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In dessen Auftrag herausgegeben
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1907.
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Inhaltsverzeichnis.
I. Die Elenchen der Pfarrei H$r4t: von 1^5—1795. Von Dom-
yikar Jak. Baamaim in Speier. ....,.'• 1
II. Die Speierer Bistnms- Matrikel des Bischofs Mathias Ramnng.
Mit Anhang. Kenheransgegeben von Dr. Franz X. Glas-
schröder, Kgl. Reichsarchivrat in München 75
III. Zur Geschichte der Franziskanerklöster in Meisenheim und
Blieskastel. Von P. Patricins Schlager, 0. F. M., Harre-
veld, Holland 127
IV. Kleine Beiträge:
a) Ein unbekannter Speierer Dmck. Von Dr. Otto Giemen,
Zwickau i. S 141
b) Die Poi-zellanfabriken des Herzogtums Zweibrücken . . 142
c) Der gegenwärtige Stand der Pfalzer Geschichtsforschung.
Von Dr. Albert Becker 145
. B eilage: Diözesan-Karte des Bistums Speier am Ende des Mittel-
alters. Entworfen von Dr. Franz X. Glasschröder, Kgl. Reichs-
archivrat in München.
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Die 6(eiichen
der
Pfarrei Hördf uon 1695-1795.
Von Dompikar Sak« Baumann in Speier«
Im Gemeindearchive zu HOrdt werden unter den Standesakten
zwei Bücher aufbewahrt, welche die Elenchen oder Verzeichnisse
der in der katholischen Pfarrei HOrdt von 1695 — 1795
erfolgten Taufen, Firmungen, Trauungen und Beerdigungen enthalten ;
ferner noch ein drittes Buch, welches die Elenchen der refor-
mierten Pfarrei HOrdt-Leimersheim von 1745—1797
aufweist.
Ein Vermerk in diesem letzteren besagt, dafs das frühere
im Jahre 1721 begonnene Verzeichnis ,im Jahre 1744 in dem
sogenannten Panduren-Lärmen verlohren* gegangen ist, und es ist
anzunehmen, dafs noch ältere Elenchen, katholische und protestan-
tische, in den kriegerischen Zeiten zu Ende des 1 7. und zu Anfang
des 18. Jahrhunderts ein ähnliches Geschick getroffen hat. In
welcher Gefahr damals Urkunden, Akten und Bücher schwebten,
welche Schicksale sie erfuhren, darüber geben die Auszüge aus
den Rechnungen der Propstei Hördt, wie sie in den Akten über
«,des Schaffner Eullers Rechnungswesen'' ^) erhalten sind, Aufschlufs.
So führt eine Rechnung von 1709 unter anderen infolge kriegerischer
Cberfälle notwendig gewordenen Reparaturausgaben 10 fl. 52 xr. ,vor
einen Registratur-Schrank, die Acta zu verwahren ** auf; im Jahre
') X.-A. Speier, bad. Extrad. fasc. 150.
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1710 werden „wegen einiger geflüchteter Briefschaften nach Speyer*'
8 fl. 30 gezahlt; 1711 sind , denen P.P. Capucinis zu Heidelberg
wegen einer Kammer, worinnen die Hördter Acta geflüchtet worden",
11 fl. zu entrichten; 20 fl. werden gebucht im gleichen Jahre
„für zwei grofse Kisten, worinnen die Hördter Acta geflüchtet
worden"; 1712 die gleiche Summe für „Fuhrlohn vor die herr-
schaftlichen Briefschaften nach Speyer zu flüchten". Auch meldet
Pfarrer Laer von Hördt in einem oberhirtlichen Visitationsprotokoll
vom 29. August 1729,^) dafs bei der viermaligen Belagerung von
Landau (1702, 1703, 1704 und 1713) viele Bücher aus dem
Pfarrarchiv Hördt fortgeschleppt wurden. Endlich berichtet der
Klosterschaffner Euller unterm 20. Januar 1747, dafs er wegen
20 Monate langer Kriegsgefahr das alte Lagerbuch in Kopie (das
Original war vor 15 Jahren mit vielen Akten nach Mannheim
geliefert worden) im Kreuzgang des Klosters vergraben und wieder
ausgegraben habe.^) Es ist also sehr wahrscheinlich, dafs in diesen
Zeiten auch die vorhandenen älteren Elenchen der Pfarrei Hördt
zu Grunde gegangen sind.
Mag dem sein, wie ihm will, die aus den Kriegsstürmen noch
geretteten oben angegebenen Elenchen enthalten viele nicht blofs
für Hördt, sondern auch für weitere Kreise interessante JNachrichten.
Es dürfte sich daher wohl der Mühe lohnen, sie zu exzerpieren
und der Öffentlichkeit zu übergeben. Die Einträge sind bei den
Elenchen der katholischen Pfarrei in lateinischer Sprache gemacht,
sollen aber, soweit sie exzerpiert werden, möglichst in deutscher
Sprache wiedergegeben werden. Die Elenchen der reformierten
Pfarrei sind in deutscher Sprache eingetragen. Doch sind letztere
im Verhältnis zu den ersteren sehr kurz. Sie werden dieser Arbeit
als Anhang zuletzt angefügt werden.
Um möglichste Kürze zu erzielen, werden die Exzerpte unter
Weglassuug aller schmückenden Beiwörter, als da sind: tugendhaft,
strebsam, ehrbar, hochgelehrt u. s. w., auf das beschränkt werden,
was für ein Dorf als „Ereignis" betrachtet werden kann und
was auch als geschichtliche Mitteilung , als Charakteristik von
Personen und Verhältnissen oder auch für die Statistik allgemeines
Interesbü beanspruchen kann. Die Einträge eines jeden Pfarrers
werden für sich gesondert in der Reihenfolge behandelt werden,
^) K.-A. Speier, Höchst. Speier iasc. 383/1.
2) K.-A. Speier, Geistl. Güter- Adm. fasc. 564a.
ä
wie die Bücher sie aufweisen. Hie und da sollen aus den Akten
und Urkunden des Kreisarchives Speier ergänzende Bemerkungen
eingeschaltet werden , so dafs die Arbeit als ein Beitrag zur
, Geschichte der Pfarrei Hördt im 18. Jahrhundert ** erscheint.
A.
Die Elendien des Pfarrers Franz ßeinridi Cutelius
pom Dezember 1694 bis zum Rouember 1695.
Solange das Augustiner -Chorherrenstift in Hördt bestand,
besorgte dieses den Pfarrgottesdienst in Hördt» Kuhardt, Leimers-
heim und Neupfotz. Im Jahre 1557 wurde jedoch die Propstei
von Kurfürst Ott Heinrich beschlagnahmt und die lutherische
Religion gewaltsam in Hördt eingeführt. Dabei blieb es, bis im
Jahre 1622 die Österreicher das Oberamt Germersheim in Besitz
nahmen und die Bewohner wieder dem katholischen Glauben zu-
führten. Als erster katholischer Pfarrer erscheint dann der Priester
Johannes Adam. Er wurde jedoch durch den Augustinerpropst
Krane, welchem der Kaiser das Kloster Hördt wieder einräumte,
vertrieben und erhielt die Pfarrei Knaudenheim.^) Bald aber wurde
Propst Krane durch den Fürstbischof Philipp Christoph aus dem
Kloster gewaltsam entfernt und Johannes Adam wieder unterm
17. November 1646 als Pfarrer von Hördt und Leimersheim ein-
gesetzt.^) Wie lange er dort wirkte, ist nicht mit Sicherheit festzustellen.
In einer Quittung vom Jahre 1649 bestätigte er, dafs er von dem
Schaffner Cugny in Hördt seine Jahresbestallung an Früchten von
Invocavit 1648-1649 mit 20 Mltr. Korn, 10 Mltr. Gerste und
lOMltr. Spelz erhalten habe und unterzeichnet sich als Johannes Adam
Herxheimer.*) Wahrscheinlich wurde er auf den Neujahrstag 1650,
als das Kloster Hördt von dem kurpfälzischen Oberamtsverweser von
Germersheim mit 30 pfälzischen Soldaten überfallen und die katho-
lischen Geistlichen daraus vertrieben wurden,^) ebenfalls aus Hördt
verjagt und durch einen reformierten Prediger erset'^t. Als solcher
erscheint im Jahre 1660 Georg Mezler.^) Als Gehalt erhielt er
^) Abgegangener Ort in der heutigen Gemarkung Huttenheim (Be-
zirksamt Bruchsal); vgl. Krieger, topogr. Wortorb. des Grofsh. Baden 1, 1*203.
2) K.-A. Speier, Höchst. Speier fasc. :3H3 I. ^) K.-A. Speier, Höchst.
Speier fasc. 3H.VI1. **) Probst, Gesch. der Stadt Germersheini S. 74.
*) K.-A. Speier, Geistl. Güter-Adm. fasc. 538; Klosters Salbuch fol. 101)
und Gümbel, Gesch. der protest. Kirchen der Pfalz S. 24«.
1*
von der KlosterschafPhei 75 fl. an Geld, iVs Fuder Wein, 25
Mltr. Korn, 10 Mltr. Gerste, 200 Gebund Stroh und 4 Wagen
Brennholz, dazu hatte er alle Rechte wie die Gemeinsleute; ferner
war ihm der Genufs der Gerhardswiese, sowie freie Wohnung mit
Scheuer und Garten, ungefähr 3 Morgen Feld an der Kirche ge-
legen, zugeteilt. Die Katholiken in HOrdt wurden, wie es scheint,
80 lange die Kurpfalz im Besitz von Germersheim war (1648— 1682),
von Bellheim aus pastoriert. Aus dem dortigen Pfarrbuch hat
wenigstens Pfarrer Laör in das ältere Elenchenbuch von Hördt
(1695-1735) einige Einträge vom Jahre 1681 -1685 übertragen.
Diese enthalten an Taufen im Jahre 1681: 10, 1682: 18, 1683:
12, 1684: 9, 1685 bis 16. Jan.: 3; an Trauungen im Jahre
1682: 6, 1683: 3, 1684 am 20. Febr.: 1; Beerdigungen sind
blofs 4 aufgezeichnet und zwar für die Zeit vom 10. Febr. bis
29. Mai 1681. Wahrscheinlich ist der Pfarrer an einer weiteren
Abschrift behindert worden. Von den Beerdigungen sei ein Eintrag
hierhergesetzt :
,1681. Hördt, 8. März. Begraben Anna Apolonia,
Hans Scherers des alten Schützens Hausfrau, alt 80 Jahr,
ist daselbst 20 Jahr Hebamme gewesen und 300 Kinder durch
Gottes Hülf zur Welt befordern helfen. **
Als Schultheifs wird 1682 ein gewisser WolfT, als Schul-
meister ein gewisser Jung, beide ohne Vornamen, genannt.
Im Jahre 1694 starb Johann Jakob Aberle als katho-
lischer Pfarrer von Hördt. Wahrscheinlich war er unter französischer
Herrschaft im Januar 1685, wo die Hördter Taufakten im Bellheimer
Pfarrbuch ein Ende haben, nach Hördt gekommen.
Als sein Nachfolger ward unterm 24. Dezember 1694 der
Pfarrer von Landau und Mörzheim, Franz Heinrich Tutelius,
mit der Verwaltung der Pfarrei Hördt durch den General vikar
von Speior betraut, unterm 20. Nov. 1695 vertauschte er mit
Genehmigung und auf Wunsch des fürstbischöflichen Generalvikars,
weil er gut französich sprechen konnte und der Generalvikar und
Statthalter Heinrich Hartard von Rollingen schon längst einen
Priester für Philippsburg suchte, welcher der französischen Sprache
mächtig war, seine Pfarrei mit dem Pfarrer N. Hau her von
Philippsburg.') Doch scheint Pfarrer Hauber nie in Hördt auf-
^) K.-A. Speier, Höchst. Speier fasc. 383/1.
gezogen zu sein und Pfarrer Tutelius hat die Pfarrei Hördt, wie
aus den Elencheji heryorgeht, erst im Frühjahr 1696 verlassen.
1. Taufregister.
1695. Bei drei Kindern sind wohl beide Eltern angegeben, aber
es fehlt der sonst übliche Zusatz: ehelich erzeugt.
Bei einem Knaben ist von dem späteren Pfarrer La@r
bemerkt, dafs er vom Glauben abgefallen und darum aus
dem Buche des Lebens gestrichen worden sei.
Als Pate wird unter andern aufgeführt der Schult-
heifs Joh. 6g. Boltz; dessen Bruder war nach den Taufakten
vom Jahre 1682 Schultheils zu Hockenheim.
1696. Bei einem Kinde fehlt der Zusatz: ehelich erzeugt. Vier
Kinder sind von Sondernheim und vier von Dettenheim.
Zwei Väter sind protestantisch.
Vom 2. Mai ab tauft, da die Pfarrei erledigt war,
aushilfsweise Peter Müntenigh, im 10. Jahre Pfarrer in
Rülzheim; vom 29. Juli ab tauft Georg Albert Sax, Pfarrer
in Hördt und Dettenheim.
Als Alt-Schultheifs wird genannt Vitus Dennleder.
2. Trauungsregister.
1695. Ein Paar ist von Dettenheim; bei einem Paar ist sowohl
der Bräutigam als die Braut protestantisch ; in einem Falle
wurde Dispens in der Schwägerschaft erteilt.
1696. Ein Paar hat der Pfarrer von Rülzheim (28. Mai), zwei
Paare der Pfarrer Sax und zwar in Sondernheim getraut
3. Sterberegister.
1695. Unter den 7 Verstorbenen befanden sich 3 Kinder. Zwei
fremde Männer — der eine aus Baden, der andere aus
Elsafs — verunglückten mit ihrem SchifT im Rhein und
ertranken.
1696. Es starben 1 Kind und 1 Offizier mit Namen Jille Le grand
aus der Kompagnie ,de vinarais* ; er wurde in der Kirche
beerdigt.
6
B.
Die Elendien des Pfarrers Georg Hlbert Sax
1696-1698,
(leorg Albert Sax (Sachs) wurde unterm l. Juli 1696 zum
Pfarrer von Hördt ernannt, an welchem Tag er auch den üblichen Eid
leistete.') Er nennt sich in den Elenchen nicht mehr Pfarrer von
üördt und Leimersheim, sondern von Hördt und Dettenheim. Seine
Handschrift ist eine schöne und deutliche. Sax, der aus Ruppach
gebürtig war, kam am 5. März 1698 nach Germersheim. ^)
1. Taufregister.
1697. Bei 15 Geburten sind 5 Kinder aus Dettenheim und 2 aus
Sondernheim. Ein uneheliches Kind stammt von zwei in
Dettenheim wohnenden Schweizern.
4. Juni. Johannes, Sohn des Peter Lacassagne aus
Gasteljaloux in Gasconia (franz. dep. Lot-et-Garonne) und
seiner Gemahlin Anna Maria, geb. Herrlis aus Bonn. Paten:
Joh. Gondermann aus Käferhausen in Eichsfeld (Keifer-
hausen, Df. im Reg. -Bez. Erfurt, A.-G. Dingelstädt) und
Anna Eva Gofswein aus Germersheim.
1698. Von den Getauften entfallen 16 Kinder auf Hördt, 5 auf
Dettenheim.
Vom 19. Sept. bis 8. Okt. erteilt in Abwesenheit
des Pfarrers sein geistl. Nachbar von Rülzheim die Taufen.
11. Nov. Anna Gertrud, Tochter des Joh. Heck-
mann, pfälzischen Soldaten, und seiner Ehefrau Margaretha,
beide aus Heppenheim.
Ein Vater ist protestantisch. Die letzte von Pfarrer
Sax eingetragene Taufe war am 23. April, die erste von
seinem Nachfolger eingetragene am 18. Mai.
2. Trauungsregister.
1697. Aufser den obengenannten im Jahre 1696 von Pfarrer
Sax eingetragenen Trauungen vollzog er nur noch eine
einzige: am 22. Jan. 1697 in Dettenheim.
3. Sterberegister.
1697. Es starben 1 Kind und 2 Erwachsene.
M K.-A. Speier, Höchst. Speier fasc.383/T.
2) Probst, Gesch. d. Stadt und Festung Germersheim S. 179;
über seine weiteren Schicksale s. K.-A. Speier, Höchst. Speier fasc. 315a).
c.
Die Eiendien des Pfarrers Johann ?äger
yon 1698 und 1699.
Johannes Jäger, „des Jiincklieimischen Tragoner- Regiments
Felilkaplan", wurde auf sein Gesuch um eine Pfarrei unterm 23. April
1698 für llOrdt mit dem Bemerken präsentiert, dafs der General-
vikar von Augsburg ihn für die Seelsorge für tüchtig erklärt habe.
Am 22. Okt. 1698 schwur er vor dem General vikar in Speier als
Pfarrer von Hördt auf. Er war also, da schim im Monat Mai
Taufen von ihm eingetragen sind, eine Zeit lang erst Pfarrverweser.
Er ging, wie ein Zeugnis des Hördter Dorfgerichtes besagt, mit
Eifer an die Seelsorge, gab sich viele Mühe bei der Instandsetzung
der Kirche und des Pfarrhauses und hat in kurzer Zeit durch
seinen frommen, einsamen, nüchternen und exemplarischen Wandel
in der Gemeinde Grofs und Klein mehr auferbaut als irgend einer
vor ihm, so dafs sogar aus den Nachbardörfern sein Gottesdienst
besucht wurde. Mit ihm glaubte auch die Gemeinde, dafs er, so
lange er lebe, in Hördt bleiben dürfe. Doch schon nach anderthalb
Jahren wurde ihm der Befehl , die Pfarrei dem Augustiner-
chorherrn Georg Laer aus dem Convent in Grauhof oder,
wie er auch hiefs, auf dem Berg des hl. Georg bei Goslar, zu
räumen und die Pfarrei Böbingen anzutreten, wo nur wenige Ka-
tholiken waren, kein Pfarrhaus sich befand und ein ganz geringes
Einkommen seiner harrte. Jäger wandte sich zwar in einem de-
und wehmütigen Schreiben an das fürstbischöfliche Generalvikariat
mit der Bitte, man möge doch ihm, der 15 Jahre in trierischen
und pfälzischen Diensten gestanden habe , das nicht antun, oder,
wenn es beschlossene Sache sei , ihn doch bis zum nächsten
Weihnachtsfeste noch in Hördt belassen, da ja auch die Bauern
ihre Knechte und Mägde ohne die wichtigsten Gründe zu einer
anderen Zeit nicht wechselten. Seine Bitte unterstützte Schulthoifs
Job. Gg. Boltz und das ganze Dorfgericht, indem es ihm das
oben erwähnte Zeugnis ausstellte und bat, den westfälischen
Ordensmann, der ihnen samt und sonders nicht genehm wäre, ent-
weder in das Hördter Kloster zu verweisen oder, was noch besser,
wieder nach Haus« zu schicken. ^) Alles Bitten war jedoch ver-
gebens. Jäger mufste Ende September 1699 die Pfarrei verlassen.
^) K.-A. Speier, Höchst. Speier fasc. 388/1.
8
Wie sein Nachfolger in einem Berichte vom 8. November 1699
erzählt, war er hierüber von Wut entbrannt und es macht den
Eindruck, als ob Jäger sich hinter das Hördter Dorfgericht gesteckt
und es gedrängt habe, ihm das erwähnte Zeugnis mit dem Bitt-
gesuch auszustellen. Seine Elenchen sind nicht gerade so sorg-
fältig eingetragen, wie man es nach jenem Zeugnis erwarten konnte.
Bei drei Taufen fehlt sogar das Datum und die Handschrift ist
eine recht flüchtige.
1. Taufregister.
Die erste von Jäger eingetragene Taufe war am 18. Mai 1698.
Da die Tauf-Elenchen dieses Jahres schon oben besprochen sind,
so erübrigt nur noch über das Jahr 1699 zu berichten.
1699. Ein Kind ist von Dettenheim, 6 sind von Sondernheim.
Bei der Hälfte der Kinder ist nicht angegeben, ob sie
ehelich geboren sind oder nicht. £s könnte möglich sein,
dafs der Pfarrer in seinem auffallenden Streben nach
Kürze diese Angaben unterlassen hat, es dürfte aber auch
zutreffen, was weiter unten bei den Taufen seines Nach-
folgers von „wilden Ehen" gesagt ist. Die letzte von
ihm eingetragene Taufe war am 7. Sept. in Sondernheim,
die erste von seinem Nachfolger eingetragene am 3. Nov.
in Hördt.
2. Trauungsregister.
1698. Ein Bräutigam, Nik. Würth, war von Wendelheim (wohl
Wendelstein) bei Nürnberg, die Braut, Magdal. Stubenrauch,
von Sondernheim ; das zweite Paar — die Gesamtzahl
der Trauungen belief sich auf 2 — war von Dettenheim.
1699. 2 von 5 Trauungen fanden in Dettenheim statt.
3. Sterberegister.
1698. Begraben wurden 2 Kinder und 1 Erwachsener, Andreas
Röslein, Schulmeister zu Hördt, der am 13. Dez. von
einem Baume fiel und dabei das Leben verlor.
1699. In diesem Jahre war die Sterblichkeit besonders grofs,
namentlich unter den Kindern. Es starben bei 14 Todes-
fällen nicht weniger als 7 Kinder. Vier Beerdigungen
wurden in Sondernheim vorgenommen, darunter die zweier
Reformierten, Am 27. Pebr. starb der Schultheifs Vitus
9
Demlendner (Dennleder, Demleder), 53 Jahre alt. Er ver-
machte der Kirche und den Armen je 10 Imperialen. Zwei
Sterbf&lle sind von dem nachfolgenden Pfarrer eingetragen.
D.
Die £Iendien des Pfarrers Georg Iiaer
von 1700-1734.
Oeorg Laör wurde auf Bitten des Generals der Augustiner-
chorherren, Johannes Zilles, des Prälaten Heinrich Friedrich Wisch-
mann in Lamensleben (prelati Lamenslebiani) und des Propstes
Bernhard Goecken vom Berge des hl. Georg bei Gofslar unterm
5. Aug. 1699 von der fflrstbischöflichen Regierung als Pfarrer
für Hördt präsentiert und am 7. August 1699 vom Generalvikar
von Speier kanonisch instituiert. Durch ihn sollten auf diese
Weise die Ansprüche des Augustinerordens auf die Propstei Hördt
lebendig erhalten werden. Er kam schon am 10. August nach
Hordt, konnte aber wegen des feindseligen Verhaltens des Pfarrers
Jäger sein Amt nicht sogleich ausüben. Erst am 18. Oktober
predigte er, wie berichtet wird, zum ersten male, reichte nach
dem Gottesdienst allen Gläubigen die Hand und entliefs sie zu-
frieden nach Hause. Der Klosterschaffher May weigerte sich
anfangs auf Betreiben des Pfarrers Jäger ihm seinen Gehalt aus-
zuzahlen.^) Aber bald schien alle Voreingenommenheit gegen ihn
geschwunden zu sein. Zudem hatten die HOrdter Bürger andere
und schwerere Sorgen. In den Jahren 1702, 1703, 1704 und
1718 wurde Landau belagert und die umliegenden Ortschaften,
darunter auch Hördt, hatten vieles unter den Durchzügen, Ein-
quartierungen und Fouragierungen der Truppen zu leiden. So ist
aus Verhandlungen vom J. 1711 und 1712^) zu ersehen, ,dafs
das ganze Oberamt 1704, 5 und 6 durch die deutsche sowohl als
Tallard'sche und Villeroyische Armeen erbärmlich fouragiert und
geplündert worden*, dafs die Pächter der Hördter Klostergüter
nicht imstande waren, ihren Pacht zu zahlen und dafs sie dennoch
zur Bezahlung desselben durch den Schaffner , unchristlich exequirt
worden sejnd*.^) Die Erbitterung stieg so hoch, dafs der Schult-
heifs Gundermann in Hördt die Hördter und auswärtigen Pächter
V) K.-A. Speier. Höchst. Speier fasc. 383/1. *) K.-A. Speier, Geistl.
Güter-Adm. fasc. 559.
10
von Knittelsheim und Ottersheim aufhetzte, , nicht den geringsten
Heller von ihrem rückständigen 500 Mltr. Frucht- und 200 fl.
Geld-Zins zu zahlen, und dafs er eines Tages betrunken von
Germersheim kommend den herrschaftlichen Kanzleidiener mit lauter
Hundsnanien in öffentlicher Wirtschaft zu bewillkommen sich nicht
scheute ''.
Am 23. Juli 1708, so berichtet die Witwe des Schaffners
Drolshagen, wird (in Hördt) Lärm über Lärm, ein erbärmliches
Flüchten und Fliehen allenthalben wegen schon herumlaufenden
französichen schädlichen Maroden uud Husaren, so hie und dort
in specie Neupfotz ausgeplündert, indem die französichen Reiter
ins Candler Feld gerückt, uns eine grofse Furcht und Schrecken
eingejagt bis auf diese Stunde, also dafs wir wirklich in höchster
Gefahr und Not stehen, das Unsrige zu verlieren, man auch nicht
weifs, wo man wegen grofsen Rheins allhier hingehen, fliehen, sich
und das Seinige salvieren solle". ^)
In den Jahren 1709 bis 1714 wurden im Kloster, an Kirche
und Pfarrhaus zu Hördt, sowie an der Kirche und am Schlofs zu
Leimersheim wiederholt grofse Zerstörungen durch den Feind verübt.
Damals mufsten die herrschaftlichen Akten und Briefschaften öfters
geflüchtet werden, während aus dem Pfarrarchiv viele Bücher
fortgeschleppt wurden.
Im Jahre 1713 war ein französischer Überfall, wobei »das
ganze Land hiesiger Gegend ist so ruiniert worden, dafs nebst
durchgehender Plünderung dahier einige Gebäu ruiniert und ver-
brannt worden . . . von der Ziegelhütte bleibt nicht das geringste
Material übrig ".^) Im Jahre 1714 waren die Pächter der Kloster-
güter so arm, dafs sie nicht einmal genügend Saatfrucht hatten,
um das Land anzubauen, und es war ,der Mangel bei denselben
so grofs, dafs die mehristen von ihnen das Welschkornbrod nicht
satt zu essen hatten''.^)
Dazu kam noch, dafs die Klosteruntertanen viele Frondienste
zu leisten hatten und dafs ihre Holz- und Waldrechte vielfach von
den Klosterschaffnern angetastet wurden. So erhielt im Jahr 1720
der Administrationsreiter Müller den Befehl, sich nach Hördt zu
\) K.-A. Speier, Geistl. Güter-Adm. fasc. 559. ^) K.-A. Speier,
Geistl. Güter-Adm. fasc. 563a. ^) K.-A. Speier, Geistl. Güter-Adm.
fasc. 559.
11
begeben und die widerstrebünden Bauern zu zwingen, das Holz
zum Aufbau der Ziegelhütte zu hauen. Der Forstmeister von
Germersheira jedoch, Freiherr von Hack, nahm mit den beiden
Forstknechten zu Hördt und Leimersheim und mehreren Leuten
aus der Gemeinde Hördt, welche ihm der Schultheifs auf Befehl
des Landschreibers Frank hatte zugeben müssen, den 70 zum
Holzfällen in der Goldgrube bestellten Klosteruntertanen 41 Äxte
ab und teilte Stöfse und Schläge aus, so dafs verschiedene Unter-
tanen, um ihre Axt zu salvieren, zum teil in den Bach springen
und sich kümmerlich retten mufsten. Dem Kanzleireiter drohte der
Forstmeister, wenn er keine Livree anhätte, wollte er ihn in den Turm
werfen lassen. Auch habe er den Befehl, den Schaffner, wo er
ihn nur haben könnte, gefänglieh wegzunehmen. Dem Forstmeister
wurde hierauf von der Güteradministration in Heidelberg bedeutet,
dafs es bei dem alten Herkommen zu belassen sei. Trotzdem ordnete
er an , dafs die Klosteruntertanen das Bau- un'1 Brennholz in
der Goldgrube zu bekommen hätten und nicht die Probstei. Als
dennoch der Klosterziegler mit etlichen Holzmachern sich das
Bauholz zur Ziegelei fällen wollte, wurde ihm durch den Hördter
Forstknecht sein Geschirr gewalttätig abgenommen und eine Wald-
rüge mit 27 fl. zuerkannt.
Es ist leicht denkbar, dafs bei solchen traurigen Kriegszeiten
und unangenehmen Vorkommnissen es für den Pfarrer nichts Leichtes
und Angenehmes war, die Seelsorge auszuüben. Gleichwohl hielt
Pfarrer Laer in Hördt aus bis zu seinem Tode, der zu einer Zeit
- am 14. Dezember 1734 — erfolgte, da gerade im spanischen
Erbfolgekrieg (1733—1738), wie weiter unten gezeigt werden
wird, seine Pfarrkinder von den vielen dort kampierenden Soldaten
wieder Unsägliches zu leiden hatten. Er starb im 70. Lebens-
jahre und wurde am 16. Dezember vor den Stufen des Hochaltars
mitten im Chor der Kirche zur ewigen Ruhe gebettet. Er war in
dürftigen Verhältnissen gewesen. Sein Gehalt war nicht besonders
grofs. Er bestand nach einem oberhirtlichen Visitationsprotokoll
vom Jahr 1704 i) in 75 fl. Geld, 25 Malter Korn, 10 Malter Gerste,
10 Malter Spelz, 10 Malter Hafer, 3 Morgen Garten und 3 Morgen
Wiesen. Seine „nachgelassene armselige und schlechte Effekten ** liefs
Dekan Kelle von Hatzenbühl versteigern. Die Einnahme bestand
in 230 fl. 5 kr., welchen noch 135 fl. 17 kr. Ausgaben gegen-
M K.-A. Speier, Höchst. Speier 383/1.
12
überstanden, so dafs ein Rcet von 94 fl. 48 kr. verblieb. Diesen
beanspruchte und erhielt das Kloster Grauhof, welches dem Pfarrer
zu seinem Aufzug in Hördt ungefähr 800 fl. vorgestreckt hatte,
die der Verstorbene bis zu seinem Tode nicht hatte zurückzahlen
können. Unter den obgenannten Ausgaben befanden sich unter
anderem 12 fl. Lohn für die Haushälterin, 1 fl. 30 kr. für das
Grab, 6 fl. für Fleisch bei der Begräbnis- und Gottesdienstfeier,
2 fl. 36 kr. für Wachskerzen, 58 kr. für einen Wachskelch, 48 kr.
für die Totenkleider, 2 fl. 6 kr. an Daniel Jud von Bfllzheim für
schwarzen Stoff, 3 fl. für die Totenlade, 48 kr. für .Mixtur, alle
zwei Stund ein paar Löffel voll wohl nmbgeschüttelt zu geben,'
4 fl. für Bier bei der Beerdigung u. s. w.
Aus der Zeit der seelsorgerischen Tätigkeit Laers sind ver-
schiedene Visitationsprotokolle erhalten, welche über Einwohnerzahl
und konfessionelle Verhältnisse in Hördt Aufschluss geben. Darnach
hatte Hördt im Jahre 1729 bei der oberhirtlichen Visitation und
Firmung laut Protokoll vom 22. August 80 katholische Hausväter,
89 Mütter und Witwen, 57 Söhne, 42 Töchter, 15 Kinder und Mägde.
Firmlinge waren es ungefähr 80, wozu alle Kinder bis herab zum
8. Lebensjahre gezählt wurden. An Reformierten gab es damals
— im Jahre 1704 waren alle Familien katholisch — 3 Familien,
ferner 22 einzelne reformierte und 3 lutherische Personen. Femer
war 1729 eine katholische und eine protestantische Schule dort,
4 Werkstätten und 3 Wirtschaften. Tänze gab es nach pfälzischer
Sitte hie und da, auch Karten- und Würfelspiele, gegen welche
der Pfarrer oft, aber vergeblich, predigte. Musiker waren 6 in
Hördt; ferner ein Chirurg und eine protestanische Amme.
1. Taufregister.
1700. Einer der in diesem Jahre Getauften, Johann Stefan Lübel,
änderte wie der von späterer Hand gemachte Zusatz : apostata
besagt, seinen Glauben.
1 702. Bai einem Kinde ist bemerkt, dass die Eltern Reformierte sind.
1704. Ein Kind wurde durch den Pfarrer Dominicus Her fei d
von Leimersheim getauft, während der Pfarrer von Hördt
Pate war ; bei einem anderen Kind ist der Hördter Lehrer
Leonh. Dominikus von Süchten ^) Pate. Von einem dritten
Kinde sind die Eltern Reformierte.
*) Dem Lehrer von Süchten wurde im Jahre 1700 und 1701 ein
Kind getauft.
iA
1705. Bei einem Kind sind die Eltern Reformierte; ein Kind
stammt von einem durchziehenden verehelichten Husaren.
Vom 21. Juli bis incl. 20. August tauft in Abwesenheit des
Pfarrers Laer der Pfarrer Heinrich Richter von Rfllzheim.
1706. Bei Joh. Ludw. össwein ist später bemerkt, dass er mit
seinem Vater vom Glauben abgefallen und als Calviner
in Worms gestorben ist.
,28. März ist geboren und am 30. getauft Adolphina
Katharina, Tochter von Johann und Maria Anna Drolshagen
(Schaffher); Pate Adolph Franck, Landschreiber und Frau."
1708. Ein Paar Zwillinge starben noch am Tage der Geburt.
1709. Hei Heinrich Adam Boltz, Sohn von Joh. Boltz, ist der
neue Schaffner Heinrich Adam Euller mit seiner Ehefrau
Maria Regina öhlig Pate; bei Maria Anna, Tochter von
Bartholomäus Pion und dessen Ehefrau Maria Frick ist
die Schaffnerin Witwe Drolshagen Patin.
1710. Am 28. Februar wurde geboren und am 2. März getauft
Lubentius Franziskus Jakobus, Sohn von Heinrich Adam
Euller und seiner Ehefrau Maria Regina ; Paten : Lubentius
Hüben consiliarius et fiscalis advocatus, et Joes. Jak.
Drayser, vicarius ad St. Basilium et Leonardum collegiatae
immo ecclesiae Franciscanorum (in Germersheim).
1712. Bei Johann Georg, Sohn von Urban Kauth und dessen
Ehefrau Maria Kathar. Bender, ist Pate: Joh. Georg
Ruhr, Oberamtsverwalter zu Germersheim, und die Witwe
Drolshagen. Bei einem Kinde ist bemerkt, dass der Vater
ein verheirateter Husar ist.
1718. Ein Kind wird von Pfarrer Herfeld getauft.
1719. Die Eltern eines in diesem Jahre geborenen Kindes werden
als Holzhändler aus Steiermark (mercenarii lignarii ex
Stiria) bezeichnet.
1720. Zwei uneheliche Kinder sind von Fremden.
1724. Ein Kind wurde in Abwesenheit des Pfarrers am 19. März
von seinem geistl. Nachbarn Ludwig Schäffgen in LeimerS'
heim getauft.
1726. Ein Kind wurde am 5. März von Pfarrer Virneusel in
Rülzheim getauft.
1728. Ein Kind wurde am 8. November von Pfarrer Virneusel
in Rolzheim getauft.
14
1729. Am 8. Februar taufte Pfarrer Virneusel.
1730. Am 23. Mai tauft« Pfarrer Virneusel.
1732. Ein Kind wurde am 28. September von dem Franziskaner
P. Fidentius von Germersheim getauft, ein anderes am
26. Oktober von Wilhelm Leonhard Ooppenhagen, und
drei Kinder, darunter ein Zwillingspaar, am 2. November
von dem Kapuziner P. Leopoldus.
1733. Ein Kind taufte am 9. April Pfarrer Virneusel.
1734. Bei einem Kind ist der Landschreiber Weber von Germers-
heim Taufpate, bei einem anderen der Kaplan Peter Anton
Schaifstek von Leimersheim. Am 26. Dezember taufte,
da Pfarrer Laer gestorben war, der Pfarrer Odenweller
von Dettenheim.
Der letzte Eintrag von Laers Hand ist vom 30. November.
Zwei Wochen später, am 14. Dezember starb er, wie ein Vermerk
am Schlüsse der Taufelenchen besagt, im Alter von 70 Jahren,
nachdem er 35 Jahre in HOrdt segensreich gewirkt hatte (,lauda-
biliter parochiam administravit*). Er wurde vor den Stufen des
Hochaltars mitten im Chor begraben.
Im ganzen sind für diese 35 Jahre 608 Taufen verzeichnet,
so dafs durchschnittlich auf ein Jahr 17 Taufen treffen. Genauer
genommen kommen auf die ersten 17 Jahre 254 Taufen, d. i. durch-
schnittlich 15 im Jahre, auf die folgenden 18 Jahre 354, d. i.
durchschnittlich 19 Taufen. Der Bevölkerungsstand hat sich also
nach den Kriegsjahren ziemlich gehoben. Bezüglich der als unehelich
verzeichneten Kinder läfst sich schwer eine Statistik aufstellen.
Bei vielen Täuflingen sind nämlich besonders in der 1. Hälfte der
35 Jahre beide Eltern angegeben, es fehlt aber der sonst übliche
Zusatz, ob sie verehelicht waren oder nicht. Dafs der Pfarrer den
Zusatz einfach vergessen habe, ist nicht leicht anzunehmen, da er
auch bei den Taufpaten regelmäfsig bemerkt, ob sie Eheleute sind
oder ledig. Es liegt vielmehr der Gedanke sehr nahe, dafs zu jener
Zeit viele sogenannte , wilde Ehen" bestanden haben, was bei
der infolge des häufigen Beligionswechsels entstandenen religiösen
Gleichgültigkeit und bei den vielen Kriegsunruhen leicht zu erklären
sein dürfte und wozu auch die Bemerkung des Pfarrers im Visi-
tationsprotokoll vom Jahre 17*29 pafst, dafs tehr viele ihre Oster-
kommunion nicht halten.
lg
2. Trauungsregister.
1700. Ein Bräutigam, Joh. Heinrich Gosswein, ist von Germers-
beim; ein zweiter, Nikol. Demuth, von Pfalzburg; eine
Braut, Anna Maria Guide, von Bellheiro ; eine zweite,
Katb. Maurer, von Kecklingen (Göcklingen) ; eine dritte,
Katb. Marientbaler, aus Birkweiler. Für ein Paar wurde
Dispens in der Blutsverwandscbaft in Kirrweiler erbolt.
1701. Eine Braut, Maria Barb. Kärger aus Sulzfeld (Bez.- Amt
Eppingen), ist vor der Trauung katboliscb geworden.
1704. Ein Bräutigam, Job. Gg. StQbig, ist aus Reckstein. (?)
1706. Eine Braut, Maria Magdal. Bayren, ist von Heidelberg;
ein Bräutigam, Hieronymus Keig, aus Hederen (Hettingen
oder Häden?) in Schwaben. Zwei Paare erhielten Dispens
in den Ausrufungen.
1 708. Am 20. März wurden getraut der Lehrer Bartholomäus
Pion in Hördt und Anna Maria Frick aus Darabacb; am
10. Juni der Müller Jörg Hegel aus Bayern und Regina
Baumann aus Bauslich (Bauschiott, Bez. -Amt Pforzheim)
im Durlachiscbem Gebiet.
1709. Ein Bräutigam, Joh. Mich. Meyer, ist von Rülzheim; ein
zweiter, Peter Walg, aus Tyrol; ein dritter, der Schäfer
Mich. Schanck, aus Franken ; eine Braut, Anna Barb.
Smiding, ebenfalls aus Franken, aus einem Orte namens
Eisen. (?)
1711. Eine Braut, Marg. Homer, ist von Dettenheim; ein Bräu-
tigam, der Zimmermann Laur. Kray, aus Betingen in der
Diözese Salzburg (wohl Petting, Bez.-Amt Laufen).
1712. Am 12. Januar wurden in Ottersheim getraut Peter Walg
aus Kühnberg in Tyrol (Kindberg ?), seit einigen Jahren
wohnhaft in Hördt, und Anna Apoll. Dörzapf von
Ottersheim.
1718. Ein Bräutigam, Christian Eigel, ist aus Walcksee in Tyrol
(Walchsee, Bez.-H. Kufstein). Ein Paar erhielt mit eigener
Unterschrift des Fürstbischofs Heinrich Hartard Dispens
im 3. Grad der Blutsverwandtschaft, ein anderes in drei
Ausrufungen und zwar letzteres wegen des Krieges.
1714. Eine Braut, Anna Marg. Rheinhardt, ist von Bellheim;
eine zweite, Anna Maria Mayer, aus Bockhoifen im
16
Schwabenland. Am 9. Oktober wurden getraut Johann
Adam Eger, Sohn des Schullehrers Martin Eger von
Rülzheim, und Elisab. Straus aus Gastel bei Mainz.
1715. Eine Braut, Anna Maria Bauer, und ein Bräutigam, Gregor
Bauer, zwei Geschwister, sind von Rheinsheim ; ein zweiter
Bräutigam, Vitus Tax, ist aus Zarin bei Arschau in
Bayern (ex Zarin aliquo pago Bavaro satrapia vulgo
Arschau dicta — wohl Zacking, Bez. -Amt Rosenheim);
ein dritter, Valentin Ort, aus Bellheim.
1716. Eine Braut, Maria Barb. Biesler, ist von Michelbach in
Schwaben; ein Bräutigam, Paul Bergmeister, «aus dem
Gericht Aufers Busterthal in Tyrol*.
1718. Zwei Paare erhielten Dispens in den Ausrufungen; ein
Paar wurde in Sondemheim getraut, da die Braut, Marg.
Stubenrauch, die Tochter des Schultheifsen von Sondem-
heim war.
1719. Am 10. Januar wurden getraut Joh. Gg. Moser von
Hördt und Maria Sophia, Tochter des ehemaligen Leut-
nants Heinrich Vogelius vom Leib • Garde • Regiment (in
regimine ut vocant corporis primarii) des Kurfürsten von
Köln. Ein Paar wurde in Bellheim getraut, da der Bräu-
tigam, Georg Rub, von dort war. Am 21. Februar wurden
getraut Joh. Adam HofFlig aus Langnau, Luzemer Gebiet,
und Kath. Schrener aus Elsafs.
1720. Eine Braut, Anna Maria Ort, ist von Bellheim; ein Bräu-
tigam, Georg Strudel, aus Tyrol.
1721. Ein Bräutigam, der Maurer Martin Sprenger, ist aus
.Grisan in TyroP im Gericht Ehrenberg (wohl Griesen,
Bez.-Amt Garmisch). Am 13. Januar wurden getraut der
Maurer Martin Braun, Sohn des Heinrich Braun aus
Weinheim, und Maria Baus, Tochter des gewesenen Kauf-
mannes Peter Baus in Mannheim; am 25. Februar Joh.
Gg. Braun, Sohn des Michael Braun aus Weinheim, und
Anna Maria Schmidt aus Weinheini.
1722. Ein Bräutigam, Bernhard Thaler, ist aus Waltze (Walchsee)
in Tyrol; eine Braut, Eva Sophia Eberhardt, aus Grofs-
fischlingen.
i7
1723. Am 24. Mai wurden getraut der magister scrinarius
(Schreinermeister ?) Joh. Zündel ,au8 dem öaterr. Land
an der Eck* und Anna Marg. Scholastika Vogelius, Tochter
des ehemaligen Leutnants Hrch. Vogelius und dessen hinter-
lassenen Witwe Kath. EHsabetha.
1724. Eine Braut, Anna Barb. Hartmos, ist aus Wessen (!).
Am 27. Dezember wurden getraut Gallus Hittele aus
Tyrol und die Witwe Kath. Gener aus Bierlingen in
Schwaben.
1727. Eine Braut, Anna Maria Aumann, ist aus Fischbach bei
Augsburg ; eine zweite, die Witwe Anna Maria Schippert
aus Wittenberg, wurde vor der Trauung in Hördt ka-
tholisch.
1728. Ein Bräutigam, Nik. Ducar, ist von Hayna.
1729. Ein Bräutigam, Joh. Gg. Hennige, ist von Rülzheim;
ein anderer, Joh. Gg. Kegel, der Sohn des Lehrers Joh.
Gg. Kegel, aus Stein im Algäu (Bez.-A. Sonthofen); ein
dritter, Joh. Mich. Feldter, aus Herx[heim]weiher ; eine
Braut, Kath. Gärner, aus Kirchbidene in Schwaben (Kirch-
bierlingen ?). Am 81. Mai wurden getraut: Joh. Karl
Schonbrodt, ^conferentialis cancelista'* in Mannheim, und
Maria Elisab. Euller, Tochter des Schaffners Joh. Hrch.
Adam Euller und seiner Ehefrau Regina.
1730. Eine Braut, Elisab. Moos, ist von Sondemheim ; ein Bräu-
tigam, Adolf Joh. Jak. Hinderhuber, ist von Jockgrim,
seine Braut, Maria Barb. Sauter, von Kuhardt; ein anderer
Bräutigam, der Schuster Jak. Rapp, ist von Bellheim,
seine Braut, Anna Maria Behalter, von Iggelheim.
1731. Eine Braut, Maria Barb. Dürr, ist von „Häsheim proxime
Sueviam* ; ein Bräutigam, Joh. Phil. Boltz, von Zeiskam.
Am 29. April wurden getraut Jos. Forsthover aus Sittling
in Bayern (Bez.-A. Kelheim) und Elisab. Breitberger aus
SQssbach in Bayern (Bez.-A. Dingolfing).
1732. Ein Bräutigam, Joh. Mich. Rapp, ist von Bellheim. Viel-
leicht hat er mit dem oben im Jahre 1780 genannten
Jak. Rapp in der „Rappengasse'' in Hördt gewohnt und
ihr den heute noch geltenden Namen gegeben.
16
1733. Ein Bräutigam, Martin Fuchs, ist von Lingenfeld ; eine
Braut, Anna Bosina Dahler, von Miltenberg; eine zweite,
Maria Kathar. Grolls, aus Waiblingen in Württemberg;
eine dritte, die Witwe Anna Maria Veit, von Neupfotz.
1734. Ein Paar erhielt Dispens in der Blutsverwandtschaft.
Die Gesamtzahl der Trauungen während der Seelsorge-
Tätigkeit des Pfarrers Laer belief sich auf 128, d. i. also jährlich
3 — 4. Ganz merkwürdig ist die grofse Zahl jener, die von auswärts
in das Dorf hineingeheiratet haben.
Am 29. Dezember 1724 wurde mit Mandat des Fürstbischofs
bei einer Strafe von 50 Imperialen für das Seminar verboten,
Angehörige aus anderen Pfarreien ohne Entlassungsschein ihres
Pfarrers zu trauen.
Am 2. Januar 1725 kam die Aufhebung des Ablasses, die
in der Kirche durch Anheftung bekannt zu geben und in das
Taufbuch einzutragen war.
3. Sterberegister.
1700. Am 16. Dezember starb die 100jährige Anna Apollonia
Stubenrauch.
1703. Im Alter von 76 Jahren starb Anna Kathar. Völker, die
15 Jahre als Hebamme in Hördt tätig war.
1705. Ein Bursche von 21 Jahren ertrank im Rhein. Am 25.
Januar starb im Alter von 53 Jahren Job. Gg. Boltz,
der 10 Jahre lang Schultheifs in Hördt gewesen war.
Am 27. April starb seine 24jährige an Job. Veit Duden-
höver verheiratete Tochter.
1706. Am 21. Juli starb Franz Ferdin. Slatterer, während IY2
Jahren Lehrer in Hördt, im Alter von 26 Jahren.
1707. Eine 22jährige Frau erstickte unversehen in der Nacht
an einem Katarrh: „catharrho forsan sufficativo aut asmathe
intra unam horam viva, sana, aegra ac mortua**. Am
1 1 . Oktober starb der Klosterschaflfner Job. Drolshagen
im Alter von 50 Jahren, 4 Kinder und eine trauernde
Witwe hinterlassend. Er wurde am 13. Oktober unter
Beteiligung fast aller Beamten von Germersheim und den
Gemeinden Leimersheim, Hördt, Neupfotz und Kuhardt
im Chor der Kirche bei dem Beichtstühle beerdigt.
19
1710. Eine Frau starb im Wochenbett am Kindbettfieber. Am
3. November starb ein fremder junger Mann unbekannten
Namens, der in einer Sänfte (in canna) aus dem deutschen
Lager von Bheinzabern nach HOrdt getragen wurde und
aus der Gegend von Frankfurt stammte.
1711. Ein 32jfthriger Mann starb am Blutsturz „ex improviso
copiosissimi sanguinis effusione*^. Das am 9. Mftrz ver-
storbene ein Jahr alte Söhnlein des Schaffners Euller
wurde im Chor der Kirche beim Hochaltar auf der Epistel-
seite beigesetzt.
1712. Ein 12jflhriger Knabe fiel von einem Baume und starb
gleich darauf.
1713. Ein 12jährige Knabe ertrank im Rhein.
1715. Joh. Mich. Stubenrauch, der im Alter von 76 Jahren
starb, war aus eignem Antrieb zum Katholizismns über-
getreten. Am 7. Februar wurde die am Tage vorher an
einem sehr hitzigen Fieber, das sie 12 Tage lang mit
gröfster Geduld ertragen hatte, gestorbene 53 oder 54jährige
Jungfrau Anna Sibille Mesen unter dem Geleite der ganzen
Gemeinde, der herbeigeeilten Nachbarpfarrer, mit dem
Dekan an der Spitze, und dem P. Guardian mit einem
Genossen aus Germersheim beerdigt, ,die mir (dem Pfarrer)
15 Jahre in den gefährlichsten Kriegszeiten treu, eifrig
und unermüdlich gedient hatte '^.
1719. Am 1. April starb die 68jährige Witwe Geovefe, welche
der Kirche 15 fl. für ein Jahresgedächtnis vermachte.
1720. unter den Toten dieses Jahres befanden sich ein 26jähriger
Verwandter des Pfarrers, mit Namen Anton Mesen aus
Westerkotten in Westfalen, die 53jährige Ehefrau des
Schultheifsen Joh. Gundermann, ein ca. 50jähriger Zu-
gereister aus Steiermark und ein Tyroler aus St. Agatha,
letzterer plötzlich.
1722. Eine 30jährige Frau starb im Wochenbett (,in puerperio
infelici"^.
1724. Am 12. Januar starb im Alter von 74 Jahren die Witwe
ApoUonia Boltz, die 16 Jahre Hebamme in Hördt war.
Ein 2 4 jähriger Bursche und eine Frau ertranken im Rhein.
Der Leichnam der letzteren wurde nicht mehr aufgefunden.
2*
20
1727. Ein Bürger von ElingenmQnster namens Jakob Rauch
verunglOckte aufeerhalb des Dorfes bei der Mühle.
1728. Eine Witwe namens Margarota Schmidt wurde ca. 100
Jahre alt.
1731. Am 27. August wurde der am 26. verstorbene im Re-
giment des Generals von Spee unter dem Major von
Brandenburg stehende 28jährige Wachtmeister Joh. Peter
Drolshagen in der Pfarrkirche zu Hördt unter dem Geleite
von sehr vielen Geistlichen und Laien beerdigt. Am
20. November wurde der 50jfthrige Convertit Michael
Bessert begraben.
1732. Am 28. Januar starb die 60jährigo Hebamme Margareta
StÜbig, die 10 Jahre in der Gemeinde gewirkt hatte.
1734. Eine von den Franzosen zurückgelassene unbekannte Frauens-
person starb am Schlagflufs, ebenso ein 40jähriger Mann.
Eine fremde Person starb im Wochenbett.
Den 608 wfthrend der 35jährigen Amtsführung des Pfarrers
La6rs erfolgten Taufen stehen 397 Sterbfälle gegenüber, so dafs
durchschnittlich auf jedes Jahr deren 11 — 12 treifen. Die Be-
völkerung dürfte sonach um 211 Personen zugenommen haben, was
ziemlich der Wirklichkeit entsprechen wird.
4. Stiftungsverzeichnisse.
In dem Elenchenbuch von 1695 — 1734 sind auch Stiftungen
von Jahresgedächtnissen verzeichnet, die ebenfalls hier vermerkt
werden sollen.
1719, 1. April, Genovefa Liebel 15 fl.
1727, 21. Juni, Joh. Michael und Anna Apollonia Stubenrauch 15fl.
1730, 13. Februar, Anna Gath. Hermann geb. Scherer 15 fl.
(t am 29. Dezember 1729).
1731, 17. Juni, Anna Böhm geb. Bauer 1 5 fl. (t am 1 6. Juni 1 730).
1738, 7. Juni, Joh. Gg. Stubenrauch 15 fl.
1739, 1. Januar, Jak. Monichbach für 3 hl. Messen im Jahr 15 fl.
1739, 1. Dezember, Gg. Leonh. und Anna Marg. Brechtel 20 fl.
1745, 22. Oktober, Christian Riel aus Fortlouis 15 fl.
1748, 21. Januar Eva Brechtel 20 fl.
1749, 5. Dezember, Julius und Barbara Schwind 20 fl.
1751, 25. April, Anna Maria Stibig 15 fl.
21
E.
Dte Elendien des Pfarrers Johann Stephan Knecht
1735- 1754.
Nach dem am 14. Dezember 1734 erfolgten Tode des Pfarrers
La@r wurde die Verwaltung der Pfarrei dem Pfarrer K heu 11
von Rülzbeim übertragen. Aber schon am 11. Februar 1735 wurde
von der Kurpfftlzischen Regierung der Pfarrer von Bohl, Johann
Stephan Knecht, auf die Pfarrei Hördt präsentiert und am 4. März
1735 in Speier approbiert. Seinen Einzug hielt er am 11. März 1735.
Er war geboren zu Pfiaumheim im Erzbistum Mainz am 27. August
1686 und am 20. Februar 1710 in Fulda zum Priester geweiht.
In den HCrdter Elenchen nennt er sich bald missionarius pontificius,
bald pastor, bald curatus in Hördt. Unter seiner PfarrfQhrung
wurde die Pfarrkirche vergröfsert und im Jahre 1740 konsekriert.
Den Grundrifs zur neuen Kirche hat er in Ermangelung eines
anderen selbst gemacht. ^) Auch er hatte gleich seinem Vorgänger
schwere Zeiten in Hördt durchzumachen, scheint jedoch mit grofsem
Eifer, vielen Kenntnissen und gutem Humor ausgezeichnet dort
gewirkt zu haben. Er wurde nach dem Berichte des Dekan Job.
Casimir Kelle von HatzenbQhl an das Generalvikariat Speier im
Jahre 1754 „nach einer Stägigen Krankheit gestern 2. Mai zu
gröfstem Leydwesen sämtlicher Pfarrkinder, denen er in das 20.
Jahr bestens vorgestanden, durch einen sanften und glQckseligen
Tod, wozu er sich ernst und zeitlich vorbereitet gehabt, in die
Ewigkeit berufen". Sein Gehalt hatte bestanden in 55 mltr. Frucht,
5 Ohm Wein und 150 fl. Geld. Dazu kam noch der Genufs des
Pfarrgartens und der sogen. Gerhards- oder auch Gerlachs-Wiese.
Nach Versteigerung seiner Habe betrug die ganze Hinterlassenschaft
767 fl., welchen 726 fl. 20 kr. Ausgaben gegenüberstanden. Unter
letzteren befanden sich nebst einer gröfseren rflckständigen Schuld
an den Schreiner Schröck in Hördt noch folgende interessante
Posten: ,Dem Fuhrmann für den Doktor zu Lauterburg zu holen
und heimzufahren 3 fl. ; dem Doktor wegen Medizin und Mühe-
vraltung 10 fl.; dem Barbier und zwei Krankenwärtern 6 fl. 28:
dem Schreiner wegen der Totenladt 10 fl.; dem Krämer Beritzy
von Rolzheim fQr allerhand zum Begräbnis 13 fl. 30 kr.; fflr im
Pfarrhaus angeschafl'te Efswaren 14 fl. ; beim Anwaldt in Hördt
») K.-A. Speier^ Höchst. Speier fasc. 383/111, 2.
22
wegen hergegebenem Wein, Bier, Fleisch, Haber und Heu bei
obgedachter Begräbnis und Exequien pie defuncti und sonstigen
Gängen und Mühewaltung 1 fl. 20 kr. ; H. 0.- Amtsschrei her Leister
und O.-Amtsreuther ihr Gebühr 41 fl. ; Herrn decano capituli seine
jura 15 fl. ; capitolo pro mortuali dom. Knecht 1 fl.* ') Die Ab-
rechnung stellte der Definitor, Pfarrer Victor von Leimersheira, auf.
Pfarrer Knecht beginnt seine Einträge durch viele Jahre
hindurch mit einem ansprechenden und anmutenden Vorspruch,
welche Vorsprüche um so höheren Wert besitzen, als sie durch
Anwendung von kleinen und grofsen Buchstaben zugleich die
Jahreszahl enthalten und also mit Fleifs und Kenntnis angewendete
Chronogramme sind. Sie werden im folgenden wiedergegeben
werden. Ferner sind seine Einträge so vollständig als nur wünschens-
wert, oft minutiös genau. Seine Handschrift ist nicht schön, viel-
fach sehr klein und undeutlich und damit insbesondere bei fremden
Namen oft schwer leserlich.
1. Taufregister.
1735. qVos baptlsMI aqVa abLVIt Istos DeVs feLICes atqVe
sanos serVet.
Die ersten 5 Taufen wurden von Pfarrer Kheull
von Rülzheim vorgenommen ; bei einem Kinde ist der
Lehrer Joh. Seb. Meinning von Rülzheim Pate.
26. Juli. Maria Barbara, Tochter von Joh. Leonh.
und Maria Marg. Zentschafirier , Tambour im Regiment
„Touloise''. Paten: Andreas Müller von Molzheim und
Maria Barbara von Basel.
15. Oktober. Johannes, Sohn von Lorenz und Anna
Johanna Desieu. Paten: Joh. Tinel und Maria Labo vom
Regiment „Noailles, Kompagnie La Gressier*.
1736. qVI regeneratl per aqVaM eX spIrltV sanCto hIC De-
slgnantVr a me Joanne Stephano Knecht p. t. parocho.
Bei einem Kinde mit Namen Thomas macht der
Pfarrer die launige Bemerkung: Thoma! Noli esse
incredulus, sed vivito fide viva.
*) K.-A. Speier, Höchst. Speier fasc. 383/1 V.
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1736. 18. Januar. Joseph Anton, Sohn von Nikolaus und Anna
Barb. Gaillniard aus dem schweizerischen Regiment ^de
Bettens, Kompagnie L. B. de Betting*. Paten: Jos. Ant.
Beul! und Maria Franziska Bachmann.
12. November. Joh. Wolfgang, Sohn der lutherischen
Eltern Jakob und Maria Kathar. Fleck, welche aus eigenem
Antrieb die Taufe ihres Kindes vom Pfarrer verlangten.
1737. DoMInVs lesVs ChrlstVs noVIter baptizatos In gratia
sVa Confortet et serVet.
Betreffs einer fremden Witwe, deren uneheliches
Kind der Pfarrer taufte, bemerkt er launig: abiit, excessit,
erupit, evasit non indicato nomine.
1738. DeVs In sVa gratia Vos GonserVet Vt non Inanis per
Vos Ipsos flat per GrIMIna.
1 739. hoC ConserVet In Vobis DeVs qVoD Dat Vobis absqVe
Vobis.
Ein uneheliches Kind stammt von einer Dienstmagd
aus Bayern.
1740. eX fönte herDensI baptizati fVerVnt seqVentes a Me
loanne stephano kneCht CVrato hVIate.
1741. reCorDaMInl noVae hVIVs gratlae eX aqVa et spIrltV
sanCto.
1742. eX fönte sanCto noVI genitl a Votls propositls sVIs
nVnqVaM reCeDant.
1743. eX VnDa saLVtls sVbseqVentes LaVatI sVnt a Me loanne
stephano kneCht pastore.
Unter den in diesem Jahre geborenen Kinder waren
ein Paar Zwillinge und Drillinge.
1744. ego Stephan Vs kneCht CVratVs hoC anno bIsseXtILI rItV
roMano CathoLiCo hos baptIzaVI et InsOrIpsI.
Auch in diesem Jahre sind ein Paar Zwillinge ver-
zeichnet.
1745. Lotl eX aqVa et spIrltV sanCto qVasI nIX DeaLbaMVr.
Ein uneheliches Kind stammt von einer Witwe von
Hördt. Der Vater soll ein Husar aus dem Regiment ,,de
Linten'^ gewesen sein; zwei sind von unbekannten Müttern;
ein viertes von einer bayerischen Mutter mit Namen Maria
Anna Guldenberger, die einen Joh. Werle aus der s&ch-
24
sischen Kompagnie als Ynter angibt. Patin des letzten
Kindes ist eine französische Marketenderin mit Namen
Maria Noailles. Auch sind zwei Paar Zwillinge verzeichnet.
24. Juni. Joseph, ehelicher Sohn von Joh. Jakob
und M. Elisab. Liebel. Paten: Jos. Eiuns, kgl. Sergeant
der Artillerie des Bataillons Bunber, und Charlotte di Bons,
Ehefrau des Joh. Malsieur, Sergeant des Bataillons de
Gotschall.
10. August. Thomas, ehelicher Sohn . von Gabriel
Fosser und Johanna Bombard, Sergeant des Bataillons de
Montagne (Mortaigne, vgl. Nopp, Gesch. v. Philippsburg
S. 442). Pate: Martin Thomas, Sergeant desselben Ba-
taillons.
19. August. Jakob, ehelicher Sohn von Jakob und
Kathar. Müll. Pate: Anton Yiltet, Sekretär aus Königs-
brück (ex ponte regio) und Anna Maria Hersler.
3. September. Maria Anna, eheliche Tochter des
Georg Löderle, Soldat aus dem bayer. Regiment. Patin:
Maria Anna Dietrich. Spender der Taufe: Antonin von
St. Catharina, Karmelite, desselben Regiments Feldpater.
6. September. Jakob, ehelicher Sohn des Jakob und
der Anna Rosa Ganoy. Pate: , Jakob de Frenois, Offizier
ä magacin de Roies* (Le Roy hiefs ein bayer. General,
Nopp S. 446) und Maria Magdal. Moron.
10. September. Maria Anna, eheliche Tochter von
Johann und Maria Kathar. Auersperger, gemeiner Soldat
des bayer. Infanterie - Regimentes. Patin : Maria Agnes
Oswald, verheiratete Frau ans demselben Regiment. Spender
der Taufe: P. Antoninus von St. Catharina, Karmelite,
des Regiments derzeitiger Feldpater.
12. September. Maria Eva Rosina, eheliche Tochter
von Friedrich und Rosina Barb. Soder, gemeiner Soldat
des bayer. Infanterie -Regiments, Kompagnie des Herrn
Peralta. Patin: Eva Rosina Mann, verheiratete Frau aus
demselben Regiment. Spender der Taufe : der obgenannte
Feldprediger.
27. September. Franz Jakob, ehelicher Sohn von
Thomas und Maria Anna Grien, Unteroffizier des bayer.
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Regiments, Kompagnie Ginser sen. Pate: Jakob Moury,
Sergeant deaselben Begiroente und Kompagnie. Spender
der Taufe: Fr. Antonin us.
11. Oktober. Johann Georg, ehelicher Sohn von
Konrad Kroeninger und Maria Clara Dirrschmidt, Tambour-
Major aus dem bayer. Regiment. Pate: Joh. Georg Steig-
mOller, Sergeant desselben Regiments, Komp. de Ginser,
und Elisabetha, die Ehefrau des August Pauli, Korporals
derselben Kompagnie.
2. November. Joh. Joseph, ehelicher Sohn von
August und Elisabetha Pauli, Korporal des bayer. Regi-
ments, Kompagnie de Schaumburg. Pate : Joseph Rödler,
desselben Regiments Chirurg, und Magdal. Bert, des
Roman Weinzüpfel Ehefrau.
15. November. Maria Friederika, eheliche Tochter
von Philipp und Anna Barb. Peternitz. Pate: Maria, die
Frau des Franz Prambilla mit dem Herrn Friedrich v.
Scheid, Hauptmann und Major, alle aus dem Regiment
La Marck.
15. November. Franz, ehelicher Sohn von Elias
und Margar. Kob. Pate: Franz und Kathar. Rausch,
Sergenten des Regiments La Marck.
7. Dezember. Eva Kathar., eheliche Tochter von
Bernhard und Maria Anna Baarfues, «observator pauperum
vel capitain des armes **. Patin: Eva Katharina, Ehefrau
von Georg Wahl, Sergeant, und Konrad Hesling, ebenfalls
Sergeant aus dem Regiment La Marck unter dem Befehls-
haber de Potains.
12. Dezember. Franz, ehelicher Sohn von Joh.
Claudius und Antonette Odin. Pate : Franz Nording, Ser-
geant, und Maria, Ehefrau des Nikol. Leck aus dem Re-
giment La Marck, Kapitän d'Aston.
1746. Isto anno sVb CVra paroChlana eX aqVa et Verbo DIYIno
baqtIzabaM seqVentes ego Joannes Stephan us Knecht.
29. März. Jakob, ehelicher Sohn von Joh. Georg
Maria Apollonia össwein. Pate: Jakob Hagmeister aus
Fortlouis, gegenwärtig Bediensteter im Magazin. ^)
^) Eine Gasse in Hördt heifst heute noch „Magazin**.
26
5. April. Damian, ehelicher Sohn von Franz Mieu
und Magdalena Mouron, ^vandroment ä Conti'' (?). Pate:
Damian, cbevallier de Saint Piere, Offizier im Regiment
de Camille bei der Kavallerie.
14. Juni. Johann Philipp und Katharina, Zwillings-
kinder von Clemens Reiser, Bäcker, Borger aus Fortlouis,
und dessen Ehefrau Anna Maria Bohr. Pate des Knaben :
Job. Phil. Boltz, Anwalt, Metzger und Gastwirt zum
weifsen Schwan ; Patin des M&dchens : Katharina Dietrich
aus Baden mit Jakob Hagmeister.
15. Juni. Elisab. Agatha, eheliche Tochter von
Karl und Eva Elisab. Bertram, auswärtiger Eheleute.
Patin : Elisab. Agatha, Ehefrau von Joh. Peter Miller,
Forstknecht in Schwegenheim.
18. Juni. Johann Franz, Sohn von Joh. Franz Firmin
Emanual Terein de Medici und dessen Ehefrau Kathar.
Maria Anna Keller. Pate: Joh. Tilly, Kaufmann aus Metz.
Eigenhändig unterschrieben sind: „Tiiljparin'' und ,Derihin
de Medde^is*.
3. August. Peter Joseph, Sohn von Karl Joseph
Tadino und seiner Ehefrau Anna Maria Miller. Pate:
Peter Joseph Varin, Kaufmann in Rülzheim.
15. Oktober. Ludwig, Sohn von Ludwig Poinsot,
Chirurg beim Major des Regiments de Loevendal, und
seiner Ehefrau Maria Theresia Foiet. Pate : Jakob Goussier,
Koch bei dem Herrn General, und Magdalena Mainors.
Eigenhändig unterschrieben sind „Poinsot, Chirurg", und
,J. Goussier*.
8. November. Maria Anna Clara, Tochter von Joh.
Ludwig Larminad und seiner Ehefrau Anna Maria Warten
im kgl. Viktualiengeschäft („in officio victuali um regiorum").
1747. Von hier ab unterbleiben die Yorsprüche und Chrono-
gramme und der Pfarrer beginnt mit der Bemerkung, dafs
von ihm die folgenden Kinder getauft worden sind.
Ein uneheliches Kind stammt von einer Neupfotzer
Mutter.
25. Januar. Christina, eheliche Tochter von Konrad
und Maria Anna Vontrier.
27
1748. Ein uneheliches Kind stammt von einer gewissen Eva Lang
aus Niedernberg bei Mainz ; der Vater soll sein : Matthäus
Magarery, Subaltern-Hauptroann im Regiment des Fürsten
von Birkenfeld-ZweibrQcken vulgo de Alsatia.
1749. Die zwei unehelichen Kinder sind von einer Mutter aus
Hördt und einer aus Hambrücken (Kathar. Römer).
1750. Zwei uneheliche Kinder sind Zwillinge einer Mutter aus
Hennen.
2. Februar. .Sanktus Johannes Franziskus*, ehel.
Sohn von Wolfgang und Kathar. Elisab. Roth, Schafhirt.
Paten : Sanktus Johannes Franziskus Lipptau aus St. Goar
und Katharina Walter.
1753 sind 2 Zwillingspaare,
1754 ein Zwillingspaar verzeichnet.
Die letzte von Pfarrer Knecht im Jahre 1754 ein-
getragene Taufe war am 14. Februar. Die nächste, am
5. Mai hat P. Emericus Wich, Franziskaner in Germers-
heim, eingetragen.
11. Mai. Katharina Gäcilia Franziska Josepha,
Tochter von Abraham Arnold Mieg, Oberschultheifs und
Schaffher der kirchl. Gaterverwaltung, und seiner Ehefrau
Antoinette Sophie. Patinnen: Josepha, Ehefrau des Forst-
meisters Sourd von Germersheim, Katharina Kramer,
Caecilia de Jordan und Franziska Jansen.
Im ganzen sind für den Zeitraum von 20 Jahren 467 Ge-
burten registriert, so dafs im Durchschnitt auf ein Jahr deren 23,
gegen 17 unter Pfarrer Laär, treffen. Die Einwohnerzahl hat
also etwas zugenommen. Doch ist zu bedenken, dafs in einzelnen
Jahren unter den Getauften sich ziemlich viele fremde, z. B. im
Jahre 1745 unter 49 Kindern 14 Soldatenkinder, befinden, die
oben alle mit Namen angeführt sind. Über das im Jahre 1735
und 1745 in HOrdt gelegene Militär, wird weiter unten ausführ-
licher berichtet werden.
Unter sämtlichen Kindern befinden sich 1 5 uneheliche. Davon
sind vier, deren Mütter von Hördt stammen ; die anderen stammen
teils von auswärtigen Dienstmägden, teils von anderen fremden
Personen, die sich durch den Krieg herbeigezogen haben. Mehrere
Haie kommen auch .ehelich hinterlassene Kinder* vor, deren Väter
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vor der Geburt ihrer Spröfslinge gestorben sind. Als Paten treten
häufig Personen aus den Nachbardörfern auf. Zweimal ist der
Pfarrer zugleich Täufer und Pate. Öfters erscheint der Lehrer
Trau als Pate und wiederholt auch die Mägde des Pfarrers, in
jenen Fällen, wo der Eile oder einer sonstigen Ursache wegen
kein Pate oder keine Patin zugegen war. Die erste Magd hiefe
Maria Elisab. Sattig und war aus Dieburg; die zweite war eben-
falls aus Dieburg und hiefs Maria Magdal. Würz; sie heiratete im
Jahre 1746 den Lehrer Philipp Peter Trau. Die dritte war Anna
Maria Lichtmayer. Mehrere Nottaufen durch die Amme kamen
vor, welche der Pfarrer alle bedingungsweise wiederholte; femer
eine Haustaufe eines schwachen Kindes.
2. Trauungsregister.
1 735. qVos DeVs VItae soOIetate GonlVnXIt hoMo non separablt.
Die zwei ersten Trauungen nahm Pfarrer K heu 11 von
Rülzheim vor. Eine Braut, Anna Widmann, ist von Neu-
hausen: eine zweite, Anna Eva Jansen, aus Beyertheyl
(wohl Baierthal, Bez. -Amt Wiesloch); eine dritte, Kathar.
Herberger von Durlach, wo ihr Vater Hofmaurer (murarius
aulicus) war.
6. September. Kilian Richar bei der Kompagnie
Clerserie im Infanterie - Regiment de Noailles mit einer
Witwe Anna Maria Renoi (?).
1736. qVos DeVs VItae soOIetate ConIVnXIt Istos hoMo non
separablt.
Ein Paar erhielt vom Nuntius in Köln Dispens,
worin ist nicht gesagt; ein zweites Paar wurde im 3.
Grad der Blutsverwandtschaft dispensiert.
30. Januar. Matthäus Deutscher, Grenadier bei dem
Hauptmann de Reinholds, Komp. im Regim. de Bettens,
Schweiz, mit Anna Maria, eheliche Tochter des Johann
Mallinger, Kommissär in der Garnison Franken thal.
7. August. Der Witwer Martin Riderer, Bademeister,
mit Anna Magdalena, Tochter von Melchior Kauffmann
aus Mergentheim.
1737. beneDICtIo sVpreMa Venlat sVper eos qVI Isto anno
IVnCtI sVnt.
Ein Bräutigam, Georg Bürck, ist von Rülzheim.
2Ö
1738. post sponsaLIa rite et Vere sibl GopVLatI sVnt In
DoMIno IVVenes seqVentes.
Eine Braut, Maria Rosina Teutsch, ist von Rülzheim ;
ein Bräutigam, Andreas Jakob Dietrich, aus Deuringen
(Bez.-Amt Augsburg) in Bayern — ^ex districtu baronis
Deyringen ' .
1739. qVos Charltas hVMana IVnXIt serVet DeVs In paCe.
In diesem Jahre wird blofs ein Paar getraut; die
Braut, Maria Barbara Bung, ist von Herxheim.
1740. desCenDat paX et beneDICtIo CoeLestls sVper noVIter
GopVLatos sVb CVrato loanne Stephane kneCht.
Eine Braut, Maria Katharina Nagel, ist aus Weissen-
bach (Bez.-Amt Triberg) im Gersbacher Tal ; eine zweite,
Maria Margaretha Stägmüller, aus Mingolsheim (Bez.-Amt
Bruchsal); ein Bräutigam, Ludwig Brutzer, aus Zweibrücken.
1741. Istls neosponsis IVnCtls beneDICat qVI prIMos parentes
sponsaVIt et IVnXIt.
Eine Braut, Margaretha Boltz, stammt von Sondem-
beim ; eine zweite, Katharina Frere Jacquin, aus Bflchelberg
(Bigeiberg).
18. Juli. Job. Philipp Boltz, Bürger und Gastwirt
zum weifsen 8chwan, mit Anna Maria Mergen aus dem
Gebiet der Propstei Arlon in Luxemburg. Boltz wird
später Schultheifs und feiert 1791 sein goldenes Hoch-
zeitsjubiläum.
1742. trIbVat Vobis ILLe Ipse Infinite bonVs atqVe benign Vs
sVae beneDICtIonIs gratlaM.
Am 7. November verehelicht sich der Schultheifs
Job. Bernhard Stubenrauch mit Magdalena Schaffner aus
Neckarsulm.
1743. Ipse ConIVngat Vos et beneDICat Vobis qVI prIMos
parentes nostros IVnXIt.
Ein Paar erhielt Dispens im 3. Grad der Bluts-
verwandtschaft.
Am 20. Februar heiratete Job. Weber von Erbach
(ditionis Bambergensis) nach stattgefundenem Prozefs und
erfolgtem Rechtsspruch die geschwängerte Margaretha
Bigel von Dettenheim.
äö
1744. DeVs abrahaM Ipse ConIVngat Yos atqVe In Vbertate
gratlae sVae Yos ConserVet.
Bei einer Trauung waren über 30 Männer Zeugen.
Eine Braut, Anna Elisabetha Schneider, ist aus Rodenberg
in Hessen ; eine zweite, Walburga Kirschbaum, aus St.
Leon; ein Bräutigam, Chrisian Jörg, ist von Heiligenstein;
ein zweiter, Johann Brossel, aus Vilshofen in Niederbayem.
1745. VXor tVa sICVt VItls In LaterlbVs DoMVs fLoreat.
Eine Braut, Maria Pfeiffenberger, ist aus Singen ; eine
zweite, Anna Clara Boman, ist die Witwe eines Soldaten
von Knittelsheim aus der Kompagnie de Romberg; ein
Bräutigam, Joh. Adam Teutsch, ist von Rülzheim.
27. November. Moritz Grethier aus Fahre (?) in
Oberelsalis, Diener bei Herrn Saint Piere, mit Gertraud
Kemer aus Hausbach in Bayern (Bez.-Amt Vilshofen).
15. November. Carl Dague, Sohn von Claudius Dague
und Clara Scaroe aus Marseille, mit Maria Dainele, Tochter
von Melchior Dainele und Elisabetha Le Roy aus Sarre-
louis, hinterlassener Witwe des Peter Verdom aus dem
Regiment La marck. Eigenhändig sind unterschrieben
,C. le Dague* und , Marie Daine*.
1746. prInCIpIVM hVIVs aggreDIVntVr qVatVor neoConIVges.
Eine Braut, Anna Katharina Eigel, ist aus Scheiben -
hardt; eine zweite, Maria Katharina Vogel, aus Kandel.
10. Januar. Johann Konrad Vontrier aus Göppingen
in Württemberg mit Maria Anna Steinbauer aus Allersberg.
11. Januar. Philipp Peter Trau, Schullehrer, Sohn
des Rektors Heinrich Trau in Kaiserslautern, mit Maria
Magdalena Würz aus Dieburg.
28. Mai. Karl Bonnet, „grenadiers royaux de
Kermellet", ging mit Erlaubnis des Obersten de Kermelet
die Ehe ein mit Margaretha Bertram aus Heve(?). Eigen-
händig unterschrieben sind: „Charle Bonnet, Jerom Daniel
und Andsethue dit Sansousy'^, Sergeant der genannten
Kompagnie.
4. Juli. Johann Gautros aus der Provinz Potau
mit Katharina Landold aus Dettingen, Herrschaft Rottenburg.
Unterschrieben sind: Francois Mathey und Joh. Hetzler.
äl
3. Oktober. Johann Franz Janheim, capitain d'armes
aas dem Regiment des Grafen von LOwenthal, Komp. de
Götze, mit Maria Elisabetha Wacker aus Ettlingen. Unter-
schrieben sind als Zeugen: Peter Boofs, Korporal, und
Sartorius, Feldwebel.
14. November. Johann Zweigel, Soldat aus dem
Regiment von Löwenthal, Kompagnie de Rennekamp, mit
Johanna Eigner aus Holtzerlanden in Bayern (d. i. Holz-
harlanden, Ber.-A. Kelheim). Zeugen : Peter Post, Sergeant
derselben Kompagnie, und Joh. Adam May aus dem Dienste
desselben Hauptmanns.
22. November. Joh. Konrad Filinger, Soldat aus
dem Regimeut von Lowenthal, Komp. Rennekamp, mit
Anna Maria Elisabetha Wagner aus Herolds (Herolz, Reg.-
Bez. Gassei). Zeugen: Konrad Matthieu und Balthasar
Hubmann, Sergeanten derselben Kompagnie.
1747. Das Chronogramm fehlt. Eine Braut, Eva Katharina
Reichling, ist von Bellheim; ein Bräutigam, der Schuh-
macher Lorenz Adrian, aus Lorsch bei Mainz.
1748. Ein Bräutigam, der Weber Joh. Peter Schwaab, ist aus
Schneeberg in der Diözese Mainz (wohl Bez.-A. Miltenberg);
ein zweiter, Franz Schirmer, von Rülzheim; ein dritter,
Jakob Valtrauer, aus Schaffhausen. Ein Paar erhielt Dispens
im 3. Grad der Blutsverwandtschaft.
1749. Das erste Paar, herumziehende Fremde, wurde mit aus-
drücklicher Erlaubnis des Generalvikariates Speier getraut.
Ein Bräutigam, Joseph Kohler, ist aus Friesen in Elsafs;
eine Braut, Maria Kathar. Merk, aus Neustadt.
1750. VXor tVa sICVt VItls pLene In LaterlbVs DoMVs iVae.
Ein Paar erhielt Dispens im 3. Grad der Bluts-
verwandtschaft.
9. Juni. Cyriakus Bautretsch aus Diepgheim (Diebols-
heim?) im Elsafs mit Anna Maria Pfeiffenberger aus
Kinsbach (Kindsbach, Bez.-A. Homburg, Pfalz). Zeugen:
Jakob Renni . . . , Korporal im elsafs. Regiment, und
Georg Werner in Hördt.
1751. Ein Bräutigam, Joh. Bopp, ist von Kuhardt; ein zweiter,
Matth. Zwicker, und ein dritter, Andreas Franziskus
(capitanus) Lang, sind von Bretten.
di
13. Juni. Ferdinand Joseph, administrationis ecclesia-
sticae praefectus aerarii, ehelicher Sohn von Seb. und
Theresia Jansen von Köln, mit Maria Franziska, Tochter
von Johann Benedikt und Maria Elisab. Krämer, geistl.
Administrationsrat. Die Pfarreien Heidelberg und Mann-
heim haben Entlalsscheine ausgestellt. Zeugen: Forst-
meister Sourd in Germersheim und SchafFner Mieg in Hördt.
1752. Eine Braut stammt aus Oberlauterbach; ein BrAutigam,
Joseph Bodemer, aus Steinmauern ; ein zweiter, Joh. Peter
Koppel, aus BirkenhOrdt; ein dritter, der Weber Johann
Bachmann, aus Stein in Schwaben.
25. Juli. Benedikt Kramer, geistl. Administrationsrat,
mit Maria Katharina, Witwe des Kellers Joh. Abraham
Jansen von Germersheim. Zeugen : Hofkammerrat Jordan,
Forstmeister Rudolph Sourd von Germersheim und mehrere
andere.
1753. Ein Bräutigam, Ernst Mayer, ist aus Herxheimwejher ;
ein zweiter, Benedikt Knaub, aus Ihlingen (württ. O.-A.
Horb); eine Braut, Maria Elisab. Schardt, aus Kuhardt.
Für ein Paar wurde Dispens im 3. und 4. Grad der
Blutsverwandtschaft erteilt.
1754. Zwei Trauungen wurden noch von Pfarrer Knecht, die
übrigen von seinem Nachfolger vorgenommen. Eine Braut,
Magdalena Gutting, ist von Oberlauterburg; eine zweite,
Maria Barb. Klein, von Dettenheim; ein Brftutigaro, Peter
Hartmann, aus Waldstetten (Bez.-A. Buchen; „ditionis
archiepiscopatus Moguntinensis"); ein zweiter, Joh. Wagner,
aus „ Hessen-Neustadt '^ (wohl Neustadt im Odenwald) ; ein
dritter, Joh. Neigel, aus Eberstein in Baden.
Durchschnittlich fanden in diesem Zeitraum von 20 Jahren
alljährlich etwa 6 Trauungen statt, nur in den Kriegsjahren sind
es deren mehr. Die zahlreichen Bräutigame und Bräute von aus-
wärts sind Handwerksgesellen, Arbeiter und Dienstboten.
3. Sterberegister.
1735. 26. April. Thomas Ring aus dem Regiment de Toulouse,
Komp. Deprenge, geboren in Stelingen (?) im Breisgau
(an Apoplexie) 28. J.
8a
11. August. Claudius Dinise, Sergeant in der Kom-
pagnie Tacku, Regim. Toulouse.
3. September. Ein von einem Baum getroffener und
erschlagener Soldat.
11. Oktober. Ein Soldat (aliquis miles).
1736. 31. Januar. Franz Ägidius Schnerger, Kapitän-Leutnant
im schweizer. Regiment de Bettens, Komp. L. B. de
Retting. 64 J.
14. Februar. Claudius Jak. Dirmi, Soldat aus der
Kompagnie de Retting, aus Lothringen. 26 J.
19. Februar. Ein ehemaliger zum Calvinismus über-
gegangener Ordensmann mit Namen Jakob Abraham, Soldat
aus dem schweizer. Regiment de Bettens, Komp. L. B.
de Retting. Er hatte vor seinem Tode der Calvinischen
Lehre abgeschworen.
28. August. Eva Kathar. Zwicker, welche vor ihrem
Tode der lutherischen Lehre abgeschworen hatte. 46 J.
1737. fIDeLes anIMae LIberentVr eX poenis pVrgatorll atqVe
reqVIesCant.
Der Bademeister Martin Riderer starb am 17. Jan.
36 Jahre alt plötzlich.
1738. reqViesCIte fiDeLes Yos anIMae, qVae in anno Isto eX
Tita Vana evoLastis.
1739. LVX DIVIna LVCeat eis In perpetVVM.
Ein 12jfthriges Mädchen mufste am Tag der ersten hl.
Kommunion ihrer Altersgonossinnen mit den hl. Sterb-
sakramenten versehen werden; ein Knabe von 10 Jahren
ertrank im Rhein vor den Augen seines Vaters, während
3 andere Knaben noch gerettet wurden; eine Frau starb
im Wochenbett; der 54jährige Schultheifs Joh. Gg. Fuchs
starb am 20. Januar am Schlagflufs; ein 26jähriger aus
Rülzheim gebürtiger Dienstknecht wurde vom Blitz erschlagen.
Am 1. Dezember starb der 84jährige Gg. Leonh. Brechtel,
der durch 41 Jahre Forstknecht in Hördt gewesen war.
1740. In DoMIno hoC anno oblerVnt seqVentes sVb pastore
loanne stephano kneCht qVIbVs paX aeterna.
Zwei junge Männer starben am Schlagflufs; eine
junge Frau im Wochenbett.
3
u
1741. oMnIbVs In Christo qVIesCentIbVs DetVr paX et reqVIes
aeterna.
1742. eX Igne ILLo pVrgatorlo DeVs Vos sVsCIpIat In reqVIeM.
Am Schlagflufs starb ein 70jähriger Schafhirte aus
Geinsheim.
Beim 1. Sterbfall, einem einjährigen Knäblein Joh.
Adam, macht der Pfarrer dae Wortspiel:
,Mundi principium vitam donabat Adamo
Anni in principio vitam finivit Adamas*.
Beim letzten Sterbfall, einer 71jährigen Matrone,
schreibt der Pfarrer: ,agMen sepYLtYrae hVIVs annI
CLaVDebat Vna anVs septVagena.
1743. LVX aeterna LVCeat eis CVM eLeCtIs tVIs nVnC et
per saeCVLa.
Bei einer 7djährigen Frau, deren Mann, mit dem
sie 12 Kinder erzeugt und das goldene Ehejubiläum ge-
feiert hatte, noch lebte, heifst es: .VXor IVbILarla
ConraDI herMans bis seX proLIbVs genltls".
1744. LVX aeterna LVCeat eis CVM eLeCtIs tVIs nVnC et In
saeCVLa.
1745. LVX perpetVa LVCeat eis DoMIne qVI VIVIs et regnas.
Eine 50jährige Frau, Margaretha Ziel, wurde unter
freiem Himmel vor ihrem Hause von ihrem eigenen Pferde
erschlagen. Eine 24jährige Frauensperson aus Durlach,
„die ein elendes Sündenleben führte und an eine Bulse
vielleicht nicht dachte*, fand man morgens tot im Bett
liegen ; ebenfo eine ehrbare und fromme 28jährige Witwe.
17. August. Plötzlich starb Peter Gauthier aus
dem Regiment de Normandie.
22. September. Kathar. Charem, Ehefrau von Nik.
Charem aus dem Regiment de Normandie.
12. Oktober. Ludovika, Schwester von Benedikt
Blange, einem Franzosen.
13. Oktober. Jakob, Sohn des Soldaten Lederle aus
dem bayer. Regiment.
22. Oktober. Christian Riel, Bürger und Metzger aus
Fortlouis.
16. November. Ein Franzose mit seiner Frau; Name
unbekannt.
ftS
29. November. Franz Therell, ehemaliger Schullehrei*
in Wörth; 66 J.
6. Dezember. Elisabeth Dancom, eine Fremde, ge-
boren in Speier; 46 J.
1 1 . Dezember. Anton Priese vom Dienste des General-
kommissärs aus Saint Disie.
25. Dezember. Bernhard Moser, 5 Tage nach seiner
Frau, nachdem sie erst am 17. September getraut worden
waren. ^)
1746. In DoMIno oblerVnt eX hVIatIbVs sVb CVra stephani
kneCht seqVentes.
1750. eX haC paroChIa obIVerVnt In DoMIno IVVenes atqVe
senes sVbseqVentes.
2 Kinder starben an demselben Tag, an welchem
2 Mädchen im Alter von 14 und l^s Jahren ertranken.
Der Pfarrer macht hierzu den Vers:
Si faciant chorum quatuor de sorte sodales
£x Hoerdt sie coelum virginitatis init una die chorus.
Eine 82jährige Matrone starb am 1. Januar, eine 55jährige
am 26. Dezember; der Pfarrer schreibt hieraber: «VetYLa
oCtVogenarla ab ortV anni eXVLabat, qVInqVagenarla
fIneM Dabat.
1751. Bei einer 68jährigen Frau, welche vom Pfarrer und ihren
Angehörigen genugsam gemahnt den Empfang der hl.
Sterbsakramente immer von einem Tag auf den anderen
verschob, aber vom Tod überrascht daran gehindert wurde,
bemerkt der Pfarrer schmerzlich: das verwünschte
morgen, morgen!
1752. 22. Mai starb in Speier „der talentierte, fromme und
hoffnungsvollste Jüngling, Studiosus der Syntax, eine
Zierde der Studenten und eine Krone der Jünglinge, ein
^) Da im Jahre 1745 hauptsächlich vom Monat August ab eine
schwere Krankheit unter Menschen und Vieh zahlreiche Opfer forderte,
so machte der Pfarrer, wie er auf dem drittletzten Blatt des Buches be-
merkt, das Gelübde an allen Samstagen des Jahres abends vor dem Altare
der Unbefleckten Empfängnis in der Pfarrkirche zu Hördt die Lauretanische
Litanei mit dem Salve Regina zu beten. Eine Statue der UnbeHeckten
Empfängnis aus Gufs auf dem Kirchenspeicher in Hördt dürfte aus der-
selben Zeit stammen.
3*
d6
Muster der Frömmigkeit', Johann Georg Hinekelbein,
begraben im Chor der PP. Dominikaner beim Eingang
der Kirche nahe bei der TQre zur rechten Seite; 21 J.
1753. Eine 39jfthrige Frau folgte nach einem Monat ihrer Mutter
und ihrem Sohne im Tode nach; ein 19j&hriger Jüngling
starb 18 Tage nach seinem Vater. Die älteste Person
erreichte 86 Lebensjahre. Ein 6jähriger Sohn des Kloster-
schaifners Mieg wurde in der Kirche beim Muttergottes-
Altar beerdigt.
1754. Der letzte von Pfarrer Knecht eingetragene Sterbfall war
am 16. März, dann folgen 9 vom Franziskanerpater
Emericus Wich eingetragene Sterbfälle vom 25. April
bis zum 9. Juli und am 20. Juli beginnen die Einträge
durch Pfarrer Haas.
2. Mai. Stephan Knecht, durch 20 Jahre dahier
mit gröfstem Fleifse Pfarrer im Alter von 68 Jahren. R. I. P.
Aus den Sterberegistem ist zu ersehen, wie sorgfältig und
umsichtig der Pfarrer sein Amt verwaltet hat. Die erwachsenen
Kinder, welche den Gebrauch der Vernunft erlangt hatten, erhielten
vom Pfarrer vor ihrem Tode das hl. Sakrament der letzten Ölung
und der Pfarrer tadelt es einmal bitter, wie ein lOjähriger Knabe
durch die Schuld seines Vaters ohne dieses hl. Sakrament zu em-
pfangen, sterben mufste. Auch bei Unglücksfällen und raschen
Todesfällen steht der Pfarrer immer bereit zur Seite, um wo
möglich noch das hl. Sakrament der Ölung spenden zu können.
Nimmt man zu diesen Zeichen eines rühmlichen Seeleneifers noch
die sinnreichen Ghronogramme und sonstigen eingeflochtenen Be-
merkungen hinzn, so steht fest, dafs Pfarrer Knecht ein sehr
gewissenhafter mit grofsen und schönen Geistesanlagen begabter
Seelsorger war.
Auffallen mufs bei den Sterberegistem eine verhältnismäfsig
grofse Anzahl von Todesfällen bei gröfseren Kindern und jungen
Leuten in der Blüte des Alters. Ebenso die vielen, plötzlichen
Todesfälle. Es müssen wiederiiolt schwere ansteckende Krankheiten
in diesen 20 Jahren in Hördt grassiert haben, wozu die Kriegs-
zeiten und vieles herumziehende Volk ein Erkleckliches beigetragen
haben dürften. Vielleicht liefäen auch die gesundheitlichen Ver-
87
hältnisse infolge vieler stagnierender Sflnipfe in den Rheinniederungen
und ärmlicher Lebensweise, sowie mangelhafter Behandlung durch
Ammen, Chirurgen und Apotheker vieles zu wünschen Obrig.
4. Firmungsregister.
Das erste von der Hand des Pfarrers Knecht eingetragene
Verzeichnis von Firmlingen zAhlt deren 91, gibt als Ort der
Firmung Landau an und als Spender den Fürstbischof selbst, ohne
jedoch dessen Namen und das Jahr der Firmung zu nennen. Vielleicht
fand sie vor dem Jahre 1700 statt, da in dem oberhirtlichen
Visitationsprotokoll vom Jahre 1729 der Pfarrer La3r die Zahl
der zur Firmung Angemeldeten auf ungefähr 30 angibt und bemerkt,
dafs man nicht wisse, wann die letzte Firmung in Hördt war.
Auch die nächste Firmungsliste ist wohl von einer früheren
Liste abgeschrieben. Sie zählt 87 Firmlinge aus Hördt auf, die
am 31. Mai 1731 auf den Dreifaltigkeitssonntag bei der Konsekration
der Kirche in Leimersheim von Weihbischof Petrus Cornelius Bey weg
das hl. Sakrament der Firmung empfangen haben.
Ein weiteres Verzeichnis nennt 145 Firmlinge aus Hördt,
darunter einen 80er, einen 78er, einen 70er, zwei 60er u. s. w.
Sie wurden mit noch anderen Firmlingen aus Bellheim, Leimersheim,
ROlzheim und Sondernheim gefirmt am 2. Oktober 1740 bei der
Konsekration der vergrölserten Pfarrkirche in Hördt durch den
genannten Weihbischof Beyweg. Über diese Feier berichtet der
Weihbischof unterm 15. Oktober ausführlich an den Fürstbischof
in Bruchsal.^) Darnach wurde der Weihbischof am 1. Okt. 1740
, durch pfrohn fuhren von Herd*^ in Speier abgeholt und mit den
hl. Reliquien in würdiger Weise in die neu restaurierte Kirche
eingeführt. Dort fand er alles zur Kirchenkonsekration Notwendige
wohl vorbereitet und so vollzog er am Sonntag Morgen die Weihe
der Kirche mit dem Hochaltare zu Ehren des hl. Georg und iirmte
»nachmittags 869, welche in guter Ordnung erschienen und ge-
beichtet hatten". Am Montag morgen konsekrierte er die beiden
Seiienaltäre, den auf der Evangelienseite zu Ehren der hl. Jungfrau
Maria von der unbefleckten Empfängnis, den auf der Epistelseite
zu Ehren des hl. Johann Nepomuk. In alle drei Altäre wurden
Reliquien von den hl. Märtyrern Vinzentius, Desiderius und noch
>) K.-A. Speier, Höchst. Speier fasc. 383/III, 2.
38
anderen eingeschlossen, der übliche Ablafs jedes Mal verkündet,
der Jahrestag der Kirchweihe auf den Sonntag nach St. Bartholomftus
und der Altarweihe auf das Patronsfest eines jeden derselben fest-
gelegt. Nach der Weihe der beiden Seitenaltäre wurden morgens
noch 589 gefirrot und , nach mittag sind sowohl die beschriebenen
als unbeschriebenen in solcher Menge und Vielheit zu der hl.
Firmung geloffen, dafs wegen Unordnung und Impetuosität der
vielen Firmling dieses hl. Sakrament mit gebührender Andacht
und Ehrerbietsamkeit nicht hat können empfangen und ausgeteilt
werden, sondern hab meine Paramente zammen packet und bin
morgens umb 7 uhr durch die Herdter frohnfuhren nacher Haufs
gefahret worden*. Die Firmlinge waren , mehrentheils aus Chur
Pfälzischen Orth und der Pfarrei Cander.
Endlich ist von der Hand des Pfarrers Knecht noch ein
Verzeichnis von 69 Firmlingen eingetragen, die am 20. September
1746 in Germersheim durch den Weihbischof Johannes Adamus
Buckel die hl. Salbung mit Chrisam und Handauflegung empfingen.
5. Weitere Verzeichnisse.
Ein weiterer Bericht des Pfarrers Knecht betrifft die Ver-
gröfserung und Konsekration der Pfarrkirche 1738 — 1740 und
die durch den Weihbischof Beyweg am 11. November 1740 in
Speier in der Kirche zu Allen Heiligen erfolgte Benediktion von
zwei neuen Glocken. Die gröfsere wurde zu Ehren des hl. Franziskus
und Andreas geweiht ; ihre Taufpaten waren Franz Andreas Duplessi,
Sekretär des hoch würdigsten Kapitels, mit seiner Frau. Die kleinere
wurde zu Ehren des hl. Wilhelm und der hl. Maria und Eva geweiht;
ihre Taufpaten waren Wilhelm Wölcker, Gerichtsschöffe in Rhein-
zabern, und die Jungfrau Maria Eva Kimmel aus Fulda, die zur
Zeit beim Weihbischof in Dienst stand. Ferner werden verschiedene
Wohltäter der Kirche aufgezählt. Unter andern stiftete der Pfarrer
ein auf Leinwand gemaltes Bild des hl. Johannes Nepomuk und
des hl. Wendelinus. Darnach folgt die Begistrierung von sieben
Personen, die vom Protestantismus zum Katholizismus übergetreten
sind. Es befindet sich darunter ein Soldat aus dem schweizerischen
Regiment de Bettens, Kompagnie de Retting (1736), eine Jungfrau
aus Rodenburg in Hessen (Rothenberg, Kr. Erbach) (1742), eine
solche aus Neugeisig (?) in Sachsen (1744) und eine solche aus
Oppenheim.
89
Zuletzt werden noch die Prozessionen, welche der Pfarrer
in HOrdt zu halten hat, aufgez&hlt. Das , Salve'' am Samstag
Abend, das der Pfarrer im Jahre 1745 gelobt hatte, wird als sein
persönliches Gelübde erklärt, welches für seine Nachfolger nicht
verpflichtend w&re, wie er an Allerheiligen 1745 von der Kanzel
herab verkündigt hätte.
6. Schlufsbemerkung.
Aus diesen Elenchen des Pfarrers Job. Stephan Knecht von
1735 — 1754 geht hervor, dafs der sittliche und religiöse Zustand
der Pfarrgemeinde Hördt in diesen 20 Jahren ein recht guter war.
Die Zahl der unehelich erzeugten Kinder war für diese kriegerischen
Zeiten im allgemeinen keine grofse, und es bleiben, wenn die in
Hördt geborenen unehelichen Kinder der zugezogenen fremden
Frauenspersonen in Abzug kommen , für Hördt allein 4 solche
Kinder übrig, was bei 20 — 22 jährlichen Geburten in einem Zeit-
raum von 20 Jahren gewifs kein grofser Prozentsatz ist.
Freilich ist dieser gute sittliche und religiöse Zustand der
Gemeinde zum teil auch dem eifrigen und unermüdeten Wirken ihres
tüchtigen Seelsorgers zuzuschreiben, der mit seinen gewissenhaft
geführten Elenchen und ihren anmutenden und sinnreichen Vor-
sprüchen einem jeden Seelsorger ein nachahmungswertes Muster
sein kann.
Zuletzt sei nun noch eine Bemerkung gestattet über die
Truppen, welche in dem polnischen und österreichischen Erbfolge-
krieg mit Weib und Kind in Hördt kampierten.
Im polnischen Erbfolgekrieg (1733 — 1738) waren es Soldaten
derselben französischen und schweizerischen Regimenter, die auch
in Germersheim und in der ganzen Umgegend lagen und von hier
aus zur Belagerung der Beichsfestung Philippsburg über den Rhein
zogen. ^) In Hördt befanden sich nach den obigen Registern im
April, Juli, August, September und Oktober 1735 Abteilungen der
französischen Regimenter Toulouse und Noailles, im Januar, Fe-
bruar und wahrscheinlich bis Juni 1 736 solche aus dem schweizer-
ischen Regiment de Bettens. Wie die Germersheimer sich bitter
beklagten über den erlittenen Schaden, so konnten es auch die
Hördter. So bestätigt ein Bericht des Hördter Dorfgerichts vom
^) Probst, Geschichte der Stadt Germersheim, S. 88 und 89, und
Nopp, Geschichte der Stadt Philippsburg, S. 377—411.
40
Jahre 1784^) gegenüber der Güteradministration Heidelberg, dafs
dem Klosterschaffner Euller im Sommer 1734 alles Heu und Ohmetgras
auf dem kleinen Brühl durch Fouragiere völlig abgeweidet und die
Wiesen durch die vielen Pferde sehr verdorben worden seien, sowie
es auch mit den darum liegenden Wiesen ergangen sei. Auch
habe er die Schafherde eine Zeit lang aus Gefahr vor den vielen
Fouragierern und Marodeuren hin wegtreiben und mit Kosten ander-
wärts weiden lassen müssen, wie er auch wegen so vieler verderb-
licher Fouragierungen gar keine Pferchfrüchte bekommen, welche
alle verloren gegangen, so dafs er 1734 aus dieser Schafweide
keinen Nutzen gehabt, um so mehr, als er den ganzen Sommer
nicht vom Kloster fortkommen konnte wegen des beständigen
Fouragierens und auch wegen Einquartierung der vornehmsten
französischen Generalspersonen im Kloster, in Prinzen und Herzogen
bestehend, wodurch er dann auch seine eigene Habe in der Scheuer,
ferner 20 Malter Herrschaftshafer auf seinem Speicher, nebst vielen*
hundert Zentnern altem Heu, vielem Stroh, Federvieh und anderem,
durch Kriegsgewalt verloren habe, und dafs es, wenn er sich vom
Kloster entfernt hätte, noch übler hergegangen wäre.
So ist es aber auch durch die Jahre 1735 und 1736 allen
Bewohnern von Hördt und Umgegend ergangen, und was die Pächter
des Grofsfischlinger Hofgutes der Propstei Hördt und die übrigen
Bauern von Grofs- und Kleinfischlingen über Fouragierungen durch
die Franzosen im November und Dezember 1735 an die Güter-
administration Heidelberg berichten, grenzt fast an das Unglaubliche/"^)
Im österreichischen Erbfolgekrieg (1740—1748), da der
bayerische Kurfürst Karl Albert, im Jahre 1742 zu Frankfurt zum
deutschen Kaiser erwählt und als Karl VII. gekrönt, mit Frankreich
und Preufsen gegen Osterreich kämpfte und das Kriegsglück bald
auf dieser bald auf jener Seite war, wurde die Gegend von Philipps-
burg, Germersheim und Landau von Kriegsvölkern wiederholt schwer
heimgesucht, namentlich bei der Flucht der Bayern und Franzosen
auf das linke Rheinufer und beim Übergang der Österreicher über
den Rhein bei Schröck gegenüber Leimersheim vom 1 . — 3. Juli
1744. Nach den obigen Elenchen kampierten in Hördt im J. 1745
viBn Juni bis August Abteilungen der Artillerie-Bataillone Bunber,
Gotschall und Montagne, vom September bis November die Kompagnien
M K.-A. Speier, GGA. fasc. 536, 3.
2) K.-A. Speler, GGA. fasc. 556c.
41
Peraita, Ginser und Schaumburg mit einem Feldpater von einem
bayer. Infanterie- Regiment ; im November und Dezember die Kom-
pagnien de Potain und d'Aston vom Regiment La Marck; im
Jahre 1746 von Mftrz bis November Grenadiere der Kompagnie
Kermelet, Kavallerie vom Regiment de Gamille, von Oktober bis
November die Kompagnien Götze und Rennekamp vom Regiment
Löwenthal.
Über diese Zeiten werden wie aus Philippsburg und Germers-
heim und allen benachbarten Ortschaften auch aus Hördt viele und
schwere Schmerzensrufe vernommen. So berichtet der Pächter der
Schafweide des Klosters Hördt, ^) dafs er im Jahre 1743 an die
Franzosen 100 Gebund Heu, 3 Mltr. Spelz und 138 Gebund Korn-
stroh als Fourage abgeben mufste. Ferner seien 15 französische
yGefson Kärch' jeder mit 4 Pferden eine ganze Nacht auf der
kleinen Brühl -Wiese gewesen und hätten alles abgeweidet; auch
hätte er 3 Jahre lang jedes Jahr 12 fl. Husarengeld zahlen mOssen.
Im Jahre 1744 hätten ihm die Kaiserlichen seino sämtliche neue
, Pferch- und Schafknechts-Kärrig'^ völlig verbrannt. Auch habe
er wegen der grofsen Kriegsgefahr über ein viertel Jahr die Weide
zu Hördt mit seiner ganzen Herde Schafen verlassen und mit
schweren Kosten diesseits des Rheins hin und wieder herumtreiben
und mehr als 40 fl. Schaden erleiden müssen. Im Jahre 1746
klagt der Schäfer, dafs er den ganzen Sommer sein Vieh nicht in
den Bellheimer Wald treiben konnte, da die Franzosen bei der
Spiegelberger Gemarkung an der Germersheimer Landstrafse einen
„grofsen, erstaunlichen und hohen Damm" aufgeworfen und den
Zugang unmöglich gemacht hätten, da man weder über die Strafse
gehen, reiten, fahren, viel weniger mit dem Vieh hinüberzukommen
imstande gewesen wäre. Der Klosterschaffner Euller ergänzt noch
diesen Bericht und bestätigt unterm 17. Dezember 1746, wie durch
die französische Linie von Queichheim bis zum Spiegelberg die
Felder und Winsen gänzlich ruiniert wurden.^)
Ähnlich wie der Pächter der Schafweide jammert jener der
Hördter Klosterziegeiei. Es sei dorfkundig, schreibt er im Jahre
1744^) an die Heidelberger Güteradministration, dafs er die Ziegel-
hütte von dem Sommer Johann Baptist -Tag an bis zur darauf-
folgenden Michaelis-Zeit wegen der hereinbekommenen französischen
*) K.-A. *Speier, GGA.. fasc. 564a. *) K.-A. Speier, GGA., fasc.
567, 3. 8) K.-A. Speier, GGA., fasc. 563.
42
Wacht mit nicht dem geringsten Heller Gewinn oder Nutzen nicht
nur nicht profitieren, sondern auch die dabei liegenden Äcker nicht
einmal eins&en können, weil die tägliche Ablösungswacht ,, längs
und Qberzwerg* den Marsch darüber genommen hätte. Er übergab
darum die Ziegelei an einen anderen Pächter und dieser erscheint
bald ebenfalls mit bitteren Klagen über die kaiserlichen und fran-
zösischen Völker. Er hätte im Jahre 1744 die Ziegelhütte nicht
nur nicht benützen können, sondern es seien ihm mehr als 12
Klafter Holz verbrannt und entwendet worden. Für Materialien,
Arbeitslohn u. h. w. zur Restaurierung der ruinierten Ziegelhütte
hätte er über 100 f. ausgeben müssen. Im Jahre 1745 seien ihm
durch die Truppen über 100 Klafter Holz verbrannt worden. Auf
den Rat des Klosterschaffners und den Befehl des im Kloster ein-
quartierten Generals hätte er sich mit über 20 fl. Ausgaben ein
Wachthaus gebaut, aber dennoch hätten die Soldaten im Jahre 1746
über 25 Klafter Holz nächtlicher Weise geraubt u. s. w. Mit ihm
beklagt sich der Klostermüller in ähnlicher Weise.
Der Pächter des 100 Morgen grofeen «Bellheimer Hofes''
(beim heutigen Altrhein in der Hördter Gemarkung gelegen) jammert
unterm 25. Januar 1745,^) dais durch die weltbekannte Invasion
der kgl. ungarnischen Armee in hiesigem Revier, „ wobei Husaren,
Banduren und Croaten insbesondere bei uns den Meister gespielt '',
vorher aber auch die kaiserlichen Regimenter, wo sie hingerückt,
vieles verzehrt, nicht nur die angeblümten Felder meistenteils
gänzlich ruiniert und vertreten, sondern auch insbesondere alles
von den Bestandsgütern eingeheimste Heu mit Gewalt fouragiert
und weggenommen hätten. Er sei selbst in gröfster Leibs- und
Lebensgefahr gestanden und habe mit gröisten Kosten eine Grenadier-
Wacht von dem Fürsten von Waldeck bekommen.
Endlich heulen auoh die Hördter Fischer,^) dafs sie 1743
und 1744 wegen französicher Kriegsgewalt nicht fischen konnten.
Kein Fischer durfte sich auf dem Rheine sehen lassen. Die Generäle
hätten einen Hördter Fischer gezwungen, im Bestand des Detten-
heimer Fischers, im sogenannten Rheinschwenkel, zu fischen. Dabei
hätte dieser 6 Garn eingebüfst. Ebenso führen die Leimersheimer
Fischer Beschwerde, dafs sie im Jahre 1745 wegen der vielen
französischen Truppen nicht fischen konnnten und dafs ihnen sogar
die Fischgarne weggenommen und zerschnitten wurden.
1) K.-A. Speier, GGA., fasc. 560 a. «) K.-A. Speier, GGA., fasc. 537.
43
E8 ist erklärlich, dafe solche Schindereien und Plackereien
auf die Gemüter der Bauern nicht den besten Eindruck machten.
Der 30j&hrige Krieg hatte die Pfalz zu einer Wüste umgewandelt
und kaum hatten sich die Bauern recht besonnen, ihre Felder
wieder zu kultivieren, da drangen die Franzosen sengend und
brennend in die Pfalz, legten 1676 die Stadt Germersheira in
Schutt und Asche und nahmen 1682 unter vielen Erpressungen
und Gewalttaten das Oberamt Gerroersheim in Besitz. Dann kam
der Orleans'sche Krieg (1688 — 1697) und die Bewohner der Pfalz
hatten aufser den furchtbaren Zerstörungen des Jahres 1689 durch
die Franzosen noch üns&gliches unter den vielen Einquartierungen
und Truppendurchzügen zu dulden und ein ebenso tragisches Ge-
schick traf sie, wie oben schon dargetan, im spanischen Erbfolge-
krieg. Nun kamen diese eben geschilderten harten Prüfungen im
polnischen und österreichischen Erbfolgekrieg und dazu noch wiederholt
grofse Rhein Überschwemmungen und ansteckende Krankheiten.
Derjenige, der noch am ersten und besten in der Lage ge-
wesen wäre, die Not der Hördter Bauern zu lindern, war der
Klosterschaffner Euller. Doch dieser Mann hatte kein Herz für
die Bauern. Er suchte, allerdings von der Güteradministration
Heidelberg dazu gedrängt, möglichst viel Pachtzins aus den Kloster-
gOtern herauszuschlagen, unbekümmert darum, ob das Herz der
Bauern blutete und ihr Innerstes knirschte vor Wut. Um nur ein
Beispiel zu zeigen, sei das folgende erwähnt. Als der Pächter
der Hördter Schafweide im Jahre 1746 wegen des oben erwähnten
durch die Franzosen erlittenen grofsen Schadens um NachlaÜB oder
Stundung seines Pachtzinses nachsuchte, legte der Schaffner nicht
nur keine Fürbitte für ihn ein, sondern er bestritt noch den
erlittenen Schaden mit der armseligen Begründung, dafs der Schäfer
,bey denen dahier sich den gantzen Sommer hindurch aufgehaltenen
frembden Metzgern, welche denen im ganzen Sommer und bis
jetzo dahier cantonierten französischen Soldaten das Fleisch ange-
schafft haben, sein schlechtigstes Yieh eben so hoch im preys als
wie sonsten das beste ums haare Geld angebracht hat. " ^)
^) K.-A. Speier, GGA., fasc. 564 a. Derselbe Schaffner liefs auch
die Spiegelburg und das Kloster mit seiner dreischiffigen grofsen gotischen
Kirche niederi-eifsen und die Steine verkaufen, worüber ihm die Gemeinde
Hördt, die eben mit ihrer armseligen Pfarrkirche vor einem kostspieligen
I^eabau steht, heute noch ernstlich grollen mufs.
44
Ist 68 unter solchen Umständen zu wundern, wenn der Bauer
aus Notwehr zur Selbsthilfe greift ? Zuerst verweigerten die Hördter
Bauern dem Schaffner hartnäckig drei Jahre lang die Frondienste
und als dieser sich hierüber bei der Geistl. Gflteradministration
beschwerte und diese Miene machte, die Frondienste zu erzwingen,
da antworteten die Bauern damit, dafs sie durch ihren Kuhhirten
den Zaun um die nächst dem Kloster gelegene grofse Goldgruben-
wiese ausreifsen und mit der ganzen Herde wiederholt, unbekfimmert
um den Protest des Schaffners, dort weiden liefsen. Der Schaffner
meldete das nach Heidelberg mit dem Bemerken, es scheine der
vormalige Bauernkrieg wolle sich bei den Bauern in Hördt gegen
die Propdtei wieder erheben. Daraufhin wurde der Schaffner be-
auftragt, den erlittenen Schaden taxieren zu lassen und die Gemeinde
zu pfänden. Das war nun selbst dem Schaffner zu viel! Er
schrieb unterm 2. Oktober 1747 an die Güter -Verwaltung in
Heidelberg: ,Nun lasse ich eine hochlöbliche Geistliche Administration
hochvemünftig urteilen, wie ich mit meiner Wenigkeit im Stand
sein sollen, eine ganze Gemeinde zu pfänden. Diese vielen desperaten
Bauern täten mich ja zum Krüppel schlagen, andern teils kann ich
niemand hier bekommen, welcher den Schaden taxierte, weil fast
niemand mit den bösen Hördter Bauern will zu tun haben''. Was
war die Antwort hierauf? Er solle pfänden, andernfalls würde
man sich des Schadens wegen an ihm erholen müssen I Das Oberamt
Germersheim aber, welches die gedrückten Bauern heimlich unter-
stützte, bekam eine bedeutende — Nase! ^)
Ob wohl die noch in Hördt bestehenden Flurnamen : die
Schanz, die Schanzengräben und das Schanzenfeld aus dieser traurigen
Zeit stammen?
F.
Die Elenchen des Pfarrers Andreas Baas
1754-1774,
Nachdem der Pfarrer Johann Stephan Knecht am 2. Mai
1754 das Zeitliche gesegnet hatte, wurde schon unterm 17. Mai
desselben Jahres der Pfarrer von Oberflörsheim, Andreas Haas,
von der kurfürstlichen Regierung in Mannheim auf Hördt präsentiert
und unterm 28. Juni 1754 durch den Bischof von Worms ernannt.
Er zählte schon 58 Lebensjahre, wie er nach Hördt kam, und war
1) K.-A. Speier. GGA., fasc. 561b.
46
fQr diese durch die vorausgegangenen harten Schicksalsschläge in
religiös sittlicher Hinsicht schwer bedrohte Pfarrgemeinde zu alt.
Einige Jahre ging es ja noch, aber bald mufste er sich wegen
Kränklichkeit vielfach durch die Franziskaner in Germersheim aus-
helfen lassen, was natürlich nur eine unvollständige Seelsorge sein
konnte. Zuletzt ist diese sehr verfallen und das Generalvikariat
Speier wendete sich unterm 26. August 1774 an die kurpfälzische
Regierung und gab ihr anheim, irgendwelche Abhilfe zu treffen.
Da berichtete der Dekan Faigle von Hatzenbühl unterm 9. De-
zember 1774, dafs der Pfarrer im 78. Jahre seines ruhmvollen
Alters nach ausgestandener langwieriger Krankheit mit den hl.
Sterbsakramenten wohl versehen den 7. Dezember abends zwischen
7 und 8 Uhr in Gott selig entschlafen und dessen entseelter
Leichnam am 9. Dezember um 10 Uhr vormittags in dem Chor
der Pfarrkirche zu HOrdt in gehöriger Entfernung von dem Altar
durch ihn in seine ewige Ruhestätte gelegt worden sei. An Mitteln
finde sich gar nichts vor, indem der Verstorbene etliche Jahre
krank gelegen wäre und die Einkünfte der Pfarrei ohnehin sehr
gering seien. ^)
Seine Elenchen hat jedoch der alte Herr — das mufs zu
seiner Ehre gesagt werden — bis zu seinem Tode eigenhändig
und gewissenhaft geführt, wenn er auch vielleicht sonst manches
seines hohen Alters wegen in seinem Dienste unterlassen mufiste.
Auch hatte er eine schöne zierliche und leicht leserliche Handschrift,
was ein weiterer Grund ist, ihm wohl geneigt zu sein.
1. Taufregister.
1755. Unter den Getauften befindet sich das Kind einer fremden
lutherischen Person, die behauptete mit dem Forstknecht
Adam Hahn in Bischheim verheiratet zu sein.
20. Mai. Benedikt Friedrich Albert, ehelicher Sohn
von Abraham Arnold Mieg, Schaffner in Hördt. Paten :
die Administrationsräte Job. Benedikt Kramer und Friedrich
Jordan von Heidelberg, sowie der Forstmeister Albert
Sourd von Germersheini.
1760. Am 28. Dezember wurde geboren und tags darauf getauft:
Joseph Konrad Franz, ehelicher Sohn des Schaffners Abraham
Arnold Mieg und dessen Ehefrau Sophie Kramer. Pate:
*) K.-A. Speier, Höchst. Speier fasc. 383/iV.
u
Joh. Konrad Victor, Pfarrer in Leimersheim und Kammerer
des Landkapitels Herxheim.
1761. Am 14. Februar ist Franz Jos. Dieterich, ledig, aus Grofs-
rindersheim in der Erzdiözese Mainz (1 wohl Grofsrinderfeld,
Kr. Mosbach, Baden), z. Z. Lehrer in HOrdt, Taufpate.
1763. 3 uneheliche Zwillingspaare wurden in diesem Jahre ge-
boren.
1764. Am 23. November wurde geboren und tags darauf getauft:
Maximilian Carl Clemens, Sohn des Schaffners Philipp
Franz Xaver Speeg und dessen Ehefrau Maria Jakobina.
Pate: der wirkliche Kammerherr Maximilian Carl Clemens
Graf von Turn und Taxis. Als dessen Stellvertreter hielt
der Propsteischreiber Philipp Kuhn von Heidelberg das
Kind über die Taufe.
1767. Am 24. August wurde geboren und getauft: Maria Leo-
poldina Augusta, Tochter des Schaffhers Speeg und dessen
Ehefrau. Patin: Maria Leopoldina Augusta, verwitwete
Gräfin von Tum und Taxis, geborene Freifrau von Sickingen,
Oberhofmeisterin der Kurfürstin von der Pfalz.
1768. Ein uneheliches Kind stammt von einer Mutter von Edig-
heim. Unter den Getauften befindet sich auch ein ehel.
Zwillingspaar.
Am 9. Oktober wurde geboren und tags darauf
getauft : Maria Margareta Elisabeta, Tochter des Schaffners
Speeg und seiner Ehefrau Maria Jakobina Breunig. Patin:
Elisabeta Breunig aus Bruchsal.
1769. Ein uneheliches Kind stammt von einer Mutter von Zeiskam.
Am 6. Dezember wurde geboren und tags darauf getauft:
Maria Leopoldina Elisabeta Ignatia, Tochter des Schaffners
Speeg und seiner Ehefrau. Über die Taufe hob es durch
Maria Elisabeta, des Forstmeisters Ludwig zu Germersheim
Gattin, die Oberhofmeisterin Maria Leopoldina Gräfin von
Turn und Taxis.
1770. Am 9. Dezember wurde geboren und tags darauf getauft:
Franz Christoph Ignatius, Sohn des Schaffners Speeg und
dessen Ehefrau. Pate : Christoph Glöckle , Pfarrer in
Leimersheim.
AI
1773. Am 11. März wurde geboren und getauft: Maria Anna
Johanna Barbara, Tochter des Schaffners Speeg undjdessen
Ehefrau. Patin: Maria Anna Breunig von Bruchsal.
1774. Ein uneheliches Kind stammt von einer Mutter von Kist
bei WQrzburg.
Vom 10. September ab sind die Kinder getauft von
P. Bertram Anthes und P. Ivo Knopp ord. fratrum minorum
strictioris observantiae.
Im ganzen sind für diesen Zeitraum von 20 Jahren 548
Geburten registriert, so dafs auf ein Jahr durchschnittlich deren
27 treffen gegen 23 in den vorhergegangenen 20 Jahren. Uneheliche
Kinder sind 18 vermerkt, darunter 5 von fremden Müttern. Auch
befindet sich unter den Getauften fast alljährlich das eine oder
andere Kind fremder umherziehender Eheleute. Einige Kinder wurden
von der Amme genottauft und vom Pfarrer bedingungsweise wieder-
getauft. Paten treten wiederholt aus den NachbarsdOrfem und auch
aus weiter entfernten Orten auf.
2. Trauungsregister.
1755. Eine Braut, Maria Eva Wolff, ist von Leimersheim; eine
andere, Maria Kerz, von RQlzheim ; eine dritte, Maria
Elisab. Brotzer, von Bellheim.
1756. Eine Braut, Anna Kathar. Zinsler, ist von Neckar-Elz;
eine zweite, Rosina Spieler, von Bellheim.
1757. Eine Braut, Anna Marg. Görtz, ist von Hülzheim; eine
zweite, Regina Geiger, von Leimersheim; ein Bräutigam,
Daniel Dinckel, von Bellheim.
1758. Eine Braut, Kathar. Rothach, ist von Rülzheim.
1759. Eine Braut, Anna Maria Leichmayer, ist von Leimersheim;
eine zweite, Magdal. Mattheis, von Sondernheim; ein
Bräutigam, Job. Gg. Ulsaas, aus Ehrenberg in Tyrol.
1760. Ein Bräutigam, Job. Robein, ist aus Schleithal in Nieder-
Elsafs ; ein zweiter, Nik. Hipp, aus Forbach in Lothringen.
Fflr ein Paar wurde Dispens im 3. Grad der Blutsver-
wandtschaft erholt.
1761. Zwei Bräute, Margar. Waltber und Apollonia Kern, sind
von Bellheim ; eine dritte, Maria Kathar. Knedler, ist von
Weissenheim.
48
1762. Eine Braut, Franziska Zinsler, ist aus Wieblingen; ein
Br&utigam, der Schmied Jos. Buchmann, aus Simmerberg
(in ditione Bregenz).
1768. Eine Braut, Maria Barb. Geiger, ist von Kuhardt; eine
zweite, Juliana Becbtold aus Schlatt in Hohenzollern ; ein
Bräutigam, Jos. Huber, aus Weschbach („satrapiae Jeh-
lingen", d. i. WOschbach im Bez.-A. Durlach).
24. April. Franz Diterich aus Grofsrindersheim in
der Erzdiözese Mainz, durch 3 Jahre Lehrer in Hördt, nun-
mehr Cantor in Franken thal, mit Katharina, Tochter von
David Weber, Multerer in der Propstei.
Für ein Paar wurde Dispens im 8. Grad der Bluts-
verwandtschaft erholt.
1764. Eine Braut, Margar. HofTmann, ist von Zeiskam.
1765. Ein Bräutigam, Thomas Kauifmann, ist von Zeiskam; ein
zweiter, Joh. Geiger, von Kuhardt.
1766. Eine Braut, Maria Anna Rueff, ist von Zeiskam.
m
FOr ein Paar mufste Dispens in geistlicher Verwandtschaft
erholt werden.
1767. Ein Bräutigam, Christoph Immel, ist von Bellheim.
1768. Ein Bräutigam, der Schafhirt Joh. Theobald Mülz, ist
von Harthausen; ein zweiter, Adam Bullinger, von Herx-
heim; ein dritter, Franz Joseph Lupsa, aus Molsheim.
Ein fremdes, umherreisendes Brautpaar erhielt Dispens in
Ausrufungen.
1769. Ein Bräutigam, Martin Bast, ist aus Steinfeld; ein zweiter,
Joh. Georg Weis, aus Oberreschach im Schwarzwald
(Obereschach, Bez.-A. Villingen); eine Braut, Eva Kath.
Huber, aus Dettenheim; eine zweite, Maria Cleopha
Bebstock, aus Büchenau (Bez.-A. Bruchsal); eine dritte,
Anna Margar. Schogg, aus Rülzheim. Für den Schneider
Franz Anton Mittag aus Heidersheim und seine Braut,
Margar. Spriesler aus Zeiskam, mufste Dispens in den
Ausrufungen erholt werden.
1770. Ein Bräutigam, Joh. Rueff, ist aus Zeiskam; eine Braut,
Elisab. Raps, aus Herxheimweyher.
1771. Ein Bräutigam, der Maurer Jos. Waldinger, ist aus Eck
in Österreich; ein zweiter, Joh. Georg Kirschbaum, aus
Dürkheim a. H. ; eine Braut, Anna Marg. Nist, aus Steinfeld.
4ö
Für das Brautpaar, die Handelsleute Joh. Jost aus Rech-
berghausen in Schwaben (O.-A. Göppingen) und Regina
Brandsteter aus ^ Rapetsheisen bei Neufsen", welch letztere
am Tag ihrer Trauung der luther. Religion abgeschworen
hat, wurde Dispens in den Ausrufungen erholt. Sie wurden
am 4. September von dem Franziskaner P. Angelicus
getraut.
1772. Eine Braut, die Witwe Kathar. Wetzstein, ist von Kuhardt.
8. September. Joh. Jos. Georg Ohry, Lehrling der
Chirurgie aus Alzey, und Maria Katharina Barosch, Ober-
steuerinspektorstochter in Heidelberg. Zeugen : Ernst Speck,
Chirurg in HOrdt, und Jakob Rhode, Multerer in der
Propstei.
1773. Eine Braut, Veronika Reger, ist von Stein weiler; eine
zweite, Eva Elisab. Schog, und ein Bräutigam, Yal. Kupfer,
von Rülzheim.
Für eine Braut mufste Dispens in der öffentlichen
Ehrbarkeit erholt werden, weil sie mit dem verstorbenen
Bruder ihres Bräutigams ein Verlöbnis eingegangen hatte.
1774. Eine Braut, Kathar. Franziska Kern, ist aus Bellheim;
ebenso ein Bräutigam, Joh. Adam Schweitzer; ein Bräu-
tigam, Joseph Boltz, ist aus Dettenheim; ein anderer,
Peter Hynski, aus Rheinzabern; ein dritter, Georg Peter
Messemer, aus Herxheimweyher.
13. Februar. Georg Heinrich Trau, lediger Lehrer
in Hördt, und Katharina Franziska Stibich.
Die letzte Trauung vom 21. November ist vom
Franziskaner P. Bertram eingetragen.
Die Zahl der Trauungen beträgt für diese 20 Jahre 109
gegen 118 der vorhergegangenen gleichen Periode. Es fanden also
durchschnittlich in jedem Jahre 5 — 6 Trauungen statt. Die erteilten
wenigen Dispensen betreffen Blutsverwandtschaft, geistl. Verwandt-
Bchaft, öffentliche Ehrbarkeit und Ausrufungen. Es haben wieder
viele auswärtige Jünglinge und Jungfrauen ins Dorf hineingeheiratet,
darunter einige aus weiter Ferne, Handwerksgesellen, Dienstboten,
Taglöhner u. s. w.
3. Sterberegister.
1756. Ein 21jähriger Maurer aus Griesen in Tyrol stürzte von
einem Baum und blieb tot.
4
so
1756. Am 20. Mai starb die 76jährige Sunanna Goewein, die
durch 25 Jahre Hebamme in Hördt gewesen war.
1758. Am 14. März ist gestorben Bartholomäus Pion, in Hördt
ehedem 40 Jahre lang Lehrer, 76 Jahre alt.
1759. Am 19. September starb Philipp Peter Trau, durch 14
Jahre Schullehrer in Hördt, 38 Jahre alt.
Am 15. Oktober starb der 82jährige Peter Morgen,
45 Jahre lang Pfarrer in Mörzheim und Wollmesheim,
des Landkapitels Arzheim Definitor nnd Jubelpriester. Er
wurde am 17. Oktober in der Pfarrkirche zu Hördt beim
Altar des hl. Johannes Nepomuk beerdigt.
1761. Ein Kind, dbs 8tägige Söhnchen des Klosterschaffners
Mieg, wurde in der Kirche beim Muttergottesaltar beigesetzt.
1762. Eine fremde Witwe starb im Alter von 99 Jahren.
1763. Zwei Frauen starben im Wochenbett, die eine plötzlich
und unversehen. Die älteste Person war die 63jährige
Schultheifsin Sprenger. Das 9jährige Töchterchen des
Schaffners Mieg wurde in der Kirche auf der Epistelseite
des Muttergottesaltares beigesetzt.
1764. Ein lutherisches Dienstmädchen von 15 Jahren, gebürtig
aus Schaffhausen, hatte in seinen gesunden Tagen mehreren
gegenüber geäufsert, dafs es katholisch werden wollte,
konnte aber auf dem Sterbebette wegen heftiger Konvul-
sionen seinen Wunsch nicht offenbaren, und so erteilte ihm
der Pfarrer die bedingungsweise Lossprechung und die
letzte Ölung. Zwei Geschwister im Alter von 22 und 24
Jahren starben innerhalb 3 Tagen; aufserdem starb noch
ein Bursche von 21 Jahren. Die älteste Person war ein
Mann von 73 Jahren.
1766. Ein Bursche von 21 Jahren fiel von einem Baume und
wurde nur mehr halb lebend in das erste Haus im Unter-
dorf gebracht, wo ihm der Pfarrer die letzte Ölung erteilte.
Die älteste verstorbene Person war ein Mann von 80
Jahren.
1768. Ein 80jähriger Bettler aus Erbesbüdesheim , Erzdiözese
Mainz, und ein 67jähriger Witwer von Hördt starben
plötzlich und unversehen.
51
1769. Zwei Töchterchen des Klosterschaifners Speeg im Altef
Yon 12 Wochen und 2 Jahren wurden auf dem Friedhof,
nicht in der Kirche, beerdigt. Eine 73jährige Witwe
starb plötzlich und unversehen.
1774. Am 26. März starb im Wochenbett Jakobina Breunig,
die 38jährige Frau des Klosterschaifners Speeg. Sie wurde
tags darauf in der Pfarrkirche vor dem Chor unter dem
Kruzifix am Chorbogen beerdigt.
Am 7. Dezember starb Andreas Haas, Pfarrer in
Hördt, mit den hl. Sterbsakramenten und dem Sterbeablafs
versehen. Er wurde am 9. Dezember von dem Landdekan
und Pfarrer Faigle von Hatzenbühl und Uayna im Chor
der Pfarrkirche in Gegenwart des Franz Christoph Glöckle,
Definitors und Pfarrers in Leimersheim, und des Anton
Schoenenwald, Kaplans in Bülzheim, beigesetzt. Die drei
Geistlichen haben die Sterbeurkunde eigenhändig unter-
schrieben.
Die Zahl der Sterbfälle betrug in diesen 20 Jahren 446,
gegen 457 in der vorausgegangenen Periode, so dafs jährlich etwa
22 Sterbfälle vorkamen. Besonders hoch sind die Sterbfälle in den
Jahren 1763 und 1773, wo wahrscheinlich wieder ansteckende
Krankheiten in der Gemeinde herrschten.
Auffallend ist auch in diesem Zeitraum eine verhältnismäfsig
grofse Sterblichkeit unter jungen Leuten von 18 bis zu 24 Jahren.
4. Firmungsregister.
Das erste von Pfarrer Haas eingetragene Verzeichnis von
Firmungen zählt deren 79. Die Firmung wurde am 13. September
1754 zu BQlzheim durch den Weihbischof Joh. Adam Buckel
erteilt. Unter den Gefirmten ist ein Sohn des Klosterschaffners
Mieg, bei welchem der Rektor der Jesuiten in Speier, P. Adam
Staudinger, Pate war. Wahrscheinlich besuchte der Junge die
Jesuitenschule in Speier.
Die nächste Firmung an 88 Hördter Firmlinge wurde durch
denselben Weihbischof am 24. April 1761 in Bellheim erteilt.
Ein drittes Verzeichnis zählt 74 Firmlinge, welche am 4. Juni
1767 durch denselben Weihbischof in Rheinzabern die Handauflegung
und Salbung empfingen.
4*
5ä
Die letzte von Pfarrer Haas vermerkte Firmung fand am
26. August 1771 im Dom zu Speier durch den Fürstbischof Damian
August Philipp Karl Graf Limburg-Styrum statt, wozu 37 Firmlinge
aus Hördt mit ihren Paten und Patinnen erschienen waren. Unter
den Gefirmten ist ein Sohn des KlosterschaiTners Speeg, welchem
der fürstbischöfl. Bat und Doktor der Medizin, Neudeck, Pate war.
Als Pate erscheint auch der Pfarrer GlOckle von Leimersheim und
als Patin die Frau des Klosterschaffners Speeg.
5. Weitere Verzeichnisse.
Die ferneren Notizen des Pfarrers Haas betreffen noch die
Weihe von 2 Glocken durch den Weihbischof Joh. Adam Buckel
am 8. November 1770 in Speier. Die gröfsere wurde zu Ehren
des hl. Joseph, die kleinere zu Ehren des hl. Apostels Philipp
konsekriert.
Weiter registriert der Pfarrer noch die Konversion von vier
Protestanten, nämlich eines jQnglings aus Aisbach bei Darmstadt,
eines Borgers von Hördt, eines 15jährigen Mädchens aus Weickers-
heim in Franken und einer 46jährigen Jungfrau aus Weingarten.
6. Schlufsbemerkung.
Aus den Elenchen des Pfarrers Haas von 1755-1774 geht
hervor, dafs der sittliche Zustand der Pfarrei in etwas weniger
günstigem Lichte erscheint, wie in der vorausgegangenen gleich-
langen Periode. Es sind bei 548 Geburten 18 uneheliche Kinder
verzeichnet, während es von 1785 — 1754 bei 467 Geburten deren
15 waren; d. h. es trifft in der Periode von 1755—1774 auf
30 Kinder ein uneheliches, während in den früheren 20 Jahren
auf 31 Kinder ein uneheliches trifft. Dieser Unterschied wäre nun
sehr minimal, wenn nicht der Umstand hinzutreten würde, daüs
von den 15 Kindern der älteren Periode nur 4, von den 18 Kindern
der jüngeren Periode aber 13 von eingeborenen Hördter Müttern
herrühren. Der Empfang der hl. Sterbsakramente von seiten der
Erwachsenen dürfte in beiden Perioden als ein gleich guter be-
zeichnet werden.
G.
Die €(enchen des Pfarrers Franz Xaver Stroehl
1774-1794.
Nach dem am 17. Dezember 1774 erfolgten Ableben des
Pfarrers Haas präsentierte die kurpfälzische Regierung in Mannheim
58
am 11. Januar 1775 den Jcsuitcnpator Franz Xavor Rtroehl
von Neustadt a. H. als Pfarrer von Hördt. ^) Er griff allem An-
scheine nach mit grofsem Eifer in die Seelsorge ein und fand auch
bei der Gemeinde ein verständiges Entgegenkommen. Kaum war
er nämlich in seine Pfarrei eingezogen, so begann er ein Kapital
zu sammeln zur Errichtung und Fundierung einer Todes-Angst-
Christi-Bruderschaft. Er konnte schon unterm 29. Februar 1776
an das Generalvikariat Speier berichten, dafs er 500 fl. zu dem
besagten Zweck gesammelt und dafs er um die kanonische Errichtung
der Bruderschaft bitte. Der Schultheifs Philipp Boltz und das
ganze Dorfgericht unterzeichneten und bestätigten das Bittgesuch.
Zugleich schlug er vor, dafs von den Zinsen des hypothekarisch
angelegten Kapitals 6 fl. für eine allmonatlich abzuhaltende Predigt,
4 fl. für eine monatlich stattfindende Bruderschaftsmesse, 4 fl. für
Wachs und Weihrauch, 3 fl. für den Organisten und Sakristan und
1 fl. für den Listenführer ausgesetzt werden. Das fürstbischofliche
Generalvikariat belobte den Eifer der Gemeinde und genehmigte
die Einführung der Bruderschaft. Sie erhielt vom Papst Pius YII.
alle von Benedikt XIII. im Jahre 1729 genehmigten Ablässe und
als Tag für den monatlichen Gottesdienst wurde .der dritte Sonntag
eines jeden Monats bestimmt. Zum ersten Male wurde der Gottes-
dienst am 8. Sonntag des Februar 1777 abgehalten, wobei
Pfarrer Uaeffner von Bellheim die Festpredigt hielt. ^) Die
Bruderschaft besteht heute noch und ihre Festtage, insbesondere
das Titularfest KreuzerhOhung , werden unter grofser Teilnahme
nicht nur von seiten der Gemeinde Hördt, sondern auch von Seiten
auswärtiger frommer Beter begangen.
Pfarrer Stroehl erwarb sich durch seinen Eifer und seinen
frommen Lebenswandel ein grofses Ansehen und wurde fast als
Heiliger verehrt. Eine Begebenheit, die man heute noch in Hördt
kann erzählen hören, trug wesentlich dazu bei. Sie steht auch
im Pfarrgedenkbuch Hördt verzeichnet und Pfarrer Sebastian Straub
(1850 — 1861), der sie niedergeschrieben hat, bemerkt ausdrücklich,
dafs sie ihm von einem im Jahre 1856 im Alter von 91 Jahren
verstorbenen Augenzeugen, der obwohl Freimaurer, dennoch fest
daran glaubte, erzählt wurde. Es stand nämlich an einem Sonntag
Nachmittag, wo der Augenzeuge mit seinem Bruder vom Pfarrer
^) K.-A. Speier, Höchst. Speier fasc. 383/1.
^) K.-A. Speier, Höchst. Speier fasc. 383/11.
54
lateinischen Unterricht erhielt, ein Verderben drohendes Gewitter
am Himmel. Schon zuckten die Blitze und rollte der Donner und
Eisklumpen von einem Pfund Schwere fielen nieder. Die armen
Bauern zitterten uro ihre Habe auf dem Felde. Pfarrer Stroehl
nahm sein Kreuzpartikel zur Hand, trat an das Fenster und segnete
die schwarzen Wolken. Da lichtete sich alsbald der Himmel und
das Gewitter verzog sich ohne den geringsten Schaden anzurichten.
Pfarrer Stroehl hat seine Elenchen, wie weiter unten zu
ersehen sein wird, sehr gewissenhaft und möglichst vollständig
geführt. Seine Handschrift ist eine flüchtige, minder schöne, aber
doch gut leserliche. Er soll, wie das Hördter Pfarrgedenkbuch
berichtet, auch ein Künstler gewesen sein und mit eigener Hand
die Statuen des hl. Ignatius und Franziskus Xaverius geschnitzt
haben.
Er starb nach beinahe 19jähriger gesegneter Wirksamkeit
am Weihnachtsfeste 1793, da gerade wiederum die Truppen Frank-
reichs das deutsche Volk in Angst und Schrecken versetzten. Alte
Leute erzählen noch heute, dafs gerade im Augenblick, wo der
Pfarrer beerdigt wurde, Franzosen ins Dorf gekommen wären und
die Leiche geschändet hätten. Ob das wahr ist, kann urkundlich
nicht erwiesen werden. Der Pfarrer Haeffner von Bellheim berichtet
unterm 24. Januar 1794 von Bruchsal aus an das Generalvikariat
Speier: , dieses habe auf meiner beschleunigten eigenen Flucht
gehört, dafs den Tag nach gedachten Pfarrers Beerdigung die
Franzosen mit zwei Bataillon in Hördt eingerückt und sowohl in
der Kirche als Pfarrhause alles ausgeraubt und verwüstet haben,
auch sagt man, dafs sogar die Pfarrhäuser der Nation zugeschrieben
und versteigert werden".^)
Das Hördter Stiftungsverzeichnis enthält von Pfarrer Stroehl
21 Stiftungen, die er im Jahre 1781 machte, nämlich für sich
selbst ein Seelenamt und 12 Seelenmessen, dann 8 Hochämter zu
Ehren verschiedener Heiligen, insbesondere aus dem Jesuitenorden.
1. Taufregister.
1775. Die ersten 5 Taufen sind von P. Bertram eingetragen;
die Einträge von Pfarrer Stroehl beginnen mit dem 13.
Februar.
1776 ist ein eheliches Zwillingspaar verzeichet.
M K.-A. Speier, Höchst. Speier fasc. 383/1,
55
1777. Ein Kind wurde von dem Dominikaner P. Dominicus Cloodt
aus Speier getauft.
1778. Ein uneheliches Kind stammt von einer Mutter aus
Otterbach.
Am 28. Juni wurde dem Pfarrer ein Dekret aus
Speier vom 16. März 1778 präsentiert, wodurch der Auftrag
erteilt wurde, dafs in Zukunft nicht nur der Pfarrer,
sondern auch der Vater und der Taufpate des Kindes, in
Ermangelung desselben der Lehrer und die Amme, den
Taufakt unterzeichnen müssen, und dafs der Lehrer selbst
ein gesondertes Verzeichnis aller Getauften führen und es
am Ende des Jahres mit dem Pfarrbuch an das General-
vikariat schicken müsse. In der Folge erscheinen deswegen
die mannigfaltigsten Unterschriften oder deren Stelle ver-
tretende Handzeichen.
Am 29. Juni 1778 legte die von den Hördter
Frauen durch Stimmenabgabe gewählte und vom Dorfgericht
als Hebamme für Hördt angenommene Maria Eva Wagner,
geb. Rapp, in der Sakristei den Eid der Treue nach dem
Rituale Spirense ab.
1779. Als stellvertretender Pate erscheint einmal Lehrer Anton
Meder von Rülzheim.
1780. Ein uneheliches Kind stammt von einer Mutter, die auf
der Heimreise nach Klingenmünster niederkam.
1781. Eines von 3 unehelichen Kindern stammt von einer Mutter
aus Rülzheim.
Bei einem Sohne des Lehrers Georg Heinrich Trau
war der Lehrer Job. Christoph Kaus von Sondernheim Pate.
1782 wurden unter anderen zwei Zwillingspaare getauft.
1785. Die Mutter des einen von zwei unehelichen Kindern war
von Mannheim zugezogen. Unter den Getauften befindet
sich ein Zwillingspaar.
In diesem Jahre beginnt eine neue vom Fürstbischof
vorgeschriebene Formel der Einträge.
Vom 22. — 30. Mai wurden die Taufen in Abwesenheit
des Pfarrers von dem Dominikaner P. Andreas König aus
dem Konvent zu Speier gespendet und eingetragen.
56
1787. Ein Zwillingspaar wurde wegen Lebensgefahr im Hause,
ein Kind mit Erlaubnis des Pfarrers von dem Kapuziner
P. Faustinus und eines durch den Kaplan Franz Peter
Stachel von Rülzheim getauft.
1788. Ein uneheliches Kind stammt yon der auf der Durchreise
begriffenen Margareta Spohn aus Zünden (?) bei Hammel-
burg (i^ex Zünden prope Hamelburgura Fuldensis ditionis*).
Als Taufspender wird einmal aufgeführt: Johannes
Schwab, Professor der Philosophie in Heidelberg.
1789. Ein Kind wurde getauft von dem Dominikaner P. Gun-
disalvus Franzmathes.
1790 wird unter anderen ein eheliches Zwillingspaar getauft.
1792. Eines von 2 unehelichen Kindern stammt von einer Mutter
aus Germersheim. Unter den Getauften ist ein eheliches
Zwillingspaar.
Von den 58 in diesem Jahre getauften Kindern
sind 15 aus Rülzheim und 3 aus Rheinzabern. Die Eltern
hatten sich vor den Franzosen nach Hördt geflüchtet.
Das erste Rülzheimer Kind wurde am 8. August von
Pfarrer Stroehl getauft ; im Dezember taufte Pfarrer Peter
Theodor Löfser von Rülzheim drei Rülzheimer Kinder in
Hördt ; ein anderes wurde von dem Dominikaner P. Augustus
Kappler getauft.
1793. Zwei uneheliche Kinder sind Zwillinge einer Mutter aus
Hördt.
Von den 66 in diesem Jahre getauften Kindern
sind 18 von Rülzheim, 7 von Rheinzabern, 1 von Hatzen-
buhl, 2 von Jockgrim und 3 von Hayna. Die Zeit, in
der die fremden Kinder getauft wurden, erstreckt sich
von Januar bis Juli. Die Taufen wurden teils durch den
Pfarrer Löfser und Kaplan Stachel von Rülzheim, teils
durch den Pfarrer Stroehl von Hördt, teils durch die
Franzikaner P. Tranquillus Wohlrath und P. Decorosus
Moll von Germersheim, sowie durch den Dominikaner P.
Gundisalvus Franzmathes von Speier gespendet. Ein Kind
empfing wegen der feindselig heruroschweifenden franzö-
sischen Soldaten die Taufe im Hause. Der Pfarrer Stroehl
scheint in diesem Jahre öfters krank gewesen zu sein,
57
da nicht blofs viele Taufen, sondern auch deren Einträge
in das Elenchenbuch durch die vorgenannten Geistlichen
vorgenommen wurden.
Im Ganzen sind für den Zeitraum von 1774—1798 d. h.
also fflr 19 Jahre mit Abrechnung der 18 resp. 31 auswärtigen
Kinder von 1792 und 1793 fflr Uördt 609 Geburten verzeichnet,
so dafis auf ein Jahr durchschnittlich deren 32 treffen, gegen 27
in der letzten, 23 in der vorletzten und 17 in der vorvorletzten
Periode. Wie in den früheren Abschnitten, sind auch in diesem
wiederholt Kinder von fremden , umherziehenden Eheleuten ver-
zeichnet. Uneheliche Kinder sind 19 aufgezählt, von denen sechs
von auswärtigen Müttern abstammen. Es trifft also auf 82 eheliche
Kinder ein uneheliches.
Auffallend sind für diese Periode die ungemein vielen durch
die Amme vorgenommenen Nottaufen. Wahrscheinlich hatte die
Amme vom Pfarrer den Auftrag, bei nur einiger Befürchtung für
das Leben des Kindes die Nottaufe zu spenden. Der Pfarrer
erteilte jedesmal die bedingungsweise Wiedertaufe, weil, wie er im
Jahre 1782 ausdrücklich bemerkt, in solchen Fällen wegen der
Eile und Aufregung immer berechtigte Zweifel über die Gültigkeit
der Taufe beständen.
Einzelne Male wurde die Nottaufe von der Amme schon vor
der erfolgten Geburt des Kindes erteilt.
2. Trauungsregister.
1775. Ein Paar ist von Jockgrim.
1776. Ein Bräutigam, Theodor Braun, ist von Kettenheim (Rhein-
hessen); ein zweiter, Anton Steinle, aus Eberbach b. Ulm
(Bez.-Amt Günzburg); ein dritter, Heinrich Mayer, von
Weingarten i. d. Pfalz; für letzteren schrieb der Pfarrer
Philipp Peter Becher den Entlafsschein. Eine Braut, Kathar.
Schauert, ist von Scheibenhardt ; eine zweite, Kathar.
Müller, von Bellheim; eine dritte, Anna Maria Wilhelm,
von Oppenheim; eine vierte, Maria Eva Leingang, von
Rülzheim; eine fünfte, Maria Katharina Schwaab, von
Leimersheim.
1777. Eine Braut, Margar. Huzler, ist von Rülzheim; eine zweite,
Anna Elisab. Ziehl, von Leimersheim; eine dritte, Maria
Kathar. Moos, von Sondernheim. Die Ausrufungen der
58
letzteren wurden auch in der Mutterkirche in Germersheim
durch den P. Floribert Froizheim vorgenommen.
1778. Eine Braut, Anna Elisab. Gerlein, ist von Leimersheim;
sie wurde auch von dem dortigen Pfarrer Christoph Glöckle
ausgerufen; eine zweite, Anna Barb. Bast, ist von Steinfeld;
auch sie wurde von ihrem Ortspfarrer, Joh. Nepom. Adam
Enig ausgerufen; eine dritte, Anna Margar. Schneider,
ist von Essingen ; sie wurde ebenfalls von ihrem Heimats-
pfarrer, Franz Dominikus Reindel, ausgerufen.
Für zwei Paare mufste Dispens im 8. Grad der
Blutsverwandtschaft erholt werden. Eine Braut erhielt
einen Entlafsschein nach Bellheim.
1779. Ein Bräutigam, Heinrich Weifs, ist von Schleithal. Als
Trauzeuge tritt unter anderen auf: Melchior Bender,
Schreiber in der Propstei.
1780. Eine Braut, Anna Maria Bast, ist von Steinfeld und wurde
vom dortigen Pfarrer Enig ausgerufen ; eine zweite, Maria
Anna Serr, von Kuhardt; sie wurde von dem Pfarrer
Glöckle in Leiroersheim ausgerufen. Eine Braut und ein
Bräutigam erhielten einen Entlafsschein nach Kapsweyher,
resp. Steinfeld.
1781. Ein Bräutigam, Joh. Adam Eochendörfer, ist von Alt-
leiningen; eine Braut, Margar. Kupper, von Rülzheim;
eine zweite, Anna Maria Weigel, von Hayna, wo sie auch
von dem geistl. Rat, Dekan und Pfarrer Faigle von
Hatzenbühl, ausgerufen wurde. Für ein Paar mufste Dispens
in der Blutsverwandtschaft erholt werden, und zwar im
8. Grad den 2. Grad berührend.
1782. Ein Bräutigam, Daniel Fernekees, ist von Germersheim,
wo er vom Pfarrkurat, dem Franziskaner P. Lucas, aus-
gerufen wurde. Ein zweiter Bräutigam, Jos. Phil. Goetz,
ist von Kuhardt; er wurde vom Pfarrer Glöckle in
Leimersheim ausgerufen. Ein Bräutigam erhielt einen
Entlafsschein nach Bellheim, ein zweiter nach Rülzheim,
ein dritter nach Minfeld.
1783. Eine Braut, Barb. Hinckelbein, ist von Bellheim, wo sie
von dem dortigen Pfarrer Eberhard Haeffner ausgerufen
wurde; ein Bräutigam, Joh. Äugst, ist von Essingen und
59
wurde dort vom Pfarrer Reinde] ausgerufen ; ein zweiter
Bräutigam, Joh. Val. Scherer, stand in Mannheim in Dienst
und wurde auch dort vom Dekan J. Adam Folles aus-
gerufen; ein dritter, Jakob Wingerter, ist von Grofsfisch-
lingen, wo ihn der dortige Pfarrer A. Secala proklamierte.
Ein Bräutigam erhielt einen Entlafsschein nach Steinweiler,
eine Braut nach Rülzheim.
1784. Ein Bräutigam, der Weber Johann Fund, ist von Bett-
weiler (jedenfalls Bettweiler in Nieder-Elsafs, Kr. Zabern);
eine Braut, Katharina Sommer, von Rülzheim, wo sie
von dem dortigen Kammerer und Pfarrer Wolfgang Ranz
ausgerufen wurde. Ein Bräutigam erhielt einen Entlafs-
schein nach Germersheim, ein zweiter nach Herxheimweyher
resp. Herxheim, ein dritter nach Kuhard t reep. Leimersheim.
1785. Eine Braut, Margar. Maier, ist von Lingenfeld; ein Bräu-
tigam, Anton Klein, von Dettenheim, woher er einen
Entlafsschein des Pfarrers Johann Wilhelmi mitbrachte;
ein zweiter. Wendelin May, aus Eberbach in Elsafs, Kanton
Wörth; der Pfarrer Joh. Laur. Brucker von Morbrunn
(Morsbronn b. Wörth) und Eberbach stellte den Entlafs-
schein aus. Entlafsscheine wurden noch von Pfarrer Stroehl
gegeben nach Dettenheim, Hafsloch, Leimersheim und
Weingarten. Ein Paar wurde mit Erlaubnis des Pfarrers
durch den Kaplan Stahl von Rülzheim getraut.
In diesem Jahre beginnt eine vom Fürstbischof
vorgeschriebene neue Formel der Einträge, die sich haupt-
sächlich dadurch von der früheren unterscheidet, dafs
aufser dem Pfarrer auch der Bräutigam und die Braut
sowie die zwei Zeugen den Trauungsakt unterschreiben.
1786. Ein Bräutigam, der Schultheifs Joh. Mathias Hefs, ist
von Impflingen; der Pfarrer Jos. Mezler von Insheim
stellte den Entlafsschein aus. Ein zweiter Bräutigam, Val.
Schwab, kommt von Leimersheim mit Entlafsschein des
Pfarrers Glückle; ein dritter, Melchior Riffel, von Dettenheim
mit Entlafsschein des Pfarrers Wilhelmi ; ein vierter, Aug.
Bühler, stammt von Gambsheim in Nieder-Elsafs, Kreis
Strafsburg ; eine Braut, Ursula Knoll, bringt einen Entlafs-
schein des Pfarrers Anton Mollier von Herxheim. Pfarrer
60
Stroehl stellt fintlafsscheine nach Sondernheim und Herx-
heimweyer aus. £in Paar erhielt Dispens in der Bluts-
verwandtschaft und zwar im 8. Grad den 2. Grad berührend.
Ein Paar wurde von dem Neopresbyter Philipp Brechtel
getraut. Letzterer war von Hördt. Es ist jedenfalls der
nach dem Elenchenbuch am 17. September 1763 geborene
und tags darauf getaufte Joh. Philipp Brechtel, Sohn des
Forstknechtes Anton Brechtel. Er starb später als Dekan
Ton Ubstadt. ^)
1787. Ein Br&utigam, Jakob Neist, stammt von Katzenbach,
seine Braut, Kathar. Terr, von Zweibrücken. Zwei Paare
erhielten Dispens im 3. Grad der Blutsverwandtschaft.
1788. Eine Braut, Elisab. Müller, stammt von Leimsrsheim; eine
zweite, Clara Flick, kommt von Herxheim, letztere mit
Entlafsschein des Pfarrers Mollier; ein Bräutigam, der
fürstbischöfl. Forstknecht Andreas Fretdel aus Forst, bringt
einen Entlafsschein des Pfarrverwesers Heinrich Wilhelm
Spielser von Hauenstein. Pfarrer Stroehl stellt einen Ent-
lafsschein nach Sondernheim aus.
1789. Eine Braut, Christina Wolff. stammt von Mühlberg (wohl
Mühlberg in der Gem. Lauf in Baden) ; eine zweite, Kath.
Majocio, aus Stein am Kocher (in Baden, Kr. Mosbach);
für letztere, die 5 Jahre in Mannheim diente, hat der
dortige Dekan und Pfarrer Karl Philipp Spielberger einen
Entlafsschein erteilt. Pfarrer Stroehl gab Entlafsscheine
nach Kuhardt und Sondernheim. Für ein Paar wurde
Dispens im 3. Grad der Blutsverwandtschaft eingeholt.
1790. Ein Bräutigam, Andreas Geiger, ist von Kuhardt; er bringt
einen Entlafsschein vom Pfarrer Glöckle in Leimersheim;
seine Braut, welche ein Jahr in Leimersheim gedient hatte,
von dem dortigen Pfarrkurat, dem Franziskaner P. Anatolius
Schaden. Ein zweiter Bräutigam, Joh. Philipp Bayerle,
stammt von Mörzheim; ein dritter, Jakob Kaps, kommt
von Herxheim weyher mit Entlafsschein des Pfarrers Ant.
Mollier von Herxheim. Für ein Paar wurde Dispens im
3. Grad der Blutsverwandtschaft erholt.
') Pfarrgedenkbuch Hördt,
61
1791. FQr ein fremdes herumziehendes Ehepaar wurde durch den
Dekan GlOckle die Erlaubnis zur Trauung vom General -
vikariat Speier erwirkt. Vor der Trauung mufete das Paar
den für Fremde vorgeschriebenen Eid des ledigen Standes
leisten.
Ein Bräutigam, der Maurer Jakob Weigler, stammt
von Schesslitz b. Bamberg ; ein zweiter, Balthasar Wetzel,
kommt von Zeiskam mit einem Entlalsschein des dortigen
Pfarrers Franz Xaver Castelli. Zwei Hordter Bräutigame
sind pfälzische Soldaten. In zwei Fällen war Dispens in
der Blutsverwandtschaft nOtig, einmal im 4. Grad den 3.
Grad berührend und einmal im 8. Grad.
Am 17. Mai wurde getraut der Schullehrer Georg
Heinrich Trau mit Anna Maria Becht, welch letztere
mehrere Jahre in Seltz zubrachte und darum von dem
dortigen Pfarrer und Erzpriester Wolfgang Bernauer einen
Entlafsschein erhielt.
Am 29. August begingen der Schultheifs Phil. Boltz,
geb. am 2. August 1717, und seine Ehefrau Anna Maria
Merg, geb. am 6. Januar 1710 in Holz in Luxemburg, in
der Kirche zu Hördt in feierlichster Weise ihr goldenes
Hochzeitsjubiläum.
1792. Vier Paare von Herxheim wurden auf Anordnung des
General vi kariates und mit Erlaubnis des Pfarrers von
Herxheim (Johann Hell) durch Pfarrer Stroehl in Hördt
getraut; ebenso ein Paar von Rheinzabem und eines von
RQlzheim. Als Zeugen treten dabei auf Lehrer (ludimoderator)
Georg Heinrich Trau und Lehrer (praeceptor) Laurentius
Hauck von HOrdt. Für ein Paar wurde Dispens in zwei
Ausrufungen erteilt. Ein Entlafsschein wurde nach Germers-
heim gegeben.
5. Juni. Franz Marianus Speeg, Klosterschaffner,
mit Elisabeta von Huppmann, Tochter des geh. Rates
und Kanzlers Franz Bartholom. v. Huppmann. Zeugen :
Fr. de Mestral, „colonellus", und der pfälz. Hofrat Dr. Haub.
Der Pfarrer von Mannheim, geistl. Rat Carl Phil. Spiel-
berger, stellte fflr die Braut einen Entlafsschein aus und
das General vikariat Worms erteilte Dispens in 3 Ausrufungen.
6ä
Id. Juni. Peter Wilhelm Heuss, des Öberamts öer-
mersheim Assessor und Administrator, Sohn des Kloster-
schaffners Oeorg Joseph Heuss in Klingenmünster, und
Maria Leopoldina Speeg, Tochter des Klosterschaffiners
Franz Xaver Speeg. Die Trauung nahm vor der kurfürstl.
geistl. Bat und Hofkaplan, apostol. Protonotar, Dekan
un'l Pfarrer Karl Phil. Spielberger von Mannheim. Zeugen:
geh. Hofrat Dr. Uaub und Franz Marianus Engelbert Speeg.
1793. Bis zum 11. Februar fanden 8 Trauungen statt; von
dann aber sind keine Trauungen mehr eingetragen, wahr-
scheinlich unterblieben solche wegen der Kriegsunruhen.
Von den eingetragenen 8 Ehepaaren sind 5 von RQlzheim
und zwar vom Pfarrer von Bülzheim selbst getraut; ein
Paar ist von Bheinzabern, eines von Herxheim und eines
von HOrdt.
Es fanden in diesen 19 Jahren mit Abzug von 13 auswärtigen
Ehepaaren von 1792 und 1793 im ganzen 131, d. h. jährlich 7
Trauungen statt. Die vielen auswärtigen Brautleute sind Hand-
werksgesellen, Dienstboten und Taglöhner. Diejenigen, für welche
kein auswärtiger Entlalsschein vorgelegt wurde, hatten schon vorher
ihr Domizil in HOrdt erworben.
3. Sterberegister.
1775. Eine 26jährige ledige Person wurde mit ihrem unehelich
geborenen Kinde tot im Wochenbett aufgefunden. Die
Untersuchung durch den Arzt konstatierte, dafs keine
gewalttätige Handanlegung den Tod herbeigeführt hatte,
weshalb das Oberamt Germersheim die Beerdigung und
das General vikariat die kirchliche Bestattung erlaubte.
Doch wurde der Pfarrer von letzterem beauftragt in einer
Leichenrede einen ernsten Tadel des Lasters auszusprechen.
Am 30. März starb der 75jährige Alt-Schultheils
Martin Sprenger; am 18. November die 68jährige Witwe
des Pyrotechnikers Nikolaus Dewald von einem pfälz.
Regiment.
1777. Zwei Beerdigungen, am 26. und 27. September, hat der
Dominikaner P. Dominicus Oloodt vorgenommen.
1778. Eine 33jährige Frau starb plötzlich und unversehen ; ein
20jähriger Bursche ertrank im Rhein.
äö
1 779. Ein 47jfthriger Mann starb plötzlich und an versehen wfthrend
des Essens.
1781. Ein 14j&hrige8 M&dchen , dessen Vater an demselben
Morgen gestorben war, fiel in das Pfahlloch, wurde bald
darauf herausgezogen, gab aber trotz Reiben und W&rmen
and Einschneiden in die Adern kein Lebenszeichen mehr
von sich. Ein 12jAhriger und ein 14jähriger Sohn des
Forstknechtes Brechtel starben innerhalb 9 Tagen. Zwei
Frauen starben plötzlich und unversehen. unter den übrigen
Verstorbenen befindet sich ein 83jAhriger und ein nahezu
lOOjähriger Mann (Vitus Antonius Böhm).
1782. Ein 6 jähriger Knabe wurde von einem wild gewordenen
Pferde tötlich getreten. Der Maurer Johann Waldinger
stürzte kopfüber von einer Scheune herunter und brach
das Genick.
1783. Ein Kind war infolge heftigen Erschreckens der Mutter
tot geboren. Eine Frau erstickte plötzlich an einem
Katarrh.
Am 27. Oktober wurde ein Leichnam beerdigt, der
am 18. Oktober morgens im Spiegelbach aufgefunden worden
war. Er hatte einen eingeschlagenen Schädel, verstümmelte
Arme und Beine und war halb verbrannt. Es war ein
Mann, der nachts im Fichtenwald beim „alten Turm** in
der Hördter Gemarkung getötet worden war. Man hatte
absichtlich mit der Beerdigung gezögert, teils um von
dem Mörder, teils um von dem Gemordeten schneller
Kenntnis zu bekommen, weil aus verschiedenen Anzeigen
schwere Verdachtsgründe gegen beide Männer zu bestehen
schienen. Da aber inzwischen nichts Bestimmtes festge-
stellt werden konnte, so war es notwendig, den Leichnam,
der schon entstellt war und stark in Verwesung überging,
mit des Oberamtes Germersheim Erlaubnis zu beerdigen.
Endlich nach mehreren Monaten gestand der Mörder im
Verhör den Mord ein und bekannte, dafs der Ermordete
Peter Schreiber hiefs, aus Bierstadt war und vor einigen
Jahren in Hördt diente und Schafe hütete.
1784. Unter 89 Sterbfällen sind 30 Kinder unter 7 Jahren
aufgezählt.
u
7185. Mit diesem Jahre beginnt eine neue vom FOretbischof
vorgeschriebene Formel der Sterbeakten.
Am 26. Februar nahm der Dominikaner P. Andreas
Koenig aus dem Convent zu Speier eine Beerdigung vor
und 5 weitere vom 14. bis zum 27. Mai.
1787. Ein 6jähriger Knabe von Zweibrücken wurde von einem
Pferd totgetreten. Eine 76jfthrige Frau erstickte unver-
sehen an einem Katarrh.
1 788. Ein 60j&hriger Mann erstickte unversehen an einem Katarrh.
1789. Bei 48 Sterbfftlien sind 22 Kinder verzeichnet. Ein 14jfthr.
Knabe ward von einem Baum getroffen und starb anderen
Tags unerwartet und unversehen.
1791. Ein 48jähriger Mann wurde morgens auf dem Weg zwischen
Hördt und Sondernheim tot aufgefunden, nach Gennersheim
gebracht und dort beerdigt.
Zwei Beerdigungen, am 11. und 17. Juni, hielt der
Dominikaner P. Gundisalvus Franzmathes.
1792. Ein 18jähriger Bursche wurde morgens tot im Bett auf-
gefunden. Am 19. Mai starb Joseph Robein, 20 J. alt
und von Hördt gebürtig, Soldat des Heidelberger Reiter-
Regiments.
Eine Beerdigung (13. März) hielt der Franziskaner
P. Tranquillus Wohlrath, eine zweite (26. März) P. 6un-
disalvus Franzmathes.
1793. Ein 36jähriger Mann, sowie eine 40jahrige und eine 79jährige
Frau starben unversehen am Schlagfluls. Ein 27jähriger
Mann von Rheinzabem ertrank im Rheinschwenkel.
Am 3. April starb ein Soldat des kaiserl. Reiter-
Regimentes, bei einem Überfalle bei H^rdt auf der Ger-
lachswiese von Kugeln durchbohrt, mit Namen Joh. Trumbel,
bei dem Kloster Zedltn in Österreich geboren.
Am 17. Mai wurden 8 in einem Kampf zwischen
den französischen und kaiserlichen Truppen gefallene
Soldaten auf dem Felde beerdigt, ohne dafs festgestellt
werden konnte, welche französisch und welche kaiserlich,
da sie schon der Kleider beraubt waren. Ein kaiserlicher
starb dahier an seinen Wunden und wurde auf dem gröfseren
Friedhofe beerdigt.
6/)
Drei Beerdigungen, am 10., 20. und 24. Juli mufsten
wegen des franzOsichen Überfalles und wegen Vertreibung
der Priester in der Stille gebalten werden.
Am 21. August, am 1. und 3. September hielt
P. Gundisalvus drei Beerdigungen.
Am 22. November starb Magnus Rozer, 26 J. alt,
im Herzogtum Neuburg in Ranzofen (Rennertshofen, Bez.-
Amt Neuburg a/D. ?) geboren, Soldat des Zweibrücker
Infan terie-Regiments.
Am 10. Dezember starben im Militär -Spital Anton
Fliehr, unverheiratet, 34 J. alt, aus Seckenheim b. Heidel-
berg, Soldat des Che veauxleger - Regiments des Fürsten
y. Leiningen, und Anton Ingars, unverheiratet, 39 J. alt,
aus Öhringen, Grafschaft Baumgarten in Bayern, Soldat
des Zweibrücker Infanterie-Regiments.
Dieses ist der letzte noch von Pfarrer Stroehl ein-
getragene Sterbfall; weitere fehlen Oberhaupt.
Die Gesamtzahl der Sterbfftlle für diese Zeit von 19 Jahren
beträgt 477, so dafs durchschnittlich 25 Sterbfälle auf ein Jahr
treffen, gegen 22 in der vorausgegangenen Periode. Besonders
zahlreich waren dieselben in den Jahren 1789 (48), 1793 (44),
1784 (39), 1777 (37) und 1791 (36). Im J. 1793 sind allerdings
gegen 12 Sterbefälle in Abzug zu bringen und dem in der Gemeinde
kampierenden Militär aufs Conto zu setzen.
4. Firmungsregister.
Merkwürdiger Weise sind von der Hand des Pfarrers Stroehl
in dem Buch keine Firmlinge eingetragen. Vielleicht hat er dazu
ein eigenes Buch angelegt, da doch nicht anzunehmen ist, dafs
während seiner 19jährigen Amtstätigkeit weder in HOrdt noch in
der Nachbarschaft das Sakrament der Firmung gespendet worden ist.
5. Weitere Verzeichnisse.
Unter dieser Rubrik ist blofs die Registrierung von 4 Kon-
vertiten zu nennen, nämlich drei Männern von Hördt, Altleiningen
und Katzenbach, sowie einem Mädchen aus Mühlburg bei
Karlsruhe.
6
66
6. Schlufsberoerkung.
Nach den Elenchen des Pfarrers Stroehl von 1775 — 1793
zu schliefsen hat der sittliche Zustand der Pfarrei gegen die vor-
hergehende Periode stand gehalten. Auf 609 Geburten treffen 19
uneheliche Kinder, d. i. also auf 32 Kinder trifft ein solches.
Das ist so ziemlich dasselbe Verhältnis wie in den vorausgegangenen
Perioden. Nur mufs noch bemerkt werden, dafs von den 19 un-
ehelichen Kindern deren 13 von eingeborenen Hördter Müttern
stammen.
Pfarrer Stroehl nahm es mit seinem Amte sehr gewissenhaft,
wie aus der Ausführlichkeit und möglichsten Vollständigkeit seiner
Elenchen zu ersehen ist. Ferner hat er keine Mühe gescheut und
allen sterbenden Kindern, die den Gebrauch der Vernunft erlangt
hatten, das hl. Sakrament der letzten Ölung erteilt, wie überhaupt
keine Person infolge Gleichgültigkeit des Pfarrers oder Nachlässigkeit
der Sterbenden selbst oder ihrer Angehörigen unversehen aus dem
zeitlichen Leben geschieden ist.
Betreffs der in Hördt und der nächsten Umgebung in den
Kevolutionsjahren 1792 und 1793 stattgehabten Vorgänge läfst
sich aus den Elenchen des Pfarrer Stroehl folgendes bestimmen.
Vom August 1792 bis Juli 1793 wurden in Hördt 49 Kinder
von Eülzheim, Rheinzabern, Uatzenbühl, Jockgrim und Hayna ge-
tauft. Ferner wurden vom 1. Oktober 1792 bis zum 11. Februar
1793 auf Anordnung des Fürstbischofes und mit Erlaubnis der
betreffenden Ortspfarrer 10 Paare von Herxheim, Rheinzabern und
Rülzheim in Hördt getraut. Mit dem 11. Februar 1793 hören die
Trauungen in Hördt überhaupt auf, wahrscheinlich ist den Leuten
die Lust zum Heiraten in diesen auHsichtslosen Zeiten vergangen
oder sie haben sich auswärts trauen lassen. Im Mai 1792 starb
in Hördt ein Soldat eines Heidelberger Reiter - Regimentes. Im
April 1793 sind Soldaten eines kaiserlichen Regimentes dort zu
finden und ein österreichischer Soldat mufste daselbst bei einem
Überfalle sein Leben lassen. Mitte Mai fand ein kleiner Kampf
zwischen kaiserlichen und französischen Truppen statt und 8 Soldaten
blieben tot uuf dem Kampfplatz. Am 10., 20. und 24. Juli
mufsten wegen eines französischen Überfalles und Vertreibung der
Priester die Beerdigungen in der Stille, d. h. wohl ohne kirchliche
Zeremonien vorgenommen werden und es scheint, dafs die Kaiser-
67
liehen aus HOrdt vertrieben waren. Am 22. November und am
10. Dezember starben im Militftr- Spital in Hördt 2 Soldaten des
ZweibrOcker Infanterie-Regimentes und ein Soldat des Heidelberger
Cheveauxleger- Regimentes. Am 25. Dezember starb Pfarrer Stroehl
und am Tag nach seiner Beerdigung rückten, wie oben bereits
bemerkt, zwei Bataillone Franzosen in Hördt ein und plünderten
und verwüsteten Kirche und Pfarrhaus.
£s ist hieraus zu ersehen, wie nach der am 20. April 1792
erfolgten Kriegserklärung des republikanischen Frankreich an Deutsch-
land bald kaiserliche, bald französische Truppen in Hördt kampierten.
Die Dörfer oberhalb der Queich waren seit dem Frieden von Nim-
wegen (1679) französisch, während Hördt kurpfälzisch war. Die
Kurpfalz wollte in dem Kriege neutral bleiben, 9ber weder die
Kaiserlichen noch die Franzosen kümmerten sich viel darum, und
die Kurpfalz hatte nicht die Macht ihre Neutralität durch Waffen-
gewalt zu schützen. Da in den französischen Dörfern die katho-
lischen Pfarrer vertrieben waren und revolutionäre Truppen dort
viel Unheil stifteten, so flüchteten sich die Bewohner in die
benachbarten Dörfer und Städte, daher die obgenannten Taufen
und Trauungen in Hördt.
Was das Dorf mit seinen Einwohnern in den Revolutions-
jahren gelitten hat, geht aus folgendem hervor. Unterm 20. August
1796 berichtet der Pächter der Klosterziegelei an die Heidelberger
Güteradministration, ^) dafs im Jahre 1793 die französischen Truppen
den Ziegelhüttenplatz in die neu errichtete Redoute gezogen und
14 200 gebrannte und 8400 Stück ungebrannte Backsteine sowie
13 500 gebrannte Ziegeln verbraucht und verdorben, 45 Klafter
Holz verbrannt, 10 Wagen Dung verdorben, die Ziegelhütte zerstört,
im ganzen einen Schaden von 791 fl. 30^2 kr. verursacht hätten.
Ferner mufste Hördt, Dettenheim und Hochstätten in den Jahren
1793, 1794 und 1795 an die kaiserlichen Reichstruppen zusammen
119874 Klafter Holz, zu 13 186 fl. 15 kr. taxiert, abtreten.^)
Ein weiterer Beweis, wie es in diesen Jahren zugegangen ist,
ist aus folgendem ersichtlich. Pfarrer Stroehl starb am 25. Dez.
1793 und unterm 30. April 1794 wurde der Priester Sylvester
Culmann von der kurpfälzischen Regierung zu Mannheim dem
') K.-A. Speier, GGA. fasc. 563.
2) K.-A. Speier, GGA. fasc. 543 d.
5*
68
Genäralvikariat Speier als Pfarrer von Hördt präsentiert. Calmann
konnte aber wegen der Kriegsunruhen in HOrdt erst am 11. Sep-
tember 1795 aufziehen. Von dem Tode des Pfarrers Stroehl an
wurden in HOrdt 14 Monate lang keine Taufen, Trauungen und
kirchliche Beerdigungen, jedenfalls auch keine Krankenversehungen
vorgenommen. Erst am 4. März 1795 hat der Pfarr Verweser
Rieding von Bellheim im Beisein des Lehrers Georg Anton
Baumann die seit Januar 1794 geborenen Kinder, 20 an der Zahl,
getauft. Von da ab werden die Taufen wieder regelmäfsig (bis
zum 18. April deren 10) gespendet, gewöhnlich einen oder zwei
Tage nach der Geburt der Kinder. Vom 18. April 1795 bis zum
18. Juni sind keine Taufen verzeichnet, vom 19. Juni bis 18.
August incl. deren 8. Von wem die Taufen erteilt wurden, das
wird nicht ausdrücklich bemerkt, darum ist anzunehmen, dafs es
durch denselben Pfarrverweser von Bellheim geschah , weil die
Einträge von ein und derselben Hand und in ein und dieselbe
Liste gemacht sind. Von derselben Hand liegt auch ein Verzeichnis
der in Hördt vom Januar 1794 bis incl. 15. Juni 1795 Verstorbenen
bei, 118 an der Zahl. Es sind lose Blätter, die dem Elenchenbuch
beigelegt sind. Ein Blatt, welches die Sterbfälle von Juni bis
September verzeichnete, scheint verloren gegangen zu sein. Die
Einzeichnungen des Pfarrers Culmann gehen bis zum November 1798
und sind auf zusammengeheftete Bogen geschrieben, welche eben-
falls dem oben beschriebenen Elenchenbuch beigelegt sind.
Als Pfarrer Culmann in Hördt aufzog, da stand, wie das
Pfarrgedenkbuch Hördt ^) sagt, das Pfarrhaus noch in seinem durch
die Freiheitsmänner geschaffenen ruinösen Zustande, ohne Fenster,
Türen und Läden. Der Pfarrer bezog deshalb Wohnung im Wirts-
hause ,zum Löwen" und führte keine selbständige Haushaltung.
Seine Kost nahm er im Wirtshause zum Hirsch oder Engel. Im
Monat März 1802 ging er eines Abends gegen 10 Uhr nach
Hause durch das «Kloster* (das Feld, wo die ehemalige Propstei
stand) über den Steg am Pfarrgarten. Daselbst fand er den Tod
im Bache. Als man ihn fand, stand die Laterne noch brennend auf
dem Steg, und er selbst lag, den Kopf im Wasser und Füfse gegen
den Steg gekehrt, entseelt im Bache.
Eine Bemerkung sei noch gestattet über die Familie Speeg,
die öfters in den Elenchen vorkommt. In seiner Geschichte der
*) Pfarrarchiv Hördt.
69
Stadt Germersheim berichtet Probst S. 104, dafs bei der Errichtung
des Freiheitsbaumes auf dem Kirchenplatz zu Germersheim am
22. September 1797 au dem feieriichen Zug sich von den kur-
pfftlzischen Beamten nur der Klosterschaffner Speeg von HOrdt
beteiligte. Das ist allerdings sehr auffallend, um so mehr als der-
selbe doch die Grftueltaten mit anschaute, welche das zügellose,
raablustige und blutdflrstige französische Volk auf pfälzischem Boden
▼erObt hat. Was war dieser Speeg fOr ein Mann?
Sein alter Vater hatte ihn schon eines „jugendlichen Fehl-
trittes* wegen enterbt und dessen Kinder als Erben in sein Testament
eingesetzt. Er hatte ferner wegen vieler Schulden das Vertrauen
seiner Regierung verloren und ward nach dem Abgange seines
Vaters im Jahre 1793 nur provisorich zur Versehung der Ober-
Schultheiberei in Hördt berufen. Erst unterm 17. Mai 1796 wurde
er, nachdem er einen Revers unterschrieben und die nötigen Garantien
geleistet hatte, zum wirklichen Schaffner in Hördt angenommen.^)
Diese Gflte hat er aber schlecht belohnt und er war der einzige
kurpfälzische Beamte, der es 1797 offen mit den Freiheitsmännern
hielt. Er ist in Hördt, wie heute noch dort erzAhlt wird, immer
vierspännig und zwar mit 4 Füchsen ausgefahren und wohnte dort,
wo beute die Brauerei ,Zum Rosenberg* steht. Als die Kloster-
gOter versteigert wurden, liefs er die Gelegenheit nicht vorüber-
gehen, sich solche zu erwerben. Er betrieb dann eine grofse
Ökonomie in Hördt, hat aber einen beträchtlichen Teil seines
Gutes an einen Juden verloren, bei dem er ein hohes Kapital
aufgenommen hatte.
Ein Sohn von ihm war Offizier in Germersheim. Er liefs
sich dort etwas zu Schulden kommen, wurde prozessiert und ohne
Pension entlassen. Seiner Frau hingegen wurden 300 fl. Jahres-
unterhalt zugesprochen. Aber auch diese wurden gestrichen, nach
dem sich Speeg hervorragend an dem Aufruhr von 1848 beteiligte
und Mitglied der provisorischen Regierung in Kaiserslautem ward.
Später wurden ihm jedoch die 800 fl. auf dem Gnadenweg durch
König Ludwig IL wieder zugebilligt. Seine Habe in Hördt hatte
er versteigert und war mit einem Erlös von noch 1 4 000 fl. nach
Pfortz am Rhein gezogen, wo er eine Wirtschaft betrieb. Nach
dem Tode seiner Frau begab er sich in seinen alten Tagen
wieder nach Hördt, wo er sich durch geometrische Vermessungen
1) K.-A. Speier, bad. Extrad. Cod. II, B. nr. 165.
70
in der Umgegend, Bowie durch abendliche Fortbildungsschule und
Unterricht in der Physik und Chemie, auch Alchemie, und allerlei
sonstige Allotria einen kleinen Nebenverdienst zu erwerben und die
Zeit sich zu vertreiben suchte. Der Verfasser dieses lernte von
ihm als Knabe das Schachspiel. Zuletzt ganz gebrechlich und
hilflos geworden, suchte er um das Jahr 1872 abermals die Ge-
meinde Pfortz auf, wo er bald darauf in hohem Alter das Zeitliche
segnete.
••-
71
Hnhang.
1. Die €Ienchen der reformierten Pfarrei
ßOrdt'fieiniersheini.
Das Elenchenbuch der reformierten Pfarrei Hördt-Leimersheim
führt den Titel: „Kirchen- Protokoll oder Verzeichnifs der in der
reformierten Gemeind zu Hördt in Chur-Pfalz, Oberamt Germersheim,
und der Pfarrey Leimersheim getauften, das erstemal zum Heiligen
Abendmahl zugelafsenen, auch zum Stand der heil. Ehe eingesegneten
und zur Erden Christlich bestatteten Persohnen ; aufgerichtet durch
mich Eliam ab Hospital, der Zeit Pfarrer daselbsten, gebürtig zu
Weingarthen bey Durlach; nachdem das Vorige, von Anno 1721
anhebend, im Jahr 1744 in dem sogenannten Panduren-Lärmen ist
yerlohren gegangen'.
Das Elenchenbuch erstreckt sich vom Jahre 1745 bis 1797
und zählt für diesen Zeitraum 60 Geburten, 30 Konfirmierte, 18
Kopulierte und 60 Verstorbene auf. Die reformierte Pfarrei war
also sehr klein. Sie ist im Jahre 1763 nach einer Bemerkung
des Pfarrers Karl Ludwig Cleynmann der Pfarrei Bellheim als
Filiale einverleibt worden mit der Auflage für den Pfarrer von
Bellheim alle 3 Wochen dort zu predigen. Im Jahre 1797 funk-
tioniert daselbst der Pfarrer Johann David Geul von Ofl^enbach.
Als reformierte Schuldiener erscheinen : 1 . Johann Georg
Bimpecher, im Oktober 1747 in 2. Ehe vermählt mit Barb. Schiffer-
decker, der Schwester seiner verstorbenen Frau aus Aglasterhausen
bei Heidelberg; er starb am 1. Mai 1753 „am Seitenstechen' im
Alter von 39 Jahren.
- 2. Johann Heinrich Höhn, am 16. Oktober 1753 vermählt
mit Christina Bernion von Germersheim; am 24. November 1755
mit Su8. Marg. Ermann, ebenfalls von Germersheim.
72
8. Martin Erckrnann ; seine Frau Margareta starb am 9. März
1777 im Alter von 65 Jahren; er heiratete am 14. Oktober des-
selben Jahres eine Maria Barbara Es wein von Bellheim und starb
am 11. Dezember 1789 am Blutflufs im Alter von 85 Jahren.
4. Johann Peter Speeth; in den Jahren 1791, 1792, 1795
und 1797 sind Kinder von ihm getauft worden.
In dem Verzeichnis der Konfirmierten bemerkt der Pfarrer:
„Eva Catharina Lieboldin ist anno 1755 bald nach ihrer Eltern
Todt, davon die Mutter Catholisch war, zur Römischen Kirch über-
gegangen, hat auch darnach, über eine Weil, ein unehelich Kind
bekommen*.
Weiter sei noch erwähnt, dafs am 11. Dezember 1793 ein
Oheveauxleger Christian Schmid von Offstein in der Inspektion
Freinsheim einer Schufswunde am rechten Schenkel infolge einge-
tretenen Brandes erlegen ist. Ferner starb am 15. Dezember des
selben Jahres Johann Frey, Gemeiner des Bayerischen Infanterie-
Regiments Carl an Brustkrankheit.
Die reformierte Pfarrei erhielt in HOrdt selbst keinen Zuwachs,
indem diejenigen Protestanten, welche sich an Katholiken verheirateten
nach den in den katholischen Elenchen aufgezählten Konversionen
vor der Trauung katholisch wurden. Ferner haben sich gar manche
nach auswärts verheiratet, während andere in den 50er Jahren des
19. Jahrhunderts nach Amerika auswanderten. Ihre Zahl beträgt
gegenwärtig noch ca. 30.
78
2. Statlltirdie Überfidif Ober Geburten,')
Crauungen und Sterbefdlle ^) In der kath. Pfarrei ßOrdt
In den fahren 1 695 ^ 1793.
Jahr
; Geburten
1 1
Sterbefälle
Jahr
1
Geburten
1
1
2
■
Sterbefälle
1
ins-
gcs.
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ebel.
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der
1695
16
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7
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1 6
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1696
21
3
2
1
1723 22
2
5
1
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1697;
15
1
1
3
1
1724 18
4
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17
1698
21
2
3
2
1725 21
1
1
2
1
1699
19
—
5
14
7
1726 18
4,
i 10
1
7
1700
16
4
6
3
1727 18
2
15
7
1701
24
2
11
8
1728 21
2
11
6
1702
14
—
1
12
6
1729 23
7
27
21
1703
9
1
15
6
1730 17
3
, 10
3
1704
16
—
4
14
9
1731'. 24
1
3
' 10
1
4
1705
16
1
4
10
1732 24
3
3
14
4
1706
20
2
6
8
2
1733 20
1
7
10
6
1707
18
2
1
15
8
1734 24
4
23
16
1708
20
—
D
14
12
1735 20
1
7
, 26
7
1709
18
—
6
15
13
1736 24
—
' 5
16
4
1710
9
10
3
1737 19
1
5
11
4
1711
14
—
3
1 6
2
1738 21
1
6
25
15
1712
16
—
1
8
5
1739 23
1
1
, 28
16
1713
7
3
14
7
1740 21
5
1
14
2
1714
11
4
3
3
—
1741 1 23
' 6
12
6
1715
4
7
10
5
1742 27
5
26
15
1716
22
3 ,
3
9
5
1743 18
6
19
12
1717
16
3
12
10
1744 22
7
20
9
1718
20
1
5,
10
7
1745 49
1
4
! 7
60
23
1719
16
1
5
6
3
1746 20
—
14
: 46
28
1720
24
2
6
9
4
1747 22
1
6
9
4
1721
; 12
1
4
10
2
1748
18
1
5
1 18
5
') Gesamtzahl und uneheliche Geburten.
^) Gesamtzahl und Sterbefälie der Kinder (bis zu 15 Jahren),
74
Jahr
Gebarten
1
Sterbefälle
Jahr
Geburten
Triuangen
Sterbefi&lle
ins-
ges.
nn-
ehel.
ins-
ges.
Kin-
der
ins-
ges.
nn-
ehel.
, ins-
ges.
Kin-
der
1749
20
2
5
13
1
2
1772
27
1
5
27
7
1750
21
2
5 17
9
1773
32
1
8
43
24
1751
18
7 ; 13
4
1774
' 29
2
10
17
7
1752
26
1
8^ 27
1 1
12
1775
29
1
2
20
18
1753'
23
7 32
12
1776
1 26
1
, 11
16
5
1754,
32
5 ; 25
16
1777!
25
1 i
6
37
24
1755
26
1
5 ! 11
5
1778
23
1
1
11
23
4
1756
19
1
3" 25
10
1779
; 29
2
' 18
11
1757
' 35
1
5 24
1 L
15
1780
35
1
. 9
, 20
9
1758
' 21
! 2
19
12
1781
35
3 '
, 6
1
23
13
1759
80
2 :
4 14
9
1782
34
3
16
11
1760
23
4 15
10
1783
28
7
' 14
5
1761
28
1
4 17
8
1784
23
1
7
39
30
1762
1 18
1
8 36
10
1785
36
2
6
' 15
8
1763
33
1
9
j
42
26
1786
26
—
11
18
10
1764
25
6 ' 23
8
1787
38
7;
21
13
1765
29
1
: 4 26
13
1788
I 37
1
' 9'
21
14
1766
24
1
i 6: 23
16
1789'
35
1
7
, 48
22
1767
33
—
3; 14
7
1790
38
1
2
1
8'
; 27
14
1768
28
2
5 ' 20
12
1791'
37
11
36
15
1769
29
2
10 25
18
1792
' 58
2 i
13
21
12
1770
■ 31
1
3 16
7
1793
66
2
8
1 '
44
13
1771
1
28
1 :
4
i 9
5
75
Die Speierer Bfsfums-niaMkel
des
BifcfioEs IRafhias Rainung«
neuherausgegeben von
Dr Franz X. GlasIchrOder.
