 
vermindert zu erhalten. 

Nur Eins haben wir mit den übrigen hiefigen gemeinz 
nüßigen und woiffenfchaftlichen Wereinen dem Publifum 
gegenüber zu beflagen, das ift die geringe Theilnahme und 
Unterftüßung von Seiten unferer jüngeren Beamten, zumal 
wenn wir dabei erwägen, wie rüftige Kräfte und von diefer 
Seite zufließen würden. Was hat nicht, um nur ein bes 
ftätigended Beifpiel zu erwähnen, unfer verdienter Kaffırer, 
Herr Advocat und Gerichtödirector Hafe, im vorigen Yahre 
für unfere Austellung bei Gelegenheit der 7. Verfammlung 
‘ deutfcher Land» und Forftwirthe ald Leiter der Ausftelungss 
commiffion, eben fo wie bei der Ausloofung Rußdorfer 
Strumpfwaaren gethan, und wie thätig hat ſich derfelbe 
nicht in diefem Jahre unferer Vereinsbibliothef angenommen, 


*) Bon Herzoglicher Landesregierung erhielten wir 2 Exemplare 
der ſchätzbaren „Nachrichten über den Bezirk des Kreisamtes Alten= _ 
burg” und von Herzogl, Kammer 1 Karte der Aemter Altenburg 
und Ronneburg gefhenkt. 


— 15 — 


indem. er diefe nach dem Inhalte der Bücher ganz neu 
geordnet und Fatalogifirt und zugleich zur Ausfülung der 
auffallendften Lücken zweckmaͤßige und danfbar angenommene 
Vorſchlaͤge gemacht hat! 

Auch unfere Praftifer waren nicht unthätig, obgleich 
von ihnen ſich gar Viele von dem Vordergrunde zurück 
zogen, welche doch unferen gemeinfamen Zwecken die erfprießs 
lichften Dienfte hätten leiften Fünnen, Vorzüglich hat uns 
der Mechanifus Heyner zur Danfbarfeit verpflichtet, indem 
ee und nicht nur das von ihm entworfene Modell eines 
‚Apparat5 zur Rettung begrabener Scheintodter vorlegte, 
worüber bereits unfere Mittheilungen aus dem Ofterlande 
(Bd. VII. ©. 6 ff.) ausführlicher Bericht erftattet haben, 
fondern und auch fpäter dad Model einer Getreidemäher 
mafchine vorzeigte und erläuterte, uͤber deren Zweckmaͤßig⸗ 
feit und Brauchbarfeit wir gern das Gutachten fachfundiger 
Landwirthe zu vernehmen, noch lieber aber praftifhe Vers 
ſuche angeftelt zu fehen wünfchten. 

Ferner erfreute uns Tifchlermeifter Beutler durch Uebers 
fendung der Zeichnungen zu feinem Meiſterſtücke für unfere 
Schule, welcher der Zifchlerobermeifter Pas auch in diefem 
Jahre eine Ähnliche Schenfung zufommen lich, 


Etwas fpäter Ienfte der Hofmechanifus Kalfoff bie‘ 
Aufmerffamfeit des Vereins auf Nepfolds neu erfundene 
rotirende Waflerhebes und Wafferfprigmafchine, welche fich 
durch ihre Einfachheit, ihren geringen Umfang und ihre 
dadurdy bedingte große Transportabilität und Brauchbarkeit 
‚nicht nur gegen die bisher befannten rotirenden, fondern 
auch gegen die gemöhnlichen Pumpenfprigen vortheilhaft 
außzeichnet. Einer meiner zuverläffigften Freunde, welcher 
‚eine Feine, eben fertig gewordene derartige Maſchine in 
Hamburg bei Nepfold ſah, ſchreibt mir daruͤber, daß dieſe, 
von nur 2 BER in Bewegung gefest, einen Waſſer⸗ 
* von 4 (Hamburger) Zoll Durchmeſſer ungefähr 

40 Zug hoch geworfen habe. Eine Vorrichtung fuͤr 


— 16 — 


4 Mann, die auf einem zweirddrigen Karren ftehe, und 
von 2 Menfchen ſchnell fortgefchafft werden Fönne, erſetze 
eine gewohnliche Sprige und Fofte 600 Marf Cour, Eine 
der größten derartigen Mafchinen aber, die Nepfold biöher 
gemacht habe, arbeite in Hamburg in der Anftalt, welche 
die Stadt mit Elbwaſſer verforgt, entfpreche der Kraft von 
8 Menfhen, hebe in jeder Minute 900 Quart Waffer 
50 bis 55 Fuß hoch und habe mit einer englifchen Spriße, 
die durch 40 Mann betrieben worden ſei, mit dem 
glänzendften Erfolge concurrirt, Auch bat mein gefälliger 
Berichterftatter nicht unterlaffen, bei den Arbeitern in dem 
Mafchinenwerke, wo diefe große Vorrichtung arbeitet, fich 
nad) der Abnugung und praftifhen Brauchbarkeit derfelben 
zu erfundigen, und dabei erfahren, daß diefelbe bereits 
ein Jahr bier arbeite, ohne daß eine neue Verlederung 
nöthig geworden fei. 

Schon früher war dem Vereine von Herzogl. Landes⸗ 
regierung die Zeichnung und Befchreibung eines zum Brots 
baden eingerichteten Kochofens zur Prüfung und nad) Bes 
finden auch öffentlihen Empfehlung übergeben worden, 
welhe der Kaufmann Neuß zu Planig bei Meißen eins 
gefendet hatte. Es wurde von uns eine befondere Koma 
miffion zur Begutachtung ernannt, welche die Ausführbars 
feit der Reuß'ſchen Idee zwar nicht bezweifelte, feine Vor— 
fhläge aber gleichwohl wegen der Fleinen Quantitaͤten 
Broted, die fo auf einmal gebacken werden fünnten, wegen 
der damit verbundenen häufigen Wiederfehr der dazu erfors 
derlichen Vorbereitungen, Arbeiten und Ausgaben, und 
wegen der ungleichen Gährungszeit ded Teiges, falls etwa 
3 Brote nad) einander gebaden werden follten, nur in 
feltenen Fallen für praftifch empfehlenswerth erflärte z. B. 
wenn der Ofen ohnehin um anderer Zwede willen, naments 
lich zum Wärmen eines Zimmers geheist, oder wenn das 
gewöhnliche Brotbaden in einer Fleinen ländlichen Haus⸗ 
haltung etwa um 1 oder 2 Tage verfchoben werden muß 
und die Brotvorräthe gleichwohl erfchöpft find. 


Aehnliche Verhandlungen rief auch der Röbling’fche 
Sparfochheerd hervor, welchem die Betriebfamfeit feines uns 
ermüdlichen Erfinder bereits eine große Anerfennung und 
Verbreitung verfchafft hat. Unfere hierzu erwählte Pruͤfungs⸗ 
fommiffion geftand dem auf Herzogl. Nefidenzfchloffe hier 
von Röbling: gefeßten erweiterten Sparfochheerde zwar gern 
den Vorzug raffinierter Holzerfparung zu, glaubte aber diefem 
einen Zwecke andere nicht minder, wichtige Ruͤckſichten ges 
opfert zu fehen z. B. die Aufere Neinlichfeit der Kochges 
ſchitre und die praftifche Bequemlichkeit, in demfelben Ofen 
verfchiedene Gerichte zu gleicher Zeit kochen, braten oder 
baden zu koͤnnen. 

Dergleichen mehr oder weniger verneinende Nefultate 
haben etwas Niederfchlagendes und tragen, vieleicht mehr 
ald wir es denfen, dazu bei, daß uns fo felten etwas 
Neues vorgezeigt und mitgetheilt wird. Denn hätte nicht 
Siegelladfabrifant Barth aus den Hauptftädten Englands 
und Frankreichs, die er im vorigen Sommer befucht hat, 
und einige Münzen, Zeichnungen, Zeitungen und dergl, 
vorgelegt, und unfer Kaflirer, Advofat und Gerichtödireftor 
Hafe, eine Probe woaflerdichten Zeugs zur Anficht herums 
gegeben, fo würden wir — die bereit angeführten Fälle 
abgerechnet — diefer Belehrungen und Unterhaltungen in 
anfern Sufammenfünften faft gänzlicy entbehrt haben, fo 
viel Gelegenheit dazu auch der Verfehr und die Reifen uns 
ſerer Mitglieder und Mitbürger darbieten dürften, Es 
ſcheint uns aber noch immer der mannhafte Muth gar 
haufig zu fehlen, welcher in öffentlichen und gemeinfamen 
Angelegenheiten am beften über die Empfindlichfeit binwegs 
hilft, die den befcheidenen Privatmann noch oft, felbft bei 
einer harmlofen Frage oder bei einem nur weitere Beleh⸗ 
zung fuchenden Einwurfe in fein wohlumgränztes Schnedfen» 
haus zuruͤckſcheucht, dadurd aber jedes tapfere und aufs 
- richtige Zufammenleben und Zufammenwirfen im Keime erftickt. 

Aber berücfichtigen wir diefe Empfindlichfeit nicht 
allzu ängftlich, befonderd den Erfolgen gegenüber, welche 


— 1598 — 


das erwachende deutſche Nationalbewußtſein in dieſem Jahre 
errungen hat! Wer haͤtte wohl eine deutſche Gewerbes 
ausſtellung, wie wir dieſe in Berlin geſehen haben, ich 
will nicht ſagen, bei der Zollconferenz 1841, als Baierns 
Geſandter eine ſolche zuerſt in Anregung — * ſondern 
ſelbſt noch wenig Monate vor deren wirklicher Eroͤffnung 
erwartet! Gleichwohl iſt dieſer ſchwierige Verſuch in einer 
Weiſe gelungen, welche alle Erwartungen uͤbertroffen hat 
und uns nun ſchon wieder um die naͤchſte allgemeine Auss 
ftellung beforgt macht, daß diefe vieleicht gegen ihre Vor— 
gängerin zurück bleiben oder nicht genug neue Fortfchritte 
bethätigen koͤnne. 

Eine Vereinigung der Ynduftriellen Deutſchlands nach 
Art der jaͤhrlichen Zuſammenkuͤnfte ſeiner Naturforſcher und 
Aerzte, ſeiner Philologen und Schulmaͤnner, ſowie ſeiner 
Land- und Forſtwirthe ſchien uns, fo oft fie auch der eins 
flußlofe gute Wille Einzelner in Anregung brachte, nichts 
mehr ald ein Tieblicher Traum zu fein, der vor der eigens 
nüßigen Konfurrenz des materiellen Tagelebens zerfließt und 
erft dann zurüchzufehren wagt, wenn neuer Schlummer die 
ftarre Wirflichfeit unferen Augen verhült. Und doch find 
die Induſtriellen Deutfchlands, felbft ohne dich gerade zu 
beabfihtigen, in zahlreichen und ehrenwerthen Vertretern 
ihren Erzeugniffen nad Berlin gefolgt und haben dort in 
ihrer Vereinigung an Ehre und Anerfennung, an Einfluß 
und Bedeutung mehr gewonnen, ald fie wohl felbft ers 
warten mochten, 

Zwar fiheint der Fleine vorzugsweife auf feine eigne 
Handarbeit und Gefchiclichfeit angewiefene Gewerbömann 
vor dem zahlreiche Hände in Thätigfeit feßenden Fabrifans 
ten jeßt mehr und mehr in den Hintergrund zu treten; - 
dennoch werden aber auch jenem die diefem zunächft zu 
Gute fommenden Vortheile des Zollſchutzes und der dadurd) 
erzielten größern Selbftftändigfeit des deutfchen Gewerbs⸗ 
wefens dem weit vorgefchrittenen England oder Franfreic) 
gegenüber zu Gute kommen; und die Wünfche und Ber 


— 159 — 


ftirebungen "der Geſellſchaft zur Beförderung der Gewerbe in 
MWürtemberg für ein größeres Zufammenwirfen der deutfchen 
Gewerbevereine und für eine größere Berüdfichtigung des 
deutfchen Gewerbfleißes bei Beftimmung der Eingangszölle 
von ausländifchen Ynduftrieerzeugniffen, worüber id) noch 
beim ' vorigen Jahrestage unferes Vereins zu berichten *) 
batte, dürften durch die Ausftellung, durd) die Zufammenz 
fünfte, Befprechungen und Aeußerungen der deutfchen Fabrifanz 
ten zu Berlin eine eben fo unerwartete ald fräftige Unters 
ftüßung gewonnen haben. 

Möge nur auch der noch ing Entfichen begriffene Ver⸗ 
ein zur Unterftügung der arbeitenden Slaffen mit der Zus 
nahme des Fabrifwefens gleihmäfig emporwachſen und im 
Stande fein, die Wunden im deutfhen Volksleben zu 
heilen, welche mit diefem unerläßlihen Schritte in der 
Nationalentwicklung verbunden zu fein pflegen ! 

Auch wir Altenburger, obgleich einem zunaͤchſt auf 
landwirthfchaftliche Betriebfamfeit hingewiefenen Gemeinz 
wefen angehörend, find bei dem Gedeihen der deutfchen 
Induſtrie nicht blos aus allgemein patriotifchen, fondern 
auch aus befondern und materiellen Gründen betheiligt. 
Dder würden etwa unfere landwirthſchaftlichen Erzeugniffe 
noch denfelben Werth haben und diefelben Mittel des alle 
Gewerbe in Nahrung fegenden Wohlftandes liefern, wenn 
nicht die Imduftrie cine fo große Vermehrung der Bes 
voͤlkerung im benachbarten fähfifhen Voigtlande und Erz 
gebirge moͤglich gemacht und zu dem noch immer wachſen⸗ 
den Aufſchwunge des Handels und der Bevoͤlkerung Leip⸗ 
zigs ihr gutes Theil beigetragen haͤtte! Gewiß mancher 
unſerer geſegneten Aecker würde noch brache liegen bleiben, 
wenn das benachbarte Sachſen auf einer Quadratmeile 

Landes durchſchnittlich ftatt 6300 etwa wie Hannover nur 
2500 oder wie Mecklenburg nur 2200 Menfchen zu ers 
naͤhren hätte. So wie aber unfere Landwirthe der dichten 
en 
Mittheil. aus dem Oſterl., Bd, VI. ©. 164, 


— 10 — 


induftriellen Bevölferung im benachbarten Sachſen nicht 
wohl entbehren koͤnnen, eben ſo wenig und noch weniger 
wuͤrden dieſelben den Ruͤckgang der Betriebſamkeit, des 
Wohlſtandes und der Bildung unſerer ſtaͤdtiſchen Bevöls 
ferung ohne die wefentlichften Nachtheile zu ertragen vers 
mögen, Darum haben auch die Andeutungen und Winfe, 
welche unfer verehrter Director an feine Mittheilungen über 
die Berliner Auöftellung, vornehmlich in Bezug auf unfern 
inländifchen und ftädtifchen Gewerbfleiß Fnüpfte, und deren 
Beröffentlihung wie wohl in furzer Zeit entgegen fehen duͤr⸗ 
fen, für unfer ganzes Land MWichtigfeit und Bedeutung, 
und die Frage, welche Induftriezweige bei und vorzugs⸗ 
weife eined weitern Fortfchrittes bedürfen und welche wohl 
mit Erfolg neu hier begründet werden Fünnten, follten fi) 
patriotifhe und umfichtige Männer immer wieder von 
Neuem vorlegen und zu beantworten fuchen. Ganz vors 
züglihen Beruf aber zu dergleichen Erörterungen bat ein 
Verein wie. der unfere. Sie werden nicht ausbleiben, wenn ; 
Sinn und Luft für dergleihen Verhandlungen nicht ers 
fihlaffen und wenn namentlic) auch die Gewerbtreibenden 
feloft ihre Anfichten und Erfahrungen immer undefangener 
. auszufprechen wagen, Gelingt es auch nicht immer in der 
zunächft ind Auge gefaßten Richtung zum Ziele zu kom⸗ 
men, fo öffnet fich den Vorwärtöftrebenden doch oft uners 
wartet ein bereits gebahnter von einem andern Punfte 
dahin führender Weg, welchen nur der eigenfinnige Troß 
nicht mit Freuden entdedfen wird. 

Es war bei uns gegen Ende des vorigen und 4J 
Anfange dieſes Vereins-Jahres wiederholt von einer forta | 
währenden Gewerbeauöftellung in Verbindung mit einem | 
Verfaufsmagazine für hieſige Gewerbsproducte die Rede, 
und man wünfchte dabei unter Anderm auch die Fügliche 
feit berückfichtigt zu fehen, den jungen Meiftern, welche 
tüchtige Arbeiten zur Ausftelung und zum Berfaufe, eins 
liefern würden, einen heil des Werthes derfelben als 
Vorſchuß auszahlen zu Fünnen, damit jene nicht durch den 
























- m — 


Mangel verfügbarer Mittel an rüftiger Fortfeßung ihrer 
Arbeiten verhindert werden möchten. So ftand die Sache 
im vorigen Jahre. Jetzt aber ift eine Vorſchußkaſſe von 
verwandter Beftimmung dur den thätigen Eifer unferes _ 
Herrn Oberbürgermeifterd ſchon begründet und hat bereits 
von Sr. Hoheit, unferem erhabenen Proteftor, und von 


. mehrern patriotifchen Männern wefentliche —— 


erhalten. 

Im vorigen Fruͤhjahre verhandelten wir die uns Alle 
am Herzen liegende Frage: Welche Verbeſſerungen und 
Verſchoͤnerungen ſind unſerer Stadt vorzuͤglich zu wuͤnſchen, 
und wie ließen ſich dieſelben am leichteſten herſtellen? Hat 
nun auch mancher damals laut gewordene Wunſch *) 
noch feine Verwirflihung gefunden, fo freuen: wir uns 
doh Alle nicht allein des feitdem neu erbauten foliden 
Waſſerkunſtthurmes, fondern auch der freundlichen Erweiterung 
des Joſephplatzes, der fihönen feitdem vollendeten Amalien⸗ 
ftraße und der Umgeftaltungen, welche diefe im den an⸗ 
ftoßenden Haufern und Gärten fhon in fo kurzer Zeit 
hervorgerufen hat. Und warum follte diefer zweckmaͤßigen 
Verbindung zweier wichtiger Theile der Vorftadt nicht auch 
mit der Zeit noch eine fürzere Verbindung der freien Nas 
tur mit einigen Iheilen der innern Stadt nachfolgen füne 
nen, die davon mit ihren ganzen Umgebungen nur durd) 
unbedeutende Gebäude und ſchmale Gartenftreifen weit abs 


geſchloſſen werden? Beſteht doch ſchon feit mehren Jah— 
ron eine hoͤhern Orts niedergeſetzte gemiſchte Kommiſſion 
zur Entwerfung eines allgemeinen Bauplanes für die Res 


fidenzftadt Altenburg, welche fi) nod) vor Kurzem mit uns 
ferm Vereine in Verbindung gefest hat, um auch deſſen 
Kräfte und Erfahrungen diefer fehwierigen öffentlichen Yale 
gabe nugbar zu machen. 

Auch) die Wanderpflicht der Handwerksburſchen wurde 


von und auf Veranlaffung unferes Herrn BVicedirectord in 


*) Mittheil, aus dem Ofterlande, Bd, VIIL ©, 52 ff. 


“u wis | 


einigen Verfammlungen erörtert und dabei in ihrer Zweck⸗ 
möäßigfeit allgemein ancrfannt, wie es das bereitö unter 
der Preſſe befindliche 2, Heft des VII. Bandes unferer 
Mittheilungen aus dem Ofterlande ausführlicher mittheilen 
wird, 

Werfen wir nun noch einen Blick vorwärts in das 
heute beginnende BVereinsjahr, fo fehen wir in demfelben 
mit Freuden der Eröffnung einer Anftalt entgegen, deren 
Errichtung feit mehrern Yahren unter die frommen Wuͤn⸗ 
ſche unfered Vereins gehört, und die nun das Wohlwollen 
unſeres gnädigen Landesvaterd für unfere Stadt ind Leben 
gerufen hatz ich meine die Sürgerbibliothef, von deren 
hoͤchſt erfreulicher Begründung wir wohl Ale fhon Einiges 
vernommen haben. 

Wird uns diefes Jahr — wir fünnen diefe Frage 
zum Schluß nit unterdrücken — auch wieder eine Kunfts 
und Gewerbeausftellung bringen, und wie wird diefe nach 
unferer Testen ungewöhnlich reichen Austellung, zu welcher 
die 7. Berfammlung deutfcher Land» und Forftwirthe die 
Beranlaffung gab, nach der großen deutfchen Gewerbeaus⸗ 
ſtellung in Berlin und neben der bevorftehenden Sächfifchen 
Induſtrieausſtellung zu Dresden ausfallen? Sollen wir 
unter diefen Umftänden wieder eine Kunfts und Gewerbes 
auöftellung wagen und zwar wagen an dem Geburtstage 
unferes erhabenen Proteftord, von welchem unfere Stadt 
in dieſem Jahre fo viele neue Beweife Tandesväterlicher 
Huld und Gnade empfangen bat, oder follen wir im Ges 
fühle der Unzulänglichfeit unferer Leiftungen, unfere Altens 
burger Ausftelung wiederum durch die Verbindung mit den 
übrigen hier beftehenden gemeinnüßgigen Vereinen wuͤrdiger 
und befriedigender zu machen fuchen? — Das find Sorgen 
und Fragen, deren Löfung kaum noch verfihoben werden 
fann und deren rücfhaltlofen Ausdruf Sie darum hulds 
reich * guͤtig entſchuldigen wollen! 








XXI. 


Neberfichtliche Daritellung 


des Boftehens und Wirkens der Kunft- und Gewerb- 
Vereine, der Kunft-, Gewerb⸗ und Sonntags-Schulen 
und ahnlichen Anftalten 
in den 
Schwefterftädten des Landes 
im Jahr 1844, 


namentlich 


J. In Ronneburg: 
der it und Gewerbſchule; geftiftet am 12. Zuli 1828, 
des Kunfts und Gewerbvereind ; = = 7. Juni 1834, 
HE. In Eifenberg: 
des Georgenftiftungvereind; . .  geftiftet am 24. Zuni 1829, 
der Sonntagäfhules; . . : EN 7 Febr. 1830, 
III. Sn Kahla: 
der Herzog⸗ Joſephs⸗Sonntagsſchule; geſt. am 30, Jan. 1831. 
d. Strick⸗ u. Naͤhſchule (Amalienſtiftung) = » 30. Jan. 1840, 
| Beſchaͤftigunganſtalt; » » = = 30. Jan. 184. 
IV. In Luda: 
ber Sonntagsfhulez; » +» geſtiftet am 8. Juni 1832, 
V. In Roda: 
* Sonntagsſchulez = = geftiftet am 26. April 1835, 
vi. Sn Schmöllt: 
v8 Kunft» und Gewerbvereind; geftiftet am 7. Dec. 1835, 
En Kunſt⸗ und Gewerbfihule; 2 » 7,Dee, 1835, 
VII. Sn Gößnitz: 
Br Songäu od. Wagneröftiftung; geſt. am 5, März1837. 


e 


= Me 


VIII. Sn Orlaminda: 
der Strick⸗ und Naͤhſchulez . geftiftet am 12, Nov, 1838. 
der Sonntag heie⸗ ar Be ⸗ ⸗2. Oct. 1842, 
IX. In Meuſelwitz: 
der — nebſt Strick⸗, Naͤh⸗ 
und Stickſchule, des Jugend⸗ 
u, Volksleſebereins daſelbſt und 
des Sing- und Leſevereins in 
Mumddorf; 2» 0... geftiftet am SL, Aug, 1840, 


Mitgetheilt 
am Stiftungfefte des Kunft: und Handwerkövereind 
zu Altenburg, ” 
den 4, Februar 1845, 
durch den 
2. Regier,= u. Konfift.»Rath Dr. Karl Bad, 


als II. Dir. des Kunft= u. Handmwerfsvereins u. Sekr. der Kunftz ı. 
Handwerksſchule daſ. 


Das geſunde Saamenkorn, welches menſchenfreundliche 
Mitbuͤrger unſrer geliebten Schweſterſtaͤdte vor Jahren in 
den empfaͤnglichen Boden gelegt haben, wuchert, von ihnen 
und ihren einſichtigen und wohlwollenden Nachfolgern treu 
gepflegt, in erfreulicher Fruchtbarkeit und Kraft und bewaͤhrt 
den Segen jeder guten That fort und fort. Nach wie 
vor beſtehen und gedeihen die Kunſt- und Gewerbvereine, 
die Kunſt-æ und Gewerb⸗, die Sonntags- und Ähnlichen 
Schulen und verwandten, auf Hebung und Belebung der 
Künfte und der Gewerbe, wie der gemeinnuͤtzlichen Thaͤtig⸗ 
keit gewidmeten Anſtalten in dieſen unſern Schweſterſtaͤdten. 
Des ſind die berichtlichen Darſtellungen Zeugen, welche 
mir von den betreffenden Vorſtaͤnden mit dankbar anzus 
erfennender Sreundlichfeit übermittelt worden find und aus 





—- 15 — 


welchen ich nachftehende uͤberſichtliche as ges 
ſchopft habe. 
L. 


Der Kunſt- und Gewerbverein zu Ronne⸗ 
Burg bat einen Bericht des Herrn Hofrath Klein über 
fein Beſtehen und Wirken während des Jahres vom 12, 
Septbr, 1843 bis dahin 1844 im Drucke erfcheinen laſſen; 
die  umfängliche diesfalfige Darftellung iſt, beſonders in 
unferm Tieben Heimathlande, allenthalben hin verbreitet; 
darum darf ich vorzugsweife darauf Bezug nehmen und 
nur kuͤrzlich hier anführen, was im Zufammenhange der 
vorliegenden überfichtlichen Darftellung des Beſtehens und 
Wirkens aller gewerblichen. Vereine und Schulanftalten des 
Landes außerhalb der Hauptftadt nicht fehlen darf, Ver— 
einsbeamteten waren und find noch dermalen Herr Fabrifs 
herr H. Sieber ald Direktor, Herr Hofrath Klein und 
Herr Leinwebermftr. Kraufe als Borfteher, Here Amtskop. 
Jahn als Sekretair und Here Kaufm. Ziegler als Biblio— 
thekar. Ein Mitglied verſtarb, 6 andre ſchieden freiwillig 
aus, 4 neue traten hinzu; am Jahresſchluſſe zählte der 
Verein 48 Mitglieder (darunter Fein einziger Weber), von 
welchen etwa 14, fpäter nur 9 auf oder ab an den 11 
Monatöfisungen regelmaßig Theil nahmen. Herr Kaufm. 
und Chemiker Richter unterhielt mehrfältig durch Vor⸗ 
lefungen und Erperimente.. Aehnlich der bei dem hieſigen 
Bereine beftehenden Einrichtung wurden im Voraus Fragen 
zur Durchfprechung in den folgenden Sitzungen aufgeworfen, 
> B. über die Räthlichfeit mit den Gefelens und Meifters 
prüfungen zu verbindender Prüfung der Gefellen und Gern 
meifter in Beziehung auf ihre Fertigfeit im Lefen, Schreiben 
- und in Auffägen und über dad Spruͤchwort: daß Probiren 
über Studiren gehe, Die erftre Trage gedieh zu umfängs 
licher Durchſprechung und hatte einen diesfallfigen Antrag 
| an die wohllobl. Gewerbkommiſſi ion zur Folge, Manilla⸗ 
Hanf und aus demfelben in Dresden gefertigte Schnuren 

11 


— Aal: 


und Flechten, zum heil ſchoͤn gefärbt, eine Sendung des 
Heren Dr. Geinitz in Dresden, wurden vorgelegtz be— 
fprohen und verhandelt ward über Noheifen, über den 
Nothftand der Gewerbtreibenden, inäbefondre der Weber, 
in Ronneburg, über einen allgemeinen Induftrieverein, über 
atmofphärifche Eifenbahnen, über die Berliner, Kunft = und 
Gewerbausftelung, über die Weberunruhen in ‚einigen 
Schlefifhen Fabrifftädten, über die von dem Breslauer 
Bürgers Nettungvereine gemachten Erfahrungen, über eine 
neue Bauart von Barföfen, mit VBorlegung und Erprobung 
eined in einem foldhen, in Dresden gebaueten Ofen ges 
badenen und von Herrn Dr. Geiniß überfendeten Brodes, 
über die Leipziger Verfammlung teutfiher Gewerbtreibender, 
über das Flachömafchinengarn , gegenüber dem Hands 
gefpinnfte. — Eine Berloofung von ausgeſtellten Kunfts 
und Gemwerberzeugniffen fand aud) in diefem Jahre Statt, 
Außerdem  befchäftigte fich der Verein viel mit der beab⸗ 
fihtigten Einrichtung einer Sleinfinderbewahranftalt dort, 
welche, aud höchften Orts wohlwollend unterftüst, wahre ' 
feheinlich im Laufe diefed Yahred zu Stande fommen wird, — 
Die Bereinsrechnung  weifet 81 Thlr. 7 Nor. 64 Pf. Eins 
nahme, 45 Thle. 21 Ngr. 8 Pf. Ausgabe, 35 Thlr. 15 Nor, 
84 Pf Ueberſchuß nad). — 
Die Kunfts und Gewerbſchule ſieht ſich in ihren 

SKaffenverhältniffen minder gefihert, als der Verein felbftz 
denn: fie ſchloß bei 68 Ahle. 26 Ngr. 7 Pf. Einnahme 
und 111 Thlr. 1 Ngr. 64 Pf. Ausgabe mit 42 Thle. + Ngr. 
94, Pf. Sehlbetrag und Borfhuß des NRechnungsführers ab, 
zwar deckt ihn ein Guthaben von 77 Thlr. 8 Ngr. 9 Pf. 
beirder Sparkaſſe, da aber unter letztern 50 Thlr., Ge⸗ 
ſchenk St. ‚Hoheit. des regierenden Heren Herzogs, ſich be⸗ 
finden, welche man gern unangetaſtet und fuͤr ganz beſondre 
Bedarffaͤlle aufbewahrt laſſen moͤgte, ſo findet man dringende 
Veranlaſſung zu. Ermittelung anderer Einnahmequellen. — 
Die Schule zählte am Jahresſchluß 80 Schüler (11 weni⸗ 
ger, als das Jahr vorher). Die) Lehrer find noch die 





— 


— BR 


früheren, nur daß an die Stelle der Schullehrer- Seminars 
afpiranten Junghans und Hofmann Friede, Ludw. Beyer 
— fchon früher einmal Lehrer — und Prüfer, Beide Schuls 
lehrer» Seminarafpiranten, getreten find, 

Die Schule ſelbſt zerfält in eine J. und II. (oder 
Elementars) Klaffe. Die letztre erheifcht viel nachhelfende 
Mühe; die Lehrer fiheuen fie nicht und finden fid) bes 
lohnt, wenn fie Erfolg wahrnehmen, In der erften Stlaffe 
wird im Nechnen und Schreiben, in Gefhichte und Erd⸗ 
funde, im freien Hands und Linears Zeichnen unterwiefen, 
Die ftattgefundene Prüfung befriedigte billige Erwartungen, 


- Sieben Preiögaben wurden vertheilt an die Schüler Prager, 


Beiftel, W. Becker, Zöllner, Göring, Brunner und Weſſer. 
Herr Adjunft, jest Superintendent Wagner ſprach dabei 
ergreifend und feffelnd und Schüler und Zuhörer mußten 
es tief fühlen, wie der Weg zum Verftändniffe, zum Wiſſen 
wie zum Können am ficherften vom Herzen ausgehe, wie 
der Wille veredle, befiere und, Sitte und Sittlichfeit, Nache 
denfen und Fleiß fürdernd, auf religiöfes Gefühl angebauet 
werden folle und wie der materielle Vortheil allein ein 
morfcher Pfeiler menfchliher Glücfeligfeit und alleiniger 
Geldgewinn, im Voraus berechnet auf damit zu erfaufende 
Genüffe, ein ſehr ungewiffer, oft trüglicher Preis, felbft 
für Fleiß, Mühe und Anftrengung ſei —! 


} Ir, 


77 Der Georgenverein zur Belebung des Kunſt⸗ 
und Gemwerbfleißes und die damit verbundene Ges 
werbſchule in Eifenberg ift au im Jahre 1844 in 
erfreulicher Wirffamfeit geblieben. Der Verein, deffen Dis 
rektor der Rath Klögner und Seftetair der Juſtizrath Meifs 
ner ift, zählte 3O Mitglieder, welche zufammen 19 Thlr, 


10 Nor. Jahresbeitrag leifteten, Die Zinfen von der bei 
Herzogl. Landeöbanf eingelichenen Hauptfumme gewährten 


81 Ahle, 11 Ngr.; davon beftritt man ein fleines Honorar 
an die Lehrer der Gewerbfehule, während man die aus 
11* 


— 8 — 


Landesmitteln verwilligten jährlichen 44 Thlr. HNgr, 4Pf. 
der Sonntagsſchule zufließen ließ, Lehrmittel davon be— 
ſchaffte oder im Stande erhielt und Praͤmien fuͤr fleißige 
und geſittete Schuͤler ankaufte. Die Schule ſelbſt (Vor⸗ 
ſteher: Herr Rektor Schwepfinger, jetzt Archidiakonus in Ronne⸗ 
burg) zaͤhlte 42 Zoͤglinge, welche am treueſten bei dem 
Schreibe- und Zeichnenunterrichte (Lehrer: Herr Kandidat 
Back) ausdauerten, beim Unterrichte in der Arithmetik und 
teutſchen Sprache (Lehrer: Herr Konrektor Ludewig) zum 
Theil fehlten. Beſchlußgemaͤß werden nur. die in ‚allen 
Unterrichtözweigen ausdauernden Schüler bei der Praͤmien⸗ 
vertheilung beruͤckſichtigt. — Die feither  beabfichtigte Erz 
meiterung der Lehranftalt hat unter den obwaltenden Um⸗ 
fanden zur Zeit noch nicht ausgeführt werden, fünnen. Aber 
auch fo, wie es eben ift, wirft die Schule nicht ohne 
Segen für ‚die gute: Sache: der Bolfsfortbildung. Und 
immer wird die Hoffnung gehegt, daß fowohl in den; Zögs 
lingen felbft, als in ihren Eltern oder den’ ‚Vertretern ein 
immer lebhafterer Sinn dafuͤr erwachen werde, wozu denn 
Vorſtand und Lehrer treueifrig mitwirfen werden, 


Die Herzog Joſephs⸗Sonntagsſchule inKahla 
zählte nad) dem Berichte ihres Stifters und Borftehers, 
des Herrn Kaufmanns und Fabrifinhaberd Eckardt im Laufe 
des Sommerd nur 20 bis 25, am Zahresſchluſſe fogar nur 
15 Schüler, welche dur Herrn Neftor Gruber in Gram⸗ 
matif und ‚Geographie, durch Herrn Hoforganift Groffe im - 
Scönfchreiben (nad) Heinrichs), durch Herrn: Schreiber 
Kölner ‚und: Herrn Nathöfopift Doffe im Rechnen (nach 
Bauriegel) und duch Heren Maurermeifter. Friedr. Jecke im 
Zeichnen nach architektoniſchen Vorlegblaͤttern won Klenße, 

ſyſtematiſchen Zeichnenſchulen von Knorre, Weiße, Warm⸗ 

holy, Romberg und nach Herrn Jecke's eigenen Zeichnungen 

unterwieſen wurden. Die meiften ‚Schüler waren fleißig 
und beſtanden gut bei der am Nov, durch Herrn Super⸗ 





WR = 


intendent Findeifen "gehaltenen Prüfung, bei weldyer der 
Handlunglehrling Wendler, der Buchdruckerlehrling Krebs, 
der Maurerlchrling Jecke und der Schuhmacherlehrling Kaiſer 
aus Kahla, der Schreiber Bockner aus Lindig und der 
Landmann Hercher aus Loͤbſchuͤtz Preife erhielten, Ver⸗ 
gebens hat der Here Vorfteher und Here Superintendent 
Bindeifen die der Bürgerfchule entlaffenen Yünglinge zum 
Befuche der Sonntagsfchule aufgemuntert, das dargebotene, 
mit einiger Anftrengung verbundene Gute wird mißachtet 
und’ fcheint aufgendthigt werden zu müffen, daher der Herr 
Borfteher höhere diedfallfige Mafregeln eintreten zu fehen 
wünfcht, damit nicht zulegt die Herren Lehrer ihrer‘ wenig 
erfolgreichen Mühen müde werden und ihre nur wenig ans 
erfannten Beftrebungen aufgeben; denn Iediglih in zahle 
reihen Befuche der Anftalt von fleifigen Schülern liegt 
für fie befriedigender Lohn, da fie außerdem nur eine Fleine 
Bergütung aus den für die Anftalt verwilligten Landess 
mitteln erhalten. Das bei der dortigen Sparkaſſe angelegte 
werbende Vermoͤgen der —*— beſteht in 209 — * 
5 Ngr. 6 Pf, 

"Die von Heren Erfardt. geleitete Berhäftigungs 
anftalt befteht erfolgreich und beſchaͤftigte im vorigen 
Sahre gegen 40 Perfonen mit Fertigung von Gewehrpfropfen, 
Holzfidibus, Malen von ‚Schiefergriffeln u. dergl. Auf die 
zum Betriebe der Anftalt aus Landesmitteln  vorgeftreckten 
2000 Thle, wurden in den legten 2 Jahren —* Thlr. 
abgezahlt. 

Die — —— — eine Strick⸗z und Rahlchule, 
zaͤhlte 30 — 40 Schuͤlerinnen. Vorſteherin und Lehrerin iſt 
die Gattin des Herrn Eckardt, Mitlehrerinnen find Frau 
Rektor Gruber, Fräulein Aug. Fiſcher, Frau Gerichtsdirektor 
Weiſſe und Fräulein Agnes und Sophie Eckardt. Da die 
Anftalt fich ſelbſt erhält, fo ift ein Gefchenf Ihrer Hoheit 
der regierenden Frau Herzogin bei der Sparkaſſe angelegt. 
Diie Cckardtſche, im verwichenen Jahre errichtete Porz» 
sellanfabrif beſchaͤftigt jest 34 Perfonen, jeder einen 


— 148 — 


Wochenlohn von —5 Thle, gewährend; ihren Betrieb ers 
ſchweren die theuern Holzpreife und die Verfagung von 
Klafterholz aus dem herrſchaftlichen Waldungen, Die dies⸗ 
falfigen Klagen Heren Eckardts mögen hier übergangen 
werden, obſchon fie andern — Orts ſehr beruͤck⸗ 
ſichtlich ſein duͤrften. 

Die Farbenfabrik iſt, IRRE vieler andrer 
ähnlicher Anftalten, in gutem Gange, nur daß auch fie bei 
dem vorherrſchenden Holzmangel leidet. 

Die Bementfabrif findet Abfas, doch weniger im 
Lande, ald in Leipzig, Magdeburg und Berlin, daher die 
theure Landfracht den diesfallſigen Gewinn wefentlich ſchmaͤlert. 


IV. 


Die Sonntagsfhule in Luca beftcht noch in 
der biöherigen bewährten Weife. Herr Reftor Bräutigam 
unterweifet in teutfchen Stylübungen, Rechnunganfägen, 
Koftenanfchlägen, Dingzetteln und Briefen, erflärt aud - 
eigenthümliche Kunftausdrüce und Fremdwörter in öffent 
lihen Blättern. Im Zeichnen unterwied Anfangs Here 
Schullehrer Thurmann aus Prösdorf, allein oft durd) fein 
Amt daran gehindert, gab er diefen Unterricht auf und 
Here Kaufmann Diezmann hatte die Güte, ihn zu übers 
nehmen, ja er unterwied die Schüler außerdem noch im 
Holzfchneiden, Gypsgießen, Xhonformen und in den Anz 
fangsgründen der Chemie, wobei die Schüler Burger, Saupe, 
Nitſche, Mofer und Querner fich vorzugsweife auszeichneten. 
Here Diafonus Mofer Ichrte Rechnen, inöbefondre ausgehend 
von dem Begriffe „rechnen, Ziffer, Zahl,’ die Bedeutung 
der verfchiedenen Nechnungarten veranfchaulihend. In Bez 
binderungfällen vertrat ihn Herr Neftor Bräutigam, — Der 
Schüler waren 20; ihre Betragen gut. Die Bücherfammlung . 
der Schule vermehrte ſich durch die von dem Volksſchriften— 
vereine in Zwidau herausgegebenen; denn auch in Lucka 
ift ein Zweigverein davon durd) den Heren Diafonus Mofer 
gebildet worden. Die Kaffeverhältniffe beftehen in alter 


er a 


Ordnung. ‚Der Vorftand wuͤnſcht angelegentlich, daß die 
Handwerfömeifter dort, wenn nicht ihre Gefellen, die mehr 
freien Willen haben, denn doch ihre Lehrlinge zum Befuche 
der Sonntagsſchule anhalten möchten. — Die Leitung der 
Anftalt hat nad) des hochwürdigen, am 9. Zuli vorigen 
Jahres, gerade 1 Jahr nad feinem 5Ojährigen Dienfts 
jubelfefte verftorbenen Geheimen Konfiftorialraths Dr. Böhme 
erfolgtem Ableben Here Diafonus Mofer übernommen. 


