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Full text of "Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung"

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MITTHEILUNGEN 

DES  KAISERLICH  DEUTSCHEN         *>^ 

ÄKliHiEOLOGlUHEi^    INSTITUTS 

ATHENISCHE    ABTHEILUNG 


BAND  XXV 
1900 

HIT  SECHZEHN  TAEELN. 


J 


ATHEN 

3ARTH    &    VON    HIRST 
1900 


• 


Ailirn.—   nnick  lon  OKBRUEDER    PERRIS.  —  Lykurgos-SlMMe,  8. 


INHALT 


Seil«- 


VV.  Amelung.  Zum  Apoll  vom  Belvedere  ....  286 
J.  G.  C.  Anderson,  The  Apamean  exemplum  of  the 

Asian  Calendar  inscription 111 

J.  BoEHLAU,   Die  jonischen  Augenschalen    ....  40 

R.  Delbrueck,  Über  einige  Grabhügel  bei  Agia  Triada.  292 
)>        »   Eine  archaische  Jünglingsfigur  des  Akropolis- 

Museums  (Tafel  XV.  XVI) 373 

»       »)   und  K.  G.  VoLLMOELLER,  Üas  Brunnenhaus  des 

Theagenes   (Tafel  VII.  VIII) 23 

C.  Fredrich,  Hippostralos  von  Milet  (Tafel  IV)     .      .  100 

A.  Fürtvvaengler,  Üer  *Apollo  SlroganofT'            .  280 
F.  Hiller  von  Gaertringen,  Archilochosinschrift  aus 

Paros  (Tafel  l-lll) 1 

»       »  und  St.  Saridakis,  Inschriften  aus  Rhodos.      .  107 
R.  Knopf,  Eine  Thonscherbe  mit  dem  Texte  des  Va- 
terunser       313 

A.  KoERTE,  Zu  dem  Ehrendekret  für  die  Phylekämpfer.  392 

»       w  Kleinasiatische  Studien  VI 398 

P.  Kretschmer,  Bilinguis  aus  Dorylaion      .      .      .      .  445 
F.  NoACK,  Neue  Untersuchungen    in  Aiexandrien  (Ta- 
fel IX. XI) 215 

H.  VON  Prott,  Das  Psephisma  des  Archinos     ...  34 
C.  Robert,  Die  Fusswaschung  des  Odysseus  auf  zwei 

Reliefs  des  V.  Jahrhunderts  (Tafel  XIV)    .      .  325 

O.  RuBENsoHN,  Paros  I  (Tafel  V.  VI) 341 


138519 


St.  Saridakis  s.  F.  Hiller  von  Gaertringen    .      .      .      107 

K.   G.   VOLLMOELLER  S.    R.    DeLBRUECK 23 

"C.  Watzinger,  Zur  Porosstatue  in  München    .      .      .      447 
Th.  Wiegand,  Antike Sculpt. in  Samos(TafelXII. XIII)     145 

A.  Wilhelm,  Epigramm  aus  Delphi 306 

P.  Wolters,  Prähistorische  Idole  aus  Blei  II  .      .      .      339 

Litteratur 112.451 

Funde 114.308.452 

Sitzungsprotokolle 127.471 

Ernennungen 144.471 


-«>-B^^^ 


ARCHILOCHOSLNSCHREFT  AUö 

(Hieriii  Tafel  !-III| 


PAROS 


tDer  Boden  Ägyptens,  dem  wir  soviel  danken,  hat  uns  kürz- 
ch  nach  vielen  lierrliclien  li tierarischen  Schätzen  auch  zwei 
Papypusfetzen  bescheert.  auf  denen  der  Herausgeber,  R.  Reit- 
zenstein,  mit  glücklichem  Rück  Reste  der  lilpoden  des  Archi- 
loehos  erkannte  '.  Mit  Ägypten  kann  es  Griechenland  in  die- 
ser Beziehung  nicht  aufnehmen;  seine  Erde  ist  doch  immer 
noch  zu  feuclit,  um  den  empQndlichen  Stoff  des  Papyrus  durch 
Jalirtausende  zu  erhallen.  Aber  anders  steht  es  mit  den  be- 
schriebenen Steinen, und  wenn  sie  aucli  zu  den  Ausnahmen  ge- 

holt,  so  hat  dif  Wand  von  Oinoanda  doch  gezeigt,  dass  man 

ich  längere  litterarische  Teste  gelegentlich  dem  schwerer  zu 
Mwältigenden  ,  aber  dauerhafteren  Stein  anverlraute.  Einen 
Ulchen  Kall  können  wir  aus  Paros  vermelden  Auch  hier  ist 
Arcbilocbos  beteiligt  —  und  wenn  wir  es  in  allem  übrigen 
lern  Herausgeber  der  Papyri  nicht  gleicbthun  können,  wollen 
Mir  uns  doch  wenigstens  darin  an  sein  Vorbild   halten,  dass 

■  äitzuDgs berichte  der  berliner  Akademie  1899  B.  637  ll'- 

aTHEN.    MITTBEILUNGEN    XXV,  1 


2  F.    HILLBR   VON   GAEBTRINGEN 

wir  uns  möglichst  beeilen,  den  Fund  der  OfTentlicbkeit  vor- 
zulegen. Bei  der  Lesung  und  Ergänzung  hat  mich  U.  von  Wi- 
lamowitz-MöUendorff  vielfach  beraten;  ihm  wird  verdankt, 
dass  manches  Richtige  im  Text  steht  und  noch  mehr,  dass 
manches  Falsche  rechtzeitig  verschwunden  ist;  wenn  sein  An- 
teil nicht  in  jedem  einzelnen  Falle  gekennzeichnet  wurde,  so 
geschieht  das  nur  in  seinem  Sinne. 

Der  Stein  ist  rechtwinklig,  1,255"  lang,  0,625  hoch,  0,195- 
0,205  dick.  Die  linke  Seite  bildet  eine  rohe,  schlecht  bear- 
beitete Fläche;  rechts  ist  glatte  Anschlussfläche,  oben  und 
unten  ist  von  vorn  an  etwa  0,07-0,085"  breit  glatte,  weiter 
hinten  rauhe  Fläche.  Auf  der  Oberseite  sind  am  linken  und 
rechten  Rande,  aber  ungleich  entfernt  von  der  Vorderkante, 
Löcher  für  U-förmige  Klammern.  Auf  der  Vorderseite  waren 
ehemals  etwa  3  Ys  Kolumnen  Schrift  eingehauen,  davon  ist  die 
erste,  vom  linken  Rande  beginnend,  0,32  breit,  die  An- 
fänge der  vierten,  die  auf  den  rechts  angrenzenden  Stein  über- 
griff, 0,125.  Rechnet  man  auf  die  beiden  Interkolumnien  zu- 
sammen etwa  0,05™,  so  bleiben  für  die  Mitte  noch  1,255  — 
(0,32+0,05  +  0,125)=  1,255  —  0,495  =  0,76,  was  also 
wahrscheinlich  zwei  etwas  grösseren  Kolumnen  von  je  0,36- 
0,37  und  einem  Intervall  von  etwa  0,03  entsprach.  Die  Ko- 
lumnen von  Steininschriften  pflegen  nicht  genau  gleichmässig 
zusein.  Beim  Recht  vonGortyn  schwankt  ihre  mittlere  Breite 
nur  zwischen  0,67  und  0,69  (Comparelti,J/o/i.  Ant.  III  S.93), 
beim  Testament  der  ßpikteta  zwischen  0,325  und  0,340  (nach 
Halbherr  bei  Ricci, il/o/i.  Ant.  II  S.  85:  non  tanto  perö  che 
il  tutto  non  dia  V  impressione  di  una  certa  regolaritä 
d'  insieme).  Somit  würde  ein  Schwanken  zwischen  0,32  und 
rund  0,37  nicht  unerhört  sein*.  Von  der  vierten  Kolumne  hat 
sicher  der  grössere  Teil  auf  dem  rechts  anstossenden  Stein  ge- 
standen, und  wenn  dieser  Stein  auch  nicht  ebensogross  gewe- 

*  Regelmässiger  siud  die  Kolumnenbreiten  der  Inschrift  Ton  Oinoanda, 
▼gl.  Heberdey  und  Kaiinka,  Bull,  de  corr.  hell.  XXI,  1897,  S.  353  f.,  wo  die 
Verfasser  mit  Hecht  den  Brauch  der  Papyrusrollen  als  massgebend  für  diese 
Anordnung  der  Inschrifttexte  hinstellen. 


I 


ftRCHlLOC  HOS  INSCHRIFT  AUS  PABOS  3 

Ben  sein  wird  wie  der  linke,  wäre  es  doch  unwahrscheinlich, 
auf  ihm  nur  diese  Zeilenreste  anzunehmen-,  viel  eher  wird 
man  glauhen,  dass  hier  noch  wenigstens  eine,  vielleicht  auch 
niehrere  Kolumnen  folgten,  wonach  die  ^anze  Inschrift  ehe- 
mals wenigstens  5-6  Kolumnen  gehabt  haben  würde.  Für  al- 
les weitere,  besonders  den  Charakter  der  Schrift  und  der  ein- 
zelnen Buchstaben  ( Durchschnittshöhe  etwaO.OOT")  verweise 
ich  auf  M.  Lübkes  Zeichnung  auf  Tafel  II.  lil.  Für  diese  be- 
merke ich.  dass  ihm  meine  Abschrift  vorlag,  zugleich  aber 
mehrere  Abklatsche  und  scharfe,  leider  immer  noch  in  viel 
zu  kleinem  Masstabe  gefertigte  Photographien  '.  Lühke  hat  nur 
aufgenommen,  was  er  selbst  auf  Grund  dieser  Vorlagen  ver- 
antworten zu  können  glaubte, und  dabei  mehrfach  die  Lesung 
sicher  gefördert,  mehrfach  jedenfalls  Wünsche,  welche  ich 
selbst  für  die  Ergänzung  hatte,  energisch  durchkreuzt.  Bei 
der  gemeinsamen  Revision  habe  ich  ihn  nur  da  veranlasst  zu 
ändern,  wo  ich  sicher  im  Recht  zu  sein  glaubte;  in  zweifel- 
haften Fällen  habe  ich  ihn  gewähren  lassen,  wenn  ich  mich 
von  der  Möglichkeit  seiner  Auffassung  oder  von  der  Un- 
möglichkeil etwas  Besseres  zu  linden  überzeugte,  besonders 
in  den  ersten  und  den  letzten  Zeilen  der  ersten  Kolumne.  So 
stellt  die  Zeichnung  einen  Kompromiss  zwischen  meinerund 
Lübkes  Lesung  dar.  Ich  hoffe  aber  nunmehr  auf  die  ein- 
dringende kritische  Arbeit  der  durch  ihre  Sachkenntnias 
berufenen  Männer  und  glaube,  dass  die  Nachprüfung  an 
Stein  und  Abklatsch  mit  ganz  anderer  Aussicht  auf  Erfolg 
wieder  aufgenommen  werden  kann,  nachdem  sie  alle  Möglich- 
keiten der  Verbesserung  und  Ergänzung  vorgebracht  haben 
werden;  der  Ertrag  aller  Mühen  möge  dann  der  Ausgabe  im 
Corpus  zu  Gute  kommen.  Fördern  wird  jeder,  auch  der  kühn- 
ste und  vom  Standpunkte  vorsichtiger  Methode  scheinbar 
leichtsinnigste  Ergänzungs-  oder  Änderungsvorschlag,  sei  es 
dass  wir  ihn  zu  bestätigen  oder  zu  verwerfen  oder  auch  mit 
einem  non.  liquet  zu  beantworten  in  der  Lage  sein  werden  — 


Pholographieii  des  arcli.  Instituts,  Parus  Nr.  9(i.  1*7. 


4  F.   HILLBB   VON   OABRTBINGEN 

keineswegs  aber  hat  der  Herausgeber  von  Inschriften  oder 
anderen  Texten  das  Recht ,  einen  sachlich  ausgesprochenen 
Zweifel  auch  an  den  scheinbar  sichersten  Lesungen  irgend 
einem  Fachgenossen  zu  verübeln. 

Aus  den  Zeichnungen  geht  namentlich  die  Unregelmässig- 
keit der  Arbeit  deutlich  hervor,  die  Flüchtigkeit,  die  am  Ende 
der  ersten  Kolumne  am  ärgsten  ist,  u.  a.  m.  Nach  den  Tafeln 
wird  man  sich  auch  die  Schwierigkeiten 'der  Entzifferung  vor- 
stellen können,  die  nicht  gering  waren  und  auch  dann  viel- 
leicht nicht  an  allen  Stellen  sicher  zu  überwinden  wären, 
wenn  nicht  noch  ganz  besonders  schwere  Schäden  hinzukämen. 

Denn  in  Paros  liebte  man,  wie  die  auch  gerade  in  dieser 
Beziehung  sehr  lehrreichen  Ausgrabungen  Rubensohns  ge- 
zeigt haben,  die  Errichtung  grosser  Grabmonumente  und  ver- 
wandte dazu  immer  wieder  dieselben  Steine.  Flüche  wie  der 
uns  auf  der  Nachbarinsel  los  und  ähnlich  an  vielen  Orten 
entgegentretende :  [ktM  SdcXaaa  tc^cott)  fjL7)8ä  yri  ßaxr)  o((i)ti;  av 
apYi  Tov  ^lOov  ToöTov  wärcn  in  Paros  auch  sehr  am  Platze  ge- 
wesen ,  hätten  dort  aber  kaum  gefruchtet.  So  nahm  denn 
auch,  nicht  vor  dem  dritten  Jahrhundert  nach  Chr  ,  ein 
solcher  Frevler  den  Stein,  drehte  das  Untere  nach  oben,  ar- 
beitete vom  nunmehrigen  unteren  Rand  an  ein  0,69  langes, 
0,45  hohes,  0,07-0,08  tiefes  rechtwinkeliges  Loch  ein,  und 
deutete  darüber  einen  rohen  Giebel  an  mit  einem  Schild  im 
Felde  und  drei  Akroterien.  In  das  Loch  selbst  konnte  dann 
ein  Grabrelief  eingefügt  werden;  die  vertiefte  Fläche  war  ganz 
rauh  gelassen,  was  den  Vorteil  zeitigte,  dass  der  zur  Verbin- 
dung mit  der  Einlage  nötige  Mörtel  besser  haftete.  Und  zu 
beiden  Seiten  brachte  man  die  Inschriften  für  die  neuen  'Grab- 
herren* an ;  rechts: 

*H    ßouXT)   kI    6    ^"OliLOC  (TTCf  aVOl  XP^^9    (TTSf  aV({)    ^TspTiviav   KXi- 

TOTifAV)  (so)  i7po[AOip<i)(   ßiaxracrav, 

WO  man  mit  A.  de  Ridder  zweifeln  kann,  ob  KXiTOTi(xr)[v]  oder 
KXiTOTi[Ay)[^J  beabsichtigt  war,  da  wir  auch  eine  EuoSia  Ilxv- 


ICHOSINSCHIUFT  AUS   PAHOS 


x>iiTTi  auf  Pa ras.  und  auch  anderwärts  in  später  Zeil  häuQg 
Mensclien,  die  keinen  legalen  Vater  hatten,  nach  der  Mutter 
genannt  finden,  ohne  dadurch  herechtigt  zu  sein,  immer  gleich 
an  das  uralte  IMuiterrecht  zu  denken.  Links  liest  man  : 


So'j[ic]>ct(;'jav 


^Vnd  dann  brachte  man  noch  auf  der  Rückseite  des  Steins  aus 
"dem  durch  Löwya  Aufsatz  (Arch.-epigr.  Mitth.  aus  Österreich 
1887,  S.  176  ff.)  bekannten  Musterbuch  von  Grabreliefs 
■ei  gar  nicht  zusammenhängende  Typen  an,  eine  in  Vor- 
deransicht stehende  Figur  mit  Taube  und  Traube  in  den 
Händen  und  vier  auf  einer  Kline,  vor  welcher  der  übliche 
dreibeinige  Tisch  steht,  gelagerte  Personen.  Eine  Abbildung 
dieses  jetzigen  Zustandes  giebt  Tafel  I  ;  die  Reste  der  älteren 
Inschrift  {I.  I)  standen  fortan  natürlich  auf  dem  Kopf. 

Aus  der  Nekropole  wurde  der  Stein  nach  seiner  VViederauf- 
ndung  in  den  Hof  der  Kirche  der  navxyia  KotTotTtoliavii  oder 
iKiTOvtacTcuXuvn  gebracht,  wo  er  unter  dem  Säulengange  in 
sehr  ungünstigem  Licht  stand.  Dort  sah  ihn  A.  de  Ridder, 
dem  wir  die  Kentniss  mancher  wichtigen  Inschrift  von  Paros 
und  NasoB  danken,  erkannte  aber  nur  die  beiden  späten  Kranz- 
BUBchriflen,  von  denen  er  die  linke  veröRentlichte  [Bull,  de 
\90rr.  hell.  XXI,  1897,  S.  17,  Np.  2),  die  rechte  als  e/facee 
bei  Seite  lies.  Als  Breite  giebt  er  durch  einen  Druckfehler 
0,27  statt  1,27.  Auch  A.  Wilhelm  sab  den  Stein  und  nahm 
einen  vollständigen  Abklatsch,  besass  aber  die  Entsagung, 
kurze  ihm  für  Paros  veriügbare  Zeit  ganz  der  Vorarbeit  zu 
liner  mustergiltigen  Ausgabe  des  neuen  Marmor  Pariüm  zu 
'idmen.  Er  trat  mir  nachher  auch  alle  Rechte,  die  ihm  aus 
ir  Priorität  erwachsen  konnten,  in  freundlichster  Weise  ab 
brachte  mich  an  einer  wichtigen  Stelle  (Z.  10  wpetrSas) 
li  der  Lesung  auf  die  richtige  Spur,    So  wäre  ich  wol  ver- 


Vgl.  Photographien  des  arch.  Instimis,  Parut  Nr.  94.  95. 


i 


0  F.   HILLER  VON  6ABRTR1N0EN 

pflichtet,  für  den  Stein  dasselbe  von  meiner  Seite  zu  leisten, 
was  er  für  die  pariscbe  Chronik  gethan  hat.  Und  wenn  mir 
dies  nicht  gelingt,  will  ich  die  Schuld  nicht  auf  den  Zustand 
des  Steins  schieben,  sondern  lieber  hoffen,  dass  andere,  und 
in  erster  Linie  Wilhelm  selbst,  meine  Arbeit  berichtigen  und 
weiterführen  werden. 


Kolumne  I  Z.  1-17 

[ '^J^W  AritAea;  ou  (x6vo[v]  wipl     -     -     -     - 

[....,  i]Xk[k  x]a[t  Ti;]  ipxiW  (x[\j]rn<i  'ApxiXox  -   -    -   - 

€uo(€)6siac  xai  ty)C  Tvspi  rviv  7va[TpiSa-  ] 

[ Töv]    iw'  auTöv  7vsirpaY[it£V(i>[v       "     "     "] 

5  [.  .  .  woX]X[ö]v  [jcaji  (ii[i]Yfll[X]ü)v  ayaö[ö]v   -     -     -     -     - 
....    Tou  ivY)[y]aya)xÖTOC  ( SO ! )  xaÖTa  4   -     -     - 
[.  .  •  .  TvpooJYCYpAfcv  Se  6  AY)p.ea^  exaora  [tü^v  irEirpayiAe]- 

[v<i)]v  x[a]t  YsyP^H'P'^^^^  ^'^^  '^PXLO^^X^^  xa[T*  ap^ovra] 
[ejxaaxov,  xai  -^pÄTat  iwo  ip^ovro?  wpÖTOv  Eup[-  -,  «9*  ou  iw]- 

10  aipsi  TVSVTiQxovTopoc  MiXY)oi(i>v  ivpeoSei;  aY[ouoa  st;  Ildepov]' 
xal  avax[o]p.i2[o(iLevY)  iy  MiXiqtou  Siaf  Oapviva[i  iv  T(j^  iropO[A(j^] 
T(j^  Na^iaxcj^,  xai  oa>0'y)vai  eva  tivoc  auTd^v  4>vo[(iLa  Koipa]- 
[v]o;  Otto  ScXf ivo^  avaXY)(xfOJVTa  xai  exirs96v[Ta  el;  ry)v  vyjoov] 
[tJjv]  Supi(t)v,  [xa]l  .  . .  .«i;(?)  ti;  .  .t  Xaov  cüv9[uXov   -  -] 

15  l<t>x«reev  [a]5  T AZI/  lANTI AEZR    -    - 

l^u^Ti  vCv  a[vTpov ]ou  Ko[i]pbtvi[tov  Ssixvu]- 

Gleich  der  Anfang  giebt  viele  Rätsel  auf,  und  es  war  mir 
nicht  möglich,  die  Lesung  mit  dem,  was  der  Sinn  verlangen 
könnte,  völlig  in  Einklang  zu  bringen.  Jedenfalls  beginnt  die 
Kolumne  mitten  im  Satze,  es  fehlt  also  nicht  wenig,  sodass 
es  nahe  liegt  einen  einst  über  diesem  Stein  liegenden  zweiten 
Stein  anzunehmen,  der  die  Kolumnenanfänge  enthalten  haben 
würde.  Wir  lernen  hier  zum  ersten  Male  einen  Schriftsteller 
Demeas  kennen,  wahrscheinlich  aus  Paros  selbst  gebürtig. 
Z.  1  erwartet  man  etwas  wie  y^'yP^? *  ^^  ^MO  ^>)(^^«< ;  vorher 


tCMOaiNSCHRlF 


war  also  ein  anderer  Autor  angeführt.  Z.  2  ist  das,  was  vor 
«PX»;  steht  fraglich;  man  glaubt  zunächst  At  YT."^  zu  lesen, 
also  xai  [ü*c£]p,  oder  auch  -yjäpl,  aber  das  trügt  wol ;  auszu- 
gehen ist  von  oü  uövorv].  das  jedenfalls  ein  iXkk  itai  verlangt. 
Ob  ip;^i[5]  die  Anfänge  oder  die  Behörden  von  Paros  be- 
zeichnet, lasse  ich  dahingestellt;  gewünscht  wird  eine  Er- 
wähnung der  .\rchonten,  auf  die  Z.  4  iir'  «ütüv  zurückweist 
und  für  die  sonst  kein  Platz  zu  sein  scheint.  Der  in  Z.  2  zuerst 
genannte  Archilochos  muss,  wie  der  ganze  Verlauf  der  In- 
schrift klar  macht,  als  Gewährsmann  oder  Quelle  des  De- 
meas  genannt  sein,  also  etwa  ' Apyß°'/.[^'-'  (*''^'6«'i;  --;  von  ei- 
nem solchen  Participium  würden  dann  auch  die  folgenden  Ge- 
netive abhängen.  Von  diesen  ist  dereine,  Z.  6,  mir  erst  ganz 
zuletzt  klar  geworden.  Ich  las  vorher  7ro>.]l[w]»  [xa]i  fji[i]'j'3i[i]ii)v 
Bya9[(Lj'*  [icapaitiot  iYtv]tTo{u^äviip  APnNOZ,  05  TaÖTX  t[Y]pa[iJ'», 
sah  in  dem  fraglichen  Worte  etwas  wie  £{.1(1)1x0;  und  liess  mich 
dadurch  bei  der  Revision  der  Zeichnung  bestimmen.  Eine 
Nachprüfung  gewisser  Bedenken  ergab  aber  Z.  6  TOY/\NH 
"ArnxOTOZ  mit  genügender  Sicherheit,  und  liess  eine 
Form  von  iviyu  erkennen,  die  man  allerdings  ungern  fest- 
stellen wird:  toü  ivnYayüJxö«!.  verschrieben  für  iva-pyoxÖToc- 
iJahinter  scheint  El.t.  'A  zu  sieben,  wo  man  das  vierte  Zeichen 
sehr  verschieden  auffassen  kann;  an  t[Y]pa[i|'£  halte  ich  zuerst 
gedacht.  Es  wird  if;  pa-  oder  ei;  äx-  oder  li;  Oa-  sein.  Die 
Genetive  in  Z.  2-6  können  lauter  von  einander  unabhängige 
Personen  und  Sachen  bezeichnen ,  welche  Demeas  alle  er- 
wähnt hat,  man  kann  aber  auch  gewisse  Zusammenliänge  an- 
nehmen, wie  (nur  dem  Sinne  nach,  auf  den  Wortlaut  ver- 
zichte ich  lieber)  Z.  2/3  'Apjj^iX6y[ou  u.vTii6ii(  eviÄ*  tili  repoi  taut 
Oeoü;  (dies  letztere  doch  wahrscheinlich  trotz  gewisser  frag- 
würdiger Resle,  zu  denen  auch  das  gezeichnete  n  gehört)  lu- 
a(i)@(£a;'  xoti  -nj^  jtipi  t'Jjv  7C»[TpiS«  sTsouSii;  -  -  -.  Das  Ware 
wahrscheinlich  alles  auf  Archilochos  zu  beziehen;  Z.  3.  4 
wwüaachte  man,  wenn  Platz  da  wäre,  etwa:  xai  t^v  KpyövTüiv 


Sicher  Steinmelirebler ;  verbessert  aus  EYXBHAIE. 


8  F.    HILLER   VON  OAERTRINGBN 

xal  Td^v]  Itc'  auT(&v  ir6irpacY(iLev(i)[v.  Dann  muss ,  wenn  nicht 
mehr  von  Archilochos  die  Rede  ist,  eine  andere  Person  ein- 
geführt sein,  die  nach  Z.  6,  *  dieses  hinaufgeführt  hat  auf*, 
oder  'hingeführt  hat  nach',  obgleich  ich  meinen  sollte,  dass 
es  nicht  unmöglich  wäre,  eine  Ergänzung  zu  finden, welche 
alles  von  Z.  2-7  in  letzter  Hinsicht  auf  das  Verhältniss 
des  Demeas  zu  Archilochos  bezieht.  Denn  Z.  7-9  heisst  es 
direkt,  dass  Demeas  die  [Thaten  und]  Schriften  des  Archi- 
lochos unter  die  einzelnen  [Archonten]  verteilt  hat.  Daraus 
ist  wenigstens  der  allgemeine  Sachverhalt  klar ;  er  wird  es 
noch  mehr  durch  das  Folgende.  Demeas  und  sein  Werk,  über 
dessen  Entstehun^szeit  wir  nichts  erfahren,  ist  die  unmittel- 
bare Quelle  des  Mannes,  der  hier  aus  irgend  einem  Grunde 
den  Text  für  die  Niederschrift  auf  Stein  zurechtgemacht  hat; 
Demeas  ist  aber  nicht  die  Hauptperson,  sondern  die  ist  von 
Anfang  bis  zu  Ende,  soweit  wir  beide  erhalten  haben,  in  Ko- 
lumne I  wie  in  Kolumne  IV  Archilochos.  Nicht  dem  Demeas, 
sondern  dem  Archilochos  gilt  der  Stein  und  eignete  der  Bau, 
zu  dem  wol  als  Wandquader  der  Stein  gehört  hat.  Wenn  die 
Bürger  von  Priene  ihrem  alt  berühmten  Mitbürger,  dem  wei- 
sen Bias,  ein  BidtvTtiov  errichtet  haben, wie  H.  Schrader  Arch. 
Anzeiger  1897  S.  183  mitteilt,  so  hatten  die  Parier  allen  Grund, 
ihrem  grossen  Dichter  ein  'Apyykoyno^  zu  erbauen*. 

Aber  auch  der  gelehrte  Vermittler,  Demeas,  verdient  un- 
sere Aphtung.  Er  hat  benutzt,  was  er  konnte,  eine  parische 
Archontenliste  und  die  Gedichte  des  zeitgenössischen  Dichters. 
Anders  hat  es  Aristoteles,  als  er  in  seiner  athenischen  Staats- 
verfassung das  Werk  Solons  darstellte,  auch  nicht  gemacht. 
Eine  Frage  bleibt  freilich  offen:  wie  konnte  Demeas  die  von 
Archilochos  erwähnten  Ereignisse  und  das  Leben  des  Archi- 
lochos selbst  in  der  Archontenliste  unterbringen?  Hat  Ar- 
chilochos denn  die  Archonten  genannt?  Aber  dann  wäre  wol 
seine  Chronologie  den  alten  Grammatikern  minder  zweifel- 


*  Für  seine  £U9l6eia  gab  es  auf  Faros  ein  vollgiltiges  Belegstück,  seine 
Kultlieder  an  Herakles  (Frg.  119)  und  an  Demeter  und  Köre  (120). 


AHCHILOCHOSrNSCHBIFT  AUS  PABOS 


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Faros  aut  htein  gehauenen  und  dafür  mit  dem  Namen  des 
jüngsten  parisclien  Archon  vom  ,labre"363  vor  Chr.  versehenen 
Auszüge  einer  altischen  Chronik,  den  man  jetzt  nur  teilweise 
richtig  das  Chronicon  Parium  nennt, lesen  wir  heute  das  Jahr, 
in  dem  Archilochos  nach  Thasos  zog  oder  seine  Blüte  er- 
lebte; aber  es  ist  alles  ergänzt.  Immerhin  wusste  Aristoxenos 
ein  Jahr  für  sein  Bekanntwerden  anzugeben  (bei  Eusebios  ; 
Stellen  und  Ergänzungen  bei  Flach.  Chronicon  Parium  S, 
16ff.;  näheres  bei  Crusius,  Real- Encyclopädie  II  S.  488  ff. 
Busolt,  Griech.  Gesch.'  I  S.  4.^8  f.)-  Die  Hilfsmittel, welche  wir 
haben,  die  von  Archilochos  erwähnte  Sonnenfinsterniss  und  die 
assyrischen  Chroniken, welche  uns  die  Jahre  seines  Zeitgenos- 
BenGyges  von  Lydien  lehren,  hatten  die  Alten,  hatte  Demeas 
nicht.  So  wird  er  oft,  die  Ereignisse,  die  er  dem  Dichter  ent- 
nahm, nach  Gutdünken  unter  die  Archonten  verteilt  haben — 
hat  es  doch  Diodor  stellenweise,  wie  (ür  die  Zeit  der  Pente- 
kontaetie,  nicht  anders  gemacht.  Aber  wer  will  ihn  darum 
tadeln  ?  Wenn  wir  den  Stein  in  einem  besseren  Zustande  hät- 
ten, würde,  glaube  ich,  keiner  Bedenken  tragen,  ihn  als  das 
Marmor  Parium  kixt'  (£0x^1^  zu  bezeichnen,  und  hätten  wir 
den  üemeas  selbst — nun,  dann  waren  unsere  Kenntnisse  von 
fielen  wichtigen  Dingen  ganz  andere  als  sie  jetzt  sind. 

Z.  9-17  enthält  den  Anfang  des  Geschichtswerks  des  De- 
meas, die  Erzählung  von  Koiranos  und  seiner  wunderbaren 
Rettung  durch  den  Delphin.  Sie  ist  litterarisch  überliefert  aus 
Phylarch ,  dessen  Geschichtswerk  etwa  die  Jahre  27? -220 
vor  Chr.  umfasste  (Wachsmuth,  Einleitung  in  die  alte  Gesch. 
S.  546),  bei  Athenaeus  XIII  606  (^- /",  und  genauer  in  zwei 
von  einander  unabhängigen  Brechungen  einer  und  derselben 
Quelle  bei  Plutarcb,  De  soll,  animal.  36  S.  984/5  und  Ae- 
lian,  Nat.  animal.  VIII,  3  (daraus  Apostolius  V,  96  bei 
Leutsch,  Paroemiogr.  Graec.  II  S.  362).  Die  neuere  Litteratur 
führt  Usener  an:  Die  Sintfluthsagen,  Bonn  1899,  S.  148  f.  Es 
wird  sich  empfehlen, die  Texte  nebeneinander  zu  setzen. 


10 


F.  HIIXBB  TON  OABRTRINGBN 


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AttCHlLOCHOSINSCHBlFT  AUS  FAROS  U 

Bine  BetrachLung  dieser  Berichte  er^iebt.  dass  Aeüan  nicht 
aus  PluLai'ch  geschöpft  haben  kann.  Zwar  hat  Plularch  im 
Allgemeinen  mehr,  aber  eine  Einzelheit  ist  dem  Aelian  eigen- 
tümlich, die  er  nur  aus  einer  mit  der  örtlichkeit  selbst  ganz 
vertrauten  Quelle  haben  kann, die  itpu.  Beide  haben  also  aus 
einer  gemeinsamen  Quelle  geschöpft.  Diese  Quelle — oder  ihr 
Vorbild  —  hat  aber  auch  Phylarch  benutzt,  jedoch  nur  flüchtig 
und  ungenau;  aus  dem  Parier  Koiranos  wird  durch  ein  Mias- 
verständniss,  zu  dem  die  MiX^ioiuv  scvSpi;  Anlass  geben, ein  Mi- 
lesier.  Aber  sicher  ist  es:  die  primäre  Quelle  liegt  vor  Phy- 
larch, also  im  dritten  Jahrhundert  oder  vorher.  Damals  hatte 
man  in  Paros  historische  Interessen,  ein  Parier  redigirte  für 
seine  Heimat  im  Jahre  263  die  attische  Chronik.  Die  Quelle 
der  Koiranosgeschichte  citirt  auch, falls  dies  nicht  eigene  Remi- 
niscenz  des  Plutarch  ist,  den  ArchÜnchos,  ebenso  wie  Demeas. 
Freilich  wird  dies  jeder  parische  Autor  gelhan  haben,  und 
es  wird  auch  nicht  nur  einen  solchen  Autor  gegeben  haben. 
Also,  um  vorsichtig  zu  sein:  man  könnte  sich  sehr  wol  den- 
ken, dass  Demeas  in  diese  Zeil  gehört,  könnte  auch  weiter  es 
wagen,  Identifikationen  vorzunehmen  mit  der  Quelle  der  Koi- 
ranosgeschichte bei  Phylarch,  Plutarch  und  Aelian  und  dem 
Redaktor  des  Marmor  Parium.aber  Bestimmtes  lässt  sich  nicht 
sagen;  auch  die  Erkenntniss  der  IVlöj<lichkeit  kann  schon 
nützlich  sein. 

Von  der  rührenden  Delphinengeschichle  geht  uns  der  erste 
und  drille  Akt  nichts  an,  um  so  mehr  der  zweite.  Es  stand 
also  schon  bei  Archilochos,  dass  Koiranos  von  50  Männern, 
d.h.  von  der  Bemannung  einer  Tt£VT7;xövTDao(,  allein  durch  die 
Huld  des  Poseidon  am  Leben  blieb.  Koiranos  war  nach  Plu- 
tarch und  Aelian  Parier;  Phylarch  hat,  wie  wir  sahen,  nur 
durch  Missveratändniss  einen  Milesier  aus  ihm  gemacht.  Das 
Schiff  kehrt  von  Milet  zurück  und  hat  MiXtihiuv  tivol;  avSp«; 
an  Bord.  So  Plutarch  und  Aelian;  man  wird  also  auch  ge- 
neigt sein,  in  der  Inschrift  Miinaiwv  nicht  zum  vorangehenden 
nivT¥|x6vTOfiOi;,  sondern  zum  nachfolgenden  npE^riÖEi;  zü  ziehen; 


die  Parier  holen  diese  auf  ihrem  Schiff  ein.  Wir  kennen  aus 


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12  F.   HILLBR  VON   GABRTRINOBN 

Herodot  einen  Fall,  in  dem  umgekehrt  parische  Schiedsrichter 
von  den  Milesiern  erbeten  worden  sind  (V,  28).  Nach  Plu- 
tarch  und  Aelian  war  Koiranos  Kapitän  ,  nach  der  Inschrift 
lU  Ti(  vom  Schiffsvolk;  dies  letztere  wird  echt  sein,  das  an- 
dere eine  nahe  liegende  Umbildung,  die  uns  rätlich  macht, 
zwischen  Phylarch-Plutarch-Aelian  und  der  Quelle  einen  Mit- 
telsmann einzuschieben,  dem  dann  auch  die  Verbindung  der 
parischen  Sage  mit  ähnlichen  Tiergeschichten  zuzuschreiben 
wäre,  sowie  vielleicht  auch  der  erste  und  dritte  Akt  der  Hand- 
lung*. Das  Schiff  geht  unter  im  Kanal  zwischen  Paros  und 
Naxos.  Hier  herrscht  meist  eine  starke  Strömung  (Mediter- 
ranean  Pilot  IV^,  1892,  S.  115);  stürmische  Nordwinde  ma- 
chen sich  hier  oft  weit  mehr  fühlbar  als  zur  gleichen  Zeit  an 
anderen,  benachbarten  Stellen,  wie  ich  aus  mehrfacher  Er- 
fahrung bestätigen  kann.  Moderne  Dampfer  finden  dann  auf 
der  offenen  Reede  von  Naxia  keinen  Schutz,  sondern  müssen 
weiter  südlich  in  der  abgelegenen  Prokopiosbai  ankern  (a  a.O. 
S.  114).  Das  von  Phylarch  genannte  Mykonos  liegt  genau  in 
der  nördlichen  Verlängerung  dieser  Meerenge,  besagt  also  we- 
sentlich dasselbe. 

Den  Schiffbrüchigen  rettet  der  Delphin  (einer  genügt;  von 
einer  Vielheit  redet  nur  Aelian ,  der  gern  den  Mund  voll 
nimmt)  und  bringt  ihn  ans  Land.  In  der  Inschrift  geht  schon 
von  Z.  11   an  die  direkte  Rede  in  die  indirekte  über;  auch 


*  Es  ergiebt  sich  also  das  Stemma : 

Archilocbos  und  die  von  ihm  benutzte  parische 
Sage  von  Koiranos  (VII.  Jahrhundert  vor  Chr.) 

Demeas   erzählt   die  Koiranos -Sage  (etwa 
erste  Hälfle  des  III.  Jahrhunderts  vor  Chr.) 

_^___^_^^__  ^     ^^^^^_,^__ 

i.  Verbindung   der    Sage    mit  2.  Die  parische  Inschrift 

anderen    Sagen     von   danliba-  (etwa   I.    Jahrhundert 

ren    Tieren    (  um  250  vor  Chr.)  vor  Chr.) 

I 

i.  Phylarch      2.  Plutarch       3.  Aelian 
(um  260  vor     (I.Jahrhun-     (III.  Jahrhun- 
Qbr.)  dert  QaQh  Chr.)  dert  nach  Chr.) 


ABCMJLOCHOSINSCHRIFT  AUS   PAB09 


'  das  ist  der  Quelle  enLnommen,  da  auch  Plutarch  hier  T^iYouct 


hat.  Wir  verlangen  isyiTai  in  Z.  il  hinter  Sia 


lapvivai 


aber 


I 


es  ist  dort  schwerlich  Platz  genug  vorhanden  tür  eine  solche 
Ergänzung;  eher  konnte  in  Z.  15  if]a.ii  enthalten  sein.  In  Syros 
landet  er,  geht  aber  von  da  (Z.  15  exeiSiv)  weiter,  also  nach 
seiner  gegenüberliegenden  '  Heimalinsel  Faros  ;  die  Zwischen- 
slation  dient, wie  es  nach  den  Resten  scheint, um  Leute  zu  sam- 
meln— laov  (rüv(Ti[>jiQv(?)  iysipti  —  damit  er  nicht  allein,  sondern 
mit  einer  slattlichen  Eskorte  zurückkehrt  oder  wie  sonst  zu  er- 
gänzen ist.  Hier  ist  aus  Plutarch  und  .^elian, deren  unmittelbare 
Vorlage  die  Zwischenstation  als  überflüssig  und  auch  nicht  im 
Sinne  des  alten  Mythos  liegend  gestrichen  hat.  die  Koiranos- 
Grotte  zu  ergänzen  (Z.  16f.  dem  Sinne  nach  etwa:  [Stco'j]  |  Iti  vQv 
ä[iPTpO''  ini  Toü  «iyLalJoÜ  Ko[i]pav[[io^  Siixvy |t]«[i]).  Plutarch  und 
Aelian  zusammen  ergeben  lür  diesen  Ort  eine  Kicpa,  eine  Land- 
spitze, und  eine  üwavTpo^  xsipoi,  einen  von  einer  Grotte  unter- 
schnittenen  Felsen.  Den  plutarchischen  Namen  SixuvOo;  haben 
Wesseling.  Reiske  und  mit  ihnen  jetzt  auch  Usener  (s.  u.)  in 
Swivou,  Klemenl  (Arion.  Wien  1898,  S  33)  in  KüOvou  ändern 
wollen.  Auf  Grund  des  Phylarch  könnte  man  auch  auf  Mu- 
xövou  kommen.  Dieses,  oder  etwa  ein  aus  der  Inschrift,  der 
es  sonst  freilich  gar  nicht  gerecht  würde,  zu  entnehmendes 
Eüpou,  würden  durch  ihre  geographische  Lage,  wie  ein  Blick 
auf  die  Karte  lehrt  (s.  S.  14),  immer  noch  weit  eher  in  Betracht 
kommen  als  das  ganz  \on  der  Linie  Milet-Paros  abliegende 
Sikinos,  um  von  Kythnos  ganz  zu  schweigen.  Eine  paläogra- 
phisch  wie  geographisch  leichtere  Deutung  verstatten  uns  die 
neuen  Ausgrabungen  O.Rubensohns.  Er  hat  imJuli  1899  auf 
einer  Höhe  nördlich  von  Parikia,  der  alten  Stadt  Paros,  in 
einem  Temenos  einen  archaischen  Grenzstein  der  Allienaie  Kyn- 
ihie  gefunden,  und  ebenda  eine  Weihung  an  Artemis  Delie  (s. 
in  dieser  Zeitschrift  1899  S.  353).  Also  haben  wir  dort  ein 
ganzes  Delion  mit  allen  daselbst  verehrten  Hauplgöttern  anzu- 


<  Man  möchte  gern  äT:Jv]avTi  S'  e;  n[apov  er^flDZcn,doch  scheint  das  nicht 
lu  geben.  lANTIAEXn  hl  sicher. 


14 


F.   HILLBR  VON  OaBRTRINOBN 


nehmen.  Athenaie  Kyntbie  ist  vom  delischen  Kynthosberge 
genannt  und  kann  auf  Paros  diese  lokale  Beziehung  verloren 
haben,  mindestens  ebenso  wahrscheinlich  aber  ist  es,  dass 
mit  den  Göttern  auch  der  Götterberg  gewandert  ist,  wie  dies 
vom  Olymp,  dem  Lykaion  und  anderen  geographischen  Na- 
men allbekannt  ist.  Dann  dürfen  wir  also  bei  Plularch  Tvic 


SYRA 


^it)  Kuvöou  xaTot  cTTToXaiov  einsetzen  ,  unter  Annahme  einer 
leichten  Ditlographie.  Und  dann  ist  auch  die  Höhle  nicht 
weit.  Verlässt  man  die  schöne,  grosse  Hafen  bucht  von  Pari- 
kia  und  biegt  um  das  Vorgebirge,  das  die  englische  Seekarte 
Nr.  1842  Pikas  nennt  ^  nach  Nordost  um,  so  sieht  man  rechts 
nach  kurzer  Fahrt  ^  an  der  Steilküste  etwas  über  dem  Meere 


*  Der  richtige  Name  ist,  wie  Herr  A.  Miliarakis  freundlichst  feststellte 
•Ar  ^(oxac  CAyio«  ^o>xa() ;  Tgl.  Ai.aivoBstxTr,«  tou  N.  F.  KoTffo6{XXij,  1899,  S.71. 

*  Im  kleinen  Boot  brauchten  wir:  auf  der  Hinfahrt  bis  zum  Kap  rudernd 
16  Minuten,  von  da  gegen  massigen  Wind  rudernd  und  kreuzend  bis  zum 
Strand  unter  der  Grotte  27  Minuten,  zurück  mit  dem  Winde  segelnd  für 
die  ganze  Strecke  27  Minuten. 


ARCH1L0CHOBIN3CHBIFT  AUS  PAttOS 


I 


eine  Grolle,  auf  welche  alle  Anzeichen  gut  passen.  DieVignelle 
aufs.  I  zeigt  sie  vom  Boot  aus  aufgenommen',  eine  kleine 
Klippe  im  Vordergrund.  Sie  ist  etwa  12  Meier  breit, ebenso  tief 
und  ungetälir  9-10  Meier  hoch;  in  halber  Höhe  über  dem 
Boden  weist  die  Rückwand  eine  Art  nalürliche  Slufe  auf;  Spu- 
ren von  Bearbeitung  haben  O.  Rubensohn  und  ich  nicht  wahr- 
nehmen können.  Aber  sie  heissl  heutzutage to  uTcr.la.mv  -roö  'Ap- 
'/iXöyjiv.  Diesen  Namen  hörte  ich  von  den  verschiedensten  Sei- 
ten, einmal  mit  der  naiven  Begründung,  dass  ^Vrchilochoa  ein 
reicher  Mann  war  und  dass  ihm  aller  Grund  und  Boden  in  der 
Gegend  gehörte;  nur  ein  einziger  Parier  bildete  daraus,  un- 
ApvctioADvou  ^.  In  wie 


serem  Stande  zu  Ehren, ein  anviXai 


alte  Zeit  die  Benennung  hinaufgeht,  kann  ich  nicht  feststellen; 
immerhin  wäre  es  seltsam,  wenn  die  Grotte  des  Archilocbos 
nur  durcli  ein  neckisches  Spiel  der  Volksphantasie  und  des 
Zufalls  da  angesetzt  wäre,  wo  wir  die  Grolle  des  von  Archi- 
locbos gefeierten  Koiranos  so  gern  ansetzen  möchten. 

Auf  den  Mythos  vom  Delphinenreiter  und  seine  Deutung 
wollen  wir  hier  nicht  eingehen,  ebensowenig  auf  die  Lillera- 
tur;  ich  verweise  auf  Usener,  Sintfluthsagen  S.  148  ff.  und 
sonst,  der  diese  Fragen  mit  umfassendem  Material  und  im 
weitesten  Zusammenhange  behandelt  hat. 


Neben  dem  verhängnissvollen  Kranz  ist  in  Z.  18  noch  -olu 
|jivriu.T][v-  zu  erkennen,  was  sehr  wol  die  Einleitung  zu  einem 
Dichtercilal  sein  kann.  Dann  erst  wieder  Z,  41-51  Anfang 
ein  zusammenhängendes  Stück,  Erzählung,  Dichlercitat  und 
wieder  Erzählung,  die  lelzlere  als  Erklärung  und  Ausführung 
des  Cilala.  Leider  fehlt  von  der  ersten  Erzählung  und  dem 
Citat  beidemate  der  Anfang,  sodass  wir  hier  nur  raten  kön- 
nen. Z.  41  f.  Iiatle  ich  ergänzt:    [ipiijTiTQu;  e[oi«i(i)v  ^i]Y[o]uoiv 


<  Vgl.  Photographien  des  arch.  InstituU,  Paros  Nr.  38.  37  a.  b. 
^  Um  deo  Scherz  zu  verstehen  muas  man  sich  die  moderne  Aussprache 
vergiegenwärtigeD. 


16  F.   HILLBR  VON  6ABRTRIN6BN 

riaptoi  ia[uTOucj  I  aicoxa0i<yTa9[0ai  ivdevTa] ;  dafür  wird  mir  VOrge« 
schlagen,  was  ich  in  den  Text  setze: 

40  ------  -  Tot  Xe  XP"*^]" 

[(iijara  tou?  6[p^xa;  *  Xe]Y[o]uatv  Ildptot  ia[uTOicJ 
airoxa0i9Tao[0ai  TvdevTa,  SjiaoafCi  it  T[auTa  icdevl- 
T[a]  auTO?  ['Apj^(>oxoc' 

Z.  43  Mitte  bis  45  unbrauchbar. 

46  eliri Tvai;  IIitoiOTpaTOu  ||  ^  av[S]pa[;.  .]a> 

va>  .  .  .  ac,  auXov  xal  >üpY)v  avY)p  Siy(»i^  ||  ei;  Odeoov  ^ .di 
6py)lf5iv  8öp'  Ix^^  ixYjpaTOv  ||  xp^^ov,  oixcicp^;^ 
ii  xepSct  ^Ov*  €icoiY)oav  xaxx  ||  ,  oxi  xouc  Op^xa; 

50  aTvoPirsivavTc;  auxol  ol  |jl)v  auTo^v  utto  Ilapi- 

<i)v  a[ ]  X[vi]ffTi;  SJawa?  owo  töv  6[p]a- 

[x]öv(?). 

Hier  giebt  es  viele  Verderbnisse,  die  zum  Teil  dem  Stein- 
metzen selbst  zur  Last  fallen  müssen.  Es  ist  hier  auch  von 
ihm  korrigirt  worden;  zwischen  Z.  49  und  50,  die  etwas  wei- 
ter auseinandergerückt  sind,  stehen  einzelne  Buchstabenreste, 
wie  es  scheint  wieder  ausradirt,  weil  der  Zeilenabstand  zu 
klein  war;  nun  fing  man  die  Zeile  von  vorn  unter  diesen  Re- 
sten an.  Z.  46  av8[p]xZ  oder  av[S]pa  X ;  der  Sinn  verlangt  den 
Plural,  da  ein  Mann  doch  mehrere  führen  wird.  Uie  nähere 
Bestimmung  zu  avSpa;  ergänze  ich  nicht.  Z.  47  Ende  (|)l  ZI 
von  Lübke  gelesen  ;  <py)(ii  würde  den  Vers  stören ,  <fipii  was 
mir  vorgeschlagen  wird,  nicht  zu  den  Resten  passen,  ebenso- 
wenig <fCL<jL  Also  non  liquet.  Z.  48  OPHIZIN  steht  da,  Ar- 
chilochos  selbst  aber  hat  des  Metrums  wegen  Opet^iv  schrei- 
ben müssen ,  wie  auch  bei  ihm  in  Fragment  32  Bfixi  her- 
gestellt werden  kann.  Über  den  Namen  hat  U.  von  Wilamo- 


*  OPAK  passt  sehr  gut  zu  den  Resten;  auf  der  Rückseite  des  Abklatsches 
sehe  ich  es  jetzt  noch  schimmern.  Danach  ist  das  Faksimile  zu  berichtigen. 
3  Mit  II  bezeichne  ich  die  Versschlüsse  beim  Dichter. 


ARGHILOCHOSINSCHRIFT  AUS  FAROS  17 

witz,  Kydathen  S.  129  Anm.  49  gehandelt;  ob  kürzlich  0. 
Hoffmann,  Griech.  Dialekte  III  S.  501  f.  nicht  zu  viel  auf  die 
hierin  schwankenden  Herodothandschriften  gebaut  bat,  möchte 
ich,  obwol  auf  diesem  Gebiet  nicht  sachverständig. zu  erwägen 
geben.  Z.  48  otxetcjx^;)  Wilamowitz.  Das  Adverbium  war  der 
Zeit  des  Steinmetzen  geläufig.  Z.  50  Lübkes  Lesung  aTCoPIFei- 
vavrsc  befriedigtsprachlich  nicht.  Oft  glaubte  ich  auch  vor  dem 
sicheren  iivavTs;  ein  M  zu  erkennen, was  auf  aTCo^Lücke)(i.itvavTc; 
führen  würde.  Aber  dcTCoaEvstv  ist  im  Allgemeinen  intransitiv  in 
der  Bedeutung  übrig  bleiben;  nach  dem  Thesaurus:  alibi 
cum  u7co(jL6v«iv  confusum,  einem  Verbum,  welches  erwarten 
oder  auch  ertragen  bedeuten  kann.  Gewaltthätiger,  aber  dem 
vorangegangenen  iTcotiQdiv  xajci  entsprechend  wäre  der  Versuch 
aTCo[xT]iiv(xvTic  einzusetzen.  Z.  51.  Die  Reste  scheinen  mehr 
auf  ö[p]a|Wöv  als  auf  0(x|[ci](i>v  zu  führen,  umgekehrt  der 
Sinn.  Aber  was  bedeutet  das  Ganze?  Und  ist  es  möglich, 
durch  gelinde  oder  auch  gewaltsame  Behandlung  des  Textes 
einen  halbwegs  erträglichen  Sinn  herauszubekommen? 

Die  Parier,  d.  h.  die  parischen  Kolonisten  in  Thasos,  sagen, 
dass  ihnen  die  Thraker  das  [Geld]  wiedergegeben  haben,  [das 
sie  vorher  bekommen  hatten].  Dafür  wird  Archilochos  ange- 
führt, der  anscheinend  einen  sonst  unbekannten  Sohn  des 
Peisistratos  erzählen  lässt,  wie  Jemand  mit  anderen  Männern 
und  seinen  Musikinstrumenten,  Flöte  und  Lyra,  nach  Tha- 
sos kam,  um  den  Thrakern,  also  wol  den  noch  auf  Thasos 
verbliebenen  Sapern,  Gold  als  Tribut  oder  Bestechung  zu 
bringen.  Sie  aber,  d.  h.  die  Gesandtschaft,  nicht  die  Thra- 
ker, wie  das  Folgende  zeigt,  haben  mit  eigenem  Gewinn  ge- 
partes  Böse  gethan  —  natürlich  den  Thrakern.  Dazu  passt  die 
Erklärung  des  Grammatikers  d.  h.  des  Demeas ,  dass  sie  die 
Thraker  töteten  tou;  8pÄ>ca<  a7co[xT]etvavT€<.  Aber  dies  scheint 
erst  im  Folgenden  ausgedrückt  zu  sein,  wo  ol  u.^v  trotz  des 
Augenscheins  nicht  auf  die  Gesandten  ,  sondern  auf  die 
Thraker  gehen  muss,  d.  h.  dem  Sinne  nach:  ol  (jlev  t<öv  ©p«- 

jccjv  uTO  llaptcuv  ctTCwXovTO  ,  ol  hi  XipdTai  SxTuat   O^ö  t(öv  öaatüjv*. 

Die  Thasier  sind  hier  die  älteren  Kolonisten,  die  Parier  die 

ATHEN.   IIITTHEILUNGEN   XXV.  2 


18  F.   HILLBR  VON  OABHTRINOEN 

neu  binzugekommenen ;  die  XipdTai  Jldrsan  sind  als  ein  tbraki- 
scher  Stamm,  dessen  Namen  übrigens  ausdrücklieb  aus  Ar- 
cbilocbos  bezeugt  wird  (  Eustatb.  Dion.  Per.  767,  Arcbilocbos 
Frg.  49),  den  ot  ptiv  äutöv  (  =  9p{f)cü)v)  entgegengestellt.  Der 
Akkusativ  Xr^fstcK;  laTca^  ist  aus  einer  anderen  Konstruktion 
(XcYoudi)  berübergenommen ;  bier  ist  gekürzt,  und  offenbar 
obne  Sinn  und  Verstand  gekürzt.  Geben  wir  so  weit,  dann 
können  wir  aucb  i7co[xT]eivavTi;  steben  lassen,  würden  aber 
dabinter,  wenn  es  sieb  um  einen  bandsebriftiieb  überlieferten 
Scbriftstellertext  bandelte,  das  Zeicben  einer  Lücke  setzen. 

Bemerkenswert  ist  der  Bote  avSpa;  —  auXöv  xal  Xupiov  iv^p 
iycdv  sU  dddov.  Wer  denkt  dabei  nicbt  an  Arcbilocbos?  Der 
mit  anderen  iirlxoupoi  (vgl.  Frg.  14.  24;  nacb  Tbasos  kam, 
und  in  Frg.  58  so  drastiscb  das  Bild  eines  Kriegsbauptmanns 
zu  zeicbnen  weiss;  der  auro;  i^dlp^cov  Tcpo;  au^ov  As^Sicov 
watYjova  ( Frg.  76 )  und  der  ifAULsXY);  t*  lyEvsTO  xY]:riSecio<  sTcca  ti 
woiciv  wpo;  Xüpav  t'  ieiSeiv  (Antb.  Pal.  VII,  664,  mebr  bei 
Grusius,  Real-Encyclopädie  II  S.  502).  Mit  dem  Sobn  des 
Peisistratos,der  vorber  genannt  war,scbeint  dieser  Mann  nicbt 
identiscb  sein  zu  können.  Ist  es  unmöglicb,  ibn  dem  Arcbilo- 
cbos gleicbzusetzen  ?  Dagegen  könnte  man  anfübren,  dass  er 
als  Träger  reicber  Gescbenke  genannt  sei,  wäbrend  sonst  im- 
mer seine  Armut  bervorgeboben  wird  —  aber  das  Gold,  das 
der  Bote  trägt,  gebort  nicbt  dem  Boten.  Dagegen  spricbt  fer- 
ner der  Tadel,  der  docb  wol  in  oixsicp  Se  xEpSct  ^Ov'  i7roiY)iav 
xaxa  liegt;  von  den  xa}cdc,welcbe  die  Leute  angericbtet,  scbweift 
der  Gedanke  leicbl  weiter  zu  den  )ca}ca,die  sie  nacbber,  wie 
als  Strafe,  erduldet  baben  :  'xXaio)  toc  0ao{(i>v,  ou  toc  MayvTiTcüv 
xa)C(ie'(Frg.  20).  Sind  diese  Bedenken  entscbeidend,  um  die 
natürlicbe  Erklärung,  die  sieb  jedem  aufdrängen  muss,  abzu- 
lebnen  und  einen  unbekannten  Doppelgänger  des  Arcbilocbos 
zu  Sueben?  leb  lasse  die  Sacbe  in  der  Scbwebe;  der  erste 
Herausgeber  soll  lieber  zu  wenig  wissen  wollen  als  zu  viel. 

Es  folgen  Z.  52  fr. 

Mcri  Taura  [TcJiXiv  y{v«Tai  apj^wv  'Afii- 
[9t]Tt|Jio;.  Kai  iv  TOu[T]ot];  [Sjiaaa^it  TvdeXiv  <[>; 


ARCHILOCHOSINSCHRIFT  AUS  PAROl^  19 

l[v]iJCY)aav  [TC]avTc[X]ü);  tou;  Na^iou;,  ^eywv 
55  [ojuTGi*  Töv8'  EANTYA  TYi[;]  Tuj^yj^  Xao;  wapaaxaOii;' 

a[ve]- 
[wt]us  xtütto;. 

Von  einem  Naxier  soll  schliesslich  Archilochos  selbst  in  der 
Schlacht  getötet  sein  (Plutarch,  De  sera  num.  i^ind,  17  S.  560 
u.  sonst);  der  hier  bezeugte  Sieg  der  Parier  über  die  mäch- 
tige Nachbarinsel  ist  neu. 

Beim  Reste  der  Kolumne  verzichte  ich  gegenwärtig  auf  jede 
Deutung«  gebe  aber  die  Hoffnung  nicht  auf,  dass  man  hier 
noch  einmal  weiterkommt. 

Von  der  zweiten  Kolumne  ist  nichts  erhalten,  von  der  drit- 
ten nur  einige  Zeilenenden.  Etwa  116  Zeilen  sind  uns  so  ver- 
loren, vielleicht  noch  viel  mehr,  wenn  oben  noch  ein  Stein 
auflag. 

Kolumne  IV  Z.  1  ff. 

infkol  6  TCOiY}TY)[c  Xe'ywv  -     -     -      -  ] 

ii  ii^l  <iTpaT6[v  oder  dergleichen    -     -] 

VUV    iipf^Li'^QL   -        -        -        - 

Y)  inp.[«t]<;  w;  ip  -     -     -     - 
5   (xivoc  II  iXxtfjKo  -      -      -     - 

xar  OTi  Si  rXaux[-  -  t*^  xaTOt  0&]- 

aov  (?)  fAitj^TQ  )tpaTYia[a;  (?)  -      -     -  ] 

iinkol  6  tcoi7)t[t)]^  [Xe'ywv  -     -     -  ] 

ov  xai  9p6va  aTp6[^  -  TcaTptSo;  (?)]  jj 
10  yTi;  dwi|JLVY}aaio  t-     -     -     - 

va  ToX(iLY)aa;  un  -     - 

[•nvjyiXiC  (?)  II  atXK*?  ^^^  '     "     " 

aov  8*  eajccv  kolI  x*[^*  "     "     "  ] 

.  .a.  .   sU  T^v  8aao[v-    -      -     -] 
15  TY)  a[.  x]al  wap'  iTa[{pa5  (?)   -     -     -] 

.o.Ti;  TOtaÖTa*    -     -      - 
.  .  .  <T .  .   ic[7ir]i[c]tv      -      - 


20  F.   HILLEB  TON  GABRTRIMGBN 

.V  [tJti;  Ö&aou  hlclI     -     -     - 
20    ...  .xsT'  OTi  y  iXY)[ÖYi  ypdt^st  -] 

uTCEp  TauTY)<  Tii;  7c[6Xs(i>;,  8ir)>ol  6  tuomoty);,  ^cycüv] 
TfltSc'  jrt^tou;  yip  av[Spa<  -     -     -•  f]- 
[wjciTa  yuvaixa;  i  -     -      -      - 

Das  Folgende  ist  wieder  dank  dem  unseligen  Kranze  ganz 
unbrauchbar  geworden;  Z.  25  -ix  ttS;  -,  26 f.  -v,  oti  8'iXY)[9Yj 
Xeyct,  hrfkol  6  woiy)tt)<  -»  -  a  ixrtv  -(?)  oder  Ix  tivo;  (-a)v),  28 
-iItcyi,  31  Ol  xaa-,  32  -aoixa  U.S.W.  44  <fi*v  8'  itji-,  45  -o]v 
afjLf  U-.  Etwas  besser  steht  es  mit  dem  Schluss. 

.<i)[v?  SjoupaT*  ix  w  -     - 

.  .c  Twv  Se  Sa|jLv[  -     -     -  'A] 

OT)vaiY)  Aio;  II  a[JLf 

i^av  Tcpo.  .  .   Tpix[    -     -     "Ops]- 
50  1CT0  TCupyoc  ifx^'  i     -     -     - 

..a[..  i]y  >tö(i>v  l8i[i(i    -     -] 

.  c[ .  ajuTol  A6a6t{i)[v      -     -] 

[SIvtJsc  j^ipalv  <i)    •*     -     »• 

dl  Zeüc  'OXu(iLTCi{i)[v  waTTjp  -      -] 
55    .  ,  VY)v  iTC>iyo[v    -     -     -     -  {[]- 

dTÄdaV   7C0Vs[u[JL€V0l    ||    -        -] 

av  6u(jL6v[7i]  xa^  -  -  - 

Es  ist  leider  nicht  viel  mit  diesen  Resten  anzufangen  —  falls 
es  nicht  anderen  gelingt  —  was  um  so  trauriger  ist,  als  schon 
die  Sprache  verrät,  dass  ein  guter  Teil  wörtliche  Dichtercitate 
sind.  Dieser  Dichter  wird  ausdrücklich  viermal  eingeführt.  'O 
woiYjTT);  ist  sonst  Homer,  wofür  es  genügt  an  Strabon  zu  erin- 
nern ;  hier  ist  es  Archilochos.  Wenn  der  ganze  Stein,  das  ganze 
Denkmal  ihm  gehörte, versteht  sich  das  von  selbst:  aber  auch 
sonst  würde  man  sich  nicht  wundern,  wenn  er  in  Paros  der 
Dichler  xxt'  l^oj^yjv  war — hat  ihn  doch  auch  an  anderen  Or- 
ten die  litterarische  Kritik  dem  Homer  gleichgestellt.  Seine 


AHCHlL0CHü:dlK3CHlllPT  AV»  PAH03 


Sprache  slaoä  vielfach  der  epischen  nahe;  das  zeigt  gleich  Z. 


■(pY]i(v 


Sl.  Uia 


vom  Giessbach:   tov  8'  out' 


OLp   1 


I 


YffijpKi  (ipYf<,^vaii  i9;^Kväua(v  ,  WO  Aristarch  und  Nauck  lif- 
(ncvai  schreiben.  Der  in  Z.  6  angeredete  Glaukos  ist  uns  aus 
den  Fragmenten  des  Archilochos  wol  bekannt:  Frg.  I 'i  er- 
mahnt ihn  'ein  iTCtitotjpo;  ivJijj  ist  nur  so  lange  beliebt,  als  er 
kämpft';  54  schildert  die  Schrecken  der  gemeinsamen  stürmi- 
schen Überfahrt ;  57  scherzt  über  seine  kunstliche  Frisur;  70 
spricht  zu  ihm  von  dem  Wechsel  der  menschlichen  Gemüts- 
verfassung .  wobei  er  FlacüÄS  AiTtTivtü»  Ttif  angeredet  wird. 
Man  tühlt  sich  versucht,  dieser  Betrachtung  über  den  öuf^ö; 
di«  Reste  Z.  9  ff.  anzuschliessen ,  die  einen  Umschlag  der 
Stimmung  (^pjvx  5Tpfij([t,  Subjekt  Zeus?)  und  wol  eine  weh- 
mütige Erinnerung  an  die  [heimische]  Erde  (Z.  10)  nach  ei- 
nem kühnen  (Z.  11  etwa  ToXiATua?  fi.i[fiiifiv  Ipyov)  aber  wol 
misslungenen  kriegerischen  Unternehmen  erwähnen.  Z. 13  oöv 
i'  itAii  Kxi  i.»!}^»--  geht  vielleicht  auf  den  Sinn  des  Angerede- 
ten, wie  Uli  robiir  et  aen  triplex  circa  pectus  erat  —  also 
etwa  ^Top  oder  x-np  zu  ergänzen.  Ob  Z,  ID.  16  mit  der  llof- 
fährligen  die  untreue  parische  Gelieble  Neobule  gemeint  ist, 
die  Archilochos  nachher  mit  seinen  Schmähungen  verfolgte, 
ist  sehr  fraglich,  obwol  man  un  sie  zunächst  denkt;  denn  das 
Lokal  ist  hier  überall  (Z.  6/7,  l''i?,  19)  'l'hasos,  das  auch  Z. 
21  mit  ürtip  taÜTi»i;  rii;  itföXtu;  gemeint  ist;  vgl,  Archilochos 
Frg.  129  ei<rov  Ss  tvjv  tptioiCOpTiv  iiöXiv.  Z.  22  denkt  man  bei 
den  1000  Männern  an  Frg.  59  'ijüti  yip  vixpüv  Tcsaövrwv,  oH»; 
i|i*pi}iaii(i  TCOiiv,  ^iiioi  povijs;  iajAtv'.  Z.  32  äoixot  geht  wol  auch 
auf  Thasos  Der  Schluss  schilderte  eingebend  den  Bau  eines 
Turmes  (Z.  50  wüpyü!;  »ipE]xtQ  wäre  Phisquamperfectum  von 
ipifu,  bedachen).  Was  Z  52  die  Lesbier  sollen,  ist  unklar, 
wenn  es  sich  nicht  wie  in  dein  oben  angeiührten  Fragment 
Nr.  76  um  ein  tesbisches  Lied  handelt,  das  Archilochos  selbst 
(aÜTot)  dazu  anstimmt  oder  wenigstens  gedichtet  bat.Athenaie 
und  Zeus,  der  ähnlich  wie  Frg,  74  Zeu(  tcjttjp  'OlujtJtiiov  ge- 
nannt wird,  werden  dem  Werke  freundlich  gewesen  sein; 
)edenfaüs  scbliesst  die  Kolumne  mit  einem  guten  Worte  e-j- 


1 


22      F.  HILLBR  VON  GAERTRIN6EN,  ARGHIL0GH0SIN8CHRIFT  AUS  FAROS 

|AcvT)  xaX -.  Was  die  nächsten  Kolumnen  brachten,  entzieht 
sich  unserer  Wahrnehmung. 

Der  Stein  giebt  zu  wenig  für  unsere  Wünsche,  und  es 
wird  auch  dann  zu  wenig  bleiben,  wenn  ein  Glücklicherer 
über  ihn  kommt,  dazu  ist  das  Zerstörungswerk,  das  die  Hin- 
terbliebenen der  Pontia  und  Stertinia  hier  angerichtet  haben, 
ein  zu  grausiges.  Aber  müssen  wir  den  Barbaren  nicht  noch 
dankbar  8ein,da88  sie  bei  der  Herrichtung  des  Steins  für  ihren 
Zweck  so  unglaublich  liederlich  gewesen  sind  und  soviel 
von  dem  sie  doch  nur  hindernden  alten  Texte  übrig  gelassen 
haben  ?  Und  auch  sonst  brauchen  wir  nicht  ausschliesslich 
Trauer  und  Entrüstung  zu  empfinden  über  den  ruchlosen  Van- 
dalismus.  Aus  den  Resten  tritt  uns  doch  mancherlei  entgegen, 
was  geeignet  ist, das  Bild  eines  der  grössten  griechischen  Dich 
ter  und  eines  kleinen,  aber  doch  durch  seine  Gelehrsamkeit 
verdienstvollen  Lokalantiquars  wieder  zu  beleben  — und  wenn 
der  griechische  Boden  solches  bringt,  darf  man  die  Hoffnung 
nicht  aufgeben,  dass  er  noch  andere  Schätze  birgt,  denen  es 
vielleicht  nicht  so  schlimm  ergangen  ist,  wie  dem  Steine  des 
Archilochos. 

Berlin,  Januar  1900. 

F.  HILLER  VON  GÄRTRINGEN. 


0-*- 


DAS  BRUNNENHAUS  DES  THEAGENE8 
(Hierzu  Tafel  VII.  VIII) 

Die  Ausgrabungen  an  der  athenischen  Enneakrunos  haben 
neben  der  grossen  Wasserleitung  nur  wenige  Reste  des  pisi- 
stratischen  Brunnens  geliefert  und  ein  Verständniss  dieser 
Trümmer  war  fast  unmöglich, so  lange  nicht  ein  besser  erhal- 
tenes Brunnenhaus  des  sechsten  Jahrhunderts  zum  Vergleiche 
benutzt  werden  konnte.  Herr  Dörpfeld  erwartete  eine  solche 
Anlage  in  Megara  zu  finden,  dessen  xpY)VYi  Pausanias  rühmend 
erwähnt  und  das  die  Heimat  des  Eupalinos  war^  des  berühm- 
ten Brunnenbaumeisters  der  Tyrannenzeit.  Im  Jahre  1898 
begab  er  sich  deshalb  gemeinsam  mit  Herrn  Wilhelm  nach 
Megara  und  ermittelte  dort  die  Reste  einer  alten  Leitung,  die 
bis  in  kleine  Eigentümlichkeiten  denen  von  Samos  und  Athen 
gleicht.  Man  kann  diese  Leitung  von  dem  Punktet  des  Über- 
sichtsplanes (Taf.  7),  im  Norden  der  Stadt,  verfolgen  bis  weit 
hinein  in  die  Ebene;  dort  teilt  sie  sich  in  drei  Zweige,  die  bis 
an  den  Puss  der  Berge  hinanreichen.  Die  nähere  Erforschung 
dieser  Leitung  wird  hoffentlich  in  nächster.  Zeit  erfolgen  kön- 
nen. 

Den  gesuchten  Brunnen ,  das  eigentliche  Ziel  der  Gra- 
bungen ,  erwähnt  Pausanias  am  Anfang  der  Beschreibung 
Megaras  mit  folgenden  Worten  (I,  40,1):  "Eati  Se  sv  tyj  wö- 

pxvviQaa^  (J)xoSöpLr,9E  ty)v  xp7)VY)v  pLSY^Oou;  ev£}ca  koci  xödpLOu  xal  s;  t6 

TcXTiöo;  Töv  jciövwv  6ioL^  i^tav.  Der  Perieget  wendet  sich  bald 
hernach  zu  den  Denkmälern  der  östlichen  Akropolis  Karia, 
es  waren  also  die  Überreste  des  Baues  an  dem  der  Stadt  zu- 
gewandten Fusse  der  Karia  zu  suchen. 

Herr  Dörpfeld  beauftragte  die  beiden  Verfasser  von  diesen 
Voraussetzungen  ausgehend  die  Leitung  zu  verfolgen  und  das 
Brunnenhaus  zu  suchen.  Die  Grabungen  dauerten  vom  11. 
bis  zum  23.   Dezember  1899.   Die  Tafeln  des  vorliegenden 


24  B.   DBLBRUECK   UNI)   X.  Q.   VOLLHOBLLBH 

Berichtes  sind  von  Vollmöller  gezeichnet,  der  Text  von  Del- 
brück geschrieben  worden.  Die  Ausgrabungen  sollen  fortge- 
setzt werden,  sobald  die  Bauerhöfe  gekauft  sind,  in  deren  Bo- 
den das  Brunnenbaus  liegt. 

Die  aufgedeckten  Reste  sind  auf  Taf.  7  mit  blauer  Farbe 
eingetragen,  das  Brunnenhaus  selbst  ist  in  grösserem  Masstabe 
auf  Taf.  8  wiedergegeben.  Eis  wurden  im  Ganzen  freigelegt: 
zwei  längere  und  eine  kürzere  Strecke  der  Leitung  (j1,  B,D), 
ein  Einsteigeschacht  {C),  Teile  des  Brunnenhauses  {E,  F), 
Ableitungsrohre  ( G). 

Der  Zusammenhang  der  aufgedeckten  Leitungsstücke  unter 
einander  und  mit  dem  Brunnenhause  wird  bewiesen  durch 
ihre  technische  Ausführung  und  die  folgenden  Niveauzahlen: 
die  Meereshöhe  der  Leitung  auf  der  Sohle  der  oberen  Rinne 
gemessen  beträgt:  bei  A  43,30",  bei  ^42,93".  beim  Ein- 
flüsse in  das  Bassin  42",  die  Meereshöhe  des  Bassinbodens 
ist  40,75'°. 

Die  Leitung  läuft  von  A  aus  in  der  tiefsten  Senkung  zwi- 
schen den  beiden  Akropolen,  entlang  dem  Pusse  der  Karia. 
Wo  das  Terrain  nach  Süden  zu  fallen  beginnt,  ist  das  Bassin 
des  Brunnenhauses  in  den  Boden  eingelassen. 

Um  die  Anlage  der  Leitung  zu  veranschaulichen  dienen 
der  Querschnitt  Fig.   1    und  der 
Längsschnitt  Fig. 2,  bei  diesem  sind 
in  der  linken  Hälfte  dieThonröhren 
der  Wasserrinne  ebenfalls  durch- 
schnitten, in  der  rechten  dagegen 
in  ihrer  Aussenansicbt  dargestellt. 
Die  Wasserrinne  liegt  in  einem  bis 
zu  Mannstiefe  in  die  Brde  geschnit- 
tenen Graben.    Die  Wände  dieses 
Grabens  werden  gestutzt  von  star- 
■   "     'all   '  '  'lÄi        ken  Porosplatlen;  es  sind  entweder 
Fig.  i.— Querschnitt  der  Leitung,  einzelne  hohe  Steine  verwendet  wor- 
den, oder  zwei  kleinere  über  ein- 
ander gestellt.  In  ganz  ähnlicher  Weise  ist  der  Stollen  der 


DAS   BRUMNBNHAU»   DBS  THBAßKNBS  25 

athenischen   Leitung  gebaut,   soweit  er  nicht  in  den  Felsen 
geschnitten  ist.  Um  die  Stand  festigkeil  der  Platten  zu  aiehern 


I 

I 


Fig.  2,—  Längsschnill  der  Leitung. 

ist  der  Zwischenraum  fusshoch  mit  Erde  gefüllt,  darüber  liegt 
eine  breite  Thonrinne,  deren  Querschnitt  einem  Dreiviertel- 
kreise gleicht;  die  einzelnen  Stücke  sind  an  den  Enden  ver- 
stärkt, in  einander  gefalzt  und  mit  Stuck  gekittet;  im  Innern 
hat  sich  dicker  Sinter  niedergeschlagen.  Der  Thon  ist  hart  und 
spröde,  mit  kleinen  Krystallen  und  Steinclien  gemischt,  im 
Innern  blaas  feuerrot  gelarbt,  nahe  der  Oberdäche  graugelb, 
aussen  mit  einer  hellgelben  dünnen  Engobe  überzogen. 

Über  diese  Rinne  wurde  später  eine  zweite  gelegt,  diese  von 
rechteckigem  Quersclinilt;  die  Enden  der  Stücke  haben  auch 
hier  Verstärkungswülste  und  die  Bodenplatten  sind  in  einan- 
der gefalzt.  Die  Art  und  Qualiliit  des  Thones  unterscheidet  sich 
nicht  von  dem  der  unteren  Rinne,  nur  fehlt  die  Engohe.  Der 
Sinterüberzug  im  Innern  ist  sehr  stark. 

Im  unteren  Teile  der  Strecke  B  sind  an  zwei  Stellen  die 
Porosplalten  des  Grabens  herausgenommen  und  durch  Qua- 
dermauern mit  Kalkverhand  ersetzt  worden,  auf  ein  längeres 
Stück  auch  nur  durch  ein  schlechtes  Gemäuer  mit  viel  Kalk. 
Jedenfalls  war  der  Graben  im  Altertum  mit  Deckplatten  ge- 
schlossen,doch  sind  sie  in  den  gut  gebauten  Teilen  nicht  mehr 
vorhanden;  nur  dort,  wo  die  Leitung  bei  B  in  der  Erde  ver- 


26  R.  DBLBRUBCK  UND  R.  G.  VOLLMOBLLER 

schwindet,  liegen  starke  rohe  Platten  über  den  späten  Qua- 
derwänden. 

Auf  den  Strecken  A  und  B  verläuft  die  Leitung  dicht  unter 
der  heutigen  Oberfläche ;  antike  Fundamente,  die  bei  A  an  den 
oberen  Rand  des  Grabens  stossen,  machen  für  die  alte  Zeit 
den  gleichen  Zustand  wahrscheinlich.  Vom  südöstlichen  Ende 
der  Strecke  B  an  liegt  sie  unter  einer  hohen  Aufschüttung. 

Es  ist  noch  zu  bemerken,  dass  auf  der  Strecke  A  ein  von 
Süden  kommendes  Bleirohr  etwas  oberhalb  der  Rinne  in  den 
Graben  mündet;  seine  Öffnung  wurde  durch  ein  bleiernes 
Sieb  verschlossen  gefunden  (vgl.  Fig.  2)- 

Folgende  Teile  des  Brunnenhauses  sind  ausgegraben  wor- 
den (vgl.Taf.  8,  wo  die  freigelegten  Teile  dunkeler,  die  dar- 
nach ergänzten  heller  gefärbt  sind):  im  Hofe  des  Dimitrios  An- 
dren :  Die  Nordwest -Ecke  der  Stützmauern  des  Bassins  mit 
grossen  Teilen  der  nördlichen  und  westlichen  Mauern  und  mit 
drei  Säulen.  Der  obere  Teil  der  Nordmauer  stand  schon  vor 
der  Ausgrabung  im  Hofe  und  im  Hause  über  der  Erde,  ebenso 
ini  Hause  einige  Quadern  der  Ost-Mauer;  den  Besuchern  von 
Megara  wurden  diese  Reste  oft  als  Stützmauern  des  Olympi- 
eions  gezeigt. 

Im  Hofe  des  Pappasideris :  ein  Teil  der  Südmauer  des  Bas- 
sins mit  vorgelegtem  Plattenpflaster,  nördlich  davon  Reste  ei- 
ner Quermauer,  an  der  Südwest- Ecke  ein  Stylobat.  Im  ersten 
Stalle  nach  Osten  ein  weiterer  Teil  der  Südmauer,  im  zweiten 
Stalle  ein  Stück  der  Ostmauer. 

Die  Gesamtlänge  der  Schmalseiten  des  Bassins  ist  IS,?^", 
die  der  Langseiten  19™.  Die  Masse  beanspruchen  keine  abso- 
lute Genauigkeit,  da  sie  unter  erschwerenden  Umständen  ge- 
nommen sind. 

Die  nördliche  und  östliche  Mauer  und  der  nördliche  Teil 
der  westlichen  sind  Stützmauern.  Sie  bestehen  aus  grossen 
Quadern  des  grauen,  megarischen  Kalksteines,  die  mit  Aus- 
nahme der  rohgelassenen  Rückseite  mit  dem  Spitzhammer 
geebnet  sind;  die  Seitenflächen  haben  Anschlussleisten.  Die 
Steine  wurden  in  gleichhohen  Schichten  mit  ziemlich  regel- 


DAS  BRU^'NBNIIA[]S    DES  THEASENES  37 

mäHsigem  Fugenwechsel  ohne  Dübeiung  versetzt ;  einigemale 
[  sind  Quadern  nicht  ganz  rechteckig  geschnitten  oder  Keile  in 
den  Ecken  eingeschoben.  Im  Hause  des  Dimitrios  Andren  ist 
die  Mauer  bis  zur  Höhe  von  neun  Schichten  =  5,50",  sonst  von 
[  sechs  bis  sieben  Schichten  erhalten.  Von  der  Art  des  Mauer- 
werk» giebt  Fig.  3  (Nopdwest-Ecke)eine  Vorstellung.  Die  zwei 


I 
I 


Fig.  J.— Nordwest-Eüke  des  Bassios. 

untern  Schichten  bis  zur  Hohe  von  1,55"  tragen  einen  fingep- 
starken  Oberzug  aus  feinem  lestem  hellrotlicliem  Stuck,  üar- 
über  legt  sich  eine  dicke  Sinlerschieht.  Dicht  bei  der  West- 
ecke am  oberen  Rande  des  Sockels  ergoss  sich  das  Wasser  der 
Leitung  durch  einen  handhohen  vierseitigen  Kanal  in  das 
Bassin. 

Der  Boden  stösst  in  ziemlich  scharfem  Winkel  an  den  Fus3 
der  Mauer  an,  ohne  den  gerundeten  oder  schrägen  Übergang, 
der  späteren  Wasserbassins  eigen  ist.  Er  besteht  aus  einer 
Stuckscbicht,  die  Über  eine  Lage  von  massig  grossen  Feldstei- 
nen ausgebreitet  ist.  Über  dem  Stuck  liegt  nicht  sehr  starker 
Sinter. 

1,98°  von  der  Nordwand,  2,10°  von  der  Westwand  fand 
sich  aufrecht  der  noch  bis  zu  Brusthöhe  reichende  Stumpf  ei- 


28  R.  DBLBRUBCK  UND  R.  G.  VOLLMOBLLBR 

ner  achtseitigen,  0,50*°  starken  Porossäule;  2,33"*  östlich  der 
Stumpf  einer  zweiten;  2,33"*  südlich  die  Standspur  einer 
dritten.  Die  Säulen  sind  fundamentirt  mit  quadratischen  Po- 
rosplatten;  erst  als  sie  versetzt  waren,  legte  man  die  Stuck- 
schicht, sodass  nur  der  freiliegende  Teil  der  Fundamentqua- 
der von  ihr  bedeckt  wird.  Die  Säulen  selbst  sind  anscheinend 
nicht  stuck irtfSondern  der  dicke  Sinter  hat  sich  direct  auf  den 
Porös  setzen  können.  Es  wurde  die  kleine  obere  Trommel  ei- 
ner Säule  gefunden,  die  mit  Stuck  überzogen  ist  und  keinen 
Sinter  hat.  Auf  der  Oberfläche  des  westlichen  Stumpfes  sieht 
man  das  bei  der  Verdübelung  der  Trommeln  benützte  qua- 
dratische Loch. 

Nach  den  erwähnten  Massen  sind  sechs  Querreihen  von  je 
fünf  Säulen  mit  Sicherheit  zu  ergänzen.  Die  siebente  Quer- 
reihe würde  zu  nahe  an  die  Quermauer  nördlich  der  Süd- 
wand herangerückt  werden  müssen  und  ist  darum  in  der 
Zeichnung  auf  Taf.  8  fortgelassen.  Über  die  Höbe  der  Säulen, 
den  Charakter  ihres  Kapitells,  die  Art  der  Bedachung  des  Ge- 
bäudes ist  nichts  bekannt. 

Bei  der  Nordwest-Ecke  des  Bassins,  1,40°  von  der  West- 
mauer entfernt,  läuft  in  der  Höhe  der  oberen  Kante  des  stuckir- 
ten  Sockels  eine  gutgearbeitete  Porosrinne  von  Norden  nach 
Süden,  die  nur  in  einer  Länge  von  etwa  1  72"  freigelegt  wer- 
den konnte. 

Von  der  südlichen,  der  Fassadenseite,  des  Brunnenhauses 
fand  sich  folgendes : 

Zunächst  der  Stuckboden  des  Bassins  in  derselben  Meeres- 
Höhe  und  Ausführung  wie  im  nördlichen  Gehöft.  Daran  stösst 
südlich  eine  schmale  niedrige  Porosmauer  mit  einer  Kalk- 
steinbrüstung. Die  Oberfläche  der  untersten  Schicht  der  Po- 
rosmauer liegt  etwas  tiefer  als  der  Bassin boden,  dann  folgt 
eine  Lage  Orthostaten,  darauf  eine  Lage  niedriger  Plinthoi, 
endlich  die  Kalkstein brüstung;  vgl.  den  Durchschnitt  Fig.  4, 
in  welchem  Porös  einfach,  Kalkstein  kreuzweise  schrafBrt  ist. 
Die  Steine  der  Porosmauer  sind  geglättet  und  sorgfältig  ver- 
passt,  aber  nicht  verdübelt.  Die  Aussenseite  war  von  Erde  ver- 


DAS  BHUNNI 


i  THEAGENES 


liflächen  der  Sterne  sind  rauh  gespitzL  mit  AnschlussleistRn.  Das 


deckt  (s.u.);    die  Innenseite  zeigt  denselben  Stuck   wie  der 
Bassinboden,  darüber  dicken  Sinter. 

I  Auf  die  Fuge  zwischen  der  obersten  Schicht  der  Poposmauer 
und  der  KalksLeinbrüstung  stösst  an  der  Aussenseite  des  Bas- 
sins ein  Pflaster  aus  grossen  Kalkplatten,  das  auf  einer  Fun- 
damenlirung  von    schlechten  Porosplatlen  ruht.    Die  Seilen- 


KALKSTEI N-  B  ftVST  VN  G- 


T" 


~1 

:5 


Fill.  i.—  8chntlt  durch  den  stidliclien  Teil  des  Bassins. 


l'Pflaaler  kommt  im  nächsten  siidliclien  Gehöft  im  Keller  wie- 
■  dpr  zum  Vorschein. im  Westen  stiess  es  wol  gegen  den  späler  zu 
l-erwühn enden  West-Stylobat,  die  Ost-Grenze  konnte  nicht  frei- 
luelegl  werden.  Die  Platten  sind  sehr  stark  ausgetreten,  so  sehr, 
Idass  da.  wo  sie  an  die  Hrüstung  anschliessen.  ihre  Fläche  um 
iHandbreite  schräg  ansteigt.  In  Abständen  von  je  zwei  Schrit- 
lien.  dicht  vor  der  Mauer,  sind  kleine  un regelmässige  Gruben 
I  in  den  Stein  gehöhlt,  wie  als  sei  dort  Wasser  lange  Zeit  herab- 
I  gelallen.  Die  Abnützung  der  Platten,  die  Schmalheit  und  Nie- 
l^drigkeit  der  Mauer,  die  sich  nur  um  Kniehöhe  über  das  Pfla- 
Isler  erbebt,  beweisen,  dass  man  von  hier  aus  das  Wasser  des 
I  Bassins  benutzte.  Die  auf  eine  Länge  von  S"  wolerhalliMie 
Kalksleinbrüetung  zeigt  des  Näheren,  wie  das  geschah. 


30  B.    DBLBRUBCK  DND  X.  O.   TOLLMOELLBR 

Vom  Platten pflaster  aus  steigt  dieser  Stein  an  der  AuBsenseite 
bis  zu  Kniehölie  senkrecht  auf,  daran  schliesst  sich  eine  hand- 
breite Abschrägung.  Die  ganze  Flache  ist  rauh  gespitzt  gewesen 
und  dann  stark  abgenützt  worden.  An  der  Nord-Seite,  der 
Innenseite  des  Bassins,  ist  die  Mauer  in  der  Höhe  von  1  ^f" 
sichtbar;  die  Oberkante  der  Kalksteinbrüstung  lag  also  nur 
0.25°  über  dem  Wasserspiegel.  Die  Fläche  dieser  Seite  fällt  von 
der  Oberkante  aus  zunächst  gerundet  ab  ;  25*"  tiefer  zieht  sich 
die  Quader  rasch  ein  wenig  ein  und  ist  von  da  ab  ziemlich  eben. 
Etwas  vorstehend  finden  sich  dicht  über  der  Unterkante  der 
Quader  Stellen,  die  rauh  gespitzt  sind  und  Spuren  von  Stuck 
aufweisen.  Die  ganze  übrige  Fläche  ist  glatt,  aber  leicht  und 
unregelmässig  bewegt.  Dicht  aneinander,  oben  nur  durch  Stege 
oder  Grate  getrennt  sind  hohle  Geleise  in  die  Fläche  geschlif- 
fen, die  verschieden  tief  beginnend,  z.  T.  noch  in  der  Poros- 
quader,  von  schmalem  flachem  Anfang  sich  verschieden  stark 
erbreitern  und  vertiefen,  von  denen  die  tiefsten  sogar  in  die 
Vorderfläche  der  Steine  einschneiden.  Die  Abbildung  Fig.  5 
zeigt  die  Brüstung  mit  diesen  Ausschleifungen  vom  Inneren 


Fig.  5.—  Brüstung  Tom  lonem  des  Bassios  ber  gesehea. 


HAUS   DES  THEAGENES  31 

ftdeB  Bassins  her  gesehen,  links  Brüstung  und  Erdreich  durch- 
Kichnitten.  Am  Westabhange  der  Burg  in  Athen  ist  eine  Kalk- 
laleinquader  ausgegralien  worden,  in  deren  Oberkante  in  ganz 
lahnlicher  Weise  die  Geleise  einer  jetzt  verlorenen  ausgeschlif- 
Ifenen  Brüstung  übergreifen'. 

Es  wird  so  sein,  dass  die  ganze  Quader  anfänglich  rauh  ge- 
iBpitKt  war,  wie  an  der  Vorderseile  und  an  der  Rückseite  dicht 
rliber  der  unteren  Fuge.  Lange  Zeit  hindurch  kamen  wasser- 
l'holende  Frauen  an  das  Bassin,  traten  die  Platten  des  Pflasters 
|Bh,  glätteten  durch  die  Reibung  ihrer  Kleider  die  rauhe  Aus- 

lenseite  der  Brüstung,  zogen  die  schweren  Krüge  an  der  In- 
Inenseile  des  Steines  herauf,  sodass  Stuck  unil  Kalk  abgeschlif- 
IIbd  wurden  und  jene  Geleise  entstanden.  Die  starke  gleich- 
I  massige  Auswaschung  der  unleren  Hälfte  der  Quader  wird  sich 
I daraus  erklären,  dass  das  oft  bewegte  Wasser  des  Bassins  dort 
■anschlug.  An  der  tiefsten  Stelle  der  tiefsten  Geleise  spülte  das 
I  Wasser  über  die  Brüstung  und  es  entstanden  im  Pflaster  davor 
tan  diesen  Stellen  die  kleinen  Gruben,  von  denen  gesprochen 
rwurde.  Da  diese  Gruben,  und  also  vermutlich  sehr  tiefe  Ge- 
lieise,   in  bestimmten  Abständen  wiederkehren,   könnte  man 

denken,  dass  dort  den  Geleisen  vorgearbeitet  gewesen  sei. 
Man  schöpfte  das  Wasser  nicht  aus  dem  grossen  Reservoir, 

sondern  aus  einem  Vorbassin;  1  *j^°  hinter  der  Brüstung  v\'urde 
L  an  zwei  Stellen  eine  nur  bis  zu  Mannshöhe  erhaltene  starke 
I  Quermauer  aus  Porosquadern  freigelegt,  die  an  beiden  Seiten 
[  mit  Stuck  und  bis  zur  Wasserhöhe  mit  Sinter  bedeckt  ist  (vgl. 
[Fig.  4),  Sie  muss  Offnungen  gehabt  haben,  durch  die  das 
f  Wasser  des  grossen  und  des  kleinen  Bassins  in  Verbindung 
[  stand.  Über  den  weiteren  Aufbau    dieser  Schranke  ist  nichts 

bekannt;  man  könnte  die  zum  Teil  während  der  Ausgrabung 
[gefundenen,  zum  Teil  in  die  Häuser  verhauten  Halbsäulen 
I  vermutungsweise  hierher  beziehen, 

An  der  Sudseite  befanden  sich  ferner  zwei  Wasserabflüsse 
Lzur  Entleerung  des  Bassins.   Erhalten  sind  am  ßassinhoden 


•  Vgl,  Athen,  Mitth.  189-2  S,  443.  t 


& 


32  R.  DBLBRUBCK  UND  R.  0.  VOLLMOBLLBR 

Lager  für  die  Hähne  an  der  West-Ecke  und  etwa  in  der  Mitte 
der  Front ;  das  westliche  Lager  zeigte  noch  grüne  Oxyd-Spu- 
ren und  der  Besitzer  erzählt,  dass  dort  ein  eherner  Gegenstand 
von  sieben  Oka  (  =  fa8t  9  Kilogramm)  Gewicht  herausgenom- 
men worden  sei.  Das  Wasser  lief  ab  in  mannsbreiten  Poros- 
gängen,  die  aus  Bodenplatte  und  zwei  Seitenplatten  bestan- 
den; am  West-Ausfluss  ist  nur  die  Bodenplatte  erhalten  ;  beide 
Gänge  sind  etwas  schräg  zur  Front  gestellt.  Sie  liegen  heute 
unbedeckt,  ob  ursprünglich  das  Platten pflaster  darüber  hin- 
ging, ist  nicht  gewiss  zu  sagen,  doch  höchst  wahrscheinlich. 
Am  West-Ausfluss  ist  etwa  in  Pflasterhöhe  ein  kleiner  Poros- 
balken  mit  Kalk  rechtwinkelig  an  die  Porosbalken  der  Süd- 
wand angesetzt;  der  Balken  und  die  Wand  sind  mit  dickem 
schlechtem  Stuck  bedeckt. 

Bis  hinunter  zu  der  allein  erhaltenen  Bodenplatte  des  West- 
ausflusses war  diese  Stelle  mit  der  grauen  Masse  gefüllt, die  als 
Abfall  entsteht,  wo  mit  Asche  gewaschen  wird.  Man  hat  dort 
wol,  als  der  Bau  nicht  mehr  gepflegt  wurde,  Platten  heraus- 
genommen und  eine  Grube  für  den  Abfall  hergestellt. 

Am  Südende  liegt  der  Westwand  des  Bassins  eine  1  Y2" 
breite  Schicht  aus  zwei  in  einander  greifenden  Reihen  starker 
Porosplatten  an,  von  der  ein  kleines  Stück  freigelegt  werden 
konnte.  Sie  reicht  nach  Süden  um  1,75°*  über  die  Ecke  hin- 
aus; ihre  Oberfläche  liegt  5"°  tiefer  als  das  Platten  pflaster; 
an  der  Westseite  haben  die  Platten  Anschlussfläche.  Nach 
Westen  tritt  unter  dieser  Schicht  eine  zweite  ähnliche  zu  Tage. 
Im  Süden  stösst  die  obere  Schicht  an  eine  in  gleicher  Höhe 
liegende  von  Westen  kommende  Reihe  nur  0,80"  breiter  Po- 
rosquadern ;  die  östlichste  Quader  dieser  Schicht  greift  um 
Handbreite  über  die  Ostseite  der  breiten  Schicht  über;  dies 
übergreifende  Stück  ist  etwas  breiter  als  die  übrigen  Steine 
der  schmalen  Schicht.  Es  scheint  als  habe  hier  die  Ante  einer 
Säulenreihe  gestanden,  die  zu  Schutz  und  Schmuck  der  schma- 
len Südseite  vorgelegt  war.  Elf  Meter  nach  Westen  von  der 
Ante  entfernt  findet  sich  im  Souterrain  des  heutigen  Hauses 
in  gleicher  Höhe  eine  zweite,  2,15"*  breite  Schicht  aus  mehre- 


DAS  BRUNNENHAUS  DBS  THEAGBNES  33 

ren  Reiben  starker  Kalksteinplatten, die  der  Westwand  des  Bas- 
sins parallel  läuft.  Die  Schicht  ist  eine  Platte  tief.  Die  Seiten- 
flächen haben  nach  Osten  Anschlussfläche,  nach  Westen  sind 
sie  roh  gelassen,  enden  also  im  Terrain  Die  Ausdehnung  die- 
ses Pflasters  nach  Norden  ist  unbekannt;  Säulenspuren  sind 
nicht  vorhanden,  doch  möchte  man  glauben,  dass  die  star- 
ken Platten  eine  Halle  getragen  hätten.  Herr  Dörpfeld  hält  es 
für  möglich,  dass  an  der  llinterwand  dieser  Halle,  der  West- 
wand des  Bassins,  das  Wasser  aus  Röhren  geflossen  sei. 

15*°  südlich  des  Bassins  (bei  G)  fanden  sich  fünf  kleine 
Rohre  aus  rotem  hartem  Thon  nahe  nebeneinander  von  Nor- 
den nach  Süden  laufend.  Sie  müssen  als  Abzugsrohre  oder 
zur  Fortleitung  des  Wassers  in  andere  Stadtgegenden  gedient 
haben. 

Nach  Beendigung  unserer  Grabungen  stiess  man  gelegent- 
lich städtischer  Erdarbeiten  auf  das  Scböpfbassin  eines  zwei- 
ten, viel  kleineren  Brunnenhauses,  das  ähnlich  wie  der  Brun- 
nen des  Theagenes  aus  stuck irten  Quadermauern  besteht  und 
an  der  einen  Seite  die  ganz  erhaltene  Kalksteinbrüstung  auf- 
weist. Das  Gebäude  liegt  am  Westfusse  der  Burg  des  Alkathoos; 
auch  seine  völlige  Aufdeckung  soll  später  versucht  werden. 

RICHARD  DELBRÜCK 

KARL  GUSTAV  VOLLMÖLLER 


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ATHEN.   MITTHBILUNOEN  XXV. 


DAS  PSEPHISMA  DES  ARCHINOS 

Die  wichtige  athenische  Urkunde,  die  Ziebailh  in  diesen 
Mittheiluugen  1898  S.  27  £F.  veröffentlicht  hat,  bedarf,  sowol 
was  den  Text  wie  was  seine  Verwertung  angeht ,  einer  er- 
neuten Behandlung.  Ich  lege  zunächst  (S.  35)  das  Ergebniss 
meiner  Vergleichung  der  Inschrift  vor  und  zwar  nur  in  Um- 
schrift, da  eine  Wiederholung  in  epigraphischen  Charakteren 
nicht  nötig  scheint,  ich  bemerke  dabei,  dass  die  Lesung  mit 
Ausnahme  einiger  durch  Corrosion  halb  zerstörter,  undeut- 
licher Buchstaben,  die  durch  untergesetzte  Striche  gekenn- 
zeichnet sind,  überall  gesichert  ist,  auch  da,  wo  Ziebarth  ab- 
weicht oder  gar  nichts  verzeichnet.  Buchstaben,  die  noch 
zum  Teil  erhalten  sind,  habe  ich  durch  untergesetzte  Punkte 
bezeichnet.  Die  Zahl  der  fehlenden  Buchstaben  ist  durch 
Punkte  angedeutet.  Auf  Seite  a  sind  die  beiden  ersten,  auf 
der  vorspringenden  Profilirung  stehenden  Zeilen,  auf  Seite  b 
das  Wort  AiYr.iSo;  Kol.  II,  10  durch  grössere  Buchstaben  als 
Überschriften  gekennzeichnet.  Für  die  Ergänzung  ist  zu 
beachten,  dass  aus  eben  dieser  Überschrift  AlymiSo;,  die  Zie- 
barth entgangen  ist,  eine  der  ersten  erhaltenen  noch  vorher- 
gehende Kolumne  auf  Seite  b  mit  Sicherheit  erschlossen  wer- 
den kann.  Denn  den  Phyleten  der  Erechtheis  müss  so  gut  wie 
denen  der  Aigeis  der  Name  ihrer  Phyle  vorangesetzt  gewesen 
sein.  Dieser  fehlt  aber  im  Anfang  von  Kolumne  I,  welche  also 
nicht  die  erste  des  Namenverzeichnisses  gewesen  sein  kann, 
jedenfalls  aber  die  zweite,  nicht  erst  die  dritte  oder  vierte  ge- 
wesen sein  muss.  Entsprechend  fehlt  auf  Seite  a  rechts  von 
dem  letzten  A  in  Z.  4  die  Breite  einer  Kolumne,  d.  h.  etwa 
12  Buchstaben. 

Im  Einzelnen  ist  nur  noch  zu  bemerken: 

a:  Z.  4  Ende:  xocteX  wahrscheinlicher  als  xaraX.  Z.  9  ist 
nach  'AOiQvaiot;  ein  Buchstabe  getilgt;  nach  to;  Si  folgte  u  oder  t*. 

b:   1,2  AEPTINNS:. 


DAS  PSBPHI8MA  DBS  ARCHINOS 


35 


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36  H.   VON  PROTT 

Dass  diese  Urkunde  mit  der  litlerarisch  überlieferten  He- 
lohnung  der  Männer  von  Phyle  irgendwie  zusammenhängen 
muss,  liegt  auf  der  Hand  :  Aischines  111,187  ev  toivuv  töi  uly)- 

Tpco'.cüt  Tcapa  to  fiou^iuTy.piov  y)v  ISots  Scüpsiv  toi<  otTco  4>u^>i;  ^lu- 
yovTa  Tov  Syiulov  xaTayayoödtv  fdriv  iSitv.  7)v  piiv  yip  6  t6  ^Yj^njua 
Ypi^a;  xai  viKYiaa^  'Apj^^ivo;  6  ix  Koi>y);,  il<  tcov  xaTayayövTCöv  tov 
Stiulov,  £ypa(|/€  Si  TrpcoTOv  |jt,€v  auTOi;  ci;  Ouaiav  xai  ava6rj|i.xTa  ^oO- 
vai  '^i^tag  Spa^pidt;  ( xai  tout'  sariv  IXaTTOv  y)  Sexx  Spaj^^ftai  xar* 
avSpa  ExacTOv),  iTrsiTa  xcXeuci  aTi^avoudOai  Oa^XoO  aTe^dtvci)*.  aurcov 
exxiTOv  iXK  O'J  jf^pucwf  tÖts  (xev  yip  iqv  6  toö  öaX^oö  axc^avo^  ti- 
(xioc,  vuvt  Se  xxt  6  )rpvi9oOg  ;caTa7r6fpövY)Tat.  xai  ouSe  toOto  flx^Ji 
TTps^^ai  x£>.€U6t  iW  axpiSü);  tyiv  ßouXY)v  f;x£i{/a|xevY)v,  oaoi  auTcov  £7cl 
<I>u>yii   e770^iopxy]4v)aav,  ct£  AaxsSai^iiövioi   xxi   ol  Tptaxovra  7rpoa£« 

6a»ov  ToC<  xara^aSouai  *I>uXr)v 190  iva  hi  u.*/)  aTCOTC^avö  u{i.a< 

iwo  Tvi^  UTCoOe^EO);,  ivayvcooriTai  uaiv  6  ypa[/.a,aT6u;  to  £xiypau.|xa 
0  iTCiyeypaTCTat  toi;  iizo  <I*'j^Yi;  tov  SYJaov  xaTayayo»'<Jiv. 

SniFPAMMA 

toütS'  ap£T9i;  £V£xa  nT£^avoi<  £y£patp£  7ra^aij(^6ci)v 
Svipio;  'AÖTOvaicöv,  oi  7roT£  tou^  aSixoi; 

0£<;uLOt<  ap^avTa;  7rpd>T0i  Trö'Xfb);  xaTa7uxu£iv 
"^p^av  xiv^uvov  9(i>u.a9iv  apdcfjifvoi. 

Nach  Ziebarth  wäre  wahrscheinlich  auf  dem  Stein  der  Anfang 
dieses  Psephismas  erhalten.  Dieser  enthalte  dieVerleihung  des 
Bürgerrechtes  an  die  Phyle -Kämpfer  ( 'AÖY)vaioi;  Ivai  auTolc 
xai  dxyovoi;  auicüv )  und  getrennt  davon  die  Verleihung  ver- 
mutlich der  Isotelie  an  die  Munichia- Kämpfer  (Z.  9  [evat  H 
auTot;  laoTAiiavl  xa6x:r£[p  'A6jY)vatot?.  Da  die  Neuordnung  der 
Verhältnisse  sich  nqch  7Avei  Jahre  hinzog,  sei  es  erst  im  Jahre 
401  unter  dem  Archon  Xenainetos  (Z.  2  E£vatvfiT]o<;  ripx«),  dem 
einzigen  unter  den  Archonten  dieser  Jahre,  dessen  Name  auf 
-elendige,  zu  dem  endgültigen  IJeschlusse  gekommen,  'für 
den  eben  die  genauen  Unterscheidungen  unter  den  zu  Be- 
lohnenden charakteristisch  gewesen  zu  sein  scheinen*. 

Durch  diese  Darstellung  wird  der  Zusammenhang  mit  der 
litterarischen  Überlieferung  eigentlich  wieder  zerrissen  und  in 


I 


Frage  g<^9telll  und  sie  ist  an  sich  nicht  folgerichtig.  Die  Über- 
lieferung bei  Aischinessagt  nichts  von  (lüpgeri-echtsverleihung. 
Den  Phyle-KÜmpfern  konnte  zutiein  mit  clieser  [""nrniel  das 
Hürgerrechl  gar  nicht  verliehen  werden,  da  sie,  zum  grossen 
Teile  wenigstens,  Düfger  waren.  Die  Unleracheidung  jener 
beiden  Kategoi-ien  der  Belohnten  wird  ohne  Giiind  in  die  In- 
schrift hineingetragen  Sehr  auffallend  endlich  wäre,  wenn 
«owot  die  wackeren  Patrioten  über  zwei  Jalire  auf  ihre  ver- 
diente Auszeichnung  als  die  Golthell  auf  den  Dank  der  Men- 
schen hatte  warten  müssen.  Es  war  also  mindestens  die 
Frage  aufzuwerfen,  ob  nicht  die  Urkunde  aus  dem  Jahre  der 
ävxpx'^'  (^04/3),  dem  ArcliontaL  des  Pythodoros,  statt  aus  dem 
Jahre  der  endgültigen  SialOim;  (  'lOI/'iOfl).  dem  Archonlat  des 
Xenainetos.  stammen  könne. 

Mir  scheint  in  der  Thal  unzweil'plhat't,  dass  dieser  Iteschluss 
unmittelbar  nach  der  Itückkelir  des  Demos  gefasst  ist  Noch 
unter  dem  Archontat  des  Pylhodoros  landen  die  vorliiuligen 
8iiMätY«i '  statt  und  wurden  die  ipx*'  t'^-  ß)  eingericlilet 
(Xen.  'B».  lt.  4,  4.1),  denn  von  diesem  Jahre  an  rechnet 
Ariatoleles  ('Mr,i.  nak.  41,1)  sogar  die  neue  Verfassung.  Die 
vjv&ijAxt  der  Parteien  unrl  die  i^nUtimt;  der  Oligarchen  fanden 
erst  unter  Kukleides  statt  im  Jahre  403/2  ("Aftuv.  no\.  39,  1). 
Damals  erwarb  sich  Afchinos  durch  die  kluge  Massregel  der 
Beschränkung  der  .Anmeldungsfrist  l'iir  die  e^oixTiiri;  das  Ver- 
dienst, viele  Bürger  in  Alben  zurück  zu  halten.  Erst  nachher 
(l>;»T«.  Tot'jTJt  Aristoteles]  slellle  Thriisyhiilos  den  Antrag. allen 
tnU  CA  riEipx'üc.  unter  denen  sich  sogar  Sklaven  befanden,  das 
BUrgpiTPcht  zu  erteilen,  ein  .\nlrag.  den  .\i'chinos  mit  Krfolg 
durch  dieypät9Yi  .tkp«vö;/(i)w  bekümpfle  ('AOjiv,  :tiX.  40.2.  .Aisch. 
lll.t95.jPlut.]ßioiSi"Ä«  pviT.  835  F.  Maximus  Planudes  zu  Her- 
mogenes  V  343.  Walz)    Auf  dasJahr  104/3  könnte  in  der  In- 


•  Dies  isl  der  technische  Aiisilnick.  <lcr  Z.  9  sich  liiiiJcl:  Isokr.  XVIII, 
I  IT  und  3h:  öiaXXa^ii  Xen.  'EXX.  II,  i,  :m:  SiiXXixixl  Ai'istut.  'Afliiv.  r.tiX. 
|3S,  1.  Der  delinilitc  Vertrag  heissl  auvUijKai.  Is»kr.  XVIll,  l'.lir.  Arl-stul. 
rAln*  Koi.  31).  1. 


38  H.  VON  PHOTT 

Schrift  auch  die  allerdings  ganz  ungewöhnliche  Formel  inZ.  5 
i^n^its^cLi  *A(hQvaioi<  ZU  deuten  scheinen ;  dass  i^n^lts^cn  nicht 
absolut  stehen  und  nicht  mit  Ziebarth  *A6Dvaiot(  ilvai  aurol;  xal 
ixyovoi^  konstruirt  werden  kann,  ist  klar.  Aber  aus  dieser  For- 
mel auf  einen  noch  ungeordneten  politischen  Zustand,  etwa 
auf  ein  Fehlen  der  ßou^io  zu  schliessen  ist  nicht  gestattet.  Denn 
eben  Archinos  brachte  den  Antrag  des  Thrasybulos  zu  Falle 
Sia  t6  aTcpoSoü^euTov  etoaj^OTivai.  Vielmehr  hat  sich  die  stets 
hervorgehobene  Mässigung  der  Athener  bei  der  Wiederherstel- 
lung der  Verfassung  auch  darin  gezeigt,  dass  sie  die  bestehen- 
den Organe  der  Regierung  zunächst  nicht  antasteten ,  und  so 
haben  sie  auch  ruhig  die  neuen  Beschlüsse  nach  dem  oli- 
garchisch  gewählten  Archonten  datirt, dessen  Namen  man  spä- 
ter nicht  gern  als  eponym  brauchte  (Xen.*EXX.  II,  3,  1 ;  vgl. 
Lysias  VI  1,9).  Für  die  Ergänzung  des  Namens  des  Pythodo- 
ros  ist  auch  ein  äusserlicher  Anhalt  vorhanden.  Die  Über- 
schrift ist  (TToi;^Y)S6v  angeordnet  und  man  wird  gern  annehmen, 
dass  die  kürzere  zweite  Zeile  symmetrisch  unter  die  erste 
gestellt  war. 

Die  ersten  Zeilen  der  Urkunde  handeln  von  der  Verleihung 
einer  Auszeichnung  an  die,  odot  <ruvxaTTi>6ov  iico  ^uXv)(.  Das 
sind  sicher  nicht  die  Männer  von  Phyle,  welche  in  einem 
Psephisma  nur  als  o<roi  xaTtiXOov  itzo  ^uX^;  bezeichnet  werden 
konnten  ^  vielmehr  die,  welche  sich  ihnen  angeschlossen  hat- 
ten, also  Nichl-Athener,  die  daher  in  den  die  Begründung 
für  die  Auszeichnung  enthaltenden  Zeilen  7-8  als  oufxaa/oi  be- 
zeichnet werden.  Gemeint  können  damit  nur  Metöken  sein 
und  diesen  Metöken  kann  nur  das  Bürgerrecht  verliehen  wor- 
den sein.  Denn  die  auf  der  Rückseite  verzeichneten  Männer 
— unzweilelhatt  dieselben,  von  denen  das  Psephisma  handelte — 
sind  nach  Phylen  geordnet,  also  Bürger,  unter  ihnen  aber  ist 


<  Bei  Aristoteles  'AÖ7)v.  noX.  40,  2  ev  Jii  fxsr«6^8oü  xij;  noXitiia;  jsaai  xot;  «x 
Utipanita^  dUYxaxcXOoüai  ist  9uv  natürlich  durch  einen  in  Gedanken  zu  er- 
gänzenden Dativus  {cL^xfbi  d.  h.  0paau6ouX(oi )  gerechtfertigt,  wie  Aiscb.  III, 
195  0paau6ouXov  -  -  eva  tcuv  au^xaTcXOdyTcov  aOttji  diicö  <^uX^(. 


DAS  PSBPHISMA   DBS  ARGHINOS  39 

doch  wol  der  aicafiofopo; (?)  Bendipbanes  (Kol.  II,  1 )  ein  ehe- 
maliger Metöke.  Von  diesem  Anfange  der  Urkunde,  der  Ver- 
leihung des  Bürgerrechtes  an  die  bei  der  ersten  Besetzung 
Pbyles  beteiligt  gewesenen  Metöken,  berichtet  Aischines  nichts, 
weil  es  ibm  nur  auf  die  Hauptsache,  die  Auszeichnung  der 
ganzen  Schaar,  ankam.  Diese,  nämlicb  die  Bekränzung  der 
Phyle  -  Kämpfer ,  die  Anweisung  von  Geld  für  Opfer  und 
Weihgeschenk,  wol  an  Athena  (vgl.  Xen.  'EXk.  II,  4,  39), 
die  Anordnung  der  Untersuchung  über  die  Teilnehmer  des 
Zuges  wird  in  der  That.  wie  Ziebarth  vermutet,  den  wegge- 
brochenen Scbluss  der  Inschrift  gebildet  haben.  Auf  der  Rück- 
seitewaren die  Namen  der  Teilnehmer  und  zwar,  wie  es  scheint, 
getrennt,  zuerst  die  nur  nach  dem  Berufe  bezeichneten  Neu- 
bürger,dann  die  anderen  verzeichnet  und  darunter  blieb  reich- 
lich Platz  nicht  nur  für  Kränze  sondern  auch  für  das  Epi- 
gramm, das  auf  Stein  kaum  anders  als  unter  dem  Namenver- 
zeicbniss  der  Bekränzten  gedacht  werden  kann. 

Athen. 

H.  VON  PROTT. 


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DIE  JONISCHEN  AUGENSCHALBN 

Aitaftt  «otjovtai  »ulixväv  äita  Tniä». 

Wenn  ich  dem  im  Folgenden  behandelten  Materiale  zur  Ge- 
schichte <ler  griechischen  Keramik  den  Vers  des  Atkaios  als 
Motto  vorgesetzt  hahe ,  so  geschah  es  nicht,  weil  ich  in  den 
Augenschalen  die  teischen  mit  Sicherheit  wiedergerunden  zu 
hahen  glaubte,  aus  denen  der  Dicliter  getrunken  hat.  Ich  halte 
es  heute  noch  für  unlhunlicli  schwarzßgurige  ostgriechische 
Gefässgattungen  italischen  Fundorts  einer  bestimmten  Stadt 
zuzuweisen.  Nur  den  Kulturkreis  wünschte  ich  zu  bezeichnen, 
.innerhalb  dessen  die  Heimat  der  Augenscbale  zu  suchen  ist. 

Sie  ist  ein  echtes  Kind  der  jonischen  Sonne.  Jonisch  ist 
die  Erfindung  der  schönen  Form,  die  sich  zu  den  vorher  üb- 
lichen Trinkgelassen,  namentlich  multerländischen  Gebrauchs, 
etwa  wie  ein  edles  venezianer  Glas  zu  einem  schweren  deut- 
schen Humpen  verhält.  Jonisch  ist  der  Geschmack  der  Deko- 
ration, die  Freude  an  der  Buntheit,  an  der  Zierlichkeit,  das 
Zurücktreten  des  inhaltliehen  Interesses  gegenüber  dem  for- 
malen. Joniscb  ist,  wie  der  Schmuck  des  Trinkgelässes  dem 
Preise  des  Dionysos  gilt,  und  echt  jonisch  ist.  wo  sie  einmal 
zu  ihrem  Rechte  kommt,die  Erzählung  mit  ihrem  alle  Schran- 
ken durchbrechenden  Naturalismus,  ihrer  wahrhaHen  terri- 
bilitä.  Gern  denken  wir  uns  Schalen  wie  die  unsrigen  in  den 
Händen  joniseher  Herrn  hei  der  bunten  Pracht  und  dem  un- 
gebändigten  Lehen  ihrer  Symposien. 


4  AUCENSCHALEN 


Wie  kaum  eine  andere  Schöpfung  verkörpert  sie  uns  i 


I  den  1 


ichenden  Einfluas  j 


.  In  Italic 


weitreichi 

neben  lien  attischen  ErieugniBsen  lange  lien  Markt  behauptet. 
In  Attika  selbst  l'and    sie  Ein<;ang,   und  ganze  Werkslälten 
müssen  mit  der  Nachahmung  liir  den  Export  beschättigt  ge- 
[  wesen  sein.  Sie  bürgert  unter  den  ersten  die  dionysische  Male- 
I  rei  in  Attika  ein, sie  bringt  die  Geiässtorm  nach  Attika.  welche 
die  Werke  der  grossen  Vasen  maier  des  Zeitalters  der  Perser- 
kriege tragen  sollte.  Ja  bis  an  die  ostaeiatischen  Küsten  ist  sie 
gedrungen  und  hat  hier,  wenn  wir  Kennern  glauben  dürfen. 
[  zu  ornamentalen  Neubildungen  in  der  chinesischen  Kunst  An- 
las» gegeben  '. 

Wie  wichtig   für  die  attische   Keramik    die  Augcnschalen 

'  seien,  bat  zuerst  Löschcke  ausgesprochen  ( Horeas  und  Orei- 

thyia  S.  8).  Ihm  war  damals  von  jonischen  Originalen  nur 

I  die  Phineusschale  bekannt.  Wolters  und  mir  gelang  es, in  den 

Sammlungen    zu  Würzburg,   München    und    Berlin    mehrere 

,  weitere  unzweifelhaft  aus  jonischen  Werkstätten  herrührende 

Exemplare   aufzufinden ,  deren    Behandlung    und   Verötfent- 

'  lichung  ich  nach  gemeinsamer  Verabredung  übernahm^,  in- 

f  zwischen  Ist  die  berliner  Schale  ( unten  S.  30  Nr.  "i  j  liinzuge 

I  kommen,  und  Eadt  bat  in  den  heiträgen  zur  jonischen  Va- 

Benmalerei  S.3'i  ff.  neben  der  E^hineusschale  dieser  sowie  der 

1  von  Löschcke  bei  liulle.  Silene  S.  7  Anm.  I  und  S.  8  Nr.  I  4 

angegebenen  tlorentlner  Schale  und  castellaniscben  .\inpbora 

[  Beine  Aufmerksamkeit  gewidmet.  Ich  stelle  im  Folgenden  die 

I  Woltersund  mir  liekannt  gewordenen  jonischen  Originale  und 

1  die  attischen  Kopien   der  Typen  xiisummen,  die  uns   in  joni- 

echen'Uriginalen  nicht  erhalten  sind  In  der  /usammenstellung 

[des  Materials  stimmen  wir  ü  herein  :    die  Verantwortung  für 

[idie  daran  geknüpften  Bemerkungen  habe  ich  allein  su  trageii 


■  P.  Wickhoir  in  den  Festgalien  lU  Ehren  M,  Büd]ngers,[nnsl>ruckl898, 
[.  8. 464.  Auf  der  Ton  ihm  abgebildeten  altcbinesischen  Vase  werden  iilirigcns 
I  dieselben  Kunkenmotivc  »envandt,  wiu  auf  der  Amiihura  mit  dea  Aujseii  im 
[  British  Museum  B,  154. 

■  Vgl.  Graef,  Arch.  Anzeiger  1893  S.  IT- 


1 


42  J.  BOBHLAU 

I.  Schalen  von  der  Form  der  Phineussehale. 

Der  Körper  der  Schale  ist  randlos.  Die  Henkel,  die  am  An- 
sätze thonfarbig  gelassen  sind,  befinden  sich  dicht  unter  der 
Mündung.  Der  eigenartig  gestaltete  niedrige  Fuss  wird  durch 
einen  meist  rot  bemalten  Wulst  mit  dem  Körper  verbunden. 

Mit  einem  Stern  bezeichne  ich  die  Schalen,  deren  Herkunft 
aus  der  jonischen  Fabrik  zweifellos  ist. 

*  1.  Das  wichtigste  Stück  der  Gattung  ist  die  aus  Vulci 
stammende  Schale  inWürzburg,UrlichsNr.  354, die  nach  einer 
Darstellung  der  Innenseite  die  Phineussehale  genannt  wird  ^ 
Sie  ist  gleich  ausgezeichnet  durch  ihre  Grösse  wie  durch  den 
Reichtum  ihres  malerischenSchmuckes.Die  Inschriften  machen 
sie  für  die  Geschichte  der  antiken  Keramik  vollends  wertvoll. 

Leider  hat  das  seltene  Gefäss  schlimmere  Schicksale  gehabt 
als  irgend  ein  anderes  der  auf  uns  gekommenen. 

Der  Thon,  aus  dem  es  besteht,  ist  sehr  weich  und  mürb. 
In  Folge  dessen  ist  die  Oberfläche  überall  da,  wo  sie  nicht 
vom  Firniss  gedeckt  war,  von  der  Bodenfeuchtigkeit  stark  an- 
gegriffen, so  dass  sich  die  Figuren  und  Inschriften  jetzt  in 
flachem  Relief  vom  Grunde  abheben.  Dass  Sittl  in  dem  Anm. 
1  angeführten  Programm  hier  eine  neue  keramische  Technik 
erkannte,  ist  nicht  sein  grösstes  Vergehen  an  der  Schale  ge- 


*  Die  Innenseite  der  Vase  ist  Monum.  deWinsi.  X  Taf.  8  publicirt  worden 
(danach  in  den  Wiener  VorlegeblAltern  Serie  C  Taf.  8,  Baumeister  III  S. 
1331  u.  ö.)  und,  in  einer  Photographie,  bei  Sittl.  Dionysisches  Treiben  und 
Dichten.  Würzhurg  1898,  Taf.  1 ;  die  Aussenseite  mit  dem  Pantberkopfe 
bei  Bndt,  Beitrage  zur  jonischen  Vasenmalerei  S  34  Abb  14.  Sie  ist  be- 
sprochen von  Brunn,  lluUeiiino  \%^h  S.  50  ff. ;  Fiasch,  Annali  1874  8. 
182  fl'.,  Arch.  Zeitung  1880  S.  138;  Duhn,  Festschrift  zur  karlsruber  Philo- 
logen Versammlung  verlasst  von  den  phil.  Coilcgen  der  heideiberger  Univer- 
sität, 1882|  S.  114  ir.;  Sittl,  Die  Phineussehale  und  ähnliche  Vasen  mit  be- 
malten Flachreliefs,  Würzburg  1892.  Zu  den  Inschriften  sind  ausser  den 
Genannten  zu  vergleichen:  Urlichs,  Beiträge  zur  Kunstgeschichte  S.  30; 
Duhn,  Arch.  Anzeiger  1892  S.  133  (dessen  Angaben  Studniczka,  Jahrbuch 
1896  8.268  Anm.  111  bestätigt);  Kretschmer,  Griechische  Vaseninschriflen 
8.  55. 


I 
I 


DIE  JOMISCHEN   AUQBNEICHALEN  43 

wesen.  Die  erwähnte  Besch  äffen  he  it  des  Thons  verursachte 
nämlich  bei  der  Grösse  der  Scliaie,  deren  Durchmesser  38,4™ 
beträgt,  wiederholte  Brüche.  Schon  im  Allertume  war  sie  zer- 
brochen und  war  in  der  üblichen  Weise  mit  Klammern  ge- 
flickt worden  ( Sitll  glaubte  die  Klammerlöcher  für  Fäden 
zum  Aufhängen  der  Schale  bestimmt);  im  Grabe  oder  beim 
Ausgraben  aerhrach  sie  aufs  Neue.  IJie  Flickarbeit  der  ita- 
lienischen sravatori  hielt  die  weit  ausladenden  Wandungen 
nur  Dotdürrtig  zusammen  ;  zwei  weitere  Reparaturen  sind  noch 
durch  Sittl  veranlasst  worden,  nicht  zum  Vorteil  der  Schale. 
Ihr  Zustand  ist  traurig.  Längs  der  Brüche  ist  viel  zerstört 
worden,  und  die  verschiedenartigen  zur  Verwendung  gekom- 
menen Bindemittel  decken  dort  die  alle  Oberfläche. 

Von  einer  Neuaufnahme  der  sämtlichen  Darstellungen,  wie 
sie  durch  die  Bedeutung  des  Stückes  und  durch  die  Mangel- 
haftigkeit der  bisherigen  Publikationen  notwendig  gemacht 
wird,  habe  ich  unter  diesen  Umständen  abgesehen.  Für  die- 
sen Zweck  müsste  die  Schale  von  berufenen  Händen  noch- 
mals auseinander  genommen,  vom  Unräte  der  Flickereien  ge- 
reinigt, untersucht  und  zusammengesetzt  werden.  Ich  habe 
mich  für  jetzt  mit  der  Wiedergabe  der  Aussenseiten  begnügt 
{Fig.  2  und  3).   Diese  ebenso  wie  die  Gesamtansicht  Fig.  I 


46  J.   BOBHLAU 

sind  von  Herrn  Reichhold  gezeichnet,  dessen  Aufnahmen  Bulle 
und  ich  revidirt  habend  Die  Aussenseiten  schienen  uns  bei 
der  Spärlichkeit  des  Materials,  das  zur  Beurteilung  der  Ma- 
lerei in  der  Heimat  der  Augenschalen  zur  Verfügung  steht, 
zu  wichtig,  um  sie  wegen  des  anslössigen  Inhalts  zu  unter- 
drücken oder  auch  nur  zu  verstümmein,  wie  das  den  Sile- 
nen  des  Amasis  (J.H.S.  1899  Taf.  5)  und  aus  Daphnä  (Jahr- 
buch X,  1893,  S.  43)  widerfahren  ist. 

Die  Verteilung  der  Figuren  auf  den  Aussenseiten  erhellt  aus 
der  Gesamtansicht  Fig.  1 .  Auf  der  gegenüberliegenden  Seite 
wird  die  Nase  durch  einen  offenen  Palmettenfächer  bekrönt, 
derauf  den  volutenförmig  auslaufenden  Augenbrauen  ruht; 
zu  den  Seiten  stehen  dort  menschliche  Ohren  mit  einem  run- 
den, mit  Rosette  geschmückten  Scheibchen  (s.  Fig.  2  und  3). 

Da  ich  das  Zeugniss  der  Inschriften  für  die  Herkunft  der 
Schale  nicht  missen  mochte,  habe  ich  sie  eingehend  unter- 
sucht. Ich  durfte  mich  dabei  der  treuen  und  hingebenden  Hilfe 
Bulles  erfreuen,  dem  das  grösste  Verdienst  an  der  Feststellung 
der  zweifelhaften  Buchstaben  zukommt.  Für  die  gegebene  Le- 
sung stehen  wir  beide  ein ;  Bulles  Fig.  4  ff.  wiedergegebene 
Facsimilia  suchen  zu  verdeutlichen,  was  wir  sahen.  Ich  gebe 
einen  kurzen  Kommentar  zu  den  einzelnen  Inschriften. 

1.  Frau  hinter  Phineus.  Brunn  und  Flasch:  ERIXOß. 
Urlichs,  Verzeichniss  Nr.  354:  '(a?)nRIAO,  der  erste  Buch- 
stabezerstört, der  zweite  und  vorletzte  deutlich'.  Urlichs,  Bei- 


^  Zur  Technik  ist  zu  bemerken,  dass  das  Weiss  der  Hornhaut  der  Augen 
unmittelbar  auf  den  Tbongrund  gesetzt  ist,  sonst  auf  schwarzen  Firniss.  Es 
ist  an  den  Augen  verschwunden,  aber  mit  Sicherheit  aus  dem  inneren  Rande 
der  schwarzen  Einfassung  der  Hornhaut  zu  erschliessen.  Auf  der  einen  Seite 
der  Vase  ist  dieser  nämlich  auf  i-1  ^jj*^^  glänzend  schwarz,währender  sonst 
hier  rot  geworden  ist,  auf  der  anderen  ist  er  aussen  glänzend  schwarz,  in- 
nen matt.  An  dieser  Stelle  schützte  also  eine  Deckschicht  den  Firniss,  und 
da  der  schmale  Rand  nicht  zweifarbig  gewesen  sein  kann,  muss  dies  über- 
greifendes Weiss  von  der  Hornhaut  gewesen  sein.  Auch  diese  Tbatsache, 
die  Bulle  beobachtet  bat.zeugt  für  die  Bemalung  des  Gefässes  auch  mit  den 
Deckfarben  Yor  dem  Brand  (vgl.  Jahrbuch  1898  S.  23).  Bemerkenswert  ist 
die  ausgedehnte  Verwendung  von  feinster  Vorzeichnung  für  die  Gravirungen. 


Fig.  4 


DIE  JONISCHEM   AUGENSCHALEN  l7 

träge:  PRIXOn.  Charakteristisch  Sittl  (Phineusschale,  1892, 
S.  19):  "deren  gelalschten  Namen  Erichtho  der  Weingeist  ver- 
flüchtigte' Auch  Duhn,  Studniczka  und  Endl  glaubten  noch 
'Kpi;(öu  lesen  zu  können,  1884  habe  ich  noch  alle  sechs  Buch- 
Btaben  des  Namens  gelesen;  heute  hat  die  Arbeit  an  dem  durch 
den  Namen  gehenden  Bruch  und  die  Be- 
handlung mit  Weingeist  die  zwei  minieren 
Buclistaben  verdorben,  aber  EP.-Ofi  ist 
deutlich    zu'erkennen,  vgl.  Fig.  't. 

Dies  Resullat  wird  durch  die  Überein- 
stimmung namentlich  mit  Brunns  und 
Flaschs  Lesung  bestätigt,  mit  der  sich  im  Grunde  auch  die 
von  Urlichs  in  den  Beiträgen  mitgeteilte  deckt.  Es  ist  als  zwei- 
fellos zu  bezeichnen,  dass  der  Name  'Epi^öu  hier  stand.  Den 
abgehenden  Strich  des  Rlio  zu  finden,  ist  uns  nicht  geglückt, 
wir  lasen  P,  hier  wie  unten  Fig.  G.  Da  Brunn  mehr  gesehen 
haben  kann,  muss  diese  Frage  unentschieden  bleiben. 

*2.   Phineus,     Brunn:    L'   iscrizione .     benche    guasla , 
0..EVS.    Plasch  ;   presso  la  testa   di  Fineo  Brunn  ancora 
äislinse  Ire  letlere  del  nome  <p..E^i;  ora  anche  queste 
sono  impiastrale.  Siltl:  'von  der  griechischen  Bei- 
schi'ift  ist  nur  der  erste  Buchstabe  geblieben  '.  Auch       ns  , 
Endt  sah    nur  diesen. 

Unflere  Lesung  giebt  Fig.  5.  An  der  Stelle  des  E 
steht  noch   ein   Stückchen   Firniss    und  eine   unklare  Spur. 

.3.  Frauen  vor  Phineus.  Wir  konnten  feststellen,  dasa 
beiden  Frauen  Namen  beigeschrieben  waren.  Leider  spotteten 
die  Spuren  des  bisher  übersehenen  der  zweiten,  unmittelbar 
vor  Phineus  stehenden  ,  jedes  Versuches  der  Deutung.  Der 
Name  endete  oder  begann  dicht  oberlialb  des  Zopfendes  und 
beschrieb  einen  Bogen,  der  sich  dem  stumpfen  Winkel  ein- 
Bchmiegte,  in  welchem  Fuss  und  Unterschenkel  des  liegenden 
Phineus  zusammenstossen.  Die  Spuren  bestehen  aus  schwa- 
chen, formlosen  Erhöhungen,  deren  Aussehen  und  regelmäs- 
sige Abstände  aber  über  die  Thalsache  keinen  Zweifel  Hessen, 
dass  sie  von  einer  Inschrift  herrühren.  Diese  füllte  übrigens 


Fig. : 


48  J.    BOEHLAU 

den  leeren  Uaum  an  dieser  Stelle  vortrefflich  aus  und  war 
schon  nach  Vergleich  der  entsprechenden  Function  der  übri- 
gen Beischriften  vorauszusetzen. 

Über  den  Namen  der  vorderen  Frau  sagt  Brunn :  si  po- 
trebbe  rawisar  il  nome  delle  Ore;  ma  restano  alquanto  in^ 
certe  la  seconda^  terza  e  quinta  lettera.  Er  giebl,  was  er 
zu  sehen  glaubte,  so  wieder:  HOPAC.  Flasch  führt  aus.  der 
Name  der  Hören  sei  durch  moderne  Restauration  verdorben  : 
H  sei  modern,  weil  der  Firniss  anders  und  der  Buchstabe  ohne 
Belief  sei ,  O  sei  neugemalt  und  bedecke  wol  ein  ursprüng- 
liches n,  weil  unten  die  Kurve  des  antiken  Buchstabens  nicht 
mit  der  des  modernen  stimme. Unter  dem  ganz  modernen  letz- 
ten Buchstaben  sehe  er  keine  antiken  Beste  ausser  einer  Ver- 
tikalhasta.  So  schlägt  er  vor  ßPAl  zu  lesen,  lässt  aber  auf  der 
Tafel  der  Monumenti  HOPAO  drucken.  Urlichs  im  Ver- 
zeichniss  liest:  'HOAAO  ^  der  zweite  und  dritte  Buchstabe 
teilweise  neu  gemalt,  vielleicht  ""Qpai)'.  Sittl :  H.  'welches  bei 
Betupfung  sofort  verschwand  ;  dann  folgte  ein  hellerer  Fleck, 
wol  die  Spur  einer  Säure.  Was  dahinter  sonst  noch  deutlich 
war,  ist  auch  jetzt  erhöht  stehen  geblieben  nämlich  Ol.  wobei 
von  der  Spitze  der  Masta  rechts  ein  kurzer  diagonaler  Strich 
auszugehen  scheint'.  Er  denkt  an  ein  N  und  schlägt  (XI)ON(H) 
oder  (XO)ON(IA)  vor.  Duhn  und  Studniczka  glaubten  HOPAO 

zu  erkennen.    Unsere   Lesung  giebt   Fig.  6  ; 
^    ^  wir   ergänzen  MOP[4>ß]. 

'  *  Flasch   und  Urlichs  bezeugen  eine  Überma« 

Fig.  6  'ung,  die  Brunn  anscheinend  entgangen  war. 

Die  Fälscher  haben  offenbar  die  schon  damals 
schwer  deutbaren  Buchstabenreliefs  ihrer  Arbeit  zu  Grunde 
gelegt.  So  erklärt  sich  die  auf  der  Tafel  der  Monumenti 
wiedergegebene  Form  ihres  H,  welches  dem  von  uns  er- 
kannten M  entsprach,  und  das,  frei  entworfen,  wol  eine  an- 
dere, natürlichere  Form  bekommen  hätte  Auch  die  Interpre- 
tation des  letzten  Buchstabens  seitens  der  Fälscher  streift  an  das 
nichtige,  wenn  unsere  ülrgänzung  stichhaltig  ist  (O  statt  n). 
Nur  ihr  A  (an  Stelle  des  <t>)    würde  eine  freie  Erfindung  sein. 


biK  JoMscHEN  ^hGenscHalBn  49 

Auf  lier  Schale  konnlen  wir  irolz  eifVigeti  Sucliens  niclit  mehr 
als  die  drei  ei'sLen  Buclislahen  lesen,  die  wir  aber  als  sicher 
bezeichnen  können.  DieOberIläche  isl  hinler  dem  P  so  ungleich 
verwittert,  das»  zahlreiche  Elrhühutigen   vorhanden  sind,  die 

'  sich  hei  län^ert^r  Beli-achtung  bald  hier  bald  da  zu  Buchalaben 

I  xusaminen  zu  Tügen  scheinen  '. 

4.   Boreaden.  Ihre  Namen  sind  am  besten  erhalten. 
Noch  heule  liest  man  KAAAU,  wie  es  Brimn  und  Plasch 
sahen,    nur  ist    der  (Querstrich     des  Alpha 
verschwunden.  Vgl.  Fig. 7.  Urlichs  KAUAIS      ^^         j,  ,  j 
ist  wol  nur  ein  Druckfehler.    Bndt  jjiebt  mit 
BestJmmlbeiL  an,  dass  das  Sigma  dreistrichig  Fig.  i 

,  geschrieben  sei, wir  müssen  seine  Angabeaber 
nach  wiederholter  Prüfung,  zu  der  sein  Buch  veranlasste,  als 
irrig  bezeichnen. 

Den  Namen  desZetes  lasen  wir  wie  Brunn  und  Flasch.  Was 
Fig.  8  gietit  ist,    wie  überall,    das  sicher  Br- 
kennbare;  gelegentlich  scheinen  die  drei  mitt- 
leren Buchstaben  deutlicher,  Urlichs  ?]ETOZ        '     '  '   r  / 

'  wird  wieder  ein  Druckfebler'sein.  Sittl  über-  Fig.  8 

I  gebt  den  Namen. 


*  Map9u  isl  bekaniillicli  ilet  Beinaini^  einer  Apliiodite.  in  Spitrta  (Paun. 
[  in,  15.  1 1 1.  D^r  Name  wird  von  Tümpel  wol  riclillg  mit  (lapfvö;  und  Mop- 
I  ftiii  zusammengebracht  und  aur  eine  chlhoni^che  Gottheit  gedeutet.  wo7u 
L  die  Fuüsfenseln  uml  der  Schleier  des  Kultbildes  .iriinmcn  (Sam  Wide,  La- 
[  konische  Kulte  8.  HOf.  |.  Für  das  Auftreten  der  Morpho  im  Phtneusmjthus 
I  ist  es  wichtig,  dass  sie  nach  Lykophron  449  am  Kap  Zerjntho«  in  Thralticn 
\  verehrt  wurile  (Wide  8.358).  Die  'Dunkle'  passl  zur  Erichtfao  |Chlhonia), 
I  die  nach  TüpITers  einleuchtender  Bemerkung  auf  der  Sehale  als  Tochter  des 
Lfioreat  steht  ( Attisch e^Genealogie  S.  II5,?|.  demnach  al«  Frau  des  Phineus, 
■  vwieauch  ihre  isolirte  Stellung  beneist, und  als  solche  an  Statt  der  sonst  tie- 
J  kaonten  Frau  des  Pbineus.  der  Boreastochler  Kleopalra.  Morph»  wie  Eri- 
I  ehiho  sind  als  chthonischu  Gesiallen  in  der  Nähe  der  Winddümonen  ver- 
ständlich (Wilamowiiz,  Herakles*  II  S.  3G?).  Aus  Erichtbo  wird  'jene 
r  Tampjrartige  Zauberin  undTolenl)escbwi)rerin  Brichlho  Lucans  (Pliarsalica 
I  VI,  503II.I,  welche  hei  Pharsalus  dem  S.  Ponipeius  erscheint  und  aus  To- 
I  tenmund  die  Wahrheit  kund  Ihut'  ( Duhn.  Fesiscbrin  S.  1-23),  Danles  Eri- 
ttoneruda  und  Gölhes  'düstere  Eriehlho".  Morpho  und  deren  Gefährlin 
I  «erden  der  Erichtho  und  des  l'hineus  Töchter  sein,  der  Maler  kannte  also 

ATHEN.   «ITTHBILUNÜEN    SSV.  4 


50  J.    BOEHl-At) 

5  Harpyien.  Bcunn  und  Flasch  stimmen  in  iler  Lesung 
API  überein.  und  Brunn  bemerkt,  dass  der  dritte  Buchstabe 
kein  fragmentirlps  Pi  sondern  ein  lola  zu  sein  scheine  A  und 
ein  'dreieckiges  Hlio'  hat  auch  Sittl  gesehen  I  rliehs  hat  die 
Inschrift  übersehen.  Bndt  hat  nur  das  .\lpha  erkannt  Wir 
können  das  AP  bestätigen.  Das  Iota,  d.  h.  die  dritte  vertikale 
Hasla.  würden  wir  anzweireln,  wenn  nicht  ümnn  sie  f^ele- 
sen  hätte,  der  möglicherweise  noch  Firniss  darauf  sah  Es 
laufen  hier  so  viele  zulällige  Erliuhungen  über  den  Grund, 
dass  äusserste  Vorsicht  geboten  ist  Die  Frage,  ob  die  Hasta 
der  Rest  eines  Pi  gewesen  sei,  muss  jedenfalls  offen  bleiben. 

6.   Auf  der  Rückseite  haben   wir  das  einstige  V'orlianden- 
sein  einer  Namensbeischrift  beim  vordersten  Silen.den  Frauen 
zunächst,   konstatirt.    Sie  läuft    von  links    nach    rechts    auf 
sein  Knie  zu;  leider  sind  die  Spuren  undeutbar.  Dass  auch 
die  anderen  Figuren    benannt  waren  ,    erscheint 
danach  sicher.   Fig.  9   gebe   ich,   was  wir  vom 
Namen  des  Dionysos  lasen,  hauptsächlich  auch 
zur  Widerlegung  von  Endts  Behauptung, dass  dir 
Sigma  der  Schale  dreistrichig  geschrieben  seien. 
Berlin;  Inv.  Nr.  3282.  Aus  Vulci,  Arch.  Anzeiger  1895 
S.  35,  23.  Die  Aussenseiten  ab- 
gebildet bei  Gndt,   Beiträge  S. 
3")  Abb.  15;  nach  der  für  Endt 
ausgefiihrlen  und    von   ihm  gü- 
tigst   zur  Verfügung    gestellten 
Zeichnung  Lübkes  sind  die  Fi- 
guren zwischen  den  Augen  Fig. 
lU  und  1 1  wiederholt. 

Innen:   thonfarbiges  Hund  in 

der  Mitte.  Die  Figur  jeder  Aus- 

senseite   steht  zwischen   Augen, 

f'ig-  '"  Menschenohren   mit  kleinen  ro- 


Fig.  9 


die  Version  vom  Frevel  Aku  Phineui  an  seiner  ersten  GaUiii  und  deren  Söh- 
Den  als  Ursache  der  Blindheit  niciit.— Zunn  Phiaensmjlhus  vgl.  die  ^ctiönen 
AusrühruQgen  von  Mannhardt.Wald-  und  Feldkulle  II  S.  900".  und  S.  306. 


ten  Knöpfen  im  Läppchen  und  von  den  Henkeln  ausgehenden 
Palmetten  '. 

Nach  der  gut  erhaltenen  Schale  müssen  wir  uns  die  Wir- 
kung; der  Phineusschale  vergegenwärtigen.  Die  Buntheit  und 
vor  allem  die  zierliche  und  sulilile  Ausführung  kommt  hier 
besser  zur  Geltung.  Ein  Kabinetstück  ist  in  dieser  Hinsicht  die 
Mänade.  Koloristisch  ist  die  überlegte  Anordnung  des  schwar- 


tig. I 


I  zen  Mantels  bemerkenswert, der  mit  dem  Haar  und  dem  Saume 
I  Tusammen  einen  wirkungsvollen  Rahmen  fürden  hellen  Körper 
■  bildet  Uie  Körperformen  sind  unter  den  Gewändern  in  feiner 
rGravirung  ungegeben.  Details  wie  das  Halsband,  das  Schlüs- 
Iflelbein-,  Ohren,  Augen,  der  Mäander  am  Sanme  des  Chitons 
Isiml  gleichfalls  sauber  eingeritzt-  Gelb  sind  die  Tupfen  des 
^Chitons, rot  ausser  dem  Cbiton  die  Sandalen,  Armbänder, Obr- 


■  Eiim  a)H  mil  iler  berliimr  slilialisch  ütiereiiislirniiieiid  gesuliilderte  iSubale 
I  einer  Mänaile  in  gutüpfcIlL-iii  Gewainlt;  aur  der  eiiieji  Seile  war  tS93  im 
Ulieiiischon  Kuntthaiidcl  und  kam  naoli  England. 

ein  zweites  Halsband  mit  einer  tutla.  wie  es  auT  da|ihnüi^elien  Va- 

MD  häutig  «üciiomnil.  isl  nicht   xu  denken,  da  die  Ausbiegung  stets  jaueb 

UirderPhiiieussehalePig.2.3l  uaeboben  uireii  isl.  Aucb  wüie  Jasmelallcnc 

VAnhäng^el  wnl  rot  gemalt  worden,  wie  die  Armbänder.  Für  das  obere  eng- 

Kwliegende  fadenarlige  Halsband    vgl.  Alben.  Mitth    XXIIl.  IR!t8,    Taf.   6 

tnd  Antike  Denkmäler  II  Tat.  31. 


5^  i.   BOBrtLAÜ 

scheibchen  und  der  Haarreif,  aber  auch  der  Augapfel  und  die 
Lippen  sind  rot  angegeben — und  auf  der  Backe  sitzt  ein  unver- 
kennbares rotes  Schönheitspflästerchen.  Mir  ist  eine  derartige 
Angabe  der  Lokalfarben  wie  hier  an  der  Lippe  aus  der  Vasen- 
malerei nicht  bekannt.  Es  ist  einleuchtend,  dass  sie  bei  den 
kleinen  Figuren  der  Gefässe  wirkungslos  ist  und  nur  stört, 
da  sie  die  Linien  des  Mundes  verdeckt.  Deshalb  vermeidet  sie 
selbst  ein  sonst  so  ins  Einzelne  gehender  Maler  wie  der  des  klazo- 
menischen  Sarkophages  Denkmäler  II  Taf.  26.  Es  ist  eine 
Übertragung  aus  der  grossen  Malerei ;  von  dort  hat  sie  unser 
Maler  entlehnt/.  Der  Kopf  auf  der  Würzburger  Schale  Nr.  5 
Fig.  13  zeigt  dieselbe  Eigentümlichkeit.  Das  Schönheits- 
pflästerchen ist  in  der  archaiscfien  Kosmetik  bisher  noch  nicht 

nachgewiesen  worden ,   ist  aber   kaum    eine    überraschende 

•      ■  '      ... 

Neuheit  für  uns.  Wenn  irgend  wo,  so  ist  es  im  jonischen  Osten 
an  seinem  Platze,  für  dessen  aSpoauvrj  es  ein  charakteristischer 
Zug  ist. 

*3.  Schale  in  Florenz,  Museo  Etrusco  Schrank  XI.  Von 
Löschcke  bei  Bulle, Silene^S.  8,  Anm.  1  nachgewiesen.  Mir  liegt 
eine  von  Zahn  freundlichst  zur  Verfügung  gestellte  Skizze  vor. 
Im  Inneren  nur  ihonfarbiger  Kreis.  Aussen  zwischen  Palmet- 
ten  und  Tierohren  je  ein  geduckt  hüpfender  Silen. 

Die  Ohren  sind  abweichend  von  dem  sonstigen  Brauche  nach 
aussen  gewandt  und  gefleckt.  Bei  den  Palmetten  setzt  derBo- 
gen  mit  dem  Fächer  nicht  auf  die  Ranken,  sondern  auf  ein 
breites  wulstiges  rotes  Zwischenglied  auf. 

*  4.  Fragment  einer  Schale  im  Akademischen  Kunstmuseum 
zu  Bonn.  Fig.  12  nach  einer  Zeichnung  Lübkes  im  Masslabe 
von  5:6  abgebildet.  Löschcke  bin  ich  durch  die  liberale  Über- 
sendung der  Scherbe  zu  besonderem  Danke  verpflichtet. 


*  Cäretaner  Gemälde  Arch.  Zeitung  XXX,  1871, Taf.  68;  cornetaner  Grab- 
gemälde  aus  der  tomba  del  citaredo:  Annali  1863  Taf.  M,  1.  Ob  das  Rot  auf 
den  Backen  der  Frauen  auf  diesem  Gemälde  die  Carnation  andeuten  soll, 
oder  etwa  auch  als  Schönheitspflästerchen  aufzufassen  ist,  lässt  sich  nach 
dem  einen  Kopfe  nicht  entscheiden. 


DJE   JONISÜHEN   AüllENSCHALEN  53 

Der  Süen  ist  der  rechte  Briitler  des  von  der  berliner  Schale, 
mit  dem  er  die  Stellung,  Körperbildunj»  und  Physiognomie 
gemein  hat.  Auch  Einzelheiten  wie  die  Haar- Bnden  .  die 
hinter  dem  rtiicken  zum  Vorschein  kommen,  das  Ansetzen 
dcrScliwanzhaure  an  die  Wurzel  un^l  die  Zeichnung  der  linist- 
wnrzen  stimmen  uhercin. 

Würzburger  Schale  aus  Vulci;   Urliclis  Nr.  .'i'iO.  Höhe 


9™,  Durchmesser  38'".    Innen   kleiner  ihonfarbiger   Kreis  in 

I  der  Mitte.    Die  eine   Aussenseile  Fig,  13.  der  Kopf  nach  ei- 

'  ner  Pause  Hulles  Fig.    \'d^  in  grösserem  Masstabe  wiederholt. 

'  Auf  der  anderen  Seile  steht  zwischen  den  Augen   eine  Nase 

mit  einer  Lotosblume  gekrönt. 

Der  Kopf  ist  ausserordentlich   zierlich  in  der  Ausfuhrung. 

Der  Helm  in  der  Form  einer  dem  Oberkopfe  eng  anliegenden 

Kappe  mitliohein  Röhrenbusch,  oline  Schirm,    an  Stelle  des 

9ilo!  mit  einer  Bliite   über  der  Stirn  geschmückt,  ist  aus  der 

'  jonisch  beeioßusslen   archaischen  atliscben  Vasenmalerei  be- 


kannt'.  Das  Schönlieilspflästerchen  wurde  S.  52  erwähnt.  Be- 
sonders wichtig  sind  für  uns  die  beiden  oberen  Enden  grosser 
Sehullerflügel,  die  rechts  und  links  vom  Kopfe  uhei-   dem 


Fig.  13 


Rande  des  Bildfeldes  sichtbar  werden.  Die  Deutung  des  Kopfes 

auf  Alhena  wird  dadurch  sichergestellt',  und  wir  gewinnen 

damit  einen  weiteren  Ueleg  für  den  Ty- 

)L  pus  der  geflügelten  Athena,    den  Savi- 

ij^mXik  gnoni  auf  einem  bellgrundigen  schwarz- 

/^^BMilf  ligurigen    Napfe  nachgewiesen   hat,    der 

\.^_/^t^^^^        in  enger  Beziehung  zu  unseren  Augen- 

schalen  steht  ^. 

'6.  Münchener  Schale  aus  Vulci;  Jahn 
Nr.  1316.  Höhe  6.1"",  Durchmesser  16  6".  Abbildung  der 
Seite  mit  dem  Blatte  bei  Ijüu  Taf.  17,4.  Der  Pusswulst  ist 
schwarz.  Innen  kleiner  thonfarbiger  Kreis. 

Die  eine  Seite  ist  fast  Zug  um  Zug  eine  Wiederholung  der 
llauptseite  der  Würzburger  Schale  Nr.  5 ;  sie  zeigt  zwischen 
Palmetlen.Tierohren  und  Augen  den  behelmten  Kopf  einer  ge- 
flügelten 4thena.  Die  Rückseite  mit  dem  Blatte  giebt  Fig.  14 
wieder.  Im  Ausschnitte  isl  ein  Durchschnitt  durch   den  Puss 


■  TliierscIi.TyrrheniNche  Ainpliurcii  S.  127;  'Bf^iiKi-U  >p/,.  1886  Taf   8,  3. 
'  Bine  Athenabüsie  iiiil  Helin.ÄgJK  und  gezücktem  Speer  kommt  auf  der 
attiAcheii  AiigiMisciialu  Müiicliuii  1008  Jahn  voc. 
ä  Rom.  Millli.  XII,  1897,  Taf.  13;  »gl.  u^lcn  fi.  7'J  Anm.  I. 


lENBCHALEN 


gezeichnet.  Das  Blatt  ist  entweder  ein  Feigpnliliiltoder  ein  Wein- 
Matt;  Botaniker  pflegen  in  der  Bestimmung  nictu  zu  schwan- 
ken und  erklären  sich  einstimmig  lur  die  Deutung  auf  ein  Fei- 
gi^nhlutt  Die  genau  liliereinstimmenden  Hlütter  auf  den 
Dtaulimen   von  Idyma   in  Karien  werden   auch  allgemein   als 


Feigenblätter  aufgefasst'.  Aber  die  Stilisirung  der  VVeinblätter 
an  der  Rebe  über  der  Quelle  auf  der  Phineusschale  ist  trotz 
Abweichung  in  der  Zahl  der  Einschnitte  sehr  ähnlich  in  der 
rundlichen  Lappung  des  ßlaltes.  Es  bleibt  also  die  Möglich 
keit  otTen,  dass  ein  VVeinblatt  gemeint  ist, 

7.  Müncliener  Schale  aus  Vulci;  Jalm  Nr.  .)5;i  Höhe  9,5"". 
Durchmesser  ?7,rj'".  Die  Henkel  setzen  tief  an  und  sind  bis 
zum  Ansätze  scliwarz.  Innen  ein  bärtiges  Gorgoneion.  Die 
eine  Seile  giebt  Fig.  15;  die  andei'e  ist  dieser  gleich  Paralle- 
len zu  der  Art.  wie  hier  die  Augen  auf  die  Flügel  gesetzt  sind 
und  deren  äussere  Umrisse  itecken,  bieten  eine  Hydria  des  Bri- 
tish Museum  B,3'i''2  und  eine  Amphora  bei  Micali,  Sloria  Taf. 
85.4,  auf  denen  durch  Ansetzen  von  Köpfen.  Vogelschwänzen 
und  Beinen  die  Augen  in  Sirenen  verwantlelt  sind. 


•  Inilinof  Btiiirier  und  Ivrlkr.  TIiIt-  I  fllaiiz^iiliil'ler  »nf  Münzen  und 

Gammen,  1889,  Tar.9,  Vi.  \\.  Iiiilioiir-Ulumer  (veUl  r<^igeL]l>lätler  nucli  auf 
Münien  tun  Khoiüos  nach- 


'8.  Münchener  Schale  aus  Vulci ;  Jahn  Nr.  7)1.    Höhe 
10,  l"°,  Durcliinpsser  'i?6.Ö™.  l>ie  Henkel  sind  bis  zum  Ansalze 


schwara.  Innen  ihonfarbiger  Kreis.  KineGesanilunsicIit  gicbl 
Fig.  16;  die  andere  Seite  ist  gleicli  dekorirl. 


^^^                                     DIE    lONiSCHEN    AUr,KNSCH*LEN                                                   57 

9.  Schale  in  der  Vtlla  di  Papa  Ginlio  zu  Rom  von  der  Form 
der  Phiiieusschale,  Hie  Wollers  1895  ootirle,  ohne  sie  unter- 
suchen  zu  können.  Auf  der  AuFsenseJte   bellnden  sieh  Augen 
mil  einer  rudimentiir  gezeichneten  Nase  und  Lolosknospe,  zu 
heiden  Seilen  stall  der  Oliren  Flügel,    die  aus  dem   uiileren 
Rande  des  llildleldes  hervorwuehsen.  Von  den  Henkeln  gelien 
Palmellen  aus    Wollers  hemerkl.  d:iss  die  Zeichnung  keinen 
BicherenSchluss  auf  die  lleikimlt  iuis  einer  jonischen  Werk- 
elatl  zulasse;    die  scliwiirze    Fürluing    der  (lornhaut    spricht 
sogar  dagegen  ' . 

10,  Münchener  Scliale.  in  Scherben,  die  aber  eine  sichere 
Ergänzung  erlauben,  von  Arndt  in  dem  Keller  der  Glyplolliek 
:.rahrl.ueh   1895  S,   151)  gelnuden.   Abgebildet   Fi-     17.  Die 

Henkel  sind  Itis   zum   \nsalze  scInvar'K  und  selzen  lief  iin.  Die 
beiden  Seiten   sind_'gleielt  dokorirt.   Der  'l'lion  isl  der  i^leiclie, 

1 

1 

'  Ausser  dieser  glebt  es  noch  eine,  wol  echt  ionische  Augenschalc  dersel- 
ben Form  in  der  Samailung,  die  sich  Zahn  notirt   liatte :  weisse  Augen, 
Nase  und  nieosclilicbe  Ohren  (Schrank  XI,  H  Nr.  774). 

tnürbp.  den  EinflüRsen  dps  Bodens  jjegenülwr  wenig  wider- 
sLunilKliihige  wie  bei  der  Phmeusschalp,  doch  \&l  er  heller. 
Die  Ausschmückung  des  Fusses  tnil  der  jonischen  Epheuguir- 
lande  isl  sit'giilür.  Eine  Neuerung,  die  ausgedeh liiere  \'er- 
wetidutig  geluriden  hat,  isl  der  Slrahlenkorli.  Vgl.  zu  Nr.  1 1 
It.  Münchener  Schale  aus  Vulci ;  Jalin  Nr.  1057.  Abge- 
bildet bei  Micali,  Moniim.  ined.  Tal.  h^^A  und  hier  Fig   18 


Höhe  1 1°"  Durchmesser  30,3'".  Henkel  und  Fubs  schwarz  ge- 
iirnisst.  Die  Henkel  setzen  tief  an.  Im  Inneren  ein  bärtiges 
Gnrgoneion.  Die  niclil  abgebildete  Seite  zeigt  efoenlalls  eine 
Dionysosmaske.   Die  Hornhaut  der  vVugen    isl  ttionrarbig. 

Bei  gleicher  Form  mit  Nr.  1-9  zeigt  diese  Schale  ein  ande- 
res Dekorationssystein.das  erheblicher  wie  das  der  Nr,  lü  von 
dein  dei' obengenannten  abweicht.  Der  schwarze  Firiiiss-Slreif 
verschwindet  vollständig,  vom  Fussansatze  wachsen  helle  und 
dunkle  Straiden  auf,  und  zwisclien  dem  Strahlenfeld  und  dem 
Bildfeld  bleibt  nur  ein  schmaler  heller  Streifen.  Gleichsam 
zum  Ersatz  sind  nicht  nur  die  Henkel,  wie  öfters,  sondern  ist 
aueti  der  sonst  stets  hell  gelassene  Fuss  geOrqisst.   Die  Obrer» 


UJE   JOMSI.HEN   AUGENSCHALEN  M 

sind  forlgeblieben,  dafür  sind  die  Augen  vergpösaerl.  Ausser- 
dem isl  der  Raum  unter  den  Henkeln,  welchen  von  den  uns 
Ijekannten  Schalen  nur  die  PliineuBschale  rnil  einem  leicht 
hingeworfenen  Motiv  bedachte  (Eule  und  Rosette),  mit  einem 
in  der  bekannten  Weise  sich  veiilec blenden  Weinslocke  ge- 
füllt, dessen  Heben  sowol  in  das  Feld  unter  dem  Henkel,  wie 
in  das  Bildfeld  hineinwachsen  und  hier  den  Umriss  des  Au- 
ges bis  zur  Thränendrüse  begleiten,  wo  sonst  die  Spirallinie 
von  der  Nase  zum  Ohre  liiuft.  Über  das  VerhäUniss  dieser  De- 
koration zu  der  Dekoration  der  vorher  angeführten  Schalen 
s.  weiter  unten. 

II.   Schalen  anderer  Form. 


Der  Korper  bleibt  stets  randlos.  Nur  die  l'orm  des  Fusses 
ist  eine  andere,  als  bei  den  unter  I  aufgezählten  Schalen, 

"  12.  Münchener  Schale  ausVulci;  Jahn  Nr.  1239.  Höhe  8-, 
Durchmesser  19. .V".  Abbildung  bei  Lau  Tal.  17,5. 

Der  Fuss  der  Schale  isl  eclnnusförmig.  Die  Henkel  sitzen 
hoch.  Puss  und  Henkel  sind  schwarz  geßrnisst.  Der  Schalen- 
körper  ist  wie  auf  Nr.  1  ff.  eingeteilt.  Innen  ein  rundes  thon- 
farbiges  Feld  ,  aussen  beiderseits  zwischen  Palmetten  und 
Ohren  Augen  und  Nase  mit  einer  Lotosblume  gekrönt. 

*I3.  MünchenerSchale;  JahnNr.  428.  Höhe  6,7",  Durch- 
messer 15,8"". 

Die  Schale  hat  einen  hohen  stieltörmigen  Fuss,  der  schwarz 
geGrnisst  ist.  Die  Henkel  setzen  hoch  oben  an,  und  sind  bis 
auf  eine  kurze  Strecke  am  Ansätze  schwarz  gefirnissl.  Die 
Einteilung  des  Schalenkörpers  ist  wie  bei  Nr.  I  ff.  Innen  ein 
thonfarbiges  liund,  aussen  beiderseits  Nase  mit  aufgesetzter 
Blüte  zwischen  Augen,  Tierohren  und  PalmeLlen. 

\'i.  MünchenerSchale  aus  Vulci ;  Jahn  Nr.  61)0.  Abgebil- 
det bei  Micali,  Mnnuni.  iiied.  Taf.  43.5.  Fig.  19-20  geben 
die  Gesamtansicht  und  die  aufgerollte  andere  Seite,  die  Vi- 
gnette S.  40  das  Gorgoneion  des  hinenbildes. 

Wie  auf  Nr.  II  so  sind  auch  hier  die  Ohren  durch  die  über- 


gross  gebildeten  Augpn  venlrännl    Die  Fiopnliaiit  ist  thonnrun- 
tlipr.  Unter  t!en  Hprikeln   strlini  PulineUen  sehr  lockerer  For- 


s5N|||^^HH 

^HP^^WJi 

^/^^^^^^^H 

^^ 

sßkJ 

mengebiiiig;    Weiiireljen    wachsen    uiiorganisch    ins   Bildfeld 
hinein. 


bIK  IONISCHEM  AUIENSCHALKN  C.i 

Mit  dem  Kriegerkopfe  der  Rückseite,  dessen  Unbehnlfen- 
heil  zu  der  flotten  Zeiclinuns;  namenllicli  des  Plioboskopfes  der 
Vonlerseile  nicht  stimmt,  musa  es  seine  hesonileie  Bewandt 
niss  haben.  Vielleicht  ist  er  von  SchUlerliand  nach  einer 
Frauenbüste  wie  der  Nike  Fi<;.  tr»  kopirt  und  ungeschickt  in 

I  eine  Kriegerbüsle  iinigemodelt.  Wenigstens  passt   der  Heim 

I  schlecht  zum  Motiv  des  Blumenhaltens  und  zum  Annband 
und  sitzt  schlecht  auf  dem  Kopf,  und  auch  der  Bart  wächst 
nicht  recht  organisch  aus  dem  Gesicht  lieraus. 

15.  Berliner  Schale;  Kiirtwängler  Nr.  ?[)56.  Höhe  7,5". 
Durchmesser  17. S'".  Abgeb.  bei  Gerhard.  Akademische    Ab- 

'  handlungen  Taf.  67.  4.  5  und  hier  Fig.  21 .  22  sowie  in  der 

I  Vignette  am  Schiiiss  dos  Aufsalzfs 


Fig.  -21 


Der  Rückgang  des  dekorativen  Gefühls  macht  sich  in  der 
nüchternen  Ode  des  Gesamteindrucks  und  in  dem  Missverliült- 
niss  zwischen  den  Teilen  der  Dekoration  zu  einander  und  die- 
ser zum  Ganzen  bemerkbar.  Dabei  ist  das  Gelass  durcbaus 
eorglältig  bemalt.  Palmetten,  Ohren  und  Banken  unter  den 
Augen  fehlen,  die  llurnhaul  der  Augen  ist  schwarz  gefirnisst. 

Zu  den  hinter  einander  gesetzten  Büsten  der  Vorderseite, 
für  die  wol  an  Dionysos  mit  Semele  oder  Ariadne  zu  denken 
sein  wird,  ist  die  reiche  Schale  Bull.  Napoletano  N.  S-  VI, 
1858.  Taf.  13  zu  vergleichen,  welche  durch  die  Inschriften 
als  attisch  gesichert  scheint. 

16.    Berliaer  Schale;  Purtwängler  Nr.  1803.  Höhe  11, 5~, 


Durchmesser  "JO, 5"".  I''ig.  'iJ3  und  "^^i.  Innen  itionfarbiges  Rund. 
Die  Abbiltiun"  Pig   ?'i  gielil  die  niclit  ergänzte  Seite,  auf  der 


nach  Purtnüiiglei's  Angabe  nur  derOhning  ilurch  einen  Scha- 
den Tveggefallen  zu  sein  scheint. 


DiePuhnelten  haben  eine  andere  Form  aU  die  gewöhnlichen, 


DIR   lUVISCHEN   AlifiENRrHAl.EN  üä 

Dhren  und  Augen  sinJ  weggefallen  So  erinnerL  die  Schale 
bn  Welke  der  Kleinmeisler.  von  denen  sie  sicli  aber  durch  die 

l'orm  und  dureli  die  Wiichtigkeil  und  Schwere  der  Ookora- 
Ktiou  deullicU   unterscheidet.    Sie   repräsentirt    das   lilnde    der 

Bntwickelung.  die  durch  das  Fortlassen  der  Ohren  und  der 
{Nase  eingeleitet  wird    Ähnlich  venlrängen  die  Uaratellungeii 

auT  Schalen  wie  Nr.  17  die  Augen:  vgl.  die  schöne  münchener 
ESchale  mit  den  schlangenleibigen  Nymphen  Philologus  LVII, 
11898.  S.  513. 

Wenn  die  Schale  attischer  Fabrik  sein  sollte,  woran  ich 
■  iweille,  so  ist  sie  doch  eine  Kopie  nach  einem  jonischen  Vor- 
^  bilde,   denn    die   Palmetlen    in  den  Händen   der  Frauen  sind 

unattisch    Vgl.  weiter  unten 'S,  87. 

17.    Berliner  Schale,  Furtwängler  Nr.  205'i.    Höhe  11,5"". 

Durchmesser  30, .'s™.   Fig.  ^-'j  und  '36. 


Ich  bilde  das  sicher  attische  Stück  hier  ab.  einmal  um  den 
[  geläufigen  Typus  der  attischen  Augenschale  zu  zeigen, für  den 
I  jonische  Vorbilder  uns  fehlen  ,  andererseits  wegen  des  Or- 
I  oaments  des  Inneren  ,  das  unattisch  ist  Vgl.  weiter  unten 
;■  S.  88. 

Ein  Fragment  möge  am  Schlüsse  unserer  Zusammenstellung 

vegen  seines  Fundortes,  der  athenischen  Akropolis,   ei'wühnt 

'  werden,  mit  Resten  des  Auges,  des  Ohres  und  der  verbinden- 

,  den  Ranken.  Oh  es  Jonischer  oder  attischer  Fabrik  ist,  lüsst 

sich  bei   der  Geringfügigkeil  des  Erhaltenen   nicht   bestimmt 

,  sagen,  docli  scheint  mir  der  Umstand,  dass  das  Bildfeld  weiss 

grundirl  ist,  ferner  eine  gewisse  Laxheit  der  Zeichnung   eher 


für  späteren  attischen  Ursprung  zu  sprechen.  Durch  die  weisse 
Grundirung  hildet  es  ein  weiteres  lland  zwischen  den  Augen- 
schalen  und  den  S.  79  Anm.  1  erwähnten  Gelassen. 

Zu  der  im  Vorstehenden  gegehenen  Auswahl '  habe  ich  Fol- 
gendes zu  bemerken.  Eine  Entscheidung,  ob  ein  jonisclies Ori- 
ginal oder  eine  altische  Kopie 
vorliegt,  lässtsicb  nicht  immer 
trefTen.  Sie  hängt  im  letzten 
Grunde  ausschliesslich  von  der 
Beurteilung  des  Materials,  des 
Tbons  und  des  Firnisses ,  ab, 
und  diese  ist  wiederum  Sache 
der  Erfahrung,  bleibt  also  sub- 
jektiv. Technischen  und  stili- 
stischen Beobachtungen  darf 
aber  so  lange  kein  ausschlagge- 
bender Wert  zugemessen  wer- 
den,als  wir  die  Geschichte  der  Fabrik  der  Augenschalen  nicht 
kennen. und  in  Folge  dessen  die  Grenzen  nicht  abzuschätzen  im 
Stande  sind,  innerhalb  deren  Zeit  und  Person liclikeit  der  Ma- 
ler dilTerenzirend  gewirkt  haben  können^. 

Wir  müssen  uns  unter  diesen  Umständen  da,  wo  auf  unsere 
Frage  nur  dieOrigiaale  antworten  können,  auf  diejenigen  Stü- 
cke beschränken,  deren  jonischer  Ursprung  durch  ihre  Über- 
einstimmung   miteinander  und   mit  der  inschriftlich   als  jo- 


Kig.  26 


<  Scherben  von  zwei  Augensuhaleii  jonisclier  Fabrik  berinilen  sich  auch 
in  der  Sammlung  in  Heidelberg,  worauf  mich  It.  Zahn  freundlichst  hinweist. 

*  Gewiss  sind  die  oben  aurgeführlen  technischen  Besunderheilen,  wie  die 
Bildung  des  Fusses  auf  Nr.  1 1I.,  der  hohe  Henkelansati,  das  ungelirnissle 
Slück  am  Henkelansatz  wichtige  Merkmale.  Aber  einerseits  finden  sich 
Abweichungen  auf  sicher  junischen  B\emplaren  (ich  erinnere  an  den  Fuss 
von  Nr.  I2und  13)  und  andrerseits  ahmen  attische  Töpfer  diese  Besonder- 
heilen nach  (vgl.  den  Fuss  von  Fig.  18;  hochsilzende  Henkel  an  der  sicher 
attischen  späten  Schale  Jahn  Nr  1308).  Selbst,  dass  die  Hornhaut^auf  Fig. 
18  und  19  Ihongrundig  gelassen  ist,  scheint  mir  kein  Beweis  gegen  jonischen 
Ursprung,  da  der  Schritt  von  der  wei«si)berzogenen  thongrundigen  Horn- 
haut zur  ihonfarbigen  nahe  liegt.  Erst  wenn  sie  schwarz  gelirnisst  wird,  ist 
wol  der  attische  Ursprung  sicher. 


DIB  JONISCHBN   AUGENSGHALEN  65 

iiisch  beglaubigten  Phineusschale  zweifellos  gemaebl  wird. 
Das  sind  1-6  und  8  \on  der  ersten,  12  und  13  von  der  zwei- 
ten Gruppe;  9  konnte  nicht  untersucht  werden,  10  ist  zu  zer- 
stört, um  ein  Urteil  zu  ermöglichen. 

Dass  man  an  dem  jonischen  Ursprung  der  Sehale  Nr.  7  mit 
dem  Nikekopfe  und  der  stilverwandten  Nr.  l\  mit  dem  Krie- 
gerkopfe  zweifeln  wird  ,  erwarte  ich,  obwol  ich  beide  nach 
wiederholter  Prüfung  für  jonisch  halte. 

Nr.  11  mit  der  Dionysosmaske  ist  attisch,  denn  sie  ist  aus 
derselben  Hand  hervorgegangen  wie  die  Amphora  in  Berlin , 
FurtwUngler  Nr.  3997,  die  sich  aus  der  attischen  Reihe  nicht 
herausnehmen  lässt.  Ebenso  ist  Nr.  17  sicher  attisch,  da  sie 
sich  durch  nichts  von  der  Masse  der  sicher  attischen  Augen- 
schalen unterscheidet,  und  Nr  15  gebe  ich  als  wahrscheinlich, 
Nr.  16  als  möglicherweise  attisch  Preis. 

Die  zweifelhaften  und  die  sicher  attischen  Stücke  habe  ich 
aufgenommen,  damit  sie  uns  die  Dienste  thun,  welche  Kopien 
verlorener  Originale  thun  können;  sie  sollen  unsere  Vorstellung 
von  den  Motiven  und  der  Syntax  der  Dekoration  innerhalb 
der  Fabrik  der  Augenschalen  erweitern.  Interpolationen  brau- 
chen wir  nicht  zu  fürchten.  Es  ist  gegen  die  Gewohnheit  der 
archaischen  altischen  Keramik  ohne  bestimmten  Zweck  an  dem 
überlieferten  Typus  zu  ändern,  und  die  Thatsache,  dass  die 
Augenschalendekoration  auf  die  randlosen  Schalen  beschränkt 
ist,  dass  aber  diese  sie  ausschliesslich  verwenden,  erhöht  für 
unseren  Fall  die  Sicherheit.  Vielfach  bestätigt  auch  die  Ana- 
lyse der  Dekoration  diese  Voraussetzung. 

Die  Schalenform. 

Im  7.  Jahrhundert  ist  in  Attika  die  Schale  noch  nicht  hei- 
misch. Man  trinkt  aus  dem  Skyphos,der  in  der  letzten  früh- 
altischen  und  in  der  Keramik,  welche  wir  nach  Vurva  be- 
nennen, vorkommt,  und  aus  einem  primitiven  Kantharos,  der 
sich  aus  geometrischen  Vorstufen   herleiten    lässt  V    Daneben 


<  Alhen.  MiUh.  XV,  1890,  Taf.  10. 

ATHEN.  MITTHBILUNOEN   XXV. 


.'*. 