Der letzte Weihbischof von Worms, Stephan Alexander Würd t-
wein (t 1796), veröffentlichte auf S. 283 — 847 des 10. Bandes
seiner Subsidia diplomatica unter der Überschrift „Archidia-
conatus Spirensis episcopatus sub episcopo Mathia de Ramung" eine
Speierer DiOcesanmatrikel aus der Zeit des Bischofs Mathias Ramung
(1464 — 78). Ein Vergleich derselben mit der im Liber secretorum
des genannten Bischofs (= Eopialbuch nr. 296 des Generallandes-
archives zu Karlsruhe) fol. 159 — 183 handschriftlich erhaltenen
Matrikel des Bistums Speier ergibt, dafs WQrdtwein für seine Ver-
öffentlichung nur eine unvollständige Kopie, richtiger würde man
fast sagen , Überarbeitung der im Liber secretorum erhaltenen
Speierer DiOcesanmatrikel zu Gebote stand. Zunächst fehlt beim
WOrdtwein'schen Drucke der ganze erste Abschnitt der handschrift-
lichen Matrikel über die Pfründen der Bischofsstadt Speier. Aus-
gelassen sind ferner die in der Handschrift am Schlüsse jedes
Landkapitels sich findenden statistischen Zusammenstellungen, in
welcher Anzahl die verschiedenen Pfründearten und klösterlichen
Niederlassungen im Kapitel vertreten erscheinen. Die Überschriften
der Archidiakonatsbezirke und der Landkapitol sind gekürzt, die
Ortsnamen vielfach bis zur Unkenntlichkeit verballhornt.
76
Diese Mftngel der Wflrdtwoin'schen VerölTentlichung dürften
es zur Genüge rechtfertigen, wenn im Nachfolgenden eine Ausgabe
der vollständigen Speierer Diöcesanmatrikel geboten wird, wie sie
Bischot Mathias seinem Liber secretorum hat einverleiben lassen.
Bischof Mathias Ramung, welcher in seiner Eigenschaft
als kurpfftlzischer Kanzler die Notwendigkeit und den Wert einer
geordneten Verwaltung kennen gelernt hatte, war vom ersten Tage
seines Speierer Episcopates an bestrebt, für die weltliche Begierung
seines Hochstifts sowohl als für die geistliche Verwaltung des ihm
anvertrauten Bistums eine solide Grundlage zu schaffen. Für jene
sollte die Feststellung der Besitzungen, Rechte und Gefälle sowie
die Anlegung einer Liste der Lehensträger und Leibeigenen, für
diese die Herstellung eines Verzeichnisses aller im Bistum bestehenden
Stifte, Klöster und Pfründen ^) einem längst empfundenen Bedürf-
nisse abhelfen.
Die Anlage der Diöcesanmatrikel fällt in die Jahre 1468
bis 1470. Als terminus a quo darf die Vigil von Peter und Paul
1468 gelten, an welchem Tage der bischöfliche Generalvikar Peter
vom Stein die Liebfrauenkapelle zu Neuenburg bei Oewisheim zur
selbständigen Pfarrkirche erhob, als welche sie in der Matrikel
bereits erscheint. ^) Der terminus ad quem ist mit der Vollendung
des Liber secretorum an Laurenzi 1470 gegeben.')
Die Urschrift der Matrikel im Liber secretorum ist augen-
scheinlich nach Teilconzepten verschiedener Verfasser gefertigt. Sie
ist nicht frei von offenkundigen Fehlern, welche aber nicht den
Konzipisten, sondern dem Schreiber des Liber secretorum zur Last
fallen dürften. So ist bei Knittelsheim eine Primaria statt einer
Pastoria genannt, bei Westbeim nur die Primaria aufgeführt, während
die Plebania fehlt, bei Dürkheim endlich statt der Plebania eine
Caplania angegeben. Auffällig ist, dafs über die Pfründen der zum
Landkapitel Weifsenburg i/E. gehörigen Stadt Lauterburg jegliche
Angabe fehlt.
^) „Wir Mathis - sin auch in Willen all Geistlichkeit^ es sii von
Stielten, Clostem und eintzlichen Personen unsers Bisthums anzeichen zn
lafsen** (Liber secret., Einleitung).
') Originalurk. im Generallandesarchiv zu Karlsruhe.
') «Item wir Bischof Mathis — haben difs Buch begriffen lafsen
und das vollbracht ist anno domini millesimo quadringentesimo septuagesimo
septimo*" (Lib. secret., Einleitung).
tt
BenOizt wurde unsere DiOzesanmatrikel vom Speierer Dom-
kapitular Johannes 6 elf sei für seine Schrift: Der Eirchensprengel
•les alten Bistums Speyer 1832 und vom Speierer Domkapitular
Franz X. Bemling fQr den ,|Kirchenamtl. Bestand des Bistums
Speyer* im Bd. I (S. 121 — 147) seiner Geschichte der Bischöfe
von Speyer (Mainz, Eirchheim 1852). Während ersterer sich heim
rechtsrheinischen Bistumsteil mit der nicht immer richtigen Wieder-
gabe der Ortsnamen, wie er sie in der Matrikel vorfand, begnügte,
ohne im Einzelnen festzustellen, wie sie heute lauten, ist Bemling
die Deutung derselben mehrfach mifslungen. In seiner soeben er-
schienenen Schrift „die Diözesen Konstanz, Augsburg, Basel, Speier,
Worms nach ihrer alten Einteilung in Archidiakonate, Dekanate
und Pfarreien* = Tübinger Studien für schwäbische und deutsche
Bechtsgeschichte Bd. I Heft 2 (Tübingen 1906 8^) stützt sich
F. Thudichum bezüglich der DiOzese Speier (S. 111 — 119)
lediglich auf den Abdruck der Matrikel bei Würdtwein und deren
Verwertung bei Geissei. Die Urschrift der Matrikel ist ihm unbe-
kannt geblieben.
In der Matrikel erscheint die mittelalterliche Diözese Speier,
— deren Grenzen ^) aus den vorerwähnten Werken von Geifsel
(S. 27—29) und Bemling (Bd.,I, S. 108 f.), noch besser aber aus der
beigegebenen Diözesankarte ersehen werden können, — in 4 Archi-
diakonatsbezirke gegliedert, wovon der eine den ganzen linksrhein-
ischen Bistumsteil einschlielslich der Bischofsstadt Speier umfafste,
während die 3 anderen den rechtsrheinischen Teil der Diözese
ausmachten. Die Abteilung in Archidiakonatsbezirke dürfte in der
Weise successive erfolgt sein, dafs zunächst dem Dompropst als
^) Von Verschiebung der mittelalterlichen Speierer Diözesangrenzen
ist nur ein Fall aus dem Jahre 1099 bekannt, da Bischof Johannes I. von
Speier seine bischöfliche Gerechtsame über die Pfarrkirche zu Kirchheim
am Neckar und die KapeUe des benachbarten (?) Dorfes Asteheim an
Bischof Ouno v. Worms abtrat gegen dessen bisherige Diözesanrechte über
die Kirche zu Sinsheim und die Kapelle des benachbarten Dorfes Rohrbach
(Remling, Ürkundenb. z. Gesch. d. Bischöfe z. Speier I, 68 nr. 69).
Die Angabe bei Groll ins (Origines Bipontinae II, 143), dafs Kardinal-
legat Fileus 1381 die bisher zum Bistum Metz gehörige Pfarrkirche zu
Merzalben dem Speierer Sprengel einverleibt habe, scheint auf einer Ver-
wechslung mit der Pfarrkirche in Rodalben zu beruhen, welche der genannte
KardinaUegat am 20. Januar 1381 der Jurisdiktion des Metzer Bischofs für
die Dauer des Schismas entzog und dem Wormser Bischof unterstellte
(v^I. Glasschröder, Urkk. z. pfälz. Kirchengesch. S. 291 Nr. 725).
78
ursprünglich einzigen Archidiakon im 11. Jahrhundert der Stifts-
propst von St. Guido für den grOfseren rechtsrheinischen Bistumsteil
zur Seite trat, welcher dann zu Anfang des 12. Jahrhunderts an
die Stiftspröpste bei St. German und zur hl. Dreifaltigkeit und allen
Heiligen Bezirke abtrat.
Die Archidiakonatssprengel zerfielen ihrerseits in eine Anzahl
von Landkapitel, welche den Namen nach dem Pfarrsitz ihres Vor-
standes, des Landdechants (decanus capituli sedis ruralis in N.),
wechselten. In der Bischofsstadt Speier standen nur die nicht zum
Domstifte und zu den Kollegiatstiftern gehörigen Pfründen unter
der Jurisdiktion desDompropst-Archidiakons.^) Sie waren aber keinem
Landkapitel angegliedert, sondern der Archipresbyter am Dome übte
für sie, soweit nötig, die Funktionen des Landdechants. Die Stifter
und Klöster der Diözese unterstanden gleich jenen der Bischofsstadt
unmittelbar dem Bischöfe und dessen Generalvikar.
Der Umstand, dafs Geifsel und Remling in ihren vorgenannten
Schriften den in der Diözesanmatrikel vorkommenden Pfründe-
bezeichnungen mehrfach eine unrichtige Bedeutung gegeben haben,
möchte es nicht als überflüssig erscheinen lassen, in möglichster
Kürze deren Bedeutung klarzulegen.
Um mit den Stiftspfründenzu beginnen, so standen die beiden
Vorstände des Speierer Domkapitels, der Dompropst und der Dom-
dechant, welche der kirchlichen Rangordnung nach in der Diözese
unmittelbar auf den Diözesanbischof folgten (dignitas prima et
secunda post pontificalem), im Prälatenrang, weshalb ihre Stellen
auch als praelaturae bezeichnet wurden, während die Propsteien
und Dechanteiefi an den Kollegiatstiftern der Diözese nur als , Würden**
(dignitates) angesprochen wurden.
Neben den Dignitäten bestanden sowohl am Domstifte als
an den Kollegiatstiftern die Ämter (officia oder personatus)
eines Schulmeisters der jungen Dom- und Stiftsherren (scolasticus),
des Sakristei- Vorstandes (custos oder thesaurarius), des Vorsängers
im Chor (cantor) und des Kämmerers (camerarius) , welche von
Dom- bezw. Stiftsherrn versehen wurden.
*) Thudichum wiederholt a. a. 0. S. 112 die irrige Behauptung
Geisseis, dafs die Bischofsstadt Speier den 4 Archidiakonen, nach den 4
Stadtvierteln geteilt, unterstand, obwohl dieselbe in meiner Abhandlung:
das Archidiakonat in d. Diözese Speier während des Mittelalters in der
Archival. Zeitschrift NF. Bd. 10 S. 130 Note 11 als unrichtig gekennt-
zeichnet ist.
79
Die auf eine bestimmie Anzahl beschränkten Stellen der
eigentlichen Dom- bezw. Stiftsherren, welche mit den Dignitären
zusammen das Stiftskapitel repräsentierten, wurden als Kanonikate
(canonicatus), das dem einzelnen Dom- und Stiftsherrn aus dem
Gesamt-StiftsvermOgen zufliefeende Pfründe-Einkommen als Präbende
(praebenda) bezeichnet.
Die an bestimmte Altäre des Domes oder der Kollegiatkirchen
geknüpften Pries terpfr finden, deren Inhaber aufser zur Lesung der
stiftungsmäfsigen Wochen messen zur Teilnahme am gesamten Chor-
dienst der Dom- oder Stiftsherren verpflichtet waren, ohne Sitz
oder Stimme im Kapitel zu haben, hiefsen Vikarien (vicariae).
In der Mitte zwischen Domherren und Domvikaren standen
im Speierer Domstift die Sexpräbendare und Semipräbendare. Als
im 13. Jahrhundert die Domherrn anfingen, sich mit der zur Er-
langung einer Domherrnpfründe notwendigen Subdiakonats weihe zu
begnügen, fehlte es bald an Geistlichen, welche das tägliche Choramt,
sowie einfallende Leichen- und Jahrtagsämter celebrieren konnten.
Um diesem Mangel abzuhelfen, entschlofs sich das Domkapitel, von
den damals bestehenden 40 Domherrnpfründen fortab 6 an nicht-
adelige Kleriker zu verleihen, welche Priester sein mulÜBten, aber
weder Sitz noch Stimme im Kapitel haben sollten (sexpraeben-
darii). Weitere 2 Domherrn pfr finden sollten in Malbpräbenden
geteilt an 4 nichtadelige Kleriker vergeben werden, von denen
zwei als Diakone und zwei als Subdiakone den Dienst am Altare
zu leisten hatten (semipraebendarii).
Pastoria bezeichnete die ordentliche Pfarrpfrfinde, deren
Inhaber (pastor) im Genüsse eines Teiles, meist eines Drittels oder
der Hälfte des Grofszehents der Pfarrei war und daffir die Baupflicht
am Chor seiner Pfarrkirche zu tragen hatte.
War ein Pastor durch den gleichzeitigen Besitz einer anderen
mit Besidenzpflicht verbundenen Pfründe dauernd verhindert ,auf
seiner Kirche zu sitzen*, so hatte er mit Zustimmung des DiOzesan-
bischofs zur Ausübung der Seelsorge an seiner Pfarrkirche dem
zuständigen Archidiakon einen Stellvertreter zur kanonischen Investitur
zu präsentieren und demselben aus den Pastoreige fällen eine vom
Archidiakon zu bestimmende Besoldung (portio congrua) zu reichen.
Ein solcher nur auf Lebens- bezw. Amtszeit eines Pastors bestellter
pfarrlicher Stellvertreter ist in der Diözesanmatrikel als vicarius
perpetuus (investitus) bezeichnet, während er sonst allgemein
öö_
plebanuB (d. i. der das Pfarrvolk tatBächlich mit Gottesdienst, Predigt
und Sakramenten versehende Geistliche), zu deutsch «Leutpriester'', '
genannt wurde. Entsprechend hiefs auch die Pfründe/ welche für
den Stellvertreter eines an der persönlichen Ausübung der Seelsorge
behinderten Pastors vorübergehend geschaffen wurde (vicaria perpetua),
vielfach Plebanie.
Im eigentlichen Sinne wurde aber unter Plebania die
dauernde pfarrliche Stellvertreter -Pfründe verstanden, welche in
zwei Fällen begründet wurde. Einmal, wenn eine Pfarrpfründe
mit allen Bechten und Einkünften durch Inkorporation dauernd in
den Besitz einer juristischen Person (Stift, Kloster, Spital u. dergl.)
überging, welche fortab, obwohl zur Seelsorge unfähig, als Pastor
der betreffenden Pfarrei galt und in den Urkunden geradezu als
solcher angesprochen wurde. In diesem Falle schied der zuständige
Archidiakon aus den Erträgnissen der Pastorie einen Teil aus und
bestimmte denselben zum festen Pfründe-Einkommen (portio congrua)
des zur Ausübung der Seelsorge dauernd notwendigen Pfarrvikars
(vicarius perpetuus oder plebanus). Die zweite Veranlassung zur
Errichtung einer Plebanie ergab sich, wenn eine Filialkirche — im
Mittelalter zumeist als Kapelle bezeichnet — von der Mutterkirche
getrennt und zur selbständigen Pfarrkirche mit eigenem Seelsorger
erhoben wurde. Der Letztere trat im neuen Pfarr bezirk nicht in i
die Rechte des Pastors ein, sondern der Pastor der Mutterkirche
blieb auch fernerhin im Genufse des bisherigen Grofszehentteils
und der sonstigen pfarriichen Einkünfte, soweit ihm letztere nicht
etwa zu Gunsten des Seelsorgers der selbständig gewordenen Tochter-
kirche abgelöst wurden. Dieser wurde nur als dauernder Stellvertreter
des Pastors der Mutterkirche für den abgezweigten Pfarrbezirk
(vicarius perpetuus oder plebanus) angesehen und dementsprechend
die für ihn errichtete Pfründe als vicaria perpetua oder plebania
bezeichnet.
Auch der Geistliche, welcher jeweils mit der Seelsorge in
einem Stiftspfarrbezirke betraut war, hiefs Plebanus. Im Domstifte
und in den 3 Kollegiatstiftern der Bischofsstadt Speier wurde er,
weil ihm für die pfarrlichen Gottesdienste der Kreuzaltar in der
Dom- bezw. Stiftskirche angewiesen war, Kreuzpfarrer (plebanus
s. crucis oder plebanus ad altare s. crucis) genannt.
Die in der Diözesanmatrikel nur ein paar Mal angewendete
und vielleicht einer Ortsgewohnheit entsprechende Pfründebezeichnung
81
Bectoria wurde in der mittelalterlichen Diözese Speier für Paatorie
und Plebanie gleichmäfeig gebraucht, um die Pfründe zu kennt-
zeichnen, deren Inhaber in einer Kirche zu befehlen hatte, oder,
wie man sich in Urkunden auch auezudrücken pflegte, der , Kirch-
herr" war.
FrühroesAerei (primaria = primilsaria) hiefs jene Priester-
pfründe, deren Inhaber die von ihm stiftungsgemäfs zu lesenden
Wochenmessen alle oder gröfsten Teils frühmorgens, bevor das
Volk an seine Arbeit ging, celebrieren mufste.
Caplania war die gewöhnliche Bezeichnung für die Priester-
pfründe, deren Inhaber aufser zur Lesung bestimmter Wochenmessen
auch verpflichtet war, den Ortspfarrer in Not- oder Verhinderungs-
fällen in der Seelsorge zu unterstützen oder zu vertreten.
Beneficiumim engeren Sinne des Wortes wurde die Priester-
pfründe genannt, deren Obliegenheit lediglich in Lesung einer be-
stimmten Anzahl von Wochenmessen an dem Altare bestand, an
welchen die Stiftung geknüpft war.
Stipendium endlich bezeichnete jene Mefsstiftung auf einen
Altar, welche einem beliebigen Geistlichen zur Persolvierung in
jederzeit widerruflicher Weise übertragen wurde, ohne dafs derselbe
durch kanonische Investitur ein Recht daran erlangte. Hatte eine
solche Mefsstiftung noch nicht die Bestätigung der zuständigen
kirchhchen Oberbehörde erhalten, so ist dieselbe in der Diözesau-
matrikel als Stipendium non confirmatum vorgetragen.
Für Mönchsklöster kommt in unserer Matrikel regelmäfsig
die Bezeichnung monasterium in Anwendung, während die
Nonnenklöster als cenobiasanctimonialium eingeführt werden.
Klausen (clusae) hiefsen die Häuser, worin Jungfrauen und Witwen
gemeinschaftlich unter geistlicher Aufsicht und Leitung den Werken
der Frömmigkeit und Nächstenliebe sich widmeten, ohne sich durch
Gelübde zu binden (Beginenhäuser).
Nun möge die Matrikel selbst im Wortlaut folgen mit der
einen Abweichung, dafs das Wörtchen ,Item', womit in der
Urschrift nach mittelalterlicher Art jede Pfründe eingeführt wird,
im Druck der Raumersparnis halber zumeist mit einem Sternchen
wiedergegeben wird.
6
82
nach folgrende StiefiRb, Clostere, Pastoryen,
Pfarrkyrchen vnd andere Pfründen vnd Beneficia
der Geistlichkeit vnsers StiefiBts vnd Bisthums zu
Spier:
l Beneficia in ciuitate Spirensi existencia.
1. Item unser Dumkyrche und Stiefft in der Stat Spier.
In eadem ecclesia maiori:
Item prepositura }
^ _ ; prelature.
* decanatus S
Item Bcolastoria
* cantoria } olficia.
* custoria
Item triginta duo canonicatus et prebende, quarum una est
annexa decanatui et una ecolastorie.
Item sex prebende presbyteriales, quarum pofsefsores appellantur
sexprebendarii.
Item quatuor semiprebendarii , quorum duo sunt dyaconi et
duo subdyaconi, inter quos dividuntur due prebende canonicalee. et
sie erunt quadraginta prebende canonicales, licet tarnen triginta
sint canonici.
Item due vicarie ad altare summum. * tres vicarie ad altare
sanctorum Mathei et Mathie. * due yicarie (ad) altare sancti lohannis
Eyangeliste. *** quatuor vicarie ad altare sancti Martini. * due vicarie
ad altare sancti Laurencii. *** due vicarie ad altare sancti Blasii.
*** due vicarie ad altare sanctorum Philippi et lacobi. * due vicarie
ad altare sancte Katharine. * tres vicarie ad altare sancti Petri
in cripta. *** una vicaria ad altare sancti Ohristoffori. * due vicarie
ad altare sancti Egidii. * due vicarie ad altare sancti StefiFani.
* due vicarie ad altare sancti Pauli. * due vicarie ad altare trium
Regum. * tres vicarie ad altare sancte Agnetis. * due vicarie ad
altare Decem millium raartyrum. *** una vicaria ad altare sancti
Michaelis. * tres vicarie ad altare sanctorum lodoci et Lucio.
* due vicarie ad altare sanctorum Symonis et lüde. * due vicarie
ad altare sancte Anne. * due vicarie ad altare sancti Gregorii.
* una vicaria ad altare sancti Ciriaci. '*' tred vicarie ad altare
sancti ßartholomei. * una vicaria ad altare sancte AfTre. * tres
vicarie ad altare sancti Andree. * una vicaria ad altare sancti
83
Galli. * due vicarie ad altare sancti Heinrici. * tres vicarie ad
altare sancte Barbare. * dae vicarie ad altare beate Marie Magdalene.
* ana vicaria ad altare sancti Germani.
Item quatuor vicarie, que appellantnr quartarie yel prebende
leciorum, quarum due sunt dyaconales et due subdjaconales.
Item archipresbyter ecclesie Spirensis.
Item plebania ad altare sancte crucia.
Item tres prebende sive caplanie ad dictum altare sancte
crucis et ille tres caplanie non respiciunt chorum, sed debent
aasistere plebano et missas ipsas institutas persolvere.
Item recior scolarium et succentor, qui participes sunt pre-
senciarum.
Summa: 117 persone, quarum triginta sunt canonici. Summa:
una prepositura, decanatus, scholastoria, cantoria, custoria ; * triginta
dao canonicatus et prebende ; * sex prebende presbyterales; '''quatuor
semiprebendarii, quorum duo sunt dyaconi et duo subdyaconi, inter
quos dividuntur due prebende canonicales et erunt quadraginta
prebende canonicales, licet tamen 30 sunt canonici ; '" 69 vicarie ;
* archipresbyter ; * plebania ad altare sancte crucis ; '*' tres prebende
sive caplanie ; * rector scolarium et succentor, qui participes sunt
presenciaiiim.
2. Beneficia in ecclesia sanctorum
Germani et Mauricii.
Item prepositura.
* decanatus.
"* custoria.
* duodecim canonicatus et prebende.
Vicarie :
Item quatuor vicarie ad summum altare videlicet sancti Germani,
que non habent missas aunexas, sed sunt astricte ad chorum. *** due
yicarie ad summum altare videlicet sancii Germani que habent
missas annexas. * due vicarie ad altare beate Marie virginis.
* yicaria ad altare sancti Germani et sancte luliane. '" vicaria ad
altare sancti Blasii. * vicaria ad altare sanctorum Germani et Petri.
* vicaria ad altare sancti Petri. * vicaria ad altare sanctorum Lau-
rentii et Benedicti. '*' quatuor vicarie ad altare sancti Kyliani.
* vicaria ad altare sanctorum Petri et Laurencii. * vicaria ad
6*
B4
altare sanctorum lobannis Evangeliste et Petri. * vicaria ad altare
sanctorum Benedicti et luliane. * vicaria ad altare sanctorum
lohannis Evangeliste et Laurencii. * due vicarie ad altare sancti
Benedicti. * vicaria ad altare sancte Katherine.
Item plebania sancte crucis, que est annexa cuidara vicarie
altaris sancti Laurencii et appellabatur plebania sancti Mauricii.
Caplanie spectantes ad predictum altare sancte crucis sive
plebaniam sancti Mauricii:
Item primaria altaris sancti Mauricii. * due caplanie altaris
sancti lobannis. * tres caplanie altaris sancte Katharine. * due
caplanie altaris beate Marie virginis.
Sunt octo caplanie.
Summa: 48 persone, quarum quindecim sunt canonici. Summa:
prepositura, item decanatus, custoria, duodecim canonicatus et pre-
bende; item 24 vicarie; item plebania; item primaria et septem
caplanie.
3. In ecclesia collegiata S. Widonis Spirensis.
Item prepositura.
* decanatus,
* custoria.
* canonicatus. ^)
Vicarie :
Item duo vicarie ad summum altare. * due vicarie ad altare
sancti lohannis Baptiste. * tres vicarie ad altare sancti Martini
in cripta. * una vicaria ad altare omnium sanctorum. * due vicarie
ad altare sancti Anthonii. * due vicarie ad altare sancte Katharine.
* due vicarie ad altare sancti Michaelis. * due vicarie ad altare
sancti lodoci. * due vicarie ad altare beate virginis. * una vicaria
ad altare sancte crucis. * due vicarie ad altare sancte Marie Magdalene.
*** due vicarie deputate ad intonandum. * una vicaria, que est
similiter libera, ita quod non habet aliquem actum annexum, nisi
quod est sub obediencia decani.
*) Nach G I a s s c h r ö d e r , Urkundon z. pfälz. Kircheiigeschichte im
Mittelalter S. 83 Nr. 199 bestanden im St. Guidostifte nel)en der Propstei
12 Kanonikalpräbenden, wovon je eine dem Dechant und dem Gustos zu-
stand. Sollte zur Zeit der Abfassung der Diözesanmatrikel das Kapitel
gerade auf 4 Personen zusammengeschmolzen gewesen sein?
85
Item plebanus sancte crucis.
Summa: 27 pereone. Summa: prepositura; decanatus; canoni-
catus; custoria; item 24 vicarie ; item plebanatus.
4. Beneficia in ecclesia sancte Trinitatis.
Item prepositura.
* decanatus, cui est incorporata capella sancti Alexii.
* novem canonicatus et prebende.
Vicarie :
Item quatuor vicarie in summo altare. * due vicarie ad
altare beate Marie virginis. * due vicarie ad altare sancti Martini.
* due vicarie ad altare Undecim roillium virginum. * quinque vicarie
ad altare sancti Pancracii. * quatuor vicarie ad altare Aposto-
iorum. * quatuor vicarie ad altare sancti Pauli.
Item ad altare sancte crucis plebanus.
Item rector scolarium et campanator, qui etiam sunt par-
ticipes praesentiarum.
Summa: 29 persone. Summa: prepositura; decanatus; cano-
nicatus et prebende; * 24 vicarie; * plebanus; * rector scolarium
dt campanator, qui etiam sunt participes proseiitiarum.
Summa summarum der person in Stifften 222.
5. In parrochia sancti Georii Spirensis,
que est filia altaris sancte crucis ecclesie maioris sie et omnes
alie parochie civitatis Spirensis :
Item pastoria. * perpetua vicaria sive plebania. * beneficium
altaris sancti Anthonii. "^ duo beneficia altaris sancte Elizabeth.
* duo beneficia ad altare beate Marie virginis. * novem beneficia
ad altare beate Katherine virginis. * tria beneficia ad altare sancti
lodoci. * unum beneficium ad altare sancti Valentini.
Summa: viginti beneficia.
6. In ecclesia parrochiali sancti lohannis.
Item plebania. * duo beneficia ad altare beati Leonhardi.
Summa: tria beneficia.
7. In ecclesia parrochiali sancti Petri.
Item plebania. * unum beneficium altaris sancti Andree.
* unum beneficium altaris sancte Katherine. * unum beneficium ad
altare Decem millium martyrum. *** duo beneficia altaris sancti Petri.
Summa: sex beneficia.
86
8. In ecclesia parrochiali sancti Bartholomei.
Item plebania. * unum beneficium altaris sancte Katherine.
* duo beneficia altaris sancti Nicolai. * unum beneficium altaris
sancti Leonhardi. * unum beneficium altaris beate Marie yirginis.
Summa: sex beneficia.
9. In ecclesia parrochiali sancti lacobi.
Item plebania. * duo beneficia altaris beate Marie yirginis.
* duo beneficia altaris sancti Andree. * unum beneficium altaris
Decem millium martjrum.
Summa: sex beneficia.
10. In ecclesia parrochiali sancti Martini.
Item pastoria. "* plebania. * primaria altaris beate Marie
yirginis.
Summa: tria beneficia.
11. In ecclesia parrochiali sancti Egidii,
que incorporata est monasterio canonicorum regularium in Herde.
Item plebania, quam semper unus possidet de ordine. *** pri-
maria altaris sancte Katherine. * caplania altaris sancti Augustini.
"* due primarie altaris sancte Genefeye.
Summa: quinque beneficia.
12. Ecclesia parrochialia sancti Marci,
que incorporata est ordini Wilhelmitarum.
Item plebania, ad quam semper unus de ordine presegtatur.
Summa per se.
18. In ecclesia parrochiali ultra Lutum leporis.
Item plebania. * primaria altaris sancti Dominici. * du«
primarie altaris beate Marie yirginis.
Summa: quatuor beneficia.
14. Ecclesia parrochialis sancti Steffani
incorporata est ordini fratrum hospitalis beate Marie yirginis
Iherosolimitani.
Item plebania, quam semper unus de ordine possidet.
Summa per se.
15. In capella episcopi Spir. ad sanctum Nicolaum:
Item caplania altaris sancti Nicolai. * caplania altaris sancti
Panthaleonis.
Summa: duo beneficia.
87
16. In capella prepositi Spir. ad sanctum Christoforutn:
Item due caplanie in eadero.
Summa per se.
17. In capella sancte Lucie
in curia, quam modo inhabitat dominus Beinhardus de Helmstat:
Item due caplanie in eadem.
18. Item in capella sancti lohannis
in curia fratrum hospitalis sancti lohannis Iherosolimitani :
Item due caplanie in eadem.
Nota: adhuc una caplania fuit in eadem capella; quando illa
extincta sit, nescitur.
19. In capella sancti Urbani
in clusa zum Rotenschyld :
Item una caplania in eadem.
20. In capella sancte Margarete virginis.
Item una caplania in eadem.
21. In capella sancti Alexii.
Item una caplania, que incorporata est decanatui ecclesie
sancte Trinitatis Spirensis.
22. In capella sancte Catharine
in pede montis sancti Germani:
Item due caplanie in eadem.
23. In capella sancti Udalrici foris civitatem :
Item una caplania.
Summa 69 beneiicia in civitate Spirensi exclusis ecclesiis
coUegiatis.
24. Monasteria et cenobia in civitate Spirensi et
eins suburbio:
Item domus fratrum hospitalis beate Marie virginis Iherosoli-
mitani Theutonicorum.
* monasterium ordinis dominici sepulcri.
* monasterium ordinis sancti Augustini Carmilitarum.
* monasterium ordinis sancti Augustini Heremitarum.
* monastorium ordinis sancti Augustini Predicatorum.
* monasterium ordinis sancti Francisoi ordinis Minorum.
88
Item cenobium sanctimonialium ordinis sancti Dominici ultra
lutum leporis.
"' cenobium sanctimonialium ordinis sancte Cläre.
Summa: sex monasteria et duo cenobia.
25. Cluse civitatis Spirensis:
Item clusa sancti Martini.
* clusa sancte Katherine.
* clusa Templi.
* clusa zum Rotenschielt.
* clusa in der Gruben.
* clusa zum Hagdorn.
*** clusa zum Knoblach.
Summa: 7 cluse.
II. Sub ardiidyaconatu preposkure Ecciesie niajoris.
1. Sub sede
decanatus ruralis Wissemburg.
Item: plebania ecclesie sancti Johannis in Wissemburg^). * quatuor
stipendia in eadem parrochia * plebania ecclesie sancti Michaelis
in Wissemburg. * unum beneficium in dicta parrochia. * duo
beneficia in hospitale in Wissemburg. * quindecim beneficia
sive caplanie seculares in monasterio sancti Petri in Wissem-
burg. * monasterium S. Petri ordinis sancti Benedicti in
Wissemburg. * coUegium sancti SteiTuni, in quo prepositura
cum undecim prebendis canonicalibus et quindecim vicariis.
* domus fratrum hospitalis sancte Marie de lerusalem Theu-
tonicorum cum capella. * monasterium ordinis Minorum.
* monasterium ordinis Predicatorum. *** monasterium ordinis
sancti Augustini Heremitarum. * capella sancti Mauricii
Cisterciensis pertinens ad monasterium Otterberg. * capella
fratrum hospitalis sancti lohaunis de lerusalem dicta zu den
Eychen cum capella.
* plebania in Rechtenbach. "^ primaria ibidem.
* rectoria in Rode^). * primaria ibidem.
"' plebania in Keffennach.
* plebania in H i n n s p a c h ^).
*) Weifsenburg im Elsafs. — ^) Rott i. E. — *; Hunspach.
89
Item: plebania in Kl e borg V* * primifsarias ibidem.
* plebania in Steinselcz. * primaria ibidem.
* plebania in Rytselcz^). * primaria ibidem.
*** plebania in Altstat^). * due caplanie in eadem. * caplania
in capella sancti Bemigii. * caplania in capella leprosorum.
* pastoria in Otterbach ^).
* caplania capelle C 1 o f s b e r g ^).
* caplania capelle in Hafftel*). * Stipendium nondum con-
firmatum in eadem.
* pastoria in Slettenbach.
pastoria in Durrenbach ^). * primaria ibidem,
caplania capelle in Gelbron^).
plebania in Bellenbor n.
plebania in Steinfeit. * primaria ibidem,
caplania capelle in Otterbach ^).
*
pastoria
plebania
plebania
plebania
plebania
pastoria
pastoria
plebania
n Scheide ^°). * due primarie ibidem.
n Sleital^^). * primaria ibidem.
n Salmbach.
n Luterbach ^^). * primaria ibidem.
n Schibenhart.
n Matern ^^). ''' caplania capelle in Matern.
n Monchhusen^'^).
n Stundwiler. * primaria ibidem.
"* caplania capelle in Driegenbach ^%
* plebania in S e b a c h ^^).
Summa: una abbacia, una prepositura, Septem pastorie,
decem et septem plebanie, quinquaginta quatuor
beneficia non curata, unum collegium, quatuor mona-
steria et undecim capelle et quinque stipendia.
2. Sub decanatu sedis Hergfsheim:
Item : pastoria in T h a n e ^^). *** primaria ibidem. * caplania sancti Nicolai
ibidem. * caplania sancte Katharine ibidem. * caplania sancti
Anthonii ibidem.
^) Eleebnrg. — *) Riedselz. — ^) Altenstadt. — *) Oberotterbach.
— *) Kapelle auf dem Klofsenberg bei Oberotterbacb. — •) Haftelhof. —
"0 Dörrenbach. — ^ Kohlbrunnerberg. — •) Niederotterbach. — ^®) Schaidt.
- ") Schleithal. - ") Niederlauterbach. - ") Motbem. - ") Münch-
hausen. — **) Trimbach. — >•) Niederseebach. — "; Dahn.
90
Item: caplania capelle in Bruchwiler.
* plebania in Gosperfswiler \). * primaria ibidem et huic
primarie sunt annexe capella in Sulczfelt et capella
Silvestris.
* plebania in Waltrorbach.
*in Anwiler: et quodlibet altare habet suum beneficium :
* plebania. * altare beate Virginia. * altare sancte Katharine.
**" altare sancte Trinitatis. * altare sancte crucis. * altare
sancti Nicolai. * altare in ossorio. * altare in hospitale.
* pastoria in Hauwenstein^).
* plebania in Wylgartzwysen^). * primaria ibidem.
* pastoria in Werner fsberg.
* plebania in Swanden^).
* plebania in Wi dentale'"^).
"* caplania capelle in R i n t a 1 e ®).
* pastoria in Queichainbach V-
* pastoria in Alber fswiler. * primaria ibidem.
"* pastoria in Artzheim. * primaria ibidem.
"* caplania capelle in Ramfsbach ^).
*** caplania capelle Servilingen').
* pastoria in M u 1 h u s e n ^^).
* in oppido Landauwe: * monasterium Steigencium ordinis
sancti Augustini canonicorum regularium, cui est incorporata
ecclesia parrochialis ibidem. * beneficium ad altare sancti
Wilhelmi. * beneficium ad altare sancti Eberhardi. * caplania
capelle sancti lustini. * due caplanie capelle sancte Katharine.
'*' caplania capelle domus leprosorum. *' due caplanie in
hospitale. '*' monasterium ordinis sancti Augustini Heremitarum.
* plebania in Queichheim. * primaria ibidem.
* plebania Utzingen^^). * primaria ibidem. * caplania ibidem.
* plebania in M e r 1 e m ^^).
* plebania in Offenbach. * primaria ibidem. * caplania
capelle beate Yirginis ibidem. ^ capella sancti Oiriaci ibidem
sine beneficio.
*) Gofsereweiler. — *) Hauenstein. --^) Wilgartswiesen. - *) Schwanden.
— *) Vorderweidenthal. — ^) Uinuthal. — '^) Queichhambach. — ^) Kansch-
bach. — •) Abgegangenes Dorf bei Arzheim. — '®) Abgegangenes Dorf in
der Gemarkung yon Landau. — ") Ebenfalls. — **) Mörlheim.
91
Item: plebania in Otter fs heim. * primaria ibidem.
* pastoria in Knytellsheim^). * primaria ibidem.
* plebania in Bei heim« * primaria ibidem. * cnplania capelle
sancti Ciriaci ibidem.
* plebania in Rulgifsheim '^). * primaria ibidem. '*' capella
sancti Dietheri ibidem sine beneficio.
* pastoria in Bin z ab er n^).
* plebania in Leumerfsheim ^). * primaria ibidem.
* plebania in P f o t z e *'^).
* plebania inlochgryme'). * primaria ibidem.
* pastoria in Werde '^).
* pastoria in Hagenbuche ^). * primaria ibidem. * caplania
beate Virginis ibidem.
* plebania in Bergk.
* plebania K and eil. * primaria ibidem. * caplania sancte
Eatharine ibidem. * novum altare ibidem. * capella sancti
Steffani ibidem sine beneficio.
* pastoria in Myndfelt®). * primaria ibidem. * caplania
ibidem.
* plebania Freckfelt. * primaria ibidem.
* plebania in Winden. "* primaria ibidem.
* plebania in Rode ^^. *** primaria ibidem. * caplania ibidem.
* plebania in D r u fs w i 1 e r.
* plebania in Cap eilen.
* plebania in Clin gen.
* in Bergzabern: * plebania. * primaria. * beneficium ad
altare sancti lohannis. *** beneficium ad altare sancte crucis.
* beneficium altaris sancti Erasmi. * beneficium altaris Symonis
et lüde. * caplania capelle sancti Georii.
* plebania in Birckenhirde^^).
* plebania in Blifswiler^*). * primaria ibidem.
* plebania in Glifsenzell^'^). * primaria ibidem. * caplania
beate Virginis ibidem.
* monasterium ordinis sancti Benedicti in Clingenmonster
et abbacia ibidem. * beneficium altaris beate Eatharine
Knittelsheim (im Orig. steht irrtttmlich primaria statt pastoria). —
*) Rülzheim. — •) Rheinzabem. — *) Leimersheim. — *) heute Neupfotz. —
^ Jockgrim. — "0 Wörth am Rhein. — «) Hagenbach. — •) Minfeld. —
») Barbeiroth. - ") Birkenhördt. - ^«) Pleisweiler. - »») GleiszeUen.
92
ibidem. * beneficium altaris beati Wendelini ibidem. * ca-
plania sancti Nicolai ibidem. * caplania beate Marie Magda-
lene ibidem.
Item: plebania in Huchelnheim^). * primaria ibidem.
* plebania in Gecklingen ^). * primaria ibidem. "^ caplania
aancti Panthaleonis ibidem.
* plebania in Walthanbach. * primaria ibidem.
* plebania in Lenfswiler '). * primaria ibidem.
* due caplanie in capella in Kaltenbronn^). * Stipendium
non confirmatum in eadem.
* caplania capelle Rubri montis''^).
* plebania in Eepach^).
* plebania in Ulfefsheim^). * primaria ibidem.
* pastoria in Mortzheim^). * primaria ibidem.
* pastoria in Wolmfsheim ®). * primaria ibidem.
* pastoria in Impfflingen.
* plebania in Infsheim. '*' primaria ibidem.
* plebania in Hergfsheim. * primaria. * beneficium altaris
omnium Sanctorum. '^ beneficium altaris sancti lohannis.
* beneficium altariä sancti Nicolai. * beneficium altaris beate
Virginis.
"^ plebania in R o h r b a c h. '''' primaria. * beneficium altaris sancti
lohannis. * beneficium altaris sancti Nicolai. * beneficium
altaris sancti Leonhardi.
* plebania in Bullickeim^^). "^ primaria ibidem. * beneficium
altaris sancti StefTani. * caplania sancti lohannis ibidem.
'^ capella in Appenhoven sine beneficio.
* caplania capelle in Mulhoven.
* plebania in Ingenheim. "^ primaria ibidem.
* plebania in S t e i n w i 1 e r. '*' primaria ibidem. * caplania capelle
sancti üdalrici ibidem.
* caplania capelle in Erlenbach.
* plebania in Heyne ^*). * primaria ibidem.
* plebania in Hatzenbuhell ^^). '^ primaria ibidem.
^) Ueuchelheim. — ^) Göcklingen. — ^) Leinsweiler. — *) Abge-
gangener Ort bei Leinsweiler. -- *) Roden berg, abgegangener Ort ebenda.
— *) Eschbach. — ') Ilbesheim. — ^) Mörzheim. — *) Wollmesheim. —
w) Billigheim. - ") Hayna. - ") Hatzenbühl.
98
Summa: una abbacia, 15 paatorie, 43 plebanie, 92 bene-
iicia non cnrata, 3 roonaateria, 2 hospetalia, 22
caplanid et 1 Stipendium.
3. Beneficia sub decanatu rurali sedis Wiler
sub Rieperg.
Item : plebania in Ka n f s k y r c h e n ^). * primaria ibidem.
* plebania in Gotdromstein ^). * due primarie ibidem.
* pastoria in Nufsdorff. * due primarie ibidem. * caplania
ibidem.
* plebania in Damheim.
* pastoria in Bornheim. * primaria ibidem.
* pastoria in Essingen superiori^).
* pastoria in Essingen inferiori"^). * due primarie ibidem.
* pastoria in Zeifsikeim ^). * due primarie ibidem.
* pastoria in Hoenstat inferiori^). * primaria ibidem.
* pastoria in Hoenstat superiori^). * primaria ibidem.
* plebania in Lustatt superiori^). * due primarie ibidem.
* una caplania ibidem.
* pastoria in Lustatt inferiori^). * primaria ibidem.
* pastoria in Wingarten ^^). * due primarie ibidem.
* plebania in Swechenheim ^i). * primaria ibidem.
* pastoria in Fryspach. * vicarius investitus perpetuus
ibidem.
* plebania in Freumerfsheim. * primaria ibidem.
'*' plebania in Vi schlingen minori^^).
* pastoria in Yischlingen majori ^^). * primaria ibidem.
* plebania una in inferiori et superiori Odesheim^^),
quanquam due sint pastorie incorporate. '*' due primarie ibidem.
* pastoria in Walfsenheim ^'^). * perpetuus vicarius ibidem.
"" primaria ibidem.
* pastoria in Bofsbach^^). * primaria ibidem.
"^ pastoria in Knoringen. * primaria ibidem.
') St. Johann bei Albersweiler. — *) Godramstein. — •) Ober-Essing^en.
— *) Unter - Essingen bildet heute mit dem Vorhergehenden den einen
Ort Essingen. — ^) Zeiskam. — ®) Niederhochstadt. — "') Oberhochstadt.
— ®) Oberlustadt. — °) Niederlustadt. — ^^) Weingarten. — *') Schwegen-
heini. — '*) Kleinüschlingen. — '*) Grofsfisehlingen. — '*) Ober- u. Unter-
PMesheim bilden heute den einen Ort Edesbeim. - ^^) Walsheim bei Landau.
— ^®) Roschbach.
94
Item: pastoria in Bochingen. * primaria ibidem.
'*' pastoria in G 1 i fs w i 1 e r ^).
* plebania in B o b e n w i 1 e r ^). * dae primarie ibidem.
* pastoria in Wiler^). * tres primarie ibidem. * una caplania
ibidem.
* pastoria ad sanctum Martinum. * due primarie ibidem.
* caplania in Castro Krobfsperg.
* plebania in Meynkemmern^). * primaria ibidem.
* pastoria in Dydefsfelt ^). * primaria ibidem.
* plebania inOdenkoben^). * primaria ibidem.
* plebania in K y r w i 1 e r ^). * due primarie ibidem. * nna
caplania ibidem.
* una caplania in Oberkyrwiler.
* pastoria in Dudenwiler®). * vicarius inyestitus ibidem.
* primaria ibidem.
* plebania in Spierdorffe^ * una primaria ibidem.
* pastoria in Lachen, * due primarie ibidem.
Nota: quod pastoria incorporata in Spierdorff et pastoria
in Lachen non incorporata, unum habent perpetuum
vicarium.
* pastoria in Oummerfsheim ^^). * primaria.
* plebania in Bebingen ^^).
* pastoria in Heynfelt^^). * primaria ibidem.
* plebania in Yischbach ^^).
* plebania in Bergalben ^^).
'*' plebania in Hoffstetten.
* plebania in Rode ^^). * primaria ibidem. "^ Stipendium ibidem.
''' plebania in Genfsheim ^^). primaria ibidem.
* plebania in Altdorff. * due caplanie ibidem.
* plebania in Dudenhoyen.
* plebania in Heiligenstein.
* primaria in Berghusen.
* plebania in Franckwiler. '*' primaria ibidem.
* plebania in Sybeltingen ^^). * unum Stipendium ibidem.
^) Gleisweiler. — *) Burrweiler. — •) Weyher. — *) Maikammer. —
*) Diedesfeld. — ®) Edenkoben. — ''; Kirrweiler. — *) Duttweiler. —
*) Speyerdorf. — *^) Gommersheim. — ^*) Böbingen. — **) Hainfeld. --
W) Waldfischbacli. — ") Burgalben. — ^^) Rhodt. — »«) Geinsheim. —
^^) Siebeldingen.
95
Item: plebania in Deyrenbach ^). * dae primarie ibidem.
* primaria in Weatheim.
"^ due caplanie in capella in Lengenfelt^) filie Westen.
* plebania in Yenningen. * primaria ibidem.
* plebania in Hanbach'^). * due primarie ibidem.
'*' plebania in Hartbusen.
'*' caplania in H e i n b o v e n '*).
* cenobium ordinis sancti Augustini servorum beate Marie in
Germerfsbeim, cui incorporata est pastoria ibidem.
* cenobium fratrum hospitalis sancti lohannis de lerusalem in
Heynbach^).
* monasterium ordinis Cidterciensium Utrinivallis^) dictum
üfsers tale.
* cenobium sanctimonialium ordinis Cisterciensium in Hey 1 fs-
brucken ^).
* clusa professarum in Kanfskyrcben^).
Summa: una abbacia, 28 pastorie, 27 plebanie, 67 bene-
ficia non curata, 8 vicarii perpetuatio 2 stipendia,
4 monasteria, una clusa et quatuor capelle.
4. Sub decanatu sedis in Buhell.
n Otterstatt,
n Wal fs beim ®).
n Nova Curia ^^),
n Altrippe.
nByngeynheim^^). * primaria ibidem,
n Mudacb^^. * vicaria ibidem perpetua.
n Mutterstat. * primaria ibidem,
n Danstat. '^ primaria ibidem. * caplania sancti
bidem.
n Scbuwerbeim ^'), que est filia Danstat.
n Fufsgeinbeim ^^). * primaria ibidem,
n Elerstat. '^ primaria ibidem.
Item: plebania
* pastoria
'*' plebania
* plebania
plebania
* pastoria
"^ plebania
'^ plebania
Steifani
* caplania
* plebania
* plebania
'^ plebania In Fridelfsbeim. * primaria ibidem.
* caplania in Gynheim^^), filia ad Friedelfsheim.
') Dembach. — ^) Lingenfeld. — •) Hambach. — *) Hanhofen. —
*j Haimbach bei Oberlustadt, abgeg^angen. — °) Eufserthal. — '') Heilsbrück
aufgegangen in Edenkoben. — ®) St. Johann bei Albersweiler. — ®) Waldsee.
— '°) Neuhofen. - ^^) Rheingönheim. — ^^) Maudach. — ^•) Schauemheim.
— ") Fufsgönheim. - »^) Gönheim.
96
Item : plebania in B e t e r f s h e i m ^).
'*' pastoria in Hochdorf f. * yicaria ibidem perpetua. *^ pri-
maria ibidem.
* caplania in Assenheim, filia ad Hochdorff.
* plebania in Meckenheim. * primaria ibidem.
* plebania in Ruperfsburg ^). * due primarie ibidem.
* plebania in Schi verstatt. * primaria ibidem. * caplania ibidem.
* plebania in ü g e 1 n h e i m ^).
* caplania sancti Egidii in Langquit^).
* plebania in Hafslach ^). * primaria ibidem.
* pastoria in Buh eil®). '*' yicaria perpetua ibidem. * primaria
ibidem.
* plebania in Oymmeltingen'^). * due primarie ibidem.
* plebania in Konigspach. * primaria ibidem.
* plebania in Mufsbach.
* in Wachenheim: * plebania. * quatuor primarie. * tres
caplanie in capella fratris Ludovici.
* caplania in Osthoven prope Wachen heim.
* in Durckeim^): * plebania ®). * quatuor primarie. * tria
beneficia in hospitale. * una caplania in capella.
* due caplanie in monasterio Schonfeit ^^).
* una caplania in monasterio Sebach.
* due caplanie in monasterio Lymperg.
* plebania in Dydefsheim ^^). * tres primarie ibidem.
* due caplanie in Nyderkyrchenn.
una caplania in Forst prope Dydefsheim.
*
plebania
plebania
plebania
plebania
caplania
plebania
n Eibstein ^^). * primaria ibidem.
n Estell").
n Nydenfels ^*),
n Widentale^^).
n Franckstein.
n Wintzingen. * primaria ibidem.
* plebania ad sanctum Lampe r t um ^®).
9?
* ecdesia coliegiata beate Marie Virginia inNovaCivitate ^),
in qua sunt duodecim canonicatus et prebende, et sedecim
vicarie, et plebania ibidem. '^ caplania in clusa montia ibidem.
* caplania in hoapitale in Bruniehwiler^ prope Novam
Civitatem.
Monaateria :
Item: cenobium aanotimonialium in Schonefelt pene deaolatum.
* cenobium aauctimonialium in Sebach.
* monasterium ordinia aancti Benedicti in Lympurg, et ab-
bacia ibidem.
* cenobium aauctimonialium ordinia aancti Dominici ad Sanc-
tum Lampertum.
Summa: 26 plebanie, 4 paatorie, 80 primarie, 21 caplanie,
3 beneficia, trea vicarie, una capella, unum coUegium
in Nova civitate, in quo aunt duodecim canonicatua
et probende et aedecim vicarie et plebania ibidem,
tria cenobia et unum monasterium.
IIL Sub ardiidyaconatu preposUure ecdesie sanctorum
Germanl et IRauriclL
1. Sub decanatu aedia Coppenheim.
Item: plebania in Bulach. * primaria ibidem.
* paatoria in Forchen^).
'^ paatoria in Merach^). * vicariua perpetuus ibidem.
* primaria in Nu wen bürg filie Merache^).
* primaria in Wyer®).
* paatoria in Auge^).
* paatoria in Dormerachheim ^).
* caplania in capella beate Mario Virginia in Buckefaheim ^).
'*' plebania in Budickeim ^%
* plebania in Ottickeim ^^).
* paatoria in Elgifaheim ^^). * vicariua ibidem.
* primaria in Steynmurn^^).
plebania inBaataten. * trea caplanie ibidem,
paatoria in BohelP^). * vicaria ibidem. * primaria ibidem.
M Neustadt a/H. — *) Brauch weiler abgegang^en. — ^) Forchheini. —
*) Morsch. — ^) Neuburg, heute in der bayer. f*ialz. — ^) Neuburgweier. —
"') Au a/Hh. — ^) Durmei-sheini. — ") Bickesheini. — "M Bietigheim. —
") ötigheim. — ^^) Eichesheini. — *') Steinmauern. — '*) Niederbühl.
7
96
Item: plebania in Hafeneberstein ^).
'*' caplania in Castro Alten Eberstein.
* pastoria in Goppenheim^). * tres caplanie sive priinarie
ibidem.
*
*
*
*
*
i'fi
pastoria
plebania
plebania
plebania
plebania
plebania
pastoria
pastoria
plebania
plebania
plebania
plebania
plebania
caplania
caplania
n Roten fels. * vicarius ibidem. * primaria ibidem,
n Sei bach.
n Gernspacb. * quinque caplanie ibidem,
n Forppach^).
primaria ibidem.
n Loffennauwe.
n Michelbach,
n Oberwyer*).
n M u c k e n 8 1 u r m *'0.
n Maische. * primaria ibidem,
n Ettlingenwyer^).
n Felckerfsbach^).
n Burgbach ^).
n Schelp brenn ^).
n Alba Dominarum ^^)
n ossario in Bure^^).
"^ tres caplanie in Castro Baden.
"^ in ecclesia collegiata Baden. * prepositura. * decanatus.
* custoria. * cantoria. * sex canonicatus et probende.
"^ novem vicarie in ecclesia. '*' tres vicarie, quarum altaria sunt
in hospitale in Baden. * plebania in Baden, que est de numero
prebendarum canonicalium. "^ caplania capelle leprosorum.
* monasterium ordinis Cisterciensis in Alba Dominorum ^^).
''' monasterium sanctimonialium ordinis sancti Benedicti in Alba
Dominarum ^^).
''^ monasterium sanctimonialium ordinis Cisterciensis in Buere ^*).
Summa: 15 plebanie, 10 pastorie, 8 primarie, 17 ca-
planie, 4 vicane, due capelle, unum collegium in
Baden (prepositura, decanatus, custoria, cantoria,
sex canonicatus et probende, novem vicarie, tres
vicarie in hospitale, plebania) et tria monasteria.
') Hauenebei-stein. — ^) Kuppenheim. — ') Forbach. — *) Oberweier
östlich von Rastatt. — *) Muggensturai. — °) Kttlingenweier. — '') Völ-
kersbach. — «) Bur))ach. — ") Schöllbronn. — >«) Frauenalb. — >«) ITnter-
beueni in Lichtenthai aufgegangen. — ^^) Herrenalb. — ") Frauenalb. —
**J Lichtenthai.
'»
99
Item: plebania
* plebania
primaria
plebania
plebania
plebania
plebania
plebania
plebania
*
*
*
*
2. Sub decanatu sedis Durlach.
n Greyenhusen^).
n Dutlingen ^)
n GrevenhuBen.
n Rotmarspach').
n E 1 m e 1 d i n g e n ^). * primaria ibidem,
n Langena'lbe.
n Zelle ^).
n Langensteynbach.
n Wetter fsbach^). ""primaria ibidem. * sttpen*
*
*
*
*
*
*
*
*
dinm ibidem.
plebania in Stupferich.
plebania in Wolfartz wiler ^).
plebania in Dur lach. * due primarie ibidem. * quinque
caplanie ibidem.
plebania in H a x g f e 1 1 ^).
plebania in Wingarten^). * tres caplanie ibidem.
plebania in Johlingen ^^). "^ due caplanie ibidem.
plebania in inferiori Wesingen^^). * tres caplanie ibidem.
pastoria in superiori Wesingen '^). * primaria ibidem.
plebania in Konigspach. * tres caplanie ibidem.
plebania in Stein. * primaria ibidem.
plebania in Tsingen '^). "" primaria ibidem.
plebania in Ergingen.
plebania in Nettingen ^^). * primaria ibidem.
plebania in Bemichin gen ^^). '^ primaria ibidem.
plebania in Kleinsteynbach.
plebania in Sellingen ^^). * due caplanie ibidem.
plebania in Berghusen. ''' primaria ibidem.
plebania in Gretzingen ^^). * due caplanie ibidem.
caplania sancti Egidii in Novo Castro^ ^).
caplania in Swane^®).
caplania in W i 1 e r *°).
caplania in Utterfsburg ^^).
') Gräfenhausen. — *) Dietlingen. ~ ®) Rudmersbach. — *) Elmen-
dingen. -- *) Marxzeil. — •) Grünwettersbach. — ') Wolfartsweier. —
8) Hagsfeid. — ^) Weingarten. — ^^) Jöhlingen. - ") Unter-Wöfsingen. —
'*) Ober-Wöfsingen. — '^) Bisingen. — ^*) Nöttingen. — '*) Remchingen, ab-
gegangen bei Wilferdingen. — *°; Söllingen. - *'^) Grotzingen. - '^} St.
Egidienkapelle aufserhalb der Stadt NenenbUig. - '^) Schwann. - ^) Weiler.
— 21^ Ittersbach.
638217 Ar
ioö
ttem: caplania in Spilberg.
* caplania in monte sancte Barbare ^).
* caplania in Wespach^).
* caplania in Gebergingen').
* due caplanie in Bilfingen.
'* monasterium sancti Benedicti in G o t z a u w e ^).
* ecclesia collegiata in Ettlingen habet: * decanatam. '*' ple-
baniam. * duodecim alia beneficia.
Summa: 25 plebanie, 10 primarie, 29 caplanie,
unum Stipendium, unum monaeterium et unum coUegium et
habet unumdecanatura, plebaniam et duodecim alia beneficia.
Item: plebania
"^ paetoria
* caplania
* plebania
''' plebania
* plebania
* plebania
''' plebania
plebania
plebania
plebania
plebania
plebania
planie ib
plebania
plebania
plebania
caplania
primaria
*
*
*
*
*
*
*
3. Sub decanatu sedis in Graben.
n U d e n h e i m ^). * primaria ibidem. * caplania ibidem.
n Husen^). * vicarius ibidem.
n Rinhusen ^).
n Kyrlach ®).
n Heyn fs heim. * primirsarius.
n Knudenheim^).
n Dettenheym.
n Bufsheym.
n Ludelfsheym'^.
n Graben. * primaria ibidem.
n Specke ^^). '*' primaria ibidem.
n Blanckenlach ^^). * primaria ibidem.
n Knulingen ^^). '^ primaria ibidem. "^ due ca-
dem.
n Eckenstein ^^).
n Lynckenheim ^^),
n Hochstetten.
n Mulnberg ^®).
n Lynckenhem.
Summa: 14 plebanie, una pastoria, 6 primarie,
quatuor caplanie et una vicaria.
*) Bei Langensteinbach gelegen. — ^) Wöschbach. — ^) Göbrichen.
-- *) Gottesaue in die Stadt Karlsruhe aufgegangen. — ^) heute Philipps-
burg. -- ®j Oberhausen. — "^j Rheinliausen. — ^) Kirrlach. - ^) Knaut^n-
heiin, abgegangener Ort bei Huttenheim. — ^^) Liedolsheini. - **) Spöck.
— *2) Blankenloch. — ^^) Knielingen. — **j Kggenstein. — *^) Linkenheim.
— *^j MUhlburg, heute Vorstadt von Karlsruhe.
101
IV. Sub ardiidiaconafu prepostture ecciesie sancfl Widonis.
1. Sub decanatu rurali sedis Bruchfsall.
Item: parrochia ecciesie sancti Petri in Bruchfsall. * quatuor ca.
planie in eadem ecdesia. * unum beneficium in eadem ecclesia de
collacione abbatis in Herrenalbe. * (in) capella beate Virginis
in Bruchfsall sunt decem beneficia. * caplania una in hospitale
ibidem. * in capella foris portani versus Heidelfsheim sunt
duo beneficia. * caplania in capella sancti lacobi ibidem.
* plebania in ecclesia parochiali in H e i d e 1 f s h e i m. * beneficium
altaris beate Virginis ibidem. * beneficium altaris beati lohannis
Baptiste. * beneficium altaris sancti Laurcntii ibidem. * bene-
ficium sancte Katharine virginis ibidem. * primaria ibidem.
* caplania sancti Georii ibidem.
* plebania in Lufsheim. ^).
* plebania in Hockenheim.
* plebania ad sanctum Leonem^).
* plebania in Ketsche.
* plebania in 6 r u n a u w e ^).
* pastoria in Prauwenwiler^). * primaria ibidem. * caplania
ibidem.
* plebenia in Ruhenburg ''). * primaria ibidem.
* plebania in Maisch. * primaria ibidem.
* plebania in Mongolfsheim ^).
* plebania in Ostoringen^). * primaria ibidem.
* pastoria in Michelfelt. * primaria ibidem.
* caplania in ü c h t e r f s h e i m ^).
* pastoria in Anglach^). * primaria ibidem.
* plebania in Nantzhusen ^^).
* pastoria in Mentzingen. * primaria beate Virginis ibidem.
* primaria beate Katherine ibidem. * caplania beati Georii
ibidem.
* pastoria in superiori £u wefsheim ^'). * primaria beate
Virginis ibidem. * due caplanie altaris sancte Katharine ibidem.
* plebania in Novo Castro ^'^) prope Euwefsheim.
Altlufsheim. — *) St. Leon. — *) Kronau. — *) Frauweiler, ab-
gegangener Ort bei Wiesloch. — *) Rauenberg. - ®) Mingolöheim. —
') Östringen. — *) Eichtersheim. — •) Waldangeloch. — ^®) iiandshausen,
— *0 Ober(^wisheim. — ") Neuenbürg.
102
Item: plebania in inieriori Eu worsheim '). * primaria ibidem.
* caplania sancte crucis ibidem.
* plebania in Oberacker. * primaria ibidem.
* pastoria in Muntzefsheim ^). * primaria ibidem.
* plebania in Zutern^). * primaria ibidem. * caplania capelle
beate Marie Virginia ibidem.
* pastoria in Stedfelt.
* plebania in NiclauHwiler*^). * primaria ibidem.
* plebania in Forst.
* plebania in übstatt. * primaria ibidem.
* plebania in Odenheim.
* plebania in Dieffenbach ^').
* pastoria in Helmfsheim.
* pastoria in Grumbach inferiori^). * primaria ibidem.
* plebania in superiori Granibach^). * primaria ibidem.
* plebania in Buchelnau^ve ^).
* plebania in Wiesentale.
* pastoria in Hanbrucken ^).
* plebania in Langenbrucken.
* pastoria in Gochtzheim ^^). '*' due caplanie ibidem. * bene-
ficium sancte Katharine ibidem. * beneficium sancti lohannis
Baptiste ibidem.
* monasterium ordinis sancti Benedicti in Odenheim.
* monasterium ordinis sancti Benedicti in Sunfsheim ^^).
Summa: 24 plebanie, 12 pastorie, 8 primarie, 14 ca-
planie, 9 beneiicia, quatuor capelle et duo monasteria.
2. Sub decanatu rurali sedis Bretheim.
Item: pastoria in Bretheim ^^). * undecim primarie aut caplanie
ibidem.
* pastorie in Buschlat^^).
* pastoria in N o fs b a u m ^*).
* pastoria in Rinc klingen.
* pastoria in D i d e f s h e i m ^%
* pastoria in Gundelfsheim ^^). * due primarie ibidem.
^) Unteröwisheim. — '^) Münzesheim. — ^) Zeutern. — ♦) Weier
bei übstatt. — ^) Tiefenbach. — •) Unter-Gronibach. — '') Ober-Gronibach.
— ®) Bücbenau. — ^) Hambrücken. — '®) Gochsheim. — **) Sinsheim. —
^2) Bretten. — ") Bauschiott. — »*) Nufsbaum. — ^*) Diedelsheim. —
"•) Gondelsheim.
108
Item : plebania in N y p t z h e i m ^). * primaria ibidem.
* pasioria in B u c h e c h ^).
* plebania in Buerbach ^). * primaria ibidem. * prepositura
ibidem incorporata monasierio in Hyrfsau we '^).
* paetoria in Flehingen. * primaria ibidem.
* plebania in Sickingen. * due primarie ibidem.
* pasioria in Zeifsenhusen '^). * primaria ibidem.
* pasioria in G e 1 i z h u s e n ^).
* pasioria in Bor b ach zum Gyfsubeli^).
* due primarie in una ecclesia parrochiali inEppingen. *due
perpeiua vicarie sive plebanie in eadem. * novem primarie
sive beneficia ibidem.
* plebania in Sülizfeli^). * ires primarie ibidem.
"* plebania in K o r n b a c h ^), que incorporaia esi frairibus ordinis
hospiialis beaie Marie virginis Iherosolimiiani. * quaiuor
primarie ibidem. * una preposiiura incorporaia monasierio in
Sunfsheim.
* plebania in Derdingen ^^. * caplania in capella curie
monasierii in Herrenalbe ibidem, quam caplaniam officiai
unus de ordine.
* caplania in capella opidi Ofsenberg ^^).
* caplania in capella casiri Siernenfels.
* pasioria in Freuden siein.
* due caplanie ei duo caplani seculares in capella anie poriara
monasierii Mulbronnensis ^^).
* plebania in Knuilingen ^^). * due primarie ibidem.
* plebania in Elbronnen ^*y que esi incorporaia monasierio
Mnlbronnensi ei deseryiiur per unum ex monachis dicii
monasierii.
* plebania in Dieffenbach ^''^) prope Mul brenn.
* abbacia ei monasierium Mulbronnens e.
* monasierium ordinis sancii Wilhelmi in M ü 1 n b a c h ^^) ei
esi quasi desolaium.
Summa: novem plebanie, 12 pasiorie, 39 primarie, due ca-
planie (ei due caplanie), 4 capelle, due preposiiure, due
vicarie, una abbacia cum monasierio ei unum monasi.
*) Neibsheini. — 2) Büchig. — ») Bauerbach. ~ *) Hirsau. — ^) Zaisen-
hausen. — *) Gölshausen. — '^) Rohrbach am Giefshübel. — ^) Sulzfeid. —
•) Kümbach. — *^J Oberderdingen. — ") Ochsenburg. — **) Maulbronn. —
") Knitüingen. — ") Ölbronn. - »») Diefenbach. — *«) Mtihlbach.
104
3. Sub decanatu sedis Marpach.
Item : ecclesia parrochialis inBackanang, que est incorporata mona-
sterio canonicorum regnlarium ibidem.
* plebania in R e d e 1 f s b e r g ^), que similiter est incorporata
predicto monasterio.
* plebania in Wifsach^), que similiter est incorporata dicto
monasterio. Et ad predictas tres ecciesias presentantur reli-
giosi canonici reguläres de predicto monasterio Backnang.
* pastoria in Brüden^).
* plebania in Sultzbach.
* plebania in Oppenwiler. * quatuor primarie ibidem.
* pastoria in maiori Aspach'*). * primaria ibidem,
* plebania in m i n o r i A s p a c h '^).
* pastoria in G r u n a w e ^).
* pastoria in Ritenawe (?) ^).
* plebania in Obersteinfelt^). * primaria ibidem.
* plebania in ßatwar^). * quatuor caplanie ibidem.
* pastoria in 1 m e r f s h e i m ^^).
* plebania in Hessickeim.
* plebania in Mündel fs heim. * due primarie ibidem.
* plebania in Hopfficken ^^). * primaria ibidem.
* plebania in Kyrchberg. * due primarie ibidem.
* plebania in Stein heim. * tres primarie ibidem.
* pastoria in Murr. *" primaria ibidem de collacione episcopi
Spirensis.
"^ plebania in Blidefsheim ^^). * due primarie ibidem.
* plebania in Ingerfsheym ^^). * sex primarie ibidem.
* pastoria in Byhingen ^% * primaria ibidem.
* plebania in Bunyngen^^). * due primarie ibidem.
* plebania in Huttingfsheim ^^>.
''^ plebania in Wjhingen ^^). ''' tres primarie ibidem.
* plebania in Besicken^^). * tres primarie ibidem.
* pastoria in Ertmerhusen ^^). * due primarie ibidem.
*) Rudersbergf. — *) Unterweifsach. — •) Oberbrüden. — *) Grofs-
Aspach. — *>) Klein-Aspach. — ^} Gronau. — '^) Riet^nau. — ®) Obersten-
feld, — ») Grofs-Bottwar. — W) Ottmarsheim. — ") Höpiigheim. —
**) Pleidelsheim. — *^) Grors-Ingersheim. — '*) Beihingen. — '^) Benningeu.
— ^®) Heutingsheim. — ") Neckarweihingen. — ***) Besigheim. — ^^) Brd-
uiaiinhausen.
1(»5
Item: pastoria in Affelterrbach ^). * primaria ibidem.
* pastoria in BurBtall^).
* plebania in Erbstetten.
* pastoria in Marpach. * caplanie ibidem.
Monasteria :
'*' monasteriam ordinis sancti Augustini canonicorum regularium
in Backnang, et prepositura ibidem.
* monasteriam canonissarum in Oberste infeit.
* monasteriam sanctimonialium ordinis sancti Augustini Predi-
catorum in Stein heim.
Summa: 19 plebanie, 11 pastorie, 85 primarie, 5 caplanie,
una ecclesia parrochialis et tria monasteria.
4. Sub decanatu sedis in Pfortzheim.
n Langenbrande. * primaria ibidem,
n Novo Castro^). * primaria ibidem,
n Bretzingen^). * tres primarie ibidem,
n Uspringen^). * primaria ibidem,
n K u f s e 1 b r n n ^).
n Du.rn ^).
n Cutißheim %
n Lyntzingen®). * primaria ibidem,
n Zeifserfswiher ^^.
n Schutzingen. * primaria ibidem,
n Illingen ^^).
n Mulhusen ^^).
n Nyderhoven.
n Lomerfsheym.
n Dormentz ^®). *
Item: plebania
* plebania
plebania
plebania
pastoria
caplania
plebania
plebania
plebania
plebania
* rectoria
'*' plebania
* pastoria
'*' pastoria
pastoria
*
*
*
plebania ad sanctum Petrum
*
*
ibidem.
plebania in Ny fern ^^). * primaria ibidem. * caplania ibidem.
caplania in Entzberg.
plebania in (Jtingen ^^). * primaria ibidem.
plebania in Efselbronn ^^). * primaria ibidem.
plebania in Glatbach^^). * primaria ibidem.
V) Affalterbach. — «) Burgstall. — «) Stadt Neuenbürg. - *) Brö-
tzingen. — *) Ispring^en. — •) Kieselbronn. — '') Dürm. — ®) Gemeint ist
sicher Autisheim = Ötislieim. — ®) Lienzingen. — '®) Zaisersweiher. —
") Illingen. — ") Mühlhausen a. d. Enz. — ") Dürrmenz. — ") Niefem. —
'•) Eutingen. - ") Öschelbrunn. — ") Grofs-Glattbach.
106
Item: pastoria in [Jbtingen ^). * primaria ibidem.
* plebania in Wynherfsheim ^). * primaria ibidem.
* plebania in M e n fs h e i m ^). * primaria ibidem.
* plebania in W u r m b e r g ^).
* pastoria in W i n t z h e i m ^%
*" plebania in suburbio Pfortzbeim, dicto zur Altenstatt.
* primaria ibidem. * caplania ad sanctum Nicolaum ibidem.
"^ caplania ad sanctum Georium ibidem. * due caplanie ad
sanctam Crucem ibidem. * octo caplanie in claustro monialium
ibidem. * coUegium ecclesie sancti Michaelis in Pfortzbeim
habet 22 beneficia in canonicalibus et vicariis inclusa plebania
ibidem. — Monasteria in oppido Pfortzheim: * monasterium
ordinis sancti Francisci fratrum Minorum. * Monasterium ordinis
sancti Augustini Predicatorum. * cenobium monialium.
"^ due ecclesie mortue videlicet Bache et Eberbach.
Summa: 19 plebanie, 6 pastorie, 18 primarie, 15 caplanie,
unum collegium habet 22 beneficia in canonicalibus
et vicariis, dua monasteria, unum cenobium, una
rectoria et due ecclesie mortue videlicet Bach et
Eberbach.
5. Sub decanatu sedis Bunickeim.
Item: plebania in Bunickem^). '*' due caplanie ibidem.
* caplania in E r 1 i c k e m ^), que est filia ad Bunickeim.
* due primarie in Bunickeim.
* plebania in Lochickem^). * primaria ibidem.
"*" caplania in Freudentale, que est filia adLochiökeim.
"^ plebania in Höfen. * primaria ibidem.
* plebania in W a 1 h e m ^), que est incorporata prepositure ordinis
dominici sepulchri in Denckendorff, qui presentat unum de
ordine ad eandem. * primaria ibidem.
^ ecclesia parrochialis inGemmercken ^^), que est incorporata
roonasterio canonicorum regularium inBackenang, qui pre-
sentant illac plebanum de ordine.
* pastoria in Utzingen^^). * primaria ibidem.
"^ caplania capelle in Castro Liebenstein.
V) Iptingen. — ^) Wiernsheim. — ') Mönsheim. — *) Wurniherg.
— *) Wimsheim. — ®) Bönnigheim. — '') Brligheim. — ®) Löchgau. —
^) Walheim. — ^^) Gemmrigheim. — ") Itzingerhof.
107
* plebania in Klenbern^). * primaria ibidem.
* pastoria in Banspach^).
* pastoria in Wiler^). * primaria ibidem.
* pastoria in Zaberfelt. '*' primaria ibidem.
* pastoria in Michelbach.
Summa: 5 plebanie, 5 pastorie, octo primarie, quatuor
caplanie, una ecclesia parrochialis et una capella.
V. Sub ardiidlaconatu prepositure ecclesie sancte Crinitafls.
1. Sab decanatu rurali sedis Wila.
Item: plebania in Wile ^). * primaria altaris beate Yirginis ibidem.
* beneficium altaris sancti Nicolai ibidem. '^ beneficium altaris
sancte Katharine ibidem. * beneficium aliud altaris beate
Katharine et vacatur (vocatur?) beneficium Biohardi. '''bene-
ficium altaris beati loannis Baptiste. * beneficium altaris sancte
Agnetis. * beneficium altaris sancti Michaelis. * beneficium
altaris Omnium sanctorum. * beneficium altaris beate Marie
Magdalene. * beneficium altaris Dorothee. In hospitale:
* beneficium altaris beate Marie virginis. * beneficium altaris
beate Katharine virginis. * beneficium altaris beate Agnetis.
* beneficium sancti Laurentii in D a 1 a c k e r ^'), ubi antiquitus
fuit parrochialis ecclesia in Wila. * beneficium in capella
sancti Sebastiani.
* plebania in Calw a ^). '*' beneficium altaris sancti Georii ibidem.
* beneficium altaris sancti Michaelis ibidem. * beneficium
altaris beate Virginis in choro ibidem. '*' beneficium altaris
sancti loannis Ewangeliste ibidem. * caplania in capella beate
Virginis ibidem.
* pastoria in Liebenzelle, * primaria altaris beate Virginis
ibidem. * primaria altaris beati Nicolai ibidem.
* ecclesia parrochialis cum pastoria in H e i n fs h e i m ''). * pri-
maria sancte Crucis ibidem. * beneficium altaris beate Katharine
ibidem. * beneficium altaris Omnium sanctorum ibidem. '*' bene-
ficium altaris sancte Agnetis ibidem. * beneficium altaris sancti
lohannis Baptiste ibidem.
^) Gemeint ist die Pfarrkirche von Neu-Cleebronn auf dem Michaeis-
Coder Rubel-) Berg. — ^) Niederi'amsbach, abgegangener Ort nördlich von
Cleebronn. — ') Weiler an der Zaber. — *) Weil, die Stadt. — *) Thalacker,
abgegangen. — •) Calw. — '^) Heimsheim.
108
Item: plebania in Diefenbronn. * benefioium altaris sancti Nicolai
ibidem. * beneficium altaris sancti Georii ibidem. * beneficium
altaris beate Marie Magdalene ibidem. * beneficium altarisOmnium
sanctorum ibidem. * beneficium altaris sancte Crucis ibidem.
* plebania in Nuwehusen^). * primaria ibidem.
* pastoria in Mulhusen^).
* plebania in Husen^). * primaria ibidem.
* plebania in Mercklingen. * beneficium altaris beate Marie
yirginis ibidem.
* plebania in Metlingen^).
* pastoria in B 1 e t z n a u w e ^).
* plebania in Wiltpaden. * primaria ibidem.
* plebania in Zappelstein ^).
* primria in Kenthen*^) pertinens ad Zappelstein.
* plebania in S t e i n h e m ^).
* plebania in Hingstetten*). * primaria ibidem.
* plebania in Gechingen ^^). primaria ibidem.
* caplania capelle T j f r i n g e n ^ ^) que est filia ecclesie Gechingen.
* plebania in Symotzen^^). * primaria ibidem.
* plebania in Ostelfshen ^^). * primaria ibidem.
* plebania in Tettelingeii ^^) , que est incorporata fratribus
ordinis hospitalis sancti loannis Iherosolimitani ibidem. * Stipen-
dium nondum confirmatum ibidem.
* plebania in Mochingen ^^).
* plebania in Mockstat^^). * primaria ibidem. * caplania in
capella sancte Crucis ibidem.
* plebania in Warmbron.
* plebania in Bemyngen ^^). * due primarie ibidem.
* plebania in Malin tzen ^^). * primaria ibidem. * beneficium
altaris sancti Nicolai ibidem.
* pastoria in Flacbt.
* pastoria in Mocklingen ^^). * primaria ibidem.
* plebania in Fryhelfshem ^^).
^) Neuhausen. — ^) Mühlhausen a. d. Wurm. — ') Hausen a. d.
Wurm. — *i Möttlingen. — *) Pletzschenau, ältester Teil von Hirsau. —
^) Zavelstein. — ') Kentheim. — ^) Stammheim. — ^) Alt-Heugstett. —
'") Gechingen. — ^*) Deufringen. — ^^) Simmozheim. — *■) Osteisheim. —
**) Gemeint ist sicher Tettechingen = Dätzingen. — '*) Maihingen. —
!•) Magstatt. — ") Renningen. — ^^) Malmsheim. — >•) Münklingen. —
^) Friolzheim.
169
Monasteria :
Item: abbacia et monaeterium ordinia aancti Benedioti in Hirfs-
aiiwe *).
* monaftteriom sancti Augustini Heremitarum in Wila.
* domus fratrum hospitalis sancti loannis Iherosolimitani in
Toringen %
Summa: 21 plebanie, 6 pastorie, una ecolesia parro-
chialis, 17 primarie, 28 benefioiai quatuor capelle,
unum Stipendium, una abbacia cum monasterio, unum
monasterium et domus fratrum hospitalis sancti
lohannis Iherosolimitani.
2. Sub decanatu rurali sedis Gruningen.
Itero: plebania
n Gruningen^). * duodecim beneficia ibidem,
n Tham^). * primaria ibidem,
n Wehingen %
n Hemmyngen. * primaria ibidem,
n Heymertingen^). * due primarie ibidem,
n Scheckingen ^).
n Hirfslangen ^).
n Dieizingen ®).
n Hefingen ^^). * tria beneficia ibidem,
n Geberfsheim.
n Rotmattfsheim (?) ^^). * primaria ibidem,
n Le wenberg ^^). * quinque beneficia ibidem,
n Eltingen. * primaria ibidem,
um ordinis sancti Francisci fratrum Minorum in
Lewenberg.
Summa: 5 plebanie, 8 pastorie, 20 beneficia et unum
monasterium.
3. Sub decanatu sedis ruralis in Vahingen.
Item: plebania in Bück fs hingen superiori ^^). * caplania altaris
beate Yirginis ibidem. * caplania altaris sancte Katharine
ibibem. * caplania altaris sancti Andree ibidem.
') Hirsau. — *) Gemeint ist Dätzingen. — •) Markgröningen. —
*) Thamm. — *) Nekai-weihingen. — ®) Heimerdingen. — ') Schöckingen.
— 8) Hirschlanden. — ®) Nur der links der Glems gelegene Teil von
Ditzingen mit der St. Margaretben- Pf aiTkirche geborte zum Speierer Bistum.
— *°) Höfingen. — ^*) Rutesbeim. — **) Leonberg. — *■; Ober-Riexingen.
*
*
*
plebania
pastoria
pastoria
plebania
pastoria
pastoria
pastoria
pastoria
pastoria
pastoria
plebania
plebania
monaster
110
Item: pastoria in BuckfBingen inferior!^). * plebania ibidem.
''' caplania altaris Omnium sanctonun ibidem. * caplaniä altaris
sanctorum lobannis Baptiste et lohannis Ewangeliste.
* ecclesia parrochialia in Yahingen^), que incorporata est
fratribuB hospitalis beate Marie Virginia Iherosolimitani, qui
semper ad eandem presentant unum de ordine pro libito
eorum. * caplaniä altaris sancti Michaelis ibidem. * caplania
altaris sancti Mathei apostoli ibidem. * caplania altaris sancte
Agnetis ibidem. '* caplania altaris sancti Petri ibidem. * ca-
plania altaris sancti Steifani ibidem. * caplania altaris sancte
Elizabeth. * caplania altaris beate Marie Magdalene. * primaria
ibidem. * hospitale ibidem: * caplania altaris Omnium sanc-
torum in hospitale. * caplania altaris beate Marie virginis in
hospitale. * caplania alia altaris Omnium sanctorum.
* caplania capelle sancti lohannis Baptiste in Lynfelt^).
* plebania in ü r a c h ^), cuius pastoria est incorporata monasterio
in Alba. * primaria ibidem.
* plebania in N o fsdor f f ^), cuius pastoria est incorporata mona-
sterio in Hirfsauwe. * primaria ibidem. * caplania altariä
sancte Trinitatis ibidem.
* plebania in Wyfsach ^^j, cuius pastoria incoporata monasterio
in Mulbronn. * primaria ibidem.
* plebania inRofswag, cuius pastoria incorporata monasterio
in Alba. * caplania altaris sancti Nicolai ibidem.
* plebania in Terdingen^). * primaria ibidem.
* ecclesia parrochialis in Wy hingen^), <iue incorporata est
fratribus hospitalis beate Marie virginis Iherosolimitani qui
presentant unum de ordine ad eandem. * primaria ibidem.
* caplania capelle in Rytt^).
'^ plebania in Hochdorff.
* pastoria in Tusingen^^), * primaria ibidem.
* pastoria in Olafsbach ^^).
* pastoria in Serwfsheym (?) *^).
* plebania in Oundelnbach ^^).
*) Unter-Riex Ingen. — *) Vaihingen. — ') Leinfelderhof. - *) Anrieh,
— '') Nufsdorf. — ^) Weifsach. — "^j Gemeint ist sicher Eberdingen. -
*) Enzweihingen. — ®) Riet. — ^®) Gemeint ist Ensingen. — '*) Sicher
Klein -Glattbach. - ^^) Sei-sheim. - >8) Gündelbach.
111
Item: plebania in Heffener Hafslach ^), cuius pastoria incor-
porata est monasterio monialium in Kyrchbach.
*' plebania in f s e n b a c h ^).
*' pastoria in maiori Sahfsenheim^). * plebania ibidem.
* caplania altaris sancte Katharine ibidem. * beneficium altaris
sanctorum Petri et Pauli ibidem. * alia caplania ibidem.
* plebania in Badickeim^). * primaria ibidem. * caplania
altaris sancte Katharine ibidem. * caplania sancti Georii
ibidem. * caplania beate Marie virginis ibidem.
* plebania in Bifsingen. * primaria ibidem. * caplania altaris
sancti Wendalini ibidem.
* pastoria in Z y m m e r n *'^).
* plebania in Asperg^) et dominus de Wirtemberg recipit
fructus pastorie. * primaria ibidem.
* capella sancte Katharine in E g 1 o fs h e i m ^) et tria beneficia
siye caplanie in eadem.
* plebania in Hör heim. * caplania altaris beati lohannis
Baptiste ibidem. * caplania altaris sancti Giemen tis ibidem.
* caplania altaris beate Marie virginis ibidem.
* capella sancte Trinitatis in monte Bopfselberg^) et due
caplanie in eadem.
* plebania inHoenhafslach. * caplania altaris beati lohannis
Ewangeliste ibidem. * caplania beati lohannis Baptiste ibidem.
* caplania altaris beate Marie virginis ibidem.
* caplania capelle in castro Sachfsenheim.
Monasteria :
* cenobium sanctimonialium inRecheshoven^) ordinis Cister*
ciensis.
"" monasterium sanctimonialium in Kirchbach ^^).
Summa: 16 plebanie, 6 pastorie, 11 primarie, 21 ca-
planie, 4 beneficia, due ecclesie parrochiales, unum
hospitale, 4 capelle, unum cenobium et unum mona*
sterium.
^) Häfnerhaslach. — *) Ochsenbach. — ') Grofs-Sachsenheini. —
*) Bietigheini. — *) Metterzimmeni. — *) Asbergf. — ') Eglosheini. —
8) Böseisberg. - ») Rechentshofen. — '«) Kirchbachhof.
llä
Qnhang.
Vorstehende DiOzesanmatrikel, welche nach dem Willen ihres
Veranlassers, Bischofs Mathias Ramung, „all Geistlichkeit, es sii
von Stiefften, Clostern und eintzlichon Personen*, des Bistums ent-
halten sollte, erweist sich bezüglich der Weltpriester - Pfründen
(beneficia saecularia) als lückenhaft, indem nicht etwa nur Kapellen
mit Pfründen, welche zur Zeit der Abfassung unserer Matrikel
bereits bestanden haben, fehlen, sondern sogar Pfarrkirchen bezw.
Pfarrpfründen nicht erwähnt sind. Der für ihre Auslassung mafs-
gebende Grund ist nicht ersichtlich.
Beim Entwürfe der Speierer Diüzesankarte zu Ende des
Mittelalters, welche ich der Neuausgabe der Diöcesanmatrikel bei-
zugeben beschloOs, trachtete ich selbstredend nach möglichster
Vollständigkeit der Orte, welche sich am Vorabend der Reformation
eines eigenen Gotteshauses erfreuten. Für den linksrheinischen
Bistumsteil konnte ich dabei aus dem Quellenmaterial für meine
in Ausarbeitung befindliche , Kirchliche Matrikel der bajeriachen
Rheinpfalz im Mittelalter" schöpfen. Für den rechtsrheinischen
Teil der Diöcese mufste ich mich auf die neueste und beste Literatur
stützen. *)
Für sachdienliche Auskünfte, womit die Herren Dr. Hans
Kaiser, Direktor des kaiserl. Bezirksarchivs in Strafsburg, und
Pfarrer Dr. B o f s e r t in Nabern meine Arbeit förderten, sei ihnen
an dieser Stelle der verbindlichste Dank abgestattet.
*) Für Baden kam in Betracht: A. Krieger, Topographisches
Wörterbuch des Grorsherzogtums Baden. 2. Auflage. 2 Bände. Heidelberg
1904/5. Für Württemberg wurden benützt: a) Das Königreich Württem-
berg. Eine Beschreibung nach Kreisen, Oberämtern und Gemeinden.
heVausgegeben v. d. k. statistischen Landesamt. Bd. 1 und 2. Stuttgart
1904/5 und b) Memmingers Beschreibungen der Oberämter Baknang,
Bdsigheim, Brackenheim, Calw, Leonberg, Marbach, Maulbronn, Neuenbürg,
Vaihingen, Welzheim.
US
Das Ergebnis meiner Nachforschungen bezüglich der in der
Diöcesanmatrikel fehlenden Pfarr- und Kirchorte möge hier nach
Landkapiteln gruppiert folgen :
1. (landkapitel Wei^enburg.
Birlenbach (Berlebach), Kapelle S. Michaelis Archang., Filiale
der Pfarrei Keffenach.
Bremmelbach, Kapelle S. Laurencii M. , Filiale der Pfarrei
Keffenach.
Bremmelberg, Wallfahrtskapelle B. Mariae V. et S. Annae Vid.
bei Niederschlettenbach, in den Jahren 1457 — 1462 erbaut.
Bobenthai, Kapelle S. Michaelis Archang., Filiale der Pfarrei
Niederschlettenbach.
Bühl (Biel), Kapelle S. Udalrici £p., Filiale von Stundweiler.
Bundenthal, Kapelle Ss. Petri et Pauli App., Filiale der Pfarrei
Niederschlettenbach.
Germanshof, Kirche S. Andreae Ap., im Jahre 1441 dem St.
Stephansstift in Weissenburg inkorporiert.
Gutenberg, Burgkapelle.
Illingen (heute in Baden), Filiale der Pfarrei Mothern.
Kapsweiher, Kapelle S. Udalrici £p., Filiale der Pfarrei Steinfeld.
Lauterburg, Stadtpfarrkirche 8s. Trinitatis.
Neuweiler, Kapelle, schon 1308 urkundlich bezeugt.
Oberseebach, Pfarrkirche S. Martini Ep.
Ködern (Nieder-), Pfarrkirche S. Jacobi Ap.
„ (Ober-), Kapelle mit Kaplanei.
Schweigen, Kapelle S. Eustasii Abb., Filiale der Pfarrei St. Johann
in Weifsenburg.
2. [landkapitel ßerxheim.
Busenberg, Kapelle S. Jacobi Ap., Filiale von Schwanheim,
wird 1490 selbständige Pfarrkirche.
Dierbach, Kapelle S. Annae Vid , zu Anfang des 16. Jahrhunderts
erbaut, Filiale von Barbeiroth.
Er f Weiler, Kapelle S. Wolfgangi Ep., Filiale der Pfarrei Dahn.
Falkenburg, Schlofskapelle, schon 1427 urkundlich bezeugt.
Fisch bach (Schlickenfischbach), Kapelle S. Wendelini Abb., Filialu
von Dahn, wird 1487 Pfarrkirche.
Gleishorbach, Kapelle B. Mariae V., Filiale der Pfarrei Gleite-
Zellen mit Kaplanei.
114
Kuhardt, Kapelle S. Annae Yid., zu Anfang des 16. Jahrhunderts
erbaut, Filiale der Pfarrei Leimersheim.
Lindelbrunn (Lindelboll) Kapelle S. Nicolai Ep., seit 1402 mit
Kaplanei ausgestattet.
Niederhorbach, Kapelle, Filiale der Pfarrei Drusweiler, ver-
mutlich 1484 erbaut.
Pfortz, Kapelle S. Leonardi Abb., ums Jahr 1487 erbaut.
Schweinheim, Kapelle B. Mariae V. et S. Pancratii M., bis ins
15. Jahrhundert die Mutterkirche von Jockgriin.
Sondernheim, Kirche S. Johannis Baptistae, ums Jahr 1426
erbaut und von Germersheimer Serviten versehen.
Spirkelbach, Kapelle, Filiale von Wilgarts wiesen.
Tri fei 6, Schlofskapelle, von Eufserthaler Mönchen bedient.
Weiher (abgegangener Ort zwischen Niederhorbach und Oberhofen)
Kapelle S. Laurencii M. (?), Filiale der Pfarrei Pleisweiler.
3. (landkapitel Weiher u/R.
Birkweiler, Kapelle B. Mariae V., bereits 1309 bestehend, mit
Kaplanei, Filiale der Pfarrei Siebeldingen.
Flemlingen, Kapelle S. Albani M., schon fürs Jahr 1312 ur-
kundlich bezeugt, Filiale der Pfarrei Burrweiler.
Kestenburg, Burgkapelle S. Michaelis Archang., bereits 1388
bestehend, Filiale der Pfarrei Hambach.
Marientraut, Schlofskapelle S. Catharinae M., ums Jahr 1470
errichtet, Filiale der Pfarrei Harthausen.
Modenbach, Kapelle S. Theobaldi, im Jahre 1444 schon bestehend,
Filiale der Pfarrei Weiher u/R.
Ramberg, Kapelle S. Crucis. Filiale der Pfarrei Dernbach.
Rietburg, Schlofskapelle S. Catharinae M., um 1470 aufgelassen.
Schmalenberg, Kirche S. Mauricii M., Filiale der Pfarrei Wald-
fischbach.
4. Iiandkapltel BdhI.
Aisheim, Kapelle S. Albani M., Filiale von Rödersheim, schon
1398 erwähnt.
Appenthal, Wallfahrtskirche B. Mariae V., Filiale von Ehnstein,
im Jahre 1488 erbaut.
Gräfenhausen bei St. Lambrecht, Pfarrkirche Ss. Pancratii et
Barbarae Mm., im Jahre 1451 eingeweiht.
Haardt, Kapelle S. Wolfgangi Ep., Filiale von Gimmeldingen, im
Jahre 1500 urkundlich erwähnt.
115
Hausen, Klosterkapelle S. Martini Ep. (?), seit 1221 von Mönchen
des Klosters Limburg bedient.
Lindenberg» Kapelle S. Gyriaci M., Filiale von Grafen hausen,
im Jahre 1550 erbaut.
Lobloch: a) Dorfkapelle S. Nicolai Ep., Filiale der Pfarrei Mufsbach
bereits 1366 erwähnt, b) Flersheimische Uauskapelle S. Fan-
cratii M., nach 1468 errichtet.
Zeiselbach, Kapelle Ss. Sacramenti, Filiale der Pfarrei Rupperts-
berg, im Jahre 1351 von Avignonesischen Bischöfen mit
Ablafs bedacht.
5. Iiandkapitel Kuppenhelm.
Balg (Bolgh), Kapelle B. Mariae Y. et S. Eucharii Abb., Filiale von
Baden, i. J. 1426 bereits bestehend. Krieger I. Sp. 119.
Daxlanden (Taslach, Dachslan), Kirche Ss. Yalentini et Barbarae
Mm., 1463 urkundlich bezeugt, Filiale von Forchheim, 1500
selbständige Pfarrkirche. Krieger I, Sp. 381.
Eberstein Schlofs (Neueberstein), Schlosskapelle S. Elisabeth Vid.
seit 1313 mit Kaplanei. Freiburger Diözesan- Archiv XIV, 176.
Oos, Kapelle S. Dionysii Ep., schon 1252 bestehend, Filiale von
Baden, wird 1509 selbständige Pfarrkirche. Krieger II,
Sp 428.
Spefsart, Kapelle B. Mariae V. et S. Antonii Abb., als Filiale
von Ettlingen erbaut 1493. Krieger II, Sp. 1030 f.
Weifsenbach, Kapelle S. Wendelini Abb., Filiale von Gemsbach,
wird 1489 Pfarrkirche. Freiburger Diözesan-Archiv XIV, 176.
6. bandkapitel Durladi.
Busenbach, Kapelle S. Catharinae M., erscheint als Filiale von
GrQnwettersbach zu Anfang des 16. Jahrhunderts. Krieger
I, Sp. 359 u. 782.
Feldrennach, Kapelle S. Stephani Protom., Filiale von Rudmers-
bach, seit 1479 selbständige Pfarrkirche. Oberamtsbeschroibung
(im Folgenden mit OAB. zitiert) von Neuenbürg. S. 156.
Mutschelbach, Kapelle mit Kaplanei, Filiale der Pfarrei Grün-
wettersbach. Krieger I, Sp. 782.
Ober-Niebelsbach, Kapelle S. Pancratii M., Filiale der Pfarrei
Gräfenhausen. OAB. Neuenbürg S. 207.
Singen, Kapelle S. Wendelini Abb. Krieger II, Sp. 1001.
8*
116
7. bandkapitel Graben.
Waghäusel, Wall fahrteku pol lo B. Mariae V., im Jahre 1476
erstmals urkundlich bezeugt. Krieger 11, Sp. 1302.
8. Iiandkapitel Bruchsal.
Eichelberg, Kirche S. Jacobi Ap , Filiale von Odenhoim, im
Jahre 1437 bereits bestehend. Krieger I, Sp. 478.
Neithart, Pfarrkirche, fürs Jahr 1520 urkundlich bezeugt. Krieger
II, Sp. 283.
Reilingen (Ruttlingen), Pfarrkirche S. Wendelini Abb., im Jahre
1451 urkundlich erwähnt. Krieger II, Sp. 571.
Roth, Kapelle S. Mauricii M., als Filiale von St. Leon schon 1401
erwähnt, wird 1476 selbständige Pfarrkirche. Krieger II,
Sp. 670.
Staffort, Pfarrkirche im Schlofs, im Jahre 1488 urkundlich nach-
weisbar. Krieger II, Sp. 1040.
9. bandkapitel IRarbadi.
Allmersbach, Kapelle S. Annae Vid., Filiale von Baknang.
Königr. Württemb. I, 204.
Geisingen, Kapelle S. Nicolai £p., Filiale von Grofs-Ingerfsheim,
seit 1505 selbständige Pfarrkirche. Ebenda I, 439.
Kleinbottwar, Kapelle, Filiale von Steinheim. Ebenda I, 439.
Klein-Ingersheim, Kapelle, Filiale von Grofsingersheim. A B.
Besigheim S 245.
Rielingshausen, Kirche, wurde 1453 dem Stift Baknang über-
wiesen. OAB. Marbach. S. 287.
10. bandkapitel Pforzheim.
Birkenfeld, Kapelle S. Johannis, als Filiale von BrGtzingen
schon 1395 bezeugt, wird 1490 selbständige Pfarrkirche.
Königr. Württemb. II, 264; OAB. Neuenbürg S. 128.
H ü c h e n b r on n , Kapelle B. Mariae V., al» Filiale von BrOtzingen
im Jahre 1467 bezeugt, wird 1496 selbständige Pfarrkirche.
Krieger I, Sp. 323 f.
Engolsbrund, Wallfulirtäkapellü S. Antonii Abb., Filiale dur
Pfarrei Langenbrand, im Jahre 1442 mit Kaplanei begabt.
OAB. Neuenbürg S. 147.
Grunbach, Kapelle S. Nicolai Ep., Filiale der Pfarrei Langen-
brand. Königr. Württemb. II, 267; OAB. Neuenbürgs. 164.
117
S c b m i o : die beutige protest. Kirche zeigt Spuren des romanischen
Haust ils. Königr. Württemb. I, 500.
Weifscnstcin , Kapelle B. Mariae V., Filiale von Brötzingen,
im Jahre 1499 urkundlich bezeugt. Krieger II, Sp. 1408.
11. bandkapitel Weil.
Allburg, Pfarrkirche, deren Patronat schon 1342 dem Kloster
Hirsau zufiel. OAB. Calw S. 192.
Biosclsberg, Kapelle B. Mariae V., vermutlich Filiale von Lieben-
Zell. OAB. Neuenbürg S. 122. Königr. Württemb. II, 264.
Calmbach, Kapelle B. Mariae V., Filiale von Liebenzell. OAB.
Neuenbürg S. 129 u. 132. Königr. Württemb. II, 264.
C o 1 1 b a c h , Kapelle B. Mariae V., erbaut im Jahre 1411, vermutlich
Filiale von Liebenzell. OAB. Calw S. 302.
Igelsloch, Kapelle S. Leonhardi Abb., wohl Filiale von Liebenzell,
i. J. 1420 urkundlich erwähnt. OAB. Neuenbürg 8. 189.
Mona kam, Kapelle 8. Crucis, i. J. 1502 urkundl. genannt, Filiale
von Liebenzell. OAB. Calw S. 279. Königr. Württemb. II, 83.
Oberkollwangen, Kapelle, als Filiale von Altburg im Jahre
1512 erwähnt. OAB. Calw 8. 203.
Unterreichenbach, Kapelle, Filiale von Liebenzell. OAB. Calw
S. 359.
Würzbach, Kapelle, als Filiale von Altburg eingeweiht im Jahre
1411. OAB. Calw S. 364.
12. handkapitel Groningen.
Beisheim (zwischen Leonborg und Höfingen gelegen), Kapelle
8. Mauricii M. und ein 1467 nach Leonberg verlegtes Minoriten-
kloster. OAB. Leonberg 8. 173.
Dulcheshausen (abgegangener Ort östlich von Höfingen) ; daselbst
befand sich die 1277 dem 8tift Sindelfingen einverleibte, aber
bald nachher abgegangene Mutterkirche von Leonberg. Ist in
der Diözesankarte nicht aufgeführt. OAB. Leonberg 8. 103.
Hohoneck, Kapelle 8. Wolfgangi Ep., Filiale von Neckarweih-
ingen. Königr. Württemberg I, 440.
13. (landiiapitel Paihingen.
Klein-Sachsenheim, Pfarrkirche, deren plebanus i. J. 1245
urkundlich bezeugt ist. OAB. Vaihingen 8. 192.
Spielborg, Kapelle 8. Wendelini Abb., Filiale von Ochsenbach.
Königr. Württemberg I, 287.
118
Orfsregister.
Im nachstehenden Ortsverzeichnis ist durch die Buchstaben 6^ R
P, und W die heutige territoriale Zugehörigkeit des betreffenden Ortes
zu Baden bezw. Elsafs, Pfalz und Württemberg angedeutet.
Seite
A.
Affelterrbach, Affalterbach W. . 105
Alba Dominorum, Frauenalb, B. 98
Alba Dominarum, Herrenalb,W. 98
Alberfswiler, Albersweiler, P. . 90
Allmersbach, W 116
Aisheim, P 114
Altburg, W 117
Altdorff, Altdorf, P 94
Altenstatt, Vorstadt von Pforz-
heim, B 106
Altrippe, Altrip, P 95
Altstadt, Altenstadt, E. ... 89
Anglach, Waldangeloch, B. . 101
Anwiler, Annweiler, P. ... 90
Appenhoven, Appenhofen, P. . 92
Appenthal, P 114
Artzheim, Arzheim, P. ... 90
Aspach maior, Grofs- Aspach, W. 104
Aspach minor, Klein-A8pach,W. 104
Asperg, Asberg, W 111
Afsenheim, P 96
Auge, Au am Rhein, B. . . 97
Aurich, siehe Urach!
Autisheim ((-utisheim), Otis-
heim, W 105
B.
Bache 106
Backnang, W 104—106
Baden, Baden-Baden, B. . . 98
Balg, Bolgh, B 115
Barbare, Mons sancte — , B. . 100
Batwar, Grofs-Bottwar, W. . 104
Bebingen, Böbingen, P. . . . 94
Seite
Beisheim, W 117
Bellenbom, P 89
BeUheim, P 91
Bergalben, Burgalben, P. . . 94
Berghusen, Berghausen, P. . . 94
Berghusen, Berghausen, B. 99
Bergk, Berg, P 91
Bergzabern, P 91
Besicken, Besigheim W. . . 104
Bieselsberg, W 117
Bilfingen, B 100
Birckenhirde, Birkenhördt, P. . 91
Birkenfeld, W 116
Birkweiler, P 114
Birlenbach, Berlebach, E. . .113
Bifsingen, W 111
Blanckenlach, Blankenloch, B. . 100
Bletznauwe, Pletzschenau, älte-
ster Teil von Hirsau, W. . 108
Blidefsheim, Pleidelsheim, W. . 104
Blifsw eiler, Pleisweiler, P. . . 91
Bobenthai, P 113
Bobenw^iler, Burrweiler, P. . . 94
Bochingen, Böchingen, P. . .94
Bohell, Niederbtihl, B. . . . 97
Bopfselberg, Böseisberg, W. . 111
Bomheim, 1* 93
Bremmelbach, E 113
Bremmelberg, P 113
Bretheim, Bretten, B. ... 102
Bretzingen, Brötzingen, B. . . 105
Bruchfsall, Bruchsal, B. . . . 101
Bruchwiler, Bruchweiler, P. . 90
Brüden, Oberbrüden, W. . . 104
Brunichweilre, Branchweiler ab-
119
Seite
gegangenes Spital bei Neu-
stadt a/H. P J)7
Buchech, Büchig, B 103
Buchelnaawe. Büchenau, B. .102
Buckefsheim, Bickesheim, B. . 97
ßadickeim, Bietigheim. B. . . 97
Budickeim, Bietigheim, W. . 111
Büchenbronn, B IIG
Bühl, Biel, E 113
Buerbach, Bauerbach, B. . . 103
Buere, heute Lichtenthai, B. . 9H
Buhell, Bohl, V 96
Bulach, B 97
Bullickeim, Billigheim, P. . . 92
Bundenthal, P 113
Bunickem, Bönnigheira, W. .106
Buningen, Benningen, W. . .104
Bure, Unterbeuem, B. . . . 9H
Burgbach, Burbach, B. . . . 98
Buri-weiler, siehe Bobenwiler!
Burstall, Burgstall B. . . . 105
Buschlat, Bauschiott, B. . .102
Busenbach, B 115
Busenberg, P 113
Byhingen, Beihingen, W. . . 104
c.
Calrabach, W 117
Calwa, Calw, W 107
Celbron, Kohlbrunnerberg, P. . 89
Capellen, Kapellen, P. ... 91
Clingen, Klingen, P 91
Clingenmonster, Klingen-
münster, P 91
Olofsberg, Klosenberg, P. . . 89
Collbach, W 117
Coppenheim, Kuppenheim, B. . 98
(/uria nova, Neuhofen, P. . . 95
D.
Dalacker, Thalacker, abge-
gangen, W 107
Daniheim, Damniheim, P. . . 93
Danstat, Dannstadt, P. . . . 95
Dätzingen, siehe Tettelingen u.
Toringen !
Seite
Daxlanden , Taslach , Dachs-
lan, B 115
Denckendorif, Denkendorf, W. 106
Derdingen, Oberderdingen, W. 103
Dettenheym, Dettenheim, B. . 100
Deyrenbach, Dembach, P. . . 95
Didefsheim, Diedelsheim, B. .102
Diefenbronn, Tiefenbronn, W. . 108
Dieffenbach , Tiefenbach bei
Odenheim, B 1(^2
Dieffenbach , Diefenbach bei
Maulbronn, W 103
Dierbach, P 113
Dietzingen, Ditzingen links der
Glems, W 109
Dormentz, Dürrmenz, W. . . 105
Dormerschheim, Durmersh., B. 97
l>riegenbach, Trimbach, B. . . 89
Drufswiler, Drusweiler, P. . . 9t
Dudenhoven, Dudenhofen, P. . 94
Dudenwiler, Duttweiler, P. .94
Dulcheshausen, W 117
Durckheim, Dürkheim a/H., P. 96
Durlach, B 99
Dum, Dürm, B 105
Durrenbach, Dörrenbach, P. . 89
Dutlingen, Dietlingen. B. . . 99
Dydefsfelt, Diedesfeld, P. . . 94
Dydefsheim, Deideshetm, P. . 96
E.
Eberbach
Eberdingen, siehe Terdingen
Eberstein, Schlofs, B. . .
Eberstein, Alten-, B. . . .
Ecken stein, Eggen stein, B.
Edenkoben, siehe Odenkoben
*
Edesheim, siehe Odesheim!
Eglofsheim, Bglosheim, W.
Eichelberg, B
Eichtersheim, s. Uchterfsheim
Eisingen, siehe Ysingen!
Elbronnen, Olbronn, W. . .
Eibstein, Elmstein, P. . .
Elerstat, Eilerstadt, P. . .
Elgifsheim, Elchesheim, B. .
106
115
98
100
111
116
103
96
95
97
120
Seite
Elmeldingen, Elmendingen, B. 99
Eltingen, W 109
Engelsbrand, W 116
Ensingen, siehe Tusingen!
Entzberg, Enzberg, W. . . . 105
Eppingen, B 103
Erbstetten, W 105
Erfweiler, P 113
Erlenbach, P 92
Erlickem, Erligheim, W. . . 106
Ersingen, B 99
Ertmerhusen, Erd mann haus., W. 104
Espach, Eschbach, P. ... 92
Efselbronn, Öschelbronn, B. .105
Efsingen superior et inferior,
heute e i n Ort Efsingen, P. 93
EsteU, Esthai, P 96
Ettlingen, B 100
Ettlingenwyer,EttlingenweierB. 98
Eufserthal, siehe Ufserstale!
Eutingen, siehe Utingen!
Eutzingen, siehe ützingen!
Euwefsheim inferior, Unteröwis-
heim, B 102
Euwefsheim superior, Oberöwis-
heim, B 101
F.
Falkenburg. P. . . . . . .113
Felckerfsbach, Völkersbach, B. 98
Feldrennach, W 115
Fischlingen, siehe Vischlingen!
Fisch bach, Schlicken fischbach,P. 113
Flacht, W 108
Flehingen, B 103
Flemlingen, P 114
Forchen, Forchheim, B. . . . 97
Forppach, Forbach, B. ... 98
Forst, bei Deidesheim, P. . . 96
Forst, B 102
Franckstein, Frankenstein, P. . 96
Franckwiler, Frankweiler, P. . 94
Frauenalb, s. AH>a dominarumi
Frauwenwiler, Frauweiler abge-
gangen, B 101
Freckfelt, Freckenfeld, P. . . 91
Seite
Freudenstein, W 103
Freudentale, Freuden thal, W. . 106
Freumerfsheim,Freimersheim,P. 93
Fridelfsheim, Friedeisheim, P. . 95
Fryhelfshem, Friolzheim, W. . 108
Fryspach, Freisbach, P. . . . 93
Fussgeinheim, Fufsgönheira, P. 95
G.
Gebergingen, Göbrichen, B. . 100
Geberfsheira, Gebersheim, W. . 109
Gechingen, W 108
Gecklingen, Göcklingen, P. . 92
Geisingen, W 116
Geltzhusen, Gölshausen, B. . 103
Gemmercken, Gemmrigheim,W. 106
Genfsheim, Geinsheim, P. . . 94
Germanshof, P 113
Germersheim, P 95
Gemspach, Gemsbach, B. . . 98
Glafsbach, sicher Klein-Glatt-
bach, W 110
Glatbach, Grofs -Glattbach, W. 105
Gleishorbach, P 113
Glifsenzell, Gleiszellen, P. . . 91
Glifswiler, Gleis weiler, P. . . 94
Gochtzheim, Gochsheim, B. . 102
Gofsperfswiler, Gos8ersweiler,P. 90
Gotdromstein , Godramstein, P. 93
Gotzauwe, Gottesau, B. . . . 100
Graben, B 100
Gräfenhausen, P 114
Grevenhusen, Gräfenhausen,W. 99
Gretzingen, Grötzingen, B. . 99
Grünwettersbach , siehe Wet-
tersbach !
Grumbach inferior, üntergrom-
bach, B 102
Grumbach superior, 01)ergrom-
bach, B 102
Gmnauwe, Kronau, B. . . . 101
Grunawe, Gronau, W. . . . 104
Grunbach, W 116
Gruningen, Markgröningen, W. 109
Gummerfsheim, Gommerfsh., P. 94
Gundelnbach, Gündelbach, W. 110
121
Seite
Gandelsheim , Gondelsheim, B. 1(>2
Gutenberg^, P 113
Gyromeltingen^Oimmeldingen^P. 96
Gynheim, Gönheim, P. . . . 95
H.
Haardt, P 114
Hafeneberetein, Haueneberet. B. 98
HaflPtel, Haftelhof, P. ... 89
Hagen buche, Hagenbach, P. . 91
Hanbach, Hambach, P. . . . 95
Hanbrucken, Hambrücken, ß. . 102
Harthusen, Harthausen, P. . . 95
Hafslach, Hafsloch, P. ... 96
Hatzenbuhell, Hatzenbühl, P. . 92
Hausen, P 115
Hauwenstein, Hauenstein, I*. . iK)
Haxgfeld, Hagsfeld, B. . . . 99
HefTener-Hafslach, Häfner-Has-
lach, W lll
Hefingen, Höfingen, W. . . 109
Heideisheim, B 101
Heiligenstein, P 94
Heinhoven, Hanhofen, P. . . 95
Heinfsheim, Heimsheim, W. . 107
Helmfsheim, Helmsheim, B. . 102
Hemmyngen, Hemmingen, W. . 109
Hergfsheim, Henheim bei
Landau, P 92
Herrenalb. s. Alba Dominorum !
Hefsickeim, Hefsigheim, W. . 104
Heylfsbrucken , HeilsbrQck in
Edenkoben aufgegangen, P. 95
Hey mertingen, Heimerding., W. 109
Heynbach, Haimbach, P. . . 95
Heyne, Hayna, P 92
Heynfeit, Hainfeld, P. ... 94
Hingstetten, Althengstett, W. 108
Hinnspach, Hunsbach, PI . . 88
Hirfsauwe, Hyrfsauwe = Hir-
sau, W 108, 109
Hirfslangen, Hirschlanden, W. 109
Hochdorff, Hoehdorf, \\ . . . 96
Hochdorff, Hochdorf, W. . .110
Hockenheim, B 101
Hoenhafslach, Hohen haslach,W. 1 1 1
Seite
Hoenstat inferior, Niederhoch-
stadt, P 93
Hoenstat superior, Oberhoch -
Stadt, P 93
Höfen, W 106
Hoffstetten, heute nur der Hof
Hofstätten, P 94
Hoheneck, W 117
HopfTicken, Höpfigheim, W. . 104
Horheim, Hörrheim, W. . .111
Huchelnheim, Heuchelheim bei
Landau, P 92
Husen, Oberhausen, B. ^ . . . 100
Husen, Hausen a. d. Wtirm, W. 108
Hutting8heim,Heuting8heim,W. 104
I.
Igelsloch, W 117
Übesheim, siehe Ulfefsheim!
Illingen, W 105
niingen, B 113
Impfflingen, Impflingen, P. . 92
Ingenheim, P 92
Ingerfsheym, Grof8-Ingersh.,W. 104
Infsheim, Insheim, P. ... 92
Iptingen, siehe Ubtingen !
Ispringen, siehe Uspringen!
Ittersbach, siehe Utterfsburg!
Itzingerhof, siehe Utzingen!
J-
Jochgryme, Jockgrim, P. . . 91
Johlingen, Jöhlingen, B. . . 99
K.
Kalten brenn, abgegangener Ort
bei Leinsweiler, P. ... 92
Kandell, Kandel, P 91
Kanfskirchen, heute St. Johann
bei Albersweiler, P. . 93, 95
Kapsweiher, P 113
Keffenach, E 88
Kenthen, Kentheim, W. . . 108
Kestenburg, P 114
Ketsche, Ketsch, B 101
Kleberg, Kleeburg, E. ... 89
122
Seite
Klein-Bottwar, W 116
Klein-Olattbach, s. Glafsbach!
Klein-Ingersheim, W. ... 116
Klein-Sachsenheim, W. . , .117
Klein-Steynbach, Klein -Stein-
bach, B 99
Kienbern, Cleebronn, W. . .107
Knudenheim , abgegangen bei
Huttenheim, B 100
Knulingen, Knielingen. B. . . 100
Knutlingen, KnitÜingen, W. .103
Knoringen, Knöringen, P. . . 93
Knytelfsheim, Knittelsheim, P. 91
Konigspach, Königsbach, P. . 96
Konigspach, Königsbach, B. . 99
Kornbach, Kümbach, B. . . 103
Krobfsberg, Krobsburg bei St.
Martin, P 94
Kronaa, siehe Grünau we!
Kuhardt, P 114
Kufselbronn, Kieselbronn, B. . 105
Kyrchbach, Kirchbachhof, W. 1 10
Kyrchberg, Kirchberg, W. . . 104
Kyrlach, Kirrlach, B. ... 100
Kyrwiler, Kirrweiler, P. . . 94
L.
Lachen, P 94
Lamljertum, Ad sanctum — , St.
Lambrecht, P 96 f
Landauwe, Landau, P. . . . iK)
Langenalb, B 99
Langenbrand, W 105
Langenbrucken,Langenbrück.B. 102
Langquit, abgegangener Ort bei
Iggelheim, P 96
Langensteynbach, Langenstein-
bach, B 99
Lauterburg. E 118
Lengenfelt, Lingenfeld, P. . . 95
Lenfswiler, Leinsweiler, P. . 92
Leonem, Ad sanctum -, St.
Leon, B 101
Leuniersheim, Leimersheini, P. 91
Lewenberg, Leonberg, W. . . 109
Lichtenthai, siehe Buere!
Seite
Liebenstein, W 106
Liebenzelle, Liebenzeil, W. . 107
Limburg, Lymburg, P. . . . 97
Lindelbrunn, Lindelboll, P. .114
Lindenberg, I* 115
Lobloch, V 115
Lochikem, Löchgau, W. . . 106
LofFennauwe, Loffeuau, W. . 98
Lomerfsheym, Lomersheim, W. 105
Ludelfsheym, Liedol?heim, B. 1(K)
Lufsheim, Altlufsheim, B. . . 101
Lustatt inferior, Niederlustadt, P. 93
Lustatt superior, Oberlustadt, P. 93
Luterbach, Niederlauterbach, E. 89
Lynckeuheim, Linkenheim, B. l^X)
Lynfelt, Leinfelderhof, W. . .110
Lyntzingen, Lienzingen, W. . 105
M.
Malintzen, Malmsheim, W. . . 108
Maisch, Maische, B. . . 98, 101
Marientraut, P 114
Markgröningen, s. Gruningenl
Marpach, Marbach, W. . . . 105
Martinum, Ad sanctum — , St.
Martin, P 94
Marxzell, siehe Z^!
Matern, Mothem, E 89
Meckenheim, P 96
Menfsheim, Mönsheim, W. . . 106
Mentzingen, Menzingen, B. . 101
Mercklingen, W 108
Merlem, Mörlheim, P. . . . JM)
Mersch, Morsch, B 97
Metlingen, Mötlingen, W. . . 1(>8
Meynkemmern, Maikamraer, P. 94
Michaelsberg bei Cleebronn, W. 107
Michelbach, B 98
Michelbach im Zabergau, W. . 107
Michelfeit, Michelfeld, B. . . 101
Mochingen, Mai hin gen, W. .108
Mocklingen, Münklingen, W. . 108
I MocksUtt, Magstatt, W. . . 108
: Modenbach, P 114
Monakam, W 117
Monchhusen, Münchhausen, E. 89
128
Seite
Moiigolfsheim, Mingfolsheim, B. 101
Moiis ruber, Rodenberg, abge-
gangener Ort bei Leins-
weiler, P 92
Mortzheim, Mörzheim, W . . 92
Mackensturm, Muggensturm ,B. 98
Mudach, Mandach, P. ... 95
Mulbronn, Maulbronn, W. . . H^3
Mulhoven, Mühlhofen, P. . . 92
Mulhnsen , abgegangener Ort
bei Landau, P JK)
Mulhnsen, MUhlhausen an der
Enz, W 105
Mulhusen, Mühlhausen an der
Wurm, W 108
Mulnbach, Mtihlbach, B. . . 103
Mulnberg, Mühlburg, heute Vor-
stadt von Karlsruhe, B. . 100
Mundeisheim, W 104
Muntzesheim, Münzesheim. B. 102
Murr, W 104
Mnfsbach. Musbach, P. ... 96
Mutschelbach, B 115
Mutterstat, Mutterstadt, P. 95
Myndfelt, Minfeld, P. . . . 91
N.
Nanzhusen, Landshauseu, B. .100
Neithart, B 116
Nettingen, Nöttingen, B. . . 99
Neuburgweier, siehe Wyer!
Neuweiler, B 113
Niclauswiler , Weier bei Ub-
statt, B 102
Niederbühl, siehe Bohell!
Niederhorbach, P 114
Nofsbaum, Nufsbaum, B. . . 102
NofsdorflF, Nufsdorf, W. . . . 110
Nova civitas, Neustadt a/H., P. 97
Novum castrum, Neuenbürg bei
Oberöwisheim, B. . . . 101
Novum Castrum, Stadt Neuen-
bürg, W 99, 105
Nova curia, Neuhofen, P. . . 95
Nufsdorff, Nu fsdorf b. Landau, P. 93
Nuwehusen, Neuhausen, W. .108
Seite
Nuwenburg, Neuburg, P. . . 97
Nydenfels, Neidenfels, P. . . 96
Nyderhoven (wo?) 105
Nyderkyrchen, Niederkirchen,P. 96
Nyfern, Niefern, B 105
Nyptzheim, Neibsheim, B. . . 103
o.
Oberacker, B 102
Oberbrüden, siehe Brüden!
Oberhausen, siehe Husen!
Oberkollwangen, W 117
Oberky rwiler,Schlof8 Ober-Kirr-
weiler bei Kirrweiler P. . 49
Oberniebelsbach, W 115
Oberöwisheim, siehe Euwefsheim
superior !
Oberseebach, E 113
Obersteinfeld, Oberstenfeld, W. 104f
Oberwyer, Oberweier, B. . . 98
Odenheim, B 102
Odenkoben, Edenkoben, P. . . 94
Odesheim inferior et superior,
heute ein OrtEdesheim P. 93
Olbronn, siehe Elbronnen!
Öschelbronn, siehe Efselbronn!
Ötisheim, siehe Autisheim!
Offenbach, P 90
Oos, B. 115
Oppenwiler, Oppenweiler, W. 104
Ofsenbacb, Ochsenbach, W. .111
Ofsenberg, Ochsenburg, W. .103
Ofsingen, siehe Efsingen!
Ostelfshen, Osteisheim, W. . li»8
Osteringen, Östringen, B. . . 101
Osthoven bei Wachenheim, P. 96
Otmerfsheim, Ottmarsheim, W. 104
Otterbach, Ober- und Nieder-
Otterbach, P 89
Otterfsheim, Ottersheim bei
Landau, P 91
Otterstatt, Otterstadt, P. . . 95
Ottickeim, Ötigheim, B. . . 97
P.
Pfortz, P 114
124
Seite
Pfotze, heute Neupfotz, P. .91
Pfortzheim, Pforzheim, B. . . 106
Q-
Queichhainbach, Queichhamb. P. 90
Queichheim, P 90
R.
Ramberg, P 114
Ramrsbach, Ranschbach, P. 90
Kanspach, Niederramsbach, ab-
gegangen, W 107
Rastaten, Rastatt, B. ... 97
Recheshoyen, Rechen t8hofen,'W. 111
Rechtenbach, P 88
Redelfsberg, Rudersberg, W. . 104
Reilingen, Ruttlingen, H. . .116
Remichingen, Remchingen, ab-
gegangenes Dorf bei Wil-
ferdingen, B 99
Remyngen, Renningen, W. . I(i8
Reterfsheim, Rödersheim, P. . 96
Reynfsheim, Rheinsheim, H. . 100
Rielingshaasen, W 116
Rietburg, P 114
Rinhusen, Rheinhausen, K .100
Rintale, Rinnthal, P 90
Rinzabem, Rheinzabem, P. 91
Ritenawe, Rietenau, W. . .104
Rotmarspach, Rudmersbach, W. 99
Rode, Rott, E 88
Rode, Barbeiroth, P 91
Rode, Rhodt unter Rietbnrg, P. 94
Roden berg, Mons ruber, abge-
gangener Ort bei Leins-
weiler, P. ..'... 92
Rödern, Ober- und Nieder-, E. 113
Rohrbach, P 92
Rorbach zum Gyfsubel, Rohr-
bach am Oiefshübel, B. . 103
Rofsbach, Roschbach, P. . . 93
Rofswag, W 110
Rotenfels, B 98
Roth, B 116
Rotmattsheim, Rutesheim, W. . 109
Ruber mons, Rodenberg, abge-
Seite
gangenoL* Ort bei Leins-
weiler, P 92
Ruckfsingen inferior, Unter-
Riexingen, W 110
Ruckfsingen supcrior, Ober-
Riexingen, W 109
Rudersberg, siehe Redelfsberg !
Ruhelberg = Michaels berg, W. 107
Ruhenburg, Rauenberg, B. . . l^l
Rulgifsheim, Rttlzheim, P. . . 91
Ruperfsberg, Rnppertsberg, P. 96
Rufshey m, Rufsheim, B. . .100
Ryngeynheim, Rheingönheim, P. 95
Rytselcz, Riedselz, E. ... 89
Rytt, Riet, W 111
s.
Sachfsenheim, Burg Sachsen-
heim, W 111
Sahfsenheim maior, Grofs-
Sachsenheim, W. ... 111
Salmbach, E 89
Scheckingen, Schöckingen, W. 109
Scheide, Schaidt, P 89
Schelpbronn, Schöllbi-onn, B. . 98
Schibenhait, Scheihenhard, P. . 89
Schiverstatt, Schifferstadt, P. . 96
Schmalen berg, P 114
Schmie, W 117
Schonefelt Schön leid bei Dürk-
heim, P 96 f
Schutzingen, Schützingen, W. 105
Schuwerheim, Schauernheim, P. 95
Schweigen, P 113
Schweinheim, P 114
Sebach, Niedersee' »ach E. . . 89
Sehach, Seebach, P 96 f
Sellingen, Söllingen, B. . . . 99
Seli»ach, B 98
Servilingen, abgegang. Ort, P. 90
Serwsheym, Sersheim, W. . . 11()
Sickingen, B Hi3
Singen, B 115
Sleithal, Schleithal, E. ... 89
Slettenbach, Nieder - Schletten-
bach, P 89
125
Seite
Sondemheim, P 114
Specke, Spöck, B 100
Spefsart, B 115
Spielberg, .W 117
Spilberg, Spielberg, B. . . . 100
Spierdorffe, Speyerdorf, P. 94
Spirkelbach, P 114
Staffort, B . 116
Stammheim , siehe Steinheim !
Stedfelt, Stettfeld, B. . . . 102
Stein, B 99
Steinfeit, Steinfeld, P. ... 89
Steinheim, W 104 f
Steinhem, Stammheim, W. . . 108
Steinmnm, Steimauem, U. . . 97
Steinselcz, Steinselz, E. . . 89
Steinwiler, Steinweiler, P. . . 92
Sternenfels, W 103
Stnndwiler, Stundweiler, £. . 89
Stnpferich, B 99
Sunfsheim, Sinsheim, B. . . 102
Snltzbach, Snlzbach, W. . . 104
Salczfelt, Sulzfeld, P. ... 90
Sültzfelt, Sulzfeld, B. . . . 103
Swanden, Schwanheim, P. . . 90
Swane, Schwann, W. ... 99
Swechenheim, Schwegenheim, P. 93
Sjbeltingen, Siebeldingen, V. . 94
Symotzen, Simmozheim, W. . 108
T,
Terdingen,sicher Eberdingen, W. 1 10
Tettelingen, richtig Tettechingen,
D&tzingen, W. ... 108 f
Tham, Thamm, W 109
Than, Dahn, P 89
Toringen, sicher Dätzingen, W. 109
Trifels, P 114
Tusingen, sicher Ensingen, W. 110
Tjfringen, Den f ringen, W. . 108
u.
übstatt, B 102
Ubtingen, Iptingen, W. . . .106
Uehterfsheim, Eichtersheim, £. 101
Seite
üdenheim, Phüippsburg, B. . 100
Ugelnheim, Iggelheim, P. . . 96
Ulfef8heim,Ilbe8heim bei Leins-
weiler, P 92
Urach, Aurich, W 110
Unter- Benem, siehe Bure!
Unter-Öwisheim, siehe Euwefs-
heim inferior!
Unter-Reichenbach, W. . . .117
Uspringen, Ispringen, B. . . 105
Ufsertale, Uterinivallis , heute
Eufserthal, P 95
Utingen, Eutingen, B. . . . 105
Utterfsburg, Ittersbach, B. . 99
Utzingen, auch Eutzingen und
Ytzingen, abgegangen. Ort
bei Landau, P 90
Utzingen, Itzinger Hof, W. . 106
V.
Vahingen,\ Vaihingen, W. . .110
Venningen, P 95
Vischbach, Waldfischbach, P. . 94
Vischlingen maior, Grofsfisch-
lingen, P 93
Vischlingen minor, Kleinfisch-
lingen, P 93
w.
Wachenheim, P 96
Waghäusel, B 116
Waldangeloch, siehe Anglach!
Waldfischbach, siehe Vischbach !
Walhem, Walheim, W. . . .106
Walfsenheim, Walsheim bei
Landau, P 93
Walfsheim, heute Waldsee, P. 95
Walthanbacb, Waldhambach, P. 92
Waltrorbach, Waldrohrbach, P. 90
Warmbron, Warmbronn, W. . 108
Wehingen, Neckarweihingen, W. 109
Weiher, abgegangen, P. . .114
Weihingen, siehe Wehingen und
Wyhingen !
Weifsenhach, B 115
Weifsenstein, B 117
126
Seite
Werde, Wörth a/Rh., P. . . 91
Wernerfsberg, Wemersberg, P. 90
Wesingen inferior, Unter-
Wöfsingen, B 99
Wesingen superior, Ober-
Wöfsingen, B 99
Wespach, Wöschbach, B. . . 100
Westheim, P 95
Wetterfsbach, Grünwettersb. B. 99
Widentale,Vorderweidenthal, P. 90
WidentÄle, Weidenthal, P. . . 96
Wiesentale, Wiesenthal, B. . 102
Wile, Wila = Weil,
die Stadt, W. . . 107, 109
Wiler, Weiler a. d. Pfinz, B. 99
Wiler, Weiler a. d. Zaber, W. 107
Wilre, Weiher unter Rietburg, P. 94
Wiltpaden, Wildbad, W. . . 108
Winden, P 91
Wingarten, Weingarten, P. . 93
Wingarten, Weingarten, B. . 99
Wintzheim, Wimsheim, W. . 10(5
Wintzingen, Winzingen, P. . 96
Wifsach, Unter- Weifsach, W. . 104
Wifsenburg, Weifsenburg, E. . 88
Seite
Wolfartz wiler, Wolf artsweier,B. 99
Wolmsheim, Wollmesheim, P. . 92
Würzbach, W 117
Wurmberg, W 106
Wyer, Neuburgweier, B. . . 97
Wy hingen, Enzweihingen, W. 110
Wylgartzwiesen, Wilgarte-
wiesen, P 90
Wynherfsheim, Wiemsheim, W. 106
Wyfsach, Weifsach, W. . . 110
Y.
Ysingen, Eisingen, B. ... 99
Ytzingen, siehe Utzingen!
z.
Zaberfelt, Zaberfeld, W. . . 107
Zappelstein, Zavelstein, W. .108
Zeiselbaeh, P 115
Zeifsenhusen, Zaisenhausen, B. 103
Zeifserfswiher, Zaisersweih., W. 105
Zeifsikeim, Zeiskam, P. ... 93
Zelle, Marxzell, B 99
Zuteni, Zeutern, B 102
Zymmeni, Metterzimmern, W. 111
Berichtigungen:
Seite 76 Note 3 ist durch ein Versehen aus dem Lib. secretorum
eine unrichtige Belegstelle wiedergegeben worden. Die richtige lautet:
^Wir Bischof Mathis .... haben dis Buch begriffen lassen und das voll-
bracht ist anno domini 1470 circa festum Laurencii.**
Seite 90 Note 4 ist als heutige Form des Ortsnamens S wanden
versehentlich Schwanden statt S c h w a n h e i m angegeben.
127
Zur 6esdiidite der ?ranziskanerk(dsfer
in
niefsenheim und BlieskasfeL
Von P. Patridus Schlager, 0. F. m., ßarreveld, Bolland.
Am '15. November 1699 überreichten die Franziskaner von
Kreuznach dem KurfQrsten Johann Wilhelm eine Denkschrift
unter dem Titel: , Lucerna fidei per Fratres Minores sancti Francisci
novissiroe accensa in Palatinatu*, worin sie einen Überblick Ober
ihre seelsorgliche Tätigkeit in der Pfalz gaben und zum Schlüsse
sich mit einer gewissen Befriedigung , Apostel der Pfalz* nannten.
Dafs sie dies mit vollem Rechte tun konnten, habe ich vor kurzem
an anderer Stelle gezeigt ^) ; aber auch abgesehen von der segens-
reichen Wirksamkeit, welche die dortigen Franziskaner entfalteten,
ist das Kloster St. Wolfgang von nicht geringer Bedeutung für die
Geschichte der katholischen Kirche der Pfalz; denn es wurde dort
gleichsam die Wiege des Franziskanerordens im 17. Jahrhundert
und Ausgangspunkt für neue KlostergrOndungen und vor allem für
neu aufsprossendes katholisches Leben, freilich nicht in dem be-
schränkten Sinne, als ob Mitglieder des Kreuznacher Klosters auch
an anderen Orten Niederlassungen gegründet, — dies hätte der
ganzen Organisation des Ordens widersprochen — sondern vielmehr
dnrum, weil infolge des dort herrschenden Geistes auch in anderen
Städten die ohne Hirten zerstreut lebenden Katholiken ähnliche
Niederlassungen in der Nähe zu erhalten wünschten.
So geschah es auch in Meisen heim. Leider sind bis jetzt
über das Franziskanerkloster in dieser Stadt nur recht spärliche
1) Vergl. meinen Aufsatz; ^Die Franziskaner und die katholische
Rubtauration in Kreuznach" in Pastor bonus, XV (1902/1903) S. 367—374.
128
Nachrichten veröffentlicht worden, die noch dazu meistens un-
kontrollierbar sind und sich zum Teil widersprechen. Aufserdem
sind die Archivalien des Klosters mit geringen Ausnahmen, die
sich in das Meisenheimer Pfarrarchiv hin abergerettet haben, ver-
schleudert worden, so dafs eine Arbeit über dessen Geschichte fast
einzig und allein auf die Chronik der Kölnischen Franziskanerprovinz ^),
zu der das Meisenheimer Kloster gehörte, angewiesen ist. Sie
enthält die Berichte, welche die Oberen der einzelnen Klöster an
die alle drei Jahre stattfindenden Kapitel einsenden mufsten, und
verdient somit vollen Glauben; aber diese Mitteilungen legen das
Hauptgewicht auf die seelsorgliche Tätigkeit und bertkcksichtigen
nur ausnahmsweise die geschichtlichen Ereignisse; ich würde daher
jede Berichtigung und Ergänzung meiner Ausführungen mit herz-
lichem Danke entgegennehmen.
Durch den Frieden von Nymwegen war König Ludwig XIV.
tatsächlich Herr von Europa geworden. Skrupellos, wie er war,
konnte er es jetzt wagen, seinem Übermut und seiner Ländergier
die Zügel schiefsen zu lassen und in den sogenannten Beunions-
kammern unter dem Schein des Rechtes fremde Landesteile an
sich zu reifsen. So kam auch das Herzogtum Zweibrücken an
Frankreich. Diese Gelegenheit benutzten nun die Katholiken
Meisenheims, den schon lange gehegten Wunsch, Franziskaner in
ihrer Nähe zu haben, in die Tat umzusetzen, und im Vertrauen
auf französischen Schutz wandten sie sich 1683 durch Vermittlung
des Guardians in Kreuznach an den Provinzial der Kölner Provinz,
P. Ludwig Kellen, mit der Bitte, dort ein Kloster zu gründen.
Das am 30. April 1684 zu Köln abgehaltene Provinzialkapitel
beschlofs, dieser Bitte zu^'wi 11 fahren und ernannte den P. Hubert
R e i n a r t z zum ersten Präses der neu zu gründenden Niederlassung,
Es war keine leichte Aufgabe, die ihm dadurch übertragen
wurde, da ja sein blofHOs Erscheinen in Meisenheim die schon be-
stehenden religiösen Gegensätze noch verschärfen und Wiederspruch
hervorrufen mufste, und da er nicht hoffen durfte, beim Bau von
Kirche und Kloster von den ganz mittellosen Katholiken unterstützt
zu werden. Freilich hatte die französische Regierung versprochen,
jährlich hundert Reichstaler für die Bedürfnisse der neuen Nieder-
^) Annales Almae Provinciae Coloniae Ordinis Fratrum Minorum
Regularis Observantiae, nunc Recollectorum. III— VII; gleichzeitiges Manu-
skript in der Hinterim'schen Bibliothek zu Düsseldorf- ßilk.
I2d
lassung zu zahlen; aber diese geringe Summe reichte natürlich
nicht aus. Doch P. Hubert liefe sich durch keine Schwierigkeiten
zurOckschrecken. Er war zufrieden, als ihm in einem verfallenen
bereits verlassenen Häuschen eine Wohnung angeboten wurde, und
in einer Scheune hielt er in den ersten Jahren den Gottesdienst.
Heller Jubel herrschte über seine Ankunft unter den Katholiken
der ganzen Umgegend, und von allen Seiten kamen sie herbei, um
nach langer Zeit wieder einmal der heiligen Messe beizuwohnen
nnd die Sakramente zu empfangen. Wider Erwarten flössen auch
die Mittel so reichlich, dafs er es wagen konnte, den Bau einer
Kirche zu beginnen, und in der kurzen Zeit von drei Jahren war
sie vollendet. Am 25. April 1688 wurde sie von dem Mainzer
Weihbischof und General vikar Matthias Stark konsekriert und zwar
der Hochaltar zu Ehren Gottes, der Jungfrau Maria, aller Heiligen
und besonders des heiligen Antonius von Padua, unter dessen Schutz
die recht schöne^) Kirche gestellt wurde. In den Altar schlofs
man Reliquien der heiligen Märtyrer Julian, Vitalis und Desiderius
und des Bischofes Bufus; der rechte Seitenaltar (nach Westen)
wurde geweiht zu Ehren der schmerzhaften Mutter, der linke zu
Ehren des heiligen Franziskus von Assisi. Jener erhielt Reliquien
der heiligen Jucundus, Aemiliana und Florida, dieser solche von
den heiligen Valerius, Felix und Yiktoriana. Als Kirch weihfest
wurde der erste Sonntag im Mai bestimmt und zugleich den Be-
suchern der Kirche für diesen Tag ein Ablafs von 40 Tagen
gewährt.
Es war ein Freudentag für die armen Leute, als sie zum
ersten Male ihren Bischof in feierlicher Prozession in die Stadt
einziehen sahen, und gern steuerten sie von ihrem kargen Arbeits-
lohn etwas bei, um die noch auf der Kirche lastenden Schulden
allmählich abzutragen. Auch das Häuschen konnte etwas ausge-
bessert werden, so dafs es wieder den Unbilden des Wettnrs 'JVotz
bot, und so sprach der Provinzial P. Heinrich Salm, der gegen
Ende des Jahres 1693 zur Visitation nach Meisenheim kam, dem
damaligen Präses P. Johannes Meurer seine volle Anerkennung
Ober das bis jetzt Erreichte aus. Während seiner Anwesenheit
besuchte er auch die verwitwete Pfalzgräfin Charlotte Friederike,
die in demselben Jahre durch den (Gesandten des Königs von
Schweden, den Grafen Oxenstierna, in Meisenheim als Kciiwcdisciie
^) „Valde pulchi'a'* sagt die Chronik.
9
130
Stadthalterin eingesetzt worden war. Obwohl nicht katholisch, war
sie doch den Franziskanern wohlwollend gesinnt, und sie wirkte
in Stadt und Land viel Gutes. Sie überliefs dem P. Provinzial
und seinem Begleiter ihren Wagen zur Fahrt nach Kaiserslautern.
Denn die ganze Umgegend war infolge der Kriegsunruhen sehr
unsicher, so dafs es fast niemand wagte, ohne Schutz sich weiter
von der Stadt zu entfernen, und sie hoffte, dafs der fürstliehe
Wagen den gefährlichen Landstreichern den notwendigen Respekt
einflösen werde. Allein kaum waren sie in einem Walde ange-
kommen, als mehrere Strafsenräuber ^) aus dem Dickicht hervor-
brachen, um die Reisenden zu töten und zu berauben ; als sie aber
statt des erwarteten reichen Fangos nur arme Franziskaner fanden,
zogen sie wieder ab, ohne ihnen etwas Böses zuzufügen.
Als nach dem Frieden von Rijswijk 1697 dio Franzosen das
Land verlassen hatten, verlangte die schwedische Regierung, dio
jetzt wieder in den vollen Besitz des Herzogtums Zweibrücken
gekommen war, als rückständigen Zins für einen Teil des Bodens,
auf dem die Kirche stand, und der früher unter französichem Drucke
wahrscheinlich nur recht unfreiwillig geschenkt worden war, neun
Imperialen und forderte auch für die Zukunft für jedes Jahr einen
halben Imperial. Die Franziskaner verweigerten die Bezahlung
und erhoben Klage in Zweibrücken. Als dies nicht zum Ziele
führte, sandten sie am 26. Juni 1706 dio Akten der Streitsache
nach Mainz und von da nach Wien. Wie die Sache geregelt
wurde, wissen wir nicht; vielleicht verzichtete später 'lie Regierung
auf die Steuer.
Am 18. August 1714 kam König Stanislaus von Polen mit
geringem Gefolge nach Meisenheim und wohnte in der Klosterkirche
zweimal der heiligen Messe bei. Er war ein grofser Franziskaner-
freund und hatte gestattet, auch in Bischofshomburg eine Nieder-
lassung zu gründen. Seine Mutter schenkte zwei Antependien und
zwei Mefsgewänder, die sie selbst verfertigt hatte.
Einer Anrt^gung des Königs folgend^) und wohl auch im
Vertrauen auf soino tätige Beihilfe begann man am 27. März 1716
das alte b;niralligo Hau« abzubrechen; nachdem für dio Zeit des
^) „Snaphaiicir (Schnapphähno) nennt sie der Chronist.
-j Msf. : „Doscriptio brevis Ortus et rron^ressus Almae Prov. Colo-
nieiisis Fratjum Miiiorum S. V. P'rancisci Kecollectoriim" S. 7', ebenfalls
in der Hinterimschen liibliothek.
131
Baues der lutherische Nachbar, der Rentmeister Böhmen, einen
Teil seiner Wohnung zur Verfügung gestellt hatte. Schon am
2. April fing man mit dem Neubau an; am 21. April legte der
Guardian des Koblenzer Klosters P. Antonius Hiromes den Grund-
stein, dem die üblichen Zeitangaben beigefügt wurden ^). Am 12.
Juli fand das Richtfest statt, und im Oktober konnte man einziehen.
Am 1. November, dem Feste Allerheiligen, nahm man zum ersten
Male das Mittagessen im neuen Refektorium ein. Ein grofses Kreuz
vor der Pforte deutete schon von weitem auf den religiösen Charakter
des Hauses hin.
Es bot genügend Platz für 16 Personen und enthielt aufser
den Zellen mehrere Arbeitsräume und einen gröfseren Speisesaal,
der zuerst auch als „Oalefactorium" diente. Denn die einzelnen
Zellen durften nicht geheizt werden, und so versammelten sich
alle, die zu ihren Arbeiten Wärme notwendig hatten, um den
einzigen Ofen des Hauses. Im Jahre 1731 stellte man in einem
besonderen Zimmer einen neuen Ofen auf. Meistens wohnten hier
fünf bis sechs Priester, vier Laienbrüder und ein oder zwei Tertiar-
brüder oder Oblaten. Da sie der Regel gemäfs keine festen Ein-
künfte haben durften, mufsten sie durch den sogenannten ^Termin*
sich die notwendigen Lebensmittel verschaffen. Für jedes Kloster
war genau der Terminsbezirk vorgeschrieben, und auch für Meisen-
heim hatte schon 1687 auf Veranlassung des Provinzials P. Wilhelm
Ritz zu Kreuznach eine Abmachung unter den beteiligten Oberen
stattgefunden. Darnach durften die Meisenheimer Brüder Almosen
sammeln, , terminieren " , im Münstertal sowie im Gebiete zwischen
Glan und Nahe mit Ausnahme von Merxheim, wohin die Brüder
aas Spabrücken kamen. Natürlich lagen in diesem Bezirke alle
jene Ortschaften, wo sie seelsorgliche Verrichtungen vornahmen,
und die zusammengebrachten Almosen bildeten somit gewissermafsen
*) Wörtlich lautet die Inschrift: „Anno ab incarnatione Domini
salvatoris lesu MDCCXVI die XXI. Aprilis ad gloriam et honorem sanctis-
simae individuae Trinitatis ex clementissiraa permissione et liberalitate
potentissimi regis Caroli XII, rogis Suecorum, promovente potentissinio
Polonorum rege Stanislao, siib universalis Ecclesiae Romanao rontitice
demente XI, invictissimo Romanorum rege Carolo VI, Provinciae Coloniensis
fratnim Min. Recollectorum Ministro Provinciali (Jerardo Sochttvn, Ro^i-
dentiae Meisenheim praeside Alberto Hiuimos hie lajus primus debita
solemnitate erigebatur, benodiconte et ponento I'. Antonio Hinmies p. t.
Guardiano OonHuentino.
9*
I8ä
einen Lohn für deren Mühen und Arbeiten. Freilich bekamen die
auf solche Weise erhaltenen Lebensmittel zum nicht geringen Teile
wieder arme Leute, die in Meisenheim, wie überall, lieber milde
Gaben aus den Händen der armen Mönche annahmen als von
Reichen. Oft kamen so viele Arme zur Pforte, dafs das Kloster
selbst empfindlich Mangel litt. Dies geschah besonders im Hunger-
jahre 1725, wo ein Malter Weizen acht Gulden kostete.
Im Jahre 1717 stellte man noch eine Verbindung des Klosters
mit der Kirche her durch den Bau eines sogenannten Kreuzganges,
so dafs das Ganze nun einen recht klösterlichen Eindruck machte.
Damit waren die Gebäude vollendet, und nur gelegentlich hören
wir noch von einigen kleinen Veränderungen. Einmal klagt der
Chronist darüber, dnfs die Stadtuhr gewöhnlich falsch gehe, und
dafs man sich 1732 darum entschlossen habe, selbst eine grofse
Uhr anzuschaffen; 1745 umgab man den ganzen Garten mit einer
Mauer und zog ihn dadurch in die Klausur hinein. Über die innere
Einrichtung der Kirche erfahren wir nur, dafs 1745 der Hochaltar
bemalt und einige schadhafte Stellen der Mauer wieder ausgebessert
wurden, und dafs etwas später ein Wohltäter eine Orgelbühne für
die restaurierte Orgel erbauen liefs.
Der am 17. September 1781 verstorbene Pfalzgraf Gustav
Samuel Leopold war ein grofser Freund des Klosters, und infolge
testamentarischer Bestimmung wurde am 27. September sein Herz
feierlich in der Franziskanerkirche in der Mauer auf der rechten
Seite des Hochaltars beigesetzt. Ferner hatte er die Mittel für
ein neues Ciborium und eine silbervergoldete Monstranz vermacht.
Am 29. Januar 1746 liefs seine Witwe mit Erlaubnis des Pro-
vinzials P. Raphael Gymnich ein kostbares Grabmal aus Marmor
und Alabaster mit Wappen und Inschrift neben dem Hochaltar
aufstellen.
Heutzutage wird noch in der Pfarrkirche ein alter von den
Franziskanern herstammender Kelch aufbewahrt, den die 1572 in
Gorkuni gemarterten Franziskaner gebraucht haben sollen. Er ist
silbervergoldet, ein wahres Prachtstück der Goldschmiedekunst, eine
Mischung von Gotik und R(Miaissance ; auf dem Fufs sind in feiner
Arbeit Figuren des gekreuzigten Heilandes, der Gottesmutter und
des lioiligen Julianiies eingraviert ^). Die Chronik, die doch sonst
M Vi(l. Lehfeldt, Paul, die Hau- und Kunstdenkmäler des Regierungs-
bezirkes Coblenz. Düsseldorf 1886, S. 463.
133
auf derartige Dinge grofsos Gewicht legt, erwähnt nichts von der
Reliquie.
Nach diesem kurzem Überblick über die äufsere Geschichte
des Klosters müssen wir noch die Tätigkeit seiner Bewohner be-
rühren. Ihre Aufgabe bestand darin, die zerstreuten und verlassenen
Katholiken aufzusuchen, zu sammeln, in ihrem Glauben zu be-
festigen und ihnen die Tröstungen der Religion zu teil werden zu
lassen. Es waren schon mehr als hundert Jahre verflossen, seitdem
Pfalzgraf Wolfgang von Zweibrücken sein Land zu einer reinen
Stfttte des unverfälschten Evangeliums gemacht, seitdem er die
Klöster aufgehoben und ihre Einkünfte zur Errichtung von Schulen
und zur Aufbesserung der lutherischen Pfarrstellen bestimmt und
alles, was an katholische Lehre und Einrichtungen erinnerte, ent-
fernt hatte ^). Seit dieser Zeit waren die Katholiken je nach den
Neigungen der Fürsten die Geduldeten oder gar die Verfolgten.
Ein weites Arbeitsfeld wartete darum der Franziskaner; es waren
viele Dornen auszurotten, bevor man guten Samen ausstreuen konnte
und ausgereifte Früchte erhoffen durfte.
Schon im ersten Jahre ihrer Anwesenheit in Meisenheim
übten sie die Seelsorge im Amtskreis von 6 — 7 Stunden aus. Im
Jahre 1693 finden wir sie als Pfarrer tlitig in Meisenheim, Rei-
poltskirchen, . Lauscheid, Dielkirchen und Obermoschel ; an Sonn-
und Feiertagen feierten sie in allen diesen Gemeinden die heilige
Messe, predigten, hielten Katechese und besorgten die übrigen
seelsorglicheu Arbeiten; während der Woche weilten sie in ihrem
Kloster in Meisenheim. Durch den Friedensvertrag von Rijswijk
1697 wurden ihnen ausdrücklich alle katholischen Kirchen der
ganzen Umgegend übertragen, so in Offenbach, Baumholder, Birken-
feld, Wolfersweiler und anderen Orten ^).
Nach einem Berichte von 1710 besorgten sie die Gemeinden
Meisenheim, Obermoschel, Oberndorf, Sien und Reipoltskirchen.
Viele Schwierigkeiten bereiteten einer geordneten Seelsorge die
zahlreichen gemischten Ehen. Solcher Mischehen gab es damals
in Meisenheim 72 neben 10 rein katholichen,
in Sien 19 , 7 ,
in Reipoltskirchen 33 , 31 „ „
*) Vgl. Remling, Franz, das Reform ations werk in der Pfalz. Mann-
heim 1846, S. 141 ff.
^) Lorenzi de, Philipp, Beiträge zur Geschichte sämtlicher i*farreien
der Diözese Trier. Trier 1887, II. S. 456.
134
In Obermoschol war dio roligiöse Gloichgültigkeit so grofa, dafs in
manchen Familien der Mann nicht wufste, ob seine Frau katholisch
war. Die Schwierigkeiten wurden noch dadurch vermehrt, dafs
die verschiedenen Orte verschiedenen Herren angehörten, die in
betreif der Ausübung der Religion ganz verschiedene Ansichten
hegten. So waren Meisenheim und Oberraoschel schwedisch, Obern-
dorf pfälzisch, Sien lag im Gebiete des Prin/.en von Salm und
Reipoltskirchen in dem des Grafen von Manderscheid. Nach einer
1715 für das Mainzer Generalvikariat aufgestellten Statistik fanden
in diesem Jahre statt
in Meisenheim bei 850 Katholiken 52 Taufen, 14 Ehen,
in Obermoschel bei 430 „ 20 „ 9 »
in Reipoltskirchen bei 550 „ 33 „ 16 ,
in Oberndorf bei 650 , 37 „ 12 , .
Diese letzte Gemeinde wurde bald darauf aus nicht näher
bekannten Gründen der Leitung der Franziskaner entzogen, und
am 23. November 1717 verlangte das kurfürstliche Oberamt in
Alzey vom Meisenheimer Kloster die Herausgabe der Kelche, Mefs-
gewänder und Taufbücher, welche der katholischen Gemeinde Obern-
dorf gehörten. Dafür wurde von jetzt ab die Gemeinde Lauscheid
beständig verwaltet. Da dort noch keine Kirche vorhanden war,
sammelten die Franziskaner Almosen dafür und legten am 30.
August 1730 den Grundstein. Das Dorf zählte nur etwa 400
Katholiken, und deshalb brauchte die Kirche nicht grofs zu sein.
Sie war daher auch gegen Ende des folgenden Jahres vollendet,
und am 20. November vollzog P. Adauctus Hoffmann die kirchliche
Benediktion.
Um dieselbe Zeit kam als beständige Seelsorgestation Bayer-
feld mit etwa 200 Kommunikanten hinzu; die dortige katholische
Kirche war bis jetzt in den Händen der Andersgläubigen gewesen.
Schon 1719 hatte der Herzog Gustav befohlen, dafs in den Meisen-
heimer Filialen Raumbach, Medard, Breitenheim und Jeckenbach
den Katholiken der Mit^ebrauch der dortigen Kapellen eingeräumt
werde ^).
Reibereien und Gehässigkeiten zwischen den verschiedenen
Konfessionen konnten natürlich nicht ausbleiben; besonders unan-
genehm bemerkbar machten sie sich aber bei Trauungen und Taufen.
So wurde, um nur ein Beispiel anzuführen, am 13. Juli 1711 P.
*j Loren zi a. a. 0.
185
Joseph Orth von dem Herrn von Stein-Callenfels ^) zur Taufe seines
Sohnes nach Dörrmoschel berufen; aber die reformierte Frau liefs
68 nicht zu, und so mufste der Pater un verrichteter Sache wieder
heimkehren. Zur Beruhigung und Erhaltung des Friedens wurden
1718 allgemeine Bestimmungen erlassen und den Katholiken ge-
stattet, die Trauung vorzunehmen, wenn der Mann katholisch, und
einen Knaben zu taufen, wenn der Vater katholisch, ein Mädchen,
wenn die Mutter katholisch sei.
Einen Stein des Anstofses bildeten für Andersgläubige auch
die Prozessionen, und besonders fühlte sich dadurch der Amtmann
Ebrentraut in seinem religiösen Empfinden tief gekränkt. Er unter-
sagte 1712 sowohl die Fronleichnamsprozession als auch die sehr
beliebten Wallfahrten nach dem viel verehrten Muttergottesbilde
in SpabrUcken. Da er aber bald erkannte, dafs seine Amtsgewalt
so weit nicht reichte, verbot er wenigstens in der Stadt das Ent-
falten der Fahnen und lautes Beten und Singen unter Strafe von
100 Gulden für jeden Teilnehmer. Von 1718 ab trat auch hier
eine wesentliche Besserung ein. Die Fronleichnamsprozession durfte
wieder gehalten werden, und da in diesem Jahre von auswärts
noch drei Prozessionen sich daran beteiligten, betrug die Anzahl
der Teilnehmer über drei Tausend. Auf dem Marktplatz durfte
jetzt zum ersten Male gepredigt werden, und erst nachmittags um
2 ühr war die ganze Feier beendigt. Der Prozession nach Spa-
brUcken schlössen sich oft auch Protestanten an, und 1725 trugen
sie sogar zu den Kosten der 26 Pfund schweren Opferkerze bei.
In der Woche vor Pfingsten wurden die sogenannten Bittgänge
unter grofser Beteiligung nach Baumbach und Reiifelbach gemacht.
Als man von der Regierung immer wieder von neuem Abschaffung
dieser Gebräuche verlangte, wollte sie sich einen festen Rechts-
standpunkt schaffen und forderte 1782 den P. Adauctus auf, aus
der Chronik des Hauses einen Auszug über die vor dem Frieden
von Rijswijk abgehaltenen Prozessionen einzusenden. Es gelang ihm
unwiderleglich nachzuweisen, dafs sie früher schon bestanden, und
so durften sie fortgesetzt werden — allerdings nur bis 1784.
Nach dem Tode des Herzogs Gustav Samuel Leopold von
Zweibrücken 1781 war nämlich das Herzogtum nach einer drei-
jährigen Sequestration durch den Kaiser kraft des Mannheimer
M Über diese Familie vergl. unsere „Mitteilungen" XXIV (1900),
S. 258 ff.
186
Vertrages vorn 24. Dezember 1 733 an die Linie Birkenfeld-Bischweiler
gekommen ^). und Pfalzgraf Christian III. von Birkenfeld hatte sich
in der Person des Barons Ton Yreden am 28. März 1784 den Eid
der Treue schwören lassen. Auch zwei Franzikaner mufsten im
Namen des ganzen Klosters bei diesem Akte erscheinen. Nun war
in dem Vertrage ausbedungen worden, dafs die öffentliche Ausübung
des katholischen Glaubens im Zweibrückischen nicht beschränkt
werden dürfe; aber Christian hatte nur im allgemeinen seine Zu-
stimmung gegeben, und daher hielt er sich für berechtigt, sofort
nach seinem Begierungsantritte die öffentlichen Prozessionen zu unter-
sagen, und er drohte allen Teilnehmern eine Strafe von 50 Gulden
an. Die Franziskaner legten dagegen Verwahrung ein, aber um-
sonst. Grofse Entrüstung entstand darüber, und als am 2. Dezember
das herzogliche Schlofs mit sehr bedeutenden Vorräten an Weizen
verbrannte und bald darauf die herzoglichen Binderherden zu Grunde
gingen, betrachteten viele Katholiken diese Unglücksfälle als ein
Strafgericht Gottes.
In diesem Jahre mufsten die Franziskaner mehr als früher
ihre Sorge verwundeten Soldaten zuwenden, und nach dem Falle
von Philippsburg am 18. Juli 1784 spendeten sie mehr als 700
kranken Franzosen die Sterbesakramente. Durch äufsere Hindernisse
Hefsen sie sich eben nicht abhalten, ihre Pflicht zu erfüllen. Bald
besserten sich die Verhältnisse in Meisenheim wieder. Nach dem
frühen Tode des Pfalzgrafen am 8. Februar 1785 übernahm an
Stelle des noch minderjährigen Sohnes seine Witwe Karolina von
Nassau-Saarbrücken die Begierung. Von dieser Zeit an hatten die
Katholiken vollständig freie Beligionsübung, und die Franziskaner
konnten in den einzelnen Pfarreien ohne Störung ihres Amtes walten.
Im Jahre 17h 7 errichteten sie noch eine neue Station in Lauter-
ecken, gaben sie aber bald wieder auf, da die katholische Beligion
dort keinen festen Fufs zu fassen vermochte. Wie sich aus den stati-
stischen Nachweisen der Chronik ergibt, hörten sie jährlich durch-
schnittlich 12000 Beichten, hielten 200 — 250 Predigten und fast
ebensoviele Katechesen, tauften 100 — 120 Kinder, trauten 20 — 80
Paare und nahmen 80 — 90 Beerdigungen vor.
Ein Ziel setzten ihrem segensreichen Wirken die Franzosen,
unter deren Schutz sie einst eingezogen waren, und nachdem sie
so viel Gutes gewirkt, so manche Träne getrocknet und so manchen
^) Remling, a. a. 0. S. 211.
137
Kummer gestillt, mufsten sie schweren Herzens den Ort ihrer
Tätigkeit verlassen, und Kirche und Kloster gingen in den Besitz
der katholischen Gemeinde Ober.
Zum Schlufs möge noch eine Zusammenstellung der Präsides
und somit der früheren katholischen Pfarrer von Meisenheim folgen,
da die bis jetzt vorhandene Liste ^) viele Lücken aufzuweisen hat.
Es waren : Hubert Reinartz (1684), Andreas Wirtz (1687), Johannes
Hackray (1690), Johannes Meurer (1691), Ferdinand Harler (1694),
Johannes Meurer (1697), Adrian Korlinger (1700), Florinus Men-
ninger (1703), Adolf Bring (1705). Modestus Maringer (1706),
Johannes Steprath (1708), Oratian Schroeder (1711), Albert Himmes
(1712), Bernhard Valdois (1718), Johannes Meyer (1721), Melchior
Post (1724), Matthias Oeuer (1727), Daniel Schulten (1780),
Adauctus Hoffmann (1731), Anton Klophausen (1733), Albinus
Schackinger (1735), Quirin Beuter (1736), Oabriel Rütgen (1739),
Anton Donner (1742), Hyazinth Tillie (1745), Lothar Mortons
(1748), Fidentius Hospelt (1749), Cornelius Baur (1752), Vinzenz
Lang (1755), Fidentius Hospelt (1758), Heinrich Bormar (1760),
Lambert Ernst ( 1 7 63), Pius Leyendecker (1764), Gastor Schuch (1767),
Prosper Schaeflfer (1 770), Prosper Schwarz (1772), Anton Voltz (1775),
Pius Leyendecker (1778), Gamillus Worringer (1781), Gabriel Britt
(1784), Mauritius Pauli (1787), Laurus Gafemann (1790), Gabriel
Britt (1793), Antonius Schaeffer (1797), Palatinus Comely (1800).
Ebenso dürftig sind die Nachrichten über das ebenfalls der
Kolner Franziskanerprovinz angehörige Kloster in Blieskastel
im Bliesgau, und wir stützen uns in den folgenden Ausführungen
ähnlich wie bei Meisenheim hauptsächlich auf den siebenten Band
der oben angegebenen Chronik. Dieses Kloster entstand fast hundert
Jahre später als jenes in Meisenheim und ging in erster Linie nicht
aus religiösen Bedürfnissen hervor. Der Plan, Franziskaner dorthin
zu berufen, entsprang vielmehr dem Wunsche des Grafen von der Leyen,
in dessen Gebiet Blieskastel lag, in ihnen Lehrer für eine höhere Knaben-
schule zu erlangen, wie ja in vielen anderen Städten gegen Ende des
18. Jahrhunderts die Franziskaner die höheren Schulen leiteten.
Im Jahre 1774 machte der Graf dem damaligen Provinzial
P. Joseph Netzen das Anerbieten, Franziskaner unter sehr günstigen
Bedingungen aufzunehmen, und als man nicht sofort auf seinen
*) Bei Lorenzi, a. a. 0. S. 457.
188
Vorschlag einging, sotzto er in einem vom 8. April 1775 von
Blieskastel aus datierten Schreiben die näheren Umstände ausführlich
auseinander und stellte Rechte und Pflichten in folgenden Punkten
zusammen :
1. Der Graf sichert den Franziskanern landesherrlichen
Schutz zu;
2. er schenkt hinter seinem Schlosse einen Platz fflr Kirche,
Kloster und geräumigen Garten;
3. er trägt die Hälfte der Bankosten der Kirche;
4. die Franziskaner erhalten die Verwaltung und die Ein-
künfte der von einem früheren Beamten, namens Rostinus,
fundierten Kaplanstelle an der Kreuzkapelle, müssen aber
dafür die Verpflichtungen des Kaplans erfüllen ;
5. sie erhalten mit Ausschhifs aller Übrigen Ordensleute die
Erlaubnis, in den Ämtern Blieskastel und Münchweiler
Fleisch, Frucht und andere Lebensmittel zu terminieren;
6. sie erhalten jährlich ein Fuder Wein aus der Amtskellerei
Burrweiler ;
7. sie erhalten jährlich vier Malter Korn und drei Malter
Gerste aus der Rentmeisterei Blieskastel;
8. sie erhalten das Recht, jährlich sechs Wagen gleich 180
Zentner Steinkohlen aus der fürstlichen Grube in St.
Ingbert zu holen;
9. sie verpflichten sich, einen Konvent mit feierlichem Gottes-
dienst und Ohorgebet einzurichten ;
10. sie verpflichten sich, eine höhere Knabenschule mit fünf
Klassen zu übernehmen und darin aufser in den gewöhn-
lichen Fächern auch in Logik zu unterrichten nach der
Methode, welche der Graf vorschreibt;
11. die Klassen sollen, wenn möglich, nicht kombiniert werden;
12. das Kloster stellt die Schulzimmer, der Graf das Inventar
und die Prämien ;
13. jeden Tag soll ein Pater in der Hofkapelle die heilige
Messe lesen ;
14. aufser den Professoren soll ein Pater ausschliefslich für
die Seelsorge verwandt werden ;
15. der Bauplan für Kirche und Kloster bedarf der Genehmigung
des Grafen; die innere Einrichtung dagegen steht dem
Kloster zu;
139
16. es sollen beständig 15 - 1 6 Ordensleute im Kloster wohnen;
17. über die Einkünfte der Kaplanei mufs dem Grafen Rechnung
abgelegt werden ;
18. einzelne Abänderungen behält sich der Graf vor.
Daraufhin erklärte sich der Provinzial bereit, die Niederlassung
anzunehmen, und auf dem am 25. Juni 1775 in Köln abgehaltenen
Provinzialkapitel wurde P. Magnericus Scotzwiowsky zum ersten
Präsed ernannt, nachdem schon vorher, am 26. Mai, der Bischof
von Metz, Ludwig Joseph von Laval-Montmorency, die Erlaubnis
zur Gründung eines Klosters unter den angegebenen Bedingungen
erteilt hatte. Der Bau wurde so gefördert, dafs im Herbst 1776
das Kloster bezogen und die Schule eröffnet werden konnte. Es
enthielt aufser fünf Lehrsälen und einem grofsen Refektorium über
20 Zellen. Die Kirche wurde erst im folgenden Jahre vollendet;
sie war aus Trierer Sandstein im Renaissancestil erbaut, einschiffig
mit fünf Fenstern im Langschiff und vier Fenstern im Chor. ^) Der
Hochaltar wurde wie die ganze Kirche dem heiligen Sebastian ge-
weiht. Nach Vollendung des Baues erhielt der Präses, der bis
dahin von dem Guardian in Homburg abhängig war, eine selbst-
ständige Stellung, zunächst noch als Präses, 1782 aber als Guardian
das heifst Oberer eines vollständigen Konventes, dem ein Vikar
zur Seite stand. Die Namen der Oberen sind folgende: Magnericus
Scotzwiowsky (1775), ApoUonius Pancera (17öl), Magnericus
Scotzwiowsky (1784), ApoUonius Pancera (1787), Claudius Clar
(1790), ApoUonius Pancera (1793), Amabilis Dillenburger (1797)
und Philotheus Weiskirch ( 1800). Der vorletzte Guardian, P. Amabilis,
wurde am 17. Oktober 1798 von der französischen Regierung ^zur
Deportation nach Cayenne verurteilt^), weil er aus seiner franzosen-
feindlichen Gesinnung kein Hehl machte; ob das Urteil wirklich
ausgeführt wurde, ist zweifelhaft; jedenfalls waren aber mit der
Verurteilung die Tage des Klosters gezählt, und der letze Guardian
wurde zwar erwählt, konnte aber sein Amt nicht antreten.
Leider erfahren wir nichts über den Schulbetrieb und über
die von dem Grafen vorgeschriebene Methode; nur das ergibt sich
aus der Chronik, dafs die Lehrer fast jährlich wechselten, dafs
*) Vergl. Remlingf, Franz, Geschichte der Abteien und KJöster im
jetzigen Rheinbayem. Neustadt 1836, II. S. 229.
2) Anzeiger des Ruhr-Departements Nr. 41 vom 26. Vindemiaire
7. Jahres (1778, Oktober 17).
140
also die Schule nicht in hoher BlQte stand. Den Unterricht eröffneten
gegen Ende des Jahres 1776 P. Camillus Worringer und P. Jacobonus
Leonardi, und zur Zeit der Aufhebung wirkten dort P. Synesius
Busch, P. Hyazinth Rüssel und P. Apronianus Ferber.
Predigten hielten sie jeden Sonn- und Feiertag aufser in der
Klosterkirche auch in der unten im Dorfe gelegenen jetzt fast
gänzlich verschwundenen Pfarrkirche, und von 1788 ab waren es
regelmäfsig Professoren, die dieses Amt versahen. Auch hier wurden
sie bald die Freunde der breiten Schichten des Volkes, und wenn
sie auch nur kurz hier gewirkt haben, so haben sie doch nicht
vergebens gewirkt.
141
Kleine BeiMge.
6ln unbekannter Speterer Druck.
Pon Dr. Otto Giemen, Zwickau f. S.
ZvL der 2. Hälfte der Abhandlung von F. W. E. Roth: ^ Geschichte
und Bibliographie der Druckereien zu Speier im XV. und XVI. Jahrhundert*"
im XIX. Band S. 1 ff. dieser Zeitschrift sei ein kleiner Nachtrag gestattet.
Von der «Auslegung Magistri Johannis Virdung von Hafsfurt", Speier,
Jacob Schmidt 1514, von der Roth S. 66 nach dem Exemplar der Münchener
Hof- und Staatsbibliothek eine Beschreibung gibt, besitzt auch die Zwickauer
Ratsschulbibliothek ein Exemplar (Sign.: VIII. VII. 8ii). In dieses ist nun
aber ein unbekannter aus derselben Presse stammender Einblattdruck in
Folio eingeheftet, der Roth unbekannt geblieben ist. Der Text lautet:
Interptatio Magistri johanis Virdungi Hafs« | fnrdensis Mathimatici.
pro illustrissimo principe et domio. dno Ludowico. Comite | Palatino Rheni
tc. Principeque electore de Iridibus visis circa Lunam in RotwjU | Anno.
M. ccccc. xiuj. [!] Vndecima die lannarij. [!| post meridiem. hora octaua.
Darunter befindet sich ein Holzschnitt, der den Vollmond als Men-
schenantlitz mit drei Regenbogenfragmenten oben, links, rechts darstellt,
und darunter wieder folgender Text:
Tres Irides circa Lunam in Rottwyll vise neminem in admirationem
ducere debeant nee estimari, quod sit res admiranda et inaudita. nam
Aristotelici et omnes naturalium rerum exploratores tradidere, quod, sicuti
vel per reflexionem radiorum in nubes aquosas, roridas, grossas, connexas
equalium partium et dyaphonas, vnum [!], duas aut tres ad maximum circa
se quandoque generat Irides, sie simili modo luna tres Irides causare potest,
tum precipue, cum plenum erit eins lumen et cum visa fuerit aut in
meridie aut in occidente aut in Oriente, in quo ipsa tunc in yisione iridum
erat. Sed quod hec et consimiles visiones vulgum in admirationem et
stuporem ducunt, ob raritatem eorum [!] prouenit et quod vt in plurimum noc-
tumis temporibus apparent et ob hominum somnolentiam non videntur, et-
si hec visio pure naturalis sit et a multis philosophis et a me prius yisa.
Attamen semper aliquid indicat futurum. Ptholomeus namque tercio libro
sui quadripartiti capitulo vltimo dicit: Si arcus Iridis apparuerit tempore
Sereno, hiemalem demonstrabit a6rem, camque in temporibus hiemalis aSris
formabitur, serenum nunciabit. Dicunt et alij astrorum periti: cum Iris
apparuerit tempore sereno hiHmali, fortiter serenitatem augmentabit, et si
circa orientem prosilict, aerem serenat. Si vero in occidente, pluere leuiter
facit. In meridie autem si exorta fuerit^ abundantiam aquorum adducet.
Nunc, cum hec visio Iridum visa est orientem versus et hiemali et sereno
tempore, nuUi dubium, quin frigiditas et serenitas lanuarij, que tunc viguit,
142
per hanc visionem prolongata sit. timciidum tarnen erit ipsam multivS in
locis mag^as yndationes presagire aquarum. et tantum de hac visione.
Wir sehen, es handelt sich um ein ähnliches Gutachten des be-
rühmten Astronomen Johann Vir düng von Hafsfurt *) Über eine merk-
würdige Naturerscheinung, wie es in der Auslegung vorliegt. Hat er dort
„die wunderbarlichen Zeichen" gedeutet, „die da gesehen worden sind bei
dem Mond auf dem Schlofs Hohenurach im Württemberger Land im 1514.
Jahre am Dienstag nach Erhardi (10. Januar) früh um 3 Uhr'*, so hier
einen dreifachen Mondregenbogen, den man in Rottweil einen Tag darauf,
am 11. Januar abends 8 Uhr, beobachtet hat. Beachtenswert ist, dafs
Virdung die Erscheinung ganz wissenschaftlich - nüchtern aufgefafst hat
und nur als Wetterprophezeiung gelten läfst.
Anhangsweise darf ich noch auf zwei gleichfalls Roth unbekannt
gebliebene Drucke aus der Presse Jacob Fabris (Roth a. a. 0. S. 60 ff.)
hinweisen, die zum Neudrucke in den von mir herausgegebenen „Flugschriften
aus den ersten Jahren der Reformation*" (Halle, Rudolf Haupt) in Aus-
sicht genommen sind:
Ein vast schöner Dyalo» | gus od' gesprech Büchlein, eines dorff 1
Bawem von Dudenhoffen, vn eines | stiftt Glöckners zu Speier, mitt
eynander re^ | dende (vast wol mit der geschrifft gegründet) | Gar nütz,
schoen und lustig eynem iedn | Christen menschen zu lessen. | -^^ | Da-
runter zwei Figuren in Holzschnitt, überschrieben: Bauer. Glöckner.
Darunter: Dauid Propheta. Psalm. CXX. | Auxilium meum a domino. |
Christianus. | A Papa nullo modo. | 18 ff. 4®. Angeführt bei Weller,
Repertorium typographicum, Nr. 2030, der jedoch den Druck nur aus dem
„Catalogüe dune coUection pr^cieuse*" (von Kuppitsch) Nr. 5706 kennt. Ex. :
Kgl. Bibliothek zu Berlin.
Und:
Gesprech büchlein, von eynem Bawem, Be« | lial, Erasrao Roterdam,
und doctor Jo« | han Fabri, . . . = Weller Nr. 2092 und Goedeke,
Grundrifs 11^ S. 271, Nr. 42. Aufser den dort genannten Fundorten auch
in Zwickau (2 Ex.).
Die Porzellanfabriken des ßerzogtums ZweibrQcken.
» f
Neben der sich eines Weltrufes erfreuenden Porzellan -Fabrik in
Frankenthal bestanden auf heutigem pfälzischen Boden keramische
Betriebe auch im Herzogtum Zw ei brücken. Über sie fehlten allerdings
bisher genauere Nachrichten vollständig, da Akten, welche über sie Aus-
kunft hätten geben können, nirgends gefunden werden konnten. Mit Recht
durfte daher noch vor kurzem Professor Stieda, der Geschichtsschreiber der
^keramischen Industrie in Bayern während des 18. Jahrhunderts** ^) sagen:
1) Über ihn vgl. den Artikrl von Crünther in tkr Allgemeinen Deutschen
Biographie 40, 9 f.
2) Wilhelm Stieda, die k-iaiiiisch»' In.histrii* in liayeni während des 18.
Jahrhunderts. Abhandlungen der philo!, bist. Klasse der k. sächs. Gcsollsch. der
Wissenschaften. Bd. 24, IV. Leipzig 190Ö.
143
^Die Geschichte der Porzellan- und Fayencefabrik in Zweibrücken scheint
sich nicht mehr aufhellen zu lassen. Vereinzelte Nachrichten, die von ihr
Kunde geben, sind erhalten. Das Kreisarchiv der Pfalz in Speier versagt
jedoch vollkommen, und andere Stätten, die Akten oder sonstige über das
Etablissement Aufschlufs. gebende Papiere bergen, sind bis jetzt 'nicht
nachgewiesen. "" In der Tat konnte im Kreisarchive Speier, als seiner Zeit
Professor Stieda sich dahin wandte, nichts als ein unbedeutender Akt,
der einiges Licht über eine 1 784 in B u|b e n h a u s e n bei Zweibrücken errichtete,
später auf den Kirschbacher Hof) verlegte Porzellanfabrik verbreitete,
ermittelt werden. Dieses Fehlen ausführlicher Akten über die zweifellos
längere Zeit in Tätigkeit gewesenen Betriebe war geradezu* rätselhaft.
Eine Vermutung, dafs die Akten am Ende des 18. Jahrhunderts mit anderen
Zweibrücken'schen Archivalien über Mannheim nach^ München geflüchtet
worden seien und dort im Geheimen Staatsarchiv verwahrt würden, erwies
sich als irrig. Sie mufsten daher als verloren gelten. Eine Möglichkeit
war jedoch noch da: die Akten konnten unter andere, bei denen sie nicht
gesucht werden konnten, geraten und so für die Benützung unzugänglich
geworden sein. Für einen kurzen, aber immerhin bedeutungsvollen Zeit-
raum in der Geschichte dieser Porzellan fabriken ist dies denn auch tat-
sächlich der Fall gewesen.
Vor wenigen Tagen fiel mir bei der Durchsicht einer Zwe>brücker
Kammerrechnung ^) ein Eintrag auf, wonach ^Herr |Hofrat Stahl zum
Behufe der Porcellaine Fabric vor die Monate Februario, März und April
(1768) ä 350 fl. = 1050 fl. empfing**. Oflfenbar handelte es sich hier um
eine mit herzoglicher Unterstützung betriebene Fabrik. Ahnliche Nach-
richten waren allerdings auch bisher da und dort gefunden'worden. Zum
ersten Male aber wurde in Verbindung mit dem Werke der Namen eines
Zweibrückischen Beamten genannt. Damit war ein Anhaltungspunkt für
weitere Nachforschungen gegeben. Ich suchte nun zunächst festzustellen,
wer dieser Hofrat Stahl war. Und dabei kam ich denn zu ganz über-
raschenden Resultaten, die geeignet sind, das Dunkel, das bisher über diesen
industriellen Unternehmungen im Herzogtum Zweibrücken lag, [in etwas
zu zerstreuen, und uns die Hofinung gibt, dafs auch das, was auch jetzt
noch unklar, sich mit der Zeit noch aufhellen werde. Nur in Kürze will
ich hier berichten, was ich gefunden habe, indem ich es einer fachmän-
nischen Feder überlasse, im Einzelnen den Inhalt der entdeckten Akten
darzustellen.
Gegen den damals zum Oberbergdirektor vorgerückten Hofrat Stahl
wnrde im Jahre 1776 eine Untersuchung wegen „betrügerischer Verwaltung
der Bergwerke** eingeleitet. Die ziemlich umfangreichen Untersuchungs-
akten '*) enthalten nun auch ausführliche Darstellungen über seine Tätigkeit
1) stieda a. ii. 0. 118ft.
2) Kreisarclüv Si-eiev, Zwribi. Kkiiiuh r < lIhiuiij; de 1768 pag. 2G0f.
3) Krcisaichiv Speier, Z\V(?il.i-. Ill fasc 2()0 I-III, «lie gchcimo Rat Stahlische
Untersuchungs- und Prozefs-Sachrn betr. 1774-1791. Unter diesem Betreffe sind die
Akten im Repertorium vorgetragen. Dass in ihnen die „Acta von der Porcellaine-
Fabric" enthalten seien, konnte natürlich nicht vermutet werden.
144
als Direktor der Porzellanfabrik in Qutenbrunnen, über deren Ent-
stehung, ihre Arbeitsleistung und Erfolge.
Joseph Michael Stahl hatte, als er nach Zweibrücken kam, bereits
ein bewegtes Leben hinter sich. Er stammte aus Steinheim in Oberhessen
— nach Aussage seines Sekretärs Günther aus „Ober Steinheim, einem
zwischen Meyntz und Frankfurt a. M. gelegenen Ort" — , hatte Medizin
studiert und an verschiedenen Plätzen in Westfalen, später in Zell am Hanners-
bach, Offenburg, Lebacb, Mertzig bei Trier und schliefslich in Kim seinem
Berufe als Arzt, offenbar überall mit geringem Erfolge, gelebt. Auf nicht
näher bekannte Weise war er mit dem Zweibrücken'schen Münz-Waradein
Feustel in Beziehung getreten, der sich am Hofe in Zweibrücken mit
alchymistischen Versuchen abgab. Durch diesen wurde er veranlafst nach
Zweibrücken zu kommen. Hier erwarb er sich rasch die Gunst des Herzogs
Christian, der seinen Versicherungen, mit arkanistischen Künsten die
herzogliche Kasse mit Gold zu füllen, wie es scheint, leicht Glauben
schenkte. Die zahlreichen von ihm entworfenen Projekte, die alle eine
hohe Rente abwerfen sollten, wurden ausnahmslos vom Herzoge gutgeheifsen.
Trotzdem eines nach dem andern fehlschlug und obgleich die herzogliche
Rentkammer, die in ihren Kassen die Tätigkeit Stahls ganz empfindlich
verspürte, wiederholt dagegen protestierte, stellte ihm Christian IV. immer
wieder Geldmittel zur Verfügung. So auch im Jahre 1767, als er mit dem
Plane hervortrat, eine Porzellanfabrik zu errichten. Mit Entschliefsung
vom 19. März 1767 überliefs ihm der Herzog zur Ausführung dieses Ge-
dankens die Gebäulichkeiten seines Schlöfschens in Gutenbrunnen und sofort
begann unter Leitung Stahls und Feustels die Fabrikation von Porzellan.
Die nötige Erde wurde aus dem Amte Nohfelden, teilweise auch aus
Dürkheim bezogen. Als technische Stütze war der in den Jahren 1762 — 66
in der Höchster Porzellan fabrik beschäftigt gewesene Modelleur Lorenz
Russinger gewonnen worden,^) der einen monatlichen Gehalt von 40 fl.
bezog. Der Betrieb sollte mit 300% rentieren. So wenigstens versprach
es Stahl. Tatsächlich kam es ganz anders. Die aus herzoglicher Kasse
geflossenen Gelder für Bau und Unterhaltung des Etablissements waren
bis zum Jahre 1770 bereits auf 18000 Gulden angewachsen, zu denen in
den nächsten 4 Jahren nochmals rund 10000 Gulden kamen. Der Erlös für
die erzeugten Waren dagegen war aufserordentlich gering. Die in den
wiedergefundenen Akten enthaltenen Rechnungen geben ein ganz klägliches
Bild von dem Umsätze. Es wurden daiTiach im Monate für nicht mehr
als 5—10 Gulden Waren abgesetzt. Lange konnte das natürlich auch die
herzogliche Kasse nicht aushalten. Schon im Jahre 1768 war ein Kontroleur
nach dem Gutenbrunnen geschickt worden. Allein seine Tätigkeit, die ihm
in einer Instruktion genau vorgezeichnet war, wurde durch Stahl, dem pie
offenbar unbequem war, dadurch unterbunden, dafs er ihm einfach den
Zutritt zur Fabrik untersagte, und ihn sogar, als das nichts half, in Haft
nehmen liefs. Doch die Fabrik konnte sich nicht halten. Sie scheint mit
dem Ende des Jahres 1774 ihren Betrieb eingestellt zu haben.
1) st ieda a. a. (), S. 118.
145
Der Vorrat an Waren, die teils in Zweibrücken, wohin inzwischen
die Fabrik verlegt worden war, teils in den Niederlagen in Annweiler,
Meisenheim, Frankfurt a. M. etc. lagerten, wurde damals auf ca. 5000 Gulden
geschätzt, kann also kein sehr grofser gewesen sein. Das mag wohl damit
zusammenhängen, dafs die Fabrik nach dem Ausscheiden Rnssingers —
üerbst 1768 — , nachdem damit eine sachkundige, fachmännische Leitung
weggefallen war, entschieden mit Mifsgeschick arbeitete : die Mehrzahl der
Brände mifslang. Dies trug zu endlicher Einstellung der Arbeit mindestens
ebensoviel bei, wie die heillose finanzielle Wirtschaft Stahls, die schliefslich
zu der allerdings wohl auch von persönlichen Neidern veranlafsten Unter-
suchung gegen ihn führte.
Verzeichnisse der gefertigten Waren — meistens weifse Geschirre,
neben denen allerdings auch bemalte Service und Gruppen, wenn auch in
geringerer Anzahl, hergestellt wurden, — sind erhalten. Auch die Art und
Weise ihrer Fabrikation, also das Arkanum selbst, ist genau beschrieben,
die Anlage der Öfen auch in Zeichnungen dargestellt — kurz, die Akten
enthalten interessante Details genug, zumal eine ausgedehnte Korrespondenz
Stahls in ihnen verwahrt wird. Nur darüber, welcher Marke sich die
Fabrik bediente, konnte bisher nichts Bestimmtes gefunden werden. Immerhin
verdienen die hier und wohl auch in Zweibrücken'schen Rechnungen zer-
streuten Nachrichten gesammelt und veröffentlicht zu werden. M.
Der gegenwärtige Stand der Pfflher Geschiditsforsdiung. ^)
Pon Dr. Hlbert Becker.
Wie eine Säkularerinnerung eigener Art mutet es an, wenn man
heute allüberall in deutschen Landen den Sinn für Heimat und Volkstum
zu jugendlicher Kraft und Frische geweckt sieht. So wie heute vor
hundert Jahren zur Zeit von Deutschlands „tiefer Erniedrigung*" die
erwachende Sehnsucht nach der deutschen Vergangenheit sich aus uner-
quicklicher Gegenwart zurück in die Vorzeit flüchtete, so sehen wir heute
wieder mehr denn je die Deutschen in Nord und Süd mit liebevollem
Verständnis in ihre Geschichte sich versenken und aus ihres Lebens Ur-
quell, dem Volkstum, mit kräftigen Zügen neues Leben schöpfen.
Man fragt sich nach der Ursache dieser eigenen Erscheinung. Ist
sie in dem stolzen Gefühl des Deutschen begründet, der im neugeeinten
und gefestigten Keich nach vielen Jahren des Friedens mit Genugtuung
sich der Geschichte seines nun geachteten Namens, seiner Kultur und
Kunst, seiner Sitte und Volksart bewufst wird? Oder ist es ein Zeichen
der Überkultur, wie die Schwarzseher wollen, die der niedergehenden Zeit
1) Die folgenden Ausführungen waren Gegenstand eines Vortrages in der am
8. Dezbr. 1906 in Neustadt a. H. abgehaltenen Hauptversammlung des „Literarischen
Vereines der Pfalz". Da dessen Organ, das „Pfälzische Museum", den Vortrag seines
Umfanges wegen nicht aufnehmen konnte, komme ich einem Ersuchen des „Litera-
rischen Vereines" ihn in den „Mitteilungen" zu veröffentlichen, gerne nach. Die volle
Verantwortung trägt selbstverständich allein der Verfasser. Die Sohriftleitung.
10
140
den verjüngenden Born des lebendigen Volkstums erschliefst? Oder ist
es vielleicht eine Reaktion des Gemüts, das nach und neben dem Siegeszug
der Intelligenz, nach den Triumphen der Naturwissenschaft und Technik
sich lebhafter regen und betätigen mufs, wenn es nicht verkümmern soll?
Oder kommt es von dem Bestreben der Einsichtigen in einer nach Gebart,
Rang und Beruf sich immer mehr zerklüftenden Gesellschaft die auseinander-
geratenen Schichten unseres Volkes in der allen eigenen Vergangenheit
wieder zu einen? Mag dem sein, wie es will: man mufs es als eine
Eigentümlichkeit unserer schnellebigen Zeit bezeichnen, dafs sie im Schofse
der Vergangenheit sich wohl fühlt, dafs sie doi-t Ruhe und Erholung sucht
und findet.
Wer unter diesen Gesichtspunkten heute das geistige Streben unseres
Pfälzerlandes betrachtet, der bemerkt zu seiner lebhaften Freude auch
hier allüberall fnsch pulsierendes Leben.
Geschichtliche Lokalvereine in Dürkheim, Frankenthal,
Grün Stadt, Landau, Zweib rücken (die Mediomatriker) n. a. Orten
nähren in enger oder weiter gezogenen Grenzen den geschichtlichen Sinn
und fördern die Kunde ihrer Gegend durch die Gründung von Orts-
museen und periodische Veröffentlichungen. Daneben besteht der
an achtzig Jahre alte Historische Verein der Pfalz (gegr. 1827),
der seinen Wirkungskreis über die ganze Provinz erstreckt und in seinen
umfangreichen Sammlungen des Kreismuseums zu Speier^) sowie
seinen literarischen Veröffentlichungen möglichst gleichmäfsig alle histo-
rischen Interessen der pfälzischen Erde, ihre Literatur und Kunst, Geschieht«
und Volkskunde berücksichtigt. Es wäre unrecht in jenen lokal enger be-
grenzten Vereinen etwa Rivalen dieses Historischen Gesamtvereins zu
erblicken; man kann es im Gegenteil gewifs nur begrüfsen, wenn auf
beschränkterem Gebiete die an sich gleichen Interessen nachdrücklicher
vertreten sind und durch liebevollere Hingabe an das .Besondere so auch
der Allgemeinheit gedient wird. Freilich sollten jene Vereine sich ihres
lokalen Charakters stets bewufst bleiben und auch in ihren Sammlungen
nur die Ziele eines Ortsniuseums verfolgen.