V. 


Die Sonntagsſchule in Roda gedeihet nach wie 
vor, Vorſteher und Lehrer find die früheren, Die Naturs 
lehre wird befonderd mit dazu benutzt, die nöthigen Kennts 
niffe von den Erfeheinungen und Wirfungen in der Natur 
je mehr und mehr zu erhalten, ihren Einfluß auf das ge⸗ 
werbliche Leben zu veranfchaulichen und damit zugleich tech⸗ 
nifche Belehrung zu verbinden, dabei aber die fchaffende 
und erhaltende Macht und Güte des Höchften den empfängs 
lichen Gemüthern der Schüler einzuprägen. Die Gefhichte, 
mit Geographie verbunden, befaßte vorzugsweife Teutſch⸗ 
- land; es wird dabei den Schülern befonder& deutlich ges 
macht, wie in allmäliger Entwidelung, wenn aud oft 
unter den größten Stürmen der Seit, faft in jedem Gebiete 
und Zweige der Staatöverwaltung und Wölferregierung der 
große Lebensbaum des menfchlichen Geſchlechts immer beffere 
Srüchte trug und wie nothwendig ed ift, daß Jeder in 
feinem Wirfungfreife diefes Baumes treulich pflegen müffe, 
wenn unter Gotted Schuge und Segen je mehr und mehr 
Wachsthum und Gedeihen des Guten zur heilfamen Frucht 
fuͤr Herz und Leben, für Haus und Staat erwartet werden 
fol, Die mathematifchen Uebungen zerfallen in 3 Abs 
theilungen, Anwendung des Willens auf das gewerbliche 
und bürgerliche Leben bezweckend: 1) Quadrat» und Kubifs 
rechnung, jest mit angewandten Fällen der Elementars 
geometrie, 2) Verbindung verfchiedener Rechnungarten, z. B. 
Redufzions mit Prozentrechnung, im Kettenfage, 3) Erz 


— 152 — 


Fennung und Verbindung indirefter Verhältniffe. Die fiys 
fiftifchen Uebungen befaffen Brieffchreiben, Rechnungs und 
andre bürgerliche Auffäge. Die Schülerzahl war zwifchen 
40 und 46. Die von den Schülern gern und fleißig bes 
nutzte Bücherfammlung ift auf 67 Bändchen angeftiegen, 
darunter eine Anzahl Schriften von dem Zwickauer Volks⸗ 
fhriftenvereine, weldye auch dort als fehr lehrreich anerfannt 
werden, daher fernere Zufendung foldher, von bier aus, 
angelegentlih gewünfcht wird. Die zumeift aus Landeds 
mitteln ſich bildende Einnahme deckt die erforderlichen Auf⸗ 
wände, fo daß die letzte — mit 35 Thlr. 
21 Nor, abſchließt. 


VI. 


Der Kunſt- und Gewerbverein zu Schmoͤlln 
bat nun 9 Zahre lang in entfprechender Thätigfeit gewirkt, 
Wollte währenddem ein Nebel über ihn ſich verbreiten, fo 
‚ward er ihm zum befruchtenden Thaue. Wurzelnd in dem 
Boden eines guten Sinnes für bürgerliche Wohlfahrt und 
Fortbildung eines jüngern Geſchlechts, mußte der Verein 
gedeihen und fröhlic) wachfen. Bon den Landes, von 
den ftädtifchen Behörden anerfannt und gefördert, war fein 
Beftehen allenthalben gefichert, Ein Geldbeitrag von 40 
Thlr. aus Landes- und eine Holzverwilligung aus flädtis 
fhen Mitteln, einfichtiger Mitglieder treues Zufammenhalten 
gewährleifteten diefe Sicherung. Den allmonatlichen Ber: 
fammlungen wohnten ſtets mindeftend 24 Mitglieder bei. 
Das Stiftungfeft mit feiner Feftfisung und feinem fchlichten, 
aber gemüthlichen Feftmahle trug wohl das Seine bei zur 
gemeinfamen Mitwirfung. Bon 120 Mitgliedern waren 9 
ausgetreten, eins, der thätige, ehrenwerthe Dr. Roth, ges 
ftorben; durch 11 neueingetretene aber war die Mitglieders 
zahl auf 121 geftiegen. Den Borftand bilden nebſt den 
Lehrern und beiden Direftoren der Gewerbfehules Here Dofens 
fabrifant Jacob ald Direftor, Here Archidiafonus Klößner 
ald Sefretair, Herr Rathöbaumeifter Greller und Herr Loh⸗ 





- 15 — 


gerbermeifter Backmann als Vorfteher, Here Armenpfleger 
Schumann als Kaffirer, Herr Baͤckermeiſter Gerhard als 
Bibliothefar, Here G. Roth, Here Leinwebermeifter Küchler - 
und Herr Kaufmann Beyer ald Ausfchußmitglieder. Stehen 
auch dem Vereine einer Fleinern Stadt nicht die Kräfte und 
Mittel des Vereins einer größern zu Gebote, und iſt's 
unmöglich, allemal Ale zufrieden zu ftellen, immer etwas 
Neues, Hervortretendes zu bieten, fo genügte doc) in Schmölln _ 
jede -Vereinsverfammlung dem billigen. Anfpruche der Mits 
glieder durch irgend Etwas, was unterhielt, belehrte, ans 
regte, Zudem blieb dem Vereine immer feine Schule der 
Hauptzweck: Fort» und Vorbildung für das Leben, Unter—⸗ 
baltunggegenftände bot bei den Berfammlungen befonderd 
die Berliner Kunſt- und Gewerbausftelung, Meflen und 
Märkte dar, von welchen dad Wohl und der gewerbliche 
Auffhwung eines großen Theils der Bewohner von Schmölln 
‚abhängt; Mafchinenbaufunft, Eifenbahnenverfehr, Waarenver: 
trieb, Gewerbepolizei, Gewerbevereine und Anftalten, Schmad) 
und Fluch des Hazardfpielwefens, Gefundheitpflege, Haus 
mittel, Gewerbefreiheit und Zunftzwang, chemiſche Verfuche 
unterhielten neben Anderm und belehrten und regten viel- 
feitig an. Das Gewerbeblatt für Sachſen, der Allgemeine 
Anzeiger der Teutfchen, Loͤbe's Landwirthfchaftliche Zeitung, 
dad Pfennig- Magazin, der Menfchenfreund laufen bei. den 
Mitgliedern um; fonft noch benugen diefelben die Vereins— 
bibliothef, Den Wunſch der Sonntagsfhüler, in ein Sängers 
chor zufammentreten zu fünnen, deſſen Zeitung Here Stadt 
‚mufifus Voigt freundlich übernommen, hat der Verein gern 
gefördert, eingedenf des guten Spruches: 
Wo man fingt, da laß Dich ruhig nieder, 
Böſe Menſchen haben keine Lieder! 

Die Kaſſeverhaͤltniſſe ſind wohlgeordnet; —J—— 
186 Thlr. 12 Ngr. (41 Thlr. aus Landesmitteln, 64 Thlr. 
Beſtand, 7 Thlr. Eintrittsgelder, 54 Thlr. —— der 
Mitglieder, gegen 20 Thlr. insgemein); Ausgabe: 113 Thlr. 
16 Nr. 7 Pf. (15 Thlr. für Druckſchriften, 31 Thlr. für 


— 151 — 


Bedienung, 50 Ahle, für die Beduͤrfniſſe der Sonntagsa 
ſchule, gegen 17 Thlr. indgemein); Beftand; 72 Tplr, 
25 Ngr. 3 Pf. 

Die Kunfteund Handwerfös, beziehentli) Sonns 
tagsſchule dort fteht nad wie vor unter der Leitung 
des Herren Infpeftord und Oberpfarrerd Gruner und des 
Heren Diafonus Heyner, Dem Berichte des Lestern ift 
Folgendes entlehnt: Den Segen der Anftalt genoffen im 
Jahresverlaufe 93 Schüler, die Einen mehr, die Andern 
weniger; Keiner ging ganz leer aus. Iſt das Verhalten 
des Menfchen ein Spiegel feines Innern, fo darf fich der 
Verein der beffern Gefittung feiner Schliler freuen, denn 
Alle haben fich gut betragen; darum Fonnten auch 9 ders 
felben durch Preisgaben (Bücher) audgezeichnet werden. Lehrer 
blieben die früheren: Herr Schreiblehrer Golle für Schöna 
ſchreiben (felöft in gothifcher und aͤgyptiſcher Lapidarfchrift), 
Here DOberlehrer Schumann für Kopf⸗ und Tafelrechnen 
(einfchlieglih der Raum- und Flächenrechnung), Herr Maler 
Lange für freies -Handzeichnen (wobei leider nur 12— 15 
Schüler ſich betheiligten), Here Stadtmufifus Voigt für 
Geſang (Anfangsgründe, dann Choräle, Motetten, gute 
Lieder überhaupt; ſolche Uebungen verdrängen nothwendig 
und dauernd, aud außerhalb der Kreife der Schüler, ges 
meine und unfittliche Lieder; darum Danf dem Vereine und 
dem Lehrer und den Schülern für diefen Fortfchritt zum 
Beffern), Here Diafonus Heyner für teutfche Sprache und 
Geographie, verbunden mit Weltgefhichte, Naturgefchichte 
und Technologie (allgemeine Schreibregein, Nechtfchreibung, 
Beifpiele aus dem Leben, Diftirübungen, Auffäge, Bes 
ſchreibungen, Erzählungen; Erdfunde nad) ihren Unterabtheis 
lungen und in der vorgedachten mehrfeitigen Richtung). Die 
Herren Lehrer freuen fich ihrer Arbeit und erhoffen, unter 
Gottes Beiftande, fegensreihen Erfolg von der Zukunft, 


— 159 — 


VII. 

Die Sonntagsſchule oder Wagnersſtiftung in 
Goͤßnitz hat zwar im abgewichenen Jahre einen hoͤheren 
Aufſchwung nicht gewinnen koͤnnen, beſonders weil das, 
mit Gottes Hilfe nun, fo hoffen wir, je mehr und mehr 
fid) mindernde Augenübel ihres Vorſtehers, des Herrn Ad⸗ 
junft Bartholomäi, diefen an der regelmäßigen Beauffichtis 
gung derfelben hinderte, indeß haben doch durchfchnittlich 
10—15 Schüler an den allfonntäglichen 4 Unterrichtöftunden 
für Zeichnen und Schönfchreiben, Geometrie und Geographie 
Theil genommen und es hat Here Flaͤhmig dort, Schuls 
rechnungführer, damit Uebungen im Fertigen nöthiger Auf⸗ 
füge für das bürgerliche Leben verbunden, während die 
früheren Lehrer ihre Unterweifungen treulich fortgefegt haben. 
Die in 7 Ahle. 7 Ngr. 6 Pf. beftehende Einnahme bes 
greift 20 Thlr. 16 Nor, 6 Pf. Beitrag aus Landesmitteln 
in fi, wahrend die in 15 Thlr. 7 Ngr. 2 Pf. beftehende 
Audgabe nur 9 Thlr. Vergütung an- einige der Lehrer für 
Aufwände zum Zwede der Anftalt befaßt; der Here Orgas 
nift Pilling und der Herr Kantor Girbert haben abermals 
die ihnen zugebilligten je 1 Ihlr. 15 Nor. zum Beften ihrer 
Scullefebücherfammlung abgetreten; die Sonntagsſchule hat 
fomit 15 Thlr. 7 Ngr. 2 Pf. Kaffebeftand behalten. Ges 
legentlih werde hier zugleich  bemerft: daß ein dort bes 
ftehender Bürger’ Lefeverein je mehr und mehr Leben ges 
winnt, bereitö 40 Mitglieder zählt, die ſich allwoͤchentlich 
verfammeln, um fid) aus guten Büchern vorlefen zu laffen, 
andre Schriften aber zum Behufe des Selbftunterrichtd unter 
fi) umlaufen laffen und deshalb auch neuerdings dem 
biefigen Zweigvereine ded Zwickauer Volfsfchriftenvereins beis 
getreten find. 


VIII. 


| Die Sonntagöfhule und die Strid- umd 
Nähfhule zu Orlamünda hat in erfreulicher Wirkfams 


— U 


feit fortbeftanden. Ferneres Gedeihen mit vermehrter Wirkſam⸗ 
feit fteht zuverſi ichtlich zu hoffen. Den Unterricht im Schöns 
und Rechtſchreiben, Kopfes und Tafelrechnen, in fchriftlichen 
Auffägen u. dergl. in der Sonntagsſchule beforgten forthin 
der Stifter und Vorſteher derfelben, Herr Infpektor Becker⸗ 
Laurich, Here Diafonus Haberland und Herr Kirchner Müllerz 
im Seichnen Herr Tiſchlermeiſter Schmeifer, Man beab⸗ 
fihtigt die Vermehrung der Unterrichtöftunden. Der Schule 
befuh war gut. Die Schülerzahl minderte ſich von 30 
auf 25, von welchen Einige den Dörfern Heilingen ‚ Freiens 
orla und Eselbach angehören. Mehre erhielten nuͤtzliche 
Schriften ald Preisgaben, Alle aber Schreibebücher. Wer 
durch Leſen ſich fortbilden wollte, empfing geeignete Lefes 
bücher. Die Sonntagsfchüler zeichnen ſich durch Kirchlichfeit 
rühmlih aus. Die Kaffeverhältniffe jind günftig, Bei 
20, Thlr. Beitrag aus Landesmitteln wurden die erforders 
lichen Koften gedeckt und noch 17 Thlr. 20 Nor. 4 Pr 
erübrigt. 

Die Strick» und Naͤhſchule beſuchten im Winter⸗ 
halbjahre 50 Schuͤlerinnen, weniger in den Sommermonaten, 
zur Erntezeit. Fraͤulein Schindler war nad) wie vor ihre 
treueifrige Lehrerin; 18 Schülerinnen fonnten zu Weihnachten 
wegen ihres Fleißes und Wohlverhaltens mit Fleinen Ges 
ſchenken erfreuet werden. Die Mehrzahl der Kinder arbeitet 
für Rechnung der Anftalt. Freilich fehlt e8 an Abfaß der 
Waare. Dennoch ift der Fonds der Anftalt im Wachſen, 
denn fihon find 69 Thlr. 8 Nor. 1 Pf, bei der Sparfaffe 
in Kahla eingeliehen. Wer wünfchte nicht folchen ti 
das fröhlichfte Gedeihen ! 


IX. 


In Meufelwig hat die Sonntagsfhule ihren 
guten Fortgang. Es unterweifen aber daſelbſt: Herr Or⸗ 
ganift Kirchhof im Schönfihreiben nad) Heinrih8, Herr Kantor 
Mehr im Kopf» und Tafelrechnen, Herr Diafonus Kratzſch 
im Zeichnen, Here Adjunft Weife in Geographie mit Ges 





— 3 A 


fehichte (Königreich Sachſen), in fihriftlihen Auffägen mit 
Rechtſchreibung, Rehnungen, Quittungen, Zeugniffe, Schuld» 
fcheine, Verträge, Erzählungen ‚Befchreibungen , Briefe u. ſ. w. 
wählend, Der Schüler waren 125; doch nahmen nicht Alle 
ununterbrochen und an allen Lehrzweigen Theil; am meiften 
zeichnete. fi) der Seugmacher Herbſt aus. Der VBorftand 
und Berichterftatter, Herr Adjunft Weiſe, wuͤnſcht, gefeslic) 
ausgefprochen zu fehen, daß jeder Lehrling nur dann zum 
Geſellen geſprochen werden fünne, wenn er die ihm darz 
gebotene DOrtögelegenheit zum Befuche der Sonntagsſchule 
fleißig benußt habe, was mehr ald Bitten, Ermahnungen, 
Belehrungen und felbft Prämien wirken werde, Durd) die 
aus Landeömitteln verwilligten 20 Thlr. jährlich werden 
die nöthigen Ausgaben für kleine Honorare an einzelne 
Lehrer, Gefchenfe an fleißige und gefittete Zöglinge, Licht 
und Verheizung, Lehrmittel u, dergl. gedeckt, — Außerdem 
befteht noch unter des Herrn Adjunft Weife Aufficht eine 
Unterrichtöanftalt in weiblichen Arbeiten, deren Lehrerin Fraͤu⸗ 
lein Marie Weife ift. Die 31 Zöglinge derfelben betrugen 
fi gut und zum Theil: Tobenswerth, mehre ausgezeichnet; 
„die Fortfehritte befriedigen, — Der Gefangverein in Mums⸗ 
dorf für Jünglinge von dort und Meufelwis befteht ges 
deihlih fort. — So auch die Jugend- und Bolfsbiblios 
thef, — Sonſt noch wird in gewerblicher Beziehung bes 
merkt, daß der Tiſchler Haufhild in Mumsdorf an feinem 
‚Perpetuum mobile mit unermüdlihem Steige, aber in 
großer Armuth und Entbehrung fortarbeitet und „daß der 
Bauer Kluge in Meuſelwitz eine Dampfmafıhine von 6 
Pferden Kraft zu Ausbeutung ‚der dortigen. unter —* 
ſtehenden Braunkohlenlager erbauen laͤßt. 7 
“Und fo hätte ich ‚denn überfichtlich sufammengeftet, 
was in dem Leben unfrer ‚Schweftervereine ‚in den übrigen 
Städten und Ortſchaften unſers lieben. Heimathlandes im 
ee und weſtlichen Theile deſſelben —— 
im Laufe des vorigen Jahres vorgekommen ift, Sind‘ auf) 
nicht allenthalben wefentliche Vorſchritte wahrnehmbar ,. fo 


— 1 — 


begegnen wir doch auch keinem weſentlichen Ruͤckſchritte. 
Einfichtövoller Behörden Schuß und Mitwirkung und wacke⸗ 
rer Lehrer und VBorftände treue Ausdauer werden mit Gottes 
Beiftand die gute Sache der dem Bolfswohle gewidmeten 
Vereine je mehr und mehr fördern und ihm eine fefte, auf 
ſittlicher Volfsbildung beruhende Grundlage fihern. 


Altenburg, am 4, Hornung 1845, 
Dr. Bad, 





xXI. 
Bericht 


uͤber das 
20. Jahr der Kunſt- und Handwerksſchule zu Altenburg 
2 2) erftättet —J 
am Stiftungsfeſte des Kunſt- und Handwerksvereins 
von | 
Eduard Lange, 


Das deutfche Gewerböwefen entwidelt ſich jest rafcher 
ald je, "Der Zollverein hat die einzelnen, zum Theil Teicht 
gerbrechlichen Stäbe deſſelben in ein ftarfes Bündel ver 
einige, und dem erften Verſuche einer gemeinfamen deutfchen 
Znduftrieausftellung des Gewerbvereins zu Mainz ift gar 
bald, von ftärferen Kräften getragen, die ‚deutfche Gewerbes 
auöftellung in Berlin gefolgt, Die deutfchen Eifenbahnen *) 
— 

*) Deutfchland hat im Jahre 1844 eine größere Strecke Eifen- 


bahnen eröffnet, als irgend ein Land Curopa’s, und befigt jest be= 
veits über 325 Meilen fertige und fahrbare Eifenbahnen. * 





- 19 — 


ſtrecken ihre Rieſenarme immer. weiter aus, rücken. entlegene 
Städte und Landfchaften immer näher zufammen und. ftellen 
die. Induftriellen des vereinigten. Vaterlandes immer mehr 
zu edlem Wettftreite, einander gegenüber, Dazu, fenden die 
neu errichteten gewerblichen Bildungsanftalten immer, mehr 
und, beffer vorbereitete Zöglinge ind praftifche Leben, und 
diefe gründen oder beauffichtigen immer mehr gewerbliche 
Unternehmungen, fuͤr welche es nur noch vor wenigen 
Jahren an den erforderlichen Technikern gefehlt haben würde, 
Aber wir haben folche Fortfehritte jest auch dringend nöthig: 
England hält. feinen Vorſprung mit allen ‚Mitteln. und 
Kräften feſt, und Frankreich woetteifert mit ihm in uns 
geſchwaͤchter Negfamfeit. Dazu nehmen die immer. lebhafter 
werdenden religiöfen Bewegungen im deutfchen Vaterlande 
die öffentliche Meinung und die aufftrebenden Nationalfräfte 
immer mehr. in Anſpruch und ziehen fie von dem. uns Alle 
fördernden friedlichen Wettfampfe gewerblicher. Betriebfams 
keit auf das verhängnißvolle Gebiet religiöfer Entzweiung 
hinüber, unter welcher wir Menfchen fo. Leicht. vergefien, 
daß die wahre Religion die in ſich und mit Gott zerfallene 
Welt verſoͤhnen, nicht aber in blutende Zwietracht aus 
einander reißen ſoll. 

Wir aber in unſerm kleinen friedlichen — — 
koͤnnen und duͤrfen uns den Bewegungen des geſammten 
Vaterlandes nicht entziehen, das von und, wenn auch nicht 
in. vechtlih erzmwingbarer Form, fo doc) dem Geifte nad), 
der. den Formen erſt Kraft und Leben einhaucht, nicht blos 
ein Kontingent geübter Krieger, fondern auch gefinnungse 
- voller Patrioten und tüchtiger, für den wichtigen Kampf der 
gewerblichen Concurrenz „mit. dem fieggewohnten. Auslande 
wohl gerüfteter Technifer in. Anſpruch nehmen kann. Und 
wie? Iſt unfer gewerbliched Contingent volftändig in der 
Zahl und zum Kampfe mit der Induftrie ded Auslandes, 
gehörig vorbereitet und geruͤſtet? oder fichen wie etwa hierin 
gegen die Leiftungen  der- Übrigen deutſchen Brüderftaaten 
zuruck? Haben unfere heimiſchen Schulen die Heranwachfende 


— 160 — 


Zugend auch in den Natur⸗ und mathematiſchen Wiſſen⸗ 
ſchaften ſo vorbereitet, haben unſere Werkſtaͤtten ihre Lehr⸗ 
linge und Geſellen fo aus⸗ und fortgebildet, daß dieſe den 
Vergleich mit ihren Genoſſen in den uͤbrigen deutſchen 
Bundesſtaaten eben ſo wenig zu ſcheuen brauchen, als unſere 
Stadt die Concurrenz und die Vergleichung mit näheren 
oder ferneren Schivefterftädten ? 

Statt einer Antwort auf diefe wichtihen Fragen er⸗ 
lauben Sie mir, gleich dem geehrten Berichterſtatter vor 
mir, nun auch von unſerer hieſigen Kunſt⸗ und Handwerks⸗ 
ſchule fur und einfach "zu erzählen, was fie in dem’ vers 
floffenen Jahre geleiftet und erfahren hat! Unſere Kunſt⸗ 
und Handwerksſchule beſteht bereits ſeit 20 Jahren und 
hat’ in dieſer Zeit nach Ausweis unſeres hier vorliegenden 
Einſchreibe⸗ und Cenſurenbuches zuſammen 876 Schuͤler auf⸗ 
genommen‘, von denen derfelben gegenwärtig no) 93 ans 
gehören. 3 ihrer dermaligen Schüler find aus der Stadt 
Altenburg: gebürtig, 48 aus andern Ortfchaften unſeres 
Herzogthums und 10 aus den — deutſchen Bun⸗ 
desſtaaten. 

Sch fuͤrchte nicht, eingenommen oder verbfendet zu 
fein, wenn ich für unfere Anftalt unter den vorhandenen 
Sonntags » und Feierabendfhulen eine ehrenvolle Stellung 
in Anfpruch zu nehmen mich erdreifte. Eine Real⸗ oder 
Gewerbſchule aber, wie deren ſelbſt mehrere kleinere Staͤdte 
FR befigen, oder je gar eine polytechnifche Anftalt iſt 

fie! durchaus nicht, ſo volltönend auch ihr Name Flingen 
mag. Das fann und foll fie aber auch nicht fein. Unſere 
Schüler gehören vor Allem ihrem bereitö begonnenen prafs 
tifchen Berufe an, dem fie ihre volle Arbeitszeit und ihre: 
beften Kraͤfte zu widmen haben. Die Werkſtatt oder der 
Arbeitsplatz umfaßt ihre erſte und Hauptfächlichfte Lebens⸗ 
aufgabe. Damit fie aber im gewerblichen Wirken und 
Schaffen nicht geiftig zuruͤckſchreiten, damit’ das Capital 
ihres Wiſſens und Könnend, weldes fie bisher in ihren 
Schulen fammelten, * und zinſentragend erhalten 





- #61 > 


werde, bis es einft dem Fünftigen Meifter und Bürger mit 
der größtentheild erft noch zu erwerbenden gewerblichen Ges 
ſchicklichkeit zuſammen ald fichere Grundlage einer ehrens 
haften Stellung im bürgerlichen Leben dient, — dazu haben 
wir einige Nebenftunden unferer Schüler in Anſpruch ges 
nommen, welche fie unferer Schule theild von ihrer fonns 
täglichen Freizeit, theils, durch die Vergünftigung ihrer wohls 
wollenden Meifter, von den Abendftunden der Werfeltage zu 
widmen haben. Aber diefe wenigen Nebenftunden reichen 
eben fo wenig hin, aus ihnen tüchtige und geſchickte Zeichner 
oder Schreiber zu machen, ald fie in alle diejenigen Wiffens 
fhaften eins und darin fortzuführen, welde von dem Bors 
ſteher und Leiter irgend einer größern technifihen Unter— 
nehmung gefordert werden muͤſſen. Es kommt nämlich auf 
jeden Schüler unferer 3 verfihiedenen Claſſen im Durch— 
ſchnitt wöchentlich nur 1 Stunde Unterriht im Freihand- 
zeichnen, 1 Stunde Unterricht im Linearzeichnen und 1 
Stunde Schoͤnſchreibeunterricht, ferner 1 Stunde Anleitung 
und Uebung im Nechtfchreiben und in fihriftlihen Auffagen, 
welche die Lehrer jedoch ftetö zu Haufe berichtigen und ver— 
befiern, fodann noch 1 Stunde für das Nechnen, worin 
jedody jede der 3 Claffen wiederum nad den Leiſtungen 
ihrer Schüler in 2 Unterabtheilungen zerfält. Nehmen wir 
hierzu noch wöchentlich 1 Stunde Geographie für die zweite 
und wöchentlich 1 Stunde Geometrie und 1 Stunde Techno 
logie für die erfte Claffe, endlich noch je 1 Stunde Unter: 
richt in der franzöfifchen Sprache für 19 freiwillig daran 
Theil nehmende Schuͤler, welche hierin ebenfalls nach ihren 
Leiſtungen an pwei verfehiedenen Abenden unterrichtet werz 
den, fo haben wir die ganze Ausdehnung unferes Unters 
richts bezeichnet, von defien Erfolge gewiß jeder erfahrene 
und billige Mann nur mäßige Erwartungen hegen kann. 
| Auch wir Lchrer müffen uns zufrieden geben, wenn diefe 
wenigen Tropfen des Wiſſens und Könnens in dem Fluſſe 
meift ungewohnter und darum doppelt ermüdender Wochen: 
arbeit nicht wirfungslos verfchwinden, und wenn wir dann 
£ 22, x 






Fe ar 


nach Verlauf eines. Jahres bei der öffentlichen Prüfung zu 
Oftern doch immer einige Erfolge aufweifen fünnen. Hierzu 
gefeltt ſich noch die ftille Ueberzeugung, daß unfere Schüler 
im Ganzen auch ein fittlicher Geift durchwehe, welcher fi 
auch in ihrem fpätern Leben nicht unwirffam erweifen wird. 
Darum dürfen wir unfere Anftalt wohl unbedenklich als 
eine gemeinnuͤtzige und die Opfer, welche unfer erhabener 
Protector und die Übrigen Glieder Seined Fürftenhaufes, 
welche Staat und Stadt und treue, zum Theil ohne alle 
Entfchädigung arbeitende Lehrer der Erhaltung derfelben forte 
während bringen, als nuͤtzlich und fegensreich angewendet 
betrachten und fühn hinzufügen, daß wenn Altenburg auch, 
wie wir wohl wünfihten, andere noch weiter führende Bil- 
dungsanftalten für den Fünftigen Gewerbftand erhalten folte, 
dennoch eine derartige Nebenfchule Feineswegs überflüffig 
werden, fondern immer noch heilfam und in ihrem Kreiſe 
unerfesbar bleiben würde, Wäre dem nicht fo, dann würs 
den gewiß nicht 29 junge Landwirthe und Handwerker zum 
Theil mehr ald 2 (Einer fogar von Lohma bei Schmölln 
mehr ald 3) Stunden weit aus verfchiedenen Dörfern des 
Amtes Altenburg wöchentlid 2 Mal unferer Schule unvers 
droffen zuwandern und das eine Mal erft Abends nach 8 Uhr 
ihren Rückweg nach der entfernten Heimath antreten. Es 
würden nicht einzelne eifrigere Schüler mehr als 3 und 
4 Jahre die Fleinen Unbequemlichfeiten des Beſuchs unferer 
Anftalt freiwillig uͤber ſich nehmen; es würden nicht eins 
zelne, bereits felbftftändige Männer und mehrere völlig er⸗ 
wachfene Gefelen gern und friedlich unter den weit zahl: 
reiheren, faum 15jaͤhrigen Lehrlingen Plas' nehmen und 
es ſtill und ohne Bitterfeit ertragen, daß fie von diefen 
Legtern nicht felten im Schulwiffen übertroffen werden. 
Solche Ausgleihung und Erhebung kann nur ein 
ernfter fittliher und religiöfer Sinn erzeugen, wenn ders 
felbe auch nicht gerade mit Bewußtfein in den Vordergrund 
tritt. Allerdings ftehen für die Nahrung und Kräftigung 
diefed Geifted in unferm Unterrichtöplane Feine befondern 


— 165 — 


Lehrſtunden; und feheint ed aber auch zweckmaͤßiger, daß 
dieſes nicht der Gegenftand einer einzelnen furgen Stunde, 
fondern das höchfte Ziel unferer ganzen Unterweifung bilde, 
Athmen wir doc) Ale die uns umfließende Lebensluft ein, 
während doch nur Hypochonder Angftlid und gefliffentlich 
auf ihr Aus⸗ und Einſtroͤmen achten und nur einzelne 
wenige Naturforfcher Zeit und Beruf haben, diefe wichtige. 
Lebensthätigfeit zum Gegenftande befonderer gefliffentlicher 
Unterfuchung zu machen. — Die häufigfte Veranlaffung, 
den höheren Sinn in den Schülern zu erwecken, zu läutern 
und zu pflegen, bieten uns, ganz abgefehen von den Eins 
wirfungen des kirchlichen Gottesdienftes, ihre, fchriftlichen 
Auffäge dar, in denen Biele ihr Denfen und Treiben mit 
der erfreulichften Offenheit und Unbefangenheit darzulegen 
pflegen. Auch ift unfere Lefebibliothef, welche bereits auf 
370 Bände angewachfen ift und ſehr fleißig benutzt wird, 
gewiß nicht ohne wohlthätigen Einfluß. 


Möge fie diefes eben fo, wie unfere ganze Schule, 
auch in Zufunft bleiben! auch dann noch, wenn wir im 
naͤchſten Frühjahr unfere jegigen Raͤume in der Töchterfihule 
verlaffen müffen! Zwar ift dad Local, auf deſſen einfts 
weilige Mitbenugung wir hoffen dürfen, weiter vom Mittels 
punfte der Stadt entfernt und ziemlich abgelegen; wenn 
aber die vom Lande Fommenden Schüler einen ftundens 
weiten Weg nicht fiheuen, um fich fortzubilden, werden 
dann die Schüler, welche innerhalb der Mauern diefer Stadt 
wohnen, einen nur um Minuten größeren Weg nicht zu 
überwinden vermögen? Oder follten ihnen ihre Meifter, 
weldhe ihnen in den Wochentagen mehrere Stunden Zeit 
zum Befuche der Schule gönnen, nun etwa die wenigen 
Minuten verfagen wollen, um die fie Fünfug früher von 
ihrer Arbeit werden aufbrechen müffen, wenn fie noch zeitig 
genug in der etwas entlegenen Schule eintreffen wollen ? 
Doch fol hiermit die Möglichfeit einzelner derartiger Vors 
kommniſſe Feineswegs geradezu in Abrede geftellt werden, 

12* 


— 164 — 


Freilih war es unfer angelegentlicher Wunſch, den 
Umzug in das neue Local ſchon in der zuverfichtlichen Hoffe 
nung machen zu fünnen, aus diefem nach wenigen Jahren 
in ein eigned Gewerbehaus einzuziehen und darin mit dem 
Gewerbvereine zugleih eine bleibende Stätte zu finden. 
Diefe Hoffnung wird und nun nicht begleiten, fie ift viel 
mehr in die ferne, unbeftimmte Zufunft binausgefchoben 
worden, Laſſen wir und aber dadurch nicht niederfchlagen 
und in der Treue unferes Eifers nicht wanfend machen! 
Gibt es doch für die Uneigennügigfeit und das Vertrauen 
feine befjere Probe, ald die Verſagung einer an fich loͤb⸗ 
lichen Bitte, die Nichtgewährung eines wohlgemeinten Wun⸗ 
ſches. Sie maht den Stolzen zornig, den Ehrgeizigen 
trogig, den Eiteln mißmuthig und verdroffenz; aber die rechte 
Hingebung treibt ihr ſtilles Werf mit gleicher Liebe fort. 
Ohne diefe Hingebung aber gibt ed Feine wahre Pflicht- 
treue, fondern nur mancherlei unzureichende Surrogate. Ohne 
fie find auch die Lehrer ftatt guter Hirten nur mehr oder 
weniger gewiffenhafte Miethlinge, Aber freiwillige Hins 
gebung macht auch die Miethlinge frei. f 


xx 
Einige Bemerfungen 
über die 
Kugelform der Gefteine und fphäroidifche Granitblöde 
insbefondere. 
Vom 


Herrn Stadefchreiber Fallou in Waldheim. 


In einer Abhandlung über die Kugelform im Mineral 
reihe von Dr. Noth *) heißt ed unter Anderm: 

„Reine Kugelform. ift felten zu finden. Die hierzu 
günftigen Gebirgsmaffen find dem Forſcher unzus 
gänglih. Denn Kugeln koͤnnen ſich, unter fonft 
günftigen Umftänden, nur im Innern de 
Gebirgs bilden, fern von ihrer Ober> 
fläche und den ftörenden Einwirfungen der Ad 
bäfion, Auch ift Grobförnigfeit ein Hinderniß der 
Kugelbildung, * 

Sonach wäre die Eriftenz von Granit» und Porphyr⸗ 
fugeln von grobem Korne überhaupt nicht möglich, und 
was: die Fuglige Abfonderung des Granits betrifft, fo ſcheint 
auch v. Leonhard (Populäre Geologie, Bd. II. ©. 159) das 


. *) Der Titel diefer Schrift ift folgender: Die Kugelform im 
Mineralreihe und deren Einfluß auf die Abfonderungsgeftalten der 
Gefteine. Ein Beitrag zur gengnoftifhen Formenlehre mit Rüdficht 
auf Landfchaftsmalerei, von Dr. 3. Roth. Mit 8 Steindrudtafeln. _ 
Dresden und Leipzig, in der Arnoldifchen Buchhandlung, 1844. Gr. 4,, 


— 166 — 


Vorfommen ‚derfelben zu bezweifeln. Gleichwohl erwähnt 
fhon Pufh in feiner Befchreibung des Weiffteingebirgs 
eines Granitfelfen bei Mittweida, der faft ganz aus großen 
Kugeln beſtehe. Wiewohl ih nun nicht fo glücklich ges 
wefen, diefen Kugelfeld wiederzufinden, da fich die Geftalt 
der Gegend neuerlih durch Straßenbau verändert hat, fo 
find mir doc fphäroidifhe Granitblöcke im Gebiete der 
Sranulitformation feine auffallende Erfcheinung. 


Ih fand fie zuerft ald große Gefchiebe einiger Bäche 
und im aufgeſchwemmten Lande in der Nähe von Wald» 
beim und Burgftädt, Schon an diefen zeigte ſich eine 
ſchaalige Umhüllung. Späterbin fand ich Bruchſtuͤcke mit 
32 bis Aachen concentrifchen Schaalen. Einige der größten, 
noch ganzen Blöce ließ ich fprengen, um mich von ihrer 
inneren Befchaffenheit, namentlich in Bezug auf den Kern 
und die Zahl und Stärfe der Schaalen zu überzeugen. Das 
Refultat war folgendes, 


Die Maffe der Blöde ift ein fefter Granit von mitts 
lem SKorne, ihre äußere Form, gleich den Siefelgeröllen, 
knollig, laͤnglichrund, bohnen- oder linfenförmig, meift 
etwas plattgedrüct, ihre Größe in der Längenare 2— 6), 
in. der Breite 11—4#', in der Höhe 1— 34, Die Aufens 
feite ift abgefchliffen und man Fönnte fie bei’m erften Ans 
blick für blofe Gefchiebe Halten; aber mit jeder der nachft- 
folgenden Schaalen wird ihre Rundung und Ebenflächigfeit 
volfommener. Diefe concentrifchen Schaalen, 1— 4 ftarf, 
ſchließen zwar fcharf an einander, laſſen fich aber Teicht 
ablöfen. Zu beiden Seiten des Querdurchſchnitts find fie 
breit gedrückt, oder gequetfeht und um 1— 3 ftärfer, als 
im Höhendurchfchnitt. Es fcheint, fie haben in ihrem noch 
weichen: Zuftande einen Druck erlitten. Denn daß die 
Schaalen auf der ſchwaͤcheren Seite nicht, wie Gerölle, ab» 
gerieben wurden, ergiebt fi) aus der ganz ähnlichen ers 
centeifchen Form der inneren parallelen Schaalen, an welchen 
eine Abreibung nicht denkbar, 


— 167 — 


Der maffive Kern, von gleichem Beftande, wie die 
Schaalen, beträgt nod) 4 oder 4 des Ganzen, Er rundet 
fich zwar mehr zur Kugel und zeigt in feiner ganzen Peri⸗ 
pberie. eine durchaus ebene Fläche, hat aber immer noch 
eine ei= oder linfenartige Geftalt, die ebenfalls auf einen 
von 2 entgegengefesten Seiten erlittenen Druck deutet, Doch 
fiheint er früher entftanden, oder erhärtet, als feine Schaalen, 
Die reine Kugelform bat ſich allerdings bis jest nicht ges 
funden, 

Lange fuchte ich vergebens nad) folhen fphäroidifchen 
Bloͤcken in feft anftehendem Gefteine. Bis dahin glaubte 
ic) mie ihre Entftehung durch dad Streben der Materie 
nad) Individualifirung erflären zu muͤſſen. Auch eine mecha⸗ 
nifche Bildung war mir nicht unwahrfcheinlich. Das Granulits 
gebirg zwifchen Waldheim und Mittweida, Penig und Burg⸗ 
ftadt ift von Granitgängen ganz durchſchwaͤrmt. Ich glaubte 
daher, es hätten fi bei Eruption ded Granitö einzelne 
Brocken von der zaͤhen Maffe losgeriffen, in den engen 
Gangfpalten rollend fortgewaͤlzt und fo zur Kugelform ges 
bildet. Aber woher die Schaalen? — \ 

Endlich fand ich in den Steinbrüchen bei Mittweida 
diefe Form in frifch gebrochenem Geftein (Granit) durd) ringe 
förmige parallele Streifen angedeutet, Diefe Streifen, dur) 
eine Jmprägnation von braunem Eifenocfer entftanden, waren 
nicht blos Außerlich, fie zogen ſich ſphaͤriſch in's Geftein 
hinein; nur die Ablöfung fehlte und die Kugel wäre vor- 
handen gewefen. Eine aͤhnliche Färbung zeigt ſich aber 
auch an den Ablöfungsflähen der fihaaligen Granitblöde 
bei Waldheim, 

Bald nachher führte mich der Zufall auf die. Halde 
eines, wenige Jahre vorher noch gangbaren Steinbruchs, 
Hier fah ich eine Menge Fragmente von Granitfchaalen und 
mehre noch vollftändig im feſten Gefteine fisende Kugeln. 

' Der Steinbruch war angelegt im Ausgehenden eines 
den Granulit bedeckenden Granitlagerd, Es ergab ſich alfo, 
daß fi die Kugeln zwar in der derben Granitmaffe felbft 


gebildet haben mußten, doch, was bemerfenswerth, keines⸗ 
wegd im Innerſten des Gebirgs, oder in unzugänglichen 
Tiefen. Sie finden ſich vielmehr, wie jene Andeutungen 
bei Mittweida, faum 10° unter Tage, und zwar nicht am, 
Gehänge, oder gar in der Sohle eines Thales, fo daß 
man noch einwenden Fünnte, fie hätten urfprünglich viel 
tiefer gelegen, fondern auf der Hochfläche und an der obers 
ften Kante einer Thalwand. Zudem fieht man auch gleich- 
fam PBerfuhe zur Kugelbildung an einer frummfchnabligen 
Abfonderung der in der Nähe anftehenden Granitflippen. 
Die Schaalen find Auferlich ebenfalls glatt, wie jene an 
den völlig ausgebildeten, ifolirten fpharoidifchen Bloͤcken. 
Der Granit fcheint, wie eine weiche Thonmaffe, in Scheiben 
zerfchnitten. 