66  J.   BOEHLAU 

sind  die  niedrige  ^liXr)  syrischen  Ursprungs  und  das  Hörn 
in  Gebrauch.  In  Korinth  dient  als  Trinkgeschirr  gleichfalls 
der  Skyphos,  der  inn  Mutterlande  zuerst  inn  peloponnesi- 
schen  Kreise,  unmittelbar  nach  denn  Rnde  der  mykenischen 
Periode  auftritt,  aber  ohne  dass  Vorstufen  für  ihn  nach- 
zuweisen wären.  Neben  denn  Skyphos  und  der  ^laXr,  be- 
nutzt man  einen  Napf  tiefen,  gewölbten  Körpers,  mit  ab- 
setzender, steiler  Lippe,  zwei  wagrechten  Henkeln  und  ei- 
nem niedrigen,  teils  echinusförmigen  teils  konischen  Fusse: 
die  sog.  korinthische  Schale.  Sie  ist  ein  wurzelecht  festländi- 
sches Gewächs,  ihr  unmittelbarer  Vorläufer  ist  der  protoko- 
rinthische  Napf  fast  identischer  Gestalt,  der  wieder  im  For- 
menschatze der  Dipylonkeramik  so  nahe  Verwandte  hat,  dass 
an  gemeinsamer  Abhängigkeit  von  einem  Vorbilde  nicht  zu 
zweifeln  ist.  Dass  chalkidische  oder  eretrische  Kunst  andere 
Trinkgefässe  gestaltet  haben  soll,  wie  das  Festland,  ist  nicht 
wahrscheinlich,  auch  deshalb  nicht,  weil  wir  von  diesen  dann 
Spuren  in  der  attischen  oder  böotischen  Töpferei  haben  würden. 
Lange  haben  auch  die  kleinasiatischen  Griechen  keine  andere 
Schalenform  besessen  als  eben  diesen  korinthischen  Napf. 
Sie  kehrt  in  einer  der  ältesten  Vasengattungen  dort  wieder, 
deren  Eigentümlichkeit  die  polychrome  Malerei  auf  schwarzem 
Grunde  ist*.  Als  der  Bucchero  seine  Formen  aus  Kleinasien 
ableitet,  ist  dort  eine  andere  Schalenform  noch  unbekannt, 
denn  er  verwendet  nur  die  napfartige  korinthische.  Und  wäh- 
red  diese  im  Mutterlande  inzwischen  längst  durch  die  neuen 
Bildungen  abgelöst  ist,  spielt  sie  in  deren  Heimat,  in  Jonien 
noch  eine  Rolle:  noch  um  520  ist  sie  auf  Samos  neben  den 
anderen  nachzuweisen. 

Im  Anfange  des  6.  Jahrhunderts  kommen  zwei  Schalenfor 
men  nach  Attika^.  Neben  dem  alten  korinthischen  Napf  ver- 


*  Aus  ionischen  und  italischen  Nekropolcn  S.  89  fT. 

^  Es  lassen  sich  durch  Beohach Lungen  der  Schah'.ndurchschnitte  wichtige 
Aufschlüsse  für  eine  Geschichte  der  Schale  gewinnen.  Hier  soll  nur  so  viel 
gegeben  werden,  dass  das  Verhältniss  der  randlosen  Form  zu  den  übrigen 
und  ihre  Entstehung  hervortritt. 


DIB  JONISCHBN  AUGENSCHALEN  67 

wendet  sie  schon  Exekias:  die  randlose  Form  unserer  Augen- 
schale (Wiener  Vorlegeblätter  1888  Taf.  7,  1)  und  eine  an- 
dere hochfüssige  mit  absetzendem  Kande.  Diese  unterscheidet 
sich  aber  von  der  korinthischen  durch  das  Profil  des  Randes, 
der  bald  mehr,  bald  weniger  eingezogen  ist, und  durch  den  Um- 
stand, dass  —  in  den  ausgebildeten  Exemplaren  des  Typus  — 
die  Wandungen  des  Schalen körpers  sich  oberhalb  des  llen- 
kelansatzes  nicht  zusammenziehen,  sondern  hier  kurz  und 
scharr  absetzen.    Die  Durchschnitte  Fig.  27-29   (nach  Lau, 


Fig.  27  Fig.  28  Fig.  29 

Korinthische  Schale.  Attische  Schale.  Augenschale. 

Taf.  7,2.  16,2  und  17,  5)  veranschaulichen  den  Unterschied. 
Varianten  dieser  Form  sind  es,  wenn  der  Schalenkörper  ohne 
Absatz  in  den  Rand  übergeht,  und  sich  das  Profil  der  Schale 
somit  unzerschnitten  im  Rande  ausschwingt,  oder  wenn  der 
Rand,  die  Profilführung  des  Körpers  wiederholend,  nicht  ein- 
gezogen, sondern  ausgebogen  ist  wie  bei  der  korinthischen 
Schale. 

Das  gleichzeitige  Auftreten  der  beiden  neuen  Formen  macht 
es  wahrscheinlich,  dass  sie  aus  der  Fremde  eingeführt  sind, 
und  Zeit  und  Umgebung,  in  der  sie  auftreten,  lässt  nur  an 
Jonien  als  ihre  Heimat  denken.  Beide  gehören  sie  wol  zu  dem 
Gute,  das  die  Handwerker  aus  dem  jonischen  Osten  mitbrach- 
ten, weiche  das  durch  Solons  Gesetze  verheissene  Bürgerrecht 
zur  Ansiedelung  im  attischen  Kerameikos  bewogen  hatte. 

Gesonderte  Beobachtungen  an  beiden  scheinen  unseren 
Schluss  zu  bestätigen. 

Die  Schale  mit  dem  geschwungenen  Rande  tritt,  vielleicht 
etwas  früher  als  in  Attika,  schon  in  Korinth  auf,  aber  erst  im 


68  J.    BOEHLAÜ 

Bereich  der  rolthonigen  Keramik,  die  ihre  technischen  Neue- 
rungen und  mit  ihnen,  wie  gewöhnh'ch,  manche  Formen  vom 
Osten  enllelmt  hat.  Sie  ist  ferner  die  weitaus  heliebteste  Form 
der  zahlreichen  undekorirten  jonischen  Schalen,  wie  sie  sich 
massenhaft  in  der  samischen  Nekropole  fanden  und  von  Klein- 
asien aus  nach  Naukratis  und  nach  Italien  exportirt  wurden. 
Wir  fanden  sie  weiterhin  in  der  kleinen  jonischen  Gruppe  in 
Gebrauch,  die  ich  Nekropolen  S.  133  herühit  habe,  mit  der 
altertümlich  reichen  Dekoration  durch  gehäufte  niedrige  Or- 
namentstreifen. Nach  Jonien  gehören  die  gleichgebildeten 
münchener  Schalen  Jahn  Nr.  G70  und  1171,  die  sich  am  be 
sten  an  die  Gruppe  der  Northampton  -  Amphora  anschliessen 
dürften.  Endlich  sind  die  Metallschalen.die  auf  den  ausschliess- 
lich jonisch  beeinflussten  älteren  Grabfresken  in  Cornelo  be- 
nutzt werden,  von  derselben  Form*. 

Der  Schritt  von  der  allkorinthischen  Schale  zu  der  jünge- 
ren jonischen  Randschale  ist  kein  grosser,  und  der  bindende 
Beweis,  dass  er  nicht  schon  im  Mutterlande  in  korinlhischcn 
Kreisen  geschehen  sei,  lässt  sich  nicht  erbringen.  Für  die 
randlose  Schale  machen  aber  die  erhaltenen  und  oben  aufge- 
zählten jonischen  Vorbilder  den  jonischen  Ursprung  gewiss. 
Denn  die  jonischen  Schalen  als  von  attischen  V^orbildern  beein- 
flusst  aufzufassen,  verbietet  sich  schon  durch  das  Verhältniss 
der  Formen.  Die  der  jonischen  ist  altertümlicher,  wie  die  hoch- 
sitzenden Henkel  beweisen,  und  in  der  Gestallung  des  Fusses 
individuell.  Den  ihr  ganz  fremden  Fuss  ahmt  die  altische  Ke- 
ramik gelegentlich  nach  (vgl.  Nr.  11),  durchgehends  aber  er- 
setzt sie  ihn  durch  die  ihr  geläufigen  Formen,  und  den  höchst 


*  Übcreinslimmeiid  scliildeni  die  Bilder  uns  die  Sclialeii  als  weit  ausla- 
dend mit  energisch  cinliiegeiideni  Hände,  hohem  Fusse  und  zwei  Ileiikeln, 
deren  Schwung  wir  an  unseren  Thonschalen  wo!  nur  deshalh  nicht  wieder- 
gegeben linden,  weil  er  ihrer  Technik  zu  grosse  Schwierigkeiten  bot.  Der 
Grabherr  in  der  zu  den  ältesten  Gräbern  gehörenden  lumba  della  leonessa 
hall  eine  solche  Mclallschale  ,  die  den  Vorbildern  der  altischen  Klein- 
meister  einzureihen  ist:  zwischen  den  llenkelpalmetten  sind  zwei  auf  ein- 
ander zu  fliegende  Vögel  zwischen  Löwen  dargestellt. 


DIB   JONISCHEN   AUGENSCHALEN  69 

bezeichnenden  alterlünnlichen  Zug  der  hochsilzenden  Henkel 
finden  wir  schon  an  den  älleslen  allischen  Exemplaren,  wie 
z.  B.  der  Schale  des  Exekias  (Wiener  Vorlegeblälter  1888  Taf. 
7,1 )  nicht  mehr. 

Dass  die  Henkel  an  unseren  Schalen  unmillelbar  unter  dem 
Kand  ansetzen  und  diesen  beträchtlich  überragen,  ist  gegen 
den  sonstigen.  ofTenbar  auf  statischen  und  ästhetischen  Erwä- 
gungen begründeten  Brauch  der  antiken  Keramik.  Bei  deren 
anerkannt  konservativem  Charakter  ist  es  notwendig,  für  diese 
Abweichung  eine  Erklärung  zu  suchen  Sie  liegt  in  der  Ent- 
stehung dieser  Schalenform.  Die  Henkel  sind  nämlich  bei  den 
Augenschalen  genau  an  der  Stelle  des  Körpers  angebracht,  an 
der  sie  sich  auch  bei  den  übrigen  Schalen  zu  beßnden  pfle- 
gen, an  der  Stelle  der  weitesten  Ausladung  des  Schalenkörpers, 
nur  dass  den  Augenschalen  eben  der  Rand  fehlt,  der  sich  bei 
jenen  dann  oberhalb  dieser  Stelle  entwickelt.  So  hat  es  den 
Anschein,  als  ob  die  Form  der  Augenschale  durch  Unter- 
drückung des  Randes  aus  der  älteren  Form  entstanden  sei. 
Mit  dieser  hängt  sie  auch  durch  die  Henkelpalmetlen  zusam- 
men, welche  für  die  Randschalen  charakteristisch  sind,  und  in 
deren  Dekoration  hineinpassen, während  sie  zu  der  Ausstattung 
mit  Augen,  Ohren  und  Nase  schlecht  stimmen  und  neben  die- 
ser sich  wie  ein  mitgeschlepptes  Ornament  ausnehmen. 

Wer  die  grosse  Rolle  bedenkt,  welche  in  der  Geschichte  der 
Gefässformen  das  Hinzufügen  und  Abnehmen  acccssorischer, 
für  die  Bestimmung  des  Gelasses  nicht  wesentlicher  Bestand- 
teile spielt,  wird  diese  Erklärung  nicht  von  der  Hand  weisen. 
Dass  man  nach  der  Veränderung  der  Form  die  Henkel  nicht 
sofort  hinabrückte,  ist  zum  Teil  auf  Rechnung  des  Beharrens 
beim  alten  F3rauche  zu  setzen,  zum  Teil  mag  es  seinen  Grund 
darin  haben,  dass  man  die  dadurch  bedingte  Störung  der  De- 
koration vermeiden  wollte,  welche  neue,  erst  später  gelöste  Pro- 
bleme stellte. 

Selbstverständlich  ist  die  randlose  Form  nicht  zufällig  in 
Folge  willkürlichen  Experimentirens  aus  der  älteren  entstan- 
den. Vielmehr  muss  der   Einfluss  einer  anderen   Form    im 


70  J.    BOEHLAU 

Spiele  gewesen  sein,  die  zu  Versuchen  in  dieser  Richtung  an- 
regte, und  als  solche  bietet  sich  ungesucht  die  (fiiX-n  dar,  die 
flache  Trinkschale,  deren  Herkunft  uns  die  erhaltenen  phöni- 
kischen  Schalen  bezeugen  und  deren  Verbreitung  und  Be- 
liebtheit als  Trinkgeschirr  die  Vasenbilder  beweisen.  Die  Au- 
genschale ist  eine  Kreuzung  der  Randschale  und  der  tfxk'kr,, 
jene  hat  den  Aufbau  des  Körpers,  diese  die  freie  Endigung 
der  Wandung  dazu  gegeben.  Wieder  liefert  die  Dekoration 
einen  Beleg  für  den  Zusammenhang  der  Augenschale  mit  der 
fiieXY),  mit  der  sie  allein  von  allen  Schalen  die  concentrische 
Ausstattung  des  inneren  Schalenrundes  gemeinsam  hat  (vgl. 
unten  S.  75 ). 

Als  Vorstufe  zu  unseren  jonischen  randlosen  Augenschalen 
hätten  wir  also  Randschalen  mit  Augen  und  dem  übrigen 
Schmuck  an  Nase,  Ohren  u.s.w.  vorauszusetzen.  Damit  würde 
sich  eine  Anschauung  bestätigen,  die  mir  Wolters  von  An- 
fang an  nahe  zu  legen  suchte:  dass  die  randlose  Schale  nicht 
ursprünglich  die  Trägerin  der  Dekoration  gewesen  sein  könne, 
weil  ihre  Form  fast  am  wenigsten  von  allen  Gefässformen  den 
Verhältnissen  eines  menschlichen  Gesichts  entspreche.  Der 
Rand,  der  sich  wie  eine  Stirn  über  Augen  und  Nase  aufbaut, 
würde  dem  im  Wesentlichen  abhelfen  ;  die  tiefere  Wölbung 
der  Schale  in  älterer  Zeit  würde  das  Übrige  thun. 

Die  schöne  Form  der  Augenschalen,  die  uns  aus  dem  Werke 
der  grossen  Schalenmaler  so  geläufig  ist,  erscheint  vielleicht  zu 
einfach  und  zu  selbstverständlich,  als  dass  man  nach  ihrem 
Werden  fragen  dürfte.  Aber  eine  Umschau  unter  den  auf  uns 
gekommenen  Resten  älterer  griechischer  Keramik  belehrt  uns 
eines  Anderen.  Die  randlose  Schale  von  der  Gestalt  eines  Ku- 
gelsegments fehlt  unter  ihnen  vollständig. 

Wie  in  jeder  primitiven  Keramik  so  sind  auch  in  der  troi- 
schen,  k}'prischen ,  und  in  der  von  den  Kykladen  randlose 
halbkugelförmige  Trinkgeschirre  üblich  gewesen,  aber  sie  sind 
mit  ihren  Kulturen  verschwunden,  ohne  zu  neuen  Bildungen 
Anregung  zurückgelassen  zu  haben.  Dasselbe  gilt  von  der  be- 
kannten altböotischen  Schale,   D^nn  taucht  gegen  Gnc|e  4er 


DIE  J0NI8CMEN  AUGENSCHALEN  71 

geomelrisclien  Periode,  etwa  den  protokorinthischen  Gefässen 
mit  mythologischen  Darstellungen  und  den  trühal  tischen  gleich- 
zeitig, eine  Art  randloser  Schalen  auf,  heiderseits  verziert 
mit  einem  stehenden  Vogel  zwischen  Metopen  mit  Rhomben- 
füllung ^aber  &ie  ist  ausgesprochen  napfartig.mit  Wandungen, 
die  oberhalb  der  Henkel  nach  innen  umbiegen.  Zeitlich  nicht 
weit  von  dieser  geometrischen  Schüssel, der  Form  nach  eher  den 
böolischen  ähnlich,  stehen  die  grossen  randlosen,  halbkugel- 
fiirmigen  bowls  aus  Naukratis,die  sich  in  ihrer  Dekoration  als 
unmittelbare  Fortsetzung  altmilesischer  Keramik  zu  erkennen 
geben.  Ihnen  hat  K.  Gardner  wegen  ihrer  ähnlichen  Technik 
zwei  Gruppen  von  Trinkgefässen  angereiht,  die  er  mit  den 
grossen  Schüsseln  als  Eye -bo^d  type  zusammenfasst  (Nau- 
kratis  II  S.  il)^.  Sie  haben  aber  in  der  Form  weder  mit  die- 
sen noch  mit  unseren  Augenschalen  zu  thun.  Die  eine  Gruppe 
wird  durch  den  Doppelnapf  vertreten,  den  Rhoikos  im  Te- 
menos  der  Aphrodite  weihte  (Naukratis  II  Taf.  7,1).  Es  ist 
ein  Napf  wie  die  oben  erwähnten  geometrischen  Vogelschalen, 
mit  denen  er  auch  durch  die  ganz  geometrische  Einfassung  des 
Bildfeldes  zusammenhängt.  Auch  die  Häufung  der  Getässe  ist 
eine  im  Dipylonstile  nicht 
seltene  Spielerei  ^.  Die  andere 
Gruppe  ist,  wieFig  30  (nach 
Naukratis  I  Taf.  10,11  er- 
gänzt) zeigt,  den  Vogelscha- 
len wie  der  Rhoikos -Schale 
in  der  Form  verwandt.  Ihre  häufigste  Dekoration  ist  nach  Gard 


"^r 


«  Pallat,  Athen.  Mitth.  XXII,  1897,  S.  272. 

2  Vgl.  dazu  auch  Murray,  Sraith,  Walters,  Excavaiions  in  Cyprus  S.  MO. 

3  Die  Reste  über  der  oberen  Schale,  die  auf  dem  Lichtdrucke  Gardners 
sichtbar  werden,  rühren,  wie  aus  einer  von  A.  S.  Murray  mir  gütigst  mit- 
geteilten Skizze  hervorgeht,  wol  nicht  von  einem  Rande  sondern  von  einer 
dritten  Schale  her.  Auf  diesen  Resten  sind  nämlich  die  Enden  der  vertica- 
len  Einfassungsstriche  des  Bildfeldes,  wie  sie  auch  auf  den  unteren  Scha- 
len sich  finden,  siqhtbar. 


72  J.    BOEHLAU 

nep  a.a.O.  ein  Augenpaar,  r»//^/i  wit/i  a  conventional  arran" 
gement  of  spirals  between  them  to  reprcsent  a  nose.  Sie  sind 
uns  also  wertvolle  Zeugen  für  die  frühe  lieliebtheitder  Augen- 
dekoralion  im  Osten;  mit  der  Form  unserer  Augenschalen 
stehen  sie  in  keinem  Zusammenhange. 

Vor  dem  6.  Jahrhundert  fehlen  alle  Spuren  einer  randlosen 
Sehaleni'orm.    Was  wir  aber  aus  dem   6.   Jahrhundert   be- 
sitzen, von  den  jonischen  Augenschalen   und  ihren  attischen 
Nachahmungen  abgesehen,  ist  ganz  vereinzelt.  Mir  ist  nichts 
bekannt  geworden  ausser  der  Schale  des  Ergotimos  Wiener 
Vorlegeblätter  1888  Taf.  4,2,    mit  der  die  spätkorinthische 
Moniimenli  X  Taf.  52   in  der  Form  übereinstimmt,  und  den 
chalkidisch  beeinflussten  Museo  Gregoriano  II  Taf  72,1  (  = 
Taf.  68,1  Ausgabe  B)  und  Lau,  Taf.  18,1  (München,Jahn  Nr. 
335)  mit  den  Knopfhenkeln.  Es  ist,  als  ob  man  die  neue  Er- 
findung als  fremdes  Eigentum  respektirt   habe.  Das   gilt  be- 
sonders von  den  attischen  Werkstätten,  die  weder  die  Form 
noch  die   Dekoration  zu   eigenen  Versuchen   benutzen,    son- 
dern sie  fast  zwei  Generationen    hindurch    bewahren  ,    wie 
sie   überkommen   war.   Weder   haben   sie   auf  die   randlose 
Schale  andere  Dekorationen   verpflanzt,  noch   die  Dekoration 
der  Augenschalen  auf  die  mit  Rand  versehenen.  Für  letzteres 
erinnere  ich  mich  nur  einer  Ausnahme,  die  ich  1895  im  Nea- 
peler Museum  sah,   aber  die  Augen  sassen   auf  dieser  Schale 
zu  beiden  Seilen  der  Henkel  und  waren   seitwärts  gerichtet. 
Für  Übertragungen  einer  anderen  Dekoration  auf  die  Augen- 
schale aber  karm  ich   nur  wenige  Beispiele  anführen,  so  Mu- 
seo  Gregoriano  II  Taf.  08,2   (  =  Taf.  6i,2  Ausgabe  Ä)   ni- 
kosthenischer  Art  und   72,2  (=  68,2),   die   berliner  Schale 
oben   Nr.   16  und  die  nikoslhenischen  Wieniu*  Vorlegeblätter 
1889  Taf.  7,1.2    und  1890/91    Taf.  5,2.3.    Von   diesen   ist 
die  erste  möglicherweise  noch  selbst  jonisch,   und   die  übri- 
gen linden  eben  ihre  Erklärung  darin,  dass  sie  von  dem  un- 
bereclienbaren  und  stets  zum  Experimentiren  aufgelegten  Ni- 
kosthenes  herrühren.  Übrigens  zeigen  drei   von   ihnen  wenig- 


DIE  JONISCHEN   AUGENSCHALBN  73 

stens  in  der  Innendekoration   den  Zusammenhang   mil  den 
Augensehalen  (vgl.  unten  S.  74)*. 

Schliesslich  muss  noch  des  eigentümlichen  Pusses  der  Au- 
genschalen gedacht  werden,  wie  er  an  den  meisten  jonischen 
Exemplaren, aber  auch  an  einer  attischen  Nachahmung  (Nr.  1 1 , 
vgl.  Nr.  9)  auftritt.  Seine  Form  erklärt  sich,  wenn  man  an 
ringförmige  Untersätze  wie  die  gläsernen  jonischen  aus  Samos 
(Nekropolen  Taf.  15  16)  oder  die  höheren  thönernen  für  Am- 
phoren (Hartwig,  Meisterschalen  Taf.  7)  denkt.  Denn  aus 
einem  Untersatze  wird  wol  dieser  Fuss  sogut  wie  so  viele  an- 
dere herausgebildet  sein.  Auch  für  Mündungen  wird  eine 
ähnliche  Form  in  östlichen  Kreisen  gebraucht, so  an  einer  un- 
verzierten  archaischen  Amphora  aus  Rhodos  im  British  Mu- 
seum, an  der  kleinen  Kanne  in  Kassel,  Arch.  Anzeiger  1898 
S.  191  Fig.  9  und  an  einer  Gruppe  bauchiger  Lekythen  mit 
farbigen  Streifen  auf  schwarzem  Grunde  z.  B.  Berlin,  Furt- 
wängler  Nr.  1127.  1128;  andere  Exemplare  in  Würzburg, 
Wien  (aus  Skopelos)  u.s.w. 

Die    Dekoration. 

Am  vollständigsten  veranschaulicht  die  Phineusschale  den 
reichen  Schmuck,  welchen  die  jonischen  Künstler  für  die 
jüngste  in  der  Beihe  der  Schalenformen  bereit  hatten. 

Innen  eine  apofropäische  Maske  in  der  Mitte,  am  Bande 
herum  ein  Bildstreifen.  Die  Maske  kommt  ausser  auf  der  Phi- 
neusschale, wo  ein  spitzohriger  Silenskopf  in  Stabeinfassung 
dafür  gewählt  ist,  nur  noch  auf  den  wahrscheinlich  jonischen 
Schalen  7  und  14  (mit  dem  Nikekopf  und  dem  Kriegerkopf) 


*  Nicht  uninleressant  ist,  wie  der  Maler  der  pscudo-cäretaiier  Kanne, 
die  aus  der  Sammlung  Fonlana  nach  Götlingen  gekommen  ist  —  ich  ver- 
danke ihre  Kcimlniss  Dillheys  Güte  —  die  gesamte  Dekoration  von  einer 
Augenschale  auf  die  Kanne  üherträgt,  die  Augen,  in  deren  Milte  die  öilens- 
inaske,  und  zwischen  Augen  und  Maske  einmal  ein  Gewächs,  das  andere 
Mal  einen  Jüngling,  dessen  Herkunft  aus  einem  dionysischen  Thiasos  man 
noch  an  den  grossen  (Reh)zweigen  merkt.  Auch  der  Maler  der  ohen  8.  05 
erwähnten  attischen  Amphora  entlehnt  seine  Dekoration  natürlich  voneinef 
Augenschale. 


74  J.   BOEHLAU 

vor, WO  sie  die  gewölmliche  Form  einer  Phobosmaske  hat;  der 
hildstrcif  findet  sich  nur  auf  der  Phineusschale.  Sonst  zeigen 
namentlich  die  jonischen  Exemplare  als  einzige  Belebung  des 
Inneren  das  thonfarbige  Hund  in  der  Mitte  (2,3,5,6, 12, 13). 
OITenbar  giebt  uns  aber  die  Phineusschale  nicht  eine  Aus- 
nahme, sondern  das,  was  für  die  grossen,  sorgfältigen,  für  den 
attischen  Markt  bestimmten  Stücke  die  Kegel  war.  Denn  die 
Phobosmaske,  das  Gorgoneion,  ist  ein  beliebter  Schmuck  der 
attischen  schwarzfigurigen  Augenschalen,  und  gern  wird  ihr 
inneres  Uund  zu  fij^urenreichen  ,  concentriseh  angeordneten 
Darstellungen  benutzt.  Ich  erinnere  an  die  nikosthenischen 
Beispiele  mit  den  Schilderungen  des  Ackerbaus,  der  Wein- 
lese, der  Palästra  (Wiener  Vorlegeblatter  1889  Taf.  7,1.2. 
1890/91  Taf.  5,3),  an  die  aus  seiner  Werkstatt  stammende 
grosse  Schale  des  Cabinel  des  Medailles  mit  der  Heerschau 
{Monum.  deW  Inst,  IX  Taf.  9-11;  Walters  B,  426),  an  die 
londoner  Schale  B,  427  mit  dem  Thiasos,  die  münchener 
Jahn  Nr.  185  mit  den  (Tu[jL7rX£y[jLaTa,  nicht  zuletzt  an  Exekias 
gross  gedachtes  Bild  der  Ankunft  des  Dionysos  (Wiener  Vor- 
legeblätter 1888  Taf.  7,1  a),  wo  dem  Gegenstand  zu  Liebe  die 
concentrische  Anordnung  aufgegeben  wird. 

Das  Gorgoneion  wird  für  das  Innenbild  der  Schale  schon 
in  der  hellthonigen  korinthischen  Keramik  benutzt*.  Aber  leb 
glaube  kaum,  dass  die  Dekoration  der  Augenschalen  auf  diese 
Anregung  zurückzuführen  ist,  denn  der  korinthische  Vorgang 
ist,  soviel  ich  sehe,  bis  auf  die  Augenschalen  ohne  Nachfolge 
geblieben.  Und  vollends  fremd  ist  der  archaischen  Schale  der 
innere  Bildstreifen.  Er  verbot  sich  von  selbst  durch  die  tiefe 
Wölbung  der  alten  Schale,  und  wenn  die  jüngere  ihn  hin 
und  wieder  auch  angenommen  hat'^,   so  bleibt  bei  ihr  doch 

«  Pernice,  Jahrbuch  XIII,  1898,  Taf.  12  S.  200. 

^  Mir  sind  nur  wenige  Beispiele  bekannt.  So  aus  korinthischen  Kreisen 
Monum.  XI  Taf.  41,  aus  Kyrene  Bulletin  de  corr.  helLXYU,  1893,  S. 227,1. 
238,6  Dazu  kommen  die  Silberschalen  des  5.  Jahrhunderts  Complercndu  1881 
Taf.  1,3-5.  Durch  die  Analogie  der  rhodischen  Teller  ist  die  Ausstattung  der 
Schüssel  Naukralis  JI  Taf.fj  mit  der  concenlrischcn  InnendcKoratign  zu  er- 
Klären. 


DIE  JONISCHEN  AUGENSCHALEN  75 

die  Beschränkung  auf  das  Mittelfeld  Regel,  das  durch  eine 
Sehne  zur  Aufnahme  vertikalen  figürlichen  Schmuckes  her- 
gerichtet wird. 

Beides,  Gorgoneion  wie  Bildstreifen,  wird  von  den  Relief- 
schalen entlehnt  sein,  die  in  der  Art  —  und  unter  dem  Ein- 
flüsse—  der  syrischen  Metallschalen  mit  einem  Mittelornament 
und  concentrischen  Streifen  verziert  waren.  Schon  Löschcke, 
Arch.  Zeitung  XXXIX,  1881,  S.  37  hat  beide  in  Verbindung 
gebracht.  Unser  Denkmälervorrat  weist  keine  genau  überein- 
stimmenden Beispiele  auf,  aber  wir  können  ihre  Existenz  für 
das  7.  und  6.  Jahrhundert  nachweisen.  Vor  allem  am  Schilde 
des  Herakles  und  seines  gleichen,  den  uns  StudnJczka  aus  dem 
Wüste  von  Missdeutungen  herausgeholt  hat^  Er  bezeugt  die 
Dekorationsart  mit  dem  Medusenhaupte  in  der  Mitte  und  den 
Figurenfriesen  ringsherum  für  die  Metallurgie  des  frühen  7. 
Jahrhunderts.  Für  das  5.  haben  wir  die  ^laXai  vom  Zeustem- 
pel zu  Olympia  und  aus  dem  Schatze  derBrauronia  CJ.A.  II 
652,/?  Z.  6  und  660  Z.  54/55,  ohne  andere  Verzierung  als 
eine  Medusenmaske  in  der  Mitte ^.  Zwischen  diesen  beiden 
Grenzpunkten  liegt  die  Innendekoration  der  Augenschalen,  d.h. 
ihr  Vorbild.  Auch  die  archaische  Omphaloeschale  kommt 
hier  in  Betracht  mit  ihren  Friesen  im  Inneren  der  Schale  um 
den  oa(pa\o;  herum,  der  die  Stelle  der  Maske  einnimmt.  Sie 
ist  schon  in  der  altkorinthischen  Keramik  bekannt,  wie  das 
prächtige  Exemplar  des  athenischen  Nationalmuseums  (Nr. 
536)beweist,  mit  den  zwei  Innenfriesen,  dem  einen  tanzender 
Frauen,  dem  anderen  ausgelassener  bakchischer  Dämonen. 
Und  die  grosse  Zahl  der  aus  allen  Zeiten  antiker  Kultur  bis 
zum  Canoleius  hinab  erhaltenen  Beispiele  derOmphalosschale 
trägt  den  Bildschmuck  innen  in  concentrischer  Anordnung 
um  den  Omphalos  herum  '\ 


«  Stria  Harieliana  S.  50  ff. 

*  Benndorf,  Über  den  Ursprung  der  Giehelakroterien ,  Jahreshefte  des 
öslerr.  arch.  Inst.  II,  1899,  S.  8f. 

*  Um  bei  den  Beispielen  des  6.  und  5.  Jahrhunderts  zu  bleiben,  erinnere 
fch  an  die  capuaner  Schale  Arch.  Zeitung  1881  Taf.  5,  an  die  bronzene|[) 


76  J.    BOEHLAU 

Standes  Gorgoneions  haben  altisclie  Augenscbalen  gelegent- 
lieh ein  centrales  Ornament  im  Mittelrund  so  unsere  Nr.  17  ^ 
oder  auch  einzelne  Figuren,  so  die  münchener  Schalen  Jahn 
Nr.  561,  1170,  1236  u.a.  Letzteres  wird  eine  Übertragung  von 
der  Dekoration  des  Mittelrundes  der  Randschalen  sein,  und 
es  ist  nicht  zu  entscheiden,  übrigens  auch  ohne  ßelang  zu  wis- 
sen, ob  sie  gelegentlich  schon  in  jonischen  Werkstätton  vorge- 
nommen worden  ist.  Ersteres  halte  ich  bei  dem  entschieden 
unattischen  Charakter  des  Ornaments  Für  einen  Zug,  den  wir 
dem  Bilde  von  der  Dekoration  der  jonischen  Schale  einfügen 
können  ^. 

Bssind  oßenbar  die  Aussenseiten  gewesen,  die  durch  ihren 
eigenartigen  Schmuck  des  weithin  leuchtenden  weissen  Au- 
genpaars unseren  Schalen  ihre  Beliebtheit  und  ihre  Verbrei- 
tung verschafTt  haben.  Der  Schmuck  ist  alt,  und  ist  von  den 
Malern  unserer  Schale  wol  zuerst  dekorativ  voll  ausgenutzt, 
aber  nicht  von  ihnen  erfunden  worden. 

Sein  Zweck  ist  ursprünglich  ein  apotropäischer.  Das  unbe- 
lebte Ding  wird  sehend  gemacht,  um  seinen  Besitzer  und  Trä- 
ger vor  Zauber  schützen  zu  können.  Denn  mit  Augen  versehen 
EULTcaXiv  SeSopxc,  wie  der  Phobos  am  Heraklesschilde  nach  Stud- 
niczkas  treffender  Interpretation,  und  man  hat  sich  gegen  sei- 
nen Blick  zu  schützen.  Ein  Auge  genügt  für  diesen  Zweck : 


olympischen  Olympia  IV  Taf.  52,  880  -  88*2,  die  mit  den  Silensköpfen  aus 
dem  Kul  -Oba  Compte-rendu  1876  Taf.  4,  9.  10  und  die  sciiwarzgrundigen 
mit  bunter  Dekoration,  wie  sie  in  und  ausserhalb  Athens  sich  finden.  Da- 
neben kommt  auch  die  Dekoration  der  Aussenscite  vor,  so  bei  den  spätko- 
rinthischen Schalen  in  Kassel,  Arch.  Anzeiger  1898  S.  191  Fig.  6,7,  der 
Schale  aus  Olympia  IV  Taf.  52,  Nr.  883  und  namentlich  häulig  an  den  auf 
Vasenbildcrn  dargestellten,  meist  mit  Blatt  -  oder  Kno^penwcrk  verzierten 
9i«Xai,  z.  B.  Monum.  I  Taf.  5i  und  unendlich  oft  auf  Darstellungen  von 
Symposien. 

'  Ähnlich  Lau  Taf.  17.3,  von  einer  Schale  in  der  Form  unserer  Augen- 
schalen,  die  aber  aussen  schwarz  gelirnisst  ist. 

2  Kaum  attisch  sondern  wol  aus  einer  jonischen  Werkstatt  hervorgegan- 
gen ist  die  wundervolle  silberne  Omphalosschale  Antiquiics  de  la  ScytUieTaL 
29,211'.,  die  um  die  Wende  des  5.  zum  i.  Jahrhundert  anzusetzen  ist.  Auch 
sie  ist  nur  mit  einem  Mittelornament  reichster  Aui>bildMng  verziert. 


DIE   JONISCHEN   AUGEN8CHALKN  77 

nur  eins  tragen  häußg  die  Schilde, so  der  des  Kriegers  auf  ei- 
ner der  schönen  hellgrundigen  milesischen  Scherben  aus  Nau- 
kratis  im  British  Museum  \  und  des  Jünglings  auf  der  weiss- 
grundigen  attischen  Lekythos  Bonner  Studien  Taf.  12^.  Aber 
wo  die  Form  des  auszustattenden  Gegenstandes  die  symme- 
trische Anbringung  zweier  Augen  ermöglicht,  wird  die  Ge- 
legenheit benutzt,  ihn  dadurch  einem  lebenden  Wesen  ähn- 
licher zu  machen.  Seit  dem  8.  Jahrhundert  fängt  die  Kunst 
an,  sich  die  Sitte  in  ausgedehnterem  Masse  zu  Nutze  zu  ma- 
chen^. Ihr  ist  es  kaum  mehr  um  den  schützenden  Zauber 
zu  thun,  sondern  sie  benutzt  den  Vorwand,  um  mit  einem 
unverkennbaren  Humor  Lebloses  zu  beleben  und  durch  im- 
provisirte  Interpretationen  längst  gewohnten  Formen  neue 
Reize  abzugewinnen.  In  der  Keramik  ßnden  sich  Augen 
zuei*st  neben  den  sog.  Schnäbeln  der  Kannen  mit  blattför- 
mig gestalteter  Mündung,  so  an  der  frühattischen  Oinochoe 
Jahrbuch  IL  1887,  S.  46  Fig.  6,  an  der  böotischen  Jahrbuch 
III,  1888,  S.  liO  Fig.  21,  an  kyprischen  Kannen  phöni- 
kischer  Zeit  wie  Pottier,  Vases  du  Louvre  Taf.  8,  A  114,  an 


*  HofTontlich  erfahren  die  Bruchstücke, von  denen  NaukraiisW  Taf. 5,4-6 
nur  eine  ungenügende  Vorstellung  gehen,  hald  eine  sorgfältige  Bearbeitung 
und  Verönenllichung.  Sie  sind  nicht  nur  technisch  und  stilistisch  hervor- 
ragende Leistungen  jonischer  Kunst,  sondern  auch  inhaltlich  wichtig.  Für 
das  Naukratis  \\  Taf.  5,4  ahgehildetc  Fragment  finde  ich  keine  andere  Deu- 
tung als  die  auf  eine  Danaide  mit  dem  ahgcschlaj^enen  Haupte  ihres  Bräu- 
tigams. Auf  einem  anderen  scheint  Paris  oder  Aincas  Rettung  durch  Aphro- 
dite dargestellt,  den  AngrifT  des  Peleus  auf  Thelis  und  Abenteuer  desOdys- 
seus  glaube  ich  auf  anderen  zu  erkennen. 

^  Es  könnte  dies  für  einen  Zusammenhang  mit  dem  ägyptischen  Amulet 
des  Osirisauges  sprechen,  an  das  auf  den  Augenschalen  auch  die  spiralig 
sich  einrollende  Ranke  unter  den  Augen  erinnert. 

^  Ich  kenne  von  mykenischen  Monumenten  kein  Beispiel,  wenn  nicht  die 
Umgestaltung  des  Rankenendes  zu  einer  ArtVogelkopf  Myken.  Vasen  Taf. 
30,36^1  hierher  gehören  sollte.  Fraglich  ist,  ob  die  runden  ÖHnungen  am 
Bug  der  DipylonschifTe  als  Augen  gemeint  sind,  oder  nur  dem  praktischen 
Zwecke  als  Ankerklüsen  dienen.  Sonst  wäre  das  Rammschiff  von  der  Ari- 
slonophoftvasc  der  erste  Beleg  für  die  bekannte  Schilfsverzierung.  Ungeheu- 
erliche Konsequenzen  hat  diese  unter  etruskischen  Händen  gehabt:  vgl. 
Pottier,  Vases  du  Louvre  Taf.  34,  D  150. 


78  i.   BOKHLAU 

milesischen,  samischen,  an  schwarzgrundigen  mit  polychro- 
mem Schmuck.  Hier  hat  die  schnabelartige  Form  des  Ausgusses 
die  Augen  herbeigezogen.  Bei  den  melischen  Amphoren  wie 
Jahrbuch  II,  1887,  Taf.  12,  'E971ÜL6PI;  ip^.  1893  Taf.  12  war 
die  Henkelform,  auf  dem  Euphorbosteller  das  Ornament  die 
Veranlassung*.  Der  Maler  der  samischen  Amphora  Nekropolen 
S  54  Fig.  12  interpretirt  in  ebenso  überzeugender  wie  sicherlich 
bewusst  humoristischer  Weise  den  Hals  der  Amphora  durch 
Augen  und  Nase  als  Gesicht,  das  nun  unmittelbar  und  ohne 
Vermittelung  eines  Halses  auf  dem  dicken  Körper  steht;  ihm 
ahmen  die  Maler  der  attischen  ,  aber  stark  jonisch  beein- 
flussten  Polyphem-Amphora  British  Museum  B,  154  und  der 
attischen  Amphora ^wä^o  Gregoriano  II  Taf.  36,1  (=29,1 
Ausgabe  B)  nach.  Jonischen  Kreisen  gehören  — direkt  oder 
indirekt  —  wie  die  Mehrzahl  der  eben  genannten  Gefässe, 
auch  die  oben  S.71  ff.  besprochenen  nauk ratischen  Näpfe  an, 
zu  deren  hoher  rundlicher  Form  die  Ausstattung  mit  Augen 
nicht  übel  passt.  Man  empfindet  diesen  Beispielen  gegenüber 
deutlich,  wie  missverstanden  und  unorganisch  die  Augen  auf 
Schulter  und  Bauch  attischer  Amphoren,  Hydrien  oder  gar 
Lekythen  angebracht  sind. 

Wir  haben  gesehen,  dass  unsere  Schalen  mit  dem  Augen- 
schmuck verziert  waren, als  ihre  Form  in  ihren  Verhältnissen, 
namentlich  dem  der  Höhe  zur  Breite, besser  dem  menschlichen 
Gesichte  entsprach.  Aber  den  antiken  Markt  hat  sich  die  Augen- 
schale  in  der  Form  erobert,  die  unsere  Exemplare  zeigen, einer 
Form  die  von  allen  am  schlechtesten  zu  Versuchen  anthropo- 
morpher  Bildung  taugte.  Wir  müssen  daraus  schliessen,  dass 
sich  das  Interesse  nochmals  geändert  hatte,  welches  man  der 
Augendekoration  entgegenbrachte.  Das  alte  inhaltliche  an  dem 
wirksamen  Zauber  war  durch  ein  formales  abgelöst  worden, 
wie  wir  sahen,  dies  formale  hatte  sich  mittlerweile  zu  einem 


*  A.  S.  Murray  verdanke  ich  den  Hinweis  auf  zwei  andere  Teller  der 
gleichen  Zeil  aus  Kamiros  im  British  Museum  (A.OOT.  698),  die,  dereine 
mit  zwei,der  andere  mit  vier  Paar  Augen  und  Nasen  dazwischen  ornamen- 
tirt  sind. 


DIK   JONISCHEN   AUfiENSCHALEN  79 

ausgesprochen  maleriselien  gewandelt,  dem  alles  an  einer  be- 
friedigenden Verteilung  von  Hell  und  Dunkel  lag.  Man  ver- 
gleiche ein  einTaches  Beispiel  wie  Nr.  8.  Das  Weiss  der  Augen 
hält  die  dunkeln  Stellen  des  Feldes  zusammen,  die  sich  sym- 
metrisch auf  beiden  Seiten  wiederholen:  die  Augensterne 
und  die  Palmettenfächer.  Zwischen  diesen  Flecken  spielt,  den 
Grund  belebend,  ein  lebendig  loses  Liniengeschlinge,  die  ran- 
kenartig gezeichneten  Ohren,  Nase,  Augenbrauen.  Dem  fein 
abgewogenen  Wechsel  von  Weiss,  Rot  und  Schwarz  auf  dem 
gelblich -rötlichen  Grunde  lässt  sich  ein  koloristischer  Reiz 
nicht  absprechen. 

Mit  dieser  Richtung  des  Interesses  des  Malers  erklärt  es  sich 
auch,  wie  die  llenkelpalmetlen  von  der  Randschale  her  bei- 
behalten werden  konnten,  die  zu  der  Ausstattung  mit  Augen, 
Nase  lind  Ohren  so  wenig  passen.  Der  Maler  des  7.  Jahrhun« 
derls  hätte  sie  der  vollständigeren  Illusion  wegen  wol  unter- 
drückt oder  zu  ersetzen  gewussl^ 


*  Es  giehl  noch  zwei  oder  drei  Vasenfonneri  dieser  Zeit,  die  ähnlich  kon- 
stant wie  unsere  Schale  an  dein  Schmucke  der  Augen  festhallen, der  auf  die 
anderen  —Amphoren,  Ilydrien  u.s.w.  —  nur  gelegentlich  übertragen  wird. 
Das  sind  in  erster  Linie  die  Kelle  oder  Schöpftasse  mit  hohem,  meist  pla- 
stisch ausgestalteten  Henkel ,  modern  gewöhnlich  xuaOo;  genannt  (  Micali, 
Müiutm.  ined.  Ta f.  99,4-0.  Lau  Taf.  19, L  Furtwängler,Berliner  Katalog  Nr. 
2089-20981  sodann  der  sog.  jxaard;  (  Micali  ebenda  Taf.  99,2.  Lau  Taf.  19,4, 
München.Jahn  Nr.  355.  Wurzburg,  Urlichs  Nr.  427.  British  Museum, 
B.  681 ;  das  älteste  mir  bekannte  Beispiel  der  Form,  dies  natürlich  ohne 
Augen,  ist  das  altkorinthische  im  athenischen  Nationalmuseum  Nr.  025 ) 
und  endlich  der  Napf  mit  abstehendem  Rande,  mit  oder  ohne  Henkel,  z.  B. 
Köm.  Mitth.  XH,  1897,  Taf  12.  Lau  Taf.  19,0.  Maslos  und  Napf  verzichten 
häutiger  als  die  Tasse  auf  die  Augen.  Diese  drei  Gefässfornien,  besonders 
die  beiden  erstgenannten  haben  auch  das  miteinander  und  mit  der  Augen- 
schale gemein,  dtiss  sie  ihre  Figuren  oder  ihre  Darstellungen,  welche  die 
Augen  gelegentlich  verdrängen,  meist  dem  dionysischen  Krei.se  entneh- 
men, und  dass  sie  viel  Gebrauch  von  den  Rebzweigen  machen,  wie  unsere 
Nr.  11,14  u.a.  Der  Rom.  Millh.  XH,  1897,  Taf.  12  abgcbildele  Napf  trägt 
das  stark  jonisch  anmutende  Bild  einer  genagelten  Athene.  Die  Form  der 
Tasse  wird  von  Nikosthenes  gepflegt,  der  zwei  selbst  signirt  ( Klein  ^  Nr. 
54.55),  und  Nikosthenes  steht  auch  sonst  in  Beziehungen  zu  der  Fabrik 
der  Augen.schalcn.  Der  Schluss  liegt  nahe,  dass  alle  drei  Formen  dieser 
entstammen,  es  ist  mir  aber  nicht  gelungen,  ihn  durch  den  Nachweis  eines 
unzweifelhaft  jonischen  Exemplars  bündig  zu  machen. 


ÖO  J.    BOEHLAU 

Den  vollen  Schmuck  der  Augen,  Nase  und  Ohren  tragen 
hei  weitem  nicht  alle  Schalen  :  fünf  zeigen  ihn  auf  beiden  Sei- 
ten (M,  *8,  10,  *12,  M3),  eine  auf  der  Rückseite  (*5).  Auf 
der  Vorderseite  von  *5  sowie  auf  den  beiden  Seiten  der  übri- 
gen wird  die  Nase  durch  einen  Kopf,  eine  Maske  oder  eine 
Figur  ersetzt  (*2,*3,*6,  7,  11,  l'ifl'.).  Die  Phineusschale  (M) 
schiebt  figürliche  Darstellungen  an  Stelle  der  Henkelpalmetten 
em.  Es  wiederholt  sich  hier  also  der  Vorgang,  den  wir  in  der 
korinthischen  Keramik  und  an  den  samischen  Fikelluravasen 
beobachten  können,  dass  eine  ursprünglich  rein  ornamentale 
Dekoration  durch  Einfügen  von  figürlichen  Darstellungen  ge- 
sprengt wird,  die  einem  grösseren  Zusammenhange  entnom- 
men sind.  Der  Process,  welcher  sich  schon  auf  den  sicher 
jonischen  Originalen  anspinnt,  vollendet  sich  auf  den  attischen 
Augenschalen,  wie  Nr.  17  sie  repräsentirt.  An  Stelle  der  Ein- 
zelfigur werden  kleine  Darstellungen  in  der  Mitte  eingeschoben 
und  ihnen  zu  Liebe  die  Augen  zur  Seite  gerückt  und  die 
Ohren  beseitigt.  Schon  der  grossen  Masken  wegen  (11  und 
14)  war  zu  diesem  Auskunftsmittel  gegrilTen.  Schliesslich 
weichen  unter  Umständen  auch  die  Augen  der  über  das  ganze 
Bildfeld  ausgedehnten  Schilderung.  Wieweit  hier  noch  joni- 
sche Vorbilder  massgebend  waren,  muss  zunächst  zweifel- 
haft bleiben.  Jedenfalls  ist  unter  den  sicher  jonischen  Schalen 
keine,  die  eine  mehrfigurige  Darstellung  zwischen  den  Augen 
aufwiese.  VVol  kann  das  Beispiel  der  Phineusschale  dazu  er- 
mutigen auch  das  Einschieben  von  solchen  schon  für  die  jo- 
nische Fabrik  vorauszusetzen,  und  es  giebt  Bilder  auf  attischen 
Augenschalen,  die  man  gern  auf  Vorlagen  von  derselben  Stelle 
jonischer  Schalen  zurückführen  möchte.  Ich  erinnere  an  den 
auf  dem  Seepferde  reitenden  Nereus  bei  Gerhard,  A.V.  Taf.  3, 
der  als  Schutzherr  des  Weines  für  Attika  eine  ungewöhnliche 
Darstellung  ist,  erinnere  an  die  genrehaft  aufgefasste  Scene, 
wie  Herakles  im  Ölwalde  den  nemeischen  Löwen  abhäutet, 
Gerhard,  A.  V.  Taf.  133.  134,  i.2  und  Jahn  Nr.  563=  Lau 
Taf,  17,1  :  man  suche  in  attischen  Kreisen  eine  Parallele  zu 
dem  Realismus  in  der  Schilderung  des  grünenden  und  des  ver- 


DIE  JONISCHEN   AUGENSCHALEN  81 

trockneten  Ölbaums  auf  dem  münchener  Exemplar  ^  Aber 
andrerseits  fällt  doch  die  Zurückhaltung  auf,  mit  der  die  jo- 
nische Malerei  die  ursprünglichen  Bestandteile  der  Dekoration 
der  Augenschale  durch  figürliche  ersetzt.  Eis  scheint,  als  ob 
diese  im  Wesen  der  jonischen  Kunst  begründet  liege 

Man  hat  für  den  geschilderten  Vorgang  der  Sprengung  ei- 
nesornamentalen Zusammenhangs  durch  figürliche  Darstellun- 
gen in  der  korinthischen  Malerei  wol  die  Erklärung  gefunden, 
dass  das  Ornament  in  Folge  der  aufkommenden  Erzählungs- 
lust allmählich  durch  die  immer  reicheren  figürlichen  Dar- 
stellungen verdrängt  worden  sei.  Die  Erfahrung,  dass  ein 
Neues  in  der  Kunst  sich  nicht  tropfenweise  einstellt,  hätte  vor 
diesem  Irrweg  bewahren  sollen.  Auch  handelte  es  sich  in  der 
korinthischen  Malerei  nicht  um  etwas  Neues,  um  die  er- 
wachende Lust  am  Schildern  und  die  herangereifte  Fähigkeit 
dazu,  sondern  um  den  Ausgleich  zweier  verschiedener  Deko- 
rationsstile. Analog  ist  das  Auftreten  der  Figuren  auf  den 
Pikellura-  Amphoren  und  auf  unseren  Augenschalen  zu  be- 
urteilen; die  Figuren  sind  aus  einem  anderen  Zusammenhange 
entlehnt,  nur  dass  wir  die  Quellen  vorläufig  nicht  kennen, 
aus  denen  die  Maler  sie  geschöpft  haben.  Nicht  naive  Er- 
zählungslust ist  es  also,  welche  die  Figuren  auf  die  Aussen- 
seiten  unserer  Schalen  bringt, sondern  ein  wol  überlegtes  Expe- 
riment. Die  leeren  Innenseiten  grade  der  jonischen  Schalen, 
von  der  Phineusschale  abgesehen,  beweisen  zur  Genüge,  dass 
die  Erzählungslust  nicht  so  gross  war.  Auch  wissen  wir  jetzt, 
dass  die  Jonier  in  ihrer  dekorativen  Kunst, die  wir  bisher  allein 


*  Ähnlich  roöchte  Ich  heute  über  die  Tür  Anika  zu  ungewöhnlichen  schlan- 
genleihigen  Nymphen  und  die  Ziegen  im  Weinberge  auf  der  raünchener 
Schale  468  Jahn  (Philologus  LVII,  1898,8.513)  urleilen.  Das  häufigere  Vor- 
kommen von  Darstellungen, die  von  den  allischen  Bildern  in  der  Auflassung 
oder  im  Inhalt  abweichen. innerhalb  einerVasengallung  beslärkl  den  Ver- 
dacht fremder  Herkunft,  der  sich  für  jede  einzelne  schwer  beweisen  lässl. 
Den  obigen  Beispielen  wäre  vor  allen  der  Silen  auf  der  münchener  Schale 
601  Jahn  anzureihen,  der  auf  einem  Felsen  in  Vorderansicht  sitzend  die 
Doppelflöte  bläst. 

ATHBN.   MITTHBILUNGEN    XXY.  6 


82  J.    BOEHLAU 

kennen,  von  nichts  weiter  entfernt  waren,  als  von  dem  Wun- 
sche zu  erzählend  Auf  den  klazomenischen  Sarkophagen  sind 
die  oberen  Felder  kaum  etwas  anderes  als  Ornamentstreifen, 
deren  Element  die  menschliche  Figur  ist;  jeder  noch  so  scharf- 
sinnige Versuch  einer  Deutung  musste  hier  scheitern.  Danach 
sind  auch  die  Rüder  auf  den  Aussenseiten  der  Augenschalen 
zu  beurteilen.  Der  Maler  versucht  auf  den  nicht  nur  für 
den  heimischen  Markt,  sondern  auch  für  den  Export  berech- 
neten Schalen  die  Eintönigkeit  zu  vermeiden,  indem  er  die 
alten  Bestandteile  der  Dekoration  durch  malerisch  gleichwer- 
tige aber  inhaltlich  reichere  ersetzt.  Er  könnte  auf  diesem 
Wege  natürlich  auch  bis  zur  Einführung  von  Darstellungen 
gelangt  sein.  Aber  dies  zu  erhärten  mangelt  das  Material. 

Mit  Bestimmtheit  können  wir  dagegen  eine  andere  Durch- 
brechung des  ursprünglichen  Dekorationssystems  als  schon  in 
lonien  erfolgt  ansprechen,  nämlich  die  Anordnung  der  Strah- 
len um  das  Unterteil  der  Schale, wie  sie  Nr.  10  und  11  zeigen, 
und  wie  sie  dem  weitaus  grössten  Teile  der  attischen  Augen- 
schalen eigentümlich  ist.  Die  Veranlassung  zu  ihrer  Einfüh- 
rung ist  verständlich.  Sobald  die  Henkel  wieder  tiefer  am 
Körper  der  Schale  angebracht  wurden,  dem  wolbegründeten 
Brauche  der  griechischen  Keramik  entsprechend  (s.  oben  S. 
69),  vergrösserte  sich  auch  der  Bildstreifen.  Dies  geschah 
aber  auf  Kosten  der  schwarz  gefirnissten  unteren  Hälfte,  die 
nun  in  ein  Missverhältniss  zu  dem  oberen  hellen  Teile  kam, 
das  durch  den  üblichen, das  schwarze  Feld  schneidenden  thon- 
farbigen  Streifen  eher  verschlimmert  als  verbessert  wurde. 
Fig.  19  giebt  eine  gute  Anschauung  davon.  Man  half  sich, 
indem  man  den  unleren  Teil  dekorirle:  man  setzte  die  Schale 
in  einen  Blattkorb,  d.  h.  umgab  den  Fussansatz  mit  Strahlen. 
Dass  dies  schon  in  den  jonischen  Werkstätten  geschehen  ist, 
beweist  die  von  aller  attischen  Art  abweichende  und  dennoch 
bei  den  Augenschalen  fast  unverbrüchlich  beibehaltene  Art  der 
Strahlen.  Sie  sind  nämlich  nie  alle  schwarz  gefirnisst,  sondern 


«  Vgl.  Winler  im  Arch.  Anzeiger  1898  S.  176  f. 


DIE  JONISCHEN   AUOENSCHALEN  83 

entweder  alle  thongrundig,  oder,  und  das  ist  die  Regel,  ab- 
wechselnd schwarz  und  thonfarbig,  gefirnisst  und  konturirt. 
Es  ist  eine  echt  jonische  Zierlichkeit  oder  besser  gesagt  Freude 
an  lebhaftem  Farben  Wechsel,  deren  nächste  Parallele  die  ab- 
wechselnd schwarz  weiss  und  roten  Strahlen  der  cäretaner 
Hydrien  sind.  In  der  attischen  Keramik  ist  diese  Behandlung 
der  Strahlen  ebenso  ungewöhnlich  wie  etwa  der  doppelte 
*  Strahlenkorb'.  Ich  kenne  sie  wenigstens  nur  von  attischen 
Augenschalen  und  ausserdem  bezeichnender  Weise  von  zwei 
Rannen  desNikosthenes  (Wiener  Vorlegeblätter  1890/91  Taf. 
4,1.2),  deren  eine  auch  in  ihrer  Ornamentik  entschiedene 
Anklänge  an  die  der  Augenschalen  zeigt  ^ 

Gleichfalls  durch  die  heruntergerückten  Henkel  bedingt  und 
deshalb  ebenso  gewiss  wie  die  Strahlen  schon  ein  jonisches  De- 
korationselement sind  die  VVeinstöcke,  die  unter  dem  Henkel 
aufwachsend  durch  ihre  Reben  sowol  den  neu  entstandenen 
leeren  Raum  über  dem  Henkel  füllen,  als  auch,  die  Henkel- 
palmette ersetzend,  zwischen  Augen  und  Henkel  sich  füllend 
einschieben  (Nr.  11,  14,  17).  Die  geschickte  und  anmutige 
Verwendung  des  pflanzlichen  Motivs  fügt  sich  gut  in  die  Vor- 
stellung, die  wir  nach  dem  Bilde  der  Rückseite  der  Phineus- 
schale  mit  seiner  reichen  Schilderung  vegetativen  Lebens,  dem 
Palmbaum  und  der  epheubeschatteten  Quelle,  von  der  iMale- 
rei  ihrer  Heimat  machen  müssen.  Auch  das  Feigenblatt  ge- 
hört in  diesen  Zusammenhang  (Fig.  14),  und  unwillkürlich 
richtet  sich  der  Blick  wieder  auf  die  Bäume  der  münchener 
Augenschale  Jahn  Nr.  563  (Lau,  Taf.  17,1),  den  grünenden 
und  den  vertrockneten  Ölbaum,  in  der  attischen  Malerei  des  6. 
Jahrhunderts  beispiellose  Erscheinungen.  So  zeugen  auch  die 
Reste  der  jonischen  Kunst,  die  uns  hier  beschäftigen,  lür  den 

*  Vgl.  unten  S.  88.  Keinen  unmiltelharen  Zusammenhang  mit  den  Strah- 
len unserer  Schalen  haben  die  abwechselnd  hellen  und  dunklen  Strahlen 
auf  der  frühaUischen  Dose  Jahrbuch  11,  1887,  S.  55  Fig.  19.  Für  sie  ist  das 
hell  und  dunkle  Flechtband  des  münchener  frühattischen  Kännchens  Lau 
Taf.  7,  1  und  die  äginetische  Kanne  Athen.  MiUh.  XXII,  1897,  S.  3*25  mit 
dem  wechselnd  hell  und  dunklen  Halsornament,  die  Aristonophosvase  mit 
ihren  Rosetten  u.  a.  zu  vergleichen. 


84  J.    BOEHLAU 

stark  realistischen  Zug,  der  uns  so  oft  an  ihr  überrascht.  Es 
ist. als  ob  das  Interesse  der  mykenischen  Periode  auch  an  den 
niederen  Organismen,  ^^ie  an  Pflanze  und  Muschel,  in  der  jo- 
nischen Kunst  weiterlebte,  während  es  im  Mutterlande  durch 
die  geometrische  Periode  mit  den  Wurzeln  ausgerottet  ist. 

Und  noch  für  etwas  anderes  ist  der  Weinstock  auf  den  Au- 
genschalen charakteristisch:  es  ist  echt  jonisch  die  Trinkge- 
tässe  mit  dem  Preise  des  Gottes  Dionysos  und  seiner  Gabe 
zu  schmücken. 

Wol  ist  man  auch  im  Mutterlande  frühzeitig  auf  den  Ge- 
danken gekommen,  die  für  das  frohe  Gelage  bestimmten  Ge- 
tässe  anders  zu  dekoriren  als  mit  den  Schilderungen  des  Her- 
renlebens, mit  den  immer  wiederholten  Thaten  der  lieben 
Heroen ,  mit  den  ermüdend  eintönigen  Tierreihen.  Aber 
man  kam  aus  den  stofflichen  Grenzen  nicht  hinaus,  in  de- 
nen sich  die  Kunst  nun  Jahrhunderte  lang  bewegte.  Schil- 
derungen der  Zechgelage  im  stets  wiederholten  Typus  der  auf 
ihren  Klinen  lagernden  Männern  mit  den  Tischen  vor  sich, die 
Schalen  in  der  Hand,  und  Darstellungen  der  hässlichen  dä- 
monischen Tänzer  grotesker  Bildung  und  bäurischen  Hu- 
mors, in  den  stereotypen  Bewegungen  des  xöpXa^:  das  ist  al- 
les, was  die  mutterländische  Kunst  zum  Preise  des  Weines  zu 
sagen  weiss.  So  war  es  in  Korinth  :  ich  brauche  keine  Bei- 
spiele anzufühlen.  So  in  Attika,  wo  wir  auf  den  Vasen  aus 
Vurvä  die  erste  Darstellung  eines  Gelages  finden  (Athen. 
Milth.  XV,  1890,  Taf.  12,  2),  und  wo  die  tyrrenischen  Am- 
phoren uns  die  Komostänze  in  zahlreichen  Beispielen  vor- 
führen. So  scheint  es  anfangs  auch  in  der  jonischen  Kunst 
gewesen  zu  sein.  Wir  treffen  die  gleichen  Tänzer  auf  den  sa- 
mischen  Kikellura-Amphoren,  auf  dem  spätmilesischen  Teller 
Naukratis  W  Taf.  11,  l.^,  und  auf  den  grossen  Kesseln 
(den  sog.  Deinoi),  die  zur  Gattung  der  Northampton  -  Amphora 
gehören  ^  Aber  in  lonien  ist  zum  ersten  Male  der  Bann  alter 
Tradition   durch  einen   neuen  Gedanken  durchbrochen.    Man 


<  Nach  Pottier.  B.  C.  U.  1893  S.  424  bei  Endt,  Beiträge  S.  21. 


DIE   JONiSCHEN   AUGENSCHALEN  85 

Stellte  den  Spender  des  Weinstocks,  den  Herrn  alles  Wer- 
dens und  Wachsens  in  der  Natur,  den  Gott  Dionysos  selbst 
dar,  begleitet  von  der  wilden  Jagd  derSilene  und  der  von  die- 
sen unzertrennlichen  Nymphen  ^  und  die  Scene  ihres  Trei- 
bens, vorher  kaum  bezeichnet, wird  jetzt  durch  die  Weinstöcke 
und  Reben  als  des  Gottes  eigenstes  Gebiet,  die  Weinfelder 
draussen,  charakterisirt.  Die  neue  dionysische  Malerei,  um  sie 
kurz  so  zu  bezeichnen,  hat  dem  freudlosen  Wesen  der  fest- 
ländischen Dickbäuche  ein  rasches  und  gründliches  Rnde  ge- 
bracht. Ihre  Wirkung  in  ihrem  ganzen  Umfange  zu  ermessen 
und  zu  würdigen,  ist  heute  noch  nicht  möglich.  Aber  dass  sie 
gross  war,  fühlen  wir,  wenn  wir  etwa  die  dionysischen  Sce- 
nen  der  Phineusschale  mit  den  besten  Darstellungen  der  Ko- 
mostänzer  vergleichen  oder  wenn  wir  sie  mit  der  Krzählung 
der  Phineusgeschichte  auf  der  einen  Hälfte  der  Innenseite  zu- 
sammenhalten^. Dort  nichts, was  nicht  ein  chalkidischer  oder 
attischer  Maler  ebensogut  dargestellt  hätte:  die  ganze  unper- 
sönliche,konventionelle  Feierlichkeit  archaischer  Darstellungs- 
weise, hier  frischestes,  ungebundenes  Leben,  rasch  aufgefasst 
und  keck  geschildert.  Wie  selbst  ein  Amasis  lebendig  wird, 
den  sonst  die  Fesseln  der  Konvention  und  der  oEavoTm;  am 
engsten  umschliessen,  wenn  er  von  Dionysos  und  seinen  Ge- 
treuen erzählt,  zeigt  die  Würzburger  Amphora,  die  Karo  im 
/.  H.  S.  XIX,  1899,  Taf.  5  veröffentlicht  hat.  In  den  dio- 
nysischen Scenen  war  der  Malerei  ein  Stoff  geschenkt,  an  dem 
sie  ihre  Kräfte  frei  und  voll  entfalten  konnte.  Hier  hatte  noch 


*  Es  ist  eine  interessante  Beobachtung  Thierschs  (Tyrrhenische  Ampho- 
ren 8.  23 f.),  dass  auf  den  älteren  tyrrenischen  Vasen  noch  die  Frauen  feh- 
len, und  dass  gleichzeitig  mit  den  Krauen  auch  die  Silene  erscheinen.  Auch 
in  der  korinthischen  Malerei  kommen  tanzende  aber  bekleidete  Frauen 
in  Gesellschaft  der  Komasten  erst  auf  den  späten  Schalen  vor  (ebenda 
S.  29  Anm.  1).  Diese  dämonischen  und  menschlichen  Komasten  dienen 
ihrem  Herrn — denn  das  ist  Dionysos,  der  auf  dem  Teller  Nankratis  II  Taf. 
11,  1.  2  unter  ihnen  weilt,  und  den  sie  auf  Löschckes  jonischein  Am- 
phoriskos  begleiten — anders,  einseitiger  als  ihre  jonischen  Veitern. 

^  Ähnlich  ist  der  Unterschied  auf  der  voii  Löschcke  nachgewiesenen  ca- 
slellauischen  Amphora  aus  der  Fabrik  der  Augenschalen,  s.  unten  S.  95. 


86  J.    BOEHLAU 

keine  Tradition  den  Typus  jeder  Scene  festgelegt,  von  der 
AulTassung  des  Moments  bis  zu  den  Motiven  der  handelnden 
Personen.  Und  eine  Fülle  dankbarer  Aufgaben,  einen  Reich- 
tum an  Motiven  barg  er  in  sich,  die  zu  schöpfen  und  zu  ge- 
stalten Generationen  von  Künstlern  vollauf  genug  hatten. 

Wo  diese  neue  dionysische  Malerei  zuerst  aufgekommen  ist, 
wissen  wir  heute  noch  nicht.  Jedenfalls  aber  hatte  die  Heimat 
unserer  Augenschalen  keinen  geringen  Anteil  an  ihr.  Die  Sce- 
nen  auf  der  Phineusschale  gehören  zu  dem  Besten,  was.  uns 
von  jonischer  Malerei  erhalten  ist.  Und  keineswegs  überall 
in  Jonien  h.itte  die  Kunst  volles  Verständniss  für  den  neuen 
Stoff  oder  Kraft  genug,  ihn  sich  anzueignen.  So  unterscheidet 
sich  das  Gebahren  der  Silene  auf  dem  Kessel  B.  C,H,  XVII, 
1893,  S.  424  Fig.  1  trotz  der  eingefügten  Nymphen  wenig 
von  dem  der  Komasten,die  eigentlich  auf  der  Gattung  zu  Hause 
sind  (Endt,  Beiträge  S.  21,  Nr.  XII,  XIII,  XV).  Und  auch 
auf  den  dionysischen  Durstellungen  der  unten  (S.98  Anm.  1) 
zusammengestellten,  wo!  ostgriechischen  Vasenklasse,  und  auf 
denen  der  seh  warzßgurigen  Vasen  ist  nicht  viel  von  dem  Realis- 
mus zu  spüren, der  die  Malereien  der  Augenschalen  durchweht. 

Wo  wir  aber  den  Ursprung  der  neuen  Malerei  auch  zu  su- 
chen haben,  wir  werden  sie  nicht  auf  den  Gelassen  entstan- 
den und  ausgebildet  denken,  sondern  auf  den  Wänden  eines 
Dionysoslempels  und  der  Bankelthallen  der  Vornehmen  Eine 
Malerei  wie  die,  von  welcher  die  Augenschalen  zeugen,  ent- 
wickelt sich  nicht  an  rein  dekorativen  Aufgaben,  und  ilie  jo- 
nische Kunst  hat  an  dem  dekorativen  Charakter  der  Gefäss- 
malerei  stets  festgehalten.  Die  detaillirte  farbige  Ausstattung 
der  Köpfe  auf  Nr.  *2,  *5  wies  uns  schon  über  die  Gefäss- 
malerei  hinaus. 

Von  der  Ornamentik  der  Heimat  unserer  Schalen  können 
wir  nur  schwer  eine  Vorstellung  gewinnen  weil  wir  zunächst 
noch  auf  die  ausschliesslich  mit  den  Augen  verzierten  Scha- 
len angewiesen  sind  Zweierlei  liisst  sich  feststellen,  was  bei 
vermelirlem  Materiale  einmal  zur  Lokaiisirung  der  Schalen 
beitragen  könnte. 


DIE   JONISCHEN    AUGENSCHALBN  87 

Einmal  der  Gebrauch  einer  ungewöhnlichen  Lotosblumen - 
form,  die  sich  auf  16  und  17  findet.  Da  sie  unaltisch  ist,  auf 
zwei  mit  den  jonischen  Augenschalen  zusammenhängenden 
attischen  Schalen  —  wenn  16  attisch  sein  sollte  —  auftritt, 
und  da  ausserdem  Nikosthenes  sie  gleichfalls  auf  einer  Au- 
genschale verwendet  ( Vorlegeblätler  1890/91  Taf.  5,  3).  so 
dürfen  wir  sie  wol  der  jonischen  Heimat  der  Augenschalen 
zuschreiben.  Sie  unterscheidet  sich  von  der  gewöhnlichen  da- 
durch, dass  sie  in  den  äusseren  Kelch  einen  zweiten  inne- 
ren setzt,  und  in  diesen  ein  Mittelblatt,  oder  ein  Mittelblalt 
zugleich  mit  raumfüllenden  losen  Palmettenblättern  zwi- 
schen den  Kelchblättern.  Rrsteres  findet  sich  auf  der  Niko- 
sthenesschale ,  letzteres  auf  der  Fig.  23  abgebildeten  Seite 
der  Schale  Nr.  16  deutlich,  weniger  klar  auf  dem  Innenor- 
nament von  Nr.  17.  Die  Fig.  24  abgebildete  Seite  von  Nr. 
16  unterdrückt  den  zweiten  Kelch  und  das  Miltelblatt  und  setzt 
die  füllenden  Palmetten blätter  unverständlich  genug  isolirt  in 
den  Hauptkelch:  die  andere  Seite  hilft  diese  Abkürzung  ver- 
stehen. Es  ist  die  Frage,  ob  diese  Form  mit  der  besonders  aus 
der  Ornamentik  der  milesischen  Vasen  uns  geläuGgen  fünf- 
blätterigen  Lotosblume  zusammenhängt.  Diese  ist  im  7.  und  6. 
Jahrhundert  nicht  eben  häufig,  kommt  aber  grade  in  joni- 
schen  Kreisen  hier  und  da  vor,  z.  B.  auf  den  cäretaner  und 
auf  den  pontischen  Vasen.  Daneben  ist  aber  eine  andere  Mög- 
lichkeit zu  erwägen,  nämlich,  dass  der  äussere  Kelch  aus  ei- 
ner Behandlung  der  äusseren  Kelchblätter  hervorgegangen  sei, 
wie  ihn  z  B.  eine  cäretaner  Hydria  (Endt,  Beiträge  S.  14  Abb. 
7).  die  selinunter  Simen(Dörpfeld,  Verwendung  von  Terrakot- 
ten am  Geison  und  Dache  griech.  Bauwerke  Berlin  1881,  Taf. 
2,  2  3)  u.  a.  zeigen,  wo  der  untere  Teil  dieser  Kelchblätter 
vom  oberen,  auch  durch  die  Farbe,  getrennt  und  selbständig 
gemacht  ist.  Die  Form  unserer  Augenschale  kommt  wieder 
vor  auf  den  manierirten  Amphoren,  für  Lotosblumen  sowol 
wie  für  den  Donnerkeil  des  Zeus'.  Auch   hierdurch   werden 


Derartig  stilisirte  Blumen  Gnden  sich  auf  den  Amphoren  München  72 


wir  auf  den  Osten  gewiesen,  zu  dem  diese  Vasenklasee  die 
ailernächsten  Beziehungen  liat.  In  Attika  kann  ich  sie  nur  noch 
einmal  nachweisen,  nämlich  auf  der  Sima  von  der  Akropolis 
Denkmäler  I  Taf.  38,  B.2. 

Wichtig  für  die  Charakteristik  der  ornamentalen  Richtung 
der  Kunst  in  der  Heimal  der  Augenschalen  ist  nelten  der  Lo- 
toslilume  die  eigentümliche  Itankenführung,  wie  sie  auT  Nr. 
17  seillich  von  den  gegenständigen  Blumen  spielt'.  Sie  ßndel 
iliresglerchcn  in  den  Henke  In  rnamenten  einer  kleinen  Gruppe 
weissgrundiger  Oinnchoen ,  welche  der  Werkslatl  des  Nikn- 
sllienes  entstammen  uder  doch  in  nUclisli^r  Verbindung  mit 
ihr  stehen,  gleichzeitig  aber  durch  ihre  hellen  und  dunklen 
Strahlen  sich  zu  unseren  Augenschalen  stellen^.  Dazu  kommt 
von  dem  mir  erreichbaren  Matcriule  ein  Ma- 
slos des  British  Museum  (ß,  681)  und  die 
Fig.  31  abgebildete  Kanne  des  berliner  Mu- 
seums Furtwängler  .Nr.  1922,  deren  un- 
gewöhnliche Form  und  Dekoration  es  nahe 
legt,  in  ihr  die  Nachbildung  eines  fremden 
Fabrikates  zu  sehen  Wir  linden  hier  ttberull 
die  langen ,  meist  fadenartig  gezeichneten 
Ranken  ,  die  in  sehr  weiten  Schwingungen 
von  ihrer  Wurzel  ausgehend  eine  kleine  Lo- 
Fig.  M  tosblule  auf  der  Spitze  tragen  .Charakteristisch 

für  sie  ist.dass  sie  in  ihren  Einbiegungen  sel- 
ten spiralige   Einrollungen    oder  Palmelten  ansetzen    lassen  ^ 


IKaro  J.ll.S.  XIX  IH99,  Ö.  MiO  (T.  II,  Ifii  und  etimn  Fragment  im  Museo 
inunicipau  zu  Orviel.i  ( Kaici  a.  a.  U.  II,  l.")?|;  ein  gleirli  slilisirtes  Blitz- 
biinilel  auf  Her  .nvieUner  Amphora  in  \-'U>mn  )  Kan.  I,  1  [. 

'  Furlwjliigler  fim  lierlinprKalaldg'  vergleicht  damit  richtig  das  Miltelor 
nainenl  ■ler  allisehen  Aiigcnschale  Lau  Taf.  17,  :f  rias  ebenfalls  ionisirl. 
Von  den  Itanken  al.gesehon  ciilspriclit  die  Slilisiriing  der  lüio&pen  der  auf 
dem  y.  79  Atiin.  t  genannten  Mastos. 

'  Es  sind  die  von  Nikasthenes  slgnirtcn  Uinochoen  Wienpr  Vorleiieblät- 
ler  t8M('JI  Taf.  -1,  I  und  2.  dann  die  Leiden  nichl  signirten  londoner  B,fi30 
\=J.H.S.  I  Taf.  2j  uud  <,i\  und  die  merkwürdige  Kanne  GolUrMon.  A.  Ca- 
sUtlani.  1881,  Taf,  t  mit  der  l.owiii,  die  den  Eber  niederreisst.dor  üäugcn- 


30  ttekomml  dos  Ornament  etwas  LpRres,  FnHenartiges.  Iüp 
Linie  lier  Ranke  wir'l  aU  das  llaupiplemenl  empfdntlpn  und 
liehandell,  und  diesen  Bindruek  versliirkt  die  nebensiichüclie 
Bfliandliin^  und  Kleinheit  der  krönenden  UliUen,  Das  kleine 


fl 


Henkelornament  auf  Fig.  10.  'i(l  stimmt  gut,  damit  liberein. 
und  es  will  mir  scheinen,  als  oh  die  rankenarli>;e  Zeichnung 
um  die  Augen  lierum,  wie  sie  sorjitältige  Exemplare  zeigen, 
besonders  die  Verbindung  der  Ohren  unter  den  Augen  hin- 
weg in  diese  Itiohtung  der  Ornamentik  hineinpasse. 

Die  Analogien  zu  diesen  Bildungen  sind  bekannt.  Die  Hunke, 
nicht  nur  in  einseitiger  ülntwickelung  als  Slreifenornament, son- 
dern aueh  in  mehrseiliger,  als  von  einem  Punkte  ausgehendes 
Centralornamenl,  Ist  ein  Tlieiiia,  über  das  sieh  die  griectiisclie 
Ornamentik  sctinn  im  8.  aber  namentlich  im  7.  und  6  .latir- 
hundert    in   unendlichen    Variationen   ergeht'.    Unter  diesi'n 

den  Kub.  dein  nii-geiiilun  Adler  und  dem  naluralislijii'hvn  Bniim,  der  auch 
auf  B,  ri20  sich  lindel.  Die  Uaiiken  kuuimeti  auf  den  beiden  londoner  und 
auf  der  pariser  Nikoslheties- Oinuclioe  vur.  Gf^mciii.iatn  ist  diesen  Kannen 
mit  den  r^-  7'J  Anni.  I  •iiil'gezüldle.n  Gerässun  übrigenü  die  Vuilietit!  Tür  pla- 
sljscbc  Venicrimg  durub  Küptc,  äcblangcn  u.s.w.  die  sich  auch  auf  der  al- 
tischen  Angensebnle  in  Derlin  l-'urlwangler  Nr.  '21)52  in  singui&rer  Weise 
äussert;  zwiüebeii  l-'uns  und  Korper  der  Mehalc  ixt  bier  ein  niännlicbes  Glied 
plastisch  angebracht. 
•  Mildem  von  einem  Mi ttclpunklaux  iwei-  uder  vierseitig  sieb  culwickela- 


90  J.    BOEHLAU 

nehmen  die  oben  zusammengestellten,  welche  wir  der  Fabrik 
der  Augenschalen  zuschreiben  zu  körtnen  glauben,  einen  sehr 
bestimmten  und  durchaus  charakteristischen  Standpunkt  ein. 

Zeit  und  Heimat. 

Die  zeitliche  Ansetzung  der  Augenschalen  wird  durch  ihr 
Verhältniss  zur  attischen  Keramik  erleichtert.  Ihre  Entste- 
hung, d.  h.  die  des  Typus,  muss  spätestens  in  den  Anfang  des 
6.  Jahrhunderts  fallen,  da  nicht  lange  darauf  Exekias  ihn 
schon  vorfindet  und  verwendet.  Dieser  Ansatz  stimmt  zu  den 
Schätzungen  ,  welche  für  die  Reste  jonischer  Keramik  heute 
ver3uchl  werden  können, und  die  im  Wesentlichen  auf  der  Da- 
tirung  der  griechischen  Ansiedelung  in  Daphnä  und  auf  dem 
V^ergleich  der  klazomenischen  und  attischen  Malerei  beruhen  ^ 
Die  erhaltenen  jonischen  Augenschalen  bestimmten  Jahrzehn- 
ten des  Jahrhunderts  zuzuweisen,  fehlt  jeglicher  Anhalt.  In 
Altika  ist  der  Typus  besonders  von  der  Generation  des  Niko- 
sthenes  gepflegt  worden.  Seiner  Werkstatt  oder  doch  seiner 
Richtung  gehört  die  grosse  Masse  der  erhaltenen  attischen  Au- 
genschalen an.  Der  Kreis  des  Epiklet  übm*nimmt  sie  nach  ihm 
als  einen  der  Maupttypen  seiner  Erzeugnisse 

Weniger  bündig  ist,  was  sich  über  die  Heimat  der  Augen- 
schalen feststellen  lässl. 

Alphabet  und  Dialekt  der  Inschriften  der  Phineusschale 
lehren  in  unwidersprechlicher  Weise,  dass  sie  in  einer  joni- 
schen Werkstätte  entstanden  ist^.  Dort  sind  also  auch  die  oben 
als  sicher  jonisch  bezeichneten  Schalen  gefertigt,  und  dort  ist 
der  Typus  überhaupt  geschaffen  worden. 

Das  in  Frage  kommende  Gebiet  hat  Endt,  Beiträge  S.  37 
einzuschränken  versucht,  indem  er  die  Huchstabenformen  für 
inseljonisch  erklärte.  Nach  Bulles  und  meiner  Revision  (oben 


den  Ranken  mil  Falmetlen  und  BlumenfüUung  und  Krönung  hängt  auch 
die  Henkelpalmetlc  zusammen,  die  von  jenem  abgeleitet  ist.  Ich  hofle  dem- 
nächst ausführlich  auf  die  Frage  zurückzukommen. 

•  Zahn,  Athen.  Mitlh.  XXIIl,  1898,  S.  54.  77. 

2  Krctschmer,  Griechische  Vaseninschriflen  S.  55  f. 


DIE  JONISCHEN   AUGENSCHALEN  9! 

S.  47  ff.)  fallen  die  Gründe  für  diese  Behauptung  fort,  vor  al- 
lem der  einzig  wichtigere,  dass  Rta  in  HOPAO.  als  Hauch- 
zeichen  gelte.  Wir  lasen  ferner  P  (nicht  R),  und  ^  (nicht  f). 
Warum  aber  die  Form  des  X  für  die  Inseln  Ausschlag  geben 
soll,  gestehe  ich  nicht  zu  begreifen. 

Weiter  als  die  Inschriften  helfen  uns  die  stilistischen  Beo- 
bachtungen zunächst  nicht.  Was  wir  bei  der  Untersuchung 
der  Dekoration  der  Schalen  an  charakteristischen  Eigentüm- 
lichkeiten beobachteten,  ist  für  uns.  bei  unserem  Unvermögen 
die  einzelnen  jonischen  Stile  zu  unterscheiden, noch  Eigentüm- 
lichkeit der  jonischen  Kunst  überhaupt  So  die  Buntheit  der 
Erscheinung, die  uns  in  des  Asios  Versen  nicht  minder  wie  an 
den  chiotischen  Koren  und  auf  der  Northamplon- Amphora  als 
wesentlicher  Zug  des  Ausseren  jonischer  Kultur  entgegentritt. 
So  auch  die  pretiöse  Zierlichkeit,  die  dem  Schmuckbedürfniss 
alle  Bücksicht  auf  organischen  Zusammenhang  opfert,  eine 
xßpoTÜvyj  wie  sie  sich  auf  unseren  Schalen  z.  B.  in  der  Auf- 
lösung von  Nase  und  Ohren  zu  Banken,  in  der  Krönung  der 
Nase  mit  einer  zierlichen  Knospe  oder  in  der  Einfassung  der 
Panthermaske  auf  Fig.  1,  in  den  Schönheitspflästerchen  und 
zahlreichen  Dingen  mehr  äussert. So  endlich  auch  der  Bealismus 
und,  wo  sie  ihr  Feld  flndet,  'die  rücksichtslose  Kraft  der  Cha- 
rakteristik, welche  die  jonische  Kunst  zum  Sauerteig  von  ganz 
Hellas  werden  Hess*  (Löschcke,  Athen.  Mitth.  XIX.  1894, 
S.  512).  Eigenschaften  die  sich  neben  der  vorhergenannten 
oft  so  schwer  verstehen  lassen.  Alles  das  ist  für  uns  gemein- 
jonisch.  Und  gemeinjonisch  ist  auch,  was  wir  an  nicht  atti- 
schen,nicht  festländischen  Einzelheiten  beobachten:  die  pferde- 
füssigen  Silene,  die  Doppelflügel  der  Dämonenpaare  auf  der 
Phineusschale,  die  Beflügeiung  der  Athena  auf  der  Würzbur- 
ger und  <ler  münchener  Schale,  die  Haartracht,  der  Panther- 
kopf, das  achtspeichige  Wagenrad,  der  Tisch  des  Phineus  mit 
dem  lebendig  stilisirten  dritten  Beine ^  u.a.m. 


•  Biumner,  Die  Speisniische  der  Griechen,  Arch.  Zeitung  XLII,  1884,  S. 
I85,4-7,cilirt  für  diese  Form  noch  ein  chalkidischcs  Beispiel,  von  der  Adre- 
slosvase  Arch.  Zeitung  XXIV,  186()/raf.  206,  1,  und  zwei  von  cornelaner 


92  J.    BOEHLAU 

Einige  trachtgeschichtliche  Besonderheiten  scheinen  uns  in- 
dessen in  bestimmtere  Richtung  zu  weisen.  Die  Chitone  der 
Roreaden  sind  unterhalb  der  Gürtel  und  an  der  Schulter  ebenso 
stilisirt  wie  die  kurzen  Männerchilone  auf  den  chalkidischen 
Vasen  ;  dasselbe  gilt  auch  von  den  Chitonen  der  Harpyien, 
mit  den  rechts  und  links  über  den  Gürtel  herabhängenden  koX- 
7717X01;  auch  die  Gestalt  der  Morpho  mit  ihrer  ßlume  sowie 
die  ihrer  Genossin  und  die  der  Erichtho  haben  nahe  Pa- 
rallelen aiuf  chalkidischen  Vasenbildern.  Dazu  kommt,  dassauf 
unseren  Schalen  das  iMännerauge  in  der  abgekürzten  Weise  wie- 
dergegeben ist,  wie  wir  es  auf  Bildern  des  Mutterlandes  aus- 
schliesslich zu  sehen  gewohnt  sind,  und  dass  die  Sille,die  dar- 
gestellten Personen  mit  Inschriften  zu  versehen,  dem  Mutter- 
lande eigentümlich  ist,  nicht  dem  jonischen  Osten.  Aus  diesen 
Gründen,  wie  ich  vermute,  nimmt  Studniczka,  Jahrbuch  XI, 
1896,  S.  268  an,  dass  die  Phineusschale  'zur  Zeit  des  mei- 
stens unterschätzten  mutterländischen  Einflusses'  im  Osten  ent- 
standen sei.  Von  anderen  Fachgenossen  wird  sie  dagegen  vom 
asiatischen  Jonien  auf  eine  der  jonisch  redenden  Kykladen 
versetzt,  unmittelbar  in  das  Einflussgebiet,  wie  man  meint, 
der  chalkidischen  Kunst. 

Der  stark  chalkidisirende  Stil  wenigstens  der  Darstellung 
des  Phineusabenteuers  ist  unleugbar  ^  Auch  seine  Erklärung 
durch  chalkidischen  Einfluss  auf  die  Pabrikstätte  ist  nach  un- 
serer heutigen  Kennlniss  wahrscheinlich,  und  es  ist  eines  der 
wertvollsten  Daten  für  deren  Bestimmung,  dass 'intensive  Be- 
ziehungen zu  Chalkis  durch  die  politischen  und  Handelsver- 
hällnisse  für  sie  nicht  ausgeschlossen  sein  dürfen.  Die  weiter- 
gehende Folgerung  aber,  welche  die  Augenschalen  dem  asia- 
tischen lonien  abspricht,  müssen  wir  als  unbeweisbar  ablehnen. 
Wol  sind    die  Beischriflen   selten  auf  oslgriecliischen  Vasen, 


Grabfiesken,  Miisco  Gregonatw  II  Taf.  94.  Do  (=  l  Taf.  lOl.  102  Ausgabe  B). 
Ich  kann  kein  weiteres  hinzufüpcii  Die  Form  für  speciell  ehalkidiseh  an- 
zusprechen reicht  das  Material  nicht  aus. 

'  Noch  starker  äusscrl  sich  die  Verwandtschaft  auf  der  unten  S.  95  Anm. 
2  angeführten  Amphora  aus  der  Fabrik  der  Augensclialen. 


DIE  JONISCHEN  AU6ENSCHALBN  93 

aber  es  ^iebt  doch  nicht  abzuleugnende  Fälle  ^  und  schliess- 
lich könnten  wir  in  den  Beischriflen  so  gut  wie  in  der  Stili- 
sirung  der  Gewänder  chalkidischen  ßintluss  zu  sehen  haben. 
Dasselbe  gilt  für  das  in  der  Weise  mutlerländischer  Kunst 
gezeichnete  Männerauge.  Überdies  ist  es  mindestens  verfrüht, 
dies  der  Malerei  des  asiatischen  Joniens  abzusprechen;  im  Ge 
genteil,  da  allem  Anscheine  nach  diese  Abkürzung,  die  Thiersch 
(Tyrrhenische  Amphoren  S.  109)  richtig  auf  technische^Gründe 
zurückgeführt  hat,  gleich  auf  den  ersten  schwarzßgurigen  Ma- 
lereien des  Festlandes  auftritt,  so  ist  es  wahrscheinlich,  dass 
sie  nicht  erst  dort  aufgekommen  ist,  sondern  schon  in  den 
kleinasiatischen, in  schwarzfiguriger  Technik  arbeitendenWerk- 
Stätten  üblich  war. 

So  bleibt  es  bei  dem  weiteren  Kreise,  innerhalb  dessen  wir 
die  Heimat  der  Augenschalen  zu  suchen  haben,  und  die  Vor- 
stellungen, die  wir  im  Laufe  der  Untersuchung  von  ihr  ge- 
wonnen haben,  sind  mit  wenigen  Ausnahmen  so  allgemeiner 
Natur,  dass  wir  nur  raten,  nicht  bestimmen  können.  Eine 
jonische  Stadt  des  asiatischen  Festlandes  oder  der  Inseln,  im 
Besitze  einer  hoch  entwickelten  Kunstthätigkeit .  in  regem 
Verkehr  mit  Chalkis,  wahrscheinlich  ein  Mittelpunkt  des  Dio 
nysosdienstes.der  den  rechten  Boden  für  die  ßntwickelung  der 
dionysischen  Malerei  gab,  vielleicht  nicht  ohne  Beziehungen 
zur  nordischen  Kolonisation,  worauf  das  Interesse  am  Phineus- 
mythus  hinzuweisen  scheint:  es  bleiben  genug  Sriidte ,  die 
diesen  Bedingungen  nach  unserer  Kenntniss  soweit  gerecht 
werden  ,  dass  sie  auf  die  Augenschalen  Anspruch  machen 
könnten^.  Samos  und  Milet  nur  scheinen  mir  nicht  in  Frage 


•  Es  sind  der  Ruphorbosteller,  die  naiikralische  Scherl^e  IVnukralis  II 
Taf.  5,  6  inil  unverständlicher  Beischrlfl.  der  Aryhallos  inil  dem  troischen 
y  Pferd  Jahrbuch  VII,  1892,  Taf.  2  (vgl.  Dihnmler,  Arch  Anzeij,'er  1892 
S.  75),  dessen  Beischriflen  gleichfalls  verdorben  sind,  und  die  vulcenter 
Amphora  Gerhard,  A.  V.  Taf.  *2()5,  3.  4.  Die  keTsche  Amphora  Monumenii 
VI  VII  Taf.  78  lasse  ich  als  'inseljonisch '  aus  dem  Spiel,  die  Arkesilas- 
schale  könnte  in  dieser  Beziehung  unter  korinthischem  Einflüsse  stehen. 

3  Duhn  benutzt  in  der  oben  8.42Anm.  i  citirten  Festschrift  die  Bestim- 
mung der  nördlichen  Vegetationsgrenze  der  Palme,  wie  sie  Tb    Fischer  in 


94  J.    BOBHLAU 

zU  kommen,  dieses  wegen  seiner  erbillerten  Feindschaft  mit 
Chalkis,  die  kulturelle  Berrührungen  doch  wo!  ausschloss,  je- 
nes, weil  bei  den  habichschen  Ausgrabungen  in  der  polykra- 
tischen  Nekropole  sich  unter  Tausenden  von  Scherben  grade 
von  Schalen  nur  von  einer  Aujgenschale  Fragmente  im  Schulte 
gefunden  haben  (Nekropolen  S.  51). 

Finer  ansprechenden  Kombination  muss  aber  zum  Schlüsse 
gedacht  werden,  dip  mir  Wolters  nahelegte:  dass  wir  in  un- 
seren Augenschalen  vielleichl  dieTr/i«i  xu^i/vat  des  AJkaios  vor 
uns  haben.  Freilich  müssen  wir  uns  die  Schalen,  aus  denen 
beim  Koltabos  die  Tropfen  flogen  ,  wol  von  Metall  gefertigt 
denken,  denn  der  angeklebte  ihönerne  Henkel  hätle  den  An- 
forderungen,die  das  Spiel  an  seine  Haltbarkeit  stellte, schwer- 
lich genügt.  Damit  ist  aber  der  Anspruch  unserer  Augenscha- 
len auf  die  alkäische  Frwähnung  nicht  erledigt.  Ihr  oben  dar- 
gelegter Zusammenhang  mit  den  «piicXat  (xcoöfxfaXoi  in  der  Form 
und  mit  Kyathos  und  Mastos  in  der  Ornamentik,  drei  ausge- 
sprochenen Metallformen,  spricht  für  eine  intensiv  betriebene 
Metallurgie  in  ihrer  Heimat,  und  wie  es  zweifellos  metallene 
Tassen  und  Näpfe  der  oben  S.  79  Anm.  1  beschriebenen  Art 
gab,  so  gewiss  auch  metallene  Augenschalen,  deren  Schmuck 
für  reich  eingelegte  Arbeiten  wie  berechnet  ist.  Metallene  Scha- 
len, in  der  ersten  Hälfte  des  6.  Jahrhunderts  in  Gebrauch,  in 
ihrer  Figenart  nach  Form  und  Schmuck  vom  gleichzeitigen 
Handwerk  durch   ganz  Hellas  anerkannt:  das  setzen   die  Al- 


Petermanns  Mitt«Mlimf»:en,Ei^änzungsl)an(!XIV,  1880  1881  Nr.(U  festgeslellt 
hat,  um  die  in  Fia|>e  koinrnendeii  Mögliclikeilen  zu  v<*riingerii.  Fischer  lässl 
sie  nördlich  von  Milet  und  nordöstlich  von  Sanios  vorühor  durch  Chics 
(Siraho  XIV,  I,  35)  auf  Euhöa  zugehen.  Die  Phineusschale  rnil  ihrem  an- 
schaulich geschilderlen  Palmenhain  müsste  also  in  Milet  gemacht  sein.  Ich 
glaube  nicht,  dass  man  dieseGrenzhestimmung  so  ^'cnau  nehmen  darf.  Wenn 
Ephcsos  auf  seine  Münzen  ein  Palme  setzt  ( Imhoof-Blumer  und  O.  Keller, 
Thier-  und  Pllanzenhilder  Taf.  2,  3G).  so  folgt  daraus  doch  wol,  dass  eine 
solche  dort  an  einem  Heiiigtume  oder  sonst  an  hervorragender  Stelle  stand, 
und  Palmen  kommen  heute  noch  in  Smyrna  fort.  Überdies  konnte  der  Ma- 
ler die  Palmen  auch  ausserhalb  seiner  Heimat  gesehen  haben.  Endl  a.a.O. 
macht  darauf  aufmerksam,  dass  auch  auf  dem  klazomenischen  Sarkophage 
n  Dresden  eine  Palme  vorkommt. 


DIE   JONISCHEN    AUGENi^CHALEN  95 

kaiosverse  voraus,  und  das  trifft  auf  die  Augenschalen  zu.  Und 
Teos  entspricht  auch  den  oben  skizzirlen  Vorst^^llungen  von 
ileren  Heimat  in  besonderer  Weise.  Eine  reiche  Stadt  im  Mit- 
telpunkte jonischer  Kultur,  der  Sitz  eines  hochberühmten 
Dionysoskultus,  war  sie  mit  Chalkis  durch  Bande  der  Slam- 
mesverwandtschaft  verbunden  ,  deren  Gedächtniss  nicht  nur 
die  Gründernamen  sondern  auch  staatsrechtliche  Benennungen 
aufrecht  erhielten  ^  Die  Kolonisation  von  Abdera  und  Phana- 
goria  aber,  die  in  der  Zeil  der  ersten  Persernot  erfolgte,  setzt 
voraufgegangene  längere  Beteiligung  an  dem  norilischen  Handel 
voraus.  Natürlich  wird  durch  dies  Zusammentreffen  Wolters 
Kombination  nicht  über  die  Geltung  einer  Hypothese  erhoben. 
Wer  des  Alkaios  xuXij^vai  in  einer  der  zahlreichen  Arten  der 
Randschalen  sehen  will, z.B.  den  zierlich  ornamentirten  Scha- 
len  der  Kleinmeister  oder  deren  jonischen  Vorbildern,  ist  nicht 
zu  widerlegen.  Für  unsere  Untersuchung  hat  sie  aber  jeden- 
falls den  Wert,  dass  sie  deren  Resultate  in  bündiger  und  kon- 
kreter Weise  zusammenfasse 

Verwan  dtes. 

Eine  Fabrik,  welche  die  Höhe  technischer  Meisterschaft  er- 
reicht hat,  die  unsere  jonischen  Augenschalen  bezeugen,  hat 
sich  gewiss  nicht  auf  die  Herstellung  einer  Getässgattung  be- 
schränkt. Und  da  der  Vertrieb  ihrer  Waren  nach  der  verhält- 
nissmässig  nicht  unbedeutenden  Zahl  auf  uns  gekommener 
Augenschalen  ein  reger  war,  so  ist  zu  hoffen,  dass  sich  unter 
der  Masse  schwarzfiguriger  Vasen  italischen  Fundortes  noch 
manche  ihrer  sonstigen  Erzeugnisse  finden.  Auf  die  Wahr- 
scheinlichkeit -  wir  können  noch  nicht  sagen  Gewissheit  — , 
dass  Kyathoi  und  Mastoi  mit  der  Dekoration  der  Augenscha- 
len in  deren  Heimat  gefertigt  seien  ,  habe  ich  oben  S.  79 
Anm.  1  hingewiesen.  Ferner  hat  Löschcke  ^  eine  heute  ver- 
schollene Amphora  mit  der  Rückführung  des  HephaistosderFa- 


*  Busolt,  Griech.  Geschichte  I  S.  217,7(8.312,1  der  zweiten  Auflage), 
a  Bei  Bulle,  Silene  S.  8,  14;  Athen.  Mitlb.  XIX,  1894,  8.  512. 


98  J.    BOEHLAti 

brik  der  Aiif(enschalen  zugewiesen.  Icli  liulie  auf  die  Publika- 
liüii  der  mir  giUigst  ziii' Vpff'iigimg  ijesiclltpn  Pausen  verzrchtel, 
da  Zulin  aus  deulsi-lif>n  und  ilulis(?lK'ii  Museen  eine  grossere 
Anzahl  von  Ani|i)iiiren  zitKainrnengebraclil  liat,  die  ei  gleicii- 
l'alts  auf  unsere  Kaliiik  zurückfüliren  zu  können  glaubt.  .Seine 
VerolTentlicIiuiig  slelil  bevor. 

So  beschränke  ich  mich  heute  darauf,  die  Rlinwirkiing  iin- 
si'iTi'  Augensehaien  auf  eine  andere  joniache  Fabrik  unfzuzei- 
geii.  Ich  linile  eine  solche  in   den  Fig.  35-34  abgebildeten 


Ainplioren  ans  Munclicn  und  Leiden. zu  denen  eine  dritte  lei- 
dt-ner  kiiniilit.  die  un  Stelle  des  DelphiiiM  aul  Fig.  34  einen 
Masen  setzt'.  Der  Kinlluss  der  Augensehaien  scheint  mir  un- 

■  h'iit  :t;'  iiiiil  :j;i  tiildni  Hio  iniinchoiicr  Aiupliora  Jabn  Nr.  1008  ab.  Fi^. 
'A\  dit>  leitlener  Ainphora.  äie  sind,  wie  dit!  leidener  mil  dem  Hasen,  toii 
Ulidl,  BeitrUgv  S.  6:;  urw^hnl.  Imt;  ist  dessen  Angabe:    'Sanimluug  S\\', 


verkennbap-  Niclil  nur  in  der  Verwendung  der  Augen.  Die 
Art  wie  diellörner  der  'rierkiijire  anf  dei"  miincliener  und  die 
Scltlanffen  aui'der  leidener  Amplinra  dureli  ihre  Linie  die  Au- 
genbrauen ersetzen,  wie  auf  jener  tlie  Zweige,  auf  dieser  die 
Schlangen  den  unteren  L'nirigs  des  Aiij^es  begleiten,  erinnert 
an  die  Verwendung  der  Weinreben  auf  den  Schalen  Fig.  l8-"30. 


Oie  Knospe  über  dem  liucksltopfe  gemahnt  an  die  ständige 
Krünung  der  Nasen  auf  unseren  Scbalen,  und  zu  dei'  Anbrin- 
gung der  Tierkopfe  überhaupt  wäre  der  Mantherkopf  von  der 
Pbineiisscbale  zu  vergleichen.  Keinesfalls  sind  die  Amphoren 
Originale  aus  der  Fabrik  der  Augenscbulen,  dagegen  spricht 
schon  die  ganz  verschiedene,  sehr  minderwertige  1'ecbnik  der 
dickwandigen  schweren  Gelasse  mit  ihrer  stumpfen  Tbonfarbe 
und  ihrem  ungleiehmässigen  Firniss.  B»  sind  auch  kaum  Ko- 
pien von  Amphoren  aus  unserer  Fabrik.  Die  Dekoration  ist 
zu  schwer,  und  die  Ail  wie  der  Maler  der  münchener  Am- 
pliora  durch  llinzurügcn  der  Stirnlocken  und  des  Diadems 
etwas  pedantisch  eine  weitere  Anähnlichung  an  das  mensch- 
liche Gesicht  versucht  hat,  entspricht  wenig  der  überlegenen 


Leide  Amphoren  tiefiiidiTi  sicli  im  leidener  Altertuinsmu-ieuni.  .Stall  Mün- 
chen In».  284  ist  bei  ihm  zu  lesen;  Jahn  Nr.  1008.  Die  Photographie  der 
leidener  Amphora  Terdanke  ich  J.  Six.  die  Brlaubniss  zur  Piihlikalion  Di- 
rektor Pleyle   Vorder-  und  Riickseile  der  leidener  Amphoren  ist  gleich. 

ATMEN.   MlTPHBII-UMiEN   XXV.  7 


Hantniabiinp  der  Formen  auT  tieii  Augcnschaten  '.  Wo)  aber 
knrinle  man  sil-Ii  denken  diiss  eine  Überlra><un^  slallj^eriinden 


Audi   die  AnswalM   Her  Tiere,  die  auf  den  Amphoren 
verwendet  werden,  lallt  in  den  SlalTkreis  der  Augensclialen. 


'  Ich  halte  es  fdr  wahrscheinlich,  dass  Endt  sie  tnJl  Rechl  Hi^r  jonischen 
VasviigHtlunK  ziiReteill  hat,  deren  IlnuptTcrlretet  die  hcritncr  Aniphorft 
Furl«äni;:lRr  1676  uiil  dem  Tiilon  und  dem  siUciiden  Dionjüus  nnd  Apollon 
I  Gerhard  A.  V.  Tnr.  9,  tSndt  S.  63.  Bk  Ahh.  \2  und  43  I  und  die  munchc- 
ncr  Jahn  105(>  tnil  dem  Bilde  des  Odysscus  unter  dem  Widder  (Micali.Sluna 
Taf.  Itgjüi  ist.  Charakteristisch  für  sie  <iind  die  laufenden  Oeslallen  (Min* 
ner,  Jünglinge,  Frauen)  mit  grossen  Epheuhlallern  an  spiralig  gerollU 
Slilcn,  die  dekorativ  eine  von  den  Figuren  ganz  unahhängige  Rolle  spid 
Vgl.  ausser  der  Abbildung  bei  Micali  Hauser  im  Jahrbuch  189S  8. 178  N)4 


DIE  JONlSCHtN   AUGKNSCHALBN  99 

Stier  und  Bock,  Schlange  und — in  Jonien  !  —  Delphin  sind 
des  Dionysos  heilige  Tiere,  und  den  Hasen  sehen  wir  so  oll 
in  der  Hand  seiner  Begleiterinnen,  der  Mänaden.dass  wir  wol 
nicht  fehl  gehen,  wenn  wir  auch  ihn  für  dionysisch  erklären. 
Zu  einem  Bedenken  an  dieser  Deutung  könnte  der  dreieckige 
Fleck  auf  der  Stirne  des  Stierkopfes  der  münchener  Amphora 
veranlassen,  das  Zeichen  des  Apis,  dessen  Gegenhild  man  als 
den  Bock  von  Mendes  zu  erklären  versucht  sein  könnte.  Aber 
der  ganze  Zusammenhang,  namentlich  auch  die  leidener  Am- 
phoren mit  Hasen,  Delphin  und  Schlangen  sprechen  dagegen. 
Dass  in  der  Gestaltung  des  Stirnflpckens,  vielleicht  auch  in 
der  Bildung  der  Hörner  eine  Reminiscenz  an  ägyptische  Apis- 
bilder vorliegt,  wäre  natürlich  möglich,  und  hei  den  Beziehun- 
gen  Joniens  zu  Ägypten  auch  nicht  verwunderlich. 

J.  BÖHLAU 


Zu  den  von  Endt  aufgezählten  kann  icli  l)inzufügen,  siclieilich  ohne  dami. 
den  uns  erhaltenen  Bestand  zu  erschöpfen :  zwei  Tassen  München,  Jahn 
1046.  iÜ48,  einen  einhenkligen  Kantharos  ohne  Fuss  ebenda  Jahn  i067,  ei- 
nen eltensolchen  mit  Fuss  Neapel  905,  alle  mit  laufenden  Frauen  mit  Blät- 
tern. Ferner  die  Würzburger  Amphora  Urlichs  339:  Dionysos  zwischen  Mä- 
nade  und  menschenfüssigem  Silen,Rückseite:  Hephaislos  (ohne  Andeutung 
der  Verkrüppelung)  auf  Maultier  sitzend  zwischen  zwei  Männern,  deren  ei- 
ner (Dionysos?)  das  Tier  am  Zügel  führt;  eine  florentiner  Amphora:  Dio- 
nysos, laufend  zwischen  zwei  menschenfüssigen  Silenen  und  Nymphe  t 
Rückseite:  Mann  und  gezäumtes  Pferd;  eine  Amphora  in  Bonn:  gleichfalls 
mit  Dionysos,  Silen  und  Manade, Rückseite:  sitzende  umschauende  Sphinx, 
Mit  den  'pontischeo*  Vasen  hat  die  Klasse  nichts  zu  thun.  Sic  gehört  ei- 
ner Richtung  an, die  etwa  derjenigen  der  Northampton -Amphora  und  ihrer 
Verwandten  parallel  ist. 


Nr.  15 


HIPP0STRAT08  VON  MILET 
(Hierzu  Tafel  IV) 

In  dem  vorlaufigen  Bericht  über  die  von  den  Königlichen 
Museen  begonnenen  Ausgrabungen  in  Milet  hat  R.  Kekule 
von  Stradonitz  bei  der  Besprechung  der  gefundenen  Inschriften 
ein  lllhrendekret  des  Bundes  der  lonier  für  Hippostratos,  Hip- 
podemos  Sohn  aus  Miiet,  erwähnt'.  In  der  Aprilsitzung  der 
berliner  Archäologischen  Gesellschaft  habe  ich  dann  die  nähe 
ren  Mitteilungen  über  den  Pund  gemacht,  welche  im  Folgen- 
den wiedergegeben  werden. 

Die  Inschrift  steht  auf  einer  stattlichen  Stele  von  bläulichem 
Marmor, welche  oben  und  unten  mit  Profilen  geschmückt  ist; 
ihre  Höhe  beträgt  1,94'",  ihre  Breite  oben  0,55,  unten  0,61, 
die  Dicke  0,24.  Die  Höhe  der  Buchstaben  schwankt  zwischen 
0,01  und0,014,  der  Zeilenabstand  ist  0,013.  Das  obere  Pro- 
fil ist  0,085,  das  untere  0,10  hoch.  Die  Erhaltung  ist  bis  auf 
Verletzungen  an  diesen  und  geringe  Versinterung  gut.  Auch 
der  Einsatzzapfen  (Höhe 0,13)  ist  erhalten.  Nach  einem  leeren 
Baume  von  0,11"  Höhe  folgt  das  Dekret  (vgl.  Taf.  4);  der 
untere  Teil  der  Stele  von  0,698"  Höhe  ist  leer  geblieben. 


1    "ESo^sv  'Iü)v(i)v  Töi  xoivo)t*  eTvciSy)  'l7C7c6<JTpaT0;  'Itctco- 

pii^^ou  xat  orpaTToyo;  im  töv  ttöXküv  töv  ^Icovcüv 
xaraoTadci;  oixcio);  xai  ^ i>av9pü>7U(i);  xal  ihioa  i- 
5      xde9T7)i  T(i)pL  ;c6>e(i)v  xxi  xotvyit  "Icoot  ^ptbjjLevo;  Sia- 


*  Silzungsberichle  der  Kgl.  preussischen  Akademie  der  Wissenschaften 
zu  Berlin  1900  S.  lll  f. 


•  •  -  ■  •   • 


HIPPOSTRATOS  VON   MILET  fOi 

TiXsl'  iyaOfit  Tujf^tjt*  XeXöj^^öat  tcöi  x-otvcot  twi  'Icb- 

vaiv  cTcaivcoat  *l7c?v6oTp.aTOv  *I7c?voSt)|jiou  api- 

TTi;  evcxc  xal  suvota;  y}v  e^^ci^v  SiaTC^cI  Tcpo; 

TO  xoivov  t6  'I<i)v<i)v  xai  «ivai  autov  iitXri  tcävtwv  dv  (roil^y 

10      wöXsai  Tai;  'Icovwv  ri  auri  Xi  ÖTcctp^siv  'IicTcoaTpct- 
TCi)i  auT(i5t  xal  ixyovoi;'  ffTYi^ai  hi  auToO  xal  cixöva 
]^aXx>)v  ff*  iTviPOu  c|Ji  navi(i>via>i*  dXeo6ai  ii  icöXsic 
Suo  in^Y)  aiTive;  ciri|jisXT)O0VTai  otcü)^  av  y)  cixcov 
7}  'iTCTCO^Tp&TOu  dTaOijt  xara  TCtj^oc,  iva  xai  ol  XoitcoI 

15     TcavTs;  ciS(iäotv  ort  "Icüvs;  tou;  xaXou;  xai  aya- 
dou;  avSpa;  xal  ypiiont.  ?vap6]^0|jievou<  Tai;  iPoXi- 
Ol  Tt(A(iäoi  {üipiai;  Tai;  irpooYixou^aic*  airevfiYxsiv  Sc 
Exd:oTOu;  Tc&pt.  ßouXsuTciäv  ra  8YV(i>(T|jiEva  ''Icüotv 
fi(  Toc;  iSia;  iröXfi;,  oipü);  uirap]^Y)i  iv  toi;  {y}|jio9ioi; 

20     avaycYpaiAfAiva  Ta  8yvci)a|Jicva  uwo  'Iwvwv 

TO  Se  SöyiAa  töSc  avaYpöc^at  ci;  to  ßd:9pov  ty);  ci- 
xövo;  TY);  *l7C770OTpaT0u  i(i.  navia>vi(i)i  xal  exd:o- 
TYiv  Töv  ir6X6(i)v  icapi  auTTji  ii;  aTYiXtiv  Xi9t- 
vYjv.  woXct;  T}tpi6irio:av  MiXtoto;  'Apaivosia. 


25  inl  TcXeoiou   IlavyiiAOu. 

TO  ^if)fto|jia  TO  ix  riavtaivtou  xupcüdiv  iSo^c  t^i 
Sifluait  avayp^^at  ii;  to  Sioftoaiov  T)pe9r,oav  Ss 
xal  iTctaTotTai  tu;  stxövo;  t^;  'IwicodTpdTOu  toö 
'IwwoXyifAOu  xaTa  to  ^r)fiaji.a  tö  \|;y)9i<j6cv  utco  'Iü)- 

30     va>v  'Ap]^iSY}[i.o;  ^ApiOTOxpetTOu,  ^ApLstvta;  KpaTeoi>. 


67cl  TcXsffiou  AY}vat(iävo;. 
eSo^i  TÜt  ßouXtii*  npa>TÖfAa^o;  IluXiou  eiwiv  owü); 
al  Ti(i.ai  al  ^'lOf  loOit^ai  *l7r?vo(7TpaTCi)i  Ta>i  *l7ciroSY)u.ou 

ÜTCO   TOÖ    XOIVOU   TOU    'IwVWV    (TUVTsXo^VTai    XttTa    TOt- 

35     j^o;  ScSoj^ftat  tyii  ßoi/XiJi  tou;  teij^otcoioÜ;  ctci- 
|AEXT)9^vai  xal  a770fi.toO(i>oai  tt]v  spytt^iav  tt); 
9TY)Xt};  xal  tt}v  avaypafTjv  töv  yvwaöevTWV 


102  C.   FREDRICli 


Rtwa  21  Zeilen  des  Dekretes  waren  schon  durch  das  ent- 
sprechende Exemplar  von  Sinyrna  bekannt,  welches  im  Jahre 
1872  nach  Athen  gelangte  und  sich  jetzt  im  *E6vtx6v  Mou<rctov 
befindet  (  Diltenherger,  5>///o^^^  189)  Der  0,40"*  hohe,  ebenso 
breite  und  0,14  dicke  Stein  stamml  von  einer  Stele  blauen 
Marmors;  er  zeigt  nur  noch  links  die  ursprüngliche  Bearbei- 
tung, sonst  ist  er  in  späterer  Zeit  glatt  abgearbeitet  und  zwar 
oben  und  rechls  ausserdem  noch  stark  ausgeschlis^'en.  Da  eine 
neue  Vergleichung  des  Originales  durch  II.  von  Prolt,dem  ich 
auch  die  vorstehende  Beschreibung  des  Steines  verdanke,  eine 
Reihe  von  Verbesserungen  ergeben  hat  und  die  Ergänzungen 
sich  mk  Hilfe  des  milesischen  Stückes  richtiger  gestalten  las- 
sen, so  mag  der  ganze  Text  noch  einmal  hier  stehen: 


1    ^'ESo^cv  *Ia>v(i>v  rm  xoivc&i  to^v  Tpc[toxai- 

jjLOu  Mi>Y)(iio^  (piXo;  civ  tou  ßa<TtXca>[;  Auci- 

5      Tcjv  'Ii:S(i)v  xaTa^Tadei;  oixeia>;  x[ai  fi- 
>.avOp(i>77a>;  xai  iSiai  iKOLOTfii  To^fA  ir[öXc(i)v 
xat  xoivYii  "1(1)^1  ^püpiEvoc  Siare^ei'  aya[6Tii  tü- 
j^TOr  Si86)^6ai  täi  xoivcii  iwaiveoai  *l7rTCÖ[aTpa- 
Tov   'l7r7ro8y)[JLou'  Mi^t)«5iov  ipsTri;  6vix[6  jtat 
10      lOvoiag  T)v  [eJx^^  StaTg^ei  wpo;  to  )toiv[6v  t6 
*Ia)v(t)v  Kxi  eivat  au  rov  ireXT)  tc&vtwv  d,  v  Tai? 
TcöXeat  Tai;  töv  'Iwvcov  TauTa  Se  o;cap[j^iiv 
'l7C7C0TTp[d]T(i>'.  auTcJi  xat  ix.yövo\;'  aTyi(ia[t  Sc  au- 


*  Zwischen  [i  iiml  o  befand  sich  schon  bei  der  Einmeisselun^  des  Dekre- 
tes ein  Riss  von  der  Breite  eines  Buchstabens;  er  hat  auch  in  den  folgenden 
Zeilen  einzelnen  Buchslaben  geschadet. 


HIPPOSTRATOS  VON   MILET  i03 

TOÖ  XÄi  eUöva  j^aXxYJv  i^'  itctuou  ifx  navici)[vtci>f 

ffovTai  OTccü^  av  t}  sixcjv  t}  *lTCWoaTp«To[u  «jTa- 
9y)i  xaxi  Taj^o;,  iva  xai  ot  Xoiwot  wavTe;  [etöö- 
(jiv  OTi  *'Ia)ve;  tou^  xaXou;  xat  aya9oii[; 

20      <Ji  Tipiödt  Scopcai;  rat;  TCpo<J7)xou«jat;'  [aTrevEy- 

X61V    Se    ixdtdTOO;   TÖJI.    ßouXlUTÖV   xi   6y[v<i)(JüL6- 

TOi;  Sioiiootoi^  ivaY6Ypa{i.ji.6va  Ta  6[yvü)<j- 
ji.6va  uTiro  'Iü)vci>v  to  Si  86y|/a  ToSe  [ivaypa- 

25      ^a]i  ei;  t6  ß&9pov  ty5;  etitovo?  ttj;  'I[7C7iro<JTpx- 
TOu  i][L  nravi]ü)[v]tü)[i  xai]  6Jt[x]aTY}[v  t<üv  ttöXiwv 

•  •     •  ■     •     • 

[icapa  auTTii  si;  (jttj^iqv  Xi6ivy)v.] 


Bei  einer  Vergleichung  der  beiden  Texte  machen  sich  eine 
Reihe  redaktioneller  Verschiedenheiten  bemerkbar,  am  mei- 
sten wo!  der  Zusatz  in  dem  Exemplar  von  Smyrna  töv  Tp6[i<i- 
xaijScxa  woXcwv  zu  der  gewöhnlichen  Sanklionsformel  tSoSev'Io)- 
va>v  Töt  xotvöt.  Man  darf  vermuten,  dass  er  mit  einem  gew^is- 
sen  Stolze  nur  in  dieser  Stadt  gemacht  worden  ist,  deren  Wie- 
deraufnahme in  den  Bund  nach  Beendigung  der  Neugründung 
derselbe  König  Lysimachos  bewirkt  hatte  *.  Die  neue  Urkunde 
giebtunsdie  Bestimmung  über  die  Niederschrift  des  Beschlus- 
ses auf  Stein  für  alte  Bundesslädte,  wie  sie  auf  dem  Ehren- 
dekret für  König  Antiochos  II  steht  (Michel,  Recueil  Nr. 
486), und  die  Namen  der  beiden  Städte,  welche  die  Ausführung 
des  ehernen  Reiterstandbildes  im  Panionion  besorgen  sollen: 
Milet,  die  Vaterstadt  des  Geehrten,  und  Arsinoeia,  die  be- 
deutendste Neugriindung  seines  hohen  Gönners,  das  verlegte 
Ephesos.  Slrabo  (XIV,  640)  und  Stephanos  von  Byzanz  (s.v. 


'  E.s  müsslß  bei  Vilniv  IV,  1:  cuins  iSielites]  (oco  postea  regis  Aiiali  pi 
Arsinoes  heneficio  Smyrnaeorum  civilas  inier  fonas  est  recepta  für  reyis 
AlUiU  vielmehr  regis  Lysimaclii  heissen.  Vgl    Dillcubergei  a.a.O.  Antn.  1. 


104  C.    FBEDRICH 

''Efcoo;)  nennen  sie  'Ap<nv6in,  während  auf  Münzen  nur  die 
Abkürzung  'Apai  vorkommt' ;  hier  erseheint  der  Name  in  der' 
üblichen  hellenistischen  Form. 

Dem  Beschlüsse  des  xoivov  hat  das  Volk,  von  Milet  unter 
dem  Archon  Telesias  im  Monat  Panemos  zugestimmt.  Es 
beschliesst  die  Eintragung  der  Ehrung  ihres  Mitbürgers  in  die 
städtischen  Akten  und  wählt  zwei  Männer,  welche  gemäss 
dem  der  Stadt  zugefallenen  Ehrenamle  mit  zwei  anderen  aus 
Arsinoeia  die  Commission  für  das  Reiterdenkmal  bilden  sol- 
len, Archidemos,  Aristokrates  Sohn^,  und  Ameinias,  den 
Sohn  des  Krateas. 

Der  dritten  Forderung,  weiche  der  Bundesbeschluss  enthält, 
konnte  offenbar  der  Rat  allein,  ohne  das  Volk  zu  fragen, nach- 
kommen. Er  hat  sich  dieser  —  ihm  wol  pekuniär  lästigen  — 
Pflicht  erst  im  Monat  Lenaion  unter  demselben  Archon  erin- 
nert, hat  sie  dann  aber  sofort  erfüllt.  Auf  Antrag  des  Proto- 
machos,  Pylios  Sohn,  beschliesst  der  Rat,  die  Tet^oicoioi  sollten 
die  Angelegenheit  in  die  Hand  nehmen,  die  Arbeit  der  Stele 
und  die  Aufschrift  der  Beschlüsse  verdingen ;  die  Ausgaben 
solle  ihr  Schatzmeister  des  laufenden  Monats  aus  seiner  Kasse 
(tol  Tftxoiroixa)  bestreiten. TsixoTcoioi  kann  es  in  jeder  befestigten 
Stadt  im  Bedarfsfalle  gegeben  haben;  bezeugt  waren  sie  bisher, 
soviel  ich  sehe,  nur  in  Athen  und  Oropos  (Ditlenberger,  Äy/- 
loge^  516).  In  Milet  haben  sie  seit  dem  Jahre  334  sicherlich 
öfter  zu  ihun  gejiabt.  Ihr  Schatzmeister  leistet  in  diesem 
Falle  aus  seiner  noch  gefüllten  Kasse  die  Zahlung,  wie  in 
Athen  der  tcl^ax^  töv  aTpaTicüTtxöv  ähnliche  Ausgaben  seit  dem 
vierten  Jahrhundert  so  häufig  auf  die  seinige  übernimmt. 
Wieviel  Zeit  zwischen  dem  Volks-  und  dem  Ratsbeschlusse 


«  L.  Müller,  Die  Münzen  des  thracischen  Königs  Lysimachus.  Kopenhagen 
1858,  S.  80.  Head,  Coinage  of  Ephesus,  Numismatic  chronicle  1880  S.  124  ff; 
1881  S.  18  f. 

^  Ein  Aristokrates  (vielleiclil  derselbe)  kommt  auf  einer  Didrachrae  von 
Milet  aus  der  Zeit  zwischen  300  und  l»50  vor:  Catalogue  of  Greek  cotm  in 
tke  BrilisU  Museum,  lonia  JS.  191  Nr.  81. 


HIPP0STRAT08   VON   MILET  105 

veifloss,  lässt  sich  noch  nicht  mit  Bestimmtheit  sagen.  Neun 
sicher  milesische  Monatsnamen  sind  mir  bekannt,  aber  ihre 
Reihenfolge  ist  noch  unsicher.  Doch  entspricht  vermutlich 
der  Panemos,  der  noch  auf  einer  Bauinschrift  in  Didyma  vor- 
kommt*, dem  attischen  llekatombaion ,  der  Lenaion  dem 
Gamelion. 

Als  Zeitgrenzen  für  die  Abfassung  des  Ehrendekretes  hat 
Dittenberger  die  Jahre  295  und  287  angegeben.  Letzteres, weil 
der  Bund  der  lonier  dreizehn  Städte  zähle  und  von  diesen  Le- 
bedos und  Kolophon  bei  Gelegenheit  der  Neugründung  von 
Ephesos  durch  Lysimachos  zerstört  worden  seien  (Paus.  L  9,8; 
Vll,  3,  2).  Zu  der  Neugründung  scheint  der  König  aber  nach 
den  politischen  Verhältnissen  erst  im  Jahre  287  etwa  Zeit  ge- 
habt zu  haben  ^.  Das  neue  vollständige  Exemplar  zeigt,  dass 
dieser  Schluss  nicht  das  Richtige  traf:  Arsinoeia  besteht,  und 
der  Bund  zählt  dreizehn  Städte.  Den  Ausweg,  der  Beschluss 
sei  in  einer  kurzen  Zwischenzeit  zwischen  der  Gründung  von 
Arsinoeia  und  der  Eroberung  von  Lebedos  und  Kolophon  ge> 
fasst  worden,  wird  man  nicht  suchen  wollen.  Man  wird  viel- 
mehr folgern,  dass  die  beiden  Städte  zwar  genommen,  aber 
nur  um  einen  Teil  ihrer  Bewohner  geschwächt  worden  sind. 
Ebenso  sind,  um  nur  ein  Beispiel  zu  nennen,  die  Nachbarorte 
zu  Gunsten  von  Lysimacheia  behandelt  worden.  Lebedos  und 
Kolophon  sind  infolge  derV^erluste  im  Kampfe  und  durch  die 
Oberführung  von  zahlreichen  Bürgern  thatsächlich  für  einige 
Zeit  vernichtet  und  für  immer  geschädigt  worden,  aber  sie 
blieben  als  Gemeinden  bestehen^,  und  die  heilige  Zahl  von 
dreizehn  Bundesstädten  blieb  bis  auf  Aurelian^  und  lunger 
erhalten.    Da  nun  das  Jahr  287   ungefähr  als  Gründungszeit 


*  Revue  de  phil.  1899  S.  2.  Haussoullier  hat   sich  mehrfach   mit  dem  Ka- 
lender ?on  Milel  l)escliäfligl  (a.a.O.  S.  4  f ;  285  f ). 

'  Hohde,  Der  griech.  Homaii  S.  75  Anm.   Droysen,  Gesch     des  Helle- 
nismus II,  2  S.  258. 
»  Vgl.  auch  Schuchhardl,  Alhcn.  MiUh.  1886  S.  414  fT. 

*  Vgl.  Lenscbau,  De  rebus   Prienensium   (Leipziger  Studien  XII,  1890) 
S.  183. 


106  C.    FHEDRICH,    HIPPOSTBATOS  VON   MILBT 

von  Arsinoeia.  soweit  man  jetzt  urteilen  kann,  viel  für  sich 
hat,  so  rückt  das  Ehrendekret  für  llippostratos'  in  die  Pe- 
riode zwischen  287  und  281,  das  Todesjahr  des  Königs  Ly- 
si  machos  ^. 

C.  FREDRICH 


»<-  4SHK4uK  SF^^^  *>-» 


*  Luders  hat  gemeint  {BulleUino  deW  Imttüuto  1872  S.  248  PT.),  derselbe 
Hipposlratos  habe  schon  unter  Antigonos  eine  Rolle  gespielt  (im  Jahr  317/6. 
F)iodor  XIX,  40,  5).  Das  muss  unsicher  bleiben  (vgl.  Dittcnberger  a.a.O.); 
aber  ein  Nachkomme  von  ihm  Swa^^Tpato; 'IjrKo«Tp»toü  ist  tajxia;  in  Didyma 
gewesen  (C.  l.  G.  2857=  Haussoullier,  Revue  de  phil.  1897  S    130). 

2  Eine  kleine  Serie  von  Münzen  mit  der  Aufschrilt  EupoSixIcov  und  dem- 
selben weiblichen  Kopfe,  den  die  oben  erwrthntcn  von  Arsinoeia  tragen, hat 
fallet  in  Verbindung  mit  Ephesos  gebracht,  weil  ein  Stück  dort  gefunden 
ist  und  als  Beizeichen  die  Biene  hat  (Beschreibung  der  antiken  Münzen  der 
Kgl.  Museen  zu  B<Tlin  11,1889,  8  Sl  t.  Calnlogue  ofGreek  coins  in  ihe  nnlixh 
Museum^  lonia  S.  .^fi).  Sie  lassen  die  Vermutung  aufkommen,  Lysimachos 
habe  das  langwierige  Werk  der  Neugründun^  schon  nach  der  Eroberung 
von  295  begonnen  und  die  Stadt  nach  seiner  Tochter  Eurydikc  benannt; 
nach  der  Ver.^tossung  der  Tochter  aber  und  der  nachmaligen  Eroberung  der 
Gegend  durch  Demelrios  um  288  die  Neugründung  in  ruhigeren' Zeiten  fort- 
geselzl,  beendigt  und  seiner  einnussreichen  Gemahlin  zu  Ehren  Arsinoeia 
getnufl.  Nach  dem  Tode  des  Königs  nahm  die  Stadt  sofort  wieder  den  allen 
Namen  Ephesos  au  (Steph.  Byz.  s.  v.  "B^ptoo;;  Michel,  Recueil  Nr.  486). 


INSCHRIFTEN  AUS  RHODOS 
(Vgl.  obenXXIII  S.  390 ff.) 

106.  'Eic  pLiyi'JfO'j  XiOo'j  ^aioö,  KavoviKci^;  TSTpa^oou  «i;  Tpowov 
&«T«  vo(i.i96t8v  av  Ti;  Tcpiovt  SiaipeOyivai  ty}v  o'X-nv  imypa^f.v  6i<  tcoX- 
>i;  jtotpa;.  "ExaaTOv  (jToij^eiov  eyei  iJij;og  0,02,  tc^tjv  toö  (\>,  e^^v- 
To;  0.025  xat  toö  O,  eyovTo;  0,015.  Mvixo;  toö  XBou  0,98,  wU- 
T0<  0,27,  3cat  TuÄj^o;  0  50.  'A7Ci)ta>u(p6ir)  Se  iv  Tq>  iyp«!^  ''^oö  XaTC^i 
'Aj^jicT,  x(i(i.6V(p  6v  xoLlt;  'Evvia  'OSoi;  ( Doqus  Soqaq).  'Eypa^p'n 
ötaxoctou^  aj^eSov  EviauTOÜ;  xpo  XptaToö. 

....a  .  Yop'')v  Au(jt(jTpaTo[u  IljcSiaSa' 

9Tef  avcüOei^av  owo  tocv  ßouXdiv  icXcovaxi;  XP^' 
oeoi;  <7TEf  dcvoi^  xai  avSptavTcov  xat  TCp09(i>77(i)v 
apyupECüv  avaOeaeoi  xai  viicdciaoav  'A>6ta  (Tuva>piSt 
7r(i)>tx^,  <TT€fav(i)6i(7av  (so)  Se  xai  owo  AivSiwv  xa?  'la^u^iwv 
xal  Ka|ji.ipeci)v  xai  u?v6  Toiv  evic^eovtcov  ev  toi^  af  pa- 
y-TOi;     A'jffidrpaTo;  'AyyjaitvSpou  [IeSku;  xat  'AwoX- 
Xa>via  *AwoX>ü)viou   'Apysia  Tav  OuyaTepa  xai 


Hieraus  ergiebt  sich  mit  Hilfe  der  Insclirifl  LG. Ins,  1214 
{=^Gr  D.I.  III  3888)  folgender  Stammbaum: 

'AyY)aav8poc  'Atco^wvio;  I 

Au<TiaTpaTO;  rieSieu; — 'Axo^^wvix  'Apysta        'Av8pö[vtxo;] 
i)-ayöpir)  lleSiä;    2)  'AwoX'Xwvio;  II  lleSieu^ — 'AvSpov[txa]  Bpaaia 

DieVerbindung der  Namen  Lysistralosund  Apollonios  wurde 
erst  durch  die  Ehe  des  Lysistratos  mit  der  Tochter  des  Apol- 


*  In  Z.  1  sind  die  Buchstaben  mit  weiteren  Abständen  geschrieben. 


108  F.   HILLER  VON  6AERTR1N0BN  UND  ST.  8ARIDAKIS 

.  ionios  hergestellt;  also  ist  ein  Mann,  der  beide  Naaien  ver- 
einigt,frühestens  ein  Sohn  dieses  Pares.  Nebenbei  gehören  die 
drei  verschiedenen  Demotika  sämtlich  zu  Lindos. 

107.  'E>7]f9y)  ix.  9feXaT0C  >cuxoO  (i.ap[i.dpou,  etTCOxa^iifdsvTo;  iv 
TYJ  e^vauXci  'Avaaraaiou  Ay)|Ay)TpideSou,  c(i.icöpou,  Tcapa  toi  Ko<7Xivoo. 
MY))to^  Toö  >i9ou  0,52,  x^&To;  0,52,  izikjo^  0,40.  ^ExaaTov  Yp«pi.(AÄ 
ijii  (JiYixo;  0,01  wX-nv  TOÖ  (|),  ovTo;  (xaxpoTipou.  *0  Xiöo;  ^cpsi  Xuo 
xupia;  wpo<j6iJ/€t;.  'Ewi  ty};  [xift;  (A)  «idtv  iy'^cxoXapt.iiLevot  Suo  iTe- 
'favoi  ex  fu»a>v  cXaia; ,  xai  u?vö  tou;  9T€favou;  y)  pLSyaXy)  cici- 
Ypa^T).  'Eict  Xe  tri;  CTtpa;  (B)  7cpo9Öij/«<iii;,  ty);  OTCtaSev  tyj;  6ipY}[iLe- 
VY);,  etdi  Suo  STcpoi  oTE^avoi,  6  (xev  ix  9a»oO,  6  $e  ix  fu»a>v  >füxY}(, 
(b;  icTtv  cixa<sai  aTco  toö  ajf^Y)|jiaTo;.  'Two  Si  tou;  (iti^&vou;  toütou; 
Y)  auvTopio^  YiXi  iTTiypa^Y)' 

(B)  A'.ovu<TO$ci>pou  'A>i^avSpe(i);  apj^ipavtoTa. 

(A)  'lax^ou  xai  Atovo90$(i>pou  *AXs^av$p£(i)v  luspYiT^v 

Ti(xaO£vT(i)v  xjTco  TOÖ  xoivoö  Eu£pYi9tai  xai 
«TiXciai  xavT(i>v  Sta  ßiou,  xai  OTefavcüOevroiv 
C7caiv(i)i,  OaX>oö  (TT6fd:v(i>i,     TiptadevTO^  Si 
5     Aiovu<ToSa>pou  xai  utto  toö  xoivoö  toö  'AXiaaTav 
aTcXstai  TC&vTwv  Sii  ßiou  xai  ivayopeu^st  täv  ti- 
fxav  i^i  TC&v  totcoiv  xai  9T6fav(i>0evTo;  STcaivoi; 
«Tci  Töv  TOTcwv  ci^  Tov  asi  ^pövov  Tiji.a6cvT0; 

Se  xai  UTCO  toö  xotvoö  toö  AiovuoiaaTav  cucpYcai- 
10      ai  xai  aTcXciai  TcdevToiv  Sia  ßiou,  xai  OTfifavcoOcv- 
To;  (7uaivü>t  ^puaecüi  9Tefav(i>i  ctc'  apeTfti* 
xai  Aiovudiou  'AXs^avSpeü);  xai   'I6axY)c  SoXiSo;. 

'AfAfOTfipai  al  iTCiypafai  af opo^^iv  6i<  tov  'AXs^avSpea  AioviiaoSo)- 
pov,  Tcspi  00  Y^^ß'fÄt  jxaxpo;  ^öyo;  iv  riri  iwiYpa^YJ  I.G.Ins.  I  155. 
Eiai  Si  9?vou$aiai  octe  TY}pY)(jaaai  yj(jiiv  Ta  xupia  ov6|xaTa  "laxj^o; 
xai  lOxxY),  ocTcep  TcpwTO^avY)  iv  Tat;  'PoStaxat;  «TiriYpa^ai;.  No|AiC<)>> 
de  ü);  6  f/.6v  'laxyo?   iSeX^o;  Tuy^o^^'^  'fOÖ  AiovudoSwpou    TcpioSuT«- 

pO;,  Y)    Ö€  'I6xXY)   y\)'47]    TOÖ  AlOVUaoScOpOU,    6    8i    iv    T<j)    12.    ^Tl^<p    Aio- 

vuaio^  uiö;  ^atvsTai  toOtou. 


INSCHRIFTEN   AUS   RHODOS  109 

Auf  Grund  dieser  Inschrift  wird  es  sich  verlohnen,  die  zeit- 
liche Folge  der  auf  dem  erwähnten  Steine  /.  G.  Ins.  I  155 
(z=Gr.  D.  /.  III  3836)  angebrachten  Urkunden  nochmals  zu 
untersuchen,  nachdem  Ziebarth^  im  Verein  mit  U.  von  Wi- 
lamowitz,gegen  die  in  den  1,0. Ins.  angenommene  Reihenfolge 
Bedenken  erhoben  hat.  Abgesehen  davon  ,  dass  sich  jener 
Stein  ausschliesslich  auf  die  Person  des  Dionysodoros  bezieht, 
nicht  auf  seine  Angehörigen  ,  enthält  er  erheblich  mehr ,  so 
den  Beschluss  der  Paniasten  (IM  74fr).  Es  entsprechen  in 
unserer  Inschrift  den  betreffenden  Urkunden  des  bekannlen 
Steines,  soweit  als  Dionysodoros  in  Betracht  kommt : 

Z.  1-4     =  /.  G.  Ins.  I  155.  105  IT.  (  =  c). 

Z.  4-8     =  /.  G.  Ins.  l  155,  1  IT.  {  =  d) 

Z    8-11  =  /.  G.  Ins.  I  155,  40  IT.  (  =  a). 

Dieses  dürfte  damit  endgiltig  als  die  richtige  Zeitfolge  der 
drei  Urkunden  c%  d,  a  festgestellt  sein. 

108.  Dunkler  Stein,  lang  0,63,  hoch  0,3^2,  tief  0,75,  Buch- 
stabenhöhe 0,01.  Formen:  O  O  ft,  n,  Z,  M  und  M,  <j)  usw., 
Querstriche  an  den  Enden.  Ein  grosser  Teil  der  Schrift  ist 
zerstört  durch  eine  im  oberen  Teile  des  Steines  angebrachte 
hebräische  Grabinschrift.  Auf  dem  Judenfriedhof  von  Sari- 
dakis  vor  einiger  Zeit  abgeschrieben. 

(Der  Anfang  fehlt). 
)^«»j;,  EuaTp&Ta  McdupLvata  ( corr.  Mn-  oder  Ma-)  %%\  'Apia- 

SvY)  xiv  a[v6ij/iav,  TtpLaOfioav  ji.Jv] 
IV  rat;  ouvöSot^  xai  iv  xai;  a>Xai;  xaO'  [exo^  wavayüpeot  (?)  lu- 

xai  aperdl;  evcica  xxl  cuvoia;  xal  f  iXoSo^ia;   [a;  e^^ouda  SiarcXei 

*A9x>a7CiaaTxv  Ntxa(Ti(Dv({(i)v  '0Xu|ji7ria<TTav  [xoivov,  Ticxadsioav  Se] 
5  xa{  UTPO  SapLoOpcfxiaoTav  'Af  poSi(aix)<;Tav  [xoivou 

(2  Zeilen  fehlen) 

duvftuTÄv  ----------- 

(  2  Zeilen  fehlen  ) 


*  Das  griech.  Vereinswesen  S.  45. 


110  INSCHRIFTEN   AlJS  RHODOS 

11    (uipycdia;  [tÄ^  {;  (f*^)  ^itpajv  riv  'EpaxtSav  -     -      - 
[Ti|xa6it(iav  Si  xai]  ^puoeü>i  arcfavcüi  xat  [«ix6vi(?)    -      -      - 


Z.  11  hat  Saridakis  nur  eine  Lücke  von  6  Buchslaben  an- 
gegeben . 

Das   xoivov  *Ao)c>a7rta9Täv  Nixaoicovticov  'OXu(i.77iaoTdtv    ist    VOn 

einem  Nikasion  und  einer  Olympias  gestiftet.  Da  uns  in  der 
Urkunde  /.  G,  Ins.  I  127  das  Verzeiclmiss  von  Stiftern  und 
Wolthätern  eines  xomv  vorliegt,  unter  denen  ein  Nikasion  I 
und  seine  Gemahlin  Olympias  1  und  seine  Kinder  Nikasion  II 
und  Olympias  II  vorkommen,  nach  welchen  letzteren  zwei 
Phylen  des  xoivov  genannt  sind ,  liegt  es  nahe  und  ist  es  fast 
unabweisbar,  für  beide  Steine  denselben  Aufstellungsort  an- 
zunehmen ,  der  sich  jetzt  allerdings  nicht  mehr  feststellen 
lässt,da  beide  weit  verschleppt  gefunden  worden  sind  Der  neue 
Stein  liefert  uns  nunmehr  den  Namen  der  Genossenschaft. 

Zu  Z.  8  (luvSüTiv  könnte  man  aus  /.  G.  Ins.  I  157,5  'Po- 
SiadTäv  i7ciSxpLtx<iT<2v  ergänzen,  was  zu  dieser  meist  aus  Frem- 
den zusammengesetzten  Gesellschaft  gut  passen  würde. 

Zu  Z.  11  'EpaTiSav  vergleiche  man  t6 'EpxTjiSctoiv  xotviv 
LG. Ins.  I  40,3  und  Pindar  Ol.  VII  93  Böckh  das  iaiysische 
Geschlecht  der  'EpariSav. 


Thera  und  Rhodos. 


F.  HILLER  VON  GÄRTRINGEN 
STYLIANOS  SARIDAKIS. 


►*^ 


THB  APAMEIAN  EÄEMPLÜM  OF  THE  ASIAN  CALENDAU 

INSCRIPTION 

In  eililing  ihe  lext  of  ihe  Priene  inscriplion  relaling  lo  ihe 
inlroduclion  of  tlie  Asian  Calendar  {Mitth.  XXIV  p.  288  ff.), 
Prof.  Wilamowilz- Moellendorff  noles  several  tJiscrepancies 
belweeii  il  aiul  ihe  Apameian  exeniplum  (asgiven  inC.f.G. 
3957  Z>  aiid  B.C.H.  XVII  p  315)  aiid  reinarks  ihal  die  Ab^ 
Schriften  sind  in  der  Anordnung  ungenau.  The  fault  lies 
willi  M  lierard's  copv,  wliich  is  allogether  slrangeiy  inaccu- 
rale.  In  1897  1  made  copies.  and  look  invpressions,  of  both 
stones;  and  as  my  Version  differs  considerably  from  that  of 
M.  Berard  and  conßrms  two  or  ihree  of  Prof.  VVilamowitz*s 
resloralions,  il  seems  worlh  puhiicalion  here.  Cohimns  II  and 
III  were  inscribed  on  ihree  blocks,  Iwo  of  which  survive, 
white  the  ihird  seems  lo  have  perished.  The  firsl  contains 
the  beginnings  of  the  lines  of  col.  II,  the  second  ihe  ends  of 
these  lines  and  the  beginnings  of  the  lines  of  col.  UM.  The 
first  pari  of  eol.  II  need  not  be  repealed  in  ils  enlirely,  as  il 
is  correcüy  given  in  C.I.G.,  except  for  the  Omission  of  some 
letters  at  the  edge  of  the  slone,  which  are  here  given  in  their 
correct  position. 

Col.  III 


;k 


10 


Col.  H 

ifr-  //Äf//////\IINTHITQN 
'///// /////BOIMENKAIEI 

^/  Y  X  I  A  I  A  n  E  I 
AANOPeai EN 

INHAI  ITAANAE 
QNEYTYXHMAEnE 
AABOITOYTOATOI 
lOEITINnEPAI 
>ITAIKAIEnEIOYAE 
•ITOIAIONEKAI 
MAZHTHZnAllN 
NEITONAYTONTAIZ 
/ffiPXHNElIOAOY 


n 

AE 
IX 

lO 

T 

O 

NA 

NN 

IE 
OP 
AI 

N 


AHAONOTIKATATINAGEIANl 

nPOTETYnnMENHIINAA<l>OPMh 

TONTIMHIKA.IEnEIAYIKOAON 

AYTOYEYEPrETHMAIINKATII 

PEKAITAEniNOHZAIMENTPOn 

A  ^illlimiimiiimk^  ©pohoithnko 

mamwii0iimimt^oKEmo\uAiQ. 

ZAPOZa|//#AIONEKEINHTEnANT 
HTIZEZTINnPOENNEAKAAANAQN 
TEPONTIMHGHinPOZAABOMENI//) 
MAAAONnAZINTEINHTAirNnP 


*  The  stone  is  used  as  a  base  lo  support  a  wooden  pillar  in  Ihe  verandah 
of  a  house;  hcnee  the  gap  in  (he  middle  of  (hc  inscriplion. 


112  LITTERATUR 

Col.  I.  L.  1  TTii,  as  required.  L.  ?  uTc[o\&]6otpnv.  The  B  can 
just  be  deciphered  on  the  impression.  L.  3  SiaTreiTrrov.  L.  7 
ATOI  sie, 

Col.  II.  L.  1  xari  Ttva  Ociav ;  )ta[Ta  Tiv]a  Oioav  Pr.  L.  3  rt- 
piü;;  TiijxTi;  Pr.     Ewet;  ifffitSri  Pr.    L.  6  NOPOITOIT  sie  for 

[iJvOpwTCoi;.   L.  10  ixetvY) ;  exiivriv  Pr.  Jj.  12  Ttu.Y)6rii ;  T6t|X7)67i  Pc. 
L.   13  ycivTjTai;  '^hri-zoLi  Pr. 

J.  G.  C.  ANDERSON 


-^^m^^' 


LITTERATUR 

^aoXoyiJco;  auUoyo;  rixpvaaaö;.  EllETllPli:  IV,  Athen  1900. 
Darin  u.  a.  S.  104.  M.  Xpuioj^öoi;,  'H  SeoiAiiXT)  ('OppLuXix). — 
S.  114.  A.  Sxwc;,  Suu.6oXal  et;  tyjv  xoTcoypa^iav  tyi;  Bokdtix;. — 
S.  140  r.  2(i>TY)ptiSTri;,  Ilipt  TYi;  TOTCoypa^i«;  töv  ap}^ai(i>v  Ön- 
6<Jiv. —  S.  191.  A.  Xp7j<jTO(i.dvo;,  riavdcp^aia  pL£TaXX«  [Analysen 
von  antikem  Blei]. 

n.  KaBüaaias,  T6  lepov  toO  'AoxXiqtpioO  ev  'EivtSaüp({>  xxl  t) 
Ocpa??ciat  TG)v  aoOcvo^v.  Athen  1900. 

n.  A.  KOMNHNOS,  'ApxaSuck  TCpoou.Yipi)ta  xat  yüjpoypa^t«  wpoü- 
GTopucYj; 'ApxaSta;.  1.  Athen  1900. 

r.  AaMIIAKIIS,   *H  (jlovyj    Aa9vtou    p.6Ta    ra;    ^tckijciu«;.    Athen 

1899. 

H.  G.  LoLLiNG,  KaxaXoyo;  tou  Iv  'A6y)vai;  eTCiypa^ixoC  Mou- 
Tctou.   1.   'Apj^aUat  avaOioaaTDcai  iTTtypa^at.  Athen  1899. 

N.  r.  nOAlTIIS,  MfiXcTai  Tcepl  tou  ßtou  )cai  tyj;  yXwaar;  toö 
'EXXtjvixoö  >aoö.  IlapoifjLiat.  I.  Athen  1899. 

E.  StaMATIAAHE,  'E7C6TY)pi<  ty);  *Hy6fiL0via<  2ä|jlou  Siot  to  Ito; 
1899.  Samos  1899. 

Darin  S.  60  kurzer  Bericht  über  das  Museum  in  Valhy. 

A.  STEPriorAIAHE,  Kaxd^oyo;  töv  utto  ty!;  A.  T^.  toC  ivTi- 
SaatXcci);  TTj;  AiyoicTOu  XeXiJLYi  A66a;  rfaiadi  $(i>pv)0ei(T(i5v  aiyuTCTia- 
xcäv  apj^atOTY)T(i)v  it;  t6  pLOuditov  tou  iv  Sdc|xq)  IluSacyopeiou  yu|xva- 

aiou.  Samos  1900. 


LltTEBAtUÄ  iiä 

AdHNA,    ffuyypoffXfxa  w8pioSi)c6v   tt);   iv   'A6r)vai;   eiri9TY)(i.ovtXYic 
iraipsiac  XI,  4.  XII.   1,  2.  Athen  1899.  1900. 

Darin  U.  a.  S.  65.  11.  N.  UaKayitap^ion,  Kupiac  Bea^  Mac  dtvcxijTOu  {jCT}xdou 
vao«  cv  *E$looT)  Tj  MsxfSovixTj  (BoScvoU). —  S.  89.  Derselbe,  BEaaaXov'xij^  oxto* 
ivsiciYpafa  avayXufa  avixSora. 

Apmonia,  «Tci'jTiopLovDtov  ircpio^Dcov  cuYYpÄM-jA**  I»  1-6.  Athen 
1900. 

Darin  u  a.  S.  6.  W.  Barth,  *Ap/,aioXoyixa  l^r^xi^[kaxa,  1.  T6  laupctov  «Tjjia. — 
S.  19.  K.  M.  KcovsTavTo'icouXoc,  'AvixSoTOt  iTCiypa^ai  i^ciiujjiCtoi  y^p igt lavixoiv  '/po- 
vtüv. —  S.  65.  I.  !I26opövo{,  'Amxov  XaVxov  TjjjLEpoXdyiov,  »j  ^ciio^dpo^  toö  'Ay.  'E- 
Xiüe«p/oü.— S.  202.  n.  KotpoXCS»)?,  'H  lopxT)  Töv  fddüiv.— S*.  222.  K.  F.  Zijaio«, 
Kt^aXXv^v^ac /^pioTtavtxai  apy^aidTi^xEc. —  S.  263. B.  <l>iXa8£Xyiü5,'IoTOpia  täv  'A6tj- 
vü>v  uTco  TO'j  'AOijvaiou  $iSa7xö^Xo'j  'Icuavvo'j  MicsviCAou. —  8.  306.  W.  Barlh,  *Ap- 
-/^aioXoyixa  C^iiJ^xaioi.  2.'H  ctiixtJScio;  oTCOvdiJ. —  S.  316.  K.  M.  KcovotavtdnouXoc, 
At  {jciYpa^ai  TOü  Muoipa. —  S.  352.  F.  Kcüvitoivtiviöt)?,  'Eisiypa^r]  if  'Axapvavia^ 
[Aus  A.  Vassilios,  Thyrreion,  wird  folgendes  Epigramm  mitgeteilt: 

Ou[6]^  jcatijp  [u,  ^Etvoi,  6  8tiO(i.opO(  ou8i  pis  (JiaTY)p 

vujx^iSicov  OaXö^(ji(i>v  iSpoixov  aicTdfJiivov, 
aXXa  7:aip6(  $ia  vuxxa  xaia  :cTÖXiy  "ApsV  Xu^pty 

ocoTOg  ujco  aiuyipa;  ouXöfiEvov  icaXapiac, 
EtxodirEvTa^TT);  ^l  ydvog  jcivjtoTo  Sivtovoc 

Nixoip'/^o;  (xuaToiic  «[jljxiyoi  vatiiacuv 
ouBe  Y^v^^^t  dtnoSouc  X^P^^  .  .  .  co  (Jt^yoic  "AtSa 

tÖv  pLE  xaiTaxT£(vavTa  aii<|>a  xaTaaxopioaii(. 

In  V.  1  ist  zu  Anfang  OYME  überliefert;  in  V.  5  ist  keine  Lücke  ange- 
geben. 

AeaTION   TT);  iv  'AXpiupcp  ^tXapj^aiou    eTatpita;    a  tyj;  "Oöpuo;  » 

Tiöxo«  A'  (Volo  1899).  B'  (Athen  1899). 

Der  1896  gegründete  Verein  j^iebt  im  ersten  Heft  kurzen  Bericht  über 
seine  Thätigkeit,  Erwerbungen,  Vorträge,  archäologische  Ausfluge  und  die 
Ausgrabung  eines  Tumulus  in  Alos,  im  zweiten  veröffentlicht  er  die  bisher 
gesammelten  Inschriften. 

AiEBNHS  E^HMBPis  ty);  vojXKTfiLaTUTi^  ap^aioXoyia;.  Journal  in- 
ternational d'arch.  numismatique.  II,  4.  III,  1.  Athen.  1899. 
1900. 

Darin  u.  a.  S.  303.  M.P.  Vlaslo,  Les  monnaies  d'or  de  Tarente.— S.  341. 
I.  N.  L6opu>vo;,  Bu^av7iaxä  vojxia^jiaiixä  C^iiJjJiaT«. —  S.  1.  E.  D.  J.  Dutilh, 
Historique  des  collections  numismatiques  du  Mus^e  Grdco  -  Romain  d'Ale- 

ATUBN.   MITTHBILUNGEN   XXV.  8 


ii4  PUNDfi 

xandrie. —  S.  37.  1.  N.  S6opu>vo(,  SxCpo«. —  S.  51.  Derselbe,  No|ii<jj4aTa  töv  ev 
Ai|X(i)  'A67)vai(ov  xX7)pou)(^a>v. —  S.  55.  ü.  KaaTptcoTT];,  EtoijTiJpiov  xou  ap)^a(ou  Oeok- 
tpoü  T^c  MsYaXojcdXfo);. —  S.  59.  I.  N.  S6occuvo{,  Koipavo(  6  Flaptof  xoti  x6  Koi- 
pavciov. —  S.  93.  J.  Six,  Biographie  de  M.  J.  P.  Six. 

E^HMEPiE  APXAiOAoriKH,  1899  Heft  4.  Athen  1899. 

Darin:  S.  177.  A.  N.  S«««,  'Ejciypa^al  'EXfioalvo«.—  S.221.  K.  Koupouvtci- 
TT)«,  T«9oi  xx{jiapa>Toi  'Epctpia«. —  S.  234.  Derselbe,  Bü|iiaTi[pia ; — S.  237 
A.  N.  Sxtöc;,  *AOT)va\'xal  iTCiyps^al  It:!  ßpa/^ou. 

Nachrichten  des  russischen  archäologischen  Instituts  in 
Konstantinopel.  IV.  V,  1.  Sophia  1899.  Odessa  1900.  [Rus- 
sisch]. 

Darin  u.  a.  IV,  1  S.  152.  B.  Pharmakowsky,  Die  Lesche  der  Knidier  in 
Delphi.—  IV,  2  S.  9.  J.  Pargoire,  Hieria.  —  IV,  3  S.  lüG.  M.  Roslowzew, 
Inschriften  aus  Makedonien. 

To  ÜEPIOAIKON  MAE,  I,  1-7.  Piräus  1900. 

Darin  u.  a.  S.  10.  I.  ApayaTa?)?,  'O  «p/^ato?  IlsipatEu;.  —  S.  25.  Derselbe, 
rhipaVxai  dp/^aioTTjTg?. —  S.  57.  Derselbe,  'H  EixoaiiwvTaciTjpi«  Toi3  YEpjxavixou  'Iv- 
atiiouTOü. —  S.  114.  Derselbe,  M^a  eVaxc^J't«  ^U  tov  äp/atov  'EXXtjvixöv  Nau- 
oiaOjJiov. 


FUNDE 


In  Attika  wurde  wieder  einmal  angeblich  das  Grab  des 
Sophokles  entdeckt.  Diese  Nachricht,  die  nicht  nur  in  Tages- 
blätter ihren  Weg  gefunden  hat  (Berliner  phil.  Wochenschrift 
1900  S.  703,  allerdings  mit  sehr  berechtigter  Skepsis)  beruht 
nur  auf  einem  Aprilscherz,  der  an  die  wirklich  in  der  Nähe 
des  Kolonos  vorgenommenen  Ausgrabungen  anknüpfte  (vgl. 
diese  Mittheilungen  1899  S.  349). 

In  Leonidi  (Kynuria)  hat  sich  in  dem  Geschäftshause  des 
Xp.  Aa(xic(j)to;  ein  krugförmig  gearbeiteter  Stein  gefunden,  der 
auf  der  gerundeten  Oberfläche  eine  Heliefdarstellung  (sitzende 
und  stehende  Person)  zeigt.  Uort  ist  auch  ein  Sarkophagdeckel 
mit  der  Inschrift 

NOS  AXAPNETS  nAPXAPIQN 
gefunden  worden.  ("'AaTu  16  Noeuß.  1899).  Man  kann  sich  des 
Verdachtes  nicht  erwehren,  dass  beide  Slücke  attischen  Ur- 


fUNDb 


115 


Sprunges  seien,  ersteres  als  Grabvase,  letzleres  wegen  des  De- 
inotiknn.  Sie  müsslen  dann,  im  Altertum  oder  in  der  Neuzeit, 
verschleppt  wurden  sein. 

Beim  Dorfe  Aq-jouXk  (SiaiiXx)  im  Gebiet  des  atten  Andan  ia 
ist  ein  Mosaik  rumiscber  Zeit  von  etwa  6""  Länge  und  5™  Breite 
gefunden  worden,  in  dessen  Mitte  ein  Tiergefecht.  zehn  ver- 
scliiedene  wilde  Tiere  und  zwei  Tierkämpfer ,  dargestellt  ist 
Die  ornamental  verzierte  R^infassung  umschliesst  acht  kleinere 
Bilder,  vier  weibliche  Brustbilder  und  die  viermal  wieder- 
kehrende Darstellung  eines  jugendlichen  Kriegers  aul'  einem 
von  Panlbern  gezogenen  Wagen.  Bei  diesen  Kriegei'n  stehen 
Beischriften:  EivoüÜ«!,  Eiinviwv,  'Ic'puvo;,  die  vierte  ist  nie  hl 
zu  lesen.  In  der  Nalie  des  Mosaiks  ist  ein  grosser  Peribolns 
aus  i-egel massigem  Quaderwerk  erhalten.  Kavvadias  ist  ge- 
neigt hier  das  Karnasion  zu  suchen.  Ausgrabungen  sind 
beabsichtigt  und  bringen  hoffentlich  die  Bestätigung  dieser 
Vermutung  ('Aa-ru  '38  Mjtlou  1900).  Weitere  vorläufige  Un- 
tersuchungen haben  an  derselben  Stelle  noch  Reste  von  zwei 
anderen  Mosaikböden  festgestellt.  (*A»tu  16.  20  'louviou  1900). 

Im  Uorfe  S^oCXi  (  Demos  Lyknsura)  ist  eine  Stele  mil  stark 
beschädigter  Inschrift  (es  wird  nur  vom  Ende  das  eine  Wort 
'Epixita;  ange(ührt)  durch  N.  Mflrofitpos  entdeckt  und  der  Be- 
hörde übergeben  worden.  {'EiTia  '29  'ATcpiXiou  1900.  "Aot-j  30 
'ÄTcpiUQu  1900). 

Im  Dürfe  TiiyytXt  bei  Almyros  wurde  beim  Ackern  ein 
ü beriebe nsgrosser  bärtiger  Murmorkopf  gefunden  und  in  das 
Museum  in  Almyros  überführt.  Das  Gesicht  ist  zerstört,  der 
Hinterkopf  ist  mil  GewantI  in  regelmässigen  Fallen  bedeckt, 
die  Arbeit  wird  als  archaisch  bezeichnet.  ('Aotu  17  Mxh'j 
1900). 

Aus  Eretria  wird  der  zulällige  Fund  zweier  Gräber  im 
Acker  des  X.  Kocpotii)?  berichtet.  Der  Inhalt  war  ärmlich.  Im 
einen  fand  sich  eine  Thonlampe  und  ein  Brnnzespiegel,  im  an- 
dern vier  Thongelässc,  'Sctupuppöai'.  Die  Funde  übernahm  die 
Behiirde.  ('Aotu  19  4>s€p.    1900). 

Wichtiger  sind  die  Ergebnisse  der  diesjährigen  Ausgrabun- 


116  PUNDE 

gen  des  Herrn  K.  Kuruniolis.  Elr  hat  das  Heiliglum  des  *A- 
:u6>X(i)v  .Aa9vTri<p6po;  fesigeslellt.  Leider  ist  es  sehr  zerstört,  vom 
Tempel  ist  nur  der  Unterbau  und  wenige  architektonische 
Glieder  aus  Porös  erhalten.  An  Einzelfunden  sind  ausser  In- 
schriften zu  nennen:  zwei  archaische  männliche  Köpfe  und  ein 
Urkundenrelief,  Artemis  und  Apollo  beim  Omphalos.  CA^tu 
30Matou  1900). 

Im  ätolischen  Üorfe  Xpuaoßixaa  (bei  Agrin  ion )  fand  ein 
Hauer  zulällig  etwa  200  Terrakotten ;  die  meisten  stellen  Mäd- 
chen mit  Gelassen  auf  dem  Haupte  dar.  Ausserdem  fanden  sich 
etwa  100  ganz  kleine  Gefässe  verschiedener  Form;  nur  eine 
grössere  Lekylhos  war  dabei.  Der  Fund  ist  der  Behörde  über- 
geben ("Aaru  21  MapTiou  1890).  Der  Berichterstatter  nimmt 
an,  dass  die  Fundstelle,  am  steilen  Abhang  unterhalb  des 
Dorfes,  darauf  führe,  dass  hier  eine  Töpferei  gewesen  sei. 
Nach  der  Schilderung  würde  man  eher  an  die  VVeihgeschenke 
eines  Heiligtums  denken. 

In  Volo  sind  bei  der  Fortsetzung  der  Arbeiten  zur  Entfer- 
nung der  Reste  der  ehemaligen  Festungswerke  prähistorische 
Gräber  entdeckt  worden.  Sie  werden  als  viereckig,  aus  Plat- 
ten von  Schist  zusammengesetzt,  geschildert,  lagen  in  grosser 
Tiefe,  bis  zu  8'"  unter  den  Fundamenten  der  Kastellmauern, 
und  fanden  sich  im  ehemaligen  Feslungsgraben  von  der  VVest- 
bis  zur  Ost-  Seile. 

Die  Leichen  lagen  darin  gekauert, die  Beigaben  waren  spär- 
lich, nur  einzelne  Gelasse  fanden  sich.  Ein  reicheres  Grab 
enthielt  neun  Gelasse  und  verschiedene  Schmucksachen;  als 
Epoche  wird  die  vormykenische  genannt.  Da  die  Funde  durch 
Herrn  Tsundas  untersucht  worden  sind,  dürfen  wir  von  ihm 
wol  einen  genaueren  Bericht  erhoffen,  und  wir  führen  diese 
Entdeckungen  nur  an,  weil  sie  Veranlassung  zu  Erörterungen 
auch  über  frühere  Funde  in  Volo  geworden  sind,  die  unseres 
Wissens  sonsl  keine  Erwähnung  gefunden  haben  ( P.  Aposto- 
lidis  in  der  ^wvyj  toG  Xaoö,  Volo  7-28  'ATcptXiou  1900  und  N. 
Jannopiilos  in  dev  Qtaaoi'kioL,  Volo  18  'ATcpiXiou  1900  mit  Bück- 
verweisung  auf  dieselbe  Zeitung  vom  14  Sstut.  1895   und  18 


FUNDE  H7 

Nofijjt.6.  1898).  Die  Befestigungen  sind  darnach  z.  T.  schon 
byzantinisch  gewesen;  beim  Bau  der  Kirche  "Ay.  ösöSopoi  im 
nordöslhchen  Teil  des  Kastells  stiess  man  darunter  auf  Reste 
einer  byzantinischen,  aus  antiken  Werkstücken  bestehenden 
Kirche.  Diese  und  andere  Baustücke  bezieht  Herr  Jannopulos 
auf  den  hier  vorausgesetzten  Tempel  des  Apollon  i[L&xmo<;  oder 
ixTaio;.  Aus  römischer  Zeit  stammte  eine  als  *Bad  '  bezeichnete 
BuineanderStrasse,die  vom  Kastell  zur  Bahnstation  führt, nahe 
bei  dem  Haus  des  Metropoliten.  Es  war  nach  der  Beschrei- 
bung ein  aus  guten  Ziegeln  gebautes  Hypokauston  mit  runden 
Stützen.  Eine  Thonröhren  -  Leitung,  die  sich  im  Festungs- 
graben bemerken  liess ,  führte  auf  diesen  Bau  hin;  sie 
mag  mit  ihm  in  Beziehung  gestanden  haben,  auch  wenn  es 
nur  Beste  eines  Wohnhauses  gewesen  sein  sollten.  Mehrfach, 
zuerst  am  nördlichen  Vorsprung  des  Kastells,  dann  188^1  am 
nordöstlichen  Ende  des  Festungsgrabens,  wurden  auch  römi- 
sche Gräber  entdeckt,  gebildet  z.  T.  aus  einem,  z.  T.  aus  je 
zwei,  mit  der  Öffnung  aneinander  geschobenen  Pithoi  (andere 
Beispiele  dieser  Bestattungsweise  bei  P.  Schadow,  Attische 
Grablekythos  S.  8,  ausserdem  z.  B.  AsXtiov  ipj^.  1888  S.  109. 
129.  130.  'E9Y}(X6pl(;  ipx.  1898  8.92.  208-210.  HpaxTDci  1897 
S.  21). 

In  Saloniki  wurde  1892  im  Friedhofe  der  ayta  napaay.euT) 
eine  1,21"  hohe,  0,47  breite  und  0,18  dicke  Stele  mil  fol- 
gender Inschrift  gefunden,  deren  Mitteilung  wir  der  Güte  des 
Herrn  P.  Papageorgiu  verdanken: 

'AyflcOrit    Tityrii' 
A'jprjXiov  OuaXevTei- 
vov  Tov  Sia(yYijx6Ta- 
TOv  TpißoOvov  Barao- 
5       v(i>v  xai  SieTcovra  Ta 
|jL€pY)  TU;  yiYßjJ^o- 
vta;'  TOV  xTiaTYiv 

7)    XaüLTCpOTaTY) 

6e<T(iaXov6ix^(üv 


118  FUNDE 

[[ri]]  ttÖXk  ^ 
C 


B«Ta6|v(üv  scheint,  wie  Herr  Papageorgiu  bemerkt,  ein  Stein- 
metzfehler  für  BaTaoücüv  zu  sein. 

In  Samothrake  hat  Herr  N.  B.  Phardys  den  unteren  Teil 
der  von  Conze,  Reise  auf  den  Inseln  des  thrakischen  Meeres 
S.  66  veröffentlichten  Inschrift  in  einem  0,38"  breiten,  0,42 
hohen  und  0,12  dicken  Bruchstücke  entdeckt,  das  1895  in 
den  Trümmern  der  Kirche  der  navayoOSa  töv  'AXwviwv  gefun- 
den jetzt  über  der  Thür  dieser  neu  aufgebauten  Kirche  einge- 
mauert ist.  Der  Text  lautet  nunmehr  (das  neue  Stück  nach 
Abklatsch  und  Abschrift  von  Phardys): 

«iTTSV  iTrci^Y)  nTo\«|xa[i- 

0<]    *A(X8tVlOU    FopTtiviO;  [wpöSl- 

Xa](;)  TCapsj^OfjLevo;  [  SiaTi- 

T(i)(jt.  7coXiTc«)[v  iSiat,  Y)  %\  ßouXri 
1 0      :7p]oSfi6ou[X£uxcv 

lY  MI  I    [TTpogigou- 

^iuxiv  auTo^i  xat  iYYÖvoi[;]  wipl  i- 
Tcatvou  xai  ??o>iTiia;,  S£So[]^6at 

15      pJwTYjaai  Ty)v  ixxXviaiav  xaroc  tov  [v6- 
jiLOv,  ei  Soxsi  SoOvai  xo^iTiiau.  IIto[>s- 
uatcoi  'Aaiiviou  FopTuvicüi  xai  ijcyö- 
vlot;,  xai  iiv  S6^Y)t,  ffuvTiXiffai 
xjai  TYjv  i{;Y)^o^optav  iv  Tyi(t)  xaÖTQXoii- 


FUNDE  119 

vai  aoTOu;  TroXira;  [A8T€3^ovTa[€ 
ivavTcov  (bv  xoii  ol  aXXoi  luoXiTai 
(xsTej^ouctv.  avaypi^ai  Si  töSi  t[6 
^7)^ ia|xa  flc  aryiXiQv  xai  dcvaOii- 
25     vai  ii;  TÖ  ispov  tt);  'AOriva;. 

Z.  5  noAEnx^  Conze.  6  htapex  Conze.  Z.  11  ,  die  erste, 
sie,  schlecht  erhaltene  des  unteren  Stückes, scliliesst  möglicher- 
weise niclit  direkt  an  Z.  10,  die  letzte  des  oberen  Stückes,  an. 

Auf  der  zu  den  Hekatonnesoi  bei  Lesbos  gehörigen  Insel 
Daskalio  sind  nach  Mitteilung  des  Herrn  'E(jt.a.  AaSlS  in  Ky- 
donies  bei  einem  dort  erhaltenen  mittelalterlichen  Kastell  man- 
cherlei alte  Beste  gefunden  (Nea  'Efr^oiEpi;,  Konstantinopel  21 
MapTtou  1900): 

Säulen  und  Kapitelle,  eine  Sonnenuhr,  deren  Stunden  mit 
Buchstaben  bezeichnet  sind, eine  kleine  Grabstele  mit  Inschrift, 
ein  Belief  und  Architekturglieder;  auf  diesen  letzteren  seien 
Inschriften  vorhanden  gewesen,  aber  zerstört  worden.  Der 
Berichterstatter  teilt  nur  einige  andere  Inschriften  mit,  die  er 
selbst  abgeschrieben  habe:  die  letztgenannte  befinde  sich  jetzt 
im  Gymnasium. 

Marmor  1,81  lang,  0,37  breit: 

lATPOI  TQN  nA0QN  IIPESBETSATE 

Vor  der  Inschrift  die  drei  Buchstaben  1X1. 
Auf  einem  Marmor  1,36  lang,  0,30  breit: 

APEIKIOr  20A0MQN02  EI1I*ANIA02 
IIANTQN  TUN  TENAMEN 

Nach  dem  zweiten  und  dritten  Wort  ein  Zeichen  wie  ein 
Schluss-  Sigma.  Auf  der  anderen  Seite  desselben  Marmors 
steht:   rAIlINOY SrN 

Auf  einem  Marmor  von  0,90'"  Länge  und  0,37  Breite: 

OSIÖN  riATEPÜN  EPENONTO^ 

Am  Schluss  dieser  Inschrift  steht:  XMT4>0  (f). 

Auf  einem  Marmor  von  1,30  Länge  und  0,35  Breite: 

Eni^ANlOY  MIZOTEPOr 


FUNDE  121 

Rasur  von  10  Buchstaben  ty)  irpocTaaia 
TT);]  lupdc^so);  Töv  Upd)v 
10      iyto)v]<i>v  ToC  XaixwpOT&TOu 

Tojv  TiiiifJiv  *OvYi^i(iLo[u 
t]ou  auvyßvou;. 

frei 

In  ßunarbaschi  bei  Smyrna  befinden  sich  zwei  stark  zer- 
hauene Marmorslücke,  das  eine  in  einem  Garten,  das  andere 
in  der  Schule,  die  nach  G.  Webers  iMilleilung  eine  viereckige 
Basis  bildeten,  auf  deren  vier  Seiten  die  Inschrift  zweizeilig 
angebracht  war  (Fontrior,Co//rr/>r  de  Sniyirne  24  März  1900). 


DANOYCAAe 
KAHZ- 


ONO 
lAF 


AAHMHÄAONexeiNTO 
IAG)MlKYnPIC 


Aü) 


Z.  1  ENOA  statt  ONO  F.  AAHMHAONEXElNIOEAn  F. 
Z.  2  KAHZO  F. 

In  einem  türkischen  Friedhofe  bei  ßunarbaschi  liegt  ein 
über  2™  langer  Marmorbalken  mit  Zahnschnilt ,  dessen  In- 
schrift nach  G.  Webers  Abschrift  lautet  (ungenauer  Fontiier, 
Cüurrier  de  Smyrne  24  März  1900): 

XÄpioTa  ncpiyevou; 
vipcoa. 

Sardes.  Rings  gebrochener  Marmorblock,  noch  0,32'°  breit 
und  0,30™  hoch,  verbaut  in  einem  Hause  in  dem  Juruken- 
dorf  bei  dem  sogenannten  Kybeletempel.  Abschrift  von  G. 
Weber. 