Unter den treibenden Momenten der Gegenwart sind neben dem
Interesse an der Kunst zunächst zu nennen die sozialen Fragen, unter
anderen die über die Teilnahme aller, auch der niederen Klassen unserer
Bevölkerung am allgemeinen geistigen Gut, am befreienden Wissen wie
am Genufs des Schönen in der Kunst. In diesem Zusammenhang bilden
unsere öffentlichen Sammlungen, unsere Museen, die grofsen wie die kleinen,
ein ungemein förderliches Element. Seit dem die Museen aufgehört haben
(wie im 17. und 18. .Jahrhundert) ausschliefslich Privatbesitz zu sein, seit-
dem die Museen von Kunstkammern und Raritätenkabinetten zu öffentlichen
Instituten geworden sind, seitdem haben sie mehr und mehr Anspruch
darauf das Interesse der Allgemeinheit auf sich zu lenken, als Heimstätten
für alles, was die Natur, die menschliche Tätigkeit, die Kunst vergangener
1; Vgl. (Regier Uli gsrat 0. Beitholdj Denkschrift über die Notwendigkeit
eines Huseums-Nenbaues f. d. bist. Sammlung d. Pfalz. Speier 1809
147
Zeiten oder der Gegenwart Lehrreiches und Anziehendes hervorgebracht
hat. Unzweifelhafte Ansprüche auf ein Museum hat nun freilich zunächst
die Wissenschaft; findet sie doch in den Museen vereinigt seltenes, ver-
lässiges Material an Naturobjekten oder Erzeugnissen menschlicher Tätigkeit
und Kunst. Allein höheren Gewinn dürfen wir uns (auch von unseren
reichen Sammlungen der Pfalz) versprechen, wenn sie nicht blofs Bildungs-
mittel sein wollten, sondern auch ein Genufsmittel im höheren, geistigen
Sinne, geeignet Freude an den Formen und dem Leben in der Natur
und an der Schönheit menschlicher Kunsterzeugnisse zu wecken, zu ge-
schichtlichem Sinn zu führen, zu dankbarer Pietät gegen die Altvordern
und was sie geschaffen.^)
Unsere Museen müssen dazu befUhigt werden die weiten Kreise
unseres Volkes anzuziehen. Natur, Kunst und Geschichte müssen unserem
Volke als die unerschöpflichen Bildungsquellen erschlossen werden ; so wie
dem Arbeiter, der in Stadt und Fabrik fast vergessen oder nie erfahren
hat, was Natur ist, erst die Liebe zur Natur wieder erweckt werden mufs,
so mufs in weiten Kreisen unserer städtischen Bevölkerung, der das heimische
Volkstum fremd oder zur Karikatur geworden ist, der geschichtliche Sinn
in der Beziehung und Beschränkung auf das Heimatliche erweckt werden.
Es mufs, wenn eine Besserung erzielt werden soll, das heimatliche Volks-
tum, seine Aufserungen in Vergangenheit und Gegenwart künftig mehr
als bisher berücksichtigt werden. Unsere historischen Museen müssen nicht
zuletzt auch kulturhistorische Museen werden. Wohl kenne ich die
alte Klage von der Sprödigkeit der Pfälzer gegenüber geistigen, nicht -
materiellen Bestrebungen und vielleicht ist es Ihnen noch nicht allen
bekannt, dafs kein geringerer als Friedrich Schiller uns zugerufen:
Euch Pfälzem klebt der Rebmost die Finger zusammen!
Allein trotzdem verspreche ich mir Erfolg, wenn in unserem künftigen
Provinzialmuseum die K ulturgeschichte, die Heimatkultur, die pfälzische
Volkskunde mehr als bisher gepflegt werden, wenn unser künftiges stolzes
Museum nicht in erster Linie ein wissenschaftliches historisches Institut
sein will, sondern auch ein volkstümliches Heimatmuseum.
Und dahin mitzuwirken, das erscheint uns als vorzüglichste Aufgabe
der Ortsmuseen. Freilich sind die Beziehungen der zentralen zu den
lokalen Museen ein noch zu wenig geklärtes Gebiet, über dessen Schwierig-
keiten erst reichere Erfahrung zu w^ünschenswerter Erkenntnis führen kann.
Das jedoch läfst sich schon heute sagen: so begrüfsenswert auch das Streben
ist durch lokale Sammlungen und Ortsmuseen mit lokaler Färbung dem
Spezialforscher wie dem allgemeinen Publikum seine engste Heimat in-
teressant zu gestalten, so sehr mufs doch wieder, wie mir scheint, gewarnt
werden vor einer zu grofsen Zersplittening. Wenn es Aufgabe unseres
Pfälzer Kreismuseums sein wird ein möglichst lückenloses Bild Über
die geschichtliche Entwicklung der Pfalz im ganzen und der verschiedenen
1) Vgl. zu diesen Aavfahruiigen Geheimrat E. Wagner, Über Museen und
über die Orofsh. Staatssammlungen fUr Alteitums- und Völkerkunde in Karlsruhe,
Karlsruhe 1906.
10*
148
Teile für sich und in ihrer Beziehung zu einander zu geben, so mufs den
lokalen Sammlungen dieselbe Aufgabe zufallen, doch nur für den
engeren Bereich der Stadt, des Ortes und des etwa umgrenzenden Land-
gebietes. Die Zentralsammlung in Speier könnte etwa mehr als Kachweis-
zentralpunkt dienen, an den jeweils die Verzeichnisse der lokalen Sammlungen
zur Orientierung abzugeben wären. Das Provinzialmuseum soUte den kleineren
Museen eine Zentrale werden, die durch das eigene gute Beispiel, durch
Auskunft aller Art, so z. B. über Bedeutung und Wert der Gegenstände,
über deren richtige Konservierungsweise den Ortsmuseen an die Hand
gehen kann. Das Provinzialmuseum sollte imstande sein mit sachverständiger
Erfahrung und seinen technischen Kenntnissen überall helfend einzutreten.
Hoffen wir, dafs unser künftiges Museum der Pfalz das werde, was es
sein mufs um diese Aufgaben zu erfüllen. Möge bald die Zeit kommen,
wo der Landrat der Pfalz das nicht erst zu schaffende, sondern bereits
vorhandene, reichhaltige pfälzische Provinzialmuseum (nach Überwindung
etwa entgegenstehender besitzrechtlicher Schw^ierigkeiten) formell als K r ei s -
an st alt anerkennt und gleich anderen Kreisanstalten entsprechend dotiert.
Möge dieser Wunsch, den der verewigte Konservator Prof. Dr. Harster
vor zwei Jahrzehnten schon einmal geäufsert *), noch vor Vollendung des
neuen pi^chtigen Museums in Erfüllung gehen!
Dann wtLrde an der Hand der reichen Sammlungen, die immer mehr
zu einer lückenlosen Verkörperung der pfälzischen Kultur sich entwickeln
mögen, der Spezialforscher leicht Rat und Aufschlufs in Fragen seiner
Sondergeschichte finden, zumal wenn eigene Arbeitsraume ihm im neuen
Museum das Studium an Ort und Stelle erleichtem. Dann werden wohl
bald die Stadt- und Ortsmuseen erkennen, welche Stützen ihnen das Pfälzer
Provinzialmuseum zu bieten vermag, und Sammlungen wie Veröffentlich-
ungen der neuen pfälzischen Zentrale werden für ihre Arbeit Richtschnur
und Vorbild sein können. Hoffen wir, dafs unser künftiges Provinzialmuseum
das wird, was ein modernes Museum sein soll, eine Lehranstalt
ersten Ranges.
Wenn wir vom heutigen Stand der Pfälzer Geschichtsforschung
reden wollen, so mufste wohl in erster Linie über den Historischen Verein,
die Pfälzer geschichtlichen Lokalvereine und deren Beziehungen zum Ge-
samtvereine die Rede sein.
Doch die Pflege geschichtlicher Interessen in der Pfalz beschränkt
sich nicht auf die geschichtlichen Vereine.
Ein jugendlicher Mitarbeiter ist dem Historischen Verein der Pfalz
erst jüngst in dem frisch und planmäfsig wirkenden Pfälzerwald verein
erstanden, der neben seinen touristischen und naturwissenschaftlichen
Zwecken auch die Pflege der mit dem PfUlzerwald so innig verknüpften
geschichtlichen Erinnerungen, die Heimatkultur, auf sein Programm ge-
schrieben hat. Reebnet man weiter hieher den schon vor mehr als 60
Jahren gegründeten naturwissenschaftlichen Verein Pollich ia, der in
einer anthropologischen Sektion auch Vorgeschichte treibt, gedenkt man
l) MHVPfalz XU 11884), S. 85.
149
ferner der auch auf die Erhaltung alterttinilicher Reize gferichteten Tätigkeit
des F'fälzer Verschönerungsvereins und der vielen lokalen Ver-
schönerungsvereine, dann auch nicht zuletzt der von der Staatsbehörde
unterstützten Bestrebungen des Denkmalschutzes und der Natur-
pflege, so sieht man, welch reges Leben auf dem Gebiete der Heimat-
forschung, der Geschichte im weiten Sinn bei uns pulsiert. Und man
darf hoffen, dafs alle diese zahlreichen Bestrebungen, die doch nur einer
einzigen schönen und grofsen Idee sich dienstbar erweisen wollen, inner-
halb der durch den Zweck and die ursprünglichen Ziele eines jeden Vereins
gebotenen Grenzen, ohne kleinliches Rivalisieren und ohne alle selbst-
süchtigen Beweggründe zu einem für unsere gesamte Pfalz segensreichen
Erfolg geführt werden.
Eine stattliche Reihe z. T. gut illustrieiter Zeitschriften und
Zeitungen sucht die Ergebnisse der Pfälzer geschichtlichen Arbeit in
weitere Kreise zu tragen. Das Pfälzische Museum, das im Jahre
1884 von dem Pfälzischen Schriftstellerverein, dem heutigen Literarischen
Verein der Pfalz, begiündet wurde, ist dank den Bemühungen seines
Schriftleiters Prof. F. J. Hildenbrand seit 1903 auch Organ des Histo-
rischen Vereins der Pfalz, seit Febmar 1904 auch des Pfälzischen
Kunstvereins. Dafs es das ihm gesteckte Ziel, eine Pflegestätte
heimatlicher Literatur und Kunst, Geschichte und Volkskunde zu sein,
nach besten Kräften erstrebt, mag die Zahl seiner Leser beweisen, die
sich gegenwärtig auf rund 2000 beläuft.
Den umfangreicheren Veröffentlichungen des Historischen Vereins
der Pfalz dienen die seit 184t2 erscheinenden Jahresberichte und Mit-
teilungen des Historischen Vereins der Pfalz (MHVPfalz),
mit deren Herausgabe K. Kreisarchivar Dr. A. Müller betraut ist.
Mit Bhre sei auch bei dieser Gelegenheit des Mannes gedacht, der durch
seine Mitarbeit den Veröffentlichungen des Historischen Vereins der Pfnlz
das höchste wissenschaf^iche Ansehen verschaffte, des Prof. Dr. Joh.
Kaspar Zeufs. Am 100. Geburtstage des grofsen Gelehrten (22. Juli
1906), den die Pfalz von 1839 bis 1847 in ihrer Hauptstadt sah, galt es
seiner mit Stolz sich zu erinnern und ihm am Geburtsort seiner Traditiones
possessionesque Wizenburgenses (Spirae 1842) ein besonders freudiges
Gedenken zu weihen.
Neben den lange Zeit allein dastehenden Veröffentlichungen des
Historischen Vereins der Pfalz sind im letzten .lahrzehnt eine Reihe von
lokalen Geschichtsblättern entstanden, die in mehr oder minder
volkstümlicher Weise den Sinn für die Heimat in ihren Kreisen pflegen.
Unter diesen Zeitschriften der Lokalvereine ist als älteste die von dem
damaligen Vereinssekretär, Prof. F. J. Hildenbrand, begründete, jetzt von
Joh. Kraus in Frankenthal geleitete Monatsschrift des Fran-
kenthaler Altertums-Vereins (1,4. Jahrgang 1906) zu nennen; ihr
folgten, soweit uns bekannt, 1897 die Westpfälzischen Geschichts-
blätter unter der Schriftleitung von Prof. R. Butt mann in Zwei-
brücken, Organ des Historischen Vereins der M e d i o m a t r i k e r für die
150
Westpfalz in Zweibrücken, der auch Mitteilungen erscheinen lärst,
1902 die von Pfarrer E. Müller in Sausenheim herausgegebenen
Leinin ger Geschichtsblätter, 1904 die bei A. Thieme in Kaisers-
lautern gedruckten Nordpfälzischen Geschichtsblätter sowie die
von Lehrer Ph. F au th in Landstuhl geleitete Pfälzische Heimat-
kunde, weiter das von Prof. Dr. Heeger begründete, von Gymnasiallehrer
Rheinfelder geleitete Landauer Mu8eum3.und 1905 die Pfäl-
zischen Geschichtsblätter, monatliche Beilage zur Pfälzischen
Presse.
Zur historischen periodischen Literatur gehören mit Einschränkungen
dann auch vor allem die seit 1843 erscheinenden Mitteilungen der
I^ollichia (Schriftleiter Rektor K. Roth in Dürkheim), weiter die
Palati na, belletristische Beilage zu der im 56. Jahrgang erscheinenden
Pfälzer Zeitung (Schriftleiter Dr. Eugen Jäger in Speier), die
Zeitbilder, Sonntagsbeilage zur Pfälzischen Presse, Der P falze rwald
(Schriftleiter Eugen Croissant in Zweibrücken) und eine Reihe
Beilagen zu Tagesblättem.
Mit geringer Überschreitung der politischen Grenzen seien hier endlich
rühmend genannt die von F. J. Mone im Jahre 1850 begründete, grofs
angelegte Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, eine
Heimstätte hervorragender wissenschaftlicher Leistungen, weiter die von
Prof. Dr. Fr. Walter in Mannheim geleiteten Mannheimer Ge-
schichtsblätter (1. Jahrg. 1900) und die von Prof. Dr. A. Wecker-
ling in Worms herausgegebene Monatsschrift des Altertumsvereins der
Stadt Worms Vom Rhein (1. Jahrg. 1902).
Man war vielleicht schon geneigt in dieser grofsen Zahl der Pfälzer
Geschichtsblätter und -vereine eine Gefahr der Zersplitterung leicht ver-
einbarer Kräfte zu erkennen. So gerne ich viele unserer heimatkundlichen
Schriften und Schriftchen in ein gediegenes, zielbewufstes Organ
würde zusammenschmelzen sehen, so hegt man doch jene Befürchtung zu
Unrecht, wenn, wie oben schon angedeutet, jeder Schriftleiter in den ihm
gezogenen Örtlichen und sachlichen Grenzen sich hält, dabei aber
doch nicht über seinen Sonderinteressen die des Ganzen aus dem Auge
verliert. Liegt doch für den Lokalhistoriker die Gefahr sehr nahe sich
im einzelnen zu vergessen und Interessen bei seinen Lesern vorauszusetzen,
die mit ihm vielleicht nur wenige teilen. Wer indes mit Anspruch auf
Beachtung auch über seine engste Heimat hinaus arbeiten will, der darf
neben seinen lokalen Interessen, deren (Pflege gewifs höchst verdienstvoll
ist, doch nicht vergessen, dafs man auch dem Kleinen eine grofse Seite
abgewinnen kann und soll; auch der Spezialforscher soUte nie den Zu-
sammenhang mit der allgemeinen Forschung verlieren, über das Engere
hinaus zum Weiteren seinen Blick richten und sich über das Gröfsere
orientieren, bevor er an das Kleinere herantritt. Der Stoff, den der Forscher
bearbeitet, kann und mufs räumlich und zeitlich beschränkt sein ; der Sinn
aber, in dem geforscht wird, die Gesamtauffassung soUte grofs und weit sein
und das Leben der gesamten Nation nicht aus dem Auge verlieren. Diese
J
151
Ideen lassen sich wohl verwirklichen, wo bei guter Organisation eines
Vereins eine treibende Kraft die rechten Mitarbeiter gewinnt and eine plan-
mäfsige Verteilung der Arbeit in die Wege leitet.
Etwas sei bei dieser Gelegenheit noch besonders erwähnt! Jeder,
der auf eine historische oder andere wissenschaftliche Spezialuntersuchung
Kraft, Zeit und — Geld verwendet, möchte nicht für den Tag gearbeitet
haben, sondern seine Leistung, und sei sie noch so bescheiden, in die
Bibliographie der historischen Zeitschriftenliteratur einge-
rückt sehen. Nun ist ein grofser Teil dieser Untersuchungen in den Zeit-
schriften der lokalen Geschichtsvereine, deren über 400 heute in deutscher
Sprache erscheinen, oft für immer vergraben. Schon früh hat man eingesehen,
dafs ein Wegweiser durch das in der Literatur aufgespeicherte oft höchst
wertvoUe Material unbedingt nötig ist, falls das darin Niedergelegte nicht
vollständig brach liegen soll. Abgesehen von den älteren Nachschlage-
werken von Reufs, Walther und Koner kommen heutzutage die
Jahresberichte der Geschichtswissenschaft in Betracht, in denen
neuerdings Reichsarchivsekretär H. Oberseiderin München über Bayer n
berichtet, dann die Bibliographie der deutschen Geschichte von Oskar
Mafslow u. a.
Der fühlbarste Mangel bei allen diesen Hilfsmitteln ist der, dafs
meist lediglich der Aufsatz- oder Buchtitel mitgeteilt wird ohne nähere
Orientierung über den Inhalt. Um hier für die Zukunft wenigstens Wandel
zu schaffen, müssen eine Reihe von Forderungen aufgestellt werden, die
den einzelnen geschichtlichen Arbeiter, besonders den Lokalhistoriker sowie
auch die geschichtlichen Vereine angehen und die zu befolgen schon der
literarische Takt gebieten sollte.
Gerade die Gelegenheit, bei der ich vor Ihnen zu sprechen die
Ehre habe, die Jahresversammlung des Literarischen Vereins der Pfalz,
scheint mir besonders geeignet hier diese Forderungen aufzustellen. Wenn
ich auch vielfach nichts Neues damit sage, so scheint es doch geboten an
manches Alte zu erinnern.^)
1. Jede geschichtliche Arbeit, auch die bescheidenste, mufs literarische
Nachweise der benützten Literatur und QueUen enthalten, und zwar so
genau, dafs jeder Leser daraufhin diese Literatur in einer Bibliothek be-
stellen kann; neben dem Vornamen des Verfassers ist die Jahreszahl des
Erscheinens unerläfslich. Bei Zeitschriften ist der genaue Titel und nicht
der vielfach im Verkehr gebräuchliche gekürzte anzugeben, dem betreffenden
Bande oder Jahrgang ist stets in Klammem das Jahr des Erscheinens
beizufügen.
2. Für seine Einzeluntersuchungen mufs jeder Forscher eine gewisse
Literatur durcharbeiten, sich über das Verhältnis der einzelnen Werke zu
einander und den Fortschritt der Erkenntnis selbst Klarheit verschaffen
um dann die eigene Arbeit darauf aufzubauen. Es ist auch notwendig
die ältere Literatur inhaltlich kurz zu charakterisieren. Weiter sind bei
einer Spezialuntersuchung über irgend einen Gegenstand, soweit es dem
1) Vgl. Dr. Armin Till es Deutsche Geschicbtsblätter U (19Ü0; S. 17 fl.
152
Verfasser möglich ist, nach räumlicher und zeitlicher Entfernung verwandte
Arbeiten zum Vergleiche heranzuziehen, entweder unter kurzer Bemerkung^
dafs es hier oder dort gerade so oder anders sei, oder wenigstens durch
einfaches Zitat. Nur so bietet jeder Aufsatz dem Leser die Möglichkeit
den Stoff weiter zu verfolgen und eigene Arbeiten anzuschliefsen.
3. Nach höchstens etwa zehn Bänden sollten die geschichtlichen
Vereine stets einen Register band ihrer Veröffentlichungen bearbeiten
lassen um so ein sachliches Ganzes aus den vielen einzelnen Beiträgen
herzustellen. Erst durch ein gutes Register, welches Personen, Orte und
Sachen in einer einzigen alphabetischen Reihe bieten mufs, wird eine
Zeitschrift für die näher wie femer Stehenden recht benutzbar. Den
Schriftleitern der Zeitschriften liegt es aufserdem ob bei jeder Arbeit,
die zum Abdruck gelangt, Berührungspunkte zu älteren Aufsätzen zu
suchen und darauf hinzuweisen: so wird die Zeitschrift geistig.ein Ganzes,
hört auf eine Vielheit von Teilen zu sein und das Interesse der Leser für
die ganze Reihe der Zeitschrift wird dauernd wachgehalten.
Keine Forderung zwar, aber eine recht dringende Bitte soll es sein
bei Literaturnachweisen im allgemeinen nicht zu kargen, sondern lieber
zu viel als zu wenig zu zitieren. Auf diese Weise wird schliefslich, was
dem einzelnen nicht leicht möglich ist, von vielen im Verein eher erreicht
werden, ich meine die Beischaffung der vielfach weit verstreuten Bausteine
zu einer noch zu schrei l>enden allgemeinen Pfälzer Bibliographie.
4. Jeder Verein sollte seine gröfseren Veröffentlichungen im Buch-
handel erscheinen lassen, damit sie ihrem Titel nach in die buchhändle-
rischen Kataloge gelangen und damit erat dem kaufenden Publikum wirklich
zugänglich werden. Ein Buch, das nur im Selbstverlag eines Vereines
erscheint, ist für die weitere Öffentlichkeit, namentlich nach einigen Jahren,
überhaupt ungeschrieben.
Wenn diesen scheinbar selbstverständlichen Forderungen von den
Mitarbeitern und Vereinen einigermafsen wollte entsprochen werden, so
wäre allen Beteiligten recht viel gedient. Das wichtigste bleibt aber für
neue Erscheinungen der Zeitschriftenliteratur, dafs sie in die Bibliographie
eingefühlt werden. Das ist nun heute leicht möglich, wenn die Vereine
ihre Zeitschriften sofort nach Erscheinen dem Verlage der Bibliographie
der deutschen Zeitschriftenliteratur Felix Dietrich in Leipzig, Glocken-
strafse 11, zugänglich machen wollten.
Geschieht das, so kommen Pfälzer lokalgeschichtliche Arbeiten über
den engen Interessenkreis hinaus und werden in weiteren Kreisen bekannt.
Aber auch in der Pfalz selbst sollte es - wohl in erster Linie — eine
Sammelstelle für alle, auch die kleinsten in der Pfalz gedruckten oder auf
die Pfalz bezüglichen literarischen Leistungen geben. Und dazu wäre
wohl für die Folge keine Stelle geeig^ieter als die Hibliothek des
Provinzialmuseums der Pfalz, wo man alle pfälzische Literatur
im weitesten Sinne des Wortes sollte finden können. Dies liefse sich
freilich nur erreichen, wenn alle hieher gehörigen Schriften von etwas
mehr als Tagesinteresse dem Historischen Verein der Pfalz zugeschickt
werden müfsten. Nach einer älteren Ministerialentschliefsung (K. Weber,
153
Neue Ges.- und Verordn.-Samnil. III S. 347 f.) sollen alle in der Pfalz
erschienenen Werke durch Vermittlung der K. Hof- und Staatsbibliothek
in einem Exemplar an die „Kreisbibliothek*", d. h. wohl Lyzeal-, jetzt
Qjmnasialbibliothek zu Speier eingeliefert werden. Es lag wohl in der
Absicht dieser Verordnung in Speier eine solche Sammelstelle zu schaffen
und es wäre erwünscht, wenn diese nicht überall bekannte Bestimmung
wieder zn neuem Leben erweckt würde. Im Anschlufs an das künftige
Kreismuseum wäre eine solche Sammelstelle für Pfalzliteratur wohl am
zweckmäfsigsten zu errichten. Eine derartige Zentralstelle, die freilich
nicht ohne behördlichen Schutz errichtet werden konnte, täte uns nm so
mehr not, als wir ja leider keine Universität oder auch nsir grOfsere Bibliothek
unser eigen nennen.
Zwischen die periodische Literatur der Zeitschriften un«l Mitteilungen
und die Buchwerke mtJchten wir die alljährlich im Juli erscheinenden Pro-
gramme unserer pfälzischen Gymnasien und Progymnasien einreihen. Im
Interesse unserer Mittelschulen, für welche die Heimatkunde nur in ge-
ringem Umfang Lehrgegenstand ist, erscheint es höchst begrüfsenswert.
wenn die Heimatkunde, auf der doch das Verständnis für Geographie und
Geschichte weiterer Kreise sich aufbaut, häufiger zum Gegenstand von
Programmabhandlungen und Schulschriften gemacht wird. Abgesehen von
den beiden r.lten Pfälzer Gymnasien Speier und Zweibrücken und den
jüngeren zu Landau und Kaiserslautern, Neustadt a. H. und Ludwigs-
haten a. Rh. seien hier rühmend die Progymnav<$ien Frankenthal, Pirmasens,
Dürkheim und Edenkoben mit ihren heiroatgeschichtlicben Beiträgen genannt.
Als Arbeiten des letzten Jahres seien besonders angeführt die Pro-
gramme von Rektor Pb. Kraus, Pirminius und Pirmasens (Pirmasens 1904),
und Gymnasiallehrer Dr. Th. Weifs, Pirmasens in der Franzosenzeit
(Pirmasens 1905), sowie von Gymnasialprofessor F. J. Hildenbrand,
Das neue Gymnasialgebäude zu Speyer nebst einem Rückblick auf die
Geschichte des Speyerer Gymnasiums (Speyer 1904) und Gymnasiallehrer
H. Schreibmüller, Die Landvogtei im Speiergau (Kaiserslautern 1905),
Arbeiten, die nach Anlage und Umfang z. T. über den Rahmen einer
Schulschrift hinausragen. Erwähnung verdienen auch nie vaterländischen
Schulschriften der Realanstalt am Donnersberg von Dr. Ernst Gübel.
Auch hier sei die Bitte wiederholt keine historische Arbeit ohne Register
binauszuschicken; sie hat sonst nur halben Wert.
Die kurze Erwähnung einer Reihe von Dorf- und Ortachroniken,
so z B. von Kriegsfeld (J. Hoffmann), Hördt (J. Baumann), Hinter-
weidenthal (L. H. Baum), Hafsloch (G. Wenz), welche z. T. die
Weisung der Kirchenbehörde aus den neudurohgesehenen und ergänzten
Pfarrbeschreibungen und Pfarrgedenkbüchern an mehreren Orten entstehen
liefs, mOge den Übergang bilden zu einer Aufzählung der hauptsächlichsten
grOfseren Bücher, die in den letzten Jahren zur Heimatkunde der Pfalz
erschienen. In chronologischer Folge sind dies;
1902/03 C. Kleeberger, Volkstümliches aus Fischbach in der Pfalz.
(Sammlungen des Vereins für bayerische Volkskunde und Mundart-
forschung Heft I.) Kaiserslautern, Hermann Kayser.
154
1903 A. Hecker, Wa^gaubilder. Kaiserslautern, B. Thieniesche Druckerei.
Dr. P. X. Glasflcl) rOder, Urknnden zur pfUIzisrben Kirchengre-
schichte im Mittelalter. München und Freising, Selbstverlag.
Geschichte der Siadt Ludwigfshafen a. Rh. Entstehung^ und Ent-
wicklung einer Industrie- und HandeUstadt in fünfzig Jahren
(1853—1908). Mit einem geschichtlichen Rückblick. Aus Anlafs
des öOjHhrigen Bestehens der Stadt Lndwigshafen a. Rh. herausge-
geben vom Btirgermeisteramt. Ludwigshafen, Jul. Waldkirch u. Co.
A. Schwartzen berger, Der Dom zu Speyer, das Münster der
fränkischen Kaiser. 2 Bände. Neustadt a. H., Ludwig Witter.
W. V. Vofs, Der Feldzug in der Pfalz und in Baden im Jahre 1849.
Berlin, R. Eisenschmidt.
1904 E. Bilfinger, Jühanniskreuz, eine Pflllzerwaldgeschichte. Kaisers-
lautern, E. Thieme.
E. Heuser, Die Protestation von Speier. Neustadt a. H.. Ludwig
Witter.
W. Ludowici, Stempelnamen römischer Töpfer von meinen Aus-
grabungen in Rheinzabern (Tabernae Rhenanae) 1901 — 1904.
München, Privatausgabe.
E. Müller, Grünstadt und Umgebung. Grünstadt, J. Schaffer.
A. Neubauer, Regesten des ehemaligen Benediktinerklosters Florn-
bach (MHVPfalz XXVII). Speier, Historischer Verein der Pfalz.
1905 L. Eid, Wictelsbach auf Landsburg. Kaiserslautern, E. Crusins.
E. Heuser, Neuer Pfalzführer. S.Auflage. Neustadt a. H., Ludw.
Witter.
J. Küchler, Chronik der Stadt Kaiserslautern aus den Jahren 1566
— 1798. Kaiserslautern, Selbstverlag.
W. Ludowici, Stempelbilder römischer Töpfer aus meinen Aus-
grabungen in Rheinzabern nebst dem 2. Teil der Stempelnamen
1901—1905. München, Privarausgabe.
1906 A. Becker, Ein Weihnachtsl-uch, Kaiserslautern, E. Cmsius.
F. W. Hebel, Pfälzische Sagen. 2. Aufl. Kaiserslautern, E. Crusius.
E. Müller, Die Pfalz im Jahre 1870. Grünstadt. F. G. Riedel u. Co.
H, Niedhammer, Geschichte der Stadt und Burg Wachenheim a. H.
J. Walter, Beitrüge zur Geschichte der Dörfer Minfeld und Frecken-
feld. Landau, Selbstverlag.
F. V. Apell, Der Versuch zum Entsätze Landaus und die Schlacht
am Speyerbach bei Speyer, Dudenhofen oder Heiligenstein am
15. November 1703. Marburg, N. G. Elwert.
Wir haben uns bei dieser Aufzählung auf die gröfseren Veröft'ent-
lichungen vorzugsweise gesclnchtlichen Inhal res beschränkt und verweisen
für die zahlreichen mundartlichen und anderen Werke, die in den letzten
Jahren erschienen, sowie die kleineren Publikationen auf deren Mitteilung
im Pfälzischen Museum.
Von Werken, die uns die nächste Zukunft hoffentlich bescheren
wird, seien scbliefslich genannt das monumentale Werk über die Kaiser-
166
^ber im Dom zu Speior, das die Mttnchener Akademie vorbereitet, die
von S. Oiiadr;ii Uischot'Dr. K. v. Buseb in den Mitteilungen des Historiscben
Vereins der Pfalz geplante Herausgabe des umfangreicben Nekrologium novum
Spirense, die vom Verein für bayerische Volkskunde und Mundartforschung
herauszugebende, von Prof. Dr. Heeger geleitete Sammlung der Pfälzer
Volkslieder u. a.
Rilhmlicbste Erwähnung verdient es auch, dafs die Historische Koni-
roission bei der K. ß. Akademie der Wissenschaften die pfälzische
Geschichte in ihren Veröffentlichungen gebührend berücksichtigt, wie die
auch im Pfälzischen Museum abgedruckten Berichte über ihre Tätigkeit
beweisen.
Stille Wünsche pfälzischer Forscher richten sich auf gar manche
Werke noch, die man ungern vermifst, wie ein pfalzisches Urknnden-
bnch. eine Pfälzer Bibliographie, eine Prosopographie. ein
topographisches Wörterbuch und vieles, vieles andere.
Wenn wir nicht zuletzt auch der Tätigkeit des Spatens gedenken,
so verrät die Liste der innerhalb eines Halbjahres (August bis Dezember
1906) im Kreismuseum zu Speier durch den Konservator Prof. F. J. Hilden-
brand aufgestellten Altertümer (Pmiz. Museum XXIII (1906) S. 3 f.), was
unser Pfälzer Boden noch birgt und hoffentlich fernerhin auch schenken
wird. Wir freuen uns diese frischen und die reichen alten Schätze wohl
bald im neuen Museum vereinigt zu sehen, das hochherzige Spenden der
Vollendung immer näher führen mögen! Dann mag der neuerstandene
Bau, der Hort der reichen PlUlzer Vergangenheit, vom alten Ruhm der
Heimat lautes Zeugnis geben!
Aus dem, was ich Ihnen vorzuführen mir erlaubte, werden Sie ge-
sehen haben, dafs es am bistoriscbcn Interesse, an dem Sinn für das
Altertümliche, am Eifer, mit dem man in weiten Kreisen die romantischen
Reize der Heimatkunde auf sich wirken läfst, gewifs nicht fehlt. Es ist
also nicht ganz richtig, wenn man immer wieder den Pfälzern Mangel an
historischem Sinn zum Vorwurf macht Ja im Gegenteil, vielmehr scheint
ni!r die Befürchtung begründet, es möchte die Begeisterung, wie sie gegen-
wärtig auf geschichtlichem, heimatkundlichem Gebiete bei uns herrscht, mit
der Zeit auch einmal nachlassen. Und diese Befürchtung erscheint um so
mehr begründet, als unsere geschichtlichen Bestrebungen ja im Hauptverein
wie in den lokalen Geschichtsvereinen fast durchweg von Männern vertreten
sind, die nur die von Beriifsgeschäften nicht in Anspruch genommene Zeit
diesen ihren Lieblingsueigungen widmen können; bei einer Sache, die wie
unsere geschichtlichen Forschungen fast nur von Dilettanten (wenn auch im
allerbesten Sinne) gepflegt wird, steht und fällt das Interesse des einzelnen
wie der Öffentlichkeit mit dem begeisterten Eifer, den diese verdienten
Männer an den Tag legen. Mnn braucht kein Schwarzseher zu sein um
die Befürchtung zu hegen, dai's es an solchen führenden Persönlichkeiten
auch einmal fehlen könne. Hatten wir bisher auch das Glück in unserem
Historischen Verein der Pfalz stets den rechten Mann am rechten Platze
wirken zu sehen, so erscheint es doch für die Zukunft nicht unmöglich,
156
dafs man ans Mangel an einer geeigneten Persönlichkeit auch einmal zu
einer weniger tüchtigen Dilettantenkraft werde greifen müssen. Und so
sehr man auch die Verdienste nnserer bislierigen Geschaftsleiter anerkennen
mufs, so hoch die persönliche Wärme, die lebendige Hingabe des Dilettanten
unserer Sache zugute kommt, fo sollte doch anderseits schon mic Rücksiebe
auf die Bedeutung und den Umfang der Geschäfte wie auch auf die Mög-
lichkeiten, die, wie eben angedeutet, das heutige Verhältnis zuläfst, f[lr die
Zukunft hierin ein Wandel eintreten. Auf dem Gebiete der Museumsver-
waltung mufs auch bei uns Dilettantismus durch Berufstätigkeit
ersetzt werden, wenn wir (in einer Zeit der Arbeitsteilung und Speziali-
sierung) erfolgreich konkurrieren sollen.
T^eider fehlt unserer heutigen Pfalz eine Stadt mit wissenschaftlichen
und künstlerischen Instituten, wie man sie in einem Vorort sucht. Es fehlt
uns leider der wissenschaftliche Kristallisationspunkt, wie ihn die Universität
Heidelberg, wie ihn M a n n h ewi m lür die alte Pfalz darstellten. Trotz
aller Fürsorge unserer Landesregierung sind wir durch die Trennung vom
Hauptlande eben unsern geistigen Zentren soweit entrückt, dafs man nicht
den bekannten Materialismus der Pfälzer heranzuziehen braucht um manche
Mängel zu verstehen.
Da konnte vielleicht vieles besser werden, wenn sich Wege finden
liefsen unserem Kreismuseum eine Art von amtlichem Charakter zu
geben, wenn etwa gar der Landrat der Pfalz sich bereit fände das
künftige Kreismuseum als Kreisanstalt anzuerkennen und es dazu
zu machen, was es seinem Namen nach zu sein scheint. Wenn dann unser
Museum, in der oben angedeuteten Richtung erweitert, seinen jetzigen, doch
mehr privaten Charakter verlöre und von anerkannten Beruisleitern
in steter Fühlung mit der wissenschaftlichen Forschung gleichartiger Insti-
tute erhalten würde, dann konnte vielleicht auch jener andere schon geäufserte
Wunsch in Erfüllung gehen, ich meine die Begründung einer litera-
rischen Zentrale, einer Kreisbibliothek für die Pfalz.
Wenn so an die Stelle der Freude am Altertümlichen wirklich
historische Auffa.ssung treten wollte, dann würden wohl auch wir dazu
beitragen, dafs die von der Wissenschaft gegen unsere historischen Vereine
immer wieder erhobenen Anklagen mehr und mehr verstummen.
Das erscheint mir als ein Weg, vielleicht als der einzige Weg zur
Besserung. Hoffentlich gelingt es dem Literarischen Verein der Pfalz, der
mit der Begründung des Pfälzischen Museums vor bald 25 Jahren zur
Belebung des geschichtlichen Interesses in unserem Kreise einen höchst
erfolgreichen Schritt tat, nun auch an der Erreichung dieses vornehmen
Zieles mitzuwirken, auf dafs wir mit Goethe von unseren Bestrebungen
bald sagen dürfen :
Nein, es sind nicht leere Träume,
Jetzt nur Stangen, diese Bäume
Geben einst noch Frucht und Schatten.
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Dr. Jltifott IKulTer,
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^eff 29 uitb 30.
Drud bcr 3e^net7(ft<n SJut^brudcrci.
1907.
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Stißaßö-^erjeicßmö.
Seite
1. 9{i ebner, Dr. Otto: Das 6peieter Offisialatsgetic^t im
breise^nlen 3<*^i^w"^^^* 1—107
3. Su^netfDr. 3Rax : Die innere loeltltc^e ^Regierung bes Sif(^of s
SKalt^tas Warnung oon ©peier (1464—1478) • 108—155
3. Solfert, O. Dr. (Suftoo, unb 5lennel, albert: Ü^eobor
9lei)smQnn unb {ein £obgebt(^t auf @peier • • 156—248
4. geufer, (Emil: ^fä^i^es ^orjellan bes ad^tsebnten 3a^r*
^unbcrts 249-304
-^EX3^-
N
^
^aö ^peierer ^ffijiafategeri^t
im breije^nten ^a^r^unbert-
S8on
Dr. ^tfo ^iedtiei:, ftgl ^-ei^ard^bfcfrctar in ©pcier.
Dtfijialategeric^t *) ift ha^ gciftlic^c ®erid^t be^icnigcn bifd^öf«
lid^cn ober arc^ibiafonatcn ©camtcu, bcr mit ber ?lu^übung bcr
feinem 9lufti'ag9eber änftef)enben gciftüc^en ©erid^t^barleit allgemein
betraut ift. 2)iefen Beamten nennt baö fpätere SJttttelalter öorjug^»
toeifc Dffijial: bafjer ber 9iame be§ ®eric^tg. 3)er Dffijial ift
ber erfte red^tegele^rte 93eruf^ric§ter, ber in unferem SSaterlanbe
be^ SRec^te^ märtet, feine Sitbung ift aug römifc§=itaIieni)d)=fano=
nifd^en Stecfit^quellen gefc^öpft, mit feiner Xätigfeit beginnt bie
SRejeption be^ römifc^=fanonifd^en ^rojeffe^ unb bamit bie 9?e=
jeption be^ grembred^t^ in Deutfd^Ianb : batjer bie Sebeutung beö
©eridjtö.
Öeiber ift in ber ßrforfc^ung be§ Dffijialat^ ber beutfd^en
Sii^tümer bi^ jefet taum ber 9lnfang gemad^t, fotoeit ba^ breijetinte
Sa^r^unbert in grage fommt. ßine 5Reif)e öon ®elet|rten mu§te
fic^ gemäß bem 5Raf)men, für ben il^re Grörterungen beftimmt
*) Abfüllungen: ejfournier = Foumier Paul, Les officialites en
moyen äge (1880); ©£2l. = ©cnctallanbesar^tD ; fetigarb = ßUgarb %.,
Urfunben jur ©cfd^f^tc bcr @tabt Speicr (1885); RH, - Äretsarc^ro; Ä«.
= Ropialbud^ ; Mon. Pal. = Monasticon Palatinum ed. S. A. Würdtwein
35b. 1— VI (1793—1796); Ordo = Ordo iudiciarius ^sg. üon £. 9?o(finget
in ben Quellen unb (Erörterungen jur ba^rtfc^en unb beutfc^en (5e[(^t^te $b.
IX Wyi, 2 ; <RA. = 9lel(^sar^ro ; !RemItng = 9?emltng g. 3^., Uthinbenbu^
3ur ©ef^lc^te ber ©t|(^öfe 3U Speyer SBb. I unb H (1852 unb 1853); 9lem.
Itng ©ej^t^te = 9lem«ng, ©efj^i^te ber 95i|d^öfe ju Speyer 95b. I unb II
(1852 unb 1854); ^lodfnger = 9lodtnger £., Über einen bem 3o^. ?lnbreae
5uge{(!^riebenen ordo iudiciarius (SMün^ner Difjertation) ; US. = Urfunbenbu^;
3©0. = 3eit[(l^rift für ©ej^i^te bes Oberr^eins; 3Ä91. = 3ett|(^nft für
5lit(!^enre(^t.
1
toarcn, mit einer hirjeit Jiaricgung bei* gemeiui'ec^tlic^en ©nttoid^
lung begnügen unb fonnte an^ (£nt[tel)ung unb (Sntportommcn,
SSerfaffung unb 9Serfat)rcn unter Sead^tung ijrtlicfier 3?er)c^ieben-
^citen im einjelnen nid)t eingeljenJ) ?l6er and) ?Irbeiten, bie Iebig=
lic^ beftinunte ©iötnmer in hm Maljmen bcr (Erörterung jogen,
berücffid^tigten nur bie 9Serf)äItnif)e be^ öierjef)nten unb fünfjefinteu
3a^rt)unbert^, Juenn fie nid)t l)on Dornf)erein [id^ auf bie gelegeut=
lic^e 9tngabe einiger ftct^^ n)ieberfcf)renben allgemeinen ®ebanlcn
befc^rünften.^) SSciter üorgefc^ritten ift bie g^orfd^ung in granf*
nid), ba I)ier ba^ iöudj Don ^^ßaul 55*^^^^'"^^^ vLes officialites au
moyen äge. Etüde sur l'organisation, la competence et la
procedure des tribunaux ecclesiastiques ordinaires en France,
de 1180 ä 1328" fc^on feit bem 3al}re 1880 Vorliegt. 2)ie über=
fic^tlic^ gegtieberte unb forgfältig abgerunbete 2lrbeit f)at nur bcn
einen %ti)kx, ha^ fie ju früf) gefc^rieben tuurbe, b. i). ju einer
3eit, wo bie unbebingt nötigen ^Vorarbeiten noc^ nic^t vorlagen.
S)aÄ jeigt fidj befonber^ bei ber ^et)anblung bes öieridjt^Derfafiren^ :
i^onrnier fdjält nid)t müt)fam au^ ben Urtunben unb ben nad)^
toei^Iid) bie Mid^tfd^nur bilbenben ^rojcßorbnungen für jebe^ eiu^
jelne öi^tum ben JRedjt^gang Ijerau^, fonöern nimmt fur5erl)ttub
eine 3Jeif)e öon jeitgenöffifc^en 'ißroseßbarfteffungen^) ^er, um au§
') So Se^lfng in Sauds «Rcolcns^flopäbic 'XIV (1904) 349 unb -Äreuö»
malt in SBeöcr unb SBeltcs ftirc^enlciilon «IX (1895) 781 unter bem Süd)'
mort Offisial, bann bie 5lir(^enre<^tsbar|tcIIungen uon ^^illips, Sin[(^ius,
gfiiebberg unb Sagm&Uer ; au<^ 8(i)neiber, bie bifc^öflic^en t)omfaptteI (1885).
^) Ott (S., Beiträge 5ur ^e3cpltons«®e|(^t^te bes römijd^'fanonift^en
^rojcfjcs in bcn bö^mii^en £änbcrn (1879; 84; St^uUc im Strafeburgcr US.
III (1884) S. XVII ; 9?ciningcr, bie ^rd)ibia!onc, Offijialc unb ©eneraloifarc
bcs JBistums SQBürjburg (^td^lv bcs Sijt. SJcrcins oon Untcrfronfcn XXVlll
[1885]); 5Ibcrt 3. Sr-, Die SBa^Ifapitulalionen bcr 3Bür5burgcr »ifd&öfc
(cbcnba XL [1904]) 27; Sradmann %, Urlunblic^e ©cfd^ic^te bes Salber*
ftäbtcr t)om!apitcl5 im SWittcIaUcr (3cit[(ftr. bes öariocreins XXXII [1899])
141; 93art^ %., t)as bi|(^öflid)e Scamlcntum im aWittcIaUer, öorne^mll^ in
ben Diö3c|cn Salbcr|tabt, gilbcs^cim, SRagbcburg unb 9Mcr[eburg (ebcnba
XXXIII [1900]) 395 u..a. m.
^) IRad^ [einer Eingabe auf 6. 132 ocrrocrtct er Durantis, Pilius, Tan-
cred, Graiia, Bonaguida, bcn Don 9?odingcr ^crausgcgcbcncn ordo, bann
Öoiticnjis unb Snnocenj IV. 9Barum er bicfc ^lustual^I trifft, fagt er ni^t.
Unb hod) roären ]ä)on l 3- 1880 nod) mc^r einfc^Iägige 2BerIc befannt gc«
wefen, 3. 93. bie ordines iudiciarü, bic Don 2Bittc (1853), Äunjtmann (1855,
5lriti}(^c Übcrfc^au bcr ©ejeftgebung II 17), ©rofe (1870) unb oon Schutte
(1872, Siöungsberic^tc bcr 2Bicncr ^fabemic I-XX 285) herausgegeben tourben,
i^nen einen lücfenlofen Sau jn äimniern. SBae er auf biefe 3Bcife
juftanbe bringt, ift tDoi)l aik^ anbere e^er at^ ein getreue^ 316=
bilb beffen, toaö an beftiinmtem Drt unb ju beftimmter 3^'^ aiv
toirflic^e^, lebenbige^ Siecht gelten tonnte. 9Ber lej^tere^ erfennen
mill, ift äuntic^ft auf ben SBeg ber urfunblic^ *) geftü^ten @injel=
unterfucl)ung ju Uertüeifen.
I)en ?tnfang tnac^e ic^ mit Dorliegenber 91rbeit. Sie njurf)^^
mir gleirf)fam üon felbft a\\^ ber Öefc^tiftigung mit 5tüei bem fünf=
3el)nten 5al)rf)unbert entftammenben JRef ormationen , b. i). tier*
befferten Werii^ttforbnungen bee Speierer geiftlii^en ©erid^te^) f)er==
am, al6 ic^ mid^ junac^ft einmal mit ber @efcf|ic^te meinet neuen
amtlichen 3Birfung^freife^? näl)er t^ertraut machen toollte. 3)ieine
^Ibfic^t bei il)rer 9I6faffung ioar, nirf)t nur einen brauchbaren 'ißaiu
ftein jnr Wefc^icf)te be^^ geiftlic^en öJeridjtemefen^ ju liefern; unb
öietleic^t ift eö mir auc^ gelungen, in bem felbftgetoäf)Iten engen
9Jal)men jur 2i))ung ber ^ta(^^ ein toenig beisutragen, bie erft
Dor furjem ein angefef)ener 9iec^t§lef)rer alfo umfc^rieben f)at:
„?luf bem (Gebiete ber beutfc^en 5Hecf)tögefc()icf)te beftel)t narf) Wit
Dor al^ Hauptaufgabe bie 91uf^ellung unb erfd^öpfenbe T)arftetlung
be§ tüid^tigften S?organg^, ben bae iRe(f)t§leben unferer i^ergangen=
I)eit aufjutoeifen f)at: ber JRejeptiou be^ römifrf)en 9terf)t^^." '*)
M Das gebrudfte SRaterial genagt jebo^ too^I in fernem grall, es giU
ba^er auc^ ben ungebrudten 3toff fomeit als mdgli<^ beisujie^en.
*) 3^ gebenfe |te im nfi^ften geft bec SRittetlungen bes gift. Sereins
ber $fal3 f)eraus3ugeben. ^uf {ie iDurbc ic^ juerft buc^ gcrm 9{et(^sard^iorat
Dr. (5Ias|(^Töber in SJlün^n aufnierf|am gemalt, ber au(^ bie erften ^nf&nge
ber Dorliegcnben Arbeit mit toeitge^enbem unb ftets hilfsbereitem 3ntere||e Der«
folgte. 3»* grofecm Danfe bin ic^ aud^ meinem oerer)rten 5Bor[tanb unb (Jreunbe,
§crm ÄgI. Äreisarc^ioar Dr. aWüIIer, für bie [o überaus eifrige SRit^ilfc bei
ber SRaterialbel^affung oerpfli^tet. CEbenfo ^aben mi(^ meine braoen SUlünc^ner
SloIIegen Dr.Dr. ^bert, (Eberl, Rönig, 9Rfl^Ibauer unb Pfeiffer bur(^ man^e
^usfunft unterftfl^t, bie bei ben unerioartet |c^Ied)ten iBibliot^efsoer^ältniffen ber
Äreis^aupt|tabt Speier — wann erl^ält bie ^falj eine Äreisbibliot^ef? — ^icr
nid)t 3U bei^affen wax. ^ugerbem f)aht \d) namentli^ no6) bem ^o^ioürbigjten
Serm Sifc^of oon Speier Dr. Ronrab von ^ü]ä) ^u banfen für bie £iebensiDürbig«
feit, mit ber er mir bie Drudbogen bes oon il^m bearbeiteten unb bemnd^ft
erfc^einenben Necrologium novum Spircnse — einer tDa^ren grunbgrube für
Speierer ^er|onenge[(^i(^te — jur 93erfügung Itellte, [oroie fierrn 9legierungs-
rat (5. SBert^oIb basier für [eine fa^funbige Sei^ilfe.
*) Stammler 91., Die 3u!unftsaufgaben bes 5Re(^ts unb ber 9ie^tsroi[[en»
f<^aft (Äultur ber (Begenroart, 93anb S9itemati|(!^e «eöjtsroiffenfc^aft [1906]) 505.
I.
Pte ^xunbta^en hex ^nifiet^nnu.
1. Staat itnb tirt^e im fränfifc^en Mtiit^) Ovaren ju einer
©inl^eit öerfd^motäcn, aber ber lSinI)eit brüdte bie toeltlic^e 3Rad^t
i^r (Gepräge auf. ^^^^1^^^^^ ^^^ Sicgieruitg be^ SJierolPinger* unb
bcS Ä'aroliugeröauieö beftanb babei nur ein unmefcntlid^er Untcr=
fd^ieb : ba^ lefetcre jeigte fic^ riirffic^tgitjottcr gegen ben SJerbünbeteu,
bcm c0 bie Ärone ^n gutem Xeile mit üerbanitc. 2)ae ^ctpfttum
toetjrte fid^ juniic^ft nid)t gegen ba^ f)en:)djenbe S?erf)ältni§, ha ed
bem larolingifdien Äonigtum nid^t nur Unterftü^ung gegen Stjjauä
unb Cangobarbenreic^, fonbem and) 9heberbrücfung be^ fränfifc^en
tjol^en ftlevu^\ tatfräftige görbening bei beutjd^en äRiffion unb
bamit S)urd)fü{)vung beö abenblänbifc^en ^rimateö fc^ulbete.
©erabe bei ber Ärönung ftarfö be^ @ro§en belannte fid^ ^iM>ft
£eo öor allem Sßolf aU Untertan bes^ Äaifer^. Unb Äarl teilte
biefe 9luffaffung : in feinem Staatsbegriff I)atte ein über ben engen
Ärei^ ber rein religiöfen 2)inge ^inau^greifenbee ^apfttum leinen
^\a% toie fe()r er aud^ ba^ ipaitpt ber Äirrfje üercl^rte. 5)ic
©orge für bie Äird;e naf)m er au^)d)lie§tid^ für fic^ ate ju feinem
?lmt gel)brig in ?lnf^rud^, nic^t au^ ^errfd^fud^t, nur einem aud
aufridjtigem ®Iauben an feine gottlid^e Öeftaßung geborenen ^flid)t=
gefügt get)ord)cnb. ^al)er bet)ielt er ben fc^on Hon feinem JBater
eingeführten, für bie granlen ungetvotinten Jiteljufab „öon ©otteö
©naben" bei, unb be^ ^I. ?luguftinu^ 83ud) über ben ®otteöftaat
begleitete if)n auf feinen Steifen. Uberatt griff er in ba§ ©ebiet
ber geiftlidjcn ®efejjgcbung unb 3?ertoaltung ein, lüobei er bie
ftird^engefeße cbenfo U)ie auf iueltlidjem (Gebiete bie SJoIterec^tc
ate gültige ®d)ranfe anerfannte. 9lud^ bie ©etoatt ber Sßifc^öfc
toar it)m nidjte ale ein leil ber ÜKeid^öüerfaffung. Seine Senb*
boten überir)ad)ten bereu ?lmt^füf)rung nid^t ioeniger ioie bie ber
©rafen. ©ei folc^cn 9?erf)ältniffcn gab e§ fid) öon felbft, ha^
99ifd)i3fe unb ©rafen aud^ if)re Öerufetätigfeit, namentlid) if)re
SRed^tf^jred^ung in äl^nlidjer 2JJeife aueübten. 3Bie ber ©raf in
Begleitung ber 3^i^tgrafen ober @d^ult{}eifeen an ben ^unbertfd^aftd»
gerid^tc^ftcitten feinet Qiaiic^ umfjerreifte, um bai^ ungebotene,
ed^te Wrafcnbing - placituni comitis legitimurn -— ju f)alten,
^) S^gl. für bas f^olgenbe namentlich gaud, 5l{r(^cnge[<j^t(^te II 108 unb
©eusler, SBcrfo[|ung5gc|t^t(^te 104.
fo toanbcrtc bcr Öifc^of mit bcu ©rjbiafoucn uub (Sräpricftcnt
aüjä^rlic^ gelegentlich ber girmungä' unb SBifitation^ueifc ju ben
Sauffird^cn feinet Öis^tum^, um im SBifd^ofjfenb — synodus,
placitum episcopi — ber ©erec^tigfeit ju bienen. Unb bem
9tiebergeric^t beä 3^"^9^'^f^^^ ^^^^' @ci^ultf)eiBcn entjprac^ baö
©cric^t beö (grjpriefter^ ober ©rjbiafou!^. Dae 3Jerfaf)ren tvai
überall auf ben gleichen, burc^auö beutfc^rec^tlic^en Wrunblagen
aufgebaut. •) 1)er Siic^ter fpielte eine öeröältni^möBig geringe
9JoUe; bamit fein forttoä^renbeö (Singreifen ent6cf)rt toerben fonnte,
toar bie unbefd^ränfte ^errfc^aft ber gorm fiir alle ^^Jrojefefc^ritte
aufgerid^tet, benn bie gorm ift „ber gefc^toorene J^einb ber SBillfür."
2)ie SSer^anblung lüurbe burc^ ©injelurteile Dortpcirtö belDcgt: bei
jebem einzelnen ber ftreitigen 'ißunfte tourbe juniic^ft gefragt, toa^
in biefem gall Stec^tenö fei, unb barauf bie ?{ntn)ort erteilt ober
,, geurteilt ". ^as Urteil tourbe nirf)t t>om Mic^tcr gefunben, fonbern
Don aßen 3lntoefenben ober einjelnen mit bem „Schöpfen" be^
Medjt^ ftänbig betrauten äWännern, b. i). im Ding ben Schöffen,
im Senb geloöljnlic^ ben ©eiftlic^en. SRec^t^genoffen Joaren immer
antpefenb, ba infolge t)on Ding» unb Senbpflic^t ein S^^^^^S 3^^"^
©rfc^einen in auögebel)ntem SRaf^e beftanb. ?hic() foUjeit fie nid)t
Urteiler toaren, tjatten fie am öJeric^t mitjutoirfen burc^ it)re 3"*
ftimmung ju bem gefc^öpften Urteile, benn erft bie „^olge" be^
„Umftanbe^'' — nur 9Jic^ter unb Schöffen burftcn fijjen - madjte
badfelbe iJoHtoirffam. 5)a^5 I)ie§ man bann richten mit J^rage,
Urteil unb ^v^^fl^- ^'"'^ ^^^ tocltlic^en 9tecf)t entnaf)m ber 2enb
auc^ bie (Siuric^tung ber ÜHügegefc^ioorenen, bie eiblic^ nerpflic^tet
toaren, alle ju il)rer Äenntniö gelangten i^erge^en getoifferma^en
alö öffentlirfie 9lntläger jur SInjeige ,yi bringen.'-) 2Bar erft
SBeloei^ ju erbringen, fo lag 33en)ei^3rerf)t unb Setoei^pflic^t
beim eingegriffenen, ioa^rcnb ber Stngreifer im (Megcnfafe ju l)eute
ganj untätig bleiben burfte; ^auptbeiociemittel tnar ber "tparteieib
allein ober mit Gibljelfern, b. t). mit iöetannten ober Serloanbten,
bie fc^tpureu, bafj fie ha\ ISib ber '^^artei ^für rein unb nic^t für
mein" ') l)ielten; für Unfreie trat an Stelle be^o ^)5artcieibe^ ha-^ Drbal.
W' ^00« tn bct 3ft9?. IV (18G4) 22 unb V (imry) 11, bann Srunnets
b<utf(^e 9?e(^t99e|(^t(^te II SU.
-) Juraii ober testes synodales. 3m 14. 3f|b. ^cfßcn fic fn Spclcr
jurati ad legem Dei ober die gesworn zu der got/.c, ba ^tcr bct Stobt»
jenb bamals nie anbers als lex Dei ober ©ottese^c (c, ewa, ehe (5e|e^;
baoon etotg) genannt lourbe. ^) 3Jlm -^ unrei^t, baoon SlReinctb.
6
®r5ßcie Steibcrcicn jtoifd^eu toeltlidiem unb geiftlic^cm ©ciicftt
iüurbcn anfäiifllic^ baburd^ t)intanget)alten, ba^ bcucii ßuftiinbigfeit
Der|c§ieben \mx. Dem ©rafcubiiig trai'cn namcntlid^ bic Öicgeu=
fc^aft^v ^er)oncnftanb^= mib bie toegcn tobe^tüürbigcr 5Jcrbrec^cu
eingeleiteten Straf^rojeffe l?orbet)aUen, mochte e§ fic^ um i?aicn
ober (Seiftlid)e ()anbeln. 3)ie ijielen ßürfen, bie namentlich ha^
toettlic^e 3trafre(^t lieg, )ud|te nun ber )Bi)c^of^jenb üom ®eftc^t^*
punft ber Silnbe au^ 5U ergänzen. 9(uf biefe SBeife iDurbeu
j. 93. rein faljrläffige Jötung, Jijtung in ber ®Iutracf)e unb 3eI6ft=
morb, ßl}ebruc^, Derbot^mibrige ^eirat unb 6l)etrennung cbenfo
gealjnbet ioie bie rein f ird^lid;en 3Jergef)en ber Saframent^fc^änbung,
@onntag?ent(}eiligung unb ^Jeradjtung geiftlid;er Sefeljte; unb ebcnba
Imirbe ber kam)\)\ gegen falfd^eö ÜÄaß unb öcmic^t*) ober gegen
ba^ 9tationaUafter be-o fielen Xrinfenö aufgenommen. 3lber )ci^on
)üaren ©ren.^öerirfiiebungen jugunften beö Sifcljof^ Vorgenommen
Jüorben: nicf|t burd) bie Shi^bilbung ber grunbf)errlid^en ÖJerid^t^^^
barfeit über bie unfreien ©otte^^auAleute, bie bem Sifdjof n)ie
jebem anbercn ®runbl)errn juftanb, fonbern burd) bie (äinräumung-
ber nieberen ®erid)t^barfeit über bie ©eiftlid^en auc^ in rein
ioeltlid^en ^(ngelegenljeiten^). 9tl^ ,^tarl ber ®rof3e bie 3**9^^ ^^^
SReic^eö nid)t me^r in feiner ftarfen ^anb i)itU, bauerte eö nic^t
lange, bis^ biefe Megelung be§ ÜSerlialtniffe^ jtDifc^en SBcIttid^em unb
®eiftlic^em ju fd^toeren 3)?iJ3ftänben fül)rte. So erfaljren loir 5. Ö.,
baf3 i. 3. 913 ^^ifdjof Sinl)arb oon Speier t)om (trafen 5Serner
be^5 2peier= unb SSorm^gauee be5 '2lugenlid)t^5 beraubt lourbe.^)
Der Äampf enbete ()ier anfc^einenb bamit, ba§ 946 Äonrab ber
9iote, ber 3of)n jeneö (trafen ?Berner, 3c^toieger|of)n Dttoä be^^
®roßen, nnb ßer^^og in 2ott}ringen, bem ^^ifdjof 9teginbalb
gegen iJanbgebiet im @peier= imb SBorms^gau*) feine Speierer
83efi^ungen, bie ÜKünje, bie bem 83iic^of noc^ fetjlenbe ipiilfte bc^
30II0 unb baju atte 65etoalt iunertjalb unb auBer()atb Speier-S
abtrat, bie feinen 4iorfaI)ren burd) föniglic^e Sdjenhutg jugefattcu
*) Sltcrc ßttcratut bei Dooe 3S9?. V 6. Die Seäiel^uitgcn jum ©c*
rocrbcroejcn bleiben bem Senbgcrii^t noc^ im Spätmittclatter, ©ic btes 'ouc^
beim Gpcicrcr fiaienjenb ber gall ift.
») (Sbüt (Llot^ars II. oon G14. 5Rä^crc5 M 5ltj[I, bct ®cri(^t5|tanb
bes Älerus im frän!ii(^en IReirf) (1886) 226.
3) 5lcmling (5t\ä)id)\c 1 228.
*) Äoe^nc (£., ber Ur(prung ber (5tabtüerfa||ung in SBorms, Speiet
unb 3Wain5 (1889) 145 ocrlegt es an bie Iot^ringt((f)c ©renje!
unb auf it)u öcrcrbt iporbcn \r>ax, nämlid^ bic Strafgeiüalt über
3)ic6e unb bic 3KarItgelpalt über Äaufleute.*) Den 3lbfd|Iu§ ber
SntJüicttuncj bilbetc bann ba^ 3nimuuitiit^prit)ileg Cttoe beä
©roßen Don 969.*) Zubern ber Äaifer beftimmte, ba^ fortan
niemanb mef)r in ber @tabt unb SSorftabt *) ©peier lpeUIid)e 2)ing=
tjerf ammlungen *) I>aUen ober gerid^tlid^c 3^ö"9^f)^^i^hingen lJor=
nct)men bürfe au^er bem bifc^öflid^en SJogt, übertrug er bem
Sifc^of für ba^ ©ebiet ber Stabt ©peier bie öotte t)of)t b. l).
griiflici^c ©eric^töbarfeit Damit toar bie SJerfd;meIäung ber ur=
fprünglid^ getrennten toeltlic^en ®eric§t^gemeinben in Speier ange=
baf)nt: bic gräflid^e greiengemcinbe ging auf in ber bifc^öflidjen
ipintcrfaffcngemeinbe. Denn beibe Ijattcn je^t benfelben ®eric^t!ä=
I)errn, ben Sifd^of ober öielmel)r, ba biefer afe ©ciftlic^cr nid^t
in ber 2age n>ar, bie 9ilutgeri(f)t2ibarfeit felbft au^äuüben/) bie*
jenige ^erfönlic^Ieit, bie ben öifc^of aucti in ber ^interfaffengerid^tö=
barfeit unb überhaupt in aüm ber Xätigfeit be^ ©eiftlic^en ent*
jogencn rein toeltlic^en ®efci^äften ijcrtrat, ben ebelfreien ©ro^ljogt/)
Diefer i)idt nun ba^ toeltlicfie Ding ; er ernannte ju feinem Stell*
tjcrtrcter einen Unter* ober Älcinöogt unb n)u§te, geftüftt auf Dor*
nef)mc ?Ibftammung, feine 3Racf)t auf Soften ber bifc^öflic^en SRcdjtc
immer mcfir ju ertocitern, nad^bem einmal feine Stettung äfinlic^
^) ^tlgarb 4 ; bie Urfunbe t|t uns nur in einem Rarlsru^er R^. f^Iec^t
fiberliefert, (Deshalb fie bei mannen grorfc^em ({o 9{ietf(^el, Surggrafenomt 129)
Sebenfen enegt. 3^1 ^aite fie, toenn auc^ fflr oerbetbt, fo boc^ für ec^t.
>) gilgarb 5.
') In civitate Spira vel Nemcta vocata aut foris murum ciusdem
civitatis i. e. in villa Spira, que eidem urbi adiacens est. ^ie Soiftabt ift
olfo ein an bie (stabtmauer |i4 anle^nenber offener gfleden, loie er auc^ bei
anberen Stöbten unb IBurgen \\ä) mit siemli^er Sfegelmögtgfeit finbet. Sie
(Durbe 1084 in ben 5Berei(^ bet ©tabtmauer einbezogen, $ilgarb 11: cum
ex Spirensi villa urbem facerem.
*) Publicus placitus -= publicos placitos — - publica placita, ein 9?e[t
bes bacbarif(^en fiateins ber SReroioinger^it.
^) ^ie d^rflnbe ^iefür fagt man getoö^nlic^ in bem 3pn(^tDott ^ufammen:
Ecclesia non sitit sanguinem. 3)o<^ ijt es immer no(^| sroeifel^oft, ob biefes
€pric^tDort Oberhaupt |<^on im a^ittelalter geprögt toar, ogl. SBerming^off,
5lir(^enDerfa|Iung I (1905) 225'.
•) 9?uot^arb 960 unb 968, (Egbra^t 1020, ^cinri(^ 1103, Ekbert
advocatus in vice Egenonis pueri advocati 1114, advocalus Eckebertus
comes 1164 («emiing 1 14, 17, 24, 84, 90, 111). 3)ie hti 9«et|(^cl, »urggrafenamt
124" unb " foI|(^ angegebenen Seiten ber Quelle (inb ^iernad^ su berid^tigen.
8
toie anbertüürt^ bie (Srafeutoürhc erbltd^e^ ßcl^cu gctoorben toar.^)
211^ aber toäfircnb be§ 12. 3a^ft)unbert$ in ganj S)eutfci^tanb bcr
Äam^)f gegen ben Übermut uub bie Sebrücfungen ber mäd)tigen
®ro§lJögte entbrannt tuar, gelang eö auc^ in @|)cier bem SJifd^of
benfetben ju ijerbrängen unb burc§ abhängige SBeamte ju erfegen,
bie er ebenfo toie bie 3nf)aber ber unteren ©ertd^t^barfeit, bie
©c^ult^ei^en, äRünjmeifter unb ^i^ß^^^^^/ ^on %aU ju ^att au»
feinen 2)ienftinannengefcl^(ed^tern ernannte. 1)er öon jegt an auf=
tretenbe 9?ogt befa§ babei ungefäfir bie gleid^e 3wftänbig!eit toie
ber ©c^ult^ei^ ; bie ©efugniffe be^ alten 3Jogt§ bagegen — nac^=
5Utoeifen finb bie mititärifd^e Sorge für hm guten SJerteibigungö^
juftanb ber ©tabt*) unb bie ©eric^t^barfeit über 6rb unb ©igen
b. f). über ©runbftücfe*) — gingen auf ben bifdjbflid^en Äämmercr
über, ber meift aud; einem 2)ienftmannengefc^Iec^te entnommen
toar, toenngleid^ auc^ ein SWitglieb ber J)omgeiftUc^feit bie^ ?Imt
erlangen fonnte.*) 2)ie 9lu^nat)ntefte(Iung ber ©peierer ©eiftlidjfeit
gegenüber ber toetttid^en Strafred)t$pflege tourbe Derftärft, a(^ 1101
Äaifer ^einrid^ IV. beftimmte, ba^ ein I)omf)err toegen einer
gret}e(tat gegen einen SMirger nic^t t)om toeltlic^en SRidjter üer=
tiaftet, fonbem aCein öor bem ®enoffengeric^t ber übrigen ®om=
geiftlic^cn abgeurteilt toerben bürfe.*) 2)abei fotlten nid^t bloß
lird^lidie ©trafen toie förderliche 95u§übungen, Reiften, ^auäarreft
^) 2für Speier beioeift (Sibltc^feft bas 3)orfommen bes Slamens (Etbert
in mehreren 211enf(^cnaltcrn, namentlich aber ber Umjtanb, bofe bcr puer Egeno
als advocatus be5eid)net unb als |oId)er burc^ [einen Sormunb oertreten loirb
(<RemIin9 l 90).
*) C^ntfc^eibenb t|t bas ^ec^t Überbauten ju bre^en unb toegen aller
©tra^en^inberniffe JU (traf en : Jus camerani est iudicare de iniuriosis edificiis
conmunibus et privatis et de sirata conmuni impedita per fimum, per ligna,
per lapides vel per terrara seu per alia impedimenta f J)ilgarb 490). 9?tetf^el,
©urggrafenamt 132» |pri^t, burc^ eine irrefü^renbe Eingabe bei Silgarb ocr«
leitet, oon einem 3i>nn)ei6tum bes 14. 3^bs. ; aber bie betreffenbe Ouelle barf
nur in bie 9lö^e bes 3a^res 1250 oer|e^t toerben.
^) Deshalb fü^rt aut^ ber Römmerer bie (Srunbltfldstafel, bas ä\it]U
©peierer ©nmbbuc^, erjtmals 1212 ermähnt: Johannes . . ., qui ad eandem
curtim in tabula civitatis fuerat intitulatus, in presencia nostra per sentenciam
civium ab intitulacione eadem est depositus ; et conventus supramemoratus
nomine ecclesie sue in eodem titulo est denotatus (§ilgarb 30).
*) t>k öltefte uns erl^altene Gpeierer SBa^Itapitulation oon 1272
(9lemling I 326) lofet nO(^ beibe SRöglic^feiten JU: Cammerarius erit canonicus
ecclesie Spirensis vel ministerialis ciusdem. 3^ÜDei{e |te^n ein loeltlic^er unb
ein geiftlic^er Äämmerer nebeneinanber. *) Silgarb 17.
9
unb ^früubcncntjug, fonbcru and) bic im f)cimifd)en ißcrfaljrcn
übliche Ü8u§c an bcu SBcrtc^tcu auferlegt toeiben, tiiv bereu ^ö^e
ba^ toeltlic^e Stecht maßflebeub tvax.^) (yieic^jeitig UJurbe ha<^ iu
beu ^au5^f)ah ciue^ 5)omf)erru aufgeuommene uufreie 2)ieuftperfoual
ber auefc^liefeüc^eu vStraf geric^tijbarf eit bcö I)ombefau^ uuterfteUt ^) ;
jur 9hitoenbuug f)atte bagegeu lebiglid^ bae mcttlic^e Siecht ju
fommeu : ba^ üerlejjte prbate 3utereffc tourbe burc^ bie ^^upe an
ieu Serlel^teu, ha^ öffeutlic^e burc^ Sd)(äge gefitljut, bie jeboc^
öom 2)ieuftt)erru burc^ eine (^elbjafiluug abgelbft tüerbeu fouuteu.
?tuf bem (vJebiete ber rein geiftüc^eu (yeric^tebarfeit tarn ec^ feit
bem 12. 3af)rf)unbert burc^ bie loac^teube ^trbeit^laft bee 3^ifc^of^
baf)iu, ba\i bie öou i^m immer t)tiufiger in ^lufpruc^ genommenen
©teüöertreter, bie ?lrc^ibiafone, eine öon if)m uuab{)ängige, feine
^Imt-^äeit überbauerube iurisdictio ordinaria erlangten^).
?n biefer ^^'\t jii()lte Speier bereu uier; i()re 3Bürbe Ujar
onfdjeiuenb fc^on fe^r friif),^eitig mit ber be^ 'i^Jropfte^ au btn t)ier
©peierer Stiften t)erbuubeu: Domftift, (yermanftift/) (^uiboftift *)
unb Dreifaltigfeitftift.^) 9Kit bem 2)omfapitel ftanben bie öier
Grjbiafone auc^ fpäter noc^ be<3tpegen in enger J^erbinbung, ttieil
bie ^röpfte ber brei ÜJebenftifte an^ iljm entnommen toerben
mußten.') Daö bompropfteilid)e (Srjbiafouat umfaßte in ber ,t)ciupt=
fad)e tt)ot)( nickte ale ba-$ (^iebiet be^^ alten 3peiergaue<5 unb lag
bemgemdfe gan5 auf bem linfen 9il)einufer ; '^j namentlich gef)örte
') Ei, qui Jesus est. ab eo, qui pcccavit, secundum iusticiam com-
ponatur; an einer anbern Stelle fte^t für iusiicia „ius civile".
•) Stigarb 16.
') 6<(röber, bie (Sntroidlung bcs 5tr^ibia!onalc5 (1890); für 6peier
ogl. namentlich (älas|4iröber, bas ^rc^ibtafonat in ber Dtö}e)e Speier iDö^renb
bes aWittelaltcrs (in ber mc^ioalilc^cn 3eit|(^rift m. 55- X [1902] lU). ^uä^
SBaumgartner, &t\ä)\^U unb 9{ec^t bes 9[r(^ib{afonate$ ber oben^einii^ien
IBistümer 80 (ilirt^enre^tlic^e ^b^anblungen ^sg. Don Stu^ geft 39) [1907]
mub für Gpeier im 9Be|entIi(^en auf (ä^Iasfc^röbers Arbeit oenoeilen.
*) ®egrünbet oom gfranlenfdnig Dagobert I., in ein RoIIegiatftift um«
gemanbelt mo^I um bie SBenbe bes 11. unb 12. 3<>^^^unberts.
*) Ecclesia s. Widonis — sante Widen, baoon 9Bibenjtift unb SBeiben*
ftift (^eute ni>(^ SBeibenberg in Speier), na^meisbar feit bem 12. 3a^r^unbert.
*) d^egrünbet in ber S^litte bes 11. ^a^r^unberts oon Stf(^of Sigtbob.
^) (Slas]6)xb\>tx, ^rt^ibiafonat 115.
^) X){e genaue lirc^Ii^ie (Einteilung bietet je^t für bas 15. 3<i^^^unbert
in ausge3ei(^neter ^ei|e (5Ias{(^röber, Die Speierer Sistumsmatritel bes Si{(^ofs
SWat^ias <Ramung (in bcn SRitt. b. ^i[t. 33. ber «Pfalj XXVIH [1907] 75).
Die 3u|ammenfteIIung bei ^I|ubi^um, bie Diö^efen Ronftanj, Augsburg, Sßa]tl,
10
bie @tabt S^Jeier gauj jii il)mJ) I^ic iBcjirlc bei* anbcni (Srj=
biafonate bcfanbcit fid^ bagcgen ade auf bcni redeten SRticiuufer.
S)icfc (Sintcihmg fc^cint minbcfteu^ feit bcm 12. 5cif)rl)unbert feft=
3uftef)en, al)o feit ber 3^i^ ^^ ^w^) J^^r 3iame fianb? ober ß^or=
bifc^of^) für bie Sßorgiinger ber fpiitercit (Srsbiafone in @))eier
enbgültig »erfc^JDaub.'j I)ie Stellüertreter ber le^tereii toaren bie
Öanbbefaue, bie 9iac^f olger ber alten ßrjpriefter; nur in ber 3)ifc^of5^=
ftabt felber, bie feinem fianbbefanat zugeteilt iüar, lebte baö ?lint
be^ @rä:priefterö al^ eiuee rid)tertic^en ipilföbeamten fort. Sa^
reifenbe Senbgerid)t Jourbe jefct für genjö^nlid) ben ?lrd)ibiafoneu
überlaffen, n)ät)renb ber 9.Mid)of fic^ auf bie altjäl)rlic^ an feinem
?J[mt^fi(j ftattfinbenben $)au:ptfl)noben ju befc^rünfen ^)flegte. 3e=
bod; bienten aud) bie leßteren, gleichmäßig befudjt \)0\\ ©eiftlic^en
unb Üaien, gerid)tlic^en ß^^eden.*) ^ie alten ilird^engefe^e iuurben
jloar feiten eiloät)nt, bod) tparcn fie nic^t unbefannt: @o berief
fid^ öifc^of 3Balter Uon Speier i. 3. 1025 auf bie iöeftimmung
eines Xoletanifd)en ftonjil^, als er Unfreie ber Äirc^e jU 3"^^=
leuten freiließ, um bar,^ulegen, ba^ er bieg nic^t am (£f)rfud)t,
fonbern an^ t)ö^eren ^öetueggrünben tue;^) unb i. 3. 1103 ift in
einer Urtunbe für ba^ illofter ^brbt bie Siebe üon Ianonifd)cr
©ntfd^eibung beffen, \vas> fid) auf ba^ gi3ttlid)e Wefe^ bejiel)t.^)
Spcicr, 9Bonns nac^ i^rcr Qttcn (EinteHung (Xübinger 6tubtcn I $cft 2 [1906])
111—119 bebeutet nur einen 9lü(fid>rftt in btc 3«ten 9Bürbtroctns.
5lnbcrs bie öUercn S^riflftellet cin[(^I. ^Remling (5e|(§f^te I 121 ;
f)'mna6) n)öre bie Gtabt naö) ben Dter 6tabtuierteln unter bie oter (Erjbtafonate
aufgetetU getDefen. 3Iu(^ Ü^ubic^um a. a. D. 112 oertritt 1906 nod^ biefe
tSnf^auung, obtDo^I ber fie rt^ttgUellenbe ^ufjüg oon (&Iasf(^röber Aber bas
^r^ibiafonat (ogl. namentlich S. 130^') bereits 1902 er[(§ien.
-) ©efanntlic^ uon X^^Q^^ = fianb.
^) Se^tmals 1103 chorepiscopus in einer Urfunbe bes Älojters 5örbt
(9?cmltng I 84).
*) 1023: decima synodali iudicio acquisita, in sj-nodo coram clero
et plebe (!Remling 25), 1149: synodalis convenlus totus (Öar^^efm, Conc.
Germ. III 362), 120f): omnes tarn clerici quam laici in {generali synodo
nostra constituii (3(50- XIX 168). aJlonc ^ält in ber 3(50. II 124' j(^on
eine (Seneralf^nobe oon 1280 für ungeiDö^nlid) frü^!
^) 9temling 27: non aliqua sui honoris presumplionc elatus, sed potius
canonie capitularisque aniecessorum [regis Chuonradi] Karoli, Luduvici,
Lütharii aucloritate fulliis . . . canonica lectione afftrmante, que in sexa-
gcsimo quinto capitulo c^uinti Tolctani concilii sie continet ,episcopo licere
per commutacionem mancipiorum ecclesiasticos liberos facere*.
^) 9?emling 84 9lr. 76: prclatus monastcrii omnia, que ad divinam
legem spectanl, cum illo presbitero canonice dccernal, qui parochianain
ecclesiam ab ipso habet.
11
2)ic Äircl|cnt)o^cit be^ ftaifcr^ tjattc fic^ fett ber Cttouciijcit
in einem äWafte öerme{)rt, ba§ (Srnennung unb ?lb)c6ung bec gcift=
liefen SBürbenträger ganj in feine ^mib gelommen toax, Stbcr
biefe Siegelung füf)rte jum C^nöeftiturftreit, afö in ber ^erfon
GJregorö VII. bem ^ctpfttum eine 3af)rf)unberte überragenbe, mac^t=
öoUe SJerförperung befd^ieben wax. Jroljbem Wktit bie alte (>)c=
ftaltung nod) lange nac^, nanientlid^ unter bem ©inffufi be^ alte^
bel)eafc^enben Öel)enrec^t^. 3mmer j. 3i. legten bie ftird^en auf
bie taiferfid^e Seftiitigung ifjrer ^reif)eiten, bie jum Seil rein geift=
lieber 9iatur tparen, alten SBert. @o erlangte 1101 ba^ 2)om=
fo^itel Speier t)on ^einric^ IV. ÜBeftimmungen über ftirdjengut^»
Veräußerung, bifd^öflic^e ^^Jfrünbenüerleil)ung unb ÄleriferteftamentJ)
?m 3al)re 1111 gett)äl)rte ipeinric^ V. ben Speierer ^Bürgern bie
ÖJunft, i>a^ ein üon i^nen gefüt)rter ^rojeß, ber in ber Stabt
einmal eingeleitet Jüorben tpar, nic^t außert)alb ber Stabt ju ©nbc
gebracht iperben burfte, eine ©unft, mit einem fo allgemein an
^ifc^of nnb jebe anbere (^>eJüalt gerid)teten 55erbot, baft fie augen=
fc^eintic^ ebenfo für geiftlic^e Wit für toeltlic^e Streitfac^en gelten
foUte.*) Unb al^ 1193 ^einrid^ VI. benfelbeu ^^ürgern burc^
au^brücflid^en !Öefel)l unmöglich mad^te, nod^ fürbert)in \)ox ber
rec^tfi^lüirlfamen Fällung eine^ Urteile burc^ ben bortigen 3^ifdjof
ober beffen Siid^ter an it)n 3^erufung einzulegen, ba mad)te tüieberum
iDeber er nod) ber ©ifc^of einen Unterfd)ieb jtüifd^en meltlic^er
unb geiftlirfier Werid^te^barfeit.') Öe^terer toar tbm in beiben
fallen ©eric^t^^err, unb ate il)m übergeorbnet galt immer noc^
in erfter üinie ber iiaifer, nic^t ber ^apft; bat)er l)üren Ujirbenn
auc^ bi^ hinein ine jluijlfte unb breijeljnte 3a^rl)unbert nic^t^
t)on einer 3tppellation nac^ SJom. ßben be0l)alb barf)te man auc^
nirf)t baran, bie fiJrunbfä^e bes bei ben geiftlidjen ©eric^ten üblichen
SSerfaf)ren^ in einem ben beutfc^rec^tlid)eit Jlnfc^auungen feinb=
liefen Sinne ju regeln. 3Kan brauchte e^^ um fo n^eniger, ate
bie bid{)erige Drbnung ber 2)inge ben 5^ebürfniffen ber 3eit ge=
nügte. 9rber e^ fam ber ?lugenblid, too fid) bie^J alle^ l>on (>k'unb
auf änberte.
2. 3m bretje(|nten 3a(r(unbert, 'ta^ m nerfaffung^gefdjtc^t^
lieber, Ujirtfd^aftlid^er unb fünftlerifd^er 58ejiel)ung einen ent)d)eibenben
SBenbepunft ber beutfd}en SJergangen^eit barftellt, Doll^og fic^ a\id)
auf bem ©ebiete bc^ geiftlidieu (yeric^tetoefen^ ber große llmfd)n)ung.
'•) ßilgarb 15. ») (Sdenba 19. *) Cbcnba 23.
12
©ine griinblic^c SScrfdiicbung bc-3 öon Sari bcm ®ro§en hmd)'
gcfütirtcn Sßcr^ältuiffe^S jtoijc^cn Staat unb Stird^c toar fd^on längft an=
9cbaf)nt toorbcn. SIU bcr Scrfall ber religiöfen 3ii[tä^l>c begonnen
^atte, ba machte nic^t bie ^eu'fd^fuc^t, fonbcrn bie 9iüt einen ber
gelehrten Xf)eologen be^ neunten 3al^rf)unbert^ jum 9?erfertiger
ber unter bem 9tamen ^^jeuboiftbor^ ge^enben gi^^^^^^S^"-*)
^jeuboifibor forberte bie öoöe g^'^i^^i* ^^^ Unab{)(ingig!eit ber
üBifc^öfe; aud) ber ^apft fei nic^t Untertan be^ Ä'aifer^, fonbcrn
ipaitpt ber gansen 2Belt. ßin ^euergeift \vk ^a^jft 9iiIotau§ I.
üertoarf mit t)inrei^enbcm Sd)toung jeben (Singriff beö gürften in
fein (Gebiet. (Tregor VII. fud^te biefe Slnfprlld^e in loeltbemegenbem
Kampfe in SBirflic^teit umäufe^en, unb für ha^, toaö erreid)t mürbe,
fanb ber 9ied)tßlcörer Oiratian bie jiinbenben gormein. ®on l}ier
au^ gelang e^ bem fraftüollen ^apft önnoceuj III., ben Äaifer
griebric^ II. ju ben (Sgerer i^erfpred^ungen öon 1213 ju üeran*
laffen, burd) bie ber ®ebanfe ber grunbftiglic^cn llnabf)äugigfeit
beö ftird^lic^cn t)om Staatlichen anerfaunt, aber auc^ ba^ Über*
getoic^t ber päpftlic^en SOiadjt bcfiegelt tourbe: ba^ toax ber $)ü^e=
pmxtt ber (£rfolge, bie i^nnocenä befd)ieben maren.*) ?luf bem
öierten yateranfonjil 1215 !onnte er feine Slnfd^auungen über bie
SBifd^ofStoa^len in geltcnbe^o Stirc^enrec^t umtoanbeln, o{)ne fid^
mit ber gurdjt angftigen ju muffen, ba§ bereu 5)urd^fü^rung in
S)eutfc^lanb, bem für il)n »id^tigften ^anb, Vereitelt tperben toürbc.
5)ie öeränberte Sachlage äußert fic^ j. 93. aud^ barin, ba^ grei*
l^eiten bie früfier t)om Äaifer erbeten tourben, je^t burdj päpftlic^c
erfe^t toerben: ben faiferlic^en ^^riöilcgien üon 1111 unb 1182
über ben ÖJeric^töftanb ber Speiercr fflürger trat ein pitpftlic^eg
^riüilcg t)on 1200 jur Seite,') ba^ biefer i^ni für ben ®eric^tö=
ftanb t)or geiftlic^em ®crid|t allein ate ma^gebenb erfc^ien.
S;ie beutfc^en Sifdjöfe, bie ju 9teid^^fürften gelporben toaren,
feitbem it)r ?lmt ebenfo toie etma ba» be^S ^faljgrafen bei 9tt)ein
in ben 9teic^ö(ef)enl)eubanb eingefügt Wav, ftanben einfttoeilen nod^
größtenteils auf Seiten be§ ftaiferS. So namentlich ber einflu§=
reidjfte Staats?manu unter if)nen, Äonrab Don Sd)arfenberg, ^gifc^of
öon Speier (1200 — 1224).*) gaft immer toar er auf SReifen, fei
') 93gl. Saud, Ätrc^cngejc^i^tc II 532. ^) (gbcnba IV 741.
3) 5Rä^crc5 Jpötcr im oiertcn 2lb[(^nftt.
*) ^Icmling (5^\d)i6)U I 421 ; ©icncmann g., .<tonrab oon S(^>arfcn«
berg, 5Bi[(^of oon Spcfec unb 9}le8, (Strafeb. Dijj., 1886).
13
c^ im ®cfo(gc bcg ipcrrfd^cr^, jci e^ ald Wefaiibtcr unb SBcrmittter.
®r toar ftangtcr bei ^f)ilit)p öon Sc^toabcu unb nad) beffcn ®r=
morbung bei Ctto IV. 3m 3(t^ie 1212 erlangte er, für bie ia^
malige ^di md) ein fel)r auffällige^ (Sreigniö, bie Sifd^of^lDürbe
öon 3Jlt% of)ne ©)3eier aufgeben ju muffen. Seit ©nbe be^felbcn
3al|re^ erfd^eiut er ald ipoffanjler griebric^si II. Da leftterem bie
italicnifc^en ^^liine met)r am iperjen lagen ate fein „Slebenlanb"
S)eutfc^lanb, jo Wax bie öeitung bcr JWeic^ögefd^äfte ju einem guten
Seil in bie ^änbe be^ Äanjler^ gegeben, o^m mag auc^ üor
allem bie i8e|citigung ber Uberrefte ju banfen fein, bie fic^ t)on
einer unmittelbaren (Sintoirfung be^ Äbnigö auf ha^ SReirfjöfirci^en*
gut nod) burc^gerettet Ratten, inbem er ^riebrid^ II. toeranla^tc,
auf bem SReid^^tag jur ^ranffurt ben geiftlic^en gürftcn ben großen
®unftbrief öom 26. ?lpril 1220 ju geben.*) 5n biefer confoederatio
cum principibus ecclesiasticis tjerjirfitete^) ber ftaifer auf baä
@)}olienreci^t, ba^ ben bett)eglic^en 9iac^la§ ber geifttid^en Jf^rften
ergriff, auf Grric^tung neuer ^oü^ unb SKünjftätten in i^ren ®e=
bieten unb auf bie 9lufnal)me il)rer iointerfaffen in bie ÄonigS*
ftöbte. Unb anbrerfeit^ öerfprad^ er, ba^^ ftirc^engut gegen bie
Übergriffe ber 4?ögte ju fd^üften, ^eimgefallene Öe^en ber 9ieid^8*
lirdien nic^t ju $)anben beö JHeic^d einjujiel)en, in il)ren Stdbten
toeber ®erid^t^barleit nod^ ^oü^ ober 9)iün,^rec^te burc^ SReid^g*
beamte ausüben }U laffen unb SBirfungen be^ Slirc^enbannö aud^
für ba§ toeltlid^e JRed^t anjuerlennen.') Xa^ luaren teiltoeife Sge*
ftimmungen, au§ benen man leicht t)erauelefen fonnte, baJ3 ba^
tocltlid^e fic^ bem geiftlid^en Sc^tuert jur Verfügung ftelten
muffe unb i^m untergeorbnet fei, eine 9luffaffung, bie noc^ un»
mittelbar auf bem 3!Beg ber eben erft jugunften ber ftird^e burd^-
gefegten ^^rennung öom toeltlid^en Staat 5U einer neuen 9Ser=
') 3ebe Unterfu^ung ^terflber fe^U no^. ^lemlmg unb Sienemanrt
oerfagen In b{e|em $unlt oöllig. 3(^ bin auf ben (Bebanlen burt^ gectn
9{egierungsrat ®. Seit^olb in 6petct gebracht morben, toage aber 3. 3- ^^^
lebte ablc^Iie^enbe (Ent{(^eibung.
^) Neuster, beutete 3)erfaffungsge|(^ic^te 1()9.
•) 3n ?lrt. 6 erllört er oon ben (£if ommunijterten : Xon concedcmus
eis personam standi in iudicio. X)te|er ^usbrud für $ro5eb|tanbf(^aft ober
$ro3«bfd^igIeit begegnet anfc^etnenb ^ter jum er(ten 'Sßlal ouf beutft^em Soben.
SRdgl!^, bog unter iudicium nur bas gofgeric^t oerftanben i|t. Daneben ift
befttmmt, bog bie meltUc^e %^i bem Sänne folgen foll, |o oft jemanb Aber
{e(^6 9Bo4ien ^artnödtg oer^arrt.
14
binbiiug bcr bcibcn Weiöaltcu füf)rcu mitfetc, aber jcjjt mit bcm
Übcrgetüic^t ber ftirc^e, al)o mit Umlcf)ning bc^ unter ben Äaro=
lingern f)err)c^enben i8ert)ältniffec^. vsm folgenbcu ija^re nad^
biefem (Erfolg bcmül)tc fic^ iBifc^of ftonrab Dor allem bie ?luf=
rcc^ter^altimg bcr 3Bal)I bcs^ früljereu Speiercr 3)ombefanfii Äourab
öou 3teifeu6erg 5um S^ifc^of üou ^ilbeöljeim burcf) jufet^eu ; babei
fd^rieb er an ben 9tat biefer Stabt einen ©rief, ber biird^ ba^
fd^roffe JBctoncn feinet J^lirftenftanbpunft^ merftoilrbig ift: fie
foUten nur Don if)rem (Sigenfinn ablaffeu, ba fie bod^ nid^t burcf|=
bringen ioürben, benn e^ fei fein unb ber anberen >^nirften fefter
SBille ben ertoii^lteu Sifc^of t)on $)ilbe6f)eim nic^t ju öertaffen.')
Unter if)m fpielte bie Staatefunft eine foldje SRoUe, bafe man fo=
gar Uon einer eigenen Speierer S^iplomatenfc^ule gefproc^en I)at.-)
S)a^ unter biefen Umftänbeu feine geiftüdjen 3tmtögefrf|äfte ju leiben
f)atten unb Jtio^l burdjge^enb^ bind) Stellvertreter erlebigt toerben
mußten, ift naf)eliegenb. ®o tonnten namentlich bie Ärc^ibiafone
i^re SKac^t befeftigen, aber and) bie X^omfapitel toufeten if)r aue*
fc^lie^lic^e^ Stecht jur 2öal)l be^ ä^ifc^of^ unb ben ^ufammeu«
fd)lu^ 5U einer felbftänbigeu ilorporation mit toeitgef)enben Steckten
enbgültig burd)äufe^en unb bie öieiftlidien öerbräugten bie JtJaieu
immer loeiter auö ben geiftlid^en S.?erfammlungen. ®or allem aber
toar bem "ißapfttum mef)r ^Inlafe jum tSingreifen geboten afe fonft
Unb ba^ 'i^apfttum machte uon feiner (yetoalt toeitge^cnben (^iebrauc^.
(£^ t)atte fidj injtoifdjen auc^ in I)eutfc^lanb bie Übung
l^erau^gebilbet, gegen (Sntfdjeibungen geiftlic^er JRidjter Berufung
nad) 9{om einjulcgen, obtool)l bie iöifc^öfe lange 3^it bagegcn
©tellung nat)men, Sie tonnten fic^ babei t»or allem auf bie
fd^mereu äKi^ftiinbe berufen, bie fid; notloeubig barau^ ergeben
mußten, bafe bie Streitigteiten meift in 'Jlbtoefenljeit ber 'ißarteien
in Uiom felbft entfc^ieben Ujurben, too man bie jugrunbe liegenbeu
SBerl)ältniffe gar nid)t genügenb tennen tonnte.*) X)emgegenüber
bebeutete ee einen unöertennbaren Jyortfdjritt, aU namentlich
>nnocen3 III. jur Siegel mad)te, bie an \i)n gebrad^ten Sadjeu
rv
^) ©fcncmann a. a. O. 98/9.
*) 93oct)mcr, Fontes II 156, boju 93ienemann a. a. O. in 9(n^ang.
3) öaud, Ätt^cngc|(^i(^te IV 1G8/9. 3)afclb[t auc^ bie Älagen bes
^l Sern^aib; auf bte ^eftec^ungsDirfung bes meinen unb roten (EbelmetaUs
3te(te ber Spottoers:
Martiris Albini scu martiris ossa Riiüni
Rome si quis habet, verlere cuncta valet.
15
an äRänncr jurücfjuttjci}en, bie mit beu in Sctradjt fommenbeu
örtlid^cn unb pcrjönlic^cn SJcrtiältniffcn aiii eigener ^Infc^auung
öertraut n)aren.*) ?l6ei- f)icbci berücffic^tigte er meber firc^lic^e
rff
Uberorbnung be^. ju Siic^tenben über ben Siic^ter nocf) i8isitnm^=
grenjen. gerner fuc^te er bie mannigfachen ü8erfc^iebenf)eiten be^ an==
jutpenbenben 9?ec^t^ babnrc^ tpenigften^ einigermaßen ait^jugteic^en,
baft er nicf|t mir allgemein gültige, fonbern aud^ auf bm ^injel=^
faü berechnete Vernünftige !8erfaf)re]i2^öor)d^riften gab. ?t6er fe(6ft
toenn bie^ nicf|t ber '^ali toax, lag für bie beauftragten 9{icf)ter
al^ pdpfttid)e JWic^ter fein Siecht nät)er al0 ba^ piipftlic^e, jumal
toenn bie JRic^ter ober bie ^^artcien ober bie UnterbeöoUmac^tigten
mef)reren (^raffc^aften ober 93i^tümern angehörten, bie in if)rcm
JRec^ts^juftanb öon einanber abtoic^en; ba^ llnterbeöol(m(id)tigte
ernannt tourben, fam um fo i}fter üor, als jebermann ber aue
einem Urteil möglicher 3Sei)e entfpringenben J^einbfc^aft gern ent=
ging. Sefonber^ ^äufig todl)lte ber ^a:pft flöfterlicfie ober rec^te=
gelcf)rte iBertraueneleute, bie mit bem altererbten Iieimifc^en SRec^t6=
leben nic^t gcnügenb vertraut toaren ober es^ gar üeradjteten. So=
tocit biefe ÜÄänner {)öf)ere Silbung befaßen, fannten [ie lebiglic^
ba^ fanonifc^c grembred^t, toie e^ auf htn bamaligen Uniuerfitaten
gelcljrt tourbe. 'Dabei tourbe namentlicli bie um ba^ '^atfx 1150
in ©ologna Von Wratian gefc^icft unternommene 3iMammenftellung
be^ 9led)t§ftoffeö al^ bequeme §anbf)abe erad)tet, unb obtool)l
reine ^rioatarbeit gelangte ba» decretum Gratiani bod; infolge
be^ übenagenben Stufet ber UniDerfitiit feinet lSntftel)ung^orte^
unb ber SRenge i^rer Schüler balb ju unbeftrittenem 3lnfel)en unb
}u toeiter ißerbreitung. @eitbem begegnet aud; in Speiercr llr=
hmben öftere ein öegenfat^ 'oon ber SlJilbe ber firc^licfien Sa^ungen
unb ber Strenge ber toeltlic^en (vJe)e^e.^) Die toic^tigften 9Serf=
jeuge aber jur l£infül)rung beä neuen pti))ftlid;en 5Hec^tö toaren
öon ?tnfang an bie beauftragten $Rict|ter; )o Verrät eine t)ierl)er
gct)örige Urlunbe Von 1190 in einem 4^erfat)ren Vor bem ®tra^=
burger Sifc^of fc^on eine gerabeju auffällige !öertrautf)eit mit beffen
gorberungen.*) Dann fam x^nnoccnj III., beffen ganje ^Regierung
«bcnba IV 726/7.
*) 3* ^' IIÖ9 unb 1163 canonum equitas et Icgum districtio (bei
SiemHng I 107, nio nur distinctio für districtio oeriejcn t[t, unb 109).
5) 9?€mlin9 386 5hr. 422. Dte Urfunbe wirb bcs^alb Ici^t übctfc^cn,
toeil jfe bei 9?emling jum 3^^^^ 1^^^ eingereiht ijt, ba {ie nur in einem
©peierer Sibintus oon biefem ^af)x befonnt ift.
16
ber X'urc^fitl)vung bes fanonifc^en Siec^tö bleute, gür §albt)eiten
unb Übergänge toar je(^t nid^t mct)r 9?aiim. 3)ie Beteiligung ber
ßaien an Öifci)of^trat)I unb ©i^tum^fenb )\i(iitt er ju beseitigen
unb auf bem 4. Cateranfoujit gab er auc^ einige ?Inorbnungen
über ben geift[id;en "ißro.^eß öon altgerneiner Bebeutung, um ba^
burd) ben biölierigen an meltlid^e 9ted^t2^gebanfen fic^ anlehnen*
ben 9ieci^t0l)ilfe!peg tüciter jurürfjubrangen. 3n bemfelben Sinn
iüirfte tuenige 3al)re fpüter bie mit neuer ftraft einje^cnbe Äe6er==
Verfolgung, in ber bie früher übtidje 9iüge auf bem altt)ergebrad)ten
©enbgerid^t nid)t me^r aU genügenbe ?lbn)et)rujaffe eradjtct tourbe.*)
9Jeue Äe^erric^ter unb iK\m rafc^er unb fid)erer 5um 3^^^^ fiit)ren=
bc2i ^^rojefeDerfafiren mufjten ^cr, um bie güüc ber Slrbeit ju be*
iüältigen. ?lber auc^ abgefel)cn t)ieöon tuaren bie Öifc^öfe allein
toegen beö angefic^tsi ber Ääm;)fe jtuifdien ^apft nnb ilaijer immer
toid^tiger unb |d|tuieriger iuerbenben i?er!et)r^ mit 9iom genötigt,
fic^ mit beffen 9?ed)t§grunbfü^en öertraut ju mad^en unb be^^alb
juriftifd) gefd^ulte (vieiftlidje in it}re Sienfte jU net)men.
6Jleid)5eitig Ujurbe ba^ fanonifd)e 9Jed)t mit eiferner (Snt=
fd)iebenf)eit fortgebilbet. ^m 3al)re 1234 er)d)ien bie bebeutfame
©efe^esfammlung öJregorc^ IX., bereu ^orberungen feit bem 9tieber=
gang beö et)emale )o glänjenben ^aufee ber Staufer nid)t me^r
burc^ eine ftarfe meltlid&e ^^tt^^'^lfl^^^fi eingeengt tourben. 3)ie
(äinrid^tung ber :pä)jftlid^en iudices delegati biente nad^ tuie öor
jur Stuöbreitung ber bort niebergelegten 9tec^töanfdjauungen, unb
bie 9Köglid)feit, biid^öflid)e 2)elegierte ober Cffijiale für bie allgemeine
?tu^übung ber @erid)tebarteit ju beftellen, lourbe baburd) in ben
toeitcften ftteifen befannt gemacht, ba^ ber liber sextus in ©rlaffen
an ben Grjbifd^of üon 9teim^ loieber^olt t)on fold^en officiales fprad^
unb 9lnorbnungen über il)re ßinfe^ung traf^). 2)ie Slej^ergeridjte
f)atten tuieber Slrbeit in ipüUe imb gülle; aber bie ipärtc, mit
tuelc^er ber Äetjerric^ter Äonrab t)on SOiarburg, ber 93eic^töater
ber |o milb gefinnten 1)1. Slifabet^ Don X^üringen, Vorging, forberte
baö laute ÜKi^fallen ber meiften beutfc^en ftirc^enfürften l)erau^,
barunter !tBi|c^of .ftonrab Von Speier (1233 — 1236)'), bem in feiner
gröntmigfeit ba^ laute Carmen unb ÜPlutöergiefjen jutoiber toar.
9ln ben iueltlidjen (ye)d)iiftcn beteiligte fid) beffen 92ad)folger, ber
auc^ Äonrab liiefe unb aus bem (^efd^lec^te ber (trafen Von @ber*
Saud, Rtr(^cngc|(^i(^tc IV 876.
2) SBgl. über sextus I lö, 1 unb II 2, 1. *) ^Rcmlfng ©cf^t^itc I 461.
17
[teilt ftammtc*), tpiebcr mit größerem (Sifer. Dabei üergaß er aber
ttid^t in feinem SBi^tum 9Juf)e unb Crbnung aufrecht ju ert)alten,
\va^ if)m ben Gljrentitel eine^ grieben^ftifter^ eintrug. Dem
?ßapfttum f)ing er mit SJegeifterung an, aud^ ate ©regoi* IX. ge*
ftorben Wax unb Snnocenj IV. ben @i^ ber ))ä))fttid^en 3Bett=
regierung t?or ben 9iad;fteüungen beö Äaiferö au^ ber etoigen
Stabt {)intt)eg nad) Üljon verlegt Ijatte. Denn biefer ^apft öerftaub
e?, mit lobernbec Jöegeifterung unb bem {)inrei^enben Sd^tuung
juriftifc^en ©djarffinn^ 9lnpnger ju werben unb ba^ ju ernten,
toa^ feine Vorgänger gefdt. 35ert)ältni2^mä§ig leic^te^ Spiel t)atte
er fogar bamafö, afe er einen Schritt weiter ging unb 1246 ha^
3Baf)Irec^t f amtlicher Domfopitel ju feinen ©unften auff)ob. Um
biefe ^tit erlebigten fid) äufiiüig eine gro^e 9{eif)e t)on beutfc^en
SHfd^oftfftü^len ; e§ g^^^^S ^^"^ 9^"ä "^^^ äJiiinner auf fie ju
bringen, SDiiinner, benen ber ÖJebante fern lag bei griebrid^ II.
einen 9tüdl)alt gegen i^n 5U fud;en*) unb bie eö aU (£f)renaufgabc
erachteten in allen geiftlic^en Dingen feinen SBJilten im 9taf)men
be^ lanonifd^en 9iedjt^5 jur ^erwirflic^ung bringen ju f)elfen. ^n
biefen Söifc^of^fi^en gef)örte and) Speier, als^ e^ 1245 in ^einrid^
Ijon ßeiningen ein neueö Eberl)aupt erljielt, ba^ jebod^ nur bie
^olitit feinet SSorgänger^ fortäufe^en brandete, um be^ ^apfte^
3Bol)lgefallen ju erregen.
Öeinric^ mar .^toar nic^t ot)ne Ü8eil)ilfe be^ Äaifer^ geWaljlt
morben'), aber ber 'Öerfuc^, i^u baburc^ ju- gewinnen, fd^lug fel)l.
(Jr fd^lofe fid) alebalb ber piipftlidjen ^artei an, Wät)renb feine
£)f)eime unb fein vorüber treue 9lnl)änger ber ftaufifc^en (Baä)^
blieben. Unb es; bauerte nic^t lange, ha fteltte er fid^ jum ftampfe
ber beiben öJetpalten, benen @ott nad^ ber 9lnfd)auung ber 3^^^
bie beiben Schwerter ber (£t)riftenl)eit gelie{)en i)ai% in bie erfte
SRei^e. 2Bo l)ätte er ba bie ^t\i l)entel)men follen, um alle feine
geiftlic^en ^^flic^ten in öotlem Umfang ju erfiillen? (£r fanb ja
junac^ft nidjt einmal Slhi^e jum Empfange ber 9?ifd^of^Weil)e.
Dafür beteiligte er fic^ um fo lebhafter an ben 2Beltl)änbeln. 2öie
fein Sorgcinger M*onrab Derfal) er bie Stelle eine^ 9teic^öf)offanjlerö
(Ebenba 471.
') 3}gl. namentlich 9{obenberg in ben ,,$t{tori|(^en ^uffa^en bem ^n«
benfeu an (Seorg 3Bai^ geiDtbmet" 247.
') So $. ^(btnger, bie ^leubefe^ung ber beut|(^en Bistümer unter $apft
Snnocens IV. (1900) 39 gegen 5lemling ®c|c^i^te I 480.
2
18
unb jtpar nac^cinanbcr bei bcn fiönigcn 3IBilf)eIm öon ipottanb,
Sltfou^ öon Äaftilien unb JRic^arb i)on Äornlpalli^. 9liif feinen
SReifen nad) ^talmi unb @))anien begleitete x^n aU Sd^reiber ein
f)}rad^enfunbi9er granjofe Walterus Gallicus genannt 3Banc^, ')
ber if)n tuo^l aud^ auf mand^e fraujöfifc^en ßinric^tungen auf=
merffant machte.
3u feiner 3^^^ ^^^ bie Snttoidtfung bereite DoKenbet, bic
ben gürften ben reinen 9lmt^c^arafter na^m unb fie ju Sanbeö«
f)erren machte, bereu 2anbe^t)of)eit bie Slu^übung ber alten fönig=
liefen, nun in ein 2ef)en nnb bainit in gebietsmäßige ipen*fcf)aft
umgelüanbelten ©eUjalt jum 3n^alt f)atte. ^) Um bie innere 9?er=
Haltung unb um bie SRed)ti^pfIege in feinem 95i^tum tonnte fid^
^einric^ Jüenlgften^ in ber erften ^älfte feiner ^Regierung toenig
flimmern, bafi'ir mar er öiel ju lange unb t)iel 5U t}äufig üom
naturgemäßen SKittetpunft feiner SBirffamfeit abtoefenb. greilic^,
bie iDettlid)e Stec^tSpflege ging tro^^bem i^ren ®ang Leiter, inbem
für fie namentlidj Äämmerer unb @d)ultf)ei| als bifc^öflic^e SBeamte
in längft gelüo^nter 3Seife forgten.
"^a^n tarn ein 3BeitereS: Diac^bem 1111 jeber Speierer
©utDofiner t)on allen ^interfaffenabgaben befreit unb ber @a^
auSgefproc^en toar, ba^ Stabtluft binnen ^ai)t unb 2;ag frei
mad)t'), founte fid) bie Unabt)ängigfeit ber Sürger ju folc^er
äRac^t entmicteln, baß if)nen t)on ^einric^ VI. ein an^ 12 ^erfonen
befte^enber SRat jur ßeitung ber ftäbtifdjen 9tngelegent)eiten jugc*
ftanben lüurbe.*) 3)amit Juar ©peier furj öor 1200 jur Stabt
im öollen Stec^tSfinn getnorben. 9lußer in "SJlaxtU unb gelbpolijei^
fadien f)atte ber SRat urfprünglidj feine ®erid)töbarfeit, toeöf)alb
er aber im !5ntereffe öon ^anbel unb ©etrerbe um fo eiferfüd)tiger
über bie ununterbrodjene Iraner ber ^Rechtspflege burc§ bie öom
SBifc^of beftellten SRic^ter mad)te. ißer{)ältniSmäßig balb ergab eS
ftd^, baß bie SRinifterialengefc^tec^ter, auS benen ber ©tabtijerr
>) 3(50. XIII 195, IRemling l 357. gjon t^m tDa^rjt^emlic^ ber Speierer
©traöennamc bct <Rtttcr«2Belt(^5gat|c (3cu6, ^Rei^sjtabt Speiet 23). SDBoIi(^ ■= ber
Seljci^e t[t |cIbftocr|tänbIi(ö nur Übcrieftung von Gallicus.
2) Seuslcr, 93erfa|iung5gc[(^i(^te 174.
3) .J)ilgarb 17. 3)a5 93c|te über bic 5Bebeutung bei Urlunbc jejt
§cu5let a. a. O. 159.
*) öilgarb 26 mit S<^aubc, 3"^ (£nt[tcbung ber StQbtDerfa||ung ©on
2Borms, Spcicr unb aRains (Sresl. ^rogr. 1892) 42 gegen Äoe^ne, Urfprung
bct Stabtoerfanung in SBorms, Speier unb SWainj (1889) 277.
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biefc SRic^tcr auötDci^Itc, burc^ ftdbtifd^c öürgergcfd^lcd^tcr junad^ft
für bie ScftcHung beä Untcrfämmcrcu^ unb Untcröogt^, \p'ain
aügcmcin crfc^t tourbcn.*) ?ttcr er ftrcbtc tociter: er ipoßte biefe
Seamten in feine ?f6^ängigfeit Bringen unb ju ftübtifc^en 9tic^tent
machen. Sei biefem ^eijjen Semü^en lonnte eg i^m nur angencf)m
fein, ttJenn ber Sifd^of fic^ toenig um bie eintägigen fragen
Kimmerte unb ganj in ben SReid^^gefd^äften aufging.
Slnberd ftanb e§ um bie geiftlid^e ®eric^t^barleit. ^tmx
t|ier fet)Ite eö an einer ftänbigen, bie öielfad^en oberf)irllid§en 3n*
tereffen genügenb toa^rnef)menben ©tctttjertretung be^ Sifd^ofiS,
feitbcm bie ?lrd^ibiafone felber ju orbentlic^en SRid^tern gettJorben
toaren unb nur. attju teid^t baf)in neigten, für i^re eigenen )erbft=
füd^tigen Qtvtdt tätig ju fein. Slufserbem fonnten le^tere jtoar für
eine gelegentlid^e, *) nid^t aber für bie ftänbige ©teHöertretung in
93etrac§t lommen, ba fie bei ber 3a{)I if)rer ^mter unb ^ünben
— in ©^eier toaren fie gleid^seitig ©tift^pröpfte, 2)om!anonifer
unb au^erbem 3nl)aber Don Pfarreien unb ^aptätn — enttoeber
fetbft mit Arbeit überhäuft ober ju faul ober unfätjig toaren.
Unb boc^ toar öor aöem bie ganje 9ied^tf^)rec^ung auf eine un»
mittelbare ober mittelbare Beteiligung be^ Sifc^of^ abgeftellt. 5)aS
galt nic^t blo§ im Sereic^ ber ®enbäuftänbig!cit, fonbeni aud^
überall fonft, too ©eiftlid^e ober öaien felbft in rein toclttid^en
5)ingen ein bifd^öflid^e^ Urteil toegen feiner ganj befonberen Kraft
unb SBürbe ju erlangen fudf)ten. 9111 bieg toar begf)alb fo toic^tig
getoorben, toeil nic^t nur bie geiftlic^en, fonbem aud^ bie toeltlic^en
SRic^ter immer me{)r bcm ©nflu§ i^re^ eigentlid^en @eric^tgf)errn
cntjogen tourben. 3Benn fid^ nun ein Sifd^of bem S)ienft ber i)oi)ni
^olitif gefangen gab, fo brängte bie 5Rot auf^ f)öc^fte unb fd^toerer
Schaben brof)te ftirc^e unb SRec^t. 2)a toie^ baö Seifpiel ber
SRad^barbi^tümcr auf einen 9luötoeg, ber auc^ in granlreid^ begangen
toorben toar, auf bie ©infü^rung t)on Dffijiaten.
@o erf^ieinen 1212 (gtigarb 30) in einer unb berfelben Urlunbe
unter ben ^ienftmonnen ber Stabtidmmerer unb ber ©tabtoogt, unter ben
ISflrgem bet 6(6ult^et6, }iDei 3dQner, ber 9^n$met[ter unb ber Unterfdmmerer.
(£r|ter bflrgedtc^er llnteroogt i|t DieUeic^t i. 3. 1218 ein gletc^aeitig mit
bem minijteriaH[4ien SJogt erroö^nter Godefridus (öilgarb 31 3lx. 31); a. 9Ä.
9{tet|(^el, Surggrafenamt 132 ^
^) 3' ®* 1225: cum [nos prepositus] presideremus iudicio domini
episcopi in claustro maioris (9?emling 1 175), 1259: W. prepositus iudex
a doraino clecto constitutus (Ä3t. 6peier cod. Novacur. =- Ä93. 9leu^i)fen ÖL 51).
2*
20
3. 3)ie (Sntßel^ung htS gttftliifien £ffi}talatd ift nad) Qngimib
uub granfreid) 311 t)ertcc5cn. Grftmal^ taud^eu bcrartigc @tctt=
Vertretungen t)or 1170 in ßanterburl) unb um 1170 in SWcimö
öiif-') 3^^ Ö^eginn be« 13. 3a^rf)unbert^ bcfa^cn fd^on bie mciftcn
mittel unb norbfranjöfifc^en iMstiimcr fold^c Beamte unter bem9iamcn
SSifare ober Offijiale. >3ie l)atten bie 3iif*änbigleit be^ fpäteren
®enerabitar^ famt ber be^ f:päteren Cffijiafö, tonnten alfo besf
iBifd^ofö gefamte außergerid^tlic^e unb gerichtliche ^^ätigfeit beforgen.
2)ie einfc^tagigen Seftimnmngen be^ liber sextus lourben nad^mak
Dom ilon5il uon 2l)on 1245 tpieberI)oIt.^) Daburd^ tourbe bem ßrj=
bifc^of \)on Stcime namentlich »erboten, felbftänbig in ben Suffragan*
bi^tümeni Dffijiale ju befteßen.
%U (yrünbe für bie (£ntftet)ung be^ neuen ?lnite^ loerbcn
getüi)t)nlic^ •') jtoei fünfte angegeben: einmal ber Stampf beöSJifd^of^
gegen bie (ärjbiafone unb fobann ba^ Sluffommen be« neuen SRcc^t^.
ÜJian fagt, ba\i bie äRad)t ber bem 33ifc^of bamate über ben Äopf
gen)ad)fenen ©rjbiafone nid^t toirifamer eingebämmt toerben lonnte
ale burd^ 3lufftetlung eineö Vom S^ijd^of gänslid^ abhängigen 3ie=
amten; luxb ebenfo natürlid^ fei e^ getoefen, ba§ ber meift red^t^«
unfunbige 33i)d^of bie Sc^loierigfeiten eine« it)m gänjlid^ fremben,
eigenartigen unb geföt)rlic^en ^^rojepetrieb^ einem Med^t^funbigen
überlieft. 4^eibe (SrUiägungen finb an fic^ rid)tig unb boc^ be«
Reifen fie nac^ meiner 9lnfid)t nid)t ba^, \va^ fie t)ier belueifen
Jollen. Jenn eö ioilt mir (d^einen, al^ ob fie gerabe für ^rant=
reid) unb bamit für bie allerfrüljeften Jälle, in benen fid^ ba^i
neue ÖJeric^t jcigt, öerfagen iuoUten. 3luf ber einen Seite be^toegen,
loeil in einer 9ieil)e franjöfifdjer ^i^tümer bie älteften Cffijiale
aui> ber 9ieit)e ber (^rjbiafone genommen tparen/) auf ber
») Sournfcr 3.
^) Officiales suflfragancorum archiepiscopi Rcmensis tokber^oU genannt
bef Mansi, Concil. collectio XXIII (1779) 653 4.
3) 3o mit geringen Abweisungen 3. SB. ^ournier 7; Schulte, Stra^urget
U93. III 6. XVIIl; Schling in gauds 9?eaIen3i)!Iopäbic ^xiV 349; albert, bie
aBa^IIopitulationen ber ©tl^öfc oon 9Bür5burg (3lg33. oon Untcrfranfcn XLVI
[1904]) 159. Dagegen brücH ft(^ ©radmann, ©efc^ic^te bes golberftäbter Dom»
fapitels (3eit|(^ttft bcs öarjocreins XXXII [1900]) 147 ©eit oorltc^tiger aüs,
*) So unter Scnu^ung ber oon gournier 809 gelieferten £i|ten in fie
aWans 1191, ^topes 1200, Soi[|ons 1203, fiijteui 121« unb Angers 1224.
Da& ber ^Begriff Offijial in bie|em fianb bereits bamals Jeine eigentümliche,
fefte Umgrenjung erhalten ^atte unb nit^t etma bieg ,,Seamter" im Allgemeinen
bebeutete, ge^t aus einer 9lei^e oon Stellen bei Sfournier ^en)or.
21
anbcrn ©cite be^tocgcu, iücil um 1170 bic ^errfdjaft bc^ römifdj=
fanonifd^cn SRec^t^ nocfj fcine^tocg^ ju fo burd^flreifenber ?ln=
ci'fcnnung gelangt toax, i)a}i fic mit SJottoenbigleit bie Siufiif)ritng
cine^ neuen SRic^ter^ f)iitte bebingen muffen. Xa^ römifc^c 9?ecf)t
tpurbe bi^toeilen t)on angefe[)encn Scannern mit einem folc^en §a§
öerfolgt/) i>a% and) ha^ üertoanbte fanonifc^e Stecht barunteu leiben
mu^te unb fic^ nur langfam Gingang Derfc^affen fonnte. Xer
äRann, bev bie ipinberniffe bejeitigte, wax - - bei* DffijiaL 2)^nn
ic^ meine: nid)t ba^ neue JRedjt brachte ha^ neue 9tmt, fonbern
ha^ neue 9(mt brachte ha^ neue JRec^t. 3)er (^ang toax \\\d)i ber,
ha^ etwa ber Sifd^of bem "Jvöger beö ^Imte» bie 'Jtntoenbung ber
fanonifc^en S?orfd)riften auebrüdlid^ befol)(en t)ätte, fonbern ber,
ha^ biefei" fie für |c()r vernünftig unb sujecfbienlic^ fanb unb ba§
er anbere nic^t genügenb fannte. Xer f)eimifc^e 9Jed;t^juftanb lag
nid)t jo einf)eitlic^ fc^^^-l umriffen, fo abgefc^Ioffen vox tpie bie
©ammlungen be^ '^^Japftrec^te^, unb ha-^ Stubium be^ römifc^en
9ied}t§ toar allen ftlerifern fc^on lange l^or ber befannten X>efretale
be^ ^apftes^ ^onoriu§ III. Dom 5a^re 1219 verboten getüefen.^)
S)amit gab fid| bie ^^efd;rfinfung auf ba^ fanonifc^e ^Si^djt lion
felbft. 9lu§ biefen Srtoagungen mödjte id) bie jutreffeubfie, tuenn
auc^ nüchterne tSrttärung für ba^5 erfte ?(uftaud)en be^ Dffiäialat^=
gerieft« barin fe[)en, ba§ ber ©ifc^of bei ber 3.?erme^rung feiner
toeltlic^en unb geiftüc^cn 3(mtÄgefdjäfte — infolge Erlangung neuer
Steckte unb ^flic^ten, infolge immer größerer ^.^erfc^iebenartigfeit ber
ftaatlic^en, gefeßfc^aftlic^en unb toirt)d)aftlid)en S8erl)tiltniffe, namcnt=
lic^ aber infolge ber S8eliölferungejuna()me - - fid) ebenfo für feine
geiftlic^e öJeriditöbarfeit loie für feine fonftige Xätigfeit nac^
ftiinbigen ®ef)ilfen im 3lmtc umfel)en mu^te. (Sie mar bie 3^^^^ '^^
ber er auc^ in bie $)anbf)abung ber toeltlic^en 3iec^tepflege meniger
ate früher ^^erfönlic^ eingreifen fonnte, biefelbe 3^'^ ^^^ ^er auc^
ber jum 2anbe§l)errn ^oerbenbe ©raf fic^ infolge ber neriinberten
S?erl)ältniffe genötigt fal), bie ?hb3übung feiner i)of)m Werid)t^^=
barfeit Unterbeamten, 3^"^9^*^f^^^ / 5d)ultl)eif3en anjuüertrauen.^)
') Sfournicr 8. 3n X)cutJ(^Ianb bcfämpftc bas römijd^c iRct^t namcntli^
(räjarius oon ^e\]itxhad) (ogl. j. SB. Dial. mirac. 6, 28).
*) gournier 9» oera)ei[t 5. S. auf Conc. Remen. c. 6 (1131), Conc.
Lateran, c. 9 (1139), Conc. Turon. c. 8 (11()3).
^) Über bie aUgcmcin ju beobo(^tcnbc (Errociterung ber 3u|tan^i9tett
bes nieberen auf Äojten bes ^ö^eren Wd^tcrs ogl. Wct|(^el, ©urggrafcnnmt 310.
22
5)a6 bcr 93ifc^of mit bicfcr crtocitcrtcn rid^tcrlid^cn Xätigfcit nur
in cinjclncn Diöjcfen feinen früher fo toiel öemenbeten ©tettöer^
treter, ben (Srjbiafon, fonft aber einen eigenen ganj öon i^m ab--
f)ängigen Seamten, ben Dffijial, betraute, baran mod^ten bie öer=
fd)iebenartigften, üon "^aü ju gatt »ed^felnbcn ©rünbefc^ulb fein.*)
SBar freiließ ba^ Cffiäialat unb bamit ba^ Dffijialat^geric^t irgenbtoo
einmal eingefüljrt, bann toaren ber bifd^öflid^c Äampf gegen bie
Gräbiafone unb ba^ neue Sted^t bie ftärfften Stü^punfte fiir fein
gortbefte^en, unb ber it)m entgegengebrad^te ^a§ ber ©rjbiafone
Iie§ fid^ nur ju erlliirtid) finben.*)
£b bad Dffijialat^gerid^t nun in ö^nlid)er öötttg fetbftänbiger
ßnttoidtlung ober auf bem SBege ber blofeen ßntle^nung unb
3iad)a^mung eineö fremben SSorbitb^ nad^ 2)eutfd^Ianb gefommen
ift, läßt fic^ noc^ nid)t burdjtoeg mit Sid^erfjeit fagen.') 1)em fran=
jöfifdjen ©influß leidet erreid^bar lag Xrier. §ier begegnet unö feit
bem 3al)re 1221 ein ftänbiger rid)terlid^er Steüüertreter bcd @rj=
bifd^of^ unb jtoar unter bem auc^ in ben franjöfifc^en Siötümcrn
üblid^en 5Wamen CffijiaL*) 3n SKainj finb bie ©tetlöertreter öieUeic^t
fd;on früher nad^meiöbar , aber t)ier jeigen fid^ 89efonberf)eiten.
3unäd|ft treten fie in ber 9Jicf)räat)l unb nid^t toie in 'Xrier unb bem
*) «gl. oben 8. 19.
') 3o \d)on ber ^r^ibiafon $eter oon iBIois unter bem ^I. 2^oma$
(•}• 1170) oon CCantetburi) : „Hi sunt vipcrae officiales iniquitatis . . . Vadit
hodie solus ad synodum vel cum paucissimis archidiaconus; ofücialis autem
cum dracone, qui de coelo cecidit, trahit seclim tertiam partem stellarum ;
atque decanos et sacerdotcs secum trahens . . . manifeste non ovium pastor,
sed luporum . . . Usus ecclesiae actiovus fuit, ut archidiaconus esset offi-
cialis . . . Modernis temporibus cessavit in ecclesia officium et nomen
archidiaconi" (gournter 8').
'; (Eigene arbeiten festen no^ ^ierabei. Die f olgenben Seifptete fahren
lebiglic^ bas an, mas id) bisher o^ne umfangrei^ece ^la^forf^ungen meift
gelegentlich gefunben ^obe.
♦) W(ilhelmus) dei g^racia maior decanus, offtcialis domini archi-
episcopi [Treverensis]: SWittek^. US. HI. 151 9lr.l76; 1226 ebenba 225 5h.
278) : T(imarus) dei gracia scolasticus maioris ecclesie Treverensis, officialis
domini archiepiscopi ; berfelbe oerfa^ bas Offi^alQt bis 1236. Son 1239
bis 1242 roirft ber Domfanonifet X^eoborlcus, oon 1243—1252 Simeon unb oon
1253—1256 aWag. fiaurentius als Offialal. JBelcge finb mit gtlfe bes «egifters
im aWittelr^. HSB. III leicht ju erje^en. — tHuf bie Zai]a^t, boft ber (Ersbijcftof
oon Xrier (Erslansler für C&allien (b. ^. Suigunb^fiot^dngen) mar, lann ^ier
toeniger 9Bert gelegt merben, loeil er biefes Hmt eift feit bem 3ntenegnum,
Offizien erft fett bem 3a^re 1308 oerfa^.
23
größten Xcil öon granfrcic^ afe ©injelbcDottmdci^tigtc uub @in,^cl*
vierter auf uub Jobaun führen fie anä) f)m einen auberen Xitel:
^9ii(§tcr be^ f)I. @tut)Ie^ toon aWainj'' ober „Beauftragte SRid^ter."
2)a^ beutlid^fte »eifpiel i)iefür liegt fc^on fllr ba^ 3af)r 1221 üor:
in einer Urfuube bejeid^ueu fid^ ber ^ropft öon S. ^eter uub ber
®omfufto§ ate beauftragte SRid^ter uub öertoenben babei bog
©iegel, beffen fid^ bie beauftragten Siid^ter ju bebienen pflegten.*) Sie
filteren alfo nid)t if)re perjönlid^en Siegel, fonbern bereite ein ge«
meinfame^, ein ämt^fiegel ; burd^ biefe^ Stmtöfiegel ift auf ha^
fd^Iagenbfte betoiefen, ba§ e^ fid^ bei i^nen nid^t um einen Dor»
überge^enben Sonberauftrag ju irgenb einem Sonberä^ed, fonbern
um einen allgemeinen ?luftrag ju einem ftiinbigen Qtotd ^anbett.
5)ie „beauftragten SRid^ter'' finb aud^ bie „SRid^ter" fd^Iec^t^in,. toed«
f)alb beibe Öejeid^nungen toaf)Uo^ neben einanber üorfommen f) nur
ift ftreng ju bead^ten, ba§ biefe „9iid^ter" immer geiftlid^e SRid^ter
finb unb ba^ bie toeltlid^en SRii^ter fic^ felbft nur mit it)rem
Sonbemamen 5. i8. ftämmerer, Sc^ult^ei^ ober S8ogt, bejeid^nen.
Sie ^aben anfc^einenb aud^ bie ©efugnig UnterbeDottmdd^tigungen
Dorjuneljmen;') über i^re ©inrei^ung in ben Sied^t^jug unterrid^tet
fdjon für bie Qtit um 1220 eine Urlunbe, nad^ ber in einer Streit*
fac^e äuerft Dom SWainjer SJompropft an ben ©rjbifc^of, bann
nac^ Stüdttoeifung ber ganjen Sad^e an ben juftänbigen ©rjpriefter
t)on biefem an „bie SRid^ter" ju SJ^ainj ^Berufung eingelegt toirb.*)
2)iefeö neue . geiftlic^e ®eric^t in SRaiuj entftanb, toie ^ai)i ber
Üiic^ter unb bereu 9Imt0bejeic^nung loo^l mit Sic^ert)eit erfennen
laffen, Weniger unter franäbfi)d^em ®influ§ ate in felbftänbiger 3tn«
le^nung an ba^ öom päpftlic^en Stu^I fd^on längft für nid^t»
ftanbige 3^^^^^ gegebene 93ei)piet ber Grnennung t)on beauf=
tragten SRic^tern. i)a^ Speier am meiften benachbarte ®i^tum
3Borm^ ^at erftmafe im 3a^re 1243 baö neue geiftlic^e ®erid^t
>) 55rep-9lem«ng, U95. von Otterberg (1845) 30 9lr. 39 : C. prepositus
sancti Petri et C. custos maioris ecclesie Moguntine, iudices delegati, et
C. camerarius Maguntinus. Sie finb bei einem ^ft ber freiioiUigen C^eri^ts«
barleit tatig, ba oor i^nen eine fromme Stiftung gemacht wirb, ^m Schlug
ift bie 9lebe vom sigillum. quo delegati iudices uti solent.
*) 95gl. ä. 35. mit ber eben genannten (Enofi^nung bas sigillum iudi-
cum sedis Moguntine im ^ictemb. US. III 259.
*) 1257 (SBirtemb. USB. V 188): Judex a iudicibus Maguntinis sub-
delegatus.
*) Um 1220 gre9.9lemling, USB. von Otterberg (1845) 30 9lr. 38.
24
aufjiUücifcn unter bcm Zxtd „Siid^tcr üon SBorm^"; obtool)! c^
jum jtocitcn Mal crft 1261 crtüaf)nt iPirb („Dffijial bc^ SBormfer
^ofc^"), f)anbclt c^ fic^ boä) bereite in jenem 3a^r um eine
ftänbige (ginrid^tung, toie ba§ 3?orf)anbenfcin bc§ ^Imt^fiegefe bc=
U)ciftJ) 3n Strasburg ift bic (£infill)rung beä Dffiäialat^geric^t^
t)öij^fttt)a]^rf(^em(ici^ bem tatfröftigcn üöifc^of ^ehtric^ öon ©ta^led
gu banfen, ber aU pa;)ftfreunbüc^er äKanu fofort nac^ feineu 28a^l
für eine im fanonifd^en Sinn ju geftaltenbe Sted^t^opflege geforgt
^aben mod)te; ber erfte Dffijial, ber auc§ ein 3lmt§fiegel füljrt,
ift i. 3. 1248 ber ^xop^i 9JicoIauö Don v5. %i)oma^ in @tra§=
burg'-^). ftonftanj enblic^ folgt nur Ujenig fpiiter nac^; bereit« i.
3. 1253 erfc^einen bie „SRic^ter ber Äirc^e ju Äonftans" unb fc^on
in ben folgenben !3a^ren begegnet aud^ ber „Dffijial" be^ Stul)(e^
ju J^onftanj.^)
II.
Pa$ Emporkommen be$ ^exx^t^.
1. 2)a8 bifr^öftt^c JDffijialat in SHeicr tritt fpäter afe ha^
in 2;rier unb äRainj, aber früher al^ ia^ in 3Sormö, Strasburg
unb Slonftauä am bem 2)unfel ber ®e)d^ic^te ^erüor. 3^^^ ^^1^^^^
3Kal begegnet e§ ber Sadje, loenn aud^ nic^t bem 9?amen nad^
l 3. 1237, alfo im erften 3a^re ber Stegieruug be^ Sifd^ofä
Äonrab öon (Sberftein. 2)ie tilteften einfc^lcigigen Urfunben*) lauten:
a) 1237 September 27: Anno domini MCCXXXVIP
quinto kal. octobiis iudices delegatiSpirenses. Com-
») 1243 (©OOS, U33. oon SBorms 143 Sir. 205): Iudices Wormacienses,
Siegellegenbe : Sigillum iudicum Wormaciensium ; 1261 (ebenba 198 SRr. 294)
unter b€n (Sieglern auä) officialis curie Wormaciensis, oiegeUegenbe : Si-
gillum curie Wormaciensis.
') SBgl. ^fc3u @(^utte, Strofeb. U©. III S. XVll.
") 1253 (3®0. XXXV 317): Judices ecclesie Constantiensis ; um
1254 (SBtrtemb. U18. V 452): Magister Conradus officialis sedis Constantiensis;
1256 (Ladewig, Regesta episc. Const. I 217 iRr. 1908 unb 3©0. XXXV
355) : Magister Chuno, ofticialis curie Constantiensis. ?lut^ ber QUSge»
jetc^nete Kenner ber Ronftanjer Gefc^i^te Dr. R. Sei)erle, $rof. ber 9?e^te m
C5ötttngen, fennt feine dUeren Ronftanjer Dffijiale, toie er mir freunblic^ft mitteilte.
*) ©is jcftt unbelannt. 3ucr[t entbcdte fie ©err Ärcisarc^ipar Dr. SRüIIer
auf bem oon {einer bif(^öfli(^en (5naben Dr. R. oon Sßn]^ im l^iefigen Drbi'
nariatsard^io erft füngft unter 6tu^Ibrflberurfunben loieber oufgefunbenen
9loteI 3lx. 1 bes illofters gimmerob. Die Originale ^aben ]xä) leiber noc^
ni(^t ermitteln Ia||cn.
25
parentibus coram nobis fratre Henrico de Nova Curia*) et
ßurchardo milite de Frisinheim dictus H. nomine ecdesie
sue in Hemmenrode ^) conquerebatur, qiiod idem B. decimis
in Medenheim') ecclesiam suam spoliaret, et super hoc lis
coram nobis fuerat contestata. Nos vero de consilio bonorum
virorum iurisperitorum ipsi H. fratri terminum prefiximus ad
producendos testes super spolio probando, qui taliter depo-
suerunt : Berengerus de Metmenheim iuratus dicit, quod viderit
et audierit, quod Eberhardus de Riet et Hellengerus de
Frankensteim contenderunt super eisdem bonis et taliter ter-
minatum fuit inter ipsos, quod proprietas eorundem bonorum
et decime deberent Metmenhem pertinere. Requisitus de
situ bonorum dicit quod inter Geinheim*) et recholz; rogatus si
plures interfuerunt, dicit quod Conradus scultetus de Geinheim
etmulti alii; rogatus de tempore dicit quod circa L annos; roga-
tus qualiter monachi intraverint possessionem, dicit, quod coni-
paraverint eam ab Eberhardo et etiam decimas eorum. Re-
quisitus, si postea alique exactiones date fuerint, dicit quod
non hoc excepto, quod dictus B. ipsos V annis spoliavit.
Elgenfridus iuratus dicit, quod interfuit, quando Fridericus de
Frankensteim et dicti monachi contenderint super eisdem
bonis; et marchia inter Geienheim et Muterstat sie divisa
fuit, cum ipsa bona cum decimis suis deberent Metmenheim
pertinere. Requisitus de tempore dicit quod circa XX annos ;
rogatus si plures interfuerunt, dicit quod universitas in Geinheim
et in Muterstat, dicit et, quod super hoc lapides finales, qui vulga-
riter marcstein vocantur, positi fuerint. In aliis concordat cum
primo. Henricus de Muterstat iuratus concordat cum secundo ^)
Nos autem hec dicta sigillo nostro fecimus roborari.
b) 1238 gcbnmr 5:«) Anno domini MCCXXXVIIP non.
februarii magister Michahel et magister Henricus canonici
') 9leu^ofen smtf^en 6peter unb fiubcDtgs^afen.
') 3^t^^i^nf^^lIoit^i^ ^n ^^^ l)eutigen preu^- 9?^emptODin5, Rxm 3ßMxä).
•) Medenheim, Metmenheim : eingegangenes Dorf bei 9leul)ofen (SWitt.
b. m- 35. b. <PfaIa V [1875] 91).
*) deute 9i^etng5n^eim.
*) Sieben anbete 3^**9^" -~ Fridericus, Lenfridus, Godefridus, Vol-
marus, Henricus de Muterstat, Henricus Wikelin, Emicho iurati — ebenfo;
jeber concordat cum secundo.
*) Die folgenbe Urfunbe |tanb auä) im cod. Novacur. bes ÄW. Speier,
iDurbe aber ^erausgenffen (ogl. ^l 25 b).
26
sancti Widonis in Spira, iudices a domino C. Spirensi
episcopo delegati visis attestationibus domini abbatis et
conventus in Hemmenrode et deliberatione prehabita dili-
genti communicato iurisperitorum consilio possessionem deci-
marum in Metmenheim, super quibus inter dictum abbatem
et conventum ex una parte et Burchardum militem de Frisen-
heim ex altera lis vertebatur, ipsi abbati et conventui per
diffinitivam sententiam adiudicamus et ea. que dictus B. abstulit
in eisdem decimis, precipimus integraliter restaurari salva
ipsi abbati questione expensarum in lite factarum, non defi-
cientes*) appellationi, quam dictus B. fecit a nobis, nuUani
causam gravaminis assignando. Et quia ego H. sigillo careo,
domini C. maioris ecciesie Spirensis prepositi sum contentus.
Datum anno etc.
c) 1238 '^thxnax 5: C. dei gratia cpiscopus Spirensis . . .
Sententiam, quam dilecti in Christo filii magister Michahel
et magister Henricus canonici s. Widonis Spirensis ex dele-
gatione nostra tulerunt super possessione decimarum in
Metmenheim, de quibus lis inter Burchardum militem de
Frisenheim et abbatem et conventum in Hemmenrode verte-
batur, ratam habemus et auctoritate nostra confirmamus. In
cuius rei testimonium hanc literam sigillo nostro fecimus
roborari. Datum [die] Agathe virginis.
d) 1238 gebruar 8: Iudices sancte Moguntinensis sedis.
. . Dilecti in Christo viri religiosi abbas et conventus de
Heramenrode . . a nobis postularunt humiliter et devote, ut
difTmitivam sententiam, quam magister Michahel et magister
Henricus canonici s. Widonis Spirensis ex delegatione
venerabilis patris domini C. Spirensis episcopi super possessione
decimarum in Metmenheim pro ipsis contra Burchardum
miütem ratione previa promulgarunt, dignaremur s. Mogun-
tinensis sedis auctoritate, qua fungimur, confirmare. Nos
itaque iuste postulationi predictorum religiosorum gratum
prebentes assensum eandem diffinitivam sententiam, quam ex
litteris predictorum magistrorum nobis patebat iuste et
rationabiliter fuisse promulgatam . . sancte Moguntinensis
sedis auctoritate confirmamus . . . Actum anno domini
MCCXXXVIII sexto id. febr.
*; ? Die S^orlage f)ai deferentes.
27
e) 1239 Wj>xil: S. dei gratia maior decanus totumque
capitulum Spirensis ecclesie . . . Notutn facimus universitati
vestre, quod cum inter abbatem et fratres de Hemmenrode
ex una parte et Burchardum militem de Frisenheim ex altera
super quadam decima in recholz iacente ex altera parte
fossati qui belegrave dicitur versus Wormaciam controversia
verteretur, idem miles B. de Frisenheim tractus est in causam
a predictis fratribus coram iudicibus Spirensibus,
coram quibus memorati fratres de Hemmenrode ius suum
per sententiam difRnitivam obtinuerunt. Verum quia prefatus
miles iterum eos in eadem decima molestabat, ipsi iudices
in eum sententiam excommunicationis protulerunt. Postmodum
vero iam dictus B. per ammonitionem bonorum virorum
iniuriam suam recognoscens omni iuri, quod in eadem decima
habere videbatur, renuntiavit et hoc coram fratribus domus
theutonicorum videlicet fratre Conrado de Osternach commen-
datore de Trivels et fratre Bertholdo de Thanerode aliisque
civibus Spirensibus videlicet Conrado sculteto, Elbvino nigro,
Beltholdö (!) rufo, Sifrido filio Herlindis, Guntrammo notario
cum omni querimonia, quam habebat erga sepedictos fratres
in manus ipsius abbatis de Hemmenrode resignavit. Sane et
hec quoque memorie commendandum, quod prenominatus B.
istud factum in plena synodo ipso die coram multis tam
clericis quam laicis denuo recognovit. Ut autem hec rata et
inconvuls>a^)permaneant . . ., heckartaestconscriptaetnonsolum
sigillo capituli maioris ecclesie Spirensis verum etiam sigillo
prepositi Aquiliensis^) tunc vicem domini episcopi gerentis,
sigillo quoque iudicum et fratris commendatoris de
Trivels in testimonium est roborata. Acta sunt hec anno
domini MCCXXXVIIII mense Aprili.
6^ i)anbclt fic^ aI|o in biefcn Urfunbeu um iudices a
domino episcopo delegati, bic ex delegatione sua Urteile fallen.
Über tf)re f)öf)cre Silbung unterrichtet jur (Genüge ber ÜJcagifter^
titel. Db fie blo§ fttr ben tjorlicgenben gatl ober allgemein mit
') Sorloge: invulsa.
') Sert^olb oon (Eberftein, ^ropft oon ^quileja, ein Sruber bes 93tJ4of0
(Toitrab (^lemßng, CBejc^lc^te 471 "*<>); feboc^ war er ntc^t <prop|t oon Mer*
^eiligen, mit 9lemltitg a. a. D. infolge einet 93enDe(^sIung mit Sert^olb oon
^o^en^art meint, mo^l aber fpfiter Dompropft.
28
SRcdjtfpvcc^uug betraut finb? @icf)cr aßgemcin. ©ouft tonnten
fic nic^t — tcitoeife fogar o^ue 9?enming i^rer 5Wanicn — fc^lcd^t*
^in alö iudices delegati Spirensis ober gar afe iudices Spirenses
begeid^net toerbcu.*) 3luc^ luäre e^ aufeerbem auffaticnb, ha^ fie
f^jöter anfd^etuenb of)nt n^eitercö ben SRitter, ber ftd^ über ba^ Ur*
teil ()uitoegäufc$en unb bie obfiegenbc Partei t)on neuem ju be=
läfttgen tpagte, mit bem Kirchenbann belegen fönnen.*) 9iamentlid^
aber ift entfdjcibenb, ba^ fie beibe nur ein einjige^ Siegel führen,
ha^ t)on i^nen furj sigillum nostrum unb t)on anberen sigillum
iudicum genannt Jüirb,*) ba^ alfo 3lmt^fiegel fein mu^. (Sin
?lmt§fiegel ieborf) gehört jn ben fic^erften Äenn^eid^en einer öott=
au^gebilbeten 33ef)ürbe mit feft umfd&riebenem ©efd^äft^freiei. Se*
ad^ten^ttJert ift bie (ärtoäfinung ber litis contestatio.^) bie @in=
l^olung be^ 9tateö öon 9te(^t^gelef)rten*) unb bie Äoftenenlfd^eibung^),
aUt^ ©puren, bie auf ilenntni^^ beö lanonifd^en ^^rojeffe^ fd^Iiefeen
laffen. 5)agegen bilbet bie fofortige 3^eftätigung beö Urteifö burc^
ben S^ifcfjof unb burd^ ha^ SDfainser geiftlid^e ©erid^t^) eine auf=
fäUige ^tblueidjung üon biefem 9ied)t, ba ^ieburc^ ber fonft öor-
gefef)ene ^tppettation^jug, ber an fid^ nid^t toerfperrt ^Derben burfte^
unmijglidi gemacht tourbe. Sfic^t fo Iel)rreid^ ift ein Urteil be§
?ßro^)fte§ Don 2l(lerf)eiligeu buö bem !3a^re 1244,') ber fic^ barin
jtoar nic^t al^ iudex delegatus bejeid^net, jebod} augenfc^einlid^
aU fold^er unb nic^t al^> ?Ird^ibiaton tätig ift, ha e§ fid^ in bem
iStreitfatt um ba^ Domftift ()anbelt. 3Beitere ^ierf)er ge^i?rige Ur»
funben au^ ber 3^'* be^S ÖJifc^of^^ ilonrab öon Sberftein f)abm
fid^ bi^ jej^t nictjt t)orgefunben, fo fpdrlid^ finb bie SRefte, bie fic^
au^ bem Untergang ber alteren pfüljifc^en 3(rd^it)alien erhalten t)aben.
5)ie näd)ftfolgenbc Urfunbe ftammt au§ bem 3at)re 1248, alfo
ber :^t\t ^einric^^ toou ßeiningen, ber bie anfd^cinenb t)on feinem
SSorgiinger getroffene Sieueinric^tung be^ Cffijiatatö fc^on um
be^toilien beibefjalten mu^te, ba er nod^ mel)r al^ biefer in ÄdnUjfc
unb ÜESirren üerloidelt unb befonber^^ feit bem Jage ber ^ißertreibung
beö Äleru^ au^ ber Stabt @<3cier, bie fein eigener 33rubcr im
Auftrag be§ Äaifer^^ in^ üBJerf gefegt tjatte,^) öom 9tad^efam^)f gegen
bie Staufer gänjlic^ Verfehlungen mürbe. I)ie Urfunbe®) befagt:
*) Urfunbe a unb e. ^) e. 3; a; ogl. unten ben fünften ^bjc^nitt.
*) a unb b. 5) b. 6) c unb d. •) gügarb 53 <Rr. 68^
*^) Ann. Spir. In ben Mon. Germ. SS. XVII 85.
®) !Das Original ijt anjc^ctncnb ni(^t mcl)r oorf^anbcn, bie bciben OT*
I^rtften (öornbarf|cr 5193. II im StaQt5ard)io ju SWünd^cn, Ä. bl. 3«8 11 951.
29
ludices') delegatiSpirenses. Anno dorn. MCCXL VIII
in crastino octave Johannis Baptiste in claustro Spirensi
movente^) W.') vicario de Goderamstein*) coram nobis*) I.
abbate de Hornbach alternatis*) vicibus contentiones, actiones
et querelas plures*) super prebenda, que eidem vicario in
eadeni ecciesia debetur de appendiciis et ecclesie decimis,
ita quod vicarius ius^) in campo certo dicto Bleck habere
presumebat ex donatione et viva legatione Sifridi militis in
Goderanistein armigeri et ulterius pl'js maioris decime quam
viginti niodios siliginis et carradam vini postulabat — cum
tarnen ab antea non plus usque ad presens tempus ab abbate
postulavit nee magis acceptavit — ; insuper etiam de aliis
rebus, que secundum populi et predicti loci consuetudinem
de minori iudicantur decima, medietateni undiquaque habere
concupivit, eo quod pro hiis omnibus in parochia deservit et
eam quoad suum officium^) expedit ; replicante*) vero domino
abbate nihil penitus iuris habere vicarium et ecclesie pres-
biterum in campo dicto Bleckenfeld neque in aliis rebus, sed
solum sibi debere viginti modios siliginis et unam carradam
vini, asserente'®) desuper vicarium eo pacto prebendam accep-
16 -- ^lA X unb cod. Dankarti im 9l?(. 3u SWünc^eti, ßornbat^cr ßtteralfen
9lr. 1'/, 5BI. 30 - Xcit y; jur SBcrgleic^ung atc^e \^ eine Originalurtunbe
Bon 1221 Im 9151., 9lb<inpfä^r Urf. gornbac^ Sasa. 2 - leit z ^erait) fhib
teümeife flber^oupt nic^t lesbar unb au(^ im übrigen fo ft^mer oerberbt, ba|
eine juoerl&flige Sfa|fung nt(^t ^u getotnnen i|t; bie 5lbf(^rift oon x oerbanfe
id^ 6erm Staatsarc^ioprattitanten Dr. Pfeiffer, bie Don y unb z germ
9leic^sarc^iopraftifanten Dr. gönig in SOi^finc^en. Das ^Regeft bei 9leubauer,
Siegelten bes Älofters Sombat^ (aRitt, bes fiiit. 5B. ber ^falj XXVll [1904])
29 9h:. 82 trägt burt^ einen X)ru(ffe^(er ein um ein 3^^^ V^ frühes Datum
unb ift au^ in^altlic^ gfingli^ unsuoerlöffig, ba ni^t bie be|jere Überlieferung
X, fonbem bie 5ugun|ten bes Alofters gefd(f(^te unb bebeutenb oertflrste
Sttffung y ^ugrunbe gelegt i|t. 5lu$ bie Urhinbe oon 1221 ent^&It feine
anberen IBeftimmungen als bas Urteil oon 1248, roes^alb au(^ ^ter bas 9?ege|t
bei 9leubauer 22 9{r. 60 gu berichtigen i{t, ba es ebenfalls na$ bem unbraud^«
baren cod. Dank, gearbeitet 3U fein fd^eint : benn ber SBifar erholt oon SBIeden«
felb unb befjen C5rogse^ent 24 uralter Rom unb 1 gruber SBein, ferner bie
gdlfie bes gefamten in feiner (Semeinbe anfallenben Rleinje^ents sugefpro(^en.
') X iudex, aber delegati; y iudices. *) x moventeii. ') x N..^
^) Sei £anbau in ber ^falj; x unb y fe^en actioncm ^inju, bas nur
3ur Iflraeren Söffung y pafet.
*) X fe^t et ^in^U. *) Alternatis — plures fe^It h€\ y. ') z iurisdictio.
^) X opus. •) y ©ei(^t oon ^ier (X\i OÖlIig O^i, ^^) x asserens.
30
tasse se nil plus exigere velle ; deinceps habere incorporationem:
Quo facto inquisitionem fieri fecimus et ex consensu dato')
capituli Spirensis maioris ecclesie super ecclesia in Goderami-
stein certitudinem accepimus, quod vicarius ex merito com-
petenter accipiet vigenti quatuor modios siliginis cum carrada
vini de campo superius dicto et eius decima, cum ob future
retributionis spem donatus et legatus sit^) ecclesie vicario
minime spoliari debeat,') et de aliis rebus qualibuscunque
canonicam portionem, quam determinamus mediam fore, sine
impedimento abbatis suscipiet*) et in hiis in perpetuum
contentus erit.*) Quod si forte vicarius ausu temerario contra
id venire presurapserit, ipso jure excommunicatus erit. Econtra
dominus abbas, cum hanc determinationem et positionem in-
fregerit, eademque p^na obligatus sit,*) quas penas voluntarii
acceptaverunt. Huius rei testes ') sunt A. ^) scolasticus et
prepositus sancte trinitatis, VV. ^) de Hornecke canonicus maioris
ecclesie, Veluvvo canonicus sancti Germani, *®) magister Eber-
hardus, magister C. canonicus sancte trinitatis et alii quam
plures. Ad robur prescriptorum presentem cedulam sigillo
nostro *^) domino abbati dedimus communitam. Datum anno,
die et loco prenotatis.
2)a§ f)m gefd^ilbcrtc SBerfa^fCii üerrät bie S3cobad^tung
lanonifc^cr äJorfc^riftcn nid^t, 3tuf bie Älagbcgrünbung folgt bic
Slnttoort be^ ScMagten, l^icrauf bie Unterfuc^ung (inquisitio) ber
ftreittgen ^Behauptungen unb bie Setoei^erbringung mittete Urfunbe :
ha^ mod^te ganj cbenfo in einem rein beutfc^en ^roje^ üblic^ fein ;
aud^ bie SSertoenbung einer ^tViQtnmi)t barf tx)ol)I afe ?lnllang
an t)eimifd^e öJetPofjn^eit Betrachtet Serben. 9?on 933id^tigleit cr=
fd^eiut tüieber ber ®ebrauc^ beö 2lmt^fiegete.
') ©cmeint tit z. »; ge^It bei x.
') 5Bel X fe^Il legatus sit, für debeat jtc^t debcre.
*) Dtefelben Se|ttmmungen bei z; bei y er^dlt bet Stfor lebigli^
20 (ftatt 24) 3Ra\Ui S^orn unb bas gfuber 9Bem, aber gar nichts oom
Rleinje^nt! *) x contentum esse.
®) Die{e Seftlmmung fe^It natfirltc^ toteber bei y.
^) 3^^>9^^i^^i^^ ^^i ^ wnb y.
8) Adelvolkus, i. ©. genannt 1249 (9lemlfng I 240), f 1274.
9) z f)ai Do. (Semeint !|t Wemherus de H., genannt 1248 unb 1250
(gflgarb 57 9lr. 73, «emitng I 247).
*®) S(§on 1237 erroö^nt: H. Velwe canonicus s. Germani (Silgatb
49 ^nm. 2). ") x unb y fegen ^ter no(^ munitam ^inju.
31
"äud bcm ^af)xt 1252 liegt eine Üöeurfunbung bei* iudices
Spirenses auf bem ©ebietc ber freiJüiHigen öeric^töbarfeit ))ox, bic
mit bcn bamate üblichen gormein, mit ^tncitnxt\i)t unb mit ?lmt§=
fiegel au^gerüftet ift ; *) ba^ jngrunbe liegenbe Äaufgcfc^öft ift gan^ in
beutfd^rec^tüc^e @efta(t gefüllt : geierlic^feit , 3nanfpruc^naf)me eineS
©almanneg b. f), eineö Dritten, in beffen ^anb alle SRed^te ber
jur einen Sertrag^feite ge^örenben "ißerfonen bereinigt toerben, unb
Serltcffic^tigung beei SBeifpruc^^^ ober (Sinfpruc^^red^t^ ber (Srben.
gtir ba§ !3a^r 1256 befi^en hjir einen furggefafeten fc^ieb§ric^ter=
lid^en ©ntfc^eib ber iudices Spirenses-) mit ber Gingangöformel
Omnibus in perpetuum, bie mic^ fonft oon Speierer geiftlid^en
^erjonen gebraucht loirb.') 3m folgenben 3af)re flagte ber 2eut=
priefter r)on g(ef)ingen (im f)eutigen babifc^en iöejirteamt Sretten)
gegen ba^ ftlofter SKautbronn ouf S^efc^affung be§ Üic^te^ in
feiner S^irc^e; ba^ geiftlic^e ®erirf)t ju Speier tt)ie^ feine ttlage
ate unjureid^enb begrünbet ab, oerpflic^tete iebod^ in fc^ieb^ric^ter»
tiefer ©genfc^aft ba^ Ätofter jur (Entrichtung eine^ jäf)rlic^en
333ac^^}infe^ an bie ftirc^e in gle^ingen.*) I)a^ Urfunbenfd^ema
lautet: „Iudices delegati Spirenses. Proposita coram nobis
actione ab . . contra . . super . ., lite solempniter contestata
et testibus receptis dicta testium publicavimus. exceptiones
contra dicta et testa recepimus et . . partes induxinius, quod
in nos, qui sententiaturi eramus, et viam etiani arbitrii una
cum domino decano ecciesie Spirensis sub pena viginti lib-
rarum Hallensium in ipsa causa procedere curaremus.*) Dictis
itaque testium inspectis, exceptionibus, rationibus et statu
negotii et aliis, que movere poterant, diligenter consideratis
sententiando pronuntiamiis intentionem plebani sufficienter
non esse probatam et absolvimus abbatem et conventum ab
impetitione plebani super luminis amministratione, eideni ple-
bano et successoribus eius perpetuum super hoc silentium
imponentes. Per viam itaque arbitrii iniungimus . . . Ad
perpetuam autem memoriam presentem litteram sigillis videlicet
capituli et Wer. decani Spirensis cum sigillo iudicum feci-
») SBirtemb. U©. IV 298; 3®0. I 231 f^ai nur einen ^lusjug.
») 3®0. XIX 172.
«) 95{|<öof 1248, t)omprop|t 1259, Domfapftel 1261 («Remling I 238,
280, 319). Wi lonjtigen (gfngangsformeln i|t fic j. 25. oerbunben 1234, 1242,
1246, 1252 (cbenba 2()0, 224, 233, 250). *) SBirtemb. UJB. V 213.
^) giec fönt ber Serfoffer aus ber Ronftruftion.
32
miis roborari. Testes huius rei sunt: . . . Actum etc.** Xic
Urlunbc mit i{)rem actionem proponere, liteni contestare, ex-
ceptiones recipere ufU). jeigt al)o ipieber gauj frcmbrcd^tlic^e^
©epräge.
Dae am Seeluft sigillum iudicum genannte ^Imtöfiegcl bcr
am ?lnfang afe iudices delegati Spirenses 6e,5eid)neten 9?id)tcr
trägt bie Umfd^rift sigillum iudicum ecclesie Spirensis, U)or*
auö fic^ bie ®Ieid)artigfeit biefer öer)c[)icbencn 3tmtötite( öon fclbft
ergibt. 3^"^^ SBergleid) fei ein üertüanbteö Urteil t»om 29. ?[uguft
1259 ^ierl^er gefegt:
W. dei gracia prepositus Spirensis, iudex a venerabili
domino electo constitutus post litis contestacionem factam
inter dominum lo. nobilem de Frankenstein et magistrum Nove
Curie coram nobis et domino scolastico coniudice nostro
super duobus articulis in litteris nostris prioribus expressis
misimus de voluntate parcium decanum s. Guidonis et ma-
gistrum Cyminum^) ad iuratos in Altdrupf et alios, ut ipsi
secundum suam noticiam veritatem dicerent iurati super illis.
Nichiloque') ibi acto, quia quidam aberant et alii sine illis
dicere recusabant, partibusque iterato coram nobis comparen-
tibus cum personis quibusdam de Altdrupf nos ipsos ad
magistrum C. prebendarium Spirensem misimus, cui causam
illam audiendam commisimus et cognoscendam, coram quo
partes comparuerunt. Et actione coram nobis prius edita
coram ipso innovata et processu habito iterum recitato coram
ipso partes tandem personas illas de Altdrupf iuratas absol-
ventes a deposicione qua in ipsas convenerant, in unam
tantum personam convenerunt, dominum videlicet Ludovicum
de Rorbach*) dictum advocatum in Heidelberc secundum
formam in litteris nostris expressam. Per cuius litteras et
rescriptum magister C. predictus. coram quo partes iterato
comparuerunt de meritis cause et articulorum illorum plenius
instructus in nomine domini sentenciando pronunctiavit. quod
bona in Altdrupf almende dicta sunt ab exactione libera, a
•) Cod. \ovacur. JBl. 51 (Ä^. ©pclet), bisher unbcfonnt.
^) %Vid^ decanus et mat^. H. de Nicastel canonicus s. Germani tDUtbcn
|(^on mit berjclben Sa^e befaßt, ogl. 9?emltng I 278 (1258).
') 2cxt nichilque.
*) Sein fd^cifilic^ abgegebenes testimonium [te^t cod. Novacur. 331. 51b.
33
quibus predictus dominus Johannes exactionem exegit, et per
diffinitivam sentenciam absolvit magistrum et Novam Curiam ab
inpeticione prefati domini de Frankenstein. Item sentenciando
protulit magistrum et Novam Curiam nulli teneri de iure vel con-
suetudine quicquam de oblacionibus [dare], que fiunt in festo
Petri*) ex ulla causa. Et predicto domino lohanni silencium
in perpetuum imposuit super premissis ipsum ad expensas
in lite factas sentencialiter condemnando, quarum declara-
cionem et taxacionem suspendit, ipsumque dominum lohannem
per archipresbiterum citari fecit in feriam sextam ante nati-
vitatem beate virginis prefato magistro super damnis et aliis
responsurum. — Nos igitur sentenciam huiusmodi iuste pro-
latam in nomine domini approbamus et ratam habemus, non
obstante, quod dominus lohannes ad nos tempore ferende
sentencie provocavit asserens magistrum C. non esse suum
iudicem, in quem tamen consenserat coram ipso suam actionem
edendo et in dominum Ludovicum predictum consenciendo.
Actum anno domini MCCLIX in decollacione lohannis Bap-
tiste. — Ego A. scolasticus Spirensis et iudex^) domini
prepositi sentenciam hanc approbo et ratam habeo sigillum
meum presentibus appendendo. Magister C. sigillo carens
nostris videlicet prepositi et scolastici sigillis usus est.
211^ 9?id)ter fiub al)o i)kx üom iMfc^of bcftcKt ber 5)oin^ro))ft
SBcrncr t)on ^of)cnec! unb bcu ^omfd^otafter 9lbcIüoIf t>on ßad^cn,
C0 liegt aber allem 2lnfd;ein nad^ eine Spejialbetegatiou öor, toe§=
tiatb aud^ beibe \^i 'ißriöatfiegel anf)ängen. SJemerfeu^njert finb
bic öorfommenben Uiiterbelegatioiien ; bie öegeic^nung be^ 2)om=
fd^olafter^ aU iudex •prepositi )mxt t^ mir bann, tocnn nic^t
ein 8d^rcibfef)(er für coniudex öorüegen toiirbe.
Da^ ftänbige geiftticfje (berief)! begegnet tDieberum int folgenbeu
3af)re, afe e« bie Älage ber Wirc^e ju St. ®oar gegen ha^
Älofter ipimmerob toegen eiue§ 3^1ji^^^ 3^^ 9?^eingönt)eim
ab)üeift.^) 6^ i)ti^t ha: ,.Iudices delegati Spirenses . . . Nos
itaque testibus partium receptis, dictis ipsorum publicatis
et instrumentis quibusdam perspectis invenimus . . . Verum
') 3n ber ÜbetJ^rift Petri et Pauli.
*) 2Birb VDof)l ^eifecn müj|en coniudex.
^) ^uf ben unter 6tu^lbrabenirlunben beftnblt(^en 9ioteln iRr. 1 unb
.2 im Orb{nariatsard)iD 8peter; bisher unbelannt.
3
34
quia iura proniora sunt ad absolvendum quam condemp*
nandum, nos habito iurisperitorum consilio consideratis
considerandis . . . per sententiam diffinitivam adiudicamus
et super eis procuratori capituli s. Guaris seu ipsi
capitulo perpetuum silentium imponimus, ut tenentur
excommunicantes omnes eos, qui predictum abbatem et con-
ventum in decimis antedictis perturbant. Testes etc." Slu^
bcn '^aifxtn 1264, 1265 unb 1267 lenucn toir Icbiglid^ für ©cgcn*
ftänbc bcr freitoittigcn ©crid^t^barlcit ©curfunbungcn ber iudices
Spirenses*); bei einer in claustro Spirensi in iudicio betvtrtten
©eelgeräteftiftung toon 1268^) [inb toieber bie iudices delegati ge*
nannt. (Sine ^roje^urfunbc toom glcid^en Sa^r*) jcigt htn bereite
toieber^olt angetroffenen (Singang unb Sd^lu^ : „Iudices Spirenses.
Anno domini .... comparentibus coram nobis .... per senten-
tiam adiudicavimus diffinitivam,*) eidem H. super predictis
perpetuum silentium imponentes, contradictores nichiloniinus
et rebelies excommunicationis sententia irretientes. Actum etc."
3u beachten ift, ba§ bie @ntfc|eibung auf grunb ber SBertoeigerung
beS sacramentum calumpnie.'^) alfo einer burc^au^ römifc^*
lanontfc^en ^oje^einric^tung erfolgt. Srft t)on je^t an beginnt
ha^ SSc^Iein ber Urhmben be^ Speierer geiftlic^en ©eric^t^ reic^»
lieber unb breiter ju fließen. S^ fommt babei ein fefteg Urfunben»
fd^ema jum SSorfd^ein, \>a^ fic^ burd^au^ an bie älteren SWuftcr
anlet)nt, fo baß Joeitere Sinjelbcifpiele nid^t me^r nötig finb. 3m
allgemeinen bleibt bei i^nen Äürje unb S9ünbigfeit tjerrfd^cnb, fo«
toeit nic^t außerftreitige SRec^t^gefc^äfte in i^^'age lommen; benn
biefe »erlangen and) beim geiftlic^en (SJerid^t bie Umfthnblid^feit
unb geierlid^feit, bie auc^ beim locltlid^en -üblid) toar ; j. ©. öcr»
jidjtcn fie nur feiten auf bie ^lufjä^lung berjemgen, bie beim 9lb*
fd^luß be§ ©efd^äft^ zugegen loaren. ®leic^ioo^I ergibt fic^ aud^
^ier ein iucfentlid^er Untcrfc^ieb infofern, alö bie ftrengen SSertrag^«
formen be^ ^eimifc^en Sted^tsi am Cffijialat^geric^t nid^t lange afö
maßgebenb angcfet)en unb burc^ bie bequemere gormfrei^eit be^
rbmif(^=fanonifc^cn 9Jed;t^ erfe^t mürben.^) So finb j. 39. l)ier
') Öilgarb 79; Mon. Pal. III 4Ö, 54.
2) Cod. Novacur. SI. 67b (Ä«. Spef«).
8) Mon. Pal. III 58.
*) aBürbtroctn: dififinitam. *) Sflö^crcs im oterten ?lb|<^nitt.
«) 359I. baflegcn 5. ö. bfe Hrfunbc oon 1252 im SBirtemb. U». IV 298.
35
bic ^}cinUc^cn görmlid^fcitcn bed beutfc^cn Stuflaffung^gcfd^öfte^
f:päter nie emä()nt, obtpo^l tptr eine ganje 3iei(|e l^on einfd^lägigen
®runbftü(fdüerfäufen lennen. 93i^ jum @nbe beö 3af|rf|unbertö
fteigerl fic^ bie 3nanf^)ruc^nat|me beg ©peierer Dffiäiatatögeric^tö fo,
bag bie Xätigteit bed ©d^utt^ei^engerid^tö bagegen beinat)e jurildE«
tritt, greilid^ umfaßt erftereö md) ein toeit grö^ereö ß^f^^^^^fl*
feit^gebiet, nSmlic^ eine ganje 3)iiJ3efe, aber and) in (g|)eier felbft
getoinnt e^ jufe^enbd an SBoben.*)
2. Son ben 9(mtt}be}tt(^itnngen ber S^eierer geiftlic^en Stid^ter
ift tooifi bie ^Benennung ate iudices delegati Spirenses bie ältefte,
ba fie 1237, 1248, 1257, 1260 unb 1268 2) urfunblid^ bejeugt ift.
%6er fie Derfd^tpinbet balb unb tritt f^äter nur nod) gelegentlich
^eröor,'') n?ie e^ aud^ in 3Kainj, baö für ben 9?amen bag un*
mittelbare $orbilb abgegeben I|aben mag, ber ^aQ getoefen ju fein
fc^eint. an beren ©teile tritt iudices Spirenses, eine Benennung,
bie aud^ beim SBormfer geifttid^en ©erid^t üblic^ ift (iudices
Wormatienses). ©ie erfc^eint jum erften 3Wal 1239, bann 1252,
1256 unb 1264,*) öon ba an n^irb fie auf einige 3^it ^errfd^enb.
So oft bie SBorttJerbinbung iudices Spirenses üorfommt, bebeutet
fie na()eju au^naf)mötog ha^ geiftlid^e ©erid^t ju ©^jeier ; nur ein
einjige^ Wlal ift mir bie (£injaf|t iudex Spirensis für ben ©tabt»
ric^ter öorgetommen, aber in einem 3ufamment)ang, bag eine SSer*
ttjec^^lung au^gefd^Ioffen fein mufete.*) Iudices bagegen allein,
alfo o^ne ben 3"f^fe Spirenses bejeic^net ebenfo regelmäßig nur
bie njeltlic^en 9iid^ter ber ©tabt, namentUd^ in ber SBenbung
iudices, consules ac universi cives Spirenses.*) 9iun ^at e^
') gügarb aOeht fennt ffir bte 3eit oon 1270-1300 17 geiftlic^e C5e-
itd^isurfunben gegenüber 27 Urfunbcn bes eigentlichen Stabtgeric^ts.
') »elege Im oorigen W)\ai. ») 3. 95. 1281 Silgorb 106.
*) ^Belege oben.
*) 1260 ^tlgotb 70 Str. 97 : Hos testcs a iudice Spirensi nobis peti-
vimus adhiberi, qui et eos adhibuit ex officio sui iuris secundum iura civi-
tatis Spirensis et consuetudines approbatas. $ie5U ogl. 3. 93. 1273 ebenba 91 :
Acta sunt hec presentibus . . . [testibus] per Syfridum camerarium in testi-
monium huiusmodi convocatis, 1289 ebenba 123: Super quibus omnibus
Burchardus, scultetus Spirensis, ex debito sui officii secundum ius et con-
suetudinem Spirensis civitatis dedit hos in testes . . ., 1295 ebenba 143:
Super quibus dicti sculteti nuncius hos dedit in testes . . . IXro^bem fe^t
i^n ßilgarb 558 in feinem !Regifter unter bie gei|tli(^n 9{ii^tet!
*) Diefe iudices unb consules ^aben sufammen nur ein Siegel, ndmli^
bas sigillum civitatis.
3*
36
and) nidji^ auffällige^ nict)r an ]xd), tocnn btölücilcn iudices
Spirenses et iudices, consules et universi cives Spirenses }u=
fammcn afe ?lu8ftcttcr einer Urlunbe erfc^cinenJ) ®cr Xitel
iudices Spirensis ecclesie*) fd^eint nur in ber ©iegelumfd^rift gc»
Broud^t ju fein"), toirb aber aud^ üon biefent engen ?lntDcnbung^=
felb burc^ ben feit bem legten Viertel bc^ 13. ^\)H. )id) ba^n=
brcd^enben neuen 2;itel iudices curie Spirensis öerbrangt.*) ^n^
ätoifd^en jeigen fid^ aud^ bie erften fd^üd^tenien @))uren jener ©ejeid^*
nung, bie in ber golgejeit bem Dffijiakt^gerid^t feinen 3iamen gab.
2)a§ SBort officialis lann an fid^ im 13. 3^b. ju ©peier
für jeben Beamten gebrandet n^erben fo gut toie ba^ gleid^bebeutenbc
officiatus: 3)er Sifd^of nennt feine tocltlid^en ©tabtrid^ter,*) ba»
^) 1289 5%arb 123: sigilla iudicum Spirensium et civitatis Spirensis;
Ogl. 1279 ebenba 98: iudices Spirenses, consules et universi cives ibidem.
*) $^nl{(^ in i^on{tan5 1253 iudices ecclesie Constantiensis (3®0.
XXXV 317).
*) Das Siegel bes 6if(^öflt(^n Dtfigialats tm 13. 3^b. (Umfc^tfft:
t SIGILLV. IVDICVM. SPIRENSIS. FXCLESIE) jefgt in fpi^ooaler JJorm
einen auf einem mit ^unbsldpfen oei^erten 8tu^l {i^enben 9ii(^ter mit bem
Sarett (ober [ollte es anbers beseid^net merben muffen?) auf bem Ropfe, in
ber 9?e^ten einen mit brei fleinen 3aäen enbigenben Stah unb bie fiinle (mit
einem Su^?) auf bie Sruft ge^aUen (ogl. 1252 ^irtemb. US. IV 299 unb
1257 ebenba V 214) ; gan^ fi^nlic^e Siegel führten s* S- ber Speierer Sifc^of
1188 (ebenba II 252) unb bie SRatn^er !Ri(^ier 1229 unb 1263 (ebenba III 260
unb VI 103) ; Qu<^ mad^i m{(^ gerz 9{egierungsrat Sert^olb auf einen geller
bes iBifc^ofs geinric^ oon £einingen im ^iefigen Slhifeum aufmerffam, ber
ebenfalls ben Stu^I mit !tier!öpfen oerroenbet. Spftteftens feit bem 14. 3^b.
ift in Speter ein anberes Dffijialatsfiegel na(!^n>eisbar ; basfelbe ift runb, ^at
bie Umfc^rtft: t S. IVDICVM. CVRIE. SPIREN. unb jeigt einen auf einem
Stuhle (ober Sani mit Spi^bogen?) ftgenben 9ii(^ter in faltigem C»en)anb
mit Sarett (?) auf bem Rapfe, bie £tnfe auf bie Sruft gelegt unb mit ber
3atä)Un eine SBagc ^altenb (ogl. 1301 3(50. V 211; 1306 ebenba V 350;
1327 ebenba XXI 73; 1346 ebenba V 351).
*) 1281 Mon. Pal. III 115; 1287 Sfrep^^lemling, U93. oon Otterberg
186 mt. 242; 1299 Mon. Pal. III 216 unb 218; 1301 gilgarb 163 ufra.
Der alte !titel tDirb natürlich meiter gebraust. C^ne SBerbinbung beiber g. S.
1290 iudices Spirenses mit sigillum curie nostre (3®0- XIX 309).
») 1230 (Silgarb 39) officialis noster scultetus, 1294 (ebenba 141)
officiales nostri sc. scultetus, advocatus, magister monete et thelonarii, febod^
metter unten idem officiati, bann aU(^ officialis noster für ben iudex ecclcsi-
asticus. 3n einem allgemeinen Sinn fprid^t $apft gonorius III. oon officiales
episcopi Spirensis, bie ab electo [abbate] ipso pecuniam et res alias satagunt
extorquere (Würdtwein, Nov. Subs. XIII 234).
37
5)omf(H)itcl feine mit einem officium bea-auten SWitgliebeu^) unb
ber laiferlic^e Sanböogt im ©peiergau feine Unterrid^ter fo.*) 3n
feiner engeren Sebeutung afe eine^ ©teBöertreter^ in ber geiftlid^en
©erid^töbarfeit mag eö bnrd^ Vermittlung pitpftlid^er 5)e!retalen')
ober ba^ Seifpiel franjöfifd^er unb beiitfc^er Si^tümer*) bal|in
gebrungen fein, ©rftmafe finben n?ir i. 3. 1269 einen officialis
apud Spiram ober officialis Spirensis,*) 1278 einen officialis
curiae Spirensis.*) Um 1300 ift bie engere 95ebeutung fo all»
gemein anerfannt, bafe ber ©räbifd^of öon äKainj of)ne jebe nähere
tCngabe ganj allgemein öom ©^jeierer episcopus vel officialis
eius reben lann.') 6r tougte eben, ba^ jebermann unter bem
bifd^öftic^en Dffiiial nid^tö anberc^ öerfte^en toürbe aU jene SSe*
^örbe, bie and) iudices Spirenses ^ie§. ®iefc ®leict|fteUung toirb
bann aud^ fonft mel|r toorauggefe^t atö auöbrlidtlic^ ertod^nt,
tocnngleic^ aud^ für fte urhinblid^e 93elege nic^t gänjlic^ fehlen.
@o fprid^t bie 333a^IIa))itulation üon 1272 üon iudices an einer
©teße, n?o bie öon 1314®) officialis f|at. 1310 finb in einer
Urfunbe iudices curie nostre nnh officialis noster beutlid^ afe
gleic^bebeutenb gebrandet. ^) SBenn aber iudices Spirenses gleid^*
bebeutenb toai mit officialis episcopi, fo ift bamit üon felbft bie
SBrlirfe gefc^Iagen jur üöfung ber Weiteren grage, n?ie öiele bifc^öflid^e
geiftlid^e SRid^ter oor^anben toaren. Die 5lnttoort !ann jiii bie
') Officium hn ©egcnfaft jur dignitas; 3. 93. 1249 (9?cmlmg 1 244)
IDecben cellerarius unb portarius als ,,uterque officialis" ettDä^nt. SB9I.
ec^neiber, bie b\\^b% Domlapttel (1885).
2) 3« ®« 1279 officialis noster Marquardus advocatus in iudicio
provinciali . . ., qui officialis auctorilate regia et nostra (Würdtwein, Sjbs.
dipl. XH 216), Marquardus advocatus . . . regis officiatus (Mon. Pal. III 92).
3) ?ru5 ber 3eit bis 1245 über extra III 23, 3 unb V 32, 3; liber
sextus II 15, 3. (Ebenfo |inb in ben päp{tli(^en Briefen um 1245 oft fransöiifc^e
Offtalale eriDä^nt, 5. 93. Mon. Germ. Ep. sacc. 13 II 68 unb 69. 2Bcite 93er-
brehung mod^ten namentlich bie !Sefttmmungen bes Ronjtls oon £i)on erlangt
^aben, bie einen officialis ern^d^nen, ogl. oben 8. 16 unb 20.
*) Xricr, 9Borms unb Äonftanj namentlich. •'^) 3(50. V 436.
•; 9?emling I 354. ') Cbenba 426.
^) Cbenba 326 mit 427. %nä) bie [pöieren 9Ba^I!apituIationen ^aben
officialis.
"; Öilgarb 201/2. gerncr ijt 3. 93. 1319 beftimmt, bafe bie iudices seu
officiales civitatis Spirensis eine an |ie gebrachte Stceitfa^e jioeier Speierer
93flrger nur entfc^eiben [oUen, si causa est spiritualis (9{emling I 498). ^ie
SWe^rja^I officiales [te^t, roeil in bicfer 3eit neben bem bijcööflic^cn Offiaial
bereits anbere Dffijiale tötig finb.
38
fpäterc ^tit nur lauten: einen cinjigen. 3)ic ©igäujung beö S8c=
tocife^ liefert eine Urlunbe öon 1296: 9lfe ein ©^jeierer 2)oni=
^frünbner in ber ©igenfd^aft afe iudices Spirenses einige 9?at§=
mitglieber öor [ein ©erid^t lub, ba beftritten biefe feine 3uftänbig=
leit Dor allem be^toegen, n^eil ein anberer ©^jeiercr 3)om=
pfrünbner bie ®efd^äfte ber iudices Spirenses tjerfel^e, im öffent*
lid^en &txid)i tanquam iudices Spirenses btn 95orfi|^ fü^re unb
bereu Siegel beft^e.M Unb im Sa^re 1282 \d)o\\ ^ei§t eg in
einer Don ben iudices Spirenses anfgeftcÜten Urlunbe : Acta sunt
hec coram nobis Eberharde iudice ... et H. dicto Vilherre
notario iudicis.^) (Sin anbermal ift übcr^au^pt nur öom iudex
Spirensis bie JRebe;') ja bereite 1269 ift burd^ bie (Srtoä^nung
^be^" officialis Spirensis bie (5injat)l feftgeftellt.*) 3Bannn al)o
ber ^itel nos iudices Spirensis, ber an fidb eine 9Wel^rjat)I bc=^
äeid^net? 3Barum nid^t nos iudex Spirensis ebenfo tüie j. 93.
nos B. Spirensis ecclesie prepositus*) ober nos M. advocatus
provincialis a rege constitutus^) ober nos M. officialis iudicii
provincialis"^) ? S)ie Ööfung liegt barin, ha^ eben anfangs meljrere
®eiftlid^e jufammen mit ber ©tettöertretung beg Srfd^of^ in ber
Slu^übung ber geiftlid^en 9ied^t2;^)flege betraut toaren, toie bie<^
aud^ in franjöfifd^ert ©ii^tttmern^) unb fogar in äWainj*) jeittocifc
ber %aü toax, gttr ®peier liefern ben entfpred^cnben Setocid
mit üoQer S)eutli(i|feit bie Urhmben üon 1238, bie un^ bie
3Kagifter ÜKid^ael mtb Jipeinridj aU iudices delegati nennen.*")
^) j^tlgarb 144: Cum vos mag. Dielmanne, prebendarius maioris
ecclesie Spirensis asserentes vos iudices Spirenses raonueritis seu moneri
mandaveritis tanquam iudices Spirenses viros . . .; 146 ^eiftt es: Ncc vos
pro iudice habemus, precipue cum alius sc. dominus Henricus de Krunbach
prebendarius ecclesie Spirensis se gerat pro iudicibus Spirensibus in pub-
lico consistorio Spirensi tanquam iudices Spirenses presidendo . . , ac sigil-
lum iudicum habende.
2) Mon. Pal. III 119.
3) 1272 3©iD. XXV 333 ; bo^ i|t bie Urtunbc nur In einem Salhudf
überliefert. *) 3(50. V 436. ») 3. 93. 1256 ^^cmling I 271.
«) 3. 93. 1277 2Bürbtu)ein, Nov. subs. Xll 213. ^) 1278 cbenba 216.
«) 3. 93. «Reims 1182, ?Imicn$ 1196 unb 1203, ?Irtas 1206 (1210
nur 1), ©eauoQts oor 1180, fiaon |eit 1209, ^oris 1207 (1212 officialis),
3:roi)es 1200, 2e SRans 1191. ©elege ^iefür bei goumter 309.
•) 939I. bie [(^on erroä^ntc Urlunbe bei Ste9*9?emling, U93. oon Otter*
berg 30 9lr. 39: C. prepositus s. Petri et C. custos maioris ecclesie Mogun-
tine, iudices delegati mit i^rem sigillum, quo delegati iudices uti solent.
^°) 93gl. oben S. 25/6.
39
Aber halb Qttoaf)ttt man bic Ubelftönbc einer fold^en ©nrid^tung
unb tarn beötjalb junäd^ft rein tatfäd^Iid^ jur Äufftettung eineä
©njelrid^terö, n^äfirenb red^ttic^ bie äRögtii^Ieit ber Sluffteffung
jtoeier ober mel|r ^ßerfonen toeiter beftanb, fo ba^ ed in ber
SEBa^tfopituIation öon 1272 Reiften lonnte: ludices erunt canonici
ecclesie Spirensis vel unus.') ?lber öon biefer SKöglid^teit
tourbe, foljiel fid^ bi§ jegt überfe^en Iä§t, nirgenb^ me^r ®e*
Braud^ gemad^t. S)ie 3Ba]^If(H)itnIatton üon 1272 ift über«
i)avüpt bie le^te ©teöe, bie in unjnjeibeutiger SBeife öon einer
3Jlt^xidf)l ber geiftlid^en SRid^ter be§ ©ifd^of^ j^rid^t Unb tro^*
bem bef)ielt man ben je^t ungenau gen^orbenen alten "Jitel ,.Iudices
Spirenses*' unb baö alte ©iegel mit feiner Umfc^rift „Sigillum
iudicum Spirensis ecclesie" au^ jä^er Slnl^änglic^Ieit nod^ länger
bei; ja afe man einen neuen ©iegelftocf benötigte, ba nal)m man
toieberum bie iudices unb nid^t ben iudex ober officialis episcopi
in bie Umfd^rift auf.*)
3. Sa« Suffornmeit m^tbifc^öfli^er Dffisiale gab jebod^ ^on
neuem ba^ Siecht, öon einer STOe^rjal^I ber geiftlid^en JRid^ter in
©peier ju reben, ate neben ben Sifd^öfen and) bie ©rjbiafone eine
iurisdictio ordinaria in geiftlid^en 2)ingen fid^ erlämpft Ratten.')
®ie ard^ibiafonale ®erid^t^barfeit trat ber bifd^bflid^en na^eju eben*
bürtig jur ©eite. ©obalb bie^ gefd^ei)en toar, jeitigten bie
reid^lid^en Sejüge ber @rjbiafone, bie ja jugleid^ Sn^ber einer
5)oml^enn:pfiilnbe unb einer @tif t^pro))ftei , üielfad^ aud^ nod^
fonftiger ^frünben n^aren, bie toeitere ©rfd^einung, bafe berartige
SBürben afe toilltommene ©inrid^tung jur SSerforgung ber Slbeligen
angefel)en tourben. Unb nun füf)rte bie aufeerorbentlid^e ipäufung
ber öerfc^iebenartigften ?lmt^gefd^äfte im SBunbe mit bem ^o^nx
@tanb ber ?lmt^träger, bi^toeiten and) beren Unluft unb S8cr:=
ftänbniöloftgleit für geiftlic^e 2)inge aud^ t)ier öon felbft baju, ba§
bie ganje ?lrbeit immer met)r burdj @tellt)ertreter erlebigt loerben
mufete.*) Äaum f)atten bat)er bie Sifd^öfe ju it)rer ©ntlaftung unter
bem 3)rud£ ber Umtoäl jungen be^ 13. 3^b^. i^r Dffijialat^gerid^t ein^^
gerid^tet unb mit einem rec^t^gelef)rten Seamten befe^t, fo fanben
») 9teinltng I 326. ») «gl S. 36'.
3) Sgl. namentli^ Sd^rdber, Die (Enttoidlung bes ^rd^tbtafonats bis
jnm 11. 3^b. (1890).
*) Durchaus A^nlic^e Ser^dltniffe {(^in>ert SBradmann, (Bei(l^i(!^ie bes
$oIber|tÄbter Domtopitel» C3eitf(^rift bes Sarsocreins XXXll [1899] 147).
40
fic feine toiüfdtirigcrcn 9Jad^a^mer *) aU bie @rjbia!one, obtoo^t
fie fid^ t)ie unb ba einer folc^en Sntle^nung entgegenftcmmeu
toollten.*) @o finben toir benn äiemtid^ frü^j^itig ntd^t nur in
ben SRac^barbi^tümern,') fonbem anä) in Spcier fetbft ben gcift«
lid^en SRid^ter eine^ ©rjbiafonö. 6^ ift ba^ ber 1270*) auftaud^enbe
officialis domini prepositi maioris ecclesie Spirensis, ba man
t»on ben früt)er ertoä^nten rid^tcrlid^en ©pejialöertretcm,*) aber
aud^ öon bem jum Sa^re 1268 ertoä^ntcn H. officialis prepositi •)
3n ^tantttiä) beftellten bisiDcilen auc^ Dombetane, ^rc^tpresb^tet
unb thtt OffQtale (gournier 11).
') Sfran3öftf(!^e ilonsilien oerbotcn ben ^rc^tbiofonen überhaupt officiales
foranei etn^uje^en, ein ^rc^ibiafon bes Bistums SSIeaux mugte \\^ oon feinem
Sif^of er{t bQ$ ^td^i perl^affen, einen Offi^al annehmen ^u bflrfen (gfourmei
16, 17*). Das Concilium Leodiense Don 1287 oetbietet ben ^tc^ibiafonen
bie ^nna^me oon officiales rurales, qui cognoscant de causis, cum ipsi
archidiaconi et officiales corum inveniri debeant in cathedrali ecclcsia
(Hartzheim, Conc. Germ. III 702).
') 3* ^- äRatng 1247 sigillum venerabilium virorum iudicum domint
C. prepositi ecclesie Moguntine (gre9*9lemling, U93. oon Otterberg 58 91r.
79), 1256 archidiaconi quoque et eorum officiales (^Cir^beitn, Conc. Germ.
III 587); In Strafeburg nit^t oor 1266 (Spulte im Strafeb! U55. in S. XIX).
*) 1270 3(50. XX 304 ^ gilgarb 86; 1271 3(50. XIX 176;
1272 9?emltng I 329; 1273 ebenba 336; 1274 Mon. Pal. 75 unb 80.
*) 3- ^' 1258 decanus et magister H. de Nicastel, canonicus s.
Germani vices gerentes [[o Cod. Novae, im R%. Gpeier ®l. 50 b, ni^t
gerens] prepositi (iRemling I 278), 1262 loannes decanus s. Widonis et
Gotzo civis Spirensis auctoritate venerabilis domini prepositi (ebenba I 294).
Der 1259 eriod^nte A. scholasticus iudex prepositi oerbanft meiner ^n{i(](|t
na^ nur einem S^reibfe^Ier |ein Dafein, ogl. oben 8. 33.