Daß diefe Belege alle nur in oberen Teufen vors 
fommen, nicht im unzugänglichen Innern der Gebirge, geht 
fhon daraus hervor, daß hier der Granit nur eine: flache 
- Auflagerung bildet, Auch im Porphyr ded Rochlitzer Wal 
des fand ich fpater maffive Kugeln nur wenige Fuß tief 
unter der Erdoberflähe, ohne Bindemittel mit dem Nebens 
gefteine verwachfen, aber durch einen leichten Schlag ſich 
davon abfondernd, 

Diefer Umftand nun ift es hauptfächlih, der mich, 
mit Nücfficht auf obige Behauptung Heren Dr. Roths, zu 
diefee Mittheilung beroogen hat. Uebrigens fann man fich 
zwar mit feiner Anſicht über die Kugelbildung gern eins 
verftehen, daß aber auch die Platte auf demfelben Gefege 
beruhe, wird demjenigen, welcher alle Gründe und Schlünde 
des großen Erzgebirgiſchen Granulitftodd durchftöbert und 
defien Flaßer- und Arabeöfenftructur in den bizarren Wins 
dungen und Verflechtungen feines fteinernen Blätterwerfs 
betrachtet Hat, ſchwerlich einleuchten, 


— 19 — 


XXIV. 


Verhandlungen 
| des | 
landwirthſchaftlichen Vereins zu Altenburg 
mitgetheilt 
durch 
deffen Secretaiv Eduard Lange. 


Nachdem der Tandwirthfchaftlihe Verein durch Auf⸗ 


nahme von 5 neu angemeldeten Mitgliedern die Zahl ders 
felben bis auf 105 vermehrt hatte, wurden demfelben 
mehrere Eingänge vorgelegt und darüber das Nöthige bes 
ſchloſſen. Der widhtigfte Eingang aber war jedenfalls ein 
Erlaß Herzoglicher Landesregierung vom 9. Januar * 
worin dem Verein angezeigt wird: 

1) daß ihm auf die Finanzperiode 1845 bis 1848 re 
Sabre die Summe von 200 Thlr, zum Anfaufe von 
landwirthſchaftlichen Maſchinen, Modellen, Werk 
zeugen, zur Herbeiziehung guter Viehracen, nutz⸗ 
barer Sämereien, Pflanzen und Edelreißer, und 
weitere 200 Thlr. zur Ausfegung von Preifen für 
verdienſtvolle Leiftungen Einzelner in der Lands 
wirthſchaft aus der Oberfteuerfaffe gegen Quittung 
ausgezahlt werden ſolle, und daß 

Mder Studienunterſtuͤtzungsfonds um 100 Thlr. —* 
lich dazu erhoͤhet ſei, um auf Empfehlung der 
landwirthſchaftlichen Vereine jungen praktiſchen Land⸗ 
wirthen, insbeſondere Bauersſoͤhnen, den Beſuch 


— 10 — 


auswärtiger landwirthſchaftlicher Bildungsanftalten, 
Mufters und Verſuchswirthſchaften zu erleichtern, 

Da nun der Verein vor jeder Preisvertheilung Hers 
zoglicher Landesregierung desfallſige Borfchläge vorzulegen 
bat, und. der Vorfchlag etwa neu anzufchaffender Werk— 
zeuge, Viehracen »c. am beſten von einer für beide Zwecke 
befonders ernannten Commiſſion auögehen dürfte, fo er- 
wählte man hierzu außer den bereit früher hierin - von 
Landfchafts wegen thatig gewefenen Herren Rittmeifter von 
Bärenftein, Heitfh und Kreſſe noch die Herren Löhner, 
Thienemann, Heinfe aus Koßma, Hager I., Apel, Kröber 
aus Pofa und den Unterzeichneten, und Here Hager I. [ud 
diefelben auf Sonnabend den 1. März früh um 10 Uhr 
in feine Wohnung ein, um fid) über die dem Vereine bei 
der nächften Verfammlung zu machenden Vorſchlaͤge zu bes 
tathen und zu vereinigen. 

Dabei follen namentlich) auch die Vorfchläge zur Vers 
anftaltung von Ausftelungen landwirthfchaftliher Erzeug— 
niffe, verbunden mit einer Berloofung ausgeſtellt gewefener 
Gegenftände unter die betheiligten Actieninhaber, weitere Ber 
ruͤckſichtigung finden, welche Vorfchläge Herr Paftor Thiene⸗ 
mann fchon heute bei diefer Gelegenheit dem Vereine vorzus 
tragen und zu weiterer Prüfung zu empfehlen die Güte hatte. 

Im Betreff des zweiten Hauptpunfted in dem Erlaffe 
Herzoglicher Landesregierung, wornach die landwirthſchaft⸗ 
lihen Vereine unfered Herzogthums das Vorfchlagsrecht für 
diejenigen jungen Landwirthe erhalten, denen die jährlich 
ausgefegten 100 Thlr. zur Unterftügung beim Beſuch aus⸗ 
wärtiger landwirthfchaftlicher Bildungsanftalten zuertheilt wers 
den fünnten, war man im Allgemeinen der Anficht, daß 
der Verein fünftig dur das Amts⸗ und Nachrichtsblatt 
zur Anmeldung etwaiger Bewerber auffordern, nöthigen Falls 
diefelben im Betreff ihrer geiftigen Vorbildung prüfen laflen 
und dann die geeignet Gefundenen dem Herzoglichen Finanze 
collegium zur Beruͤckſichtigung empfehlen möge. Tür das 
Yaufende Jahr 1845 aber war man allgemein damit ein⸗ 


- m - 


verftanden, den bereits in Hohenheim ftudirenden Gandis 
daten der Landwirthfihaft H. Meyer aus Altenburg, weldyer 
bereitö im vorigen Jahre hierzu eine außerordentliche Unters 
ftüsung empfangen haben fol, und fi) allen zu unferer 
Kenntniß gelangten Umftänden nach), einer ſolchen in jeder 
Hinfiht würdig bewiefen hat, ald erften und einzigen 
Gandidaten unferes Vereins in Vorſchlag zu bringen, 

Nah diefen Befchlüffen war Herr Teihmann auf 
Mucern fo gütig, uns über einige eiferne Bacföfen in und 
bei München eine Furze Mittheilung zu machen und daran 
die Bemerfung zu knuͤpfen, daß Herr Harfort in Leipzig. 
fi) bereit erklärt habe, einen folchen eifernen Ofen auf das 
Biligfte zu liefern, wenn ihm ein Model dazu gegeben 
werde. Man befchloß nun, das darüber handelnde Heft 
des Münchner polytechnifhen Journals (bei Fleiſcher) auf 
Koften des Vereins kommen zu laffen, auch durch Herrn 
Meyer in Hohenheim Erkundigungen daruͤber einzuziehen, 
wie man im Wuͤrtembergiſchen mit den dort dem Ver— 
nehmen nad) häufiger vorkommenden eiſernen Backoͤfen zus 
feieden fei, und endlich durch den Unterzeichneten. den biefigen 
Kunfts und Handwerfsverein auf die Sache aufmerffam 
machen zu laflen, um vielleicht einen Baͤckermeiſter in demz 
felben zu veranlaffen, mit einem Münchener Bäder in 
weitere Verbindung zu treten, wenn diefe Defen in der 
That brauchbar und den gewöhnlichen vorzuziehen find, 

Nachdem nun noch Here Kreſſe dem Vereine Hoffnung 
gemacht hatte, den Mittheilungen aus dem Ofterlande 
fpäterhin die zu feiner jegt unter der Preſſe befindlichen 
Geſchichte der Altenburger Landwirthſchaft gehörige Abbildung 
und Befchreibung des Altenburger Pfluges für die Mitglieder 
des landwirthſchaftlichen Bereind unter annehmlichen Bes 
dingungen beigeben zu wollen, wendete man fi ich zur Bes 
ſprechung der für heute aufgeftellten Fragen. 

Die erſte lautete: 

„Iſt es fuͤr die Landwirthſchaft beſſer, wenn der 
Grundbeſitz jedes einzelnen Landwirths ſo viel als 


= #72 — 


möglih eine zufammenhängende Fläde 
„bildet, oder wenn er, in mehrere Stüden 
vertheilt, in der Flur zerftreut liegt, und warum 2 

Zuerft Tafen nun die Herren Helbig aus Ponitz und 
Heinfe aus Koßma ihre furzen ſchriftlichen Beantwortungen 
vor, woran dann Here Ablöfungscommifjair Glaß, Herr 
Kreſſe, Apel und Andere ihre Bemerfungen Entpften. 

Ale waren über die Vorzüge gefchloffenen Grund: 
beſitzes einverftanden,  befonder8 auch für unfere Gegend, 
in der die Güter nach Geſetz und Sitte geſchloſſen find. 
Auch ſpreche die Erfahrung hierfür, indem arrondirte Güter 
ftetö theurer bezahlt würden, als gleich große Gütercomplere 
mit. vielfach zerftückeltem Grundbefis, und indem die Bettels 
haftigfeit in der Regel da zu Haufe fei, wo die Zerftüces 
lung grenzenlos herefhe, der Wohlftand aber da, wo ges 
ſchloſſener Beſitz die Regel bilde, 

Das geht auch aus der Natur der Sache feldft 
hervor, 

Je mehr einzelne Feldſtuͤcken ein Befiser zu bewirth— 
fehaften Hat, defto mehr hat er auch Grenzen und Feld⸗ 
raine, defto mehr alfo auch MWendebeete, defto mehr Bers 
anlafjung zu Reibungen und Störungen mit den Nachbarn, 
defto mehr Ecken, welche fich nicht gut bepflügen und bes 
arbeiten laffen, und in den Rainen defto mehr faum irgend 
einen Ertrag gewährendes Land, daflır aber fihere Schlupfz 
winfel für Mäufe und Schnedfen und Stand» und Saamen» 
pläge für allerhand Unkraut, — Das Hins und Herziehen 
der Arbeiter und Gefpanne von einem Feldſtuͤck auf das 
andere ift, eine unnüge Zeit» und SKraftverfhwendung, die 
Auffiht über die Arbeiter ift durch die Getrenntheit der Ars 
beitöpläge erfehwert, die Möglichfeit beftohlen, oder durch) 
dad Weidevieh des Nachbars, fowie durch Abadfern, durch 
Herüberwerfen ‚des abfließenden Regen- und Thauwaffers 
befchadigt zu werden, fowie der Bedarf an unproductiven 
Deldwegen vermehrt, dagegen aber die Füglichfeit, zweck⸗ 
mäßige. Abzugsgräben für das Wafler, bequeme Schlamm⸗ 


7 


— 175 — 


fänge und vortheilhafte MWiefen» Bewäflerungen und Ent» 
wäfferungen anzulegen, oder, feine Beſitzungen durch leicht 
gu verpadhtende Baumpflanzungen werthvoller und anfprechens 
der zu machen, faſt gänzlich vernichtet. Es gewährt ferner 
nur dad Zufammenliegen größerer Befistheile wahre Freiheit 
in der Bewirthſchaftung und Beweidung derſelben. Gegen 
dieſe Vortheile koͤnnen aber die damit möglicher Weiſe in 
Verbindung tretenden Nachtheile kaum in Betracht fommen, 


Diefe find: 


1) 


2) 


— 


die leichtere Moͤglichkeit, daß ein Beſitzer ſeine ganze 
Jahresernte durch Hagelſchlag, oder ſeine Heuernte 
durch Ueberſchwemmung verlieren kann, wenn diefe 
auf einem einzigen größeren Landftriche zuſammen⸗ 
ftehen, als wenn beide auf einzelnen, ziemlich ent⸗ 
legenen Flaͤchen vertheilt ſind. 

die Moͤglichkeit, daß wenn ein Beſitzer vermoͤge der 
Lage und Beſchaffenheit des Untergrundes ſeines 
Bodens lauter mehr trockne und ein Anderer lauter 
naſſe Laͤndereien hat, Beide in gewiſſen Jahren 
die Ungunſt der Witterung doppelt heftig empfinden, 

d — 


un 
die Erſchwerung namentlich fuͤr Landgeiſtliche, ihre 
Feldſtuͤcken einzeln zu verpachten, und zwar um ſo 
vortheilhafter, je mehr durch deren Auseinander⸗ 
liegen die Fuͤglichkeit, ſelbſt in den Nachbardoͤrfern 
Mitbewerber fuͤr die Pachtung zu finden, gegeben 
werde. ION 


Die zweite Frage war: 


„Welche Störungen find bei der Fünftlihen Zus 
fammenlegung der Grundftücfe nicht leicht zu vers 
meiden und welche Rückfichtnahmen dürften hierbei 
in unfern Rerbältniffen vorzüglich zu wuͤnſchen 
ſein?“ 


| Schon der Wechfel ded Beſitzthums an fi) hat na⸗ 
mentlich für das höhere Lebensalter etwas Störendes ‚, und 


- 11 — 


zwar um fo mehr, wenn die Veranlaffung dazu von außen 
gegeben wurde, Dann fchlagen wir die wirklichen oder 
vermeinten Vorzüge deſſen, was wir verloren haben, ſtets 
viel zu Hoch an, und find gegen die Vorzüge deffen, was 
wir dafür erhielten, oft gleichgiltig und faft blind, Kommen 
nun dazu noch Verzögerungen im lange angefündigten und 
vorhergefehenen Austaufchgefchäfte, ferner eine in den Wirth⸗ 
ſchaftsplan des Empfängers und feine augenblicflichen Bes 
dürfniffe nicht paflende Fruchtfolge auf den neu erhaltenen 
Grundftüden, ferner die von einem Grundſtuͤck auf ein 
anderes zu übertragende Zehents oder Lehenspflicht, fo wächft 
die ungünftige Stimmung immer mehr und macht den Ver: 
ftand am Ende felbft gegen die bleibenden Vortheile blind, 
welche mit der vorübergehenden Störung und Beunruhigung 
erfauft werden. 

Die hiergegen zu empfehlenden Rüdfihtnahmen find 
die Abſteckung der neuen Pläne im Frühjahr und die gegens 
feitige Abtretung nad) erfolgter Ernte, wobei es dem fünfs 
tigen Befiser fhon im Fruͤhjahre frei fteht, das ihm im 
Herbfte zufallende Gerftland, wenn er defjen bedarf, zur 
Saatzeit mit Klee zu beftreuenz die Beachtung und Ents 
fhadigung nicht blos der Güte des Bodens an fi), fondern 
“auch feines Düngungszuftandes, z. B. ob derfelbe nur ein 
oder zwei oder mehr Ernten feit der letzten Düngung ges 
tragen bat, und welcher Art diefe nady der Verfchiedenheit 
der bedüngten Früchte gewefen ift. Die Beruͤckſichtigung 
nicht allein deö Untergrunded, fondern aud) der am Ende 
der erften Frage in Anregung gebrachten Verhältniffe eins 
zelner, hauptfächlih auf Verpachtung im Einzelnen anges 
wieſener Befiger oder Nußniefer und die Beachtung der 
überall aufgeftellten und befolgten Regel, fo weit als möglich 
nur gleiche oder zunachft ftehende Bodenflaffen gegen einander 
in Taufe) zu bringen, wobei die Taufchnachbarn felbft durch) 
verftändige und friedliche Belprehung und Vorerwaͤgung 
aller obwaltenden Verhältniffe das ganze Gefchäft außer: 
ordentlich fördern und erleichtern, im entgegengefesten Falle 


— HB — 


auch uͤberaus erſchweren und ſich ſelbſt zum Schaden in 
die Laͤnge ziehen koͤnnen. 

Auch darf bei der kuͤnſtlichen Zuſammenlegung nie 
vergeſſen werden, welche Vortheile ſie durch das Vermindern 
der mittlen Entfernung nach dem zuſammengelegten Grund— 
beſitz, durch das Wegfallen ſchwer zu bewirthſchaftender 
Grundſtuͤcke, wie ſie oft bei Anlegung neuer Straßen und 
Eiſenbahnen Liegen bleiben, durch die Abrundung der vers 
fhiedenen Ortöfluren und durd) dad dadurd) möglich ges 
machte Hereinziehen auswärtigen Beſitzes in die Slurmarfung 
des Wohnorts des Beſitzers felbft vor dem bereits verjährten 
und gewohnten Zufammenliegen des Grundbefißed zu bieten 
im Stande ift, und ſchon oft geboten hat, 

Die dritte Frage war: 

„Welche Mittel würden von den Grundbefigern 
ſelbſt anzuwenden fein, um die Sufammenlegung 
der Grundſtuͤcke fo leicht und fo wenig foftfpielig 
zu machen, ald moͤglich?“ 

Man antwortete: Gegenfeitiges Einverftändniß, williges 
Entgegenfommen, felbftthätiges Auffaffen erleichternder Plane 
und Entwürfe, Anhören des Nathes und der Anfichten bes 
nachbarter unbetheiligter Grundbefiger und vor Allem dies 
jenige Freiheit und Uneingenommenheit von Vorurtheilen und 
vom Ueberfchägen deö Eignen, die mehr ald alles Andere die 
Folge und der Segen wahrer Bildung ift, 

Die vierte Frage war, eine Art Gewiffendfrage, Gie 
lautete: 

„Halten die Mitglieder des Tandwirthfchaftlichen 
Vereins die Zufammenlegung der Grundftüce in 
ihrer Heimath und Nachbarſchaft für wuͤnſchens⸗ 
werth oder nicht, und aus welchen Gründen ?” 

Iſt auch die Zufammenlegung bei und nicht fo drins 
gend nothwendig, wie anderwärts, wo mit der Zerfchlagung 
der Güter auch die Ländereien auffallend zerftüdelt und 
zerfplittert worden find, fo ift doch auch bei und der Nugen 
der Zufammenlegung aller Wahrfcheinlichfeit nach bleibender 


Euer, We; 


und nachhaltiger, da die Gefchlofjenheit dee Güter das 
Zufammenbleiben des örtlich Vereinigten verbürgt, Wenn 
aber auch alle Stimmen, die fich hierüber laut außfpradhen, 
ſich fr die Zufammenlegung erklärten, fo ſchienen doch noch 
Manche mit ihrer Anficht zurüchuhalten und die Erfahrung 
felbft abwarten zu wollen." Nur das wurde erwähnt, daf 
hie und da die Handgutöbefiger dagegen geftimmt zu fein 
fihienen, weil fie theild nicht fattfam für ihre kleinen und 
guten Wecker entfchädiget zu werden, oder auch wohl mit 
ihrem Fleinen Befis zu weit hinausgeruͤckt zu werden fuͤrch⸗ 
teten, Dagegen wurde bemerft, daß man den mit Fleinen 
Kräften zu bewirthfihaftenden Befis in der Regel nahe an 
die Ortfchaften zu legen ſuche, daß die Bonität des Bodens 
ftetö beachtet werde, daß ed aber auch ein Bedürfniß aller 
Nedlichgefinnten fei, daß die Gelegenheiten zu unrechtmaͤßiger 
Bereicherung von dem Nachbarbefis fo fehr, als möglich, 
vermindert würden, 
Die fünfte Frage endlich: 
„Was würde bei und für und was gegen die 
Vereinoͤdung, d. i. die Errichtung neu aufzubauender 
ländlicher Wohn⸗ und Wirthſchaftsgebaͤude nicht 
innerhalb der gefchloffenen Dörfer, fondern gleich 
auf dem zufammengelegten Grundbefiß des einzelnen 
sy Gutöheren ſprechen?“ 
wurde Furz mit der Bemerfung befeitigt, daß bei unfern 
feinen Fluren ein Bedürfniß folder Zerftreuung nicht vorliege, 
Nachdem nun noch Herr Nittmeifter von Barenftein 
die Berfammelten davon in Kenntniß geſetzt hatte, daß bei 
ihm eine Häckfelmafchine vom Schmiedemeiſter Rudert aus 
Weißlitz bei Plauen angefommen und zur Befichtigung von 
Seiten derer, die fich dafür intereffirten, bereit ftehe, wurde 
die Sitzung einftweilen aufgehoben, um das Mittagsmahl 
einzunehmen. - 
Der wurde die nächte Verfammlung auf den 4. 
oder 41, Zuni feftgefest ; dann von Herrn Kreffe mit Ans 
ſchluß an eine in der Deutfchen Allgemeinen, Zeitung vom 


ee 


31, October 1844 enthaltene Mittheilung, die hierbei vors 
gelefen wurde, mancherlei über die 8. Verſammlung Deuts 
fcher Land» und Forftwirthe in München erzählt und hierauf 
von Heren. Teihmann einige gefchichtliche Notizen Über die 
in mehreren europaifchen Staaten bereits zur Ausführung 
gebrachte Zuſammenlegung der Grundftücfe mitgetheilt: und 
zulegt mit einem Gedichte von Ruͤckert, „Guͤterzerſchlagung“ 
überfchrieben , geſchloſſen. 


Die Rotizen des Heren Teihmann waren nad) feiner 
Angabe meift entlehnt aus dem Archiv der politifhen Oeko— 
nomie> und Polizeiwiffenfchaft, herausgegeben von Dr. Rau 
und Dr. Hanfjen Heidelberg 1844. 

Ihr mwefentlicher Inhalt war: 

„Im Königreich Dänemark wurde ſchon 1758 die 
Aufhebung der Feldgemeinfchaft (des Flurzwanges) nebft 
Zufammenlegung der Ländereien Gegenftand der Geſetz⸗ 
gebung. 

; In den Aemtgen Frederidöborg und Cronburg, auf 
Seeland, nördlih von Kopenhagen, wurde 1784 eine 
‚befondere Commiffion ernannt, und fchon 1789 waren 
‚4413 Dorffchaften und 1790 beide Aemter, mit Ausnahme 
eines einzigen Dorfes, wo Waffermangel und. Flugfand 
hinderten, völlig zufammengelegt. Man hielt das Ziel, 
jedem Baucr alles Land, wenn irgend möglich, auf einer 
Stelle zu geben, ftreng im Auge, weßbalb 350 Bauerns 
höfe und 300 Häuslerwohnungen in diefen Aemtern aus—⸗ 
gebauet wurden, Die aus den Dörfern Ziehenden wurden 
durch Naturallieferungen und Leiftungen , durch Gelöhilfe 
und Abgabenbefreiungen unterftügt, und die Bauern vers 
loren bald die Schew vor dem Ausbauen, ald fie ein 
ſahen, daß fie nun mit weniger Pferden ausreichen und 
mehr Kühe halten Fonnten. Zum Ausbauen wurden, 
wenn irgend thunlih, die Höfe mit den ſchlechteſten 
VII. 13 


⸗ 


=> 


Baulichkeiten, aber den tüchtigften Bauern auserkoren. 
Bis -1790 waren 85,000 Faden Steinzäune zu einer 
Gefammtftredfe von 21 Meilen um die neu vertheilten 
Felder geſetzt. Man zog die Steinumzäunung vor, weil 
fie weniger Land wegnahm, ald die Erdummallung und 
zugleich viel Felder von Steinen gereinigt wurden, 

In Schleswig erfchien unterm 10, Februar 1766 
ein nach dem Vorbilde der dänischen Verordnung (1758) 
abgefaßtes Geſetz „zur Beförderung der Einfoppelung 
und Aufhebung der Gemeinfchaft der Dorffelder.“ 

Eine Einfoppelungs - Verordnung ‚für den Föniglichen 
Antheil von Holftein erfhien den 19, November 1771. 
Im großfürftlihen Antheil von Holftein wurden 1768 die 
Grumdfüge zur „Vertheilung und Setzung“ aufgeftellt, 

Norwegen. In vielen, befonderd den Küften» und 
Alpengegenden, hatten nicht nur mehrere DBefiger eines 
Bauernhofes ihre Felder und Wieſen ftücfweife um eins 
ander liegen, fondern oft hatte man auch), aus Angftlicher 
Furcht, dur Vertheilung der Grundftücfe den Kuͤrzern 
zu ziehen, den fhädlichen Gebrauch) eingeführt, die Aecker 
jährlich oder nach einer Anzahl Yahren unter den Eigen: 
thümern wechfeln zu Taffen, fo daß fie das eine Jahr 
von diefem, das andere von jenem bebaut wurden. Um 
diefem Uebel ein Ende zu machen, wurde durch ein Gefeß 
vom 17, Auguft 1821 beftimmt, daß alles Randeigens 
thum innerhalb 8 Jahren unter die Befiger getheilt fein, 
widrigenfald die Grundfteuer doppelt bezahlt werden 
ſollte. Dieſer Termin wurde jedoch durch ein Geſetz 
vom Jahre 1833 verlängert, 

Schweden. Hier war die Feldzerftäcfelung fo groß, 
daß unter andern ein Fall vorfam, daß eine Hufe aus 
300 ſchmalen Streifen beftand, und in Familien oft ein 
Senior nöthig war, der es wiffe, wo alle zur Hufe 
gehörigen Ackerſtriche laͤgen. 1802 wurde eine Separation 
der Hufen veranftaltet, und jedes Sirchfpiel zuvörderft 
vermeffen und darauf eine neue Cintheilung gegründet. 





273} 
bei den Behörden in Erörterung gekommen. Bon diefen 


- 119 — 


Diefe Sache war oft, ſehr ſchwierig⸗ auszuführen. 
Unter ‚andern beftanden die Vermeffungsbücher in. einem 


Kirchſpiele aus SL Nick Papier, die Seite Br —— 


Seilen. ei 

In Baden haben nur wenig — eine „neue 
Seldeintheilung erhalten, In Naſſau dagegen, wo man 
diefe Conſolidation nennt, erſtreckt fie fich bereite über 
eine Fläche von mehr als 100,000 naffauifchen Morgen 
in 80 Gemarfungen, 

Preußen. Hier find viele Bufammenlegungen (Se⸗ 
parationen) zur Ausführung gebracht worden. Man hat 
der preußifchen Agrars Gefesgebung zum Vorwurf gemacht, 
daß fie die drei, wenn auch in der Ausführung eng 
zufammenhängenden, aber. an ſich ſehr verfchiedenen Ges 
ſchaͤfte der Gemeinheitötheilung, der Ablöfung von Servi- 
tuten (infonderheit Aufhebung der Koppelhutungen) und 
der Zufammenlegung von Grundftüden, nicht fcharf genug 
ſondere. Ueber letztere ſind die ———— Beſtimmungen 
in dem Edicte zur Beförderung der Landescultur vom 
14. September 1811, der Declaration. vom 19, Mai 
1816, der Gemeinheitötheilungsordnung vom 7, Juni 1821 
und Rei Dienftablöfungsordnung von demfelben Tage, 
enthalten, jedoch nur andeutungsweife und in einzelnen 
Paragraphen fo daß die bei der „Separation“ befolgten 
Grundfäge, vornehmlich durch die Präris ſich näher aus- 
gebildet zu haben feinen. 

Genauer ift das ſaͤchſiſche Geſetz Aber die Sufammens 
legung der Grundftücke vom 14. Juni 1834 auögearbeitet, 
aber in ängftlicher De für beftehende - Eigenthums—⸗ 
verhaͤltniſſe. 

Bis Ende 1840 waren im Koͤnigreich Sachſen uͤber⸗ 
haupt nur 160 Anträge auf Grundftücszufammenlegungen 


ir und fpätet geftelten Anträgen waren bis Ende 1842 nur 


75 Fälle völlig, und 58 Fälle materiell, bis zum Receß⸗ 
Aabſchluſfe erledigt, zuſammen alſo 131 Fluren, oder nur 
a 1 


A 


— — 


einzelne Abtheilungen derſelben davon beruͤhrt worden. 
Kr Das Koͤnigreich Sachſen zählt 3500 Feldmarken.“ 
Mach einer andern, ‚Heren Teichmann bekannt ges 
4 ae. Angabe wurden im Königreich Sachſen Zuſammen⸗ 
—*—— beantragt: 1834 ... 17, 
1838 
18868 24 
— D ——— 


je 
je >) 
[SP] 
— 
+ 
+ 
E72 
— 
> 
- 


1844 , „2.33, 
280, * 
Im Durchſchnitt 25 —26, — 
Jetzt (Ende 1844) find erledigt 202, ale: 
26 durch freie Vereinigung, 
236 =. Specialcommiffionen. 
262, 
Bon den 280 Anmeldungen fommen : 
170 auf den Leipziger Kreis, 
6 


I 2 2 Meißner Kreis, 

ER Boigtländifchen Kreis, 
— 3 Erdzgebirgiſchen Kreis, 
36 = die Oberlaufiß. 
280, 


Ueber die bei der Zufammenlegung geltenden geſetz⸗ 

lichen Beftimmungen nur Fürzlicd) Folgendes : 

Im Herzogthum Schleswig wird die Minorität durch 
eine Majorität von %, nach dem Landbeſitze ‚berechnet, 
gebunden.  Erfennt die Localbehörde die. Zweckmaͤßigkeit 
‚der Zufammenlegung an, fo kann aud) zur Ausführung 

‚» gefchritten werden, wenn der ———— von einer geringern 
Zahl als 3 auögeht. 


— 181 — 


MNMach der Einkoppelungs⸗Verordnung für den koͤnig⸗ 
lichen Antheil von Holſtein vom. 19, November 1771 
‚Tann fogar der Wunſch der einen Hälfte der Feldbefiser 
(nad) dem Steuercatafter der f. g. Pflugzahl) zu einer 
‚generellen Auseinanderfegung führen. 
In Naſſau liegt die Minoritaͤt einer Majorität 
von unter, und ed. muß diefe Majorität wenigftens 
die Hälfte der betheiligten Morgenzahl beſitzen. 
Im Koͤnigreich Sachſen iſt die Stimmberechtigung 
der Theilnehmenden an einer Zuſammenlegung nicht blos 
mad) der Groͤße der in den Zuſammenlegungsplan ges 
zogenen Parzellen, fondern auch mit Beruͤckſichtigung der 
Sahl dieſer Parzellen zu berechnen. Die Mehrheit ift bei 
‚einem Zufammenlegungsplane, in welchen nur folhe Grund» 
ſtuͤcke gezogen werden follen, die bei einer in der Verhand⸗ 
lung begriffenen Aufhebung von. Dienftbarfeiten -oder Ge⸗ 
meinheitötheilung begriffen find, dann vorhanden, wenn 
mehr ald die Hälfte der Stimmen fich für die beantragte 
Zuſammenlegung erklaͤrt. In allen andern Fällen ift das 
Einverſtaͤndniß von mindeftens zwei Dritttheilen erforderlich, 


7 


” 


— 


» 





XXV. 
Frühlings⸗-Feſtſitzunug 
der 


pomologiſchen Geſellſchaft zu Altenburg, 
den 25. April 1845. R 

In dem durch die Herren Kunze I. und II., Beffer, 
Adam, Prefler, Bretfchneider und Dr. Bad 
ausgefchmückten größeren Saale des Logenhauſes verfams 
melten ſich bis nad 412 Uhr eine namhafte Anzahl von 


F Mitgliedern der pomologiſchen Geſellſchaft. Sie betrachteten 


mit erneuter Freude die mannichfaltigen Blumen, deren Farben⸗ 
ſchmuck ſich bei geſchickter Gruppirung noch mehr hervorhob. 


— > 


Krach der Zeit aber begannen die eigentlichen Feſt⸗ 
verha ndlungen im fleinen Saale und wurden von dem 
vorfisenden Konfiftorials und Negierungsrath Dr. Bad, 
nad) einer ‚entfpredhenden Begrüßung des Frühlings, etwa 
dahin eingeleitet, daß derfelbe über die getroffenen Anords 
nungen auf die vorliegende gedruckte Bekanntmachung Hinz 
wies, von fihriftlichen Auffägen zu Gunften der freien 
mündlichen Verhandlungen abfah, Mitteilungen über die 
Zahl der Gefelfchaftömitglieder, über den günftigen Stand 
der Vereinskaſſe (laut dem vorliegenden Rechnungsſchluß *) 
und über den mehrfeitigen Verkehr der Geſellſchaft "mit 
manchen verwandten Vereinen machte, und" quletzt noch 
anzeigte, daß nach Tiſche eine BVerfteigerung von fernher 
bezogenen Gartenerzeugniffen ftattfinden follte, "an welcher: 
4) nur wirffiche Gefeufhaftömitglieder für ihre mn 
Theil Haben fonnten, wenn fie 

2) verfprächen, die in der Verfteigerung Aen 
Pflanzen, ſobald dieſelben in Vermehrung gebracht 
worden waͤren, zu nicht hoͤherem Preiſe an Geſell⸗ 
ſchaftsmitglieder abzulaſſen, als ſie dieſe ſelbſt 
erſtanden haͤtten, und zwar erſt dann, nachdem 
4 Exemplare an Geſellſchaftsmitglieder zum Kauf 
angeboten worden wären, anderwaͤrtshin zu vers 
faufen oder zu verwerthen, 

Darauf legte derfelbe die erfte Frage: 

Welche Erfahrungen über fhadlidhe 
Nachwirkungen des jüngften Winters 
find in gartenbaulicher Beziehung ges 
maht worden? 

den Mitgliedern vor und eröffnete die Beſprechung etwa ſo: 


294 Thlr. 29 Ngr. 5 Pf. Einnahme (171 Thlr. Uebertrag. 
113 Thlr. Jahresbeiträge der Mitglieder, 10 Thlr. Zinsnutzungen), 
105 Thlr + Nor, 5 Pf. Ausgabe (70 Thlr. Bibliothek, 27 he, 
10. Ngr. 1:9. Geſellſchaftsberſammlung, 7 Thlr. Insgemein), 
189 Thlr. 15 Nr. Beftand, gewährt durch 145 Thlr, 15 Ngr. Kaifer 
baarfchaft, 44 Thlr. Rückſtände und Vermögen: 300 ZThlr. bei 
Herzogl. Landesbant, 82 Thlr. 16 Ngr. 9 Pf. bei der Sparkaffe, 
N einſchließlich Kaſſebaarſchaft und NRüdftände: 572 Thlr. 

aNgr. I Pf. überhaupt. Dr. 8. 


— 185 — 


Herr Regierungsrath Dr. Badz Was vom Schnee 
bedeckt gewefen ift, hat hoben und guten Schuß ges 
habt, allein, was fid) noch Höher emporgemacht hat, 

iſt mancher Befchädigung ausgefegt gewefen, 

‚Bere Geh. Kammerratb Wais: Ich babe über diefen 
Winter, in aller Hinficht Klage, zu führen, denn. mir 
find Froft und Waſſer gleih nachtheilig gewefen. 
Namentlich haben meine Nofen fehr gelitten, fo daß 
ich jest oft nicht genau weiß, wie weit hinab ich. fie 
zuruͤckſchneiden fol, Welcher Nachtheil mich jedoch 
auch belehrt hat, daß alle Spielarten der Centifolie 
viel beſſer ausdauerten, als die von der Gallica oder 
von ‚der Damascenerrofe berftammenden, 

Here. Hofgärtner Kunze: Aud die verfchiedenen Ab⸗ 
arten der Iheerofen ertragen die Kälte beſſer, als die 
immerblühenden. ö 

Here Profeffor Lange I.: Mir war auffallend, daß 
viel eingefchlagene Birnfämlinge, zumal wenn fie 
nur ein wenig an der Wurzel verlegt waren, beim 
Herausnchmen im Fruͤhjahre ſich in den Wurzeln 
verdorben zeigten, während der Stamm, fo weit 
über der Erde geftanden hatte, ganz frifch und uns 
verdorben war, 

Herr Geh. Kammerratd Waig: Ganz fo ift mir" vor 
mehreren Jahren mit Nofen gegangen, die auch nicht 

kamen, obgleich der Stamm friſch war, weil wohl 
die Wurzel wegen der Störung in der Vegetation 
erfroren feim mochte; 

Here Profeffor Lange J.: Sole Wahrnehmungen 
machen mich wenigſtens gegen die Herbſtpflanzung 
einigermaßen bedenklich. | 

Herr Hofgartner Kunze: Allerdings darf felbige nicht 

euf feuchten Stellen vorgenommen werden, 

Herr Hofgärtnet Doͤhl aus Eiſenberg: Aber in Ihrem 
vr falten Altenburg‘ erfriert auch Manches, was bei uns 

unverletzt geblieben iſt. Ich will nur pyrus. japo- 
nica, ribes sanguineum etc, anführen, Naͤchſt 


dem Fennt man aber auch die Ausdauer mancher 
Pflanze noch nicht genug, fo ſteht z. B. die gute 
Kaſtanie noch unbefchädigt. w 

Herr Kammergutöpachter Löhner: Bei mir find die 
Pflaumen völlig erfroren, noch mehr ald die Kirfchen. 

Here Handelögärtner Bretſchneider: Gerade fo geht 
mir's aud). 

Here Profeffor Lange J.: Die Apfel haben am we— 
nigften gelitten, die Birnen aber bedeutend mehr, 
namentlid) an den Verbindungsſtellen fürs neue Holz. 

Herr Geh. Kammerrath Waitz: Und ich moͤchte ſagen; 
namentlich die auf Quitte veredelten. 

Here Profeffor Langel.: Das find gewöhnlich diefeins 
ften Sorten. Vorzuͤglich zärtlich ift die Quittens 
unterlage, fo daß ihr immer einiger Schuß zu geben 
fein dürfte. 

Herr Kammergutspachter Loͤhner: Ich ſtelle gar keine 
Franzbirnbaͤumchen mehr auf Quitte, weil mie einige 
Sorten wie Bergamotte Crasanne , Beurr& gris, 
felöft Beurre blanc riffig geworden find, wogegen 
doch gewiß meine vorjährigen auf Birnenunterlage 
gezogenen Sorten diefen Fehler nicht zeigten, 

Herr Kollaborator Lange II.: Damit aber treten Sie 
in Widerfpruch gegen faft alle namhaften Pomologen, 
welche gerade die feinften Sorten, wie etwa die nors 
männifche rothe Herbftbutterbiene und viele andere, 
wenn fie pollfommen werden follen, nur auf Quittens 
unterlage geſetzt wiſſen wollen, \ 

Herr Geh. Kammerratd Waitz: In Schöngleina habe 
ih) manche vortreffliche Beurré blane, die auf Birn- 
wildling erwachſen war, genoffen, 

Herr Kollaborator Lange II.: Denken Sie aber au) 
gefälligft an unfre theilweis ſteinige Hartmannsbirne 
aus dem Graslande unferer Obftgärten, die befannts 
lich nichts anderes ift, als Beurre blanc auf Birns 
wildling, 


- 15 — 


Herr Profeſſor Lange J.r Im Ganzen Tape ſich wohl 


diefe Verſchiedenheit der Loͤhner'ſchen Anſicht damit 
aufhellen, daß Loͤhner auf! dem Stud‘, n/wor feine 
feinen Birnen auf Wildling wachen, veinen tiefz 
'aufgefchütteten, ſehr fetten Untergrund hat ‚während 
anderwärts gewoͤhnlich die Quitten in H dem’) guten 
Gaͤrtenland ihre ſich immer erneuernden Saugwurzeln 
obenhin außtreiben und ſich damit: die beſten Stoffe 
zuziehen. Beurr& Napoleon wenigſtens iſt bei mir 
auf Hochſtamm und Quitte gleich gut ausgefallen. 
Regierungsrath Dr. Back: Doch kommen wir 
"wieder zu unſerer Frage und laſſen Sien mich zu 
ihrer Erledigung Ihnen auf den Grund der von meis 
nen Freunden dem Heren Poſtmeiſter Voigt in 
Kahla, Herrn Dr. Richter in Roda und Herrn 
‚Pfarrer Sörgel in Lipperödorf mir erſtatteten freund 
fhaftlihen Berichte noch einige testimonia morum 
aus dem KHolzlande über den Winter: geben, Wenn 
man nun auch zum Gefchehenen das Beſte reden fol, 
fo kann man doch auch dort nicht viel Ruͤhmens vom 
Winter machen, es fei denn: etwa, daß man feine 
Ausdauer und Beftändigfeit: anpreifen wollte,‘ durch 
welche er vielleicht einiges Ungeziefer getödtet und den 
Boden tief gelockert, dafür aber auch Salat, Peterfilie, 
Pfirfchen, Aprifofen und Nofen vernichtet! und nächfte - 
dem durch die von Hunger ſchrecklich geplagten Hafen 
und Rebe großen Schaden herbeigeführt hat: Doch wir 
gehen wohl nun zur zweiten Frage über, welche lautet; 
Wie find Fleinere Privatgärten anjus 
legen, wenn fiedurd ihre Einrichtungen 
nicht nur dem Auge einen angenehmen 
Genuß, ſondern auch den Eigenthümern 
einen wirthſchaftlichen RNutzen gewaͤh— 
ren follen? 
En Hofgärtner Dolls Da wird man wohl von der 
Schoͤnheitslinie abgehen und auf eine ſymmetriſche Form 
Rücficht nehmen muͤſſen. 