OlXlOVa   £771^ 

7ro>?]iTriV  xal  ipj^i6pYiT[iü<javT0t 
V.  'rrpovo'naa[(iLiv  • 


422  FUNDK 

•  ßiou  Etaty6v[ou 
)c]ai  fftpaTTQyo 
<{f»friou  -ro[ö 

In  Urganli,  einer  Station  zwischen  Kassaba  und  Sardes, 
ist  eine  Marmorplatte  gefunden  und  nach  Kassaba  gebracht 
worden ,  welche  die  übliche  Verzierung  einer  viereckigen 
SchrifttaFel  mit  seitlichen  trapezförmigen  Ansätzen  und  darin, 
aber  mehrfach  unregelmässig  über  die  Elinrahmung  hinaus- 
greifend, folgende  Inschrift  zeigt,  die  wir  nach  einer  freund- 
lichst überlassenen  Photographie  Herrn  P.  Gaudins  mitteilen: 

' Av6uwdcT<i>  E AO A A  -  -  - 

«ßacTTj.  Aip.  Mirjvö^avTO;'    'E(JW£pi[(i>vo]< 
xal  Aup.  Eüpieveia*  xaTi9xsua9[av 
t6  Y)po)Ov  auTOi;*  xat*  Aup.  MYjvo9[a]v- 
5  Tu)  xai'  Aup.  Zo)ai[i.ü>  toi;  tcxvoi; 

xat  Aup.  MTQvo^ivTO)'  tö  iyyövw 
[[lyyova  lyyovo;]]*  (xsTa  Se  touto 
[i.Y)Sivi  e^ov  earat  xsO^vai  I<j[ü> 
TT);  Oüpa;'  co;  cav  Zcotdco;  }cai 
10  'ETCixTTQai;  Ta  9pijJL(xiTta  7capa(iL6i- 

vci)(ii  |xoi,  xai  auTa  TtOridOVTai  eao), 
(XToSfivo;*  ej^ovTo;*  e^oudtav  xei- 
vYiaoii  Tiva  töv  StawoTcäv,  y^ 
0  )(civ7)aa;  9y)(i6i  i;  t6  iip<«)Ta[TOv 
15  Tatxgiov  Sy)viepia  Sia^^eiXia  7eevTaxö<j[t]a* 

xa[ijTpo^i(i.(i>  T(ü  aSfiXfiSfii  töv  TCai8to)[v]  c[uve- 

j^copyjaa  ga^OY  —  S  Ü*^ .  tyS;  6üp[a; et]  S[e  ti; 

TOUTOu;  ßid(je[Tai]  eT6p[o;   ---     ------ 

Philadelpheia.  1.  Platte  mit  Rahmen, unten  abgebrochen, 
0,47"*  breit,  0,16  dick,  noch  0,50  hoch.  Abschrift  von  G. 
Weber. 

'AyaO^ii  TÜj^TTii.  I  Aup.   NetJCTjTiov    Aia|SouuLtvou    ini  t6  |  r,8fi 

5   xai  ßiou  06av6|Ty)Tt  Jtai  tudTaOeia  ||  gTiaiviOevTa,  ipyu|pOTa[x.ieu- 


FUNDE  123 

10  aavT«  Tou  I  asfiLvoTdcTOu  9uvi|{piou  TV)<  ycpouGia^  |  .  xi  [AJiaSou- 
(xivo;  Ns  II  ...]6poü  xcd  'louXia  |  [ 'Pjou^iivia  |  -----vt 

2.  In  der  Oberstadt,  auf  einer  Grabstele,  deren  Relief  weg- 
gebrochen ist.  Abschrift  von  G.  Weber. 

xal  I  (ACTtTceiO'  UpY)  pLiQTiop  aci>|T£ipa  vi(i)v  avSpcov  tc  Yuvaijxcov. 

3.  Marmorblock  hei  Nikolaos  Persenoglu,  0,98"' hoch,  0,60 
breit,  0,40  dick.  Elegante  verschnörkelte  Buchstaben  von  3"" 
Höhe.  Abschrift  von  G.  Weber. 

'H  ßouXT)   )cal  6  S'yi[i.o(  |  xai  ri  yspouaia   iT6i|(iLYiaav   A.    'Av- 

5  Tb>vtov  I  ^AyocOÖTUoSa  avSpa  |  xaXov   xal   ayo^Oov  ||  xoupaTopiu- 

oavTa  I  Ssxa7rpü>T€U9avTa  j  T^avioyopiap^rTitTavTa  j  ctycovcov   xoi- 

10  vä)v  TT);  'AJGia;  fiXoTitpiü);  xat  ||  avaOevTa   ty]  piev  ßou|XYi  K'a^ 

15  xai  TT)  ycpou|ffia  K'ar  irpo;  to  tov  |  iw'  auTöv   toxov  Sia|v€(iLi- 

90x1  TOi;  ßouXcu  II  ralc  )cal  yipouGtadTai;. 

4.  Marmorblock  in  demselben  Hause,  l,40"hoch,  0,65  breit, 
0,55  dick.  Abschrift  von  G.  Weber. 

['H  ßou^y;  xai  6  ^>]|xoc]  j  xoci  ol  *P(i);xaio(  xal  y)  yslpouaia  iTsi- 

5  (A,ir)9av  I  TiTOv  ^Xaouiov  |  ^AOiQvö^copcv  £vSpa  |  GTE<pavY)f  opixov  || 

TiTOu  $Xaou(ou  riamou  j  ulov   ivSpo;  (JT6'pavY)[^6pou  ix  "icpoyö- 

10  v(üv   xai  I  ?r£9av   fiXoTCiuiav   a7Uo{Se$(i>x6TO;  tyI   eauTOu  jj  Tua- 

xpiSi,  TOV  ^i  'AOY)vöS(ü|pov  xai  auTOv  fiXoT6{|X(i);  |  xvaaTpafev- 

15  Ta  TT)   iauToG  ]  TuaTpiSi,    ^exaTupcüTtüaavTa  |  xai  Ta[xiiü(TavTa* 

T7)v  ^k  II  TSiiXTiv  aveoTviasv  KAau|Sia  'ApwTÖxXcia  ri  (x.7)Ty,p  |  au- 

TOU   ix  TC&V   l$((üV   Eu|9€6y)XÖTI   [XI    TeXVü). 

Die  erste  Zeile  muss  auf  einem  anderen  Blocke  gestanden 
haben. 

5.  Marmorblock  in  demselben  Hause,  von  derselben  Grösse 
wie  Nr.  3;  nach  Abklatsch  von  P.  Gaudin. 


i24  FUNDE 

r.  'louXiov  MaxeSova  |  AupioXtavov  avSpa  xaXov  |  xai  ayocOov 

5    TTipi    T£    TIJV    I    TraTptSa     )Cal    TTJV     tepCi)TÄ|[[Ta]]TYlV     ßQU^YIV     EV     TC 

ap  II  j^ai;  xai  XciTOupYiai^  |  Soxi(xcl)TaTOV ,  j^peofujXx^avTa,  xou- 
10  paTopiü((javTa,    Ta|xi[[aT]]6ÜaavTa  |  iv  iyopäi[[a]],  TcavyjYupiap- 

3^7)||aavTa  iv  xotvci^  ty);  'Adia;  j  iy*^^*»  «tjövridavTa,  wi^avj 
15  ra  wap^  iauToö,  6i(jayc«)yc[a  ye]|v6u.ivov   )cxi  iv  aXXoi;  icXetojitv 

«uj^piOCTOv  y€v6[X6vov  II  KCLi  üTCirjpeTTQffxvTa  T>i  waTp[t]8i,  iva(JT[Y)]- 

GavTa  Si  Tov  I  avSp[i]dcvTa  Ik  tcov  iSicov. 

Zu  reij/avTa  in  Z.  12  vgl.  Lcbas  III  647  utcco  Tui^sd);  T){xepcüv  ie. 

6.  Im  Hause  des  Abaji  Karisi ;  nach  Abklatsch  von  P. 
Gaudin. 

SJevTiÄV  IlX<üTt|[a]v,  'Ep|xoy6VY)v  xai  M|[Y)]vö^tXov  tov>;  ulou;  [ 
5  [aJuTTj^  'Ep(xoyivri;  My,|[vo]^iXou  iTcoiYjaev  K  ||  •  .  ^taSi  ttj  iSeX- 
91S1  I  pLvsia;  yJcpi^Sclr 

7.  Im  Hause  des  Hussein  Moussout.  Nach  Abklatsch  von 
P.  Gaudin. 

'Ovy)<ji[x|o;  4>Xa6(a  j  [XYiTpi  i8i|a  jxvia^  j^|apivj^ 

8.  Ehemals  verbaut  in  der  Mauer  des  Hauses  von  Persen- 
oglu,  jetzt  im  Hofe  desselben  Hauses.  Nach  Abklatsch  von  P. 
Gaudin. 

'AyaOyji  Tuyjni.   |  M.  Aup.  'ApTcp-wv  (  p  toö  'Io'jäouvJSo'j  6  xpi- 
5   Tiaxo;  |  auviQyopo;   toö  jj  UpoiTÄTOu  Ta(X£t|o'j  'AX6^av8p6t|a;  kolI 
10   AiyuTCTOu  I  TCicdY);   xai  At6ü|y)<  Mapjxapixyi^  ||  Aip.   MY)voy6|viSa 
Ty)v  yXujxuTiTTiV  Ou|yaTcpa. 

Offenbar  identisch  mitLebasllI  651,  wol  auch  tn\i  B.C.H. 
1877  S.  85  (Cyriacus),  wo  rfie  unmögliche  6.  Zeile  durch  fal- 
sche Wiederholung  des  Anfangs  zu  erklären  sein  wird.  Der- 
selbe Mann  auch  MAI.  1895  S.  2ii. 

9.  Aufgedeckt  im  Keller  von  Persenoglu.  Nach  Abklatsch 
von  P.  Gaudin. 

[•]  'IoüX(Ov  no|[ff]ii8(oviov  I  [x]*^^'*PX^^  I  [A]uyov<jTOu  |  6   StifiLo;. 


PüNDE  iSö 

Dass  zu  Anfang  nur  ein  Buchstabe  fehlen  kann,  geht  auch 
aüs  der  symmetrisch  gesetzten  Unterschrift  o  ^Tipio;  hervor. 
Wie  unter  diesen  Umständen  das  Rätsel  der  vierten  Zeile  zu 
lösen  ist,  wo  der  Abklatsch  sicher  Yl  OYZTOY  giebt,  aber 
AJuyoiJaTou  nicht  verbietet,  ist  schwer  zu  sagen. 

Die  Herren  M.  Pappakonstandinu  und  G.  Weber  schicken 
uns  Zeichnungen  eines  1'"  hohen,  runden, mit  drei  Bukranien, 
Rosetten  undGuirlanden  verzierten  Altares  aus  weissem  Mar- 
mor von  0,65'"  Durchmesser,  der  in  Tralles  am  Südahhange 
des  Burgberges  gefunden  und  in  die  Sammlung  des  türkischen 
Gymnasiums  Idadie  in  Smyrna  überführt  worden  ist  (veröf- 
fentlicht von  Fontrier,  Courrier  de  Smyrne  3ü  März  1900). 

KöivTo;  KatxiXio; 

STpaTOVlÄOU   ulo;   AYl(Jt.Y)TptO;, 
*Epu.o)cX7i;   *Ep|XOX>6lOUC 
•JipO)^  J^pY)(ITk   X^^P^' 

I^aSaiOi;  *Ep[i.O}c>£Ou;, 
SapaTuicov  'ExaTopivco 

Herr  M.  Pappakonstandinu  sendet  uns  die  Zeichnung  einer 
viereckigen  profilirten  Basis,  die  sich  an  der  Cisterne  des  Gar- 
tens AiXYiaavw^Y)  im  Dorfe  Kara-ular  beßndet,  wohin  sie  wol 
aus  Alabanda  verschleppt  ist.  Unter  der  Inschrift  in  Relief 
ein  nackter  Athlet  und  neben  ihm  ein  Palmzweig  und  ein 
Widder. 

pia;  7rp(]l)T7)<    -    -    -    - 

rioXuveixYi;  6  Opaou^  Sö^av  f^^v  IvotcXov 

TCöcdav  ETcap^itav  Iv  CTaSioi;  to^^v  aXsiTCTO; 

stxoaTOv  TCuxTguaa;, 

t^yjfX  TE^vY)  Xst^Sst;, 

iXkk  v£o;  yspapov  a(5- 

[Aa  xaTitpyavaTO. 

Derselbe  sendet  uns  die  Zeichnung  eines  aus  Alabanda  in 


i26  Pvsbk 

den  Besitz  des  Bischofs  Tarasios  in  Thyateira  gekommenen 
römischen  Grahreliefs  (Büste  eines  Jünglings  mit  Vögeichen 
darunter)  mit  der  Inschrift: 

P.  schreibt  ab  APXEPATIKH,  liest  aber  selbst  'Ap^iipaTixY). 

Im  Courrier  de  Smyrne  10  März  1900  veröffentlicht  A. 
Fontrier  neue  Inschriften  aus  der  Kayster-Ebene  corrigees 
et  avec  des  restitiitüins  plus  ou  moins  certaines,  faule 
d'en  avoir  des  copies  et  des  estampages. 

1.  In  einer  Hausmauer  im  Dorfe  Adigüme  östlich  von  Tire: 

Atov]u9ioc  MsvcxpetTOu 

2.  In  einer  Hausmauer  im  Dorfe  Ouzgour, nordwestlich  von 
Tire,  hoch  O/iO™,  breit  0.60'". 

T6  Y)pG)ov  {[gtIv 
Ko.  Ka^Tcoupviou 

B xai  Tou- 

ye[ivY)5  *Hp]a>Sou,  yu- 
vaixoc  auTOÖ,  xal  i- 
TCi^iuOcpcüv  auTciüv. 


SITZUNGSPROTOKOLLR 

Am  Winckelmannstage  des  Jahres  1899  waren  fünfund- 
zwanzig Jahre  verflossen,  seit  0.  Luders  die  athenische  Zweig- 
anstall des  Deutschen  Archäologischen  Instituts  durch  die 
erste  öfl^entliche  Sitzung  feierlich  eröffnete.  Leider  hatte  der 
Bau  des  neuen  Saales  nicht  zeitig  heendet  werden  können, 
und  die  erste  Sitzung  des  Winters,  durch  welche  auch  diese 
Erinnerung  gefeiert  werden  und  zugleich  der  Neubau  einge- 
weiht werden  sollte,  mussle  bis  zum  12.  März  1900  verscho- 
ben werden. 

S.  Majestät  der  König  der  Hellenen  war  leider  im  letzten 
Augenblick  durch  eine  Erkrankung  verhindert  worden, zu  er- 
scheinen, dagegen  beehrten  I.  Königliche  Hoheiten  der  Kron- 
prinz und  die  Kronprinzessin  sowie  Prinz  Nikolaos  das  Institut 
durch  Hire  Gegenwart.  In  der  grossen  Festversammlung  durf- 
ten wir  auch  das  griechische  Ministerium,  die  diplomatischen 
Vertreter  der  fremden  Mächte  und  die  einheimischen  wie  frem- 
den Gönner,  Freunde  und  Collegen  des  Instituts  dankbar  he- 
grossen.  Zuerst  nahm  der  erste  Sekretär,  Herr  W.  Dörpfeld, 
das  Wort: 

'Endlich  ist  der  Tag  gekommen,  nach  dem  wir  lange  aus- 
geschaut, der  für  uns  so  wichtige  Tag,  an  dem  das  Kaiser- 
lich Deutsche  Archäologische  Institut  im  neuen  Saale  sein 
fünfundzwanzigjähriges  Jubiläum  feiert'. 

'Ihr  überaus  zahlreiches  Erscheinen  ist  uns  ein  Beweis 
Ihrer  sympathischen  Teilnahme  und  verpflichtet  uns  zu  leb- 
haftem Danke.  Insbesondere  schulden  wir  Euren  Königlichen 
Hoheiten  aufrichtigen  Dank,  wird  doch  durch  Ihr  Erscheinen 
unserer  Feier  eine  besondere  Weihe  verliehen.  Auch  den  Mi- 
nistem dieses  schönen  Landes,    dessen  Gastfreundschaft  wir 


15Ö  SitÄUNÖSPROtOKOLLE 

geniessen,  und  den  zahlreichen  offiziellen  Vertretern  vieler 
fremden  Nationen  habe  ich  unseren  verbindlichen  Dank  da- 
für auszusprechen,  dass  Sie  durch  Ihre  Gegenwart  die  Be- 
deutung unserer  Feier  heben.  Und  auch  Ihnen  allen,  die  Sie 
unserer  Einladung  als  Vertreter  einheimischer  Gesellschaften 
und  Vereine  oder  fremder  Anstalten,  als  alte  oder  neue  Freunde 
unseres  Instituts,  als  Kenner  oder  Verehrer  des  klassischen 
Altertums  Folge  geleistet  haben,  rufe  ich  ein  herzliches  Will- 
kommen zu*. 

'Schon  am  verflossenen  9.  Dezember,  als  am  Geburlstage 
VVinckelmanns,  hätte  das  Jubiläum  des  Instituts  gefeiert  wer- 
den müssen.  Wenn  wir  das  Fest  bis  heute  hinauszuschieben 
genötigt  waren,  so  ist  der  Anlass  in  sofern  ein  erfreulicher 
gewesen,  als  wir  jetzt  den  Ehrentag  des  Instituts  im  eigenen 
Hause  und  in  diesem  stattlichen  Saale  feiern  können.  Die 
Deutsche  Regierung  und  der  Deutsche  Reichstag  haben  nicht 
nur  die  Mittel  zum  Ankauf  dieses  von  Schliemann  erbauten 
und  vom  Institut  bisher  nur  mietweise  bewohnten  Hauses, 
sondern  auch  noch  eine  genügende  Summe  bewilligt,  um  den 
grossen  neuen  Bibliotheksaal  zu  bauen,  der  heute,  obwol  er 
wegen  der  knappen  Bauzeit  noch  nicht  seinen  vollen  künstleri- 
schen Schmuck  erhalten  hat,  wenigstens  provisorisch  benutzt 
und  eingeweiht  werden  kann*. 

'Fünfundzwanzig  Jahre  sind  im  menschlichen  Leben  ein 
langer  Zeitraum ;  nur  Wenigen  ist  es  vergönnt,  nach  einer 
Entwicklungszeit  von  fünfundzwanzig  Jahren,  noch  länger  als 
ein  Vierteljahrhundert  in  voller  Kraft  thätig  zu  sein.  Für  eine 
öffentliche  Anstalt ,  für  ein  Institut,  sind  sie  dagegen  eine 
kurze  Spanne,  feiert  doch  z.  B.  die  Berliner  Akademie,  mit 
der  unser  Institut  in  enger  Beziehung  steht,  in  diesen  Tagen 
ihr  zweihundertjähriges  Jubiläum  und  sieht  auch  unsere  ältei*e 
Schwester,  das  deutsche  Institut  in  Rom,  bald  auf  eine  er- 
folgreiche Thätigkeit  von  75  Jahren  zurück*. 

'Gleichwol  bezeichnet  der  heutige  Tag  für  unser  Athener 
Institut  einen  wichtigen  Abschnitt.  Hinter  uns  liegt  das  erste 
Vierteljahrhundert,  die  Jahre  der  Entvvickelung,die  Jahre  der 


81TZUN68PROTOKOLLB  429 

ersten  Arbeilen.  Vor  uns  liegt  iiorTentlicIi  ein  langer  Zeitraum 
gewissen hafler  und  ergebnissreicher  Thätigkeit  zum  Wohle 
unserer  Wissenschaft*. 

*Der  heutige  Tag,  ein  Markstein  in  der  Geschichte  des  In- 
stituts, legt  uns  die  Pflicht  auf,  einen  Rückblick  zu  werfen 
auf  seine  bisherige  Thätigkeit,  rückwärts  zu  schauen  auf  den 
zurückgelegten  Weg  und  zugleich  vorwärts  zu  blicken  auf  die 
noch  vor  uns  liegende  Arbeit,  hinaus  in  eine  hofTentlich  se- 
gensreiche Zukunft*. 

*Am  Geburtstage  Winckelmanns  des  Jahres  1828  traten 
mehrere  Gelehrte  und  Künstler  verschiedener  Nationen  in  Rom 
zusammen,  um  eine  Anstalt  zu  begründen,  die  ein  Centrum 
bilden  sollte  für  die  archäologischen  Studien  und  Beobachtun- 
gen. Neben  ßduard  Gerhard,  dem  eigentlichen  Begründer  des 
Instituts,  sehen  wir  Deutsche,  wie  Bunsen  und  Kestner, 
Franzosen,  wie  den  Duc  de  Luynes,  Italiener,  wie  Fea  und 
Borghesi  und  den  bekannten  dänischen  Künstler  Thor- 
valdsen  als  Mitglieder  der  neuen  Anstalt.  In  dem  kunst- 
sinnigen preussischen  Kronprinzen, dem  späteren  Könige  Frie- 
drich Wilhelm  IV.,  fand  das  Institut  von  Anfang  an  einen 
warmen  Protector.  Durch  seine  huldvolle  Vermittelung  erhielt 
es  bald  eine  Unterstützung  von  der  preussischen  Regierung, und 
tiat  am  Ende  der  fiinziger  Jahre  in  eine  festere  Beziehung  zum 
preussischen  Staate,  der  ihm  einen  jährliehen  Zusehuss  be- 
willigte. Zehn  Jahre  später  wurde  noch  von  E.  Gerhard  selbst 
der  Antrag  an  die  preussisehe  Regierung  unterzeichnet,  das 
durch  seine  hervorragenden  Arbeiten  schon  bewährte  Institut, 
das  allmählich  zu  einer  Hochschule  für  die  deutschen  Archäo- 
logen geworden  war,  zu  einer  preussischen  Staatsanstalt  zu 
machen.  Der  Antrag  fand  wohlwollende  Aufnahme  und  am 
18.  Juli  1870  genehmigte  der  dem  Institute  stets  wolge- 
sinnte  König  Wilhelm  I.  die  Übernahme  des  Instituts  auf  das 
Ordinarium  des  preussischen  Staatshaushaltes.  Die  Central- 
direction  hatte  ihren  Sitz  in  Berlin,  das  Centrum  der  wis- 
senschaftlichen Thätigkeit  war  Rom*. 

'Nicht  lange  blieb  die  Anstalt  eine  preussisehe.  Bald  nach 

ATHEN.   MITTHBILUNOEN   XXV.  9 


130  SlTZUNGSPHüTOKOLLE 

der  Einigung  Deutschlands  unter  dem  ruhmvollen  Kaiser- 
scepter  der  Hohenzollern  wurde  auch  das  Institut  im  Jahre 
1874  zu  einer  Reiehsanstalt,  zu  einer  gemeinsamen  archäolo- 
gischen Hochschule  alier  deutschen  Stämme.  Zugleich  trat  noch 
eine  andere  Veränderung  ein  ;  neben  Rom  wurde  als  zweiter 
Mittelpunkt  der  archäologischen  Arbeit  Athen  gewählt.  Dem 
älteren  römischen  Institut  entstand  in  der  athenischen  Zweig* 
anstatt  eine  jüngere  Schwester*. 

'Schon  lange  vorher  war  die  Wichtigkeit  der  Altertümer 
des  eigentlichen  Griechenlands  für  alle  Gebiete  der  Archäo- 
logie, für  die  Kunstgeschichte  und  die  allgemeine  Geschichte, 
für  Philologie  und  Architektur  allen  Beteiligten  klar  gewor- 
den. Die  Arbeiten  griechischer  und  fremder  Gelehrten  hatten 
die  unerschöpfliche  Fundgrube  erkennen  laesen ,  die  der  Bo- 
den Griechenlands  für  die  archäologische  Wissenschaft  bot. 
Neben  der  hochverdienten  griechischen  Archäologischen  Ge- 
sellschart war  schon   im  Jahre  1847  ein  französisches  Institut, 

r 

dieEcole  fran^aise,  in  Athen  gegründet  worden,  deren  fünfzig- 
jähriges Jubiläum  wir  im  vorigen  Jahre  feierten.  Und  auch  die 
preussische  Regierung  hatte  schon  seit  langer  Zeit  ihrer  Ge- 
sandtschaft in  Athen  einen  Archäologen  als  Sekretär  beigege- 
ben Als  solche  waren  thätig  A.  v.  Velsen,  dessen  Bibliothek 
den  Grundstock  unserer  Institutsbibliothek  bildet,  C.  Wachs- 
muth  ,  der  Verfasser  des  wertvilen  Buches  über  die  Stadt 
Athen  im  Altertum,  und  U.  Köhler,  der  hervorragende  Epi- 
graphiker  und  Historiker*. 

'Den  Gedanken,  in  Athen,  im  Centrum  der  alten  griechi- 
schen Cultur,  ein  volles  deutsches  Institut  zu  gründen,  hat 
neben  U.  Köhler  zuerst  Ernst  Curtius  vertreten  und  zu  ver- 
wirklichen gesucht,  Ernst  Curtius,  der  begeisterte  Kenner  und 
begeisternde  Lehrer  des  klassischen  Altertums,  der  Erzieher 
des  hcchsinnigen  unvergesslichen  Kaisers  Friedrich.  Sein  Ge- 
danke fand  nicht  nur  lebhaften  Anklang  bei  der  Centraldirec- 
tion,  sondern  auch  beim  Deutschen  Reichstage  und  bei  der 
Reichsregierung.  Nachdem  die  Mittel  bewilligt  und  Otto  Lü- 
ders, unser  jetziger  hochverehrter  Generalconsul,  zum  ersten 


I 


SITZUNÖ3PHOT0K0LI.G  131 

SeLrelur  ernannt  war,  koniile  Jas  neue  Institut   um   9.    De- 
iemlier    t87'i    reierlicli    eröfToel  «erden '. 

'Mit  grossem  Wolwollen  uur^^rnommen  von  den  {^rJeclii- 
schen  ßehünlen  ,  mit  anlriclili^er  Preude  begriisst  von  den 
^riecliischen  Archäniogen,  als  ebenbürtige  Schwester  willkoni- 
Dien  gelieissen  von  dem  schon  in  der  Arbeit  bewährten  IVaniö- 
sischen  Institute,  bat  sich  die  neue  Anstalt  schnell  entwickelt, 
zur  Freude  ihrer  Gründer  und  luni  Nulzen  der  Wissenschaft, 
Sie  ist  im  Laufe  der  Jahre  ein  festes  Band  geworden,  düs  nicht 
nur  die  deutschen  AiThiioiogun  mit  Griechenland  und  seinen 
Altertümern,  sondern,  wenn  ich  so  sagen  darf,  auch  Deutsch- 
land mit  Griechenland  verbindet,  ein  Band,  das  schon  maii- 
clieni  Sturm  geliotzl  und  hoBentlich  nicht  nur  hallen,  sondern 
nur  noch  stärker  werden  wird' 

'Die äussere  Entwicklung  des  Instiluts  ist  mit  wenigen  Wor 
ten  geschildert  Leider  legte  0  Luders  bald  seine  Stelle  nie- 
der, weil  er  andere  Ptlichlen  übernahm,  fand  aber  in  U.  Köh- 
ler, der  Athen  und  seine  Ruinen  schon  kannte,  einen  vorzüg- 
lichen Ersatz.  Neben  ihm  wurde  ich  1885  als  zweiter  Sekretär 
angestellt.  Nachdem  Kohler  im  Jahre  1886  einem  Rufe  nach 
Uorlin  gefolgt  und  vorübergehend  Eugen  Petersen  sein  Nach  • 
'fttlger  geworden  war.  wurde  ich  1887  zum  ersten  Sekretär  und 
'Paul  Wolters  zum  zweiten  Sekretär  ernannt.  Es  ist  mir  Be- 
dUrfnrss.  es  hier  auszusprechen,  in  vsie  treuer  und  selbstlostir 
Weise  mein  College  seine  hervorragende  .Arbeitskraft  dem  In- 
stitute und  seinen  Arbeiten  gewidmet  hat'. 

Neben  den  Leitern  des  Instituts  verdient  aber  auch  nncli 
lin  Mann  genannt  zu  werden,  der  als  wissenscbaftliclier  Hilfs- 
arbeiter lange  Jahre  gewissenhaft  und  erfolgreich  für  das  In- 
alitut  gearbeitet  bat,  H.  0.  Lolling.  Seine  epigrajihischen 
und  to(Kigrai»hisclien  Arbeilen  haben  ihm  einen  hervorragen- 
den Platz  uuler  den  .\rchäohigen  gesichert.  Wie  ein  tapferer 
Soldat  ist  er  mitten  aus  seinen  Arbeiten,  leider  zu  fi'iih,dahiii- 
ijjüratTt  worden.  Als  sein  Nachfolger  ist  seit  zwei  Jahren  ein 
längerer  Eachgenosse  H.  von  PrutL  am  Institute  als  wissen- 
ihafiliulier  Hilfsarbeiter  thktifj'. 


J 


i  32  SITZUNOSPROTOKOLLE 

Meli  kann  natürlich  nicht  daran  denken,  Ihnen  heute  ein 
genaues  Bild  zu  entwerfen  von  der  vielseitigen  Thätigkeit  des 
Instituts  im  Laufe  der  25  Jahre ,  oder  Ihnen  auch  nur  die 
wichtigsten  Arbeiten  aufzuzählen  ,  die  von  den  Mitgliedern 
des  Instituts  ausgeführt  oder  in  seinen  Schriften  verölTentlicht 
sind;  ich  muss  mich  darauf  beschränken,  nur  eine  kurze 
Übersicht  zu  geben  über  die  haupsäehlichen  Gebiete  seiner 
Thätigkeit  \ 

*Drei  Aufgaben  sind  dem  Institute  vor  allem  gestellt: 

1.  Die  HerbeischafTung  und  Veröllentiichung  neuen  archäo- 
logischen Materials  durch  Beobachtungen,  Reisen  und  Aus- 
grabungen, A\q  praktische  Thätigkeit. 

2.  Die  Vornahme  von  Studien   und  Forschungen  auf  dem 
weiten  Gebiete  des  Altertums,  die  wissensc/ia/tliche  Thätig 
keit. 

3.  Die  Belehrung  und  Anleitung  der  jüngeren  Fachgenos- 
sen, die  Lehrthätigkeit\ 

'Die  erste  Aufgabe  haben  wir  zu  erfüllen  versucht  durch 
zahlreiche  Reisen  und  durch  vielfache  Ausgrabungen.  Fast 
alle  Länder  der  altgriechischen  Welt  sind  von  Seiten  des  In- 
stituts durch  Reisen  erforscht  und  an  vielen  Orten  sind  Aus- 
grabungen ausgeführt  worden.  Um  nur  von  den  letzteren  zu 
reden,  erinnere  ich  Sie  an  die  Ausgrabung  des  Kuppelgrabes 
von  Menidi,  das  uns  zum  ersten  Male  grössere  Reste  der  my- 
kenischen  Cultur  in  Attika  zeigte,  an  die  teilweise  Aufdeckung 
der  Tempel  von  Tegea,  Sunion  und  Korinth  ,  an  die  Auf- 
findung und  Freilegung  des  höchst  interessanten  Heiligtums 
der  Kabiren  bei  Theben,  an  die  Ausgrabung  hier  in  Athen 
an  der  alten  Agora  und  an  der  Enneakrunos,  eine  Arbeit, 
durch  die  eine  der  wichtigsten  Fragen  der  athenischen  Stadt- 
geschichte gelöst  wurde,  an  dje  Ausgrabungen  in  Lesbos,  an 
die  Erforschung  des  Theaters  in  Pleuron,  an  die  ergebniss- 
reichen Grabungen  in  Paros  ,  und  schliesslich  an  die  jüngst 
ausgeführte  Ausgrabung  in  Megara,  die  zur  Auffindung  des 
berühmten  Stadt -Brunnens  des  Theagenes  geführt  hat*. 

*Aber  neben  diesen  Arbeiten  hat  das  Institut  auch  an  den 


SITZUPOSPBOTOKOLLE  133 

grossen  Ausgrabungen  des  Deutschen  Heiches,  an  denen  der 
könijjliehen  Museen  von  Berlin  iinrl  an  denen  unseres  berühm- 
len  Landi^mannsSchliemann  regen  Anteil  genommen.  Icli  brau- 
che Sie  iiicbl  erst  an  das  grosse  Werk  der  Aufdeckung  von 
Olympia  zu  erinnern,  dessen  glänzende  und  wertvolle  Funde 
Ibnen  bekannt  sind.  Ich  nenne  Ibnen  nur  die  Ausgrabungen 
von  Pergamon,  Tralles,  Magnesia  am  Müander  und  Priene. 
bei  denen  Mitglieder  des  Instituts  in  verschiedener  Weise  wert- 
volle Hülfe  geleistet  baben.  Audi  Herr  Scbliemann  bat  sich 
bei  seinen  epocbemacbenden  Ausgrabungen  in  Troja ,  Ti- 
ryiis,  Orcbomenos  und  an  anderen  Orten  stets  die  Mitwirkung 
der  Leiter  und  Stipenilialen  des  Instituts  erbeten,  Audi  den 
Grabungen  amlerer  deutsclter  Altertumsl'nrsdiei',  wie  denen 
des  Herrn  lliller  von  Gartringen  in  Thera  und  der  Herren 
Schreiber  und  Sieglin  in  Alexandrien  liat  das  Institut  gerne 
seine  Unterstützung  zu  Teil  werden  lassen'. 

'Dass  es  den  Mitgliedern  des  Inslituls  auch  stets  eine  beson- 
dere Freude  gewesen  ist.  den  anderen  archäologischen  Insti- 
tuten oder  der  griechischen  Archäologischen  Gesellschaft  oder 
der  griechischen  Kpborie  der  Alterlilrner  bei  ihren  Ausgra- 
bungen und  sonstigen  Arbeiten  in  irgend  einer  Weise  behilflich 
zu  sein,  versteht  sich  bei  dein  schönen  collegialischen  Verhält- 
nisse, das  zwischen  uns  besteht  ganz  von  selbst'. 

'Die  Resultate  aller  dieser  Ausgrabungen  und  sonstigen  Ar- 
beiten des  Instituts  sind  teils  in  den  athenischen  Mittbeilun- 
geu.  teils  in  anderen  Zeitschriften  oder  auch  in  besonderen 
Bücbein  vernITenllidit  worden.  Die  Zeilschrift  des  athenischen 
Instituts,  die  genannten  Mittbeilungen,  enthalten  daneben 
noch  eine  lange  Heibe  wissenschaftlicher  Untersuchungen  über 
Bauwerke  und  Sculpluren.  über  Vasen  und  Terrakotten,  tiber 
Inschriften  und  Münzen  und  über  manche  andere  Gebiete  der 
Archäologie.  Dass  alle  älteren  Jahrgänge  dieser  Zeitschrift 
jetzt  von  neuem  haben  gedruckt  werden  müssen,  ist  ein  gutes 
Zeichen  für  den  wissensdiaftlicben  Wert  ihres  Inhaltes  Ue- 
dacteur  der  Mitlheilungen  war  anfangs  Ulrich  Kubler,  jetzt 
mein  College  Wolters". 


i  34  SITZUNGSPROTOKOLLE 

*  Ausser  dieser  Zeitschrift  sind  noch  mehrere  besondere 
Bücher  von  dem  Institute  oder  seinen  Sekretaren  herausge- 
geben worden  oder  werden  demnächst  erscheinen.  Unter  ihnen 
verdienen  hier  erwähnt  zu  werden:  das  grundlegende  Werk 
über  die  mykenischen  Vasen  von  Furlwängler  und  Löschcke, 
das  WerJc  über'Lesbos  und  seine  Altertümer  von  Roldewey, 
die  VeröfTenllichung  über  das  Kuppelgrab  von  Menidi  von 
Loliing,  die  Landeskunde  Griechenlands  von  demselben,  und 
endlich  das  Buch  über  das  griechische  Theater  von  Reisch 
und  mir.  Im  Druck  oder  in  der  Vorbereitung  sind  Bücher 
über  das  Kabirion,  über  die  auf  der  athenischen  Akropolis 
gefundenen  Vasen  und  über  die  Ausgrabungen  von  Troja*. 

'Neben  der  litterarischen  Thätigkeit  sind  hier  noch  die  öf- 
fentlichen Sitzungen  zu  nennen,  die  während  der  35  Jahre 
regelmässig  abgehalten  worden  sind.  Sie  dienten  zu  Mit- 
teilungen über  die  ausgeführten  Ausgrabungen  und  zur  er- 
sten VeröiTentlichung  wissenschaftlicher  Studien.  Wir  haben 
die  Freude  gehabt,  neben  den  deutschen  namentlich  die  öster- 
reichischen und  griechischen  Collegen  oft  als  Vortragende  in 
diesen  Sitzungen  zu  sehen*. 

*  Auf  die  Lehrthätigkeit  der  Sekretare  ist  seit  der  Gründung 
des  Instituts  mit  Recht  grosser  Wert  gelegt  worden.  In  den 
Museen  und  vor  den  Monumenten  Athens  haben  wir  regel- 
mässig Vorträge  gehalten,  die  sich  eines  steigenden  Besuches 
zu  erfreuen  hatten.  In  den  letzten  fünfzehn  Jahren  sind  diese 
Vorträge  auch  auf  die  übrigen  Gegenden  Griechenlands  aus- 
gedehnt worden.  In  grösserer  Gesellschaft  pflegen  wir  in  je- 
dem Frühjahre  den  Peloponnes  und  Delphi,  sodann  die  Inseln 
des  ägeischen  Meeres  und  neuerdings  auch  Troja  zu  besuchen. 
Dass  sich  Archäologen  aller  Nationen  zu  diesen  Reisen  zusam- 
men finden,  um  gemeinsam  die  wichtigsten  Ausgrabungs- 
plätze zu  besuchen,  ist  ein  schlagender  Beweis  für  das  gute 
und  harmonische  Verhältniss  ,  das  zwischen  allen  fremden 
Instituten  und  unseren  griechischen  Fachgenossen  besteht*. 

Doch  alle  diese  Arbeiten,  die  das  Institut  im  Laufe  seines 
fünfundzwanzigjährigen  Bestehens  ausgeführt  hat ,  sind   nur 


SITZUNGSPROTOKOLLE  135 

ein  kleiner  Bruchteil  der  gewaltigen  Arbeit, die  auf  dem  Gebiete 
der  classischen  Archäologie  und  auf  dem  weiteren  Gebiete  der 
Erforschung  der  alten  und  ältestenCulturgeschichte  der  Mensch- 
heit in  gemeinsamer  Arbeit  aller  Nationen  geleistet  worden 
ist.  Welche  wertvollen  Arbeiten  hat,  um  nur  von  den  in  Athen 
befindlichen  Anstalten  zu  reden  ,  allein  die  griechische  Ar- 
chäologische Gesellschaft  aufzuweisen.  Die  Akropolis  und  die 
Stadt  von  Athen,  Eleusis  und  Rpidauros,  Mykenai  *und  Ly- 
kosura,  Oropos  und  Rhamnus  und  viele  andere  Orte  mit  ihren 
aufgedeckten  Ruinen,  Kunstwerken  und  Urkunden,  sind  be- 
redte Zeugen  ihrer  erfolgreichen  Thätigkeit.  Ebenso  verkün- 
den Delos  und  Delphi,  das  Ploon  und  Mantinea  neben  ande- 
ren Orten  den  rastlosen  Eifer  des  französischen  Instituts.  Für 
die  Amerikaner  sind  Assos  undSikyon,  Argos  mit  seinem  He- 
raion ,  Eretria  und  Korinth  dauernde  Ruhmestitel  einer  er- 
folgreichen Thätigkeit.  Das  englische  Institut  hat  sich  durch 
seine  Ausgrabung  in  Megalopolis  und  Melos,  in  Cypern  und 
Ägypten  den  Dank  aller  Fachgenossen  erworben,  und  end- 
lich bat  auch  das  junge  österreichische  Institut  sich  durch 
die  Grabung  in  Lusoi  in  Arkadien  die  ersten  Sporen  ver- 
dient'. 

*  Dankbar  und  neidlos  blicken  wir  alle  auf  die  schönen 
Resultate  der  anderen  Institute  und  Gesellschaften.  Jeder  freut 
sich,  wenn  der  andere  einen  Erfolg  erringt*. 

'Gelrennt  marschiren  und  vereint  schlagen!  Das  gilt  auch 
für  unsere  Arbeit.  Jedes  Institut  dringt  auf  seinem  eigenen 
Wege  vor,  alle  aber  haben  wir  ein  und  dasselbe  Ziel,  die 
Auffindung  der  Wahrheit  zur  Förderung  unserer  gemeinsa- 
men Wissenschaft". 

'Aber  eines  dürfen  und  wollen  wir  heute  nicht  vergessen. 
Wir  fremden  Institute  (und  ich  glaube  dabei  im  Namen  mei- 
ner Collegen  sprechen  zu  können)  sind  der  griechischen  Re- 
gierung aufrichtig  dankbar  für  die  weitgehende  Liberalität, 
die  uns  Fremden  gegenüber  bei  der  Erteilung  von  Erlaubniss 
zu  Grabungen  und  zu  anderen  Arbeiten  geübt  wird.  .MIe grie- 
chischen Museen  mit  ihren  reichen  Schätzen  stehen  den  Frem- 


i36  SITZUNOSPROTOKOLLB 

den  zum  Studium  und  zur  Publikation  offen.  Wichtige  antike 
Orte,  selbst  die  Centren  des  antiken  Lebens  und  der  antiken 
Gotlesverehrung,  werden  den  Fremden  zur  Ausgrabung  bereit- 
willigüberlassen. Gewiss  birgt  der  Boden  Griechenlands  und 
des  Orients  noch  für  Jahrzehnte,  ja  Für  Jahrhunderle  hinaus 
reichliches  Material  zu  Grabungen  und  Studien, und  daher  ist 
für  lange  Zeit  hinaus  nicht  nur  für  die  griechischen  Archäolo- 
gen,sondern  auch  für  Fremde  noch  genügend,  ja  viel  zu  viel 
zu  thun.  Aber  gleichwol  erkennen  wir  es  mit  grossem  Dank 
an.dass  uns  die  Gelegenheit  zu  archäologischen  Arbeiten  in  so 
reichem  Masse  und  in  so  liberaler  Weise  gewährt  wird.  Diese 
Liberalität  hat  schon  reiche  Früchte  getragen.  Die  fremden  Ar- 
chäologen sind  in  grosser  Zahl  nach  Athen  gekommen,  die 
Institute  wachsen  und  blühen,  neue  Institute  werden  gegrün- 
det, Athen  wird  so  immer  mehr  zu  einem  wichtigen  Centrum 
der  klassischen  Studien,  zu  einer  allgemeinen  Hochschule  für 
die  archäologische  Wissenschaft*. 

'Lassen  Sie  mich  den  Festvortrag  schliessen  mit  dem  Wun 
sehe,  dass  die  schöne  Harmonie  des  gleichen  Strebens  und  der 
gleichen  Gesinnung  auch  in  Zukunft  unter  den  fremden  und 
griechischen  Archäologen  bleiben  möge.  Dann  werden  die  hier 
bestehenden  Gesellschaflen  und  Institute  auch  fernerhin  blühen 
und  gedeihen,  zjm  Wohle  der  Wissenschaft,  zum  Wohle  aber 
auch  des  gastfreundlichen,  von  uns  herzlich  geliebten  Grie- 
chenlands*. 

Hierauf  richtete  der  Generalephoros  der  Altertümer  Herr 
P.  Kavvadias  uls  Vertreter  der  griechischen  Regierung  fol- 
gende Anspriiehe  an  die  Versammlung: 

M£Ta  Ty)v  7i£VTy]xovTa£Ty]piSa  ty^c  raXXixyj;  SyoX'^^,  ocXXy] 
TtaXtv  iopTY]  TeXeliat  (ji][KEpov  iv  'AOrjvat;,   Iv  T(j>  Fepfjiavixüi 

TOÜTtO  OlXtO  iTtl  TY)  (TU[Jl7rXy]paiT£l   £tX0CJt7r£VTa£Tia^  OCTTO  ifi^  £V- 

TaOOa  töpü(j£(o;  xoö  r£paavtxoO  'ApyatoXoytxoö  IvaTtTOUTOu. 
Kai  etve  ^Titdyjg  Si£Ovy);  xal  tq  iopTY)  auTV) ,  TipcoTocJTaTOüVTwv 


8ITZÜNG8PROTOKOLLE  i  37 

h  aÖT^  Toüv  4p3^aioXoyix(5v  xaOtSpu[jLaT(i)v  xal  Tfjc  xe  dirtoTQ- 
[JLOU  xal  T^c  tStCDTixYJc;  'EXXaSo^,  tjtk;,  autJLTraOco^  irapaxoXou- 
ÖYjaaaa  Tot  epya  toö  'IvdTtxoüTOu,  [xstoc  y^apa^  (JUfjLfjieTej^ei  tyj? 
crri[jLepov  iopx^^  xal  eO(ppo(iüv(üj;  j^atpeTtCet  toüs  SieuOuvtoc;  xal 
eTaipoü^  Toö  xXetvoO  toütou  iSpüfJiaTOc;. 

'AXXa  Tt  ai  iiravetXT]UL[jL£vai  auiat  iv  'AOrjvai^  iopral  Sy]- 
Xoöai;  Ty]v  iiravTr)(Jtv  ei;  t6  £pwTy][Jia  toOto  eStoxev  tqSy]  izpi 
£t(ov  6  'Epveaxo?  Ko'jpTio;.  'Ev  'EXXaSt,  elire,  «die  Archäo- 
logie ist  zu  Hause».  'AXX'  av  tq  'ApjratoXoyta  £v8y][jLeI  uap' 
TQjjiTv,  av  TO  äXXoTe  £v  *P(ü[Jlt)  xevTpov  töüv  apj^aioXoytxoiv  o-irou- 
Scov  (jL£Ty]V£j^Oy]  irXeov  £{;  'AOrivat;,  i^opay]  toütou  iyevexo  oOj^l 
Saa  apjr^aioXoytxa  epya  tq  [Atxpa  'EXXa;  dSuvrjOy]  va  dxTeXeoT), 
aXX'  ayaOr)  OeXrjdti;  xal  eödTo^rot;  ävepyeia  toO  'EXXy]vtxoO 
Kpaxoti^.  Xapiv  T^(;  iiridTrjfjLyij;,  J^apiv  t^i;  ayaOfjt;  OTroXiQ^ecü^ 
^al  T^;  ?^(A^^  '^^?  'EXXaSo;  iv  tco  TreiroXiTiafjievti)  x6(I[jl(i),  tq 
*EXXy]vixr)  KuSepvTQdic;  a^yjxe  xaxa  [xepo^  Traaav  xax(ü(;  Suva- 
(JL6VTQV  vi  ^vvotjOt)  i6vixy)v  (piXoTt[JL(av,  xal  ixaXeae  iravTa  xa 
7cpö(;  avaxaX'j'];tv  xal  a7rouSy]v  tcüv  Xet^avwv  toO  apj^atou  iro- 
XtTia(JLoO  £vSia®ep6[jL£va  eOvr) ,  fva  (JüvepyaaOcoai  'irpö(;  toOto 
(iieO'  iQ(Ji(3v  Tüiv  'EXXrjvcDv ,  irapejr^ouaa  el(;  TiavTa(;  aStaxpiTox; 
TYjv  aOTYjv  (juvSpofjLTQv  xal  Ta  aiixa  Sixai(i>(jLaTa  irpoi;  ixTeXeatv 
ivaaxa^cov  xal  izpo^  o"irouSY)v,  airetxovKJiv  xal  8y](Jioo'ietia'iv  tcSv 

4p)^aiOTTQT(i)V. 

Tito  to  xpaTO?  TOiauTTjc;  apy^aioXoytx^;  laoTtoXiTEia^,  oötcü; 
etireTv,  tq  'EXXa;  (/.eTeSXrjOy)  tl(;  «xTaStov  SieOvoö;  ä7rta'Ty][Jiovixyj(; 
ipyaata^,  SioTt  eit;  Ty]v  *EXXy)vixy]v  Apj^atoXoyixyjv'ETatpetav, 
rJTi^  aTco  ToO  1837  £l)^£v  avaXi^et  Ty)v  ava<jxa^y]v  xal  iTiKTTy]- 
(JLOvixy]v  £p£uvav  tcov  apy^aioTrjTcov  7rpo(j£T£6y]cjav  aüv  tcS  ypo'^a^y 
xal  yfcvvaito^  Tcap'  iQfjLlv  £oya*CovTai,  tc£vt£  xa6tSp'J[jLaTa,  ri  FaX- 
XtxY]  Sy^oXiQ,  TÖ  r£pjjLavtx6v  IvdTiToOTOv,  Y^  AyyXixY]  xal  ri 
'A[jL£ptxavtxy]  SjroXy]  xal  to  AOaTpiaxov  'IvottitoOtov.  MEyaXyj 
0£  £x  toÜtou  £y£V£TO  £$ap(Jt^  Tcüv  apy^aioXoytxcov  £pyaart(J5v. 
'EirioTQijLOt  apy^aioXoyixol  totcoi  ,    TcXif]p£t^  apj^atoXoyixdiv   xal 


438  ftlTZÜNGSPROTOKOLLB 

OprjdxeuTixcüv  avafxvTQaewv,  aveaxa^yjo'av  ,  Trept^av^  [jLVY)(i.eTa 
T^^  *EXXy)vtx^(;  liyyri^  i7r£xaXii^0y]aav,  a(p&ova  Se  xal  dxirXy)- 
xTtxi  vjp'i][i.OLiOL  i$rjj^6y](iav  £x  täv  iy^^'^^^  '^^'^  Y^^»  ^^'  ^^ 
TrXouTtaOevTa  xi  Mouaela  tq[ji(üv  dyevovxo  (/.ovaSixa  iv  T(ji  x6- 
a(jLtp,  ai  'AO^vat  (JLeTeSXYj&yjaav  eU  8te0vk(;  apj^^aioXoyixov  Hav- 
SiSaxTTjptov,  xal  tq  'EXXi^  xaOoXou  iyeveTO  7:po<jxuvy]TT)pto;; 
'ZOTzo^jtlt;  6v  Tcavxay^oOev  toO  xodfjioti  TrpoaepyovTat  xax'  exo;  ot 
eU  '^V  '^^X.^'O^  ^*^  '^V  ^i^t^yTTjijLrjv  iridTot,  fva  airoOaufJLaacoTt 
Ta  Xet'j^ava  T'^c  'EXXy)vtx"^(;  [xeyaXo^ut^a?  xal  aTroxto'toai  ^opov 
eOyv(i)[jLoaüvy](;  eU  Trjv  y^v  twv  xXaaatxoiv  ava(Jivrja£(i)v. 

Tr)v  eü£py6Ttxr)v  Ta'JTrjv  iv  *EXXa8t  Spaaiv  tcov  apyaioXo- 
yixdüv  ipyaatcüv  euXoycD^  avaTcoXel  ita^  Tt^  (nr)(JLepov  xaxa  tyjv 
T£Xou(JL6vr)v  iopTYjv  xa6iSpu(jLaT0(;,  6TC£p  iTcpa)Taya>vt(jTY)(j£v  iv 
TOtauTaK;  ipyaaiai?  xal  £Xx£i  Ty]v  xaTaycüyyjv  i$  aXXou  ira- 
XaioO  xal  8£8o$aa(jL£vou  'IvaTtTOüxou,  5ir£p  iv  ocXXt)  xXaacnxtj 
j(^(opa  iSpuOy];  iv  iirojfTJ,  xaO'  y]V  ölv  OTcyjpy£v  'EXXyjvtxov  Ba- 
aiXfitov  Tva  ijizoityßri  xal  $£viaT)  aOxo,  Sioti  t6t£  [jloXi^  tq  iX£ü- 
0£pia  OTC£^(üax£  xal  iyxaOtaiaTO  iv  *EXXa8i. 

lipo  130  Ti£p(Tco»j  iTüiv  6  IcüavvY];  BiyxfiXfJiav,  uio^  ivo^ 
TiTcojroO  OTcoSrjfJLaToiroioö  ix  t^(;  BpavS£(jLSotJpyy](; ,  iy£V£TO  ö 
iSpuTT);  t:^;  i'iria'TT)(JLy];  t^^  'Apy^atoXoyta;.  Tov  ix  toutou  6k 
irapayOivTa  ivGoucnaauiov  xal  Ty)v  y£vo(jL£vy)v  iTriSocriv  £U  ap- 
/aioXoyixa^  (/.eXsTa^  xal  ipyaa"(a^,  5t£S£y0y)  aOv  tco  ypovto  V] 
(T'jvata-Oyjo't^  T/j^  avayxY);  tv]^  i7i£^£pyaa"(a;  xal  T£X£to7:onr](Tc(o^ 

TOO  £pyOU  TOO  B(yX£XuLav.  ToiOÖTOV  0£  (JXOTTOV,  Ty)v  T£X£io'iro(y)- 

aiv  ToO  i'pyou  toö  ß{yx£X(jLav,  i7r£8t(o$av  xupico^  £ÜapiOuLO'.  r£p- 
[jLavol  ao^ot,  iv  Tal^  xXao-cTtxaTc  cTrouSat^  avaT£OpauL[Ji£voi  xal 
Otto  ivO£ou  aXyjöco^  (rjXou  (jnip  t:^^  apyatOTYiTO^  xaT£iXy)(/.a£- 
voi,  otTtv£;  ropuaav  Ttji  1828  iv   PtopiTj  'ApyatoXoyixov    Ivctti- 

T0QT0V,TUy6vT£^  Ttpo^  TOOTO   iTTKpaVOÖ^  Xal  layupOÖ  TTpOCTTaTOU, 

ToO  t6t£  BacTtXixoO  AtaSoyou  tyj^  Ilpcoaata^  <i^p£iS£ptxou  Fou- 
Xi£X,aou,  0£p[jioO  ^tXou  Ttov  ypa[/.aaT(ov  xal  t^^  T£yvy)(;. 

*H  aüvTOvo^;  ipyaaia  tcüv  iSpuTÄv  toQ  iv    P(ü(i.Yj    Ivdrixoti- 


SITZUNGSPROTOKOLLB  139 

TOti  xai  iStcüC  "fi  (JLeyaXy]  xapxepta  xal  e^oyo^  Stavoia  toO  apj^y]- 
yeTou  TOüTüJv  'EöouapSou  Gerhard, irap£xauL'];av  toc  eU  xa^irpoi- 
tag  epYaaia;  toö  'Ivcjtitoütou  irap6[jL6aXX6[jLeva  7rpo(ix6(jL(jLaTa 
xai  aveSet^av  aOxo  aiv  x(^  xpovto  xaOiSpu[jLa  Trept^avs^,  t6  xaT' 
e^oyrjv  iv  toI?  tote  j^povoK;  dpya'Copievov  y^^vatco;  Oirep  t^;  ap- 
)(^aioXoYix^(;  iirtdTTJtJLy)!;  8ia  T^g  iv  aOT(ji  auvepyaaia!;  oj^t  (jlovov 
Tcov  £v  Fepixavia,  aXXoc  xal  tcüv  iv  FaXXia  xal  £v  IxaXta  xal 
iv  'AyyXta  ao^üiv.  Kai  ö  (/.Iv  Tre^coTiaijLevo;  x6a[jioc  ^TiexpoTei 
eU'rV  Spaciv  TatiTyjv  toö  iv  *Pco[jnrj  'Iv(TTtTO'JTOu,TQ  de  Fepfiiavia 
oixat(o(;  iaeixvüvtTO.  'A^'  o'j  Se  aÖTY)  evcDOaaa  iroXtTtxoi^  t^^Y* 
4y£veTo  Kpiio^,  irtaTY]  eU  Tat;  irpo^  OepairetavTi^c;  iTriaTrj[jLy](;  xal 
T^(;  T6j(^vr)^  TcapaSoaei;  t^;  FepiJLavix^c;  uaTpt^o^,  aveXaSe  t6 
'IvaTiTOöTOv  Oito  TY)v  afxeaov  eauTTJ;  upodTaaiav  xal  ixYjpu^ev 
aOTO  i7iiay)[JL0v  xaOiSpu[/.a  toö  Fepjxavtxoö  KpaToug  eyov  eSpav 
T^;  Sioixrj(j£to(;  atiTOö  iv  BepoXtvto.  "Extot£  (JTaOiov  iiit(TTy](JLO- 
vtx^^  lpyoL<7ioL^  öia  ttqv  F£paavtxy]v  ßaOiivoiav  xal  ^tXoTiovtav 
a7C0TeX£T  xupitog  tq  *EXXag,  Sioti  TipwTOv  xal  a[jL£aov  6LTzoxtki- 
(j[X0L  T^c;  iTCEXOoüdrjg  iv  T(ji  'IvdTtTO'JTcp  £Ot'jj(^oö(;  [jL£Ta6oX^(; 
i^To  TQ  iv  'AOrjvai;  tSpudK;  T(ji  1874  TrapapTTjjjiaTO^  toö  'Ivcjti- 
TOÜTOu  xal  (juyj^povcix;  aj^^eSov  tq  Otto  toö  F£p[jLavtxoö  KpaTOug 
yevoaevY)  (jL£yaXy]  avaaxa^r)  t^c;  'OXu(jLir(a(;,ot'YJ(;  via  TC£piooo(; 
[jieOoöixdiv  avaaxafCüv  xal  iTitaTYiiJLOvixüiv  ipi\jy(x)v  iSy](jitoup- 
yrjÖY)  iv  'EXXiSi. 

To  v£apöv  iv  'AOrjvai^  xal  £ü£X7ii  Ivo-titoötov  £Tuy£v  £v  t£ 
T^  iuioTjijLto  xal  TT)  iSicüTixT)  *EXXaOi  ivöipfjioti  Oiioooyrj^  xal 
itacTYjc;  SuvaT:^^  (piXo$£v(a^,  ö^£iXo[jL£vy]^  £t(;  xa6tOpu(jia  67i£p 
£(JL£XX£  (jTcouSaiwg  vi  ipyadOyj  Oiikp  Tf^^  i7ii(jTrj[Jiy]<;  xal  i^y£v 
6i(;  a(jL£(iov  Tcpo^  tyjv  *EXXaoa  iTitxotvcoviav  toü;  iv  F£püLavta 
(xo^O'j;.  'Ev  'AOrjvatc;  OTr^pj(^£  t6t£  Vj  EXXyjvtxy)  'ApyaioXoytxy] 
*ETatp£ia  ipyaJ^O[Ji£vy]  aiio  toö  18^]?  OTr£p  tcüv  ap)raioTY]Tcov, 
xal  TQ  FaXXtxY]  apyaioXoyixy]  SyoXr),  t]TI^  oltzo  toö  1847  tSpu- 
|/.evY)y  i^£T£X£t  iv  'AOir]vat<;,  6,ti  to  ApyaioXoytxov  Ivcjtitoö- 
Tov  iv  Tcüjjng,  xai  oi'  eOaToj^cov  ipyadiciv  (TüV£j^tJ^£  tö  iiciaTy)- 


i40  SITZUNGSPROTOKOLLE 

(jLOvixov  epyov,  oO  Tivo^  ifi  FaXXia  tocjoÖtov  £v86$(ü<;  xaTTQp^aTO 
iv  *EXXa8t  Sta  t^c;  Expedition  scientifique  de  Moree.  BOye^Yii; 
äfxiXXa  £v  t^  ipyaaia,  TrXr)pr)<;  Se  aii(jLTcvota  xal  a[JL0t6ata  iv- 
Oappuv(it(;  direxpaTYiae  (/.exaSi*  täv  i8pu(jLaT(üv  TOtiTa)v,xai  itpo- 
Oü(jLO(;  exocdTOTe  irapeajreOr)  eU  aÜToc  tq  auvSpofjnr]  t^(;  ipyato- 
Xoyix^^  ÖTryipeaia;  toO  KpaTOti(;. 

Tito  totaÜTa^  TreptaTaeiei^  tc  'AOyjvalxov  irXeov  FcpiJLavixov 
'Iv^TtTOÖTOv  xaT^XOev  £ppto(jL6V(ü;  £v  T(ji  dTaSiC})  Tüiv  apj^aio- 
XoYixcüv  ipya(Ti(3v,  eüo'T6j^(ü(;  5k  xal  7ce^(üTia(JL£V(ü^  Sieu&uvo- 
(jievov  xal  ixa(jLaTOUj;  eTatpoü(;  xal  au'^zpyoLXOL^  x£XTy](/.£vov, 
iroXXa(;  xal  litiuyii^  ava  tyjv  *EXXa8a  avaaxa^ac;  xal  £p£»jva^ 
i^t'zi'kiai  xal  Ipya  £Sy](xoat£U(i£v  l'^oj^a,  St'  (üv  (jL£YaX(ü^  (iuv£- 
6iX£T0  £1^  TTr]v  itpoxoiry]v  t"^;  apj^aioXoytx^c;  £Tri<TTTf)[JLy](;  xal  £U 
TYjv  [Ji£)rpi  TooS£  ye'^^P'S'^yi^  E^apaiv  tcov  apj^atoXoyixtSv  £v  'EX- 
XaSi  ^pyaatüiv  xal  (jl£X£T(üv. 

TaOxa  Toc  Ipya  toO  'Iv<jtitoütou  dTriaxoircüv  o7)(X£pov  6  'n£- 
^(i)Tt(j(jL£vo^  x6(i(jL0^  öfjLopcüvov  a7ro9a(v£Tai  yvco(jiy]v,  Sioxi,  •n£pl 
spycüv  Otc^p  tcov  tSavtxcöv  ti^^  av0p(üir6Ty]TO(;  'npox£t(ji£vy]g  t^«; 
xp((T£(ü(;,T6  MavT£lov  TCOV  A£Xf(ov  Skv  yaXXiJ^£i,  oOS'  oi  &£ol 
T^(;  'OXu(jLTc(a(;  y£p(JiaviJ^oua"tv,  aXX'  ai  MoOaat,  TQyou(ji£vyi^  tyj^ 
'A6y]va^,  c^aipouori  toc  y£v6(ji£va  xal  i^ufjLvoOat  TTrjv  i7rtT£uj^9£T- 
(jav  vtxYjv  iv  T({3  Onip  ty);  d7ri<jTrj[jLy];  xal  t^;  '^£)C^^^  ayÄvt. 

'Ex  T/j^  ifipac;  j^oipa;  Tyj(;  ''AXt£(0(;,  yjti^  toüc;  aOtriv  ava- 
axdfvj^avTaj;  xal  d$£p£uvTia'avTa(;  FEpfjLavoü;  av£S£i5£v  'OXüultcio- 
vtxa<;  iv  ty)  £7rtaT*ri(JLT),  yjti^;  ^ttI  ttXeov  xal  £l(;  Tyjv  £UTüj^(av  toö 
'IvdTtTOüTou  TOUTOu  auv£T£X£(T£v ,  auTT)  avaS£i$ao'a  TOV  vöv 
iTra^tox;  aOio  6i£uOüvovTa,  £1;  tov  ötioTov  oi  'OX'jfxiriot  0£ol 
iSia^oudav  £Övotav  £7i£5c{$avTO  xal  ayaOyjv  Tujryjv ,  avTa^tav 
T%  £0^u^a;  xal  xapxEpia?  auTOö,  dyopYiyyjdav,  £x  t:^;  l£pa(;, 
Xiyto,  y(x>poL(;  t*^^  "AXt£(o;  ö  TTfi^coTicraevo^  x6(T(jlo;  öp£7r£i  arj- 
(jL£pov  xoTivov,  xal  toOtov  irpocj^£p£t  £t;  TÖ  £opTat^ov  IvaTiToO- 
Tov  (b^  ßpa€£tov.  Toto'jTOv  Si  ßpa6£Tov  i7rio-Ty][Jiovixyj^  ap£T^^ 
etv£  t6  'j'l'iTTOv  TÄv  ßpa?£ia>v,  Stoxi  Siv  Si£y£tp£t  avTiJ^yjXtav  iq 


SITZUNGSPROTOKOLLG  141 

^öovov,   iXXa  irpoxaXel  eöyvoDiJLOo-üvyiv,  iv6ouaiao-(jLOv  xai  iy- 
xapSia  (Tuy/ßpri^ripiOL. 

Sodann  begrüssle  Herr  Th.  Ilomolle,  Direktor  der  Französi- 
scjien  Schule,  zugleich  im  Namen  der  übrigen  fremden  ge- 
lehrten Anstalten  unser  Institut : 

*Les  solennites  semblables  ä  celles-ci  sont  toujours  assurees 
de  votre  faveur,  et  c'est  justice:  elles  sont  les  plus  helles  des 
f£tes,  par  ce  qu'elles  sont  les  plus  humaines,  par  ce  qu'elles 
repondent  au  plus  nohle  de  nos  besoins,  la  verite,  et  quelles 
realisent  le  plus  allirant,  peut-£lre  helas !  le  plus  decevant  de 
nos  rdves,  la  paix  universelle;  elles  sont  aussi  les  plus  con- 
formes  aux  antiques  traditions  comme  au  röle  präsent  de  celle 
ville,  qui  inventa  la  lilterature,  la  philosophie,  Kart,  dans  les- 
quels  communie  Thumanite,  qui  devient  et  sera  de  plus  en  plus 
le  cenlre  des  etudes  classiques,  qui  se  vanlail  jadis  d'ßtre  Tecole 
de  la  Grece,  et  pourrait  bien  se  dire  aujoiird'hui  Tecole  des 
deux  mondes*. 

'II  y  a  deux  anä,  mon  eher  Coil^gne,  ä  Toccasion  du  jubile 
cinquanlenaire  de  notre  Ecole,  vous  vouiiez  bien  au  nom  de 
linstitul  archeologique  allemand  et  par  d^legalion  des  Ecoles 
et  Insliluls  etrangers  d'Alhenes.  ni'exprimer  des  felicitations 
et  dos  voeux,  dont  la  chaude  et  sincfere  cordialile  reste  pour 
nous  comme  un  des  meilleurs  Souvenirs  de  celle  föle\ 

*C>8t  pour  moi  un  grand  honneur  et  un  plaisir  verilable 
d*apporler  aujourd'hui  ä  votre  Institut,  en  presence  comme 
alors  de  LeursAltesses  Royales,  au  milieu  du  mSme  concours 
sympalhique  de  la  sociele  athenienne,  lefralernel  hommage  de 

TEcole  americaine,  de  TEcole  anglaise,de  Tlnslilul  autrichien 

» 

et  de  TEcole  fran^aise  d^Athenes*. 

*Unis  les  uns  aux  autres  par  Tamour  commun  de  la  Grece, 
par  le  culle  de  la  science,  par  les  liens  mutuels  de  la  courtoi- 
sie  et  de  Tamitie,  nous  nous  r^jouissons  tous  ensemble  des  suc- 
0^8  et  du  bonheur  de  chacun.  Aussi  le  vingt-cinquieme  anni- 
versaire  de  la  fondation  de  votre  Institut  ne  pouvait  pas  6tre 


142  8ITZUN6SPROTOKOLLB 

une  c^remonie  toute  priv^e;  nous  vous  remercions  de  nous  y 
avoir  convies,  nous  nous  associons  de  tout  coeur  ä  votre  alie- 
gresse  et  ä  votre  fierte;  car  ces  annees,  pour  vous  si  honora- 
bles,  ont  ele  pour  nous  avantageuses  par  vos  d^eouvertes  li- 
b^ralement  communiquees  ä  tous,  autant  qu'agr^ables  par  un 
conslapt  behänge  d'afTectueuses  relations*. 

*L'olivier  d'Olympie  abrita  votre  Institut  dans  son  berceau, 
il  a  grandi  avec  vous,  il  a  ^tendu  sur  vous  son  ombre  aussi 
loin  que  se  sont  port^es  vos  entreprises ;  ses  rameaux  vous  ont 
couronn^s,  et  son  feuillage  toujours  vert  est  la  promesse  des 
couronnes  de  demain,  le  Symbole  de  la  perp^tuit^  de  votre 
Ecole,  toujours  rajeunie  par  Tardeur  des  g^nerations  nouvelles 
et  par  Tind^Gni  progr^s  de  la  scienee*. 

*Comme  nous  applaudissons  aux  triomphes  d'hier.nous  ap- 
pelons  de  nos  voeux  ccux  de  demain  et  du  plus  lointain  ave- 
nir;  reeevez,  mon  eher  Collegue,  pour  Tlnstitut  d'Athfenes,  et 
veuillez  transmettre  au  glorieux  Institut  que  vous  representez 
ici,  rhommage  de  notre  admiration  et  de  nos  souhaits  recon- 
naissants'. 

*Laissez-moi  vous  dire  aussi  combien  d'estime  personnelle, 
combien  de  Sympathie  se  mftle  et  s'ajoute  aux  sentiments  que 
nous  ^prouvons  pour  Tlnslitut  que  vousdirigez,  M.  Wolters  et 
vous.  Vous  avez  suj'un  et  Tautreaccroltre  le  riebe  patrimoine 
scientifique  qui  vous  a  ele  eonfie;  vous  n*avez  pas  reccueilli 
avec  moins  de  sollicilude  Theritage  de  loyale,  liberale  et  cour- 
toise  bonne  gräee  que  vous  avaient  transmis  MM.  Petersen, 
Koehler  et  Lüders.  L'harmonie  qui  nous  unit  tous  a  6te  gräce 
ä  vous  aussi  faeile  qu'elle  est  charmante  a  pratiquer;  et,  dans 
la  joie  de  cetle  föle,  nous  sommes  parliculi^rement  heureux  de 
saluer  vos  propres  succes  et  de  serrer  vos  mains  amies'. 

Zum  Schluss  nahm  noch  einmal  HerrW.  Dörpfeld  das  Wort 
um  ausser  den  Auszeichnungen  und  Ernennungen  ,  die  aus 
diesem  festlichen  Anlass  erfolgt  sind,  die  Adresse  mitzuteilen, 
welche  die  Centraldireclion  des  Instituts  an  den  Generalepho- 
ros  Herrn  P.  Kavvadias  gerichtet  hat,  und  den  herzlichsten 


SITZUNGSPHOTOKOLLE  143 

Dank  für  die  allgemeine  Beteiligung  an  der  Feier  auszusprechen, 
die  auch  in  einer  grossen  Anzahl  schriftlicher  und  telegraphi- 
scher Glückwünsrhe  zum  Ausdrucke  gekommen  war.  Von 
diesen  ist  \or  allem  die  Adresse  der  Griechischen  Archäologi- 
schen Gesellschaft  zu  nennen,  welche  S.  K.  Hoheit  der  Kron- 
prinz von  Griechenland  als  deren  Präsident  unterzeichnet 
hat,  sodann  die  Glückwünsche  S.  Excellenz  des  griechischen 
Unlerrichtsministers,  Herrn  Evtaxias ,  des  Demarchen  von 
Athen,  Herrn  Merkuris,.des  6T)6au6(  £üvSc(;|jio(,  der  'loToptx-n 
xai  iÖvoXoyixYi  iratpita  ty;;  *EXXaSo(,des  Vereines  Hapvaoao;  und 
seiner  archäologischen  und  philologischen  Section,  der  Xpi- 
aTiavixT)  dpj^atoXoyix'o  ^ratpiia.  Der  Staatssekretär  des  Auswär- 
tigen Amtes  S.  Excellenz  Herr  Graf  von  liülow  hatte  den 
Kaiserlich  Deutschen  Gesandten  Herrn  Grafen  von  Plessen- 
Cronslern  mit  dem  Ausdruck  seiner  Glückwünsche  betraut, 
telegraphisch  liefen  solche  ferner  noch  ein  von  dem  K.  K. 
Osterreichischen  Archäologischen  Institut  in  Wien  ,  der  Ge- 
neralverwaltung der  Kgl.  Museen  zu  Berlin,  der  Archäologi- 
schen Gesellschaft  in  Berlin  ,  der  Centraldirektion  des  Insti- 
tuts sowie  einer  Anzahl  von  Freunden  des  Instituts.  Herr  Mi- 
chaelis hatte  auch  das  Titelblatt  seiner  neuen  Bearbeitung  der 
Pausaniae  descriptio  arcis  Athenarum  übersandt,  welche 
er  dem  athenischen  Deutschen  Institut  und  der  Griechischen 
Archäologischen  Gesellschaft  zusammen  widmet,  ein  äusseres 
Zeichen  für  die  freundschaftliche  Gemeinschaft,  in  welcher 
auf  dem  gastfreien  attischen  Boden  die  Archäologen  aller  Län- 
der mit  den  einheimischen  Gelehrten  zusammen  zu  forschen 
glücklich  sind. 

14.  März  1900.  VV.  Doerpfeld  und  P.  Wolters  geben  ei- 
nen Überblick  über  die  Besultate  der  Ausgrabungen  0.  Ru- 
bensohns  in  Paros,  ersterer  besonders  über  die  Tempelanlage 
auf  der  Akropolis,  letzterer  über  das  Heiligtum  der  delischen 
Gottheiten,  die  Nekropole,  und  daran  anschliessend  über  die 
durch  F.  Hiller  von  Gärtringen  entzifferte  auf  Archilochos  be- 


144  ERNENNUNGEN 

Zügliche  Urkunde. —  R.  Zahn  berichlele  sodann  über  die  prä 
historischen  Funde  von  der  Akropolis  in  Faros. 

28  März  1900.  J.  Kromayer  berichtet  über  einige  Ergeb- 
nisse seiner  [Untersuchungen  in  Chäroneia. —  R.  Zahn,  Prä- 
historische Wohnungen  in  Thera. —  R.Delbrueck,  Das  Brun 
nenhaus  des  Theagenes  in  Megara. —  W.  Doerpfeld,  Ithaka. 


ERNENNUNGEN 

Es  wurden  ernannt  zu  Ehrenmitgliedern  des  Instituts  die 
Herren  H.  Lehmann  in  Halle  a.S.,  I.  Gr^f  von  Plessen-Cron- 
stern  in  Athen  und  A.  von  Swenigorodskoi  z  Z.  in  Meran, 
zu  ordentlichen  Mitgliedern  die  Herren  J.  Picker  in  Strassburg 
i.  E.,  G.  Kaibel  in  Göltingen,  E.  Meyer  in  Halle  a.  S.,  B. 
Niese  in  Marburg,  H.  Lehner  in  Bonn,  H.  Graf  WalderdorlT 
in  Regensburg,  zu  correspondirenden  Mitgliedern  die  Herren 
E.  Assmann  in  Berlin  ,  Chr.  Blinkenberg  in  Kopenhagen, 
R.  Bodewig  in  Oberlahnstein,  C.  Eredrich  in  Berlin,  P.  Herr- 
mann in  Dresden,  C.  Konen  in  Bonn,  K  L.  Kohl  in  Worms, 
Marques  de  Monlsalud  in  Madrid,  J.  Navpliotis  in  Paros,  G. 
Oberziner  in  Genua,  l\.  ühler  in  Grosslichlerfelde,  Persichetti 
in  Rom,  O.  Rubensohn  in  Berlin,  H  Schmidt  in  Berlin,  D. 
Tsopotos  in  Volo,  E.  V^assiliu  in  Thera,  D.  Vikelas  in  Athen, 
VVeckerling  in  Worms,  B.  J.  Wheeler  in  Ithaca  U.  S.  A., 
W.  Wilberg  in  Wien. 


BERICHTIGUNG 


Oben  S.  12,  Anm.  1  ist  zu  lesen: 

Ph)flarch  (um  220  vor  Chr.).  Aelian  (II.  Jahrhundert  nach 
Chr.). 


-» ■^•»- «« 


Geschlossen  5.  Juli  1900. 


■■I« 


ANTIKE  SCULPTUREN  IN  8AH0S 
iHienii  Tafel  XU.  Xlll) 

Durch  das  vorliegende  Verzeicliniss  der  zu  Valliy  (genauer 
Ai^v]v  B&Oioc),  der  samischen  Hauptstadt,  im  Pylhagoras- 
Gymnaaium  vorhandenen  Marmorsculpturen  möchte  ich  diese 
interessante  Sammlung  vor  dem  Schicksal  so  mancher  Local- 
museen  liewahren,  aus  denen  nur  die  Dauptstücke  bekannt 
werden,  wahrend  der  in  der  Regel  recia  bemerkenswerte  Rest 
in  desto  tiefere  Vergessen  heil  sinkt. 

Auf  die  Sleinsculpturen  habe  ieli  mich  beschränkt,  weil  alles 
Epigraphische  seine  Bearbeitung  im  Corpus  der  griechischen 
Inschriften  finden  wird  und  weil  ich  bei  den  wenigen  Wer- 
ken der  KleinkunsL  nicht  in  jedem  Falle  feststellen  konnte,  ob 
sie  zum  älteren  Bestände  der  Sammlung  oder  zu  den  Ergeb- 
nissen der  Ausgrabungen  J.  ßöhlaus  (1894)  geliören.  Diesem 
verdanke  ich  die  Brkubniss,  Hie  beiden  archaischen  Slatuen- 
fragmente  Nr.  '2  und  Nr.  3  auffuhren  zu  dürfen.  Für  die  von 
ihm  entdeckten  ,  präclilig  ornamenlirten  archaischen  Grab- 
slelen  verweise  ich  aufsein  Werk:  Aus  jonischen  und  itali- 
schen Nekropoien  S.  3"2  Taf.  1. 

Den  ersten  Anstoss  zur  Gründung  einer  öffentlichen  Sninm- 
lung  in  Samos  gaben  die  Ausgrabungen  Guerina  t85Ü  (Ötfsc/v/i- 
tion  de  t'ile  de  Samos.  Paris  1856.  S.  305  ff.),  deren  Funde 
unter  der  Fürsorge  <ier  damaligen  Fürsten  'Ico.  T-nUni  (1853) 
und  MiXTidtSv);  'ApioTotp/YK  im  Garten  des  Verwaltungsgebäudes 
in  Chora  mit  Werken  anderer  Herkunft  vereinigt  wurden. 
Anderes  wurde  in  Vatliy  in  der  ßou>Ti  aufbewahrt  (C  Curtius, 
Inschriften  und  Studien  zur  Geschichte  von  Samos  S.  I);  nach 
der  Erbauung  des  'Hyiiiovtxöv  Meyapov  (begonnen  1875,  vgl. 
2to:fjiotTii8n(,  'Etcnr,pl<  i8'76  S,  118)  wurden  in  den  unteren 
Räumen  des  ijsj^iioifjXaKsiov  und  im  zugehörigen  Garten  Alter- 
tümer gesammelt  (Fabricius.  Alben.  Mittli.  1884  S,  192). 
Über  die  Gründung  und  den  Bestand  jenes  ersten  Museums 
in  Chora  giebt   E.  Kp^iTixiSvi;    in   seinem  1867  erschienenen 

ATHEN.    MlTiHKILUNUEN    KXV.  lO 


446  TH.  WIEGAND 

Schpiftchen  'Ap^^aioi  vaol  ttj;  Sifiiou  S.  23  Nachriebt.  Er  führt 
als  aus  den  Ausgrabungen  am  Heraion  stammend  folgende 
Stücke  an  (S.  27): 

1 .  'AvdcYXu^)Ov  wapi<JT&vov  avSpa  y)[i.iyu(iivov  u7co$e)(^6fJLfvov  ap- 
XTOv  lOTafiiEviov  ft;  tou;  OTTiodiou;  ivöSa;,  (a*  uTToypotfnv  MEAIH. 

2.  'AvJtY^'^90v  ftj^ov  yiyXu(ii|xevov  avSpa  loTCtfiisvov  xa2  l^rovra  ttjv 
u^v  (Aiav  T(5v  j^ftipo^v  u<}/ou(iievy}v ,  ttjv  ö    er^pav  Tcpo;  ra  xdtT(i>. 

3.  ^AvxY^^?^^  TcapiOTdevov  avSpa  xaraxfxXipLevov  inl  loTp(i>fi.{jLevou 
axipiTcoSo;  ( xpaSSocTOu )  xal  avTixpu2[ovTa  Tupo;  yuvaixa  xaOY)jjLevY}v 
if  *  iScüXtou,  d^v  Ta  Trpcocoira  lialv  'y)}cp(i>Ty)ptaa(ji£va  £v  (lepti. 

4.  ^AvdtY^v^fOv  Traptori^vov  avSpoc  xxi  y^^^^'^^  laTa(ii£vou;  xal  xuva 
avopOou{jLf  vov . 

5.  'AviyXu^ov  wapiaravov  y)|xiyupLvov  yuvaiÄa  xa07)pLevY)v  If '  iS(i>- 
Wou  xal  ej^ouaav  tyjv  ^i^tav  x*'P*  •'^^  '^^^  yovaro;  ttj;,  pie  tyjv  ipi- 
OTipav  xpaTft  OTccdpav,  vjv  ^epit  ivpo;  t6  YivKpyfiievov  OTÖtxa  rn;  xat 
aTTCvavTi  TauTTo;  laraTai  ixcpa  yuvyj  xpaTOöoa  xavioTpov  wXyipi;  otcw- 
pü>v,  oTTtoOiv  Si  TauTY};  M  xoppioO  SevSpou  faiverai  091;  £pir(i>v. 

6.  T}xyi|xa  vixpDCY);  <tty)X7J5  ijodfjin^  fityjxo;  ivo;  FaX^ixoC  tcoSo; 
wipiTTOu  );*!  xoji,^|/yjv  itti  jci^aXTj;  yXu^yjv  yi  tyjv  l7fiypa^)yjv  Ta'jTYjv 

Tio;  AoXou  'Poö- 
905  vipw;  ypY)- 

7.  Xilp  yuvaixeia  xa^XtTS^vo^  airo  toO  cSuiou  f^e^^pt  tg>v  SaxTuXcov 
v))cpoTiQptao{Xfvo>v  ovTG>v  iv  (/.epii. 

8.  ^AvayXufov  Tuepuj^ov  £vSpa  )C9CTa)C€}cXiu.evov  ItpI  <i)ctpL7roSo;,ouy- 
xixafjijiiftvou;  Ij^ovTa  tou;  TToSa;  xal  Ta;  X^^P^^  ^'^^  '^^^  <iTy)9ou<,  Suo 
yuvaixa;  xaöiQiiieva;  ?cap'  aur^  xai  xpiTinv  oTTioBev  auTCüv  xal  av(i>Ofv 
ToO  dcv^po;  faivcTai  y)pit)C8X0[iL(jievY)  o^aipa. 

9.  KifxXy}  yuvaijciia  xaXXiT8/vo;  tx^vKia  dXucosiSo);  ty)v  xöfiiiQv 
ioTpx{A(AEVY)v  xai  7rp6;  toi  otcioo)  ippiu,evY)v. 

10.  ^Av&yXu^ov  l^ov  av^pa  xaTaxejcXiaevov  xal  iwtdTTQpiJ^ovTa  ttjv 

xffaXy)v  im  tyJ;  apiaTipol;  X^^P^^' 

1 1.  KffaXy}  yuvaixo;  xaXXiTex^o;  7)}(p(i>TY}pia9(A£VY)  jcari  tt)v  pivoc, 
aTÖfAa  xal  yvdcöov. 

12.  'AviyXu^ov  TcapiaTdcvov  yuvaijca  xa6Y)(X£V7)v  d^'  iScüXiou,  xvSpa 


tnui.PTITHKN    1 


ridiTixvjv    xpocTOüvTSL  Jtiviotpov  fflviöi; 
I  TC^yjotov  Tou  xai  Suo  [iiipdcKtoi  TCpQs- 


(>i;  Xüxov  Sd:K^ 


t  ßoo; 


OTcuptäv,  Yuvc(.ixa(.  Tcpo€iSY]xuia 
6ii;tovT(x  itpO(  T«  Tptx  TaiÜToi  iTOjx«, 
13.    MceppLocpov  öyxüSc;  icBpiUTd^voi  a 

[IpodSTiOvnav  S)  (V  otuTiji  xflii  ai  xati  t»  Äduti«  xai  T^iyäiviov 
avaxalufSfiaai  7cipia<TÖTipxt  Jictypotfai,  nip!  div  noiVi^w  ^oyov  fv  -rri 
ij(SoÖv)TO[*(*vi  ToicoYpatpi«  t^ii;  vtiiou,  xni  tiv«  ävstYluyst  etviupiQtvTX 
xstT«  t6  itpo;  SuofiLä;  tiii;  Xiip«;  ipj^aiov  vtxpota^iiov '. 

hl  der  ToTCoy^aKpia  ttj?  Süeiaou  S.  'iS  spricht  Kritikidls  dann 
noch  vün  Funden,  die  hei  der  Anlage  der  Strasse  von  'I'ij^ani 
nach  Cltora  gemacht  und  in  die  Sammlung  verhracht  wur- 
den :  Ol  ecÜTOi  (py^rai  divixxlui{'av  aÜTÖOi  Suo  vixp<iiTY)piX4(j;ivoi( 
xi^ocüf  Kvi^pixvTiiiv  xai  yuvaixiiav  xaXii-Tfyvon  yiipx,  «Wlvi;  ixo- 
noöiTYiÖTiaxv  iv  Ttj^  ty){  Xup«;  äp^aioXoyixiii  MiJUiTiitp,  und  spricht 
S.  75  allgemein  von  Funden,  welche  die  Bewohner  von  Ti- 
gani  bei  Anlage  ihrer  Häuser  gemacht  und  z.  T.  dem  Mu- 
seum überwiesen  hätten. 

Die  Vereinigung  aller  Altertümer  im  Pytiiagoras-  Gymna- 
sium geschalt  am  19.  November  1895  (Slamatiadia,  'Eni-rripi^ 
1896  S.  67)  auf  Betreiben  des  Gymnasiarchen  Herrn  Aristo- 
raenis  Stergioglidis  und  wurde  erleichtert  durch  das  Fntge- 
genknmmen  des  damaligen  Fürsten  Georgios  Verovitz,  der  die 
im  "HY«fJiovix6v  Mi'YXfov  und  dessen  Garten  befindlichen  Alter- 
tümer sämtlich  der  neuen  Sammlung  überwies, darunter  den 
archaischen  Sarkophag  Nr.  I'23  und  das  schöne  Weihrelief 
Nr.  43.  Anderes  kam  aus  allen  Kreisen  der  Bevölkerung  als 
Geschenk  hinzu,  ferner  wurden  die  Reste  der  Sammlung  des 
britischen  Consuls  Üionysios  Luimark  erworben  und  einver- 
leibt. Das  Museum  ist  innerhalb  von  fünf  Jahren  so  gewoch- 
sen, dass  das  kleine  zweistöckige  Haus  im  Hofe  des  Gymna- 
siums niclit  mehr  ausreicht  und  ein  Neubau  geplant  wird 
[Stamatiadia.  'EitiTY)!:!«  1898  S.  69). 

'  Von  oljigem  Verzeichiiiss  eiiLsprichlNr,  1  unserer  Nr.  107,Nr.l3  unserer 
Nr.  110;  die  übrigen  Glücke  lassen  sich  nlL-ht  mit  Sicherheil  identificiren, 
doch  könnte  Nr.  8  mit  unserer  Nr.  69  Jdetiliscli  sein. 


148  TH.  WIEOAND 

Den  grössten  Teil  meiner  Aufzeichnungen  und  photogra- 
phischen Aufnahmen  habe  ich  mit  Unterstützung  des  zum  Di- 
rektor der  Sammlung  ernannten  Herrn  Aristomenis  Stergio- 
glidis  sowie  des  Professors  Gerasimos  Smyrnakis  und  des 
Epistaten  Alekos  K.  Georgiadis  in  der  Weihnachtswoche  des 
Jahres  1896  gemacht.  Hans  Schrader  verdanke  ich  eine  im 
Frühjahr  1897  vor  den  Originalen  vorgenommene  Revision, 
mehrere  Hinweise  und  Mitteilungen  den  Herren  Prof.  ßenn- 
dorf.  Studniczka  und  Wolters,  der  mich  auch  bei  der  Biblio- 
graphie upd  mit  Nachrichten  über  die  Entstehung  der  Samm- 
lung unterstützt  hat.  Aus  den  epigraphischen  Scheden  E.  Pa- 
bricius,  die  sich  bei  der  Akademie  in  Berlin  befinden,  zog 
Herr  Prof.  Conze freundlichst  die  uns  angehenden  Fundnotizen 
aus.  Im  Oktober  1897  trug  ich  bei  einem  erneuten  Aufent- 
halte in  Vathy  noch  einige  neue  Erwerbungen,  welche  Herr 
Stergioglidis  bei  einer  Rundreise  durch  die  Insel  gemacht 
hatte,  nach. 

Einige  photographische  Aufnahmen ,  die  Herr  Stergiogli- 
dis schon  früher  von  verschiedenen  Liebhabern  hatte  anferli- 
gen  lassen,  glaubte  ich  benützen  zu  sollen,  obwol  sie  z.  T. 
wenig  gelungen  sind ;  immerhin  geben  sie  mehr  als  eine  Be- 
schreibung. Für  eine  grössere  Anzahl  von  Aufnahmen  habe 
ich  sodann  C.  Fredrich  zu  danken,  der  im  Anfang  des  Jahres 
1900  eigens  zu  dem  Zweck  einen  Aufenthalt  in  Samos  nahm, 
und  bei  dieser  Gelegenheil  meinem  Verzeichniss  noch  einige 
Erweiterungen  und  Verbesserungen  angedeihen  liess.  Seine 
Platten  sind  der  photographischen  Sammlung  des  athenischen 
Instituts  einverleibt,  auf  welche  ich  weiterhin  überall  Bezug 
nehme.  Wo  die  photographischen  V^orlagen  sieh  gar  nicht  zur 
Wiedergabe  eigneten,  sind  durch  Herrn  E.  Gillieron  darnach 
einfache  Skizzen  hergestellt  worden. 

Eine  Katalogisirung  hat  die  Sammlung  bisher  ausser  einer 
Anzahl  ägyptischer  Altertümer  (Stergioglidis,  KaraXoyo;  täv 
OTTO  TYJ^  A.  YW.  ToO  avTiSaotXeo);  tyj;  AiyoTCTOu  XcXjAt  'A66a< 
lloL(sa3t  S(i)pT)Octa(ü)v  aiyuTTTiaxöv  ipj^aiOTYiTwv,  Sa  mos  1900)  nicht 
erfahren,   dagegen  besteht  ein  Inventar.    Die   zu  Anfang  der 


ANTIKE   SCULPTUREN    IN  SAMOB  119 

Besprechung  jedes  Slückes  stellende,  der  Inventarzabl  voraus- 
gehende, Nummer  ist  von  mir  eingeTührL 

Für  die  Bibliojiiraphie  verweise  ich  auf  C.  Curtrus,  InscIiriT- 
ten  unil  Studien  zur  GeBchichle  von  Samos,  Lübeck  1877. 
S.  9.  L  BurL'bner.  Das  ionische  Samos  I,  1.  Amberg  1892, 
S.  41T.  I.'?.  München  IS96,  S.  5.  A.  Mnliotpinn^,  NmXX>i- 
vixi]  fHitypoL^tKri  ftlo^LOYia  S.  90,  tl.  Srflt^oLTLiiSYj^,  ^otuListxdc,  er- 
ste Auflage:  Alben  I86'2,  Eweitc:  Samos  1881.  Berichte  und 
Nutizen  über  Funde  finden  sich  ausser  in  dem  schon  genann- 
ten Schriftehen  des  E,-Kp>iTiiti87i(,'Ap;(aioi  vstol  Tüf  £x^ou,Syra 
18fi7  und  deftselben  Toitoypanpi»  tu;  Si(Aou,  S^ra  I8fi9,  in  Sta- 
matiudia  seil  187ö  wenn  auch  uiit  Unterbrechungen  heraus- 
gegebener 'Ejcitnpi;  T^s  "HytjAovi*;  Siito'j.  Inventar  und  Zu- 
gänge der  Sammlung  wurden  veröITentlicbt  in  der  'B}fT)|iLipU  tru 
'Hyty.wixi  i;4[i.o'j  vom  19.  April  1895  (Nr.  99)  ab,  vgl.  Slama- 
liadis.  'EtctTYjpit  1898  S.  68.  Über  einige  ältere,  nach  Paris 
gelangle  Funde  vgl.  BnlletUno  deW  i/isftltilo  1830  S.  225. 
Kpr,TtxtS»(,  TowoYpatyi«  tvii  2i(i.ou  S.  28.  Über  den  Fund  der 
Cheramyes- Figur:  Slumatiadis, 'IilncTT)pi(  187,')  S,    lfi6. 

I.    Beste  archaischer  Figuren. 

I.  (Inv.  Nr.  25.)  Männlicher  Torso, gefunden  1800  an 
der  Glyphada  bei  Tigani  ;  vgl.  'Ettix  1890  Beiblatt  Nr.  2& 
(nach  der  saniischen  Zeitung  ^di[j.o;};  spiiler  im  etp^ito^uXxKitov, 
■Ey7)[i.ipU  TÜ(  *Hj-iu,ovioi<  Sif^iou  1895  Nr.  55  S  2ifi.  Wolters. 
Athen.  Mittli.  XVIII.  1893,  S.  '2->'i.  Hohe  lO'i'-.  Breite  der 
Schultern  'i8"".  Abgebildet  Taf.  12.  Photographie  des  Insti- 
luls.  Sainus  Nr.  1  i.  12  Grau  verwi Hefter,  grosskürniger Mar- 
mor, tier  indes»  dem  na.\ischen  nicht  zu  gleichen  scheint.  Die 
Figur  zeigt  die  fast  allen  allon  'Apolloliguren'  gemeinsamen 
Rigenschal'ti'n  :  das  gewidinliidie  archaische  Schrittschema  mit 
vorgesetztem  linken  Bein,  beide  Fäuste  wie  an  die  Oberschen- 
kel gepresst,  die  Zeigefinger  im  letzten  Glied  eingekrümmt,  die 
Arme  nach  auswärts  verdreht  Das  Haar  lallt  in  zwölf  halb- 
langen Locken  in  den  Nacken,  horizontal  und  in  Spitzen  en- 


\bO  TH.   WIEGAND 

digend.  Mit  ihrer  sehr  geringen  Modellirung  —  man  beachte 
z.B.  die  ungeschickte  Art,  wie  Oberarme  und  Fäuste  nur  durch 
Rillen  vom  Körper  getrennt  sind  —  bietet  die  Figur  das  Bei- 
spiel einer  recht  flauen,  sorglosen  Manier,  ein  besonderes  In- 
teresse gewinnt  sie  aber  durch  die  auf  dem  linken  Schenkel 
von  oben  nach  unten  laufende  alljonische  Inschrift,  die  hier 
nach  einem  Abklatsch  wiedergegeben  wird  : 

Sie  wird  am  einfachsten  dabin  zu  verstehen  sein,  dass  Leu- 
kios  dem  Apollo  ein  Agalma  stiftete,  nicht  etwa  sein  eigenes 
Bild.  Wir  haben  hier  eines  der  ältesten  Beispiele  der  Anbrin- 
gung einer  solchen  Dedicationsinschrift  auf  einer  grossen  Figur 
(vgl.  die  weibliche  Figur  vom  Ptoion,  Gollignon,  Histoire 
de  la  sculpture  grecque  I  S.  122  Fig.  61.  ferner  die  Sitz- 
figur des  Ghares  von  Teichiussa,  ebenda  IS.  170  Fig.  77  und 
die  von  Gheramyes  geweihte  samische  Hera,  ebenda  I  S.  163 
Fig.  73),  für  die  seit  VVinckelmanns  Zeit  die  Figur  vom  He- 
lenenberge als  klassisches  Beispiel  angeführt  zu  werden  pflegt. 
Über  Inschriften  an  Figuren,  insbesondere  auch  am  Schenkel, 
vgl.  R.  von  Schneider,  Die  Erzstatue  vom  Helenenberge, 
(Jahrbuch  der  kunsthistorischen  Sammlungen  des  Kaiserhauses, 
Wien,  XV)  S.  20f.,  wo  jedoch  übersehen  ist  die  reifarchai- 
sche Jünglingsstatue  vom  Ptoion,  R,  C.  H.  1887  Taf.  13,  14 
S.  275,  und  der  Apollo  cuius  in  feniore  litteris  minutis  no- 
men  Myronis  erat  insvriptum,  Cicero  Verr  IV,  43,93  bei- 
des, wie  in  unserem  Fall,  keine  blossen  Giaffitti,  auf  die  Schnei- 
der den  Gebrauch  beschränken  wollte. 

2.  (Inv.  Nr.  56.)  Mann  lieber  Torso,  gefunden  von  J.  Böh- 
lau  1894  im  nördlichen  Friedhof  des  alten  Samos  (Tigani). 
Für  die  Fundumstände  vgl.  sein  Buch:  .Aus  jonischen  und 
italischen  Nekropolen  S.  32.  Höhe  87'".  Im  Nacken  Reste 
gleich  langer,    regelmässiger  Locken.  Die  Gestall  ist  offenbar 


ANTIKS   SKULPTUREN   IN  SAMOS  lÖl 

von  einer  gesell  ick  leren  Hand  {jefertigt  als  die  Weihung  des 
Leukios,  der  sie  aher  an  Rrhiiltunu;  eriiebücli  nachstellt;  es 
ist  hier  nielit  nur  dfn  naliirliehen  Proportionen,  z.  Lt.  durch 


'  grössere  Höflbreile,  Reclinung  gelragen,  sondern  auch  weil 
mehr  Sorgfall  auf  die  Einzelheiten  der  Weichteile,  und  zwar 
mit  eiilschiedenem  Versländniss.  verwendet  Ptiolo^ra(itiie  des 
Inslituls,  Sfimns  Nr.  l.'l.  l'i. 

.S.  (Inv.  Nr.  57.)  Fragmenteines  ähnlichen  Torso.  Ge- 
funden zusammen  mit  Nr.  2.  ü rosskörniger.  sUirk  blüulicher 
Marmor.  Nur  Oberüclienkel  und  Glulaen  sind  erliallen. 

'i.  (Ohne  Invenlürnummer.)  Arehaisclies  Porosköpfchen. 
Höhe  etwa  10"'°.  Nase.  linkes  .\uge  und  Mund  hestossen  und 
verwilterl.  Gefunden  (  nacli  Milleiluiig  von  Siergioglidis)  hei 
der  Glyphada,  links  von  dem  Weg,  der  von  Chora  nach  Tigani 
führt,  dann  mit  andern  AllertUmern  für  das  Museum  ange- 
kault:  'E9yi[isf)i<;  T>is  'HYinovi»;  Säjiou  1897  Nr.  Lifi  S.  706, 
325,4.  Das  Köpfchen  ist  der  einzige  Reprüsenlunl  der  archai- 
l  sehen  Porosplaslik  auf  der  (nsel.  tÜs  fällt  durch  ernsten  Aus- 
druck,durch  ein  sehr  kurzes  Kinn  und  fast  horizontal  stehende, 


flache  Augen  auf,  deren  Brauen  durch  RJtzlinien  angedeutet 
Bind.  Die  Kopfbedeekung  besieht  in  einer  Tein  carrirlen  MülEe 
mit  zwei  halbovalen,  aufgebundenen  Seilenklappen  Im  Na- 
cken ßel  (las  Haar  in  langem,  dickem  Schopf  herab.  Geringe 
Fteslc  von  Ohrringen  lassen  das  Köpfchen  als  vermutlich  weib- 
lich er&uheinen  Stilistisch  stellt  es  zwischen  derSamierin  der 
Akropolis,  ColligDon  I  S.  IfiO.die  Sauer,  Athen.  Millh.  I8!)-? 
S.    'lO    l'iir  Na\os  in   Anspruch    nimmt,    und  der  samischen 


Bronze  0!}'mpia  IV  Taf.  7.7't,  naher  iler  letzteren.  Manches 
erinnert  an  kyprische  Sculpluren,  wol  auch  die  Mütze,  b  z  B. 
Cesnola -Stern  ,  Cyprus  Taf.  '?7.  ^S,  4ü.  vgl.  Ohnefalsch- 
hichter.  KyproB.  die  Bibel  und  Homer  Taf.  9I,Ö  und  die  Köpfe 
im  Museum  zu  Knnslanlinopel  Nr.  ^178,  Nr.  29.  96,97  und 
4'i.'i.  Doch  wird  ja  die  kyprische  SculpLur  als  nichts  prima- 
reB,  sondern  als  Ableger  namcnliicli  der  Östlichen  anzusehen 
sein.    Pliolügrapitie   des  Institut»,  Samos  Nr.   ir>.   IG. 

.^.  (Inv.  Nr.  117.)  Fragment  eines  lebensgrossen  marmor- 
nen Krauen  kopfes  aus  reit'  archaischer  Zeit.  Höhe  etwa  '24"*. 
Die  ganze  linke  Gesichlshäirie  nebst  Nase  und  Stirn  ist  zer- 


ANTIKE   SrULPTlill 


schlagen,  desgleichen  der  grösste  Teil  des  einen  ernBten  Aus- 
druck verratenden  Mundes.  Kriiftiges.volles  Kinn,  aber  knappe. 
fast  männliche  Wangen  sind  noch  zu  erken- 
nen. Die  Augen  warpn  eingeselzL  Das  Haar 
ist  am  Ohf^rkopf  gar  niclil  ausgedrückt,  nur 
die  vor  das  Ohr  gekämmten  Locken  sind 
durch  leiclit  gesch weilte  Itilzlinien  unter- 
schieden. Das  sehr  lebendig  gebildete  grosse 
Ohr  zeigt  ein  Bohrloch  im  Läppchen  Tür  ein- 
eiigen Sclimuck  ,  auch  der  Gehörgang  ist 
durch  ein  i3ohrlnch  gekennzeicimet. 

6.  (Inv.  Nr.  '30.)  Männlicher  Toiso.  flefnnden  beim  lle- 
raion.  Mit  der  bekannten,    vim  Clierarnyes  geweihten   Slatue 


/usatnineii    wurde   in  einer  ICntt'ei-niirig   Min  Tfi  Sehrillen    von 
der  siebenden  Säule  des  Ileraiun  ein  männlicher  Torso  gefnn- 


i54  TH.    WIEOAND 

den  CEm-zfifU  1876  S.  165.  B,C  H.  1880  S.  483,  2),  dessen 
Beschreibung  im  allgemeinen  mit  diesem  Torso  stimmt,  ohne 
dass  sich  die  Identität  zweifellos  ergäbe.  Grober,  bläulicher 
Marmor,  Höhe  HO"".  In  der  langen  Entwicklungsreihe  männ- 
licher archaischer  Figuren  nimmt  diese  eine  der  höchsten  Stel- 
len ein  und  leitet  über  zu  Gestalten  wie  dem  *  Apollo  auf  dem 
Omphalos',  welche  die  Schwelle  des  Archaismus  bereits  über- 
schriUen  haben.  0er  breitschulterige  Körper,  der  mit  seinen 
vernachlässigten  Seiten  immer  noch  etwas  Vierkantiges  verrät, 
hat,  mit  den  vorhergehenden  Figuren  verglichen,  an  richtiger 
Proportion  viel  gewonnen,  auch  äussert  sich  ein  weit  grösse- 
res Streben  nach  ausführlicher  Darstellung,  wobei  manches, 
wie  die  allzuharte  Abgrenzung  der  Bauchpartieen,  übertrie- 
ben wird.  Einen  besonders  starken  Gegensatz  zu  den  vorher- 
gehenden Figuren  zeigt  sie  in  der  Bildung  des  fast  halb- 
kreisförmigen unteren  Rippen randes,  der  die  Vorstellung 
erweckt  als  atme  die  gewölbte  Brust  hoch  auf.  Auch  das 
starke  Hervortreten  der  Adern  auf  den  Armen  und  die  eigen- 
tümliche Bildung  des  Schamhaars,  die  sich  bei  einem  Frag- 
ment auf  der  athenischen  Akropolis  wiederholt  (Kalkmann, 
Jahrbuch  VII,  1892,  S.  131  Abb.  3  und  S.  136),  ist  be- 
merkenswert Sehr  ähnlich  ist  die  Bildung  bei  einem  auch 
sonst  verwandten  Torso  zu  Syrakus,  Arndt,  Einzelaufnah- 
men Nr  754  und  bei  einem  nach  archaischem  Original  gear 
beiteten  Torso  hinter  Villa  Borghese,  von  dem  eine  römische 
Institutspholographie  existirt,  zu  vergleichen  ist  auch  der 
Jünglingslorso  aus  Chaidari  bei  Daphni  im  athenischen  Na- 
tionalmuseum Nr.  1605  (American  Journal  ofarchaeo^ 
logjj  IX  raf.9  S.  53,  vgl.  X  S.  50).  Das  Glied  war  besond- 
ers eingesetzt  und  mit  einem  Stift  von  oben  befestigt  —  die- 
selbe Art,  wie  der  vorgestreckte  Unterarm  der  athenischen  Kö- 
pai  befestigt  zu  sein  pflegt. 


ANTIK  B   SCULPTUREN  IN  flAH03 


II.  GötlPrfij^uren, 


7.  (Inv.  Nr.  196.)  Resl  einer  Zeusstaluette.  Höhe  9". 
Erhalten  isl  der  nackte  rechte  Unterschenkel  des  siehenden 
Zeus,  daneben  der  Adler,  ohne  Kopf. 

8.  (Inv.  Nr.  38.)  Kopf  einer  AthenaslatuetLe,  GrosskÖr- 
nijE;er,  sehr  verwitterter  Marmor.  Höhe  19, 5'*.  Alhena  in  ko- 
rinthischem Helm  mit  herahwallendem  Haar.  Typus  der  Athena 
von  Velletri. 

9.  (Inv.  Nr.  63.)  Apollokopf.  Höhe  27"°.  Grau  verwit- 
tert; Nase  und  ganze  untere  Gesichtshäifte  fehlt.  Hohe  Frisur 
wie  die  des  belvederischen  Apoll.  Späte,  geringe  Copislen- 
arbeit. 

10.  (inv,  Nr.  8  )  Unterteil  einer  Apol  iostatuette.  Höhe 
38™.  Der  nackte  Oberkörper  lehnte  sich  mit  der  linken  Seite 
auf  die  Leier,  welche  auf  dem  Omphaloe  steht.  Wenn  auch 
die  Bntbiössung  männlicher  Gestalten  bis  unter  die  Scham 
schon  im  V.  Jahrhundert  vor  Chr.  dargestellt  ist  (vgl.  das 
Relief  aus  Laurion  im  athenischen  Nationalmuseum,  Kawa- 
dias,  rXuBTi  Nr.  794.  Friederichs -Wolters  Nr.  1013,  Conze, 
Attische  Grahretiels  'l'af.  186  und  die  von  Hartwig,  Meister- 
schaten  S.  351,  1  zusammengeslelUen  Bei- 
spiele von  Vasen),  so  wird  sie  doch  erst  be- 
sonders häufig  in  römischer  Zeit,  in  der  un- 
sere Statuette  entstanden  ist.  Die  Art  der 
Entblössung  findet  ihre  Analogie  in  dem  von 
Winckelmann  so  hoch  gepriesenen  Dionysos 
der  Villa  AJbani  (Gesch.  der  Kunst  V.  1,23. 
Gerhard,  Antike  Bildwerke  Taf.  105.  1, 
Text  S.  348,  vgl.  ebenda  auch  Taf.  113,1, 
Relief  im  Belvedere) .  Sie  ist  nahe  ver- 
wandt mit  der  berliner  Dionysosslatuette  Nr.  94,  welche, 
wie  die  Beschreibung  mit  Recht  bemerkt  ,  ebensogut  als 
Apollo  hätte  ergänzt  werden  können.  Auch  Anordnungen  wie 


die  des  berliner  Salyrknaben.  Beschreibung  Nr.  252,  gehören 
hierher. 

11.  (Inv,  Nr.  3.)  Ariern isstatuette.  Höhe  91.  ö",  Kopf 
gebrochen.  Gefunden  im  Jahr  I8.i8  oder  1859  am  Abhang 
der  Aslypalaia  im  Acker  des  'A.  Maypoytupyn;  zusatniiien  mit 
der  Dion^'susstaluelle  Nr.  15  und  von  dem  damaligen  Fürsten 
von  Samos  'Iw.  PftUa;  erworben;  die  abgebroclienen  Köpfe 
waren  in  seinem  IJesilz  verblieben  und  sind  ersl  neuerdings 
wieder  mit  den  Torsen  vereinigt  worden.  ICTajjiaTiiSvi!,  Sst- 
[iiasÄ'  S.  iy',  41,  KpTiTixiSiK.  'Apjr^aioi  vaoi  ty)?  Sifiou  S.  'i5. 
Tdtcoyp»?!«  TTi(  2a(*o'j  S.  45.  Als  kopf- 
los werden  ilie  Statuetten  noch  auf- 
gerührt in  der  'Efvit/ipi;  trii  "Hyipio- 
via(  SifAO'j  IS'.)5  Nr.  .'i5S.2'i5,  I.  2. 
Die  Göttin  ist  in  kurzem  Jagücosttim 
nach  links  eilend, mit  liuben  Schuhen 
und  dem  Köcher  auf  dem  Itücken 
dargestellt  in  dem  Moment,  wo  sie 
sii^h  nach  Erlegung  eines  Wildes  ei- 
nem anderen  Objecle  zuwendet.  Um 
ihren  nackten  linken  Oberarm  hat 
sich  die  wehende  Chlamys  geschlun- 
gen Der  Hund  hinter  ihr  ist  im  He- 
grilT,  sich  auf  ein  kleines,  niederge- 
ilucktes  Jugdtier  zu  werlen.von  dem 
nur  d!el'"ii8se  erhalten  sind.  Während 
dessen  gi'ilT  die  Göttin  mit  der  Itech- 
teii  nach  dem  Köcher  (ein  l'unlello  auf  der  Schulter  beweist 
PS),  die  gesenkte  Linke  ( Puntcllo  in  der  lluftgegend)  hielt 
offenbar  ilen  Bogen  Am  nächsten  verwandt  in  der  Ballung 
ist  die  vaticanische  Artemis.  Miiller-Wieseler  II  Taf.  15  Nr. 
159.  ebenfalls  naIiesLehcnd.  aber  keine  Bepliken.aind  die  Fi- 
guren im  f'alazzo  Bospigliosi ,  Aj'ndl,  Dinzelaufnabmen  Nr 
112,  ferner  in  Neapel,  Inv.  Nr.  6279,  im  Louvre  Photographie 
Giraudon  I  172.  Auf  diese  drei  Beispiele  maclile  micit  P.Arndt 
aufmerksam.  Photographie  des  Instituts,  Samos  Nr.  17. 


ANTIKE   SCULPTUBEN   IN  SAMOS 


I 
I 


12.  (Inv.  Nr.  124,)  Ailemislorso.  Höhe  03'°" .  Schulter- 
breite  33".  Die  vorwärts  eilende  Ge- 
stalt tragt  das  gleiche Coslum  wie  die 
vorhergehende,  nur  dass  an  Stelle  der 
nackten  Arme  halblange  Ärmel  zu 
Beben  sind.  Aul  dem  linken  Unter- 
arm liängt  die  wehende  Chlamys. 
Auf  dem  Rucken  Rest  eines  Kücliers. 
Für  die  IJewegung.  namentlich  auch 
die  Haltung  der  Arme,  vgl.  Müller- 
Wieseler,  Denkmäler  II  Taf  5  Nr. 
i^a.CAarac.Miise'e  de sctilpture  IV 
Taf.  564  C.  Nr.  1-2 18  C.  —  Römi- 
sche Handwerkerarbeil. 

13.  (Inv.  Nr.  l"36. )  Torso  einer  A  rlem  isstal  nette.  Höbe 
34"°,  Seil ulter breite  "25™.  Die  Gestalt  glich  in  der  Bewegung 
der  vorigen.  Das  ähnlich  gegürtete  Gewand,  über  dem  das 
Kücberband  liegt, wird  durch  die  Bewegung  links  an  den  Kör- 
per gepreast,  rechts  tällt  es  in  ruhi- 
gen Falten  berab .  Der  Kopf  war 
aufgesetzt.  Hinten  abgeschlagen. 
Photographie  des  Instituts,  Samus 
Nr.  18.  [FredhichJ. 

14.  (Inv.  Nr,  W'l.)  Dionysos- 
lorso  ?  Höbe  etwa  64'",  Grosskör- 
niger, grau  versinlerter  Marmor. 
Die  Gestalt  war  iiaeb  ihrer  rechten 
Seile  geneigt,  der  linke  Arm  lag 
nahe  am  Körper,  worauf  ein  An- 
satz an  der  linken  Hüfte  hindeu- 
tet. Von  den  Locken  ist  auch  im 
Nacken  einHest  siebtbar.  DerKörper 
leigl  ein  edles  Fhenmass,  schwel- 
lendeMusculatur  und  weiche  Übergänge.  Vorzüge,  die  namenL- 
licb  bei  dem  auch  seitlich  fein  gewölbten  Thorai  aulTatlen  und 
an  den  neapeler  Dionysos  (Brunn,    Denkmäler  'l'af.  300, 'i) 


158 


erinnern,  OassetliP.  gill  jedoch  nicht  für  den  in  derKreuzgegenil 
slark  eingezßirfnen  Itlitiken.  Im  liewegiingsrnotiv  stimmt  iler 
Torso  mil  dem  berliner  (Beschreiimng  Nr.  8ö)  ziemlich  iiher- 
ein.  so  daas  wir  uns  aus  ihm  eine  annühernile  Vnrslelliing  von 
der  Bewegung  der  Oberschenkel  und  der  Haltung  der  rechten 
Schuhen  machen  können.  Sehr  vet'wandl  scheint  mir  ein 
Torso  von  der  Via  Appia,  Man.  del  Miiseo  Torlonia  I,  I 
Taf.  1.  1.  IJer  samische  Torso  machte  mir  den  Eindruck  ei- 
nes Originals  des  IV.  .lalirhunderts  vor  Chr. 

15.  (Inv.  Nr  ^i.)  Dionysosstaluelle.  Höhe  78.5".  Ge- 
funden 1858  oder  185yam  Abbang  der  Aslypalaia.vgl.  zu  Nr. 
II.  Der  Kopf  und  die  jetzt   fehlenden  Unterarme  waren  mit 


ICisenstiften  angesetzt.  Die  Kigur  ist  beim  Anaatz  der  Ober- 
schenkel gebrochen  und  mil  zwei  Eisenklammern  auf  der 
Rückseite  zusammengehalten.  An  der  linken  Schuller  ein 
schräg  eingetriebenes  ßobrlocli ;  ein  ähnliches  in  der  Gegend 
des  rechten  Knies,  von  unten   eingetrieben.    Der  Gott, 


ANTIKE   SCITF.PTUBRN   W  SAMOS 


159 


Füsae  mit  kreuzweise  verschniirlpn  Sandalen  bekleidet  sind. 
ruht  auf  dem  reclilen  Bein  und  stützt  sich  mit  dem  linken 
Arm  auf  eine  Stütze,  die  im  Voi-bilde  wol  einen  Haiimslunfipf 
darstellte.  Er  trägt  ein  lanfjes,  dünnes  weiliis(;lies  Gewand, 
das  den  Ibis  Trei  lässt  und  von  der  rechten  Schulter  lierali- 
geglitten  ist.  Um  die  Hüften  ist  ein  Mantel  geschlagen  (vgl,  die 
Ansicht  der  Rückseite),  dessen  einer  Zipfel  vom  linken  Arme 
in  reichen  Palten  herahhiingt  Den  Hals  umschliesst  eine  dicke 
vorn  im  sog.  Heraklesknoten  geknüpfte  Kette,  die  Stirn  eine 
schmale  Kopfbinde.  Darüber  liegt  der  lüpheukranz,  dessen 
Blätter  über  den  Schläfen  ruhen,  während  über  der  geschei- 
telten Mitte  des  Hauptes  nur  die  zusammengedrehten  Stengel 
des  Kranzes  sichtbai'  sind.  In  der  Ohrgegend  setzen  einige 
kurze  gedrehte  Locken  an.  die  aber  im  Nacken,  wo  das  Haar 
im  Knoten  aufgebunden  ist,  verschwinden.  Über  den  Ropfty- 
pus  lässt  sich  bei  der  Kleinheit  dieser  geringen  Aibeit  wenig 
sagen,  dagegen  gewinnt  die  Figur  dadurch  ein  bedeutenderes 
Interesse,  dass  sie  in  der  Gewandung  eine  starke  Ähnlichkeit 
mit  Gestalten  zeigt  wie  die  von  Furtwängler  (Meisterwerke 
S.  652  Fig.  129  und  130)  publicirten  im  Palazzo  Vaientini  in 
Rom  oder  mit  der  aus  Vespasians  Zeit  stammenden  Victoria 
von  Brescia  (Friederichs-Wolters.  Bausteine  Nr,  1453;  Furt- 
wängler  Meisterwerke  S.  630  f,  für  die  Wiederholungen), 
deren  Schwestern  auf  zahlreichen  Münzbildern  bis  in  die  spä- 
teste Kaiserzeit  wiederkehren.  Wie  bei  diesen,  so  reicht  auch 
hei  unserer  Figur  das  Vorbild  bis  in  phidiasische  Zeit  hinauf 
und  vermutlich  war,  worauf  mich  Herr  Prof  Benndorf  auf- 
merksam macht,  dieses  Vorbild  eine  Aphrodite  der  Art  wie 
die  von  Kekule,  Fine  weibliche  Gewandslatue  aus  der  Werk- 
statt der  Parthenongiebel,  Berlin  IS9'i.  puhlicirte, 

16  (Inv.  Nr.  93  )  Fragment  einer  überlebensgrossen  Dio- 
nysosstatue.  Höhe  etwa  95'".  EtpriuipU  -rij;  ■HyejAOvias  Sxfiou 
1896  Nr,  79  S.  390.  100.  Grosskörniger  Marmor.  Erhalten 
ist  nur  der  mittlere  Teil  des  rechten  Beines  mit  dem  sehr 
gute  Arbeit  verratenden  Knie  (Slandbein).  Bechts  wird  das 
Bein  gestützt  durch  einen    mit  einem    Lammfell     bedeckten 


r 

160 

■ 

^H^^^Hj^l 

Haunistumpf; 

daneben  ein  Panther,  dessen  Kopf  und  reclitep          ' 

^^^ 

Vorderfuss  ( b 

B  auf  die  Tutze)  fehlen. 

^^^^^ 

17.   (luv.  N 

r.  125 

.)   Dionvsosküpfchen.  Höhe  lt"°.  Gc- 

^^^^H 

sieht  last  völlif^verriehen,  Hinterkopf  ab- 

^^^^^ 

^I^^T^^ 

gearbeitet.  Imllaar  ein  nipheukranz  Späte 

^^^^^^1 

^-^    -M 

^       Arbeit.                                                                 | 

^^^^H 

P'fi 

1 

18.  (Inv.  Nr.   U  1.)  ■E9V)fi.pk  tvjs'Hy«- 

^^^^^^1 

'         f.Qv(«(  E«f«u   1897    Nr.   135  S.  620.  187. 

^^F 

Von    Ui'.    Sarre    in   Tigani   gekauft     und 

^^p 

d 

em  Museum  geschenkt.  Kopf  einer  bar-          1 

^^ 

tigen   Hernie.    Höhe    15,5™.     Im   Haar          { 

e 

ne  Tanie.  Vgl.  z.  B.  Arndt,  Ghjptothe-          1 

gue  Ny  Carhberg  ' 

'af.   13-16.                                                         .1 

19 

(Inv.  Nr.   15]   Jugendliche   Hermen-         1 

/*7^"H 

hiisle.    Höhe  21"".    l)ioii}8os  mit  bekränztem         M 

f-/'^^ 

Haupt  und  langen  Locken.    Gesicht  stark  he*        1 

X'*^]»? 

slossen ,    Hinlerkopf  abgearbeitet.     Spute    Ar-        | 

'R'^^ 

heil. 

1 

^•^^-^Icß 

20. 

(Inv.  Nr.  87.)  Kleiner  Panlorso.  Höbe        1 

29". 

ürwübnt:  'Eipin|i(pi(  ttj; 'Hyiiioviai  Siuou         1 

1896  Nr.  7y  S,  390. 93.  Vom  recitlen  Hein  ist  iIpp  in  ein  zot-        J 

tiges  Bocksbein  übergebende  Ober-  fl 
schenke!  erhalten.    Im    Itücken    ein       ■ 

Schwänzchen.  Der  linke  Ai-m  und  fl 
ilaslinkeHein  waren  starkgehnben.        ■ 

t^ 

->■ 

her  in  seiner  muskulösen  Schlank-        V 

Hb' 

htii   und  Beweglichkeil  an  den  be- 

kiiiinlen  tanzenden   Satyr   in  Het-lin 

^lie8cln■eibung  Nr.  262)  erinnernde 

Torso  mag  wol  aus  pergamenischer 

Zeil  stummen.  Photograpliie  des  In- 

stituts. Stimos  Nr.   19. 

21.   (luv.  Nr.  96  )  Fragment  ei- 

ner Salyrstatuelte     'E^TjfAipU    tf.i 

■Hviao^ia;    Sijiou    189b   Nr.   81    S. 

398,    167      Hnnde    Basis    von    21™ 

Durchmesser,    darauf   Reste  zweier 

1 

d 

*NTIKK   SCL'I.PTUIIGN    I«  SAMOS  i6l 

nackter  Pusse  und  t>ines  ßaumslammes  rnil  der  Tatze  eines 
Rauiitierlelles.  'VVol  von  einem  tanzenden  Satyr.  Der  linke 
Fuss  ist  vorgesetzt  und  rulit  nur  aul  den  Zeilen,  der  rechte 
nach  auswärts  gedreht  und  dicht  hinler  den  linken  gesetzt.' 
[ScHn.\DeR]. 

2?.  (Inv.  Nr.  84.)  Aphrod  itekopF.  Höhe  19. ;V-.  Trotz 
der  starken  Verletzungen  sind  die  Umrisse  von  Stirn,  Wangen, 
Augen  und  Oberlippe  gut  erkennbar.  Bei  aller  Anmut  zeigt 
der  Kopf,    besonders  im  Proßl ,   einen  ernsteren  Zug  als  er 


praxilelisclien  SchöpTungen  eigen  ist.  Die  Augen  waretn  iefer 
gebettet,  das  untere  Augeulied  ist  kräl'lig  modellirl,  so  dasa 
mun  den  Typus  eher  in  der  Uichtung  der  Schule  des  Skopas 
einzuordnen  versucht  ist 

n.  (Inv.  Nr.  436.)  A  phrod  i  LeköpFclien  .  Mühe  I4-. 
Der  Hinterkopf  fehlt  Das  Köpfchen  war  zum  ßinsetzen  in 
eine  Slatuelle  gearbeilet.  In  dem  in  der  Mitte  gescIi  ei  teilen 
Haar  befinden  sich  kleine  ICinbohrungen  für  einen  Kranz  oder 


.   MITTHEIJ.UNGEN   XXV. 


II 


dprgleiclien.    Spälliellenistisr^li.    Pliüti^grapliie    iles    Insllluls. 
Samos  Nr.  20. 


'^'^.  (Inv,  Nr.  'id'J,)  KriigniPiil  eineiAplnoiliteshU  nette. 
Höhe  13.5"".  ßrhallen  ist  nur  ihr  'l'ei!  von  lien  lldflen  l>is  zu 
den  Knieen  mit  einer  Spur  der  linken,  die  Scliam  liedecken- 
den  Hand. 


ä  SCULPTUHEN    IN   8A^ 


III.  Sonstige  Rundbildwerke. 

^3.  (Inv.Nr.50.)  Rnabentorso.  Höhe  53'".  Weisser  Mar- 
mor von  miltlerem  Korn,  braun  versintert.  Die  Geslalt  rulite 
auf  dem  rechten  nein  und  war  nach  ihrer  rechten  Seite  vor- 
geneigt,der  linke  Arm  'zurückgenommen.  Auf  der  linken  Schul- 
ter ein  liohrloch  von  2"°  Durchmesser.  Der  Itiicken  ist  kräftifi; 
eingezogen.    Die  massig  hewcgle.  einst  vielleicht  aufgestützte 


Figur  dürfte  ein  Original  des  IV.  Jahrhunderts  vor  Chr.  sein, 
dessen  Typus  wiederzufinden  mir  leider  aus  Mangel  an  Hülfa- 
mitteln  z.  7..  unmöglich  ist.  Der  Eindruck  der  Weichlichkeit 
wird  durch  das  Fehlen  der  rechten  Schulter,  die  den  an  sich 
nicht  übermässig  entwickelten  Brustkorb  noch  schmaler  und 
die  Hüflen  breiter  erscheinen  lässt,  gesteigert. 


164 


TH.   WIKGAND 


26.  (Inv.  Nr.  107.)  Knabenlorso.   Höhe  49*"".  Marmor  von 

millelgrossem  Korn.  Auf  den 
Schultern  Reste  kurzer  Locken. 
Der  linke  Arm  hing  herab  (An- 
satz am  linken  Oberschenkel). 
Zu  vergleichen  sind  jene  wenig 
bewegten  Gestalten  wie  die  Ero- 
ten von  Petersburg  bez.  Sparta 
(A.  Flasch,  Areh.  Zeitung  1878 
Taf.  16).  Mittelmässige  Arbeit 
griechischer  Zeit. 

27.  (Inv.  Nr.  113.)  Frag- 
ment  eines  Hermaphrodi- 
ten. GeFunden  in  Tigani.  Höhe 
37*".  Grosskörniger  Marmor 
von  bräunlicher  Verwitterung. 
Die  linke  ßrust  ist  stark  be- 
stossen.  Die  Gestalt  war,  wie 
ein  Ansatz  der  ausgebogenen  linken  Hüfte  beweist,  nach  ihrer 

rechten  Seite  geneigt,  wie  der 
berliner  Hermaphrodit  ( Be- 
schreibung Nr.  193,  S.  Rei- 
nach ,  Revue  nrcheologique 
1898,  I  S.  324,7). aber  im  Ge- 
gensinne zu  dem  pergameni- 
schen  in  Konstantinopel  [Ca- 
talogue  des  sculptures  Nr. 
06).  Ein  langer, schmaler  Bruch 
an  der  linken  Seite  beweist, 
dass  liier  der  Arm  anlag;  der 
rechte  scheint  etwa  bis  zur 
Schulterhöhe  erhoben  gewesen 
zu  sein.  Die  Jugendlichkeit  der  Büste  ist  mit  ebensolcher  Fri- 
sche zum  Ausdruck  gebracht,  wie  die  sehr  bestimmt  sich  ab- 
grenzenden männlichen  Kürperformen  von  der  Brust  abwärts. 
Die  Deutung  verdanke  ich  Herrn  Prof.  Studniczka. 


^S  (Invenlai-nummer  fehlt.)  Itesl  einer  weiblichen  Colos- 
sa  Islat  iie  aiis^robköi'ni^em  Mui'mor.llühe  elwuS-V".  AusTi- 
^ani.  Vielleicht  identisch  inil  dein  vi^icu  kxtu  [At^o^  kvSjiijcvto; 
üirip^'jijixoG  jAiYtOo-j;  svptöiv  IfinpOdOt^  JKKiviiTtSio'j  repo  T>i(  itcöSo'j  (t( 
TyiYavmv  apiaTipo.  xtp  liTtpj^^oyLt'vii).  'Efii[jiip!t  T^i;  'Hyty.'jwix.i  ^iy.w 
l897Nr.1'i5S  660. 18.  Nur  die  langbekleideten  Unterschenkel 
sind  erhallen,  auf  einer  Itasis  tnit  rundlich  profilirLern  Pusb. 
Itückseite  vernachlässigt.  I>as  reichfalti^e,  am  Uoden  nach- 
schleppende Gewand,  welches  ^anz  mit  kleinen  Kräuaelfallrn 
durchzogen  ist, erinnert  an  pergamenischc  Werke.  [SchradebJ. 

29.  (Inv.  Nr.  35-2.)  OherLeil  einer  weiblichen  Statuette, 
Höhe  i^'",  Die  nackte,  etwas  nach  links  gewendete  Figur  ist 
bis  KU  den  Hüften  erhalten;  Kopf  und  Anne  fehlen,  doch  er- 
kennt man,  dass  der  linke  Arm  gehoben,  der  recble  gesenkt 
war.  Über  die  linke  Schulter  fällt  ein  um  Halse  befestigtes 
Stück  Mantel  herab. 

30.  Ilnv.  Nr  1-3.)  Staluetlenfragmenl  einer  Rallipygos. 
Hölie  36"°.  Gefunden  in  Tipani.  E^injAipi«  rriz  'HYtjio^i«;  '!^i- 
(io>j  189.')  Nr,  '(■;  S.  177, '(1.  Vorn  vernachlässigt.  Man  ver- 
gleiche die  ähnlich  enlblossLe  Gestalt  der  auf  griecbische 
Vorbilder    zurückgehenden    peruginer 

Aschen kiste  des  llerlim-r  Museums . 
Heschreibung  Nr.  1-270  S.  'lUft.  Pbo- 
lographiedes  Instituts,  Samos  Nr.  -21. 

31.  (Inv.  Nr.  .19.)  Weiblicher 
Kopf.  Höhe  W".  Gesicht  fast  völlig 
verriebeil ;  halbe  Lebensgrösse.  Das 
Haar  war   in  der  Mitte  leicht  geschei- 

•  telt  und  nach  beiden  Seilen,  über  der 
■  Stirn  aber  nach  oben  gestrichen,  lun- 
L  len  aufgenommen.  Hei  Jedocli  teilweise 
f  wieder  zum  Nacken  herab.  Vor  jedem 
)  Ohr  ein  Haarlöckchen  Hellenistisch. 
3-2.  ( I n  ventarnummern teilt  erkenn ■ 
ar.)  Fragment  eines  jugendlichen  gefUigeUen  Köpfchens 
'  aus  hartem  Kalkslein-  Höhe  lü'".  Unter  dem  Kinn  gebrochen. 


1 


166  TH.    WIEGAND 

Nase  und  rechte  obere  Gesichlshälfte  mit  den  Augen  fehlen, des- 
gleichen der  Hinterkopf  bis  zu  den  Ohren ;  Kinn  und  Lippen 
beslossen.  Die  Lippen  waren  leicht  geöiTnet.  die  Wangen  zart 
gerundet,  vor  dem  Ohr  zogen  sich  kleine  Haarlocken  her. 
Ober  der  linken  Schläfe  Ansatz  eines  Flügels  mit  schuppen- 
arligen  Federn.  Jugendlicher  Hermes?  Hypnos?  Sorgfältige 
Arbeit  etwa  pergamenischer  Zeit.  Photographie  des  Instituts, 
Samos  Nr.  22. 

33.  (Inv.  Nr.  86.)  Jugendliches  Köpfchen  von  lächeln- 
dem Gesichtsausdruck.  Höhe  12,5^*.  Das  Gesicht  ist  ver- 
scheuert. Um  den  Hinlerkopf  ein  erhöhtes  Band,  etwa  eine 
Flechte  ? 

34.  (Inv.  Nr.  37.).  Kinderköpfchen.  Gefunden  in  Ti- 
gani,  'E9Y)|inpU  tyj;  'HYiii-ovia;  SdcjAou  1895  Nr.  51  S.  223,  69,1. 
Höhe  15^.  Nase  und  Wangen  stark  bestossen.  Halblange,  in 
der  Mitte  gescheitelte  Locken.  Das  Köpfchen  war  leicht  nach 
links  geneigt.  Römische  Zeil. 

35.  (Invenlarnummer  fehlt.)  Rest  eines  männlichen  Kin- 
derlorso.  Höhe  22,5'",  Breite  16, 5**.  Erhalten  sind  nur  die 
beiden  Oberschenkel  und  ein  Teil  der  Glutäen. 

36.  (Inv.  Nr.  116.)  Weiblicher  Porträtkopf.  Gefunden 
bei  der  Anlage  der  grossen  Strasse  nach  Chora.  Etwa  natür- 
liche Grösse.  Sehr  zerstört:  nur  die  linke  Wange  und  ein 
Rest  der  leicht  geöffneten  Lippen,  der  Hals,  das  rechte  Ohr 
und  der  Haaransatz  im  Nacken  sind  erhallen.  Der  Kopf  war 
zum  Einsetzen  in  eine  Figur  bestimmt.  Hellenistisch  oder 
früh-  römisch. 

37.  (Inv.  Nr.  26.)  Römischer  Porträtkopf.  Höhe  27'-. 
Nase,  Kinn,  Stirn  und  Ohren  stark  beslossen.  Am  Halse  ge- 
rade abgearbeitet.  Bartloser,  noch  jugendlicher  Mann  von  fe- 
stem Gesichtsausdruck,  der  durch  eine  gewisse,  die  llauptge- 
sichlsknochen  überall  hervortreten  lassende  Magerkeit  unter- 
stützt wird.  Namentlich  stark  betont  ist  der  Bau  der  flachen 
Stirn, auffallend  klein  das  Ohr.  Der  Blick  ist  nach  rechts  und 
aufwärts  gerichtet.  In  einzelnen  Strähnen  tällt  das  kurze  Haar 
leicht  in  die  Stirn.  Wenn   nicht  Auguslus  selbst,  so  ist  doch 


NTIKE   SCULPTUBEN   IN  SAMOS 


BJcher  ein  Angeltöriger  des  julisclien  Kaiserlianses  dargestellt. 
Vgl.  z.  B.  den  jipUsclifn  Kopf  bei  Furtwänirlei',  Sammlunj^  Sa- 


>'*Ȁ\'-.^, 


bouroff  I  'l'af.  43  und  einen  in  Berlin  ( liesclireibung  Nr.  344). 
38  (Inv.Nr.  101 .)  Weiblicher  Porträtkopl.  Grosskörni- 
ger Marmor.  NaLUrMcbe  Grös- 
se. Das  Gesiclil  islselir  beslos- 
sen.  der  Hinlerkopr  fehlt  Der 
Kopf  trug  eine  hiiulienlünni 
ge. in  drei  Reihen  um  die  Stirn 
gelegte  Frisur,  In  der  MitU' 
der  Slirn  ein  schmalem  agruT 
fenartiges  Band,  dua  die  drei 
Reihen  zusammenfassl  Die 
Ohren  sind  verdeckt,  hinter 
ihnen  geht  der  Sclirnuck  in 
ein  glattes  Band  über.  Alin- 
lich  ist  der  Kopfputz  derCiau- 


TH.    WiEGAND 


dia  Olynipias  im  British  Museum:  Ancient  Marbles  XI  Taf. 
?9.  Photographie  des  Instituts,  Samos  Nr.  23. 

39.  (Inv.  Nr.  13.)  Jünglingskopf.  Höhe  18,5".  Hinten 
eine  gepickte  Flache.  Derbes  Gesicht 
von  mürrischem  Ausdruck  ,  der  na- 
mentlich durch  zwei  tiefe  verticale 
Stirnfalten  und  din  vorgeschobene 
Oberlippe  hervorgerufen  ist  und — rein 
lihysingnnmisch  genommen  —  fast  an 
den  olympischen  Faustkämpfer  erin- 
nert, nur  ins  Jugendliche  üherselzt. 
Schlecht  (punkruliastiscli?)  sind  die 
(unrichtig  ansitzenden)  Ohren  gebil- 
det, uuFfullend  ist  die  in  steife  Locken 
aufgelöste  Ilaarmasse,  die  auf  eine  l^rneuerung  archaischer 
Formen  hindeutet,  wie  wir  sie  schon  bei  dem  Kopf  der  Ar- 
temista  desMaussoteums  linden  (Brunn,  Deiikmüler  Taf.  ?4?, 
vgl.  auch  den  Ko|)f  aus  Priene ,  Antif/uities  of  Jtmia  IV 
Tuf.  20). 

'tO  (Inv.  Nr.  85.)  Jünglingskopf  mit  Siegerbinde. 
Ilalhlebensgross.  Höhe  i"!"".  Die  Nuse  fehlt,  Lippen  und  Stirn 
sind  sehr  hestossen.  Dei'her  Gesichtsausdruck,  niedrige  Slirn. 
Das  Haar  ist  nur  leicht  angelegt.  Flüchtige  hellenistische  Ar- 
beit. 

iL  (luv.  Nr.  '(3?.)  Hechle  Arml)puge  einer  Marmoriigur. 
Höhe  16, ."■/".  Grosskörniger  Mai'mnr.  I'^lwas  unter  Lehens- 
grosse . 

')2.  (Inv  Nr.  i3'i.)  Fragment  einer  ii  bcrli-bensgiiissen 
Hand  Vielleicht  identisch  mit  der  von  Kprptiwür.j,  ToTtoypx- 
fia  T^;  ^xiAou  S.  'i,~>  ei'wuhnteii  Hand,  die  ix-i  der  .\iilag(>  dei' 
grossen  Strasse  von  Tigani  nach  Cliora  gehinden  wuiile.  Lange 
I0"°.  Alle  Finger  fehlen.  An  der  Handwurzel  glaiL  ühgeselinil- 
ten  und  mit  Stillloch  versehen. 


ANTIKE   SCCJLPTUnKN    I 


IV.    Weilireliefs 
(.lusgcnomiiicn  Tglpniiinlil-  Darstellungen) 


43.  (Inv.  Nr.  18.)  WeihrelieT  an  Hera?  Gefimden  nach 
Ep.  Stumatiailis  ('bliciTYipt;  1889  S.  197)  i888  in  der  Nähe 
vnn  Chora ;  später  im  ipyiioyuXxKiiov  zu  Vathy;  'E^vifiipif  rra 
'HYi}iovij4  2»Liou  1895  Nr.  55  S.  215,51,  wo  der  Jünglinj?  für 
Anlinoos  erklärt  isl.  Als  früherer  Besitzer  wird  'luiwti;  Kox- 
M<,Mi  i*.  MaiupaTCatttdv  genannt,  ebenda  1896  Nr.  71  S.  346. 
Das  Inventar  bezeichnet  den  Fundort  einfach  aU  xtü.ix«  Kouk- 
KOÜlYi.  Vgl.  Wolters,  Athen.  Mitlh.  XV,  1890, S.  226;  die 
irrtümliche,  von  Stamatiadis  über< 
nommene  Bezeichnung  als  Grabre- 
lief istAthen.  Milth.XVlII,  1893,  S. 
224,  wo  Wollers  das  Relief  nach  ei- 
gener Anschauung  bespricht,  richtig 
■gestellt.  Höhe  172'",  Breite  68, 
Dicke  der  Platte  20,  Relieftiefe  4,5"° 
Vgl.  ausser  nebenslehenderSkizze  die 
Abbildung  auf  Taf.  13,  welche  nach 
einer  Herrn  L.  Polluk  verdankten  Auf- 
nahme hergestellt  ist.  Photographie 
des  Instituts,  Samos  Nr.  6.  10.  54. 
Die  ganze  linke  Hälfte  ist  abgearbei- 
tet. Man  erkennt  nocli  den  Hest  ei- 
ner nach  rechts  sitzenden  Gestalt, 
von  der  die  lang  bekleideten  Schen- 
kel (ohne  die  Küsse), die  rechte,  auf 
dem  Schooss  ruhende  Hand  und 
der  erhobene,   entblösste  linke   Arm 

(ohne  Hand),  der  einen  Stab  hielt,  erhallen  sind.  Dieser  Ge- 
stalt zugekehrt  ist  der  nackte  Jüngling,  dessen  Körper  leicht 
auf  dem  rechten  Bein  rulit.  In  der  Linken  hall  er  eines  jener 
oft  auf  Grabreliefs  vorkommenden  viereckigen  Kästchen,  dem 
ßr  eine  Tänie  entnommen  hat;  ep  bot  sie  mit  der  gesenkten 


i70 


TH.   WIEG  AND 


Rechten  der  sitzenden  Gestall  dar.  Das  rundliche  Ende  dieser 
Tänie  erscheint  zwischen  seinem  vorgestreckten  Unterarm  und 
der  ruhenden  rechten  Hand  der  sitzenden  Gestalt.  Sein  mit 
grossen,  flach  modellirten  Locken  bedecktes  Haupt  mit  den 
leicht  geöffneten  Lippen  neigt  sich  leise;  eine  Hand,  welche 
sich  von  links  über  die  sitzende  Gestalt  hinwegstreckt,   will 

eine  Tänie  darauf  herabsenken.  Wol- 
ters glaubte  statt  der  Hand  einen 
Thyrsos  zu  erkennen,  von  dem  die 
Binde  herabhänge.  Dass  es  aber  in  der 
That  eine  (jetzt  stark  abgesplitterte) 
Hand*  war,  wird  die  nebenstehende 
Skizze  beweisen. 

Die  Umrahmung  des  Bildwerkes  trug 
an  den  inneren  Randern  ein  aufgemal- 
tes feines  Eierstabmuster,  dessen  Vor- 
zeichnung noch  überall  erkennbar  ist, 
wenn  auch  die  Farben  geschwunden 
sind. 

Das  Relief,  dessen  hohe  Schönheit 
schon  Wolters  a.  a.  O.  S.  224  hervorhob,  ist  ein  glänzender 
Repräsentant  jonischer,  vom  Geiste  der  attischen  Kunst  be- 
rührter Reliefplastik  des  ausgehenden  V.  Jahrhunderts  vor 
Chr.  In  der  Modellirung  erinnert  der  Körper  des  Jünglings 
sehr  an  das  bekannte  Ephebenrelief  von  Pella  in  Konslanti- 
nopel  [Catalogue  des  sculptures  Nr.  45);  vgl.  auch  die  at- 
tische Grabslele  bei  Müller- Wieseler,  Denkmäler  I  Taf.  39 
Nr.  127,  ferner  Conze,  Attische  Grabreliefs  Taf.  175,  Taf.  187 
Nr.  938.  Taf.  192  Nr.  935. 

Die  Deutung  scheint  durch  die  Tänie  über  dem  Haupt  des 
Jünglings  gegeben:  Es  ist  ein  Sieger  dargestellt,  der,  vermut- 
lich vonNike^,  in  dem  Augenblick  geschmückt  wird,  in  dem 


*  Genau  so  abgesplittert  ist  eine  Hand  auf  dem  Grabrelief  einer  sitzenden 
Frau  im  athenischen  Nationalmuseum  Nr.  818. 
^  Nike  mit  Tänie:  Paus.  V,  11,1,  vgl  Jüthner,  Jahreshefle  1,  1§98,  S.  48. 


ir.ULPTUhEN    IN  5AMOS 


er  an  die  ecepterlragende,  thronende  Gestalt,  gewiss  die  grosse 
Hera  der  Sumier,  herantritt,  um  ilir  seine  Ruhmeszeielien  in 
den  SehooHs  zu  legen.  Zwei  zeillieh  auf  einander  folgende  Mo- 
mente, die  Schmückung  des  Siegers  und  die  Weiliung  drs 
Schmuiikes  an  die  Göttin,  hat  der  Ki'instler  hier  zu  gleicher 
Zeil  zum  Ausdruck  gehracht'.  lüine  in 
der  Anordnung  verwandle  Scene  ßndel 
sich  auf  einer  Adonisvase  [Monumeriti 
deW  Inst.  IV  Taf.  'n).  wo  dieser  mit 
einem  Kranze  vor  der  sitzenden  Apliro 
dite  steht. 

44.  (Inv.  Nr.  78,)  Weihrelief  an 
Hera.  Höhe '15",  Breile?n  Links,  ohen 
und  unten  Itruch,  rechtsoben  Ansatz  ei 
nPBProfils,  vielleicht  voneinerglebellör- 
migen  BekrÖnung.  Hera,  mit  der  Rech- 
ten den  Schleier  fassend  ,  steht  nach 
links,  hinter  ihr  auf  einer  schlanken, 
uncanellirten  Säule  ein  Pfau  nach  links, 
ganz  in  der  Art  der  Hähne  auf  panathenaischen  Preisamphoren. 
Zu  den  Pfiiuen  im  lleraion  vgl.  Hoscher  im  Philologus  1808  S. 
215-  ßürclmer,  Das  ionische  Samos  I,  1  (Amherg,  I895}S.  47. 

45.  (Inv.  Nr.  68.)    Höhe   46.5,    Breite  31. ,V.   Ohen  und 
links    gebrochen  .     rechts     ein 

3'/.™.  unten  ein  T/>"°  breiter, 
glatter  Streif.  Zwei  Männer  in 
langen  Gewändern  und  ein  Kna- 
be stehen  nach  rechts  vor  ei- 
nem viereckigenGegenstand.Uer 
Kopf  des  ersten  Mannes  ist  zer- 
stört, der  des  zweiten  ist  sicher 
unhärtig.  Der  Knabe  trägt  ein 
schüptlörfelartiges  Gerät.  Der  er- 
ste Mann  legt  eine  Tänie  auf  der 
viereckigen   Erhebung    nieder , 


<  Zu  vgl.  Kind  Darstellungen  wie  die  des  Arch.  Anzeiger  18!t6  ä.  40  er- 
wälmtep  Reliets  ;  Pliolograpbie  des  Instituts.  AkrofuUs  Nr.  287. 


172  TH,   WIEGAND 

auf  der  eich  bereJls  melirere  befinJen.  Dasselbe  ibal  eine  von 
rechts  kommende  Person,  von  der  nur  nocb  der  rechte  Un- 
terarm erhalten  ist.  Photographie  des  Insliluls.Sowio«  Nr,  54. 

46.  (Inv.  Nr.  16.)  Jugendliches  Köpfchen  mit  plirygi- 
scher  Mütze,  von  einer  Kulle  lockigen  Haares  uin>;eben. 
Aus  Maralhokampos.  Höhe  16, ■'>"".  Ein  Ansatz  an  der  rechten 
SiMte  beweist,  dass  es  von  einem  Relief  slanimt.  Nase  febll,  Ge- 
sicht boalossen.  Paris?  Ganvmedi'  Flotte,  bellenislisclie  Arbeil. 

47.  (inv.  Nr.  67.)  Höhe" -Jfi '/./■".  lireiLe  35.  Rrwahnl  ■E^ti- 
f«pU  TT)!  ■HYinoviatüstfLou  18%Nr.  79  S.  390,70.  Drei  lang- 
hekleiiiete  Frauen  mit  Mantel  und  Schleier  stehen  neben 
einander  in  der  Vorderansicht.  Die  mittlere  zieht  den  Schleier 
von  rechts  nach  links  über  das  Uniergesicht.  Alle  Gesichter 
sind  stark  verletzt.  Späthellenistische,  gewöhnliche  Arbeit. 
Photographie  des  Iii.slilMts,  S<itin>s  Nr.  25 


48.  (Inv.  Nr.  71.)  Früher  beim  Consul  Luimark  in  Valhy 
(Fabricius).  Weihrelief  an  Deloptes.  Höhe.S3.  BreiteSfi- 
Graii  verwitterter  Marmor  Die  einfache  Darstellung  ist  ein- 
gerahmt von  zwei  l'arasladen  und  einem  horizontalen  Gebälk 
mit  Ziegeldach.  In  der  4rl  des  ,\sklepioä  auf  seinen  Stab  (der 
nur  gemalt  war)  gestiitzt,  sieht  Deluples  n.  r  vor  einem  AI 
tar.  Davor  rechts  ein  .\durant.  .\uf  dein  R[)istyl  liest  man 
den  von  Wolters  gedeuteten  Inschril'trcst ; 

Hl    OZAHAOPTH,,,/  ,  'Hfw«  AtiXoät^; 

Deloptes  findet  sieb  zusammen  mit  ßendis  auf  einer  von  De- 


d 


ANTIKE   SCÜLPTURKN  IN  SAMOS  i73 

mapgne  B,  C.  H.  1899  S.  370 (T.  veröffentlichten  Inschrift 
aus  dem  Piräus.  Demargne  bezog  den  Namen  auf  den  bär- 
tigen, auf  einen  Stock  gestützten  Gott,  der  auf  dem  Relief  der 
Sammlung  Jacobsen  (Hartwig,  ßendis  Taf.  1)  neben  Bendis 
steht  (vgl.  Perdrizet,  Revue  des  etudes  anciennes  II,  1900, 
S.  267).  Das  samische  Relief  bestätigt  diese  Annahme. 

49.  (Ohne  Inventarnummer.)  Relieffvagment  aus  weissem 
Marmor.  Hohe  13'-,  Breite  16, Dicke  9. Ober 

körper  eines  mit  gegürtetem  Chiton  beklei- 
deten Mädchens  in  Vorderansicht.  Das  Ge- 
sicht ist  abgeschlagen.  Auf  dem  ausgestreck- 
ten linken  Arme  hält  es  ein  grosses  Tym- 
panon.  der  rechte  war  gesenkt.  Gute  grie- 
chische Zeit.  Photographie  des  Instituts,  Samos  Nr.  53.  Vgl. 
zu  der  Art  das  Tympanon  zu  tragen  Conze,  Grabreliefs  Nr.  95. 
kavvadias,  FXuTCTa  Nr.  1030.  [Fredrich]. 

50.  (Inv.  Nr.  36.)  Dreiseitiges  Hekataion;  früher  im 

ipy^iio^'Aaxiiov,    'E^Yjfxipi^    Tri<  'Hygpiovia;  S&ülou    1895    Nr.  55 

S.  245,17.  Höhe  39,5'",  Breite  jeder  Seite  etwa  9;  an  den  drei 
Ecken  abgekantet.  Oben  Bruch  nahe  der  Stelle, wo  die  eckige 
in  die  Büstenform  übergeht,  jedoch  sind  noch  Spuren  der 
Locken  des  abgebrochenen  dreifachen  llekatekopfes  vorhan- 
den. Stark  verwittert,  alle  Gesichter  zerstört.  Der  dreiseitige 
Schaft  ist  von  drei  Mädchenfiguren  umgeben: 

a)  Langbekleideles  Mädchen  in  Vorderansicht  stehend,  lin- 
kes Standbein.  Ein  Zipfel  des  Mantels  fällt  von  der  rechten 
Schulter  herab.  Die  linke  Hand  ruht  auf  der  Hüfte,  die  rechte 
ist  zum  Kinn  erhoben.  Das  Haupt  scheint  eine  hohe  Kopf- 
bedeckung (Kalathos?)  getragen  zu  haben. 

b)  Dieselbe  Gestalt  in  ähnlicher  Haltung,  jedoch  etwas  be- 
wegter. Die  linke  Hand  fasst  einen  Zipfel  des  Mantels. 

c)  Langbekleidetes  Mädchen  ,  in  gemessenem  Tanzschritt 
nach  rechts  schreitend.  Der  rechte  Arm,  mit  ausgestrecktem 
Zeigefinger,  ist  auf  die  Schulter  zurückgebogen,  der  linke  Arm 
vom  Körper  etwas  abgestreckt,  so  dass  der  Reliefgrund  sicht- 
bar wird,  der  Kopf  aufgerichtet. 


174  TH.   WIEGAND 

Insofern  weicht  die  Darstellung  von  den  üblichen  ab,  als 
zwei  der  Figuren  stehen  und  nur  die  dritte,  in  leicht  ange- 
deuteter archaischer  Manier,  tanzt.  In  der  Regel  pflegen  alle 
drei  im  Tanzschritt  von  links  nach  rechts  dahinzuwandeln 
(vgl.  Petersen,  Arch-epigr.  Mittheilungen  aus  Österreich  V 
S.  26  IT.). 

51.  (Inv.Nr.  109.)Kybele-Relief.  Höhe24«",  Breite 23. 
Kybele  sitzt  auf  dem  Thron  in  V^orderansicht,  in  der  Rechten 
eine  Schale,  in  der  Linken  ein  grosses  Tympanon  haltend. 
Schlechte  Arbeit. 

52.  (Inv.  Nr.  54.)  Nike  vor  einem  Tropaion.  Höhe 
50*",  Breite  etwa  52.  Die  obere  Hälfte  fehlt,  links  und  rechts 
Bruch.  Links  Nike  in  langem, unter  der  Brust  gegürtetem  Ge- 
wand. Eis  fehlt  der  ganze  Oberkörper  mit  dem  rechten  Arm. 
Die  linke  Hand  hält  ein  quer  über  den  Körper  gezogenes  Man- 
telende. Von  den  Flügeln  ist  nur  das  untere  Knde  des  linken 
erhalten.  Links  von  der  Göttin  die  Reste  des  Tropaions:  ein 
grosser  Rundschild  und  zwei  nur  noch  z.  T.  erhaltene  Bein- 
schienen. Rohe  Arbeit  der  späten  Kaiserzeit. 

53.  (Ohne  Inventarnummer.)  Weihung  an  Aphrodite. 
Höhe  21«,  Breite  15.  Gefunden  bei  Chora  ('EwiTy.pU  1889  S. 
129,  vgl.  Athen.  Millh.  XIV,  1889,  S.  103),  dann  im  ipxcio- 

9u>ajteiov,  'E^yipiepi;  ty);  'HyioiovCa;  Säülou  1895  N.  55  S.  245, 16. 

Weiblicher  Unterleib,  von  den  Hüften  abwärts,  und  ein  Teil 
der  Oberschenkel  mit  der  Weihinschrift: 

Buchstaben  ÄA.  Eine  ähnliche  Weihung  befindet  sich  im 
Berliner  Museum  (Beschreibung  Nr.  721),  andere,  z.  T.  aus 
dem  Aphroditeheiligtum  bei  Daphni,  in  Athen,  vgl.  ClI.A. 
II,  1569.  IV,  2,  1558  ff.   HpaKTixi  1892   S.  12. 

54.  (Inv.  Nr.  55.)  Etwa  lebensgrosser  Fuss  in  Relief. 
Höhe  37"",  Breite  21.  Der  Fuss  ist  mit  Sandale  bekleidet.  Die 
sich  wol  manchem  Beobachter  aufdrängende  Vermutung,  das 
Fragment  könne  zu  dem  Relief  Nr.  43  gehören,  kann  nicht 
bestehen,  weil  der  Reliefrand  anders  gearbeitet  ist  als  dort. 


ANTIKE  SCÜLPTUREN    IN  SAMOS  175 


V.   Tolenmahlreliefs. 


Die  Totenmahlreliers  bilden  einen  Hauplbeslandleil  der 
Sammlung.  Wenige  freilich  erheben  sieh  in  gegenständlicher 
oder  künstlerischer  Beziehung  über  das  Gewohnte,  diese  aber 
Fallen  durch  zahlreiche,  den  Reliefgrund  ganz  oder  teilweise 
ausfüllende  Beigaben  von  Waffen,  Hausgerät  und  dergleichen 
auf.  In  der  ausführlichen  Wiedergabe  solcher  dem  gewöhnlich- 
sten Gebrauche,  dem  Schmuck  oder  der  Behaglichkeit  dienen- 
den, mitunter  auch  den  Beruf  des  lleroisirten  durch  ein  charak 
teristisches  Mandwerksgerät  andeutenden  Gegenstände,  dürfen 
wir  eine  besonders  im  Osten  der  griechischen  Welt  verbrei- 
tete Gewohnheit  erblicken,  ßs  findet  sich  unter  den  zahlrei- 
chen, ihrer  Mehrzahl  nach  vom  griechischen  Pestland  stam- 
menden Totenmahlreliefs  in  Athen  nichts  derartiges, während 
aus  Chios  ein  Exemplar  durch  eine  Skizze  Studniczkas 
(Athen.  Mitth.  XIII,  1888,  S.  193)  bekannt  ist,  und  andere 
Beispiele  sich  im  Museum  zu  Konstantinopel  finden  (Joubin, 
Monuments  funeraires'^  Nr  iQ{=^ Revue  arch.  1877,  I 
Taf.  2,  aus  Byzanz  selbst,  Nr.  104.  HO). 

55.  (Inv.  Nr.  55.)  Höhe  50'",  Breite  67.  Oben  Bruch.  Auf 
einer  Kline  liegen  drei  Männer  nach  links,  von  denen  der 
vorderste  mit  der  Rechten  ein  Rhyton  emporhebt,  die  Linke 
hält  eine  Schale.  Der  hinterste  Mann  hält  an  beiden  Henkeln 
einen  Skyphos  Auf  dem  löwenfüssigen  Speisetisch  vor  der 
Kline  liegt  in  der  Mitte  ein  flaches  Brot  (?),  daneben  Grana- 
ten und  pyramidenförmige  Kuchen.  Unter  dem  Tisch  wird 
der  Vorderkörper  eines  fressenden  Hundes  sichtbar.  Der  Mund 
schenk  rechts  neben  dem  Speisetisch  trägt  die  langärmelige 
Sklaventracht  mit  Hosen,  derben  Schuhen  und  spitzer  Mütze 
(vgl.  Furtwängler,  Sammlung  Sabouroff  I  Text  zu  Taf.  15ff.); 
er  ist  im  Begriff,  mit  einer  oivo^^öy)  aus  einer  grossen  Amphora 
zu  schöpfen,  welche  am  Schulteransatz  die  an  den  apulischen 


Amphoren   übUcliPii  Scliwünenköpr«  zeigt.    Die  verselilelcrle 


der  Klii 


uf  ffepolslerlem.  mit  Fraozen 


garnirlem  Sessel,  iler  uuT  einem  niedrigen  Podium  sLelil,  ilire 


POsse  ruhen  auf  einem  Schemel    Das  sich  links 


liren  Ses- 


sel anlehnende  kleine  Madehen  sclteinl  in  der  Linken  einen 
Kranz,  in  der  Rechten  ein  Alabastron  zu  halten  Das  Haar  ist 
im  Knoten  (odei' Nesl?)  aufjjiebunden.  Der  Knalle,  zu  welchem 
das  Miidclien   den  KopT  zurückwendet,    lrä»t  auT  der  linken 


Schulter 
liegender 
sondereir 
links  der 
hlaltlose 
Trinklior 
daneben, 
Inschrift 
ben  geful 
Schild.  V 


seinen  gelällellen  Mantel.  In  der  Höhe  der  Kiipfe  <lei 
I  Personen  zieht  sicli  das  obere  l^nde  einer  mit  tie- 
I  itande  versehenen  Mauer  her.  Darüber  erscheint 
Pferdeko|)r,  dann  der  in  drei  llauplüsle  ausgeliende 
Baum,  von  dem  sich  die  härlige  Schlangt'  zu  dem 
n  des  zu  vordersl  liegenden  Mannes  neigt.  Rechts 
libei-  dem  letzteren,  steht  die  z.  'I'.  weggemeisselle 
K'jSi^xi;  ( Ituclistaben  :  AS!),  der  noch  einige  Itiiclista- 
ilgl  zu  sein    scheinen.    Am    rechten  IDnde   ein  Itund- 


-i 


liotographie  des  Instituts,  Sanws  Nr.  "1 


A\TIKE   9CÜI.PTÜIH 


56.  (Inv.  Nr.  118.)  Höhe  3'.' 


llreite  4(J.    Der  Stein  war 


[zum  Eintassen  in  eine  Wand  besliinint.  Die  Kopfe  fehlen.  Di 


■chilek tonische  Umrahmung  Hes  Biltlfeldei 


ii'd  durch  zw 


Pfeiler  und  ein  Epistyl  gebildet.  Der  erste  der  beiden  Männer 
auf  derKline  hält  eine  Schale  in  der  Linken.  Vor  ilinen  ein  Spei- 
setisch  .  npben  dem  rechts  der  Mundsctienk  am  Schenktisch 
9tplit;  letzterer  hat  dieselbe  Form  wie  auf  Nr.  59  60,  auf  ihm 
belinden  sich  drei  umgekehrte  Schalen  ,  deren  mittlere  der 
Mundschenk  gerade  ergreift;  dahinterwird  ein  grosseres  Miscli- 
geläss,  ein  grosser  KanLharns  und  eine  Schüssel  sichtbar.  Auf 
dem  unleren  Knde  der  Kline  sitzt  nach  rechts  eine  verschleierte 
Frau.links  hinter  iliralehtein  zuschauendes  Mädchen.  In  Kopf- 
höhe  derMännererscheintder  horizontale  Mauerabschluss, dar- 
auf links  über  der  Frau  das  Kästclien  und  der  Korb,  dann  ein 
Panzerscliurz,  Scliild  und  (  rechts  in  der  Ecke)  der  Pferdekopf. 
Gewöhnliche  Arbeil,  Photographie  des  Instituts.  Samos  Nr. 29. 
57.  (Inv.  Nr.  'i9.)  Höhe  ''i'3,5'-.  Breite  58,  Sehr  verwittert. 
Das  linke  obere  Ende  ist  abgebrochen;  alle  Köpfe  sind  zer- 
stört. Auf  der  Kline  zwei  Heroisirte  nach  links,  von  denen 
der  erste  eine  Schale  empoihält,  der  zweite  mit  beiden  Hän- 
den einen  Kantharos  gefusst  hat,  Ihnen  zugekehrt,  an  beiden 
Enden  der  Kline,  je  eine  Frau,  Zwischen  dem  vorderen  Ge- 

aTHEN.   MITTHBILUNOEN    XXV,  12 


178  TH.   WIBGAND 

lagerten  und  der  bei  ihm  sitzenden  Frau  erscheint  der  Ober- 
körper eines  Knaben,  links  hinler  der  Frau  ein  Mädchen  mit 
einem  Kästchen  in  den  Händen.  Zwischen  dem  zweiten  ge- 
lagerten Mann  und  der  bei  ihm  sitzenden  Frau  ein  Mädchen 
mit  hochgebundenem  llaarschopf.  Auch  von  ilir  ist  nur  der 
Oberkörper  sichtbar.  Rechts  ein  Mundschenk  im  Chiton  am 
Schenktisch.  In  der  Kopf  höhe  der  beiden  gelagerten  Männer 
läuft  im  Hintergrund  der  horizontale  Mauerrand.  Vor  der 
Mauer  steht  am  linken  Rande  ein  Baum  mit  einer  aus  der  Schale 
des  ersten  Mannes  trinkenden  Schlange.  Über  der  Mauer  er- 
scheint rechts  der  Pferdekopf  und  ein  Korb,  dann  von  oben 
herabhängend  Schild,  Panzerschurz  und  Helm.  Mittelgute  Ar- 
beit hellenistischer  Zeit.  Photographie  des  Instituts,  Samos 
Nr.  28. 

58.  (Inv.  Nr.  94.)^Höhe  53*",  Breite  60,  Dicke  etwa  23. 
'E9Y)(iL«pi;  TYi;  'HYeixovia;  Sdcfxo'j  1896  Nr. 79  S.  390,  101.  Oben 
ein  Dübelloch  in  der  Mitte,  daneben  ein  Stemmloch,  an  bei- 
den Seiten  Klammerspuren,  also  war  der  im  Ganzen  viereckig 
begrenzte  Stein  einer  Wand  eingefügt.  Zwei  Männer  liegen 
nach  links  auf  der  Kline,  der  erste  erhebt  mit  der  Rechten 
ein  Trinkhorn,  der  zweite  hält  in  der  Linken  eine  Schale.  In 
der  Mitte  ein  viereckiger  Speiselisch  mit  vier  Speisen;  zu 
beiden  Seiten, der  Kline  zugekehrt,  je  eine  sitzende  Frau  und 
dahinter  stehend  je  ein  kleines  Mädchen.  Oben  ein  durch  die 
zwei  Seilenpfeiler  getragener  Giebel,  in  dem  folgende  Gegen- 
stände dargestellt  sind  :  Panzer,  Helm,  ein  Käslehen,  zwei  un- 
kenntliche Gegenstände  und  der  Pferdekopf.  Photographie  des 
Instituts,  Samos  Nr.  30. 

59.  (Inv.  Nr.  60.)  Höhe  72^",  Breite  38,  Reliefliefe  4"-. 
Gelbbraune  Patina.  Früher  in  Tigani,im  Magazin  der  Gebrü- 
der Luimark  (Fabricius).  Beschrieben  'E(pY)|X£pt;  xri;  *Hy£|xovia; 
laoLou  1896  Nr.  79  S.  390,  66.  Der  bärtige  Mann  auf  der 
Kline  hält  in  der  Rechten  den  Kantharos.  Vor  ihm  ein  run- 
der Speisetisch  mit  drei  Lövvenfüssen.  Der  Mundschenk,  in 
kurzem  Leibrock,  hält  den  SdiöpflölTel  in  der  Rechten.  Auf 
dem  Schenklisch  stehen  ausser  einer  tiefen  Schale  zwei  um- 


ANTIKE   PCÜLPTUREN    IN  SäMi 


gekehrte  kleinere  Schalen,  ein  Kanlliaros  und  eine  pntera 
umbilicata  darüijei'.  Die  auf  ilem  linki*n  linde  iler  Kline 
sitzende  versclileierle  Frau  liält  in  der  Rechten  einen  kleinen 
eiförmigen  Gegenstand,  Auf  dem  Mauerrand  stellt  links  über 


der  Frau  das  Kästchen.  Ein  Feldliuhn  sitzl  darauf  und  pickt 
an  einem  Granatapfel,  danehen  steht  der  Korh.  Zwischen  bei- 
den Gegenständen  windet  sich  die  Schlange  dem  Haupte  des 
Mannes  zu.  Über  diesem  liegt  auf  der  Mauer  ein  pickelhau- 
benartiger Helm  mit  Backenklappen,  wie  er  sich  übereinstim- 
mend auf  zweien  der  pergainenischen  VVuffenreliefs  findet  (Aus- 
grabungen von  r^ergamon  II  Taf.  44,  Texlband  II  S.  103, 
H.  Droyaen ).  Daneben  blickt  vnm  rechten  Rande  der  Pferde- 
kopf herein.  Von  oben  herab  hängen  links  zwei  Ueinschienen, 


in  der  Mille  der  Unierteil  des  Panzers,  rechts  etwa  da«  Vier- 
tel eines  Riindscliildps  in  das  Bild  lipj'pin.  Unter  der  Darstel- 


liii 


t  stellt 


r  na: 


an  der  Stelle   einer  alteren    Inschrift: 


Aal;  4>civixo;  Tiptutvvi  ^''tpi-   Photographie  des  Instituts.  Samos 
Nr.  31. 

60.  (Inv  Nr.  61.)  Höhe  4?'-,  Breite  66.  Die  Darstellung 
ist  eingefasat  von  zwei  PTeilern  und  einem  Architrav,  der  jetzt 
stark  heschädigt  ist.  Die  Seitenflächen  sind  abgeschrägL  (so 
dass  die  Beliel'platte  an  ihrer  Hinterflüclie  langer  ist  als  an  der 
Vorderfläche)  und  rauh  gepickt,  das  ganze  Stück  bestimmt, 
in  eine  Mauer  eingelassen  zu  werden. 


Der  bärtige  Mann  auf  der  Kline  hält  einen  grossen  Rantlia- 
ros  in  beiden  Hunden;  vor  ihm  stellt  ein  li'iwenfüssigerSpeise- 
liscli.  Zu  jeder  Seite  der  Kline  sitzt  eine  verschleierte  Frau  dem 
Gelagerten  zugekehrt  \m  linken  l£nde  des  Iteliefs  steht  zuschau- 
end ein  iangbekleidetes  Miidchen.  am  anderen  der  Oinoclioos 
am  Scbenktisuli,  letzterer  wie  auf  Nr.  r)6.r)9  gebildet.  Vom 
rechten  Knie  des  lleroisirlen  windet  sich  die  Schlange  der  links 
sitzenden  Fi'auzu.  welche  ihr  mit  der  Rechten  eine  Speise  dar- 
leicht.  Im  Hintergrund,  in  KopfhÖhe  iler  Frauen,  der  Mauer- 
rund, darüber  rechts  der  Pferdekopf,  links  der  Kalatbos.  Von 
idien  lierab  hüngt  der  Itundschiht  und  ein  Helm.  Photogra- 
phie des  Instituts,  Samon  Nr.  3'.^. 


ANTIKE    SCLLPTUREN    IN  SAMOS  181 

61.  (Inv.  Nr.  35.)  Höhe  58^",  Breite  62,5.  Gefunden  bei 
Tigani  an  der  Glyphada  ( 2Tap.aTiiSy);,  Saataxa  ^  S.  206),  spä- 
ter im  apj^ito'puXaKgiov  ('EyioiAipi;  tyi;  'Hysi^ovia;  Sajxou  1895  Nr. 
55  8.245,7).  Stark  verwittert.  Auf  der  Kline, vor  der  ein  Spei- 
setisch steht,  ruht  ein  Mann  nach  links.  Der  rechte  Arm  und 
das  linke  Bein  fehlen.  In  der  Linken  hält  er  eine  Schale,  aus  der 
die  Schlange  trinkt.  Bechts  darunter  der  kleine  nackte  Mund 
schenk  mit  gekreuzten  Beinen,  in  der  gesenkten  Linken  die 
Kanne,  die  rechte  Hand  auf  die  Schulter  legend,  den  Kopf 
nach  links  gewandt,  illin  Schenktisch  ist  nicht  vorhanden. 
Dem  Manne  zugekehrt  und  zu  ihm  aulblickend  sitzt  am  unteren 
Knde  der  Kline  eine  verschleierte  Krau,  zu  der  ein  liegender 
Hund  empor  sieht  Hinter  ihr  steht  ein  kleines  Mädchen,  das 
Kinn  mit  der  Linken  stützend.  Üben  links,  auf  erhabenem 
Felde,  ein  eingerahmter  Pferllekopf,  rechts  Panzersbhurz,  Bein- 
schienen, Helm  und  Schild.  Auf  dem  unteren  Streifen  des  zwei- 
teiligen Architravs  die  Inschrift  Siixxxwv  2to9o\j  NiJtwv  MyivoSco- 
poj  7is(>)(;.  Späthellenistisches  Stück;  die  Haltung  der  Frau  ist 
recht  ausdrucksvoll.  Photographie  des  Instituts,  Samos  Nr. 33. 

62.  (Inv.  Nr.  51.)  Höhe  34^»,  Breite  36.  Das  Relief  ist  aus 
einer  kleinen  jonischen  Säulenbasis  herausgearbeitet,  deren 
Ränder  z.  T.  noch  erhalten  sind.  Bärtiger  Mann  nach  links, 
in  der  aufgestützten  Linken  einen  Skyphos  haltend.  Vor  ihm 
ein  tierfüssiger  Speisetisch  ,  auf  dem  in  der  Mitte  ein  flacher 
Kuchen, links  und  rechts  je  ein  Granatapfel  und  ein  spitzer  Ku- 
chen liegt,  rechts  daneben  der  Mundschenk.  Am  unteren  Ende 
der  Kline  sitzt  auf  einem  Stuhl  eine  verschleierte  Frau  mit 
einem  kleinen  Gegenstand  in  der  Rechten.  Im  Hintergrund, 
auf  der  üblichen  Mauer,  links  ein  Kästchen,  am  rechten  Binde 
ein  Pferdekopf;  in  der  Mitte  erkennt  man  noch  die  Backen- 
klappen eines  Helmes.  Gewöhnliche  Arbeit. 

63.  (Inv.  Nr.  75.)  Höhe  33^",    Breite  40,5.    Stark  versin- 
tert, alle  Köpfe  zerstört.    Auf  der  Kline  liegt   nach  links  ein. 
Mann  mit  einem  Kantharos  in  der  Linken.  Rechts  davon  sitzt, 
ihm  zugekehrt, eine  Frau  (ob  verschleiert  ist  nicht  mehr  fest- 
zustellen j;  ein  Mädchen  bietet  ihr  einen  flachen  Korb  dar.  Vor 


182  TH.   WIEGAND 

der  Kline  ein  tierbeiniger,  dreifüssiger  Speiselisch;  an  dera 
minieren  der  drei  Beine  windet  sich  die  Schlange  empor. 
Daneben  ein  nackter  Mundschenk  mit  einem  SchöpflöfTel. 
Oben  im  Felde  links- ein  umrahmter  Pferdekopf,  hierauf 
Helm,  Panzer,  Beinschienen,  Schild  und  Schwert.  Derbe, 
flache  Arbeit.  Photographie  des  Instituts,  Satnos  Nr.  34. 

64.  (Inv.  Nr.  103.)  Höhe  37*-,  Breite  49,5.  Oben  gebro- 
chen. Nach  links  gelagerter  Mann,  ihm  zugekehrt,  auf  einem 
Stuhl  ohne  Lehne,  eine  verschleierte  Frau  ,  hinter  der  ein 
langbekleidetes  Mädchen  in  der  Vorderansicht  steht.  Vor  der 
Kline  ein  stierfüssiger  Speisetisch,  rechts  daneben  ein  nack- 
ter kleiner  Mundschenk  ebenfalls  in  Vorderansicht,  neben  ihm 
der  Schenktisch,  auf  dem  Gefässe  in  drei  Reihen  stehen.  Im 
Hintergrund  links  Rest  eines  Baumes  mit  Schlange,  daneben 
Beinschienen, Schild,  Panzer  und  Schwert.  In  der  rechten  Ecke 
der  Pferdekopf.  Sehr  handwerksmässig.  Photographie  des  In- 
stituts, Samos  Nr.  35. 

65.  (Inv.  Nr.  102.)  Höhe  56*-,  Breite  42.  Beiderseits  ist 
die  Darstellung  eingefasst  von  5*-  breiten  Anten  mit  2*"  Re- 
lieferhebung. Der  Mann  auf  der  Kline  hält  eine  Trinkschale 
in  der  Linken,  das  kleine  Mädchen  hält  ein  Kästchen.  Der  lö- 
wenfüssige Speisetisch  lässt  einen  flachen  Kuchen,  zwei  Gra- 
natäpfel und  zwei  TiupajxiSs;  erkennen.  Von  dem  linken  Fuss 
des  Tisches  windet  sich  die  Schlange  empor,  auf  welche  der 
Mann  die  rechte  Hand  legt,  während  sie  von  der  Frau  gefüt- 
tert wird.  Rechts\om  Lager  füttert  ein  Knabe  im  Mantel  ein 
anspringendes  Hündchen,  weiter  rechts  steht  der  Mundschenk 
in  beschaulicher  Haltung.  Im  Hintergrund  erscheint  die  halb- 
hohe Mauer,  in  der  sich  links  ein  überragender  Thorbau  mit 
Giebeldach  erhebt,  auf  dem  die  Lagen  der  Dachziegel  ange- 
geben sind.  Auf  der  Mauer,  nahe  dem  Kopf  der  Frau,  steht 
der  Kalathos   und  ein  niedriges  Kästchen.  Links  vom  Haupte 

.des  Mannes  hängt  im  Bildfelde  ein  Helm,  ähnlich  denen  auf 
Nr.  57,  59,  60,  rechts  ein  grosser  Rundschild.  Die  rechte 
Ecke  zeigt  den  üblichen  Plerdekopr  Photographie  des  Insti- 
tuts, Samos  Nr.  36. 