^) 9leml{ng I 316 ; biefelbe Urtunbe folgt auf 6. 354 no^ einmal jum
3a^re 1278 ! (Es i|t whfii^ biefelbe Hrfunbe, benn [on|t wärt fa oom felben
^iö)Ux in berfelben Sa^e |oido^( 1268 toie 1278 eine oöllig gleid^Iautenbe
(Entfc^eibung getroffen loorben, o^ne bafe bas {patere Urteil bes fra^eren au(^
nur mit einer Silbe (Erioö^nung getan ^&tte, unb ^wax jebesmal feria quinta
ante assumpcioncm ! Die beiben 5a|fungen meieren lebiglic^ an brei Stellen
oon einanber ab : nur Urlunbe 1 lennt ben Flamen H bes Dffisials; nur Urtunbe 2
ben S'lamen L bes projcflierenben ^riefters; 1 oerfcftt ben legieren na^ Altrophe
(30trip), 2 na^ Geinbeim (^R^eingön^eim). ©ei 9lemling [u(^te i^ eine %n*
gäbe über feine SBorlagen oergebens; er meint ^mat im SSonoort jum jmetten
Sanb [eines UiB., bafe bie|e Angabe in [einer (5e[(^i^te ber SBt[(^öfe bei allen
Stellen, bie aus ben fraglichen Urtunben ge[(^öpft [inb, in ben betreffen«
ben 9loten 5U finben [ei, aber bie !Iat[a(^en [trafen i^n oielfac^ fiflgen. ^es»
^alb ift es auä) |o [c^mer, nienn ni^t unmöglich, getDi[fe oon i^m gebotene
ZtxU na^juprflfen. 3m oorliegenben grall ift es mir tntlid) na<^ langem
41
abfegen mu§. 3Barum crfjielt er fofort bcn %\td officialis ? SJieI=
leicht nur be^tocgcn, JDcil ba§ in SKoinj unb anbectoärtö bie aöcin
übliche Benennung toav, t?ictteic^t bcetocgcn, iPcU ba^ am c^cftcn
SScrtücc^öhmgcn mit bcr ?tmt0bejcid)ming bcr geiftlic^en SRic^tcr
bc^ Sifc^of^ au^äufci^licJBcn fc^icn?*) Demi biefe f)iefeen ja ha^
mafe in ber SRcgel iudices Spirenses ober iudices curie Spirensis
unb nur gang au^na^m^n^cife einmal officialis. Der Cffijial bei^
Dompro:pfte^ ift rec^tÄgele^rt *) tpie ber bifd^öflic^e Stid^ter im
©cgcnfaB gu ben njeltlic^en JRic^tern ber Stabt Speier ; er belleibet
ein ftänbigee 3lmt unb fül^rt be^^alb ein eigene^ 9lmtöftegel, sigillum
officialitatis prepositure^) ober sigillum prepositi ad causas.*)
Darüber, ba§ er \)on 9lnfang an aU föinjelric^ter tätig ift, beftei)t
Suchen gelungen, er|tere Httunbe auf bem unter ben 6tu^Ibrflberuc(unben be«
ftnblic^en SRotel bes SUoftets gimnierob 9lr. 2 (Drbinanatsar^io Speier), festere
im cod. Novacur. ^ Ä©. 9leu^ofen (Ä^. Speiet) ®I. 52 5u ermitteln; bas
Original wai nid^t auffinbbat. 3e^t jeigte fi(^, ba^ bei 1 H. nt(^t sum Flamen
bes Offijials gehört, fonbem von einer toegrabierten unmittelbar oorange^enben
3eile fte^en geblieben ift unb bag es oon anbetet ßanb unb mit anbetet !tinle
ge|(^deben ift. Die ^broeic^ung beim 3Bit(ungsott bes ^tieftets ettlött fi(^
iDo^I [o, bog bas Dnginal AUrophe et Geinheim ^atte, benn beibe Otte
mären fflt bie Seelfotge oeteinigt, iDie fi(^ aus 9iem(ing I 278 unb 329 ergibt.
C^bli^ ^igt bet 9lame L bes ^riefters in Utfunbe 2, bag bas Heutige Saturn
1278 i|t, benn t\n ^rieftet fiambettus mutbe etft 1272 oom RIoftet d^mmetob
auf bie ilit^e in ^tttip unb 'Ji^eingdn^eim ptöfentiett (ebenba 329). Die
Urfunbe mit bem Datum 1268 ift bemna(!^ 5U tilgen.
*) 3n gftanfteid^ bagegen bisweilen SBibetftanb gegen ben ^itel Offijial,
fo 1246 in SReaux gegenübet bem Offijial einet ?lbtei, meil et in preiudicium
episcopi et dignitatis sue fei. ^atauf^in verpflichtete \\df ber %hi in 3ulunft
feinen SOIanbatar nut vices gerens abbatis in exercitio iurisdictionis sue JU
nennen; ogl. gfoutniet 16.
') ^as bemeift bet SP^agiftettitel bei einet Steige oon i^nen.
») 3)icfet «usbtud ift 1289 gebtauc^t (gilgatb 122).
*) Das ift bie eigentliche Sesei^nung biefes Dffia^alatsfiegels, bas flbtigens
oom Domptopft auc^ gebtauc^t n)itb, loenn et felbft ju ®eti(^t fi^t. Das«
felbe ift tunb, fü^tt bie je naä^ bem Flamen loec^felnbe £egenbe ,,S
PPI. SPIREX. AD. CAS/* b. ^. sigillum [folgt iRame] prepositi Spirensis ad
causas unb 5o{gt einen (£^tiftusIopf mit 9limbus unb 5n)ei im SRunbe maQXtä)t
liegenben unb an t^ten Spieen feftge^altenen Sc^toettetn, bie im ^nfc^Iug an
bas oon (E^tiftus im SlRunbe gettagene 5U)eif(^neibige Sä)wtxt bet ^ofaIi)p|e
1,16 etllätt loetben muffen (bcn etftcn öinroeis l^ietauf 3©0. XVII 169).
Die »efc^reibung bei ©lasfc^tdbet, ^t(^ibia!onat 131'* („mönnH(^et Äopf")
ift l^iernai^ ju ergönsen. ^Iteftes mit befannt gemotbene ^mtsfiegel bes Dom«
propfts f. 1270 3(50. XX. 304; fonftige ftü^e (gnoä^nungcn 1283 Mon Pal.
111 124, 1291 ^ilgatb 127.
42
fein 3^^'f^t. Site bie brei @^}ciercr SWcbcnftifter bem SBcifpicI bc^
2)omftiftö folgten unb ba^5 Dffijialat cinfüt)rtcn, l^icltcn fie an
bcnfclbcn ®runbfä§cn fcft ; M bod^ fd^cint bic 9iad^foIgc öcr{)ältntö*
mäfjig \pät erfolgt jn fein. ?Benigften§ finbe id^ ben Dffiäial beS
^ro))fte^ öon @. ®ennan erftmate 1290,^) ben be^ ^ropftee öon
@. ®mbo erft 1294,») ben bc^ ^^Jrol)fteö i?on ber ^L 5)reifalttg*
feit im 13. 3^b. bagegen übcrt)au^}t nic^t. S)od^ fprid^t ber @nt»
fc^eib beö äWainjer ©räbtfc^of^ t>on 1300 fo aßgemetn t»on ben
©peicrern för^bialonen nnb „il)ren Cffijialen''/) bafe toir and^
für lejjteren fc^on in biefer ^t\t Stellvertretung burd^ einen Cffijial
anneljmen bürfen.
SBon einem gemeinsamen Dffijial aller öier ^^rö))fte lann ba=
gegen im 13. !3t)b. nod^ feine JRebe fein, ^a^er gab e* um ba^
3a^r 1300 in Speier nid^t toeniger ate fünf Cffijiale ober SteU*
Vertreter bee^ SBifd^ofö unb ber Vier ©rjbiatone in ber geiftlic^cn
Oerid^t^barfeit. ßeiber toiffen toir Von ber ^cr)on bicfer Dffijialc
in vielen fallen nid^t mel)r al^^ i^ren 2itet: tuie fie ^iefeen, ba^
Vcrmelbct un^ oftmate feine CucUe. Sor aßem bei hm bifd^öf«
lid^en Dffijialen tvare un^ bic ilenntni^ aüer 9?amen im ^öd)ften
®rabe ertoünfd^t, aber gerabe f)ier feigen fid^ bie ftiirfftcn ßüdten ;
n^ir fennen nur toenige S^amen: 1238 bie SDZagifter äRid^ael unb
^einrid^, beibe ilanonifer bei S. ®uibo,*) 1269 ben 9)?agifter
(^vpf)o Von ^ngent)eim, cbenfato Äanonifer bei S. ®uibo,*) 1282
ben JRic^ter Gbert)arb'') unb 1296 ben äJiagifter 2)ielmann bejm.
ipeinrid^ Von Ürunbac^/) beibe ^^frünbner am J)om. Seffer finb
tvxx über ben Cffijial be^ 3)ompro^)fte$ unterrid)tet : 1270 — 1272
ift e§ 9)kgifter Sonrab,^) 1273 unb 1274 ein ge^viffer SRubung,^**)
') ^üu^ bie Siegel cntfpre^en bem bes bom{tif1if(f|en Dffistalats: es
finb ^mtsfiegel ber ^^röpftc, nid^t ber Offtjiale, sigillum prepositi ad causas,
9ld^ere SBefc^reibung fiei^e bei Glosfc^röber, Hrc^ibiafonat 131 >^ 9lebenbef
bemerfe \ä), bafe au^ ber Dombefan ein sigiUum ad causas ffl^rt.
») 1290 3(50. XXVI 453, 1296 gilgarb 148, 1301 3(50. XXV 371.
8) 1294 ©£«. Äarlsru^e (SBru^fal Spcj. Urt. 9h. 1618), 1296 3(50.
XIII 320, 1302 9?emling I 443.
*) (Ebenba 425: nullus archidiaconorum aut ofticialium eorundem.
*) Oben @. 25. «) 3(50. V 436; ben gerhinftsort 3ngen^eim ocr«
bante i^ ^errn 9tei(l)sar(^iDrat Dr. (5lasf^röber in SRflnc^en.
') Mon. Pal. III 119. «) §ilgarb 144 unb 146.
») (gbenba 86; 3©0. XIX 176 unb XX 304; 9lcmttng I 329.
'<>) 9lemling I 336, Mon. Pal. III 80 (nur liejt aBürbtroetn (Eubungus
für 9?ubungus). Dicfer SRann tft auc^ |onjt oicl genannt (Mon. Pal. III 93
^eigt er jur ^biDec^sIung au(^ einmal Subungus).
43
1283 uub 1284 äWagiftcr Shilinu«,') 1289—1291 lieber bcrfelbe
ober ein anbcrcr SRubung.*) S?on bcn Offijiaten bed &txmmpxop\k^
fcnncn toir bcn magister lohannes de Tungriis 1296, bcr aud^
ate lohannes dictus Flemming 1301 crfd^cint,*) öon bencn bc^
®uibopropftc^ nur einen Surlorbu^ 1296.*) I)a^ toaxtn bie
SRänner, bcnen bie 3urüdEbrängung ber fenbgerid^tlic^en unb totlu
lid^cn SRed^töpflege fonrie bie ©infü^rung be^ r5mifd^=fanonifd^en
^rojeffc^ gelang.
III.
^ie äCtefie ^ni^Uotbnnn^.
?lm ©^)eierer Dffijialatögeric^t toat friilijeitig ba^ tanonifd^e
^ßrojcfered^t in ßJetlung. 3Ber ^atte ed ^ier eingefüi)rt, mer ge»
förbert? 933ir fennen jtoar aue bem 13. 3f)b. eine 9tei^e öon
©^jeierer ®eifttic^en, bei benen ber SOiagiftertitel Uniöerfitäts^= unb
bamit juriftifc^e Silbung anzeigt, fo bie 3Wagifter SJobert 1210,
3)iet^er unb iperttoic^ bei ®. (yerman 1 220, äJiic^ael unb ^einrid^ bei
@. öuibo 1238, ?tbelöoII unb feinen Söruber Gilbert öon Sachen ober
ipeinrid^ i?on 9?ica[tel, 2)ietf)er, Sunrab unb ^einric§ (Sljminuö 1259*);
t>on aJJagifter Äonrab üon SReifenberg, bem nachmaligen 95ifd^of
öon ^ilbeö^eim n^iffen toir auc^, ba^ er ju ^ari^ ftubiert ^atte.*)
?lber fonft liegt nod^ tiefet 2)un!el gebreitet auf biefcm Sludfd^nitt
^eimifd^er ®elef)rtengefc§ic^te, ba Vorarbeiten gänjlid^ fehlen.
Um fo erfreulicher ift e^, baß eine im 13. 3l)b. entftanbene
furjgefafete 3)arftellung be§ fanonifc^en (yeridjts^Derfa^ren^ nad^*
«) Mon. Pal.'lll 124, 3©0. XIX 186. ^m muguft 1289 iDurbe i^m
vieberuTit bie (Ent|(l^efbung eines Qn|(^einenb für l^ltDierig angelesenen ^cojeffes
anoertraut, aber ba erfc^eint er nid^t als Otfi3ia(, ba bereits im 3uni 1289
9ittbungu9 als officialis genannt ift; bes^alb bejeic^net er \\ä) f)kx and^ nii^t
als officialis, |onbern als vices gerens domini prepositi unb (fingt ferner
fein eigenes Siegel neben bas eigentliche Dffisialatsfiegcl, n)ö(renb ^in Offisial
in ^mtsfoc^n nie fdn privates Siegel oenoenbet (gügarb 122).
') (5Ias)<(rdber, Urfunben jur pföl^il^en Slirc^ngefd^ic^te 7 9lr. 21,
3®0. XXVI 453, 9lemling 1 391, Silgarb 127.
') ftilgarb 148, 3®iD. XXV 371. Tungrii ijt bas heutige Xongern
in Belgien ; ba^er fann ber jenige, ber aus biefer Stabt ftammt, aud^ Sflemming
genannt »erben, ba bies im SRittelalter bie aQgemein ^tbtänöfli^c Sejeii^nung
für SlamWnber ober iRieberWnber i|t. '^) 3(50. XIII 320.
^) Selege SBienemann, Ronrab oon Sc^arfenberg 128; 9{emling I 161;
oben ©. 25; oon 9uf<(, NecroJogJum novum Spircnse 87; 3®^* XXXI 245.
•) »ertram ^., bie Sif^öfe oon Silbes^eim (1896) 65.
44
tociölid^ bamate fc^on in ©pcier bcfannt toax, 3c^ meine jenen
alten ordo iudiciarius Antequatn,*) ber lange bem berühmten
italienifd^en Suriften 3of|anneö Slnbreae (1270 — 1348) jugefc^rieben
toax, bi^ SRocfinger^) nad^toie^, ba^ er bereite in einet früheren
3eit entftanben fein muffe. I)amit ftimmte überein, bafe feine
einjige öon ben bamafe befannten ^anbfd^riften etn^a^ öon bicfeni
SBerfaffcr tonnte.-'*) 2)iefe^ ©rgcbni^ tourbe bann t)on Stinging*) unb
SRut^er^) übernommen, toobei e§ (egterem anf(^einenb gelang, bcn
3Beg anfjubecfen, auf bem ha^ 3Rigt)erftänbni§ über ben Jöer»
faffer in hm erften Äölner 3)rucf gelangen f onnte : eine in fpäteren
ipanbfd^riften entf^altene S^iai Wax einer in ben @d;riften be§
3taliencrö öorfommenben ®(offe entnommen unb foH bann loegen
ber gctt)iffenf)aft beigefügten Quellenangabe io. an. = ^o^anne^
?lnbreae einem oberflächlichen ?lbfd^reibcr SSeranlaffung geboten
Ilaben, ba§ gctnäc SBerl mit biefcm flangootten 9iamen ju t?erfef)en.*)
J8ietteid|t aber trifft nod^ beffer ju, ba% gerabe ber ©d^lufefaö,
ber bie ?lu^taffung alter S^iait mit ber SRücffid^tna^me auf bic
ßernenben begrünbet, auf biefen ^iuriften jurüdgetit; tpcnigften^
fd^ließt bie früf)er unbefannte §anbfc^rift ZZ^ mit ben 3Borten:
„ . . ad quorum profectum hec summa scripta est. io. an."
@in 5lutornamc an biefci auffälligen Stelle mu§te aud^ einen
geU)iffenf)aften 2cfer ju einem IJrrtum oerleiten. Dber fottte eine
SSerftümmelung bee in anberen .^anbfc^riften an biefer Stelle ju
lefenben amen oorliegen?^)
^) 3d^ nenne i^n [o jum Unterf^teb oon periuanbten WßttUn na^ feinen
(EingangstOOtten : ,Antequam dicatur de proccssu iudicii, notandum, quid
sit Judicium et quot sint species iudicii' etc.
') 3n [einer 3)i|lertation (oben S. 1 unter ben ^bfürjungen angegeben.)
^) Gin ilommentar jagte ausbrfldlt^ : ille, qui hanc summam composuit,
noluit se manifcstare (Ordo 991), ein anberer: . . praesens auctor, qui fuit
dominus Jo. Andreae secundum quosdara (©ttn^ing, ^opulöte £{tetatur 211).
*) (5e|(^i4te ber populären Literatur bes römi|4'canonif^en Sit^ts
(1867) 210.
*) 3iir (5e[(^i^te ber mtttelalterli^en ^le^tsKteratur (3eitj<^r!ft für
3le(J^tsge|(!^i(^te VIII [1869]) 121; i^m folgenb Ott in ben Sttjungsberit^ten
ber 9Biener 2lfabcmie, p^iL-^ift. AI. CXVIl (1888) 4, 49.
*) ©emcint tjt ber 3u|a6 ä" ^«n Ausführungen über reconventio unb
positio (abgebrudt in SBunberß^s Summulo 27^^)^ ^g„ j){^ ©loffe Statuimus
ad c. 1 in VP de confessis 2,9 bes Durantis (Speculum üb. II pars 2 § 1)
unb bes So^onnes 5lnbreae bot. ') S. unten!
8) (gtioas 3lb|(^lte6enbe5 fonn id) f)m ni^t bieten, ba tc^ bie SBid^ttg*
feit ber Ss. ZZ leiber erft ju fpät erfannte unb mir anbrerjetts für 3o^.
^Tnbreae ^ier olle Iiteran[(^cn gilfsmittel fehlten.
45
2)a§ bcr ordo iudiciariiis Antequam 511 bcn toid^tigftcn
unb mcift gcbraud^tcn juriftifd^cn SBcrfen bcd fpdtercn ÜRittcI=
altera gcl)örtc, jcigt aücin bic 3<i¥ ^^^ erhaltenen ^anbfd^riften, bie
nic^t fotpo^l im fac^Iic^en 3n^alt afe in ben jui* (Srlöuterung bienen*
ben gormein bei Drts^* unb ^erfoncnnamen gentigenbe ?IB*
toeic^ungen geigen, um eine Unterfud^ung über baö Serbreitungö«
gebiet biefe^ Säerfö nicf|t afe günjlic^ aus^fid^t^Ios^ erfc^einen ju
laffen.') 3n ber Jv^rtigung Don 9Ibfci^riften eineö 93ud^eö ober
einer Urfunbe I)atte bad üRittelalter eben anbere ?lnficl^ten afe bie
I)eutige 3^^* '1 ^^^f unbebingte Irene unb to&rtlicfte Ubereinftimmung
legte man Der^ältnidmdfeig weniger 3EBert. SUoIlenbs^ toenn e§ fid^
um bie 3Jert)ieIfdltigung eine^ gormelbud^^ f)anbette! "Da \oax
oberfter ®runbfa^, bie ipanbfd^rift fo ju geftalten, toie fie für bie
gerabe tJorfd^toebenben 3^^^^ ^^ ^jaffenbften erfd)ien. Deöf^atb
öerfud^ten bie Abschreiber namentlid^ bie öorfommenben Crtö= unb
^erfonennamen fo umjuänbern, baß bie J^ormeln für ben 95e*
ftimmung^ort ber ?lbfc^rift fofort annjenbbar Unirben. 9Wan toollte
fid^ bie Senüj^ung erleichtern, toenn man in ein SRainjer gormel»
buc^ nur SKainjer, in ein Speierer gormelburf; nur Speierer
9iamen fe^te. Ungleichheit in ber Befolgung biejer ®runbfä^e brad^te
^auptföd^Iid^ bie Ungefd^icftid^feit ober bie iBequemlid^feit ber
©c^reiber mit fic^;*) ber eine toar geiftig nicf)t geloedt genug, um
alle ©njel^eiten einer 5*>^^^t Joirflic^ finngemii^ uniäubilben, ber
anbere toar ^n faul baju. SBa« ba I)erauefommen mu^te, toenn
öon einer erftcn ^anb)cf|rift eine jtoeite, oon ber ,^toeiten eine britte
bann eine Oierte ufto. gefertigt tourbe unb n^otjlgemerft immer an
einem anberen Drt unb für ein anbere^ Weric^t, läfet fid^ unjd^toer
ermeffen. Xamit finb aber aud^ bie SJerfd^iebcn^citen ber lejte
unfereö ordo iudiciarius, fotoeit bie ^ormeln in J^rage !ommen,
Don fetbft erflärt- 3m einjelnen finb eingeftreut bic gormein für
') S^onftfinbiglett in ber SBermertung ber bisherigen fiiteratur tonnte
oon mir fem 00m Si^e einer großen iBibltot^et (bie 3peierer SBibliot^elen
^aben nic^t einmal bie allemottDenbigften u)i||en{^aftli4en SBerle, aber au^
bie Unioerfitdtsbibliot^ef geibelberg, beren ^Beamten mit genn (5tf). ^ofxat
Dr. SBUle an ber 8fn(e mir übrigens mehge^enbes (Entgegentommen bemie|en
^ben, oerfagt fflr berlei (Einjelforjc^ungen öfters) ni^t erftrebt, gef(^n>eige benn
enei(^t iDerben. Sogar bie mir befannte Literatur (3. iB. ^Bocnoalb, 3ur
CP^rafteriftit unb 5lritil mittelalterlicher gformelbflc^er 1H5H) tonnte oon mir
teUioei|e nld^t befd^afft toerben.
») 93gl. «odinger 11.
46
ßabung == citatio (1)*), Sannung tocgen Ungcl^orfam^ = excom-
municatio propter contumaciam (II), filr ^rojc^einrcbc gegen bie
©erid^tdjuftänbigteit = exceptio contra iurisdictionem (III) unb
Älagefc^rift =- iibellus (IV), für enburteit = sententia diffini-
tiva (V), ^Berufung ber unterlegenen ^artci = appellatio (VI)
unb SBerufungöentlaPrief be^ ©rftrid^ter^ = literae dimissoriales
ober apostoli (VII),
ßeiber genügen bie neueren 3luggaben*) be§ ordo iudiciarius
antequam htn heutigen toiffenfd^aftlid^en Slnf^jrüd^en nid^t: ^om
^at nur 2)ructe be^ 16. Jial^r^unbert^, SBunberlid^ nur 2 ^anb*
fd^riften jugrunbe gelegt; unb ÜtodRnger ber 13 bejto. 9 äRünd^ener
ipanbfd^riften ^eranjie^t, brid^t mitten int geinten Äctpitel ab, ba
er — fid^erlid^ blutenben iperjen^ — auf ben Äbbrurf ber fünf
©d^lu§fa^}itel öerjic^ten mufete, um btn xf)m jugetoiefenen 9Jaum
nid)t ju toeit ju überfd^reiten ! ^) ^ai)tx mu§ eine biefem SBerl
fid^ toibmenbe Unterfuc^ung vorläufig toenigften^ auf bie ipanb*
fd^riften felbcr jurüdgreifen, beren Qaf)l ja glüdöid^er 3Beife gro§
genug ift, um ba§^ nötige SBergleid^^material ju liefern. Die ipof*
unb ©taat^bibliotl^ef äWünd^en öertoa^rt nad^ JRorfinger 13 (id^
bejeid^ne fie mit A — N), bie Uniöerfität^bibliotf)e! S9afel nad^
SBunberlid^ 2 (O unb P bei SSunberlid^ a unb b), bie ©tabt»
bibliot^el 2)anäig nac^ Dtt*) 1 = Q, bie Ä. »ibliot^ef (Srfurt
nac^ äWut^er^) 1 = R, bie SWifolai^^rc^enbibliot^el ©reifgtoalb
nad^ bemfelben 2 = S unb T, ÄiJnigöberg nac§ ©teffenfiagen •)
3 = U, V, W, ^rag nac^ ©c^ulte unb Dtt ') 6 = X, Y, Z,
AA, BB, CC unb bie ©tolbergfd^e SSibliot^ef SBemigerobe nad^
äJhit^er *) 1 ipanbfd^rift == DD, tt?äl|renb fid^ im ?ßritoatbe)i^ nac^
SWit biefcn 3iff^"^ bcjcitftnc i^ im folgcnbcn (urj bie gormein.
IR&^eres über bie etn^Inen ^roje^teile im 5. ^bf(!^nitt.
') $om $., Jo. Andreae processus iudiciarius (1837) ; SBunbctlU^ ?tg.,
Jo. Andreae summula de processu iudicii (1840); ordo = Stodtllgers %US*
gäbe in ben Quellen unb (gröcterungen sur ba^erifd^en unb beutf(^en (Sefc^i^te
IX 2 (1864) 985.
') 3}gl. ordo 1026. 2Ber mat {(^ulb an biefer ol^ merfmflrbtgen SDMbtegel?
♦) Siftungsberic^te ber 3Biener3lfobemie, p^iL-^ift. Rl CXVII (1888)4,48.
') 3eüf(^dft ffir 9{e4t6get(^i(^te VIll (1869) 117. Sreslou oenoa^rt
ni(^t nur 1, fonbem 6 ^anbfc^riften. «) (Ebenba IV (1864) 188.
^) Schulte 3. %., Die ianonifc^en ^anbf^riften ber ^rager Sibltot^efen
9flr. 252, 67, 162, 250 unb 261, femer 3^. 211 Stüd 6 na^ Ott a a. O.
48'; X bejeic^net bie 9lr. 252 unb ^tnterliegt in ber Dombibttot^et, 67 in
ber Untoeriitätsbtbltot^ef, bie übrigen 9himmern in ber etiftsbfbltot^et S. 9)eit.
47
©tinging ») 2 = EE unb FF bcfanbcn. S)ag finb im gaitjcn
31 @tüd ^icöon finb mir biircl^ bic crtoäfintcn gorfd^cr*) nad^
bcn in bcn gonncln enthaltenen Drt§» unb ^crfoncnnamcn gang
ober teitoeife befannt getoorben A—J, O— S, X unb DD, bo^
finb 16 ^t&d, äufeerbem lie^ ber ^iftorifd^e »erein ber ^falj
auf meine SSeranlaffung burc^ ben Schriftleiter feiner SOiitteilungen,
^erm Ärei^ard^iöar Dr. äWütter, an aße grij^eren beutfc^en 93iblio=
tf|e!en ein Munbfc^reiben mit ber Slnfrage rid^ten, ob fie einfc^lägige
ipanbfc^riften befäfeen. Sluf ®runb ber faft überaß mit ber größten
fiieben^toürbigleit erteilten Slntioorten tonnten noc^ 23 ©tücf')
feftgeftettt toerben:
öerlin, Ä. SBibliotfief, 3 ^ö.: Ms. lat. theol. qu. 285 = GG, tbl.
565 = HH, fol. 572 == JJ;*)
»raunfd^toeig, Stabtbibliot^el ^^. 122 (15. 3^b.) = KK;
»re^lau, Ä. unb Uniöerfitätöbibtiot^ef, 6 ipg.: I oct. 16 (15.
3^b.) = LL, I fol. 91 (15. 3^b., p^er im ÄoUegiatftift
ÖJIogau) = MM, II fol. 2 (15. 3^b., nur Sruc^ftücf) = NN,
II oct. 5 (1425, früfier bei ben äuguftinerc^or^eu'en ju
©agan) = 00, IV qu. 67 (15. 3^b., früljer bei ben
Dominifanem ju 93reglau) = PP, IV fol. 264 (15. 3^b.,
früher bei ben ?luguftinerc§or^erren ju Sagan) = QQ;
S)armftabt, ©rofe^. ipofbibliot^el ^a))ierf)g. 2776 (15. 3f)b.)
= RR;
®öttingen, Unioerfität^bibtiot^ef Ms. jurid. 90 --= SS;
©raj, Uniöerfitätöbibliotlief 2 §^.: I 1245 (15. 3^b.) = TT,
II 687 (14. 3f|b.) =^ UU;
Ära!au, Unitoerfität^bibliotf)ef 3 ^g.: 326 (14. 3f)b.) - VV,
348 (15. 3^b.) = WW, 457 (14. 3^b. nur Srud^ftücf) = XX;
') (&t]6)\ä)U ber populören £tteratur 2C. 203. Stgentllmer loaren
Stm^ing unb 9{uborff.
') 9hir für X ent^U bte ndtigen eingaben Ott, Settidge sut ^lesepttons«
ge|<^{((te bes tömtf<^«ianonf|(^en ^:pro9effe0in ben bö^mifd^en £dnbern (1879) 108*<».
<) Zd) tDiebei^oIe: Sonftänbigfeit Ift ntc^t erftrebt. 9)on Dont^erem
loet^ t(^, ba^ biefe am alleriDentgften bur(^ t\ne blo^e Umfrage er^feU merben
fann, ba in einer 9{ei^e oon SBtbliot^eten bte ^anbf^riften no^ nid^t fac^'
mdnnifc^ unb nad^ ben neueren (Befid^tspunften oerjeic^net |tnb. 9[u(^ bin ic^
fiberjeugt, baft em \o ousgejeic^neter Renner ber furiitifc^en $anb|c^rtften unferer
93{bIiot^!en mt $rof. Dr. Smil Gedel in SBerlin {(^on je^t eine !Re{^e oon
9la(^rdgen oirb liefern fdnnen.
<) Ms. lat. fol. 214 fommt nii^t in Setrac^t, ba nur einen ^ü bes
(Efniettungslapttels ent^altenb.
48
SRaiuj, @tabt6i6tiotf)c! 3 ioK ciüt früt)er bcr Uniöcrfität äßainj
gc^ödg: (Sart^au)e 115 (15. *3^b.) = YY, 178 (14. 3^b.)
= ZZ, 302 (15. 3t)b., nur »nic^ftürf) - AAA;
SKe^, @tabtbiBIiotf)cf (Hör ber 9?ci)oliition 35ombibliot^ef), 1 ^.
- BBB;
STOünfter, Uniücrfttätöbibaotöcf ^§. 292/493 (14. 3l)b.) = CCC.
Bamberg, ft. 93ibaot{)ct Ms. caii. 96 (15. 3^b.) = DDD.
S8on biefen ^anbfc^riftcn l^abc ic^ 19 ^icr in ©pcier fclbft
einfcljcn fönncn,*) b. I). alte mit ?tiiena^me ber ^-afauer unb
Samberger ipanbfc^riften ; bod) erl^ielt i(^ über DDD anberlücitig^)
genügeub ?Iudfunft. 2)aburciö Ueigt mein ^Jergleid^^matcrial auf
36 t)on 54 9Jumniern. 3eboc:^ fc^eiben 3tüei fofort (P unb TT) ')
toieber au§, ba fie feine Crt^namen t)cr5eicfjnen, ebenfo axi^ ät)u*
lid^em ®runb QQ *) fotoie al^ unüoöftanbige ^anbfc^riften AAA
unb NN,*^) fo bap 31 $)anb)(^riften ,^ur 4^e^anbtung übrig bleiben.
3tüei baüon (ZZ unb SS) finb frei Don aüen ^erjonen* unb faft
frei öon Drt-^namen: nur bie gormel III begrünbet bie Unäu=
ftänbig!eit be^ 5Rid)tere bamit, .,ciim e^^o sini de dyocesi Parisi-
ensi et vos estis iudex Carnotensis", nennt alfo - - bie einjigc
in itn ipö. tjorlommenbe gegrap()ijd)e 9?ejeic^nung — bie franjö^
fifdfjen 9?iötümer ^ariö unb (Sf)artre5i. "Und) JJ gehört ^ier^er,
ba e^ ^ari^ unb 3Keiffen einanber gegenübcrfteöt. 'Damit toärc
auc^ eine Spur ber (}anb)(fjriftlic^en Wrunblage für bie Äijtncr
^rucfe gefunben, bie ja juerft toeiteren ftreifen bie ?lnfic^t t»cr=
mitteften, 3oI). 9(nbreae fei ber 3Jerfaffer unjere^ Sßerfe^: benn
gerabe ZZ )cf)lie^t mit biefem 9famen! DDD nennt benfelbcn
Siamen in ber Uberfd^rift: in ben gormein taud^cn ein decanus
Lugdensis ( V — VII) unb ein civis Ludensis {IV) bcjtP. Leodonen-
sis (I) auf, toäf)renb bie dioceses Ludensis et Osbr. erlüa^nt
^ie5 ermöglichte mir ber Si|ton|^e herein ber $fal5, inbem ec bie
5^o|ten für 93erfenbung unb ^Berftc^erung übernahm. 3d^ fpre^e i^m bafflr
auc^ ^ier oerbinbltc^en ^anl aus.
>) 9lömlid^ burc^ ^errn iBibliot^eI$af|t|tenten Dr. Rarl e^ottenlo^er
in ©amberg.
*) fie^tere bestpegen bemerfensmert, roeil auf {ie unmittelbar oon ber«
felben ganb gef(!^neben ein |trafre^tli^ei Xeil folgt.
*) 2)a CS lebiglic^ einen praepositus in R nennt.
5) AAA ötlbcs^etm I unb III, NN Breslau l unb III, gilbes^eim II.
3(^ l^abe bie{c $rü(i)ftü(fe bcstoegen unberfldftc^tigt gelaflen, ineil gerabe bie
fct)Icnbcn gormein V— VII bie aufl(^lu{jretd^|t€n iRamen ju enthalten pflegen.
49
finb (III) ; fottte uic^t Leodiensis iinb Osenbrugensis, alfo Siittid^
unb Dönabrücf gemeint fein ? SBenigften^ nennt and) BBB me^r»
mate ßüttid^ (II, V— VII), tuobei an^briidlid^ barauf ^ingetoiefen ift,
haf^ man üon f)ier aus nad) Äbln at)peQieren milffe (öor VI);
aufeerbem fommen in festerer ^anbfd^rift t)or: A. episcopus
Remensis (I), Henricus de monte, civis Lovaniensis (I), Lucas
de Bueghen') unb Henricus de campo (IV). Gin Sin*
tiang an franjöfifd^e SSer^ältniffe begegnet nur nod^ einmal in
MM, n}0 in ber (Sinrebeformel dyocesis Franciae unb Spirensis
nebeneinanber erf (feinen; aber fonft jeigt biefe §^. nurSftamen,
bie für S^jeierer Ser^ättnijfe beftimmt toaren, obtool^l
fie in Sc^lefien bejnj. (Slogan it)ren Gigentümer l^atte.
2)en reinen Speierer Xl;pu^ öerförpern au^erbem CCC (f)eutc
in aKünfter), GG (»erlin), KK (»raunfc^njeig), A (äKünc^en),
i:V (öraj), J (äRünc^en), R (grfurt), RR (Darmftabt) unb YY
(äWainj), ferner C (9Äünci^en) unb S (ÖJreif^toatb), bie beibe anftatt
©peier nur ein einjige^ ÜKal ^ilbe^^eim nennen.^) 3n biefen
^anbfc^riften erfcfjeint getüöt)nlirf) junäd^ft afe Mid^ter ber 3)om=
belan : H. dei gratia decanus maioris ecclesie Spirensis (^onnel
I unb II), am @d)lug ber Delan bee Dreifaltigfeit^ftift^ : H.
decanus s. trinitatis Spirensis (V, VI, VII), afe Kläger nal^eju
immer ein H. civis Spirensis, ber in mel^reren gätten ben ^n^
namen de fine fül)rt'), toa^ in UU ju de fide unb de rone,
in G ju desine l)erftümmelt ift, n)ät)renb J (II) ben ä^ürger ^t\ia,
RR (I unb II) bagegen l£roft nennt, »eflagter ift faft ItberaU ein
B. miles, ber einmal (GG) de Werceburch, einmal (KK) de
Wersberg unb einmal (MM) de Wingenborg t)ei§t. !3eboc^ ift
ju bead^ten, bag bie gormein V unb VI in ben meiften gäüen
bie Parteien lurj afe ^etru^5 unb "ißaulu^ bcjeidjnen. 2)er Sürger^*
name de fine ift einer njirilid) üorfommenben ®))eierer rat^fä^igen
gamilie entnommen*) unb bthtntti ba^felbe n^ie de angulo ober
') SBiellef^t oer|(^rieb€n für Berghe ?
*) £e^tece ^at fibrigens au(^ einmal Data in castro Spirensi für
claustro (V).
•) CCC I, II; GG I, II; KK I, II; C II; ferner UU II, I; Gl, mo^I
au(^ B II (ogl. unten 6. 52).
*) 1249 (fiilgarb 57 9lr. 74) Heinricus de angulo, 1260 (ebenba 71
Sdr. 97) H. an der ecke consul, lejtmols 1265 (ebenba 80 9h. 109) Heinricus
Anderecka consul, boju aU5 bem Necrologium vetus Spirense tm (&2%.
RaiteCU^ folgenbe ©nlrflge: Vi kal. apr. Heinricus de fine obiit, VII kal.
aug. Heinricus filius Heinrici de fine obiit, IV kal. apr. Bertha obiit, cuius
4
50
/f
an der ecke. 3)ic Uberfc^ung finis für ©tra^cncrf tft aßtöglic^ ; ')
namcngcbenb lonntc natürUd^ nur ein ganj ^crtoorragcnb in bic
äugen f))ringcnbe§ (£i iüirfen, toit e§ [ic^erlid^ ha^ SBo^n^au^
jum @d am Äonigd^cfien t)or bem Dom barftettte,*) in bcm ic^
baö Stamm^au^ ber gamilie de fine fe^en möchte.
3u ben 12 ^anbfd^riften, bie ganj unb gar auf ein ©pcierer
©erid^t jugefd^nittcn finb, obgleid) fie tDof)l burd^toeg in weiter @nt=
fernung t)on ©peier geschrieben finb, fommen anbere, bic auf ben
erften 95lidE bie S8erl)ältniffc frember ©egenben berüdfid^tigen
tollten. Unb tro^bem Ui^t fic§ aud^ bei il^nen oftmals noc^
beutlic^ genug erfennen, baß fie auf eine ©peierer Vorlage 5urücf=
ge^en. @c^on in ftleinigfeiten (5. 99. dei gratia decanus maioris
ecclesie, H. civis, B. miles, Petrus unb Paulus) jeigen fie meift
auffattenbe Uebereinftimmung. 9Bid^tiger ift, baß fic^ J. S. ber
©d^reiber Don G bemüht einen SRegen^burger %tp, barsuftellen.
maritus Heinricus de ftne (aUes oon Öaitb l gc|c^nc5cnj, ferner II kal. iun.
Heinricus dictus de fine obiit (oon [päterct öanb; bie Ausgabe bes nccro-
logrium in ber 3®^- ^^>^VI toar and} bei bicfcn (ginträgen unoollltänbig unb
unjuocrläffig). (Eine Zo^Ui fieinric^s an ber (£(fc namens (Subba i[t 1276
bic aBtttoe aBerners 00m 9lo^r^au5 i2Birt. IW. VII 437). (Eine Benha de
Rorhus rclicta quondam Hcinrici an der ecke lebt 1289 (Mon. Pal. III 156).
a3on einem ^ierl)er gehörigen SBerner erfahren mir erft 1290, als er fc^on ge«
jtorben toar: Mezza relicta Wernheri de fine ei eius liberi Heinricus, Wern-
herus, Gottschalkus, Mezza et Goitschalkus (ft?I. Speicr iHeit^sftabt Urf.
9lr. 15). a^on btefen (S^el^tDiftcrn begegnen |päter Icbigltc^ (!Dott|(^alf mit bem
3unamen Sc^af (5. SB. 1304 Gottschalkus dictus Schaf de fine ober her
Schaff zur ecke, gilgarb 177, 179), ber |eit 1304 ols 9?al5^en bezeugt tft,
(otDie SBerner, ber ebenfalls feit 1310 jum 9lat gcf}ört (Belege |. Sügarb);
beibe mußten mit anbe|:n .gausgenoffcn 1330 loegen bes Seoerinsaufru^rs aus
ber Stabt flüchten (gilgarb 323). — "llud) in ^orms lebt um btefe 3ett ein
95ürgcrgefd)Ie(^t jur (£(!e: 1234 (IBoos, 3Bormfer U93. II 724) H. de fine,
1257 (ebenba l 182) Heinricus dictus de fine, 1312—1317 (ebcnba II 45, 80>
Heinrich zur ecken.
*) (Ein Saus ber SBitroe ?Bcrners jur CBde liegt 1290 in fine apud
magistrum Rudolfum apotccarium Spirensem (Ä^. Spcier 9lei(^s|tabf Urf.
3lx. 15); 1307 domus sita in vico dicto Trinckcijasse iuxta estuariuin in fine
(Öilgarb 1H8 Sir. 242); 1322 domus sita in vico s. Johannis Spirensis in
fine vici picariatorum (3cu6, 9lcic^5[tabt Spcicr 17 9(nm.).
2) 1434 faufen 3. Sleinmar unb % mbld) oon SWerfel iRobin das
gescsse zum eck am Korngassi für dem munster (Rarlsr. Ä©. 278 931. 119 h
no(^ oon Sufd), Necrologium novum 626/7). Die heutige Slomgaffe jie^t
oon ber oor bem ^om liegenben gauptftra^e in einem ganj fpi^en SBinfel
3ur 2Borm|er|tra6e; ob jte ibentifd^ t|t mit bem alten ftomgäffel? Äouml
M_
toobci i^m jcboc^ ba^ äWiggcfc^icf pafficrt, bafe einmal ein decanus
maioris ecclesie Spirensis\) unb ein anbermal ein H. civis
Ratisbonensis dictus desine^) fielen bleibt! ®anj offenfic^tUc^
foKte alfo bcr H. civis Spirensis dictus de tine nad) SRegcnSburg
üerfe^t toerben, gleichgültig ob mic^ ^ier eine J^^milie zum eck
lebte, aber untertüegö machte bei bev f(f)nlicl^feit be^ gefc^riebenen
langen f unb f im 13. unb 14. 3f)b. ein Öefefel)Ier au^ i^m einen
H. de sine! H ift in einem für ba«J "ißrager geiftlic^e ®erit^t
beftimmten ^ormetbuc^ entf)alten unb Id^t bod^ bie Älagefc^rift
mit ben SBorten beginnen: Elgo civis Spirensis B.') D, E unb
F öermeiben im ganzen bie Drt^beäeic^nungen, nur einmal ift bie
SRebe öon einem civis Linczensis*) unb in ber Unjuftänbigfeit^»
einrebe finb afe ®egen)ii|^e bie SJiöjefen "tßaffau, ju ber Sing ge»
f)ört, unb — Speier gemä^lt,*) toä^renb j. 83. bie ipanbfc^rift
H im (if)nlic^en %aä ha^ t)iel na^eliegenbere Seifpiel öon ^affau
unb ©ic^ftätt na^m;*^) eö ift alfo aud) i)kx an^ ber Vorlage ge=
banfenlo^ „et vos iudex Spirensis" abge)(f|ricben. Sluc^ O lä^t
im allgemeinen bie SRamen aue unb öerrSt nur einmal") burd^
einen decanus s. trinitatis Spirensis feine Duelle. 2ln berfelben
Stelle blieb bann auc^ im ^ejt DD®) foluie im branbenburgifc^en
l;ejt HH ein decanus s. trinitatis Worniatiensis h^to, Branden-
burgensis fte^en, obtoo^l e§ n^eber in SKorm^ nod) in SH'anben*
bürg bamafö ein 35reifaltigfeit«ftift gab. J)amit l)at uue bcr mu
gejc^icfte 9lbfc^reiber fein äJiufter toieberum »erraten! 3^ ^^^^
Überfluß ftnberte er in lej^terer ^anbfc^rift ba^ 2abungeicf)reiben,
wo bie rein Speierer jpanbfc^riften ))o\\ SDiainj, 333ormö unb
aSürjburg fprcd^cn, tro^ feinest märfifc^en ?lu§gang5^^}unfte^ nur
in Äüln, SBorm^ unb aSürjburg^) um. 3)er für »rcelauer*^)
$!erl)ältniffe beftimmte 2;ejt LL ertoäl}nt einen Xefan sei s^« unb
einen Ältiger H. m^ n^a^ felbftuerftünblirf) nic^tgi anbere^ ift alö
eine öerberbte Slac^malung ber bem 9lb)c{)reiber unüerftänblid; ge»
») !)lo<fingcr 12. ») Ordo 100-t«.
3) Ott, ^Beiträge jur ^Icaeptlonsgelc^it^te 108«>. *) Ordo 1009».
*) Ordo 1013». «) (Ebenbo. •) 3n 5onncI V.
«J amit^er m ber 3e!tfdjrift für iRct^tsgcfc^td^tc VIII 117. Übrigens
i|t es mfr fcl^r stDeifel^oft, ob bte ganbfc^rtft wxtfii^ rotcber^olt oon SBorms
fprif^t, role SP'hit^er angibt. Denn ba bes öfteren Swidenitz — 6(l)iDeibntö
genannt ift, möchte i(b annehmen, bafe SWut^cr ober fc^on ber atte ^tbfc^reiber
WmF. -= Wratislaviensis (95rcslau) oer|c^entII(^ mit W^^at = Worniatiensis
Qufgelöft bat. •) 9Bas er mit feinem Habi^utT meint! >®) I unb vii Wrat.
4*
52
bitebeneii Jlbfürjung für Spirensis. B. cnbltd), ba^ in feinem
crftcn Xeil burd^au^ einen ^ilbeSl^eimer Sejt bilbet, nennt in hcn
beiben Sd^tu^formeln ebenfalls ben decanus s. trinitatis Spirensis,*)
aber and) ber ratfel^afte decanus in Perrenti^) be^ ©nburteifö
i)erbanlt nur einem unbeutlid^en in iperen üerlefenen spiren fein
S)afein ; ja fogar ber nod^ mertoürbigere H. civis fricslatine *) ber
SSannung^formel ge^t meiner 9lnfid^t nad^ infolge mehrerer fid^
forterbenben unb ftet^ t)ergrö§ernben Slbfd^reibf etiler ettoa unter
SSermittlung eine^ dicsdetine auf düs (= dictus) de fine jurüA
5)ie je^t aÜein nod^ übrigbleibenben 4 ^anbfd^riften entl^alten
teiltoeife tüotjl infolge ber ®ejd^idQid^teit unb ?lufmerlfamleit ber
©d^reiber feine unmittelbaren ^intoeife barauf, ba§ aud^ für fte
eine ©peierer Cuette ma^gebenb toax — OO ift ein fd^Ieftfd^er,*)
PP ein fc^left)c^=galiäifd^er,*) Q ein mä^rifd^er^) unb H ein 3Mifd^«
mafd^tejt') -, bod; j^ingt gerabe bie Ubereinftimmung in einer
SReifie üon (Sinjeltieiten nebft bem Umftanb, ba§ bie anbem öott«
ftdnbigen )d^Iefifd^=bö^mifd^en Xejte ^) aud^ auf ber <S>ptkitt Duette
benif)en, in ben brei erften götten ebenfatt^ jur SBejatiung biefer
?lnnat)me, toö^renb bie ganj tjerberbte ^anbfd^rift H einer ein*
l^eitlic^en b. I). urfprünglid)en ©runblage überljaitpt entbel^rte unb
erft nad^ langer SBanberung if)re bunte ®eftalt erlangen lonntc,
toeg^alb fie l^ier nic^t toeiter t)on 93ebeutung ift.
Unb ba§ Srgebni^:®) üon ben 31 näl)er unterfud^tcn ^anb=
fd^riften gel)en 3 (Dielteid^t 6) SJummem auf eine franjöftfc^e unb
22 bejiu. 25 auf eine Speierer SSorlage jurüdE. Die Vermutung,
V^lodinger 12.
') CEbenba. (£s i|t bies bie einzige SBortDcrftfimmelung, mtt ber man
\iä) bisher etmas befc^äfttgt fyit, ogl. ^odtnger!
3) Ordo 1009«.
*) (Ermähnt ftnb Dppeln, Breslau, ^leilfe, ®Iogau unb ^ralau. 93on
SBebeutung oielleid^t ber oortommenbe decanus dei gratia maioris ccclesie
Opoliensis: mentt Dppeln lerne Stiftsfirc^e mit einem Delan befi^t, bie als
ecclesia maior beseic^net loitb, bann iDäre auä) ^ier bie Speierer Queue btrett
beiDie|en! *J I, V, VI Cräa.; II, III WF^.; III Grü^.
«) Sflac^ Ott (Sifiungsbeddjte CXVII 4,48) Prusia = ^raus, Kolonia
=- Äolin, Lubschiz = fieoblc^üft.
') (Benonnt ftnb no(^ Slocfingers ordo (Erfurt, Sattem, bie 3n|el M
Sattem, $Q|iau, (Eid^ftött unb SBien.
») X, DD, LL, MM. £ciber fcnne i^ bie fttafauer 3:cxte oorldufig nic^t.
^) fiberfid^t: iRad^meisbar 54 gs; baoon finb 18 ni^t n&^et belannt,
3 ol^ne Ortsnamen, 2 SBnu^ftflde , 5 bejm. 6 mit franjöfilc^en ^iöae|en,
22 mit birelten SiniDet|en auf €peier, 3 |(^Ie{i|(^«mö^ri{(^e Zitxit, 1 unbe|timmt.
53
bcv ordo iudiciarius Antequam fei in S)cut)d^Ianb cntftanben,^)
ift unhaltbar. %nx granfrcic^ fprid^t bie ©tettc: „Ego sum de
dyocesi Parisiensi et vos estis iudex Carnotensis'* in ben jtoci
^anbfd^riften SS unb ZZ, bic toeiterc Drt^- unb ^erfonemtanten
nic^t ^abcn, eine jn berebte ©prad^e; aufeerbem: toäie e* anberS
ju erMären, ba§ bie 1428 in Lipcz = ßetpjig gefc^riebene ^anb*
fc^rift JJ für ß^artreö jtoar äWei^en cinfe^t, aber 'ißariä ju tilgen
öergißt? Slud^ bie toa^rfc^einlic^ nad) ßüttid^ ju öerlegenben
Sejte BBB unb DDD fc^einen nid^t — toaä ja öon öorn^ereiu
leineötoegg unmöglid^ märe — einem bcutfd^en ©ebiet tvW titoa
bem jugeprigen (Srjbi^tum Söln entlehnt ju fein, fonbern mögen
in bem an einer ©tette fielen gebliebenen A. episcopus Remensis
fic^ ben Meft einer urfprünglii^ franjöfifd^en SBorlage bemafiut
^aben. 2)abei fann lebigtid^ an «Iberic^ (1207—1218) gebadet
toerben, ben einzigen Sifd^of ober öielme^r ©rjbifc^of öon Sftf)eimg
in ber Qtit öom 11. bi^ j^m 15. 3!at)rf)unbert, beffen 9iame mit
bem bejeugten 3lnfang§bu(^ftaben beginnt.*) 9?ebenbei fei bcmertt,
ba§ bie atigemein im ordo öedüenbete ßabung^formel famt bem
barin eingerildEten päpftlid^en X)clegation^fc^reiben, tpenn man ab>
fie^t t)on ben Sßamen, njörtlid^ übereinftimmt mit ben entfprec^enben
gormein in ber ju ^ari^ entftanbenen poetria be^ Johannes
Anglicus;*) Ie|tere aber reben t)on alii clerici et layci Parisiensis
el Carnotensis dyocesium, finb ba^er möglicher 2Beife ber Ur*
form unfere^ ordo entlehnt.*) 3luc^ le^terer entftammt fic^erlic^
bem @d^o§ ber Unioerfität ^ariö unb biente in erfter ßinie 2ef)r*
jloeden, fam aber balb in bie benachbarten Sifc^of^ftftbte, j. 8J.
nac^ SR^eimg. Später tt)urbe bann eine ^anbfd^rift mit ben
Stäbtenamen 9?alence unb SSiöier, mit ber SJiünjc francus unb
ber SJiamenäform Guillermus bie Vorlage bcö erften Kölner
S)rudteg.*)
*; 9lo(ffnger, ordo 991; Stmöing, populäre ßitcratur 205; aJlut^et
in ber 3ett|(^rfft für 9?ec^t58ef*i(^tc VIII 119; ?[. Schulte im ©traßburgcr
U95. III ©. XX».
') Sgl. ©arns, Series episcoporum (1873) 608.
') 939I. Quellen unb (grörtcrungen jur hax)n\ä)tn unb beut|(^en ©ef^ic^te
IX 2, 1003 0- ordo) mft IX 1, 505/6.
*) ficiber ^abc ic^ über cin|djlfigige ganbl^riften in ^aris no^ nid^ts
in Crfa^rung bringen fönnen. X)ie anfrage ber Sc^riftlcitung bes Si[t. »er.
ber $foIa an bie ^^lationalbibliot^et in $aris blieb unbeantwortet.
*) »gl. aWut^er a. a. O. 122.
54
3)amU I)a6en toir genauere Sln^altöpunftc über bic ältere
gaffung getoonnen, bie Verloren fein folt!^) S3ei tt|r Ratten bic
@c^lu§tt)orte einen guten ©inn : „Jura non allegantur, sed potius
obmittuntur, non propter ignorantiam doctoris, sed ob imbe-
cillitatem discentium, ad quorum profectum hec summula
scripta est, quibus lacte opus est, non solido cibo. Omnis
enim bonus doctor laudem et vanam gloriam quaerere et
captare non debet, sed magis profectum illorura, quos in-
format." 3n einer i^tii ber Iebf)afteften njiffenfd^aftlic^en unb
lird^lic^en Sejiefiungen jtuifd^en granfreid^ unb Deutfi^Ianb na^m
eö nid^t SBunber, ba§ biefe^ 2el)rbuci^ in beutfd^en ©täbtcn, nament«
lic^ in ben ber ©rcuje bcnad^barten toie SRainj') unb Speicr @in=
lafe finben lonnte. (£^ \vax nur natürlich, bafe bie t^ielen magistri,
bie in ^ari^ au§ ben SBrüften ber äRutter SBiffenfd^aft tranfen,
eine fo turje unb leicht fa^Iid^e ^roje^barftellung mit jurürf in
bie ipeimat nahmen. IJn ®peier aber begnügte fid^ ein |)rafttfc^
veranlagter ©eiftlid^ernid^t mit bem öorliegenben ^^ejt : inbem erCrt^-
unb ^crfoncnnamen, bie für @^}eier ipa^ten, überaß einfette, fd^uf er
nid^t bloß bie Vorlage für äße übrigen nid^t Dom franjöfifdjen
SKufter auöge^enben §anbfd^riften, fonbem aud^ barüber l^inaug
bie erfte rein tatfiidjlid^e, tt)enn aud^ öietleid^t nid^t ge*
rabe gefe^geberifd^ cingefüt)rte ^rojefeorbnung be^ geift*
lid^cn Werirfjt^ 5U Speier.^) 2)ie alte SSorlage tuirfte babei
nod^ infofente nac^, aU bie 5lrbeit fo, loie fidj gab, nirf)t nur für
ben t)om 99ifd^of ftcinbig Delegierten, fonbern für einen jeben geift^
lid^en JRid^ter gelten iooßte, toe^fialb benn aud^ 3. ©. öom Dffijial
toörtlid^ unb fad|lic§ toenig bie SRebe ift,*) ganj abgefe^en batjon,
ba^ bicfc ?tmt^benennung im Slnfang überl)aupt feiten gebrandet
loirb. 3)ic 3trbeit be^eu'frfjt in ber golgejeit ben ©peierer
lanonifdjcn ^rojcß; bie 9ied)töeinrid)tungen, bie fie !ennt, tocrben
aud) in ©))eier eingefüt)rt, bie SRedit^fä^e, bie fie au^fprid^t, in
Speier t)ertoirflid^t, toa§ fie nic^t fcnnt, ift aud^ in ©peier unbefannt.*)
M ©gl. iRodinger 37.
») ZZ l[t ja ^eute no« in 3Ratns, SS in ©öttlngen ; in fieipafg befanb
|i^ no^ 1426 bic SBorlage für JJ.
') Die cinjigcn, bic bisher bicjc Scjic^ung erfannt ju ^abcn [feinen.
|inb aRut^cr unb ^. Schutte a. a. O. £cibcr gibt Icötercr nit^t bic gcttng|tc
SBegrflnbung fflr feine ^nfi^t, augerbem betoegt er fi^ in)ofern auf falfc^cr
Sfö^rtc, als er bie fransöfif^e Quelle ntd^t fennen tonnte.
*) 2)05 SBort officialis lommt cor PP V unb vi, TT II unb im
Äommentat ju A (ordo 1004 t). *) (£in8clna(^mei|e im 5. ^IbJ^nftt.
55
3)ic 3^^i*^ilw"9 ^^^ Xcjtcö in eine franjöfifd^e unb eine
@))cterer Raffung löft anrf; bie meiftcn ©d^toierigleiten, bie über
bie 3tbfaffung^äeit entfielen lönnen. SRocfingcr toai c^ gcgiüdt,
bie SRefte ber älteren naä) feiner äBeinung ganj öerloren gegangenen
gaffung aufäufpüren,*) bie üor ber 3)efretatenfanimlung ®regord IX.
öon 1234 liegen nni§. ©nmal ^atte fein (SrunbteEt A am SRanbe
3itate, bie nac^ ben burd^ ©regor IX au^er ffiraft gefegten f ogenannten
alten Sammlungen eingcrid^tet tparen; unb fobann enthält nod^
bie fpätere gaffung bie Don älteren ftonjilien ftammenbe unb
in bie compilatio prima übergegangene, aber in ba^ S)elretalen»
buc^ öon 1234 nic^t aufgenommene ®eftimmung, ba§ einSaic gegen
einen Äterifer nid^t afe 3^^9^ auftreten lann.*) 3)a fid^ au^cr«
bem bie Söenu^ung ber compilatio quarta öon 1215 jeigte, fo
erfd^lofe SRotfinger afö 3^^*^^^^ ^^^ (Sntfte^ung be^ ordo iudi-
ciarius bie 3^'^ jtpifd^en 1215 unb 1234. Diefe 3cit6^P™"^ii"8
mufe bcnn aud^ filr bie ältere franjöfifd^e, nid^t öerlorene gaffung
aU rid^tig anerfannt toerben. 3a öielleid^t barf man fogar mit
SRürffid^t auf ben ©räbifd^of 9llberid^ ben jeitlid^en SRal^men nod^
tocit enger fteden! Um |o weniger aber tonnten tpir biöf)er
®enauereö') über bie ©peierer Umarbeitung. S)afe biefelbe
teiltoeife bie ©efretalen ©regor^ IX. berüdffic^tigte, alfo nad^ 1234
angefe|t toerben mu§te, tvax ber einjige fidler feftgefteltte 9ln]^alt.
^tdf)alh mufe ic^ in biefem 3ufammcnf)ang auf einige bi^t)er gänj=
lic^ überfefiene fünfte ettoa^ nä^er eingeben.
6ö fd^eint fein S^^^^^ ^^B ^'^ ipanbfc^rift A in ber gormel
für ben Serufung^entta^brief ba^ 3af)r 1269 nennt, ba§ H. er»
5äf)lt: „Anno domini 1260 dictata est haec summula iudicialis
et Processus iudicii",*) ba§ X mit ben 3Borten fd^lie^t: ,,Ex-
plicit 1260-^'*) unb ba§ in OO ha^ (Jnburteil toieberum 1260
abgefaßt ift. 3)c^ SBciteren lommt in ben ^^ejten 16 äßal ber
«ßa^jftname ?aeEanber,«) 7 SWal ©rcgoriu^,"^) 3 9Wal äßartinu^,
einmal Urbanue», jtoeimal ßlemcn^ unb einmal 3nnocentiu^ ^) tjor.
') Ordo 37.
>) 9la^ 9{o<Iiitger ftc^t bie 93e{ttmmung Rap. XII § 2; aber fein Zixi
rei^t nur bis X § 3. SBei aBunberlid^ fyiht i^ m. 9B. ben 3a^ ni^t gefe^n.
*) ^Vermutungen mürben {(^on aufgeftellt, |o oon S(Rut^ a. a. O. fflr 1254.
*) 9iotfinger 31/2. '') Ott, iBeitröge sur ^teseptionsgel^i^te 108^.
•) A, C, D, E, F, H, K, R, DD, GG, HH, LL, MM, 00, RR, CCC.
') P, S, X, QQ, TT, UL', AAA.
*) SWortinus G, KK, PP ; Utbanu» Y Y ; (£Iemens O u. DDD; 3nnocentius NX.
56
5)a ber ordo iudiciarius Antequam gauj ftd^cr bcm 13. 3a^r*
tiunbcrt angcprt — er toar ja j. SB. fc^on um 1282 in SRä^rcn
bclannt ^) — lommcn in crftcr ßinic nur ^itpftc aug bcrfclben Qtit
in ®ctrad[)t,*) inöbcfonberc fann mit bem öfter ate alte übrigen
^ä))fte jufammen genannten SUejanber niemanb aU ^Uejanber IV.
(1254—1261) gemeint fein. SBcnn alfo j. 99. bie ^anbfd^rift K
einmal nad^ bem erften 9?egieiiingöjaf)r beö ^a^)fteö ?üejanber
batiert, fo ^aben tpir ba» 3a^r 1254 bafür einjufe^en. J)aju
pa^t bann bie ©rtüä^nung ber S)}eierer I)ombelane W.') unb
G.;*) benn im ganjen Zeitraum jtoijc^en 1173 unb 1290 gibt
e^ in ©peier leine berartigen 9Bürbenträger mit )o beginnenbem
9iamen aufeer einem nid^t Leiter be!annten G, (1249 — 50),
SSerner bon §ot|enecf (1251 — 59)^) unb bem anfd^einenb nur furje
3eit tätigen 3BaIram üon ©crolb^edt (1259).^) Sobann füljren faft
alle in ben ^anbfrf)riften ertoSfinten I)ombeIane in i^rem 3;itel ben
3ufag dei gratia/) ber nur dürften unb Sifd^öfen ^) allgemein ju*
*) 3n ^anbfc^rift Q [tnb 3, 5B. genonnt Th. advocatus et scabinus in
aägernborf (Tilmannus rotrb 1279 als <Rt(^tcr, 1281 als 5Bogt bafelb[t er-
tDä^nt), H. coramendator (Jppaviensis (Henricus commendator Oppaviae,
doctor decretorum etlDÖ^nt 1282), mag. Johannes, doctor puerorum (ein
Johannes eruditor parvulorum 1278 genannt); aubecbem ^at eine Sformel bie
Oal^r^a^I 1282. 93g[. Ott in ben 6{t|ungsber{(^ien bei SBienet ^fabemie
CXVII 4, 40 unb 48.
') ©rcgor IX (1227—41), 3nnocen3 IV. (1243—54), «ttlexanbcr IV.
(1254—61), Urban IV. (1261—64), (Clemens IV. (1265—68), ©regot X.
(1271—76), 3nnocen8 V. (1276), aWartin IV (1281—85). 3m einzelnen fann
jmeifel^aft |etn, ob (!5regoc IX. (mie ^iodtnger, Stin^ing unb Sl'hit^er moüen)
ober X., 3nnocen5 IV. ober V. ju nehmen ijt.
3) A unb C, oteUei(^t aud) GG unb UU, bie ben Detan V. nennen.
*) J. Die metften gs. (R, S, GG, KK, LL, RR, YY unb CCC)
fpred^en com H. decanus, u)offir einjig unb allein geinrtc^ oon SBei^enburg
1225/6 in 93etra(^t fommen fann (SBlrtemb. U©. III 195 unb IV 398); in
ber fiifte ber Dombefane bei iRemling (5ef(^t(^te II 884 fe^It er. Den &n*
meis auf bte Quelle oerbanfe ic^ mie eine ^e\f)e anberer fflr mi^ mertooller
(Ergönjungen gerrn 9legterungsrat ©ert^olb.
'') 93gl. iRemling ©ejc^i^te II 834 mit 3(50. I 226.
^) (Einsige (Ertod^nung Straub. US. I 332. ®et 9{eml{ng a. a. O.
fe^It er.
") B, C, D, E, F, G, J, O, R, S, DD, GG, HH, KK, LL, MM, 00,
RR, UU, YY, AAA, CCC unb DDD.
^) Der Speierer SBi[c^of ^at ben 3^\^^ ^^ divina clemencia erftmals
1100, dei gracia 1104 (5Remling I 69, 86). Stänbig toirb leftterer etwa |ett
1150. 9(bgelö[t burc^ bie neuere Sormel dei et apostolice sedis gracia mirb
57
fommt, [thod) im brctjct)utcu 3^b. aud) nic^t bei ben ®))cicrer I)om*
^jröpftcn/) um fo mctir aber bei ben bortigen I)ombefanen auffällt.
2e$tere führen ben SBei)a^ nur ganj furje 3cit : erftmal^ finbe xd)
it)n bei 2)ombeIan Siegfrieb öon Sachen 1239 unb 1248, bann
gerabe bei unferem G. 1249 unb bei 3Berner öon ipof)enect 1253
unb 1255,*) Vorauf er bei beffen 5>iaci^f olgern lieber ööüig öer*
fc^lDinbet. ?tuf biefelbe 3^*^ öertoeift un^ ber toieber^olt genannte
©peierer Bürger ipeinrid^ jur 6cfe. ^toax gibt e^ mehrere Irdger
bicfe^ 9?amen^, aber jtoei bat^on finb anfc^einenb fc^on in jungen
Sauren geftorben, ba un^ öon i^nen mit 3lu6naf)me ber Xatfad^e
i^reö Xobe^^ nirf|t ba^ geringfte berichtet lüirb,'') loäf)renb öom
cinjig übrig bteibenben britten öer^ältnie^maßig oft bie JRebe ift;
unb biefer na^m gerabe in hm 3af)ren 1249—1265 in feiner
^cimatftabt eine angefef)ene Stellung ein. I)aß er bi^ioeilen ju*
fammen mit bem 2)ombefan W. genannt ift,\) befraftigt nur bie
3bentität.
9lu§erbem gibt öietteic^t ha^ in ber ilanjlei be^ Speierer
Dffijialategeric^tg benügte gormelfrf)ema einen ?lnl)altö:|)unft für
bie jeitlic^e "iDatierung. ^tnn bie iilteften bei i^m ertoac^fenen
llrfunben toeic^eu ab t)on bem fpater üblichen (yeri)}pe. 2)ie Ur*
funbe Don 1248 j. 23. fennt feine litis contestatio, befieljlt bem
Söeflagten mit ber (Sntfc^eibung für immer sufiieben ju fein unb
bro^t für ben galt ber 3^^i^^'^^)^"i^t""9 beibeu Parteien ben
Kirchenbann an; bie ber fpiiteren ^roje^urfunbe be^ geiftlid^en
©eric^t^ eigentümlichen ^lo^feln unb J^c^^-'^i^^"/ toelcfie bie genaue
(Sin^altung be^ üorgefc^riebenen SJec^t^gangio anbeuten tooUen,
fel)len gänälic^.^) SBirb eine frembred^tlic^e 'ißroje^fianblung öor*
er, |o Dfel i^ fe^e, erjt 1449 (ebenba II 258). %u^ bie ©rafen nennen ]xä^
im 13. 3^b. glefc^ ben 8für|ten „von ©ottes ©neben", 3. 95. 1236 F. dei
gracia comes de Zollra (9lemltng I 206). CBinstgattig ift bagegen too^I ber
Sd^ttlt^eig ber guten 3tabt CBglingen, menn er [i^ 1233 btefelbe {tolse 93e3ei4-
nung betlegt (3©0. III 114).
') (Erftmals 1218 Cuonradus dei miseracione prepositus maioris ecclesie
in Spira unb 1224 C. dei gracia etc. (9?cmling I 154, 170), bann häufiger;
lejtmals roo^I bei SBerner Don öo^ened 1270 (3®0. XX 304).
») Oben G. 27; ^Remling I 237, 243, 256, 265; öilgorb 59.
©gl. obenS. 49*. ^ad) 3GO. XVI 415 roären alle ^erfonen, bie
Don $anb 1 eingetragen (inb im Necrologium vetus, x)or 1257 gcftorbcn, aber
bas ift unri(!^tig !
*) 5lomentli(^ C ll, oiclleit^t au^ GG unb üU.
^) ©gl- oben 3. 29 mit ber 3U ©egtnnbes 5. ^bf^nitts mitgeteilten Urfunbe.
58
genommen, fo bleibt fie bocfi junäd^ft allein unb ber reid^e Äranj
ber übrigen römif(^=Ianonifc^en ^rojegerforberniffe tüirb unberürf*
fid^tigt gclaffcn. 2)ag änbert fic^ in Speier allgemein feit bcm
Sa^re 1260; erftmal^ jeigt bie ©erid^tßurfunbc öon 1257 äuBerlid^
ein frembeö ®en)anb unb int)altlid^ einen ganj in bie neuen formen
geljüllten ^rojtft.^)
So n)eifen unö eine Steige X)on getoid^tigen 3ciiG'iiff^" ^uf
bie SZäfte beö 3a{)re^ 1260 afe auf jene 3cit, in ber bie Speicrcr
gaffung be^ ordo iudiciarius Antequam entftanb. ?lber laßt
fid^ mit biefem ^^it^w^itt Hereinbaten, ba% in berfelben üereinjclie
SRec^t^gebanfen if)ren Slusbrurf fanben, bie um ba^ 3al)r 1260
längft iiberujunben lüaren? 9Bar ein 3^*^*^ ^^^ ^^^^ ^"f ^'^
alten i^ompilationen eingcftellt tüar, mertoürbig in einer ^txt, bie
Don ber 3^^i^^^''i'^9i"^9 bk)a Sammlungen nod^ faum ein
SWenfc^enalter entfernt loar? So fd^nell lamen bie neuen ©efre*
taten ®regor^ IX. bei ber Seltenheit unb bem teueren ^^rei^ öon
^anbfd^riften^) nic^t in bie iptinbe ber ^ritiaten, ba\i fie mit einem
Schlag bie äal)lrei(i| t)ort)anbenen alten JSompilationen f)ätten t>er«
brängen fönnen ober gar Derbrängen muffen. 2Ba^ l)alf ia ber
fc^önfte 9iefet)l, bafe bie unb bie SJerorbnungen au^er Äraft gefcftt
feien ? 5)ie bamaligen ijuriften bcfa^en in i^rer übergroßen üRe^r=
3at)l feine anberen juriftifd)en SBerfe al^ biejenigen, bie fie ftd^
felbft auf ber llnioerfität im 3lnfd)luß an ben münblic^en SBortrag
il)rer Sel)rer gefd)rie6en t)attcn. J)iejenigen, bie in ber beneibenö«
toerten 2age toaren einen fold^en Siüd^erfd^a^ ju befi^en, Der*
toaijvtm \f)\\ mit t)eiligem öifer unb loiefen if|m fd^liefelic^ in iftrcn
le^ttoiUigen 95crfügungen einen 6f)renpla^ an; fo ei*fa^ren toir
audj au^^ ?Inla§ einer 2eftameut§errid^tung, ha^ ein S))eierer
S)oml)err SSalter fttein brei juriftifc^e 3^üd^er fein eigen nannte:
nämlic^ Dom corpus iuris civilis ein digestum vetus^) unb ben
codex, Dom corpus iuris canonici bie burc^ Sc^ulbeifpiele (casus)
erläuterten pä^^ftlid^cn Xefretalen.*) 2Sar e^ ba ein SBunber, toenn
bie 9?ed^tv3funbigcn bie in jungen 5af)ren erlernten unb in il)ren
9lufäeid)nungen Dieltcic^t forgfältig Dertoat)rten 3itate auc^ in fpäten
') Oben e. 31.
*) £cibcr beffjcn njir über bie ältcjtc Speierer SBibltot^ete« unb 93ü(^er«
9c|(^ic^tc noc^ roenig Äcnntnis. Über greife f. namcntUc^ 2Bottenbo(^, S^rift-
rocfen Im 9WtlteIaIter ' (1896).
') D. ^. bie er|te mtetlung ber t)fge|ten oon Hb. I— XXIV Xit. 2.
*) <RemIing 1 337.
59
Sagen nod^ bcibcl^tclten, aU bicfclbcn jum %t\l infolge eined neuen
SRed^töjuftanbe^ nid^t mct)r rid^tig toareit ^ Unb menn fie bag, toa^
i^nen bamafe geletirt toorben \oax, aud^ jc^t in bcn ©erid^tö*
gebrauch umjufe|en fud^ten, ol^nc in jebem Sinjelfaß erft fc^toierige
unb jcitraubenbe Unterfuc^ungen barüber anjufteüen, ob i^re ?(n»
fid^t aud^ jel^t nod^ jutreffenb fei? Unb biejenigen, auf bie fie
itiren foftbaren ^anbfc^riftenfd^a^ ijererbten, taten bie^ too^I eben*
fohJenig. @o eittäre ic^ mir in einfädlet SBeife ettoa bie ?luf»
nal)me be^ @a^e§ öon ber 3cw9"i^ii^f'i^i9^^it be^ ßaien gegen»
über bem ©eiftlid^en.
?lud^ in bem tpieberljolten S8or!ommen eine^ H. decanus
Spirensis, ber ibentifd^ fein mü^te mit bem 1225/6 bejeugten
^einrid^ tjon SBeifeenburg, falte nic^t in baö biöf^er nod^ eine
ßürfe bilbenbe 3at)r 1251 ein ebenfo benannter 3)ombefan ju
öerfe^en ift, liegt toot}! lein jUjingenber ÖJmnb, für bie ©peierer
^Bearbeitung be^ ordo iudiciarius ju einer erl)eb(id^ frül^eren
?lnfe^ung ju greifen. Qtoax ift berfelbe einmal*) jufammen mit
einem ^a^ft ®regor genannt, toa§ fid^ mit einanber bereinigen
lie§e, toenn man ben feit 1227 regierenben ©regor IX. nimmt. ?Iber
biefeö ©rgebniS toirb in feinem SBerte fofort toieber baburc^ f|er*
untergebriidt, ba§ unfer H. nod^ toeit tiäufiger neben f)}äteren
^öt^ften erfd^eint: fo fünfmal neben Älejanber (1254 — 61), einmal
neben Urban unb einmal neben äWartinu^.*) 3luc^ ber Xiteljufal
dei gratia decanus toeift too^l auf bie fpötere 3^'^^ tt)eäl)alb bie
Vermutung auftaucht, ia^ tvxx e^ im Dorliegenbeu f^aü mit einem
gauj toißfürlid^ gett)äl)lten SRamen ju tun ^aben, fate er nid^t über*
l^aupt erft in ben jüngeren Xejten an bie Stelle be^ älteren W. ober
G. gefegt iourbe.') 2)en ^auptgrunb aber, iparum id^ i^mentfd^eibenbe
93ebeutung nid^t beilegen f ann, liefert bie ©rtoägung, bafe bei bem Sflter
unb bem 3iiftanb ber ipanbfd^riften be^ ordo iudiciarius Antequatn
— bie meiften ftammen au^ bem 15., nur ioenige au^ bem 14. 3I)b.
— auf einem einjigen, für fid^ altein ftef)enben ^^Sunfte toeiter*
ge^enbe Sd^lu^folgerungen nid^t aufgebaut toerben bürfen unb
ba^ für bie S))eierer Bearbeitung nur eine fold^e Datierung an^
nel^mbar ift, bie fid) gleid^jeitig üon ben öcrfd^iebenften Seiten ^cr
ftü|en Id^t SDie^ trifft lebiglic^ für bie 3cit um 1260 ju.
^) S. ») R, GG, LL, RR, CCC; YY; KK. »9I. S. 56 ^
^ 6peierer Dombelane oaren }. SB. gartmann 1831—1343, germann
1405—1408 (m^ ^Rcmling ©c|(^i(^te II 834).
60
5)antit ift frcilid^ md)t gcfagt, ba§ bic fraitjöfifc^e SBorlagc bcS
ordo in ©ipcicr t)orf)er muffe unbelannt gettjcfcn fein. ^ ©egcn*
teil! 35ag »i^tum, bag in ber erften ^dlfte bcö 13. 3^bg. afe
bie ^o^e ©d^ule ber Diplomaten galt, ftanb and^ in au^gebel^ntem
toiffenfd^aftlid^en SBerfeljr. ®^ toax lange gemiffermafeen Sife ber
SReid^öfanjlei, feine Älerifer ftubierten anf ber ipoc^fd^ule ju ^ariS,
ein gebilbeter granjofe ftanb in ben 3)ienften ^einricf|§ üon
fieiningen.^) 3)ie Sejielinngen jn granfreid^ tonrben nod) enger^
feitbem ha^ ^apfttum bort feine SRefibenj aufgefc^lagen ^attc;
bajn ioaren feinet Sifc^ofä ?lugen mef)r nod^ afö bie anberer
Äird^enfürften auf 9lt)ignon gerid^tet, bic 9iad^folgerin ber etoigcn
®taht (S8 ift möglirf); ba§ ber urfprünglid^e 2;ejt be^ ordo
fd^on einige t3al|rje^nte oor ^einrld^ nadEi S^}eier fam; aber erft
fpäter folgte bie Bearbeitung, bie bem SBerl burd^ 3ln))affung an bie
^eimifc^'öertrauten 92amen bie gö^igfeit gab, mit rafdE>em Schritt
in alle beutfd^en ©aue ju ioanbern. Übrigen^ ift auc^ ba^ äa^r
1260 fo frü^, ba^ e^ ber alten Spira in ber gragc nad^ ber
älteften ©eric^t^orbnung eine§ beutfc^en DffiäialatSgerid^t^ fogar
nod^ toeitauö ben 85orrang fiebert öor ben Ilbrigen Sifd^oföftäbten.
IV.
1. 3uftänbi(|fett. 5)ie crfte 9lufgabe eine§ Dffijialat^gerid^tc^
toar f))äter, ®crid)t für bic ©eiftlic^cn be§ 3Ji§tunb3 ju fein.
5!)enn biefcn f)atte bic fird^lid^e GJcfcjjgebung, Wotjl Vorbereitet burd^
^apft 9tifolauö I. unb mit einem Sc^lu^ftcin öcrfe^cn burd^
Oregor IX., unter ben legten ^o^cnftaufen bie r^olle grci^cit öom
toeltlicf|cn ®erid;t in Straffadjcn crfümpft. !5a fogar ganj all*
gemein iDar ba^ Privilegium fori für ben Älerug burc^ 9teid^§*
gefc^ 2) feftgclegt Sorben unb ein Util ber ßanbe^gefe^gebung toie
j. 93. ber baljrifc^c Öanbfricbcn öon 1244^) erfannte e§ unbebingt
an. Slbcr fd)on ber @c^it)abcnfpicgcl burc^bradj e§ toieber unb
geftattete einen ©eiftlic^cn Vor bem loelttidien Siid^ter umbe gulte
b. t). in äinilrcc^tlic^cn Sc^ulbjac^en ju belangen.*) Slber bamit
') Oben S. 18.
^) Durd^ bie Authentica Friderici II. Statuimus (1. 33 de episc. et
der. C. I 3; ogl. ferner So^m in ber SSm. IX 248).
') Quellen unb (Erörterungen 5ur bat)eri{(^en unb beut|(^en ®ef(^i(^te V 82.
*) ©englers 5lusgabc Rap, 77.
61
toar nid^t bai QJcringfte an bcm 3iift^i^i> gcänbcrt, bafe auä) l^icr
für bic Älcrifcr tocnigftcn^ toa^toeifc bie ficc^tic^c QJeric^t^barfcit
juftänbig blieb, mod^tcn fic ftldgcr ober ©eflagte fein. 3n Speier
toar man nnter bem (Sinflufe ber Immunität fd^on längft an ?i[t|n=
Kd^e^ getpötint. I)ie größte Sebeutung erlangte bad ^riuileg in
crfter Öinie erft burc^ bie im 13. 3f)b. tro(^ ber ftartcn 83et)öl!e»
rungi^jnna^mc anfd^einenb bod| unüer^ältniömäßig angetoac^fenc
Qaf)l ber (SeiftUd^en;*) auf beren ®eftnbe tüar e^ fc^on längft mit
erftrecft lüorben. 9lber in biefer ^tit toirb ee auc^ bereite mel^r
ftillfc^toeigenb Dorau^gefegt afe au^brürflic^ erlDÜ^nt.
^an )px\d)i öon if)m nur bann, tpenn eine meltlid^e Wetoalt
bo^felbe anjutaften üerfuc^te burd) Slufrid^tung ber eigenen ober
Störung ber geiftlid^en ©erid^töbarfeit,*) unb fofort bro^te ber
®annftraf)L So ließ 1275 ber ©ifd^of üon Speier bem Stabt=
lämmerer bie @jIommunifation in ?lu^fid^t ftelten, toeil er bie
S)omgeiftlid^en toenigfteng tatföd^lid^, nad^bem er e^ rec^tlic^ nid^t
lönne, öor fein toeltlic^ee^ ©erid^t 3ief)en lootle.') Um an bem
©ifd^of ftet^ einen eifrigen ^üter unb SSerteibiger i^reö SRed^tö ju
F)aben, f)atten bie 2)om^errn ni(i|t tjerfiiumt fdjon in bie ätteften
SBa^llapitulationen eine auf bcffen SBefc^üj^ung ^injielenbe SSe*
>) DboDo^l |i^ ^ier oiele fibertrefbungen breit machen! "S^t Speter
mag bie 3a^I ^a^ meiner ooriftuftgen, gfinslic^ unmabgebltc^en St^d^ung
etva 500 im 13. unb 14. 3^b. betrogen einf^IiegU^ ber ^Dienftboten. (Eine
Hnterfu^ung liegt ^ierflber no(^ ni(^t oor. Der über secretomm Mathie oom
3aÖre 1464 (Äarlsni^er R93. 296 <BI. 159) jäl^ft bei ber etiftsgeiftli(^feit
222, bei Pfarreien unb Rapeden 69 ^erfonen, iDogu bann no^ bie 3nfaffen
oon 6 monasteria, 2 coenobia unb 7 clusae [otDie bas entfpre<!^nbe Dienft"
perfonal (ommen. X)o$ n)irb 3u berfldjid^tigen fein, baft tht S^ei^e oon Sene<
fijien vereinigt »aren. Die entfprec^enben 3a^Ien mürben fflr SBorms auf
1200—1500, für etrofeburg auf 1000 geft^äftt ; bie grantfurter 3ä^lung oon
1387 ergab gegen 270 (5eiftli(^e auf 9600 (Eimoo^ner, bie 9{flmberger oon
1449 446 auf 20000, mobei au^ bie Diener mitgerechnet mürben (ogl SBer-
ming^off, Äirc^noerfaffung 276 7).
') ^g(* 3- ®* bie au^ in Speier geltenbe IBeftimmung bes SBflr^
burger 9lationaHonjite oon 1287 Üit. 36 (gar^^eim, Conc. Germ. HI 373) :
„Personas omnes . . . [et] universitates . • ., qui ut nullus conqueralur coram
ecclesiastico iudice prohibent ac statuta condunt contra cicrum seu clericos
et ecclesiasticam libertatem, hoc edicto perpetuo tali poena volumus puniri,
videlicet quod personae . . . excommunicacionis et universitates interdicti
subeant sententias ipso facto.'*
^ 1275 gilgarb 93 9lr. 127: de facto, cum de iure non possit.
62
ftimmung aufgintcf)menJ) ^od) \mnht and) bamaU flar jum
?luöbrucf gcbrad^t, ba§ c§ gäüc gibt, in bcnen ein Älcrifer leinet«
toegg öon bcr toclttic^en @crid^t§^ot)cit lo^gclöft ift: nämlic^ einmal
rüdfid^tlid^ ber Oüter, bie er befi^t, unb fobann „an^ jebem anbem
gefegmä^igen unb et)rcnf|aften ©runb*'.^) ©er Sinn ift jiemlic^
Mar: gemeint finb bic reinen Sßermögen^ftreitigfeiten unb fobann
bie nic^t nöl)er bejeid^neten öom fanonifd^en Siedet anerfannten
gälte.*) Dbtoot)! ba^ lanonifd^e Siedet einen attgemetnen SBeräic^t
auf baö ^rit>ileg mbglic^ft ju öerl^inbern fud^te,*) fonnte e^ i^n
bod^ in reinen ^riöatftreitigfeiten nic^t unmöglid^ mad^en. x?;a
man fd^eint x>on ii)xa fo I|äufigen ®ebrauc^ gemad^t ju ^aben, baß
fogar in fonneIf)aften Seftanbteiten ber Urfunben öon i^m bie
Siebe fein fonnte.*) 9hir ©eiftlic^e unter fid^ burften niemafö baä
toeltlid^e GJerid^t anrufen. ?tfe im 3al)re 1310®) gtoei ©eifttic^e
einen ©tanbc^genoffen loegen 93lirgfd^aft oor bem toettlidjen ©eric^t
öertlagt tiatten, erfldrte eß ber S8ifrf)of für ,, abfd^eulid^ unb für
ein fc^toereö Unred^t, ba^ öon ®eiftlirf)en unb gegen einen öJeift-
lid^en in toeltlid^em ®crid^t oor einem ßaienrid^ter jum Schaben
ber fird^licf)en grei£)eit folc^eö üerfud}t toerbe."'^)
2)er ^aitptmißftanb bes; geiftlid^en ^^riöilegö toar feine ?fu^-
bcf)nung auf äaf)(reid^e ^erfonen, bie mit bem geiftlic^en Berufe
borfi nur in lofem ^i^fammenfjang ftanben: e^ lam 5. ^. bem
entft auf ber UnitJerfitiit ftrebenben Sd^olaren, ber ja in jener 3^^*
immer bem ftleriferftanb angef)örtc, nic^t mef)r 5U ftatten ate bem leic^t^
finnigen fa^renben Sd^üler, bcr längft alle^i ftlerüermft^ige über 'i^orb
getoorfen f)atte unb nun auf jaf)re(anger SBanberfd^aft aud^ oft gc^
nug mod^te nad) Speier öcrfd|lagcn toorbcn fein ; ^) e^ nü^te bem
') 1272 (9?cml!ng I 326): Contra quamlibet potenciam laicalem de-
fendct quemlibct clericum pro posse. S^nllt^ 1300 (cbcnba 426) in cinct
(£nt[(^cibung bes (£rabi|(^ofs Don SRatnä. ') (Ebenba 326.
') 3. ®- M bcgrabtertcn ober oer^eiratcten Älcrifcrn.
*) 339I. bas ©erbot im über extra II 1, 2.
*) 3« ©• renunciavit omni iuris et legum auxilio canonici et civilis,
privilegio clericatus et fori, consuetudini et statuto etc. (1252 ^RcTItliltg I 252)
«) 5lur ausna^msiDcilc jie^e \d) bcn ^(nfang bes 14. 3^bs. jum Ser-
glef(^ ^eran. ') gilgarb 201 9lr. 262.
«) Sflcbenbci Jei bcmcrft, baft bcn bejten (Einblld in bas ^treiben ber va?i
ober goliardi i^re Stubentenlicbcr bieten, erhalten in ben |og. Carmina Burana
(^sg. oon ©(^melier in ber SBibl b. lit. 35er. Stuttgart JBb. XVI). (gine gute neuere
Arbeit Aber ben (5egen|tanb oerbanfen toir iR. Spiegel, Die 33aganten unb i^r
Orben (^rogr. Speier, 1892), ©ofelbjt au^ ßüeraturangöben.
63
Äreujfa^rcr, and) tocnn er jahrelang feine 9lnftalteii traf, bie
Ufeni be§ SR^ein^ mit benen beö Vorbau 311 öertaiifc^cn;*) e^
breitete feinen ©c^irm über bie ©egine in i^rer frommen illaufe
ebenfo toie über bie SBittoe an^ ! *) 9tber in biefcn legteren fünften
fe|te ber Stat ber Stabt feiner ?lnerfennung noc^ ein entfd^iebeneö
5Rein entgegen.*) Dagegen toaren feiner Segnungen bie 3)ienftboten
ber Xomgeiftlidifeit au^ ber alten Immunität f)erau^ fd^on feit bem
3al)re 1101 teilhaftig geworben/) unb im 3af)re 1255 beftätigte
ber @rjbif(f|of üon Sßainj bie „altf)ergebrad^tc Übung", ba§ bie Öaien«^
beamten be§ S^jeierer Domfo^itefe if)re Scteibigcr uub Sc^ulbner
öor bem geiftlid)en SRic^ter belangen fonnten.*) 2)aju trat bi^toeilen
noc^ eine gro^e i^aiji faifcfier ftierifer auf ben ^^tan, bie meift
i^reö Saufmann^gefc^äfte^ f)alber burc^ betrügerifc^e Xonfur unb
angema^te^ geiftlic^eö öetoanb fic^ bie S.?orteile beö ^riöitegg üer*
fc^affen tooUten unb im 13. Olf)b. namentlich in g^anfreic^ ju einer
Üanbptage tourben.^) 55iefe iJeutc erhoben naturgemäß ba^ lautefte
®cfc^rei, toenn fte öom njelttid^en %xm unzart angefaßt toerbcn
mußten, unb oft gelang c^ i^nen bie geiftlic^e Dbrigfcit ju be=
ftimmen, baß fie fid^ if)rer annahm. So ftellten fic^ einer toelt=
liefen Stec^tepflege, bie itberaU ba^ Unrecht beftrafen unb befeitigen
iDoüte, auf Schritt unb Xritt $)inberniffe in ben 28eg. Unb bie
geifttic^e ©ericfjt^barfeit üerfäumte bann manctimal bie f)ic6ei ent=
fte^enben Öllcfen au^jufitUcn.
9?ic^t fo fc^ioere SKängel toie bie perfönlic^e bradf)te bie fad;=
lic^e 3iit*ä"^i9f^it ^^^ Dffijialat^gerid^t^ mit fid^, bie benn auc^
1) Crucesignati ntc^t nur bte aUen Rreujjugfa^rer, {onbem fpftter au^
aUe $alö|tinapilger, bte bas Sanb bes CErlölers nur jum (Sebet befuc^ten. 3c^
finbe bas ^ort in Speter nur einmal: gtlfl^^i^^ 138-
') Seginen ^ei^en bie HRitglieber ber Sereinigungen von Jungfrauen
unb SBitioen mit gemeinfamem Seben, aber o^ne eigentli(^e (5elübbc ; fie tragen
i^ren iRamen 00m Stifter Lambert le Beghe (er|ter ©eginen^of um 1180
bei £ütii(^). Später f^(of|en \xä) oiele 5lonDente bem britten Drben ber
^uguftiner, gfrangisfaner unb ^omtntfaner an. — X)ie Orbensfrouen i. e. S.
^ei^en conversae.
') 1294: lo^Igarb 138: „Crucesignatos, viduas, bcgina.«, conversas, quas
ad forum ecclesiaslicum pertinere [episcopus] dicit, quod negatur**.
*) (gbenba 16. *) 1255 ^lemling I 261: officiati capituH laici.
«; gournier 69. Der ftönig ^^ilipp ber S^öne bef(^©ert \id) bitter
über folc^ Xräger eines ^^onfurenfranjcs : „huius corone titulo se in clusionem
et defensioncm suorum scelerum et omnis voraginis usurarum ne puniantur
se esse clericos mentiuntur**.
64
burd^ bcn SRat her Stabt Speicr j. 58. im '^aljxt 1289 gruubfä^»
lid^ afe cttuaö ©ctbftDerftänblic^eS angcfcfien tuurbc. S)amate bc^
ftimmte bicfcr, bafe fein fflürgcr einen SWitbürger \>ox einem anbeten
SRidjter al§ ben bifc^öflid^en SHid^tern, niimlic^ bem orbenttic^eit
geifttic^en SRid^ter, bem Äämmevcr, ©d)nlt()cife, SJogt nnb 3Äün3=
meifter in ben Sad^en öerflagen bnrfte, bie je nad^bem jur 3^=
ftcinbigfcit be^ 6ea*effenben SRic^tevß gef|i)rten,*) aber leiber ift nic^t
näl)er barauf eingegangen, luas unter biefen Sad^en im einzelnen
ju üerftef)en ift. ©^ mufe alfo bejitglic^ ber ÖJeric^ts^barleit be^
geiftlid^en 9iic§ter^ ber SRec^ti^äuftanb beö fanonifc^en 9ied^t^ afe
Derbtnblid^ angefel)en toerben, ha nur er eine allgemeine, t»on
©onberbitbungen unab()dngige ©üttigfeit beanspruchte. 2)iefcr
?tnnat)me tüiberfpric^t bie ?lrt ber Streitgegenftänbe nid)t, bie nac^
Slu^tuei^ ber un§ erl^altenen Urfunben Dor bem Cffijialatögeric^t
jur SSer^anblnng famen.^) 3^^ feiner aus^fc^Ke^Iidjen 3iM'tänbig=
leit unb bamit ju ben causae mere spirituales bürfen Juir bantac^,
tüaö auc^ bem fpciteren 3uftanb entfprid^t,^) alle Äirc^enöermögcns^*)
unb 6()cfad)en red^nen. ?tbei* biefe mit bem 3^^"S ^^^ Stu-^^fc^Iieß*
lid;feit auftretenben '^^rojeffe mad^ten nur einen Xeil ber ®efamt=
fumme au^. 2)enn Wk oft tüurben üor ben Cffijiat Sad^en gebradjt,
bie loeber mit einer geiftlidjen ^ißerfon noc^ mit einer geiftlic^en
(S>ad)t ba^ geringfte ju tun t}atten ! Xa lamen f)eute sn^ei 3)ürger, um
ben ??erfauf eines jät)rlid^en 3"M^^ beurfunben ju laffcn,^) unb
morgen ^ooüten jUjei (^emeinben if)re SSeibeftreitigfeiten entfd^ieben
I)aben.^') 3n 9lngelegen^eiten ber freitoiUigen ©eric^t^barfeit tie§
man nid^t feiten gleid; beibe ttlaffen \)o\\ ®erid)ten tätig loerbcn,
um baburd^ feinen ^auvOerfauf '^) ober feine 3^ii^^^^*'i"B^'''WttS*)
^) 9{au, 9{egtmcntsucrfa[|ung ber freien 9let(^9{tabt Speiet I (1844)
13 ?(nm. : „ . . . super causis, que spectant ad quemlibct iudicum pre-
dictorum suo iure.**
') 9lamentli(^ Mon. Pal. Ill enthält eine fortlaufenbe 9?ei^e folc^er Utfunben.
3) Srflr bas 15. 3^b. namentlich (Blasf^röber, 9r(^tbiafonat 123.
*) 3d^ rechne ^icr^er niä)i nur ^frünoc«, 3«^"*' unb jlirc^enbauftrettig«
feiten, fonbern au(^ aHe fog. frommen Stiftungen unb S^ermd^tntffe.
*) Öilgarb 131 C1293). «) 9?emling I 336 (1273;.
^) gtlgarb 113 (1285): Sflac^tröglii^e ^eurfunbung bur^ bas getftlic^
Gericht, na^bem bie ^uflaffung {(^on cor bem 8(^ult^eib erfolgt mar.
*) CEbenba 123 9^r. 165 (1289): Nos iudices Spirenses et nos iudices,
consules et universi cives Spirenses.
65
ober jciii 3Jcnnäc^tni^ *) bcfto fieberet' unb untoerle^lid^cr ju macl)cn.
S(iigclc9cu{)eitcu ber ftrcitigen ®crici^t€^barfcit aber brachten bie
üaieu genic burd^ ^^^f^änbigfeit^öcreinbarung bedf)alb an ba^
Cffijialategcric^t, tocil f)icr ba^ ftrcng geregelte SSerfa^ren, bie Saftig*
feit unb (£in^eit(ici^tett bed ju gruube gelegten Stec^td, nameutltd^
aber bie burd^ ?lntt)enbung ber l}öd^ften geiftlic^eii Strafen erjielte
©ic^er^eit unb 3?afci^f)eit ber SJoüftreching ganj anbere SBorteile
boten ale ba^ auf anbern (^runbfä^en bem^enbe altüberfommene
toeltlid^c ©cric^t.*) 9luc^ bie Öeifpiele be^ ordo iudiciarius Ante-
quam jeigen bee öfteren in rein toeltli(f)en Sachen biefelbe ßr=
fd^einung.^) 3)a«^ 3Jolf felbft rief ben Cffijial um ipilfe an, tuenn
be^ Scf)ultl)ei§en ober bee SJogteö SJic^tfc^toert ftumpf unb fein
Stab ju furj getoorben toar.
Dem Speierer Sifd^of fonnte ba^ im grunb genommen fo=
lange gleich fein, al2> er ebenfo toeltlic^er tt)ie geiftlid^er ®eric^te*
^err loar unb an^ beiben ^uftänbigleiten ©nnafjmen fc^öpfte.
9iic§t aber bem ®tabtfd^ultf)ei§ ! 2öo blieb fein Stnteil an ben
(yeric^t^gefäden, ioenn i^m fo unb fo Diele ^ijJrojeffe entgingen?
<Bo benit)t im 13. 3^b. be^ toelttic^en SRid^ter^ 9Biberftanb gegen
eine ©eöorjugung be^ Cffisiatats^geric^te junäc^ft loenigcr auf
grunbfä^lic^en (^rtoägungen aU auf bem menfc^lic^en unb aU^u^
menfd^Iic^en 3Biberftanb gegen bie Sc^mälening feiner Ginfünfte ! *)
?lber ba auc^ er ^ie iinb ba in ber Üage toar burc^ Übergriffe
in ba^ geiftüdie SJec^ts^gebict i^ergeltung ju üben, fo fat) fic^ bie
fircftlic^e Cbrigfeit balb geätoungen, jn einer reinlid^en Sc^eibung
ber beiben 3"Uänbigfeiten felbft bie S^cinb ju bieten, toie biee teil=
toeifc fd^on fril^er gefc^ef)en toar. So lam e^ in beiberfeittgem
Sntereffe ju ber Stcf(ungnat)mc ber üKainjcr ^roüinsialfonjitien
t)on 1233 unb 12G1, bie ieglid)c Ginmifc^ung geiftlic^er 9tid)ter
in rein toeltlic^e Sachen ijerboten.*) Wleidijcitig U)urbe ben 2aien
') (Ebenba 98 9lr. 136 (1279); Judices Spirenses, consules et universi
cives ibidem etc.
') ajhtt^er, 9?ömif(^e5 unb !ononi{(^es 9?e4t im beutf^en S^ittelalter
(1871) 26; griebberg, ßc^tbuc^ bes Äit(^€nre(^ts » (1903) 282.
3) Z^ oerioeife namentlich auf bie forma propositioms unmittelbar nacb
ber forma libelli.
*) (£ben|o griebberg a. a. O.
*) 1233 § 31 (3(50. III 139): Prohibemus, ne prelati de causis,
quas laici habent ad invicem, se aliquatcnus intromittant, nisi tales sint,
quas ad forum ecclesiasticum non dubiiim sit pcrtinere, cum ex hoc secu-
5
66
t)crtocf)rt, fid^ in ber 3Bcifc bcr ürdilid^cu @crici^t*^6arfcit im 3Jor*
aug ju untertücrfen, ba§ fie mit bcm ffird^cnbauu belegt fein
tooHten, totnn fie bcn geiabe gefc^loffencn, an fid^ bnrd^auÄ toclt=
lid^en Vertrag nid^t erfiiütcn.*) 2Bic öiel bicfc^ SBerbot l^alf, jcigt
j. 99. baö Seifpiel be^ SRitter^ 5oI)ann 'oon ßid^tenftein gegenüber
ber ©tabt (Speier im 3al)re 1281.*)
38eil tüeniger ©c^toierigfeiten mad^te t)on öorn^crein eine
anbere ©ebiet^abgrenjung : bie ber öerfd^iebenen geiftlic^en Siic^ter
unter fic^ felbft. 3n Speier fommen ()ier für ha^ 13. 3^b. außer
ben beiben Dffijialen nur ber Sifc^of, bie öier ©rjbiafone unb
bie öier ©tift^befane in Jöetrad^t. S)enn ba^ 3lmt be^ ®enera(=
öifar^ in feiner fpöteren ©eftalt, \>a^ ben Dffijialen im 16. 3^b.
ben meiften 9lbbruc^ tat — bcnn faft bie gefamte ©trafgerid^t§=
barfeit über ®eiftlic^e ftanb i^m fpäter ju — , toax bamafö nod^
nic^t ge)(^affen. Qtoax finb un^ angeblich fc^on für ©nbe bc§
13. !5[)b^. (Generali) ifare überliefert, nömlid^ 1296 SBerner unb
1296 -1302 ©ibobo öon ßic^tenberg ; ^) aber baö finb tnic überaß
in ber bamaügen 3^^^*) ©tettüertreter, bie nur für bie Dauer
einer ?ibU)efen^eit beö 93i)c^of^ ^) unb nur auf ®runb einer genau
^"^^"~~ »
laris iurisdictio, quod incongruum est, enervetur. {}oJt ebenfo 1261 (Öat^*
^etm, Conc. Germ. III 600 Zit. 18) mit (Stnfül^nmö ber Sefltmmungen ob
statuta prioris concilii ; ba in bei 3vi|<^cn3ett ben $Tölaten anbere 9{t4ter,
namentlic!^ bie led^tsgele^rten Offisiale aUgemein ^ur Seite getreten [mb, [o ^eiftt
CS le^tl „prelati vel quilibet iudices ccclesiastici."
») 1233 cbcnba.
*) ^tlgarb 105: „ . . . si in aliquo articulorum predictorum omnium
defecero seii negligens inventus fuero . . ., hanc penam voluntarie in me
degi et assumsi , ut ipso facto sentenciam excommunicacionis incurram
et ut iudices ecclesiactici Spirenses inc exconmunicent et cxconmunicatum
publice decunciari faciant monicionc seu citacione non premissis, dummodo
duo vel tres ex consulibus Spirensibus fide data deposuerini me aliquem
predictorum articulorum non inplevisse, siibiciens me quantum ad hoc foro
ecclesiastico eorundem iudicum, ut liceat eis procedere ad predicte senten-
cie ultcriores aggravaciones.'*
^) 9?€mltng (5e|(^i(^te II 831. 2Blc 9?cmltng ju festerer 3ettbe{ttmmung
iartif mei^ tc^ nic^t. Zä) Icnnc o(s Seleg nur eine etn3tge Stelle (9?emling
I 412j: Wcrnherus decanus maioris ei Sybodo de Lichtenberg prepositus
sancti Widonis ecclesiarum Spirensium, vicegerentes seu vicarii revercndi . . .
episcopi Spircnsis.
*) 5ür granfrct^ ogl. Journicr 23/4.
*) iRic^tig Don $u{^, Necrolo«:ium novum Spirense 50, infofern et
Sigibodo mit bcm abrocfcnbcn ©i|(^of Sfricbri^ oon Solonbcn in S^erbinbung
bringt.
67
umcjrcnjtcn Sonberöoümarf)t totig Jüerbcu unb al\o fciiic^tücft^
mit bcr jcitlid^cn unb fac^Iic^cn 3Äacf|tfiittc bc§ f^jätcrcn QötntxaU
t>'\tax^ mi^gcftattct finb. & finb gaitj beliebige SSertreter, lüie fie
bei bei* politischen 3nanfprucf)nat)me ber bamaligen 9?ifd)öfe oft*
mal^ befteöt loerben mußten.*) Sie flirren be^^alb aud) nid)t
ben üotIen2^itel ber erft feit bem 93egiun be^ 15. 3^b§. in ©peier
auftretenben toirltic^en vicarii in spiritualibus generales,*) fonbern
begnügen fic^ mit bem befc^eibeneren vicegerentes ober vicarii,
ber eigentliche Wenerabifar jener ^t\t aber tvax niemanb anber^
aU^ ber bifc^öflic^e Dffijial.') 2)er SBifc^of felber engte beffen
3uft(inbigteit nic^t ein unb fiif)rte auc^ immer feltener felbft ben
S.<orfit5 im ©eric^t.
5)agegen t)atten bie Dier Speierer Stift^befane ai\^ früheren
58er^ältniffen bie ©eric^tsbarfeit über i^re Stift^geiftlic^feit unb
bereu Xienftperfonal gerettet; im 3a()re 1272 mußte bcr Siifc^of
biefeö Stecht aus^brücflic^ anerlennen, folange nic^t eine Serfäumniö
be0 betreffenben S)efan§ ober Äctpitel^ ober eine Slnseige berfelben
über ben UngeI)orfam eine^3 it)rer Untergebenen t)orIag.*j ipier
*) Die 9?cl^c beginnt 1399 mit (Conrab oon f^tanenbexq (9lemHng ©c«
fc^l^tc III 11) unb 1404 (9lemHng II 38) mit lohannes de Odendorff, pre-
posilus in Wydo (!), vicarius Rabani episcopi in spiritualibus generalis.
IDoä) begegnet b{e{ei Xitel wenigftens teilmeije peceinselt fc^on einmal 1332
(^ilgarb 347) in einem Schreiben bes pftp{tli(^en ^öniten^iars an cpiscopus
Sj)irensis vel Argcntinensis seu eius vicarii in spiritualibus, aI|o Ol^nc
generales. ^Hber jogat ob bie{e Xeilbeseic^nung in @peier unb nit^t etioa bieg
in 9{om gebröu(^(i(^ mar, mug besioeifelt toerben; fonjt finbe ic!^ auc!^ im
14. 3^^* nur ben ^usbrud vicarii {^lei^tiDcg: 1320 ^ilgarb 267 unb
1332 ebenba 351, ober 1351 officialis curie Spirensis, Gerhardi episcopi
Spirensis vices gerens in subscriptis (9?^. SJlfinc^en, 9?^einpfÖl5cr Uli, ^X.
1236; amtteilung bes ^%).
') 3* ®' 1239 prepositus Aquiliensis tunc vicem domini episcopi
gerens (oben S- 27).
') Schönes SBeijpiel für Äonftanj 1278 (3®0. XIX 467): Magister
Hainricus officialis curie Constantiensis et alias gerens vices domini episcopi
generalis (ber ^rud ^at gencrales); auf ber 6iegelum{(^rift bejetc^net er ]\ä)
Ieb{glt<^ als vicariu^^.
*) Slemling 1 325: Contra praelatos, canonicos et alios clericos cuius-
cunquc ordinis vel conditionis capitulis Spirensibus obligatos et eorum
familiam nullam habebimus iurisdictionem nee aliquis nomine nostro, nisi
decanus et capitulum negligentcs fuerint vel nisi decanus et capitulum de-
nuntiaverint eum inobedientem. (Eine (Ein|(^rönfung bicjcr C5eri(^tsbarteit er*
folgt, fo oiel iä) fe^e, erft 1390, als bas 5^apitel in eine 93a^IIapituIation oor
nisi bie iDit^tigen SBorte „praeter in criminibus maioribus»' einje^t (9?cmling I
706 mit 712).
5*
68
alfü ^attc and) bic 9)iad)t bes Cffiäiat^ eine Sdiranfc. 3m
übrigen toar feine 3iM**önbigfcit feine anbcre ate bie be^ SBifd^ofi^
felbft; er ^atte beffen üoöe rid^terlid^c ©etoalt in 3i^il= i"ti> Strafe
fad^en ; aber ha er blofeer ©teÜüertreter tDar, )o fonnte feine SBoU*
mad^t in jebem Stugenblicf ganj ober tciltoeife aufgehoben Joerben.
(Sbenfo toar bie ^^f^ö^^is^eit ber erjbiafonalen Cffijiale geregelt
S)ie beiberfeitigen Cffijiale ftanben in bemfelben SJerf)ättni^ ju
einanbcr toie ä^ifd^of unb ?lrd^ibiafone nnb befafeen bal)er in ber
ipau^)tfac^e eine fonlurrierenbe öJeric^ts^barfeit, für bie in fpäterer
^eit lebiglii^ ber @runbfa(j ber ^rät^ention ma§gcbenb toar.
©elbftüerftünblid) entfc{)eibet jeber für fic^ aUein. 9hir einmal
^ahm bifc^öflidje unb bom)}ropfteilic^e Cffijiale äufammen in einem
^roje§ über (yrenäirrungen ju ®cridE|t gefeffen unb bann einen
SSergleirf) jn ftanbe gebrad^t.*) ?tuc^ fiegeln bi^toeilen jtoei Cffijialc
mit einanber.^) ©rnftere 3Ki^f)eÜigIeiten fd^einen jtoifd^en i^ncn
lange 3^^^ ^^^^ ijorgefommen ju fein, bi^ toir im 3a^re 1300
SRä^ereö Don einem entfd^iebenen Eingreifen be^ ©rjbifd^ofö t?on
äWainj gegen bie Übergriffe ber Speierer Srsbiafone unb if)rcr
Dffijiale l)t)ren. Da lourben fic mit ernften 3Borten öermaljnt
nic^t meljr benjenigen ipinberniffe in htn 2Seg ju legen, bie it)re
^rojeffe öor ben 33ifc^of ober beffen Effiäial bringen Sollten, ba
für bie ganje Stabt unb 5)iöjefe unb für alle I^inge ein unb ber*
felbe §crr fei \u\b fein muffe.*)
2. ®tri((tö)ierfonal Diejenigen ^erfonen, bie an ber ©pißc
ber geiftlid^en Ö3eric^t^f)üfe ftel}en, )jflegt man jiemlid^ allgemein
in jtoei i^laffen cinsuteilen, in officiales principales unb otficiales
foranei.*) üefetere finb auf einen Seil be^ äMytum^ befd^ränft
unb auc^ in i{)rer fa(i)lid)en 3iif^^"^i3teit bebeutenb eingeengt
') 1273 ebenba 336.
•) 1295 (bm. ftarlsru^c, »ru(^lal I 9h. 32; 1302 ^lemlfng I 443
(judices unb oflicialis prepositi S. Guidonis).
•) ^emliltg I 425/6: „Item nullus archidiaconorum aut officialium
eorundem inhibeat verbo vel literis, nunciis seu nutibus clam vel paUm
suis subditis, ne mandata dicti episcopi execucioni debite demandanda
siiscipiant vel eciam exequantur .... nullas prorsus inhibiciones facturi
[sint] eisdem, ne causas eorum ad episcopi vel officialis eius examen de-
ducant, cum idem sit ei esse debeat per totam suam civitatem et dioccsim
preordinator in cunctis, nee prohibcant, ne in s)'nodo vel synodis eiusdem
episcopi aliqua deferant corrigenda."
*) Sgl. namentlich gfournter 13 unb Ge^Itng in gouds ^iealenj^Kopfibie'
XIV 350.
69
ou 3)cutfc^lanb fc^cint bicfelbc ®ücbcriing unb Slmt^Sbcjeic^nung
nirgcnb^ buvc^gcfüf)rt ober nur befannt gctpcfcn ju fein, toe^^alb
cö fic^ üieücid^t empfiehlt, bei (Srörtenmg beg Dfftjiatatö nic^t
immer Don it)r au^juge^en. Dod^ famen bie beutfc^en ©i^tümer
auf einem anberen SSeg jum gleichen 3^^'^ ^^^ ^^^ Öeifpicl Don
S^jeier belDeift. $)ier ift fac^lic^ ettoa^ ber franjbfifc^cn ©(Reibung
ganj ^fjnlid^c^ baburc^ t)or^anben, ba^ e^ einen bifc^öflic^en unb
öier eräbiafonale Dffijiale gab, ha and) Ic^terc für beftimmte Unter*
fprcngel beftettt finb unb nic^t für baö ganje Si^tum.
Unb tro^bem beftc^t ein Unterfc^ieb infofern, aU$ bie officiales
foranei geiDöf)nIi(^ unb urfprünglic^ Dffijiale ber Öifc^bfe unb
beren gefügige 3Serf5euge im ftam:pf gegen bie ?lrc^ibia(one finb
ober menigften^ aU folc^e betrachtet loerbcn. '^n Speier aber finb
bie in i^rer örtlichen 3wftitnbigfeit befdjränften Dffiäiale üon t)orn=
f)erein ©tettüertreter ber ©rjbiafonc unb alfo öom Sifc^of nic^t
im geringften für feine ^Wtdz ju üertoenben getuefen. ferner
fc^eint mir i^re rec^tlic^e Statur — um auc^ einmal im Sial)men
ber mittetatterfid^en Sted^t^gele^rfamfeit eine berartige ^rage ju
6ef)anbeln — üerfcfiieben ju fein; S)ie beutfrfien Dffisiale finb nac§
ber Sprache be^ ordo iudiciarius nic^t iudices delegati tuie if)re
franjöfifdjen Äollegen/) ba üon i^nen nid^t an i()ren SJoßmac^t*
geber appelliert toerben fann,*) fonbern iudices ordinarii, mt ber
ordo iudiciarius an einer ©teile au^brücflic^ bejeugt.^) X)a^^ Ojeridjt
be^ beutfrfien Dffisiafe bilbet mit bem feinet ^errn eine fo ööftige
(£inf)eit, ba§ stoifrfien i^nen jebe Berufung unmöglich ift. 3Kit
feiner begriffüd^en Ginreif)ung unter bie orbent(i(f)en 9tid)ter ift
freiließ nic^t t)iel gefugt: Jebeu Xag lann er Uon feinem 3(uftrag=
geber feinet 9fmte^ entfjoben tuerben. 9(uc^ barf biefer fic^ jeber*
seit in einem gerabe fc^lpebenben ^^roje^ an feine Stelle fe^en,
um i^n gäuälic^ au^äufc^alten. 3)ieö gilt bei jebem 9luftrag, ift
aber f)ier bei ben engen iBejiel)ungen beiber (^erirf|te ju einanber
So gournter a. a. O.
2; Die ^pellotion oom bi[(^öfli(^en Offtatal an ben Stjc^of ift flbngcns
|(^on 1245 ausbrfldlt^ oerboten bur(^ über sextus II 15, 3.
3) 9ldmHd) !m Rommentor 5ur ^anbfi^rift A i|t als gormular
fflt bas £abungs|(^reiben eines orbentUc^en d^(^ter$ bie citatio omcialis pre-
positurc s. Marie Erfordensis gemä^It: Ordo 1004 ' mit 992. %xä) de
Angelis, Praelectiones iuris canonici 1 ' (Romae 1877) 64 nennt bic (üeri(^ts«
gematt bes Dffijialats ein jurisdictio ordinaria (i^ sitiete nac!^ ^e^er unb
SBette« Äit^enlciHon ^ IX unter „Offiaial").
70
um )o leidster ju rechtfertigen. S8ei ber Shi^toat)! eine§ Cffiäial»
ift ber 93i)d^of baburd^ in feinen freien (Sntfd^Uefeungen gehemmt,
bo^ er nad) ben 3Bat)lfapitulationen einen Äanonifer ber ©peierer
Äird^e, alfo einen 5)omfanoni!er toiifilen mufete ; *) nad^bem ba^
JDomIctpitel fd^on längft burd^gefe^t ^atte, ba^ and) bic @tift^=
^jröpfte, bie jugleid^ bie geborenen ©rjbialone toaren, nur au^
feinen Steigen entnommen toerben burften, fuc^te e§ fid) aud^
auf biefe 333eife Joenigftenö einen Meinen @influ§ auf bie ^anb«
I)abung ber geiftlid^en SRec^tspflege feitenö be^ Sifd^ofö ju fiebern.
2)em Cffijiaf ftanben mit 9tat unb %ai iurisperiti ober
sapientes ober, um mit bem ordo iudiciarius -) ju reben, assessores
jur Seite, bie leine^toege aU rid^terlic^e Seifiger, fonbern nur aU
iuriftifcfje Sac^oerftdnbige anjufef)en finb, bie fic^ über bie ieloeil*^
öorliegenbe Sied^tölage gutad^tlid^ ju auBern f)atten. 3^re ©ei=
jie^ung mag unö frembartig anmuten, ba nac^ unferer SJZeinung
ber SJic^ter felbft ju ioiffen {)at, \va^ im einjetnen '^aU SRed^teng
ift ; frühere 3a{)rl)unberte mußten bei ber 3Jorbilbung i(}re^ 9tic^ter=
perfonalö, ber 3?erUJorren^eit if)rer SRed^t^juftänbe unb ber oon
%a^ JU 2;ag toac^fenbcn @d)n)ierigfeiten bes^ SRec^tfinben^ in biefer
58eäie^ung anberö beulen. 3)ie Sled^töfunbigen ober 3lffefforen
gaben bi^toeilen i^r (yutad)ten fd^riftlid^ ah, aber ot)ne ben Siid^ter
auc^ I)ier irgenbtoie 5U binben. ä)?an fd^eint i^re Seijie^ung jum
geiftlirfjen ®) ©erid^t für 5iemlid) Ujefentlid^ gehalten ju tjaben, fo
oft ift il)rer auebrürflid^ C£rn)äf)nung getan mit btw gormetn con-
silio iurisperitorum prehabito, consilio prudentium freti ober
mit rade der gelehrten *) u. ä. gür Speier ift bereits um 1202
ber 2lbf(^lu§ eine^ SBergleid)^ i)or ben SJifd|of consilio prudentum
hominum intercedente bejeugt unb 1225 fiittt ber 3)om^3ro))ft
*) 1272 (9{emHng I 326): ludices erunt canonici ecclesie Spirens^is
vel unus ; 1300 (ebenba 427) : Officialem curie sue Spirensis non praeficiet
alium quam canonicum ecclesie sue . . .; 1314 (jU erf^Iie^eit aus ßtlgatb
268) : Officialem statuere et habere dcbeat, qui sit canonicus ecclessie sue
cathedralis.
*) Ordo 999. ^U^ bas speculum iudiciale bes Durantis, bas ja tco(
tDe|entIi^er Unterf(^iebe ]a^l\d) als gauptgtunblage bes ordo iudiciarius an«
gefe^en toerben fann, ^atte assessores (Hb. I pars 1).
^) (Stölsel, (£ntiDi(f[ung bes gelehrten 9?i^tertums I 190 tDtbmet bet
(£r[(^etttung eine längere ^Betrachtung. 3ntere||ant ift, baj^ 6tö(3el (einen Soll
gefunben ^aben toid, too Dor bem 16. 3^^- ein meUIi^es ®ect$t prehabito
iurisperitorum consilio erfannt ^ätte.
*) So in ber |e^r alten Überlegung einer Urtunbe oon 1281 (^ilgarb 103).
71
ein Urteil multis viris literatis et illiteratis presentibus et con-
sencientibus.^) SotPO^l bie iilteften^) toie bie f))äteren Cffiäialatö=
urlunbcn I)eben ben SRatfd^Iag biefer iurispeiiti ^eröor. @o jog
man fie aiid^ 1261 in einem ^öd^ft toat)rfd^einli(^ ju ®pmx t?er-
tjanbelten fd^ieb^rid^terlid^en SJerfa^ren mit ber Segrünbnng bei:
„quia secundum consilium sapientis oninia sunt cum consilio
facienda" unb legte i^nen ha^ gefamte jeugcnfd^aftlici^e unb ur«
funblid^e äßaterial t)or.*)
(Sine anbere ber Unterftü^nng be^ Cffiäiafe bienenbe @in=
rid^tung beö ordo iudiciarius, bie f^äter toenn aud^ nid^t ber ©ad^e
fo boö) bem 3Bort nad^ ööllig öerfc^n^inbet, ift bie ber auditores,
b. f). jener ^erfonen, benen ber Dffijial bie (Entgegennahme einzelner
beftimmter ^roje^^anblungen anvertraut: certus articulus causae
audiendus vel examinandus.*) 80 beurhmbet unb fiegeltber geift*
lid^e JRid^ter ju (Speier eine ®üterfdjenfung, bie bor einem magister
H. causidicus t»or fic^ gegangen tuar, cui nos vices nostras
commisimus in hac parte *) Unb ein anbermal gefd^iel)t eine
©runbftüdf^auflaffung coram magistro Johanne nostro tabellione
a nobis iudicibus Spirensibus ad hoc specialiter transmisso ad
audiendum confessionem eorundem villanorum auctoritate
nostra et vice iudicum Spirensium /^) 9luc^ anbere 3nf)aber
fird^lid^er Oeric^t^barfeit mad^en öon biefer (Sinrid^tung ®ebrauc^,
toie fic^ j. Ö. im ^a^re 1259 ertüeift: W. prepositus Spirensis
super duobus articulis in litteris nostris prioribus expressis
misimus decanum X. et magistrum Y. ad iuratos in Z., unb
an einer anberen ©teile: partes misimus ad magistrum Y., cui
causam illam audiendam commisimus et cognoscendam.^)
5)ie tüic^tigften toeil am meiften befd^äftigten UnterBeamten
toaren an einem ®erid^t, ba^ im ©egenfag gut unbefd^ränlten
äRünblic^feit beö beutfc^en ^ro5e)fe^ teiltoeife auf bem ®runbfa^
ber ©d^riftlid^Ieit aufgebaut tuar/) naturgemäß bie ©erid^t^fd^reiber,
*) SRemlmg 1 139, 175 u. a. m. *) gür 1237/8 pgl. oben 3. 25/6.
») aBtrtetnb. U33. VI 6.
*) Ordo 1000 iRap, 1 § 10).
*►) Mon. Pal. III 85 unb 88 (1275).
•) «bcnba 184. ©gl. au(^ bas 3eug€noer^ör 3(50. XXV 333 (1272).
') Oben S. 32.
^) Seit bem 4. Sateranfon^il vor allgemein oorge|(^rieben, bog bei {ebem
$to)e6 eine publica persona ober stoei geeignete 3^ugen amoefenb [ein mußten,
um ein ^rotofoU Aber bas ©erfahren unb bte ri(^terli$en (Entf(^e{bungen an*
1
72
bic in Speiet genau toie anbeiloärt^ notarii ') unb tabelliones,^
clerici^) unb ^ie unb ba and) scribae*) l^cifecn. "Dod^ tocrbcn
allem Slnfc^eine nad^ jtüar bie jtoei erften unb bie jtüei legten,*) nic^t
aber alle ÜBejeic^nimgen 5ufammen ate gleidjbebeutenb ge«
braucht. SBo^I finb aße ®ertc^t^fc^reibcr gciftlic^en ©tanbe»/)
aber bie beiben Ie(3teren SBejeid^nungen ftnb me^r flir bic unter*
georbneten ©d^reiber ober ©c^reibge^ilfcn, bie beiben erftcren nur
fiir bie eigentlichen (^erid^t^fdEireiber tiblic^.') 3)oc§ beftanb ein
gufertigen (ogl. ou^ Sfoumier 48). ^(s notmenbiges ®Üeb ber IBefe^ung eines
oeltU^en (Scripts begegnet uns in Deutji^ianb tDO^I erftmals ber „geswom
Schreiber" bes 8peierer S^uU^eibengeri^ts, ber minbeftens feit 1327 bem
SlIAger flbet (eine ^lage einen befiegelten Srief px geben ^at (j^flgacb 294);
au(^ in ber SDlonatric^terorbnung oon 1846 ift feiner QiriDd^nung getan (ebenba
225 ^ ogl. übrigens unten 8. 76^ Aber bie dlteften Speterer 8tabtf<^reiber oon
1286 unb 1294). Son größerer SBebeutung aber tourbe oo^I bei in bas £anb«
re(^tsbu$ Subioigs bes ^ar)ixn für Oberbapern aufgenommene „gefc^oorene
Schreibet/' ber immer mit bem „Su(^" neben bem £anbri(^ter figen mu^te,
n)enn biefer 3((tä)t ]pta^\ fflc 9lieberbat)em mürbe bie Aufteilung eines folgen
Schreibers oom Aaifer 1340 oorgefc^deben. 9la^eres bei (E. Stofent^I, C^e*
ft^i^te bes ®eri(9tsn)efens unb ber Senoaltungsoiganifation ^EBa^ems I (1889) 63.
>) 3. 93. 1239 (oben S. 27) Guntrammus notarius ; 1263 3(50. XIX
433 (Urtunbe bes SBlfci^ofs) Albertus et Eberhardus notarii nostri ; 1272 ßilgarb
91 (Urfunbe ber iudices Spirenses) lohannes notarius iudicii ; 1282 Mon.
Pal. III 120 (Urfunbe ber iudices Spirenses) H. dictus Vilherre notarius iudicis.
») 3. SB. 1274 Mon. Pal. III 80 (Urfunbe ber iudices Spirenses)
lohannes tabellio; 1295 (ÄA. SWan^en, 9l^einpfäl3. Urt Sir. 73) Wernhcrus
tabellio curie Spirensis. Aber bic tabelliones im allgemeinen ogl. Sre^Iau,
Urfunbenle^re I 438; ebenba au^ bas 9lä^ere Aber bas Auffommen ber
brei anbern !SBe)ei(^nungen
») 3. «. 1280 Mon. Pal. III 113 (Urfunbe ber iudices Spirenses)
Magister Cunradus et lohannes tabelliones nostri, lohannes, Bernh[ardus]
et Walterus clerici nostri ; 1281 ebenba 115 (iudices Spirenses) Magister C. et
lohannes tabelliones, lohannes, Walterus et Bert, [toenu SBürbiloein an ber
oor^erge^enben Stelle richtig gelefen ^at, muft es au(^ ^ter Bemh. j^eigen]
clerici. Der ^usbrud clericus curie ift in gfranfreic^ oor 1250 bie ^fiufigfte
SBeseic^nung bes C&eri(^tsf(^reibers (Sfournier 47). Das SBort cierc ^at ja
^eute nod^ im (Snglif^en unb Srtansöfifd^en bie SBebeutung S^reiber.
*) 1281 Mon. Pal. III 116 (iudices Spirenses) Ber. [Bernhardus ober
Bertholdus?] scriba et lohannes tabellio.
^) Das bemeijen bie oorfommenben ^erfonennamen.
«) Srcölau, Urtunbenle^re l 459. Seit bem 14. 3bb. finb es oielfac^
©erheiratete Sllerifer, ogl. 3. 5B. 1415 Heinricus Kucheler de Odenheim scriptor
et Ulricus scriptor et ambo clerici coniugati (9{emling II 95).
^j $^nli(!^ 1290 Wemherus notarius civitatis Wormacicnsis et clericus
SU US Berlewinus (Cod. Novacur. im Ä^. 6peter = Ä95. 9leu^ofen SBI. 54b).
73
93cbtirfui§ für biefe ©lieberung anfrf)eincnb nur beim bifc^öflid^cn
&tnd)i, tt)äf)renb bie Übrigen Bptitxtx Dffijialate mit einem einjigen
Schreiber au^famen; bie frti^eften 93ei)pie(e bieten 1290 ein
Hainricus notarius causarum s. Germani') nnb 1308 ein
lohannes de Dudensveit notarius domini prepositi Spirensis.^)
3)ie anfc^einenb ()ente nod) ^errfc^enbe ?tnnaf)me, al^ ob erft im
14. J{)b. in ^eutfc^Ianb Don einem fc^riftlicfien fanonifc^en ^roje§
bie JRebe fein fonne/) ^inft tüoifl ber tatfSc^lic^en (£nt»idlung
um minbeftenS fünfjig 5cif)ve nad). gür Speier liegt ber SBetoei*
bafür in bem l)erf)ältni^mäBig frnf)seitigen ^orfommen eineö mef)r«
föpfigen Sc^reiberpei-fonal* in Serbinbung mit gelegentlichen ?tn«
jjeic^en öon Sc^riftlic^feit.*) I>ie 9iotare erfreuen fic^ ber ^b^eren
JBilbung, bie too^l regelmäßig burc^ Unil)erfität€ibefuc^ vermittelt
ift*) unb beft^en eine toenn anc^ abgeleitete, b. ij. nur im ?tuf»
trag be§ geiftlic^en 9ti(f|ter^ lüirffam lüerbenbe öffentliche Ölaub»
tüürbigfeit •) infofern, ald fie bie redactio instrumenti in formam
publicam bei ben (^ericf|t^urfunben Dorjune{)men f)aben/)
') 3(50. XXVI 454. 2) Mon. Pal. III 304.
3j 8<^aumann, ^te 9ften bes erften ft^riftlic^en ^toseffes in X)cut[<^«
lanb be^anbelt na^ Stö^I, (Entioidlung bes gelehrten 9{i(^tertum9 I 22 einen
Vri^b oot bem gei|tli(^en (gerieft 3U öalberftabt t. 3. 1811/2; Stblael {elbit
tft geneigt, ben erften betarttgen $ro5eg loeiter binaufaurflden nnb oemeift
auf ein Seifpiel aus bem 3abre 1300.
*) S^gl- 3- S- unten im fünften 9b|<^nttt bie tur^e (Erörterung beim
libellus. :Die Bearbeitung ber Xrierer unb SRainjer $er^filtnii|e ergibt oiel«
leicht einen no(^ frfi^eren 3€^ii^<<um.
^) Sgl* ben magister Cunradus unb bie fpöteren 8tabt|<^reiber unten @. 76 ^.
*) 3n[ofern bereiten |ie bas (pdtere ^ftreten ber public! apostoiica
et imperiali auctoritate notarii oor, bte personae publici traft eigenen 9?CC^ts
finb. Die erften berartigen S>lotare in Deutf(^lanb finb 1292 in SRainj ber
3taliener Gerardus auctoritate apostoiica publicu.s notarius unb 1300 in
SBorms Heinricus de liersheim, clericus Wormaciensis, publicus auctoritate
imperiali notarius (SBrefelau, Urlunbcnle^re 1 473). (Einer ber frü^eften
Speierer 9lotare i. e. 3> ift lacobus dictus de Maguncia clericus, auctoritate
imperiali publicus ac curie Spirensis notarius, ber 1321 unb 1339 genannt
otrb (^itgarb 272; ^Remling 1 544) unb anfi^einenb mit bem 1295 in ^o»
logna immatritulierten lacobus canonicus s. Marie ad gradus de Maguncia
fbenttf^i ift (^nob, Deutfi^e 8tubenten in ^Bologna 327 9lr. 2245).
*; Die Urfunbe bes Offijialatsgeri^ts gilt felbftDerftänblic^ oon Anfang
an als öffentlii^ Urftinbe ; ogl. j. SB. 1277 Mon. Pal. III 101: Nos [iudices
Spircnses] huic instrumenta publico sigillum nostrum etc. Über ben no<^
otel weiter ge^enben IBegriff ber öffentlichen Urtunbe ogl. unten ben fünften
flbff^nitt bei ber IBeweisIe^re.
74
Sluc^ uct)mc icf) an, ba^ fic ha^ ^auptmcrfmat biefcr ©laub*
toürbigfcit, nämlic^ ba^ Cffijtalat^ficgcP) ju führen t)attcit unb
baburd^ bie ^Jorgiiugcr bev in Spcier crft um ba^ 3cil)r 1340
auftrctcnbcu Sicgicr ober sigilliferi^) gcnjefcu finb. 5)icv Untere,
f:päter häufig genannte '^(mt ()ätte fic^ bamac^ erft aUmä^lic^ auS
einem anbercn öertuanbten 4^ei'uf^ freie abgcjtoeigt unb jur Selbft*
ftönbigfeit burd)gef e^t ; bat)ev finb noc§ fpäter ©erid^t^fc^reiberei
unb Siegelbetüatjrung l)äufig miteinanber toerbunben. Sonftige
Unterbeamte toie (Seric^t^biener, ^ebeüe unb Üaufboten finben fid^
toeber im ordo iudiciarius nod^ in ben 0erid^ti5urhmben be^
13. 3f)b.") %nd) beim (£rä)}riefter, bem ipliteren SJorftanb bee 3^=
fteUungß= unb i^oüftrecfungötuetenö beim geiftlic^en ©eric^t, Ibnnte
man aue feiner mehrmaligen ?lntDefenI)cit bei 'tlJrojeffen*) an fic^
allein noc^ feinen 3d)lufe ,5iet)en auf irgenb tüelc^e 5t8eteiligung
am SSerfa^ren; boc^ erfahren Wir fdjon einmal i. % 1259 aus»
brüdlic^, ba^ er eine unterlegene ^^artei jum Jermin für ^eft*
fegung be^ betrage ber ju erftattenben ^rojef^foften ^n laben l)attc*)
3. Parteien mib ^arteitoerttctcr. 2öer im ein.^etnen gall am
alten ©peierer Cffijialat!ogericf)t "ijSartei \vax, ba^ tuiffen lüir au^
ja^lreid^en Urhinben bie un^ jugleid^ lel)ren, tuie ftarf bie 33e^
teiligung ber iJaien gegenüber bem geiftlidjen Staub iuö öeloic^t
fiel. SBer aber überf)aupt Partei fein fonnte, ba^ tüirb un^ faft
nirgenb^ üermetbet. I)enn biefe '^xa^^ brauchte erft bann berührt
ju merben, iuenn fid) Sd)U)ierigfeiten unb 33efonberf)eiten ergaben,
aber and) bann brauchte mau feine laugen ISrorterungen, ba eben
einfach bie iJöfung ftillfc^toeigenb im Sinne bee fanonifc^eu SRec^t^
t)orauöge)cftt tpurbe. Xa§ ber Don ber S'irdje ©ebannte auc^ in
S^jeier nid)t afö Äliiger auftreten tonnte unb alfo ber attiüeu
') Die 95cf(^reibung ber (Siegel fie^e oornc S. 36» unb 41«.
^) Hnb 5n)ar ^nÖ(^ft am X)ompiopfteigert^t : 1340 Heinricus de
Frickenvclt, sigillifer honorabilis viri domini prepositi ccclesie Spirensis,
publicus imperiali auctoritate notarius (^ilgarb 19), 1345 Johannes
Pusillus von Basel der schriber f)ai ingesigels rechte an der dumprobestien
(ebenba 436). ^Is Dnfiegler an ber $rop[tei ju 6. <5erman ifi In ber|e(ben
3eit genannt Conrat Lauwcrlin ein procurator (1346 ebenba 436).
') Sie feigen in Speier im 15. 3P. subarchipresbyter, famulus archi-
presbyteri, pedelli unb nuncii sive cursores extra civitalem mittendi.
*) 1260 (<RoteI mx. 1 unb 2 im Orbinariatsar^io ©peier, oben S. 33,
^USfteller bie iudices delcgati Spirenses) ein C. unb 1274 (Mon. Pal. III 80,
^usjtener bie iudices Spirenses) ein H. archipresbytcr unter ben 3^ttgen genannt.
*) Oben ®. 33.
75
^ßartcilic^feit barbtc, toirb iiu^ baf)tx nui gctcgcntlid) burc^ btn
ordo iudiciarius bcftätigt.*) SJafe nur bcrjenigc 'tßrojeBfianblungcn
öor« unb cntgcgenncl)men lonntc, al)o ^^rojc^fa^igfch bcfafe, bcr
25 3at)rc alt toav, ba^ erfahren toir ebenfo nur burd^ 3"f^ö in
bcn Urfunbcn.*)
üitoa^ bcffer finb tuir über bie 3^'^äffigfeit bcr gctüiU«
fürten ^arteiüertretung unterac^tet. ©cjefttic^e SJcrtrcter frei«
lic^ alö '^^roje^be^ollmäc^tigte begegnen un«^ t)ier ebenfo toie beim
toeltlirf)en ©erid^t foiüo^l für Unmünbigc ^) afe axid) für juriftifd^e
^rfonen ; *) aud^ bie l)om Cffijialatögerid^t nur für einen einjelnen
?ßroje§ beftetlten ®eric^t0üormünbcr ftifUn nid^t.^) ?lber getoill*
fürte SBetreter? @ine folc^e (Sinrid^tung toai beni ^eimifd^en SRed^t
fremb. Sei biefem ^ieß e^^: Selbft ift ber äJJann unb jelbft foff
jeber toie feine SSaffe fo feine Sac^e führen ®) unb fein eigenfüd^tiger
^roje^Dertreter foll einem gültigen Slu^gleid) im SBegc fte^eu.
SJur „^ürfpred^en'' toaren erlaubt, bie raunen unb toarnen burften,
toenn bie ®efaf)r be^ alten Medjt^gange lauerte unb burd^ ben
geringften Serftofe gegen bie t)eimifc^e ^ormftrenge bm i^erluft
»; Aap. 1 § 4 unb Aap. 6 § 3 (Ordo 997 unb 1012) : Excommuni-
catus aon potest esse actor, quia non habet personam slandi in iudicio.
2)et [entere Susbrud \^tbli aus ber confoederatio cum principibus ecclesia-
sticis ju {lammen, ogl. oben 6. 13^.
*) 1274 Mon. Pal. III 79 (Urtunbe ber iudices Spirenses): ?lls curator
Waltheri tritt Theodoricus auf, benn Waltherus sedecim annos etatis habuii ;
1324 ^ilgarb 288 (Hrfunbe berf.): &i einem C5runb|tfl(fsoerfauf bux<^
Satfr unb Go^n oerbflrgt fi^ ber Sater, ba ber 6o^n no^ nic^t 25 3<^^re
alt ift, fflr ^nertennüng bes Sertrogs huxä) benfelben nac^ erreichter Soll«
ja^rigfeit.
3" ®' 1276 ^ilgarb 94 (Iudices Spirenses) : Ceizolfus Scolaris . . .,
qui mediante domino Heinrico plebano s. crucis, lutore suo, divisit here-
ditatem; 1285 gilgarb 113 (Iudices Spirenses): Gerichtlicher GrunbftfldS'
oertctuf bur^ Heilmannus . • . tutor seu curator quatuor puerorum Conradi
sororii sui . . . una cum ipso Conrado.
*) 3' S- tDomfapitel oertreten burd^ ben Defan 1276 (ebenba 96 92r.
131), bie 16 ßeiliggeiltpfrflnben burc^ biejioei magistri dictarum sedecim preben-
darum 4279 (ebenba 98,) bas neue (Spttal bur^ {einen Spitalmeifter Rudolfus
dictus Ratzman, procurator novi hospitalis 1301 (ebenba 168).
*) 1283 (ebenba 108 9lr. 147): Wernherus diclus Sydenswanz civis
Spirensis datus a nobis ad hanc causam pro curatore Heinrico Scolari.
^) Saä^ im alten ur(prflng(i$en Sinn oon 6treitgegen(tanb; ogl.
9Biber{a(^er ^ ^ro^bd^Qn^r. Die SBaffe im öüe{ten beut{$en 9ted^t i{t
bes^alb oon Sebeutung, n)eil oolle ^{ec^tsffil^igfeit an oolle SBaffenfft^igteit
gefnflpft mar.
76
bc6 ganjcn '»^vojcffe^ f)cr6cijufüf)rcn bro^tcJ) 3fbeu bicfcr @runb*
fa^ bcr Uujuläffigfeit öon genjittfürtcr ^^artciöertretung tonnte
fd^on am beutfc^cn Äönig^geric^t nid^t für ha^ eine bcutfd^c 9icid§
aufredet erhalten tpcrbcn, um öiet tucniger fonntc ha in 9iom an
bcr Äiiric üon i[)m bic SRebc fein, tpo ^roäcffe au^ ber ganjen SSelt
jufammenftrömten unb bei ben Entfernungen unb mittelalterlichen
SBerfe^r^üer^ältniffen ba6 perfönüc^e ßrfc^einen ber "^^arteien nod^
t)iel, t)ie( tüeniger öerlangt tocrbcn !onntc afe am Slönige^gcrid^t!
3)at)er i)ait^ man an ber Äurie fc^on frü^jeitig bafür Sorge tragen
muffen, baiß bie (Srlebigung ber ©treitfac^en einem in 9tom a\u
fdffigen ftlerifer al^ patronus causae anvertraut Ujerben lonnte.^)
yiad) meiner 3(nfic^t i)ai biefer Umftanb ba^ SReifte baju beige*
tragen, ba§ bie alten 5lanoniften bie getoiöfürte ©teHöertretung
Don öonitierein aU ütva^ recfitlidf) ^wWffige^, ja afe ettoa^ @cI6ft=
öerftänblic^eg anfat)en unb bemgemii^ jener ?lnfc^aunng jum @iege
Derf)alfen, bie im ordo iudiciarius noc^mal^ jum ?(u^brucf ge=
lommen ift unb üon I)ier au^ fid^ and) in 2)eutf(f|Ianb allgemeinere
?lnerfennung öerfc^affte.
5)enn toenn e^ f)ier ^ei§t : Procurator est, qui de mandato
domini negocium agendum siiscipit vel negocia,') fo ift boc^
bamit bie allererfte ??rage, ob ber Dott parteifd^ige ^^rojefe^err über-
f)anpi einem anbern i8o(Imacf|t 5ur 5)urc^füf)rung feinet "ißrojeffe^
erteilen bürfe, fdjon Don öornf)erein bejatit. 3)amit ftimmt in engem
9?af)men ber Sefunb ber Ur!unben iiberein. 1289 erfd^eint Dor
bem Dffijialatögeric^t beio 2)onH)ropft^ ein @))eierer Bürger auf
®runb genügcnber S3et)oümäd)tigung aU^ ^^artei für fic^, feinen
SBater, feinen XDnfcI, feine @d)n)efter unb anbere ©treitgenoffen,*)
unb 1294 betraut bie Stabt Speier nid^t if)re gefe^Iic^en S?crtreter,
fonbern i^reu Stabtfc^reiber ^) mit ber red^tlidjen (Sriebigung if)re§
^) Sgl. namentli^ 6(^röber, fie^rbuc^ ber beut?(^en ^te^tsgefc^n^te*
(1902; 766.
2) (Ein ö^nlt^er (Sebanfe fflr bas 14. 3^b. bei ^ei^Ier, (&ef<^i^te ber
9lc^tsaniDQtt|d^aft (1905) 120/1.
3) Ordo 999 (Aap. 1 § 9).
*) Öilgorb 122 9hr. 164: Predictus Conradus pro se ac Sifrido
patre suo et C. patriio suo necnon sorore sua Ella ac eorum in Hie con-
sortibus habens sufficiens ab eisdem mandatum.
^) (£9 t{t SJlag. (£onrab, ein im lanonilc^en ^tä)t unb allen Kboofaten*
{^It(^en Qusgeseit^net beioanbcrter S}lann ; oon if|m ftammen auc^ bie ^rotefte
oon 1294 unb 1296 (gilgarb 144). et ift übrigens n\ä)X bet erftc mir be«
tonnt geiDotbene 8tabtf(^reiber oon 8peter: 1286 fd^on t{t ern)ö^nt lohannes
77
Äampfcö gegen bcn SBifd^of unb gibt if)m eine jc^riftlic^e 3Soümad)t.*)
S)ie aßgemein I)erbeigefü^i1e SWöglic^feit einen ^JSrojefe füf)ren ju
lönnen, o^ne irgenbtoie in feinen SBemfegefd^aften ^eftöit jn fein,
mu^te bei bem n^irtfcfiaftlic^en Slnffd^toung be^ 13. 3^b. für ben
l^anbeU ober gen^erbetreibenben Stabtbürger ebenfo Jüie für btn
SBauerömann nnb SBinjer gerabejn n^ie eine iöefreiung toirfen.
3Ber lüei§, tüie öiel gerabe biefer llmftanb jnr ä^eliebt^eit ber
geiftlidjen ÖJerid^te beigetragen t)at? Unb jnbem ^anbelte e^ fid^
junäd)ft nur um eine toiUfommene 3Ri5glic^feit, nid^t um eine
läftige 9iotnjenbigf eit ; benn nod) ^ängt es ui)üig Dom Selieben
ber "^^arteien ab, ob fie ^^rojefeoertreter aufftetten Motten ober
nid^t, toä^renb f;)äter bie ^^Jarteien getoö^nlici^ fotool)! ^rofuratoren
toie Slböolaten l^aben mußten, erftere aU eigentliche ^^arteiöertreter
l^auptfttc^lic^ für btn münblid[;en 35ortrag inib Uberreid^ung ber
©djriftföge (postulare, proponere), le^tere als juriftifd^e ®ei*
ftänbe unb Seratcr (patrocinare), benen auficrbem bie Fertigung
ber Sc^riftfä^e öößig überlaffeu toax.^) 3)od^ entpfaf)! fid^ iljnen
bie S^enugung biefer 3te(^t^Moo()ltat be^ fanonifd^en Siechte aud^
am bem Wrunbe, loeil baö beim Cffijialatögerid^t angetomibte
9iec^t it)nen Döüig fremb ioar unb aiiä) burc^ bie teitoeife SJer=
toenbung be^ üateine ate ®erid;tefprac^c nod) mel)r einer geljeim*
ni^öoHen unb l^eiligen ®d^eu ioürbig fc^einen modjte; boc^ f)ätte
attein für biefen ^W^d bae beutfd)red)tlid|c onftitut ber gürfpred^en,
bie niemale afö ^arteioertreter an ftetle ber "ilJartei, fonbern immer
nur al^ ^arteibeiftänbe neben ber ^artei auftraten, fc^on genügen^
ben 6rfa^ geboten, toenn nic^t bie italienifc^e 9tec^t^gelef)rfamteit
auf einen anbent 3Beg gehjiefen t)ätte. 2)ie ^rojefeuertreter bilben
notarius civium Spirensium (Mon. Pal. III 143). ^U^ blc Spefeter Stabt»
f<^tetbet bes 14. 3^^- loaten gebtibete ^i^^jten, bo$ übertrug man bie getft«
li^ Geri^tsfa^en ni^t me^r i^nen, fonbern einem eigenen ©tabtaboolaien,
pgl. unten S. 79.
') CEbenba 139/140: Nos etiam Bcmhohus ad coronam, Ebclinus ante
monasterium, magistri, ac ceteri consules predicti necnon universitas civium
Spirensis civitatis dantes potestatem et mandatum speciale magistro Conrado,
notario nostro, premissam legendi petitionem et alia ac eam petendi admitti
necnon appellandi . . . nostro et omnium nobis adhercntium nomine. 95or*
^er bejeic^net {i^ ber €tabtf(^reiber felber als ^rolurator in biefem Streit.
*) 9flr bie €<^eibung {c^eint bie Drganifation Senebtfts XII. oon 1340
oon grobem (Einfluß getoefen 5u fein. Sgl. ^eiftler, (j^efc^id^te bei ^zä)is*
amoattfc^ft 120/1. ^m plonmöbidften unb f^örfften max bie 3:rennung fpfiter
beim beut[(^n 9?ei<^s!ammecgen4|t burc^gcfü^rt.
78
im 9lufang uocf; feinen eigenen S8enif<^ftanb öon au^briicftic^ 6cim
Offijialat^fieric^t in ge)c()loffener ^ai)l jugelaffenen ^roluratorcn ; *)
ba^er hxaxxd)im fie and) feine^luegd juriftifc^e Silbung ju ^aben.
3lod) betrachten fie genau toie bie alten beutfdjrec^tlici^en gür*
f^jrec^er i^re "Jatigfeit aU G^renamt unb leiften bemgemii§ i^ren
2)ienft gninb)ä^Iici^ unentgeltlich ^j ober nur gegen (SnH)fang Don
freiioißig gegebenen @^rengefcf|enfcn.')
SBenn bagegen eine ^artei fic^ am Dffijialat^gerid^t ju i^rer
bloßen Unterftü^ung, nic^t jur t)öHigen ^ißroje^öertretung einen
JRed^t^beiftanb ober Slboofaten na^m, bann mu^te fie im t)ort)inein
an Seja^Iung benfen. I)enn advocatus sive patronus dicitur,
qui causam defendit pro sallario.*) Söldner advocati ober
causidici fennen toir bereite fiir ba^ 1 3. 3f)b. einige in @^3eicr.^)
aSie ber faft burcf)gef|enb^ beigefügte 9Kagifter= Xitel anbeutet, toaren
e§ gen)öl)nlic^ SWanner mit bem Siüftjeug ber ^Df)eren juriftifc^en
©Übung. Cye|c^(offene Qai)l imb au^briicflid)e 3^^taffung jum
geiftlid^en ®eric^t ift für fie in bicfer erften ^zxi nirgenb^ ^cjeugt.
3)a§ fie aber balb siemlic^ unentbe^rticfj tourben, bafiir forgte bie
grembf)eit unb ®c^riftlid)feit bc^ 33erfa^ren2^. ?tfe bal)er 1296
ber 9tat ber Stabt öom bifc^öflic^eu Dffijial an einen Drt auBcr=
>) Der erfte mir belannte Serufsprofurator am Speierer OffQtalatS'
geriet i|t 1318 Conradus dictus Bunhoch, procurator curie Spirensis (ßügarb
257 9lr. 322).
*) Das fc^Iiebe !(^ aus ber ausbrfldli^en ^eroor^ebung ber ^Beja^Iung
beim ^boolaten im ordo iudiciarius.
') Honorarium (uiifer gonorat) im (Segenfa^ jum salarium (unfcr Galfir),
bas als einllagbare Sd^ulb erl^eint. Do$ ^atte bereits bas RonsU oon E^on
1274 au(^ bei i^nen (gntgeltltc^leit gejtattet (2BeibIer o. a. O. 110).
*) Ordo iudiciarius Aap. 1 § 7 (Ordo 998). UTn ber Äurie er^^iettcn
Ipätcr bie ^Tbootaten ols bie öö^ergebilbeten honorarium, bie ^rofuratoren
bagegen ols bie !tlefer[tel)cnben salarium. 5Bgl. aBeifeler p. o. O. — Der
^usbrudf patronus {(^Immerte fn Speier no^ Im 15. 3^b. bur^, meiin bie
a:ätlg!eit ber ?lboo(aten als patrocinatio bejel^net ©kb; ogl. 3. S. bie ©e«
rl^tsreformatlonen ber SBlIc^öfe SRat^las unb ßubrolg (nod^ ungebrudt). —
%m 9?el^s!ammergert(^t roar bte 9?ongorbnung toleber umgelel^irt: ^icr tDurbe
ber ^boofat jum ^rolurator beförbert!
*) 1274 Ludolfus, H. ac maxister Bruningus causidici (Mon. Pal, III 80
Urfunbe ber iudices Spirenses) ; 1275 magistcr H. causidicus de Augusia
(ebenba 85); 1276 magisler Heinricus advocatus domini episcopi Spirensis^
clericus (gilgarb 96 IRr. 131, iudices Spirenses); 1277 magisler Ludolfus
advocatus CMon. Pal. III 93, iudices Spirenses); 1285 magistri lohannes et
Gerwicus advocati (Mon. Pal. III 138, iudices Spirenses).
f)alb Spcier^ gdaben tourbc, bcfc^iperte er fic^ über bie 3Baf)I
be^ Drtes^ namentürf) propter defectum advocatorum et aliarum
personaruni ad causas et iudiciuni vocatarum.') Unb um ber*
artige Sc^tpiericjfeiten flänjlicf) ju umgefien, ftcüte fic^ bie ®tabt
loenigc 3a^rjel)nte fpäter einen eigenen Stabtaböofaten an, ber
toeiter nid)t^ ju tun fjatte al^ bie \>ox geifttic^esJ ®eric^t g^^ören^
ben ^^irojeffe ju bearbeiten, fotpeit fie bie Stabt alö ftörperfc^aft
angingen.*) 9lber andj für ben fleinen SKann machten fid^ an^
ber (£infüf)mng bed rec^t^getcf|rten ?lbl»ofatenftanbe^ bie fc^äblicfien
?lueipüc^}e t)on f^ftter noc^ nic^t füWbar. Xcnn e^ fet)lten nod^
jtoei für bie f))ätere 3^ it öertjang^üolle Xinge : ?(nn)alt2^jn)ang unb
3;rennung ber beruf-s^mSBigen 9lcd|tebeiftnnbfc{)aft in "ißrohiratur
unb ?tbt)o!atur. 9Janient(ici^ aber fannte bae Cffijitttnt^geric^t felber
fein nnbere^ ^kl al? eine rafc^e unb billige iHec^tfprec^ung, burc^
bie eci feine mac^fenbe !Jnanfpiiid)naI)me felbft am beften rec^t»
fertigte.
V.
^a$ ätteflt ^erfa^tett.
1. 2)er Bil'il^i^Oi^^ ^«^^^ ^J" Speierer Cffijiatategeridjt im
breijef)nten ^i)b. unter ben eiujelnen iBerfaf)ren^arten eine über=
ragenbe iöebeutnng. 9?on Anfang an iDar er Hon römifc^=reci^tlic()en
(yrunbiäften bef)crrfc^t, bie er auc^ in ber ^olge bel)arrlic^ bei=
bef)ielt. 2)ie Jbauptqueüen jur ßrmittlung biefer Wrunblätje bilben
bie Urtunben, bie allein ein mit ber 3Birflic^feit möglic{}ft über*
einftimmenbe"^ 3^ilb ergeben. Daneben barf ber ordo iudiciarius
Anteqiiam jur (Srgnnjung unb 3?ergleirf)ung (}erangejogen n^erbcu/
ba er in Speier bearbeitet iporben toar unb geiDiffermaßen aU
bie ältcfte Werid)teorbnung bes Cffijialatc^ angejcl^en toerben
») SHgotb 145.
») 1321 gUgatb 291 : Ulrich de Wegesode (i^ backte junäc^ft an ben
12f)5 In Bologna immatdfulierten dominus de Weggenrode: Änob, Deut|(^e
Stubenten in Bologna 614 9lr. 4091 ; botf) ^at ba$ oon mir felbjt etngefer)cne
Originol im Stabtat^io 8peier htuiWd^ Wegesode), 1322 cbenba 277: Mag.
Heinrich de Fulda, professor utriuscjue iuris. (Erfteter J. 95. f(^1DÖtt auf
oier 3a^re „omncs causas ad ecclesiaslicum forum spectantes, communitatcm
et univcrsitatem tangentcs fidcliter et cum omni studio et de iure, in quan-
lum facultas scicnciarum et naturnlis industrie sibi suppetit, ad honorem et
utilitatem dicte universitatis Spirensis . . . defensare.**
80
mu§.M ßiucu fur5cn Ubeiblicf übet ha^ SJcvfa()rcn gab her
ordo im 9tn)d^Iu6 an anbcvc jcitgcnbjfMci^c SBcrfc mit folgcnben
SScrfcn : *)
Primo reum iudex citat post hec Über illi
Fertur, et inducie dantur, de reque petita
• Lis contestatur. Sequiturqiie calumpnia partes,
Querantur testes ac instrumenta sequantur,
Producti manifestentur, super bis placitetur.
Diffinitiva post hec sententia detur;
Oue bona si non sit, datur appellatio parti.
öiueu lücit Icbcubigcren Giublicf in bcn 'tprojcpetricb gclüiibrt
außerbcm 3. i8. eine biöl)er unbefannte unb unbaticrte Urfunbe,*)
bie jebod^ Icibcr nic^t bem 13. 3af)rftunbert angeljört, fonbeni
im ätoeiten 3af)räet}nt bee 14. 3at)röunbeit? gefc^ricbcn ju fein
fd^eint. Xroftbem teile ic^ fie gan^ im ^iSortlaut mit, ha fic§
öon if)r unb bamit uom SRed)t$juftanb i()rcu ßeit an§ t>iel leichter
SSeg unb i?erfttinbnii? finben liiBt ju bem, tiyai^ ein unb 5tDei
SJienfd^enalter UorI)ev vec^tticöe (Geltung bejaj^. Sie lautet:
In nomine domini. amen. Coram nobis iudicibus curie
Spirensis Isenbardus vicarius perpeluus ecclesie in Altdruphe^)
suo ac dicte vicarie sue nomine religiosos viros dominum
') ^nbere ordincs iudiciarii ^abe t(^ grunb{äp(^ nic^t oeriDeitet,
ba fie ein gefäl|(^tes Silb bcr Speierer 93er^ältni|)e ergeben mflrben. Wx6^
auf bas gemeine fanonif^e 9ie(^t bin \ä) nur oerglett^stoeife eingegangen.
Wünä)tn "Sit., Das fanom{(^e (5eri(^t5Decfa^ren unb 6trafre(^t l (1865), ein
bur(^ unb bur(^ ungefc^i^tlit^ gearbeitetes ^nä), mat für meine !iwtdt noc^
unbrauchbarer als gourniers 2)ar[tellung. — *) Ordo 1001.
3) Orig. im SR31. Snün^en («^einpfäljer Url. Simmerob gasa. 2), UCbft^r.
im Ä^. Speier (cod. Novacur. - ÄtB. iReu^ofen 931 57b), bie febo<^ nur
geringe ^btoei^ungen jeigt. 3$ [etie als Datum ungefähr 1312 an nad^ ben
iura novissima Über summarie et de piano procedere; benn ber fummanf<l^
3ioiIpro5eb mürbe erftmals burc^ bie (£Iementine Saepe oon 1306 unb Dis-
pendiosam oon 1311 geregelt ((£lcm. V 11,2 unb II 1,2; ogl. Sriegleb, (Sn*
leitung in bie 2:^eorie ber [ummarifc^en ^ro^effe [1859] 16 unb 19). ^lu^er«
bem teilte mir bas SRünc^ner 9191. mit, ba^ bas Orig. oon einer $anb ge«
f(^rieben ift, bie mehrere Urfunben bes Speierer bif(Qöfli(^en (Berichts soif^ien
1320 unb 1330 gefertigt ^at. Aber bie £ebensaeit bes S^ifars 3fenbarb tonnte
\d) leiber nichts ermitteln; bem Rql ^reu^. Staatsar^io Roblen) ^abe i^
für bie 3lcLä)xi^i ju banfen, bag 1245—53 ein 3|enbarb als Pfarrer oon
CEc^ternac^ ertoö^nt toirb.
^) ^Itrip am 9i^ein, ebenfalls 3tot(c^en 3peier unb £ubiDigs^afen ; bie
Drtsbeftimmung ift aud^ oben €. 32 nachzutragen.
81
abbatem et conventum monasterii in Hemmenrode ordinis
Cisterciensium Treverensis diocesis et procuratores eorundem
traxit in causam et supplicacionem seu libellum obtuHt in
hec verba: „Supplicat vobis honorabilibus dominis iudicibus
Curie Spirensis Isenbardus vicarius perpetuus ecciesie in Alt-
druph suo ac dicte vicarie sue nomine — quod cum ipse
Sit sutque predecessores fuerint in possessione seu quasi-
percipiendo corpus prebende ibidem, a procuratoribus domi-
norum abbatis et conventus monasterii in Hemmenrode ordinis
Cisterciensium nomine eorundem ex eo, quia ecclesia in Alt-
druph eisdem dinoscitur incorporata, et ex ipsius prebende
institucione canonica et antiqua vicario ibidem ministranti
singulis annis triginta duo maldra siliginis debeantur et hoc
ex novo ad noticiam pervenerit actoris supradictl idemque
procuratores iam per quindecim annos dicto actori ipsam
ecciesiam officianti singulis annis viginti octo maldra siliginis
tantum ministraverint, debitam suam prebendam sie sibi dimi-
nuendo contra canonicas sanctiones, que sectiones et diminu-
ciones prebendarum prohibent et integritatem volunt conservari
— quatenus iuxta iura novissima summarie et de piano
procedentes censura, qua convenit. eosdem procuratores, qui
sunt et pro tempore fuerint, dominumque abbatem et con-
ventum prenotatos condemnetis et compellatis ad solucionem
et restitucionem pensionis prebende neglecte et quod in
antea debitam ministrent, et hoc per sentenciam vestram
diffinitivam [pronuncietis]. vestrum super hoc, in quantum de
iure debet et potest, officium humiliter implorando. Et petit
expjnsas litis factas et faciendas iure beneficio in omnibus
sibi salvo, astringens se tantum ad probanda necessaria etc."
Lite igitur super ipsa supplicacione legitime contestata iuratoque
de calumnia per actorem et procuratorem reorum. posicio-
nibus factis et responsionibus subsecutis, duobus eciam in-
strumentis per actorem in modum probacionis exhibitis et
productis, propositis quoque ex parte dictorum reorum contra
dicta instrumenta quibusdam excepcionibus et replicacionibus
ac duplicacionibus ob easdem subsecutis et triplicacionibus
renunctiatis ac deinde quinta et septima excepcionibus reiectis
et aliis in facto consistentibus per nostram interlocutoriam
ad probandum admissis, testibus igitur super ipsis in facto
6
82
consistentibus productis, receptis, examinatis, eorum dictis in
' scriptis redactis et soUenniter publicatis, duobus eciam in-
strumentis per eosdem excipientes in niodum probacionis
predictorum productis dictum quoque fuit ex parte actoris,
quod ipsa probata, prout probata sunt, probantes non rele-
varent. Ac demum concluso in causa per partes hincinde
et nobis cum eisdem concludentibus, hiis et aliis rite peractis,
statu to eciam ipsis partibus termino feria secunda ante festum
beati Johannis Baptisie nativitatis et ea continuata in feriam
terciam sequentem hora prinie') ad audiendam nostram
sentenciam diffinitivam, dictis partibus in nostra presencia
constitutis et sentenciam cum instancia ferri postulantibus —
nos visis actis cause plenius et recensitis, habita quoque
penes nos et cum peritis deliberacione diligenti. quia inveni-
mus actorem suam legitime non probasse intencionem, dictos
reos ab impeticione ipsius actoris sentencialiter et diffinitive
absolvimus in hiis scriptis, dictum tamen actorem, quia pro-
babilem causam litigandi liabuit, nostro ex officio in expen-
sas non condemnando. Lata est iiec sentencia feria tercia
et hora predictis.
2)ie Erläuterung biefer Urlunbe ergibt fic^ mit bcr Sefpred^ung
ber eiiiäclnen Serfal)ren^teile Don felbft. W\t begann mm ein ^rojeft?
2Ber üor bem ®))eierer Cffijialat^gerid^t — iudicium ecclesi-
asticum, publicum consistorium,^) curia,®) audientia — eine
lis ober querela ober causa ober altercatio jur ©ntfd^eibung
gebracht toiffen toolfte, ber toanbte fid^ junäd^ft in iinöerbinblic^er
SBeife an ben 9?icf|ter*) unb tnig i^m etloa in münbtid^em SSortrag^)
feine Sdjmersen unb feine S^efd^toerben gegen ben unb ben gel)örig
öor mit ber Sitte, ben (Gegner öor (Serid^t ju laben. 6rft mit
bem 5lugenbUcf ber burc^ ben Stidjter beforgten Cabung fe^te ber
'ißrojjel ein.*^) Sßcnn atfo für einen ^i^f^ii^^iflf^i^^ft^^^it ätoifd^en
>) Aber btc ^Pnmjeit ogl. unten 6. 85.
-) 3. 93. 1296 (öilgarb 146). ^urf) bos meltlit^c (5eri(öt oon ©t[(^ot
Sc^ult^etfe unb »ogt l)eibt gelegentlich jo (1265 cbenba 81).
') SBeitaus ^äufigjte ©ejcic^nung für bas get[tl!(^e ®eti(^t.
*) 3m 15. 3^b. in Spcter Qn|(^einenb aut^ an ben (öräpriefter.
'•) Proponere.
6) Ordo iudiciarius Rap. 3 § 1 (ordo 1002): Citatio ... est
principium et fundamentum cause, ita quod per ipsam causa dicitur esse
incej)ta secundum ius canonicum.
83
bifd^öflic^cm unb cräbialonalcm Dffijial bie ^räöcntion cntfc^cibenb
toar, ]o regelte ftc^ bicfc nur nad) ber früheren Cabung, nic^t
etn?a nacii bcm früheren ©efd^tocrbeöortrag. 2)ie ßabung felbfl
toar gar nid^t fo einfad^: reine äKünbüd^teit f)attt i^re großen
©d^attenfetten unb reine @c^riftlic§feit toar bei ber übergroßen
9JJe^rjaf)I ber Sett)ot)ner be^l)alb nid^t angängig, toeil bie nid^t
lefen lonnten. ®o tarn man auf einem SÖiittetoeg ju einer fc^rift(id^=
münblic^en Öabung in ber 3Seije, ba§ ber Stichler bem äuftänbigen
Pfarrer be^ Seflagten ben ©treitgegenftanb ^rifttic^ auöeinanber=
feljte unb it)m befaf)t, fein ^^Jfarrlinb toegen ber unb ber Sacfie
münblii^ an ben begeic^neten Drt unb auf bie angegebene ^tii ju
laben. 2)a^ ift bie einjige ßabung, bie im ordo iudiciarius burc^ bie
f^onueln bejeugt ift unb bie auc^ fpftter in S)}eier bie f)errfc^enbe
blieb, ba i^re 5)urd^fil^rung fogar burc^ htn Slmt^eib ber Üani^
befane unb Üanbpfarrer gefiebert tourbe.') 2lber ba ber münblic^e
%^\l be^ rid^tertic^en 93efel)le$ oftmalö nic^t auögefüf)rt Serben
fonnte, fo genet)migte ba^^ SDiainjer "^^roDinäialfonäil Don 1261
eine (Srfaftlabung in ber ^orm ber öffentlichen 3"f^^ßwnö ^^^^'^
S8erfünbigung bei ber 'ißfarrfirc^e unb ba, )vo and) bie^ nic^t ge<
fc^e^en fonnte, burd| breimalige ißerlefung im S)om be§ 93i^tum^.-)
*I)abei irirb auebrüdlic^ bemerft, baß ee» fic^ um eine neue 5^e=
ftimmung ^anbelt.
S)ie fiabung be^ Speierer Dffijialat^ lautete U)ot}l in ben
meifteu gtillen auf feinen ftänbigen ?Imt^^fiö, alfo auf Speicr; ja
fiir Speierer i^ürger burfte überhaupt infolge bee piipftlid)cn
^^riöileg^ i)on 1260 ein anberer ©eric^tfi^ort nic^t ge!ü(it)lt loerbeu.
(£e^ ift jene§ "»^Sriüileg , ba^^ beuttic^ barauf fd^ließen läf^t,
10 ie untoic^tig bie ganj cit)nlic^e 03unftbe5eugung ber alten
^) Die Srormeln iDerbe i(^ too^I [pater einmal mitteilen fönnen.
*) Üit. 35 : Quia quidam propter potentiam, quidam propter crudelitatem
mag^nam citari non possunt et quidam in castris habitant ita, quod nuUa
potest ad eos cilatio pcrvenire, idcirco provida et necessaria deliberatione
statuimus, ut contra talcs citationis cdictum ajmd parochialem ipsorum eccle-
siam publice et legitime proponatur. Quodsi parochiales sacerdotes se citare
non posse coram superiore non simplici vel proprio iuramento, sed iustis
probaverint documentis, in ecclesia cathedrali tribus dominicis diebus con-
linuis publice in ambone citentur, dummodo citandi infra unam dietam sint
a cathedrali ecclesia constituti. Alioquin ad trcs quindenas soUemniter
evocentur et extunc contra hos, ac si personaliter citati fucrint, procedatur
(gar^^eim, Conc. Germ. III).
6*
84
Äaifcr^) beim Stiebergang ber ttjeltüd^cn Äird^en^o^eit unb beim
@rftar!en be» ^cH)ftiim^ je^^t für ben SBereid^ ber geiftlid^en ©erid^tö*
barfeit getüorbeit toat. So bestimmte für bie barin angerebeten ©peicrcr
SBürger: Quod auctoritate litterarum sedis apostolice, que de
hac indulgentia plenum et expressam de verbo ad verbum
mentionem non fecerint, trahi extra civitatem Spirensem ad
iudicium nequeatis inviti, quamdiu parati fueritis coram vestro
ordinario de vobis conqiierentibus stare iuri, auctoritate vobis
presentium indulgetuus.^)
(£0 ift bieö ein fo frü()e^ 3"9^f^^^^^"i^'') ^^6 ^^^^ ^^"^ älint
gleid^artige SetuiUigung bi^I)er nur für aWainj unb jtoar für ha^
3af)r 1246 ju (Sefid^t gefommcn ift;*) fid^erlic^ Ratten fid^ bie
S^eierer öürger bei il)rem ®efuci^ auf äRainj berufen. 3)a^er
tüurbe benn aucti bie äKainjer Urfunbe nad^ meiner Äenntni^ be^
Driginafö im entfc^eibenben Xejt bie tpörtUd^e SSorlage für bad
©^}eierer ^riöileg. 2öenn nun in ber ^olgejeit ber bifd^öfli^e
Slid^ter einmal öon biefem SSorred^t abnjeic^eu tooUte, fo mufete
er feine getpic^tigen ©rünbc ^aben unb biefe aud^ im 2abungö=
fd^reiben ertoül^nen.^) 3nnert)alb ©peier§ tuar für ben Dffijial
ber getoö^nlid^e*) öJerid^t^ort ba§ claustrum Spirense,') too aud^
*) 1111 oon Scinrtt^ V. (gflgarb 19): „Volumus etiam, ut nuHus
civium nostrorum extra urbis ambitum advocati sui placitum cogatur requirere
. . . Causam in civitate iam inceptam non episcopus aut alia potestas extra
civitatem determinari compellat." 3n bCH ^tiDÜegfen OOn 1182, 1208, 1234
unb 1258 (cbenba 22, 28, 45 unb 67) Reffet es lebfglfc^ |tatt iam inceptam:
„iam Ute contestatam." Sgl. Qu^crbcm oben S. 12. ') ßUgarb 69.
3) Dieneueftefiitetatur: 9Bermtng§off, Rtrc^enoerfaffung tDeutf^lanbs I
(1905) 291 mft 273» fennt »ei|piclc nur aus rocit jpöterer 3elt: SBicn 1359,
SBflcaburg 1389 unb !@raun(4ioeig 1390.
*) 1246 D!t. 28. (9131. 9Wün(^cn Ur!. bcs (Er3|ttfts aRatnj S^sj. 10);
^ott^ajt, Reg. Pont. Rom. II 1043 octjett^net bte Urfunbe ebenjo rocntg mit
JBill, Reg. archiep. Mag. II 291, |o büfe |fe olfo ungcbrucft unb unbelannt |(^int.
3(^ merbe f!e gelegentli^ oeröffentltc^en, falls |i(^ bies als mflnl^enstoert enoeift.
^) 3. SB. 1296 fiabung In bie Rixd^t 5U Ditensheim (Dcfbes^eim, loie
SlcmKng unb Silgarb meinen, ober Diebels^eim bei ©retten?), cum in civitate
Spirensi prc^ter metum legittimum ex conminationibus et concitationibus
quorundam potentum civitatis Spirensis nobis illatis resultantem . . . iudicio
presidere conmodect secure non possimus (^tlgacb 145).
«) Die 15omlfr(^c fclblt f(^eint [e^r leiten gemfi^lt, fo 1257 für Urleils*
oerfünbtgung ecclesia Spirensis (SBltt. U95. V 213), 1276 für ©runbftüdS'
auflaffung choms Spirensis apud s. Stephanum (ßilgarb 95).
') 3. S. 1266 f3(50. VII 203), 1268 (Mon. Pal. III 59), 1269 (3®0.
XIX 137) unb an olelcn anbeten Orten.
85
bie übrigen 3n^abcr gclftlid^er &mä)i^haxU\t ju (^cric^t {aßen.*)
(£§ ift bie§ ber au§ ber 3^i* ^^^ gcmcinfamen, flofterö^nlid^cn
Sebcn^ ber X>omgciftli(^feit ftammcnbc abgcfcf|loffcnc SRaum auf
ber ©übfette bc^ ^omc§ unb ber ©omfrei^eit, ber ^päUx ben
SJamen Äreujgang erf)ieU.*) Da§ ber SRid^ter bei ber JRec^tfpred^ung
fa§,') entfprac^ ebenfo beiitfd^er toie römifc^er SRec^t^fitte.
S)er Dffijial eröffnete fein ®eric^t too^l regelmäßig balb
naci^ S^age^anbruc^ um bie hora primae b. f). bie erfte Stunbe
be^ tickten S:age^, in ber bie firc^üc^e Xagjeit ber 'ißrim gebetet
toerben mußte. 6^ ergab fid^ alfo burc^fc^nittlic^ tDoi)l bie ^^xi
jtoifd^en 6 unb 7 Uf)r morgens^, bie fic^ jeboc^ je nac^ ber C^af)re^*
jeit üerfc^ob.*) 3)a^ frilfjefte SBeifpiel für ©peier föUt in ba^ 3a^r
1268, too bie 'ißarteien auf bie hora prima jur Stbleiftung eine^
©ibeg üorgelaben Serben;*) unb um 1312 lautet eine äf>nlic§e
fiabung jur Entgegennahme ber Urteiteöerfünbigung auf bie hora
primae.*)
Über bie ©eric^t^tage auf bie eine Öabung geipöf)nlic^
lautete, fjaben mir für ba^ 13. 3^b. ebenfo menig ilenntni^ mie
über ben genauen 3^itpunlt ber (^erid^ts^ferien.^) (£^ f)ei§t thtw
ganj allgemein im ordo iudiciarius. baß für bie 3^it ber ßnite
unb be^ ^erbftcnö aüer üärm be^ ®cricf|t^3 ju öerftummen f)abc,®)
>) 3. ©. Domproplt 1270 (3©0. XX 305), ^rop|t oon 6. X)ret-
faltigleft 1244 (gUgarb 53), Dombetan 1225 (^iemltng I 17K), e^iebsri^ter
1278 (cbenba I 336).
') 9loc^ ^eute chiostro unb cloitre ^ Rteusgong. SpAtcre 9lamen in
6peler au(^ ambitus unb deambulatorium. 9)gl. SDloIitot, 3mmunttät bes Domes
JU Speier (1859) 49.
') 1296 iudices Spirenses in publice consistorio sedentes (^ilgarb 146),
fpftter pro tribunali sedentes. 3m beutj(^en 9le<^t wax htlanniUä^ bas
Si^en ein öngftli^ gemährtes Sorrec^t oon ^id)Ux unb Schöffen gegenüber
bem „Umftanb."
*) 93gl. (Btotefenb, Seitie^nung bes beutfc^n Sftittelalters unb ber
9leu^it I (1891) 158 unb 190, ido au(^9lA^eres aber bie firc^Iii^en Xagytten
JV finben ift; eine grantfurter 92oti5 sunt 3uli 1338: hora primc id est
octave (a. a. D. 158) loill mir auffAOtg f(|^einen. — angefügt {ei, baft aud^
in 9<eim6 bas <5eri(^t bes Offiaials um bie ^rimaeit begann (gfoumier 62).
*) Mon. Pal. III 59. «) Oben ©. 82.
"0 Die uns erft fflr bas 15. 3^b. betannt |inb.
') Rop. 4 § 3: tempus messium et vindemiarum. UCU(^ bie Sc^uIen
feierten (fc^on ber ^l ^luguftinus iprii^t in biefem Sinn confesR. 9, 2 oon
ben feriae vindcmiaies). 3)ie fie^re bes fanoni|(^en 9{e4ts oon ben Gerichts«
ferien mit i^rer befannten Dreiteilung in feriae solempnes (fir^Iic^e 9{u^etage),
86
tocnn nid^t bic Parteien fcIBft mit etnanbcv eine anbeie ®erein=
barung treffen, ^üx bie @onn= unb geiertage freilid^ I)alf aud)
eine berartige Vereinbarung nid^t über bie Unjiiläffigfeit jeglidjer
gerid^tlid^er Xätigleit IjintvtQ ; bat|er burfte auc^ eine ßabung nie=
maU an einem ober auf einen folc^en S^ag erget)en. Sine brei*
malige öabung be^ ^cMagten mit je einer je^ntägigen Sebenffrift*)
fdieint gegenüber ber and) öom ordo iudiciarius ai^ ,fbeffer"
bejeic^netcn einmaligen perem^jtorifd^en Öabung überl)au^)t nid^t ge=
briiuc^lic^ getoefen ju fein.*) ©2^ ift immer nur üon peremptorifc^er
ßabung bie SRebe. J)aö ift jebe ßabung, bie fic^ felbft au«brücf=
lid^ al^ perentptorifd^ be,^eic^net unb baburd) jum ?lu5ibrucf bringt,
ba^ tueitere ßabungen nid)t folgen nnh b^^i)ali bieSiic^tbead^tung ber
crften ßabung fd^on ju ben üblichen Ungel)or|amöfoIgen fü[)rt. I)ie
99ebenffrift betrug auc^ f)ier getüö()nlic^ breimal üierjet)n Jage.
%l& im 3al)r 1272 3^^if^l barübcr eutftanben ioaren, ob
bicfe üer()ciltniema^ig lange Sinlaffung^^frift aud^ bann cin,^ut)altcn
fei, tt)enn fidj ber (Melabene in ber Stabt felbcr aufhalte, ober
nur bann, toenn er an einem entfernten Crte loeile, entfd)ieb ha^
bifd)öflid^c Cffijialat^^gerid^t bal)in, bie grift fei in beiben gälten
gleid^ grofe. 3)a aber gegen bicfe^ Urteil Berufung nad) SKainj
eingelegt tourbe, fonnte bie in il)m liegenbe ®efat)r einer unbilligen
9Serjd;leppung Joieber befeitigt Serben: ha^ J^erufungegeric^t bc=
ftimmte, ha^ für bie in Speier befinblid)en "i^Jerlonen eine fiabc=
frift Don brei ober Dier lagen Uollauf genüge.')
t£r)c^ien nun ber 33eflagte ober ein Vertreter öon i()m tro^
red)tmii§iger ßabung am feftgefej^ten 5!ermin nid)t t)or ÖJeridjt, fo
üerfiel er bem Stird)cnbann pro contumacia .Diefen t)erl)ängte
ber labenbe Stidjter in ber 3Sei)c, ba& er btn juftanbigen "ißfarrer
rusticac ((Emte) unb repcntinae (j. 95. ber Geburtstag bes gfflrften) ge^t too^
auf bie X)tge[ten unb auf r5m{|(^'bi)}antinif(^e Sorbilber surfld
') Äa|). 3 § 3 (ordo 1002). t>k gfrift quindena fplelt überhaupt Im
tirc^H^en 9Ra]^nn)ejen ju Speter ehte groge Atolle.
') Die beutfc^en 93carbeitungen bes ordo iudiciarius int 15. 3^^- nennen
biefe £abung „enblic^es grflrbot", al\o legte fiabung.
') Gpeierer Urteil: quod ad legitimus iuducias videlicet ad tres quin-
denas esscnt cives in civitale manentcs [pcremptorie] citaiidi sicut illi, qui
in remolis essent partibus cominorantes. SRatnser Urteil: quod cives resi-
denciam in civitate facienies ad instanciam querelancium citari debent
peremptorie maxime ad tres vel ad quatuor dies et puniri possunt condigne,
si sc per contumaciam absentarinl (§ilgarb 90 IRr. 122). S)er ^USbrud con-
tumaciter sc absentarc aU(^ Int ordo iudiciarius Aap. 5 § 2.
__^7
Beauftragte benfelbcn öffcuttid^ in ber ^rd^e ju öertilnbigen.*)
©ne anbete SSerföumniöfoIge ift anfd^einenb in bicfer 3^^* <^^
©petercr Dffijialat^gerici^t ü6er^aiH}t nid^t öorgcfet)en: ber SJid^ter
niu§ alfo für getpötjnlid^ ben 95ann au^^pi^cS)tn, er barf nid^t
3KiIbc ipalten laffen, er barf bie ^rift jum ©rfd^einen nic^t öer=
langem unb fann bem erfd^ienenen Älagcr nid^t ettoa burd^ anbere
SKaferegeln ju feinem JRed^t öer^elfen: 2)er SHrd^enbann tüirb fo
afe nottoenbigc ©ic^enmg beö fldgerifd^en SRed^td unb aU unum*
gänglid^e Stille ber rid^tertid^en ©etoalt betrachtet! Shir neben*
bei fei bemerft, ba§ bie^ lange öor ber ß^it be^ ordo iudiciarius
j. Ö. in einem ^rojefe toegen einer jum 99idtum ©peier gehörigen
fi:a:pelle öor bem Strapurger 9?ifd^of anberä luar.*) ?lber aud^
bie burd^ unb burc^ öorfid^tige Stettungnal^me beö allgemeinen
lanonifd^en SRec^tö luid^ üon ber Speierer iiöfung ab. S)iefe^
lanonifd^e SRec^t fannte urfprünglic^ eine eigentliche, immer ein*
tretenbe Äontumajfolge überfjaitpt nic^t, am toenigften bie poena
confessi, ba eö um leinen ^^rei«^ ^ungered^t" toerben tpoltte.
2)arin lag ein ^auptfeim ber fpäter unerträglid^en ^roje^üer*
fd^le^jpung.*) 2)ie erften (Gegenmittel be§ fanonifd^en SRed^t^ gegen
ben Unge^orfam toaren abluec^felnb : griftüerlüngerung unb 9Wilbe,
bi^toeilen aud^ irgenb eine 3^"f^^^ ^^i^ ^^ ^i^^lf^^^" Sefißein*
toeifung bed Äläger^ in bie beanfpruc^ten ©egcnftdnbe, in fd^tüeren
©traffac^en Eingriff auf ba^ Vermögen be^ Seflagten uftt).*) Da*
') %n iDtc^tigften ordo o. a. £).; ferner 1263 bei einer Ser^anblung
oor einem Speierer i^anonifer als p&pftlt^em delegierten: In muliercs ipsas
pro eo, quod citate legitime in prefixo sibi termino peremptorio coraparere
coram eo contumaciter non curarunt, propter huiusmodi earum nianifestam
contumaciam exigente iustitia excommunicationis sentcntiam promulgavit
(Mon. Pal. III 47).
«) 1190 9?cmling I 387/8. — gier nimmt ber SBifi^of oon Strafebutg
als belegierter 9){(^ter bes ^apftes eine oöUige 93en)eisaufnQ^me Dor tro^
unge^orfamen 9lusblei5ens bes IBeüagten: Ad prefixam vero [peremptoriam]
diem veniens abbas Salsensis et abbas s. Lamberti non venit ncc procura-
torem misil. Cumque diutissimc abbatem s. Lamberti exspectassemus nee
venisset, abbatem Salsensem iussimus proclamacioncs suas exhibcre, qui
instrumentum . . . protulit [et] testes produxit. ?(uf bas Urteil folgt bie
(Erflfirung: Hoc visum nobis fuit absente eo deferendum, quia contumaces
pro presentibus sunt habendi, presertim ubi merita causarum testium pro-
ductione et instrumentorum prolacione panduntur.
") S3gl. ©(ftroar^, SJier^unbert 3a^re bcutft^er 3ioilprose6gebung
(1897) 101.
^) Sgl. 9)lfln(^en, bos tanonif^e C5exi(^tsoerfal^ren unb Strafret^t I
88
mit ftc^t bic fpätcrc ©pcicrcr Übung in fo auffälligem SBibcrfpmc^,
ba% bie Ijier o^nc 3Bcitcrcd afe ^ontumajftrafc angctoanbtc @j«
fommunifation nur afe eine unmittelbare, betou^te Anlehnung an
bic alt^ergebrad^te germanijc^e Ungeljorfam^folge, bic SJerfcftung
ober ?tc^tung *) erfldrt toerben fann. Übrigen^ ift bied auc§ ein
öJnmb bafür, ba§ ein in germanifc^sfränfifc^cn 9tec^tdanfc^auungen
gro^gelüorbcner 3urift afe Bearbeiter unfere^ ordo iudiciarius
anjune()men ift! ©ein SBcrlaffen ber Salinen be^ oltgcmeineu
Äirc^enrec^t^ tiatte getoi§ in erfter ßinic btn S^ved, bie JRcd^t^*
pflege beö Dffijialat^gerid^tö rafe^ unb ftc^er ju machen. Der
©elabene überlegte e^ fid^ ätoeifad^ unb breifac^, e^e er bie fc^toerfte
ürc^lic^e Strafe auf fein fünbiged ^aupt ^ernieberbefd^toor. Db
ber Äläger bei Slicfjtcrfc^cinen bcö SeMagten au§er ber ©j»
!ommuniIationi^fentenj noc^ ein cigencö Urteil erlangte, in toeld^em
feinem Älagebege^ren (etnia unter 3lntoenbung bee^ einfjeimifd^en
©cbtfnfen^, ba^ alle^ 9iidjt=Seftrittene afe äugeftanben gelte) üoU«
in^altlic^ ober nur infotoeit ftattgegeben tourbe, afe ba^ Älagc=
begehren burc^ fein SJorbringen toirflic^ gered^tfertigt toar, entjie^tfid^
Vorläufig unferer Äenntni^. ©bcnfoloenig toiffen loir, \oa^ beim
?lu^bleiben be«; Seflagtcn afe genügenber föntfc^ulbigungegnmb
angefe^en tüurbe — eine SüdEe, bie öon ben f^jötercn beutfc^en
^Bearbeitungen be^ ordo iudiciarius loicberum in Dbllig bcutfd^*
rechtlichem ©inn unb jtoar in UJörtlid^em ?lnfd^lu§ an baö ober*
baljrifd^e 2anbred^t^bud^ be^ .^aifer^ ßubtoig^ bc§ Söa^eni öom
3af)rc 1346 auögefiiat tourbe.«)
225, 320, 404, iDo aber ber ^auptgiunbfa^ nt(^t einmal ausge|pro(^en ijt!
') Sgl. Sc^rdber, fie^rbuc^ bec beutf^en Stec^tsgefc^t^te * 81, 374, 770.
') I)url* bic Säüc ber „e^aften 9lot" In 1\t. 1 § 7. (t>n Drud oon
Sfre^bcrg, Sammlung ^t(tort|4er 8(^riften unb Urfunben IV 395 ift bun^«
aus ungenflgenb; loann ermatten lotr enbli^ einmal eine neue Ausgabe?) X>er
beutf^e ordo iudiciarius (t(^ benflgc bic 3nfunabel ^ain 12069 auf ber ^of»
unb Staatsbibliot^el ju Winden Inc. s. a. 9lr. 1376 b, toa^rf^einl^ gebrudt
oon (Eonrob grüner ju (Eblingen) ^at folgenbes: „Rompi unb eifd^eint ber ^nt«
wmiex nid^t, lo ^ei[t er unge^or|Qm b. t. contumax. Unb aisbann fol ber
^{i^ter uff bes RIagers Negern rieten Aber in als über ein Unge^orfamen
mit bem ®ann ober fun|t no^ ®eftaU ber 8a(^en, ift im anbers bos gfur«
gebot xtä^üid^ oerlunbt unb loenbet \n nit ee^afft 9lot b. i. ungeoarli^e
[ni^t argli|tige = absque dolo et fraude] ©cfcndnus, ©icc^umb, ber loeber
5U Rir^e noc^ }ur Strafe mag geen, unb $errennot [für gerrenbienft] unb
XDÜbe SBaiier unb ber bi bem fianb nit maxe ongeoerIi(!^en." (Die Orthographie
bes Originals f^aht i^ nic^t beibe^aUen). Sgl. Stin^ing, 6e{<^{d^te ber
89
©rfc^cint bcr (Sclabcnc richtig öor &tx\(i)i, fo ift cö feine
crfte ^flic^t bie i^m etloa jufte^cnbcn |)ro5eJ5^inbenibcn (Sinreben
gelteub ju machen, toaö in ben Duetten furj mit excipere bc*
jcic^net tt)irb. 3^i^8^^^'^fftt^^ Überfc^ung öon exceptio ift „Jln^jug."
3)ie @intcilung in <)erenH)tDrif(§c unb bilatorifc^e ©invcben entflammt
bem tanonifc§en Stecht. 58on leiteten ertoä^ncn ©peierer Uvfunben
gelegentlid^ bie gegen einen iudex excommunicatus, einen iudex
suspectus ober einen iudex in propria causa gerichteten ^roje^-
^inberniffe.*) 3lad) (grlcbigung biefer Vorfragen f)ai ber Äläger
ober fein Set^oUmac^tigter too nötig jur Maren unb unjtt)eifelf)aften
Umgrenzung feinet JBege^rens^ bem Siic^ter eine ftlagfc^rift, libellus
Conventionalis ^), ju überreid^en, ber bie 9Jamen üon Slid^ter unb
Parteien famt iUagegegenftanb unb fttagegrunb*) enthalten mufe,
bagegen nid^t bie römifc^e Sejeic^nung ber einzelnen S(age.^)
©einen ©efc^lu^ mac^t bie conclusio salutaris, loorin man ftc^
bie etkoa ni)tigen "{(nberimgen unb ^injufügungen üor6ei)ält. @o(l
®egenflage erf)oben »erben, fo mufe ber libellus ad reconveniendum
fofort nac^ Slu^^dnbigung bc^ libellus ad conveniendum über*
reicht iperben.*) Sottftönbige äßufter folc^er iHagfc^riften fennen
toir filr ha^ 13. 3^b. nur auö bem ordo iudiciarius,*) in ben
©peierer Urfunben begegnen fie erft filr ba^ 14. 3^b.;^) boc^
toeifen bie beiben 3lrten feinertei mefentlid^e Uuterfc^iebe auf.
