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MITTHEILUNGEN
DES KAISERLICH DEUTSCHEN *>^
ÄKliHiEOLOGlUHEi^ INSTITUTS
ATHENISCHE ABTHEILUNG
BAND XXV
1900
HIT SECHZEHN TAEELN.
J
ATHEN
3ARTH & VON HIRST
1900
•
Ailirn.— nnick lon OKBRUEDER PERRIS. — Lykurgos-SlMMe, 8.
INHALT
Seil«-
VV. Amelung. Zum Apoll vom Belvedere .... 286
J. G. C. Anderson, The Apamean exemplum of the
Asian Calendar inscription 111
J. BoEHLAU, Die jonischen Augenschalen .... 40
R. Delbrueck, Über einige Grabhügel bei Agia Triada. 292
)> » Eine archaische Jünglingsfigur des Akropolis-
Museums (Tafel XV. XVI) 373
» ») und K. G. VoLLMOELLER, Üas Brunnenhaus des
Theagenes (Tafel VII. VIII) 23
C. Fredrich, Hippostralos von Milet (Tafel IV) . . 100
A. Fürtvvaengler, Üer *Apollo SlroganofT' . 280
F. Hiller von Gaertringen, Archilochosinschrift aus
Paros (Tafel l-lll) 1
» » und St. Saridakis, Inschriften aus Rhodos. . 107
R. Knopf, Eine Thonscherbe mit dem Texte des Va-
terunser 313
A. KoERTE, Zu dem Ehrendekret für die Phylekämpfer. 392
» w Kleinasiatische Studien VI 398
P. Kretschmer, Bilinguis aus Dorylaion . . . . 445
F. NoACK, Neue Untersuchungen in Aiexandrien (Ta-
fel IX. XI) 215
H. VON Prott, Das Psephisma des Archinos ... 34
C. Robert, Die Fusswaschung des Odysseus auf zwei
Reliefs des V. Jahrhunderts (Tafel XIV) . . 325
O. RuBENsoHN, Paros I (Tafel V. VI) 341
138519
St. Saridakis s. F. Hiller von Gaertringen . . . 107
K. G. VOLLMOELLER S. R. DeLBRUECK 23
"C. Watzinger, Zur Porosstatue in München . . . 447
Th. Wiegand, Antike Sculpt. in Samos(TafelXII. XIII) 145
A. Wilhelm, Epigramm aus Delphi 306
P. Wolters, Prähistorische Idole aus Blei II . . . 339
Litteratur 112.451
Funde 114.308.452
Sitzungsprotokolle 127.471
Ernennungen 144.471
-«>-B^^^
ARCHILOCHOSLNSCHREFT AUö
(Hieriii Tafel !-III|
PAROS
tDer Boden Ägyptens, dem wir soviel danken, hat uns kürz-
ch nach vielen lierrliclien li tierarischen Schätzen auch zwei
Papypusfetzen bescheert. auf denen der Herausgeber, R. Reit-
zenstein, mit glücklichem Rück Reste der lilpoden des Archi-
loehos erkannte '. Mit Ägypten kann es Griechenland in die-
ser Beziehung nicht aufnehmen; seine Erde ist doch immer
noch zu feuclit, um den empQndlichen Stoff des Papyrus durch
Jalirtausende zu erhallen. Aber anders steht es mit den be-
schriebenen Steinen, und wenn sie aucli zu den Ausnahmen ge-
holt, so hat dif Wand von Oinoanda doch gezeigt, dass man
ich längere litterarische Teste gelegentlich dem schwerer zu
Mwältigenden , aber dauerhafteren Stein anverlraute. Einen
Ulchen Kall können wir aus Paros vermelden Auch hier ist
Arcbilocbos beteiligt — und wenn wir es in allem übrigen
lern Herausgeber der Papyri nicht gleicbthun können, wollen
Mir uns doch wenigstens darin an sein Vorbild halten, dass
■ äitzuDgs berichte der berliner Akademie 1899 B. 637 ll'-
aTHEN. MITTBEILUNGEN XXV, 1
2 F. HILLBR VON GAEBTRINGEN
wir uns möglichst beeilen, den Fund der OfTentlicbkeit vor-
zulegen. Bei der Lesung und Ergänzung hat mich U. von Wi-
lamowitz-MöUendorff vielfach beraten; ihm wird verdankt,
dass manches Richtige im Text steht und noch mehr, dass
manches Falsche rechtzeitig verschwunden ist; wenn sein An-
teil nicht in jedem einzelnen Falle gekennzeichnet wurde, so
geschieht das nur in seinem Sinne.
Der Stein ist rechtwinklig, 1,255" lang, 0,625 hoch, 0,195-
0,205 dick. Die linke Seite bildet eine rohe, schlecht bear-
beitete Fläche; rechts ist glatte Anschlussfläche, oben und
unten ist von vorn an etwa 0,07-0,085" breit glatte, weiter
hinten rauhe Fläche. Auf der Oberseite sind am linken und
rechten Rande, aber ungleich entfernt von der Vorderkante,
Löcher für U-förmige Klammern. Auf der Vorderseite waren
ehemals etwa 3 Ys Kolumnen Schrift eingehauen, davon ist die
erste, vom linken Rande beginnend, 0,32 breit, die An-
fänge der vierten, die auf den rechts angrenzenden Stein über-
griff, 0,125. Rechnet man auf die beiden Interkolumnien zu-
sammen etwa 0,05™, so bleiben für die Mitte noch 1,255 —
(0,32+0,05 + 0,125)= 1,255 — 0,495 = 0,76, was also
wahrscheinlich zwei etwas grösseren Kolumnen von je 0,36-
0,37 und einem Intervall von etwa 0,03 entsprach. Die Ko-
lumnen von Steininschriften pflegen nicht genau gleichmässig
zusein. Beim Recht vonGortyn schwankt ihre mittlere Breite
nur zwischen 0,67 und 0,69 (Comparelti,J/o/i. Ant. III S.93),
beim Testament der ßpikteta zwischen 0,325 und 0,340 (nach
Halbherr bei Ricci, il/o/i. Ant. II S. 85: non tanto perö che
il tutto non dia V impressione di una certa regolaritä
d' insieme). Somit würde ein Schwanken zwischen 0,32 und
rund 0,37 nicht unerhört sein*. Von der vierten Kolumne hat
sicher der grössere Teil auf dem rechts anstossenden Stein ge-
standen, und wenn dieser Stein auch nicht ebensogross gewe-
* Regelmässiger siud die Kolumnenbreiten der Inschrift Ton Oinoanda,
▼gl. Heberdey und Kaiinka, Bull, de corr. hell. XXI, 1897, S. 353 f., wo die
Verfasser mit Hecht den Brauch der Papyrusrollen als massgebend für diese
Anordnung der Inschrifttexte hinstellen.