Der  giebelgekrönle  Tliorbau  gielil  uns  zum  ersten  Male  ei- 
nen bestimmten  Anball,  wo  sich  dieTolenmahl-Scenen  abzu- 
spielen pflegen:  Eh  ist  ein  Hol' ilapgeslellt,  und  zwar  der  Ilof 
des  Wohnhauses,  der  auf  der  Strassenseite  von  einer  niedri- 
gen Mauer,  in  welcher  der  Eingang  liegt,  begrenzt  ist.  Alle 


die  /^uge  des  taglichen  Lebens,  die  Beigaben  an  Hausgerät, 
Waffen  und  Werkzeug,  die  Anwesenheit  von  Haustieren,  die 
nur  schwer  verständlieh  war  hei  der  Annahme,  dass  sieb 
der  Vorgang  in  einem  Heroon  oder  gar  Grahperiholos  ab- 
spiele, erklaren  &icli  damit  muhelos.   Vgl.  Nr.  8'2. 

m.  (Inv.  Nr.  51.)  Höhe  'iV",  Breite  6fi;  früher  im  ip^iio- 
^yXoixiiQv,  'E(pr,(itpi;  tii( 'HYifjLovix;  SÄ;jioy  1895  Nr.  S.*!  S.  245,8. 
Das  ganze  Helief  ist  gleichmassig  mit  einer  lierbraunen  Sin- 
terschicht überzogen.  Der  bärtige  Mann  auf  der  KMne  hält 
in  der  aufgestützten  Linken  einen  Skyphos.  mit  der  Itechten 
nimmt  er  eine  Speise  vom  Tisch, an  welcher  die  sich  an  einem 
Tischbein  emporwindende  Schlange  nagt.  Iteehts  daneben  der 
kleine  Mundschenk  vor  dem  xuXijitiov.  Die  verschleierte  Frau 
am  linken  Ende  der  Kline  scheint  in  der  rechten  Hand  einen 


tu  TH.   WIEQAND 

Granalaprel  zu  hallen.  Mintei-  ilir  sieben  zwei  Mädchen;  i)as 
vnnlerstp  Iräjjl  ein  Kastchpii-  Ülmr  der  gunzen  Darslelliin^ 
erhehl.  sich  iiuf  schmalen  Pfeilern  ein  sleiler  GieUel,  der  in 
der  Milte  auf  30"  unLerbrocIien  isl.  In  dein  Zwischenraum 
Nlelien.  ^leiehsam  auf  einem  Speiclier.  in  der  Mille  zwei  ku- 
8lenarlij;e  MfWiel  .  über  dem  llaupl  des  Mannes  ein  Anker, 
ober  der  Frau  zwei  Schuhe  Über  ilein  reciilen  Giebebikrote- 
rion  isl  derPferdekoiif  eingeitwäuijt  Das«  der  Anker  die  see- 
miinniscbe  hegebüru^un^  des  lleruisirleri   amleulel.  wird  wnl 


nicht  zweirelhaft  sein  Auf  anderen  Relier»  wird  dieser  ReruT 
vielleicht  durch  einen  Kahn  aus<;edriickl,  v^l.  Hoschers  Le- 
xikon I  Ö-  2577,  Priederichs- Wollers,  Bausteine  Nr,  1057. 
dagegen  allerdings  Useiier ,  Religionegescbicbtlicbe  L'nler- 
suchunf{cn  IM,  Die  Sintllulhsagen.  S,  2171'  Symbolisch  (vgl. 
dnrl  S.  225)  kann  der  Anker  hier  aber  docli  nicht  sein. 

67.  {Inv.  .\i.  i3.)  Höbe  5'.",  llreilefiS.  Gefunden  bei  Ti- 
j^ani  an  der  GIvphada  (2tät(,t«TiiS7i;,  i;at|iistxx-  S.  20fi.  280), 
späler  im  dip^iio^uXaicdov  aulbcwalirt,  'EfTiuspi;  ttj;  'Hyt[jiDvi«( 
Sipiou  1895  Nr.  55  S.  2'i.j,  5.  Oben  mehrere  Giiaskanäle. 
ningsuiiiein  eintacber  Itand.unlen  breiler.  Aul' der  Künezwei 
nach  links  gelagerte  Manner,  vun  denen  der  erste  einen  Kan- 
iharos  mit  beiden  Händen  ball,  der  andere  einen  Skyplios  in  der 


ANTIKE   3C0LPTUHEI 


18.^ 


Linken.  Die  rechte  Hand  legi  er  auf  die  Schulter  einer  auf 
Hem  linken  Ende  der  Kline  sitzenden,  ihm  zugekehrten  ver- 
schleierten Frau.  Hinter  dieser  ein  Müdclien  mit  Küstchen 
nach  rechts.  Vor  der  Kirne  steht  ein  lierfüssiger  Spcisetisith.an 
ilessen  raclitem  Fuss  sich  die  Suhhmge  empoi'windet.  Ein 
reclits  stehender  kleiner  Mundschenk  mit  kurzem  Chiton  reiuht 
ihr  mit  der  Hechten  die  Scliale  dar.wührend  er  in  der  Linken 
einen  Krug  hält  Links  ohen  der  Plerdekopf  Sehr  haniiwerka- 
mässige,  liellenistische  .\rlieit  Unter  der  Darstellung,  etwiis 
nach  rechts  gerückt,  so  duss  sie  unter  den  lieiden  Männern 
stellt,  die  Inschrirt: 

A-n|iTiTpio;  "AySp5f/.*;(ou  ■npw[(] 


Pliolograpliie  des  Instituts.  Samos  Nr.  37. 

68.  (Inv  Nr.  69.1  IIöIh!  39"".  lireite  50.  Ohen  zwei  Kin- 
aiheitungen-  Zwei  hurtige  Männer  liegen  nach  links  auf  der 
Kline;  ihnen  zugekehrt  sitzt  an  jedem  Ende  der  Kline  eine 
verschleierte  Frau.  In  der  Mitte  ein  tiei-füssiger  Speisetisch. 
Am  linken  Ende  des  RelieFs  steht  der  kleine  Mundschenk  nach 
rechts,  am  andern  Ende  ein  Mädchen  nach  links.  Oben  rechts 
im  Hildfeide  der  Pterdekopl'.  Schlechte  Arbeit.  Photographie 
des  Instituts.  Samtis  Nr.  .'i9. 

69  {  Inv.  Nr.  19.)  Höhe  .""»?, ,V-,  Breite  66.  Cefunden  ver- 
mutlich am  Iteraiiin,  vgl.  ohen  S.  IH,  1.  Das  Iteliet'  n'ar. 
wie  die  roiien  Seitenllächen  zeigen,  zum  Einlassen  in  eine 
Mauer  bestimmt  Siiiiimtliche  Küpfe  und  viele  Einzelheiten 
fehlen.  Gelagerter  Mann  nach  links,  den  Kantharos  in  bei- 
den Händen,  daneben  rechts  der  Mundschenk,  dessen  Gestalt 
bis  auf  das  rechti'  Bein  und  die  rechte  Ihind  mit  der  Kanne 
ebenso  zerstört  ist  wie  der  Speisetisch.  Links  folgen  zwei 
Frauen,  die  eine  auf  einem  gewöhnlichen  Sessel,  die  unilere 
auf  einem  thronartigen  Lehnsessel  sitzend,  dreiviertel  nach 
rechts  gewendet .  endlich  links  ein  stehendes  Mlidchen  mit 
einem  Korb.  Links  am  Hände,  im  Hintergrund, der  Baum  mit 
der  Schlange,  dann,  hinlerden  Frauen  ein  ausgespanntes  Tuch. 


186  TH.   WIEGASD 

Über  dem  Mann  ein  grosser  Rundscliild.  Gewöhnlinlie  Apbeil. 
Photographie  des  Inslituls,  S^mo.s  Nr.  40. 


10.  (Inv.  Nr.  '.0.)  Hohe  il"".  Breit«  55.  Fleckige  Palina. 
teilweißer  Kalküherzug.  Ohne  ai'chileklonische  Umrahmung. 
Bärliger  Mann  nach  links  auf  der  Kline,  einen  grossen  Kan- 
iharoH  haltend,  davor  ein  löwenlussiger  Speisetisch  und  ein 
empor  witternder  Hund  mit  Halsband.  Link»  daneben  ein  ganz 
ahnlicher  Tisch,  neben  dem  ein  liefer  Korb  oder  Skyptios  auf 
dem  Boden  steht.  Hinter  dem  Tisch,  auf  dem  ausser  zwei  um- 
gekehrten Schalen  eine  weite  Schüssel  stellt, leert  ein  bekleide- 
lerMundschenk  eine  Spitzampliora  in  die  letzlere  aus, wahrend 
ein  zweiter  nackter  Oinochoos,  in  der  Vorderansicht  stehend, 
mit  einem  kleinen  Gelaas  ein  in  seinem  linken  Arm  ruhendes 
Hörn  füllt.  Über  den  beiden  Sclienken  erscheint  in  fenslerar- 
tiger  Umrahmung  der  Pferdekopf  nach  reelils.  Hinter  dem  Ge- 
lagerlen  ein  ausgespanntes  Tuch-  Hellenistische  Zeil.  Photo- 
graphie des  Instituts,  Samus  Nr.  ''i  I . 

71.  (Inv.  Nr.  73.)  Höhe  4?"",  Breite  32.  Links  abgearbei 
tet.  Auf  der  Kline  ein  gelagerter  Mann,  in  der  Linken  eioe 


ANTJKB  SCtuPTUBEN   IN  B 


Scliale  ballend,  ihm  zugekelirl,  uuf  einem  Stuhl  sitzend,  eine 


klei 


verschleierte  Frau,  die  in  der  rechten  llanil  ein 
nicht  näher  erkennbaren  Gegenstund  hüb.  Vor  der 
lierrüssiger  S|)eiseliscb,  danchen  rechts  ein  kurz  g« 
Mundschenk    von  vorne,  nben   im  Pelde  eine  sich 
Schlange.  Sehr  rohe.   s|)äle  Arbeil.    I'hotogrupliie 
tulH,  Sanios  Nr.   1?, 

7?.  {Inv.  Nr.  Ö?.)  Höhe  'iS",  Hreite  38.  Die  Um 
und  die  Köpfe  sind  zerstört.  .\uf  der  Kiine  ein  gelagerter  Mm 
nach  links,  vor  ihm  ein  Speiseliscb.  ant  unleren  Fnde  der 
Klineeine  verschleierte  Frau, dahinter  links  der  Hest  einer  klei- 
neren Figur  (Mädchen?).  Es  fehlt  in  der  Darstellung  sowol  die 


limung 


uhlic 


!  Schlai 


als  der  Pferdekopf;   letzterer  isl  vielleicht 
;en.  Schlechte  Arbeit.   PhoLograplii 


ilange  als 
links  verloren  gegi 
Instituts,  Samos  Nr. 

73.  (Inv.  Nr  76.)  Höbe  ■29™,  IJreile  42.  An  den  lländern 
beschiidigt.  Bärtiger  Mann  nach  links  auf  der  Kline,  mit  der 
hechten  ein  Trinkborn  hoch  emporhebend,  in  der  Linken  eine 
Scliale.  Auf  dem  unteren  lilnde  der  Kline  sitzt  eine  ihm  zu- 
gekehrte verscbleicile  Frau,  dahinter  sLeliL  ein  lang  bekleide- 
tes Mädchen,  in  der  Linken  ein  Küstchen  tragend.  Der  Spei- 
setisch  vor  der  Kline  ist  grüsslenteils  zerstört;  daneben  der 
Mundschenk.  Links  oben  die  Sclilange,  rechts  oben  der  Pl'er- 
dekopf.  Späte,  fliichlige  Arbeil,  Photographie  des  Instituts. 
Samos  Nr.  Vi. 

Tl.  (luv.  Nr.  lOi  )  Fragment  von  roher  Arbeit.  Man  er- 
kennt noch  das  obere  I^^nde  einer  Kline  und  einen  tierfussigen 
Speiseliscb.  Nach  links  sitzt  auf  einem  Stuhl  eine  Frau,  liin- 
ler  ihr  steht  der  Mundschenk  in  kurzem  Chiton  in  Vorderan- 
sicht. Photographie  des  Instituts,  Samos  Nr.  'iß. 

75.  (Inv.  Nr-  7t»,  80  und  81.)  Drei  Fragmente,  zusammen 
33'"  hoch,  41  breit.  Unten  ein  Finlasszapfcn.  Die  Darstellung 
war  seitlicli  von  Pleilern  um!  oben  von  einem  .\rcliitrav.  über 
dem  man  die  .\ndeutiing  von  Dachziegeln  erkennt, umschlossen 
Rechts  ein  bärtiger  Mann  auf  der  Kline,  in  der  aufgestützten 
Linken  eine  Schale,  in  der  erliobenen  Kechten  ein  Tiinkborn 


188  TH.   WIEGAND 

haltend.  Ilim  zugekehrt,  aufder  Kline  sit/.end,  eine  Frau,  die 
einen  viereckigen  Gegenstand  emporhält.  Zu  ihren  Füssen  liegt 
ein  Kind.  Hinter  der  Frau  links  die  stark  verwitterte  Gestalt 
des  Mundschenken  nehen  dem  Schenktisch  und  am  linken 
Ende  des  Reliefs  eine  weibliche  Gestalt  in  Vorderansieht,  mit 
der  Rechten  eine  Truhe  auf  dem  Kopfe  haltend.  Photogra- 
phie des  Instituts,  Sanios  Nr.  45. 

76  (Inv.  Nr.  31.)  Fragment;  Höhe  22^",  »reite  33,  links 
Rruch.  Aufder  Kline  nach  links  gelagerter  iMann  mit  Kan- 
tharos  in  der  Linken,  davor  ein  Speisetisch  der  viereckigen, 
auf  attischen  Vasen  üblichen  Form.  Der  Mann  wendet  sich  zu 
einer  hinter  ihm  auf  einem  niedrigen  hadiron  sitzenden  Frau. 
Gewöhnliche,  späte  Arbeit. 

77.  (Inv.  Nr.  48.)  Rechtes  linde  eines  Totenmahls.  Höhe 
36"",  Breite  31.  Alle  Köpfe  fehlen.  Links  Oberkörper  eines 
gelagerten  Mannes,  davor  ein  löwenfüssiger  Speisetisuh.  Rechts 
davon  eine  verschleierte  Frau  in  der  Vorderansicht, sowie,  am 
rechten  Rande  des  Reliefs,  ein  kurz  gekleideter  Mundschenk 
mit  Schenktisch  wie  auf  Nr.  56,  zu  seinen  Füssen  ein  knie- 
hoher Skyphos.  Über  dem  Kopf  des  Knaben  der  Mauerrand. 
Spät  hellenistisch.  Photographie  des  Instituts,  Samos  Nr.  4G. 

78.  (Inv.  Nr.  29.)  Linkes  Ende  eines  Totenmahls.  Höhe 
35"".  Rreite  18.  Oben  und  rechts  Rruch  Rest  einer  nach  links 
sitzenden  Frau  im  Schleier  und  eines  lang  bekleideten  Mäd- 
chens, über  dessen  Kopf  der  Mauerrand  sichtbar  wird. 

79  (Inv.  Nr.  105.)  Höhe  29"",  Breite  27,5.  Linke  obere 
Ecke  einer  Totenmahldarstellung  aus  guter  Zeit.  Links  ein 
Pfeiler  und  Rest  eines  Architravs  mit  Gesims.  Oberkörper  ei- 
ner nach  rechts  gewendeten  verschleierten  Frau,hinter  ihr  links 
ein  Mädchen  in  ärmellosem  Gewand  mit  schmalem  Brustgurt, 
in  der  Linken  einen  herzblattlörmigen  Fächer  tragend.  Beide 
Köpfe  zerstört.  Über  den  beiden  Frauen  ein  vvolgebildeter 
Pferdekopf  in  einem  rechts  von  einem  kleinen  Pfeiler  begienz- 
len  Fenster.  Photographie  des  Instituts,  Samos  Nr.   'j3. 

80.  (Inv.  Nr.  \1 .)  Höhe  21,5^"",  Breite  20.  Fragment,  oben 
und  an  den  Seiten  gebrochen.  Kurz  gekleideter  Mundschenk, 


ANTIKE   SCULPTUREN   IN  SAMOS  189 

der  einer  vom  Boden  aufsteigenden  Schlange  eine  Schale  reicht. 
Kopf,  rechter  Unterarm  und  Füsse  des  Knaben  fehlen. 

81.  (Inv.  Nr.  65.)  Fragment;  Höhe  28^",  Breite  16.  Rechtes 
oberes  Fnde  eines  Totenmahls.  Erhalten  ist  das  obere  Pfeiler- 
ende, die  Giebelecke  mit  Akroterion  und  der  Pferdekopf  nach 
links. 

82.  (Inv.  Nr.  142.)  Höhe  29*='",  Breite  26.  Rechte  untere 
Ecke  einer  Totenmahldarstellung;  sehr  verrieben.  Links  ein 
Stück  der  Kline  und  der  Oberkörper  des  gelagerten  Mannes 
mit  Schale  in  der  Linken.  Vor  ihm  der  Speisetisch  ,  rechts 
der  Mundschenk;  neben  diesem  (vor  dem  Pfeiler  der  Umrah- 
mung) der  Schenktisch  mit  unerkennbaren  Gefässen,  dahinter 
eine  grosse  Amphora.  Hinler  dem  Schenken  ein  Thorbau; vgl. 
Nr.  65.  Photographie  des  Inslituts,  Samos  Nr.  47.  [Fredrich]. 

83.  (Inv.  Nr.  138.)  Höhe  22'-,  Breite  45.  Fragment  eines 
Reliefs,  vielleicht  eines  Totenmahls.  Über  einer  8,5'^'"  breiten 
Leiste  der  Unterkörper  einer  langbekleideten, nach  rechts  sitzen- 
den Frau  ungefähr  von  den  Knieen  ab;  der  rechte  Fuss  ruht 
auf  einem  Schemel.  Vor  ihr  Rest  der  Kline?  In  einiger  Ent- 
fernung hinter  ihr  der  linke  Fuss  einer  knieenden  (weib- 
lichen?) Person;  zwischen  beiden  das  untere  Ende  eines  aus- 
gespannten Tuches  Photographie  des  Instituts,  5öWf>Ä  Nr.  18. 
[Fredrich]. 

84.  (Inv.  Nr.  70.)  Höhe  36^",  Breite  44.  An  den  Seiten  die 
Pfeiler;  der  Architrav  fehlt.  Links  auf  einer  Kline  zwei  Män- 
ner mit  Schalen  in  der  Linken,  vor  ihnen  der  Speisetisch. 
Am  unteren  Ende  der  Kline  sitzt  nach  rechts  die  Frau.  Hin- 
ter ihr  eine  Dienerin,  über  dieser  in  der  linken  oberen  Ecke  der 
Pferdekopf.  Schlechte, sehr  zerfressene  Darstellung. [Fredrich]. 

85.  (Inv.  Nr.  137.)  Höhe  37^-\  Breite  36.  Bruchstück  ei- 
nes  sehr  hohen  Reliefs  (bis  zu  6,5"").  nur  unten  der  Rand  er- 
halten, die  Köpfe  fehlen. Rechts  eine  nach  rechts  sitzende  Frau, 
hinter  ihr  eine  kleine  Dienerin  mit  Kästchen, dann  eine  grosse 
Amphora;  auf  diese  schreitet  von  links  der  Oinochoos  zu  mit 
einer  Schale  in  der  Linken.  Hellenistisch.  Photographie  des 
Instituts,  Samos  Nr.  47. 


190  TH.   WIBGAND 

86  (Ohne  Inventarnumraep.)  Höhe  2I**,  Breite  15.  Rechte 
untere  Ecke.  Neben  dem  Pfeiler  der  Mundschenk  mit  vor  dem 
Leibe  gekreuzten  Händen.  Vor  ihm  der  rechte  vordere  Puss 
der  Kline. 

87.  (Inv.  xNr.  135.)  Höhe  41«  Breite  31.  Gefunden  1862 
auf  dem  Acker  des  F.  Ka>v9TavTol;  am  Abhang  der  Astypalaia, 
vgl.  E.  KpiQTtxCSY);,  'Ap}^a7oi  vaoi  t9i;  Sdcaou  S.  45,  dann  in  My- 
tilini  beim  Besitzer  (Fabricius).  'EfY)|Acp(<  tyI;  'Hysiiovia; 2)a[iou 
1897  Nr.  144  S.  656.  291.  Gewöhnliche  Einrahmung  durch 
Pfeiler  und  Architrav.  Zwei  bärtige  Männer  auf  der  Kline, 
der  erste  mit  Skyphos  in  der  Linken,  der  zweite  mit  Kantha- 
roR  in  beiden  Händen,  vor  ihnen  der  Speiseti3ch,  von  dem  der 
erste  mit  der  Rechten  einen  Kuchen  nimmt.  Von  links  win- 
det sich  die  Schlange  zum  Tisch  empor.  Neben  ihr  der  Mund- 
schenk mit  Kanne  in  der  Rechten.  Auf  dem  Architrav  die  In- 
schrift : 

Eu|AavY);  Ni:vva  Yipo);  yjsilfi. 

Auf  der  unteren  Leiste  die  spätere  Inschrift: 

Rohe,   römische  Arbeit.   Photographie  des  ln«lituts,   Samos 
Nr.  48.  [Fredrich]. 


*NTIKB  Si;  ULKT  ÜBEN    IN  &AMoa  191 

VI.    Gpjibreliefs. 

_J.  (Inv.  Nr.  62.)  Gefunden  1873  in  Tigani. spater  bei  Diony- 
sios  Luimark  in  Vaüiy  (  Fabricius  )-  Höhe  47",  Breite  33.  Auf 
einem  Felsen  sitzt  nach  links  ein  nackter  trauernder  Jünf{- 
iing-  Der  gpsenkte  linke  Unterarm  ist  in  die  Fallen  eines  kur- 
zen Mantels  geliüllt.  der  auch  den  Rücken  bedeckt.   Das  von 


zwei  sebmalen  Pfeilern  eingefasste  Itild  wird  von  einem  roll 
überarbeiteten  Giebfl  gekrönt,  über  dessen  borizontale  Glie- 
der sieb  die  später  eingegrabene  Insebrift  ziebt : 

'ApTipLIdiaC     OÜfl[tQtJ 

OÜpiQi;  'ApTifii[a£ou 
X_aipiT(. 

Eine  allere,  jetzt  ausgemeisselle,  Inschrift  stand  zu  Füssen 
der  Darstellung  ;  diese  gleicht  jener  des  bekannten  Grabsteins 
des  unglücklichen  Seefahrers  Demokleides  in  Athen  (Kavva- 
dias,  n-JST«  Nr.  7ü2.  Conze.   Grabreliefs  11  Nr.  673),  der 


19^  TH.   WIEßAND 

traurig  auf  dem  SchifTsvordertejt  sitzend  darj^eBtellt  ist,  in 
einer  Hallung,  die  man  mit  Reclil  mit  der  am  Grabe  trauern- 
der Gestalten  verglichen  hat  ( Furtwängler,  Sammlung  Sa- 
bourofr  I  Tar.  15.  Beschreibung  der  Skulpturen  in  Berlin  Nr. 
498;  hierzu  kommt  die  Figur  in  Athen, Kavvadias,  PlunTäNr. 
752).  Eine  ähnliche  Gestalt  findet  sich  auf  einer  Schmalseite 
des  Sarkophags  mit  den  Klagefrauen,  am  Deckel,  Jahrbuch 
IX.  1894.  S.  234  Fig.  7  (SLudniczka).vgl.  auch  Ü.llamdy-bey 
und  Tb.  Rcinach,  Une  necropole  Royale  ä  Sidon,  Text 
S.  244  f.).  Noch  genauer  stimmt  die  ganze  Klasse  jener  Grabre- 
liefs,welche  man  als  die  von  Schiffbrüchigen  anzusehen  pflegt, 
während  Usener  (Religionsgescliichtliche  Untersuchungen  III. 
Die  Sintfluthsagen,  S.  217)  sie  aus  der  Vorstellung  vom  leu- 
kadiscben  Felsen  erklären  möchte;  vgl.  die  von  Usener  vervoll 
sländigle  Aufzählung  von  Michaelis.  Arcli,  Zeitung  XXIX, 
1871.  S.  142f.'  Photographie  des  Instituts.  Samos  Nr.  49. 
89.  {Inv.  Nr.  34.)  Höhe  61,5'",  Breite  33.  Oben  roh  ge- 
pickt, unten  Bruch.  Das  Bildfeld 
nimmt  die  obere  Hälfte  des  Steines 
ein,  auf  der  unteren  steht  die  In- 
schrift. Zwei  lang  bekleideteFrauen, 
von  donen  die  linke  verschleiert  ist. 
die  rechte  einen  liorzblatlförmigen 
Fächer  trägt,  reichen  sich  die  Hand. 
Zwei  Pfeiler  füllen  rechts  und  links 
den  Hintergrund,  der  eine  tlach  und 
breiL,  der  andere  schmaler  und  er- 
habener. Darunter : 
&      "_  "^'^'■' ^    --1  'ApwTiov  'PoSöxiiix 

%[..  '     '  ^'■.-.  '■'    ■=>.  ■  i  nioiarpoiTOi;  (so)  ZmU 

|i_";,i^i-^.-^rJ^^iP^ai'  'AvSpO[xtv7i(  ■ApTi}*i<Tio[i;] 

dcuSä^  'AvTioyi( 
vipuK  X"'P'"f'- 
Gefunden  bei  Tigani,  B.C.H.  188t  S.  49Ü  (P.  Girard),  spä- 
ter im  äpj^iiofuXaxiiov,  'EipTi^iipli;  -riJ! 'Hytjxovias  Sotfiou  1895  Nr. 
55  S.  246,  26. 


ITTCATOE  Zflir 

'-r.yPIX'-XXAlVE.rfr 


193 


S  S*MOS 

il»  38.  Gel'unden  bni  Ti- 
lotijiiaitä'  S.  ?Ü0},  dann 


90.  (Inv.Nr.  100.)  llijlip  37"".  Br 
gani  an  der  Glyplinda  (^i^TocuaTtiiS'n;, 
in  \'nlliy  in  der  Wand  reclila  vnm  Kingan^  in  das  ip^^do^uJa- 
Kiio'*  ein}jemauept  (Kabriciiis). später  im  fürslliclien  Garten  auf- 
bewahrt ('EipY)(«pU  T^(  "HYifiiviac  SAfxQ-j  1896  Nr.  81  S.  398). 


Händerzieinlicli  rob  beaibeilel;  unlen  eine  l.,eisLe.  Siebender 
Knabe  im  Mantel  von  vorn,  an  dem  reelils  ein  Hündchen  eni- 
pnrspringt.  Links,  ibm  zu^ekebit.  ein  Sklave  in  kurzem  Rock, 
die  Münde  über  einander  lei'eml.  Links  oben  die  InscbriTt ' 


LwitaTpoi;  t 


(öou  Yipu;  /aipi, 


wol  eine  späte  Zutliat,  denn  die  seiilicble.  gule  Darstellung 
stimmt  nieht  mit  itii-em  Cbarakter  übepein,  Photoj^raphie  des 
Insliluts.  Somo.i  Nr.  50. 

91.  (luv.  Nr.  99.)  Hübe  .-»5™,  Breite  33:  früher  links  vom 
Einjiangdesip/iio^'jiotmiov  in  dieWand  eiiigehisHen(Fabricius), 
dann  im  fürstlichen  Garten  aufltewabrt.'Eijuiijitptc  tvJ!  'HyejAo^ioLj 
Sifto,.  1896  Nr.  81  S.  398.  Stele,  deren  Giebelmitto  mit  einem 
Hundscliild  geziert  hl.  Im  6"°  tiefen  Bildfelde  stellt  eine  lang 
bekleidete  Trau  in  iManlel  und  Schleier  in  Voi'deransiebl,  den 
linken  Unterarm  zum  (jetzt  abgesplitterten)  Gesiebt  erhoben;  die 

ATHEN.    MITLHEIIUNOEN    XXV.  13 


Itpctite  ruill  auf  Ji>i-  linken  »iilie,  /ai  jeiter  Seite  stellt  ein  Inn^ 
IjclileidetesKind;  das  /.iir  Ueclilfii  liiill  ein  Kastelien.das  andere 
erhebt  die  Heelile  zum  Kinn  und 
legt  die  Linke  aul' die  Üruat.  Im 
Ilinterjji'und  eine  von  zwei  Pfei- 
lern eiiiyeiiilnnleNiHclie, aul' deren 
olteretn  Itande  linkt)  eine  'l'rnlie 
^li-ltl,  dann  ein  Kasten,  auf  dem 
lin  liej'zrörmijter  Fächer  Iiej(l , 
«eiler  lerlils  ein  Krup, snw ie  ein 
Kiirl).  Anf  dem  Airhilruv  sieht: 
Ali^ivSaa  EIubSio'^,  Späthelleni- 
slisvli  PliDlu^rajdiie  des  Insti- 
luts,  Saums  Nr    51 

92.ilnv.Nr-45,)Gefundeiiaut 
dem  i(.Ti^[j;»KouxxoOXio(v{;l  Nr.43l. 
Iliilie  H-1":  Breite  49-  Durcli  die 
Milte  <:elit  ein  Hrneli.  Das  Itild- 
l'eld  ist  seilliclt  einjresühlo»sen  \nn 
zwei  'i.'}""  hi-eilen  Preilei'n,die  einen  mit  einem  Rundsehild  ge- 
sclimiickled  Giebel  [ra<^cn.  Unten  die  Inschrift,  darunter  ein 
Abiaurprotll.das  auch  Hufdie  Schmalseiten  des  Steines  iiber- 
greifl.  Aid' der  Unterfläche  ein  abgebrochener  Zapfen.  Stehen- 
der bärtiger  Mann  im  Untergewand  und  Mantel,  von  vorn 
Die  Hechte  reicht  er  einer  links  sitzenden  sehr  viel  kleiner 
gebildeten  Frau. welche  sie  mit  beiden  Händen  umfasst.  Zwi- 
schen beiden  hebt  ein  kleines  Mädchen  einen  gefiditen  Korb 
empor.  Auf  der  anderen  Seile  des  Mannes  ein  Knabe  im  kur- 
zen Gewand  mit  Mantel.  In  Scliultertiöhe  des  Mannes  ein  lio- 
rizonlaler  Mauerrand,  davor  ein  Uaum  mit  Schlange.  Oben 
links  ein  viereckiger  Kasten,  rechts  ein  Pferdekopf.  Inschrift: 


ANTIKE   SCULPTUHEN    IN  HAMOS  195 

93.  (Inv.  Nr.  30.)  Hülie  73"",  Bi-eile  32,5.  Oben  Giebel- 
krÖDung.  «.  T.  gebrochen,  unten  Ablauf  und  Vei-saU-Zajjlen. 
Hölie  des  Bildfeldes  27,5'".  Breite  24.5.  Links  ein  ateliemler 


Mann,  im  Mantel,  von  vorne ,  rechts  daneben  ein  kleiner 
Skluve, ebenfalls  in  der  Vorderansicht,  in  kurzem  Chiton.  In- 
schrift : 

Myivö^iXo;  "ApioTOu  -liptu^  ^pviOTt  x*'p'- 

Spätbellenisliscli.  Gefunden  bei  Tigani  in  der  Nahe  des  lle- 
1-aions.  vgl.  'ETctTiipii  lS7(j  S.  163.  S-rxft.a.-ziiim.  Sa^Ltaxa-S. 
"JOT.  Dann  in  der  Hütle  des  Photioit  Katzidakis  von  Myti- 
lini,  westlich  vom  Kastni  des  Logotlielfn  (Fabricius). 


94.  (Inv,  Nr.  7'i,)  Früher  in  Vatliy  bei  DionysJos  Luimark 
(Fabricius).  Ilnhe  38™.  Ri-eite  :i(l.r..  Oben  j;ebrochen.  Die 
Darslpllung  ist  eingerahmt 
Min  z\\pi  ri"°  breiten  Prei- 
b'in.  Sitzende  verschleierte 
Flau  nach  links, davor  ein 
Mädchen  inärmelloacin Ge- 
wand,  in  der  Linken  ein 
Kästchen  lialtend,  dem  dio 
Frau  etwas  entnimmt.  Die 
InschriTt  darunter:  Mtitjiw 

9.^-  (Inv.  Nr.  C  )  Höhe 
.">8'",  Breite  'il.  Grau  ver- 
witterter Marmor;  frübei 
im  ap^iiQfitXotxBtov  aufbe 
wahrt,  EfünjAfpU  tu; 'Hj-(y.ovia(  Eiuiou  1890  Nr.  ."iri  S.  ■J'iG.S'i 
Die  Dnrsteltung  ist  3'i 
hoch,  -Jfi.r»  breit.  Den  obe- 
ren Abschluss  hihlet  ein 
einfaclies  K^ma  mit  Abu- 
CU8  darüber.  AuT  der  obe- 
ren Randfläche  drei  kleine, 
viereckige  LüchermilGuss- 
kanülen.  Unten  Hest  eines 
ZapfenH.  Der  anscheinend 
hartioae  IMann  stülKt  ilen 
linken  Arm  auf  den  Arm- 
zapron  einer  härtigen,  auf 
niedrigem  Po-slamenl  ste- 
henden Herme.  Der  link« 
Unterarm  isterhohen,  die 
Linke  hielt  einen  jetzt  ab- 
gesplillerlen  Gegenstand;  vielleicht  sollte  die  Herme  bekrünzt 
werden,  Mit  der  Itechten  liebkost  der  Mann  einen  von  links  an- 
springenden Hund.  Links  daneben  steht  ein  Knabe  in  kurzem 


ANTIKE   aCOLPTllilEN 


Gewand  bei  einem  Baum,  von  dem  sich  eine  Sciilange  dem 
Iteroisirlen  ziiwinJet.  Welchen  Goll  die  Herme  darateilte,  ist 
nicht  meiir  zu  erkennen^  in  den  meisten  Falten  waren  es  ja 
lleiüliles  oder  Hermes,  die  zwei  üblichen  Ephebengötler.  Das 
Auflegen  der  Hand  auf  den  Kopf  oder  die  Schulter  der  Herme 
würe  dann  wol  auf  die  paliistritisclie  Tbütigkeit  des  lleroisir- 
len  zu  deuten  (vgl,  Brückner,  Athen.  Millh.  XIII.  1888.  S. 
3«n).  Inschrift: 

AiöSidpo?  6*o/_p»iiTOu 


96    (Inv,   Nr.  7.)  Höhe  67,5"",  Breite  3?.    Früher  im  ip- 

vi«5SiuLoul895Nr.  59  8.968,39- 
Das  Ablaufprofil  am  unleren  Ende 
greift  aucli  auf  die  Sehmalseileii 
über.  An  der  Interfläche  Best 
eines  Zapfens. 

Im  3"°  verlieflen  Bildfeld  steht 
reclits  ein  Jüngling  in  Vorderan- 
sicht, in  kurzärmeligem  Unlerge- 
wand  und  Mantel, und  reicht  einer 
von  links  kouimendi>n  verschleier- 
ten Frau  die  Heclile.  Untei'  der 
Darstellung  steht,  auf  der  linken 
Hälfte  des  -Steins,  die  s|>äte  In- 
schrift 'AvTiox'S  AwSwpou  -»ipiiiivr, 
^aipi  an  der  Stelle  einer  älteren, 
von  der  ich  nur  noch  x*]'P'  '♦'S'"" 
konnte. 

97.  (Inv.  Nr.  :i->.)  Hohe  H'-i'". 
Breile^:!.5,DiisBild  ii^t  nor  ilüch 

tig  ungelegt.  .Man  erkennt  rechts  einen  .lungling.di'r  einer  von 
links   auf  ihn  zitscljreilenden  verschleierten  Krau  die  Hechle 


köpf,  eine  Schlange  und  ein  Kästchen  erkennt  Die  (luchlig 
eingekratzte  Inschrift  konnte  nnr  bei  ungünstiger  Beleuchtung 
gelesen  werden.  Kredricli  las  so: 

NeiKOAAOCHPWCXPHCT 

OCXAIPEePMIONHHPOC(l?|NH 

INHKAPniAh4ieXAIP€eP 

MIONH 

98.  (Inv.  Nr.  28.)  Höhe  77,5™,  Breite  49.  Sehr  verwittert; 

Köpfe  zerstört    Hechla  und  links  Ansciilussfläche  zum  lilinsatz 

in  eine  Miiiier     Höhe  iles  Bildfeldes   'M"°,    Breite   ;i".'.   In  der 

Mille  siUl  eine   verschteierle   Frau    auf  einem    tlironartigen 


ANTIKE   SGULPTURBN  IN  SAM08  i99 

Lehnstuhl,  halb  nach  rechts  gewendet.  Ihr  zugekehrt  rechts 
ein  iMädchen  in  ärmellosem  Chiton, den  rechten  Unterschenkel 
iU)er  den  linken  geschlagen,  die  linke  Hand  in  die  Hüfte  ge- 
stolzt,  mit  der  rechten  einen  herzblattförmigen  Fächer  hoch 
emporhaltend.  Links  von  der  Frau  ein  zweites  Mädchen  mit 
einem  Korb.  In  Kbpfhöhe  der  Frau,  im  Hintergrund,  ein  ho- 
rizontaler Mauerrand,  von  dem  sich  rechts  die  Schlange  her- 
abwindet; daneben  ein  Kalathos.  Späthellenistisch. 

99.  (Inv.  Nr.  97.)  'E9y)(X6pU  tyS;  'Hyiaovia;  Saaou  1896  Nr. 
81  S.  398,  168.  Höhe  37^".  Breite  30.  Die  linke  Seite  ist  sehr 
bestossen, vielleicht  gebrochen.  Unten  eine  Leiste  mit  Inschrift, 
sonst  kein  Rand.  Über  den  Köpfen  ist  der  Reliefgrund  nicht 
ganz  fertig  geglättet.  Eine  verschleierte  Frau  sitzt  auf  einem 
Stuhl  ohne  Lehne  nach  rechts,  die  Rechte  auf  den  Stuhl  ge- 
stützt, mit  der  Linken  einen  Vogel  auf  dem  Schoss  haltend, 
etwa  eine  Ente.  Hinler  ihr  ein  Mädchen  in  Vorderansicht, 
mit  beiden  Händen  einen  flachen  Korb  erfassend.  Vor  ihr  ein 
Knabe  im  Chiton  und  Mantel,  der  mit  der  Rechten  ein  auf- 
springendes Hündchen  füttert.  Zwischen  dem  Knaben  und  der 
Frau  steht  der  Baum  mit  Schlange.  Die  Inschrift,  z.  1\  zer- 
stört, lautet: 

SKYOAINI^...  ^AI(|>PnNAHMHTPIOY 
Da  in  der  Mitte  nur  3-4  Buchstaben  fehlen  ist  etwa  zu  lesen: 

100.  ( Inv.  Nr.  66.)  Höhe  49^",  Breite  44.  Unten  und  rechts 
gebrochen,  oben  ein  Profil,  darin  zwei  Löcher.  Der  Heroisirte, 
ein  jugendlicher  bartloser  Mann,  mit  Chiton  und  Mantel  be- 
kleidet, steht  in  Vorderansicht.  Rechts  von  ihm  eine  jugend- 
lich gebildete  Herme. zu  deren  Füssen  eine  sehr  viel  kleinere, 
verschleierte  Frau  sitzt.  Ihre  Gestalt  ist  stark  zerstört  L'nks 
vom  Heroisirten  blickt  ein  kleiner  Diener  zu  ihm  auf,  von 
dem  nur  der  Oberkörper  vorhanden  ist.   Im  Hintergrund  ge- 


wahrt  man  auf  einer  niedrigen  Mauer  die  Schlange  und  den 
PFerdekopf,  dessen  Hals  fehlt. 

101.  (Inv.  Nr.  42.)  Höhe  39-,  Breite  63.  Oben  und  rechts 
gehrochen,  eämintliche  Kopie  zerstört.  Das  Relief  war  zum 
Einsetzen  in  eine  Mauer  hestimmt.  Die  Darstellung  ist  von 
einem  etwa  Ö'*  breiten  Rande  umrahmt.  Links  sitzt  eine  ver- 
hüllte Fran  nach  rechts,  ihr  zugekehrt  eine  zweite  in  ärmel- 
losem Chiton  mit  hochgefülllem  flachem  Korb,  dahinter  rechts 
ein  Baum  mit  Schlange.  Rohe  Arbeit  später  Xeit. 

102.  (Inv.  Nr.  14.)  Oberteil  eines  trauernden  Genius  der 
bekannten,  auf  römischen  Gräbern  sooft  verwendeten  Art ; 
vgl.  z.B.  S.  Reinach,  Repertoire  de  la  statuaire  I,  358.  5. 


360,2.  II,  489,  6  ff.  Gefunden  in  Tigani,  'E^r.tKpi;  tru'^^t- 
fiovi«;  25tf*o«  1895  Nr.  37  S.  1.53,  3.  Höhe  18™.  Am  Hucken 
Reste  von  Flugein.  Der  Slah,  auf  dem  die  Rechte  ruht,  wird 
gevviss  einer  Fackel  angehören.  Photographie  des  Instituts, 
Samos  Nr.  52. 

103.  (Inv.  Nr.  I  17.)  Grabstein  aus  weisseui  Marmor.  Höhe 
37"".  lireite  22,  Dicke  5.  GeUindeii  in  Vatliy,  vermutlich  ver- 
sclile|>|it.   vgl.    'K^njxipii  r^?  'H-ctuLovioii  ^k^w  1897   Nr.  14Ö 


ANTIKE   Sr.L'LPTtJBEN    IN  SASIOS 


S.  660,  16.  Fi-iilier  bei  Aristotelis  Stamaliadis  (vgl  seine  Ix- 
ti '  S  jj.«',  56).  Unten  und  links  oIipo  gebroülien  In 
flachen)  fliicliligem  RelieT  sind  Sei- 
tenpleiler  mit  einem  bekrönenden 
Giebel  angej^elien  .  in  diesem  eine 
Schule.  In  dem  Itildfeldt;  oben  die 
Uüste  eines  Junj^eti  Mannes,  darunter 


ZfJL\lflV*l0(. 


Photographie  des   Instituts ,    Santos 
Nr.  53 

104.  (Inv.    Nr.  57.1    Höhe    '.3'-. 

Breite  28.  Oberer  und  rechter  seitlicher  Ranil  z,  T.  zerstört 

Dargestellt  war  die  Porlrülbüstc  der  PoiixtK'i)  ZuoijjLoij  in  einem 

bis  zum  Halse  reichenden  Unter- 

gewanil  und  Mantel.  Spälrömisch. 

Die  inschriri  ist  M\\p.n.  Mitth.  IX. 

1884,   S.  263   vpröffenllictil.    wo 

als  Fundort  das  Dorf  Pliurni   bei 

Karlovasi  angegeben  wird  ;  später 

im    ip/_«tci9'AatitiiQv  ,     'Hlfr,^tfii    Trii 

'HyifjLovia«  Sifidij  1895   Nr    55   S- 

345,6.    Zu  der  Jahresangahe   vgl. 

Fabricius,  Athen.  .Mitth.  IX.  1884, 

S.  258.   Küstner,    De  aen'x  guae 

ab  imp.  Caes.   Ovtuvtnni  const. 

iiutium  duxerint  S.  34. 

105.  (Ohne  Inventarnummer.) 

Bruchstück  eines  Grabreliets!"  Überall  gebrochen.  Höhe  17"°, 
Breite  38,  Dicke  4,5  OI*eikor|ier  eines  iiuch  rechts  gewand- 
ten IM'erdet)  mit  einem  gepanzerten  Heiler,  dessen  Kopf  fehlt. 
Rühe,  späte  Darstellung.  [Fhedricu]. 


VII.    Decorative  Sculpturen,  Geräle. 

106.  (Ohne  Iiivenlarnuminer.)  Fliissgoll.  Das  Heltef  ist 
auf  lier  SeilenQäclie  einer  alleren  Basis  sa  angebrachl,  dass 
<lei-en  iicsprungliuli  oben  und  uiiLen  attachtiesscnde  Profile 
jelzl  rechls  und  links  an  der  vorderen  und  an  der  oberen 
Fläclie  eraiilieinen.  Höhe  30"",  Breite  81,  Dicke  iJ 3.  Gelager- 
ter bärtiger^ Flussgott  mit  nacktem  Oberkörper.  Der  linke  Arm 
ist  uuf  eine  liegende  L'rne  gestutzt,  aus  der  Wasser  strömt. 
Der  rechte  ruht  auT  dein  emporgezogenen  rechten  Knie  und 


halt  einen  Zwei^.  Gefunden  im  Heraion,  Eine  alinliclie  Dar- 
stellung, die  auf  späteren  Münzen  von  Siimos  nichl  selten  ist, 
wird  wol  mit  Recht  für  Imbrasos  erklärt.  Photographie  des 
Instituts,  Sfimos  Nr.  26.  [Fhedrich]. 

107  (Inv-Nr.  ■',',.)  Tierk  ampf.  Hölip  6"!"°.  Breite  59  Ge- 
runden  hei  den  Ausgrabungen  des  lleraion,  vgl  oben  S,  1  H.l ; 
spüter  im  iaj^uo^njiotKiiov,  'EifTifiipi;  ins  'Hytiiovian  Siftou  189."i 
JS'r.  50  S.  3i6,50  Oben  roh  prolilirtc.  tinks  gebrochene,  rechts 
abge.irbeitete  Platte.  Viui  linkseilt  ein  Mann  in  langen  Hosen 
und  kuiKcmdie  Hüften  breit  umgürtendem  Rock  einem  ansprin- 
getidi'ii  llaulilicrontgegen. beide  Münde  nach  ihm  auasti'eckenü. 
Der  Kopl' sein  ::it  mileineranliegenden  Kappe  bedeckt  zu  sein. 


ANTIKE    SCULPTUBEN    IN    SAMOB  303 

I  Das  rechte  Bein  Telill,    das  Geglclit   isl  zerstört.    Links  hinter 
I  ihm,  in  RuckenliÖlie.    ist  der  Hesl  einer  kleinen  Relieferlie- 
I  .bunj,' sichtbar-  Die  \\'a(Tenloaigkeit  lässl  indem  Dargeslelllen 
t  eher  einen  bestinriii.i  ula  einen  i-enalor  erkennen,  vgl.  Fried- 
länder. Sittengeschichte -11  S.  'i89.  Pauly-Wissowa  III  S.3fiO. 
Olien  im  Keliefgrnnd  :    Melni;.  Späte,  iiusserst  rohe  Darstel- 
lung. [Photographie  des  Instituts,  Snmos  Nr.  54.  Abgeh.  bei 
I  L.  Bürcbner,  Das  ionische  Samos  I,?  Tilellilutt:  er  bezeichnet 
l(S.  48)  ohne  niiliere  Regründung  die  Platte  als  Metope  viim 


Tempel  des  Uion^'sos  Ke^^vü;  und  halt  ilen  bestiarius  Melpis 
für  identisch  mit  dem  in  Libyen  einmal  von  einem  Löwen  an- 
geralleni'ii  Samiei'  lill|iis  (Plinius  n  h.  VIII, 57),  dessen  wahren 
I  Namen  er  in  Melpis  entdeckt  zu  haben  glaubt.  Diese  unhalt- 
l'bare  Mj'potheäe  gebt  auC  E.  Stamutiudis  (lajxigtxoi'  S.  325. 
P  S.  278  zurück). 

108.  (Inv.  Nr.  9H- )  Jagdrelief.  Ilolie  Ö?*-",  liroile  -28. 
f  Rings  Bruch.  Dargestellt  islein  nach  links  eilender  Mann  in 
r  kurzem  Gewund,  [üxomis  und  llalbsliereln,  in  der  Linken  den 


204  TH.   WIEGAN D 

Rest  eines  stabartigen  Gegenstandes,  wo!  den  Jagdspiess,  hal- 
tend; Kopf,  rechter  Unterarm  und  ein  Teil  des  rechten  Fusses 
fehlen.  Von  rechts  eilt  zu  ihm  ein  grosser  Jagdhund,  von 
dem  nur  der  Kopf  und  die  linke  Vorderpfote  erhalten  sind. 
Sehr  rohe,  spätrömische  Arbeit. 

109    110.  (Inv.  Nr    53  und  22.)  Tierfries. 

(Inv.  Nr.  53.)  Höhe  26'",  Breite  35.  Rechts,  oben  und  un- 
ten Schnittfläche, links  Bruch.  Auf  einer  gewöhnlichen  niedri- 
gen Wandquader,  die  einer  Läuferschicht  angehörte,  erkennt 
man  den  nach  links  gewendeten  Kopf  eines  Rehbocks.  Der 
rundliche  Hintergrund  ist  wol  als  der  Hinterleib  eines  voran- 
eilenden Tieres  zu  deuten. 

(Inv.  Nr.  22.)  Gefunden  bei  Ausgrabungen  am  Heraion; 
vgl.  oben  S.  147,1.  Höhe  27*-,  Breite  57,5.  Ebensolche  Wand- 
quader mit  dem  Rest  «ines  nach  links  gerichteten  Löwen, 
der  ein  Rind  zerfleischt.  Nur  die  Köpfe  beider  Tiere  sind 
erhalten. 

Beide  Fragmente  gehören  zu  ein  und  demselben  Tierfries, 
der  sich  in  beträchtlicher  Länge  über  zahlreiche  Quadern  einer 
hellenistischen,  ohne  Mörtel  und  mit  U-(örmigen  Klammern 
(i — »)  errichteten  Wand  hinzog.  Der  rohe  Charakter  des  Frie- 
ses lässt  keinen  Zweifel,  dass  er  erst  spät  auf  dieser  Wand 
angebracht  wurde. 

m.  (Inv.  Nr.  116.)  Fragment  vom  Kopfe  eines  See- 
drachen. Höhe  17'''",  Länge  17,5.  Nur  der  Rachen,  mit  star- 
kem Gebiss  bewehrt,  ist  erhallen.  Vielleicht  von  einer  Brun- 
nendecoraiion,  vgl.  E.  Curlius,  Plastik  der  Hellenen  an  Quel- 
len und  Brunnen  ,  Abhandlungen  der  Berliner  Akademie 
1876  S.  149. 

112.  (Inv.  Nr.  1.)  Hermenlörmige,  sich  nach  unten  leicht 
verjüngende  Marmorslütze  eines  Tisches  oder  dergl  ,mit 
jugendlichem  Dionysoskopf,  Höhe  100,5"". Gefunden  beim  so- 
genannten UoTO>cx)ci,  'E-pyjixepi;  rfi;  *Hy6u.ovia<  Sxkou  1896  Nr. 
71  S.  346,  101,1.  Die  Stütze  steht  auf  einer  besonders  gear- 
beiteten, 28,5"°  breiten,  34  langen,  |)rofilirten  Basis,  die  hin- 
ten  rauh  gelassen  ist     Die  Armbossen    und   das  männliche 


'IIBEN    IN  SAMOS 


Glied  waren  liesonders  eingesetzt.  Oben  eine  viereckige  Dir 


ähnliche    Ti sei i stutze  zeigt 


ti 

w 


«rbeitung 

das  nenenlings  wieder  von 
Szanto  ,  Jahreshefte  I  S. 
yS  Pig,  3y  veriilTenllichte 
Stuckrelief  eines  Grabes 
bei  Cninae. 

113  (Inv.  Nr.  110.) 
Tischbein  mit  Diony 
soskopr.  HölieHO"".'E(pvi- 
\i-tfU  "CTit  "HYS(*.Ovia;  SifAO'j 
IS!I7  Nr.  13:.  S  n'iU.  [H'A. 
Gerunden  nach  Mitteilung 
des  Herrn  L.  Bürchner 
im  Frühjahr  1896.  in  Ti- 
gani  auf  einem  Staats- 
griindslück  im  Norden  des 
Fleckens ,  da  wo  man  an 
derZuleitiingderGenässei' 
der  grossen  Quellen  der 
Ajädes  (die  ehemals  die  Wasserleitung  des  Eupalinos  speisten) 
arbeitete.  Die  an  drei  Seiten  proPilirte,!]  inten  unbearbeitete  Basis 
besieht. ebenso  wie  der  sich  nach  oben  etwas  erbreilernileSelrnft 
der  Hermo  aus  tleiscl)- 
f'arbigem  Marmor  .der  mit 
Saure  neuerdings  gereinigt 
worden  ist,  Uie  Armbos- 
sen und  das  Glied  waren 
besonders  eingesetzt. 

114.  (Inv. Nr.  Iü.)0ber- 
teil  einer  ähnlichen  StU- 

>.  Höhe  43". 

115.  (Inv. Nr.  11.)  Des- 
gleichen   Höbe  26,5™. 

1 16.  (Inv.  Nr.  64.)  Desgleichen    Höhe  43"", 

117.  (Inv.  Nr.  2.)  Tischbein,  gelunden  beiri 


206 


TH.   WIBGAND 


ten  noTOKi:xi,  'E9Y)fAipU  ttj;  •HY«fxov{x;  2«(jlou  1895  Nr.  71   S. 
346.  101,2,  >vo  der  Körper  irrlümlich  als  weililicli  bezeichnet 

ist.  Höhe  78"".  Der  sieh  nach  oben  er- 
breilernde  eckige  Schaft  endet  in  einem  ju- 
gendlichen, männlichen  Körper.  Die  linke 
Körperhälfte  bedeckt  ein  Ziegen  feil,  dessen 
einer  Fuss  in  der  linken  Hand  der  Gestalt 
ruht.  Im  linken  Arm  trägt  sie  einen  Gra- 
natapfel, eine  Traube, eine  Birne  und  zwei 
Apfel.  Die  rechte  Hand  unterstützt  diese 
Last.  Die  profilirte  Standplatte  ist  aus  ei- 
nem besonderen  Stück  gearbeitet.  Späte, 
schlechte  Arbeit. 

118.  (lnv.Nr.114.)  Tischfuss.  Gefun- 
den  bei  der  Anlage  der  grossen  Strasse  nach 
Chora.  Höhe  48"",  Breite  15,5.  Unten  Lö- 
wenfuss,oben  Löwenkopf  Schlechte  Arbeit. 
119.  (Inv.  Nr.  123.)  Cylinderförmiger  Altar  oder  Sta- 
tuenbasis aus  hartem  Kalkstein  Höhe  88''"'.  Das  obere  Ende, 
einst  wol  ähnlich  profilirt  wie  der  Puss,  ist  gebrochen.  Der 
Stein  ist  geschmückt  mit  vier  untereinander  verbundenen 
Fruchtguirlanden,  von  deren  tiefster  Stelle  jedesmal  eine 
Traube  herabhängt  (ganz  ähnlich  wie  auf  dem  Sarkophag  von 
Nysa,  Jonian  antiquities  I,  Kopfbild  zu  Cap.  II),  und  vier 
da/wischen  hängenden  Bukranien.  Unter  jedem  derselben  ist 
in  Umrisslinien  je  ein  Werkzeug  dargestellt: 

^     "?7     A     [^ 


120.  (Ohne  Inventarnummer.)  Fragmente  eines  späten  Bu- 
kran  ionaltars.  Weisser  Marmor.  Höhe  38"",  Breite  13. 

121.  (Ohne  Inventarnummer. j.  Altar  aus  weissem  Mar- 
mor Oben  und  unlen  vorspringender  Hand.  Höhe  70'",  Breile 
63,  Tiefe  35.    Gefunden    bei  Tigani   (vgl.  Ilapvacco;  1881    S. 


ANTIKB   9CUI.PTUBEN    IK  SAMOS 


733.  B  C  H.  1884  S.  467)  später  im  ifx^oij.'ilaicitov.  'Eifn- 
(iipU  TT,!  'Hyiftoviat(  Siaou  1897  Nr.  157  S.  710.  326  Vorn 
und  an  den  S<>iten  (rechts  abgeschlagen)  Lorbeerge winde  auf 
drei  SlJerschädcIn  von  schlechter  römisclier  Arbeit.  Darunter 
vorn 

ö  S^uD;  rai««{i]  OüiStui  noaTÖ}i[ui] 

In  der  zweiten  und  dritten  Zeile  ist  der  ScbluBS  bis  auf  geringe 
Reste  getilgt.  Zu  der  Persönliclikeit  des  C.  Vibius  Postumus 
vgl.  Prosopograpliia  III  S.  423.  392:  danach  fällt  diese  In 
schrill  etwa  16  nacb  Chr.  [Fbedrich]. 


1?2.  ( Inv.  Nr.  92.)  Platte  eines  Messlrsches.  Lange  61", 
Breite  34.  Früher  im  Garten  des  britischen  Consuls  Oionysios 
Luimark  in  Vathy.  Die  Platte  hat  rings  erhöhten  Hand   von 


508  TH.   WiEGAND 

2-3'".  Sie  zeigt  drei  in  einer  Reihe  liegende,  schalenartige, 
rauhe  Verliefungen,  deren  jede  an  der  tiefsten  Stelle  ein  Loch 
hat.  Der  Durchmesser  der  drei  Vertiefungen  betrügt,  von  rechts 
nach  links  gerechnet,  etwa  14,  10  und  8"".  Alle  drei  hatten 
einen  erhöhten  iMarmorrand,  der  bei  den  zwei  grösseren  weg- 
gebrochen wurde,  als  man  die  Metallschalen,  welche  die  Ver- 
tiefungen ausfüllten  und  mit  Bronze- Stiften  an  den  Rändern 
befestigt  waren  ,  herausriss.  Reste  dieser  Bronzestifte  und 
Löcher  dafür  sind  noch  vorhanden.  Bei  der  kleinsten  der  drei 
Schalen  trug  der  Rand  keine  Stifte.  Die  Bronzeschale  war 
statt  dessen  unlen  mit  Blei  vergossen,  wie  das  Loch  im  Bo- 
den (  Dm.  0,5"")  zeigt.  Am  linken  Knde  der  Platte  befindet 
sich  eine  H.o'"  lange,  4.5  breite,  etwa  1,5  liefe  rechteckige 
Einarbeitung.  Zwischen   der  zweit-  und  dritlgrössten  Schale 

steht  oben   eingemeisselt :    m       ,  unten:    ^    . 


VII.   Sarkophage  und  Architekturfragmente. 

123.  (Ohne  Inventarnummer.)  Archaischer  Marmorsar- 
kopbag.  Gefunden  bei  Tigani  in  der  sog.  Astypalaia  nahe 
dem  nach  Vatliy  führenden  Weg,  etwas  unterhalb  der  Quelle; 
später  im  ipj^eioyu^aicitov,  'E^yijxipl;  ttj;  'Hy6|jL0via;  Sx(jlou  1896 
Nr.  71  S.  345,59.  Höhe  mit  Deckel  102^".  Länge  217,  Breite  des 
Giebels  (ohne  Akroterien)  99,  Dicke  der  Wände  10'",  Reliefer- 
hebung 4"'".  An  den  Ecken  innen  eine  V^erslärkung  in  Gestalt 
eines  Viertelslabes  Der  in  sechs  Stücke  zerschlagene  Deckel 
ist  nur  8,5*^°'  dick.  Erwähnt  ist  der  Sarkophag  von  Wolters, 
Athen.  Millh.  XVIII,  1893,  S.  224;  Bölilau,  Aus  ionischen 
und  italischen  Nekropolen  S.  9.  14,  vgl  Tb.  Reinach,  AV- 
cro/jole  de  Sidon  S.  243  Anm.  I.Wegen  Raummangels  steht 
das  hervorragende  Stück  leider  im  Freien.  Photographie  des 
Instituts,  Samos  Nr.  8. 

Diese  Nachbildung  eines  niedrigen,   giebelgekrönten,  von 


ANTIHB  SCULPTUnEN   IN  SAMO  S  209 

zehn  jonisclien  Säulen  getragenen  Bauwerks  isliJas  Ültesle  Bei- 
spiel für  einen, nacli  echt  griecliisclier  Weise  durah  slreng  ar- 
chitektonischen Aufbau  ausgezeichneten  Sarkophag,  der  nnir 
in  seiner  festen  Geschlossenheit  weit  eher  das  'monumentale 
Grahhaus',  als  den  leichten  Prothesisbaldachin  darzustellen 
scheint'.  Er  ist  zugleich  der  älteste  bis  jetzt  bekannt  gewor- 
dene Verwandte  des  sidonischen  Sarkophags  der  Klagefrauen, 


der  gewiss  nicht  zufällig  ebenfalls  dem  griechischen  Osten  ent- 
stammt, wie  der  ihm  etwa  gleichalterige  Holzsarg  von  Panti- 
kapaion  (zuletzt  abgebildet  bei  Harndy-Bey  und  Th.  Reinach, 
Nevropole  de  Sidon,  Text  S,  249).  Sarkophage  mit  sti'eng 
dorischen  Formen  scheinen  im  grieuhischen  Westen  bevorzugt 
worden  zu  sein.  Zwei  Beispiele  birgt  dasMuseum  in  Girgenti, 
die  noch  dem  fünften  Jahrhundert  vor  Chr.  angehören  könn- 
ten ;  mit  ihnen  verwandt  ist  wiederum  der  Sarkophag  des 
ScipioBarbatus,  Baumeister,  Üenkmäler  IIIS.  1557  Abb.  1621. 
Die  vier  Wände  des  eigentlichen  Behälters  sind  von  einer 
10"*  breite  Leiste  umrahmt.  In  den  dadurch  geschaffenen  Bild- 
feldern stehen  auf  den  Schmalseilen  je  zwei,  auf  den  Lang- 
seiten je  drei  Säulen  in  gleichen  Zwischenräumen,  deren  tra- 
pezförmig nach  oben  verjüngte  Basen  von  der  kanonisch  at- 
tischen und  jonischen  Form    ebenso  verschiedeo  sind,  als  sie 


'  teil  halle  damit  an  Sludtiicxkas  ersler  Meinung  K^gen  dessen  zw 
Jaljrbuch  IX,  1894.  S.  234  fest. 

ATHEN.   HITrHBILUNaEN   XXV.  14 


?I0 


TH.  WIEOAND 


sich  der  zuerst  beim  Heraion  in  Samos  beobachteten  Form 
nähern,  deren  Unterteil  aus  einer  leicht  eingezogenen,  bori- 
Eontal  canellirten  Scheibe  besteht.  Ausser  in  l^cri  ßpizephy- 
rii  (Petersen,  Rom.  Mitth.  V,  1890,  S.  178  fT.)  sind  solche 
Formen  seitdem  von  W.  Wilberg  in  Jeniköi  bei  Troja  (an  der 
Hauptstrasse,  als  Brunnenstein  benutzte  Scheibe)  und  von  mir 
in  Myus  gefunden  worden.  Bei  unserem  Sarkophag  freilich 
fehlt  den  Basen  das  polsterartige  obere  Glied,  sie  bleiben  des- 
halb ohne  genaue  Analogie.  Ähnlicher  ist  die  Basis  der  joni- 
schen Säulen  des  Tempels  von  Phigalia,  wo  der  Tofus  sehr 
niedrig  erscheint  (Mauch,  Stilordnungen  Taf.  37,8). 


i^^/^^^^^^My^^ 


Bei  der  Gesammtproportion  der  Säule  und  des  Capitells  liat 
man  die  Darstellung  olTenbar  sehr  gekürzt.  Der  4*"  über 
den  Kasten  vorspringende  Dach rand, dessen  vertikaler  Teil  mit 
einem  steifen  Blaltslab  geschmückt  ist,  bietet  ein  vorzügliches 
Beispiel  für  jene  Verkleidungsleclmik,  deren  hervorragendste 

Beispiele  bisher  namentlich  in  Sicilien,  Olym- 
pia,  Thermon ,  weniger  in  Kleinasien  festge- 
stellt wurden  Jedes  zweite  Blatt  dieses  Rand- 
schmuckes  ist  rot  bemalt.  Rote  Farbspuren 
zeigen  auch  die  Akroterien.  Die  ohne  Zweifel 
einst  vorhandene  blaue  Farbe  ist  überall  geschwunden.  Nicht 
ausgeschlossen  ist  ,  dass  sich  in  den  Intercolumnien  Male- 
reien befanden,  wie  bei  dem  erwähnten  Holzsarge  aus  der 
Krim^  sichere  Spuren  davon  habe  ich  jedoch  nicht  entdecken 
können. 


ANTIKE  SCUl.PTtniEN    IN   S^MO!'  'Hl 

Die  votutRRlÖi'inigen  Akroleriea  an  i]pri  Ecken  mit  ihren 
r  kleinen  /wii;kel|)ulmettcn,  der  strenge  KiiHlscIiinitck,  <lie  siib- 
f  lile  Technik  iles  linear  arbeitenden  Meisseis,  finden  üii-e  Ana- 
I  logien  an  altisolien  Biiuresten  aus  dem  Persersohutt  (vj^l.  z.B. 
Antike  Denkmäler  I  Tat  50,  Dorm,  llaukunst  Jer  Griechen^ 
■  S  157),  zu  denen  auch  einige  auf  Bchwar^figurigen  Vasen  des 
I  VI.  Jahrltunderls  ahgehildete  Bauwerke,  namentlich  Brun- 
'  nenliauser  ( vgl,  z  B.  Antike  Denkmäler  II  Tat.  8)  stimmen. 
I  In  das  sechste  Jahrhundert  vor  Chr  werden  wir  auch  diesen 
!  Sarkophaji;  setzen,  der  uns  somit  ein  schönes  Beispiel  für  die 
Sepulkralplastik  der  Zeitgenossen  des  Polykrates  liefert. 

I?4.  ( Inv,  Nr.  '21.)  Rechteckige  Aschenkiste  von  Mar- 
mor, aus  MiTulr^oiiot.  Höhe  29"".  Länge  49.5.  Tiefe  34.5.  Oben 
in  dei-  Mitle  der  Schmalseiten  eine  vertikale  flache  Einarbei- 
tung von  G™  Lange  mit  einem  Loch  am  unteren  Ende.  Römi- 
sche Zeit.  An  drei  Seiten  mil  plumpen,  gänzlich  unausge- 
führten Guii'landen  umgeben,  an  der  vierten  nicht  decorirt.  Der 
Deckel  fehlt.  .\n  der  vorderen  Langseite  über  der  Guirlande: 

'AYa6TiLiipo(  {t)oü 

Unter  der  Guirlande,  später  als  die  obere  Inschrirt: 

*H(iax>ta  'AXtou  /_9i,o(. 

Vgl.  KpTiTiiti^-ni;,  ToTtOYpst^ia  ttj?  2i[jiov  S.  75,4  (bei  'A.  Nmo- 
Xiou  in  MiTu^yjvaiQi};  die 'Ey>iuipt( -tu?  'Hyiuovigt;  ^«(aou  1895 
Nr.  40  S.  165,  14,  2  giebt  irrtümlich  Tigani  als  Fundort  an. 
£T«fji!«Tii8Ti:,  Satfiiaotit'  S.  u.'.  5'2    (damals  in  seinem  Besitz). 

195.  (Ohne  Inventarnummer.)  RniehsLück  eines  Frieses 
(oder  Sarkophages)  aus  weissem  IMarmor.  Oben  ein  Stück  des 
Randes.  Höhe  40"°.  Breite  52,  Dicke  10.  Schwebender  ßros 
zwischen  den  Ansätzen  von  Guirlandea  aus  Blutlern  und 
Früchten,  die  ülier  seinem  Kopfe  durcli  eine  Tänie  zusam- 
mengehalten werden.  Ilellenistiscb.  [Fbedbich]. 

126.  (Inv.  Nr.  131  }  Fiagment  eines  Ornamentfrieses. 
Höhe  etwa  25'",  Liinge  etwa  70.  Links  AnschlussUäche,  rechts 


212  TH.   WIEfiAND 

Bruch.  Eine  wellenförmige  Rlätlerranke  von  flolter  Zeich- 
nung ziehl  sich  unter  einem  HüersUh  mit  Aslragal  her,  wel- 
che den  nberen  Hund  ubscliliesst.  Jedesmal  in  dem  sioh  nach 
unlen  Öffnenden  Uogen  der  Ftunke  eine  Blüte  in  Oheransichl- 
Vermullicli  noclt  hellenistisch  und  ursprünglich  wol  uIr  Ar- 
ehilrav  oder  Thllrumralimiing  verwendet. 


l'il.  (Inv.  Nr.  l'iy.  ]    Platte  von  einem  längeren  Ürna- 
mentfries.  Ilölie  36,5™.  Länge  9"J,  Dicke  13  (abgearheitetj. 

Oben    links  Rest  einer  U-förmigen    Klammer  (i 1).     Das 

rechts  oben  gebrochene  Fragment  war  später  als  Schwelle  ver- 
mauert lind  ist  daher  Stack  abgetreten.  Aus  einer  ßlätterstaude 
springen  zwei  sieh  nacli  links  und  rechts  bogenförmig  nei- 
gende Ranken  auf.  Verschiedene  Rosetten,  tulpen-  und  ara- 


ceenartige  Blüten  setzen  sich  an.  Im  Zwickel  zwischen  den 
beiden  Ranken  eine  grosse  Blüte  mit  zwei  Knospen.  Das 
Rankenwerk,  oben  und  unten  von  schmalen  Leisten  eingefasst, 
setzte  sich  beiderseits  auf  die  Nacbbarplatlen  fort.  Gute, grosse 


ä 


ANTIKE   SCULPTCBEN 


fZeicIinung,    wol    hellenistiBch.    Die  Abbildung  giebL  recbts 
V.oichL  ilie  j^anze  erbultene  l^änge  wieder. 

1?S.  (Inv.  Nr.  SU.)  Frügment  eines  jonischen  Capitelis. 


Die  MiLle  dci 


Polsters 


ngezogenei 
n'izonlül  sieb  entwickelnden  Hankenspi- 
ralen,  die  von  zwei   gedpeblen,  verlical   verlaufenden,  seilar- 
tigen  Släben  eingel'usst  sind.  Von  da  nacb  den  Rändern  bori- 

PBEontale,  lange  AkantbusblüUer.  Die  ganze  Lange  des  seitlicben 
Polsters  betrug  etwo  96"°  Die  Canüle  der  Volute  sind  sebr 
tief,  auf  Scballenwirkung  berecbnel,  eingescbnitlen,  das  Auge 
dagegen  ist  völlig  llach.  Vielleicbl  nocb  hellenistiscb. 

129.  (Inv.  Nr.  100.)  Korinlbiscbes  Capilell-  Höhe 
39'°"-  Die  ovale  Form  des  Halses  beweist  die  Zugehörigkeit  zu 
einem  Pfeiler.  Römisch. 


130.    (Inv.    Nr.    33.    106.    115.)     Drei    Simen-  Frag- 
mente. Gefunden  heim  Mau  der  grossen  Strasse  nucli  Chora. 


i 


214  ANTIXB  ST-ULPTOniN  IN  BAIIOS 

!)  Höhe  18-,  Länge  44.  2)  Höbe  21-.  Länge  23  3)  Höhe 
13—,  Länge  38.  Es  sind  Pragmenle  von  späten  Gebäuden, 
elwa  in  der  Art  der  rohesten  ReparaturstQcke  der  Sima  dps 
olympischen  Zeustempels. 

131.  (Inv.  Nr.  91.)  Joqisches  Gapitell  aus  i^miseher 
Zeit.  Breite  40—,  Tiefe  35,5.  Der  obere  Säulendurchmesaer 
betnig  28—.  Braune  Patina.  Kyma  sehr  Qach.  Das  Polrler  ist 
mit  Schilfblältern  decorirt.  Die  Caoäle  der  Volute  sind  senk- 
recht eingemeisselt,  nicht  rundlich  gehöhlt. 


132  und  133.  ( Inr.  Nr.  88  und  90.)  Korinthische  Ca- 
pilelle  BUS  Bpätrömisch-byzanlinischer  Zeit.  1)  Ilöhe23,5— , 
Breite  26,5,  Halsdurchmesseretwa  17.  2)  Höhe  21,5-,  Breite 
31,  Halsdurchmesseretwa  21. 


THEODOR  WIEGAND 


NEUE  UNTERSUCHUNGEN  IN  ALEXANDRIEN 

(Hierzu  Tafel  IX- XI) 

1. 

Die  am  18.  Oktober  1898  begonnenen  Untersuchungen  auf 
dem  Boden  des  alten  Alexandreiu,  die  Mitte  März  1899  vor- 
läufig unterbrochen  wurden*,  hallen  zunächst  den  Zweck, 
Auskunft  über  die  Bodenbeschaffenheit,  über  Lage  und  Zu- 
stand etwa  noch  vorhandener  Ruinen,  sowie  eine  deutlichere 
Vorstellung  des  von  Mahmoud  el  Falaki  festgestellten  Strassen* 
netzes^  zu  gewinnen.  Es  war  schwer,  sich  in  (logarths  pessi- 
mistische Anschauung,  dass  von  der  Stadt  der  Ptolemäer  gar 
nichts  mehr  zu  erfahren  sei,  widerspruchlos  zu  finden,  zumal 
seine  Sondirungsschachte  hauptsächlich  der  mutmasslichen 
Stelle  des  Alexandergrabes  gegolten  hatten  und  er  in  dem  ei- 
gentlichen Bereich  der  Königspaläste  nur  wenig  gearbeitet 
hatte  ^.  Auch  die  Ausgrabungsthätigkeit  Bottis ,  des  regsa- 
men und  verdienstvollen  Conservators  des  alexandrinischen 
Museums, hatte  sich,  nach  wenigen  resultatlosen  Versuchen  auf 
diesem  Gebiet,  in  letzter  Zeit  ganz  auf  das  *Serapeum'  bei  der 


*  S.  Arch.  Anzeiger  1899  S.  133:  erster  Bericht  von  Th.  Schreiber  über 

ff 

die  Ausgrabungen,  und  dessen  Vortrag  in  den  Verbandlungen  der  45.  Ver- 
sammlung deutscher  Philologen  S.  344. 

2  Vgl.  den  Artiicel  'Alexandreia*  bei  Pauly-Wissowa  I  (Puchstein).  Eine 
Originalzeichnung  des  mahmoudschen  Planes  in  Bleistift  befindet  sich  in 
Bottis  Besitz  im  Museum  zu  Alexandrien.  Die  Strassenbezeichnung  gehr 
auf  Mahmoud  zurück:  Ra  ,  Ra  u  s.  w.  sind  Querslrassen  westlich  von  det 
Hauplstra<>se  Ri  (  Süd -Nord),  La  ,  La  u.  s.  w.  Längsstrassen,  nördlich  von 
der  kanopischen  Strasse  (Ost-West). 

3  fieporl  on  prosperts  vf  excavation  in  Alexandria.  Egypl  Exploration  Fund, 
Arch.   Report  1806.    Vgl.    jelzt    auch  Hogarths  Bemerkungen  Journal  of 
Hell,  studies  19  S.  326. 


'Pompeiussäule'  Concentrin.  Mahmoud  el  Palaki  aber  hatte 
zwBF  einen  grundlegenden  Plan  gescbalFen,  Jedoch  übpr  das 
genaue  VerhallniBS  dieses  schon  von  ihm  als  späi  erkannten 
Sli-assennetzes  zur  helleniBtischen  Stadt  hatte  er  keine  Auf- 
klärung gesucht  und  sich  auf  wenige  andeutende  Bemerkun- 
^n  beschränkt-  Auch  von  der  BescbaiTeDbeit  des  Strassen- 
körpers  wünschte  man  sich  ein  deutlicheres  Bild  zu  machen, 
als  es  sein  Memoire  sur  Vantique  Atexandrie,  Kopenbugen 
1872,  S.  26  ff.  geben  konnte.  Über  die  Bautechnik  in  gi-ieclii- 
scher  Zeit  war  noch  alles  zu  lernen;  denn  dass  Aluxandrien 
ausschliesslich  tstne  Backstein  Stadt  gewesen  sein  sollte .  witt 
Trüher  behauptet  wurde,  war  doch  eine  reine  Hypothese  und 
nach  dem,  was  wir  an  anderen  Orten  von  der  Bauweise  des 
Hellenismus  gelernt  hatten,  auch  wenig  einleuchlesd. 

Die  Frage,  wo  der  Spaten  angesetzt  werden  sollte,  war  nicht 
einfach  zu  entscheiden.  Die  Untersuchungen  sollten  im  altes 
Bruchium  auf  dem  Gebiet  der  Paläste  beginnen,  die  acbon  zu 
Strabons  Zeit  den  dritten  oder  vierten  Teil  der  Stadt  einnah- 
men*. Mehr  als  die  Hälfte  davon  ist  heute  von  den  neueraa 
Stadtteilen  bedeckt,  und  im  Obrigen  sind  Reste  monumenta- 
ler Bauten  an  alter  Stelle,  von  wenigen  Quadersetzungen  und' 
Backsteinruinen  am  Ufer'  abgesehen,  nicht  sichtbar.  Die  Lage 
der  grossen  Bauwerke  in  ihrer  Auleinanderfolge  von  der  Halb- 
insel Locliias  bis  zum  Heptasladion  ist  zn'ar  durch  Strabon 
klar  gegeben,  jedoch  bleibt  hei  der  grossen  Entfernung  zwi- 
schen diesen  äussersten  Punkten  für  fast  jedes  Denkmal  im- 
merhin noch  ein  weiter  Spielraum. 

'Eunof>iov,  ittaittiauii,  viu^tx  liegen   unter  den  Häusern   des 

'  mrabon793. 

'  Die  grossen  ßackkleiiisubsiructionen  am  nordösllicben  Pusse  des  Ports 
Kom-El-Dik,  Ton  denen  aus  lloKarUi  seine  .^tulten  ins  Innere  des  Hügels 
trieb,  gehören  wol  kaum  mehr  in  den  Bereich  des  Bruchiums,  ds  destea 
Süilgrenzc  die  kanopische  Strasse  war.deren  Linie  im  allgemeinen  die  heu- 
tige Rue  Üosette  iDnegehalteii  bat.  Uuttis  Anselzung  der  Hauptstrasse  Weiler 
südlich  und  ausserhalb  der  arabiscbeii  l-'es tu ngs werke  ( im  Plan  de  la  vilU 
d'AUxandrie,  Mimotre  pri^enU  i't  la  »ucifif  archeologiijue  d'Alexandrie  1899) 
bat  mich  nicht  überzeugen  können. 


NEUE   ÜNTEBSt^CHtNr.EN   IN  A 


\  Boulevard  Ramie'  und  den  wesllich  davon  gelegenen  Quar 

L  tieren  für  alle  Zeil  liegcaben.  Das  Caesareum  ist  dank  der  An - 

Lgabe  des  PlJnius  ilui'cli  die  Iteiden  Obelisken  wenigstens  ei- 

Inigerfnassen  fixirl-.  Wie  weil  aber  seine  Mallen,  Säle,  Haine 

Bund  Wohnungen  nach  Osten  reichten  und  ins  Innere  der  Sladt 

I  griffen,    ist  schlechterdings  nicht  leslzustellcn  \    Ausser  der 

LLochiashulbinsel   bleibt  dann    nur  die  Stelle  «les  Theaters* 

annähernd   bestimmbar.    Nach  Strabon  lag  es  zwischen  den 

Palästen  (ta  tvSoTtpu  paiiina)  und  dem  Caesareum.  und  man 

wird  es  uline  Zweifel  d;i  zu  suchen   haben,    wo  noch   lieute 

die  einzige  stärkere  Itodenerhebung  zwischen  ileptastadion  bez. 

Caesareum  (d.  b.  etwa  Babnhol'  Itamleh)  und  Lochia»  liegt. 


•  Die  Qranil  -  und  Porpliyrsäulen.  die  Ilogarth  bei  seinen  dtirligen  Un- 
EersuchuntiCL'n  fand  ( a.a.O.  S.  10.  11 1  müssen  in  jenen  Anlagen  gohörl  ha- 
ben. Die  Veränderungen  in  diesen  Oegendun  slammen  iura  grossen  Teil 
erst  aus  der  jüngsten  Zeit.  Vor  ^25  und  30  .laliren  standen  auT  der  Linie  des 
Boulevard  HamU  KalFeeliäuser  —  am  UTer.  Das  Meer  reichte  noch  bis  in  die 
Nähe  der  Place  Mohamed-Aly. 

'  Plin.  3ö,  Gn.  Über  die  Reste  grosser  Quaderfundatnente,  die  1874  zwi- 
schen dem  Standort  der  Übehsken  und  der  Synagoge  bei  Gelegenheit  von 
Neubauten  gerunden  wurden,  von  denen  aber  leider  keine  Aul'nahiiie  exi- 
stirt,  vgl.  NeruulsDK,  L'nncienne  Alexaniiri«,  1888,  S.  H  II.  Vaujannj,  ein  frei- 
lich elwai«  zweirelhafler  Gewährsmann, hat  dort  an  der  Küste  seihst,  im  Was- 
ser, Soudirungeu  vorgenommen  und  weiss  von  starken  Kalksteinmauern 
3-4o>  unter  Wasser  zu  berichten.  Br  verfolgte  die  Reste  bis  zu  1?0<"  ins 
Meer  hinaus,  gerechnet  von  dem  arabischen  Feslungstnrm  beim  Ramleh- 
Bahnhuf  (Vaujann;,  Rtcherches  lur  l'aiin 
H  10.  \i\.  Die  niHcbtigeu  Geisa  aus  Nui 
trommein  und  andere  Baureste,  die  heule 
neben  dem  genannten  Turm  liegen,  geradi 
liskeii  standen  .kann  man  elgenllicb  nur  mit  dem  Caesareum  in  Verbindung 
bringen.  189'3)D3  bat  auch  Butti  hier  gegraben,  ohne  grossen  Erfolg. 

^  Man  ist  bei  der  Anlage  der  neuen  Strassen  und  Häuser  südlich  vom 
liamleb' Bahnhof  natürlieh  sehr  häulig  auf  antike  Fundamenle  geslossen. 
An  der  (stelle,  wo  die  deutsche  Schule  steht,  wurde  ein  Gebäude  gefunden, 
voll  dem,  dank  dem  luleresse,  das  Herr  H.  Bindernagel  an  den  archäolo- 
gischen l-'orsehungen  in  Alexandrien  nimmt,  weiiig^teus  eine  l'lanskixie 
evistirt.  tls  lag  südlicli  von  der  Strasse  Li  in  der  Ecke,  den  diese  mit 
R(  bildete.  Rt  lag  etwas  westlich  vom  Gebiet  der  deutscheu  Schule. 

*  Paulj-Wissowa  I  8.  1385,  16. 


Aleianiirie  tl  la  basae  bggple 
itilen-Kalksteiu,  die  Säuten- 
Ufirr  unmittelbar  südwestlich 
der  Stelle,  wo  einst  die  Übe- 


2!8  F.  noax:k 

Ks  ist  der  Flügel,  dessen  südlichen  Teil  das  Gebiet  des  Gou- 
vernement-Hospitals bedeckt,  während  der  nördliche  Teil,  der 
von  jenem  durch  den  Einschnitt  der  Ramleh- Eisenbahn  ge- 
trennt ist  und  das  Gebäude  der  Küsten  wache  trägt,  bis  an 
die  Küste  reicht.  In  seinen  obersten  Schichten  ist  er  ziemlich 
neuen  Datums.  Denn  er  wurde  vor  100  Jahren  mit  napoleo- 
nischen Festungswerken  bedeckt,  durch  welche  die  arabische 
Stadtmauer  verstärkt  werden  sollte*.  Wie  die  Wälle,  so  ha- 
ben auch  die  Gräben  der  Franzosen  das  Terrain  gewiss  stark 
umgestaltet  und  umgewühlt,  aber  sie  sind  doch  nur  wieder 
in  Schuttmassen  eingedrungen,  die  sich  hier  schon  in  alter 
Zeit  angehäuft  haben  müssen.  Denn  für  die  ursprüngliche 
Höhe  des  natürlichen  Hügels  haben  wir  jetzt  wenigstens  zwei 
feste  Anhaltspunkte:  er  erhebt  sich  jetzt  im  südlichen  Teile 
des  llospilalgebieles  8.16™  über  dem  Meere,  in  dessen  nörd- 
licher Ecke  3.5™2.  Beide  Punkte  liegen  etwa  350*"  von  einan- 
der,und  innerhalb  dieser  Entfernung  lässt  sich  ein  wesentlich 
stärkeres  Ansteigen  des  ursprünglichen  Rodens  nicht  anneh- 
men. Wenn  sich  nun  gerade  an  dem  nordwestlichen  Abhang 
dieses  Hügels  Schutlmassen  bis  zu  mehr  als  doppelter  Höhe 
(etwa  18'")  anhäufen  konnten,  so  möchte  man  das  am  lieb- 
sten den  Ruinen  eines  besonders  hoch  aufragenden  Bauwer- 
kes, eben  des  Theaters,  zuschreiben.  Immerhin  hat  man  auch 
da  noch  mit  solchen  Ausdehnungen  zu  rechnen,  dass  ein  Auf- 
finden der  thatsächlichen  Lage  des  Theaters, wenigstens  heute 
noch,  nur  einem  glücklichen  Zufall  verdankt  werden  kann  ^. 


*  Für  das  Studium  dieser  Veränderungen  haben  uns  die  Karlen  der  Mu- 
nicipalität  gute  Dienste  geleistet.  In  Zukunft  wird  nur  die  Anhöhe  mit  der 
Victoriasäule  im  Hospitalgailen,  zu  der  die  am  weitesten  nach  Osten  vor- 
springende Basti'in  benutzt  worden  ist. eine  Erinnerung  an  jene  Befestigun- 
gen bewahren.  Auch  über  das  Schicksal  der  übrigen— arabischen— Festungs- 
werke ist  schon  entschieden:  sie  werden  der  sich  überall  mächtig  ausdehnen- 
den Stadt  weichen  und  demnächst  abgetragen  werden.  Das  wird  eine 
der  wen  igen,  aber  um  so  w  ich  l  i  geren  Gelege  n  hei  teii  sc  in,  wo  ar- 
chäologische Beobachtung  zur  Stelle  sein  muss. 

2  Nach  meinen  Nivellements  in  unseren  Versuchsgräben  lii  und  E. 

^  In  E  fand  sich,  nicht  viel  über  dem  gewachsenen  Boden  ein  verhällniss- 


NEUE   UNTERSUCHUNGEN   IN  ALEXaNDRIEN  319 

Unter  dieBen  Umständen  hätte  nun  wol  an  der  Hand  von 
Mahmouds  Aufnahmen  mit  einer  neuen  Untersuchung  der 
Strassenanlagen  der  Anfanjt  gemacht  werden  können,  wenn 
sich  nicht  ein  bestimmter  Punkt  dargeboten  hätte, wo  mit  der 
Arbeit  zu  heginnen  sich  aus  verschiedenen  Gründen  emp- 
fahl (vgl.Taf.  9).  Es  handelte  sich  um  den  Siidrand  des  llo 
spitalgebieles.vvo  im  Jahre  vorher  zumZweck  der  Steingewin- 
nung für  einen  Mauerbau  'l'iefgrabungen  vorgenommen  wor- 
den waren.  DieBe  Arbeiten  zerstörten  zunächst  die  arabischen 
Festungswerke  ( Festungsmauer  und  ausgemauerten  Graben) 
von  der  Westgrenze  des  Hospilals  an  ostwärts  bis  über  den 
Platz  der  im  Sommer  I899uufgerichtetcn  Gedenksäule  für  den 
Sieg  beiOnidurman  '.  Südlich  vom  Festungsgrahen  und  unter 
der  Keslniigstnuucr  slicss  m^n  auf  langgestreckte  antike  Qua* 
derfundamente  die  noch  im  Februar  1898  von  Dörpfeld  gese- 
llen wurden.  Sie  wurden  zerstört,  leider  ohne  dass  sie  vorher 
aufgemessen  und  pliotograpliirt  worden  wären.  Bolti  hat  nur 
eine  kurze  Noliz  darüber  gebracht'.-  Les  restes  d'iin  grand 


massig  langer  (^.^S"!  und  sclimaler  |0,34"),  iweiseiliger  Archilrav  aus 
hläiilicliein  Marmor.  Doppelle  Fit«cie,  Plätlchen  und  Kjma  als  Abschluss- 


leisle.  Die  zahllosen  Mamiorspliller  in  seiner  Umgebung  lassen  veimulen. 
dass  der  Siein  an  dieser  SIelle  bearbeilel  worden  oar.  Nicbis  aber  deulete 
auf  die  unmitlelbaie  Nälie  irgend  eines  antiken  Gebäudes. 

'  Eine  pritale  Anlage  des  Herrn  Dr.  Scliiess  -  Bej.  Siiule,  Kapilcll  und 
plastischer  Sjchuiiick  sind  antik. 

»  ßutlelin  de  ia  sotUU  anMologiifue  d\4lexandrie  (,  1898,  S.  57, 


220  F.    NOACK 

^difice  en  grands  blocs  de  calcaire  furent  mis  au  jour :  ä 
ce  qnil  me  fut  permis  de  voir  ie'difice  snivait  Valigne- 
ment  de  la  nie  L2  *  //  etait  decore  de  colonnes  en  calcaire 
compact ;  on  etait  ä  0  mctres  au-dessous  du  niveau  de  la 
rue  Gallici^Bey,  Ich  füge  hinzu,  was  ich  durch  Ausfragen 
der  verschiedenen  bei  dem  Unternehmen  beteiligten  Personen 
erfahren  konnte.  Die  Quadern  sollen  z.  T.  von  solcher  Grösse 
gewesen  sein,  dass  man  sie  an  Ort  und  Stelle  zerschlagen 
musste,  um  sie  wegschaffen  zu  können,  d.  h.  etwa  Quadern 
von  der  Grösse,  wie  sie  in  unseren  Gräben  gefunden  wur- 
den. Wenn  aber  die  aus  dem  so  gewonnenen  Material  erbaute 
neue  llospitalmauer  Lage  und  Richtung  des  allen  Gebäudes 
bezeichnen  soll,  so  steht  das  im  Widerspruch  zu  Bottis  An- 
gabe. Die  Richtung  der  alten  Strasse  L2  ist  nach  Mahmouds 
Aufnahmen  und  unseren  weiter  östlich  gemachten  Funden 
eine  andere  als  die  der  neuen  llospitalmauer  und  der  jetzt 
Rue  des  Allemands  genannten  Strasse  [Rue  Gallici-Bey): 
die  antike  und  die  moderne  Strasse  convergiren  nach  Osten. 
Jene  1898  zerstörten  Fundamentreste  müssen,  im  südwest- 
lichen Winkel  des  Hospitaigebietes«  etwa  30"*  südlich  von  der 
antiken  Strasse  gelegen  haben;  längere  Quermauern  sollen 
von  ihnen  nachNorden,  d.h.  nach  der  Strasse  L2  hin, abgegan- 
gen sein.  Die  moderne  Zerstörung  hat  also  gerade  das  Innere 
eines  von  der  arabischen  Befestigung  noch  leidlich  verschon- 
ten Gebäudes  betroffen,  dazu  noch  gerade  den  Kreuzungspunkt 
von  L2mit  der  Querstrasee  R3  .  Um  so  mehr  ist  es  zu  bekla- 
gen ,  dass  zu  jener  Zeit  die  wissenschaftliche  Beobachtung 
eine  so  ungenügende  war.  Unter  den  Fundstücken  befinden 
sich  zahlreiche,  ziemlich  dicke  Säulenstümpfe  aus  rotem  und 
grauem  Granit,  die  zunächst  —  ebenso  wie  in  den  noch  erhal- 
tenen arabischen  Mauerreslen  weiter  östlich  —  in  derFestungs- 
mauer  verbaut  gewesen  sein  mögen.  Sie  gingen  durch  die 
ganze  Dicke  der  Mauer  wie  mächtige  Binder,  und  wirkten 
zugleich  in  regelmüssigen  Abstünden  mit  ihren  kreisrunden 
Schnittflächen  als  Dekoration  der  Aussenseite.  Doch  beweist 
diese  sehr  späte  Verwendung  der  Säulen  sehr  wenig  für  ihren 


NEUE   IlVTEHSUrHUrjflEN    IM  Al.EXANDBIEN  221 

ursprünglichen  Standorl ;  sie  können  ehenso  gut  verschleppt 
sein.  Man  hat  noch  ganz  andere  Koloase  von  Säulen.  Basen 
und  Kapitellen  auf  grosse  Rntfefniinven  durch  die  Stadt  tl'ans- 
poi'tirl'.  Darf  man  hei  jenem  Fundament  also  nicht  an  eine 
Halle  denken,  die.  sich  an  der  Strasse  selbst  entlang  /.Oft,  so 
gehörte  ej  doch  vielleicht  zu  einem  grösseren  l*eristyl,  wenn 
man  aus  anderen  Funden  dieser  Stelle  schMessen  darf.  Es  ge- 
hören niimlicli  zu  diesen,  die  Herr  Dr.  Sehiess -Rey,  der  Di- 
rektor des  Hospitals,  dem  Museum  geschenkt  hat,  zwei  kösl- 
liclip  Kalksteinkapitelle  mit  gut  erhaltener  lehhafler  Polyehro- 
mie.  Das  eine  Kapitell  ist  rein  korinthisch,  das  andere  eine 
Umsetzung  ins  Ägyptische  der  Art,  dass  an  die  Stelle  der 
Akunihushiätter  ein  doppelter  Kranz  von  Papjrushiüten  ge- 
treten ist,  und  dass  auT  der  einen,  dadurch  als  Vorderseite  ge- 
kennzeichneten, Seite  je  eine  Uraeussclilange,  die  sich  auf  ei- 
ner kleine  Blüte  erhebt,  den  Raum  zwischen  den  Stengeln 
der  innenvolulen  und  der  Mitlelbtüte  lullt.  In  den  Zwickeln 
zwischen  den  naturalistisch  behandelten  Innenvoluten  und 
den  stilisirten  Kckvoluten  hüben  zwei  Seiten  Ulüten,  zwei  da- 
gegen Rosetten.  Auf  jede  Seite  des  Ahakus  ist  die  gellügelte 
Sonnenscheihe  gemall*.  Höhe  des  Kapitells  0,37'",  unlerer 
Durchmesser  0,535,  oberer  0,'39"'.  In  der  Nälie  dieser  Fund- 
stätte nach  weiteren  Überresten  zu  suchen,  schien  daher  das 
Gegebene,  zumal  Herr  Dr.  Sehiess- Hey  uns  in  freundlichster 
und  höchst  dankenswerter  Weise  entgegenkam  und  uns  auch 
für  die  ganze  Dauer  der  Arbeiten  dieses  Winters  ein   lielles 


<  Am  Regierungshafen  liegen  11  grosse  jünisclie  Saulenbasi;ri  aus  ruteiii 
Granit;  PtiDtlie,  Turi  und  Holilketile  aus  einten  Stück.  Die  l'liDlhe  1,()35'- 
laog  und  tireit,  dieganxB  Basis  (3,üS'"  lioch.  Auf  ilerOberllächeisl  die  Stand- 
spur iler  Säule  durch  eini^  Ftiulinie  marklrl :  dunacli  war  der  unleie  SSu- 
lendurcltniesscr  1.17°.  Bine  dazu  passende  t^üule  liegt  in  der  Nülin  am 
Ufer.  Vollkoramen  gleich  isl  alter  die  Basis,  auf  der  die  Oni<lurinan$üule 
stell! ;  diese  soll,  Basis,  Sllule  und  KapileJI,  aus  dem  Üereicli  der  nahen 
licole  Menasce  slammen.  Da  sind  also  einmal  solche  gewaltige  Qructislücke 
de<^selhen  Baues  durch  die  ganze  Stadt  verschleppt  worden  t 

>  Kurz  erwähnt  von  Bissing,  Arch.  Anzeiger  1899  S.  58.  und  heschriehen 
Ton  Bolti,  tiutUlin  1,  1898,  S.  60.  Nr.  14.  15. 


'-J 


222  P.   NOACK 

geräumiges  Zimmer  in  dem  llospilal  zur  Verrügung  stellte  So 
wurde  denn  der  Hospitaihngel  zur  Basis  unserer  Unterneh- 
mungen. Dass  uns  auch  Flerr  Dr.  Botli,  Herr  A.  M.  de  Zogheb 
und  die  Municipaliläl,  besonders  die  Herrn  Dielricb-Bey  und 
Arkudaris  durch  mancherlei  Aufklärungen  und  Mitteilung 
ihres  wertvollen  Kartenmateriales.  sowie  die  englische  Kom- 
mandantur der  Küslenwache  auf  das  Freundlichste  entgegen- 
kam, sei  auch  an  dieser  Stelle  dankend  hervorgehoben.  Von 
der  Behörde  in  Cairo  war  der  Permess  zu  Sondirungsarbei- 
ten  bereitwillig  gegeben  worden. 

2. 

Von  dem  llospitalhügel  ausgehend  ,  wurden  die  Untersu- 
chungen während  der  fünf  VVintermonale  über  ein  Gebiet,  das 
sich  etwa  durch  die  mahmoudschen  Strassen  Ri  und  R3  im 
Osten  und  Westen,  L2  im  Süden  und  durch  die  Küstenlinie 
einschliesslich  der  Lochiashalbinsel  umschreiben  lässt  —  nur 
im  Süden  wurde  diese  Grenze  an  einer  Stelle  überschritten — , 
also  über  einen  sehr  beträchtlichen  Teil  des  alten  Bruchiums 
ausgedehnt.  Im  Vergleich  zu  den  grossen  Entfernungen  — 
grösste  Längsausdehnung  etwa  1200™,  grösste  ßreitenaus- 
dehnung  etwa  600™  —  waren  die  einzelnen  Versuchsgräben 
natürlich  nur  sehr  beschränkt,  haben  aber  immerhin  die  Bo- 
denverhältnisse an  sehr  verschiedenen  Stellen  kennen  gelehrt. 
Es  lag  im  Verlauf  der  Arbeit  begründet,  dass  die  Untersu- 
chimgen  sich  immer  mehr  auf  die  Frage  nach  i]ev  Strassen- 
führung  concentrirten.  lürst  damit  wurde  es  möglich,  Anhalts- 
punkte für  die  relative  Datirung  der  einzelnen  Bauschichlen, 
die  wir  gefunden  hatten,  zu  gewinnen.  Denn  wenn  auch  aus 
dem  jammervoll  durchwühlten  Boden  kaum  irgendwelche  be- 
merkenswerten Einzelfunde  zu  Tag  gefördert  wurden,  so  wird 
die  folgende  Übersicht  doch  so  viel  zeigen  können,  dass  die 
oft  recht  mühevolle  Arbeit  nicht  unbelohnt  geblieben  ist. 

Ich  schicke  ein  kurzes  Verzeichniss  der  einzelnen  Versuchs 
graben  voraus  (vgl.  dazu  Taf.  9). 


NEUE   UNTERSUCHUNGEN   IN  ALKXANDRIEN  223 

I.  Hospilalhügel.  Graben  A  und  B\  ,  zwischen  50™  und  80™ 
nördlich  von  der  neuen  Südmauer  des  Hospitals  und  der  Rue 
des  Allemands.  Graben  A  bahl  zu  Gunsten  von  B\  aufgege- 
ben. B{  :  grössle  Ausdehnung  (Nord-Süd)  etwa  28'";  höchste 
Erhebung  des  modernen  Bodens  20™  über  dem  Meer;  der 
ursprüngliche  Felsboden  wurde  bei  6,5™  Meereshöhe  er- 
reicht. 

El  etwa  20™  nördlich  von  B{  ,  von  Osten  nach  Westen  ge- 
führt, 16™  lang  und  6™  breit.  Moderne  Bodenhöhe  etwa  17™ 
über  dem  Meer,  Tiefgrabung  bis  zu  7,5™  Meereshöhe. 

C-Fam  nördlichen  Abhang  zwischen  Hospital  und  Eisen- 
bahn-Einschnitt. 

C:  Kichtung  von  SO  nach  NW.  Moderne  Bodenhöhe  etwa 
17™,  Tiefgrabung  bis  8,24™. 

Dl  Hechtwinkelig  zu  C,  an  dessen  nordwestlichem  Ende, 
der  natürliche  Felsboden  wurde  bei  6,5™  erreicht. 

E:  Nördliche  Ecke  des  Hospitalgebietes,  nahe  dem  Bahn- 
übergang. Heutige  Bodenhöhe  13,28™  (Südwest- Ecke)  bez. 
11,73™  (Nordost- Ecke),  bei  3,48™  natürlicher  Boden.  Ge- 
samtlänge 21™. 

F:  Nahe  dem  nordwestlichen  Abhang  der  'Victoriasäule', 
bald  aufgegeben. 

G:  Grabungen  hart  an  der  neuen  Südmauer  des  Hospitals. 
Auf  einer  Slrecke  von  70™  längs  der  Mauer  wurde  an  drei 
Stellen  —  zusammen  fast  40™  lang  —  gegraben.  Es  gelang  nicht, 
noch  etwaige  Beste  des  oben  erwähnten  antiken  Fundamentes, 
wie  man  nach  den  gesammelten  Aussagen  hoffen  konnte,  zu 
finden,  obwol  bis  zu  8™  Tiefe  und  bis  die  neue  Mauer  gefährdet 
erschien,  gegraben  wurde.  Doch  fällt  auf  einige  Mauertrüm- 
mer, die  wir  hier  fanden,  durch  den  Vergleich  mit  den  Fun- 
den in  B{  etw^as  Licht. 

II.  Bauplatz  unmittelbar  östlich  von  der  icote  Meuasce 
und  dem  Garten  des  Museums,  von  dem  Besitzer,  Herrn  Ni- 
kolas  E  Tambaco  freundlichst  zur  Verfügung  gestellt,  ein 
Rechteck  von  62  zu  50™,  inmitten  der  von  den  mahmoudschen 


S34  P.  NOAClt 

Strassen  Li  L2  R2  R3  begrenzten  Insula  ^  Heutige  Bodenbölie 
14,6"  (Süd),  13.73"  bez.  13,52"  (Nord).  Der  natürliche  Bo- 
den  wird  im  südlichsten  Graben  {H^)  bei  10,36"  erreichl, 
fällt  schon  hier  nach  Norden  zu  rasch  um  3",  liegt  in  der  Mitte 
des  Terrains  (^4  .  Schacht)  nur  noch  4,2"  über  dem  Meere, 
und  am  Nordrand  {Hz)  werden  nach  einer  Tiefgrabung 
von  12,5"  einige  Quadern  in  alter  Lage  bereits  im  Grund- 
wasser gefunden, etwa  1"  über  dem  Meere. 

III.  Nördlich,  östlich  und  nordöstlich  vom  HospitalhOgel.. 
J:  östlich  von  der  Omdurman -Säule,  zwischen  liue  des  Al^ 
lemam/s  und  der  arabischen  Festungmauer  z.  T.  in  und  un- 
ter dieser  selbst.  Heutige  ßodenhöhe  durchschnittlich  13".  Der 
Felsboden  wird  bei  4" -3,8"  eri*eicht,  Boden  des  Felskanals 
1,4"  über  dem  Meer. 

iT  (an  der  Küste):  Ki  östlich  von  Lochias  am  Uferabhang 
abgegraben  bis  zum  Pflaster  der  (bei  Mahmoud  nicht  verzeichne- 
ten) nördlichsten  antiken  Strasse,  5,5"  über  dem  Meere ^. 

K2:  Verschiedene  kleine  Untersuchungen  innerhalb  des 
Forls  Silsileh  (Lochias). 

1)  Nordost-Seite:  Pflaster  von  Ri  freigelegt,  5,2"  über  dem 
Meer.  Darunter  Rest  eines  Kanals,  daneben  cylindrische  Ci- 
sterne;  die  erhaltenen  Pflaslerreste  reichten  nicht  mehr  über 
sie  hinaus. 

2)  und  3)  Nordwest- Seite  und  West-Seite.  Kleine  Reste  rö- 
mischen Mosaikbodens  aus  Agath  und  anderen  edeln  Steinar- 
ten, 4,5"  und  5"  über  dem  Meer. 

4)  Beim  Eingang  zum  Fort,  hinler  späterem  Mörtelmauer- 
werk einige  Quadersetzungen  ohne  Verband,  hellenistisch, im 
Meeresniveau. 

K3:  Bei  der  Ableitungsröhre  des  Hospitals  im  Ufersand 
wurde  ein  längeres  Fundamentmauerwerk,  Reste  von  Säulen- 
basen und  ein  jonisches  Kapitell  freigelegt,  im  Meeresniveau. 


*  Ra  ist  unter  dem  Museumsgebäude,  die  uördliche  Fortsetzung  in  Bi  und 
Di  gefunden  worden. 

'  Auf  Taf.  9  ist  diese  Strasse  nicht  angegeben.  Bei  Fortsetzung  der  Ar- 
beiten müsste  diese  Stelle  eingehender  untersucht  werden. 


■t  ALEXANDRIRN 

A'4  :  Grieeliisclies  Quaderwerk  oline  Verband  in  der  Nord- 
OBt-lilcke  des  lluinenvorsprungs  (des  sog,  römischen  Turms 
unlerlialb  der  Kiislenwaclie) '.  im  Meeresniveau,  5-6  Scliieli- 
len  liocli.  von  uns  nur  auf  wenige  Meter  freigelegL;  es  fülii't 
nacli  Westen  und  Süden  in  die  liier  besonders  liocb  aufra- 
genden Erd-  und  ScIiuUmassen  hinein  und  verdiente  verfolgt 
zu  werden. 

L\  Graben  etwa  32"'  lang,  in  der  Hiclilung  und  neben  der 
Strasse  R-j  und  elwas  südlich  von  dem  Kreuzungspunkl  mit 
der  Mahmoud  gleichfalls  unbekannten  Strasse  La.  Heutige 
Bodenhöhe  6,3";  die  antiken  Fundamente  verfolgt  bis  zum 
Grundwasser. 

M:  Kleinerer  Einschnitt,  etwa  50"  östlich  von  J.  hart  an 
der  Sudseile  der  Festungsmauer.  Bei  8,25""  Meeresliöhe  das 
mahmoudsche  Pflaster  gefunden. 


•  Diese  Ruinen  müssen  es  sein,  die  George  Visconti  Valenlia.  rojrogei 
and  IraveU  tu  India  ISOQ'tSOG  ril  S.  Hl  lieschreibl.  in  denen  ferner  H. 
Ton  Minuloli  | Abhandlungen  veimisclileii  Inhaltes. II  Cjclus  1, 1831,  S.  15 
Anm.  t)  AufräumunKsarbeilen  Tomehmen  lies»,  in  denen  er  ein  Gebäude 
für  Mepr-  und  amlere  Büiler  erkannte  iValentia  hatte  Thonröhren  inHürlel- 
betten  gefunden ),  und  an  deren  einer  Seite  ein  kleiner  Hafen  zu  erkennen 
sei.  Die  Mauenüge,  die  diesen  gebildet  haben  üollen,  sind  auf  der  West- 
seite allerdings  heute  noch  im  Meere  zu  erkennen,  aber  sie  gehören  sicher 
nicht  zu  einem  Hafenabscbluss,  da  dieser  ganze  jeUl  vum  Meer  bedeckte 
Küstenslreifen  mit  all  seinen  unter  dem  Wasser  noch  sichtbaren  (Juadcr- 
selzungen  im  Altertum  trocken  gelegen  hat.  Diese  Ruinenresle  bestehen 
aus  römischem  Backstein- und  eisenhartem  Gussmauerwerk,  an  das  sich 
landeJLwärls  eine  sehr  regelmässig  geschichtete — arabische— Quadermauer 
mit  rötlichem  Mörtelverband  anschliesst.  Dazwischen  ist  jedoch  landerOsl- 
seitei  noch  der  Rest  von  griechischem  Mauerwerk  aichlbar,  aus  gewalligen 
Quaderblöcken  {durchschnilllich  1"  buch  und  l»  breit,  in  drei  Schichten 
erhallen)  ohne  Verband.  Sie  ruhen  auf  einem  Fundament  von  z.  T.  noch 
grösseren  Blöcken,  die  jetzt  im  Wasser  liegen.  Wichtig  ist,  dass  dieser  of- 
fenbar hellenistische  Mauerresl  in  seiner  Richtung  mit  den  langen  Quader- 
linien correspondirt,  die  einerseits  an  A't  anschliessen,  andererseits  bis  K» 
z.  T.  im  Wasser  zu  verfolgen  sind,  und  mit  den  fundamenlen  A'i  selbst. 
Oliwul  diese  sämmtlichen  Quadergefüge.  wie  noch  gezeigt  wird,  älter  sind, 
als  die  mahmoudsche  Strassenanlage,  so  muss  doch  constatirt  werden,  dass 
sie  genau  ebenso  orienlirl  sind  wie  diese  überall  da,  wu  ich  deren 
Orientirung  nachprüfen  konnte. 

ATHEN.    UlTTHi£lLI]Nr>i;N    XKV.  15 


226  P.   NOAGK 

iV^i.4:  Kleinere  Einschnitte  östlicli  von  der  Nordost -Ecke 
des  alten  Lazarets,  um  Ri  zu  finden.  Heutiger  Boden  Tföl"*- 
6,32"  Meereshöhe;  bei  3,61'"  noch  immer  Schultschicbten  ; 
in  A^i  spärliche  Mauerreste,  in  A^3  der  Oberrest  eines  Mosaik- 
bodens  (4,12*"  über  dem  Meer). 

iVb:  Graben  gegen  22"*  lang  (etwa  SW  nach  NO).  Heutige 
Bodenhöhe  7".  Das  Pflaster  von  Ri  5'°  über  dem  Meere,  da- 
neben bei  2,4'"  feuchter  Sand. 

Schon  aus  diesen  kurzen  Angaben  ist  ersichtlich,  dass  wir 
es  mit  ausserordentlich  hohen  Schuttanhüutungen  zu  ihun 
haben;  teils  gehören  sie  in  neuere  und  neueste  Zeit,  teils  ge- 
hen sie  noch  in  das  Altertum  zurück.  Während  Schiciilen 
richtigen  Gerölles,  die  schon  leichten  Schlägen  der  Hacke 
nachgeben,  sich  fast  nur  in  den  oberen  Teilen  finden  und  sich 
aus  z.T.  modernen  Ablagerungen  erklären  (H\ ,  G,  D,  E,  J)^ 
IrefTen  wir  in  grösserer  Tiefe  ofl  in  sehr  dichter  Aufeinander- 
folge—  schon  aufS- 4*" senkrechten  Abstand —  zehn  und  mehr 
Schichten  aus  massenhaften  Geläss- Scherben  gröbster  Sorte, oft 
vermischt  mit  Asche  und  Knochenreslen  (C,D).  Gewöhnlich 
wird  der  Boden,  je  näher  man  den  ältesten,  hellenistisch -rö- 
mischen Schichten  kommt, um  so  fester  und  reiner  (^^1,3,4,  £*), 
doch  giebl  es  auch  hier  Ausnahmen  und  einzelne  antike  Ge- 
bäudereste stecken  inmitten  höchst  unerfreulicher  Scherben- 
und  Schultmassen  (//teilweise,  L).  Häufig  stössl  man  auf 
richtige  Stollengänge,  teils  schriig  in  die  Tiefe  getrieben,  teils 
horizontal  mit  kürzeren  seitlichen  und  verticalen  Abzweigun- 
gen (/1,Ä,Z).  Die  Lücken  in  den  wenigen  antiken  Mauerzügen, 
die  wir  gefunden  haben, zeigen  nur  zu  deutlich, dass  dieRaub- 
grahei'  mit  Erfolg  gearbeitet  haben.  Ein  besonders  drastisches 
Beispiel  dafür  bietet  L,  wo  einige  Säulenstütnpfe  umstürzten, 


*  Durch  das  Aufwerfeii  der  hVstungsgräben  sind  jfiossi»  Strecken  gänz- 
lich umgewühll  worden, su  dass  alte  Ablagerungen  mit  Scherben  rüinisclien 
Glases  und  römischer  Thongefasse  jetzt  oft  über  Schutt  und  Müll  aus  die- 
sem Jahrhundert  lagern  M,  Ü), 


als 


NEUE  ÜNTERSUCHUNOKN   IN  ALKXANDHIEN  ?27 

j  f)is  zum  Fiisse  freij^eiefit  warpo.weil  die  Stylobat-  und 


i: 


Fundamenlqiiadern  darunter  längst  lieiaus^ebroclien  waren. 
Ein  wictitiges  lÜrgebnifs  unsererUnlersucliungen  ist,  dasa 
e  ersren  und  ältesten  BauresLe  auf  dem  gewachse- 
nen Felsboden  rulien.  Dessen  BeHcbaffenlieit  stimmt  an 
allen  Beobachtungsstellen  (öl  .[D,E].  H-i  ,J)m\i  der  Beschrei- 
bung der  Geologen  überein.  Kraas.  Aus  dem  Orient  S.  175f.  ' 
beschreibt  ilm  als  'einen  feinen  Kalksandstein,  der  lediglich 
aus  Bruchteilen  von  Muschelschalen  und  wenig  feinem  farb- 
losem Quarzsand  besieht.  .  .  anscheinend  ist  dies  nichts  wei- 
ter als  ein  verbürteter  Dünensand'  und  in  der  Thal  lösen  sich 
die  einzelnen  Bruchstücke  durch  Zerreiben  leicht  in  feinen 
Sand  auf.  Wir  dürfen  also  sagen,  dass  Alexandreia  [wenig- 
stens in  seinen  nordüstlicben  Teilen)  auf  den  nackten,  nicht 
einmal  überall  von  Humusschichten  Ledeckten  iJünenboden 
gehaut  war.  Die  Ablagerungen  der  Hirten-  und  Küslenwächter- 
Kolonie  Rbakolls  hallen  sich  soweit  nicht  ausgedehnt. 

Wenn  die  von  einzelnen  Geologen  begründete  Vermutung 
richtig  ist'',  so  war  selbst  noch  in  fcühhistoriscber  Zeit  die 
Mareolis  ein  offener  Meerbusen,  den  nur  eine  Reihe  von  In- 
seln aus  härterem,  gröberem  Kalkstein  [als  der  Bodenkalk  von 
Alexandreia)  vom  offenen  Meer  und  der  Pharosinsel  trennte, 
und  die  Tagereise,  die  Menelaos  zurückzulegen  bat,  um  von 
Pharos  nach  Ägypten  zu  kommen  (3  356),  wäre  durch  die 
[Liitfernung  dieser  Insel  von  dem  ägyptischen  Festland,  d.  h. 
den  südlichen  oder  i'istlichen  Ufern  der  Mareolis  zu  erklären. 
Die  Zwischenräume  zwischen  diesen  Inseln  waren  dann  sowol 
durch  die  Hebung  der  Küste  wie  auch  durch  die  Ablagerun- 
gen des  feineren  und  auch  geologisch  jüngeren  Kulksteinsan- 


•  Mir  nicht  zti^ängliul].  Das  Cilal  bd  Janko.  Das  Della  des  Nil,  Buila- 
[lest  1890,  Separalalidruok  aus  'Milleiliingen  aus  dem  Jahrbuclie  der  kgl. 
Ungar,  guolog.  Aiislalt '  111,  9.  Die  Kennlniss  der  Schrin  verdanke  ich  R. 
Lppaius,  der  sie  mir  nach  Alexandrien  schickle,  und  (ileichzeitig  wurde  sie 
Diir  auL-h  Tun  G.  Scliweinfurlli  als  das  beule,  was  in  neuerer  Zeit  Qher  das 
Delta  geschrieben  sei,  genanni. 

»  Janko  a.a.O.  S.  2<J0/JO(l.  330  f. 


IJ 


228 


F.    NOAGK 


des  geschlossen  worden.  Giebt  es  doch  Beweise  dafür,  dass 
derartige  Veränderungen  noch  in  neuerer  Zeil  am  Gestade  des 
Della  sich  vollzogen  haben,  bei  Cap  Abuki^^  Auch  in  Alexan- 
drien  kann  man  an  den  meist  senkrecht  abgestürzten  Ufer- 
hängen  des  Osthafens  vielfach  beobachten,  dass  oft  in  beträcht- 
licher Höhe  über  dem  Ufersand  und  über  zahlreichen  Schich- 
ten mit  antiken  Vasenscherben  und  fragmentirten  Bauglie* 
dern  schmälere  und  breitere  Schichten  ganz  feinen  und  rei- . 
ncn  Dünensandes  abgelagert  sind,  die  sich  von  dem  natür- 
lichen Boden  ,  wie  wir  ihn  in  unsern  Gräben  erreichten  , 
qualitativ  nicht  unterscheiden.  Und  in  unsern  Gräben  selbst 
trafen  wir  gelegentlich  auf  so  harte   und  schwer  zerstörbare 

Sandsehichten,  dass  die  Versuehun^'nahe 
lag,  nicht  tiefer  in  diesen  'gewachsenen* 
Boden  hinabzugraben  (Z?i  ,  C,  E)  —  und 
doch  lagen  auch  hier  antike  Kulturschich- 
ten und  Mauerreste  und  der  wirkliche 
ursprüngliche  d.  h.  vor  der  menschlichen 
Besiedelung  vorhandene  Felsboden  oft 
'ig   1  noch   mehrere  Meter  tiefer.    Da  hierfür 

jede  Beobachtung  von  Wert  ist,  nenne 
ich  auch  eine  Stelle  in  Sidi-Gaber  (zweite  Station  der  Ramleh- 
bahn);  vgl.  Fig.  1.  Geht  man  dort  an  der  malerischen  Moschee 
des  Sidi  -Gaber  vorbei  nordwärts  der  Küste  zu,  so  trifft  man 
nach  wenigen  Schritten  Beste  der  mit  Basaltblöcken  ge- 
ptlaslerlen  römischen  Strasse  (a),  die  sich  eine  Strecke  weit 
über  dem  hier  senkrecht  abfallenden  und,  wie  man  auf  den 
ersten  Blick  sagen  wird,  gewachsenen  Felsen  hinzieht.  Sieht 
man  aber  näher  zu.  so  erkennt  man  am  Fusse  dieser  felsen- 
harlen  Wand  (A)  und  in  einem  etwa  einen  Meter  in  diese  ein- 
dringenden Einschnitt  (c)  zahlreiche  ganz  schmale  SehicIUen 
mit  V^asenscherben.  Auch  hier  hat  man  es  also  nur  mit  gros- 
sen Massen  abgelagerten  und  verhärteten  Dünensandes  zu  thun, 
der  etwa  in  frührömischer  Zeit  (nach  dem  Pflaster  zu  schlies- 


*  Janko  a.a.O.  S.  329. 


NKUR    ['NTi 


ll.RXANDillEN 


)  hiei'hfir  geworfen  wurde.  In  den  meislen  Füllen  wir 


m  Dunen 


bildu 


Igen 


durch  den  vom  Wind  tierlieisefiltir- 


len  Sanii  han<leln.  Doch  sinil  auch  Rieinenlare  Überschwem- 
mungen im  Stanite  [gewesen,  solche  Veränderungen  herbeizu- 
fiihren.  Wir  wissen  davon  durch  dieschriflMche  Überlieferung. 
Bei  der  Kaluslrophe  des  'J I.Juli  365  z  B.  Aran^  die  Flut  bis 
zu  den  im  Süden  der  StadL  gelegenen  Scherhenhngeln.  so  dass 
SchilTe  unil  harken  an  diesen  (tivi  tiüv  «ipiaia»)  fealsassen'. 

Von  dem  Dünensandst^in  unlersclieidet  sich  der  Kalkslein 
aus  den  nahen  Steinbrüchen  von  Me\,aus  dem  schon  das  llau- 
malerial  der  antiken  Stadt  zum  grossen  Teil  genommen  wurde, 
nur  ganz  wenig.  El"  ist  etwas  härter,  im  Brucli  weisslicher  unti 
mit  kleinsten  nHlicIien  und  schwärzlichen  Körnchen  durch- 
setzt. In  Brocken  geschichtet  und  zerstampft  hÜdet  er.  viel- 
leicht mit  /usat7,  von  Wasser,  einen  festen  Beton,  der  »uf  den 
ersten  Blick  sich  von  Steinplatten  kaum  unlersclieidet;  wir 
werden  ihm  in  den  Schichten  des  Strassenkiirperü  begegnen. 
Ausser  diesem  Kalkslein  von  Mex  wurde — von  den  edlen  Ge- 
steinen natürlich  abgesehen  —  als  Baunialerial  verwendet  vor 
allem  der  Nummiditenkalkstein.  der  am  Mokailamgebirge  bei 
Cairn  gebrochen  wird.  Er  wurde  zu  Maueifiuadern,  Grenz- 
steinen der  Strassen  iJ],  Säulenbasen  und  Kapitellen  (im  Ein- 
schnitt der  Ramlehbahn,  A':{  und  im  Museum)  und  sogar, oh- 
wol  er  gehr  wenig  dazu  geeignet  scheint, zu  Skulpturen*  ver- 


•  Neroulsos,  faneitant  Atexandrie  S.  36  f. 

*  Die  neuesten  Fiinilo  aus  diesem  MalerJEil  stammen  aus  dem  weslliclien 
Vorort  Gabtiari.  der  sich  ütier  der  allen  hei  lenlsliseli  -  römischen 
Westnekrupule  (npoiicuov)  ausdehnt  (Strabon  7<J5.  Ncroutsos  a.a.O. 
ä.  75.  MinuLoli  a.  a.  0.  S.  I  IT.).  (:>ch()ti  vur  einiger  Zeit  hat  durt  die  Soei^f 
arcMoiogiqutit'Attxanilrie  Grabungen  veraii.'italten  lassen  und  I3otti  hat  u.  a. 
auch  ein  grosseres  Pelscugral)  freigelegt,  dessen  Reslu  conservirl  werden  : 
Eine  rechteckige  GraUkamiucr  mit  ßach  gewölbter  Decke  halle  an  iler  einen 
Schmalseite  drei  suhmale  lange  Grabkammern  für  je  eine  Leiche,  wührend 
eine  längere  Nische  an  der  östlichen  Laiiuseite  von  dem  Millelraiira  durch 
i«ei  aus  dem  l-'elsen  gehauene  durische  i?)  Säulen  twischeii  Antenprei|Brn 
getrennt  war.  Die  westliche  Langseile  war  wol  ebenso  gestaltet ;  erhalten 
ist  hier  nur  der  nünlliche  Pfeiler  und  der  uulerble  Teil  der  nüchslen  S&ule. 

Die  in  den  Felsen  der  Küste  angelegten  Orahkammcrn  sind  auf  eine  weile 


?30  F.    NOACK 

arbeilet.  Ferner  diente  Uasalt,  und  zwar  wirklicher  Basall,  als 
Strassen pflasler,  ebenso  wie  ein  äusserst  harter   heller   Kalk- 


Sirecke  westlich  vom  grossen  Hafenmolo.  wo  die  KohlenschifTe  anlegen,  im 
Winler  1898/99  gesprengt  und  völlig  zerstört  worden,  um  Raum  für  neue 
Quaianlagen  zu  gewinnen.  Zahlreiche  dieser  Katakomben  waren  lange  be- 
kannt und  schon  früher  erwähnt.  Minutoli  a.  a.  O  S.  14  spricht  von  den 
zierlich  bemalten  Wänden  einzelner  Kammern ;  von  einigen  ausgedehnten 
Anlagen  hat  er  Planskizzen  gegeben,  darunter  auch  von  den  sogenannten 
'Bädern  der  Kleopatra\die  gleichfalls  jenen  Neubauten  zum  Opfer  gefallen 
sind.  Viele  Gräber  sind  durch  die  Sprengungen  zum  ersten  Mal  geölTnet, 
viel  mehr  aber  dadurch  unmittelbar  vernichtet  worden.  Soweit  mir  selbst  liei 
der  sehr  rasch  fortschreitenden  Zerstörungsarbeit  Beobachtungen  möglich 
waren,  handelte  es  sich  meist  um  Grabanlagen,  bestehend  aus  einem  nicht 
allzuhohen  (2-4")  viereckigen  Mittelraum,  an  dessen  Seilen  die  im  Quer- 
schnitt wiederum  viereckigen  Nischen  für  die  Leichen  gewöhnlich  in  zwei 
Reihen  über  einander  angebracht  waren.  Mehr  als  vier  solcher  Nischen 
neben  einander  habe  ich  nicht  gesehen. Die  Mehrz«ihl  war  völlig  schmucklos. 
In  einem  Grabe,  dessen  unterer  Teil  verschüttet  war  (  hier  lag  ein  kleiner 
Rundaltar  (0.46  hoch)  aus  Kalkstein),  war  an  drei  Seiten  je  eine  Nische, 
davon  zwei  mit  dekorativer  Umrahmung  aus  Stuck.  Bei  der  einen  Nische 
waren  links  und  rechts  flache  Pfeiler  mit  Kapitell,  den  oberen  Abschluss 
bildete  ein  schmaler  zweigeteilter  Architrav  und  ein  Gesimse  aus  mehreren 
Kymatien.  Die  zweite,  die  nicht  in  der  Mitte,  sondern  in  der  linken  Ecke 
der  Wand  sass,  zeigte  statt  der  Pfeiler  kleine  Ilalbsäulchen  mit  papyrusar- 
ligeni  Kapitell  ;  die  obere  Hälfte  des  Architravs  zeigte  eine  geflügelte  Son- 
nenscheibe (die  Flügel  gemalt);  ein  kleines  Zahiischniltgesimse  trug  einen 
flach  gewölbten  Giebel.  Zur  bemalung  dienten  Hol,\Veiss  und  Schwarz  Ein 
reicheres  Grab  zeigte  eine  flacii  gewölbte  Decke  im  Mitlelraiiin,an  der  einen 
Seile  nur  zwei  Nischen,  die  aber  höher  waren  als  sonst  (etwa  1,2'°  I.  neben 
einander,  mit  Stuckumrahmung,  und  im  Sockel  darunter  vier,  nicht  gleich- 
breite  einfache  Nischen  ;  Spuren  der  monochromen  Wandbemalimg  waren 
spärlich  erhalten.  Endlich  konnte  eine  kleinere  Grabknnimer,  die  in  ge- 
wöhnlicher poinpeianisclier  Manier  vierten  S|iU»s  ausgemalt  war,  eine  Vor- 
stellung gelien  von  den  'zierlich  Ijcmallen' Grabern,  von  denen  Minutoli 
a.a.O.  S.  14  sprielil. 

Die  meisten  Kammern  waren  nur  für  eine  l.eiclie  l)eslimml,  doch  kamen 
auch  grössere  Kammern  vor.  Auch  in  den  Källen.  wo  eine  vorhergehende 
Durchwühlung  kaum  denkbar  war,  k(»nnle  ich  ausser  den  Überresten  des 
Skeletts  nur  Bruchstücke  von  Thongelässen  gewöhnlichster  Art  entdecken. 
Einmal  fand  sich  eine  zerbrochene  kleine  Anipliora  mit  flüchliger,  rein  or- 
namentaler Bemalung,  ein  au'lermal  eine  sein  gut  erhaltene,  grosse,  dick- 
bauchige Alabaslervase  mit  Deckel,  ohne  Inhalt,  und  ein  etwa  30*="  hoher 
Vogel  aus  demselben  Malerial.  Von  den  (»ben  erwjihnlen  Skulplurfragnien- 
len  sind  hervorzuheben  ein  stark  lebeiisgrosser,  niännliclier,  bartloser  Kopf, 


NEUE  UNTERSUCHUNGEN  IN  ALEXaNDRIEN  231 

Stein,  der  aus  Oberägyplen  stammt,  welcher  aber  auch  zu 
Säulentrommeln  und  Quadern  (L)  gebraucht  wurde.  Für 
Fundamente  seheint  man  gewöhnlich  den  einfachen  Kalkstein 
aus  Mex  genommen  zu  haben. 

3. 

Die  Zuverlässigkeit  des  mahmoudschen  Strassenpla- 
nes  liess  sich  im  allgemeinen  durch  unsere  Grabungen  bestä- 
tigen. Freilich  ist  an  vielen  Stellen. wo  Mahmoud  noch  unbe- 
hindert sondiren  konnte,  jetzt  jede  Spur  des  alten  Pflasters 
verschwunden ;  so  sind  die  Strassen  östlich  und  südlich 
vom  Wasserwerk  '  durch  moderne  Bauten  vernichtet,  eine 
wichtige  Stelle,  die  Kreuzung  von  L'2  mit  Rt  ist  durch  die 
Kairo-Bahn  gänzlich  umgestaltet^,  und  in  den  Schutthügeln 
im  Nordosten,  dem  einstigen  Judenviertel,  wird  heute  noch 
so  viel  lieimlich  gegraben  und  gewühlt,  dass  von  den  alteh 
Strassenzügen  nur  noch  wenig  zu  finden  ist^.  Ich  konnte  trotz 

mit  knapp  anliegender  Melinkappc  und  tiöchst  individnellerOesicIitslHldung, 
stark  verletzt,  mehrere  Bruchstücke  (Hände,  Arm  und  Kifssi  von  Kolossal- 
slatuen  und  der  Torso  eines  Tieres  mit  langhaarigem  Fell.  Diese  I3ruQh- 
slückc  stammen  nicht  aus  den  Grähcrn  selbst,  sondern  sind,  nach  Boltis 
Angabe,  zu  Tage  gekommen,  als  infolge  der  Sprengung  der  Kelsmassen  der 
darauf  ruhende  Schult  mit  jenen  zusammenstürzte.  Eine  interessante, besser 
erhaltene  Grübanlage  in  den  Uferfelsen  bei  Sidi  Gaber  (Nikopolis)  müsste 
an  der  Hand  der  von  mir  gemachlen  Aufnahmen  besprochen  werden,  sei 
deshalb  hier  nur  erwähnt.  In  ihrer  Umgebung  linden  sich  zahlreiche  Kata- 
komben ähnlich  denen  von  Gabbari. 

Über  zwei  umfangreiche  Grabaulageu  der  römischen  Kaiserzeil,  die  erst 
im  Dezember  18911  frei  gelegt  wurden,  hat  jetzt  II.  Thiersch  berichtet:  //w/- 
lelin  de  In  sorirtf  arch.  (V Alexandvie  W.  Auch  hier  hat  sich  in  dem  einen 
centralen  Räume,  um  den  sich  die  Grabnischen  gruppiren,  ein  Altar  und 
ein  Wasserbehäller  für  sakrale  Zwecke  gefunden.  Die  architektonische  und 
dekorative  Ausstattung,  z.T.  in  Stuckrclief,crinnert  an  ähnliche  Details  der 
oben  genannten  Gräber. 

'  l^umpstalion  der  Compagnie  des  Eaux  ausserhalb  der  arabischen  Fe- 
stungswerke 

2  L'o  ir.  bezeichnet  die  Strassen  südlich  von  Li  ,  der  kanopisehen,  R'2  (T. 
die  Strassen  östlich  von  Ri  . 

•^  Die  bei  soIcIkm"  heimlichen  Schatzgräbcpei  überraschten  Araber  pflegen 


232  F.  NOACK 

häufiger  Orienlirungsgänge  nur  noch  einen  spärlichen  Rest 
von  L2  finden  ,  der  offenbar  die  Stelle  einer  mahmoudschen 
Sondirung  bezeichnet  ^ 

Auf  Grund  unserer  Beobachtungen  füge  ich  hinzu,  dass  die 
llauptstrasse  Ri  sich  bis  auf  die  Halbinsel  Lochias  (K2)  fort- 
setzte, wie  es  Mahmoud  wol  annahm. aber  nicht  durch  Grabun- 
gen feststellte.  L«  (Mahmoud  unbekannt)  setzte  sich  über  Ri 
nach  Westen  fort:  Reste  des  Pflasters  sind  an  dem  steilen  Ab- 
stura  der  Küste  mehrere  Meter  über  dem  Meer  (und  über  den 
Fundamenten  K3),  zwischen  R2  und  R3  nocli  sichtbar.  Das 
Strassenpflaster  an  der  Küste  zwischen  Ri  und  R'2  (A^l )  kann 
nur  von  einer  weiteren  Längsstrasse  L5  .  die  Mahmoud  nicht 
kennt,  herrühren,  die  von  L\  etwa  so  weit  nach  Norden  ent- 
fernt war,  wie  die  Zwischenstrasse  südlich  von  L'3  von 
dieser. 

Es  geht  aus  der  Konstruktion  dieser  Strassen  (vgl. 
die  Durchschnitte  auf  Taf.  11)  hervor,  dass  sie  sämtlich  zu 
demselben  einheitlichen  Strassennetz  gehörten,  das  also  auch 
das  Quartier  der  Königspaläste  unerbittlich  überzog.  Die  Stras- 
sen dieser  Anlage  waren  gepflastert.  Mahmoud  hat  in  seinem 
Memoire  S.  28  die  Pflasterung  kurz  beschrieben  :  ce  sont 
des  blocs  noirs  ou  f^risdlres  dune  vingtaine  de  Centime- 
tres  d'epaisseur  sur  une  longneur  et  une  largeur,  qui  ca- 
nent  de  30  ä  50  ctrs  ....  tres  compactes  et  fort  du  res. 
Dabei  darf  man  jedoch  nicht  an  irgendwie  regelmässig  be- 
hauene  Steine,  am  wenigsten  an  einen  regelmässigen  Plalten- 
belag  denken.  Es  sind  vielmehr  ganz  unregeirnässig  hehauene 
Blöcke,  die  an  der  Oberfläche  zwar  einigermassen  geglättet 
sind,  zusammen  aber  ein  keineswegs  immer  sehr  ebenes  Pfla- 


dann  ihrem  Unbehagen,  heobachtcl  zu  werden,  dadurch  Ausdruck  zu  ge- 
hen, dass  sie  einen  höchsl  harsch  und  |)oli^eimäs^ig  anfahren,  was  man 
hier  zu  suchen  hahe. 

♦  In  den  zahheichen  Schichten  unter  diesem  l^naster  waren  viele  Vasen- 
scherhen,  auch  einzelne  Stückchen  sog.  iigvplischcn  Porzellans  sichtbar. 
Auf  dem  PHaslrr  erhohen  sich  weitere  Schichten, unmitlell»ar  darauf  lag  ein 
Estrich  aus  Zicgclhiockcn  und  Mörtel. 


NEUE   UNTEHSliCHUNGEN    1 


alexandhibn 


sler  abgeben  ;  von  Testem  Geillicliem  Anscliluss  kann  niclit  die 
Rede  sein:  sie  werden  eben  so  diclil  aneinander  gefugt,  als  es 
die  noldüiflige  liearbeiUing  der  Kanten  gestaltet.  Das  Volu- 
men der  Steine  ist  sehr  verscbieden  unti  in<ig  sich  im  Durcb- 
scbnill  in  den  von  Malimuud  angegebenen  Grenzen  halten. 
Nur  die  Dicke  lässt  sieb  nicht  auf  einige  20  Centimeter  be- 
schranken; gar  manche  lllöeke  sind  bis  zu  35  und  4fl'"  dick. 
Sie  haben  überbauiiL  keine  einheitliche  UnterHüche  und  wer- 
den je  nach  deren  zackiger  oder  ebener  Form  mehr  oder  we- 
niger in  die  künsUiche  StrassenheLtung  eingesenkt  Diese  Art 
der  Itebundlung  erklärt  »ich  aber  durch  das  Material,  das.  wie 
erwähnt,  der  Dauerhaftigkeit  wegen  aus  den  hattesten  Gestei- 
nen (Basalt  und  harter  Kalkstein)  gewählt  ist.  die  man  nur 
soweit  bearbeitete,  als  unbedingt  nötig  war. 

Spuren  von  iladgeieiaen  haben  sich  nicht  nachweisen  lassen, 
Vüllig  undeutlich  bleibt  bei  Mabmoud,  das»  dieses  mäcli- 
tige  Pllaster  an  den  Seiten  fest  eingefasst  war  durch  eine  un- 
unterbrochene Reibe  oblonger  Quadern.  Denn  aus  seiner  l<]r- 
nähnung  der  deu.r  bords  du  pm^nge  ist  keine  klare  Vor- 
stellung zu  gewinnen.  Wo  wir  diese  Pllastergienze  noch  an 
alter  Stelle  fanden,  liegt  sie  entweder  [D\ ,  !i»  ,  K\ )  in  nahezu 
ganzer  Hohe  über  dem  Strassen nivcau  und  bildet  einen  er- 
höhten Hand,  oder  ihre  Oberiläclie  liegt  im  Niveau  des  Ptla- 
fiters  {J,  N's):  wo  sie  etwas  tiefer  liegt,  ist  eine  nachträgliche 
Senkung  anzunehmen.  Die  einzelnen  Quadern  sind  nicht  alle 
gleich  lang  (().8(>-l  ,3.V"J ;  ihre  Breite  betragt  stets  0,50-0, 55™. 
ihre  Höhe  0,30-0.35'".  Das  Material  ist  entweder  einfacher 
Kalkstein  von  Mex  (iVs,  Bi)  oder  Nummulilenkalk  vom  Mo- 
kattain  (/,  B\).  Einer  der  Grenzsteine  in  J  zeigte  an  der  Un- 
terQüche  zwei  rechteckige  Dübellücber,  halte  also  vorher  schon 
anderweitige  Verwendung  gehabt. 

Sehr  wichtig  war  eine  Revision  der  Strassen  breiten.  Da 
in  /  der  grössere  nörriliehe  'feil  der  Strasse  durch  die  Fe- 
stungsmauer zerstört  war,  und  auch  in  B\  keine  Aussicht 
war,  die  jenseitige  ( östlictip)  Strasseiigrenze  noch  zu  finden, 
wurde  der  Quergraben  B-i  begonnen  und  in  diesem  nach  we- 


fi 


234  r.  NOACK 

nigen  Tagen  die  Strasse  R3  in  ganzer  Breite  mit  der  beidersei- 
tigen Kalksteingrenze  gefunden  (vgl.  Fig.  4).  Die  genaue  Breite 
des  Pflasters  innerhalb  der  Grenzsteine  beträgt  hier  5,55",  mit 
denGrenzquadern  zusammen  6,65'";  letztere  sind  hier  also  je 
0,55™  breit.  Mahmoud  giebt  als  Breite  der  Nebenstrassen  7" 
an.  Bei  der  Hauptstrasse  gelten  seine  Masse  für  das  Pflaster 
innerhalb  der  Grenzsteine;  wollte  man  für  die  Nebenstrassen 
dasselbe  Verfahren  annehmen  ,  so  würde  der  Widerspruch 
(5,55'"  statt  1"")  noch  auffallender  werden.  Allerdings  weicht 
auch  an  einer  anderen  Stelle  unser  Befund  von  seinen  Angaben 
bedeutend  ab.  An  der  HauptquerstrasseRi  ,die  von  den  Palä- 
sten der  Lochias  quer  durch  die  Stadt  zu  dem  Hafen  am  Nil- 
kanal führte  und  die  sich  schon  durch  die  besondere  Breite  von 
[^"'entre  les  deux  bords  du  //at'ag^^?  auszeichnete,  hebt  Mah- 
moud noch  eine  weitere  Eigentümlichkeit  hervor.  Sie  zeige 
nämlich  zwei  Teile  du  meme  niveau  et  d'egale  largeur,  de- 
ren östlicher  gepflastert  war,  wie  die  anderen  Strassen,  also 
als  Pahrstrasse  diente,  während  der  westliche  nur  chaussirt 
war :  er  zeigte  une  sorte  de  magonnerie  composee  de  chaux^ 
de  terre,  de  petUs  cailloux  et  de  petits  niorceaux  de  moäl- 
Ions.  Getrennt  seien  beide  Teile,  Reit-  und  Fahrweg  durch 
einen  1'"  breiten  Humusstreifen  ;  es  habe  hier  also  gewiss  eine 
Baumreihe  gestanden*.  Kine  Nachprüfung  dieser  Angaben, 
die,  soweit  ich  sehe,  allgemein  angenommen  worden  sind  und 
bereits    zu   mancherlei   Schlussfolgerungen    geführt  hatten^, 


'  Mahmoud.  Mhnoire  S.  23,  jetzt  auch  citiit  von  Botli,  Le  Plan  de  la 
ville  d' Alex a mir ie  S.  1. 

2  Bulti  z.  B  a.a.O.  S.  2  verglich  damit  Strabons  Worle :  anaaa  jisv  oiSv 
(:cdXi()  oBoI;  xaTaTe[iv7]Tai  innrjXaToic  xai  ap(xaT7)XaToi;  und  scliioss  daraus,  und 
weil  die  Hauplquerslrasse  über  ein  Plelhron  breil  gewesen  wäre  (  Slra- 
bon  ),  dass  diese  von  Mahmoud  feslgestellle  Strasse  sich  von  den  übrigen 
Strassen  nieht  ausgezeichnet  habe,  und  er  giebt  infolgedessen  allen  Ne- 
benstrassen auf  seinem  Plane  dieselbe  Breite,  d.  h.  1.5,43"  einschliesslich 
der  Trottoirs  —  ein  willkürlicher  Schluss,  der  schon  durch  unseren  Befund 
in  II  widerlegt  wird.  Ausserdem  setzt  schon  (Caesars  Bericht  l)ell.  civ  3,H2,7 
enge  Gassen  im  Bruchium  voraus.  Die  Nebenstrassen  in  Friene  sind  nur  4" 
breit  (Arch.  Anzeiger  18H7  S.  181  ),  die  Hauptslrassen  0  •  7"».  Eine  Sirasse 
im  Piracus  ist  14  -  15"  breit  ( in  dieser  Zeitschrift  IX  S.  281  ). 


NEUI^   UNTEEIHUCHUNGEN   I\   ALRXAMDRIEN  23o 

niuBSte  sich  daher  besondei's  interessant  gestalten.  Nachdem 
die  Grabungen  in  Nt-i  zu  keinem  Ergebniss  geführt  halten, 
wurde  der  Graben  JVh  begonnen  und  schon  nach  wenigen 
Stunden  dasStrassenpflaster  erreicht  (vgl.  Fig.  2.  3).  Aber  das 


Fig   5.—  Öchnitl  durcli  Sliasse  Ri  in  N. 


1:  200 


''^-^ 


Fi)C.  3.—  Plan  der  Strasse  Ri  in  ,V. 


Pflaster  hat  hier  nur  eine  Breite  von  '4,7".  obwol  es  in  ganzer 
Brette  erhalten  ist.  Denn  erhallen  ist  zunächst  auch  die  west- 
liciieGrenzsteinlinie  mit  0,50'"  breiten  und  0,30-0,35'"  hoben 
.Quadern.  Auf  der  Oslseile  Teblen  zwar  diese  Grenzsteine.aber 
duB  Pflaster  hört  in  einer  so  scharfen,  der  westlichen  Grenze 
genau  parallelen  Linie  auf.  dass  fiir  mich  kein  Zweifel  war, 
dass  sich  in  dem  mit  lockerem  Schutt  gelullten  Räume  dane- 
ben einet  eine  gieiclie  Steinsetzung  befunden  habe.  Für  die- 
ses Pflaster  würde  sich  dann  eine  Gesamtbreile  von  5,7™  (ein- 
schliesslich der  Grenzsteine)  ergeben.  Diese  Annahme  findet 
dadurch  ihre  Bestätigung,  dass  der  für  die  östliche  Steingrenze 


?36  F.'  NOAGK 

verfügbare  Raum  überhaupt  nicht  viel  breiter, höchstens 0,75-- 
0,80"*  breit  ist.  Dann  folgt  schon  wieder  ein  fester  Estrich,  der 
selbst  das  Niveau  des  Pflasters  erreicht,  und  der  nach  Westes 
d.  h.  nach  dem  Pflaster  zu,  noch  etwas  breiter  gewesen  sein 
kann.  Es  ist  also  in  der  That  nur  der  Platz  für  die  Grenz-^ 
steine  frei,  der  vermutlich,  als  man  diese  herausriss,  ostwärto 
durch  Verletzung  der  ursprünglich  anstossenden  Estriebschiebt 
etwas  verbreitert  wurde.  Auch  deren  äussere  Begrenzung  dureb 
Quadern  ist  zerstört  worden.  Der  Estrich  Hess  sich  nämlieh 
bis  zu  einer  Breite  von  7,3'°  verfolgen  ;  hier  schloss  er  in  ge« 
rader,  der  Strassengrenze  paralleler  Linie  ab,  weiterhin  faod 
sich  nur  lockei*er  Schutt.  Zu  der  Annahme,  dass  der  geradli- 
nige  Abschluss  auch  hier  durch  eine  ursprünglich  vorhandene 
Grenzsteinsetzung  seine  Erklärung  finde,  glaube  ich  durch  den 
Fund  bestand  auf  der  Westseite  der  gepflasterten  Strasse  be* 
rechtigt  zu  sein.  Denn  dort  stösst  unmittelbar  an  die  Grenz- 
quadern  ein  gleicher 'Estrich  an,  der  nach  einer  Breite  v<m 
5,75"*  selbst  wieder  durch  eine  0,55"*  breite  Quaderlinie  eb-^ 
geschlossen  ist*.  Beide  Estrichsti*eiren  steigen  vom  Niveau  der 
gepflasterten  Strasse  (5,1*8*°)  nach  aussen  zu  gleicher  Höbe 
(5,38"*  bez.  5,40'"  übei*  dem  Meere)  an.  Also  ein  Fahrweg  mit 
Pfl::8ter  in  der  Mitte  und  links  und  rechts  je  ein  leicht  an- 
steigender, chaussirter  Weg:  das  scheint  doch  eine  zu  ein- 
heitlich erdachte  Anlage  zu  sein,  als  dass  sie  durch  die  un- 
gleiche Breite  der  beiden  Nebenwege  6,3"  bez.  7,3°  (mit 
Quadergrenze  7,8"*)  unwahrscheinlich  gemacht  werden  könnte. 
Übrigens  würde  auch  das  Pflaster  als  östliche  Hälfte  zusam- 
men mit  der  chaussirlen  westlichen  Hälfte  (12™)  hinter  dem 
mahmoudschen  Masse  bedeutend  zurückbleiben  ^. 


*  Hier  habe  ich  unter  den  Estrich  hinunter  gegraben  (im  Durchschnitt 
Fig.  2  ist  durch  liellere  Schraflirung  der  ausgegrabene  Teil  angedeutet): 
die  stufenartigen  Quadersetzungen  an  der  Weslgrenzc,  die  sich  unter  dem 
Estrich  fanden, weiss  icli  nicht  zu  erklären. 

'  Noch  weniger  freilich  stimmt  dazu  Strabons  Breilcnangabe  (  793) :  über 
ein  Plethron  breit.  Nur  in  der  relativ  grösseren  Breite  im  Vergleich  zq 


Eine  Ubei-eiiistiin<niing  mit  Malimoiuls  An^ulte  liisst  sich 
I  also  auf  keinen  Fall  erzielen.  Auch  der  von  ihm  zwischen  Plla- 
ster  und  wesllieliem  Kstricli  gefundene  '  llumusslreifen'  lässt 
sicli  nielit  finden.  Dei-  Beton,  auf  dem  das  Pflaster  ruht,  setzt 
sich  nämlich  ununterhroclien  nach  Westen  undOslen  Tort, 
so  dass  nirgends  eine  genügende  Wui'zeltipfe  für  Büume  vor- 
handen wäre.  Es  lileihl  dalier  nur  die  Vermutung  übrig,  dass 
IMuhmoud  bei  seinen  Sondirungen  auf  Stellen  traf,  wo  die 
westlichen  Grenzquadern  des  Pflasters — gleichwie  in  JV-,  die 
ostlichen  — geraubt  waren  und  der  so  enlslandene  leere  Uaum 
mit  lockerer  Krde  gehillt  erschien.  In  derStrassenmitte  mochte 
er  eine  Begrenzung  mit  Quadern  für  überflüssig  und  die  an 
ihrer  Stelle  vorgefundene  Füllung  fiir  einen  beabsichtigten 
'llumusstreifen'  halten.  Auf  die  Baumallee  müssen  wir  also 
verzichten  ! 

Versuchen  wir  schliesslich  noch  die  bei  der  Untersuchung 
gewonnenen  thatsäcliliclien  Masse  mit  den  antiken  Massen  zu 
vergleichen,  so  ergieht  sich,  dass  nur  der  italisch-makedoni- 
sche Fuss  (0,'275  hez.  0,27T")  in  Betracht  kommen  kann. 
Ich  stelle  die  Masse  aus  B-i  und  Nj  zusammen  : 

l|  Hl  Bt'fLiiid :        OrenMleiii        Pnaater        Grenzstein: 

0.55     +        5,55     +  0,55        =  V-.Hb- 

in  Füssen  lu  U,1'75:  3i0,53|  +  Mla.JO)  +  ■2l0,55[  =(6,li(t»  1  S;' 
in  Füssen  tu  0,277:      2l0,55<)  -\-   20(5,54)  -f         2|Ü,554)      =  (0.648«  |  24 ' 

5)  Ift  Befund : 
Greuislein  Estricli  Orenzsl.  Pflaster  |0reni8t,|  Eslricli  (Grenz.it.) 

0,55    +5.75    +0,5    +  *,7    +  (0,55) -»- 7,25  +  10,55)  r=  19,85" 
in  Füssen  zu  0.275- : 

2(0.551     2l|5,775l  2|0,55)     iHi.SK)  2(0,55)     26(7,151    2(055)  =(19,80)72- 
in  Füssen  zu  0,977-  : 
2i0,55i)  2115,817)  2(0.554)  17(4.709)  2)0..55M  36(7,302)  2(ö,55i|=)19.944)79' 

Diese  nahezu  völlige  Übereinstimmung  scheint  mir  wenig- 
stens soviel  zu  beweisen,  dass  das  Fundergebniss  in  N^  für 
sich  bestehen  kann,  bestätigt  aber  auch,  dass  Erdmann  [Zur 
Kunde    der    hellenistischen    Slüdtegründungen  ,    Sirassburg 


den  andern  Parallelslrassen  liegt  die  Ubeieiustiinm 
Wert  ist. 


i 


238  F.   NOACK 

1883,  S.12ff.)  Mali moud  gegenüber  Recht  beliält,  und  weder 
der  griechische  noch  der  philetärische  Fuss  in  Frage  kom- 
men. Unerklärt  bleibt  freilich,  weshalb  die  Breite  der  beiden 
Seitenwege  so  ungleich  ausgefallen  sein  sollte.  Schon  darum 
wäre  eine  Nachprüfung  des  Befundes  an  einer  oder  mehreren 
anderen  Stellen  derselben  Strasse  sehr  wünschenswert  gewe- 
sen. Leider  hat  sich  gerade  auf  dieser  Strecke  in  den  letzten 
Jahrzehnten  so  vieles  verändert,  dass  die  Zahl  solcher  Stellen 
sehr  beschränkt  ist.  Um  so  mehr  war  zu  bedauern,  dass  die 
Untersuchung  an  einem  Punkte  im  südlichen  Stadtteil,  zwi- 
schen L'3  und  L'4  ,  wo  noch  obendrein  der  antike,  noch  heule 
in  Gebrauch  befindliche  Süsswasscrkanal ,  der  die  Ostseite 
von  Ri  begleitet,  sichtbar  ist,  an  dem  Einspruch  des  Besitzers 
des  Terrains  scheiterte.  Die  Controlle  kann  hofTentlich  unter 
günstigeren  Verhältnissen  nachgeholt  werden. 

Wir  wenden  uns  zu  dem  Strassenkörper  unter  dem 
Pflaster  (vgl  Taf.  11)  Die  Grenzquadern  ruhen  auf  ei- 
nem nicht  immer  gleich  starken  Füllwerk  aus  Bruchstei- 
nen. Die  Pflastersteine  selbst  sind  in  einer  loseren  Anschüttung 
(Beton)  von  Erde  und  kleinsten  Steinbrocken  gebettet,  die 
aber  nur  soweit, als  zu  diesem  Zweck  gerade  nötig  ist,  hinab- 
reicht. Unmittelbar  darunter  beginnt  eine  Reihe  fester  weis- 
ser Schichten,  die  durch  verschieden  hohe  Auflullungen  aus 
Erde,  Scherben,  Ziegel-, Marmor  und  Sleinbroeken  von  einan- 
der getrennt,  in  beträchtliche  Tiefen  reicht:  in  /  bis  1,2"*  un- 
ter das  Pflastern iveau,  in  B'i  wurtlen  sie  wenigstens  ebenso 
weit  verfolgt.  Diese  weissen  Schichten,  deren  Dicke  nicht  im- 
mer dieselbe  ist  \  bestehen,  wie  schon  erwähnt,  aus  Kalk- 
stein von  ]Vlex,der  offenbar  in  Brocken  aulgeschichtet  und, viel 
leicht  unter  Zusatz  von  Wasser,  zu  einer  sehr  dichten  und 
steinharten  Masse  zusammengestampft  ist^.  Er  ist  ganz  rein 


'  Sie  bewegt  sich  zwischen  3-r)<='»  und  10  15"°;  in  Ih  sechs  und  in  J  fünf 
dickere  und  ausserdem  mehrere  dünnere  .^chieliten. 

2  Ähnlich  konslruirl  war  die  Hauplslrasse  in  l^^rene  {  Merckel,  Ingeni- 
curlechnik  im  AlterUim  S.  439). 


NEUE  UNTERSUCHUNGEN  IN  ALEXANDRIEN  239 

und  unvermiscilt ;  nur  selten  ist  einmal  eine  V^asenscherbe 
oder  ein  Stückchen  bemalten  Kalksteins  hineingeraten.  Diese 
künstlich  hergestellten  Schichten  dürfen  also  nicht  mit  den 
vielen  z.T.  ausserordentlich  dünnen  Schutt-  und  Ablaj'erungs- 
schichten  verwechselt  werden,  die  man  z.  H.  am  Absturz  der 
Küste  Studiren  kann.  Andererseils  ist  es  undenkbar,  dass  eine 
derartige,  mitunter  über  4'"  hohe  künstliche  Schichtung  einzig 
nur  wegen  der  grossen  geptlasterten  Anlage  hergerichtet  wor- 
den sei.  Es  muss  vielmehr  von  vornherein  angenommen  wer- 
den, dass  man  zu  verschiedenen  Zeiten  den  Strassendamm  er- 
neuert und  soweit  nötig  angeliöht  habe.  Auf  einer  Unterlage 
von  Schutt-  und  Füllmasse  wurde  in  der  nun  einmal  übli- 
chen Weise,  die  man  übrigens  noch  heute  in  Alexandrien 
anwendet,  der  feste  Estrich  aus  Steinbrocken  bereitet.  Er 
hat  Jahrhunderte  lang  als  Strassen belag genügt,  bis  man  end- 
lich einmal  über  dem  stark  emporgewachsenen  Terrain  einen 
durchgreifenden  Strassenneubau  mit  Pflaster  und  Grenzsteinen 
vorgenommen  hat.  Mahmoud  nennt  diesen  römisch,  weil  er 
1"*  und  mehr  über  dem  sol  primitif'\\^^^  und  von  diesem  in 
den  nordöstlichen  Stadtteilen  durch  de  la  terre  de  demoliüon 
getrennt  sei.  Wenn  wir  heute  sicherer  urteilen  können,  so  ist 
das  durch  die  Untersuchungen  in  B  und  J  ermöglicht  wor- 
den. Dort  liegen  nämlich  in  der  Tiefe  auf  beiden  Seiten  des 
Strassenkörpers  die  Reste  mehrerer  Bauperioden  übereinander. 

4. 

Der  Thutbestand  ist  folgender  (vgl.  Taf.  11  und  Fig.  4). 
1)  B\  westlich  von  der  Strasse  R3 : 

a)  Auf  einem  Abhang  des  natürlichen  Felsbodens, der  nach 
Norden  ansteigt,  liegen  die  spärlichen  Reste  eines  grossen  Ge- 
bäudes (flf,  im  Plan  kreuzweise  schraffirt);  der  Fels  ist  für  die 
Aufnahme  einzelner  Quadern  erst  geglättet  worden.  Conti- 
nuirlich  erhalten  ist  ein  Mauerzug,  der  auf  1 1,5'"  freigelegt  ist; 
nordwärts  setzt  ersieh  in  dem  etwa  7"*  hoch  anstehenden  Erd- 
reich fort.   Am  südlichen   Ende  biegen   einige  Quadern   im 


I'"ij,'.  4.— Plan  vuii  Ih  uiiil  üi  . 
(Querschnitt  s.   auf   Taf,   II.  unlen). 


I 
I 


NEUE   ÜNTBIISUCHUNOEK   IN  ALESANDÜIEN  2H 

rechten  Winkel  nach  Westen  um  und  zu  diesen  parallel  und 
etwa '2,5'"  sudlicli  von  ihnen  liegen  noch  mehrereQuadern  '  in 
zwei  Schichten  übereinander  an  ihi-er  Stelle.  In  diesem  2,5"' 
breiten  Haume  steigt  der  dreifacli  abgestufte  Felsboden  \on 
6,ijy  zu  7,11'"  ubei'  dem  Meere.  Offenbar  lagen  hier  weitere 
Quaderaelzungen.  so  dass  einst  ein  sehr  massives  Mauerwerk 
steh  hier  erlioben  haben  mnss.  Die  Erklärung  fur  die  fast 
gänzliche  Zerslürung  gieht  ein  grosser  Stollen,  den  man  von 
Süden  her  gerade  in  das  Massiv  dieser  Mauer  gelrieben 
hat  —  wol  zur  Zeit  eines  l'rülieren  Festungsbaues.  Was  da- 
bei ausser  den  südlichsten  Quaderseizungen  von  der  Mauer 
erhalten  blieb, ist  jener  Mauerzug  auf  dem  noch  weiter  bis  zu 
H,-i'i"'  Meereshöhe  ansteigenden  Felsboden,  ür  besieht  heute 
aus  einer  Ausgleichäscliiclit  von  Steinen  verschiedener  GrÜBse 
und  Hübe  und  drei  bez.  vier  darüber  geschichteten  Lagen  von 
hochkantig  gestellten  Ltlöcken  mit  starker  Huslica.in  scharfem 
\erbandlosem  Anschtuss.  So  derb  die  Wandiläche  erscheint, 
Bo  kann  sie  doch  nicht  zu  einem  lief  hinahgefülirten  und  ur- 
spriingiich  im  Boden  verborgenen  Fundament  gerechnet  wer- 
den: dass  sie  sichtbar  war,  geht  aus  einer  Abarbeitung  her- 
vor, die  an  einem  Teil  der  Rustica  (bei  a)  einmal  vorgenom* 
men  war.  Die  so  gewonnene  glatte  Fläche  war  leicht  gerillt, 
um  als  Grund  für  eine  dünne  Sluckverkleidung  zu  dienen, 
die  einfarbig  blaugrün  bemalt  und  unten  mit  einem  10™  brei- 
ten roten  Streifen  sockelarlig  geschlossen  worden  ist. 

b)  In  diesem  Zustande  der  Zerslörung,wie  ersieh  lieutenoch 
zeigt  ^,  muss  sich  die  Mauer  befunden  haben,  als  das  nächste 
grössere  Gebäude  von  Osten  her  an  sie  angebaut  wurde,  im 
gleichen  Niveau, auch  auf  dem  gewachsenen  Felsen  {0.  im  Plan 
einfach  scbrallirt),  Dass  es  jünger  ist  als  jene  Mauer,  ist  zwei- 
fellos :  die  Querwände  stossen  an  die  alte  Mauer  nur  an, ohne 

'  l-l.l^  lang,  l),50-ll.5j'»  lirt-il  uiiU  (1,37-OJI*" ,  die  oberste  Schicht 
Ü.Ö'IS-  hoch. 

*  Die  oben  erwähnte  Zerstörung  durch  Raubbau  hat  nur  die  vreütlichen 
ujid  südlichen  Muuerslücke  Kcli'oH'eii  und  kommt  lür  das  Übrige  nichl  wei- 
ter in  Betracht. 

ATHEN.   MITTHEILUNGEN    XIV.  16 


!^42  F.   NOACK 

einzubinden ;  ausserdem  setzt  sich  der  erwähnte  Stuckbelag 
hinter  der  einen  Querwand  fort,  war  also  vor  dieser  schon 
vorhanden.  Da  ferner  der  Überrest  des  älteren  Mauerwerkes 
auf  eine  sehr  starke,  massive  Anlage  schliessen  lässt  und  die 
Zerstörung  seiner  oberen  Teile,  die  der  zweite  Bau  voraus- 
setzt, eine  sehr  gründliche  gewesen  sein  muss,  wird  zwischen 
der  Errichtung  beider  Anlagen  eine  beträchtliche  Zeit  ver- 
strichen sein.  Dazu  kommt  die  ganz  andersartige  Konstruk- 
tion des  Gebäudes  der  zweiten  Periode.  Dessen  Fundament 
wird  von  kleinen  regelmässig  geschichteten  VVürfelsleinen ' 
gebildet  mit  ziemlich  starkem  Verband^  aus  reinem  Lehm 
und  Sand,  die  zugleich  bei  dem  stark  ansteigenden  Boden  als 
Ausgleichsschichten  dienen.  Darauf  liegt  eine  durchgehende 
Quaderschicht  von  0,5'"  Höhe  und  0,8"  Breite.  Ihre  obere 
Fläche  (8,27-8,29'"  über  dem  Meere)  bezeichnet  auch  die 
Höhe  der  (einmal  erhaltenen)  Thürschwelle  und  die  Fussbo- 
denhöhe  der  einzelnen  Räume  des  Gebäudes.  Die  etwa  0,1" 
hinter  der  Flucht  der  Sockelquadern  aufgehende  Wand  hdl 
die  Stärke  einer  durchgehenden  Quader.  Die  einzelnen  Wände 
sind  nahezu  gleich  dick^;  auch  die  Höhenmasse  der  einzelnen 
Schichten  unterscheiden  sich  kaum  voneinander^;  die  letzte 
ren  bleiben  meist  ein  wenig  unter  dem  Zweifachen  des  itali- 
schen Fusses,  die  Breitenmasse  stehen  z.  T.  ein  wenig  darüber. 
Doch  können  wir  nach  dem  ganzen  Charakter  des  Gebäudes 
keine  bis  auf  die  kleinsten  Masse  exakte  Technik  verlangen 
und  dürfen  daher  wol  sagen,  dass  im  allgemeinen  auch  hier 
der  italisch- makedonische  Fuss  als  Kinheit  erscheint. 

Das  Material  ist  Kalkstein  von  Mex.  Die  Quadern  schlies- 
sen mit  ganzer  FIcäche  und  ladellosen  Fugen  aneinander, ohne 
jeden  Verband.  Sowol  aussen  wie  innen  sind  sie  mit  einem 
dünnen  Verputz  überzogiMi,  der  durchschnitilich  5"""  dick  ist, 


*  Höhe  0,18-0,19™  .  Vgl.  Taf.  II  unlen.  Gleiche  Masse  und  Technik  bei 
einem  Mauerresl  in  G  (  s.  u. ). 

2  Dicke  0,01  -(KOlo«». 

3  Je  einmal  0,5'),  0,57,  0,585  und  O,!'»«! . 

*  0,/47-0,i8;  0,i9-(),50;  0,50'". 


NEUE    UNTEIISUCHUN6EN   IN  ALEXaNDRIEN  243 

im  Bruch  weiss,  ohne  Spur  von  rotem  Ziegelstaub;  blassblaue 
Farbspuren  erinnere  ich  mich  nur  an  einer  Stelle  gesehen  zu 
haben.  Wo  der  Verputz  fehlt,  ist  der  zu  seiner  Aufnahme 
durch  schwache  Killen  hergerichtete  Mauerkern  sichtbar. 

Das  Gebäude  ist  am  stärksten  im  Süden  zerstört,  und  zwar 
offenbar  durch  neueren  Raubbau.  Auch  die  Nord-Ecke  hat  un- 
ter einem  Raubstollen  gelitten.  Die  Fortsetzung  des  Baues 
aber  muss,  ebenso  wie  die  des  älteren  Mauerzuges  in  der  Erd- 
masse im  Norden  gesucht  werden.  Von  der  Plananlage  zu  er 
kennen  ist  ein  grösserer  Raum  (7,85'"  zu  4,8'")  und  minde- 
stens drei  kleinere  Gemächer.  V^on  den  Thüröffnungen  sind 
zwei  (ij/,  (i>)  mit  den  beiderseitigen  an  die  VVandquadern  an- 
gearbeiteten Laibungspfosten,  Thüranschlag  und  Riegelbalken- 
löchern 1"'  bez.  1,5'"  hoch  über  der  Schwelle  erhalten;  von 
einer  dritten  nur  geringe,  aber  sichere  Reste.  Ob  die  fast  15™ 
lange  Ostmauer  Aussenmauer  war,  wird  dadurch  fraglich, 
dass  gegenüber  der  Thür  des  grössten  erhaltenen  Raumes  an 
der  Aussenwand  ein  schwächerer  Thüranschlag  (6)  gleichfalls 
aus  der  VVandquader  herausgearbeitet  ist.  Da  das  Gebäude 
mit  dieser  Langseile  nahe  der  Strasse  lag,  liesse  sich  höch- 
stens eine  Parallelmauer  dicht  bei  der  erhaltenen,  d.  h.  ein 
langer  schmaler  Corridor  mit  einem  Zugang  an  dieser  Stelle 
annehmen,  wenn  nicht  ein  grösserer  Teil  des  Gebäudes  ei- 
ner erst  nachträglich  angelegten  Strasse  zum  Opfer  gefallen  ist. 

Kleinere  Reparaturen  und  Einbaulen  können  in  diesem  Be- 
richte übergangen  werden.  Nur  eine  stärkere  Veränderung  be- 
dari  der  Erwähnung,  weil  sie  für  eine  längere  Benutzung  die- 
ses Gebäudes  spricht.  Den  mittleren  Teil  hat  nämlich  ein  Ge- 
werbetreibender mit  Anlagen  zu  Wäschereien  oder  dergleichen 
versehen  (Fig.  5.  6).  Zwei  Thüren  (^,  <i>)  sind  zugemauert, 
vor  der  dritten  eine  (Querwand  x  gezogen,  an  zwei  Stellen  sind 
in  die  Quaderwand  flache  Nischen  {y,yi  )*,  eine  davon  {y)  bis 
zum  Boden  reichend  2,  eingehauen  worden.  Dieser  letzteren 


*  Die  kleinere,  apsisarlige  (  Fig.  ü,*/i  )  bal  vor  sich  einen  kleinen  Trog. 
2  1,03«  hoch,  0,63  breit,  0,52  lief. 


^44 


F.   NOACK 


gegenüber  ist  ein  kleine»  Bassin  (r),  0,5""  hoch*  aus  Brocken 
dicker  Thongelässe  aufgemauert.  Der  Boden  vor  der  Nische  ist 
erhöht  und  ist  ebenso  wie  deren  untere  Hälfte  und  das  Innere 
des  Bassins  mit  einer  dicken  Schicht  hydraulischen  Mörtels 
überzogen.  Zwischen  den  beiden  zugemauerten  Thüren  ist  der 


Fig.  5.— Durchscliiiill. 


I'it;:.  li. —  Gnindriss. 

Kiiihaulcii   in  iler  2.  Bauporiode  von  //  I    (durch  liorizonlale 

SchralVirung  hervorgeliobon ). 


Boden  fast  0,5™  liefer  gelegt,  zwei  Stufen  führen  hinab,  und 
an  den  westlichen  Thürpfeiler  der  südlichen  Thür  ist  eine 
dünne  Querwand  (tr)  angebaut, die  nur  eineO,  4'"  schmale  Thür- 


'-  0,86"»  zu  0,5i. 


iEUE  UNTEBSltCHl 


•I  ALEXANDHIÜN 


Öffnung  nach  dem  kleinen  Naclibarraum  freiliissl.  Dieser  isl 
durch  den  weiteren  lüinhau  eines  kleinen  (3assins  Ui  )'.  Iiinlec 
der  oben  erwälinLen  gnisseren  Nische,  noch  verengert  wor- 
j  den  Doch  ist  das,  wie  sich  aus  der  Abfolge  der  verscliiedenen 
StuckBchichlen  ergiebl,  hereils  wieder  eine  nachträgliche  Ver- 
änderung der  ersten  Einbauten.  Auch  hier  ist  der  Boden  und 
der  Fu89  der  Wände  z.  T.  mit  demselben  rötlichen  Mörtel 
tiberzogen,  alle  übrigen  Wandtläehen  mit  einer  zweifachen 
-3-3"""  dicken  Sluckschicht  (i').  die  jetzt  weiss  erscheint  Nur  da. 
wo  diese  bei  dem  Abschluss  des  zuletzt  erwähnten  Bassins  mit 
hydraulischem  Mörtel  tiberstrichen  war,  hat  sie  eine  dunkle 
graublaue  Farbe  bewahrt.  Auf  beiden  Sluckschiciilen  sind 
durch  scharfe,  in  den  noch  weichen  Stuck  gezogene  Linien 
Quadern'  imitirt:  die  obere  Schicht  ist  also  bereits  eine  Re- 
paratur der  ersten  darunter  befindlichen  und  geht  andrerseits 
selbst  wieder  der  iMnftigung  des  letzten  Bassins  (::|)  zeitlich 
voraus.  Irgend  welche  Spuren  von  Ab-  und  Zuleitungsröhren 
sind  nicht  vorhanden. 

Als  man  derartige  Einbauten  vornehmen  konnte,  muaste 
das  Gebäude  endgültig  aufgehört  haben, seinem  ursprünglichen 
Zweck  zu  dienen. 

c)  Die  zunächst  zu  erwähnenden  iV]auei'?:üge  setzen  wieder 
eine  völlige  Zerstöiung  aller  Anlagen  der  zweiten  Bauperiode 
voraus.  Deren  siimtliche  Mauern  waren  bis  zur  dritten  bez. 
zweiten  Quaderschieht  hinab  zerstört,  als  man  darüber  ein 
neues  Gebäude  errichtete  (im  Plan  unterbrochen  schraflirl). 
Erhalten  waren  davon  nur  einige  wenige  Mauerreste,  die  wir 
im  weiteren  Verlaufe  der  Grabung  abbrechen  mussten.  Sie 
benutzten  die  älteren  Mauern  als  Fundament,  Hessen  sich  von 
diesen  aber  deutlich  scheiden,  am  besten  da,  wo  sie  auf  dem 
Mauerrest  des  ältesten  Gebäudes  a.  das  ja  auch  in  der  zwei- 
ten Periode  gedient  hatte,  errichtet  waren.  Hier  lag  zuerst  eine 
z.'l'.aus  der  Maiierllucht  beträchtlich  vorspringende  Schicht  un- 


'  0,85  lu  0,93»,  0,8  hoch. 

"  Vuu  0,24-0.-2y- Hülie  uuU  Ui-iS-O/JU-"  Uieile. 


246 


F.  KOACK 


regelmässiger  Steine  und  erst  auf  diesen  wieder  in  drei  Schich- 
ten besseres  Quaderwerk,  das  jedoch  bezüglich  der  Sorgfalt 
der  Technik  mit  den  Mauern  von  b  nicht  zu  vergleichen  war. 
Verschiedene  Quermauern  teilten  kleine  Kammern  ab.  Dar- 
unter ist  eine  Zwischenmauer  c\  bemerkenswert,  die  auf  kei- 
ner älteren  Mauer  errichtet  war  und  zu  deren  Pundamenti- 
rung  man  ältere  Baustücke  verwendet  hatte.  Diese  boten  ein 
überraschendes  Bild :  es  waren  nämlich  neben  einander  ge- 
schichtet 8  Säulentrommeln  (Durchmesser  0,42'°)  und  Pfei- 
lerstücke mit  Viertel-  und  Halbsäulen,  alle  mit  einer  kräfti- 
gen Schicht  sehr  feinen  Stucks  überzogen.  Kleine  Bohrlöcher 
und  vertikale  Rillen,  in  die  der  Stuck  beim  Aufstreichen  ein- 
drang, dienten  dazu,  ihn  auf  dem  Sleinkern  festzuhalten.  Der 
Stuckmantel  war  weiss  gemall,  nur  die  unteren  Trommeln 
und  Pfeilerstücke  waren  ganz  oder  teilweise  mit  einer  zweiten 
Stuckschicht  überzogen,  die  an  allen  gerundeten  Flächen  rot, 
an  den  ein-  und  ausspringenden  Ecken  gelb  bez.  schwarz  be- 
malt war.   In  technischer  Hinsicht  ist  interessant,  dass  durch 

ein  auf  der  Oberseite  der  Steine  eingeritztes 
Netz  paralleler  und  sich  rechtwinklig  schnei- 
dender Linien  die  für  die  Form  des  Steines 
massgebenden  Punkte  bezeichnet  waren  (Fig. 
7.  Die  eingeritzten  Linien  sind  punktirt,  die 
Stuckverkleidung  ist  schraflirt).  Ein  ähnliches 
Verfahren  liess  sich  auf  der  Oberfläche  eines 
grossen  Kapitells  korinthischen  Stilsaus  Num- 
muliten-Kalkstein  im  Einsclniilt  der  Ramleh- 
Bahn  beobachten.  Das  Gebäude,  aus  dessen 
Trümmern  diese,  an  besle  pompeianische 
Technik  gemahnenden  Bauglieder  hierherge- 
schleppt  und  verbaut  wurden. stand  gewiss  noch  unversehrt, 
als  auf  einer  seiner  Säulen  einige  Gratfiti  eingeritzt  wurden. 
Ich  vermag  nicht  völlig  sicher  zu  entscheiden,  ob  diese  so 
fundamentirte  Mauer  noch  zu  dem  Gebäude  der  dritten  Pe- 
riode gehörte,  oder  bereits  zur  folgenden,  letzten. 

d)   Denn  eine  vierte  Bauperiüde  anzunehmen  zwingt  uns  der 


1:  20 

Fig.  7. —  Pfeiler 
aus  ti  in  \l\  . 