Smmer()in mag tatföc^lic^ im IH. ^S^h, bie ^ertuenbung eineS
iJibell^ feiten geloefen fein, obmot)l ber ordo iudiciarius it)n
t)oräufd^reiben fc^eint. 2)ie ^^arteien toaren Ujo^l in ben meiften
gälten über ben Streitgegenftanb fic^ t)on öornI)erein üöüig einig
ober boc^ geneigt, jene "ißrosegöorfc^rift burc^ ä^ereinbarung
ju umgeben, fo lang il)nen bie Sd^riftlic^feit be^ neuen SJerfatjrenä
popMxtn £iterQtiit bes römifc^en 9{e(^t9 219. 3m flbcigeit f. ^. S. Sc^mibt,
(Ec^te 9lot (1888).
') 1294, 1296 (^ilgarb 139, 146). Die fiA^e £e^re tann jeber im
ordo iudiciarius Rap. 6 felbft nac^Iefett Corde 1010).
') Der 9tome i|t abgeleitet oon convenire -^ gcrii^tUc^ belangen, ,,quia
per ipsum convcnitur reus ab actorc" (ordo 1016).
') Ordo Rap. 7 § 5: res qiie petitur et causa petendi. UUfo <oub*
ftan^eningst^orie, nft^et erl&utett Rop. 7 § 11.
*) 9la^ Defretale oon 1160 (libcr extra II 1, 6). Die fieflijten führten
Aber biefe grage fernere iDif{enf(^aftIi(i^ ftdmpfe. ^) Ordo Rap. 8 § 4.
•) Rap. 7 § 6.
') 9lamentlt<^ (1312 oben @. 81), 1324 (3C50. VI 7«) unb 1339
(9iemltng I 541).
90
nod^ ntd^t in S^cifd^ unb SBIut übcrgcgangeu toar. 2)af)cr tft
un§ in bcn Urfunben nur c^an^ getcgcntlid^ Don capitula, que
in narracione sunt comprehensa *) ober t)on bem Öibcü einer
aBiebcrsufprcdjung*) crjöf)!!. SBirb eine fold^e Slagefd^rift eingereicht,
[o mufs fie Dom SRid^ter bem Stngetlagten übergeben Serben unter
gleid^äeitiger ®etüä^rung einer angemeffenen S^ebenljeit, biö ju
beren 3lblauf bie SSer^anblung ju vertagen ift.
J)amit ift ber erfte ^roje^abfd^nitt ober ba^ Dorbereitenbe
S?erfa{)ren ju (Snbe.*) 3!)aft toir über beffen einzelne ^ojefe»
l)anblungen üertjöltni^mä^ig toenig au^ ben ©peierer Urfunben
erfa()ren, bag ift naä) meiner ?lnfici^t barin begrünbet, ba§ fid^
bie beutfd^en ^^Jarteien noc^ nid^t an feine burd^ ba§ ßibell f)erbei-
gefüfjrte grembartigleit geiüüt)nen lonntcn unb Diel lieber nad^
nltgetoo{)nter SBeife gteid^ alle beibe freitoiüig of)ne SRüdCftd^t barauf,
U)er ÄUiger unb toer iBeflagter mar, jum SMid^ter gingen unb x\)m
it)re Streitigfeit Dorlegten : 3Ba§ brandete eö ba eine citatio ober
einen libellus? l)a, too über()aupt fd^on an fid^ toeber Släger
nod^ Seflagter Dorf)anben toar, b. I). in ben gälten ber frei*
IniUtgen ©erid^t^barfeit tüar bicfe Übung ot)net)in au^naf)mMo^
unb Don felbft gegeben.*) ?lber aud^ fonft finb jene Urfunben in
ber Uberjaf)!, bie o^ne (£rn)ät)nung einer ßabung berid^ten, ha^
bie Parteien Dor bem JRic^ter erfdjienen unb fofort ju jener 9tcd^t§»
förmlid^tcit fc^ritten, bie tDir aU ben ?lnfang be§ jtoeiten "ißrojefe-
abfd^nitt^ ju betracf|ten pflegen: jur litis contestatio. Dieje ift
bem ri3mifd^en JRed^t entnommen unb bebeutet nid^t^ aU ba^
red^t^förmtid^e, gerid^tUc^e 3lnerfennen ober leugnen ber i^tagbe*
f)auptung burrf; ben 33ef(agten.'^) Sobalb fie abgegeben ift, fann
1268 Mon. Pal. III 58; bec ?Iu5bru(f libellus Jclbft lommt itic^t oor.
') 1281 gilgarb 103; es ^anbelt \\ä) um eine alte fiberfe^ng oon
libellus reconventionis, alfo C5egenHag|(^rift.
3) Ea, quae praecedunt causam, um mit jenen mittelaltetltd^n 5lanoni(ten
3U reben, bie roie Tancredus (f 1285), Durantis (t 1296) ober Panormitanus
(t 1453) eine Dreiteilung bes ^roseffes ooma^men gegenüber ber {on[t uor«
lommenben 3e^"*eilung; ogl. ©ttnöing a. a. O. 197/8.
♦) Dos ©(^emo für bcn Einfang bie[er Uttunben lautet: Coram nobis
iudicibus Spirensibus constitutus clericus talis, qui militi tali vineam talem
venditit.
^) Ordo 1019 (5lap. 8 § 1 unb 2) : ... . reus respondebit libello sie
dicens : domine iudex, hoc quod proponit actor contra me, nego ita esse
vel confttcor ita esse. Et nota, quod huiusmodi affirmatio vel negalio rei
vocatur litis contestatio. (Ebenjo 1435 in Speier; (1425 !|t Diudfe^Iet)
91
eine ))ro}e§auffd^iebenbe Sinicbc nid^t met)r geltcnb flcmac^t, eine
©cgenöage nic^t metir erhoben tocrbcn;^) bat)ev ift bic „Wrieg^=
erjeugung", „Äriegöanbiugung" ober ^Ärieg^bejeftigung", toit
beutfd^e Duetten überfe^en, öon großer ©ebeutung. ^t)xt erfte
@rtüäi)nung für ©peier, bic fd^on öor bie 3^^^ ^^^ 6infüi)rung
beg lanonifc^en ^rojeftrcc^tö fällt, ift in einer ftaiferurhinbe Dom
3at)re 1182 gegeben, f)at aber für unfere ^totdt n\d)i^ 5U bc=
beuten, ha fie ^ier nur ein gelet)rt flingenber anberer ?lu^brudE
für ^rojefeanfang fein tt)iü;^) benn ba, too 1182 „causam iatn
lite contestatam" gefc^rieben ftet)t, ^ei§t e^ in ber jugef)örigen
SBorlage öon 1111 „causam iam inceptam". Uberl)aupt liebte
e^ bie faiferlid^e Äanjlei mit römi)d|en SJed^t^^auebrttcfen ju prunfen,
o^ne ba^ barauö tueitergefienbe Sd^Iüffe gejogen toerben fönnten.
3Kan bebenfe nur, baft j. 3^. ha^ ^^ßriüileg Don 1182 in erfter
unb batb aud^ einziger fiinie für ha^ toeltlid^e (yerict)t0toefen galt,
toie !onnte ba Don einer eigentlid^en litis contestatio bie Siebe
fein, too baä reinbeutfd^e Siedet nod^ eine unbefd;ränfte iperrfd^aft
ausübte ! Um f n^id^tiger ift if)re auj^erorbentlic^ frü{)e Srft)ii()nung
in ben Urhinben be^ geiftlic^en ®eric^t^.*)
(£ttoa§ toeniger Selege fennen toir über jene Jb^nblung, bie
nad^ bem ordo iudiciarius unmittelbar folgen foll: ben G)efaf)rbe*
eib, iuramentum calumpnie,*) burd^ ben beibe 'ißarteien ben
guten ©tauben an i^r Stecht unb il)re Sereittoittigleit jur 5Rid^t=
antoenbung unerlaubter Öctoeiemittel unb 't|JrojeBöerfd)le^)pungen
Lite per dictum reum negando narrata et iam [SBflrbttDeilt ^ot etiara] iure
petita legitime contestata (Mon. Pal. IV 444).
1) Ordo iudic. Aap. 8 § 3 utib 4.
') ©gl. ^JrtDflcg Sriebrii^s I. Don 1182 mitUrlunbc oon 1111 (Silfiarb
22 unb 19).
') 1237 super hoc lis corara nobis fuerat contestata (oben S. 25),
1257 lite solempnitcr contestata ("ötrtcmb. U93. V 213), 1259 post litis con-
testacionem (oben ®. 32), 1266 lite legitime contestata (3©0. VII 202),
1270 lite contestata (3(50. XX 305), 1281 als der krieg angehaben [oon
gleicher ganb barflber gefd^neben erzugt] wart (gilgarb 103), loobei offenfic^tlt^
erzugen flbetfe^ung oon contestari {ein |oU, u. ä. m.
*) Sc. vitande, mit bie atten S^riftjteller erflären. SBei|picIe: 1268
Mon. Pal. III 58/9; 1312 oben @. 81; 1324 3(50. VI 80; 1339 Slemllng
I 543. ^as iuramentum de veritate dicenda finbe i^ für Speiet 5. IB. 1324
(3®0. VI 80) unb 1435 (Mon. Pal. IV 444) erwähnt. Slber (^on 1298 ©ar
gut Sefeitigung oon gintertflren bie ^bleiftung beiber (Eibe 00m $ap(t oot»
ge|(^deben toorben: über sextus II 4, 1 § 2; ogl. Sfournier 175.
92
crfiärten muffen. Die befannten 3J?erföcrfe *) über bcn Sn^alt
biefeg @ibe§ finb in @peier auc^ S^^^ä^'^ unabt)ängig öom ordo
iudiciariiis nac^toci^bar, aUerbing^ crft in f))ätercr 3^^*- ®i^
Slu^Iaffung bcö (Sibe^ machte ben ^rojefe nid^t ni^tig; tourbe
bcr 6ib aber verlangt unb öermeigcrt fo tvai bieS t)on fc^locr«
toiegenben folgen, tpie un^ namentüd^ eine Urtunbc t)on 1268*)
im engften ?lnfc^lu§ an eine Defretalc öon 1233') unb an bcn
ordo*) bejeugt: actor cadat ab actione instituta, reus autem
pro confesso habeatur, b. i), ber Äläger Verliert bie Snftanj,
ber Seitagte aber öerfSUt ber poena confessi. SBirb ber (£ib
geteiftet, fo ift erft bamit bie ©runblage gefd^affen fitr ha^ je^t
einfel^enbe 95er()ör, für Siebe unb öegenrebe, für Slnttoort unb @e*
ftftnbni^, ttJoburc^ bie *ilJunfte nät)er flargefteüt Serben fotten, über
bie noc^ Uneinigfeit befte^t. hierbei ift bie (Stellung beg 9iici^ter3
eine toenig (elbftänbige : er ^at nur aU 9Witteteperfon bafür ju
forgen, ba§ bie interrogationes ber einen ^artei burd^ feinen
9D?iinb an bie @egen^}artei gerichtet iDerben. ©in felbftänbige^
gragered£|t entmidelte fic^ für i^n Uja^rfrfjeintid^ überfjauJpt erft
au§ ber Älementine Saepe.*) T)ie positiones, bei bcnen man fic^
unmittelbar an bie 'ißartei iuanbte/) unb bie articuli, bie man
^) Ordo 1024: (Aap. 9 § 4); ogl. ilBa^Tmunb, Der Parvus Ordinarius
(im %c^\v für fat^oKjc^es Äir(^encc(^t LXXXI [1901] 202), ©ojelbft au^
toeüere gfunbltellen ber 3JlerlT)er{e angegeben {inb.
*) Mon. Pal. III 58''9: [a reo] sacramentum calumpnie petitum fuil . . . .,
sed idem nunc prestitum non fuii a diclo H., licet altera pars ad hoc parata
fuisset. Unde nos eandem diem usque ad horam primam crastine diei con-
tinuavimus. In qua hora . . . monachi comparentcs et nobiscum adversarium
sacramentum calumpnie pre^taturum exspectantes diu ultra horam prefixam
petiverunt sibi iustiiiam exhiberi super co, quod non comparuit et sacra-
mentum calumpnie prestare recusavit. Unde nos considerata pena iuramentum
prehabitum prestare nolentium [^flrbtlDein ^at nolentes] videlicet quod actor
cadat ab actione instituta per sententiam iudicantis, reus autem pro confesso
habeatur et condeninetur in hiis capitulis, que in narracione sunt comprehensa,
. . . per sententiam adiudicavimus diffinitivam etc.
') Liber extra II 7 c. ult.
*) tap. 9 § 5 unb 6 (ordo 1025); ^ter Reifet es beim 5Ufiger: cadct
in causa et non potcst agerc. ^({o bebeutet bos cadere in causa eben|ooieI
als cadere ab actione instituta, b. f). ^biDeifung ber RIage als unjulöllig.
*) 33gl. ©(^roarö, ©ier^unbert 3a^re beut((^. 3tDllpro5e6ge|et|gebung 394/5.
•) (Jormel für bie interogatio: „Domine iudex, interrogetis reum, quo
iure qossideat talem vineam/* für bte positio: „Pono, quod talis est heres
talis vineae.*'
93
f^)ätcr bcm 3^^^8^^^^^^ö^' jugrunbc Icflte, fd^eincu im 13. 3^b.
tocnigftcnS in ©pcicr nod^ nid^t häufig gctocfen ju fein.*)
gür ba^ Sctüei^rcd^t gilt uubefd)ränlt bae materielle Setoeid*
^)rinjip: atte^ ift toittfornmen, toa^ ber Srforfc^uug ber 3Baf)rt)eit
bicncn faim, ßcumuub, ?tugenfc^eiu iinb ge)e$Ud)c ^icumutungcn
ebenfo gut toie 3^"fl^^^ Urfunben uub (Sibe.*) 2)ie SJelpeiöIaft
tritt jebe^mal ein, fobalb eine 93ef)auptung beftiitten loirb : Negatio
facit rem dubiam;") tuen fie trifft, bas^ ift im ordo iudiciarius
burdi ben Saft geregelt: Si reus negaverit, qiiod actor confirmat,
actori incumbit probatio.*) Da biefe Siegel tüörttid) genommen
untjottftänbig ift, fo mu§ i^re ftiüfc^tueigenbe ©vgänjung fein:
Reus excipiendo fit actor b. 1^. ber ÜBeflagte rildt burd^ öJeltenb»
mad^ung öon ©inreben t)on felbft in bie 9JoUe unb Stellung beÄ
Magert ein. ?ln 9?ett)ei^regetu ift nur eine Umfdjreibung be^
belannten in dubio pro reo jum 3at)re 1260 überliefert: Iura
proniora sunt ad absolvendum quam condempnandum; ba^er er»
folgt bei ungenügenbem ober unüottftanbigem SPctoei«^ Jyreijprec^ung.*)
3m einjelnen lommt bie ^^auptbebeutung bem Sietoeie burd^
3eugen ju. 2)iefe Serben too^l meift in QJegennjart ber Parteien öer=
cibigt.®) I)a^ 3^^^9^^^^^^^'^^* t^^^f^ ^^^^^ invd) ben SRic^ter in ?lb*
toefent)eit ber Parteien in einem abgefonberten Staunt Vorgenommen')
unb burd) ben (^eric^tc^fc^reiber aufgezeichnet;**) ba^ fid; ber Stid^ter
») 1270 ad probandum, que posita sunt (S®^- ^^ 305); um 1312
posicionibus factis (oben S. 81). ^nbereifelts 1259 3^ugenoer^ör super
duobus articulis in litteris nostris prioribus expressis, bonit (Etltf^ibung de
meritis cause et articulorum illorum (oben G« 32).
") X)te ^an^ fie^re ift oom ordo iudic. genau ausgebilbet; ogl. bte
fludgabe oon SBunberlt^ 5lap. 8—11.
3) musbtOdlid^ enoä^nt 5. S. 12% gUgarb 14G.
*) aBunbetIi(^ a. a. O. Aap. 7 (Einl.
») 1260 oben ©. 34, 1312 oben S. 82.
«) T>er (Kb ijt oft ermähnt, 5. 95. 1237 oben ®. 25; 1259 oben ©. 32;
1272 3®0. XXV 333; 1296 gügarb 147: bie Vertreter ber ©tabt Spefer
befc^meren \\d) u. a. barfiber, bag jie ntcl^t ad videndum testcs iurare 5um fe|t*
gefegten Termine oorli^nftsmögig gelaben loaren.
^ 5BgI. ordo iudic. bei 3SunberIi(^ Aap. 9 § 3. Die Urfunben beuten
basfelbe vkMä)i baburc^ an, bog für bas 3eugenDer^ör ^duftg eigener Üermin
ange|e|st mirb (fo |^on 1237 oben 8. 25) unb bab eine eigene pubiicatio
ber ^sfogen nottoenbig ift.
8) CEbenba § 4; ferner 1257 fBirtemb. U©. V 213: dictis testium in-
spectis, 1273 9?emling 1336 bei einem Spciercc Schieb sgeri^t : inspectis
94
l^icbci be§ öfteren buic^ auditores üevtrcten laffen mufe, liegt in
bei 9?atur ber @ac^c.*) 3Bie üie(e 3^u9^^^cni^"ic in S^jeier ju*
läffig toaren, ift nic^t gefagt. Sinb alle nottpenbigen 3?erprc
beenbigt, bann beftimmt ber JRid^ter einen neuen Termin jur
publicatio, discussio unb examinatio ber 3^ugenau^fagen,^) loobei
fämtlid^e aufberfbaren 3Siberf))rüd^e, (Siniüürfe unb ©inreben gegen
^erfon unb ©ad^e, fotoeit fie nic^t fc^on bei ber SSecibigung ber
3eugen üorgebracCjt ober öorbel^alten toaren, mit altem ?lufgebot
öon ©c^arffinn unb ©pi^finbigfcit aufgebecft unb geltenb gemad^t
toerben. gür bie unbeftrittene unb ganjtid^ übereinftimmenbe ?lu§»
fage üon minbeftenö 5toei 3^^^9^^ ^f^ ^^ ^^^^ iudiciarius bie
SBetpei^reget aufgeftellt, ha\^ bnxä) fie genügenber Setueiö geliefert
unb bie Dort)er beftrittene Xatfac^e aufeer Streit gefegt ift,^) toeil
cä fd^on im Söangelium t)eifee : In ore duorum vel trium testium
stat omne verbum.*) (Sin einziger QtMQt aber genügt nid^t. 3Sie
eö bei ®egenfä^lic^feit ber Jlusfagen gelialteu tüerben foU, ift nid^t
auögefü^rt; möglich, baß ber SRic^ter in freier Setoeiötoürbigung
felbft entfd^ieb, lueld^e 3^i^9^" ^^^ ^^^ ^^^ getüid^tigften unb glaub*
^afteften (malor et sanior pars) erfd^ienen, mi)glic^, ba^ er ur«
fprünglid^ nur auf (Srgänjung eineö uut)ollanbigen 93ett)ei)e» burd^
Urfunben unb 'ißarteicib bebad^t fein burfte.
@iue befonbere Slrt be^ 3^^9^"^^^^i)^^ ^f^ ^^^ ©int>ernat)mc
ber SJiac^barn, vicinia ober ^nbfd^aft.*) 3)aüon, ba% ber llr=
deposicionibus testium et carum minutis [Ronjcpte!] diligenter discussis et
examinatis, 1312 oben: 82: testium dictis in scriptis redactis.
*) Sflä^eres oorne @. 71.
«) 3. 95. 1257 aBirtemb. USB. 213/4 : Testibus actoris receptis ....
dicta testium publicavimus exceptiones contra dicta et testes recepimus . . .
Dictis itaque testium inspectis, exceptionibus, rationibus et statu negotii et
aliis, que movere polerant, diligenter consideratis . . .; 1260 obcit @. 33;
1273 5lcmHng I 336.
3) 3BunbctR(^ a. 0. O. ®nl.
*) »gl. I)efretale oon 1170 (über extra III 26, 10 unb 11) ; Duranti?.
Specul. judic. (de teste § 11); ordo iudic. bei SBunbedic^ Siap. 10 ©ng.
Die ganae Üe^re entstammt bem aUjübil^en 9{e<^t: 4. Wlo], 35, 30; 5. StRof.
17,6; 30^. 8,17; 1. Zim. 5,19; gebr. 10,28; namentlich aber 5. 9Wof. 19,5:
Non stabit tcstis unus contra aliquem, quidquid illud peccati et facinoris
fuerit, sed in ore duorum aut trium testium stabit omne verbum; bajU
SRatt^. 18,16: . . . ut in ore duorum vel trium testium stet omne verbum.
^ie (Ermittlung biefer 3itate oerbanfe i^ gerrn Domoifar Naumann basier.
*) 1261 SBtrtcmb. US. VI 6: Primo audivimus viciniam, que vul-
gariter kuntscapft dicitur.
95
binbcnbcjpci^ crft mit bcm Slugcnblid ööUig ancrfannt getpefcn
fei, tt)o bic ^tnQtnxt\f)t aug bcn Urfunbcn öerfc^minbct/) fann
feine 3Jcbe fein. I)ie Urhinben be^ Speierer Dffijalatögeric^t^
ftif)ren in jat)Ireic^cn gäCen 3^"9^" ^^t^) ^^^ ^^^^ ^^^^ "^^^' ^^
änlefjnung an alte ®en)ot)nt)eit unb ba^ Seijpiel bei* [täbtifc^en
©eric^te, nic^t in Erfüllung eineö toefentlid^en ©iforberniffe^. X)aö
betoeifen jene Stücfe, bei benen oüe 3^"9^ fefjlen,*) namentlich
aber ber ordo iudiciarius, ber bem Urfunbenbetoei^ bnrc^ eine
bem bentfc^en Siecht frembe Uber|pannung be^ ^egriff^ ber öffeut«
liefen Urfunbe Xtir unb Xor öffnet.*) ?lber ba bie unbefd^ränfte
3ulaffung be^ Urlunbenbetoeife^ am Cffijialat^geric^t nic^t aud^
für bie mettlic^en ©eric^te galt, fo mochte man in ben gcillen,
bie möglicher SBeife auc^ für fie in iöetrac^t fommen lonnten,
jur (Erleichterung be^ bann nötig toerbenben ^^wgenbetoeifeg eine
3eugenreif)e aufgenommen ^aben. So »enigftene erlUire id^ eö
mir, ha% bie Urtunben in ®acf)eu ber freimittigen ©eric^t^barfeit
nafieju au^naf)m5iIo^, in Sad^en ber ftreitigen ©ericfitfi^barfeit ba=
gegen faft niemals 3^"9^" entfjalten. Äommt für ben Setoei^^
ein 6ib in ^rage, fo t)anbelt e^ fid) nac^ bem ordo iudiciarius *)
unb bem Speierer ®eric^tögebrauc^ in ber SRegel nicf)t um einen
tom 9?ic^ter auferlegten, fonbern einen Don ber 'ißartei jugefc^obenen
(Sib. So ic^iebt j. ®. 1281 ber Öeflagte bem Älager ben in
feinem !Jnt)alt genau beftimmten ®ib ju, toorauf ben Parteien ein
eigener Termin für beffen 9lblciftung bcftimmt toirb; in biefem
erbietet fic^ ber ^roje^beoollmäc^tigte bee illiiger^ 5um (Sibe, bm
aber ber ®eflagtc unter iöefenntnie feiner £cl)ulb freiwillig erläf^t.*)
»gl. ©c^ulte fm Straftb. U«. III S. XXI i.
>) »etfpiele 1247 (oben S. 30), 1252 (ffiittemb. U93. IV 298), 1257
(tUrCba V 214), 1264 (öHgarb 79;, 1265 (Mon. Pal. III 49), 1267 Cebenba
III 61), 1270 (3®0. XX 305;, 1271 (ebcnba XIX 177) ufro. Die Sßtxf)&\U
ntffe in Ürier, S^atns unb Ronftans liegen d^nlt(^.
') Die 93etfp{ele finb feltener: 1278 (9iem[{ng I 354), 1272 (ebenba
329), 1277 (ebenba 346, fetner gilgarb 96), 1281 (ßilgarb 103 unb 106) u|©.
*) öffentliche Urtunbe ijt nac^ i^m 3. S. nic^t nur eine von einem
9ii<6ter ausgeftellte, {onbem au(^ eine im C^eti^t ge{4|iiebene ober eine oon
mtnbeftens ^loei no^ lebenben 3eugen unter^ei^nete Urtunbe. 93gl. ordo iudic.
bei SBunberli^ Aap. 10.
*) 95ei 5EBunbeTli(^ Aap. 8 § 12: Per iuramenli delationem est sie
probatio, quando una pars defert alleri iuramentum i. c. ut iuret, quod
aliquid non ita sit vel quod aliquid ita sit.
*) dilgatb 103 (xd) gebe ben 3n^aU nur in finngemöger Um[(^reibung
unb m(^t in feinem urfprüngli(^en Wortlaut, ba er megen feiner unbeholfenen
96
?lug bcm angcfüfirten Scif:picl ergibt fic^ juglcid^, ba^ bcr ©b
aud^ i)om ^artciöcrtrctcr gcleiftet tueiben tann. iBom Äid^tcr auf*
erlegt ift Icbigtidi ber Äoftcnbeglaubigung^eib.*) I)ie ^Bertüeigcrung
bed aUgemeincu "ißarteieibe^ t)at biefelbc JBirfung tt)ic auc^ fonft
bic Siid^terbringung eines; ®etoeife^: beffen Slbleiftung bagegen
tnac^t rec^tlic^, aber and) rein tatfäc^lid) jebe toeitere 9?etoeiÄ=
ttJürbigung tDoi)l immer unnötig. Denn ber SRid^ter in ©peier
toar tool)I ju fe^r an bie genau gleid)e 3Birfung beim beutfc^=
redjtlic^en ^arteieib getoöl)nt, afe ba§ iiim ot}nc ^efonbere 3Jer*
anlaffung bie 9lbttjeid^ung üon biefem öJrunbfaj^ ^ätte in ben
Sinn tommen !önnen. @o teiü mir auc^ bad Sd^toeigen be^
ordo iudiciarius über biefen 'ißunft öerftänblid^ erfc^einen.
©obalb bie 3^en)ei^aufna()me gcfd^loffeu unb alle ßin=
tüenbungen gegen bie einzelnen ^^etüeiöftüde ertebigt ftnb,*) njirb ein
neuer Xermin jur UrteiUöerfünbung anberaumt, in bem lieber
beibe Parteien erfd^einen jollen.*) ipier öerfünbet nun ber SJic^ter
auf feinem Werid)t0ftu()l fifecnb/) \va^ er nac^ reiflid^er Überlegung
Überlegung jc^CDcr ocrftftnb!!^ fft; 1289 ebenba 122: Predicius C. . . . animo
deliberato in figura iudicii predictis Ebelino de Elephante clerico et Mar-
garethe matri sue iusiurandum [^Kgoxb unb SBücbtloein, Subs. dipl. IX 238
bruden insinuandum!] detulit sub hac forma, quod iurarent corporali prestito
iuramcnto ius patronatiis ... ad se ... et non ad predictum C. . . . pcr-
tinere. Quod iuramentum Ebelinus de Elephante clericus et Margaretha
mater sua in sc susceperunt et sccundum formam predictam corporalitcr
multis presentibus prestiterunt sie per delationem iusiurandi in ügura iu-
dicii coram nobis factam et parte parti et sponte receptam et prestitarn ius
patronatuä . . . finaliter obtinentes.
>) 3. S. 12d4 (919. SJlUn^n, IR^einpfdljer Urfunben 8. ®utbo Sasj- 2):
Condeinpnamus eciam eum ad expensas in lite factas videlicet duas libras
et sex solides hallensium, quas syndicus dominorum decani et capituli
taxacione nostra prehabita suo iuramento prestito declaravit.
') 8ett bem 14. yf)\>. tDtrb aud^ m Speter ber G(^Iub ber IBeioeiS'
aufnähme in rec^tsförmtt^er Sßeife vorgenommen unb conclusio genannt;
f. oben 6. 82; ebenba 81 finb bie gegenfeitigen (Eimoenbungen aufge^^It:
exccptiones, duplicationes unb triplicationcs, worauf au^ nOC^ OOn exceptiones
quinta et septima reiectae bie 9Jebe ift.
3) 1277 SRcmling I '547: Undc nos . . . prefiximus eidem et dictis
dccano et capitulo feriam sextain post Letare ad audiendam sentenciam in
dicta causa, quo termino habilo consilio iurisperitorum per diffinitivam
nostram sentenciam pronunciamus ipsuni etc.
*) Ordo iudic. bei 9BunberIi(^ Äop. U § 7.
97
aller Umftaubc unb nad) 9ln^5rung bcr SRcd^t^funbigen^) jur
rcd^tmäfeigcn 93ccnbigung bc^ Streitet für SHcd^tcnö I)ält: sententia
diffinitiva, cntfd^icblid^ Urteil.*) 9?on 3^M^^"^^*^^^^"/ ^^^ ^^
fid^ bod^ and) jugelaffen finb, i[t in ben Urfunben bei ber gering
entttJidEelten proje^Ieitenben (bemalt be^ SRid^ter^ nod^ laum bie
Siebe.') Daö (^nburteil mu§, toenn e^ ©ültigleit ^aben foß,
fd^riftlid^ ausgefertigt toerben/) toofiir fid^ balb ein feftfte^enbeä
gormelgerippe auSbilbet, in ba^ öielfad^ aud^ bie föntfc^eibung
über bie Äoftenfrage*) unb bie 9tuferlegung ett)igen Stillfd^toeigenö *)
ober bie 9lnbrot)ung beS Äirc^enbanneö^) für ben %atl ber 3^*
njiberf)anblung aufgenommen ift. Ungefä{)r feit bem '^a\)xt 1260
finb bie Urteile im ?lnfcf)IuB an ha^ 3Jerfa^ren unb baö SÖiufter
bes ordo iudiciarius gebilbet.**)
greilid^ fonnte er junäc^ft nid^t oöllig burc^bringen : batjer
geigten ficf) and) fpSter noc^ t)ie unb ba ?lntlänge an beutfc^*
rec^ttid)e formen nnb GJebanten. 2)ag jd^önfte Seifpiel l^iefür
bietet i. >?!. 1272 ber Streit Oor ben iudices Spirenses über bie
5)auer ber ßabungSfriften.^j Sior allem ift f)ier als ^\d beS
8Serfal)ren0 eine oon einem beftimmten ^^5rojcß abgelöfte unb felb»
*) (Ebenba § 1 unb 8, ferner (Eing.; 1261 SBirtemb. US. VI 6 (bei
etnem 3(^ieb9fprU(^j : Xos auditis istis et visis ad consilium magistrorum
et iurisperitorum Spirensium . . . duximus reciirrendum ; 1277 9?eTnItn9 I 347.
*) ®o 1281 gtigarb 103, ebenfo bie oiel {pftteren beut|(^en ^Bearbeitungen
bes ordo iudiciarius (ogl. oben 3. 88*.
^) Dagegen im ordo iudic. Aap. 11 § 4, au4 um 1312 sententia
interlocutoria (oben 8. 81). *) CEbcnbo § 8.
^) Die ^eftimmung ber gö^e bes 5u erfe^enben toftenbetrages bleibt
^äufig einer gefonberten lontrabiftoiifc^en ^er^anblung in einem eigens bafflr
angelegten Xermin oorbe^altcn: 1238 (oben 6. 26) salva abbati questione
expensarum in lile factarum; 1259 (oben @. 33) ipsum ad expensas in lite
factas sentencialiter condempnando, quarum declaracionem et taxacionem
suspendit, ipsumque citari fecit in feriam sextam prefato magi&tro super
damnis et aliis responsurum ; ogl 1294 (ß. 96^). Die ^Verurteilung in bie
5loIten mirb bereits im libellus erbeten: ordo 1018, 1312 oben S. 81. (5e*
iDöi^nli^ faden fie natürlich bem Unterlegenen 3ur £a{t; bag einmal ein mit
{einer ftlage abgetoiefener Kläger trogbem ni(^t bie Soften ju tragen ^at, mirb
im Urteil OUSbrüdlic^ bamit begrünbet, quia probabilem causam liligandi habuit
(oben @. 82).
") Ordo a. a. O. : eidem perpctuum silentium imponendo; ferner J. 93.
1257(SBirt.U©.V 213): eidem perpetuum super hoc silentium imponentes; 1259
(oben 6. 33); 1260 (oben S. 34); 1268 (Mon. Pal. III 58).
^) 1248 oben (5. 30; 1260 8. 34; 1268 Mon. Pal. III 58.
«) «gl. oben S. 58. ») gilgarb 90 Jlr. 122.
98
ftäitbig bc^anbclte sententia generalis Bcjcid^uct, alfo ein SBci^tum
im (Sinne einer beutfc^rec^tüd^en aügemein öerbinblic^en Sicc^t^»
tocifung burd^ bie rec^lteiffenben ^erfonen/) toii^renb bte^ im
lanonifcfien ^rojejg nicf)t öorgefe^en xoax angeftd^t^ be§ ©a^e^,
bafe ein Urteil nur flir bie ftreitenben "ißarteien rec^tfc^affenb toirfe.*)
Unb fobann ift aud^ f)ier toie bei einem regelrcd^ten ein^eimifc^en
SBci^tum ba^ Urteil burrf) anbere ^erfonen afe ben Midjter, alfo
gctoifferma^en burc^ Schöffen gefunben,') toä^renb fonft im Dffi=
jialat^gerid^t unb im ganjen tanonifc^en ^roje^rec^t einjig unb
allein ber 3itd)ter ju entfc^eiben ^at.
SD?it bem (Snburteil ift ba^ SSerfaljren nid^t immer ju 6nbe;
e§ ift bie SD?i3glid^feit geboten nod) in einen britten 'ißrojeßabfc^nitt
einjutreten, ber auf eine "jlnberung unb i^erbefferung be^ ©rfturteite
l^inäielt.*) ^iefiir tnar man fpäter au^fcf|lie§lid^ auf ben SRed^t«^-
toeg öevloiefen. 1)er ü8ifcf)of felbft l}atte fic^ minbeften^ feit 1272
au^brüctlid§ verpflichten muffen, niemat^^ ein orbnung^^gemäße^
Urteil ber geiftlid^en SRic^ter toillfürlic^ au^ eigener 3Rad)tt)oll=
Iomment)eit abjuänbern.*) 91(5 SOhttel jur Erlangung cine^
befferen Urteile ift in Speier bie 9?id^tigfeit^flage bljc^ftene einmal
angebeutet/) bie Berufung bagegen üfterö ertocitjnt. •) Xie ^Berufung,
Da^er auä) t^re ^Bcjetc^nung als Qbftrafte Urteile im C&egenfa^ 5u
ben {on|t allein 5uld||igen fontretcn Urteilen. Sgl. über bie ^eistOmer namentlich
S^röber, Deutfd^e 9{e(^tsgei(^i(^te^ (VM, 2RaQer^ofer'(5Ias|(^r5ber, Die fBeis-
tümer ber ^l^einpfalj (amtt. bes t'i\^. S^er. ber ^Pfalj XVI [1892] 6. XI).
%xä) bie iReubefteUung ber ®tabtri(^ter burc^ ben Speierer Sif^of feit 1294
erfolgt anial)r[t(^ auf (Srunb einer in S^ag unb ^nttodrt erjielten ^tec^tsioeifung
ber (speierer ^^ats^errn, secundum dictum et sententiam consulum Spirensium
vcl maioris pariis coruiiilem (öilgarb 141 unb 476); bie in ber fiiteratur
allgemein ^errf(^cnbe anbere (Srllftrung btefer Stelle, bag feit 1294 ber 9?at
bie Stabtric^ter ^atte ernennen bflrfen, ^alte id) für falf^.
•) Sententia ius facit intcr liii^atores : Specul. iudiciale bes Duraniis
(de sententiis § 7); quamvis regularitcr aliis non noceat res in alios judi-
cata (über extra II 27, 24).
^) Dictum fuit per sententiam a quibusdam, (juod . . .
*) Ea, quae scquuntur ciiusam. S3gl. oben S. 90'.
*) 9?emling I 326: Nullam sentenciam a suis iudicibus vel aliis latam
rcvocabit nisi iustitia medianle.
«) 1294 ^ilgarb 139: In eos et contra eos nullam penam publicare
seu nullas scntentias et promulgarc possct, cum maioris sententie excommu-
nicationis vinculo sit innodatus . . .
') »or 1272, bann 1294 unb 1296 (§tlgarb 90, 139, 147).
99
bic and) für 3^oift^^nurtetIc juläffig toar,*) ging öom ctjbialonalcn
Dffijial an bcn bif(^öflic|en Dffiäiat ober bcn ®ifci^of,*) t)on
Icgterem an bic SWainjcr gciftlic^cn SRid^ter ober ben Srjbifc^of
öon äWainj ;^) icbod) fonntc man fic^ unter Slu^laffung ber ^tüifc^en*
ftufen fofort an ben päpflüc^en ©tuf)l tocnben,*) ba biefer für
bie ganjc Sf)riftent)eit immer unb überaß afe juftänbig galt. S^rc
Sinlegung mußte innerfjalb einer grift öon äet)n 3;agen feit ber
Urteiföüerfünbigung,*) if)re 3)urci^füt)rung in ber 5KegeI innertjalb
eineö ocif)re§ erfolgen/') ®etoöf)nlici^ erllärte man n?of)t fc^on
münbtic^ bei ber Urteil^fäHung, ob man fic^ befd^toeren tooüe
ober nid;t,^) bod^ fd^reibt ber ordo iudiciarius für biefe SBillen^»
äußerung ganj allgemein ®c^riftli(^!eit oor unb bietet auc^ bic
ent)prec^enbc gormel bafür.^) 5)ieje fc^riftlid^e (Sinlegung gefdjicf|t
burd^ ßinreid^ung be§ Serufung^jc^riftftüdEeö beim Grftrid^tcr unb
ift namentlich bei Slppeßation an bcn päpftlid^en @tuf)I mit ber
(Srbittung Oon „?lpofteln" oerbunben, b. (). einem Sriefe be^
(Srftric^ter^, in bem er bem 33erufung»ric^ter Streitgegcnftanb unb
(Srfturteil au^einanberfe|jt unb if)m unter gleic^jcitigcr (Sntlaffung
ber fid) be|d;merenben "ijJartei bie toeitere (Jntfc^eibung übergibt;
ba^ finb alfo bie litterae dimissoriae ober „ßntla^briefe", bie
namentlidj für 9tom megen ber großen (Sntfernungen, ber SBcr*
fc^ieben()eit ber ju beurteitenben 35cr^iiltniffe unb ber -Diaffe ber
eingereichten 'J3efc^h)erben Oon größter SSic^tigfeit Joaren.^) ^ür
') 3m CEintlang mü bem fononifc^en unb im (5egen{ag 3um 3ufttnianet((^en
unb na(^tnbenttni{(^en 9icc^t. Der ordo iudiciarius (bei ^unbedic^ Rap. 11.
§ 4) enthält für fie feine Sonberbeftimmung, miU fie alfo genau |o be^anbeU
otjfen mit bie (Enburteile.
*) ^Uerbings fehlen fflr bas 13. 3^^- Speierer ^Belege, bo<^ mu| man
bic fpfitere 9legel fc^on fat bie{e ^eit als geltenb anfe^en.
3) »ot 1272 öügatb 90; 1272 muftte bie betreffenbe Urhmbe fc^on
propter vetusiatem erneuert Q)erben.
*) 1294 unb 1296 ebcnba 139 unb 147. S)lc ?CppcUalionsre<^te ber
(Srsbifc^öfe erlitten babur^ ben größten (Eintrag (og(. gaud, 5^tr(^enge{(^tc^te
VI 156).
") Ordo iudiciarius bei 9BunberIi(^ Aap. 12 § 3. Die grljt Jtommt
aus bem 3u|tinianeil(^en Äe^t (Nov. XXIII c. 1).
•) Ordo jud. a. a. O. § 4. Sei geroiffen gejeftlit^en (Entfc^ulbigungs»
grflnben (Semd^rung eines biennium.
') ®o 1296 öiigarb 148. «) Ordo a. a. O. § 6.
*) DerSlome „^Ipoftcr* fommt |prac^li(^ natürlich ^er oon dnoaTsXXeiv
- dimittere. 3und(^{t gab es litterae dimissoriales, bie ein 95if(^of fÜr
7*
100
©peier finbcn tüir ftlinlici^c ©riefe bereite 1272/) ben eigentlid^en
Sßameu apostoli aber erft 1294 unb 1296.*) ©ad^e be^ Serufung§=
rid^tcrä toat eö bann, auf ©runb be^ ©ntlafebriefe^ in einem btm
erftinftanjieEen nac^gebilbeten Serfal^ren ba^ ©rfturteil ju be*
[tätigen ober gauj ober teiltoeife ju öertocrfen.
2. ©iiuren fonftiflcr aJcrfa^ren«artcn finb im 13. 3t)b. für
bag ©peierer Dffijialat^gerid^t fo feiten, ba§ mit bcr Erörterung
ber Stppellation in 3i^ilf«ci^^n bie Seigre üon beffen älteftem ^rojefe
ate abgefd^loffen betrad^tet toerben fann; Don einem befonberen
fummarifd^en Serfaljren •') t)aben toir im 13. !5t)b. ebenfo toenig
ftenntnig U)ie Dom @trafüerfaf)ren ober 95oHftrerfung^öerfaf|ren.
338olIte man bie ftrengen ^orm* unb griftöorfdEirifteu einmal au^er
Äraft fe^en, fo benu|te man ben aud^ im beutfd^en ^rojeß Diel
angeioanbten Sluötoeg, \>a^ man fid^ auf ©d^ieb^rid^ter einigte/)
tDe^I)aIb benn auc^ bie 2ef|re öom compromissum eine fo reid^c
?lu^geftaltung burcT) bie mittelalterlid^en 3uriften erful^r. 911»
1290 in einem ber toiebertjolt entbrennenben ^rogeffe toegen ber
5Krd^e ?Iltrtp auf benfelben 9Iuötoeg äurüctgegriffen tourbe, fonnten
bie ©d)ieb§ridt)ter üon fidf) fagen: „Data nobis potestate a par-
tibus predictis, ut absque cause cognicione ac omnis iuris
ordine pretermisso in scriptis vel sine scriptis, sedendo vel
stando. diebus feriatis vel non feriatis ac aliis quibuslibet
solennitatibus obraissis, prout nobis placeret, possemus pre-
dictam controversiam per nostrum statutum, ordinacionem
seu pronunctiacionem nulla partis seu parcium contradictione
einen aus fetner Diösefe [tammenben ^deftermei^efanbibaten ba^m ausfteltt,
bab bellen fBet^e ntd^ts im ^ege {tönbe u. ö. Die Renntnts ber geriet'
lid)tn apostoli iJDurbe bur(^ bas ilonsil oon £t)on 1245 aHgentein oerbreitet.
*) 1272 unb frfl^er (Öilgarb 90): ludices s. Moguntine sedis . . .
Per litteras dilectorum in Christo iudicum Spirensium nobis innotuit,
quod ....
*) 1294 (ebenba 139): In hüs scriptis . . . sedem apostolicain pro-
voco seu appello et apostolos cum instantia peto . . .; qui si dencgati
fueriDt, iterum ex hoc sedem eandem ut supra appello. ®an5 ft^nltC^ 1296
(ebenba 147): In hüs scriptis sedem apostolicam vel ad eum, ad quem de
iure appellandum fuerit, appellamus seu provocamus et apostolos, si de iure
petendi fuerint, cum instantia petimus ; qui si nobis fuerint denegati, ex hoc
iterum gravati appellamus ut supra.
») »gl. übrigens oben S. 80 3.
*) Std^I, Die (Entmidlung bes gelehrten 9?i(^tertums in ben beutfc^en
Xerrftorien I 27, 238, 607 ; Stinfting, ®e|(^i^te ber populdten fitteratur 292.
101
obstante simpliciter terminare*'.*) Sogar mitten in einem öor
ben iudices Spirenses laiifenbcn ^roje§ traf man eine foId)e
Ubereinfunft bi^ttjeilen noc^,^) freiließ nid^t immer nur ju bem
3toedEe, um bem gormjttjang ju entrinnen, fonbern auc^, um etttjaige
Surfen be^ fanonifd^en ^roje^red^t^ au^äufütten. ©o mußten i. 3.
1257 bie iudices delegati Spirenses eine iUage tpegen un*
genügenben 95ett)eife^ abtpcifen; aber ba fie fic§ im Sauf beö
©treiteö in ©emeinfc^aft mit bem jDombefan jugleic^ afe (Sc^ieb^*
rid^ter Ratten aufftetten laffen, tonnten fie troj^bem ben im SRed^t^*
toeg freigefprod^enen Seflagten burc^ ©d^ieb^fprud^ ijerurteilen.
ipierüber toirb unä berichtet:') Proposita coram nobis actione
. . . , lite solempniter contestata et testibus plebani prefati
receptis . . . dicta testium publicavinius. exceptiones contra
dicta et testes recepimus et demum probationes plebani debiles
invenientes et ecclesie sue consulere cupientes partes induximus,
quod in nos, qui sententiaturi eramus, et viam etiam arbitrii
una cum domino decano ecclesie Spirensis sub pena viginti
librarum hallensium in ipsa procedere curaremus.*) ^aran
fdE|lieJ5t fid^ an: Sententiando pronuntiamus intentionem plebani
de Flehingen sufticienter non esse probatam et absolvimus
abbatem et conventum de Mulenbrunne ab impetitione ple-
bani de Flehingen super luminis amministratione, eidem ple-
bano et successoribus eins perpetuum super hoc silentium
imponentes. Per viam itaque arbitrii iniungimus abbati et
conventui de Mulenbrunne ac suis successoribus, ut singulis
annis in assumplione virginis gloriose Marie ecclesie de
Flehingen duas libras cere perpetuo amministret.
2)a§ tvix über @trafDerfat)ren gar md)t^ au^ ben Urfimben
crfel^en, f)ängt nac^ meiner Slnfic^t bamit jufammen, ba§ bie
^aitptmaffe ber geiftlic^en SSerbrec^en im 13. 3f)b. noc^ immer
im ©enbgerid^t gerügt unb geftraft iourbe.^) Datier n^ar bag
Dffiäialat^geric^t im 9lnfang feiner latigfeit na^eju öijllig auf
3iöil» unb freitüittigc ÖJeric^t^barfeit befrfiränft, ein Umftanb, ber
Cod. Novacur. = Ä95. 9leu^ofen Im Ä«. Speler 951. 53 b.
') 1266 3®0. VII 202: . . . lite legitime contestata, cum utraque
pars iu8 suum in iudicium deduxisset, tandem in arbitros de nostro consensu
utraque pars convenit. ») SBhftemb. U95. V 213/4.
*) Die Aonftruftton i|t ^tei oerlaffen !
*) 1300 9{emling I 426: nee [archidiaconi aut ofticiales eorundem] pro-
hibeant, ne in synodo vel synodis eiusdem episcopi aliqua deferant corrigenda.
102
öieHcidit anä) t)on bcr ©cftaltung bc^ ordo iudiciarius beeinflußt
fein mag : S)iefer ertoä^nt einen 6cf onberen ©trafprojcfe ebenfotoeuig
tüie ein abgefürjte^ fummarifd^e^ SSerfal^ren. Unb bod) mag e§
biSto eilen üorge!ommen fein, ba^ ein Übeltäter öom ®enb nid^t
belangt njerben fonnte iinb ba^ be^ljalb l^ier aud^ bic ?lmt^gemalt
be^ Offigialatö einfej^en mußte. 9hir trat bann an bie Stelle ber
citatio getüöl^nlid^ bie eine Sabung einfd^ließenbe monitio unb
ätoar aud^ l^ier bie breimalige ober bie perentptorifd^e einmalige
3Kal)nung,*) aber fonft bef)ielt ber ettoa barauft)in fid^ abtoicfelnbe
^rojeß gang fein getpoljnteö ®efüge.*) ?lud^ Dffenfunbigfeit allein
beredjtigte an fid^ nid^t jur @trafücrl}ängung, toenn nid^t eine
orbnungSgemäjge Unterfud^ung Vorausgegangen tvav. ®o berief
fid^ 1296 ber 9Jat ber @tabt barauf, ba^ immer juerft bie Offen«
funbigfeit red^tmäßig nad^getoiefen fein miiffe, quod multa dicuntur
[notoria\ que non sunt; unb bann fät)rt er UJeiter: Etiam in
omni notorio, quod constat esse notorium, necesse est ante
omnia constare de iudice competenti et quod citatio legittima
precedat et quod defensiones legittime audiantur. ') 3n ber»
felben SRid^tung liegt e^, ba^ 1298 ber a3ifrf)of Derfprid^t, er
toolte toeber felbft nod^ burd^ einen feiner geiftlid^en SRid^ter über bie
93ürger ber ©tabt ben Sird^cnbann ober baS 3nterbift üer^dngen
nisi citacione et evictione legittimis premissis.*) S)aS ftnb toof)l
bie eiujigen Stellen, too axid) beim Speierer Dffiäialatägeric^t ba^
Sorfommen Don Strafüer^anblungen burc^jufd^immern fd^eint.
3. gür bic ?lu»brcitunfl be« Spciercr Scrfairen« ^) auf toeitc
3^eile be^ beutfd^en SRedE)tSgebiet2J forgte Dor allem ein flinfer @e=
feile, ber ordo iudiciarius. Überall toußte er fic^ ©ingang ju
t)erfd)affen : in ÄlinigSberg fo gut ioie in Siafel, in ÜRe^ fo gut
^) 3" ®- commonitos, ut infra quindenam capitulo satisfactionem
condignam exhibere non obmittanf. Alioquin nos in ecclesia Ditensheim
feria tercia post dominicam, qua cantatur reminiscere, quem terminum
pcremptorium constituimus, procedemus (^flgatb 145).
') 1294 (ebenba 138): Cum ig^itur contra neminem non convictura nee
confessum, congnicione leg^itima non precedente, defensionibus et iuribus
ambarum partium non auditis nee discussis ac iuris ordine non servato sit
ad aliquas sententias procedendum et in tenore monitionis ipsius domini
episcopi asscratur non esse dubium etc. ^) (Ebcnba 147, abct aUC^ 139.
*) (Ebenba 158. SSgl. 'äJlünc^cn, Dos tanoni|(^e (5crl(^tfiocrfa^r€n unb
Strafrec^t II 175 über btc ö^nli^en 5Bor|(örfften bes corpus iuris canonici.
^) 3(1^ mug mi^ im golgenben mit ^nbeutungen begnügen.
103
toic in Ärafau.*) 3m 15. 5^b. ^ab cd tDof)l feine SibIiott)ef, bie
it|n nid^t i^ren fonftigen ©d^ä^en l^injugcfiigt f)ätte. ©ne fricfifd^c
unb bänifd^e Übcrfe^ung fünbeten feinen SRu^m.') 3Sie gro^ nod^
um bie 3Benbe Dorn äWittelalter unb SReuäeit bie 5Rad^frage nad^
if)m toat, jeigt bie eine %at^ad)e, ba§ bie neue @rfinbung ber
SBuc^bruderfunft fofort in feinen 3)ienft gefteßt tourbe: ad^tmal
tourbe bamafe ein lateinifd^er unb fünfjef)nmal ein beutfd^er %tp,
Don it)m gebruift.')
ipier ^di) ba«^ SSoIf ein ®erid^t, beffen SRed^tdgang cd nid^t
Derftanb. ipier fat| eö einen SRic^ter, ber felber Urteil fd^öpfen
burfte unb nid^t tnie ber meltlid^e SRid^ter nur auf bie SSer^anb«
Imigdleitung befd^rönft Xoax. ipier f)örte ed, toie bie ?lbüoIaten
nur )o mit frembfprac^Iid^en, unöerftänblid^en 9ted^tdaudbrüdfen
um fid^ toarfen. Unb bann bie Stotare, bie atted auff d^rieben ;
mufete benn immer gefd^rieben fein? Slber je frembartiger unb
ge^eimnidöoller bad neue ®eridE|t ben bieberen iöürger ober Sauer
anmutete, befto fefter prägten fic^ bie ungetüotjnten @rfdE|einungen
biefem ein. Unb balb entpfanb er fie nid^t metjr ald frembartig.
3u SJeginn ber Sieujeit t)at fid^ ba^i^ frembe Sßerfa^ren aud^ in
ber ^falj anfc^einenb fd^on jum großen Xeite burc^gefe^t So
entl)ält j. SB. ein ®eric^td^)rotofolt Don Sieuftabt a. ^. a\\^ bem
Sa^re 1529 folgenben ©ntrag:*)
©in furjer ©eric^t, toie in red^t :procebiert fott loerben:
merd bird nadj öotgent 9iel}men,
Siic^tigfcit ju Dermljben.
@rftli(^ ben Söeclagten cittjer (1),
2)arnad^ bein (Stag formlid^ bring ftjr (2).
5)em ©eclagten geben toerb mit gug (3)
Uf fein SBegeljm Slbfc^rift unb Sd^üb.
*) 9301. Aber bie ganbfc^riften oben €. 46. Über ^e^ie^ungen ^
i^ilbes^eim f. 6. 14 ; baiflber, ba^ et bereits 1282 in 9Rft^ren belamtt oar,
ogl. 8. 56 >. t^rdld^s gilt fflr (Erfurt, ba bie ös. H. na^ ordo 1004> einen
civis Erfordensis dictus Murer ntnni, beffen Samüienname bei einem ^ietri^
1288 unb bei einem 9{uboIf 1314 befugt ift (Seper (£., U93. ber Stabt (Er-
furt I Sh. 373 unb 9lr. 576).
') Sgl. ^lodinger in ber (Einleitung ju feiner 9[usgQbe bes ordo iu-
diciarius 988.
') ®tin(ing, (&t\ä^\^U ber populören £iteratur bes römif(^«canonif<^en
^td^is in Deutfi^Ianb 203.
^) 6tabtar4iii SReuftabt a. $. 34 oerbanle ben Zni $erm ^eis«
arc^oar Dr. aKflUer.
104
2)en Äricg bcfcft (4), fd^toer fiir ®ct)crbc (5),
^ofi^artidel mac§ öon 9Bcrbc (6),
SBcrmittcIft beö @ibt^ bring bic f^r,
5)acuf f)ct)§ 2ltith)ort geben bir (7).
@o bie öenieint, bitt bir ju 2on (8)
@in Qtxi, bein SBetoernng ju t^un,
2)oc^ of)n Überfluß ^)rotcftier.
93rief unb 3nftrument nit öerlicr,
2)er 3^^9^^ ®^9 ^^% ^ff^^^ ^^^^ {^)r
3nrcbbe, bu Scdagter, ufefped^t (10)
3n ir ^erfone unb ir Sage,
Uf ha^f tt)a^ noitt, jeber furtragc (11). ^
Xemnac^ be[c^Iie§ ju 9ied^t ganj tool (12),
S)aruf bcr Stic^tcr uvteitn fol (13)
9?ad^ Klag, 3lnth)ort unb 3^^9^^ ®^9/
2)aöon man a:ppeUicren mag (14).
S)an l)at ber erft SJed^t^ftanbt ein Snbe,
©Ott alle Stiege jom ^rieben tocnbc.
Slmen.
©ogar in bie länblid^en @ericf|tc fud^te ber frembe ^rojeß
im 16. '^\)\>, einjubringen, toie j. 33. folgenber ßintrag in einem
StUIeininger ©erid^t^buc^ öon 1592 betpeift:*)
S)er SRid^ter ben »eflagten fteßt,
3)ie Stag tüürt if)me ba öermelbt.
Sebenfäeit tuürt gegeben im,
3!)a§ er fid^ recTjt ber Sad^ üernim.
S)arnad^ ber Ätieg burc^ ja unb nein
Sefeftet n^ürt unb {)ält bann ein.^)
S)ann fd^njert man für ©eferb ein Slibt,
2)afe allentfialb regier 2Bat)r^aibt.
@o bann ha^ "^axt tl)ut leugnen \va^,
äRit 3^^9^^ ^*^^^^ betpeifen \>a^;
Dber mit Srief unb Siegel gut
6in 3nftrument aud) Reifen t^ut.
95olgent^ eröffnet lüerben fott
2)er 3^^9^^ 9lu§ag all ju Dol.
^) SRitgeteilt oon Dr. ^. Sßtdtx ht ben £etninger (gefc^i^tsbldttem
1906 S^lr. 12. 2)oc^ toöre für bercn ße|crltcis eine (Erläuterung unbebingt
nötig geiDcfen. ') ? Sedier brudt „ann eht."
105
Unb tpürt barnad^ balb cjcipicrt,
®cgcn bie ß^^^S^^^fe bifputicrt,
2tuc§ gegen ber 3^"9^^^ ^erfon.
3)arnaci^ öolgt bie Sonclufion,
S)a§ man ju Urtf)eil tt)ut Sefc^tuft,
5)arauf ber JRid^ter jpred^en mu§.
Dem bann ba§ Urt^eil nit gefeit,
Der a:ppeliert, et) man öerjett
^tij^u Xag, ober mag e^ t^un atebalt
3luf fte^enben ^^ü^en ungefdjmalt.
Serfliefeen 3et)en %% ungead^t,
@o ge^t ba^ Urtf)eil in fein SKad^t.
Diefe ©prüd^e; bie mit i^ren f)olprigen SSerfen Don ÄriegS»
Bcfeftigung, ®efä^rbecib, ©jjipieren, Äonflufion unb anbern fc^önen
Dingen ju fingen unb ju fagen toiffen, finb ja nid^t^ anbere^ ate
eine unbeholfene, toenig erweiterte U6er)e|ung ber ben ®ang be^
85erfat)ren§ fd^ilbernben ^ejameter beö ordo iudiciarius. *) SBo
man nad^ folc^en ®runb)ä^en öerfu^r, ba tourbe ben tjeimifd^en
Siec^t^anfc^auungen langfam, aber fidler ba^ Xobe^urteil gefproc^cn.
SSorbereitet unb geförbert aber toarb bicfe grunbfttirsenbe Um=
änberung ganj unmerflic^ unb teife burd^ bie Dffijialat^geric^te.
Da§ toar be^^alb t)on großer Öcbeutung, toeil ber ordo
iudiciarius balb über ben Sereid^ ber geiftlid^en (^eric^te t)inau^=
griff unb fic^ and) in bie toeltlic^en ©eric^te einjufc^muggeln
öerftanb. 3a, fiir bie erfteren genügte er manchmal übertjaupt
nic^t, ba er öiel ju toenig Sinjelbeftimmungen traf; fo mußten
5. 99. ju ©^)eier im 15. 3^b. neue ®erid|tgorbnungen ober 9lefor=
mationen ertaffen toerben. gür le|jtere aber reid^te er öorerft
au^, ba fie in erfter Sinie ein fefte^, unoerrüdbaresi ^roje^gerippe
brauchten. So tourbe bie §ilfe be^ römifd^^Ianonifd^en ^^Jrojeffeg
in ?lnfpruc^ genommen, all bie toeltUd^e ©erid^t^öerfaffung immer
jerrütteter unb ba§ SSerfa^ren immer unäuoerlciffiger geworben
toar. 93ei ben ©tabtgerid^ten mod^te babci Don Sinfluß fein,
ha^ bie red^t^gelefirten unb baburd^ einflufereic^ften SWitglieber
ber ©tabtDertoaltung, nämlid) bie ©tabtfd^reiber unb bie SRat^«
, ^ *
*) Oben @. 80. — Die oben mftgetetttcn Xeite |fnb mir um |o tn-
terelfanter erfc^ienen, als i^ in ben oon mir bisher e{nge|e^enen beut{(^en
Bearbeitungen bes ordo iudiciarius d^nlid^e äberjegungen bisher oergeblic^
gefu(^t ^übe.
106
fon|uIenlcn, fcembred^tUd^cu ?lnfd^auungcn juncigtcn, tocnn ftc Von
ben nid^tgcle^rtcn Ocrid^t^bcifi^crn; Statömitglicbcrn ober Sd^öffcn
in fcTjtüicrigen gäHcn um t^r ©utad^tcu angegangen tourben.^)
3n bcn fürftlid^en ipofgeric^ten tüurben bie Seifiger felber in
tüac^fenbem 3KaJ3 feit ^Beginn be^ 15. 3f)b. ftatt au§ ben Steigen
bei* 9lbeligen aii^ benen ber SRed^t^gelefirten genommen. %\it biefe
juviftifc^ gebilbeten Beamten unb SRid^tcr n^aren auf ber UnitJerfitdt
fo toeit üerborben toorben, ba§ fie in Überfd^ägung bcffen, toa^
fie l)ier gelernt, öeriid^tlidf) ^ernieberblicften aud^ auf bie beften
altererbten [)eimifd^en JRed^tganfd^auungen, bie nur afe @etoo^nf)eite=
rfd^ nod) gut genug fd^ienen jur 31uöfllllung Don Öücfen. ?lu§er*
bem öerlor baö römifd^e JKerfit baburd^ immer metjr bie (Jigenfc^aft
aU g^embrcc^t, ba§ man in tüeiten Äi'eifen be^ S8oße^ anfing,
ba^fetbe afö ba^ altgemeinere, f)i)t)ere unb Vernünftigere Siecht ju
betrad^ten. Daju lam bann nod) bie mittelalterlid^c Sluffaffung,
ba^ ia^ ^eilige römi)d|e SJeic^ beutfdier 9iation bie gortfegung
be^ alten romifc^en Steidje^ unb ber beutfd^e Äaifer ber 5Red^t^=
nad^folger ber romifd^en Imperatoren fei. „Äaiferred^t" nannte
man nic^t nur bie 9ieid;^gefege unb bk toeitüerbreiteten beutfdjen
SRed^t^büc^er, fonbern aud^ ba§ Corpus iuris ^uftinian^.^) %n
ber fremben ®eftalt in bie fic^ ha^ römifd^e toie bag lanonifd^c
9ted)t fleibete, ftie§ man fid) öon 3lnfang an faum jemale. 2)enn
nic^t nur bie ©prad^e ber melttid^en Öilbung unb ber geifttidjen
grömmigfeit, fonbern aud^ 3Jeic^ unb .ftirc^e felbcr toaren romifc^ ;
tuarum foÜte eö ba nid^t aud^ ii)x 9lcd^t fein? 3)od^ blieb troö
bicfer förbernben Umftanbe überall bie ©eiftlid^Icit bie eigentliche
©rüde für bie (Sinfüljrung bee 5^'embrec^tg, ^) unb ber 2lufnat)mc
römifd^er materieller 9Jed)t0fage ging überall bie Stufna^me be^
*) (Eines bei frfl^e|ten unb beutimten Seifptele bietet Srflntt, mo um
1350 oom Stabtfdiretbet 3(>9anne9 ein römi((^«te<^tn(l^es @(^5ffenbu<^ oetfa^t
tDurbe, ogl. ^iögler, Die Stabtred^te oon ^Brünn (1852) (£in(. Die iSebeutung
ber "iRatsIotfluIenten i|t befonbets ^oc^ anjufd^Iagen in 9lürnberg, ogl. nament*
^^4 $• S^ad^tmfo^n, Gregor 5eimburg 144.
*) ^gl- für bas C^anse neuerbings uon IBelotD, Urfac^en ber ^legeptton
bes römi^en 9?e(^ts in Dcut|(^Ianb (1905). ßeiber oerfagt er in bem roid^tigen
$un(t bes (£tnflu|{es ber (Seiftlid^en unb ber gef)tli(^en (geriefte.
') Da^er beftiratnte 5. $. Aurfürft 9{ttpre(^t oon ber $fal3 (ber na^«
malige i^aifer), bag lein (5ei|tli(^er me^r ein meltlic^es ^mt, auc^ ni^t bas
^mt eines Schreibers erhalten JoHte, um bem (Einbringen bes römifc^en 9le^ts
einen 5S)amm entgegenjule^en ; ogf. Rarlotoa, Über bie iHeseplion bes römt{<^n
9?cd)ts (1878) 9»o.
107
römifd^'fanonifd^cn ^rojcffcö öorau^.*) ®§ tpar eben nid^t feiten,
ba§ bie Älerifer afö 9iotare, (Serid^t^fd^reiber ober Jlntpülte in
ben öon it)nen »erfaßten ^rojefefd^riften iinb Urlunben römifc^
gefonnten SRed^t^ftoff nieberlegten, nod^ tpic^tiger aber »urbe bie
9ied^td))jlegetätigleit ber gciftlid^en ®erid^te unb bie SBerbreitung
ber \)on i^r eijeugten ober öertoerteten populären SRed^t^Iiteratur.
3n beiben SBcjie^ungcn fte^t bie Stabt ©peier mit an ber
©pi^e ber beutfd^eu Gntrt)icEIung. 3)urd^ i^r Dffijialatägerid^t unb
beffen ältefte ®erid^töorbnung I>alf fie bie neue SRed^t^orbnung
l^erbeifü^ren, bie junt 2eit l^eute noc^ bei unö beftcf)t, 3a öießeid^t
barf man nod^ nte^r be!)aupten: öielleidjt trat ba^ römifc^e
JRcd^tgerabeöon^ierauömitbem geiftlid^enDffijial
aU ^Begleiter unb bem ordo iudiciarius alö 333affc
feinen ©iegeöjug an jur Unterjod^ung ber beutfc^en
3BeIt.
) Go 6tölse(, (Entmidlung bes gelehrten ^Rt^tertums 23.
Pie innere wettfir^e Regierung
be0 ^tfcßofö igSttt^tttö ^amnng
t>on $peier (i464-i478).
Dr. fttojiitiiiriittt ^ttt^t^^i^ tn SRUnd^en.
S)cr SJcrfall bcö SReic^e^ unb baö (Srftarfcn bcr Ianbe^=
l^crrlid^cn äKac^t, Srfd^ciuimgen, bie §anb in ipanb mit cinanbcr
gingen, l^atten um bic SRittc be^ 15. 3af)r^unbertä einen I)o^en
@rab erreid^t. (£^ iuar natüiiicf), ha% je Weniger ba^ 9?cici^ ben
i^m geftettten 9lufgaben entfprad^, ein anbcrer galtor fid^ berfelben
annat)m : ba^ öanbe^fürftentum.') 9lüe jene Slufgaben auf ^jolitift^em,
auf tDirtfrfiaftlic^em, balb aud^ auf geiftigem ©ebiete, bie einften^,
namentlich in ber farolingifc^en "i^Jeriobe, ba§ JReic^ erfüÄt ^atte, jog
nun ha^ fianbeöfürftentum in fein Seieid^. J)er ^olijeiftaat
ift in getoiffem Sinne feine bem 18. Jia^rl^unbert eigentümliche
©rfd^einung, unb ju bem befannten 3[8orte be§ ^reu§en!önig§
griebrid^^ be^ ®ro§en öom „erften I)iener be^ Staate^" laffen fid^
fd^on toeit frül)er parallelen ^eranjiet^en : Sergleidjt bod^ fd^on ein
^te ootliegenbe Arbeit bfibet ein 5lapitel meiner $tomot{on6|(!^tift
Aber ben !utpfftl5i|(^en Rangier unb Speierer SBifi^of HRat^ias 9{amung, beren
flbcige Xeile i^ {pöter teils in biefen heften, teils in ber 3eit[(^rift f. (5t]^.
bes Oberr^eins ^ oeröffentli^en gebenfe. f^flr bie ^anbf(^rrftli^en Quellen,
bie ^auptlft^Ii^ in ben Wr^ioen 5u S^arlsru^e unb @peier oenoa^rt merben,
benflge ic^ folgenbe ^blfirjungen:
RR^. = i^opialbu^ bes Rarlsru^er Q^eneraI>fianbesar(!^tDS.
SpSi% = Äreisarc^io Speier.
Sp®t^. = Stabtar^io Speier.
Ä©. = ftopiolbuc^.
häufiger gitterte äBerle finb folgenbermagen gelflrst:
3®0. = 3txi\ä). f. (5ef(^. bes Oben^eins.
SDlgS^f. = Mitteilungen bes ^tft. Sereins ber ^falg.
Q^\i2!3ß. = Sammlung ber ^o(^f. Ipeiril^en (5e|e^e u. Bonbes*
oerorbnungen. Sru^fal 1788.
9Rone I = gf- 3- 3)lone, Quellen|ammlung ber bab. fianbesgefc^ic^te
©b. ]. Rarlsru^e 1848.
109
3at)r^unbctt ryox^tt ^rfürft 5lKajrtmilian I. üon 93ai)cni „eifrige,
orbeitfame Potentaten unb gürften mit brennenben ftcrjen, ioelc^e
fagen fönnen: aliis lucendo consumor." ^) Da§ öon anbetet Seite,
X>on ©eite ber ßanbftänbe, bet mobcnte Staat^gebanfe nodE) tpett
frül)et geltenb gemad^t tputbe, ha^ hzi: güf)tct bet baljtifd^en 2anb«
ftänbe im 2. Dejennium bee 16. Satjt^unbettö, Diettid^ öon
^lieningen, ben ©ebanlen au^)ptec^en lonnte, iebct gütft fei nur
adniinistrator obet 5Settüefet,^) mag weniget beftembenb Hingen,
ba ja bie ßanbftänbe bcfannttic^ oft genug btn 3taat§gebanfen
gegenübet bem giitften äum 'Jtuebtucf btac^ten. ?lte fef)t be==
metfen^loett abet batf ee gelten, ha^ ein 2anbe^t)ett felbft, ein
geiftlid^et gütft im 15. !3af)t^unbert, fic^ ben „obetften Äned^t
feinet Stiftet" nennt. 3)iefe 3?ejcid)nung gab fic^ getegentlid^ ')
bet S^eietet 95ifcf|of 9)iat{|ia§ Stamung. AHatev afö in bet ein
l^atb 3a^tf)unbett fpäteten ^tufeetung 3)iettic^0 oon ^lieningen unb
))rägnanter afe in ben SBotten SDfajimilian^ I. lommt ^iet bet
@cban!e bom „etften S)iener beä Staate^" jum Sluebtucf. 3)ic
innete, toeltlid^e Siegiening be§ ®ifrf)ofe 3KatI)iaö*) toitb unö jeigen,
ba§ jene ÜBejeid^nung, bie et fic^ beilegte, me{)t ate eine leete
^t)tafe toat.
Untet ben 93efttebungen be^ Sifc^ofe, fein aüetbing^ jiemlid^
Heineö Settitotium *) innetlid^ ju ftiiftigen, ift an etftet ©teile
bie @ef e^gebung ju nennen, bie fid; im §oc^ftifte Speiet untet
bet SRegietung Siamungö enttoidclte. (S^? ift be^eic^nenb filt bie
gcfe^gebetifd^e Xdtigleit be» SWatljias^, toenn bie öon S^ifd^of ?tuguft,
einem ®tafen ju ßimbutg=8titum, 1788 oetanftaltete „Sammlung
bet ^odifütftlid^sfpcictifd^en ©efe^e unb ßanbe^öetotbnuugen" mit
») 9Wc5ler, ©ej^i^te 93ai|crns V 688—689.
») 9«e8ler IV 20.
8) (5eleöentlt(^ bes SWcmoranbums (ÄÄIB. 339 fol. 65 a ff; f. be|.
foL 75), bas er bei feinem SBtstumsantrttt feinem Rapitel oociegte. — ^Olan
!5nitte batan benfen, bag biefe Stelle ein 3itat [ei, bo(^ fpri(^t ber 3u[ammen'
^d bagegen.
*) Über feine geiftlii^e 9tegierung vgl. iRemliitg, (5ef(^. b. Sif(^. ^u
Speier 11 145 ff.; über ben fpeir. Seamtenapparat unter 9R. gebenfe i^ im
nfi^ften $eft biefer 3eitfc^rift einen (Exturs meiner ^romotionsarbeit ju oer«
dffentli(^en, besgl. bemnä(^ft au(^ meine arbeiten Aber ^amungs äußere ^olitil,
namentlich gegenüber ber 9{ei(^sftabt Speier unb Aber feine Samilte.
^) 9l&^ere Angaben Aber beffen ^usbe^nung am (Enbe bes 15. 3^b.
merbe i^ in meiner Arbeit Aber ben fpeir. IBeamtenapparat (f. ^nm. 4)
oeröffentIi<!^en.
110
bcm 3a^rel470, mit einer Drbnung be^Sifd^ofö SKat^ia^ beginnt.')
9Jid)t itoax, afe ob gefc|geberifd&e Sriaffc ber fpeierifd^en 95ifd^öfe
titoa^ ööttig SReueg gelücfen toären ! 3KatI)ia^ ging bcnn aud^ bei feinen
©riaff en grofsenteife auf üortianbene ?lnfä^e jurücf ; namentlid^ toar
eö fein Vorgänger Sifd^of JRaban üon ^etmftäbt, in bem er, »ie in
feiner äufjeren ^olitü, fo and) in biefer ^infid^t btxt „tüeifen^
Vernünftigen iperm" fa^, „ber bem ©tift ©peier öiel Outcg getan."*)
2)er ©c^merpunft ber gefeggeberifd^en Siätigfeit be^ Sifd^ofö
3KatI}ia^ liegt in ben Sorfd^riften, bie er für bie SBeamten»
f d^ a f t feinet ©tifteg gab ; fte toar ja bag nottoenbige 9D?ittet jur
SBcrtoirflid^ung ber Sieform, bie äßat^iaö, toie in ber geiftlic^cn,
fo audj in ber tt)eltlid^en Sertoaltung feinet Stiftet burc^jufü^ren
getoittt toar.
2lu^ ber überaus gi'ogen ^aljl ber SRanbate unb SJerorb*
nungen, bie 3Katf)ia§ erlieg, ragt bieSßerorbnung öomSa^rc
1470^) ^eröor; fie begreift eine 5Reif)e öon Seftimmungen, bie
bereite früfjer öon äWatl^ia^ erlaffen toorben toaren, in ftc^.*) STIö ba^
9?eue an ber SSerorbnung öon 1470 mag man bal^er bie Xenbenj
anfef)en, öereiuäeltc frühere (Sriaffe jufammenäufaffen, fie aU ein
©anje^ ber Söeamtenfd^aft be» ipod^ftift^, ben Dber= Joie Unter=
omtöleuten, öorjulegen; fo lommt e^, bag bie cinjclnen 3Ka§naf)men
in biefer ßanbe^üerorbnung fe^r oerfd^iebener Siatur finb, ha^ fie
jum "Jeit einen allgemeinen, großzügigen Kt)arafter tragen, toä^renb
fie teitoeife auf bie einget)cnbfte SBeifc fid^ in^ (Sinjelne ergeljcn.
3SergIeid;t man bie „Drbnung'' be^ Söifc^of^ 3Watf)ia§ ettoa mit einer
eine ©eneration früt)er in ^jfäljifdjen ßanbcn ergangenen 5Beamten=
orbnung, ber 3^)onf)eimifc^en SBeamtenorbnung Don 1437, fo Ujirb
>) (5uß5B. S. 1-8.
2) ^f). Simonis, §i|t. Sefi^reibung aUcr Sift^offcn 3U Spe^r. 1773
(2 3lufl.) 179.
3) m^. 296 fol. 195 a— 204 b; (BußSB. 1—8.
*) Die meiften SBeftimmungen, bie 3Jl. in biefer Serorbnung oon 1470
3a>ed$ einer georbneten 9le(^nungsfü^rung erlieg, maren \^on frfi^er, anfangs
1465, ergangen; bag bie (enteren S^erorbnungen bem ®efe^e oon 1470 ^ttltc^
vorausgingen, unb jcDar oor ben 1. SRai 1465 an^ufegen |inb, ge^t baraus
^en^or, bag in ber 93erorbnung oon 1470 eine gute gffl^rung ber neu an gelegten
3iusbfl(^er 5ur $fli(^t gemalt mirb, roö^renb in ber früheren Sefttmmung
erft bie Anlage neuer 3msbfl(^er angeorbnet toirb, bie bann tempore paschaii
1466 ({.unten S. 113) erfolgte, baft ferner in ber Scltettung bes Uben^eimer 3on«
|(^reibers oom 1. Wai CPhilippi et Jacobi) 1465 (ÄftS. 298 fol. 13 a ff.)
bie oom Sif^of erlaffenen neueren iRec^nungsoorfc^riften bereits eroofi^nt toerben.
111
bcc gortfc^ritt tlax, bcn biefc Drbnung unfere^ SBifc^of^ für bic
SScrlDaltung bcbcutctc; anbrcrfcit^ freiließ toar and) biefc Drbnung
öon 1470 nod) ttjcit entfernt Don einer ßanbe^orbnung, toic folrfie
feit bem 16. 3a()r^unbcrt tpeitcr iinh tüciter ausgebaut tourben.')
Die ©eftimmungen, bieäWat^ia^ in biefcr ißerorbnung Uon 1470
erlief, bejnjecftcn eine gute lolale SBerttjaltung folüot)! gegenüber ben
Untertanen unb ben einjelnen GJemeinben be^ 5)oc^ftifts^ \vk ganj
befonber© eine gute SJerlnaltung ber im üBefiße be^ @tift^ felbft
ftetienben öüter unb Weckte. Da^ auf ben bifd^öflic^en Sc^löffern
befinblic^e 3nt)cntar fodte too^l in ftanb gef)alten Serben, ebenfo
toie bie Slrmierung ber f)oci^ftiftlic^en Surgen ftct^ in gutem 3"'
ftanb öorgefunben ttjerben foüte; genaue ^nüentaröer jeict)nif f e *^)
foUten über ben biic^bfüc^en 95efi^ auf ben einjelnen Sc^löffern
Äunbe geben unb eine Äontroüe barüber ermöglichen, ob biefer
ju* ober abnehme; bie Beamten foUten überfjaupt über eine »gute
Verwaltung be^ Stiftet bie 9luffic^t führen.
©ne 3?or6ebingung jur ©efunbung ber Stift^finanjen toar
eine georbnete 9icc{)nung^füt)rung feiten^ ber ÜBeamten. Sc^on
balb nac^ feinem ^3lmt^antritt erliefe batjer 3Kat()ia^ eingel)enbe 95 o r =
fc^riften für ba^ 5Recf)nung§rt)cfen;') einen genauen $^erict)t
orbnet äRat^ia^ beifpiel^^toeife über bcn er jielten J^ifc^fang an : bie 93c*
amtcn follten bie '^ai)l ber eingefangenen ^ijc^e aufscii^ncn unb
oermerfen, toie öiel man baöon öerfauft, n^ic t)iel man in bie
9Beil}cr gefegt f)abe u. bgl. Über erf)altene Söljne mußten bie
9(mtelcute Ouittungen au^^fteücn.*) ®cf)r cingelicnbc 95orfc^riften
toerben über bie jtitjrlic^c 9?erf|nung^ablagc gegeben: Si^ jum
©onntag „!3nt>ocat>it" mußten bie ?lmt^(eute genau jpcjifiäierte
{Rechnungen über bie (Sinna^men unb 3lu^gaben bes^ Stiftet fotoie
über bie au^ftel)enben 99eträge t?orlcgcn.
Doc^ SWat^ia^ liefe e^ fic^ nid^t genug fein, 3.?erorbnungen für
bie finanjietle 9?ern)altung ju treffen, er machte felbft auc^ ftrenge
über bereu 93cfolgung, toic eine 93emerfung, bie er gelegentlich
einer folcfien 9.?erorbnung machte, geigt : „?n ber Ict^ften JKccfinung",
») S. aWone in 3®0. VI 385.
») e. unten S. 112 3lnm. 5.
*) „Orbnung ber 9)e^nung, rote bfe ^infür 9e|(i^e^cn olle," ÄÄSB.
339 fol. 38 a -40 a; ÄÄ». 29« fol 30 a ff.
*) ®u£«. 6.
112
fo i)t\^t cö ^icr, ^ift fein %lant, Salbclj ober anbei* SBcin/) [ber]
an etüd^cn anbcn [i. c. an getoiffen Dcten] u§ beu Leitern gegeben
nad) alter &ttüoi)nf)tii, öerredEinet tüorben. 3ft unfer SWeljnung,
tuae folic^^ 333eing gebrandet, gegeben ober toie bamit ge^anbett, [i>a%]
ba^ alfo epgentlic^, e^ flj umb Kein ober groß, üerrec^nct toerbe." *)
Sieben biefen aögemeinen, für bie Seamtenfc^aft be^ ^od)'
ftifteö aU (yanjeg beftimmten SJerorbnnngen ergingen eine 9teit)e
üon (Srlaffen, loeld^e bie 2)ien[te^pfric^ten einzelner Se*
amten regelten') unb meift im 9{n|d^Inß an beren S^eftaUung
gegeben tpurben. ®ie alle fpred)en 'oon ber g^rforge unfere^
SBifc^of^ für eine georbnete $)anbf)abung ber ein^^elnen SSerloaltung^»
jtpeige; namentlich aber erftrecfte fid^ biefe Sorge auf bie bifc^öf»
Itrf;e Äanjlei.
S)ie rege Satigfeit Mamungs^ für bie f p e i e r i ) c^ e Ji a n j l e i
ift an erfter Stelle öon bem ©eftreben öeranla^t, ein ©ilb ju ge»
toinnen über bie Sage be^ ^od^ftiftc^, feiner 9^ett)oI)ner unb ©ütcr,
unb bie^ auf öJrunb öon 3lufjcid^nungen, bie in getoiffen 3^^^^
räumen ioicberfcftren unb e^ fo ermöglichen follten, über ben ^ovt'
rejp. 9Jücfgang ber materiellen Üage beö Stiftet fid) flar ju
loerben.*)
2)er erfte Schritt l)ierju erfolgte fofort beim SRegierung^antritt
bee neuen 3^i)rf)ofö. ?luf ben einjelnen 5Hirgen unb Sc^löffem
beö ipoc^ftifte^ tourbe, meift in ©egenioart 9tamung^ felbft, ge=
legentlid^ beffen |)ulbigung!3umritte^ ha^ 3 n li e n t a r, bie ?trmierung,
ba^ auf bm bifd^öflid;en Sdjlöffcrn befinblidt)e 35iet) aufgenommen;
be^gleidjcn tourben bie juget)örigen liegenben @üter aufgejeicftnet.*)
*) ^U5 9Iant unb Salbet) iDurbc ibl berettet; ba^er lotrb er ^ter
glet(^jam sum SBetn gerec^ttet.
») ÄÄÖ. 298 fol 81 h.
') So „35c|^cib bes Sängers" in Rft». 339 fol. 44 a; „gemeine
Otbnung für Si^Iog unb Stabt Uben^etm unb Sef^eib bes Sogts am
SBrul^retn". ÄÄS. 298 fol. 32 b; au« im 51Ä©. 339 fol 42b-43a;
„Otbnung bes 3oni«reibers" AR©. 298 fol. 33 a— b ; au^ im RR». 339
fol. 43 b; „»c[«cib bes RcUers ju ©ruc^Ial" 9<9<^. 298 fol. 60a.
*) Um „3u {c^cn, ob |i« ber Stift minbcrn ober mehren loerbf" — |o
ober a^nlt« toerben ^u loteber^oUen SRalen bie oom SBifc^of oeranlaftten
|tati|tt|(^en ^ufnabmcn bcgrflnbet. RR^. 296 fol. 184 a; ebb. 231 b; RR^-
302 fol. la.
*) RR^. 302 fol. 148 (rcjp. 136) a ff. „gousrat in bes Stifts St^löljem" ;
(o iDurbe JU Dcibcs^eim am 24. September (SRontag nac^ St. S^latt^äi) 1464
bas bortige 3noentor aufgejet^net, am felben ^age, ba SR. bort bie $ulbtgung
113
•I
Den crftcn JRegierung^monatcn JRamung^ gehört aud) ein Ubcrfd^Iag
über bie jä^rlid^cn ©inna^mcn unb ?tudgabcn be^ ipod^ftifte^
fonjie über beffen Sd^ulbenlaft an.*) ©erabc finanjicße ?luf5eirf)=
nungeu muftten ja öon größtem Sntcreffc fein; bereite oben ^aben
Jüir bie Sorge beö 95if^ofg für eine georbnete JRed^nung^fü^rung
feitenö bcr Seamtcnfc^aft fnrj ertoä^nt. @^ toax gctoi§ Don großer
9IBici^tigfeit für ha^ fpeicrifd^e ÄanjUitocfcn nid^t minber toie für
bie praftifci|c ^inan5t)ertt)attung, toenn ber ©ifd^of bie 9lnlcgung
neuer ®al= ober 3i"öbüci^er für bie einzelnen ^mter befahl;*) in
biefen neuen „ß^^^i-'^Sift^^"'' fottten alle ^i^f^^^f SRcnten, ©iltcn unb
©efüöe, bie man ju beanfprud^en ^atte, aufgcjcid^net toerben ; auc^
bie 2age ber f)0(f|ftiftifc^en ©eft^ungen an ?tcfem, SBicfen, ^öfcn
unb bgL, toie bie „J^^rd^genoffen unb Sluftöffer'' berfetben fottten
angegeben toerben. 2)iefe um bie Dfterjeit beö 3a^re^ 1466^) mu
gelegten „3"^^^*^9if^^^*'' ffl^' ^^^ ^^^ ^^'fl* ^^ ©rul^rein unterftel^enben
^tmtcr finbcn ftc^ in bem fog. ,.liber reddituum*)- oereinigt.
Ungefäljr ein ^ai)v nad) ber Itnlegung biefe^ öanbe^, am
21. SKai 1467,*) tourbe ein jmeiteä für bie ftanjleiücrtoaltung
anwerft toic^tige^ 9Ber! fertiggeftettt : einSc^ulbbud^, liber
d e b i t o r u m .^) in toelc^em bie ©d^ulben, bie „ .^auptgelber, "
empfing (Wone l 365); am la^t batauf tourbe auf ber Reftemburg, ido 3R.
bamals loetlte Cßlont i 365), bie Snoentarifierung (bei 9iemUng, Die Tlaxhuiq
hti $amba(^, äßann^. 1844, Ulf. IRr. 36) porgenommen. ^as ^offengerät
bes go(^ftiftcs — ausgenommen bie Armierung oon (Brumba^ unb IBru^fal
— beftanb in 195 33ü^jen, 80 ?lrmbruften, 14000 «Pfeilen, 13 Xonnen ^uloer;
au(^ ber gfru^t« unb SBeinbeftanb lourbe aufgenommen unb ergab 96Vt 8fuber
3ßein, 3682 SRalter 1 eimmem 5lorn unb 9ReH 1782 9RaIter 8pe^,
4011V, 9RaIter gäbet, 160 9RaUer 3 Gimmern ®erfte unb anbete gftflc^te.
RR^. 339 fol. 66 a-b. RR^, 296 fol. 184 a: S^etjei^nis oon „(5e\^a^ unb
gaustat." — Das Setset^nis bet ^o^ftiftil^en Sc^öfeteien iomie ber
btf^öfli^en ÜRü^Ien (26 an bet 3a^l) im RR^> 296 fol. 158 b; bie ^uf*
gö^Iung ber „gemeinen t(tf(^tDaf|er" ebb. fol. 146 b. — Das Silbetgerdt, bas
bem Stift unb bem Rapiiel gemäg ben te{tamentarif(^en ^Beifügungen bes
©i(<^ofs äufte^en foUte, ijt auf 172 9Kat!, 6 £ot minus 1 Quintlein (- V* ßot:
S^meOer-jJromann, »apr. fBörtetbut^ 1 1395) angegeben (ÄÄ33. 296 fol. 391 b).
') RRB. 339 fol. 67 a ff. ©. unten S. 135. «) RR^. 298 fol 30 b.
») Actum tempore paschali (6. 3lptü) 1466; RRB. 301 fol. 1 a.
*) RR^. 301; auf je smei ^etgamentfolien biefes Raubes folgen
fflnf !Biatier aus ^apiet.
*) Actum et scriptum die lovis infra octavam pentecostis 1467: ftĩ.
302 foL la.
•) RR^. 302 ; bas „tote" 9leglftet nennt es SR. nn<^ feinem ©n«
banb RÄSB. 296 fol. 232 a.
8
114
aufgcjeic^nct finb, bie unter bcii Sicgieruugcn bcr öicr Vorgänger
9lamuiig^ fotoic unter feiner eigenen aufgenommen Sorben toaren
fotoeit man fie nod^ nic^t getilgt t|atte. Sei ben unter Sßat^ia^
aufgenommenen ©ummen finbet fid^, gleic^fam ate SRcc^enfd^aft^»
angäbe, Dermerft, toofür man jene ©eiber öermanbt ^atte. 2)ic
bringenbe 5Wottoenbigfeit üon ^Reformen in ber gü^rung be^ 9tec^=
nung^toejcnö jeigt fc^on ber Umftanb, ba§ man iä^rlid^ eine
SRei^e oon ®ilten für Äa^pitalien erlegen mu§te, beren ^ntei^c
fid) in ber Äanjlei nid^t einmal regiftricrt fanb.^)
2tuf bie unter 3Watf)ia^ Vorgenommenen SBermi)genäauf=
n a f) m e n be§ ipod^ftifteS toirb gelegentlid^ ber ^Betrachtung bcr gtnanj«
tätigfeit SRamung^ be§ §Wä^eren einjugeljen fein ; ^ier möge nur auf
bie genaue ^Detaillierung aller einjelncn ©nna^mcn toie Sluögaben
be^ §oc6ftifte§ bei ber 1470t)orgenommenen9?ermögen^aufna^me^)
f)ingetoiefen fein. Sluc^ in biefen ?lufjeic^nungen folgte 9Wat^ia§ ben
gufeftapfen feinet tüd^tigen S8orfat)ren 9laban, unter bem auc^
bereite folc^e Stufjeic^nungen gemad^t toorben toaren, freilid^ in
einer feine§tt)eg§ fo üerüoUIommneten SBeife, rt)ie bie§ unter ©ifc^of
9D?att)ia^ gefc^a^.^) @§ toar nic^t minber bc^ SBifc^of^ eigene ^erfou
ate bie Xfttigfeit feiner Beamten, bie biefe 58ermögcnöaufnat)me
betoerfftetligte/)
^a§ Sntereffe be§ Öifd^of^ für ftatiftifd^e ßufammenftellungen
tritt befonberg !lar in bem auf fein ®el)ei§ entftanbenen fog.
Libersecretorum^) ju Sage, ber am 10. Sluguft 1470
oollenbet tourbe.®)
1) RRB. 302 fol. 124a ff.; es foIUc nunmehr, mit gelegentl^ ber
^nffi^rung btejer 3:at{a<^e bemectt toirb, t^Ietg borauf oerioanbt tDccben, ^b*
Id^riften bei ausgeftellten ©^ulbbriefe 5u erlangen, ^ies [(^int au(^ ge[<^en
^u fein, loie loir aus fpdteren 9lQ^dgen (fo fol. ^a, 12 b, 13 a, 20 b) eiferen.
*) ÄftS. 296 fol. 231a- 275 a: „ju oermerfcn .... [loas] ber
Stifft oermöge unb toos er jA^rlic^ ^aben möge unb ob er fi<( ^infflr beffer
ober ärger [b. i. f^limmer ©erbe]."
3) ARS. 296 fol. 282 a unb ftÄ95. 302 fol lb-24a
*) „X)ur(^ unfer felbs $erfon unb bie Unfern, [bie] uns ^e^mlic^ ftn
unb bcs Stiffts ©elegen^cit ©iffen." ÄÄ©. 226 fol. 231b.
^) RR'B. 296 ; basfelbe ift fajt ooUftänbig oon einer $anb, menn m^
mit mehreren 9la^trfigen (fo 5. $. fol. 184 a, oon einer anberen $anb u. a. fol.
336 a-b), 00^1 oon bem bif^öflid^en 6efretär :3o^annes gunfc^wirt gefc^rieben.
®) „Circa festum S. Laurentii 1470.^* Ä5195. 296, „provisio Mathias
de episcopatu Spirensi."
115
2)eu ?ut)ölt beö liber secretorum foßte an crflcr ©teile
ein 4?erjeic^niÄ aller ^erfonen bieten, tpelc^e in btn f)oc^ftiftifd^en
©c^Ibffeni anfäßig toaren, fotüic alter ^auäftönbe („^u^gefeffe'')
in ben einjelnen Drtfc^aften bed ©tift^territoriumö. *) ipaben biefe
Slufjeic^nungen über bie ^od^ftiftifc^e ÖeDötferung auc^ feine^ttJeg^
bie Scbeutung einer SJoIf^jä^Iung^) im mobernen ©inne, fo
finb fte bod) Don großem ^iftorifc^en Sntereffe ; unb bieg allein fd^on
noegen ber Intention, in bcr Sifct|of SWat^iag jene SBoIföaufna^me
{)erfteUen ließ. 3)ie iilteften \m^ bekannten beutfc^en SSoIföjäf)tungen
bee SKittelatterg, bie 9iürnberger SJolf^j(if)lung öom Safere 1449
ti)ie bie ©trafebnrger au§ ben 70er !3af)ren be^felben Sa^r^unbertö
toaren öeranla^t burd^ aufiere ©reigniffe: bie 9Jtirnberger 3äf|Iung
burc^ ben in 3luä[id&t fte^enben ÜÄarfgrafenIrieg, ber eö nijtig er*
fc^einen lie§, bie ftäbtijc^e iBeööIferungsjiffer jn ermitteln, um
baburd^ ben notmenbigen Äornöorrat berechnen ju f önnen ; ^) ä^nlid^
in ©traßburg, tpo bie (Sinffttle ber 9lrmagnacg ben 9lnfto§ ju
einer SBoI{§jäl)lung gaben.*) Xie Slufna^mc l)ingcgen, bie 93ifd^of
SKatljiaö über bie Sieüölferung besJ ipoc^ftiftee öeranftalten liefe, erfolgte
jnm guten Jeil aug ftatiftijc^em 3ntereffe. 9tac^ ber 9lbfic^t be^
iBifc^ofg füllten biefe ?lufnal)men auc^ fünftig mieberfet)ren, um
^ieburc^ feftjufteüen, ob ba?!^ ^oc^ftift „an beuten ficf) t)ermel)re
ober abnehme/
Sluf bie 9lrt biefer ^9Solteaufna£)me" im ^od^ftift Speier*)
unb auf bie Kategorien ba- Sen)of)ner, meiere fie berücfftc^tigte unb
toelc^e fie nid)t in if)re JRec^nung mit einbejog, fann ic^ an biefer
©teile nic^t be^ näl)eren eingeben. Semerft fei jeboc^ fc^on t)ier,
bafe biefe „9?oIfdaufnal)me" bie in ben f)odjftiftifc^en ^^efißungen
toof)nl)aften 93eamten unb 93ebienftetcn, fenier bie im ^oc^ftiftifd^en
Territorium anfäfeigen ©eiftlic^en unb 9lbligen, enblid^ bie mönn=
liefen unb toeibtid^en §äupter aller ^au^ftänbe im ^od^ftifte,
gleic^oiel ob fie ©igenleute maren ober nic^t, ob fie bem ^oc^=
') ÄÄ93. 296 fol. 1 a.
^) Dag 9R. „alle Setoo^ner bes £anbes namentlich" f)aU anfffl^ren
laffen, iDte 9temling II 154 fagt, ift unrichtig.
') 3- 3afttotD, I>ie !8oIfs3a^I beutf^er etdbte ju (Enbe bes SRittth
alters unb 5U Beginn ber SReujeit ($t|t. Unterfuc^ungen geft 1;, Berlin 1886 6. 7.
•) Cbenba S. 14.
^) Singe^enberes Aber biefe „Bolfsatifna^me'' Don 1470 inie Aber anbere
Angaben Aber bie Beoölferung bes ^od^ftiftes (im RSm. 339 fol 92 b) ge-
bente i^ bemnfi^ft in ber 3®^- 3" ueröffentlic^n.
8*
116
ftift felbft ober anbcrcu ipcrrfd^aftcn gehörten, namentlich axi^'-
fil^rt.') yi\ä)t aufgefüfirt toerben bagegcn bic .ftinber unb ba^
®eftnbe ber einjelncn $)auöftänbe. eingegeben tpiib and) bie 3^^^
ber „U^leutc'' b. i. jener l^od^ftiftlid^en ©genleute, bie au§ert)alb
be^ fpeirifc^en Territorium^ ön[ä§ig toaren.*)
SBenn toir fomit axiä) leine^toeg^ t)on einer SBolföjä^lung
im öolten Sinne fpred^en fönnen, fo ^aben bie eingaben, tt)eld^e
bieöonSifd^of 3Katt)ia^angeorbnete ^^eöölferung^aufna^me'' bieten,
gleid^1x)of)l einen fe^r f)ot)en 2Bert, nidf)t altein tpegen ber aufter*
getoöt)nlicften !?ntenfion, in ber fie erfolgten, fonbern fd^on beS^alb,
toeil berartige auf ein ganjee ^Territorium fic^ erftrecfenbe ?lufs
nafimen aud^ bann als Dereiujelt erjd^einen btirften, tpenn fie nic^t
alle Kategorien ber ©eDiJtterung umfaffen.
Diefer SKatrifel aller t)od^ftiftlid6en Drtfc^aften unb it)rcr
SBetPO^ner ent)pricf)t bic öon ®ifd)of TOat^ia^ angeorbnetc 9lufnat)me
1) (Es bilbet Ql|o btefe 9Ratrite( ni(^t nur ein ,,9!)er)ei(^nis fämtltc^er (Efgen*
leute" bes ßoc^fttftefi, loie es im Snoentar bes 5laclsru^er ^id^bs I 110 ^ei^t.
(Es braucht ido^I ni(^t eigens ^eroorge^oben gu »erben, bog alte ^iei gebotenen
3&^Iungen bie 9{ei(^sftabt Gpeier nid^t in fic^ begreifen.
') Die (Enbfummen, bie fflr bas ^o(^|tiftif(^e ^Territorium geboten loerben,
lauten: 4640 gaus|tönbe, barunter: 137 ^riefter, 19 (£ble, 2957 m&nnli^e
(Eigenleute bes go^ftiftes, 2802 mdbli^t (Eigenleute bes goc^ftiftes (einfiel, ber
,,^ubenleute/ 180 an 3a^I)> ^1^ mönnlid^e pfdljifc^e (Eigenleute, 568 »eibltd^e
V^ä\^]ä^t (Eigenleute (RR^. 296 fol. 146 b); ba^u fam bas bem Stift oer»
pfänbete £anbau, bas (laut RR^. 296 fol. 151b) 505 5aus|tänbe (bie
ein^Inen nic^t namentlich aufgeführt) sohlte; na4 einer an anberer Stelle
iRRB. 339 fol. 93 b) gemachten 9Rtttei(ung betrug bie $BetDo^ner|(^aft fianbaus:
550 feft^afte SBürger, ebenfooiele Srrauen, 6 „fiaien-^riejter", 21 8Mön<^e
1400 D{en{tlne(^te unb „anbre ^erfonen, bie su ben Saframenten ge^en";
biefe Eingaben betreffs £anbau berufen (bie Angabe Aber ben 5llerus aus«
genommen) jebenfaUs auf Gc^ö^ung, ni^t auf 3fi^^ng. — 9Bas M ben
obigen 3<^^I^no'^0<iben auffSIU, ift ber groge fiberf^ug ber männlichen Se«
oölferung gegenüber ber meiblic^en. üBer^äU fi(^ boc^ bie 3afj\ ber loeibli^en
^0(^ftiftli(^en (Eigenieute 3U ber ber mönnlic^en ungefähr vie 100 : 105, bie
ber n)eibli(^en furpfäl3i|(^en (Eigenleute ^u ber ber männlichen fogar roie
100 : 109; bies Set^öltnis bilbet ein intereffantes (Begenftfld^u bem metbfi^en
fiberf^uf), ben man laut ber 9lflmberger 3&^Iung oon 14i9 bort feftgefteüt
^at (f. 3<iftron) a. a. O. 6. 9); menn 3aftron> bie S^ermutung ausfpric^t, bag
bas fibergemic^t bes toeiblii^en ®ef(^Ie^tes in ber Stobt auf einem ftärteren 9n«
brang besjelben auf ben ftAbtifc^en ^rbeitsmarft beruhe, fo f^eint bas (Ergebnis
unferer „SoIIsaufna^me'' unb ber fiberfc^ub bes männlichen (ßef^Ie^tes auf
bem fianbe, ben fie aufmeift, einen !BeIeg für S^F^i^ovs Vermutung )u bieten.
117
bcr )pcirifd)cn Stifter, iUöftcr, "ißfarrcicn unb anbetet
^ftünbcn unb ©enefijien.*)
?luc^ eine SSiefijä^Iung liefe SJamung ju iöeflinn feinet
SRcgietung öetanftalten. 3Benn man auc^ in anbeten lettitotien
butc^ äufeete ®tünbe ftüt>et ju 3Jie^= aU ju ^oIt^jäf)Iungen fid^
Detanlafet faf), fo bütften au^ biejet ^t\i 35ie^ääl)lungen hod) nut
fpfttUd^ befannt fein/^j Die S8ief)jäf)lung, bic 9Kat^iaö üotne^men
liefe, foUte einem ^jtaftifc^en ^totdt, bet Gtf)ebung einer „Sc^a^ung
auf bie Alanen ", alfo einet ttlauenfteuet bienen.')
"äu^ matetietlem, nic^t etma au^ f)iftorifc^em 5ntercffe liefe
SRat^iad aud^ Slufäeic^nungen f)erftellen über bie ^erfunft, ben
©ttnetb ber einjetnen Stäbte, Sc^lö jfer unb §errf c^af ten
be^5 ^oc^ftifted;*) biefe furjen eingaben über bie ftJefc^ic^tc
») RR'B. 296 fol. 159 a— 183 b. $rg. oon ©lasfc^röbcr, Vk
Spclerer »fstumsmatrlW ufro. in ben «RSaJ^f. XXVIII 75 ff
') X)er IBeghtn pon !8fe^5d^lungen toiib fon|t meift er{t in bas 17. 3^^^'
^unbert gefegt (ganbioörterbui^ ber @taatsiDinen|(^aften Vll 488); bie eifte
für bas gersogtum SBat^ern befannte amtliche Ste^jöl^Iung [(^eint bie oom
3a^re 1532 su |ein ; [. 5liesler VI 229. — «Is bas 9lejuttat unjerec 5Bie^.
Sft^Iung iDiib (RRIB. 296 foL 151 b) angegeben : 4(>00 etüd ^derpferbe, 9000
@t11d 9iinboie^, 1900 (!) Stfld Sc^ioeine, 1900 (!) Gtfld 8^afe unb gammeln;
^iebei ift bas Sie^ bec Gtabt fianbau, ferner bas bes oerpffinbeten ($rumba(^,
enblic^ ber bem 6o<^|tifte felbft gehörige 93ie^beftanb (biefer betrug unter !33t|4of
Sdt 530 e^meine, 96 Gtfld 9Unbote^, 272 Gtfld ^eftflgel, 57 $f:rbe, 1572
S<^afe, fiAmmer unb gammeln; RSi35 339 fol. 66b) nii^t mitgerechnet; bas
Siefuttat biefer 93ie^3fi^Iung i|t jebenfalls aus ben ^n^ahen getoonnen, meiere
im RSi^, 339 fol. 92 b ff. in genauen, nic^t in runben Summen geboten
oerben; auc^ ^ier finbet ]i^ bas Sßkf) ber 6tabt £anbau ni(^t oerseic^net.
9Bie oor|i<(tig jeboc^ bie (Ergebniffe ber ^bbitionen naf^juprflfen |inb, ^cigt
einmal, bab als Summe ber 4600 ^ferbe, 9000 Siüd !Rinboie^, 1900 S^roeine,
1900 6(^afe: 41500 Gtfid Sie^ angegeben wirb, seigt ferner, bab nat^ ben
Angaben im i^RS. 339 fol. 92 b ff. im ^mt Rislau allein bie 3a^I ber
S^toeine auf 2365, bie ber S^afe auf 4708 fic^ belief; na^ ben Gummen,
bie fflr bie einzelnen 4mter ^ier geboten merben, mfl^te {ic& bie ®e{amtfumme
ber Schafe auf me^r als 17000 besiffern; es nirb olfo |tatt 1900 „19000"
5U lefen fein. — ^uffallenb ift bei bem (Ergebnis ber 3ä^Iung ber grobe
^ferbebeftanb (me^r als bie gftifte bes ^inboiebes, mö^renb eine 93ie^^Iung
in Ober- unb 9lteberbai)em 1892 an $ferben nic^t gang ben fe(^ften Xeil bes
Stinboie^beftanbes aufwies) ; biefelbe (Erfc^einung finbet fi^ aber au^ in anberen
Gegenben: 6o gd^tte man 1594 fflr bas Sflrftentum SBapern 318000 $ferbe,
970000 9linber, 2136000 S^afe, 339000 Si^ioeine (Weglet VI 229).
') ÄÄ93. 296 fol. 151 b.
*; ÄÄ©. 296 fol. 280 a ff.
118
cinjcincr ^od^ftiftUc^cr ®c6ictc bcjtocdCtcn c6cu, bereit red^t^
mäBigen SBefitJ ju cHoeifen; bem gleid^cn ^\otd fofftc and) bie
Slufjeid^uung über ben Urf))rung bcr Siedete bienen, ipeld^e ber
©peterer Sifc^of über eine Steige üon Slbteien ausübte.*)
J)er 3n^alt be^ Über secretorum, in bem fid^ biefe ?luf=
jeid^nungen finben, trägt fomit einen allgemeinen G^arafter; er
berüdffid^tigt bie ganje toeltlic^e SSertoaltung be^ ipod^ftifteö, nid^t
fpejielle Jeile berfelben. 9ln i^n mag ftd^ bie ©riuä^nung ber
„specificatio vasal loru m"*) anfc^lie^en, ba aud^ biefer
SBanb feineetpeg^ auf einen fpejietten 3^^^g ^^^ SSerioaltung, ha^
Se^enöipefen, fic^ befc^ranft, fonbern neben ber 3lufjät)lung ber
^od^ftiftlic^en Se^enemannen, beren 2Ba^)pen in fd^önen SKiniaturen
gemalt finb,^) aud^ Urfunbenabfd^riften über bie öerfd^iebenften
anberen SJiatcrien bringt.*) Seine Slnlage erfolgte im Sal^r 1465.*)
Sin anbcree, ber 3?egierung SRamung^ ange^brenbe^ Öel)en^=
bud^ ift ber über feudorum;*) aud^ in i^m tpirb junac^ft
eine 2tufjät)lung ber fpeirifc^en ße^en^träger gegeben; ben eigent^'
lid^en ?[nf)alt bes^ 95anbe§ bilben bie ÄoJpien ber SJele^nungdur^
funben, im großen ©anjen d^ronologifc^ georbnct, toenn aud^ mit
tjereinjelten ^iad^triigen.'^)
Die 3lnlage ber ße^ensbüd^er foüte t>er^inbern, ba§ üon
©eite eine^ neuen Sifc^ofe überfe^en tpurbe, bie ^ulbigung ber
Sel^en^tröger ju empfangen, tt)ie bie§ toot)! äulüeilen öorfam;**) fie
M RRS&. 2% fol. 304 a ff., bas |ofl. „Rlofterbü^letn" (ÄÄ». 283
fol. 59 a ff.), befielt Anlage mo^I au(^ in bie 3ett 9{amung$ ffidt, bietet
ebenfalte eine ttbetfic^t Aber bie einzelnen bt{(^öfli(^en ^tet^te in geiotlfen
Rlöftem. — fiber bie fonftigen ^iftorift^en ^ufaei^nungen, bie 3R. ^ecfteRen fieft,
ogl. unten S. 153.
') R519. 300, Dgl. SBee«^ gf- o-r ^^«^ ^<^^ fie^ensbuc^ bes 93{f^ofs
oon Speier 9K. <Ramung 1465—1467 im gerolb XXII 334 ff.
8) S. unten S. 121.
*) Inhaltsangabe bei gf. d. Wttd^ im gerolb XXII 334.
^) 3npentat b. grog^. (Beneralȣanbesar(^ii>s l 110.
«; ÄÄ». 369.
') So fol. 73b-74a, 86a, 91 a— b, 108a-110b, 114b-115n,
115b— 117a, 137 a— 138b, 154b~155a, 172b— 177 a, 181a— 182b, 198a—
200a, 204a— b, 211a-213a, 215a— 216a.
^) So batte 3Bipre(^t oon 5elm(tdbt, ber oor bem 93tstumsantntt
9{amungs *Ksba(^ ju £eben getragen b^tte, baefelbe oon !93tf(^of SR. ni^t
neu empfangen, loie aucb nt(^t (nacb feinem Xobe) feine „SUlannle^enserben'' ;
bes^alb ertlörte 3R. bas Be^en als oerfaüen unb begabte bamit bie natfirli^en
119
follte ferner ben äRtgftmtb ^intan^alten, ha% bie üti)tn oi)nt
SBiffcn unb SBiffen be^ ßc^cnd^erm „ücränbert^ b. 1^. auf anbcre
^erfonen übertragen tourben.*)
938ie bie neuangelegten fie^enöbüd^er jur Orientierung über
ba^ SJer^ältni^ be^ Slfd^ofd ju feinen fie^en^Ieuten bienen fottten, fo
Ke§ ber Sifd^of ein anbere^ fSixä), ein ^Slöifament gegenüber ber
©tatt @))cier"*) ^totd^ ©eltenbmad^ung feiner Mec^te gegenüber
©peier anlegen, ^en 3n^alt beäfelben bilben ?lbfc^riften tjon
SJerträgen unb ©riefen, bie fid; auf bag Ser^ältnig jtoifd^en bem
Sifd^of unb ber ©tabt bejie^en. ®ie Einlage biefe^ Sauber er*
folgte nic§t öor Sluguft 1470, ha in bem Sortoort jum Über secre-
torum biefe^ „?lt)ifament'' erft in äu^fid^t genommen toirb.
3)en 3nl|alt eineg toeiteren SBud^e^, beS fog. über con-
tractuum'), bilbet eine Sammlung t»on üerfc^iebenartigen SJer*
trägen, bie ber SBifd^of großenteils mit ^iüatperfonen betr. ®elb*
aufnahmen gefd^loffen ^atte.
5)ie 9)eftaffungSurhinben unb SReöerfe ber unter Sifd^of 3Katl)iaS
angeftetttcn ?lmtSleute tourben in bem fog. „über officiorum
Mathiae"*) fo))iert; berfelbe ift fd^on allein beS^alb toon Sntcreffe,
toeil er ba^ ältefte unS erl^altene ^od^ftiftlid^ {peirifd^e SSeamtenbud^
bilben bürfte, abgefetjen baöon, baß er eine fe^r reid^e Duelle
für unfre ftenntniS beS fpeirifd^en SeamtenapparateS ift.
ti
Über anbere Sanbe, bie jur JRegierungSjeit 9?amungS auf:=
gejeid^net tourben, toirb an ben einfc^ldgigen ©teilen ju fpred^en
fein ; *) f|ier fei junäc^ft nod^ ber Söanb ertoii^nt. ben SRat^iaö jur ge*
@ö^ne bes Rurffirften grriebi^ (9{etnling, Ur!.-Su(^ 3. (gef^. b. 93{f(^öfe 0.
6peier II 9lr. 191 unb 192). Spöttx gab 3Jl na^ bem llob bes einen
Sohnes (gfriebd^) beffen Sruber ßubmig 9(sboc^ su eigen (9iem(ing, US. II
9lro. 200); bei biefem ma^te ber SBif^of eine ^nlti^e oon 4000 Bulben,
ÄÄ©. 302 fol. 20 b.
Damit iDtrb bie Einlage bes £e^nsbu(^es bes Rucfflrften Sfrtebri<j^ I.
(f. G. 121) begrOnbet. 9Bee(^ Sf. 0., fiber bie Qt^shü^t bes . . . 5htrffltften
Sriebrif^ I. Seftfc^rift bes grog^. ®en.«fianbesar^io6 . . . p Ratbru^ 1886.
») SpÄ«. So*|tift ©peiec gfasj. 854 (ft«.). ') ÄÄ«. 297.
*) RR'B. 298; ber ^bf^rift ber S^eftaUungsurfunben in biefem
iBanbe ge^t seHIi<^ febenfalU bie Anlage bes R51S. 339 ooraus, in bem
fi^ ebenfalls bie mdften SeftaUungsurfunben, foveit [ie oor 1466 gegeben
nmtben, ootfinben. Damals legte man eben ein neues Offijialbu^ (RRS.
298) an, fo baft bie wettere gfü^rung bes RR©. 339 fflr SeftaUungs«
urfunben oegfiel.
*) @. bef. S. 126 «nm. 8.
120
orbnctcn güf)iung bc^ SBifariatäamtc^ fjcrftcßcn liefe, ber fpatcr fog.
„Über diversorum spiritualium'.') @r enthält in^bcfonbcrc
eine Sammlung ber ©^nobalprojcffe,*) ^auptfäc^lic^ jener, bic
toä^renb ber Regierung SRamungö ergingen, toie ü6er^am)t ber öon
SRatfiia^ unb beffen ©eneralüüar ergangenen äRanbate, Slbfc^riften
t)on SReforminftrumenten für Älöfter') fotpie fonftige äufjeid^nungcn
über bie geiftlic^e SBertoaltimg, über ©ibe^formeln geiftUc^cr
3Bürbenträger,*) Slbtötoa^Ien unb Öeftätigungen,*) SBorfc^riften für
ba^ geiftlic^e ®eric^t,'*) furj über 3)?aterien, bie ba^ ämt be^
®eneralt)ifar§ berührten. '^)
2)ie iDertüoUften ber unter Slamung^ Stegierung angelegten
SBänbe, jo feine Specificatio vasallorum, ber liber secretorum,
liber reddituum uub liber debitorum toeifen auc^ äufeerlic^
biefelben äRerfmale auf: fte bilben meift einen mit rotem ßeber*^)
bejogenen ^oljbanb, tragen auf ber Sorber* Wit 3?ü(f|eite ^öe-
fc^läge an^ SKeffing mit Ornamenten unb Siuc^ftaben t)erjicrt,')
unb jloar je ein 9Kittel= unb 4 (gdCftürfe;'®) bie Schließen tragen
oft ba^ 3Ba^}pen SRamung^.*') T^ie Sorgfalt, mit ber biefe Sänbe
^) RRIB. 414, Don @. 23 an; ber (Etnbanb ftammt ecft aus ifingjter
3ett. X)lt 3bentität btefes 93anbes mit bem „1S)itatiatsbu(^", bas {n ber
„Provisio Mathiae" in ^us{t(^t genommen toirb, ge^t aus feinem 3n^aU
I^eroor; fflr biefelbe {priest au(^, ba^ nac^ einer Seftimmung ber 3nftruItion
fflr ben bi[((öf(i(^en Stfar eben biefe Snftruftion in bas „neue f^ifariatsbuc^''
eingetragen loerben foUte unb bab loir fie aud^ virtlic^ im RR^. 414 S. 249 ff.
niebergelegt finben. — (Ein anberes ber geiftUc^en ^Denoaltung bienenbes
5lan3leibu(^ ift RRSß. 416.
' 2) S. 23—140; ein großer Üeil biefer Si^nobalpro^effe anä^ in ARS.
296 fol. 340a ff., ^m Üeil ^rg. in ber Collectio processuum synodalium
dioecescos Spirensis. 1786. S. 69 ff.
') 6. 153 ff. *; S. 206 ff. *) S. 218 ff. «) S. 249 ff.
') 9u(^ btefes Sifariatsbud^ ift größtenteils oon einer ganb gefc^rieben,
bie $ro5effe meift oom bif<^öflic^en ^rotonotar ^eoboric^ Slpbeifen eigen^finbig
untei^id^net ; bie Seit ber Anlage föllt oor 1475, bo(^ nac^ ber 1470 erfolgten
Einlage bes Jib. secret.; f. IHnm. 1 oben.
^) RRtB. 301 ift in braun gebunben; au^ bas mit Sl^iniaturen ge<
fd^mildte R9i^. 277, bas fogenannte „(£ibbfl(^lein'', meift bte oben angc
gebenen SJIertmale auf; bo(^ fc^eint mir nad^ einge^enber Unterfu^ung bes
Sanbes unb ber einjelnen danbfc^riften barin fein 3n^aH ni^t unter 9{amung
gef^rieben 5U fein.
') Die Sef^Iäge am RRS. 302 finb etioas einfacher gehalten.
'<") ®. bie Sbbilbung bei 29ee(^ im gerolb XXII 335; Aber bie ö^n«
lt(^n 93efd^Iäge bes £e^ensbu(^es Srnebric^s I. f. SBee^, Sfeftf^rift a. a. D. 6. 3.
»') So bei RR». 300, 301 unb 302.
121
^crgeftcüt Xüurbcn, jcigt fic^ jc^oii in bcu jum Xcil farbigen (lotcu) ?ln»
f ang^buc^ftabeit ; ganj be}onber§ aber ift bic ?Iu!^fü^ning ber
„Specificatio vasallorum • ebenfo tüie eineS nic^t minber nennend«
loerlcn SBcrfed, beö fiefjen^buc^e^ griebric^ö I. t)on ber
•ißfal}/) ba^ Siamung in feiner (Sigcnfc^aft afö ^fäljifc^er Äanjter
1471 anlegen lieft, bemerfen^n^ert, einmal toegen ber „fe^r gut ftili=
ficrtcn unb mit üollem Sßerftänbniö für bie ^eralbifd^en formen''*) ge»
jeic^ncten SBappen ber ^injelnen (peirifc^en bejiet)ung^tDeif e pfäljifc^en
fie^eu^trägcr,') ferner loegen ber 9Kiniatur=9Kalerei be^ Sßotiö»
unb be^ Xitel»i8ilbe^.*j ^^ei bciben 3Berfen bilbet bie SWabonna
mit bem (£^riftu^finb \>a^ X^ema bei^ ißotiübilbe^. ^xi i^ren ^^üften
fniet im pfäljifc^en Öefjenebuc^ ber Äurfürft in öoüer SBaffen»
rüftung, in ber Speciticatio vasallorum 3)?at^ia^*) in reichem bifcftöf»
liefen Ornat ; bem (enteren iöilb gegenüber finbet fic^ ha^ 9Bap:pen
bc^ Si^tume Speier mit bem Jamilientoappen SJamung^, barüber
bic Sijmbole ber geiftüc^cn unb toeltlic^en &ttoaii be^ 3iifc^ofd,
SDIitra unb ^Banner. Daö Jitelbilb bc^ pfhljifc^en üe^en^bud^e^
bilbet bie Darftellung be^ Siorgang^ ber iSelef)nung: linte (öom
Sefc^auer) öor bem auf einem It^rone fi^enben Äurfürften fte^en
junäc^ft ber Äanjler, toie er eben bem fie^enömann ben Xreueib
Dorfpric^t, ber furfürftlic^e ^^rotonotar unb ber furfürftlic^e Sefretär.
Äufter bem ßefjen^mann finbet fic^ noc§ eine G. ^^ßerfon vox, tt>oi)l ber
hn-fürftlid)e ipofmeifter. Die fc^lafenben ipunbe lüie ber auf bem
Silbe angebrachte gafan fiaben lPol)l feine fl)mbolif(f)e ©ebeutung,
fonbcrn bürften aus ber greube be^5 ilünftler^ am malerifc^en
3)etail ju erflhren fein.*)
ipatte 3Watf|iac> bei feinem iöietum^antritt bebeutenbe 3Kift*
ft alt b e i n b e r b i f d) ö f l i c^ e n Ä a n j l e i gefunben, inbcm bafelbft,
nad) beo iöifc^of^ eigener Jllage/) grofte „Webrec^en unb Säumniffe
Äft». 1057, pfli. SQBee^, Se|l|c^tift.
') aBeec^ im öerolb XXII 338.
3) einige ^Proben aus RR». 1057 bei 9Bee(^, ;>«ft|(^rift ; bie
9Ba)>peit bei 9leuen(tein, SBappen aus b. £ebensbu(^ ^riebric^s I. Rarlscu^e 1896.
*) tDas Sotio> unb Xitelbilb foioie bie einjelnen SBoppen bes 51R!B.
300 ^rg. 0. 9leuen|tein in ber 2Bappen(unbe IV 84 ff.
^) e. bie Sefc^reibung ber beiben Silber bei 9Bee(^ i. j^rolb XXll
335—338 unb bei SBeec^, 3eftf(^rift 6. 5 f.; na^ ber Beitreibung SBeec^s ju
jf^Iiegen, f(^tnt bas S^otiobilb in ber „Speciticatio^' oom rein malcri|<^«
!oIoriftif^m C^eftc^tspunft betrachtet ni^t unbebeutenb ju |ein.
«) (Eine «bbilbung bei 3Bee(^, 5e|t|c^rift. ') 51Ä33. 301 fol. 1 a.
122
an SRcgiftcrn" l)cri)c^tcn, fo liefe cÄ SRamung, toic toir gcfe^cn, an
reger Satigfcit für fein ftanjieitüefen getuife nid^t fehlen; er tjcr*
ftanb ed benn anä) tatfäd^lid^, ba^felbe in georbnctc 95a^ncn ju
lenfen. ^ßarattel ju ber immer met)r burd^grcifenben ?trbett^tcilung,
bie fid^ im fpeirifc^en Seamtentoefen in jener Qt\\ geltenb mad)t,
jeigt fid^ and^ im ttanjieitüefen be^ ^oc^ftifte^ unter SHamung^
^Regierung bae Streben, neben ftanjteibüd^ern allgemeinen, jufammen*
faffenben 3n()alt§ aud^ g^toiffe Scinbe für bie einjelnen 3^^^^9^
unb Sparten ber Sertüaltung anlegen ju laffen. ?[ber freilid^!
3!Bie ba^ ^rinjip ber ?(rbeit^teilung in ber SBeamtenorganifatton
nod^ feineötüeg^ burd^gebitbet n^ar, fo aud^ f)ier. ®ar balb tourben
bie neuangelegten ®tinbe be)cl)h>ert burd^ Eintragungen, bie nid^t
jum beabfidEjtigten ^ntjalt beö betreffenben ©uc^e^ gehörten. 5)ie^
ift aud^ leicht ertlärlid), einmal burdE) Kaumüberftufe, ben ber
eigentlid)e 3nf)alt ber neu angelegten ^Mnh^ bot, fobann burd^ ben
Umftanb, ba% ba^ Äanjleiperfonal in unangebrachtem ©fer auc^
3)inge eintrug, bie nid^t 5U bem eigentlid^en 3n^alt gehörten, bie
aber, nac^ bem fubjeftiljen Urteil be§ ©d^reiberd, bod^ in irgenb
n^eld^em 3iM^i^n^c«^öng mit bem fonftigen ^n^alt ftanben ober
bie toicfjtig genug erjcftienen, aud^ an unangebrad)ten Stellen
niebergelcgt 5U toerben. 3}?an fann e^ ja erfldrlid^ finben — um
nur ein ober ba^ anbere ©eifpiel anjufü^ren, — loenn im liber
debitorum. im Sd^ulbburf), and) eine 3^l^"i"^^"ft^ttw"9 ^^^' f^^'
löfungen" fid) finbet, loeldje ÜÄatftias; vorgenommen,*) tneil ja biefe in
einem allerbing^ lofen ^uff^w^Jicnöang mit ben Sc^ulböer^tittniffen
felbft fte^en; bagegen mufe e^ une t)erfet)lt erfd^einen, toenn in
einem Äaujleibuc^ toie bem liber secretorum. ber bod^ ber toelt^
lid^cn SJcrtoaltuag be^ ßod^ftiftee bienen fotlte, fid^ aud^ eine
Sammlung öon Sl)nobalpro5effen finbet,^) ober toenn im Sc^ulb=
buc^ SHamunge ?lufjeic^nungen über Dinge fte^en, bie bod^ mit
bm St^ulben bce ^oc^ftifte foüiel toie nid^t§ ju tnn ftatten, toie
bie tcftamentarijdjen i?crfügungen Stamung«,') bie ßef)ren be^
einftigen iBi)d)ofv5 9taban von Jpelmftiibt für feinen 9Jad^folger *)
ober aud^ bie 5lufnal)me bee in ben bijc^öflid^en Sd^löffern be=
finbti(^en ^auerate^.*) ß" ^^^^en mcift burd^ ben Übereifer be^
') ÄÄ«. 302 fol. 101 ff. ') RA«. 296 fol. 340 a ff.
») 5lft93. 302 fol. 136 (beju). 124) a ff.
*) ÄÄ©. 302 fol. 173a-l79b, ^rg. 3®0. XI 193 ff.
*) ftÄ«. 302 fol. 148 (bes©. 136) a ff.
123
J^anjlcipcrfonate cntftanbcnen ÜRmigcIn gefeilten fic^ bei ber ?ln*
läge ber Äopialbüd^ev and) getiler, bie biirc^ 9la(^la)figfeit beä
©d^reibcr^ entftanben.*)
6^ IlcBte atfo ber fpeiri)c^cu ftanjleiuernjaltuug felbft unter
einem fo tüd^tigen Sijd^of toie 3Katt)ia§ liRamung manche UnüoH*
lommenfieit an; bem 99ifd)of )elbft ab^v Ii3nnen toir biefe ganj
getoi§ nic^t in bie Sd^utje fc^ieben. ©r mag üielmef)r mit DoKcm
SRcc^t, toie auf üielen anberen (Gebieten, )o iuöbefonbere im bifd^öf»
lid^en ÄanjleitDcfcn afe ^Reformer bejeic^net iüerben.
93efonbere 5M<>i^9^ toibmete 3Kat^ia^ aud^ feiner eigenen ^of*
Haltung, toie bie«» burc^ eine 9teil)e öon ©rtaffen ^iefür funb
toirb.*) 6^ ift eine gerabeju liebeöoüe Sorgfalt, mit ber er ^ier
auc^ auf bie unbebeutenbften Äleinigfeiten eingef)t, mit ber er fid^
feinet üRarftatte^ annimmt unb SBeifungen gibt, toie bie '^^ferbc
jujureiten unb ju befc^Iagen feien,*) mit ber er 58orfd^riften für
bie bifd^öflic^e 3agb erläßt unb beftimmt, toieüiel „3JögeIf)unbc''
unb h>iet)iel ^e^f)unbe man galten unb toie man bie ^^reibjagb
^anb^aben foüc *) unb bgl. ÜRan mag fid; Dieüeic^t eine«^ ßäc^eln^
nic^t crtoel^ren fönnen, toenn man bie feine^toeg^ furjcn Sßor»
fc^riften für bie ^offüd^e lieft, toenn man ^ort, toie ber ®ifd^of
Öier mit crnftcr 3Wiene befieljlt, ba\i bie Äöc^e fic^ jeberjeit mit
i^m felbft, mit bem ipofmeifter unb anbern Beamten be^ ^of«
ftaate^ über ben ©peifejcttel untcrreben unb nid^t glauben fottten,
felbft alle^ ju toiffen unb ju öerfte()en,*) toie er genau bie ^ai)l
unb ®attung ber Speifen beftimmt, bie öormittag^ unb abenbä
auf bie bifc^bflic^e Xafel unb auf ben Jifd^ feine^3 ©efinbeö ju
fe^en feien, toie er ,,talten ©raten" aU fein üiebling^gerid^t be*
jcid^net unb äbtoed^^timg in ben Speifen üerlongt*) SÄan mag
>) Ä5135. 299 fol. 107 a— 108 a fmbet ]id) ein SJettrag mit bem
Datum oom Samstag, bem ^L Rreujtag exaltationis 1401 ftatt 1471, mie e$
Reiften mfl^te, mit bles fc^on allein aus bem ^leoers }u biefem 33eTtrag (ebenba
fol. 109 a) ^erooTge^t. ^[s Datum ber Sele^nung ^oHmars 3. tBart burc^
SR. Qritb 1479, 00 bo(^ SR. |(^on längft tot mar, ftatt 1476 angegeben.
RSm. 369 fol. 217 a.
') „Drbnung, tote es mit ben Rö(^en 5U {eber 3^{t in unferer Au^en foUe
ge^en oerben'' in RRIB. 296 fol. 206b ff.; ,,iDie bie Sluc^enfpeife fein
foO" ebenba 208 a-b; ,,Orbnung bes SRarftalls" RR». 298 foL 37 a; Sfutter*
orbnung ebenba fol. 125 a. >) 5151^8. 298 fol 37 a.
*) iUl». 298 fol 136b-137b.
^) Denn ein guter Rod^, fo meint SR., tonne flber^aupt nie auslernen.
•) ÄÄ». 296 fol. 206 b ff.
124
bie Sorge um bcrici IDingc afe flcinlic^ anfctjcn, abci* ciue§ to'xxh
man i>od) and) an^ i^neii E)ei'au^(efcn muffen : bcn ®rnft, mit bem ber
Sifc^of überall Drbnung al^ eine ©ruubbebingung jur 3Bo]^Ifat)rt
beg Stiftet ju fc^affen fuc^te, Drbnung, bie fic^ nad) feiner Über*
jeugung and) auf bie fteinften unb unbebeutenbfteu 2)inge erftrecfen
mufete ; fo fc^ienen alf o and) biefe 2)inge ber gürforge be» 93ifc^of§
n\d)i äu gering ju fein.
9Katf)ia^5 tpoüte eben in besi äSorte^ öoüem Sinn ber „ßanbc^=
^err'' fein, beffenSSiUe ber maßgebenbe gaftor in ber ^Regierung feine»
2!erritoriumg fein fofite, ber fid) um bag Äleinfte unb Unbebeutenbftc
nic^t minber annahm aB um große, toic^tige S^^S^"-
^reitic^, be^^ Siateö unb ber SKitregierung feiten^ feiner
95 e a m t e n f cf) a f t bebiente fic^ 3Jiat^ia§ tro^ biefeg ftarf autofratifc^en
3uge§ feiner ^Regierung bennoc^ in au^gebeljntem 3Ka§ ; unb äwar
nid^t allein feiner §ofbeamten, fonbern auc§ ber 2o!albeamtenfc^aft.
3n ber ^erorbnung öon 1470 Jourbc i^r nalje gelegt, auc^ über
bie SBerorbnungen be§ Jöifc^ofe^ Ijinau^ auf ben 9hi^en be§ Stiftet
unb beffen ©emeinben bebac^t ju fein unb Schaben öorjubcugen;
bie Slmt^teute Ratten bem 93ifc^of jätjrlid) Seric^t ju erftatten, mie
feine SJorfc^rift praftifc^ fic^ 6etoa{)rt, toelc^e äKiingel fic^ an i^nen
gejeigt Ratten; aud^ pofitiüe iSorfd)läge foHten bie Stmt^Ieute bem
S3ifd|of öortegen, um bie oon if)m gegebenen (Srlaffe nötigenfalls
ju öerbeffern ober au^äubauen.*)
2)ie ÜBebeutung biefer Sgerorbnung liegt in ber ^eranjie^ung
ber 93camtenf(f|aft jur attiöen ^Beteiligung an ber ßanbeSgefeggebung,
fie liegt in ber allmählichen 3tuebilbung bt^ bifc^öflidjen StateS.
Seine i8eacf)tung tt)ibmete iöifc^of 9)iatl)iaS aud^ jenem außer*
orbentlidien 9)iittelglieb, baS beftimmt ioar, ben ßanbeSfürften unb
beffen ^^ntraloenualtung ju i)erbinben mit ber ßofalbeamtenfc^aft,
jenem SDiittelglicb, baS einft im 9{mte ber farolingifcfien „missi
regis" im SReirfie fo fegen^^rcirf) getoirft ^atte, unb nunmel)r am
SBeginn eine-!^ neuen 3^il^*^iiitt'^' ^^^ Xerritorialftaat in Verjüngter
gorm Dielfarf), njenn aud; unter Derfdjiebenen Sßamen, ipieber*
aufleben follte. 2Sar ein fold) orbentlidieS 3Rittelglieb in ben
beiben Dberamtc^euten bereite gegeben, fo follte biefen ein außer«
orbentlic^e§ jur Seite geftellt ober oielme^r benfelben übergeorbnet
toerben. 2)ie ^ertoaltung ber orbentlidjen ?ImtSleute follte alfo
einer Kontrolle unterzogen lüerben burc§ Öeamte bee bifc^öflid^en
ipofeS, bie ju bicfcm 3^üede bie einjelnen Slmter öifitiern mußten.*)
*) 3n ben ®uß93. e. 8. *) ®uß23. S. 2.
125
©oKtc bie Seamtcnfd^aft ein öcrtäffigcs^ ÜJiittd in bei §onb
bc^ Sifd^ofg bcbcutcn, fo mu^tc bicter baraiif bcbad^t fein, bafe
fic unbccinflugt, in gcmiffem Sinne lo^gelbft mnrbe öon ben
übrigen 5lngef|övigen feinet UntertanenDerbanb^J : thm bc^^alb
aber mußte ber 3)i)c^of barauf auögef)en, bie „f reiiDitligen
@e) diente", tucld^e bie Söeamten üon btn Untertanen bejogen,
jurüdjubrängen, fie möglic^ft einjufc^ränfen. %m biefer lenbenj
^erau^ finb bie immer n)ieberfef)renben 5Jerbote be^ Süfd^of^ ju
crftären, ha}i feine Beamten o^ne fein SBiffen irgenbmelc^e ®e*
fd^enfc*) für 3lmte{)anb{ungen annähmen,*) ba}^ namentlid^ bie
3otfbeamten eine GJemeinfc^aft mit Äaufleuten unterf)ielten ; ^) beö»
gleichen toarb in^befonbere hm ^orftleuten bie ?lnnal|mc t)on
®efd^en!en öerboten nnb i^nen an beren Stelle ein geregelter
ßo^n au^bejat)It*) ?Uö 93i)^of ÜJiatf)iaö ben Sefefil ,^ur 3lbfaffung
einer neuen 338aIborbnung gab, tootlte er in berfelben ba-3 ^rinäip
X)ertreten tuiffen, baß bie 3!Balbö5gte feine Sinna{)men bejieljen
foßten, an benen nid^t auc^ ber ^^iicf)of ^artisi^icre.^)
333aren bie SBerorbnungen be^ S^ifc^ofiDiatliia^ ju i^rem lüeitauö
größten Xeil alfo auf bie ßeranbilbung einer ijerläffigen unb gut
organifierten Seamtenfci^aft unb auf eine tüchtige SBertualtung ber
bem Stifte gef|5rigen Steckte nnb ©üter bnrd^ biefelbe gerid^tet,
fo griff bie gefeßgeberifc^e liitigfeit un)ere-5 öifcfiofä; borf) aud^
barüber Ijinau^, inbem fie fid) auf ben gefamten Untertanent)erbanb
beö Stifter erftredCte.
^ier fuc^te 3Raii)\a^ inebefonbere gegen ben ß u j u e unb
bie (Senußfuc^t einjufc^reiten, bie fid^ al^ $)auptü6el feiner 3^it
überalt geltenb macf)ten. Unter ftrengen Strafen tüurbe ber über»
mäßige ?lufn)anb, ber bei iood)jeiten, SÜnb-^taufen unb äl^nlidien
geften gemad^t ipurbe, verboten, jum Segen für bie Untertanen,
bie, toie fic^ auö biefen GJefe^en ergibt, ben übermäßigen 3lufn?anb
oft nur bem 3^^"9^ folgenb trieben.*) G^ erinnert fe^r an bie
Art beö ^oliäeiftaatee, ber fid^ um bie perfönlid^cn 95ert)ältniffe
C&emille 9lQturaIien oon unbebeutenbem SBerte ausgenommen.
») ®ufi». S. 1. ^) ÄÄSB. 296 fol. 316 a.
*) ÄÄ53. 296 fol. 211b. ft) ÄÄ33. 298 fol 13 a.
*) So oerbot ber Stf^of, auf ben em^elnen einen 3^oi^9 aus5uflben,
an ben Xrinlgelogen bes ^{(^ermttttDoc^s teilsune^men. „Oibnung, tote es
^infflr mit ben Srautlöuffen, Rtntbetteiinnen, (gfc^etmitttoo^, uneelic^en Beuten
unb anbetem gehalten toerben foUe.'' Dat. Uben^eim, Samstag n. Dculi
(7. SRärä) 1472. ÄÄ». 298 fol. 96b ff.; ogl. «emiing, ®ef^. II 152.
126
aller Untertanen befümmern tüitt, njenn bcr Sifd^of t|ier genaue
SSorfc^riften erlaßt, n)ie öiele ^erfonen bei ^od^jeitcn gelaben,*)
toie öielc ©efd^enfe ben SBÖc^ncrinnen gebrad^t toerben burften
u. bgl. @in ftrengcö SJorge^en befahl 9Kat{)iaö aucfi gegen bie une^e=
lic^ 3^f^"^^^"^*^^^^^^^^"^ ^i^ gefangen geje^t toerben foßten, fattö
fie nic^t innerf)alb einer grift t)on ac^t 2;agen eine legitime 6{)c
eingingen ober fic^ öon einanber trennten ; ii^nlid^ mu^tc nad^ ber
Serorbnung be^ Öifd^of^ gegen (Sf)ebrec^er öerfal)ren loerben.*)
3!)er gejeggeberifc^en Xätigteit be^ Sifc^ofg äWat^iaö fte^t feine
©orge für ein georbnetee ©erid^tötoefen') gur ©eite. 2)ic
3lmt§teute iperben nac^brücftic^ ermahnt, barauf bebad^t ju fein, ba§
fein im Territorium beö Stiftee begangene^ 3Serget)en ungeftraft bliebe,
ba§ aße ©eric^t^^öfe in Stabt unb 2anb mit reblic^en unb üer=
ftänbigen Sc^ult^cifeen unb (Serid^t^Ieuten befe^t feien, ba§ öor
®erirf|t ba^ Siecht ber ?lrmen nidE|t oerfürjt loerbe, baß enbtid^
jebtoebe Silbung Don Parteien an ben ©eric^t^^bfen t)intangef)alten
toerbe. 3)ie rafc^e Se^anblung ber Straff iille loirb oonSÄat^ia^ feinen
Seamten jur ftrengen ^flic^t gemadjt; im Seifein be§ Unteramt=
manng unb Joomijglic^ auc^ be§ Dbcramtmanng foHten fie Der«
^anbett unb fcfiriftlid^ fcftgelegt »erben ; *j bie SRed^tfprec^ung über
bie bebeutcnberen ©traffäüe ^) befjalt fid| ber »if^of felbft' Dor.*)
Die 3öf)l ber burc^ öifc^of SRat^ia^ perfönlid) ju ftanbe gc=
brachten „ SR a d^ t u n g e n " "^j ift au^erorbentlic^ groft ; i^re ?lbf d^rif ten
iourben in einem Sanbe unter bcm Xitel: „^Itler^anb SRad^tungen
sub Mathia'' ^j gefammelt, bcr um 1465 angelegt unb Oon ba an
3n ben Stäbten ntd^t me^r als 30, auf bem 2anbe nic^t me^r als
20 ^erfonen ; biefelben 93orf(^rtften ergingen in einem oberba^rifc^en £anbgebot
oon 1479, |. Wcjlet III 714; au^ in S^urpfalj rourben 1465 ä^nli(^e
ßuiusgcfeöe etla||en: ÄÄ33. 812 fol. 78 b ff.
») Ä5133. 298 fol. 36 b ff.
3) Die (geriefte in ben ^oc^ttifUi^en Ämtern finb no^ S^oltsgeni^te,
in benen bas Jie^i hntä) „Runbfc^aften" gefunben loirb unb bie oom bif^öfl.
Oberamtsmann, einem ^beugen, besm. oom bifc^öfl. 8(^uU^eib prfifibiert treiben,
md^renb bie „®eric^tsleute" als Sd^öffen fungieren. *) (5u£S. S. 3.
^) 9lömli4 Aber [oI(^e, hd meieren ein Sttafgelb oon me^r als 100 fl.
px ermatten fei. «) ÄÄ«. 298 fol. 30 b.
"') Unter „9tad^tung'' |inb fomo^I bie burc^ ^Vermittlung ^rbeigeffl^den
SVerglei^e toie au^ bie eigentli^en Sc^iebsfprfl^e ju oerfte^en.
») RRtB. 299; bod^ bilben ben 3n^alt biefes SBanbes ni^t aus-
fc^Iiebli^ 9ia(^tungen, bie unter Vermittlung bes Sifc^ofs ^ftanbe famen,
f onbern au^ folc^e, bei benen biefer felbft eine Partei mar (f o fol. 1 a ff . : bie
127
jtemlic^ gleic^jettig mit ber ^udftenuug ber getroffenen Siac^tnngen
gefc^rieben fc^eint. Sei ben fielen Streitigfeiten, bie öor 2Slatf)'\a^ afe
ßanbe^fjerrn be^ fpeirifd^en lerritoriume gebrad|t tourben, toax ber
99ifc^of barauf bebac^t, eine gütliche ^.Vermittlung jlpifc^en ben
beiben ^ißarteien ju erjielen; tarn eine folc^e nic^t ju ftanbe, fo
tourbe bie ®treitfad)e burdi ben iöifc^of unb feine JRöte burd^
richterlichen Sd^ieböfprnc^ erlebigt.
Sluf bie Sebeutnng JRamung^ für ba^ geiftlic^c (iiericf)t^*
tDejen traben n?ir ^ier bed 9iä()eren nic^t einjuge^en. ä^emerft fei
nur einmol, bafe 3Btttf)ia^ bie bifc^öflic^en Siechte im geiftüc^en We^
ric^tetoefen auc^ gegenüber ber Äonfurrenj ber 9lrcf)ibiafone im toefent»
liefen JU n)al)ren iDUßte/) femer, baf^ er nid)t nur bem bifc^öf«
liefen geiftlic^en (^Jeric^t eine Crbnung gab/-) fonbern im (Sinüer^
ftänbniö mit ben 4 ^^ßröpften ju Speier am 16. !5anuar 1466*)
auc^ ha^ richterliche Äonfiftorium ber 4 5lrc^ibiafone einer ein=^
gef)enben JReform*) unterjog.
Slnc^ ate ßef)enöl)err toar SBijcf)of !J)iatl)ia«^ in feinem ße l) e n ^ =
geriet) te tätig. So mürbe — um ein Öeifpiel l)iefür anjufü()ren
9[b|(^rift emer 9{Q4tung, »el^e joHt^en SR. unb ^ans Sroden o. klingen
bitt(^ 5emTi(^ b. 9. o. Otterba<^, ^^Hipp 6<l^ntbIo4 v. 5le|tem5urg u. Srricbn(^
Sruder, 9(mtmann ju 9Uufa|teI, ^uftanbe fam; ber Sifi^of mar Sterbet bur<^
2 Genbboten, baruntcr ber S^ogt am 93ni^retn, oertreten.) — 9iud) enthalt
jener Sanb 9b{(^riften von urtunbH(^n Ser^i^ten, überhaupt oon ^ertrögen
3iDif(^cn bem 9{f(^of u. anbeten fierrn (|o fol. IIb ff. : SBertrag bes ©ffc^of»
mit bem 9lbt oon fiimburg megen G^ifferftabts ufto).
») Älagen ber fpeir. «rc^lWafonc in ÄÄ». 414 6. 298 ff. ; |. ©los-
f^rdber, Das 9cc^ibioIonat in b. (Etjbiösefe Speier lod^renb b. SJl.'^. i. b.
«r^ioal. 3eit|(§r. X 119 f. — 2Bie ftrenge unb eiferffl^tig ©i|(^of 9R. jeine
C&eri(^tsbarfdl gegenüber ben ^r^ibialonen ma^rte, mag man au» {einer 9)er«
orbnung für ben ©eneraloifar (ÄÄIB. 414 S. 249 ff.) erje^en : „DaJ au^ ein
vicarius funbetlic^ flufmerfmig u. (Erfahrung f^aht, ob [== menn] bie ^röbfte
unb 9(rc^ibiafone ober i^t Official unb Siegler fi(^ ber Dinge unb Sa^en
UTitei^ie^n, bie ba un|er Obrgfeit berühren unb uns jufte^en, es |ei in
criminalibus obet civiiibus ober t^er ^urisbittion xoeiter gebrauchen benn |ie
foHeu; unb bag er [oHc^es nit geftatte ober ^uge^en lagein feinetlei 2Betge. '
•) „mt |i^ 93ifar, 5lotar, Siegler u. Sfisfal galten |ollen", dat. et. act.
in civitate nostra Spirensi, fer. II. p. dorn. ludica (= 13. SRäl^) 1475. fiR©.
414 fol. 249 ff.
3) Feria Vr p. octavam Epiphaniae 1466: ÄÄ95. 414 fol. 297.
*) Dtefe |og. Reformatio antiqua bes Si|<l)ofs SR. (im (5egen[a^ 5U
ber fflngeren 9ieform. unter 9{amungs 92a<t^folger £ubtDig, ber |og. Reformatio
nova, i. ÄÄ». 277 fol. 43 a ff.) im ÄÄ». 277 fol. 32a-41b u. ÄÄ».
414 fol. 281-295.
128
— in einem vStreite jioifd^eu ben Söhnen (S6eif)arbö 'oon ©cmmiugen
b. 3t. tüegeu ber üon biefem l)interia)fcnen Cef)en ein „SKanntag"
nad) Snirfjfal anberaumt. 2öie e^ in bem ^Prototoü über bcn=
felbcn *) I)ei6t, tuar ber ÜBifd^of „3el6ft=9?id^ter" unb füf)rte ben
„@tab felbft in ber £>anb": r)o\\ ben gelabenen 14 fpciriic^cn
ßel^en^Ieuten Jparen 12 erfc()ienen, toät)renb ficft 2 Ratten cntfc^ulbigeu
laffen. 3^^ öecjinn ber i?er{)anblungen erftiirte ber ^^ifc^of, bafe
bie Äoften be^ 'Xage-^ bie ''Parteien ju tragen tiiitten, ba ba^
©treitobjeft bie beiben Parteien unter einanbcr berütjre;^) bie
Parteien ftimmten bem ju unb erflarten, bie Äoften joHe bie unter*
licgenbe ^artei tragen, toie man bie« „an üieler geiftlic^er unb
toelttic^er gitrften öof am 9i[)einftrom" ju f)alten getoobnt fei.
2)arauf tDat)lten bie Parteien fid) „ ^ürfpred^er, Ü)Jat)nerunb9iauner* ;')
nad^ langen 58erf)anblungen mürbe öom Si)c£)of unter ber 3Kit=
tDirfung ber 12 ^9Ritric^ter" ha^ Urteil gefiitlt.
S)a^ Streben bec^ S^ifdjof« nacfi einem georbneten, nic^t öon
3!BiU!ür beftimmten (yeric^t^lierfabren jprid)t fic^ au^, menn 3)latf)ia§
ben ftrengen iöefel)( gibt, auc^ gegenüber bem ergriffeneu 3)iebe,
SRäuber ober ä)iörbcr angefic^tö „Wottee, ber Oerec^tigfeit unb
be^ gemeinen 9iu|^ene" bem betreffenben ^erbred)cr nid^t^ ©c^timmes^
ge|djef)en ju laffen, if)n aber fogleid) üor bm öerid^t ju ftellen;
erft bann foH er bie if)m uon JRed)t^ u^egen gebüf)renbe Strafe
erleiben;*) bafj bie Strafen, bie unmittelbar nad) biefer Rumänen
93eftimmung genannt iperben, graufamfter 5trt finb, fann man ber
^erfon bee iöifd^ofe fieser nic^t jum ^ortuurf mad^en.
3lud) in anberen (Srlaffen ,^eigt fid), ha^ Ü)iatl}ia§ tuitlens^ toar,
®ered^tigfeit im tueiteften Sinne unter feinen Untertanen t)errfd^en
JU laffen. Xie „^i^eten|elumg" b. t). bie St euer Verteilung fotltc
in jebem Dorf ftattfinben unter ber Äontrotle be^ 'Jlmtmanne ober
beffen SteÜüertretere^, ber nid)t in ha^:i> betreffenbe X'orf gct)ürcn
burfte, batjer an ber ^trt ber Steuerüerteilung fein ^ntereffe ju
l^aben unb fo ju objeftit^em Urteil geeignet fd)ien.*) 9iid^t „^Jieib,
ipa§ ober SSibermiüe" nod) „(^unft ober greunbfc^aft", jonbern
»7äR95. 369 fol. 217b ff.
') Do(^ beitritt ber ^tfil^of bie Roften glet^too^I felbft, tn ^nbetro^t
beffen, bag es ber erfte „SRanntag'^ mar, melden er felbft* abhielt.
*) S5gl. bamit im baijr. Sofgcric^t bie „SBarner u. Slnroeifer"; f. (£.
9lofent^aI, (5^]d). bes C^eric^tsiDefens u. ber ^ertDaltungsorganifation Sapetns
(^Bjbg. 1889) I 148.
*) ©uß«. S. 8. ^) ®uß5B. S. 3.
129
„aUein S8af)rf|cit'' unb ßJcred^tigfcit fotttc filr bic Ämtg^anbtungen
ber Ipcirifc^en 93eamtenfci^aft ben SRa^ftab bilben: biefer &tbanU
Uf)tt nic^t miuber tu bcn ^orfd^riften bed 9)tfc§ofd für bte tot\t*
Kc^c SRcgictimg feiner Untertanen') tote in feinen Serorbnungen
für bie geiftli^e JBertoaltung ') toieber.
Über!>mtpt, fo fe^ ber fflifd^of bie SRec^te unb ben SJorteil
feinet Stiftet nja^nm^m, fo ftrenge er beif^ietetoeife bad SBerbot
betonte, ba§ eine bem ©tift juge^brige ^erfon au^ bem ^Territorium
be8 ®i^tum0 jiel)e ober fid^ mit „Ungenoffen'' »erheirate,') fo
ben^ied er boc^ für feine Untertanen, toenigften^ fotoeit biefe ben
„armen Seuten", bem unfreien ©auemftanbe, angehörten, eine toeit*
get)enbe gürforge. Reiner feiner Untertanen, e2^ fei toer
nur immer, foöte nad^ Stamungg Sefel^I baran ge^inbert toerben,
feine @oc^e t>ox if)n felbft ju bringen.*)
SBenn 9Watt)iad ju SBeginn feiner Regierung ba^ Serfprec^en
gegeben tjatte, ben „armen Cent en" be^ ipod^ftiftee^ ein gnäbiger,
gütiger |)err $u fein,*) fo fe^te er fid^erlici^ biefed SBerfpred^en
aud^ in bie lat um. 3)ie „armen 2tnit" fottten im ©efi^e ber
Wed^te unb ®eh)o^n^eiten, bie i^nen öon olter^^er, namenttid^
betreffe ber SBätber •) juftanben, belaff en tt^erben ; immer toieber lehrte
in ben 3Jorfd^riftcn be«^ Sifd^of^ für feine Beamten ber Sefe^I,
bie „armen Öeute" entgegenfommenb ju befianbeln, fie „nit anju=
fd^nautt^en", fie nid^t abfid^tlid^ ftraffäßig ju mad^en, namentlid^
fie nid^t über ©ebü^r mit ber „S^ungdpflic^t'' ^ jU befc^toeren.
?lud^ ben gronbienft fud^te 3Rati)ia^ feinen „drmen Öeuten" ju
erleichtern, inbem er Derorbnete, ha^ biefe ben gronbienft toie auc^
bie ^oIjfaf)rten ju ber ^txi leiften foßten, ba ed i^nen am
loenigften befd^merlid^ fiel.®)
9?id^t biefelbc ^ürf orge toie für ben ©auemftanb fd^eint 3Rat(|iad
gegenüber ber ®eiftlid^fcit unb bem 9lbel unb nod^ n^eniger
gegenüber bem SBürgcrtum für nötig erad^tet, fonbem bie
fieiftungöfä^igleit biefer ©tänbe in finanjietter ^infid^t ftarl in
?lnfpruc^ genommen 5U l^aben.*) 3)ie bifd^öflid^en Beamten fottten
') Äft55. 298 fol. 99 a. ») ÄftSJ. 414 fol 249.
') %um^ e. 2. «) (Ebeitba 6. 7. ') 9lemHit0 II 142.
•) RAS. 296 fol. 220 a. ') X). i. bie ^fU^t, fflr bie SSecföftigung
n. bgL ber Hmtsleute bei beten l>ienftreifen pi fotgen. ^) ®u£S. 6. 2.
*) 8. unten G. 140 f. ; in einer Gatite auf SR. miib bem Sifc^of „{<^inbung
ber mpnnern pfaff^eit burc^ fischales" oorgeoorfen (SRone I 493).
9
130
jtoar ftrcug barübev U^ac^cn, bafe bcr im ^^cmtorium bc§ ©tift^
anfäjgtgcn ©ciftlid^fcit feincg ilircr SRed^tc öcriümmeft toerbc unb
bic gorbcrungcn, ju bcnen fie ficrcd^tigt toax, erfüllt mürben ; boc^
gibt ber Sifd^of biefem @ebot bm S^)^% ^^% f^ß^ ^^^ „armen
ßeute" unDerfc^uIbeteripeife au^cr ftanbc feien, bie fc^ulbigen §16=
gaben an bie ®eiftlid^leit ju bcja^Icn, bie bifd^öflic^en Seamten
öermittetnb eintreten unb {o e^ t)cr^inbern foHten, ba§ bie „armen
ßeute'' unnötigernjeife mit geiftlic^em ®erid^t bebrängt toürben.*)
@ö mag für bie ©tettung 3Rati)ia^ ju feiner ®eiftlic^leit auc^ be*
merfenön^ert fein, ba§ ber Sifd^of, fo fe^r er feinen JiSeamten ein
gute^ ©eri)alten gegenüber berfelben einfc^ärfte, anbrerfeitS feine
Seamten mit ber 2luffic§t über bie ©eiftlic^en unb beren Haltung
unb Pflichterfüllung betraute, freiließ mit bem SSefc^l bei 3RiJB«
ftänben nic^t felbft cinjugreifen, fonbern fie t^m ju metben.^)
5Roc^ mel)r al^ bie ®eiftlic^feit unb ba^ üBürgertum benü^te
Sif c^of 3Ratt)ia^ bie in feinem Stifte anf ft^ige 3ubenfc^aft, nament^^
lic^ bie in ©peier fepaften 3uben,*) ate ergiebige ginanäquette. ?lm
12. Df tober 1468 erlief 9Katt)ia§ ein Subengefe^,*) toie folc^e in jener
3eit auc^ fonft me^rfac^ gegeben ipurben,**) im ?Infc^luß an bie
S5orfcf)riften, bie in Stom, „ber äRutter aller ©tabte", toie e«
in jenem Subengefeg be^ Sifc^ofg lieigt, für bie Suben mafegebenb
toaren. S)a8 ©efe^ befaßt fid^ mit bem Verbot be^ 3i^)^^ji"f^^^
mit ber ©infd^rdnlung be§ „2Bucf)erö" b. i. beö 3i"f^"J^^W^"^
Uberf)aupt, e^ enthält namenttid) 3?orfc^riften über bie Sefteibung
ber 3uben unb fteHt für ben Serfe^r ätuifd^en if)nen unb ben
S^riften fel)r ^emmenbe ©c^ranlen auf; nid^t nur bie @rrid^tung
neuer ©c^ulen ober ©Ijnagogen tonrbe ben 3uben, loctd^c nid^t
jerftreut too^nen burften, unterfagt, fonbern i^nen aud^ bie 93c*
nü^ung ber fc^on beftet)enben ©c^ute Verboten. Um eine ©c^äbigung
>) ©ufiSB. S. 7. 2) (Ebcnba S. 1.
3; ^uger in Spetec loaren aud^ m £anbau 3uben onfäbid; bei ber
gulbi^ung bes IBif^ofs In £anbau gaben {ie bemfelben ein (5ef(!^enf oon 50 fl.
(aWonc I 359 u. 365 <Hnm. 3).
«) Uben^eim, SWontag n. b. 11000 Wägbctag 1468; Orlg. Im SpSi%.
9lr. 393; SpÄST. goc^It. Speler gas5. 854 (Ä«.) foL 61a.
^) Die 93orf(^riften^ bie 3Jl. l^ter erlieg, mürben beifpielsmeife au(^ auf
einer 8i)nobe ju Bamberg gegeben, toelc^e gelegentlich ber fiegationsreffe bes
9KfoIau5 (£u|anu9 1451 bort abge^aUen tourbe, |. 3- tt^inger, Slarbfnallegat
9li{oIau9 a:u|anus in Dentfc^Ianb 1451-52 im ^ift. 3brb. Sb. VIII (»Rfin^en
1887) 638 ff.
131
bcr S^riftcn auf toirt)c§aftlid^cm ®cbictc jii ijci^inbcrn, toiirbc e8
bcn 3ubcu unterfagt, an ©onntagcn ^anbcl ju treiben, \>a an
biefen ^^agen btc S^riften bic ^flic^t ber ©onntaggt^eiltgung Ratten
unb mitl)in it)nen bie fionhirrenj ber ^uben um fo gefährlicher ge«
toefen toöre. 5Ramentlic^ aber tooHte e^ 3Kat{)iag ftrenge burd^gefi'i^rt
toiffen, ba§ bie ©peirer Snbenfd^aft einjig unb allein feiner
®eric^t^barleit unb nic^t ber beö Speirer "Siaiz^ unterftünbe. — Am
28. 9loöember tourbe burc^ ben bifc^öflid^en Siotar 3Rarj SKommen*
fo^n ben ©peirer 3uben, an beren Spige ein getoiffer ?lnjelm
genannt toirb, im fog. 3ubenfc^uIf)of biejer @rla§ beö 89ifd^ofö
belannt gegeben.*) S)oc§ ftie§ bie ?lugfilf)rung biefer Sorfc^riften,
bie nic^t nur ben Suben, fonbern in Dielen ^nften aud^ \>tn
c^riftlid^en 99etoo^nem ©peierg läftige 5^ffeln auferlegten, auf
3Biberftanb, {o bo§ ber Sifc^of fic§ Deranlafet fa^, am 22. ^tymbtt
1468 unter ?lnbro^ung fc^toerer Strafe bie ftrilte Durchführung
feiner 3WafenaI)men innerhalb 9 3;agen, alfo biä jum 1. Sanuar
1469, ju bef eilten.*) Auf SSertoenben be^ ©peirer Mate^ für bie
Suben liejg ber ®ifc^of in manchen ^mften SRilberungen eintreten;
boc^ auc^ in biefer gemäßigten gorm fanb ber @rla§ n^enig Se*
ac^tung. Slm 8. Suli 1469 ergingen bal|er neue „Subenprojeffe''.')
I)er 93ifcl)of gab fie mit einem 99egleitfc^reiben *) in beutfd^er Über*
fe^ung aud^ bem ©peirer ©tabtrat belannt unb bat if)n um beren
5)urc^füf)rung. Salb öerftanb ftd^ ber Sifd^of jtoar n^ieberum
baju, in einigen fünften Don feinen ftrengen äRafena^men abju»
fte^en — jeboc^ nic^t umfonft: bie^uben mußten junäc^ft 100 fl.
bejahten, ipeld^en tt)eitere 200 fl. in ben beiben näc^ften 3a^ren
folgen follten.^) — 9lamung^ ©tetlung gegenüber ben ©peirer 3uben
loar alfo nid^t jule^t in fi^falifcljen ©rtoägungen begrünbet : fd^on
1472 erließ er ein neue^ Subenmanbat *) unb fanbte e§, fd^on
>) ^totoloü barflbet auf ber ^{fldfeite bes Originaiprosenes-
«) 9lcml!ng, U». II «t. 193; 51Ä95. 414 S. 185 ff.
*) Udenheim, sabbatho post . . . Udalrici 1469; Orlg. mit bem $tO«
tofoU fibet bie S^eiöffentlic^ttttg burc^ ben iRotar 3o^. Sröli^ i. GpR^.,
So^ftlft Speiet Urf.. 5fhc. 1248.
«) Uben^eim, 6amstag n. Gt. Ulric^stag 1469; Crig. i. SpSt^.
güsj. 295, foL 79; SpÄ«, i>i^% Speier gasj. 854 (5135.) foL 59 a ff.
*) Quittung über bie 1. 9late oom 18. 9lug. (Sfreitag n. assumptionis)
1469 i. SpSt9l. Urf. 9lr. 395.
«) Uben^eim fer. III p. Thomae (22. Dej.) 1472: Orig. i. SpÄ^T.
goc^iftift Speiet Urf. 9lt. 1251 ; ÄÄS. 414 S. 192 ff. ; SpÄ«. go^It. Speler
gfa«^ 854 (R».) fol. 65b ff.; bei 9lentling, U». II Sto. 199.
9*
132
üerfiegdt, aber wod^ nid^t tocröffcntUd^t, in bcutfd^cr Übcrfeßiing *)
on bcn Sptixn SRat; bic ©tabt f)ttttc aber 1467 ber @))eirer
3uben)ci^aft ein Sd^uj^öerfpred^en auf 10 Safere gegeben uub er«
fud^te baf)er ben SBifd^of bie« ju berüdtfid^tigen ; ber Sifc^of tpitt»
fahrte biefer Söitte,*) tüogegen bie ®tabt bie Suben über ba^ 3a^r
1477 l)inau^ nid^t in Speier ju bulben öerf<)red^en unb femer
für bie Qtit, ba bie 3uben nod^ in S^jeier onfS^ig feien, eine
Summe tjon jäfirlid^ 50 fl. garantieren mu^te.*)
S)ie Stellung bed fflifc^of^ ju ben 3uben ift nid^t aKein fiStalen
@efid^tdpuntfcen ertpad^fen, fonbem aud^ au^ allgemeinen tobet'
fd^oftUd^eu ®rünben ju erßären, ba ja bie Suben toegen be^ Don
t^nen betriebenen SBud^erä ber SBo^lfa^rt be« Sollet gefä^rlid^
fc^ienen.*) ®erabe baö toirtfd^aftlid^e 338o^Ierge^en feiner
Untertanen aber lag unferem ©ifd^of befonberd am ^rjen:
bie ?(mt^Ieute mürben beauftragt, barauf bebad^t ju fein, ba§ öer«
fd^ulbete ®emeinben i^rer ©d^ulben entlebigt tnürben unb im ©e»
fi^e i^re^ ©emeinbelanbe^, i^rer ?lDmenbe, t)erbKeben,*) ba§ in jebem
3)oi-fe genaue SRed^nung geführt, ba^ unnötige Slu^gaben abgeftettt
würben ®) u. bgl. 5ßod^ in ben le^en 9Wonaten feiner JRegierung,
am 19. 3uni 1478, erlieg ber SBifd^of eine Serorbnung betr.
ben ßauterburger SSSod^enmarlt, bie fic^ an bie JBe*
ftimmungen, tpeld^e bie ©tabt hirj öor^er im ©inljerftänbni^ mit
SKatf^iad getroffen l^atte, anfd^log.') @ine nod^ toid^tigere 3Wa§*
') Gp€t9l. 3a$5. 1005 ; SpR%. 5o4{t. Speier gfas}. 854 ($19.) f ol. 69b ff.
') Donnerstag n. St. Scdaftianstag (21. 3an.) 1473 : Ortg. l SpSt«
Urf. Sflr. 398; ÄÄ93. 296 fol. 357 b.
3) Diig. oom 23. San. 1473 i. epMC $o4ftift 6peiet Urt 9tr.
1252; RftS. 296 fol. 368 a; am 23. 3an. (Samstag «. €t. eignes) flbei'
brad^e eine Serttetung ber Stabt, Dr. X^omas, iUaus o. ßagcnau (er war
In biefem ^a^re SBflrgermeifter : ßarfter, Gpeher lBflrgermei|terlifte in 9R$9)^.
XVI e. 67), d^el 9ri|, 3Ratt jum fiamm, Ra\pwt (Erer unb ber Stobt-
f^retber (Eber^arbt Selbac^ bte|e Urfunbe in bie bff<i^fl. ^^fds au Speter.
SpSifBi. JDOi^ft. Speier gasj. 854 (515B.) fol. 88 a. — X>ie Dtiginoliiuittung
flbec bie 130 fl., meldte bie Subenf^aft fflt biefes ,,Z^etbing" su geben ^tte,
im SpSt^. Urt. 9tr. 407 unterm 12. 3n&^ 1473; bie Originaliiuittttng fiber
bie fof^e ^att i. epS(%. ^o^ft. Speier Urt 9tr. 1254 oom 16. «ug. 1477.
*) Sgl. bie giei^eitigen (1477 u. 1478) ^ubenoerfolgungcn in ^|f^
u. 9iegensbttcg: 9{ie3ler III 777.
*) ®ufi23. S. 2. «) RR^. 298 fol. 30 b.
') Diefe ä^erorbnung beftimmte unter anberem, baft alle SBaren, toeli^e
jtt bem leben Dienstag 5u fiauterburg {tattfinbenben SBo^ernnostt oerbta^t
iDfirben, 3oQf^^^<^ genießen foUten nie au^ alle auf ienem fBo^enmorit
133
nafjme 3RatI)ia^' im Sntcreffc her toirtfd^aftlid^en 93cbürfniffc öon
f^jeirifc^cn ®emcinbcn h>ar feine Dubnung beö „Ungelt^"*), ber
äccifeberStabt örud^fal:*) babie getoö^nUd^en Sinna^meii ber
@tabt nid^t genügten; beren groge ©d^ulbenlaft gu tilgen, fo er«
öffnete äRat^iad eine neue (Sinna^mequede, inbem er i^r bie (^^ebung
eine^ ^Ungelte^", einer au^erorbentlid^en ©teuer, erlaubte. SEBenn
er hierbei in ber ipeibelberger ©tabtorbnung von 1465, an beren
^Bearbeitung äRat^ia^ al^pfäljifc^er ^anjler tDof)l mitgett^irtt ^atte,
ein na^eliegcnbe^ Sgorbilb fanb, fo übertrug er biefe ©tabtorbnung
boc^ nid^t blinbÜngg auf ®ruci^fal, fonbern änberte fie in toefent*
lid^en fünften ah unb pa^it fie fo ben Sebürfniffen biefer ©tabt
an. 3laä) bem Slblauf biefer für 4 3ai)re giltigen SJerorbnung
na^m 3Ratf)ia^ 1472 eine neue Drbnung be^ ^^Ungcltä'' ju SBrud^fal
Dor, nac^ ber bie ©inna^mequellen ber ©tabt nod) erweitert tourben.
S)iefe SSerorbnungen be^ SSifc^of^ fd^einen um beffcnttoißen von
Sntereffe, toeil fie jeigen, toie SÄat^ia^ einerfeitS rcbtic^ beftrebt toar
ben üerfd^ulbeten ®emeinben aufju^elfen, toie er bie^ aber nic^t
auf Äoften ber ©tift§«@inna^men, ber ^errfd^aftlid^en Sete, tun toottte.
9Jad^ bem 2;obe beö Wlaii)ia^ bagegen toißigte beffen 9?ad^folger,
©ifd^of fiubtoig, in einer SJerorbnung Dom 20. SWdrj 1500 ein, bie
^errfd^aftlid^e S5ete für SSruc^fal aufju^eben, an i^rer ©teile ba^ „Un«
gelf* }u erweitern unb Don biefem einen 2!eil ju neljmen, ein Serfud^,
ber fid^ an bie :pfäljifd^e ©teucrgefc|jgebung, ber äWat^ia^ nic^t
gefolgt n^ar, anfd^to§, ber aber in 93rud^)al nic§t gelingen follte.')
SBie 3Katl;iag filr bie loirtfd^aftticfie Sage ber cinjelnen
©emeinben unb ©täbte be§ ^oc^ftift^ ju forgen fuc^te, fo auc^ für
bie Slöfter, bie feiner bifc^öflid^en ^errfc^aft untcrftanben. 3)ie
reformatorifc^c 3;ätigfeit, bie SlKatf)iag für bie SBenebiftinerflöfter ßim»
getauften ^aten, fofcrn fie bis {pftteftens SO^littioo^ aus ber 8tabt ausgeführt
warben; ber Sif(!^of unb {eine !Dom^ercen follten bas SBorrec^t genießen, baj)
alle SBaten, bie oon i^rer Seite nac^ jQouterburg gebracht loflrben, nic^t aUeln
Dienstag joUfrei fein, fonbern aud^ an aUen flbngen 9Bo(^entagen nur ben
falben S^U be^^Ien joUtcn. £auterbutg, (Freitag n. 6t. S^itus u. S?{obe[tus«
tag ; ftī. 298 fol. 145 a ff.
^) X). {. eine mei{t auf Sla^rungsmittel gelegte inbirehe au^erorbent*
lic^e Steuer.
') Uben^eim, SOlxiiwo^ n. un|. I. 5r- conceptionis (10. I>eäember)
RSm. 298 fol. 44a ff.; bie 2. Serorbnung o. 1472, ebb. fol. 99b ff. ^rg. o.
aWone i. b. 3®0. VII 293 ff. u. 297 ff.; |. ebb. S. 282-283.
") S. aRone i. b. 3(50. Vll 282—284.
134
Burg, Ätingcumünftcr, Ebcnl^cim unb ©in^tjetm an bcn Sag legte/)
Berüdtfid^tigte an ^eröouragenber ©teUe bie materiellen, toirtfc^aft*
lid^en ©d^äben : auf^ ftrengfte toarb bie SJerdu^erung Don irgenb»
toeld^en ©efälten unb ®ütern oI)ne bie auöbrüdHid^e Genehmigung
beg 99ifd^of^ unterfagt;^) alle 3i"f^"/ 9hi^ungen unb (Süter bcr
einjelnen Ätöfter foüten in bie 3in^büci§^t eingetragen unb für bie
Einlage neuer 3i^i^6iici^^^' ^^^ i>^" ^Ibten geforgt toerben ; ber ?lbt
follte aud^ feinem ^rior tuie feinem Äo<Dent über fämtlid^e jüfjr^
lic^e ©inna^men unb Slu^gaben ber Slbtei einen eingefienben
SRed^nungöberid^t jdf)rtic^ liefern. Äurj, man mag fagen, bie
Sorge beö SBifd^of^ für bie res temporales ber Älöfter in feiner
S)iö5efe ftanb nid^t f)inter feiner JHeform berfelben in geiftiger ^c=
jiel^ung jurüdE!
2lud^ auf bie Sefferung ber ginanjen feiner einjelnen Stifter,
bie ja natürtid^, toie bei biefer @elegen{)eit bemerft fei, eigene^
SSermijgen unb eigene öefi^ungen unb Siedete l^atten, njar ber
SBifd^of bebad£|t. SWit feinem SRat erliej^en 1473 bie 4 Speircr
^rbpfte beg 5)oms, beö @t. ®erman* unb SKoriJ^ beö @t. (Suibo*
unb be^ S(üert)eiIigen=Stifte§ eine einge{)enbe SSerorbnung, bie eine
Srljö^ung ber 9tbgaben bebeutete, ioeld^e bie ?ßfvünbcnin^aber bei
©riangung einer ^frünbe in bem betreffenben Stift an „ber ge=
meinen ^fafft)eit ft^ifte", b. I). an bie finanjielle 3^"t'''^lf*^Q^ ^^^
4 Stifter ju entridjten !)atten,') bi^ man eine Äa))itaföaufna^me
im SBetrag üon 2000 ff. abbeäa()It \)ait,^)
greilid), toie in ber ®efe|gebung SRamung» ber Sd^toerpunft
in feinen SJorfdjriften für bie Seamtenfd^aft, nid^t in feiner ßanbc^*
gefe^gebung liegt, fo nat)m aud^ bei ber toirtfdiaftlid^en Sätigfeit
be^ Sifd^of^ bie Sorge für bie eignen Stiftefinanjen
^) Reformatio cerlorum monasteriorum facta de anno 1469: 5151S.
414 S. 153 ff.
') ,,Quod nullus abbas, etiam consensu sui conventus, nequc etiam
conventus cilra vel cum sui abbatis consensu aliqua bona aut census, red-
ditus vel proventus monasterii vendere vel alienare aut pro annuali censu
impignorare presumant nisi nostro aut successorum nostrorum de-
super speciali et expressa (!) abitu (!) consensu ebettba S. 165.
') So jolltc für eine Dompfrtlnbe ober Sexpfrünbe 53 fl., fflr eine
galbpfrünbe 26'/, fl. bejat)« ©erben; far bie 3ula[lung jur Dompropftei
maren 60, für bie jur De^antei, S^ola|terei ober Äantorei 53, für bie jur
Äuftorei 10 fl. fe[tge[et|t.
*) Donnerstag n. St. (Egibientag (2. Sept.) 1473: Spft«. goc^ft.
Speier gasj. 862 fol. 98 b.
135
bic crftc ©teile ein. 2)ie^ ift anä) leidet erflärlid^: SBeim 9te*
gicrunggantritt 3Katf)iaö' befattbcn fid^ bie bifd^öflid^en ginanjen in
einer dujserft traurigen fiage/) bie bem Sifd^of gehörigen @e»
Bäuli(^leiten toie ©d^Iöffer, Srürfen, Ä(tpetten unb 3«^^^^^!^^
toaren in fc^Ied^teftem 3itf^ö"^^ ^^^ SBerorbnungen, bie in frül^erer
3eit für bie nu^baren JRed^te be^ Stiftet ergangen toaren, fanben
grojsenteife leine Sead^tung me^r,*) bie eigenen ^Beamten mußten mit*
unter 3af)re lang Dergebeng auf bie Sluä jal^Iung i^re^ @oIbed l^arren,')
bie ©d^ulbenlaft beä Stiftet bro^te immer brürfenber ju tüerben,
Deutlid^ genug jeigt biefen Joirtfd^aftüd^en JRuin be§ ^oc^*
ftifte^ ein ÜberbtidE über bie g in anklage, tuie fie 2Katf)iag bei
feinem Slmtöantritt Dorf anb: Saut beö JRed^nung^überfd^Iag^)
bm 3Rati)xa^ ju Seginn feiner SRegierung l^atte anfertigen laffen,
•* ff
betrugen bie Uberfd^üffe ber ^od^ftiftifd^en Ämter red^t^ be^ SR^eineö
3624 fL, linfö be^ 9il)eine§ 4517 fl., unb t)on geiftlid^en tmtem
mad^ten bie Sieinerträgniffe be^ Dffijial«, SBüariat^' unb Snfiegler*
?lmteg 250 fl. an^, in ©umma ergaben fid^ alfo 8391 fl.
5Rad^ ?tbjug ber jä^rlid^en Äoften für bie bifd^öflid^e ^of*
l^altung fotoie ber SRe^3räfentation§Ioften u. bgl. Fluglagen blieben
afe 9?eft gegen 7000 fL; nun betrug aber bie ©umme, bie man
jä^rlid^ afö Oilten, fieibrenten u. bgl. für bie ©d^ulben be«
^od^ftifte§ äu geben t)atte, nic^t tueniger ate faft 11000 fL*)
') Stf^of 3o^annes ,,1003 au^ in grofter f^uU unb tunt ben bürgern
ir gulte nit gegeben", berichtet ber fpeir. d^ronift, SRone I 484.
») ÄÄ». 296 foL 219 b.
') 80 ber £anbf<^reiber gfriebri^ Sroden, ber feinen fio^n für 4 ^f)u,
toö^renb beren er Sifc^of 3o^ann gebtent ^atte, ni(^t erhielt; SR. \pxa^ i^m
als (Ent|(^abtgung eine £eibrente oon jö^rlid^ 8 fL au. il5UB. 297 fol. la.
*) RÄ93. 339 fol. 67 a ff. ; es mag ber ©ebanfe naheliegen, bafe biejer
9ie(^nung9fiber|^Iag tenben^iös, in ju bflfteren Sfarben gehalten fei, ba 9R.
hutäf i^n bie traurige £age bes ^o^ftiftes feinem ^lapitel veranf^aulit^n unb
beffen Sl'lit^ilfe jur ^efferung geioinnen iDoIIte. X)o(^ bflrfte biefe ^nna^me
nur bis ju einem geroiffen (Srabe berechtigt fein, ba ja bas Aapitel bie ^n^
gaben {eberseit lontrollieren fonnte; übrigens forberte ber SBif^of bie ^mt'
leute, in beren ^egenmart jener 9?e<^nungsflberfc^Iag bem Aapitel oorgelegt
nmrbe, auf, es tunbptun, loenn fie bie „®elegen^eüen" beffer {ennen mürben.
(Ebenba fol. 72 a. — Die 9{e(^nungsflberfi(^t erfolgte auf C5runb oon „alten
9legiftem'' ber einzelnen £mter, beren Dur^fc^nittsertrag man ^u ®runbe
legte. C^enba fol. 78 a.
») Steoon sa^Ite man 9300 f[. für jä^rlic^e ©ilten „auf Slblöfung",
700 fl. für fieibrenten, 600 fl. als Soft- unb Dienftgelb, 300 fl. als 9Hann-
unb öurggelber (ÄftSB. 339 fol. 68 b).
136
@o fteUte ftc^ ein jä^rlic^er $afftt)reft im 93etrag ))on me^r aii
4000 fl. ^erau^ ! Kein 333unber, ba§ mon tro^ ber immer ttriebcr»
Ijoüen ®etbaufna^men nid^t einmal me^r imftanbe toax, feinen
SBerpflic^tungen burd^ red^tjeitige 3i^i^5^^^^n0^i^ nad^jutommen,
unb ba^ bic ^ö^c ber ^^uerfeffenen'' ©eiber immer me^r fticg unb
ed )o tarn, ba% bie @umme, bie am 2. ^ebruar 1465 fäQig toax,
ca. 18 500 fL betrug; an ber ^ä^ftlic^en ^rie allein ^atte baS
^od^ftift an Slnnateu unb £onfirmationSgeIbern me^r ald 1700 fL
©d^ulben flehen.*) 9Ke^rere fürftlid^e 9iad^bam toaren entfd^loffen,
bie Sted^te i^rer Untertanen, folueit bieje ©laubiger bed @tifteä
tparen, ju ;,f)anbtl^a6en'', toä^renb jene ©laubiger, bie feinem
^^erritorial^erm unterftanben, fic^ felbft ju Reifen fud^ten, inbem
fie ba^ @tiftdgut al^ ^fanbobjeft ju befd^lagna^men geloiUt toaren.
,,3ebermann'' fo llagt ber neue 93ifc^of,*) „fuc^t, ba% er beja^lt
tocrbe; bid^er l^an fie ©ebulb gehabt, ob uff ein !^t\i Se^a^luug nit
gcfc^ee, begebe fic^ uff bie anber 3^'^» ^^^^ i&wnt verlieret ber
Stifft fin ©lauben unb tuirb öermercft fin Unöermöglid^feit" b. ^.
mit anbcren 3Borten: ba§ ©tift ^atte feinen ftrebit öerloren, c»
ftanb unmittelbar öor bem ßanbc^banfrott.
So mu§te alfo ein ©runbjug ber )iieltlid^en S^ertoaltung
9}amungS eine gute ginanjpolitif unb eben ba^er größtmögliche
©^arfamfeit fein. SBcnn äWat^iag bei feinen Untertanen allen
unnötigen 2ujug öermieben toiffcn tooüte, fo ging er il^nen hierin
mit gutem SBcifpiel öoran: ^atte fein Sßorganger bei feinem feier«
lid^en Einritt in bie Stabt ©peier eine ©cleitfc^aft Don ca. 700
^Berittenen gef)abt,*) fo begnügte fid^ äRatl^ia^ mit einem ©efolge t>on
ungcf(ll)r 30 ^ferbcn.*) ©er §offtaat bcö Söifc^ofä tourbe mög«
lic^ft eingefc^ränft,*) für bie 9tepräfentation^Ioften nur eine nicbrige
©umme oeranfd^lagt unb ju iljrer fflcftreitung auc^ bic ^rii^at-
einnahmen SRamungg, fo befonber^ ber ßo^n, ben er ate Äanjler
beS ^fäljcr ^rftirften bejog, mit l)erangejogen.*) 3)iefe Spar*
1) ARS. 302 f Ol. 109 a ; eine 9late ber S^ulb Im ^^^ettag oon 330 fl.
lieb Slfd^of ari. {(^on am 12. ^ug. 1464 hntd) bie Srfrma ^etnis d. ^ebld
unb 2:ell^aber ausbezahlen, eine meltere 3iait am 13. Kug. 1469 (f. (Slafer,
Die Dlöjele @peler In ben pdpftl. 9{e^nungsbfl(!^em 1317—1560 In 9R$S^.
XVII gUr. 237 unb 255). •) AR®. 339 fol. 71a.
3) «emimg, (5e|^. II 119. *) Sp. Chron. b. SKone I 490.
^) „Rönnen nIt oer|teen, einer perfone (sc. In feinem öofftaot) miynnec
motten ^an," öuftert äR. gegenüber feinem Kapitel. RRIB. 339 foL 70 b.
^) RR®. 339 fol. 68 a ; oon ben 8000 f(., mit benen ber ®lf4of bas
S^log (Srumbad^ toleber einlöfte, loaren 2400 fl. oon feinem eigenen (5ut.
RR^. 302 fol. 115 b.
137
famfcit SRamungg tritt axxd) in bcn SJorfc^riftcii bc^ 99ifc^of^ für
feine SBcamte immer toieber ^crDor: in feinem eigenen ^offtaat^)
foQten nid^t minber toie in ber gefamten ©ertualtung be^ ©tifteS *)
alle unnötigen ausgaben öermieben toerben; bie 3^^^ ^^^ Sagb*
^unbe, bie man ^ielt, follte beifpiel^toeife Verringert, nur bie beften
öon i^nen toeiter gehalten toerben.') Die SSerfügung, ba§ bie 93e»
amten alle ©inna^men unb ©efätte, bie fie bcjogen, aufjeid^nen
unb bem Sifc^of funbtun foQten, ^atte gleichfalls mo^I feinen
anberen ^totd, ate überreiche Scjüge ber Beamten jugunften beS
^oc^ftiftS ju Uerminbent, wenn fie aud) nac^ ber SJerfid^erung
beS ÜBifd^ofS nic^t in biefer Slbfic^t, fonbern nur um bie ^©ctegen»
Reiten'' ber einjelnen ?tmter ju erfahren, erfolgte.*)
S)er 95efcf|ränfung ber ausgaben beS ipoc^ftiftS tritt crgänjenb
bie ^^enbeuj jur ©eite, bie auS bem bifc^öftid^en 3)omaniaIgute
fotoie aus ben toeltUc^en unb geiftlid^en Siechten bcS Sifd^ofä
fliejsenben @innat)men möglic^ft ju fteigern. Siamentlid^ toar eS
eine rationelle Setoirtfcf)aftung ber eigenen, nic^tüerpac^teten
©tiftSgüter, jtoed» bereu SKat^iaS bie eingcf)enbften SJorfc^rif ten er*
liefe. ©0 orbncte ber SJifc^of an, bafe einerfeitS bie SJerfäufe, bie baS
©tift an ^ki) unb ipeu machte, ju ben ^txtm im 3a^rc öolljogen
toürben, ba eS am rentabelften fei,^) anbererfeitS, bafe aud^ bie
©infäufe ber für bie ©c^löffer nötigen Skturalien toic ©alj,
©c^malj, ©etoürjc, ©tocffifc^e unb ^dringe ju günftiger 3rit öoü»
jogen,*) ba§ SBorrcite an (betreibe unb 3Bcin für aücnfaüS herein»
brec^enbe ^tiitix ber 3lot aufgefpeic^ert toürben,") bafe namentlich
bie felbftbetoirtfc^afteten SBiefcn unb gelber, bie gifc^creien unb
Schäfereien*) beS Stiftet möglic^ft auSgenü^t, bafe bie 99aum=
pflaujung unb Saumpflege ^) foloie auc^ bie Sienenjuc^t ^®) gut
') 6o befonbers in ber bijc^öfl. Rfl^e, f. oben 6. 123 Warn. 3.
«) ©uß^J. S. 4. ») Äft». 298 fol. 13Öb. *) (5uß5B. S. 6.
*) (Sbcnba S. 4.
*) ®ußf). 6. 4 ; eine Sulammenftellung Ober bie C^nlfiufe bei SReffen,
bef. Ui ber gtanffutter öetb|tmejfe [|ic betrugen 1465: 239'/, fl. 7 ?llb.] im
ÄÄ©. 339 fol. 96 a.
^) C5u£S. @. 5; bie fflr bas Uben^eimer S^Iog be|timmte ^rooifion
oon fiebensmittein im ÄÄ^. 298 fol. 53 b.
^) ©uß». S. 4.
') 93gL s. S. bei 9ieml{ng, Dit SRaxburg bei S>amhaä^ 75, bie bem
Aeftemburger Amtmann gegebenen 9)or{4tiften, in mtlä^n bas 6egen neuer
93fiume, fpesiell oon SO'lanbelböumen, fou)ie bas „3mpfen" b. i. S3erebeln bei
»äume bem ?rmtmonn jut ^^(ufgobe gefteUt roirb. ^^) ÄÄ®. 298 fol 123 b.
138
betrieben tpürbe ; too immer f olc^e^ möglld^ \r>av, f oflten bem Stifte
neue @innaf)mequetten eröffnet toerben burc^ Sßcuanlage Don gifd^*
teid^en unb burd^ ben SJertauf üon 5M<^^^^ "^^ granffurt,^) burdb
8Sief)3Uci|t unb t^ejieü auc^ burd^ ®eflügetjud^t.*) Sßamentlid^
aber follte ber SJerfauf be^ ^olje^ eine reicf)e ©nna^mequelte ben
ginanjen beö Stifteö bieten.'*)
2)er ©laube an bie Unerfd^öpflid^Ieit ber Sßalbungen toar
jur Qtii un)cre^ $8ifc^of^ bereite erfd^üttert; jtuar baucrte e» in
mandien Territorien nod^ eine er^eblic^e 3^'^^ 6^^ btxtn fianbe§=
l^erm fid^ mit ber grage beö 9B a I b f d^ u g e ^ naiver befd^dftigten.*)
©infid^t^öolte gürften aber toie ^erjog Ißubtoig b. 9t. t)on 9iieber*
baljeni ober 9irbred)t IV. Hon Cberba^ern fanben fd)on bamate
ben @rla§ öon SBerorbnungen für ben ©c^ujj ber 3Bälber nötig.*)
Äuc^ SBifc^of ÜRatf)ia0 get)ürte ju i^nen. Sn einer 9?ei^e t>on 2Balb=
orbnungen®) fuc^te er bie SBalbbeftänbe beö ipodjftift^, ben )og.
ßu^l^art') unb ben „)i8ientoaIb^®) ju fd^ü^en.
5)ie f)odjftiftifd^en ^Salbungen, namentlid^ ber Su^Iiart,
toaren jur ^^it bc^ JRegierungeantritteö unfereö SBifd^of^, toie biefer
fetbft einmal bitter flagt,^) in traurigem 3wftanbe. @leic^ ju
93eginn feiner Regierung erging ba^er an ben bifd^öflid^en 3oKfd^reiber
JU Ubenl^eim bei 93efel^I, eine neue SBalborbnung für ben Sufebart
>) Ä5193. 298 fol. 53 b u. 5Ga.
^) (Ebenba 53 a.
») (5uß5). S. 5.