I
ftRCHlLOC HOS INSCHRIFT AUS PABOS 3
Ben sein wird wie der linke, wäre es doch unwahrscheinlich,
auf ihm nur diese Zeilenreste anzunehmen-, viel eher wird
man glauhen, dass hier noch wenigstens eine, vielleicht auch
niehrere Kolumnen folgten, wonach die ^anze Inschrift ehe-
mals wenigstens 5-6 Kolumnen gehabt haben würde. Für al-
les weitere, besonders den Charakter der Schrift und der ein-
zelnen Buchstaben ( Durchschnittshöhe etwaO.OOT") verweise
ich auf M. Lübkes Zeichnung auf Tafel II. lil. Für diese be-
merke ich. dass ihm meine Abschrift vorlag, zugleich aber
mehrere Abklatsche und scharfe, leider immer noch in viel
zu kleinem Masstabe gefertigte Photographien '. Lühke hat nur
aufgenommen, was er selbst auf Grund dieser Vorlagen ver-
antworten zu können glaubte, und dabei mehrfach die Lesung
sicher gefördert, mehrfach jedenfalls Wünsche, welche ich
selbst für die Ergänzung hatte, energisch durchkreuzt. Bei
der gemeinsamen Revision habe ich ihn nur da veranlasst zu
ändern, wo ich sicher im Recht zu sein glaubte; in zweifel-
haften Fällen habe ich ihn gewähren lassen, wenn ich mich
von der Möglichkeit seiner Auffassung oder von der Un-
möglichkeil etwas Besseres zu linden überzeugte, besonders
in den ersten und den letzten Zeilen der ersten Kolumne. So
stellt die Zeichnung einen Kompromiss zwischen meinerund
Lübkes Lesung dar. Ich hoffe aber nunmehr auf die ein-
dringende kritische Arbeit der durch ihre Sachkenntnias
berufenen Männer und glaube, dass die Nachprüfung an
Stein und Abklatsch mit ganz anderer Aussicht auf Erfolg
wieder aufgenommen werden kann, nachdem sie alle Möglich-
keiten der Verbesserung und Ergänzung vorgebracht haben
werden; der Ertrag aller Mühen möge dann der Ausgabe im
Corpus zu Gute kommen. Fördern wird jeder, auch der kühn-
ste und vom Standpunkte vorsichtiger Methode scheinbar
leichtsinnigste Ergänzungs- oder Änderungsvorschlag, sei es
dass wir ihn zu bestätigen oder zu verwerfen oder auch mit
einem non. liquet zu beantworten in der Lage sein werden —
Pholographieii des arcli. Instituts, Parus Nr. 9(i. 1*7.
4 F. HILLBB VON OABRTBINGEN
keineswegs aber hat der Herausgeber von Inschriften oder
anderen Texten das Recht , einen sachlich ausgesprochenen
Zweifel auch an den scheinbar sichersten Lesungen irgend
einem Fachgenossen zu verübeln.
Aus den Zeichnungen geht namentlich die Unregelmässig-
keit der Arbeit deutlich hervor, die Flüchtigkeit, die am Ende
der ersten Kolumne am ärgsten ist, u. a. m. Nach den Tafeln
wird man sich auch die Schwierigkeiten 'der Entzifferung vor-
stellen können, die nicht gering waren und auch dann viel-
leicht nicht an allen Stellen sicher zu überwinden wären,
wenn nicht noch ganz besonders schwere Schäden hinzukämen.
Denn in Paros liebte man, wie die auch gerade in dieser
Beziehung sehr lehrreichen Ausgrabungen Rubensohns ge-
zeigt haben, die Errichtung grosser Grabmonumente und ver-
wandte dazu immer wieder dieselben Steine. Flüche wie der
uns auf der Nachbarinsel los und ähnlich an vielen Orten
entgegentretende : [ktM SdcXaaa tc^cott) fjL7)8ä yri ßaxr) o((i)ti; av
apYi Tov ^lOov ToöTov wärcn in Paros auch sehr am Platze ge-
wesen , hätten dort aber kaum gefruchtet. So nahm denn
auch, nicht vor dem dritten Jahrhundert nach Chr , ein
solcher Frevler den Stein, drehte das Untere nach oben, ar-
beitete vom nunmehrigen unteren Rand an ein 0,69 langes,
0,45 hohes, 0,07-0,08 tiefes rechtwinkeliges Loch ein, und
deutete darüber einen rohen Giebel an mit einem Schild im
Felde und drei Akroterien. In das Loch selbst konnte dann
ein Grabrelief eingefügt werden; die vertiefte Fläche war ganz
rauh gelassen, was den Vorteil zeitigte, dass der zur Verbin-
dung mit der Einlage nötige Mörtel besser haftete. Und zu
beiden Seiten brachte man die Inschriften für die neuen 'Grab-
herren* an ; rechts:
*H ßouXT) kI 6 ^"OliLOC (TTCf aVOl XP^^9 (TTSf aV({) ^TspTiviav KXi-
TOTifAV) (so) i7po[AOip<i)( ßiaxracrav,
WO man mit A. de Ridder zweifeln kann, ob KXiTOTi(xr)[v] oder
KXiTOTi[Ay)[^J beabsichtigt war, da wir auch eine EuoSia Ilxv-
ICHOSINSCHIUFT AUS PAHOS
x>iiTTi auf Pa ras. und auch anderwärts in später Zeil häuQg
Mensclien, die keinen legalen Vater hatten, nach der Mutter
genannt finden, ohne dadurch herechtigt zu sein, immer gleich
an das uralte IMuiterrecht zu denken. Links liest man :
So'j[ic]>ct(;'jav
^Vnd dann brachte man noch auf der Rückseite des Steins aus
"dem durch Löwya Aufsatz (Arch.-epigr. Mitth. aus Österreich
1887, S. 176 ff.) bekannten Musterbuch von Grabreliefs
■ei gar nicht zusammenhängende Typen an, eine in Vor-
deransicht stehende Figur mit Taube und Traube in den
Händen und vier auf einer Kline, vor welcher der übliche
dreibeinige Tisch steht, gelagerte Personen. Eine Abbildung
dieses jetzigen Zustandes giebt Tafel I ; die Reste der älteren
Inschrift {I. I) standen fortan natürlich auf dem Kopf.
Aus der Nekropole wurde der Stein nach seiner VViederauf-
ndung in den Hof der Kirche der navxyia KotTotTtoliavii oder
iKiTOvtacTcuXuvn gebracht, wo er unter dem Säulengange in
sehr ungünstigem Licht stand. Dort sah ihn A. de Ridder,
dem wir die Kentniss mancher wichtigen Inschrift von Paros
und NasoB danken, erkannte aber nur die beiden späten Kranz-
BUBchriflen, von denen er die linke veröRentlichte [Bull, de
\90rr. hell. XXI, 1897, S. 17, Np. 2), die rechte als e/facee
bei Seite lies. Als Breite giebt er durch einen Druckfehler
0,27 statt 1,27. Auch A. Wilhelm sab den Stein und nahm
einen vollständigen Abklatsch, besass aber die Entsagung,
kurze ihm für Paros veriügbare Zeit ganz der Vorarbeit zu
liner mustergiltigen Ausgabe des neuen Marmor Pariüm zu
'idmen. Er trat mir nachher auch alle Rechte, die ihm aus
ir Priorität erwachsen konnten, in freundlichster Weise ab
brachte mich an einer wichtigen Stelle (Z. 10 wpetrSas)
li der Lesung auf die richtige Spur, So wäre ich wol ver-
Vgl. Photographien des arch. Instimis, Parut Nr. 94. 95.
i
0 F. HILLER VON 6ABRTR1N0EN
pflichtet, für den Stein dasselbe von meiner Seite zu leisten,
was er für die pariscbe Chronik gethan hat. Und wenn mir
dies nicht gelingt, will ich die Schuld nicht auf den Zustand
des Steins schieben, sondern lieber hoffen, dass andere, und
in erster Linie Wilhelm selbst, meine Arbeit berichtigen und
weiterführen werden.