— 186 — 


Herr Profeffor Lange I. | Ich denke auch,’ daß die 
geraden Linien hier Necht behalten werden. 

Herr Regierungsratd Dr. Back: Mein Freund, Dr. Rich— 
ter. in Noda, deſſen Korrefpondenznachrichten ich fihon 
vorhin berückfichtigte, » räth vorzüglich, aus. dem Bes 

son fireben nach guter Weglegung, nicht allzu ‚viele Wege 
m anzubtingen, und: ich) muß leider geftehen, daß mid) 
Wwenigſtens meine‘ Kinder durch. felbft eingefihlagene 
Wege manchmal beitimmt haben,’ wohl auch mehr 
Wege in meinem Garten anzubringen, als raͤthlich ift. 

—* Profeſſor Lange J.: Im Ganzen bleiben unſre 
Stadtgaͤrten mehr ein zehrendes als ein werbendes 
Kapital, und darum kommt auch eben nicht viel darauf 

an, ob: ein Streifen zu einem wenig. Arbeit erfor⸗ 
‚dernden Wege oder zu. einer immer Nachbefjerung 
oder anderweite Kultur nöthig machenden Partie vers 
wendet) wird. 

‚gm Kammergutspachter Löhner: Ich habe zu Bis 
ſchofsheim a, d. Tauber einen nach englifchem Ges 
fhmade hin angelegten Nutzen bringenden Garten felbft 
mit: Gemüfe bepflanzt gefehen, der allgemein gefiel und 
viele Befucher anzog. 

m Darüber erhoben die anmefenden Gärtner mancherlei 
Bedenken, bis 
Herr Geh. Kammerrath Waittz aͤußerte: Ich bin gegen 
die ganze Frage, weil ein kleiner Garten nicht Nutzen 
bringen, ſondern durch Farben und Wohlgeruͤche Auge, 
Geruch und Geſchmack angenehm beruͤhren ſoll. 

Der Here Vorſitzende, Regierungsrath Dr. Back: Das 
gegen muß ich fprechen, denn mein‘ fleiner Garten 
befriedigt wohl auch diefe Sinne, wirft aber nebenbei 
noch manchen Fleinen Wohlgeſchmack und Vortheil ab. 

Herr Profeffor Lange J.: Würde deren aber weniger 
gewähren, wenn er in englifchem Geſchmack gehalten wäre, 

Here Hofgärtner Dölls Darum fage ich eben, man 
wähle gerade Wege, pflanze auf die Rabatten Blu- 
"men, Zwerg» und Beerobſt und: ftelle dahinter das 





‘ - (U — 


"+ Gemüfer auf‘ breitere "Beete,) mag auch ders Schön: 
heitsfinn etwas weniger dabei gehegt werden «| 

Here Negierungsrath Dr. Back: Auch hat es ſeine große 

Annehmlichkeit, auf der Stelle ohne großen Zeitverluſt 
friſches Gemuͤſe haben und vielleicht ſogar einer bes 
freundeten Familie damit dienen zu koͤnnen. 

Here Gutsbeſitzer Duaad: Auf dem Lande aber, meine 
icch doch, daß wir mit, Recht das Gemuͤſeland von. dem 
klleinen Putz⸗ und Blomengorichen trennen, wie wir's 

ja Ale thun, damit ‚nicht: ein, Landſtuͤck durch’ö- andre 
‚ benachtheiligt werde, PR 

"Herr Hofgärtner Doll: Ja auf dem Lande gibt’ auch 
ö Land genug, aber die landarmen Städter müffen Alles 

in Kleinere Räume jufammenzudrängen fuhen. 

Herr Profefjor ange I und Hofgärtner Doͤll: Außer 

dem fann man ji auch von geraden, hubſch rein 
gehaltenen Wegen, gut gehaltenen Seitenrabatten und 
friſch grünendem Gemüfeboden recht angefprochen fühlen. 

„Here Regierungsratö Dr. Bat: Das denke ich auch 

| und glaube auch das noch üfügen za nidffen, daß 

man ja eben nicht zu aͤngſtlich auf den abfallenden 
Nuͤtzertrag Ruͤckſicht zu nehmen noͤthig Hat, 

Her Geh. Kammerratd Waig: Dies iſt angefaͤhr auch 

meine Anſicht, obſchon ich berſichern kann, daß in mei⸗ 
nem Garten fruͤher manches Gemuͤſe durch Ueberſtaͤndig⸗ 
kelt taͤſtig und weniger ſchmaͤckhaft geworden ift. 

Sr Regierungsrath‘ Dr. Back? Recht, allein der Gar⸗ 

ten von Freund Maik iſt freilich auch“ Fein kleinerer 
Pribvatgarten und kann darum wohl auch mehr Spargel, 

— — Roplfeimihen und dergl. liefern, als ſich in einem 
ſtaͤdtiſchen Haushalt ohne einige Beläfligung verbrau⸗ 
. ‚sei laſſen. Doch gehen wir zur dritten Frage: 

Rn Wie kann in einer Gartenbawgefells 
haft das Intereffe der Einzelnen 
* insbeſondre der eigentlichen Gärtner 
mnmm it dem — ————— —— oerein bart 
"werden? J 


— — 


Sie hat deinige Schwierigkeit und darum duͤrfte viels 
leicht Herr Hofgaͤrtner Kunze, von dem dieſelbe, wie 
die vorhergehende und folgende messe * ſeine 

Anſicht gefaͤlligſt ausſprechen. DREI 

Here Hofgärtner Kun her Eben deswegen, Bi ic) Andrer 
Anfichten gern hören wollte,’ 2 id) die Srage zum 

Aufſtellen vorgeſchlagen. 

Herr ‚Hofgättner DIL: Schon die Ausftellungen ſolcher 

Geſellſchaften gewähren den Vortheil, daß gute Sachen 

ſich dem Publicum ſelbſt anempfehlen. 

Herr Regierungsrath Back: Und dieſer Vortheil laͤßt 
ſich bei ergiebigen Mitteln noch, durch Remunerationen 
fuͤr ‚tüchtige Leiftungen einigermaßen fteigern, während 
auch ſchon durch Verlooſungen der ausgeſtellten Garten⸗ 

erjzeugniſſe ein Abfas gemacht wird. 

Here Profeſſor Lange l.: Gegen die Berloofungen läßt 
ſich aber gewiß mit Recht behaupten, daß oft dem 

Gemuͤſezuͤchter Kamellien und. Erifen zufallen, die er 

| nad) kurzer Zeit unters Brennholz werfen fann, und 
daß alfo bei denfelben viele hübfche Pflanzen, in uns 
rechte Hände fommen und „verfümmern und damit 

5 vieleicht den Ausſtellern fogar üble Nachrede susiehen, 
oder. ſelbſt ein Gegenftand des Wegweifend, Vers 
ſchleuderns und Spottes werden. 

Herr Regierungsrath Dr. Back: Das hat ſeine Richtig⸗ 
keit und deshalb wuͤnſche ich vor Allem, einen Haupt⸗ 
vortheil der Gartenvereine für die Gärtner darin erkannt 
zu fehen, daß diefe Vereine, wie wir, ja diesmal, feldft 
gethan haben, neue und theure Pflanzen auf ihre Kos 
ften ‚beziehen und. dann unter ihren- Mitgliedern vers 
fteigern, , So fommen gewiß fpecufative Gärtner wohls „| 
feiler zu Gewinn -abwerfenden Pflanzen und Fünnen 
fie bald ohne großes Riſiko vortheilhaft vermehren. 

Hofgärtner Doͤll: Der dabei abfallende Gewinn 
ift nicht fo beträchtlich, aldı er fcheinen dürfte, weil 
die Gärtner meift viel Rabatt erhalten und geben... 





* 


— 19 — R 
SHerr Louis Rannigers und weil fie durd) gegenfeitigen 
Pflanzenaustauſch ohne große Geldkoſten —8 dieſen 
Gewinn noch leichter verſchaffen. 
Se Kollaborator Lange H.: Dennoch ſollte man mit 
Recht auf einen nicht unbedeutenden Gewinn bei fehwer 
zu eultivirenden Pflanzen rechnen koͤnnen. 
Here Kammergutöpachter Löhners Bei diefen vielleicht, 
aber in Beziehung auf die gewöhnlichen Feld» und Gartens 
erzeugniſſe find wenigftens in den Auctionen des landwirth⸗ 
ſchaftlichen Vereins hier, die bezogenen Gewaͤchſe einmal 
so nntheurer weggegangen, als fie dem Verein zu ftehen kamen. 
Herr Kollaborator Lange II.: Dies ift einmal der Fall 
geweſen, allein jede angeprieſene Waare verliert bei 
eigner Zucht viel am Werthe und ein gebranntes Kind, 
das vielleicht auch nicht gern and Verſchreiben fremder 
Sachen gegangen waͤre, wird gar bald das Feuer 
ſcheuen lernen. Denn wir Alle wiſſen, wie viel ſchlechte 
Gewaͤchſe, ſoll ich ſagen Schund, in den betreffenden 
— Saamenverzeichniſſen, ja ſelbſt in manchen aus andern 
Blättern sufammengeftoppelten Beitfepeiften eſen 
werden. 
Here Hofgärtnee Kunze: Die meiſten und fchlechteften 
“Pflanzen aber werden  zuverläffig durdy die fogenanns 
nun ten Würtemberger, d. h. durd) die haufirenden fremden 
ESaamenhaͤndler, die uns durch Spottpreife einen 
Io rechtlichen und ehrlichen Saamenhandel faft unmöglich 
| machen, in's Land gebracht. 
Mehkere zugleich Das ift außer Zweifel, wer betrogen 
werden will, darf nur da Faufen, 
er Here —— Dr. Back: Ich habe mich durch 
ſie ein Mal anführen laſſen, gab nur das halbe Geld 
„und folte erſt, wenn die Waare ſich gezeigt hätte, 
Kim das andere Jahr die Hälfte des Geldes nachzahlen. 
rn Aber alle Pflanzen zeigten fi) von ſehr ſchlechter 
“Qualität; wer ſich jedoch nicht zeigte, war der bes 
u tr hgerifche Wiürtemberger, der mich bei niederem hal⸗ 
ben Preife immer noch recht ordentlich geſchnellt hatte. 


% 


— mM — 


Herr Höfgärtner Döllaı Ich will blos an die Bam» 
berger und Koldiger Obfthändler erinnern. 

Herr Hofgärtner Kumyes Und ich will nur aus eigner 
“Erfahrung anführen, daß ich in bedeutenden Saamen⸗ 
züchtereien fehr fchlechte Exemplare zur Saamenzudt 
mit verwendet fah, während man doch: — ſtets die 
beſten Pflanzen waͤhlen muß. 

Herr Kammergutspachter Loͤhner: Dennoch muß ich 
wenigſtens einen Saamenhaͤndler aus der Gegend 
von Bamberg hierbei als Ausnahme nennen, der eine | 
ganz platte Runkelruͤbe mit faft dünnen zwiebelartigen 
Wurzeln liefert, weldye bei: und auf dem Lande fo 
‚gute Aufnahme findet, daß der Mann heuer 30 Dresd⸗ 

ner Scheffel Saamen im Altenburgifchen abgefest ha— 

"ben will, weil alle Bauern: auf feine Anfunft warten. 

Here Profeffor Lange J.: Keine Regel ohne Ausnahme, 
Seftftehen aber muß doch, daß ein anfäffiger und bes 

kannter Gärtner hundertmal zuverläffiger ift, als jene 

herumtreibenden Saamenverfäufer, 

Herr Regierungsratd Dr. Bad: die fogar gelegentlich 
noch etwas in der Nähe Liegendes oder‘ Stehendes 
allzulieb: gewinnen. 

Here Geh. Kammerratd Waig: Allein wir fommen 
damit faft vom Gegenftande ab, obſchon fi, wenn 
auch gleich mehr negativer Weife, die Geſellſchaften 
gegen derartige Betrügereien durch's Befanntwerden mit 
tüchtigen Gärtnern ſchutzen. Sollte aber nicht noch 

ein? großer Vortheil für die Gärtner und wohl für alle 

Mitglieder auch damit erwachfen, daß ihnen die Gefell- 
ſchaft fehr theure Werfe und Zeitfchriften bietet, durch 
welche fie das Neuefte in ihrer Literatur erfahren, falfıhe, | 
unächt überfommene Pflanzen fennen lernen, richtigere | 
Kulturmethoden befihrieben finden, zuverläffige Quellen 
für neue Bezuͤge in Erfahrung bringen und fich fogar | 

‚neue Abfaß= und Taufchwege herauslefen und abſehen. 

Here Regierungsrath Dr. Back: Das ift gewiß noch ein 
Hauptgewinn, 


* 





— 19 — 


1 |. Hofgärtner Kunze:! Ich will denfelßen nicht wege 

laͤugnen. Würde es aberieben darum für vortheilhaft 

anſehen, wenn von Seiten der Gefellfchaft das Preise 
wiürdige öffentlich ald ſolches anempfohlen würde, 

Herr Kollaborator Lange II.: Die Gefedfhaft fann als 
ſolche nicht gern empfehlen wollen. "Mir wenigftens ift 
das Urtheil einer mir als zuverläffig befannten Perfon 

gewichtiger für einzelne Sachen, 'ald das Urtheil von vier 
len Vereinten, von denen vielleicht nur wenige parteiloſe 
Sachkenner und einige wohl gar Concurrenten find. 

Here, Profeffor Lange T.; Und müßte nicht eine Ges 
fenfchaft fih fhämen, wenn ihr Empfohlner durch die 
Nachläffigfeit oder rachſuͤchtige Hinterlift eines bald 
abziehenden Gartengehülfen getäufcht, als ein mit Uns 
recht Empfohlner fid) auswiefe? 

* Herr Regierungsratb Dr. Back: Der Schluf anf Vers 

handlung dürfte wohl dadurch zu machen fein, daß 

durch‘ gemeinfames Intereffe die Einzelnen zum Bereine 

' geführt, durch die Vereinigung vieler Kräfte aber Tuͤch⸗ 

tiges geleiftet und felbft für Einzelne Erheblichss gewons 

nen werden fünne. Doch eilen wir jur legten Frage: 
Wie Laßt ſich eine erhoͤhete Theil> 
nahme des Publifums an den Erzeug> 
niffen der Runftgärtnerei weden? 

Mein Freund, Dr. Richter ſchreibt, man muͤſſe vor— 

zuͤglich die Empfänglichkeit fürs Schöne dur) Aus⸗ 

ftellungen zu fördern fuchen und freundliche Gartenbefiger 
müßten dem theilnehmenden Publikum ihre "Gärten 
nicht verfchließen. 

Herr Profeffoe Lange J.: Gewiß fpricht und gewinnt 
eine gut durchgeführte Gartenanlage am beiten und 
eindeinglichften für fich, 

"Herr Regierungsrat Dr. Bad: Auch follte man fi) 
allfeitig bemühen, um recht billige Preife wahrhaft 
"Schönes und Zierended abzulaffen, damit man fic) 
unter den Foftlichen Scyägen der Natur recht heimiſch 
fuͤhlen lernte. 


» 


m 


J 


— TUE — 


Here Profefor Lange J.: Auch die Begeiftrung einiger. 
Pflanzen» und Blumenzüchter, die ſich ganz ihren 
Lieblingen hingeben, ftecft an und wirft fördernd. 

Here Geh. Kammerrath Waitz: Worte belehren, Beis 
fpiele ziehen nach ſich; darum laffen Sie uns Alle ein 
recht gutes Beifpiel in der Pflanzenzucht geben, damit 
der Sinn und dad Intereffe des Publifums in iminer 
größeren Kreifen unferer Lieblingsbefchäftigäng gewons 
nen werde, 

Here, Regierungsratö Dr. Bad, der Directors Meine 
Herren, die Seit ift ſchon wieder verronnen, laffen 
Sie mich darum 
1) Ihnen vieleicht zum Anfauf die Heberficht der Furs 

ei befjifchen Flora von Caſſebeer und Pfeiffer empfeh⸗ 
len und 3 
- 2) noch anfragen, ob wir nicht unfre gefälligen Berichte 
A erftatter aus dem Meftfreifes Herrn Poftmeifter 
02, Boigt aus Kahla, Herrn Dr. Richter aus Noda 
und Heren Paftor Sörgel aus Lippersdorf zu korre⸗ 
fpondirenden Mitgliedern aufnehmen wollen,; (Alle 
gaben durch, Afflamazion ihre Zuftimmung) und 
3) unter "Empfehlung möglichfter Vorfihtsmaßregeln 
Ahnen anheim geben, ob nicht vieleicht unfre Wein⸗ 
züchter fid) dereinft die durdy Heren Borger's nach 
franzöfifchen Zeitfihriften empfohlene dreimal, fage 
dreimal tragende MWeinforte aus Rumigny kom⸗ 
men laflen wollen, 
Hierauf brach die auf etwa 80 Mitglieder angewachfene 
- Gefellfchaft auf, um in Gemeinfchaft mit einigen freudig 
willfommen  geheißnen Frauen ein heitres Mittagsmahl einzua 
nehmen, nach welchem noch fpäter die neubezogenen Pflanzen 
unter die Gefellfchaftsmitglieder verfteigert wurden, 
Im Auftrag nachriptlich niedergefchrieben durch den 


Kollaborator 
Nobert Lange. 








|g, | SH da: m 


tags ol SC mer all 
tar 44 amd. 1004 —— Ina! 
berm ar 44 J Er | and Ä i 9 | 
—— 





Sam 








U 


* 

Z£ \£ — N 
= * M 

u AA 

2; — 









An 68 
a Se Ma Kr — 
— Ka DE "78 





ei ER —V —4 
ME E —  D = Bol. s 
|__ 9 VE Andi a nn 
s5 — an 





N I , he a } RXx Er * 
EZ Be GR TRASH IT HT Ti 
— ZUBE ET Tr 
4 BE ERBE RN BET 
25 4 - sr ce il: 3! 


alas] 
Fr 
30 
3 
+% Mr 
PR 
2 
8 
4 
* 
| 
⸗ 
wi 
m Aa) 


% 
E 
ie 
— 


* ee; = — — —— 
Be... Pr — — 
oe FA wi + DAT : Ki 
ee; og ee > — — — —, 
SE a sr IE 
L — 9 er — ——ñi 

X eG - 


N © —J Ber 
Eh a Fr 


N 7 e 
— —— — — ——— — — — — 





urn 
. MR 


NEE EEE 





Meteprologifche Tabelle auf die Monate: Detober, November, December, ISA, von W Bechftein. 











De : bi ei | 
Früh 8 Uhr, Nachmittags 2 Uhr. 









2 a EN a I: "Bu e, Moe, 
Fruͤh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr. Früh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr. 





































































































































































































































































































































































































































































































































































































TE | —t — — — — — — —— — — — 
| ® Stand des Stand des Buftand Stand sesl@tund sea] Aufand [2 Stand des Stand bes Buftand Stand des Stand des Zuftand a Stand des Stand des Buftand Stand deslStand des 
> | Baro= |Thermo- des Baro=- Thermo= des 2 | Baro= |Thermo- des Baro= Thermo= des 8 | Baro- |Thermo= des Baros Thermo— 
meters. | meters, Wetters. |meters. | meters. | Wetters, ’ meters, |meters. | Wetters. meters. | meters. | Wetters. meters.| meters. | Wetters, | meters, | meters. | Wetters. 
1 127” 9,8+ 7,25° Ihelle ©, 27" 8,6% + 9,75°|helle ©. W. 27" 684 0 ° (helle D. 27" 5,54 2,0° wik. D. 1 127” 9,0“)— 1,0% init. ©. 27" 9,64 05° lt. D. 
= 50 65 PM |- 32 9,75 wlE. ©. ==23 m N. SD. - 15 | 15 tr. ©. 3 =: 87| 10 heS. |: 88 1,0 wit. ©. 
- 38 80 wiE. M. = 40 9,75 nik. ©. ®. e ir. ©. _l298 30 Reg - 850 35 |hele N. DS. |= 84 | 20 HleDd. 
= 39 | 90 nf. ®. = 88 | 705 'hele 9. — 3,25 hei ©. - 11 1 ©. = 10,3 6,25 helle ©. 800 35 bie s 5. 
6,75 helle ©. = 60 10,25 wik. W. 45 Inebl. ©. ©. |= 05 tr. ©. ©. = 108 75 helle ©. 27103 | 30° 0 helle helle N. 
120 nt. ®@. |; 55 | 20 Re = 50 wie &©. |= 08 weS = 92 780 | ©. — 5,75 tr. ©. 
875 .©. — 38 8,75 Reg. N. ®. = » mom. |- 44 we. = 70 RR [= 102 | 5,75 Schnee ®. 
= 72 | 525 |belle W. — wik. N. W. = — hie © 1. 24 | 65 WED | 8]: - 86 nie N.D. |= 650 wi. N. D. 
40 helle ©. = 34 0 helle ©. ©. B 5,0 =. 02 ve | 917 50 |helle DO. = 84 | 230 Ihelle ©. 
5,25 helle ©. = 30 = bee 9. = 6,25 =: 30 | 725 of. ©®@. [10 |: f = 83 | 308 F 
©,  |e Ole — e = IB) VE [U = | ne ———— 
wit. ©. z 110 wii. © E heile ©. Stem.| = 30 | 40 |Reg. ©. Stm.| 12 |- — volk. 
helle ©. - — 3,0 bee 8. 11 = 80 |Reg.®. Stim.) = 40 8,25 Re S.W.Stm.| 13 — ET 
wiE. ©. = N 9: B ir. ©. - 80 75 wE®. _ |14 |: — —— II EI EA —— 
tr. ©. . 105 w.©. “ |15|- we, © 9. |- 02 | 75 hiess.  |1|- CS. |- 5 | Ol. ©. 
tr. ©. 105 if. ©. - 76 | 80 It. ®. - 86 85 wik. W. 16 |7 36 25 nel. © .. 0 nik. D. 
helle ©. 100 .©.®. |17|- 108 | 70 Int. R.  |= 106 5 .8.W |17|7 20 + VW m©D tr. ©. 
= hie © |: 40 8,75 wii. ©. W. = 11,3 7,0 Inebl. ©. = 11,0 75:\.©.®. |1|- 35 | 20 yke© |- 45 wiE. ©. 
Er hie © |: 60 10,0 wii. ©. ®. - 105 50 Nebl. ©. ©. | - 10,0 65 1.19 |= 68 25 NM 
= Ihele ©. P 10,0 helle ©. ©. - 10,0 40 It ©. - 92 4,5 |nebl. W. 20 |= 98 |— 025 ned. N. 
B 65 ni. We. = 4 9,0 helle W. 2ll=- 74 4,75 wie. ®. : 65 55 |. ©. 21-10 = 0 mNR.D. _ 
= helle ©. = 78 | 105 |helle ©. - 70 35 Reg. N. — HUND. 22 |- 11,2 |— 695 helle N. O. 
= hie © |: 10,5 helle ®. EN EITR 20 tr. N. DO. = 5531| 25 Reg N.D. | 23 |= 105 759 helle O. 
= 5,0 helle ©. E20 DEEN ST = 60 1,25 Reg. N. ©. |=. 58 35 wik. ©. 24 23 0,0 4,0 helle D. 
B N. ©. ee" 85 If. N. = 61 1) 20 Reg. N. Schn.|- 7,0 1,25 |Reg. W. Schn.| 25 127 11,8 6,9 [helle ©. 
= nif. ©. - 72 | 925 wii. ©. ®. = 89 | 3,25 ji. ©, = 92 35 |. ©. 26 | = 10,5 8,0 helle ©. 
B 65 ©. P 8,75 tr. N. 27 \= 10 | 40 RN. |: ILl 50 | W 27 \= 9 45 helle ©. 
- 7,25 It. ©. = 80 wi. N. - 10,0 3,0 Inebl. D. Reg. | = 80 2,23 Reg. N. 23|- 96 Mm me 
- 40 nel. ©.®. |- 50 in. 29|- 81 | 1,0 \wiE, ©. = 80 0,75 It. ©. _ 129 |= 96 = 0 helle ©. 
4,25 |nebl. W. = 60 wie N. - 80 —- 10 wik. ©. : 83 10 we.90. | 30 |- 65 + 20 Ind. ©. 
Ines, NE 40 RS 5 — 31 |=- 76 2,0 |Nbl. W. 





























— 3 


Hoͤchſter Barometerſtand den 24. Dechr. = 28” 0,0%, Mittler Barometerſtand — 27 5,45 
Tieffter Barometerſtand den 16. Detbr, = 26” 10,9. Kaͤlteſter Tag den 12. December — — 9, 5°. 
















Nbl. Nebel, Reg, Regen, Stm, Sturm, Schn. Schnee, 2. Oſt, S, Sid, W. Welt, N, Nord, 





Erklärungen der Abkürzungen: tr, trübe, wik. wolkig, nebl. nebelig, 


— 195 — 


XXVI. 


* 


Vermögenszuſtand 
des 


Kunft- und Handwerkövereind und der Kunſt- und 
Handwerksſchule. 


A. Beim Kunſt- und Handwerksverein hat 1844 betragen: 


1. Die Einnahme: . 
175 Thlr. 28 Dar 9 Pf. Kaffenbeftand vom Jahre 1843, 
1» — — 2 Aufnahmegelder neuer Mitglieder. 
23 =» 7 = 5 = Beiträge der Mitglieder, 
14 2 5 = — > gnädigft verwilligte Beiträge aus 
u Staatskaſſen. 
30. — 2 — 2» Binfen von auögeliehenen Activ⸗ 

fapitalien. 


665 Ahle. 1 Ngr. 4 Pf. Silbercur. Summe der Einnahme. 


2, Die Ausgabe: 
4 la 23 Ngr. — Pf. Aufwand an das Inventarium. 


— ⸗— nicht eingegangene Nefte von Bei⸗ 
tragsgeldern. 
204 2 7 = 35 für Bücher, Journale und Zeiz 
tungen. | 
97 >» 10 >» 6> für Drudfoften, Copialien und 
Buchbinderarbeit. 


3 =» 27 >» 5 > Beitrag zur Herausgabe der Mits 
theilungen aus dem Ofterlande, 
344 Ahle, 18 Ngr. 4 Pf, Latus. 
VI. 14 


= —..N - 


344 Thlr. 18 Ngr. 4 Pf. Transp. 
7 =. 2 = 5 = für Erleuchtung, Heizung und Reis 
nigung des Berfammlungslofals, 
21 


42 ⸗ z — » DBefoldungen und NRemunerationen, 
5 = 14 s 9 = Poftporti und Botenlöhne, 

150 2 — 2 — 2 ausgeliehenes Aetivcapital, 
6 = 10 = 3 >= Snfertionögebühren. 

37 2 4 = 5 = Insgemein. 


594 Thlr. 1 Ngr. 6 Pf. Silbercur. Summe der Ausgabe. 


Daraus ergibt ſich ein Kaffenbeftand von 
70 Thlr. 29 Ngr. 8 Pf. welcher mit 
1000 = — 2 — > ausgeliehenem Ac⸗ 
tivcapital 
Ende 1844 einen 
Bermögensbeftand 
von 


1070 Thlr. 29 Ngr. S Pf, begründet. 
e 


B. Bei der Kunft- und Handwerksfhule: 
1. Die Einnahme: \ 


178 Thlr. 22 Ngr. 6 Pf. Kaflenbeftand vom Jahre 1843, 

589 = 25 = 7 = öffentliche Beiträge für unfere und 
die übrigen inlandifchen Sonn 
tags⸗ und Gewerbfchulen, woruns 
ter 102 Thlr. 23 Nor. 3 Pf. aus 
biefiger Rathskaͤmmerei u. 5 Thlr. 
4 Nor. 2 Pf. von der Freimaurers 
loge zu Prämien unferer Schule 
ausschließlich zufommen. 

1022 2 7 = 5 =  Binfen v. auögeliehenen Kapitalien, 

68 = 21. = 1 > Eintrittögelder neuaufgenommener 

Schüler. 


939 Thlr. 16 Ngr, I Pf. Summe der Einnahme, 





2. Die Ausgabe: 


286 chlr. 19 Nor. 3 Pf. ausgezahlte Beiträge für die uͤbri⸗ 
gen Gewerb⸗ und Sonntagsfchulen 
des Landes. 


13 = 5 = — > Bücher zu Prämien und Vorlege⸗ 
blätter, 


30 » 7 = 1 = Drucfoften und Buchbinderarbeit, 
2 » 3 2 — ⸗ für Geräthfihaften und Inven⸗ 
tarienftücke, 
— 2: 2 » 2.» Schreib- und Zeihenmaterial, 
60 =» 7 2 8 > Beleuchtung, Heizung und Reis 
nigung des Schullokals. 
20 2 20 2 2 = Befoldungen und Remunerationen. 
3 2 33 = 8 > Insgemeind 


689 Thlr. 2 Nor. 4 Pf, Summe der Ausgabe, 


Daraus ergibt ſich ein Kaffenbeftand von 


K 250 Thle, 14 Ngr. 5 Pf. der mit 
3150 = — =: — ⸗ Acctivcapital, 
Ende 1844 einen 
Bermögensbeftand 
von 


3400 Thlr. 14 Ngr. 5 Pf. begründet, 


14 * 


= Am 


XXVII. 


Der Herbfteonvent der pomologiſchen 
Geſellſchaft. 


Eine Mittheilung. 
Vom 


Profefjor Eduard Lange. 


Die diesjährige Herbftverfammlung der pomo— 
logiſchen Geſellſchaft zu Altenburg war hauptſaͤch⸗ 
ih um der Georginen willen, die fihon bier und da den‘ 
7. Sept. erfroren find, auf den 12, Sept. 1845, den Freitag 


‚der Jahrmarftöwoche, beftimmt worden. Die Zahl der 


Theilnehbmenden ftieg nur bis auf ungefähr 30, Dod) 
war die im großen Saale des Logenhaufes veranftaltete Aus⸗ 
ftellung ziemlich beträchtlich. Namentlich war die Menge, 


‚Mannigfaltigfeit und Schönheit der Georginen, trotz 


der großen Trockenheit in den legten Wochen, fehr bedeu— 
tend. Außer dem Herrn Pfarrer Blumtritt in Ober 
lödla, der nur eine Fleine Anzahl ſchoͤner Blumen einges 
reicht hatte, waren ganze Sammlungen und darunter aud) - 


‚ mehrere ſchoͤne Sämlinge von den Herren: Cantor Reiz 


Hard in Zwenfau, Gärtner Bretſchneider, Handſchuh— 
fabrifant Ludw. Ranniger und Schuldirector Dr. Foß 
zu Altenburg und Gärtner Sieckmann in Köftrig ein— 
gefendet worden. Ein reiches Sortiment Fuchſien, ſchoͤn 
blühender Ahimenes, Glorinien, Gesnerien, Za⸗ 
mien und einige Dracäen hatten wir dem Herrn Hof— 
gärtner Kunze zu verdanfen, von welchem auch mehrere 
große Melonen und Möhren herſtammten, unter denen 





— 1 — 


fid) vorzüglich die neue, weiße, größte englifche Moͤhre durd) 
ihre Größe auszeichnete, obgleich die daneben liegenden rothen 
Frübcarotten mit diefer an demfelben Tage und auf demfelben 
Acker gefäet worden waren. Ein Sortiment abgefchnittener 
Rofen von Heren Hofgärtnee Doͤhl in Eifenberg zog die 
Kenner durch feine Mannigfaltigfeit ebenfo fehr, als dur) 
den Umftand an, daf jede Blume mit einem genauen Namen 
verfehen war *). Die reichfte Fruchtfammlung hatte Herr 
Schullehrer Bögler aus Leeſen geliefert, nämlich 150 
Aepfel- 66 Birnens 6 Pflaumen- und 6 Wein> 
forten. Dann fam ein Sortiment Kernobft von 
60 Sorten aus dem Garten des Herrn Kaufmanns Beffer 
bier und noch etwas Fleinere Sammlungen vom Herrn 
Regierungsratd Dr. Bad aus feinem Garten bier und in 
Eifenberg, vom Heren Oekonom Pinckert in Esdorf 
und von Herrn Nittergutspachter Loͤhner in Wilchwitz. 
Endlich) hatte noch Herr Gärtner Pfau hier eine ziemliche 
Menge diesjähriger Kartoffelfämlinge eingereicht, der 
von Größe zeigte, daß er diefelben zu behandeln wiffe. 
Nachdem fi) nun die Theilnehmer 1 Stunde im Aus⸗ 
ftellungslocal aufgehalten und über dad, was einen Jeden 
vorzugsweife anſprach, unterhalten hatten, lud diefelben 
der Here Borfigende, Megierungsratb Dr. Bad, in 
dad Fleinere Verfammlungszimmer ein und erftattete nun 
zunaͤchſt aus den Aften einen überfichtlichen Bericht über 
die Vorkommniſſe und Eingänge bei der Geſellſchaft feit 


*) 1) Rosa bourbon. a) Pierre de St. Cyr; b)Elvire; c) Rou- _ 
et de Flore; d) Proserpina; e) pourpre Fafait; f) Edouard Des- 
osses; g) Amarontine; h) hybr. Gloire de Rosamene; h) hybr. 
Parfait. 2) Rosa Noisett. a) Lafayette; b) Champagners; c) Char- 

les X. 3) Rosa hybrida bifera (hybr. remont.) a) Auvernion; b) 
Clementine Duval; c) Marguerite Bocella; d) Lane; e) Marechal 
Soult; f) Prince Albert; g) Comte de Paris; h) Duchesse de Sou- 
therland; i) James Watt. 4) Rosa-Thea. a) Merlet de La bon- 
Jay; b) Safrane; Comte de Paris; d) D’Yebles; e) belle Gabriele; 

f) Bougöre; g) odoratissima; h) lutescens. 5) Rosa semper flo- 
rens. a) Deprez; b) Diane de Bottweiler; c) centifolia atropur- 
purea. 6) Rosa bracteata Maria Leonida, 


E 


18 = 


der legten Hauptverfammlung, indem er in Bezug auf 
den Mitgliederbeftand erwähnte, daß feitdem Here Gelbs 
gießer Br. Schlegel zum wirflihen und Here Pach—⸗ 
ter Doͤ litzſch in Haynfpig und Here Oekonom Pindert 
zu Esdorf zu correfpondirenden Mitgliedern un 
ferer Gefelfchaft ernannt worden feien. 

Nach diefen Mittheilungen ging der Here Vorfigende 
auf die Fragen über, welche für die heutige Berfamms 
lung in Borfchlag gebracht und veröffentlicht worden find, 
und bemerfte mit Freuden, daß die Mehrzahl derfelben nas 
mentlic aus dem Weftkreife fchriftliche Beantwortungen hers 
vorgerufen haͤtte. Solche hätten wie namentlih Herrn 
Dr. Richter in Roda, Heren Poftmeifter Voigt in Kahla, 
Heren Pfarrer Sörgel in Lippersdorf, Heren Pinckert 
in Etzdorf, Heren Pachter Doͤlitz ſch in Haynfpig, Herrn 
G. Geyer in Eifendberg, Herrn E. W. Reinholdt in 
Roda, Herrn W. Heimbürge in Kahla und Heren Hofs 
gärtner Kunze in Altenburg zu verdanfen. 

Aus diefen fihriftlichen Beantwortungen und aus dem, 
was die Anwefenden mündlih ausfprachen, ging ungefähr 
Folgendes hervor. - 

zu Trage 1) 

„Was ift über die diesjährige Beerens 
und Obfternte und über den Zuftand 
unferer Obftpflanzungen zu bemerfen, 
und weldes find die Urfahen diefer 
Wahrnehmungen?” 

Die wildwahfenden Beeren, befonderd die 
Heidel⸗, Erds und Preißelbeeren find dies Jahr 
im Allgemeinen ſehr reichlich gediehen. Deßgleichen waren 
auch die Himbeeren fehr ergiebig, wo nicht etwa, wie 
bei Haynſpitz die vorjährigen Sproſſen erfroren find, 

Die Johannis» und Stakhelbeeren waren ziems 
lich reichlich, reiften aber fpät und ungleich) und zeigten ſich 
daher an mehreren Orten etwas herb, dicffchalig und wes 
niger faftig, als in guten Jahren, 





ih 


Der Wein ift nicht befonders reichlich und wird bei 
und fihwerlich gehörig reif werden, Die Kirfhen, na 
mentlih die Sauerfirfhhen, waren bei uns nirgends 
reichlich, indem ein großer Theil der Knospen ſchon im 
Winter erfroren oder doch vom Frofte befchädigt worden 
if, Die Pflaumen fiheinen davon ebenfalls viel gelitten 
zu haben, indem fie überall mißrathen find, Haben fie 
auch Hier und da noch ziemlich reichlich geblüht, fo find 
doc) faft ale angefeste Früchte fehe bald zu Taſchen 
geworden und abgefallen, woran hauptfächlih die naffalte 
Witterung während der Blüthe und die daher ftammende 
ungenügende Befruchtung Schuld fein mag. Auch die 
Birnen find nirgends reichlic) gerathen, obwohl einzelne 
Sorten, namentlih die Petersbirnen und die Rettig— 
bienen fi) an manchen Orten in Güte und Ausdauer 
recht gut bewährt und bei reichlichen Ernten und guten 
Preifen recht Tohnend bewisfen haben. Nur bat man die 
Peteröbirnen oft etwas wäflerig und darum minder 
fhmachaft gefunden. In falten Ihälern z. B. im Pleis 
Genthale bei Saara find aud) von diefen Sorten die 
Knospen wahrend des anhaltenden und Falten Winters 
großentheild erfroren. Den meiften Widerftand gegen diefe 
zerftörenden Einflüffe haben noch die Aepfel geleiftet, 
namentlich die fpatblühenden Sorten, wie der Pfingfts 
apfel, deren Knospen während des Winters noch am 
wenigften entwickelt und daher aud) am wenigften gefährdet 
find, Doch ift auch ihr Ertrag im Allgemeinen nicht ein» 
mal mittelmäßig und nur an einzelnen Stellen, wie z. B. 
um Schöngleina oder in Frankenhauſen bei Crim— 
mitfhau ziemlich reihlih. Es fehlte den. Blüthen der 
froſtbeſchaͤdigten Baume größtentheild® an Kraft, um’ den 
Einflüffen der naffalten Witterung und der feindlichen Ins 
feften wahrend der Blüthezeit zu widerftehen. Letztere 
feinen befonders um Wilhwis und in und um Thies 
mendorf bei Eifenberg, wo befonders die Froftfpans 
nerraupe arg haufte, verheerend aufgetreten zu fein. 