NEUE  UNTEBSUC HÜNGEN   IN  ALEXANDRIEV 


Rest 


einer  Mauer,  i 


sich  unmitlelbar  wesllich  von  den  bisher 


erwähnten  Ruinen  von  Süden  nacli  Norden  erstreckl 


nd  ihr« 


Forlselzung  ebenfaüs  in  den  im  Norden  anstehenden  Erdmas- 
sen  hat  (im  Plan  mit  Punkten  gefüllt).  Höhenlage  und  Technik 
geben  die  Rnlscheidung  über  ihi"  V'erhiiltniss  zum  Übrigen.  Sie 
benützt  nicht  mehr  diealten  Mauerzüge. sondern  liegt  ausserhalb 
dieser  (vgl.  Taf.  II)  Ihre  sehr  flüchtige  Fundamenlirung  aus 
Bruchsteinen  reicht  kaum  tiefer  hinab, als  die  höchsten  erhalte- 
nen Wandquadern  des  vorletzten  Gebäudes:  dessen  höchster 
Punkt  ist  1 1.  \'2"'  über  dem  Meer,  jene  ragen  bis  15,68'"  auf. 
r  Dazu  ist  es  die  erste  Malier  mit  hartem  Kalkmörtelverband,  .^n 
diesem  in  breiten  Zügen  aufgetragenen  Mörtel  giebt  sich  auch 
eine  Quermauer  im  Norden  und  eine  ostwärts  gegenüber  He- 
gendeQuaderschicIit  als  zugehörig  zu  erkennen:  auch  sie  greift 
über  die  Mauern  der  älteren  Gebäude  hinaus  und  erhebt  sich  auf 
den  etwas  bi-eiteren  Grenzquadern  der  gepilasterten  Strasse. 
Eis  ist  das  erste,  Gebäude,  dessen  Ortentirung  genau 
derjenigen  der  Strasse  folgt;  es  beachtet  die  unter  ihm 
liegenden  Biiureste  nicht  mehr  und  braucht  sie  nicht  mehr  als 
Fundamente,  schon  deshalb  nicht,  weil  es  dadurch  zu  einer 
von  der  Strasse  etwas  abweichenden  Richtung  gezwungen 
worden  wäre.  Nun  sind  in  einem  Rest  massiven  Mauerwerks, 
das  seil  an  der  westlichen  Längsmauer  dieses  Gebäudes  erhal- 
len hat, über  dem  oben  genannten  Raubstollen  bei  a.  auch  noch 
zwei  Säulen-  bez.  Pfeilerstilcke  mit  bemalter  Suickverkleidung 
verbaut  worden.  Der  naheliegenden  Annahme,  dass  auch  die 
oben  erwähnte  Fundamentmauer  c\  .  in  der  die  zugehörigen 
Baustüükc  verbaut  waren,  erst  im  Zusammenhang  mit  dem  letz- 
ten grösseren  Gebäude  errichtet  worden  sei.  steht  die  viel  tie- 
fere Lage  jener  Mauer  entgegen,  lüs  bleibt  daher  das  wahr- 
scheinlichste, dass  für  dieses  letzte  spateste  Gebäude  wiederum 
die  Trümmer  der  darunter  liegenden  Schicht  benutzt  und  in- 
folgedessen auch  einzelne  der  schon  in  t'i  verbauten  alten  Bau- 
glieder in  d  zum  zweitenmal  verbaut  wurden.  Demnach  müs- 
sen wir  die  fintslehungszeit  der  genaiiiUen  Graffiti  als  vor- 


250  -      P.  NOACK 

ten  Tiergrabung  westlich  von  der  Strasse  in  B^,  vorfanden, 
können  ihrer  Höhenlage  nach  (10,261  IjOT"*  über  dem  Meere) 
nur  mit  den  Bauresten  der  dritten  Periode  in  B\  gleichzeitig 
sein. Bedeutender  sind, trotz  starker  gewaltsamer  Zerstörung, die 
Reste  auf  der  Ostseite.  Denn  sie  stammen  von  einem  stattlichen 
Quaderbau,  von  dem  noch  einige  Quadern  in  sechs  Schichten 
übereinander  erhalten  sind.  Technisch  und  nach  der  Höhen- 
lage* gehört  (las  Gebäude  noch  in  die  2.  Bauperiode.  Bei  ei- 
nem  zwischen  diesem  Gebäude  und  dem  Strassen körper  ein- 
gebauten Kanal  (i)  späterer  Zeit'  finden  wir  zum  erstenmal  in 
diesem  ganzen  Baucomplex  von  B\  und  B^  quadratische*^ 
flache  Backsteine  verwendet. 

Schliesslich  seien  noch  zwei  (oder  drei?)  Schachte  (0  er- 
wähnt, die  in  Bi  hart  an  der  Grenze  des  Pflasters  hinab  zu 
dem'  Kanal  geführt  sind  und  die  Grenzsteine  der  mittleren 
Strasse (Sj, da  sie  vor  die  Flucht  der  oberen  Grenze  vortreten, 
durchschneiden  Sie  sind  sehr  flüchtig  und  schlecht  gebaut 
und  so  durchlässig  gewesen,  dass  die  Rrd-  und  Schuttmassen 
und  die  Steine  der  nächsten  Umgebung  die  Spuren  der  Durch- 
setzung mit  den  Abwässern  deutlich  zeigen.  Da  sie  nur  zu  den 
spätesten  Bauanlagen  gerechnet  werden  können,  beweisen  sie 
wenigstens.dass  man  im  Altertum  nie  aufhörte, den  alten  Ka- 
nal in  der  Tiefe  zu  benutzen,  was  nicht,  wie  wir  gleich  se- 
hen werden,  an  allen  Stellen  der  Stadt  der  Fall  war.  Trink- 
wasser hat  man  sich  zuletzt  durch  einen  ziemlich  tiefen  *  Brun- 
nen (y))  verschafl't.  Inmitten  des  grössten  Raumes  von  Bi  war 
ein  solcher  von  quadratischem  Querschnitt  aus  kleinen  Wür- 
felquadern und  festem  rötlichem  Kalkmörtel  erbaut;  der  sau- 
ber gemauerte  Schacht  liess  sich  bis  zu '2,5'"  in  den  gewachse- 
nen Felsen  verlolgen,  wo  das  immer  wieder  stark  andringende 
Grundwasser  eine  weitere  Untersuchung  unmöglich  machte; 


*  Die  Ot>crkaiUe  der  untersten  Quader  B.OQ"  ülter  dem  Meere. 
^  Sein  Boden  liegt  erst  bei  10,28«"  Meereshöhe. 

^  0,20-0,22'»  breit  und  lang  (  s.  unten  bei  y  |. 

*  Fast  7«  tief. 


NEUE  UNTERSUCHUNGEN  IN  ALEXANDRIEN  251 

der  obere  Rand  der  Cisterne  fand   sich  schon    im  Niveau  des 
obersten  Gebäudes  d  ( 11,79'°  über  dem  Meere). 

Die  Beobachtungen  in  B  gestatten  nun  auch  über  einen 
kleinen  an  der  südlichen  Hospitalmauer  freigelegten  Mauer- 
rest in  G  zu  urteilen  ;  in  seiner  Konstruktion  aus  kleinen 
Würfeln  ist  er  den  Fundamentmauern  der  zweiten  ßaupe- 
riode  in  B  nah  verwandt  und  hat  vermutlich  einst,  wie 
jene,  eine  starke  aufgehende  Quadermauer  getragen.  Dazu 
passt  die  Beobachtung  Bottis  über  die  hier  im  vorigen  Jahr 
zerslörten  Mauern  vortrefflich  {Bulletin  a.  a.  O.  S.57):  unter 
einer  Mauer  formee  de  grands  blocs  de  calcaire  du 
pays  fand  man  plus  bas  .  .  .  des  murs  f'ormes  de  peiils 
moellons  de  calcaire  en  assises  re'gulieres.  Nur  dürfen  wir 
diese  nicht,  wie  es  Botti  thut,  für  byzantinisch  halten  und  die 
grossen  Quadern  darüber  für  arabisch.  Mauerwerk  aus  der 
Zeit  der  2.  Bauperiode  von  B  wird  und  muss  in  dieser  Ge- 
gend, etwa  50™  von  B  entfernt,  am  Abhang  und  tiefer  liegen 
als  dort.  Nun  liegt  der  tiefste  Punkt,  zu  dem  die  Mauer  aus 
Würfelsteinen  in  B  hinabreicht,  6,3™,  ihre  oberste  Schicht 
7,8""  über  dem  Meer,  in  G  geht  das  gleichartige  erhaltene 
Mauerwerk  von  etwa  5,5™  bis  6,9™  Meereshöhe  empor;  das 
stimmt  also  zu  unserer  Voraussetzung.  Nehmen  wir  lerner  das 
Niveau  der  heutigen  Strasse  an  dieser  Stelle  G  (13,93™  xMeeres 
höhe)  zum  Ausgangspunkt,  so  liegt  die  VVürfelmauer  7™-8  V" 
tiefer.  Darauf  folgte  unmittelbar  —  Botti  a.a.  0.  sagt  9™  unter 
dem  Strassenniveau — das  oben  (S.  220)  erwähnte  Fundament 
aus  grossen  Kalksteinblöcken.  Diese  Abfolge  stimmt  nun  wie- 
der so  genau  mit  dem  Befund  in  B  überein,  dass  ich  glaube, 
dieses  grosse  Fundament,  den  starken  Mauerresten  der  dorti- 
gen ältesten  Bauperiode  (rt'  entsprechend, in  hellenistische  Zeil 
setzen  zu  dürfen.  Dies  als  richtig  vorausgesetzt,  so  könnte  der 
ursprüngliche  Felsboden  —  den  wir  im  westlichsten  Teile  von 
G  bei  8™  unter  dem  Strassenniveau  noch  nicht  erreicht  hat- 
ten (vgl.Taf  10,111)  — ktium  höher  als  4™  über  dem  Meer,  d.h. 
etwa  ebenso  hoch  wie  in  /,  gelegen  haben.  Dieses  Mass  aber 
fügt  sich  wieder  vortrefflich  in  die  Linie  ein,  die  der  Abhang 


des  urapräDglicben  Hügels  besehreibt.  Id  0  selbst  Gel,  wie 
oben  gezeigt.der  gewacbseoe  Boden  von  8,27"  bis  ni  beinifae 
6*"  Meeresböhe;  130"  weiter  südlich,  in  //s ,  liegt  er  BefaoQ 
unter  dem  Niveau  des  Gruodwaasers,  d.h.  sicher  nocb  etwas 
unter  0,5"  Meeresböhe:  dazwischen  nun  in  G,  50"  von  B, 
80"  von  ff3 ,  lag  er  etwa  bei  4"  Über  dem  Meer. 

So  hat  sich  auch  dieser,  wie  es  schien,  ganz  aussicbtsloseo 
Stelle  doch  noch  ein  positiver  Gewinn  entringen  lassen. 


'Wir  wenden  uns  zu  dem  Graben  /,  dessen  Befund  bestäti- 
gend und  ergänzend  zu  demjenigen  von  B  hinzutritt.  Vgl. 
fig.  8  und  Taf.  11  oben. 

Hier  stand  die  nach  kurzer  Grabung  unmittelbar  sQdlich 
neben  der  arabischen  Festungsmauer  gefundene  Sli-asse  L?  von 
Anfang  an  im  Vordergrund  der  Untersuchung.  Auch  hier  fan- 
den sieb  neben  der  südlichen,  durch  die  an  alter  Stelle  erhal- 


Fig.  8.—  Plan  *üii  /. 
(  QuerscbniU  s.  auf  Taf.  1 1  üben  ). 

tenen  Quadern  kenntliclten  Strassen  grenze  Gebäudereste,  die 
bis  zum  gewachsenen  Boden  reichten  und  verschiedenen  Zeiten 
angehörten. 


NEUE   UNTEnSüCHUNGEN  IN  ALEXANDRIEN  253 

Auf  dem  Felsboden  (3,97"  über  dem  Meere)  war  hier  zu- 
nächst ein  Kanal  (9)  aufgemauert;  grössere  Kalksteinplatten 
bilden  den  Boden  und  die  Seitenwände,  Platten  deckten  ihn 
(wie  den  Kanal  in  Bi)  horizontal  ab.  Nach  dem  Ansatz  an 
den  Wänden  war  es  der  Kanal  für  die  Abwässer,  wie  in 
B{  auf  der  linken  Seite  der  Strasse.  Daneben,  noch  nicht  0,9" 
entferntf  erhebt  sich  ein  Gebäuderest  (A),  etwa  6"  lang,  auch 
auf  dem  nalürlichen  Boden ;  eine  Fundamentschicht  mit  So- 
ckel ,  dessen  obere  Kante  mit  der  Deckplatte  des  Kanals  in 
nahezu  gleicher  Höhe  (etwa  5"  über  dem  Meere)  liegt.  Die  auf- 
gehende, nicht  sehr  sorgfältig,  aber  ohne  Kalkmörtel  geschich- 
tete Wand  reicht  bis  1,7'"  über  dem  Boden.  Der  Kanal  wurde 
einmal  reparirt,  wobei  auf  die  seitlichen  Platten  zwei  Schich- 
ten schmaler  Steine  aufgesetzt  und  die  Deckplatten  dadurch 
um  rund  30*"  höher  gelegt  wurden.  Etwa  in  der  gleichen  Höhe 
beginnen  die  untersten  festen  Kalksteinschichten  im  Sirassen- 
körper  daneben.  Diese  Heste  repräsentiren  eine  Bauperiode  für 
sich.  Über  jener  Mauer  lagerte  sich  ,  als  der  obere  Teil  zer- 
stört war,  Schutt;  auf  diesem  errichtete  man  eine  Art  Funda- 
ment aus  kleinen  Bruchsteinen  und  Steinbrocken  und  erbaute 
darauf — bei  6,65'"  Meereshöhe  —  ein  neues  Gebäude  (c),  von 
dem  noch  drei  Quaderschichten,  die  unterste  sockelartig  0,05" 
vortretend,  auf  6"  Länge  erhalten  sind  (unterbrochen  schraf- 
firl) '.  Die  Wand  war  eine  Quader  (0,55")  stark  und  trägt  an 
der  Innenseite  noch  Reste  bemalten  Verputzes  mit  eingeritzten 
Quaderlinien,  an  diejenigen  der  Einbauten  in  B[  erinnernd. 
Der  obere  Rand  des  Sockels  liegt  bei  7"  über  dem  Meere,  in 
gleicher  Höhe  aber  erscheint  gegenüber  im  Strassen  körper  eine 
horizontale  längere  Quaderlinie  (/),  der  sich  eine  besonders 
starke^  weisse  Kalkschicht  anschliesst.  Der  gleichartige  Be- 
fund in  B\  (S)  berechtigt  zu  dem  Schlüsse,  dass  es  die  Grenze 
der  damaligen  Fahrstrasse  gewesen  sei.  Zwischen  ihr  und  der 


<  Die  Sockclschiclit  0.35,  die  folgcndrn  0,15  und  0  oO™  hoch.  Südwärts 
gehl  eine  Quermauer  ab. 
2  Etwa  0,20'»  dick. 


254  F.  NOACK 

Häuserflucht  wäre  dann  ein  2™  breites  Tpotloir  anzunehmen, 
ßs  ist  gewiss  kein  Zufall ,  dass  das  Niveau  dieser  Strasse 
ungefähr  ebensoweit  unter  der  gepflasterten  Strasse  liegt 
(2"),  wie  in  B\  die  erwähnte  Strassengrenze  der  3.  Periode 
(1,9™).  Denn  das  aus  demselben  harten  Stein  wie  in  B{  her- 
gestellte Pflaster  (r/)  liegt  in  /  bei  9,04"  Meereshöhe.  Die 
Strasse  (L2)  steigt  von  Osten  nach  Westen.  Denn  in  Af  (50™ 
östlich  von  /)  ist  das  Pflasterniveau  bereits  auf  8,35™  Meeres- 
höhe gesunken,  und  noch  340'"  weiter,  bei  der  l\reuzung  mit 
Ri  ist  es  bis  beinahe  5™  gefallen:  in  A^5  liegt  das  Pflaster 
von  Ri  5,18™  über  dem  Meere,  und  nach  Mahmouds  Aufnah- 
men muss  diese  Strasse  in  ihrer  stanzen  Linie  ziemlich  hori- 
zontal  verlaufen  sein.  Nach  der  andern  Seite,  bis  zur  Kreu- 
zung mit  R3 ,  muss  unsere  Strasse  noch  beträchtlich  gestiegen 
sein.  Selbst  wenn  R3  in  demselben  Masse,  wie  es  sich  zwi- 
schen Z?2  und  B[  beobachten  lässt,  weiter  lallt,  so  kann  das 
Pflaster  am  Kreuzungspunkt  nicht  unter  1 1™  Meereshöhe  gele- 
gen haben.  Dazu  stimmt  die  Steigung  von  L2  sehr  gut;  wir 
brauchen  noch  nicht  einmal  ihre  ganz  gleichmässige  Fort- 
setzung anzunehmen,  damit  L2  an  jener  Stelle  dieselbe  Höhe 
erreicht  (  Taf .   10.  I). 

Aus  später  Zeil— denn  sie  liegen  bereits  über  dem  Niveau* 
der  Strasse  /  —  rühren  die  Reste  eines  giebellörmig  gedeckten 
Kanals  (jt)  von  sehr  flüchtiger,  derjenigen  der  Schächte  in  B{ 
vergleichbarer  Technik  her.  Er  muss  schon  zur  Periode  der 
Pflasterstrasse  gerechnet  werden.  Früher  als  in  B[  ist  demnach 
in  dieser  Gegend  der  alte  Abflusskanal  in  der  Tiefe  ausser  Ge- 
brauch gekommen. 

Bei  der  grossen  Übereinstimmung  in  der  Reihenfolge  der 
einzelnen  Bauperioden  m  J  mit  denen  in  B{ ,  möchte  man 
gerne  noch  einen  Überrest  haben,  der  mit  der  ältesten  Anlage 
(a)  in  Bi  verglichen  werden  könnte.  Ich  glaube  ihn  in  dem 
grossen  Felskanal  ([x)  erkennen  zu  dürfen,  der  gerade  noch 


*  Die  Steine  der  uurdlielieii  Wand    ruhen   auf  den  Grenz(iuadern  dieser 
Strasse. 


NEUE  UNTERSUCHUNGEN  IN  ALEXANDRIEN  255 

vor  Abschliiss  der  Grabungen  gefunden  '  und  noch,  soweit 
möglich,  verfolgt  wurde.  Da  er  ganz  in  den  Felsen  gehauen 
ist,  beschreibt  er  keine  völlig  gerade  Linie,  sondern  weist 
leichte  Krümmungen  auf.  Im  Grossen  und  Ganzen  aber  folgt 
er  auf  der  untersuchten  Strecke  (27™)  der  Richtung  der  Strasse 
und  läuft,  wenn  wir  dieStrassenbreite  zu  rund  7"  (einschliess- 
lich Grenzsteinen)  annehmen,  unter  der  nördlichen  Pflasler- 
grenze  entlang^.  Er  ist  begehbar,  0,^17-0,50*"  breit,  bis  zu 
1,65  hoch,  endet  oben  spitzbogig ,  der  Scheitel  liegt  etwa 
2,52'"  über  dem  Meere  und  höher,  der  Boden  1,4".  Ein  deut- 
liches Gefälle  liess  sich  bei  den  sehr  schwierigen  Verhältnissen 
nicht  erkennen,  doch  ist  es  am  natürlichsten  auch  hier  die 
Richtung   nach  Osten  anzunehmen. 

Auf  dem  Boden  des  Kanals  liegen  die  Thon röhre  der 
Leitung  noch  an  ihrer  Stelle.  Die  einzelnen  Glieder,  0,51- 
0,52"*  lang,  griffen  mit  Muffe  und 
Schwanz  io  einander  und  waren  mit  fei- 
nem Gips  gedichtet  (  Fig.  9  ).  Solche 
Tlionrohrleilungen  kennen  wir  jetzt  aus 
Pergamon,  Laodicea  und  Smyrna;  die 
beiden  ersten  sind    mit   Sicherheit   auf      '  "  *^     ' 

hellenistische  Zeit  zurückgetührt^.  Es  darf  aber  auch  daran 
erinnert  werden,  dass  die  alle  Eupalinos- Leitung  auf  Samos 
dieselbe  Konstruktion  der  Rohrleitung  zeigt,  wie  unser  Fels- 
kanal; auch  der  äussere  Durchmesser  der  Rohre  ist  der 
gleiche  (0,26'");    und   da  es  sich  weder  in   Samos    noch    in 


*  Wir  verdanken  seine  Kcnntniss  nur  dem  Unislande, dass  im  Anscliluss 
an  unsere  Grabungen  sofort  an  der  1  freilich  längsl  wertlosen)  Festungs- 
mauer tüchtig  Haubbnn  gelrieben  wurde,  der  so  rüstig  vorwärts  schritl.dass 
in  kurzer  Zeit  die  in  eisenhartem  Verband  sitzenden  Steinmassen  über  den 
Bereich  unserer  Grabung  J  hinaus  bis  auf  den  Felsboden  entfernt  waren. 
Und  gerade  unter  der  Mauer  lief  der  Kanal  entlang ! 

*  Die  ältere  Strasse  i  wurde  nur  mit  ihrem  nördlichen  Trottoir  über  den 
Felskanargereicht  haben. 

3  Jahrbuch  XIII  S.  5.  XIV  S.  15.  Über  Pergamon  vgl.  Merckel,  Inge- 
uieurlechnik  S.  508.   Athen.  Mitlh    1899  S.  103  ff.  123  fl*. 


Alexandreia  um  Druekleilungen  handelt ,  so  sind  aadi  die 
Waadungen  der  Rohre  beidemal  düDoer*.  Der  FortsebriU  too 
zwei  Jabrbuaderlea  liegt 
alsonicbtsowol  in  derVer- 
vollkommnuDg  der  Tech- 
nik im  Einzelnen,  ala  viel' 
mebr  in  der  s^ratemati- 
scben  Verwendung  aolcher 
Stollen  und  Rohrleitucgeo 
zur  Kanalisation  ganzer 
Städte.  Bin  solches  um- 
rassendes  Sjstem  war  aber 
erst  in  Verbindung  mit 
einer  planmässigen  Stadt- 
'anlage,  also  nicht  vor  H-ip- 
podamos  von  Milet  denk- 
bar, und  scheint  andrer- 
seits so  notwendig  zu  ei- 
ner solchen  Anlage  zu  ge- 
boren, dass  man  es  gerne 
schon  auf  die  Lehre  dM 
Hippodamos  zurückfahren 
möchte.  Für  die  Stadt- 
gründungen des  Helleni' 
smus  verstand  sich  seine 
Anwendung  dann  schon 
von  selbst. 
Ra  ist  daher  begreiflich,  dass  nucli  noch  andere  Einzelhei- 
ten des  archaischen  Kanalbaues  sich  auf  ulexandrinisehem  Uo- 
den  finden.  Wir  kehren  damit  nieder  zu  J  zurück.   In  regel- 


Fig.  10.— Quersalinill  durch  Slollen 
und  Schachl  6. 


<  Alhen.  Millheilungen  IX  Taf.  8,  Nicht  ganz  gleich ,  aber  ahotrch  ancb 
die  Thonrobre  der  pisi^lralischen  Leiluhg  in  Alhen.  In  den  Resten  der  3. 
Baiiperiode  in  ffi  war  auch  eine  Riihre  aus  Stein  mit  Muffe  an  der  einen 
Seile  verbaut.  Sie  stand  senkrecht  auf  uiner  l'lalle  unU  unter  dieser  befand 
sich  der  untere  Teil  eines  Gefässcs  aus  grubcm  Thon,  ohne  Inhalt, 


NEUE  UNTERSUCHUNGEN    IN  ALEXANDRlfiN 


257 


massigen  Absländon  führen  Schachte,  deren  oberer  aufge- 
mauerlerTeil  durch  die  Feslungsmauer  zerstört  worden  ist,  zu 
dem  Kanal  hinab.  Die  beiden  westlichsten (1 .2)sind  cylindrisch, 


\:  50 
Fig.il. —  Längsschnitt  durch  Stollen  und  Schacht  6. 


der  3.  rechteckig*  neben  einem  4.,  vielleicht  älteren,  mit  ei- 
ner 1,5"  langen  Quader  überdeckten  Schacht;  der  5.  ist  qua- 
dratisch^, mit  je  vier  Einsteigelöchern  an  derOst-  und  West- 
wand, und  führt  an  der  Seite  des  Kanals  hinab;  durch  eine 
oben  spitzbogig  begrenzte  Öffnung  von  1,15"  Höhe  wird  die 
Verbindung  zwischen  Schacht  und  Kanal  hergestellt.  Der  6. 
östlichste  Schacht,  der  wieder  rechteckig  ist,  unterscheidet 
sich  von  den  anderen  dadurch,  das  seine  Seitenwände  aus 
kleinen  Würfelsteinen  aufgemauert  sind  ^.  Ausserdem  ist  er 
—  ebenso  wie  der  3.  Schacht  nach  Westen  zu  —  beiderseits 
gegen  den  Kanal  durch  ein 0,8"  hohes Mäuerchen  abgeschlossen 
(Fig.  10-12).  Die  Thonrohre  durchsetzen  dieseQuerwand  noch, 
enden  dann  aber  sofort  und  stehen  nicht  in  Verbindung  mit 


*  0,68  zu  1,1-. 

3  1,05  zu  1,05" .  Der  Kanal  ist  hier  1,5» ,  der  Schacht  etwa  2.2*  hoch. 
Einige  Steinsetzungen  an  seinem  oberen  Rande  waren  noch  an  ihrer  Stelle; 
er  war  also  noch  künstlich  aufgehöht. 

*  0,7  zu  1,26* .  Als  man  die  arabische  Festungsmauer  baute,hat  man  ihn 
mit  Blöcken  Tom  Strassenpflaster  zugeschüttet  und  darauf  die  Quadern  der 
Mauer  fundirt.  Die  kleinen  Querwände  sind  0,16*  dick. 

ATHBN.  MITTHBILUNGEN  XXT.  17 


258  F.  NOACK 

einander;  auch  correspondiren  ihre  MQndungen  zu  wenig.  aU 
da88  sie  innerhalb  dieses  Schachtes  jemals  hätten  verbunden 
sein  können.  Die  unleren  Teile  der  Schachtwände  sind  mit  ei- 
nem dOnnen  Verputz  aus  Kalk  und  Ziegelstaub  Aberzogen, 
der  auch  noch  die  Oberkante  der  kleinen  Quermauer  bedeckt 
und  dadurch  den  Beweis  liefert,  dass  nicht  auch  etwa  der 


1:50 
Fig.  12.— Horiiontaler  Schnitt  durch  Stollen  and  Schacht  6. 

obere  Teil  der  Ranalöffnung  nach  dem  Schacht  hin  vermauert 
gewesen  wäre.  Mit  demselben  Cberzug  sind  auch  im  ganzen 
flbrigen  Kanal  der  Boden  und  die  Seitenwände  bis  zu  0,8" 
Höhe  versehen.  Ob  derselbe  zur  ursprünglichen  Anlage  gehört? 
Da  sich  an  einzelnen  Stellen  Reparaturen  deutlich  erkennen 
lassen  und  da  die  Schachte  1,  2,  4  und  5  einen  wesentlich 
einfacheren  und  älteren  Eindruck  machen, glaube  ich  in  ihnen 
die  zürn  alten  Felskanal  mit  Thonrohrleitung  gehörigen 
Schachte  zu  erkennen,  während  3  und  6  mit  irgendwelchen 
Umbauten  zusammenhängen ;  bei  einer  solchen  Gelegenheit 
wol  würde  dann  auch  der  ganze  Kanal  in  seiner  unteren  Hälfte 
verputzt  worden  sein. 

Kurz  sei  hier  nur  noch  erwähnt,  dass  auch  diese  stattliche 
Leitung  einmal,  als  der  Boden  sich  zu  stark  angehöht  hatte, 
ersetzt  werden  musste  durch  eine  höher  liegende  und  beque- 
mer zu  erreichende  Anlage.  Von  einer  solchen  haben  sich 
nämlich  etwas  höher  auf  dem  natürlichen  Pelsboden  Reste 
(X)  gefunden.  Sie  gehört  in  verbältnissmässig  späte  Zeit.  Denn 


inSUCHtJNOEN 


ALKXANDHIEN 


man  musste  den  Raum  dafür  ans  dem  schon  liocli  angewach- 
senen Slpassenkörppi-  erst  herausschneiden:  die  Abarbeitun- 
gen an  ihm  lassen  deutlich  die 
Rücksichtnahme  auf  die  giebeU 
lörmige  Deckung  dieses  jüngeren 
Zuleilungskanals  erkennen  (vgl. 
Fig  laundTaf.  11, oben).  Dieser 
wurde  dann  aus  kleinen  Wörfel- 
sleinen  mit  lockerem,  sandigem 
-|    >•    jl  Verband    aufgemauert    und    mit 

-||         jl  giiisseren  Platten  giebelfürmigge- 

— **^  imr*'  I deckt.V'or  die  gemauerten  Wände 

i"^,     .  ,    .     ,     ,  sind   innen    bis  zu   0,52"    Höbe 

Pig,  13— McliuiU  durch  .  1,1.        I 

denTrinkwasser.KanatspülwZdl.  ^^ei  Reiben  quadratischer  dun- 
ner Ziegel  gesetzt  und  diese  so- 
wie der  Boden  mit  einer  1.5'*drcken  Schichtgrauen  Verputzes 
üherz-ogen.  Höhe  des  Bodens  '■i,S'"<  des  Scheitels  5.36°  über 
dem  Meere'.  Auch  dieser  Kanal  wurde  durch  die  arabische 
Mauer  grösstenteils  zerstört. 


F 


Ich  lasse  noch  einmal  die  lj)rgebnisse  kurz  zusammen. 
)  Von  Gebäuden,  die  mit  der  gepllasterten  Strasse  gleichzeitig 
ren,  haben  sich  nur  in  B  Reste  gefunden ;  es  sind  die  ein- 
zigen,  die  Kalkmörtel  als  Bindemittel  verwenden.  Schachte 
am  Slrassenrand  ermöglichen  die  Benutzung  eines  Abfluss- 
kanais  älterer  Zeit ;  Trinkwasser  liefert  ein  gemauerter  Brun- 
nen. In  /dagegen  legt  man,  nicht  viel  unter  dem  Strassen- 
niveau,  einen  neuen  dürftigen  Kanal  an, dem  auf  der  Nordaeite 
eine  im  Strassen kürper  selbst  eingebaute  Zuleitungsanlage  zu 
entsprechen  acheint.  2)  Rund  2°  unter  der  Strasse  liegt,  in  B 
und  J,  eine  ältere  Strasse,  auch  von  Quadern  eingefaast,  aber 
ohne  Steinpflasterung;  zugehörige  Hausmauern,  Quaderwerk 

Kide  1,1    hoch.    Die  Ziegel  23.5  );u  23,5"   uod -2,5-3"  dick. 
des  Kaoals  im  unterea  Teil  0,4o. 


U 


260  P.  NOACt 

auf  fladuiger  und  nichl  tiefgelionder  FundamenüruDg,  haben 
sich  inB  und  /  gefunden.  In  B  sind  damals  die  ßauglieder 
eines  mit  bemaltem  Stuck  verzierten  älteren  Gebäudes  (Graffiti) 
verwendet  worden.  3)  Darunter,  von  den  oberen  Bauten  als 
Fundament  benutzt,  liegen  ältere  Gebäude,  in  B  viel  statt- 
licher und  massiver  als  in/,  alier  auch  durch  lüinbauten  sehr 
entstellt.  Die  Fundamente  ruhen  beidemale  auf  dem  natür" 
liehen  Boden.  I£in  ursprünglich  flach  gedeckter,  aus  Platten 
aufgemauerter  Abflusskanal,  mit  Spuren  späterer  Reparaturen 
und  Veränderungen  (in  B  giebelformige  Deckung),  gehört 
schon  dieser  Periode  an.  4)  Spuren  eines  ältesten,  aus  starken 
Quadern  bestehenden  Itauwerks,  als  Ruine  von  d^n  Erbauern 
des  2.  Gebäudes  benutzt,  in  Bi ,  und  ein  begehbarer,  in  den 
Felsboden  getriebener  Stollen  mit  Thonrohrleitung  und  Ein- 
steigeschachten in  /. 

Die  Thatsaohe  der  verhältnissmässig  späten  Ab«^ 
läge  des  Strassennetzes  mit  Pflasterung,  die  sich  aus 
B  und  /ergiebt,  lässt  sich  auch  durch  andere  Beobachtun* 
gen  bestärken.  Eine  solche  Abfolge  verschiedener  Bauschich* 
ten  wie  dort  Hess  sich  freilich  nicht  wieder  constatiren.  Dafür 
aber  liegen  die  sonst  erhaltenen  Baureste,  die  ich  für  griechi- 
sche halten  muss,  etwa  ebenso  tief  (4-5"*)  unter  den  ge- 
pflasterten Strassen,  wie  in  B  und  /  die  Oberreste  der  älte- 
sten Bauperioden  (a  und  b). 

So  ist  z.  B.  etwas  nördlich  von  unserem  Graben  L  ( vgl. 
Taf.  10,11)  die  Spur  des  Betons  der  Längsslrasse  Loi  und  an 
einzelnen  Stellen  auch  etwas  von  ihrem  Steinpflaster  erhalten. 
Die  Strasse  steigt  von  Ost  nach  West ;  das  Pflaster  lag  gerade 
hier  rund  6"* über  dem  Meer.  In  L  selbst  waren  Teile  vom  lang* 
gestreckten  Fundamente  und  Sockel  eines  Monumentalbaues 
erhalten  (Fig.  14).  Auf  der  für  uns  im  Grundwasser  ^  erreich- 
baren untersten  Schicht  (1,45"*  breit)  erhoben  sich  drei  wei» 
tere  Schichten  (zusammen  1,4"  hoch),  deren  unterste  (1,33* 


*  Seine  Höhe  ist  in  Fig.  14  durch  die  unterbrochene  Linie  angegeben. 


SBUE   UNTER^UCHUNGKN   IN  ALP-XaNDBIEN  361 

hreil)  wieder  einen  H-Z"  vorspringenden  Sockel  für  die  bei- 
den oberen  Schichten  ( 1  .^T™  Ijpeil)  bildete.  Die  Sterne,  ab- 
wechselnd als  Läufer  und  Bin- 
der übereinander  geschichtet, 
sind  starke  Quadern  aus  Kalk- 
slein von  Mex'.  Der  ursprüng- 
ticlie  Zweck  dieses  Unterhaus, 
der  seine  Pronl  nach  Osten  hatte 
und  genau  in  der  Itichtung  der 
gepflasterten  Querstrassen  liegt, 
ist  durch  starke  Umbauten  ver- 
wischt worden.  Mit  altem  Bau- 
material verbreitert  und  erhöht 
—  wobei  Kalkmörtel  i-eiclilicli 
verwendet  ist  —  hat  er  später 
als  Stylobat  für  eine  Reihe  von 
in  nicht  ganz  gleichen  Abstän- 
den errichteten  Säulen  gedient. 
Diese  Süulen  sind  ebenso  wie 
drei,  in  dem  IJmbaii  hoclikan- 
tig  aufgestellte,  sorgfältig  bear- 
beitete Quadern,  aus  demselben 
harten  Material  wi<^  die  hellen 
Blöcke  des  Strassenpflusters , 
undgehöivnsicher  zu  einem  äl-  '  *  ""  pjg  i4._Bauin  t 
tereii  Bau,  vermutlich  zu  dem- 

sellteii,  dessen  Unterbau  hier  noch  vorhanden  ist.  Die  drei 
Quadern  stimmen  nur  in  der  Höhe  (0,70'°),  niclit  aber  in 
Dicke  und  Liing«   überein;   sie  werden   daher  als   Reste  des 


<  Zwischen  U  50  und  O.GO"  liri/it.  O.ib  und  0,49  hoch.  Ihre  [Ange  \»l  durch 
4ip  Bieitu  dci  8i:hiclit<-ii  gegchcn.  Beiuerkenswerl  ist  nuch  tiezüglich  der 
Technik :  Jede  Quader  hat  in  der  Mille  dßr  einen  seiikrechlen  Langseite 
eine  von  oben  bis  unten  reichende  Einkerbung  i  Kig.  ti  bei  den  Üindern 
angcduulet).  ilic  heitii  Vi;iselien  eine  llolle  gcspiell  hilicn  mnss.  Dieselbe 
Votkehrung  lindet  sich  bei  einzelnen  Quadern  Inn  aller  Ktellej  ai)  d^r 
Küste,  östlich  von  Hains  Zuro, 


262  F.  NOACK 

Sockels  einer  aufgehenden  Wand  zu  verstehen  aein,  ao  etwa 
wie  man  in  helleniatischer  Zeit  in  Athen  auf  weicherem  Stu- 
ienmaterial  Orthostaten  aus  Hymettosmarmor  errichtetet  Be- 
merkt sei  schliesslich  noch,  dass  von  dieser  etwa  30"  langen 
Ruine  weder  das  nördliche  noch  das  südliche  Ende  mit  Sicher- 
heit erreicht  wurde.  Ebensowenig  Hessen  sich  irgendwelche 
Spuren  von  Quermauern — wenigstens  nicht  in  der  Tiefe  des 
ursprünglichen  Baues  —  erkennen. 

Worauf  es  aber  zunächst  am  meisten  ankommt,  ist  die 
Tief  läge  der  Fundamente.  Die  Oberkante  der  obersten 
Stufe  liegt  nur  2,27*  über  dem  Meere,  diejenige  der  untersten 
vorspringenden  Schicht  0,87".  Irgendwo  dazwischen  muss 
das  Niveau  der  gleichzeitigen  Strasse  gelegen  haben.  DasStras- 
senpflaster  von  La  liegt  demnach  über  4"  höher  an  dieser 
Stelle  —  und  diese  Strasse  steigt,  wie  wir  sahen,  nach  Westen 
noch  weiter  an  (Taf.  10,  I.  III ).  Ihr  höchster  Punkt  ist  jetzt 
an  dem  jäh  abstürzenden  Uferrand,  gegen  250"  westlich  von 
Z/,  an  der  von  Basaltblöcken  gebildeten  dunkeln  Linie  zu  er- 
kennen ;  er  ist  mit  etwa  9"  Meereshöhe  eher  zu  tief  als  zu 
hoch  bemessen^.  Tief  darunter  aber  im  Ufersand  und  im- 
mer wieder  vom  Meer  überspült,  liegt  nur  wenige  Schritte 
nach  Westen  zu  ein  ausgedehnter  ßaurest,  dessen  Fortsetzung 
sich  bei  ruhiger  See  weithin  unter  dem  Wasser  verfolgen  lässt 
(K^).  An  zahlreichen  Stellen  liegen  die  stattlichen  Quadern 
noch  heute  in  haarscharfem  Pugenschluss,  ohne  jeden  Ver- 
band.  Dasselbe  gilt  von  den  oben  erwähnten  Resten  in  K\, 
deren  unterste  Schicht  gleichfalls  unter  Meeresniveau  hinab- 
reicht, und  von  der  gewaltigen,  S.  225  Anm.  1  genannten 
Quadermauer,  die  sich  nahe  dabei  aus  dem  Wasser  erhebt. 
Wenn  irgendwo  in  Alexandrien  ,  so  haben  wir  hier  überall 
Werke  aus  griechisc  her  Zeit  zu  erkennen  ,  die  lange 


*  Halle  hinler  der  Skene  des  Dionysoslhealers,Sloen  des  Altalos  und  Eu- 
menes. 

^  Mehr  kann  ich  leider  nicht  sagen,  da  gerade  dieser  Funkt  in  meinen 
Niveüeinents  fehlt. 


NEUE   UNTEltSfCHUNOEN    IN  ALEHANDHIEN  263 

vor  den  hoch  über  sie  hinweggehenden  gepflastepten 
Strassen  '  vorhanden  waren.  Und  wenn  über  die  litchtig- 
keil  eines  solchen  Verhältnisses  noch  Zweifel  beal^^hen  konn- 
ten, so  sind  diese  durch  die  Thalsachen  in  B  und  J  heute  er- 
ledigt. 

An  dieser  Stelle  kiinn  eine  kurze  1<]  i-örle  i'ung  der  chro- 
nologischen Frage  nicht  umgangen  werden,  soweit  sie 
durch  unsere  Ausgi'abungen  gefördert  worden  ist. 

Die  Beobachtungen  der  verschie-lensten  Stellen  slininien 
derart  überein.  dass  die  Gei'ahr.  durch  /Cuiälligkeiten  irrege- 
leitet zu  werden,  ausgeschlossen  zu  sein  scheint- 

Gberall  ist  die  grptlasterte  Strasse  von  den  ältesten  Baure- 
sten durch  einen  lliibenunterscbied  von  mindestens  ^~W"  ge- 
traiint.  Daraus  allein  folgt  schon,  dass  diese  Strassen  mit  den 
Gebäuden  der  ersten  Blütezeit  Alexandi'iens  nicht  mehr  ge- 
rechnet haben  können.  Dazu  tritt  das  /eugniss  der  Grafriti  in 
B.  Mit  Sicherheit  llisst  sich  allerdings  nur  sagen,  dass  sie 
keinesfuUs  mehr  der  ptoiemaisclien  Zeil  ungehören  -  Das  Ge- 
biiude,  auf  dessen  einer  Säule  jene  Kritzeleien  standen,  kann 
also  frühestens  im  Laufe  desersten  Jahrhunderts  nach  Chr. 
zum  Abbruch  gekommen  sein.  Seine  Bauglieder  wurden  dann 
z  *r.  in  die  Fundamente  eines  Gebäudes  (c)  verbaut,  das  erst 
selbst  wieder  Vfillrg.  d.  h.  bis  auf  die  drei  oder  zwei  unter- 
sten Quaderscbrcliten  zerstöit  sein  mussle,  ehe  darübei'  die 
gepflasterte  Strasse  und  das  ihr  gleichzeitige  Gebäude  [d]  an- 
gelegt wurde.  Bei  der  völligen  und  unleugbaren  Einheitlich- 
keit des  die  ganze  Stadt  in  weitester  Ausdehnung  übi^izieben- 


1^ 


iilier  <lie  Höhenlage  dus  Pdasters  j 


ind 


Vgl.  was  n\\en  8, 
fi ,  K'i  gesagt  isl, 

Ek  ist  zu  liedaiiern,  ilass  liis  jeizt  nur  ein  so  scliwer  Itercchenliares  Da- 
ingsmiltel  lierauKetngen  werden  kaun.  Zwei  in  epi^raphischen  Prägen 
koinpelenle  Freunde,  denen  iiih  den  Aliklatscli  vorlegle.  sliinmen.  unab- 
han):ig  Tun  einander,  darin  i'ilitMeiii.dass  derGrnflilo  nicht  vor  ilein  l.Jahr- 
linnderl  nauh  Clir.  anzusetzen  sei,  er  kiinne  eher  noeli  später  sein;  von  ei- 
ner Seile  wird  eine  flüchtige  Abreclinuiig  |elwa  von  Lohnarbeitern)  darin 
termutet.  Ich  dsrf  Jedoch  nicht  verschweigen,  Aam  man  auch  an  der  Mög- 
liohkeit  einer  Dalirung  überhaupt  geiweitell  bat. 


264  F.   NOACK 

den  Strassennetzes  gewinnt  jenes  Ergebniss  allgemeine  Bedeu- 
tung und  wird  für  das  ganze  Strassennetz  verbindlich,  und  es 
bleibt,  soweit  ich  sehe,  kaum  eine  Möglichkeit  es  \orhadriani- « 
scher  Zeil  zuzuweisen;  seine  Anlage  kann  eher  noch  in  viel  spä- 
tere Zeil  gehören.  Die  Veranlassung  dazu  möchte  man  in  einer 
besonders  schweren  Katastrophe  suchen,  die  eine  umfassende 
Neuordnung  der  Strassen  notwendig  erscheinen  liess.  Wir 
wissen,  dass  unter  Traian  das  Judenquartier,  also  der  ganze 
Osten  der  Stadt,  östlich  von  Lochias.  verwüstet  wurde,  was 
aber  nicht  ausschliesst,  dass  er  in  <ler  Folgezeit  wieder  besie- 
delt wurde,  ebenso  wie  die  nach  dem  caesarischen  Krieg 
verödete  Pharosinsel '.  Von  Antoninus  Pius  heisst  es,  dass  er 
den  Spopio;  gebaut  habe  (e)cti<ts,  Malalas  S.  280  Konn),  d.  h. 
die  ilauptlängsstrasse.  wie  aus  der  Erwähnung  der  sie  be- 
schliessenden  beiden  Thore  im  Osten  und  Westen  hervorgeht^. 
Das  kann  sich  nur  auf  eine,  wol  sehr  gründliche,  Erneuerung 
beziehen  Unter  Aurelian  wird,  274  nach  Chr.,  das  Bruchium 
eines  grossen  Teiles  seiner  Gebäude  beraubt,  und  man  könnte 
es  verstehen,  wenn  damals  auch  die  von  Caracalla  dui*cli  die 
Stadt  gezogene  Mauer  mitsamt  den  Kastellen  gefallen  wäre^. 
Die  Stadt  bleibt  ja  auch  dann  von  imponirender  Stärke  und 
Diocietian  kann  sie  nur  dadurch  zur  Übergabe  zwingen,  dass 
er  die  iNilkanäle  abschneidet.  Die  Strafe,  welche  folgte,  war 
freilich  schwer,  aber  noch  im  4.  Jahrhundert  konnte  die 
Pracht  der  llauplstrassen  mit  ihren  Säulenhallen ,  wie  uns 
Achilles  Tatius  (V,  1  )  beweist,  den  Hesiicher  der  Stadt  ent- 
zücken.    Von    der   Auffassimg  ilieser   Stelle   hängt     viel   ab. 


'  WachsmuU),  lUieiii.  Museum  ^887  (42)  S.  /i63. 

-  KiiKMi  zweilcii  Droujos  in  Alevandricn  s.  Uhelii.  Museum  1888  (43)  S. 
306  und  Waelisumlh,  Stadt  Allieii  11  S.  281.  Puclislein  hei  Pauly -Wissowa 
1  S.  1384,  32  ir.  Auch  ich  sehe  keinen  Aiilass,  Eulmann  ( Zur  Kunde  der 
hellenistischen  i^tädlej^iündiin.Lcen,  Strasshui.u:.  1883,  S.  17),  darin  bei- 
zupflicht(!n,  dass  das  S<ninenlliiH  am  Sü(h*nde  der  Hauplnuerslrasse  Ri 
anzusetzen  sei.  Vgl.  jetzt  AusIVhlt,  Rhein.  Museum  1900  (55)  S.  363  f.  (mir 
ehen  erst  hekannt  geworden). 

^  Üher  Caraealla  s.    iJio  Cass.  77,  23    ( vgl.   jrdoeh  Waehsmuth,    Rhein. 
Museum  1880  i35)  S.  452).  Ammian.  Marc.  22,  16.  15. 


4  ALEt.<NDtl1EN 


Tian  sie  versteht,  wie  Waclisimitli  u.  a. '.  denen  ich 


Bipfliolile,  so  beslanrl  itamals  noch  der  Dmmns  in  seir 


i-gan 
al)e 


zftn  Aus<lehnung  vnm  knnopisclien  Tliore  un.  Diimit  wäre  al)ei' 

icht  nur  sehr  wahrsclieinlich  gemachl,  iIühs  dumals  mich  dus 

iihrige  nmiimoitdsche  Slrassennelz  noch  im  Osten  der  Sliidt 

f bestand,  sondern  auch  die  Mögliclikeil  ge^t-hen.  dass  es  tiher- 
haupt  erst  in  verhlillnissmlissi';  spater  /eil  ungelegL  worden 
wäre. 

Ülter  Mu^lichkeiten  hinaus  kommen  wir  aber  nicht,  so  lange 

icht  in  diesen  Gebenden,   in  den  Schullhiigeln  östlich  von 

der  heutigen  Sladl,  aiiscIilieRsend  an   irgend  einen  Mest  des 

tnulunoudschen  Slras8enpna)>ters.'l'ier<j;n)hiingen  seitwärts  vom 

_    Strasse nkörper  mit  genauester  IteobuchLung  der  lüinz-elfnnde 

^^unternommen  werden.    Rs  ist  keine  sehr  verlockende  Arlieil, 

^Bwllein  sie  wird   von  der  Wisgenschalt  gelordert^. 

^B     /uversichtliclier  (hirfen  wir  dagegen  in  den  B-iureslen  der 

^KlR'sten    und  zweiten  l'eriode  in  U  (und  J)  Werke  der  plnle- 

■■  maischen  /eil  und  insbesondere  in  allen  auf  dem  gewachsenen 

Boden  errielilelen  bez.  von  dengepllasterten  Strassen  durcli  4" 

hohe  und  tiöbere   Anschfillungen  geirriiiileii    Ruinen  Werke 

der  frühhellenislischen  Zeit  erkennen.  Die  Hauweise  stimmt 

vorzüglich  dazu. 

Durch  diese  Darlegungen  haben  wir  nun  soweit  festen  Kuss 
gewonnen,  duss  die  .AufHlellung  der  auf  Tal'.  10  gegebenen 
Höhenlinien  nicht  zu  kühn  eisclieint^n  wird  Mit  llillc  der 
dui'ch  Nivellement  uml  ßei'ecbnung  gewonnenen  Punkte  (+) 
lässl  sich   nicht  allein   d:is  Steigen   und  Phallen  des  iii'spiüng- 


I 


■  Rhein.  Museum  1897  |43)  S.  465. 

*  Iclt  hatie  riiirL  tiirgendü  mehr  irgenilwclchc  Gcliiiudcieslp  liniliTi  kiin- 
iiftn.  Bemerkens  wnrl  sind  aiisgwiel'iile  Ci.-I«rnen  an  lagen.  .Miillich  von  der 
Strosse  uanli  ärili  Gahcr  und  Knmieh.  luit  Weg  zum  iliirtigen  arahischen 
Priedhor.  elwa  300"  nördlich  von  der  Cnmpagnif  äei  Eaux  Cjh'ndriiiehe 
Ellinsiejgcitchficlile  rühren  setikreclit  hinalj  ziieiiiem  hntiziintaleii  Kanal,  die- 
ser münilcl  in  einisn  t'ri'sseren  hfliien  Raum.  Mümllii'lie  Teile  .sind  mit 
diciiem  hydraulischen  MÜrlcl  iitierzo^^ii.  Alinlichc  Aiila)(en.  alle  (li|rcli  Ka- 
näle verbunden,  in  der  Nähe. 


266  F.  noack 

lieben  Bodens  im  Bereiche  des  Bruchiums  erkennen,  wir 
sehen  auch,  wie  diese  z.  T.  starken  Höhenunterschiede  im 
Laufe  der  Zeilen  sich  verminderten,  so  dass  die  gepflaster- 
ten Strassen  zuletzt  viel  geringere  Terrainschwierigkeiten 
zu  überwinden  hatten.  Die  Linienführung  des  beutigen  Bo- 
dens ist  gerade  in  diesem  Gebiet  wesentlich  durch  die 
arabischen  und  französischen  Festungswerke  bestimmt  wor- 
den. Bei  einer  Fortsetzung  der  Untersuchungen  sollte  auch  die 
Feststellung  solcher  Punkte  weiter  im  Auge  bebalten  werden. 

7. 

Wir  kommen  zu  der  Frage,  inwieweit  von  dieser  spä- 
ten ,  auf  jeden  Fall  römischer  Zeit  angehörenden 
Strassenanlage  auf  diejenige  des  Deinokrates  ge- 
schlossen werden  darf. 

Die  Frage  ist  durch  unsere  Untersuchungen,  wenn  icb  nicht 
irre,  im  Prinzip  beantwortet.  Da  der  Strassen körper  keine 
Einheit  ist.  sondern  sich  nach  und  nach  angeböht  bat,80giebt 
uns  das  gepflasterte  Slrassennetz  im  Allgemeinen  auch  noch 
die  Richtung  und  Lage  der  Strassen  früherer  Jahrhunderte 
an.  Im  Einzelnen  sind  natürlich  Abweichungen  denkbar; 
manche  Strasse  moclile  nicht  ganz  ausgezogen  sein  in  Rück- 
sicht auf  ein  monumentales  Gebäude  oder  auf  eine  Anlage  wie 
das  Paneion ;  freie  Plätze  mögen  sie  hie  und  da  unterbrochen 
haben  u.s.w.  Zu  dem  allgemeinen  Ergebniss  stimmen  die  Ein- 
zelbeobachtungen.  Die  Baureste  A  und  c*  und  die  Kloake  in /ha- 
ben dieselbe  Richtung  wie  die  Längsslrasse  L2  darüber.  Genau 
dieselbe  Richtung  aber  haben  sämtliche  Mauerresle  und  Qua- 
derlinien an  der  Küste,  sogar  die  Fugen  der  rechtwinkeligen 
Quadern  sind  alle  genau  ebenso  orienlirl.  und  selbst  die 
beiden  einzelnen,  im  Schacht  Hs  an  ihrer  Stelle  gefundenen* 
Quadern  weichen  von  dieser  Richtung  nicht  ab.  Diese  Reste 
sind  aber  sämtlich  älter  als  die  gepflasterten  Strassen  und  ge- 


'  Ihre  Unterinauerung  liegt  im  Grundwasser, 


NEUE   UNTERSUCHUNGEN    IN   ALEXANDRIEN  ?67 

hören  {mit  Ausnahme  von  b,  v  in  /)  der  ältesten  erreichba- 
ren ßaupei'iode  der  Stadt,  an.  Nach  Malimouds  Plan  schnei- 
den ferner  die  Querslrassen  die  übrigen  Strassen  im  rechten 
Winkel.  Das  wird  durcli  diu  Dichtung  derOuerstrasse  Rt  .die 
wir  in  TVö  I'estgestel ll  haben,  beslatigl.  Aber  auch  das  lange 
Fundamcnl  in  L  ist  ebenso  orientirt  und  liefert  damit  den 
Bewt^is ,  dass  die  einat  mehrere  Meter  darüber  in  gleicher 
Richtung  laufende  Querslrasse  R'^  auch  nur  der  Slrassenllucht 
einer  viel  älteren  Zeit  gefolgt  ist.  Die  Strasse  R3  isl  uns  in  B 
gegeben;  sie  zeigt  dieselbe  Richtung,  und  die  tiefer  liegenden 
Gebäudereste  in  B^i  scheinen  wenigstens  auf  der  Ostseite  sämt- 
lich die  gleiche  Linie  einzuhalten.  Von  den  Resten  der  drei 
ersten  Bauperioden  '  in  tft,  westlich  vom  Strassenkörper.mues 
dagegen  noch  einmal  gesagt  werden. dass  sie  in  der  Längsrieh- 
tung  von  derjenigen  der  Pllasterstrasse  (und  der  Mauerlinien 
der  4.  Periode)  nach  Norden  zu  ein  wenig  divergiren,  und 
zwar  auf  10,5"  um  0,30- (1,35"".  Die  Abweichung  von  der 
Nordlinie  nach  West  ist  V  grösser  als  in  allen  andern  Fällen. 
Das  will  nicht  viel  sagen,  wenn  es  sich  um  ein  einzelnes  Ge- 
bäude handelt;  sollte  dieses  aber  die  Hichtung  der  älteren 
Strasse  bezeichnen,  so  wurde  der  .\usschlag  ein  sehr  emplind- 
licher  sein  und  würde  die  Annahme,  dass  die  Strasse  R3  der 
alteren  Fluch lli nie  gefolgt  sei, aussuli Hessen.  Dass  auch  der  auf 
dem  Felsboden  errichtete  Abtiusskanal  hier  weniger  von  der 
alten  GebHudelUicht  als  von  der  späten  Strassenlinie  abzuwei- 
chen scheint,  mochte  ich  viel  weniger  betonen,  da  bei  diesen 
unterirdischen  Anlagen  gelegentliche  geringe  Schwankungen 
vorkommen  können:  bei  dem  Felskunal  in  /  sind  sie  noch  stär- 
ker, ohne  dass  seine  Gesamtrichlung  dadurch  alterirt  wiirde. 
Ich  glaube  aber  auch  nicht,  dass  wirdem  abweichenden  That- 
bestand  In  U\  einen  anderen  grösseren  Wert  beimessen  sol- 
len als  den  einer  die  Begel  bestätigenden  Ausnahme.  Üafür 
spricht  schon  die  an  allen  andern  Orten  übereinstimmende 
Reobachlung  und  die  wiederum  hierzu  passende  Orientirung 


'  Die  Mauern  der  3.  benutzten  die  der  2.  Periode  als  Fundament. 


?68  F.   NOACK 

I 

der  Baureste  im  Oslen  von  B2,  und  endlich  dieTbaCsache, 
dass  doch  auch  in  B\  und  B2  das  späte  Pflaster  auf  dem.  wie 
sonst  auch,  allmählig  angehöhten  älteren  Strassen körper  liegt. 
Auch  war  schon  durch  die  fortgesetzte  Benutzung  und  Beibe* 
hallung  der  zu  den  älteren  Strassenan lagen  gehörigen  Kanäle, 
wie  sie  gerade  für  B  und  (wenigstens  his  zur  dritten  Bau- 
periode) Tür  /  erweisbar  ist.  die  Fluchtlinie  für  die  späteren 
Strassen  vorgezeichnet.  Sind  doch  einzelne  Strassen  dieser 
Linie  der  alten  Kanäle  bis  in  die  neueste  Zeit  treu  gebiielien! 
Die  Strasse  L2  (in  J)  hält  noch  die  Uichtung  des  KelskanaU, 
mit  dem  sie  schwerlich  mehr  in  Verbindung  stand  (s.o.)f  oio, 
und  ebenso  ging  R|  über  dem  gleichfalls  viel  älteren  aber 
noch  heule  Wasser  führenden  Kanal  entlang. 

Es  wird  mit  diesen  Beobachtungen  nicht  nur  schon  Altlie- 
kanntes  wiederholt.  Wir  gewinnen  vielmehr  erst  jetzt  durch 
sie  das  Recht,  das  mahmoudsche  Strassensystem  auch  bei  der 
Rekonstruktion  der  hellenistischen  Stadt  zu  verwenden.  Wir 
wussten.  dass  diese  beroils  von  einem  Netze  sich  rechtwinke- 
lig kreuzender  Strassen  durchzogen  war:  &ivao«t  (y)  ip6Xtc)6Xo(; 
)taT«TlT|AT)Tai  (dies  der  technische  Ausdruck  schon  bei  Aristo- 
teles) .  .  .  ai  St)  iijijai  xal  xpoc  opOdb^  TCfAvouotv  aXXViXac  (Strabon 
793).  Dass  die  mahmoudschen  Strassen  jenen  genau  gefolgt 
sind,  dürfte  durch  die  an  drei  Querstrussen  und  einer  Längs- 
slrasse gemachten  Beobachtungen  erwiesen  und  darnach  der 
Schluss  auf  das  ganze  Strassensystem  berechligt  sein'. 

Eine  Fortsetzung  der  Untersuchungen  auf  alexandrinischem 
Boden  ist  beschlossen  und  wird  holTenllich  bald,  schon  zur 
Conlrolle  und  Bestärkung  der  Ergebnisse  der  ersten  Campa- 
gne,  wieder  aufgenommen  werden.  Auf  wertvolle  Einzelfunde 
wird  miin  auch  in  Zukunft  nicht  rechnen  dürfen;  nur  ein  be- 
sonders glücklicher  Zufall  könnte  uns  derartiges  wiederschen- 
ken. .Aber  dass  für  die  Geschichte  der  Sladt  der  Boden  noch 


*  So  kommen  topograpliLscIie  Untersuchung  und  Kritik  der  Ubeilicferung 
(Ausfeldt,  Kliein.  Museum  1900  (55)  b.  360  T )  unahliängig  vun  einander 
^um  s^ll>en  Ziel. 


NEUK  ÜNTEHUUCHUNGEN    IN  *l.E3A\DlirEN  -'09 

mimche  werlvoUe  Autkläpun;;  geben  kann,  das  weiiigalens  lia- 
lieii  unsere  Vei-uHclisf^rülien  iliieli  hewieaeii.  Damit  ibI  zur 
Geiiiij;c  iiesui;!  iIubs  die  I''oibc1iuiil;  hier  nicht  Uult  maelien 
dai-r. 

8. 

^. 

|K,,|£a  sei  geslallet  in  fineiii  Zusatz  liier  eine  Ki-afje  kurz  zu  le- 
'"röhren,  obschon  sie  durch  unsere  üiahungeii  nicht  uninillel- 
liar  auTgeworfen  wird.  Aber  die  vorstelieiideii  Unleisuchun- 
geii  kommen  ilir  beieils  zu  gut,  und  ausserdem  j(ielil  sie  Ge- 
legenheit, noch  einer  l'iir  die  lojiü<{raphische  Porschung  in 
Alexaiidrien  wiclitigen  'l'halsache  zu  {<edenken. 

Das  Prinzip  der  Stadlanlage.  die  streng  regelmässige  'Zer- 
äclineidung'  des  Stadtgebietes  durcli  die  Strassen,  geht  he- 
kannllicli  auf  llippodamos  von  Milet  zurück.  Zwei  im  rechten 
Winkel  sicii  schneidende  Hauplslrassen  gaben  die  enlsclrei- 
denden  iÜchlungen  an.  Die  Wahl  ihres  Schnittpunktes  war 
wichtig,  ila  ilunli  ihn  zugleich  die  Lage  des  Marktes  ('Inno^ii- 
fxeio;  äyiifi)  beslimnit  war'.  Als  llippodamos  von  Perikles 
berufen  wurde,  im  l'iraeus  seine  Theorie  zu  verwirklichen, 
liess  er  sich  durch  die  (gewiss  schon  vorhandene)  äyop«  am 
Hafen  ^  nicht  ablialten.  im  Mittelpunkt  seines  Systems  einen 
zweiten  regelmässigen  Marktplatz,  eben  die  nach  ihm  be- 
nannte ircpa  ayopa  (Paus.   I,  1,  3]  anzulegen. 

Das  hippodamische  System  verrat  Zeit  und  Ort  seines  Ent- 
stehens deutlich:  nicht  mehr  tlie  Akropiilis,  die  llerrenbiirg, 
ist  das  Centrum,  sondern  der  Markt,  das  Uei'z  des  bürgei- 
lichen  Lebens.  Aber  es  bewährte  sich  auch,  und  selbst  die 
grossen  Baumeister  Alexanders  und  der  Diadochen  haben  kein 
bes^ieres  an  seine  Stelle  setzen  können;  man  liess  sich  dnreb 
die  grössten  Terrainschwierigkeilen  nicht  von  seiner  Durcli- 
lührung  zurückschrecken,  wie  uns  jetzt  Priene  überraschend 


I  Vgl.  AristophaDes  Vogel  1005  f.  mit  d 
Philologus  4!  (188313.207  ff. 
>  Wacbsmulb,  Stadt  Athen  H  S.  105- 


1  Kock  und  blrdniaDQ, 


270  F.  NOACK 

deutlich  zeigt  ^  Auch  der  DOnenboden  der  I^ndengl)  swt^ 
sehen  der  Mareolis  und  dem  Meere,  der,  nach  unseren  Beob^ 
achtungen ,  womöglich  noch  unebener  war  als  zur  Zeit  dbr 
mahmoudschen  Strassenanlage,  wurde  nun  nach  einem  i^* 
chen  Schema  zerlegt.  Es  ist  auch  nicht  zweifeihaft,dassdte  ht^ 
der  beiden  Haupistrassen,  durch  die  von  Mahmoud  richligar* 
kannten  des  späten  Systems  bestimmt  sind.  Will  manr  koB* 
sequent  sein,  so  muss  man  in  ihrem  Schnittpunkt  den  8tild^«> 
sehen  Markt  suchen.  Mit  der  Bestimmung  von  denen  lii^ 
war  ein  Hauptfactor  der  neuen  Stadtanlage  gegeben.  MdMtr 
verdient  die  Oberlieferung  unseren  Glauben,  die  auedrOdk*^ 
lieh  hervorhebt,  dass  Alexander  die  Lage  der  ayopat  b^Mtmoit 
babe^. 

Aber  hatte  Alexandreia ,  das  von  Anfang  an  als  ein  Bdi<» 
porion  grössten  Stiles  gegründet  war,  keinen  Markt  aro  Ss« 
fen?  Wie  es  das  Beispiel  von  Halikarnassos  ^  und  Rhodkü^ 
beweist  und  Vitruv,  nach  griechischen,,  hellenistischen  QmI« 


*  Arcb.  Anzeiger  1897  8.  180  f. 

'  Arrian  111,1.  ErdmanD,Zur  Kunde  der  heUenistischen  StädtegrüaduagMi 
8. 18.  Wie  das  (Uoov  mhiw  zu  verstehen  sei,  ist  bei  unseren  jetitgen  Mil|flhi 
nicht  sicher  zu  entscheiden.  Nicht  weil  xtBfov  der  Name  der  Hauptifiier- 
Strasse  wäre  (Erdmann  8.17),  sondern  weil  nach  Fseudo-Kallisthenes  1,32 
die  Anlage  der  Stadt  von  einem  Punkte  ausgegangen  war,  der  |Uaov  xiSfiov 
hiess,  würde  dieses  eventuell  mit  der  a^opk  zu  identiüciren  sein.  Der  Name 
würde  passen;  wo  der  Markt  ist,  ist  auch  der  Mittelpunkt  der  Stadt,  was 
nicht  immer  streng  mathematisch  zu  verstehen  ist.  In  diesem  Falle  dürfte 
man  natürlich  nicht  (mit  Erdmann  S.  19)  auch  den  nach  Alezander  be- 
nannten xdizoi,  von  dem  Achilles  Tatius  a.  a.  O.  redet,  mit  derselben 
Agora  zusammenwerfen,  da  er  deutlich  vom  {lioov  9Cffi(ov  unterschieden  ist. 
Versteht  man  dagegen  unter  der  vom  Alexanderplatz  ausgehenden  Quer- 
strasse  bei  Achilles  Tatius  die  H  a  u  p  tquerstrasse  der  Stadt,  so  müsste  man 
umgekehrt  hier  die  «y^^p«  und  das  (/ioov  mhiov  anderwärts  suchen.  Schrei- 
ber, Vorbemerkungen  zu  einer  Typologie  der  hellenistischen  Städtegrün- 
dungen  (Festschrift  für  H.  Kiepert  S.  343)  will  für  Alexandrien  keine  cen- 
trale Agora  annehmen. 

»  Vitruv  II,  8,  11. 

^  Rhodos,  ebenso  wie  der  Piraeus,also  nach  hippodamischem  System  an- 
gelegt: Strabon  654.  Erdmann,  Philolo^s  42  (1883)  S.  224. 


NEUE   ÜNTEII8UCHUN0EN   IN  *tGX*NDlllEN  571 

len '  betont  (1.7.1)-  war  bei  Küsten -und  llandelssläilten 
diircb  prakliscbe  RUcksicIiten  ein  Markt  am  llaFen  f^prordorl: 
area.  übt  forum  constitttntur,  eligenda  prnxime  partum. 
Wie  er  im  Piraeiis  i^eldieben  ist  trotz  der  zweiten  bippndii- 
miscben  i.-^nfit,  so  konnte  er  in  Alesandrien  kaum  fehlen  Ist 
PS  nun  ZufalLdass  gerade  da,  wo  Ost-  und  VVesthafen  an  ein- 
ander Blossen,  am  Südende  des  lleplastadions,  schon  in  Cae- 
sars Zeil  eine  areii'  j-enannt  wird  ?  Als  Verbindung  zwischen 
den  beiden  Malen,  dem  Spö[j^i>;  des  HepLasladions^  und  der 
llauptlano;sstrasse  war  hier  ein  freier  Platz,  der  zugleich  lla- 
fenmaikt  war.  vorzügticli  angebracht.  Lassen  doch  noch  die 
mahmoudschen  Strassen  hitr  einen  grösseren  Kaum  frei  *.  Aber 
schon  der  Stadtplan  des  Deinoki'ales  mussle  an  dieser  Stelle 
auf  besonders  starken  Verkehr  Rücksicht  nehmen.  Uenn  die 
Idee,  das  Heptasladion  hier  anzulegen  und  durch  die  Verbin- 
dung mit  Pharos  die  Lage  der  neuen  Stadt  erst  wirklich  aus- 
zunützen, wird  man  schwerlich  vom  Grundungsplane  trennen 
dürfen.  Er  ist  nicht  nur  der  Kühnheit  des  Üeinokrates  wür- 
dig', sondern  rückt  auch  durch  die  Person  seines  lürbauers 
Dexiplianes.  dessen  Sohn  Sostralos  unter  Ptolemaios  Pliila- 
delphos  etwa  zwischen  "290  und  '^6(J  seine  Wirksamkeit  ent- 
faltete, in  die  Frühzeit  der  Stadt  hinauf^.  Audi  das  üSpayw- 


■     '  Nissen,  Templum    3.  58.  Zu  Vitruvs  starker  AlihätiKigkeit  von  grie- 
pefaisclien  Quellen  vgl.  auch  meine  Bemerkungen  l'hilolugus  1899  S.  1  ir. 
r     '  Bell.  alex.  19,6. 

>  Rbein.  Museum  |43|  1888  Ö.  SUti  f. 

'  Vgl.  Kieperls  Plan,  ZeiUchritl  für  Erdkuode  7  B.  33  f.  und  Bolti.  U 
Plan  d'Alexandrie,  beide  naeli  Mabmuuds  Originalaurnahnie.  Hierzu  |iassl 
auch  die  Marktstrasse  (^Rs  )  bei  Pseudo  -  Kallisthenea  31,3  (in  der  Bear- 
beilung  B|.  vgl,  Ausfeldt,  a.a.O.  B.  364  f. 

■  Ein  ätinliuhes  Wageslilek  war  der  4  BUdien  lange  Damin  nacb  Tjros 
gewesen,  der  unmillelbare  Vorläufer  des  Heptastadions. 

^  Fttrabon  791  und  Slepb.  Byt.  s.  v.  4>äpa;  (InscbriTt  des  Sos|ralos  am 
Leuchllurml.  Nach  Perdriiels  Nacliweis  (fleiiue  deiitudti  anciennes  I,t8it9, 
ä.'2<J1)  hiit  SoBlratos  den  Turm  gegen  380  bereits  vollendet.  Er  wird  also  wol 
kaum  nach  320  geboren  sein;  seinen  Valer  können  wir  uns  demnach  sehr 
gut  unler  den  Baumeistern  Alexanders  denken.  Ausserdem  bat  die  Aus- 
führung des  Üründungsplanes  in  allen  seinen  Eimel  heilen  Jahre  in  Anspruch 


Tli  P.  NOACC 

yiov,  das  durch  diesen  gewaltigen  Damm  nach  der  Insel  ge* 
leitet  wurde,  weist,  wie  das  ganze  Leitungssystem  der  Stadt, 
auf  diese  erate  Zeit.  Zumal  hier  auf  der  nackten  Düne,  wo 
eine  Grasstadt  gleich  im  weitesten  Umfange  (Amm.  Mare. 
32,  16,  15)  aus  dem  Nichts  geschaffen  werden  sollte,  mussle 
die  Frage  der  Wasserversorgung  eigentlich  eine  Lösung  achoD 
gefunden  haben,als  man  sich  zur  Gründung  entschlösse  Alex, 
ander  hatte  ja  einen  competenten  Berater  auch  hierfür  in  Uei- 
nokrates  in  seinem  Gefolge  ( Vitruv  II  praef.  4)  und  dasselbe 
kann  mit  Krates  Tafp^pu^oc  der  Fall  gewesen  sein. 

Diese  ayopa  am  Heptastadion  lag  nahe  Im  den  SchiiTswerf- 
ten  (Strabon  794).  Wenn  nun  ein  diesen  hinderlicher  Obelisk 
(Plin.  36,9)  vom  Arsinoeion  nach  dem  forum  versetzt  wird, 
so  kann  damit  ebenso  gut  der  nahe  gelegene  Platz,  wie  der 
Markt  in  der  Stadtmitte  gemeint  sein  ;  mehr  beweist  diese 
Stelle  jedenfalls  nicht  ^. 

Das  Vorhandensein  zweier  Marktplätze  entspricht  schliess- 
lich vollkommen  der  Doppelaufgabe,  die  Alexandrien  erfüllen 
sollte  und  in  den  ersten  drei  Jahrhunderten  auch  erfüllt  hat: 
es  war  ebensowol  die  erste  Handelsstadt  der  Welt,  deren  xyopx 
natürlich  an  den  Hafen  gehört, wie  die  königliche  Residenz', 
*die  Festung  Königs  Alexander  I ',  die  unabhängig  von  den 
commerciellen  Einflüssen  das  Bild  einer  in  sich  geschlossenen, 
glänzenden  Stadtanlage  geben  sollte. 


getioininen.  Die  Verbindung  des  Dexiphanes  mit  Kleopatra  ist  naturlich 
'  legendarisch  *  (Pauly-Wissowa  i  S.  1384, 1);  schon  nach  Caes.  beU.  ei?. 
Hl,  112  ist  das  Heptastadion  a  prioribus  regibus  errichtet. 

*  Süsswasser  ist  allerdings  im  Boden  vorhanden  (  Kiepert  a.  a.  O.  340). 
Caesar  grub  Brunnen,  bell.  alex.  8,1.  9,2.  Für  die  Versorgung  der  ganien 
Stadt  aber  halte  den  Erbauern  die  feste  Verbindung  mit  dem  Nil  zuver- 
lässiger geschienen.  In  den  grossen,  noch  jetzt  erhaltenen  Cisternenanlagen 
(Vgl.  jetzt  auch  Merckel,  Ingenieurtechnik  S.  512  f.)  sind  zum  grossen  Teil 
Bauglieder  (Säulen,  Kapitelle)  spätester  antiker  und  byzantinischer  Zeit 
verwendet.  Ihre  Decken  liegen  da,  wo  ich  es  controlliren  konnte,  höher 
als  die  gepflasterten  Strassen  des  mahmoudscben  Systems. 

*  Erdmann,  Zur  Kunde  der  hellenistischen  Stadtgrüadungen  8. 18  führte 
sie  gegen  eine  kxo^k  am  Hafen  an. 

>  Rhein.  Museum  35  S.  451. 


NEUE  UNTERSUCHUNGEN  IN  ALEXANDRIEN  273 

Wird  aber  diese  ganze  Erörterung  nicht  dadurch  hinfällig, 
dass  der  Platz,  den  die  Kreuzung  der  beiden  Haupistrassen 
der  a/opa  zuzuweisen  scheint,  in  einer  durchaus  sumpfigen 
Niederung  gelegen  haben  würde?  Bekanntlich  haben  Mah- 
mouds  Aufnahmen  festgestellt,  dass  die  Hauptquerstrasse  Ri 
nahezu  in  ihrer  ganzen  Länge  eine  zwischen  300  und  400" 
breite  tiefe  Einsenkung  durchzieht.  Und  Mahmoud  hat  ge- 
glaubt—  und  andere  sind  ihm  darin  gefolgt — ,  dass  damit 
der  Platz  für  die  palus  a  meridie  interjecta  des  bell.  alex. 
I,  4  gefunden  sei.  Nun  ist  die  Niederung  ja  in  der  That  vor- 
handen, aber  man  wird  bei  ihrer  Beurteilung  eine  wichtige 
Thatsache  nicht  mehr  ausser  Acht  lassen  dürfen,  die  Sen- 
kung des  Bodens  in  nachklassischer  Zeit! 

Es  ist  das  Verdienst  von  Jankö  in  seiner  oben  (S.  227,1)  ge- 
nannten Abhandlung  S.  323  ff.  auf  diese  Senkung  nachdrück- 
lich hingewiesen  zu  haben.  Nur  unterdieser  Voraussetzung  er- 
klärt sich  die  Verkümmerung  der  Halbinsel  Lochias,  das  gänz- 
liche Verschwinden  von  Antirrodos  und  Timonion*;  nur  so 
versteht  man,  dass  die  ausgedehnten  Quaderlager  heute  vom 
Ufer  des  Osthafens  aus  sich  viele  Meter  weit  unter  Wasser  auf 
dehi  Meeresboden  hinziehen, dass  die  Stufen  des  einen  der  bei- 
den Obelisken  vor  demCaesareum2'  und  tiefer  uriter  Meeres- 
niveau gefunden  wurden^,  dass  zahlreiche  Katakomben  der 
westlichen  Nekropole(s  o.S.229  Anm.  2)  vom  Meere  durchspült 
werden  und  einzelne  Kammern  nur  noch  in  halber  Höhe  da- 
raus emporragen,  dass  endlich  die  Fundamentreste  stattlicher 
Gebäude  heute  im  Grundwasser  liegen  (Z  und/^3).  Dann  dür- 
fen wir  aber  auch  für  jene  Niederung  südlich  von  Lochias 
dieselbe  Veränderung  annehmen,  und  es  fällt  die  Ungeheuer- 
lichkeit weg,  dass  die  Hauptquerstrasse,  mehrere  Meter  un- 
ter der  Pflasterstrasse  (5,18'"  Meereshöhe),  und  der  zu  ihr 


<  Janko  a.a.O.  S.  325  IL 

*  Die  Angabe  verdanke  ich  einer  freundlichen  MiUeilung  Dr.  Schwein- 
furths,  der  schon  daraus  den  richtigen  Schluss  auf  die  Bodensenkung  (von 
mindestens  2*" )  gezogen  hat. 

ATHEN.   MITTHEILUNQEN   XXV.  18 


274  F.   NOACK 

gehörige  Hauptwasserkanal  im  Sumpfe  angelegt  worden  wä- 
ren. Der  Anlage  der  Agora  stellte  sieb  also  in  dieser  breiten 
Niederung  keine  elementare  Schwierigkeit  entgegen. 

Wo  bleibt  dann  aber  die  palus  a  meridie  interiecta? 
Zwei  Auffassungen  stehen  sich  gegenüber.  Die  eine  ist  von 
Wachsmuth  *  so  formulirt  worden  :  'zu  jener  Zeit  (Caesars) 
drang  also  noch  die  palus  Mareotis,  der  SumpFsee,  so  vom 
Süden  her  in  das  Stadtterrain  ein,  dass  er  dasselbe  in  zwei 
Hälften  zerlegte,  welche  nur  durch  einen  verhältnissmässig 
schmalen  Streifen  mit  einander  in  Verbindung  standen :  eben 
diese  tief  eingreifende  Einbuchtung  der  Mareotis  ist  es  offen- 
bar, welche  von  Strabon  XVIII  S.  793  als  6  Xia-riv  6  >tuvato< 
genannt  und  in  seiner  lebhaften  Frequenz  geschildert  wird*. 
Im  Gegensatz  dazu  nimmt  z.  B.  Judeich  im  Anschluss  an 
Drumann  und  Mommsen  an  ^, dass  einfach  die  Mareotis  selbst, 
nicht  ein  solches  in  die  Stadt  eingreifendes  Sumpfgebiet  ge- 
meint sei.  Beide  Auffassungen  scheinen  mir  Richtiges  und 
Falsches  zu  vereinigen.  Wir  müssen  uns  die  Situation  Caesars 
vergegenwärtigen. 

Seine  Stellung  ist  durch  bell.  civ.  ill,  112  annähernd  be- 
stimmt. Elr  beherrschte  das  Theater  und  den  anschliessenden 
Teil  der  Paläste,  also  den  Hügel  des  heutigen  arabischen 
Hospitals  mit  seinen  Abhängen  :  der  von  ihm  besetzte  Ufer- 
streifen reichte  bis  zu  den  navalia\  in  der  Stadt  mag  seine 
Position  durch  die  Strassen  R5  oder  R/j  im  Westen,  Li  (kano- 
pisclie  Strasse)  im  Süden  und  R2  als  alleräusserste  östliche 
Grenze  zu  umschreiben  sein  ^.  Dazu  kommt  bell.alex.  1,4,5. 
Die  Stadt  würde  in  zwei  Teile  zerfallen  sein,  wenn  es  ihm 
geglückt  wäre ,    durch  vorgeschobene  Verschanzungen    den 


•  Rhein.  Museum  35  S.  453.  42  S.  403, 1;  ebenso  Mahmoud,  Kiepert, 
Luinbroso. 

2  Judeich.  Caesar  im  Orient  (1885)  S.  86.  Vgl.  auch  Fuchslein  bei  Pauly- 
Wissowa  I  S.  1382,  45  und  jetzt  Jung,  Caesar  in  Aegyplen  (Progranirai 
Mainz  1900)  S.  15.  23-25  (mir  eben  erst  bekannt  geworden). 

5  So  ungefähr  auch  bei  Judeich  a.a.O.  auf  der  kleinen  Karte  von  Alexan- 
drien. 


NEUE  UNTERSUCHUNGEN   IN   ALEXANDRIEN  275 

schmalen  Staditeil  zu  besetzen,  der  durch  das  Eingreifen  der 
palus  von  Süden  her  gebildet  war.  Dem  Wortlaut  des  Be- 
richtes, der  m.  E.  unbedingt  dazu  führen  muss,  eine  Ver- 
engerung des  Stadtgebietes  an  einer  Stelle  der  Südseile 
anzusetzen,  wird  von  den  Vertretern  der  zweilen  AufTassung 
gar  keine  Hechnung  gelragen :  der  gewöhnliche  Verlauf  des 
Nordufers  der  Mareolis  würde  nirgends  innerhalb  des  Stadt- 
gebietes pine  pars  angustissima  herbeigeführl  haben.  Es 
ist  dann  weiter  unzweifelhaft,  dass  bei  einem  solchen  Ein- 
treten der  palus  in  die  Stadt  nur  jene  ausgedehnle  Nie- 
derung in  Betracht  kommen  kann  (VVachsmuth  a.  a.  O.). 
Dagegen  halle  ich  die  Ansicht,  dass  es  sich  um  einen  dauernd 
in  der  Stadt  vorhandenen  Zusland  handele,  nicht  für  genü- 
gend begründet.  Veranlasst  ist  sie  ganz  wesentlich  durch  die 
weile  nördliche  Ausdehnung  der  von  Mahmoud  festgestellten 
Niederung.  Doch  gilt  deren  gleichmässige  Tiefe  mit 
Sicherheil  nur  für  die  Zeit  des  gepflaslerlen  Slrassennelzes. 
Nicht  folgt  daraus,  dass  der  Boden  in  älterer  Zeil  überall 
gleich  tief  darunter  gelegen  habe.  Unsere  Untersuchungen 
haben  erkennen  lassen,  dass  der  Boden  der  hellenistischen 
Stadt  gelegentlich  viel  stärkere  Höhenunterschiede  aufgewie- 
sen hat,  die  bis  zur  Zeil  der  Pflasleranlage  nicht  unbeträcht- 
lich vermindert  worden  waren.  Wir  besitzen  also  keine  Sicher- 
heit dafür,  dass  das  einmal  in  den  südlichen  Teil  dieser  Nie- 
derung eingetrelene  Wasser  der  palus  Mareolis  bis  nahe  an 
die  Lochias  herangekommen  sei.  Wir  können  folglich  die 
angustissima  pars  oppidi  quam  palus  .  .  .  efficiebat  auch 
nicht  einfach  mit  der  schmalen  Erhebung  im  Norden  der  Sladt 
zwischen  Lochias  und  der  mahmoudschen  Niederung  gleich- 
setzen. Es  ist  schon  an  sich  sehr  wenig  glaubhaft,  dass  nahezu 
ein  Drittel  des  Stadtgebietes  während  der  ganzen  ersten  und 
glänzendsten  Jahrhunderte  durch  eine  breite  Sumpfgegend 
—  die  strategisch  zu  verwerten  war,  also  wirklich  unpassirbar 
gewesen  sein  müsste — bis  auf  einen  kleinen  Verbindungs- 
streifen abgetrennt  geblieben  wäre.  Grösseres  Gewicht  als  diese 
Überlegung  dürfte  das  Ergebniss  unserer  Untersuchungen  ha- 


ben,  wonach  eino  fitr  die  Einteilung  des  ganzen  Stadtgebietea 
entscheidende  Strassenlinie  von  Anfang  an  gerade  diese  Nie- 
derungdurcfazogen  haben  muss  —  ganz  unabhängig d^von,  wie 
man  »icU  über  ilie  Lage  der  ifttfk  entscheidet.  Zudem  denke 
iiiiin  sicii  in  C.üi-saraLage.  Oatlicbvon  seiner  Stellung  bis  zur 
Locliitis  delinlen  sich  dieltönigtichen  Paläste  der  verschiedenen 
Zeilen  »iis :  er  liutte  sich  ihrer  nicht  oder  doch  nur  zum  klein- 
sten Teil  bemücliligen  können.  Ebendort  hielten  aber  die  Alex- 
andriner auch  Jen  befestigten  königlichen  Privatbafeo  wäh- 
rend lU'.v  ganzen  Dauer  der  Kämpfe  besetzt  (bell.  atex.  13. 
SiL'uljoti  7<l'i ).  (laesar  hatte  demnach  nach  dieser  Seite  wenig 
Aussicht  auf  tirfolg.  Und  wie  würde  ihm  eine  solche  Aktion 
die  Verproviantirung  erleichtert  haben,  wonach  doch  sein 
Ilauptstreben  ging?  War  die  paltts  ein  seit  Jahrhunderten 
hier  stehender  Sumpf,  so  bot  sie  ihm  weder  aqua  noch  pa- 
bulum ;  heisst  es  aber  unmittelbar  darauf,  dass  diese  selbe 
paUis  ihm  beides  reichlich  verschaffen  konnte,  so  kann  sie 
eben  nur  die  Mareotis  (mit  ihren  Ufern)  gewesen  sein*.  Wir 
müssen  uns  dabei  erinnern,  daas  noch  zu  Strabons  Zeit  dieser 
See  durch  Nilkanäle  gefüllt  wurde  (Strabon  793),  also  trink- 
bares Wasser  enthielt  und  an  der  Nilschwellung  Teil  nahm  '. 
Damit  gewinnen  wir  eine,  wie  mir  scheint,  befriedigende 
Erklärung.  Wenn  das  Wasser  der  Mareotis  einerseits  in  das 
Stadtgebiet  eingetreten  sein  muss,  allerdings  lange  nicht  so 
weit,  wie  Wachsmulh  u.  a.  meinen^,  andererseits  der  An- 
nalime  einer  dauernd  vorhandenen  patus  sich  begründete 
Schwierigkeiten  entgegenstellen,  so  bleibt  die  Möglichkeit, 
dass  mit  dem  Steigen  des  Nils,  an  dem  die  Mareotis  Teil  nahm, 
auch  der  südliche  Teil  der  vielbesprochenen  Niederung  (die, 
wie  wir  sahen,  nach  Süden  zu  tiefer  gewesen  sein  kann)  re- 


>  Judeich  a.a.O.  S.  86. 

»  Vgl.  Paulj-Whsowa  I  S.  1383,  1  f. 

3  Die  ursprüngliche  Hauplquerslrasse  wird  deshalb  (damil  wird  Wachs- 
muths  Präge  Rbein.  Museum  35  S.455  heule  zu  heantworlen  »ein)  nicht  gani 
soweil  über  die  Kreuzungsslelle  hiuausgegangen  sein, nie  es  die  t^ondirun- 
gCQ  MahiQOuds  für  die  spälc  fflasleislrassc  darüber  Cestgestellt  haben. 


NEUE   UNTERSUCHUNGEN   IN  ALEXANDRIEN  277 

gelmässig  und  so  lange  überschwemmt  wurde,  bis  ( in  nach- 
christlicher Zeit)  ihr  Boden  sich  stärker  angehöht  hatte. 
Zwischen  dem  von  Caesar  besetzten  Stadtteil  im  Norden  und 
dieser  überschwemmten  Niederung  im  Süden  (bez.  Südosten 
von  ihm)  blieb  jene  angustissima  pars  oppidi,  quam  pa- 
Ins  a  meridie  interiecta  efficiebat.  Der  Nil  beginnt  im 
Sominer  (fast  immer  am  10.  Juni)  zu  steigen,  am  7.  Oktober 
erreicht  er  seine  grösste  Höhe*.  Im  November  wird  die  ste- 
lige Abnahme  noch  sehr  wenig  gespürt.  Wir  haben  das  Recht, 
ja  ich  dächte  die  Pflicht,  damit  auch  in  unserem  Falle  zu 
rechnen:  die  hier  in  Frage  kommenden  Ereignisse,  besonders 
der  Vorstoss  Caesars  nach  der  palus  Mareotis ,  fallen  aber 
genau  in  die  Monate  des  höchsten  Nilstandes  und  die  allererste 
Zeit  des  Abnehmens^.  Das  passt  also  sehr  gut  zu  der  hier 
vorgetragenen  Auflassung  und  darf  vielleicht  auch  als  eine 
nicht  unwichtige  Bestätigung  der  Richtigkeit  unserer  ganzen 
Untersuchungen  angesehen  werden. 

Für  den  Binnenhafen  an  der  Mareotis ,  den  Xi|Ay)v  Xi|Avaio< 
Strabons, gewinnen  wir  damit  allerdings  nur  das  negative  Re- 
sultat, dass  er  schwerlich  gegenüber  der  Niederung  gelegen 
hat  oder  gar  mit  ihr  teilweise  zu  identificiren  wäre. 

Die  für  die  Geschichte  des  alexandrinischen  Bodens  so  be- 
deutungsvolle Senkung  ist  kein  nur  aus  den  oben  angeführten 
Thatsachen  abgeleitetes  Postulat  geblieben.  Es  ist  bewiesen 
worden,  dass  eine  so  durchgreifende  Wandlung  an  der  Delta- 
küste nur  in  gewalligen  Erdbeben  ihre  Erklärung  findet.  Es 
ist  aber  offenbar  auch  gelungen,  das  entscheidende  elementare 
Ereigniss  in  der  geschichtlichen  Überlieferung  wiederzufinden. 
Mit  der  Zusammenstellung  dessen,  was  darüber  ermittelt  ist^, 
möge  daher  dieser  Bericht  beschlossen  werden. 

*  Jankü  a.a.O.  S.  253  ff. 

2  Judeich  a.a.O.  S.  85  und  sonst. 

3  Zu  Jankos  kurzen  Bemerkungen  S.  324  triU  jetzt  M.  van  Berchem, 
Comples '  rendus  de  Caeademie  des  inscriplions  1898  (26)  S.  329-345.  Damit 
z.  T.  übereinstimmende,  z.  T.  ergänzende  Angaben  ( bes.  über  das  Brdbe- 
ben selbst)  verdanke  ich  der  Freundlichkeit  meines  Kollegen  Herrn  Prof. 
Völlers. 


578  F.   NOACK 

Die   betreffenden  Mitteilungen    der  arabischen    Historiker 
knüpfen  sämtlich    an  den   Pharosleuchtturm  an.    Noch    im 
Jahre  1303  befand  sich  in  ihm  ein  arabischer  Betrau m  ^  In 
demselben  Jahre,  am  7.  August  (dem  23.  Dzulkigga  702  ara- 
bischer Rechnung)  trat  ein  gewaltiges  Erdbeben  in  Aegyplen 
und  den  umliegenden  Ländern  auf;  am  heftigsten  wütete  es  io 
Aiexandrien  selbst,  es  zerstörte  die  Mauern,  die  Türme  (Forts 
oder  Kastelle)  und  eine  Seite  des  Pharos,  natürlich  auch  den 
darin  befindlichen  Betraum,  der  aber  im  folgenden  Jahre  wie- 
der hergestellt  wurde.  Das  Meer  drang  in  die  Stadt  ein  und 
überschwemmte  die  Gärten  2.  In  Kairo  stürzte  die  Al-Azhar- 
Moschee  in  Trümmer  u.  s.  f.  Schon  1326   bestätigt  Ibn  Ba- 
tütah^nach  eigenem  Augenschein,  dass  die  eine  Seite  des  Pha- 
ros darniederlag;  als  er  1349  die  Stelle  zum  zweiten  Mal  be- 
suchte, war  er  vollkommen  zerstört  [Voyages  I  S.  29 f.).  Die 
starke  Senkung  des  alexandrinischen  Bodens  hat  man  daher, 
wie  es  scheint,  mit  gutem  Grund,  derselben  Katastrophe  zu- 
geschrieben ,   welcher  das  Wunderwerk   des  Sostratos  zum 
Opfer  fiel.  So  sah  noch  1440  ein  anderer  Augenzeuge  Qaiqa- 
chandi  nur  dieTrümmerdes  mächtigen  Baues (M.  van  Berchem 
S.  342).  Im  Jahre  1477/8  besuchte  der  Sultan  Qäitbäi  während 
seiner  Anwesenheit  in  Aiexandrien  auch  die  Stelle  des  alten 
Pharos  und   befahl    auf  seinen  alten   Fundamenten  ein 
Fort  zu  bauen.  Als  er  zwei  Jahre  später  1479/80  wiederkam, 
konnte  er  bereits  den   fertigen   Bau   inspiciren  ^.  Wiederholt 


•  Es  war  cinlacli  ein  Raum  im  Pharos  zu  dieser  'Moschee'  hergerichtet 
wordeu.  Erwähnl  in  iMakrizis  (Jhilat  I,  158,  5  IF. 

2  Von  der  Moschee  ahgesehen ,  stehen  alle  diese  Angaben  in  Ihn  Ijas 
ägyptischer  Clironik  1  (Kairo  1311)  S.  140,5  f.  Weil,  Gesch.  der  Chalifen 
IV  S.  264  lässt  ^dw  am  Pfiaros  angerichteten  Scliaden  unerwähnt. 

3  Ihn  Ijas  II  ö.  173  (f.  181).  Sowol  S.  17i,  1  wie  I81),5  wird  ausdrücklich 
helont,  dass  das  Fort  auf  der  Stelle  des  allen  Pharos  gelegen  habe, 
nicht,  wie  Weil  a.a.O.  V  ö.  358  sagt,  es  sei  (ein  Jahr  später,  li80/8i )  an 
der  Seite  des  früheren  Leuchtlurms  errichtet  worden.  Der  Bau  des  neuen 
Forts  wird  als  ein  Wunder  in  seiner  Art  heschrieben.  Auf  steinernen  Bögen 
ruhte  ein  bedeckter  Gang,  der  von  der  Küste  (der  Pliarosinsel )  in  das  Meer 
hineinlief  und  im  Fort  endete.  Damit  vgl.  Janko  8.323:  'der  Molo,  der  die 


NEUB  UNTERSUCHUNGEN   IN   ALEXANDRIEN  279 

wird  gesagt,  dass  das  Fort  auf  der  Stelle  des  alten  Pharos 
lag.  Unter  diesen  Umständen  verdient  es  auch  Beachtung, 
dass  die  Seitendes  mächtigen  viereckigen  Mittelturmes  des  ara- 
bischen Forts  genau  der  Längenangabe  entsprechen  (==31"), 
die  über  ein  Jahrhundert  vor  dessen  Erbauung  Ihn  Batülah 
von  einer  Seite  des  Pharos  giebt^  Hiernach  wird  die,  wie  es 
nach  den  neueren  Karten  scheint,  ziemlich  allgemein  ange- 
nommene Ansetzung  des  Pharos  auf  den  Klippen  östlich  von 
Qäitbäi  doch  noch  einmal  zu  revidiren  sein. 

Jena. 

FERDINAND  NOACK. 


W»'  dß  ■•K 


einstmalige  Leuchtturm- Insel  mit  der  einstigen  Pharus -  Insel  verbindet, 
ist  heute  ca.  300"*  lang  und  in  Hinsicht  darauf,  dass  er  aus  Granit-  und 
Marmor  -  Brückenköpfen  (?),  aus  wagrecht  gelegenen  Säulen  und  andern 
Resten  des  alten  Alexandriens  zusammengetragen  ist,  können  wir  seinen 
Ursprung  höchstens  in  die  Zeit  der  arabischen  Herrschaft  versetzen, und  ich 
glaube,dass  er  wahrscheinlich  mit  dem  an  Stelle  des  alten  Leuchtturms  ge- 
setzten Fort-Quait-Bey  gleichalterig  ist,  da  die  Gründung  desselben  ur- 
sprünglich die  ständige  Verbindung  dieser  Insel  mit  der  grossen  Insel  not- 
wendig machte  ...  In  der  Nähe  der  Lcuchtlurm-Insel  fand  ich  im  Meere 
alte  Mauerüberresle, ausserdem  Säulen  die  abgebrochen  dastehen,derenFuss 
abervom Meeressand  bedeckt  ist;  die  Folgerung, dass  all  dies  einst  über 
der  Oberfläche  des  Meeres  war,  und  wir  hier  also  das  Sin- 
ken der  Küsten  konstatiren  müssen,  ist  unausbleiblich.  Auch  die 
ausdruckliche  Betonung  dessen,  dass  1349  on  ne  pouvait  plus  y  enirety  ni 
mime  aiUindre  jusqu'ä  sa  porte  bei  IbnBatütah,  dürfte  dafür  sprechen, dass 
vor  dem  Erdbeben  die  Stelle  des  Pharos  mit  der  Pharos-Insel  zusammen- 
hing; dann  erst  war  die  künstliche  Verbindung  nötig  geworden. 
*  M.  van  Berchem  a.a.O.  S.  343. 


DER    'APOLLO   STROGANOPF' 

In  diesen  Mittheilungen  1899  S.  468-484  macht  6.  Kie- 
seritzky  einen  Versuch,  die  Achtheit  der  als  Apollo  Strc^ooff 
bekannten  Bronzestatuette  der  Sammlung  Stroganoff  in  St.  P^ 
tersburg  zu  erweisen.  Er  teilt  allerlei  Beobachtungen  über 
den  Zustand  der  Bronze  mit,  er  macht  viele  Worte  und  spricht 
viele  Beteuerungen  aus;  allein  vergebens  suc^  man  als  Bo« 
densatz  von  all  diesem  auch  nur  die  Spur  von  etwas»  das  ab 
Beweis  dienen  könnte. 

Die  Bronze  ist  eine  Fälschung,  und  dies  ist  dermassen  deot- 
lieh  und  unverkennbar,  dasses,  wenn  die  Figur  allgemeinerer 
Betrachtung  zugänglich  gemacht  würde,  Niemand,  der  sich 
wirklich  Erfahrung  in  alten  Bronzen  erworben  hat,  je  be- 
zweifeln wird.  Sie  gehört  in  eine  Klasse  von  Fälschungen,  die 
keinem  Kenner  unbekannt  ist.  Das  Charakteristische  der 
Klasse  besteht  besonders  darin,dass  es  nicht  kleine  Statuetten» 
sondern  relativ  grosse  und  hohlgegossene  Figuren  sind»  die 
sich  meist  an  bekannte  Statuen  anschliessen,  und  dass  diesel- 
ben durch  mehr  oder  weniger  grosse  und  zahlreiche  Guss- 
fehler und  deren  teilweise  Ausbesserung  den  Anschein  beschä- 
digten Altertums  zu  erwecken  suchen.  Es  sind  mir  im  Laufe 
der  Zeit  im  Kunsthandel  eine  Reihe  solcher  Figuren  vorge- 
kommen ;  eine  solche,  einen  Herakles,  habe  ich  schon  Mei- 
sterwerke S.  661  angeführt.  Hier  sei  nur  auf  zwei  in  öffent- 
lichen Sammlungen  befindliehe  Stücke  dieser  Art  hingewie- 
sen. Im  Museo  civico  zu  Verona  sieht  eine  0,325  hohe,  1885 
gekaufte  Bronzestatuelte,  die  eine  flaue  moderne  Nachbildung 
der  Amazone  des  matteischen  Typus,  der  Springerin,   ist  • 


*  H.  Bulle  hatte  die  Gefälligkeil,  die  Figur  kürzlich  nochmals  gründlich 
zu  untersuchen ;  seine  Beobachtungen  liegen  dem  Folgenden  zu  Grunde. 


,1.0  3TR0GAS0FF 


(Arndl-Amelung,  Einzelaufnahinen  Nr.  8;  vgl.Meislprwppke 
S.  297,  Anm.  I).  Sie  ist  holil  gegossen  und  zelgl  eine  Reilie  von 
Gussl'ehlern;  ein  solcher,  ein  grober  liiss  auf  dem  Rucken  des 
reclilen  Fusses  ist  niclu  verbessert;  an  den  anderen  Stellen  liat 
der  Fälscher  um  die  durchGussfehler entstandenen  Lücher  herum 
dieOberlläche  rechteckig  eingeschnitten,  um  den  Anschein  zu 
erwecken,  dass  diese  Stellen  nach  antiker  Art  durch  Flicken 
zugedeckt  gewesen  wären.  Kieserilzky  will  (S.  481  )  aucli  am 
Apollo  Stroganoff  eine  rechteckige  Ptlaslerspur  bemerkt  ha- 
ben; auch  wenn  diese  heobachtung  richtig  ist,  beweist  sie 
nach  der  an  der  veroneser  Figur  zu  machenden  Erfahrung 
nichts  Für  die  Ächtheit  jenes  Apoll.  An  der  veroneser  Ama- 
zone waren  ferner  der  linke  Fuss  und  die  Hallte  des  Unter- 
schenkels niemals  vorhanden.  Die  jetzige  Rndigung  des  Un- 
terschenkels ist  kein  Bruch ,  sondern  auf  Dreiviertel  des 
unteren  Randes  deutlich  ein  Schnitt,  der  z.  T.  mit  moderner 
Patina  bedeckt  ist;  das  übrige  Viertel  ist  unregelmässig  rauh, 
aber  nicht  von  einem  Bruch,  sondern  mit  stumpfen  Rundun- 
gen, wie  sie  entstehen,  wenn  sich  das  Metall  heim  Gusse 
streckt.  Ganz  gleichartig  ist  die  sog.  Aegis  des  Apoll,  die  nie 
vollständiger  war;  die  untere  Fläche  zeigt  einerseits,  wie  Kie- 
serilzky (S.  ^183)  angicht,  Schnitt,  andrerseits  eben  jene  rauhe 
GuBsHäche ,  die  Kieserilzky  lälschlich  als  wirklichen  Bruch 
ansehen  will.  Ein  sinnloses  Attribut,  analog  jenem  Stück 
Tuch,  der  sog.  Aegis,  nämlich  eine  runde  Scheibe  hat  der 
Fälscher  auch  der  linken  Hand  der  veroneser  Figur  gege- 
ben. Auch  der  Ring  in  der  rechten  Hand  der  Amazone  ist 
ganz  sinnlos;  die  Finger  sind  unverständlicher  Weise  darin 
gespreizt;  zwischen  dem  Ring  und  dem  Haar  ist  ein  unsinni- 
ger Klum|)en  Metall  vom  Gusse  her  stehen  gelassen.  Die  dicke 
Patina  ist  modern  aufgetragen,  das  Metall  darunter  ist  intakt. 
Die  zweite  analoge  Fälschung  in  einer  üfTenlliclien  Samm- 
lung steht  dei'  stroganolTschen  Figur  aucli  durch  den  Gegen- 
stand besonders  naiic  :  es  ist  auch  ein  helvederischer  Apoll, 
eine  Bronze  von  etwa  :iO"°  Hübe  im  Museum  zu  Stuttgart  (wo- 
hin sie  aus  einer  älteren  Privalsammlung  gekommen  sein  soll}- 


282  A.  FURTWABNaLBR 

Auch  hier  zeigt  der  hohle  Guss  allerlei  Löcher,  die  ausge- 
bessert sind.  Die  aufgestrichene  Patina  ist  modern.  Wie  an 
der  stroganoffschen  Figur  fehlt  auch  hier  der  Köcher,  ausser« 
dem  ist  aber  das  ganze  Gewand,  das  im  Gusse  Schwierigkei- 
ten machte  (vgl.  Meisterwerke  a.a.O.), weggelassen.  Der  Kopf 
ist  freier  nach  der  belvederischen  Pigur  copirt,  als  am  stroga- 
noffschen Exemplar ;  in  der  Linken  ist  der  Bogenrest  von  der 
t>elvederischen  Statue  beibehalten.  Die  Stütze  ist  auch  hier, wie 
beim  Apollo  Stroganoff,  weggelassen ;  doch  während  letztere 
Figur  in  sklavischer  Abhängigkeit  von  der  belvederischen  Sta- 
tue auch  den  l>ei  der  Bronze  ganz  unnützen  Sockel  unter  dem 
linken  Fusse  vom  Marmor  übernommen  ^hat,liess  der  Fälscher 
des  Stuttgarter  Exemplares  diesen  konsequenter  Weise  ebenso 
wie  die  Beinstütze  weg.  Auf  andere  an  den  belvederischen 
Apoll  anschliessende  Fälschungen,  wie  die  von  mir  Meister- 
werke a.a.O.  genannte  Figur  in  Zaragoza  oder  den  ebenfalls 
offenbar  gefälschten  sog.  Apollo  Puls<ky  sei  hier  wenigstens 
hingewiesen  ^ 

Die  stroganoffsche  Bronze  reiht  sich  mit  allen  ihren  Ei- 
gentümlichkeiten in  eine  bestimmte  Klasse  von  Fälschungen 
ein.  Sie  hatte  besonders  zahlreiche  Gussfehler  und  die  dadurch 
entstandenen  Löcher  sind  mit  Blei  ausgegossen,  wie  dies  auch 
an  der  S.  380  genannten  HeraklesGgur  geschehen  ist.  Wie  das 
Ausgiessen  mit  Blei  und  das  teilweise  Füllen  der  Lönher 
mit  Bronzeblech  gemacht  worden  ist,  hat  Kieseritzky  ge- 
nauer verfolgt;  allein  sein  Versuch,  die  Annahme  antiken  Ur- 
sprungs der  Figur  zu  reiten,  ist  gänzlich  missglückt.  Kr  giebt 
zu,  dass  die  ganze  Patina  der  Figur  modern  und  künstlich  über- 
gestrichen ist.  Allein  er  stellt  die  Vermutung  auf,  es  möge 
darunter  einmal  eine  ächle  Palina  gewesen  sein,  die  man  ent- 
fernt habe.  Diese  Vermutung  ist  nicht  nur  gänzlich  halllos,  son- 


*  Dabei  sei  gelegentlich  bemerkt,  dass  der  tanzende  Satyr  von  Bronze  aus 
Sammlung  Balamanca  in  Madrid,  den  Pierre  Paris  in  Betaue  des  Hudes  an- 
ciennes  1900  Taf.  I  S.  57  als  griechisch  publicirl,der  Photographie  nach  of- 
fenbar auch  unter  die  Fälschungen  gehört. 


I     ............. 

^tdcrn  sie  wiitl  auch  durch  den  Tiiatbestaiid  als  unmui^licli  er- 
lu  wiBBen.  Nach  Kieserilzky  soll  die  Figur  einsl  von  einer  'slark 
ohiorhalligen  Palina'  bedeckt  gewesen  sein,  welche  die  Ober- 
fläche ganz  zerliessen  habe:  die  durch  Guaslehler  enlslande- 
neii,  dieser  Sorte  von  Fälscluingen  eigenen  Löcher  seien  viel- 
mehr vom  Oxyd  durcligefreasene  Stellen  ;  die  Bronze  sei  durch 
Oxydation  'stellenweise  siebartig  durchlöchcrl'  gewesen.  Kie- 
serilzky  hat  offenbar  gar  keine  Ahnung  davon,  wie  eine  wirk- 
liche, dermassen  von  Oxyd  zerfressene  lironze  nach  erfolgter 
Reinigung  aussieht.  Wenn  er  sich  belehren  wUl.müge  er  das 
Atelier  des  Chemikers  des  berliner  Museums  aufsuchen,  der 
hunderte  solcher  Uronzen  behandelt  hat.  Kieseritzkys  Hypo- 
these beruht  auf  einfacher  Unkennlniss;  sie  wird  durch  die 
glatte, glänzende, unter  der  modernen  Patina  intakte Oherllache 
des  Metalls  der  stroganoffsclien  Figur  sofort  widerlegt;  eine 
Oxydation .  wie  sie  Kieseritzky  voraussetzt,  hätte  nach  der 
Reinigung  nur  einen  rauhen,  zerfressenen  Grund  hinterlassen 
können.  Dass  die  kleinen  Goldresle,  die  Kieseritzky  (S.  479) 
bemerkte, nichts  für  die  Entsteh  ungszeit  beweisen, bedarf  kaum 
der  Erwähnung  Es  ist  ein  beliebter  Kniff  der  Fälscher,  durch 
dergleichen  Reste  (  ähnlich  wie  bei  den  Terrakotten)  die  Täu- 
schimg zu  versuchen. 

Es  ist  nur  noch  ein  Punkt  in  Kieseritzkys  Ausführungen  zu 
berühren,  derjenige,  mit  dem  er  beginnt  und  den  er  mit  be- 
sonderer Wichtigkeit  behandelt,  wie  er  denn  schon  vorher 
llelhig  (Führer-  1  S.  501  )  davon  Mitteilung  gemacht  halte, 
der'Stützkeit'  unter  dem  linken  Fusse.  Kieseritzky  meint,  ich 
hätte  die  Bronze  eben  wegen  dieses  'Slützkeils'  für  modern 
erklärt;  er  giebt  sich  der  Illusion  hin,  dass  er  sie  retten  und 
als  anlik  erweisen  könne,  wenn  er  nur  jenen  Punkt  erschüt- 
tert habe.  In  Wirklichkeil  habe  ich  diesen  aber  gar  nicht  ein- 
mal bemerkt,  als  ich  das  Original  in  Sammlung  Slroganoff 
als  Fälschung  erkannte:  ur  fiel  mir  erst  später  auf  und  schien 
nur  geeignet.  Anderen  den  modernen  Ursprung  deutlich  zu 
maclien,  da  er  sich  einfach  und  kurz  in  Worte  fassen  lässt, 
was  bekanntlich  durchaus  nicht  der  Fall  ist  mit  jener  unend- 


M 


284  A.    FURTWAENGLER 

liehen  Summe  von  Formen  Wahrnehmungen,  auf  denen  eigent- 
lich das  Urteil  über  Ächtheit  oder  Fälschung  zu  beruhen 
pflegt,  jenen  Imponderabilien  des  Kunstwerks,  zu  denen  Kie- 
seritzky  freilich  gänzlich  das  aufnehmende  Auge  zu  fehlen 
scheint. 

Ich  hatte  behauptet,  man  könne  den  modernen  Ursprung 
der  stroganoffschen  Bronze  schon  daran  erkennen,  dass  sie 
unter  dem  linken  Fusse  den  Sockel  von  der  Marmorstatue  co- 
pire,  während  Stützen  dieser  Art  bei  den  antiken  Bronzen 
nicht  vorkämen.  Kieseritzky  behauptet  im  Gegenteil,  diese 
Stützkeile  seien  an  allen  Bronzen  etwas  ganz  gewöhnliches; 
er  spricht,  als  ob  man  beim  ersten  Blick  in  jeder  Bronzen- 
sammlung eine  Menge  Beispiele  Qnde  und  nur  ein  der  Denk- 
mäler gänzlich  Unkundiger  dies  nicht  wissen  könne.  Der 
Sachverhalt  ist  gerade  umgekehrt.  Richtig  ist  nur,  ich  hätte 
nicht  sagen  sollen,  'niemals'  fänden  sich  jene  Stützen  bei  al- 
ten Bronzen.  Allein  die  wenigen  Ausnahmen, die  vorkommen, 
bestätigen  gerade  die  Regel.  Ich  habe  jüngst  Gelegenheit  ge- 
habt, die  ungeheuer  reichen  Sammlungen  antiker  Bronzesta- 
tuetten daraufhin  durchzusehen,  die  sich  in  Paris  befinden: 
hier  sind  zahllose  zurückgesetzte  Füsse ,  die  in  Marmoraus- 
führung alle  Stützkeile  haben  würden  ,  die  Bronzen  aber  ent- 
behren derselben.  Nur  zwei  Beis|)iele  römischer  Zeil  konnte 
ich  (im  Cab.  des  mc'daiUes,  Babelon  und  Blanchel  Nr.  10.  237) 
entdecken,  wo  kleine  Slülzkcile  vorkommen,  und  eines  davon 
fällt  noch  weg.  da  der  Fuss  modern  ist.  Die  von  Kieseritzky 
angeführten  Beispiele  aus  dem  British  Museum  hatten  Arthur 
H.  Smith  und  E.  Sellers-Strong  die  Gefälligkeit  nachzuprüfen, 
wovon  letztere  mir  das  ResuUaL  milleilLe.  Die  ersten  vier  Stü- 
cke sind  sehr  geringe,  rohe  römische  Arbeiten  (statt  1602  ist 
1520  zu  lesen)  und  der  Stützkeil  scheint  teilweis  modern  (an 
1265  sind  die  Füsse  ergänzt  nach  Walters);  von  den  anderen 
Beispielen  waren  an  1389,  dem  mit  beiden  Füssen  nur  mit 
den  Zehen  aufruhenden  tanzenden  Satyr  Stützkeile  sogar  not- 
wendig wegen  der  besonderen  Stellung,  die  von  der  norma- 
len abweicht.  Bei  den  schönen  Bronzen  aber,  bei  denen  Kie- 


DER    APOLLO   STHOGANOFF  285 

seritzky  (S.  471)  einstige  Slützkeile  vermuten  zu  dürfen  meint, 
fehlt  nach  Zeugniss  der  Genannten  jeder  bestimmte  Anhalt  für 
diese  Annahme,  die  daher  nach  allen  Analogien  als  gänzlich 
unwahrscheinlich  abzuweisen  ist.  Auch  das  British  Museum 
zeigt  an  zahllosen  Beispielen  zurückgesetzter  Füsse,  wie  der 
Brauch  bei  Bronzen  von  dem  bei  Marmorstatuen  verschieden 
war.  In  der  gleichfalls  reichen  Bronzensammlung  zu  München 
ist  nur  ein  römischer  Mercur  (Nr.  130)  mit  einem  kleinen, 
*  Stützkeil'  und  ein  tanzender  Lar  (Nr.  359),  wo  die  Stütze 
unter  dem  hoch  gehobenen  Fusse  nötig  erschien;  alle  die  vie- 
len zurückgesetzten  Füsse  in  der  Art  des  Apoll  sind  sonst  auch 
hier  ohne  Stütze. 

Der  Fälscher  der  oben  (S.  281  )  genannten  Stuttgarter 
Apollo-Bronze  kannte  den  antiken  Brauch  also  besser  alsKie- 
seritzky  und  der  Fälscher  der  stroganoiTschen  Figur,  der  sich 
von  seiner  Vorlage,  der  belvederischen  Marmorstatue  nicht 
losmachen  konnte  und  auch  den  dem  Marmorstil  eigenen 
Stützkeil  unter  dem  linken  Fusse  mit  copirte. 

Auf  das,  was  Kieserilzky  S.  483  f.  noch  über  den  belvede- 
rischen Apollo  selbst  vorbringt,  einzugehen,  können  wir  der 
Mühe  wert  nicht  erachten.  Wer  sich  zu  behaupten  getraut,  die 
Aegis  sei  'mit  Sicherheit'  (!)  zu  ergänzen,  und  wer  den  Bo- 
gen in  der  Linken  des  Gottes  Mächerlich'  findet  und  sich 
dabei  um  die  ganze  vorangegangene  Litteratur,  um  alle  dieje- 
nigen, welche  die  Unmöglichkeit  der  Aegis  und  die  einzige 
Berechtigung  des  Bogens  erwiesen  haben,  nicht  kümmern  zu 
dürfen  glaubt,  mit  dem  lohnt  es  sich  nicht  zu  rechten  ;  wir 
könnten  höchstens  das  Wort  Mächerlich'  zurückgeben  und  es 
auf  den  Apollo  beziehen,  der  zugleich  Jen  Sühnwedel  in  der 
Rechten  und  die  schreckende  Aegis  in  der  Linken,  der  den 
Köcher,  aber  nicht  den  Bogen  tragen  soll. 

München 

A.  FURTWÄNGLER. 


■  ■  »»i»^  « ■ 


ZUM  APOLL  VOM   BELVEDERE 

Veranlassung  zu  diesen  Zeilen  giebt  mir  die  körzlich  an, 
eben  dieser  Stelle  (1899  S.  468  ff.)  Tan  Kieseritzky  veröffent- 
lichte Verteidigung  der  Echtheit  des  ApoUon  Stroganoff.  Über 
die  Berechtigung  dieser  Apologie ,  soweit  sie  sich  auf  den 
äusseren  Zustand  der  Bronze  bezieht,  sind  die  vorstehenden 
Bemerkungen  Purtwänglers  S.  280  ff.  zu  vei^leichen.  Mir  sei 
zu  diesem  Punkte  nur  eine  kurze  Bemerkung  gestattet. 

Kieseritzky  schreibt  S.  477  in  Betreff  der  Obereinstimmung 
der  Statuette  mit  dem  Apoll  vom  Belvedere:  *  Stimmt  der 
Mantel  doch  auch  sonst  mit  dem  der  belvederischen  Statue  in 
der  Anlage  der  Palten  um  den  Hals,  in  der  Klammer,  wel- 
che die  rechte  Seite  des  Mantels  auf  dem  Röcken  zu- 
sammengeschoben hält,  so  überein  .  .  . '  In  einer  Anmer* 
kung  gesteht  er,  sonst  an  keiner  Figur  eine  derartige  'Klam- 
mer' zu  kennen.  Sehr  begreiflich,  da  es  sich  bei  dem  Apoll 
vom  Belvedere  gar  nicht  um  eine  *  Klammer*,  sondern  um  ein 
Stück  des  Köcher-Riemens  handelt;  er  ist  hier  wie  vorne  ein- 
fach umrändert.  Augenscheinlieh  hat  der  Künstler  angenom- 
men, der  Köcher  sei  durch  die  heftige  Bewegung  der  Figur 
über  den  Rand  des  Mantels  geworfen  worden. 

Der  Köcher  ist,  soweit  er  jetzt  erhalten  ist,  ganz  antik  und 
war  niemals  gebrochen.  In  der  unteren  Bruchfläche  ist  ein 
rundes  Loch,  das  wol  von  einer  ehemaligen  Ergänzung  des 
unteren  Endes  in  Gips  herrührt.  Oben  ist  ein  Teil  des  oberen 
ausgeschweiften  Teiles  links  abgebrochen  ;  eine  Ansatzstelle 
am  Mantelrande  links  davon  macht  es  zweifellos,  dass  hier 
der  aufgeklappte  Deckel  abgebrochen  ist.  Von  dem  Tragband 
ist  das  eine  Ende  oben  am  Köcher  sichtbar;  es  verläuft  schräg 
von  links  unten  nach  rechts  oben ,  so  dass  es  unzweifelhaft  ist, 
dass  wir  hier  die  direkte  Fortsetzung  des  Teiles  des  Bandes 


I  APOLL    VOM    I 


I 


vor  uns  haben,  das  auf  der  Vorderseile  ziilelzl  dicht  oberhalb 
des  Mantelknopfea  sicIiLbar  geworden  ist.  Das  andere  Ende 
des  Bandes  greift  weiter  unten  um  den  Mantel  herum;  es 
sass  an  dem  jetzt  fehlenden,  unleren  Teil  doa  Köchers  an. 
Dieses  Knde  hat  der  Verferliger  der  ßronze  wiedergegeben, 
aber  auch  nur  soweit,  als  es  an  dem  Marmor  erhalten  ist;  es 
ist  die  vermeintliche  Klammer.  Das  obeie  Ende  lialeraammt 
dem  Köcher  unterdrückt.  Kann  man  aber  das  einem  antiken 
Künstler  zutrauen  ?  Oder  hätte  dieser  dann  nicht  wenigstens 
aucli  das  untere  Rnde  ilea  Köcherbandes  unterdrückt,  das 
in  seiner  Vereinzelung  jetzt  ganz  sinnlos  ist?  Jedenfalls  hat 
dieses  Stück  Riemen  nur  da  seine  Berechtigung,  wo  der  Kö- 
cher vorhanden  ist.  Der  Apollon  Stroganoff  aber  bat  keinen 
KÖciier  (Stepliani,  Apollon  Boedroinios  S.  9).  Sollen  wir 
wirklich  annelimen.  ein  antiker  Künstler  habe  dieses  Detail 
dem  Originale  nachgebildet,  den  notwendig  dazugehörigen 
Köcher  aber  fortgelassen  i*  Besonders  stutzig  tnuss  es  uns  ma- 
chen, dass  an  der  Bronze  eben  gerade  bu  viel  von  dem  Riemen 
wiedergegeben  ist,  wie  an  der  erhaltenen  Marmtirreplik. 

Günstig  für  die  Echtheit  der  Statuette  kann  uns  diese  Beob- 
achtung jedenfalls  nicht  stimmen.  Doch  auch  sie  würde  sich 
als  nichtig  herausstellen,  falls  durch  den  äusseren  Zustand 
der  Bronze  der  antike  Ursprung  der  Statuette  aber  jeden  Zwei- 
fel erhoben  wäre;  das  letzte  Wort  darüber  kann  aber  nur  der 
sprechen,  der  die  Figur  selbst  gesehen  bat.  Der  eigentliche 
Zweck  dieser  Zeilen  ist  vielmehr,  mit  Nachdruck  darauf  Iiin- 
zuweisen,  dass  diese  ganze  Frage  und  die  Entscheidung  da- 
rüber, ob  —  die  Echtheit  der  Figur  angenommen  —  das  Attri- 
but ihrer  Linken  die  Aegis  gewesen  sei  oder  nicht, wesenlos  ist 
für  eine  andere,  weit  wichtigere  Frage:  was  für  ein  Attribut 
die  Linke  des  Apollon  vom  Belvedere  und  des  griechischen 
Originales  gehalten  habe. 

Die  Hechte  des  Apollon  Slrnganoft  ist  leer;  ebenso  heute 
die  der  vaticanisclien  Figur.  Dass  sie  es  nicht  ursprünglich 
war,  wissen  wir  durch  Furtwängler,  der — eine  richtige  Beob- 
achtung üültichers  aufgreifend  —  ein  für  allemal  festgestellt 


I 


288  W.   AMBLUNa 

hat,  dass  die  Rechte  einen  mit  geknoteten  Woilbinden  um- 
wundenen LfOrbeerzweig  hielt,  dessen  Reste  an  dem  anti- 
ken Teil  des  Stammes  ohne  Weiteres  deutlich  erkennbar 
sind  (Meisterwerke  S.  663).  Kieseritzky  geht  auf  diesen  Punkt 
gar  nicht  ein,  ja  er  operirt  am  Schlüsse  seines  Aufsatzes  im- 
mer noch  mit  dem  Argument,  die  Haltung  des  linken  Armes 
sei  nicht  die  eines  Bogenschützen,  der  schiesst  oder  eben  ge- 
schossen hat,  trotzdem  eben  durch  das  Attribut  der  Rechten 
diese  Motive  von  vornherein  ausgeschlossen  sind, sie  also  auch 
von  niemand,  der  den  Bogen  in  der  Linken  annimmt,  voraus- 
gesetzt werden  können.  Kieseritzky  hätte  aber  allen  Grund 
gehabt,  auf  diesen  Punkt  einzugehen ;  denn  er  ist,  wie  wir 
sehen  werden,  nicht  nur  für  die  richtige  Ergänzung  des  mar- 
mornen Apolls  von  entscheidender  Wichtigkeit. 

Für  diese  gewiss.  Wir  könnten  uns  sehr  kurz  fassen:  da 
der  Apoll  ausserdem  den  Köcher  trägt,  darf  der  Bogen  nicht 
gefehlt  haben;  wir  müssen  ihn  also  in  der  Linken  ergänzen. 
Aber  dieser  einfache  Schluss  lässt  sich  noch  tiefer  begründen. 

Wer  die  Masse  der  Darstellungen  des  Apollon ,  bei  denen 
die  Attribute  gesichert  sind,  überfliegt,  wird  bemerken,  dass 
sich  der  Lorbeeraweig  entweder  allein  neben  der  Leier  oder 
neben  dem  Bogen  findet^  und  zwar  ist  diese  letzte  Verbin- 
dung die  häufigste.  Folgende  Beispiele  sind  mir  bekannt: 

1.  Statue  in  Berlin;  Beschreibung  Nr.  51. 

2.  Reliefeines  Sarkophagdeekels  im  Lateran  mit  Darstel- 
lung der  Schicksale  des  Oedipus;  Benndorf-Schöne  Nr.  387 
S.  265;  Robert,  Sarkophagreliefs  II  Taf.  60,  183  (Bildsäule 
des  Gottes  in  Delphi). 

3.  Relief  eines  Altares  im  Museo  Chiaramonli  unter  Nr. 
636;  Museo  Chiaramonti  I  Taf.  18  (wo  an  den  Lorbeer- 
zweig unten  aus  Missverständniss  eine  Pfeilspitze  gezeichnet 
ist). 

4.  Münze  von  Metapont;  Overbeck,  Kunstmythologie, 
Apollon,  Münztafel  3,  9  S.  73  Nr.  9  und  S.  77  f. 


Furlwängler,  Öauiinlung  SabourolV  l  zu  Tal.  8  .S.  3. 


ZUM  APOLL  VOM  BELVBDERE  289 

5.  Münze  von  Side  in  Pamphylien;  a.a.O.  3,  52  S.  301 
Nr.  35  und  S.  309. 

6.  Münze  von  Athen;  a.a.O.  4,  29  S.  303  Nr.  74  und  S. 
309 

7.  8.  Münzen  von  Palara;  Catalogue  of  Greek  coins  of 
Lycia  S.  77  Taf.  16,  2.  3. 

9.  Gemme;  Overbeck  a.a.O.  S.  318  Np.  18,  Gemmentafel 
Nr.  26. 

Ferner  sei  auf  die  sehr  wahrscheinliche  Ergänzung  der 
Bronze  Gr^au  in  Berlin  bei  Overbeck  a.a.O  S.  229  f.  ver- 
wiesen. 

Die  beigebrachten  Beispiele  beweisen,  dass  die  Vereinigung 
jener  beiden  Attribute  im  ganzen  Bereich  der  antiken  Welt 
und  bis  in  römische  Zeit  hinein  üblich  war.  Dagegen  habe 
ich  den  Lorbeerzweig  mit  der  Leier  nur  auf  Münzen  gefunden, 
nie  aber  mit  einem  anderen  Attribut  verbunden. 

Das  Resultat  dieser  statistischen  Untersuchung  kann  dem- 
nach nur  dazu  dienen, den  einfachen  Schluss,den  wir  aus  dem 
Vorhandensein  des  Köchers  zogen,  zu  unterstützen.  Die  Linke 
des  Apoll  vom  Belvedere  hielt  den  Bogen;  möglich,  dass  der 
Mittelfinger  einen  Pfeil  umschloss.  wie  bei  der  berliner  Sta- 
tue und  sonst. 

Was  die  Vereinigung  dieser  beiden  Attribute  bedeuten  kann, 
hat  Purtvvängler  ausgesprochen:  die  in  dem  einen  Gott  ver- 
einigten Mächte  zu  vernichten  und  zu  sühnen.  Wenn  aber  die 
Bildsäule  in  alter  Zeit  ruhig  dastand, die  Werkzeuge  der  Gott- 
heit gleichmässig  präsentirend,  so  ist  hier  die  ganze  Gestalt 
in  ausdrucksvolle  Action  versetzt,  ohne  dass  eine  bestimmte 
Situation  vom  Künstler  vorausgesetzt  sein  müsste.  Nicht  der 
Bogenschütze  sollte  dargestellt  werden,  wie  in  der  bekannten 
Bronze  aus  Pompei,  sondern  das  eigenartig  doppelt  entwickelte 
Wesen  dieserGottheitsollte  vergegenwärtigt  werden,  wie  es  uns 
in  den  Oedipus-Dramen  des  Sophokles  in  lebendiger  Wirkung 
vor  Augen  tritt.  Allerdings  scheint  für  das  Motiv  des  erhobe- 
nen Bogens  auch  eine  etwas  modificirte  Deutung  möglich,  und 
zwar  im  Anschluss  an  die  wirkungsvolle  Schilderung,  in  den 

ATHEN.   MITTHBILUNOEN    XXV.  19 


290  W.   AMBLUNG 

Argonautica  des  Apollonius  Rhodius  IV,  1694  ff.  ^  Undurch- 
dringliche Nacht  umhüllt  die  Argonauten  im  kretischen  Meere 
mit  all  ihren  Schrecken  ;  da  erhebt  Jason  betend  seine  Stimme 
zu  Apollon: 

1706     AYiTotSn,  TüVY)  il  x.aLT    oupavoö  ixio  werpa; 
(DtfAfa  MeXavTioii;  apiYixoo;,  cdz'  ivi  irövrcf) 
invTat'  Soia(i>v  ii  [aiyj;  cfuircpOcv  opouoa;, 
Ss^tTSp^  j^puociov  dcvjo^cOc;  u^oOi  tö^ov* 
u.ap(AaperiV  $'  a7ü£Xa|x^c  ßt6(  Tccpl  icavToOcv  alyXiQv. 

So  wie  der  Gott  hier  mit  dem  Glanz  des  erhobenen  ßogens 
den  Argonauten  als  Retter  erscheint,  kann  er  auch  vom  Künst- 
ler der  Statue  gedacht  sein.  Dann  erhöbe  er  also  nicht  dro- 
hend, sondern  zum  Zeichen  seiner  allgegenwärtigen  Hülfe  den 
Bogen.  Aber  man  wird  entgegnen,  dem  widerspreche  der  Aus- 
druck des  Gesichtes.  Keineswegs:  der  Zorn  und  die  Verach- 
tung, die  unverkennbar  in  diesen  Augen  und  um  diese  Lip- 
pen lagern,  würden  den  dunkelen  Mächten  gelten,  die  der 
Gott  Willens  ist  mit  seinem  Bogen  zu  bannen.  Beide  Attri- 
bute aber  würden  ihn  als  den  Helfer,  den  smxoupto;  erschei- 
nen lassen,  ich  wage  nicht,  mich  für  die  eine  oder  andere  der 
beiden  Deutungen  entschieden  zu  äussern.  Jedenfalls  ist  alles, 
wodurch  Kieseritzky  die  Ergänzung  mit  dem  Bogen  zu  dis- 
crediliren  sucht,  lediglich  subjecliv  und  hat  gegenüber  der 
Klarheit  der  objectiven  Gründe,  die  für  diese  Ergänzung 
sprechen,  nichts  zu  sagen.  Ja,  man  könnte  fragend  erwidern: 
wie  steht  es  denn  mit  der  künstlerischen  Erfindung  des  Apol- 
lon Stroganoff,  angenommen  er  sei  echt  und  halte  die  Aegis? 
Dieses  Attribut, in  der  linken  Hand  vorgestreckt,  kann  über- 
haupt nur  als  Schild  verstanden  werden.  Als  Schreckbild  könnte 
sie  nur  von  der  activen  Rechten  erhoben  werden.  Apollon 
aber  bedarf  keines  Schildes,  abgesehen  davon,  dass  die  Aegis 


*  Schon  Heibig  hat  in  der  ersten  Auflage  des  Führers  I  S.108  bei  der  Be 
sprechung  des  Apoll  vom  Belvedere  auf  obige  Stelle  hingewiesen. 


ZUM  APOLL  VOM  BBLVEDERB  29l 

in  der  vorauszusetzenden  Form  garnieht  zur  Deckung  dienen 
kann.  Wie  erklärt  sich  diese  Aegis  in  der  Linken?  Dass 
Apollon  den  Bogen  drohend  mit  dieser  Hand  erhebt  ist  na- 
türlich; die  Aegis  gehört  in  die  Rechte. 

Auch  diese  Überlegung  ist  nur  geeignet, uns  in  dem  zu  be- 
stätigen, vsras  ich  auszuführen  beabsichtigte:  gäben  wir  Echt- 
heit und  Aegis  für  die  Bronze  zu,  so  hätte  doch  dieser  That- 
bestand  keine  beweisende  Kraft  für  den  Marmor ;  der  Ver- 
fertiger der  Bronze  würde  durch  Weglassung  des  Lorbeer- 
Zweiges  in  der  Rechten  und  Änderung  des  Attributes  der 
Linken  eine  Variation  des  originalen  Typus  hergestellt  haben, 
die  gerade  darin,  dass  die  Aegis  von  der  Linken, statt,  wie  es 
natürlich  wäre,  von  der  Rechten  gehalten  wird,  den  Stempel 
des  Abgeleiteten  deutlich  trüge.  Das  Original  der  Figuren 
kann  in  der  Linken  nur  den  Bogen,  vielleicht  Bogen  und  Pfeil 
gehalten  haben. 

Rom. 

W.  AMELUNG. 


■  t  #1»  I  I « 


ÜBER  EINIGE  GRABHÜGEL  BEI  AGIA  TRIADA 

Als  die  Gräbersirasse  des  athenischen  Kerameikos  freigelegt 
wurde,  hat  man  versäumt — und  es  ist  verzeihlich  —  neben 
den  grossen  Reliefs  auch  auf  die  Grabhügel  der  Armen  zu  ach- 
ten, Grabhügel,  die  an  der  Kunst  keinen  Teil  haben,  aber  in 
immer  gleicher  Form  lange  Zeit  dem  einfachen  Volke  genügten. 

Hier  sollen  die  Reste  solcher  Anlagen ,  die  sich  im  Schutt 
von  Agia  Triada  noch  erkennen  lassen,  aufgezählt  und  be- 
sprochen werden.  Zur  Feststellung  des  Vorhandenen  waren 
einige  Aufräumungsarbeiten  notwendig,  zu  denen  die  griechi- 
sche Ephorie  der  Altertümer  in  liebenswürdigster  Weise  die 
Erlaubniss  erteilte. 

A.  Das  Grabmal  aus  Lehmziegeln. 

Auf  dem  Terrain,  das  sich  südlich  der  Messen iergräber^ 
bergauf  erstreckt,  steigen  zwei  Reihen  von  kleinen  Terrassen 
empor,  die  durch  niedrige  Stützmauern  gehalten  werden.  Die 
Anlage  ist  in  vorrömische  Zeit  zu  daliren,  denn  die  Stütz- 
mauern sind  zum  Teil  sorgfältig  aus  Breccia blocken  herge- 
stellt, und  in  der  Erde  der  Terrassen  sind  nur  Ziegelgräber 
nachzuweisen.  Die  Särge  aus  rohen  Steinplatten,  denen  rö* 
mische  Columellae  zu  entsprechen  pflegen,  stehen  in  einem 
etwas  höheren  Niveau;  unter  der  Aufschüttung,  die  sie  um- 
gab, müssen  die  älteren  Grabmäler  ganz  verschwunden  sein. 

Auf  der  ersten  Terrasse  südlich  und  oberhalb  der  Messe- 
niergräber stehen  vier  jener  Piattensärge  dicht  aneinander  ge- 
rückt und  neben  ihnen  liegen  noch  die  vier  römischen  Colu- 
mellae mit  ihren  Inschriften. 


*  Vgl.  die  Planskizze  bei  Conze,  Die  allischen  Grabreliefs,  Texlband  I 
S.  16,  Nr.  41. 


UEBER    EINIGE   GUitBHUEGEL    BEI 


In  der  Erde,  auf  clet'  die  Plattensürge  stehen,  liegen  zwei 
ältere  Gräber,  ein  früher  schon  geöFTnetes  Ziegelplatten^rab 
und  ein  Erdgrab.  Seine  Grube  ist  2™  lang.  O.eO™  breit  und 
0.30'"  lief  in  den  Mergelgrund  eingeschnitten.  Oarin  lag,  den 
Kopf  nach  Norden,  ein  stark  zerfallenes  Skelett  von  feinen 
mittleren  Fnrmen.  deaen  Becken  leider  zerstört  war,  sodass 
sich  über  das  Geschlecht  des  Toten  nichts  sagen  liess'.  Zu  Füs- 
sen fanden  sich  kleine  Reste  eines  ganz  zerfallenen  eisernen 
Gegenstandes,  und  rechts  und  links  des  Schädels  lag  je  eines 
der  sleifgpformten ,  thönerncn  öltläselichen.  wie  sie  in  spät- 
griechischer  und  römischer  Zeit  in  den  Gräbern  an  die  Stelle 
von  Lekylhen  getreten  sind.  Die  Grube  war  ganz  gefüllt  mit 
der  weissen,  reinen,  sandigen  Erde,  aus  der  die  rohen  Lehm- 
ziegel hergestellt  werden;  aus  dieser  Erde  war  ilarüber  auch 
noch  ein  kleiner  Hügel  aufgeschüttet,  und  in  allmählich  sich 
verlierender  Schicht  verbreitete  sie  sich  ringsum  über  den 
Mergelboden,  in  dem  Hügel  steckten  schief  nach  oben  zwei 
grosse  Geisonziegel.  in  gleicher  Flucht  der  Axe  des  Grabes 
entlang,  sich  an  den  Anschlussllächen  noch  berührend,  so  wie 
sie  einmal  herabgestürzt  waren, und  später  durch  die  Erde  ge- 
halten wurden,  welche  die  römischen  Plaltensärge  umgab. 
(siehe  Figur  t.2).  Diese  Reste  genügen  für  eine  ungelähre  Re- 
konstruktion des  Grabmales  (Figur  3},  Über  der  Grube  erhob 
sicli  ein  kleiner  Lehmziegelbau  von  rechteckigem  Grundriss, 
der  mit  zwei  Geisonziegeln  abgedeckt  war:  au  der  Rückseite, 
wo  die  für  solche,  Zwecke  nicht  fabrizirten  Ziegel  keineWas- 
aernase  haben,  konnte  der  Hegen  einwirken,  und  nach  dort- 
hin brach  denn  auch  der  Mau  zusammen. 

Solche  und  ähnliche  Denkmäler  haben  im  Kerameikos  viele 
gestanden  ;  denn  die  Ziegel  linden  sich  in  grosser  Anzahl,  mit 
denen  sie  gedeckt  waren,  und  für  die  eine  andere  Verwendung 
auf  der  Gräberstrasse  nicht  nachzuweisen  ist.  Es  sind  meist 
Traufziegel  der  abgebildeten  Art;  Geiaonfläche  und  Wasser- 
nase rot  gefirnisst.  darauf  ist  weisses  Ornament  gemalt,  ein 


■  Photographie  des  Instituts  AlUn,  OauUn  Itig. 


B.   DBLBRDICK 


MäanderiDOtiT  ao  der  Wa8Sf>rnaBe,  ein  PalmeitonlotuBband  an 
der  Unterfläche  desGelBOD.  Die  breiten  flüchtigen  Ornamente 
entsprechen  etwa  dem,  was  man  auf  späten  böotiscben  und  at- 
tischen  Schalen  sieht.  Auch  Akroterien  mit  f;emalten  und  ge- 
pressten  Mustern,  finden  sich.  Von  einem  grösseren  Bau  wird 


^T 


iiH  Fig.  1 

ein  Stück  stammen,  das  in  eine  aufgebogene,  soi^fältig  ver- 
zierte Sima  endet.  Und  zu  grösseren  Denkmälern  gehörten 
vielleicht  auch  einige  Ziegel  aus  oberen  Reihen. 


1 :  »0  Fig.  2  '  ■  *>  Fig.  3 

Solche Grabmäler  waren  leicht  aufzubauen,  wol  meist  durch 
die  Hinterbliebenen  selbst,  ohne  Zuhillenahme  von  fremden 


UBBBR   EINIGE   GRABHUE6EL    BEI   AGIA  TRIADA  295 

Arbeitern;  nur  die  Ziegel  musste  man  kaufen.  Man  wird  das 
Recht  haben  eine  noch  einfachere  Form  als  Anfangsglied  der 
ganzen  Kette  zu  ergänzen,  einen  Brdbau,  der  nur  durch  Rei- 
^'S  g%^"  ^^s  Eindringen  der  Feuchtigkeit  geschützt  war 
(s.  u.  S.  303). 

B.   Die  Platform^ 

Stattlicher  und  dauerhafter  konnte  das  Denkmal  werden, 
wenn  man  seinen  Körper  aus  Bruchsteinen  aufbaute  und  mit 
Stuck  überzog. 

Dieser  reicheren  Art  gehört  vor  allen  das  Bauwerk  an,  auf 
dessen  Rücken  die  Familie  des  Agathon  später  ihre  Denkmä- 
ler errichtet  hat.  Es  ist  ein  Massif,  aus  ziemlich  grossen  rohen 
Steinen  aufgeführt  und  an  den  Seiten  mit  Stuck  verkleidet, 
daher  an  den  Kanten  gerundet,  an  der  freiliegenden  Seite 
8,10'"  lang  (0,60'"  sich  über  den  heutigen  Erdboden  erhebend), 
im  Ganzen  1,70'"  hoch. 

Ein  Teil  der  Schmalseiten  —  die  westliche  ist  3,40"  weit 
messbar  —  und  die  Rückseite  sind  unter  Schutt  und  vielen 
späteren  Gräbern  verborgen.  An  der  freiliegenden   Langseite 

und  den  Schmalseiten  fin- 
den sich  an  ihrer  alten  Stelle 
die  Fragmente  einer  Reihe 
von  grossen  Deckziegeln  mit 
Wassernase ,  deren  Salinas 
noch    mehr    zeichnen     Hess 

(siehe  Figur  4).  In  der  Mitte 

i.ao  Fig.  4  sind  die  Ziegel  verschwun- 

den ;  man  wird  sie  ausge- 
brochen haben,  als  man  zuerst  die  rohen  Fundamentblöcke, 
dann  die  Basissteine  und  endlich  die  marmornen  Grabmäler 
der  Familie  des  Agathon  hier  aufbaute;  möglich  ist  auch, 
dass  über  dem  Ganzen  ein  Erddach  angeschüttet  war,  aus  dem 


/  ,„  nj-—    —:j^    zLL 


*  Antonio  Salinas,  /  }iionumenti  sepulcrali  presso  la  chiesa  di  Santa  Tri- 
nitä  in  Atene,  Turin  1863. 


nur  die  Wassernasen  der  Ziegel  am  Rande  herausraglen.  Der 
Hau  ist  nicht  elwa  der  Sockel  für  die  heute  darauf  siehenden 
Grahmäler;  zuniichgt  ist  es  schwer  denkbar,  dass  nnuii  einen 
solchen  Snck«!  aus  Biucheleinen  sollte  hergestellt  hahen.  und 
dann  heweisL  ehen  das  Vorhamlensein  der  loh  gelassenen 
Fnndamentblöeke,  dass  späteslens  mit  ihrer  Versetzung  der 
ßau  (inier  die  tÜrde  kam  ;  nirgends  sonst  im  Kerameikos  war 
dii3  Kundamenlirung  der  Denkmäler  sichtliar:  man  liess  sie 
fort, wenn  man  die  Grabrelii-t's  auf  der  Kante  der  hohen  StQlt- 
mauern  aufstellte. 

Hiermit  ergibt  sich  eine  annälmrnde  Datirung  für  den  hau. 
Zur  Zeit  des  A^uthou  war  das  atatlliche  Denkmal  bereits  so 
vergessen,  dass  man  es  verschtUt«n  konnte  ;  also  muss  es  spii- 
leslens  im  Fünften  Jahrhundert  entstanden  sein,  Scliwerlich 
kann  es  über  dem  Grabe  eines  Einzelnen,  eher  über  dem  ei- 
ner Familie  stehen  ;  vielleicht  dass  die  Vorfahren  des  Agathon 
darunter  begraben  liegen. 

C.   Das  bemalte  Grab. 

In  spätgriecliischc  oder  fruhrömisclie  Zeit  scheint  ein  Denk- 
mal zu  gehören,  das  zum  grössten  Teile  von  den  südlichen 
Pundamentmauern  der  Kirche  Agia  Triada  überbaut  ist.  E)b 
ist  eine  rechteckige  Anlage  mit  gerundeten  Seitenkanten  in  der 
Arides  Agathonmassirs.aber  kleiner.  Sichtbar  ist  jetzt  nur  die 
Südseite  und  je  ein  Teil  der  östlichen  und  westlichen ;  die 
Breite  der  freiliegenden  Seite  beträgt  1,15°,  die  erhaltene 
Höhe  durchschnittlich  0,50™  (siehe  Figur  5V 

Der  Kern  des  Baues  bestellt  aus  ziemlich  grossen  Bruch- 
steinen mit  Lehmverband;  die  Unebenheilen  dieses  Gemäuers 
sind  an  den  Aussenseilen  durch  groben  Kalkputz  aus- 
geglichen, und  über  diesen  ist  eine  Schicht  feinen  Stuckes 
gelegt.  Deckziegel  sind  nicht  mehr  vorhanden  und  der  obere 
Rand  der  Seitenflächen  ist  stark  ausgebrochen.  Doch  ist  eine 
Bedachung  sicher  zu  ergänzen,  weil  auf  die  Stuckoberfläche 
gemalt  ist,  und  diese  Bemalung  sich  gut  erhalten   hat.  Die 


Feld  zwischen  den  beiden  Streifen  ist  eine  dünne  Guirlande 
^'emalt,  die  in  tlactiem  Bogen  hängt,  aus  kurzen  SUickchen  in 
den  Farben  rol,  gelb,  blau,  grün  bestehend,  dann  sind  noch 
Reste  eines  blauen,  flatternden  liändebens  zu  sehen.  Geringe 
gmente  einer  ähnlichen  Malerei  finden  sich  an  der  Ost- 
seite. 

Über  die  Flache  der  Südseile'  sind  Bilder  der  Dinge  verteilt, 
welche  die  Frauen  im  Leben  brauchten  und  die  man  ihnen 
ins  Grab  legte:  in  der  Mitte  ein  Wollkorb  aus  Stroh,  stark 
von  oben  gesehen;  der  Umriss  ist  ockergelb  ausgefüllt,  das 
Flechtwerk  dui'cb  ein  UautenmusLer  aus  dunklergelben  Stri- 
chen angedeutet,  die  Schatten  durch  sehr  dunkles  Gelb.  Links 
ein  Handspiegel  mit  dünnem,  langem  Grifl'  aus  starkem  Draht, 
der  oben  mit  zwei  Perlen  verziert  und  umgebogen  ist,  so  dasa 
man  den  Spiegel  aulbängen  kann  ;  der  Griff  endet  mit  einem 
kräftigen  Ring  gegen  die  flache  dünne  Scheibe,  Die  Bronce- 


<  Vgl.  Photographie  des  iDstiluls  Athen,  Bauten  167. 


^98  R.  DBLBRÜBCK 

Scheibe  des  Spiegels  ist  ockergelb  mit  rotem  Schatten ,  der 
Ansatzring  ebenfalls  gelb  mit  einem  weissen  Licht  und  einem 
Reflex  des  Stieles,  der  rot  mit  dunkler  rotem  Schatten  gehal- 
ten ist.  Oberhalb  des  Spiegels  flattert  ein  blaues  Bändchen. 
Rechts  von  dem  Wollkorbe  ist  ein  Klappspiegel  zu  sehen,  aus 
zwei  Hälften  bestehend,  die  durch  ein  Band  zusammengehal- 
ten werdend  Nur  eine  Hälfte  ist  vollständig  erhalten,  von  der 
zweiten  fehlt  der  grösste  Teil.  Das  Mittelfeld  des  ganz  erhal- 
tenen Teiles  ist  dunkelgrün  mit  roten  Schatten,  der  ringsum 
laufende  breite  Ring  ist  weiss  gelassen,  durch  eine  rote  Linie 
vom  Grund  getrennt  und  mit  einer  Reihe  roter  Punkte—  Nä- 
gelköpfe—  besetzt.  Im  unteren  Teile  der  Bildfläche ,  zu  den 
Seiten  des  Korbes,  erscheinen  zwei  Granatzweige,  deren  Blät- 
ter grün,  deren  Früchte — jeder  trägt  eine  —  rot  gemalt 
sind. 

Das  bei  dieser  Malerei  verwendete  purpurne  Rot  ist  eine 
ziemlich  dick  aufgetragene  trübe  stumpfe  Farbe,  die  sich  leicht 
verwischt.  Das  Gelb,  unserem  Ocker  ähnlich,  ist  dünn  auf- 
getragen, rein  durchscheinend  und  von  glatter  Oberfläche. 
Das  Grün  war  in  zwei  Nuancen  vorwendet,  dunkel  für  den 
Spiegel,  heller  für  die  Blätter  der  Granatzweige.  Beide  Far- 
ben sind  trüb  geworden.  Das  Blau  hat  sich  ins  Graue  ver- 
färbt. 

Die  Malereien  sind  ohne  Vorzeichnung  in  breiten  leichten 
Strichen  von  einer  etwas  kalligraphisch  flotten  Hand  auf  den 
Stuck  aufgetragen.  Ihre  Wirkung  ist  heute  bei  Sonnenschein 
sehr  ruhig,  heiter  und  frisch,  durch  die  einfache  schwebende 
Komposition,  die  lichte  Lebendigkeit  der  auf  dieselbe  Inten- 
sität gestimmten,  durch  den  weissen  Grund  erhellten  Farben, 
endlich  durch  den  bei  aller  Routine  raschen  weichen  und  zier- 
lichen Strich. 


*  Ein  solcher  Spiegel  ist  abgehildet  'EfTjixcpi;  1899  Taf.  2  (TerrakoUe  aus 
Eretria). 


UEBEH    EEMnE    GDABHUEßEL  BEI    AT.lA   THIADA  SOS 

I).    Die  frührominchen  Grabhügel 

Einige  Schrille  südlicb  des  Grabsteines  der  llegeso  liegen 
die  Trümmer  eines  bei  den  Ausgrabungen  zersliirten  Baues 
(Carl  Curtius.  Der  attische  F'riedhof  vor  dem  Dipylon,  Arch. 
Zeitung  XXIX,  1871.  Taf.  «  S.  ?;i  Nr.  49).  Erhalten  ist 
ein  Mauerviereck  aus  grossen  Bruchsleinen  mit  Lehmverband, 
dessen  Inneres  mit  Si;butt  gcrüllt  ist.  Uie  Länge  der  Seilen 
beträgt  1,60'"  und  0.90"".  Curtius  wurde  berichtet,  dass  der 
Bau  im  Osten  schmaler  sei,  was  heute  nicht  mehr  zu  consla- 
liren  ist.  Von  der  Oberkante  der  0,40""  hohen  Seilenwände 
setzl  sich  das  tiachgewölbte  Dach  scharf  ab.  Es  mag  am  l'irsl 
elwa  0,60°'  hoch  gewesen  sein.  Die  Flüchen  des  Baues  sind 
durch  einen  Überzug  aus  grobem  Kalkputz  geebnet  und  darüber 
weiss  stuckirl.  Am  VVestende  liegt  die  unlere  Hallte  eines  klei- 
nen Hachen  Grabsteines  aus  weissem  Marmor,  der  an  allen 
vier  Seiten  Spuren  von  Kalk  trägt;  er  war  also  wol  aufrecht- 
stehend  in  das  Gebäude  eingelassen.  Curtius  teilt  mit,  dass 
die  obere  Hälfte  dieser  Siele  den  Namen  'AönvöSwpo;  llvösii; 
getragen  habe. 

Die  Trümmer  eines  Baues  von  gleicher  Technik  und  glei- 
chen Dimensionen  liegen  wenige  Schrille  östlich  der  Messe- 
niergräber. 

Man  wird  die  zwei  Denkmäler  in  hellenistische  oder  früh- 
römische  Zeit  datiren  müssen,  weil  sie  schon  die  Form  der 
sicher  römischen  Bauten  haben  und  doch  die  Steine  noch  nicht 
mit  Kalkmörtel  zu  einem  festen  Kerne  verbunden  sind. 

E.    Die  späteren  römischen  Bauten. 

Die  historisch  letzten  der  hier  zu  besprechenden  Denkmäler 
gehören  späteren  römischen  Zeiten  an.  Sie  stehen  alle  im 
höchsten  Niveau  des  Friedhofes;  als  sie  gebaut  wurden,  wa- 
ren die  Stelen  der  griechischen  Zeit  schon  bis  zur  Hälfte  un- 
ter die  Erde  gekommen, 


300  n.   DBLBRDBCK 

Alle  zeigen  die  Gestalt  eines  kastenartigen  Auibaues. dessen 
Decke  in  nachem,  steilem  Bogen  verläurt.  Der  Kern  bestehl 
.1US  Keldsleinen  untermischt  oiil  Trümmern  üllerer  Rauten, 
die  durch  viel  Kalk  eu  einer  feslen  Masse  verbunden  sind  In 
einem  Falle  isl  der  Kein  aus  Ziegeln  aufgebaut.  Der  Überzug 
besteht  aus  Stuck,  meist  van  gelbroter  Farbe.  Deckziegel  sind 
nie  mehr  angewendet;  der  feste,  mit  Kalk  gemauerte  Kern 
macht  sie  cnlbehrlicb. 

Im  Ganzen  sind  Tunf  Denkmäler  dieser  Art  mehr  oder  we- 
niger vollsliindig  erhalten 

Sildlich  von  den  Griihern  der  agallionischen  Familie,  etwa 
wo  aul'dem  Plane  von  CiirliuB  der  Ruchelabe  E  stellt,  liegt 
ein  vvolerhaltenes    Grabmal    (siehe  Pigui-6),    dessen    Kern 


Fig-S 


sorgfältig  aus  flachen  Ziegeln  mit  viel  Kalk  aufgemauert  und 
mit  gelblichem  Stuck  überzogen  ist.  der  an  der  unteren  Kante 
umbiegend  auch  ein  wenig  auf  den  Erdboden  übergriff.  Der 
Bau  ist  LTO""  lang,  0,90"  hoch,  die  Seitenflächen  sind  0,75" 
hoch.  Im  Vergleich  zu  den  frührömischen  Anlagen  ist  er  also 
schmal  und  steil,  und  sein  Dach  flacher  geschwungen.  Dicht 
daneben  sind  die  Trümmer  eines  ganz  identischen  Baues  zu 
sehen. 

Etwas  westlich  liegen  Heste  eines  dritten  Baues  (siehe  Fi- 
gur 7)  von  ähnlichen  Proportionen;  die  Breite  beträgt  0.95", 
die  erhaltene  Höhe  0.70'",  die  erhaltene  Länge  1 ,40'".  Der  Kern 
ist  aus  Feldsteinen  aufgemauert,  der  Stuck  Überzug  fleischrot  ge- 
färbt. Das  Individuelle  des  Denkmales  ist,  das  es  an  seiner  Nord- 


UBBBR   EINIGE   aBABHtlBOBL    BEI  AflIA  TBIADA  301 

seile  eine  breileNische  trägt;  ihre  Schwelle  und  Seitenwandun- 
gen sind  stuckirt,  nach  innen  stösst  ein  Porosblock  an,  in  den 
eine  rechteckige,  der  Nische  an  Grösse  und  Tiefe  entsprechende 
Höhlung  (zur  Aufnahme  eines  Reliefs)  eingearbeitet  ist.  Eine 
ältere  institutspholograpbie  {Athen,  Bauten  30)  zeigt  das  Re- 
lief tbalsächlich   noch  an  seiner  Stelle;    im  vertieften  Felde 


Fig.  7 


trägt  es  die  harstellung  einer  nach  rechts  gewandt  sitzenden 
Frau  im  Ärmelchiton,  den  Mantel  umgeschlagen;  in  der  er- 
hobenen linken  Hand  hält  sie  den  Hlattfächer,  die  rechte  liegt 
auf  dem  Rande  des  Wollkorbes,  der  auf  einer  von  der  Schmal- 
seite gesehenen  Truhe  steht,  der  Sessel  —auf  dem  ein  Kissen 
liegt — hat  gedrehte  Beine,   zwischen  denen  xiovuSöv  die  In- 

Q 

schrift  E  steht.  Auf  dem  oberen  Ilorizontalbalken  des  starken 

z 

unprofilirten  Rahmens  steht  die  Inschrift  KopvTiXia  MttXviffia 
rxOxuvo;  YuvT).  Die  Abbildung  7  zeigt  den  Bau  nach  der  Insti- 
tutsphotographie.  Der  grösste  und  besterbaltene  aller  dieser 
Grabhauten  endlich  liegt  im  südlichsten  Teile  der  Nekro- 
pole.  ein  Bau,  der  in  seinen  Gesamtproportionen  ,  mit  seinen 
niedrigen  Seitenwänden  und  dem  hoch  geschwungenen  Dach 
sich  dem  Aufbau  der  frührömischen  Bauten  nähert.  Die  Masse 
sind  verbal tnissmäss ig  bedeutende;  Länge  2,6ü,  Breite  1,60t 


3Ü2  B.    DEIBRUKCK 

Höhe  der  Seitenwände  0,40,  Gesamthöhe  l™.  Dei"  Kern  be- 
steht aus. einem  Gemisch  von  ßruchsteinen  und  Ziegeln,  die 
Stuckdecke  ist  ^elbrot  gelärbl.  in  die  Südäeite  ist  eine  sehmale 
Tafel  aus  grauem  Marmor  eingelassen,  in  welche  die  Um- 
risse einer  Aedicula  und  darin  eine  Inschrift  eingegraben  sind 
(siehe  Figur  8.  9). 


'öA.1>Mor\ 


Endlich  ist  noch  zu  erwähnen,  dass  die  Schmalseite  eines 
noch  grösseren    Baues  am  Westende  der  Ausgrabungen  un- 
^        ler  den  Fundamenten  des  Gebäu- 

des des  Tramway  zum  Vorschein 
kommt. 

Die  aufgezäiilten  Hauten  ver- 
teilen sich  über  die  Zeit  von  etwa 
sechs  Jahrhunderten,  während  de- 
rer der  Typus  sich  nicht  wesent- 
lich geändert  hat.  Immer  bleibt 
es  ein  Aufbau  von  rechteckigem 
Grundriss,  der  auf  verschiedene 
Weise  gegen  das  Einwirken  der 
Feuchtigkeit  geschützt  wird  und 
immer  ist  die  Form  undeutbar 
einfach;  nur  von  alteren  und  kla- 
reren  Beispielen  ausgehend  kann  man  versuchen,  zu  einer  Er- 
klärung zu  gelangen. 

Üas  Vorhandensein  ähnlicher,  aber  reicher  geschmückter 


Fig.  9 


UEBBR    EIMUK   ünABKL'EGKL    BEI  AOlA  TBIADA  303 

Denkmäler  in  Attikü  im  secliBten  Jahrhundert  wird  bewie- 
sen tlurcli  die  irtvauE;,  denen  Wolters  zuerst  ilire  Stelle  dn 
Bauten  aus  Erde  und  Holz  angewiesen  hat',  und  es  wird  ge- 
rechtfertigt sein,  mit  Wolters  die  Notiz  des  Cicero  (de  legi- 
bus 11.26)  auf  solche  Bauten  zu  beziehen  :  dass  Solon  für  die 
Herstellung  von  Grabdenkmälern  nur  eine  geringe  Zeil  ge- 
stattet und  die  Verwendung  von  Stuck  verboten  habe. 

Ka  ist  ferner  möglich,  noch  für  das  siebente  Jahrhundert 
die  besprochene  Denkmalform  zu  belegen  ;  unter  dem  Tu- 
mulus  von  Vurva  fand  sich  ein  rechteckiger  Bau*  aus  i^ebm- 
ziegelmauern  4'°  zu  2,5"  gross,  im  Innern  mit  Schutt  gefüllt, 
aussen  mit  Lehmpulz  überzogen,  oben  durch  eine  Deckscbiclit 
aus  Lehm  geschützt,  die  in  einen  Ablauf  endet  und  mit  Feld- 
steinen belastet  ist.  Durch  diese  Feldsteine  wird  ursprünglich 
das  vorauszusetzende  Beisigdach  des  Baues  belastet  gewesen 
sein.  Ringsum  war  der  Boden  noch  einen  Schritt  weit  mit 
LehmtUnche  überzogen.  Unter  dem  Denkmale  lag  das  Brand- 
grab. 

Auch  Exemplare  aus  festerem  Material ,  aus  Firuchstei- 
nen,  standen  schon  in  den  ältesten  attischen  Nekropolen  ;  ei- 
nes ist  in  Vurva  ^  und  zwei  sind  in  Velanidesa*  gefunden. 
Im  fünften  Jahrhundert  sind  zwei  Massengräber  nachzuwei- 
ren,  die  vielleicht  in  grösseren  Verhältnissen  die  Formen  der 
Agathon-  Platform  besassen.  Das  eine  ist  das  sicher  unter  at- 
tischer Leitung  angelegte  Massengrab  von  Hheneia.in  dem  bei 
der  Reinigung  der  Insel  Delos  die  Beste  der  dort  I^estatteten 
vereinigt  wurden  ',  ein  grosser  von  niedrigen  Stützmauern  um- 
gebener Bezirk,  dessen  Inneres  noch  bei  der  AulVindung  ganz 
mit  Erde  gefüllt  war.  Über  die  einstmalige  Abdeckung  des 
Baues  ist  nichts  bekannt. 


*  'Erii|iipi(  äpx.  1889  ä.  IS1.  HirscIiTeld,  Festschrift  für  Overbeck,  Leipzi^r 
[8Ü3,  ä.  i. 

*  Stals,  AHiea.  MiUh.  XV  S.  319  Taf.  9.  13.  XVI  a.  388,  1, 
»  Atlien.  MiUh.  XV  8.  320  Taf.  13.  3,  B, 

t  i.liiov«fn.  1890  S.  17  Taf.  1. 
«  Atben.  MiUh.  XXlil  8.  3G1. 


^ 


■<l    die 
uf  dem  Rilcken  die- 


304  B.  DKLBHUKCK 

Das  zweite. das  MasHengrab  von  Thf»piii  liesiUl  elienTalU  eine 
AiifscIiiiUiing  von  IIV"  im  Oiiaiirjit,  deren  Umfan}?  durch  eine 
Schiclil  von  Porosplaltcn  bezeichne!  wird  —  da» 
Eulhynteriii  eines  Lehmziegelbaus  sein 
aes  Baues  laj-dann  der  Löwe  (flfiaxTixi  1882  S.  67  fr.).  Immer- 
hin sind  beide  Bauten  so  zerstiirt.dass  man  nicht  sagen  kann, 
ob  sie  nicht  etwa  bloss  die  Sockel  grosser  Tumuli  sind'. 

Dass  die  besprochene  Grabmalform  nicht  allein  dem  fest- 
ländischen Grieciienland  eigentümlich  ist,  ergab  die  Erfor- 
Bciiun^  der  samischen  Nekropnic :  zwei  Dsemplare  wurden 
gefunden,  freilich  sehr  zerstört  (ßöhlau,  Aus  jonischen  Ne- 
kropolen  S.  27.  28). 

Die  Form  entstand  also  spätestens  im  siebenten  Jahrhun- 
dert; ehe  man  lernte  in  Marmor  zu  bauen,  wurde  so  viel  Lu- 
xus auf  sie  verwendet,  dass  die  soloniscben  Gesetze  eingriffen. 
Später,  als  die  Reichen  Marmor  uod  schöne  Formen  zur  Ver- 
fügung hallen,  blieb  sie  wahrend  der  griechischen  Zeit  den 
armen  Leuten  überlassen;  erst  in  Bpätrömischer  Zeit  machte 
man  den  allen  Typus  durch  solide  Ausfülirung  in  grossen 
Massen  wiederum  zum  Luxusbau.  Nur  einmal,  so  scheint  es, 
wirkte  er  auf  den  Kreis  der  Kunst. 

Demetrios  von  Plialeron  wählte  die  Denkmalertypen.  die  er 
den  Athenern  gestattete,  aus  der  Menge  der  vorhandenen  aus. 
Die  kleinen  Kundaltäre,  die  columellae,  haben,  wie  sich  aus 
den  llöhenverhältnissen  bei  Agia  Triada  erweisen  lässt, schon 
früher  in  den  attischen  Nekropolen  gestanden, und  die  labella 
am  Eingang  der  Heroenbezirke;  so  scheint  auch  die  Form 
der  mensae  hergenommen  zu  sein  von  Bauten  der  hier  be- 
sprochenen Art,  die  sich  für  die  Marmorkünstler  zu  schönen 
Basen  umformten,  mit  Standfläche.  Profilen  und  schützender 
Platte  ausgestattet'.  Denn  Altäre  sind  die  mensae  nicht;  von 

*  Nur  im  Grundriss  Ähnlich  ist  das  Puljaiidrion  lon  Chairaneia,  eine 
grosse,  flache  Ausscliachlung,  deren  Seitenwände  durctie  Stützmauern  ge- 
tiallen  werden  ;  ob  diese  Orutie  al.«  monumentaler  poOpo«  olTen  blieb,  ob  sie 
mit  Erde  gerüllt  war,  ob  ein  Tumulus  darüber  lag,  mus«  dahin  geitelll 
bleiben  (igl.'AB>{«iio>  1879  S.  476  IT.  Frazer  VS.  210  zu  Pausanias  IX,40,10). 

*  Siebe  Hirscbfeld  a  a.O.  S.  ]2. 


UEBBR   EINIGE  GRABHUEGEL    BEI  AGIA  TRIADA  305 

denen  haben  sie  weder  die  äussere  Ausstattung  mit  Voluten, 
noch  besonders  die  Proportionen. 

Die  Thatsache,  dass  man  die  besprochenen  Bauten  in  die 
indifferente  Form  der  Basis  übertragen  konnte^zeigt,  dass  man 
in  ihnen  eine  bestimmte  Bedeutung  nicht  mehr  erkannte.  Diese 
Bedeutung  wird  sich  nur  finden  lassen,  wenn  man  fragt,  in 
welchem  Verhältniss  das  älteste  Exemplar,  das  von  Vurva, 
zu  den  deutlichen  Typen  atiischer  Grabdenkmäler  überhaupt 
steht.  Eis  ist  klar,  dass  Beziehungen  nur  vorhanden  sind  zu 
der  Form  des  Heroon,  des  Totenhauses,  wie  man  es  in  die 
Wände  der  Berge  grub  oder  auf  den  Friedhöfen  aufbaute,  da- 
bei immer  der  Architektur  des  Tages  in  der  Wahl  der  For- 
men sich  anschliessend. 

Das  Grabmal  von  Vurva  wiederholt  nun  ein  Haus  der  grie- 
chischen Urzeit:  vier  Wände  aus  Lehmziegetn,  mit  Lehm- 
tünche verputzt,  mit  Reisig  abgedeckt,  noch  ohne  Säulen  und 
Ziegeldach,  und  es  wiederholt  die  Form  nur  in  ihrem  We- 
sentlichsten, in  ganz  ähnlichem  Sine  wie  die  Tiere  auf  den 
Schalen  von  Vurva  gezeichnet  sind  ^ 

So  enstand  vielleicht  die  Form,  und  sie  hielt  sich  immer, 
wenn  auch  verkümmert  und  entstellt,  weil  man  sie  einmal 
«gewöhnt  war,  und  weil  man  sie  leicht  herstellen  konnte, 
auch  als  die  vornehmen  Heroa  längst  die  Gestalt  des  Tempels 
angenommen  hatten  und  die  marmornen  Bilder  der  Toten 
darin  standen. 

RICHARD  DELBRÜCK 


•  Anders  Böhlau  S.  29,  der  die  besprochenen  Bauten  für  etwas  dauer- 
hafter ausgeführte  Orahhügel  erklärt,  eine  Erklärung  die  ohne  Weiteres 
anzunehmen  wäre,  wenn  es  sich  nur  um  Denkmäler  des  freien  künstleri- 
schen loniens  handelte,  aber  es  handelt  sich  um  eine  im  alten  Multerlande 
fejtgewachsene  Form,  für  die  eine  mehr  religiöse  Erklärung  zu  linden  we- 
nigstens versucht  werden  muss. 

ATHEN.   MITTHBILUNGEN  XXV.  2ü 


EPIGRAMM  AUS  DELPHI 

Das  kürzlich  im  B.C  H.  1899  S.  383  veröffentlichte  Epi- 
gramm, von  dem  mir  durch  Th.  HomoIlesGüte  ein  Ahklatsch 
vorliegt,  wird  schwerlich  anders  als  wie  folgt  ergänzt  werden 
können : 

Eixöva  TY)v$]c  TuaTTip  *AYY)9i7vöXet  f  tXd^i  ulo&t 
na[u|aocvta^  av]e6iQK6'  *EXXa;  V  apcTocv  6(/.oq>(i>vsi. 

Dass  der  Name  Hagesipolis  in  das  Königshaus  der  Agiadon 
weist,  hat  Homolle  hervorgehoben ,  aber  nicht  gewagt,  das 
Denkmal  auf  einen  der  bekannten  Träger  des  Namens  zu  be- 
ziehen, da  ihm  bestimmende  Anhaltspunkte  zu  fehlen  schie- 
nen. Solche  sind  durch  obige  Herstellung  gegeben.  Der  Name 
IIa[u|(iavia;.  dessen  erste  Silbe,  wol  um  zwei  nahezu  gleich 
lange  Zeilen  zu  erzielen,  noch  in  der  ersten  steht,  fügt  sich 
ungezwungen  in  den  Vers  und  lehrt,  dass,  wenn  überhaupt 
von  einem  Fürsten  die  Rede  ist  —  und  dies  legt  der  stolze 
Nachsatz  denn  doch  von  vorneherein  nahe — nur  der  erste 
König  Hagesipolis  gemeint  sein  kann,  der  nach  seines  Vaters 
Pausanias  Verurteilung  und  Verbannung  noch  unmündig  ne- 
ben llagesilaos  im  Jahre  395/4  vor  Chr.  auf  den  Thron  er- 
hoben wurde  und  nach  nur  vierzehnjähriger  Herrschaft  iin 
Jahre  381/0  auf  einem  Feldzuge  in  der  Chalkidike  einem  hit- 
zigen Fieber  erlag  ^ 

Seine  uns  bekannten  VVaffenthaten,  der  Überfall  von  Argos 
im  Jahre  388/7,  die  Eroberung  von  Mantineia  385,  der  erfolg- 
reiche Zug  gegen  die  chalkidischen  Städte,  rechtfertigen  den 
Nachruhm,  den  das  Gedicht  in  strenger  wortkarger  Altertüm- 
lichkeit wirkungsvoll  verkündet.  Da  König  Pausanias  im  Jahre 
385  noch  am  Leben  war  —  damals  erbat  er  von  Hagesipolis 


*  Was  über  ilio  bekaniil  ist,  slelll  B.  Niese  zusammen:  l^aiil)*  -  Wissowa 
1  S.  805. 


EPIGRAMM   AUS   DELPHI  307 

für  die  ihm  befreundeten  Demokralen  von  Mantineia  freien 
Abzug — ,  haben  wir  keinen  Grund  anzunehmen,  dass  er  ge- 
rade in  den  nächstfolgenden  Jahren  verstorben  sei.  Im  Gegen- 
teil,  die  Jugendlichkeit  seines  Sohnes  macht  es  geradezu 
wahrscheinlich,  dass  Pausanias  des  Hagesipolis  Ende  noch  er- 
lebt hat.  Das  Gedicht  aus  Delphi  bringt  den  Beweis:  aus  sei- 
ner Fassung  allein  —  dem  mit  iveÖYiJcev  verbundenen  Dative  — 
geht  unweigerlich  hervor,  dass  das  geweihte  Standbild  einem 
Toten  galt.  Dem  aus  seiner  Königsherrlichkeit  in  der  Blüte 
der  Jugend  dahingerafften  Heldensohne  hat  der  aus  der  Hei- 
mat verbannte  Vater  im  Heiligtum  von  Delphi  ein  Denkmal 
treuer  stolzer  Liebe  errichtet. 

Zu  diesem  Ergebnisse  scheint  freilich  die  Schrift  des  Ge- 
dichtes nicht  stimmen  zu  wollen.  So  schwerlällig  breite,  an 
den  Enden  der  Linien  mit  starken  Verdickungen  ausgestattete 
Buchstaben,  wie  sie  nach  Homolles  Aussage  in  den  Anfang 
des  zweiten  Jahrhunderts  vor  Chr.  weisen,  sind  für  die  ur- 
sprüngliche Weiheinschrift  schlechterdings  undenkbar.  Ganz 
andere,  feine  und  elegante  Züge  zeigt  die  darunterstehende 
Künstlerinschrift: 

nach  Homolle  aus  dem  Ende  des  vierten  Jahrhunderts.  Kann 
sie  älter  sein  ?  Für  die  VVeiheinschrift  ist  jedenfalls  spätere  Er- 
neuerung anzunehmen,  wenn  auch  der  Abtdatsch  keine  Spu- 
ren eines  älteren  Eintrages  zeigt.  Sland  sie,  von  der  Künstler- 
inschrift getrennt,  erst  auf  einer  anderen  Seile  der  Basis? 
Vielleicht  ergibt  neuerliche  Untersuchung  des  Denkmals  Auf- 
klärung. Trotz  dieser  Bedenken  scheint  mir  seine  Beziehung 
auf  König  Hagesipolis,  den  Sohn  des  Königs  Pausanias,  be- 
gründet genug,  um  öffentlich  ausgesprochen  zu  werden. 