Kolumne I Z. 1-17
[ '^J^W AritAea; ou (x6vo[v] wipl - - - -
[...., i]Xk[k x]a[t Ti;] ipxiW (x[\j]rn<i 'ApxiXox - - - -
€uo(€)6siac xai ty)C Tvspi rviv 7va[TpiSa- ]
[ Töv] iw' auTöv 7vsirpaY[it£V(i>[v " " "]
5 [. . . woX]X[ö]v [jcaji (ii[i]Yfll[X]ü)v ayaö[ö]v - - - - -
.... Tou ivY)[y]aya)xÖTOC ( SO ! ) xaÖTa 4 - - -
[. . • . TvpooJYCYpAfcv Se 6 AY)p.ea^ exaora [tü^v irEirpayiAe]-
[v<i)]v x[a]t YsyP^H'P'^^^^ ^'^^ '^PXLO^^X^^ xa[T* ap^ovra]
[ejxaaxov, xai -^pÄTat iwo ip^ovro? wpÖTOv Eup[- -, «9* ou iw]-
10 aipsi TVSVTiQxovTopoc MiXY)oi(i>v ivpeoSei; aY[ouoa st; Ildepov]'
xal avax[o]p.i2[o(iLevY) iy MiXiqtou Siaf Oapviva[i iv T(j^ iropO[A(j^]
T(j^ Na^iaxcj^, xai oa>0'y)vai eva tivoc auTd^v 4>vo[(iLa Koipa]-
[v]o; Otto ScXf ivo^ avaXY)(xfOJVTa xai exirs96v[Ta el; ry)v vyjoov]
[tJjv] Supi(t)v, [xa]l . . . .«i;(?) ti; . .t Xaov cüv9[uXov - -]
15 l<t>x«reev [a]5 T AZI/ lANTI AEZR - -
l^u^Ti vCv a[vTpov ]ou Ko[i]pbtvi[tov Ssixvu]-
Gleich der Anfang giebt viele Rätsel auf, und es war mir
nicht möglich, die Lesung mit dem, was der Sinn verlangen
könnte, völlig in Einklang zu bringen. Jedenfalls beginnt die
Kolumne mitten im Satze, es fehlt also nicht wenig, sodass
es nahe liegt einen einst über diesem Stein liegenden zweiten
Stein anzunehmen, der die Kolumnenanfänge enthalten haben
würde. Wir lernen hier zum ersten Male einen Schriftsteller
Demeas kennen, wahrscheinlich aus Paros selbst gebürtig.
Z. 1 erwartet man etwas wie y^'yP^? * ^^ ^MO ^>)(^^«< ; vorher
tCMOaiNSCHRlF
war also ein anderer Autor angeführt. Z. 2 ist das, was vor
«PX»; steht fraglich; man glaubt zunächst At YT."^ zu lesen,
also xai [ü*c£]p, oder auch -yjäpl, aber das trügt wol ; auszu-
gehen ist von oü uövorv]. das jedenfalls ein iXkk itai verlangt.
Ob ip;^i[5] die Anfänge oder die Behörden von Paros be-
zeichnet, lasse ich dahingestellt; gewünscht wird eine Er-
wähnung der .\rchonten, auf die Z. 4 iir' «ütüv zurückweist
und für die sonst kein Platz zu sein scheint. Der in Z. 2 zuerst
genannte Archilochos muss, wie der ganze Verlauf der In-
schrift klar macht, als Gewährsmann oder Quelle des De-
meas genannt sein, also etwa ' Apyß°'/.[^'-' (*''^'6«'i; --; von ei-
nem solchen Participium würden dann auch die folgenden Ge-
netive abhängen. Von diesen ist dereine, Z. 6, mir erst ganz
zuletzt klar geworden. Ich las vorher 7ro>.]l[w]» [xa]i fji[i]'j'3i[i]ii)v
Bya9[(Lj'* [icapaitiot iYtv]tTo{u^äviip APnNOZ, 05 TaÖTX t[Y]pa[iJ'»,
sah in dem fraglichen Worte etwas wie £{.1(1)1x0; und liess mich
dadurch bei der Revision der Zeichnung bestimmen. Eine
Nachprüfung gewisser Bedenken ergab aber Z. 6 TOY/\NH
"ArnxOTOZ mit genügender Sicherheit, und liess eine
Form von iviyu erkennen, die man allerdings ungern fest-
stellen wird: toü ivnYayüJxö«!. verschrieben für iva-pyoxÖToc-
iJahinter scheint El.t. 'A zu sieben, wo man das vierte Zeichen
sehr verschieden auffassen kann; an t[Y]pa[i|'£ halte ich zuerst
gedacht. Es wird if; pa- oder ei; äx- oder li; Oa- sein. Die
Genetive in Z. 2-6 können lauter von einander unabhängige
Personen und Sachen bezeichnen , welche Demeas alle er-
wähnt hat, man kann aber auch gewisse Zusammenliänge an-
nehmen, wie (nur dem Sinne nach, auf den Wortlaut ver-
zichte ich lieber) Z. 2/3 'Apjj^iX6y[ou u.vTii6ii( eviÄ* tili repoi taut
Oeoü; (dies letztere doch wahrscheinlich trotz gewisser frag-
würdiger Resle, zu denen auch das gezeichnete n gehört) lu-
a(i)@(£a;' xoti -nj^ jtipi t'Jjv 7C»[TpiS« sTsouSii; - - -. Das Ware
wahrscheinlich alles auf Archilochos zu beziehen; Z. 3. 4
wwüaachte man, wenn Platz da wäre, etwa: xai t^v KpyövTüiv
Sicher Steinmelirebler ; verbessert aus EYXBHAIE.
8 F. HILLER VON OAERTRINGBN
xal Td^v] Itc' auT(&v ir6irpacY(iLev(i)[v. Dann muss , wenn nicht
mehr von Archilochos die Rede ist, eine andere Person ein-
geführt sein, die nach Z. 6, * dieses hinaufgeführt hat auf*,
oder 'hingeführt hat nach', obgleich ich meinen sollte, dass
es nicht unmöglich wäre, eine Ergänzung zu finden, welche
alles von Z. 2-7 in letzter Hinsicht auf das Verhältniss
des Demeas zu Archilochos bezieht. Denn Z. 7-9 heisst es
direkt, dass Demeas die [Thaten und] Schriften des Archi-
lochos unter die einzelnen [Archonten] verteilt hat. Daraus
ist wenigstens der allgemeine Sachverhalt klar ; er wird es
noch mehr durch das Folgende. Demeas und sein Werk, über
dessen Entstehun^szeit wir nichts erfahren, ist die unmittel-
bare Quelle des Mannes, der hier aus irgend einem Grunde
den Text für die Niederschrift auf Stein zurechtgemacht hat;
Demeas ist aber nicht die Hauptperson, sondern die ist von
Anfang bis zu Ende, soweit wir beide erhalten haben, in Ko-
lumne I wie in Kolumne IV Archilochos. Nicht dem Demeas,
sondern dem Archilochos gilt der Stein und eignete der Bau,
zu dem wol als Wandquader der Stein gehört hat. Wenn die
Bürger von Priene ihrem alt berühmten Mitbürger, dem wei-
sen Bias, ein BidtvTtiov errichtet haben, wie H. Schrader Arch.
Anzeiger 1897 S. 183 mitteilt, so hatten die Parier allen Grund,
ihrem grossen Dichter ein 'Apyykoyno^ zu erbauen*.
Aber auch der gelehrte Vermittler, Demeas, verdient un-
sere Aphtung. Er hat benutzt, was er konnte, eine parische
Archontenliste und die Gedichte des zeitgenössischen Dichters.
Anders hat es Aristoteles, als er in seiner athenischen Staats-
verfassung das Werk Solons darstellte, auch nicht gemacht.
Eine Frage bleibt freilich offen: wie konnte Demeas die von
Archilochos erwähnten Ereignisse und das Leben des Archi-
lochos selbst in der Archontenliste unterbringen? Hat Ar-
chilochos denn die Archonten genannt? Aber dann wäre wol
seine Chronologie den alten Grammatikern minder zweifel-
* Für seine £U9l6eia gab es auf Faros ein vollgiltiges Belegstück, seine
Kultlieder an Herakles (Frg. 119) und an Demeter und Köre (120).
AHCHILOCHOSrNSCHBIFT AUS PABOS
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Faros aut htein gehauenen und dafür mit dem Namen des
jüngsten parisclien Archon vom ,labre"363 vor Chr. versehenen
Auszüge einer altischen Chronik, den man jetzt nur teilweise
richtig das Chronicon Parium nennt, lesen wir heute das Jahr,
in dem Archilochos nach Thasos zog oder seine Blüte er-
lebte; aber es ist alles ergänzt. Immerhin wusste Aristoxenos
ein Jahr für sein Bekanntwerden anzugeben (bei Eusebios ;
Stellen und Ergänzungen bei Flach. Chronicon Parium S,
16ff.; näheres bei Crusius, Real- Encyclopädie II S. 488 ff.