— 1 — 


Was den Zuftand der Obftpflanzungen anlangt, fo 
ſcheinen die früheren Pflaumenpflanzungen im Weſt⸗ 
freife, deren Ertrag, namentlic) im Neinftädter Grunde, 
fo bedeutend war, daß z. B. im Ruffifchen Zoltarif die 
gebackenen Pflaumen ald „Reinſtaͤdter Pflaumen” aufge- 
führt fein follen, fortwährend vermindert zu werden. Gie 
erweifen ſich nicht mehr fo lohnend ald chedem, fei es 
nun, daß der Boden für die neuerer Zeit nachgepflanzten 
Bäume wegen Erfchöpfung der für fie gerade erforderlichen 
Nahrungsftoffe durd) die früheren Anpflanzungen derfelben 
Obftgattung nicht mehr fo geeignet, oder daß der Verlauf 
der Witterung feit einer Reihe von Jahren ungünftiger 
oder daß die Preife des Obftes, namentlic) der gebadfenen 
Pflaumen, im Vergleich zu den gemachten Ernten minder 
Iohnend find, al& ehedem. Die Thatſache felbft ift aber 
wohl kaum in Zweifel zu ziehen. Auch in unferen 
- Dbftgärten hat der legte Winter großen Schaden ange= 
richtet. Namentlich find viel junge Bäume in Folge des 
ungewöhnlich hohen Schnee bis in die Kronen hinauf 
von den Hafen. gefihält und nicht wenig Pflaumenz, 
Kirſch- und Birnenbaume durd den Froft vernichtet 
oder befchädigt worden. Beſonders zeigen die älteren 
Pflaumen: und Kirfhbäaume viel dürre Aefte und 
einen fpärlichen, fFranfhaften Wuchs. Einzelne wollten 
jedoch) auch den unerfreulichen Zuftand der Obftpflanzungen 
der fihlechten Befchaffenheit der jungen Bäume zufchreiben, 
die man dazu angefauft und verwendet habe, 
*— zweite Frage lautete: 
„Auf welcher Stufe ſteht bei uns ge: 
genwärtig der Gartenbau, fowohl in 
Bezug auf Gemüfe-, Obft- und Baum: 
zucht, als auf dffentlihe Anlagen und 
die verfhönernde Gartenfunft im All- 
gemeinen? Was hat die Fortfähritte 
in denlesten 30 Jahren gefördert oder 
erfhwert, und was dürfte jest dafür 


— — 


von Seiten der oͤffentlichen Behoͤrden 

und unſerer Geſellſchaft zu thun ſein?“ 

Daß man bei uns im Gartenbau im Fortſchreiten 
begriffen ſei, wurde von keiner Seite bezweifelt. Man 
freute ſich, in einem Laͤndchen zu wohnen, deſſen Doͤrfer, 
von Obſtgaͤrten umringt, auch der Zierde der Blumen 
nicht entbehren, der Blumen, deren Pflege für den Wohl 
ftand und die gefunde Bildung eines Volkes, ein fchönes 
und fichered Zeugniß, ablegt. Oder verrathen nicht die 
fhönen Georginen, Nelfen, Rofen ꝛc., die wir jeßt in vier 
len Bauerngärten antreffen, Sinn für das Schöne in der 
Natur, auch wenn es Mühe und Koften macht und feinen 
materiellen Gewinn abwirft? Auch der Gemüfebau hat 
ſich ziemlich verbreitet, obgleich der Abſatz bisweilen gering 
und wenig lohnend ift. Deßhalb finden wohl auch neuere 
Gemüfe nur fehwer Eingang, Ziergarten gibt ed allers 
dings noch immer ziemlich wenig, oder fie werden doch 
den theilncehmenden Blicken der Vorübergehenden durch hohe 
Mauern verdeckt; während im Weſtkreiſe die diefen, uns 
durchdeinglichen -Tebendigen Hecken da und dort immer mehr 
den Spalieren Pas machen, die auch den fremden Augen 
einen Bli in die ftille, freundliche Blumenwelt des Be- 
ſitzers vergönnen, Förderlich dürfte in diefer Beziehung 
der zunehmende Sinn für den englifhen Gartengefchmadf 
gewefen fein, hinderlich aber die Erfehwerniffe, welche ehe⸗ 
dem die Teiftrechte der Anlegung neuer Gärten entgegen- 
ſtellten. Was die öffentlihen Anlagen um Alten» 
burg und Eifenberg anlangt, fo laſſen diefe faum | 
den früheren Zuftand, wie wir denfelben noch erlebt haben, 
 wiedererfennen und ehren alle Diejenigen ald ermunternde 
Vorgänger in der Landeöverfchönerung, die hierin ihren 
Sinn für Natur und Kunft ruhmvoll bethätigt haben. 
Einige Stimmen von Landbewohnern lagen zwar über 
Mangel an Gemeinfinn und über Falte Gleichgiltigfeit Eins 
zelner, wenn es gilt, Obftpflanzungen anzulegen und das 
durch die Gemeindepläge ſchoͤner und nusbarer zu machen; 


— 208-— 


allein fehon ihre Klagen zeigen den erwachten Sinn, wenn 
auch noch im Kampfe mit dem alten Schlendrian, und 
die Gemeindeordnung, die fie wünfchen, um dem beffern 
Geifte feine guten Rechte auch geſetzlich zu fichern und die 
Theilnahmlofigfeit Einzelmer nicht zum Hemmſchuh für Alle 
werden zu laffen, wird nun wohl nicht lange mehr auf 
fih warten laſſen. Die Obftbaumzucht fand man übrigens 
noch immer nicht allgemein genug, wenn aud) bier und da 
z. B. in Leefen, den älteren Baumfchulen, z. B. der viels 
leicht fehon 150 Jahre beftehenden Baumfchule von 
Goͤtze in Oberleupten fih aud im der neueften Zeit 
jüngere Anlagen angefihloffen haben. Namentlich) bedauerte 
man, daß die meiften Fleinen Baumfchulhalter, wie die 
Mehrzahl der Bäume, womit diefe im Frühjahr feilhalten, 
zeige, ihre Pfleglinge nicht naturgemäß erziehen, fondern 
durch Abbrechen der Seitenzweige und dur) Anpfählen in 
den Baumfihulen zu dünnen Ruthen emportreiben, die ſich 
nicht felbft zu tragen vermögen, fondern, von den Pfählen 
gelöft, mit ihren Kronen zur Erde fallen, und felbft, nach— 
dem fie etwas mehr erftarft find, oben an der Krone 
diefer find, als einen Fuß body über dem Erdboden. Die 
Thatſache ift nicht abzuleugnen, und man fand e& daher 
wuͤnſchenswerth, diefem fehlerhaften Verfahren durch eine 
Furze Belehrung von Seiten der Gefellfchaft entgegenzutreten, 
welche der Unterzeichnete zu entwerfen aufgefordert wurde, 
Auch hielt man es für fehe wuͤnſchenswerth, wenn die 
Schullehrer mehr, als es bisher der Fall ift, durch den 
Befis binreichenden Areald in den Stand geſetzt würden, 
durch den Betrieb ded Gartenbau’ und der Baumzucht 
‚ ihrer Sugend ein ermunternded DBeifpiel zu-geben, und in 
ihr den Sinn für Gartenbau und für Schonung öffentlicher 
Anlagen noch mehr zu wecken und zu fördern. Dabei 
wurde auch des landwirthſchaftlichen Vereins in fofern ge> 
dacht, als derfelbe durch die ihm zufließenden öffentlichen 
Unterftügungen mehr als unfere Gefelfchaft in den Stand 
geſetzt fei, durch öffentliche Bramien hierzu aufzumuntern. 


J 





— mi — 


Nun ging man zur dritten Frage über: 
„Welhe fihere Mittel bat man, um 
wenig tragbare Obſtbaͤume fruchtbar zu 
mahen? Iſt es rathſam, Obftbäume zu 
düngen? Welde Sorten? Zu welder 
Zeit? Mit was für Dung?” 

Man antwortete: Wenn die Unfruchtbarfeit an der 
Sorte felbft liegt, wie ja gewiffe Obftforten anerkannter 
Weiſe nur geringe Neigung zur Fruchtbildung haben, fo 
ſchneide man die Aeſte ab und veredele fie mit einer er— 
giebigen Sorte! Iſt aber eine Obftforte an ſich zwar trag- 
bar, und ftehen nur die Bäume, die man befißt, noch in 
zu üppigem Wachsthum, um reichliche Ernten zu gewähren, 
fo Habe man nur Geduld! denn mit der ſpaͤter abnehmen- 
den Vegetation wird der Fruchtanfag zunehmen, und die 
indeffen groß und ftarf gewordenen Bäume werden die 
ihnen früher gefchenfte Nachfiht nicht unvergolten lafjen. 
Stehen endlih auch junge Bäume dürftig und elend da, 
und ift Hauptfählic ihre Fümmerlicher Zuftand die Urfache 
ihres geringen Ertrags, dann verfuche man, ihnen durch 
Auflocern und Umarbeiten des Bodens, aber nit etwa 
blos 1 Elle um den Stamm herum, fondern in weit grös 
ßerem Umfange d. 5. foweit ald ihre feinften Wurzeln reis 
hen, fo wie durch angemeffene Düngung ein freudigeres 
Wachsthum zu geben. Solche Düngungsmittel find zum 
Wafhen gebraudtes Seifenwaffer und flüf- 
figer und fefter Stalldünger“ welden man am 
beften im Spätherbft und Winter zur Anwendung bringt. 
Auch ruͤhmt Herr Löhner die Düngung mit Horn⸗ 
fpänen, beſonders für Steinobft, auf welche Herr Pin⸗ 
dert ebenfalls hinweift, Mit der Jauhe muß man, 
befonder& bei trocener Witterung, vorfihtig fein und nas 
mentlich aud) vermeiden, fie an die Obftbaume felbft ans 
zugießen. Denn fie erzeugt, wie überhaupt aller fiharfer 
animalifchee Dünger bei gewiffen Obftz, namentlih Aepfel⸗ 
forten, leiht Krebs und Brand. Würde der Unrath 


— 291 — 


und die Abfaͤlle, welche in manchen Hoͤfen umherliegen 
und beim Gaͤten aus manchen Gaͤrten auf die Straßen 
geworfen werden, zu einem Haufen zuſammengeſchichtet, 
umgeſchaufelt und dieſer Compoſt im folgenden Jahre unter 
die Obſtbaͤume geſtreut, ſo wuͤrde man manchen Baum 
nicht mehr kuͤmmern ſehen, der feinem Herrn nur wegen 
vernachlaͤſſigter Pflege jest wenig einbringt. Rach oͤffentli— 
hen Blättern hat man neuerdings auch den Guano zur 
Düngung von Obftbäumen verfuht, allein die Wurzeln 
der damit bedüngten Bäume wurden, mit alleiniger Aus: 
nahme der Pflaumenbäume, mit einer Art Schimmel übers 
zogen, die Blätter der Aepfel- und Pfirſchbaͤume rollten 
franfhaft zufammen und wurden von einem Heer Blattläufe 
befallen, und auf den Birnbaumblättern zeigten fich die 
rothen Flecken von Aecidium cancellatum (dem ge> 
gitterten Brandpilz), welder den Gegenftand uns 
feree vierten Frage bildet, 
„Durch welche Mittel ift das den Obſt— 
baumen fo verderblide Aecidium can- 
cellatum (Roestelia cancellata) zu 
entfernen?” 

Wir ſchicken der Beantwortung felbft folgende Furze 
Bemerfungen voraus, Der Brandpilz, von dem hier die 
Rede ift, zeigt ſich Hauptfächlich auf den Blättern der Birn⸗ 
baume gegen Johannis ald ein gelbrother Flecken, ſowohl 
auf der obern als unteren Blattſeite. Bisweilen kommt 
er auch auf jungen Zweigen, DBlattftielen und Früchten 
des Birnbaums und auf den BPflaumenblättern vor. 
Nach einigen Wochen fchwilt die Unterflaͤche des Blattes 
zu gelben, bucfelfürmigen Erhöhungen an, die jedoch auf den 
Pflaumenblättern nicht fo Hervortreten; aus diefen Erz 
hoͤhungen fteigen im Anfange des September einzelne nod) 
höhere ſchmutziggraue Spitzen empor, zwifchen deren lockeren 
weißgrauen Baftfafern ein feiner, dunfelbrauner Staub hin- 
durchdeingt, der dem Brand im Waizen ziemlich aͤhnlich iſt. 
Wo das Uebel ftarf ift, wie in mehreren hiefigen Gärten, 





bat ein einziges Birnblatt bisweilen 6 bis 8 rothgelbe 
Stecken und jeder ſolche Flecken im Umfreife feiner budels 
förmigen Emportreibungen wohl acht folche fpisige Erhöhuns 
gen, aus denen ſich der Brandftaub entleert. Die befallenen 
Bäume fränfeln auffallend, zumal da dad Uebel, wo es 
einmal berrfcht, jedes Jahr wiederfehrt, wie der Berichte 
erftatter 5 Jahre lang beobachtet hat. 

Herr Köhner wollte dafjelbe beftimmten Luftftrichen 
oder Strichregen zuſchreiben. Here Cantor Reihardt aus 
Swenfau bemerfte, daß er ed in feinem Garten nur da in 
ftörender Verbreitung bemerft habe, wo eine Ader rother, 
orferhaltiger Sand hindurchgehe, weshalb er auch die hier 
ftehenden Birnbaume wegzufchlagen gedenfe. Auch anders 
wärtö, wo dad Uebel bedenklich ift, find die Gänge mit 
rothem "Sande beftreut, von deſſen Vorhandenfein man 
jedoch nicht überall, wo dieſer Birnenbrandpilz herrfcht, 
Nachweiſe beizubringen vermochte, Der Berichterftatter hielt 
noch immer an feiner Anficht feft, daß man es hierbei mit 
einem Aftergewaͤchs zu thun habe, deſſen Keimförner eben 
der dunfelbraune Staub bilde, der fih im Herbfte aus 
den braunen Fugelfürmigen Erhöhungen auöftreue und von 
dem Winde verbreitet werde, obgleich) das Ausftäuben diefer 
Keimförner auf 2 Bäume feiner Baumfchule feine Franfen 
Bläkter zur Folge gehabt babe, Daß aber dabei eifen» 
baltiger Sand und vorzüglich aͤtzende animalifhe Düngung, 
wie Abtrittödünger, Hühnermift und Guano die Birnbaume 
zur Aufnahme und Entwidelung der Keimförner des gegite 
terten Brandpilzes nur noch empfänglicher und geeigneter 
machen fünne, war ihm ebenfall3 fehr wahrfcheinlich. Das 
befte Mittel, was er noch dagegen gehört habe, feiz- im 
Frühjahr tüchtiges Zurückfchneiden der Birnbaume bis auf 
dad vorjährige Holz, damit die fehlummernden Knospen 
früherer Jahre austreiben müßten, und dann im Auguft 
Ausbrechen der fleckigen Blätter, um nicht neue Brandpilzs 
fporen reif werden und ſich ausftreuen zu laffen. Vielleicht 
Fönnte auch eine Abwafchung oder Benekung des Stammes 


u. 


und der Zweige mit Lauge von günftigem Einfluß fein, 
doch habe er darüber Feine Erfahrung. Auch ließe ſich 
diefes Mittel nur an Zwergftämmen anwenden. 

Da Niemand ein anderes und befferes Mittel in 
Vorſchlag zu bringen wußte, fo ging man zur folgenden 
fünften Frage über: : „Wie legt man eine 
Baumfhule am zweckmaͤßigſten an?" ꝛc. brachte 
es aber, da die Zeit fihon ſehr weit vorgefchritten war, 
bei deren Erörterung blos zu einer VBorfrage, ob das 
Rigolen des Bodens hierzu zweckmäßig fei, und zwar in 
welchen Fällen? die ebenfalld nicht genügend erfchöpft 
wurde. Dagegen fihien ſich die Theilnahme ‚mehrerer An— 
wefenden an weiteren Verhandlungen ziemlich erfchöpft zu 
haben, und der Here, Vorfißgende bielt ed deshalb für 
zweckmaͤßig, die Verhandlungen mit dem Wunfche zu 
fehliegen, daß die geehrten Mitglieder ihre etwa noch ruͤck— 
ftändigen Stimmzettel für die Wahl neuer Gefells 
fhaftsbeamten abgeben möchten, damit das Ergebniß 
derfelben zufammengeftellt und der Berfammlung mitgetheilt 
werden fünne. 

Es war dies: aber folgendes: 

\ Zum VBorfißenden war Herr Geh. Kammerrath 

Maik, zu deflen Stellvertreter Herr Regierungds 
und Konfiftorials Rath Dr. Back mit entfchiedener Stim⸗ 
menmehrbeit erwählt, für dad Secretariat hatte der 
Berichterftatter mit feinem Bruder, dem Herrn Candidat 
Lange, gleichviel Stimmen, und der Lestere erbot fi, 
dem Erfteren bei Führung des Secretariats demgemäß 
behilflich zu fein. Sum Kaffirer war abermald Herr 
Kammerratd Hafe und zum Bibliothefar Here Lehrer 
Nogge ernannt worden, _ 








— 207 — 


XXVIII. 


Ueber Sortiments-Liſten für Obſtbaum— 
ſchulen. 


Der fir das praktiſche Leben fo wichtige Zweig der 
Landwirthſchaft: die Obftbaumzuht, erfreut ſich in der 
Neuzeit einer allgemeinen Theilnahme und fihreitet, von 
ausgezeichneten Männern unterftügt, von Stufe zu Stufe 
der Bollfommenheit zu. 

Als mächtiger Hebel zur Emporbringung des Obfts 
baues wirfen vorzugsweife firend ſyſtematiſch eingetheilte 
und gut unterhaltene Mufterbaumfihulen, wenn deren Eins 
fluß fich nicht allein auf Anpflanzung, Vermehrung und 
Verbreitung der beffern Obftforten befchränft, fondern, wenn 
fie zugleich und hauptſaͤchlich als Mittel und Anleitung 
zum Studium des Obftbaues und der Obftfunde dienen, 
— Um nun diefed Ziel erreichen zu Fonnen, und übers 
haupt ein folches Ynftitut aufrecht und in ‘Ordnung zu 
erhalten, ift es unerlaͤßlich nothwendig, zweckmaͤßig anges 
fertigte Verzeichniſſe der verſchiedenen Obſtſorten zu beſitzen. 
Zwar 'iſt die Art und Weiſe, wie dieſe Liſten unterhalten 
werden, ſehr verſchieden, denn in jeder Obſtbaumſchule ſucht 
man fie dem Beduͤrfniſſe des Eigenthuͤmers und den bes 
ftehenden eigenthuͤmlichen Verhältniffen anzupaffen. 

Aber ein ordnungsmäßiges, auf einer ſyſtematiſchen 
Eintheilung berubendes und für die Folge nuͤtzliches Obſt⸗ 
fortenverzeihniß zum Gebrauche für Obſtbaumſchulen und . 
zur Beförderung der Pomologie wird man wohl an wenigen 
Orten antreffen. 

Manche Obftzüchter rühmen die Einrichtung der Sor⸗ 
timentöliften mit fortlaufenden Nummern, ohne NRüdficht 
auf das Gefchlecht des Obftes. Andere lieben die Reihen» 
folge des Alphabets. Ein Dritter will fogar ale Nummern 


aus. der Baumfchule und den Liften verbannt und alle 
Bäume mit den Sortennamen bezeichnet wiffen. 


Es laͤßt fi zwar Feine beftimmte Norm vorzeichnen; 
doch möge hier eine kurze Anweifung, wie jeder Obftzüchter, 
er mag feine Bäume felbft ziehen, oder im Befis fon . 
erzogener fein, feine Sortenliften am zweckmaͤßigſten zur 
Förderung der Wiffenfchaft einrichten fann, gegeben wers 
den, um, bei vielen Vortheilen und Bequemlichkeiten, fi) 
feiner Pflanzung ftetö zu freuen, 


Es wird angenommen, daß iede Baumſchule auf 
Mutterbäume oder fogenannte Standbäume bafirt ift, feien 
es mehr oder weniger, beabfichtigt man nur fo viele, ders 
felben anzupflanzen, ald man gerade zu vermehren gedenft, 
oder die Sorten eines gewiffen Landftrihed zu fammeln, 
um fie zu prüfen, und die beffern zu vermehren. — Der 
Eigenthümer ſchon beftehender größerer Baumpflanzungen 
ohne Baumſchule fann feine Bäume eben fo ald Mutter 
ftämme betrachten, 


Man macht fi in einem Fleinen Buche — Octav⸗ 
format — folgende Einrichtung: 


I. SKernobft. 
a) Aepfel. ö 
b) Birnen. 
e) QDuitten. 


N. Steinobft. 
d) Aprifofen. 
e) Pfirſiche. 
f) Kirſchen. 
g) Pflaumen. 
h) SKornelfirfchen. 


IM. Halbfteinobft. 
1) Mispeln. 
k) Speierlinge. 
1) Azarolen. 





— 209 — 


\ IV. Sapferlobft. 
m) Mandeln. 

n) Nüfle, 

0) Haſelnuͤſſe. 

p)* Saftanien. 


r V. Beerenobſt. 
q) Maulbeeren. 
7) Berberisbeeren. 
s) Stachelbeeren. 
t). Johannisbeeren. 
u) Himbeeren, 
v). Feigen. - 
w) Weintrauben, 


Wenn man will, fo fann man 1 au hier die Erds 
beeren und dergleichen Beerenobft beifesen. Man läßt für 
jede diefer Abtheilungen fo viel Zeilen ‚refp. Raum, als 
man gedenft Sorten zu erhalten. 3.8, für die Aepfel- 
und Birnen 500 Seifen, für Quitten 4, für Kirſchen 100 ꝛc. 
Alsdann ‚giebt man jeder Sorte eine Munmer; welche man 
. von 1 an, in das Buch mit deren Namen einträgt. Hinter 
diefem bfeibt ein Raum von 1 bis 2 Zoll breit für allen- 
fallfige Bemerfungen. So oft man nun eine neue Sorte 
erhäkt, "oder einen neuen Standbaum pflanzt, fo nimmt 
‘ man zur Bezeichnung immer die fortlaufenden Nummern, 
aber für jede diefer Abrheilungen von 1 an. 


Dieſes Buch ift nun die Grundlage. Man benußt 
ed in der Baumfihule zur Erfennung der Sorten, welche 
dur) Sintblaͤttchen „ worauf die Nummern eingeſchlagen 
und mit Bleidraht den Baͤumen angehaͤngt al be- 
zeichnet fi find, . E 


. Dann i zur leichteren ueberſicht ein zweites Buch 

nothwendig, „welches aus Conceptpapier beſteht, und der 

Laͤnge nach einmal zuſammengelegt wird. Hier werden alle 

Sa Sorten in der Reihenfolge % Alphabets 
I 


— 210 — 


geordnet und eingetragen. Nur die rechte Seite wird biezu 
benugt, um die linfe für Nachträge zu gewinnen, Hinter 
den Namen werden zwei Rubrifen gezogen, wovon die erfte , 
mit der Nummer, unter welcher die Sorte als Standbaum 
und im Fleinen Buche fi) vorgemerft findet, und die zweite 
mit dem Namen des Orts, oder der Baumfehule (nur der 
erfte Buchftabe ald Abbreviatur) von welchem man dieſe 
Sorte Be auögefüllt wird. 3. B.: — 





Nr.Ort. 


— 


Nachträge: 








St. Augustin . . | 308] Dresd. [Royale Ahyver 36 Metz. 
Sageret . .. | 148 Berlin. 
St. Germain . 31/Berlin. 
St. Nicolas. . | * 40/Pfalz. 

eic. - 





Hieraus erſieht man augenblicklich, welche Sorten noch 


fehlen, und kann auch die vorhandenen leichter in der 


Baumſchule finden. Es gäbe Unordnung, wollte man 
alphabetifch und dabei mit Nummern die Standbäume ord» . 
nen, indem die Nachträge anzuführen Schwierigfeit haben 
würde. Auf die oben angegebene Weiſe wird aber diefem 
vorgebeugt. 

Endlich ift dad Hauptburh, refp. Hauptverzeihniß in 
ftarfem Volumen nach Geftalt der gewöhnlichen Geſchaͤfts⸗ 
bücher, nothwendig, worin diefelbe Eintheilung, wie in dem - 
erften Fleinen Buche, befolgt wird. Bei jeder. Sorte muß 
aber ein Raum von wenigftens 10 Zeilen frei, gelaſſen, 
- und jede Seite rechts mit drei Nubrifen verfehen werden, 
„worin in die erfte der Ort, von welchem man die Sorte 
erhalten, und der Nang der Früchte, in die zweite die Zeit 
‚ der Reife und in die dritte die Dauer der Früchte bemerkt 
wird, Der übrige Raum wird mit Bemerfungen, Erfah- 
rungen und Notizen, befonders aber mit den fpäter befannt 
werdenden Provinzialiömen ausgefüllt, 3, B.: 


” 


= #1 > 










95 Reinette de la Normandie, Nenette 
aus der —— — 








Colmar. 
. II. K. |%. Oct. Ob. 
I. K. Winter. 









Gleicht einem Borsborfer, der 
Baum wächft fehr fhön, hat 1843 
viel getragen, 1844 wenige, kleine 
Fruͤchte, welche ſich bis Januar 
hielten. 

Geruch des Apfels, wenig. 

96 Pepin d’or, engliſcher Goldpepping 

ꝛc. ꝛtc. ꝛtc. 


Auf dieſe Weiſe wird der Raum verwendet, und da⸗ 
bei ſo viel als nur moͤglich die nothwendigen Bemerkungen 
abgekuͤrzt. 


Dieſes Hauptbuch ift aber durchaus nicht zum Ge⸗ 
brauche in der Baumſchule beſtimmt, denn nur zu Hauſe 
werden die nöthigen . Bemerfungen ‚eingetragen. Dadurch 
bildet ſich in einer Reihe von Jahren ein ſolcher Schatz 
von Beobachtungen und Erfahrungen, daß ein ſolches 
Hauptbuch bei Vergleichung mit andern auf dieſelbe Art 
behandelten, als wirkliches pomologiſches Werk dienen kann, 

ed waͤre nur alsdann zu ordnen, um ed dem Druck zu 
übergeben, - Diefes einer geregelten Buchhaltung + vergleiche 
bare Verfahren wird in der ziemlicd großen Baumfchule 
am Gentrale der praftifchen Feld» und Gartenbaugefellfchaft 
der bairifhen Pfalz, zu Neuftadt, eingehalten, indem Bier 
hauptfächlich bei der Gründung des Vereins dahin gewirkt 
wurde, dieſe Anftalt in allen ihren Einzelnheiten fo einzus 
richten, daß fie als Mufterfchule auf die Förderung der 
Pomologie thatfräftig wirfen und beim Unterricht der Züge 
linge an der da beftehenden Gärtnerlehranftalt gut benutzt 
werden fünne, Solches Verzeichniß ift fowohl bei jedem. 
derartigen Inftitute, ald auch bei Gärtnern und Gutöbefigerr 
15* 


. _ 


— mE > £ 


welche Bäume ceultiviren, wenn auch mit einigen Modifi⸗ 
cationen, anwendbar, Pi 


Mögen diefe gegebenen Winke von allen mit der 
Cultur des Obftbaues ſich Befaffenden gehörig gewürdigt 
und beachtet. werden! denn wie fehon dem, Studium der 
Pomologie mittelft einer folchen geregelten Buchhaltung, in. 
ſolcher vergleichbaren fyftematifchen Einteilung aller Vors 
ſchub geleiftet werden Tann, wird gewiß aus diefer Skizze 
Teicht erfichtlich fein. Nur auf diefe Weiſe kann die Obfts 
fenntniß am einfachften gefördert, und alle Provinzialismen 
aufgefunden werden. Wenn daher in einem Bezirfe von ° 
16 Quadrat-Meilen nur ein Individuum ſolche Einrichtung 
treffen würde, oder nur eine Baumſchule mit folhem Bez 
trieb beftände, fo wäre in Deutfchland bald, die babylonifche 
. Namensverwirrung der Obftforten verfhwunden, eine neue 
Epoche finge an, und eine neuer Sonne würde der Pomos 
„ logie” leuchten. 


Reuftadt a, 9, im Monat Zuli 1845, 


58 Dochnabl, 
Borftand der priv. Felds und Gartenbaus 
Geſellſchaft der b. Pfalz. 


(Korreſp. Mitglied der pomolog. Geſellſchaft 
zu Altenburg.) ° 


Zuſatz 
vom Profeſſor Eduard Lange. 


Nummern und Zeichen fallen von den Baͤumen nicht 
ſelten ab und koͤnnen ſogar von fremder Hand leicht an 





eine andere Stelle gebracht werden. Dadurch entfteht aber, 
felbft bei der ‚größten Gewiſſenhaftigkeit des Baumfchuls 
beſitzers, Verwirrung und Unordnung. Deswegen ' haben 
wie Gebrüder Lange in unferer Baumfchule zu Saara ſeit 
vielen Jahren alle Nummern dadurch vermieden, daß- wir 
die ganze Baumfchule in einzelne, durch größere und klei— 
nere Gänge getrennte. Beete eingetheilt haben, an denen 
vorn und hinten ein Theil der Standbäume fteht, und auf 
denen in 3 Reihen neben einander je 20 junge Bäume, 
auf jedem Beete alfo, außer den 2 Mutterftimmen, 60 
junge Obftbäume Platz finden, Von jedem diefer Beete 
ift in einem Foliobuche, das wir jedoch in 2 Exemplaren 
befißen, ein Grundriß aufgenommen, auf welchem die drei 
Laͤngsreihen mit’ den Buchftaben A B und C und die 
20 Querreihen mit den Zahlen 1,2, 3 bis 20 bezeichnet 
find. So wie wir nun einen Baum di tragen wir- 
gleich neben, die Nummer im Grundrif, weldie ihn bezeich⸗ 
net, den’ Namen der Edelforte, und woher die Reißer ders 
felden urfprünglich ftammen, ein, fo daß, eigne Verſehen 
abgerechnet, niemals eine Verwechslung möglich ift, fobald 
nicht der veredelte Stamm von feinem Standort an einen 
andern verpflanzt wird, was Faum zu fürchten fein und 
dann wenigftens nicht unbemerft bleiben würde. Der Grunds 
riß eines Beetes geftaltet ſich alfo bei und ungefähr fo: 


Beet LIV. 
Standbaum:; Beurre d’Argenson a Quitte, Srantfurt, 
A. 5 C. 
1) Muscatreinette, 1) Muscatreinette, 1) Luykenapfel, 
Hohenheim. Hohenheim, Hohenheim. 
2) Muscatreinette, 2) Muscatreinette, 2) Luykenapfel, 
Dresden, Dresden. Hohenheim. 


3) Diels Neinette, 3) Ananasapfel, . 3) Unanasapfer;, 
Suling. Coburg. Coburg. 


— — 


Zur Erleichterung des Abzaͤhlens der einzelnen Reihen 
bepflangen wir neuerdings die Ste, 10te und. 15te Reihe 
ftetö mit einer andern Obftgattung, als jedes Beet fonft " 
„enthält, 3. B. auf einem, Apfelbaumbeet mit Pflaumen, 
auf einem Kirſchbaumbeet mit Birnen. x. 


Um nun aber audy) nachfommen zu fünnen, wie viel 
Stämme von jeder Sorte wir befigen, und um. diefe jeder 
Zeit fehnel in der Baumſchule auffinden zu koͤnnen, dazu 
dient uns ein alphabetifches Verjeichniß ſämmtlicher von 
uns cultivirten Obſtſerten, welches wir in einem langen 
ſchmalen Octavbande zuſammengeſtellt haben, der ſich bequem 
in die Taſche ſtecken laͤßt, und auf jeder Seite nur 8 Sor⸗ 
ten enthaͤlt, und zwar ſo, daß die Aepfel-, Birnen⸗, Pflau⸗ 
men⸗ ꝛc. Sorten jede eine Abtheilung fuͤr ſich einnehmen, 
Hier folgt nach dem Namen jeder Obſtſorte abermals zus 
naͤchſt die Quelle, aus der wir ſie erhalten haben, dann 
die Angabe der Stelle, wo die davon veredelten Stand» 
baͤume ftchen, und zulegt die Beete, mit Angabe der Laͤngs⸗ 
- und der Querreihen, auf welchen Wildlinge mit ihnen vers 
edelt worden find. So würde, um bei der oben angeführs 
ten Muscatreinette ftehen zu bleiben, bei diefer im alphas 
betifchen Verzeichniſſe ſtehen: 


Reinette Muscat⸗, Dresden. (Standbaum: Spalier 
hinter Bet XXI.) — IV. A. 7. 8. 9. 
2— 
De 4 


Dann nad) einem Swifchenraume für Bemerfungen 
würde folgen: 


Reinette Muscat⸗, Hohenheim. BR AXXVI. 
oben.) — IV: Bi 7.8.9, LIVE 
LXVM. B. 14, 15 C. 14, 15, 


" Die Bemerkungen aber bezichen fih auf die Echtheit: 
Einerleipeit oder Verfihiedenheit der unter einerlei Namen 





und aus verfchiedenen. Quellen zugegangenen Sorten, 
auf ihre Tragbarfeit, Vegetation, Empfindlichkeit ‚gegen 
Froſt x. 

Durch diefe beiden Bücher find wir in den Stand 
geſetzt, jede von uns cultivirte Obftforte ſtets in allen vors 
handenen Eremplaren aufzufinden und nachzuweiſen, und 
bei jedem einzelnen Baume-ehne dad Zwifchenmittel von 
Nummern blos nad) dem Grundriß fofort anzugeben, mit 
weldyer Sorte er veredelt ift, und woher wir die erſten 
Reißer derfelben- erhalten haben. - Zugleich Haben wir darin 
einen Maßſtab für die Zuverläßlichfeit der Baumfchulen 
und Baumzüchter, von denen wir Edelreißer bezogen haben. 
Denn viele Sorten haben fi) uns ſchon als unaͤcht und 
einige Baumſchulen als vorzüglich unzuverläffig ausgewie⸗ 
ſen, die gleichwohl eines ausgebreiteten Rufes genießen, 
deren Inhaber aber ſich groͤßtentheils auf ihre Leute ver 
laſſen müflen , die theils zu bequem und nadhläffig, theils 
‘aber auch namentlih dann, wenn fie ihre Condition auf⸗ 
‚geben, fihlecht genug find, die Kataloge abfihtlih zu fäls 
ſchen und zu verwirren. Bon fehr vielen Sorten aber 
fehen wir auch noch immer den’ erften oder doch neuen 
zahlreicheren Früchten entgegen, har wir- ber dieſelben zu 
entſcheiden wagen. 


— 266 
Re 


' NAGY A & 
in topographifiher, bergmännifcher und natuchiftorifcher 
* Beziehung. 
— in der am 2. September 1844 zu Slaufenbung 


gehaltenen 5. Berfammlung der ungarifchen. Aerzte und 
Naturforſcher 


von Wilhelm Knöpffler, 

Doctor der Medicin und Chirurgie, Magifter der Deuliftif und Obſtetrik, 

Mitglied der Königl. ungariichen naturwiſſenſchaftlichen Gejellichaft zu Pefih, 

eorreipondirendem Mitglied der naturforjchenden Geſellſchaft des Dfterlandes zu 
Altenburg, Werksarzt in ei 


Der Vergort —— 


Motto: 


Gebt dem Volke eine beſſere Erzie — 
beſſeren — gewöhnt es an Achtung 
vor ſich ſelbſt; erhöher fein ſittliches 
Bewußtfein ...... J 


Boz. (Dickens). 

Siebenbuͤrgen, unſer an Naturreichthuͤmern jeder Art 
ſo uͤberaus geſegnetes Vaterland, iſt bis in der neuſten 
Zeit trotz der unermuͤdeten ——— einiger gelehrter 
und wiſſenſchaftlicher Maͤnner ſo ungekannt, daß es noch 
den Namen einer terra incognita verdient, und daß nur 
aus dem einfachen Grunde, weil Siebenbuͤrgen keine wiſſen⸗ 
ſchaftlichen Klubs und Zuſammenkuͤnfte hatte, in welchen 
die durch einzelne Maͤnner muͤhſam geſammelten rohen 
Stoffe verarbeitet, aus einander geſetzt und zur allgemeinen 
Kenntniß gebracht werden fonnten, dadurch der Eifer zu 
wiffenfchaftlichen Forſchungen auch in Andern erweckt, und 
fonah Siebenbürgen erſt von fich felbft, dann vom Auss 
lande wiſſenſchaftlich gekannt, und vollfommen gewürdigt 
worden wäre, — Erft in neufter Zeit werden einige Theile 
durch angeftrengte Forſchungen Einzelner aus dem Chaos 





— 217 — * 


der Dunkelheit herausgehoben und beleuchtet, und es iſt 
zu hoffen, daß durch gegenwaͤrtige und aͤhnliche natur— 
forfchlihe Zufammenfünfte* und Vereine die Fackel der 
wiſſenſchaftlichen Erfenntniß über dad ganze Land entzlins 
det werde, 

Bon dem durd) gegenwartige Sisungen hervorge⸗ 
brachten allgemeinen Impulſe fortgeriſſen, wie auch von 
dem Eifer beſeelt, dem Vaterlande, in welch' immer gerin⸗ 
ger Beziehung nüßlich zu fein, entfchloß ich mic) die 
geehrte Berfammlung mit einem Punfte Siebenbürgens 
befannt zu machen, der‘ wegen feiner Eigenthümlichkeit 
und Nuͤtzlichkeit allgemein gekannt zu werden verdient; — 
einem Punkte, der ſowohl in geognoftifcher, wie auch 
mineralogifcher Beziehung von hohem. Intereſſe ift, deſſen 
Bergbau‘ und Kluͤftenverhaͤltniſſe ſehr beachtet werden 
muͤſſen, da ſie als verſchloſſener Typus der groͤßtentheils 
ganz eigenthuͤmlich ſich verhaltenden ſiebenbuͤrgiſchen Kluͤfte 
anerkannt ſind, der in bergmaͤnniſcher Hinſicht den erſten Platz 
in Siebenbürgen einnimmt, und welcher ruͤckſichtlich feiner 
clafiifchen ‚Einrichtung und Ordnung ald Mufter anerfannt 
werden kann. 

Es ift allgemein befannt, daß in "Siebenbürgen die 
Gebirge des Unter Albenzer, Zarander und Hunyader 
Komitats die ergiebigften Goldflüfte einfchließen, und zwar: 
in letzteren am rechten Marosufer der. fogenannte Üsett- 
-Tasser Gebirgssug, der in Süd von der Marosch, in 
Nord vom Porkuraer Thalwaffer, in Nordoft und Oft 
von dem mit, dem Porkuraer Waffer vereinigten Alma- . 
scher Bah, in Weſt von dem Bache Kajan begranzt 
wird; defien Fläche beiläufig 6 Quadratmeilen beträgt. — 
Diefer Rieſenwall bildet bei Nagyag den fuddſilichen 
Gebirgsknoten, und zieht von da, über Gsertest, Magura, 
‚Füzes, Trestian nad) Boitza, in deffen Nähe fein zwei⸗ 
tee. oder nordöftlicher Knoten liegt, von welchem ein. andes 
zer Zug über Zdrahelz, Ruda, bis Gsebe ſich erſtreckt. 
Die hoͤchſten Kuppen diefes Mittelgebirges find die beiden 


— — 


Csetrasse bei Nagyag und Boitza, welche beilaͤufig 
4092 Fuß über dem Meere und 3473 Fuß über dem 
Maroschufer: erhaben find, — An dem weftlihen felfi igten 
Abhange des füdöftlichen Endes dieſes Gebirgszuges in 
einer von hohen -und fteilen Bergen eingefihloffenen tiefen 
jah berabfallenden Gebirgsfchlucht, beilaufig 2245 Fuß über 
dem Meere und 1626 Fuß über dem nahen Maroschuüfer 
liegt Nagyäg, fomit ift e8 einer der höheren bewohnten 
Orte Siebenbürgend, und feine romantifche Lage kann aus 
dem größten des untern Maroſchthales geſehen 
werden. 

Die ſchroffen Srochitfegel, welche mit ihren fteilen  - 
Mänden, Abhängen und Geröllen drohend über die Schluch— 
ten und Thäler aufgethürmt ftehen, bilden einen wahrs x 
haft groteöfen Vordergrund zu den ſchoͤnen Fernfichten 
über das ganze untere Marofchthal, in deffen Mitte durch 
Wieſen, Felder und Auen die Marofch einem Silberbande 
gleihend unzählige Windungen formend, und die Lenden 
malerifch gelegener Städtchen und Dörfer befpülend dahin * 
fließt. Das aus der Entfernung fo ſchoͤne Deva mit der 
grauen ahnenlofen Schloßruine und das halb zu ahndende 
Hunyad mit dem: pitoreöf renovirten Schloſſe gewaͤhren 
anziehende Ruhepunkte fuͤr das Auge; die im Hintergrunde 
liegenden dunfeln Banater Grenjgebirge, und ‚die fehnee- 
bedeckten Gaseger Alpen, mit dem colofjalen Betyezät | 
find die aͤußerſten Gränzen diefes herrlichen Panorama’s, — 
Nicht minder Herrlich ift der Anblick, "wenn » dichte Nebels 
maflen ſich in ale Thäler Tagern und blos die höheren 
Gebirgsruͤcken Infeln gleich aus dem grauen Nebelmeere hers 
vorragen ‚während Nagyäg den ftaunenden Beſchauer im 
Sonnenglanze prangend anlächelt. — ‚Der Bergort felbft 
bietet von unzähligen Standpunften immer verſchiedene 
intereffante Anfichten. Die durchaus mit Schindeln gededs 
ten, theils in den Schluchten, theild an den fteilen Berg⸗ 
„ehhängen in maleriſchen Gruppen, umzingelt von grünen 
Gärten, zerſtreut liegenden reinlichen Wohnhaͤuſer; die 








— 219 — 


mächtigen ganze Schluchten ausfüllenden Halden mit ihren 
verfchiedenen Färbungen, und die vielen Manipnlationds 
"Gebäude mit dem emfigen Treiben der Tagearbeiter und 
Förderer bilden ein impofantes Ganze, dad mit einem ans 
genehm überrafchenden Eindruck auf‘ jeden Fremden wirft 
und das Auge des Befchauerd ergoͤtzt. — Einen fehönen 
Eontraft bietet der Ort bei abendliher Ruhe, „bei monde 
oder fternhellee Nacht und feierliher Stile, wenn die 
. unzähligen Lichter der an den Abhängen zerftreuten Häufer 
fih mit den Fackeln des Firmaments mifchen. — me, 

Die geognoftifchen Berhältniffe des in bergmännifcher . 
Beziehung fo wichtigen Gsetrasser Gebirgäzuges fi nd viels 
falig unterfuht, und folgende Feldarten find in diefem 
Terrain aufgefhärft worden. 