Athen. 

ADOLF  WILHELM. 


FUNDE 

Athen.  An  der  Südseite  der  'OSo;  Vapo|i7)XiYYOw  (^gl- 
Athen.  Mitth.  1893  Taf.  6,  1)  wurden  auf  einem,  ungefähr 
dem  von  Brückner  beschriebenen  Teil  der  Nekropole  gegenüber 
gelegenen  Grundstück  des  Herrn  0.  Russopulos  Gräber  des 
fünften  und  vierten  Jahrhunderts  aufgedeckt,  als  man  im  Au- 
gust 1900  die  Fundamente  eines  Kellers  tief  in  den  Boden 
hinabführte.  Eine  vollständige  Durchforschung  des  Grund- 
stückes konnte  nicht  stattfinden,  nur  einzelne  Gräber  wurden 
geöffnet  und  ihr  Inhalt  vorläufig  in  das  Museum  überführt. 
Die  wichtigsten  Funde  waren  etwa  folgende. 

1.  Die  Krepis  eines  grossen  Tumulus(?),  östlich  davon  ein 
mit  Porosplatten  gepflasterter,  durch  eine  Stützmauer  gehal- 
tener  Auftritt.  Freigelegt  wurde  die  eine  Seite  der  vermut- 
lich quadratischen  Krepis  und  je  die  ersten  Blöcke  der  zwei 
anstossenden  Seiten.  Die  Stützmauern  bestehen  aus  je  einer 
Schicht  grosser  roher  Blöcke,  die  nur  an  der  Aussenseite  et- 
was bearbeitet  sind.  Das  Porospflaster  trat  als  gelbe  Schicht 
im  Erdreich  hervor.  Die  Stützmauer  des  AufIritis  ist  den 
Stützmauern  der  Krepis  technisch  gleicharlig.  Masse:  Seiten- 
länge der  Krepis  V",  Breite  des  Auftritts  4'".  Die  Mauern  lie- 
gen 4'"  unter  der  Strasse. 

2.  Ein  ,ööÖpo;.  4,5'"  unter  der  Strasse  ist  in  den  Mergel 
eine  Grube  geschnitten,  in  der  vier  Skelette  liegen,  zwei  nach 
SO,  zwei  nach  SVV  gerichtet.  Einem  davon  waren  zwei  Le- 
kythen  des  fünften  Jahrhunderts  beigegeben,  mit  Epheuran- 
ken  um  den  Körper  der  V^ase.  Dicht  über  den  Skeletten  liegt 
eine  Brandschicht  aus  Tannenkohle.  darin  ausser  calcinirten 
Tierknochen  Scherben  einer  weissgrundigen  Lekythos ,  auf 
denen  eben  noch  Beste  streng-schöner  Zeichnung  zu  erkennen 
sind.  Durch  handhoch  aufgeschüttete  Erde  getrennt  folgen 
zwei  andere,  viel  slarkere  Brandschicliteo   von  ähnlicher  Be- 


FUNDE  SM 

whaffenheit ;  die  Kohlenreste  und  die  Verbrennunfi  des  Rrd- 

IreicheB   lassen   erkennen,   dass  die  Grube,    in  der  cIuh  Feuer 

■  brannte,  etwa  einen  Meter  lief  und  anderllialb  breit  war.  In 

l der  Grube,   oberhalb   der  Brandschichlen .   liegen  zwei   leere 

Spitzamphoren  der  gewölinliclien  Art    Die  Grube,  die  Spuren 

der  drei  Opfer,  die  Amphoren  müssen   sich  auf  die  darunter 

begrabenen   Toten   beziehen    Ob  der   pööpo;  offen   blieb  oder 

zugeschüUet  wurde,  isl  nicbl  mehr  zu  ermitteln. 

Dicht  liber  den  Amphoren  folgt  ein  Grab  aus  gewölbten 
ZiegelplalLen,  ohne  hodenplatte,  1,45"'  lang;  darin  lag.  den 
Kopf  nach  Osten,  auf  seiner  rechten  Seite  das  etwas  zusammen- 
gekrUmmle  Skelett,  unter  dem  Ko|)fe  ein  grosser  Stein. zu  Füs- 
sen ein  Alabaslron  der  Form  FurtwÜngler  Nr,'3'iO,  mit  einer 
Palmetle  des  ■'».  Jalirhunderls.  In  gleicher  Höhe  lag  ein  aus 
Steinen  zusatnmengeseLztes  Grab,  ohne  Beigaben;  einer  der 
verwendeten  Steine  isl  eine  rohe  Tafel  hymelliachen  Marmors, 
die  auf  der  gespitzten  Schrifllläche  die  Inschrift  trägt : 

0  A  I  A  ■;:  o  /^ 
A  V  S:  I  T  P  AT 
O  A  X  A  P  /^  E 
V£ 

Die  Buclislaben  gehören  der  ersten  Iliilfle  des  5.  Jahrliun- 
derts  an;  bei  der  Aiiltindung  war  ihre  rote  Farbe  noch  ganz 
erhallen. 

In  noch  höherem  Niveau  liegt  der  Tlion- Sarkophag  eines 
Kindes,  obiie  Beigaben. 

.S.  Mehrere  Thonsarkophage  mit  Rinderskelellen.  An  Beiga- 
ben enthielten  sie  Spielgescliirr.  ScbÜlchen  (Furtwängler  Form 
930),  Näpfchen  (ebenda  'K-iü),  Känncben.  Die  Keramik  dalirt 
sie  in  das  vierte  Jahrhundert,  dem  entspricht  auch  ihre  Hö- 
henlage, durchschnittlicli   1'"  über  dem  Grunde  des  floSpo;. 

4.  Amphoren  mit  Kinderskeletten  ;  eine  davon  enthielt  zwei 
Näpfclien,  einen  kleinen  Skypbos.ein  Tropfgeläss  (Furlwäng- 
ier  Form  ?i3,  jedoch  weniger  flach  gebaut). 


3i0 


PUNDB 


Eb  sind  noch  zu  erwähnen  die  Reste  eines  vollkommen  un- 
verständlichen Lehmziegelbaus,  der  nur  zum  Teil  aüfgedeekl 
werden  konnte;  einen  Durchschnitt,  wie  er  durch  die  Za« 
fälligkeit  der  Erdarbeiten  entstand  und  so  erst  die  Existenz  des 
Baues  verriet  bietet  die  Skizze.  Der  ßau  liess  sich  in  gleiebtt 


fester  Boden 


Breite,  1,40",  über  2™  lang  feststellen,  war  aber  noch  langer. 
Seine  beiden  schrägen  Flächen  rechts  waren  stuckirt,  aber 
nicht  die  senkrechten  oder  horizontalen;  das  oberste  abge- 
schrägte Stück  links  bestand  aus  mergeliger  Erde,  die  auch 
als  Bindemittel  der  Lehmziegel  verwendet  war  Ein  zweiseitig 
beschriebenes  Bleiblech,  dessen  Inschrift  nach  erfolgter  Rei- 
nigung vielleicht  besser  lesbar  sein  wird, scheint  Verwünschun- 
gen in  dorischem  Dialekt  zu  enthalten  und  dem  vierten  Jahr- 
hundert anzugehören.  Endlich  wurde  im  Schutt  die  kleine 
bemalte  Grabstele  eines  Sosibios  gefunden ;  sie  zeigt  einen 
Jüngling  im  Himation  nach  rechts,  im  Stile  des  vierten 
Jahrhunderts  (Fleisch  braunrot,  Himation  gelb,  Palmette 
schwarz). 

Auf  dem  Friedhof  vor  dem  Dipylon  wurde  bei  Gelegen- 


FUNDB  311 

heit  der  oben|S.  292  erwähnten  Aufräumungsarbeiten  ein  klei- 
ner Tumulus  (Nr.  79  auf  dem  Plan  Arcli.  Zeitung  XXIX, 
1871,  Taf.  42)  geöffnet.  Bs  zeigle  sich,  dass  er  über  einer 
quadratischen  Terrasse  von  4™  Seilenlänge  aufgeschüttet 
war,  deren  Krde  nach  der  Seite,  wo  das  Terrain  fällt,  durch 
zwei  Stützmauern  gehalten  wird.  Die  Erde  ist  ganz  er- 
füllt von  Ziegelplattengräbern  und  Kindersarkophagen  aus 
Terrakotta;  einige  wurden  geöffnet.  Als  fJeigaben  lagen  bei 
den  Skeletten  einmal  eine  eiserne  Stiengis,  einmal  ein  mar- 
mornes Alabastron,  einmal  zwei  Kantharoi  der  Form  Robin- 
son, Boston  vases  Nr.  4H,  ein  Schüsselchen  und  ein  thö- 
nernes  Fläschchen,  alle  schwarz  gefirnisst;  die  Formen  wie- 
sen in  das  vierte  Jahrhundert.  Die  Kindersarkophage  enthiel- 
ten keine  beigaben.  Über  diesen  Gräbern  war  der  niedrige, 
2'"  breite  Tumulus  aus  reiner  Erde  aufgeschüttet  und  mit 
Stuck  verkleidet.  Der  Tumulus  wurde  zum  grösslen  Teil  ste- 
hen gelassen,  weil  die  Gräber  nicht  wichtig  genug  schienen, 
um  seine  Zerstörung  zu  rechtfertigen. 

Die  Aufnahmen  von  beiden  Ausgrabungsslellen  sind  beim 
Institut  in  Athen,  Photographien  des  Tumulus  dort  Athen, 
Bauten  '^v.  169-172  [R.  Dklbrukck]. 

In  Eretria  liess  die  Archäologische  Gesellschaft  den  Som- 
mer über  unter  Leitung  des  Herrn  Kuruniotis  graben.  Am 
Westabhang-  der  Akropolis  wurde  ein  Terrakottendepöt  ge- 
funden,das  wolerhaltene  Statuetten  aller  Epochen  enthielt.  Der 
Tempel  im  Süden  der  Stadt  wurde  zur  Hälfte  frei  gelegt;  es 
fanden  sich  Fundamente  einer  Cella,  die  durch  eine  Säulen- 
reihe in  der  Mitte  geteilt  war.  und  ihrer  Peristasis;  dieser 
Bau  hatte  etwa  die  Dimensionen  des  alten  Athenatempels  auf 
der  Akropolis.  Von  seinem  Aufbau  weiss  man  bisher  nur, 
dass  er  dorisch  war;  ein  Kapitell  mit  weit  geschweiftem  Echi- 
nus,  ein  Stück  Triglyphon  ,  fand  sich,  alles  aus  Porös  mit 
Stuckresten. 

Unter  den  Fundamenten  liegen  Reste  eines  älteren  Baues, 
daneben  die  Fundamente  einer  elliptischen  Anlage,  dicht  am 
Tempel  Fundamente  von  Altar  bauten.  Von  den  Giebelgrup- 


peo  des  jüngerea  TempeU  fandea  sich  erbeliliehe  Aest« :  Ein 
jQogiing,  die  Cblamys  um  die  Schulter,  im  Kni^^f ,  um*^ 
fassi  eine  Frau  in  kuraem  Chilon,  beide  haben  kunM  Haar: 
man  drakt  an  Atalante;  Pferdetorsen.eine  boekende  Pifdii*  im 
kurzen  Chiton,  die  wol  die  Zügel  der  Pferde  hielt;  eineStaod- 
platte  mit  den  Füssen  eines  Kämpferpaai'es,  mehrere  Kopfe; 
alles  das  ist  beinahe  lebensgross  aus  parisehem  Marmor  mit 
bdebster  nesiotischer  Technik  gearbeitet,  im  Stile  etipra  des 
Kopfes  B.  C.  H.  XVII  Taf.  12  Die  Erhaltung  ist  ausge- 
zeichnet [R.  Dblbbubgk]. 


Geschlossen  21.  Sept.  1900. 


\        Lort»« 


ningiktn  über  dem  Httr 

=  dicvinKahmgud  Bry^i^fiindintn  Straui 
_  -  Linitn  dif  Sthnitti  auf  Uf  X 
»hrnuhtt  intiliUbtmift 


bearbi  »et  u  gei  v  f  Noack 


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Am6iar/ie 


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von  Bi.  lind  B2. 1111  M.i.s.sr<il(  1 :100 


XIII 


EINE  THONSCHERBE  MIT  DEM  TEXTE  DES  VATERUNSER 

Im  athenischen  Nalionalmuseum  befindel  sich  als  Nr.  12227 
eine  unscheinbare  aber  recht  interessante  Thonscherbe.  Sie 
stammt  aus  Megara,  wo  sie  ihrem  Finder,  einem  Knaben, 
um  wenige  Pfennige  abgekault  wurde;  ihr  Käufer  schenkte 
sie  dann,  nachdem  ihre  Bedeutung  erkannt  worden  war,  dem 
griechischen  Nalionalmuseum.  Fälschung  ist  bei  dieser  Sach- 
lage von  vornlierein  ausgeschlossen.  Das  Stück  ist  nur  ein 
Fragment,  13, 5'""  hoch,  12*"  breit,  2*"  dick,  von  rotbrauner 
Farbe,  oben  und  links  gebrochen.  Die  Schrift  ist  so  herge- 
stellt, dass  die  Buchslaben  mit  dem  Griffel  in  den  noch  wei- 
chen Thon,  wie  in  eine  Wachslafel,  eingegraben  und  dann 
durrJi  Brennen  des  Thons  fixirt  wurden;  die  Tafel  ist  also 
gleich  von  Anfang  an  für  den  Zweck,  Träger  ihres  Textes  zu 
sein,  hergestellt,  und  nicht  erst  später,  nachdem  sie  anderen 
Zwecken  gedient  hatte,  als  SchreibslolT  verwendet  worden, 
wie  dies  bei  den  vielen  mit  Tinte  beschriebenen  Scherben  der 
Fall  ist, die  uns  erhalten  sind  und  von  denen  wir  eine  später 
noch  etwas  näher  kennen  lernen  werden  (vgl.  U.  Wilckens 
Griechische  Oslraka,  Einleitung). 

Das  Fragment  enthält  auf  8  Zeilen  Teile  des  Vaterunser 
nach  dem  Malthäuslexte  (Mt.  6,9-13),  und  zwar  vertei- 
len sich  die  Bruchslücke  des  Textes  auf  Worte  zwischen 
^]7riou(j'.ov  und  -nrowipoG  Die  Buchstaben  der  ersten  erhalte- 
nen Zeile  sind  zum  Teil  am  oberen  Bande  noch  elwas  be- 
schädigt (vgl.  die  Abbildung).  Mit  :covr,poO  schliessl  der 
Text  des  Vaterunser,  wie  ihn  unsere  Tafel  giebl;  die  nächste 
Zeile,  die  letzte  des  Ganzen,  mit  der  wir  uns  nachher  noch 
beschäftigen  werden,  enthält,  wie  auf  den  ersten  Blick  zu  er- 
kennen ist,  keine  Worte  des  Vaterunser  mehr.  Ergänzt  man 
die  links  abgebrochenen  Zeilen  des  Fragmentes  zu  ihrer  vollen 

ATHEN.    MITTHEILUNGEN    X.^V.  21 


3H  II.    KSOPF 

l^ün^e ,  so  Prhiilt  man  eine  ui-Hpriin^licIif  Zcilenlängp  vor 
(iurctisclinitllicii  18  Buchstaben. lügiitizl  man  weilei'  inelmlicf 
liin  lue  felilenden  Zeilen,  so  k:iiiii  iniiii  ilie  otipn  iili^elimt^lii*- 


nen  etwa  109  Buclistalien  auf  weitere  6  Zeilen  verteilen,  wo- 
bei natürlich  das  Binzelne  unsicher  bleiben  muss,  besonders 
da  wir  nicht  wissen,  welclte  N'urianten  etwa  in  den  l'elilenden 
Zeilen  noch  vorkamen  ,  und  da  wir  ferner  aus  den  erhalte- 
nen 't'extworten  den  Schluss  ziehen  müssen,  dass  die  Recht- 
schreibung des  V'erferti^ers  eine  recht  willkürliche  gewesen 
ist.  Die  jianze  'l'afel  uinfasate  deingeniass  ursprünglicli  l'* 
Zeilen  des  Vatcrunsertextes  und  eine  Schlusszeile.  Setzen  wir 
den  links  abgebrochenen  Teil  der  Tafel  als  etwa  6,5™  breit 
an  und  das  oben  fehlende  Stück  als  etwa  9"°  hoch,  so  erbal- 
ten wir  für  die  ursprüngliche  Tafel  eine  Breite  von  18.5"  und 
eine  Höhe  von  mindestens  "J^.S",  wobei  unentschieden  bleibt, 


EINK  THONSCHERBE  MIT  DEM  TEXTE  DES  VATERUNSEH 


315 


ob  die  Tafel  nicht  vielleicht  noch  über  dem  Texte  des  Valer- 
unser  einige  andere  Worte  oder  ein  Ornament  oder  Sym- 
bol oder  Monogramm  zeigte.  Stellen  wir  uns  nach  dem  er- 
haltenen Fragmente  den  vollen  Text  her,  so  ergiebt  sich  etwa 
folgendes : 


1 
2 
3 
4 
5 

n 

7 
8 
9 
10 
11 
12 
13 
14 
15 


TTATePHMUJNOeNTOlCOY 
PANOlCAriACeHTUUTOO 
NOMACOYeAeATUUH  BA  Cl 

AeiACOYreNHeHTuüToee 

AHAAACOYUJCeNOYPANUJ 
KAieni  THCTONAPT  O  N  H 
MUJ  N  T  O  N  S'-TT  I  O  Y  C't  OtTA  0"C 
H  M  I  N  C  H  A^/e  PONKAIA<|)eC 
HMI  NTAo/Y<|>eAHMATAei 
M  Uü  N  LUC  K/AieMeiNA<|>iaMeN 
TOICO<t>€l/l(HTece  I /AON  KAI 

MHeiceNeKHceMAceic 
neiPAcAoNAAAAPYceei 

M  A  C   A(nOTOYnONHPOY 

pie      -E 


1 

2 

3 

4 
5 
6 
7 
8 
9 


Vergleichen  wir  den  erhaltenen  Text  der  Tafel  mit  der  Über- 
ieferung  iler  Handschriften,  so  ßnden  wir  wenig  Abweichun- 
gen, wie  dies  ja  bei  einem  so  kurzen  und  im  Ganzen  recht 
bald  feststehenden  Texte  natürlich  ist. 

Z.  4  liest  die  Tafel  äfiopitv  (mit  DGLAH**  u.a. )  <  äfii(«.iv 
i<°  üKMSUn*  u.  a.  und  iif^Kx^wt  S*  BZ  u.  a. 

Texljvritisch  wichtiger  ist  das  Fehlen  der  Doxologie  am 
Schlüsse  des  Gebetes.  Auf  der  Tafel  hat  sicher  die  Doxologie 
von  Anfang  an  gefehlt.  Z.  8  endet  der  eigentliche  Text  mit 
iToviopoü,  Z.  9  ist  die  Schlusszeile  der  ganzen  Tafel, und  auch  sie 
weist  keine  Doxologie  auf,  auch  keine  abgekürzte,  wie  sie  etwa 


die  Didache  in  c.  8  hat.  Dies  Fehlen  der  Doxologie.was  ohne 
FraRe  das  Ursprüngliche  ist,  teilt  unsere  Tafel  mit  einem 
Zweige  der  Überlieferung,  nämlich  mit  BN  Z,  1.17.  118.  130, 
'i09.  D  und  der  abendländischen  Überlieferung  [den  meisten 
Ualabandschriften  und  der  Vulgala ),  der  koptischen  Über- 
setzung Die  weitaus  liberwiegende  Zahl  der  Handschriften 
und  Übersetzungen  hat  dagegen  hinter  itQvrpoü  die  Doxolo- 
gie  (  RGIiLMSUVÄll  ....  die  Minuskeln  fast  ausnahmslos, 
einige  Italaliandsehriften ,  die  syrischen  und  andere  Über- 
setzungen). 

Im  Übrigen  zeigt  die  Tafel  nur  noch  einige  orlhograplii- 
sche  llesonderlieilen,  Vei'schreibungen.  die  nichl  in  dasGeliiet 
der  eigentlichen  Varianten  fallen. 

Z.  3  lesen  wir  [o]i(p(>Ti(i«T0i  statt  ö^tiXTifAfliTa ;  für  Ver- 
wecliselunjj  von  ou  und  o,  welche  durch  die  Ausspraclie  ver- 
anlasst wurde,  vgl.  C.  I.  O.  W  9U(iU  (etwa  3.-G.  Jahrhun- 
dert) Z.  3  Tä  SoiojJiiÜvTOs.  auch  Z.  '^  oroeu?  statt  oto^.  ferner 
O&ijiptv.'O'Mpiv  neben  einander  in  Wünschs  Sethianisclien  Ver- 
fliicliungstafeln  Nr.  I'2,  Z.  I'J  und  Nr.  13,  Z.  1'2.  sowie  das 
nxpK^eiSo'JUi  statt  ::ixp«üt$o;ji«t    in  l\r.    Hi.   Z.   38. 

'IlaiEi  und  seine  Formen,  die  fünfmal  wiederkehren, schreilit 
die  Tafel  ziemlich  willkiirlich.  In  den  paar  Zeilen  lesen  wir: 
i{[}iäv]  (Z.  3),  itf^Sv  (Z.5.  0  und  u  wird  ja  oft  verweclisell)  und 
lifpct]  (Z.  7)  neben  i^tU  (statt  yi^aiE;  Z.  \)  und  iuS«  (Z.  6).  Zu 
dieser  Art  von  Vokal  Verwechselung  kommt  noch  oiipilnfioiT« 
(Z.  3)  stall  öfiiXtii^ara  und  öf<t>Titic  (Z.  5)  statt  öfiiltTKi«.  Die 
Verwechselung  vnn  n  und  t), allenfalls  auch  von  i  und  tt  ist  aus 
Inschriften,  Papyri  und  Handschriften  ganz  geläufig.  Vigl  selte- 
ner ist  die  Verwechselung  von  t  und  -n,  die  in  spaterer  byzan- 
tinischer Zeit  unerhört  ist.  Fälle  dieser  Verwechselung  von  vi 
und  1  in  Papyri  der  Ptolemäerzeit  vgl.  hei  Mayser,  Gramma- 
tik der  griechischen  Papyri  aus  der  Ptolemäerzeit,  Programm 
Leipzig  1898.  I,  S.  10,  für  spätere  Zeit  vgl.  Grenfell  und 
Hunt  Oxyrhynchus  Papyri  I,  Nr.  71,  1  Kot.  Z.  10  f.  i-xX 
iitoiTipioi  T^  T|[jiiT(p¥  ( Papyrus  aus  dem  Jalire  303  nach 
Chr.}  und  dann  die  schon  oben  erwähnte  Tafel  C.  1.  G.  IV, 


^ 


EINE  THONSCMEHBE  MIT  DEM  TEXTE  DES  VATEHUNSEH      317 

9060,  wo  wir  z.  B.  lesen   Tr.aTroTYx;  (Z.  3),   ive6XiQi|»sv  (Z.  4), 

Y)>£y,<TOV  (Z.    8). 

Z.  6  der  Tafel  sieht  [€i<Ts]v£xv);slalt  [eicrejvcyxy);.  Zu  diesem  wol 
auch  durch  die  Aussprache,  nicht  durch  ein  blosses  Schreib- 
versehen  veranlassten   Fehler  vgl.    Oxyrhynchus  Papyri  I 

Nr.   121,  Z.    17  f.     roü;  xXaSouc    evijcov    (==  tvcyjcov)  st;  ty)v  oXov 

(3.  Jahrhundert),  ferner  Nr.  119.  Z.  3  iTrevcjcxeiv  slatt  iwevcy- 
xav  und  Z.  8  aTrevcxai  slatt  iwsveyxai  (2-3.  Jahrhundert). 

Z.  7  endlich  bringt  die  bekannte  V^erwechselung  von  i  und 
ai,  die  auch  Z.  5  (o(piiXy)Tc;)  vorliegt:  pöers  statt  pöerai. 

Aus  der  Zahl  dieser  Fehler  und  V^erschreibungen  müssen 
wir  den  Schluss  ziehen,  dass  der  Schreiber  der  Tafel  ein  we- 
nig gebildeter  Mann  war.  Allzu  grosse  Flüchtigkeit  möchte 
man  ihm  nicht  zur  Last  legen,  denn  die  Tafel  sieht  eher  dar- 
nach aus,  als  habe  ihr  Anfertiger  sich's  sauer  werden  lassen 
bei  ihrer  Herstellung.  Die  Zeilen  sind  etwas  krumm,  das  et; 
in  Z.  6  steht  z.  B.  um  einen  halben  Buchstaben  tiefer  als  die 
übrigen  Zeilen,  aber  die  Buchstaben  sind  doch  mit  Sorgfalt 
und  Mühe  eingeritzt. 

Nach  diesen  allgemeinen  Bemerkungen  über  den  Sachver- 
halt wird  es  weiter  unsere  Aufgabe  sein,  das  Alter  der  Tafel 
zu  bestimmen  und  sodann  einige  Worte  über  ihren  Zweck 
und  über  die  Bedeutung  des  Fundes  überhaupt  zu  sagen. 

Über  das  Alter  hat  zunächst  die  Paläographie  zu  urteilen  ^ 
Die  Form  der  Schrift  lässt  es  m.  E.  ohne  weiteres  zu,  den 
Fund  ins  4.  Jahrhundert  zu  selzen.  Man  könnte  nach  den 
Buchstabenformen  sogar  versucht  sein,  ihn  einer  noch  frühe- 
ren Zeit  zuzuschreiben.  Doch  dies  ist  aus  einem  anderen 
Grunde   unmöglich,    wie  wir  sogleich   sehen  werden. 

Ins  4.  Jahrhundert  weist  uns   nämlich   das  Monogramm 


•  Für  die  Schrifthesliminunj;  gilt  auch  hier  die  Schwierigkeil,  die  Wünsch 
a.a.O.  8.  54  erwähnt.  Die  Technik,  in  der  diese  Tafel  hergestellt  ist,  wird 
weder  von  der  Paläographie  noch  von  der  hipigraphik  behandelt,  sie  steht 
in  der  Mitte  zwischen  dem  Einineisseln  und  dem  Schreiben.  Doch  hat  wol 
die  Paläographie  mehr  Hecht  gehört  zu  werden  als  die  Epigraphik. 


318  R.    KNOPF 

Christi  am  Ende  der  Tafel,  das  in  der  Form  der  sogeoannteo 
crux  monogrammaiica  auftritt  (-p-,  Kreuz  mit  aufgesetztem 
Oberteil  des  P).   Dieses  Zeichen  lässt  sic)i  von  der  zweiten 
Hälfte  des  4.  Jahrhunderts  an  nachweisen  und  trat  zu  Anfang 
des  5.  Jahrhunderts  im  Abendland  und  Morgenland  fast  ganz 
zurück.  Im  Jahre  355  erscheint  diese  crux  zum  eisten  Male 
(auf  einem  römischen  Grabsteine), bald  nach  400  wird  sie  sehr 
selten  ^Das  P  ward  nämlich  später  aus  diesem  Signum  Christi 
entfernt.so  dass  nur  das  einlache  un verhüllte  Kreuz  {-^-.crux 
quadrata  et  immissa)  übrig  blieb.  Das  Auftreten  der  crux 
monogrammaiica  weist  uns  demnach  auch  ins  4.,  spätestens 
an  den  Anfang  des  5.  Jahrhunderts.  Und  dass  dieser  Ansatz 
nicht  zu  früh  ist, dafür  lässt  sich  noch  zweierlei  anführen.  Ein- 
mal die  Rechtschreibung  oder  vielmehr  die  Schlechtschreibung 
der  Tafel.  Sie  ist  bereits  charakterisirt  worden.  Für  uns  kommt 
hier  in  Betracht  die  Vertauschung  von  c,  y\  und  tt.  Der  Schrei- 
ber'scheint  die  Lautgleichung  t  =  v)  =  tt  zu  haben,  hingegen 
nicht  die  des  entwickelten  Itacismus  »  =  11  =  1  (=:u  =  ot).  Es 
ist  schwer,  nach  dem  4.  Jahrhundert  die  Verwechselung  von 
Ttund  s  anzunehmen.  Bis  ins  4.  Jahrhundert  hinein  hat  dasv) 
noch  stellenweise  seinen  ß-laut  bewahrt(Blass,  Aussprache 
des  Griechischen^  S.  35fr.,  vgl.  auch  die  schon  oben  ange- 
führten Beispiele).  Von  unseren  alten  Handschriften  zeigt  uns 
der  Alexandrinus  (5.  Jahrhundert)  bereits  einen   recht  ent- 
wickelten Itacismus.  Die  sethianischen  Tafeln  Wünschs  wei- 
sen nur  zwei  Fälle  von  m  für  e  auf:  JcaTToer/TiTc  für  KaLxtfsyijniit, 
das  allerdinj^s  sehr  oft  vorkommt  (vgl.  den  Index),  und  xaTTj- 
oxfi^oLTi  Nr    28  Z.  18.  Beide  Fälle  betrelTen   das  Augment. 
Je  weiter  wir  bei  der  Datiriing  der  Tafel  vom  4.  Jahrhundert 
abwärts  gehen  wollen,  desto  unverständlicher  wird   uns  die 
Orthographie  des  Verfassers. 

Endlich  ist  diesem  verhältnissmässig  frühen  Ansatz  das 
schon  erwähnte  Fehlen  der  Doxologie  am  Ende  des  Textes 
günstig.  Dadurch  wird  die  Tafel  zu  den  alleren  guten  Zwei- 


«  Vgl.  dazu  Vi\  X.  Kraus,  Geschichle  der  cliristliclieii  Kunst  I.  1896 S.  !3L 


EINE   THONSCHERBE   MIT    DEM   TEXTE   DES  VATERUNSER  319 

g;en  der  Überlieferung  gestellt,  den  R.  N,  Z,  wenige  Minuskeln 
sowie  die  abendländische  Überlieferung  (I)  und  die  Latei- 
ner) repräsenliren.  In  den  Gemeinden  des  griechischen  Ostens 
muss  sich  die  Doxologie  sehr  bald  durchgesetzt  haben  und 
ntiuss  stark  ins  Gemeindebewusstsein  eingedrungen  sein,  be- 
sonders da  sie  im  liturgischen  Gebrauche  doch  schon  sehr 
früh  an  den  eigentlichen  Körper  des  Gebetes  herantrat  (vgl. 
z.  B.  die  kurze  Üoxologie  Didache  8).  Je  später  wir  die  Tafel 
ansetzen,  desto  mehr  wird  uns  das  Fehlen  der  Doxologie  in 
Verwunderung  setzen.  Also  auch  von  dieser  Überlegung  aus 
empfiehlt  es  sich,  mit  der  Datirung  möglichst  weit  hinauf- 
zugehen. Vielleicht  ist  es  gestaltet,  aus  dem  Fehlen  der  Do- 
xologie den  Schluss  zu  ziehen,  dass  der  Text  der  Tafel  aus 
einem  Codex  abgeschrieben  wurde.  Wenn  jemand  den  Text 
nach  dem  Gedächtniss  niederschrieb,  so  musste  er  geneigt 
sein,  die  Doxologie,  die  er  sicher  beim  liturgischen  Gebrauche 
des  Gebetes  oft  hörte,  hinzuzusetzen. 

Welches  war  der  urspüngliche  Zweck  der  Tafel  ?  Wir  wissen 
aus  verschiedenen  Fällender  ersten  Jahrhunderte, dass  auch  in 
christlichen  Kreisen  längere  Texte  aufgezeichnet  und  als  Zau- 
bermittel verwendet  wurden.  Hier  sei  an  erster  Stelle  erinnert 
an  die  rhodische  Bleitafel  mit  dem  eingeritzten  Texte  des  80. 
PsalmsV  eineTafel,  die  im  3. oder  4.  Jahrhundert  angefertigt 
wurde  und  nach  Hiller  von  Gärtringens  ansprechender  Vermu- 
tung zum  Schutze  des  Weinberges  ihres  Besitzers  dienen  sollte. 
Hingewiesen  sei  ferner  auf  den  Gebrauch  des  Abgar-  und 
Jesusbriefes.  Nach  alten  Berichten  war  der  Text  der  beiden 
Briefe  über  den  Stadttoren  von  Edessa  angebracht:  'ESiaoYi- 
voi  Se  a'jTo  (nämlich  die  unechte  Schlussverheissung  des  Cliri- 
stusbriefes ,  die  Stadt  Edessa  werde  niemals  eingenommen 
werden,  die  Eusebios  noch  nicht  hat)  ^'jv  tyI  siiKJToXvi  eupcoöai 
^aaiv,  w(jT6  ajxeXgi  xai  av&ypaTUTOv  outco  t>iv  Itcictto'Xtiv  ivr'  iX- 
Xo'j  Tou  (puXajCTYipio'j  tv  Tai;  tyJ^  iroXeco;  7C67coiy)VTai  TruXai;  (Procop. 


'  Ilillervun  Gärtringen, Über  eine  jüngst  auf  Rhodos  gefundene  Bleirolle, 
enllialiend  den  80.  Psalm,  Silzungsbericlite  der  berliner  Akad.  18988.58^, 


330  B.    KNOPF 

bell.  Pers.  II,  12),  und  neuerdings  hat  Heberdey  den  Text  der 
beiden  Briefe  auf  der  Unterseite  des  Thörsturzes  eines  Hauses 
in  Ephesos  gefunden  ^  Die  Inschrift  ist  so  angebracht,  dass  sie 
dem  zur  Thür  Eintretenden  zu  Häupten  steht,  und  Heberdey 
schreibt  ihr  mit  Recht  apotropäischen  Zweck  zu.  Die  Form 
der  Buchslaben  weist  die  Inschrift  in  nicht  viel  jüngere  Zeit 
als  unsere  Tafel,  ins  4. -5.  Jahrhundert  (vgl.  auch  Dob- 
schütz,  'Zum  Abgarbrief  *  in  der  Theologischen  Literaturzei- 
tung 1900  S.  380 f.)-  Endlich  sei  noch  verwiesen  auf  die 
bereits  erwähnte  ägyptische  Thonscherbe,  deren  Text  C.LG. 
IV.  9060  abgedruckt  ist  und  über  die  ausführlicher  Egger 
gehandelt  hat^.  In  barbarischer  Sprache  und  Schreibart  er* 
wähnt  sie  in  den  ersten  vier  Zeilen  Wunderheilungen  Jesu 
nach  dem  Johannesevangelium  und  leitet  dann  über  in 
die  durch  einige  Zusätze  erweiterte  heilige  und  alte  Formel 
der  griechischen  Liturgie,  in  das  sogennanle  Trishagion  (£ytoc 
6  Osoc,  äyio;  lox^pöc,  Ay^oc  a6xvaT0<,  iXf-noov  J)(a2Lc)^.  Egger  hat 
mit  Recht  in  der  Scherbe  ein  Amulett  vermutet. 

Die  soeben  erwähnten  Texte  zeichnen  sich  auch  dadurch 
aus,  dass  auf  ihnen  wie  auf  unserer  Tafel  heilige  Symbole  der 
Christen  erscheinen:  auf  der  rhodischen  Bleirolle  steht  ein  Kreuz 
vor  dem  Texte, vielleicht  stand  auch  eines  an  dem  jetzt  fehlen- 
den Ende.  Fleberdeys  Fund  weist  je  am  Anfange  und  am  Ende 
des  Abgarbriefes  und  des  Christusbriefes  Kreuze  auf,  auch  steht 


*  Vgl.  Vorläufiger  Bericht  über  die  Ausgrabungen  in  Ephesos  von  Heber- 
dey in  den  Österr.  Jahresheflen  III.  Beiblalt  S.  83  (T ,  auch  abgedruckt  im 
Anzeiger  der  philos.  -  histor.  Klasse  der  Kais.  Akad.  der  Wiss.  zu  Wien 
vom  7  Febr.  1900  Nr.  V. 

*■*  Observalionx  snr  quelques  fragments  de  poterie  aniique  in  den  M^moires 
de  l'InsLilut  Iinp.  de  France,  Acad.  des  Jnxrr.  et  Beiles  Letires,  1857.  Egger  be- 
stimmt, ohne  genauere  Feststellung,  das  Alter  der  Tafel  als  3.-7.  Jahrhun- 
dert. Sie  ist  wol  von  einem  Barbaren,  und  zwar  einem  Kopten  geschrieben. 

^  Der  Text  lautet  :sv  ko  otoXoa^i.  npoositxr)  xoXu[JL6f)6p[a]  ovo(xa  auioic  cCpac^xtv 
ßyjOoai'da  £up7)0s  o  x;  £v  tt)  orooux  lo  XoXo(xa)vio;  tuprfti  o  i7)9};oiii;  lov  «vOp  xocta- 
YCt{x£vo;  apyov  7,0Epaneu9Ev  xat  lov  o-j^Xov  aveoXrj^Ev  oOev  xat  'J(XEt;  aaia  tov  (xp/ay- 
yfXov  Tov  a|^(ü(jiairi)v  avao'üvi«  xai  yExpaxovTa   xai  XEyovxE^  ayio;  o  Oeo;  o  avjuvi  -ra 

ycpou6iv  xai  Tcpovxuvou?  [ |  o(  ocyio^  ta/^upov  EvSo^aaaot  o  '/,opo(  lov  al^cofiaiov 

«YT'^o^  l^T^o^  aOavjaioc  ov  ^[(livfjlTov  aXoyov  "j^vopioOEis  «jXsTjaov  u(xa(. 


EiNß  THONSCHEHBE  MIT  DEM  TEXTE  DES  VATERUNSER      3^1 

a 

noch  vor  der  Überschrift  des  Christusbriefes  ein  Kreuz  (also  5 
Kreuze  auf  dem  Steine).  Die  Scherbe  C.  L  G.  IV,  9060  hat 
vor  dem  Text  eine  crux  monogrammatica  (wie  sie  unsere 
Tafel  am  Ende  zeigt)  und  am  Ende  den  Buchstaben  T,  der 
schon  in  der  Gematria  Barn.  9,8  auf  das  Kreuz  gedeutet  wird: 
OTi  Vi  6  ffTa'jpo;  iv  T(ji  Tau  yifxsXXev  ej^siv  ttiv  X^piv,  ^eysi  xai  xpia- 
xooiou;  (vgl.  auch  Tertullian  adv.  Marc.  III,  22).  Die  heili- 
gen Texte  werden  aufgezeichnet  und  als  Zaubermittel  aufbe- 
wahrt, sie  sollen  Haus  und  Stall,  Mauer  und  Thor,  Garten 
und  Weinberg  unversehrt  erhallen,  den  Besitzer  des  Amuletts 
vor  Krankheit  schützen,  dem  Teufel  und  den  Dämonen  Ein- 
gang und  Wirksamkeit  verwehren.  Mit  einem  solchen  Zauber- 
texte haben  wir  es  wol  auch  hier  zu  thun.  Man  kann  annehmen, 
die  Tafel  sei  ein  *  Maussegen'  gewesen,  sei  irgendwo  im  Hause, 
an  der  Thür,  unter  der  Schwelle,  an  der  Lagerstätte  oder  im 
Garten  aufbewahrt  worden'.  Für  ein  Körperamulett  war  sie 
natürlich  zu  gross  und  unförmlich.  Eine  andere  Möglichkeit  ist 
die,  dass  die  Tafel  bei  einem  ganz  bestimmten  Anlass  zu  ir- 
gend einer  Beschwörung  oder  Zauberei  hergestellt  und  benutzt 
wurde;  dann  müsslen  wir  uns  der  Zaubertafeln  ,  vor  allem 
der  Defixionen  erinnern,  die  ja  in  immer  grösserer  Zahl  be- 
kannt werden, und  denen  in  neuester  Zeit  so  genaue  Beachtung 
geschenkt  wird. 

Eine  magische  Tafel  im  weitesten  Sinne,  sei  es  ein  für  län- 
geren Gebrauch  bestimmtes  Phylakterion,  was  mich  das  bei 
weitem  Wahrscheinlichere  dünkt, oder  eine  füreinen  bestimm- 
ten Einzelfall  hergestellte  Zaubertafel, haben  yvir  wol  in  unse- 


*  Hier  möge  noch  eine  Noliz  Perdrizets  stehen,  auf  die  Hiller  von  Gär- 
tringen a.a.O.  hinweist:  Dans  le  Hauran  et  la  Syrie  du  Nord^  dans  les  monts 
d'El-Darra,  du  Djebe.l-Ala  et  du  Djehel-Simän,  on  Irouve  souvenl  sur  le  lin- 
teau  des  maisons  ou  des  s^pulcres  un  texte  de  la  liible,  pris  assez  souvent 
dans  les  Psaumes,  mais  toujours  assez  court.  (  B.C.H,  1896  S.  350  f.)  Perdri- 
zet  macht  keine  Angabe  über  die  Zeit,  aus  der  die  Aufschriften  stammen. 
Vgl.  übrigens  auch  Egger  a.  a.  O.  S.  406 :  On  a  retrouve^  particulierement 
en  Alg^rie^  de  versets  de  Ificriture  ainsi  gravis  sur  des  murailles  avec  une 
intention  pieuse  ( zu  vergleichen  Clarac :  Inscripiions  du  Mus6e  du  Louvre 
(SuppUment)  Tafel  89). 


322  B.    KNOPF 

rem  Funde  zu  erkennen.  Dass  gerade  der  Text  des  Vaterun- 
ser für  die  Magie  benutzt  wurde,  darf  uns  gar  nicht  wundern, 
im  Gegenteil  verwunderlich  ist  eher,  dass  sich  bisher  noch 
keine  Spur  einer  Verwendung  gerade  dieses  Textes  im  spät- 
antiken  Zauberwesen  hat  nachweisen  lassen.  Wir  wissen, 
welche  Bedeutung  das  Vaterunser  im  Kulte  der  Christen  hatte. 
Es  ist  das  heilige,  vom  Herrn  selbst  gelehrte  Gebet;  für  die 
bedeutsame  Stellung  des  Vaterunser  in  der  christlichen  Ge- 
meinde sei  nur  hingewiesen  auf  die  Art,  wie  Didache  8  und 
Conslilt.  Apost.  VII,  24  die  Benutzung  des  Gebetes  angeord- 
net wird :  dreimal  am  Tage  soll  man  das  Vaterunser  beten 
(vgl.  auch  Tertullian  de  orat.  10  und  25).  Üas  Vaterunser  hat 
auch  seine  feste  Stellung  in  den  uns  überlieferten  Liturgien 
und  es  wurde  beim  Exorcismus  angewandt.  Und  noch  auf  ei- 
nes sei  hingewiesen.  Jede  Zauberei  kommt  auf  einen  Götter- 
oder Gotteszwang  hinaus.  Wesentlich  für  das  Gelingen  die- 
ses Golteszwanges  ist,  dass  die  richtige  Formel  und  die  rich- 
tigen Namen  angewandt  werden,  Kenntniss  der  Namen  und 
Kenntniss  der  Formel  machen  die  Kraft  des  Zaubers  aus.  Nun 
ist  das  Vaterunser  vom  Herrn  selbst  gelehrt  und  Christus 
selber   hat  Aussprüche  gelhan  wie  diese:   Tcpöaeu^ai  rcji  waTpi 

ffOU    6V    TCJ)   XpuTTTCJ)   Xal   6   TCaTTQp    CTOU    6    ßX£7C(i)V    6V    T(j>   xpUTCTÖ    aTCoScO- 

<T6t  croi  (der  Spruch  steht  fast  unmittelbar  vor  dem  Vaterun- 
ser Mt.  6,6),  und  er  hat  dem  Gebete  der  Gläubigen  und  na- 
mentlich dt^n  Gebete  in  seinem  Namen  li]rhörung  verheissen 
(vgl.  Ml  18,  19;  21.  22  und  sonst,  auch  Job.  15,  iß)  Hei 
dieser  Sachlage  musste  sich  ja  die  Heligiosilät  zweiter  Ord- 
nung des  llerrengebetes  bemächligen.  Hier  war  ein  Gebet 
von  einem  Gotle  gelehrt,  mit  der  Verheissung  der  Erhörung 
ausgestattet:  ein  GotterÄwang  stärkster  Art.  Kein  Wunder 
also,  dass  Magie  und  Aberglauben  sich  diesen  Text  angeeignet 
haben. 

Fassen  wir  unsere  Tafel  als  einen  Zaubertext  im  weitesten 
Sinne  auf,  ohne  etwas  liber  ihre  liesondere  Verwendung  fest- 
zulegen, so  wird  uns  auch  die  Ergänzung  der  letzten  Zeile 
nicht  schwer  fallen.  Wir  lesen  deutlich  die  erhaltenen  Buch- 


EINE  THONSCHERBE  MIT  DEM  TEXTE  DES  VATERUNSER      323 

Stäben  PI 6,  davor  den  Längsstrich  eines  Y,  also  ohne  Zwei- 
fel xopte.  Vor  xCpig  ist  Raum  für  allerhöchslens  7  Buchstaben, 
denn  der  Schreiber  hat  natürlich  nicht  besonders  eng  geschrie- 
ben, da  er  ja  nach  rechts  hin  noch  freien  Raum  Hess.  In  Frage 
kommt  ein  Segenswunsch  oder  eine  Anrufungsformel.  Als 
Segenswunsch  empfiehlt  sich  am  ehesten  pOaai  (oder  vielmehr 
pOae)  1X6,  das  den  Wunsch  der  letzten  Bitte  nochmals  eindring- 
lich wiederholt.  Mit  iXei^dov  ^xe,  das  sich  mit  Hinblick  auf  die 
Häufigkeit  dieser  Formel  und  ihre  liturgische  Verwendung 
nahelegt  (vgl.  auch  das  tiXctq^tov  u|xä;  =  iXe-nerov  r^LOi^  \\\C.LG. 
IV,  9060  am  Knde),  kommt  man  nicht  aus:  es  sind  zu  viel 
Buchstaben.  Zur  Auswahl  steht  noch  crcodöv  {jls  oder  «Tcoaai  [tc. 
Stand  eine  Anrufungsformel  da  ,  so  kommt  in  Betracht  ok 
}caXd),   da  (St  E7utxaXou[xai  zu  lang  wird. 

Zum  Schlüsse  möge  noch  einen  Augenblick  der  Fundort 
der  Tafel  unsere  Aufmerksamkeit  fesseln.  Es  ist  Megara. 
Nun  wird  unter  den  von  Wünsch  veröffentlichten  Defixio- 
niun  Tabellac  Atticae  {C.  f.  A.  Appendix)  S.  XIII  eine 
Fluchtafel  besprochen,  die  aus  iVlegara  und  zwar  aus  der  Zeit 
des  I. -2.  Jahrhunderts  stammt.  In  ihr  heisst  ^s  Z.ilff. :  (wir 

verfluchen  .  .  .  .)  Xöyoi;  exaTixioi^  6pxi<j[ji[a|<ji]  te  AßpaUoi; 

(Sixai?)T| . . .  oü<;  Tri  •Exäty)  ...ou(;  Auf  dieser  Tafel  ist  höchst 
wahrscheinlich  das  zweimalige  verstümmelte...  ou;  in  Iiqoou; 
zu  ergänzen  (vgl.  Wünsch, Rhein.  Museum  LV  S.  258)  und 
in  demT  am  Ende  von  Zeile  12  haben  wir  wol  auch  das  be- 
reits erwähnte  Kreuzsymbol  zu  erkennen.  Die  Tafel  ist  indess 
sicher  nicht  christlichen  Ursprungs,  sondern  ein  Produkt  der 
göttermengenden  Magie.  Immerhin  aber  ist  sie  uns  interessant, 
weil  sie  aus  demselben  Orte  wie  unsere  Thontafel  stammt  und 
in  diesem  für  eine  bedeutend  frühere  Zeit  die  Verwendung 
christlicher  Motive  in  der  Zauberei  bezeugt. 

Dies  wäre  das  Wichtigste,  was  über  den  Fund,  sein  Aller, 
seinen  Zweck  zu  sagen  ist.  Das  Stück  ist  uns  wertvoll,  weil 
es  ein  Unicum  ist — ein  inschriftlich  überliefertes  Vaterunser 
besitzen  wir  noch  nicht — weil  es  als  Textzeuge  (Fehlen  der  Do- 
xologie)  neben  unsere  besten  Codices  tritt,  weil  es  aus  einer 


326  C.  ROBB  KT 

ZU  Grunde  liegt,  dieselbe,  die  Sophokles  in  seinen  NCicTpa  be- 
handelt, wenn  nicht  gar  geschaffen  hal  ^  so  finden  wir  auT 
dem  neuen  Relief  den  Vorgang  genau  nach  der  Erzählung 
des  T  308  ff.  dargestellt.  Bei  der  Hauptgruppe,  Odysseus  und 
Burykleia,  ist  der  enge  Anschluss  an  die  Worte  des  Epos,  zu- 
mal bei  einem  iiildwerke  des  fünften  Jahrhunderts,  fast  ver- 
blüffend. Die  Alte,  welche  eben  die  Narbe  am  Oberschenkel 
des  Odysseus  gefühlt  hat,  lässt  das  Bein  in  das  Waschbecken 
niederfallen.  Die  schlafT  herabhängenden  Arme  verharren  noch 
in  der  Stellung,  in  der  sie  kurz  vorher  das  Bein  des  Odys- 
seus gefasst  hatten.  Aber  der  Oberkörper  richtet  sich  aus  sei- 
ner gebückten  Haltung  ein  wenig  empor  und  der  Blick  — 
das  glaube  ich  aus  der  auch  in  dem  Bruchstücke  noch  deut- 
lich erkennbaren  Kopfhaltung  schliessen  zu  dürfen  —  ist  auf 
Penelope, nicht  auf  Odysseus  gerichtet.  Damit  vergleiche  man 
die  Verse  T  467-417 

yvd^  y  li7i(jia99a|AivY),  icoioL  ii  rpoeiQxs  fepioOai. 

Sl'^  2*  Mfi^a  ixXtOY)*  t6  i'  iirl  ^6ov6;  l^iyy^^  uSup. 
TY)v  2*  &{Aa  X^PK'^  ^^^  Sikyo^  tkt  f  peva,  toi  ^i  ol  099s 

^axpuöfi  TT^vidOsv,  OaXsp'n  ii  oi  e^x^TO  fcovif). 
a^ajAcvY)  Sk  yevstou  'OSuddiia  Tcpo^utTcsv* 
ri  [L&V  'OSuercrsuc  idcri,  ^i>ov  rexo^*  ouSe  o*  fywyi 
Trpiv  eyvcDv,  Trpiv  TrdevTa  avocxT*  s|i.ov  aa<pcrfdeaoOat. 
ri^  xai  IliQvsXoTrstav  idc^paxev  of OaXpLOtatv, 
TtsfpaSuiv  cOeXouaa  fiXov  Troaiv  evSov  eovTa. 

Mit  Kecht  hat  der  Künstler  davon  Abstand  genommen  das 
Umstürzen  des  Waschbeckens  darzustellen,  wodurch  die  Scene 
etwas  ünruiiiges  und  Aufgeregtes  bekommen  haben  würde. 
Er  hat  gefüiilt,  dass  wir  es  wol  dem  epischen  Dichter  glau- 


*  U.  V.  Wilainowilz- MülleiidürlT,  Homer.  Unlers.  S.  194;   Robert,  Ma- 
rallionschlaclit  (XVIII.  Hallesches  WiiickelmaiinsprOoM'.)  S.  79. 


;    DES  0DVB9EU! 


ben  können,  wpnn  er  Pi-nelope  das  GitÜuscIi  des  umstürzen- 
den Gi^liissea  iilierliiiren  lüsst  —  tvj  yip  "AÖYivaiTi  vöov  iTpamv  — , 
hingefjen  es  kaum  erliiigen  würden  wenn  im  Bilde  die  un- 
millelliar  neben  der  Fuaswaschung  stellende  Penelope  eine 
solche  liirmende  Unterhrpcliun^  der  Tliäli^keit  der  Amme 
niclil  zu  liemei'ken  sirliiene.  Deshalb  spielt  si(;h  auf  dem 
kernschen  Keüef  die  lürkennungsHcene  so  geräuschlos  wie  ir- 
gend mü^licb  ab.  Dus  Mnliv.  duss  Eurj'kleia  das  Knie  ihres 
Herrn  berührend  ihn  anredet,  ist  fallen  gelassen.  ÜerKiinstler 
springt  gewissermassen  von  V.  4(i9  gleich  zu  V.  476  über, 
indem  Cur^'kloia  sofoit,  nachdem  sie  Odysseus  erkannt  hat, 
sich  an  Penelope  wendet,  um  dieser  ihre  Entdeckung  mit- 
zuteilen. Aber  Odjsseus  alrecki  die  rechte  Hand  mit  ge- 
spreizten Kingern  aus,  um  ilir  die  Keble  zuzuhalten,  auch 
dies  ganz  im  Einklang  mit  der  Odyssee:  t  479  «ÜTäp 'OSui- 
oiü;  }([{p'  (niiiL«97S(^tvoc  f&puyo;  "Ki-^i  St^i-ripfi'piv.  Dabei  beugt 
er  sich  etwas  vor,  während  er  sich  mit  der  Linken  an  dem 
Hände  des  Siuhles  festhält.  Kurz  vorher  wird  seine  Rechte 
ebenso  den  Stulilrand  der  anderen  Seite  angefasst  haben, 
um  den  Körper  bei  frei  vorgestrecktem  rechten  Bein  im 
Gleichgewicht  zu  erhalten.  Der  linke  Arm  des  Odysseus  hat 
alsn,  ebenso  wie  dJe  beiden  Arme  der  Burykleia.  noch  die 
Stellung  von  dem  unmittelbar  vorhergehenden  Moment  be- 
wahrt,  und  wieder  ist  Verzieht  geleistet  auf  das  von  der 
Odyssee  gegebene  Motiv,  dass  Odysseus  mit  der  Linken  die 
Amme  näbei-  zu  sich  heranzieht  und  ihr  Schweigen  gebietet. 
Geredet  darf  eben  bei  der  unmittelbaren  Nahe  der  Penelope 
überhaupt  nicht  werden. 

Nielit  die  gleiche  massvolle  Zurückhaltung  ist  auf  den  jün- 
geren lleliel's  beobachtet,  welche  dieselbe  Scene  der  Odyssee 
oilenbiir  nuch  einer  gemeii.sanieii  Vorlage,  vielleicht  einem 
Gemälde,  mit  geringfügigen  Variationen  zur  Darstellung  brin- 
gen. W  ir  linden  diesen  spiileren  Typus  auf  einem  in  mehre- 
ren Exemplaren  erhaltenen  'reriacottarelief  der  campanaschen 
Classe  tOverheck,  llei.  Call.  'I'af  33,5  vgl,  S.S05,Anm.2. 
Museo Campana  IV, 4  Nr.  237]  und  zweimal  auf  Sarkopha- 


K8  G.  BOBBRT 

gen,einein  Guirlandensarkophage  der  besten  Zeit  ( Sarkophag- 
Reliefa  ii   1396)  und  einem  späten  giebelförmigen    Deckel 
(ebenda  II  903).  Dem  jüngeren  Kunstgescbmack  entsprechend 
ist  hier  der  Voi^ng  weit  dramatischer  gestaltet,  auch  ein  et- 
was späterer  Moment  gewählt.  Odysseus  hält  der  Burykleiaden 
Mund  zu,  um  sie  am  Sprechen  zu  verhindern«  nicht  die  Kehle, 
wie   in  der  Odyssee.    Es  fehlt  auch  nicht  das  umgestürzte 
Waschbecken.  Zweimal  ist,  wie  auf  dem  cbiusiner  Skyphos, 
Bumaios,  zweimal  der  Hund  Ai^;os  bei  dem  Voi^ange  zuge- 
gen. Ebenso  aufgeregt  ist  die  Darstellung  auf  zwei  Gemmen, 
die  aus  der  Schilderung  der  Odyssee  ein  anderes  Motiv,  die 
Anrede  der  Eurykleia  (T474f. )  und  die   Erwiderung  des 
Odysseus  (r  482-490)  herausgreifen;  die  erste,  eine  braune 
Paste  der  berliner  Sammlung  (4349  bei  Purtwängler),  zeigt 
Eurykleia  noch  am  üoden  kauernd,  mit  erhobener  Linken 
ihre  Kede  begleitend,  während  Odysseus  mit  vorgestrecktem 
Arm  ihr  Schweigen  zu  gebieten  scheint,  auf  der  anderen,  ei- 
nem Smaragdplasma  der  Sammlung  Dehn  (Tischbein-Heyne, 
Homer  nach  Antiken  S.22;  danach  wiederholt  bei  Inghirami, 
Galleria  omerica  III  Taf.  116,  Overheck,    Her.  Call.  Taf. 
33,4  vgl.  Conze,  Annali  deW  Instituto   1872   S.  203),  hat 
sich  Eurykleia  aufgerichtet  und  hehl  gesticulirend  die  Rechte, 
Odysseys  aber  fasst  wie  auf  dem  kernschen  Ueliel   mit  der 
Hand  nach  ihrer  Kehle.   Auch  das  umgestürzte  Waschbecken 
und  den  Hund  Argos  finden  wir  auf  dieser  Gemme  wieder. 
Wie  hoch  über  diesen  jüngeren  Gestaltungen  das  Relief  aus 
Gompboi  mit  seiner  vornehmen  Ruhe  steht,  wird  jeder  em- 
pfinden. 

Odysseus  trägt  einen  kurzen  (Chiton  un<i  ein  Mäntelchen, 
das  über  die  rechte  Schulter  vorgenommen  wie  eine  Schärpe 
quer  über  die  Rrust  läuft  und  dann  über  den  linken  Unterarm 
und  den  Rand  des  Stuhles  herabfällt.  Sehr  verschieden  von 
dem  vornehmen  ilimation,  mit  welchem  Odysseus  auf  der 
chiusiner  Vase  bekleidet  ist,  wo  er  nicht  verwandelt  gedacht 
wird,  soll  diese  Tracht  ohne  Zweifel»  wie  sonst  die  ßxomis, 
den  Bettler  be/.eichnen.  'Ajx-pl  li  (xiv  p&jco?  aXXo  xaxov  ßxXsv  Y)5i 


^iT£ivK,piiiYK>i«  jiuTtouvtflt.xax^  |ii(*öpuyi*ev«  x«n'v<^  lieissl  es  von 
Alliena  v  't3'i  f.  Auch  liier  haben  wir  also  strikte  Anlehnung 
an  den  Text  der  Odyssee*.  Und  so  wird  auch  dei'  Pilos,  den 
er  auf  dem  KopTe  trägt,  hier  nicht  wip  auf  der  \'ase  der  Hei- 
seliüt,  sondern  die  Kopfbedeckung  des  armen  Mannes  sein. 
L'nler  dem  Stuhle  sieht  der  Speisekorb,  die  oit^^pi;.  und  weiter 
nach  rechts  eine  kleine  Kanne, wol  für  Ül.Aueh  den  Korb  trai(l 
der  Üdysseus  der  Vase  neben  Weinsctilaueh  und  Täsehclien 
an  einem  'l'rageholz  über  der  Schulter.  Dort  enthält  er  den 
Mundvorrul  des  Reisenden,  hier  vertritt  ei'  den  Itanzen.  in 
welchen  der  IJelllei'  die  von  den  Freiern  gespendeten  Almosen 
sammelt;  v  437  Sük*  Se  oi  ix^nTpov  xai  itmin  irVipTiv,  nuxvöc 
pwYÄVi-Kiv,  vgl.  p  197.  111,  5  108- 

In  der  Odyssee  sitzt  Penelope  während  der  Fusswascliung 
unthätig  am  Heerd,  während  Üdysseus  sielt  weiter  abseits  ge- 
setzt hat  und  in  das  Dunkel  blickend  ihr  und  dem  Feuer  den 
Itücken  wendet.  Und  so  zeigen  denn  auch  die  campanaschen 
Reliefs  auf  der  anstossenifen  Platte  die  sinnend  dasitzende  Pe- 
nelope. allerdings  im  Widerspruche  mit  dem  lüpos  dem  Odys- 
seus  zugewandt.  Der  Verfertiger  des  kernschen  Reliefs  aber 
hat  sehr  richtig  empfunden,  dass  er  uns  Penelope.  um  ihre  Un- 
aufmerksamkeit glaubhaft  zu  machen,  in  irgend  einer  Thätig- 
keil  vorführen  müsse.  So  zeigt  er  sie  uns  denn  am  Webstuhl. 
In  ihre  Arbeit  vertieft  kehrt  sie  dem  IJesucher  den  Rücken. 
Allerdings  wendet  sie  bei  dem  Geräusch,  das  der  plötzlich 
losgelassene  Fuss  des  Odysscus  beim  Herabsinken  in  dasBek- 
ken  verursacht,  den  Kopf  ein  wenig  navh  links,  aber  wir  ha- 
ben die  [<)mplindung,  dass  sie  dem  Vorfall  nur  als  einem  be- 
deutungslosen Intermezzo  keine  weitere  Reaclitung  schenken 
und  alsbald  in  ihrer  Arbeit  fortfahren  wird.  'H  S'  oüt'  iöpü- 
oai  8uv«t'  ivTtn  oyri  voTJoctr  T'p  yäp  'Aönvoti-fl  vöov  ÜTpaicfv  lieissl 
es  in  der  Odyssee  t  'i78.  Dass  der  Kiinstler  das  doch  nur  un- 


<  Auch  III  der  in  ilen  Briefen  des  Faeudu-Diogeno«  VII  \  S.  337  Horclier  | 
ülH^riiererteii  Variante  fipoi  ^i*  sl  npa:*  /itüvb  ti  i'iut'  liuxi  würde  die 
Darslellung  des  Reiieri;  passen. 


ATHEN.   UITTHBU.UNQEN    ISV. 


330  G.   ROBERT 

vollkommen  darstellbare  Eingreifen  der  GoUheii  ganz  wegge- 
lassen und  an  Stelle  der  völligen  Apathie  ein  momentanes 
Hinschauen  hat  treten  lassen,  kann  man  nur  als  einen  höchst 
geschickten  Griff  bezeichnen.  Die  Handhabe  für  seine  glück- 
liche Lösung  bot  ihm  die  Odyssee  selbst  in  der  Geschichte 
vom  Leichentuch  des  Laertes  ß  931?.=  «  128(T. 

IvOa  xal  'niAoctdo  |i.€v  ufaCvcoxiv  fLiya,^  taröv, 
vuxTxc  S*  aXXucoxcv,  Irrci  Saf^ac  icapa6eiT0. 

Denn  darum ,  dass  nach  der  weiteren  Erzählung  schon  vor 
dem  Zeitpunkte,  wo  die  Odyssee  einsetzt, die  List  entdeckt  ist 
und  Penelope  notgedrungen  das  Gewebe  vollendet  hat,  braucht 
sich  der  Künstler  natürlich  nicht  zu  kümmern.  Am  liebsten 
möchte  man  denn  auch^glauben,  dass  Penelope  hier  nicht  mit 
der  Herstellung,  sondern  mit  der  Auflösung  des  Gewebes  be- 
schäftigt sei.  Es  fragt  sich  nur,  ob  die  Manipulation,  in  der 
wir  sie  sehen,  sich  mit  dieser  Annahme  verträgt.  Darauf  muss 
die  Prüfung  der  dargestellten  Webegeräte  die  Antwort  geben. 
Wir  sehen  zunächst  den  Webstuhl,  wie  wir  ihn  bereits  von 

dem  chiusiner  Skyphos,  dem  *E9io[A4pU  «px*  ^^^^  '^'^^-  ^^  ^^' 
gebildeten  Epinetron,  den  beiden  böotischen  Kirke- Vasen 
(J.H.S,  XIU  Taf.  4  und  S.  81)  und  dem  Fries  des  Nerva- 
Forums  {Monumenti  delC  Inst,  X  Taf.  41.  Ua;  Hrunn, 
Denkmäler  Taf.  489)  kennen.  Von  dem  Querbalken  ist  hier 
nur  der  oberste  mit  dem  aufgerollten  Gewebe,  'der  Tuch- 
baum \dargestellt.  Ob  die  unteren,  zur  Fachbildung  dienenden 
Querstäbe  nur  gemalt  oder  überhaupt  nicht  wiedergegeben 
waren,  muss  dahingestellt  bleiben.  Die  Weberin  hält  in  der 
bis  über  die  Schulter  erhobenen  Rechten,  und  zwar  zwischen 
Daumen  und  Zeigefinger,  die  mit  dem  Einschlag  umwickelte 
Spule,  ganz  ähnlich  gestaltet  wie  auf  der  einen  der  oben  er- 
wähnten böotischen  Vasen  {J.H.S.  XIII  S.  81),  durch  die 
wir  dies  Gerät  zum  ersten  Male  kennen  gelernt  haben  ^  Die 


*  Vgl.  A.  Riegl,  Der  antike  Webstuhl,  in  den  Millheilungen  des  K.  K. 


!   Fl.'SSWASCm 


ausserordentliche  Breite  des  Webfiliilils,  die  sicti  aucli  bereils 
uuf  Hein  Skyplios  aus  Ciiiiisi  constutiren  liess,  mussle  es  der 
Weberin  unmoglicli  muclien,  die  Spule  in  einem  Schuss  durcli 
die  ganze  Ueilie  der  Reitenläden  durcItzulViliren  oder  durcli- 
zuwerfen.  Vielmelii"  mussle  sie  wieilerlioll  inil  der  einen  Mand 
durcli  die  vordere  Ketlenreihe  in  das  Fach    liineingreifen ', 


ösLerreiuli.  MuMuins  ffir  Kunst  und  Industrie  N.  F.  IV  189i/3  S,  200,  Das* 
ich  (tiesen  wicliligi^u  AufsaU  einsehen  koiinle,  virdnnkR  ich  der  Gefällig- 
keit 0.  Benndorfs. 

*  Es  JKt  daher  ganz  ausgeschloisen.  daüa  die  Weberin  dasQuerboli.durrh 
deAlien  Vorziehen  lUs  sog.  küusiliche  Tach  gehildet  wurde,  ^vährend  üev 
Webens  mit  der  Hand  restgehallen  halte,  wie  man  dies  Tieirach  auf  Qrund 
einer  sehr  anrechlbaren  Interpretation  von  Iliax  W  TßOlV.  angenoiiiinuii  hat. 
Vielmehr  musü  dies,  wie  auch  Blümiier,  Techiiulogie  I  6.  'W)  allerdings 
noch  zweiTehid  Temiutel  hat,  durch  eine  mechanische  Vurrichtung  be- 
wirlit  worden  sein,  wie  sie  sich  auch  an  detn  liereils  von  Conze  vergliche- 
nen norwegischen  Wehstuhle  (ain  besten  abgebildet  bei  Bieg!  a.a.O.  8. 299, 
lindel.  Die  erwähnte  Interpretaiion  jener  lüasverse  ii^t  zuerst  von  Schnei ' 
der  Sriiplnrei  rti  runticae  S.37I)  aurgeslelll  und  später  namentlich  von  Mar- 
i)uardl,  Privatleben  der  Römer  I?  VM  (  =  ,Vüt  der  Bearhejiung  vi>n  Mau) 
und  Hlüuiiier  a.a.O.  S.  I3L>  Aniii.  \  verfui-hleii  worden.  OJys>eus.  Iieissl  es 
diirl,  ist  dem  Aias  so  diclit  auf  den  ['ersen 

il><  Sil  ti<  tt  Y""»""'  EuEiiivoio 

i[)]viav  JE'^tDuoa  itapiit  [ittov,  ■TiC'^'  '''  '^" 

Hier  soll  iciivfav  die  Spule,  xavbiv  der  Querbalken  und  {liiot  die  Lilzen  sein, 
durch  die  die  Kellenfilden  an  diesem  Querbalken  befestigt  sind.  Gegen  dir 
leUlere  Deutung  hat  tiereils  U.  Schröder  lArch.  Zeitung  1884  S.  ITO  f.) 
Ginspruoh  erhoben;  sein  Nachweis,  dass  ^im  nur  die  KeltenTäden  hedeulen 
knnne,  lässt  sich  noch  durch  den  Mitos  der  Kabiren mjsterieii  |0.  Kern 
Hermes  XXV  S.  7|.  die  Häuiigkeil  von  |j.'io;  als  Compcnent  in  Spitznamen 
für  fadendünne  Menschen  (  Bechtel,  Spilinauen  ti.  I.'i )  nnd  das  leltiscbe 
Wort  nieti,  das  gleichfalls  die  Ketle  hezeicbuet,  stülzeii,  worauf  mich  Uech- 
tel  hingewiesen  bat  (vgl.  Prellwilz.Bl^m.  Würlerhucb  ä.  301).  Aber  auch  die 
AulTasgiing  von  xavtiv  als  Querbalken  ist  unhaltbar;  nicht  nur  weil  dieser, 
wie  eben  gezeigt, während  des  Webens  nicblmil  der  Hand  fi^slgchalten  wer- 
den konnte, sondern  auch  weil  nichl  niiviov  SiAxauaa, sondern  miviov  lEiXxauaa 
dasteht,  wudurch  unzweideutig  der  Moment  bezeichnet  wird,  wu  die  Spule 
nach  dem  letzten  Wurf  ans  Ende  der  Kette  gelangt,  der  Einschlagfaden 
also  herausgezogen  wird.  Dann  wird  die  Weberin  den  Paden  noch  eininiil 
stramm  anziehen,  ehe  sie  ihn  mit  der  llulzspalel,  der  axii^,  feslsoblügt. 
NaturgemiLss  stellt  sie  licli  dabei  seitwärts  neben  die  Ecke    des  Web- 


3^  C-  BOKIBT 

um  die  mit  der  aodereo  Ha»d  ^wof4eoe  Spule  aaEEafangeo, 
worauf  dann  der  Wurf  miederboii  warde^  bis  sie  zur  Ecke  des 
WebsUibles  ^bngte.  Nur  so  erk&t  sidi  das  bekanote  imrim 
iv»ifjtd%9s  und  nur  ao  m^ar  es  uberfaaupl  maglicfa ,  Mosier  zu 
webend 

Mit  weieber  Operalioo  ist  nun  die  Peoelope  des  keroschen 
iieii^fs  besetiirtigt  ?  Wir  seben  sie  mit  der  Rechten  die  Spule 
hoeb  ballen,  mährend  die  Linke,  etwa  bis  zur  Scbulterhöhe 
erhoben,  halb  geschlossen  und  die  Pinger,  wenn  ich  die  Bruch- 
spuren richtig  verstehe,  so  gestellt  zu  sein  scheinen ,  als  ob 
sie  einen  Faden  hielten  ( vgl.  die  nachstehende  Skizze  Gillie- 
rons,  welche  die  Hände  in  7^  der  naturlichen  Grösse  wieder- 
geben). Wenn  das  Bild,  das  wir  eben  von  der  Operation  des 
Webens  entworfen  haben,  richtig  ist,  wüsste  ich  nicht,  in  wel- 
chem Moment  die  Hände  der  Weberin  in  dieser  Weise  be- 
schäftigt sein  sollten.  Wie  aber,  wenn  es  sich  um  das  Auf- 


«lublf,  und  damit  erledigt  sieb  auch  das  Bedenken  Blümners  gegen  die 
Auffaftettrig  fon  xava>y  als  Wet>e6cbifrcben,  dass  nämlicb  die  Kettenfa- 
den der  Bruftt  der  Weberin  näher  seien  als  dieses,  ein  Einwand,  der  sieb 
übrigen«  ebenso  gut  gegen  die  AufTassung  als  Querbolz  machen  Hesse. 
Die  allere,  v(»n  Blumner  bekämpfte  Interpretation  verdient  also  vor  der 
neueren  bei  weitem  den  Vorzug.  Sie  sieht  in  dem  xavwv  das  WebescbilT- 
cben,  die  y.ipy.U,  oder  corrceter  dessen  primitivere  Form,  die  vermutlich  aus 
lüjbr  gefertigte  Spule,  in  dem  nr^viov  den  um  diese  gewickelten  Einschlag- 
faden. 8ü  hat  auch  Nonnos  die  Iliasverse  aufgefa$sl,dem  Blumner  mit  Un- 
recht Llnklarheit  vorwirft.  OTa  xavoiv  aWovoto  iziXn  (ujo;  sagt  er  XXXVII, 
631 ;  die  Weberin  kann  wol  das  Webeschiflehen  oder  die  Spule,  nun  und 
nimmermehr  aber  den  Querslab  des  Webstuhles  zwischen  ihreBrüsle  drük- 
ken.  Und  VI,  15'2  setzt  er  direkt  xepx';  für  xavoSv  ein  : 

G^aivc  de  xEpxtSi  xoupr) 
rrjviov  l^iXxouia  napU  (xiiov. 
Aueli  Aristophanes  Thesm.   822  und  825  gebraucht  oHenbar  xavtuv  synonym 
mit  xcpx('c  und  unterscheidet  es  ausdrücklich  vom  Querholz,  dem  cvtiov.  Dem 
gegenüber  können  die  späteren  von  Bhimner  S.  130  Anm.  1  gesammelten 
Stadien,  wo  xav«.iv  das  iviiov  bezeichnet,  nichts  besagen.  Beiläulig  bemerkt, 
die  an«Or)  wird  man  doch  wol   in  dem  Stabe  erkennen  dürfen,  mit  dem  Mi- 
nerva   auf  dem  Fries  des  Nerva- Forunis  die  Ar.iehne  bedroht   {  Monimienti 
(Uli  Inst.  X  Taf.  ^il,  21,  Brunn,  Denkmäler  Nr.  48'J),  die  Län}<e  des  Geräts 
wird  durch  die  Hreile  des  Webstuhles  bedingt. 
<  0.  Hchriider  a.a.O.  S.  173. 


DIE   FUSSVVASCHUNG   DES   ODYSSEUS 


333 


lösen  des  Gewebes  handelt?  Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  Pe- 
nelope  sich  dabei,  um  sich  nicht  zu  verraten,  jedes  gewalt- 
samen Eingriffs  enthalten  musste.  Sie  wird  sich  also  auch 
beim  Auflösen  der  Spule  bedient  haben,  nur  dass  sie  diese 
jetzt  in  umgekehrter  Richtung,  wie  vorher,  durch  die  Kette 
durchführt.  So  oft  sie  an  das  Ende  des  Webstuhls  gelangt  ist, 


wird  dann  der  herausgezogene  Einschlagfaden  lose  herabhän- 
gen. Sie  muss  ihn  also  aufspulen,  und  hiermit  sehen  wir  sie, 
wenn  ich  richtig  deute,  auf  dem  Relief  beschäftigt. 

Diese  Abschweifung  in  das  Gebiet  der  antiken  Webetechnik 
kann  uns  also  nur  in  der  oben  empfohlenen  Annahme  bestär- 
ken, dass  uns  der  Künstler  Penelope  beim  Auflösen  des  Ge- 
webes vorführen  wollte.  Je  mehr  auch  hierin  die  Fähigkeit 
hervortritt, eine  Scene  des  Epos  bis  ins  kleinste  Detail  charak- 
teristisch zu  gestalten,  um  so  mehr  überrascht  es,  dass  bei 
der  Composition  auf  jede  symmetrische  Anordnung  verzichtet 
ist.  Zwar  ist  Odysseus  mit  Bedacht  in  die  Mitte  gesetzt.  Aber 
zu  der  majestätischen  Figur  der  Penelope  bildet  die  gebückte 
Amme  kein  genügendes  Gegengewicht.  Es  wird  dies  beson- 
ders fühlbar,  wenn  man  die  gegenständlich  am  nächsten  ver- 
wandten Monumente,  die  Orpheus-,  Peirithoos-,  und  Peliaden- 
Reliefs  und  das  neuerdings  von  Savignoni  und  Amelung  be- 


334  C.   ROBEKT 

handelte  Relief  des  Museo  delle  Terme*  vergleicht.  Und  wenn 
wir  uns  zur  Malerei  wenden — denn  dass  dem  kernschen  Re- 
lief ein  Gemälde  zu  Grunde  liegt,  ist,  wenn  auch  nicht  un- 
bedingt notwendig,   so  doch   wenigstens  möglich  —  so  zeigt 
von  den  hier  zunächst  in  Betracht  kommenden  Marmorbildern 
aus  Herculaneum  nur  die  Tragödienscene  eine  ähnliche  Gleich - 
gilligkeit  .gegen  die  Gesetze  der  Symmetrie,  während  diese 
z.  B.  bei  den  Astragalenspielerinnen  durchaus  beobachtet  sind. 
Hinsichtlich   der  Compositionsweise  stellt  sich  das  kernsche 
Relief  vielmehr  zu   den  Votivreliefs  im   engeren   Sinne ,   die 
keine  mythische  Scene,  sondern  eine  rituelle  Handlung  in  Ge- 
genwart eines  Gottes  darstellen  ;  mit  ihnen   hat  es  auch   die 
Art  der  tektonischen  Umrahmung  gemein.  Ohne  Zweifel  liegt 
hier  ein  principieller  Gegensatz  der  attischen  und  thessalischen 
Plastik  vor,  denn  thessalisch  ist  der  Stil  des  Reliefs  durchaus. 
Es  reiht  sich  unmittelbar  an  die  kleine  Gruppe   von  Grabre- 
liefs,die  zuerst  von  Brunn  2,  dann  von  Wolters  und  Kougeres  ^, 
zuletzt  von  Heberdey^  besprochen  und  gewürdigt  worden  sind; 
aber  es  ist  jünger  und  entwickelter  als  alle  diese,  denen  noch 
durchaus  der  Charakter  des  Archaischen  anhaftet.  Trotzdem 
giebt  sich  die  thessalische  Tradition  noch  in  der  mehr  maleri- 
schen als  plastischen  Formgebung  zu  erkennen,  falls  hier  die 
schlechte  l^rhaltung  nicht  täuscht,  ganz  unzweideutig  aber  in 
der  Gewandbehandlung,  die  trotz  unverkennbarer  Fortschritte 
noch  deutliche  Reminisccnzen  an  die  schematischen  wulstigen 
Falten  jener  archaischen  Reliefs  zeigt.    Besonders  charakte- 
ristisch ist  die  Behandlung  der  Gewandung  der  Penelope,  die 
auch  eine  eigentümliche  Ürapirung  des  Obergewandes  aufweist. 
Der  Bausch  des  Chitons  tällt  ziemlich  tief  herab;  ob  auch  ein 
Apoptygma  vorhanden  ist,  lässt  sich  nicht  mit  Si^cherheit  con- 


•  null.  rumunaU  di  Roma  1897  Taf.  5,   S.  7311.  Uürn.  MiUti.  ISül)  Taf.  l, 

:?.  1  ir. 

2  SiUungsbericIitß  der  inüiicljcner  Akad.   1876,  I   S.  315  und  in  dieser 
Z«Mlschrirt  188:1  S.  81  II. 

3  hl  dieser  ZeiLschritl  1887  S.  73  IV.  U.C.ii.  XII  ^S.  171)11. 
^  In  dieser  Zeilschrift  1890  S.  199  fl'. 


waschum;  des  odyssbos 


335 


statireD.  Das  linke  Bein  isl  cleutlicli  als  Spielbein  behandelt 
und  zugleich,  wenn  ich  riehlig  sehe,  ein  wenig  nacii  links  ins 
Proli!  geslelU  ;  die  Faltengebung  isl  liier  überraschend  gut. 
IJas  Obergewand  isl  ein  kurzes  MÜntelchen,  dessen  einer  Zipfel 
über  die  linke  Schulter  zurückgeworten  ist.  Bei  der  Gewandung 
der  Eurykieia.  die  aus  Chiton  und  aus  einem  schurzartig  um- 
gelegten Mantel  besteht,  erinnert  nur  noch  der  abstehende 
Bausch  am  Hals  an  die  archaische  Faltengebung  ( vgl.  diese 
Zeilschrift  XVTaf.  G.  1 .  7),er  ist  aber  hier  durch  die  Beugung 
des  Oberkörpers  motivirt.  Nach  allem  diesen  werden  wirnicht 
fehlgehen,  wenn  wir  das  Relief  in  die  zweite  Hälfte  des  fünf- 
ten Jahrhunderts  datiren. 

Auf  eine  etwas  ältere  Darstellung  der  Fusswaschung  des 
Odysseus  hat  mich  Paul  Wolters  aufmerksam  gemacht.  Sie 
findet  sich  auf  einem  der  sog.  melischen  Tbon  -  Reliefs ,  das 
in  Korinlli  gefunden,  jetzt  gleichfalls  im  atbenistihen  Nalional- 
museum  aufbewahrt  wird'.  Wollers  hat  das  Mihlwerk  auf 
unserer  Tafel  etwa  in  halber  Grösse  abbilden  lassen.  Die  Platte 
ist  rechts  unvoitsländig.  Auf  dem  erhaltenen  Teil  sieht  man 
Odysseus,  welcher,  sicli  etwas  zurücklehnend,  der  vor  ihm 
knieenden  Eurykieia  den  linken  Fuss  hinhält,  wobei  er  das 
Bein  unter  der  Kniebeuge  mit  beiden  Händen  unterstützt.  Am 
Boden  erkennt  man  einen  Best  des  Waschbeckens  mit  den 
üblichen  Löwenfüssen  (vgl.  Aesch.  Fragm.  22riN..  die  The- 
seusschale  des  Euphronios  u.  a.}.  Von  Eurykieia  ist  nur  der 
auffallend  jugendlich  gebildete  Kopf  und  die  rechte  Schulter 
erhalten.  Den  zwischen  ihr  und  Odysseus  stehenden  jungen 
Mann,  der  die  Linke  auf  die  Hüfte,  die  hoch  erhobene  Rechte 
auf  den  Speer  stülzt,  wird  man  als  Telemachos  deuten  kön- 
nen. Es  ist  hier  ein  etwas  früherer  Moment  gewählt,  als  auf 
dem  kernsehen  und  den  übrigen  Reliels,  Noch  hat  Eurykieia 
tlie  Narbe  nicht  gefühlt,  die  Erkennung  steht  also  noch   he- 


<  Nr.  0753.  Schenkung  Andropulos  Die  Proveriieni  ist  nicht  ganz  sicher, 
vgl.  AiXi.'ov  ipi-  1«91  S.  10,42.  Höhe  m,  grossle  Breite  153.  Dicke  4-8™"; 
rötlicher  Thon,  Spuren  von  weisser  Deckrsrbe. 


336  C.    ROBERT 

vor.  In  dieser  Hinsicht  trifft  das  Relief  mit  dem  Skyphos  von 
Chiusi  zusammen,  der  aber  hier  nicht  in  Betracht  kommt,  da 
er  eine  andere  Sa^enversion  darstellt.  Auf  einem  kleinen 
Smaragdplasma  der  berliner  Sammlung  (Nr.  2483  bei  Furt- 
wängler),  das  in  der  Hauptgruppe  eine  entschiedene  Ähnlich- 
keit mit  dem  Thon-Helief  zeigt,  ist  die  Handlung  schon  ein 
wenig  weiter  fortgeschritten, indem  der  Moment  dargestellt  ist, 
wo  Eurykleia  eben  die  Narbe  berührt.  Die  Rechtswendung 
des  Odysseus  scheint  übrigens  typisch  zu  sein.  Sie  kehrt  auch 
auf  der  Vase,  auf  der  oben  besprochenen  Gruppe  späterer  Re- 
liefs und  den  Gemmen  wieder.  Die  einzige  Ausnahme  macht 
das  kernsche  Relief,  das  auch  in  diesem  Punkte  seine  Selb- 
ständigkeit documentirt. 

Üass  das  Thon -Relief,  wie  eben  stillschweigend  vorausge- 
setzt, die  Scene  der  Odyssee  darstellen  will,  zeigt  die  Tracht 
des  Odysseus.  Ausser  dem  Pilos  oder  richtiger  der  xuvt)  trägt 
er  ein  Tierfell,  das  auf  der  Brust  geknotet  zu  sein  scheint; 
einer  der  durch  die  Beine  gebildeten  Zipfel  scheint  über  den 
Rand  des  Stuhles  herabzufallen.  Damit  soll  doch  wol  das 
Hirschfell,  das  ihm  Athena  umgelegt  hatS  gemeint  und  Odys- 
seus als  Bettler  bezeichnet  sein.  Die  Einführung  des  Telema- 
chos  ist  ganz  im  Sinne  der  älteren  Kunst,  die  gerne  alle  Haupt- 
personen des  Mythos  auch  gegen  die  poetische  Quelle  zur  Dar- 
stellung bringt.  Von  einer  weiteren  Person  ist  hinler  der  lin- 
ken Schulter  des  Telemachos  der  vorgestreckte  rechte  Arm  er- 
hallen. Der  Vergleich  mit  der  Vase  aus  Chiusi  und  den  Gam- 
panaschen  Reliefs  macht  es  wol  am  wahrscheinlichsten,  dass 
liierEumaios  dargestellt  war.  Penelope  scheint  gefehlt  zu  ha- 
ben. Denn  für  eine  fünfte  Figur  reichte  die  Breite  der  Platte, 
die  sieh  aus  der  Stelle  des  Bohrlochs  einigermassen  berechnen 
lässl,  schwerlich  aus.  Auch  aul  der  oben  verglichenen  berli- 
ner Gemme  ist  hinler  Eurykleia  noch  eine  Figur  angebracht, 
die  den  Arm  in  ähnlicher  Weise  erhebt  wie  der  mutmass- 
liche Eumaios,  wol  eine  Dienerin,  gewiss  nicht  Penelope. 


*  Vgl.  V  h'M'} :   ai\kff\  Sc  (iiv  [icya  5tp(xa  xa-^iir^i  £aa'  iXoc^oio  tJ^iXöv. 


DIE   FUSSWASCHUXÖ   DES 


337 


Ausser  dem  gegenstündliühen  Interesse  hat  iIqr  Thonrelief 
noch  ein  kiinslhistorisches,  dtirchdieunvepkennbareAlmlich- 
keit,  welclie  die  Gestalt  (lesTelemattlios  in  Stellung  und  Ordpi- 
riing  mit  dem  sog.  Oinomaos  aus  dem  Oslfi;iebeI  von  Olympia 
zeigt.  Nur  das»  durch  die  Vertauschung  der  Seiten  und  die  Kopf- 
wendung nach  der  Seite  des  Standbeins  hin  Telemaclios  un- 
vergleichlicli  kral'tiger  wirkt  aU  der  etwas  unsicher  dastehende 
Oinomaos.  Auch  beim  Od^sseus  erinnert  die  Behandlung  des 
von  der  Schuller  zum  Gesäss  lierablaufenden  Pellrandes  an  die 
Art,  wie  sich  bei  dem  'sitzenden  Knaben'  desselben  Giebels 
der  Mantel  'in  einem  dünnen  und  Ilachen,  wie  angeklebten 
Rande  über  das  linke  Bein  hinzieht'  (Treu),  und  die  Eury- 
kleia  können  wir  uns  ganz  gut  in  der  Stellung  des  'knieenden 
Miidchens'  ergänzen.  Hui  der  Frage  nach  der  Herkunft  der 
Olympia-Skulpturen  wird  daher  auch  dieses  Thonrelief  eine, 
wenn  auch  besclieidene  Berückaichligung  beanspruchen  diip- 
len,  oder  vielmehr,  da  diese  F'rage  meines  Brachtens  bereits 
durch  Furt^ängler  zu  Gunsten  von  Paros  entschieden  ist', 
dürfen  wir  umgekehrt  nun  die  sog.  meiischen  Reliefs  dem 
Kunslkreise  der  ionischen  Inseln  zuversichtlich  zuweisen,  wie 
das  jetzt  nach  Furlwünglers  Vorgange  auch  ohnehin  wol  mei- 
stens geschietit. 

Da  wir  auf  dem  Thonrelief  Telemachos  bei  der  Fusswaschung 
gegenwärtig  linden,  könnte  die  Frage  aufgeworfen  werden, 
ob  nicht  auch  die  Rückseite  des  chiusiner  Skyplios.  die  be- 
kanntlich Telemachos  im  Gespräch  mit  der  nachdenklich  vor 
dem  Webstuhl  dasitzenden  Penelope  zeigt, mit  der  Üurstellung 
duiNiptia  auf  der  Rückseitezu  einer  Scene  zusammenzufassen 
sei.  Ich  erwähne  die  Möglichkeit  einer  solchen  Folgerung  nur, 
um  vor  ihr  zu  warnen.  Der  intime  Charakter  des  Gesprächs 
zwischen  Mutter  und  Sohn,  und  damit  der  llauptreiz  der 
Durstellung,  würde  vollständig  gestört  werden,  wenn  Odys- 
seus.  Eurykleia  und  liumaios  zugegen  wären.  So  wird  es  also 


irgeliiatiil  S.  tiTir,  lu  «Ipii  TlioinflJers  H-irl 


338  C.  ROBBRT,  DIB  FÜ88WA8CHUNG  DES  0DTS8BUS 

dabei  bleiben,  dass  wir  es  hier  mit  einer  besonderen  Scene, 
dem  Prolog  der  sophokleischen  NdrTpa,  zu  thun  haben,  nur 
dass  dieses  Stück  mit  Rücksicht  auf  das  Alter  der  Vase,  die 
ich  früher  xu  spät  angesetzt  hatte^  wol  etwas  höher  hinauf- 
zurüeken  sein  wird  als  es  von  mir  geschehen  ist. 

Halle. 

CARL  ROBERT. 


*  Marathonschlacht  S.81,  vgl.  Monumenti  aniichi  dei  LinceilX  S.  27. 


FRÄlllSTOniSClIE  IDOLE  AUS  BLEI,  II. 

Als  ich  in  diesen  Miuheilungen  1898  S.  462  die  IDchlheit 
des  einst  von  Finlay  besessenen,  jetzt  im  griechischen  Na- 
lionulmuseum  befindlichen  Bleifigürchens  vom  Typus  der  be- 
kannten prähistorischen  Marmoridole  bestritt,  konnte  ich  nur 
vermuten,  dass  Pinlay  es  auf  los  erworben  habe,  und  dass  es 
demnach  mit  dem  von  Uoss  als  verdächtig  erwähnten  Exem- 
plare identisch  sei.  Diese  Vermutung  kann  ich  jetzt  dank  der 
Fieundlicbkeit  R.  C.  Bosanquets  beweisen.  Mit  Finlays  Hi- 
bliolliek  und  den  Resten  seiner  Sammlungen  sind  auch  seine 
Tagebücher  kürzlich  in  den  Besitz  der  hiesigen  British  school 
übergegangen,  und  in  einem  dieser,  dem  Journal  of  n  tnur 
ti>  several  islaiids  of  ihe  Archipetaga  in  August  and  Se/j- 
tember  1831  findet  sich  S  'i'2  unfr  dem  '2.  September  bei  der 
Erzählung  des  Autentlialtes  in  los  tbigender  Abschnitt,  auf 
den  mich  Bosanquel  gütigst  aufmerksam  maclite:  'The  ex- 
treme heat  of  the  day  confined  us  io  the  house  and  I  pur- 
eliased  some  antiquilies  found  in  tlie  lombs  in  different  parts 
of  the  Island,  particularly  some  of  the  rüde  marble  figures 
conjeetured  by  Professor  Thiersch  to  be  llie  production  of  the 
Carians.  I  procured  a  similar  ligure  in  lead  and  some  inter- 
esling  Utensils  in  marble'  Weiterhin  S.  97  zählt  dann  Fin- 
lay nochmals  seine  Erwerbungen  auf;  "los.  Several  marble 
ligurea  iif  rüde  workmanship  like  imilalions  of  mumies, 
tbouglit  by  Thiersch  to  be  Carian.  A  marble  bowl  and  iwo 
Cups.  A  maible  rudder.  A  small  marble  skaphe.  2  broken 
black  vases  and  '?  lamps.  I  lead  figuif  Carian? '  Vorhanden 
sind  in  der  ßnlayscben  Sammlung  noch  drei  Marmoridole  von 
verseil tedener  Grösse,  eine  grössere  und  zwei  kleinere  Mar- 
morschalen :  das  Huder,  d.  b.  eines  der  geigenförmigen  Idole 
(wie 'K?TiuL6pi(  ä.ff^.  1898  Taf.  II)  hat  Finlay  spater  an  J. 
Paläologos  überlassen,  wie  sein  handschriftliches  Inventar  an- 


340  P.  WOLTERS,   PRABHI8T0RISCHE   IDOLE  AUS   BLEI.  II. 

giebt^  Das  Bleifigürchen  ist  aus  seiner  Sammlung  ins  grie- 
chische Nalionalmuseum  gelangt;  seine  Herkunft  aus  los  ist 
jetzt  gesichert,  und  damit  seine  Identität  mit  dem  von  Ross 
genannten  und  schon  angezweifelten  Cxemplare. 

Athen. 

PAUL  WOLTERS. 


-►-o>»2gSMo-- 


*  VUev  dies  Stück  äusserte  sich  Ftnlay  auch  in  einem  Brief  an  Leake  (im 
finlayschen  Nachlasse)  vom  18.  Okt.  1837,  nach  einer  handschriftlichen 
Bemerkung  des  lelzlcren  read  before  ihe  Royal  Society  Der.  Vi.  1838,  Es  ist 
vielleicht  identisch  mit  dem  in  der  raykenischen  Sammlung  des  griechi- 
schen Nalionalmuseums  Nr.  3935  vorhandenen  Exemplare. 


I.  GpsoliicIiLp  (tpr  wIsseriRcIiafllichen  Erforscliung  von  Paros. 

I  Hierin  Tiifel  V  und  VI) 

Die  Gescliidite  der  uissenscIiaCtlichen  Erfoi'Bctiung  von  Pa- 
ros beginnl  für  uns  erst  mJl  der  Neuzeil.  Aus  dem  Allerlum 
hl  ausser  dein  diirrtigen  Auszug  bei  Sleplianos  von  Ryzanz  auf 
litterariscliem  Wege  von  den  Arbeiten  der  antiken  Geseliiebts- 
forschung  über  Paros  niclils  auf  uns  gekommen.  Das  ist  sebr 
bedauerlicb,  denn  es  bat  im  Altertum  niebl  an  Männern  ge- 
feblt.  die  sieb  mit  der  Gescbicbte  von  Paros  befasst  liaben. 

An  ihrer  Spitze  ist  Arcliilochos  zu  nennen,  der  in  seinen 
Gedicbten  vielfacb  Sagen-  und  Zeilgeschicitte  seiner  Hei- 
mat beliandelt  bat.  Wären  uns  des  Arcbiinctios  Gedicbte 
in  einer  besseren  Gesmlt  erballen,  so  würden  wir  über  die 
pariscbe  Sagengescbiclile,  über  Ereignisse  wie  insbesondere 
die  Kolonisirung  von  'rhasos  und  die  verscliiedenen  Kriege 
zwiscben  Ikaros  und  Naxos  zur  Zeit  des  Archiloclios  besser 
unterricbtet  sein.  Einen  leider  nur  zu  geringen  Xuwaclis  zu 
dem  bisbcr  bekannten  Erbe  des  grossen  Dicblers  lial  der 
scliöne  Eund  Hilleriä  von  Gärtringen  gebracbt,  über  den  oben 
S.  I  ff.  l)ei'iclitet  worden  ist.  Die  wenn  aucli  recht  geringe 
[iiM'eicberung,  die  uns  trotz  der  Zerstörung  des  Steines  für  die 
Gescbicbte  von  Paros  noch  zu  teil  geworden  ist,  fülirl  uns 
deullieb  vor  Augen ,  wie  viel  wir  mit  des  Arcbilocbos  Ge- 
dichten lür  die  Erkennlniss  der  parischen  Gescbicbte  verloren 
haben. 

Mit  kui-zen.  kaum  nennenswerten  Bemerkungen  geben  die 
grossen  Historiker  des  5.  Jabebunderts  an  Paros  vorbei.  Nur 
die  Miltiades- Episode  gieiit  llerodot  Gelegenheit,  sieb  mit 
Paros  zu  befassen.  Die  lledner  sind  wenig  ergiebig.  Isokrales 
hat  in   einer  seiner  Keden  (Aiginelikos  XIX,   18)    uns  eine 


342  O.  RUBBNSOHN 

kurze,  aber  immerhin  interessante  Mitteilung  über  Paros  er- 
halten, sein  flapiaxoc  XÖYoc  ^  ist  verloren  gegangen.  Dasselbe 
Schicksal  hat  der  Abschnitt  aus  Aristoteles'  Politieen  gehabt, 
der  sich  mit  Paros  befasste;  die  wenigen  Satze,  die  uns  in  des 
Heraklides  Fragmenten  erhalten  sind,  besagen  nichts. 

Nach  dem  Muster  aristotelischer  Forschungsweise  hat,  wie 
lliller  von  Gärtringen  oben  S.  8  T.  ausgefahrl  hat,  jener  l>e- 
meas  gearbeitet,den  uns  die  Inschrift  des  Archilochos  kennen 
gelehrt  hat.  Er  ist  der  eigentliche  llistoriograph  von  Paros 
gewesen,  denn  wir  können  wol  mit  Sicherheit  aus  der  in« 
Schrift  entnehmen,  dass  sein  Werk  ein  löyoc  von  Paros  und 
nicht  etwa  ein  ß{o;  des  Archilochos  gewesen  ist^.  Ob  auf  dem 
Wege  litterarischer  Oberlieferung  von  des  Demeas  Werk  et- 
was auf  uns  gekommen  ist  und  wieviel,  lässt  sich  nicht  mehr 
entscheiden.  Möglich  ist,  dass  in  den  Notizen  über  des  Archi- 
lochos Leben,  die  in  engster  Verbindung  mit  der  Geschichte 
von  Paros  uns  überliefert  sind,  sich  Gut  des  Demeas  erhalten 
hat,  und  so  könnte  man  z.  B.  auf  die  Vermutung  kommen, 
dass  die  Nachrichten  über  die  Gründung  von  Thasos  und  des 
Archilochos  Beteiligung  an  dieser,  wie  sie  besonders  von  Oi- 
nomaos  von  Gadara  ( Eusebius  praep.  evang.  V,  33  S.  227 ) 
überliefert  sind,  in  Zusammenhang  mit  dem  Werke  des  De- 
meas stehen.  Tritt  doch  gerade  in  ihnen  die  auf  Schlüssen  aus 
Archilochos'  Getlichten  aufgebaute  Verknüpfung  des  Archilo- 
chos mit  diesem  Ereigniss  besonders  hervor.  Leider  lässt  die 
trümmerhafte  Überlieferung  hier  weiteres  Vordringen  nicht  zu. 

So  ist  eigentlich  das  Einzige,  was  uns  einigermassen  zu- 
sammenhängend über  Paros  aus  dem  Altertum  überkommen 
ist,  der  überaus  dürftige  Artikel  im  geographischen  Lexikon 
des  Stephanos  von  Byzanz,  der  uns  ausser  dem  Ephoros-Citat 
über  des  Miltiades  Zug  gegen  Paros  nur  sehr  wenig  und  auch 
nur  zum  Teil  verwertbare  Nachrichten  übermittelt  hat.  Im- 


*  Vgl.  Bio;  'I^ojcpitoü;  8.  5,3*2,  ed.  Bailer  -  Sauppe  (bezog  sich  vielleiclit 
auf  Parion  ). 
^  Mau  könnte  auch  an  eine  xTi^t;  von  Paros  und  Thasos  denken. 


PA  HÖR  I  343 

inerliin  werden  wir  itin  neben  ilen  jjple^pnllrclien  Anfjaben  Itei 
Historikern  um!  aiidpren  antiken  Sciiririslellcrn  imserei'  Dar- 
stellung der  piirisclien  Gescliiclile  zu  Grunde  zu  lefjen  haben. 

Die  byzunlinisclie  Epoche  ist,  wenigstens  was  die  Ülterari- 
selie  Überlielepung  betrifft,  last  spurlus  an  Paros  vorübei'ge- 
^angen ;  erat  mit  der  beginnenden  Neuzeit  hebt  die  wissen- 
schaftliche Erforsciiung  wieder  an. 

Cliristoforo  Buoniielmonte,  der  Hf)rentiniBclie  Presbyter,  der 
Vorläufer  desCyriacus,  ist  der  erste,  welcher  hier  genannt 
werden  muss.  Sein  Hauptwerk,  der  im  Jahre  1 'i?0  abge- 
schlossene  Über  insulnrum  Archipeta^i,  in  dem  die  erste 
uns  bekannte  Karte  und  Beschreibung  der  Insel  Paros  erhal- 
ten ist,  liat  ein  eigentümliches  Geschick  gehabt.  Die  Originat- 
ilandsclirirt,  die  der  Verfasser  an  den  Cardinal  Giordano  I  r- 
sini  übersandt  hat,  ist  verschollen.  Ebenso  verschollen  ist  ein 
etwa  vorhanden  gewesenes  Conzept  von  der  Hand  üuomiel- 
montes.  Wir  besitzen  nun  eine  grosse  Anzahl  mehr  oder  we- 
niger guter  Abschrii'ten,  die  allesamt  in  letzter  Linie  auf  ein 
Exemplar  des  Über  insntarum  zurückgehen,  das  den  beiden 
eben  genannten  Handschriften  gegenüber  einen  stark  redigir- 
len  Te\t  enthielt,  und  aus  solchen  redigirten  Handschriften 
hat  im  Jahre  lS'2'i  1,.  von  Sinner  das  Werk  des  Buondel- 
monte  herausgegeben.  Auf  ein  äbnliclies  redigirtes  Exemplar 
des  ßuondelmonte -Testes  geht  aucli  die  griechische  Über- 
setzung des  Über  insularuin  zurück,  von  deren  Vorbanden- 
sein in  der  Seruilbibliothek  zu  Konstantinopel  weiteren  Krei- 
sen zuerst  S.  Keinach  Nachricht  gegeben  hat  { lievue  arche'ol. 
1883  S.  7.'.fr.  "EUviviKOi  yiXol.  Sii>XoYoj  1888  S.  181-187) 
uufl  die  jetzt  Legrand  seiner  umfangreichen  Ausgabe  iles  li- 
ber  inxularurn  (Paris  1897)  zu  Grunde  gelegt  hat'. 


'  Das  Verliällniss  dieser  redigirLeii  Handscliriflen  tu  dcai  uniiriiaKÜulien 
Te«te  lässt  sicli  am  besten  am  Beispiel  eines  anderen  Werkes  ile<>selben 
Auiors  erläulerii.  Wir  besitzen  von  Buondelmonle  ausser  ilem  Ubei-  innila- 
riim  eine  dncriplii)  insulae  Crelar.  Dieses  Werk  ist  uns  in  »wei  Redaktio* 
iien  erhalten.  Die  eine  wird  repräsenlirl  durch  den  Laurcnlianiis  codex  lat. 
hi  plut.  21J,  [lic  andere  ist  nichrfacli  erhalten,  u.  a.  auch  in  dem  berliaer 


344  O.  RURBNSOHN 

Wir  besitzen  nun  aber  auch  eineCopie  des  nicht  redigirten 
Textes  des  liber  insularum,  die  uns  vollen  Ersatz  für  die 
verschollenen  Originalhandschrifien  bietet.  Diese  findet  sich 
in  einer  Handschrift  der  Ambrosiana  (codex  A  13,  219  inf. 
Charta  bombaccina  15.  Jahrhundert)  ^  Es  ist  bedauerlich, dass 
Legrand  diese  Handschrift,  der  gegenüber  die  gedruckten 
Buondelmonte -Texte  völlig  hinfällig  sind,  nicht  gekannt  hat. 
Aber  es  ist  hier  nicht  der  Platz,  die  Bedeutung  dieses  Codex 
für  die  Textgestaltung  des  liber  insularum  zu  erörtern,  es 
möge  genügen  darauf  hinzuweisen,  dass  fast  jede  Inselbe- 
schreibung eine  Bereicherung  an  einzelnen  geographischen 
Beobachtungen,  an  historischen  Bemerkungen  oder  an  Schil- 
derungen von  Reiseerlebnissen  erfährt.  Weniger  bedeutsam 
ist  der  Zuwachs  an  Mitteilungen  über  Ruinenstätten  und 
Antiken  ;  dass  aber  auch  dieses  uns  hier  in  erster  Linie  in- 
teressirende  Gebiet  nicht  ganz  leer  ausgeht,  das  lehrt  uns  in 
besonders  eindringlicher  Weise  die  Beschreibung  von  Paros, 
die  überhaupt  als  Probestück  für  die  Umgestaltung  des  Buon- 
delmonte -Textes  durch  unsere  Handschrift  gelten  kann^  Sie 

BuondelmoQlecodex.  Die  TextredaktioQ  des  Laurentianus  geht  direkt  auf 
das  Original  des  Buoiidelinoute  zurück,  das  dieser  an  Niccolo  Niccoli,dein 
das  Werk  gewidmet  ist,  gesandt  hat  (es  ist  vielleicht  der  Originalcodex). 
In  der  anderen  Redaktion  ist  alles  irgendwie  Persönliche,  die  Ueiseer- 
lebnissü  u.  s.  w.  getilgt;  die  Schrirt  ist,  wie  ich  früher  glaubte,  von  einem 
Redaktor,  wie  ich  jetzt  nach  Emil  Jacobs'  Vorgehen  annehme,  von  Buon- 
delmonte  selbst  für  den  Buchhandel  hergerichtet  und  darum  stark  gekürzt. 

*  Auf  fol.  i  der  Klein  •  Foliohandschrift  ist  die  Notiz  angemerkt :  Über 
scholae  (//lt.  Hier.  Calchi.  Die  sehr  flüchtig  und  schlecht  geschriebene  Hand- 
schrift hat  also  als  Schulbuch  gedient;  die  Calchi  unterhielten  um  1500  in 
Mailand  eine  bekannte  Schule.  Ich  habe  die  Handschrift  vor  Jahren  in 
Mailand  bei  einem  vorübergehenden  Aufenthalt  untersucht  und  von  einigen 
Kapileln  selbst  Abschrift  genommen.  Eine  Copie  des  ganzen  Codex  hat  mir 
dann  die  Bibliotheks-Verwaltung  in  liebenswürdigster  Weise  besorgt  und 
die  Ausführung  überwacht.  Den  Passus  über  Faros  hatte  Herr  Domenico 
Bassi  die  Güte  noch  einmal  zn  vergleichen. 

3  Die  ausserordentlich  wichtigen  Nachrichten  für  die  sonstige  Buondel- 
monte- Forschung,  die  sich  in  unserer  Handschrift  finden,  haben  in  FL 
Jacobs,  einem  Kenner  dieser  ganzen  Periode,  einen  Bearbeiter  gefunden. 
Durch  gesperrten  Druck  ist  im  folgenden  alles  das  gckenrizeichnel,  was  dor 
Ambrosianus  als  Sondergut  gegenüber  den  anderen  Handschriften  besitzt. 


PAtiofl  r  345 

lautet folgendermassen:SequilUPjnrdane  paterutnostrum 
ad  insuiam  Paros  navi^inm  transferramiis-  que  allieüo 
nimia  coram  Naxoa  Jnsula  ampliatur.  Est  igilur  fiec  una 
ex  cycladibus  dieta.  que  oürn  plalea  ab  ampliLudine  nuncu- 
pahalur,  deinde.  minoia  a  civitate  Jbi  magnifica  ampüata'. 
Sed  Parcantes  Pluti  filius,  quem  ibidem  i'pgnasse  aiunt  et  op- 
pidum  constru\isse  ipsam  insulain  et  oppidum  Paron  a  suo 
nomine  nuncupavil^  quegignit  marmor  adeo  candidissimum 
iiL  a  longe  videnlibus  nivjs  in  eius  monlibus  esse  credant,  in 
medio  aulem  montium  huiiis  insule  est  mons  alüs  sublimior 
vocalus  Marpessus^  qui  candidus  omnibus  remanet  tem- 
poribiis,  a  quo  naute  transfretantes  signum  capiiint 
ignorate  vie*.  Circuit  elenim  marmorea  bec  insula  miliaria 
Xl-,[a,  longitudo  ejus  de  Oriente  ad  occiduum  prolun- 
gatup  prope  XIIIlo"  miliaria,  in  qua  longiludine  ver- 
sus trionem  planus  extendiliir  ab  una  usque  ad  alle- 
ram  extrem  itatem  insule:  per  totum  ilaque  vertendo 
ad  meridiem  monles  erlgunlur  asperi  alque  sine  fru- 
ctu  cultivationis;  in  quibus  quidcm  montibus  in  ali- 
quibuslocistantaestaibedoillorumlapidum.quod 


'  Plinius  N.  H.  IV.  '22  (12)  Faros  cum  oppido  ab  Delo  XXXVIU  mill. 
marinore  nobilis,  quam  [irimo  Plaleam  poslea  Minoida  vücarunl.  Die  redi- 
glrlcn  Handüchrjttan  haben  bier  noch  den  Zusatz. dass  die  Stadt  tüh  Mlii»s 
gegründet  sei, 

'  Parcantes  i-;t  achreibrehler  für  Pareanlcs,  das  die  redigirlen  Hand- 
schriften haben,  Die  griecbiache  Übersetzung  bat  Paros.  Parcas,  der  in  dem 
verderblen  Pareantes  steckt,  ist  der  Sohn  dos  Jasiou, Gründer  von  Parion  ; 
er  heissl  auch  Parios.  Paros,  der  'Gründer"  von  Paros.  ist  der  Sohn  des 
Parrasius.  Wie  Jacobs  bei  Hiller  von  G&rlringeQ,  Thera  S.  378  schon  an- 
gemerkt hat,  ist  diese  Überlieferung  aus  des  Isidorus  Eljmolngieeii  durch 
Gocaccio,  de  eenealogia  deorum  (ed.  Micylli  p.  ^39]  zu  Buondeliiionie  ge- 
kommen. 

3  Die  grieuhische  Ühersetzun»;  hat  Kapniagiat,  die  sinnurschen  Hand- 
schriften haben  Oarpcssus,  die  Vurdertiuiss  gcbl  also  auf  das  beiden  xu 
Grunde  liegende  Original  zurück. 

*  Statt  des  gesperrt  gedruckten  Öalies  bieten  die  redigirlen  Handschriften 
eine  Bemerkung  über  den  Quellcnrcichlum  des  Marpcssos,  die  bei  uns 
fehlt. 

ATHEN.   MITTHB11.UNBEN    XXV.  23 


346  0.  RUBBN80HN 

iu  media  nocle  luslrum  per  totum  ampliatur^  a  con- 
spectu  ilaque  Apollinis  insula  civitas  maxima  ampliebatur^, 
iD  qua  quidem  mille  et  plus  columpne  marmoree  miraban- 
tur^  ibique  marmoreum  usque  nunc  immaculatum  templum 
circumquesivimustotum,  in  quo  Latini  jam  diu  in  novis- 
simis  sacrifitiis  posuere  ritum  et  metropolim  paren- 
sem  apelavere^.  hec  itaque  Minoia  urbs  munitissima 
nominata  a  patribus  erat,  que  in  viribus  olim  erecta 
strages  suisnavigiis  multis  dederat  partibus,  cum 
omnia  in  tabula  marmoreaLatinorum  queGrecorum 
videmus  inpressa  charactere^.  A  leva  autem  juxta  radi- 


*  Diese  Beschreibung  stimmt  ▼ortrefilich.  Mit  der  Ebene  sind  offenbar  die 
breiten  Strandebenen  Ton  Naussa  und  Paroikia  und  die  sie  verbindende 
Thalmulde  zwischen  dem  Kunadosberge  und  den  nördlichen  und  nordost- 
lichen Strandbergen  gemeint,  deren  ehemals  berühmter  Bestand  an  Ölbäu- 
men den  Venetianern  zum  Opfer  gefallen  ist.  ( vg).  Ross,  Reisen  l  S.  45 ). 

*  Solinus  XI, 26:  Marmore  Faros  nobilis,ab  Delo  oppido  frequentissima, 
prius  tamen  Minoia  quam  Faros  dicta. 

'  Wenn  auch  Delos  von  Faroikia  aus  direkt  nicht  sichtbar  ist,so  kann  doch 
kein  Zweifel  darüber  obwalten,  dass  Buondclmonte  diese  Stadt  beschreibt. 
Mit  den  mehr  als  tausend  Säulen  kann  nur  das  ganz  aus  antiken  Werk- 
stücken erbaute  Tcnetianische  Schloss  gemeint  sein,  in  das  besonders  viele 
Silulen trommeln  eingebaut  sind.  In  früheren  Zeiten  muss  der  Anblick  der 
auch  heule  noch  imposanten  Ruine  viel  eindrucksvoller  gewesen  sein,  als 
die  in  gleichem  Stile  erbaule  Mauer  an  der  Scescite  der  Akropolis  noch 
erhalten  war.  Diese  ist  vor  nicht  gar  zu  langer  Zeit  abgerissen  worden.  Von 
ihr  rühren  die  zahlreichen  Säulenlrommeln  (meist  dorische)  her,  die  am 
Fusse  des  Akropolishügels  im  Meere  liegen. 

*  Das  ist  wol  dieHekatontapyliani,die  grosse  Fanagia-Kirche  von  Faroi- 
kia, ein  höchst  interessanter  Bau,  der  mit  seinem  kreuzförmigen  Taufbassin 
wol  noch  in  byzantinische  Zeit  zurückreicht.  Wir  würden  dann  aus  dieser 
Bemerkung  Buondelmonles  lernen,  dass  die  Kirche  in  der  fränkischen  Fe- 
riode  dem  katholischen  Kultus  geöHnel  war.  Ausgeschlossen  ist  jedoch 
nicht,  dass  er  die  Falaslkirche  im  fränkischen  Schloss  im  Auge  hat,  einen 
auch  noch  als  Ruine  imposanten  Bau.  zu  dem  mehrere  antike  Gebäude  das 
Baumaterial  geliefert  haben,  und  auf  den  der  Ausdruck  *  marmoreum*  viel- 
leicht noch  besser  angewendet  werden  konnte  als  auf  die  Ilekatontapyliani. 

'  Der  Name  Minoia  ist  ausser  in  den  oben  angeführten  Flinius-  und  So- 
linusstellen  bei  Slephanus  aus  Nikanors  Melonomasien  für  die  ganze  Insel 
überliefert,  eine  Stadt  dieses  Namens  hal  es  nie  auf  Faros  gegeben.  Derar- 
tige Localisirung  mylliischer  Namen  hal  Buondcliuonle  oft  geübt.  Die  Be- 
merkung über  die  tabula  marmurea  ist  ganz  singulär.  Es  ist  eine  der  weni- 


FAROS  1  347 

cem  montis  oppirium  vetustum  paucis  columpnis  erigitur  et 
(ie  magnis  lapitlJbus  coinpilatum  '.  Poatea  ad  trionem  Paron 
castrum  cum  molo  et  portu  paucis  civibuslial»rLur.ibiquepmpe 
fons  emanat  nimis,  in  (jun  si  album  lineum  vel  corium  gala 
madefactutn  posueris  nigerrinium  ellicilur  et  ab  habundan- 
lia  illius  aque  inolendina  trilurant -.  Circa  medium  insule 
cfiram  Naxos  castedum  sublime  nimis  Cbefalo  dictum  vide- 
mus,  cuius  asscensus  tanta  eal  dificullas  propter  venLorum  im- 
peius,  quo  nullua  nisi  esset  timor  infidelium  pirrbatarum 
habitaret^'  in  quo  quidem  es  laborioso  ilinere  macilente  nimis 


gen  Stellen,  in  denen  BuondeluimiLe  auf  hHchrifleii  Bezug  niminl.  Wir 
kennen  nur  wenige  bilingrue  InscIiriTten  vuu  Patos.  ilarunter  vor  allem  die 
Iipa  Ypä(i|i(iTa  aus  dem  Jabre  20\  n-  Chr.  iDillenberger,  S;ll.*  4l5:Ös(err. 
Jahresherte  S  S.  75  IT.).  Dieser  Stein  kann  aber  seines  Inhaltes  wegen  un- 
niÜRÜch  bier  in  Betraclit  kommen.  Wer  deiikl  bei  dieser  Bemerkung  alier 
nicht  zuerst  an  das  Marmor  Parium?  Wie  wir  in  iliesem  Falle  die  Angaben 
Buondelmontes  zu  versieben  haben,  kann  ich  nicht  angeben.  Da  wir  aus 
der  Demeas- Inschrift  und  dem  Marmor  Pariuin  eine  gewisse  Vorliebe  der 
Parier  für  die  Aufzeichnung  von  Chroniken  auf  Stein  erkennen,  so  in  mög- 
lich, dass  er  von  einer  uns  unbekannten  Inschrift  Ähnlichen  Charakters 
spricht. 

■  Das  ist  iweiTelsohnc  das  Asklepieton,  da  der  Ausdruck  a  leva  die  Lage 
ausserhalb  der  Stadt,  die  Worte  juxla  railictm  moitlU  die  speciello  Situa- 
tion des  Heiligtums  unverkennbar  angeben. 

*  Der  Abschnitt  von  ptsiea  bis  Iriluraitl  enthält  die  Beschreibung  von 
Naussa.  Daran  darf  BHundelmünlos  Angabe  'Parun  «wlrum'  nicht  irre  ma- 
chen. In  der  Namengcbung  sind  ihm  sehr  oft  Versehen  unlergelauren.  In 
Naussa  befindet  sich  noch  beute  das  kleine  venetlanische  Kastell  am  Meer, 
unmittelbar  verbunden  mit  der  Schulzmauer  für  den  kleinen  Hafen.  Die 
Umgebung  von  Naussa  ist  sehr  wasserreicb.  eine  der  Quellen  liefert  auch 
beule  noch  genügend  Wasser  zum  Betriebe  einer  Wassermühle,  einer  Sel- 
tenheit auf  den  meistens  so  wasserarmen  Inseln.  Wenige  Schritte  üsUich 
der  Stadt  entspringt  eine  Mineralquelle, deren  heilkräftiges  Wasser  mir  ge- 
rühmt wurde;  ob  es  die  von  Buondclmonte  |  und  nach  ihm  von  allen  spate- 
ren Reisenden)  gerühmten  Wirkungen  auf  Leinwand  und  Leder  ausübt, 
habe  ich  nicht  untersucht.  Die  Vorschrift, den  zu  färbenden  Sloll'  mit  Milcli 
anzufeuchten,  lindet  sieh  in  den  redfgirleu  Handschriften  nicht. 

'  Dem  beute  von  der  Bevölkerung  M.  Antonios  genannten  Bergkegcl  an 
der  Ostküste  von  Paros,  auf  dessen  Höhe  das  ton  Nlkolo  I.  da  Sominaripa 
fU(i5-15ÜG)  zur  Residenz  erhobene  venetianische  KaslcU  liegt,  habeich 
einen  kurzen  Besuch  abgestattet.  Antike  Spuren  Dniten  sieb  hier  oben  nicht. 
Die  veneti anlachen  Reste  oulbehrcn  nicht   des  Interesses.   Die  dicht  nebeu 


3lft  0.   nUDBNHOHN 

rij^ose  aniiH  rjue  ail  decrepilam  elalem  convalcscenles  sarcinam 
usqiie  ad  suminiim  sine  suilore  cnndiicunl  et  ad  qiiin(|uaj;pssi- 
mum  annum  prolem  concrpiimt.  Ciiinqiie  jiixla  Gnein  insule 
ad  oi'ientem  prnpinquavimus  portus  tutiia  inier  monUculoa  ap- 
parel,  qul  a  vonlia  »ine  lahoic  seciiriis  existil'-  itec  el  alie 
cii'cuinslanlcs  insule  erant  qiie  suiil  a  Turcis  opprcsse  nimis  et 
in  desolationen  sepe  sepias  redacle,  quas  cum  ßasait  Tur- 
coruni  imperalor  ad  deslruendas  claKse  maxirna  per- 
venircl,  dux  laeobusCrispus  navigiissuisab  liac  in- 
Bula  usque  üalipoliin  Turcos  tugavit  el  victor  in  pa- 
tria  remeavit*.  Die  lle8ctireibiinj;BuondelmonU;s  giebl  uns, 
wie  man  siebl,  ein  anscbaulicbe»  und  (lurcbaus  ricbliges  nild 
der  Insel.  Es  ist  nur  zu  bedaiicm,  dass  der  l'lorenliner  Pres- 
byter nicbt  eingehender  in  der  Scliilderung  der  antiken  RestH 
gewesen  ist  und  sieb  mit  blossen  Andeutungen  begnügt  hat. 
Viel  weniger  ergiebig  ist  die  Ivarlc,  die  auT  ilin  zurückgelil. 
Die  Karten  der  Mailänder  llandscbrirt  sind  sehr  scldecbt  aus- 
geTührt  und  aucli  wegen  ibrer  scbleciilen  Crballung  nicht  zur 
Keproduktion  geeignet.  Unsere  Tafel  V  wiederholt  daher  die 
Karle  von  Paros  aus  der  Handschrift  der  Laurenliana,  die, 
soweit  ieb  die  Codices  des  Über  insularum  kenne,  die  am 
besten  ausgeführten  Karten  enlhült.  Wie  man  siebt,  bietet  die 
Karte  ein  vüllig  verzerrles  üild  der  Insel  l'aros.  Das  scbwäob- 


II.  Antonios  liegende  Berghölte  Anlikeplialo  halie  ich  leider  nicht  besuchen 
können. 

'  In  den  redigirten  Texten  heisst  der  Hafen  Partus  piralarum.  Gemeint 
ist  sieherljeh  der  an  der  äüdoslküste  geleficne  Hafen  von  Trio,  der  als  vor- 
züglicher Hafen  bekannt  ist  und  der  türkischen  Flolte  in  früheren  Jahrhun- 
derten als  Flotten  Station  diente.  AufBenutzung  in  antiker  Zeit  weisen  zahl- 
reiche Pelsbearbeitungcn  und  die  nahe  gelegenen  Ueste  eines  antiken 
Wachtturnies. 

*  Diese  Bemerkung  geht  aut  die  Sehlaehl  von  Galipoli  am  2'J.  Mai  1116, 
in  der  die  Venetianer  unter  Pictro  Loredano  die  lürktsche  Flotle  l>esieglen 
und  an  der  GiacomoCrispi,  der  2.  Herzog  aus  der  Herzogsfaniilie  derUrispi 
rühmlichen  Anteil  nalim.  Die  Ciispis  waren  die  Lehnsherren  von  Faros, 
1414  war  Crusino  I  da  Sommaripa  von  Giacomo  I.  Crispi,  Herzog  von  Na- 
xos,  mit  Faros  belehnt  worden.  Giacomo  ist  1418  gestorben  (vgl.  Hopf, 
Sitzungsberichte  der  wiener  Akad.  16  S.  M\. 


sie  daran  ist,  wie  bei  allen  Scliöpfunfien  Buondelmonles,  die 
Orienlirung.  Sehr  bemerkenswert  sind  die  Abweichungen  ge- 
gen den  Text.  Uubei  isl  eins  hervorzuheben  :  der  Name  Nuussa 
fehlt  im  Text,  sowohl  unserer  wie  der  redigirlen  Handschriflen. 
t)in  Blick  auf  die  Karle  lehrt,  dass  die  ßeischrift  Ausa  zu  dem 
Kastell  auf  der  Nordseite  eine  Korrektur  ist.  Ursprünglich  war 
zu  dem  Kastell  die  BeischriTt  gesetzt:  ' Chefalum  castruni 
hoc  altissimum',  wie  sie  z.  B.  auch  im  Buondelmonte-Codes 
in  Havenna  (sehr  sorgfüllige  Karten)  lautet  In  der  mailÜnder 
Handschrift  steht  einrach  Cbefalo  Das  Kastell  Zephilon  der 
Laurentianus-Karle  findet  sich  auf  der  Karte  des  Ambrosia- 
nus überhaupt  nicht.  Als  porlits  piralarum  ist  in  letzterer 
nicht  der  Hafen  der  Ostküste  sondern  der  an  der  Nordküstc, 
in  welchem  der  Flusslauf  mündet,  bezeiclinel.  Ks  ergiebt  sich 
aus  diesem  Tiialbest3nde,dass  auch  die  Karten  des  Buondel- 
monle  uns  in  verschiedenen  Redaktionen  vorliegen,  auch  hier 
vertritt  der  Ambrosianus  die  dem  ursprünglichen  Zustande 
und  zugleich  dem  Texte  näher  stehende  Passung. 

Dass  Minoia  auf  unserer  Karte  nur  als  Buinenslätte  ange- 
geben ist  (so  in  allen  Handschriften),  während  es  im  Texte 
deutlich  als  bewohnte  Stadt  bezeichnet  wird,  darf  uns  nicht 
irre  machen.  Ähnliches  finden  wir  in  vielen  Buondelmonte- 
Karlen,  da  der  Zeichner  auf  das  besondere  Hervortreten  der 
Ruinenslätten  grossen  Wert  gelegt  mi  haben  scheint.  Vi'xti  Mt- 
noia  vii'itas  der  Karle  ist  nach  dem  oben  liemerklen  Paroi- 
kia,  'Faros'  mit  'fons'\?X  Naussa,  Chefatos  castrnni{Ausa) 
ist  Kephalos.  Im  Übrigen  lernen  wir  aus  der  Karte  nichts. 
Sie  ist  wie  alle  Karten  ßuondelmontes  ein  inleressantes  Denk- 
mal der  Kartographie,  für  Paros  isl  sie  als  der  erste  uns  be- 
kannte Versuch,  das  Bild  der  Insel  graphisch  festzulegen, von 
historischem  Interesse  und  auch  darum  wichtig,  weil  sie  Jahr- 
hunderte lang  für  die  Darstellung  der  Insel  massgebend  ge- 
blieben ist. 

Kurze  Zeil  nach  IJuondelmonto  betrat  den  Boden  von  Paros 
ein  zweiter  Italiener,  der  für  die  Erforschung  der  Altertümer 
dieser  Insel  ungleich  Wichtigeres  geleistet  hat:  Cyriacua  von 


360  n.  HUBCNSUHK 

Ancona.  Er  ist  zweimal  in  Faros  gewesen.  Zum  ersten  Mal 
hat  er  es  im  April  des  Jahres  1  Vi5  betreten  und  ist  dünn  im 
Dezember  desselben  Jahres  nocli  einmal  dahin  zurückgekehrt 
(vgl.  Mommsen,  CLL.  III,  f  S.  130).  Der  ßei-icht  ü bei- sei- 
nen Aufenthalt  ist  uns  im  CoJes  Vaticanua  ö-;53  und  im  Co 
dtix  Monaccnsia  liil.  71G  erhalten,  und  BruchsLückt!  daraus 
sind  schon  mehrfach  veröffentlicht  worden.  Ich  wiederhole 
hier  den  Auszug  aus  den  Commenlareii  desCyriacus,  der  uns 
im  münchener  Codex,  dem  liber  Uartmanni  Scliedel  (vgl. 
darüber  0.  Jahn  BitUetino  deW  Inslilulo  IS6I  S.  180  ff) 
erhalten  ist'.  Üie  Auszüge  aus  desCyriacus  Inselcommentar 
'Cycladuni  nobilia  nwnunienta  fö/?!/??/-^«' '  beginnen  auf 
fol.  i?9  dieser  Handschrift;  der  uns  allein  hier  interessirende 
Abschnitt  über  Faros  hebt  fol.  41  &  an  und  lautet  folgender- 
massen :  "Ex  Naxea  inaula  et  civitale  praeclara  miram  Paron 
venitur,  claram  et  morigenam  illam  vatum  memorem  et  cele- 
berrimam  insulum.  Et  primuin  ad  maritimam  Pariaepolitanae 
civil,  col,,  quam  iyaTav -i  dicunl,  Cursivum  Summaripa,  Opti- 
mum loci  (Jahn  a.a.  O-?),  ubi  tam  ingentia  et  nobilia  veren- 
diasime  velernilaLis  monumenta  videntur.  Videtur  namque 
suis  0  candenti  marmore  ampliss(imia)el  eonspicuis  maenibus 
udhuc  suo  (irdinti  partim  rjuoijue  turrilam  exlare. 

Sed  quis  diceret  eximia  et  ornatissima  olim  tante  urbis  edi- 
ficia  undique  solo  coUapsa,  imniensis  vel  confusa  ruinis,  ma- 
ximas  templorum  ruinas,  statuas  innumeras  et  miro  ordiae 
arteque  perspicuas,  tamelsi  magna  ex  parte  longinqua  ve- 
tUBtate  et  cultoruin  ignavia  hominum  defectas  soluque  obru- 
tas  conspicitur.  Quia  et  innumeru  illa  marmoi-ea  sepulchra 
memora(ret)  epistiliumque  et  immanium  columnarum  Trag- 


<  Vgl.  auch  O.  Jahn,  Aus  der  Aller  lim  ms  wisKcnschaft  S.  348  ir  Ich 
konnte  durch  die  güljgo  VermiUelung  Emil  Jacolis  den  Codex  längere  Zeit 
in  der  Königticheii  Bibliolliek  in  Berlin  benutzen. 

*  Im  Valicanus  laulel  die  Übersclirin  'Egei  pelagi  monumenta  fragmenta- 
gue  rtperta'. 

'  Die  Beileulung  dieses  Namens  in  Paros  isl  dunkel.  Aus  antiker  Über- 
lieferung kann  er  ntciii  gesehöpfl  sein. 


FAROS   I  351 

menta,  bases  et  nobilibus  litteris  epigrammata,  nee  non  he- 
roum  CaesQrumque  priDc(ipum)  nostrorum  trophealia  ingen- 
tia  pleraque  candenti  de  marmore  ornamenta.  Quorum  ad 
marmoream  niveamque  a  posteris  et  vetustis  operibus  recon- 
ditam  Pariepolitanam  arcem  ad  magnam  et  ornatissimam 
listam  hoc  in  dtvum  Augustum  Atticis  litteris  epigramma  coni- 
peritur: 

AuTOxpxTopi  Kaiiapi 

Cursinus  S(omma)  R(ipa)  Parius  Andrius  R.  B.  M.  prin- 
ceps  Pariepolitane  arci  restituit  Kiriaco  succurente^. 

Videtur  et  ad  prefatam  marmoream  arcem  ad  magnam  sta- 
tuarum  basim  antiquissimis  litteris  epigramma: 

NapSou  MErr  MvYiatOeoii 

*Ia<«>x(p)iTOu(<)  (so)  noXu}c(X)60ii; 

*A7uo»o9avou(<)  4>iXov(i)t)cou  ^ 


*  C.I.G.  2325  sieht  die  Inschrift,  worauf  mich  Hiller  von  Gärtringen  auf- 
merksam machte,  contaminirt  mit  einer  naxischen  Inschrift  aus  Apianus, 
d.  h.  also  auch  aus  Oyriacus  (s.  u. ).  Riemann  B.  C,  H.  1877  S.  135  hat  die 
Inschrift  aus  der  Cyriacus  -  Handschrift  der  Riccardiana  herausgegeben. 
Heute  ist  sie  verschollen.  Gesehen  aber  hat  sie  noch  im  Hof  eines  Privat- 
hauses Olympios  ('AOiIvaiov  V  S.  32  Nr.  25).  Nach  seiner  Angabe  war  sie 
auf  einem  jonischen  Epistylbalken  eingehauen,  wozu  des  Gyriacus  Ausdruck 
*  magna  ei  ornalissima  lista*  vortrefllich  passt. 

^  Dieser  unvermittelt  innerhalb  des  Textes  stehende  Satz  enthält  eine  In- 
schrift« die  uns  zeigt,  dass  der  vielgewandte  Italiener  seinem  fürstlichen 
Gönner  auch  in  bautechnischeu  Fragen  Hülfe  lieh.  Dass  es  sich  um  eine 
beliebige  Ausbesserung  am  venctianischen  Schlosse  handele.ist  wenig  glaub- 
lich. Die  Inschrift  bezieht  sich  wol  auf  die  Einfügung  des  Epistyls  mit  der 
Kaiserinschrift  in  den  Bau  des  parischen  Schlosses,  dem  einen  solchen 
Schmuck  eingefügt  zu  haben  Gyriacus  und  der  Fürst  nach  Auffassung  der 
Renaissance  für  eine  besonders  rühmenswerte  That  halten  mussten. 

3  Die  Inschrift  hat  Ziebarlh  M.A.L  18%  S.  406  nach  unserem  Codex  und 
dem  Vaticanus  herausgegeben.  Wie  er  dazu  kommt,  an  der  parischen  Her- 


36S  0.   nUBBNSOHIt 

Fol.  'ila  Exinde  ad  occiduam  abditam  ei  eminenliorem 
ci(vilali8)  partem  non  longe  a  lilloi'e  magoas  et  insignes  vi- 
dciilur  lÜsculapii  LemplJ  reüquie  et  parietis  marmoreae 
partes  colosaeique  insigne  dei  fragmeatum  simulacri,  cuius 
amp(liim)  peclus  ad  V  pedum  lal(iDoruin)  consLal.  Bl  suam 
ad  maximam  basim  magnis  et  velustis  litteris  eumperilur  epi- 
gramtna : 

Kictu,   'Ayri3iioj[0( 
T-^  Oapiuv  xöXti  * 

Videnlur  et  ibidem  plercque  oiusdem  ad  honorem   dei  si- 


kunU  dieser  sowol  wie  der  voran^'clicndcn  iDschrift  lu  zweifeln,  ist  mir 
uotiegroi flieh,  die  Bemerkung  ubinam  fuerit  iUa  arx  praefala'  Vatita- 
nus  nun  docel,  in  paginis  anUcertiUntihus  Moaaeemü  (kscribilur  quidnn 
insula  Naxoi  angesichts  de»lückeulüsen  und  klaren  Te\(eii  sehr  seltsam. 
Wir  haben  die  Inschrift  wiedergeliindcn  ,  ds  wo  sie  Cjriacus  gesehen 
hat,  in  die  Süd  -  Ostseite  dos  Turmes  im  Tcnetianischen  Schless  einge- 
baut, in  solcher  Höbe,  dass  wir  sie  nur  mit  Fernglas  vom  Uach  eines  be- 
noch  harten  Hauses  auslesen  konnten.  Sie  steht  auf  einem  Kpistylbluck, 
der  auf  der  von  der  Inschrift  eingenommen  en  Seite  amohcren  lland  durch 
ein  einfaches  Rundprolil  abgeschlossen  wird.  Auf  der  enigegengescittcn 
Seite,  die  vom  Inneren  des  Turmes  aus  erreichbar  ist  — siclilbar  ist  nur  ein 
geringer  Teil,  doch  kann  man  das  übrige  durch  einen  schmalen  Spalt  ab- 
tasten—ist  die  Quader  als  dorischer  Gpistylbalken  mitTropfonteislen  bear- 
beitet. Auch  auf  dieser  Seite  trägt  sie  eine  Inschrift.  Die  Angabe  des  Cjria- 
cus,  dass  der  Inschriflstein  eine  ätatuenbasis  sei,  ist  also  falsch;  das  mahnt 
zur  Vorsicht  ähnlichen  Bemerkungen  des  Reisenden  gegenüber.  Die  In- 
schrift der  äusseren  Seile  lautet 


N<ipSou 

xat 
'I]aDxpätou 


(so) 


MErr  MvjioiOfou 

noXuxUotit  xi 

wiimmw, 


Für  alle  weiteren  Angaben  und  für  die  Inschrift  der  anderen  Seite  verweise 
ich  auf  die  Herausgabe  im  Corpus. 

<  Mit  fol.  42a  beginnt  die  Beschreibung  des  Asklepicion,  |Tgl.  unten). 
Die  Inschrift  bat  schon  Jahn  a.a.O.  S.  IS8  nach  unserem  Codei:,  Riemann 
B.C.H.  1877  ö.  134  nach  der  Handschrift  der  Hiccardiana  abgedruckt. 
Coloss  und  Inschrift  sind  verschollen. 


FAROS  I  353 

mulacrum  bases  solo  magna  ex  parte  suffossas  et  no- 
viler  in  lucem  deductas.  Tale  comperlum  epigramma 

(Z)a)aiao;  'OvTiai^wvTo; 
xal  TpeiT(ovl(  uTcep  toG  ulou 
*OvYi<jt^d)iiTo;  'Aaxkinm^ 

Fol.  42  6  Ad  alias  eiusdem  imaginis  bases  epigrammata: 

riauoavia;  *AOyi<(i^vo)cX60u< 
xai  EIA  As^txpdcTOii;  uTvip 
Tou  uiou  üaii^aviou 


'  Auf  die  hier  crwäliiilen  Ausgrabungen  komml  Cyriacus  in  dem  weiter 
unten  mitgeteilten  Briefe  noch  einmal  zu  sprechen  ( vgl.  die  Bemerkungen 
S.  357.  Die  jetzt  verschollene  Inschrift,  die  auch  von  Rieraann  a.  a.  0.  Nr. 
43  aus  dem  Riccardianus  als  parisch  veröfTentlicht  ist,  war  von  Böckh 
C.  I.  G.  II  S.  249  nach  Apianus  Angaben  den  Cycladen  zugeschrieben  wor- 
den. Ross.  Inscr.  incd.  II  S.  42  hat  sie  Faros  zugewiesen  (vgl.  LeBas  II 
2075).  Im  münchener  Codex  stehl  die  Inschrift  in  einer  Umrahmung, 
wie  sie  sich  in  Faros  bei  gleichartigen  Weihinschriften  aus  dem  Askle- 
pieion  und  dem  ßileithyiaheiligtum  in  der  Regel  ünden.  Bei  Apianus  tindet 
sich  die  Inschrift  in  derselben  Umrahmung  wie  in  unserer  Handschrift 
(vgl.  die  Bemerkung  zur  folgenden  Inschrift).  Auch  sonst  bat  Apianus 
mancherlei  Gut  des  Cyriacus  mit  unserer  Handschrift,  die  er  aber  nicht  be- 
nutzt hat,  gemeinsam. 

^  Vgl.  Riemann  a.  a.  0.  Nr.  44.  Ausserdem  sieht  die  Inschrift  noch  im 
berliner  Buondelmontecodex  (vgl.  Jakobs  M,A,I,  1897  S.  113  Anm.)  Hier 
steht  die  Inschrift  in  einer  gleichartigen  Umrahmung  wie  die  eben  betrach- 
tete im  Über  Ilarimanni  Scliedel,  Offenbar  hatte  Cyriacus  in  seinen  Com- 
mentaren  alle  diese  Weihinschriften  aus  dem  Asklepieion  mit  solchen 
Umrahmungen  versehen,  die  dann  von  den  Ausschreibern  z.  T.  weggelas- 
sen wurden.  Es  ist  das  ein  Beweis  für  die  Sorgfalt,  mit  der  Cyriacus  seine 
Abschriften  anfertigle.  Kai  ist  in  der  münchener  wie  in  der  berliner  Hand- 
schrift l<  geschrieben,  was  sich  Öfters  in  parischen  Inschriften  ßndet.  In 
EIA  steckt  vielleich  Etaiov  oder  la^a,  Namen  die  in  Faros  häufig  sind, 
Riemann  sieht  eta  als  Endung  eines  Frauennamens  an. 

Diese  einzige  aus  Cyriacus  in  den  berliner  Buondelmonte  versprengte 
parische  Inschrift  ei  klärt  sich,  worauf  mich  Jakobs  aufmerksam  macbt,aus 


354  O.  RUBBN80HK 


ToO  uloG  *AvTif  ivou  toO  6pxa»vt(Sou) 
*AffxXiQict(j^  xal  Tyu ((f  ' 

KT1Q9ttV^*ApiaT0f(c&)vT0(  lud  ^pu- 

vioa  KXfoSie|i.oivTO<  ümf  toO 
ulou  KXsoSa|i.xvTO<  *AaxX7iiK4^  nud 

Ao(u))ito;  MtaoQ  Bue(X)o<  xal  FloXXa 
'Ap^^iXdcou  \}mf  ToG  ulou  niiou 
*AaxXY)iv($  xal  "Vyiiiq:  ' 

'E7p(a)fp6SiTO(  2c6oxXso(u)c  uivip  toO 
ulou  'Ewiyövou  'AoxXdici4^  xal  T(yi)Ei^  * 

Afuxioc  Ba6üXXio(  "Epe^c 
xal  BaSüXXa  2cxo(ü)vSa  uivep 
ToG  uloG  xal  Acüxioc  Ba(>uXXioc 
'ETraf  pöSiTo;  uivip 
ToG  OpiTTTOu  AuXou  BaSuXXiou 
Kp(a(w)ou  ^ 


dem  Interesse,  welches  der  frühere  Eigentümer  dieser  Handschrift,  Antonio 
Venieri,  an  Paros  nahm.  Er  war  ein  Verwandter  des  Niccolo  II  Venieri, 
des  Herzogs  von  Paros  1520-1531. 

*  Vgl.  Riemann  a.a.O.  Nr.  45,  mit  dem  Zusatz  'ibidem  ad  aliam  basim*. 
Hiller  von  Gärtringen.  der  für  0paau>v{ou  dcsRiccardianus  das  richtige  Sp«- 
ofuviBou  einsetzt,  macht  mich  darauf  aufmerksam,  dass  unser  Antiphanes 
wol  mit  dem  Künster  LGJns.  III  12i2  identisch  ist.  Der  Adoptivvater  hiess 
wol  'AyaXXCwv  nicht  'AyytXUü^. 

^  Vgl.  Riemann  a.a.O.  Nr.  46,  mit  dem  Zusatz  'ibidem  ad  aliam  basim^. 
Riccardianus  um!  Monaccnsis  haben  4>puvt(ja,  das  also  Cyriacus  selbst  zur 
Last  fällt.  Dagegen  hat  der  Riccardianus  richtig  'Api9T09a>vT0(,dcr  Monacen- 
sis  bietet  'Aptaio^avioc. 

'  Vj;l.  Riemann  a.a.O.  Nr.  47. 

<  Vgl.  Zicbarlh  M.  A.  I  181)7  S.  409.  Das  Patronymikon  ergänzt  er  zu 
ScSaatoxXeouc  Die  Angaben  der  Folionummern  bei  Ziebarth  sind  falsch. 

'  Vgl.  Riemann  a.a.O.  Nr.  48.  Z.  3  hat  der  Riccardianus  xou  ulou  AuXou, 


FAROS   1  355 

Der  Rest  von  fol.  52  6  ist  leer.  Auf  fol.  \^a  sieht  im  freien 
Feld  am  oberen  Rande :  ' Aanlum^  K%i  'Y^uix ,  darunter  ist 
eine  grosse  Basis  mit  oberem  und  unterem  Profil  gezeichnet, 
auf  der  in  einem  Kranz  die  Inschrift  sieht:  r,  ßouTiTi  |  xal  o 
8^1/0?  I  OTi^avoi  XP^hv  np«(£i)«>(oi  aT|{ipiv()i  (so)  llpai(S)ixj>toi»(() 
utov  TÖv  I  ipiXöicatpiv  I  xai  rov  (äoct»)  |  tcävt»  Tpö^rov  TtoleiT[u6|A[vov  ' . 
Unter  der  Basis  im  freien  Felde  steht  ein  Kranz  und  darin: 
rt  flouiii  Kxi  ö  Svifio;  OTfipavoi  xpuo{(ii)  oTt^ivt))  4>i\ipyofov  Ttpojioi- 
pw(  ßiMuavtot  (unpublicirt). 

Fol.  43  6.  Den  grösseren  Teil  der  Seite  nimmt  die  Zeichnung 
eines  Hundallars  mit  ßukranien-  und  GuirlanJenfries  ein, zu 
dem  die  Bemerkung  gefügt  ist;  'ad  magntim  aliud  se~ 
pidchrum'.  Auf  der  Guirlande  des  Grabaltars  sitzen  Vögel. 
an  der  Guirlande  hangt  eine  Trauhe,  und  zu  beiden  Seilen 
der  Traube  steht  die  InBclirift :  Mipxoo  KomroyTiou  '. 

Unter  dem  Bundallar  sieht  im  freien  Feld:  [Zwjuifi-n  KXtojji- 
6p6|Tou  j^pYi^TT)  yo-ifi  ■'. 

Rs  folgt  auf  fol,  44  n  der  Bericht  über  die  Marmorbrüche. 
Dieser  ist  von  Jahn  und  anderen  abgedruckt  und  bleibt  daher 
hier  unberücksichtigt.  Fol.  44Ä  bietet  die  Zeichnung  einer 
Basis  ohne  Inschrift.  Auf  den  nächsten  17  Seilen  des  Mona- 
censis  schlicssen  sich  nun  die  Copieen  nach  Zeichnungen  des 
Cyriacusan,  die  wir  auf  Tafel  VI    wiedergeben*.  Zu  deren 

am  Schluss  'AüxXTjRiia  ml  TyiEi;.  Der  Gemahlin  unseres  Aulos  Babjllios 
gilt  das  Epigramm  auf  dem  von  Lüwy,  Arcbäul.-epigr.  Miltheiluugen  aus 
Oslurr.  XI  .S.  1S1  publicirlen  Sarkophage. 

<  Unpublicirt.  Der  Cod»  bietet  n^aiaUirj.  npafixliic  isl  ein  häuliger 
Name  in  Faros.  Vgl.  C.I.G.  2310  [M.A.l.  I8'J8  S.  k'i'i)  und  C.I.G.  2376.  Man 
könnte  auch  au  IliaixXijf  denken,  vgl.  Le  Bas  II  l'0i)2. 

»  Vgl.  Zieharlh  Ü.A.l.  1897  8.  409.  Mü  Hinblick  auf  den  Künstler  M«p- 
M(  KaaaoÜTto!  Klfltoi  |  Kai  bei  I.G.Sie.  II.  2?4<J)  könnte  man  Terminen,  dass 
der  Ton  CyrJauus  copiite  Stein  inil  dem  Rundallar  mit  Bukranionrries  in 
Naussa  (in  der  Kirelie  Hag.  Alhanasios|,aurdem  die  Inschrift  KfpSuv'Qfi- 
Uuvoc  ifTtiti  jaXpi  stein,  Isü  noch  ton  Boss  liucr.  ineäilae  gelesen,  heule 
selir  zerstört)  identisch  »ei.  Es  steht  aber  keine  weitere  Inschrift  auf  dem 
Kundaltar  von  Naussa  und  hat  auch  keine  darauf  gestanden. 

»  Vgl.  Ziebarlh  a.a.O.  Nr.  13. 

'  Die  Aurei'tigung  der  fhutographieen  verdanke  ich  meinem  Freunde  W. 
Theobald. 


O.   BUBENaOHJ 


Efläuterung  diene  Folgendes.  Die  3  ersten  Zciclinungen  — 
fol.  -45  ß,  Ä.  -ißn  —  beziehen  sicli  auf  da»  Nymplienrelief  am 
Eingange  zu  den  Marmorbrüclien.  Über  diese  Zeiclmungeo 
hat  auflfülirlich  O.Jahn  ISuUrfmo  deW  Instiliilo  1861  S. 
189  ff.  gehandelt,  auf  den  ich  verweise.  Da  die  Beschreibung 
des  llelieFs  bei  Cyriacus  rein  saeblich  ist — 'equidem  ad  ha- 
fum  primariam  ad  fauces  el  ipsum  ante  vestibulum  Hercuüs 
Nympharuni  Faunumque  simulacra  solida  in  rupe  mira  el  ve- 
tusta  manu  fahre  sculpla  videntur,  et  sub  eis  täte  doclu  et 
vrtustissrmis  charaeteribus  epigramma  consculplum  patet ' 
(folgt  die  Adamas-Insclirift) —  so  iiahen  wir  anzunehmen, dass 
die  abenteuerliche  Verunstailuiig  des  Iteliers  in  den  Zeichnun- 
gen dem  Copislen  und  nicht  etwa  dem  Cyriacus  zur  Last 
iällt'. 

Die  nun  folgenden  Skulpturen  und  Inschriften  stehen  in 
der  Handschrift  durchaus  ohne  llerkuoftsnoliz.  Aber  da  O. 
Jahn  von  dem  aul  fol,  53  A  abgebildeten  Kenlaurenkampfe 
nachweisen  konnte,  dass  er  Skulpturen  des  sogenanlen  Tlie- 
seion  in  Athen  wiedergiebt,  ghiuble  er,  und  hat  man  seitdem 
meistens  angenommen,  die  Mehrzahl  weaigülens  derSkuIplu- 
ren  sei  von  Cyriacus  naeli  athenischen  Ori^iniileii  liczi'itlmet. 
I']inmal  ist  nun  —  was  auch  Jahn  schon  gellujiJ  guiiiachl  Lal  — 
hervorzuheben,  dass  zwischen  der  Kentauromachie  und  der 
nächst  vorangehenden  Zeichnung  sich  zwei  leere  Seilen  befin- 
den, fol.  52  6  und  53  a,  ausserdem  lässt  sich  aber  auch  mit 
Sicherheit  von  einer  ganzen  Anzahl  der  wiedergegebenen  Bild- 
werke und  Inschriften  beweisen, dass  sie  von  Paros  herrühren. 
Für  die  Inschriften  ergeben  eich  diese  Beweise  aus  den  Bei- 
schrillen zu  den  Cyriacus-Copieen  im  Hiccardianus  und  zum 
Teil  auch  im  Vaticanus  5252  (vgl.  Ziebarlh  M.A.I.  1897  S. 


'  So  urteilt  auch  0.  Jahn.  Der  nürnberger  Mcisler  verrät  sich  in  jeder 
Linie  der  Zeichaung,  in  der  Gewandung  u.s.w.  Die  Bedeutung  der  Zeich- 
nungen rür  die  deulüche  Kunstgcsclitcbtc  kann  liier  naliirlicli  nicht  er- 
örtert werden.  Ins  Auge  springend  ist  beispielsweise  —  worauf  mich  Jacobs 
aufmerksam  machte — die  Verwandtschaft  unserer  Zeichnungen  uiit  den 
Abbildungen  in  Scheduls  Weltchronik. 


I  AOÖ  IT.).  Für  die  Skulpturen  erhringt  sie  ein  Brief  des  Cyria- 
,  der  im  codex  Targioni  (49)  der  Nalional-Bililintliek   in 
Florenz  auf  fnl.  68r  erliallen  ist'. 

Gesclirieben  ist  er  'Claro  et  elegaritissimn  viro  Andr.  Ja- 
stininno  nmico  optimo  et  jociindissimo'  und  lautet  fidgen- 
I  dermassen : 

'Posteaquam  ex  Naxo  ß.  T.  uUiinas  ad  In  litteras  dediiniis, 
'  Jocundissime  Andrcole ,  Niveam  Paron  ilerum  revisere  pla- 
cuprat,  nam  et  praeclara  sua  atque  nobiliti  aimo  sue  veterni- 
tatis  monumenta  non  aemel  vidrsee  salis  est,  sed  juval  usque 
I  m[i)rari.  At  et  cum  una  suo  cum  principe  Gursino  pleraque 
t  prius  comperta  IcLn  quidein  animo  revisissem.nünnuilos  quo 
I  que  vivos  de  marmore  vullus  vivaque  et  peregrinis 
armisornata  delaplde  nitidisBimo  corpora  nuper  Cui- 
Bino  ipso  curiosissimo  curanle  principe  defossa  perquam  jocun- 
dum  conspexi.et  potissime  letatus  sum  Trasyxeni  ingenlis  olim 
delubri  statuarumquc  cl  nobüiutn  plurigenum  operum  condi- 
loria  nomine  cnmperto;  nee  equidem  ingralius  vidi  ipso  in 
pario  portu  onustam  jam  navim,  expolitia  plerisque  Pario 
ipso  de  lapide  lislis  Cbyensi  precl(are)  Colonie  veslre  in- 
fliftni  decori  et  ornamenlo  fuluria  et  cum  Ins  dictis  te  jam 
valcre  finemque  epiatote  imponere  voluissem,  ipso  in  porlu 
magna  bylaritaLe  Nereydea  cana  niLrco  de  gurgite  capila  al- 
liora  lollenles .  talia  lepidn  idiomatc  nostro  Pnrie  cecinere 
Sirene  et  tu  utique  Cl.  Paridi  Clarentieque  ss.  conjugi  na- 
ligque  et  ceteris  tua  de  domo  tuia  ex  me  sal(utatiunes)  da- 
bis  K.  A.  T. 


'  Er  gcliüi't  zu  der  von  Targioni  -  Toxxetli  Reiasiuni  il'  aletini  viagyi  fallt 
in  diveul  parti  ätlla  Tuscana  V  YcrÖirunllicIUeii  Hammlutig.  Aufnierk^aiii 
Komacht  mit  ihn  hnt  mich  zuerst  Zietiartli ;  dasK  der  Brief  vod  Hupt, 
SitzuiigRlierichlc  der  wiener  Akad.  31, 1856,8.%  nieder  abgedruclil  »I,  er- 
fuhr ich  durch  E.  Jacobs,  der  mir  tür  alle  den  Cjrriacus  IwtrelTende  Fragen 
■eine  worlvolle  Unterslülzung  gewährt  hat.  Ich  drucke  den  Brier  ab  nach 
einer  Abschrift,  die  ich  durch  Verniillelung  des  Deutsclien  aruliäologisctien 
Institutes  in  Rom  Vitellis  eigener  Hand  Tordanke. 


4 


O.  RDBBNSOHN 

Nivea  Faros  de  marmor  candente 
Cycladum  decuB  equoris  Egei 
HoDor  delli  heroi  magni  et  delli  dei 
Sicchel  moDdo  di  te  si  fa  spendenle 

Ornasti  Apollo  in  cielo  ello  Oriente 
Per  Cyro  et  per  Aleide  Indi  et  Thebei 
Minerva  Athene  et  love  e  ithampj  Alphei 
Alexandro  Auslro  et  Cesar  1'  occidente. 

üi  Pbydia  et  Polycleto  il  gran  valore 

Mostro  quäl  fussi  da  natura  ornata 

Da  te  Lysippo  e  gl'  allri  ebbor  splendore 

Et  da  Minos  Mynoa  dicta  et  guidata 

Ma  Cursino  Somma  ripa  hör  che!  minore 

Ti  re^  et  se  tra  I'  altre  piu  beata. 

{vuoto)  hora  con  sua  penna  grata 

L'  Anchonitaoo  ti  ciercba  et  per  lo  mondo 

Rianovera  it  tue  oome  almo  et  jocundo. 

ö   'H^Ktn-rt  ö  Mupft 


Ex  eadem  cl.  Pario  VIII  Kai.  JanuariJ  fauslo  sereno  et  hu- 
manati  Jovts  natalicio  solempni  et  celeberrimo  die.  Recipe  a 
portilore  A.  Galapbalo  caput  unum  marmoreum  unumque 
crus  et  bina  de  cupresso  scriniola  pannis  involuta  hoc  sub 
signo  K.I.A. 

Von  den  lyrischen  Ergüssen,  die  der  Brief  enthält ,   dürPen 
wir  wol  absehen.  Im  übrigen  aber  bietet  er  uns  ausserordenl- 


'  Über  diese  beiden  Inschrillcn,  die  in  der  Handschrift  links  unil  rechts 
neben  dem  aediuhl  sieben,  vgl.  Ziebarlh  «.  A.  I.  18ST  S.  hW. 


licli  wiclilif-e  Nachriclilen.  Milden  'ivca  et  peregrinis  ar- 
mis  ornata  de  lapide  nitidissimo  corpora'  sind, daran  kann 
kein  Zweirel  sein,  die  auf  Toi.  49  n  und  50  b  wiedergef^ebenen 
Torsen.wie  es  sclieint  von  Statuen  rümiaelier  Kaiser  im  Pan- 
zer, gemeint,  und  die  Inschrift  des  Thpasyxenos,  die  Cyria- 
cus  in  solche  Befjeisterung  versetzte,  liegt  auf  fol.  51  vor. 
Das  delttbrum  ist  das  Askicpieion  und  die  Ausgrabungen, 
deren  der  Brief  gedenkt,  sind  dieselben,  die  in  dem  Bericble 
des  Monacensis  als  im  Asklepieion  veranstaltet  erwähnt  wer- 
den. Wir  sehen  also,  der  Bericht  und  die  Zeichnungen  des 
Monacensis  stehen  in  engstem  Zusammenhange  mit  dem  Briefe 
des  CyriacuSiSie  erganzen  einander.  Ausser  diesen  drei  Zeich- 
nungen sind  noch  sicher  parisch  die  drei  Inschriften  und 
Zeichnungen  fol.  '166,  das  Epigramm  fol.  M n  und  das  Epi- 
gramm lol.  51  Ä'.  Und  ebenso  wie  diese  stehen  im  Iticcardiu- 
nus  als  parisch  ausdrücklich  bezeichnet  die  beiden  von  uns 
nicht  abgebildeten  Inschriften,  die  auf  fol.  '1 7  6  eingetragen 
sind:  I)  tj  ^n'ik-n  \  xai  ö  S(^)ftot  |  A.cijkcov  Aüüvtov  ripinKOv  (in 
einem   Kranz)  -=  B.  C.  H.  1877    S.  135    Nr.  5U  und  21  V] 

pOUjlYl    I    xai    ö    Sü[JlO;    1    lI(ü.)>l«V    MvOlOlj(i)x    ipiTÜi    Kvi|ftIV    X3lt(«l)<d- 

(ppooüv7i(  {auch  in  einem  Kransi)=ß.6\//.  1877  S.  135  Nr.5l. 
Da  wir  so  sehen, dass  von  den  beschriebenen  I  4  Seiten  des  Mo- 
nacensis von  fol.  'iha  bis  fol.  52«  {\o\.'i')b  ist  leer)  —  wenn 
wir  von  den  Zeichnungen  der  beiden  letzten  Seilen,  fol.  53  A 
und  h\b,  zunächst  einmal  absehen  —  neun  sicher  parisches  Gut 
enthalten,  werden  wir  auch  den  Inhalt  der  uhrigen  Seiten 
Paros  zusprechen.  Die  Kentauromachie  auf  fol.  53  &  scheint 
nun  allerdings  dem  Pries  des  Theseion  entnommen  zu  sein. 
Und  damit  wird  scheinbar  auch  jeder  äussere  .'\nlass  hintällig, 
den  Inhalt  von  fol.  5-''i  b  mit  Paros  in  Verbindung  zu  bringen  ^. 


<  Zu  47  c  Tgl.  Riemann  a,  a.  O.  S.  \'ii>  Nr.  52,  zu  den  übrigen  Zieliarlh 
a.«.0.  S.  410. 

*  Die  obere  Gruppe  auf  fol.  53  6=Sauer,  Das  sogenannte  Theseion  Taf. 
IV  3, 5,  ß,  7;  die  untere  Gruppe  liHt3=Taf.lV  1,-J,  rechls=l2,  IJ.  Die  Be- 
walTnung,  üie  Keule  und  der  eigeulümliclie  Schild.tindel  sich  in  gani  glei- 
obec  Weise  iu  Scliedels  Wellcbrouili  S.  13  in  der  Abbildung  recht«  unten. 


360  0.  hdbbnsohn 

Für  tli(!  Zeichnungen  dieser  Seite  bat  Jahn  in  den  Aufsätzen 
aus  (1er  Alterüiuinswissenscliafl  bekanntlich  eine  Vermutung 
aufgestellt,  in  der  er  den  Knaben  auf  dem  Delphin  mit  dem 
Fries  des  Lysilcpales-Denkmals  in  Zusammenhang  bringt- 
Mehr  als  eine  Vermutung  ist  das  Dicht,  es  lasst  sich  ihr  ge- 
genüber jetzt  [eicht  eine  andere  aufstellen,  die  ich  wenigstens 
nicht  ganz  unterdrüclten  muclue.  ZiC;  pamudi,  dessen  Kultus 
in  Athen  wenigstens  bisher  unbeieugt  ist.  wurde  auf  Paros 
verehrt.  Eine  Inschrift,  die  einen  Priester  dieses  Gottes  nennt, 
hat  als  Tliürschwelle  im  Eingänge  der  heule  zerstürlen  Kapelle 
des  llug.  Dimitrios  gelegen  und  ist  da  von  früheren  Heisenden 
gesehen  und  abgeschrieben  worden'.  Sie  kann  also  auch  dem 
C)'i'iacus  bekannt  geworden  sein  und  eine  Erinnerung  an 
diese  Inscbrilt  könnte  man  in  dem  Ziü  ßa^iXcC  iloiQt  auf  fol. 
5'iÄ  erkennen.  Wäre  aber  dies  der  Fall,  dann  dürften  wir 
auch  für  den  Detpliinreiter  in  dem  oberen  Teil  der  Seile  in 
Paros  das  Original  suchen,  und  wo  wir  es  hier  zu  suchen 
hatten,  darüber  könnten  wir  keinen  Augenblick  im  Zweifel 
sein.  Gehört  der  Üelpliinreiler  nach  Paros,  dann  ist  es  Koi- 
ranos,  der  erst  kürzlich  durch  Hiller  von  Gäriringens  Ent- 
deckung zu  neuem  Leben  erweckte.  Daran  dass  in  der  Zeich- 
nung der  Heiler  ein  Knabe  ist,  darf  man  keinen  Anstoss  neh- 
men. Schon  Jahn  bat  darauf  hingewiesen,  dass  Schedels 
Zeichnung  keine  sehr  gelreue  Wiedergabe  der  Vorlage  tod 
der  Hand  desCyriacus  ist;  Apianus  z.  B.,  dem  die  Zeichnung 
aus  einer  anderen  Quelle,  nicht  aus  Schedels  Handschrift,  zu- 
geflossen ist,  zeichnet  in  den  lascriptiones  sacrosanctae  ve- 
tustalis  der  Unterschrift  entsprechend  einen  auf  dem  Delphin 
sitzenden  Arion  mit  der  Leyer  im  Arm.  Für  die  Umwandlung 
des  Koiranos  in  Arion  braucht  man  aber  bei  Cyriacus,  dem 
die  entlegene  parische  Sage  schwerlich  bekannt  w3r,wol  kaum 
Gründe  namhaft  zu  machen.  Wir  müssten  dann  also  anneh- 
men, dass  der  Koiranosmytbos  in  Paros  eine  bildliche  Dar- 


'  Thiersch,  Paros  und  parische  Inschriften  9,  637;  C.I.G.  II  2385,  add. 

.  1076. 


PAnos  I  36i 

Stellung  gefunden  hätte  und  dass  uns  von  dieser  in  der  Skizze 
llartmann  Schedels,  die  ja  bekanntlich  von  Dürer  weiter  ver- 
wertet worden  ist,  ein  Reflex  erhalten  wäre.  In  wie  weit  diese 
Annahme  der  Wirklichkeit  näher  kommt  als  die  0.  Jahns, 
mag  dahin  gestellt  bleiben.  Im  einzelnen  ist  zu  den  abgebil- 
deten Inschriften  und  Skulpturen  zu  bemerken,  dass  sich  kein 
einziges  der  von  Cyriacus  gezeichneten  oder  beschriebenen 
Denkmäler  heute  mehr  nachweisen  lässt.  Fol.  46  6,  47  a  und 
51  b  zeigen  uns,  dass  die  Zahl  der  minderwertigen  Grabreliefs 
aus  spätgriechischer  oder  römischer  Zeit  auf  Paros  früher  noch 
grösser  als  heutzutage  war.  Zu  den  drei  Reliefs  auf  fol.  46  6 
vgl.  Ziebarth  MAL  1897  S.  409  IT. 

Das  Epigramm  auf  fol.  47 «  ist  identisch  mit  C.  /.  G.  II 
2308,  wo  Böckh  es  nach  Gruter  als  ^ ex  Delo  translatum 
Venetias  in  aedes  Frid,  Contnreni'  bezeichnet  und  dem- 
gemiiss  als  delisch  behandelt  hat  Wie  unsicher  eine  derartige 
flerkunftsbestimmung  ist,  ist  hinlänglich  bekannt.  Sie  kann 
gegenüber  der  bestimmten  Angabe  des  Riccardianus  (vgl.  oben 
S.  359  Anm  1)  und  dem  Zeugniss  des  Monacensis  nicht  in 
Betracht  kommen. 

Fol.  48 rt  Mann  mit  Füllhorn?  Fol  49 «  Panzerstatue;  sie 
slammt  ebenso  wie  die  fol.  50  6  abgebildete  aus  dem  Askle- 
pieion,  wie  aus  dem  Briefe  des  Cyriacus  zu  entnehmen  isl. 

Fol.  50^7  scheint  das  Unterteil  einer  Heraklesfigur  zu  sein. 

Fol  51  a  ist  das  bei  weitem  interessanteste  Blatt  der  ganzen 
Folge.  Die  obere  Hälfte  des  Blattes  nimmt  der  Torso  einer, 
wie  es  scheint,  sitzenden  männlichen  Figur  ein  und  duruhter 
steht  die  Inschrift  öpaati^evo;  öp&acovo;  iSpuaaTO  Tüj^(y))  iya6(Yi). 
Ob  die  Inschrift  zu  dem  Denkmal  gehört,  ist  nicht  sicher; 
indessen  wissen  wir  aus  Cyriacus'  Brief,  dass  sich  eine  Weih- 
inschrift dieses  Thrasyxenos  auf  mehr  als  ein  Denkmal  beziehen 
konnte;  wird  er  doch  genannt  * ingentis  deluöri,  statuarum 
et  nobiliuni  plurigenuni  operuni  conditor\  An  dieser  An- 
gabe des  Cyriacus  zu  zweifeln  ,  haben  wir  keine  Veranlas- 
sung. Er  wird  wol  inschriftliche  Belege  für  seine  Behauptun- 
gen vor  Augen  gehabt  haben.  Wir  haben  es  olTenbar  mit  ei- 

ATHEN.   MITTHEILUNOKN   XXV.  24 


O.   nURENSOMN 


1 


nem  Manne  zu  (iiun  .  der,  ähnlich  wie  beispielsweise  die 
Kephiaier  Diokles  (  Diltrnberger  5y/^o^e  558)  und  Sokrates 
('AÖrivaiov  V  S.  527;  M.A.  l.  1877  S.  17'.)  sich  um  das 
atheniscIiR  Asklepieion  verdient  gemaeht  haben,  sich  und 
sein  Vermögen  in  den  DiensL  des  parischen  Asklepios  gestellt 
halle.  Rr  gehörte  einer  angesehenen  parischen  Familie  an,  von 
der  z.  U.  ein  Mitglied  als  Archonl  sich  so  ausgezeiclmet  hat, 
dass  ihm  die  htichslen  Ehrentitel,  die  das  parisclie  Gemein- 
wesen verleihen  konnte,  zuerkannt  sind  { C  /.  G.  II  -2377)  ', 
und  wir  besitzen  auch  heute,  glaube  ich,  nncli  ein  I)enkni;il 
seiner  Munificenz.  gegen  die  Götter  in  der  von  Löwj,  Archaol  - 
epigr.  Millheilungen  aus  Österreich  \l  S.  186  Nr.  '6  verölTent 
lichten  Inschrift,  die,  wenn  ich  die  erste  Zeile  riclitig  ergänze, 
lautet: 

'A(p[foSiT»i  TJtftoij^«^ 

Die  InscbriTt  steht  auf  der  Vorderseite  einer  grossen  vierecki- 
gen Basis,  die  unten  auf  drei  Seiten  mit  einem  profilirlen  Ab- 
lauf veiselien  ist;  dass  die  viereckige  Aushöhlung  des  Innern 
der  ßasis  in  ihrer  ganzen  Tiefe  antik  ist,  scheint  mir  nicht 
sicher.  Jedenfalls  trug  die  Basis  eine  Weihung  an  Aphrodite 
(das  Epilheton  ist  singulär,  aber  wol  sicher),  und  wir  erse- 
hen daraus,  dass  Tbrasj'xenos  seine  Stiftungen  auch  anderen 
Gottheiten  zuwandte.  Die  Inschrift  zeigt  A  neben  älteren  Buch- 
slabenformen,  sodass  sie  von  U>wy  richtig  in  das  3.  Jahrhun- 
dert gesetzt  sein  wird.  Damit  wäre  eine  ungelähre  Zeitbestim- 
mung für  Thrasyxenos  gewonnen^.  Zu  Fol.  51  b  vgl.  Ziebarth 
M.A.I.  1897  S.  410,  Nr.  18;  Kaibel,  Rhein.  Museum  1879 


'  Ein  anderes  Mitglied  dieser  Familie  s.  C.I.G.  II  2398  c. 

*  Hopf,  Sjliungsherichte  der  wiener  Akad.  21,  1856  S.  2:)3,  der  die  Id- 
scbrilt  des  Monacensis  nicht  liannte,  hielt  den  Thrasy^enos  auf  Orund  des 
Gyriacusbrieres  für  einen  Künstler  von  Paros,  dachte  auch  an  IdentKication 
mit  6pMuiii{Si|c 'Ap'rv<uTau  bei  Paus.  11.27,2.  Das  Richtige  hat,  ohne  tue 
Inschrift  zu  kennen,  S.  Heinach  B.  C.  H.  (893  S,  *2I  f.  gesehen.  Thrasjxe- 
nos  für  einen  Küni^ller  zu  hallen,  haben  wir  nicht  den  geiingslen  Anlass. 


PAHOä  J  363 

S.  183;  Riemann  B.C.H.  1877  S.  135  Nr.  53.  Ob  wir  auf 
Grund  der  Zeichnungen  des  Cyriacus  liier  aowol  wie  bei  den 
fol.  ■'ißÄ  oben  gezeiclinelen  Reliefs  die  liereclitigung  haben, 
an  Sarkopliage  wie  die  von  Löwy  veröfFenllichLen  zu  denken, 
ist  niclit  mit  Bestimmllieit  zu  sa^^en.  iJuss  Marmnrsarkophage 
auch  schon  früher  in  Parns  über  dfm  Erdboden  sichtbar  wa- 
ren, ergiebt  sich  aus  Heinerkungen  Tlievenots  und  anderer 
Heisenden. 

Mil  fol.  h'ib.  von  dessen  Inhalt  oben  die  Rede  war,  schliessl 
der  Bericht  des  Cyriacus  im  Monacensis,  Nach  einem  leerge- 
lassenen Blatte  folgen  Inschriften  aus  Oelphi  Im  Riccardia- 
nu8  stehen  noch  einige  parische  Inschriften  mehr  als  im  Mo- 
nacensis, die  Riemann  in  dem  öfters  erwithnlen  Aufsatz  im 
D  C.H.  abgedruckt  bat  —  es  sind:  Nr.  5^i  (die  Demeter-  und 
Knra-lnschrift)  und  Nr  55  =  ^.7  G.  238'i  —und  damit 
sind  die  Nachrichten  über  Paros.  die  wir  Cyriacus  verdan- 
ken, erschöpft'. 

Wie  wir  sehen,  kommen  die  Notizen  des  rührigen  Italie- 
ners vor  allem  dem  Askiepieion  zu  gute,  liier  bat  er  noch 
viel  mehr  gesehen,  als  heute  und  zu  Rnss'  Zeiten  erhalten 
war,  nicht  nur  an  einzelnen  Weihungen,  Inschriften  sowol 
wie  Bildwerken,  sondern  auch  an  baulichen  Anlagen.  Insbe- 
sondere interessiren  uns  dabei  die  ' panctis  inarmoreae  par- 
tes',  (leren  er  unter  den  'magnae  et  insignes  Estmlapii  lem- 
pli  reliquiae'  ausdrücklich  Erwähnung  tbut.  Wir  werden 
uns  mit  dieser  Angabe  bei  der  Betrachtung  des  Askiepieion 
besonders  zu  befassen  haben  und  bemerken  hier  nur,  dass  wir 
diese  Marmorwand  vielleicht  in  enge  Verbindung  mit  den  von 
Cyriacus  auf  fol.  12  i  ff,  angeführten  VVeiliinsehriften  an 
Asklepios  zu  setzen  haben,  da  genügender  Grund  zu  der  An- 
nahme vorliegt,  dass  diese   Inschriften   nicht  auf  einzelnen 


*  Die  Inschrift  r..l,r,.  II  'j:i'.>(i.  (lie.wji!  ZieliaiUi  M.A.I.  IHllT  S.illi  Amii.  ) 
bemerkt,  im  Valicaiiu.s  ö'^Öi  als  parisch  sielit,  lindol  sicli  im  Monacensis. 
auf  ful.  ^9  ohne  lIcrltunDsangabe,  wir<l  alter  wol  pariscli  sein.  Zu  C.l.d.  11 
in^  vgl.  ulien  8.  351. 


364  O.  RUBBN80HN 

Weihungen  sondern  auf  einem  Gebäude  eingetragen  waren. 
Eine  Ruinenslätte  war  freilich  das  Asklepieion  auch  schon  im 
Jahre  1445  und  zwar  eine  Ruinenstätte,  an  der  es  sich  schon 
damals  verlohnte,  Ausgrabungen  zu  veranstalten.  Diese  sjnd 
unternommen  worden  auf  Betreiben  des  damaligen  Herrn  von 
Faros,  des  Herzogs  Cursino  I.  da  Sommaripa,  dem  Cyriacua 
selbst  das  Zeugniss  ausstellt,  dass  er  curiosissimus  gewesen 
sei. 