Busolt, Griech. Gesch.' I S. 4.^8 f.)- Die Hilfsmittel, welche wir
haben, die von Archilochos erwähnte Sonnenfinsterniss und die
assyrischen Chroniken, welche uns die Jahre seines Zeitgenos-
BenGyges von Lydien lehren, hatten die Alten, hatte Demeas
nicht. So wird er oft, die Ereignisse, die er dem Dichter ent-
nahm, nach Gutdünken unter die Archonten verteilt haben —
hat es doch Diodor stellenweise, wie (ür die Zeit der Pente-
kontaetie, nicht anders gemacht. Aber wer will ihn darum
tadeln ? Wenn wir den Stein in einem besseren Zustande hät-
ten, würde, glaube ich, keiner Bedenken tragen, ihn als das
Marmor Parium kixt' (£0x^1^ zu bezeichnen, und hätten wir
den üemeas selbst — nun, dann waren unsere Kenntnisse von
fielen wichtigen Dingen ganz andere als sie jetzt sind.
Z. 9-17 enthält den Anfang des Geschichtswerks des De-
meas, die Erzählung von Koiranos und seiner wunderbaren
Rettung durch den Delphin. Sie ist litterarisch überliefert aus
Phylarch , dessen Geschichtswerk etwa die Jahre 27? -220
vor Chr. umfasste (Wachsmuth, Einleitung in die alte Gesch.
S. 546), bei Athenaeus XIII 606 (^- /", und genauer in zwei
von einander unabhängigen Brechungen einer und derselben
Quelle bei Plutarcb, De soll, animal. 36 S. 984/5 und Ae-
lian, Nat. animal. VIII, 3 (daraus Apostolius V, 96 bei
Leutsch, Paroemiogr. Graec. II S. 362). Die neuere Litteratur
führt Usener an: Die Sintfluthsagen, Bonn 1899, S. 148 f. Es
wird sich empfehlen, die Texte nebeneinander zu setzen.
10
F. HIIXBB TON OABRTRINGBN
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AttCHlLOCHOSINSCHBlFT AUS FAROS U
Bine BetrachLung dieser Berichte er^iebt. dass Aeüan nicht
aus PluLai'ch geschöpft haben kann. Zwar hat Plularch im
Allgemeinen mehr, aber eine Einzelheit ist dem Aelian eigen-
tümlich, die er nur aus einer mit der örtlichkeit selbst ganz
vertrauten Quelle haben kann, die itpu. Beide haben also aus
einer gemeinsamen Quelle geschöpft. Diese Quelle — oder ihr
Vorbild — hat aber auch Phylarch benutzt, jedoch nur flüchtig
und ungenau; aus dem Parier Koiranos wird durch ein Mias-
verständniss, zu dem die MiX^ioiuv scvSpi; Anlass geben, ein Mi-
lesier. Aber sicher ist es: die primäre Quelle liegt vor Phy-
larch, also im dritten Jahrhundert oder vorher. Damals hatte
man in Paros historische Interessen, ein Parier redigirte für
seine Heimat im Jahre 263 die attische Chronik. Die Quelle
der Koiranosgeschichte citirt auch, falls dies nicht eigene Remi-
niscenz des Plutarch ist, den ArchÜnchos, ebenso wie Demeas.
Freilich wird dies jeder parische Autor gelhan haben, und
es wird auch nicht nur einen solchen Autor gegeben haben.
Also, um vorsichtig zu sein: man könnte sich sehr wol den-
ken, dass Demeas in diese Zeil gehört, könnte auch weiter es
wagen, Identifikationen vorzunehmen mit der Quelle der Koi-
ranosgeschichte bei Phylarch, Plutarch und Aelian und dem
Redaktor des Marmor Parium.aber Bestimmtes lässt sich nicht
sagen; auch die Erkenntniss der IVlöj<lichkeit kann schon
nützlich sein.
Von der rührenden Delphinengeschichle geht uns der erste
und drille Akt nichts an, um so mehr der zweite. Es stand
also schon bei Archilochos, dass Koiranos von 50 Männern,
d.h. von der Bemannung einer Tt£VT7;xövTDao(, allein durch die
Huld des Poseidon am Leben blieb. Koiranos war nach Plu-
tarch und Aelian Parier; Phylarch hat, wie wir sahen, nur
durch Missveratändniss einen Milesier aus ihm gemacht. Das
Schiff kehrt von Milet zurück und hat MiXtihiuv tivol; avSp«;
an Bord. So Plutarch und Aelian; man wird also auch ge-
neigt sein, in der Inschrift Miinaiwv nicht zum vorangehenden
nivT¥|x6vTOfiOi;, sondern zum nachfolgenden npE^riÖEi; zü ziehen;
die Parier holen diese auf ihrem Schiff ein. Wir kennen aus
m
12 F. HILLBR VON GABRTRINOBN
Herodot einen Fall, in dem umgekehrt parische Schiedsrichter
von den Milesiern erbeten worden sind (V, 28). Nach Plu-
tarch und Aelian war Koiranos Kapitän , nach der Inschrift
lU Ti( vom Schiffsvolk; dies letztere wird echt sein, das an-
dere eine nahe liegende Umbildung, die uns rätlich macht,
zwischen Phylarch-Plutarch-Aelian und der Quelle einen Mit-
telsmann einzuschieben, dem dann auch die Verbindung der
parischen Sage mit ähnlichen Tiergeschichten zuzuschreiben
wäre, sowie vielleicht auch der erste und dritte Akt der Hand-
lung*. Das Schiff geht unter im Kanal zwischen Paros und
Naxos. Hier herrscht meist eine starke Strömung (Mediter-
ranean Pilot IV^, 1892, S. 115); stürmische Nordwinde ma-
chen sich hier oft weit mehr fühlbar als zur gleichen Zeit an
anderen, benachbarten Stellen, wie ich aus mehrfacher Er-
fahrung bestätigen kann. Moderne Dampfer finden dann auf
der offenen Reede von Naxia keinen Schutz, sondern müssen
weiter südlich in der abgelegenen Prokopiosbai ankern (a a.O.
S. 114). Das von Phylarch genannte Mykonos liegt genau in
der nördlichen Verlängerung dieser Meerenge, besagt also we-
sentlich dasselbe.
Den Schiffbrüchigen rettet der Delphin (einer genügt; von
einer Vielheit redet nur Aelian , der gern den Mund voll
nimmt) und bringt ihn ans Land. In der Inschrift geht schon
von Z. 11 an die direkte Rede in die indirekte über; auch
* Es ergiebt sich also das Stemma :
Archilocbos und die von ihm benutzte parische
Sage von Koiranos (VII. Jahrhundert vor Chr.)
Demeas erzählt die Koiranos -Sage (etwa
erste Hälfle des III. Jahrhunderts vor Chr.)
_^___^_^^__ ^ ^^^^^_,^__
i. Verbindung der Sage mit 2. Die parische Inschrift
anderen Sagen von danliba- (etwa I. Jahrhundert
ren Tieren ( um 250 vor Chr.) vor Chr.)
I
i. Phylarch 2. Plutarch 3. Aelian
(um 260 vor (I.Jahrhun- (III. Jahrhun-
Qbr.) dert QaQh Chr.) dert nach Chr.)