A. Geſchichtete Gebilde, 

4) Thonſchiefer. Der füdlihe Abhang des Csetrasser 
Gebirges gegen die Maroſch ift aus Tonfchiefer von fehr 
dünnfchiefrigem Gefüge ynd fettigem Seidenglanz, grauer, 
grünlichgrauer und fehwärzlicher Farbe, welcher von der 
Hauptmaſſe des am linken Marofchufer liegenden Thon» 
ſchiefer⸗Gebirges fich unter dem Marofchbette herüber vers 
breitet gebildet. — Im Dorfe Warmaga trifft man in 
ihm ſehr fparfam einen Granit in zoll⸗ und ſchuhmaͤchtigen 
Lagern, dann 2Eager von Grauwacke ebenfalls von unbe⸗ 
deutender Maͤchtigkeit. 

MKoͤrniger und dichter Kalkftein, Diefer erhebt fi 
theils aus dem Thonfihiefer in einem von Harro an 
Öftlich fi immer mehr erweiternden Ruͤckgebirge, theils 
eonftruirt er entfernt vom Thonfchiefer* einen beträchtlichen 
Gebirgszug von Mada bis Galbina, dann bei Boitza und 
Kretsunesd; fommt aud) ald mehrere Klafter mächtiges 
Lager bei Warmaga und’ endlic) abwechfelnd mit Porphyr in 
dem Bajagacr'> Ihale bei Hondol vor — Er ift grau, 
: dicht, feinkornig mit fplitteigem Bruche, durchzogen ‚von 
einer mn Kalffpatäfänürlein. In der wahrhaft roman⸗ 


tifchen Felſenſchlucht Intre Pietri bei Boitza, dann im 
Rapolter und Bojaer - Thale bildet ‚er viele mitunter bedeus 
tende Höhlen, jene bei Boja nimmt den Bach auf und 
leitet ihn eine ziemliche Strecke unterirdifchh fort. Die 
ziemlich *befuchten Mineralheilquellen bei Gyogy und bie 
Säuerlinge zu Harro Kemönd, Bänpatak quellen aus dies 
ſem SKalfftein hervor, 

3) Nother und weifer Sandftein und Thon. *Er 


erſtreckt ſich von dem ſanften Huͤgelland bis faſt zu den * 


böchften Punften der Revier, in felbem wechfeln Gonglo- 
' merate, deren Gefchiebe von Hafelnuß> bis Fauft und 
Kopfgröße anwachſen, mit Sandftein und Thonfchiefer, _ 
Die Gefchiebe der Conglomerate find Quarz , Sies 
felfchiefer, Hornftein, felten En melde umhuͤllt find 
bald von einer Maffe, die durch Flein geriebene heile 
ihrer Geſchiebe sufammengefeßt ift, bald- von Thon mit 


fehr feinem Quarz gemengt, , Die Farbe ift weiß, grau, 


lichtgruͤn, hoch⸗, dunfel= uͤnd braunroth. An manchen 
Orten nimmt der Thon auf Koſten der uͤbrigen Gemeng⸗ 
theile fo, zu, daß der Sandftein in Sandſteinthon und in 
reinen Thon uͤbergeht, welch' letzterer ſich auch in einem 
Theile des Franzens-Erbſtollens und Bernhardlaufes als 
— findet. — Als untergeordnete Lager kommen 
in Sandſtein unter der griechiſch unirten Kirche in Nagyag 
bituminöser Kalkstein, Ihonmergel und Gyps vor. , 


4) Secundärer Kalt (Mufchelfalt). Diefer wird ges 


funden füdlih von Warmaga bis an-den Abfall der Berge . 


gegen\ die Marofihgbene; er enthält von verfteinerten Mus 
fheln Cerethinien, Kardien, Venericardien, Modiolen und 
Zurbiniten. ; 

5) Gyps bei Warmaga auf Thonfchiefer aufliegend, 
ift eine Ablagerung von J——— Gypsſpath, die groͤ⸗ 
ßere viele Zoll lange kryſtalliniſche Stuͤcke von ausgezeich— 
netem Gypsſpath einſchließt. — Ein ausgezeichnetes Gypss 
lager findet fi) bei Magura am Abhange gegen Bohold. 





— 21 — 


6) Kalktuff beſchraͤnkt fih faft nur auf die Ausdeh⸗ 
nung des Kalkfteins in den. Banpataker und Kemender 
Thaͤlern. 

7) Das Alluvium der <häler enthält nur die vers 
fihiedenen Gefchiebe der Foffilien und Sandförner, die die 
Bäche mehr oder weniger anſchwemmen.“ Es wird aus 
denfelben auch Gold gewaſchen. 


B. Maffige Gebilde, 


1) Porphyr. Die Verbreitung dieſes die reichen 
Goldflüfte in ſich ſchließenden Gebildes iſt ſehr bedeutend. 
Er erſtreckt ſich von Nagyäg über Hondol, Magura, To- 
plitza nach Füzes und Trestian, von da in die Boitzaer 
. und Körösbanyaer Reviere. 

Schwer ift es characteriftifc, genau — Porphyre zu 
benennen, am paſſendſten iſt jedoch der gebraͤuchliche Name 
Gruͤnſteinporphyr. Er beſteht aus «einer Feldſpath- und 
Feldſteinmaſſe in einem innigen Gemenge mit faͤrbenden 
Stoffen, welche Kryſtalle von Feldſpath, Hornblende und 
Glimmer umſchließt. — Die Farbe iſt aſchgrau, grünlich- 


grau, hell und dunkelgruͤn, dem Schwaͤrzlichen ⸗ſich nähernd. 





Die letztern Varietäten find gewöhnlid) von milderer 
‚Härte und Feftigfeitz überall wird die große Veränderung 
und Zerfesung des Porphyrs in, der Nähe der vorhan⸗ 
denen Erzflüfte beftätigt gefunden. Außer den befonderen 
harafterifirenden Beftandtheilen verdienen noch der Quarz, 
Magneteifenftein und. der ftete Fohlenfaure SKalfgehalt zu 
den vorzüglidhen Kriterien diefer Porphyrgattungen gerechnet 
zu werden. Als zufällige Beimengung ift der Eifenfies, 
den Maſſen in kleinern Theilchen Imprägnirt, zu betrachten. 
N Die geognoftifhe Stellung diefer in Hinfiht der’ 
- Structur oder Feinheit des Korned, der Qualität der Bes 
ſtandtheile, der Dichtheit und Seftigfeit der Maſſe, der 
- Höhe: der Farbe einander fo verfchiedenen Porphyr⸗ 
- gattungen, trägt einen ſehr merfwürdigen von allen Zäns 
dern unterfchiedenen Charakter. Die Schihtung oder Spals 


—* — 
4— 


— 


tung dieſes PorphyrsTerraind iſt ſehr unordentlich und 
faſt fuͤr jeden Gebirgszug verſchieden. — Auch kommt der 
Porphyr am Berge Hajto bei Nagyag in einer Art ku⸗ 
gelfürmiger Abfonderung vor; diefe Kugeln von fefterem 
Porphyr liegen eingehült in einen milderen zerftreut in der 
Mafje. Mit diefen Porphyren wechfeln häufig Lager’ von 
Porphyrbreccien und Mergel, 

2) Trachit. Eine dichte glafige oder erdige Feldftein= 
maſſe, glafiger, zerfprungener Feldfpath, rauhes zerfreſſenes 
Anfehen und nicht braufend mit Säuren, findet fi) in 
jedem der Trachite des Nagyäger Zerraind, und felbft in 
jedem Berge in einem andern Verhältniffe. Die Feldftein- 


mafle ift roth, braun, greu, gruͤnlich oder ſchwarz gefaͤrbt, 


dicht, ſplittrig oder koͤrnig mit vielen Zellen und kleinen 
Hoͤhlungen, umſchließt auch Hornblende, Quarz⸗ und Glim⸗ 
merkryſtalle. Faſt uͤberaͤll in dieſem Terrain laͤßt ſich der 
allmaͤhlige Uebergang der hochgelegenen Trachite in die tie— 
fer gelegenen Porphyre nachweiſen, weswegen man fie früher 


von’ den Porphyren gar nicht. getrennt hat. — Die Tra=  } 


chite find fehr verfchieden von einander auf den Gsepturär, 

Lespedar, Gurgalyata, Gyalubuli, Ederreich, Sczarko, 
* Geinossa etc. #Baft allen diefen Trachitfpecies ift Mag⸗ 
neteifenftein beigemengt, felbft in zerftoßenem Mehle mit 
dem Magnete bemerfbarz aus diefer Urfache wirfen fie fo 
gewaltfam auf die Magnetnadel, daß der Compaß auf eis 
ner Tradhitfpige um” mehrere Stunden von feiner eigents 
lichen Nordrihtung abweicht, jedoch auf jeder Kuppe vers 
ſchieden. 

Der Nagyéger Zrachit iſt theils in mehrern Rich— 
tungen zerkluͤftet, wo er wie aus lauter kubiſchen Stuͤcken 
zufammengefest erfcheint, wie am großen Galvarienberg, theild 
ift er in, diinne Platten zerfpalten, wie am Gyalubuli und 
Controtor,- theilö ift er von concentrifch fchaaligen, muſch— 
ligen und Fugligen Abfonderungen, — Diefe Tradhitberge 
find es, deren groteöfed Aeußere, deren nackte fteile oder 
felfige und gerölige Kegel fid) vor allen andern befonders 











—— 


auszeichnen, — In Gyalubuli in Nagyäg, wie aud) in 
den Geinossa bei Hondol findet man bedeutende Höplungen 
in dem Tradit. 

3) Mandelſteine ſind ziemlich verbreitet und zwar 
auf den beiden Hügeln des Csetrasser Gebirgszuges, von 
Füzesd, Kretsunest, Boitza gegen den Gyalumare, 
dann bei Voja bis in die Almaſcher Gebirge. — So wie 
die Trachite ſtehen ſie mit dem Gruͤnſteinporphyr im engſten 
Zuſammenhange. — In ihrer homogenen Maſſe ſtecken ges 
woͤhnlich runde verfchiedne große Mandeln von Kalkfpath, Grüns 
erde, Stilbit, auch oͤfters Hornblende. — Auf gangartigen 
Räumen und auch auf Neftern ſchließen die Mandelſteine 
eins Jaspis, Opaljaspis, Calcedon, Feuerſtein, Carniole, 
ſehr ſchoͤne Achate beſonders bei Voja, Walemica und 
Tekero. — Schichtung oder Spaltung —9* den Man⸗ 
delſteinen zu mangeln. 

Der Metalls, vorzüglich aber der Goldreichthum des 
Csetrasser Gebirgszuges hat feinen Sitz ſowohl in den 
Grünfteinporphyren, ald auch in den Mandelfteinen und 
Porphyrbrezzien, niemald aber in den Tradhiten. — Die 
meiften blühenden Bergbaue diefed Gebirges befinden fich 
an der Scheidung. des Porphyrs mit den gefchichteten 
Gebilden. — Die Erze, die einer bergmaͤnniſchen Gewinnung 
unterworfen werden, ſind: Gold, Tellur, Silber und 
Bleierze, dann Schwefelkies, ihr — * iſt auf Kluͤf⸗ 
ten und Stoͤcken, die in einer großen Maſſe von Gruben 
abgebaut werden. Aus der Analogie der Verhaͤltniſſe kann 
man jedoch fihließgen, daß. im ÜCsetrasser Gebirgszug viele 
"Berge nod) fein müffen, die den Sitz von reichen Gold⸗ 
lagerſtaͤtten in ſich verbergen. — 

Die Felsarten, die die naͤchſte Umgebung — 
bilden, find: Gruͤnſteinporphyr, rother Sandſtein und Tras 

chit. — Die Behälter der hieſigen Tellurflüfte find: der Berg 
der griechiſchen disunirten Kirche, — der jenfeits der Schlucht 
angrenzende Fuß des Berges Sekeremb, und ein fleiner 
Theil des Abhanges deö Fressinata- Berges, - 


Der leichteren Ueberficht halber ift der ganze Bau 
in 3 Felder eingetheilt: in cin oberes mit. dem Alt» und 
Neu -Mariaftollen, ein mittlered mit dem Bernhärdftollen 
und ein unteres mit dem Josephs - und Franzens- Erb» 
ftollen. — Jedes Feld ift wieder in .mehrere Läufe abger 
theilt, deren jedem ein Huttmann oder Steiger mit 2 
Oberhäuern (Unterfteigern)” vorgefest iſt. 

So bedeutend die Anzahl der Klüfte ift, fo findet . 
man fie doc) alle zufammengedrängt in einem Naume von. 
400 Klaftern. Lange von Weſten nad) Oſten und 360 Klftr. 
Breite. — Sie koͤnnen M 4 Arten abgetheilt werden: 
1) Hauptflüfte, 2) Nebenktäfte, 3) Schihtungsflüfte und 
4) abgerifjerie Klüfte und Gefährten, (hangende und liegende 
Trümmer). Die Hauptfluft ift die Magdalena mit dem 
Streichen den Thal entlang von Oft nad Melt, die 
meiften übrigen gehen ihr ind Kreuz Dieſe Magdalenas 
kluft ift bereits über 00 Klftr. dem Streichen nad) befannt 
und hat eine beinahe 200 Klftr. erfchleffene*Teufe. — Die 
übrigen Klüfte liegen fo dicht neben einander, daß fie zu 
einem Gewebe verworren erfcheinen; fie feharren ſich, durch⸗ 
ſchneiden, durchfreugen und durchfegen fi), verſchieben und 
verwerfen ſich, ſchleppen fi zertruͤmmern und rammeln. 
Die meiſten obern Kluͤfte verlieren ſich in der Teufe, wo 
neue erſcheinen, die einzige Magdalenakluft hat eine Maͤch— 

tigkeit von 2 — 3° Bid zu 1 — 20, die übrigen, find 
felten Schuhe, größfentheild nur Sole und Linien maͤch— 
tig. — Die vielen hangenden und liegenden Trümmer, 
welche meiftens nur Schnürle bilden ,. find gewöhnlich, ob» 
wohl oft mur eige Linie breit, von höherem Adel als 
die -Hauptfluft, und bilden oft in ihrem ferneren Streichen 
fehe reiche Pugen ‚von Tellur. Gewöhnlich veredeln ſich 
felbft die Klüfte, wenn ein Schnuͤrl zufegtz diefe bilden ' 
oft in der Nähe oder zwifchen mehreren Klüften ein Netz 
und Gewirre von Furz aber edel andauernden Erzlagers 
ftätten,, das einem wahren Stocdwerfe am ähnlichften wird. 

Die Gang: ausfüllenden Mineralien diefer Klüfte find; 
Letten, rhomboed. Quarz, prismat. Gypshaloid oder 





Selenit, makrotyper Kalfhaloid, oder Braunfpath, rhom- 
boid. Kalkhaloid oder Kalkſpath, Agalmatolit oder Bilds 
ftein, und thonige conglomeratartige Maſſen; dann. mafros 
typer Parachros⸗Barit oder Manganfpath, hexaedris. 
Manganblende oder Slanzblende, Grünmanganerz, hexaedris. 
Eifenfied oder Schwefelfies, chomboedrifcher Arfenif oder 
Schwarzer Kobalt, hemiprismatiſcher Schwefel, oder Arſenik— 
fi wefel oder —* peritomer Antimonglanz oder Feder⸗ 
4, dodecaedris. Granatblende oder braune und. rothe 
ie ende, tetraedris. Diftomglanz oder Fahler;, hexaedr. 
Bleiglanz, hexaedr. Silbererz oder. Glaserz, pyramidaler 

Fute englan; oder Blätter» Tellur, Weipflvaners, hexaedr. 
oder gediegen Gold. 

Der Gold⸗ und Silbergehalt, der ſich in Nagyäg vor⸗ 
findenden grauen, weißen und gelben Tellurerze iſt durch— 
ſchnittlich 80 bis -120 Loth Goͤldiſchſilber in einem Centner. 

Eine Mark Goͤldiſchſilber hat 100 bis 240 Denar 
in Gold, in der neueſten Zeit iſt in einem Schurfe außer 
der bis nun gekannten Grenze der Erzlager eine Kluft 
eroͤffnet worden, deren Erze bis 1400 Loth Goͤldiſchſilber 
halten. — Es iſt erwieſen, daß der Goldreichthum mehr 
die oberen Horizonte und die ſuͤdliche Grenze einnimmt, 
dagegen der Silbergehalt mehr ſich in der Teufe gegen 
Nordweſt hinzieht. — Sind in den gewonnenen Erzen 
die ſogenannten Nagyäger Reiche, wenn auch nur als 
Spuͤrungen ſichtbar, ſo werden ſie in der Grube ſorgſam 
ausgekuttet in Saͤckel zu 10 Pf. Schwere gegeben und 
verſiegelt, nach der Schicht dann in die ſogenannte reiche 
Kammer getragen, wo ſie nach ihrem hohen oder geringeren 
Halt in 3 Klaſſen ſortirt, trocken gepocht und dann in 
halbe Centner haltende Lederſaͤcke gefült zur Zalathnaer 
Schmelzhütte transportirt werden, 

Einen interefjanten Anblick gewahrt der Zug, wenn 
die ganze Häuerfchaft Abends mit brennenden Gruben» 
lichtern und den Erzfackeln auf den Schultern unter der 
Auffiht der Huttleute und Oberhäuer von den einzelnen 

VII. 16 






= 26 — 


Stollen in unendlich fcheinenden Zügen zur reichen Sammer 
wandern. Oder wenn bei 100 Pferde mit den reichen 
nach Zalathna zu fürdernden Geſchicken beladen von ebenfo 
viel Fußgängern geleitet aufbrechen, in deren Reihen zer- 
freut einzelne bewaffnete Männer zu Pferde den ganzen Zug 
leiten und bewachen, der. eine große Gebirgscaravane bildet. 

Die minder reichen Geſchicke werden entweder als 
Scheiderze forgfältig gefihieden und zerffeint zur nahe‘ ge⸗ 
legenen Osertester Schmelzhuͤtte gefördert, oder die 
ſchwaͤcheren den Pochwerken uͤberliefert, deren es 7 
70 Schießern gibt, zu welchen 2 große Schlemmhaͤuſer ge⸗ 
hoͤren; alle dieſe werden durch die Tagwaſſer, die mittelſt 
eines 2128 Klafter langen kuͤnſtlichen Waſſergrabens in 
2 Zeichen aufgefangen werden, theils aber auch durch die 
nicht unbedeutenden Grubenwafler in Betrieb gefest. 

Im Jahre 1746 wurde dur) einen Schweinehirten, 
der in den Buchenwaldungen, die diefed Terrain bedeckten, 
fein Borftenvieh hütete, in dem von diefem aufgewühlten 
Boden das Ausbeißen einer edlen Kluft zufällig entdeckt, 
auf welcher in der Folge die Stuckhauptleute Born und 
Plötzger (Wilburg) , die bereitö bei Hondol auf Silber: 
flüfte bauten, den Zigainer Stollen von dem in einer . 
Hütte ſich alda anfiedelnden Schmied fogenannt, anlegten; 
— da die, obwohl unanfehnlihen Erze diefer LiegendFluft 
fo reichhaltig fich zeigten, drang der Bau fehr fihnell vors 
wärtd und es fehütteten die näachften Jahrzehnte durch die 
Anfahrung neuer Klüfte, durch die leichte Bearbeitung des 
milden Geſteins, und durch andere ſehr guͤnſtige Umſtaͤnde 
beguͤnſtigt, eine ſegensreiche Ausbeute. 

Da die Verhaͤltniſſe dieſer fo ganz eigenthuͤmlich ſich 
verhaltenden Klüfte noch unbefannt‘ waren und Uebermaß 
von Mitteln da war, fo wurde jede Kluft gleich verlaffen 
oder verfeßt, wenn fie an Reichthum nachließ, oder ſich zer- 
trümmerte, oder gar durch ihr unregelmaͤßiges Streichen ver- 
loren fehien, ohne daß fie ausdauernd durchforfcht oder ihre 
Truͤmmer beachtet worden wären, 












—— 


Durch dieſes Abbauſyſtem zog ſich der Bau, ſtatt 
ſich auszudehnen, immer mehr in die Teufe und es entftans 
den in kurzer Frift eine Menge von Stollen, fo der Marias 
ſtollen, Alterbftollen, Philipp, Bernhard, 4., 2; und 3. Zus 
bauftollen, dann der 4. und 5. Zubaus und Nepomufftollen, 
Geloct von dem reichen Anhalten der SKlüfte in der Teufe, 
wurde ſchon im Jahre 1765 der Zofepherbftollen, 120 Slafs 
ter unter dem urfprünglichen Stollen angelegt, welcher nad) 
einem Jahrzehent auch fein Ziel erreichte,  Diefes' Syſtem 
forderte ungeheure Auslagen, welche nachdem die edelften 
Klüfte verbaut waren, im Verein mit dem ungünftigen Ab⸗ 
bau, mit der Einführung der jedem Baue fo nachtheiligen 
Halthäuer, mit der eingetretenen Hungerönoth und andern 
mißlihen Umftänden, troß der ftetö bedeutenden Erzeugung, 
dad ganze Werf nach und nach fo verfihuldeten, daß nur 
die wohlthätig einwirfende Bermittelung des hohen Aerars 
dafjelbe von dem drohenden Untergange rettete. Jedoch 
ſelbſt diefe bedeutenden Opfer waren nicht hinlaͤnglich, das 
Werk volftändig zu rangiren, und im Jahre 1821 fand 
man nicht nur für nothwendig, fondern für das einzige 
Rettungsmittel die Anlage eines neuen Exrbftollens, der auch 
im Sabre 1835, 74 Slaftern unter dem Sofephöftollen, 
alfo 194 Slaftern unter dem urfprünglichen Stollen fein 
Biel erreichte und jest vom Stollenmundloch bis zum 
Feldort der Magdalenafluft auf 1200 Klaftern weit vorges 
derungen und mit einer Eifenbahn belegt if. Das in neu: 
erer Zeit eingeführte Syſtem beweift jedoch, daß diefer 
Sranzenserbftollen, welcher in der Sohle noch gang’ ungez 
ritzt, mehr nur für die Zukunft vorbehalten iſt und 
daß die oberen Baue wieder gehörig eröffnet, reiche. Aub⸗ 
beute geben müffen, darum werden neuefter Zeit. alle obern 
verfegten, Klüfte, durch Querfchläge oder. durch: Gewältigun- 
gen und YAusräumungen wieder zugänglich gemacht und 
deren Trümmer und Gefährten genau durchforfcht, auf wel⸗ 
hen ein großer heil des jegigen Reichthums gewonnen 
wird, Diefes Syſtem erhob das Werf zu ſolch seinem 

16* 


J 


— 228 — 


Glanz', den es in frühern Epochen nie erreichen konnte, und 
wenn feldft ein Jahr glänzende Nefultate lieferte, fo war 
es immer auf Koften der übrigen, folglich nicht dauernd. 

Nun liefert es aber jährlich) von erzeugtem Metall 
im. Werth von beiläufig 200,000 FI, CW. 30 — 50,000 
5. CW. reine Ausbeute und ift für Jahrhunderte gefichert, 
indem ed feine Grenzen raifonmäßig erweiternd fich immer 
mehr und mehr außbreitet. 

Die Ueberfiht des feit Entftehung des Werkes si 
zum Schluß des 4. Quartales 1844 erzeugten Metalls, 
‚ wie auch des Werthes — dann der Auslagen und 
Ausbeute iſt folgendes . 


Das erzeugte Göldifch- er 
filber 110,308 Nut SLorh2 Denar 
Hiervon 5 per Ctnr. 
Feuerabgang 5498 = 7 =, 3Quin, 1 Denar 





Reſt, wofür die Verguͤ⸗ 

tung geleiftet wurde 104,810 Marf— Loth 1Quin, 1Denar 
Geldwerth vorftehender 

Metalle . 17,957,201 $1. 4 &e. 1 Denar. 
Davon die Schmelz» 

foften ſammt Frohne 3,885,896 = 34 » 1 > 
Anfchlagsmäßige freie 

Vergütung 14,171,304 $1, 27 Xr. — Denar. 
Bergfoften i 10,305,450 » :6 = 2 >» 

Ueberſchuß 3,765,854 Fl. 20 Xr. 2 Denar. 

“Die Gewerken des —— Bergbaues ſind: Die 
Kaiſerliche Familie 16 Kuxen, das hohe Aerar 82, Gf. 
Sardagna Jos. 16, Gf. Ferari Anton 16, Altern An- 
ton 8, Gf. De la Motte Carl S, Baronefle Köhler An- 
tonie geborne Born 34, Born Franz Erben S, Gräfin 
Basegli Aloisia 6, B. Schmidtberg Joh. 4, Montag 
Paul 2, Gf. Wratislaw 2, Pribilla Jos. 2, Beretzkoische 
Erben 2, Gr. Favetti Cajetans Erben 1, Gail Johann 
8 Kuren, 





—- m — 


Nagyäg beherbergt in beiläufig 700 Häufern über 

3000 Einwohner, die alle rein vom Bergban leben, ausge⸗ 

I nommen die wenigen Handwerker, Die Beamtfchaft für 
© Nagyäg beſteht aus der koͤniglichen Bergs und Revierver⸗ 
waltung ‚, Übrigens bat die k. Provinzialmarffcheiderei und 

Schürfungscommiffion für Siebenbürgen aud) hier ihren Sik. 

Magyäg beſitzt drei Kirchen: eine Fatholifche, eine 

griechifch unirte und eine griechifc nicht unirte, dann zwei 

Normalfhulen, eine Sonntagsſchule und eine Bergfchule, 

welche zwei legteren ihre Organifirung, wie die meiften neus 

eren wohlthätigen und fegensreichen Einrichtungen dem für Na- 
gyags Wohl fo verdienten und albeliebten jegigen Berg = und 

Nevierverwalter Herrn Joſeph Franzenau verdanfen, 

Die Bevölkerung, welche zur Hälfte aus Deutfchen 
und zur Hälfte aus Walachen beftcht, wird häufig aufges 
feifht durch die bedeutenden Ein» und Auswanderungen 
der Bergleute aller Länder und wegen des fortwährenden 

Wechſels der Bergſchuͤler, die aus den entfernteften Gegens 

den, nicht‘ blos Siebenbürgens, fondern von Banat, Una 

gan, Steyermarf u. f. w. fommen, 

Zede Wiſſenſchaft, jede Kunft, ja jedes Gewerbe Fann 
nur dann empor gehoben werden und fich glänzend aufs 
fhwingen, wenn es für dad Fach vollfommen eingenoms 
mene begeifterte Individuen beſitzt. Diefer Grundfag leitete 
die Einrihtung der Nagyager bergmännifchen Erziehungs» 
anftalt und wurde troß der vielen Hinderniffe und Schwie- 
rigkeiten mit feftem Willen und unermüdeter Ausdauer 
durchgeführt, und zu dem jegigen glänzenden Stande auss 
gebildet. Sobald der Knabe die Normalfchule verläßt, 
wird er in die fogenannte Sonntagsſchule aufgenommen, 
welche in 5 Stlaffen eingetheilt ift, deren Lehrer ausge— 
zeichnet abfolvirte Bergfchüler find, ohne ale Remuneration. 

In diefer Schule, in welcher neuerer Zeit aud) die 
Erfernung der ungarifchen Sprache eingeführt ift, werden - 
die Schüler bis zu ihrem 18. Jahre in allen für die Berg⸗ 
ſchule nöthigen Vorbereitungs-Wiſſenſchaften ausgebildet 


* 
J 


1 


= —— 


und hauptfählich dafür geſorgt, daß ſie ein ſtreng mora⸗ 


liſches und rechtliches Benehmen ſich aneignen. Jene Knaben, 
die dieſe Sonntagsſchule mit beſonderer Auszeichnung abe 
folviren, werden dann in die eigentliche Bergſchule aufge 
nommen, welche in 5 Kurfe eingetheilt ift, die 24 Jahre 
einnehmen. Mathematif, Geometrie, Teigonometrie, Marf- 
feheiderei, Mineralogie, Geognofie, Bergbaufunde, Zeichnen 
und Probierfunde find die Wiffenfchaften, welche von einem 
Theil der hiefigen Verwaltungsbeamten mit unermüdeter 
Ausdauer den Schuͤlern nicht nur vorgetragen, fondern mit 
‚ihnen einftudirt werden. » 

Mit Anfang des Jahres 1845 wird noch ein Jahr—⸗ 
gang aus 2 Curfen beftehend zugegeben, in welchem Phys 
fif, Chemie und Mechanik gelehrt werden follen. Das 
Ausgezeichnete diefer wohlthätigen Anftalt ift, daß die Berg⸗ 
ſchuͤler als Häuer in der Grube arbeitend ſich felbft ihren 
Unterhalt verfchaffen müffen, wodurd fie in allen berg: 
männifchen Handgriffen praftifch eingeübt werden und über- 
dieß auf eigne Kraft befchränft, durch das Gefühl der Uns 
abhängigfeit und Selbftachtung ficherer in der Welt Aufzus 
treten gewöhnt werden. — Durch den täglichen _ freien 
Umgang mit dem das Wohl des Bergbaued am Herzen 
tragenden Verwalter, wie auch mit der übrigen Beamt⸗ 
fchaft, durch) das gute Beifpiel. der Nagyager ausgejzeich— 
neten Aufficht, durch das Anhören der wirklich gediegenen 
wöchentlichen Bergeonfultationen, welche der. Verwalter mit 
den Manipulationsbeamten und dem "ganzen Auffichtöpers 
fonal zur geregelten Leitung des ganzen Werfed halt, in 
welchen man . die eigentlichen Vorzüge der Huttleute und 
Oberhäuer bewundern muß, und durch die unter fich eins 
geleitete gegenfeitige Controfe, werden fie zu wifjenfchaft 
lichen, moralifhen, humanen und cifrig practifchen Berge 
männern gebildet, Die Folge diefer gediegenen Einrich⸗ 
tungen, wie auch die humane Behandlung der Bergfäüler, 
ift, daß aus verfchiedenen Ländern junge Leute, dieſem 
Stande fid) widmend, die Nagyager Bergfehule Frequenz 











tiren, daß eine bergmannifche Aufzucht, deren Mangel fo 
allgemein fühlbar war, berangebildet wird, die allen nur ers 
denflichen Forderungen vollkommen entjprechend dem Berg⸗ 
bau gewiß einen andern Schwung geben muß. In Folge 
defjen werden fehon von den meiften Oberämtern Nagyager 
Bergfchüler für die verfchiedenen Bergwerfe als Aufſichts— 
perfonal verlangt und fie werden auch fehr ſtark verfendet, 
um fo mehr, da es befannt ift, daß fie nicht nur theores 
tiſche Kenntniffe beſitzen, fondern daß fie als praftifhe 
Bergmänner und gute Markſcheider auch einen moralifchen, 
rechtfchaffenen und humanen Character befigen. 

Schon das Beifpiel der gediegenen Auffiht der 
Bergſchuͤler fließt mittelbar ruͤckwirkend auf die Häuerfchaft 
und Bevölferung ein; überdieß wird aus allen Kräften aud) 
an der Volkserziehung gearbeitet, denn die erhabene der, 
welche eine allgemeine Anerfennung zu gewinnen anfängt 
und gewinnen muß, it bier bereits realifirt und in. voll— 
fommener Wirffamfeit, eine beffere Erziehung namlid für 
dad Volk, befjeren Unterricht, Ausbildung der Achtung vor 
ſich felbft, Erhöhung des fittlihen Bewußtſeyns, Heranbil⸗ 
dung zum Gefühle fittliher, menſchlicher, bürgerlicher Ehre, 
Würde und Freiheitz denn die Anlage zur Geiftigfeit ift 
jedem Menfchen gegeben, nur muß diefe gewedt und aus— 
gebildet werden, wenn fie anders tüchtig fein fol mit Erz 
folg gegen das andrängende Niedere und Sinnliche zu kaͤm⸗ 
pfen. — Nur durch die Erziehung konnte man eine innere 
Zufriedenheit und ein allgemeines Wohlbehagen dem Volke 
ſchenken, nur hierdurch Fonnte der in früheren Seiten fo 
allgemeinen Prävarication gefteuert werden, ja nur hierdurch 
konnte man zu dem practifch erwiefenen Ziele gelangen, 
daß ohne ale Maͤßigkeits » und Enthaltfamfeitövereine 
die Maäfigfeit und. Enthaltfamfeit von  fpirituöfen Ges 
tränfen in Nagyäag den Grad erreicht Hat,  welden 
nur je der’ irifche Pater Mathews erfehnen Fonnte, — 
Denn felbft an den Tagen, an welchen die Monatlohnuns 
gen gezahlt werden, die einen hohen Grad von Wohl⸗ 


- — 


ſtand in der ganzen Umgebung verbreiten und an welchen 
nicht unbedeutende Maͤrkte abgehalten werden, wo in fruͤ⸗ 
bern Zeiten die Polizei nicht Hände genug hatte, die 
Streitigfeiten der Betrunfenen zu ſchlichten, herrſcht jest 
vollfommene Ruhe und Ordnung. 

Unter allen Wiffenfchaften ift die Naturgefchichte ges 
wiß diejenige, welche die meiften und fchönften geiftigen 
Genüffe ihren Juͤngern darbietet, denn fie ift es, die uns 
in die Geheimniffe der Natur einweiht, und und deren 
Gefege lehrt; fie läßt und Vergleiche anftellen und daraus 
nüglihe Erfahrungen und Folgerungen ziehen; fie lehrt uns 
den Werth aller Dinge gehörig ſchaͤtzen, fie durchforfcht, 
befchreibt, claffificirt alles Erfchaffene, fie erhebt und veredelt 
den Geift, ja die Naturgefchichte ift die Königin der Wifs 
fenfchaften. Aus diefem Grunde wird fie ald großes Bes 
hifel zur hiefigen Erziehung gebraucht. — Der Eifer für 
Sammlung der Naturgegenftände wird auf alle mögliche 
Art in den Knaben geweckt, theild um diefe in ihren freien 
Stunden nüglic zu befchäftigen und von Müfiggang ab» 
zubalten, theild um fie dadurch beftändig unter Aufficht 
und Controle zu haben, theils auch, um fie mit der Mut: 
ter Natur näher befannt zu machen, welcher fie felbft im 
reiferen Alter viele glückliche Stunden, manched Vergnügen, 
ja felbft manche Tröftungen verdanfen werden. 

Zur Erweckung diefer Liebe für die Naturgefchichte 
wie auch zur Verdeutlihung derfelben und zur leichtern 
Erlernung eriftiren in Nagyag folgende Sammlungen: 
Eine wohlgeordnete ziemlich reichhaltige Mineralienfammlung 
in der dafigen Bergfchule zum Gebrauch \für die mineralos 
giſchen Vorlefungen, welche nad) den neuften Syftemen von 
Moos und Haidinger gehalten werden. Eine der 
veihhaltigften Sammlungen europäifcher Schmetterlinge nad) 
dem Spftem von Orenheimer und Treitfchfe willen» 
fhaftlich) geordnet, im Beſitze ded dafigen Bergverwalters, 
welche aus mehren Tauſend Specied beftehend ihres Glei— 
hen in Siebenbürgen fucht, und die Bewunderung aller 





235 — 


Kenner errungen hat, — Außer diefer find noch 3 Fleinere 
fepidopterologifche Sammlungen, die jedoch aud nicht 
unbedeutend find, deren eine der controlirende Amtöfchreiber 
Herr Johann Angyal befist, die zweite von einem 
Nagyäger Bergſchuͤler und Oberhauer Michael Fuchs 
mit vielem Eifer angelegt und woiflenfchaftlih geordnet 
wird; er wurde auch neuerer Seit auf Vorſchlag eines wirk⸗ 
‚N lichen Mitglieds, deren in Nagyag- 2 find, zum Hilfsmit⸗ 
glied der Fönigl. ungarifchen natueröfffenfihaftlichen Geſell⸗ 
ft ernannt. Nicht nur die Raupenzucht wird zu Nagyag 
im Großen betrieben, fondern Viele befchäftigen ſich init 
dem Schmetterlingsfang, fo daß jährlich viele Taufende erbeus 
tet werden, unter welchen mitunter fehr feltne erfcheinen; 
- felbft eine ganz neue Specied aus dem Genus Agrotis 
wurde bier erbeutet, welche in Freyers Beiträgen zur 
Schmetterlingsfunde 75 unter dem Namen —— 
erſcheint. 

Coleoptern werden ebenfalls von einem Bergſchuͤler 
Carl Bauholzer mit großem Fleiß und Paſſion geſam— 
melt, und die ſchon aus einigen 100 Species beſtehende 
Anzahl wiſſenſchaftlich nach Berge ſortirt. — Es beſteht 
auch eine Sammlung ausgeſtopfter Voͤgel der Nagyager 
Umgebung aus mehreren 100 Species, wie auch kleinere 
Sammlungen von Conchylien und Münzen, 

Selbſt in litterarifcher Hinſicht iſt Nagyag nicht zus 
ruͤck, faft jeder Beamte befist eine Handbibliothef, deren 
einige nicht unbedeutend find und die Producte der neuften 
fowohl in= ald ausländifchen Litteratur aufiveifen fönnen. 
Es ermangeln auch die Bergfehliler nicht in freien Stunden 


u Mm ſich Kenntniffe daraus zu 2 | 
—84 as 


inf 







XXX. 


re 


% über den 


—â— — EX 


Falco _ palumbar Linn. und die im mittleren 


Deuſchland vorkommenden Raubvoͤgel. 
4 


Beim Stiftungsfeft der Naturforfchenden Geſellſchaft 
gehalten | 
am 9, Juli 1845, 


Vom 


Rath Zinkeiſen. 


Hochgeehrteſte Herren! 

Die Einſendung eines gepaarten Paares Hübner 
babichte oder Stocfalfen, Falco palumbarius Linn,, 
(Astur palumbarius) an unfer SKabinet dur Herrn 
Förfter Adam in Ronneburg, Ende Juni d. J., veranlaft 
mich, Ihnen über diefen ſchoͤnen Raubvogel einige Mits 
theilungen zu machen, und gebe ich mir dabei die Ehre, 
Ihnen die bei uns vorfommenden Raubvoͤgel überhaupt 
vorzuzeigen, da vieleicht wenige von Ihnen diefe hoch über 
und oͤfters ſchwebenden blutduͤrſtigen Raͤuber in der Naͤhe 
betrachtet haben, dieſelben aber unter der Menge der aus— 
geftopften übrigen Vögel unferer Sammlung verſchwinden. 
Ich erlaube mir bei dieſer Gelegenheit über die Lebensweife 
und den Charafter der einzelnen Gattungen fämmtlicher 
europaifcher Naubvögel einige Furze Bemerkungen vorane 
ſchicken zu dürfen. 

Bei allen ceuropäifchen NRaubvögeln gilt die Regel, 
daß das Weibchen ſtets ftärfer (größer) und mit fehönerem 












Lebhafterem Gefieder geſchmuͤckt iſt, als das Männchen, 
obgleich bei fümmtlichen übrigen Vögeln bekanntlich der 
Br Fall ftattfindet, 


\ 1) Vulturidae, Geier ’ 

Flug ift langſam, fie erheben fi) in Schnedenlinien 

zu eine außerordentlichen Höhe, Augen (ſehen) ſcharf, wits 
- tern (riechen) außerft fein, niften auf unzugänglichen Felfen, 

nn Jungen die Nahrung im Kropfe zu, und fpeien 

i ihnen aus. Ihr gefuͤllter Kropf haͤngt ſackaͤhnlich 
am Vorderhalſe herab; ſie naͤhren ſich einzig von Aas, 
ſind hoͤchſt gefraͤßig verſchlingen alles mit Haut und Haas 
ven, Federn und Knochen, und Fröpfen fih fo voll, dafi 
fie fi ich bei Gefahr durchaus nicht erheben koͤnnen. Sie 
leben in Heerden beifammen auf den hohen Gebirgen Euro⸗ 
pa's und 9 . 


J—— Catharte, 
Mh gleichfalls von Aas, loͤſen das Fleiſch geſchickt aus 
der Haut, und oerfehlingen es heißhungerig mit ziemlich 
großen Knochen, nie aber einen Theil behaarten oder 
befiederten Balges, werfen daher auch Fein Gewöle aus, 
Sie halten fih in Geſellſchaft auf den Schweitzer und 
Tyroler Alpen auf. 


3) Gypaeti, Geieradler (Bartgeier), 
nähren fi) einzig von lebenden Thieren, nie vom Fleiſche 
— aus der hoͤchſten Hoͤhe ſtoßen ſie pfeilſchnell in 

raͤger Richtung auf ihren Raub mit ungemeiner Sicher⸗ 
und Kraft, und ſollen Thiere, die ſchwerer als ſie ſelbſt 
ſind, weit in der Luft mit fortnehmen. Sie Germanen. die 
Alpen und leben einfam, nicht in Heerden. 