Mit  seinem  lebhaflen  Interesse  fQr  die  Antike  ist  dieser 
Par8t,der48  Jahre  (1414-1462)  Herrscher  von  Paros  war, eine 
Ausnahme  unter  den  Fürsten  der  Insel.  Cr  hat  durch  sein 
Verhalten  einigermaassen  gesühnt,  was  seine  Vorfahren  aus 
dem  Hause  der  Sanudi,  die  Erliauer  des  Schlosses  von  Paroi- 
kia,  durch  ihr  schonungsloses  Verfahren  gegen  die  Allerlfi- 
mer  der  Insel  gesündigt  hallen.  Ob  dem  Asklepieion  die  Aus- 
grabungen aber  zum  Heile  gei*eicht  haben,  kann  wol  als  frag- 
lich bezeichnet  werden.  Blinmal  auf  diese  Fundstätte  alter 
Steine  aufmerksam  gemacht  haben  die  späteren  Bewohner 
von  Paroikia  das  Heiligtum  als  Steinbruch  benutzt;  fast  in 
jedem  Hause  des  Städtchens  finden  sich  Steine  aus  dem  Askle- 
pieion und  so  ist  es  in  den  traurigen  Zustand  gei-aten,  in  dem 
es  sich  heute  befindet  ^ 


*  Bemerkenswert  ist  noch,  worauf  schon  Hopf,  Sitzungsberichte  der  wie- 
ner Akad.  21.  S.  233  hinweist,  dass,  wie  wir  aus  dem  Briefe  des  Cyriacus 
ersehen,  damals  noch  Marmorbrüche  auf  Paros  in  Betrieb  waren.  Dass  es 
nicht  die  antiken  Brüche  beim  Kloster  des  H.  Minas  waren,  die  den  Mar- 
mor lieferten,  gehl  aus  der  Beschreibung  des  Cyriacus  im  Monacensis  her- 
vur.  Es  giebt  in  Paros  ausser  diesen,  den  bekanntesten,  noch  mehrere 
Steinbrüche  aus  antiker  Zeit.  Einen  bisher  unbekannten  Bruch  mit  sehr 
feinkörnigem  weissen  Marmor  fand  ich  bei  dem  Dorfe  Koste.  Es  ist  ein  zu 
Tage  li^ender  Bruch,  der  viereckig  in  den  Berg  eingeschnitten  ist.  In  dem 
olFenen  Viereck  ist  ein  mächtiger  oblonger  Block  stehen  geblielien.  an  dem 
man  die  antiken  Sprengflachen  und  Aliarbeitungen  sehr  schön  beobachten 
kann.  Wegen  >einer  entfernten  Ähnlichkeit  mit  einem  SchilT  trägt  der 
Felsblock  im  Volksmund  den  Namen  Ka.oa6(  touKcuiiou.  Benutzung  der  Mar- 
morbrüche von  Paros  im  15.  Jahrhundert  erwähnt  auch,  wie  Hopf  a.  a.  O. 
bemerkt,  Felix  Falter  in  seinem  Evagatoriuvi  Terrae  Sanclae,  einem  Werk, 
das  zwar  für  Paros  sonst  nichts  Erwähnenswertes  bringt,  für  andere  Inseln 


Ganz  unberticksiciutgt  lassen  können  wir  bei  dieser  Über- 
sicht die  nücbsten  Naclilbl^er  des  Cyriacus  in  der  Erfor- 
scbuiii;si{escbiuble  von  Pat'os.  Es  sind  dies  die  Kompilatnren 
des  16.  und  17.  Jubrbunderls,  über  die  wir  jetzt  eine  vor- 
tielBiulic  Zusammenslellung  in  Hiller  von  Giirtringcna  'l'liepa 
S.  7  ff.  mit  der  Gi'giinzun<{  von  E,  Jacobs  S.  375  IT.  liesilzen 
Alle  diese  bieten  im  Wesentliclien  nur  Angaben,  die  auf  Ikion- 
delmonles  libcr  insulanmi  zurückgeben.  Was  sie  etwa  mehr 
haben  als  ßuondelmonte,  ist  aus  den  auch  uns  vorliegenden 
antiken  Quellen  geschupft.  Eine  besondere  Erwähnung  unter 
ihnen  verdient  nur  Francesco  Piacenza.  Der  Abschnitt  über 
Paros  in  seinem  L'  Egeu  redU'U'o  ist  ein  Musterbeispiel  für 
die  Arbeitsweise  dieses  gründlichsten  aller  jener  Kompilatoren. 
Er  ist  seihst  in  Paros  gewesen.  Das  beweist  die  Heinerkung  am 
Scbluss  der  Beschreibung  von  Cliios:  'Escono  fmalmente  da 
quest'  (sota  (Chios)  f'amosi  Giuocatori  di  Svacchi,  ha- 
vendo  io  specialmente  in  qtiella  di  Paro  isperimentato  di 
an  tat  Signor  Georgia  Lesckini  Sciotto  in  piii  giiise  il 
tatcnto,  Benche  non  senzn  suo  gran  rossore  ne  hnvcssi  io 
medesimo  poscia  di  l^i  Qnadrupedi  la  palmn  della  viltoria 
riportato'.  Piacenza  hat  sich  also  auf  Paros  in  ein  Schach- 
turnier mit  dein  Chiolen  Leschini  eingelassen.  In  seiner  Be< 
Schreibung  von  Paros  erwähnt  er  diesen  Aufenthalt  auf  der 
Insel  und  diese  Episode  mit  keinem  Wort,  giebt  vielmehr  so 
viel  wie  möglich  für  jede  topographische  Angabe, die  er  macht, 
eine  Quelle  an.  Er  weiss  indessen  von  einzelnen  Vorgängen, 
die  sich  im  Jahre  1660  bei  Anwesenheit  der  venetianischen 
Flotte  auf  Paros  —  die  Insel  war,  wie  uns  Piacenza  mitteilt, 
während  des  türkisch-venetianischen  Krieges  Krankenstation 
für  die  Venetiancr  —  ereigneten,  so  vielerlei  zu  erzählen,  dasa 
wir  auch  oline  die  bestimmte  Angabe  am  Sctiluss  des  Kapitels 
über  Cliios  gezwungen  wären,   persönliclies  Zugegensein  des 


aher,i.B.  Rhudus  unit  Kreta, lieleinleressanle  Nachrichten  enthalt  (heraus- 
ge);eben  von  C.  D.  Has^ler.  Bibliothek  des  liu.  Vereins  in  Slutlgart,  Band 

IV,  Tgl.  S.  299;  in  l'aros  «ar  Kaber  am  23.  November  )i83). 


366  O.  RUBINSOHM 

Piacenza  bei  diesen  Ereignissen  anzunehmen.  Da  wir  zude 
wissen,  daSB  Piacenza  an  dem  erwähnten  Kriege  teilgenoi 
'  men  hat.  so  kann  es  keinem  Zweifel  unterliegen,  dasa  er  16 
auf  Paros  gewesen  ist.  Unter  diesen  Umständen  gewinnt  ( 
einzige  ohne  Quellenangabe  gemachte  Bemerkung  an  Bede 
long,  die  uns  von  der  noch  wolerhaltenen  Ruine  (in  buoi 
parte  in  essere)  eines  Tempels  des  Ares  auf  einer  Felsenklip 
zwischen  Paros  und  Antiparos  berichtet  (S.  357):  'E  pa 

11^  ticolarmente  neW  interspatio  dt  Paris    e  Antiparis  u 

altro  fra  lanti ,   si  vago ,    e  delitioso  Scoglio  .    che  c 

11^  tetla  qttalunque  riguardante  a  frairlo  col  soggiorno:  C 

servandosegli  netla  piu  ortental  sommita  in  oltre , 
bitona  parte,  in  essere  per  ancke  rsistente,  un'  angust 
öencA'  altrelanto  ben  costrutto  Tempio  gia^  com'  essi  t 
cono,  a  Marte,  dopo  i  molesti  disturbi  da'  Romani  a 
portatigli,  per  loro  difesa  eretto  e  consecrato  *.  Von  d( 
Vorhandensein  einer  solchen  Ruine  auf  einer  der  zahlreich 
Klippen  oder  Felseninseln  zwischen  Paros  und  Antiparos  ha 
ich  trotz  vielfacher  Erkundungen  niemals  etwas  in  Erfahru 
bringen  können.  Nicht  unmöglich  aber  wäre  es,  das  dii 
Angabe  in  Verbindung  steht  mit  der  von  Ross  notirten  u 
auch  mir  berichteten  Überlieferung  der  Schifferbevölkeru 
über  eine  versunkene  Stadt  im  Meer  an  der  Westküste  v 
Paros,  Antiparos  gegenüber  in  der  Avyssos  genannten  Buc' 
einer  Überlieferung,  der  sowol  Tsiindas  wie  Hiller  von  Gi 
Iringen  und  ich  nachgegangen  sind,  und  von  deren  llaltloei 
keit  wir  uns  alle  überzeugt  haben.  Vielleicht  liegt  auch  ei 
Verwechselung  mit  den  Ruinen  auf  Despotiko  vor  (vgl.  z. 
Bursian,  Geographie  von  Griechenland  II  S.  i82)'.  Jedf 
falls  möchte  ich  die  Angabe  Piacenz,-i8  nicht  für  völlig  a| 
kryph  halten. 

Alle  seine  anderen  topographischen  Bemerkungen  hat  P 


'Ahnliclic  Kabeicien  wie  ülier  Avyssos  gishen  aucli  iilier  eine  mellc 
.  Meere,  zwischen  Dtjspoliku  uhil  Anliparus  bui  der  Fiseberlicvülkerung  i 
vgl.  Tsuniias  'E^il^'F't  "P/.-  1898  Ö.  17(1. 


cenza  mit  mogüclisl  zahlreichen  Zeiif^niBBen  zu  belegen  sich 
bemüht,  unii  unter  der  grossen  Zahl  citirler  Quellen  figuriren 
auch  verschiedene  jener  unbekannten  und  anonymen  Autoren, 
von  denen  es  in  seinem  13uclie  wimmelt,  An  ihrer  Spitze 
erscheint  als  Hauptzeuge  füi*  alles,  was  zur  Antike  in  Oezie- 
hiing  steht,  jener  rätselhafte  Nikostratos,  über  den  ich  niich 
im  Archiiologiectien  Anzeiger  1896  S  35  f.  geäussert  habe'. 
Neben  Nikostratos  steht  als  nicht  minder  dunkle  Persönlich- 
keit der  dreimal  citlrle  llortensio,  ein  Scliriflsleller,  dessen 
Existenz  yanz  in  der  Lull  schwebt,  dessen  Werke  aber,  von 
Piacenza  bald  opusc{idurn)  mar{Uimuni)  (S,  94),  bald  in 
Aeg{aeo)  (S.  92,  wol  ein  Untertitel  des  ersteren),  bald  An- 
tichifa  dt  Grecitt  ( S.  67)  genannt,  immerhin  unser  In- 
teresse wachrufen.  Das  gleiche  gilt  von  Aulenotti  und  sei- 
nem Werke  ' Novilunä',  das  von  Piacenza  vielfach  benutzt 
ist.  Nur  scheint  liier  soviel  festzustehen,  dass  wir  es  bei 
dem  Namen  mit  einem  ausgesprochenen  Pseudonym  des  Ver- 
fassers zu  tliun  Ilaben,  der  sein  Werk  den  Noctes  atticae 
nachbildete^.  Unter  den  übrigen  Citaten  des  Paroskapitels 
ßnden  sich  zwar  noch  sehr  entlegene  Namen,  aber  sie  lassen 
sich  doch  alle  nachweisen.  Die  Darstellung  von  Paros,  die 
auf  dieser  gesamten  Kompilation  und  den  dabei  milbenutz- 
ten persönlichen  Erfahrungen  sich  autbaut,  ergieht  für  die 
Altertümer,    abgesehen    von  dem  oben  besprochenen    Falle, 


'  Bezeiciinender  Weise  stellt  NikosUatos  im  Absclinill  ülier  Paros  als 
Zeuge  nicht  nur  Tür  verschiedene  antike  oder  antik  sein  sollende,  zum  Teil 
liöchst  fragwürdige  Namen  von  Faros  oder  den  umliegenden  Inseln  son- 
dern beispielsweise  auch  Tör  die  Wassermühlen  von  Naussa .  «on  denen 
Buundelinonle  erzählt,  und  ffir  die  neben  Nikostratos  noch  Bordoni,  Hör- 
caechi  und  Aulenotti  angerührt  werden.  Sichere  Anhaltspunitte  ülier  diese 
merkwürdige  Erscheinung  in  der  Litleralur  hal>e  ich  auch  seitdem  niclit 
gerunden.  Die  wenigen  Beiträge,  die  ich  zu  der  Erforschung  dieses '.^u- 
lure  greco  ed  aiUieu'  seit  1896  habe  beibringen  können,  werden  an  anderer 
Stelle  gelegentlich  bekannt  gegeben  werden. 

'  Nichts  ta  thun  haben  mit  diesem  Werke  die  flocUs  atiiuol  Paritinae  al- 
lieii  Geilii  nuelibui  invigilatae  des  H.  Ulephanos  (  Cam  1585).  Das  Werk 
beweist  uns  nur,  dass  solche  Nachahmungen  des  Gellius  in  jener  Zeil  nicht 
selten  waren. 


368  0.  HUBBNSOHN 

Dichte  Neues  mehr,  aber  einige  richtige  topographische  An- 
gabeD  über  moderne  Ortelagen  zeichnen  Piacenza  noch  vor 
den  früheren  Schriftstellern  aus.  Auffallend  wenig  weiss  er 
von  Paroikia,  er  erwähnt  weder  die  Hekalontepyiiani  noch 
das  Schloss  noch  das  Asklepieion.  Dies  liegt  wol  daran,  dass 
er  mit  der  venetianischen  Flotte  sein  Standquartier  bei  Naussa 
hatte,  wo  er  denn  auch  ausgiebige  Lokal -Kenntnisse  verrät. 
Wichtig  ist,  dass  er  ausser  den  drei  Hauptorten  —  Paroikia, 
Naussa  (Agosta)  und  Kephalo  — noch  12  Ortschaften  auf  der 
Insel  kennt.  Die  Namen  freilich,  die  er  einigen  beilegt,  sind 
höchst  fragwürdiger  Natur.  Immerhin  ist  aus  dem  Gesagten 
zu  erkennen,  dass  Piacenzas  Buch  von  nicht  zu  unterschätzen- 
dem Werte  für  die  Erforschung  von  Paros  ist.  Es  darf  bei 
keiner  Arbeit  über  die  griechischen  Inseln  unberücksichtigt 
bleiben. 

Ober  das,  was  nun  noch  folgt,  können  wir  schnell  hinweg- 
gehen. Es  sind  die  Beschreibungen  der  Insel  in  den  Reisewerken 
der  modernen  Griechenlandforscher^die  in  aller  Händen  sind  ^ 
Bei  den  älteren  dieser  Reiseaden  genügt  eine  kurze  Erwäh- 
nung.  Thevenot   {Relation  d'un  voyage  faii  au  Levani) 


*  Absichtlich  habe  ich  im  Texte  Tbevets  Oosmograpkie  universelle  (Paris 
1575}  übergangen,  in  der  Faros  t.  I.  Buch  VII  S.  235  f.  behandell  ist. 
Thevets  Glaubwürdigkeit  wird  mit  Recht  lebhaft  in  Frage  gestellt.  So  wird 
auch  die  Erzählung  von  seinem  Besuche  in  Paros,  den  er  mit  allerlei  Epi- 
soden auszuschmücken  weiss,  mit  Vorsicht  aufzunehmen  sein.  Imuierhio 
verdient  erwähnt  zu  werden,  dass  er  bei  der  Nennung  von  Kephalos  be* 
merkt:  'Du  cosU  de  ce  chasleau  est  la  rivUre  que  lex  anciens  nommoient 
Asope^  laquelle  descendanl  des  monis  et  par  les  pröcipices  des  rochers  se  va 
rendre  en  iner  du  cosU  du  Midy\  Ob  die  Lokalisirung  des  von  Strabo 
VIII,  382  nur  gclegenllich  erwähnten  Asopos  von  Paros  zutreflcnd  ist, 
und  nicht  vielmehr  der  unweit  der  Marmorbrüche  entspringende  und  in 
die  Bucht  von  Naussa  mündende  grösste  Flusslauf  von  Paros  als  Asopos 
in  Anspruch  zu  nehmen  ist,  mag  fraglich  erscheinen.  Es  ist  jedenfalls  be- 
merkenswert, dass  sich  die  Berücksichtigung  dieser  ziemlich  versteckten 
Slrabonotiz  unter  allen  Modernen  nur  bei  Thevet  Gndet.  Nur  hinweisen 
möchte  ich  in  diesem  Zusammenhang  auf  Coronellis  Ailanle  venelo,  Ve- 
nedig  1688,  wo  ö.  235  von  Paros  die  Rede  ist,  aber  nur  wenig  Zeitge- 
schichllichcs  aus  Eigenem  gegeben  und  im  wesentlichen  Piacenza  ausge- 
schrieben wird. 


brinj-l  nur  einif^e  Druckzeilen  übrr  Parns.  in  (ienen  er  den 
Iteiclilitm  an  Antiken  besonders  liervrjrliebL  und  bemerkt, dass 
viele  derselben  pnr  un  Gentilhomrne  anglois  geraubt  seien, 
wie  von  anderen  Inseln  (eine  viel  verbreitete  Tradition).  Von 
dem  Aufentball  des  Marquis  de  Noinlel  auf  Paros  (1673)  sind 
leider  keine  eingebenden  Berichte  verülTenllichl,  die  vorhan- 
denen Publikationen  bescliäftigeii  sieb  last  uiisscbliesslich  mit 
der  Schilderung  des  Hesuclies  der  Grotte  von  Antiparos  (so 
auch  jetzt  Albert  Vandal  VOdtßsee  d'un  anibnssadeur,  Pa- 
ris 1900  S.  127  ff  ),  In  Tourneforls  Relation  >l'im  voyaf;e  du 
Levant  ( 1700)  nimmt  die  Behandlung  von  Paros  zwar  einen 
breiten  Baum  ein.  aber  der  gescbicblliche  Abriss  aowol  der 
allen  wie  der  späleren  Zeit  ist  konfus  und  besonders  für  die 
spätere  Zeit  aucli  reicb  an  Fehlern,  der  topograpbiscbe  Teil 
erjiiebt  für  die  Antiken  fast  nicbls,  für  die  modernen  Verbiilt- 
nisse  ist  er  insofern  von  Wichtigkeit,  als  hier  zum  ersten  Mal 
sich  die  modernen  Ortsnamen  zusammen  linden  (Coslou, 
Leplichis,  Marmara,  Chepido,  Dragoula)  und  die  wichtigeren 
Kirchen  namentlich  aufgeführt  sind. 

Im  russisch-türkischen  Kriege  1768-1774  lag  die  russische 
Flotte  unler  Alexoi  Orlow  längere  Zeil  (um  1770)  im  Hafen 
von  Naussa.  Das  lenkte  die  Aufmerksamkeil  auf  die  lange 
vernaehiässigte  Insel,  und  so  sehen  wir  kurz  hintereinander 
die  lleisenden  von  Bietlesel.  Pasch  van  Krienen,  van  Kins- 
t)ergen  in  Paros.  Kinsbergens  Buch  über  den  Arcbipelagos 
verfolgt  nur  militürisch- nautische  Zwecke,  kann  deshalb  von 
uns  füglich  unbeaehlel  gelassen  werden.  Die  Beschreibung  in 
Pasch  van  Krienens  Buch  ist  unbedeutend;  sie  beruht  zwar 
in  der  Beschreibung  von  Paroikia,  Naussa  und  Kephalos  auf 
Autopsie,  alles  auf  Antike  und  Gescliichte  Bezügliche  isl  aber 
entlehnt;  besonders  ist  Tourneforls  Werk,  vielleicht  auch 
die  Schrift  Hiedesels  benutzt.  Dieser  letztere,  der  in  den 
Jahren  1767-1770  den  Archipel  bereiste,  hatte  Sinn  für  die 
Antike,  er  beschreibt  eine  Anzahl  Skulpturen,  die  er  auf  Pa- 
ros gesehen  hat,  ferner  erwähnt  er  die  antiken  Quadern  des 
venetianischen  Schlosses,  teilt  auch  eine  der  dort  eingemauer- 


37Ö  0.  RUBBN80HN 

ten  InschrifleD  mit  (C.J.  G.  II  2399)  und  widmet  den  Mar- 
morbrüchen  einige  Worte.  Der  sonstige  Inhalt  aber  ist  unbe- 
deutend. Dies  Urteil  gilt  auch  von  dem  betreffenden  Kapitel 
im  Werke  Choiseul-Gouffiers,  in  dem  eigentlich  nur  die  An- 
gaben über  den  Aufenthalt  der  Russen  in  Naussa  für  uns  von 
Interesse  sind.  Auch  seine  Karte  des  Hafens  vonTfaussa  dient 
vornehmlich  der  Erläuterung  seiner  Scliilderung  über  die 
Standorte  der  russischen  Armee.  Ausfuhrlich  schildert  er  wie 
Tournefort  die  Grolle  von  Antiparos,  von  deren  Eingang  er 
eine  Ansicht  giebl.  Die  Karte  von  Faros,  die  sich  in  seinem 
Prachlwerke  findel,  bedeutet  zwar  einen  grossen  Portschritt 
gegen  Piacenzas  und  Bordonis  Zerrbilder,  sie  ist  aber  trotz- 
dem reich  an  Fehlern;  Koslo  liegt  z.  B.  ganz  im  Süden  und 
zwischen  Kosto  und  Paroikia  ßgurirl  noch  Buondelmontes  Mi 
noa^  Von  den  alleren  Arbeiten  des  19.  Jahrhunderts  seien 
hier  nur  genannt  Daniel  Clarke  Travels  in  Various  Coiui'- 
tries  of  Europa^  Asia  und  Africa  II.  2,  S*  411  ff.  (mit 
Karte),  Leake,  Travels  in  the  Northern  Greece  III.  S.  851T., 
Expe'dition  de  More'e  III.  S.  11  und  S.  44  (hier  die  In- 
schriften von  Paros),  von  Prokesch-Oslen,  Denkwürdigkeiten 
II.  S.  20  ff.  und  S.  52  ff.  (mit  einigen  wichtigen  Nachrichten 
über  das  Asklepieion ). 

Die  eigenllich  wissenschaftliche  Arbeil  über  Paros  beginnt 
mit  F.  Thiersciis  Abhandlung  über  Paros  und  parische  In- 
schriften (Abhandlungen  der  bayerischen  Akad.  der  Wissen- 
schaden 1834,  I  S.  583  ff.).  Er  hat  einige  wichtige  topogra- 
phische Fragen  erledigt  und  eine  Anzahl  unbekannter  In- 
iichriflen  publizirl,  darunter  vor  allem  die  wichtige  Inschrift 
CLG,  II  2374  e,  deren  ausführliche  Behandlung  den  Haupt- 
inhalt seiner  Arbeit  bildet.  Sein  nächster  Nachfolger,  wenn 
wir  von  Fiedler  absehen,  ist  Boss,  den  seine  Beisen  im  Jahie 
1835  nach  Paros  führten.  Leider  hatte  er  nur  wenige  Tage  für 


*  Sauvebceiifs  Uoiscwerk  isl  mir  weder  in  der  Original -Ausgabe  iuksIi  in 
der  Uberselz.uiig  zugänglich.  Teil  II,  S.  191  f.  der  deulscheu  Ausgabe  wird 
Paros  bebandelt. 


PAiios  I  371 

lien  Aufenlhall  iibi'if^.  Seine  klai-e  topograpliisclie  Skiize  (Rei- 
sen auf  den  griecliisclien  Inseln  I  S.  'i^i  IV.)  ist  irolzdcm  das 
BesLe.wus  über  Puros  j^esclit'ieben  ist, und  noob  heute  das  beste 
llitfsmiltel  für  den  Itesuchei'  dei'  Insel.  Itoss'  Aufsatz  konnte 
Vatei'  nielit  mehr  milbenutzen,  der  bei  ISrsch  und  Gruber. 
Seution  III,  Teil  XII  in  ausfuhrlicligter  Weise  alles  zusam- 
mengestellt bat,  was  wir  aus  alter  und  neuer  Zeit  über  Paros 
wissen,  und  auf  Grund  des  damaligen  Wissens  ein  geschieht- 
liebes  Bild  der  Insel  zu  entwerfen  versucht  hat.  Vaters  aus- 
serordentlich sorgfältige  Arbeit  giebt  uns  im  Zusammenhang 
mit  doss'  Aufsatz  eine  vollständige  Zusammenfassung  alles 
dessen,  was  um  die  Mitte  des  19.  Jahrhunderts  über  Paros 
bekannt  war.  fJckkers  Dissertation  <te  Paro  insttla  kann 
duneben  auf  Beachtung  keinen  Anspruch  erheben.  Ausser- 
ordentlich wichtiges  Material  für  die  Geschichte  von  Paros  in 
der  Zeil  der  frünkiscben  Herzöge  bat  aus  ilalischen  Urkunden 
Hopf  beigebracht,  das  in  den  Silziingsherichlen  der  wiener 
Akademie  von  1855  und  1856  {Rand  16  und  21)  zur  Ge- 
scbicble  von  Andros  veröffenllichl  ist.  Für  die  Karle  von  Pa- 
ros haben  die  noch  beute  muassgebende  Grundlage  die  cngli- 
sclien  Seeolliziere  geschaffen,  deren  Seekarte  die  einzige  ge- 
naue topographische  Aufnahme  der  Insel  ist. 

Der  parischen  Inschriften  haben  sieb  seitdem  angenom- 
men; Vidua,  Le  Bas,  Gonze,  Michaelis,  Olympios,  Ktispi, 
de  Ridder,  Pernice,  Wilhelm,  lliller  von  Gäriringen.  deren 
.\rbeilen  hei  den  betreffenden  .Abscbnillen  RrwÜlinung  finden 
wei'dcn,  die  erhabenen  Skulpturen  von  Paros  hat  Löwy  in  den 
Archiiol.-epigrapb.  Mittbeilungen  aus  Österreich  XI  S.  \'il  IT. 
'behandelt.  Die  prähistorischen  Grabanlagen  hal  Tsundas  un- 
tersucht. Zu  eingehenderen  Forschungen  hat  seil  Ross  nie- 
mand wieder  die  Insel  belleten.  Die  immer  noch  zahlreichen, 
über  dem  Boden  liegenden  oder  von  Zeil  zu  Zeil  auflauchen- 
den  .Mlerlümer  der  Insel  gingen  allmählich  dem  Untergange 
entgegen,  uud  ihre  Zerstörung  wäre  nocli  vollständiger  ge- 
worden, wenn  nicht  laden  letzten  Jahrzehnten  einsichtige 
Itewohner  der  Insel  sich  der  AllertUmer  angenommen  hätten. 


37?  O.    BUBBNfiOHN,  PAnoS  1 

Ufiler  diesen  vertlicnl  vor  ullun  Mlcliael  Krispi  genannt  zu 
wenien,  der  ßnlileckcr  dita  neuen  Fragmentes  tlits  Mui'iiior 
l'iinum,  <liirtili  deäsen  eifrii^e  MeinUliun^en  eine  Men^e  Aller- 
tiimer  vom  Unterj^an^e  ^rettel  oder  wenigstens  in  Aliscliririen 
oder  Heschreibungen  erhallen  worden  sind.  Dank  sei  iliiii  wie 
den  übrigen  Männern  der  Insel  uucli  liier  fiir  die  unci^cii- 
nillzigp  Unlerstülzung  ^esiigL,  die  sie  uns  bei  unseren  Arbui- 
len  haben  zu  Teil  werden  lassen. 

Berlin. 

O.  UUBENSOHN. 


lilNE  AIIUIIA[KCIIK  JIINGI.INORKIOUR  UE9  AKRüPOLIS- 
MUSEUMH 

iTaffl  XV   und  XVI 


ßesclireiliiin<^  der   Slutue, 


Die  auf  Tufel  XV  abgebildete,  füsL  lebensgrosse  Jünglings- 
slatue  befinileL  sieb  im  Akropolismuseuni  zu  Atlieii  (Nr.  692) 
und  wird  liier  mit  püliger  Krlaubniss  der  Epborie  vemlTent- 
Ijcbt.  Der  Torso  wurde  im  Sommer  1900  durch  den  Knpf 
und  den  recliten  Unterarm  ergänzt.  Die  Figur  beslebl  aus 
weissem,  selir  durchscheinenden  parischen  Marmor,  der  slurk 
geschichtet  ist ;  lange  enge  Kalkspaldrusen  durchziehen  ihn 
vijti  rechts  unten  nach  links  oben,  eine  davon  ist  an  der  lin- 
ken Schuller  als  liefet*  Spalt  siclilbar.  Ks  sind  nur  wenige, 
kleine  Glimmereinsprengungen  vorhanden;  einige  Sprünge, 
in  die  später  eisenhaltiges  Wasser  eingedrungen  ist,  treten  als 
braune  Linien  hervor.  Die  Vorderseile  der  Figur  ist  vnllstan- 
dig  bearbeilel  und  leicht  polirt,  an  der  Rückseile  sind  noch 
Meisselstricbe  und  Spuren  der  Uaspel  und  des  Bohrers  zu  er- 
kennen. 

Der  Hals  ist  nahe  über  der  llalsgrube  gebrochen,  der  linke 
Arm  fehll  vim  der  Mitte  des  Biceps.  der  reclile  von  der  Mitle 
des  Unterarmes  an  und  isl  ausserdem  dicIiL  über  dem  l'^llen- 
bogen  gebrochen.  Die  Unterschenkel  und  Püsse  relilen.  Die 
Geschlechtsteile  sind  abgebrochen.  Am  Kopfe  fehlt  die  hintere 
Hälfte,  vnm  binleren  fiande  der  Ohren  ab;  der  obere  lirueb 
des  Halses  verlauft  etwa  in  Fingerbreite  unler  dem  llalsanaalz, 
der  unlere  dicbl  über  der  llalsgrube;  das  zwischen  dem  obe- 
ren und  dein  unleren  Bruch  fehlende  Stück  isl  niclil  wieder- 
gefunden worden. 


i 


374  B.   DBLBRUECK 

Auf  dem  Schädel  dicht  vor  dem  Wirbel  und  dicht  ttber  dem 
Stirnhaar  befindet  sich  je  ein  centi meterbreites,  nicht  tiefes 
Bohrloch;  das  hintere  wird  den  Vogelschirm  getragen  haben, 
in  das  vordere  war  wol  ein  Marmorzapfen  eingesetzt,  um 
einen  Fehler  des  Blockes  zu  verbessern. 

Die  Oberfläche  des  Torso  ist  im  Ganzen  gut  erhalten,  die 
des  Kopfes  zeigt  die  ursprüngliche  Glätte  nur  noch  auf  der 
rechten  Wange;  Haar,  Ohren,  Augen,  Mund,  Kinn  sind  stark 
bestossen,  die  Nase  ganz  verschwunden,  ausserdem  die  linke 
Kopfseite  verwittert.  Farbspuren  sind  nicht  zu  konstatiren, 
doch  scheinen  das  Haar  und  die  Augenwimpern  durch  Rau- 
hen der  Oberfläche  für  die  Aufnahme  von  Farbe  vorbereitet 
zu  sein;  der  Mund  ist  zu  sehr  bestossen,  um  die  BeschafTen-. 
heit  der  Oberfläche  erkennen  zu  lassen.  Bei  der  Aufstellung 
wurde,  um  das  Aussehen  des  Kopfes  zu  heben,  das  Haar  mit 
Lehm  leicht  getönt. 

Die  wichtigsten  Maasse  der  Figur  sind  in  der  folgenden 
Tabelle  enthalten : 

Maasse  des  Kopfes* 

wirkliche«  Mmm  KanonitcbM  Maa« 

*.  Kalknaon,  Prwportioncn  S.  30. 

Gesichlshöhe 0.129  Ü,i26 

Wirbel  -  Haargrenze  der  Stirn 0,129 

Haar- Auge 0,042  0,042  (modulus=0.0042) 

Auge-Mund 0.048  0,046 

Mund  Kinn 0,039  0,0378 

Auge-Nase 0,034  0,0336 

Na.se  -  Mund 0,014  0,0126 

Alhstand  der  inneren  Augenwinkel..  0,022 

»      der  äusseren  Augenwinkel. .  0,082 

»      der  Wangenbeine 0,i01 

»      der  Ohransätze 0,iiO 

Augenlänge  rechts 0,026 

»         links 0,027 


*  Die  Maasse  entsprechen  denen  des  Apollon  Piombino  bis  in  die  Ab- 
weichungen vom  Kanon;  abor  der  Apollon  Piombino  ist  leider  kein  loka- 
lisirtes  oder  datirtes  Kunstwerk. 


BINB  ARCHAISCHE   JUBNOLINGSFIGUH  375 

Maasse  des  Körpers 

Vermutliche  Gesamthöbe 1,37  ^  =  zweimal  Scheitel-Gliedansatz) 

Kinn  -  Halsgrube 0,048  ( ergänzt ) 

Höbe  bis  zum  Gliedansatz 0.685 

Halsgrube  -  Scbwerlfortsatz 0,169 

Halsgrube  -  Gliedansalz 0,462 

Erste- zweite  Inscription  0,044 

Zweile-drilte  Inscription 0.077 

Nabel-Gliedansatz 0. 106 

Oberschenkellänge 0,40 

Scbulterbreile 0,29 

Abstand  der  Brustwarzen 0,18 

»        der  Darmbeinstachel 0,133 

Die  Haltung  der  Figur  isl  bewegt.  Das  vorgesetzte  linke 
Bein  ist  im  Knie  etwas  gebogen,  wie  der  genügend  erhaltene 
Kontur  der  Kniekehle  sicher  beweist.  Der  Kopf  ist  nach  links 
gedreht;  diese  Bewegung  sichert  der  Verlauf  der  Kopfnicker 
über  der  llalsgrube  und  die  Schwellung  des  rechten  Kopf- 
nickers am  Ohr.  Bei  der  Zusammensetzung  ist  er  etwas  nach 
rechts  geneigt  worden  wie  am  Knaben  des  Kritios.  Die  Arme 
sind  an  den  Schultern  zurückgenommen ,  der  rechte  etwas 
mehr;  der  rechte  Unterarm  ist  etwas  gehoben,  für  den  linken 
wird  dasselbe  anzunehmen  sein.  Die  Hände  müssen  Attribute 
oder  Weihgaben  gehalten  haben ;  sie  sind  nicht  wiederge- 
funden worden. 

Die  Zugehörigkeit  des  Kopfes  ist  im  Vorhergehenden  nicht 
weiter  bewiesen  worden;  sieergiebt  sich  aus  der  Übereinstim- 
mung in  den  Maassen ,  der  Marmorqualität,  dor  Art  der 
Bearbeitung  und  endlich  der  gleichen  Funktion  der  Kopf- 
nicker  an  Torso  und  Kopf. 

Der  Jüngling  trägt  das  Haar  des  Vorderkopfes  in  leicht  ge- 
wellten, engen  Strähnen  nach  vorne  gekämmt.  Diese  Strähne 
sind  durch  gravirte  Linien  in  die  glatte  Fläche  eingezeichnet; 
am  Rande  legen  sie  sich  etwas  auseinander,  uud  es  kommen 
die  unteren  Strähne  zum  Vorschein,  deren  tiefere  Lage  aber 
nicht  plastisch  ausgedrückt  ist.  Das  Haar  ist  bis  über  die 


376  n.  DBLBnuBCK 

Ohren  nach  vorne  gekämmt;  es  endet  in  drei  übereinander- 
liegenden Reihen  buckelartiger  Löckchen,  die  sich  im  liogen 
von  der  einen  zur  anderen  Schläfe  ziehen  und  deren  oliere 
Keihen  gegen  die  unteren  etwas  zurückliegen.  Am  Hinterkopr 
kann  das  Haar  nicht  lang  herabgefallen  sein,  sonst  müsste 
sich  im  Nacken  der  Schopf  Gnden.  Man  kann  die  Frisur  ver- 
schiedenartig ergänzen,  etwa  in  der  Art  des  B,  C.  H.  XI  Taf. 
13.  14  publicirten  Jünglings  aus  dem  Ptoion. 

Die  Figur  stellt  einen  heranwachsenden  Jüngling  dar,  der 
kaum  das  sechzehnte  Lebensjahr  dürfte  überschritten  haben. 
Alle  Teile  des  Körpers  sind  schmal  und  lang,  die  Knpchen 
fein,  die  Muskeln  noch  nicht  athletisch  entwickelt,  mit  Fett 
und  zarter  flaut  überzogen,  die  am  Spalt  sich  sogar  einmal 
in  Fettfalten  legt. 

Die  Beine  sind  in  der  Gesamtform  richtig  aufgefasst,  aber 
sehr  weich  ausgebildet,  die  einzelnen  Formen  sehr  flüssig  ver- 
bunden ;  nur  am  Knie  tritt  die  Struktur  deutlieh  hervor.  Die 
Glutäon  sind  für  ein  archaisches  Werk  nicht  stark  entwickelt, 
das  Kreuz  nicht  tief  eingesenkt.  Die  Beckenlinie  verläuft  der 
schlanken  Anlage  des  Körpers  entsprechend  sehr  steil  von  den 
als  weiche  Hügel  vortretenden  Darmbeinstacheln  aus.  Der 
Oberkörper  ist  lang,  schmal  und  flach,  ein  wenig  vorgebeugt, 
glatt  und  leicht  fallen  seine  Konture  bis  zu  dem  schmalen  Bek- 
ken,  kaum  dass  die  Schwellungen  des  schrägen  Bauch muskels 
bemerkbar  sin<l.  Der  Brustmuskel  ist  schmal  und  flach,  seine 
Erhebungen  und  Grenzen  kommen  nur  als  Wellen  zur  Erschei- 
nung, das  Brustbein  tritt  kaum  hervor,  auch  nicht  die  Grenze 
gegen  den  Deltamuskel  zu.  Die  Arme  sind  weich  und  rund, 
aber  nicht  mädchenhaft,  wie  denn  die  Figur  nichts  Weibliches 
in  der  Erscheinung  hat.  Der  Brustkorb  ist  nicht  sehr  tief;  die 
Muskulatur  der  Bauchdecke  ist  völlig  ausgeführt  und  in  eigen- 
tümlicher Weise  stilisirt.  Die  weisse  Linie  ist  kenntlich  vom 
Schwertfortsatz  bis  zum  Nabel,  die  Grenzen  zwischen  dem  ge- 
raden und  schrägen  Bauchmuskel  sind  sehr  nach  aussen  ge- 
schoben, und  dementsprechend  greifen  die  Darmbeinstacliel 
nicht  weit  in  die  Baucbgegcnd  hinein  ;  die  obere  Grenze  des 


RINE  AHCHAISniE  JUKNOE.tsr.SFiGUR  ÜTT 

Bauches  ist  belonl  durch  Wiedergabe  des  Schwertforlsalzes 
und  des  Verlaufes  dfr  erslen  Inscription,  die  zu  beiden  Sei- 
ten des  SehwerlForlsaLzes  erst  lÜllt  und  dann  wieder  ansteigt. 
Der  Rrtislkorbrand  ist  üherhaiipL  nicliL  dargestellt:  die  zwei 
unteren  Inscriptionen  sieben  an  der  richtigen  Stelle 

Der  Kopf  ist  hoch  und  schmal.  Von  der  Mittellinie  des  Ge- 
sicbteH  biegen  die  Fliicben  rasch  nach  Irinlen  um;  in  der  Sei 
lenansiclit  erkennt  man,  dasa  er  auch  viel  Tiefe  liat,  dass  seine 
Wangen  und  Schläfen  vollkommen  ausgebildet  sind.  Seine 
Selilankheil  wird  hervorgelioben  durcli  den  breiten  Kranz  der 
Stirnlocken- 

Dle  glatte,  hohe  Stirm^  biegt  scharf  nach  den  Seiten  um, 
die  Brauen  verlaufen  in  ganz  flachem  Bogen  gegen  die  Schlü- 
Fen  imd  tlie  glatten,  knappen  Wangen.  Die  nicht  grossen  Au- 
gen stehen  fast  horizontal,  massig  gröfTriet  schauen  sie  gemde- 
aus;  an  den  fleischig  aufgefassten  breiten  Lidern  ist  die  Thrä- 
nendrüse  genau  ausgefülirt.  Die  Nase  war  schmal  und  setzte 
mit  einer  kraftigen  Wurzel  in  das  Fleisch  ein.  Der  Mundspnlt 
verläuft  fast  gerade  und  ist  ganz  einfach  gezeichnet,  oline 
Scliwingungen  und  Feinheiten.  Die  Lippen  sind  nicht  stark 
und  treten  nicht  viel  aus  der  Flache  hervor.  Modi  und  wo! 
gerundet  ist  das  Kinn.  Die  Ohren  sitzen  an  der  reclilen  Stelle 
und  sind  fein  durchmodellirt  in  der  cliiotischen  Art. 

Die  Figur  bat  einen  tiefen,  dauernden  Heiz,  Kine  grosse 
naive  Begabung  hat  in  ihr  Vieles  ausgedrückt,  was  zu  analy- 
airen  man  vergebens  versuchen  würde:  die  physische  Fein- 
heit einer  südlichen  Aristokratie,  eine  organische  Schönheit, 
in  der  alles  stabil  und  leicht,  fest  und  schlank  gebaut  ist  wie 
an  l.uxustieren,  das  kindlich  Zarte  eines  gepflegten  Knaben 
mit  blondem  Maar, eine  frische  und  doch  gehaltene  Bewegung, 
das  Jugendliche  und  Altererbteeines  vornehmen  griechischen 
Kindes. 

?.   Herkunft  der  Statue. 


Die  Jünglingsfigur  von  der  Akropolis  ist  wichtig,  weil  der 
Besitz  einer  grossen   Kunstschule  der  Vergangenheit    in   ihr 

ATHBN.   HITTIIEILUNGEN    XXV.  25 


3^8  ll.   bELBttUECk 

enlhalten  ist,  und  ihr  Slil  wieder  stark  und  dauernd  auf  die 
Folgezeit  gewirkt  hat. 

Sie  steht  in  der  Tradition  der  s&misch-naiischen  Kunst, 
und  muss  etwa  ein  halbes  Jahrhundert  später  entstanden  sein 
als  die  Jünglinge  vom  Ptoion  und  von  Megara,  weil  sie  viel 
eleganter  und  anatomisch  korrekter  istV  Ein  Vergleich  des 
ptoischen  Apollon  {B  C.H.  XTaf.  4)  mit  der  Akropolis- 
figur  lässt  die  samischen  Elemente  des  jüngeren  Werkes  er- 
kennen. 

An  beiden  Körpern  sind  die  Glieder  lang  und  zart,  und 
werden  alle  Kanten  und  Grenzen  von  fettreicher  Haut  über- 
zogen, so  dass  nirgends  die  Muskeln  fest  umschrieben  sind 
und  die  Knochen  selten  deutlich  hervortreten.  Dem  Gesamt- 
umrisse und  den  einzelnen  Formen  liegt  dieselbe  Vorstellung 
vom  Körperbau  zu  Grunde;  man  vergleiche  die  Oberschen- 
kel, die  Zeichnung  des  Kniegelenkes,  den  Umriss  von  Kopf 
und  Schultern,  den  Armansatz  und  halte  dagegen  etwa  den 
Apollon  von  Thera  oder  von  Tenea.  Selbst  ein  Maass  hat  sich 
erhalten,  das  dem  schlanken  Körper  und  der  schmalen  Brust 
entspricht,  die  Brustwarzen- Distanz  ist  halb  so  gross  als  die 
Entfernung  von  der  Halsgrube  bis  zum  Nabel.  Die  Köpfe 
ähneln  sich  in  wesentlichen  Dingen;  in  der  schmalen  Ge- 
samtanlage, darin  dass  die  Flächen  von  der  Mitte  des  Gesich- 
tes rasch  nach  hinten  umbiegen,  im  Umriss  der  Stirn,  in  der 
Stellung  und  Form  der  schmalen  Augen,  den  knappen  Wan- 
gen und  der  Zeichnung  des  ernsthaften  Mundes.  Wie  die  Haar- 
strähne sich  am  Rande  der  Frisur  auseinanderlegen  und  die 
tieferen  Schichten  sehen  lassen,  findet  sich  das  Haar  zum  er- 
sten Mal  bei  einem  jüngeren  naxischen  Frauenkopfe  ange- 
ordnet (Musees  d'Athdnes  Taf.  9). 

Vor  allen  Dingen  aber  die  grossen,  weichen,  langen  Linieü 


•  Vgl.  Sauer  U,A,I.  XVll  S.  37  fr.  Furlwänglcrs  Kritik,  Meislerwerke  S. 
713  fl*.  wird  zum  grossen  Teile  bestätigt  durcii  die  neueren  Funde,  vgl.  Wie- 
gand,oben  S.  151,  Nr.  4.  Im  Einzelfalle  wird  man  allerdings  oft  zweifelu, 
was  samisch,  was  naxiscli  ist. 


BISE   AllCHAISr:HE  JUENÜLINGSPiCL'H  379 

beiller  Stutuen  sind  sJcli  verwanül  und  die  Fläclien  mit  den 
gliillen  Übpi'gün^en,  die  niclit  ganz  das  Objekt  wiedergeben, 
sondern  melir  so  verlaufen,  dass  sie  JasAufiC  gern  auiniinnil 
und  leiclit  versLebl,  weil  sie  den  baniioiiisirenden  Tausoliungen 
entgegenkommen,  die  erilsleben,  wenn  die  Welt  von  einem 
naiven  Geiste  aufgenommen  wird.  An  der  jüngeren  Figur  fin- 
den sieb  muncbe  Neigungen  des  älteren  Stiles  nocli  verstärkt, 
und  finden  sieb  aucli  wieder  Elemente,  die  auf  seine  Auflö- 
sung hinwirken.  IJie  Slalue  von  der  Akropolis  eraclieinl  in 
Körper  und  Ausstattung  noeb  jugendlicher  als  die  vom  Ptoion; 
sie  macht  einen  schlankeren  Kindruck,  weil  die  Seilen  weni- 
ger eingezogen  sind,  und  idso  die  Scbultern  scbmaler  aus- 
sehen. Als  etwas  Jugendliches  darf  die  Frisur  aiifgefassl  wer- 
den ;  spielenden,  laufenden  Knaben  wird  mun  das  liuar  im 
Nacken  aufgebunden  haben,  wie  man  es  die  Mädchen  in  Hau- 
ben tragen  Hess  oder  den  kleinen  Kindern  über  der  Stirn  in 
eine  Locke  schlang. 

Neben  dieser  Weiterbildung  des  alten  Mesitzes  zeigt  sieb 
ganz  Noues;  Linie  und  Form  sind  doch  niclil  mehr  ausschliess- 
lich so  wiedergegeben,  wie  sie  dem  naiven  Menschen  in  Erin- 
nerung bleiben,  sondern  die  füblende  Hund  und  bewusste  Be- 
trachtung haben  vieles  viTbesserl.  so  dass  alles  sieb  mannig' 
faltiger  und  zugleich  knapper  darstellt,  (ieulliclier  in  Linien 
und  Winkein,  aber  weniger  gross.  Die  Beckenlinie  ist  rich- 
tig und  sicher  gezogen,  noch  selir  steil  und  schlank,  aber 
doch  sehr  verschieden  von  der  willkiirlicben  Zeichnung  der 
nai^iscben  Figuren,  deren  Künstler  überhaupt  die  Inncnzeicb- 
nung  weniger  interessirle  als  der  grosse  Umriss  der  ganzen 
Gestalt.  Die  Zeichnung  des  Bauches  ist  von  der  samiscli-na- 
xischen  dadurch  grundsatidicb  getrennt,  dass  die  ganze  Flä- 
che vom  Brustmuskel  bis  zum  Gliedansalz  durchgearbeitet 
und  in  ein  Bild  gebracht  ist,  während  die  naxiscben  Jüng- 
linge nichts  als  im  unteren  Teile  des  Bauches  ein  Feld  zeigen, 
in  das  einige  sich  kreuzende  Linien  eingetragen  sind. 

lOer  Kopf  ist  schmäler  und  präziser  in  den  Formen;  die 
Augenbrauen  sind  llaclier  und  fester  gezugen.  die  Lider  ec- 


scheinen  lletBcliig  und  die  'riiränenJriise  isl  dargeslellt  ;  die 
VVanj^eri  sind  durch  eine  Hache  Furche  zu  heiden  Seilen  des 
Mundes  niodcIliH.  die  Ohren  Tein  durchgehihlel :  die  Ppopor- 
lionen  des  Kopfes  hahen  sich  verändert,  das  Kinn  isl  verliäll- 
nissmüssig  höher,  das  Obergesiciil  sclimüler  gewonler.  als  an 
samisch-naxischen  KüpTen'. 

Von  allem  Älteren  unterscheidet  sich  die  Figur  am  slark- 
slen  durch  ihr  freies  Bewegung»  in  oliv  ;  das  linke  ßein  ist  vor- 
j^eselzl  und  im  Knie  gehogen ;  zum  ersten  iMale  in  der  ata- 
tuarisclien  Plastik  trill  hiermit  organische  Ponderation  an  die 
Stelle  der  mechanischen.  Der  nach  links  gedrehte  Kopf  und 
der  i'cchls  starker  zurückgenommene  Arm  bringen  einen  Ge- 
gensatz in  die  Bewegung,  der  die  FrontatiUit  uulheht. 

Unter  den  erlialtenen  Slutuen  exislirl  kein  älteres  ltcis|iiel 
Fiir  dieses  Bewegungsmotiv,  und  man  kann  deutlich  sehen, 
dass  die  Künstler  erst  im  Begriffe  sind  es  zu  verarheiten  ;  sie 
herücksiclitigen  noch  nicht,  dass,  wenn  der  Mensch  eine  pnti- 
derirte  Stellung  einniml.  seine  Wirhelsiiulc  sich  biegt  uml 
die  Muskulatur  des  Bauches  sich  verschiebt.  Noch  Anderes 
hängt  mit  der  Neuheil  des  Molives  zusammen  Alle  Breilen- 
maasse  der  abgewandlen  KopTseite  sind  etwas  grösser,  das 
Haar  liegt  weiler  zurück,  die  Flache  von  tier  Mittellinie  des 
Gesiclites  bis  zum  Ohr  verläuft  sanfler  als  an  der  rechten 
Seite.  Diese  Abweichungen  arbeiten  der  Verkürzung  entgegen. 
Das  linke  Auge  soll  nicht  zu  klein,  die  Wange  nicht  zu  schmal 
und  nicht  zu  hart  begrenzt  erscheinen,  das  Haar  der  Mittelli- 
nie nicht  zu  nahe  liegen.  Alles  wirkt  dahin  zusammen  den 
neuen  Eindruck  eines  im  Dreiviertelprord  gesehenen  Kopfes 
dem  alten  bekannten  Bilde  des  von  vorn  gesehenen  anzu- 
nähern; aus  einem  ähnlichen  Grunde  ist  das  Haar  an  der  lin- 


<  Die  tamischen  Köpfe  haben  saitischc  Prupnrlion;  in  Reakliun  gegen 
das  allzu  kleine  Kinn  lies  ägyptischen  Tj'pus  hat  dann  <lic  Inselkunst  eine 
Zeil  lang  das  Kinn  sehr  hoch  dargestellt;  dieser  Feliler  ist  im  ietilen  der 
nesiotisch  ionischen  Proporlionssjstenie,  dein  ton  Olympia,  wieder  ausge- 
glichen. Unser  Kopf  steht  auf  der  miUlcien  Enlttickelungsslufe  wie  der 
Apollon  Piombino  und  der  Kolossal  köpf  Ludovisi. 


CIIK  JUBNfiLINGSFIGün 


keil,  gehobenen  Seile  des  Kopres  lierer  herabgefülirt.  Als  die 
j;iifcliiselieil  Rünsllei'  anfingen,  ilii'e  Slatuen  zu  bewegen,  ha- 
ben sie  noch  eine  Geni-ruLion  lang  siuli  bemüht,  das  neue  Bild 
ilem  ultbekannlen  anzugleichen;  auch  der  Knabe  des  Kritios 
zeigt  dieselben  enrylhrnischen  Veränderungen  wie  die  liier 
besprochene  Slatue.  Die  Olympiagiebel  lassen  eine  Änderung 
des  Geschmackes  erkennen.  iJie  lüigenlümlichkeilen  des  Drei- 
viertelprollls  werden  von  dort  ab  im  Bilde  verstärkt,  weil  man 
den  Anblick  nun  gewohnt  ist  und  seine  Sciionheit  verslanden 
hal,  Wie  das  die  jüngere  Zeit  erreichte,  hal  B.  Griif  in  der 
Festschriri  für  Heibig  S.  I{J3fT.  beschrieben. 

Abaiclillich  ist  ein  älteres  Werk  des  samisch  -  naxischen 
Kreises  zum  V'ergleich  benutzt  worden,  um  die  innere  Ver- 
wundlschart  und  zugleicii  den  Gang  der  Elntwickelung  deut- 
licher darstellen  zu  könni^n.  Bs  gibt  aber  Kunstwerke,  welche 
den  Apollon  vom  Ptoion  mit  der  Akropollsfigur  verbinden. 
Schon  der  jüngste  der  naxischen  Apullines,  der  von  Megara 
(Nntionalmuseum  Nr.  13),  hat  eine  deullicher  und  richtiger 
ausgeruhrte  Muskulatur  als  seine  VorläuTer;  die  Schlüsselbeine 
und  die  Art,  wie  sie  am  Bruslbelne  ansetzen, sind  genau  dar- 
gestellt, die  Symphysen  der  Brustmuskeln,  die  Bauchmusku- 
lulur;  die  Beckenlinie  ist  schon  bis  an  die  Grenze  der  Pigur 
herangeführt,  wenn  auch  die  Darmbcinslacliel  noch  nicht  an- 
gegeben werden.  Dabei  sind  Umriss  und  Proportionen  un- 
verändert geblieben. 

Eine  andere  Figur  des  Nationalmuseums  (Nr.  12;  B.C.H. 
Xt  Tal'.  8)  ist  noch  weiter  entwlckell ;  sie  ist  schlanker,  die 
Seilen  des  Oberkörpers  sind  vuller,  die  Üarmbeinstachel  sind 
dargestellt,  und  die  Beckenlinie  richtig  gezogen;  der  Brust- 
muskel endet  in  einer  annähernd  horizontalen  Linie.  Tasl  nur 
die  Bauchmuskulatur  zeigt,  dass  die  Slalue  auf  einer  etwas 
früheren  Stilslule  steht  als  der  Jungling  von  der  .XkropoMs*. 


<  Pulgeuilcrmuas.seii  entwickelt  sich  die  Darstellung  dun  Bauches  io  der 
Insel  Kuii«t.  AiiTangs  kopirl  msn  fllu  utwa  in  der  Kurtn  eiues  spjlzwinkeli- 
Ijen  Dreiecks  tou  den  Weichen  bis  über  deu  Nabel  emporre ichende  KelUn- 


382  H.   DBLBntJBCX 

Durch  die  Eigenlümliclikeilen,  in  denen  sich  unsere  Figur 
voD  der  naliscben  Plastik  entfernt,  vorbindet  sie  sich  mit  der 
jüngeren  Kunst  iler  Inseln. 

Die  sehr  schlanke  Gestalt,  die  Pormen  des  Körpers  und  des 
Kopfes,  die  Neigung  das  Haar  aufgebunden  zu  tragen  teilt  sie 
mit  dem  Nympbenrelief  von  Thaaos* ;  dort  kebrt  aucli  neben 
anderen  neuen  ßewegungsinotiven  das  Motiv  des  vorgesetzten 
und  entlasteten  FuBses  wieder.  Das  Nymphenrelief  mag  etwa 
10  Jabre  jünger  sein  als  die  Statue.  Das  Relief  von  Inee- 
Blundell-Ilall,  das  Purtwängler  zuerst  und  mit  Recht  zur  In- 
selskulplur  in  Beziehung  gesetzt  bat  ^,  kommt  ihr  zeitlich  noch 


bäufung,  die  dem  sailiscben  Menscfienljpus  eigenlümlich  isl;  msD  bopirt 
■ie  entweder  wirklich  plastisch  oder  hioss  durch  lineare  Angabo  ihrer  Gren- 


rT"? 


len  (Apollon  vnm  Ptoion  li.C.H.X  Tar.4.  Torüo  Ton  Aktion. Arndl-Bnieh- 
mann  TU  links;  Fig.  1).  In  das  so  entstandene  Keld  trägl  man  die  wcixse 
Linie  und  die  drei  Iniicriptiunen  ein,  von  deren  Vurlia'ndcnsein  man  weiss; 
um  das  llild  der  Natur  auzuäliiicln,  vcrlireilert  [|ian  das  unisuh  rieben e  Feld, 
erweitert  es  nacli  oben  und  giebt  itiiii  eine  mehr  rechleckige  Gestalt  (vgl. 
Apollon  von  Megara;  Fig,  3).  Wurde  das  Feld  noch  mehr  verbreitert  und 
erhöht,  su  bekamen  alle  Linien  der  Zeichnung  eine  neue  Bedeutung;  die 
seiUichen  Grenzen  gaben  die  Furche  zwisclien  geradem  und  schrägem 
Bauchinuskel  an.  die  ubere  Querlinie  den  Brustkorbraud  oder  die  erste  In- 
seripUon  (Torso,  National inusonm  Nr.  i2;  Fig.  3).  Dann  waren  aber  vier 
Inscriptionen  da;  wenn  eine  davon  fortgelassen  und  der  obere  AbschluKs 
des  Feldes  entweder  deutlich  als  Brustkorbraud  (Wiegand.oben  ä.  153  Nr  6) 
oder  als  erste  Inscription  (Figur  der  Akropolis)  dargcsielll  wurde,  so  war 
die  Hlilsture  dür  liier  bes]>rochencn  Statue  erreicht. 

*  Arndt- Bruckmann  61. 

»  'Zu  den  ol^rnipiscbeti  Skulpluren',  Archäologische  Studien  H.  ßnino 
dargebracht  S.  67  ff.  " 


EINE   AltCltAISCHE   JU'ENGLISGSFE^iOR  It^il 

näher.  Die  wesenlliclien  Resiillale  seines  grundlegenilen  Auf- 
sulzes  erfahren  eine  erneule  Besläligunj?  durch  den  Umstand, 
dass  auf  Paros  bei  Jen  vorjährigen  Ausgiahungen  des  Insli- 
lules  ein  dein  Typus  dür  Olympiagiebel  sehr  nahe  stehendes 
Köpfchen  gefunden  wurde;  und  ein  Marmorkopf  in  Paros 
wird  nicht  impurlirt  sein.  Als  etwa  gleichzeitig  mögen  die  äl- 
teren inelischen  TlionreÜefs  zu  beLraclUen  sein,  z.  B.  Hayet 
Monuments  de  l'art  II  Taf.  Ti ;  auch  die  jüngsten  der  meli- 
schen  Thonreliefs  zeigen  noch  Formen,  die  sich  in  gerader  Li- 
nie aus  denen  der  AkropolisfigurherausenLwickelt  haben  kön- 
nen. Man  vergleiche  z.  13  den  stehenden  Mann  des  auf  Tafel 
XIV  dieses  Jahrgangs  abgebildeten  Exeinplares;  es  ist  keine 
schlanke  und  sclimale,  sondern  eine  hohe,  starke  Gestalt;  in 
straffen,  nachdrücklichen,  scharf  umbiegenden  Linien  sind 
Umriss  und  Innenzeichnung  angegeben  ;  Typus  und  Auffas- 
sung haben  sieh  verändert  ins  Miinnüche,  aber  dennocli  sind, 
um  etwas  FassMclies  zu  nennen, das  Proßl  und  die  Zeichnung 
des  liauches  im  Wesentlichen  gleich  geblieben.  Die  Unter* 
schiede  lassen  sich  ganz  wol  versieben,  wenn  man  annimmt, 
dass  auf  den  Inseln  die  Neigung  zum  Studium  und  zur  be- 
stimmten Daistellung  des  Körpers  stetig  zugenommen  habe, 
noch  bosser,  wenn  man  sich  mit  Furtwängler  '  die  spätere 
Kunst  der  Marmorinseln ,  deren  Bildhauer  so  viel  reisten, 
vom  peloponnesi sehen  Bronceguss  beeinflusst  denkt.  Diesen 
jüngsten  melisclien  Thonreliefs  ist  der  bologneser  Niobiden- 
krater  Monumcnti  dclV  Inst.  XI,  38-40  auf  das  Nächste 
verwandt,  den  man  zu  Polygnot  in  Hcziebung  zu  setzen  pllegt. 
niines  scheint  sich  mit  Sicherheit  zu  ergeben  ;  die  Figur  der 
AkropoiJs  gehört  der  Kunst  an,  deren  Grundlagen  sich  von 
Samus  aus  über  die  Inseln  verbreitet  haben,  und  verbindet 
die  älteren  Denkmäler  jener  Gegenden  mit  den  jüngeren,  den 
Koloss  von  Delos  mit  den  Olympiagiebeln.  t)lwas  Bestimmte 
res  über  ihre  Heimat  wird  kaum  zu  ermitteln  sein;  nur  die 
Beobachtung  mag  iintnerhin  ausgespiochen  werden,  dass  der 


'  SiUungsljericble  der 


icbeuei'  Akad.  1699  S.  583. 


384  R.   DELBRUECK 

Eindruck,  den  sie  hinterlässl,  sich  am  meisten  dem  des  Nym- 
phenreliefs von  Thasos  zu  nähern  scheint.  Da  Thasos  eine 
parische  Kolonie  ist,  und  Paros  in  spätarchaischer  Zeil  die 
Führung  in  der  Inselkunst  übernahm,  soll  der  Stil  der  Figur 
im  Folgenden  kurzweg  'parisch*  genannt  werden  ^ 

3.  Beziehungen  der  Statue  zu  anderen  Werken 

der  archaischen  Plastik. 

Es  ist  möglich,  einigermaassen  den  Platz  der  besprochenen 
Statue  in  der  samisch-nesiotischen  Entwickelung  festzustellen 
und  auch  noch  zu  ermitteln,  dass  diese  Entwickelung  eine 
kontinuirliche  gewesen  ist.  Weniger  sicher  kann  man  sich 
darüber  äussern, ob  die  samische  Kunst  Tür  das  übrige  lonien 
vorbildlich  gewesen  ist,  oder  ob  die  Entwickelung  im  ganzen 
ionischen  Gebiete  selbständig  und  gleichzeitig  forlschritt. Vor- 
läufig könnte  man  sich  die  Dinge  vielleicht  so  zurechtlegen, 
dass  man  den  Apollon  Piombinound  ihm  Verwandtes  als  sa- 
misch  betrachtete  und  den  Jüngling  aus  dem  Ptoion  (National- 
museum Nr.  20)  der  gleichzeitigen  chiischen  Entwickelung  zu- 
wiese. Etwas  klarer  scheinen  die  Verhältnisse  in  Attika  zu 
liegen. 

Es  ist  schwer  zu  sagen,  in  welcher  Form,  von  welchem 
Centrum  aus  die  Kunst  des  Ostens  zuerst  auf  die  attische  ge- 
wirkt hat;  sicherlich  ist  die  naxische  an  der  Bildung  des  Sti- 
les der  Typhongiebel  unbeteiligt,  sind  diese  weit  eher  ephe- 
sischem,  milesischem  oder  chalkidischem  verwandt.  Es  folgt 
eine  Periode  vorherrschend  chiischen  Einflusses,  und  erst  als 
der  jüngere  *parische'  Stil  sich  ausgebildet  hatte,  begann  die 
samisch  nesiotische  Kunst  Einfluss  auf  Attika  auszuüben,  je- 
nen Einfluss,  dessen  letzte  Phase  Polygnots  Wirksamkeit  in 
Athen  bezeichnet.  Neben  dem  Unfassbaren,  was  macht,  dass 
rine  *  parische*  ShUue  neben  einer  chiotischen  sich  ausnimmt 


*  Ein  in  Faros  selbst  gefundener  Torso  ( Pholographien  des  Instilules  Pa- 
rus  110.  111 )  zeigt  viele  Alinliclikeiten,  er  ist  etwas  älter. 


EINE  ARCHAISUHE   JUENGLlNGSFiOUll  385 

wie  das  ausdrucksvolle  VVorl  eines  Kindes  neben  einem  pre- 
tiösen  UedicIiL,  besilzt  sie  ejworbene  Kenntnis^  und  bewussles 
Wollen,  sie  versieht  den  Körper  ricblig  darziislellen  und  ihre 
sclilanken  Fipuren  zu  bewegen.  Üurcb  diese  Dinge  hal  sie 
das  Ausgehen  des  attischen  Männertypus  sehr  verlindert. 

Man  erinnere  sich  zunächst,  wie  die  allattisclie  Plastik  den 
Mann  darstellte,  wie  ungeheuer  stark  der  Kalbtragep  ist  mit 
seinen  schweren  Schullern  und  Armen ,  seinen  mächtigen 
Schenkeln,  wie  rund  und  breit^der  gescbeule,  lächelnde  Kopf 
mit  den  langen  Haaren,  Aber  die  Kenntniss  des  Körpers  haftet 
noch  an  der  Oberfläche:  die  harten  deutlichen  Gelenke  und 
dünnen  Sehnen  sind  näher  darge»telll.  aber  aus  den  grossen 
Massen  des  Fleisches  und  den  breiten  Flächen  haben  die  Künst- 
ler nncli  kein  lebrbares ,  verstandenes  Ganze  gemacht,  in 
dem  die  Kenntniss  des  Thatbestandes  und  das  Wissen  von 
iliT  Funktion  sich  mit  dem  llildmiissigen  verbände.  So  ist  die 
Bauchmuskulatur  wie  bei  den  naxischen  Figuren  nur  durch 
ein  Schema  von  Linien  angegeben,  in  dem  man  wol  den  Ver- 
lauf des  Drustkorbrandes,  der  weissen  Linie,  der  drei  In- 
Bcriptionen  hat  angeben  wollen,  aber  die  nichts  sind  als  ein 
kalligraphisches  Schema,  das  etwas  Unverstandenes  symboli- 
sirl'.  IJer  Reiz  des  Figuren  liegt  in  anderen  Dingen;  vgl, 
M.A.I.  1897  S.  99  ff.  (Schrader). 

Auf  diesen  Typus  wirkte  zuerst  die  chiische  Kunst  neuernd 
ein,  mit  ihren  schlankeren  Figuren  und  Köpfen,  ihrer  Mar- 
mortechnik und  ihrem  Gewandstil.  Das  Hesultat  dieser  Mi- 
schung zeigen  der  Alkmäonidengiebel  in  Del[)lii,dieetwas  jün- 
gere Antenorfigur,  endlich  der  Giganlengiebel.  Schrader  hat 
mit  grossem  Hecht  darauf  hingewiesen,  wie  wenig  sich  dessen 
Figuion  im  Grunde  von  denen  des  Typhongiebels  unterscliei- 
den,  das»  sie  wol  ein  wenig  schlanker  sind  und  das  Gewand 
der  Atliena  nach  chiischer  Art  stilisirl  ist,  dass  aber  die  nack- 
ten Körper  der  Giganten  durchaus  auf  der  Stufe  des  Kalb- 
trägers stehen. 


'  Vgl.  den  Reiter  Mui^es  d'AiUines  Tar.  12. 


386  R.  DBLBRUBCH 

Etwas  schlanker  gebaut,  etwas  tiefer  modellirt,  aber  Dicht 
wesentlich  abweichend  ist  der  Männertorso  des  Alkmäonideii- 
giebels  und  ein  Torso  im  Magazin  des  Akropolismuseuiiis. 
Hieraus  ist  zu  schliessen,  dass  die  chiische  Plastik  ihrer  Al- 
tersstufe entsprechend  männliche  Figuren  etwa  so  darstellte 
wie  die  spätere  samisch^naxische.  Der  Strich  und  die  Art  (1er 
Plächenfübrung  wird  eine  andere  gewesen  sein,  die  lehrbare 
Grundlage  aber  dieselbe. 

Am  Ende  des  sechsten  Jahrhunderts  verbreitet  sich  aber 
die  ganze  attische  Kunst  eine  andere  Darstellungsweise  drs 
Nackten,  die  der  *parischen'  durchaus  entspricht,  also  falls 
man  nicht  eine  parallele,  rein  attische  Entwickelung  anneh- 
men will,  von  der  ^parischen'  oder  einer  ihr  gleichzeitigen 
Kunst  abhängig  gedacht  werden  muss.  Das  beste  Beispiel  die- 
ser Richtung  in  Athen  ist  auf  Tafel  XVI  abgebildet.  Studniczka 
soll  sich  froher  mit  der  Figur  beschäftigt  haben,  sie  wird 
darum  im  Texte  kurz  *der  studniczkasche  Jüngling'  genannt. 

Die  Figur  besteht  aus  parischem  Marmor  guter  und  gleich- 
massiger  Qualität;  die  Oberfläche  ist  etwas  verwittert,  aber 
kaum  verletzt ,  an  einigen  Stellen  durch  Rauch  geschwärzt, 
sie  ist  vorn  und  hinten  gleichmässig  glatt  gearbeitet,  aber 
nicht  polirl;  das  Sebamhaar  war  durch  Rauhen  der  Marmor- 
oberflächo  mit  dem  Spitzeisen  angedeutet  und  wird  gemalt 
gewesen  sein.  Stützen  scheint  die  Figur  trotz  der  freien  Be- 
wi*gung  nicht  gehabt  zu  haben.  Die  wichtigsten  Maasse  sind 
folgende : 

Grösste  erhaltene  Höhe 0,50 

Halsgrube- Seh wertfortsatz 0,12 

Schwertfortsatz  -  erste  Inscription 0  05 

Erste  Inscription -Nabel 0,05 

Nabel  -  Gliedansatz 0,08 

Halsgrube  -  Gliedansatz 0,30 

Die  Figur  ist  unvollständig  erhalten  ;  es  fehlen  das  rechte 
und  linke  IJein  vom  Ende  des  Oberschenkels  ab,  der  rechte 
und  linke  Arm  von  der  Mitte  des  Biceps,  der  Kopf. 


EfNE  AHCHAtSUIIK  JUl^NCLI.Vr.SFIdUR  ^^1 

Das  linke  Bein  ist  elwas  vor^eBelzt ,  der  Kopf  war  nach 
reclila  ^edrelil,  wie  die  Kopfnicker  zeig<>n  .  der  rechte  Arm 
holt  hoch  nach  rückwärtB  aus,  so  slaik.  dass  der  Oberkörpcp 
sich  nach  rcclita  hinuberdreht.  der  linke  greÜt  nacli  vorwärts 
und  ahwiirls.  Da  kein  Schopf  in  den  Nacken  herabhängt. mu&a 
die  Figur  kurzes  Haar  gelragen  haben.  Auf  die  linke  Scliul- 
ler  greift  von  hinten  und  unten  her  eine  schmale  rechte  Hand 
mit  dünnen,  langen  Fingern. 

Das  Motiv  der  Gruppe  liJssl  »ich  mit  Wahrscheinlichkeil  er- 
gänzen ;  die  linke  Hand  drückte  einen  Feind  nieder  die  rechte 
holte  zum  Stoss  oder  Schlag  aus  ;  der  stürzende  Gegner  grifl' 
in  seiner  Angst  mit  der  waFTenlosen  Rechten  auf  die  Schulter 
des  Siegers. 

Im  Ganzen  erinnert  die  Komposition  an  die  Athenagruppe 
des  Gigantengiehels.  Unter  den  Fragmenten  aus  dem  Perser- 
schutl  lassen  sieli  kleine  Reste  mindestens  dreier  ähnlicher 
Gruppen  des  gleichen  Maassstabes  und  Stiles  nachweisen,  die 
jetzt  in  einem  der  Schränke  des  Museums  zusammengelegt 
sind;  es  scheint  sich  auch  hier  um  Giganlenkümpfe  zu  han- 
deln; leise  Stilunlerschiede  lassen  aber  ratsam  erscheinen, sie 
nicht  in  einen  Cyclus  zusammenzulassen,  sondern  als  verein* 
zelte  VVeihungen  anzusehen. 

Ein  Vergleich  der  beiden  Tafeln  lehrt,  dass  die  attische  Fi- 
gur mit  der  'parischen'  die  holte  Statur,  die  schlanken  Glie- 
der, die  Proportionen,  das  Sj'slem  der  Zeichnung,  die  starke, 
vcrstanilene  Bewegung  gemeinsam  hat  und  sich  in  eben  diesen 
Dingen  von  den  früheren  attischen  Denkmälern  unterscheidet. 
Wie  die  Verliältnisse  liegen,  kann  sie  nur  von  der  'parischen' 
abhängig  sein,  aber  abhängig  nicht  wie  eine  römische  Slatue, 
sondern  wie  eine  attische;  die  Zeichnung  ist  einfacher  gehlie- 
ben, besonders  in  der  oberen  Partie  des  Rauches,  die  Bewe- 
gung der  Flächen  ist  starker,  schneller  und  schärfer  biegen 
sie  um.  Das  Fleisch  erscheint  wie  die  harten  Muskeln  eines 
Rennpferdes.  Dom  festen,  geübton  Körper  kommt  die  heflige 
Bewegung  zu. 

Der  attische  Bildhauer  interessirt  sich  nicht  für  die  Dar- 


388  R.    DBLBRUECK 

Stellung  der  jugendlichen  Haut  mil  ihren  weichen  Übergän- 
gen, sondern  sucht  und  findet  feste  Linien,  um  den  Rau  der 
Muskulatur  darzustellen.  Der  Naturalismus  der  ionischen  Sta- 
tue ist  grösser,  ist  reifer,  weil  Konstruktion  nnd  Erscheinung 
des  Körpers  mit  gleicher  Sorgfalt  beobachtet  sind;  in  der  feu- 
rigen Intensität  der  Auffassung  liegt  das  Überlegene  des  atti- 
schen Werkes. 

Diese  Figur,  deren  Künstler  von  den  Pariern  gelernt  und 
doch  nichts  Attisches  verloren  hat,  ist  in  Athen  das  beste  Bei- 
spiel für  eine  ganze  Periode  der  attischen  Plastik,  die  haupt- 
sächlich durch  die  Metopen  des  Athenerschatzhauses  in  Del- 
phi vertreten  wird;  in  ihren  kühnen,  die  Fläche  überall  durch- 
brechenden Bewegungen ,  in  der  Körperbildung  und  der 
Führung  der  Fläche  stehen  sie  dem  studniczkaschen  Jüngling 
am  nächsten;  in  seine  Nähe  gehören  auch  die  Schreibersta- 
tuen, die  Furtwängler  M.A.f.  VI  S.  174,  Taf.  6.  veröffent- 
licht hat.  Ein  Vergleich  der  Abbildungen  macht  die  ausführ- 
liche Begründung  entbehrlich. 

Der  Torso  aus  Daphni,den  Richardson  im  American  Jour- 
nal of  Arch.  IX  Taf.  11  veröffentlicht  hat,  steht  bereits  auf 
einer  erheblich  jüngeren  Stufe  als  die  eben  znsammengefassten 
Werke.  Die  Kenntnisse  der  Bildhauer  haben  sich  vermehrt; 
es  sind  die  Sägemuskeln  und  Rippen  angegeben  in  der  frühen 
Art,  die  Kalkmann  (Jahrbuch  des  Inst.  VII  S.  130)  erörtert 
hat;  die  Bauchmuskulatur  ist  mehr  nach  der  Mitte  koncentrirt 
und  in  äginelischer  Art  durchgearbeitet,  der  Bruslkorbrand 
richtig  eingetragen  Schon  am  studniczkaschen  Jüngling  biegt 
die  obereGrenzlinie  des  Bauches  von  den  Endpunkten  der  ersten 
Inscription  im  Bogen  nach  unten  um,  während  an  der  pari- 
schen Figur  die  horizontalen  und  vertikalen  Linien  senkrecht 
aufeinander  zulaufen.  Am  Torso  von  Daphni  ist  der  Bauch 
nach  oben  zu  durch  zwei  Linien  begrenzt,  die  vom  Schwert- 
fortsatz nach  rechts  und  links  abwärts  in  leichtem  Bogen  bis 
zu  den  Endpunkten  der  zweiten  Inscription  verlaufen.  Es  ist 
also  der  knöcheine  Brustkorbrand  als  Grenze  hervorgeho[)en, 
nicht  mehr  die  erste  Inscription,  eine  Auffassung,  die  Kennt- 


eine:  ABCHAlSCilE  lUENGLIfGSFIGÖIl  Zä'J 

niss  des  Skelettes  voraussetzen  lässt,  währenil  die  partsche 
Slili8h'UR<r  mehi'  aus  der  Beobachtung  des  lebenden  Körpers 
hervorgegangen  scheint. 

Der  Torso  von  Daphni  steht  auT  der  Stüstufe  der  ägineli- 
Mchen  Plastik;  was  Kalkmann  a.a.O.  von  dieser  gesagt  hat, 
lässt  sich  ohne  Weiteres  auf  ihn  anwenden,  Anf  zweierlei  Art 
liisät  sich  diese  enge  Übereinsllmmung  erklären;  man  kann 
die  attische  SlaLue  von  der  äginelisclien  Kunst  abhängig  den- 
ken, oder  an  beiden  Orten  eine  parallele  tlntwickelung  an- 
nehmen. Die  letztere  Möglichkeit  ist  von  vornherein  wahr- 
scheinlicher und  liislorisch  durchaus  möglich,  da  sicti  die 
formen  des  Torso  aus  denen  des  studniczkasclien  Jünglings 
sehr  wol  herausbilden  konnten'.  So  bleibt  in  der  attischen 
Kunstgeschichte  kein  Haum  mehr  für  den  üginetisclien  Dinlluss, 

Die  Fortsetzung  dieser  Kunst  in  das  V.  Jahrhundei'l  hinein 
bilden  die  von  Winter  veröffentlichten  Heiter  Weihgeschenke 
(Jahrbuch  des  Inst.  VIII  S,  ri2-145,  Teufiguren).  die  alle- 
ren Metopen  des  Parthenon  und  die  m^i'onischen  Broncesta- 
tuen ;  der  allgemeine  Uinriss  der  Formen  des  Diskobols  ist 
bereits  in  den  Figuren  des  ALhenerschatzliauses  vorgezeiclmet, 
seine  Bewegung  schon  damals  vollkommen  möglich. 


■  ßs  entslehl  die  Frage,  oli  die  verwandlen  äginelischen  Formen  nidit 
auch  ihrerseiti^  sich  aus  ionisch -ncsiotischen  heraiisgeliildet  haben  müssen, 
Es  scheint  etident,  dass  der  äginetische  Körper  mildem  poioponnesixclien, 
wie  wir  ihn  nun  kennen  von  den  Oljinpiahroncen  his  auf  f'oljklel,  fast  ^ar 
niclili  gemein  hat.  Diese  peloponnesisclic  ItichLung  hat  höchstens  in  ihren 
frühen  Anrängen  von  der  ionisclicn  gelernt  und  gehl  ?on  da  ati  mit  anderen 
Mitteln  auT  andere  Ziele  zu.  Kann  man  sich  die  äginetisclie  Plastik  von 
Anfang  an  tnit  der  ionischen  Kunst  eng  Terwauhsun,  ihre  Entwiekelung 
gant  analug  denken  ?  Das  ist  nicht  möglich;  sie  mOsstB  die  Kunsl  des  na- 
hen Altika  stärker  und  früher  ionisirt  haben.  Es  bleibt  also  nur  die  Mög- 
lichkeiI,Ägina  eine  ähnliche  Bnlwickelung  durchmachen  lu  la&sen  wie  Al- 
tika; das  einzige,  xichere  Monument  frühäginetitcher  Plastik  spricht  für 
diese  Annahme;  der  Kupf  des  Nalionalmuseunis  Nr.  48  hat  Formen,  die 
dem  weichen  grossen  Stil  etwa  desGiganlengiebels  verwandt  sind.  Solange 
es  nicht  mehr  sicher  äginelische  Denkmiiler  gilit,  wird  man  freilich  niobl 
weiter  gehen  dürfen  als  aut  die  liistorisuhe  Wahrscheintiehkcit  der  ange- 
deuteten Hypolhese  hiniuweisea. 


1 


390  R.   DELBBUKCK 

Wir  haben  im  Vorhergehenden  so  gesprochen,  als  ob  nur 
die  *parische'  Kunst  auf  die  Darstellung  des  Mannes  in  der 
altischen  Plastik  ßinfluss  geübt  habe.  Gewiss  kann  nnan  diese 
Formulirungeinseilig  nennen;  aber  wir  besitzen  in  Atlika  keine 
Männerstatuen  der  jüngeren  chiischen  IVichlung,  vorläußg  ist 
also  nicht  nachzuweisen,  dass  sie  vorhanden  gewesen  seien. 
Sobald  sie  gefunden  wären,  würde  man  anzunehmen  haben, 
dass  die  ionische  Körperbildung  ganz  im  allgemeinen  die  at- 
tische in  der  besprochenen  Weise  beeinflusst  habe;  dass  diese 
Form  der  Hypothese  mehr  Wahrscheinlichkeit  hat,  soll  nicht 
geleugnet  werden. 

Der  Künstler  des  studniczkaschen  Jünglings  oder  sein  Mei- 
ster nahm  in  der  atiischen  Plastik  eine  ähnliche  Stellung  ein 
wie  Euphronios  in  der  Vasenmalerei.  Es  ist  längst  anerkannt, 
dass  in  einer  kurzen  raschen  Entwickelung,  zu  rasch  als  dass 
sie  ganz  selbständig  könnte  gewesen  sein  der  epiktetische 
Stil  vom  euphronischen  abgelöst  wurde.  Man  wird  in  der  Va- 
senmalerei und  in  der  Plastik  den  Einfluss  desselben  Landes 
annehmen  müssen,  wenn  der  gleiche  neue  Körpertypus  in 
beiden  erscheint,  ohne  dass  eine  lange  Entwickelung  ihn  mit 
Früherem  verbände.  Und  so  liegen  die  Dinge.  Die  früheren 
Werke  des  euphronischen  Kreises*  haben  dieselbe  Körper- 
bildung wie  der  sludniczkasche  Jüngling  und  sind  ebenso 
heftig  bewegt.  Wenn  einmal  «lie  Metopen  des  Alhenerschalz- 
hauses  publizirt  sind,  wird  man  den  Vergleich  auch  mit  den 
Kompositionen  der  euphronischen  Malerei  bis  ins  Einzelne 
durchführen  können.  Es  stände  dann  die  euphronische  Ma- 
lerei zu  der  vorpolygnotischen  der  Inseln  in  demselben  Ver- 
hältnisse wie  der  sludniczkasche  Jüngling  zum  *parischen*. 

In  den  späteren  Werken  nähert  sich  dann  Euphronios  der 
Körperbildung  des  Torso  von  Daphni^.  Die  Entwickelung  der 
Plastik  und  der  Malerei  ist  also  eine  parallele  gewesen,  und 
seit  einmal  der  neue  Typus  und  das  neue  Wissen  aufgenom- 


*  z.  B.  Hartwig,  MeiNlerschaleii  Taf.  44. 

*«»  Vjjl.  den  Antaioskraler,  Wiener  Vorlegel)läller  V,  4 


EINE  AHCHAISCHB  JUENGLINOSFIGUB  ä9i 

men  waren,  eine  Zeit  lang  eine  selbständig  attische,  in  der 
sich  das  attische  Temperament  so  deutlich  äussert  wie  im  Ty- 
phongiebel oder  den  Giganten. 

Aus  der  altischen  Vasenmalerei  endlich  kann  man  versu- 
chen eine  Datirung  der  'parischen'  Statue  zu  gewinnen.  Die 
Früheren  euphronischen  Werke  werden  um  die  Jahrhundert- 
wende entstanden  sein,  die  späteren  wären  also  etwa  490-480 
zu  setzen,  in  dieselbe  Zeit  der  Torso  von  Daphni.  Man  käme 
dann  mit  der  parischen  Figur  bis  frühestens  in  das  zweite 
Jahrzehnt  des  VI.  Jahrhunderts. 

Athen. 

R.  DELBRÜCK. 


^.pilt48M5-^o^ 


zu  DEM  EHRENDEKRET  FÜR  DIE  PHYLEKÄMPFER 

Das  Verständniss  des  wicliligen  von  Ziebartli  zuerst  in  dieser 
Zeitschrift  (1897  S.  27  fr.)  veröfl'entiicliten  Volksbeschlusses 
zu  Ehren  Td)v  (xuY)caT£X96vT(k)v  aico  4>uXyic  ist  durch  die  sorg- 
fältige Neuhehandlung  Protts  (oben  8.  34  IT.)  wesentlich  ge- 
fördert worden.  Es  gelang  ihm  dem  schwer  lesbaren  Steine 
Manches  abzugewinnen,  was  der  erste  Herausgeber  nicht  hatte 
entzifTern  können,  und  auch  seine  sachlichen  und  grammati- 
schen Einwände  gegen  Ziebarths  Interpretation  treflen  sicher- 
lich meist  das  Richtige.  Wenn  ich,  ohne  den  Stein  gesehen 
zu  haben,  noch  einmal  auf  die  Inschrift  zurückkomme,  so 
wird  das  durch  ihre  hohe  Bedeutung  für  die  athenische  Ge- 
schichte gerechtfertigt.  Ziebarth  und  Prott  stimmen  in  der 
Ansicht  überein,  dass  uns  hier  der  Anfang  jenes  Psephisma 
des  Archinos  zu  Ehren  der  Helden  von  Phyle  erhalten  sei, 
welches  Aischines  Hl  187  als  Muster  weisen  Maasshaltens  im 
Spenden  von  Ehrungen  anführt.  Die  von  Aischines  aufge- 
zählten Ehren,  eine  kleine  Geldspende  für  Opfer  und  VVeih- 
geschenk  und  ein  Laubkranz,  kommen  freilich  auf  dem  Stein 
nicht  vor,  aber  sie  könnten  nach  Ansicht  der  Herausgeber  auf 
dem  weggebrochenen  Stücke  gestanden  haben,  während  um- 
gekehrt Aischines  den  uns  erhaltenen, für  ihn  unwesentlichen 
Anfang  übergangen  hätte.  Üiese  Annahme  führt  aber  zu  sehr 
verwunderlichen  Folgerungen.  Der  erhaltene  Anfang  des  De- 
krets beschäftigt  sich  nicht  mit  den  attischen  Bürgern,  die 
von  der  Bergfeste  aus  das  Vaterland  befreiten,  sondern  aus- 
schliesslich mit  Nichtbürgern,  die  an  jener  ruhmreichen  That 
Anteil  hatten*  (oaoi  «uvxaTYiXUov  aTuo  4>uXYi<)  und  eben  deshalb 


*  Richtig  bemerkt  Prott  gegen  Ziebarth  S.  :J8,dass  die  Milnner  von  Phyle 
in  einem  Psephisma  nur  als  ojoi  xarTjXÖov  ar.6  (i>Af^;  bezeichnet  werden 
konnten,  die  auvxaTsXOdviE^  also  die  Nichlalhener  sein  müssen, die  sich  ihnen 
angeschlossen  hatten. 


zu   DEM    RHllENDRKRUT   FUEIl    DIE    PHYLEKAEMPFER  ^51^ 

mit  ilfim  Bürgerrecht  besclifinkt  werden.  Wie  ist  rs  nlier  (lenk- 
bar, <Ia99  Arcliinos  in  (lern  feierlielien  Elirendekret  für  die 
Helden  von  Pliyle  den  Nielilljürgem  den  Vortritt  vor  den 
Bürgern  gestattet  hätte?  Der  meines  Eraclitens  scOion  durcli 
diese  Erwägung  aufgedrängte  SchUisa.  dass  die  Insclirift  gar 
niclit  das  von  Aischines  besprochene  Psephisma  enthält  son- 
dern ein  verwandtes, das  für  die  Metöken  dasselbe  leistete,  was 
Archinos  den  Bürgern  gewährte,  wird  nun  durch  eine  Be- 
trachtung der  Liste  auf  der  Bückseite  des  Steines  bestätigt. 
Aufgezählt  werden  hier  Bürger,  denn  sie  sind,  wie  Prolt  er- 
kannte, nach  Phylen  geordnet;  nahezu  drei  Spalten  füllten 
Bürger  der  Erechtheis,  dann  ist  uns  die  Überschrift  Ai-piSo? 
und  eine  Anzahl  stark  verslümnseltei-  Namen  erhalten.  Nun 
ainii  aber  von  den  *20  kenntlichen  Milgliedern  der  ersten  Ph)'le 
19  nach  ihrem  Gewerbe  als  yti^aioi,  [iiyttpoi,  teätovi;,  d^iukq- 
uLOi  U.S.W,  bezeichnet,  nur  hei  einem  Namen  'E^tpoi!  fehlt  ein 
solcher  Zusatz.  Eine  derartige  Charakterisirung  durch  das 
Handwerk  ist  aber  in  einer  Liste  attischer  Bürger  ganz  uner- 
hört, um  deren  Gewerbe  kümmern  sich  ofllzielle  Urkunden 
nicht,  nur  Demos  und  Vatersname  könnten  in  einem  regulä- 
ren Barger verzeichniss  erwälint  sein.  Dagegen  liebt  man  es, 
die  Metöken  durch  Angabe  ihres  Berufs  genauer  zu  kenn- 
zeichnen'. Es  scheint  mir  deshalb  sicher,  dass  die  Liste  aus- 
schliesslich gewesene  Metöken  enthält,  eben  jene  Männer,  die 
durch  den  Volksheschluss  auf  der  anderen  Seite  der  Stele  mit 
dem  Bürgerrecht  beschenkt  worden  sind  ihre  Zahl  ist  nicht 
klein, erhalten  sind  aus  der  Erechtheis  W  Namen,  und  da  links 
eine  Spalte  fehlt  (vgl.  oben  S.  34)  und  dei'  Stein  auch  unten 
nicht  vollständig  ist,  muss  die  erste  Phyle  mehr  als  30  Neu- 
bürger aufgenommen  haben-.  Von  den  7  Kolumnen,  die  auf 
dem  Stein  vorauszusetzen  sind,  nahm  sie  etwa  ein  Drittel  ein. 
der  Zudrang  der  Neubürger  war  also  zu  ihr  besonders  stark. 


I  Vgl.  Iiesonders  C.I.A.  It  768-77fi. 

>  Die  dritte  arg  ven>U''iinincl(e  Columne  haL  14  Zeilen,  die  erste  raus«  aUo 
iiiich  AI>xuK  der  grüssor  geschriebenen  Uberscbrifl  mindestens  12  Namen 
phlLallcn  haliun,  tcimutlicL  enthicll  sie  aber  erltcblich  mehr. 

ATHEN'.   MITTHEIMINORN   XXV.  36 


^^^A  r^.,tJ 


39i  ALFRED   KOEHTE 

Leidf!!'  lässt  sich  die  Gesamtzahl  auch  nicht  annähernd  ff^st-, 
stellen,  schwerlich  war  sie  geringer  als  80,  sie  kann  aber 
auch  doppelt  bo  gross  gewesen  sein. 

Wer  das  Psephisma  eingehrachl  hat,  entzieht  sich  unserer 
Kenntniss.  Möglich  ist  es  ja,  dass  Archinos  seihst  in  einem 
zweiten  Antrag  Tür  die  iMetüken  sorgte,  aber  wir  haben  nicht 
mehr  das  Recht  seinen  Namen  in  Zeile  3  einzusetzen.  Kur  den 
ersten  Satz  des  Antrages  scheint  sich  mir  im  Anschluss  an 
Proll  folgende  Ergänzung  zu  ergeben:  ö  Stivat  eiitiv  Öitwi  äv  tu; 

xaT£>[9öii  Tüv  noXiTtäv  iSöOv] '  -  -  -  -  ],  l^r\fio^a.\.  'AÖTivotion  tY«i 
aÜToi<  xott  ixy6i[tni  TCO^iTciav  KCti  tf^krti  xott  Sti|ao  kocL  fpetTpi«;  -fii 
äv  pöXüiVTixt,]  vifjLOK  8i  lali  «Ütqi^  nipl  «üräv  tÖc;  ^PX''^  yj)[-»i'jfl«i 
tiU  xKi  TCspi  "Aewaiiöv.  Es  folgte  die  Begründung  des  Antrages 
durch  eine  Aufzählung  der  Verdienste,  wie  Protl  erkannt  hat. 
Als  erster  Grund  war  jedenfalls  ihre  Teilnahme  an  der  Be- 
setzung und  Verteidigung  Pliyles  genannt,  als  zweiten  le- 
sen wir  Z.  7  ouvEjiij^Tiofltv  Si  T'Jju.  ^iyiTii  ttjjji  Movij^iotffty ,  der 
mit  Tov  Sl  eingeleitete  dritte  Punkt  betraf  die  Zeit  Öti  ai  SiaX- 
Xocyal  tY^'vovto  und  hinzugerugt  wird  endlicli  Koii  {notov  tx  npoo- 
To:T[TÖfJiiva.  Wäre  uns  die  Motivirung  des  Antrages  ganz  erhal- 
ten, so  wiirde  die  Frage  nacli  der  iJatirung  des  Steins  wol 
mit  grösserer  Sicherheil  zu  beantworten  sein  als  jetzt  mög- 
lieb ist.  Uen  Archontennamen  in  Z.  2  ergänzt  Ziebartb  zu 
SivaiviTJo;  (401/0),  während  Prott  nuÖöSwplo«  (404/3)  vorzieht, 
andere  Arcbonten  sind  durch  die  Endung  -o<  ausgescblossea. 
Protl  führt  (S.  37)  zu  Gunsten  der  früheren  Datiruog  äussere 
und  innere  Gründe  an.  Einmal  würde  in  der  «toixiiSöv  ange- 
ordaeten  Inschrift  die  Symmetrie  der  zwei  ersten  Zeilen  durch 
den  Namen  Pjthodoros  besser  als  durch  Xenainetoa  gewahrt 
sein.  Aber  diese  Beobachtung  ist  niclit  ausschlaggebend, da  der 
Längen  unterschied  beider  Namen  ja  nur  einen  Buchstaben 
beträgt.  Ferner  findet  er  es  sehr  auffallend,  'wenn  sowol  die 


*  Die  ungescilickle  Wortstellung  ist  auirallcnd,  die  Kunstruktion  scheiol 
mir  alter  durch  das  Erballene  guüichert  zu  sein. 


XII   DEM   GUKRNDEKBET    PtlEH   Dil;   PHVLEKAEMPKF.n  39."! 

wackeren  Patrioten  über  zwei  Jalire  auf  ihre  Auszcielinung  alx 
tue  GoUheiL  auf  den  Dank  der  Menschen  halle  warten  müs- 
sen'. Auch  diese  ü^rwägnn^  lialle  icli  nivhL  für  entscheidend 
gegenüber  den  schweren  Bedenken,  die  seinem  Ansatz  entge- 
genstellen; wie  lange  sich  in  Zeiten  revolutionärer  Unruhe 
die  Erledigung  der  Dankespttichl  gegen  Gölter  iinil  Menschen 
hinziehen  kann,  ist  gar  nicht  zu  bestimmen,  und  den  entgül- 
tigen Abschluss  fanden  die  Krisen  des  Staates  ja  docli  erst 
unlor  Xenainetüs  durch  die  Verträge  mit  den  Kleusiniern 
('AÖTiv.  soX.  10, 'i). 

Mir  scheint  nacli  den  sicher  üherlieferlen  Daten  unter Pylho- 
dorna  kein  Platz  mehr  für  unser  Psephisma  zu  sein.  Phitarch, 
de  glor.  Athen,  7  S.  3'i9  erzählt  nach  vorzüglichen  Quellen: 
T^  Si  StiiSiKXTri  (toü  ^or<Spo^tüvQ()  j^ctpiiTTipia  töuov  l\t'j9tfixi-  iv 
Uiiiri  yip  ot  iwo  ^'jXü;  xaTTiXöov,  Der  Einzug  der  Männer  vom 
Peiraieus  und  Phyle  fand  also  erst  im  Bnediomion  des  Jahres 
403  unter  dem  Arclion  Elukleidcs  stall,  und  dieser  Einzug  ist 
die  unerlässliche  Vorbedingung  für  die  Ehrung  der  Pliylekam- 
pfer.  Wenn  sich  Proll  auf  Aristoteles  'Aöt]v.  tcoI.  'ii,l  beruft, 
wo  sogar  die  Verfassung  nach  Pythodoros  dalirt  werde,  so 
kann  ich  ihm  nicht  beistimmen  denn  an  dieser  Stelle  ist 
zweifellos  mit  Kaibel  und  Wilamowilz  eine  Lücke  anzuneh- 
men, in  der  etwa  gesagt  war,  dass  Pythodoros  sein  Amt  noch 
zwei  Monate  über  die  gesetzliche  Zeil  geiübrt  habe,  aber  nicht 
als  Kponym  gerechnet  werde'  (vgl.  Kaibel, Stil  und  Text  der 
7to>.  'AÖnv.  S.  201  ).  Die  SioiWost;,  durch  welche  die  demo- 
kratische Restauration  doch  erst  rechtskräftig  wurde,  verlegt 
auch  Aristoteles  in  das  Jahr  des  Eukleides  ('A6r)v.  ■tzhX.  39,1 
vgl.  Andok.  1.87  ff.}.  Selbst  wenn  man  annehmen  wollte,  was 
an  sich  wenig  wahrscheinlich  ist,  dass  der  oflizielle  Gedenk- 
tag später  nicht  der  Tag  des  Einzugs  der  Demokraten  in  die 
Stadt,  sondern  der  des  Abschlusses  der  Verträge  gewesen  sei, 


<  Nicht  unmöglich  scheint  e.«  mir  auch,  dass  ein  wesentlich  anderer  Gu 
(liiiiku  ausjjerallen  ist,  ini  llu6oSiupOL>  [ilv  Ipx,"*'^*  t^{  Bri^KpaTisE  utiaXuSilaiit, 
int  EiixXiliou  St  iebXiv  xsTaataBilaijs. 


ll-FUfin   «OEBTK 


SO  bleibt  die  Datirung  unter  P^lhodoros  noch  immer  sehr  hi-- 
deuklicb.  Denn  mai;  auch  Prolls  Sclipiiltinj;  der  SiaiXctyoti  von 
den  oj.OÄtat  berecliligl  sein,  sicherlich  war  der  Zwischenraum 
Kwischen  beiden  von  den  spartanischen  SKxXlowtai  geleiteten 
Massnahmen  nur  ganz  kurz  ( 'Afinv.  icoV.  38. -'i  vgl,  Andok. 
I,öü),  und  in  dieser  Zwischenzeit  IkU  man  für  lleaclilüssr  zu 
lühi-on  veniientRr  Metriken  gewiss  keine  Müsse  gehabt.  Audi 
die  Worte  des  Psepliisma  selbst  sprechen  gegen  seini'  Ent- 
stehung in  jenen  Tagen,  die  Zeilbestinimung  öt*  al  XiaüaY»! 
i-^iwvza  liisst  diese  Vorgänge  als  der  Vergangenheil  angeliü- 
rtg  ersclieinen. 

Su  verdient  meiner  Oberzeugung  nach  der  Ansatz  unter 
Xenainetos  unbedingt  den  Vorzug.  Dann  müssen  wir  freilich 
auch  das  Psepliisma  des  Archinos,  mit  dem  das  unsrige  so  eng 
zusammengehört,  in  jene  Zeit  herabrücken,  und  dorn  steht, 
so  viel  ich  sehe,  nichLs  im  Wege.  Rine  genaue  Zeitbestimmung 
ictt  ans  Aiscliines'  Angal>en  nicht  zu  gewinnen, aber  eine  Ein 
zethcit  deutet  doch  darauf  hin.  dass  der  lieschluss  nicht  un- 
miUelbar  nach  den  Kämpfen  zu  Stande  kam.  Wir  lesen  Aisch. 
III,  187  x«t  oüSi  10ÖTO  lix^  wpä^at  «>iutt,  *>>'  ri>cpt^iac  riir  ßov~ 
Ji^r  axt^aii(ri}y ,  Öiot  int  *tii\r,  iTco>iopKT|Oiiaav,  Öti  AaxE^aif^oviot 
xoci  ot  TpiocKovToi  Ttpoai6aX>ov  TOi!  ««Tx^aSoöit  4*uXtiv.  Snrglältige 
Ermittelungen  des  Rats  über  die  Teilnahme  an  der  Verteidi- 
gung Phjrles  waren  weniger  nötig,  wenn  die  Belohnung 
den  Thatea  auf  dem  Fuase  folgte,  als  wenn  seitdem  eine  ge- 
raume Zeit  verstrichen  war.  Die  Besorgniss,  dass  die  Zahl  der 
Phylekämpfer  nachträglich  etwa  so  anwachsen  könnte  wie  in 
unseren  Tagen  die  Zahl  der  Veteranen  und  Krieg^rwaisen 
aus  dem  amerikanischen  Secessionskriege,  war  gewiss  be- 
gründet, . 

Beide  Beschlüsse,  der  des  Archinos  für  die  Bürger  und  der 
von  ihm  oder  einem  Gesinnungsgenossen  eingebrachte  für  die 
Metöken  stehen  in  deutlichem  Gegensatz  zu  den  radikalen  P^- 
nen  des  Thrasybulos.  Dessen  vom  Volke  zunächst  gebilligten 
Antrag,  xct^t  roi;  iK  niipxtcb);  nuyKaTiXBouai  das  Bürgerrecht  zu 
geben,  hatte  Archinos  durch  die  Klage  icapavö^ndtv  zu  Falle  ge- 


zu   DEM   EHRBNDEKRET    FUER   DIB   PHYLBKAEMPFER  397 

bracht  S  aber  für  eine  angemessene  Belohnung  der  Würdigen 
treten  er  und  seine  Partei  ein.  Die  Zahl  der  mit  dem  Bürger- 
recht Beschenkten  war,  wie  wir  sahen,  keineswegs  klein,  aber 
tür  einejn  Mann,  der  so  gern  Bürger  geworden  wäre,  bot  der 
vorliegende  Beschluss  keinen  Raum,  für  den  Bedner  Lysias. 
Mochte  er  auch  für  die  Sache  des  Demos  Geldopfer  gebracht 
und  von  Megara  aus  gewirkt  haben  (Plut.  vita  Lys.  7),  zu  den 
Metöken  o<rot  auvxaTYjXSov  ixtco  ^uXy);  gehörte  er  nicht,  und  eio 
ist  er  trotz  aller  Anstrengungen^  Isotele  geblieben. 

Greifs  wald. 

ALFRED  KÖRTE 


» t<<#.»t 


*  Auch  der  Antrag  des  Thrasybulos  ist  nicht  genau  datirbar  ;  nach  Plu- 
tarch  im  liCben  des  Lysias  8  könnte  es  scheinen,  als  sei  er  vor  Eukleides 
eingebracht,abcr  dem  widersprechen  des  Aristoteles  bestimmte  Angaben,der 
*A07)v.  xoX.  40  erst  einen  klugen  Schachzug  des  Arcbinos  aus  dem  Jahre  des 
Eukleides  erzählt  und  dann  seinen  Widerstand  gegen  Thrasybulos  mit  {isia 
lauTa  einführt. 

^  Später  interessirte  man  sich  für  den  Streit  zwischen  Thrasybulos  und 
Arcbinos  hauplsächlich  um  des  Lysias  willen  und  deshalb  wird  die  Sache 
bei  Plutarch  a.a.O.  so  hingestellt,  als  habe  Thrasybulos  nur  für  Lysias  das 
Bürgerrecht  beantragt;  das  wird  von  den  Rhetoren  dann  noch  weiter  zu- 
gespitzt Ivgl.  Maxim.  Plan,  schol.  in  Hermog.  V,  3i3  Walz).  Erst  des  Ari- 
stoteles Schrift  vom  Staat  der  Athener  hat  den  Sachverhalt  aufgeklärt, 
den  gewiss  schon  Lysias  selbst  in  der  Rede  icipl  xcäv  i8i(i>v  iuipYiauov  ge- 
flissentlich Terdunkelt  hatte. 


KLEINASIATISCHE  STUDIEN.  VI. 

Inschriften  aus  Pfarygien. 

^  Die  Veröffentlichung  dieses  Restes  meiner  1893-95  gesam- 

melten Inschriften  ist  durch  die  von  meinem  Bruder  Gustav 
und  mir  im  letzten  Sommer  in  Gordion  unternommenen  Aus- 
grabungen länger  als  ich  wünschte  verzögert  worden.  Die 
ziemlich  geringe  Zahl  neuer  Inschriften,  welche  wir  beide 
auf  der  Durchreise  in  Dorylaion  und  Pessinus  abschrieben, 
habe  ich  unter  Nr.  42-49  und  63-69  zu  den  älteren  hinzu- 
gefügt, weil  sie  mit  dem  eigentlichen  Zweck  unserer  Expedition 
nicht  zusammenhängen  und  in  die  von  uns  geplante  Publi- 
kalion  sich  nicht  recht  einfügen  lassen. 

Indem  ich  hiermit  die  Reihe  der  Studien  abschliesse,  wel- 
che durch  die  Liberalität  der  Generaldirektion  der  Anatolischen 
Eisenbahn  ermöglicht  wurden, drängt  es  mich,  den  bei  ihrem 
Beginn  vor  6  Jahren  ausgesprochenen  Dank  für  diese  gross- 
herzige Förderung  wissenschaftlicher  Arbeit  noch  einmal  zu 
wiederholen.  An  erster  Stelle  gilt  mein  Dank  Herrn  General- 
direktor Otto  V.  Kühlmann, der  in  seinem  regen  wissenschaft- 
lichen Interesse  den  Enlschluss  der  Gesellschaft  veranlasst  und 
meine  Studien  stets  mit  wahrhaft  väterlichem  Wohlwollen 
unterstützt  hat. 

1.  Aizanoi  (Tschawdyr-hissar)  auf  dem  Acker  nahe  dem 
Dorf.  Grosser  Block  aus  blaugrauem  Halbmarmor,  wol  der 
Wand  eines  Gebäudes  entnommen.  Höhe  0,96",  Breite  1,42", 
Dicke  0,28".  Buchstabenhöhe  0,03-0,035".  Feine  vorgeritzte 
Linien. 

6  So6s!;  uTTcp  Tou  (xeviv  ispea 
'ApJcsaiXdcou. 


KLElNASlATrSCHE  STmiEN.   Vt.  31)9 

5    'Aypfi  TOÖTOv  11t'  öpio  Qofi  j^api 

TDV    ßols(T)lO(JLÖV , 
[/,«,   TQIOI  ftpElU. 

Die  Schrift  ist  sni-glällig;  tiiil  ihren  elwas  j-ezierten  Formen 
— Eund  H  mil  frei  sciiwebenilem  Querstrich,  P  mit  Schiieckpn- 
winiliing  —  gleicht  sie  der  des  Avidiiis  Quielus-  Briefes  um 
Zeuslempel',  ial  aber  niciit  ganz  so  fein  und  gleichmässig. 
Voraussieiillich  gehört  der  Stein  dem  zweiten  Jahrhundert 
nach  Chr.  an. 

Den  achten  Huctisluben  der  Z.  6  hielt  ich ,  als  ii:h  im 
Oktober  1893  den  Stein  bei  strömentiein  Hegen  abschrieb,  für 
ein  etwas  bescIiäiligleB  S.  liei  einem  zweiten  Hesuch  des  Or- 
tes im  Juni  1895  fand  ich  die  Platte  zwar  noch  am  alten  Platz, 
aber  zum  Abtrittstein  zugehauen.  Das  Loch  hatte  den  zweifel- 
haften Buchstaben  verschlungen,  und  einer  der  umherliegen- 
den Splitter  enthielt  zwar  die  drei  folgenden  Huchstaben.aber 
gerade  auf  dem  wichtigen  hatte  derSleinhauer  seinen  Meissel 
angesetzt.  Da  ich  bei  der  ersten  Abschrift  did  Worte  eum  Teil 
nicht  verstand,  möchte  ich  mir  lieber  einen  Ijcsefehler  zu- 
trauen als  dem  Dicliter  oder  Schreiber  die  Form  ßolsaiiuLov 
auldriingen. 

Das  Orakel  liat  der  Priester  Demetrios  des  Arkesilaos  Sohn 
durch  einen  gefälligen  üotl  erteilen  lassen,  damit  er  Priester 
des  Ktistes.  wol  über  die  gesetzliclie  Zeit  hinaus,  bleiben 
könne.  Wer  als  Grüniier  der  Stadt  verehrt  wurde,  können  wir 
nicht  sagen,  denn  in  dem  Artikel  'At^Kvot  des  Stephanos  von 
Byzanz,  der  uns  allein  über  Sagen  rler  Stadt  berichtet,  wer- 
den zwei  mythische  Gründer  genannt.  Stephanos  citirt  I'ur 
die  Form  At^avoi  ^  statt  'Ai;»voi  eine  Stelle  llerodians  [Li  icpw-np 

<  Vgl.  die  facsimilirte  Probe  in  der  Feslschrin  Ttir  Benndorr  S.  213  Fig.  I. 

'  Diese  Form  herrscht  ausscliliesslich  in  den  Urkunden  und  Münzen  der 
Siadi,  aber  der  xur  Zeil  der  asianischen  Kalenderreform  amlirende  äp^u- 
fiijt  T^{ 'Ailoif  lieisst  nur  aurdemtSlein  von  Ap»meia  A!i;iavI;T|{,  auf  dem 
von  Priene*.  .4.  /.  18'J«  a.  eS'J  Z.  3i  und  71)  "AtaiviiiK  beiw,  ■A^wyilr.n, 
das  Schwanken  des  Naiuens  isl  also  alt. 


■REU   KOEriTE 


voi.  Daneben  erzühlL  er  ausCülirlich  nach  Hermogenes  eine  an- 
dere AtileiLung  des  Sliidtenamensaus  den  phr^gisclien  Wörtern 
oÜKvoüv  (F'uclis)  und  j^iv  (Igel).  In  Zeilen  einer  Ilungerenot 
versölinteßu[)liorl)08die  Götlerdureh  Opfereines  Fuchses  und 
eines  Igels,  deswegen  wählten  ihn  die  dankbaren  Umwohner 
zum  Priester  und  Anführer  und  die  StadL  empfing  den  Namen 
'E^Quivoyv  'Igelliichs',  woraus  allmählich  die  Form 'A^iviov  ent- 
stand, Gerade  weil  der  Name  tluphorbos  mit  dem  Sladtnamen 
nicht  zusammenhängt,  wird  dieser  Einzahlung  destlermogenes' 
eine  Lokalsage  zu  Grunde  liegen,  (Jer  von  Menelaos  erlegte 
(POff.)Panthoide  Eluphorbosheissl  bei  Nomer  freilich  l>ardaner 
(11807),  aber  schon  Kallimachos  hatte  ihn  Phryger  genannt- 
und  es  ist  wol  möglich, dass  eine  phrygische  Stadt  den  durch 
Pythagoras  berühmt  gewordenen  Helden  für  sich  in  Anspruch 
nahm.  Dbenso  gut  kann  freilich  ein  alter  phrygischer  tleroen- 
name  in  Fuphorbos  gräcisirt  sein,  gab  es  doch  auch  eine 
Stadt  lüuphorhioo  im  südwestlichen  Phrygien  (vgl.  liamsay 
Cilies  and  bishoprics  of  Phrygia  I  75(j). 

Das  Orakel,  dessen  Verstandniss  mir  Merr  Geheimrat  Diels 
erschlossen  hat,  ist  absichtlich  dunkel  und  in  altertümlichen 
Formen  abj^eCasst:  'Auf.  mache  Dich  mit  schneller  Hand  an 
diesen  Fischzug,  emsig  bemüht;  denn  er  wird  reichen  Ertrag 
geben  denen,  welchen  ich  (der  Gott)  ihn  verleihe'.  Es  ist  wof 
zweifellos ,  dass  der  Dichter  das  Bild  des  Fischzuges  dem 
berühmten  Orakel  entlehnte,  mit  dem  der  Akarnane  Amphi- 
lytos  vor  der  Schlacht  von  Pallene  den  Peisistratos  zu  raschem 
Vorgehen  antrieb  (Her.  I,  63): 

'Gppiicrai  S'  6  ßöXo<,  tÖ  Si  Sixtuov  iKicintTaaTCti, 

'  Das  Fragment  steht  bei  Müller  F.H.G,  III  52^  unter  Hermo^nes  Ton 
Tarsos,  at>er  ungleich  näher  liegt  es  doch,  es  den  'Kalm  xiiosic  des  Herino- 
genes  von  Smyrna  zuzuweisen,  die  wir  aus  der  in!ichrirt(^./.G.  II  33t  1  ken- 
nen. Es  ist  erfreulich,  diesen  nur  durch  die  In^chrin  als  Historiker  bekann- 
ten Arzt  auch  in  der  LlLteratur  einmal  aniutreftcn. 

'  Oalliro.  fr.  83*  Schneider=Diog.  l.aert.  I,  i,3,  ebenso  nennt  iliD  Jani- 
blichos  de  Pylhag.  mla  63. 


KLEINASIATISCHE   STUDIEN.    VI.  401 

Im  Einzelnen  bedürfen  einige  neugebildete  Wortformen  einer 
Krklarung.  Von  ßtilo^  Pischzug  ist  zunüchst  ßolito;  eine  ganz 
richtige  Weilerbildung. wie  xoniTÖ;  neben  köxo;,  tokitö;  neben 
TÖxo;  steht,  von  diesem,  vielleicht  nur  zutiillig  in  der  LitLera- 
lur  nicht  nachweisbaren  Subslantiviim  ist  dann  weiter  dus 
Verbum  ßolniCw  'einen  Fischzug  ibun"  abgeleitet,  und  des- 
sen VerbalsubstanLivum  haben  wir  in  ßo>iTi(ifjiö(.  In  der  Ite- 
deulung  weicht  diese  künstliche  Neubildung  von  dem  ein- 
fachen ßD>o(  kaum  ab,  aber  sie  widerstrebt  wenigstens  den 
Gesetzen  der  Sprache  nicht  während  die  Form  ^tpEtt»  unbedingt 
sprachwidrig  ist, eine  falsche  Analogiebildung  zu  den  epischen 
Conjunctiven  Sx;ji,itw,  Mf_%ibi  u.  s.  w.  Ob  TeuTotsauv  eine  der  le- 
benden Sprache  angehörige  Nebenform  zu  tiuTÄi^cuv  ist,  so 
wie  [Jpiaau  und  ßpi^w  neben  einander  stehen,  oder  ob  auch 
diese  Bildung  nur  spruchlicher  Ziererei  ihr  Dasein  verdankt, 
wage  ich  nicht  zu  entscheiden.  Wahrscheinlicher  ist  wol  das 
Lelzlere- 

2.  Ebenda  in  einer  Hausmauer.  Rings  beslossene  Platte 
aus  Malbmarmor,  die  linke  Seite  sehr  verwittert.  Höhe  0.31"', 
Breite  l.iO"".  Dicke  0.56'".  ßuchsLabenhöhe  0,02". 

f////,Tn^OSMn//;i/////iEYTYXEZTATATHnOAEtHMßN//rA/Ai/M,{Al 
'/KA10NKM7APAAPOY20NrEPMANlKONTONYION(I>Y;i;(EIO-:AZ|ü 
///,:./,jyZTn\'/f  ;N2EBAZTnN^*iKnEfH't>IZAT0STE*ANHd;;;PH/i;/;Ai 
•:?f//Äitti't^^A'""^"^  ^'  '^  laSAZIONMENOMISASAKAITAYTiffif 
5  fflÖ'ÄOMnZTANAYOeEnNMlAnP0rPA*HMIAATEAHAfi{i) 
HKAF^ — 


.   .    .  TÜ  KDSfJiu  [xai]  tÜTUj^iffraT«  tä  itoXti  Tiftdlv  ....... 

Ntpuva  K\aiJ]Sioii  KKiisp»  Äpoüoov  TipjiaiviKov  tqv  utöv  ipü[3]£i  [Qi]«(['AYptwitiivr,( 

.  .    TIÜ   [MYi](ITül[l  (?)  TÜv]    StSaOTÜV  [oiJKU,    El|lYJ^{aXTO  TT£^KV)5^[D]p>i[o]*[l 

.....  xai]  iv  iyüoiv  o[[jL]Qi(ü;;  ä^iov  [ae  vojAt-jaoa  xoel  TaÜT[in  t^(  Tiftfl^ 

ü)5t'  ätv  (?)  Suo  6i(Lv  [jLt£  jtpoypaip^  [xtä  otT  e^Tiot 

,  .  ,  ,  .  .  7)  Kict  IV 


403  ALFItBD   XOKRTB 

Die  Scilpift  ist  acliarf  nnd  fein,  mit  grossen  geschwung- 
nen Apices  an  den  Rnden  der  Hasten,  der  Querstrich  des  © 
isL  f^anz  durchgezogen. 

Der  Stein  ist  offenbar  ein  neues  Bruchstück  der  von  Lo  Bas- 
Waddington  Hl  857-59  behandelten  Urkundenreibe.  Rin  um 
den  Kuh  der  Kaiser  von  Augustiis  bis  Claudius  durch  reiche 
Schenkungen  verdienter  Mann  hat  erst  ein  Ebrendekrel  der 
Gemeinde  von  Aizanoi  (  Le  Bas  -  Waddingtoo  857)  und  dann 
einen  Brief  an  die  Panegyriarchen  und  den  Finanzhcamten 
der  Stadt  in  Stein  hauen  lassen.  Der  Gedanke  liegt  nalic.  tias 
neue  Fragment  in  diesen  Brief,  in  dem  der  Wolthäter  seine 
Verdienste  mit  echt  asiatischem  Wortschwall  preist,  zwischen 
die  Nummern  858  und  859  einzuschieben,  aber  eine  Ein- 
zelheit macht  es  wahrscheinlicher,  dass  dies  Bruchstück  ei- 
nem zweiten  Briefe  desselben  Mannes  angehört.  In  dem  Ein- 
gang des  ersten  Briefes  nennt  sich  der  Schreiber  Priester  des 
Claudius  und  des  ßritannicus',  Nero  wird  ebenso  wenig  ge- 
nannt wie  in  einer  gleichzeitigen  Weihung  des  Menogenes 
Nannas' Sohn  (a.a.O.  85ß)  an  den  Kaiser.  In  dem  neuen 
Bruchstück  ist  dagegen  die  Beziehung  des  Namens  in  Z.  9 
auf  Nero  sicher,  denn  nur  er  führte  seit  der  Adoption  die  Na- 
men Claudius  Caesar  Urusus  Germanicus^.  Es  scheint  also, 
dass  Nero  nach  der  Adoption  in  den  Kaiserkult  der  Stadt  mit- 
aufgenominen  ist,  und  ausser  ihm  auch  seine  Mutter.  Agrip- 
pina  heissl  in  derlnschrin  selbst  Oiet,  wenn, wie  kaum  zu  be- 
zweifeln, meine  Ergänzung  der  Z.  3  richtig  ist  —  da  Neros 
leiblicher  Vater  nicht  zur  kaiserlichen  Familie  gebort,  wird 
nur  die  Mutter  genannt.  Die  Kulte  von  Mutter  und  Sohn  sind 
anscheinend  zu  gleicher  Zeit  gestiftet,  denn  der  Verfasser  der 
Inschrift  rübmt  sich  Z.  5  durch  einen  Beschluss  zweier  Göl- 
ter Priester  geworden  zu  sein.   Dann  ist  diese  Inschrift  ein 

*  WaddJDgtons  ErgäniUDg  858  Z.  5  f.  Ti6if>T'Du  KXauGisu  Kaf[aapot  Bpttw- 
viioS  ist  sicher. 

*  So  auf  dem  Bogen  des  Claudius  CLL.  VI  9SI,  4uDd6'. /.  G.  Sept.  168, 
vgl.  Prosopugraphia  imperii  Homani  1  3G'J.  Dem  alleren  Drusus  fehlt  der 
Beiname  Caesar. 


KLB1NASIATI8CHB   STUDIEN.  VI.  403 

Nachtrag  aus  dem  Jahre  50  nach  Chr.  zu  dem  ersten  zwischen 
43  und  50  anzusetzenden  Brief.  Der  loyale  Priester,  vermut- 
lich der  in  Nr.  856  und  auf  Münzen  genannte  Menogenes 
Nannas'  Sohn, hat  gegen  gebührende  Ehren  auch  die  Last  der 
beiden  neuen  Priestertümer  auf  sich  genommen.  Leider  fehlt 
zu  viel,  um  den  Wortlaut  der  Inschrift  herzustellen. 

3.  Ebenda  im  Flussbett  des  Rhyndakos.  Staluenbasis  aus 
Halbmarmor.  Höhe  1,80'",  Breite  0,80",  Dicke  0,80™.  Buch- 
stabenhöhe 0,04™. 

*H]  ßouXy)  xai  6  StipLO; 

S(i>]pov  MiQVOf  iXou 

VSü)]x6pOV  TOO  iAlO< 

5  £vS]pa  f  iXoTTotTpiv 

TLQLi]    f  iXÖTStpLOV 

£v  ffTjpaTYjyiat;  xal 
£V  >i]aTaa>isuai; 
7coX]Xy)i  TYii  we[pt 
10  T7)v  TTajTpiSa  iuvo(ai 

[XpTQ<X(fe(X£VOv]. 

Meine  Abschrift  enthält  keine  Notiz  darüber,  ob  die  Inschrift 
vollständig  ist, doch  scheint  mir  ein  Participium  alsAbschluss 
kaum  zu  entbehren. 

4.  Ebenda  in  einer  Mauer.  Giebel  einer  Grabstele  aus  blau- 
em Halbmarmor. 

Im  Giebel  neben  einem  Krater: 

£TOu;  (ioß', 
auf  der  unteren  Giebelleiste: 

AY)(i.Y)TpCiO<   'Afitb)   TY)   |il.Y)Tpil  [i.VY)|il,Y)<   eVCx[|V. 


*  Seit  43  beissl  des  Claudius  Sobn  Brilannicus,  ins  Jahr  50  fällt  Neros 
Adoption. 


404  ALra»D  EOBRTB 

Die  BuchBiaben  seigen  unregelmiw^^  Porfiieo«  aiiffiiUeiid 
s.  ß.  Ä  mit  überragendem  recbteo  Scheokel. 

Seitdem  Buresch  (Aus  Lydien  S.  20 CT.)  die  Geltung  einer 
Ära  voD  Actium  neben  der  sullaniacben  für  Lydien  erwie- 
sen hat,  muss  man  die  Möglichkeit  einer  Datirung  nach  der 
jüngeren  Ära  auch  für  Aizanoi  in  Betracht  ziehen,  and  die 
orthographischen  Seltsamkeiten  dieser  Inschrift  AnftnTptuK,  ftn- 
Tpii  lassen,  ebenso  wie  die  Buchstabenformen,  die  Entetehung 
im  Jahre  i  42  nach  Chr.  glaublicher  erscheinen  als  88  nach  Chr. 
Ein  sicheres  Urteil  ist  aber  m.  E.  nicht  möglich,  bevor  niebl 
unanfechtbare  Beispiele  der  actischen  Aera  aus  der  Aizanilis 
beigebracht  sind. 

5.  Ebenda  in  einer  Mauer.  Weisser  Kalkstein,  links  ge- 
brochen. Höhe  0,07",  Breite  0,35". 

aiKl  [AviofAtic  2v]iiuv  ^9  Itou^  ^  p^vi'  (168). 

Den  Schriftformen  nach  könnte  die  Inschrift  ebensogut  ins 
Jahr  84  nach  Chr.  wie  ins  Jahr  138  nach  Chr.  gehören. 

6.  Ebenda  im  Pluss.  Altar;  vorn  in  einem  Kranz  ein 
aufgerolltes  Blatt  Papier,  darauf  die  Inschrift.  Buchstaben- 
höhe 0.02". 

n.  Arx(ioc) 

Bü)Xav6c 
xat  My)v6- 

5  £ü)ai:vSp« 

a  Nii>iO(x« 

Xfd^  vo- 

10    £t(io)  X«'. 

In  Z.  IQ  9tebt  das  E  über  dem  T. 


KLBINASIATISCHB   STUDIEN.   Vf.  405 

7.  Rbenda  im  Fluss.  Altar  aus  llalbmarmor.  Höhe  1.10". 
Breite  0.65'",Dieke  0,65'".   Buclistabenhöhe  0,025". 

AaS-nc  Ato(i.Y)!(y)  uo)  (!)  p.[vY)» 

8.  Ebenda  am  Waschplatz.  Kalkstein-Stele  in  Form  einer 
Doppelthür  mit  Giebeln  über  Rundbögen.  In  den  Bögen  je 
ein  Adler,  auf  den  Bogenleislen  die  Inschrift.  Höhe  1.10", 
Breite  1,36".  Dicke  0.027".  Buchstabenhöhe  0,02". 

Auf  dem  linken  Bogen:  Auf  dem  rechten: 

9.  Hadschi-köi.  4^  nordöstlich  von  Tschawdyr-hissar,  im 
Ort  gefunden.  Altar  aus  Halbmarmor.  Höhe  1,22",  Breite 
0,59",  Dicke  0,46".  Buchstabenhöhe  0,03".  Buchstabenfor- 
men  ¥o. 

Aup.  *Aa)cXt}TCideS[Y)< 
XX<i>v  (!)  Töv  wa6Y)(i.aT[<i)v 

5        1970)  (ASTOC 

In  Z  1  ist  das  A  nachträglich  klein  eingeschoben.  Am 
Ende  von  Z.  2  fehlt  nichts,  es  stand  also  nicht  äico  [icojXXov 
auf  dem  Stein ,  was  auch  mit  dem  Artikel  nicht  vereinbar 
wäre. 

10.  lladschi-Mahmud-köi,5'"  östlich  von  Tschawdyr-hissar, 
am  Brunnen.  Doppelthür  aus  Marmor  mit  Adler  und  Frucht 
korb  verziert.  Höhe  1".  Breite  1,50".  Buchstabenhöhe  0,03". 

Ta  T^KVa  ExiTQfOL^ioL  piY)Tpi  Kai 

EuT[ux]tXa  waTpi  (i.vY)(i.t}c  X*P'^* 


406  ALFRED  KOBRTB 

11.  Auschar,  etwa  9^  östlich  von  Tseliawdyr-bisaar,  im 
Minareh.  Kalicsteinplatte.  Höhe  ±  0,20",  Breite  d=  1,00". 
Buehstabenhöhe  0,035". 

A-i-Ki-KAAYAlANHAIKI  iwY4>fiiiA  I 
k-l-OYNIAMAPKIANHMHTPIk 
AIKI  NIOCAPTEMIAaPaTfAn 
4>IANaYlaK  KAnETfiAINfiK'O 
5  K  MAPKIANfiHPfiCINK-EAYTH 

ZaCA 

Aixt(v{oi)  KXoiuStoiyy)  Aixi(v{q)  [*P]ouftt  Mft[Tp]t 
xk  *Iouv{a  Mapxtcivi)  |AV)Tpt  xe 
Atxiviog  *ApTf[AiS6^pcd  i[(S]  *Air« 
f  tavc&  ul(ä  xf  KaircTCdXivcd  x[i]  *Po[uf  ca 
5  xi  Mapxtavc&  vipttotv  xl  iotuTi) 

Da  AixtvCa  KXauStavv)  nach  Ausweis  von  Z.  4 f.  allein  den 
Stein  setzt  und  zwar  ihren  Eltern,  ihrem  Sohn  und  drei  an- 
dern männlichen  Verwandten,  die  sämtlich  als  rifm^  bezeich- 
net werden,  muss  in  Z.  3  ein  Irrtum  des  Steinmetzen  vorlie- 
gen, der  für  Atxtvto)  den  Nominativ  einsetzte. 

12.  Tauschanly,  etwa  60*""  nordwestlich  von  Tschawdyr- 
hissar.  Reiche  Grabthür  aus  Halbmarmor.  An  den  Seiten- 
pfeilern Rankenwerk,  auf  dem  Thürgesims  Bukranien  zwi- 
schen Blumengehängen,  im  Thorbogen  die  Inschrift  auf  einer 
Platte  mit  keilförmigen  Ansätzen.  Höhe  1,80*",  Breite  1,10", 
Dicke  0.30".  Buchstabenhöhe  0,02". 

'AvTixXiig  'Ap- 

T6(JLiSü>p(i>  «-« 


KLEINASIAT18CHB  STUDIEN.  VI.  407 

13.  Ebenda,  an  einem  Brunnen.  Grablhür  aus  Halbmar- 
mor. Im  oberen  linken  Thürfeld  Spiegel,  im  rechten  Schloss, 
im  Thorbogen  Arbeitskorb,  darüber  im  Giebel  Granatapfel. 
Höhe  1,00",  Breite  CTO"*.  Buchstabenhöhe  0,025"*. 

OpsipLo;  xal  TdcTstov  piv2Tps[i 

14.  Maimul,  eine  halbe  Stunde  von  Tausciianly,  an  einem 
Brunnen.  Marmorstele  in  Form  einer  dreifachen  Thür,  das 
linke  Drittel  fehlt  In  den  Giebeln  Korb  und  Adler.  Höhe 
1,42™,  Breite  1,25°".  Buchstabenhöhe  0,015". 

An  der  mittleren  Thür  • 
an  der  rechten  Thür: 

15.  Ebenda  in  der  Mauer  eines  Pischweihers.  Altar,  zur 
Hälfte  im  Boden.  Breite  0,55",  Dicke  0,50".  Buchstaben- 
höhe 0,03'". 

AYCINTEKNOICINTHNATTO 
EYKTEANXAPINvUTHPAYFPA 
TOYTOYCErEhWMKATAENA 
©AHTwAEOMGYrON  EYCI 
5  XPHCTOIAECnOTAICITElMl 

Suaiv  Texvotaiv  rov  airo|€uxTeav  X^P^^ 

(XYimp  Xuypd  I  ,  TOUTOu^  ^yivoiv  (!)  xaToc  eva,  |    OdeirTOi 

ii  opLOu'  Yoveudt  I  xp^<^^oii  SiO7V0Tat<Ti  Tc{[xt[ot. 

Der  unglücklichen  Mutter,  die  ihre  beiden  einzeln  geborenen 
Kinder  zusammen  begrub,  sind  die  versuchten  Trimeter  nicht 
recht  gelungen ;  der  jetzt  nicht  sichtbare  Teil  des  Steins  ent- 


408.  ALPRED   KOBRTE 

hielt  noch  einige  Lobeserhebungen  der  von  Ellern  und  Herren 
geschätzten  Kinder. 

16.  Ebenda.  Altar,  zunrTeil  im  Boden.  Hohe  0,55*",  Breite 
0.45"".  Buchstabenhöhe  0,02". 

"EJtou;  tSi'  [xiqvoc  Se6a<iTo[ö 

xaT«[axiüa<i€v  Te- 
Xia^opo;  "Atutty)  (xiQTpl  Y^[u- 
xuram  (Avifipiioc  X^P^^ 
5  x]l  Ao|iLtT((i>  Au(devovT[i, 
&  <iuvl2^'n«v  Ti  "Attttttj  xa- 
>]ö?  Ity)  16 ',  xal  Ti^iff- 
[f6p(i>  Tä^  iSicd  7raTpt](?) 

Bei  dieser  Inschrift  ist  kaum  ein  Zweifel  möglich,  dass  die 
Datirung  auf  das  Jahr  312  nach  der  sullanischen  Ära  =  228 
nach  Chr.  zu  berechnen  ist.  Denn  nach  der  actischen  würde  sie 
ins  Jahr  282,  d.  h.  in  eine  Zeit  fallen,  der  äusserst  wenig  In- 
schriften Phrygiens  angehören.  Bemerkenswert  ist  die  Be- 
zeichnung des  Stiefvaters,  mit  dem  die  Mutter,  vielleicht  ohne 
rechtsgültige  Ehe,  zusammenlebte.  Die  Zahl  der  Jahre  dieses 
Zusammenlebens  ist  unsicher;  es  folgte  offenbar  der  rechte 
Vater  Telesphoros. 

17.  Ebenda.  Marmorne  Stele  in  Form  einer  Doppelthür. 
Rankenwerk  an  den  Seitenpfeilern,  Blumengewinde  in  den 
oberen  Thürfüllungen,  Arbeitskorb  und  Adler  in  den  Thor- 
bögen, darüber  im  Giebel  links  ein  Spiegel,  rechts  eine  Pal- 
melte.  Höhe  1,00"*.  Breite  1,30™,  Dicke  0,20"*.  Buchslaben- 
höhe 0,02"*. 

Am  linken  Bogen  : 
'Apiavo;  xai  Tiiuo)cpaTYi;  xai  BipovcixiQC 

am  rechten   Bogen  : 

|XY)Tpi  xai  Tcarpt  J[(i>v(T)t  Yoveuat  yXrjy.rjTxxoi^  (/.vy)[jiLY);  X^P^^ 

Statt  des  t  in  ZJcovti  steht  irrtümlich  ein  y. 


KLEINASIATISCHB   STUDIEN.   VI.  409 

18.  Girei-Tschalköi,  zwisclien  Tschawdyr-hissar  und  Al- 
tyntasch.  Stele  aus  weissem  Marmor  in  ein  Haus  eingemauert; 
in  einer  Bogennische  steht  eine  Frau  in  Chiton  und  Man- 
tel, die  Rechte  vor  der  Brust,  in  der  Linken  Rocken  und 
Spindel,  der  Kopf  ist  abgesplittert;  neben  ihr  am  Pfeiler  eine 
kleine  Büste  mit  abgeschlagenem  Gesicht.  Höhe  1,50"*,  Breite 
0,60'".  Buchstabenhöhe  0,02™. 

•A ?  xi  Tdcraxo?  xi  (A)u(ia. 

XaptC  «Wcqy'  (293). 

Das  OL  hat  stets  die  Form  A.  Den  ersten  Buchstaben  des 
letzten  Namens  in  Z.  1  las  ich  A.  aber  das  wird  ein  Irrtum 
sein.  Der  Frauenname  in  Z.  2  bleibt  unsicher. 

Nach  sullanischer  Ära  ist  das  Datum  209,  nach  actischer 
263,ersteres  ist  wol  wahrscheinlicher.  Bs  verdient  Beachtung, 
dass  die  in  Lydien  so  sehr  übliche  Datirung  der  Grabsteine 
sich  in  Phrygien  last  nur  westlich  einer  etwa  durch  die  Ei- 
senbahn Kutaja-Afiunkarahissar  bestimmten  Linie  findet. 

19.  Bunarbaschi,  20*""  östlich  von  Tschawdyr-hissar.  Mar- 
morsäule, zum  Teil  in  der  lirde.  Durchmesser  0,40".  Buch- 
stabenhöhe 0,025'". 

'AxuXio;  yLtxX   Ta  T6>cva 

aUTOÖ     AI     ßpOVTÖVTl 

Diese  Inschrift  ist  wiederum  eine  nichtsepulkrale  Weihung 
an  Zeus  Bronton^  Cumont  hat  in  dem  Artikel  *Bronton*  in 
Pauly- Wissowas  Realencyklopädie  III  891  die  Ansicht  ge- 
äussert, Dorylaion  sei  Hauptkultstälte  dieses  Gottes  gewesen. 
Das  scheint  mir  irrig  zu  sein.  Allerdings  ist  die  Zahl  der  in 
Dorylaion  gefundenen  VVeihungen  an   ihn   recht  gross,   mir 

<  Vgl.  M.A.L  1899  S.  ^43;  elienda  S.  4'i2  auch  über  die  Form  A(. 

\THBN.   IIITTHEILUNGEN   XXV.  27 


410  ALPHEb   KOERTB 

sind  deren  13  bekannt',  aber  Dorylaion  lial  überhaupt  mehr 
Inschriften  geliefert  als  die  meisten  anderen  Sladte  Pti rygiens; 
mit  den  unten  veröETenllichten  steigt  die  Summe  auf  10?. 
Zeus  Brooton  war  aielier  riiclit  die  am  liöclisten  in  Uorylaion 
?eralirte  Gottheit,  denn  nicht  die  nach  ihm^.  sondern  die 
nach  derGöttermutter  benannte  Ph}'le  rühmt  sich  die  erste  zu 
sein'.  Der  Kultus  des  GoLLes  wird,  weil  siel)  an  ihn  so  ^ern  die 
Verehrung  der  Toten  ünachliesst. überall  in  den  Üürlern  nicht 
weniger  eifrig  gepflegt  als  in  den  Städten;  als  sein  Mauptgu- 
biet  wird  man  den  Landslricli  ansehen  dürfen,  der  im  Norden 
durch  den  Mittellauf  des  Sangarioa^,  im  Osten  durch  dessen 
Oberlauf  und  die  Haimaneb,  im  Süden  etwa  durch  die  GrenEe 
von  Lykaonien  und  Plirygien,  im  Westen  durch  den  Rhyn- 
dakoa  umschlossen  wiid.  Dieser  Bezirk  ist  zugleich  das  Ge- 
biet, in  dem  sich  dsB  phrygisclic  Volkstum  am  reinsten  und 
kräftigsten  erhalten  hat. 

20.  Tschakyrsas,  2^  nordöstlich  von  Allyntasvh.  Marmorne 
Platte,  unten  gebroclien.  Höbe  O.G-i"",  Breite  0,52",  Dicke 
0,38".  BuchsUbeabdhe  Ü,Ü3'". 

Auf  der  oberen  Kante  des  Rahmens,  der  die  SchrifiQache 
umgiebt,  steht  die  Inscbrirt  des  Steinmetzen: 

Aüp.  *AÖt)vöKoto;  Äoxt[tiü{  ti- 

Im  eingerahmten  Felde  . 
Tov  6töv  uol  (I)  [XY]  ä$ix'r)ot((!) 


■  Cunionls  Autzälilung  isl  leider  irrerülirend.  Von  den  rürif  durch  Donia- 
siewski,  Arch.-cpigr.  Mitlheil.  1883  vcrüfTcntlichlcn  Steinen,  die  er  anführt, 
gehüren  vier  nicht  nach  DuryUion, ihre  Fundorte  sind  his  75^  von  jener  SUdt 
entrernl;  auch  C.I.G.  38IT  h  stammt  nach  Gerhard.  Arch.  Anz.  1848  S.  107 
mir  aus  der  Gegend  von  Durylaion.  Zu  ttadels  Sammlung  |  En  PUrygU  Nr. 
Xir.l  sind  hinzugekommen  GÖUingische  gel.  Anzeigen  1897  S.  408  (T,  Nr 
52.  53,  54.  56  und  M.A.l.  1900  S.  120. 

*  Götlingische  gel.  Anzeigen  1897  S.  400  f ;  dass  der  Zeus,  nach  ileni  sie 
Alis  heisst,  ehen  der  Brontun  ist,  wird  man  annelimun  dürfen. 

3  Ebenda  B.  400  Nr.  45. 

*  U.A.I.  1899  S.  442. 


KLB1NAS[*TISCHE   STUDIEN.    Vi. 

Tpd!pi|/ci(  'AiiTtp(iiTO(,  05  I  ffOipJn  xal  Y^(i(iTi  xstl  sitio|Ty)[jtY)  l 

10    7c«Tp{|SQ5  7rpOliTi|jLivo(  poulii  ||  xoti  Y¥Ü[i.ii  ajtavxuv 
nXvjpbijaa;  tk  ftri,  dtTcip  öiö;  üptjatv  ocvTä, 


Oie  Scliriflzüge  sind  ungcwölinlieli  fein  und  sorgläUig,  die 
Zeilen  durch  vorgeritzte  Linien  begrenzt.  In  Z.  10  ist  das  v 
von  Yvufx,yi  nachtriiglich  übergeschrieben. 

Aureltos  Athenodotos  aus  dem  50"^  entfernten  Dokimion, 
wo  der  nach  der  (landfilssladlSynnada  benannte  Marmor  ge- 
brochen wurde',  hat  seine  Kunst,  auf  die  er  so  stolz  ist,  aus- 
schliesslich durch  die  Schrift  helhütigt;  im  Gegensatz  zu  den 
in  dieser  Gegend  üblichen,  reich  ausgeslalLelen  Grabthüren 
ist  dieser  Stein  ganz  schmucklos.  Da  die  KiinsLlerinschrifl 
dasselbe  unglückliche  Bestreben  Verse  zu  schmieden  zeigt 
wie  die  eigentliche  Grabschrifl,  wird  Athenodotos  auch  für 
die  lilterarische  Form  des  Denkmals  verantwortlich  sein. 
Auch  abgesehen  von  der  das  Metrum  nicht  herückBichligenden 
Ginschiebung  des  Namens  in  den  zweiten  Vers  ist  keiner  der 
fiinf  Hexameter  fehlerfrei.  Der  letzte  Vers,  der  einen  hübschen 
Gedanken  der  populären  Moralphilosophie  enthält  {vgl.  PJut. 
cnnsoi.  ad  Apoll.  106F,  Kaibel  Epigr.Gr.  G13,  6)  lallt 
ganz  aus  der  Konstruktion.  Die  spracliliclien  Barbarismen, 
vor  allein  loi  jav)  iSiKTian  für  00  (iT)  iSixTiiTi;  im  Verein  mit  dem 
Aurelicp- Namen  des  Steinmetzen  nötigen,  den  Stein  jünger 
anzusetzen,  als  man  es  nach  dem  Schriftchar^ikter  ihun  würde; 
er  wird  kaum  erheblich  vor  ?Ö0  nach  Chr.  verfertigt  sein. 

21.  Fbenda.  Starke  Marmorplatte  mit  Giebel,  die  Schrift- 
flüche umgeben  von  einem  gut  gearbeiteten  Maanderband.  Höbe 
1,1"'°,  Breite  0,9»'",  Dicke  0,55'".  Buchstabenhöhe  O.O'i'". 

Auf  der  oberen  Leiste: 
COlMHAMKHCIC 


<  Vgl.  SlrabuXlliTT. 


412 


ALFRED   KOBRTE 


Auf  *ler  umrahmten  Schrififläche 


mm'mmmmmm'/mmm'iio  tt  o  n 
..Mmmm/ifsmmii  h  a  e  n  e 


5  rhisie\cmimWimmiM  a  n  h  p  e  N,§A 

A  e  K  I  T  A  I  Äi«»»S^NO  C  ß  K  A 
TAKITAIZgSC  XPONONHMI 
TeAHCACKOPff(^fenßNY 
MlHCKeKAHMeNOCeNMePO 

10  necciNogenofHceoeoN 

AlTTßNTONKOCMONATTANTA 
TTOAY  I  iMlOCeNOAAeKITAI 
CYNKOYPIAIHTAAOXßAMAPAN 
THCeMNOTATHI^YIßKYPIAAß 

15  TAXYaf/OirßOC0A»f;ieOC 
AYnH  CeN  AerONICkTHNCYN 
reNIANATTACANANAPAMlAIXION 

KeYKAeAf  SAiAAof  c  foAenAn 

niKIOCK-OeOAOTOCeTIZßN 
20  TeCMNHMOCYNONenOlHCANe 
AYTOICCYNTAICrYNAlZlN 
KMATPßNHAA  A  Ai^'/If^e  K  N  AAYTßN 
KYPIAAOC'^eYTYXIOCl^nATPIKIO/i 
§1  AnniKIOSii  ;IHCANMNHMHC 

Die  Sclii'ifl  war  anscheinend  weniger  sorgläUig  als  bei  dem 
vorigen  Stein, sie  ist  ungemein  stark  verwittert.  In  den  ersten 
Zeilen  konnte  ich  vor  dem  Stein  nur  vereinzeile  Buchslaben 
entziffern,  auch  der  Abklatsch  versagt  hier. 

/.  24  sieht  ausserhalb  der  umrahmten  Schriftfläche  auf 
dem  unteren  Hände  des  Steins. 

Die  erste  Zeile  liisst  sich  nach  der  vorigen  Inschrift  ergän- 
zen Tov  Oeov]  <joi  |i.T)  iiSticr)<Ti?  Die  Wiederkehr  derselben  Sprach- 
lehler  lasst  an  gleichen  Verfasser  denken,  auch  die  Form  des 
Steins  und  gewisse  Wendungen  der  barbarischen  Verse  führen 


KLEINASIATISCHE   STUDIEN.   VI.  413 

darauf,  dies  Denkmal  ebenfalls  dem  *  Künstler' Aurelios  Athe- 
nodolos  von  Dokimion  zuzuweisen,  aber  Abweichungen  der 
BuchsLabenformen,  vor  allem  ß  statt  (&),  sprechen  dagegen. 

Z.    3    YjSg   7Cl|[w]p(i)[u.6]v[0V 

Z.  4  T]ri\i  I  yvcüOtff 

Z.  5   avr)p  iv[6]4t|S6  xirai 

Z.  6   -w  vodü)  ycaJTOfJciTai  Cfw^i]?  XP^^^^  7)(JLt|T6^r,aa5 
10   Kop[va^(]  i77<i)vu{oLiY);  (!)  )cs)c>Y)acvo;  iv  pL6po|TCiaoiv, 
o[;]  6:rö[8]Ti<T6  Osov,  I  ^iTToiv  Tov  x6<T(xov  awavTa,   | 

ffUV   XOupiSlY)    T*  a>6^(i>    'AüLapXvJTIO   <II|JLV0T&TY)    tü 

15   ulw  KupiXXoi  I  Tay u[(iL]oip(i) ,  o;  6de[vi  v]eo;* 

>ü7UY)a6v  Se  yovi;  xi  t7)v  (yuvlygviav  awaffav, 

oLvSpa  (jLiXi^tov  I  xe  suxXea  [iv]  'AiSao. 

...0  Se  Ila7c{7rix.io(  xk  deöSoTO;  eri  C<<>vKs< 
20   ,u.vY)|x6iuvov  fc7uotyi<Totv  6|auT0l;  ouv  Tat;  yuvat^iv  | 

)C6  MaTpwvY)'  iXkcL  [>C6  Ta  TJexva  auTöv  | 

KupiXXo;  )ce  Eutu^io;  xi  IIaTpixio[;  |  xe 

n]a:rwixio[;  iwo]ir,(yav  |xv7)[jly)(  |  [x^P^v]. 

Die  selbst  für  ein  spätes  phrygisches  (Jrabepigramm  unge- 
wöhnlich schlechten  und  verworrenen  Verse  gehen  von  Z.  12 
an  ganz  aus  den  Pugen.  Z  12  ist  ein  llexameterschluss,  zu 
dem  der  erste  llalbvers  fehlt.  Die  folgenden  Zeilen  sollen  trotz 
des  überschüssigen  cuv  unJ  der  metrischen  Schnitzer  offenbar 
Hexameter  sein.  Z  17  f.  ist  ein  ganz  für  sich  stehender  Vers, 
der  dem  Verfasser  aus  irgend  einer  anderen  Grabinschrift 
in  iilrinnerung  geblieben  war;  der  Raum  gestattet  nicht,  ihm 
durch  lllinschiebung  von  ts  hinter  avSpx  und  das  epische  fiv 
für  ev  metrisi^h  aufzuhelfen.  Selbst  die  folgenden  Namen  müht 
sich  der  Verfasser  in  Verse  zu  zwängen,  wie  namentlich  Z.  20 
(xviopLoouvov  iTcotYiaav  zeigt;  dann  giebt  er  die  Sisyphosarbeit  auf 
und  fügt  den  Rest  der  zahlreichen  Sippe,  die  an  dem  Grabe 
Anteil  hatte,  in  Prosa  hinzu. 

Man  könnte  aus  V.  lOf.  vielleicht  schliessen,  dassderVer- 


414  ALFRED  KOERTE 

storbene,  der  die  Welt  verlüsst,  um  zu  Gott  einzugeben,  Christ 
gewesen  sei^  aber  bei  dem  Fehlen  jedes  christlichen  Abzei* 
chens  möchte  ich  das  doch  nicht  für  wahrscheinlich  halten. 
Uass  der  Tote  zur  Gottheit  eingeht,  sich  mit  ihr  vereinigt,  ist 
alter  phrygischer  Glaube^. 

22.  Kutaja  (Kotyaion),  bei  dem  neuen  Gefängnis, vielleicht 
aus  Aizanoi  verschleppt'.  Altar  aus  blauem  Halbmarmor. 
Höhe  1,20°',  Breite  0,45",  Dicke  0,40^  Buchstabenhöhe 
0.03". 

Aup.  rXuxMv 
Mdtpxo  iroiTpl  [xi 

njotoXlf)   |AV)Tpl 

23.  Ebenda  im  Griechenviertel.  Säulenstumpf  aus  Kalk- 
stein. Höhe  0,45",  Durchmesser  0,30".  Buchstabenhöbe 
0,04». 

+ 
*A«x«vi- 

OU   [AV1Q- 
fiV|XT)?  (!) 

Xipiv. 

+ 

Dss  O  hat  eckige  Form  o 

24.  Beim  Bahnbau  zwischen  Akkaja  und  Sapundschi-bunar 
bei  km.  36  gefunden  und  nach  Elskischehir  geschafft.  Altar  aus 
grauem  Marmor.  Höhe  0,88'",  Breite  0,39™,  Dicke  0.27". 
Buchslabenhöhe  0,02". 


<  Auch  die  dem  Epigramm  vorangeschickte  Warnung,  wenn  ich  sie  rich- 
tig nacli  der  vorangebenden  Inschrift  ergänzt  habe,  giebt  beiden  Steinen 
scheinbar  ein  christliches  Gepräge. 

2  Vgl.  besonders  Ramsay  n.CJI.  1898  S.  236. 

3  Das  Gefängnis  ist  1893/4  meist  aus  den  Sitzslufen  des  Theaters  von  Ai- 
zanoi erbaut,  auf  meinen  Bericht  hin  hat  aber  Exe.  Hanidy-ßcy  dafür  ge- 
sorgt, dass  den  Provinzialbehördcn  die  fernere  Verwüstung  der  schönsten 
Ruiuenstätte  Phrygiens  energisch  verboten  worden  ist. 


KLBINASIATISCHE   STUDIEN     VI.  415 

Vorn  oben  eine  weibliehe  (?)  Büste,  im  Hauptfelde  Diony- 
sos mit  dickem  Epheu  (?)-Kranz  auf  dem  Haupt,  emem  schär- 
penartigen Gewandstück  schräg  über  den  Bauch,  einer  Traube 
in  der  Linken  und  einem  einfachen  Stab  in  der  Rechten.  Ne- 
bris  undThyrsos  sind  von  dem  sehr  ungeschickten  Steinmetzen 
offenbar  missverstanden.  Auf  der  rechten  Schmalseite  oben 
Bukranion,  unten  Schlange,  auf  der  linken  weibliche  Gestalt 
mit  Traube, wol  als  Mänade  gedacht;  auf  der  Rückseite  Wein- 
stock, aus  einem  zweihenkligen  Gefäss  herauswachsend.  Die 
kindlich  unbeholfene  Arbeit  gleicht  der  von  Nr.  28.  Photo- 
graphie in  der  Sammlung  des  athenischen  Instituts  AT/ema- 
sienl^v.  54. 

Vorn  links  von  Dionysos  die  Inschrift: 

Zo- 

'AvÄp- 
eou 
5  uircp 
iauT- 
TOÖ  (!) 
xal  T- 
00  Bde- 

10  x^^O)^- 

AlOVUffCi) 

Die  abscheuliche  Zeilenabteilung  ist  durch  die  Rücksicht 
auf  die  Figur  des  Dionysos  verschuldet.  Obwol  noch  jetzt  an 
den  verschiedensten  Orten  des  phrygischen  Hochlandes  Wein- 
hau mit  vortrefflichem  Krfolge  betrieben  wird  und  wir  das 
(ileiche  wol  für  das  Altertum  voraussetzen  dürfen,  sind  doch 
in  diesem  ganzen  Gebiet  Weihungen  an  Dionysos  ausseror- 
dentlich selten  ^ 


<  Vgl.  CJ.G.  3858 f.  ( Allynlasch)  und  Annali  deW  insL  186t  S.  188  Nr. 
39(Aiwaly). 


4i6  ALFRED  KOBRTB 

25.  Akkaja,  an  der  Bahnlinie  Eskischehir-Kutaja  bei  km. 30. 
Platte  von  einem  byzantinischen  Marmorsarkophag  mit  Rau- 
tenmuster,links  gebrochen.  Höhe  0,90",  Breite  0,70",  Dicke 
0,13".  Buchstabenhöhe  0,02".  Späte  verschnörkelte  Buchsta- 
benformen. 

Ka])iavStb>vou(  (!)  StaKÖvou  x,i  Aopivou  Staxo- 

vou 
xi  T- 
oiv 

t(i>V 

auT- 

t 

26.  Gümbet  am  Wege  Kataja-Inönü,  etwa  20^  von  letz- 
terem, jetzt  mit  der  falschen  Provenienzangabe  Sögüd  in  das 
Museum  im  Tschinlikiosk  geschaflt.  Marmorner  Altar,  flöhe 
0,64",  Breite  0,31",  Dicke  0,21".  ßuchstabehhöhe  0,02". 
Vorn  oben  Mondsichel,  auf  der  Hauptfläche  bärtige,  langge- 
lockte Büste  des  Zeus,  unten  halbrund  abgeschnitten,  die 
Rechte  sieht  aus  den  Falten  des  Mantels  heraus,  auf  der  rech 
ten  Schulter  sitzt  ein  Adler.  Auf  der  Rückseite  zwei  Stier- 
köpfe  und  darunter  ein  Pflug,  wie  sie  noch  jetzt  in  Anatolien 
mitunter  vorkommen.  An  den  Schmalseiten  Vasen  und  Wein- 
stock. Photographie  in  der  Sammlung  des  athenischen  Insti- 
tuts Kleinasien  Nr.  106. 

iyaO  (  Mondsichel)  ri  Tuyyj 

Ai[i]  ßpovTövTi  M6v[r,; 

Büste 

dtv]  Tou  Oeoö. 

Für  die  beiden  letzten  Ruchslaben  in  Z.  2  ist  nur  unter  der 
Voraussetzung  Platz,  dass  sie  untereinander  und  mit  N  ligiert 


KLE1NASIATI8CHB   STUDIEN.   VI.  4i7 

waren;  auf  dem  .Abklatsche  plniibe  icli  den  Ansatz  der  Quer- 
hasta  des  H  am  Schenkel  des  N  zu  erkennen.  In  Z.  3  ist  TC 
ligiert.  Interessant  ist  das  Vorkommen  der  Mondsichel  an  ei- 
nem Denkmal  des  Zeus  Bronton.  ein  neuer  Reweis  für  den 
zugleich  himmlischen  und  chthonischenCharakter  des  Gottes. 

27.  Hügel  zwischen  Kowaldscha  und  Inönü.  Altar  aus 
Marmor.  Höhe  1,05"*,  Breite  0.38",  Dicke  0,38".  Buchsta- 
benhöhe 0,025". 

Auf  der  linken  Seite  ßukranion  ,  auf  der  rechten  Pflug. 
Von  der  stark  verwitterten  Inschrift  konnte  ich  nur  die  letzte 
Zeile  entziffern  :  Au  ßpovTü)vT[i. 

28.  Inönü  vor  dem  Konak  (jetzt  im  Museum  in  Konstan- 
tinopel). Altar  aus  Kalkstein;  Höhe  0,95",  Breite  0,42", 
Dicke  0,35".  Buchslabenhöhe  0,02-0,03". 

Vorn  auf  dem  obersten  etwas  ausladenden  Teil  des  Altars 
die  bärtige,  langgelockte  Büste  des  Zeus  unter  einer  Guir- 
lande.  Darunter  auf  der  Profilleisle  aya6^  '^^X^-  -^^^  ^^^  Haupt- 
fläche vorn  Hermes,  nackt  mit  KopfHügeln,  einen  Beutel  in 
der  Hechten,  ein  Kerykeion  in  der  Linken.  Hinter  ihm,  zum 
Teil  von  ihm  verdeckt,  ein  nach  rechts  schreitender  Widder, 
rechts  von  diesem  ein  bekränzter  Altar,  darauf  ein  Adler  mit 
einem  Blalt  im  Schnabel.  Auf  der  linken  Nebenseite  oben 
ein  Weinstock,  der  aus  einem  zweihenkligen  Gefässe  heraus- 
wächst, im  Hauptfelde  zwei  Bukranien,  darunter  ein  Pflug. 
Auf  der  Hückseite  ein   Löwe. 

Am  Sockel  der  Vorderseite: 

All  ßpOVTÖVTl  ewYj- 

xöo)  6<(ü)  AaSä(  AapLä 
CUV  TOt;  T£)cvot;  '0- 
vr}ot|iL(i>  xai  AtoSia  (?) 
5  K%i  Xpuoiü)  uirep  tcü^v 
ijSicdv  EujT'nv  iveaTY)<iav. 


Der  auffallend   reiche  figürliche  Schmuck  ist  ebenso   roh 
ausgeführt  wie  die  Schritt.  Z.  2  giebt  Krelschmer,  Einleitung 


4f8  ALFRED  KOBRTB 

in  die  Geschichte  der  griechischen  Sprache  S.  337  den 
Namen  nach  meiner  Abschrill  Äx^ft^Äate.  aber  auf  dem  Ab* 
klatsche  erkenne  ich  jetzt  den  vorletzten  Bachstaben  mil  Si^ 
cherkeit  als  fA. 

29.  Ebenda.  Altar  aus  Kalkstein.  Höhe  0,70",  BreiteO,32*, 
Dicke  0,32".  Buchstobenhöhe  0,035".  Auf  der  ROckseile  eio 
Adler  und  darüber  ein  sehr  zerstörter  Kopf,  wol  Zeus  Bron- 
ton. 

All  ßpovTdv« 
Ti  Mivvv)c  0- 

5  xvotc  iMLxk  i- 
wiTaynv  4v- 

30.  Ebenda,  an  einer  Brücke.  Altar  aus  Marmor,  oben  und 
rechts  beschädigt.  Höhe  1,20",  Breite  0,60",  Dicke  0,47". 
Buchstabenhöhe  0,02".  Ober  der  Inschrift  HeraieB  mit  Beu- 
tel in  der  Rechten  und  Kerykeion  in  der  Linken,  rechts  von 
ihm  eine  Figur  im  Mantel. 

•E]waya6{(i>v  * 

Töv  tXi(i>v  Z[<iTioffe 
9UV  aSfXf ä^  Ai[i  ßpov- 
5  [twvti]. 

Von  dem  ersten  6  in  Z.  1  glaube  ich  auf  dem  Abklatsche 
einen  Rest  zu  sehen.  In  Z.  4  ist  möglicherweise  am  Schluss 
der  Name  des  Bruders  zu  ergänzen,  doch  vermisst  man  un- 
gern den  Namen  des  Gottes,  auch  glaube  ich  schwache  Spu- 
ren einer  fünften  Zeile  zu  erkennen. 

31.  Ebenda,  an  einem  Brunnen  verbaut,  schwer  lesbar. 
Von  Domaszewski  unvollständig  veröffentlicht  Archäol.-epigr. 
Mittheilungen  1883  S.  176.  Altar  aus  Kalkstein;  Höhe0,87°>, 


KLEINASIAT18CHB  STUDIEN.   VI.  419 

Breite  0,38/",  Dicke  0,30™.  Buchstabenhöhe  0,02".  Auf  der 
linken  Schmalseite  ein  Adler, auf  der  rechten  zwei  Bukranien 
und  ein  Kranz,  auf  der  Bückseite  ein  Weinstock. 

Eui^Hio;  *Iaxiv-  (!) 
Oou  TTepl  auToO 

AI  Ti^iof  6p(t> 

32.  Ebenda,  in  einem  Hause.  Altar  aus  Kalkstein;  Höhe 
0,96",  Breite  0,42",  Dicke  0,41".  Buchstabenhöhe  0,025". 

All  l^  au^Yic  i- 

Ol  OaTTol  xal  Faiou 
x>T)povd|xoi  Oirlp  'Aff- 
5  x>T)7ViaSou  TOG  Aa« 
|xa  ulou  tu]^Y)v 

SovTi;  xal  Tcpievou; 
&7rip  auTOu  t&  0<(5 
1 0  xai  To  xcbiAT)  aTTtxa^ 
^ß  xal  i' 
eivcxa  eiX(t>a  fj^tv  tov 
Ocov. 

In  Z.  4  ist  das  letzte  o  von  x^mpovofAoi  nachträglich  über  das 
[i.  gesehrieben.  Z.  12  und  13  stehen  unten  am  Sockel. 

rCs  ist  mir  nicht  gelungen  alle  Rätsel  zu  lösen,  die  dieser 
Stein  aufgiebt.  Den  Ziu^  i^  oLx/kin^  könnte  man  als  den  'Epxcio^ 
auiTassen,  aber  dann  bleibt  die  Präposition  il  aufTallend.  Ich 
möchte  deshalb  eine  andere  Erklärung  vorschlagen.  VVila- 
mowitz  hat  kürzlich  ^  den  auf  Münzen  von  Magnesia  am  Mäan- 


Götliiigische  gel.  Anzeigen  1900  S.  573  Anm.  3. 


420  ALFRED   KOERTB 

der  vorkommenden  Apollon  Aulaites  mit  dem  von  Pausa- 
nias  X  32,6  dort  erwähnten  Apollon  in  einer  Hoble  idenlifi- 
cirt  und  den  Namen  jener  Kullstätte  aus  *r^xi  in  A'!*Xat  ver- 
bessert. Der  Höhlengolt  heisst  also  Aulaites.  Ferner  gab  es  in 
Arkadien  ein  Heiligtum  des  Pan,  das  nach  Alian  nat.  an, 
XI  6  den  Namen  AuXyj  führte  und  offenbar  eine  Höhle  war. 
Endlich  ist  auXiov,  das  Deminutivum  von  auXr},  im  Sinne  von 
Höhle  ganz  gebräuchlich  *.  So  glaube  ich  auch  den  Zsu^  i; 
auXy);  als  Höhlen -Zeus  auffassen  zu  dürfen,  obwol  ich  für 
das  Substantivum  au^V)  diesen  Gebrauch  sonst  nicht  nach- 
weisen kann.  Besonders  empfohlen  wird  diese  Erklärung 
durch  die  Thalsache,  dass  die  Inschrift  ganz  in  der  Nabe  ei- 
ner grossen  Höhle  gefunden  ist 2,  nach  der  die  moderne  Ort- 
schaft Inönü  (  Höhlen-  Vorderseite)  benannt  ist  Genauer  ge- 
sagt sind  es  zwei  von  weither  am  Felsen  unmittelbar  über 
dem  Dorfe  sichtbare  Höhlen.  Die  obere,  durch  einen  steilen 
Schacht  mit  der  unteren  verbunden,  scheint  sich  tief  in  den 
Berg  hinein  zu  erstrecken;  ich  konnte  sie  nur  etwa  50"  weit 
bis  zu  einem  klaren  und  anscheinend  tiefen  Wasserbecken 
verfolgen.  Die  geräumige,  etwa  15™  hohe  imtere  Höhle  ent- 
hält vorn  Reste  einer  mitlelalterlichen  Abschlussmauer  und 
auch  sonst  Spuren  menschlicher  Arbeit,  aber  nichts,  was  sie 
als  antike  Kultslällo  erwiese.  Viellei(;ht  liegen  antike  Hesle 
unter  der  dicken  Schutlschiclit  verborsjen.  Dass  der  Platz  zur 
Kultslälte  wie  geschaffen  ist,  liegt  auf  der  Hand. 

Ist  meine  Kombination  richtig,  so  war  der  Zeus  aus  der 
Höhle  gewiss  kein  anderer  als  der  hier  und  in  der  Umgegend 
so  viel  verehrte  Bronlon"^,  zu  dessen  chthonischem  Charakter 
der  Wohnsitz  in  der  Höhle  so  gut  passl. 

Warum  die  Erben  des  Papas  und  Gaios  dies  Weihgeschenk 
nicht  in  ihrem  eigenen  oder  der  Erblasser  Namen  darbringen, 
sondern   für  Asklepiades,   der  nicht  etwa  ein    vorzeitig   ver- 


<  Ar.  Lys,  721,  Soph.  Phil.  19,  Eiir.  %*'•  3i'i,  Sleph.  Byz.  s.v.  AUy\, 

2  Photographie    des   Aussitcii    in  ilci    alhciiistheu  Instituts  -  Saiiiinlung 
Kleinasien  Nr.  170. 

3  Vgl.  Nr.  26-30,  33  und  34. 


KLEINASIATISCHB   STUDIEN.   VI.  421 

slorbenes  Kind  eines  der  Krblasser,  sondern  Sohn  eines  l)a- 
mas  isl,  das  entzieht  sieh  meinenfi  Versländniss.  Ebensowenig 
vernfiag  ich  den  Genitiv  Tiutvou;  zu  erklären  ;  man  würde  ihn 
am  liebsten  als  genilivusparlilivus  von  arTixot^  abhängen  lassen 
und  ein  P^läcbenmaass  dazu  ergänzen,  aber  ich  halte  i'ür  ganz 
unwahrscheinlicb,  dass  die  ixiixai  etwas  anderes  sein  können 
als  Spa^rfxai  ^  In  Z  12  ist  die  böse  Form  Ei>b>a  gewiss  als  Miss- 
bildung von  iXfo;  zu  verstehen.  Das  e  ist  von  dem  u  ver- 
sclilungen  und  iXo;  dann  nach  Analogie  von  Yipo;  deklinirt; 
in  der  Aussprache  jener  Zeit  stehen  beide  Worte  sieb  ja  laut- 
lich besonders  nahe. 

33.  Tsehukurhissar ,  letzte  Eisenbahnstation  vor  Eski- 
schebir.  Unterteil  einer  ziemlich  roh  gearbeiteten  Marmor- 
stole,mit  anderen  Steinen  eine  Slunde  westlich  vom  Dorf  ge- 
funden, jelzt  Treppenstufe  in  einem  Hause.  Höhe 0,75"*,  Breite 
lOÜ*",  Dicke  0,20'".  Buchstabenhöhe  0,03'". 

UimiiliMIlii^  N  K  A  p  n n §  ,nj.BP\fm 
mmm  i  z  t  a  x  y  e  z  z  i  t  e  e  h  ah  T/Zi/^^i?/;  \ 

.y|f///MHTPEOAnPOZErnAITOMAIKPO 
IIAAZEYAM<t>lTEOISBnMOIZINETTHP 
5  PATAOYMATAPEZAN 

ZAABiniOYAlANAKAIKA 
ATTOYPNIAN  ATTEIZANIY 
HAT  O  IZ 

jcapww  [ö«]<o<  ßfi[öiri  |  x*i  iv]{  <iT«xwt«<it  tiÖtiXt). 
T[aOt]*  [dt]  MYiTpiöSwpo«  «yw  XtTC,(*at,  Kpo|[v]iSa  Zsü, 
5   iiAipi  Tjoi;  ßwpiolotv  titrip||paTa  (!)  $u|iaTa  pe^wv. 

£a>€tb>  'louXtavw  xal  Ka- 
Xwoupvtavö  (Itiocüvi  ü- 

wirot«  ( 175  nach  Chr.). 


<  Aitixai  uliiiu  Zusatz  von  op«xi*«l  finden  sich  z.  B.  in  Hicrapolis,  Jahi- 
hiich  des  Inst.,  Ergänzungshefl  IV  Nr.UT,  149,  341 ;  auch  Josephus  de  bell, 
lud.  II  21,2  gebraucht  das  Wort  so. 


42t  ALFRBD  KOBBTB 

Die  loschrift  ist  io  mehrfacher  Hiosicht  interessant.  Vor 
allem  durch  ihre  Datirung  nach  den  Consuln,  wofür  mir 
kein  Beispiel  unter  den  phrygischen  Weihinschriften  von  Pri- 
vatleuten bekannt  ist.  Die  Analogie  der  römischen  Formel 
Salvio  Pisone  consuUbus  hat  den  Dedikanten  zu  einem  grie- 
chischen dativus  absoiutus  verführt.  Dass  der  Stein  den  Con- 
suln  gewidmet  und  der  Dativ  hierdurch  gerechtfertigt  sei,  ist 
ja  nach  Inhalt  und  Fundort  ausgeschlossen,  denn  was  hatte 
ein  phrygischer  Bauer  mit  den  consules  ordinarii  in  Rom  zu 
tbun?  Die  Namen  der  Consuln  sind  nicht  genau  wiedergege- 
ben, sie  beissen  P.  Salvius  Julianus  und  L.  Calpurnius  Piso, 
nicht  Caipurnianus  (vgl.  Prosopographia  imp,  Rom.  III 
166  und  I  285).  Von  dem  Epigramm,  das  in  Wortwahl  und 
metrischer  Form  für  ein  phrygisches  Dorf  auffallend  sorgtäl- 
tig  ist,  scheint  nur  der  erste  Vers  mit  Ausnahme  der  letzten 
Buclistaben  zu  fehlen.  Dass  er  eine  Bitte  an  Zeus,  sicherlich 
den  Bronton, enthielt,  die  Erde  mit  Regen  zu  befruchten,  wird 
durch  das  Folgende  klar.  Heute  wie  einst  hängt  auf  der  Hoche- 
bene von  Slärkeund  Dauer  der  Frühlingsregen  Alles  ab ;  regnet 
es  im  Mai  noch  kräftig,  dann  strotzt  auch  heute  die  Erde  von 
Baum  fruchten  und  prangt  in  Ähren.  Z.  1  hat  etwas  weitere 
Büchstabensleilung  als  die  folgenden  Zeilen.  Vorgeschwebt 
hat  dem  Dichter  wol  Hom.  t  112.  In  Z.  3  veranlasste  der 
Zwang  des  Metrums  die  Unform  MyiTpcöSwpo;. 

34.  Ebenda,  in  einem  Hause.  Viereckiger  Kalksteinpfeiler, 
die  Inschrift  links  zum  Teil  ausgemeisselt.  Höhe  0,48™,  Breite 
0,22'",  Dicke  0,24™.  Buchstabenhöhe  0,02"\ 

IlpoxXa 

dOv]    TOl< 

T6x]vOi; 
5     iv£](JrY)ff6V 
Alt    ßpoJvTü)- 

Das  letzte  v  in  Z.  5  steht  über  dem  i. 


KLEINAStATISCHB  STUDIEN.  VI.  4?3 

35.  Ebenda.  Zwei  anpassende  Bruchstücke  eines  Grab- 
steins, ein  drittes  ist  als  Basis  eines  Holzpfeilers  benutzt. 
Breite  0,75™;  Buchstabenhöhe  0,025". 

36.  Hamidieh,  8^  südwestlich  von  Eskischehir,  am  Pusse 
von  Karadscha-schehir  auf  einem  antiken  Friedhof.  Stele  aus 
Marmor;  Höhe  1,00"*,  Breite  0.62™,  Dicke  0,18'".  Buchsta- 
benhöhe 0,04™.  Über  der  Inschrift  rohe  Büsten  eines  Mannes 
und  einer  Frau. 

AupT)XlOt  EuTU- 

jicL  'A7VoXX(i>viSY) 
5  v6U(7iv  9UV  Aup. 

Z<i)TtXb)   T(i&   avS- 

pi  (xou  All  ßpovT- 

Dieser  und  die  folgenden  Steine  kamen  im  Sommer  1895 
beim  Umgraben  des  Ackers  zum  Vorschein.  Wie  mir  die 
Bauern  versicherten,  lagen  sie  auf  und  bei  alten  Gräbern.  Da 
eine  ältere  türkische  Niederlassung  an  dieser  Stelle  nicht  nach- 
weisbar ist  und  das  jetzige  Dorf  erst  vor  etwa  zehn  Jahren  von 
Sultan  Abdul  Hamid  am  Fusse  der  ältesten  Osmanenburg  für 
verarmte  Nachkommen  Osmans  erbaut  wurde,  werden  wir 
für  das  spätere  Altertum  und  die  byzantinische  Zeit  hier  eine 
Ansiedelung  voraussetzen  müssen  (vgl.  Göttingische  gel.  An- 
zeigen 1897  S.  388  f.). 

Der  braven  Eutychia  ist  die  Abfassung  des  Textes  offenbar 
etwas  sauer  geworden:  Der  Stein  ist,  wie  so  viele  in  Phry- 
gien,  zugleich  ein  Anathem  für  Zeus  Bronton  —  daher  die 
Überschrift  iyaOri  toj^t)  —  und  ein  Grabstein  für  die  verstor- 
benen Eltern  der  Eutychia.  Als  sie  anfing  AupT^Xtoi,  beabsich« 


tigt«  stp  ihren  Mann  n^bfii  sich  im  NominaliT  anxoführpn, 
sie  täilt  dann  aber  aus  der  Konstruktion,  weil  die  Weihung 
an  die  Eltern  einsesehoben  und  der  Anteil  des  Galten  auf  die 
Weihung  an  den  Gott  beschrankt  wird. 

37.  Bl>en<la.  Marmorne  Stele  mit  Giebel,  in  diesem  Bukra- 
nion und  Trauben,  über  der  Inschrift  Kranz.  Höhe  0,34", 
Breite  0,5^*,  Dicke  0,11*.  BuchsUbenböhe  0,03*. 