ABCMJLOCHOSINSCHRIFT AUS PAB09
' das ist der Quelle enLnommen, da auch Plutarch hier T^iYouct
hat. Wir verlangen isyiTai in Z. il hinter Sia
lapvivai
aber
I
es ist dort schwerlich Platz genug vorhanden tür eine solche
Ergänzung; eher konnte in Z. 15 if]a.ii enthalten sein. In Syros
landet er, geht aber von da (Z. 15 exeiSiv) weiter, also nach
seiner gegenüberliegenden ' Heimalinsel Faros ; die Zwischen-
slation dient, wie es nach den Resten scheint, um Leute zu sam-
meln— laov (rüv(Ti[>jiQv(?) iysipti — damit er nicht allein, sondern
mit einer slattlichen Eskorte zurückkehrt oder wie sonst zu er-
gänzen ist. Hier ist aus Plutarch und .^elian, deren unmittelbare
Vorlage die Zwischenstation als überflüssig und auch nicht im
Sinne des alten Mythos liegend gestrichen hat. die Koiranos-
Grotte zu ergänzen (Z. 16f. dem Sinne nach etwa: [Stco'j] | Iti vQv
ä[iPTpO'' ini Toü «iyLalJoÜ Ko[i]pav[[io^ Siixvy |t]«[i]). Plutarch und
Aelian zusammen ergeben lür diesen Ort eine Kicpa, eine Land-
spitze, und eine üwavTpo^ xsipoi, einen von einer Grotte unter-
schnittenen Felsen. Den plutarchischen Namen SixuvOo; haben
Wesseling. Reiske und mit ihnen jetzt auch Usener (s. u.) in
Swivou, Klemenl (Arion. Wien 1898, S 33) in KüOvou ändern
wollen. Auf Grund des Phylarch könnte man auch auf Mu-
xövou kommen. Dieses, oder etwa ein aus der Inschrift, der
es sonst freilich gar nicht gerecht würde, zu entnehmendes
Eüpou, würden durch ihre geographische Lage, wie ein Blick
auf die Karte lehrt (s. S. 14), immer noch weit eher in Betracht
kommen als das ganz \on der Linie Milet-Paros abliegende
Sikinos, um von Kythnos ganz zu schweigen. Eine paläogra-
phisch wie geographisch leichtere Deutung verstatten uns die
neuen Ausgrabungen O.Rubensohns. Er hat imJuli 1899 auf
einer Höhe nördlich von Parikia, der alten Stadt Paros, in
einem Temenos einen archaischen Grenzstein der Allienaie Kyn-
ihie gefunden, und ebenda eine Weihung an Artemis Delie (s.
in dieser Zeitschrift 1899 S. 353). Also haben wir dort ein
ganzes Delion mit allen daselbst verehrten Hauplgöttern anzu-
< Man möchte gern äT:Jv]avTi S' e; n[apov er^flDZcn,doch scheint das nicht
lu geben. lANTIAEXn hl sicher.
14
F. HILLBR VON OaBRTRINOBN
nehmen. Athenaie Kyntbie ist vom delischen Kynthosberge
genannt und kann auf Paros diese lokale Beziehung verloren
haben, mindestens ebenso wahrscheinlich aber ist es, dass
mit den Göttern auch der Götterberg gewandert ist, wie dies
vom Olymp, dem Lykaion und anderen geographischen Na-
men allbekannt ist. Dann dürfen wir also bei Plularch Tvic
SYRA
^it) Kuvöou xaTot cTTToXaiov einsetzen , unter Annahme einer
leichten Ditlographie. Und dann ist auch die Höhle nicht
weit. Verlässt man die schöne, grosse Hafen bucht von Pari-
kia und biegt um das Vorgebirge, das die englische Seekarte
Nr. 1842 Pikas nennt ^ nach Nordost um, so sieht man rechts
nach kurzer Fahrt ^ an der Steilküste etwas über dem Meere
* Der richtige Name ist, wie Herr A. Miliarakis freundlichst feststellte
•Ar ^(oxac CAyio« ^o>xa() ; Tgl. Ai.aivoBstxTr,« tou N. F. KoTffo6{XXij, 1899, S.71.
* Im kleinen Boot brauchten wir: auf der Hinfahrt bis zum Kap rudernd
16 Minuten, von da gegen massigen Wind rudernd und kreuzend bis zum
Strand unter der Grotte 27 Minuten, zurück mit dem Winde segelnd für
die ganze Strecke 27 Minuten.
ARCH1L0CHOBIN3CHBIFT AUS PAttOS
I
eine Grolle, auf welche alle Anzeichen gut passen. DieVignelle
aufs. I zeigt sie vom Boot aus aufgenommen', eine kleine
Klippe im Vordergrund. Sie ist etwa 12 Meier breit, ebenso tief
und ungetälir 9-10 Meier hoch; in halber Höhe über dem
Boden weist die Rückwand eine Art nalürliche Slufe auf; Spu-
ren von Bearbeitung haben O. Rubensohn und ich nicht wahr-
nehmen können. Aber sie heissl heutzutage to uTcr.la.mv -roö 'Ap-
'/iXöyjiv. Diesen Namen hörte ich von den verschiedensten Sei-
ten, einmal mit der naiven Begründung, dass ^Vrchilochoa ein
reicher Mann war und dass ihm aller Grund und Boden in der
Gegend gehörte; nur ein einziger Parier bildete daraus, un-
ApvctioADvou ^. In wie
serem Stande zu Ehren, ein anviXai
alte Zeit die Benennung hinaufgeht, kann ich nicht feststellen;
immerhin wäre es seltsam, wenn die Grotte des Archilocbos
nur durcli ein neckisches Spiel der Volksphantasie und des
Zufalls da angesetzt wäre, wo wir die Grolle des von Archi-
locbos gefeierten Koiranos so gern ansetzen möchten.
Auf den Mythos vom Delphinenreiter und seine Deutung
wollen wir hier nicht eingehen, ebensowenig auf die Lillera-
tur; ich verweise auf Usener, Sintfluthsagen S. 148 ff. und
sonst, der diese Fragen mit umfassendem Material und im
weitesten Zusammenhange behandelt hat.
Neben dem verhängnissvollen Kranz ist in Z. 18 noch -olu
|jivriu.T][v- zu erkennen, was sehr wol die Einleitung zu einem
Dichtercilal sein kann. Dann erst wieder Z, 41-51 Anfang
ein zusammenhängendes Stück, Erzählung, Dichlercitat und
wieder Erzählung, die lelzlere als Erklärung und Ausführung
des Cilala. Leider fehlt von der ersten Erzählung und dem
Citat beidemate der Anfang, sodass wir hier nur raten kön-
nen. Z. 41 f. Iiatle ich ergänzt: [ipiijTiTQu; e[oi«i(i)v ^i]Y[o]uoiv
< Vgl. Photographien des arch. InstituU, Paros Nr. 38. 37 a. b.
^ Um deo Scherz zu verstehen muas man sich die moderne Aussprache
vergiegenwärtigeD.
16 F. HILLBR VON 6ABRTRIN6BN
riaptoi ia[uTOucj I aicoxa0i<yTa9[0ai ivdevTa] ; dafür wird mir VOrge«
schlagen, was ich in den Text setze:
40 ------ - Tot Xe XP"*^]"
[(iijara tou? 6[p^xa; * Xe]Y[o]uatv Ildptot ia[uTOicJ
airoxa0i9Tao[0ai TvdevTa, SjiaoafCi it T[auTa icdevl-
T[a] auTO? ['Apj^(>oxoc'
Z. 43 Mitte bis 45 unbrauchbar.
46 eliri Tvai; IIitoiOTpaTOu || ^ av[S]pa[;. .]a>
va> . . . ac, auXov xal >üpY)v avY)p Siy(»i^ || ei; Odeoov ^ .di
6py)lf5iv 8öp' Ix^^ ixYjpaTOv || xp^^ov, oixcicp^;^
ii xepSct ^Ov* €icoiY)oav xaxx || , oxi xouc Op^xa;
50 aTvoPirsivavTc; auxol ol |jl)v auTo^v utto Ilapi-
<i)v a[ ] X[vi]ffTi; SJawa? owo töv 6[p]a-
[x]öv(?).
Hier giebt es viele Verderbnisse, die zum Teil dem Stein-
metzen selbst zur Last fallen müssen. Es ist hier auch von
ihm korrigirt worden; zwischen Z. 49 und 50, die etwas wei-
ter auseinandergerückt sind, stehen einzelne Buchstabenreste,
wie es scheint wieder ausradirt, weil der Zeilenabstand zu
klein war; nun fing man die Zeile von vorn unter diesen Re-
sten an. Z. 46 av8[p]xZ oder av[S]pa X ; der Sinn verlangt den
Plural, da ein Mann doch mehrere führen wird. Uie nähere
Bestimmung zu avSpa; ergänze ich nicht. Z. 47 Ende (|)l ZI
von Lübke gelesen ; <py)(ii würde den Vers stören , <fipii was
mir vorgeschlagen wird, nicht zu den Resten passen, ebenso-
wenig <fCL<jL Also non liquet. Z. 48 OPHIZIN steht da, Ar-
chilochos selbst aber hat des Metrums wegen Opet^iv schrei-
ben müssen , wie auch bei ihm in Fragment 32 Bfixi her-
gestellt werden kann. Über den Namen hat U. von Wilamo-
* OPAK passt sehr gut zu den Resten; auf der Rückseite des Abklatsches
sehe ich es jetzt noch schimmern. Danach ist das Faksimile zu berichtigen.