*) ®o gefiört b!c etftc für bas gürjtentum ^fal3*3®^^^^ö<**" ^*
fannte SBalborbnung mo^I erft ber 2. gdlfte bes 16. 3^b. an. 9)gl. £. (gib»
!t)er Sof* unb Staatsbtenft fm e^cm. ScQogtum Sß^afy!iwtibx. in 9RS55?f.
XXI 125.
») 9?ie3ler IIl 780.
«) „Orbnung bes fiuft^arlß" (©ru^|al,aRtttTDO(^ ©t. Casbct^tog - 19. 5loo.
146()) im ÄÄ©. 296 fol. 215 a ff. unb ÄÄSB. 298 fol 61 äff. — „Orbmina
bes ©eroalbes" Rft©. 298 fol. 164 a ff. — ^Orbnung, roie es mit ben SBalb*
förftem, 3Ba(bfne(^ten unb bem IBetoalb gehalten toerben foHe'' RRS. 296
fol 210 a ff. — „Orbnung, wie es mit ben Srreien ju Hben^dm bes ßolges
falber im fiufe^art gel)altcn coerbcn jolle" (ßauterburg, SlRontag n. @t. ^oUonien»
tag - 12. gebr. 1470) im ÄÄ33. 296 fol 205 a ff. u. Äft93. 298 fol 92 b ff.
— „3BaIborbnung" cbcnba fol 56 a.
^) 3tDif^en ©ru^lal unb ^^ilippsburg : 3©0. VIII 133.
8) ?luf b. linfen 9l^einufcr jroifc^cn ßauterburg, SBeiffenburg unb 9?^efn«
aabern. 3©0. XX 127; über „bie urtunbli^e (S^reibung bes SBortes
©tenioalb" f. ^fälj. ?D?ufcum XI 46.
») ftÄ». 296 fol 215 a.
139
ju entwerfen.*) 3Ratf)iae griff jurürf auf bic Don feinen Sßorgängem
ergangenen,*) im Sauf ber Qdt aber in S8ergeffenf)eit geratenen
SBerorbnungen unb pa^it biefe SSeftimmungen burc^ (Srtoeiterungen
feiner eigenen 3^^^ ""^ ^^^^^^ SJebürfniffen an.') 3)e^ öfteren
lehren ©orfd^riften n)ieber, toeld^e ben görftem bie ?lbgabe Don
^olj ol^ne bejonbere ©rlaubniö Verbieten, fotpeit biefe ?lbgabe nid^t
an getoiffe ^erfonen erfolgte, benen gegenüber man ^ieju öerpftid^tet
toar; aber aud^ biefen foßte man möglid^ft ipenig l)erabreici^en.
S)aö ^olj burfte nur an ben Stellen gefd^lagen toerben, an benen
bie^, nac^ bem Urteil ber 5^^'f^^^*' ^^" geringften Sd^aben bem
SBalbe bräd^te.*) ?lud^ einjelne betaitlierte SSorfd^riften über bie
SBalb« unb SBaun4)fIege tuerben in biefen 3Balböerorbnungen ge*
geben, fo bie ^t\t beftimmt, in ber biefe ober jene SBaumart gefdttt
tocrben bürfe,*) aud^ 3Ka§regeIn jum Sd^u^ be^ 2öalbe^ öor bem
SBie^ getroffen.*) Die rege ^ürforge bc^ 3iifd)ofö für ben SBalb*
beftanb feinet Stiftet fprid^t fidf) am beften au^, tuenn er einmal
in einem ©rlaffe fclireibt: unfer äJteinung ift, ba§ toir
felbft oberfter SBalbüogt fein toollen**,"} SEBorte, bie bcmerfen^njert,
toeil fie dußerft d^araftcriftifc^ für bic ^erfönlic^feit unfereä
3Katl)iaö tüie für bie ganje ?lrt feiner inneren Regierung finb.
Sieben bem SBert beö ^oljes^ tüar e^ ber 33}ilbbeftanb, ber
bie SBälber ju einem f oftbaren ®ute be§ Stiftet mad^te; eö ift
bal^er leidet erllärlid^, bafe Sifd^of 9Watt)iad aud^ berbifc^öftid^en 3agb
fein Slugenmerf jutoanbte unb in beren 3ntereffc eine einge^enbe
Sagborbnung^) gab. 3)em ^^ifd^of unb feinen 3agent allein foUte
ba^ Sagbred^t gen?af)rt bleiben; aber aud^ gegenüber feinem
3ägermeifter betont SWatl)iaö ftrcuge bie @inf)altung ber Sc^onjeit*)
3Benn jutoeilen an getoiffe ^erfonen ba^ 3agbred^t öerliel^en
tourbe, t)erfäumte man nid^t, ju bemerfen, ha^ bie^ nur au8
@nabe, nid^t einer "i8er:pflid^tung toegen gefd^et)e.*^)
') !8ei bellen SBeftellung: ftī. 298 fol 13 b ff.
») ÄÄ». 296 fol. 217 b ff. ») ÄR53. 296 fol 215 a ff.
*) 515195. 296 fol. 205 a.
^) (tbtriba fol 212 b; |o burften |te^enbe 5ltefern nur fn ber 3^^
Snil^en <5eorgt unb 9Rh^aeK oerfauft merben.
•) 5151©. 296 fol 214 a. •) RR^. 298 fol 32 b.
^) „Ocbnung, toie es mit ber 3&0<i^^t 3^ fiauterburg gehalten voerben
loUe", ^eibelberg, SIRontag n. ^Kler^eUigen (4. iRoo.) 1^76. CBbenba fol.
136 b ff. ») 515193. 298 fol 137 a.
10; So bei ber S3crlei^g bes 3<id^re(^tes an (Eber^arb o. ^{amba^:
515195. 297 fol 109 a.
140
üDie 9{eci^te auf 31 6 g a b e u imb ^ i e n ft e , toeld^e ber 93i{d^of
aU @(ritnb* U?ie aU fiaube^^err ju beanf^ruc^en ^e,
follten nac^brttdlici^ ge(tenb gemacht n)eiben.O Unt bie iä^clic^ ein«
ge^enben 93€ten nic^t juriidge^en ju laffen, gab äKat^ta^ ben ftrengeit
S5cfcf)I, ba§ fein in 93ete fte^enbeS @ut, in* ober aufeer^olb be8
©tift^territorium^, öon ber 93etepflic^t frei toerbe; unb um bit
©teuerfraft ber einjelnen Bauerngüter toie aud^ ber ®cmeinben
nic^t ju gefäf)rben, orbnete ber Öifc^of an, ha^ o^ne fein 3Biffen
leine ^in^tn ober öJilten auf bie|e (Süter aufgenommen toerben
bürften unb ba§ auc^ ftdbtifc^e Ujie lönblid^e ®emeinben jur ?luf*
naljme öon Sitten an feine 3iiftininiun9 gebunben fein follten.*)
3« birelten Steuern tourbe in^befonbere bie ©eiftlic^-
feit be§ ^oc^ftift^ foloic bie in ©pcier anf äffige Subenfc^aft ^eran«
gejogen.') Unter ©träfe ber @i'fommunifation bejto. ber ämtS»
entfe^ung gebot Siamung noc^ im erften 3a^re feiner Regierung
nad^ bem Sefcfjlug einer ©ijnobe in 3lnbetrad^t ber großen
©d^ulbenlaft be^ Stiftet aßen ftlöftern toie aud^ allen einjelnen
^frünbebefi|ern ber ©^jeirer 3)iöjefe bie Scjal^lung be^ 3^^"^^^*)
b. i. beg 10. 3;cUe^ be§ ^Reinerträge^ i^rer ^frünben.*) %xd)
1) C^u£S3. e. 5; bte Seftgungen unb ®efdUe bes etiftee hn Dbet-
omt IBru^rem in RS^Sß. 301; bie jö^rlic^en C^efamteinna^men bes ßoc^ftiftes
an „^Profanbe" (5rn<^t unb ©ein) ©erben 1470 auf 10139»/f SWalter gtuc^t
iinb 197 Jubec 9Bein angegeben, Äft93. 296 a fol. 259 a; ber «Bert biefet
9laturalien mirb au^ In ®elb beregnet, unb siDor tpirb bas Süaltet ftorn gn
V, fl., bas SRaltet (5er jte unb Dtnfel ju Va fl., bas SRalter gober |u K* fL.
bas Qfuber SBcin ju 8 fl. angefetit; ber SBcrt eines gu^nes virb auf 6 ^g.
angegeben (ebenba foL 233 a ff.). Die (Einnahmen in ^rofanbe betrugen etioa
'/5 ber C5e|amteinnQ^men bes 5o(i)ftiftes ; bie|e beliefen ]\^ auf ca. 16572fl.
1'/, Ort (-- Quart b. i. ber 4. Xeil eines fl.; |. ©«^ener-^STTomann 1 152); ba»
oon floRen 15072 fl. IV, Ort aus ben (ftträgniffen ber ein^Inen ^o^ftfft«
Ii(^en $mter, vö^renb ber C^trag bes Stfadatsamtes (f. oben 6. 135) ca.
500 fl., ber bes De^em (b. i. ber ©c^irocinefutterlteuer) ca. 1000 fl. betrug
(ebenba fol. 258 b) ; bie idf^rlic^e Steuer, meiere bie ©tabt fianbou ju entrii^ten
^atte, follte nic^t mel|r als 200 ^fb. geller betragen (SKone I 357). „Steuer«
unb ©ete^Orbnung f. X)eibesl)cim u. 9?uppertsberg" i. ÄÄ93. 299 fol. 133 b
ff. ; bie Summe ber gerbjt« u. 9Wai«95clen u. Steuern ber einjelnen Ämter ©irb
ouf 3387 fl. 87 <pfb. ^fg. rejp. auf 154(> fl. angegeben. 51Ä93. 339 fol. 30a ff.
2) (5u£5ö. S. 8. *) S. oben S. 129 ff.
*) „Processus sui)er contribulione sive decima danda" (Dat. in castro
nostro Udenheim, fer. III. p. Trinitatis (= 2. 3uni) 1465; RR©. 414 S.
123 ff.
••^) a)2one i. b. 3(50. I 164.
141
^p&itx erging eine Steige ä^nlid^er SRanbate ; ») gleid^tooi^t toar ba«
©teucrtoefen im ganjen im ^od^ftift @^)eiet nnv toenig au^gebtlbet,*)
ein Umfianb, mit bem e^ gutommenf^ängt, bojg aud^ ba^ lanbftänbifd^e
SBefen im ipod^ftift faft feine Spuren cmftDeift.*)
SBon finanjielfer SSebeutung loaren unter ben lanbed^errlid^en
Redeten and) ba^ 3^^^*r äÄünj« unb ®clei t^red^t; aud^
auf beren ©eltenbmad^ung toax SBifc^of SRat^iae bebad^t.*)
©ne erfieblid^e ©innal^mequeöe bilbeten femer bie fiefatifc^en
©efäffe unb bie ©traf gelber; um baö (Srträgni^ ber Unteren
retd^ jK geftalten, t>erorbnete ber Sifc^of, bafe bie ©trafgelber „iu
ber erften ipi^e," ha fte Dert^ängt tpürben, auc^ eingejogen iperben
flauten, bamit man nid^t bei SBcrjögemngen burd^ ©itten u. bgL
il^re ^erabfe|itng erlange.*)
Äud^ in feiner ©genfd^aft ate geiftlic^er Cber{)irt ber ©peirer
3)irjjefe toar äWat^ia^ auf finanjiellen ® elpinn auö getoiff en geift*
lid^en Ämtern bebad^t*) 5)ie S)ienfti?orfc§riften, tocld^e äRat^ioS
bem Äapettenlned^te an ber tjon it)m fclbft erbauten Äapettc am SSag«
ffikuH gab, befd^aftigten fid^ nid^t jum geringften mit ben @rtrdg»
niffen be^ Dpfergelbe^, ba« bie ^itger brad^tcn.') 6^ ift eine
gang befonber^ fjcröorge^obene ^lid^t be^ bifd^öflid^en SSifar^,
^) „Mandatum sive processus super decima danda*' an bk ^Iö|tet bet
©peicer X^tSjefe (dat. in nostra civitate Spirensi fer. II. p. dorn. Cantate
= 24. Upttl 1475) In 5UIÖ. 414 S. 314 ff. — „Insinuatio processus super
decima danda facta decanis et camerariis ruralibus" (feria VI. p. ascensionis
dojpiol — 6. 3SUd 1475) tbcilba ®. 316. — ..Monitorium super dicta decima
danda (feria III. p. St. Michaelis = 2. Oftobet 1475) cbenba 318. — „Alius
Processus super decima danda contra beneficiatos in Udenhcim et Lauter-
burg ebenba 319. «) (S. SJlont l b. 3(50. I 163 ff.
*) 9$on £anbtagen unter ^amtmgs 9legtemng fft nft^ts betamtt ; bo<^ ^öten
wk an einer 6tefie (RftS. 297 fol. 288 b) oon einer ,,3(^a|ung/' bie ber
9^d^f auf feine ^gemeine £anbf^aft" ^u legen in ^usfu^t na^m. 3n Se*
|H9 Ottf bOfS @t&nbeoe|en bflrften bie 3tt(tänbe im igo^jtift ©peier benen in
5lurpfal3 (ogl- ®Ias|^rÖber, 3. turpf . 3tänbeipe|en in 3(50. 913- X u. (5 ot^ein,
Die £anbftdnbe ber Slurpfo!) in 3®^- ^^S* HI ö^nKc^ getoefen fein; au(^ im
^oc^ftift (Speiet f^einen 9lotabeIn«Ser|ammlnngen, m(^t aber lanbftAnbif^e
Scrfommlungen belannt gevefen ^ fein.
^) Ku^eic^ngen über einzelne 3oQi>erorbnungen, Xariflö^e unb 3<>Q'
edr&^idffe an bem 9l^in)ott jn Hben^eim unb bem So^ 3u Raufen i. RSi^.
296 foL 287 b u. 316 a. ») ©ufi». 6. 3.
') Die oben genannten Dejimationen bes RIerus fann man unter bie
lanbes^rrüc^en (Einnabmen retten, ba ja auc^ n)eltü(^ !Xenttoria(^enen fok|e
erhoben, f. 9{ie}(er III 46. ') ^lä^eres bei9lemUng II 170.
142
barauf ju achten, ba^ bcr htm gciftlid^cn ©crid^tSfoUcgium beU
gegebene gi^fal feinet 3lmte^ getoiffent)aft toalte.*) 1470 lonnte
benn avid) ber fflifd^of gelegentlich einer SSermögen^aufna^me bic
idlirlic^en ©infünfte au§ bem ^^Silariatöamt'' unb ben ©trafgelbern
öon ^riefteni ouf burd^fd^nittlic^ 500 fl. anfe^en unb babei be«
merfcn, baß bic^ §lmt unter (einer Regierung bi^^er fogar nod^
mef)r, unter ber feiner SBorgönger aber tueniger ertragen ^abe.*)
S)ie @innal^nien aii^ bem SBifariatöamt floffen, abgefel^en öon ben
©trafen öon Äleritern, auc^ öon Summen, bie für Granulationen,
Snbulte, 3!)i^pen|en unb ä^nlid^e^ bejafilt tüurbcn; ber SSifar be»
SBifd^of^ foBte über bie Eintreibung aü biefer ®elber toie auc^
über bie Sefd^lagna^me getoiffer ®üter, jo ber Kapitalien jener
^erfonen, bie of)ne 'Jeftament öerftorben toaren,*) toad^en.
3u alt biefen Sejügen famen noc^ au^erorbentlic^c
©innal^men, bie 3Wat^ia§ burc^ SJertriige, beren ?lb)ci^lu§ einen
finanjielten Sßorteil für ba^ Stift bebeutete, ju erjielen tuu^te. Der
Erfolg, ber im 9lu8gang be^ Streitet ätoifd^en bcr Stabt ©peier
unb bem SBifd^of für biefen erblidt toerben mufe, toar an erfter
©teile finanäieller 9iatur, inbem bie ©tabt bem Sifc^of toieberl^olt
er^eblid^e SSerfc^reibungen machen mu^te.*)
Einen intereffanten SBlicf in bie finauäielle S^ätigfeit unfere^
Sifc^ofä gibt unö bie Snftruftion, toeld^e 9Wat{)ia^ bem Diepolb
93rodfen gelegenilic^ beffen Seftellung jum bifc^öflid^en ;,2anb»
fd^ reiber ju beiben ©eiten be§ 3i^ein§''^) gab; in biefer 3n=
ftniftion, bie bi^ ju einem getoiffen ®rab afö ©e^eim*3nftru!tion
aufjufaffen ift, geigt fic^ beutlic^ genug bie intenfioe, ja rürffid^tg*
lofe unb in ber 3Ba^l ber äRittel nid^t gcrabe tt)äl)lerifd^e 9lrt,
toie 9Äatl)ia§ ben ©d^ulbenflanb feineä ©tifteS unb bamit bie ^ö^t ber
©ilten, bie man jd^rlid^ ju geben ijattt, ju verringern fud^te: ju
biefem ^totdt follte ber öanbfd^reiber jenen ©löubigem, bei bencn
man burd^ biefe§ 5?erfal|ren ettoa^ ju getoinnen Ijoffte unb bei beren
?luötoa]^l 3D?att)ia§ feinem ßanbfd^reiber be{)ilflid^ ju fein üerfpric^t,
1) 3n|truftton f. bas bl|(^öfl. gciftl. ©eri^t: ÄR25. 414 6. 294 ff.
«) ÄÄ93. 296 fol. 258 b ; bfe ©trafen efnäelner ^rieftet ©oren fe^r
^o<^: {o mujste bei ©peiter ©czpräbenbor (Sulbenfopf eine ©träfe oon ni^t
ipeniget als 400 fl. beja^Ien. ^lemling, (Sef^. II 150; fi^nl. Strafen f. ebenba 149.
3) gjlfarfotsorbnnng in ÄÄ«. 414 6. 249 ff.
*) 9lfi^ere Angaben hierüber gebenfe ic^ in meiner ^b^anblung Aber
bie Stellung bes SBtfd^ofs 3ur ©tobt Speier ju machen.
'^) ÄÄ®. 298 fol. 85 b ff.
143
bte fälligen (Eilten nic^t fogleicl^ auebeja^len, f onbeni bte @läubtßer
junäc^ft l^injic^en, bann, tocnn [ie 3^^ti"^9 forbcrtcn, fottc man
il^ncn crtoibcm, man fei Ijieju au^er ftanbe, bod) fei man gctuiltt,
bic fc^ulbigcn ®ilten üon einer britten ©teile ju entleihen unb ba»
mit bie ©Ijjiibiger jn bejahten, aber nur für ben gatt, ha^ ein
2;eil ber @c^ulb geftric^en toüxbt. ßeuten, bic ber ®ilten nottoenbig
bebürften, fo orbnet äRat^ia^ be§ heiteren an, fotte man bereite
öor bem Xermin bie ®ilten bejatjten nnb i^nen ^iefür ebenfalls
einen Seil ber betreffenben ©c^ulb ftreid^en ; namentlich aber foUe
man an ©eiftlic^e loie an SBürger bie fc^ulbigen 3^Ölungen
nur unter ber SJebingung entrid^ten, baft fie ettua^ üon i^ren
gorberungen nac^liefeen. 3)amit ber ßanbfc^reiber um fo me^r
©orgfalt barauf öertuenbe, burdi ba^ angeorbnetc SSerfa^ren ben
©c^ulbenftanb bcö Stiftet ju minbern, foll er an bem ©etoinn
^)artijipiercn.
SWic^t allein bie Sejat)lung ber ^^öerfeffenen" ®ilten unb
©c^ulben, auc^ eine jäl)rlic^e Tilgung an bm ^ipau:|3tfummen%
bie ba^ Stift aufgenommen i)aiU, tourbe in bem ginanjplane, ben
SKati^ia^ feinem ftapitel Vorlegte, aU ein ju erftrebenbeö 3^^^ '^ ^^^
ginanäpolitil, alö ein SKittel bejeic^net, bad ben „?lufgang be^
©tift^" erl^offen laffe.»)
3BirIlic^ öerftanb eö äWat^iaö and), bie Verringerung ber
©c^ulbenlaft unb eben ^ieburd^ bie SBerminberung ber jS^r»
lid^en ©iüen in bie ^^at umjufe^en, nid^t jule^t aud^ burc^ gün=
füge ®elbgefc^äfte, bie er mit ^riöatperfonen abfd)lofe: ^a)pax
Don 9D?ittell|aufen, ber bem ©tift ein Darleihen t>on 1000 fl. gegeben
^atte, öerjic^tete auf bie unbejal^lten, fältigen ©ilten Jüie audi auf baä
3)ienftgelb, ba^ er ju beanf:prud^en l^atte, al^ il|m SJiattjia^ 500 fl.
be§ 2)arle^enö jurücfbejal)lte.*) ^anö ^artlieb lie§ bem 93ifc^of
öon ben 1000 fL, für bie il^m ba^ ©i^ult^eifeenamt ju ßanbau
auf SBiebereinlöfung öerfe^t toar, 100 fl. nac^.^) 5)ie SBittoe
Äeinl^arb^ Don ©idKngen öerjic^tcte auf 200 fl. ®ilt, bie it)r ba§
©tift fc^ulbete.*) Sinem anberen ©laubiger namens Sred^tel Sar-
füfe fc^ulbete ba^ ©tift 700 fL, bie «ifc^of SRaban ju 35 fl. ®ilt
aufgenommen I)atte; *) SKatl^ia^ erneuerte jtoar biefen ©d^ulbbrief, bod^
mufete »arfüfe auf 40 fL jä^rli^en ©ienftgelbeö, baö xi)m »ifc^of
ÄÄ©. 339 fol. 74 a. «) ft«». 297 fol. 50 a ff.
•) Rft«. 297 fol. 49b-50a. *) 51Ä«. 297 fol. 6«a— b.
6\ QQ9) .qOQ fnT ßh
') Ä5UB. 302 fol. 6 b.
144
Sodann öcrfd^ricbcn iiatte,*) öcrjii^ten.*) Äafpar ®lumc an^ %xanU
fürt unb feine ffi^cfrau i^aittn unter ©ifd^of ©iegfrieb 1500 fL
ipau^)t9elb gegen eine ®i(t Don 75 fl. bem ©tift geliel^en;*) ftflatf)iai
jaulte An ©turne 800 fl. bar jurürf, toät)renb Slume 300 fLf alfo
20 ^/o be^ ganjen Darle^en^, nad^laffen unb anftatl«i)er übrigen
400 fl. mit einer jäfirlic^en Ceibrente*) fid^ begnllgen muJ3tc*)
ÄffcrbingS, um ba6 Sargelb, meldte* für tlblbfungen, toie fo*
eben einige angeführt tourben, nötig tüar, aufjubringen, mußten meift
neue 3t u f n a f) m e n gemad^t toerben ; f o naf)m Wlattya^ üon ^^tlipp
©d^neiblod) t?on Äeftemburg 1000 fl. gegen bie jiemlic^ ^o^e (Silt®)
öon 60 fl. auf;^) allein bie neuaufgenommenen Äa:|)italien
f anben eine berartige SSertoenbung, ba§ au$ f old^en ginanjoperationen
ba^ Stift feinen 9hi^en jog, inbem eö burc^ bie neuaufgenommenen
Summen Don brüdfenberen früheren Sd^utben befreit Serben lonntt
2lud^ l^iefür einige ©eifpiele: Don grau ^ebelin SJefterin na^m
ilKatl^iaö 1000 fl. auf,^) biefelbe Summe Don bem Sunfer ©ernt)arb
^•anc^ Don ftird^^eim unb bcffen (S()cfrau •) ju einer ®ilt Don je
50 fl.; biefe aufgenommenen 2000 fL ermbglid^ten e^ bem ®ijc^of,
bamit nic^t allein 2000 fl. ^auptgelb ju 100 fL @itt, bie man
an ^an% Don @nga§ fc^ulbete, fonbeni Don eben bemfelbcn aud^
40 fl. I)ienftgelb abjulöfcn.***) ®egen eine ®ilt Don 100 fL naf)m ber
95ijc^of 2000 fl. Don ber 2Bittoe ipeinric^^ Don ^anbfd^u^d^eiTn auf
unb Ibfte mit ber ^ülfte ber Summe 1000 fL ab, Wdd^t er an
griebrid^ Sturmfelberö ßrbeu gegen 50 fL @ilt fd^ulbete, juglcic^
aber auc^ 20 fL Dienftgelb, n)ät)renb bie anbere ^älfte be§ auf=
genommenen Äapitafe ju einer anbeuen Sinlöfung Dertoenbct tourbe.")
3ur 3luf6ringung ber nötigen Summen für bringenbe Sc^ulben
)vk für „Derfeffene GJittcn/' b. i). fdt)on fällige 3i"fci^^ }^^ P^ ®ifc^of
9)tatt)ia^ jtoar gcjtoungcn, jum äJiittel ber 9?crpfönbung einjelner
Stift^güter ju greifen.*^) So tourbe ben 3un!ent ^ietrirf}, jpeinric^
Stm. '302 fol. 93 b, cf. 93 a.
2) m^. 302 fol. 114 b. ») m^. 302 fo!. 72 a.
*) 3m Setrag oon fe 20 fl für bfc belbcn (Ehegatten.
*) Ä^©. 302 fol. 114 a.
•) Sonft betrug ber Sinsfufe meift 5«/o.
') U. a Frauentag Äerswei^ 1467 (- 2. gebruar) ; m^. 297 fol. 45 b. ff.
8) M'^. 297 fol Ib ff. 9) MSB. 297 foL 6 b ff.
»«) ÄÄ93. 302 fol 107a ff. JA) ^m. 302 fol 118a.
^^) 9(u<^ Don bem 6!I6ergerfit bes ©ttftes oecfoafte SR. in ben erften
3a^ren feiner ^Regierung eine ^exf)t oon (Segenftänben. ftt©. 296 fol 388 a.
145
unb %i)a\m t)on ^anb[c^u{)^f)eim nebft anberem auc^ 33urg itub
Stabt Dcibcöf)cim mit ©clüilligung be^ ftapitcfö um 6000 fl. unter
SJorbc^alt bce 3!BicbcrIauf^ ücräu^crt;') bcnnod^ (otltcn bicfc SJcr»
Suficrungcn nic^t nur intcrimiftifd^ fein, fie toaren meift aixd)
tatfäc^Iid^ nur temporäre 3Wa§nal^men: bereite )tä)^ 3af)re, naä)'
bem SRttt^iaei 2)eibe^f)eim öerfc^t I)atte, tonnte er e^ toieber einlöfen.*)
2)a0 Schloß unb Stübtc^en &t\xmbad) überlieg Wlaif)\a^ um 10000 fl.
an ^anö öon (yemmingen,') um fo bie 7600 fl. bejal)len ju
fönnen, bie man bem Vorgänger Siamung^, 93ifc^o| 3ot)ann, jur
Äbfinbung jugefprod^en l)atte. ?luci^ bie^ toar ein öorteit^afteö
©efc^äft: benn toät)renb ber jäl)rlic^c SHeingetoinn be^ ^od^ftifte«
"oon ©rumbac^ ef)ebem nur auf 400 fl. angefefet toerben fonnte,
ha bie ®ermaltung beö Sc^loffee burc^ ba«^ ipoc^ftift felbft luegen
ber erponierten 2age ©rumbad^e mit großen iloften üerbunben
toax,*) tonnte man bei einer Vergebung be§ Sd^loffes^ um 10000 fl.
bei bem üblid^en 3i"^f"6 ^^^^ ^^^^ ^^^^ 3al)re2irente oon 500 fl.
erjielen; unb ale 1470 Schloß, Stabt unb 3)orf ßJrumbad^ loieber
eingelöft ipurbc, erlegte ber ©ifcfiof nur 8000 fl. in bar, toät)renb
man 1000 fl. bem ^an^ Don (^emmingen fd^ulbig blieb unb
biefer auf bie Joeiteren 1000 fl. überl^aupt öerjic^tete.*)
3luc^ S^efi^ungen, bie bereite unter ben Regierungen früherer
©peierer iöifc^öfe bem feoc^ftifte entfrembet toorben toaren, fud)te
äWat^iaö jurttrfjuertoerben. So üerl)anbelte er 1465 mit ^^ilipp t)on
SRaffenbad) betr. SBiebereinlöfung oon 3 Sefißteilen an ber iporn=
berger SPurg um bie Summe öon 2000 fl ; ®) jtoei 3at)re fpäter öer«
taufte ber Sifc^of biefelbe 95urg an ben Stitter ßu^ Sd^ott um
2600 fL") Das» Stäbtlein SBeibftabt, bag „öon beö SReid^e^ toegen"
fteibelberfl, Sam»tag n. St. ^aulus öcfe^rung (26. 3onaur) 1465 ;
ÄÄÖ. 297 fol. 287a ff.; km. 302 fol. lila.
>) ^te Summen, bie SIR. aur (EtnIo{ung bei ^eibes^eim oon oer«
f^itbenen £cuten aufgenommen ^atte, im ^.\^^B.302 fol 118 a ff. u. f^9.297
fol. 146 b ff.
') M.H3. 302 fol 110 a. ^rffirft gfriebii^ na^m ßons o. (Semmingen
unb {eine (Erben, fofonge fie im l^efi^ C^rumba^s feien, in feinen Sdfkm, ha
bas Stift bas SBieberfaufsrec^t behalten ^abe unb ba aUe Stiftsgflter in
bes fturfflrften (£rbt(^u| fi^ beffinben (^eibelberg, vigilia s. Bartolomei
= 23. «uguft 1465, ÄÄ«. 813 fol 163 b).
«) S(^on }u beginn feiner 9iegierttng ^atte 9R. bemerft, ba| bie @e«
triebstoften (Brumbac^s einem (Ebelmann ni^t fo ^od^ ju fte^en fdmen als bem
Stifte felbft. M^. 339 fol 67 a. *) ÄÄ«. 302 fol 115 b.
•) 9lemltng, ©efc^ic^te II 155. ') m^, 297 fol 302 a— 304 a.
10
146
bcm 93ifc§of öon ©pcicr aU „obcrftcm ipcrrn unb Sogt" juftanb,
löfte SRat^iaö öon aBt:prcd^t t»on ^clmftäbt tuicbcr cin.^)
Unter äRat^taä tourbcn axxä) einige neuere fi^ungen bcm
@^)eierer ^oc^fttft burd^ SJcrtröge unb ©d^enlungen lüic burc^
?lnlauf cilüorben. @o übeilic^ bie ©tabt ßanbau bem SBifd^of
i^r ®orf Dueic^^eiin auf 20 3at)ce.*) Die SRu^ungen öon Dueic^*
Ijcinx tourben bem neuerbauteu ©d^tofe SDiarientraut übcmiefcn.')
S)urct| ©c^enfung erl^ielt baö ^od^ftift unter äWat^ia^ öon einer
@^)eierer Bürgerin, SKagarete SBernI)o]^in, einen $of ju Sn^^eim
mit bcn juge^örigen filtern,*) burc^ Kauf ertuarb ber Sifc^of
namentlid^ mehrere SSeinberge.*)
äRit ben bem Stift gel^örigen ©ebüulid^feiten \vav e^ bei
SHamung^ ^Regierungsantritt, befonberS burd^ ben ©influ^ be§ un=
glüdEU^en Ätiegeg öon 1462,*) jum großen Seil jel^r übel beftettt;
mit SRei^t betont ©effrieb öon SOintterftabt in feiner Sifd^ofSc^ronif/)
ha^ burd) bie fiäffigfeit ber SSorgänger Mamungö bie ©ebäulid^:«
leiten ftart t)eruntergefommen, ja jum Xeil giiuälid^ verfallen, bod^
burdj baÄ SScrbienft unferee ©ifd^ofiS Ujieber auf ben früheren guten
3uftanb gebracht toorben feien. 3Bäf)renb ber erften 6 3af)re feiner 9te=
gierung ücrn^aubte 3Kat^iaS nid^t Weniger at§ 8000 fl. für S8au=
jtoedEe,^) 3 ^ai)u f))titer n^ar bie Summe, toetrfie bie 93 au tat ig*
leit unfercS Öifc^ofS beanfprudE|t t)alte, bereite auf 12400 fl. geftiegcn.*)
2)er in ))oIitifd)er SBejietjung jebenfalte bebeutenbftc "iSan, ben
3Mat^ia^ toii^renb feiner ^Regierung unternahm, toar ber Sau ber
gefte äWarien traut bei ^an^ofcn. ©ntftanb biefe 3^ingburg
auc^ n\d)t gteid^jeitig toä^renb be^ ÄampfeS jttjifd^en Sifc^of
3Rat^ia§ unb ber ©tabt ©peier, fonbern erft t)on 1468 an/®) fo
^) mm. 301 fol. 223 b. ») km. 297 fol 18a ff. (fianbau, Donners«
tag n. b. f)l «Pftnglttag = 6. 3unt 1465) ; ^urfürft gfricbrii^ ocrjt^tete (gret-
tag n.St. Meters* u. ^aulstag - 1. 3uli 1468) auf bk i^m übet Quef^^eim
Suftc^enbe Sd^ufioogtci ÄÄ^. 813 fol. 240 b -241a.
3) km. 302 fol. 17 b. *) mm, 297 foi. 53 a ff.
*) So einen SWorgen 5Sclnbcrg bei ©ödlingcn um 15 fl ; M"^, 297
fol 68 b ff. 6) km. 296 fol. 231a; ogl. 9?emling, (5c((^. 11 126 ff.
') Sei Sendenberg, Selecta juris et historiarum (^rtf. 1742) VI 197;
anbers lautet btc betr. Stelle bei ^Öbmer, Kontos rerum Germ. IV 349 u. (Eccarb,
Corp. bist. med. aevi (ßpjg. 1723); boc^ üt blc Scstttt bei Sendenbetg ^iet
ootäujie^cn (nur |tatt fuerit ijt fecerit ju le|en), ogl. 93ö^met IV S. XLII.
«) km. 296 fol. 231a. 9) Ä.^«. 296 fol. 392 b.
^0) kk'^. 302 fol. 117a; ße^monn, C^ron. b. 9lci<l^s|tabt Speiet (1711) 876
Dctlegt ben 5Bqu irrtümlich in bie 3a^re 1466—67 ; au^ bie Datltellung bei
147
toar fic boc^ in bcr ©tcUung bc^ SBifc^of^ jur ©tabt bcgrünbet:
bic ^anb^abung ber SRcc^tc bc^ ipod^ftift^, befonbcr^ gegenüber
ber Stabt Spciciv toivb an^bindlid) aU ber ^to^d ber neuen
Surg angegeben.^)
9lm 22. September 1468 fc^Ioft 9Katt)ia§ mit einem Öanbauer
Sürger namens fjriebric^ 3^^^^^^^^^^ ^^"^^ Vertrag betreffe
ipcrfteUung be^ an ber neuen gefte nötigen ipotän)erfeö ab,*) toelc^e^
biö 5um 24. 3uni 1469 fertiggeftellt fein joUte; om 8. gebruar
1469 üerbingte ber 3)i)d;of 3^"^"^^^^^"^^ ^^^ ?iu^fü^rung J)on
Weiteren ®emäc^em in ber ^ant)ofer S8urg.*j 3IBät)renb griebrid^
3immermann fomit afe SSerlmeifter beim ^anf)ofer ©au bejeic^net
toerben lann,*) lag bie Oberleitung be^ ganjen öau^ in ben
ipänben bc^ Öauterburger Cberamtmann^ SReib^arb t)on ^ornberg,^)
in beffen ©ertoaltung^bejirf ja bie neue 99urg lag. 3^*^ Seftreitung
ber ftoften trugen einjelne ©peirer S)om^crrn, 9l^einl)arb öon ipelm»
ftäbt, ber 3)ombec^ant 3of)ann öon ©tetlcnberg unb SBipred^t SRube,
©tift^^err öon @t. ©erman, bei;^) bie SBetoo^ner ber umliegenben
Siörfer tourben jum gronbienft l^erangejogen, bie ©tabt ßanbau
(^etflel, Der ^atferbom ^u 8peiet (in ben Schriften unb 9{eben oon ^arb. o.
©eiilel ^sgg. 0. Ä. X^. Dumont [2. «ufl. Äöln 1876] ©b. IV) 217 ift un-
ctc^ttg. 9M^eres Aber bie Stellung Speiers su bent l^au idüI i^ in ber oben
erwähnten ^b^anblung Aber ^amungs Stellung 3u <&peier bringen.
') m^. 302 fol. 117 a.
') m^. 298 fol. 66 b— 67 b; bie einzelnen wirbelten, 8U beren ßer«
fteHung 3ttnmermann ]xä) oerpfIi(]^tete, foioie bie C^ntlo^nung bes|elben bei Stern«
ing, ®ef(^. II 166 3lnm. 559.
3) m'^. 298 fol. 67 b— 69 a; eine SBetglef(^ung ber beiben Sertrdge
5etgt, tote ber innere Ausbau ber ^urg loeiter {(^rttt: toö^renb im früheren
me^r bie Stoßarbeiten unb bie atlemötiglten (Semöcßer oeraftorbiert tourben, be«
|(ßdft{gt \\d) ber ^meiten Vertrag mit ber toetteren inneren ^usge{taltung ber $urg,
mit ber ^usfflßrung oon weiteren Gemäuern toie 6pei[efammer, .f A(ße, iBodf«
^U9; I3a<fftube unb ^abejimmer. ^alb barouf tourbe ein neuer SBertrag mit
3inimermann betr. „etlicher ßol^bouten'' ju ^anßofen abge|(ß(of{en (ge^n«
ßooen, Donnerstag n. ®t. 3afobstag 1469) M5B. 298 fol. 72 a. Die Aus-
mauerung bes Brunnens, ben 9^. in ber neuen SBurg ßer[teUen lieg, oergab er
an ^eter 9Wurer, Steinmeft ju Ubenßeim (^5^33. 298 fol 69 a— b); 9tem.
ling, (5ef<ß. II 166 ?lnm. 559.
*) Die etgentl. 9ln[teIIung (im O^egenfa^ ju ber Vergabung oon einselnen
9(!!orbarbeiten) 3i"ttn«rmonns jum bijcßöfl. ^^SBertmeijter unb Diener" erfolgte
1475, aWittroo<ß n. St. Hlri^stag (-- 5. 3uli) auf 4 3aßre. Orig. bem
^m. 298 beiltegenb.
*) ^m. 302 fol. 117a; jebocß ni(ßt au^ bes Domtapitulars 9leinßarb
o. ßelmttöbt, roie 9lemltng, (5e(^. II 166 |agt. •) tÄ53. 302 fol. 117 a.
10*
148
mit bei* 3Jittc um üicfcmng t)on Steinen angegangen.^) Übcrt)aupt
jcigte SDiat^ia^ aud^ bei ber ?ludfil^rung beö ''^aiit^ feine getoo^nte
mit ©nergie ge^jaarte Älugt)eit. So tourbe in beu Urningen bc^
3)omfapitelÄ mit (£ber()arb ^feil, bie ber iöifc^of üennitteltc,
beftimmt, ba^ öon ben bejd^Iagnafimtcn ^^frünben ^feifö 140 fl.
jum S8au be^ ^an^ofev Sd^Ioffcd öertüenbet toerben fottten ; bafüt
lonnte ber üöifc^of 'ißfeil too^I bic 6^re bewilligen, bafe fein
SBoppen in bem neuen Sd^lo^ in Stein gcl)auen toerben follte.*)
So fc^ritt benn ber ^Äau ber ^efte rafd^ öortoärtö; bereite
ju ?lnfang be^ ?al)re^ 1470 fteüte S(»att)ia§ für ba^ öan^ofer
Sd^Iofe, bae ju (£()ren ber Stifts^patronin ben 9?amen STOaricntraut
erhielt, einen eigenen 33nrgDogt in ber ^erfon ftonrab SBeintieimev^
auf.')
X)ie neu errichtete iBurg mujjte natürlid; aud) loirtfci^aftlic^
gut funbicrt toerben: ®üter unb Shifeung^red^te tourben angefauft
unb biefe bem ©an^ofer Sd^Io^ jugeteilt.*) Slad^bem ber SBcftaub
ber neuen S^urg gegenüber bem anfdnglid^en 3Biberftanb ber Stabt
Speier unb bee ftaifer^ gcficf)ert fdjien, übertrug 9D?atl^ia§ am
23. 9tot)ember 1472 in feierlid^er gorm bie SJZarientraut mit ben ju«
gehörigen ©ütern unb öefäßen an ba^ ^oc^ftift.^) ®egen 6000 fL
^atte ber Sifc^of für ben neuen Surgbau tjertoanbt ! S)a§ 2)om=
lapitel erf)ielt ba§> fog. „freie Effnung^rec^t" auf ber äRarientraut ^xu
gefprod)en; bie i^urgleute bafelbft foüten neben bem SBifd^of auc^
auf ba^ Domfapitel l^ereibigt toerben. Die iöurg follte ju „etoigen
Xagen'' \\\d)i Deräufeert toerben bürfen, bod^ fottten ÜÄat^ia^ unb
feine Sfad^folger ba^ Siedet ^aben, bie ^^fte jU öönbcn beö Äapitel^
JU fteöcn, fali^ bicö einmal jtoedfbienlid^ erfd^ienc. SBie toid^tig
bem Sijd^of bie ^^urg büntte, erfiel}t man baraug, ba§ er jene
Verfügungen fotüof)l in ben 6ib aufne()men Iie§, ben jeber Öifc^of,
h)ie auc^ in jenen, ben bie 2)oml)crrn i}or if)rem ?lmt^antritt
jd^toören muftten.
») 9lem«n9, U93. II IRt. 188. ») m^. 298 fol. 71a.
»; aWontag n. fiactare (- 2. «pt«) 1470; m^. 298 fol. 79 a ff.
*) 6o taufte bas Domtopitel für bte ^uig ^der u. SBiefen foiote
3in|e 5U Sc^iffcrftabt, M'Sß, 296 fol. 356a ff; bie ?lufjd^Iung ber efnjelnen
(5flter u. 9hi^ungen, bie bem neuen 6(^(ob angemiefen lourben: ebb. fol. 354 b.
*) Uben^cim, SWontag n. @t. Äat^arinentag 1472; Ä^ö. 296 foL
358a-a56b; 8pÄ5l. ©odftft. ©pcier Sasj. (Ä©.) 831 S. 379—393; ftft«
297 fol. 273 b ff. ; ein !retl biefer Urfunbe mit etlichen, 5um Xefl ben Sirni
ftörenben geilem gebrudt bei Simonis 179—180.
149
^urc^ ben 9{eu6au ber äJtarientiaut n^urbe bie ^^ebeutung,
toclc^c bic cfjcbcm tpic^tigftc Surg bc§ fpcirifti^cn ipoc^ftifte^, bic
bei ^ambad) (gelegene ^eftemburg, bie f)eutige SKa^burg, gehabt
f)atit, tpefentlic^ beeinträchtigt; htnnod) forgte SWat^ia« and) für bie
fteftemburg, iubem er and) an i^r SReftaurationen üorne^meit lie§.*)
9Son ben lirc^Uc^en ^-Bauten, bie 9Katf)ia^ teiU renoöieren, teils
neu enrid^ten liefe, fei nur auf ben 99 au ber fog. SKarien«
fap eile an ber nörblic^eu Seite beS ©peirer Xome^^) ^ingetoiefen.
^ür ba^ Öilb ber Sautätigfeit 9?amunge ift einer ber UJefent«
lic^ften 3*^9^ ber,.bafe auc^ ^ier ber Sifc^of felbft fic^ um baS
minber ©ebeutenbe Üimmerte, ha^ er feinen 3lmtleuten »erbot,
o^ne fein SBiffen ©auten aufjufttf)ren, baß er aber, in Äonfequenj
biefeS SierboteS, in eigner ^^Jerfon ftc^ rebtic^ um bie „gemeinen
Sauten" im ipoc^ftifte n)ie ^ißfarrf)äu}er, Äeltcrn, Sdjeunen unb
äf)nlid^e^, ebenfo auc^ um hm guten 3^)'*^^^ ^^^ ^^^ ^od^ftift
felbft gehörigen ®ebäutic^ feiten') flimmerte. So t)ermef)rte fic^
alfo ber in ben ^Bauten beö Stifte ftecfenbe 3Bert unter ber 9?e«
gierung SRamung!^ bebcutenb.
2)ie oerftSnbige, frafiDoIte unb unocrbroffene 9tr6eit unfereä
Öifc^of^ für ba§ 3Soi}l )nm^ Stifters, namentlich für bie i8 e ) f e r u n g
ber StiftSfinanjen, entbehrte aber and) nxd)t be^3 (SrfolgS.
@in ©lief auf bie Sage ber f)ocf|ftiftifc^en J^inanjen tüS^renb einjelner
?tbfc^nitte ber 9?egierung JRamung^ betoeift nn^i bie^. 2Sir ^aben
bereite oben t)on bcm traurigen 3wftanb ber f)od;ftiftifcf)cn ginanjen
3o {(^eint 9)1. bem SBrunnen im 8(^lo6^of ber Sle|temburg eine neue
Umbtflftung gegeben su ^aben, benn um bie Witt bes 19. 3^bs. fanb man
bort tief unter bem Schutt jiDei ungefähr eine Spanne lange toet^e Sanbfteine
mit einem ^ceuje als bem SBoppen bes Bistums uub barauf bas gfamilien-
moppen 9{amungs als Heines Sei^|(^i(b fein gemeifteU: 9lemling, aRojeburg 72.
') „Pars (nömli^ bes 6peirer Domes) quoquc laeva sibi multis formosa
sacellis Mathiae jussu nobile iunxit opus.'< SBimpfeling in feinem (Carmen
auf ben Speirec Dom b. C^fengcein, Chron. rer. urbis Spirae libri XV^^I fol. 14 a.
Die flbet bie Cfori^tung u. Orbnung ber llapelle ausgefteUte Urtunbe bei 9{em-
ling, U9. II 9lr. 204;;flber bie jtapelle ogl. Sc^nKirjenberger, Der Dom 3U 6peier
(«eultabt 0. $. 1903) II 44? ff.
>) 3m Sor^of bes ftislauer e^loffes lieb 9R. Kelter u. Speiü^r, bei
bem „S^Ufyms am 9l^ein'' einen $o(}bau anlegen, 2 !Brflden ju ^lau unb
eine ju ^Irnoeiler erbauen, besgL in Uben^eim einen Jüf^eHer anlegen u. 3^11'
Käufer auf bem „Steinmeg" u. eines auf ber „2u%t" erbauen, auc^ $u ^tn-
lad) \ow\t px $ru(^|al bauliche SSerftnberungen oorne^men u. bort Heller,
Brunnen u. 6<^enf|tatt errieten. Ä^ÄÖ. 296 Provisio Mathiae.
150
ju 95cginu bcr SRcgieruug unfcrcg SBifd^of^ gcl^ört, n?ir \)abtn öcv=
nommcn, ba§ bcr jd^rtid^c ^affiöreft cttoa 4000 fL ju Betragen
brol)te. 9ioci^ im 3at)rc 1467, alfo 3 3a^rc nad^ SRamimg^
^Regierungsantritt, überfteigen bie jd^rlid^en ßaften unb ®ilten
nad) ber auSbrücftid^en SSerfid^erung beS ®ifd^ofS *) bie (Srträgniffe
befii ^od)ftiftö ! — 3Beld^ öeränberteS SJilb aber jeigt bie ginanj^
läge nac^ ipeiteren 3 Sauren gelegentlid^ ber am 1. 9lprit 1470*)
erfolgten i8ermbgenSaufnal)me ! ') SS Hingt toie berechtigte JJreube
an ben erhielten Erfolgen, loenn 33?att)iaS in bcm SJorioort ju berfelben
fagt, bap eS gelungen fei, feit feinem ^Regierungsantritt bie ßaften
beS ^orf}ftifteS an „Grbgilten, Seibgebingen ünb öerfd^riebenen
5)ienftgelbem" um ca. 1500 fl. ju verringern, ungeachtet ber großen
©ummen, bie man für i^aujtoecfe öertoenbet t)abe. — Unb in ber
%ai: bered^neten fid^ bie ®ilten unb ßeibrenten, bie man jur 3cit
beS ^Regierungsantrittes 9tamungS jät)rlid^ ^atte geben muffen, auf
ca. 11000 fl., fo jaulte man 1470 bereits ettoaS njeniger/) 2)ie
jäfjrlid^en (Sinnal^men beS ^od^ftifteS beliefen ftd^ nunmet)r auf
runb 16500 fL,*) bie jäl)rü(^en 9luSgaben für bie 3Serioaltung ber
einzelnen '^Ämter u. bgl. auf runb 6300 fl.;®) eS ergab fid^ alfo
ein jäl^rlidtjer Überfc^ufe üon ettoa 10200 fl., ber bie Summe,
bie für ©ilten unb ßeibrenten im ^Betrag t)on ca. 9800 fl. t)on ber
finanjiellen 3^i^tralbe^ör6e, bem bifd^öflidjen ßanbfd^reiber, auS=
bejatjlt tourbe, um runb 400 fl."^) übertraf. @o ^aitt man baS
am Seginn ber ^Regierung SRamungS brof)cnbe jii^rlid^e I)efi5it
glüctlid^ Dermieben, ja man l)atte einen toenn auc^ geringen jät)r*
lidien Uberfd^u^ erjielt ! öJetoi^ uerbanfte man eS nid^t an le^ter
^) ,,Uff unfere (Seio^b^ett mögen rott ido( su erfennen geben, [bag] uff ben
Xag, als mir in ben 8ttfft lommen fin u. nod^ ^eutjutage, berfelb unfer @tifft
JU 8petr ^ö^er beleftiget u. oaft merer |(^u(big {ft, iärli^ ju ®ulte u^urii^ten . . .,
bann er \&xYid^s an 9{enten u. (SuUen ^ertrügt." m^. 302 fol. la.
») „. . . . 5t)t ber mitfalten anno 1470." m^. 296 fol. 231a.
3; m^. 296 fol. 23la-275a.
*) 9800 fl. 3Vs Sc^flling ^Pfennig; M^. 302 fol. 275a.
*) 93gl. S. 140 «nm. 1.
«) 3301'/, fl V« Ort für bie ßofalocriOoltung (ÄÄ©. 296 fol. 264b),
664*/, fl. fflr bie Oberamtleute, SBalbbeamten k., bie ni^t nie bie fiofal«
beamten bhreft aus ben CErtrdgniffen ber einjelnen Ämtern, fonbem burd) ben
bi|4öfl. fianb|(^reiber entlohnt mürben, 16667, fl. für ben bifc^öfl. ^offtaat,
526 V^2 fl. fflr Surgle^en u. SBurg^ut; baju ffir bie ^erbe bes $of)taates ca-
200 fl. 3n Summa aljo: 6359 fl. V, Ort (ÄÄ«. 296 fol. 265 a).
^) (genau 353 fl. (ÄtüB. 296 fol. 265 b).
151
©tcttc bcm cncrgifd^cn ©ifcr unfcrc^ SBifd^ofä, bic ?lu^gabcn ju
öcrminbcrn uiib bic @intia^mcn ju crl^ö^cn, tocnn man nunmcfir
einen jö^rlid^en Überfd^ufe öon ccl 10200 fl. crjielte, toäl)renb
man urfprünglic^ afe fold^en nur ca. 8390 fl. annehmen ju bürfen
geglaubt ^atte.^)
Äuc^ eine neue, njciteve 3 3at)re l^crnad^ am 23. ?lpril 1473^)
aufgenommene Überfid^t über bie l^od^ftiftifd^en ginanjen*) ^eigt
bie ®efunbung berfelben. 2)ie ?lnlei^en, bie üKatl^iaö tPÖl^renb biefer
9 Sa^re feiner ^Regierung I)atte aufnel^men muffen, betrugen laut
biefer 3ii|ömmenfteIIung 30230 fl., bie Summe ber „SBefferungen",
bie für @d^ulbentilgungen,*)?lblöfungen unb 9ln!äufe öon 9hi^ungen *)
f otoie für Sauten ^) öern?anbt n>orben toar, betrug nid^t toeniger afe
39 725 fl., fo ba§ ber reine 3Bert ber „93efferungen^ bie ä^ifd^en
1464 unb 1473 erfolgt hjaren, gegen 10000 fl. betrug. Die jä^r-
lid^e SRinberung ber ©ilten unb Dienftgelber aber belief fid^ auf
1152V2 fl.')
3n ber Grtüeiterung, bie 9?amung0 Si^eftament t)on 1467
6 Saläre fpäter erfuljr,®) fonnte ber Söifd^of bereite SBerfügungen
über einen Sc^a^ im erl)eblid^en 93etrag üon 6000 fl. treffen,
bzn er injn)i)c^en befonber^ burd^ feine @innaf|men afe pfäljijcfier
Äanjler jufammengebrac^t unb im „obern ®etü5lbe" ber 3)om=
fafriftei niebcrgelegt l^atte. 2!)ie grofee SSanblung, bie fid^ in bm
©tift^finanjen toä^renb ber ^Regierung 9iamungg öoKjogen Ijatte,
toirb un^ flar, ttjenn loir unä üergegenn)ärtigen, ba^ am beginn
feiner Sifd^of^regierung äRatl^ia^ mit bitterer Ironie afe Summe beö
i^m überfommenen SBargelbe^ unb Silber^, mit ?lu^nat)me etlid^er
Äeld^e: „nihil et mala" angegeben ^atte;®) unb nun nad^ üer*
l^öltniömäfeig furjem 3^^*^^^^^^ lonnte ber rüt)rige Üßifc^of in
') Äft©. 339 fol. 67 b.
«) „Circa feslum s. Georgii 1473." «) ^^, 296 fol 392b— 393a.
*) 9000 fl. ^) 18325 fl. «) 12400 fl.
") ?ns Summe ber (Einnojmen oon „Unfällen" u. „unge©l[|en (Bitten,"
bte maa jtDtfil^n 1464 u. 1473 eingenommen (atte, toetben 61100 fl, als
6umme ber ausgaben oon Unfällen u. ungeoitfen (Bitten 63400 fl. angegeben.
•fttS. 296 fo(. 393 a. — 9lad^ einer SRontags nac^ Oculi (23. gebruar) 1478
abgef^Ioflenen Gefamtred^nung betrugen bie jä^rlici^en 3^N f^^ 6(i^ulben bes
^o^ftiftes (aufter Segens« u. Dienftgelber) 8969 f(. 11 $fb. u. 5 Sc^Qg-
geller. 9iemling, ®ef(^. II 155 ^nm. 518.
*) Orig. i. Äarbr. %tä^. 42/140 oom 9. 3an. 1473.
^) ÄÄ©. 339 fol. GG b.
152
bicfcr Xcftamcnt^crtpeitcrung unter anbcrem feinem fünftigen 3lad)^
folger bereite 1500 fl. jur (Sriangung ber päJpftlic^en Konfirmation
überreifen. ^) Unb eben jener ©(^ag öerme^rte ftd^, toic toir auö
einer fpateren Ie^tn?iUigen SSerfügung Stamung^ öom Sa^rc
1477*) erfc^en, balb um toeitere 2000 fL*) — atteä eine gruc^t
be^ nimmermüben ©ferg unfere^ Sifd^of^.
9?un nod^ einige 3Borte über bie görberung bcö geiftigen
Sebenö burd^ Sifd^of SD?atl)ia§. $Bir fönnen un§ l^ier lurj
faffen. 3)enn bie Seäiet)ungcn, bie JRamung ju einer SRei^e t?on
SKännem t)atte, beren Sßamen in ber ®efd)ici^te beö ipumaniömu§
öon SBebentung finb,*) 5U einem *ißetcr Öuber, ^etru^ SlntoniuS
ginaricnfig unb Safob SBinlpfeling,*) feine 93e!anntfci^aft mit einem
äßartin 90?air, ®rcgor ^eimburg, ?Ubrec^t öon ©t)b — aß bie§
gehört nic^t ^iert)er, ba e§ ja mit ber Stettung JHamungS aU
furpfäljifd^er Planster, nid^t mit feiner ©igenfd^aft ate Speirer
fflifc^of jufammentiiingt.
>) Wt loetteren 3000 fl |ome nail^ lefnem Zoht ein Darlehen bes fiu^
6(^ott unb bamit 150 f(. mt getilgt nerben; bie flbttgen 1500 fl. fomcn an
bas Kapitel mit ber $e{timmung fommen, baft es ^m geile ber 6eele bes
S^erftorbenen eine Kapelle baue. gfaOs 3R, felbft ben SBau bie|er tapeUe no(^
ausführte, mürben bie 1500 f(. ber Dompröfenj beftimmt, bie bem $if(t|of
5000 fl. geliehen ^atte, o^ne bafflr eint (gilt su erhalten. ®4on 1466 ^alte
SR. ber Dompröfens 240 fl. jum getie feiner unb feiner (Eltern 6eele gegeben,
|. iRemling, C^ef^ic^te II 175 ^nm. 595.
*) Feria II. p. purificaiionis 1477, ißop. Orig. (1477 gebruar 3) mit
etgen^önbiger Unter[(^rift 9{amungs im ^arlsru^er ^täfiv 42/140.
^) Der l8i|(^of tlbertüies |ie tüte anäf bie burc^ ben in3iDt|(^en oon i^m
felb|t ausgeführten ^au ber SlRarientapelle frei geioorbenen 1500 fl ber Dom*
pröjena; am 11. ^unt 1478 taufte SJl. oon ber ©tabt geibels^eim geioiffe
9{e<^te 5U Oberömis^eim (Orig. im tarlsru^er Ui^to 42/263). Seiner ^om«
pröFenj gab er no^ ju feinen fiebjeiten 1000 fl. jur ,,5anb^abung" bes
3el^ntens bortfelbft; bie ^lu^ung 5u Oberömis^etm toies er ber ^omprdfenj
5U, loö^renb er bie Sogteire(^te fit^ u. leinen 9la(^fo(gern oorbe^ielt. Orig.
0. 28. 3uli im Äarlsru^er Slrd^io 42/263; ÄÄÖ. 299 fol. 287 b— 288 a.
*) ^f bie Stellung 9{amungs gum geiftigen fieben feiner 3eit Aber«
^aupt gebente i^ bemnft(^ft in einer eigenen ^b^anblung In biefer 3ettf4nft
einjuge^en.
^) Die ^torf^aft SBimpfelings bei einem oon 3Rat^tas oon Remnat (^sg.
in Quellen u. CErört. II 78—79) flberüeferten Ialeinif(^n £obgebi^t auf SSifc^of
9R. glaube i^ in einer ^b^anblung (,, (Ein S^geubgebic^t 3afob SBfmpfelings
auf 93i|(^of aWat^ias Tarnung oon Speier") in ber 3(50. 915- XXII 478 ff.
enotefen ^u ^aben.
153
2öic bicie fflejic^imgcn in äußeren Urnftcinben, in 3tamungS
Xfttiglcit am ^cibelBcrger ^of, nic^t cttoa in bei flciftigcu SBilbung,
bic i^m auf bei* ^cibclbcrgcr llnit>crfität ju teil gctoorbcn toax,
unb ebenfotüciiig in icincv 'ijJcrtönlic^fcit gdinbcn, fo bcrut)t aud^
bic 91ntcilna^mc, bic 5DJatf|iaö aU !öijc§of toiffcnfc^aftlic^cn unb
fünftlcrifc^cn Seftrcbungcn fc^cnftc, großenteils auf realcU; pxaV
ti)d)tn ®efic^tSpun!ten. 3Biv f)abtn bereite oben') üon ben
^iftorifc^en ?{uf jeic^nungen gef^)roc§en, bic SWat^iaS über
bie ^erfunft cin^^elncr bijc^oflic^er iöcfi^ungcn unb Utec^te ^er*
ftellen licB. Sluc^ ein iöcrjcic^niS bei Speircr Öijc^ijfe, nac^ üKone *)
baö älteftc, baS unS ersahen ift, gc^t auf SRamungö 9iegierung
äurüd.-') Siamcntlicf) aber ift ^ier noc^ bic@peirev 33i)ci^of^*
c^ronif beS Sifaiv ?;of)ann geffrib öon Slhittcrftabt*)
ju ertoäf)nen, bieebenfaüS auf SJcranlaffung SRamungö entftanb*) unb
bic eine unfrer beftcnbarfteUenbcn Quellen für bie ®e}d)ic^te beS ^od^*
ftiftee ift. — „3^i^9'"^J^^ bercrl)abenen2pcireri^at^ebrale, bie auS»
gejcic^net burc^ bie ©rabftätten Don Alaifern unb Äönigen beutfc^cr
SRation . . / lieg »ifc^of 3flati)ia^ um 1470 auf einer 2afel
?lufäeic^nungen über bie S^jcirer tt a i j e r g r (i b e r ^) anfertigen
') S. 117. 2) SWone I 189.
') Ösfleg. bt\ aWone I 187—189; bas SJerjcic^nis i|t bts 5«m
9{egtetungsaniTttt Stamungs, bcr oIs „modernus dominus" bejetc^net wirb,
oon einer gaub gef^cleben; es \o\lU hnxd} ben jeioeiHgen bif^öflic^en ®e«
^eimf^reiber fortgeführt toerben, er^felt aber nur bis 1529 (Jfottfe^ungen. (£s
fte^t in engem 3ufammen^ang mit ber 93tf<^ofs(^ronif 3o^ann 8effribs oon
SRutterftabt. SWone l 186 f.
*) Ssg. bei Sendenberg, Selecta juris et bist. VI 149 ff., bei CBccarb,
Corp. bist. II 2257 ff. unb bei 95ö^mer, Font. rer. Germ. IV 327 ff.
^) ©effrib ent{(^ulbigt ]\d) in einer 9rt S^lu^woxt bei SJl. negen [einer
„nur mittelmöbigen ©cjljlenntnis", mit ber er, „non sua sponte, quam vestro
praecepto" feine Gef^i^te obgefa^t f)aht. — Die na^ einer ^anbjc^rift bes
Srranffurter Senators 5einri(^ oon Sard^aufen oeranftaltete Ausgabe bei
©endenberg ^at ben Sorjug, bag fie (ooc einem {pöteren 3u|a6 Aber bie
ä^erlegung bes ®t. C&ermanftiftes) au^ ben urfprünglic^en @(^Iub bietet;
ogl. »ö^mer a. a. O. IV S. XLI ff.; über ©efifrib ogl.fiorenj, ®efdjt<^ts*
queüen i, 9W.*5t.' II 134.
') dsg- bei fii^el, Beitreibung ber taif. ^egrAbniffe i. b. ^om ju
6peter (t>tüi]d)t Dome I) 87—90 unb bei ßebmann 648 f.; au(^ in ber
Äöl^offfc^en (S:^ron. (C^ron. beut|*er 6täbte XIII 485) jinb bie tttngoben
überliefert; besgleit^en in clm. 88 fol. 1. Die SWeinung 9?cmlings II 154
^nm. 513, bofe clm. 88 überhaupt oon 9R. ^errü^re, i|t unbegrflnbet: Das
(I5egenblatt oon fol. 1 b. t. bas auf fol. 13 folgenbe Slatt ift unbefi^rieben ;
au(^ im 3n^aItsoer$ei(^nis ift ber 3n^alt oon fol. 1 ni(^t angegeben, fo baft
154
unb bicfc Jafct im Äönigöc^or bc^ ©pcircr Dontee auf*
l^öngcn.*)
§Uid^ bcr bilbcnbcn Äuiift toanbte SJifd^of SÄatl^ia^ fein
Sntcreffe ju. Der SBauten, bie uuteu i^m aufgeführt tourben, ift
fd^on im )®or^ergef)euben gebad^t.^) Die SJilbnerei förberte er
inöbefouberc buri^ bie iöeftelluug üon SOiarienbilbniffen, bie er,
au^ religiöfen ®rilnben, in großer ^aijl an öerfd^tebenen Drten
errtrfjten Iie§; befonbere fei ba^ ^grofee ßiebfrauenbilbni» " ertoä^nt,
ha^ am Eingang be^ Speirer Domo aufgcftellt tuurbe.^) '^tU
leidet, ha^ and) bie ac^t in Stein gehauenen, ca. 4 Sd^uf) t|ot|en
faiferlidjen JMlbniffe/) bie im Äbnig^d^or bafelbft fic^ befanben,
üon SRat^ia^ I)errül}reu.*) SBon ber 9lni*egung, bie SKatfjta^ ber
äWiniaturmalerei bei ber Einlage neuer ßefienebüd^er jutommen
lieg, i)abtn n)ir bereit^? oben^) get)anbelt. 9{eic^ fc^eint üor allem
bie görberung getüefen ^u fein, bie ber Sifd^of bem Äunftgctoerbe
burcf; SBeftellung t>on 9Utargegenftänben, X)on Silbergeräten unb
StüdEen ber 2:cjti(funft angebeilien lieg.")
man annehmen toirb, bag fol. 1 er|t na^trfigltc^ eingeheftet nmrbe. — ^4
bag fo(. 1 oon ber „gonb bes SJl. gefc^rieben" fei, |<^e{nt 9{emling a. a. D.
iDt(IfarIi(^ anjune^men. — Die ^t|tori|<^en Angaben ilber bie einzelnen ^ectf^r
in jenen ^uf^ei^nungen jeigen begieiflt^enDeife manchen greller (|. £i^el 90 f.).
— (Eine anbre, 3um Ztll abiDcic^enbe, {tarf oerlilrste tSuf^ic^nung übet bie
6peirer ^aifergräber, bie unter Si|(^of 3K. gemacht mürbe, i]t ^sgeg. hti
aRone I 139 f. ^u(^ bie Angaben ber ^5I^off|(^en (S^ronif meifen einige
Varianten auf ÄöI^off|(^e CC^ron. a. a. O. 485 f. ») 3. oben S. 146 ff.
3; ÄÄ93. 296 fol. 394 a.
*) 3n Äupfer gcftocften im r^ein. tttntiquorius (2. 9lufl.) 431.
*) ©0 glaubt üiöel 110 f. «) ©. 8. 121.
') (£in „Iö|tlt(^ (Beaierbe ad officium pontiiical'e gehörig", bas SR. ^abe
anfertigen lajfen, ©irb im 9)oni)ort jum „über secrctorum" (^^93. 296) er«
sDö^nt. — 9lamentlt(^ tonnen wir aus 9{amungs teftamentati|(^en Seftimm«
ungen (ÄÄilB. 302 fol. 136 [bcjo). 124] a ff. unb ÄÄÖ. 296 fol. 337 b ff.)
manches betreffs feiner ^efteUungen erfe^en; fo ^ören mir oon @tflden, bie er
3u j^öln (mi^. 296 fol. 338 a), oon fitbernen ^(tarfönnc^en unb einer $atene,
bie er ju beginn feiner 9{egierung ^abe ^erfteUen laffen (ebb. fol 139 a), oon
bif(^öfli(^en (Semänbern (.SUl^. 302 fol. 136 [besio. 124] a), oon einem bamaftenen
SRelgemanb, bas er ^abt machen laffen (iltik^. 339 fol 63 b), oon „gemalt
teffelin unb bilbe", bie er getauft (ebb.), oon einem golbenen ^reu3 mit einem
geiltum, bas er befteUt (ebb.), oon einem SBafferbeden, bas er um ben an*
fe^nlic^en $reis oon 200 ®Ib. eroorbcn ^abe (fiüble, SBanbgemöIbe su Ober«
gromba(^ in ber 3®0. 915. Vi 85).
155
Siid^t t)on SRamung^ ^erfönlid^feit aU fold^cr, nic^t üon
feinem SBirfen aU :()fäljifci^er Staatsmann, bei bem er eBenfo toie
in ber ^olitil, bie er aU Speirer Sifd^of nac^ aufeen Betrieb, fo
rcd^t aU ber fü^le, nüd^teme ftopf erfd^eint, ben auc^ lein Wi^^
erfolg üon feinen QxtUn abbringen fonnte, nic^t aud^ üon feiner
nimmermüben Sätigfeit aU @eelent)irte, bem bie fo nottoenbige
SReform feinet SleruS unb SSoIfe eine unabioeiSbare ^fli(^t
fd^ien,') loar im 9Sor^erget)enben ju berid^ten.^) Diefelben QüQt,
toeld^e Xüxx bei unferer S)arftettung üon Siamung» innerer, njeltÜd^er
Regierung gefunben ^aben, finb es, bie aud^ feine Xiitigleit nad^
jenen 9iid^tungen bet)errfc^ten, biefelbe rücffid^tSlofe unb bod^ loieber
an bie einmal gegebenen 3?erf)tiltniffe fid^ flug ait^affenbe 2;at*
fraft üor allem, mit ber er fid; bem ^itU Eingab, beffen ©rreid^ung
er jur ?lufgabe fid^ gefegt. (Sin foIc^eS 3^^^ ^t)cr, unb jtoar nid^t
ha^ Ie|te, toar bie innere ®efunbung be§ fpeirifd^en ^od^ftiftee, baS
il^m im fd^Ummften 3wftanb jur ^Regierung übertragen ioorben toai.^)
*) (Ermähnt mag ^ter nur ©erben, bafe fi^ Siamungs 9lefonnbe|treb*
ungen nf^t, »ie bies in bet 9leformbetDegung' bes ousge^enben SOiKttelalters
oft genug ber gfall mar, nur auf bie ntebere (5eiftli(^leit, fonbem au^ auf
ben ^{(^of {elbft erftrecfen fönten, bamit man i^m ni(^t, {o dugerte er felbft
elnmol (Ä5UB. 339 fol. 66 a), bas SBort entgegenhalte : „Medice cura te ipsum!*'
2) S. @. 109 «nm. 2.
3) ^m QäjHu\i biefer ^b^anblung totll t(^ ntt^t unterlaffen ausbrfldltc^
barauf ^in^utoeifen, bab i(^ bie er(te Anregung, mi^ mit ber C^eld^i^te bes
SBil^ofs ^Rat^ias 9lamung n&^er su befaffen, bem früheren Aretsarc^ioar oon
Speiet, $etrn 9ie{(^sar^iDrat Dr. (glasf^röber in äHflnc^en oerbanfe.
^I^eobor ^ep^mann unb fein
<4oßgebt#t auf §pnn.
herausgegeben mit ßebenSgeid^ic^te beS Sßerfaffer§ unb
mit Slnmerfungeu öer)et)en
t)OU
D. Dr. ^itftaii 'Jtoffeirf, Pfarrer in 5Wabern i. SB.,
überfe^t öon
Jinert (Hennef, Sgl. @l;mna)'tatprofeffor in ©peier.
2)a§ unten jum ?(bbiucf gebrachte GJebic^t, baS eine S3c«
fd^reibung t)on Speier unb feinem Dom an^ bem ^at)x 1531 gibt,
toar bis je^t ebcnfo unbefannt, mie ber S)ic^ter felbft - X^eobor
ober Dietrich 9iet)Smann — in bm größeren 3Berfen über beutfd^e
®c(e^rten= unb ßiteraturgefc^ic^te unbead^tet geblieben ift. ®oebeIe
Icnnt i^n and) in ber neueften Bearbeitung feincS ©runbriffeS
nid^t. S)aS große 9?ac^)c^(agen)erf Don 3öd^er*?Ibelung toeiß 99b. VI
1757 öon i^m nur ju berichten, ba^ er ber erfte eüangelifd^e
@c^u(meifter in Jlltenburg geJuefen unb 1526 feinen ?Ib)d^ieb ge*
nommen ^ab^. 9?ur g. il. ^öcf i)atte im 5Jieucn literarischen
Slngeiger 1807 S. 552 — 555 auf i^n unb fein fc^oneS SBert „Föns
Blavus" aufmertfam gemad)t, toie and) @eorg SSeefenmet)er in
feinen SWiScellaneen @. 42 unb 1830 in ben Keinen Beiträgen
jur ®efc^ic^te beS Meic^etagS ju SlugSburg ®. 122 9JeueS
jur 93iograp()ie JHeljSmannS beigebracht unb noc^ äloei toeitere
3Berfe üon if)m „De adventu secundo Caesaris semper Augusti
Caroli V.'- unb „Arnos propheta'* nac^geloiefen i)ai. Slber über
bem ßebenSgang beS S)ic^terS lag nod^ tiefet Dunfel. 3n SBürttem»
berg fannte man JHeljSmann nur als ben ßefemeifter beS S'lofterS
^irfau, ber bort 1535 reformieren follte. ©nblid^ im 3at)r 1893
gelang eS mir an^ 9lfteu beS Ä'. $£onfiftoriumS in Stuttgart bai
tlciglic^e (Snbe beS begabten SDZanneS in ben Blättern für toürttem=
bergifc^eÄirc^engefc^ic^te 1893®. 14—16, 17— 19unb 1894 S. 24
auf5ul}ef(en unb au§ feinen eigenen eingaben im „Arnos propheta"
i^n at^ Berfaffer t)on jelin gebrucften lateinifd^cn Dic^ttoerfen ju
ertoeifen. Unter if)nen f)atte er aucli ein SBerf „Enchromata"
genannt, beffcn litel auf Sittcnfc^ilberungen jn toeifen fd^ien.
157
6^ toax bai)cr feine Heine Überraf c^ung , afö enblid^
nad) langem ©ud^en junäd^ft auf ber Unit>erfttät^6i6tiot^ef in
93afel, bann auf ber ^gl. ipof* unb @taatöbibUott)ef in äWünd^en
unb enblid^ auf ber 9iationaIbibIiott)ef in ^ari^ je ein ßjentplar
biefe^ ©ebic^te^ gefunben n)urbe unb ate iitel feftgeftettt njerben
lonnte ,,PVLCHERRI|MAESPIRAE SVMMIQVE| IN EATEM-
PLI EN|chromata". Me^ömann gab alfo nic^t tttoa al^ Satirifer
©ittengemälbe feiner ^nt, f onbern eine @d)ilbeaing Speier^ unb feinet
2)ome^. ©c^on beim erften Öefen bes ©ebid^te^^ ergab fic^, bafe Ütekjä*
mann f)ier aU ?lugenjeuge nad^ einem SBefuc^ in Speier im öod[)f ommer
1531 in fe^r frifd^er, geUjanbter unb anfd^aulic^er SBeife feine
©nbrüde üon ber fd^önen SReid^^ftabt unb if)rem reichen ^anbcl
unb 8SerIeI)r unb öor aÜem öon bem ftoljen J)ome, feinem Sau,
feinen foftbaren ©d^ä^en iinb feinen ®otteöbienften gibt, ot)ne ba%
einer ber ^fäljer unb ©peierer ^iftorifer eine 9l^nung üon biefcm
SBerfe ^atte. 3^^^ ^)^^^^ ^^- ''^i'^ini i« ^^^^ SOiitteilungen beg
l^iftorifd^en Sereinö ber ^falj XXIII 93 einige ©erfe öon 3;^eob.
JRelj^mann mitgeteilt, bie ebenfalls ©peier befangen unb an^ einem
„Encomion Spirae'* flammten, aber biefeö öjebid^t fann nic^t mit
ben „Enchromata" ibentifc^ fein, iüie unten gezeigt toerben fott.
5)ie ©elten^eit ber „Enchromata" tüie ber "JBert berfelben empfat)len
einen SReubrudt. 3^91^^'^ ^^^^ f^ß^^ ^^^ ®enu§ ber fc^önen
S)ic^tung aud^ tüeiteren Greifen ermi3glid)t tuerben burd^ eine
beutfd^e Uberfegung, toe^^alb ic^ Slnfang Januar 1906 mit ^erm
SRegierung^rat Sert^olb in SBer^anbhing trat. 3)a^ ©rgebnte
feiner Semü^ungen um bie ©ad^e toar, ba^ ber f)iftorifrf)e hierein
ber ^falj befd^Iofe öon ben „Enchromata'* in feinen ÜRitteilungen
einen Sieubrud ju öeranftalten • unb bem lateinifc^en Sejt eine
tt
beutfd^e Uberfe^ung an bie ©eite ju ftetten, für toelc^e arbeit
iperr ^rofeff or Äennel getponnen iuurbe. 3"^i'ici^f* ^^er mufe ben
Sefern SRed^enfd^aft über ben 3)id^ter unb bie ©ntfte^ung feiner
„Enchromata" gegeben toerben, tDäf)renb am ©c^tufe bie nötigen
©rläuterungen beigegeben finb, bie aber aüee, \va^ bie für bie
99au* unb Äunftgcfd^id^te fic^ crgebenben gragen betrifft, anberen
ju genauerer Unterfud^ung überlaffen. Und) für bie 93iograp]^ie
SRe^^mannö mu§ ic^ mid^ t)ier mit 5Rürffid)t auf ben in biefer 3cit=
fd^rift jur Verfügung ftel^enben SRaum auf einen 9lbriß befd^ raufen.^)
') (&nt größere %tbtri fiber ^le^smann gebe i(^ an einem anbem Ort.
Dk 30^re 1530—34 ^abe iä^ in ben SBfirttemb. S^iertelja^rs^eften 1906
6. 368 — 386 bel^onbelt, ogl. ouc^ ben oben 6. 156 angegebenen Ort.
158
X^cobor ober cigcntlici} X^coboricu^ (anä) 3)ictrid^) SRct)^«
manu ftammt au§ ^cibclberg, too er ca. 1503 geboren ttjurbe.
©eine Sugenbbilbung einJpfing er jugleid^ mit 3ot|ann gabriciuS
öon einem @d)ulmeiftcr bafelbft, ber in bem Änaben bie Segeifterung
füt bie ^oefie frü^ ju erlrecfen iDußte unb i^n mit ber Haffifc^en
Did^tung juerft befannt machte. 9lm 6. 3uni 1520 bejog er bie
Uniüerfitdt in feiner SBaterftabt, fiebelte aber im gril^ja^r 1521
nad^ SBittenberg über, n)o er fc^on am 20. 3uni baccalaureus
artium tourbe. 3)ie 3Kagiftertt)itrbe erUjarb er am 5. SRärj 1523
in ^eibelberg. Önt^er nnb 3Relanc^t^on ent|)fat)ten 1524 ben
jungen ^üljer bem SRat ju 2Ktenburg aU ©d^ulmeifter für bie
neugegrünbete ftäbtifc^e Schule an ber Sart^olomäudfirc^e, aber
er geriet balb toegen feinet ®e^alte^ in jd^toeren Streit mit ben
@tabtbel)örben, gab Dftern 1526 fein ?lmt auf unb jog nad^
SBittenbcrg,^) erhielt aber iuo^I auf ißernjenbnng Jl^eobalb SittüanS
am 11. Sanuar 1527 bie ©c^ule in ber JReic^^ftabt SRbrblingcn.
ipier laffcn fid^ auc^ bie erften Spuren feiner bid^terifd^cn
Sätigleit fidler nac^toeifen. Su n)ibmetc im äßai 1529 bem 3Rarf=
grafen ®eorg öon ©ranbenburg=9lnöbad^ eine ^ara^)^rafe be§
SRömerbriefö in lateinifc^en 35iftid^en, t)atte aber fd^on Dorl)er ben
®alaterbrief in äf)nlid^er SBeife bearbeitet. I)o(f| ift bie§ SScrl
SRetjömanng noc^ nidjt lieber gefunben. (Sin tüeitere^ 3Berf au§
ber Sibrblinger :^t\i ift 9iet)§mann^ Fescenninum, ein ^oc^^tii^'-
gebiegt in lateinifc^en 55iftic^en, in iocld^em er bie ^od)iät einer
SJörblingcr S3ürgcr§toc^ter 9lnna Sieuter (Stitter) mit einem jungen
SRörblinger 3IIbred;t SR. befang. 'J)a2i ©ebic^t toibmete er bem
Df|cim ber Sraut, bem Slbt Äonrab SReuter öon Äaiferö^eim, ber
ein greunb ber ^umaniften ioar. 3n beiben SBerlen fpiegclt fic^
ber iäf)e 3Bed)feI ber §lnfd^auungen be^ jungen ^fäljer^. ©ein
Kömerbrief ijatit nod; ganj ben ©tanbpunft ber SBittenberger
ijertreten, mit bem ^oc^jcit^gebid^t aber n^anbte er fic§ toof;I unter
bem @influ§ ^^it(ifan§ bem 3^^^8 ^^^ ^umani^mu^ ju, toeld^cr
auf bem Soben ber alten Äirc^e fte^en geblieben toar. 5)ie
©^)altung innerf)alb be^ ^roteftanti^mu^, ber SHidgang ber getel)rten
©tubien infolge ber neuen SSertung be§ bürgerlid^en ©erufö,
bie ©dinjöc^e 35eutfd;lanbv5 gegenüber ben Spürten infolge ber
inneren Spaltung mad^ten ben 3)?ann, ber ftet§ für 2)eutfc^lanbS
') fiöber, ®e|(^!(^te bet Ritten unb Spulen bes get^ogtums Sa^]tn*
Menburg l U5.
159
äRad^t unb ©rö^c unb feine ©icge über bie ^lürfen begeifteit toar^
bebcnflid^. ^er SReic^^tag von Slugdburg unb bie ^tnfunft beg
Äaiferö, üon bem SRe^Mann toie®iUiIan*) aüe^ ipeil für 2)eutfci^«
lanb erwartete, gab i^m ®elegent)eit feiner neugen?onnenen Über»
jeugung üon ber iBerberblic^feit ber neuen JRic^tung unb bcr
9iotn?enbig!cit einer SReftauration wie feiner (Ergebenheit für ba^
ipab^burgtfc^e Srüberpaar äuöbrucf in einer eleganten ,.Elegia de
adventu secundo Caroli V." ju öerleif)en unb fie bem Äönig
gerbinanb ju wibmen. @r gewann jefet, wafirfc^einlic^ burc^
Sittifan^ SJermittlung, ®ejiet)ungen ju gerbinanb^; ftanjter 3ol)ann
^renberger, ju be^ Äönig^ JRat 3o^ann ttneüer unb feinem fieibarjt
@eorg @unbe(finger, wie ju bem je|jt im ^zwiti) feinet Sinfluffe^
fte^enben Sifc^of üon SBien 3ot)ann gaber unb ju bem Stattfialter
Don SBürttemberg ®eorg Xruc^fe§ öon SBalbburg; ja Äönig
gerbinanb frönte i^n auf @mpfef)Iung 3afob Spiegeln unb Äneücr^
in einer feierlichen 3JerfammIung jum poeta laureatus.
3Ba^rfd^einlici^ War e§ 3alob Spiegel, ber je^t SRe^^mann^
Seben eine neue SBenbung gab, inbem er in if)m ben geeigneten
äRann faf), um bie t)on Spiegel am 23. Dftober 1525 in ber
Ordinatio Ferdinandi öorgejeic^nete ^Reformation ber Stubien in
Tübingen für bie facultas liberalium artium ju t)erWirftici|en.
9iet)^mann nat)m am 25. September 1530 feinen ?Ibfc^ieb in 9iörb=
Ungen unb fiebelte nacf| Tübingen über, wo er am 1. Dftober inffribiert
Würbe. 2)ie Stellung, Weld^e 9?e^gmann f)ier befam, läßt fic^
nid^t feftftellen, ba bie Elften be^ Senate öerfagen.
2)ie Öage ber Unioerfität war augenblicflic^ nic^t günftig.
Seit bem 15. September beriet man fic^ Wegen ber in ber Stabt
^errfd)enben ^eft über SJerlegung ber UniDerfitiit.'^) 9iad) bem
5Reftorat^Wed|fel am 18. Dftober 30g bie ÜReatiftenburfe unter bcr
gü^rung bee ort^funbigen ^oc^betagtcn 9Iftronomen Sodann Stbffler
nac^ Slaubeuren. 5Ret)§mann folgte mit feinem neugewonnenen
greunb ^Rifolau^ SBinmann unb beffen ^ögling, bem jungen Speierer
2)om^erni Dtto oon Slmelunjen, unb einem jWeiten Speierer Dom=
^errn IS^riftopt) Oon 3Rünc^ingen. !5n SBIaubeuren, im Umgang
mit Stöffler unb ben grcunben unb ber i^m jufagenben SBeöölfe»
rung unb im Wcnufe ber fjerrlid^en @egenb mit bem fc^önen ftlofter,
1) 5aud9 9{eaIenct)c(opöbie fflr prot. 3:^eoIog{e unb Rird^e' III 236.
') %na^ bie Unioerfitfit ^eibelberg machte es batnols d^nlic^: Xöple,
SKatrilel I 547 ^nm. 5.
160
bcm ^jräc^tigcm iölautopf, bcu Sergen iiub ^^älern, beu gelfen
unb ^'ötjkn ber 9116 füllte fid) SRelj^mann fet)r \vo\)i unb 9lücfnd6.
@r burd^ftreifte bie ©cgetib unb be)urf)te mit feinen grcunbcn bic
ipöf)Ie, in bie einft 1519 and) ^erjog Ulric^ öon SBürttcmberg
fic^ l^atte führen laffen,*) unb geno^ nocft bie 9ieije be« txtoadjtxi'
ben grüf)tingö im 93lautal, ipo if)n nur bei* 3KangeI an h>iffenfc^aft=
lid^em ©inn bei ben 5Diönd)en bee Älofterö ftörte, bie it)re tpert=
öotte SBibliotöe! in Staub unb SKober Derfommen liefen unb
nid^t^ für bic feebung bcc> Sc^ulipefen^ leifteten.
9tel)^mann loar arbeit^freubig. Sein ^^Jegafu« tummelte fic^
munter. ?U? 3ot)ann Stöffler am 16. gebniar 1531 ftarb, bid^tete
9lel)^mann ein bi^öer unbefannte-? Sraucrgebic^t „De obitu Jo-
hannis Störler Justingani, mathematici Tubingensis Elegia*'
(8 391 8«, ?lugeburg, ?L 2Bet)ffenf)orn MDXXXI), bae er bem
Sifd^of öon ?lug^burg ßI)riftopt} t)on Stabion tüibmetc. Seinem
greunb Söinmann gab er ein lateinifd^e^ 3Knemoft)non 5um ?ln»
benfen an S^Iaubeuren unb bm gemeinfamen £)ö^lenbefud) mit,
ate jener mit ben l)omf)errn, U)o[)l t?or Cftern 1531, nac^ Speier
jurücfle^rte. 3"9f^i^) 1<^"t er ein l)errlic^e^ 9taturgemdlbc Dom
Slautopf unb ber gaujen ©egenb um ^iglaubeuren in lateinischen
Siftid^en, ba^ er unter bem 2;itel ,,Fons Blavus" bei ^oij, ®rüner
in Ulm brudfen lie^ unb bem Statt()alter ©eorg ^^nu-^fc^ oon
SBalbburg ole einem görberer ber 3Biffen)c^aft toibmete.
9?el)^mann ftanb jeftt auf ber $)öt)e feiner Sd^affenefraft,
bie i^m geftattete nac^ hirjer 3^^^ ein ebenfo Juertöotte^ 3Sert ^u
t)oIIenben, bei bem fid) fein ©efidjt^freie Diel toeiter au^bcf)nen
fonnte at^ jtoifd^en btn Reifen unb S'lüften be^ ®lautafö. 6S
ift ba§ bie prüdjtige Sd)ilberung ber SKeid^öftabt Speier unb if)re^
S)ome^, ttjelc^e in bicfcm Ä^cft btn Sefern in einem 9JeubrudE mit
•t
Uberfejung bargeboten tüxxb. Sie entftanb nac^ einer SReife nac^
Speier.
9?el)0mann fear nämlid^ mit ber SRealiftenburfe etuja ?lnfang
3Äai 1531 nac^ 3;übingen surüdfgcfe^rt unb f)atit fid^ im ;Jpod^=
fommer, „aU bie Sonne in bae 3^^^" ^^^ S^rebfe^ eingetreten
toar** (21. xNuni), auf ben 3Beg gemad)t, um feinen greunb 3Binmann
ju befuc^en. 28af)rfd)cinlid) tourbe er Don Ctto Don g^Uenbcrg,
^) ^as ift ni^t bte 9lebeI^ö^Ie, bie oon Slaubeuren t)iel ju loeit tnU
fcrnt tjt. Ulrid^s Slufcnt^att in ber Slebel^ö^Ie ift freie (Erfinbung gauffs in
feinem iltd^tenftein.
161
bcm er naä) feinem %ob am 24. Suni 1532 and) ein Irauergebid^t
toibmete, gaftlic^ aufgenommen. 6r lernte ben feingebilbeten
SBifd^of ^^ilipp Don gler^^eim fennen, beffen (SJnabe er fpäter pxm,
iinb erfreute fic^ beö358of)ltootten^ beö 2)ombelang ®eorg l)on Sternen*
fefe, be^ ©omfängerd 3)aöib @öler unb ber beiben 93rüber So*
^ann unb Ctto üon galfenberg. Stud^ ben einflußreichen 9totar
be^ Domfapitefe Stephan SÄerj lernte er fennen. 5)er geiftige
8JerIet)r mit biefer üorne^men unb feingcbilbeten ®efeüfc§aft erfc^ien
it)m in ber Erinnerung in fo Derflärtem üic^t, ha^ er ein ®aft
beim ®öttermat)l im Dtljmp getoefen ju fein glaubte.*) I)oc§
hjaren eö nid^t nur geiftige ®enüffe, bie i^m ^ier geboten tourben.
üKit großem Üöe^agen fc^itbert 9tet)^mann bie föfttic^en SBcine,
üor allem ben ®en^füßer öon ^febber^^eim, bie lederen Speifen,
befonber^ bie Salmen unb anbeve gifd^e, bie er ju loften befam,
fobaß ein jeitgenöffifc^er Sefer an bem SRanb bemerlte: «ßieber, laß
mic^ auc^ miteffen." Slber nid^t nur ber 3Jer!e^r im engen ftreid
ber geiftlid^en $)erm entjüdte 9iel;^mann. ©ein beutfc^ee ®e=
toußtfein ^ob fic^ gewaltig beim ©ang burc^ bie ftolje, reid^e,
tool)lbefeftigte Äaiferftabt. ^aft jebeö ^riDatl)au^ fd^ien i^m einer
fönigli^en ^falj ju gleichen, fieb^aft ftanb oor feinen §lugen
ba^ Silb be^ SReid^ötag^ in ben üKauern biefer fd^önen Stabt, er
fat) im ©eift Äaifer, ftönige, gürften, ^^rölaten unb be^ ^apfteö
Legaten einfet)reu. ®roß toar baö Staunen be^ einftigen Sd^ul»
meifter^ über ben ftarlen SJerfe^r ber Stabt ju ©d^iff unb ju
SSagen unb über ben au^gebef)nten ipanbel mit bem Eber= unb
Siieberr^ein, mit üott)ringen, grantreid^, (Snglanb unb ben 92ieber«
lanben, mit Sd^toaben unb Öa^em. Sieben ben fremben Spejereien,
felbft au^ bem ©ange^lanb, unb ben S)roguen für ^Irjte unb
?lpot^eIer fanb er al^ bie xoic^tigften ipanbefeartifcl bie ^errlid^en
SBeine unb bie (ärjeugniffe beö ©etoerbfleiße^ ber Stabt : SBaffen,
feine 3;üc^er, üeintoanb, ^igaumtoollcnftoffe ; bie ganje breite Straße
X>om 3)om bie jum 9lttpörtel bilbetc nur einen SDiarft mit lautem,
frö^lic^em äWarftgetriebe, befonbere§ ßeben ^errfd^te auc^ am gifc^*
marlt.
Den l^öd^ften ®rab ber Segeifterung erreichte 5Rel)^mann^
®emüt beim Sefud^ beö 2)omg, UJO^in \i)n 3Binmann mit ben
beiben jungen I)omf)errn an einem f)eißen Soipmertagc fül)rte.
*) Enchromata fol. aij : ine solitum fuisse cpulis accumbere Divum
(ogl. unten ben (Eingang ber S^onebe 8. 182).
11
162
ipier entjürftc i^n bic totiit Äu^fic^t ind SR^cintal, bcr gctoalligc
®au mit feinen fec^^ Xürmen, feinen ©äulen, feinen ®emälbcn unb
anbern ^nfttoerlen, ben ftaifergräbern, ber S)omfci^aö unb bie
SSibliot^ef. (£t fiel)t im ®etft ba^ ^oö)amt Dorn Sifc^of in (Segen*
toaxi be^ Äaiferö gefeiert, ^ie gefamte laifertteue unb ftreng*
fatf)olifd^e (Seiftlid^feit toof)nt auf brei Stufen im g^ftgetoanb ber
geier an. fjüx bc^ SSaterlanbe^ SBo^l unb ipeil erßingen ®efänge
unb &tbtit um Äbtoenbung ber ©lauben^fpaltung, Sieg über bic
2;ürfen, @ci|ug gegen Sürgerlrieg, ^eft unb Xeurung. ©o öer=
fe|t fic^ 9let)§mann in bie öoKe SRomantif ber alten ^tii; bie neue
3cit, bereu §aud^ er in 3Bittenberg öerfpürt ^atte, fd^ien ööKig
auö feiner ßrinnerung gefc^tounben.
©einen ©ntpfinbungen gab 5Rel)gmann in jtoei S)ic^ttoer!en
Berebten ?(u^bruA 2)a^ eine ift ein „Encomion Spinae", üon bem
ba« ^-otoM beg S)omf apitefö am23.DftoBer 1531 berid^tet: „Xt|eo*
boruö SWeifmann, poeta laureatus, f)ai m. ip. ©ec^an ein Carmen
überanttDurt, barin er ben b^omb unb ^iat befd^riebe, meljncn
l^crrn ju überanttourten, bit beg^alb ein öere^rung. 5ft im III
gulben ju geben beUjiHigt.'' 9?on biefem SSerf finb bi§ je^t nur
6 lateinifc^e ipejameter betannt, toetc^c ^rofeff or Dr. 3o^. ^raun im
©rofe^erjogtid^ Sabifd^en ©enerallanbe^ard^iü aufgefunben unb i>er=
öffentlic^t ^at.*) Slber biefe 6 ®erfe genügen um ju jcigen, ba§
ba« „Encomion Spirae" JüoI)I fef)r na^e mit JReljömann^ jttJcitem
Sobgebic^t auf ©pcier öerhjanbt, aber bod^ ein fctbftänbige^
aSBcrf toar, baö einer UJciteren 9?ad^forfd^ung tuert toäre, bamit
bann auc^ bic f^^'age unterfud^t toerben lönntc, ob biefe^ „Encomion
Spirae" nid|t üon ert)cbli(^em ©nflu^ auf ha^ gleid^namige ©c*
bic^t be^ Äanonifuö ©l)fengrein genjcfcn ijt.*)
©leic^jcitig mit bem Encomion bid^tetc SRctjMann in Ziii^
ingen PVLCHERRI|MAE SPIRAE SVMMIQVE | IN EA
TEMPLI EN|chromata" (20 »Kitter, 2 leer, 4« o^ne Drt nnb
3af)r, aber gcbrucft 1531 Don Utrid^ SRorl^arb in Tübingen).')
2)iefe^ fcfjön au^geftattete SBerf, ba§ in SKünc^en, »afel unb ^ari^
t)or^anben ift, h)ibmctc 9tet)^mann bem Sanbe§f)crm Don SBürttem*
berg, Äönig ^crbinanb, ben er toegen feiner SRcgentcnttid^tigfcit unb
») amtteilungcn bes ^ift. IBcretns ber ^fal3 XXIII 93.
2) ?rbgebtu(ft bei (5et[|el, Der 5lai[€rbom ju Spefer I 258—265.
3) Den Dnid burc^ aRor^aib ^t Dberftubienrat Dr. 8tetff, ber Sei-
faf{er bes erften Su(^bru(fs in !Xübingen, feftgeftetit.
163
feinet ^ntcreffc^ für bic toiffcnfc^aftlid^cn ©tubicn, aber and) tocgcn
bcr i^m perfönlid^ crn?tcfcncn @nabc <)rieö.
äWöglic^crtocifc öcrbanft aber aud) btc öon 9?ci)ömann in
bem SSerjcid^ntö feiner gebrurften SBerfe cm @c^Iu§ be^ „Amos
propheta ' an erfter ©teile genannte „Elegia de grue volucri" if)ren
Urf^)rung bem Aufenthalt beg 2)i(^ter^ in ©)3eier unb feinem ©er*
Uf)x mit ber bortigen ®etftlid^Ieit @r fönnte ba^ SSap^jen bed
Senior^ be^ 3)omfa)3itefe ^an^ Äranic^ öon Äird^^eim unb biefen
^crrn felbft befingen, loenn eö nid^t ettoa fd^on in SSittenberg
cntftanben ift unb fic§ auf ßucaä Sranad^ 6ejog.^)
^ebenfaüö aber toar bie banfbare (Erinnerung an bie fd^bnen
Xage in S^jeier bie SJeranlaffung ju bem S^rauergebic^t, baä SJel)^«
mann bem am 24. 3uni 1532 üerftorbenen S)omt)errn Dtto öon
galfenberg toibmete. 5)er 3n^alt biefe^ Derfc^ottenen SSerf^ toirb
fid^ too^I au^ ben „Lamentationes super morte ingenuorum
clarissimorumque virorum Ottonis a Falkenberg, custodis
insignis templi Spirensis, et Georgii a Sternenfels, ibidem
decani" erfennen laffen, toeld^e 3löinmann feinem @l)n!reti^mu§
1541 am @d^lu^ beifügte unb ^itpi)an äKerj inibmete.
3)ie angeneiimen S^age Ste^^mann^ nahmen ein jä^cö @nbe
mit bem Sieg ^f)ilipps^ üon Reffen bei Cauffen am 13. SDlai
1534 unb ber Stürfle^r beö ^erjogö Ulric^ öon 9Bürttemberg.
SRe^^mann flüd^tete fid^ narfi Slonftanj, tno er ööüig mittcHoö
anfam. Sitte feine Hoffnungen auf ^ab^burg, auf bic alte Äirc§e,
auf eine gefiederte ©tettung in Xübingcn toarcn jerronnen. Qtx^
rönnen toaren aber and) bie Sbeale, toelc^e feit 1530 feine Seele
erfüttt f)atten. 3)er (eic^tbetoeglid^e Sßann „fonnte je^t jum jioeiten
3Wal anberä." 2)er9Kann, ber einft bie ^ab^burger aU ben iport
1)eutfd^lanb^ unb ben Äaifer aU ben redeten Slrjt für 2)eutfd^Ianb^
©c^äben ge))riefen t)atte, tourbe je|t in einem ©c^reiben an ben
JRat in Äonftanj^) jum ^Betounberer ber ftäbtifd^en greit)eit, ©taatö*
Ilugf)eit, gefe^geberifc^cn SBeiäl^eit unb öäterlid^en 9Kilbe gegen
bie Strmen. Der 3Jiann, ber eben nod^ ein fräftiger SJerteibiger
ber ©in^eit ber Äird^e im ©inn SRomö getoefen toar, rühmte je^t
bie constantissima in religione christiana fides ber ©tabt Äonftanj,
'; fieibet finb alle Slac^fragen na^ biefem (Bebtest unb ebenfo bie naä^
bem Xrauergebic^t auf Otto oon gfalfenberg oergebli^ getoefen.
') Das unbatterte S^refben gehört o^ne 3roeifcl in ben Sommer 1534.
(Es finbet ]\ä^ in ber S^abianf^en 5Br{ef{amm(ung p 8. C^allen.
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bic bod^ in bcn t)orbcrftcu Steigen bcr protcftanti)(i|cn Stiibtc ftanb,
unb in bcn 2)icnft bicfcr ©tabt n^otttc 9tc^^mann treten, inbem
er um ein 3lmt ober um bie SKittel bat, um in Italien 5ura
ftubieren unb bann ber Stabt fpäter bienen ju fönnen.
3)er SRat ju Äonftanj öersid^tete auf bie angebotenen 5)ienft'
leiftungen be§ gefrönten ^oeten, beffen SSergangentjeit nic^t fet)r
öertrauenertoecfenb toar. Sagegen erbarmte fid^ 3lmbrofiu§ 33Iarcr
über ben üöHig brotlofen unb auöfid^tölofen ÜRann, ate er jur
^Reformation nac^ SBürttemberg berufen toorben toar unb an ba§
fd^toierige 2Berf ber SJeformation ber Möfter ging. SBae 3?el)Ä=
mann üon feinem Slbgang in "Jübingen, ber in ben 3Rai ober
3uni 1534 fallen toirb, bi^ ju feiner ^Berufung nad^ §irf au für
@d|idEfaIe t)atte, bleibt nod) im I)unfeln. SßieQeic^t toanbte er fic^
in ber 3^^^)c^^^iäcit ^9^ granffurt, loo er balb barauf greunbe
l^atte.*) 3ni 3lnfang be^ 3at)re^ 1535 finben toir SRe^^manu
aU 2e)emeifter in bem berühmten SJenebütincrflofter ju ^irfau
{£M. gallo). Sr follte ben aJJönd^en Wit ein tt)eologifd^er ^rofeffor
SSorlefungen t)alten, of)ne in ber Äird^e ju prebigen, loeil Slarer
ben ©oben für bie eüangelifd^e ^rebigt nod^ nid^t geebnet genug
fanb unb n)ot)l aud^ 9tel)^mann nid^t ganj geeignet für biefe
Aufgabe ^ielt. Stu^gerüftet mit einem SRanbat be^ ^crjog^ unb
einem S3rief 93larer§ an ben 9(bt ei^fd^icn 9tet)§mann bei bem
Stbt 3of)ann Sd)utte§, ber feit 1524 an ber @:pi^e be« Ätofter§
ftanb, unb verlangte Oon i^m 1) bie 93eftimmung einer gelegenen
©tunbe für feine tfieologifd^en SJortrage, 2) eine angemeffene
333ot)nung für fic^ unb nad^ ©ntreffen feiner ®attin für beibe
@i)egatten, 3) f5^W^&^"9 ^*^^^ ©etialteö. 5)er ?lbt orbnete an,
ba^ nid^t nur bie Äonüentualen, fonbem aud^ bie ßaienbrüber,
toelc^e toeber lejen nod^ fd^reiben lonnten, bie SJorlefungen 3ie^^-
mannö befud^en foUten, ja er too^nte il)nen felbft aud^ bei, obgleid^
ba^ ber ^erjog in feinem SKanbat nid^t au^brüdflid^ geboten f)atte.
Der §lbt jeigte fidj ber SReformationöbetoegung nid^t feinbfelig,
ba fie Don ber neuen ^Regierung oertreten iourbe unb er in bcr
garten Sd^ule beg öfterreid^ifc^cn Stegimcnt^ an ftrengen ©el^orfam
gegen bie locltlidje Cbrigleit gctoöl)nt n^orben toar. 9?el;ömann
begann feine SJorträgc mit bem ßob ber Joa^ren SBciötieit unb
fing tag§ barauf an, bcn ^cbraerbrief au^julegen; ber SRann,
ber t)ier 3af)re lang für bie alte ^ird^e unb bcn ganjcn 3^^^^^
^) 3" SrrQitffurt lieg [i(^ auf bem (Stabtar^io nichts meiter ergeben.
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i^rcr 9iomantif eingetreten toax, enttoicfelte je^t ben blinbeu ftürmifd^en
@ifer beä ^Renegaten. S)aöon jeugt ein in biefer ^^xi ju ^irfau
entftanbeneg fatirifc^c^ ©ebid^t, ba^ 9iel)ömann bem granffurter
^rebigcr 3)ion^ftuö 9WeIanber toibmete, nümlic^ Missae in Wirtem-
bergensi ducatu languentis conquestio (Otto äWelanber,
Jocoseria II 41). Ücibenfc^aftlic^ eiferte er gegen alle^ ftlofter*
leben, gegen „Äutten unb platten" unb l)erglic^ bie äWönd^e mit
hieben, Maben unb Sgeln, ipie ber 9lbt in feiner Jlntmort auf
ctlidie Älagen l)on ca. 5. SRärj fagt. ß^ fann bie§ nic^t über»
rafd^en, benn fc^on in feiner gutlat^olijc^en ^eriobe i)aitt er in
SBtaubeuren beim Stnblicf beö bortigen Älofter* unb 3R5nc§^leben8
eine ftarfe 3lbneigung gegen biefe %:i ber grömmigteit gefaxt unb
in feinem Föns ßlavus au^gefproc^en. iSalb erftärte '\f)m ber
?lbt, bei feiner Slrt ba<^ ßöangelium ju treiben unb ber babiirc^
hervorgerufenen Spaltung im Älofter »erbe e^ ba^in fommen,
ha% beibe Xeile einmal einanber baö ßüangelium in einer SBeifc
fagcn toerben, bafe it)nen bie ftöpfe bluten. 3a, bei einer jtoeiten
iBegegnung meinte ber 2lbt, eö toäre erträglicher, UJenn 9fJel)Mann
Slbt unb l£ont)ent einmal in eine Stube nel)men unb ein für alle
mal i^nen allen jagen »ürbe, ba^ fie Diebe, Söjemic^te unb
SJiörber, in Summa be^ Xeufel^ UJären, al^ loenn fie alle 3;age
feinen ^o^n unb Spott über fic^ ergeben laffen müßten.
Iro^bem t)atte SRelj^mann unter ben jüngeren SÄönc^cn einen
großen ?lnt)ang, ber nic^t genug an feinen i^ortriigen Ijatte, fonbern
Sag unb 9iac^t if)m julief unb babei gegen ben ?lbt ficf) tro^ig
unb t)oc^mütig geberbete, aber für SRet)^mann )el)r begeiftert toar,
jumal er fic^ auc^ bie elementare ^öilbung ber ^Jooijcn unb
fiaienbrüber angelegen fein lie§, Jooju er bie c^ilfe eine^ Älofter*
bruber^ in ?lnfpnid[; na^m. I)ie ?lnl)tingev 9iel)^3mann^ brangen
in il)n, er folle auc^ prebigen, ba ha^ ißolf fef)v nacli bem 28ort
©otte^ Verlange. 9iel)^mann l)atte S^ebenfen, entfprac^ bocf) bie
3;f)eologie unb ba^ ^rebigtamt nic^t feinen Steigungen, benn er
toar mit ßeib unb Seele Sefjrer unb (jattc bic^^er fic^ gegen ben
Stuf jum ^^rebigtamt geftraubt. Die ^JJrebigttoirffamfeit lag ja
aud^ nic^t in bem Streik feiner Von volarer '\i)m jugemeffenen
?lufgabe. Denn er fotlte fic^ nur bem Unterricht ber SJiönd^e
toibmen. ?lucfj gebacf|te er an bie 3D?af)nung, bie i^m Simon
©rtjnüu^ beim 3lbfc^ieb Von Tübingen unb feiner ^Jtbreife nad^
^irfau mitgegeben tjatte, vor allem bie (£()re ©otte^^ ju fud^en
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unb ftct* haxan ju bcnfen, toit üict er Slaveu ücrbanfc. ?tBcr
nad^ längerer Überlegung entfd^Io^ fic| SJctjömann am 2. gebruar
in ber ^rd^e be^ alten Älofter^ (auf bent 93erg) ju ^rcbigen.
2)er W)i luar über btefen eigenmäd^tigen ©d^ritt beg fiefcmeiftcr^,
ber if)n nid^t befragt ^atte, fel)r enregt unb fragte nad^ feiner
Ermächtigung baju burc^ feine SJorgefe^ten, bann tooHe er i^n
nidjt ^inbern. 3^9^^^^ Verlangte er, ba^ SRe^gmann feinen 6infln§
auf bie äKönd^e feinet 2lnt)angg geltenb mad^e, ha^ fie bem ?lbt
nid|t me^r %xo^ unb ^od^mut erjeigen. 9iad^ einer Beratung
mit feinen 9lut)ängern üerlangte 9iel;§mann ein ^ferb, um nac^
Stuttgart ju reiten ; ber 9Ibt antwortete it|m, n^enn er ettüa§ Ujarte,
lönne er mit i^m ju 9Bagen nad^ Stuttgart fahren, benn er tootte
aud^ bortt)in reifen. 3I6er SRelj^mann lie§ fid^ nid^t galten unb
eilte äu Sd^nepf, bem er über feine Grlebniffe in ^irfau berichtete,
©c^nepf freute fid^, ba^ „&oii ben Zi)tobom^ ben SKufen ent=
riffen unb jum "^^rebigtamt gebrad^t fiabe." @r ermunterte i^n, in
feinen ^rebigten tüeiter ju fat)ren. 3)er Slbt tüar feinem fiefemeifter
rafd^ gefolgt unb l)offte i^n ju einer ^lu^einanberfe^ung in ©egen*
toart be§ Sliarfdöatt^ Xf)umb unb be^ Äanäter^ 5^fe^^^* ä^ bringen,
aber fofort nad^ feiner ?lnfuuft eilte Ste^^mann nad^ ipirfau jurücf
unb rühmte fid| „großer Sefetjte", bie er entpfangen l^atte. 5)cr
§lbt, ber l)eimgefef)rt toar, ol)ne ttWa^ au^juric^ten, eilte je^t ju
©dinepf unb fragte i^n, toa^ SRclj^mann über it)n getlagt fjabe.
©c^nepf tpar furj angebunben unb erfUirte; ber Stbt t)inbere etlid^e
am SBJort @otte^. liefen SBortourf erfliirte ber 3tbt für t)i3llig
unberechtigt, ba er nid^t nur bie Äonöent^erren, foubern aud^ bie
2aienbrüber jum S8efuc^ »on 9iepömann§ Unterricht anhalte, unb
brad^te nun feinerfett^ klagen über SReljömann^ ©attin unb feinen
Sßerlet)r mit ben ÜÄönd^en öor. S)ie ©attin 9tet;^mann^ greift
jum erften 3Kal in ba^ ßebcn unfere^ S)id)ter§ ein. ©ie muß
feine ganj ungetrübte SJergangentjeit tiinter fic^ get)abt ifdbm, benn
Suger nannte fie in einem 93rief an gred^t in Ulm eine grau
öon jloeifelfiafter ßebeu^^altung (olim non probatae vitae).*)
©ie Joar JHetj^mann erft einige 3^^^ nadf) feinem Slmtöantritt gefolgt.
S)er 9tbt ioottte fie, um fie t)om ^^erfel^r mit ben äRönd^en fern
JU t)alten, erft im alten Allofter jcnfeit^ ber 9^agolb, too aud^
feine SDiutter gelebt ^atte, bann im 3?iet)^au^ imb tnblid) im 2:i)or»
Ijauö unterbringen, mät)renb 5Ket)ömann feine 9Bot)nung im ©ied^en=
^) 93ricf Sre(^ts an Slaret oom 7. SWärs 1535.
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f)an^ £)attc. Dicfcr aber na^m feine grau o^ne SBeitered ju fid^,
o^ne ben Äbt ju fragen. 68 enttoicfelte fid^ ein lebl^after SJerfel^r
ber aJlönd^e mit bem @t)e^)aar, ba^ jene üielfad^ ju ®aft lub, oft
btd fpät in bie 9{ad^t bei fid^ behielt, unb, toie ber ^t be^au^tete,
einen fogar über SRad^t in feiner ©d^laffammer beherbergte. @d^ne))f
gab nun bem %bt einen 93rief an äie^dmann mit, inbem er it^n
antpied, feine @attin in ha^ %f)oxf)an^ ju tun unb feinem 'SR'öndi)
mtf)x nad^ ber Komplet ju fid^ tommen ju laffen. 23o^I tvurbe
je|t ba^ &)tpaax anbertoärtö untergebrad^t, aber ber SSerfe^r mit
ben äRönd^en ging Iveiter. S(n klarer 1)aiit Ste^dmann nid^td
über fein SJorge^en berid^tet, offenbar toeil er feine ©infprad^e
fürd^tete, na^m aber filr fein ©d^toeigen ©larer^ ®efd^äftdüber=
Häufung jum RJorioanb. S)od^ fd^rieb er am 17. gebruar an
®r^näu8; ber afe Slarerä alter ego erfd^eint, über ben Seginn
feiner ^rebigttätigleit unb geftanb i^m, er tooUe am näd^ften Sonn=
tag aud^ ben beutfd^en ®efang im ®otte8bienft beginnen.
3)ie S))annung jtoifd^en bem ?rbt unb bem Sefemeifter
tonend. Sener f)attc mit Wec^t über 9iet;ömann8 ganje^ ©orge^en
toie über feine grobe ^olemit ju Itagen, biefer aber fül^lte be*
Äbt^ 3Ki§gunft unb fal) ®cfpenfter in feiner Slngft; er bilbete fid^
ein, ber ?lbt trad^te i^m nac^ bem Seben. liefen Serbad^t ^pxaäf
er aud^ nid^t nur unter feinen ?tn^angem au8, fonbern fagte e8
bem Äbt ind ©efid^t. Darüber toar biefer mit Siedet fe^r er=
bittert, tat einen gluc^ unb toarf fid^ auf fein SRofe, um nad^
Stuttgart jU reiten unb ben üefemeifter öor bem iperjog felbft
JU öerflagen. ?lber ber ®ro§IeIIer be^ ftlofterö, ber alte SSogt
Don Siürtingen, Sebaftian Äeüer, unb einige befonnene Äonoent^erm
befänftigten ben ?lbt uub fttfteten ^rieben jtoifd^en i^m unb bem
ßefemeifter. ?tuf ba^ SSerf))red^en be^ Üej^teren, fünftig o£)ne be^
Äbtö SBortoiffen feine äWönd^e me{>r ju ®aft ju laben, ftieg ber
Äbt toieber üon feinem 9to§. Slber balb barauf ritt er nad^ Xü«
bingen ju 93Iarer ; ber Slbt, ber immer gut unterrid^tet toar, mod^te
erfahren fjaben, bafe 95larer auf bie Siac^rid^t öon 9iet)8mann8
?ßrebigten unjufricben geloefen toar unb it)m gefagt ^atte, toarum
er fid^ nid^t auf ben Unterrid^t ber Sötönd^e bcfc^rünfe unb toenig«
ftenö auf feine ?lnfunft toartc. 5)er 2tbt erjäl^Ite ÜÖIarer Don bem
f)eftigen Sluftvitt mit SRetj^mann unb i{)rer beiber SSerfö^nung.
©larer toottte Ste^ömann abberufen unb einen anbcnt ^rdbifanten
fd^icfen, ber nid^t prebtgen bürfe. 2)er ?lbt aber crn^iberte: 3c^
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f)abz a\\ bicfcm genug ober juöici. 3)enn er fürchtete toot)I ftatt
beS fleincn, ängfiUd^en ^oeten eine IraftöoUc, uncrfd^rodCenc ^er=
[önlic^fett jum @rfa^ naö) ^irfau ju bcfommen.
S)er 3lbt tooHtc offenbar nur fid^ über SBIarer^ ?lnftc^ten
t)on bem rid^tigen S?erfat|ren gegenüber bem Älofter unb öon
9iet)gmann§ 9Sorgct|en unterrid^ten unb Ict)rte befriebigt t)eim,
S)cnn eö toar i^m flar, Slarer^ ©tettung ju bcn Älöftem unb
ju SRe^ömann toax eine anbere aU bie <Bd)mp^^, ?lber bei feiner
9iürffet)r ^örte er, bafe bei 3Jerfef)r ber 9Könd^e mit ber gamilic
9?et)^mann njö^renb feiner ?lbn?efen^eit toieber ganj in ®ang ge»
fommen fei. 2)e§]^alb entfd^Iofe er fid^ aufö 9ieue nad^ Stuttgart
JU ge()en, um enbgittig ba^ SSerljciltni^ 9?ei;^mann§ jum Älofter
burd^ bie ^Regierung regeln ju laffen unb fid^ felbft ju rechtfertigen,
unb forberte jugleid^ 9?et)^mann auf, am äWitttood^ ben 3. äRdrj
abenb§ in Stuttgart ju erfd^einen, bamit fie fid^ atebalb öerteibigen
lönnten. 9flet)^mann ging nac^ Stuttgart, lie§ fi^ aber ein
©d^reiben t)on fed^^ feiner 3tnöiinger mitgeben, bie it)rem Set)rmeifter
ein überaus günftige^ 3^^S^i^ au^ftettten unb bringenb baten, i^n
in feinem 3lmt ju belaffen unb gegenüber bem 2lbt in Sc^u^ ju*
nehmen. S)iefer lannte bie Stimmung im S;lofter nur ju gut unb
öerjic^tete barum auf im it)m nahegelegenen SBunfd^ ber ©ntfemung
SReljgmannö. (£r begnügte fic^ 1) mit ber Unterbringung ber ©attin
SRetjSmannS in bem 2,6 km entfernten Gato, 2) ber SBefd^ränfung
be§ SJerlel^rS 9iel;^mann^ mit ben äJiönd^en auf feine Vorträge
im Stefectorium, too auc^ fold^e, bie Weitere Sele^rung toünfc^ten,
i^n fprec^en foUten, 3) bem ©erbot aller ^eimlid^en 3iif^"^^^ii'
fünfte unb befonberö fold^er nad^ ber Äontplet, 4) bem Serfpred^en
Sfe^gmannö, bie 9JJönd^e jum ©el^orfam unb jur 95efd^eiben{)eit
gegen ben ?Ibt angutialten, 5) ber SSerpflid^tung SRetj^mannö, bie
Schrift „tugenblid^ unb freunblic^ ju lef)ren." 3)agegen geftanb
ber STbt unter ber Sebingung, ba^ Slarer 9?el)^mann baju be»
öollmadtitige, baö 9tedf)t jur 'ißrebigt ju, nur foHte er nid^t in
St. ^eter, fonbern in ber Sfurelienlird^e beg alten Älofterö <}rebigen.
Slarer t)inbcrte nun SRetj^mann nid^t mei)r an feinen ^rebigten,
toünfd^te aber, ba^ er ben Unterrid&t ber 3Äönd^e aud^ auf bie
Sprachen unb bie freien Äünfte auebe^ne. JRe^^mann aber fanb
bieg unmöglid^, ba bie äRönd^e teife ju alt, tcifö ju fe^r burc^
it)re flbfterlid^en ^^^^i^*'"^^" in Stnfprud^ genommen feien, unb
erbat ]\d) bie Srlaubni^, in ber Dftergeit ba§ 3lbenbma^l nac^
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(£^rifti (Sinfc^ung galten uub bcn ÜKönc^en axid) bcn 3"^^*^^^ J^^
feinen ^rcbigten in bei* ?(ureliuefirc^e geftatten ju bürfen. goilan
^ören wir nid^tö me^r öon Äämpfen llRctj^mann^. Dei* 3tbt ^atte
fc^on @nbe gebniar bcn Sefe^I tvifaiim bie 9?oöijen ju enttaffcn.
3m 9Kärj aber forberte ©c^nepf ben 9t6t auf, bie 5ur SSerfe^ung
öon Äirc^enbicnften geeigneten äKönc^e i^m jum (Sjamen ju fc^icfen.
SKilte 3uli liefien fic^ bie meiften SKönc^e mit einem Seibgebing
abfertigen. Daö Äloftei tüar entüi^Ifert. 5)er 3Ibt 6ef)ielt feinen
©i^ im Älofter unb ließ fic^ am 10. Df tober 1535 mit einem
fieibgebing öon 500 fl. jum t)erjoglic^en 9fJat befteßen.
JRetj^mann toar in ßirfau entbehrlich. SBo^in er jegt fam,
ift nicf|t fieser ju fagen, ba Wk erft im September 1540 toieber
fidlere 9tad^ric^ten über i^n erhalten. 2Sir erfa()ren, ba§ er ba»
mal^ fcf|on längere Qth Pfarrer in bem toürttembergifc^en Xeil
be^ 2)orfeö ISleebronn (D.*3l. Öracfen^cim) loar, beffen neuer Xeilbem
©räftift äRainj gef)örte unb aU ßef)en in ben ^önben ber iperni
t>on fiiebenftein toar unb feine ^^farrtirc^e auf bem SWid^efeberg
^atte. 3"9^^i^ Derfat) 5Rel)^3mann bie Äirc^e in bem abgegangenen
S)orf 9?amebac^. 3Sir finb überrafc^t, bm begabten unb ge(e()rten
äRann, ber bod) fc^on auf ber Unioerfität Xübingen gelef)rt ^atte
unb ben ber ßeiter ber mürttembergifc^en ttirc^e ®eorg öon Dto
nie „gefc^irften @ef eilen" be3eicf)nete, auf einem einfachen I)orf ju
treffen. 9tber bie Sacfie erf lärt fic^ fof ort , toenn man bie
Sfu«^fagen be§ Öericftt^ öon ISlecbronn öor bem C6er= unb
Unteröogt öon SSradenljeim in iBetrac^t jiel)t, loonac^ er fic^
ganj „ef)rlid^" f)a(te, toenn er nüchtern fei, aber toenn er
SRac^mittag^ SSein empfangen f)abe, fo gebe ee um geringe X)inge
©treit. ©benfo i)atu ber Dberöogt SBil^elm öon äRaffenbac^ 5Re^^*
mann toegen feinet teirfjtfertigen VJebenö \mh i8oßtrin!enö unter
öier ?lugen ernfllic^ gemaf)nt. ^a er macf)te in ber 3;runfenf)eit
allerlei törichte Sc^erje unb Streidie, foba§ man it)n in^ ®efängni§
legen mußte. J)abei f)am er fic^ ben totliefen ^a% beel @d;utt«
tieiften unb feiner grau jugejogen. ße^terc befc^ulbigte 9Jel;gmann
unjürfitiger ^anblungen bei einem Äranfenbefuc^, foba§ er am
19. September öer^aftet tourbe. T)ie Untcrfuc^ung aber ertoie^ bie
Untoaf)rf)eit ber Stnflage unb brachte ben 9Inftifter ber fd^mütitid^en
SBerleumbung, ben Sc^ultt|ei§en, ine (^Jefiingnic^ unb um fein 2lmt
2)ie 9(u^fagen ber (^emeinbe über 9tel)^mann toaren nic^t ungünftig,
benn abgefe()en öon feiner Steigung jum Xrinfen ^alte erfirf) unflagbar
170
imb tüo^I, ja fclbft eine feiner ^eftigften ®egnerimicn bcjeugtc, er
fei ein fd^riftgele^rted SDZiinnd^en, aber toenn er SBetn ^abc, fei er
ganj ungefc^idt S8on feiner ©attin bejeugte bie ®emeinbe, fte
^aht fid^ too^I unb etirlid^ gehalten unb fte^e bei jebermann in
?lc()tung. 3)ie Regierung badete an ®erfe|ung SRe^^mann^, aber
bie ©emeinbe bat am 6. Januar 1541 il^n bet)alten ju bürfen.
Stöcin bie toeinreid^e ®egenb toar nic^t ber redete 95oben für bie
burftige §umaniften!et)Ie. @r ert)ielt im grü^jal)r ben Sefe^l,
nad^ ipettingen (2lmt ®ammcrtingen) auf ber raupen ?tlb ju jicljen,
ba^ ju bem ®cbiet 5)ietrid^ Spät^, jene^ "Jobfeinb^ be^ §cr jog^ Ulrich
get)örte, ber Spätö ©iiter 1534 eingejogen unb reformiert f)attc.
3um ?tbjug Sieljemannc^ fam e$ nid^t, benn er n^ar am 15. 3Äai
1541 im S[öiii^l)au0 ju Giben^bad^ in fc^toere ^dnbel mit einem
Ärü))pel ©igmunb UnDcrborben geraten, ber SRelj^mann unb
feine ®attin befc^impfte unb letztere einee ^enfer^ ober ©c^inbcr^
Sod^tcr nannte. 2)er Düppel fd^tug mit feiner Ärüde ju, afö
Steljömann mit feinem äd^toert i^n angriff, unb öerttjunbete ben
Pfarrer fd^toer an ber SBange. Die Slntoefenben geboten griebe
unb nahmen SRelj^mann ha^i^ &döh\n^ be^ grieben^ ab, biefeu
aber padtte gleid^ barauf bie Sßut, er fd^Iug nod^ einmal auf feinen
®egner los. 9lte griebenebrec^cr t)atte er je|jt nad^ totirttembergifc^en
SRed^t bie redete $)anb Denoirft. De^njcgen entflog er unb mu^te jU*
glcid^ bei einem 3lr5t ^ilfc für bie fdEiUjere SBunbe an ber SBange
fud£|en. 2öo^( toäre 9tel)0mann jeßt gerne nad^ ipettingen gejogen,
um im 3(mt ju bleiben, aber bie ^Regierung entliefe i^n am 10. 3um
toegen feine^5 Xrinfene unb be^^ Jyrieben^bruc^^. 3E8ie im 3a^r
1534 ftanb jefet Sieljömann mit feiner ®attin xvit ein ©cttter of)ne
S9rot, o^ne Cbbad^, ol)nc 9lmt auf ber Strafe, aber feine Sage
toar iejjt nod^ fc^toieriger; er njar fdjtoer oernjunbet unb ärjtUd^er
?ßf(cge bebürftig. Seine (Gattin ben)ät)rte fid^ in jener fd^toeren
3eit aU treue ®et)ilfin i()re^ aRannes unb bat biö julegt
für i()n bei ben loürttcmbergifd^en Sel)örben. ?lber je^t tüot)in?
SRütodrtö auf bie ^^Jfabe, bie er 1530—1534 gen^anbelt I)atter
fonnte er nid^t me^r. I)er Spei)rcr greunbeöfrei» toar au^geftorben.
©ein 5|5^'^ii^i^ 3Sinmann, bei feit 1541 aU SReftor ber Schule in
Sieiffe n^eilte, toar für JReij^mann Uerfd^oIIen. 2lber er ftatte nod^
einen 3ugenbfreunb 5^crnt}arb "iJJorciue ober ®d|tüeiner, ber ^^farrer
in SlnnUjeiter loar. Siefer erbarmte fid) über ben fied^en Siebter,
ber eine ßeitlang fc^tocr traut toar unb müt)fam nac^ Atem rang.
171
?Porciu§ la^ xf)m toä^rcnb feiner ^anft)ctt baö ©ebid^t „Anser" üon
SRid^ael 3;ojite^ öor, ber afö ein Dpfer tjerleumberifd^er lüde au§
SBürttemberg gefd^ieben toax unb alfo SRe^^ntann ein Sciben^genoff c ju
fein fd^icn. Denn biefer lebte ber Überjeugung, bie er aud) feinen
greunben beibrad^te, er fei öon Seiten ber toiirttembergifd^en Se^örbe
unbillig bet)anbelt toorben. 833al)rfc^einlic^ burd^ ^orciuö fanb 9lel)S=
mann 3lufnal)me auf ber fürftlic^en SÖiaierei ber iöurg 9Zeu!afteL
(Sr erf)olte fid^ lieber. I)er franfe 3Äann, beffen poetifd^e (Habt
fic^ in ben legten Sauren nur in Keinen ©elegen^eit^gebid^ten funb
gab, begann jegt ben ^ropt)eten 9(mo^ n?ie einft ben ®atater=
unb SRömerbrief in lateinifc^e 3Serfe (öejameter) ju bringen unb
plante unter bem Xitel Lauretum eine ®cf amtau^gabe feiner SBerle.
@r mod^te aud^ ^offen, burd^ ^JJfaljgraf JRupred^t, bem er feinen
?lmog toibmete, ein entfpred^enbesi 9tmt nac^ feiner ®enefung ju
finben. 3)cnn er entfaltete öor if)m in ber Sßibmung feineä ?lmo8
htn ganjen SReid^tum feinet ?ßiffenö unb Üönnen^ unb fc^ilberte i^m
bie ^o^e 6^re, bie i^m Äönig gerbinanb bei feiner .ftrönung jum
poeta laureatus erliefen l)atte. ?lber alle biefe ^liinc j^iTannen
unter ber falten ipanb be^ Xote^, ber ben fiec^en 5Uiann ba^in*
raffte, nad^bem er fid^ eben nod^ fo bel)aglic^ auf bem SKaier^of
mit feinen Äaftanien unb feinem gät)rcnben SBeine gefiil)lt l)atte.
@r ftarb 6nbe 1543 ober 9tnfang 1544. ©in t)od^6egabter unb
gebilbeter äRann f)aii^, toie lojite^ in 3tet)§mannS @pitapf)ium
am Sc^lufe be^ ?lmo2i fagt, geenbet indigna morte peremptus.
Sein öJrabftein jiert fein @rab, mxh biixd) 3at)rf)unberte toar fein
5Rame, n^aren feine SBerfe tjerfd^ollen iinh feine fd^öneu Enchro-
mata in Speier ebenfo unbefannt n?ie fein Föns Blavus in
Slaubeuren. 9lber eö U)irb njal)r ttjerbcn, toa^ ^orciu^ jum iJob
9iet)^manng fang:
Vivit illustres inter. non moriture. viros.
333cnben tpir un^ nun noc^ ju genauerer 33etrac^tung beö
SBerfed, ba^ für Speier t)on befonbcrem 3Bcrt, ber Pulcherrimae
Spinae summique in ea templi enchromata, fo ift e^^ juerft
nötig, ba§ ißert)ältniö biefer I)ic^tung jU bem Encomion Spirae
noc^ genauer ju unterfudEien, Don bem nur ju bebauern ift, ba^ big
jegt nur bie üon Dr. ^raun aufgefunbenen fec^g 5.?crfe bcfannt finb.
Sie mögen t)ier nod^ eine neue Stelle finben, um bie iicrgleid^ung
mit ben Enchromata ju erleid^tern. Sie lauten nad) btn 3Kit=
teilungen beö ^iftorifc^en ^^creiuv^ ber 'i}Jfalj XXIII 93:
172
Rhenus ut eximias urbes foecundaque regna
iMluat, uberius nihil est aut pulchrius urbe
Spira, seil turres, fora, moenia, templa, plateas,
Seu cives fortesque viros magnumque senatum
Sive sacerdotes celebres sanctumve tribunal
Imperii spectas et maiestate verendum,
Sd^on bicfc tocnigcn SScijc bctpcifen bic große ^i^nlid^feit beibcr
®cbid)tc, bic uid^t nur bie gleichen ®cbanlcn au^fprcc^cn, fonbcrn
ftc aiic^ in ö^nüd^en SBcnbungcn toiebcrgcbcn, ja tcillDcifc and)
biefelBen SBortc gcbi-mid^en. 2)cnn \va^ in bcn fcd^§ SSerfcn bc^
Encomion gefagt ift, finbet fid^ in bcn Enchromata SBcr^ 6 — 10
mit bcn 3Bortcn:
. . Est propria Rhenus de laude per orbem
Notus. Ut hie pulchras urbes foecundaque regna
Perfluat, est Spira nil pulchrius uberiusque,
Moenia seu turreis, fora templaque sive plateas
Seu civeis forteisque viros sanctumque senatum
Sive sacerdotes celebras cathedramque verendam.
SBir fctjcn, bie ®ebanfen bedCen fiel; genau, nur Bringt ha§>
Encomion ()icr fc^on ia^ 9icid;$Iammcrgcrid^t, ha^ fü^'g^mamx in
bcn Enchromata erft am Schluß crtr)äf)nt. Statt aliuit )agt er
perfluat, ftatt eximias pulchras. 5)a^ geflügelte SBort „uberius
nihil est aut pulchrius urbe Spira'* ift in bcn Enchromata noc^
munbgcrec^ter gemacht mit bcn glüdlid^ in bie Dt)rcn fallenben:
. , Est Spira nil pulchrius uberiusque.
2)a§ ®pitt)eton sanctus ift jc^t üon bem äuriidtgeftctttcnStcid^^'
Iammcrgcric§t auf bcn 9iat übergegangen, verendus aber für bcn
a9ifd)offi^ in 9ln))}rud) genommen. 9Iber bei aller ^Ät|nltc^!eit finb
bod^ Encomion unb Enchromata jloci t)erfdE|iebene SBerfe bc^
S)id^tc^5. 9J?an toirb nur fragen muffen, tpcld^em bie Priorität
jufommt.
SJJeinc^ Gradjtcn^^ fann c^ feine ^rage fein, baß ha^ En-
comion ber erfle ISnttourf ift,ber in beu Enchromata nod^ forgfältiger
unb breiter au§gefü()rt tourbe. 3n biefem (;oIt ber ©ic^ter
fd^on mit bem Sauf be§ 9tt)ein^ Joeiter au§, inbem er feine Sefer biä
jum Urfprung be^felben in bie r()atifc^en ^Itpen ^inauffül)rt unb
burc^ bie fruchtbaren ©efilbc unb Stcbcngeliinbe big jum Djean
begleitet. 3i?a» in bem Encomion gefagt ift, erfd^eint in ben
173
Enchromata mit 93cbad^t geglättet unb gefeilt. 3Bir toiffen ani
htm ^rotoloff be^ 3)omI(ipitete, bafe SRet^^mann am 23. Dftobcr 1531
bcm 3)omfapiteI bai Encomion llberreid^eii liefe unb 3 fl. bafür
Befam. 5Kun toärc faft unbegreiflid^, ba^ SRcl)dmann bem Domfapitel
ein befonbcreö ®ebici^t im 3Kanuffri^3t gen^ibmet i)ätte, n^enn ei* fd^on
baran gebadet t)iitte, ha^ ßob @))eierg in ber ait^gebcljnten SBeife
toie in ben Enchromata ju fingen. ?Uid^ UJftre bie Selotinung
Don 3 fl. unb bie filmte 9lrt, mit ber baö Encomion Spirae im
^otofoü be^ 2)omf(H)itefe befprod^en ift, einem fo anfef)nlid^ett
SBerfc gegenüber n^ie ben Enchromata mit feinen mef)r alg 900
^ejametern faum entf|)rec^enb. ©agegen erlUirt fid^ bie (Sntfte^ung
ber beiben parallelen SBerle fe^r gut, luenn man annimmt, bafe
Sie^^mann Don bem !argen S)id^terlo^ne, ber i^m am 23. Dftober
betoitligt tüurbe, enttdufd^t toar unb nun fid^ entfd^lofe, ben erftcn
@nttourf nod^ me^r augjufüf)ren unb au^sufeilen unb fo ein
großem 3BerI ju fc^affen, \>a^ beä 2)rucfeö ioert* ioäre unb baö er
bem ftönig gerbinanb ju toibmen ioagen bürfte. 3ft biefe 3lnnaf)me
rid^tig, bann t)ätten Joir ooUfommen Älar^eit über ba^ Sert)ältni§
beö Encomion Spirae alö eineö lürjeren, ba?^ üblid^e SKafe anberer
Encomia eintialtenben ®elegent)eit^gebid^teö unb ber Enchromata
afe eineö großartigen, forgftiltiger aufgearbeiteten ^runfftüdCe^,
mit bem ber S)id^ter toolil ®röfeere^ ju erreid^en t)offte al^ bie
paar ©ulben in Speier. ^tnn an be§ Äönig^5 (iJunft t)ing t)iel
für feine alabemifd^e ßaufba^n, toe^^alb er auc^ be§ Äönigä
gBol)ltooUen unb Gifer für bie 333iffenfdjaftcn rütimte.
Uberbliden Joir nun bie Enchromata, fo befdjreibt Ste^emann
juerft bie ^errlid^e 2age ©peier^ in ber JR^einebene unb öertritt
ben beutfd^en Urfprung feinet 5Wamenö (1 — 31); bann füf)rt er
ben ßefer an bie @tabt ^eran unb läfet it)n itire ftarfen äWauem,
tf)re Sürme nnb ftolgen ipäufer unb bie ß'^^^J^ ^^^ 5)ome8 an-
ftaunen (30 — 37). hierauf beleud^tet er bie Sebeutung Speierd
nad^ öerfd^iebenen Seiten unb jtoar erftlic^ für ba^ Meic^ unb
feine SReid^^tage (37 — 52), bann für ben au^gebet)nten ipanbel
(53—89), ba^ fleißige ©etoerbe (89—118) unb ben regen 3Rarft^
betrieb, befonberö ben gifd^marft, ber il)m ?tnlafe gibt, feine
gcograpt)ifd^en Äenntniffe öon ben ^lüffen üor bem ßefer ju ent*
falten (119 — 174). 9iunmet)r fommt er auf ein für Speier
überaus toid^tigeg Kapitel. 3m 3at|r 1529 Joar „ber englifd^e
©d^h^eiß'' auc^ in Speier t)eftig aufgetreten unb l^atte ben Öifd^of
174
@corg in feinen beften 3Rannt^'\al)xm hingerafft. ®ptkx tarn in
ben ®erud^ einer ungefunben ' Stabt, man \a^ befonberä in ben
«Ittoaffern bc^ SRfieinö Präger ber Seud^en (ügl. 175—180).
SRan erinnerte fic^, toaö 3renicu^ in feiner Exegesis Germaniae
über bie (äJegenb gcfagt l^atte. 3)em gegenüber Vertritt JftegSmann
toarm ba^ gefunbe Älima öon ®pmt, Wo fid^ 3Ränner fänben,
bie an ^aft 9ltf)letcn feien, an 3at)ren 9leftor öon ^Ijlo^ glichen,
ttJO auc^ ftaifer Äarl V. nad^ bem Steid^ötag üon äug^burg im
9?oöember 1530 mit feinem ©ruber gerbinanb toeilte, o^nc eine
®cfat|r für feine ®efunbt|eit ju fürchten. JRe^^mann gefte^t ben
©nflu§ be^ Älima^ auf bie ©efunbl^eit einer ©egenb ju, aber
Diel toic^tiger fanb er grömmigfeit, ©itttid^feit unb SÄäfeigtcit für
bie SJolKgefunb^eit, unb burd^ biefe Xugenben jeid^ne fid^ ©pcier
au^ (175 — 221). SRe^^mann fd^neibet ^ier intereffante fragen
an, bie er in gefd^idtter gorm be^anbelt. @^ ift gonj ^ü6fd^
gefagt (194 ff.): *
.... Quod aer
• Efficiat multum, tribuo, sed tu dabis illud,
Intempestivos hominum corrumpere plura
Mores, et quanto foelicior est ager omnis
Terraque, praeceptis monitus nisi paret amicis
Et sapientum depromptis e pectore, tanto
Plus damnosa Venus nee non malesuada voluptas,
Fortior et quovis gladio tu, crapula, regnas . . .
Hinc pitiiita venit stillans, hinc pallida febris,
Innumeri morbi, venit hinc nodosa podagra.
S)ie grömmigleit @peier^, fein altfirc^Iid^er (Seift, ber:
Arceat hos, varias qui pravi scindere partes
Quique subinde novas sectas portare maligni
Consuerunt, miscere solent sacrata prophanis (222 — 224),
fü^rt ben 3)ic^ter ju ben Sirenen unb uor allem ju bem ^err^
lid^en 3)ome, bem ber größte %t\l ber Enchromata (226 — 835)
getoibmet ift. Sieij^mann fteüt ben J)om btn SBunbertoerfen be^
Stttertum^ gegenüber unb fc^ilbert bann bie ®rö§e beg 2)ome8
gegenüber anbern ©ebäuben in ©peier (237 — 251) unb bie fe^§
Xürme mit ifjrer meiten SluSfid^t, bie er an einem ^eifeen ©ommer*
tag unter gü^rung feiner greunbe geno§ (251 — 301). Dann
fommt er auf bie ©tocfen (302—331), bie U^r (331—337) unb
nod^malö auf bie ®vö§e beö I)om§ gegenüber ben übrigen Äird^en
175
unb bcn Xünncn ©^)eicrö ju rcbcn (338 345) ; biefe öcrglcid^t
er ben SBüfc^cn bcg ©c^marjtoalbc^ neben feinen Sieben unb
Suchen, hierauf fil^rt er ben Üefer jur ©ingangs^^aüe im 9Beften
unb itiren geloattigen ^oren mit tünftlic^em ^efd^läg unb einem
mächtigen ßötoenfopf auf bem SWitteltor (346 361) unb fd^ilbert
bann in ergreifenben SBorten ba^ SRiefengemalbe be^ jüngften
@eri(^tä in ber ^aüe (362—407). $Runme{)r tritt ber Dichter
mit feinem Cefer in \)a^ Schiff ber Äirc^e mit feinen ^of)en Säulen
unb feinem bem ipimmel ä^nlic^en ©etoölbe unb läfet if|n einen
®üd in ben toeiten SRaum bi^ jum ^od^aliax tun, um ben ganjen
358alb t>on ©äulen ju überbliden (408 — 430). 35ann Jpenbet er
fic^ rücftüärt^ gegen bie ®ingangö^aüe, wo jur fiinfen eine 2Belt*
unb ipimmeföfarte aufgehängt toar, bie eine^ 5)ürer^ toürbig »äre
(431 — 451), toä^renb bie ^enfter ©las^gemälbe mit Stoffen auö
ber Sibel unb ber Öegenbe be^ {)l. l£t)rifto))^ jierten (452 — 475).
Die nun folgenbe Sefd^reibung ber Crgel öeranla§t SRelj^mann
ju einem ^übfd^en ©emälbe öon ber ®etoalt ber Jone (476 515).
9?ur turj berüf)rt er bie gatilreid^cn Äo^eßen mit if)ren SUtären,
itirer ©ottefi^jier unb i^ren luuftDoUen Silbern, ben t|of)en l£l)or,
bie Ärl;))ta mit i^ren Säulenbafen (516 533). ßine au^fü^r=
lic^e Sefci^reibung finbet ber ipoc^altar mit feinem Sc^mucf an
©belfteinen unb föbelmetallen unb bem (^otte^ibienft unb ben ©e-
beten für beg «atertanbe^ 5Bot)l unb $eil (535 -603). S)ann
folgen bie ^^eppid^c mit iijxm toftbaren (yetoebcn, jene öJobelin^
mit ben Silbern ber Sänger, bie in alle SBelt l)iuau2ijiel)en, unb
be^ um btn Äaifer Äarl V. unb ilbuig gerbinanb gefc^arten
Äleruö, bie Silber ber im 3)om begrabenen ^errfc^er unb eine
Xafel mit ben 5Ramen ber {)ier nit)enbeu J^iirftinuen, bie ilönigö=
gräber (604—652), bie Sifd^ofggröber (655—673), an bie 9Jel;fiJ*
mann einen ßobgefang auf ben gegentoärtigen Sifc^of 'ijJtlilip))
t>on glerötieim (674-687), ben ftraid^gau (687—710) unb ein*
jelne ^ert)orragenbe 9D?itglieber be^ I)omfa:piteU reit)t unb be*
fonber^ feinen ©önner Dtto Oon Jalfenberg auöäcic^uet (711 —773).
©nblic^ fü^rt Melj^mann feine Sefer noc^ in baö Xlrd^iö beö
2)om^ mit feinen toftbaren Urhinben öon Sd^enfungen unb Privilegien
ber Äönige öon bem äRerotoinger l£l)ilberic^ an (773-786), in
bie Sibliot^el, toelc^e feinen J^reunb 3Binmann Viel befc^äftigt
(787 — 806), unb enblic^ in ben ilreusgang mit feinen ®rabbenf=
mälem (807- -827). 92unmef)r treten toir t)inau§ in bie StiHe
176
cinc^ griebf)ofö, Wo tücuige 3at)Vjct)ntc früher ein SÄciftcr crftcu
SRangg bcn Clbcrg gcfd^affcn Ijatte, ben 9icl)ömann fctjr genau
befd^rcibt (828—869). Did^t bancbcn fott Äbnig gcrbinanb oft
bei Sag unb Stacht btieenb gebetet Ijabeu (870—877). %nä) bec
SRapf (878-882), bae Heine !Qan^ be^ 9iotarö Ste^p^an aWerj
(883—887), jnr Öinfen ein fxmv «ßlafe, njie ba^ aJiar^felb
(888—889) unb be§ ftaifer^ »urg (887),' ba^ Stift ju ®. ®er=
manag unb ba^ ju @. ®uibo (891—895), bag JRat^aug (896—898),
ba§ @))ital (899—903), bie Sd^ule (904—909) UJcrben nod) er»
toät)nt. 2)er toirtung^öoüe Sd^Ui^ beö Stabtbilbes ift bei* ^in=
toeiö auf bie öebeutung be$ ftammergerid^t^ für ia^ ©eutfc^e Meid^
unb feinen grieben, luae nid^t ben legten SRu^me^titel für Speier
bilbe (910—915).
3)ann fd^liefet 9tel)0mann mit einem feinen Sob auf ©peier
unter Jui^iger S)eutung beö yiamtm, ber in feiner lateinifd^en ^orm
Spira bie ^^re^el bebeutet, in bem er fagt:
Omnia sunt perfecta magis, quaecunque rotunda,
unb mit einem frommen 3Bunfc^ für bie Stabt (916- -920).
3Ber ben ^!^nt)aIt ber Enchromata genau öerfolgt, lann fid^
nid^t Verbergen, baß biefeö 2Bcrf für unfere Äenntni« üon ^Speicr
unb feinem 2)om einen I)eröorragenben SBert befifien mu§, tvtim
ber SSei-faffer in ber Sage toar, baö, toa^ er fd^ilbert, genau !ennen
ju lernen. SBir muffen alfo nac§ btn Duellen fragen, bie i^m
ju ©ebote ftanben. ^ier treffen n?ir 5uerft auf bie perfönlid^c
9lnfd^auung eine<o ^lugenjeugen, ber ein offenes $luge unb einen
fd^arfen SJerftanb befa§ unb barum über eine S8eobad)tungegabe
Verfügte, toie fie nid^t jebem Sieifenben eingen ift. Sd^on
fein Föns Blavus jeugtc x>o\x biefer t)erüorragenben Begabung
SRe^^manng, bie üon einem glücflic^en ©eböd^tniö unterftü^t mürbe.
3Bir begegnen in bm Enchromata überall ben frifdjen, unmittel=
baren Ginbilidten, meldte ber Did^ter auSfprid^t. 5JgI. j. 3?.
«. 180-131:
Vidi atque audivi strepitum vocesque sonantis
Turbae, confusam linguam obstreperasque loquelas
ober ». 257, 259, 260, 261 :
Regalia tecta . . .
Plumbea, quae tetigi, quando ardentissimus est sol
Tempora sub cancri; manus aestum ferre nequibat
Ex sole in plumbo conceptum.
177
3)ic gciponnencn ©inbrüdc Uc§ Sic^^mann nid^t ücrbl äffen,
jonbcrn griff afebalb jur gcbcr ober jum SSleiftift, um fie ju
fijieren. SBeim SBcfud^ ber ipöl^le bei Slaubeuren fa§te er feine
©nbrüdte aföbalb in einigen SBerfen jufammen, bie er an bie
3Banb fc^rieb, unb gab beim ?lbfci^ieb feinem greunb SBinmann
ein Mnemosjmon mit jur (Srinnerung an jene^ Siaturtpunber
ber fc^mäbifd^en 3llb. 5n ber 338ibmung feiner Enchromata fagt
und Sie^^mann gletc^ ju Slnfang, eö fei feine ©etuo^n^eit, pleras-
que animi cogitationes . . literarum fideli custodiae commen-
dare, unb fo ^abe er bei feiner JRüdEfe^r nad^ S^übingen feine
©rinnerungen an ^ptitx al^balb aufgejeid^net. 3)iefe folibe ®runb=
läge ift in ben Enchromata too^l ju ericnnen.
kleben feinen eigenen ©inbrücten bürfen toir bie Mitteilungen
feiner greunbe unb ®5nner alS Weitere Dueöe ber Enchromata
an)et)en. Unb ätüar bürfen toir babei nid^t nur an feinen greunb
SRilolauS 3®inmann beulen, ber in feinen SBerfen fid^ afö befät)igten
Seobad^tcr unb getoanbten Sittenfd^ilberer ertoeift, fonbern aud^
an ben offenbar fet)r begabten, toot)! unterrtd^teten unb burd^
toeite ^Reifen big SRom gebilbeten 3!)omt)erni Dtto t)on galfenberg,
ber fi(^ mit SRe^^mann oft bid tief in bie 92ad^t hinein unterl)ielt.
(%L «. 733 ff.)
gür atteg, tva^ bie eigene Slnfd^auung unb bie ÜJiitteilungen
ber greunbe nid&t an bie ipanb gab, befonber^ für bag gefd^id^tlid^e
unb geogra^)i)if(i|e äKaterial, ba^ SRetj^mann feinen ßefern in ben
Enchromata barbictet, ift feine üorjüglid^fte, ja too^I eiujige
Duette Francisci Irenici Exegesis historiae Germaniae, loelc^e
1518 erfd^ienen toar.*) ^ier toar eine reicfie gunbgrube, auö ber
9fiel)gmann junäd^ft bie Äenntni^ ber ©efd^id^te ber 93ifd§öfe unb
itire 9ieit)enfoIge !ennen lernte, bie er aber mit bid^terifd^er grei^eit
unb in beliebiger "än^Waf)! fo orbnete, toie bie Siamen in fein
9JerSma§ ^jaftten (t)gl. üb. 3 cap. 48). §ier bot fid^ if)m, Wa^
er aug ber ®efd^id)te ber ftaifer für ©peier beburfte (ögL Hb. 12
lit. S unter Spira unb 3 cap. 32), unb toag er feinen ßefern über
ben Äraid^gau unb feine Oefd^id^te unb bie ©d^enfung 93rud^fate
an bag ^oc^ftift ©peier (lib. 1 lit. C unter Creuchgaugia, lit. B
unter Bruxella unb 3 c. 48) unb über ben Dbentoatb (7 c. 20)
') Wt ftanb ni(^t bie Originalausgabe, {onbem nur ber 1728 in ganau
oon 3o^. (£on. 3i^9l^^ oeranftaltete 9la(^bni(I ber pon $aul 3^^ntcus, bem
6o^n bes ^erfaffers, 1567 herausgegebenen smeiten Auflage ju (5ebot.
12
178
bcrid^tcte. ©eine ausgebreiteten äRittcilungcn über bie beutfd^cn
^üffe entftammcn burcfiauS ber Exegesis beS 3renicuS (8 c. 31 big
35), toelc^c aud^ für baS SSerjcid^nig ber bcutfd^eu @tämmc bie
Dueüe bilbet.») 9hif bie Flamminii (». 72) laffen fic^, )o tiel
id^ fe^e, nic^t bei !3reniciiS nad^tocifen. 2)a§ fid^ SRepSmann
genau an 3renicuä ()ielt, betpeifen einige auffaüenbe 92amenöfonnen,
j. 95. lacus Nantuantiaci ffi. 60, ögl. Hb. 11 lit. C unter Con-
stantia, Aeneas SB. 161, ögl. Hb. 8 c. 34, Fungeia Httora
SB. 294, Dgl. Hb. 12 Ht. W. unter VVormacia, unb 2, 32 Vunggau.
S)ie unrid^tigen SlamenSformen ber Äraic^gaugrafen SBotfraniuS unb
3et)ft)oIbuS (SB. 702—703) ^t 9tel)Mann üon 3x-enicuS übernommen,
Dgl. Hb. 10 Ht. C. unter Creuchgaugia, toie aud^ ben falfc^en
Siamen bt^ 3^Puff^^ ^^^ @ber, ©c^almuS flatt ©d^toalm SB. 756,
ügl. 8 c. 37.
©nblic^ aber ift eine Quelle ju nennen, bie jtoar nic^t für
ben 3n^alt ber Enchromata in SBetrad^t !ommt, aber für bie
bic^terifc^e f^^^''^" ^^^ ©arftettung üon großer SBebeutung für SRel)g»
mann ift. J)aS finb bie Älaffiler, t)or allem bie flaffifd^en 3)ic^ter
unb in ganj tieröorragenber SSeife 9SirgiI. 3luf ©d^ritt unb Sritt
begegnen toir ©eftalten auS 3R^tf)oIogie unb Sage, bie SRc^Smann
ben Dichtern entlef)nte. SBgl. j. SB. corpora Alloidum geminorum
immania SB. 354 unb SBirgilS SleneiS 6, 582 ff: Aloidas geminos
imniania . . corpora. SB. 349: Brontisque Steropisque manu
Chalybis Pyragmi facta unb SleneiS 8, 424 — ^426: ferrum
exercebant Brontesque Steropesque et nudus membra Pj^ac-
mon. His informatum manibus iam parte poHta ff.; S. 86:
Agenoridas Venetos. too Antenoridas rid^tiger tv&tt (Ogl. Sioiu^
1, 1). SB. 103 SBuIfan im ?(tna, SB. 113 SKad^aon, SB. 124 b^a
güaf)orn ber 2lmaltt)ea, SB. 215 SJleftor, SB. 334-36 Sjion, ©if^p^u«,
Sitl)u§, SB. 365 3riö, SB. 475 Slljpf)oeug, SB. 498 ?Intp^ion, SB. 502
%i)amt)xa^, SB. 566 (Slljmene unb bie §eliaben, SB. 740 ^obaliriug,
SS. 867 t£entauren, 2apitf)en, ^Imajonen mit iljrer Stönigin
^entf)efilea.
Überall begegnen un^ ©täte unb 2ef)ntoorte ai\^ ben
Silaffitern. ©^ genügt f)icr einige SSeifpiele anjufü^ren, bie üietteic^t
^^ilologen reijen, bie ©dfiriften SReljömanng nod^ genauer in biefer
SRid^tung ju burdjforfc^en unb bie betreffenbcn gunborte nad^ju*
toeifen. ßJleic^ bie SBibmung beginnt mit SBorten, bie ein längere^,
*) Die 9lac^tDet{e gebe i^ im etn3elncn in ben ^nmerfungen unten.
179
tPöilUc^c^ Sitat auö iporaj, ©piftcln 2, 1 ff. unb jtoar einer epistola
ad Augustum finb. Dann folgt mit ben SBorten : homo bulla est
ein ßitot auö Sßau'o de re rustica 1, 1. 2)ie gegen ben Sd^tnft
ber SBibmung angebrad^ten Sßerfe, bie 9iet)^mann anc^ fonft in
feinen 3Bibmungen üertoenbet:
Pocula bina novo spumantia lacte quotannis
Craterasque duo statuam tibi pinguis olivi
ftammen au^ SSirgife 93ucoIica b, 67, 68, bie SBorte divini opus
Alcimedontis SJ. 96 aii^ ©ucoüca 3, 37 uftt).
SBeiter gießen toir noc§ ben Silberreid^tum, über ben SRe^^mann
Derfügt (ögl. SS. 116, 132, 149, 260, 311, 319—322,
334, 349/50, 376, 378, 608, 736, 738, 802, 806, 918) unb btn
im ®anjen gtücflid^en gluß feiner SBerfe in ©etrad^t. Slber öer*
bergen toir nnö hoö) nic^t, ba^ bie ^ejameter in einem ®ebic^t
üon me^r afe 900 Werfen auf bie S)auer ermüben unb ba^ 9?et)§=
mann jtoar, fo öiel ein 9?ic^t^f)iIologe urteilen fann, ein jiemlic^
forrelteö ßatein fd^reibt, in feinem @a^6au aber fet)r fü^n ift, fo
ha^ e^ leine geringe SInftrengung foftet, bie rid^tige Äonftrultion
ber Säge ju entbecfen unb i^ren @inn ganj ju üerfte^en. 5Wamentlic^
mac^t er einen au^gebc^nten ®ebrauc^ öon glicftpörtern toie que,
ve, adeo. ©efonber? beliebt ift bei if)m que, toobei er toof)I
Sirgil jum SBorbilb t)at. 9Iber biefe Sc^tüäd^en be^ 2)ici^tn)erfe^5
treten juriicf gegenüber bem SfJeic^tum unb ber ©c^ön^eit be§
3nf)alt^, au^ bem ein frifd^er, fröt)lic^er «Sinn unb öor allem eine
toaf)re ©aterlanb^Iiebe , ein ec^t bcutfd^er ®eift fprid^t. (Sgl.
9S. 25 ff., 84 ff., 171, 591 ff.). Den größten SSert aber ^t 9?et)^=
mann^ Dichtung für unfere Senntnie be^ Speierer Domeg. S^
fei nur auf bie Sefd^rcibung beg großen ®emälbe^ „ba^ jüngfte
®eric^t'' unb be^ Ölberge^ f)ingett)iefen. Die Äenner beS Speierer
Dome^ aber toerben noc^ für öiele Sinjel^eiten, über bie SRel;^'
mann i^nen ?luffdt)Iuß gibt, ban!bar fein.
12*
PVLCHERRI-
MAE SPIRAE, SVMinQVE
in ea Templi Enchromata.
Auriferas volvens Rhenus pulcherrimus undas
Per varios tractus, oppida culta fluit.
Inter et insigneis, quas hie allabitur, oras,
Atque urbeis numeror pars quota Spira vetus.
Hoc de nie temploque meo, quod in aethera surgit,
Inter Reysmanus cantat utrunque polum.
Per Theodorum
Reysman.
be$ ff^dnen $peiet
unb bis ^o^m Pontes bafefOfi.
S)urci^ mand^ tocd^fclnbcn &an an blü^cnbcn ©tdbtcii üorübcr
Strömt golb^altigc glut toäljcnb bcr ticrrlid^c SR^cin.
aber foüiel er befpült bcr ©tdbte, ber Sönber: ic^ altc^
©peier, id^ toerbe bod^ ftet^ unter bic erften gejault.
2Rtr jum ^reiö iinb bem 2)om, ber ftolj in bie Süfte fid^ f)ebet,
9?et)gmann fang bieS ßieb; tön' eg üon ^ole ju ^oll
Serenissimo Sacri Romani
Imperii nee non Hungariae et Bohemiae Regi,
Regi Ferdinando, Principi Hispaniarum,
Archiduci Austriae etc. S. D. P.
uom tot sustineas et tanta negotia, Serenissime Rex
Ferdinande, res Imperii armis tuteris, ornes moribus,
legibus emendes, in publica deliquero commoda, si longo tuam
Maiestatem sermone remorari instituerem. Itaque pro tua,
Serenissime Rex, propensione erga disciplinas liberaleis, quas
10 mirifice et aeterna cum laude provehis tuorumque exemplo
maiorum, quid velini, paucis dicam. Nuper Spirae Nemetum
adeo honorifice tractabar, ut Tubingam reversus plerasque
animi cogitationes pro mea consuetudine literarum fideli
custodiae reliqua inter studia mea commendarem. Et nescio
15 sane digitone compescere labellum vel etiam publice iactare
debeam nie solitum fuisse epulis accumbere Divum. Certe
profecto, quae est tantorum virorum dementia et benignitas,
apud Reverendissimum Philippum a Flersheym, episcopum
Spirensem, Davidem Goeler, Georgium a Sternfels, Othonem
20 et Johannem a Falkemberg, viros nobilitate, dignitate et virtute
primarios, qui et iis nominibus Maiestati tuae notissimi sunt,
familiariter versabar. Ingentem hanc summi Templi moleni
structuramque mirificam suspexi. Coemeterion, regia sepulchra
et dominorum orbis quietem intuens ingemui cogitans omnino
25 verum esse, quod veteres paroemiacos tam breviter et sapienter
dixerunt: Homo bulla est. Sed illorum rebus fortiter gestis
virtutibusque excitatus recreabar. Itaque mox paroemiani
discutiens ad corporis mortalitatem retuli, quod adeo fragile,
adeo caducum est, ut arborum foliis Homenis et umbrae
30 somnio Pindarus adsimilem fecerint hominum vitam.
htm ^ini% ^ctiinani^ Winsen »Ott ^iiattiett,
f t}(iet|00 nott i^tftnttx^ n. U »• ergeBcttftett $rtt|.
„5)a 3)u bcc Sorgen fo öicl unb gctotd^tigc trägft/ Mcr«
gnäbigftcr Äönig gcrbinanb, „ba S)u bc8 SRcid^cg Scftanb mit
SBaffcn bcfd^innft, c^ fd^mürfft mit ®cfittung, burd^ ®c)c§c cö
beffcrft" : fo toürbc id^ mid^ am ©cmcintool^I ücrfünbigcn, locnn ic^
mic^ unterfinge burc^ langet (Serebe 1)cine SRajcftät aufju^alten.
@o toill id^ bcnn in Slnbctrad^t S)einer Steigung, ?lllergnäbigfter
ftonig, ju ben eblen SBiffenfd^aften, bie S)u in ftaunen^toertem
3Wa§e iinb ju I)eincm unöergänglid^cn 9iu]^me forberft fotoie nad^
bcm Scifpiel 3)einer Sinnen, meine 9lbfid^t in furjen 3!Borten au^=
fpred^en. Äürjlid^ mürbe id^ in ©peier )o ef)renüoII aufgenommen,
ha^ ic^ nad^ 2:übingen l^eimgefe^rt eine glitte öon ©nbrüdfen
meiner ©etoo^n^eit entfpred^enb neben meinen fonftigen n^iffen»
fd^aftlid^en ©eftrebungen ber treuen Dbl)ut ber ©d^rift ant)ertrauen
mu§te. Unb nun toeiß ic^ in ber %ai nid^t : fott mit bem ginger
id^ mir bie ßip^je »erhalten ober e§ aud^ in ber Cffentlid^feit laut
rühmen, ha% xö) geh)ot)nt getoefcn bei ben Oelagcn ber ®ötter
mitjufd^maufen ? ^ebenfaü^ bod^ burfte xä) ban! ber ßeutfelig!eit
unb ®üte biefer bebeutenben ^erren bei bem ipod^toürbigften
®ifd^of t)on ©peier, ^t)ili)}p öon glör^l)eim, Daöib ®öler, ®eorg
t)on ©ternenfefe, Otto unb 3o^ann üon gallenberg, äKönnern
crften 9?ange^ an ®eburt, ©tettung unb 2;üdf|tigleit, bie in biefer
ipinfid^t aud^ 2)einer SKajeftät too^fbefannt finb, in ungejioungener
3Beife öerlel)ren. 3^^ ^o^en 55om mit feiner getoattigen ©röße
unb feinem tounberöotten Sauftil fd^aute id^ et)rfürd^tig empor.
SBeim 93Iidt auf ben griebt)of jn^ar, auf bie Sönig^gräber unb bie
SHu^eftötte ber Oebieter beö Srbfreife^ mu§t' id^ auffeufsen in bem
®eban!en, toie ganj toal^r e^ bod^ ift, \va^ bie ?tlten fprid^toörtlid^
f lurj unb üei'ftänbig gejagt : S)er äWenfd^ ift toie Schaum. ?lber
i^re ipelbentaten unb 3Serbienfte rid^teten mid^ auf unb gaben mir
toieber greubigfeit. 5)a fd^riinfte id^ benn balb ha% ©prid^toort,
inbem id^ eg ä^rlegte, auf bie ©terblid^Ieit be§ ßeibe^ ein, ber
toirftid^ fo gebred^lid^, fo ^infättig ift, ba§ ^omer ia^ ßeben ber
1R4
Porro animorum magnitudo et sublimitas, res prudenter et
fortiter gestae et quae reliqua hominem possunt immortalem
facere, nemo melius novit te, Serenissime Rex, qui in hisce
potissimuni et tanquam avitis et patriis emicas. Et hoc etiam
35 ego nuper utcunque expressi epitaphio de generoso et invicto
Heroe, Domino Georgio Druchses. Propter memoriam huius
viri, quem tu, Serenissime Rex. unice diligebas, versiculos,
quos Rammingerus, in Maiestatis tuae ducatu Wirtembergensi
vir Primarius scribendos mihi iniungebat, subiungo.
40 Virtuti meritae remanent monumenta. Perennis
Et vita functos concomitatur honor.
Inclyta magnanimi vivit sie fama Georgi
Druchsis, at hoc recubant condita membra solo.
Nestora in eloquio, virtute aequabat Ulyssem.
45 Praesidium Musis et decus ille fuit.
Rara viri pietas, sapientia, nobile stemma,
Fortunis animum contribuere parem.
Carolus et Ferdinandus gemuisse feruntur,
Pallidus extremum clausit ut ille diem.
50 Publicus hunc flevit dolor, at nunc astra tenentem
Sub pedibus celebrat membra sepulta colens.
In quibus ista fuit mens pulchra, sed hospitis instar,
Germanos inter gloria tanta viros.
Quia vero eorum laborum, qui ex ingenio et animo
55 proficiscuntur, tu, Serenissime Rex, clementissimus aestimator
es et aequissimus patronus, Spiram summumque in ea templum
hisce humeris meis velut coelum Atlanti innixum tuae Maiestati
offero. Urbs enim per se hoc regio patrocinio non indigna
videtur tum propter externa illa, tum quia Maiestati tuae
60 augustoque fratri tuo, Carolo imperatori, vestris maioribus,
affinibus et propinquis semper fidelis fuerit. Quibus ipsiS;
dum adhuc inter mortaleis orbis terrarum habenas gubernarent,
eo usque placuit, ut ad immortalitatem hinc transituri
185
SWcnfc^cn mit bcm Üaubc bei* Sdumc, 'ipinbar mit einc^ ©c^attcn^
Srmimc öcrglic^cn f)abtn.
SBa^ hingegen bic ®rö§c unb ®vf)abcn^cit bcg ®ciftc8
antongt, flugc unb tapfere Späten unb toa^ fonft ben äßenfc^en
unftcrblic^ mad^en tann, )o fennt bie^ itiemanb beffer afe 2)u,
?mergnäbigfter Äönig, ba 3)u gerabe in biefen, unb jujau glcid^fam
angeftammten unb üon ben i^ätern ererbten lugenben t)ert>or«
ftrat)lft. Unb biefer ©ebanfe ift eö and), bem ic^ fürjtid^, fo gut
ic^ eben öermoc^te, ?lu^brucf Derliet) in ber Ö)rabjc§rift auf ben
eblen, niebefiegten gelben, iperrn (^ieorg Xruc^jeft. 3^^' ®^^*
innerung an biefen 3)iann, ben 2)u, ?lUergn(ibigfter Äönig, au§er«
orbentlic^ ^od^gefc^ä^t, flechte ic^ bie paar ä^erfe mit ein, tveld^e
SRamminger, ein f)eröorragenber 9Wann in X)einer SWajeftät ^erjog«
tum SBürttemberg, mir abjuf äffen aufgab:
;,3Ba^rem SSerbienft bleibt ftet^ ein rü^mlid^ ©ebenfen; e^ folgen,
Ob auc^ ba$ Öeben jerrann, bauernbe (£f|ren i^m nad^.
2Hfo lebet im 9fJu^m 3örg Iruc^fefe' 9iame, be^ ßbeln,
SBft^renb bie 6rbe boc^ ^ier berfet fein raftenb ®ebein.
SReftorn glidj er im Jßort, in tapferer lat bem Dbtjffeuö
Unb ben äKufen ertt)ie^ Schuft er unb (£f)re jumal.
Seltener grömmigfeit unb SBei^^eit unb abiiger ?lbfunft,
^ai er mit ®ütern be^ ®lücfg @aben be^ ^erjen^ vereint.
Äarl unb gerbinanb fclbft, fo jagt man, geboten ben 2;ränen
9iic^t, afe ücrblaffenb im Xob jener fein Üeben befc^loß.
©einen Sßerluft beloeinte bie 3[8elt; boc§ nun er bort oben
SBeilet, e^rt fie im ®rab feinen beftatteten Öeib.
ipat ja in biefem gett)of)nt ber ^errlic^e ®eift, bod^ ai^ ®aft nur,
3)er fo erhabenen 9iuf)m unter ben 3)eutfc^en errang.''
9BeiI aber oon folc^en üeiftungen, bie aii^ ®eift unb ®e»
mute f)eröorge]^en, 2)u, ^lüergndbigfter ftbnig, ein gar milber
Beurteiler unb gütiger ®önner bift, fo bringe idj mein „©peier
unb ben ^ofjen Dom bafelbft" auf biefen meinen Schultern toie
ber 3ttla§ ben ^immel 3)einer äWajeftät bar. Xie Siaht erfc^eint
ja an unb für fic^ fc^on biefer Äöniglic^en ®Dnnerfc^aft nid^t
untoert foloo^l loegen il)rer äußeren SBorjüge tt^ie and) in^befonbere,
loeil fie Deiner äWajeftdt unb Deinem ert)abenen Sruber, bem
Äaifer Äarl, ^eren 9?orfaf)ren, Jlnoerttjanbten unb 3w9^f)örigen
jeberjeit treu getoefcn. Unb eben jenen ijat e§, folange fie unter
ben Sterblichen beg 3Seltreic^$ 3"9^l teuften, bort fo gut gefallen.
186
in hac aede summa Terrae matri corpora sua concredere
65 voluerint.
Hoc ut facerem, apud tuam Maiestatem recepisse me
videor, cum dicerem :
Pocula bina novo spumantia lacte quotannis
Craterasque duos statuam tibi pinguis oiivi.
70 Et calcar sentire putabam, quum a tua Maiestate solita
nimirum dementia tractarer. Eos, qui hoc et illud mihi
oggannire audebunt, Serenissime Rex, Maiestatis tuae fretus
patrocinio instar Haliaeeti ut degeneres contemnens eiiciam.
Divino praecepto iubemur, ut principes nostros colamus.
75 tributum, vectigal, timorem, honorem, quibus danda sunt,
exhibeamus antevortamusque alter aherum in exhibendo
honore iuxta Pauli ApostoU doctrinam ter maximi. Horum
memoriam ego etiam sacrosanctam cupio et habendam arbitror.
In hoc itaque scripto pensum utcunque et vectigal meum
80 exsolvente, Serenissime Rex, aut fidem aut Studium probabis.
Neutrum suscipere extra Maiestatis tuae consuetudinem est.
Utrunque probatum iri sperare non ausim. Alterutrum igitur
si amplectere, facis tu quidem, Serenissime Rex, ut soles.
Quod ut diutissime facias, a Deo immortali opto per salva-
85 torem nostrum. Tuae Maiestatis intimo et dignissimo ob
eruditionem multifariam et prudentiam insignem consiliario,
reverendissimo domino, D. Johanni Fabro, episcopo Wienensi,
et D. Jacobo Spigel, de quo D. Georgius Simler, iure divino
et humano multarum cognitione linguarum et scientia philo-
90 sophiae solidioris alter Capnion, complura mihi disseruit,
Theodorum commendo. Tubingae, etc.
187
bafe fic im ©cgriffc öon ^icnicbcn in bic Uiiftcrblid^fcit l^inübcr*
jutrctcn in bicfcm f)ot)cn Heiligtum bcr 9Wuttev @rbc if)rcn ßcib
anjutoertrauen ivUnfd^ten.
S)en (Scbanfcn bicfcr SBibmung glaube id^ in 2)cincr SWajc*
^t&i yiaf)t gefaxt ju ^abcn, inbcm xd) mir fagtc:
„grifc^cr äßild^ bcS 3af)rö toitt id^ jtoei fd^äumcnbc Scc^er,
fetten Dliöcnöfe teilt ic^ j^^' Ärügc bir tocif)'n!"
Unb einen @))orn glaubte id^ ju füllen, ba xd) \a öon
Deiner SRajeftät mit getoolinter Seutfeligtcit mid^ bet)anbelt fa^.
Solche, bie mir ba§ eine unb bad anbere ju begeifern toagen
foHten, toerbe id^, ?ltlergnäbigfter Äönig, Deiner SRajeftät ©d^u^e
öertrauenb toie ber gifd^abler alö entartet öeräd^tlic^ beifeite toerfen.
2)urc^ göttlid^ed ©ebot toirb un^ befohlen unjre gü^-'f^c" ä" e^ren,
Steuer unb Sttgaben, gurd^t unb Gf)rerbietung ju entrid^ten, benen
fie gebühren, unb eS einanber äuDorjutun in 6f)rertoeifung nad^
be^ breimal großen äpoftete ^aulu^ Ce^re. 9tuc^ id^ toünfd^e it)r ?ln»
benfen geljeiligt ju toiffen toie id^ fold^e @f)rung für ^flid^t anfe^e.
Da ic^ alfo in biefer ©d^rift nur, fo gut id^^ vermag, meine
^flid^t unb Aufgabe entrid^te, fo toirft Du, 9lttergnäbigfter ft'ijnig,
enttoeber meiner Srgebentjeit ober meinem guten SBiöen ?lnerlennung
fpenben. Seibe ju öerlennen liegt au^er^alb ber öe^jflogen^eit
Deiner aKajeftät. Da§ beibe ?lnerlennung finben toerben, toage
id^ nid^t ju l^offen. 3Bcnn Du nun ein^ Don beiben anjune^men
gerut)eft, fo tuft Du ja freilid^, 9tllergnäbigfter Äönig, nur nad^
Deiner ©etoo^n^eit. äßögeft Du eg nod^ red^t lange tun, ha^
erflet)e ic^ öom unfterblid^en ®ott burd^ unfern (Srlöfer. Deiner
äKajeftät um feiner öielfeitigen Silbung unb au^gejeid^neten Älug*
^eit toiöen Vertrautem unb toürbigem SRate, bem ^oc^toürbigften
iperm D. 3of)ann ^aber, SBifd^of öon 9Bien, unb D. 3afob Spiegel,
Don toeld^em D. ®eorg ©imler, nad^ göttlid^em unb menfd^lid^em
Siedete, im SSerftänbni^ öieler Sprad^cn unb in ber Äenntnig ber
gebiegeneren ^^ilofopt)ie ein j^^eiter SReuc^lin, mir öiele^ erjäl^lt
f)ai, entpfel^le id^ ben I^eobor (JRelj^mann). "Sübingen 2C.
Pulcherri-
mae Spirae suminique
in ea templi en-
chromata.
Alpibus e Rhaetis niultas allabitur oras,
Donec in Oceanum Rhenus devenerit hunc, quem
Germanum proavi semper dixere vetusti.
Vitiferos colleis, laetos interfluit agros.
5 Auriferum littus, florens hunc undique campus
Cingit et est propria Rhenus de laude per orbem
Notus. Ut hie pulchras urbeis foecundaque regna
Perfluat, est Spira nil pulchrius uberiusque.
Moenia seu turreis, foia templaque sive plateas,
10 Seu civeis forteisque viros sanctumque senatum
Sive sacerdotes celebras cathedramque verendam.
Hinc sol decedens Wasgaeis montibus umbras
Duplicat, hinc rediens Prureynum clima subintrat.
Vitiferum latus est reUquumque, Lycaonis Ursam
15 Aspiciens patribus Bergstrassia dictaque nostris.
Lustra quidquid id est, digno vix carmine dices
Posse cani. Pulchra sie est regione locata
Spira velut medio Paradisi floret in horto.
Aequant Phaeacum Spirae viridaria Silvas.
20 Seu Cererem laetam linguamque pedesque ligantem
Inspicias Bacchum, Siculos habitare penates
Spirae, Lenaei translataque Massica dices.
Planicies Spirae cincta est a montibus altis.
Istis natura firmis firmissima castra
25 Imposuere patres Germano sanguine nati
Gens coelo producta suo, non stemma Quiritum,
Sed neque, ceu referunt falso, Troiana propago.
Gens semper victrix, quam vincere Romula pubes
Non potuit, quanvis orbem superasse putarit,
30 Non alii potuere duces. Hac cincta Corona
^oß
iQoA t>on ben Sllpen ber @cl^met§ befpUIt manc^ Ufergelänbe,
ä3td er l^tnuntergelongt }u jenem 3Reere, ber St^emftrom,
SBelc^eS bie Sorfo^ren fci^ott Don teilet baS beutjd^e gel^eigen.
^ägel, mit Sieben befrönt, unb lac^enbe t^Iuren bur^ftrömt er,
©olbreid^ Ufer umfaßt i^n attmärtS, blU^enb @eftlbe: 5
Unb fo ift er ber SEßelt belannt burd^ eigene @(^önl^eit.
Slber fo t)iel aud^ ber St^ein ^rad^tftäbte mit reichen ©ebieten
(SrüBet: fo reid^ ift bod^, fo präd^tig bod^ feine ald <Speier,
Ob man nun äRauer unb £urm, ob SRärfte, Kirchen unb ©trogen,
Ob i^re SUrger man riii^mt, i^re gelben, ben e^rfamen @tabtrat 10
Ober bie @eiftli(^feit unb bed SSifc^ofd fürfllid^en ^^ronftb.
@d^eibet im Sßeften ber Sag, fo [fingt er bie Schatten beS SßaSgaud
Sergen; ertpad)t er im Oft, fo beftra^It er bie Sanbe beS S3ruf)rainS ;
916er mit Sieben gejd^mücft ift bie anbere ®eite, bie norbtoSrtS
@d)aut nad^ beS 93ären ä3Ub, äSergftrage genannt bon ben äSätern. 15
äRuftre nur au* biefe $ra(^t unb im Siebe fic mürbig su preifen,
3Birft bu geftel^en, ift fd^n)er: in fo ^errUc^er ®egenb erbaut ift
@peier, als ISg' eS umblii^t inmitten beS @ar!end Don @ben;
ftommt feiner $f[angungen ®rün ja ben Rainen gleich ber Sßpafen.
9(uf fi^ilifd^er f^Iur §u meilen oermeint, koer bed SaatfelbS 20
Üppige Sfüll' anftaunt unb ben äBein, ber feurig ben t$uB bir
Säj^mt unb bie 3unge; bu glaubft i^n an fUblic^er ©onne gereifet.
@peierS @bene liegt umral^mt oon ragenben Sergl^ö^'n.
S)iefe ftnb feft oon Sßatur; bod) ^aben bie fefteften Surgen
3^nen aufd ^aupt gefegt bie Slnl^errn beutfc^en ©eblüteS, 25
Solf, unter l^eimifd^em ipimmel erblüht, nid^t römifd^en UrfprungS,
®od^, toie man fälfd^lic^ er^ä^It, auc^ nid)t trojanifdE^er 9tad^tou(^S;
Bolf, ftets fteggefrönt, baS nie Momd rüftige Streitmacht,
S)ie bod^ ber SBelt }u gebieten geglaubt, bermoc^te gu Urningen
SBie aud^ fein ÄriegSfürft fonft cS öcrmocf)t. SSon folc^ einem Äranj ifi 30
3Ö
190
Planicies Spirae, tali est circundata muro.
Quae procul ostendunt sese turreisque domusque
Atque cathedralis templi pinnacula summa,
Qualia sint, propius veniens, mirabile dictu,
Quisque stupet. Tanta sunt arteque moleque structa.
Ferme quaeque domus privata Palatia regum
Aequat. Ob hoc Spirae est conventus cernere crebros
Priroatum, qui lapsa Student reparare per orbem.
Cernas innumeros proprias duxisse cohortes
40 Secum primates. Procul hie advenit ab ortu,
Hie patrium princeps cum Caesare liquit Iberum.
Est quoque qui Latio peregrinus venit ab orbe,
Ciementis mandata ferens. Magis ille remotis
Advenit terris, medio quas sol coquit aestu.
45 Sed videas et ab Arctois regionibus urbem
Ingressos Spiram densa stipante caterva
Nobilium. Pedites loricatasque phalangas
Vidi saepe suo, quo debet, in urbe Nemetum
Exceptos in honore; mihi res digna videtur
50 Laude viros tantos, sie tot traclare cohortes.
Id mea Spira potest. Non hanc aliunde putato
Posse, sed hinc fieri, propriis quod nascitur agris.
Quanquam si cupias terris allata remotis,
Extremas non Spira feret. Gangetica tellus
«^5 Quas genuit merces et aromata vendere Spira
Assolet; e reliquis taceo venientia terris.
Transeo vicinos populos Rhenumque bicornem,
Quantum comportetur opum, quantoque favore
Unanimeis soleant illa requiescere ripa.
Namque lacus Nantuantiacos finesque Sequanos
Brisgaeasque piagas et Raurica moenia, quod per
Seleutasque domos Lotharingaque climata fertur,
Per Mediomatres vehitur priscosque Tribochos,
Navita quod Rheno primis a fontibus usquam
Credidit, hac media Spirae exoneratur harena.
Quidquid ab Oceano Germano atque orbe ßritanno,
Extremis hominum Morinis Flandrensibus et per
HoUandos, dubiis habitant qui littora tectis
Concava, per Frisios, per Clevos Usipetesque,
60
65
191
Speierd @bne umrahmt, t)on folc^erfei 9){auer nmqtbtn.
Weithin aeigen fi(^ itoax bie Sürme ber @tabt, bie $aI8fte
Unb üot allen bed 2)Dm8 gum ipimmel oufftrebenbe dtnnen;
S)od^ mos mirflicl^ fie ftnb, bad gcma^rt, o SBunberl mit Staunen
Seglid^er erft, menn er na^t: fo funftreid^ unb f^oi} finb erbaut fie. 35
SönigSpoIäften lommt fdiier legU^ien einfallen 3)firgerlS
SBo^n^auS gleid^. 2)rum fann man bie gfürftent^erfammlung bed Steic^eS
Säufig ^ier fd^auen, beftrebt, mod morfd^ in ber SBelt ift, gu beffem.
3a^IIo$ fte^t man fie bann eingie^n t»or ber eignen ©efoIgSfc^ar,
fjfürften unb $errn. SBett^er ift biefer gefommen üom 9(ufgang, 40
3ener in ^aiferd ®eleit Derlteg ben ^eimif^en @bro,
9lu(^ Dom Sateinetgebiet fam einer herübergezogen
Sotfc^aft tragenb oon Siemens, bem $opft. 3a mancher nod) loeiter
Sott aus Sanbern, üerfengt Don 9RittagSgIuten ber @onne.
^od) au(^ oon nörblic^en @aun fann man fie fe^en in Speterd 45
Wel(ö8ftabt einjieVn, bid^t umbräpgt oon ber ©d^ar i^rer ßbeln.
®ange ^eere ju ^ug unb pansergerüftete Sdilac^trei^n
®al^ mit gebü^renber 6^r' id^ gar oft in ber Stabt ber 5lemeler
SBürbiglic^ untergebracht. SSo^I fc^eint mir bie Seiftung bed 9tul)md mert
Solche ©errn unb fo oiel ®efoIgfd&aft fo gu bewirten. 50
Unb unfer 6peier oermagS; nicf|t etkoa mit ^tlfe oon auSmartd;
ÜRein, aud ber ^eimifc^en ^Inx SrträgniS, miffe, oermag^S ba9.
SBenn man aber begehrt nac^ ben ©aben entlegener 3onen:
@peier toirb immer mit @^ren befte^n. 3Ba§ bie @rbe am ©angeS
3rgenb an 3Q3aren erzeugt unb ©emiirgen, baS bietet ja tiglic^ 55
®peier ju ^auf, oom SSerfanb auS anberen fiSnbern gn fd^meigen.
Über bad 9}a(^bargebiet unb ben 9l^ein mit ber boppelten 3RUnbung
SBiQ id^ nid^t reben^ maS ba oon 8(f)d^en fic^ ^Suft unb koie gerne
SlDe in Sintrac^t ^ier am toirtlic^en Ufer fid) auSru^n.
^enn maS Dom Sobenfee, maS aus bem ä3erei(6e be§ Sunbgau^, 60
Sßad aus bem SreiSgauftric^, ben SRauern Don S9afel unb Sd^Iettftabt,
2Bad Don ht'i Sot^ringerlanbS gefegneten äSreiten Derfanbt mirb
Unb koaS Dom SBeftrid^ fommt unb bem @Ifa6 ber alten Xribofer
jfhirg, maS ber Schiffer bem St^ein Don ben OueQen an irgenb Dertraut ijat: .
^ier auf bem ©peierer ®tranb mirb aUed gufammen entloben. 65
Unb mad immer herauf Don ber 92orbfee, Dom 9lei(f)e ber ä9riten,
SBa8 ^Dom 6nbe ber äBelt'' Don Slrtoi», ^lanbetn unb ©ottanb,
3&0 ^interm ()ol|[en @eftab man bebrol^te S3e^aufung bemo^net,
Unb loaS Dom Sanbe ber t^riefen Derfd^ifft mirb, Don SIeDe unb 3üü(^,
192
70 Nobile Traiectuni vehitur madidamque Vatastam
Agrippaeque donios, Ubiorum tecta beata,
Gelrenseis Batavos per Flamminiosque Sycambros,
Per Tungros, Beigas, Eburones atque Triusgros
Genteis perque alias Rhenus vehit, urbe Nemetum
75 Mutatas merces grata deponit harena.
Innumeros currus taceo gravidasque quadrigas,
Qui nunc a Suevis Boiorum finibus inde
Adveniunt latum Spirensis dona Lvaei
Et fortunatis Spirae qui nascitur agris.
80 Nemo nescit enim Ringaeia littora, nemo
Pfedersheymiacos succos rubeumque liquorem,
Quem patrio nostri Gensfusser nomine dicunt,
Cum Spira quae Spirensis vicinia profert.
Cum quovis valeant haec decertare Falerno,
85 Cederet huic Chius, Campanis vectus ab oris.
Sunt et Agenoridas Venetos qui mercis adire
Causa consuerunt mufandae, Francica regna
Disiunctasque procul genteis populosque propinquos.
Artifices varios Spirae variosque labores
90 Cernas, si libeat cunctas transire plateas.
Curae deditus hie est hospitis excipiendi
Tractandique huius, qua sedulitate vel usquam
Consuerunt quenquam tractare, aliumque videres
Ingenii pulchros venum producere foetus.
95 Sive est ex auro quid emendum, pocula cernas,
Vincere quae possunt divini opus Alcimedontis
Quaeque Polycleti superent vel Mentoris artem.
Argenti ratio caelati mira videtur,
Hie reliqui varium genus est factique metalli.
100 Ferrea materies, gladii capulo vel eburno
Pulchri, tela. arcus, armamentaria tota,
Qualia Pelidae vel qualia fortis Ulyssi,
Oualia Vulcanus Siculae vel in ignibus Aetnae
Pronus in incudem vel Noricus arma paiavit.
105 Haec prope conspicias Tyrio cum murice pannos
Certanteis Ulis et Bvssina iuncta colore
Mille modis vario. Telas quoque Penelopeas
Conspiceres, quibus Arabicum bombyceque textum
193
SSon betn gepriefenen Utrecht aud^ unb bem feuchten SBatafto, 70
3)ann t)on bem prangenben 9'6ln, ber blü^cnben UbierpflQnjftQbt,
Selbem unb Storbbrabant, t)on ^ennegau unb auS bem Slul^rlanb,
S^ongcrn unb ßüttlt^erflift, WlaaUxid)i unb bem 3;rierer ©ebiete,
Unb mag fonft noc^ ber allein für fiänber befpült: ^ier in ©peter
@e^t rr am gaftUd^en @anb i^re 3Baren nteber gum üuStaufd^. 75
Son ber ffiagen ©emü^l ben fc^mcren Slerfpännerfu^ren,
SBiU id^ nt(^t reben, bie je^t am @d^maben fommen nac^ Bauern
S33eiter gu förbern ba8 fiifee ©cfc^enf bcS aBeingottS, ba^ ©peier
Unb baS gefegnete Sanb in @peierd Umgebung lägt reifen.
ftennt boc^ ein jieber gar mol^I bie reigenben $änge beS 9l^eingaud, 80
3eber ben föftlidden Iranf, ben SßfebbcrS^eim un& befeueret,
Unb ben rötlid^en @aft, „®&n%\\\%cx** geJ^eißen loom 9}oIfömunb,
SBic ja ©peier i^n nur unb bie ©peierer ®egenb l^erDorbrlngt.
So^I nä^m' biefer eS auf mit bem beften falernif(^en SBcine,
@]^ier mü^V t^m fogar, Sampaniend @(utmein il^m meidE)en. 85
Unb fo blü^t benn auc^ ^ier ein J^anbel, ber felbft SBenebig
Sßaren taufc^enb berül^rt unb felbft bte fransöfifc^en Sonbe,
©0 Stationen, bie »eit abmo^nen, »ie SBöIfer ber Slä^e.
aJieiftcr fo mand^en ©emerbg unb mand^erlei trefflid&e 3lrbeit
©c^auft bu, menn birS gefdUt burd^ bie fämtlic^en @affen gu manbem. 90
3)iefer l^at bem S3eruf ftd^ geweift ben ®aft gu empfangen
Unb gu berpflegen mit fold^ oerbinblid^em Sifer, mie fonft mol^I
SlirgenbS bie ©äfte man pflegt gu bebienen; bagegen ein anberer
Bringt beS erfinbfamen @etft^ gefallig @rgeugniS gu äRarfte.