4) Aquilae, Adler, 
leben einfam, fliegen ſchneller wie die vorigen, fteigen eben 
fo Hoc) in die Luft, und Augen fehr fcharf, fie fallen meiz 
ſtens nur foldye Thiere an, die ihnen Widerftand leiſten 
sa Außerft raubgierig, und tragen ihren Jun ngen 






— 1256 — 


bis fie flugbar find, den Raub mit den Fängen gepadtt, 
ganz in's Neſt. Das Weibchen ift den dritten Theil größer 
als dad Männchen, Hierher gehört: 4 
1) Aquila imperialis, der Goldadler, un 
2) Aquila regalis (A. fulva), Steinadler, 
3) Aquila leucocephala, der weißtöpfige Ad 
adler, % 
4) Aquila ‚naevia, der Schreiadler, 

5) Aquila brachydactila, der kurzzehige Adler 
6) Aquila haliaetus, der Flußadler, Weißbauch, 
wovon einige auf dem Zuge oder dur Sturmwinde vers 
ſchlagen auch bei und, wiewohl felten, vorfommen, der 
legte aber auf den größeren Zeichen öfterd angetroffen wird, 


’ 5) Falcones, $alfen, 
find meift Fleiner, als die Adler, fehlagen (packen) Eleinere 
Vebendige Säugethiere und Voͤgel auf der Erde oder im 
Fluge und find fehr fcheu, * 
Nach der Aug Grunde gelegten Stlaffification rechnet 
man hierzu: 









9 Milvi, die Milanen, 
ſie vurchſgwinn gleichſam die Luft mit ihren langen 
ſaͤbelfoͤrmigen Fluͤgeln in ſanften ſchoͤnen Formen, ſind nicht 
liſtig und behende, koͤnnen keinen fliegenden Vogel fangen, 
ſondern ihrer nur, wenn ſie auf der Erde ſitzen, habhaft 
werden. Die hierher gehoͤrigen Arten: 

Falco milvus, der rothe Milan, Gabels oder en 

benſchwanz, fommt bei uns zu Zeiten, 
Falco fusco ater, der ſchwarze, aber felten vor. 
* 


b) Buteones, Buſſarde, 
Flug träge, find nicht gewandt, vermögen nicht ſchnell lau— 
fende Thiere und fliegende Vögel zu fihlagen, fisen Fauernd 
auf den unteren Aeften der Bäume, auf Gränzfteinen und 
Säulen ꝛc., ihre Beute: erlauernd, Beim VBerzehren ihres 
Raubes rupfen fie forgfaltig die gefchlagenen Vögel, löfen 
alles Behaarte forgfältig aus dem Balge und von den 


= sz — 


Knochen, und Fröpfen dann ohne Beißhunger, werfen daher 
auch felten Gewölle aus, 

Der Falco buteo, Mäufebuffard, Maufer, und 

Falco lagopus, Rauchfuß-Buſſard, 

nährt ſich größtentheils von Mäufen, Ratten, Maulwürfen, 
Hamftern, Eidechfen, Ottern, Schnecken, Froͤſchen ı., raubt. 
jedoch auch junge Hafen und Nebhühner, wiewohl feltener, 
und ift faft zu den mehr nüglichen als ſchaͤdlichen Voͤgeln 
zu rechnen. Der erſtere kommt ſehr haͤufig in unſerer Ges 
gend vor, auch wird der letztere bei uns angetroffen. 

Der Wespen⸗Buſſard, Falco apivorus, iſt dagegen 
felten bei uns, 

ec) Cireci, Weiden, 

find gewandter, ſchneller und liftiger, als die Buffarde, 
ſchlagen aber auch nur auf der Erde fißende oder laufende 
Thiere, leben in Ebenen an Flüffen, Seen, Zeichen, und 
niften gewöhnlich auf der Erde im Gefträuche, Rohre und 
Getraide, Diefe fchönen ſchlanken Raub = Vögel, der 
Falco aeruginosus, die Sumpf» und | 

Falco cyaneus, die Kornweihe, 


"= fommen zwar bei und, aber nicht Häufig vor. Junge 





Hafen, Rebhühner, Enten, Wachteln, Lerchen find ihre liebſte 
Nahrung, nehmen aber auch mit Minen, Hamftern und 
Amphibien vorlieb, Fröpfen, auf der. Erd - fißend, alles mit 
großer Gier, und werfen daher auch viel Ger woͤlle aus. Sie 
ſind den mehr ſchaͤdlichen als nuͤhlichen Raubvögeln bei⸗ 
zuzaͤhlen. 






d) Astures, Habichte, 
ſind geſchickte, liſtige und beherzte Raͤuber, ſchlagen auch 
ſehr ſchnell fliegende Vögel mit großer Behendigfeit, ftoßen 
nie fenfrecht, felten wie andere in fehräger Nichtung, fons 
dern meift horizontal dem fliehenden Vogel nacheilend. Sie 
alle find je nad) ihrer Größe dem jungen und alten wils 
den und zahmen Geflügel, ja fogar Hafen und allen fleinen 
Bögeln fehr gefährlich, begnügen fi aber auch mit Mäus 
fen und Maulwürfen. Sie halten fih am liebſten in 


gemifchten Nadels und Laubhölzern, befonders in Vorhoͤl⸗ 
zern auf, und horften dafeldft auf hohen Bäumen, benußen 
dazu theilweiſe nicht felten Krähen-Mefter, \ 
Beide hierzu gehörige Arten, der 
Falco palumbarius, Hühnerhabiht, Stockfalfe, der 
mie Veranlaſſung zu gegenwärtigem Vortrag gegeben, 
auf den ich fpäter zuricffomme, und der 
Falco nisus, Sperber, Tauben⸗, Lerchen-Stößer, 
find bei und haufig, und wo nicht den Stand⸗ doc) den 
Strichvoͤgeln zuzuzählen. 
e) Falcones nobiles, eigentlihe Falfen, 
leben von Iebendigem Raube, gehen nicht auf Aas, find 
Fuge, gewandte, dreifte und Fraftvolle Räuber, Flug fehr 
ſchnell, pfeilfehnell bei Verfolgung von vor ihnen fliehenden 
Vögeln, ftoßen fenfrecht, fehräg oder auch in Horizontaler 
Richtung ihrem Raube nacheilend, 
Site ſteigen hoch in die Luft, befchreiben' dabei beſon⸗ 
ders in der Paarzeit ſchoͤne Kreife, horften auf Felfen oder 
altem Gemäuer, 





Als bei uns auf dem Zuge oder aud) als Stande 2 


vögel größtentheils nicht felten vorfommend, find hier aufe 
zuführen : 

Falco peregrinus, der Wanderfalf, 

Falco subbuteo, der Baumfalf oder Lerchenſtoͤßer, 

Falco aesalon, der Swergfalf, 

Falco tinnunculus, der Thurmfalf, 

Falco rufipes, der Rothfußfalf, 

6) Strigidae, Eulen, 

find befanntlih Nachträuber, fliegen ihres feidenartigen, 
weichen Gefieders wegen Außerft geräufchlos, jagen meiftens 
beim Mondenfcheine oder in der Morgens und Abenddäms 
merung, und freffen blos Fleiſch von lebendigen geraubten 
Thieren, dad Gewölle werfen fie aus, bauen ihre Neft in 
alte Thürme, Ruinen, Felörisen und hohle Bäume, 

Außer der großen Obreule (Uhw) und dem Schnees 
kauz, die an jungem Haar- oder Federwildpret einigen 










— — 


Schaden anrichten, find fämmtliche Eulenarten wegen Vers 
tilgung ſchaͤdlicher Fleineree Thiere zu den nuͤtzlichen Thieren 
im Naturhaushalte zu rechnen. 


Bei und werden, mit Ausnahme der erften vier, 
fämmtliche Ba Eulen ziemlich haufig angetroffen. 
Sie find: 


1) Skrix bubo, große Ohreule, uhu 

2) Strix nyctea, Schneekauz, N 

3) Strix macroura, große Habichtseule, 

4) Strix nisoria, Sperbereule, 

5) Strix otus, mittlere Obreule, 

6) Strixbr achyotos, furzöhrige Ohr⸗, Sumpf-Mooreule, 
erfcheint im Frühjahr und Herbft auf dem Zuge und 
wird bei der Hühnerjagd im Kartoffelfraut ARırs 
aufgejagt, 

7) Steix aluco,' — a 

8) Strix flammea, Schleierkauz, ’- 

9) Strix passerina, Fleiner Kauz, Kaͤuzchen, 

10) Strix dasypus, rauchfuͤßiger Kauz. 


Zu den. fleineren Raubvögeln find ferner zu rechnen; 


7) Lanius, der Würger, 

fie ‚näßeen fih von kleinen Säugethieren, Maͤuſen, Maul⸗ 
wuͤrfen ꝛc., kleinen Voͤgeln, doch auch von Inſecten, ſind 
muthige Raͤuber, bemaͤchtigen ſich ihrer Beute mit den Faͤn— 
gen wie mit dem Schnabel, im Sitzen wippen ſie faſt 
beſtaͤndig mit dem Schwanze, und halten ſich in Vorhoͤl— 
zern, Hecken, auch groͤßeren Gaͤrten auf. Der we 

8 excubitor, graue Wuͤrger, (Kriekelſter), 

Lanius minor, ſchwarzſtirnige, 

Lanius rufus, rothkoͤpfige, und 

Lanius collurio, rothruͤckige Wuͤrger, 


werden ſaͤmmtlich bei uns angetroffen. 


M — 20 — 


Nach dieſer kurzen Ueberſicht ſaͤmmtlicher europaͤiſcher 
Raubvoͤgel, wovon der groͤßte Theil auch in unſerer Gegend 
gefunden wird, komme ich auf den eigentlichen Zweck mei—⸗ 
ned gegenwärtigen Vortrags, die nähere Befhreibung des 
Hühnerhabichtes zurück, 

Der Hühnerhabicht, Falco palumbarius Linn., 
(Astor palumharius), auch gemeiner, großer Habicht, 
Doppelfperber, Stodfalfe genannt, ift bei uns Standvogel, 
macht fein Gehe am liebſten in bewohnten Waldgegenden, 
und zieht dabei gebirgige den ebenen und Nadelholz 
dem Laubholz vor, verläßt und im October, und kehrt im 
März wieder zurüc, Er gehört der ganzen alten Welt an, 
und ift bei uns gar nicht felten. Er hackt (fest fih) gern 
an den Nändern der Gchaue und Wiefen feines Stande 
orted auf, und durchftreiht von da aus die Felder und 
Seldhölzer, wobei ihm auf diefen Streichzuͤgen als gefährs 
lichem Räuber alles zahmen und wilden Gefluͤgels, das er 
bezwingen kann, ſelten etwas entgeht, was er mit ſeinem 
ſcharfen Auge einmal ausgekundſchaftet hat, ſeine verhaͤlt⸗ 
nißmaͤßig kurzen Fluͤgel gegen andere Raubvoͤgel geſtatten 
ihm nicht, ſich zu hoch in die Luft zu erheben, doch iſt ſein 
Flug ſehr ſchnell, er faͤngt alles im Fluge, und ſtoͤßt dabei 
nie ſenkrecht, ſondern ſtets in ſchraͤger und horizontaler 
Richtung auf feinen Raub. Seine gewöhnliche Nahrung 
ſind Feldtauben, im Fruͤhjahre und Herbſt, wenn die Felder 
kahl ſind, ſucht er feinere Koſt: Rebhuͤhner, junge Haſen 
und Faſanen; ſo lange aber das Getraide groß iſt, kann 
ee ihnen nichts anhaben. Zur Aushülfe verſchmaͤht er 
auch Mäufe und Maulwürfe, Naben und Elftern, Nuß⸗ 
hacker ıc. nicht, . Wenn er unter einem Flug Tauben fehl 
geftoßen bat, und diefelben find einmal über dem Raub⸗ 
vogel, fo kann er ihnen nichts mehr anhaben, und er fliegt 
fodann trogig feines Weg's, um Andere Beute zu fuchen, 
Als der Niederjagd ſehr fehädlich verdient er Feine Schonung. 
Er aͤugt ſehr ſcharf, iſt ausgezeichnet ſcheu und ift daher 
von dem Jäger ſchwer zu hinterſchleichen. Das Weibchen 





- 


R — m — 

legt in einen auf einer Tanne oder Fichte ftehenden flachen 
Horft 2 bis 3, oft 4, weiße röthlichgelb gegrundete ſchwaͤrzlich⸗ 
geflecfte und geftrichelte Eier, 4 Wochen, nachdem die Jun⸗ 
gen ausgebrütet, haben fie einen weißgrauen Pflaumen, 
dann fängt der Oberförper erft an braun zu werden. Die 
jungen Stodfalfen fann man von den jungen Bufjarden , 
(Falco buteo) faum unterfiheiden, fo auffallend auch, 
bei alten auögewachfenen Vögeln, die Verfihiedenheit des 
Gefisders beider ift. Die Eltern haben eine überaus große 
Liebe zu ihrer Brut, und doch ift es dem Jäger dabei 
fhwer, ihrer habhaft zu werden, Lift allein verhilft ihm zu 
ihrem Beſitz, wie ich fpäter nachweifen werde, 

Schon in den älteften Zeiten hat man namentlich 


das weit fehnellere und verwegnere Männchen, feines fihars 


fen Gefihtd und feiner Gewandtheit überhaupt wegen, zur 
Beige abgetragen, in Schthien fol diefe Jagdart entftans 
den und vorzüglich mit Hühnerhabichten betrieben worden 
fein, die ſich dort vorzüglich aufhalten. In China fol der 
Kaifer einzig die Habichte zur Falfenjagd gebraucht haben, 
von dort aus fol fie nad) England gefommen und dafelbft.die . 
Habichte deshalb fo in Schus genommen worden fein, daß 
König Eduard III. Todeöftrafe auf ihre Entwendung feste, 
ja unter Jacob des Erften Regierung fol man fogar einmal 


1000 Pfund Sterling für*eine Brut davon bezahlt haben, 


Das vor Ihnen ftehende Pärchen ift, und zwar das 
fleinere ein einjähriges Männchen. zwifchen der erſten und 
zweiten Maufer, leicht an feiner hellgelben oder gelblich» 
grauen Wahshaut am Schnabel und fonftigem Gefieder 
erfenntlih, und das größere ein drei⸗ bis vierjähriges Weib⸗ 
chen; der erwähnte Unterfchied der Größe zwifhen Mann 
und Weib beirden Naubvögeln ift bei beiden augenfällig. 

Die Art Und Weife, wie Here Förfter Adam in 


Ronneburg diefes Paar und in der Regel ale Jahre auf 
demſelben Orte in dem fogenannten Forft bei Ronneburg 


nach der Neufter Windmühle zu ein dergleichen Paar gefan⸗ 


gen, m a : 
VIH 17 


— 242 — 


Er laͤßt dieſe Raubvoͤgel, wenn er wie alle Jahre in 
derſelben Gegend einen Horſt davon wahrnimmt, was in 
der Paarzeit ſchon durch ihren heiſeren Laut: Grih, Grih, 
Giaͤ, verrathen wird, ohne alle Störung bauen und, auds 
‚brüten, fobald aber die Jungen fo groß find, daß fie ans 
‚fangen auf dem Nande des Neftes zu fißen, den Baum 
befteigen und die Zungen herunter nehmen. Nachdem diefes, 
ohne den Horft zu verlegen, gefchehen, wird fofort auf der 
Erde, in einer Fleinen Entfernäng ded Baumes worauf der 
Horft fich befindet, eine kleine Verzaͤunung, von Fichten 
oder Tannen-Reifig, etwas über 4 Elle hoch, 1 Elle lang und 
4 Ele breit, fo angebracht, daß ſie nur von vorn zugänglich) 
ift. Im Hintergründe derfelben wird nun ein junger Vogel 
des Geheckes, oder zwei derfelben, an einen Faden feft ans 
gepflöckt, im engen Eingange diefer Verzäunung aber vor dem 
jungen Vogel ein Tellereifen mit ſchwachem Moos überall 
leicht bedeckt gelegt, und der befagte Herr Förfter hat mir oft 
verfichert, daß er eine Wette darauf eingehe, nicht allein gleich 
den erften Morgen nad) dem Aufftellen diefes Eifend das 
« Männchen oder Weibchen im Eifen zu finden, fondern aud) 
ficher darauf rechnen koͤnne, den nächften Abend oder Morgen 
darauf den zweiten alten Vogel ded Geheckes zu fangen, da 
der junge Vogel natürlid) vom Hunger und dem ungewoͤhn⸗ 
lichen Aufenthaltsorte getrieben, lebhaft nach den Eltern ruft, 
und diefe aus angebornem Trieb zu ihren Zungen diefem Ruf . 
mit Hintanfegung aller ihnen fonft fo eigenen Vorfiht und 
Scheu nicht widerftehen fünnen, und fo das Opfer der Liebe 
zu ihree Brut werden. In der Regel fängt fi) aus diefer 
Urfache das Weibchen zuerft, 

Aeußerft merfwürdig ‚hierbei ıft es, daß Here Förfter 
Adam, wie er mie mehrfach verfichert hat, 22 Jahre hinter» 
einander, in 19 Jahren alle Jahre die Jungen auf die eben 
befchriebene Weife hat ausnehmen laffen, und die beiden 
Alten gefangen, doch das nächte Jahr jedesmal ein neues 
Paar dergleihen Raubvögel fich dort wiederum angefiedelt, 
daß während diefer 22 Ihre nur 3 Jahre audgefallen, wo er 





— ww — 


die Alten und Zungen diefer Vögel nicht erhalten hat, indem 
die Brut durch) Marder ꝛc. zerftört worden, daß diefe Hühner: 
babichte 10 bis 12 Jahre hintereinander in einem und demfel- 
ben Horfte auf einer Tanne gebrütet, und überhaupt in diefen 
22 Jahren nur 4 Horfte von ihnen gebaut worden find. Diefe 
Thatfache giebt den Flarften Beweis ab, wie jene Vögel einen 
beftimmten Ort vor den andern zu ihren Horften vorziehen, 
wie ſehr fie gerade diefen im Nonneburger Forfte lieben 
muͤſſen, und daß fie leider nicht felten in unferen Gegenden, 
vorfommen. 





Weber die Milhproduction Des —— 
viehes. 


Aus den Verhandlungen des Altenburger landwirthſchaft⸗ 
lichen Vereins 


mitgetheilt 
— 
durch deſſen Secretair Ed. Lange. 


Bei der am 3. Juni 1845 abgehaltenen Hauptver⸗ 
ſammlung des Altenburger Landwirthſchaftlichen Vereins 
kam man nach Erledigung mehrerer anderer Vorlagen auch 
noch zu den in den Haͤnden der Mitglieder befindlichen 
gedruckten Fragen, unter denen folgende den Anfang machte: 
„Welche eigene Erfahrungen ſind im hieſigen Kreiſe 
„uͤber die durchſchnittlichen Milherträgniffe 
„einer Kub oder eines NRindviehftammes gemacht 
„worden? Welcher Race gehört der Viehſtamm an, 
„und welche Fütterung fand dabei ftatt? | 
Da nun blos Here Krefje diefe Fragen fehriftlich 
beantwortet hatte, fo wurde diefer zunächft erfucht, feine 
Mittheilungen vorzulefen, Ihr Hauptinhalt war: 
17 * 


v 


— 244 — 


Vom 1. Sept. 1841 bis 31. Auguſt 1842, in welchen 
Zeitraum alfo ein Theil ded futterarmen Jahres 1842 fällt, 
wurden bei dem Berichterftatter Kreſſe 18 Stuͤck Melkvieh 
gehalten, worunter fih 5 Salben befanden, die zum erften 
Male gefaldt hatten, und fammtlihe Milch derfelben tägs 
lich fogleich nach) dem Melfen mit der Altenburger Kanne, 
die mit dem Preußiſchen Quart faft gänzlich übereinftimmt, 
indem ihr Verhältnig wie 63 zu 64 ift, gemeſſen. ‚Der 
Gefammtertrag diefer Thiere war, 24,150 Kannen, alfo der 
durchſchnittliche Jahresertrag einer Kuh 13412 Kannen. 
Die Summe der wirflihen Melftage war 4408, und der 
tägliche Durchfchnittsertrag einer Kuh 5,4753 Kannen. Laͤßt 
man aber die 5 Salben und außerdem 2 Kühe, welche im 
Laufe des Jahres verfauft wurden, hinweg, fo gaben die 
übrigen 11 Kühe in 3,292 Melftagen durchſchnittlich jede 
im Jahre 1647 Kannen, und täglich 54 Kannen Milch, 
Die beſte Melffuh fonnte 344 Tage, d. h. bis zu dem 
Tage unmittelbar vor dem Salben, und die fihlechtefte 
Kuh nur 263 Tage gemolfen werden. Erftere gab alfo 
1892 und letztere 1446 Kannen Milh,*) Der Viehſtamm 
ift die hieſige Landrace, die ſeit, 25 Jahren in fich forte 
gezüchtet worden ift. Die Farbe iſt ſchwarz, mit weißen 
Striemen, oder auch gefleckt. Früher ſah man bei der Zucht 
hauptfächlid darauf, im ganzen Stamme gleihe Farbe zu _ 
befommen, Da nun die Farbe jest conftant ift, fo wird feit 


* 


*) Nach den Beobachtungen des Herrn von Riedeſel erfordert 
die vollftändige Sättigung von einem Stück Rindvieh täglich „; fei= 
nes lebenden Gewichts an Heu oder Heuwerth, alfo jührlih 12 Mal 
fo viel Heu oder Heuwerth, als feine Körperntaffe wiegt, Eine Kuh 
von 6 Centner lebendem Gewicht würde alfo jährlih 72 Centner 
Heuwerth verzehren; Davon betrachtet v. Riedefel die Hälfte als 
Erhaltungs= und die andere Hälfte als Productionsfutter, d. h. er 
nimmt an, daß durch diefe zweite Hälfte des Futters das Rind be= 
fähigt werde, Milh zu geben, an Zleifch und Fett zuzunehmen, 
oder, im trächtigen Zuftande, ein Kalb zur Entwidelung zu bringen. 
Don diefem Productionsfutter aber foll ein Pfund Heumwerth durch— 
Thnittlih ein Pfund Milk geben. Es würden alfo bei einer täg— 
lihen Fütterung von 22 Pfund Heuwerth 11 Pfund Erhaltungs- 
und 11 Pfund Produetionsfutter fein, und letztere 11 Pfund Pro- 


— DB 


etwa 10 Jahren auf Schönheit der Geftalt und vorzüglicd) auf 
Milchergiebigkeit die Aufmerkfamfeit gewendet, Allein da die 
Ihiere wenig zu Fleiſch- und Fettanfag geneigt find, dabei 
einen hohen Rücken und ſchwachen Hals haben, fo bleibt: in 
Bezug auf Schönheit nody viel zu wuͤnſchen übrig. Auch 
die Milchergiebigfeit dürfte noch durch forgfältige Fortzuͤch— 
tung der Steigerung fähig fein, obgleich das Erreichte ſchon 
befriedigen fann, da das lebende Gewicht der Thiere nur 
6 Gentner betragen dürfte. 

Ihr Futter beftand im Herbfte 1841 noch in Grüns 
Flee, dann in Rüben und SKrautblättern und in dem, was 
die Herbftweide darbot. Im Winter befamen fie Bruͤh⸗ 
futter, als: gefchnittene Runkeln und Dürrffee, mit Siede 
untermengt, und mit fiedend heißem Waſſer übergoffen, 
"wozu noch der erzeugte Molfen kam. Bon dieſem Brübfutter 
mochte auf eine Kuh in? Portionen täglich) zufammen etwa 50 
bis 60 Kannen oder Quart fommen. Außerdem befamen die 
Thiere in taͤglich 3 Portionen geſchnittene Krautftrünfe oder 
Nunfeln mit Siede untermifcht, ferner Ueberkehr, Dürrffee, 
ein wenig Heu oder Grummet und nicht geringe Portionen 
Gerfts oder Haferſtroh. Das ganze Futter mochte etwa 
täglich 22 Pfund Heuwerth betragen. Darauf- wurde im. 
Frühjahr und Sommer 1842 blos Grünflee gereicht, etwa 
100 Pfund auf das Stück, welche Quantität wegen des 
teoefnen Jahres nad) und nach auf 60 Pfund herabfanf, 


ductionsfutter, ganz auf Milherzeugung verwendet, täglich IE Pfund 
oder etwa 43 Kannen Mil liefern. Ferner foll 1 Pfund Heumwerth 
Productionsfutter bei trächtigen Kühen — Pfund an dem fi ent- 
widelnden Kalbe produciren. Könnte nun alles Productionsfutter 
fortwährend auf Milherzeugung verwendet werden, fo würde eine 
Kuh dem Gewichte nah jährlih 6 Mal fo viel Milch geben, als. 
fie felbft wiegt, alfo eine Kuh von 6 Eentnern 3960 Pfumd oder 
1710 Kannen, Nun muß aber beim trächtigen Thiere ein . Theil 
diefes Productionsfutters der Ausbildung des Kalbes zukommen, 
Da nun das neugeborne Kalb etwa „; feiner Mutter wiegt, fo 
erfordert feine Entwidelung bis zur Geburt, gerade fo viel Pros 
ductionsfutter, als die Mutter wiegt. Demnach würde der jährliche. 
Milchertrag nur das Öfache vom lebenden Gewichte der Kuh bleiben, 
‚bei einer Kuh von 6 Eentnern alfo 3300 Pfund oder 1425 Kannen, 


— 246 — 


wozu dann noch einiges Sommerftcoh gethan wurde. Koͤr⸗ 
ner aber erhielten die Thiere das ganze Jahr nicht. 

Bei Wiederholung. diefer Berfuhe vom 1. Jan. bis 
10, Mai 1845 wurden in 1460 Melftagen 10,216 Kannen 
Mich, folglih 7 Kannen Mil durchſchnittlich von einer 
Kuh täglich gewonnen, d. i. 14 Kanne mehr, ald 1844, 
obgleich die Kühe noch Fein Grünfutter erhielten, und ob» 
gleih 5 Kühe darunter find, die erft 2, und eine, die erft 
1 Mal gefalbt hat. Das Futter beftand vorherrfchend in 
Wieſen⸗ und Kleeheu mit dem oben bezeichneten Brühs 
. und Mengfutter, und in Sommerfruchtftrob. Doch dürfte 
die tägliche Quantität auf 25 bis 26 Pfund Heumerth 
anzunehmen fein. 

Nach diefer Mittpeilung des Heren Kreſſe bemerfte 
zuerſt Kammerherr von Helldorf, daß das Verhaͤltniß der 
gewonnenen Mil zu dem verbrauchten Futter fuͤr den 
rechnenden Landwirth immer die Hauptfrage feif und Here 
Löhner gab an, daß er nach einem Durchfehnitt von 6 
Jahren, wobei jedoch das Mangeljahe 1842 ausgefihloffen 
fei, denn! in dieſem babe er von#der Kuh nur 780 Kannen 
Milh erzielt, von jedem Stuͤck Melkvieh jährlic) 1544 
Kannen Milch durchfchnittlich gewonnen habe, Seine Fuͤt⸗ 
terung fei im Wefentlichen diefelbe, wie bei Seren Kreſſe, 
jedoch mit der Ausnahme, daß er im Winter felbfterhistes 
Futter gebe, womit er fehr zufrieden fei, Bei Kohlrüben 
fei der Milchertrag bei einer vierwöchentlichen Probe weit 
beffer, als bei Runkeln gewefen, wozu Here Nittmeifter 
von Bärenftein bemerft, daß er nad) Nunfeln zwar nicht 
wenig, wohl aber dünnere Milch erhalten habe, und Herr 
Kammerhere von Heldorf, daß die Nunfel auch der SKarz 
toffel nachſtehe. 

m. au von andern Viehracen etwas zu hören, 
wurde nun - Here Apel aus Knau aufgefordert, über feine 
Holländer etwas, ‚mitzutheilen. Er bemerfte, bei ibm fei 
die Milch nicht gemeffen, fondern nur dann und wann eine 
Woche lang von einzelnen Stüden allein, gethan und. zu 


ne U 


Butter verwendet worden, dabei hätten die Holländer 
gewöhnlich die beften Erträge geliefert, dann die Allgauer, 
die Egerländer und die Berner, Auch milhen die Hollän- 
der gewöhnlich Tange, doch feien ihre Kälber felten ſchoͤn 
und vollfommen. 

Nachdem nun noch Hager I. und Kammerherr von 
Helldorf erwähnt hatten, daß bei ihnen Voigtländer und 
Egerländer Kühe wenig befriedigende‘ Nefultate geliefert 
hätten, bemerfte noch Kammerherr von Beuft, daß außer 
der Fütterung auch die Salzgaben nicht wenig auf Die 
Milcherträgniffe einwirften, und Kreishauptmann Graf Beuft 
empfahl die Fortfegund und Einrichtung forgfältiger Buch⸗ 
führung über diefen Gegenftand, um darüber nad) einem 
oder einigen Jahren noch entfchiedener in’ Neine zu foms 
men, und zwar nicht allein in Beziehung auf die Güte der 
vorhandenen Viehftämme und einzelnen Thiere, fondern auch 
in Anfehung der Güte des ihnen zu gebenden Futters. 


Nun ging man zur zweiten Frage über: 


„Hat man äußere Kennzeichen wahrgenommen, 
° „welche auf die Milhergiebigfeit einer Kub und 
vielleicht ſelbſt auf die Güte der Milch mit Sicher 
„heit fchliegen laſſen, und welche find diefes 2 
Kreſſe bemerfte, daß bei feinem Vieh die Beachtung 
des Milchfpiegeld, welche Guenon empfohlen habe, nicht 
zutreffe, und daß diefer bei jenem überhaupt wenig aus= 
gebildet fei. Er babe aber immer gefunden, daß eine Kuh, 
die ſchon bei mäßigem Futter viel Fleifh anfese, ftarfe 
Knochen und ftarfe, Furze Hörner, ferner breiten Hald und 
Kopf, eine ftarfe Haut und ein fleifgiges Euter habe, Furz 
die im Aeußern einem Ochfen ähnele, in der Regel wenig 
und Auch nicht immer gute Milch; gebe. Iſt aber eine 
Kuh feinfnodhig, felbft bei gutem Zütter und voller Gefunds 
beit nicht Leicht fleifchig oder fett, hat "fie einen ſchmalen 
duͤrren Kopf, feine lange Hörner, ſchwachen Hald, feine 
Haut, ein großes, nicht fleifchiged, fondern mehr lappiges, 


wenn auch nicht herabhängended Euter, in welchem die 
Milhadern tüchtig audgebildet find, fo daß man fie beim 
Angreifen deſſelben ftarf fühlt, fo ift fie gewöhnlich mild» 
ergiebig. Doch ift damit keineswegs auch zugleich für die 
Güte der Milch ein Anhalt gewonnen, den es überhaupt 
in diefee Hinficht wohl ſchwerlich giebt. 

Hierzu bemerft Here Kammerherr von Beuft, wie ihm 
außer der Stärfe der Milchadern ein anderer Anhalt, auf 
den ihn ein Viehhaͤndler hingewiefen habe, nur felten getäufcht 
habe, Wenn man nämlich die Milchader vom Euter der 
Kuh hinweg am DBauche verfolge, ſo fuͤhle man deutlich 
eine Vertiefung. Je groͤßer dieſe fü, defto größere Milch⸗ 
ergiebigkeit laſſe ſich annehmen. Doch ſei er nicht im 
Stande, den Zuſammenhang anatomiſch —— oder 
zu begruͤnden. 

Uebrigens habe ſich auch ihm die Beachtung des 
Milchſpiegels keineswegs bewaͤhrt. Als nun hierauf die 
Frage aufgeworfen wurde, ob die bisher angegebenen Merk— 
male wohl nur bei "den verfchiedenen Ihieren unferer oder 
überhaupt derfelben Nace ‚unter einander verglichen, oder 
auch beim Vergleich ganzer Nacen mit einander einen Halt 
gewähren dürften, zweifelte Herr Kammerherr von Helldorf, 
daß fie bei der Nigirace ohne - Mobificationen angewendet 
werden dürften. 

Bei der dritten Frage: 

Wie lange ift die Melfzeit einer Kuh gewöhnlich 

„anzunehmen, und wie lange fteht eine folche bei 

„geſundem Zuftande bis zur nächften Kalbzeit in der 

„Regel trocken 7% 
antwortete Gutöbefißeg Kreſſe: 

Bei feinen oben augegebenen Berfuchen hätten die ' 
Kühe, welche ſchon mehr als 2 Kälber getragen hätten, 
-duchfchnittlih 2995 Tage Milch gegeben, und alfo mit 
Einfhlug der Kaldzeit 65275 Tage trocken  geftanden. 
Beträgt nun die Saugjʒeit eines Kalbes, wie gewöhnlich), 
21 Rage, fo fteht eine Kuh wirklich rk 7 Rage oder 6 





— 4 — 


Wochen troden. Auch ftimme die Annahme von 300 
Melftagen mit Pabſt's Angabe überein. Die Holländer 
fichen, nach Apel, wohl weniger, die Egerländer, nad) 
Nitſche, wohl länger trocken; doch nimmt Here Paftor 


Thienemann für die legten nur. etwa 8 Wochen, und 


Dr. Jacobi überhaupt Feine längere Zeit des Trocken⸗ 
fiehens an, 

Die Fortfeßung diefer — erfolgte den 
30. Juli zunaͤchſt mit der den 3, Juni noch eingeſchalteten 
Frage: 

„Iſt es vortheilhafter, täglich zwei, oder drei 

„Mal zu melken?“ — 


Die Meinung war im Allgemeinen für das dreis 
malige Melfen, obgleidy einige dies nur in den erſten 4 
bis 6 Monaten nady dem Kalben für vortheilhafter erklaͤr⸗ 
ten, während nad) diefer Zeit die Milchquantitäten bei zwei⸗ 
und bei dreimaligem Melfen fich gleich blieben. Man glaubte 
nämlich, daß durch Entfernung der angefammelten Milch— 
vorräthe den Abfonderungsorganen ftetd ein neuer Neiz zu 
neuer Milhabfcheidung gegeben werde, während bei blos 
zweimaligem Melfen die Fülle der zuletzt kurz vor dem 
Melfen im Euter vorhandenen Milch auf die weitere Aus⸗ 
ſcheidung derfelben felbft Hindernd einwirfen werde, fo wie 
ja überhaupt in dem ganzen Organismus ein Streben nad) 
Ausgleihung und Wiedererfag des Entzogenen unverkennbar 
vorhanden fei, Auch beftätige dieſes das Verhalten unferer 
Milchwirthſchafterinnen, die ihre friſchmilchenden Kuͤhe alle 
taͤglich dreimal melfen -laſſen, und von dem dreimaligen 


Melken nur bier und da im Winter oder bei den nur 


nod) wenig Milch gebenden Kühen abgehen, obgleich die nur 
‚penatiße Wiederholung diefer Arbeit bequemer fein würde, 


Darauf ging man zur vierten gedruckten Frage über: 


„Iſt es nothwendig für die Milchwirthſchaft, daß 
eine Kuh trocken ftehe, und. welche „Nachtheile 
entfpringen für die Kuh oder dad Kalb, wenn die 


— u — 


Kuh, fofern fie namlich fo lange Milch gibt, bis 

zum Tage des Kalbens fortgemolfen wird 2 

Kreſſe Hielt das Trockenſtehen nicht für nothwendig, 
und ‚das Fortmelfen unter. den angegebenen Bedingungen . 
nicht für fhädlich, indem bei ihm einzelne Kühe mehrmals 
bis zum Tage des Kalbens fortgemolfen worden find, Doc) 
wird die Milch oftmals 6 bis 8 Tage vor dem Kalben zaͤhe 
und fchleimig, worauf dann beim nächften Melfen eine größere 
Milchergiebigfeit eintritt, und die Mildy dünn wird. Treten 
nun Diefe Merfmale ein, fo wird bei ihm die Kuh zwar bis 
zum Kalben noch) fortgemolfen, die gewonnene Milch aber ihr 
wieder zu faufen gegeben, oder wohl auch, wenn fie fehr faferig 
ift, weggefchüttet. Bei Iebhafter Milcherzeugung kann das 
gefliffentliche Trodenftehenlaffen für die Kuh feldft nachtheilig 
werden. Das Euterfihwillt an und entzündet fich, welcher 
krankhafte Zuftand nicht allein dem Kalbe fpäter fchadet, fon- 
dern bisweilen auch dad Vertrocknen einer oder zweier Ziken 
zur Folge bat, AS z. B. bei Heren Kreſſe eine Kuh, welche 
täglih no 3 Kannen Milch gab, 14 Tage vor dem Kalben 
trocken ftehen gelaffen wurde, erhielt diefes Thier nicht nur 
ein Fränfliches Kalb, fondern vermochte diefed auch wegen 
der Entzündung des Euterd nicht vollftändig zu nähren, 
und gab. auch fpäter während der Melkzeit kaum die Halfte 
der Mil, welhe man bei dem früheren und fpäteren 
Salben von diefer Kuh zu erhalten pflegte, obgleich ihr zur 
Wiederaufhilfe jest beſſeres und kraͤftigeres Futter gegeben 
wurde, Auch blieb fie diesmal viel cher troden ftehen, 
ald gewöhnlich. Bei andern Kühen dagegen, die bis zum 
Kalben fortgemolfen wurden, haben ſich dergleichen Nach— 
theile nicht eingeftellt. Die Kälber waren munter und, wurs 
den oft eben fo fett wie die andern, Denn nur wenn 
die Kühe 6 bis 9 Wochen trocken ftehen, pflegt ihr Kalb 
merklich größer und Fräftiger zu fein, obgleich Diefer 
geringe Sleifhgewinn am Kalbe gegen den in diefem Falle 
audfallenden Milchgewinn faum in Betracht fommen fann, 
da zumal die fpatere Milch fehr fett zu fein pflegt, wenn 


=> 


ihe Rahm aud), allein genommen, ſich nicht leicht zu Butter 
ſchlagen laͤßt. 

Nach dieſen Mittheilungen war man im Allgemeinen 
darüber einverftanden, daß es nicht gut ſei, in dieſer Hins 
fiht etwas erzwingen oder erfünfteln zu wollen, und daf 
man den Kühen ale Mildy abzumelfen habe, die fie erzeu⸗ 
gen, und fo lange fie folche erzeugen, 

Die fünfte gedruckte Frage war: 

„Welche Auantität Milch), von der. Kub weg, 

ift durchfihnittlich nöthig, um eine beftimmte Anzahl 

Stuͤckchen Butter und Fleine Käfe daraus 

zu bereiten, wie diefelben beide im biefigen Kreiſe 

verfertigt werden 2" 

Da den übrigen Mitgliedern genaue und längere Zeit 
fortgefeste Verſuche und Mefjungen fehlten, fo hatten die 
Kreſſe'ſchen Mittheilungen daruͤber um fo größeren Werth, 
je weniger an der Zuverläffigfeit derfelben zu zweifeln war. 
Gewiß trägt die Beſchaffenheit der Fütterung, die Indivi⸗ 

alität der einzelnen Milchkühe, die Zeit, welche feit ihrem 
sten Salben verfloffen ift und die Berfchiedenheit der Racen 
zur größern oder geringern Guͤte und Ergiebigkeit derfelben 
Quantität Milch wefentlih bei. Allein. hier handelt es 
fih um ZONE und folhe dürften die Kreſſe— 
Shen Verfuche von 1844 allerdings gewähren, Nach diefen 
brauchte derfelbe durdfehnittlich faft 7 SKannen (nämlich) 
6,99 Kannen) Milh von der Kuh zu einem Stückchen Butter 
und zu 7,35 kleinen Käfen, fo daß alfo 0,95 Kannen Mild) 
einen Fleinen Safe gaben. . In dem laufenden Sahre 1845 
dagegen lieferten fhon 6,28 Kannen gute Milch, alfo faft 
3 Sannen (genauer 0,71 SKannen) weniger, ein Stüdchen 
Butter, während eine Kanne Mil erforderlih war, um 
einen kleinen Safe zu erhalten. Auch ftimmt erftere Erfah— 
zung mit den Annahmen zuverläffiger Landwirthſchaftslehrer, 
z. B. Papſt's, überein? Der höhere Butter⸗ und damit 
zuſammenhaͤngende geringere Kaͤſegehalt der diesjaͤhrigen 
Milch duͤrfte theils in dem beſſern Geſundheitszuſtande der 


— 12 — 


<hiere, theild in der größern Quantität des von denfelben 
verzehrten befferen Futters feine Erflarung finden, Dazu 
bemerfte Here Major von Bünau auf Heufendorf, daß er 
nach feinen Erfahrungen einen noch etwas größeren Butters 
gehalt anzunehmen geneigt gewefen fei, und Herr Hager I., 
daß man in den bairifhen Alpen 44 bairifche Maaß Milch 
auf 4 Pfund Butter gerechnet habe, WM. 
Alle aber waren -einverftanden, daß die deöfallfigen 
Verfuche, namentlich auch mit andern, als der hiefigen Race, 
forgfaltig und recht vielfeitig. fortzufegen feien, um zu zuver⸗ 
Yäffigen und erfprießlichen Refultaten, namentlich auch über 
die Ergiebigfeit verfchiedener Racen und verfchiedener Futter 
materialien zu gelangen. 
Darauf ging man über zur fechöten gedruckten Frage: 
„Zu welchem Geldpreife verwerthet ſich durch— 
ſchnittlich die Milch, wenn dieſelbe zur Bereitung 
von Butter und Kaͤſe verwendet wird?“ 
Kreſſe nahm den Durchſchnittspreis von 1 Stuͤckch Jen. 
Butter zu 3 Ngr., vom Schock kleinen Kaͤſen zu 9 Nor, 
von 1 Kanne Buttermilch zu 2 Pf. und den Werth von 
1 Kanne Molfen zu 1Pf. an, und folgerte nun nad) den 
oben angeführten Erfahrungen von 1844, da von 1 Schod 
fleinen Käfen 31,26 Kannen Molfen, und von dem Rahm, 
welcher zu einem Stückchen Butter nöthig ift, und der nad) 
dem Gerinnen und Sauerwerden 3 Kannen beträgt, 4 Kanne 
Buttermilch übrig bleibe, daß 7 Rannen gute Mil durch 
fhnittlih einen Geldwerty von 4 Rgr. 6 Pf. befaßen. 
Diefe geben namlich; 
1 Stückchen Butter zu .„ . 3 Nor. — Pf. 
Tran tleine 1⸗ 
0,5 Kannen Buttermilh — ⸗ 12 
3,95 Kannen Molfen . x — ⸗ #8 
Alfo 7 SKannen gute Mid . + Ngr. 6 Pf. 