3 Mit II bezeichne ich die Versschlüsse beim Dichter.
ARGHILOCHOSINSCHRIFT AUS FAROS 17
witz, Kydathen S. 129 Anm. 49 gehandelt; ob kürzlich 0.
Hoffmann, Griech. Dialekte III S. 501 f. nicht zu viel auf die
hierin schwankenden Herodothandschriften gebaut bat, möchte
ich, obwol auf diesem Gebiet nicht sachverständig. zu erwägen
geben. Z. 48 otxetcjx^;) Wilamowitz. Das Adverbium war der
Zeit des Steinmetzen geläufig. Z. 50 Lübkes Lesung aTCoPIFei-
vavrsc befriedigtsprachlich nicht. Oft glaubte ich auch vor dem
sicheren iivavTs; ein M zu erkennen, was auf aTCo^Lücke)(i.itvavTc;
führen würde. Aber dcTCoaEvstv ist im Allgemeinen intransitiv in
der Bedeutung übrig bleiben; nach dem Thesaurus: alibi
cum u7co(jL6v«iv confusum, einem Verbum, welches erwarten
oder auch ertragen bedeuten kann. Gewaltthätiger, aber dem
vorangegangenen iTcotiQdiv xajci entsprechend wäre der Versuch
aTCo[xT]iiv(xvTic einzusetzen. Z. 51. Die Reste scheinen mehr
auf ö[p]a|Wöv als auf 0(x|[ci](i>v zu führen, umgekehrt der
Sinn. Aber was bedeutet das Ganze? Und ist es möglich,
durch gelinde oder auch gewaltsame Behandlung des Textes
einen halbwegs erträglichen Sinn herauszubekommen?
Die Parier, d. h. die parischen Kolonisten in Thasos, sagen,
dass ihnen die Thraker das [Geld] wiedergegeben haben, [das
sie vorher bekommen hatten]. Dafür wird Archilochos ange-
führt, der anscheinend einen sonst unbekannten Sohn des
Peisistratos erzählen lässt, wie Jemand mit anderen Männern
und seinen Musikinstrumenten, Flöte und Lyra, nach Tha-
sos kam, um den Thrakern, also wol den noch auf Thasos
verbliebenen Sapern, Gold als Tribut oder Bestechung zu
bringen. Sie aber, d. h. die Gesandtschaft, nicht die Thra-
ker, wie das Folgende zeigt, haben mit eigenem Gewinn ge-
partes Böse gethan — natürlich den Thrakern. Dazu passt die
Erklärung des Grammatikers d. h. des Demeas , dass sie die
Thraker töteten tou; 8pÄ>ca< a7co[xT]etvavT€<. Aber dies scheint
erst im Folgenden ausgedrückt zu sein, wo ol u.^v trotz des
Augenscheins nicht auf die Gesandten , sondern auf die
Thraker gehen muss, d. h. dem Sinne nach: ol (jlev t<öv ©p«-
jccjv uTO llaptcuv ctTCwXovTO , ol hi XipdTai SxTuat O^ö t(öv öaatüjv*.
Die Thasier sind hier die älteren Kolonisten, die Parier die
ATHEN. IIITTHEILUNGEN XXV. 2
18 F. HILLBR VON OABHTRINOEN
neu binzugekommenen ; die XipdTai Jldrsan sind als ein tbraki-
scher Stamm, dessen Namen übrigens ausdrücklieb aus Ar-
cbilocbos bezeugt wird ( Eustatb. Dion. Per. 767, Arcbilocbos
Frg. 49), den ot ptiv äutöv ( = 9p{f)cü)v) entgegengestellt. Der
Akkusativ Xr^fstcK; laTca^ ist aus einer anderen Konstruktion
(XcYoudi) berübergenommen ; bier ist gekürzt, und offenbar
obne Sinn und Verstand gekürzt. Geben wir so weit, dann
können wir aucb i7co[xT]eivavTi; steben lassen, würden aber
dabinter, wenn es sieb um einen bandsebriftiieb überlieferten
Scbriftstellertext bandelte, das Zeicben einer Lücke setzen.
Bemerkenswert ist der Bote avSpa; — auXöv xal Xupiov iv^p
iycdv sU dddov. Wer denkt dabei nicbt an Arcbilocbos? Der
mit anderen iirlxoupoi (vgl. Frg. 14. 24; nacb Tbasos kam,
und in Frg. 58 so drastiscb das Bild eines Kriegsbauptmanns
zu zeicbnen weiss; der auro; i^dlp^cov Tcpo; au^ov As^Sicov
watYjova ( Frg. 76 ) und der ifAULsXY); t* lyEvsTO xY]:riSecio< sTcca ti
woiciv wpo; Xüpav t' ieiSeiv (Antb. Pal. VII, 664, mebr bei
Grusius, Real-Encyclopädie II S. 502). Mit dem Sobn des
Peisistratos,der vorber genannt war,scbeint dieser Mann nicbt
identiscb sein zu können. Ist es unmöglicb, ibn dem Arcbilo-
cbos gleicbzusetzen ? Dagegen könnte man anfübren, dass er
als Träger reicber Gescbenke genannt sei, wäbrend sonst im-
mer seine Armut bervorgeboben wird — aber das Gold, das
der Bote trägt, gebort nicbt dem Boten. Dagegen spricbt fer-
ner der Tadel, der docb wol in oixsicp Se xEpSct ^Ov' i7roiY)iav
xaxa liegt; von den xa}cdc,welcbe die Leute angericbtet, scbweift
der Gedanke leicbl weiter zu den )ca}ca,die sie nacbber, wie
als Strafe, erduldet baben : 'xXaio) toc 0ao{(i>v, ou toc MayvTiTcüv
xa)C(ie'(Frg. 20). Sind diese Bedenken entscbeidend, um die
natürlicbe Erklärung, die sieb jedem aufdrängen muss, abzu-
lebnen und einen unbekannten Doppelgänger des Arcbilocbos
zu Sueben? leb lasse die Sacbe in der Scbwebe; der erste
Herausgeber soll lieber zu wenig wissen wollen als zu viel.
Es folgen Z. 52 fr.
Mcri Taura [TcJiXiv y{v«Tai apj^wv 'Afii-
[9t]Tt|Jio;. Kai iv TOu[T]ot]; [Sjiaaa^it TvdeXiv <[>;
ARCHILOCHOSINSCHRIFT AUS PAROl^ 19
l[v]iJCY)aav [TC]avTc[X]ü); tou; Na^iou;, ^eywv
55 [ojuTGi* Töv8' EANTYA TYi[;] Tuj^yj^ Xao; wapaaxaOii;'
a[ve]-
[wt]us xtütto;.
Von einem Naxier soll schliesslich Archilochos selbst in der
Schlacht getötet sein (Plutarch, De sera num. i^ind, 17 S. 560
u. sonst); der hier bezeugte Sieg der Parier über die mäch-
tige Nachbarinsel ist neu.
Beim Reste der Kolumne verzichte ich gegenwärtig auf jede
Deutung« gebe aber die Hoffnung nicht auf, dass man hier
noch einmal weiterkommt.
Von der zweiten Kolumne ist nichts erhalten, von der drit-
ten nur einige Zeilenenden. Etwa 116 Zeilen sind uns so ver-
loren, vielleicht noch viel mehr, wenn oben noch ein Stein
auflag.