*Epp.f^  xScli^T 
Xp*j?tM  au  All  ßpo* 
TÄ>Ti  (!)  üjxy- 


38.   Elienda.  Altar  aus  Marmor:  Höhe  1,?5",  Breite  0,55", 
Uicke  0,35".  Buchstaben  höhe  0.03". 

5  TO'3  yxp  xxi  I  dcio;  Sw^jnK  Upc\»(  |  «ov  tcv^cv  iJlyoiXpLa 

Die  durch  Einschiebung  des  Namens  Sosthenes  ganz  aus 
den  Fugen  gegangenen  Verse  sind  in  ihrer  Unl>eliolfenheil 
schwer  versländlich.  Sie  I>esagen  wol:  'iDemGoll) dessen  Bild- 
säule ja  auch  der  Oheim  Soslhenes  als  Priesler  Dir  stiftete, 
errichtete  Diomeiles.eben  der  welcher  die  Inschrift  selzte.  ei- 
nen Allar*.  Also  der  Dedikant  Diomedes  und  sein  Oheim,  der 
Priester  Sosthenes.  haben  sich  beide  um  einen  nicht  genann 
len  Gott  verdient  gemacht,  der  eine  durch  Weihung  des  Kult- 
bildes, der  andere  durch  Errichtung  des  Altars.  Das  Wort 
r\i$  im  Sinne  von  Inschrift  findet  sich  auch  im  benachbarten 
Dorylaion  in  finer  Weihung  an  .\rlemis  (  Göttingische  gel. 
Anzeigen  181i7  S.  'i07).  Der  Gehrauch  ist  wol  so  zu  erkläi-en, 
dass  Insclirillen  viellach  auf  besonders  eingefügte  Steinplat- 
ten geschrieben  wurden.  Die  späten  Pelsgräher  von  Japuldak 
tragen  besonders  NJele  Spuren  von  solchen.  Dieser  AlUir  isl 
ofTcnbar  erst  uüclilräglich,  wol  in  christlicher  Zeit,  als  Grab- 
blcin  benutzt  worden. 


KLElNASIAtlSCHE   STUDIEN.   VI.  425 

39.  Ebenda.  Marmopplatte;  Höhe0,72'",  Breite  0,35",  Dicke 
0,15™.  Buchstabenhöhe  0,03". 

MoOaa  ut- 
Gi  Mouaai- 

40.  Ebenda.  Oberteil  einer  Giebelstele  aus  Marmor;  Höhe 
0,75'",  Breite  0,60",  Dicke  0,10".  Buchstabenhöhe  0,03". 

Teifxaio;  ''Aypi  (!) 
AaSa  (AYiTpl  Y)S 

Der  barbarischen  Mischung  griechischer  und  lateinischer 
Deklination  entspricht  die  rohe  Schrift  (uj).  In  Z.  2  ist  der 
letzte  Buchstabe  sicher  A,  der  vorletzte  N  oder  H,  die  Er- 
gänzung ist  mir  nicht  gelungen.  Vor  xl^^cptv  ist  für  [i.vy)(XY];  kein 
Platz,  die  geringen  Buchstabenreste  vor  A  lassen  sich  auch 
schwer  mit  X  vereinigen.  Der  Rest  der  Zeile  von  xai  an  ist 
mit  kleineren  Buchstaben  nachträglich  hinzugefügt. 

41.  Ebenda.  Antike  Marmorstele,  in  christlicher  Zeit  um- 
gedreht und  neu  verwendet.  Höhe  1,35",  Breite  0,56",  Dicke 
0,20".  Buchstabenhöhe  0,06".  Über  der  Inschrift  rohes  Kreuz. 
Das  6  hat  eckige  Form  B,  ou  ist  ligirt  ^  . 

IvOa 

)taTdXY)T£ 

'I(i)dcvv7i; 
üaTepvou. 

Dorylaion.  (Nr.  42-49). 

42.  Eskischehir  im  Tataren  viertel.  Bruchstück  einer  grossen 

ATHEN.   MITTHEILUNGEN    XXV.  28 


üb  ALl^RBD  KOBRtft 

Basis  aus  graublauem  Marmor,  oben  gebrochen ;  Höhe  0,98*« 
Breite  1°*.  Buchstaben  höhe  0,05°*. 

im|a\v)Omoc  tv!c  ava* 
ordctffwc  Ma^(|i.ou  Eutuj^ou. 

Form,  Abmessungen  und  Inhalt  machen  es  so  gut  wie 
sicher,  dass  auch  dieser  Stein  einst  ein  ehernes  Bild  des  C. 
Voconius  Aelius  Stratonicus  Acamantius  trug,  dem  im  An- 
fang des  IM.  Jahrhunderts  alle  Phyien  der  Stadt  Statuen  er- 
richteten (vgl.  Göttingische  gel.  Anzeigen  1897  S.  399  IT.). 
Zu  den  sieben  durch  diese  Widmungen  bekannten,  nach  der 
Göttermutter,  Zeus,  Poseidon,  Serapis,  Apollon,  Aphrodite 
und  Augustus  benannten  Phyien  von  Üorylaion  kommt  nun 
als  achte  die  Artemisias. 

43.  Schar-öjük,  im  W.  des  Burghügeis  verbaut  in  eine 
Mauer.  Marmorbasis  mit  den  Pussspuren  einer  Statue.  Höhe 
1,75",  Breite  1".  Dicke  0,70".  Buchstabenliöhe  0,05-0,085-. 

Tov  iwi^avcGTaTOv 
Ka{9apa  M.  Aupy)[Xiov 
Ma^tpLiavov 
5   Eudcßü  EuTuj^ri  286(a(JT0v) 

YiyijXOVIUOVTO;   TOÖ 

SiaoYipLOTaTOu  'lou(Xtou). 

Die  Buchstaben  von  Z.  4  und  6  sind  beträchtlich  grösser 
als  die  der  anderen  Zeilen.  Von  Buchstabenformen  ist  nur  ¥ 
hervorzuheben.  In  Z.  1  ist  das  Iota  adscriptum  halb  so  gross 
als  die  anderen  Buchstaben  Das  letzte  N  in  Z.  2  ist  in  O  ein- 
geschrieben, dasselbe  ist  am  Schluss  von  Z.  3  vorauszusetzen. 


KLBINASIATISGHB  STUDIEN.  VI.  427 

'lou  (Z.  8)  ist  offenbar  die  sehr  häufige  Abkürzung  für  'lou- 
X(ou  und  die  übrigen  Namen  des  Mannes  werden  auf  der  mir 
nicht  zugänglichen  Rückseite  gestanden  haben. 

44.  Eskischehir,  bei  einem  Neubau  nahe  dem  Bahnhof, 
von  Schar-öjük  verschleppt.  Stele  aus  grauem  Marmor,  links 
beschädigt,  über  der  Inschrift  Girlande,  an  der  rechten  Ecke 
Widderkopf,  unter  der  Inschrift  Spiegel,  Spindel,  Rocken, 
Arbeitskorb  und  zwei  Sandalen.  Höhe  1,32",  Breite  0,55", 
Dicke  0,17".  Buchstabenhöhe  0,03". 

MtvjavSpo;  Zivgxid)- 
vo;]  MiXiTivT)  yuvai- 
xl  y]XuxuTaTYi  auv2[r)- 
adcoY)]  Ity)  -x-  y)S£cüc  xal 
5     a(x]e(i.T;TCü(  auv  ti- 

xvo]i(  Ti6sp((i>  xal  AaSa 
xall  Nsixo[jly)Sy)  xal  Pop- 
yi]x  OavouoT)  M  5i- 

Vier  überlebende  Söhne  sind  in  dieser  Zeit  der  unfrucht- 
baren Ehen  schon  ein  ungewöhnlicher  Kinderreichtum,  der 
aber  doch  durch  die  lebenden  Kinder  einer  andern  Grabschrift 
aus  Oorylaion  (Göttingische  gel.  Anzeigen  1897  S.  413)  noch 
weit  übertroffen  wird. 

45.  Ebenda.  Stele  aus  grauem  Marmor,  links  bestossen. 
Höhe  1 ,77",Breite  0,60",  DickeO,  16".  Buehstabenhöhe  0,035". 
Sorgfältige  Schrift  mit  vorgeritzten  Linien  und  wenig  Liga- 
turen (V  W). 

n.  AiXid)  'AaxXiQTVtdeSy) 
N]stxo(i.Y)Se(i>v  ßouXsu- 

TiTT{a  ApouatavT) 

5  9U|i6toc  Tü^  Y^^^^'^^* 
tu]  avSpl  Tov  ß(i>(xov 
av]iaT7)aiv  (xvT2(iiY)c 


428  AtPRBD  KOBftTB 

In  Z.  1  Steht  die  Spitze  einer  wagerechten  Hasta  so  nahe 
an  dem  Ansatz  einer  senkrechten,  dassTT  allein  möglich  ist; 
dahinter  ein  Punkt.  Dass  der  in  Dorylaion,  also  in  der  Pro- 
vinz Asia,  bestattete  Asklepiades  ßouXiurvK  einer  bithynischen 
Stadt  ist,  fällt  auf,  ist  aber  nicht  ohne  Beispiel.  In  den  Got- 
tingischen  gel.  Anzeigen  1897  S.  412  Nr.  64  ist  der  Grabstein 
eines  Mannes  veröfFentlicht,  der  gleichzeitig  dem  Rat  von 
Dorylaion  und  Nikaia  angehörte.  Zu  beachten  ist  die  Bezeich- 
nung des  Grabmals  als  ßb)(iiö<(Z.  6),  obwol  es  nicht  die  Form 
eines  Altars  hat- Umgekehrt  werden  mitunter  Steine  in  Altar- 
form Oupai  genannt*.  Das  Thor,  durch  das  der  Tote  zu  den 
Göttern  eingeht,  und  der  Altar,  der  seine  Göttlichkeit  bezeugt, 
sind  die  beiden  üblichsten,  aus  der  gleichen  Vorstellung  vom 
Wesen  des  Toten  erwachsenen  Formen  phrygischer  Grabdenk- 
mäler; daher  werden  beide  Bezeichnungen  unterschiedslos  für 
Grabmal  gesetzt. 

46.  Schar-öjük  in  der  Süd-Mauer.  Schlanke  Marmorstele, 
die  Spitze  beschädigt,  über  der  Inschrift  Kreuz,  im  Giebel 
Rosette.  Höhe  2,95",  Breite  0,93",  Dicke  0,25".  Buchstaben- 
höhe  0,035". 

5         (jinc  x^P^^ 

Die  durch  ihre  Höhe  auffallende  Stele  zeigt  späte  Buchsta- 
benformen für  (i>  und  C-  Vor  'IöXyj  ist  ein  Punkt,  um  den  Na- 
men des  mitweihenden  Vaters  von  dem  der  verstorbenen 
Mutter  zu  trennen. 

47.  Ebenda.  Allar  aus  graublauem  Marmor.  Höhe  1,23", 
Breite  0,85".  Buchstabenhöhe  0,04". 

OuiYysXXiwi  7ca- 


«  Vgl.  Ramsay  Journal  of  liellenic  studies  1884   S.  251  und  Cities  and  bi- 
shoprics  of  Phrygia  I  S.  367. 


KLEINASIATISCHE  STUDIEN.   Vf.  429 

Tpl  xal  OuiyyiXXi- 

5  a<  x*P'^- 

Hervorzuheben  ist  an  der  sorgfältig  geschriebenen  Inschrift 
riie  dreimalige  Anwendung  des  Iota  adscriplum. 

48.  Eskischehir,  bei  einem  Barbier  gegenüber  dem  Bahn- 
hof. Stele,  unten  gebrochen,  über  der  Inschrift  Adler  mit 
Blitz  in  den  Fängen.  Höhe  0,95",  Breite  0,63'".  Buchslaben- 
höhe 0,04". 

•EXTCiSia  Ma- 

ivou  ivXpl  yXu- 
xuTjaTö)  [xvripLyi^ 

Späte  Buchstabenformen  2  Q. 

49.  Ebenda.  Stele  mit  Giebel,  in  diesem  rohe  Büste,  über 
der  Inschrift  Tänie.  Höhe  1,15",  Breite  0,54".  Buchstaben- 
höhe 0,035". 

OioytVYj;  01- 
oy^vou;  'Pou- 
f  (I)  Texvo)  ivpo- 
[jLo(p(i>  xal  EuTip- 
5   ?ry)  [XY)Tpi  2[(i><ry) 
aveaTYiaiv. 

In  Z.  2  ist  das  N  vom  Steinmetzen  aus  H  verbessert. 

50.  Karadscha-öjük,  8*^"  östlich  von  Eskischehir,  auf  dem 
Friedhof.  Unten  gebrochene  Giebelstele  aus  blauem  Marmor, 
über  der  Inschrift  Lorbeerkranz.  Höhe  0,74",  Breite  0,52 
Dicke  0,19".  Buchstabenhöhe  0,045 


t3  u,i^    ,     urciic  u,c»/c", 
m 


6Ti{(xr)9av 
STpaTOvsixY) 


430  ALFRED  KOBRTE 

(x[lT]a    TtXVCÜV 

Aup.  23T]paT6v- 
stxov]. 

Diese  Inschrift  ist  schwerlich  von  Dorylaion  verschleppt, 
denn  dicht  bei  dem  Dorfefand  ich  Spuren  einer  alten  Ansiede- 
lung, Topfscherben  und  Ziegel  brocken.  Überhaupt  muss  man 
mit  der  Annahme  von  Verschleppungen  in  diesem  Teile  des 
Hochlandes  sehr  vorsichtig  sein,  denn  die  Dörfer  waren  im 
Altertum  hier  sehr  zahlreich  und  wolhabend  genug,  um  Grab- 
und  Votivsteine  in  Menge  zu  setzen. 

51.  Tschaulum ,  18^  östlich  von  Eskischehir.  Giebelstele 
aus  Marmor,  in  der  Vorhalle  der  Moschee  als  Pflasterstein 
benutzt,  sehr  abgetreten.  Höhe  1,35",  Breite  0,48°.  Buch- 
slabenhöhe 0,045". 

. .  .  A  A  . .  M  . .  • 

[ ouv  yu-] 

vatxi  'ApLfita  xe 
tJcxvwv  (?)  *Ep(i.o- 
5  y6]v[6t  iajuTOi;  xe 
Ai  ßp[o]vTöv[Tt 

Der  letzte  Buchstabe  von  Z.  4  könnte  auch  Q  sein.  Am  An- 
fang der  Z.  5  las  ich  "^  C.  Da  es  einen  griechischen  Namen, 
der  mit  Nspfxo-  beginnt,  nicht  giebl,  habe  ich  dem  Steinmetzen 
lieber  den  Fehler  Ttxvwv  für  texvg)  zugetraut. 

52.  Kara-öjük  (Midaion?),  30*™  östlich  von  Eskischehir. 
Stele  aus  blauem  Marmor,  oben  gebrochen,  sehr  abgetreten, 
als  Pflasterstein  im  Hof  der  Moschee  benutzt.  Höhe  0,88*",  Breite 
0,60'".  Buchslabenliöhe  0,04'". 


V 

....    TOUV 

.  .  .  twtJy)- 


-•«■     *        .       ^A-  ^ 


KLEINASIATISCHE   STUDIEN.    VI.  43i 

5  v]  AI  ßpov- 

TÖVTl  «UJ^- 

Am  Schluss  der  Zeile  3  las  ich  NH,  aber  das  wird  ein  Irr- 
tum sein.  In  Z.  6  ist  CaJ^  ligirt. 

53.  Alpu  köi,  zweite  Station  der  Eisenbahnlinie  Eskiscbebir- 
Angora,  auf  dem  Friedhof.  Altar  aus  bläulichem  Marmor. 
Höhe  1,35",  Breite  0,44",  Dicke  0,47".  Buchstabenhöhe 
0,025".  Über  der  Inschrift  rohe  weibliche (.?)  Büste,  an  der 
rechten  Seite  Stierkopf. 

MivavXpo;  xe  'A7Co[X- 
X(i>vioc  Ol  aSsXf  [oi 
xaxa  xiXiudtv  i[7vl 
TÜ;  uY(a;  XI  a<«)Tr)p[i- 
5     a];. 

Am  Schluss  der  Z.  3  ist  61  ganz  deutlich  auf  dem  Ab- 
klatsch zu  lesen,  l%\  also  wol  sicher. 

54.  Baschören,  45^  nordöstlich  von  Eskischehir,  ebenso 
wie  die  folgenden  Steine  im  Orte  selbst  gefunden.  Stele  aus 
Kalkstein.  Höhe  i,iO",  Breite  0,37".  Dicke  0,27".  Buchsta- 
benhöhe 0,025".  Vorn  oben  in  vertiefter  Nische  bärtige  Büste 
ohne  Attribute,  also  wol  menschlich,  im  Hauptfelde  Reiter 
mit  Strahlenkranz,  mit  der  Linken  die  Doppelaxt  schulternd. 
Auf  der  linken  Schmalseite  ein  Krater,  auf  der  rechten  oben 
ein  Adler,  darunter  ein  Stierkopf. 

Unter  der  Büste : 

Unter  dem  Reiter: 
MavY);  xat  'AaxXof; 
oC  A6(xvou  Oeid)  xai 
'AwöXXwvi  euj^riv  0- 


432  ALFRED  KOKRTB 

Plumpe  Schrifl  fast  ohne  Ligaturen.  9»iu  ist  nach  dem  Ab- 
klatsch ganz  sicher,  das  naheliegende  'O^tu  ausgeschlossen. 
Mir  ist  sonst  kein  Beispiel  Tür  appullativischen  Gebraucli  von 
Ötio;  bekannt;  auC  einer  VVeihung  aus  Phanagoria(C./.<7.  2119) 
l<r/yf<^  Qsiip  EavipytE  xxi  'A^Tscpif  ist  0(ii)(  sicher  adjeclivtscli  zu 
fassen,  fn  unserer  Inschritt  ist  das  Adjectivum  jjenau  so  zum 
Götternamen  geworden  wie  so  oft  öoio;  mit  oder  ohne  Sinato; '. 
Wenn  ausser  Theios  auch  noch  Apullon  genannt  wird,  so  sind 
das  parallele  liezeiehnungen,  die  beide  das  Wesen  des  über 
der  Inschrift  dargestelUen  Gottes  nicht  erschöpfen.  Dieser  Rei- 
ter mit  Strahlenkranz  und  Doppelaxt  ist  jener  alte  im  In- 
nern KIcinasiens  soviel  verehrte  GoLt.  dessen  Wesen  in  allen 
griechischen  Namensliüllen  doch  immer  seine  barbarische 
Eigenart  bewahrt  Mag  er  ApoUon  heissen,  wie  hier  und  z.B. 
auf  zwei  aus  Kula  (Koloe)  ins  berliner  Museum  gelangten 
neliefs*,  oder  .Ares,  wie  auf  der  Felswand  von  Zekeria-köi^, 
oder  "Ooio;  x«i  Aixato;,  wie  iß  der  folgenden  Nummer,  in  Do- 
rjlaion  und  anderwärts  *.  oder  mit  dem  besonders  beliebten 
Namen  StiiCwv  bezeichnet  werden-'',  er  bleibt  doch  immer  der 
Gleiche",  Dies  prolei »che  Wesen  tritt  meist  als  Einheil  auf, 
kann  ahfr  auch  in  zwei  Personen  gespalten  werden.  Mordl- 
mann  a  a.O.  hat  bereits  auf  dii^  Qioi  'O^ioi  «ai  äikxi&i  einer 
phrygischen  Inschrift  C.I.G    3830  hingewiesen;  auf  dem  in 

'  'Oiioj  alleia  iii  iwei  »od  J.  H.  MorcHmaim  M.A.I.  1885  S.  II  f.  gut  bc- 
htindelteh  Inschririeii. 

*  Beschreibung  der  anlikcii  Skulpturen  des  berliner  Museums  680  und 
ßgl ;  Tgl.  auch  Henndorr,  Reisen  in  Ljkicn  und  Karlen  S.  153  und  M.A.I. 
1887  8.  350. 

3  Vgl.  Sarre,  Archäol.-epigr.  Mittlieilungen  10%  8.  48  ff- 

*  In  Durylaion  Areliäul.-epi/i'.  MiUheilungcn  1883  S.  177  Nr.  %\,  Gotlingi- 
sche  gel  Anzeigen  1897  S.  408  Nr.  50,  sonsl  ?gl.  Mordtruaun  a.a.O. 

''  Über  8ozon  handeln  am  ausrührljclislen  Rarosa;  Cilies  and  bishoprietof 
Phnjgia  I  ü.  203  IT.  und  Usencr,  Göllernamen  8.  174  ff.  Uamsajs  Einfall, 
£^C<"v  sei  eine  griechische  Umbildung  vun  ^suaCio;  wird  von  Usener  sicher- 
licli  mit  Hecht  ahgclclint,  aber  irrtümlich  Lanckoronski  zugeschrieben.  Über 
diis  Vorkommen  des  Sozon  auf  Münzen  vgl.  auch  Drexicr,  Numismatische 
ZeilschriftlSSr.  S.3:(i. 

*  Nocli  andere  Gleichungen  bei  l-anckoronski,Slüdle  Pisidiens  und  Pam- 
phjliens  IIa.  8  f. 


KLEINASIATISCHE   STUDIEN.    VI.  433 

den  GoUingischen  pel.  Anzeigen  1807  S.  108  besprochenen 
Stein  aus  Dorylaion  ist  ein  Reiter  mit  Slralilenkranz  iinii  Beil 
und  aussenlem  ein  Golt  mit  Strahlenkranz  und  Fiickel  auf 
dem  Viergespann  dargeälelll,  oliwol  die  Inschrift  'Ooicü  Äw(w 
gilt'.  Äbnlich  werden  in  einer  von  Hamsay  Journal  of  hell, 
sludies  ]88'i  S.  253  veröffentlichten  Inschrift  'Ooio;  Aixio; 
und  *H>to;  Küpio;  zusammen  angemren,  und  in  unserer  In- 
schrift stehen  9)io;  und  'AtöMuv  neben  einander,  obgleich  nur 
ein  Gült  abgebildet  ist.  Hlin  besonders  gutes  Beispiel  für  die 
Spaltung  des  Gottes,  das  auch  das  Ineinandertliessen  allrr  Na- 
men und  Beinamen  vortrefnich  erläutert,  i^t  endlich  das  un- 
ten Nr.  76  mitgeteilte  Epigramm  uiia  Pliilomelion.  Dem  A»i- 
To(87ii;  ^b)![<üv  gilt  die  Weiliung  und  dem  'HIhh  ßaailiü;,  und 
beide  zusammen  sind  die  Oiot  SmaiÖTa-toi  xai  öoioi :  Soznn  ist 
zum  Sohn  der  Leto,  also  zu  Apollon  geworden,  oder  wenn 
man  lieber  will,  Apollon  bat  den  Namen  jenes GoLles  als  Bei- 
namen angenommen;  er  ist  vereinigt  mit  dem  König  Vlelios 
und  jene  lüigensehaften  werden  ihnen  beiden  geliehen,  die  so 
oft  aliein  zur  Benennung  der  Gottheit  ausreichen^, 

55.  Ebenda.  Stele  aus  llalbmarmor.  Höhe  I'",  Breite  0,34"*, 
Dicke  0,27'".  Buchstabenhöhe  0,025'".  Über  der  Inschrift  ein 
stellendes  Götterpaar  in  Vorderansicht:  Der  rechts  stellende 
Jüngling  in  kurzem  Chiton  mit  Slralilenkranz  auf  dem  Haupte 
und  Speer  in  der  Linken  fasst  mit  der  Rechten  die  Linke  der 
neben  ihm  stehenden  Göttin  (?),  die  gleichfalls  einen  kurzen 
Chiton  und  den  Strahlenkranz  in  den  langen  Locken  trägt; 
ihre  Rechte  hält  eine  brennende  Fackel.  An  den  Schmalseiten 
Biikranien. 


<  Auch  \\ci  Bunridorr.  Reisen  in  Ljkien  und  Karlen  Fig.  77  (vgl,  8.  15.1) 
glaube  ich  beide  JiInglinKe,  auch  den  silienden,  TGr  Göller  hallen  zu  itiü.ssen. 

*  Aus  dem  Angcrüljrlen  gehl  «ol  xiir  Genüge  hervor,  daxs  Puehstein  auf 
Talsdiem  Wege  ist  ( ReiHtn  in  Klelnasien  und  NordHjrien  S,  341 ).  wenn  er 
dcnSsiDt  Si'xiiaiin  PhrjgiBii  und  I^jdien  mildem  Milhras'gleichselil.  Woder 
Milhraskull  eindrang,  kann  nulürlich  auch  dieser  Gott  dem  allen  Klcinasia- 
len  gleichgesetzt  werden  lieiw,  seine  Beinamen  übernelimon  (vgl.  Mordt- 
munn  a  a.0,|,  aber  bekannllicli  spielt  Mithras  in  Phrjgieii  eine  sehr  unbe- 
deuteode  Elolle, 


434  ALFRED   KOBRTB 

ToG  xal  Tü^v  stSi- 
5    *Oal(d  xal  Atxicü 

Ob  das  Y  am  Schluss  der  Z.  2  geschrieben  war  oder  die 
häußge  Form  iaTou  vorliegt,  ist  nicht  sicher  zu  entscheiden. 
In  Z.  3  ist  (0  mit  N  ligirt.  Ober  ""Oeno;  xal  Atxaio;  vgl.  das 
zur  vorigen  Nummer  Gesagte;  nachzutragen  bleibt  nur,  dass 
dieser  Name  in  Dorylaion  offizieller  Kultname  ist,  denn  ein 
Helief  ist  dort  von  den  ^pcdroiepct;  Hermedion  und  seiner  Frau 
Nana  geweiht  (Gott.  gel.  Anzeigen  1897  S.  408).  Auffallend 
ist,  dass  auf  unserem  Stein  die  eine  Gottheit  anscheinend  weib 
lieh  gedacht  ist  * ;  dem  «  Künstler  b  hat  wol  das  Paar  Apol- 
lon  und  Artemis  vorgeschwebt. 

56.  Ebenda  auf  dem  Friedhof.  Sehr  verwitterter  Altar,  über 
der  Inschrift  zwei  stehende,  kaum  erkennbare  Figuren.  Höhe 
0,92"*,  Breite  0,38",  Dicke  0,35".  Buchstaben  höhe  0.03". 


// 


///;  AANOüCO 


'//amiuiiii 

^f/llOLd  xi  Aup.  TdeT[iov(?) 
5      eJTCuJav  xk  Ai[i 

ßpojVTCÄVTl    O 

mm  oeoc 

a/iBi/m  ivea8[E 

In  der  übel  zugerichteten  Inschrift,  von  der  ich  keinen  Ab- 
klatsch nehmen  konnte,  ist  nur  die  Erwähnung  des  Zeus 
Bronton  sicher. 


*  Bei  der  rohen  Arbeil  ist  eine  sichere  Entscheidung  kaum  möglich  ;  ich 
habe  mir  aber  vor  dem  Stein  die  Figur  als  weiblich  nolirl  und  die  Photo- 
graphie scheint  diese  Notiz  zu  bestätigen. 


KLEINASIATISGHE   STUDIEN.   VI.  435 

57.  Ebenda  in  einer  Hausmauer.  Rings  gebrochene  Platte 
aus  Kalkstein.  Höhe  0,50"°,  Breite  OriS*".  Buchstabenhöhe 
0,025".  Viele  Ligaturen. 


Aup.  AY)pLY)Tpta  Tü^  a[vSpl 
*A]'KoXk(Asm  XI  OuyaTYjp  [Bt- 
pJoviixT)  xi  ya(x.6po;  *A7roXX[(i)- 


58.  Ebenda.  Stele  aus  Kalkstein  mit  Giebel  und  Seiten- 
pfeilern«  über  der  Inschrift  ein  Kranz.  Höhe  0,81",  Breite 
0/i9",  Dicke  0,18".  Buchstabenhöhe  0,02".  Zahlreiche  Li- 
gaturen.  darunter  N  und  A  in  Z.  6. 

MdevY)v  TOI  Texva 
'AtsxkoL^  xi  Ma- 

vy)(  xe  Nava(, 
5     iTii[jLY)9av  ulov 
'AXe^avSpov 
Tcarnp  M[r)v]69[iX]o<. 

59.  Hügel  am  Sary-su,  5*"  von  Boja-Tokat.  Beim  Bau  der 
Chaussee  Eskischehir- Tschifteler  1894  gefunden.  Oben  ge- 
brochener roher  Säulenstumpf  aus  Marmor.  Höhe  0,50 
Durchmesser  0,25".  Buchstabenhöhe  0,03-0,045 


m 
HC     u,ou 

in 


V  Ouil6[lOU 

Tps6(i>vta- 
voO  r&XXou 
xal  Ouei6{ou 
rdeUou  Ouo- 

Xo99iavoG 
Zs66(a9Td^v) 


436  ALFRBD   EOBhTB 

Die  Schrift  nimmt  auf  VerleUun^'en  des  Sleins  Rücksicht, 
daher  sind  nach  den  dritten  ßuchslaben  der  Zeilen  1,  3  und 
7  kleine  Lücken.  Aus  der  kurzen  Re^ining  der  beiden  Kai- 
ser C.  Vibius  Trebonianus  GalluB  und  C.  Vibius  AGoius  Gal- 
luBVeldumDianusVoluBianuB(251 -953)  sind  verbältnissmässif; 
viele  Meilensteine  erhalten,  von  den  kleinasiatischen  Provinzen 
jedoch  nur  in  Kappadokien  (vgl.  Prosopographia  Imperii 
Romaai  III  S.  418f.  und  426 f.).  Die  Schreibung  Oioiowa- 
vö<  für  Volusianus  kehrt  auf  Münzen  von  Tarsos  wieder'.  Die 
Strasse,  zu  welcher  der  sicherlich  nicht  weit  verschleppte, 
wahrscheinlich  sogar  in  situ  gefundene  Stein  gehört,  ging 
jedenfalls,  wie  die  heutige  Chaussee,  von  Dorylaion  aus.  Als 
Ziel  würde  man  nach  dem  Gang  der  modernen  Strassen  gern 
Pessinus  annehmen,  aber  das  ist  durch  die  bestimmte  An- 
gabe der  Peutingerschen  Tafel  ausgeschlosseo,  dass  der  Weg 
von  Dorylaion  nach  Pessinus  über  Midaion  fQhrte.  Midaion 
lag  nach  Ausweis  der  Münzen  am  Tembris  (Porsuk)^,  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  bei  Kara-öjük,  30^  östlich  von  Do- 
rylaion^, und  zwischen  diesem  Punkt  und  dem  Fundorte  der 
Inschrift -liegt  der  unwegsame  Odschak-dagh.  Ich  halte  es  des- 
wegen für  höchst  wahrscheinlich,  dass  die  Inschrift  einem  di- 
rekten Weg  Dorylaion-Amortonangehört.der  in  der  Peutinger- 
schen Tafel  fehlt,  aber  von  Ramsay  Historical  geography  of 
Asia  Minor  S.  198  mit  Recht  vorausgesetzt  ist.  Die  Verwir- 
rung in  der  Peutingerschen  Tafel,  die  auf  Pessinus  Abroslola- 
Amorion-Abrostola  folgen  lässt,  erklärt  sich,  wenn  in  der 
Vorlage  zwei  gesonderte  Strassen  Dorylaion- Pessinus  und  Do- 
rylaion-Amorion  in  Abrostola  zusammentrafen^.  Der  Ort,  auf 
den  sich  die  Meilenangabe  1?  (:^l7,76''')bezicht,  ist  nicht  zu 
ermitteln. 


■  [mhoof- Blumer.  Zeitschri»  fürNumismalik  (876  S.  3h\. 

>  Head  Historia  nummoram  S.  567. 

^  Vgl.  Ramsay  Historical  geography  of  Asia  .Vinor  8.239  und  oben  S,430. 

^  AriderK  ltaln^a;  a.  a.  O.  H.  ?37,  dessen    spälfire  Argumenlation   mir 

jniger  einleiichlct  als  seine  frühere  Ansicht. 


KLBIKASIATISCHE  STUDIEN.   VI.  437 

60.  Ebenda.  Altar  aus  Kalkstein.  Höhe  0,98",  Breite  0,41", 
Dicke  0,28™.  Buchstabenhöhe  0,03". 

MY)v6fiXo; 

ou  All  ßpo- 

VTÖVTl  IUJ^7)V. 


61.  Ebenda.  Marmorner  Altar,  sehr  abgescheuert;  Höhe 
0,98",  Breite  0,35",  Dicke  0,30".  Buchslabenhöhe  0,03". 
Oben  an  der  Vorderseite  Gefass  mit  Trauben,  auf  der  Rück- 
seite Stierkopf,  auf  der  rechten  Stern,  auf  der  linken  Traube. 

riouaa  ffuv  te- 
xv[o]i;  avSpl 

kI   A[li   ßpo]vTd^V- 
Tl   lOj^TQV. 


62.  Ebenda.  Marmorne  Giebelstele,  unten  gebrochen.  Höhe 
0,36",  Breite  0,28",    Dicke  0,05".   Buchstabenhöhe  0,025". 

AaSY)< 

MlQVOfd^- 
V05(!)  UTCCp 


Pessinus   (Nr.  63-69). 

63.  Siwrihissar,  auf  dem  armenischen  Friedhof.  Marmor- 
platte; Höhe  0,77",  Breite  0,46",  Dicke  0,20".  Buchstaben, 
höhe  0,017-0,02". 

TiSeptov  KXauSiov  ''Attciv  (cpea 
'Hpat  ulov  Kupiiva  AYiiorapov,  {va- 
Tov  (AiTflt  Tov  apj^upca,  T^rap- 
Tov  il  FaXard^v,  xal  ii^  ^PX^^* 


438  ALFRED  KOBRTB 

5       pca  Td^V   SlSa9Tü)V  TOU  XOl- 

TOf  aVTY)V   'ÄTTaSoxftoi  ol 

TC&V   TVi^  6C0U   |AUaTY)p{cüV 

ouvjAuaTai  tov  iaurd^v  f  {- 
10     Xov  xftl  iuipytmv  iptTTJc  e- 
vixiv  xal  luvoiac  tti^  itc  i- 

xou  Mayiou  NfixiQföpou. 

Sorgfältige  ziemlich  einrache  Schrift,  E  und  H  mit  frei- 
schwebendem  Querstrich. 

Die  Inschrift  ist  eine  wertvolle  Ergänzung  zu  dem  M.AA, 
1897  S.  38  Nr.  23  veröfTentlichten  Steine,  durch  den  wir  die 
Attabokaoi  zuerst  kennen  gelernt  haben.  Die  neue  Inschrift 
gilt  dem  Sohne  des  dort  geehi*ten,  von  dessen  Namen  auf  je- 
nem Stein  nur  die  Tribus  Quirina  und  das  Cognomen  Heras 
erhalten  sind,  den  wir  nun  aber  Tiberius  Claudius  Heras  wer- 
den nennen  dürfen.  Die  militärische  Laufbahn  des  Vaters  hat 
der  Sohn  nicht  betreten,  auch  communale  Ehrenämter  erwäh- 
nen die  Mysten  bei  ihm  nicht,  aber  die  geistlichen  Ämter  sind 
bei  beiden  ziemlich  dieselben.  Neben  der  Würde  des  flamen 
Augustalis  und  der  des  Oberprieslers  im  Kaiserkulte  der 
Provinz,  welche  der  Vater  sechsmal,  der  Sohn  zweimal  be- 
kleidet hat,  nahmen  beide  auch  einen  Rang  in  der  Hierarchie 
der  pessinuntischen  Göttermutter  ein.  Ramsays  Folgerungaus 
der  älteren  Inschrift  ^  dass  die  alten  phrygischen  Familien 
die  Prieslerstellen  der  Göttermutter  mit  den  galatischen  Ero- 
berern geteilt  hätten,  wird  durch  die  jüngere  Urkunde  glän- 
zend bestätigt.  Nach  dem  Oberpriester  gab  es  zehn  Priesterstel- 
len, von  denen  die  fünf  ersten  den  Phrygern  blieben,  wäh- 
rend die  fünf  folgenden  den  Galatern  zufielen.  Heras  hatte  die 
zehnte  Priesterstelle  d.i.  die  fünfte  der  Galater  inne,  sein  Sohn 


*  Vgl.  Wochenschrift  für  klass.  Philologie  1898  S.  3  und  Ramsay  tiisio- 
rical  commenlary  on  ihe  Epistle  to  the  Galatians  S.  62. 


KLELNASlATISCHÜ   STUDIEN.    VI.  439 

Deiotaros  ist  eine  StuTR  höher  genickt.  Besonders  wiclitig  ist 
die  Art  dei-  Namengeljung:  'Att«  !ipiü(  ist  ein  Teil  des  Na- 
mens, ein>{erückt  zwischen  den  Geschlt^chtanamen  und  den 
Valeranamen,  dem  dann  noch  Tribus  und  Beiname  folf^en. 
Üamil  ist  ein  neuer  klarer  Beweis  türdle  Hieronymie  der  pea- 
sinunlischen  Priester  gegeben'.  Allerdings  legt  in  der  Zeit 
unserer  Inschrilt  der  Priester  seinen  alten  Namen  nicht  mehr 
zu  Gunsten  des  Gottesnamens  ab,  wie  das  im  zweiten  Jahr- 
hundert V.  Chr.  der  Fall  gewesen  zu  sein  scheint^,  aber  da- 
für ist  der  Name  Atlis  auch  nicht  auf  den  Oberpriester  be- 
schränkt, auch  alle  zehn  Priester  nacli  dem  Archiereus  sind 
anscheinend  in  gleicher  Weise  'AttiSh;. 

Da  der  eigentliche  Hufname  des  Mannes  Deiotaros  ist,  liegt 
es  nahe,  in  ihm  einen  Spross  der  alten  Kiinigsfamilie  zu  sehen. 

ÜV    [<)benda.  Fünl'  Bruclistücke  eines  marmornen  gut  gear- 
beiteten Architravs-  Buchstabenhöhe  0,180"". 
a  b.  c. 

AjÜTQxpaTQJpt  TiTbi  0[üi]Ticgi<ita[v(ü  S,^&a.aT€^ 

d.  e. 

'AvTi[Yoy]o((?)Ni.  .. 

Dass  in  den  Bruchstücken  d  und  e  Teile  des  Stifternamens 
enthalten  sind,  ist  sehr  wahrscheinlich,  die  von  mir  gegebene 
Verbindung  freilich  willkürlich.  iJie  Ausdehnung  dieses  dem 
Kaiser  Titus  gewidmeten  Gebäudes  muss  ziemlich  gross  ge- 
wesen sein. 

üö.  Ebenda.  Grabstein  in  Altarform;  Höhe  O.HJ",  Bieile 
0,31".  Buchstabenhöhe  0,025-0, 03™. 

SotTOupvtvD! 
■Aiigav8piü( 


'  Vgl.  M.A.l.  1897  S.  IC. 

>  Uie  AUalidenbriere  balicn  nur  die 
'AtuEi  i(|3(t]  x^'P"*-  ^^^^  f'^'i  Midasfelse 
vavaXaFa;;  «gl.  IT.  A.  I.  1898  B.  97. 


esse  B«iail(ü(  . . .  "AmSi    [odi-r 
cilil  der  *At<{    'ApuaiFai«  *Am- 


440  ALFRED  KOfiRTlS 

5     afiivt)  Im 

.xy'.  Supa  av£- 
amfffv  (xvtj- 

Ungewöhnlich  ist  bei  Inschriften  dieser  Gegend  die  Angabe 
der  Heimai.  Saturninos,  der  sein  Leben  selbst  als  einen  Peld- 
zug  bezeichnet,  mochte  auf  seine  Herkunft  aus  Alexandreia 
und  die  seiner  Kameradin  aus  Syrien  stolz  sein. 

66.  Ebenda.  Gesimsblock  eines  grossen  Grabmals,  an  bei- 
den Seiten  unvollständig.  Höhe  O.W^,  Breite  1,50*°.  Buch- 
stabenhöhe 0,025°*. 

xa{  "HXio;  xal  Aiftvl;  Ai(x.v^ct>  x&  IoutSv  icaxpi  (i.vi{(ai)c  X^P*^  ^^  ^ 


Das  c  von  "Hliioc  ist  über  der  Zeile  nachgetragen. 

In  dem  Nominativ  Aipivi;  für  Atpcoc  (Aipivaiog)  ist  die  En- 
dung -ftioc,  -fo;  gerade  so  in  -i;  verschlifTen  wie  die  Endung 
-io(  schon  seit  dem  ersten  Jahrhundert  vor  Chr.  in  Kleinasien 
mitunter  in  -i;  verschlifTen  wird  (vgl.  besonders  Buresch,  Aus 
Lydien  S.  73  und  M,  A,  I.  1899  S.  419  Anm.  1). 

67.  Balahissar,  Nekropole  auf  einem  Plateau  im  S.O.  des 
Dorfes.  Aufrechlstehende  Marmorplatte,  zum  Teil  in  der  Erde 
steckend,  verziert  mit  zwei  sorgfältig  ausgeführten  Thüren, 
auf  denen  Schlösser  und  Zugringe  angegeben  sind,  zwischen 
den  Thüren  ein  Weinstock.  Sichtbare  Höhe  1,28™,  Breite 
2,10™,  Dicke  0,44™.  Buchstabenhöhe  0,03™. 

Das  letzte  A  ist  in  E  eingeschrieben. 

Dieser  und  der  folgende  Stein  scheinen  noch  in  situ  zu 
stehen,  sie  sind  erst  kürzlich  von  Steinhändlern  freigelegt 
worden;  ein  dritter  derselben  Form,  dessen  Standort  noch 
erkennbar  ist,  wurde  nach  Siwrihissar  gebracht  und  nach  Aus- 
meisselung  der  Inschrift  in  die  Fassade  einer  neuen  Schule 
eingelassen. 


KLEINASIATISCHE   STUDIEN.    VI.  441 

68.  Ebenda,  gegenüber  der  vorigen  Nummer  in  Entfer- 
nung von  l^SO*".  Die  Weinrebe  zwischen  den  beiden  in  glei- 
cher Weise  ausgeführten  Thüren  ist  etwas  reicher.  Sichtbare 
Höhe  1 ,08™,  Breite  1 ,80",  Dicke  0,44".  Buchslabenhöhe  0,02"^. 

AiOY^VT)«  SayapCou  lautco  l^cov  [xaxJEaxEuaacv  tov  xi^ov  xai  tij  lau[ioG]  yuvexi<I>ciXi7:^Si(!) 

Es  verdient  Beachtung, dass  in  Stein-  und  Münzinschriften 
der  phrygische  PIuss  und  die  von  ihm  abgeleiteten  Namen, 
so  viel  ich  sehe  ausnahmslos,  mit  einem  y  geschrieben  wer- 
dend Die  auch  in  der  Litteratur  vertretene  Form  ^  Sagaris, 
die  dem  modernen  Namen  Sakaria  näher  steht,  hat  also  min- 
destens ebenso  viel  Berechtigung  wie  die  bei  Homer  (P  187, 
n  719)  vorkommende  und  schon  deshalb  in  der  späteren  Lit- 
teratur ^  vorwiegende  Sangarios. 

69.  Ebenda,  in  derselben  Nekropole.  Marmorne  Grabthür, 
grösstenteils  in  der  Erde.  Breite  1,63".  Buchstabenhöhe  0,02". 

FouvEpto;^  'Ayadoipouc  7raiäovö{xo(  J^o^v  iipöiQ^fv 
iauTG^  xal  'Ayi^Oir)  avfi|/(at  (jLvif)|AY)<  xdepiv  (!)  ^ 

Nakoleia  (Nr.  70-75). 

70.  Sidi-Gasi,  Friedhof  oberhalb  des  Derwischklosters. 
Sorgfältig  gearbeiteter  Altar  aus  bläulichem  Marmor;  Höhe 
0,84'",  Breite  0,35",  Dicke  0,24".  Buchstabenhöhe  0,02". 
Viele  Ligaturen. 


''Atüc  nXouaiou 

CUV  Texvoi;   'OvYi- 
(i]{(xou(!)  mk  XaptSY)- 

f^^^^-)  (Kraler)  '^^ ''^,'^- 

TTCpl  lauTüiV   X£ 

Td>v  iSi(i>y  Tcdcv- 


*  Vgl.  den  Index  des  C,  1.  G.  und  Head  Historia  nummorum  S.  A\3. 

2  Ovid.  fast.  IV,  229,  ex  Ponlö  IV,  10.  47,  Plin.  nai.  hisl.  VI,  1,  4,  Etym. 
Mag.  s.  V. 

3  Polyh.  XXII,  20,  Slrabo  oft,  Liv.  XXXVIII,  18  und  sonst. 

*  Doch  wol  r.  Ou(aXHpio«. 

ATUBN.   MITTUBILUNGEN    XXV.  29 


,   KLEINASUTIPCHE  STUniBN. 


AifilToiST)  Sw^ovTi  x«l  'MtÄcbi  ß«oi>f/i 
iü£jaTQ  ßidiiov  iirif  uiö;  'EndrififUi 
i(f]ov  «öoiviTOiai  Mi¥toTpaTO(,  Öv  Ät- 
oSupof]  O^xt  SiKOitOTiTOt!  Ti8'  öaiowi  0ioi^(. 
Am  Schliiäs  der /eile  'i  sind  die  liuclisfaben  Oioi  durch  ein  Ver- 
selion  des  Steinmetzen  Ibrtgefallen,  die  Ergänzung  ist  sicher. 
Ülior  die  religionsgescliichtliclie   Bedeutung  des  Steins  habe 
icli  oben  zu  Nr.  5'i  gehandelt.  Obwol  am  Anfang  jeder  Zeile 
nur  wenige  Buciistaben  fehlen,  kann  man  über  die  Ergänzung 
imZweifel  sein.  Ich  bin  von  der  Erwägung  ausgegangen,  dass 
zu  den  beiden  Verben  -»to  und  flüxi  verschiedene  Subjecle  ge- 
liiiren  müssen,  und  dass  'Sohn  des  Epalorix' als  Bezeichnung 
des  Weihenden  nicht  ausreicht.  Dann  muss  Menestratos  eben 
der  Sohn  des  Epatorix  sein,    und  der  Name  des  Voltzietiers 
des  Gelübdes  mit  M-  beginnen  (Diomedes  und  Diodoros  sind 
gleich  möglich).    Das  Vorkommen  des  echt  keltischen  Namen 
Epatoris*  in  der  nicht  mehr  zu  Galaticn  gehörenden,   aber 
freilich  der  Grenze  dieser  Provinz  sehr  nahe  liegenden  Stadt 
verdient  Beachtung. 

77.  Ebenda .  bei  der  armenischen  Kirche.  Marmorne 
Grabthür;  Höhe  0,70",  Breite  0,50"".  Dicke  0,1  i'°.  Buchsla- 
benhöbe  0,02™. 

"AxTaitK  'ApiffToS^nfow  .  .  . 
-ot  ÄMÖipä  ^irniTA 
XApw. 
Der  Name  der  Schwiegermutter  kann  nur  vier  Buchstaben 
enthalten,  Tix«,  Näv«  oder  dergleichen. 
Greifawald. 

ALFRED  KÖRTE. 


<  In  Iloliler^  Allkellisclmm  Sprachschatz  hndet  sich  der  Name  nicht,  wul 
aber  Gpalon  und  IJpaticcus;  er  isl  mit  dem  hekannlcn  SufTu  -rei\,  -rix  ge- 
bildet und  entspricht  deiu  Sinne  nach  ziemlich  genau  dein  griechisehen 
'insoKfiiTiK.  Ich  bemerke  liicrbei.dass  Holder  den  Aiiiri»  der  Allulideiibriere 

(Archäoltigiseh-eiJJBr.  Milllieil.  1881  ö.  95  ir.)  überselieu  lial. 


BlI.INGtJlS  AUS  DOHYLAION 

Rei  gele|<enLlic)i  erneuLem  Sludium  der  BiÜnguiB  von  Do- 
['vlaion,  die  in  diesen  Mitteilungen  XXIIl  8.36'?  nacli  Ab- 
schrift und  Aliklalsch  von  '1.  MtiXi6tcou>o;  veröiTentliclit  ist. 
pi'gaii  sich  mir  eine  teilweise  veränderte  AnfTaBsung  des  phry- 
gischen  Textes  Z,  8  glauhe  ich  die  aus  den  phrvi^isclien  Gtali- 
schi'irten  römischer  Zeit  bekiinnte  Verbalform  «SSxkit  ei'ken- 
nrn  zu  müssen.  Da  nun  durch  die  von  Cliantre,  Missimi  eii 
Ctifiparluce ,  Paris  1K98,  S.  I'iö  mitgeteilte  allphrygische  In- 
schi'iCt,  wie  ich  in  der  Wiener  Zeitsclirift  für  die  Kunde  des 
Morgenlandes  XIK  S.  35!)  dargelegt  Imbe,  erwiesen  ist,  dass 
pbrygiscbes  »e  griechiscbem  zt,  lateinischem  qiie,  skr.  vn  ent- 
spricht und  enkliliscli  nachgestellt  wird,  ^o  muss  EvaTocpv(n) 
SouuQ  Z  0/7  das  letzte  der  durch  ks  veibundenen  Glieder  sein. 
Ich  schlage  also  vor  Z.  5  IT.  zu  lesen: 

EvOTOlpV«- 

(Pj  Sou|a(I  XI.   Otou6 


In  MiTpK<^ocToc,  Ma(TiupoYiio;,  nDuvT0L<iSgc;  sind  doch  wol  nicht 
vergötterte  Tote,  sondern  wirkliche  fttoi  zu  erkennen  ,  denn 
itapiöifjiTiv  entspricht  doch  sonstigem  7coc{iKS{S(ij[At,  das  die  For- 
mel einleitet,  mit  der  ein  Grab  dem  Schutz  der  unterirdischen 
Gölter  anempfohlen  wird,  z.  li.  C.I.A.  III  Wr.i:  IIap«SiSw|*i 
Tof;  KaTa^O&vioi;  Otoi(  toÖto  to  vipüov  yuiiootiv,  II^qütuvi  x»i  At)- 
(iviTpi  x«i  llepUE^ovTi  x«i  'EpiwOiiv  xoii  Tciiiv  toU  xctTCtj^Oovion  6(oi(. 
Auch  könnte  M«;  TsupDyiioc,  Genitiv  von  M«  Ttitpoyti;  (gebil- 
det wie  BxStt^  Einleitung  in  die  Gesch.  der  griech.  Sprache 
S  H30.  Ä«Stii  337.  MaptfW!  338,  Tätjh  S'iM.  Btt!;..;  u.s.w.), 
'der  Ma  vom  Tembrogius-Flusse'  bedeuten.  Mirpoc^KTa  (oder 


446  P.  KRBTBCHIIBB,    BILIN6DI8  AUS  DORTLAlON 

MiTpaf ftTfli[;]  ?)  erinnert  in  seinem  zweiten  Teil  an  den  Bei- 
namen des  Mithra,  Cautopates.  Unklar  ist  mir,  ob  nouvra^ 
Ba<  (vgl.  Ba<  Einleitung  S.  336)  oder  nouvraoSo«  abzuteilen 
ist;  letzteres  wQrde  an  den  reitenden  Oso^  Kaxao6o<  in  Lykien, 
an  KiXXi9ipo(,  Herzog,  Koische  Forschungen  S.  86,  sowie  an 
die  iranischen  Namen  auf  -  o^/ia  =  skr.  a^i^  erinnern. 

Da  im  griechischen  Text  zu  toCc  ippoYiYpa[A|avoic  Ocolc  hinzu- 
gefügt ist  x(al)  Tü  xioffcY),  so  wird  man  auch  im  pbrygiscben 
Text  eine  Erwähnung  der  zuftY)  suchen  und  in  dem  letzten 
der  mit  xs  verbundenen  Glieder,  Ev^xapva  SoupiO  erkennen  dür- 
fen. Sonderbar  und  im  Wortauslaut  wenig  glaublich  erscheint 
in  dem  zweiten  Wort  die  Konsonantengruppe  \A.  Vielleicht  ist 
Q  verschrieben  für  O  oder  Q.  und  Soufto,  Sou[u*  oder  dergleichen 
zu  lesen :  dann  wäre  hier  das  phrvgische  SoufAo;  zu  erkennen, 
das  auf  einer  Inschrifl  aus  Maionia  vom  Jahre  173  nach  Chr. 
in  der  Bedeutung  9ÜvoSo<,  ouyzXvito;,  9U(tS{u9ic  vorkommt  und 
zu  got.  dbms  'Satzung,  6ericht'  =  asl.  duina  *Rat*  gehört 
( Bezzenbergers  Beiträge  XIV  S.  51.  Kuhns  Zeitschrifl  34  S. 
53).  Hier  müsste  es  x&\Lrk  entspi*echen  oder  etwa  'Gemeinderat, 
Gemeindeversammlung'  bedeuten  und  EvarapvocT^ ?]  dann  der 
Name  des  Ortes  sein. 

Über  den  Schluss  des  phrygisohen  Textes  OtouOSftv  aSSxxcr 
opouav  lässt  sich  wol  nur  soviel  sagen,  dass  er  vielleicht  dem 
Schluss  des  griechischen  Paralleltextes  Taö6'  6  waxiip  'AaxXtj- 
moc  entspricht,  aSSaxer  also  ein  hier  fehlendes  und  zu  ergän- 
zendes Verbum  in  der  Bedeutung  'hat  feslgeselzt,  angeordnet* 
wiedergiebt. 

Wien. 

PAUL  KRETSCHMER. 


-^-C^W^^itl^^'^ 


ZUR  P0R0S8TATUE  IN  MÜNCHEN 
[Allieo.  Mittuilungen  lljt%  Taf.  I) 


Die  in  dJusen  Miltelluni^en  IHUfi  Taf.  I.  ab^;ebj|(lete  und 
von  FuPtwängler  S.  i  (T.  besjirouhene  Porosslatue  eines  Krie- 
<;ers  in  München,  in  der  er  ein  allgriecblsclies,  walireclieinlicli 
aus  M^kenai  stammendes  Werk  der  Zeit  um  600  erkennt,  ist 
bereits  vor  ihm  verülTentlictit  gewesen  und  stammt  ansCIiiusi. 
Der  durch  seine  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  rümisch-germani- 
.  seher  Fürscliung  und  durcli  seine  Bczieliungen  zu  vielen  be- 
rülimteti  Miinnern  seiner  Zeil  bekannte  Ilofrat  Dorow  be- 
Hclireibt  in  seinem  1829  in  Paris  erschienenen  Buche  Vai/age 
arc/ieoiogiquf  äans  Vancienne  Elrurie  die  Statue  eines  Krie- 
{^ers  aus  'l'ufTstein,  die  er  in  Ctiiusi  als  daselbst  gefunden  im 
August  des  Jahres  I8'27  erworben  hatte,  und  bildet  sie  in 
zwei  Ansichten  nacii  einer  ergänzten  Zeiclinung  des  Malers 
Luciierini,  der  ihn  auf  seiner  Iteise  begleitete,  auf  Taf.  \l 
Fig.  I  ab.  Zur  besseren  Veranscliauüehung  gebe  ich  die  bei- 
den Ansichten  wieder{S.  ■'i'iS).  [Jie  Beschreibung  S.  20  f.  lautet 
folgendermaassen  :  Dans  la  troisieme  de  ees  chambres  sepul- 
cralcs.  il  y  avait  une  statue  gätee  entierement  par  le  temps  et 
i'bumidile  .  .  .  Dans  la  collectiun  de  M.  Paolozzi,  on  voit  une 
Statue  semblable;  j'ai  obtenu  la  possesston  de  la  t^oi8i^me  de 
ce  genre  qui  ail  ete  trouvee  ä  Chiusi.  Gette  dernitre  reprc- 
sente  je  crois  ua  guerrier;  cVtait  aans  doute  aussi  un  monu- 
menl  sepulcral,  peul-ötre  destine  ä  aervir  de  gardien  aus  tom- 
beaux  .  .  .  Ce  soldat  a  un  casque  pareil  ä  celiii  des  guerriet's 
qui  sont  representes  sur  les  vases  noirs.  II  tient  devanl  sa  poi- 
trine  un  bouclier  avec  la  t^te  de  Meduse,  et  de  la  main  droite 
une  lancB  qui  ressemble  de  m^mo  ä  Celles  r|ue  Tun  voit  sur 
les  anciens  vases.  C'est  d'apri's  ces  modMes  que  j'ai  futt  re- 
staurer  cette  slatue  de  guerrier,  (Voyez  la  pl.  XI,  (ig.  I ) ;  il  y 
est.  comme  dans  l'original,  diFforme  et  mal  fail.  II  regne  dans 
loutes  les  parties  de  cette  tigure  un  manquc  absolu  de  propor- 


418  c.  WATüisoKn 

lions:  je  crois  que.  de  in^me  quR  les  dcux  autres  de  Chtusr, 
eile  n'a  pas  eu  de  jambes,  que  \ä  stutue  n'eLnit  travaill^e  (\ue 
jiisqu'n  la  pnrlie  inferienre  du  Ironr,  el  qiie  plus  has  eile  se 
leiminait  en  Hermes,  ou  plutul  (ju'elle  ppuL  avoir  servi  de 
eoLvprclc  ä  iiiip  urnr.   Pln^fciirs  ainan«;  de  ■''liiM-ru-i-  (in(  voiilit 


i'fCMiiiiaiUi:  [i[i  l'i'oö'  daii:^  cetle  ligure  ;  mais  je  ne  puis  par- 
taper  ceLlo  opinion.  (^)uoi(]u'il  en  puissc  filre,  le  Iravail  me 
semble  »pparlenic  au  temps  le  plus  ancien.  La  Tigure  a  jus- 
qu'au  nombrJI  dix  -  liuJt  pnuces  six  lignes.  Die  Identität  der 
Pornsstatue  in  München  und  der  TulTütalue  in  Doraws  Besitz 
sprinf^t  oline  Weiteres  in  die  Auf^en.  Die  Grösse  von  TiO'",  die 
rurtwän<^lGr  an<j;iebL,  ist  dieselbe  wie  18  Zoll  6  Linien  bei 
Ddi'ow  ;  der  Bruch  des  Schildes  mit  dem  Gorf^oneion  stimmt 
^enuu  Uherein.  In  der  Wiedergabe  der  f;an/.en  Figur  hat  d«r 
Zeichner  zerstossene  und  beschädigte  Teile,  z.  II.  die  LunKen- 
spitze  soweit  ergänzt,  als  sieh  die  ßrgän/.ung  mit  Sicherlioil 
geben  Hess.   Bei  dem  Schilde,  dessen  Ergänzung  er   in  fei- 


neren  Slriclien  ausfülirt.  giebt  er  die  Linie  des  Bruches  an. 
I)u!4  Material  der  Staliie.  das  Dorow  hier  nicht  besonders,  aber 
in  der  Beschreibung  der  Tafeln  als  Inf  bezeicimet,  ist  eben- 
falls dasselbe.  Denn  (]er  Stein,  den  man  in  Italien  mit  grie- 
cliiachem  Lehnwort  tof'us  nennt,  pllegl  in  Griechenland  Tcwpot 
zu  heissen.  Die  von  Lepsius  featgestellLe  Übereinstimmung 
mit  m^kenischem  Gestein  ist  daher  rein  zulültig,  und  man 
sieht  daraus,  wie  gelührlich  es  isL,  aus  solchen  Ühereinstim- 
mimgen  weitgehende  Schlüsse  ru  ziehen.  Dass  die  Statue  aus 
Cliiusi  stammt  und  wenn  nicht  dort,  so  doch  sicher  in  fülru- 
rien  gefertigt  ist,  wird  man  also  keinen  Grund  Italien  zu  bc- 
zweiteln.  Denn  wälii'end  das  Werk  in  der  altgriechischen  Kunst 
trotz  der  Beziehungen,  die  l'urlwangler  findet,  bisher  ganz  iso- 
lirt  gestanden  hat, ordnet  es  sich  unter  die  Werkeelruskischer 
Kunst  ohne  Schwierigkeil  ein.  Abgesehen  von  dem  unge- 
schickten und  plumpen  Gesamleindruck,  den  bereits  Dorow 
liei'vorgehoben  hat.  hat  die  llelmform  gerade  in  Kirurien  die 
besten  Analogieen'.  Am  nächsten  scheint  mir  der  Kriegerkopf 
aus  Orvielo  (abg.  JVof/s/*- 1887  Taf.  Vll.9)im  Museum  zu  Flo- 
renz zu  stehen,  bei  dem  auch  der  plumpe  breite  Hals  und. das 
stark  vortretende  Kinn  sich  wiederßnden.  Mit  der  Bildungdes 
Gorgoneions  auf  dem  Schilde  kann  man  ebenfalls  elruskische 
Denkmäler  vergleichen.  Der  breite  Wulst  über  den  Augen  und 
die  Locken,  die  auf  den  von  Furtwängler  citirlen  griechischen 
Denkmälern  nicht  erscheinen,  kehren  ganz  entsprechend  auf 
der  Ptruskischen  Vase  bei  Micali  Mnniimenti  antichi  ineilili 
Taf.  X.XXVI  und  auf  der  bei  Dorow  a.  a.  O,  Taf.  W  Fig.  2  h 
abgebildcLen  IteMcfaltasche  wieder.  Iis  bleibt  also  nur  die  von 
l'urtwüngler  S.  8  hervorgehobene  sLiMstische  Üliereinslimmiing 

•  WA-  den  Iti-Iin  inil  Buscli  auf  tter  Siele  des  Aiib  Elu^kn.s  in  VUm'.tn 
Nolitte  1887  Taf.  VIT.  9  Uixl  den  Helm  niil  Nni«enKcliJrm  und  BukcIi  ituf  ei- 
ner Keliefhlele  auaOrtJelu  hui  Martha  L'art  rirustfue  H.  SlüKIg.  I6i.  lUulIg 
sitiil  ganz  entüproi^hendo  lldine  mit  Biisuh  l>ei  dun  Itcliurii^ur«!!  vun  Kii»- 
gcrii  auf  BiichorovaHoii,  vgl.  Micali  Uoituiiunli  per  lervire  at'a  ntnria  Taf. 
XXII,  Durow.  a.a.O.  Taf.  IX  lig.  1.3.  il.  Ätinlich,  aher  iiiil  '{U  ad  rat!  schein 
Aiisschiiilt  vurselien  sind  die  Holme  bei  Micaü  Monummli  antichi  i/itdlli 
Taf.  XXV,  i. 


450  C.    WATZINGER,   ZUR   P0R0S8TATUE   IN   MUENCHEN 

mit  dem  Relief  von  Chrysapha  übrig,  die  sich  mir  am  ein- 
fachsten aus  dem  Material  der  Statue  zu  erklären  scheint,  das 
man  wie  Holz  mit  Messer  und  Säge  bearbeiten  kann. 

Zusammen  mit  der  Kriegerstatue  hat  Dorow  in  Chiusi  drei 
etruskische  ReliefTragmente  erworben  S  über  deren  Verbleib 
ich  nichts  habe  feststellen  können.  Seine  Vasensammlung  hat 
er  an  den  Maler  Magnus  verkauft,  aus  dessen  Besitz  sie  in 
das  berliner  Museum  übergegangen  ist^.  Dort  befindet  sich 
jetzt  auch  der  Taf.  XV  Fig.  l,ab  abgebildete  BroncespiegeP 
und  ein  kleiner  Bronceeimer,  von  dem  die  eine  Maske  Taf. 
XVI  Fig  4  abgebildet  ist V  Dagegen  ist  die  Taf.  IV  Fig.  10 
wiedergegebene  Bronceschale  nicht  in  das  berliner  Museum 
gelangt^.  Wann  Dorow  die  TufTstatue  verkauft  hat  und  auf 
welchem  Wege  sie  schliesslich  in  das  Nationalmuseum  gelangt 
ist,  wo  Furtwnngler  sie  wiederentdeckte  und  zu  allerdings  all- 
zu hoher  Ehre  gebracht  hat,  haben  auch  Nachforschungen  in 
Dorows  übrigen  Schrillen  nicht  feststellen  können.  Jedenfalls 
aber  bleibt  das  Ergebniss  bestehen, dass  die  Statue  in  München 
aus  der  Reihe  der  altgriechischen  Porosskulpturen  zu  strei- 
chen ist. 

Athen. 

CARL  WATZINGER. 

*  Es  sind:  1)  Taf.  X  Fip.  3  (=  Inghiiami  Gallcria  omerica  11  Taf.  2\9  ) 
zwei  slelicnile  und  zwei  sitzende  Krieger,  sich  unlcrhallcnd,  von  Inghirami 
auf  die  llias  bezogen,  in  Oveibecks  Sagenkreis  nicht  erwiihnl ;  2)  Taf.  XII 
Fig.  1,  a.b.c.  Lager,  an  dem  sich  vier  Frauen  helinden,  auf  den  Seilen- 
flächen noch  je  eine  Figur;  [\)  Taf.  Xll  Fig.  2  (=:Micali  Monutnenti  per 
servile  alla  storia  Taf.   LIM,'» )  Silen  und  Mänade. 

2  Vgl.  Furlwängler,  Kalalog  der  Vasensaninilung  im  Antiquariuui,  Ein- 
leilung  8.  XVI  und  die  dorl  cilirle  Lilleralur. 

3  Vgl.  Friederichs,  Berlins  anlike  Bildwerke  II  S.  r>4  Nr.  51  ;  Gerhard, 
Elruskische  Spiegel  I  Taf.  90. 

*  Vgl.  Friederichs  a.a.O.  S.  278  Nr.  1323*  . 

'' Alle  diese  Broncegefässe  stammen  aus  einem  Grahe  in  Chiusi.  das 
kurz  vor  der  Ankunft  Dorows  geölVnet  worden  war  (  Dorow  S  28).  Ausser- 
dem fanden  sich  darin  ein  Tigerkopf  aus  Br<Hice,  zwei  korinthische  Ary- 
halloi.  ahg.'hihlel  Taf.  IV  Fig.  \),  jelzl  in  Berlin  (Furlwängler  a.a.O.  1235. 
I23<i  mit  der  falschen  FrovenienzangalM^  Vulci )  und  eine  protokorinlliische 
Lek.vthos,  ahgehildel  Taf.  IV  Fig.  II,  jetzt  ehenfalls  in  Berlin  (Furlwängler 
a.a.O.  1208  mit  dcrselhen  Provenicnzangahe). 


LITTEHATUR 

A.  S.   Arvanitopullo,   Questioni   di   diriito   attico.  I. — 

A.    r.    ApBANITOUOTAAOS,    ZiQTTQfAaTa    toö  Ättixoö  SiJtaiou.  II. 

Athen  1900. 

nos  EN  EAaaai.  Athen  1900. 

B.  AorSMANHS,  napftTif)pif)(rci(  ire\  toG  ippooSiopiO|iioO  toO  tciSioo 
fLxyrfi^  p.eTa^ü  üojAicYtiou  xal  Kaioapo;  iv  BcaoaXicf.  Athen  1900. 

E.  I.  Apakos,  Ae^iSiaxa  TOxoYpafixa  xal  cxxXYiaiaaTixd.  11,1. 

Athen  1899. 

n.  KaBBAAIAS,  *l9Topia  TT);  apj^atoXoyixii;  *ETaipciac  aipo  t7)c 
h  Itii  1837  iSpüoeü);  auTi}?  |jL€>pi  tou  1900.  Athen  1900. 

r.  A.  KaPAMANOS,  Ti  *ApxaSixa  irco  töv  ap^atOTdcTCüv  j^pö- 
vwv  (Ac^pt  Töv  xaö'  7)(i.Ä5.  Tripolis  1900. 

n.  N.  IlAnArEüPrior,  Aöyoc  pioOcU  «J^I  toi;  iyxaiviot;  TOÖ  U- 
poO  vxoO  TT);  'Ayia;  napaaxiuij;  toO  ev  T(j^  vexpoTafeic})  Tti;  opOo- 
So^ou  xoivoTTQTo;  öftoffaXovixYig.  Athen  1900. 

N.  r.  IIOAITHS,  MiXeTfti  w«pl  TOÖ  ßioü  xal  ttj;  yXwacrjc  toö 
*EXXy)vixoö  Xaoö.  napo((Aiai.  II.  Athen  1900. 

AbHNA,  auyypafx-jxa  irfptoStxov  Ttj;  iv  'AO/|Vaic  iTctaTYtjjLOvtxY); 
cTaipiia;.  XII,  3,  4.  Athen  1900. 

Darin  u.  a.  S.  285.  F.  N.  Xatl^tSaxi,  IIcpi  xou  ax.7]{Aatta(i.ou  tuiv  6vo(i.aib)v  eis 
-1«  -IV  «Vit  -10«  -lov  IV  Tj  (lETaYtvEatipot  *EXXT|vixfj. —  S.  344.  Derselbe,  Ilipt 
TOU  tovi9(jLOU  TcDv  ouvO^xiüV  St;  -0$  ovo|i.aicuv. —  S.  360.  S.  MsvapSou,  FaXXixai  (as- 
aaicüvixai  "ki^iii  iv  Kuicpc^. 

ApMONIA,  i7CiffTYj(AOvixov  wipioSixov  <juyypa(x(xa.   1,7-12.  Athen 

1900. 

Darin  u.a.  S.  401.  W.  Barth.  'H  ^liTipix^j  'lOaxi).—  S.  436.  6.  ^iXaSfX^tu«, 
Tot  üspadEiaia  xai  6  ^[^.oi  Bax?i.  —  8.  464,  584  und  631.  Nachtrag  zur  In- 
schrift aus  Thyrreion  (vgl.  oben  S.  113). —  S.  504.  K.  M.  KwvaTavtoKouXow, 
'Apx,iisxroviXT)  TOU  vaou  sv  x^  |iovj}  Aafvtou. —  8.  529.  I.  Xaxl^($axt,  'Ap/^atoXo^i- 
xal  IpEüvai  iv  Kpiix^). —  8.  633.  N.  I.  FtavvojcouXou, 'H  'Ticoixrj  xaxa  xi)v  ap'/jn6- 
xrixa. —  8.  705.  K.  M.  KwvaxavxoJCOuXou,  ^i)fi$caxa  Aa^Vtou. —  8.  742.  I.  ^j. 
£appij,  MeX^xt)  Tcipt  XO0  KoptvOiaxou  xöXtcou. 


Ahi  FL'NQK 

liuLLBTiH  de  la  8oci(*U5  arcWolüyiiiue  il'AIexandne,  reilige 
[lar  le  D'  G.  Botli.  III.  Miindica  1<.I0(I. 

Ilarin  II.  Thiersch.  Zwei  Grillier  der  riiinischen  Kaisurieil  in  Gahbsri 
(A1e\an<lria).  Mit  8  Tctlabbildungen,  9  TAfcIn  und  I  üclitdruck. 

AEATtON    TTti  iv  'A>^up(^  f ilgip^^oLiou   iT«ipii«5    a  TÜt  '09puO(  ■ 

TiC^os  r'.  Athen  1900. 

Nach  dem  Bfificiil  über  lii-n  Verein  leriilTenllicIit  N.  l.  rtavvditoulo«  neue 
thessalisclie  Iiisclirifleii  —  S.  32.  I'hoifiikisclje  In-^clirift  aus  Plalatios. 

AKATION    THE   ISTOPIKIIS    KAI   EeNOAOriKHS    ETAIPIAL    THS 

EAAA40E.  V,  1  (10).  Atlien  1900. 

Naciuiichtü»  (Ibb  rusäisclien  archäulogischen  Instituts  ia 
Konslantinopel.  VI  1.  Soptiia  1900.  [Uussiscli]. 

llPAKTiKA  TTit  äp^ato>oY*''^<  'Etaipit«!  toü  (tou?  1899-  Athen 
1900. 

To  llGPloAiKüN  MA£.  I,  8--2'i.  Piraiis  1900.  19Ü1. 


In  Athen  sliess  man  beim  Fundamentgralien  in  der  Nähe 
des  Lysikrates-Dcnkmals  auf  ein  antikesGrab,  über  dem  eine 
Marmorslele  mil  Inschrift  lag.  In  dem  Grabe  ist  nichts  von 
üedeulung  gefunden  worden.   ('AaTu,  27.  SiicTiuSptou  1900). 

Der  Merkwürdigkeit  halber  sei  auch  erwähnt,  dass  he)  der 
Restauration  des  Purllienon  zwischen  Marmorhiöcken  am  Gie- 
bel eine  Hyxis,  die  nocli  Itcste  ruLer  Farbe  enthielt,  und  ein 
Bi-oiice- Uniersatz  für  ein  Gerass  entdeckt  wurden.die  wol  noch 
aus  der  Zeit  des  Parthenon baues  stammen.  ('Aotu,  28.  '^ijc 
Tijxgpiou  1900). 

Wichtiger  ist  ein  grosser  VasenTund,  den  ein  Privatmann 
in  einem  versehültelen  Brunnen  gemacht  hat  und  von  dem 
Proben  in  das  Museum  gelangt  sind.  ICr  besteht  in  mehr  als 
hundert  Geliissen  mcisl  römischer  '/.dl,  deren  Formen  an  die 
von  Grcnfell  und  Hunt  im  Fayiirn  gefundenen  römischen  Ge- 


fasse  erinnern  und  zum  Teil  nocli  mit  heutzutage  gehrauchten 
formen  übereinstimmpn.  Als  Ornamente  dienen  eingegrabene 
geometrische  Muster;  nur  ein  Stück  macht  eine  Ausnahme, 
(las  mit  geih  und  brnim  aufgemalten  Ornamenlen  verziert  ist 
und  zur  Klasse  der  sog.  koptischen  Vasen  gehiirt.die  bis  jetzt 
nur  aus  Ägypten  bekannt  sind. 

Bei  den  südwestlich  von  Athen  gelegenen  Sclilachthiiiisern 
hat  mit  Erlaubniaa  derRegirung  ein  Privatmann  Ausgrabun- 
gen veranstaltet,  die  zur  AuTdeckung  eines  grossen  Kriedhores 
geführt  haben.  Dieser  Friedhof  befindet  sich  am  llissos  an  der 
Stelle,  wo  die  mittlere  lange  Mauer  den  FIuss  kreuzte,  west- 
lich von  dem  Ausläufer  des  Museionlii'igels,  an  dessen  Siid- 
uhhang  ein  grosses  Felsengrab  liegt  (vgl.  Curtius,  Atlus  von 
Athen  Bl.  111,  A.Ö.  Bt.  VII,  1.2).  Nach  den  bisherigen  Fun- 
den ist  er  in  das  Ende  des  V.  und  den  Anfang  des  IV.  Jahr- 
hunderts zu  setzen.  Die  Toten  waren  bestattet  in  llolzkis- 
ten,  von  denen  sich  noch  die  Rroncenügel  erhalten  haben, 
in  Thonladen  länglicher  und  viereckiger  Form  oder  einfach 
innerhalb  eines  von  Marmorquadern  gebildeten  Rechteckes. 
Zur  Aufnahme  der  Asche  dienten  innen  ausgehöhlle  Mar- 
morgelässe,  die  bald  die  Form  von  Kesseln  bald  von  Süu- 
lentrommeln  haben.  In  diesen  Behältern  liegt  gewöhnlich  ein 
Bronce-oder  Terrakottakessel,  der  die  Asche  enthält.  Die 
Hauptmasse  der  in  den  Gräbern  gefundenen  Vasen  bilden  Le- 
kythen,  Aryballen  und  Pyxiden  mit  den  gewöhnlichen  Dar- 
stellungen. Dazu  kommen  Lutrophoren .  unter  denen  zwei 
von  besonderer  Grösse  und  mit  grossei),  die  ganze  Bildhöhe 
einnehmenden  Figuren  geschmückt  sind.  Auf  der  einen  ist 
ein  Amazonenkampf,  auf  der  anderen  sind  stehende  Krieger 
dargestellt.  Unter  den  Kesseln  tragt  der  eine  um  den  Rand  ein 
weiss  aufgesetztes  Lorbeerband,  der  andere  ist  mit  einem  aus- 
gesparten Bpheithand  verziert,  ein  dritter  zeigt  das  Bild  eines 
Flötenbläsers  im  langen  Chiton,  umgeben  von  tanzenden  Cho- 
reuten mit  Schurz  um  die  llüRen.  Kine  Pelike  zeigt  den  Kampf 
desTlieseus  mit  dem  marathoniscben  Stier.  Unter  den  Terra- 
kotten sind  hervorzuheben  kleine  vergoldete  Scheiben  mit  Ro- 


seilen  oder  Medusenköpfen,  ein  knieendep  Silen,  ein  eyrinx- 
blasenJer  Pan  ,  ferner  eine  l\eilie  kleiner  Vöjjel  und  Hunde, 
die  aus  einem  Grabe  stammen  sollen,  und  ein  schöner  Lö- 
wenkojif. 

Gegenstände  aus  ßronce  sind  die  schon  erwähnten  Kessel, 
Spiegel  oline  Darstellungen,  zwei  PläUclien  mit  den  (nschriHten 

NIKOTEAH«  und  APOAAOiiOPO« 

AXAPNEY«  XOAAEI(St);)0Y. 

Ausserdem  Fanden  sich  drei  BleiplÜttchen  mit  Vertlucliungs- 
inschi'ifLen.  Über  den  Gritbern  »tiinden  bisweilen  Sielen  oder 
Marmorgeiiisse ,  mit  Darstellungen  in  Malerei  oder  llelief 
oder  nur  mit  Inschriften.  Dazu  kommt  ein  kleiner  rechtecki- 
ger Stein  mit  der  Inschrift  Öpo;  [jtvT)[/.ocTOt .  Inschriften  finden 
sich  auf  folgenden  Stelen  und  MarmorgefÜssen: 

1)  Stele,  darauf  sitzende  Frau,  die  einem  vor  ihr  stehenden 
Jiingling  die  Hand  reicht;  blauer  Grund.  Über  dem  Jüngling 
steht  0IAINO«.  «her  der  Frau  ATNOf  TPATH. 

2)  Stele,  deren  Darstellung  gemalt  war  und  jetzt  vollkom- 
men verschwunden  ist.  Oben  TPITIA«  links,  KH't>l<0't>QN 
rechts. 

3)  Kleine  Stete,  oben  die  Inschrifl : 

'AnolliiSbipot  I  Si[i(avo;  |  KuO>)ppto(. 
-4)  Lekylhos,  vorn  sitzender  Mann, der  einer  vor  ihm  stehen- 
den Prau  die  Hand  reicht, hinler  ihm  und  hinter  der  Frau  steht 
noch  je  eine  Frau.  Oben  die  Inschrift 

iinksOAlNOMAXH  rechts  POAYNIKH. 

AY^IAEO« 

5)  Lekythos,  die  Bemalung  ist  verschwunden.  Oben  nur 
noch  die  Inschrift  (A)Y€IAEn<  MYPPINH,  sehr  flüchtig 
eingehauen.  Dazu  kommt  eine  Lekythos,  die  nur  mit  dem 
Relief  von  zwei  stehenden  sich  die  Hände  reichenden  Mädchen 
verziert  ist,  Grund  rosa. 


Die  Ausgrabungen,  die  TorLgesetzt  werden  sollen,  verspre- 
chün  nocli  lnleressanle  ßrgebnisäe.  Da  die  Aufdeckung  dieses 
wichligen  Priedhofes  in  den  Händen  eines  Privatmannes  liegt, 
der  auf  Grund  des  neuen  Anlikengesetzes  dazu  die  Erlaubniss 
erliallen  hat,  so  läset  sie  in  der  Sorgfalt  des  Grabens  und  in 
der  Beobachtung  der  Fundumstiinde  leider  Manches  zu  wiin- 
sclien  übrig.  (Vgl.  die  Berichte  in  der  Wochenschrift  für 
klass.  Pliilol.  190(1  S.  1413  und  in  der  Deutschen  Litteratur- 
zeilung  1900  S.  3331). 

Im  P  i  r  ä  u  9  ist  beim  Fundamentgraben  in  der  öS6( 
TofJLitÄC^  eine  antike  Wasserleitung  gefunden  worden.  Sie 
hat  drei  Abzweigungen  und  erhielt  ihr  Wasser  vermutlich 
von  de»  Hügeln  der  Halbinsel,  an  deren  Abbüngen  schon  l'rü- 
hcr  Spuren  von  Wasserleitungen  entdeckt  worden  sind.  {'Aotu, 
30.  £(irTiii€j3(ou  1900).  Ebenda  wurde  in  einem  Privalbause 
ein  rÖmischesGrabrelief  mit  Beschlag  belegt,  das  eine  siehende 
Krau  in  langem  Gewand  darstellt.  Es  i»t  gut  gearbeitet,  die 
obere  Hülfte  mit  dem  Knpf  der  Prau  ist  abgebrochen.  ('Aotu, 
5:..   ■iQ^iQu   1900). 

In  Keratea  hat  ein  Bauer  in  seinem  Acker  eine  mar- 
morne Grabliydria  und  ein  grosses  Grabrelief  mit  Giebel  ge- 
funden, die  beide  in  das  Nalioaalmuseum  gelangt  sind.  Auf 
der  Hydria,  deren  Hals  und  Fuss  fehlen,  ist  in  Beliel  ein  auf 
einem  Lehnsluhl  sitzender  Mann  dargestellt,  vor  dem  auf- 
recht stehen  ein  Mann,  ein  Kind  und  eine  Frau.  Ober  dem 
Relief  bellndet  sich  die  Inschrift : 

NAYtirTTOAEMH  A YKOPrO^IEPOTTTO 

if  AiNinnH  lEPonTH« 

Aufdem  Grabrelief,das  zur  Hälfte  erhallen  Isl,  ist  eine  sitzende 
Frau  dargestellt,  hinter  der  eine  Dienerin  steht.  Oben  steht 
die  Inschrift 

H  AHMArOPA 


Rechter  Unterarm  und  Beine  vom  Knie  an  waren  auf  der  a 


456  vonhb 

deren  lliilflp.  auT  der  nacli  dem  RiichülabenresL  links  sielt  nocli 
pjne  zwt!ile  Frou  licfand.  Ili-idp  Slückc  «iiiil  {jiit  goarbellel  und 
gehören  in  die  eifle  llülfb!  de<)  IV.  Jidirliunderts.  (  vgl.  'Evriz, 
93.  'looliou  li(0O). 

In  dprPii  nsgpriil  p  am  l'arni's  lial  der  Epliopos  Skia«  Aus- 
praliunpen  vpi-anslidlet,  die  Ibrt^esetzl  wenlen  soMfin.  Bis  jrtü 
»ind  VVciliinscIirifH'».  ein  Heliet'  und  iti  den  Tropfclprn  ein- 
^escliintteinn  eine  ^oldenK  Ciltudc  und  «ine  winzige  {{oldenc 
Klinc  gtiunden,  lieides  oiTenbar  \\'eiliej;aben. 

In  l^relria  liaL  der  I^piioros  Kuruniolis  seine  er^ebnissrci- 
clicn  Ausgrubungen  fortgeseUl  (vgl.  ulien  S.  311  f.).  Neui* 
Gi'über  sind  uufgedeckt  worden,  aus  denen  Lekyllicii  des  V, 
JululiunderU  zu  Tage  kamen,  Audi  Goldfunde  wurden  darin 
gemacht,  darunter  zwei  Hulskellen,  deren  Glieder  die  Form 
von  Ciclieln  haben;  in  der  Mitte  der  einen  beßndei  »licb  ein 
kleiner  l.iiwcnko|)r,der  anderen  ein  Slierkopf;  fernorein  l)ia- 
liem,  verziert  mit  Sphingen,  Pegasoi  u.  s.  w  in  Helief.  und 
Kwei  güldene  Fingerringe.  An  einer  anderen  Stelle  entd»:kte 
man  Graher  des  V 1 1 .  Jahrliiinderts,  in  denen  unter  anderem  zwei 
alterelriaelie Amphoren  gefunden  wurden.  InGnibern  im  Nor- 
den der  Stadt.  diuebenralU  der  älteren  Zeit  angehören, wurde 
eine  grosse  geomeliische  Amphora  mit  der  Darstellung  eines 
Leichenzuges, Wagen  und  Kriegern  gefunden  Ein  vierlerFried- 
liol',  aus  dem  Ende  des  V.  oder  dem  Anfang  des  IV.  Jahrhun- 
derts, spendete  eine  ganze  Anzahl  prachtvoll  erlialtener  weiss- 
und  braungrundiger  Lekytben,  von  denen  einige  Ueiscliriflen 
tragen.  Die  eine  zeigt  die  Darstellung  von  Hypnos  und  Tliana- 
los.  Begonnen  ist  mit  der  Aufdeckung  eines  grossen  römi- 
schen Bades,  das  am  Ende  desSommers  gefunden  wurde.  Bis 
jetzt  sind  xwei  kreisrunde  Räume  mit  niedrigen  Sitzen  aus 
Ziegeln  ausgegraben,  deren  Fussboden  mit  weissem  Mosaik 
belegt  ist.  Kanäle  aus  'riionrohren,die  das  Wasser  zuführten, 
und  marmorne  Wannen  haben  aicli  noch  erhalten.  ("Aoru,  30. 
'lovitou,  7.  S:(jtTiu.6piou  1900).  Im  Osten  von  Erelria  in  einer 
Magula  geuimnten  Gegend  ist  ein  weiblicher  Kopr(  Artemis?) 
gefunden  :    mau  vermutet  daher  in  dieser  Gegend    das   lang 


b 


I 


gesuchte  Meitigtum  der  Arlemis  Am.irj'sia.  PJn  Teil  der  bis 
jet/.l  in  Eretria  gemachten  Funde  wird  später  in  dem  Museum 
in  Chalkis  AursLellung  finden.  ("Avtu,   17.  ^tKi^^fiw  1900). 

In  Chalkis  ist  ein  grosses  Mosaik  entdeckt  worden,  das 
zum  Pusshoden  eines  Gymnasions  gehörte.  AuT  ihm  sind 
Paustkämpfer  und  andere  Athleten  in  den  verschiedensten 
athletischen  Ühungen  dargestellt.  ('Aaru,  54.  'louiiou  1900). 

Die  Nachrichten  von  der  Entdeckung  eines  mykenischen 
Kuppelgrahes  in  der  Nahe  von  Megalopolis  und  des  Gra- 
hes  des  Aipytos  hei  Pheneos  haben  sich  aU  irrtümlich  her- 
auKgestetll.    (Vgl    "Autu,  •^.  SiTtTiiißp.  und  U.  Noinßp,    1900). 

An  der  Nordkiisle  von  Antikythera  hatten  am  Ende  des 
Jahres  1900  Taucher,  die  auf  dem  Meeresgrund  nacli  Schwäm- 
men suchten, in  einer  Tiefe  von  etvsa  HO"' einen  Schatz  von  Mar- 
mor- undBroncestatuen  entdeckt  und  zum  Beweise  derClaub- 
wUrdigkeit  ihrer  Angahen  eine  Uroncehand  hervorgeholt  und 
nach  Athen  gebracht.  Die  Anfangs  mit  hegreillichem  Miss- 
tranen  aufgenommene  Nachricht  veranlasste  die  griechische 
Regirung,  von  den  Tauchern  an  der  von  ihnen  bezeichneten 
Stelle  mit  Unterstützung  zweier  Kriegsschiffe  Hergungsarbeiten 
vornehmen  zu  lassen,  die  bis  jet/.t  von  grösstem  Erfolge  wa- 
ren. Eine  ganze  Reibe  von  Statuen  aus  Bronce  und  Marmor, 
die  zuerst  dem  Meere  entrissen  wurden,  waren  leider  voll- 
kommen zerstört ;  ausser  den  allgemeinsten  Umrissen  der 
menschlichen  Figur  war  nichts  mehr  an  ihnen  zu  erkennen. 
Dagegen  ist  der  grösste  Teil  der  seitdem  gefundenen  Stucke 
vortrefllich  erbalten.  Von  einzelnen  Fragmenten  aus  Marmor 
ist  zu  nennen  ein  grosser  Halbmond,  ein  Knabenfuss  mit 
SlfUze  unter  der  Ferse  und  dem  Best  der  Marmorbasis,  auf 
der  er  stand,  Hinterbeine  und  Füsse  eines  r*ferdes.  Diese 
Teile  sind  ofTenbar  von  den  Statuen  abgebrochen  und  im 
Sande  vor  dem  Sccwasser  gesebützt  wol  erhalten  geblieben. 
Nur  eine  Marmurstatue  ist  fast  unverBehrt  gefunden  wurden. 
Der  linke  Arm,  das  linke  Bein  und  die  linke  Körperseile  sind 
stark  zerfressen;  dafür  ist  der  grösste  Teil  des  Kopfes,  der 
Kücken    und  die  ganze  rechte  Körperseite  vollkommen  frisch 

ATHÜN.    HITTHEILUNnUN   XX\.  30 


J 


und  f^latt  erliahen.  Der  Oberkopr  ist  angCBttlckt.  Die  Suiue 
»Ii^Hl  fineii  Jtlngliiig  liar  mit  ausgerorilenlÜc^h  kraftvoilein 
rnuskuliisen  Kürfter,  der  sich  ^un?,  ziisammonijuckt  und  in  die 
Kiiipe  iierunterlässt  Der  rechte  Arm  hänjit  schhifF  und  unths- 
li(^  hift  iidinalifi  auT  die  Krdc  herult.  der  iiiike  war  nat;h  vorn 
iiusgPHLrAckt  I>{^r  Knpf  ist  ziiriirkgcnomnien,  dnr  hlick  richtet 
Mi(;h  iicharr  in  die  Höhe,  der  Kichtniig  des  linken  Armes  ent- 
Hprcehenil,  Unter  dem  rechten  KnicRwisehen  dem  reclilen  Ann 
und  dem  rechten  Ohersclienkel ,  zwischen  Daumen  und  Xei- 
gelin<{er  der  rechten  Hand  sind  Stützen  angebracht.  Kesunders 
aulTallend  ist  die  Itililunf;  des  Kopfes:  die  nieilrige  Stirn,  der 
ptull  gedrückte  Oherküpf,  das  vierecki|i;e,  plumpe  und  bau  ■ 
riache  GesicliL  erwecken  den  Kindruck  eines  realistiachen  Por- 
trats Das  Haar  ist  ^anz  kurz  und  liegt  fest  am  Kopf  an  bis 
auf  eine  kreisrunde  Stelle  am  Hinterkopf,  wo  es  länger  ge- 
lassen ist  und  einen  etwa  1'*  hiilien  Wulst  bildet.  Von  den 
bisher  vorgebraclilen  Deutungen  scheint  die  auf  einen  Pao- 
kratiasten  den  Vorzug  zu  verdienen  ;  für  sie  spricht  die  Hal- 
tung, die  au  die  Slattie  eine  Uingers  im  Konservalorenpatast 
Nr.  ^.:j(llelbig Führer''  I.  59'2.  ab^A\  Biii/rtrino  cummunaie 
1876  Taf.  1  1)  erinnert,  bei  der  die  Haltung  der  Arme  umge 
kehrt  und  der  Körper  nicht  so  stark  ^.usammengedrückt  ist. 
Ferner  spricht  für  sie  der  Ihiarwulst  am  Hinterkopf,  deryiel- 
leicbt  mit  dem  cirriis  der  Pankratiasten  identißcirt  wnrden 
darf,  wie  ihn  Visconti  auf  einem  Athleten-Rellet  [Museo  Pio 
Clementini'  V  Taf.  36)  wiedererkannt  bat.  Wegen  der  etwas 
trockenen  Behandlung  des  Marmors,  wegen  der  an  Gravirung 
erinnernden  Ausführung  der  Haare  und  der  vielen,  zum  Teil 
sehr  bässlich  wirkenden  Stützen  scheint  das  Werk  kein  srie- 
chisches  Original,  sondern  die  sehr  getreue  Kopie  einer  Bronce 
Statue  hellenistischer  Zeit  zu  sein.  Der  schlaff  herabhänj^ende, 
vielleicht  durch  einen  Schlag  gelähmte  rechte  Arm  weist  wol 
darauf  hin.  dass  der  dargestellte  Pankratiast  der  unlerliesende 
ist  und  dass  zu  ihm  ein  siegreicher  Gegner  zu  ergänzen  ist. 

Viel  reicher  als  die  Funde  aus  Marmor  sind  die  aus  Bronce. 
Von  einzelnen  Hruchslücken,  die  besser  erhalten  sind,  sind  zu 


I 


epwälinen  dür  rechle  Puss  und  ilie  Sohle  eines  linken  Fusses. 
di«  mit  .Stiefeln  bekleidet  waren,  und  drei  Paui-  Fliase  mit 
Sündalen  von  drei  versi^liiedeneti  Statuen .  die  mit  Bleiver- 
Huss  in  steinerne  tiasen  eingelussen  waren.  Die  eine  Stalue 
ist  nacdi  dem  olien  erhaltenen  Gewandrest  eine  Gewiindstatui; 
gewesen.  Kerner  fanden  sich  zwei  Schwerter,  eine  kleine 
bronceoe  Leier,  zwei  kleine  Lönenkö[)fe,  die  an  den  noch 
in  Resten  erlialtenen  Seitenlehnen  eines  Thrones  ans  Bronce 
mit  gravirten  und  eingelegten  goldenen  Ornumenten  ange- 
bracht waren,  dann  drei  rechte  Arme,  unter  denen  einer 
durch  vortrelTliche  blrliakun;;  und  Feinheit  der  Arheit  her- 
vorragt, und  der  linke  Arm  eines  Fauslkämprers  mit  dem 
Riemengedecht  um  Unterarm  und  Mand  Dieser  Arm  gehört 
vielleicht  zusammen  mit  einem  bärtigen  Porträlkopf.  dessen 
Arheit  auf  das  11.  Jahrliundert  vor  Chr  hinweist  Fast  un- 
versehrt ei'haiten  sind  drei  etwa  -40'"  Ituhe  Statuetten  und 
eine  überleliens^rosse  Statue.  Die  eine  Statuette  stellt  ein  Mäd- 
clien  dar.  das  lest  auf  dem  rechten  Bein  steht,  das  linke 
Bein  etwas  zuiückzielu  und  mit  einem  langen  dorischen 
Chiton  mit  Überschlag  bekleidet  ist.  Der  linke  Arm  hängt 
herab,  die  vorgestreckte  olTerie  linke  Hand  hielt  vielleicht 
eine  Schale.  Die  Statuette  gehört  noch  in  die  erste  llälfte 
des  V.  Jahrhunderts,  die  Arbeil  ist  nicht  hervorragend.  Die 
vordere  HüllYe  <les  Kopfes  ist  leider  nicht  gefunden  ;  das 
Haar  ist  fiinten  in  einen  Knoten  gebunden  und  nur  durch 
flilchtige,  gravirte  Striche  angedeutet.  Weit  feiner  Ist  die  Sta- 
tuette eines  Jünglings  aus  dem  Knde  des  V.  Jahrhunderts  mit 
linkem  Standbein  und  rechtem  Spielbein,  das  etwas  zur  Seite 
gestellt  ist.  lÜr  bückt  gerade  aus,  iiielt  auf  der  ein  wenig  vor- 
gestreckten rechten  Mand  wahrscheinlich  eine  Sehale  und  in 
der  gesenkten  linken  ebenfalls  einen  Gegenstund  (Bogen?), 
von  dem  noch  ein  Best  erhalten  ist.  Brustwarzen,  Lippen. 
Augen  waren  wie  bei  der  Rroncrestatuelle  des  Hermes  mit  dem 
Widder  (Jahrbuch  des  Inst.  1887  Titf.  9)  aus  anderem  Ma- 
terial, wol  Silber,  eingesetzt.  In  der  Haltung  steht  die  Sta- 
tuette der  kleinen    Bronce  aus  der  Nähe  von  Curium  (abg. 


460  FUNDE 

Ceswola  CyprusS.  345),  die  vielleicht  einen  Apollon  darstellt, 
am  nächsten.  Die  dritte  Statuette  aus  hellenistischer  Zeit  stellt 
einen  Jüngling  dar  im  Motiv  des  münchener  Diomedes  mit 
rechtem  Standbein  und  linkem  etwas  zurückgezogenen  Spiel- 
bein. Der  Kopf  ist  nach  links  gewandt,  über  der  linken  Schul- 
ter hängt  die  Chiamys.  In  der  rechten,  etwas  vorgestreckten 
Hand  ist  wol  ein  Schwert  zu  ergänzen,  der  linke  Arm  ist  im 
Ellenbogen  gekrümmt  und  etwas  zurückgezogen.  In  mehrere 
Stücke  gebrochen,  aber  sonst  wol  erhalten  ist  die  überlebens- 
grosse  Statue  eines  nackten  Jünglings,  der  auf  dem  linken 
Bein  steht,  während  das  rechte  Bein  ein  wenig  zur  Seite  ge- 
stellt ist.  Der  linke  Arm  hängt  herab;   in  der  Hand  hielt  er 
einen  Gegenstand,  dessen  Ende  nach  unten  gerichtet  war.  Der 
rechte  Arm  ist  weit  ausgestreckt,  die  Hand  hielt  wie  die  Stel- 
lung der  Pinger  deutlich  zeigt,  einen  runden  Gegenstand,  also 
etwa  einen  Apfel  oder  einen  Ball.  Der  Kopf  ist  nach  rechts 
gewandt,  der  Richtung  des  rechten  Armes  entsprechend.  Die 
Statue,  die  man  bei  der  Auffindung  als  einen  zweiten  Hermes 
des  Praxiteles  begrüssle,  ist  nachpraxitelisch  und  wol  in  das 
Ende  des  IV.  Jahrhunderts  zu  setzen.  Je  nach  der  Ergänzung 
des  runden  Gegenstandes  in  der  rechten  Hand  könnte  man  an 
einen  Sieger,  der  den  Apfel  als  Siegespreis  erhalten  hat,  den- 
ken (vgl.  Furvvängler,  50.  berliner  Winckelmannsprogramm 
S.  132  f.)  oder  sich  erinnern, dass  die  Athener  einmal  dem  Ari- 
stonikos  aus  Karystos,  dem  Ballspielgenossen  Alexanders  des 
Grossen , wegen  seiner  Kunst  eine  Statue  errichtet  haben  (Athen. 
1,  34).  Doch  ist  damit  die  Reihe  der  Möglichkeiten  nicht  er- 
schöpft. 

Mitden  bisher  beschriebenen  Antiken  zusammen  fanden  sich 
auf  dem  Meeresgrunde  Gegenstände,  die  der  römischen  Zeit 
angehören,  mehrere  Scherben  von  Glasgefässen,  eine  kleine 
Alabasteramphora  mit  eckigen  Henkeln,  ein  kleines  Thon- 
fläschchen,  mehrere  Spitzamphoren  und  eine  thönerne  Flasche. 
Wegen  der  guten  Form  des  Amphoriskos  und  der  Wiederkehr 
der  gleichen  Flaschenform  in  ptolemäischer  Zeit  im  Fayum 
(vgl.  Grenfell  und  Hunt  Fmjoum  /ofv/z^Taf.  XI,  b,  Fig.  15) 


wird  man  mil  der  Datirung  dieser  Funde  nicht  unter  das  er- 
ste vorclirislliclie  Jalii'lmnüert  lierunlei'gelien  können.  In  die- 
ser Zeit  ist  also  ein  rümisclies  SehilT  bei  Antikytiiera  ^eslrun- 
det,  das  aus  dem  {griechischen  Osten  gerauhte,  von  ihren  Po- 
stamenten herab}i;enommene  Slaluen  mit  sich  führte.  Nach 
Liikian  (Zeuxis  3)  soll  ein  SchitTdes  Sulla,  das  ausser  ande- 
ren Kunstscliälicen  auch  die  berühmte  Kentaurin  des  Zeuxis 
aus  Athen  weggenommen  hatte,  in  der  Gegend  des  Vorgebir- 
ges Malea  untergegangen  sein,  lüin  von  Griechenland  kom- 
mendes Schiff  kann  sehr  wol  vom  Nordsturm  an  die  Nord- 
küBle  von  Antikythera  getrieben  und  dort  gestrandet  sein  ßs 
bleibt  allerdings  auch  die  Möglichkeit  bestehen,  dass  die  hier 
gefundenen  Slaluen  aus  dem  Osten  stammen,  da  Anlikjftliera 
auf  der  direkten  Verbindungslinie  von  Ithodos  oder  dem  süd- 
lichen Kleinasien  mit  Italien  liegt. 

Da  die  Bergungsarbeiten  fortgesetzt  und  sclion  wieder  neue 
Funde  gemeldet  werden,  stehen  wol  noch  weitere  Überraschun- 
gen bevor,  (Vgl.  'Aar«,  vom  0  Noi(*6ptou  1900  an;  Bericht 
von  Bui^KVTivö;  in  der  Zeilschrifl  llavaOrivata,  Athen  1900  S. 
198,  22'..  278,  316,  358  mit  Abbildungen). 

AufTliera  nahm  Hiller  von  Gartringen  seine  Ausgrabun- 
gen im  Gebiet  der  alten  Stadt  wieder  auf  und  führte  sie  in 
den  Monaten  Mai  und  Juni  1900  zu  einem  gewissen  Ahscliluss. 
Es  wurde  vor  allem  die  Oberstadt  zwischen  dem  Platze  vor 
dem  Plolemäergymnasium,  der  ßasilikeStoa,  dem  Heiligtum 
des  Apollon  P^lhios  und  dem  steilen  Südwestahhang  fast  voll- 
stündig  ausgegraben.  Slaatsgebaude.die  man  benennen  könnte, 
und  grössere  Heiligtümer  fanden  sich  in  diesem  Bereich  nicht, 
wol  aber  eine  .Anzahl  von  Privathäusern,  deren  Grundrisse 
trotz  vielfacher  späterer  Umbauten  noch  herzustellen  sein  wer- 
den. Für  die  Aufnahme  dieser  Mauern  ist  durch  Landmesser 
P.  VVilski  auch  diesmal  wieder  der  Grund  gelegt,  doch  wird 
liier  auch  der  Architekt  noch  manche  lohnende  Aufgabe  lin- 
den, bis  das  Neben-  und  Nacheinander  aller  Mauer/,üge  auch 
nur  einigermaassen  gesichert  ist.  Besonders  interessant  dürlte 
ein  sehr  stattlicher  Komplex  sein,  der  nördlich  an  den  höhe- 


reo  Platz  vor  dem  Gjmoasiun)  grenil.  im  Soden  durcb 
freieD  Hof  und  eine  StnUmauer  g^ra  das  benachbarte 
tiefere  Gniodslüek  abgescbloseeo  ,  im  Osten  und  Non 
dureil  Strassen  begrenzt  wird,  während  am  Abbange 
gel^i^ne  Zimmer  angrenzen,  deren  eines  wol  w^;en  I 
Verscliüttuog  noch  eine  AosabI  guter  bellenisttscher  1 
kollen  bewahrt  bat.  Im  Hof  li^  eine  grosse  Cistenie. 
teilweise  noch  erhaltenes  Uach  von  sechs  Säulen  get 
wurde.  Von  den  Zimmern  sind  namentlich  zwei  gross« 
bemerkenswert,  deren  Wände  mit  bematlem  Stuck  geschn 
waren.  Leider  gelang  es  nicht  diesen  unversehrt  zu  erha 
doch  hatWilski  von  E.  Preuneruaterstützt  genaue  Aufnal 
angefertigt.  Der  erste  pompejanisclie  Stil  dürfle  in  mal 
Beziehung  die  nächste  Analogie  bilden  .  Auch  ein  beson< 
Abt  ritt,  wieder  an  der  Strasse,  fehlte  diesem  Bau  nicht.  \\ 
südlich  sclieinl  eine  kleine  un regelmässige  Heilanstalt  g 
sen  zu  sein,  nach  einer  Inschrift  wol  des  111  nachchristli 
Jahrhunderts  zu  schliessen:  61»«  juydiXwv  txuxöwt 'A«xli 
'TKaTatMw(Beziehung  auf  dasöläischell^pala  wie  in  Faros 
Epidauros).  Ostlich  davon  liegt  eine  kleine,  im  GegensaU 
Nachbarschaft  stark  südöstlicli  orientirte  Kirchenruine, 
etwas  tiefer  nach  Osten  ein  Bau.  aus  zwei  grossen  Itaumen 
einer  Doppelkammcr  bestehend.  Der  Mittelraum  hateinM( 
auä  iVIannorsteinrn,  die  eine  Kummer  eine  bogenlürmig  a 
sclilossene  Wandnische.  Niclit  innerhalb,  aber  samtlich  ii 
iNälie  sind  gefunden:  1)  zwei  Artemisstatuetten,  2)  ein  . 
mit  ApTifjuto;,  3)  ein  Fragment: 

['AX(i^t]o;  (?)  'AY^w^iv^M 

[Tf^oSiiTU        frei 
["ApT4]{iiLv  (V  Q|}tvK[4>  tlta.xa  oder  älmlich]. 

'1)  eine  kleine  Basis  : 


FUNDE  463 

Noch  weiler  nach  Süden  ist  ein  unerklärter,  nach  Norden 
und  Süden  von  hochalterlümlichen  Polygonalmauern  begrenz- 
ter Bau,  mit  Innenhof  und  kleinen  Zimmern  an  den  Seiten. 
Die  Umgehung  der  grossen  byzantinischen  Kirche  wurde  ge- 
säubert und  dabei  rine  Basis  gefunden,  die  man  wegen  der 
marmornen,  1896  in  derselben  Gegend  ausgegrabenen  Diosku- 
renkappe  vielleicht  ergänzen  darf: 

IlaaiTCTCO^  noX[uou^ou  Upeu;] 
Sia  Y^vou;  Aio[9xoupoi;j. 

Rechts  vom  llauptwege  zum  Ptolemäeraltar  liegt  ein  Bau  mit 
zwei  grossen  Räumen,  deren  innerer,  an  der  dem  Eingang  ge- 
genüberliegenden Seite,  einen  profilirten  Marmorsockel  hat, 
der  sich  an  der  rechtenWand  in  gleichartigen  erhabenen  Stuck 
fortsetzt.  Links  (nordöstlich)  in  derselben  Strasse  wurde  eine 
Seitongasse  verfolgt,  um  hier  womöglich  die  Ausdeimung  der 
Stadt  nach  unten  festzustellen.  In  einem  durcii  späte  Umbauten 
entstellten  Hause  fanden  sich29  Silbermünzen  desKaisersTheo- 
philos  (829-842)  und  eine  Goldmünze  des  Kaisers  Michael 
(842-867).  Man  könnte  denken,  dass  die  Münzen  zur  Zeit  des 
Sarazeneneinfalls  von  864  ( vgl.  MioXiapdexY);,  KuxXaSixdS.  371) 
vergraben  seien.  Jedenfalls  liefert  der  Fund  ein  späteres  Da- 
tum für  die  Bewohnung  der  Stadt  als  die  sonst  so  natür- 
liche Annahme  von  Wolters  (Arch.  Anzeiger  1899  S.  187), 
der  an  den  furchtbaren  vulkanischen  Ausbruch  von  726  erin- 
nert Noch  weiter  unterhalb,  zwischen  den  Ackerterrassen 
über  dem  Evangelismos,  wurde  ein  thurmartiger,  zweistöcki- 
ger Bau  mit  vielen  kleinen  Gemächern  freigelegt.  Darin  fanden 
sich  viele  Bruchstücke  von  Statuetten,  ein  Ptolemäeraltar  und 
mehrere  kleine  Mausaltäre,  so:  'E^Tia;  xal  Zy)v6c  ScüTÜpoc,  Zii»; 
Kty)(9io;).  Überhaupt  haben  sich  diesmal  sehr  viele  solcher 
Altäre  gefunden,  welche  ganz  offenbar  die  Bedürfnisse  des 
privaten  Kultus  erfüllten,  meist  aus  hellenistischer  oder  rö- 
mischer Zeit.  Sehr  häufig  ist  vertreten  *E<jTta<,  'Ayaöoö  Aat- 
p.ovo;,  Tu;^a;,  auch  diese  beiden  kombinirt;  ferner  Aio;  2a>TÜ- 


464  FONDE 

poc  xal  'AyaOoG  Aai^uovo^.  Neu  sind  KoupY)a[i?]|77eXav[oc],2Tpofco; 
(das  ist  *Ep(AYic  STpofocio;).  Jener  'Thurm'  bescbeerte  auch 
einen  archaischen  Gewichtstein  mit  Inschritt,  über  den  C  P. 
Lehmann  im  Hermes  1901  S.  115  fT.  berichtet  bat. 

Wie  im  Herbst  1899  die  Gegend  unterhalb  der  Agora,  so 
wurde  diesmal  der  Weg  von  der  Agora  nach  der  Nekropo- 
lis  auf  der  Seilada  genau  untersucht.  Das  erste  Ergebniss 
war,  dass  die  Agora  nicht  aus  einer,  sondern  aus  drei  durch 
Wege  getrennten  Terrassen  bestand  und  eine  Gesamtaus- 
dehnung von  HO  Metern  von  Süden  nach  Norden  besass.  An 
der  mittleren  Terrasse  liegt  der  hohe  Unterbau  des  Ptolemäer- 
und  Cäsaren tempels,  an  der  nördlichen  fanden  sich  drei  tem- 
peltörmige  rechteckige  Exedren,  welche  Denkmäler  von  rei- 
chen Privatpersonen  etwa  aus  der  augusteischen  Zeit  dar- 
stellen. Eine  Inschrift  diene  als  Probe: 

*0  Sacp.o;  iTeip.aaev 
riavTde^ivov  MiXiiicTCOu,  avaorocaavTO^ 
'ApiaTOfdevou;  toG  ElpicpTOu,  )caO'  uloOioiav  Se  [lavTac^e- 
vou  xocTOC  T72V  TcOeiaoiv  uiv'  auTOU  Siadri^cnv . 

Dieser  Platz  war  nach  Norden  wol  ehemals  durch  ein  Thor 
abgeschlossen.  Da  wo  die  Strasse  ihn  verlasst,  sind  zwei  hohe 
Pfeiler  gefunden,  deren  einer  eine  Ehreninsclirift  für  einen 
Syrakusaner  und  den  Anfang  einer  Liste  von  Proxenoi  enthält; 
der  andere  bringt  die  Fortsetzung  der  Liste,  die  wol  aus  dem 
II.  Jahrhundert  vor  Chr.  stammt.  Unter  den  Proxenoi  befin- 
den sich  besonders  viele  TopTÜvioi,  auch  je  ein  oiler  mehrere 
KuS(i>vid^Tai,  Md:Xioi  (Melos).  *lÄTai,  AtyiÄ^CK»  *Ap)ciaiv6t^,  Na- 
^loi,  Ttqvioi,  KviStoi,  Kü>ioi,  ein(?)  'Pwpiaio;  u.s.w. 

Von  dieser  Stelle  geht  der  Weg  in  Zickzacklinie  bergab, um 
ein  gleichmässigesGetalle  zu  sichern.  I^ald  nach  V^erlassen  der 
Agora  nimmt  er  den  sleilen,  geraden  Stufenweg  auf,  der  di- 
rekt von  der  sogenannltMi  Kaserne  oder  Konimandanlur  der 
Ptolemiier  herabkomnU.  Ein  wenig  oberhalb  des  1899  ganz 
erforschten  Temenos  des  Arlemidoros,   zu  dem  eine  schmale 


unregelmässige  Treppe  hinabführle,  ^eht  er  auf  die  Kapelle 
iIp8  H.  StBptianos  zu,  rJeren  Lage  einen  nalOrllchen.  von  den 
alten  Tlieriiern  obendrein  noch  lieresliglen  Tliurm  ilarstelll.Von 
(loit  }<elit  nun,  wie  erst  jelzt  klar  geworden  isl,  eine  zwar  in 
liyzanLiniacber  Zeil  vielfach  erweiterte  und  veränderte,  aber 
im  Kern  sehr  alte  Derestigungsmauer  am  Westubliange  berum 
bis  etwa  unterhalb  des  Christos, um  den  Zugang  noch  schwie- 
riger zu  machen.  Die  Strasse  überwindet  auch  hier  in  grossen 
Kurven  das  Gelälle  und  Hess  den  antiken  Wanderer  sehr  viel 
bequemer  auT  die  Sellada  kotnmen.als  es  dem  modernen  ver' 
gönnt  ist  Wilski,  dem  diese  Kntdeckung  verdankt  wird,  hat 
sie  praktisch  verwertet,  indem  er  einen  bequemen  SaumpTad 
auf  das  iüliasklosler  absteckte  und  zu  einem  Drittel  als  Probe 
für  den  Demos  Kailiste  selbst  bauen  liess.  Seine  Untersu'diun- 
gen  haben  sich  aber  aucl)  auf  die  Zugänge  zur  Sellada  von  den 
anderen  Seiten  ausgedehnt.  Am  Nordostabhangedes  Bliasber- 
ges  liegt  eine  ausgedehnte  Nekropole,  Plagades  genannt,  mit 
zahllosen  in  den  Felsen  eingehauenen  Grabstätten.  Der  Ver- 
messung musste  hier  eine  kurze  Reinigung  vorangehen,  welche 
die  Aüfrindung  einiger  hellenistischen  Vasen  und  Inschriften 
ergab.  Zu  dieser  Anlage  führte  eine  Strasse  von  der  Sellada 
her  an  der  llauptquelle  der  ganzen  Insel,  der  ZuoSoyo;  nny^, 
vorbei.  An  der  Strasse  fand  sieb  zwischen  der  Quelle  und  ei 
ner  schroffen  Felswand,  an  der  der  Weg  künstlich  durch  Stu- 
fen hinaufgeführt  war  und  jetzt  giinzlich  unterbrochen  ist,  ein 
ganzes  Nest  archaischer  Pelsinsebriften,  von  denen  die  wichtig- 
ste in  jambischen  Trimetern  eines  von  Agioteles  veranstalte- 
ten harneenmahles  gedenkt  (  vgl. //ez-mes  1901  S,  13^i). 

Die  Darstellung  des  gesamten  Stadtbildes,  wie  es  sich  nach 
den  beiden  letzten  Ausgrabungen  zeigt,  ist  einem  kleineren, 
dritten  Itande  des Thera- Werkes  vorbehalten.  Schliesslich  sei 
noch  erwähnt,  dass  diesmal  die  Kurven  des  Luftdrucks,  der 
Temperatur  und  der  relativen  Feuchtigkeit  während  der  Mo- 
nate Mai  bis  August  durcli  selbstregistrirende  Apparate  auf- 
gezeichnet und  durch  unabhängige  Beobachtungen  kontrollirt 
sind,  so  dass  unsere  meteorologischen  Terminbeobachtungen 


466  FUNDE 

vom  Sommer  1896  eine  Ergänzung  erfahren  werden.  Die  Be- 
mühungen um  den  Bau  eines  Lokalmuseums  sind  wegen  ört- 
licher Schwierigkeilen  noch  zu  keinem  Abschluss  gediehen, 
doch  ist  ein  solcher  für  das  Jahr  1901  sehr  zu  erhoffen. 
[F.  V.  Hiller]. 

In  Siphnos  ist  von  Herrn  Dragatsis  ein  kleines  Museum 
zur  Aufnahme  der  heimischen  Altertümer  gegründet  worden. 
Unter  den  Inschriflen  befinden  sich  4  bisher  noch  nicht  be- 
kannte; unter  den  übrigen  Altertümern  werden  ein  Hermes- 
relief und  eine  Jünglingsstatue  als  besonders  wertvoll  hervor- 
gehoben. Herr  Dragatsis  beabsichtigt,  im  nächsten  Jalire  Aus- 
grabungen auf  Siphnos  zu  veranstalten. 

Bei  Ausgrabungen  in  Chania  auf  Kreta  ist  man  auf  zwei 
mykenische(?),  in  den  Felsen  gehauene  Gräber  gestossen,  von 
denen  das  eine  ein  Frauenskelelt  enthielt.  Die  Beigaben  be- 
standen in  zwei  goldenen  Fingerringen, einem  grossen  Bronce- 
spiegel,  Bronceringen,  einem  Steingefäss  und  drei  zerstörten 
Broncegefässen.  In  derselben  Gegend  hat  man  auch  römische 
Gräber  aufgedecktjn  denen  ausser  Vasen  und  broncenen  Fin- 
gerringen nichts  Nennenswertes  gefunden  worden  ist.  ('Aorv, 
28.  'OxTcogpiou  1900). 

Bei  Karditsa  in  einem  ''Ayto;  IcodewT);  genannten  Bezirk 
des  Demos  FofiL^ot  ist  eine  wolerhallene  Apliroditestatue  ge- 
funden, die  in  das  dortige  archäologische  Museum  gebracht 
werden  soll.  ("Aaru,  6.  'louXtou  1900). 

Aus  Konstanza  in  Rumänien  kommtdie  Nachricht  von  dem 
Funde  eines  grossen  Grabes  mit  Wandgemälden,  über  das  in 
der  *EaTia(30.'Iouvtou  1900)  genauer  berichtet  wird  Es  besteht 
in  einer  rechteckigen  2,2'°  langen,  1 ,4™  breiten  und  1 ,05™  hohen 
Kammer,  deren  vier  Seitenwände  je  durch  eine  grosse  Stein- 
platte gebildet  sind.  Das  Dach  ist  aus  zwei  giebelförmig  gestell- 
ten Platten  zusammengesetzt,  von  denen  dieeine  eine  Inschrift 
tragen  soll.  Die  Wände  sind  stuckirt  und  mit  Gemälden  ver- 
ziert, die  leider  durch  das  eingedrungene  Wasser  zum  grossen 
Teil  zerstört  sind  Innerhalb  des  Grabes  wurden  die  Knochen 
eines  männlichen  Leichnams,  eine  griechische  Münze  und  eine 


FUNDE  467 

kleine  Thonvase  gefunden  ;  es  war  wol  schon  im  Altertum 
geplündert.  Auf  der  dem  Eingange  gegenüberliegenden  Wand 
sind  noch  drei  Figuren  erhalten,  Herakles  mit  Keule  und  Lö- 
wenfell, links  neben  ihm  eine  stehende  Frau  mit  Rolle  in  der 
rechten  Hand  und  erhobener  Linken  und  eine  auf  einem  Thron 
sitzende  Frau,  hinter  der  sich  ein  Elefant  beßnden  soll.  Von 
den  anderen  Darstellungen  sind  noch  zwei  geflügelte  Niken, 
ein  neben  einem  SchilT  sitzender  und  mit  dem  Doppelbeil 
hantirender  Jüngling  und  ein  Knabe  vorhanden,  der  auf  dem 
Rücken  einen  Korb  mit  Früchten  trägt  Aus  der  unvollkom- 
menen Beschreibung  lässt  sich  leider  kein  Urteil  über  die 
Zeit  bilden. 

Im  Folgenden  veröffentlichen  wir  im  Anschluss  an  den  oben 
S.  398  fl*.  abgedruckten  Aufsalz  Körtes  noch  einige  phrygi- 
sche  Inschriften,  die  bis  auf  die  zwei  letzten  von  G.  Weber 
im  Sommer  1899  abgeschrieben  worden  sind. 

Akmonia.  Marmornes  Grabmonument  in  Gestalt  einer 
Thür,  1,65™  breit,  0  SO'"  hoch,  0,62"  dick,  mit  Palmetten, 
Rierslab  und  Perlenschnur  reich  verziert,  aus  Ahatkiöi  nach 
Uschak  gebracht,  wo  es  als  Brunnentrog  dient. 

^\.  T«\iOpavTl;  l[öaa  eauTtit  xai  'EpjxoYe'vei  'Epjxoycvou;  tö  avSpi 
t6  ixviQiJLiiov  )caTi9xiua9iv,  I  (JLCTX  Si  TO  Tou;  Suo  TiOi^vai  et  ti; 
ivoi($)€i  ri  iwiSouXfüaci,  2  '^  O  N  itiapoOv  ii<ii>6ov  tov  oixov. 

Z.  2  AN 0 12 El  Weber  Für  die  Fluchformel  verweist  We- 
ber auf  die  ähnliche  bei  Ramsay  CiUes  and  bishoprics  of 
Phrygia  S.  565  und  652. 

Temenothyrai  (Uschak).  1)  Kushunu  Djami ;  Block 
1,10"  lang,  0,50™  breit,  rechts  gebrochen,  in  der  Mauer  ver- 
baut. Das  Wort  tcoXi;  ist  radirt. 

II  <j  6  6a  <i  T  O  N  T  O  N  yti;  xal 
OAAACChCAeCnO  TYjv 
HAAMnPOTATHTH  (iievo 

OYPecüNnoAic 


46t<  rUNDK 

'?)  Grabislein  in  GeeUlt  eines  Thores,  an  einem  lirunn«;n; 
die  liiBcliril't  auf  «inem  Täfelcben  über  dem  Thore. 
KtX].  M^iptü;  (?)  «ai  K>. 
■  f  ■  .  öftT)  KX.  Kro- 


Kotyaeion  (Kutatiia).  1)  Grabstelp  in  Geslall  einer  Tfaür 
an  einem  Brunnen  als  Facado  verwendet. 

f  f  I A  N  1 1 A  O  C  xoti  'Ati[ita  H^vf  iXt»  Oü  xal  Tiprk  t^ 

2)  GrabBtele  mit  dem  Relief  eines  Maanes  in  der  arme- 
nischen Kirche. 

[TaJreU  TktAv  kkI  BotSoCv  Y^viic  iTii|U)- 
«IV  l-n  CAvTft  (  so  Weber). 


[5](av<p>o«i. 

T.TÄ,  xal 

«it  xiip«  -rii- 

TRTtov  i}(- 

V  p«^ü?9o-          Relief 

«  tf»»»  |t- 

VOV,    0ÜTti>( 

VTlIlOOliv- 

«<ipoi;  Ttipc 

t]  8xxpüu[v]. 

Ät(<r)oiTO  ffu- 

[lijfOfttii. 

Z.  3  CANnoCOI  und  Z.  8  neAOlTO  Weber. 
3)  Grabsiele  in  Gestalt  einer  Thür,  neben  der  vorigen.  Der 
Schluss  fehlt. 

'Av$pö|jLoc^o(  xi  (T]«Tii(  'A>«5«*^po*  töv 
exuTüv  utov  xi  toiuToüi  Cti  I^üvti; 
(Tit(iT)<iav  xt  'Eniviixo;  tou;  y^^'^t  "'  ""> 


Z.  1   MATeiC  Weber. 


FUNDE  469 

In  dem  idadieh-Garten  von  Rutahia  befinden  sich  eine  An- 
zahl Grahstelen «die  kürzlich  aus  dem  Mudiriet  von  Altintasch 
in  Tscherkesskiöi  (an  der  Strasse  von  Kulahia  nach  Afiun- 
Karahissar)  dorthin  gebracht  wurden. 

1)  Grabstele,  l^SO^^hoch,  oben  4(ranz  mit  Kreuz,  dann 
Relief  von  Mann  und  Frau,  darunter  die  Inschrift,  ganz  un- 
ten sechs  Ochsen  in  flachem  Relief. 

Aup.  ''AicTCVK  avSpi  Tpof  {|pL(i)  T(&  xe  Kpdeoo)  y^^xurdelTd)  xi  tol 
Tcxva  auTo>v  Tp6ft|pLo;  %l  Nixöpia^o;  xal  A6|(xva  xt  "Anitin^  ncLXfl 
x£  piia|Tpi  ^öaYjv  (!)  j^pTQffTiavoi  ]rpY)|<rTtavd^. 

2)  Grabstele  mit  Relief  von  Mann  und  Frau. 

Tov    pi^i 
6f-  iii- 

6v        XTQ-      ''AtCWYI   MlQVOf  iXd)   ivSpt   X£   EuTUJ^Ci)   ^T^6Xv(<i))   xt  ioLXJ' 

oo(u)oi(-      TT)  2[ü>oa  xe  toi  texv«  auTcovTaTta  xe  Nf txdevcüp  xe  *A(A|ita 
;       vuvfY)  xi  TcipiöOio;  ycL\&fO^  CTfipiY)oav  pivy)(AT)(  X^P^^- 

Z.  1   KEYTYXWEKNOKEAI®  Weber. 

3)  Grabstele  1,30*°  hoch ;  Relief  von  Mann  und  Frau,  dar- 
unter: 

'AJdxXot;  'Apiia  (ruvSio)  xt  eeiuTfa^  In  2[cäv  xe  toc  rfxva  au- 
T(üv  Tpöf  t[ii.o;  xi  Aöpiva  ^  xal  Nuv^ ai[o{  xa! 
Na]vdt{  x.i  Ad[iLva  ireifiYKiav  (iivYipiio^  X^P^^* 

Vom  Dindymon  (Muräd- Dagh)  stammen  folgende  zwei 
Grabstelen  in  Thürform  mit  Reliefbüsten  von  Mann  und  Frau 
in  einem  Bogen  darüber«  die  auf  der  Station  Kütschük-kiöi 
von  Herrn  Gaudin  photographirt  sind  (nach  freundlich  über- 
lassener  Photographie  und  Abklatsch  Gaudins): 

1 .   Ma6io;  Tarta  ouvStca   xe  laurd^  ^«üv   x.i  Aapiac  |  tou^  lauToG 


2.  Auf  dem  Raod  des  Bogens  über  dem  Relier;  ^t^ETipo; 
»i  Tpöfttioc  Ki  AioySc  -   -  -  fi 

Unter  dem  Relief:  AioyS  ««Tpl  ü  4otü<m)  (tuTpt  Iti  Zi^an  \ 

Kvwv  au^puv  icipt|icJvo(TO  ouvfOpaC<. 

Unter  der  ThOiTüllung  rectils  von  einem  von  zwei  Stieren 
I  Pfluge : 

Z.  3  «posR^^i. 

Endlich  ist  zu  erwähnen,  dass  ein  nachträglich  zugeschick- 
ter Abklatsch  als  richtige  Lesung  in  der  Inscbridohen  S.417 
Nr.  28  'Ormifiu  xai  Atopl  ei^iebt. 


SITZÜNGSPROTOKOLLE 

5.  Dez.  1900.  Festsitzung  zur  Feier  von  Winckelnianns  Ge- 
burtstag W.  DÖRPFELD  gieht  eine  Obersicht  über  die  Thälig- 
keit  des  Instituts  im  abgelaufenen  Jahre. — P.  Kavvadias,  Neue 
Ileil-Inschriften  von  ßpidauros. —  VV.  Dörpfeld,  Pergamon. 


ERNENNUNGEN 

Es  sind  ernannt  worden  zu  ordentlichen  Mitgliedern  die 
Herren  J.  Üragatsis  im  Piräus,  V.  Leonardos  in  Ahen,  V. 
Stais  in  Athen,  Chr.  Tsundas  in  Athen,  zu  correspondirenden 
Mitgliedern  die  Herren  G.  Boni  in  Rom,  G.  Byzantinos  in 
Athen,  A.  SchitT  iu  Athen,  P.  Wilski  in  Liegnitz,  R.  Zahn 
in  Berlin. 


Geschlossen  14.  Miirz  1901 . 


TAFELN 


I.  Grabstein  der Slertinia  und  PontiaSuccessa  in  Faros.      .      .  4 

II.  in.  Arcbiloehos  -  Inschrift  in  Faros 3 

IV.  Ehrendekret  für  Hippostratos  aus  Milet 100 

V.  Karle  von  Faros  nach  Buondelmonte 348 

VI.  Farische  Reliefs  nach  Zeichnungen  des  Cyriacus     .      .      .  355 

VII.  Ubersichtsplan  der  Wasserleitung  des  Theagenes  in  Megara  23 

VIII.  Brunnenhaus  des  Theagenes 26 

IX.  Ausgrabungen  in  Alexandrien ;  Ubersicbtsplan    ....  223 

X.  Alexandrien ;  Querschnitte  durch  das  Stadtterrain    .            .  265 

XI.  Ausgrabungen  in  Alexandrien ;  Querschnitte .     .     .      .     239.252 

XII.  Apoltontorso  in  Samos,  Weihung  des  Leukios    ....  149 

XIII.  Volivrelief  in  Samos 169 

XIV.  Reliefs  mit  der  Fusswaschung  des  Odysseus 325 

XV. XVI.  Jünglingsslatuen  von  der  Akropolis .  373 


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V_       TIAFWtNinNOS-         ©eOTEIMf«    _/ 

HPTTAKOH  T^IErAPON  MÄPKOVAAMA 

POvaEnroitmEN  koviaion  taweT' 

HN  nilMA(rrAON  iti0AM£NHIHf  n 
AY0HI  AAIMIIN  ÄEniKPYJ:  OVAH 
©ETOmoiPHC  AMft  KAI  EN  MErAPO 
1£  YIFA  ninOftlENPN  •■-• 

EAEIN0V2:- 
KHÜEEI  KAirOEPHnAr  EAAKPYH 
AAAnOflIZ  AAAfl  TY.VHE  OvCS^TI-^- 
PEIN  ANETPOHA  AOPA- AWPKETHr- 
AnAHI  TOK  nENOEAE  UfEAlHI  JIT 
AA0I  KAI  TAPANAKTESAN  /«IHAHTIl- 

irCrt 

KyFS'^NTE^  TOtHr  AATCZ  EXt"«: 
OiVNHS - 

Fol.  r.H>. 


r..i.  r,:t>'  <<.bMi>). 


Ful.  ■]:(''  (unten ). 


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VERZEICHNISS 


DER   MITGLIEDER 


DES 


KAISERLICH    DEUTSCHEN 
ARCHÄOLOGISCHEN    INSTITUTS 


DEZEMBER  1900 


)% 


CENTRALDIR  EKTION 


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Herr  A.  Gonze,  Geiieral-Sekretar 
„     0.  Ilirschfcld 

R.  Kekule  von  Stradonitz 

A.  Kirclihofif 

Graf  von  und  zu  Lerchcnfeld 

R.  Schöne 

U.  von  Wilaniowitz-Möllendorff 

F.  Ilettner  in  Trier. 

G.  Körte  in  Rostock, 
A.  Micliaelis  in  Sfrassburff  i,  E. 
0.  Puchstein  in  Freiburg  /.  Br. 


in  Berlin. 


T 


SEKRETARIAT 


I\  ROM 


IX  ATHEN 


Herr  E.  Petersen,  Erster  Sekretär. 
^     Ch.  Hülsen,  Zweiter  Sekretär. 


Herr  W.  Dürpfeld,    Erster  Sekretär 
Zweiter  Sekretär  felilt  zur  Zeit. 


MITGLIEDER  DES  INSTITUTS 

I 

EHREN-MITGLIEDER 

Ihre  Hiyestiit  die  Kaiserin  und  Königin  Friedrich. 
Seine  Kaiseriichie  und  Königliche  Hoheit  Erzherzog  Rainer. 
Seine  Königliche  Hoheit  Prinz  Ropprecht  Ton  Bayern. 
Seine  Hoheit  der  Erbprinz  von  Sachsen-Meiningen. 
Seine  Hoheit  Prinz  Friedrich  Kari  Ton  Hessen. 
Seine  Durohlaacht  der  Fftrst  Johann  ron  und  zo  Liechtenstein. 
Seine  Dorehlancht  Fürst  Ton  Radoün,  Paris. 

Herr  R.  von  Keodell,  Berlin, 
9    H.  Lehmann,  HalU  a.  S, 
0    Graf  Ton  und  za  Lerchenfeld,  Berlin. 
Donna  Ersilia  Caetani,  contessa  Lovatelli,  Rom. 
Herr  Graf  von  Plessen-Cronstem,  Athen. 
J.  •  von  Radowitz,  Madind, 
A.  von  Swenigorodskoi,  Aacheti, 


7) 


II 

ORDENTLICHE  MITGLIEDER 
Herr  F.  Adler,  Berlin,  Herr  M.  R.  de  Berlanga,  Malaga, 


Conte  A.  Antonelli,   Tervacina, 
B.  Arnold,  München, 

E.  Babclon,  Pari^, 

F.  Barnabei,  Rom, 
Barone  G.  Barracco,  Rom, 
A.  de  Barthelemy,  Pans. 


n  J.  J.  Bemoulli,  Basel, 

^  IL  Blümner,  Zürich, 

„  J.  Boehlau,  CasseL 

^  L.  Borcbardt,  Cairo, 

„  E.  Bormann,  Wien, 

„  R.  Borrmann,  Berlin, 


0.  Renndorf,    \Vie7i,  .      „     M.  Botkin,  St,  Petersburg. 


5 


Herr 


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K.  l^rizio,  Bologna. 
A.  Brückner,  Berlin. 
F.  Biiclieler,  Bonn. 
F.  Hulic,  Spalato, 
K.  Cagnat,   Pan\s. 

F.  Calvert,  Dardanellen, 
A.  Castellani,   7?ow?. 

G.  Caldcrini.  /?o///. 

W.  von  Christ,   München. 

March.  B.  C'Iiid.   ^>iena, 

M.  Collignon.   Paris. 

S.  Colvin,  London. 

A.  Conze,  Berlin. 

F.  Cumont,   G<7?^ 

II.  Dessan,  Berlin. 

H.  Diels,  Berlin. 

C.  Dilthey,   Göttinf/en. 

W.  Dittenbcnjrer,  iy«//(?  a.  S. 

W.  Dürpfeld,  Athen. 

A.  von  Domaszewski,  Heidelberg. 

0.  Donner-von   Richter,   Frank- 

jHii.  a.  M. 
J.  Dragatsis,  Pira'u.s. 
St.  Dragumis,  Athen. 
II.  Dressel,  Berlin. 
L.  Duchesne.  i?o?;2. 
F.  V.  Dulin,  Heidelberg. 
F.   Ehrle,  /?o;/<. 
R.  Engelmann,    Berlin. 
A.  Erman,   Berlin. 
A.  J.  EvanS;    Oj^jord. 
E.  Fabricius.  Freibura  i.  Br. 
J.  Ficker,  Strassburg  i.  F. 
A.  Flascb,  Frlangen. 
R.  Fr»r.ster,  Breslau. 
P.  Foncart,   Paris. 
M.  Franko!.   Berlin. 
L.  Fricdländer.  Strassburg  i.  F. 
W.  FrÖhner,  Paris. 
A.  Furtwängler,  München. 


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Herr  R.  Giidecbens,  J^na. 
,,     (1.  F.  Gamurrini,  ^/vc^o. 
.,     E.  A.  Gardner,  London. 
„     P.  Gardner,   Oxford. 
^     (J.  Gatti,  i?öyy2. 

G.  Glierardini,  Padua. 

AV.  AV.  (Joodwin,  Cambridge, 
Maas. 

11.  Grimm,  Berlin. 

W.  Gnrlitt,  Graz. 

0.  Ilamdy-Bey,   Konstantinopel. 

J.  llampel.  Budapest. 

A.  Ilarnack,  Berlin. 
AV.  von  Ilartel,    HV^n. 

B.  Ilanssoullier,  Paris. 
B.  V.  Ilcad.  London. 
R.   Ilcberdey,  Smyrna. 
.1.   L.  Ileiberg,  Kopenhagen. 
W.  Hclhii.',  Äom. 
Th.  von  lleldreich,   Athen. 

E.  von  Herzog;   Tübingen. 

F.  Hottiier,   Trier. 
li.  Hcnzey,  Paris. 
F.  Ililler  von  Gärtringen,  Berlin. 
0.  llirschfeld,  Berlin. 
A.  Holwerda,  Leiden. 
Th.  HomoUe,  yl<A<?n. 

E.  Hübner,  Berlin. 
Ch.   Hülsen,  i^o//«. 
L.  .lacobi,  Homburg  v.  d.  H. 

F.  hnhoof-Bhimer,    Winterthur. 
('.  Justi,  Bonn. 
0.   Kail)el,   Göftingen. 

E.  Kaiinka,  (.'zernomtz. 
A.  Kalk  mann,  Berlin. 
P.   Kavvadias,  Athen. 
\\.  Kekulc  von  Stradonitz,  Berlin. 

F.  Kenner,  iriVn. 

G.  von  Kieseritzky,   S^  Peters- 
burg. 


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A.  Kirehhoff, 

W.  Kldn,  J^ng. 

U.  EOhler,  Berlin. 

F.  Koeppy  MS$uier  t.  W. 

0.  KMe,  Rmioek. 

R.  Koldeweyi  Berlin. 

A.  Kondostavlos,  AAen. 
W.  KoUtschek,  Wien. 
Sp.  Lambrcw,  illlAai. 
R.  A.  Ltneianl,  Rom. 
Qnt  G.  LanekoroDsU, 

B.  LatyBcheT,  St.  Petersburg. 
H.  Lefaner,  Boim. 

F.  Leoy  GSüingen. 
V.  Leonardos,  ile&ai. 

G.  LQeehcke»  iSoftn. 
£.  Ldwy,  Rom. 

0.  LGden,  ^til«ii. 

G.  Lumbroso,  Rom. 

0.  Mamcehii  üom. 

6.  Haspero,  Parte. 

A.  MaOy  Rom. 

A.  Meletopulos,  Piräue. 

E.  Meyer,  £a/b  a.  iS. 

A.  Michaelis,  Straaahurg  i.  E. 

L.  A.  Milani,  Florenz. 

A.  Milchhüfer,   KieL 

A.  Mommsen,  Hamburg. 

Th.  Mommsen,  Berlin, 

0.  Montelius,  Stockholm. 

J.  II.  Mordtmann,  Salonik. 

R.  Mowat,  Pam. 

N.  Muller,  Berlin. 

E.  Muntz,   Paris, 

A,  S.  Murray,  LomUm. 
K.  Mylonas,  ^fA^. 

G.  Niemann,    W^t^. 

B.  Niese,  Marburg, 
II.  Nissen,  Bonn, 

eil.  E.  Norton,  Cambridge,  Mass, 


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7) 

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F.  OUenscUagery  Alänehen. 
J.  Oppert,  Parw. 
P.  Orsi,  Syrahu. 
J.  Fandasidia,  Athen. 

E.  Paia,  Neapd. 

F.  C.  P^roae,  London. 
E.  Pemiee,  Berlin. 

G.  Penrot,  PörJa. 
E.  Peteraen,  jRont. 
G.  de  Petra,  Neapel. 
Flindera  Petiie,  London. 

D.  Philioa,  Athen. 
L.  Pigorini,  jRom. 
W.  Pleyte,  Leiden. 
C.  Popp,  München. 

E.  PottiOT,  Airis. 
A.  Praehov,  Kiew. 

0.  PachateiD,  Freibwrg  u  Br. 

W.  M.  Ramaay,  Aberdeen. 

E.  Reisch,  Wi^. 

R,  Richardaon,  Athen. 

0.  Richter,  B^tn. 

C.  Robert,  Haue  a.  S. 

H.  von  Rohden,  Hagenau. 

E.  de  Ruggiero,  Rom, 
A.  Salinas,  Palermo. 

R.  von  Schneider,  Wien. 
R.  Schöne,  Berlin. 
Th.  Schreiber,  Leipzig. 
J.  Schubring,  Lübeck. 
K.  Schuchhardt,  Hannover. 
II.  Schuermanns,  Lüttich, 
C.  Schumacher,  Karlsi^ie, 
L.  von  Schwabe,    Tübingen. 
A,  II.  Smith,  London. 
Cecil  H.  Smith,  London. 
A,  Sogliano,  Neapel, 
W.  Soldan,  Darmstadt, 
V.  Stais,  Athen, 

F.  Studniczka,  Leipzig, 


—    7    — 


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Uerr  L.  von  Sybel,  Marlmnj  i.  IL 
„     G.  Tocilesco,  Bukarest, 
A.  Trendelenburg,  Berlin, 
G,  Treu,  Dresden, 
Ch.  Tsundas,  Athen, 
II.  Usener,  Bonn, 
L.  Ussing,   Kopenhagen, 
J,  Vahlen,  Berlin, 
A.  Heron  de  Villefossc,  Paris. 
G.  Vitelli,  Florenz, 
Graf  M.  de  Vogüe,  Pan^, 
C.  Wachsmuth,  Leipzig, 
E.  Wagner,  Karlsruhe, 
Graf  H.  Walderdorflf,  Regenshurg , 
Cb.  Waldstein,  Cambridge, 
G.  Weber,  Srnt^ma, 


Herr 


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I        ^ 
i        " 


R.  Weil,  Berlin. 

C.  Wescher,  Paris. 

J.  W.  White,  Cambridge y  Mass, 

Th.  Wiegand,  Konstantinopel. 

F.  Wickhofif,  HVtf/i. 

U.    von  Wilainowitz-Möllendorif, 

Berlin. 
A.  Wilhelm,  Athen, 
A.  Wilmanns,  Berlin. 
J.  Wilpert,  /?07n. 
II.  Winnefeld,   Berlin, 

F.  Winter,  Innsbtnick, 

G,  Wisse wa,  //aZfe  a.  S. 
P.  Wolters,   Würzburg. 

C.  Zangemeister,  Heidelberg, 


III 


COKKESPONDIKKNDE  MITGLIEDER 


Brüssel: 


Gent: 


Sofia: 


Varna : 


1.    Belgien. 

Herr  A.  vanBranteghem. 
„    J.  Vollgraff. 
„    A.  van  Ceuleneer. 

2.    Balgarien. 

Herr  W.  Dobrusky. 
„    H.  Skorpil. 
j.    K.  Skorpil. 


Berlin : 


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3.    Dänemark. 
Kopenhagen:   Herr  Ch.  Blinkenberg. 

^    C.  Jacobsen. 
„    S.  Muller. 

4.    Deutschland. 
Berlin:  Herr  E.  Assniann. 

r,    C.  Bardt. 
„    Ch.  Beiger. 


Bamberg: 
Bonn: 


'   Braunschu:eig: 
■'  Breslau: 


Herr  C.  Fredrich. 

B.  Graf. 

F.  von  Luschan. 
L.  Pallat. 
0.  Rubensohn. 
H.  Schmidt. 
H.  Schrader. 
li.  Stern. 
R.  Zahn. 
J.  Führer. 

C.  Konen. 
H.  Lehner. 
A.  Philippson. 
H.  L.  Strack. 
A.  Wiedemann. 
P.  J.  Meier. 
C.  Masner. 
P.  Weizsäcker. 


■L^ 

Hm  F.  BdiMider. 

Mün^^: 

Herr  P.  TOn  Edber. 

jSäii 

F.  wdwr. 

F.  Ton  TUanefc. 

0NtÄ».- 

P.  Hmmaim. 

B.  L.  Driidu. 

% 

F.  Haltscb. 

E.  Bodewil. 

£ 

L.  Otto. 

Oldenburg: 

n.  Stein. 

SP 

C.  WSmuiin. 

Pbtadam: 

R.  ScMUbu^ 

mtfmfibk. 

L.  HaiteH. 

Sottook: 

0.  Kern. 

SSii^WtoJi 

A.  HsmiMnn. 
G.  VoÄ 

Sititin: 

F.  Schlio.   ■ 

L 

G.  KaweraD. 

»■ 

J.  ZidHai. 

Stnmb«iyi.E 

B.  Keil. 

IMhirffüBr, 

, 

F.  Buogwten. 

K.  Schwarti. 

eOwtiUr: 

J.  ScUambecger. 

Stuttgart: 

G.  von  Alten. 

mmmi 

Br.  Sunr. 

J.  Merz. 

GUcknadt: 

D.  Dfläeben. 

E.  Paulus. 

Ootka: 

B.  Pick. 

G.  Siit. 

C.  PBIgOld. 

Tübingen: 

K.  Lange. 

Oöttingm: 

W.  Meyer. 

Wietbadgn: 

E.  Ritterling. 

Gni/noald: 

A.  Geroke. 

Wittenberg: 

H.  Gohraner. 

A.  K6rto. 

Womu: 

C.  L.  Koehl. 

A.  Prran«. 

„ 

A.  Weckeriing. 

Gr.     IMhUr- 

fddä: 

B.  Dehler. 

Btübentadt: 

H.  RBhL 

6. 

FrankreiclL 

Bawtover: 

H.  Graeven. 

Pari»: 

Herr  H.  Daumet. 

Jena: 

H.  Geizer. 

„ 

P.  Decharme. 

F.  Noack. 

^ 

S.  Reinach. 

Karhi'uhe: 

H.  Luckenbach. 

Algier: 

„ 

St.  Gsell. 

Kiel: 

A.  ScbÖDC. 

„ 

V.  Waille. 

Königsberg  i.P 

0.  Rossbach. 

Bordeaux:: 

„ 

C.  Jnllian. 

Leipzig: 

E.  Kroker. 

F.  Marx. 

Conatantine: 
ßmbrun 

" 

A.  Ponlie. 

A.  Schneider. 

(BauteaÄlpea)  „ 

J.  Roman. 

Liegnitz: 

P.  Wilski. 

Clermont- 

Lübeck: 

C.  Curtins. 

Ferrand(Puy 

Marburgi.H.: 

E.  Maass. 

de  D6me): 

„ 

A.  Tardieu. 

Metz: 

B.  Keane. 

Lyon: 

„ 

P.  Dissard. 

C.  Wichmann. 

^ 

M.  Hollcaux. 

München: 

P.  Arndt. 

^ 

H.  Leebat. 

^ 

E.  Bodensteiner. 

Mottiim: 

^ 

A.  Bertmiid. 

B 

H.  Bulle. 

Narbonne: 

„ 

—    9 


Nizza: 
Poitiers: 
Saintes: 
<5>7.  Maixmt: 


6. 


Athen: 


Chalkis: 
Delphi: 
Mykonos: 
Faros: 
Syra : 

Tftera: 
Trikkala : 
Tripolis: 
Volo: 


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Herr  F.  Brun. 

„    C.  de  la  Croix. 

.    li.  Audiat. 

^    E.  Esperandicu. 

Oriechenland. 

Herr  D.  Vikelas. 
•,    Vvzantinos. 

-  M.  Deffner. 
M.  Dimitsas. 
E.  Gillieron. 
K.  Karapanos. 
P.  Kastriotis. 

^  J.  Kokidis. 

^  K.  Kuruniotis. 

-  J.  A.  Londos. 
ys  A.  Pliiladelplievs. 

N.  G.  Pülitis. 

H.  von  Prott. 

A.  Scliiff. 

A.  Skias. 

0.  Sotiriadis. 

J.  N.  Svorunos. 

E.  Zilier. 

A.  Matsas. 

A.  Kondoleon. 
«    \).  Stavropulos. 

J.  Navpliotis. 

P.  ScrleiulLs. 
^    A.  V lastos. 
^    E.  Vassiliu. 
„    M.  Krispis. 
.,    N.  Stepliaiiopulos. 


London: 


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N.  Georgiadis. 
1).  Tsopotos. 


7.     Orossbritannien. 

London:  Herr  J.  Tliacher  Clarke. 

Sir  J.  Evans. 


Cambridge: 

Manchester: 
Newcastle- 
npon-Tyne: 
O.v/ord: 
Salishiin/: 
South'Shields 
Swanscomöe: 


Herr  F.  M.  Nichols. 

„    P.  le  Page  Renouf. 

„    W.  C.  Perry. 
Sir  R.  C.  Jebb. 
Miss  J.  Harrison. 
Herr  E.  L.  Hicks. 

„  T.  Hodgkin. 

-  F.  Haverfield. 

^  J.  Wordsworth. 

:    „  R.  Blair. 

«  G.  C.  Rcnouard. 


'  Rom: 


8.    ItaliexL 

Herr 

R.  Anibrosi. 

r> 

W.  Amelung. 

n 

Fr.  Azzurri. 

r> 

G.  Boni. 

J..  Borsari. 

TS 

G.  Calderini. 

n 

L.  Cantareiii. 

r> 

Coiite  A.  Cozza. 

n 

D.     Gius.    Cozza 

Luzi. 

I).  Farabulini. 

n 

A.  Galli. 

r) 

G.  B.  Gioveiiale. 

r) 

P.  des  Granges. 

n 

F.  Halbhcrr. 

•* 

P.  Hartwig. 

• 

A.  de  Lorenzo. 

^ 

E.  Piccolomini. 

.^ 

L.  Pollak. 

r> 

L.  Savignoni. 

•^ 

C.  Stornaiuolo. 

1 

G.  Toinassetti. 

?s 

P.  di  Tucci. 

n 

D.  Vaglieri. 

wT 

^^ 

^^r                      Ahtn:            Herr  li«  Persiis. 

Ma  delLIri: 

Hm  G.  Nieolücci. 

^M                                  AlliÜMla- 

Mact'rata: 

,    Conte   A.    Silveri- 

^^H                           Mnrinn: 

,    St.  Grosso. 

Gentiloni. 

^^1                        Anafftii : 

„    V..  Maitiiielli. 

Fdtria: 

„    Mardi.  0.  Anümi-     ■ 

^^1                        .-incona: 

„    C.  Ciavarini. 

Clari. 

^H                         Appiynano  (he 

Muwla: 

,    S.  Strujipo. 

^H                          Macetafa): 

„    CoQteE.Taubroni- 

Mai-zahoüa: 

,    Cuiite  Aria. 

Armaroli. 

Mfaaina: 

r,    G,  Tropea.                j 

^^H                        Aquila: 

,    N.  Pereichetü. 

Miianü: 

.    S.  Ricci. 

^H                         ^tve: 

.    F.  (irossi. 

,    C.  RDga. 

^H                         ^«co/i  Picmo : 

„    G.  C«briclU, 

MmopoU  di 

,    G.  P«i. 

Valdarno: 

^    J.  Falchi. 

^H 

,    M.  SUyer, 

Montenero  di 

-    G,  Mildla. 

Bifticria: 

„    G.  Caraba. 

^^P                        ßm^ivnto: 

,    A.  Mcomurtini. 

Muro: 

„     L.  Haggiulli. 

^H                        Bergamo: 

^    G.  MantovHiii. 

SeapH: 

,    A.  yolirguJBiion. 

^1                        i}o%mi: 

„    L.  Frau. 

,  Principe  F.CoIomia- 

„    A.  ZaiiDoiii. 

Stigliat.0. 

^1                        iJ/m-tVt.- 

,    P.  da  Poule. 

«    D.   de  GuidobaldL 

„     P.  RiMini. 

„    C.  Hancini. 

^V                        Bnndm: 

^    G.  Ncrve|{iia. 

„    G.  Patroni. 

^H                         Cagiiari: 

»    F.  NiBsa^li. 

„    M.  SpmeUl,    Prio- 

^^^^^_             Caiasio: 

„    G.  Pnr&ODe. 

cipe  di  Scslcs, 

^^^^^ 

,    K.  CavaroccU. 

,    P.  Stettiner. 

^^^^ 

.    P.  Bonei-Casuccini. 

Nami: 

^    March.  G,   Efoü. 

V                          £Vf«: 

,    A.  Prosdocimi. 

Nocera  ümhm 

;  ,     R.  Cariievaü. 

■                          /'7on>n;: 

^    D.  Comparetti. 

Oreieto: 

„    Conte  E.  Faina. 

„    F.  Conuzini. 

^    R.  Maaciui. 

„    G.  Pellegrini. 

(himo: 

„    G.  Cecconi. 

^    SlarcL.  Ridoili. 

Padva: 

,    F.  Cordenons. 

H 

^    (i.  Mazzatinti. 

I'aUrmo: 

„    L.  Mauceri. 

.,    A.  Saiitarelli. 

PaUstHna: 

^     V.  Cicercliia. 

^B                          Formta.- 

„    A.  Rubini. 

Pai-ma: 

^    G.  Mariotti. 

^    A.  Vernarecci. 

Paoia: 

„    G.  Caona. 

■                           (;<rnu«: 

,    ü,  Oberainor. 

„     L.  Mariani. 

■                           Gemaldo: 

,    F.  Catono. 

Pm-ugia: 

„    G.  Belhicci. 

■                          ^'.  Gtoranm 

„    Conte  G.  B.  Rossi- 

K                                 Incarieo: 

„    D.  Santoro. 

Scotti. 

Girt/enti: 

„    G.  Piconc. 

Peiaro: 

,    Mnrch.  G.  Anlaldi. 

Groaiieto: 

„    A.  üarbiui. 

Portici: 

„    F.  Salvatore  Dioo. 

J\ 


—  11  — 


Reffffio  (Cala- 
bria) :  Herr 


Satcna: 
Rtivo: 
Sangiorgio  a 

Liri: 
Scafati: 
Sezze: 

Siena: 


n 


T 


r» 


n 


n 


n 


n 


SpoUto: 
Spongano: 
Sulmona:  . 

Tarent:  ^ 

Terranocü  Fau- 
sania: 
Turin: 
Trevico: 
Umlertide: 
Urbisaglia: 
Venafro: 
Verona: 
Volterra : 


G.  Cauiiniti. 
A.  de  Lorenzo. 
V.  Poggi. 
A.  Jutta. 

0.  Lucciola. 
F.  Morlicciüo. 

F.  Lombardini. 

G.  Porri. 

F.  Donati. 

L.  Zdckauer. 

G.  Sordini. 

F.  B.  Castiglioni. 
A.  de  Nino. 
L.  Viola. 

P.  Tanipoiii. 

E.  Ferrero. 
A.  Calabrese. 
A.  Lupatelli. 

F.  S.  Palazzetti. 
S.  Vitali. 

A.  Spagmiolu. 
K.  Solaini. 


9.    Niederlande« 

Haag:  Herr  .1.  Hutgers. 

Amsterdam:       ^    J.  Six. 
Groningen:         „    U.  Hoissevaiii. 

10.     Österreich-Ungarn. 

Wien:  Herr  S.  Frankfurter. 

-,  M.  Hörn  CS. 

^  P.  Kretschmer. 

P  K.  Keinisch. 

.  A.   Kiegl. 

.  A.  Si'liindler. 

•  V..  Szanl«). 


Wien: 

Budapest: 

Cittavecc/iia: 

Czernoicitz: 

Görz : 
Graz: 

Klagenjurt: 
Prag: 
Ragusa : 
Sarajevo: 
Triest : 
Zara : 


Herr  W.  Wiiberg. 

.  F.  Zamboni. 

^  V.  Kuzsinskv. 

.,  S.  Ljubic. 

„  H.  Dell. 

„  W.  Judeich. 

„  II.  Majonica. 

.  F.  Pichler. 

^  J.  Strzygowski. 

,  K.  V.  Hauser. 

.  H.  Swoboda. 

^  G.  Gelcich. 

„  C.  Patsch. 

-  A.  Puschi. 

-  G.  Alacevic. 

-  L.  Jelic. 


11.    Portugal. 

Lissabon:         Herr  A.  Coelho. 

•    J.  L.   de  Vascon- 
cellos. 
Braga:  «    J.  J.  da  Silva 

Pereira  C'aldas. 
Guimaraerts:      -    F.     Martins     Sar- 

mento. 
-    J.  de  Vasconoellos. 


Oporto: 


St.  Pipers- 
Imrg: 


12.    Russland. 

Herr  J.  .lernstedt. 

-  N.   Kondakoff. 

-  K.   Lö]»or. 
.    A.   Pajiadopulus 

Keranievs. 
.,    Puniialuwskv. 

-  M.  Koslowzcw. 
«     A.  Stsoliukareft'. 
.,    T.  Zielin>kv. 


DerpiU: 

Herr  H.  Ililubeil. 

17 

TSrllei. 

IIMnifm 

;        ,    B.  Gimr. 

Qmila». 

Motka^: 

„    Bariaieff. 

tinapd: 

Heit  Halll-Edliem. 

Ate«: 

.  k.  muw;. 

ICamki». 

AWn: 

.,    ILPappa-KoDstjui- 
dinn. 

18.    S«bv8den  nnd  Horwegen. 

Alaamdrim: 

,    0.  Botd. 

Vf^a: 

Herr  8.  Wide. 

Artala: 

,    N.  Linnioa. 

.   J.  Ceitennll. 

Barul: 

,    P.  Sebrtider. 

Cairo: 

,    F.  TOD  Biaalng. 

14.    Sckmii. 

Candia: 

,    J.  Cbatzidaklj. 

Batd: 

HeiT  E.  Bethe. 

Oam: 

,    0.  N.  Aakitte. 

.  B.  Dngeiidorfr. 

CUo,: 

,    Q.  J.  Solotaa. 

,   J.  Vuknninl. 

Ka^/m^: 

,    V.  K.  Paten. 

8t.  Bemliard:   ,    H.  Ligoii. 

Biadm: 

,    i.  Caaim. 

L<mmne: 

.   W.  Cell. 

,    St.  SatIdaUi. 

Same: 

.    Th.  aopbeUs. 

U.    hcUcD. 

.    A.  Stergieglidia. 

B^lr^d: 

Ben  IL  Wiltnirili. 

.    E.  Stanatiadia. 

Samoaratt: 

,    N.  B.  Phaidya. 

la.  ipuinL 

arnfma: 

,    A.  Pontrier. 

Mddrii: 

Herr  K.  P.  lUel  Fite. 

,    P.  Gaudln. 

.    l.  B.  Kellda. 

,    0.  SoUrio.  ' 

.  Ihi<|o<i  de  Hbo- 

salnd. 

18.    Tuii. 

,    1.  F.  Riano. 

Cartlutso: 

Herr  A.  L.  Delattre. 

n    E.  Saavedra. 

Tunia; 

„   P.  Gaucltler. 

Barcelona: 

„    A.  Elias  de  Molins. 

Coda: 

,    F.  A.  Vera. 

19.  Tereimgte  Staaten  von  Ameiika. 

Elch,: 

,    P.  Ibam  y  RiiU. 

Berhlti,: 

Herr  B.  J.  Wbeeler. 

Granada: 

,    M.  0.  Moreno. 

Chicago: 

„    W.  G.  Haie. 

Hhlwn: 

.    S.  D.  0.  Llabrf.1. 

Meadcilk, 

Malaga: 

,    0.  lonng. 

Pmm.: 

„    G.  F.  Comfort. 

Medina  St 

Am/ietst,  Mata 

:„    J.  R.  Sterrett. 

donia: 

.    M.   Paido   de  Fi- 

Pnnceton, 

gueroa. 

K  J.: 

„    Ä.I..  Frotbirgham. 

ViHiyria: 

„    F.  Baraibar. 

Washington: 

,    van  Matter. 

1>l 


Publikationen 
des  Kaiserlich  Deutschen  Archäologischen  Instituts. 

h.  I*.  =  h«-rjil)i;i-s»"t/,trr  l'ifis  'iiur  bi"  auf  \Vi-lt«-r«-«{  4;iiltij;.:. 

A.     Periodische   Publikationen. 

1.  *Monum»'nti  iiioilili.    li>Hrin<lr.  Ilom  1S21)— 18S:>.    Siipplemeiilo  H»'rliii  ISJ^l. 

Or.  Folio.  H»Tliii,  (ü^uij^  UeinuT.  —  .U'd»T  Jalii|,':iii«(  l»is  18<)Ü  ^I.  12,  h.  1*. 
M.  C,  von  1861  — ISSf)  M.  *20,  li.  1».  M.  10.  Dun  Sii|4»loimMitlirft  M.  40,  li.  l\ 
M.  20.     Die  -lui/.c  Sorir  M.  411. 

2.  *Aniiali.     .j4  nfiudi'.     Uom  1820— 188.').    8".     Berlin,  (iforg  Keimer.  —  Jeder 

Jalirgaujr  ],is  1800  .M.  8,  li.  W  M.  4,  m.ii  18r,l  iU,  M.  15,  h.  P.  M.  7,r)0.  Die 
<;arize  iScrif  M.  .*>().*>,.')(). 

3.  ♦Biillottiiio.     .'>:>  HäiMlo.     Kum   1829    -ISS.-).     8\     Berlin,  Oeorf:  Keimer.  — 

Jedt^r  JahrjL(au^'  bis   18(10  .M.  4,  h.  V.  M.  2,  vcn   ISOI  al>  M.  5,  h.  P.  M.  2,50. 

Die  j^^uze  Serie  M.  122,.'i(). 
Annali,   Bulletiiio  und  Monuinenti  1851  u.  1855.  — Je  M.  24,  h.  P.  M.  12. 
Annali  und  Monunienti  185<>.  —  M.  24,  ii.  P.  AI.  12. 

4.  •licpertorio  universale  (Inimltsverzeirhnis  zu  1,  2,  3).    Berlin,  Georg  Reimer. 

—  Band  I,  Rom  18;J4— 1843.  8".  M.  8,  h.  P.  M.  4.  Band  II,  Rom  1^44— 
1853.  8ö.  M.  8,  h.  P.  M.  4.  Band  111,  Rom  1854-185«.  Folio.  M.  2,40, 
h.  P.  M.  1,20.  Band  IV,  Rom  1857— 18P3.  8".  M.  4,80,  h.  P.  M.  2,40. 
Band  V,  Rom  1864—1873.  8^  M.  5,(;0,  h.  W  M.  2,80.  Band  VI,  Rom  1874 
—1885  und  Supplement,  Berlin  181)1.     8^     M.  4,G0,  li.  P.  M.  2,30. 

5.  ♦Memorie.     Rom  1832.     8«'.     Berlin,  <ieurj(  Reimer.  —  M.  12,  h.  P.  M.  G. 

ü.     *Xuove  Momorie.    Leipzig:  18G5.    8**.   Berlin,  Georg  Reimer.  —  M.  18,  h.  P.  M.  1). 

7.  Archäologische  Zeitung.     Berlin,  (reorg  Reimer.     1843 — 1885.     43  Bände. 

4".  —  Jeder  Jaiirgaiig  M.  12,  soweit  noch  vorhanden.  Die  ganze  .Serie  M.  600. 
Register  dazu  188G.     M.  12. 

8.  Antike   Denkmäler.     Berlin,   Georg   Reimer.      18SG  ff.     Imp.-Folio.  —  Jedes 

Heft  M.  40.     Bisher  erschienen  Band  I,  lieft  1—5.     Band  11,  Heft  1—3. 

9.  Jahrbuch    und    Anzeiger.     B(?rliii,    Georg   Reimer.      1886  ff.     8'*.   —  Jeder 

Jahrgang  M.  1'*»,    Der  Anzeiger   von  18l)G   an   allein   M.  3;    ah  1901  Jahrbuch 
M.  20,  Anzeiger  M.  4. 
10.     Jahrbuch,  Krgänzungsiiefte.     Berlin,  Georg  Reimer. 

1,   J.  Strzygo>\ski,   Die  Calenderl)ilder  des   Chronographen  vom  Jahre  354. 

1888.     ^^     M.  30. 
U,    R.  Bohn,  Alterthümer  von  Aegae.     1889.     8".     M.  24. 
III,    li.  Winnefeld,  Die  \  illa  des  lladrian.     1895.     8".     M.  20. 


*  Einzelne  Bände  und  Kinzelserien  nur  naeji  Massgabi;  des  Vorraths. 


IV,  G   Hnnaan,   C   Cidioriiu,  W.  Jadeicl^  F.  Winter,  AttorthSmer  tob 
HimfMdit.     1898.    8*.    H.  S4. 
11.    ÜfttheilnnKen.    Bömiielia  Abthdluog  (BidMÜno,  SedoiM  Romaaa).    Rtn, 

LoMchw  A  Conp.  188«  ff.    8*.  —  Jadsr  Jitugug  H.  18. 
18.    llittli«iliiiigeiL    AlhenUclie  Abtheanog.    AUmd,  Kari  WBberg.    1876  ff.    8*. 

—  Jahrgasg  I-X  H.  15.    Jahrgang  XIC    H.  18. 
18.    BphemerU  epigraphlea,  Corpons  iiiset^Üoimm  Laliiuntm  SapplementttB, 

«dita  inam  butitiitt  AnkaMlogicI  BomaaL    8  Bind«.    Bcriin,  G«org  Seimar. 

I8TS  S.  -  Band  I,  M.  6.    Band  n,  M.  8.    Band  lU,  M.  10.    Band  IV,  11.  Ifi. 

Band  T,  M.  90,3a    Band  VI,  H.  &    Band  VII,  H.  18.    Band  Vm,  H.  85. 

B.    Serien-PubUkationen. 

14.  I  BilieTi  delle  Urn«  Etrngche.    Band  I  TOn  H.  Brunn.    Rom  1870.    V. 

Beriin,  0«org  Bainia-.  —  IL  60,  h.  P.  H.  40.  —  Band  II,  1  Ton  G.  K6rte. 
Berlin  1890,  Qeorg  Beimer.  4*.  —  ■.  40,  h.  P.  M.  Sa  —  Band  II,  8  ron 
Q.  Körte.    Beriin  1896.    H.  40. 

15.  E.  Gerhard,  Etrngkiache  BpiegeL    Band  V,  b«ai4>eit«t  Ton  G.  Körte  nnd 

A.  Klfigmann.    Beriin,  G«>rg  Reimer.    1884—1897.    4*.    H.  144. 

16.  R.  KekuU,  Die  antiken  Terrakotten.    Berlin  nnd  Stuttgart,  W.  ^Mmaan. 

Fol.  Band  I,  Die  Terrakotten  Ton  Ponpeji,  bearbeitet  von  H.  von  Sohden. 
1880.  H.  ea  —  Band  II,  Die  Terrakotten  von  Sidlien,  bearbeitet  r<m 
R.  KeknR    1684.    M.  Ib. 

17.  C.  Robert,  Die  antiken  Sarkopbagreliefa.    Band  U,  Hythologisclte  CjkleB. 

Berlin,  Orote.    lS9a    Fol.    H.  895.   —   Band  m,  errte  Abtheilung.    1837. 

Fol.  II.  16a 

18.  A.  Fnrtwlngler  nnd  Q.  Loeicheke,  Mykeniache  Thongefksae.    Berifa, 

1879.    Georg  Reimer.    Fol.    H.  4a  h.  P.  M.  Sa 

19.  A.  Furtw&ngter  und  G.  Loeschcke,  Hrkcnische  Vasen,  Torbellenische 

ThongeHisse  aus  dem  Gebiete  des  Hittelmeeres.  Berlin,  1886.  Georg  Reimer. 
Fol.    M.  115,  h.  1'.  M.  75. 

20.  K.  Curtius   und  J.  A.  Kaupcrt,  Karton  von  Attika.     Berlin,    Üietrich 

Reimer.  Gr.  Fol.  1881—1895.  —  Heft  I,  mit  Text  von  E.  Curtius,  G.  von 
Alten  und  A.  MilchhGfer,  U.  U.  Heft  11,  mit  Text  von  A.  Uilchhöfer, 
M.  16.  Heft  HI,  U.  U.  Heft  IV,  M.  la  Heft  V,  M.  8.  Heft  VI,  mit  Tert 
zu  HeftlU-VI  vou  A.  Milchhöfer,  M.  7.  Heft  VII,  SI.  6.  Heft  VIII,  M.  15. 
Text  zu  Heft  Vit- VIII  \ou  A.  Uilchhöfer,  M.  3.  Heft  IX  (Cbemcht-  und 
Gesamtkarte  von  Attika)  im  Mansstab  1 :  100000.  Mit  Text  und  Register. 
M.  17. 

C.    Einzelwerke. 

21.  Steffen,  Karten  von  Mykeuai.    Berlin,  Dietrich  Reimer.     1884.   4°.    Text  von 

Steffen  und  Lolling.  -  Uk.  12. 

22.  R.  Koldewey,  AntiLe  Baureste  der  Insel  Lesbos.    tlit  99  Tafeln  und  Text- 

al>bilduiigou,  2  Karten  von  H.  Kiepert.  Berliu,  Georg  Weimer.  1890.  Fol. 
M.  80,  h.  i'.  M.  40. 


—  15  — 

23.  Das  Kuppelgrab  von  Meiiidi.    Athen,  Wilberg.     1880.    4o.  —  M.  8. 

24.  G.  B.  de  Rossi,   Piante  Iconograficho    o   Prospetticlie    di    Roma   anteriori   al 

Secolo  XVI.     Roma  1879.    4«.    Berlin,  Georg  Reimer.    M.  32,  h.  F.  M.  18. 

25.  R.   Schöne,  Le  Antichita  del  Museo  Bocchi   di  Adria.    Roma  1878.    Berlin, 

Georg  Reimer.    4^.    M.  24,  h.  P.  M.  12. 
2C.    Kellcrmann,  Vigilum  Romanorum  latercula  duo  Caelimontana.     Roma  1835. 
40.    Berlin,  Georg  Reimer.    M.  6,40,  h.  P.  M.  3,20. 

27.  W.  Henzen,    Scavi   nel   bosco   sacro   dei    Fratelli  Arvali.     Roma  1868.    Fol. 

Berlin,  Georg  Reimer.    M.  16,  h.  P.  M.  8. 

28.  IL  Jordan,  Do  formae  Urbis  Romae  fragmento  novo.   Roma  1883.   49.  Berlin, 

Georg  Reimer.    M.  1,60,  h.  P.  M.  1. 

29.  A.  Michaelis,  Geschichte  des  Deutschen  Archäologischen  Instituts   1829  bis 

1879.  Berlin  1879,  Georg  Reimer.  8".  M.  6,  h.  P.  M.  3.  —  Italienische 
Ausgabe  M.  4,80,  h.  P.  M.  2,40. 

30.  J.  Lessing  und  A.  Mau,  Wand-  und  Deckenschmuck  eines  rumischen  Hauses 

aus  der  Zeit  des  Augustus.    Berlin  1891,  Georg  Reimer.    Fol.    M.  40,  h.  P.  M.  25. 
2*1.    Alexander  Iwanoff,  Darstellungen  aus  der  heiligen  Geschichte.     14  Liefe- 
rungen   zu  je    15    Blatt.     Berlin,   Georg    Reimer.     Fol.   —  Jede    Lieferung 
M.  80,  h.  P.  M.  20.     (Lieferung  2  ist  vergriffen.) 

32.  Sergius  Iwan  off.  Architektonische  Studien,     lieft  I.     Aus  Griechenland.    Mit 

Text  von  R.  Bohn.  Folio  und  Quart.  1892.  M.  96.  —  Heft  IL  Aus 
Pompeji.  Mit  Text  von  A.  Mau.  Folio  und  Quart.  1895  Dazu  Nachtrag. 
Folio  und  Quart.  1898.  M.  40.  —  Heft  IIL  Aus  den  Thermen  des  Cara- 
calla.    Mit  Text  von  Chr.  Hülsen.    Folio  und  Quart.     1898.     M.  120. 

33.  M.    Botkin,    Biographie    A.    Iwanoff's.     Berlin,    Georg    Reimer.      1880.    4^ 

M.  10,  h.  P.  M.  5. 

34.  A.   Mau,   Katalog   der   Bibliothek   des    Kaiserlich    Deutschen   Archäologischen 

Instituts  in  Rom.    Band  I.    Rom,  1900.    Loescher  &  Co.    8^    M.  6. 

D.  Schul-Wandtafeln. 

35.  Grabstele  der  Hegeso. 

36.  Sog.  Alexander-Sarkophag  aus  Sidon. 

37.  Augustus-Statue  von  Prima  Porta. 

Deutsche  und  österreichische  rnterrichtsanstalten,  welche  ihre  Bestellungen 
an  den  Generalsekretär  des  Instituts  (Berlin  W.  Corneliusstr.  2)  richten,  erhalten 
jede  dieser  Tafeln  zum  Preise  von  5  Mark  80  Pfennigen  (einschliesslich  der  Ver- 
packung, ausschliesslich  des  Porto)  direkt  von  der  N'erlags-Anstalt  Fr.  Bnickmanu 
AG.-München  zugesandt,  an  welche  dann  auch  der  Preis  direkt  einzuzahlen  ist.  Bei 
Bestellung  mehrerer  Kxemplarc  für  dieselbe  Adresse  ermässigt  sich  der  für  Ver- 
packung berechnete  Betrag. 


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Mit   %  TalrlTi  iiiiil  TO  Al<htliliii>e<:n  im  T»^t. 

Aii^  Jen  MililKtiliKiKi'ii  dfs  Kais.  Ü"iit*i;li«il  nnjli,  ln*lUmi. 

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Wir  »iuil  nacli  vullüinielwii  Nt'iidriick  liiiigi-r  vt'rgi'iircjii'i  Uiüirl.-  jii  ijor 
Lage, die  'irsleii  XX  Jaln'Sfiiijji.'  ilrr  Min  liHiluujtcH  ili:->  Ktiin.  n<-,tiUcli<:ii 
arclt.  IuKl[iul.4,  Allfiii^clit'  Alu  heil  uii|;,  U"!  Abuuiiitin  cliir  i^aiiiaii  ){«i- 
h«a  mit  •>i'tii:lilfchL-iii  HaUall  al>£U^'tieii,  un<l  twar  küniMiii  wir  Iriircm: 

MiTTHSiLtiNfiE?)    I-XX  iiii'lHl  Ilpgislflrn)   statt  für  21«        ffir  il3i)M, 
I-X  "  »liillfilr  ITiO         riji-  15JM. 

■■       Xl-XX        ü  „  sMll  rür  \i\)         llir  lOOM. 

Tniii»|Htrtkost.:ii  iii  ha^t^ii  il.-r  Alm.'hirhT. 

Bei  (l«f  Aliiialiine  oiim-lnur  Diinile  l.lnilji^ii  i|n'  lii.lmnKi'ii  l..tili^ii preise 
beHlvhrj],  Biinil  IX.  X.  \im\vn  .'inzelii  nicbl  ^^MeU-n 


AthpEi.  S^pl. 


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B.itTii  A;  V 


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