®ilt eä ein ©d)mu(fftü(f öon ®oIb gu laufen: ^ier fielet man ©efäfee, 95
Wioijl gu befiegen imftanb eineS 9ReifterS 3(Ifimebon Arbeit,
SBo^l eines SRcntor Sunft, ja felbft Sßol^Met gu üerbunfeln.
9unftt)oII ©ilbergefd^meib prangt ^ier in pc^fter Bolfenbung,
SBie au(^ bon fonftgem 9)tetaII gar mand^erlei fiinftlid^ @ebilbe.
3)a gibt*» SBarcn öon ©tal^I: mit elfenbeinernem ©riffe 100
©errlld^e ©dilDerter, audf) Bogen unb ©pecr, boüftanbige Stiftung,
$rac^tig toie bie beS Slc^iE ober bie beS tapfern Cb)}ffeud,
SBie fle ber ®ötterfd)mieb in ber ®Iut be» fi^ilifd^en Sätna
Ober gum SlmboS gebücft ber fte^rifd^e 9Jleifter gef^affen.
3?ebenan tointet bir ©toff, bem ^urpur au8 2:t)ru8 öergleid^bar, 105
Unb BaumtooIIe babei, gegiert mit farbigen 3Kuftern
Xaufcnberlei. Slucö erblicft man ^ier lunftreid^e» ®ett)ebe
SBie'8 einft ißenelope fdtjuf, bem feine arabifd^e SStrfieit,
13
194
Quondam cedat opus, doctae quoque stamen Arachnes
110 Palladium. Patriique croci granaria plena hie.
Pharmaca nonnulli varias hominumque medelas
Vendunt, ex Coo quas composuere magistro
Quae referunt doctumque Machaona. Quid fora dicam ?
A summo Templo est satis ampla et longa platea
115 Ad turrim porrecta altam, quae sydera tangit
Et quam Spira gerit mediam ceu navis in alto,
Unde videre queas, quae exurgunt sydera, malum,
Quaeque cadunt, et Tyndaridas terrasque iacenteis,
Hac merces videas magnum strepitumquc platea
120 Quotidie, comportatos variosque labores.
Huc ego magnatum condos prodire solere
Et regum promos conspexi, qui inveniebant
Usque forum, cornu velut olim Copia pleno
Fertilis, Oleniae sydus coeleste Capellae,
125 Praebuit omnigenos fructus. Stipata caterva
Distrahit hie varias merces pulchrosque labores
Et quae patria fert terrae gignuntque remotae
Dona, sed et toto quae Rhenus clarus in orbe
Nocte dieque adfert, saepe hac distracta platea
130 Vidi atque audivi strepitum vocesque sonantis
Turbae, confusam linguam obstreperasque loquelas,
Qualis apum regem validaque cohorte sequentum
Auditur sonitus, Spirae viridaria quando
Et dulci repetunt implendas nectare caellas,
135 Montibus e patriis redeunteis agmine longo.
Dulcius inde vehunt nectar, quam collibus illis
Si veherent, quos Hyblaeos dixere vetusti,
Atque rosaria quam si per Paestana volassent
Quamque thymus bifero si portaretur ab Indo.
140 E quoque piscoso dives piscaria Rheno
Est Spirae, quam rem generosus Salmo probabit,
Quem Rhenus Rhodanusque fovent, praeclara fluenta,
Testantur reliqui claro hoc in flumine pisceis.
Et satius credo, ut taleis gustare remittam
145 Te, quam si coner longo sermone tenere.
Ne tamen hoc taceam, quod magna laude notarunt,
Inclyton et Rhenum delphinis esse Britannis,
195
^em fein ®eibengefpinnft nod^ Slrac^neS ©öttergetDirfe
©leic^fommt. — Speicher gibt'S hitx, ganj doQ ein^eimifi^en Safrand. iio
3Jland)t üerfaufen Sirgnei unb oKerlet Wiittl ben Seuten,
^ie nac^ ^QpofrateS' ftunft, beS lotfd^en ^J}{etfterd, bereitet,
Sßunber bemirfen toie einft SRoc^aon. Unb gor erft bte ^Rärftel
@tredt bo(| dorn ^o^en ^om re^t ftattUd^ unb lang eine ©trage
99t^ au bem mäd^tigen Xumt fic^ l^in, ber ragenb gen ^Immel 115
®*rab' in ber SKitte ber ©tabt fid^ ergebt, toit im ©*iffc ber aßaftbaum,
3)Qg man Don il^m auf ber @ee nad^ ben Sternen, bie aufgel^*n unb unter,
Unb nac^ bem 3ti>iIIing8geftirn mag fpa^n^ unb ben ru^enben Sdnbern.
3)iefe Strafe nun ift*d, mo man täglich Sßaren unb lauteS
Snarftgetümmel erbltdt unb allerlei 9(rbeit gei^äufet. 120
Sab '^ ^^ fiüc^encbefd unb ^auSbofnteifter Don f^ürften
Unb oon Königen ^ier gang regelmögig erf^einen.
Unb fte fanben ben ^arft ftetd reid^, tote bie @öttin beS SBo^lftanbS
@inft aul» gefülltem $om, ie^t @ternbtlb ber ®ei6 Stmalt^ea,
SlOerlei ®aben oerteilt. ipier toü^It bie ftd) brdngenbe 9}{enge 125
mt bie SSaren beS aßarlts, ber ®emer6c treffliebe 8(rbett
Unb mad bie Heimat baut, mad entlegene £änber erzeugen,
Sßirr burdE)einanber ; bocb auc^, maS ber oielbefungene 9lbeinftrom
2:ag unb 9lad^t gufül^rt, fa^ l^ier auf ber Strafe icb oftmaU
9(uSgeframt unb oerna^m baS ®etöfe, bie fc^reienben Stimmen 130
9((I beS SSoIfd, biefen Sprad^mirrmarr, ben betdubenben Sßortfd^toall.
@ans tote ber SBienen ©efumm^ bie in ftarlein Scbtoarme bem äßeifel
folgen, ^ört ftc^ bad an, fobalb fie bie ®ärten um Speier
Unb i^rc 3eöen fobann, fte mit lieblid&em 9?eftar gu füflen,
Sueben, in enblofem 3ug b^intfe^renb t)on ipügeln ber Ställe. 135
3ltttax bringen t)on bort fte (eim, t)iel füger, aU ben fit
Sräcbten \>on Söt^blai ißöbn, t)on benen bie Sllten gefungen.
Ober als menn fte burcbfummt bie SRofenge^ege oon $äftum,
Süger als SSalfam, geholt oon bem gmiefacb gefegneten 3nbuS.
äBoblbefa^ren ift aud^ auS bem ftfc^reid^en Stbeine ber t^ifd()marft 140
©ieftger Stabt ; gum SemelS mag ber f öftUcbe Salm nur genannt fein,
SEBie nur bie St^on' unb ber 8t^ein, bie b^rrlid^en SBaffer, il^n ^egen.
3)aS begeugen auc^ fonft in bem rubmt)oIIen Strome bie t^ifcbe.
Wichtiger fd^eintS mir Riebet, bir fclbft überlaff id^S gu foften
SoIdE^eS ©eric^t, a(S oerfud^t' ic^ mit langem Seric^t bic^ gu guSIen; 145
@inS nur fei nod^ bemerft, maS mit oiel Sobpreifen ergablt marb:
^od^berit^mt fei ber di\)tin audf) burd^ 2)elpbtne auS Snglanb,
13*
196
Quos in Spirensi piscator littore cantu
Saepe vocat, balenae instar quando ubera charis
150 Exporgunt catulis; quibus ipsis musica lacte
Charior est duici. Non bellua pignora tantum
Pignora nee matres adamarunt, musica quantum
Carmina. Sed referunt, noster quae flumina Rhenus
Excipit, anguillas praedulceis cuncta fovere.
155 Mosam Lingonicam, Mortani cum Schaldeque Sellam.
Cum Schara Salam, Bruscham Matramque sonantem
Et te, Rora, cui Francorum clara propago,
Regia progenies Clodovaei, Roricus olim
Per fatum nomen miserabile fecit in illo
160 Submersus. Gelidoque Coquo crescensque Jagusta
Aeneam excipiens fluvium pulchrumque Nagoltam
Neccharus anguillas, nunc transeo caetera, miscet
Rheno. Praestat idem Rhegneso flumine praegnans
Et Tubera Moenus, quem gignit Pinifer ipse
165 Bacchiferum. de illis, quos fundit, quattuor unum,
In totidem mundi parteis. Mirabile dictu,
Unius generis pisceis tam flumina multa
Comportare, tarnen littus Spirense solere
Auferre omnibus bis palmam. Quin suspicere illud
170 Desine. Vincit enim Gangen, superabit Iberum
Aurit'erumque Tagum Rhenus. Regnator aquarum
Regi Danubio fluviorum se tibi solus
Aequat et esse tuus socius gaudetque cupitque.
Gloria fluminis haec, nostri sed littoris illa est.
175 Hoc leviter multis littus Spirense probatur,
Aera quod referant illic non esse salubrem;
Crebris exitibus Rhenum stagnare putresque,
Graii quos dicunt, platamones linquere multos.
Aera secessus illos putresque meatus
180 Inficere hosque putant illum corrumpere crebro.
Innumeras terras, quibus haud stagnare solebat
Flumen, ego vidi, nil plus tarnen esse ^alubreis.
Quam quod tu culpas littus Spirense, sed has, quae
Secessus habeant putres, quoque vidimus, ut qui
185 Stagnarent crebro, sanas tamen atque salubreis.
Cum quid secessus tentant, mox aere sano
197
S)ie am Speierer ©tronb oftmals mit ©efange ber f^tfd^er
Slnlocft, totm fte nac^ »rt beS SSalfifd^S ben 3ungen bte di^e
Steten, benen fd^on feI6ft 9)}uflf t)\d Itebltc^er bünfet 150
m^ fUglabenbe 9RiI<^: benn e8 liebt nid^t baS Untier bte 3ungen
9lod) baS 3unge fo fe^r feine 9Rutter, mie fte ber Sieber
ftlang lodt. Übrigens ^etgf d, bie @emSffer aQ', bie ber 9i^einftrom
Slufnimmt, Regten ben 8lal in gan} befonberer @üte;
@o f(^on bie @d^elbe, bie 9Raad bon SangreS, bie @eille unb bte SReurt^e, 155
9}eben ber @aar auc^ bie @els, bie Sreufd) unb bie raufc^enbe SDtober.
^u aud^, 9tu^r, ber einft, ber eble Sturtd^ bor Seiten,
ß^IobtoigS föniglid^ SJIut an^ bem rü^mlidEien Stamm ber t^ranten,
2)urd^ ein fUgIi(^ @efd^idt bon beinen SBeUen berfd^Iungen,
Seinen 3lamtn oerlie^'n. Stud^ ber 9tedar, bom eiftgen ^oc^er leo
Unb t)on ber Sa^t gefpeift, ber bie @n3 unb bie lieblid^e 9lagoIb
älufnimmt, bamit id^ für je^t oon ben übrigen fd^melge, anc^ er fc^icft
@einen 9{al in ben St^ein. Unb ber äRain, ben ein ftc^tenbefrängter
Serg, ben rebenbefrängten, ergeugt als einen ber biere,
2)ie er ergießt naä) ben bier äBeltgegenben, ^at, bon ber 3tegni^ i65
Unb bon ber Sauber gefc^meUt, ben nämlichen SSorjug. 2Bie feltfam,
S)a6 ber ®etoäffer fo bieP nun gifc^e bon einerlei ©attung
Siefem unb bennoc^ ber @tranb bon Speyer bor oQ ben genannten
3mmer bie $alme beS @iegeS geminnt! 9)od^ ftaune barob nid^t
Mürber I @S trägt la ber Sl^ein ben Sieg bobon bor bem ©angeS, 170
9limmtS mit bem @bro auf unb bem gotbfanbfüf)renben Saio.
©errfd&er ber SBaffer fteHt er einjig bir fid& jur ©cite,
®onau, bu @tromfürftin ; bir mag er mit 8tol5 fidE) gefelien.
@obieI bom 9tu^me beS @tromS; nun aber gu bem feines UferS.
S)ieS unfer @peirer @elänb' mtU manchen nur mägtg gefallen, 175
Sßeil baS ^lima ^iefelbft, mie fte fagen, nid^t eben gefunb feu
^enn eS ergieße ber 9t^ein fid^ in häufigem SluStrttt unb fumpftg
Slltmaffer laff* er gurücf — Sßlatamonen nennenS bie ©ried&en.
3)ieS Überfd^memmungSgebtet mit ben bielfad) fumpfigen Slrmen
@(^tt)ängre mit fünften bie Suft, glaubt man, unb berberbe fte häufig. I80
SHber fo mand^ ein Sanb, baS niemals ein 3(u6 überfd^memmt ^at,
S)aV id) auf Steifen gefe^'n unb eS mar um nichts boc^ gefunber
9llS baS @peirer @elänb, morüber man Ilagt; bod^ ic^ ^ab' auc^
9Inbere fianber gefc^aut mit @umpfaltkoaffern, bie häufig
Übergetreten, unb boc^ mar alles l)eil unb gefitnb bort. 185
brüten bie Xüntpel unS ja Serberben, mie balb ift bie t^äulnis
198
Atque potenter vincenti est suppressa putredo.
Tempore quod nostro pestem regnasse per omneis
Ferme orbis tractus Spiramque fuisse salubrem
190 Nosti, noverunt quicunque fuere profecti
lUo, quando necem nullum non clima minatum est.
Carolus inde fere divertit in urbe Nemetum
Sola Vindelicos linquens habitamque diaetam.
Arbitror hinc abs re statuis culpare. Quod aer
195 Efilciat multum tribuo, sed tu dabis illud,
Intempestivos hominum corrumpere plura
Mores, et quanto foelicior est ager omnis
Terraque, praeceptis monitus nisi paret amicis
Et sapientum depromptis e pectore, tanto
200 Plus damnosa Venus nee non malesuada voluptas,
Fortior et quovis gladio tu, crapula, regnas.
Scilicet hie aer malesanus corpora tabo
Inficit, est solitus varios inducere morbos.
Hinc pituita venit stillans, hinc pallida febris,
205 Innumeri morbi, venit hinc nodosa podagra.
Qui vivunt modice vinclis stringuntque Lyaeum
Et cui vincta libido iacet, Spirae esse salubrem
Aera vivendo longos sensere per annos.
Robore corporis athletas videasque referre
210 Taleis, praecipuo Spirae, sed deinde per orbem.
Et simileis atavis producere posse nepotes.
Praesertim queis relligio moresque probati
Et patrii, latae leges sanctusque senatus
Atque sacerdotes curae sunt, mentis adaugent
215 Commoda, non possunt Pylios non vivere in annos.
Taleis corporeis quoque donis Juppiter ipse
Praeponit reliquis numero primateque censeL
Hos inter mea Spira viget celeberrima, cuius
Littus et aurifero lambuntur moenia Rheno.
220 An non hanc celebres patria virtute sequendam,
Syncerae studeat constans quod relligioni,
Arceat hos, varias qui pravi scindere parteis
Quique subinde novas sectas portare maligni
Consuerunt, miscere solent sacrata prophanis?
225 Annon hoc patriae specimen virtutis habebit?
199
SSon ber gefunben Suft, bic fo fteg^aft toel^t, übettüältigt !
S)a6 crft in unfcrcr 3eit faft an allen (Snbcn bcr grbc
SRörbMfd^e ©eud^e ge^errfc^t, bo in @t)eier bod^ aHeS gefunb mar,
3eigt bieft; e9 miffen bad bie aOfamt, bie ^iel^er ftc^ gefliicl^tet 190
2)amatd, als mit bem S^ob fte UqUä^t ®egenb bebro^te.
fte^rtc bo(^ Äaifcr flarl fafi nur in ber ©labt ber 9lemeter
@in, ba er 3lug9burg dcrlieg barob unb ben bortigen 9leic6dtag.
9timmer mit @ninbe bed^alb erl^ebft bu, mein* iä), ben Sormurf.
£uft, bad räum i(^ \a ein, tut Diel; bod^ mugt bu geftel^en: 195
One^r nod^ fd^abet be9 SSoIfS gan§ unüernünftiged treiben.
3a, jje gefegneter prangt ein jeglicher Soten unb ieber
Sanbflrid^, mo man gemarnt nic^t ^ord^t mo^Imeinenb erteilten
Itnb aus üerftanbigem @inn unb bergen entfprungenen Sel^rtn,
Um fo t)erberblid|er wirft Sßo^Qeben, eninerüenbe SBoduft 200
Unb, ber ba grimmiger Iiauft ald Schärfe bed BäfmttM, $err äBeinraufd^.
3)a8 ift ein Slima fürmal&r, arg ungefunb, benn mit ©Iftftoff
Kranit ed ben Seib unb pflegt i(|m mand^erlei Seiben gu bringen:
@d)nupfen tommt unS üon i^m, Don i^m ^o^Ifiugiged lieber,
©ied^tum taufenberlei, oon il^m fommt f nötige tJufeö^^t; 205
2)od^ mer ba lebet mit Tla% unb @(^ranfen gießet bem SBeintrunf,
äSßer fein ©elüfie begmingt, l^at oft fc^on bed ftlimad ®efunb^eit
©eiber erfahren an fid^, »enn er lebte ind äufeerfte 8llter.
Unb ba^ folc^e imflanb Sraftmenfdien baS Seben gu geben,
9tiefenftarf, unb ben S^n^errn gleid^ no(^ &nfel gu geugen, 210
Sann man in ©peier Dorab, bann aud^ in ber übrigen Sßelt fe^n.
Seute gumal, benen ®otte8 ®ebot, a(tl^eimtf(^ bemä^rte
©itten unb SJräud^e, ©efefe unb Stecht, i^re mürblgen Cbern
993ie au($ ber geiftltd^e Staub nod^ b^ißg unb bie nur be§ @etfted
®üter gu mel)ren bcba(^t, bie muffen bie 3al&re beS Slcftor 215
©ic^er erleben; e« fdfimücft ®ott felbft auc^ mit leiblid^en ©oben
SJiefe üor anbern unb rei^t jle ein in bie ©c^ar ber Srtomen.
Übeneic^ an foldfien nun blü^t unfer ©peier, beS Ufer
Unb UmmaKung bed 9t^einS go(bfübrenbe Sßetlen befpülen.
Ober mer priefc fle ni(^t al« SKufter altfrfinfifd^er 2:ugenb, 220
SBeil fle fo ftanb^aft ^ält am unöerfälfc^ten »efenntni§,
tjfern^ält bie, bie betört manc^faltige ©paltung enegen,
Übelmottenb auf neu' ftet« ©eften gu ftiften beftrebt finb
3mmer mit meltlic^em 3icl bie geheiligten S)ingc öcrmengenb?
2;rägt fie nic^t mürbig bafür ben ftrang übcrtommener Xugenb? 225
200
Olim ne dubites hac relligione teneri
Spirenseis solitos, tot conspice templa, tot aras,
Quas horum proavi coeperunt deindeque coeptas
Illustrare viri primates non dubitarunt,
230 Altus semideum sanguis regumque propago,
Relligio populi quos nee non littus amoenum
Tantos nioverunt illa requiescere ripa.
Ergo vides instar niontis, qui sydera tangit,
Prae reliquis templum extructum digestaque saxa,
235 Mirandum corpus cinctum sex turribus altis,
Ingentem molem, quae se inter nubila condit.
Huc si contuleris tanti miracula mundi,
Quae sacrata fuere Ephesinae saxa Dianae
Pyramidesque Aegyptiacas et moenia Nemroth,
240 Quae te fortia gestarunt Babylonica turris.
Saxaque si referas, quae Mausolaea vetusti
Suspexere, voles Salomonis pingere templum,
Hie Spirense potes melius propiusque videndo
Mirari, tanto moles est structa labore,
245 Immaneis habet haec, quibus est subnixa columnas,
Inter et has quaevis montem gestare valeret
Paene; tot et tantis extructae sumptibus altum
Tanto robore conscendunt. Latus undique densa,
Innumeros cubitos sublimia moenia claudunt.
250 Circuitus saxo incisos molique videres
Altos, unde potes quasvis spectare per oras,
Navita seu primis de fontibus ipse feratur,
Descendat Rheno, veniens vel ab orbe Britanno
Ascendat, velut Hesperidum seu cernis in hortos,
255 Et colleis Spirae vicinos aere sano
Nulli terrarum, non fertilitate secundos.
Et turreis super et templum regalia tecta
Magnifico sumptu cernas imposta per omne
Plumbea. Quae tetigi, quando ardentissimus est sol
260 Tempora sub cancri. Manus aestum ferre nequibat
Ex sole in plumbo conceptum. Solvier inde
Credas illa, tarnen Zephyris motantibus auras
Durant et semet templo servare tegendo
Consuerunt. Memini nos talia dicere, quando
201
Sönnteft bu ^meifeln, ba% etnft an biefem ®Iauben gegangen
@peier$ Semo^ner, fo fc^au nur bie ütelen 3UtSre unb üxxä)cn,
S>ie t^re 9(^nen bereinft geftiftet unb bie bann im 9(udbau
6errli(^ ^u jd^mücfen ni(^t müb gemorben bie ebelften äRänner,
^ix^entfproffener iQelben ä3Iut oud ^önigl^gefc^Iec^tern, 230
3)ie ber ä)et)ölferung gläubiger Sinn unb bie liebliche Sanbfd^afr
@inlub §ier am @eftab gu raften t>on fürftlic^em Xagtöerf.
S>arum erblidCft bu benn ^ier, einem S3erg gleich, ^immelanftrebenb
^oä) bor ben anbern erbaut, ben S)om, aug gefc^ic^teten Seifen;
^nen erftaunlid^en Stumpf, ftc^ gtiebernb in ragenbe £Urme, 235
@ed)$ an ber 3ai^I/ ein muc^tig @ebäu, baS fi(^ birgt in ben SBoIfen.
3^m Dergleic^e nur li\f)n bie gepriefenen Sunber be^ SBeltaK^:
Senen geheiligten SBau ber @p^efergöttin S)iana,
3^m be^ ägQptifc^en 9UId $Qramiben, bie SRauern bed 97inirob,
S)ie bid^ getragen mit Sraft, o Dermeffener Xurmbau gu äSabel; 240
9tenne getroft aud^ baS ®rab beS lUtaufoIud, ju mdd)em bie 9Uten
Staunten empor; ia, oerfuti^S bir ®a(omon^ £empcl su malen:
^ter in bem ®peirer oermagft bu tf)n beffer unb näf)er mit älugen
äSunbemb su f c^auen ; fo l^oc^ ift bie ^unft, bie ben ^rad^tbau gefc^affen !
Über bie 3Jla6en ftarf finb bie Sßfeiler, barauf er fid^ ftüfeet; 245
Saft eines SSerged Saft Dermöc^te ein jeber 5U tragen.
@obteI finb eS an 3a{|I/ mit fold^em Slufmanb erridE^tet
Unb fo gemaltig fteigen fie auf. ^ie Seiten uui)dE)Iiegen
Überaß ÜJlauern, gar bicf unb f)od) — unjä^Iigc ßtten.
3n biefer maffigen SSanb fü^rt, tief einfd^neibenb, ein Stunbgang 250
Oben ^erum, ba^ frei in jegltd^e 9iid)tung man fc^aun fann,
9Rag nun ein Schiffer r^einab oon ben Duellen ^er fommen unb talmärtd
i^a^ren ober ftromauf t>om briti)d)en dieid) ^er suberg ge^n;
Ober mag ringS man 'm% 2ai\h, baS ba bläf)t mie ^efperiend @ärten,
Unb ind @ebirge fc^aun, baS na^e, baS an ©efunb^eit 255
deinem in aller Mdt noc^ aud) an ßri^iebigfeit nac^fte^t.
Über bie Xürme fomot)! alS über ben ^om aud) im ganjen
@ie$t man ein föniglid) Sad) mit gemalttgem Slufmanb gebecfet,
SIeicrn. 3c^ f^ob eS berührt, al« bie Sonne am fieifeeften a)littag
@m^te, jur Sonnmenbseit, ba fonnte bie ^anb nid)t ertragen 260
S)ie t)on ber Sonne bem älei guftrömenbc ^ii^c. 3ct^fc^JneIjen
9ßü^t ed, glaubft bu, unb bod) bält^ au^^ geflirtet üom auftrug,
Unb fo weife cS ftd^ felbft jum Schufte beg 3)omS p erhalten.
Sold^eö berebetcn mir, nod) benf id) beS Xaq^, ba ber 3}teiftcr,
u I
202
265 Treis linguas, Graiam, Latialem et doctus Hebraeam
Niclaus reliquoque Oenander nomine dictus
Mecuni de pinnis templi, quod sydera tangit,
Prospiciens Amaluncis erat ductorque sequentis
Munychii, nomen cui Wirtembergia darum
270 Westiphalique dedere illi patriusque Visurgis.
Hoc templum Spirense tarnen plus hisce decoris
Addit, in hoc iuvenis quod servit uterque Parenti
Summo, cui servire nihil praeclarius ulli est.
Prospicienti, quas dixi, de turribus huius
275 Templi visus homo Spirae transire plateas:
Credita sunt Libyco Pygmaeo membra minora,
Creditus haud maior. quam muscula, quam scarabaeus ;
Usque adeo molis caput inter nubila surgit,
Principis ut latus est cinctum corpusque ministris
280 Nobilibus, sie est munitum turribus illis
Sex templum, gracileis quarum sunt quattuor ac re
Dissimileis nulla. Quadro stant ordine. Sursum
NuUa minus porrecta nee est, quae robore vincat.
Hinc binas inter quinta est, ubi porticus ingens,
285 Et campanarum pondus gestare videtur.
Binas hinc inter reliquas est sexta locata
Ad templi caput. Hanc fortem quintamque videres.
Quam gracileis illae minus altas, robore vero
Vincenteis, murus templum velut aeneus ipsuni,
290 Quattuor et reliquas turreis quae compede miro
Constringunt quae perpetuosque tuentur in annos.
Hinc comites quaquaversus prospeximus omnem,
Qui se luminibus nostris ostendit horizon:
Urbem, cui priscum Fungaeia littora nomen
295 Vangionum retinent, sed mutavere vocanteis
Nostri Wormatiam. Rev'erendi praesulis inde,
Per nebulam velut, Alberti qua clima videtur
Incipere ad Moganum,' sinuoso qui meat amne
Brachia portendens. Pagos Rhenicjue meatus
300 Hincque Palatini iuga principis ardua, deinde
Caetera, quae nos ad se conspicienda vocabant.
Robore quae vincit turris, quae pondera gestat
Et campanarum Germano ex aere sonantum
203
S)er brci ©prad^cn öcrflc^t — Satein, ©ebräifc^ unb ®rlccl&tfci6 — 265
9tifla8 Sßetntnann genannt mit feinem (Jfamiliennamen,
3)Vit mir lerab üon bei^ 2)om9 jum Fimmel ragenben 3innen
Umfc^au ^ielt unb gugleid^ ben ^erm Slmelun^en mit führte,
9Ränd^ingen auä^, bem boS Sanb ber ©d^maben ben ru^mt)oll[en 9lamen
@ah, toeftfSlifd^ed £anb unb bie l^eimifd^e SBefer bem anbern. 270
Über ber @peierer S)om fe^t bo4 i^ren @l^ren ben Kran) auf,
^a ja in i^m ftc^ bie $errn bem Sienft gemei^et beS ^öd^ften
äJaterS, bem 3)iener %u fein ber ^errlid^fte 9(bel ber 28elt ift.
S)a id^ fo Umfd^u ^ielt Don befagten türmen be^ 2)omS aM,
€a^ einen äRenfd^en id^ tief bort unten bie @traBe burc^manbeln ; 275
©d^ien mir fleiner bon SSud^S atö bie 3^crge ber Itb^fd^en @age,
©dlien mir nid^t gröfeer gu fein al« ein SKüdHein ober ein ftSfer;
@o fteigt riefen^oc^ bie Spi^e bed 9au8 in bie SBoKen.
SBie um beS dürften ^crfon fid^ ring^^er fd^Hefeet ein ebleS
©errengefolge, fo ftel&t auc^ ber 3)om umfd)irmet oon lürmen, 280
@ed^8 an ber 3^^^ bat)on finb oiere fd^lanl unb in feinem
©tüde oerfd^icben; fic fte^n im SBieredt; feiner redft aufmärtÄ
SBeniger l^od^ fid^ empor nod^ iibermiegt er an ©tärfe.
3mifd^en bem oorberen $aar, mo bie riefige Qaüt be^ Eingangs,
$ebt fid^ ein fünfter unb trägt, toie man ftcl&t, bie getoid^tigen ©lodten. 285
3tDifd^en ben übrigen jmet'n ift bann ber fed^fte errichtet
Über bem fiauptaltar. S)iefer mudfitige Xurm, toie ber fünfte,
3eigt fid^ jtoar toeniger ^oc^ afö bie fc^Ianferen, aber an ©tärte
SBeit überlegen ben anberen bier, bie ba^ ©ottedl^auS felber
SSBie eine SRauer, öon Srj gefügt, mit SRiefenumflammerung 290
t^eft umfd^Iie^en unb treu eS lauten auf emige 3citen.
SSon f|ier oben oereint überfa^n mir nad) ieglid^er Slidbtung,
SaSie er b^n Slidtcn Pd^ ringS barbot, ben leiten ©eftd^tSfreiö.
2)rübenbie ©tabt, bie nod^ l^eut in „33unggau^::@eftab ber i^Sangionen''
Uralten Sßamen betoal^rt; nur l&aben bie Unfern if)n je^t mit 295
98ormS oertaufc^t. 3ßit im ®uft bal^inter oerfditoimmet bie ^auptftabt
Stlbred^tS, beS Srjbifd^of^, beiS loürbigen, mo fie bie Sanbe
©d^eint gu bemad^en am 3Jlain, ber bort giel^et gelounbenen SBegeS,
SBelt feine Sfrme geftrcdr. S)ann bie ßänber unb ßäufc beS Stl^eineS;
Dort beS ©ebieterS ber Sßfalg fteilragenbe §ö^* unb toaS fonft nodf) 300
Unferen Slidf angog feiner ©d^ön^eit Slcij $u betounbern.
Sener getoaltige 2^urm, ber baS ungeheure ©emid^t trägt
Unb ben melobifdfien Klang ber tönenben @Iocfen au$ beutfcf)em
204
Concentus varios magnaeque tonitrua spargit
305 Campanae, tali quoque pondere mira videtur.
Huius enim magnae corpus multasque patentis
Ulnas dependet tignis trabibusque superbis,
Quas nemus Hercynium forteis dedit atque cathenae
Ex ferro servant. Demissis funibus illam
310 Conatur quoties sociorum posse maniplus
Ad tonitru solitum reddendum impellere, vireis
Nequicquam exercet, nisi primum malleus intra,
Qiiod quidam rhopalon dicunt, cieatur, et illiid ^
Non nisi robusto cephalaeon posse moveri,
315 Conspiceres, laevi quanvis dependeat ansa.
Hoc rhopalon vero capitosum si moveatur
Motumque ingentis campanae corpus et infra
Impo^llant reliqui, liitus Spirense repletur
Mirifico sonitu. Non olim tympana matris,
320 Quos coluere, deum Phrygiis in montibus ullum
Atque sacerdotum Corybantum cymbala talem
Unquam habuere sonum. Celebrantur habere Tribochi
Atque Tyregetae, qui Cimmeriique Turingi
Dicuntur, magnam; tarnen huic Erphurdia magna,
325 Urbsque Tribochorum dixit se cedere velle.
Nostram campanam videant si cuncta per orbem
Cymbala, non dubito nostrae cessura libenter.
Fertur et in Rheno multum clangoris abire,
Et perdi nostrae ; quanvis loca multa peragret
330 Illius sonitus, tarnen istuni latius ire
Obstaclum impediat dictum. Prope deinde videres
Gnomona monstrantem noctuque diuque figuras
Horarum aequaleis, quas signat verbere curv'o,
Nempe revertenteis, Ixionis ut rota, seniper
335 Atque recurrenteis, ceu quod tu, Sisyphe, saxum
Volvis, et ut Tityi iecur immortale, recurrunt
Atque renascuntur, quorum meminere vetusti.
Sit munita quidem Spira altis turribus, amplas
Haec aulas habeat gestetque Palatia regum
340 Alta, sed ad corpus templi sunt cuncta minora.
Nanque arbusta velut superant humileisque myricas
Quercus in Hercynio saltu generosaque fagus,
205
®rg unb bcn bonnernbcn ®(^aB bcr grofecn (Slocfc öerfenbct,
@d^on ob fold^en ©etotd^ts fd^eint biefer bemunberungsmiirbig. 305
3)cnn bicfcr SMcftn ©cftalt, bic ölclc ®ttcn Im Umfang
9}ttffet, ift Qufgel^Sngt an ftattltc^en 93alfen imb @tämmen,
SBic Pc ber ©(^tDQrjtoalb nur fo fräfttg geliefert, unb Äetten,
©ifcme, tragen bfe ßaft. ®o oft nun an l^angcnben ©eilen
SHift'ger ©efelfen ein 2)rupp oerfud^t fte in ©d&ttjtngung ju fe^en, 310
3)a6 ll&ren 3)onnerton pe bernefimen laffe: »ergebend
aWüöen fte ab i^re ftraft, eä fei benn, bafe innen ber ftlöppel,
SBol^l aud^ ber ©d^mengel benannt, erft aud^ in Setoegung gebrad)t toirb.
Unb bag ein fräftiger 3)lann nur bermag }u belegen bied i^auptftiid,
Stann man erproben, mietoo^I ed ^ängt in geglätteter Oefe. 315
SBirb pe gefd^toungen jebod^, biefe ^eule mit mdd^tigem ^opfe,
@e^en t)on unten sugleidt) bie anbem ber riepgen ®Iode
6(^mtngenben Äörper in ®ang, fo erfüllt pe baS ©peirer ©elänbe
äßit erpaunlid^em Stiang. 92id^t gaben bor 3citen bie Raufen
Sei ber ßtibele 3)ienft auf $f|rt)gicnS ^eiligen S)ergen 320
3loä) anä) bie XamburinS il^rcr ftor^bantifd^en SJJrieper
3e fold^ bro^nenben Saut. Wlan rii^mt, eS bep^e bai» (Slfag
Unb aud) baS S^^üringerlanb, ba^ fimmerifd^e, toie eS genannt mirb,
StiefenglodFen unb bod^ ift Erfurt, baS reidje, bereit fic^
Unfrer p beugen unb gern auc^ Strasburg, bie ©tabt ber S^ribofer. 325
Äönnten bic ©locfen nur all auf ber ttjciten ©Tbe bod() unfre
Siiepn erfc^auen, — lä) itoti^t nld^t brau — il)r ^ulbigten gern Pe.
9loc() bagu mirb ergSI^It, bag biel bom !^Iange ber unfern
©id) bcriiere im SWl^ein unb berl^atte; fo toeit aud^ ilir Xon mag
SBanbem ins ßanb, fo bürff il^m bod^ totiux jn bringen berwel^ren 330
@ben bieS ^inbemis, baS genannt marb. 9}a^e ben @Ioden
©ie^t man bie ©omul^r bann, bie 5Cag unb 9tad&t i^rcr ©tunben
3iffem uns gleichmäßig meift unb gefc^mungenen ©d^IageS pe funbgibt.
®enn umroffenb, bem diab beS Srion gleid^, unb bod^ immer
SBieberfe^renb, bem gelö, ben ©if^p^uS »äljet, bergleid^bar, 335
Unb tote XÜ\)o^^ petS nad^madfifenbe ßeber, bon benen
®inften8 bie Sllten er^äl^lt, fo toanbern unb lommen bie ©tunben.
©peier ip ^toat bcfc^irmt bon ragenben Stürmen; ätnar l^egt cS
©tattlid^e ißöfe unb rUl^mt pd^ prangenber SönigSpatäfte:
Sieben beS ®ombau8 3Bud^t boc^ muffen fte alle §urüdftef)n. 340
5)enn tolt über ©ebufc^ unb niebrigeS SKtirtengefträuc^e
©tattUd^ im ©d^toarjföalb pd^ bie SBuc^e f)tbt unb ber @ic^baum,
206
Sic nostri corpus templi turreisque Nemetuni
Regaleis aulas et tanta Palatia vincunt,
345 Sunt urbis turreis et caetera templa minora.
Magnis extructum est miro de robore portis
Hoc templum, ferro quas lamina cingit obunco
Et sese spargens huc Norica protinus illuc,
Brontisque Steropisque manu Chalybis, Pyragmi
350 Facta. Quis hanc non suspexit, qua porticus ingens
Reddentem tonitru campanam, et cymbala cuncta
Gestat? an haec minus est velut ex adamante superba,
Quam vis ulla virum, nequeant excindere ferro
Corpora Aloidum geminorum immania, pubes
355 Relliqua non possit Titania frangere, quanvis
Sit manibus summum conata excindere coelum?
Huic portae caput adfixum est ex aere figuram
Ostendens generosique horrendique leonis.
Quo portam claudunt, orbem gerit ore patentem
360 Et validum. Portae est vetus huic scriptura superne
Addita complectens multos impressaque massae
Versus. Ad laevam ingredienti porticus ipsa
Judicium extremi prae se fert, cerne, diei,
Quod quis Apellaea depinxit sedulus arte
365 Christon Jesum picta Iris, Junonius arcus,
In medioque sedentem in maiestate verenda
Gestat. Utrunque latus discrimen dividit aequum.
Clavigerum ad dextram Petron intromittere cernas
Angelicas animas, devota mente fideleis.
370 Quaeque fidem pulchris factis coluere, beatas
Has nactae sedes magnos iam vivere menseis,
Visere perpetuos dignae foeliciter annos,
Atque potiri laetitia, quam pingere fando
Nemo queat, sit ferrea vox sint oraque mille.
375 Cerberus ad laevamque immani trux hiat ore,
Quälern viderunt Atlantica littora cetum,
Saepe caput mediis extanteni fluctibus. ora
Pandentem, velut huic tu, Mauritanius omnis
Summuscjue Atlantis vertex et robora vasta,
380 Crudelique bolo veniant omnino voranda;
Sic hiat immani truculenti corporis ore
207
@o übenoget beS Sotned Solofa mit ben türmen bie @petrer
Särftltc^en $öfe unb aQ bie ftot^en $aläfte, i^m muffen
@ämtltd^e Xürme bei* @tabt famt ben übrigen ßird^en juriidfte^n. 345
3)tefer 2)om ift erbaut mit gemoltigen Porten, erflounlic^
Start unb feft, bie mit S3(ec^, aud (Sifen gef^Iagen, bcbecft finb;
@tet)rifc^r Slrbeit, fid^ ^ier unb bort^in aÜmSrtd Derbreitciib,
Son etneg 99ronte8 ipanb, eineS @teropS^, $9ragmuS unb S^alQpg.
SBer |at femer baS Xox nic^t ftaunenb befc^aut tDo bie mäc^t'ge 350
^alle bie @Iode trägt mit bem ^onner^aU unb bie ®iocfcn
Slll'? Ober »äre bieg 2^or, mie ©tol^l feft, minber erfiauiilic^,
3)ad nid^t äßanneSgetoalt, baS felbft ber gigantifc^en äJrübcr
Stieftge ^aft mit bem Seil nic^t §u fprengen, ber anberu Titanen
Wannfd^aft nic^t ju erbrechen bermöc^te, obgleid^ fie boc^ mogten 355
9rec^ mit ber @tar{e ber $auft ben ertiabenen jßimmel ^u ftürmen?
9tn bieg Xox ift ein ipaupt auS Srge befefttgt, baS Slbbilb
3eigenb be$ mächtigen Seun, ber furchtbar unb ebel gugleic^ ift.
2)iefer ^ält einen 9ting, bie $forte 5U fc^Iiegen, im Stachen,
©tarf unb grofe. Sine ©d^rift, uralt, ftc^t über ber Sßforte 360
Eingelegt in ben ©teiii, bie Diele 3^U^n umfaffet.
Sinfö^in bietet fofort beim ©intritt jebem bie $aüc —
©iebe nur felbft! — baS ©erid^t beS iüngften XageS ju fc^auen,
a)a8 ein ftünftler mit ^leife, ein jtoeiter 2lfeUe«, gemalt f)aU
3efum S^riftum trägt ba bed $immeld farbiger Sogen, 365
2!]b^onenb inmitten bed SBitbS in t)ere^rung$mürbiger ^obeit;
Unb fo teilt er ben 9iaum in gleic^gemeffene Hälften.
©(f)(üffeltragenb erblidCt man $etru$ sur dieä^Un, ber einlädt
©eelen, toie ®ngel fo rein unb gläubig ergebenen ©inncS.
UnD bie ben @Iauben betoabrt burd^ Iöblid)e äßerfe, fte b^bcn 370
ipier f(4on bie ©i^e erreid^t ber ©el'gen, gemürbigt ju leben
Smige 3Ronbe, gu fd^aun glücffelig unenbUc^e 3abre
Unb einer SEBonne teilbaft gu merben, bie niemanb mit äBorten
auSfprid^t unb ptt* er bon ßrj eine ©timme unb 3ungen ein S^aufenb.
@räg(id^ gur Sinten gabnt mit entfe^Iid^em Stachen ber &6üt 375
Untier, fo mie ben S93a( bie atlantifc^e Süfte fd^on oftmals
3Ritten im SBogengebrüQ fein Qaupi fab b^ben, ben Stocben
Sluftun, grabe als moQf er bid) gan§, erbabener ©ipfel
Unb unermeglidbe SBud^t beS mauretanifd^en Slt(a$,
Snu graufamem ®ebig auf einmal böQig berfd^Iingen. 380
©0 mit entfe^Iid^em ©d^Iunb galant auf bed fd^euglid^en Untier^
208
Bellua deformis flammasque et siilphura spirat.
Conspiceres gestus tendentum ad sydera palnias.
Edentum varios ploratus atque gementum
385 Excessus actae male vitae nuncque luendos
Non cessatura sine fine et tempore poena.
Hi sunt, virtuti qui quaestum praeposuere
Omnia avaritiae male docti subiicienteis,
Coccina quo gererent et ianthina quoque cubarent
390 Ostro, quo molleis gemmis auroque superbi
Splenderent, ad virtutem est bis arduus ille
Desertus collis. Videas hie esse tyrannos
Expressos, quibus haud quam pro ratione voluntas
Est aliud cordi, caeco qui cuncta favore
395 Dispensant atque invidia quorumque furori
Omnia cedere coguntur qui nullaque ponunt
Praemia virtuti meritae. Pictosque videres
Hos, quorum innumeras peperit socordia sectas,
Edenteis gemitus. Actae sua tempora vitae
400 Nequicquam repetunt, reditus meditantur inaneis
Vulgus iners reliquum, cuius malefacta notare
Longum erat, in fauces dictos comitarier Orci
Conspiceres, ubi flamma vorax, pix, sulphur et omnem
Non extinguendae cruciatum est cernere sortis.
405 Multipliceis licet hie horrendaque monstra figuras
Cernere spirituum, dictos cruciare nocenteis
Ouae possint saltem, taceam tormenta, videndo.
Hac, qua porticus est ingens, porta ingredientem
Magna instar montis quaeque immaneisque columnae
410 Excipiunt. Horum duplici stupet ordine quisquis
Ingreditur templum peregrinus. Quotidiana est
Civibus haec moles. sed et hos saepe allicit ista
Per se devotos, attentius id tamen esse,
Quod sunt et patrias facit admirarier aras.
415 Intus ut arquatum deveni ponderis instar
Coeli sit templum cubitos habeatque superne,
Quot pateatque ulnas, quot passibus area longa
Hinc portendatur, qua porticus incipit, ultra
Hunc, quo quisque loco sepelitur episcopus, huius
420 Templi primates venerandi, nobile stemma,
209
©räglicge SßiggeftaU unb l^auc^et Orlommen unb @c^lDefeI.
2)a ftnb @ebärben su fel^'n bon SSerbammten, toie fie jum Fimmel
^anbe ergeben unb Sammer^eul ausflogen unb ftö^nen
Um U)reS SebenS SBetge^*n, beS übelberbrac^ten, bte je^t fte 885
S3iigen muffen mit ißein o^ne 3^^ unb 3t^I unb @r^oIun(|«
3ene flnbs, ble ®eu)inn biel ^ö^er gead^tet aU Xugenb
Unb bie übelbele^rt ber ^abfud^t alleS geopfert
Um ftd^ in @d}arlad^gemanb unb SSeitd^en gu fleiben, auf $urpur
StuSguru^n unb oon ®oIb unb ßbelgeftein gu erftra^Ien, 390
Üppig unb ftolg. t^ür fie gu fteil ift ber menig betretne
SBeg gur S:ugenb ^inan. ^ier fielet man aud^ bie XQrannen
2)argefteUt, bie „^tatt ber üernUnftigen (Srünbe um SßillfUr''
9htr fid^ befümmern, bie blinb nad) 9leigung aOed entfc^ciben
Dber nod^ 9(bneigung, oor bereu mittenbem Stafen 395
8UIe8 flc^ beugen mug unb ble für oerbienftüoEe Xugenb
äBiffen oon feinerlei i^o^n. @ematt aud^ fteijt man l^ier jene,
S)eren ©leid^gültigfeit bie ga^Uofen @eften entftel^n lieg,
SSBie fie nun iammemb bereun. S)oc^ miinfd^en umfonft fte guriicfe
3^re verlorene 3eit unb beuten bergeblid^ auf Umfe^r. 400
Unnfife ©eUd^ter nod^ fonjl — tt)er fänbe bie 3cit ju ücrgeidinen
?ltt* i^r fünbige« Xm ? — jtel^t man gum ©d^Iunbe be« 2lbgrunb8
97Ut ibnen giel^n, mo oergel^renbe ®(ut, $ed^, ©c^ioefel; \a, jebe
SJlarterqual beS (Sefd^icfS ber Stoigüerbammten erblidt man.
SJielfac^ fann man aud^ l^ier — entfefelid^er ©reuel 1 — ba8 öilb bon 405
^ödifd^en ©eiftern erfc^aun, bie, gang oon ben dualen gu fc^meigen,
®urd^ i^rcn Slnblicf fd^on jene Sünber gu foltern imftaub ftnb.
^^rittft aus bem mSd^tigen Staum ber $aUe bu nun in ben ^om ein
S)urd^ baS gemaltige S^or, fo nehmen, l^od^ragenb ^oie S9erge,
@öulen bid^ auf. 3^re boppelte 9lei^' fte^t ftaunenb ein jeber 410
t^rembling, ber in ben 2)om eintritt. 9IUt9gIid^ ben ^Bürgern
3ft gtoar bieS ma(i^it>oUt Silb, unb bod^ locft ed ^dufig aud^ biefe,
Sromm, mie oon $aufe fie fmb, mit nod^ größerer 3nbrunft gu merben
5Dad, mad fte finb, unb lägt fie bie ^eim'fd^en Elitäre bctounbern.
Sßie nun im 3nnern ber 2)om getoölbt fei, gleic^enb be$ ^immeld 415
^lieber fld^ fenfenbem 8lunb, loieoiel ftlafter au &6^t er gäble
Unb mieüiel @Uen er breit; auf toieoiel @d^ritte baS Sangl^aud
@id^ erftrede, oon ba, mo bie ipaUe beginnt, burd^ bad j^auptfd^iff,
9Bo man bie S3if(^öfe aü gur SRul^e beftattet, bed S)omeS
SSSUrb'ge ©ebieter, entftammt auS ebelgebor'nem ©efd^ted^te, 420
14
210
Pulchrum cui dederant sceptrum, dum vita manebat,
Ultra magnorum cineres et condita regum
Busta, sacerdotum tripliceis ultra stationes
Ultraque oracli summam venerabilis arani
425 Hanc prope quam Christi corpus servatur Jesu.
Scilicet hoc si nosse voles, metire: stupebis
Myriadas multas absolvens sive columnas
Seu libeat numeris templum tibi subdere totum,
Atria, turres et longum densumque patensque
430 Cumque alto numerare voles si caetera cuncta.
Portamque ingressus, quam dixi, respiciendo
Ad laevam sursum si lumina dirigat ipsa
Quis, pictam videat suspensam in pariete mappam,
Tanquam pinxisset nostras Durerius, arte
535 Praestantem. Gerit haec sphaeras elementaque mundi,
Ordine quaeque suo distincta et reddita pulchre.
Arida centri instar media est Saturnia terra,
In zonas divisa suas. Circunfluus humor,
Primo antiqua parens cunctarum semine rerum.
440 Mire disposita ratione coercuit illam.
His levior sequitur posthac Junonius aer.
Altior ignea vis summa resplendet ab arce
Quattuor haec inter sphaeras reliquasque videres
Septem dehinc Stellas, aqueum post ordine coelum,
445 Cui de crystallo nomen liquido imposuerunt.
Hinc, quod mobile vicenis et quattuor horis
Fertur, eo rursus, quo digressum est, redeundo.
Ignea sedes hinc Divum summique parentis.
Hac quem cum Divis nostra veneramur in aede,
450 Divam praecipuo Mariam, Christi genitricem,
Nostrae aedis dominam venerandam laude perenni.
Historias multas prasinis cernasque fenestris
Adparere, vitro quae coeruleoque refulgent
Sparsim. Perque vices color has Phoeniceus arte
455 Commendat mira fabrefactas. Conspiciendum
Emicat ex illis Noes insignis aratrum,
Quo sulcis terram longis signare videtur.
Uvis calcatis solito mox sordidiorque
Est hie, cui plenis turget vindemia botris.
211
2)em fte im Seben }U0leic^ ben färftlid^en ©septer beretnten;
Über bie üfd^e ber ©ro^en ^Inaud, ber Könige ftolje
@räber, ber $rtefterf(^aft breiftuftg auffteigenben ©tanbort;
Snbiic^ ben l^o^en 9I(tar be8 alte^tiDfirbigen %tmpt%
36n, bcm na^e ber Seib beS ^eU'gen @rlöfer8 üertoa^rt n)irb: 425
9{un benn, verlangt es bicfi bieS gu erfol^ren, f o miB ! 3)u toirft ftounen,
SBenn bu t)tel taufenb aä^Ift, eS fei nun bag blr bie Pfeiler
Ober ben gonjen S)om in Balten beliebt ju gergliebern,
^^aHen unb Stürme, unb menn nac^ Sänge, nod^ ^Idt unb Sreite
Samt ber $ö^e bu toillft baS übrige aUeS berechnen. 430
Xritt man ein burdd baS Xor, t)on bem ic^ gefprod^en, fo fielet man,
Sßtnn man fc^auet nad^ lintd mit emporgerid^teten SSttcfen,
9(ufge^ingt an ber 2Banb auf Seinmanbgrunb ein ©emSIbe,
Srefflid^ an Kunft, atö ^ätt'd unfer Sanbl&mann S)ürer gemalet.
tiefes S3ilb fitbrt oor bie @p^iren unb Urelemente, 435
SebeS in feinem S3ereic^ gefonbert unb prächtig enttoorfen.
Xroden atö 3cntrum ru^t in ber 9Ritte bie fruchtbare 6rbe,
eingeteilt in ber 3oncn fünf. Umflutenbe geud&te,
SBefenmutter bed 9IQS burd^ uranfänglid^en @amen,
Qält fte umfangen ringS in munberüoOer SBerteilung. 440
iieic^ter als biefe fc^Iiegt fid^ na(^ oben bie ^immlifd^e Suft an.
Unb noc^ ^ö^er erglangt bie 3Slad)t beS ^^euerS auf l^ödfifter
SBarte unter ben Dier. Sluc^ fie^t man toeiter bie fieben
Sßanbelfterne, bie Si^ternmelt, bann ben feuc^tblauen iQimmel,
SDem burc^ftd^t'ger ^r^ftaU ben Flamen beS lid^ten gegeben. 445
S)ann, teaS bemeglid^ in Dterunbsmangig ®tunben fi(^ umfd^toingt,
SBieber burc^meffenb aufS neu ben äSBeg ftets, ben eS gemanbert.
(Snblid^ ber leuc^tenbe @i^ ber Serflärten, beS etoigen Saterd,
3)en mit ber ©eiligen ©cf)ar mir i^itx ja im 3)ome öere^ren,
Unb Dor aQen, bie d^rift geboren, bie ^eilige Jungfrau, 450
Öerrin beS l&iejtgen 35omS, mit etoigem 2obe gu preifen.
Siele ®ef(^id^ten gema^rft bu aud^ auf grünlichen i^enftern
S)argefteIIt, bie )?om ®IaS, bem meerflutfarb'nen, ^erabglü^n
2)a unb bort. Unb ber ©lang beS fc^immernben $urpurd be§euget,
Dafe mit erftaunKd&er Äunft fie ein a}leifter gefd^affen. Sor aßen 455
©e^nStoert leud^tet l^crüor ,,S)er Jßffug beS gcpriefenen "Sloof^**,
9Bie man bie @rbe il^n fielet mit langen (Jfurd^en burd^fd^neiben.
Salb aber ftebt er t)or unS beim Sraubentreten, ein toenig
Sd^muftiger, ba il^m ber ©erbft in bie fc^toettenben Sufen ftdi gießet.
14*
212
460 Et mox vitisator proprium cum forte Hquorem
Sumpsisset pauloque meracius, ebrietate
Ut somno victus iacuit non more decenti,
Vestibus ut Semus propriis verecundus Japhel
Utque tegant et uterque averso corpore patrem.
465 Auferat, ut Chamus pro turpi praemia facto.
Huius enim natus reliquis servire videtur
Mox et turpe iugum quodque instar mortis habetur,
Ut semissis homo scapulis gestare recurvis.
Mukus Hebraeorum de pugnis ordo, figurae
470 Cernuntur multae. Sunt addita plura decenter,
Quae gessit Christus vitreis lucentque fenestris
Patria quasque manus Germana fecit ab arte.
Est ubi Christophorus Chananaeus cernitur ingens,
Jugera tota novem porrecto corpore vastus
475 Ut Tityus magnusve Cyclops ingensve Typhoeus.
Organa quid memorem duo musica ^ Pendet utrunque
Ex alto panditque immaneis corporis alas
Usque adeo, templum veteri quod vix satis ample
Remigio alarum patet imparibusque cicutis
480 Totque Mimalloneos quae possunt clangere bombos.
Follibus inflatas solitam resonare per artem
Audivi. Sed ut exanimis, Niclae, videbar,
Dulcis amice, tibi, raptus duicedine mira
Cantus, non illud moriturum corpus habere
485 Inter coelicolas translatumque esse putabam.
Usque adeo dulci resonabant omnia cantu.
Continuus nunc auditur clangor sonitusque
In longum tractus, variatur et ille subinde
Inflexo modice, distingui protinus istum
490 Apte conciso dicas tortoque reduci.
Nee mora, promissum Carmen revocarier ultro
Audiresque infuscari: vibratur acutus,
Hinc gravis, extenta dein creber voce subintrat.
Nunc medium dulcem comitantur summus et imus.
495 Extructum templum quantavis mole videtur,
Ad taleis modulos tanquam coeptare choreas
Vellet, sie laetum resonat pulcherrima Carmen
Moles sive quod Amphion Lydum melos ipse
213
SQSieber fobann, mie ber äSater bed SBeind am eigenen ®emä(f)$ einft 460
@t(| übernommen ein bigd^en ju ftarl, ba lag er bom S^runfe
S3ie t)om Sd^Iummer beftegt in (eineSmegS fc^tdüd^er Sage,
@o bag fittfam Sem unb 3apf)ti ben Später bebeden
SRit bem eignen (Semanb unb meggemenbeten ^liefen,
äßS^renb ^am feinen Sobn für fd^impflid^e ^anblung bat)onträgt. 465
5E)enn feine Stac^tommenfc^aft in ber t^otge fie^t man ben anbern
Sned^tdbienft tun, ia, im fc^mS^Itc^en 3o(^, baS für ^Srter aU Xob gilt,
9hir nod^ ^alb ein SRenfd^ mit getriimmten ©d^ultem f!c^ f^Ieppen
®ro^ ifl bie Steige unb \>\tl ftnb ber »Über t)on kämpfen ber Suben,
S)ie man ^ier fte^t; nod^ me^r ftnb ü^nen gejtemenber S93eife 470
ß^rifti Säten gefeSt unb fle leuchten t)on gififernen @d)eiben,
SBeld^e mit ^eimifdier ftunft ein beutfc^er STleifter gefd^affen.
Sind ift, n>o man erblidt ben ß^ananäer ®t. S^riftop^,
9Rit bem geftredten Selb nenn ganje jRorgen an Sänge,
Xlti^o^ gleid^ unb bem großen ^((op unb bem Stiefen 2:Qp{)oeud. 475
SBie foll i(^ fc^ilbern ba« 9Berf ber boppelten Orgel? 6ie fc^mebet
Oben gar ^od^ unb ftredt i^re ungel^eueren ^lüget
So toeit aus, bag ber 2)om genUgenb ftd^ faum in bie 9)reite
2)e^nt für ba« atte ©emerf ber f^Iügel unb pfeifen, bie ungletd^
Sot)ieI betäubenben Slang entftrömen gu laffen vermögen. 480
Unter ber SBälge iQaud^ 1^'örf ic^ {!e erft^aOen; gemo^nte
SKeifterl^anb fpielte; bod^ bir, mein 5Rifolau«, fd|ien irf) ö ermüdet,
i^reunb, k)on bem lodenben Stei^ ber be^aubernben Xöne fo gänjlid^
ißingeriffen. Sticht me^r in bem fterblid)en Seibe gu toeilen,
9fein, id^ glaubte mic^ fc^on Derfe^t gu ben .^immelsbemo^nern. 485
@o Don entgüdenbem Spiel toiber^aOten bie ffimtlidien Stäume.
99alb I&6t DoDer SStforb in langen, gehaltenen 2:önen
@i(^ t)eme^men; unb balb fle mec^feln in tunftt^oQ berfc^Iung'ner
Harmonie; fid^ löfenb fobann in gefd^idten f^iguren
Seigren fte toieber jurüd }um Slfforbe, bem fie entfprungen. 490
Unb nidit lang — unb man ^ört ben begonnenen @a^ toieber^olen,
Siel t)ariiert unb fugiert. 3e^t Hingt er f^tü in ber iQö^e,
Sefet in ber Xiefe, bann fc^miflt uu geftcigerter ^ütte er Dielfat^,
@d^toebt in ber 3Jlitte bann füg, in ber JQöbe unb Xiefe begleitet
Unb als ^ätte ber 2)om, fo maffig unb fc^mer auc^ fein Sau fd^eint, 495
Suft gu beginnen ben Xani mi} fohlen jierlic^en SBeifen
@o l^ant fröl^Itd^ ben Slang surüd fein getoalliger ^radfttbau.
2Rag nun bie 2!onart fein bie Itjbif^e, mie fie Slmpl^ion
214
Thebanus cecinit reddat Phrygiumve moventem
500 Divinas animas moribundaque pectora versum
Seu resonet castum, qui Doriciis aequora placal
Quemque pudicitiae Thamyras Thrax esse canebat
Custodem, quo Terpander, quo floruit Orpheus.
Unde volebant prae reliquis sapientia corda
505 Adcendi: sonet hunc, qui caetera flectere possit,
Alter Demodocus, quae Balthasar omnia praestat.
Taleis concentus, haec carmina reddere doctus.
Hoc pulsante lyram est Cunradum audire prioreni,
Non solum Spirae, qui toto notus in orbe
510 Claruit et mira quem Balthasar exprimit arte.
Nunc vagus est cantu, nunc indignatur et idem
Blanditias miscet. Petulans est atque modestus.
Protinus induitur mira gravitate stupendus.
Transferat ut curas nostras coelestis origo,
515 Omnia divino conatur pectine doctus.
Deinde quid in nostro templo tot pulchra sacella.
Quae quodvis superant pretium, ornamenta, tot aras
Tot simulachraque Phidiaco meliora labore
Et pretio taceam? Mirandas quidve columnas.
520 Quas vidi integras.'' Nee moles sectilis haec est,
Versum saxorum quae contineat numerumque
Ordine surgentum. De integro est cernere factas
Saxo atque integras. Lateranus monstrat uterqu:',
Nempe sacerdotum stationi prorsus adhaerens
525 Altior et gradibus locus. Et cur deinde meaium
Sub templo sileam mirandum, fulchra caputque
Templi gestantem teretesque breveisque columnas,
Quadratis simileis infra sursumque striatas.^
Esto breveis. validae sed gestant pondera tanta,
530 Impositam molem, turreis et plumbea tecta.
Illud epistylii vice monstrant fulchra baseisque
Dictae, nempe caput templi, quod in aethera surgit.
Tantum robur inest etiam brevibus columellis
Omnia vix obiter complecti quivero scriptor,
535 Nostra quae veniunt iam nunc dicenda Camoena.
An non, caetera transierim, summae decus arae
Est insigne.-* \'^ides hastilibus ex orichalco
215
©elbft, ber Zitbantx, einft fang, ober gibt er bie p^r^gifd^e toieber,
@ie, fo bie ^erjen rü^rt ber ®ötter toie fterbli(^e Sufett; 500
aRag er ein borifd^eS Sieb erfc^oKen laffen, bad (eufd^ bie
SBogen befd^tDört unb als igort ber @itte gerül^mt n>aTb Dom £i|raler
©Snger I^^am^raS. — ©rofe »aren Drpl^euS in i^m unb Xexpanhtx. —
Unb es liegen oon i^m fid^ am liebften bie ^erjen ber SBeifen
Sfeurig entflammen, ^um mag, too^I fällig bie anbern ju fpielen, 000
3)ie er ja alle jumal, ein anbrer S)emobofu8, meiftert,
SSalt^afar borifc^en £on anftimmen, ber a)teifter ber Xöne.
@d^Iagt er bie Orgel, man meint 3Reifter ^nrab ^n l^ören, ben alten,
S)er in Qpdti nid^t nur, ber rü^mlid^ betannt in ber toeiten
äßelt toat unb ben er nun bringt mit l^o^er äSoOenbung jum 9?ortrag. 510
83alb l^üpft tänbelnb fein @picl, balb brauft'S in @ntrüftung unb teieber
2Bed^feIt9 gu fd^melgenbem S^on, ift necfifd^ balb, balb befd^eiben,
Sc^n^ingt bann auf einmal fid^ auf gu erhabener SEBürbe, erftaunlid^.
S)ag und ber @orgen SDrudC abnehme ber l^immlifd^e äSater,
Sägt nid^tS unoerfud^t in k^oQenbetem @piele ber SReifter. 515
S)ürff id^ t)erfd()meigen fobann, bajs foüiel fd^mucfe SapeUen,
©oüiel Slttxat im S)om, unfd^ä^bar an SBert, unb 9lItSre
Unb aud^ SSilbmerf fooiel, baS mit $^ibiad' beftem an ^nft ftc^
ansge unb ftoftbarleit? SSerfd^toetgen bie prächtigen @äulen,
2)ie id^ gefeiten aus einem @tü(I? S)enn eS ift nic^t gu fpalten 520
2)iefeS ®eftein, morauS ber ragenben @5ulen gereifte
Drbnung befielet unb 3ci% 2Ran ftefitS, bafe fle alle auS ganaem
SSIocf finb genauen unb gang. @S aeigen'S bie 3Bänbe am @rabd^or,
S)enn an ber Sßriefterfd^aft ®tanbort aufS engfte ftc^ fd^Iiegenb
Unb burd^ Stufen erbost ift ber 5ßlafe. Unb toaS fottf id^ bie ^pta 525
Unter bem 2)om übergebn, bie erftaunlid^e, bie ja bie Pfeiler
Xrägt famt bem ^b^^e beS S)omd, mit ben {urjen, gebrungeneii Säulen
Unten in SSieredCform unb koeiter nac^ oben geriefet?
Shirg toobl finb [\t; bo(^ ftart ertragen folc^ mächtig @etoid)t fte:
S)rüber fid^ mölbenb ben Sau, bie lürme, baS laftenbe SSIeibad^. 530
3)enn toie ein Xragegebälf, fo f^alttn au bieS bie genannten
©odtel unb ©äulen empor, bcS S)omS bo^^i^agenben i&auptd^or.
Sooiel £ragfraft liegt fogar in ben niebrigen Säuld^en.
^Ifid^tig befd^reibenb toobl faum k)ermag id^ jufammeniufaffen,
2BaS mir aUeS im Sieb §ur Sd^ilberung nunmehr fld^ aufbiängt. 535
Ober am ^od^altar, um oon anbern ju fd^ioeigen, ift ba nid)t
i&enUt^er ©d^mud? 3)u gemabrft an langenäbnlid^en Schäften,
216
Ductis et validis supperaddita liimina, pulchri
Quae totidem gestant liquentia rite Cherubim,
640 Quosque Seraphim Judaei dixere vocanteis.
Phoebades atque Tripus, sunt falsa öracula Delphi
Quae coluere, vides hie verum numen Jesu.
Relliquias Divum variorum hie cernis haberi.
Altare ut Parius lapis emicat. Assyriisque
545 Gemmarum late radiantia lumina stellis
Per totum spargit templum, quod thure Sabaeo
Ceu biferi Paesti redolent alvearia fragrat.
Utque thymus dat Cecropius recreantia vireis
Dona. Quid argentum memorem ? Fulvum quid et aurum ?
550 Effigies vivas et serica vellera dicam?
Texturas quidve Attalicas aulaeaque mira?
Omnia sunt operae Polymetidos et pretiosa.
Cernitur hie Adamas Germanieus indomitarum
Miraelum rerum. Prasinus resplendet iaspis,
555 Quem nemus Hereyniae tulit omnibus aequiparanduni
Aut praeponendum terris foelicibus. Inde
Hue quoque translatum erystallum et marmora eernis.
Floreat utque alias puleher vireatque smaragdus,
Pallidus hie tamen est, genuit quem Teutonis ora,
560 Jueundumque adeo Solino eernier, ut non,
Quae tam viventi pallori mista videres,
Floridiora fere produeat maximus orbis.
Hie est praefulgens eleetrum, sueeinus id quod
Dieitur et glessum; nostris innaseitur oris
565 Tantum praestanteis inter non ultima gemmas,
Coneidus Heliadum sueeus Clymenesque parentis.
Auriferas gignit Rhenus ditissimus undas,
Ingens quae patrium deeus hoe augent quoque templo.
Aurum Pannonium eernas hie Mareomanumque
570 Inter et Arabieum simili splendore Bohemum
Et pretio. Divum formas Joaehiniiea Vallis
Commendat, rel reliqui monteis Germanidos orae
Collaudant, quorum de venib eernere posses
Argenti magnum thesaurum ad littora nostra
575 Translatum; liquido elaret, Germania dives
Quam Sit. In hoe quod ideni poteris eognoseere templo,
217
SWeffinflgcjc^mlebct unb ftarf, in ber $öl)c fd^mcbcnbc Sanipcn,
fjffftlid^ leud^tenb, etnporgel^alten i^on ebenfot)ieIen
(Sngeln, bie @erap^tm einft unb Si^erubtm nannten bie 3ubcn. 540
2:rug nur »arcn apoKS Sßrop^cttn, Drafel unb 3)rclfu6,
2)ic cinft S)elp]^i öcrd^rt, ^ier fc^auft bu in 3cfu blc toa^rc
@ott^ett. Steliquien fie^ft bu Derf^ebener ipeilgen bttodS^xt ^ier.
^arifc^em aWarmor gletd^ crglänjt bcr Slltar; bcr Sutocic
SBeit^in lötlid^en Bijtm oudftra^Ienbe Sichtet Derftreut er 545
ättngd burd^ ben meiten ®om, ber erfüllt Don fab&ifd^en Sei^raud^S
3)uft, mie ber JQonig t^n j^aud^t in bem boppeltgefegneteu $aftum
Unb mie ber S:ö5mian beut, ber fcfroptfd^e, fräfteerfrlfdienb
3)uftige @obe. SBaS fag* ic^ oom ©über? Som rötlichen ®oIbe?
3lenn Id^ bie »Über, fo IcbenStoal^r? 3)ie feibenen ©toffe? 550
Cber bal^ golbburc^mirfte @emeb' unb ben ^errlid^en SSor^ang?
Mt ftnb fie öon funftöcrftänbiger ärbcit unb foftbar.
®Iänst bod^ ber 2)emant l^ier, bcr beutfd^e, ber unübertroffnen
@d^öpfung äBunbergebilb' ; eS erglön^et foftgrün ber SafpiS,
S>en und ber ©djtoargmalb gebrad^t, ben fü^n man aQen Dergleid^en, 555
3a felbft oorjle^n barf ben gefegnetften ßänbern. SSon borten
®ie^ft bu ^ie^er ben ^ftaQ audft ^erüberge^olt unb ben 3Rarntor
Unb ber fd^öne @maragb mag anbermartS blül^en unb grünen:
@ibt eS ben meinen bod^ ^ier, ben i^r Sanb ben 3)eutfc6en erjeugt l^at,
Unb für bie Slugen @olind fo ent^üdFenb $u fc^auen, bag beinah 560
^errlic^cr nichts an baS Slc^t Je geförbert ber rieflge ©rbfrei«,
SBoS mit fo lebhaftem SBeiB bermifd^t eS gäbe ju fe^en
ißier audE) leud^tet ^eroor ber Sernftein, ber aud) @leftrum,
@uccinuS l^ei^et unb @Iad; er entftammt unfern ^eimifc^en lüften
Unb ift ber prSd^tigfte fd)ier oon bem töftlic^en (Sbelgefteine : 565
Iränen, erftarret gu ©tein, öon beS sptiaSton SKutter unb ©c^meftem.
©olbretd&e SBeDen fül^rt ber oielgefegnete Sl^einftrom;
©ie autft mehren bie 3ter, bie oaterlänb'fd^e, im S)om ^ler.
^ ift aus Ungarn ®oIb §u fd^aun unb aus Xüringerlanbe,
Stoifd^en arabifd^em bli^t in ä^nlidiem ©lange unb SBerte 570
»ö^mifd^eS. 3oa(^im8taI empfiehlt feine ^eiligenbilber ;
Stü^menb ftimmen ibm bei bie anbern @ebirge beS beutfd^en
SanbeS, aud beren an (Srg ergiebigen Slbern man fel^n fann
Sinen getoaltigen Bä^d^ oon Silber bem i^ieftgen Ufer
Sugefül^rt, gum Haren Setoei«, toie reidft unfer beutfc^eS 575
aSaterlanb fei. Unb bu fannft baS @Ieid)e erfenncn im S)om nod^,
218
Ad quod Teutonicus transmisit tecta Polonus
Plumbea, ne non hoc miris opibus superaret
Arteque distantum populorum templa domosque
580 Divitiis plenas, ["abrefactas, Daedala tecta.
Magna quidem terris habet hoc allata alienis,
Quorum non eguit, tarnen his ornatur. In illo
Nobilitas rerum prorsus congesta videtur,
In quibus et patriis dives Germania vincit.
585 Talibus, ut dixi, per totum altaria templum
Cum Summa lucent, quibus est nil pulchrius, ara.
His Aaronaeo splendet de more sacerdos
Noster, qui summo persolvit sacra tonanti.
Hisque sacerdotum pulcherrimus ordo coruscat.
590 Unanimeis quando votis coelestibus instant
Atque orabundi tendunt ad sydera palmas,
Et precibus fusis avertere tot mala curant,
Tot fidei sectas laceratae, immania Turci
Fulmina, primatum civilia bella furorem
595 Cornibus oppositis meditantem, tot mala pestis,
Tantillo spatio quae corpora nostra trucidat,
Annonae rerum vix cessantis mala carae.
Talibus orantum, psallentumque ordo videtur
Ornatus, quando maiestas Caesaris alma,
600 Et Ferdinandus rex inclytus addere praesens
Vota solet meditans adflictis promere rebus
Auxilium. Crebri conventus sydere pulchro
Quod pariant, magni faxit tremefactor Olynijii.
Quidque aulaea canam, miro quae texta labore
605 Omnia sunt praeclara? Vides? Hie itur in orbem
Discipulis Christi. Complcxus, oscula cerne
Mutua, quae discessurus iam tristia quivis
Dispensat, velut infantem cum mater habet, cui
Ubera praebet adhuc cuique oscula dulcia figit,
610 Quaeque mori malit qtiam dulcem linquere natum.
Hunc videas properantem ad Persica regna. sed illum
Perfusum lachrymis Austri per clima remoti.
Est quoque qui Zephyri distan'.ia littora moestus
Adpetat Arctoosque Scythas Boreamque sonantem.
615 Atque sacerdotum qua psallens ordo videtur,
219
S)a i^m ein beutfd^er SRann arxi $oIen l^eräber fein SBIeibac^
£teferte, ba^ er nur ia bnxd) erftaunlid^e $rad^t überbiete
äßte bur^ ftunft ber entlegenften fßölttx 3)ome unb IBauten,
®Qng mit ©d^^en gefüllt f(^mudt)oO, unb funftreic^e S)fid^er. 580
t^reilid^ ^at unfrer fein S)a4, bad grofse, dorn SluSlonb begogen,
Unb I^SttS gar ni^t bebuift; bod^ fc^müdt ed i^n immer. @o fteüt fid^
i^örmlid^ gel^Sufet im 2)om üon altem bad SBefte t)or Sugen,
^in bad germanifd^e 2anb, aud^ im ^eimifd^en reid^, überlegen«
SSon folc^ f oftbarer Sßrad^t, ber ntd^td ju bergletd^en, erftrat)Ien 585
9leben bem iQod^altar burc^ ben ganjen S)om bie WiSxt.
tJfeftUd^ erglänzet in il^r nad^ 8(arond Srauc^ unfer Qot^tt
$riefter, menn er bem $errn ber ^immel baS Opfer Derriditet.
Seftltd^ fd^immert in i^r bie ftattlid^e 9tet^e ber $riefter,
Sßann fle in frommem herein mit ©ebeten ben ^immel beftürmen 590
Unb anflel^enb empor gu ben ©temen erl^eben bie jßänbe
3Rit inbrünft'gem ®cbti beftrebt ju koenben bad Unl^etl:
Snie bie @e{ten beS arg gerfpaltenen ©laubend, bed Surfen
S)räuenbe SJIi^e, bte Sßut ber t^ürften im 9tei(^, bie ba finnet
@tim gegen @tirn auf Srieg im 3nnem, baS Unheil ber Seuche, 595
2)ie in fo minjiger t^ift bie blü^enbften Seiber ba^inftrecf t ;
@nbU(^ bie Seiben ber teueren 3eit, bie nimmer toiQ enben.
9lIfo gefc^müdft erfc^eint mit S3eten unb @ingen ber $riefter
Sc^ar, ju ber 3cit^ toann mit ii^r bed SaiferS ^o^eit unb @nabe
UnD ^err ^rbinanb aud^, ber ru^müoEe ftönig, perfönlic^ 600
Sßflegt gu öereinen fein %Wn, bebad^t bem erftfeütterten Staate
$ilfe gu finben. D iofß, mad mit günftigen Sternen fo mand^er
9teid^dtag planet, ber iQen beS $tmmefö boc^ möd^te üoQenben!
@ing* ic^ ber Seppid^e $rad^t, bie gemebt mit eutgüäenbcr 9(rbeit
alle fo l^errlid^ jinb? ©ie^t bu? ©ort gieljen bie 3ünger 605
9Iu8 in bie 3BeIt. C fc^aul S)ieg Umarmen, bie fc^merglid^tn ^üffe,
2)ie, gum ©d^eiben bereit, abmed^felnb ein iegtic^er aufteilt,
9Bie totnn bie SRutter umfängt mit Kebenbem 9lrme i^r S^inblein,
2)em fie bie ©ruft noc^ beut unb innige ftüffe i^m aufbrüdt,
Sieber gu fterben gemiUt aü gu laffen ben bergigen Siebüng. 610
2)iefen fie^t man bereit nad^ bem Stetere ber Werfer gu eilen,
3enen, oon S^ränen beftrömt, ind Sanb be^ entlegenen ©übenid.
®iner ift aud^, ber beS SSSeftS entfernten ©eftaben in 2:rauer
3uftrebt^ bem faufenben 9lorb unb ben mitternäd^tigen Sfl^t^en.
8(ber ba, too lobfingenb bie @d^ar ber $rtefter fid^ geiget, 615
220
Saepe viros est primates stipante Corona
Cernere, qui nutus expectant Caesaris atque
Magnanimi regis Fernandi iussa capessunt.
Qui vel ab occiduo venerunt littore clari
620 Aut proferre suum nostris possunt genus oris,
Nimirum heroes Germani Hispania pugnax
Quosque dedit reliquaeque plagae regisque Philippi
Qui clausere latus, quos Maximus Aemilianus
Stemmatis Austriaci decus, ingens gloria, semper
625 Dilexit, cui semideo nostrum quoque templum,
Austriacis huius proavis abavisque placebat.
Rebus enim gestis foeliciter atque trophaea
Habsburgus rex multa Rodolphus cum retulisset.
Hoc moriens Spirae voluit requiescere templo.
630 lUius et post hunc Albertus regia proles,
Stirpis et Austriacae dux inclytus aede volebat
Hac sepeliri, cum Parcae suprema ferebant
Fata salutiferi post Christi tempora mille
Supra ter centum, bis quattuor insuper annos.
635 Turgebatque recens maturis vinea botris.
Quorum sculpta gerit simulachraque porticus ingens,
Caesareum genus Henricos hie deinde videbis
Compositos, sacro qui mortis honore quiescunt.
Absolvere tamen vivi pia iussa parentis,
640 Ipsis qui nostri templi absolvenda reliquit
Additus est illis Francorum gloria gentis,
Et rex et Caesar Cunradus, origo priorum,
Quod genus Henricos dixi, qui robora templi
Jecit prima. Quod et Stephani sub honore vigebat,
645 Transtulit amotum Divaeque sacrum genitrici
Fecit, ut a nato Jesu compleverat annos
Tricenos et mille canemque adcenderet aestu
Phoebus Margaridos populo celebrante profestum
Divae, quae Syrio fertur dominata draconi.
650 Praeterea tibi reginas suspensa tabella
Indicat, hoc templo quarum quoque membra quiescunt;
Caetera Christus habet, quem vivae sunt veneratae.
His gradibus si descendas regumque sepulchra
Deseris, ordo columnarum duplex tibi claudit
221
Sonn in gebrdngtem Stetig man oft auc^ bie ^yK^ften üerfornmelt
@el^en ftets auf ben Sßtnl beS SaiferS ^arrenb unb Sönig
SferbinanbS l^ol^en SBefe^U, bed Sbelgeftnnten, getoärtig,
8tu^mt)oIIe t^ärften, bie teild dorn ®eftabe bcd SßeftenS gefommen,
Xcild aus ben l^eimifc^en ®aun t^ren @tamm su leiten tmftanbe: 620
S)eutf(^e gelben fonac^ unb fold^e, bie und baS topfte
€|)onien gab unb boS fonffge @ebiet, unb foId)e, bie ^dnig
$]^ilipt) @efoIgf(l^aft getan, unb bie aud^ 3Ra£ fc^on, ber 9(^ne,
@r, ber bon öftreid^d @tamm ber @toIa unb bie prongeube 3i(r ^ox,
3ntnter t)on aQen gefc^ö^t, ber i^albgott, ber unfernt ^om auc^ 625
$otb toar, n7ie fc^on suoor feine öfteneic^ifd^en 9{()n^errn.
S)enn k)on gefegnetem Siun. unb nod)bem er mit reid^en Xxopli&tn
äBtebergefe^rt aud bem Scmpf, ^ot ftönig 9tuboIf Don ^abdburg
©terbenb geh)ünfd^t oHl^ier im S)ome gu 6peier p ru^en.
9ta(^ il^m l^t Silbred^t oud^, ber SönigSfproffe, beS ^o^en 630
lÖfterreic^ifc^en @tamm8 gefeierter $er§og, begehret
$ier begraben gu fein im Heiligtum, old bie Jörgen
Zöblid^eg So8 i^m t)erl&ingt, nad^ ben 3eiten &^rift beS erlöferS
Xoujenb brei^unbert Sol^r' unb gmeimol üier nod) bariiber.
Aber eS fprogte aufd neu* t)on {c^meSenben Xrouben ber äBeinberg. 635
@ie, beren Silber trSgt, gemeißelt, bie rieftge ipoUe,
3ene8 Staifergefd^lec^t, bie iQeinrid^e, fie^ft bu l^ier ferner
Seigefe^et gu rul^n in geheiligten S^rcn bed 2:obe§.
ßebenb erfüllten jebod^ fie bie frommen SBefel^Ie beS ^Joterd,
Unfered SDomS, ber fie iuft für fte gu erfüUen gurUcffieg. 640
3ugefeIIet im @rab ift il^nen beS fronfifc^en @tammed
@toIg, iQerr ftunrob felbft, ber äönig unb Soifer, ber SSorfobr
3eneS genannten ®efd^Ied)td ber iQeinric^e, er, ber beS S)omed
®runbftfin legte. SDen S9au, ber gu @tep]^anud (Staren beftanben,
^ot er entfernt unb oerlegt unb ber Gottesmutter, ber l^eifgen, 645
3()n gemeint, bo oon (S^rifti @eburt, man erfüllet ber Solare
S^aufenb unb breigig unb ba bie @onne l^eig in beS ^unbSftemS
3etd^en trat unb ben S^og man beging üon @t« Snargaret^en,
S)ie, mie mon rühmet, bereinft ben f^rifd^en 2)ra(^en begmungen.
SIuBerbem lünbet bir an eine ^Sngenbe Xofel bie 92amen 650
gfürftlid^er flauen, beren Seib im 2)ome gur 9tube gelegt ift;
3>o(^ ii^r unfterblid^ Seil l^ot gifiriftuS, bem lebenb fte bienten.
Steigt man bie Stufen Don ba Iiinob unb oerlogt man ber ^errfd^er
®rlber, fo fc^Iieget olSbalb eine boppelte 9lei^e oon ®äulen
222
655 Mox utrunque latus. Mox horum busta videbis,
Impositum primi qui gestavere galerum
Pontifices huius templi pulchraeque columnae
Factis Maeonias pulchris virtuteque mitras
Ornarunt vivi, tumulis nunc hisce cubanteis.
660 Dicitur ex illis primusque Athanasius esse,
Cuius tempora praefulgens tunc infula cinxit.
Est Sigebaldus, Bruxellae cui moenia dono
Sunt oblata, sub hoc exanguis marmore clausus,
Et Reginbaldus, Sigebertus, David, latto,
665 Cum Rudigero Gevardus, Ludovicus et ipse
Carolus et Benedictus, lasinus, inclyta proles
Hie et Johannes Wolfrani principis, huius
Et tractus domini, CreuchgaeYa quae vocitata est.
Nobile quae nutrit patrio de nomine stemma.
670 His es compositus, Mathia praesulque Georgi,
Nate Palatina de gente, Anglumque novumque
Quem sudorificum morbi genus abstulit atque
Amissum longa deflerunt voce Nemetes.
Tempora nunc vivi cingit diadema Philippi,
675 Qui Creuchgaeiacae gentis praeclara propago
Ortus egregii posset producere stemma
A Flersheym, tamen hunc Phrygiam plus cerne tiaram
Omare. Et bonus est et Clemens. Libera facta,
Ut solet arvorum sulcis concredere semen
680 Cultor, dispergit. Studiis est aequus et ipsis
Musarum, quondam quae publica signa dederunt
Ingenii. Talern praeclara Astraea volebat
Esse 'virum, quom civileis sacrataque iura,
Leges adceptis reseraret clavibus illi.
685 Qualeis hie proceres habeat, stipante Corona
Qua crnctus, vidi. Reliquos hie transeo paucis
Hie numerandis contentus. Creuehgaeia foelix
Et Cerere et Baccho praeelarorumque penatum
Stemmate Germanas et inexpugnabilis areeis
690 Propter habet Rheni latus hinc, hine Neccharon ipsura,
Qui nemus Hercyniae, quod Othonis dicitur, undis
Lambit arenosis piscoso gurgite dives.
Horrida Othonis sylva quidem, pecoris sed aviti
J
223
SBetbe @eiteu bir ab; bann erblicfft bu bte ©rabmäler berer, 655
S)ie auf bem ^oupte Dorbem bte S3ifd|ofdmä^e getragen,
iOof)epriefteT bed S)om8 unb ber SHrc^e j^errlic^e @dulen.
9Ra(^ten burd^ ni^mltd^eS Xnn unb ^ugenb bod) einftend im Seben
®ftre ber SRltra Re, bie je^t Wer ru^en im ®rabe.
S(tt)ana{tu9 fei, fo fagt man, ber erfte gemefen, 660
2)eff€n ©4lWfe umgirft Dor 3«lten bie glängenbe Snful.
SigboO), meld&em bie @tabt S3ru(^fal jnm ©ejc^enfe gebracht »orb,
Siegt im S^obe erblafet ^ier unter bem 3)krmbr befdiloffen.
$ier ru^t 9teglnbalb, @iegbert unb ^at)ib unb 3atto;
9{eben Stübiger bann (Seb^arb unb Submig fomie auc^ 665
fiarl unb SJenebift felbft. 6s ru^n auf ber anberen Seite
3aftnu8 unb 3oöann, smei rül^mUc^e ©proffen öon SBoIfram,
t^ürften unb iperren beS na^ gelegenen Sanbftric^g bed iR^reic^gaud,
3)er ba« berühmte ©efc^Iec^t beftfelbigen 3?amen8 erzeuget.
31^nen s«r ©eite biß bu, SRat^iaS, gebettet unb bu aud^, 670
Sifc^of ©eorg, bu ©o^n ÄurpfSIgifd^cn Stammt, ben bie neue
Sranf^eit^art, ber englifd^e ©d^ioeife, hinraffte unb beffen
©eimgang lange beioeint mit Älageruf feine ©peirer.
3efeo fränget baS $aupt bem regiercnben Sifd&of 5ß^i[ippu3
^ad 3)iabem, ber ald ©pro^ beS eblen S{reici)gauer Stammet 675
©länjenber 8lbfunft tool^l öom ©aufe ber glörS^eimer ftolg fic^
Sonnte beräumen, bod^ ftef)! @r mad^t nod^ mel^r ber Xiara
@^re; benn gütig unb milb ermelft er ftc^. Saaten ber ©rofemut,
©omie ber $flan§er pflegt ben gurci^en beg ?5elbe» ben ©amen
Slnguöertrauen, — fo flreut er fte au8. Unb fclbft aud^ ber äRufen 680
»icnfte geigt er jic^ tjolb, bie efnft i^m öffentlidt) (Sprung
©eine« latentes gebrad^t. ©o mlinfcBte ben SWann firf) bie ^e^re
®öttin beö Wed^teg, ba il^m fte bie meltlidie üJiadit unb bie öeil'gen
Slfd^te ber Äirc^e erfc^Iofe burc^ ßmpfang ber löfenbcn ©d(|lüffel.
SBeldö erlefenen §of er ^ält, roeld^ ebleS ©cfolge 685
3^n umbringet, id^ fal)'«. SSon ben übrigen fd^meig id&, mit toen'gem,
SßaS ^ier txtoii)nt fein mu^, mi^ befd^eibenb. 2)er ^eid^gau, gefegnet
5Kit ©etreibe unb SBeln, mit ^oc^berülimter ©efd&Ied^ter
SSbel, um Surgen gefd&art, altbeutfc^ unb unübenoinblicft,
^Qt bafe Ufer beS SW^einS jur einen, ben SRecfar gur anbern 690
©eite, ber jene» ©ebirg, ba% Obenioalb ^eifeet/ befpület
3Kit fanb^altiger 3flut unb begabt mit ftfdjireic^en ©trubeln.
SBilb ift ber Obenmalb gmar, bod^ bon Jel^er ergiebig an ÄIcint)ie^
224
Dives et Hungaricae bobus similis regioni.
695 Innumeros cernas vinctos ad aratra iuvencos.
Lanigeris ovibus, distentis lacte capellis
Florenteis Thyrsis Coridonque hie imperitare
Consuerunt. Huius pars est quoque Creuchgidos orae
Addita, quam Caesar Cunradus nominis huius
700 Alter in illustrem comitatum sponte redegit
Totam, Creuchgaeas Fridericum fecit habenas
Primum qui regeret. Wolfranius inde coraesque
Zeyfholdus patriam longos rexere per annos,
Regius ille gener magnum dominique per orbem
705 Henrici, sed et hie a claro principe lectus,
Nempe Palatino socer, has quod nunc regit oras
Stemma, sed has partim Prureynum clima vocatas.
Hos inter versabantur, praeclare Philippe
Nunc diadema gerens Spirae, proavique abavique
710 Maioresque tui. Proceres stip^nsque Corona
Te, sed et hos inter viguit Sternfelsia proles
Et Goelerini, Germani sanguinis ingens
Gloria quique suos tantis in honoribus esse
Taleis viderunt pulchros cernuntque nepotes
715 Et patribus simileis. Testis mihi nota Georgi
A Sternfels bonitas, prudentia stemmate digna
His doctrina decus superaddit pulchrius; inde
Rcspice Davidem claro de sanguine Goeler
Dictum, quem pietas, mores, sapientia laudant
720 Et qui Cecropios adamatque fovetque labores.
Vos sed honore canam quo, Falkenberga propago?
Carolus olim quos Magnus circa latus esse
Prae reliquis aUique sibi voluere penates ?
Magnanimum genus ad geHdum Cauchumque Visurgim
725 Westiphalus genuit clarus fortisque Sycamber.
Par fratrum cernas, gravitate ac ore diserto
Atque rotundo quae cupiant qui dicere possunt.
Magnus Johannes virtute est ingenioque
Corporeas vireis excellit. Mirus Othonem
730 Membrorum vigor atque animi commendat. Utrunque
Est in Othone, patris virtus, heroica membra.
Composito gestu, facili gravitate verendus
225
Unb an Stlnberbeftanb ben @benen Ungarn^ bergletd^bor.
3al^IIoS fielet k)or ben $f[ug Qefpannt man bie fräftigen Oc^fen. 695
SßoQige Säßfitin aud^ unb 3iegen mit ftro^enbem @uter
Pflegen t)ergnügli(i^en @tnnd arfabifc^e Ritten ju toeiben.
tiefes ©ebirgS ein XetI ift auc^ bem ^eic^gauer Sanbe
3ugeteiU, \>a^ gan; Saifer Sunrab, bed iRamenS ber 8lnbre,
Sraft fcineg SBillenS erf|ub su einer gar ftattll^icn ©raffd&aft; 700
Unb ®raf Sfrlebrtcl befteHt er afö crften ber ftrcid^gawer §errf(^aft
3ügel gu fül^rcn. 35arauf ^aben SBolfram unb 3eiftoIb, bte (Srafen,
£ange 3a^re ^inburc^ bad Sanb i^rer äSäter be^errfd^et,
3cner, ber ©d&miegerfol&n eines ÄönigS unb ©enn über» SBeltrei^
^einrid^S; bo(^ biefer aud^ jum @dE)n7iegert)ater erforen 705
äSon einem SfUrften DoD ®Ian}, bem $fal)graf, beffen @efd^Iec^t nod^
^eut biefe Sanbe be^errfd^t, bod^ feigen gum ^eil fie ber SSrul^rain.
tiefem $au8 nun ge^brcten an, bortrefflidier Sßl&lUpp,
Der bu bie 2Ritra je^t trägft gu Spcier, Ural^nen unb Sinnen
Unb SJorfa^ren bon bir. Unb abelig ift auc^ ber ©offreiS, 710
S)er bid^ umgibt. 3!)od^ ftra^Iten noi) ^eH unter i^nen ein ©ternfels
Unb bie Don ©ölcr ^eröor, biefe Slüte germanifd^en SIbetö;
@ie, bie ber Si^rigen fd^on |o glanjbofle Siamen in l&ödiften
SBürben gefeiten, flc fdiaun je^t ebenfo glängenbe ®nfcl,
^finUd^ ben »ätern an SRu^m. 5Dc3 3eug' ift mir 3örgen Don ©ternfetö 715
®üte, fo »eit bcfannt, unb Sinftdit, fo mert feincö ©tammeS.
S)iefen lugenbcn lei^t nod^ fd&önere 3ier feine SSilbung.
SJaüib betrad^te fobann, Dom rul^mboücn SBIute ber ®öler
3ufaenamt unb gcfd)müdft mit ©ottcgfurc^t, Xugenb unb SBei^fieit
Unb ein SSere^rer juglcid^ unb JJörb'rer gelehrter 33eflrebung. 720
aber toie finge id^ euc^ mit »ürbigcn S^rcn, i^r ©proffen
Salfenbergifd^en ©tamm?, bie Äarl ber ©rofee unb fonft'ge
©rögen ber SlJorgett einft il^reS Umgangi^ \)ov anbern gemiirbigt?
§od&gemutc8 ©efc^Ied^t, an ber falten, diaufifd^en SBefer
i&at'g in SBeftfalen erzeugt ber berühmte unb tapfre S^gambcr. 725
©ie^ ^ier SJrüber ein 5ßaar, befähigt mit SBürb* unb berebtem
Unb looPautenbem aHunb, »a? fie moßen, alleg gu fagen!
©roß an Xrefflic^Ieit ift So^anncsJ unb gcf)t an ^Begabung
Über bie Sörpcrfraft nod^ l&inauS. ©rftaunlic^c ©tärfe
3ei^net ben Otto au8 fo be« ©eifts luie ber ©lieber. 3n i^m ift 730
SeibeS: bie S^ugenb üereint unb bie 9lecfengeftalt feines SaterS.
©urc^ gel^alt'ne ©ebärb' unb gefällige 3Bürbe getotnnenb,
15
226
Eloquioque potens hie multam verba trahebat
In noctem, quae divino de corde fluebant
735 Oreque, mellis ut aerii vindemia verna,
Splendens AIcione faciem per florea rura
Quando refert. Hie de rebus nune dieere fraetis
Et mox promere eonsilium, medieus velut ante
Omnia perquirit morbi genus, inde medetur,
740 Hine catus est Podaliraeos producere suecos,
Qui possunt noto iam nune suecurrere morbo.
Terrarum tractus variarum ostendere mensa
Exigua digito, eolieis fluviosque solebat.
Monteis, Danubium, Rhenum, qui Neeeharon atque
745 Gignunt vieino spatio, iuga Rhaetica monstrat.
Quot quisque exeipiat fluvios, ubi deinde sub aequor
Volvatur, per et ora quot, omnia rura propinqua,
Urbeis littoribus vicinas, castra, severos
Monteis. Teutonicis Rhodanus qua nascitur oris,
750 Qui dehine quadrupliceis Gallorum currat in agros
Quod viridi costa Vogesus mons scindat utrosque,
Et Gallos et Germanos, quod vertice saero
Odiliae Divae Alsaticae pia membra quiescant.
Deque Visurgi quas laudes dignasque solebat
755 Dieere, qui patriam sinuoso perfluit arane
Magnanimi herois Sehalm o Werraque Ederaque
Atque aliis fluviis praegnante? Rotundaque verba
Audisses de undis Tybridos deque urbe Quiritum,
Quem testeisque oeuli viderunt Apoeninum.
760 De studiis etiam iuvenilibus ille diserto
In medium auditu perduieia protulit ore
Atque modesto. Sed laudes advertimus illi
Quondam praeclaras Ubiorum moenia saera,
Multorum intra quae tot Divum membra sepulta,
765 Divitiis, Musis, propterque palatia, regum
Aulas quae referunt excelsas magna, dedisse.
Hisce viris horumque aequalibus esse Philippum
Nunc Spirae diadema gerentem Carolus ipse
Et Ferdinandus, magnus queis subiacet orbis,
770 Noverunt einetum, proeeres pia lumina multi.
Est insigne quidem per se, sed pulehrius ipsum
j
227
@tnbrucfdt)oa burd^ baS SBort, beljnt* biefer ßor oft baS ®efpräc^ bid
2;ief In bie dla(i)t, baS ba flofe au8 bcgeiftcrtcm ©crscn unb Sffhittbe,
@üg mie jur ^rü^ia^rdgett bie (Srnte bed buftigen iQonigS, 735
Sßenn auf bie blä^enben Slu*n bie $Ieiaben glangenb i^r Slntli^
Siebet ergeben. @r fpridjt gunS^ft Don bem ^errfc^enben SßigftQnb,
S)ann ent^üOt er ben ^eilfamen diät, mie ber Slrgt auc^ t)or aQem
®rünblic^ erforfc^et bie 3(rt ber ^anf^eit, bann erft {te feilet;
S)enn fo ift er gefd&icft ben ftärfenben ©aft §u bereiten, 740
98e(c^er ^n Reifen vermag bem nun erft erfannten ©ebreften.
Sieler Sflnber ©eftolt, i^re glüffe unb ©ö^*n mit bem Ringer
pflegte er Iiäufig im SSilb auf mingiger ^lää^t §u geigen,
Sßelc^eS @ebirge ben St^ein, bie S)onau ergeugt unb ben 3ltiax,
SBeift er im SHatfebarbereic^ unb »eift bie S3ünbener 8Kt)en. 745
SQSieöiel ieber empfängt öon 9lebenflüffen unb mo er
Sd^Iieglid^ inS älieer fid^ mälgt, burc^ mieDiel Snünbungen, aDe
SSnber, bie na^, bie ©täbte am ©tranb, bie Surgen, bie fteüen
S3erg^ö^*n. ^nd) mo bie 9tt)on* entfpringt auf teutonifd^em 8oben,
S)ie bann ^inübereilt in ber ©aHier oierfad&e fianbe. 750
2)ag bad äSogefengebirg mit grüner @d^eibeh)anb trennet
Sftanfreic^S unb ^eutfc^IanbS ®au'n unb bag auf gemci^eter Qöf)t
Stufet bad fromme @ebein ber ^eil'gen Obilie im @Ifa^.
Unb »a« Pflegt' er gum Sßrei^, gum mo^Iöerbienten, ber SBcfcr
SIQed gu fagen, bie ftolg getounbenen Saufd burc^ bie Heimat 655
®trömt ht^ ^od^^ergigen SRannS, Don ber ®d^malm, Don ber äBerra unb (Sber
Unb mandg anberem t^Iug gefpeift! ipod^itönenbe Sßorte
Konnte man ^ören Dom ©trom beS über, ber Stabt ber Quiriten,
Som Slpeninnengebirg, bie mit eigenen 9(ugen gefc^aut er.
Stuc^ Don ber ©tubiengeit feiner 3ugenb brad)t* er berebten 760
SRunbeS mand^ tüd^tigeS SBort, eifreulid) gu l^ören, gum Sludbrud,
Unb fo befc^eiben babeil 3)od^ l^errlic^e^ 2ob, »ir Demal^men*«,
^at bie ^eilige ©tabt ber Kölner il^m einften« gegeben,
Sie, barin ba« ©ebein fo Dieler ipeirgen im ®rab rubt,
S)ic bur(^ beS SÄeic^tumd ©lang, beS SBiffen« Slu^m, ber 5ßaläfte 765
spracht mand^ ftattUcftem ©of gebietenber ©errfd^ier eS gleichtut.
2)a6 nun mit üRannern mie bie unb ibreSgleid^en $err 5P^iIipp,
S)er in ©peier gur 3eit bie SBürbe beS »ifc^ofS befleibet,
6i(^ umgeben, bag meife Sari felbft unb gerbinanb meife eS,
3)enen bie Srbe gebort, eS »iffenS ber Surften fo Diele, 770
2tud)ttn be8 ©laubenS. — ©o be^r an fid^ fc^on ber S)om ift, nod^ \i)ömi
15*
228
Hisce viris templum delubrumque hisce coluninis
Nixum dignius est, toto celebretur ut orbe.
Caesaribus magnis ornatum est regibus atque.
775 Libera facta patent Hildrici, Francidos orae
Regis, qui Spirae donabat moenia templo,
Nempe Athanasius extremi cum tempora fati
Clausisset. Magno referunt adiuncta Pipino
Deindeque plura per Henricos, quorum pater, ingens
780 Gloria Francorum Cunradus clara suorum,
Moenia Bruxellae sedem dedit. Austriacumque
Nobile stenima sub haec et opes et iura dederunt
Et libertates multas, auro pretioque
Quaeque smaragdineis thesauris sunt meliora.
785 Est locus in templo, proceres ubi habere senatum
Consuerunt, in secessu gradibusque adeunda
Hunc prope ianua conspicitur, quae ferrea tota est;
Nempe serae Caruntiacae, Taurisca repagla.
Multa vides intromissus coelestia, quae vel
790 Innumeri veteres vel tempora nostra dederunt.
Qui Sacra, qui ieges medicorum scriptaque multa,
Multorum monumenta virum sanctosque labores
Et divinorum coelestia carmina vatum,
Quae sunt, quaeque fuerunt, quaeque orientia current,
795 Libros volvere rhetoricos et multa sophorum
Dogmata priscorum studio cognoscere gestit,
Huc eat : inveniet praeclara volumina sive
Innumeros, qui Biblia sacra interprete lingua
Exposuere. velit mare legum Caesarearum
800 Sive libebit et immensum sulcare per aequor.
Bartholon et Baldum, Salicetum aliosque videbis
Tecum Naritii ducis instar longa vehendo
Aequöra per tandem patrias adpellere ad oras
Consuetos, sed et invenies, quae dicere longum est.
805 Hie meus Oenander noctesque diesque pererrat
Instar apis varios comportans undique succos.
Hinc descendere si libeat, testudo cavata est
Non procul et camuro fornix in pariete flexu
Obscurus modice, quo si deduceris, infra
810 Offert circuitus pulcher se. Busta penatum
229
äBirb er burd^ äRSnner lole fie. (Seftü^t Don fo ^errlic^en @äulen
SBirb bie^ iQeiligtum me^r nod^ eS »ert, bag bie äSelt ei^ Derel^re«
3ft e^ boc^ miirbig bebac^t k)on erl^abenen {talfern unb ftön'gen;
©nibige Stiftung liegt t>ox bon (S^ilbrid), bed frSntifc^en 8tei(^eS 775
Könige, n^elc^er ben ^om mit ber ^errfd^aft in Speier befc^enlte,
8tö Slt^anaflud einft feiner Soge befd^iebene Saufba^n
@ben befd^Ioffen. ^ippin, ber gewaltige, ^abe, fo ^eigt eS,
3ugelegt unb nod^ mel^r bie ^einric^e brauf, beren SSater
^unrab, ber unbergönglic^e Stu^m feiner t^anfen, bie ftolge 780
f$efte S3ru(^fal jum ®i^ üerlie^en. Slud^ ^aben auS öftreic^d
Stü^mlid^em ^aufe gefc^enft bie ^errfd^er fpöter ber @üter,
9te(^te unb t^rei^eiten Diel, bie loftbarer ftnb als gefd^ä^ten
®oIbeS 2Bert unb ber ©lang unfd^^bar fmaragbener @c^a^e.
@tnen 9taum f^ai ber 2)om, too S9eratungen pflegt fein Kapitel 785
Slbgu^olten, geheim; unb auf S^reppenftufen erreid^bar
S93irb man baneben gema^r eine Sßforte, üöQtg üon @ifen:
@inb bod^ bie S)änber au8 Sfirntener @tal^I unb aud ©teurer bie 8ttegeL
3ugelaffen^ erblidft bu bort oiel ^errlid^ed, baS und
Bo^Bol^ bie 9t(ten, boc^ teils aud^ neuere Briten gefpenbet. 790
2Ber k)iel X^eologie, @efe^e unb Schriften ber äirgte,
S)enln)ürbigleiten unb be^red Semül^n Diel ^errlic^er gelben
Unb unfterblid^en @ang Don gottbegnabeten ^ic^tern,
9Ber, koaS ba ift unb maS mar unb bo8, toaQ fUnftig gefd^e^'n mirb,
SSUd^er ber 9tebner bur#ldttem miU unb bie jai^Ireic^en @a^e 795
Sßter SBeifen mit Sfleife beftrebt ift tDof)l ju erfaffen,
Xrete hinein unb er mirb gar ftattlid^e S3änbe l^ier finben;
Sßiinfd^t er bie enblofe 3^^! ber SrIISrer ju fe^en be§ l^eil'gen
%tlM beS göttlichen Sßortd ober lüftet eS i^n bur4 bie iQoc^flut,
S)ie8 unermefelid&e SWeer, ber Saifergcfefee ju fteuern: 800
SBart^oIuS unb @a(icetud unb ä3albud nebft anbern erblicfft bu,
®ie mit bir, mie ber lotrifc^e ^elb burc^ bie äSeiten ber äReere
Ofa^renb; gule^t bod) ftetd an ben beimifc^en lüften gu lanben
$f[egen; bod^ finbeft bu aucb, ma8 — auf^ujäblen su lang ift.
iQier Derbringet mein t^reunb Denanber £age mie 9Md^te 805
®Ieid^ loie bie SJienen ben @aft mandifadb überadl^er gu fammeln.
SBiQ Don ^ier man binab, fo ift ein gebohltes (Sembibe
Unferu unb in ber ä93anb in gemunbener Krümmung ein S3ogen,
3iemlid^ ftnfter; fobalb er binab bic^ geleitet, fo tut fid^
Unten ber ^euggang auf, ber prdd^tige. ©räber ber Sinnen 810
230
Ceriiis et hie procerum praeclara Corona sepulta est.
Inter et hos Thomas Druchsaei sanguinis, alta
Mente vir et dictos inter virtute secundus
Nulli; sed recubant hie, quos supperaddita bustis
815 Carolina demonstrant, magno quos vivere Olympo
Inter coelesteis animas concredimus. Hicque
Sculpturas paries densus iucenti orichalco
Impressas opera artifici tiipliceisque figuras
Monstrat et in dubio est, vivo credamne fuisse
820 Adsimile usque adeo quidquam per tempora quae\4s.
Tarn vivo similis tua forma est, clare Georgi,
Nostri qui quondam tempU diadema ferebas.
Utque refers lucens viventia membra superne,
Sic infra pulchre duo lumina utrinque coruscant:
825 Hinc barba fratris Ludovici forma severi,
[sthinc effigies Francisci nota per orbem,
Germanum dedit arx cui nota Sychingia nomen.
Hortus olivarum medius, conclusus ab illo
Circuitu superest tangendus. Pausia nulla,
830 Dicendae nobis non Orchades aut genus ullum,
Quod radii teretes, duicis vel Sergia fundit,
Sed, quem sanguineum Christus sudasse cruorem
Seimus, torrentem trans Gethsemanica Cedron
Littora. Oliveti mons exprimit omnia noster
835 Tristia, Salvator pro mundo quidquid lesus
Scribitur et canitur victriceis inter oHvas
Passus et aegre aliquis possit sermone referre.
Nemo queat satis haec mirari Daedala facta.
Mentora Germanum, Polvcletos Teutonis orae
840 Praeclarorum Ageladarum monumentaque viva
Nostratemque hie Praxitelem reliquosque videres,
Hie eelebreis qui non dubitarunt promere foetus,
Reddere Phidiaeas operas mirosque labores.
Cernis lesum divinas ad sydera palmas
845 Tendere, vicinam sortem ealicemque bibendum
Nempe avertere eonantem, coeloque adaperto
Nare Cherub mirum vivo similemque superne
Coelitus a summo solatia patre ferentem.
Tristitia multa Zebedaei pignora pressi
^
231
Sd^auft bu unb ftattlic^e Stei^'n t)on @beln finb ba begraben.
Unter i^nen ift aud^ "S^oma^ Dom ^oufe ber S^rud^fe^,
^ol^en @inne$ ein äRonn, ber an S^ugenb i^on ben genannten
Steinern mid^; boc^ eS rul^*n, toit bie SSerSinfc^riften Derraten^
SDie auf ben ©robmälern fte^*n, l^ier 3Ränner, bie h)ir im l^o^en 815
Fimmel lebenb im Sxti^ ber Seligen glauben. @9 jeigt l^ier
S(ud^ bie gebiegene 9Banb äJilbniffe in gISngenber äJronje
Eingelegt oon ber $anb bed JtünftlerS, unb jioar flnbl^ ber S9ilber
S)rei. Unb jtoeifel^aft ift, ob man glauben barf, iab eS jemald
SttoaS ber Sßiraid^feit glei(^ ä^nlid^ed l^abe gegeben. 820
@o ift bem Seben gleid^ bein S9ilbni9, ru^mboHer Sßfalggraf
3örg, ber in unferem 3)om jubor bie SKitra bu trugeft.
Unb mie oben bu felbft lic^t^eO bie lebenb'ge ®eftalt jeigft,
@o gISnjt unten ein $aar fc^ön leud^tenber @tern* an ben Seiten:
^ier im S3art bie @eftalt beineS 99ruberd Submig, bei» ftrengen, 825
3)rüben bie 3üge beS f^rang, bie meltbefannten, bem feinen
2)eutfd^en Flamen bie SSurg oon @id(ingen gab, bie berül^mte.
92un ift ber £)I6erg nur, bom Jtreu^gang mitten umfdE)Ioffen,
3loä) iVL befpred^en. ^od^ r[\i)t bon Oliben foQ l^ier bie Stebe
@ein, nid^t pauftfd^en, nid^t ord^abifd^en ober bon fonft'ger 830
airt, toic bie Ifinglid^e praH, mie füfe fie bie fergifd^e liefert;
©onbern ber ölberg ift*8, bon bem tt)ir toiffen, bafe El^riftuS
blutigen @df)loei6 bort bergofe, im ©arten (Set^femane jenfeit
ftibroni» S3ad^. Unb eS ftedt unfer Delberg aUe bie Seiben
3)ar, bie 3efu8 erlitt für bie funbige ffielt, ber (Srlöfer, 835
Unter bed £)Ibaumd Saub, baS @ieger fonft frSnset; ein Seiben,
SBielbefungen unb bielbefc^rieben unb taum bod^ su fd^ilbernl
S)iefeS erftaunllc^c SBeif, toer fönnt* e« genügcnb bemunbem?
9ßentor in beutfd^em ®emanb, ^oltiflet auf germanifc^em S3oben,
Sebenatmenbe Sunft bon ber SReifterbanb 9lge(aba^', 840
(Sinen Sßra^lteleS ^ier, einen beutfd^en, unb anb're ju fd^auen
SDleint man, bie jid^ erKi^nt rul^mboDe ©ebilbe ju fc^affen,
arbeit beS jp^ibiaS toert, gan^ unübcrtrefflidie SOäerfe.
Sefum fie^eft bu l^ier bie göttUd^en $änbe jum ©immel
Streden, ba9 na^e ®t\ä)id unb ben SeibenSfeld^, ben in leeren 845
3^m beftimmt, ben berfud^t er noc^ ab^uuienben. Slu8 offnem
^immel fielet man ^erab ben @ngel fdjtoeben, toie lebenb,
3)er ben S^roft aus ber &6\f bom etoigen äSater i^m guträgt.
®ä)tDtx bon S^raurigfeit bebrücfet liegen bie 6ö^ne
232
850 Hie recubant somnoque graveis. Jacobus et ipse
Tristis Johannes cubito suffultus, uterque
Horam cum Domino segnis vigilare per unam.
Hie laqueo perdignus Judas Isehariotes
Turbam falcibus et iaculis pennaque cateia,
855 Cum gladiis, hastis, armato milite faetus
Ducit nefariam, Dominum qui prodere Jesum
Non dubitat sub praetextu dat et oscula paeis.
Auriculamque Petron cernis praecidere Maleho,
Cui rursum tamen hane adneetit mitis lesus.
860 Non Venerem Gnidiam, templis quae est eiieienda,
Laudabo tamen huius opus mira arte patratum,
Cedit oliveto quod nostro. Juppiter ipse
Cedit Olympius et iaetatus in Elidis urbe.
Sed quoque eessura est Pallas, quam tollit in astra
865 Plebis Athenarum consensus, deinde per orbem
Quilibet. Illius elypeo inseulptique Gigantes,
Centauri, Lapithae reginaque Penthesilea,
Agmen Amazonidum, quantavis arte sit iliud
Expressum quondam, nostris nune eedit olivis.
870 Non proeul hine loeus est, ubi dieeris, inelyte regum
Stemmatis Austriaei, multas noetesque diesque
Et genibus flexis solita pietate rogasse
Hüne, qui, Ferdinande, tibi tot regna superne
Contulit et tanta te maiestate verendum
875 Post abavorum npilia tot ter maxima regum
Servarit, servare velit populumque gregemque,
Ut eaput ut mitisque in corpore membra gubernet.
Sub dio lapis est eavus, exstans, proximus aedi
Et gradibus multis adeundus, qui, velut aiunt,
880 Instructus toties laeto diflfundit Jaccho
Publica dona, novus quoties diademate praesul
Cingitur et tanto conscendit culmen honore.
Aedieulam cernas pulchram lapidem prope dictum
Apparere, sed hane doctrina pulchrior ipsam
885 Multiplici Stephanus cognomine Martius, inter
Aulam regalem, quae est e regione propinqua,
Possidet, ingenio, virtute domoque colendus.
Ad laevam pratum ceu campus Martius aedi
233
S)c8 3e6cbäu« ha, üom ©c^tofe befangen. 3afobu§, 850
@elbft So^anned geftü^t auf ben 9(rm, entfd^lummert in Zxantn;
Keiner ber S^toadftn imftanb mit bem $enn ein Stünblein gu toad^en.
S)ort, gu mert nur bed StridS, fü^rt 3uba8; ber SSc^ariote,
iper bte t)erru(^te @(^ar mit @enfen unb @piegen unb Keulen,
äSon Krieg^fnec^ten umringt, bie mit Sd^mertern unb Sangen gerüftet, 855
9lc^, unb fc^euet fid^ nid^t 3efum, feinen $erm, p verraten,
3a, er begrübt ibn §um Schein fogar mit bem Kuffe beS i^riebenS.
$etruS fte^eft bu auc^ ein O^r abbauen bem SRalc^u?,
3>em ed ber iDleifter ieboc^ mieber anheilt in göttlicher WVdht.
9lid^t stDar bie Sienud felbft, bie gnibifd^e, bie man aud Simpeln 860
SSerfen foU, nur i^r SBilb als 9)leiftermert mug ic6 preifen:
Unferem £)Iberg räumt fte baS t^elb. 3)er Olqmpifd^e 3cud gar
Staumet eS, ber bod^ fo bo<^ in ber ^eftftabt t)on @Iid gepriefne.
9(ber felbft "S^aUa^ mu6 i^m meieren, bie )u ben Sternen
$ob 3u Sitten bed SSoIfö einmiitige @timme unb jeber 865
9tingd in ber SSSelt. 3^r Sc^ilb mied eingemeißelt @iganten,
9Bied Kentauren, Sapit^en, bie Königin $ent^eit(ea,
3^r amagonifc^eS iQeer; boc^ fo funftüoU aä bied aud^ einftmatö
SBiebergegeben : t% muß je^t nac^fte^^n bem ^ieftgen ölberg.
Unfern Don ^ier ift ein $Ia|$, ba follft, ruI^mmUrbiger König 870
Öfterreid^ifc^en @tammS, bu fo manche Md^k unb Sage
S(uf gebogenem Knie mit getoo^nter 9(nbad^t gebetet
^aben, eS möge boc^ er, ber, ^^erbinanb, bir fot)ieI Kronen
@d^enfte Dom Fimmel ^er unb, mit folc^er $ol^eit Derberrlid^t,
dlaij foDiel Xaufenben breimal erlaucht ^oc^fürftlic^er Sinnen 875
^Id) behütet, bad äJoIf, beine ^erbe, gleid^faßS bema^ren,
Unb mie bad ^aupt fo bie ©lieber bed Sangen gnäbig regieren.
Slugen gunäd^ft Dor bem ^om ift ein @tetn, ber ge^öblet emporragt,
S)en man auf etlid^en Stufen erreicht unb ber, mie fte fagen,
SlngefüQt mit erquidenbem 2Bein feine @aben an aQe 880
Öffentlich fpenbet, fobolb mit ber mHxa neu ftc^ ein ä3ifd^of
Krönget baS ißaupt unb eifümmet ben ©ipfel fo l^errlic^er @^ren.
9lol^ bem befproc^enen Stein, ba fte^t man prödE)tig ein ipdudd^en
aSorfd&aun. Sßr8d^t*ger iebod^ mit allerlei SaSiffen gcgieret
3ft nod^ ber ORann, ber bieS ^aud befi^t, bem $ofe bed Königs 885
2)i(^t gegenüber, $err ©tep^anuS allerg mit SRamen geheißen,
®Ieic^ beneibenSmert um Xugenb, Talent unb fein ißäuSc^en.
ßinfSl^in rei^t an ben 3)om ein SRafen ober ein aJJarSfelb
234
Contiguum est cinguntque palatia Caesaris illud.
890 Rem tantam levibus verbis, miracula templi
Attingo nostri ; reliquorum transeo pulchras
Aedeis Divorum, Germani, deinde Guidonis,
Colle Quirinali residet qui, caetera cuncta,
Quae plus demirere oculo subiecta fideli,
895 Quam si nota prius studeam depingere verbis.
Civibus electis Spirae prudensque senatus
Justitia plebem mpderatur, legibus ornat,
Provehit auxilio, fucos procul inde coercet.
Vivaque Spirae conspiceres delubra Deorum,
900 Quae dicunt Graii vocitanteis ptochodocheia.
Hie tot mvriades sacro Pietatis amore
Atque iugi studio, quos iussit Christus alendos,
Curantur, ceu sponte vides haec currere facta.
Rerum multarum thesauros, fortia multa
905 Atque pudicitiae multum multumque decoris
Sive domi seu militiae producere posses,
E quibus ista valet, culmenque ascendit ad illud
Fortunarum et virtutis, quo vincere cunctas
Sive aequare potest urbeis et moenia clara.
910 Ergo Caesareus consessus littore nostro
Optatam sedem per tempora multa legebat.
Maluit hie populos regesque ducesque bicorneis
Concordarier, hinc diffundere iura per orbem,
Justitia parteis diversas iudicioque
915 Hie unire bono, quae laus non ultima Spirae est.
Omnia sunt perfecta magis, quaecunque rotunda.
Nomen ita adcessit Spirae per tempora nostrae,
A priscis olim quae moenia dicta Nemetum.
His precor, ut Lachesis foelieia stamina pergat
920 Ducere sintque mihi faeileis scriptoque benigni!
F i n i s.
235
©eitlid^ ftc^ an unb eS fd^Iiegt bann bed jtoiferd $alaft ein.
@oIc^ ein 993erl, tote beS S)omd SBeltounber, mit fliid^tigem äßort nur 890
Sann Id)^ be^anbeln; ba mug id^ fd^meigen ganj üon ben fd^önen
Wxd^ ber ißeiligen fonft: @t. (Sennand, femer @t. @uibo8,
2)er Quf bem nörblid^ften $unft feinen @i^ l^ot, unb allen ben anbern,
S)te man me^r §u betounbern bermog, mit berlSffigem 8(uge
Slngefd^ut, al8 Derfud^t' id^ fd^on längft SSefannteS gu fd^ilbern. 895
S)urd5 ttto&fjUtit Sürger ber @tabt mit ©erec^tigleit leitet
ftlug ber SRat ^ier baS ^olt unb (&It'9 burc^ ®efe^e in Orbnung,
3förbert'8 mit l^llfreic^er ©anb, bod^ S)rol^nen ^ält er Dorn ©^toarm fem.
SSud^ ift in @peier gu fe^'n ein Xempel, barin man ber @ott^eit
^ient mit lebenbigem S)ienft, eine Qeimftätt' ber Slrmen unb tranlen. 900
Xaufenbe merben barin Don ^eiliger Siebe gum Städ^ften
Wit unermiiblid^em @ifer gepflegt, bie S^rtftud gu nSl^ren
Slnbefal^I; mie bon felbft fd^eint aU baS @etriebe gu ge^en.
©d^ätie öon mand^erlei 8Irt: üon 2^apferfeit öicie SBetoeife,
SSiele ber @ittfamfeit unb Diel ruJ^mDoSen SBerbienftel» 905
@o im tJfrieben bal^eim mie im treibe tpäre gu nennen,
2)*rauf bie ®x6%t berul^t ber @tabt unb moburd^ fie bie ^öl^e,
3)ie mir bemunbem, erflomm beS @IücflS unb ber Xugenb unb aUen
Stu^mDoKen ®tSbten ber SSelt unb $IS^en obftegt ober gleid^fommt.
S)arum ^ot ftc^ bed SReid)^ ©eric^td^of on unferem Ufer 910
S)en enoünfd^teften @i^ für lange Seiten erforen,
$ier f!^ gemül^t, bag baS Solf unb bie t^ürften in ^one unb SRitra
Seben in Sintrac^t; Don ^ier »in 9te^t er im Oieid^e Derbreiten,
SBiU bur(^ ©ere^tigfeit unb trefflic^cg Urteil Derfo^nen
Öier bie entgtoeiten ^artcfn: ntd&t bie le^te ber Gieren für ©peier. 915
SlOe^ mad runb Don ®eftalt, baS ift, nad^ $Iato, DoHfommner.
2)arum empfing mit 8lecbt im Saufe ber 3cit unfer ©peier,
2)a8 bod^ @tabt ber 9temeter einft l^ieg, Don @pira ben Flamen.
Woi' il^r bie $arge, fo bef id^, aud^ fürber^in glüdlid^en traben
©Pinnen unb möge man l^olb fein mir unb meinem ©ebid^tel 920
@ n b e.
Jinmeräungett.
^a« 2ite(b(att bes "SRAnd^ntt (Exemplan trdgt oon Stei^smanns ßanb
bie Semertung:
„D(omi)no Johanni Gemelio
amico unice suo
Theod. R(eysmann). P(oeta). L(aureatus)
dedil«*
nebft bem Sufofe oon ®emel:
„Et Gemelius Ruttelio suo".
3um Xflbhtger gfreunbesfreis ^tj)smanm (ogl. oben G. 159) gehörten
and) 9ßi(^ael ItoxHes (ogl. oben 6. 171), ber 18 Xage ooc ^le^sntann als
SRi^. Spenglet oon XüUingen (DiUingen) ht llflbingen infaibfect mürbe (9iot^,
Url. ber Unio. Xflbhtgen 8. 648, 9h. 18, 652 9lr. 15) unb ^ol^ann ®emel
oon Srflben, ber fc^on bt (Erfurt unb 3ngo(ftabt ftubiert ^atte unb am 28. 9l)yrif
1532 nad) Xflbingen lam {9(otf) a. a. Z>. 651 9lr. 3). Die 93esie^ungen
9{e99mann« ju Xoxttes nerben 'bur(^ fein festes 9BerI Arnos propheta feftge«
{teilt. (Semel aber toibmete er bas SRflnc^ner (Exemplar ber Enchromata Spirae,
bas biefer an feinen gfceunb 9iutelliu9 fd^enfte, ber too^l (ein anberer ift ab ber
fpdtere Stuttgarter %cdfioai ^nbreas dlüttel aus Slottenburg om 9Udat.
3u Seite 182.
3eile 5. Quom — negotia OUS Hor. ep. II 1, 1.
3- 6. Res — armis tuteris — emendes, ebb. 2 unb 3.
3. 7. In publica — remorari instituerem, ogl. ebb. 3 unb 4: in
publica commoda peccem, si longo sermone morer tua tempora.
3> 15. Dig^ito ne compescere labellum aU9 Juv. sat. 1, 166.
3* 26. Homo bulla est aus Varro de re rustica 1, 1.
3.29. Hora.Il.6,146. Pind.Pyth.8, 136: Okiag ovaQ ävd-((wnoq.
Sgl. au^ Hor. od. IV 7, 16: pulvis et umbra sumus.
3u Seite 184.
3. 36. Georg Xru^feb oon SBalbburg, 93eiieger ber Säuern 1525,
Statthalter bes Königs gferbinanb in bem 1520—1534 5ftenei(^if(^en ^ersog«
tum SBürttemberg. (Er ftarb 29. 9Rai 1531. 9?e9smann ^atte i^m tui^ oor
feinem !Iob ben Föns Blavus getoibmet.
3. 38. 9{amminger 3a(., ^erjogli^r 9?at u. 9?egiftrator.
3u Seite 186.
3. OS. Virg. Bucolica 5, 67 unb 68.
3. 74. «Römer 13, 7.
3. 76. 9lömer 12, 10.
237
3. 37. 3o^<inn SfaBer oon fieutfir^, Si|<l^f in 9Bien t ^1- 9^i 1541.
«Og. X). Siograp^ie XIV 435; ßauds ^tealeitcpflopfibte' V 717. — 3al.
Spiegel, taiferl. 9?at, gebürtig aus 8(^Ieti|tobt.
3. 88. (Seotg etmler, $tof. Suris in Xflbingen, t 1^35. ^g.
3). «togr. XIV 350.
3. 90. Capnion = ^o^onn 3!ett(^Iin.
Sers 1. Francisci Irenici Exegesis 8, 28: Rhenus tenui Rhactis ex
Alpibus orsu funditur.
n 21. Gicilicns Snt^ibarfeit Q)Qr berfl^mt. Siculae dapes, bas ausge«
Iu^1c|te SWo^il Hör. od. III 1, 18.
„ 22. Lenacus i|t Beiname be« SBacc^US. Massica sc. munera = vina,
SBein 00m SRalfifus, Serg in (Tampamen. Virg. Georgica 3, 526.
„ 25. ^enbet fid^ gegen bie €u^t ber $umani|ien, beutf^e Gtfibte oon
Xroianern unb 9?0mern ^erjuleiten, loie felbft 9{eu(^Iin bie 6a(^fen,
SRet^ner unb X^flringer oon ben ^enem, S}}t)|en unb Xi^ngeten
herleitete, oorflber fii^ (£rotus 9{ubianu9 luftig machte, ß^gen,
Deut|(^Ianbd Uterarifc^ unb religiöfe Ser^fiUniffe im 9leformations«
^italter I 300.
,, 37. Slei^stage 1526 unb 1529.
„ 41. ^önlg Sr^rbinanb, ber 1522 Spanien oerloffen ^atte. (Er tarn
1529 nac^ Speier oon Dften, oon 3Bien unb oon Snnsbrud, l^er.
„ 42. 1529 lom am 4. ^ril 3o^<<nn X^omas 9icu$ oon 9)^iranbula
als pfipftli^er fiegat na(^ Gpeier. 9le9, (!5e|(^ic^te bes 9{ei(^stag9
in Speier 1529 S. 49.
„ 49. 3um (Empfang bes Rönigs Qferbinanb in Spefer am 4. 9R&rs
1529 ogl. 9lei) a. a. O. 46.
„ 57. Rhenus bicornis — Virg. Aeneis 8, 727; Ir. ex. 8, 30:
Rhenus aquarum multitudine tumefaclus Germanicum mare petit
et hostiis biphidis in mare labitur, ut ait Caesar,
„ 60. Lacus Xantuantiacos = ber Sobenfee mit bem ^^^Vitx unb Unter«
fee. Ir. ex. 8, 28: per lacus Nantuantium propria servata aqua
effunditur; 11 lit. C. unter Constantia: Hi, qui circa lacum et
Constantiam morabantur, Nantuantes dicebantur.
^ 60. Fines Sequinos: Ir. ex. 8, 28: Inde longo spatio per fines
Nantuantium, Helvctiorum, Sequanorum, Mediomatricorum et
Tribochum citatus fertur, ut ait Caesar bell. Gall. 4, 10. —
9<ei)9mann benft mo^I mit Srenicus an bas (Gebiet bes ^ergog«
tums Surgunb unb ber Srran^e-CEomtc.
„ 61. Raurici — Rauraces = 5Ba[eL Ir. ex. 10, lit. R unter Rauraces.
„ 62. Scleutas domos = ®(^Iett|tabt, bei 3BimpfeIing Seleutia. Ir.
ex. lit. S. unter Seiestadium.
„ 62. Lotharinga climatn : Ir. ex. 10 lit. L : Lotharingia regio Rheno
et Sequano olim diflfiniebantur.
„ 63. Mediomatres : Ir. ex. 10 unter Metis. (Es J^eint fa|t, baft Jle^s-
mann oon ber (Erinnerung an ben Se|ig, ben ^erjog Rarl ber
Äül^ne oon ©urgunb oon gerjog 8igmunb oon Öftcrretc^ als
^fanb erioorben \^cA\t unb ber mit ber ganb SWarios oon SBurgunb
n
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n
n
238
an 9RaximiItan fam unb |o toieber dftecret^tf^ mürbe, ausgebt
unb mit Lotharinga climata unb Mediomatres bie obett^efnifc^eil
9e|i^ungen C)ftenei(^s auf bem linfen 9?^emufer meint.
Sets 63. Tribochos = Strasburg. Ir. ex. 10 unter Argentoratum.
67. Extremis hominum Morinis: Virg. Aeneis 8, 727. — Flandren-
sibus. Ir. ex. 11 unter Flandria : sunt oceano septentrionali
proximi Flandrenses.
68. Hollandos dubiis habitant qui littora tectis concava. Ir. ex. 11
unter Batavi ffl^rt aus (Weites Arno res ben Sers am
— Illic Batavi
Hollandique cavis habitant ubi littora terris
Suspensi dubio per freta saeva metu.
69. Frisios: Ir. ex. 11 unter Busactori. — Clevos: Ir. ex. 11 unter
Clivcnsis civitas, CDIeoe. — Usipetes : Juliacenses. Ir. ex. 11
unter Usipetes, SfiU^^.
70. Traiectum = Utre(^t. Ir. ex. 10 unter Traiectum. — Vatastam. Ir.
ex. 11: Vatastica insula Rheni finitima Batavis et Frisis, dtoc-
cesis Traiectensis.
71. Agrippae domos Ubiorum tecta beata: Colonia Agrippinensis,
(£öln, bas auf ^Betreiben ber Sgrippina 50 n. (T^r. aus einem
oppidum Ubiorum jur colonia gemoi^t iDurbe. Stepsmann folgt
offenbar ber ^nna^me bes Ir. ex. 10 unter Agrippina, bag (£5(n
oon iD2. 93tp|antus ^grippa gegrünbet morben {ei.
72. Gelrenseis Batavos= (Selbem. Ir. ex. 3, 76. — Flamminios =-: glöm«
Idnber, bei Drenicus ni^t genannt. — Sycambros: Ir. ex. 12;
Caes. bell. Gall. 4, 16. 3te fagen 5ioif(^en 9itt^r unb Sieg.
73. Tungri. Ir. ex. 12: Belgarum populi inlcr Eburones, Rhenum
et Mosam, olim urbs episcopalis Lotharingiae ; Xongem.
73. Eburones jn)i|(^en 3Raas unb 9{^ein. Caes. bell. Gall. 2, 4;
Ir. ex. 1, 18. — Triusgros. Ir. ex. 12: Triusgri Belgarum populi
iuxta Trcbochos consederunt et sunt contigui Nerviis.
78. Dona Lyaei, bie ®aben bes SBac^us — - SBeine.
81, 82. Ffeddersheymiacos succos ~- ©ensfüfeer. äRat^efius, $0<^|eit«
prebigten (ausgetoö^lte SBerte ^sg. oon £oe|d^e II 322) : ein guter
Dre^b^aufer, C^Ifaffer, Selemer unb C5ensffl|fer decus et gloria mensae.
84. Faierno: ber galerner SBein Q)&4{t am Sfuge bes SOlanicus in
(Enmpanien (f. 93ers 85); ogl. 9[nm. gu Sers 22. — Chius oon
ber 3n{eI(£^ios, gern mit Sfalemer gemifd^t. Hör. sat. I 10, 24:
Chio nota commixta Falerni ....
86. Agenoridas Venetos: 9?ei)Smann oenoec^felt ^art^ago, Agenoris
urbs (Virg. Aeneis 1, 338), mit SSenebig, oon bem £ioius 1, 1
berichtet: Antenorem cum multitudine Enetum, qui seditione ex
Faphlagonia pulsi . . . sedes . . . quaerebant, venisse in intimum
Adriatici maris sinum; . . . gens universa Yeneti appellati.
©gl. Virg. Aen. 1, 242.
96. divini opus Alcimedontis. Virg. Bucolica 3,* 37. Alcimedon
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ift fonjt unbetannt.
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239
Sets 97. Polycleti : ^ol^IIet, grte^if(^er Silb^auec aus 8iq)on, d^i^S^noffe
bes ^ertfles. — Mentor: gdec^ifd^ei Mnfiler m getitebener 9(rbeit
um 356 0. (£:^r.
102. Pelidae: ^l^UIes.
103. Der Stna gilt als 9Bertftdtte Sultans unb [einer Rt^flopen, mo
jie Suppiter Stifte |(^jmteben. Virg. Georgica 1, 472; 4, 170 ff.
104. Noricus: bem 9tQrn6erger ^unftgeioerbe tann ]iä^ bas Speierer
oerglei^en; bo(^ mar bas aIte9loricum (3nneröfterret4, Saljburg,
Xirol unb bas ba^erif^e 3nnoiertel) |(^on berühmt bur^ feine
SBaffen. Sgl. Noricus ensis: Her. od. I, 16, 9; epod. 17, 71.
105. Tyrio cum murice pannos: t^rifc^e $urpurtfl(^ei. Virg. Aen. 4,
262: Tyrio ardebat murice laena.
106. luncta oieIlei(^t Drurffe^Ier für tincta.
107. Telas Penelopeas : bas ®en)cbe ber ^^enelope, bas fte bei Xag
iDob unb bei 9la(^t mieber aufwog. Hom. Od. II 93 ff.
109. Stamen Arachnes: bie Zod^itt bes ^utpurfdrbers 3bmon, eine
tunftreic^e SBebertn, oon ^t^ene in eine ©pinne oenoanbelt. Ovidii
xMetam. 6, 5 ff.
112. Coo magistro: ber ^r§t gippotrates Don ber 3nfel 5los.
113. Machadna: 9Ra<^aon, ber @obn bes ^esculapius, S^Q^^nO ^^^
Kentauren- (E^iron, ber %x^i ber Griechen oor Xroja.
114. A summo templo satis ampla et longa platea: bie j^AUptftra^e,
iDlaiimilionsItrabe.
115. Turrim altam: Slltpörtel.
118. Tyndaridas: (Eaftor unb $oIIux, bas ©ternbilb ber 3Q'tUinge.
123. Cornu — copia — Oleniae sydus Capellae: bas ßorn ber 3^^9^
^matt^ea aus Olenus, bas in bie Sterne oerfeftt tourbe unb aus
bem iReftar unb ^mbrofia flog, ba^er Sttll^orn. Ovidii Metam. 9, 88.
132. apuro regem: Die Sienen f)af>en bei ben 9Iten feine ^dnigin,
fonbern einen Rönig; Virg. Georgica 4, 201: ipsae regem suffi-
ciunt; ogl. Secs 67: sacpe duobus rcgibus incessit magno dis-
cordia motu ; Sers 95 : binae regum facies.
137. Hyblaeos: gpbla, ein Serg in ©idlien mit Iröftigen Sienen*
fräutern. Virg. Bucolica 1, 55; 7, 37.
138. rosaria Paestana: Die ^Rojengörten von ^öftum in fiucanien mit
jmeimal blfl^enben 9?o{en (bifer; wk ber inbif^e X^i)mian.
139. Sgl. Virg. Georgica 4, 119: biferi rosaria Paesti.
140. Piscoso Rheno: Ir. ex. 8, 3: Dracuntius in Rheno delphinos
marines reperiri voluit et anguillas et varia piscium genera.
155. Mosa Lingonica: Ir. ex. 8, 31 : Marlianus Mosam in tinibus
Lingonum oriri collegit, naä) 3cenicus aber ex Vogeso ortum
habet. Die äRaas ent[pringt auf bem $(ateau Qon fiangres. —
Morta: Die SRurte (SReurt^e) mflnbet unterhalb ^lanjtg in bie
aRo|eI. — Schalde: Die Scheibe, Ir. ex. 8, 31 Scaldis. —
Sella : Die SeiUe, bie bei 9Reft in bie äRofel mflnbet. Ir. ex. 8, 31.
156. Schara bie Saar ; Sala bie Seij. — Bruscha bie Sreuj(^, Sileben»
flug bes ^f)t\ns. — Matra bie 9Rober, ^ebenflug bes IRl^eins.
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S3ers 157. Rora ble 9lu^r, nl^t btc 9locr.
„ 158. Roricus : Ir. ex. 8, 35.
„ 160. Coquus ber Roi^er; Jagusta bie Sagft: Ir. ex. 8, 34.
„ 161. Aeneas bie (EltJ, Ir. ex. 8, 34 : a Capnione nostro nominatus.
Nagolta bfe ^lagolb, tDeI<^e bei $fora^eim in bie (£na manbet.
„ 163. Rhegneso (Ir. ex. 8, 33 : Regnesus) 9{egni^, 9le6enflug bes SRains
tDie 164 Tubera ble Xaubet.
Pinifer = git^telgebirg.
Fundit quattuor: SRdn, Saale, (Sgcr, iRab; ogl. Ir. ex. 8, 32.
Vincit Gangen etc. Ir. ex. 8, 28: MuUa de Rheno Dracontius,
qui hunc Gangi, Ibero, Tago et omnibus fluminibus praetulit
auro, piscium et aliarum multitudine rerum.
Regnator aquarum regi Danubio se tibi solus aequat. Jr. ex.
8, 28: Rhenus pari opulentia Danubio assimilatus. SJgL Virgil
Aen. 8, 77 : regnator aquarum.
„ 176. Aera iilic non esse salubrem : Ir. ex. 8, 28: Rhenus multos
habet meatus et loca consueta relinquens multos rccessus facit,
a Graecis dictos nXaiavüivsg. Unde et aer circa ipsura minus
salubrior est. 9?ei)smann fe^t |t(j^ in SBibcrfpruc^ }u 3renicus.
„ 192. Äarl V. fam oom 9lei(^slog gu 9lugsburg ^er im 9loo. 1530
nadft Speter.
„ 200. Damnosa Venus: Hör. epist. I 18, 21.
„ 215. Pylios vivere in annos. 9fle|tor, bct Äönig oon $t)Ios, foll btei
Snenfd^enaltec gelebt ^aben.
f, 219. Aurifero Rhcno : Ir. ex. 7, 8: Rhenum abundare auro et caeteris
mclallis et gemmis Dracunlius asserit nee Tago nee Gangi cederc.
„ 254. Hesperidum hortos : Die ©ätten ber gesperiben, ber Xod^tec bes
^tlas iinb ber 9la4t, liegen am äugerften Dsean unb l^aben
golbene $pfel
„ 265. Tres linguas : Die Rentitnis ber brei Sprad^^n (fiatefnifc^, ®ne(^i|(^
unb gebrötfc^) galt feit 92euc^lin9 !it\i f flr einen befonbem 9{u^m
ber ßumaniften.
„ 266. Niclaus Oenander, b. \). SBinmann, geboren im oberen Saanertal,
Äanton Sern um 1505, 1522 Stubent in SBIen, Dejember 1528
in Tübingen, Snformator bes Speierer X)om^cnn Otto oon %mt*
lunien, 1533 in 3ngoIftobt, 1534 ße^rer ber griedS^ifc^en, 1536
ber liebräifd^en Spraye am 5^olIegium ad sanctum Nicolaura,
1541 9leftor ber ^farrf^ule in ^Reifte, 1548 Wehor in (Hbtng,
1550 in 6peter auf Sefu4, bann oerf^ollen. 9)gl. bie retd^*
faltige ^Biograp^ie o. %. ^auc^, 3eitf^r. bes ^er. fflr C^ef^.
unb ^lltertum S^lefiens XXXVII 131—168.
„ 268. Amaluncis: Otto 0. 3lmelunicn, Domren in Speier, 22. !De3.
1528, in Tübingen infcrtbiert, |päter X)omhiftos unb $robft ju 6t.
©crman («Remling, (5ef(^. b. Si|(^. II 325).
„ 269. Mun>xhii: aRünt^ingen, 0'?l. fieonbcrg. (£^riftop^ o. SKün^-
ingen, Domherr ju Spcicr, 6. Dcj. 1528, in Tübingen infcribiert,
1543 t)om|ängcr.
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241
Sers 276. Pyg^maei : bas 3^^^0i'ol' ^ 3nnern Vfrifas.
294. Fungaeia. Ir. ex. 12 unter Wormacia : Olim Vangiones hi dice-
bantur, ut aliqui volunt, Germanico nomine, nam finitima regio
Fungau dicitur, unde Fungaugiorum nomine parum variato vo-
cabulo Vangiones Graeci dixerunt; 2, 32: Urbs haec sita est
in territorio teutonice Vunggau dicto, Cerere et Baccho opulen-
tissimo, Graeci paululum variantes literas Vangiones illos pro-
ferebant quasi Vangaugiones.
297. Alberti : jlurfflrft ^Hbrec^t oon 9Rains.
„ 298. Moganum = Moenum ; Ir. ex. 8, 32, SDIain.
319. Matris Deum: (Et^bete, eine p^ri)0i{(^ (Solt^ett, beten ^rieftet,
bie CCoT^banten, mit löcmenber 9Ru|{t (tympana, cymbala) unb
toilben SBaffentftngen g(ei(^ ben X)enoif(^en m in ra|enbe !Be«
geifterung oetfe^ien.
Tribochi: ©tiabbutg; f. Sers 63.
Tyregetae. Jr. ex. 10 unter Turingi : Turingos Strabo Tyregetas
appellat; lib. 7: Turingorum origo est a Cimmeriis. (Sgl. JU
©er» 25).
Erphurdia: (Erfurt befiel in ber 1497 gegoffenen 275 3entner
firmeren Maria gloriosa eine ber größten ®Ioden 2)eut{^Ianb9.
Ixionis rota: 3jtion, 5ldnig ber fiaptt^en, fflr feinen gfreoel \xi ber
Untervelt an ein 9?ab gebunben, bos fic^ unauf^örli^ breite.
Virg. Georg. 4. 483: Ixionii vento rota constitit orbis.
Sisyphi saxum: ©if^p^us, ilönig oon jlodnt^, oon ^efeus
megen Strabenraubs getötet, mug in ber Untertoelt einen Stein
ben Serg ^inaufmAIsen, oon ido er immer mieber surfldroQt,
Hör. od. II 14, 20: Damnatus long! laboris ; epod. 17, 68:
Opiat suprcmo coUocare in monte saxum.
„ 336. Tiiyi iecur: 3:iti)os Dergrelft |i^ an fiatona unb Q>irb oon Apollo
getötet. Geine fieber mdd^ft immer nieber, obgleich fie (Seier aus*
^aden. Hör. od. III 4, 78 : incontinentis nee Tityi iecur relin-
quitales; Virg. Aeneis 6, 595 ff. Die @trafe ber brei Sfreoler
le^rt oft vieber bei ben flafftf^en Dichtem 3. ®. Ov. Metam. 4,
457—459; 16, 42 ff.
„ 342. Quercus— fagus : (£s f&Qt auf, ba^ na<!^ 9?e9smann ber ©(^narj-
nalb (Eichen* unb Sud^enmalb ift, nic^t ^tannenioalb, ber i^m
bo^ ben Flamen gibt. — 9la^ ber S}}itteilung eines Srorftmannes
Ratten bie C5e^dnge bes Sc^toarjoialbes fiaubvalb, beren (Eicheln
unb 93u(^e(Iem im ßerbft )ur ©d^meinemaft aufgeluvt mürben.
„ 349. Brontis — Pyragmi. Virg. Aeneis 8, 425: Brontesque Sterope^quc
et nudus membra Pyracmon. Der (Ei^clope, ber Sulfans (Sefelle
n>ar, l^etgt ba Pyracmon, loä^renb Pyracmos ein (£entaur auf
^irit^ou« goi^it roor. Ov. Metam. 12, 460.
„ 354. Aloidum corpora: JDtus unb (Ep^ioltes, Sö^ne be$ ^litanen ^(oeus,
qui manibus magnum rescindere coelum adgrcssi superisque
Jovem detrudere regnis ; Virg. Aen. 6, 582; Ogl. Culex 233.
„ 362. 5ter jte^t ipse jtatt ipsa.
16
n
322.
n
323.
n
324.
n
334.
n
335.
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II
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II
II
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242
Ser$ 364. Apellaea arte : «[ptlles, bet grd^te ältoler bes ffltettums, 3ett«
genoffe Slezanbets bes (I5r. €eine 9)enu5 SCnabi^omene galt als
SBunbermerf.
„ 365. Iris, bie IBotin bet (Sötter unb juglei^ bie ®dtttit bes Siegen*
bogens; Ovid. Met. 1, 270: Nuntia Junonis varios induta colores
Concipit Iris aquas alimentaque nubibus adfert.
371. Magnos menscs ftammt aus Virg^. Bucolica 4, 12.
375. Cerberus— immanihiat orc: ber brefföpftge gunb an bet ^orte
bes Dccus, trifaux; Virg. Aen. 6, 417.
378. M^iuritaaius, Atlantis Vertex: btts iStlasgebiig in äRauretanfen,
SRacocco.
393. Pro ratione voluntas; luv. sat. 6, 223: hoc volo, sie iubeo ; sit
pro ratione voluntas,
402. Fauces Orci: Virg. Aen. 6, 273 in faucibus Orci. Orcus bie
Untenoelt.
417. Quod (pateat ulnas) tft Drudfe^Iet für quot.
441. Junonius aer: 3uno tft bie ^immelsfSntgtn.
456. Noe: 1 aWo). 9, 20.
463. Semus— Chamus : 1 9Mo|. 9, 21—27.
473. Christoforus Chananaeus, nac^ ben filteren Vitae aus Santos in
£i}den, nad^ ber Passio aus bem 9)oII ber Caninei ober Ghana-
naei, aU(^ Cynocephali (Acta Sanctorum VI. ]ul. 125 — 149;
$au(fs 9{eaIenq^t(opfibte fflr proteft. 3:^eo(ogte unb jlird^e ' IV 60).
1522 ^atte ber grreunb 9{ei)smanns !2:^eob. SiUicanus in fetner
Perornata eademque verissima divi Christophori descriptio bie
£egenbe tiitifc^ 5erpflfldt unb als £egenbe bes (T^riftenlebens
gebeutet.
474. Jugera tota novem, ogl. Vir»». Aen. 6, 595 : Tityon terrae omni-
potcntis alumnum cernere erat, per tota novem cui iugera corpus
porrigitur.
475. Typhoeus, ein Gigant, ber ^upit^r uom DIi)mp ftoften mollte,
aber oon t^m bur(^ Sli^c erfc^Iagen unb unter bem Stna be«
graben mürbe.
482. Niclaö: ogl. 95ers 261.
498. Amphion Thebanus, Äönig oon X^ebcn, 9Rei|ter im (5efang unb
im Spiel ber £i)ra, befeftigt bie 6tabt X^eben, inbem bes CCtt^fi*
rons (^Ifen ben 3^^^^^^^^"^" ^^^ S^önigs folgen unb fi^ felb|t
5ur S9lauer sufammenfflgen : Hör. od. III 11, 2 movit Amphion
lapides canendo.
498. Lydnm, Phrygium, Doricus : 95ei ben alten (5rie<^en unterl^ieb
man bie ernfte feierlicbe borif(^e, bie rau{(^nbe, f(^nfirmen[d^«
begeifternbe p^rt)gifc^e unb bie meiere janfte Ipbifc^e 9Ru|it.
502, Thamyras Thrax, 6finger aus I^jraden, ber mit ben SJhifen einen
SBettgefang n>:igte unb feiner £aute fovie feiner ^ugen beraubt
tourbe : Hom. II. 2, 594 ff.
503. Terpander aus ^ntiffa auf £esbos erfanb bie fiebenfaitige jlit^ra
unb fegte au(i^ fflr bie iDlelobteen juerft beftimmtc Aunftformen
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II
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fe|t. (Er {|t ber Segrflnber ber borifc^en SRufif, bes a^orgefangs
unb leinet Segleitung bur^ bie jlit^ara. (Er gemann in oielen
gne(^i|(^n Stftbten im muftfalifi^n SBettftteit ben 6ieg. — Or-
pheus, ber berfl^mtefte ©finger m9 Xbracien, ber So^n ber
ma\t (SMiopt (ViTg. BucoHca 4, 55), bat feine C^attin (Eur^bice,
bie an einem Gi^Iangenbift ftarb, pon ^luto los, \af^ aber gegen
bie Wrebe mit ^hito na(| i^r jurfid, als er ans ber Unlcnoelt
^aitsgefommen mar, morouf (Eur^bice oiieber surflctle^ren mu|te
(Ov. Metam. 10, 1—77).
Sers 506. Demodocus, ber blinbe ^omerif<^e Gänger bei ber $^äafen: Hom.
Odyss. 8, 262. — Balthasar Artopaeus, gevefener Drganift in
SBeibenburg, feit 1531 Organift am ^om (ogL meine iBeitröge
gur babi|(^*|^fil3if<^en 9{eformattonsgef(^i<^le in ber 3eit|(^rift fflr
®e|(^. bes Dben^eins 9lSf- XVIII 228), mof^l ibentifc^ mit SBal-
t^a|ar ^iftoris oon Sefife b. ^. Sefig^eim, ber am 12. ^pril
1498 in ^belberg in|!rtbiert mürbe (Xöpfe, SRatrifel ber Unio.
Öeibelberg I 428).
„ 508. Cunradum: jlonrab Srumann ober Saumann, ogl meine SBeiir.
jur babifi^-pffilj. 9?eformaiionsge{(^. a. a. C XVII 432.
,. 518. Phidiaco : ^b^bias, Silb^auer in ^if^tn, geb. um 500, S^öpfer
ber $aUas ^t^ene im $art^enon unb bes 3^us in Olympia.
541. Phoebades, bie ^rieftertnnen bes $^öbu6 Apollo auf bem ^reifug
3tt !Delp^i.
544. Parius lapis, ber toeige iDlarmor oon ber ^n]tl $aros im ftgSifd^en
9Reer; Virg. Aen. 1, 593. — Assyriis stellis = purpunote 6teme;
ogl. Assyrius color (Virg. Culex 61) UUb Assyrium ostrum (Ciris
440).
546. Thure Sabaco: Virg. Aen. 1, 416 centum Sabaeo ture calent
arae. 6aba im glfldli^en Arabien mar bur^ {«inen fBei^rau^
berühmt.
547. Biferi Paesti ogl. 95ers 138.
548. Thymus Cecropius, attifl^er X^pmian; Virg. Georg. 4, 270.
550. Serica vellera, aus Saumfeibe bereitete Stoffe, nie fie bie Serer
im oftlic^en 3l|ten bereiteten. Virg. Georg. 2, 122: vellera foliis
depectunt tenuia Seres.
„ 551. Texturas Attaiicas, goIbburi^iDtrlte Stoffe, toie fie Rönig ^ttalus Hl .
oon ^ergamus erfunben ^atte.
„ 552. Polymetidos = fbtg. ^uffallenb tft ber (5ebrau(^ bes grie(^i|^en
SBortes mitten im lateinijc^en Xezt. 5atte ^le^smann eigentß^
polyniitus (oielföbig gennrtt, bunt) im Sinn, bas bei ben 3taciften
faft gleidj^Iautete mie polymeiis, ober mö^e er le^teres nur megen
bes !SBersmabes, vobei er i^m bie eigene (£nbung gab ?
„ 553. Adamas Germanicus. Ir. ex. 7, 8 : Adamas quoque in Germania
orilur, qui melior est Arabico.
„ 554. Jaspis — Hercyniae. SBgl. Ir. ex. 7, 8: Celtes in Hercynii
montibus jaspides et diversa marmorum genera esse dicit crystal-
lumque vulcaneas, glessarias, picearias, vitrearias, carbonarias,
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Cyclopum officinas et in plurimum Hornbergenses cives illarum
dominos esse.
Sets 557. Smaragdus. Ir. ex. 7, 8: Smaragdus pallida, qua nihil iucun-
dius in Germania virere a Solino scribitur.
^ 560. Solino. 3oIinus, römifi^ei Sc^dftfteaer, ber fpöteren ftatferaett
(oiellei^t Anfang bes pierten 3(bts.)i ber auf (5runb oon $Imtus
historia naturalis „De situ et mirabilibus orbis**, eine Searbeftung
ber ©eogwpW« mft bem mittel „Polyhistor" f<!Jneb. Sem «Berl
benflgte OienioiS fleißig. SJgl. 1, 2: Solinus (Pomponiura Melam)
secutus (Germaniam) ang^ustissime absolvit.
„ 563-566. gier oerarbeitet 5Rei|8mann Ir. ex. 7, 2—8.
566. Heliadum succus Clymenesque: bte Xrfineit (Elt^meites unb ber
Sonnentb^ter, ber SRutter unb ber Sc^toefter bes $^aet^on
merben 3U 95ern|tein. Ov. Metam. 10, 263; Ir. ex. 7, 3.
567. Ir. ex. 7, 8 (oben S3ers 5 unb 7,10 ; Rhenus aureas evolvit arcnas)-
569. Pannonium — Bohemum. Ir. ex. 7, 9: Potest Germania id
laudis sibi promittere, quod plus auri ex ea sola erumpat, ubi
Bohemiam respicit, iuxta Cremnitz et in locis inter Marcomannos,
Ungariam et Saxoniam, quam in tota Gallia ac Hispania.
571. Joachimica vallis =-■ 3oa(^imstQl tn Söhnten, 1516 gegrfinbet,
ba^er 3renicu9 no<^ unbefannt, toenn er nid^t 7, 10 in introitu
Bohemiae 3oa<!^!m9taI meint. 9)gl. £oef(^, 3o^ann SRatl^efius I*
59 ff., no au(^ bie £iteratur angegeben i|t.
574. Argenti. Ir. ex. 7, 10: Sunt multa nostra tempestate venae
(sc. argenti) apud nos.
577. Polonus. Ir. ex. 7, 10: Plumbi laminas copiosissimas iuxta
Polonos reperiri scribunt.
580. Daedala tecta (tammt aus Virg. Georgica 4, 179.
622 Regis Philippi: W^n^Pi ber 8o^n SlRaximilians I., toar ber
Sater Ratls V. unb gtrbinanbs, ber C&emabl ber unglAdfiil^n
jldnigin 3uana oon Spanien, f 1506.
623. Maximus Aemilianus, bei ben bantaligen Diätem n{(^t ungeiodbn«
Itc^e Sform fflr SRaximilian, ben (Srogoater Rarte V. unb
gerbinanbs, f 1518.
625. Rudolphus I. oon $ab$burg, f lö- 3uli 1291 ju Spefer.
630. Albertus: Wbuä^t L, erfc^Iagen am 1. 9Rat 1308, toeh^es Datum
ni^t 3U ben reifen Xrauben oon Sßtts 635 pagt. 5at 9lei)9mann
bas Datum bes Xobes unb feiner Seife^ung in Speier oenoet^lelt?
642. Cunradus: ftonrab II., t 4. 3uni 1039.
643. Henricos : geinric^ III., 1 5. Ottober 1056, getnri* IV., f 7. «uguft
1106, geinrii^ V., f 23. SRai 1125.
644. Stephani: „St. Step^anus (ift) ber ober|t Patron unb $au5^en
ber ^umbtirc^en genefen'' nac^ Simonis bei (S^eiffel 5latferbom
I 32.
647. Adeenderet joll ©Ol^I feigen accenderat?
648. Margaridos profestum — Sonntag, 12. 3uR. Margarita martys
Antiüchiae in Pisidia: Acta SS. Bell, jum 20. 3ttli V 33—59.
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Sgl. bte Rritil ®ie[ebrec^l9 jum Datum, ®e|(^t(^te ber beut|(^en
Ra{f€r)eit II 626; i^abemig, $oppo 79 ff.
S^ecs 658. Maeonia tft eine £anb|<^aft in fi^bien. Maeonia mitra -^ galerus
(33ers a^\ bie Sifc^ofsmll^e, unb flammt aus Virg. Aen. 4, 216.
„ 6G0. Athanasius. Dqs Seract^nis ber 6peierer SBi|(^öfe bis 3a{inu6
^at S^epsmann fa|t bur^aus Ir. ex. 3, 48 entnommen, aber t^re
^norbnung gans unb gor frei mi^ bem 9}ersmab geftaltet unb
33igeoinus Cmie 3renicus ftatt Sigeotnus fagte) unb Otto megge«
. lafjen, bafflr aber loeiter ^runtergegriffen unb no^ Sifc^of 9{egin-
balb, t 30. 3ult 949, 6tgebob, ben er Sigebalbus nennt, t li-
eber 12. '4pril 1054, unb 9lubiger, f ^- Sfebruar 1090 aufge-
nommen. 8ei 3remcus i|t bie 9lei^enfoIge 1) 9t^ana|tus, 2) 91.
91., 3) 3afinu$ (|tatt SBafirais), f oor 25. 3ult 782, 4) 3atto,
5) Sigebert, 6) Daoib, 7) Sigeoin, 8; Otto, 9) Carolus, 10) 35ene-
bictus, 11) (Sb^arbus, 12) £ubooicus. 3ur Rritif biefes unb
überhaupt ber alten Speierer 5Bi|4ofsfataIoge ogl. goud, Airc^en«
gel^ic^te Deutfi^lanbs P 36 9(nm. 3; II 787; III 984.
„ 662. Sigebaldus Bruxellae. Ir. ex. 3, 48: Oppidum Brusellam Cun-
radus II ecclesiae donavit; üb. 11 unter Bruxella: Conradus
secundus Caesar haeres illius oppidi nepos prioris Conrad!
totum oppidum Sigebaldo episcopo Spirensi donavit; unter
Creuchgaugia : Brusella olim iuris Wormaciensis per Conradum
ducem Wormaciensem Kreuchgaugiis restituta a Joanne episcopo
et Conrado II. Spirensi ecclesiae donabatur. SOtan fie^t, nie
unfic^r bie ürabition oar. Die ^tegierungs^eit Ronrabs II.
(1024 bis 4. 3uni 1039) unb Gigibobos (nad) bem 13. Ottober
1039, bem Xobestag 9{eginbalbs) unb 3o^annes I. (1090 bis
1104) ftimmen nt(^t jufammen.
„ 667. Johannes. Ir. ex. 11 unter Creuchgaugia: Wolframus recepta
Zela coniuge, tilia Henrici III., Joannem episcopum Spirensem
XXXIII. partu edidit, qui S. Gerraani aedem Spirensem locuple-
tavit. 3ela ift ^la ober ^be(a.
„ 670. Mathia: 9Wat^ias 9lamung 1464-1478, ber ©o^I 1442 Äir^^err
in Böblingen (^Iberti, SBflrttemb. 9tbels« unb SBappenbud^ II
611), 1446 aber Gtifts^en ju 8t. CCx^riacus Ui SBorms mar
(Xöple, Seibelb. SWatritel II 529).
„ 670. Georgi : ®eorg, ^faljgraf, 5Bif(^of 1513—1529, ber am 27. Sep*
tember 1529 oom englifd^en Sd^toei^ hingerafft nurbe (9?emling,
(5e|(^t(^te II 266).
„ 674. 'Philippi : <PPpp oon glers^eim, »i|(^of 1529—1552. — Creuch-
gaeiacae gentis: J^Iörs^eim liegt ni^t im 5lrai(^gau, fonbern bei
^oc^^eim a. 9Rain, alfo jiemli^ meit ab.
„ 682. Astraea, bie Stemenfungfrau, bie Göttin ber ®ere^tigteit.
„ 688. Pracclarorum penatum stemmate: Der 5lrai(^gau mot ber Sig
5a^Irei(^er 9{itterge{4Ie(^ter.
„ 691 unb 693. Hercyniae, quod Ottonis dicitur unb horridaOthonis sylva.
Ir. ex. 7, 20: Hercynia inde a septentrione Oddonis sylva
246
dicitur iuxta Heidelbergam. Sylva illa latronum feritate pericu-
losissima, rudes quoque homines aluit, ut vice provcrbii apud
nostrates cel]ebratum sit Lebcride incultiorem Oddonis sylvae
coionum dicere. X)a» Urteil iRepsmönns Aber bcn Dbenioalb ift
gflnftiger als has bes Srentcus. 3laä^ bem großen Sttofgetid^t
Aber bte ritterlichen Stra^enrduber im Obenmolb bur^ ben
S^m&bif^en Sunb 1523 unb ber 9tieberlage ber DbeniD&Iber
Sauern 1525 toar bie (Begenb rul^iger genorben. £onbtDirtf<^Qft,
^tel^c^t, Sd^af^altung finb ^eute no(^ bie Sla^rungs^eUen be«
Obenvalbes.
S3ers 696. Distentis lacte capellis. Virg. Bucol. 7, 3: distentas lacte capellas;
Bucol. 4, 21 : ipsae lacte domum referent distenta capellae ubera.
„ 697. Thyrsis Coridonque, gtoet ^ittengeftotien in Sirgiis Bucolica;
ogl. befonbers ecloge 7.
,, 699 — 703. Conradus — Zcyfholdus. Ir. ex. 11 unter Creuchgaugia:
Conradus II hanc provinciam in comitatum redegit . . . Hie
nobilem quendam Fridericum comitatui praefecit, a quo Wolfranius
processit comes Kreuchgaugiensis et Zeiffholdus.
„ 704. Regius ille gener: SBoIfram III. ^atte ^Ijeta, bie Z^Ut
&einri<^8 III. unb bie 99lutter bes Sif(^ofs 3o^ann pon 6|>eier,
3ur C^attin. Die oon $. 93auer in ber 3^it!^nft bes $ift. Vereins
für w. Sfranlen VII 479 9nm. gefuc^te Queue fflr ben 5lrai<^gau'
grafen f^riebri(^ t|t alfo 3renicus. 3eiff^oIbus ift 3eifoIf.
„ 706. Palatino socer. Ir. ex. a. Q. D. : Zeiffholdus unica reÜcta filia
Adelheida eademque Henrico Palatino addicta comitatum imperio
reiiquit. Diefer ^faljgraf aber ift ^einri^ oon Xflbtngen. ^el*
^eib ^eigt nac^ bes Saters Gig 9(bel^eib oon C^^berg. 3^<^f4t-
für (&t]d). bes Oben^. XXVI 423.
„ 707. Prureynum, bie (Segenb joiif^en C^raben, SBiesIo^ unb Oben^etnt
mit Sru^lal. !Das ^mt bes goc^ftifts Speier in jener (5egenb
^ieg ber Sru^rain.
„ 711 unb 724. Stemfelsia unb Gcorgi a Sternfels : ®eorg oon Sternen*
fels (D.'^. anaulbronn) Q)urbe 1530 ^ombefan unb 1534 ^opft
3U et. ®uibo, ftarb aber |(^on ^erbft 1535. Slemling, ®e{d^. II
835.
„ 712 unb 718. Goelerini unb Davidem : Daoib ®öler oon 9laoensburg
im 5lra{(^gau, !Dom)^oIa{ter, {pöter <md) ^ropft $u ^Oler^eUigen,
t 20. mä^ 1539. 9?emnng, ®e|^. II 274.
„ 724. Cauchum. Ir. ex. 11 unter Cauchi : minores ad Visurgum,
maiores ad Albim se extendunt. Cornelius ipsos dixit populos
Germaniae nobilissimos, qui magnitudinem suam iustitia malint
tueri sine cupiditate, nulla bella provocent, nullis raptis aut
latrociniis populentur. Jllud praecipuum virtatis et virium eorum
argumentum est, quod nihil per iniurias assequuntur. Sonft
Chauci !
„ 728. Johannes: Sodann oon gfalfenberg, Ranonifus, t 12. September
1536. iRemling, (Befc^i^te II 274.
247
Sers 729. Ottonem: Otto Don ^lUnhtXQ, 1530 Dombiftos, au4 ^topft in
Sru^lal, t 24. 3uni 1532. 9{emling a. a. D.
„ 736. Alcyone, ber (Eisoogel, bt ben ^q^one, bie um i^ren (Sotten
CTepx Irouembe Zoi^Ut bes 9[eoIu9, oermanbelt tourbe. Ov. Metam.
11, 573 ff. — Florca rura au% Vir^. Aen. 1, 430.
„ 740. Podaliraeos: ^obalitios, Sol^it bes ^estulop, berfl^mter ^r^
oor Zrofa.
„ 749. Teutonicis Rhodanus nascitur oris. Ir. ex. 8, 40: Rhodanus
fluvius Galliae, ortu Germanico g^audens, oritur enim ex montibus
Helvetiorum.
„ 750. Quadrupliceis Gallorum agros. Ir. ex. 1, 18: Galliam Ammianus
Marcellinus lib. XV., similiter Caesar in commentariis in Belgicam,
Celticam et Aquitaniam diviserunt. Est et duplex BeJgica Gallica
superior et inferior. Raum loicb ^te^smantt eine anbete (Einteilung
meinen, etwa Gallia Narbonensis, Aquitania, G. Lugdunensis,
G. Belgica.
„ 751. Yogesus: !Die Sogefen als ®ren)|^eibe f^on bei ^^Qefius, oon
bem 3renicus ben S^eis anffl^rt (Ir. ex. 7, 21):
Gallica Teutonicis qui separat arva colonis.
„ 753. Odiliae Alsaticae pia membra: Ir. ex. 7, 21. St. Dttilienberg.
„ 756. Schalmo = Säpaoalm, 9lebenf(ub ber (Eber. Ir. ex. 8, 37 : Schalmus
fluvius, cuius flumina sinuosa Euritius dixit, per Treyssain prope
Fritzlariam in Ederam descendit.
758. Urbe Quiritum : Otto von Qfalfenbetg mar offenbar in 9lom gemefen.
760 unb 763. De studiis unb Ubiorum moenia: Otto oon Sfallenberg
^atte aqo in Qo^In ftubiert.
768 unb 769. Carolus unb Ferdinandus niaren im Stooember 1530
beim 2(bgang oom ^lei^stag in Speier.
774. Caesaribus magnis: iRe^smann ffl^rt ^ier in bas tSrc^io, no bie
Iönigli(^en unb faiferlic^en Privilegien unb S(^entung9urfunben
aufbewahrt mürben.
^ 775. Hildrici : (E^ilberii^ IL unb feine ®ema^Iin !93tti$ilb.
„ 785. Proceres — senatum: ber 5lapitelfaal.
,, 786—806. ^Beitreibung ber »ibltot^e!.
„ 788. Caruntiacae. Ir. ex. : Carunti Sarmatiae populi, a Carnunto
oppido dicti, ubi olim Germaniae 6nis fuit, iam vero Germaniae
adscribuntur. 5lfimten. — Taurisci. Ir. ex. 1,20: Hos (Noricus)
et Carnos et Tauriscos dictos Plinius ait. Carni autem et Taurisci
Germani sunt. SJgL 12 unter Taurisci (^linius 3, 20), ©0^1 bie
fieute in ben Xauern.
„ 801. Bartholon: Bartholus de Saxoferrato, berühmter 3uri|t aus Stauen.
— Baldus, berühmter ttaltenijc^er 3urift. — Salicctus = SRangoIb
SBibmann, Orbinarius bes fanonifc^n 9le<^t9 in Tübingen 1477?
„ 802. Naritii ducis : ^iax, Otleus* So^n, jtammte aus 9lan)x in Botris ;
ogl Hom. Od. 5, 594.
„ 811. !J>ie ®rabbenfmdler im Rreusgang. Thomas Druchsaei sanguinis .
3:^oma9 !tru^|eb oon SBe^l^aulen, tDomf^olafter oor 1507,
ff
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bif^öfnc^er ©cnerafolfat 1507-1513, X)ombcfan 1517—4 3ufi
1523. 9{emltng, (Bejc^. II 832, 835.
33ers 821. Georgi: 5Bl|(^of (Beorg 1513—1529.
„ 824. Francisci — Syching^ia : gronj oon Sidhigen, bcr ©atte ^ebiDigs
oon Sflets^eim, ber ®^iDager bes Stf^ofs $^tlipp.
828. Hortus olivaru;p. Ir. ex. 12 Utltct Spira: Verum quasi intcr
mundi miracularecensendumadducere placuit, ut opus in Germania
non alibi visum, Oliveti montem Christi passionem referentem,
quod plane tanto sumptu indigebat, quanto olim aliquod parvum
oppidum. »gl. ©eiJlel, S)cr Äai[crbom II 141—154. S>a» SBerf
f)aUt 3000 fl. gefoftet, C5eif[el II 453.
839. Mentora, Polycleti [. gjers 97.
840. Ageladarum: 9(gelQbQs, gagelabas aus %rgos, 91Ret|ter bes&s-
guffes aus bem legten Viertel bes 6. 3^bts., galt als £e^rer bet
btei gxdbten Sflb^auer bes 5. 3^bts., bes $^ibias, Sl^ron unb
' <Polr)ftet.
860. Venerem Gnidiara. Sfüt beu Senustempel m C&ntbus tu Ratten
l^atte Praxiteles bie SRarmocjtatue ber Sßtmis gefd^affen.
863. Olympius, bie 3^Udii^tue bes $^ibtas in Olympia.
864. Pallas, bie ^aOasItatue in %if)in mit bem 6^ilb, auf bem bie
Rdmpfe ber (Biganten, CEientauren, fiaptt^en unb ^masonen unter
^ent^efüea abgebilbet loaren.
878—880. Lapis — laccho, ber Slapf, ber bei bes ©t[(^ofs (Emrttt mit
SBein gefflUt lourbe, ba^ jebermann trtnien tonnte.
883. Aediculam pulchram: Das ^üVis bes Stefan 9Kers ift mit bem
Dom bei bem (Einfall ber gfranjofen ^u (Brunbe gegangen.
886. Aulam regalem, bic Raiferpfal).
892. Germani, bas ©ermanusftift auf bem (Bermansberg. — Guidonis,
bas (Suiboftift auf bem äßeibenberg.
893. Colle Quirinali : Die ^^nltc^feit mit bem äBeibenberg, an bie 9^^^s^
mann gebac^t ^aben mag, befielt too^I nur batin, bag beibe ^figel
im ^lorben i^rer ©tobte liegen ; ober ^at er Viminaiis unb Quiri-
nalis oeriDec^lelt ? 3m festeren gfall ^ötte er äBeibenberg oom
9Beibenbaum (vimen) abgeleitet, obtoo^l es oon ®t. SBtbo (sante
Widen, ba^U sant Widentag in der fasten) = St. ©Uibo fommt.
900. Ptochodocheion, bas Spital.
903—909. 3!t ^ier bie S(^ule inbegriffen, bie ber einfüge Sc^ulmeifter
bo(^ ni^t oergeffen tonnte, ober mar es ^Ibfid^t, fie nic^t ^eroor>
SU^ben?
918. Lachesis, eine ber ^arjen, toelc^e ben S^idjalsfabeii fpinnen.
it
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M
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n
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^eri^iigiittgett : S. 171 3. 30 lies vivis für vivit ; 6. 179 3. 7
lies duos für duo; (5. 196 93. 178 lies platanones für plalamones ; S. 206
ö. 364 i(t na(^ arte ^unlt p |et|en; S. 210 95. 429 lies turreis für turres;
S. 224 93. 716 ift m'i^ digna ebenfalls $unlt 5U fegen.
@ntn)irfIungbcil£uropäi)c^en'ißorjcnanfabrifation.
fntU (genfer (Speiev).
SRit imi lafcln.
9Sor6cmerfiing.
XMe gegenmftrtige ^sorbefhing grflnbet \\d) auf Vorträge, bie i(^ im SBinter
1906/07 gehalten f)aht, unb stoac am 8. X)e3ember 1906 im £ttrrar{;(^en ^Beretn
ber $fal3 (^leuftobt), am 27. Desember 1906 im 5t{torti^en 93erein ber ^fols
(Spcicr), am 4. gebruar 1907 im SWann^eimer ^Itcrtumsoerein, am 20. SWärj
1907 im Sranfent^aler ^ItertumsDerein.
'ißon DftaHen bi^ 3Kci§cn.
(&:fte$ ^or^IIan in (Europa, ^orsellan ber SJtebiceer. (Erfinbung in (if)ma.
Das 5laoItn. Sdttgers 9la<^erfinbung. ^otes $or5eIIan. S^eigner ^orjellan.
®c^on im üRittclaltcr. etma oom 12. 3a^rf)unbcrt an, brad^tc
man julDcilcn burc^ SJcrmittlung ber ?Irabcr anv> Dftaficn ®efä§c
nac^ (Suro^ja, bic fic^ bucd^ if)rc tücißc (örunbfarbc, burd^ bag
Durcfifc^cincn unb burrf) glasartige ipärtc t)ou allen curo)}äijc^eu
3;ö)3fercrjeugniffcn ipefentlid^ unterschieben. l£S njar d^inefijc^eS
unb japanifc^eS 'ißorjeUan, baS infolge feiner fünftlerifc^en QJeftaltung
unb Äoftbarfeit faft nur in bie ©c^a^fammern ober JRaritötenfamm«
hingen ber gürften gelangen lonnte. 3Wan betounberte biefe ®c»
föfee, ftanb aber x>ox einem JHätfel; benn man üermoc^te nid^t ju
crgrünbcn, auö toelc^er 3)iaffe fie t)ergeftellt ujaren, So blieb eS
bis ins 16. 5af)rt)unbert, als auf bie (Eröffnung beS ©eeloegeS
nac^ Dftinbien um baS Stap ber guten Hoffnung ^erum ber
europdifc^e ^anbel bis an bie Äiiftcn DftafienS, nac^ (£f)ina unb
Sapan öorbrang. 9hin brachten bie Schiffe ^orjellan in reic§*
lid^erer SKengc mit f)eim. 9iamentlid^ bie ^ißortugiefen, fpäter aud^
bie Siieberlänber liefen fic^ bie (£infuf)r beS oftafiatifc^en ^orjettanS
angelegen fein. I)ie t)o^en 'ißreife, Wit fie in (Suropa für baS
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eingeführte ^orjettan immerhin nod^ bejal^It tourben, mußten
natürlid^ ben 333un)c^ ertoeden, ba^ ®e^cimui^ ber rätfelbaften
SKaffc ju crgrünbcn, um baö ^orjeHan im eigenen Sanbc an-
fertigen ju fbnnen. Slüentt)af6en tt)urb«n barum SSerfud^e an=
gefteßt, boc^ immer öergeblid^. Slm frül^eften Brad^te eS ber
äWebijeer grancc^co 1. in glorenj mit einer 1565 öon i^m an=
gelegten unb perfönlic^ geleiteten SKanufaftur ju einem ©rfolg;
er erhielte mit feiner Xonmifc^ung @Jefä§e, bie in ®ejug auf §ärte
unb S)urci^fd)einbarfeit, bie jtt)ei ^eröorfted^enbften ©igenjc^aften
be^ oftafiatifd^en ^^orjeüan^, einigermaßen an it)r SBorbilb ^eran^
famen. Sluc^ in fünftlerifc^er 3luögeftaltung burd^ ^laftif unb
Semalung ftanben biefe Grjeugniffe — tnie ia^ bei ben funft=
finnigen äWebijeern nid^t anbeuä fein fonnte - - fd^on auf l^oljer
©tufe. Unbenjußt f)atte man in ber faolinl^altigen @rbe t>on
Sßijeuja ben Stoff mit öerlüenbet, ber attein bie gäljigfeit befaß,
fid^ im ©Intofen ju ed)tem ^orseüan ju erl^ftrten. Xro^ biefer
Dieberf^pred^enben 3tnf iinge fdjlief bie mebijeifd^e ^orjettanfabrifation
a\i§> unö unbclannten Urfad^en balb lieber ein, unb nur burt^
tiwa 30 bi^ (jeute aufbett)af)rte SDhifeumöftiide mit ber florenttnifd^en
gabrifmarfe finb un^ bie S^elege jener fiüf)eften ©rfolgc ber
europäifd^en ^oräettancrjeugung erhalten geblieben.
Um ha^^ 3af)r 1700 Joiebert)oIte man in granfreic^ bie
9Jemüf)ungen, ^orjetlan ^er5uftcnen, aber man brachte es nid^t
einmal mef|r fo toeit afe 130 3af)re öorljer bie Florentiner. Die
ß^inefen bagegen iroüen ba^ ^orjeöan, ober toie fie e^ nennen,
ba^ 3;fe»fi, fd^on 2700 3af}re öor (£{)riftu$ erfunben ^aben!
3tüeifello0 ift bie§ eine Übertreibung, bod^ fott d^inefifd^eö ^or^
jeüan au2^ bcm 9. bi^ 10. 3a^rt)unbert nadj ß^riftu^ burd^
toirflid^ öortjanbene Stiirfe nad^toei^bar fein. Demnach Ratten
alfo bie ß()inefen ba^ ^orseßan etttja taufenb 3a{|re öor un^
geljabt. Sicher ift, ba^ stoifc^en 1004 unb 1007 unfercr Qtxt»
rec^nung in ßl)ina bie faiferlid^e ^^oräeÜanmanufaftur gegriinbet
iDurbe ; benn t»on ba an erfd)eint ate 5BeftanbteiI ber gabrifmar!e
ba§ 9iien4)ao, b. 1^. ber Seiname beö jetoeife regiercnben Saifer^,
fobaß fid^ bie &ntftef)ungeäeit fo gejeid^neter Stüde jiemlid^ genau
ermitteln läßt. ?luc^ bie Japaner f)aben Don if)ren Siad^bam, ben
ßf)inefen, fd)on fetjr frül^ bie Äunft bee ^orsellanmad^cnS übernommen.
§11^ erfter Guropäer berichtet im 13. ^a^rl^unbert ber SBelt*
reifenbe SKarfo 't}5oIo über ba^ ^orjeüan, ba^ er in 3apan unb
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6f)ina fcnncn gelernt tjaitt, SBie ba^ ^orjeßan gemacht toui'be,
lonnte aber SWarfo ^olo and) nid^t ergrünben. Srft einige 3a^r=
^unberte naä) SKarfo ^olo erfuljr man in (Suro^a burd^ einen
ber in K^ina tätigen !3efuiten;)ater, baß eine Srbe, ftao4in ge*
nannt, ber luid^tigfte SBeftanbteil be§ ^orjeßand fei. (Die 95e=
jeid^nung Ä'aolin rü^rt I)er t)on bem 9tamen eine^ ®ebirg^ftorf8
Sao=2ing in 6f)ino, in beffen 9iäf)e fic^ reiche Cager üon ^ßorjeüan*
erbe üorfanben.) 'und) ba§ bem Äaolin noc^ bie ^etuntfe ^xu
gefegt toerbe, fonnte ber 3efuiten;)ater mitteilen, aber niemanb al)nte,
bag in @urQ))a ba unb bort ebenfognt tuie in St)ina Kaolin aud
ber (^be gegraben luerben fönnte unb bafe man bie ?ßetuntfe,
b. ^. ben gelbfpat, ber f)äufig üorfommt, nur ju brechen unb in
fein gemaljlenem 3^f*önb bem ft aolin jujuie^en brauchte, um aug
einer SDiifc^ung öon brei ^leilen Äaolin unb einem Seil gelbfpat
of)ne toeitere^ ed^teö ^orjellan ju erfjalten. ftaolin ift nid^tg
anber^ aU Dertoitterteö Urgeftcin unb bat)er im öJebiet ber Ur*
gebirge @uropa^ fo gut anzutreffen ale in Cftafien. 55ie fiefel*
erbereid^en UrgebirgSmaffen (Kranit, @l)enit, ©nei^, Xiorit fotote
ber felbfpatl)altige ältefte ^orp^ljr fc^ufeu une^ ba^ ilaolin, toenn
fie im ßauf ber ungejablten 3al)rtau)enbe, ttjelc^e feit äMlbung ber
©rbrinbe üerftric^en finb, unter befonberö gearteten SJebingungen
in einen 3^f^^>^^ völliger SBertoitterung übergingen. 3Bal)renb
biefc^ SJertoitterung^oorgangö öolljog fid^ in ber ÜÖiaffe be^ jer*
bröcfelnben ®eftein§ eine SJeränberung ber d^emijd^en 3"föi"^^"'
fejung, toomit bie ©runblage für bie Silbjamfeit unb geuer*
beftönbigfeit ber 9Waffe gegeben toar. Äaolin ift ein Sonerbe«
©ililat üon etttja 46 ^ 2 Seilen Äicfelfäure, 38 Seilen Sonerbe,
iVt Seilen Äali unb 9Jatron, 1 Seil Gifenojljb unb 13 Seilen
gebunbenen 333affer^. &^ tritt in 3lbern, ®angen unb 9?eftern
auf, meift in gorm toeid^en ®eftein^, jutoeilen auc^ in jufammen=
l^öngenben fiagermaffen, unb gloar in bicfem ^alle infolge uon
SBeiterfül^rung burd^ SSaffcr. @ett)öt)nlic^ trifft man ba^ Üaolin
eingef:prengt in getearten bee Urgefteing, alfo an ber urfpriing*
lid^en Stätte feiner ©ntfte^ung. 3mmerl)in finb bie Äaolinlager
auf ber 6rbe nid^t fel)r jatilreid^, unb mand^e gabrifen muffen
il|r Äaolin i)ou toeitljer bejie^en.
5)a man alfo in Guropa ben toic^tigftcn ^eftanbteil ber
^orjellanmaffe, baö ftaolin, nic^t lannte unb — toeil ee ein 9?atur*
))robuft toar — aud^ burd) feinen ber jatillofen d^emifd)en 8Ser=
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fud^c aii^ Sonerbe bar3uftcUcn öermoc^te, fo blieb aüe^ Scmüf)en,
l^intcr ba$ @cf)eimniö bei- ^orjcöanbcrcitung ju !ommcn bi^ üiä
18. 3a^rf)unbcrt t)inein öergcblid^. (Srft einem beutfd^cn Sllc^i*
miften tüar e§ vorbehalten, ba^ ed^tc ^orseHan toirllid^ nac^ju*
erfinben. 2)iejer ©olbmad^er ^le§ 3o^ann ®ottfuieb Söttger. 6r
toor geboren 1682 in ©d^leij aU ©o^n eined 3Kllnjmeifter§. 5n
95erlin erlernte er ba^ 3tpotl)eIergen)erbe unb betrieb babei aud^
d^emifd^e Stubien. 2)ie^ fütjrte i^n baju, ba§ er fid^ auf§ @otb»
mad^en njarf. (£r mu§ eö gut üerftanben Ijaben, mit feinen
©jperimenten f)od^ftet)enben @i3nnern allerlei öorjutdufd^en ; benn
fd^lieftlirf; l)atte er in Berlin ben 9iuf eine^ Slbepten, b. i). eineä
toirflic^en ©olbmac^erö erlangt.
2)iefer SHuf ftanb naturgcmüfj fe^r im ®egenfag ju Söttgerä
3Bif[enfc^aft. S)a^ @olbmad)en Sollte bod^ nid^t glüdEen, unb
Söttger fonnte feine 9Serf))rec§ungen, auf toeld^e er öom Sranben^^
burger §ofe Sorfd^üffe erl|alten l|atte, nid^t einlöfen. ®r flo^
1701 t)on SBerlin nad^ 3Bittenberg, wo er öon Sluguft bem ©tarten,
Äurfürften öon Sad^fen unb JTönig üon ^olen, bcreittoillig auf«
genommen tourbe. 3iun follte Söttger für biefen ftet^ gelb*
bebürftigen gürften ®olb fc^affen. Unb toirflid^ machte fid^
Söttger an^eifcfjig, in feinen ©c^mclstiegeln öolb im 2Sertc t)on
300000 Xalern anjufertigen, nur muffe i^m ein ßaboratorium
eingerid^tet toerben. ©obann t)erlangte er nod^ einen tüd^tigen
Sorfd^uft äur Sefd^affung ber ®runbftoffe. 9ltleg tourbe i^m be*
toilligt, unb bamit l)atte er erreidjt, iva^ er njollte. (Sr befa§
toieber ®elbmittel unb f)offte mit ©Eperimentieren ben Äurfürften
für lange 3cit ^injutjalten. 5)ie§ gelang il)m auc^ met)rere 3al)re
l^inburd^, fogar unter (Srnjirlung ^peiterer Sorfd^üffe, aber tnbliä)
tourbe i^m in ©ad^fen boc^ ber Soben ju ^ei§. SBieber ging
Söttger l^eimlic^ außer 2anbe§. S^rogbem jtoeifelte Sluguft ber
©tarfe noc^ immer nic^t an ber Sefä^igung Söttger^ fd^lie^lid^
bod^ uneble SÄetalle in @olb ju öertoanbeln, unb liefe if)n ba^er
hnxd) einen nad^ il)m auggefanbten Dffijier auS feinem 3^fluc^t§*
ort (£nn^ a. b. 55onau in gutem nad^ J)regben jurüdljolen.
9iun erl)ielt Söttger feine 9lrbeit^ftdtte an tool^lbe^ütetem Orte,
namlid) auf ber Sllbredljt^burg, fpiiter fogar auf ber gelf enf efte Äönigö*
ftein angetoiefen. Umfome^r @runb ^atte Söttger, ber ba^ S)rängen
feines ®ebieterS nac^ ®olb toieber nid^t erfüllen fonnte, auS ber
geftung lo^sufommen. Sr mad|te bal)er einen glud^töerfud^,
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tourbc aber babci ergriffen, hierauf nad^ 2)reöbeu gebrad^t, lüarb
er bort ftönbig unter ftrenger 9Uifftc^t gehalten. 58öttger arbeitete
nun auf^ neue im "Dreöbener ßaboratorium mit SIRetaüen unb
ß^emtfolien, aber ber toerf))roc§ene ®olbIIumpen tooßte nid)t au^
feinen Siegeln unb SRetorten ^erijorfommen. SSom furfürftUd^en
gemünjten ®oIbe bogegen öerfc^manb eine Summe nad^ ber anbem.
3)a liefe ?higuft ber Starfe im Cftober 1707 Ööttger nod^ eine
hirje ^rift geben; füme er bi^ hai)in mit feiner ftunft nid^t jum
3iel, )o njerbe er o^ne ®nabe aufget)ängt Serben.
Sn biefer 9?otlage mad^te Söttger burc^ 3"f^ö' ^^^ ^^ H^
mit bem Selbftanfertigcn öon ©d^mclstiegeln befd)tiftigte, eine (Sr*
finbung; ^toax nic^t bie beg ßJoIbmad^enö, aber bod) eine, bie be^
Äurf ürften $)erj erfreute : bie ©rfinbung roten ^orjcüans. 1)iefe8
toar eigentlich ein rote^ ©teinjeug unb mit ed^tem ^orjeltan nid^t
ju tjergleid^cn ; aber bie öon ©öttger Verfertigten ®e|d^irre Ratten
^l)nli(^feit mit bem fog. roten ^ßorjettan, einer feinen Steinjeugart,
bie öon (£I)ina fam, unb ftellten über^au)}t al^ europäifd^e^ gabrifat
titoa^ burc^au^ Sleuartige^ bar. 3Kit bem Rängen toar c^ nun
J?orbei. 93bttger t)atte Ujieber bie ©unft feines ©ebieter^ geloonnen
unb fonntc bel)uf^ SSerbefferung feiner 2onmaffe umfaffenbere
SScrfuc^e aufteilen. 3Bä^renbbem liefe er ba^ rote ®e)d^irr in
gröfeeren SKengen unb teiltoeije in Üinftlerifc^er ©eftaltung, aud^
mit ®olb* unb ©ilbcröersierung anfertigen unb fd^icfte e§ auf
bie 2ei:p5iger SWeffe, too eö fd^lanl abging unb guten 9Ju^en ab»
toarf.