Kolumne IV Z. 1 ff.
infkol 6 TCOiY}TY)[c Xe'ywv - - - - ]
ii ii^l <iTpaT6[v oder dergleichen - -]
VUV iipf^Li'^QL - - - -
Y) inp.[«t]<; w; ip - - - -
5 (xivoc II iXxtfjKo - - - -
xar OTi Si rXaux[- - t*^ xaTOt 0&]-
aov (?) fAitj^TQ )tpaTYia[a; (?) - - - ]
iinkol 6 tcoi7)t[t)]^ [Xe'ywv - - - ]
ov xai 9p6va aTp6[^ - TcaTptSo; (?)] jj
10 yTi; dwi|JLVY}aaio t- - - -
va ToX(iLY)aa; un - -
[•nvjyiXiC (?) II atXK*? ^^^ ' " "
aov 8* eajccv kolI x*[^* " " " ]
. .a. . sU T^v 8aao[v- - - -]
15 TY) a[. x]al wap' iTa[{pa5 (?) - - -]
.o.Ti; TOtaÖTa* - - -
. . . <T . . ic[7ir]i[c]tv - -
20 F. HILLEB TON GABRTRIMGBN
.V [tJti; Ö&aou hlclI - - -
20 ... .xsT' OTi y iXY)[ÖYi ypdt^st -]
uTCEp TauTY)< Tii; 7c[6Xs(i>;, 8ir)>ol 6 tuomoty);, ^cycüv]
TfltSc' jrt^tou; yip av[Spa< - - -• f]-
[wjciTa yuvaixa; i - - - -
Das Folgende ist wieder dank dem unseligen Kranze ganz
unbrauchbar geworden; Z. 25 -ix ttS; -, 26 f. -v, oti 8'iXY)[9Yj
Xeyct, hrfkol 6 woiy)tt)< -» - a ixrtv -(?) oder Ix tivo; (-a)v), 28
-iItcyi, 31 Ol xaa-, 32 -aoixa U.S.W. 44 <fi*v 8' itji-, 45 -o]v
afjLf U-. Etwas besser steht es mit dem Schluss.
.<i)[v? SjoupaT* ix w - -
. .c Twv Se Sa|jLv[ - - - 'A]
OT)vaiY) Aio; II a[JLf
i^av Tcpo. . . Tpix[ - - "Ops]-
50 1CT0 TCupyoc ifx^' i - - -
..a[.. i]y >tö(i>v l8i[i(i - -]
. c[ . ajuTol A6a6t{i)[v - -]
[SIvtJsc j^ipalv <i) •* - »•
dl Zeüc 'OXu(iLTCi{i)[v waTTjp - -]
55 . , VY)v iTC>iyo[v - - - - {[]-
dTÄdaV 7C0Vs[u[JL€V0l || - -]
av 6u(jL6v[7i] xa^ - - -
Es ist leider nicht viel mit diesen Resten anzufangen — falls
es nicht anderen gelingt — was um so trauriger ist, als schon
die Sprache verrät, dass ein guter Teil wörtliche Dichtercitate
sind. Dieser Dichter wird ausdrücklich viermal eingeführt. 'O
woiYjTT); ist sonst Homer, wofür es genügt an Strabon zu erin-
nern ; hier ist es Archilochos. Wenn der ganze Stein, das ganze
Denkmal ihm gehörte, versteht sich das von selbst: aber auch
sonst würde man sich nicht wundern, wenn er in Paros der
Dichler xxt' l^oj^yjv war — hat ihn doch auch an anderen Or-
ten die litterarische Kritik dem Homer gleichgestellt. Seine
AHCHlL0CHü:dlK3CHlllPT AV» PAH03
Sprache slaoä vielfach der epischen nahe; das zeigt gleich Z.
■(pY]i(v
Sl. Uia
vom Giessbach: tov 8' out'
OLp 1
I
YffijpKi (ipYf<,^vaii i9;^Kväua(v , WO Aristarch und Nauck lif-
(ncvai schreiben. Der in Z. 6 angeredete Glaukos ist uns aus
den Fragmenten des Archilochos wol bekannt: Frg. I 'i er-
mahnt ihn 'ein iTCtitotjpo; ivJijj ist nur so lange beliebt, als er
kämpft'; 54 schildert die Schrecken der gemeinsamen stürmi-
schen Überfahrt ; 57 scherzt über seine kunstliche Frisur; 70
spricht zu ihm von dem Wechsel der menschlichen Gemüts-
verfassung . wobei er FlacüÄS AiTtTivtü» Ttif angeredet wird.
Man tühlt sich versucht, dieser Betrachtung über den öuf^ö;
di« Reste Z. 9 ff. anzuschliessen , die einen Umschlag der
Stimmung (^pjvx 5Tpfij([t, Subjekt Zeus?) und wol eine weh-
mütige Erinnerung an die [heimische] Erde (Z. 10) nach ei-
nem kühnen (Z. 11 etwa ToXiATua? fi.i[fiiifiv Ipyov) aber wol
misslungenen kriegerischen Unternehmen erwähnen. Z. 13 oöv
i' itAii Kxi i.»!}^»-- geht vielleicht auf den Sinn des Angerede-
ten, wie Uli robiir et aen triplex circa pectus erat — also
etwa ^Top oder x-np zu ergänzen. Ob Z, ID. 16 mit der llof-
fährligen die untreue parische Gelieble Neobule gemeint ist,
die Archilochos nachher mit seinen Schmähungen verfolgte,
ist sehr fraglich, obwol man un sie zunächst denkt; denn das
Lokal ist hier überall (Z. 6/7, l''i?, 19) 'l'hasos, das auch Z.
21 mit ürtip taÜTi»i; rii; itföXtu; gemeint ist; vgl, Archilochos
Frg. 129 ei<rov Ss tvjv tptioiCOpTiv iiöXiv. Z. 22 denkt man bei
den 1000 Männern an Frg. 59 'ijüti yip vixpüv Tcsaövrwv, oH»;
i|i*pi}iaii(i TCOiiv, ^iiioi povijs; iajAtv'. Z. 32 äoixot geht wol auch
auf Thasos Der Schluss schilderte eingebend den Bau eines
Turmes (Z. 50 wüpyü!; »ipE]xtQ wäre Phisquamperfectum von
ipifu, bedachen). Was Z 52 die Lesbier sollen, ist unklar,
wenn es sich nicht wie in dein oben angeiührten Fragment
Nr. 76 um ein tesbisches Lied handelt, das Archilochos selbst
(aÜTot) dazu anstimmt oder wenigstens gedichtet bat.Athenaie
und Zeus, der ähnlich wie Frg, 74 Zeu( tcjttjp 'OlujtJtiiov ge-
nannt wird, werden dem Werke freundlich gewesen sein;
)edenfaüs scbliesst die Kolumne mit einem guten Worte e-j-
1
22 F. HILLBR VON GAERTRIN6EN, ARGHIL0GH0SIN8CHRIFT AUS FAROS
|AcvT) xaX -. Was die nächsten Kolumnen brachten, entzieht
sich unserer Wahrnehmung.
Der Stein giebt zu wenig für unsere Wünsche, und es
wird auch dann zu wenig bleiben, wenn ein Glücklicherer
über ihn kommt, dazu ist das Zerstörungswerk, das die Hin-
terbliebenen der Pontia und Stertinia hier angerichtet haben,
ein zu grausiges. Aber müssen wir den Barbaren nicht noch
dankbar 8ein,da88 sie bei der Herrichtung des Steins für ihren
Zweck so unglaublich liederlich gewesen sind und soviel
von dem sie doch nur hindernden alten Texte übrig gelassen
haben ? Und auch sonst brauchen wir nicht ausschliesslich
Trauer und Entrüstung zu empfinden über den ruchlosen Van-
dalismus. Aus den Resten tritt uns doch mancherlei entgegen,
was geeignet ist, das Bild eines der grössten griechischen Dich
ter und eines kleinen, aber doch durch seine Gelehrsamkeit
verdienstvollen Lokalantiquars wieder zu beleben — und wenn
der griechische Boden solches bringt, darf man die Hoffnung
nicht aufgeben, dass er noch andere Schätze birgt, denen es
vielleicht nicht so schlimm ergangen ist, wie dem Steine des
Archilochos.