Es verwerthet fih demnach. 1 Kanne gute Mil) 
durch Butter und Käfe zu 6,57 Pf. Die Kanne Rahm 


— 238 — 


aber würde 4 Nor. 1,3 Pf., die Kanne abgelaſſene Milch 
aber 2,2 Pf. werth fein. 

Da Niemand gegen diefe Berechnungen etwas zu 
bemerfen hatte, ging man nach einigen Zwifchenfragen zur 
fiebenten der gedruckten Fragen über: 

„Welchen jahrlihen Nohertrag, in Geld ans 

gecſchlagen, giebt. bei und eine Kuh durch ihre Milch 
bei gewöhnlicher Fütterung und mitteln Marfts 
preifen ? 

Auch bier kann es fih nur um Durchſchnittszahlen 
handeln. Wird nun der jährlihe Milchertrag einer Kuh 
auf 1342 Kannen angenommen, fo bat derfelbe zu obigen 
Preifen einen Geldwertb von 29 Thlen. 11 Ngr. 6 Pf. 
Die Altern Kühe aber, welche durchfchnittlich jaͤhrlich 1647 
Kannen Milch geben, würden darin für 36 Thlr. 2 Nor. 
Milch liefern; die befte Kuh aber würde jährlich in den 
auf fie gerechneten 1884 Kannen Mildy für 41 Thlr. 7 Nor. 
5 Pf. Milch »produciren, Nach den diesjährigen Kreſſe— 
fhen Verfuchen aber, bei denen fich wegen der größeren 
Güte die Kanne Milch zu 6,99 Pf, verwerthet, würde der 
jährliche Milcherkrag einer Kuh im Durchfihnitt SL Ahle. 
9 Ngr. 4 Pf, der Älteren Kühe 38 Thlr. 12 Ngr. I PM. 
und der beften Kuh 43 Thlr. 25 Ngr. 8 Pf. betragen. 
Hierbei ift aber nur die Milchquantität von 1844 voraus⸗ 
gefest. Allein die Kühe lieferten in dem erften Theile des 
laufenden Jahres nicht allein beffere, fondern auch mehr 
Milch, und das diesjährige Quantum dürfte bei 300 Melk— 
. tagen wohl bis auf 2100 SKannen anzunehmen fein, in 
welchem Falle der Rohertrag an Milch fi) bis auf 49 Thlr. 
erhöhen würde. Man Fann denfelben alfo wohl auf 35 
bis 40 Thlr. jährlich rechnen, 

Diefe Annahme wurde von mehreren Seiten für. zu 
hoch erachtet, indem man nur für 18 oder 20 Thlr. Butter 
und Kaͤſe auf 1 Kuh jährlich zum Verfaufe zu bringen 
pflege, und die Confumtion in größeren Wirthfchaften doch) 
ſchwerlich die Hälfte der ganzen Erzeugung hinwegnehme, 


Da jedoch befiimmte Zahlenangaben fehlten, fo mußte man 
fi) mit dem bloßen Ausfprechen diefes Sweifeld begnügen, 
ohne eine andere Annahme dagegen feftftellen zu koͤnnen. 

Die achte Trage lautete: 

„Welche Belehrungen für die praftifde 

Landwirthſchaft laffen ſich aus unfern bisherigen 

Erfahrungen über den Milch-, Butter und Kaͤſe⸗ 

ertrag ded Nindviches abnehmen ?’ | 

In Beantwortung derfelben nimmt Here SKreffe zus 
nächft auf die Futterverwerthung Ruͤckſicht, indem er die 
Frage in's Auge faßt, ob e8 für den Milchertrag vortheils 
bafter erfcheine, diefelbe Futtermenge einer größeren Anzahl 
nothdürftig, oder einer Eleineren Anzahl reichlich genährter 
Milhyfühe zu reihen. Angenommen, daß eine Kuh auf je 
100 Pfund lebend Gewicht täglih 3 Pfund Heuwerth 
Sutter befommt, fo erhält eine Kuh von 6 Gentner Gewicht 
jährlich 66 Eentner Heuwerth, oder den Eentner davon zu 
4 :Hle. gerechnet, für 33 Thlr. Futter, Producirt nun 
‚eine ſolche Kuh jährlih nur 1342 Kannen Mil, zu 6 Pf. 
die Kanne, fo liefert fie jährlich für 27 Ihle, Milch, alfo 
für 6 Thlr. weniger, ald der Werth des von ihr con» 
fumirten Futters beträgt. Iſt es nun möglich, daß. dies 
felbe Kuh von 6 Centner lebendem Gewicht durd) eine taͤg— 
liche Futtergabe von 4 Pfund Heuwerth auf je 100 Pfund 
jährlid) 1800 oder 2000 Kannen Milh erzeugt, und daß 
diefe Milch fi) wegen ihrer größeren Güte die Kanne zu 
7 Pf. verwerthen läßt, fo ergeben ſich 42 oder 463 Thlr. 
Rohertrag für die Milch, während das Futter auf 44 Thlr. 
zu ftehen kommt, mithin nicht mehr 6, fondern nur 2 Thlr. 
der Nahrungskoſten auf andere Weife gedeckt werden müffen, 
oder die Nahrungsfoften fogar noch bei der letzten Anz 
nahme um 23 Ihle. überftiegen werden. Zugleich wird 
aber der Mift Fräftigee und gewiß eben fo reichlich fein, 
wenn man diefelbe Futtermenge auf je drei wohlgenaͤhrte, 
als wenn man ſie auf je 4 ſpaͤrlich genaͤhrte Kuͤhe ver— 
wendet. Ferner wird auch der Stallraum kleiner und die 


u 


Abwartung beffer fein, wenn man immer nur 3, als wenn 
man 4 Kühe mit demfelben Futtter zu verforgen hat, 
Man thut daher nicht (wohl, mit einer beftimmten 
Quantität Futter eine größere Anzahl Kühe fpärlich zu 
naͤhren, ftatt eine Fleinere Anzahl: damit-reichlich zu füttern. 
Die zweite Belehrung, welche Herr Kreſſe an das Bis 
herige anfnüpft, betrifft» die Verwerthung der Milch im 
unmittelbaren Verkauf als Milch oder Rahm im Vergleich 
mit der Verwerthung beim fpätern Verkauf ald Butter und 
Käfe. In den Städten wird die Mil) von der Kuh weg 
gern die Kanne mit 1 Ngr. bezahlt, was bei 1342 Kannen 
Milchertrag, nad) Zurücrechnung von 3 Thlr. 5 Ngr. 8 Pf. 
für Molfen, weldes nun der Wirthfchaft nicht mehr zu 
Gute fommt, 40 Thlr. 16 Ngr. 2 Pf. und bei 000 Kannen 
jährlihem Milchertrag, nad) Zuruͤckrechnung von + Thlr. 
IL Ngr. 9 pf. für Molfen noch 61 Thlr. 27 Nor. 1 Pf. als 
Gelderloͤs für die Milch einer Kuh ergibt, Denn die Unfoften 
beim Berfauf der Milch dürften durch den Hinwegfall der- 
Arbeiten bei der Butter» und Säfebereitung aufgewogen 
und ausgeglichen werden, fobald nur der Productionsort nicht 
allzumeit von der Stadt liegt. 
Was endlich die Futtermittel anlangt, fo behauptet der 
Klee unter dieſen entſchieden den Vorrang. Denn 1 Acker Run⸗ 
kelruͤben liefert, die Blattertraͤge eingeſchloſſen, durchſchnittlich 
27,500 Centner Gruͤnfutter, d. i. mit 5 auf Heuwerth berech⸗ 
net, 55 Centner Heuwerth, ein Acker Kraut gibt fo 60 Centner 
Heuwerth, und 1. Ader Kartoffeln 76 Centner Heuwerth. Es 
reicht alfo bei diefen Zuttergewächfen ein Ader Land nicht 
oder Faum zu, eine Kuh ein Jahr lang in guter Milchergiebige 
feit zu erhalten, und dennoch muß zu diefen Feldfrüchten noch 
‚ziemlich ftarf gedüngt werden. Dagegen ernährt ein gut bes 
ftandener Kleeacker eine Kuh ein Jahr lang reichlich, indem er 
80 Gentner Klecheu liefert, das, zu Geld veranfchlagt, wenig» 
ſtens 40 Thlr. werth ift, und braucht noch dazu nicht frifch 
gedüngt zu werden, obgleich der Klee den Boden im größten 
Kraftzuſtand zuruͤcklaͤßt. 


XXXI, 


Erklärungen zum Mltenburger — 


(Abgebildet auf Tafel III.) 
Von 


———— Kreſſe, Gutsbeſitzer in Dobraſchütz. 


Fig. L. 


Fig. 2. 


e 
8 
-2 27 De nee 


= 

u 
je 
ID 


Fig. 


Fig. 13. 
Fig. 14. 
Fig. 15. 


Fig. 16. 
Fig. 17. 
Fig. 18. 
Fig. 19. 


Seitenanfiht des Pflugs, mit Angabe des Punktes 
unter Zeichen P auf der Nichtbanf, von wo aus die 
Höhenlage des Grindeld zu bemeffen ift. 

Anfiht des Pfluges von oben, mit Angabe der Haupt— 


- linie auf der Nichtbanf, wonach der Pflug zufammen- 


geftellt wird, fo wie mit Angabe der Abweichung des 
Grindels und des Schaard bei Punkt + und mit An— 
gabe der Abweichung des Streichbrets an feinem Ende, 
ebenfalls von der Hauptlinie. 

Anfiht des Pflugs von unten, gleichfalls mit Angabe 
der Hauptlinie. 

Hintere Anſicht des Pflugftöcchens mit feinem Eifen- 
befchlage und der Grindelfette, * 
Perſpectiviſche Vorderanſicht deſſelben mit feinem Eifen- 
beſchlage und Stellmechanismus. > 
Linkes oder Schaar-Rüfter (Handhabe). gi 
Grindel mit feinen Einſchnitten auf der linken Seite. 
Streichbret von der innern Seite, mit Angabe der Ab⸗ 
böfhung bei der Griesfäule. 

Aeußere Seite des Streichbretes mit feinem Eifen- 
befchlage. 

Seitenanficht des Schaars mit feiner Stade. . 
Klammer des Schaars, womit daffelbe an die Gries— 
faule befeftigt wird, 
Klammer der Stade, womit das Schaar an das linke 
Küfter befeftigt wird,  . 
MWölbung des Schaars am Hintertheile feines Flügels. 
Das Eleine Streich oder Moldbret. ’ 
Eifenbefchlag über der Stade, mit Angabe der Linie, 
von welcher aus dieſer Beſchlag das kleine Streichbret 
uͤberdeckt. 

Griesſaͤule mit ihren Einſchnitten. 

Sechkeil. 

Sch (Plugmeffer). 


‚Schaarhalter mit feinen Hafen, unten und oben mit 


der Schraube, 


Ein Piche Pflug koſtet 74 bis 5 Thaler. Das Stöckchen deögl. 





Varel FE. 




















Altenburger Stalenpflng. | — 0— 
= | 


— 


= = ae —— — u — | 2 — — - — 


















































4 
mer — ——— 
2 X N 

















Fig.1Q. 























w 


& 
| 
Sunh] [ 8* 
| ol | T wol tolN 
— — 





u 











0 ImwiE, N, 
belle N. 
wie. &.9. 
Schnee 9, 
bee 9. —| 
wie. Wi. 
RD, 
tr. W. 
heile @, 
Schnee | 
— heile ST 
= 3,2 ga — f 
®S. |: 72 wi — 
® = 40 I Ibeie — 
IB, = 5,0 7 Reg. ©, 
em. | 3 ZA N open. A 


j 4 2,5, 


Ra: 








I —5_|helle ©, 3, 
75 Er OR 





















— 


Meteorologifche Zabelle anf die Monate: Januar, Februar, März, 1845, von W. Bechſtein. 
nn nn nn —— 
























































































































































































































































































































































































































































Se a len F Sehr Kerr: Sr la IB 
sg ih Seid 8 Upr. Nachmittags 2 Uhr, Fruͤh S Uhr Nachmittags 2 Uhr. 
Tr ———— — 
— — = — — —ñ— — — —— — 
meters. meters. Wetters. |meters.| meters. Wetters. s meters. |meters, | Metters. metere, ae rs = es ——— Desert he re — 
—A 830 o | Ey 1950 " 1% —— Ne E - - - - 
— 5 * 2 = % = nn — = : = u = Bm Au = = Eu AU 2 tr. N. 9. 1 127° 54" — 57208 [Schnee ©. 3.277 8371 20° tt: N. 
3]- 75 = 0 now  |= 73 |F 025 Ind, ©. =. | 3 |- 37 15 mim. | 22 10 J - = Fan 2 u Ba W 
480nebl. N. — 1,0 |nebt. N. 4|- 5 | = 60 15 wen | #]= 15 | Beee, | 48 30 |wi..R. 
5] 98 = 0 jadl.&, _|= 98° 30 7 1228| 10 711 
26 = 92 + 10 |nebl. ©. = 97 30 It. ©. 6 126 10,2 | 05 Schnee ©. 26 117 = 0 Sönee M,, 6 |: 50 725 \wiE RW, er |: 82 35 A W. 
7108 1,5 _|nebl. ©. - 110 35 wit, ©. 227 30 30 | N.%W. 197 35 |— 30 hellen. @. 7\= 953 | 70 bie ©. >92 375 wie, N. WB. 
8|= 115 1,0 nebl. ©. = 10,8 30 MD | 8] = 5,0 60 ir ®. - 66 40 |StneR. | 8|= 94 115 bee © W. |= 98 30 helle — 
—9 98 0,5 nebl. D. = 3» 2,25 |helle D. 9I|= 94 105 _|tr. © ©. - 98 75 helle W 9|= 90 |.115 |pelle ©. = 91 05 Ihelle ©. 

10 |= 92 |— 1,5 |helle ©. = 95 2,0 helle ©. 10 |= 2 100 if. ©. = 7,6 8,25 Helen. ©. | 10 |- 66 | 85 Ihe. |: 50 | 15 Ike. 

A| 2094 Denen 20 helle 11 |= 68 15,23 tv. ©. — 10,25 tr. ®. 1 = 24 30 ver ©&.®. |- 21 + 15 wii ®. 

12 |= 88 25 helle ©. = 84 1,75 helle ©. 12 | - 92 120 It. ©. - 10,6 75 wie ©. 12 |= 38 35 Shne®.@|:- 45 |— 30 wii. N 

13 |= 80 225 heile ©. |=- 77 2,0 helle ©. 13 | = 145 30 wie. W. Zu 60 In SW IB|- 57 MO nie R 33 6,5 helle N 

14 6,6 25 heile © 64 | 05 helle D. 14 |= 60 9% m ©. - 44 30 it. ©. we: 35 95 MM. ES 50 wii ©. 9. 

15 | = 53 35 nebl. © |= 46 0,75 helle ©. 15 |= 28 45 nebt. N. 2035 0,75 tr. ®. 25 |= 36.0190, |Scne 8. |= 58 50 Schnee D. 

16 |- 70 2,0 helle ©. Zu a0 ee 16 |- 41 20 nie ©. = 50 | + 1,72 16 |= 60 | 80 ie 8. = 48 1,0 Helle ©. 
17 = 96 25 N. ©. DO. |= 95 |— 15 Inebl. D: 17.)= 60 2,25 NL, N. 65 = 0 ei 17 |: 50 = Nor, S.®. |: 30 F 30 wit. W. 

S 18.|= 85 35 Inebl. ©. - 80 1,0 helle N. 18 |= 55 20 Shine ®. |=- 57 —- 50 [Söhne N. D>.| 18 |- 34 | -230 iR. = 30 05 Ir. N. D 
5 19 | = 6,2 2,75 \helle © = 55 + 15 helle ©. 19:|=7 75 99 Schnee N. W.| = 70 75 |tr. R. @. 19 |= 230 35 It. N. = 28 0,5 |tr. W. 
#20 |=, 0,0 + 125 Iir.-©. = 05 20 |i..©. 2. 20 283 55 |. W. = 86 80 Helle W 20 |= 50 55 Ihe ©. = 60 = 0 helle W. 

21 | = 45 |— 0,25 Mb. TIERE 60 |= 0 Schnee N — 21 | 260 120 wii. W. ST 5,0. helle W Ramle 83 30 Schnee ®. = 11,8. |— 30 Schnee N. 
E22 |- 96 1,0 Inebl. ©. -10BR 07 — 22 |= 30 45 Ir. © - 13 1,0 It. ©. 22 23 2,3 40 helle W. 28° 22 |= 077 |pelleiS. 
E23 = 96 2,0 [helle ©. = 90°+ 0,1 It. ©. 23 |=- 15 65 Ite. N. 2725 4,0 \wiE. N. 23 27 10,5 1,0 tt. ©. 27 10,0 |+ 1,25 wii. ©4 

24 |= 55 | 525 Int. © ®. |- 49 |— 1,25 helle ©. 24 \= 15 +10 © - 32 7 30 Ihele ©. 24 = 65 |F 30 I © = 98 4,0 Reg. ©. W. 
25 |= 65 1,0 helle © ZI EI 25 |- 75 1 55 Ihe S.W. |- 72 |— Lö Ihelle W — 20 = 9 50 wit W. 
2 = 14 =0 m8. ZEN AS! 26 |= 6» 40 heS |: 20-0 m©. >|: 78 10 |helle 8. = 60 6,0 [helle ©. 
127 |: 253 = 0 helle ©. =: 07 10 wii ©. W. |27|= 52 45 bie. |: 50 = 15 Ile ©. 27 |= 64 325 hle©.  |=- 55 35 Reg. © 
— 25 26 85 |— 15 nik. ©. 26 55 | 1,25 helle ©. 23|- 57 60 Schne W. |=- 74 3,0 Schnee W. 23\- 49 40 | © W. = 30 45 Reg. W. 
29 |- 96 30 wii. ©. - 15 | %» ©. 7 2 3 Be — 29 \= 31 40 he ©. ®. |- 35 50 wi 

30 57 00 | 10 nt.&. 17 09 | 05 heile ©. ME Zi 7] 30 = 827] 1,25 [te 8. = 9 | 40 WEN 
31 2 ve.©0. |= 07 ES —n = 31 |= 775 20 | ©. 2 265 5,0 Reg. ©. ©. 

Höchfter Barometerftand den 22. März, = 38" 2,5% Mittler Barometerfiand — 27” 3,9%. 
Tieffter VBarometerftand den 28. Januar = 26 3,5%  Kältefter Tag den 14, Febr. — — 15,25, 
Erklärungen der Abkürzungen: tt, trübe, wik. wolkig, mebl, nebelig, NHL, Nebel, Reg, Regen, Stim, Sturm, Schn. Schnee, O. Alt, ©, Sid, W. Welt, N, Nord, 


- 
8 ae u rn 


iv 
al 


5 letter 


er 


IST» 


al 
Ih 


I 


ee 


| 


Dun — 


= 


= 
. [2 5° 







































WE, } eo iS 












































































































































































































































































































































Fruͤh 8 Uhr. Nachmittags 2 Ur. Fruͤh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr, Fruͤh 8 Uhr. Nachmittags 2 Uhr, 
Stand des Stand des Buftand En ale Zuftand * best  Buname Stand bes/Srand bel? Sufland ” 1] Stand besiesmmnb beafanMaftenb Stand weel@ran nee] Zunan ” 
Baro= |Thermo- des Baro- | Thermo- des & Baro=- Thermo— des Baro=- Thermo— des & Baro=- Thermo— des Baro- Thermo— des 
meters.| meters, Wetters. |meters.| meters. Wetters. : meters. |metere. | Wetters. meters. | meters. Wetters, * meters.| meters. Wetters. | meters. | meters. Wetters. 
— N. ©. 125” 0,2”) 5,0° Ihelle D. 1 127” 8,0“) 10,0° init. ©. 27" 75° + 123,5 |tr. I: 1 127” 9,44412,0° [helle N. W. 127% 9,0“ 15,0% ‚helle W. 

2 |= 11,3 2,0 helle ©. 27 10, 85 |belle ©: 2|= 47 95 |Neg. W. = 60 10,25,Reg. ©.®. | 2|- S0 117 hie®S. |: W 170 helle D. 

DB 92 | 325 bee S& = 80 | TOO Hele m. 3 |: 63 | 100 vi |- 63 |, 100 wit. @. 3|= 36 | 30 _|pie®. = 27 | 180 Isle®. - |i 
55 | 50 hie ©.W, |: 62 9,0 helle N. 4|= 50 50 wie. ©. = 40 10,0 |wif. W. 4|- 25 | 170 Ihe ©. = 30 140 |1.0m..n.@.0 
= 20 helle DO. - 80 20 helle N. 32 86 | 7,0 te. N. 23/2 95 |Neg. N. > |= 60 125 wi, @. = 64 | 150 wik. Ww. 
= 2,0 helle D. ED 90 helle N. D. 6|= 28 65 tr. @. end 90 \wiE MW. Kerle 16,0 helle ©.  |= 68 20,0 wi. ©. 

2 45 bie ©. W. |- 45 5,75 |tr. N. 7|: 40 | 65 ke ©. = 32 | 1075 |wiE®D, 7 |= 75 | 1850 |hle®.®. |- 75 | 220 pleDd. 1 
e 3,25 helle ©. = 33 10,0 hie ©. 2. | 8 |= 33 9,0 wif. © = 36 120 |tr. ®. Ss|- 70 | 175 hie &.®. |- 69 19,75 wit. Gew. N.®. 
£ 70. ©. 26 102 | 13,0 wi. ©. ) la) 60 fm W- = 30 11,0 wit. W 9 229,87 | TIL OR 2710/27 0714,07 \nlfm. N 
26 60. | © = 97| 70 Reg, N. 10 = 20 75_ wER.D. |= 1,6 10,0 |Reg. ©. 10 |= 114°) 13,75 wi. RD. |= 110 17,0 vlt. 8. 
27 50 (helle ®. - 11,8 70 |Re. 9. 72 Jam 80 60 N. S.W. |= 46 7,0 Reg. N. ©. | II |= 10,3 | 15,75 |pelle D. - 10,0 19,0 hele D. 
Er: 5,0 \wiE. W, DZ 10,0 |wiE. W. Tale 54 9,5 wiE. MW. = 48 11,0 wit. ©. 12 |= 96 | 170 het: ©. [= 9,6 
B 40 |tr. ©. = 64 | 75 wi ©. HERE} 10,0 helle W. = 50 140 wit ®. 13 |= 98 | 17,75 |pleN.O. |-= 90 22,25 helle O 
2 DIE ES En E25 7,75 \wlf, ©. - 14 |= 63 9,0 nik, N. = 70.) 11,5 if. N 14 |= 88 | 190 helle N. = 50 | 23,75 ik. D. 
= 6,0 helle ©. : 42 10,0 wik. N. D. 1 |= 77 909 tr. WM. >) 7,9 Reg. W. ER 155 Reg. N.Gm.n.m.| = 6,0 20,25 wir. N. Gew. v.w. 
= 68 55 ı. N. D. = 68 | 10,0 Iheie N. 2. | 16 = 80 70 NR. |= 80 11,5 if. N. 16 | = 66 | 160 wiE, R 6 eh —_ 
= 60 |. N. DO. — 5,0 Reg 1760 95 wi. W = 50 50 |Reg. ©. 17 |= 70 | 165 eleD. |» 70 | 190 |helle ©. 
- 55 |. N. ©. = 67 85 [nik D. 18|= 43.| 750 |. Re _ |: 83) Be 11) 170 (Heller = 64 | 200 \pelie D. 
= 5,0 It. M. = 6» 11,0 helle N. ©. 19 |= 24 60 wie. W. = 25 9,25 wit. W. 19 |= 5» 15,0  \helle N. D.| =.» 22,0 wien. en div. 
B 7,75 helle N. - 80 | 35 WEN D. |20|= 25 6,0 tr. ©. : 230 60 SM | 20 = 70 | 125 ie Wi = 7 a0 Nm 
= 75 \hle ©. "= 80 | 35 hellen, | 21]= 33 5,75 wiE, W. - 20 9,0 \wiE. W. 21 |: 55 | 110 RR, |- 92 | 15,25 (helle m 
= 90 helle ©. = 68 145 helle D. 22 |- MW 6,0 Reg N. = 38.) Uno WED: 22 |= 60 | 1475 Ipele MD. |» 47 16,5 toi. N. 
= 9,0 helle ©. = 55 150 he©. |23|-: 44 10,5 helle ©. = 48 13,0 \wiE. ®. 23 |= 60 | 120 wi, m | = 62 135 _|wlt. 8. 
= 11,0 helle ©. 22450 17,0. helle N. 24 |= 62 80 Reg. ©. - 6,1 11,0 wik. 8. 24 | = 715 10,5 wolf, DW. = 74 13,5 mit, —— 
13,0 helle ©. = 56 | 18,75 wiE N. Gew. | 25 |= 63 | 100 velle |- 63 | 140 helle ©. 3 |: 50 | 130 wie |: 41 | 139 seine. Gen... 
= 11,0 helfe ©. = 53 | 16,0 WitS: 26 |= 44 | 123,0 Helle ©. = 40 | 155 bie N.Dd. |26)- 54 | 175 WESW. |- 50 | 125 ae — ®. 
P EI RGN MW. |- 60 | 120 WEM. —— — 125 wi. 2.2. |= 50 13,0 |Reg. D. 27 |= 60.) 30 60 | _ 1575 wik, W. 
10,5 helle ©. = 60 | 155 |hele ©. 2383|: 62 13,0 wii, N. 2. |= 60 13,0 |Rg.D. Gen.v.n.| 23 | = 40 | 16,5 helle ©. = 32 Ba ni SB 
Em. base 2270 160 we.©. 1239|: 40 | 125 Reg. D. = 34 17,0 Reg. ®.Gew.v.n.| 29 | = 5,0 14,0 wel = 60 hd a GA 
11,0 Reg. ®. - 79 | 115 Reg. ®. 30 26 11,3 12,0 |Reg. N. 126 118 10,5 Reg. N. 30 |= 80 | 1230 elle zu FE ET 
Feen Te En 276 95 wif. W. 27 80 12,5 helle W 
Höchfter Barometerftand den 2. April. = 27° 11,5 Mittler Barometerfiand — 27 4,15. R | 
Tieffter Barometerftand den 10. April. = 26 910. Wärmfter Tag den 14. Juni, = + 23,75 








Erklärungen der Abkürzungen: tr. trübe, wlk. wolkig, Reg, Regen, Gew, Gewitter, Gew, v. w. Gewitter von weitem, O. Oſt, S, Süd, W. Weft, N, Nord, 


< 


— 
Mittheilungen 


aus dem Oſterlande. 


Gemeinſchaftlich herausgegeben 

vom 
Kunſt- und Handwerks + Vereine, von der 
i h Naturforfchenden und der Pomologifchen 
4 Sefellfchaft und vom Landwirthſchaftlichen 
Vereine zu Altenburg. 


& 


Adter Band. 


Erſtes Heft, ; 
ausgegeben im Auguft 184% 


Auf Koften der vier Gefellfchaften. 
A * * 


Altenburg, 1844. 
Gedruckt in der Hofbuch druckerei. 


(Sn Commiſſion der Schnuphajeihen Buchhandlung.) 


— ⏑—⏑⏑,,——— —— — ————— 


———— 
2— 











“og 


I. 


un 
2 
232 


m 
“4 


* 


so 


. 


Inhalt des erften Heftes: 


Seite 


Fortgefetzte Verhandlungen des Kunſt-⸗ u. 
Handwerkövereing über die Errichtung einer 
Ausftellungs= u, Verkaufshalle ftadtifcher 
Gewerbser eugniſſe. Mitgerheilt von deſſen 
Seeretar Ed. Lange. 2 2 00. 


. Zur Rettung begrabener Scheintodter, vom 


Mechanilus Heyner 2... . 


. Geologifche Probleme. Bom Stadtſchr. 


Sr. Alb. Fallo u in Waldheim . + » 


. Protocol vom Fruͤhjahrsconvent der po= 


mologifchen Gefelfchaft, gefertigt durch 


deren Secretaͤr Mobert angel. . » 
. Ueber den Unbau der Gerfte Mitgetheilt 


aus den Verhandlungen des landwirth— 


ſchaftlichen Vereins zu Altenbarg durch 


deſſen Seeretär Ed. Lange .» ...» 


DVerbefferungen und Verfhönerungen Als 
tenburgs,  Bom Prof. Ed, Lange . 


VI. Die Baumpfähle in den Baunfchulen . 


1@ 
® 
8 
8 

,® 
— 
— 
8 
3 
3 
a 
„8 
8 
8 
8 
8 
8 
8— 
3 
3 
8 
3 
KH 
® 
® 
3 
@V 
3 
3 

*8 
a 
@ 

.@ 

8 

3 
73 
@ 
8 
8 
8 
8 
8 
3 
8 
8 
3 
38 
@ 
® 
"AC) 
® 
8 
3 


III 


Eine meteorolog. Tabelle, vom erften Ian, bis legte 


März 1844. Vom Kanzleiratd Bech ſtein. 





m) 


- 


vi 
NSUNLLULSIOLLLUUITURLLLLTTULLITUTUUEN 


2 34 


SSL 


Saoesssessassssusnes 
















N SeYy a a gye e a a 3 7 * — 
J 
NER SI LS a EN 
{a %& —S ER v ER * ER Fa 
999° 09°0020060005097CC95CH 


——— 


— —— 


Gemeinſchaftlich herausgegeben 


— 


vom 


—— 


Kunſt⸗ und Handwerks-Vereine, von der 


— 





— Naturforſchenden und der. Pomologiſchen 
R R IS Geſellſchaft und vom Landwirthfchaftlichen 
— Vereine zu Altenburg. 
| RE 
" ah * 

AZ Adter Band. 


= Ser men 
Alrrnsh 


Zweites Heft, 
ausgegeben im Februar 1845, 


Auf Koften der vier Gefellfcheften. 





SSSSYIIIHSSSCHYH:SOOSSHSCEIGHOHDSSCSCSOHS:L:IOOOYIHUSBOIGCGEYDLE9IYIY2:BE3:23 


S 


Altenburg, 1845. 
Gedruckt in: der Hofbuchdruckerei. 


(In Commiſſion der Schnuphaſe'ſchen Buchhandlung.) 





es 






* a 2 * 5 \ | } N : N RE EIN —— 
BESTE EEE TEE EEE re e 
y — = . 


































Inhalt des zweiten Heftes: 
2 : Seite 
VIH. Das Wandern der Handwerksgeſellen. 
Aus den Protofollen des Kunſt- und 
Handwerksvereins mitgerbeift durch 
deſſen Secretair Ed..Sange  ......87 
IX. Der Herbftconvint der pomologifchen 
Geſellſchaft. Eine protofollariiche Mit: 
theifung' von Re Lange . u... 
X. Bemerkungen über die ornühologiſche 
Sammlung der naturforfchenden Gefell- 
ſchaft des Oſterlande 6 
XI. Deſideratenverzeichniß europaifcher Voͤgel 81 
XU. Briefliche Mittheilungen von Dr. 3ipfer 87 
XIII. Schreiben des Herrn Neyierungspräs 
fidventen u. Sedendorff an den Land— 
wirthfchafttichen Verein zu Altenburg 95 
XIV. lteber. die Fortbildung unferer heran— 
wachfenden Sandwirtbe. Aus den Pro: 
tofolen des Landwirtdfchaftl. Vereins zu: 
Altenburg mitgetheilt von Ed. Lange 98 
XV. Beantwortung der dem Landwirthe 
- fchafrlihen Vereine zu Altenburg in der 
Verſammlung am 10. Juli 1844 vors 
Wiegenden Fragen. Vom Defonomie: 
Kommiffar Rich. Gkaß in Borna. :. 106 
XVI. Reiſebemerkungen. Vom Gutsbefißer 
Hager in .Onara 2. ER 
XV, Dieder’s Regeln der Obſtbaumzucht 123 
VII. Ueber. den Abſatz unſerer landwirth: 
fchaftlichen Erieugniffee » +.» ..126 
wei mieteorolog. Tabellen, vom erſten April bis letzten 
eptember 1834, Vom Kanzleirath Bech jtein. 


61 











24 


—— 


oo 





® 


—— 





NE 
8 


Ned U UL ULLI ULLA LU U U ULLI UV U LU ZULUIULUTDL 


Mittheilungen 


aus dem Dfterlande. 


Gemeinfhaftlih herausgegeben 
vom 
unft= und Handwerks » Vereine, von der 
aturforfchenden und der Pomologifchen 


eſellſchaft und vom Landwirthfchaftlichen 
Bereine zu Altenburg. 


@39 


Achter Band 


Drittes Heft, 
ausgegeben im Mai 1845. 


Auf Roften der vier Gefellfchaften. 


Altenburg, 1845. 
Gedruckt in der Hofbuhdruderei, 


8 
8 
* 
22 
8 
® 
[c} 
: 
3 
8 
® 
ic] 
. ® 
2. 
ic] 
® 
@ 
® 
Zr] 
@® 
838 
® 
® 
MAC} 
8 
3 
. @ 
; 
[IC] 
® 
® 
® 
® 
40 
’9 
j 


(Sn Commifjion der Schnuphajeichen Buchhandlung.) 


w 1% ‘ > hr . RT 
—— MR KARTE 
N ER EN 
—— — > Oi z> 
> S a Q Ö 
8 
2. 








—— 


ar 
s 


Pi 


r 
J 
45 
nd 
» 

























E 


1a 
8 


Eh 
‘ı < 


a 









Inhalt des dritten Heftes: 





soooansenes 7 


Seite 
XIX. Das Stiftungsfeft des Kunft= und 


Handwerfövereins, den 4. Febr. 1845 

. Bericht über das 27. Jahr des Kunft- 

und Handwerksvereins, erftattet am 

Stiftungsfefte defjelben, den 4. Febr. 

1845, von deflen Secretair Eduard 

VAandeın.. 

. Ueberfichtliche Darftellung des Beftehens 
und Wirfens der Kunft=, Gewerb= und 
Sonntags= Schulen und ähnlichen Anz 
ftalten in den Schwefterftädten des 
Landes im Jahr 1844 . - 

. Bericht über das 20. Jahr der Kunſt⸗ 
und Handwerksſchule zu Altenburg er- 
ftattet am Stiftungsfefte des Kunft- 
und KHandmwerkövereins von Eduard 
Langer. 3 

5 Einige Bemerkungen über die Kugel: 
form der Gefteine und fpbäroidifche 
Granitblöde insbefondere. Bon Herrn 
Stadtfchreiber Fallou in Waldheim 

. Verhandlungen des Iandwirthfchaftli= 

chen Vereins zu Altenburg mitgetheilt 

durch deffen Secretair Ed. Lange - 

Frühlings Feitfikung der pomologis 

fhen Gefellfhaft zu Altenburg, den 

2m. Februar 1845. 225% Ä 


ine meteorolog. Tabelle, vom erften Hftober bis legten 


December 1844, Vom Kanzleirath Bechitein, 




















© 
GSSSHSSOGGSSLEOOSOOOOLICHHHSSSHHHCOSIHHSOHHH2:HHCOO3SHBS88S 













Mittheilungen | 


aus dem Dfterlande. 68 

Gemeinſchaftlich herausgegeben 
vog 

Kunft » und Handwerks = Vereine, von der 

Naturforfchenden und der Pomologifche 

Geſellſchaft und - vom Landwirthfchaftlichen 

Bereine zu Altenburg. 


Ss 


SOC OEOIOOHOOEHOHOHIHHE 





Achter Band. 


Biertes Heft, 
ausgegeben im November 1845, 


hr 


Auf Koften der vier Gefellfchaften. 





Altenburg, 1845. 
Gedruckt in der Hofbuhdruderei, 


(Sn Commiſſion der „Schnuphafeichen Buchhandlung.) 


o0000006000000009000000000000000000000 0000er 


—* 
N 
2 
‘ 





. eo 


















XXVI 


N] 


—— — ———— — 


g 


XXX. 


Inhalt des vierten Heftes: 


Seite 
Vermoͤgenszuſtand des Kunſt- und 


- Handwertsvereins und der Kunſt-⸗ und 
Handmwerfefhule . » + 


OXXVU. Der Herbftconvent der yomologifchen 
Geſellfchafi. Vom Profeffor Eduard 
1 


gang 


e . . * . . . . 
OXXVIM. Ueber Sortiments-Liſten für Obſt— 


baumfculen . : 


XXIX. Nagyäg in topograpbifcher, bergman⸗ 


niſcher und naturbiftorifcher Beziehung. 
Vorgetragen in der am 2. September 
1844 zu Claufenburg gehaltenen 5. 
Verſammlung der ungarifhen Aerzte 
und Naturforfcher, von Wilhelm 
Rnöpfler, Doctor der Medicin und 
Chirurgie, Magifter der Oculiſtik ac. 
Vortrag über den Falco palumbarius 


Linn. und die im mittleren Deutiche 


land vorfommenden Raubvögel. Beim 
Stiffungsfefte der Naturforfchenden 
Gefeufchaft gehalten am 9ten Juli 
1845 vom Rath Zinkeifen.. . - 


XXXI. Ueber die Milchproduetion des Rind: 


viehs. Aus den Verbandlungen des 
Altenburger Landwirthſchaftlichen Ver⸗ 


eins mitgetheilt durch deſſen Secretair 


Eduard Lange ae 


. Erklärungen zum Altenburger Staden⸗ 





pflug. Abgebildet auf Tafel IH Von 
Bacharias Kreffe, Gutsbeſitzer in 
Doprafhüb » » » nee 
Zwei miereorologifche Tabellen von 1. Januar, 
bis legten Juni 1845. 
GOSSSSSSSISESOHOSHHH9 
3 a 7% hl 














GOS9SS 






— PENSION 


216 


234 


243 


SSH —— 


256 


SOSSE 3993S8 























' —A 
—V— — 
—V— 
—VVV 
— 
4 — —— —V — 
—XX Ar ARRAARAMAAATN —8 
Br WR 
—* ——— 
—V—— nn 
8* Air PN j Ar aRAARAAR 
PoananguapARaBRRBRRHHARAL „una AR Wi — 
„ MARRRRRARANAARARanAAR. —— 
nn ——————— 
MAMA ON NARAAAMATARARRAARARARAR, 


Yavaj AnarnnnNnnNnr 


Ya Annan 
— ANA N aAmN ANA AARARAAAM 


na 
m 


AmaAn annarnni\naapftt 


= 
AAZER 


EEE ARARAAAAAARARAARA= A| 


ANARASAR 
J 99/ — 
AAA” TR A) — 
AANAAARRAT, an: ann? RR ER AA A — 
An VarıV 
anhARı an ARÄMANAN AAAN AA 


AaRARAAAN, — 2* 


4 
— Tante MERAN — 2 —2 


—V—— 
—— AAN ANANAR: ir ANVELFETTN 
— ARANNTT Y ne 
A saAANAARAR AR anaAn ARAARK 
ana he An: An nl wann 
—— „„tabyabh,, Fr, WELT AAANNAR 


—— 


— 


naar PT Yalalalälalalslalalalı 
—R ana 
m AN Ann AAN 
Am J — 0 An ANANRAAnaAAnnemRar 
ar AannRARBRARARAAAAn. AANN 
A a 33 AlAnannanaa NR AAAAAMAA ARAANAANARRANAAR 
— — 
AAAt m ARAR AFY\lalalälalalalal UT Valle ala NE 


ANPFNaAAnAANANNARANNAnnı 


MR ” 


—— —* 
— —N 


ARAARAA AAÄRAF 
Nanar 


Da an VAR NE 





a AM I 
AARNADARAAAMANRARAARA, 


— ———— |