(Jnblid^ im britten 3a^r nad) feiner ©rfinbung, im !3at)re
1710, fam SBöttger eine bei §Iuc in (2ad))en üorfommenbe toeifee
@rbe unter bie ipänbe, bie man gelegentlich afö ©rfa^ be§ teuren
833eijenmet)leö jum ^ubem ber ^^Jerrüden oertoenbet t)aben foCL
5)iefe (£rbe toar baö Äaolin ber G^inefen, toar ber jur ^erfteltung
l^arten, burc^fd^einenben SBeifeporjcIlan^ unerliifelicfie ®runbftoff.
fflöttger arbeitete mit biefer 3Kaffe, unb erl)ielt alebalb ba^ ed^te
^orjellan. (Sofort tourbe nun bie gabrifation bes ä^öttgergefc^irre^
auf bie 9llbred^töburg bei äReifeen üerlegt unb öon 1713 an toar
fäd^fifd^e§ ^orjeüan auf ber 2ei))äiger SDieffe ju l)aben. 935ttger
ftarb 1719, aber fein "Job berührte bie gabrif nic^t im minbeften.
Unter tüchtiger ßeitung t^oUjog fic^ ununterbrodien bie ©ntfaltung
ber äWeifener Sötanufaltur, unb balb Ijatte SWeifeen faft aüe
euro))äifc^en ipöfe mit ^orjellan ju lierforgen. 2)ie fäc^fifd^e
254
9KanufaItur befc^äfticjtc 33ilbt|aucr öon öcbcutung, unb and) bic
^orjettanmalcr ftanben auf bcr ^ö^c i^rcr fünftlcrifd^cn Slufgabc.
Slnfangö machte man ®cf ä§c, bic genau bcn d^tncfifd^cn nac^gc«
bUbct, übeubic^ in d^incftfc^cr äWanicr bemalt tourbcn; Jelbft
d^ineftfc^e gabrifmarfen brad^tc man barauf axL 3n bcr golge
aber [teilte fid; 30?ei6en aucf) f)inficf|tlic^ ber gönnen unb 3i^i^'^tt^^
auf eigene güB^, unb aKmäf)Uc^ bilbetc ]'xd) bort eine unöergleid^-
Iic|e ßleinlunft au^, namentlich alg bie 3^^^ ^^^ SRoIoIo bie gier»
lic^e ©rajie ber figürlichen SJarftettungcn toie aud^ bie lü^nfte
unb itppigfte Drnamentif f)erröorief. 3n ben gormeureid^tum unb
in bie lad^enbe garben^rac^t be^ JRofoIo fc^miegte fid^ in ber
2;at fein Stoff fo gut ein al^ gerabe ba§ ^^orjettan, beffen leicht
l^eröorjurufenbe ©ebilbc unter ftiinftlcrl)iinben gur größten SDlannig*
falt gebiel)en unb überbie^ burc^ fünftlerifd^e Sematung mit bera
Meij ber garbe unb be^ ©olbeö au^geftattet toerben lonntcn.
I)ag (Streben nad^ Äunft f)at fid^ in feinem Stoffe, nid^t in ^olj,
nid^t in (Slfenbein, nid^t in äßarmor ober 3)ZetaIt fo glänjenb geoffen»
bart, ate jur 3^'^ ^^^ SRofofo in ben SBerfen ber ^orjettanplaftif,
unb e^ ift baf)er erfldrlid^, ba^ unfere heutigen Äunft^anbtocrfer
jene au^ bem Oefc^macf ber 3cit hervorgegangenen SSerfe bcr Ätein*
fünft nur unt)oüfommen nad^jubilben t)ermögen. äWeiftenö toirb
man an bm 9?ad;af)mungen ben eigenartigen ©d^immer bcr au^
bem @tilgefül)l ber 3cit ent)^)rungenen SSorbilber öermiffen. SBcim
fid^ bcnnod^ ein Ciebljaber alten ^orjcüan^ — tt)ic eg ^ie unb
ba üorfommt — gdlfd^ungen auff)iingen laßt, fo ift er natürlid^
in erfter ßinic ein fc^toad^er Äenner, oor aüem mag c§ aber mit
feinem fünftlerifc^cn ®e)c^macf unb feinem SSerftänbni^ für bic alten
©tilformcn fcf)led)t bcftettt fein.
SWei^cn^ 9Jad;folger.
SBten. göc^jt. gflrftenberg. ^te ^r(ont|len. 16ecltn unb anbere beutf(^e
^oräcllanfabrffcn.
39ci ben ©rfolgen öon äWeifeen, bie übrigen^ öon bcr 3Belt
finanjiclt Wtit f)öf)cr cingefd^ä^t tourben aU fic loaren, ift e^
nid^t äu öeriüunbern, bajj man an öielen gürftenl)ijfcn, an
beutfc^en fotoof)l toie an italienifd^cn unb toie fclbft am ipofc
Don 9Ser)aiüe§ barnad^ ftrebte, bie SKcifencr Äunft auc^
ausüben ju taffcn, ba^ ®ef)eimni§ üon ÜJiei^cn ju erforfc^cn.
Umfomctjr ttjurbe in ber fiid^fifdien gabrif ba^ ®e^eimni^ ftrcng
gehütet; bennod^ fonnte fd^on 1718 in 233 ien, too^in ein
255
funbigcr ^orjcUanarbcitcr unb ein 'ißorjcttaumaler t>on 9Äci§cn
aU Überläufer gelangt toaren, ebenfalls cc^teä ^orjellan angc*
fertigt toerben. Die bort errid^tete gabrif reichte aber an bie
®rö§e unb SBebcutung ber SKeiBner gabrif niemals ^eran, aud^
nid^t, nac^bcm fie im 3ci^re 1744 burc^ SRaria X^erefia öerftaat«
lic^t toorben tt>ar. Smmer^in toar 3!öicn ber früt)cfte SRitläufer
öon SReifeen.
5Ife näc^fter beutfc^er ^erfteUung^ort für ec^te^ ^orjettan
folgte 1746, alfo öoHc 36 3al)re nac^ ©rünbung ber ^abxit
3Kei§en, bie furmainäifc^e ©tabt ^ ö c^ ft a. iöi. Die bortige gabrif
üerbanfte einem öon 3Wei§eu entlaufenen ^^orjellanmaler, ber fic^
mit äloci Jj-'^Jiff^^^^^' ftaufleuten öerbanb, feine @ntftcl)ung. iJ)ie
^öc^fter ^abrif, anfänglich eine ^rioatuntemcljmung, brad^te too^l
allmä^lid^ ^^orjellan juftanbe, mu^te aber, nac^bem ber SKeifener
?trfanift bie gabrif öerlaffen ^atte unb burc§ einen Überläufer
au^ ber SBiener SRanufaftur erfegt' ioorben toar, 1757 eine 3^^^
lang bie 3^^lii»9C^i einftellen. 3nbeffen friftetc fie bod^ jur 9?ot
ba^ Seben ioeiter, bi^ 1765 ber fturfiirft üon ÜRainj, ßrjbifc^of
ßmmeric^ 3ofef, fie unter feinen @c^uß fteltte, inbem er fclbft afe
Xeil^aber eintrat. 9hin naf)m bie gabrif ^o^en fünftlerifc^en 3luf«
fd^toung, toenn auc^ bie ©rträgniffe — toie bei faft all ben fiirft=
lid^en SKanufafturen jener 3^^^ — öoUftänbig ausblieben. 5a
1778 mufete ber Äiirfilrft bie gabrif gänjlid^ auf eigene SRed^nung
übernehmen, um fie nic^t in ©c^ulben erftiden ju laffcn. ?Ite
furfürftlid;er betrieb beftanb bie ipödjfter ^^Jorjellan-gabrif bis
1796, in njelc^em 3al)re fie njegcn ber ÄriegStoirren aufgelöft
ttjurbe. 3llle formen unb SBon'äte Derficten bamals ber offenließen
SBerfteigerung.
9tocß im ©rünbungSjafir ber ^öcßfter gabrif, im 3af)re 1746,
errichtete §erjog ilarl I. Don Öraunfcl|tt)cig auf feinem inmitten
^oljrcicfjer SBalbungen gelegenen Schlöffe gürftenberg eine
^orjellanfabrif, als eS if)m nad^ ätoeijäßrigem Öeftreben gelungen
toar, einen uermeintlidßen 9lrfaniften öon ber marfgräflic§=branben*
burgifcßen gatjencefabrif ®t. ®eorgen bei 3Jat)reutß ju ficß herüber«
jujicßen. 3m 3iai;reutßifd^en ßatte man ficß, toie aUentl)alben,
mit ber ©rfinbung beS ^orjellanS befdjäftigt, ot)ne jebocß auf ba^
ccßte ^orjellan ju fommen. Der nacß Sraunfcßtoeig gelangte
93at)reutl)er ?lrfanift fonnte baßer audß in gürftenberg fein
^orjellan ßerfteUen, fo toenig toie er unb anbere eS in iöatjreutß
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äu crfinben üermod^t Ratten. 333ag er ju ftanb bxadftt, tvax ntd^td
alö toeife glaficrtc gat)encetoare ober im befteii gatle ?ßetci^))orjettan,
ha^ eine fünftlic^ jufammengefegte gritte jur ©runblage l^attc
Wflan naf)m baju 2;on, gefto^enen geuerftein unb t?crfc^icbene
gluJBmittel. 3Sie galjence, fo mußten bie au§ foli^cr öernieint=^
lid^er ^orjeüanmaffe müf)fam erjielbaren emfad^en ®egenftänbe
biird^ eine S8lei= ober ^innglafnr öufterlic^ bem ^oräeUan ä^nlid^
gemad^t ioerben.
Siad^bem ber 3lrfanift fünf 3a{)re lang in gürftenberg fo ge=
toirtfc^aftet unb t)om tierjogtidien ®elbe eine fd^önc ©umme toer=
^julöert l^atte, tourbe er enblid) entlarüt unb baöongejagt. !3ene^
gürftcnberger ^or^eUan, bem toir {)eute unter ben burc^ ftunft
tjerebelten ^orgeöanen be^ 18. 3ci^r^unbert§ einen ^lafe antoeifen,
entftanb erft nad) jalirelangen toeiteren SJerfud^en, nac^bem man
fd^Iiepc^ fogar baju gefdbritten toar, ber ^ödtjfter gabrif if)ren
leitenben ?lrfaniften 93en!graf abtoenbig 5U mad)en. üRan errcid|te
bie§ nad) langem f)eimlici^em SSerIjanbeln burd^ eine ®aBe üon
2000 (Sulben an Senigraf unb burd^ bie 3iM^crung, i^n auf
ßeben^bauer jum t)er5ogIidE) brauufd^toeigifd^en Sergrat unb Dircftor
ber giirftenberger ^orjellanfabrif ju mad)en. Die 2000 ©ulben
njaren bie (£ntIo{)nung an ben SWann für bie einfttoeilige 3(u^--
lieferung feinet 9trfanum^ unb be^ TOobellv^ eine^ ^i5d^fter Srenn*
ofenS.
SBenfgraf toar juerft in SDleifeen befd^dftigt getoefen, bann
in SBien, Don tüo er nat^ ^öd^ft übergegangen tuar. ©i* ert)ielt
bort toom Äurfürften ben Xitel eineö Äommerjienrateg. 9lls man
in ipbdift SBinb befam, ha% SJenfgraf au^rürfen tootte, lourbe er
of)ne toeitere^ in 4)aft genommen. (Srft nad^bem fid^ ber ipcrsog
t)on Sraunfd^toeig felbft an ben Äurfürften Smmerid^ 3o)ef Don
SDZainj getoenbet l^atte^ iourbe Sienfgraf burd^ bie ®nabe bcs; Äur*
fürften au§ ber ^aft entlaffen unb il)m ber Öaufpafe gegeben.
?lber faum Hier 3Bod^en n?ar Senfgraf in gürftenberg, aU i^n
fd^on ber Xob t)intoegr äffte. Dan! jenen 2000 fL ()atte man aber
bort ba^ SReje^Jt ber ^orjeüanmaffe in Rauben, unb überbie^ toar
33enfgraf§ Sd^toiegerfofin 3^f<^"^9^^^r ^^^ ^^^ ^orjettanmad^en
ebenfalfö öon ipbcöft ^er öerftanb, bereite in bie gürftenberger
gabrif eingetreten, )oba§ man ©nbe 1753 bie erfte ^'obe x>on
echtem ^orjeflan erjielte, ooße fieben 13al)re, nad)bem man fü^n
bie gabril angelegt Ijatte. 3lber ia^l toid^tigfte, bie ^^orjcÜauerbe,
257
fel)ltc im yanbc, man ^ottc fid^ nur mit ^ol^en Äoftcn einige J^äffer
t)o(l ^^orjeQanerbe aud ^affau t^erfd^afft. Srft naä) 1755 ging
in gürftcnbcrg bie ^orjeüanfabrifation regelmäßig öon ftatten,
unb jtoar jumeift mit ein^cimifd^em Äaolin.
gaft überall, too in jener grü^jeit ^orjeHanfabrilen in^
Öeben gerufen tourben, ging eö in ä^ulid^er SBeife ^er : 3Kan fud^te
fic^ ?lrfaniften ju fidjern, bie ba^ We^eimnid bed ^orjettarimac^en^
befi^en foQten, ^atte ed aber meiftend mit Sd^toinblern ober Un-
funbigen ju tun, beren nu^lofe SJerfud^e bie Äabinettfaffen ber
gürften teuer ju fte^en famen. 2l6er nid^t bloß um baö ^orjellan-
mad^en brel^te eä fic^ babei, fonbern auc^ um bie feuerbeftänbige
Semalung. I)enn um bag ^orjeUan — toenn man fold^e^ enb=
lid^ JU machen Derftanb — aud^ mit buntem 3^^^^^^ au^ftatten
3u tonnen, mußte man über ganj befonbere färben Verfügen, über
garben, bie bem 8c^arffeuer beS ©infd^meljofen^ ioiberftanben.
%ber auc^ bie 93ereitung ber ^orjeQanfarben toar aKent^alben
ein ftreng ge^ütete^ ®ef)eimniö. 3n jeber äKanufaftur mußten fo»
jufagen bie färben eigene erfunben n^erben, foloeit nic^t bie ?lr=
ianiften ba^ ÖJel^eimniä ber ?lnfertigung fd^ou toon einer anberen
^orjellanfabrif mitgebracht Ratten. Xie meiften ber biöi)er für bie
leic^tflüjfigen (SJIafuren ber galjence angetoenbeten garben fjielten
eben teine folc^en ^i^grabe au^, ioie fie erzeugt toerben mußten,
um bie ^orjeüanglajur jum Sc^mel^en jU bringen unb babei bad
6infin!en ber auf bie @la)ur aufgetrageneu garben ju betoirfen.
«uf ioö# unb gürftenberg folgte 1750 93er lin mit ber
^orjettanfabrif oon SöiUjelm Äaöpar SBegeli, bie unter beffen
jtoeitem Siad^f olger &o^toto^tt) 1763 öon griebric^ bem GJroßen
angelauft unb 5ur föniglic^ preußijdien ^^Jorjellanmanufaftur ge*
mac^t tourbe. 31K fold^e beftcf)t fie noc^ ^eute. Sobann loarb
1754 bie J^ttbril Sieubcd ob ber 2lu bei EWünd^en gegrünbet, bie
1758, nad^bem man and) bort erft nad) öierjäfirigem Scmü^en
gelernt ^atte, ed)te^ ^^orjcUan anjufertigen, nac^ Stumpf) en bürg
t^erlegt tourbe. ®ort gelangte bann bie baljerifc^e ÜJianufaftur
jur fd^önften Entfaltung unb tat fid) bcfonberö burd^ figürlid^e ?lr=
beiten ^ert>or.
Unfere pfdljifd^e ^abrif granfenttial toarb 1755 burd^ ben
f^aljencefabrifanten ^$aul ^annong au^ Straßburg erriditet. 3^^^
3af>re fpäter al^ bie Iur^)fäljijc^e gabrif, nämlic^ 1757, entftanb
bie ^erjoglic^ toürttcmbergifd^e ^orjeltanmamifattur ßubloigs^*
17
258
Burg, bic fct)r ^oö) ftcf)enbc ßciftungcn öoHbrad^lc unb bi^ 1824
in S5ctiieb toax, 1759 eine Heine, Don ber ©tabt unlerftü|te
^orjettanfabril in Sln^bad^, bie 1760 Dom 2anbcö()eiTn, 3Karf*
grafcn JUejanber, übernommen unb umö 3a^r 1763 in ba^ jtoei
©tunben öon ?lngbaci^ gelegene @c^lo§ ©rudberg »erlegt tüurbe,
1762 folgte mit ber ^erftettung ed^ten ^orjellang ffilofterSJeiU«
borf im ^erjogtum ipilbburg^aufen, 1765 gulba unb 1767
and) eine jlDeite pfät jif c^e gabrif bei 3 ^ c i b r ü cf e n.
I)ie ^oräellanfabrif im ^erjogtum Qxotxbiüdtn.
$^t)ft(us (Btaf)l j^erjog d^rifttan IV^ unb bte ^I^imte. 8$Iob (Sutenbrunn.
Die gfabrttmarfe. gersoglii^er IBetiieb. SSerlegung na(^ 3^^rflden. X>ie
Srseugnilje. Das <E>iaf^V]ä)t ^rfonum.
iöegrünber ber pfaijsjtoeibrürfifdjen äKanufaftur war ber ^^9=
fifuö 3ot|ann äßid^ael @taf)l, ber 1766 öon Äirn a. b. Sial^e nad)
3^tJcibrücfen gejogen ^oar, um ba juniidjft feinen SBeruf aU Slrjt auö=
äuiiben. 9Ser anlaßt ju biefer Überfiebelung toax @ta^l too^l beö^alb,
ttJeil er ficf)er toax, bie @unft beS iperjog^ S^riftian^ IV. üon ^falj=
3tDeibrücfen jU befigen. S)iefer l^atte ben ?Irjt unb S^emifer ©taf)I
auf Sntpfe^Iung beö Ijerjoglic^en äWiinjluarbeinS geuftel in ^\otu
brüden fc^on Dörfer älpeimal in feine SRcfibenj fommen laffen, um
öon i^m Untertoeifung bei Sierfud^en ju erlangen, bie noc^ auf
ald^imiftifc^en Slnfc^auungen fugten unb ju bem 3^^^^ führen
foltten, burd) 3^^f'i&^ '^^^ (£f)emifalien bie ©belmetatte 5um SEBac^fen
unb ©idiöerme^ren ju bringen.
Sm 3^ci6rii<i^^' 2«nb, tooäu ba^ Oebiet öon SBirIcufelb famt
einem leil ber f)eutigen 9if)einproöinj gct)örte, ftanben bamafe
mehrere ©ilberbergiperte in gutem ^Betrieb. S)ie 2luSbeute ber @rä=
gruben mit ^ilfe ge()eimer 3[Biffenfd)aften ju öerme^rcn, mag ber
ßcitgebanfe bei biefer unüerbroffen geübten 2ieb^aber=Sefd^äftigung
beö ^erjog^ getoefen fein, unb natürlid^ eiflredtcn fid^ biefe ®e*
ftrebungen aud| auf ba§ foftbarfte ber (SbelmetaQc, auf ha^ @olb.
Dr. @ta()t, ein ^rojettemad^er öon tl)pifd^er ©rfc^einung, ber bi§
baf|in in ftirn nur ein möfeige^ Slu^fommcn gefunben f)atte, ift
fic^erlic^ mit bem ^iutergebaufen nac^ 3^^^^^^'^^^^^^ S^J^gen, bort bie
fieibenfdjaft be» ^er^og^ für abeptifd^e fünfte auö^unügcn, um
fo ein f)ö^ere§ (Sinfommen ju erlangen. 3n ber Zai gab it)m ber
^erjog für bie erften ®olböerme^rung^=Ö5perimente 80 Soui^bor
auö feiner Sd^atutle ; ferner ließ er i^m ben ©orrat ber 3**^^^*
brüder SRünje an ®olb unb Silber im 22Jerte t)on 6 — 7000 ©ulben
259
bc^ufö Sycimcf}ruiig übcrtoeifeu. 3""^ Unglücf für bic ^crjoglic^cn
ginonäcn öerftanb fid^ ©to^l — tote fo öiclc — nur auf bie
SScrminbcrung bcö Qiolbt^, foba§ ba^ Gegenteil üon bem eintrat,
toa^ ber iperjog crn^artet ^attc. Um aber biefe ©rtenntniö beim
^crjog nid^t auffommcn ju laffen, fuc^te ©ta^I \\)n mit immer
neuen ^rojeften — mit auäfllf)rbaren unb fd^n)inbelf)aften — ju
befd)dftigen. @o fam er gleid^ anfangt mit bem SBorfc^tag, eine
^oräeltanfabril ju errichten, unb toirllic^ befa§ er baju aud^ bie
Äenntniffe unb gät|igleiten. iper^og K^riftian toar fogleic^ bereit
ein folrfie^ Untemel)men ju förbern unb ftettte ®ta^l, ber für bic
^älfte be^ JHcingetoinnä bic gabrif auf eigene Soften ju errichten
unb äu betreiben erbötig toar, bie Don biefem au^bebungenen
gabrifgebäube jur Verfügung, aufeerbem öcrlic^ er i^m ein jtoanjig«
jät)rigeg ?lUeinrec^t unb gab balb nad^ ©röffnung beg Setriebe§
regelmäßige ©elbjufd^üffe ^er.
S)er f)erjogIid|e (Srlaß jur 6rric6|tung ber „geinen ®efc^irr*
unb ^orjcüanmanufaftur'' ift batiert Oom 19. 9D?ärä 1767. Durc^
biefen @rla§ tt)irb bem ^f|t)fi!u§ Staf)I ba§ ©c^tofe ®utenbrunn
bei 3^cibrü(ien für bie ^oräcüanfabrif eingeräumt. Qn bem bamit
bereitgeftettten ^auptgcböube ber gabril ließ ber ^erjog noc^ ia^
nötige Srenn^au^ )amt einem ^oljfc^u^jpen errid^ten unb eine
Ärappmü^le im naf)t bem ©d^Ioß gelegenen 2)orfe Sierbad^ jur
^oc^müf)Ie für bie ®(afurmaffe umtoanbetn. (Staf|I f)atte öon
?Infang an einen tüd^tigen ipelfer in ber ^erfon be§ Don §ödE|ft
nacf) 3tüeibrüdEen gelangten Slrfaniften unb SWobeUmeifter^ JRuffinger,
fobaß er fc^on im ©rünbung^ja^r ed^te§ ^orjeUan juftanb brai^te,
aÜerbingö norfi nid^t mit ein^eimifd^er, fonbern mit ^affauer ©rbe.
SBcreit^ im SRoüember 1767 lonnte ®ta{|l bem 2anbe§f)errn 18
blau bemalte Äaffeetaffen unb 12 Schalen, bie mit bem lierjogs
lid^en 9iamen§äug in ®olb^)urpur gejiert ujaren, afe pfalä^stpci*
brücfifd^e ^orjellan^gräeugniffe überreichen. 2aut einer Snöentur
ber ^orjeltanfabrif üom Schluß be^ 3a^re§ 1767 ift für über
660 ®ulben fertiget unb l)albfertigcd ^orjellan t»orf)anben. 3lb=
gefe^en öom SSorrat an tueißem ^orjeltan ergaben fid^ bei ber
fertigen SBare in ber ^aitptfad^e: Sunt bemalte Äaffeefannen,
SWild^fannen, Xeepot, 9Bafd^füm:pfe, 3ii^e^'^ilci^)'e"/ Äöpfc^en unb
Schalen, nebftbem einige bemalte ®eräte, toit ^feifenlöpfe, bie aU
9Kol)ren* unb ^anburenfö^)fe geformt ioaren, ^irfd^fiingergriffc
unb !leine 2)ofen; ferner an ®efd^irr auc^ Sannen, Waffen unb
17*
260
jugcfiörigc^ in jopanifc^er SBcmatung. SBciteic Sorten ©cfd^irr
l^abcit feine öeicjolbete 3Kofaifränber imb finb bemalt mit bunten
SJögeln, anbete mit Canbfc^aften ober mit Slumen in ^urpur*
färbe; al^ befonberee ®ercite ift auc^ eine in ^uvpur bemalte
Siad^tlompe ju 30 ®ulben aufgeführt.
®a§ loir ed ba mit echtem ^orjellan, nic^t ettoa nur mit
fälfc^lic^ ^orjetlan benannter gatjencetoare ju tun t)aben, ift
jtt)eifelto2^ ; benn Selege jener gabrifation finb nod^ t|eute öor*
Rauben, unb jtoar öennutlid^ in bem biötjer nad^ feinem Urfprung
nid^t beftimmbaren ^orjeßan mit einer SWarle, bie auS ben beiben
über einanber liegenben SBud^ftaben P unb Z befte^t*) 3)enn
ba§ ber eine feramifc^e Sd^riftfteüer biefe äWarle einer unbelannten
elfäffifd^en gabrif, ein anberer gar einer ^abril in ^öjter i/3B.
jufd^reibt, ift ööllig ^altloö.
2)ie 9lften ber 3>J>cibrürfer ^orjelfanfabril tourben erft @nbe
5)e3ember 1906 im Ärei^ard^it) ©peier — öerftedt unter jtoei*
brücfifc^en SBergtoerföaften — aufgefunben, unb ^\oax infolge öon
SRad^forfc^ungen, bie ber Sßorftanb be^ Slrd^it)^, Dr. Slnton äßüHer,
eigene barnad^ angeftellt f)atte. Sei 3)urd^fid^t biefer Elften fonnte
id^ al^balb ermitteln, i>a^ bie gabrif X)on 1767 big minbeftcn^ 1775
in ^Betrieb getoefen ift. ©ö müftte ha fe^r üertounberlic^ fein,
toenn aüt^, loaö fie in ac^t !3at)ren I)eri)orgebrac^t ^ai, jugrunb
gegangen toäre. ©ett^iß barf bat)er jeneö in SBirflid^feit öor*
^anbene alte "^^orjetlan, ia^ bie Üöud^ftaben P unb Z afe äWark
^at, mit ber ß^^i^rüdfer gabrif in 8?crbinbung gebrad^t toerben,
ja eg fann feinem 3^^^!^^ unterliegen, bafe mir in biefem nac^
@til unb ?Irt ben jec^jiger unb fiebjiger Sauren beö 18. 5at)r«
l^unbertö ange^örigen "^^orjetlan ba^ ^)fal3=ätoeibrüd£ifd^e gabrifat
JU erbliden f|aben. 3)ie ^^JorgeHanmarfe mit i^rem PZ toeift {c^on
öon felbft barauf ^in, jumal man aud^ auf ben ©d^eibemünjcn
beö ^er5ogg ßl)riftian IV. biefe jtoei iöuc^ftaben in ber SJebeutung
^f^'fä=3^^^i^^''ii^^« oftmals antrifft. 3Benn man bei ben Serfud^en
bie PZ*äWarfe nad^ it)rer ^erfunft ju beftimmen, bi^l^er nid^t auf
?ßfal3=3^ci6rüdEen öerfatten ift, )o lag ba^ gett)i§ nur an bem Um»
ftanb, ba^ faft niemanb Dom einftigen 93eftel)en einer ^falj-jtoei«
brüdtifd^en ^orjcllanfabrif ettoag getougt i)aL
2)ie öftbrif=3lften, fo Diclfeitigen 3n^alt§ fie aud^ finb, fpred^en
fid^ über bie öon ber J^abrif gcfttl)rte ÜKarfe nirgenbö aud ; bot^
') Sie^e Üafcl II Sir. 34—36.
261
fommt barin eine SJed^nung üor, toouac^ 1767 ein @ci^lo[fer=
mciftcr einen ©tenipel mit PZ für bie ^^orjeflanfabrif anf bem
®ulenbrunn geliefert i)at 5)ag ^orjeüan felbft bamit abjuften^)eln
toirb faum beabfic^tigt getoefen fein, aber e§ liegt naf)e, bafe biejer
Stempel beftimmt toax, bie ^orjeüanfabrif irgenbtoie anjubeuten.
IJemnad^ ift ed ganj natürlich, ba§ auci^ bie gabrifmarfe, bie man
auf ba§ ^orjeüan aufjumaten pflegte, auö biefen jtoei Suc^ftaben
gebilbet toar.
@c^on im Sanuar 1768 brachte e^ @tat)l bat)in, fic^ ber ®er*
pflic^tiing ju cntjiefien, baß er ben ^abrifbetrieb au^ eigenen
SRitteln ju beftreiten f)atte. (£r trat feinen Slnfpruc^ auf bie $)älfte
be^ JReingetüinnS um ben Slbfertigung^betrag t)on 7000 ©ulben
an ben §erjog ab, unb biefer iüarb bamit alleiniger 93efi^er ber
$0?anufaItur. 9luf ®ta{)lg SBorfc^lag lourbe fobann in ber ^^Jerfon
bc§ äRünjnjarbein^ geuftel ein ®ire!tor eingeje^t, ma()renb @ta{)l
felbft, ber furj juöor jum Dberbergbireftor ernannt iporben toar,
bie Dberbireltion ber gabrif ate 9?ebenamt behielt. ®aju öerlie^
if)m ber ^erjog nod) ben ^ofrat^titeL 9Sou nun an ging ber
^Betrieb auf alteinige SRec^nung beö Öanbe^^errn, bie ^orjettan=
manufaftur loar alfo fortan rein ^errfd^aftUc^.
Siid^t öiel über ein 3a^r nad^ biefer Seränberung, im grütija^r
1769, tourbe bie 9Kanufa!tur t)on einem 9JliJ3ge)c^irf betroffen.
83ei einem aufeergetob^nlic^en ^od^toaffer be^ nal)e bem ©c^Iofe
®utenbrunn öorüberjieljenben glü^d^enö 93Iie§ brangen bie gluten
in fämtlic^e gabrifräume ein unb rid^teten große Verheerungen
an. S)arauft)in verlegte ber ^ergog feine ^orjellanmanufattur
öom ®utenbrunn toeg in ein Siebengebaube be^ tierjoglic^en SRefibeuj»
fc^IoffeS äu 3toci6iücfcn.
yiod) auf bem (Sutenbrunn f)aitt e§ @taf)l mit ^ilfe feinet
Unterbireftorä 9?uffinger, ber fc^on in ^öc^ft afe gigurenbilbner
tätig getuefen toar, unteinet)men fönnen, aud^ fünftlerifd) geformte
^orjeüanfad^en t)erftel(en ju laffen. S)ie g^trifation blieb bat)er
Icineötoegö bei ben in jener erften 3nüentur aufgeführten toenigen
©efd^irrforten ftef)en, f onbem e» tourbeu aud^ angefertigt : g^guren,
©ruppen, Xiere unb oie anfe^nlid^ften ®eräte toie Sd^reibjeuge,
©piegelral)men, ftruäifi;i:c, geflod^tene .^örbc^en, felbft ^orsellan«
Öfen mit juge^örigen i?afen, natürlid^ auc^ Slafelgefc^irr, aQer ärt.
Unb ba§ ba^ ^orjellan unter bie ßeute fam, beforgten u. a. SRieber»
lagen in ben fierjoglid^cn Stäbten 9Weifenf|eim, Äufel, 3lnnn)eiter
262
unb %xathaä), ncBftbcm in granffurl a. äR. unb in Strapurg.
©ogar eine Cotteric mit 200 ^orjeQan^Scn^innften im gabrifation^=
teerte öon 1366 (Salben, bie man i 3. 1771 in aReifent)eim ücran=
ftaltete, mu^te jur 5}erBreitnng be§ einl)eimifd^en ^orjcttan^ beitragen.
93ei ben ?Jften Befinbet fic§ ba^ öon ©tat)! eigcn^änbig
aufgefd^riebenc Slrfannm, b. l). bie ^t^epit filr üetfd^iebene ©orten
^orjellan unb ®Iafur, fotoie bie ebenfalls öon ©ta^fe ^anb ^er*
rtil^renben 3^'<^"wngen ju ben Srcnnöfen. Über^aitpt geftattcn
bie 2lften fo öiele ©inblide in bie ^erjoglid^e SKanufaltur toie in
bie ?lrt unb SBeife ber ^orjeHanfabrilation jener Qt\t, bafe ic^ e§
untcrnefimen toerbe, ber ^falj=jtoeibrü(iifd^en ^ßoräeöanfabrif in
einer felBftänbigen ©d^rift geredet ^n Serben.
Äleine beutfd^e gabrifcn unb bie gaBrifen
be^o 9lu§Ianbe§.
Äaljcl. 3)ie ©ruppc bcr tl^ütingift^en Sabrilen. ^o|Jau. — I^äncmarf.
©c^tDcben. ^c^toetj. gollanb. Belgien. 9lublanb. Italien. Spanten.
(Snglanb. gfrantretc^.
dlod) ttwa^ früher afe im ^erjogtum 3^^cit)rüden, nämtid^
bereite 1766 f)alte man in ber £)au))tftabt üon ^effen=Äaffel bie
©rrid^tung einer ^orjeüanfaBrif unternommen. StBer oBtooI)! bie
fjabrilation bamafö in einer fdjon befteljenben ga^encefabrit ein»
gerid^tet tourbe unb mau über einen Slrfaniftcn Verfügte, ber öor*
i)tx in ber ^oräeHanfabril gulba gearbeitet Ijaüt, lonntc man erft
im Sa^re 1769 bie erften Äaffeler ^oräeöanfad^en auf ben StWarlt
Bringen, unb auc^ ba^ toaren nur einfädle, Blau Bemalte 3;af[en.
3n ber golgejeit atterbing^ fd^loang fid^ Äaffel gteic^ gulba ju
I)ot)en lünftlerifd^en ßeiftungen auf; aber gulba ging fc^on 1780,
Saffel 1788 lieber ein. S)eutfd^e ^orjeHanfabrifen minberer Se*
beutung entftanien im 18. 3al)rt)unbert nod^ mel)rfad^, fo bie
tt)üi*ingifd)en gobrifen ßimbad^ 1761, SBallenborf unb SSolfftebt
1766, ®ott)a 1767, ©roBbreitenbac^ 1770, ®era 1780, noc^ f))äter
9?auenftein unb 3lmenau. genier Befd^äftigten fid^ bie ga^ence*
gabrifen ^o<)))eBborf Bei SSonn, ÄelfterBad; in §effen=3)armftabt
unb Sat)reutt) im äKarfgrafentum einige 3a{)re l)inburd^ aud^ mit
^erftettung öon ^orseHan. 3m Saläre 1779 tearb in ber Bifc^bf«
lid^en ©tabt "ißaffau, t)on Wo bie erften beutfd^en gabriten i^r
Äaolin Bejogen Ijatten, öon 'ilJri\)atunterne^mern eine "ißoräettanfaBrif
eingcrid^tct, bie e^^ aber im 18. 3af)r^unbert ju feiner SJebeutung
brachte. 2)agegcu I)at fie banf bem in bcr 9iät|c jur SJerfügung
263
ftct)enbcn ©ninbftoff, bem .ftaolin, ein jd^cg Scbcn bch)ic)cn: jic
bcftcfit nod) tieutc in ber SRofcnau bei ^^affau unb befd^äftigt gegen«
toärtig ettoa 300 ?lrbeiter. ätterbingö Verarbeitet man bort fett
25 — 30 3a^ren nur nod^ bö^mifd^e^ unb englifd^e^ Äaolin. SBad
bie Säuern, bie früher bie ßieferanten ber ^orjeKanerbe toaren,
an Waolin aug Unter*®rie§baci^ unb anbem Drten beg ba^erifd^en
SBalbeö nad^ Dberjett (früher ^afnerjett) unb Don bort bonau-
auftoärt^ nac^ bem nod^ 18 km h)eit entfernten ^aff au »erbrachten,
loar fiir bie gefteigerten Slnforberungen ber gabritation ju fanb^altig.
?luc^ in nid^tbeutfd^en Sänbem ©uropa^ erl^oben fid^ ^or*
äettanfabrifen, meiftenö ^eroorgerufen bnrd^ Überläufer au^ äÄeifeen
unb anberen beutfd^en gabrüen, fo um 1761 in ber ipauptftabt
I)änemarl^, in ftopen^agen, eine ^^Sritoatfabril, bie fd^on 1765
toieber einging unb 1772 öon einer neuen gabril gefolgt toar.
S)aö Äaolin lieferte bie 3nfel 95omt)oIm. 3m 3at)re 1775 tourbe
biefe gabrif ein ?l!tienunteme]^men unb 1779 eine Ibniglic^e
SDJanufaftur, ate toeld^c fie nodb ^eute betrieben toirb. 3n
©c^toeben erjielte bie ga^encefabril 3Warieberg gegen 1780 it)r
erfte^ toirflii^eS ^^Jorjeltan, toenn fie fid^ aud^ fd^on 3af)re lang
öort)er ftolj ^orjettanfabrif genannt ^atte. 3)ie Sd^toeij bcfafe
im 18. 3ai)rt)unbert jtoei ^orjcllanfabrifen, eine baDon feit 1760
in ^ünd) ; fie toax öon Arbeitern ber äßanufaftur ipöd^ft eingerid^tet
toorben unb lieferte ad^tung^toerte ©rjeugniffe. 2)ie anbcre, öiel
fpäter gegrünbete Sd^toeijer ^abrif befanb fid^ in SUtjon. 3n
ip 1 1 a n b erftanb ate frü^cfte bie gabri! Don 3Bee§p bei ?lmfter=
bam; ^Belgien fam mit feiner gabrif ju Souma^ über bie
gabrilation t?on SBeid^^Jorjetlan, bag allerbingö fe^r gefd^ö^t toax,
md)t i)\na\i^, bagegen i)atit 9i u ^ l a n b f c^on 1 744 eine Don ber ^aiferin
©lifabet^ inö Seben gerufene unb burd^ äRei^ner ?lrbeitcr eingerid^tete
Heine gabri! be^ ed^ten ^orjellan* in 'ipeteröburg, bie bi^ in neuere
3eit beftanb.
3n Italien regte fid^ baö gleiche Streben. Sine befd^eibene
gabril ^atte in SBenebig ein äßei^ner Sßergolber fd^on 1720 an«
gefangen, bie aber nid^t lange am Seben blieb, toeil bie ^^orjeUan»
erbe au^ S)eutfd^lanb bejogen ioerben mu^te. ©in SBiener 3lrfanift
brad^te um bie SWitte beö 1 8. 3af)rt)unbert^ bie gobrif be^ ®raf en
QJinori in 5)occia bei glorenj baju, ed^te^ ^orjeUan tierjuftellen.
Die bebeutenbfte ber italienifc^en ^ißorjeQanfabrifen aber toar bie
unter ftönig ftarl III. oon Sijilicn unb SWeOpel 1736 in fS^apo
264
bi SKonte bei 3ltapd begrünbctc SRanufaftur. 35ic Äönigin, eine
geborene ^rinjeffin Don @ad^fen, i)atit bie Anregung jur Stric^tung
ber gabrif gegeben. 3cbenfattö toaren eÄ ^anbloerler unb Äünftler
aus SReijsen, toelc^e in ^apo bi äßonte bie töniglid^e ^orjeUan-
fabri! in @ang brachten. S)iefe äßanufaftur, bie unter bem 9iac^*
fotger Äarte III., bem ^önig gerbinanb IV., nad) Siectpel Derlegt
tourbe, ^ielt fic^ bort big 1821 ; i^re Slütejeit enbigteaber fc^on 1759.
Site nämlid) S?arl ITI. Don SBourbon in biefem Sa^rc ben
%f)ion beiber Sijilien mit bem Spanien^ üertaufc^t ^atte, berief
er feine beften ?lrbeiter Don ®apo bi äßonte nad) Spanien, um
and) biefem Sanbe eine ^orjettanmanufaftur ju geben. @r Iie§
bie gabrif in unmittelbarer 9ldi)t feineiS ßuftf^loffeS Auen ätetiro
erbauen. 3!)anf ber üerftdnbnidDoHen ©rrid^tung unb ber bem
Unternetimen t)om Üönig alljöf)rlici^ nad^ t)unberttaufenben ju^
getoenbcten SDüttel fonntc bie ^orjeltanmanufaltur Suen SRetiro
fünftlerifd^e iJeiftungen oon befonberer ©genart öoltbringen.
^ie ^abril arbeitete iebod^ auöfd^liefelid^ für ben ipof, nid^t für ben
SBerfauf; erft Don 1789 an, nad^bcm Äönig Äarl III. tot toar,
burftc ^orjeUan Don Suen Stetiro gegen allerbing^ fd^tocreS ®elb
an bie 9lIIgemeinl|eit abgegeben toerben. 5!Bo^l nirgenbd ate in
SBuen SRetiro tourben gauje 3iwi"i^'^6€tteibungen tujuriöfefter ärt
an^ ^orjellan gefd^affen. 3m Sa^re 1812 na^m bie gabrif, bie
bamate nur nod^ fd^toad^ betrieben mürbe, bei ben kämpfen
jtoifd^en ©nglänbern unb granjofen ein getoaltfamed @nbe.
3n ©nglanb entftanben um bie 9Witte beg 18. Sa^r^unbertg
ebenfalls gabrifen, bie fic§ mit ^erftellung Don ^orjeflan be*
faxten ; aber ba fie bad ed^te ^arte ^orjellan nid^t machen !onnten,
fo Derlegten fie fid^ auf bie Slu^formung Derfd^iebener arten Don
9Beic^porjeaan. So ®on) 1744, 2)erbt| 1745, S^fw 1747,
SBriftol 1750, SBorcefter 1751, "ißUjmoutt) 1755 unb noc^ mehrere
anbcre, bcfonbere in ber ^ßroDinj Stafforbf^ire. SJon afl biefen
brad^ten nur 93riftol unb ^l^mout^ Don 1768 an ba8 ^artporjeltan
juftanbe, ol^ne jeboc^ bamit ju einer met)r ate örtlid^en SBebcutung
JU gelangen; nad^ tttoa brei Sauren gaben fie biefen S^^i ^^^
gabrifation fogar toieber auf.
®anä eigenartig lagen bie 8?er^ältniffe in granfreic^.
Äöniglic^e SSorbefialtc Dert)inbertett ba baS Sluffommen Don ^or»
jeüanfabrifen. ßrft ate gegen bie legten 3at)rje^nte be« 18. 3a^r»
^unbertg bie Sßorred^te jum Seil fielen, im übrigen nid^t me^r
265
fo ftreng gehütet tourbcn, tonnten \\d) ^^Jriöatuntcvnc^mer mit ^ci*
ftcüung öon ^ißovjcllan öcrfuc^cn. So liefe Söaron ©eljerle in
Üiiebcmiller tDoi)l am frü^eften Don allen, nämlic^ 1768, in feiner
^atjencefabrif bemaltet ^orjellangefc^irr anfertigen, unb fein Slec^ti^»
nac^f olger @raf (inftine öerlegte fic^ 1780— 93 namentlich barauf,
©ru^^en unb e^iguren axi^ Si^cuitporjellan ausformen ju laffen.
3n 'ißarii^, ber ßanbe^^auptftabt felbft, trachteten mehrere rafd^
nac^ einanber errichtete e^öbriten, beutfc^e^ ^Ißorjellan nac^jumadjen,
o^ne ed inbeffen ju befonberen ßeiftungen 5U bringen. Unter ben
^arifer J^abrifanten beö 18. ^a^r^unbertö befanb fie^ "ilJeter 9lnton
^annong auS Strafebnrg, beffen gabrif im gaubourg St. Sajaire
gelegen toax, unb ferner Caurentiu^ SRujfinger, ber friil^ere Unter«
birettor ber Staf^lfc^en 'tßorjellanfabrif auf bem ©utenbrunn bei
3toeibrücfen, welcher fid| mit feiner ..Fabrique de Porcelaine
allemande-^ atö leil^aber ber girma Üocre unb JRuffinger in ber
SBorftabt Sa ßourtille angefiebelt ^atte.
Die föniglic^e ^orjellanfabrif granfreic^d toar 1747 in
Sincenne^ gegrünbet toorben, al^ man am franjofifc^en ipofe mit
Staunen bag 93tüf)en ber SWcifener ^abrif getoa^r tourbe unb ju»
fe^en mufete, toie ba^ feine fdc^fifc^e Stofofo-^orjellan in ber
Siefibenj SSerfaille^ unb in 'ißarig ftarfe SJerbreitung getoann.
aber jum eigenen ÜHifeüergnügen toaren bie franjöfifc^en fteramifer
ber ©ereitung be^ eckten ^orjellan^ noc^ nic^t auf bie Spur
gefommen. Säa^ immer man in ber üBincenner ^abrif jufammen=
mifc^te, ed »urbe ftetä nur 3!Beicf)porjellan barau^. 2)ie föniglid^e
äRanuf altur oermoc^te barum tro^ aller J^iJrberung burc^ Öubtoig XV.
fein bem beutfc^en gleich gebrauc^öfaf)ige!§ ^^Jorjellan ^erjuftetlen.
S)agegen f|atte einer ber Segrliuber ber fran jöfifc^en j^abrif eingritten *
porjellan, alfo ^Beic^porjeUan oi)nt i^aolinge^alt, erfunben, baS im
allgemeinen toirf liebem ^^orjellan ätjnlic^ fa^. ®^ toar toeife unb burc^»
f c^eincnb, babei aber ungemein jerbrec^lic^. 93emalt tourbe biefeS SBeid^»
))orjcllan fc^on üor ber ©lafur. 9iac^ bem ©ntauc^en in bie
übliche 93leiglafur n^aren fobann bie ©egenftänbe einfach nod^
einem fc^toad^en 9Serglüt)en au^jufcj^en. Starlet geuer öertrug aud^
ba^ SBincenner f ünfttic^e ^orjellan feinedtoegö ; benn e^ toäre barin
JU einer formlofen äRaffe jufammengefunfen. 9iamentlid^ für
figürliche 3lrbeiten eignete fic^ biefeä J^rittenporjellan burc^au^
fd^lec^t. 3}lan machte ba^er in 9?incenned faft nur ©efc^irre, Urnen,
3ierüafen, bereu ^auptfc^mud bie fünftlerifc^e Semalung toar.
266
S)ic)c trat um fo toirlungSöottcr auf, aU fic^ bic aWctattoj^bc bei
^ßorjettanfarbcn mit bei* in leidstem fjcuei fd^mcljbaren S3lciglafur
fct)r gut Dcrbanbcn. 3m 3at)rc 1756 übcmal^m Subtüig XV.
bie gabrif auf eigene Sted^nung unb toeulegtc fic nad^ ©eüveä.
©d^on iWtx Sat)i*e üorfier ^atte er ein SBerbot erlaffen, ba§ anber^»
too in granfreic^ ^orjellan mit ))Iaftifd^cr SJersiening, mit äßalerci
ober SJergoIbung f)ergefteüt tüerbc. ©injig ba^ toeifee glatte ^or=
jellan, bie gettJöf)nlidE)e (äJebraud^ötoare, liefe man frei. Unb in
biefem SBerbot n?urjelt bie ©ntftetjung ber ^or jettanfabrif granfenttjal
2)ie ^orjellanfabrif granfentfial.
(S)rflnbung burc^ $quI 5<mnong. Das gfabrifgeböube. Der erfte fiefter Roxi
Joannong unb jetne IBrüber. 3ofef ^bam gonnong als (Etgentflmer. Geringes
(Ertrdgnts ber ^^abrif. Übernahme burc^ Rarl ^^eobor.
SBegrünber ber berühmten pfäljifd^en g^brif granfent^al
toar ^aul 9lnton ^annong, beffen Später, ein eingetpanberter
9?ieberlönber, feit 1722 in ©traßburg bie gabrifation öon Xon=
))feifen, \pattv eine DoUftänbigc ^atjenccfabrif betrieben f)atte. Um
ba§ 3at)r 1751 toar ^^aul $)annong, ber 9tac^f olger feinet SSater^
im Setriebe ber galjencefabrü, burd^ Überläufer auö beutfc^en
^orjeßanmanufafturen, auö SKeifeen unb ÖiJd^ft, inftanb gefegt
ioorben, ha^ tdjiz "ißoräellan 5U oerfertigen.
§annong gebadete 1754 feinen 93efi^ beö ®e^eimniffeö am
beften baburd) ju öerioerten, bafi er ba^ Slrfanum be^ beutfdjen
^orsettang ber töniglic^en 3)?anufaftur Sßincenneö jum Äaufe an»
bot. 9Kan liefe fid) bort mit ^annong in SJert)anblungen ein,
fanb aber feine ^orberungen ju ^od^ unb Wit^ it)n fc^liefelid) ab.
3K5glid^ertoeiie jerfd^lug fic^ bie ©ad^e aud; baran, ha^ man aii^'
liinbifdtie @rbe l|ätte einfütiren muffen; benn Sager oon braud^=
barer ^orjetlanerbe lonnte ^annong in granfreic^ nic^t offen»
baren. (£r felbft toar ja auf ^^affauer (£rbe angetoiefen.
5)urc^ ba^ ?lngebot be^ 9lrtanum5> ^atte ipannong bie ?luf^
merf)am!eit unb ben 9Zeib t)on ^incenne^ auf fid^ gejogen. 3)ie
golgen -liefeen nid^t lange auf fid) toarten: SDian betoirfte jenen
löniglid^en (Srlafe, toonad^ tJerjierteä, bemaltes unb figürlid^e^ ^^Jor=
jcllan in granfrcid) nirgenb^ al^ in SJincennev^ f)ergeftellt tocrben
burfte. 5)iefeä gctoalttiitige 3Jerbot be{)nte man aud^ auf ©trafeburg
aug, obtoo^l bamafe ba§ ßlfafe nod^ nid^t fo feft an granfreid^
angegliebcrt toar, aU nad) ber JRetJolution unb barum in nicler
^infic^t aU ?luölanb galt. So toaren namentlid) jtoifd^en bem
267
©Ifaß unb granlrcid) noc^ ä^öfd^^^^"*^" aufgerichtet, ^annong
ptte beg^db baä ^orjcHan, ba^ er nad^ granfreic^ üerf aufte, o^netiin
Deräollcn muffen, gleid^toie für feine in granfreid^ ftarf beget)rte
5al;encetoare bort ebenfalls Singang^joK — toenn anä) ein geringerer
afö für ^orjettan — regelmäßig erhoben tourbe.
?tngefici^tg ber föniglic^en Serorbnung erf)ielt ipannong öom
3ntenbanten beö ©Ifciß ben^Sefe^l binnen brei Sßod^en bie gabrifation
toon ^orjettan einjufteUen. ?lte er Gintoenbungen erI)ob, brot)te
man if|m fogar mit 5Wieben*ei§ung ber Brennöfen. @o blieb ^aul
^annong nid^tö übrig, aU bie Vergewaltigung über fid^ ergetjen
ju laffen unb fic^ auf ben ^Betrieb feiner bamalö fefjr in ®(üte
ftel)enben gat^encefabrif ju befrfiränfen. 9lber ba er nun einmal
ha^ loftbare ®et)eimni^ be§ beutfc^en ^^orjettan^ fannte, fo fud^te
er e^ anbertoärt^ nu^bringenb anjumenben unb fnüpfte ju 33eginn
be^ 3at)reg 1755 burc^ eine SKittel^perfon mit ftarl 5;^eobor, ^r«
fürften ber ^falj, 9Serf)anblungen an. ^aul ©annong erbot fid^,
irgenbtoo in ben furfürftlid^en Canben eine gabrif bee eckten ^or=
jettang ju errid^ten, fofern i^m ba^ 9llleinrec^t unb fonftige
görberung ju teil toürben.
Äarl 2;^eobor nat)m bie Sad^e eifrig auf, unb nac^ einigem
^in* unb ^erüerljanbeln I)atte man fic^ balb über bie
fflebingungen geeinigt. Unterm 26. 9Jiai 1755 ließ bereite bie
hirfürftlic^e Regierung bie bem Unternel)mer ^aul ^annong
erteilte Sonjeffion im SBortlaut t)eröffentlic^en. 3n biefem ©rlaß
Äarl Slieobor^ ioar auögefprod^en, ba^ bei fd^toerer ©träfe nie*
manb in ber ^falj al^ ber ftonjeffionär ^annong allein burd^*
fd^einenbe^ ^orjellan oerfertigen bürfe, ba^ bie fernere Ginfu^r
t)on au^lönbifd^em ^orjellan tjerboten fei unb ba^ jur ^tit in
SSerf anfüge Wölben üorrdtig get)altene^ ^orjellan nur noc^ itoti
3af)re lang feilgef)alten Werben bürfe, ferner ba^ ^annong für bie
Ginfu^r aller 3tot)ftoffe unb für bie 9lu^fuf)r feiner Grjeugniffe
Don 3ollabgaben befreit bleiben follc. Sogar eine ?lrt Gnteignungg«
red^t Würbe it)m eingeräumt auf ßager Don ^orjellanerbe, bie
etwa im fianbe aufgefunben Werben Würben. 9luc^ baö ipolj für
bie Brennöfen foQte tf)m ju billigem greife aii^ ben furfürftlid^en
SBalbungen gereicht Werben.
^annong l)atte für bie Grrid^tung feiner gabrif in erfter
fiinie bie Sleftbenjftabt 3Rannf)eim, in jWeiter ßinie granfentf)al
üorgefc^lagen. 5)a nun bie hirfürftlic^e Stegierung bamafe bcftrebt
268
toar, gianfcntf)al, bic bvittc ipau^jtftabt bev ^falj, ju einer Snbuftric»
ftabt ^eraujujie^en, fo muJ3te bic ^orjettanmanufaltur in grauten*
Ü)al angefiebelt h^erbcn. ©ine alte Äaferne, üon ber nur nod) ein
gtügel afö SRilitdrlajaret öertoenbct toar, tourbe bort afe gabril*
geböube auSerfe^en. (Sin anfto^enber ^lag, ber ben in grauten*
t^at tiegenben ßeib*3)ragonem ber ^rfürftin al^ Weitfd^ule bieutc,
mußte jur Grric^tung ber ©lafurmü^le unb eineö @d^u:p^)cnö für
ha^ ©renn^olj boju gegeben unb be^t)atb ba§f barauffte^enbe uu=
gebedtte SReitfc^uUSionbett abgebrochen »erben. Um htn öertoat>r=
loften Äaferuenbau filr bie SRanufaltur inftanb ju fe^en, ^dtte nad^
bem SSoranfd^lag be^ S8aumeifter§ SRaballiati bie turfürftlic^c
©eneraltaffe 4 888 ©ulbcu au^jugeben gef)abt. ^annong» jioeiter
©ol^n ,%arl, bem fein SSater bie Srrid^tung ber gabrit in grauten*
tifol übertragen t)atte, fürchtete iebod^, juoiel 3^^^ ä^^ Verlieren,
toenn ber Umbau burd^ bie pfäljifc^e Sertoaltung felbft vorgenommen
toürbe, unb erbot fic^ — toaf)rfd^einIid^ in Untenntni^ beö Soften*
anfc^Iag^ — bie Snftaubfe^ung auf Stofteu feiueö SSaters üorju*
net)men, toenn man bafür 1500 ©ulben ©ntfd^äbigung getoäf)re.
?luf biefen SSorf(^Iag ging bie turfürftlid^e ^Regierung fofort ein,
unb Äarl ipanuong übernahm bax> (Seböube fo toie eg toar. Df)ne
©äumen öottjog er beffen 9ln))affuug für bie gabritjtoecle unb er*
baute aud^ bie nötigen Söreunöfen. @r rid^tete baö (Sebäube, bad
bie entf^jred^enben SRaumlid^teiten barbot, gleid^ für großen 93e»
trieb ein unb f)olte fic^ tjon Strasburg ^orjcllanerbe, gormen unb
— toa^ für ben ?lnfang fe^r toid^tig toar — teramifd^ geübte
?lrbeiter nadj granteut^al
9Bie man fief)t, gefd^a^ bie ©rünbung ber ))fdt}ifd^en^or}eUan*
fabrit unter fel)r günftigen Umftöuben. .^annong tonnte fofort
mit ber gabritation beS eckten ^^orjeltan^ beginnen, benn er unb
fein @o^n toußtcu ja, toie eö gemacht tourbe, unb ber Äurfürft
toieberum brauchte fic^ nid^t Oon jh)eifeU)aften Slrlaniften ^in^alten
}U laffeu. 9Bäf)reub fid^ im 3al^re 1755 bie um 8 — 9 3a^re
früfier ate granfentf)al begrünbeten gabriten ipöd^ft, gürftenberg,
3Rünc^en*5Reubecf unb auc^ SSincenneö noc§ mit SSerfuc^en ab*
quälten unb nur galjeuce ober beften gattc^ ©efd^irr üon unechtem
SBeid^poräeüan erhielten, tonnte ipannong nod^ oor Slblouf eine^
Sa^reä plaftifd^ oerjierte ^^Jorjellangefd^irre fotoie glafierte unb
bemalte giguren unb @ru^)pen aufn?eifen. 2)a^er tommt e^, ba^
bie Slütejeit öou grantentfial t)iel früf)er einfette unb länger
269
toätirtc afe jene \)o\\ J^ürftcnbcrg, ^öc^ft, Shimpfjcnburg unb wod)
mand^er anbeten beutfd^en unb au^Iänbijd)en ä)2anufaltur.
^aul ^annong, ber eigcntlid^c Untcrnet)meiv ttjar al)o, fobalb
il^m bte Äonjeffton gefid^crt toai, t>on 3Kannt)eim in fein ©efc^äft
nacS) Strasburg jurUc!gefef)rt unb überlief ade^ lueitere feinem
}h^eitgeboi'enen @D^ne J^arL tiefer begab fid^ nad^ ^ranfent^al,
um bort bie ^vabril einjuri(^ten unb jobann bereu Leitung ju
übernehmen. 2)ie S^iitigfeit biefe^ jüngeren ^annong atö bed
eigentlichen 3c^i5pfer^ ber gabrif, tourbe öon ben Sc^riftftettem,
bie fic^ bi^^er mit ber ^ranfenlf)aler ^orjeüaufabrif bef(^äftigten,
fo gut tpie gar nid^t getoürbtgt. Unb bodi) ift bie @pur Don
feiner 2ätig!eit in ben ?lften beuttid^ genug enthalten.*) S)ie
einjige Sd^toierigleit, bieg aui ben vSc^riftftüdten t)eraugjulefen,
beftanb barin, ba§ toenn in ben äften X)o\\ ipannong ober einem
feiner brei @öt)ne bie SRebe ift, faft nie SBornamen beigefügt finb.
ftarl ,&annong ^atte bei fid^ in granlentf)al nod^ einen jüngeren
fflniber ^eter ?(nton. 5)a§ ftarl ^annong unb ^eter ?(nton
ipannong im !3a^re 1756 gleid^jeitig in '^xanUnt\)al anfäffig
toaren, f)ai Ätaug aud ben Xaufregiftern Don granfent^al feft«
gefteüt;*) btnn beibe finb in biefem 3at)rc aU 2;aufpaten für
Äinber üon ^orjettanarbeitem eingetragen. 3)agegcn fc^eint ^aul
ipannong, ber SBater, niemals in granfenttjal feinen SBoljnfi^
gehabt ju f)aben, too^I aber fam er in ben crften Jahren manchmal
batjin, um nad^ bem redeten ju fetten. Sein Sot)n unb Sgertreter
Äart ^annong ift jebenfaüg ein tüd^tiger Äeramifer unb babei
eine burd^aug felbftänbige ^erfönlid^feit getoefen. 2)ieg ge^t fd^on
barouö i)txt>ot, ba§ ber alte ^annong, ber im 2)ejember 1755 in
einer (Singabe an ben Äurfürften für ftd^ um ba^ ^^Jräbitat eine§
Äommerjienrateg gebeten ^atte, im Januar 1756 biefe^ ©cfudj
ba^in erweiterte, bajj man it)n felbft jum ^off ammerrat, „feinen
in granlent^al n)ot)nenben Soljn" jum Äommerjienrat
ernennen möge. 3n einem 9?eric^t bes^ hirfürftl. 9iateg ®rout)en
Dom 31. 0>anuar 1756 toirb bem Äui-fürften biefer ^nf^nid^ ber
ipannongg Vorgetragen unb ®ene]^migung anl^eim gefteüt. S)em
Änfud^en toarb ba^in ftattgegeben, baß beibe ^annongö ju ftommer«
jienräten ernannt iourben.
^{tcnbec^oT^ellanfabrtfgrranfent^al, Rtetsar^io Spcter, Rurpf. gfasj.
999 bis 1001.
') Sodann 5lraus, Die SSlaxUn ber ^oraeUanfabiif Srantent^al (1899)
e. 14.
270
Äarl^annong, biefcr äßitbcgrünbcr uubcrfte 5)ircftor ber ^or*
jeflanfabrit granfentt)al, ftarb fc^on um bie äRittc bc§ Sal^rc^ 1757,
ob in granfcntf)al ober anbcrgtoo fielet baf^in, nad^bcm bic Sterbe«
regifter ber fatfjolifc^en ®emcinbe granlcnt^al leibcr für bcn
gaujen 3eitabfdjnitt t»on 1739 big 1782 öcrioren finb. 2)a§
nun ber brittc ©o^n ^aul ipannongg, nömlid^ jener beftimmt
1756 in ber gabrif befd^öftigte ^eter Slnton ipannong bie fiettung
ber gabril in bie ipanb befommen t|ötte, ift nad^ ben ?Iften au§»
gefd^loffen. (Srft in ©d^riftftücfen fpäterer 3at)te lommt fem
3iame lieber öor, fo in einem Serid^t ber Mäte ©unter unb
©rouüen an bie furfürftlid^e Slegierung öom 29. 3uni 1761,
toonac^ er toegen ©rbfd^aftöftreitigfeiten mit feinen ©efd^toiftem
beabfid^tigt f)aben foöte, eine eigene 'iporäettanfabri! anjulegen.
Daöon fei er Don feinen greunbcn nnb SSormünbern toieber abgebrad^t
toorben, nad^bem bie S^if^S'f^i^^i^ beigelegt toerben tonnten. 3n
jenem Serid^t ift ^eter Slnton ^annong jtoar nid^t mit S?ornamcn
genannt, aber afe jüngerer SBruber 3ofef Slbam ^annong», eineS
anbtm @of)ne§ oon ^aul ^annong, bejeid^net. Siebftbem toirb
in bem S9eric^tc gefagt, ba§ biefer jüngfte ber ^annong'fd^en
@öt)ne, alfo ^eter 2lnton ^annong, ber eigentlid^e Sefi^er beg 2lr!a=
numö fei.
2)iefe befremblid^e ^^atfac^e er!ldrt fic^ einfad^ barau», ba§
^eter Slnton ^annong ju einer 3^itf ^l^ f^in älterer 93ruber Äarl
fojufagen nod^ auf ber 93a^re lag, fid^ ba^ ©e^eimbud^ ber gamilie
angeeignet, teiüoeife abgefd^ricben unb fogar einige ber toid^tigften
SBlätter t|erau§geriffen l)atte. 3u einem auöfü^rlid^en Serid^t über
bie Sßerfiältniffe in ber gabril, ben ber lurfürftlid^e Äommifför,
®et)eimrat ®ciger, unterm 13. Sc^jtember 1774 an htn äRinifter
©rafen ©olbftein erftattet t)at, ift beftätigt, ba§ ber jüngfte ^annong
bag Slrfanum befijje, aber eö ift babei tuieber lein SJornamc
genannt, gerner n?irb in bem S3erid^t ertoä^nt, bafe man oom
jüngftcn ^annoug auf Soften ber gabriffaffe ein garben*Slrfanum
um 500 ®ulben eingef)anbelt ^abc, toeil (ber feit 1762 angeftetite)
S)ireftor Sergbolb öon ben färben nid^t öiel üerftanben ^dttc.
?lad^bcm Äarl §annong 1757 gcftorben toar, begab fic^
^aul ipannong öon ©trapurg nad^ granfcnt^al, um bie ?lnge*
legenljciten feiner gabrif ju orbnen. 3n einem 8Sorfd^uJ3'®cfud^,
bag er unterm 26. September 1757 üon granlentf)al aug an ben
5hirfürften richtete, flagtc er, baß if)m @ott feinen „älteren ©ol;n''.
271
bcffcn SBomamc er übrigcnö nic^t antocubet, ^intoeggcnommen
f)abt. 5)a§ nun ber alte ipannong, ber in ©traßburg 99ürger
unb SRitglieb bc^ @io§en Kateö toax, feinen bid^erigen SBo^nfig
aufgegeben ^ätte, um bie granlentf)aler gabrif felbft ju leiten,
toar inbeffen nid^t ber gall. ®r t)atte gleic^ einen anbern feiner
©öf)ue, nämlic^ feinen dlteften ©o^n 3ofef Slbam mitgebracht, ber
i^m big ba^in in ber Strafeburger gatjencefabrif @tü|e getoefen
toax. Diefen feilte ^ißaul ^annong nunmel)r afö 3)ireftor ber granfeu»
t^aler ^orjellanfabrif ein ; benn feinem jüngften ®ot)ne ^eter 9lnton,
ber unter bem üerftorbenen Äarl 4)ctnnong in J5ranfentl)al befd^öftigt
gen^efen \üax, tonnte er bie Sac^e nic^t ant)ertrauen. tiefer l)atte baS
münbige 9Uter nod) nic^t erreicht unb mag o^ne^in nac^ Beraubung
beö @e^eimbucf)eg bie ©tabt granfent^al alc^balb ücrlaffen tjaben.
?luc^ unter bem neuen I)ireftor 3ofef .^annong ging nad^
tüie üor ber gabrifbetrieb auf JRec^nung beg SJaterd $)annong in
©tra^urg, bod^ fonnte 3ofef 9lbam ^annong, biefer au^gejeictinete
3Robetlcur, feine f)eröorragenben feramifc^cn ttcnntniffe bem Unter-
nehmen in öoller ©elbftänbigfcit tpibmcn.
^toei 3fll)re nac^ljer, im Sommer 1759, trat in ben Se=
5iet)ungen ber ^orsellanfabrif jur furfiirftlid^en ^Regierung eine
toic^tige 5inberung ein. Jofcf .^annong, ber im öegriff ftanb,
fid^ ju üerticiraten unb be^^alb nadj ©elbftänbigteit ftrebte, fuc^te
am 26. Suli 1759 barum nad^, ba§ fein Sater ^^5aul ^annong,
ber alt ju toerben beginne unb burc^ feine galjencefabrilen o^ne=
I|in ganj in 9lnfpruc^ genommen fei, bie granfentlialer J^abrif i^m
felbft öerfaufen bürfe. Sorauöfe^ung für eine fold^e Übertragung
toäre aber, baß bie feinem 3Sater Derlief)enen SJorrec^te auf if)n
übergingen ; auc^ bat er, ba§ ber Äurfürft iljm, mie e^ebem feinem
fc^on üor jtoci 5cil)i'cn üerftorbenen jüngeren ä^ruber ben Jitel
eineg Äommerjienrate^ Derleit)e. §ier f)ätten toir alfo eine 33e=
fc^einigung, ba§ jener ^annong, tocld^er furpfäljifc^er Sommer«
jienrat unb jünger al^ 5ofef ^annong xoax, feit 1757 nid^t met)r
lebte; eg fann fein anberer gemeint fein, alö Äarl ^annoug.
S^ainturier *) fotüot)l, toie ©d^ricfer*) gcbcnfen in il)ren 3)arftettungen
*) A. Taintiirier, Rechcrches sur les Ancienncs Manufactures de Por-
celaine et de Faience (Alsace et Lorraine), Strassburg 18Ö8.
*) Straftburger ($ai)ence unb ^orjeUan unb bie (}ami[ie ßannong
1710-1780 oon Dr. ?l. Gd^rider, Direftor bes Run[tge©erbemu|eums m
Strabburg. ^b^anblung im i^unftgemerbeblatt 1891, 9{eue golge II
S. 114—124.
272
bc^ Äarl ^annoitg mit feiner ©ilbe uub and) 3^^^*) ^^^toä^ut
nid^t, btt§ ftarl ^annong e^ toax, bev bic ^ranfcnt^alcr gabrit
in (5Jang gebindet ^at unb bafür lurpfäljifc^er Äommerjiencat
geworben ift. ^a\il ^annonge jüngfler ©ol^n ^eter ärtton, ber
bad ^amitienarlanuin gcfto^lcn I)atte, t)ieU fic^ nad^ 1 757 ineiften^
in ^arig auf, too er e^ ba^in brachte, ba^ it)m 1761 bcr 3)irettor
ber löniglid^en ^orjeüanmanufattur ©eure« ba^ Ärfanum um
6000 Öiüreö tapitat unb 3000 fiiüred ^a^re^rente abtaufte.
®in SBerid^t bed JRate^ ©eiger, be§ al« ftommiffiir für bie
furfürftlid^e ^orjellanfabrif aufgcftetlten SBeamten, enthält über bie
gamilie ^annong feineöUjeg^ Perläffige eingaben. 3n feinem
;,^^5romemoria", batiert 9Kannl)eim 13. September 1774*) unb ge=
rid^tet an ben äRinifter ®rafen 'oon ®oIbftein, gibt ®eiger ein
©ilb beö bi^^erigen Seben^gangee ber 'iJJorjeUanfabrif. CEr be=
richtet im ©ingang, ba§ bie ^abrif Don ^aul jpannong begrünbet
nac^ beffen 9(bfterben Dom ältcften ®o^n ^eter unb naä) beffen
2;ob t)om jtoeiten @of)n !3o|ef bie Einfang 1762 gefüt|rt ttjorben
tüSre. ©ei biefer ®d|ilberung ift fdft alle« falfd^. ^eter toar
nic^t ber ältcfte @oI)n ^^?aul .^annong^, \)at überl^aupt bie ^abrif
nie gefür^rt unb ftarb aud^ nid)t, beoor ijofef ^annong bie
gabrif übernal)m; üielmel^r l)at 3ofef 5)annong biefe fc^on bei Ceb*
jeiten feinet SSater^ 'ißaul aU fein Eigentum erlangt, unb 'ißeter
^annong ijai nod) 3a{)rje^nte, nac^bem bie ^annong^ mit ber
^ranfentf)aler g-abrif überhaupt nid^tö me^r ju fd^affen i)atten,
Dergnügt in ^ariö gelebt. 3ofef ?lbam toar femer nid^t ber jtoeite
fonbern ber attefte So^n ^^Jaut ^annong^, er f)attt nur jeitlid^ aU
jtoeiter bie Seitnng ber gabrif übernommen, nadjbem bereu DorI)eriger
2)ireftor, ^aul ^annonge stoeiter SoI}n .ft'arl, 1 757 geftorbeu toar.
3Sie am ber Derfefjrten "Darfteüung Seiger^ l^eröorge^t,
Ijcrrfd^ten felbft bei Seamten, bie mit ber ^orjellanfabrit amttid^ ju
tun f)atten, fc^on 1774, alfo faum 20 3af)rc nac^ ©rünbung ber
TOanufaftur, unflare SSorfteCungen über beren erfte ©ctrieb^^eit.
9tid|tig ift folgenbe öenealogic ber ^amilie, toeld^e bie granfen»
tl)aler ^orjcttanfabril begrünbet Ijai: 1) ^aul 9(nton ^annong,
SJatcr, Segrünber 1755, f 1760; 2) Äart i&annong, jtueitgeborener
*) Vit Scanfent^aler ^orjellanfabrif pon (Ern|t 3ais. flb^nblung in bet
3eit|(!^rift bes bat)er. S^unftgetoeibeoecehts SlRünc^en 1894, ^ef 1 12 8. 101 hn 106.
') RreisKtrc^io Speter, ^tten bei Stanfent^aler $oc}ettanfabiil, 5lurpf.
afass. 1000 _?. 1^.
273
So^n ^^aul 9(nton^, ©inric^tcr unb crftcr Ücitcr üon 1755 an,
t 1757; 3) Olofcf äbam ^aitnong, ältefter @ot)ii $aul «ntonsi,
fieitcr bcr gabrif üon 1757—1759, eigcntümci: t)on 1759-1762;
4) ^eter 3tnton ^annong, jiingftcr @ot)n, ®et)Ufc in bcr ^abri!
Uon 1755-1757. Dicfcv — ^ctcr ^annong — ift 1757 noc^
am 29. Sc^Jtcmbcr in granfent^al laufpatc gctocfcn, t)at fid^ aber
babci burc^ 3t. ipanbfd^uf) öeutrctcn laffcn.^) 9iac^bcm ^aul Slnton
ipannong — bcr Satcr — jd^on am 26. Sc^Jtcmbcr 1757 an bic
furfürftlici^c SRcgicrung berichtet t)attc, ba§ fein ,, älterer @of)n"
geftorben tpäre, fo fann bieg nic^t — tuie 9tat Seiger 1774 fd^rieb
— ^eter getoefen fein, fonbern toar c^ eben Äarl, bcr altere bcr
beiben big bat)in in granfent^al tätigen 3öt)ne ^aul ^annongg.
35ag in Urfd^rift bei ben Elften liegenbe ®efudE| 3ofef ipannongg
üom 26. :3nli 1759 tourbe fc^on am 3. 3luguft üom Äurfürften
Äarl 2;f)eobor in allen Stürfen betoilligt. 3ofef ipannong burfte
bic J^abrif an feinet 9Saterg vgtette übemel)men, oI|ne ba% bamit
bic bigt)erigen Sorred^te erlofd&en, auc^ tuurbe er jum ÄDmmerjien'
rat eniannt. (Sbenfo mid^tig ^uar c» bei biefem Öefil^toed^fel, bafe
nunmei)r 3ofef ipannong für bie feinem SSater betoiüigten SJor*
fd^üffe alg Sd^ulbner aner!annt tourbe. S8on 9luguft 1759 an
toar alfo Jofef 3tbam $)annong, bcr bic 2tnjaf)lung an feinen ^öater
mit bem ^eiratggut feiner ^rau leiftete, alleiniger Öefitjer unb
üeiter bcr J5ranfentf|alcr ^orjeflanfabrif. 911^ fotd^cr blieb er üor
allem barauf bebad^t, ba^ Slbfaj^felb flir fein ^orjeHan ju er*
Leitern unb fnü^jfte barum aucf| auglänbifd^e SJerbinbungen an, fo
im ipaag unb in ^^Jarig. 3n bcr Xat t)ermef)rte er fo ben SJcrfc^leig,
allein offenbar toaren bie greife, 5U toelc^cn bag granfcnt^aler
^orjcllan im 9lu6lanb t»crlauft tourbe, im 3?crt)altnig ju ben
SWebcnloften toie '^vad)U ^oü, ^tJ^roDifion ufto., ferner toegen bcr
unl?ermeiblid^cn 9Serlufte burd^ SBruc^ ober bmä) ©ntgang beg Gr=
löfcg offenbar ju niebrig angefcbt. I)ie ^rei^bilbung U)ar eben
abf)ängig i)om SBettbetoerb bcr eint)cimifc^en ^aljencentoarc unb
beg c^inefifc^en ^orscltang. 33ei bicfcr @ad;lage blieb bag üx^
trägnig ber J^^bril tro^ lünftlerifdier ©rfolge bauernb unter ben
(Selbftfoften ; t)icju trug allerbingg auc^ bcr Umftanb einigermaßen
bei, i>a^ fidti i)ot)t ^errcn üom ipofe Sari Xl)eoborg jtoar gern
') &err So^^^n Rraus, ^bjunft ber Stabt gfrantent^al, ^at auf mein
(Er|u<!^en im Xaufbu(^ ber (ot^olif^en ®emetnbe Sfranfent^al na(^ge|(^Iagen
unb bie{en (Eintrag ermittelt.
18
274
fd^öncS ^orjcttan aug bcr gabrif ausfolgen liefen, mit bcm 95c=
jaulen aber oft fe^r im SRücfftanb blieben. 3)er Äurfürft entnahm
fotoo^l ba^ ^orjeHan für feine ipoft)aItung, afe aud^ fein bemalte
®efc^irre unb fonftige ^rad^tflüdEe, toie er fie mit SJorliebc afö
©efd^enfe an frembe gürften unb (Sefanbte öertoenbete, unter 9Ser*
red^nung auf bie auS Sanbeömitteln geleifteten SJorfd^üffe. Unb
bodi) lonnten bie furftirftlid^en @utf|aben nie getilgt toerben, immer
toieber mufite bie ©eneralfaffe ©eiber öorfh:ecfcn, big im Sa^re
1762 bie ©c^ulb ber gabrif auf über 16000 ©ulbcn angetoac^fen
toar. 3n biefer ßage entfd^Iofe fid^ Sofcf ipannong, bie ^orjeHan*
fabrif bem ^irfürften, bem ja ol^ne^in bie ^au^}tgebdube gehörten
jum Äauf anjubietcn. S)er 3Bert ber ipannong'fd^en 3w6<J"^^"f
©nric^tungen unb SSorrdtc irurbe barauf^in auf na^cju 41 000
©ulben ermittelt, unb Äarl 2f|eobor liefe in ber ^^at biefen S9c=
trag nad^ Slbjug ber SSorfd^üffe an Sofef ipannong augbeja^len;
nebftbcm ipurbe if|m für ben inneren SBcrt be§ Unternehmend noc^
eine Slbfinbung Don 10 000 ©ulben gebäf)rt, Sofef ^annong be*
gab fid^ barauf in^ ©Ifafe unb überual^m bort bie ööterlid^en ga^ence*
fabrif en in Strasburg unb ipagenau; benn fein SBater ^aul
^annong, ber Söcgrünber ber äRanufaftur granfent^al, toar 1760
in ©trafeburg geftorben.
S)ic gabrümarfen Oon granfent^al.^)
P H oon Stropurg unb gfranfent^al. Die !Rautenmarfe. Der $föl3er £diDe.
Die SRarfen I H unb IAH. Doppelmacfen. ^Bet^eid^en.
Äurfürft Äarl Xfieobor toar jeftt nid^t mct)r btofecr SBefc^üger
ber granfent^alcr ^oräellanfabrif, fonbern felbft ßigentümer, unb
öon biefer ^eii, nämlic^ Dom 1. gebruar 1762 an, tourbc bie
allbefannte ftart=3;f|eobor=3JJarIe, bie in einanber üerfd^lungencn
95ud^ftaben (9 unb 'S" mit bcm Äur^ut barüber, aU gabrifjcic^en
bcftimmt. 3)ie Oom 3nf)ciber bcr Äonjcffion, ^aul ipannong in
Strasburg, für feine granfcntljalcr gabrif enbgültig angenommene
SKarlc toar ber aufredete ^fäljcr üötvt gctoefen, eine ÜJiarfc, bie
— tüic bie fpätere (S *S^=aJiarfe — mit blauer Äobaltfarbc auf
ba^ leidet öcrglülitc, nod^ rauljc ^orjeltan aufgemalt tourbe.
93cibc äRarlen erfd^cincn alfo immer unter ber ®lafur. Sieben
ber Sömenmarfe trifft man — mcift an ^alböerftedttcr ©teile —
einen Stinbflcmpel mit ben 93udjftabcn PH, bcr natürlid^ öor bem
') Bitf)t Xafel II mt. 1—33.
275
©erglühen beö ^orjcllan^ in bic nod) tocid^c SRaffc eingcbrücft
toorbcn fein muß. Ob ftd^ biefcr ©tem^)cl, tocnn er für ftd^ allein
alfo o^ne bie ipau:ptmarfe Dorlommt, audfd^Iieglic^ auf granlentf)al
bejietft, bleibt ba^ingeftetlt, nad^bent $aul ipannong baS ^orjeQan,
ba^ er öon 1751 — 1754 in ©trafeburg anfertigte, folange i^m
bied nod^ nid^t verboten tporben toar, üermutlic^ aud^ mit bem
PH^Stentpel üerfe^en ^at. 2;atfäd^Ii(^ gibt eS mit PH geftempelteS
?ßorjeUangefd^irr, beffen ©trafeburger ^erlunft fid^ auö ber Se»
malung erfennen läfet, benn biefe fie^t ftc^ barauf an, toie bie
Semalung ber ipannong'fd^en ga^encetoare. ?lnbcrfeitä gibt eö
mit PH bejeid^nete^ ^orjellan, ba^ man unbebingt granfent^al
julpeifen fann, toeil e* eben ein anbere^ 2luäfef|en ^at, toie ba^
nad^ ©traPurg ju öerh^eifenbe. 2)aneben fann e^ toot)I aud^ mit
PH allein bejeid^nete ©ad^en geben, bei benen man fc^toanfen
fann, ob fte nad^ ©trafeburg ober nad^ grantentl^al get)ören.
Sebenfaü^ ift ber PH«©tem))el in ber erften 2t\i aud^ in granlent^al
jur ^nti)enbung gelangt
3utoeUen, aber boc^ außerft feiten, fommt neben ober bid^t
unterhalb beg ©tempete PH nod^ ein in bie SRaffe eingebrücfte^
F oor, fobafe fid^ alfo ber ©efamtftempel PHP ober ^^ ergibt. S)iefe8
F ift h)of)I aU granfentfial aufjulöfen, fc^toerlid^ afe Fecit.
©egenftänbe mit PH famt bem F finb alfo fidler granfent^aler
Urfprung^. S)a§ aber bc^^alb alle^ ^annong'jd^e ^orjellan, bei
beffen äßarfe bag F neben PH fe^lt, in ©tra^burg entftanben toäre,
barf bod^ nid^t angenommen ^oerben. jpinter PH fommcn aud^ öfter
Ballen Oor, fo PHI, PH 2, PH 3. 2)iefe 3af)ten bcjie^en fid&
auf bie ®röfte ber ©egenftdnbe.
S)ie feltenfte früt)e gabrifmarfe ber granfentf)aler äJianufaftur
ift bie SRautenmarle, bargeftellt burd^ ha^ toeife unb blau gerautete
le^te gelb eined t)od^ unb quer geteilten ooalen 3Ba:|)penfd^ilbe^
ober einer 3;artfc^e Oon Sägern. S)iefc 3KarIe fam bei ber äug*
ftettung öon granfentt)aler ^orjettan, bie ber SlltertumäOercin
3Kannt)eim 1899 öeranftaltet ^at, auf einer bemalten Saffe oor,
unb jtoar in ^Begleitung bcg eingebrlldten PH. 6^ ujar alfo ein
®efc^irr aug ber Qtit ^aul ipannongg, unb ätoar ein Stücf, ha^
in ®ejug auf bie 9Bat)I einer fjerrfd^aftlid^en SRarfe einen plö|=
liefen SBec^fcl erfennen läfit. ^aul ^annong toünfd^te für fein
granfentfialer ^orscUan offenbar neben feinem fc^ier unfid^tbaren
PH eine baö ^erfunftölanb bejeid^nenbe gabrifmarfe anjune^men,
18*
276
toax abci nod^ 311 feiner ©iitfd^etbung gefommeii, alö fein Sofjn
Äarl bic gabrifation fc^on in (Sang gebrad^t ^atte. ?lm 15. 3)e=
jember 1755 befunbet ^aul ^annong fd^riftlid^ ein foldjeö SJor*
t)aben, nämtic^ in jenem fd^on ertoä^nten ®efud^, tDorin er nntcr
^Berufung auf feine 3Biffenfd^aft unb feine ®c^eimniffe um ben
Äommerjienrat^titel bittet; bei ber toeitcren Segrünbung biefc^
?[nf))ruci|e^ auf einen furfürftlid^en ^^itel lommf ber alte ^annong
ju bem 9Sorf)alt, ha^ er „in fein ^orjcttan bai furfürftlid^e
aBa|)))en jeberjeit einjubruden beg untertänigften ©rbieten^ fei.*'
93ig ba^in toar alfo nod) feine furfürftlic^e 3Karfe jur 9ln*
toenbung gebrad^t, Jüa^rfd^einlic^ überf)au^)t nod^ fein ^orjeQan ge=
brannt tüorben. 9hin ift ^aul ^annong t)on ber 9lbfic§t, bag SBappen
einjubruden, alfo glcid^ feinem PH blinb einftempeln ju laffen,
iebenfaüö ipieber abgefommen; aber eö fd^cint, bafi er ober fein
bie ©efd^üfte füf)renber @o^n felbftänbig auf ha^ SRautenUja^Jpen
Verfallen ift unb mit biefer 3Äarfe baö t)erglüf)te ^orjeCan r?or
ber ®Iafur bejeid;nen lie§. S^amit toaren bie ipannongS allerbing^
mel^r in bie bal)erifd|e ate in bie pfäläifd^e ^eratbif geraten,
toe§f)alb eg tool^t bei ber üorüberge^enben 9lnti)enbung be^ 9iauten=
toa))^)cng bie ettoa in§ ^rüt)jal)r 1 756 ju fc|en ift, fein ©etoenbeu
I)atte. SSielteid^t um nid^t mit ber furba^erif(^en ^abvif Sieuberf
in ©treit ju geraten, mag bann ber ^fäljer ßötoe afe eigentliche
gabrifmarfe eingefül^rt toorben fein.
2)en Übergang Don ber einen tieralbifd^en 3Rarfe jur anbern
fönnen toir nod) an einigen erl^altencn ^orjcßanfad^en jener Qtit
Verfolgen : Das Unterpldttd^en jur 2;affc mit ber SRautenmarfe unb
mit bem Stempel PH tragt j. S. nid^t auc^ bie SRautenmarfe, fonbem
^t ben ^faljer ßötoen. 2)abei toaren jtoeifetto2i Söffe unb Untertaffe
gleidjjeitig beim ^orjeßanmaler in 2lrbeit, benn bie eigenartige unb
feltcne 99emalung beiber ©egenftänbe — gelbe Stbtönung ber @Jefamt=
fläd^e unb Stumenftrauftd^en in audgef^)arten Äartufd^cn — befinbet
fid^ in öoÜer Ubereinftimmung. 2)arauS gef)t f)tx'vox, ba^ in ber
3eit bis^ minbeftenö jur SBemalung be^ Xaffenpaare^ ha^ Säger beö
glattgebrannten h)ci§en ^^orjeüan^ einjelne @tüde enthielt, bic
nod) ha^ 9{autenfelb al^3 9Jiarfe trugen, n)äf)renb ber ipaitptbeftanb
be^ ßagerö fd)on mit bem Söioen aU ^annongä enbgültiger
gabrifmarfe bejeid^net toar. S)ie gleiche Srfd^einung tritt an jtoei
mir befannten S^affen auf. S)iefe finb in ber g^rm genau jU
einanber paffenb unb auc^ gleid&mä^ig mit Canbfd^aften,. in Aar*
277
tufc^en f)urpurfar6en bemalt, gehören aljo augenjc^einlic^ jufaminen.
Sine biefer Waffen i)ai bie 9ta\xitnmaxU, bie anbete, \o\mt betbe
Unter^)tättci^en ben Üölpen; baneben ift auf bei* S^affe mit ber
Siautenmatfe unb auf bem einen ber Unter^lättc^en noc^ bad ein«
gepreßte PH öor^anben.
!£)ie ^ften geben feinen ^luffd^Iug, ob 'ißaul ^anuong jum
?(ufgebeu ber JRautenmarfe unb jur Slnna^me bc§ üötoen ^Uva
amtlid^ t)eranla§t iDorben ift, ober toelc^e 58orgefc^irf)te über*
t^aupt bie £tnfü{)rung bed fK^'rfc^aftlid^en ^abrif^eic^en^ i)atit.
9)ian barf aber fieser jein, baJ5 baS JRautenfetb auf bem "ißor'
jeQan fein langet 2tbtn geführt ()at unb bag bie toenigen
@egenftänbe, bie mit ber Stautenmarfe noc^ oorf)anben finb,
öieüeid^t Don einem einzigen, natürlich in bie 9lnfang^jeit ber
gabrif faüenben öranbe granfenttjaler ^orjellan^ ^errüljren.
Unter 3ofef 2lbam ipannong, bem Stad^folger jeine^ ©ruberes
Jlarl in ber ^ranfent^aler ^orjettanmanufaftur, oercinbert fic^ ha^
^auiptmertmal bed ^abrifjeic^end natürlid^ nic^t: ^er aufrecfite
^fäljer üötoe bleibt, nur er|d^einen ftatt bcä Slinbftempete PH
anbere bergleic^en eingebrüdEte 5Rcbenmarfen, bie fic^ auf ben
9Jamen beö nunmef)rigen gabrifleiterö bejief^en, nämlic^ H, IH,
IHN unb I H mit "ipunf tauf bem I. ') (Sinc^ biefer Seijeic^en neben bem
^fäljer ßöloen jeigt alfo bie S)ireftion 3ofcf ^annong^ an- ©ine
anbere Sebeutung aber ^aben jebenfaß^ bie in jierlic^ec Sc^reibfc^rift
jutoeilen auf figürtid^en (Srjeugniffen t)orfommenben Stempeleinbrücfe
mit ben üerbunbenen öud^ftaben ©7 unb eÄT^) ©ei ben fo be«
jeic^neten ©egenftänben mag e^ fi(^ um ©ebilbe f)anbeln, bie
3ofef ^annong fclbft mobeUiert unb bie er be-5t)alb mit feinem
ipanbjeic^en t)erfet)en \)ai, um fie Oon ben Slrbeiten feiner t)on if)m
angefteüten ®e^ilfen ju unterfc^eiben ; benn biefe befonberen Stempel
trifft man manchmal allein, mand^mal jufammen mit anberen
gabrifmerfmalen. 2)iefe finb fotoof)l ber Übtoe, ate bie f)errf(f|aft'
lic^e äKarfe ^aul ipannong«^, toie auc§ ber Cbtoe unb baneben
ber ebenfaltö blau unter &la]i\x bcfinblid^e Stamen^jug 3 a ^^
jene anfpruc^^ooUerc J^abrifmarfe,') bie Sojef 9lbam ^annong
1756 eingcfüf)rt f)at, afe bie 3ranfentf)aler ^abrif burc^ ftauf in
fein (Eigentum übergegangen toar. 3?on biefem ä^i^V^^n^t an fiel
auc^ jugleirf) bie 9ln)oenbung ber Ölinbftempel mit IH ufto.
für immer toeg.
») !X:ofcl II 13-15. «) lafel II 16-18. ») lafel II 19—21.
278
(Sine foju|agcn öerfd^tocnbcrifd^ mit %abxi%txd)tn ücrfc^cnc
runbe ^laiit, gegiert mit blauen ®Iumenfträu§ci^cn in Äobaltunter*
malung unb jugleid^ mit flad^ erhabenem, aber farblos gehaltenem
Slumentoerf, befinbet fid^ in ©peier. S)iefe platte l^at fotoo^l
baS eingeftentpelte PH, afe aud^ blau unter (Slafur ben ßbtoen
unb ben SWamen^äug ^ Q «6; fie toeift bemnad^ bie urf;)rünglic§e
SRarfe ^aul ^annongg toie bie öon beffen ©ol^n 3ofef ^annong
nad^ 1759, alfo nad^ ©rtoerbung ber gabrif, geführte ®efamtmar!e
nebencinanber auf. 2)er Slinbftentpel PH bejeugt, bajj biefc
platte in ber allererften 3^^^ ^^^ ^^wl ipannong'fd^en SBctricbcS
in granlentl^al geformt tonrbe. Sßatürlid^ \)ai bie platte gtcid^
bamafö ben leidsten SBranb im ©lü^ofen empfangen. 9Som SBer*
laffen beö ©lül^ofen^ an mu§ bie platte, njeld^e un^ l^eute jtoci
fid^ toiberfpred^enbe :|3erfönlid^e STOarlen geigt, im Siau^gutmagagin
geruht l^aben, bi^ man fie nad^ Sluguft 1759, ate 3ofcf ipannong
(Eigentümer ber gabrif getoorben toar, bort l^eröorl^olte unb mit ber
blauen gabrümarle Sofcf §annongg, bem ßötoen nebft bem 9tamen^«
jug das, öerfe^en l^at Stud^ bie blauen Slumen !amen ie|t
afö Unterglafurmalerei auf bie platte unb erft fobann tourbe biefc
glafiert unb gargebrannt
3Beniger auffallenb ift e^, ba§ man in ?lu§na^mcf allen
an ©efd^irrftiidten nod^ eine ber alten eingeftentpcUen ^)erfönlid^en
äWarlen IH ober IHN neben ber eigcntlid^en gabrifmar!e Sofef
ipannong^, alfo neben bem ßöioen famt bem äßonogramm ^ Q «6
antreffen fann. Sin fold^eg StüdE, ein fein bemaltet 3^^^^^)^^*^^^^^^
mit eingebrü dEtem IH, befinbet fid^ in @:peier. S)er ipergang ift
berfelbe Xoxt bei ber eben befd^riebcnen runben ?ßlatte, nur liegen
SSerglül^ung unb ©lafierung jeitlid^ nid^t fo tocit auöeinanber.
2)ie gabriftnarle Äarl Sl^eobor^, ba^ äWonogramm e Z
mit bem Sliir^ut barüber, crfd^eint l^äufig in ^Begleitung öon jloei»
ftcHigen, gleich ber äWarlc felbft öor ber ®lafierung blau aufgemalten
3al)len. ©elegcntlid^ ber fo reid^f)altigen granfentl^aler ^orjellan«
auöftellung bce 3lltertum§öereing SÄann^eim 1899 \)(ibt i(| feft»
fteHen fönnen, ha% bie 3^^^^^ ^^^ '^^ beginnen unb bis 89
lüdfenloö tjerl^anben finb. ©d^on bamafe mu^te man ba^cr ben
©d^luft jietjen, ha)^ e» 3ci^rjat)lcn feien. Uberbie^ l^abe id^ in*
jipifd^en für biefe ^Innal^me in ben gabril»?lften ganj beftimmte
ipinJoeife gefunben. Über bie Sebcutung anberer ®eijeid^en, bie
audö blau unter ®lafur angetroffen toerbcn, toie \ia^ oft öorfommenbe
279
V^ni, bic Sud^flabcn 9 ober f ober G, L, W, toie ferner öer*
fd^iebene einfädle 3^??^^^/ litmt gra^)^ifci^e iponbjeid^cn unb aud^
bte fünfte unterhalb ber äßarfe in ber 3^^! öon einem bte bret
l^at man jum 2;eil tool^l SBermutungen, aber feine bcftintmte SluS*
legung. Übrigen^ ftnb biefe Seijeid^en für un8 jiemlid^ belanglos.
Der lurfürftUd^e Setrieb in granfent^aL
l)ie ^Dfrellion SBergboIb. Das !it\i^tn i%. 93o{TtereT' unb Sdlalemameti.
C^rofter 5lronIeu(^ter unb anbere Sfabrüote. 3nfpeftor gfe^Inet.
Serbrfingung Secgbolbs.
SKe^r afe jene Seiäeid^en gibt eine 3)ire!tormarIe ju benfen,
toeld^er man auf Dielen unb üorjug^toeife auf ben jierlid^ften unb f einften
giguren unb ©eräten bc^ ffiarl 3^^eobor'fd^en Setriebeö begegnet;
fte ift ber eigentlid^en gabrilmarf e untergeorbnet, bod^ — toie biefe —
üor ber ®lafur mit bem ^infel in Äobaltfarbe auf ha^ Maul^gut
aufgebrad^t. SJiefe fleine 9tebenmarle beftef|t mand^mal einfad^ au8
B, meifteng au^ ber ©ud^ftabenöerbinbung A.*) 6^ fann !aum
ein 3to^if^I befte^en, )>a% biefe Seijeidien auf ben Ärlaniften äbam
Sergbolb l^intoeifen, ber feit Sbjug Sofef ipannong^ bei ber SKanu»
faftur in leitenber Stellung tätig toar. Sergbolb ift auf gürf^prad^e
irgenb einer ^ol^en ^erfönlid^feit Don ^öd^ft, too er juerft ?ln»
orbner unb gormer, fpäter 93ud^t)alter in ber furmainjifd^en ^or=
jellanfabril geloefen toar, nad^ gran!ent^al berufen Sorben unb
^attc Dom 1. gebruar 1762 an bie neue 5)ire!torfteIIe an ber
?ßoräettanfabrif granlent^al mit 1000 @ulben 3af)reöge^aU, freier
SBol^nung unb SWaturalbejügen Don ^olj, 3Sein unb grlld^ten er=
langt. ?lud^ tourbe if)m um htn anfe^nlid^en 95etrag Don 3000
(Sulben, loeld^er ber gabriffaffc entnommen tourbe, fein ?ßorjeIIan«
Strfanum abgcfauft. 5)emnad^ fd^eint e^ faft, al§ ob 3ofef §annong
tro^ feiner Slbfertigung Don 10000 Outben baö feinige nid^t cib^
gegeben l^ötte. SSielleid^t Derlangte er bafür einen toeiteren großen
SSetrag unb man ftanb be^f)alb Don ber ©rtoerbung be^ ipannong^fd^en
?lrfanum^ ab ; o^ne^in Dermeinte man too^I in ber ^erfon 95erg«
bolbö einen bctoä^rten ipöd^fter ?lrlaniften gewonnen ju l^aben.
Unb bod^ toäre fidler bie ©rtoerbung beg 3ofef ipannong^fd^en
^orjettan*3lrIanum^ Don 3Bid^tig!eit getoefen, benn Sergbolb^ är*
lanum lieferte eine toenig juDerläffige äRaffe. Dagegen ^atte Sofef
ipannong in feinem ®efud^ Dom 26. 3uU 1759, toomit er bie
löuflid^e ©rtoerbung ber gabrif anftrebte, mit SRed^t ^erDor lieben
>) ete^e %a\z\ II 9h:. 28 unb 29.
280
fönnen, ba^ er bic äWanufaftur nun jtoci 3a^rc lang „oi)m 3"*
tun fcincS SSatcrö" geleitet unb bie ^orjetlanmaffe nod^ öer*
beffert t)abe.
äRit bcr %ai^ad)t, ba^ Sergbolb, ber unmittelbare 9?aci^*
folger 3ofef §annong§ in bcr ^orjeltanbcreitung toie in bcr
ßeitung bcr ganjen 9KanufaItur, öom gcbruar 1762 an in
granlenttial tätig toar, fte^t e^ im Sinflang, ba^ ba§> Ä=obcr
bag Dercinjelt üor!ommenbe 3*3^^^^^ ^^^ ^^f ^orjcllanfac^cn
anjutreffen ift, bie bem Stil unb ber Semalung nad^ in ben
fed^jiger Sauren entftanben fein muffen. JBon 1770 an, afö ber
neu eingcftetlte ^orjcIlanfa6rif=3nfpe!tor gc^lner feiner Äntocifung
gemä§ anfing, ber gdbrilmarle nod^ bie 3fa^rja^l beijufügeit,
jc^eint man bic S)ircftormar!e Ä nid^t mc^r aufgemalt ju ^aben.
©^ ift mir toenigften^ nod^ fein StüdC mit ber Sa^rjal)! unb
jugleid^ mit jenem 93eijeid^en üor Slugen gefommen. SDiit bem
(Eintritt geljlncrö ^atte eben Sergbolb feine Stoße fo jiemlic^ au^=
gcfpielt; nur burd^ feine f|ol)e ^roteftion lonnte er fid^ noc^
fünf Sa^rc lang aU 5)ireftor galten.
35ei S)cutung ber Jiebenmarfe Ä fönnen toir um fo toeniger
üon ?lbam Sergbolb abfegen, aU ju beffcn SBirEung^geit jeber,
ber ein fo gclennäcic^nete^ ©tücf Äarl=Xt|cobor»^orjellan in bie
§anb befam unb tou§te, ba^ 9lbam Sergbolb 5)ircftor ber 5ranfcn=
t^aler gabrit Joar, bie Chiffre Ä bod^ aud^ nic^t anber^ auflöfen
fonnte, afö mit bem 9iamcn be8 ^ireltor^, glcid^loie man in ber
größer aufgebrad^ten §auptmarfe ß ^ bie Slnfang^bud^ftabcn be^
^errfd^emamcn^ (Karl Xfieobor) erfennen mu§te. ipättc bie gabrif«
Icitung irgenb ettoa^ anbereö burd^ eine ß^iffre au^brüdCen toollen,
fo l^ätte man bod^ unter Slbam Öergbolb getoig öcrmieben, gerabe
Ny afe @el)eimjcid^en auf ba^ ^orjellan ju fe^en.
yfiä) gef)e auf biefe 9iebcnmarfcn nät(cr ein, tocil in bcr
feramif(^en Literatur beftritten toirb, ba§ fte auf SBcrgbolb ^injielcn
fönnten, unb jtoar beS^alb, toeil bicfcr S)ireItor nur ungenügcnbeä
gcleiftet f)ättc unb fogar toegen Unfät)igfeit aug feiner Stellung
entfernt toorben fei. 3n ber 2;at na^m man i^m 1775 bie ficitung
bcr gabrif ab unb fe^te if)n auf 500 fL aSartcgclb. 3)iefe @nt»
laffung ftef)e, fo fd^lic^t man, in 2Siberfprucf| bamit, ba^ jene
Seijeid^cn — toic e§ tool)! rid^tig ift — immer nur auf ganj
feinen ©tücfcn üorlämen. 3n SJSa^rljcit finb S3ergbolb mc^rfat^
Srönbe mißlungen, unb baburd^ mag er allerbingg jicmlic^cn
281
Schaben oerurfac^t ifabtn. 9lüem jene öihnbc, bic \t)m gelangen,
— unb jolc^c tpirb e^ Don 1762 — 1775 boc^ tDof)i and) gegeben
l^aben -- fotoie Stücfe, bie bei einem im allgemeinen mißratenen
Sranbe ftanbge^atten unb nic^t jufammengefunfen toaren, fonnten
nic^t anbeiö alä öon feinfter 9lrt fein, benn Sergbolb t)atte bamald
bic beften Soffiercr unb äJialer jur Verfügung, unb bie jtt)ölf
3at|re, ipd^renb ttjelc^er er an ber @pi|e ber gabrif ftanb, gehören
unbeftreitbar jur beften ^t\t bt^ hirfürftlic^en Setriebed. 3)er
Direftor fonnte tec^nifc^ unf(if)ig fein unb bod) mußte banf ben
Vortrefflichen Äünftlem bad, toa^ glücflic^ bic öefaf)r be«; Sörenn*
ofcnd iiberftanb, ben ^öc^ften ^[nfprüc^en an Äunft unb ©efc^mad
genügen.
Selege t)iefiir finb bie 91amen ber in Sergbolb'fd^er
3eit in ber gabrif befc^ciftigten Mnftler, feftgeftettt au^ Jiirc^en=
büc^ern") unb Slften. SBir finben ha bie ©ilbt)auer unb ®offierer
äRartin ipienel, ©ottlieb (£ber (ehemals in 3(Reifeen), 3o^ann
greibott, JJaöib Cinfer u. a., beren treffliche plaftifc^e Arbeiten
loir }um 2eil au§ barauf angebrachten ^anbjeic^en fennen. gerner
begegnen ttjir aWatern toit ^öfflig, ^crmanni, %bd, Sel;fcr, ben
beiben 3iaf)ncr, Sern^arb EKagnu», über beren lüc^tigfeit unä
ebenfalls genau bejeic^netc Slrbeiten unterrichten. Unb biefe fomic
eine 3tnjaf)t anberer gefc^icfter ftunftf)anbtt)erfer arbeiteten unter
ber 35ireftion Sergbolbl
3Kan barf alfo getoiß überjcugt fein, baß bamalö oiele
fünftlerifc^ burc^gefü^rtc ®egenftanbe auö ber gabrif ^eröor*
gegangen finb; aber loir ^aben auc^ Äunbe, bafe im fraglichen
Slbfc^nitt gerabeju äWeiftertoerfe ber 'ilJorjeUanfunft bic gabrif
öcrlaffcn f)abcn. Daju gef)ört ein großer 3^'J gug I)o^er
unb O'/i gu§ im Umfang meffenber SHofofo = ihonleud^ter für
12 fterjen, »clever bem fturfürften ftarl Ifjcobor am Sortag
feinet Diamens^fefte^, am 3. Sioöcmber 1766, oon ber gabril aU
®cburt^tag^gefcf)cnf übcrreicfft tourbe. Diefc» f)eröorragenbe Stüd
toar tDciß gef)altcn, aber mit reicher 3?ergolbung üerfef}en. 3lu§cr
mit U)ol)I burc^gebilbetem ornamentalem Sc^mucf unb ^ierlid^em
SRanfcntocrf öon 33lumen mar ber Äronleuc^ter reic^ mit giguren
auSgeftattet. 3Ran f)attc barauf angebracht : 9lpollo mit ben neun
äWufcn, bie üier 3af|re^jeiten unb bie oier (Slcmente, aud^ fef)lten
nicfit auf Äarl Xf)eobor unb Äurpfalj Ijintocifcnbe Sf)renjcic^cn.
') Kraus, Die SJlarfen ber ^orjenanmonufoltur in (Jrranfent^al, 1899.
282
I)cr Äurfürft toax fel^r erfreut über ha^ ^jrdd^tige ^ßorjcttanhinft*
tocrl feiner äRanufaltur imb Iie§ bem ^crfonal ein rctd^lid^cö
©elbgefd^enf julommen. 5)arauf öeranftaltetc bic %abnt am
SRamen^tag ÄQrl S^l^eoborS felBft ein 3)anffeft in bcr ^(ipuäiner*
lird^e ju granfent^d. 3hin, unb bicfe^ ^rad^tftlldE, bcr Berühmte
Äronleud^ter, toax hoä) and) eine ßeiftung bcr S)ireftion ©ergbolb !
S)er Umftaub, ba§ man bic A= ober bic übrigen^ fe^r
fpärlid^ auftretcnbc B=3KarIe lebiglid^ auf feinen gabrifaten antrifft,
erüärt fid^ in einfad^er 338eife: SBcrgboIb toar eben barauf bebad^t,
baJ3 feine 2)ireftor=9(Rorfe nur auf fold^c ©tüdtc gefegt tpurbe, bie
afe ^orjeHan erfter 3!Sat)l ben SSerglü^ofen t>crlie§cn unb barum
üon öorn^erein jur feinen Semalung geeignet toaren. Stuf minber
gelungenen ©tüden unb auf getoö^nlid^er ^anbcfetoare Iie§ er
Ilugertoeife fein B ober Ä i!bert|au^)t nid^t anbringen. S)ireftor
S3ergboIb forgte fo bafür, ba^ nur lünftlerifd^ burd^gebilbete ober
burd^ bie Semalung ju Äunfttoerlen erl^obcne ^orjeHanfad^cn mit
feiner SWamen^d^iffre ber 3Wit^ unb SRad^toelt öor Singen lommen
fönnten.*)
2lug ben Stften ber ^orjellanfabrif gel)t äiemlic^ flar l^cröor,
ba§ Sergbolb famt feinem @d^n)iegerfot)n, bem jtoeiten Sireltor
Sang, Don einem aufftrebenben Beamten ber gabrif planmäßig
öerbrängt tourbe, unb gtoar öom ^or5enanfabrif=3nf))eftor Simon
geljiner, toeld^er t)ort)erin ben gabrifen t)on ipödjft unb gürften*
berg gearbeitet Ijaiit. ge^Iner, ber 1770 eigentlid^ nur barum
nad| 3)?annt)eim gefommen Joar, um bort t)om Äurfürften bie Äon«
jcffion jur ?lnlegung einer ^orsellanfabrif in feiner SJaterftabt
3m JJianfent^aler 3Ru|cum bcfinben fi(^ piei gebre^te ^orseflanbe^r
von Solettform, bte mit einfod^en {tfHfttf(!^en Blumen unter Glofut gegiert fmb.
tDie|e beiben sufornmcnge^örtgcn Stfide ^aben bfe £öiDenmarfe unb auffaüenber*
toeife boneben bas befannte i^, alfo ^bom SBergboIbs Direftotmarle. <SeIbft«
oetltonblid^ mor Sergbolb nic^t f^on unter 3o|ef gannong in ber gfranfem
t^aler Sabrtf tätig; bie 9(nn>efen^eit feiner CL^iffre neben bem fidtoen barf
al{o mo^l bem äbergangssuftanb um ben 1. Sfebruar 1762 ^gef^rieben toerben.
SRon l^atte onfd^einenb btefe stoet unb Dtenet(!^t no(^ einige anbere Stflde (<^on
mit ber £ön)enmarfe oerfe^en, als Sergbolb bie Leitung ber gfabrif aus ben
^önben 3ofef ^bam Sannongs übernahm, ober es ^at ber SDlarfenmoIer
nod^ na(^ ber Übergabe gebanfenlos ben aUgeiDO^nten BötDen auf bas ^lau^gut
aufgepinfelt, bann aber [tatt J A H bie bereits angeorbnete Chiffre A bes
neuen Direftors beigefügt. Das 93orfommen biefes !it\ä)en^ neben bem Söioen,
mk es huxä) bas Sranlentl^aler SBec^erpaar belegt toirb, ijt burd^aus oereinaelt,
unb feine 3ufäII{gfeit finbet fomit bie befte Seftdtigung.
283
SSetben, alfo im bebtet bed ^ürftentumd ^falj^Suljbad^^ beut
@tantmlanb ftorl ^eobor^, ju erlangen, tpucbe baüon abgebracht
unb für bte ^ranlent^aler ^abrit angeluorben. ^ie^ fd^eint
aUerbingd bed^alb gefc^e^en ju fein, kueil man mit ben ted^nifd^en
fieiftungen S3ergbolbd, bie leinen finanziellen Erfolg auffommen
liefen, toenig jufrieben toar.
ge^lner, :ein burd^au^ beitjanbcrter ^orjettanmad^er unb
garbend^emiler, ftrebte natürlid^ bamad^, mdglic^ft balb Don ber
jtoeiten @teüe in bie erfte aufjuriidfen. @o rid^tcte er im iperbft
1774 an eine amtlid^e $erfönlid^!eit, n^a^rfd^einlid^ an ben für
bie gabril aufgefteüten furfürftlic^en Äommiffdr, ©e^eimrat ®eiger
in TOannl^eim, mef)rere 3)enffd^riften über bie ß^Pönbe in ber
gabrif. 3n einem biefer Sendete ift t>on SBergboIb^ S^fttigfeit
gefagt, ba§ fein ®efd^irr faft jebeömal jur ipälfte blafig au^ bem
Dfen fomme, fo toie bie^ bie miteingefd^idftcn ^robeftüdEe auötoiefen.
ge^Iner l^atte fid^ alfo t)inter bem dürfen SBergboIb^ einige mi§*
ratene ©tüdfe angeeignet unb biefe bem Äommiffdr Vorgelegt Da«
jtt führte getilner toeiter aug, ba§ er ein 3)iitlel erfunben f|ätte, fold^c
äWängel ganj ju öermeiben. 333enn ba^er ii^m felbft bie Dber*
auffielt übertragen toürbe, fo lönnte fünftig fein fold^ mißratenes
(Sefd^irr me^r öortommen.
3n einer anberen 5)en!fd^rift beäiet)t fid^ getjincr auf ben
injtoifd^en erfolgten Sefud^ ber ^abril burd^ bie angerebete ^er*
fbnlid^Ieit unb ertoä^nt, bajg er bamat§ Iciber nid^t baran gebadet
\)aht, bem SJefud^er ba^ ftömmerlein ju i^'\Qtn, toorin ba§> miß*
lungene ^orjeUan aufgefta:|)elt toöre. @r fd^idte baf)er üon bem
bort öertoa^rten SSorrat nod^ einige ©tüdte mit ein. D^nef)in
toiffe ©eine 3Bot|lgeboren, baß ganje ©ränbe Oon fd^öner unb
loftbarer ^affauer 6rbe genau fo aufgefallen feien, toie biefe
^robeftüde.
3Kan fie^t, ge^Iner ging l^artnädtig gegen Sergbolb Oor
unb ^at offenbar bamit ©nbnidE 5U mad^en oerftanben.
Setoeigftüde toie fie getjlner mit Sorbebad^t an^ -bem geringften
?luSfc^uß mef)rerer 3a^re l^erau^flaubte, mußten feine ^Darlegungen
aUerbingg aU jutrcffenb erfd^einen laffen. ©d^on ein Sal^r Oor
©inreid^ung jener S^enffd^riftcn l^attc 3nfpcftor ge^Iner in einem
am 3. CItober 1773 erftatteten »eric^t bie Unfäf)igfeit Söergbolb«
nad^jutoeifen unternommen, unb ebenfo fd^eint er im Sommer
1774 fünf Srenner ber gabril ju ber bei btn Elften liegenben
284
fd^riftlic^cn (Srlläruitg angcfliftct ju i)abz\x, ba§ bic unter Slnlcitung
unb ?lufftc§t bc^ 3itf|)eftor^ gctjincr gebrannten SBaren bei toeitcm
beffer unb fd^öner toärcn, ate bie nad^ SBeifung bcg 2)treftor^
Sergbolb ^ergcfteüten. 1)a^ Öergbolb'fc^e ^orjellan fei oftmate
öotter Slafen, and) jufanimengebatfc^t iinh fonft nodi) mit atter^anb
äRcingeln bef)aftet.
3nfpeftor gel;lner erreichte feinen Qtotd int grtt^ial)r 1775.
9lad) bem ba erfolgten Sluöfdieiben be^ 2)ireItorä ®etgbolb unb
feinet unbebeutenben ©d^iüiegerfol^neg Sang rüdte er jum oberftea
ßeiter auf unb tourbe f aum ein 3af)r ^päitt fogar jum ^offammerrat
ernannt. Übrigen^ muß man anerfennen, ba^ er Sebeutenbe^
leiftete, unb jUjar unter fc^loierigen SJerljiiltniffen. gekjlner blieb
ber gabrif treu big an fein fieben^enbe, er ftarb 1798, alfo ein
3ai|r üor bem Grlbfd^en ber gabvif. ©ein Vorgänger SBcrgboIb
fam burd^ bit ©ntlaffung in eine fe[)r mtfelid^e Sage. 3iac^ einem
nod^ öor^anbenen Unterftüfeung^gefud^ öon i^m, batiert 1776 öon
@c^)De^ingen au^, ging eS il^m ^tv^lid) fd^Ied^t. Stnfd^einenb f)at
man \i)m ha^ SBartegelb balb gcfperrt.
3Sie eg nun aud^ mit ber ®efä^igung SBergboIb^ geftanben
^aben mag, unb ttjenn i^m geljlner — toa^ nid^t ju bejtocifeln
ift — tec^nifd^ überlegen loar, fo ^atte man e§ bod^ bei ben
mißratenen SBränbcn nur mit ben folgen fc^led^t bereiteter ^orjettan*
maffe ober mit ä)h§griffen beim brennen ju tun. 5)ie fünftterifd^en
©iflcnfd^aften beg öerf auf^följigen gabrifate^ ^infic^tlid^ äßobeltieruug
toie Semalung blieben baüon unberührt. @o barf man fagen,
baß gerabe bie 2)ireftion Sergbolb un^ bie anf))red^enbften 'ißroben
beö ftarl Jfjeobor'fc^en Setricbe^ in ben mit B unb Ä gejeid^neten
©tücfen ^interlaffcn i)at unb baß bie gabril in jenem 3eitabfd^nttt,
ber noc^ ganj öom Sfiofofoftil beberrjd^t Wax, aud^ i^re regfte
2;ätigfeit entfalten fonnte.
ßrgebniffe unb SJcrfuc^e in ?5^'^"^«^^t^<^L
^erlonaljtanb. S3ec[c^lei6. ^clbmangel. ^Porjellancrbe. ÄünftlcrifiHe
£eiftungen. Das Sect^eotn'j^c Drudoerfa^ren. gformen«unb9BarenDer|eu^nfffe.
^robctcHcr.
9tac^ ber Solf^jätjlung in granfent^al im 3af)re 1773,
b. f). nad) bem bamal§ aufgefteßten „Stxitug ber @intt)o^ner" ge*
^örten 5ur ^orjellanfabrif 5 9?camte, 23 9Kaler, 12 2)re^er,
7 SBoffterer, 3 (vJlafurer, 5 Stanipfmiiller unb 5 S;agl51^ner, ju«
fammen 60 ?ßerfonen. Sn ber Überfid;t über bie 3Enbuftrie in
285
SRonnl^cini, ^cibelbcrg unb granfcnttial, einer ®vurffd|rift, bie
fid^ mif ba^ 3a^r 1774 bcjicf|t, ift ber Seftanb ber gvanfentl)aler
gabrif otine bie SBeamten mit 180 ^^erfoneii angegeben; barunter
foßten fein 61 SWaler, 36 S)re{)er, 33 SBoffierer u)lü. 2)a S)ire!tor
Scrgbolb bie gabrif big i5rü^jat)r 1775 geleitet ^at unb nid^t gerabe
im legten 3a^re feiner S)ireItion eine fo auffaüenbe Sergrögenmg
eingetreten fein fann, fo ift e^ Mar, bafe ber mutmaßliche SBerfaffer
jener Überfielet, ®ef)eimrat gontanefi, inbejug auf bie granlen*
t^aler J^abril ftarl geflunfert t)at. %btx tro^bem lie 9J[ugbe^nung
ber Sabril nid^t biefen Umfang angenommen t)atte, fonbern noc^
femer innert)alb Vernünftiger ©renken blieb, fo t^ermod^te bod^ ber
^Regiebetrieb be^ ßurfllrften niemals bie ©rträgniffe ber gabrif mit
ben ätu^gaben in ©nflang ju bringen. SDfan erachtete jtoar a\x^^
toärtige 9Jieberlagen, fo in granffurt a. 3)?., ÜKainj, ?lac^en, äRünd^en,
SBafel, fogar in 5Ranc^ unb ßiüorno; aber obh)of|l mand^enort^
»iel ^ßorjellan abgefegt tourbe, fo gingen bie ©rlöfe bod^ nur aß»
mä^lirf) ein, unb ber bringenbe ©elbbebarf blieb faft ununterbrod^en
befte^en. 3Kan l^ielt, um äuft>eilen rafd^ (Selb ju befd^affen, öffent*
lid^e SSerfteigerungen i)on granfent{)aler ^orjeltan ab in 3Kann*
l^eim, grantfurt, ?tmfterbam, Hamburg unb anbemort^, mußte fic^
babei aber oft mit ?ßreifen begnügen, )oeldE)e bie ^abrilation^»,
3;ranöport* unb 3oööuglagen feinedtoegä becftcn. 1773 unb 1780
tourben iai)tx große ^orjellan=Sotterien öeranftaltet, toobei fc^on
et>er ettoaö übrig blieb. Cft lonnten toegen beg (^elbmangefö
SÄaler unb SBoffierer, ja bie getoöl^nlideen ^anbarbeiter nid^t be*
jal^lt njerben, unb alle t^atten im "^a\)xt 1780 einen me^rmonat*
lid^en rüdfftänbigen fio^n ju forbern. Stiele üon ben bebauernö»
Iperten ßeuten tourben gepfänbct unb famen in größte 2)ürftigfeit
5)ie ^erfteltung beö ^orjellanö in granlentt(al mag ja an fid^
loftf^ielig getoefen fein, ba man genötigt n^ar, bie faolinl)altige
®rbe mit ^of)en Soften l)on ?ßaffau lommen ju laffen. 3n ber
ganjen fturpfalj toaren Äaolinlager äunöd^ft nid^t aufjufinben.
(£rft feit 1774 bedfte eine ®rube bei ^lljctj ben Sebarf. 3m legten
Sa^rje^nt be^ 9?etriebeg fd^flffte man aud^ ^ßorsellanerbe t)on
fiimogeö f)erbei. @o blieb nid^t bloß ber erhoffte ®e>oinn auö,
bie hirfiliftlic^e ftaffe foHte nod^ beftänbig 3nfc^üffe liefern. S)iefe
tourben aber mand;mal nid^t gegeben, fobaß fiel) ber ganje auf
fürftlid^e Sunftlieb^aberci begrünbete gabrifbetrieb mit burd^»
auö jerfal^rener ©elbgebal^rung bafjinfc^le^jpte.
286
916er bicfe beftänbige Siotlagc, bicfc traurige ginanätoirtfd^aft
unb alle fonftigen Übelftänbc fönncn unä ie|t bic greubc an bcm
cinftigen Söeftc^en ber^jfäljifd^en^oräcttanfabrilmci^t me^r öerbcrben.
9Bir betuunbern an ben ©rjeugniffcn, bic ung bie SKanufaftur ber
ipannongä unb Äarl *S;^eoborg ^interlaffen ^at, öor allem bic fünft«
lerifd^e ßeiftung. Unb in ber %ai ^aben eg fein burd^gebilbctc
S3ilbf)aucr nid^t üerfd^mä^t, ber granfent^alcr gabril ttire S)ienfte
ju toibmcn unb jene cntjücfenbc Äteinlunft ^eröoa-ufcn ju f)etfen,
bie un^ toegcn l>eg jerbret^tid^en ©toffeg, beffen fie fid^ bebiente,
leiber nur fe^r unüottftänbig erhalten geblieben ift.
3m 3a^re 1770 erbot fid^ ber granjofe ober Sßieberlänber
89 er t^ et) in, ber öier 3al^re lang Öeiter ber (bamafö nod^ fülfc^lid^
^orjeöanfabrif genannten) ga^encefabrif äJiarieberg in ©c^toeben
getvefen fein tooüte, ein angeblich t)on il^m erfunbene^ ©efd^irrbrudt*
SScrfatiren in ber gabrif granfent^al einsufü^ren. 35iefe^ beftanb
barin, ba§ man farbige SBilber auf ^orjeltan brudCen lonnte, toaS
gegenüber ber jeitraubenben Semalung be§ ©efd^irr^ ate ein SBorteil
crfd^einen mochte. jSertl^eöinö unreife^ ^rojett tourbe toiröid^
angenommen unb man gab i^m bafür unb für ba§ ?lrfanum
einiger ^ßorjettanfarben 100 5)ulaten Selo^nung ; nebftbem erhielt
er bie auöbebungene @r(aubni§ jur (Srrid^tung einer ga^encefabrif
in äßo^bad^ unb ^ieju ein jinfenfreieg ©arteten öon 4000 ®ulben
auf jel^n 3af|re. 5Rad^ bem 333 ortlaut beö SSertrageö jtoifd^en
aSertl^eöin unb ber ^orjellanfabrif foltten einfad^ blaue toic aud^
vielfarbige 3)arftetlungen auf ba§ ^orjeHan geftempelt unb ein«
gefd^moljen toerben fönnen. 3n ber 2;at «fertigte Sertl^eöin in ber
gabrif felbft ?ßrobeftücf e an, bie bem Äurfürften Vorgelegt tourben ;
eä gefielen aber allgemein nur bie mit blauer Äobaltfarbe fd^on
Dor ber ®lafur aufgetragenen Silber. SBenn felbft biefe nid^t
an bie ßeiftungen ber ^orjellanmaler t)eranreid^ten, fo ertoog man
bod^, ba^ burc^ ein DrudCöerfa^ren, bei beffen Slntoenbung nad^
beg ©rfinber^ 93el)auptung ein eingeübter Slrbeiter fooiel leiften
lonnte alg 6 — 10 äßaler, bie ^erftellung beö oerjierten ^orjellanS
fid^ toefentlic^ OerbiUigen toürbe. 2;ro^bem fommt ber feramifd^c
©d^riftfteHer Qai^ ju ber 9lnfid^t, bafe bie gabril üon ber
SSerttieüin'fd^en ©rfinbung niemals ®ebraud^ gemad^t l^at.') @ö
') 3eit|(^rift bcs bäuerlichen Äunltgcroerbcoerefns 1894, geft 12 S. 104.
SJgl. ferner: ©(^roorj, 3»*^ (5cf(^i(^te ber ^orjcllanfabti! granfent^al, WU
teüungen bes öi|torl|ien SBercfns ber ^fal3 XII (1884) (S. 73.
287
toctr eben biö ba^in fein granlentf)aler ©egcnftanb mit aufgebrucften
SBUbern ober auc§ nur 93Iumenbu{etten nac^toei^bar getpefen.
Shinme^r ift eö mir aber gelungen, einen fold^en Seleg be§
Sertf^eüin'fd^en SBcrfa^ren^ ju entbeden. 6^ ift eine S^eebüd^fe,
äßarle ^ ^ mit Unterglafur * SBemalung auf aßen ^äd^en.*) ^fö
^au^)tjierrat l^at bie 2:eebü(^fe auf ben jtoei breiten gtäd^en je
ein paax jener mufijierenben ©ngelc^en in SBolfen, lüic fie auf
granfent^aler ©ef^irr jutpeilen in ^urpurmalerci öorlommen.
?luf ben ©d^malfeiten bcr S^eebüc^fe unb auf ben ettoa^ gelüötbten
gläd^en ju ben Seiten beg ^alfed ift ein unb bagfelbc S3ufett
öort)anben. Sämtlid^e Silber finb augenfd^einlic^ entlüeber auf»
gebrudtt ober mit Slb}ie^))a|)ier aufgebracht. S)a^ Sufett erfd^eint
fo in einer biö in^ Ileinfte ge^enben Ubereinftimmung viermal
auf bcr S^eebüd^fe, bie jtoei figürlid^en S)arftettungen finb Der=
fd^ieben. Sltte^ ift in blauer Äobaltfarbe auägefü^rt, bie ja nur
attein ate Unterglafurfarbe geeignet toar. 3)ie Silber ^aben inbeffen
leidet oerfd^toommene Umriffe unb jeigen ring^ um bie S)arfteltung
einen bläulid^en ipof. 3)a§ SBefen biefe^ 3^^^^^^^^^ if* ölfo ganj
anberg, afö eine^ mit bem ^in(e( au^gefütjrten.
Auf granfentf)aler ^orjettan tommen äßalereien unter ©lajur
— loie überhaupt aud^ beil^artem ^or jcttan anberer gabrifen — fonft
nid^t öor. @ö gibt bafllr mel^rere ©rünbe: J)cr SDialer, bcr auf ba^
JRaut^gut malen toollte, fa^ fid^ aufeerftanbe, ben leid^teftcn falfc^cn
©trid^, ba^ fleinftc glcdtd^cn toieber ju befeitigen, loä^rcnb ia^ 9KaIen
auf bcr ®Ia}ur eine flild^tige ^infclfüf)rung unb jebc Slu^bcfferung
bcr aJialerei jutic^. Sor allem aber tjxdt außer Äobalt feine
garbe im ©d^arffeuer bcö ©arbranbe^ ftanb. S)agegcn ^attc bie
nad^ gefd^ctjcnem ®arbranb auf bcr ®Iafur au^gefiil)rte SRalcrci
nur nod^ einen minbcr l^o^cn igyi^grab im (Sinfd^meljofen ju bt-
ftetjcn unb auc^ ba^ für ganj furjc S)auer. Unter ©lafur gab c^
in granfcnt^al nur bie au§ einfad^cn Öinicn äufammeng efc^tcn
blauen 99lumen= unb 3^i^6^tmufter nac^,9Kci§ncr Sorbilb^toic fie
öon geübten Rauben mit bem ^injel leicht au-5füt)rbar toarcn.
3Scnn and) biefeg eine ©tücf, bie b(au bcbrudEtc ^^cebüd^fe,
nodö fein Setoei^ ift, baß ha§> Sert^cöin'fd^e SBcrfal^rcn öon bcr
gabrif toirflid^ au^genügt tourbe, fo liefert eö bod^ einen Segriff
üom 933efen bcr (Srfinbung. SSicUcid^t ftammt bie S^cebüc^fc üon
jenen ^robcftüdtcn, bie Äarl %\)tobox jur Scgutad^tung vorgelegt
') eie^e flbbilbung Xafel I.
288
toorbcn toarcu; bcnn um ba^ ^txtf)t\)'xn']ä)t 3!)ru(fücrfatircn im
großen au^jufilfjrcn, tjättc bic ganjc äWalcrabteilung bcr %äbtxl
iimgcftaltet tocrbcn muffen. 3m SJcrtrag, bcn bie gabrtflcitung
mit SBcrtf)eöin abjd^to^, ift fogar Don SKafd^inen bic Siebe. Die
nad^träglic^e (Srfenntni^, ba^ bie aufgebrucften SBilber nid^t fd^arf
auffielen imb be§f)alb iinmbglid^ gegen ben öon SWaler^anb ^er=
rüf)renben farbigen ©d^mudt auffommen fonnten, bilbete jebenfalfö
einen ber ©riinbe, toarum man bie gabrit nid^t für baö SSerfa^ren
eingerid^tet ijat Übrigens bürften begreiflid^ertoeife auc^ bic
^orjeÜanmaler ber gabrif ber @infüt)ning be^ med^anifd^en 3)laU
üerfaf(rcn^ Sßiberftanb entgegengefe^t l^öbcn.
S)ic SKannigfaltigfeit ber granfentf)aler gabritatc teunen
toir aug alten SJerjcid^niffen. Daju gef)ört äuncii^ft ba^ ^nüentar
ber alten ^ot)lformen ju btn figürlichen Slrbeiten unb ju ben
©egenftänben be^ Äleinporäcllan^, ein ^anbfd^riftlid^e^ 3?erjeic^niä,
ba^ id^ im Sa^re 1899 ale S8rofd)üre neröffentlid^t t)abe. .SÖie^r
al^ 800 öerfd^iebene giguren unb ®ruppen, fotoie etJua 500 anbere
lunftgeUJcrblic^e Srjcugniffe (mit 9lu^fd^lu§ t)on ®efd^irr) toerben
barin aufgeführt. (£^ gab mtjt^ologifd^e Darftellungen, ?ltlegorien,
©jenen au^ bem bürgerlid^en Seben ober @atl)ren barauf, auc^
in ^orjellan au^gefüljrte ®rup)3en nad^ berühmten ©emälbcn,
Jüobei Äu)}ferftid^e bie i^orlage gebilbet Ratten; fobann aüer[)anb
2^rad^tenfiguren, Xtinjcr, Sd^aufpieler, öiebeepaare/ Sauern, ©c^äfer,
Oürtner, 3ager, ©olbaten, Söhififanten, 6t)inefen, Äinber unb
^utten, femer 2;iere unb 5?i3gel üerfd^iebener 9lrt unb ©rö^e,
3[uc§ ©eräte toie Seudjter, SSafen, Salgfüffer, Sd^reibseuge, 9tad^t<
lam:|3en tourbcn {)ergefteUt unb öielfad^ mit figürlid^en Sarfteßungen
üerbunben. gerner mad^te man Süftcn, SWebaitlon^, @tui^, SReffer-
unb ^irfd^fängerljefte, StodEgriffe, ^feifenlöpfe, gingerl^ütc unb bergl.
Sin anbere^ Serjeic^nie, ba^ Sofef 9lbam ipannong
aU fflefiger ber gabrif mit Jlngabc t)on greifen im ^arifer
Journal de Commerce famt einer (Smpfel^lung ber g^brif in
franjöfifc^er ©pradje einrüdEen liefe, ift je jur ^älfte in ben
SRummeiTt jene§ Stattet öom 3uli unb \)om ?luguft 1760 ent=
f)alten. 5)ie Einteilung ber g^^^'^^^^^ M^ bav'm bie folgenbe:
1) ®efd^irrinal))^abetifc^er Crbnung nad^ ber franjöfifd^en Sprad^c,
2) ®ru^)pen, 3) J^-iguren, 4) Jiere, 5) «ögel, 6) Silumen, 7) Der*
fd)iebene ^orsellannjareu. Die greife finb in SiDre^ unb ©ote
(1 @ol= V20 J^iüre) au^^gcfe^t. Diefe^ SJerjeic^ni^ läfet einen tiefen
j
289
S8(id tun, toclc^c glitte öou Strbcit bic ^annongö in bcr furjcn
3eit von 1755 — 1760 gciciftct fjabcn, inbcnt fie bic SKobcße ju
aii biefcn I)ingcn fc^ufen. @in gcbrudtc^ fclbftänbige^ Scrjcici^ni^,
bas bic ^ranfcnt^alcr gabiit unter Äarl J^cobor im ^af)vt 1775,
alfo 1 5 3a^rc fpätcr, l^crau^gcgcbcn t)at, ift nidjt umfaffcnbcr, ob=
toof|I manche neue ®cgcnftänbe t)injugcIommcn finb. 3nbcffcn ift
toot)l anjunc^mcn, baß man bamal^ aud) nod^ bic mciftcn bcr
^annong'fd^cn SÖiobcüc au^juformcn Dcrmod^t ijat
3)ic ®cfc^äftäcm))fcf)lung bcr SKanufaftur granfcnt{)al, bic
^annong {einem 5ßcrjeid|niö Von 1760 öoranftcüle, bilbct ebenfalls
eine bcmerfcnetpcrtc Urhinbc. ipannong jprid^t barin fjau^Jtfäd^lid^
baöon, ba^ fein ^^orjeUan cbcnfo fd^bn Ujäre, wie bae Uon SRci§cn unb
Seürc^ unb ba§ c^ ba^ 'ißorjeUan aug Cftaficn bcbcutcnb überträfe.
3tud bem ^^Srciööcrjcidiniö jelbft lernen toir fo manche ^eröor*
ragenbe Ö5cgenftdnbe bcr ipannong'fd^en Jabrifation fennen, bic leiber
laum mct)r öortjanben finb, )o beim ®cfd[)irr : Uf)rgef)äufe, bi6 ju
1000 2. ; Schreib jeuge mit jtoei ßeuc^ter tragenben (S^inefen ju 78 V2 2.;
mit ölumen bemalte Sc^toammbc^ältcr Von 96 bi^ 108 2.; eine
mit plaftifc^cn ^oräcffanblumcn gcjierte 2aterne 3U 120 2.; fogar
ein 9?ibet, mit Strcublumcn bemalt, ju 107 2.^) — Üöci ben
®ru)))5en: "ißluto im SBagen mit ad^t angefc^irrten laufenben
^ferben, baö gaujc auf einem 20 3*^^^) ^fttugen Untergeftett, ju
6550 2. 9)tit öier ^fcrben loftcte bcr ^Into bcbcutcnb lücnigcr,
nämtid^ 980, mit j^ci ^ferbcu 435 2.; 3?enu^ bei bcr Xoilctte,
©nippe Don brei JJiguren mit Siifd^c (b. i). mit 9?ofofo=®c^nörfcl=
tpcrf) ju 330 2., of)ne bic Slifc^c 190 2.; bic 2icbe, erregt burd^
btn SScin, jtuci 5i9iii''^n mit 9}ifc^c ju 96 2. ; bcr (£f)incfi|d^e X^ron
mit üier g'S^^-"^'^ ä^ 52*/t 2.; Sieger mit 'i)Jf erb ju 33 2. - Sei
btn giguren: 9 3^^ ^ot)e ®üttcr 5U je 24 2.; ®atl)r, gaun u. a.,
6 Vi ^oü f)od), JU 17 2.; Sd^aufpicler, Xanjcr, Sauern, 5 3«'^
^oä), JU 9 2. — 93ei ben Xicren: ipirfd^c ju 12 2.; ©tute mit
2aft JU 15 2.; teicrfpiclenber 9tffe ju 9^22; aBilbid^lücin auf
platte JU 14 2. — ©ei ben Sögein: 3lmfeln, ©taarc, ^^Japageien ju
7 2. — Sei ben Slumcn : Xulpcn, natürlid^, groß, ju 7 2. ; 9tofen
äu 6^f 2.; 2ilicn ju 5^* 2. Überhaupt ift bic ^tuema^t unter
ben "ißoräcltanblumcn überra)ci^cnb reid^.
(Ein folc^er (5egen|tQnb famt bem sugc^örigen $ol5ge|ten mirb noc^
in grranlent^al aufbevc^rt.
') 1 franj. 3ott = tunb 27 mm.
19
290
SBic man aiiä bcm ipannong^fd^cn SBarcntJcrjeid^mS cnt=
nc()mcn fann, l^attc bic SBcmalung bcö granfent^alcr ^orjcUan^
^aiiptfäd^Iid^ 93Iumen unb f^iüd^te jum ^ortourf, baneben aber and)
öanbfd^aftcn, bunte SJögel, 3;ier* unb 3agbftücfe, ©d^äferfjenen unb
ml;t{)oIo9ifd^c T)arfteHungen.
3n bcr furfürftlid^en 3^^* ^^^ SBetriebc^ tourben bicfe ?lrten
ber ?tu^ftaffierung beibef)altcn unb gelegentlich ertpeitert, ja ber
furfürftlid^e ipof fümmerte [id^ fogar mand^mal barum, toa^ bic
^ofjeüanmalcr leiften fönnten. S)ie§ ge^t 5. 95. barauS ^erüor,
bafe nad^ ben Sitten ber ^orjeÖanfabrif am 11. Sluguft 1775 ein
eigen^önbig öom 3!)ireItor ge^lner auSgeftatteter ^robeteHer an
ben ^of nac^ ©djtoe^ingen gefanbt Uiurbe, auf UJelc^em nid^t
toeniger alg 60 nad^ garbe unb ©eftalt öerfd^iebene Stumen»
bufette aufgetragen unb eingefd^moljen toaren. S)iefer Steuer be*
finbet ft(^ jegt im 93et^nal=®reen-3Rufeum in 2onbon, too id^ i^n im
SWai 1907 felbft gefe^en unb in ^änben gef)abt f)aht. @r l^at ge=
fd^meiften Staub unb ift in feiner ganjen ^läd^e mit SWalerci au$=
ftaffiert. 3n ber äWitte befinbet fid^ in ®olb ber Siamen^jug be§
Äurfürften, ein großes C?'^ mit ))urpurgefüttertem Äur^ut barüber,
ring^ umgeben öon golbenen @traf)len. Der übrige JRaum ber
3;ellertiefe unb ber 9?anb be§ %z\itx^ finb in je 30 gelber ein^
geteilt. 3n ber ^oi)lttl)k be§ 2;etter§, UJeld^e beibe ©inteilungen
fd^eibet, läuft ring^ eine lateinifd^e 3nfc^rift in ©olbbud^ftaben.
3)ie Snfd^rift lautet: VarIantIbVs flosCVLIs DIVersI
CoLoREs fabrIC/E sVb reVIVIsCen'tIs soLIs hVIVs radIIs
eXVLtantIs In frankenthaL. ?llle 60 öon ge^lner auf ben
31eller gemalten Söufctte finb unter fid^ tjcrfc^ieben in ber 3cid^ttung;
bie immer fc^arf umriffen ift. 5)ie ^Serfc^iebenartigfeit ber garben
beftef)t natürlid^ j^"^ ^^eil nur in Slbfd^attierungen. ©0 jeigen bie
Sufette auf bem Wanb be§ Xellerö 10 garbentöne öon lila biä
bunfelöiolett, 8 öon rofa bi^ bunfelrot, 8 öon gelb bi$ graubraun
fonjic 4 Don grau bi§ ("c^toarj. 3m inneren ^rei^ finb folgenbe
garben bargeftellt : 7 grün, 3 golb, 2 purpur, 2 bunf elgrün, 8 blau,
8 gelb. I)ie einjelnen garbengruppen finb unter fic^ mit Drbnung^«
jal)ten unb bei einigen ?lbftufungen nod^ mit Su(f|ftaben bejeid^net.
Sin anberer ^robetcHer, ber eine ungemein reid^e Drnament»
malerci aufJüie^, unb jmar ungetoö^nlid^cr SBeife nic^t blo§ innen,
fonbern aud^ auf ber Unterfeite be§ breiten Manbe^, befanb fid^ biä
1900 in SKann^eim im Sefig beg §iinbler§ ipermann.
291
2)ic ©rjcugniffc bcr ^tanttnif)aUx gabrif.
Die Sc^erbengrube. (Sroge S^enusgruppe. Die ^ffilser C^renabiere. fjranlen«
t^aler ^or^Uan in @peier. 3opfitQ. SRelc^iors 9[rbeiten. SRann^eimer
^or^ellanausiteUung 1899. 8fft(f<^ungen.
2)ag ©ebäube bcr granfent^aler ^otäcttanfabrif ftmib bis
1897. @g bilbete in bcr legten 3^^^ ^^"^^ ScftanbtcU bcr
Äranfcti'« unb ^flcgcanftalt bc« ^eifcg ^falj. «I§ bcr alte 93au
nicbcrgcicgt tourbc, um einem neuen ®cbäubc ?ßta^ ju machen, ftie§
man auf eine ©d^erbengrubc auS ber grü^jeit bcr ^orjcQanfabrif.
3m ©ranbe mij^IungcncS ober fonft bcfd^äbigtcä toci^eS ^orjcHan,
unb jtoar Don ©cräten toie öon figürlid^cn 3)arftcKungcn f)cr*
rüf)rcnb, toar ba hineingeworfen toorben, unb bic Scherben baöon
^atte man nun öor fic^. ©ie lieferten fef)r bcmcrlcnStocrtc 6r*
gebniffe.
S)er SBorftanb beS granfentt)aler ?IttertumSöereing fammelte
tt)aS an SBrud^ftüdten noc^ erreid^bar toar, fobalb man S'iad^rid^t
öon bem unfd^einbaren gunbc erlangt fiatte. 9IuS bem bcr ©d^utt*
maffe entriffenen ^äuflein ^orjcEanfd^crbcn fonntc u. a. eine
großartige toeiße ®ruppc t)on brei giguren, bic ^^oitette ber SSenuS
barftettenb, lieber äufammengefegt locrbcn, unb jtoar jene 2lug*
fü^rung ber ®rup:pc, bei tocld^er bic giguren in bcr füf)n aufgc»
bauten Wofofonifd^e angebrad^t ftnb. SWeineS SBiffcnS ift bic
@tu)j>pt mit bem üollcn 9iofofo«3lufbau nur nod^ im f. JRcftbcnä»
fd^loß in SBilrjburg öor^anbcn, bort altcrbingS in feiner ©cmalung.
SebcnfallS befigt nun aud^ hai @rfenbert=9Rufeum in granfent^al
in biefer auS 70 ©tüdten jiemlid^ gut micber ju|'ammengefügten
SScnuSgrup^Jc einen ^i5rf|ft ad^tungStoerten 3ci^9^" ^^^ ipannong'fd^en
Äünftlcrfd^aft, namenttid^ aud^ in ^infid^t ber JRofofo^Drnamentif .
S5cnn bie ®ru^}pc, an tocld^cr bic gabrifmarfe — loic eS fc^cint —
abgefpKttert ift, gehört gemäß bem im Journal de Commerce
öeröffentlid^tcn ^rcigöcräcid^niS öon 1760 ber §annong'fd^cn 3^itan.
ff
Übrigen^ ä^igten bic in bcr nämlid^cn ?lbfallgrubc angetroffenen
©d^erben anberer ®cgcnftänbc — fotoeit fie überhaupt eine ^abrif-
maric trugen — übercinftimmenb bic ^annong'fc^cn ÜWarIcn, ben
blauen öötocn, enttoeber allein ober in SBcrbinbung mit bem SRono«
gramm Sofef 9lbam ^annongS, außerbcm aud^ brcimal ba^ fd^on
cxtoatjTiit 3Bappenfelb mit ben tocißblaucn Mauten, eine SWarfe,
bie man erft feit biefem Sdt^crbcnfunb alS beftimmt nac^ granfen»
t^al gcl)örig anfe^cn burfte. 2)ic toenigen in Sammlungen auf*
19*
292
bctoaf)rten ßJcgcnftänbc mit bev 9?autenmarfc tuaren bi© balihi Don
bcn fciamifd^cn (SdjriftftcÜcm intümüd^ bei Shjnip^cnburg cingc=
rci^t lüorbeu, tocil bicfc anbcrc tpittcföbad^ifc^c "ißorjcllanfabrif
and) ein SRautenfd^ilbd^en aU SRarfe führte. SUIeibing^ iDar
biefe SWarle Don ganj anbercm Äudfc^en, jeigte ein öoüftänbige^
©d^ilb, nid^t \o\t I}ier ein einjelneö aug einem ©d^ilb t)eiauöge=
fd^nitteneg ©eDiert, nnb ift feine blaue Unterglafur^SKarfe, fonbent
immer blinb einge^refet.*)
3n jenei 9lbfaUgrnbe fanb man and^ bie ^iguren Don fur=
^)fäljifc:^en ®renabieren, nämlid^ Don einem Dffijier, einem Xambour,
einem ^ßfeifer nnb ettoa 12 mit bem ®etoef)r au^gerüftcten ®ol«
baten, beren jeber in anberer ipaltung unb bei anberer ^antierung
beä ®ctoe^r§ bargefteüt ift, toeifee giguren, bie tro^ i^rc^ mef)r
ober minber fd)abf)aften 3i^f*^"^^^ "^^ immer Don entjüdenbcm
SReije finb. 9(ud^ biefe giguren, Don benen man big bal)in laum
brei biö Dier Derfd^iebene ?lugfiil)rungen aU größte Seltenheiten in
Sammlungen betoa^rt Ijatte, finb in ji^nieift met)i*fad^er 933ieber=
t)oIung im granfentl)ater SKufeum ju fel)en unb liefern einen Weiteren
SBetoeig, loie rafd^ e« bie ^annongg Derftanben f)aben, ber pfftljifd^cn
^PorjeUanmanufaftur ben Stempel ^oI)er Slnnftfertiglcit aufju=
brüdten.
31 ud^ baö ^iftorifd^e äWujeum in @))eier befi^t ^ad)tftürfe
aug ^annong'fd^er ^di, md)i minber auö bem Don 1762 — 1799
gefül)rten furfürftlic^en 93etineb. Überl)au:pt bürfte l^eutc ba^
©peierer SDZufeum unter allen ÜÄufeen bie reid^l^altigfte Sammlung
Don gran!entt)aler ^orjeÜan aufjuloeifen ^aben. 3Ber ba^cr
granlenttialer ^orjeüan ftubieren ober betounbem toill, fann
Speier nid^t übergef)en.
911^ mit Sluggang ber fiebjiger Sa^re be^ 18. 3a]övf)unbert§
bie 9lble^r Dom SRoIofoftil auc^ bei un§ eintrat unb bafür ber
fteifere Stil ber geit ßubtoigg XVI., ber fog. ^opfftil, fid^ breit
madjte, liefe ber SReij ber figürlidjen ®ebilbe granfent^alö ettoaö
nad^, iocnigftenö nad^ äWafegabe unfere^ l|eutigen (£mpfinben§.
Slue ber äRitte ber 80er 3a^re ber granlenttjaler Äleinlunft treten
unö mef)r unb mel)r nüd^tenu, realiftifd^e 3)arfteüungen entgegen.
SDian fudjte burdj fogenannte^ 93i8cuit, b. ^. unglafierte^ ^orjeltan,
lünftlic^e 3)?armorgebilbe im fleinen ju fd^affen. Smmer^in toerben
and) au§ jener 3^^^ bie Äinbergruppen unb giguren, bie ©ötter
') Ste^c bie Ülpmp^cnburger SWarle ouf 3:afcl I.
293
uub glitten beö üou ^öd^ft wad) granfent^al übergegangenen
^erljorragcnben Silb^auerä 'tßcter äÄeli^ior aU unbeftrettbare
ÜWciftertoerfc anäucrfennen fein.
(Sebilbc auä allen 3^itöbfd^nitten be^3 ^ranfentf)aler Sd^affenS
fonnte man 1899 in SKann^eim auf bei* Dom SRann^eimer 9Utertum^=
öerein öeranftalteten 3lu§ftettung öon nur granfentf)aler ^orjeltan
überblirfcn. (£^ n^ar eine gauj eigenartige ©d^auflelUmg t)on 500
9iummern ^ranfent^aler ^orjellan^, babei eine ftattlid^e 9?ei^e
öon (Gruppen unb J^'g^i^^"^ f^^^i^ f^in bemalte öollftänbige ®e=
fd^irre, einige baüon gebilbet au§ über 100 ©injelgerdten.' 2)er
au^füf)rlic^e Äatalog, ben icf) auf ©inlabung beö SKann^eimeu
?lltertum§öerein barüber »erfaßt fjabt unb too,^u al$ Einleitung
^rofeffor Dr. SBalter eine fo t)übfc^e gefd^ic^tüc^e Sfijje ber
granfentf)aler J^abrif gefd^rieben i)ai, legt baöon 3c»gniö ab. 5)er
äWannfieimer Äatalog toirb öon (Sammlern unb tiom ilunftf)anbel
noc^ oft benü^t, teife toegcn ber barin burc^gefü{)rten fe^r genauen
®efc^reibung ber ©cgenftünbe, teite toegen ber brei äRarfentafeln.
S'§ finb barauf bie SÄarfen ber au^geftettten ®egenftiinbe, ferner
bie gef)eimniäüollen Seijeid^en ber SKaffebereiter, SSoffierer, 3)ref|er
unb ber ^orjeüanmaler genau fo toiebergegeben, toie fte auf ben
Sachen felbft angetroffen Sorben finb. ^ür jebe 3ßarfe ift in
einer %abtät au^getoiefen, auf ineld^em ®egenftanbc fie fic^ befanb.*)
2Bie alteg auf ber SBelt, fo toirb aud) altertümlid)e§ ^^^or=
jellan nachgemacht, babei natürlich ha^ öielbege^rtc ^ranfent^alcr.
Stamentlic^ eine "ißarifer girma — unb ioie mir fcfieint - - and)
mef)rcre bunfle .^erftcüung^orte in 2)eutfc^lanb bringen in Dertoerf*
lid^er SBeife ^iguren, ®ruppen, ißafen, S^crrinen nnh anbere Sad^en
in ben ipanbel, bie jum Seil nad^ alten SSorbilbern gefertigt unb
fecf mit ber Äarl 3;{)eobor:üKarfe t)erfef)en finb.
So loaren ju jener Slu^ftellung bc^ äWannfieimer ?lltertum^5=
üereing oon einem, ber auf feinen iöefij^ ftolj ioar, gleic^ fed^^
giguren eingefc^icft morben ; aber fc^on beim ^tu^pacfen mu^te ic^
fef)en, ba§ e^ plumpe galfd^ungen toaren. Sßatürlid) fonnte
biefe ©orte granfentf)aler ^orjellan, bci^ angemaßter 9!Bcife bie
Äart 1l)eobor=3Karfe aufnjie^, nidjt jur Slu^ftellung angenommen
toerben. 2)er Sefi^er ^atte biefe fed^§ giguren, bie einen alten
gamilienbeftanb barftellen follten, in einem 53abeort ertoorben.
') Der Äatalog ijt noc^ in einigen Du^enb (gicmplarcn oorrätig unb
fann oom äRann^eimec ^Itertumsoerein um 3 Tlaxl bejogen toerben.
294
SDiit bem angcblid^ ererbten Sefi^ be^ bortigen SBerläuferö toar
e^ aber nid^t^. 5)ie nagelneuen S)inger l^atte man too^l be^l^alb
in einer unöerfänglid^en gamilientool^nung aufgeftellt, um fie befto
fidlerer an einen gefd^idft bal)in gelotften gremben anjubringen.
©in anberer gatl: Sin iperr aug ber ?ßfalj f)ält [lä) üor*
überget)enb in Samberg auf unb get|t bort jum Qt\t\)txtxtxb jur
SBerfteigenmg einer feinen SKobiliarfd^aft. Unter ben jum ?lu^*
gebot fommenben ^orjeüanfad^en befinbet fid^ eine gro§e bemalte
®rm}<}e, beftel)enb au^ einem tanjenben EWa^fenpaar, bie beim
Slufruf ate SKeifener gabrifat bejeid^net toirb. Unfer ^fäljer er»
fennt bie ®ntppe aber afe öon granfentl)aler iperfunft, benn fie
l|at ja bie Ä'arl 3;t)eobor*9)Zarfe. ©ine ^^ranfent^aler ©nippe, bie
nod^ baju bemalt ift, barf er feiner ^eimat nid^t entget)en laffen.
©r bietet mit, unb für ben fet)r mäjgigen ^reig üon ettoaS über
80 äWarf bleibt er ©ieger. SlI^ er mir bie ©ad^e erjä^Ite, fam
mir fd^on bei Sd^ilberung beä ®egenftanbe§ ber ©ebanfe an eine
gälfd^ung. SSie er mir bann bie ©ruppe jur ^Beurteilung brad^te,
erlannte ic^ fie auf ben erften SBIicf aU eine nagelneue gälfd^ung
nad^ aReifencr SBorbilb. ©ö toar nid^t^ afö ein DoQfommen toert=
lofeö äWac^toer!. SBa^rfd^einlid^ t|at ber gabrif ant feine betrügerifc^e
SBare auf^ geratetoof)! mit beliebigen alten g^brifmarlen üerfel^en
unb fid^ babei aud^ jur ©inbrennung ber Äarl S;^eobor=3Karfe,
bie gar nid^t auf baö @tüd pajgte, öerftiegen.
2lud^ in SHirnberg \)at einmal ein ^fäljer aug Sieuftabt bei
einem 3;rbbler gleid^ brei granfcntfjaler ®ruppen entbedft unb für^
ipiftorifdje äWufeum ber ^falj mitgenommen. 3d^ tpurbe barauf
nad^ Stcuftabt entfanbt, um bie @ad^en ju befid^tigen, e^e man fie
nad^ ©peier übernahm, ßeiber ioaren e^ fred^e gälfd^ungen. ßixm
®lüdE ^atte ber ©ntbedter bie ©nippen nur mit SJorbe^alt gefauft,
foba§ lein ©d^aben entftanb. ©elbft am Urfpmngäort be^ ge*
fd^ajjten pfäljifd^en ^oräellang, in ^ranlentl)al, bin id^ einmal unt)er*
mutet auf gäl|d)ungen gcftofeen. 3d^ l)atte auf ©rfuc^en ber
ginangbeliörbe eine ganj anfe^nlic^e Steige üon ©egenftänben au^
granlent^aler ^orjettan, bie üon einer alten 2)ame ber ©tabt
granfent^al öemiad^t UJorben toaren, toegen ber Grbfc^aftöfteuer
abäufd;ä^en. Sieben ben fd^önen Äarl 2:l)eobor=^oräelIanen au§
altem gamilicnbefi^ ftie§ id^ ha auf mel^rere gefälfd^te ©tücfe,
toeldje bie ©ublafferin offenbar erft in fpdter 3^^^ tlinjugefauft
^atte. 3)ie gute I)amc toar burd^ ba^ if)r bctannte gran!entl)aler
295
gabrtfjcid^en, ba^ natürlid^ auf bcn falfd^cn ©tücfcn nid^t fehlte,
leiber getäujd^t toorben.
gälfd^ungen tocrbcn mand^mal aud^ in b c r 3Bcifc unternommen,
ba^ toei^e ed^te ^orjeUanfad^en Don alter iperlunft neu bemalt
toerben, um i^nen fo einen I)öl)eren Serlaufdtoert ju öerlei^en.
2)ie^ lommt lotoo^I öor mit figiirlid^en ©ad^en, afö mit S^eUern,
platten, SSafen ufto. 6^ bebarf oft großer 3lufmerffam!eit, um
fold^en SBetrug ju entbedfen ; benn bie neue Semalung ift im ©renn*
ofen in bie ®Iafur eingebrannt, genau fo, toie tjerfa^ren toorben
toäre, \)Mt man f. 3- i" granfentl)al felbft bie ®ad|en bemalen
tpollen. ®ei fold^en gälfd^ungen lommt eö ^au^jtfäc^lid^ barauf
an, bie ©lala ber granfent^aler garben Don ben neuen garben
JU unterfd^eiben.
9Bie man fietjt, gibt ba^ SSor^anbenfein einer granfent^aler
SWarle burd^au^ nid^t immer bie ©etoü^r für ein ed^te^ ©tüdt.
Übrigen^ ift aud^ ed^tem altem ^orjeQan gegenüber SJorfid^t
unb genaue^ SSetrad^ten ftet^ am ^la^e; benn nid^t feiten finb
bie ®egenftänbe jerbrod^en getoefen, toieber jufammengefittet unb
ergänjt toorben. 9Kan bringt l^eutjutage folc^e Srgänjungen,
namentlich toenn eä fic^ um bemalte ©egenftdnbe l^anbelt, mit
großer SSoBfommen^eit juftanbe, fobaß nur ein geübte^ ?luge ben
SRangel entbedft. 2)ie ^orjellanflinüen Verfügen aber aud^ über
trefflid^ Vorbereitete ipilf^mittel. 2)a gibt c^ fertige ipänbe unb
güße öcrfd^iebener ®röße unb 9lrt, aCe öon ^orjettan, fobaß fie
ol)ne toeitereö «ngefc^t toerben fbnnen, loo ein entfpred^enber S^eil
ber gigur fe^lt. 3ft gar ein ?lrm ober ein ®ein abgebrod^en
unb öerfd^tounben, fo toirb baö ge^lenbe neu mobeUiert, in 'ißoräellan
abgeformt, gebrannt unb bemalt Sa fogar nagelneue Äö^)fe fe^t
man oftmals mit ®lüct auf fo))flofe gigurcn. 2)ie gugen toerben
mit einer SWaffe überfd^miert unb glänjenbe Sadffarbe bcdft bie
Äittfteße oollenbö ju. 2)ag toeiße ^orjeHan toiberftrebt biefem
SJerfa^ren; benn bie jum Slu^beffern üertoenbete :|}laftifd^e äWaffe,
bie anfangt genau bad SBeiß beä ^orjellan^ befi^t, ift unauf^alt=
bar ber SJergilbung untertoorfen. ®egen Slu^befferungen ift im aü'
gemeinen nid^tö einjutoenben, benn ein jerbrod^ener ©egenftanb
fann feinen guten ßinbrudC hervorrufen, ©önjlic^ unbefd^äbigte
@ad|en finb aber immer viel Wertvoller, ate auegcbefferte ©tüdte,
bod^ aud^ tveit feltener ju finben.
296
3)ic Äriccj^ereignifie unb bai @nbc bcr groiilcnt^atcr
"ißorjeUanfabrif.
(Erfte SBerpo^tung an oan 9lecum. ^orsenanDerfteigernngen in SRann^ehn.
Slfl^tung ber 93onöte. (^arbeneinff^meljung in SOlann^eim. S^^^^ ^^'
pa(^tung an oan 9{ecum. Das SfrA^ftadsgeff^in mit ber SJZatfe oan Slecums.
^ie Sfranfent^alei (formen, heutige Seftanbe, frfl^ere SetiDflftung« Aunjt«
toert bes gfranfent^aler ^orsellans.
2n beu 1 790cr 3af)ren tourbc bie ^oräeüanfabri! in granlcu=
t[)al toegcn ber Ictcgcrijc^en ©reigniffe, bic fic^ am 9if(em ab{pielten,
nur nod) iä^toad) betrieben, ©d^on 1794 {)ielten ©an^culottcn
gran!entf)al befe|t, mußten aber nad^ einigen 3Boc^en Ujieber ab--
jie{)en. Sobalb bieö gefd^etjen toai, üerbrad^te man forglid^ ben
^aitptteil be^ Vorrätigen ^orjellan^ öon granfent^al nad^ SKann*
^eim in ©id^er^eit. 31I§ fid^ im folgenben 3af(rc bie granjojen
abermals in granfent^al nieberlie^cn, befd^Iagna^mten fie in ber
%ai bie furfürftlic^e ^^oräeüanfabril unb öerfauften bie immerhin
noc^ beträd^tlic^en SSorriite im 3Serte öon 25000 ©ulben f^lr
einige Silnbel 3lf[ignaten an 9lepümuf \)an Siecum aug ©rün=
ftabt. 3^9^^^^ tonxht biefer afe ^^äc^ter ber gabrif eingefe^t.
SJon bem 1794 nad^ üRann^eim geschafften ^auptbeftanb
an ^orjettan unb ber im ftauf^auö o^neljin fc^on t)orf)anbenen
5>lieberlage fud^te man einige Saläre fpdter burc^ SBerfteigerungen,
bie mit 3lu§naf)me einiger S^age öom 27. 9?oüember biö 12. 3)ejember
1797 unb t)om 8. bi^ 10. 3anuar 1798 tdglic^ abgehalten imirben,
joüiel al^ möglid^ anjub ringen. ?lug ben SSerfteigerung^^rotofotten,
bie bei ben 3lften liegen, ge^t i)txx)ox, ba§ u. a. erlöft tpurbc für :
1 Saffee)ert)ice, lontplett, gro§e 99lumen, SJolbränber 23 fl.
1 Äaffeeferöice mit feinen 93lumen unb ©olbränbem 28 f[. 30 fr.
1 Äaffeeferöice, tontptett, antife ^iguren in ©d^ilbern
mit feiner Sorbüre, braune Stänber 30 fl. 15 fr.
1 Änffeeferüice mit feinen ßanbfd^aften, SBIumenfrdnjen
unb (Solbränbern 50 fl. 30 fr.
1 Äaffceferöice mit buntem ©etier^ unb ©olbfeftonö 54 fl.
12 ©Veifetetter, bunte Slumen, ©olbranber 12 fl. 36 fr.
12 ©))cif et eller, Sa^relief, bunte SBlumen, ®olbränber 15fl.
12 ©uppenteller, bunte Slumen, ©olbränber 17fL40fr.
15 5)effertteller mit ©olbränbem, fe^r flac^ 15 fl.
3 oüale Patten, bunte S^lumen, ©olbränber 1 1 fl. 8 fr.
2 gro^e runbe platten, bunte Slumen, ©olbränber 10 fl. 8 fr.
297
1 Xcrrine mit Untcrptattc, Sa^rclicf, bunte Blumen,
brauner 9Janb 5fl.
1 Xcrrine, oDal, bunte Slumen, ©olbrmtb 3 fl. 46 fr.
1 S)6ieuner, feine SSögel, braune 3tänber 5fl.
1 grojger Äorb, burc^broc^cn mit Unterplatten, blaue
beutfc^e ®lumen 21X46 fr.
2 t)albrunbe ©anblaften, bunte Slumen, braune Mänbcr 5 ft.
1 SBarbierbecfen, bunte Slumen, brauner SRanb 1 fl. 30 fr.
1 3;abafpfeife al^ SBä^c^en, marmoriert 1 fl.
©ruppen:
SRaub ber §elena, )c§abf)aft 10 fl.
95ac^u$ mit fiinbern, fc^ab^aft ^ 12 fl. 25 fr.
9Senu^, ftef)enb, mit (£upibo 4 fl. 54 fr.
glora unb ^omona, )d^abt)aft 24 fl.
2)ie eiferne 3^^* ^ ff- 1 ^ ^^'
(Sommer unb ^erbft, 2 ©nippen 6 fL 36 fr.
2)ie ^a^re^jeiten in Äinbern 7 fl. 20 fr.
©pielenbe Äinber auf ©ocfeln, 2 (Gruppen 6 fl.
S^inefenf)aug, gro^ 11 fl. 10 fr.
S{)inefcnf)auö, flein 5 fl. 40 fr.
S)ie Toilette 4fl. 2 fr.
Slamlänber ^Bauern 8fL
©c^üfer in einer SRifd^e, an einer gigur bie $)anb ab 5 fl. 30 fr.
®ie nämliche ÖJruppe unbefc^äbigt 12 fl.
3tDei gigurcn unb ^unb mit 9Ji)c^e 8fl.
Äapeltmeifter, Öi^cuitgruppe, 3tu^fd|u§ 4fl. 6 fr.
g i g u r e n :
Äupibo mit ©c^ilb E. A. ((glifabetf) 9lugufta) 2 fl. 46 fr.
aSeltteile, 2 grofee ^iguren 6fl.
Sa^reÄjeiten, 4 J^iguren 4 fL 42 fr.
2 ÜÄonatöfiguren 6f(.
2 giguren 5Wr. 1, ß^inefen lfL33fr.
ÄWfmann unb grau, 2 giguren Hfl. 10fr.
2 »cttlerfiguren 5fl. 30 fr.
eifftff er »auern, 2 gigurcn 4 fl. 30 fr.
9Kann mit ^olä^aren 3fl. 26 fr.
SBürftemac^er unb Giermann, 2 J^iguren, 2mal4 f(. 44 fr. u. 5 fL 12 fr.
effigmann 2 fl, 40 fr.
^ammelfc^erer unb ©ei^melferin, 2 giguren 4 fl. 32 fr.
298
©d^crcnfd^lcifcr, gigur 9ir. 3, fc^ab^aft 2 fL 20 Ir.
2 gigurcn auf ©aljförbd^cn 6fL
gigur mit 2axt)t, grofe, äuäfd^ufe 1 fL 30 fr.
Sn bctt SBcrfteigenmg^liftcn ift nid^t angegeben, ob man cg
bei ben figürlid^en ©acfien mit h^eijgem ober bemaltem ^orjeHanju
tun ijat WHii loentg ?lu^na{)men bürften inbeffen gleid^ bem @e»
fd^irc aud^ ©niJppen unb giguren bemalt getoefen fein. Sei jebera
einjelnen ber ipunberte t)on Slnfä^en ift neben bem S8erfteigentng^=
erlöö aud^ ber gabrif^rei^ angegeben, ber burd^loegg tocfentlid^
Ijö^er toar, aU bie bei ber SBerfteigerung erjielten greife. 3m
ganjen tourben erlbft 2567 fl. 59 Ir., toeld^em öetrag ber gabrif«
))reig öon 4792 fl. 19 Ir. gegenüber ftel)t. Sräielte man alfo im
3Binter 1797/98 immerhin nod^ greife, bie im 35urd^fd^nitt bie
§ölfte ber gabril^jreife überftiegen, fo ging f))öter bie (Snttoertung
ber ^orjettanöorrätc nod| öiel toeiter. Slfö nömlid^ 1803 äRann«
l^eim babifd^ tourbe, tuar nod^ ein mad^tiger ©todE grantent^alcr
^orjeHan^ im gabrilh^ert uon 80000 fL üor^anben. S)a man bie
SRftume beg Äauft)aufeg für ftanjieien brandete, foHte ha^ ^or«
geüan rafd^ loggefd^Iagen toerben. 3^"öd^ft tourbe ein ?lu^t)ertauf
ju ermäßigten greifen t>eranftaltet, niobei man bi^ ju einem fei^ftel
beg gabril^jreifeö l^erunter ging. ?[ber tro^bem lonnten bie loert*
Volleren @ru^^)en, giguren, ®eräte, 3w)^w^^^^"f*^tt"^9^" bemalten
©efd^irrö, überl)au))t feinet ^orjetlan aller 2(rt nid^t angcbrad^t
toerben. ©d^Iießtid^ übernaf)m ber babifd^e ipof ben gangen SReft
um ein je^ntel be^ gabrilation^preife^, bamit bie SRäume im
Äaufljaug, bie burd^ bag granlentl^aler ^orjcüan belegt toaren,
bod^ enblid^ für anbere Qwzdt Verfügbar tourben.
3ltö im 3a]^re 1795 bie granjofcn nac^ einigen 9Wonaten
granlcnt^al toieber aufgegeben Ratten, na^m bie lurfürftlid^c SJer*
Jüaltung bie ^orjeUanfabril bem ^ädjter öan SRecum toieber
ab; inbeffen fdjleppte fid^ Jüegen ber Iriegerifd^en 3^'ten ber 93e«
trieb nur mü^fam bal}in. C^nebieö brad^te ber grieben J?on
ßantpo gormio 1797 bie geftfe^ung ber granjofen im ^)fälji)(^en
®ebiete linlö bc§ SR^eine^, unb bamit fam neue^ fd^toere^ Untjetl
über ben 93etrieb ber turfürftlid^cn ^orjellanf ab ril : bie getoaltfamc
93efdjlagna^me, bie fdjließlid^ jum öollftänbigen (£ingel)en ber gabril
füf)rte. 9Jad^bem bie granjojcn immer naiver rüdtten unb eine
95rigabe bereite in S)ürl^eim angelangt loar, Ijatte man beträd^t-
lid^e 'ilJorjellantJorräte, einen Seit ber formen, foioie Sllje^er ^^Jor*
299
jcttanerbc ju 6 fL bcn 3^"tncr, unb — toa^ man füt bcfonbcrä
toid^tig l^tclt — Simogcr Steine }u 15 fl. ben 3^"tner, tn^gefamt 40
gäffer Äaoün im aBerte öon 3000 fL, in atter ©tiUe üon granlen*
tl^al nad^ £}ppan gcfd^afft Site bie Sefe^ung öon granfentl^al
erfolgt tpar, traf man SBorIel)rung, biefe SSorräte biö anö SR^ein*
ufer ju Verbringen, tpoju 24 gul)ren nötig toaren. Son ba ging
bag geflüd^tete @ut auf ©d^iffen nac^ äWannlietm.
99eim ^orjeltan befanb fid^ auc^ eine gröjgere Slnja^I ©tüdte,
bie jur SBeröoHftänbigung t)on feinem ftaffee= unb ^^afelgefd^irren
gehörten. S)ie ju ergänjenben ©efd^iue gehörten ju ben 93eftänbcn
ber 9D?annt|eimer 9?ieberlage, teil* auc^ toaren bie ©rgönjungdftüdte
bei ber gabrif öon früheren Käufern nac^beftellt toorben. 3n ber
6Ue ^atte man in granfentl^al biefe bereits bemalten ©ad^en nid^t
mel)r im ©d^meljofen fertig be^anbeln f önnen, fobaj3 nun bie toid^tigcn
Srgänjungdteile unbrauchbar in ä}knn{)eim lagerten. Um biefem
•t
Ubelftanb abjulielfen, genef)migte Äurfürft Äarl 3;{)eobor burd^
erla^ öon aWün^n 13. 9Ktirä 1778, ha^ in beraJtannlieimer SRünje
an feuerfi^erer Stelle, nämlid^ unter einem ftamin, ein 3Wuffel*
ofen erbaut toerbe, um barin bie l)albfertigen ^orjeHanfad^en bem nod^
erforberlid^en ©d^meljbranbe au^äufe^en. 3)er Cfen tourbe toir!«
lid^ erbaut, unb bemnad^ unterliegt e* feinem 3^^U^^f ^^6 granfen*
H)altx ^orjellan aud^ in üKann^eim tjottenbet h^orben ift.
3m S)ejember 1797 toerpad^teten biegransofen bie befd^lag*
nal)mte ^orjellanfabril jum jtpeitenmal an Sodann Sie^omuf öan
SRecum, unb jtoar um monatlid; 200 2iöre* ^a:pier. 2)ie @in*
rid^tung ber gabrif übernal)m ber ^äd^ter fauflid^ um 2500 fiiDre*,
bie Vorräte um 1000 ßiöre*. 6in Ciöre Rapier galt bamafö 5
Äreujer, fobafe ber »etrag \)o\\ 3500 Siüreö nur 291 fl. 40 Ar.
auSmadbte.
SJan 9?ecum fonnte gleid^ nad^ ber Ubernaljme lüeiter arbeiten
laffen, ba er nod^ einen Söeftanb an fertiger ^orjellanmaffe an»
traf, befd^ränfte fid^ aber auf bie iperftetlung üon ©efd^ia*. @r
toar fo fing, aujger ben bi*t)erigen gormern unb 5)re^em aud^
mehrere ber furfürftlic^en ^^orjellanmaler iueiter ju beschäftigen,
unb tpar fo imftanbe, nid^t nur ba* eigene gabrifat, fonbern aud^
bie im fog. 333ei§en STOagajin öorgefunbenen ^albfabrifate mit
SRalerei auöftatten ju laffen. 3n biefer SBeife betrieb er bie gabril
nod^ bi* jum 3al)re 1799 unb fiebelte bann mit feinen formen
unb ©ersten nad^ ©rünftabt über, um bort 1801 in einem el^emaligen
300
Sciningcr Sdjloffe, genannt bei* Unter^of, eine galjencefabril on-
anlegen.
?ln§ ber hirjen 3^'^ ^^^ ^^" 9iecum')c^en SBctriebeö in
5vctnfentf)al liefe ntirf) ber S^^aü in ©lünftabt bei Sertoanbtcn
Dan SRecnmä ein griif)[tücf^gefdf|irr anffinben, ba^ fein mit ^y^guren
bemalt ift iinb fieberen gamilien=5Rac^ri(^ten jufolge in granfen»
tl)al {)ergefteüt Sorben toar. *Dieieö ©efd^iru trug aU gabrifmarfe
blau unter ber ©lafur ein an^ V unb R gebilbete» äRonogramm
unb barunter ein F.*) 3)ie)e SJiarfe, bie in ipanbbüd^ern bi^ljer
ju bem ßubtüigöburger Strfaniften SRingler in öegie^ung gebrad^t
tourbe, f onnte burc^ meinen f^unb beftimmt nad) J^ranlent^al üertDiejen
toerben. 2)ie 93ucf)ftabenöerbinbung VR unb ba§> barunter gefteltte F
laffen fic^ of)ne^in nic^t anber^ lefen, aU S8an SRecum, granfent^al.
Über jene^ grnf)ftücf^ge)c^irr f)abt id) im ^^fälji|cl^en äJhifeum, 3af)r*
gang 1898, einen 9luffa§ üeröffentlid^t unb auc^ ba§ ^auptftüd be^
@efc^irr§, bie meifterl)aft bemalte ^^latte, im S3ilbe^t)orgefü^rt. SJet
biefer (Gelegenheit fonnte ic^ aU erfter bie 93ebeutungber VR=3RarIc
befannt geben.
^an SRecum ftarb 1805; 9iad)f olger feiner ßrben im Scfi^
ber ©riinftabter J^abrif iDurben 1812 bie SBrüber 933ilf)elm unb
99ernf)arb öorbollo, unb ein 9lacf;fomme eine^ öon biefen, ^err
Sofef SBorbollo in ®rünftabt, fc^enlte in ben 1880er Sauren bie
noc^ 3af)lreic^ liürf)anbenen ©ipöformen au^ ber granlentf)aler
^oräetlanfabrif bem ©elüerbemufeum in Äaifer^lautern, t)on too
fie äJüaujig ^a^re fpdter ba^ ^iftorifc^c Sßufeum öon ©peier über«
naljm. 3c^ felbft Ijabc bie Überfiit)rung ber gormftüde t)on Sai|erä=
lautern nac^ Speier beforgt. 3m Saufe ber 3al)re finb biefe ef)r*
jDürbigen ®ip^=5ormen arg öernac^läffigt h^orben, unb faum toirb
e^ mbglidj fein, ba}i man ju mef)r aU etiua einigen 3)u|enb
®ruppen, giguren, S?a)en, S^errinen unb bergl. bie einzelnen Xeile
ber gorm öollfttinbig jufammenbringt. Siommeräienrat Säuml,
^ßäc^ter ber föniglidjen ^^oräeltanmanufaftur Si^mp^cnburg,
tüill e^5 im (£inüernel)men mit bem ^iftorifd^en SSerein ber
?ßfalj bemnäd)ft Derfuc^en, bie gönnen ju orbnen unb fott)eit noc^
möglich, 9lbbrüde in ^orjetlanmaffe baöon ju nef)men, um biefe
fobaun glafieren unb brennen ju laffen. ®ie etloa juftanbe !om=
menben 9ieuau0fii^rungen fotlen auf brei aw^ jeber gorm be»
fc^ränft bleiben unb auc^ feine^Jüeg^ in ben ^anbel gelangen.
') ©ief)c Üafd II ^r. 32.
301
Ubcrbic^ toürbcn fie chic bcfonbcvc SJtartc, t^icKcid^t unter §in5U=
fügung einer 3a^rjaf)l erl)atten. G^ f)anbc(t firf) babci nur barum,
baS eine ober anbere un^ nid^t erhalten gebliebene Äunfttoerf bcr
SKanufaftur gran!entf)al toieber Ijeröorjurufen unb in ben 93iufeen
öon 3JJün(^en unb ©peier jur baueniben ?tufbelDa^rung 5U bringen.
9fJeuerbing^ finb einige granfent{)aler gormen bie fic^ noä)
in ber Steingutfabrif ®rünftabt Dorgefunben Ratten, in ^^Sriöat*
l^änbe nad) $)eibelberg gelangt unb eine ^orjellanfabrif fertigt
baraug 9?ad^bilbungen, bie t)on 9}iannf)eim aii?^ angeboten n^erben.
©g finb öerjierte ^^Jtatten, ein 3tof of o4l^rgeI)äuje, mef)rere SSüften, ein
^unb, ein ßötoe, eine gigur mit ^oljbelabenem Sd^titten ujto. 2)iefen
SReuauöfotmungen gegenüber ift SJorfid)t am ^lajj. 2)a^ 3Ru)eum in
©peier befi^t au^ ben nämlid^en formen feit längerer 3^it Slu^form*
ungen in Si^cuitporäeHan, bie als^ S?ergleic^öftüdte bienen fönnen.
^ranfent^aler ^orjellan gehört l^eute ju ben gefud^ten 9lnti»
quitüten. @o groß alö toünjc^enetocrt, um ber 9tad)frage ber
©ammler ju genügen, finb bie 83e|tänbe Don granfent^aler ^orjeltan,
bie fid^ im ^anbel ober im toec^felnben ^riüatbefi^ befinben, leiber
nid^t mel^r. S)ie ^au^jtbeftänbe finb feftgelegt in ben SOiufeen
öon ©peier, J^^^^^^^^^l $>eibelberg, Siürnberg, S)iünd^en, 93erlin
unb öömburg, fobann im 33efi0 be^ gvo^f). babifc^en ^ofe^, be8
batjerifd^en Äonig^^aufe^ unb in einigen ^^rioatfammlungen , oon
benen namentlid^ fold^e in ÜWannf)eim unb 'JBorm^ burc^ JReic^^
I)altigfeit unb feine 3lu^toat)t fogar bie 3)?ufeunbo6eftiinbe übertreffen.
Um in äJerfauföriiumen öon 9lnliquitiitenf)tinblern granfen*
ii)a\tx ^orjellan aufäufud^en, loirb man fid) in erfter Öinie nad^
©pcier, ÜWannf)eim, granffurt unb äWünd^en ju loenbcn {)aben.
3n ber linförl^einifd^cn ^falj ift ba^ meifte, toa^ öon granlent^aler
^ßorjcllan in bie 3Bot)nung^einri(^tung be§ guten bürgerlichen
ipaufeö gelangt toar, burc^ bie ftrieg»ftürmc Don 1793 — 1797 jugrunb
gegangen, ja oft muttoiltig jerftört Sorben. Öie^ bod^ 1793 in
SZeuftabt a. b. ip. ber franjöfifc^e Sanbfommiffdr Mougemaitrc
atteö ^ran!ent^aler ^orscllan an^ ben ©ürgerf)äufeni geloaltfam
toegne^men unb auf einen Raufen jufammentragen. E^^ Joar eine
ftattlidjc SWenge, benn e§ burfte ja feit langem fein anbere^3 Sßox^
jeUan in btn SSerlauf^läben gefüf)rt Jocrbcn. 3n biefen ^orjellan^
berg fd^lug bann ber eblc SRcpublifancr SRougemaitre mit einem
?ßrügel fo lange {)inein, bis nur nod^ ©djcrbcn ba lagen, ©r
I)atte eine rcpublifanifdEjc Zat üoübrad)t, ^atte ba^ ^^oräcüan mit
302
bem gefrönten Slamen^jug bc^ 2;t)rannen Äarl X^cobor ber ®er*
nid^tung ilberliefcrt. 3lug d^nltc^em antrieb fd^lugcn um bicfelbc
3eit in ßanbau ©an^culotten bie au^ ©tcin gemeißelten lieiligen
brei Könige öom portal ber ©tiftdfird^e f)crunter.
S)ie SBertfc^ö^ung be^ feinen granfent^aler ^oräeHanö fte^t
^eute bei .^nftlieb^abern unb ©ammlern toof)l ebenfo ^oc^, al§
bie beg alten äWcißner ^orjettan^. @in berufener Äenner be^ ge*
famten feramifc^en ®ebiete^, SKufeum^bireftor Dr. 95rindCmann
in Hamburg, äußert fic^ über bie ©rjeugniffe ber pfäljifd^en
äßanufaftur fj^^^^^^^^^^'l ^^ uneingefd^ränft ancrfennenber SBeife.
©S gefd^iefjt bieg in einem Äatalog beö im Hamburger SKufeum
für ^mft unb ©enterbe aufbetoal)rten altertümlid^en ^orjettan^.
Siad^bem Dr. SSrindtmann, ber 95erfaffer be^ ÄotalogS, ertodl^nt
^ai, baß in ber granfentf)aler gabrif faft immer finanjicttcS
©lenb ge^errfd^t I)abe unb baß infolge ber Ärieg^toirren nad^
1789 ber ^Betrieb öottenb^ erfd^toert getpefen jei, fagt er folgenbc^:
„9ltter biefer ©c^tüierigfeiten ungeachtet finb au§ granlentl^al
fotoot)! gemalte ©erüice, tpie ganj befonberö giguren unb ©ru^pen
l^eröorgegangen, n^elc^e bem beften an bie Seite ju ftellen finb,
toa§ um biefelbe 3^1^ i^ irgcnb einer anbern beutfd^en ^orjeQan*
manufaftur gefd^affen toorben ift.''
^ie ^arften auf %aftt II.
auf bcm ^orjcllan bcfinbcn fic^ bic f)icr blau bargcftcUtcn
grantcnt^alcr äWarfcn unb SRcbcnmarfcn 92r. 4 — 12 unb 19 biä
33 unter bcr ®lafur; bic ^falj=3tücibrüdcr*3)?arfen SRr. 34—36
lommcu ebenfalls unter ber ®la)ur, häufiger aber auf bcr ®tafur
öor. %iU biefc äÄarfcn finb mit bem ^infcl frcif)anbig auf baö
öcrglü^tc SRau^gut aufgemalt. 5)ic ^ier farblos tpiebcrgcgebenen
SKarfcn 5Rr. 1—3, 13—15 unb 17—18 fteUeu (gtcmpcleinbrücfe
bar, bic öor bcm SBcrglü^en bcr ©egenftdnbc angebracht tourben,
9?r. 16 ift cingeri^t.
Mc auf 3;afcl II bargcftellten SKarfen finb in natürlid^cr
©röfee öon ^orjcllanfad^cn, alfo öon Urbitbern, abgenommen toorben.
f ]:K(ar]tti0 ber Warften.
9?r. 1. SKarlc beg ®rünbcr§ ^aul ^annong 1755 — 56.
Diefe SRarfe ^at $aul ßannong oecmutli^ |<^on 1751—54 in
Sttaftburg anflen>enbet.
2 unb 3. aWarfen ^aul ipannong^ 1755—56.
Die SWatfen SRr. 1— 3 fommen and) neben bcm £ö©en (SWarfcn
7—12) Dor. Sol^e Doppelmaricn gehören in bic 3cit oon 1756—59.
;, 4 — 6. S?erfc§icbcne formen ber UJautcnmarlc ^aul ipannongö
öom grüf)iat)r 1756.
3n ber S^erfc^tebenartigleit bcr 3ei(^nung ]px\ä)i fi^ mcntger txn
3cituntcr{(^feb, als oielmc^r bic SRanicr breier oer|(^icbener SOlarfcn«
malcr aus. 3n Segleitung ber 9{autenmarfc fommen au(^ bic
SRarlen 1 unb 2 oor.
„ 7 — 12. 9Serfd^icbene gormen beö Öötoen, ber SRarfc 'ißaut
^annong^ toä^rcnb ber gabrüleitung burc^ Äarl
^annong 1756 — 57 unb burd^ Sofef ?Ibam ^annong
1757 — 59, l'otuic SKarfen, Ujeld^c Sofef 3lbam §annong
auc^ ate eigentümcr ber gabrif 1759-62 geführt I)at
3n Begleitung bes £ö»en iDcrben auf ^orgcUanfac^en aus bcr
3cit 1759—62 in bcr 9?cgcl au^ bic SKarfen 19—21 angetroffen.
„ 13—15.' ^ireftor*aÄarfen3o)ef(9tbam)^annongö 1757—59.
Diefe IBIinbftcmpcI lommen qu(^ 3uglei(^ mit einer ber Ttatltn
7—12 ober 7—12 |amt 19—20 Dor.
304
yii\ 16—18. $.?er)d;iebcnc ftüuftlcr ^ ipanbäcid^cn 3ofef (Slbmn)
^annoug^ 1757—62.
Diefe $anb5ei(^n fommen nur auf gfiguren Dor, unb ^ar nteilt
allem, oereittjelt au(^ mit bem ütbmtn (SRarfe 7—12). ^ic 9Rarte
16 tft als ausnabmsmetfe Srfc^einung auf^ufaffen. Sie fanb p4
eingerigt auf einer gfigur ber ^usftellung oon Srranlent^aler ^or«
Sellan in 9Rann^eim 1899. (Sxef)t ilatalog 9lr. 234.;
„ 19 — 21. 9iamen^jug Sofcf Stbam ^minongg, gcbilbct au§
IAH, 9iebenmailc jur ^auptmarle bc^ CöIücu
9?r. 7 — 12, in^gc)amt äWarfc ^ofef 3lbam ^minongg ate
eigentümerö ber gabrif 1759—62.
Diefer Slamenssug erfc^eint nie allein, fonbern immer ^ugleic^
mit bem fiöroen 9lr. 7—12.
„ 22—24. §of)eit§jeid^en Äaul {Qaxl) %f)zobox^, Wlaxttn bcö
furfürftlic^cn Sctriebe^ öou 1762 bi§ ettpa 1785.
„ 25—27. ebenjo toic 9h-. 22—24, jeboc^ m^ )>ätcrei- 3«*^.
cttoa Don 1785—1797.
3n Segleitung ber SHarfen 22—27 fommen oon 1770-1789
abgefürgte Sa^rja^Ien, oon 1762—1799 ^ie unb ba au^ anbere
Seijei^en unter ©lafur oor, 5. JB. bic 9lebenmarfen 5lr. 28—30.
„ 28—29. 9tebenmavfen be^ 2)ircftovg ?lbam SBcvgbolb
1762—1770.
•I
„ 30. Cfterö Dorfommcnbe 9icbenmartc unbefanuter Scbcutung.
t)ie S^lebenmarfen 9lr. 28—30 fommen nur mit ber C T.^t'arfe
oor. Über ein ausna^msioeiles STuftreten oon /ft neben bem £ötoen
ogl. gfufenote S. 282.
31. ÜKarle beg ^äc^terö öan Siccum auS ber 3^it ber erften
^ac^timg 1795 unter ber gabrifbircftion ?Ibam Serg=
bolbg, bcö 1775 entlaufenen furfürftlid^en 2)ireftorg.
„ 32—33. 9Karfen beö ^äd)ter^ \)an 9tecum auö ber 3eit ber
Shieiten ^ad^tung 1797—99.
„ 34 — 36. 9)iarfen ber ))falj:=jn)eibrürfi)(^en ^orjellanfabrifcn
®utenbrunn 1767—68 unb Stoeibrürfcn 1768—75.
Seim bemalten SBeigpoi^IIan befinbet \\^ biefe SRarte faft
immer auf ber ©lafur, unb jmar meiftens begleitet oon einem
9WaIersei<^en, bem 5lnfangsbu(^Itaben eines 9lamens. 9^ur in
Slusna^msföIIen trifft man auf bunt bemaUen Stüden bie 9Rarle
unter ©lafur, immer bagegen in biefer SBeife auf bem unter Glafur
blau bemalten C^eft^in.
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Vonderanslcftr Seitenansicht.
Meissen
Wien
Höchst
FüfsKnbety
Berlin
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Ludwigsbupg
Ansbach
K/ostsrl/ei/sdopt
Fulda
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Kelsf^rbach
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