Berlin, Januar 1900.
F. HILLER VON GÄRTRINGEN.
0-*-
DAS BRUNNENHAUS DES THEAGENE8
(Hierzu Tafel VII. VIII)
Die Ausgrabungen an der athenischen Enneakrunos haben
neben der grossen Wasserleitung nur wenige Reste des pisi-
stratischen Brunnens geliefert und ein Verständniss dieser
Trümmer war fast unmöglich, so lange nicht ein besser erhal-
tenes Brunnenhaus des sechsten Jahrhunderts zum Vergleiche
benutzt werden konnte. Herr Dörpfeld erwartete eine solche
Anlage in Megara zu finden, dessen xpY)VYi Pausanias rühmend
erwähnt und das die Heimat des Eupalinos war^ des berühm-
ten Brunnenbaumeisters der Tyrannenzeit. Im Jahre 1898
begab er sich deshalb gemeinsam mit Herrn Wilhelm nach
Megara und ermittelte dort die Reste einer alten Leitung, die
bis in kleine Eigentümlichkeiten denen von Samos und Athen
gleicht. Man kann diese Leitung von dem Punktet des Über-
sichtsplanes (Taf. 7), im Norden der Stadt, verfolgen bis weit
hinein in die Ebene; dort teilt sie sich in drei Zweige, die bis
an den Puss der Berge hinanreichen. Die nähere Erforschung
dieser Leitung wird hoffentlich in nächster. Zeit erfolgen kön-
nen.
Den gesuchten Brunnen , das eigentliche Ziel der Gra-
bungen , erwähnt Pausanias am Anfang der Beschreibung
Megaras mit folgenden Worten (I, 40,1): "Eati Se sv tyj wö-
pxvviQaa^ (J)xoSöpLr,9E ty)v xp7)VY)v pLSY^Oou; ev£}ca koci xödpLOu xal s; t6
TcXTiöo; Töv jciövwv 6ioL^ i^tav. Der Perieget wendet sich bald
hernach zu den Denkmälern der östlichen Akropolis Karia,
es waren also die Überreste des Baues an dem der Stadt zu-
gewandten Fusse der Karia zu suchen.
Herr Dörpfeld beauftragte die beiden Verfasser von diesen
Voraussetzungen ausgehend die Leitung zu verfolgen und das
Brunnenhaus zu suchen. Die Grabungen dauerten vom 11.
bis zum 23. Dezember 1899. Die Tafeln des vorliegenden
24 B. DBLBRUECK UNI) X. Q. VOLLHOBLLBH
Berichtes sind von Vollmöller gezeichnet, der Text von Del-
brück geschrieben worden. Die Ausgrabungen sollen fortge-
setzt werden, sobald die Bauerhöfe gekauft sind, in deren Bo-
den das Brunnenbaus liegt.
Die aufgedeckten Reste sind auf Taf. 7 mit blauer Farbe
eingetragen, das Brunnenhaus selbst ist in grösserem Masstabe
auf Taf. 8 wiedergegeben. Eis wurden im Ganzen freigelegt:
zwei längere und eine kürzere Strecke der Leitung (j1, B,D),
ein Einsteigeschacht {C), Teile des Brunnenhauses {E, F),
Ableitungsrohre ( G).
Der Zusammenhang der aufgedeckten Leitungsstücke unter
einander und mit dem Brunnenhause wird bewiesen durch
ihre technische Ausführung und die folgenden Niveauzahlen:
die Meereshöhe der Leitung auf der Sohle der oberen Rinne
gemessen beträgt: bei A 43,30", bei ^42,93". beim Ein-
flüsse in das Bassin 42", die Meereshöhe des Bassinbodens
ist 40,75'°.
Die Leitung läuft von A aus in der tiefsten Senkung zwi-
schen den beiden Akropolen, entlang dem Pusse der Karia.
Wo das Terrain nach Süden zu fallen beginnt, ist das Bassin
des Brunnenhauses in den Boden eingelassen.
Um die Anlage der Leitung zu veranschaulichen dienen
der Querschnitt Fig. 1 und der
Längsschnitt Fig. 2, bei diesem sind
in der linken Hälfte dieThonröhren
der Wasserrinne ebenfalls durch-
schnitten, in der rechten dagegen
in ihrer Aussenansicbt dargestellt.
Die Wasserrinne liegt in einem bis
zu Mannstiefe in die Brde geschnit-
tenen Graben. Die Wände dieses
Grabens werden gestutzt von star-
■ " 'all ' ' 'lÄi ken Porosplatlen; es sind entweder
Fig. i.— Querschnitt der Leitung, einzelne hohe Steine verwendet wor-
den, oder zwei kleinere über ein-
ander gestellt. In ganz ähnlicher Weise ist der Stollen der
DAS BRUMNBNHAU» DBS THBAßKNBS 25
athenischen Leitung gebaut, soweit er nicht in den Felsen
geschnitten ist. Um die Stand festigkeil der Platten zu aiehern
I
I
Fig. 2,— Längsschnill der Leitung.
ist der Zwischenraum fusshoch mit Erde gefüllt, darüber liegt
eine breite Thonrinne, deren Querschnitt einem Dreiviertel-
kreise gleicht; die einzelnen Stücke sind an den Enden ver-
stärkt, in einander gefalzt und mit Stuck gekittet; im Innern
hat sich dicker Sinter niedergeschlagen. Der Thon ist hart und
spröde, mit kleinen Krystallen und Steinclien gemischt, im
Innern blaas feuerrot gelarbt, nahe der Oberdäche graugelb,
aussen mit einer hellgelben dünnen Engobe überzogen.
Über diese Rinne wurde später eine zweite gelegt, diese von
rechteckigem Quersclinilt; die Enden der Stücke haben auch
hier Verstärkungswülste und die Bodenplatten sind in einan-
der gefalzt. Die Art und Qualiliit des Thones unterscheidet sich
nicht von dem der unteren Rinne, nur fehlt die Engohe. Der
Sinterüberzug im Innern ist sehr stark.
Im unteren Teile der Strecke B sind an zwei Stellen die
Porosplalten des Grabens herausgenommen und durch Qua-
dermauern mit Kalkverhand ersetzt worden, auf ein längeres
Stück auch nur durch ein schlechtes Gemäuer mit viel Kalk.
Jedenfalls war der Graben im Altertum mit Deckplatten ge-
schlossen,doch sind sie in den gut gebauten Teilen nicht mehr
vorhanden; nur dort, wo die Leitung bei B in der Erde ver-
26 R. DBLBRUBCK UND R. G. VOLLMOBLLER
schwindet, liegen starke rohe Platten über den späten Qua-
derwänden.
Auf den Strecken A und B verläuft die Leitung dicht unter
der heutigen Oberfläche ; antike Fundamente, die bei A an den
oberen Rand des Grabens stossen, machen für die alte Zeit
den gleichen Zustand wahrscheinlich. Vom südöstlichen Ende
der Strecke B an liegt sie unter einer hohen Aufschüttung.
Es ist noch zu bemerken, dass auf der Strecke A ein von
Süden kommendes Bleirohr etwas oberhalb der Rinne in den
Graben mündet; seine Öffnung wurde durch ein bleiernes
Sieb verschlossen gefunden (vgl. Fig. 2)-
Folgende Teile des Brunnenhauses sind ausgegraben wor-
den (vgl.Taf. 8, wo die freigelegten Teile dunkeler, die dar-
nach ergänzten heller gefärbt sind): im Hofe des Dimitrios An-
dren : Die Nordwest -Ecke der Stützmauern des Bassins mit
grossen Teilen der nördlichen und westlichen Mauern und mit
drei Säulen. Der obere Teil der Nordmauer stand schon vor
der Ausgrabung im Hofe und im Hause über der Erde, ebenso
ini Hause einige Quadern der Ost-Mauer; den Besuchern von
Megara wurden diese Reste oft als Stützmauern des Olympi-
eions gezeigt.
Im Hofe des Pappasideris : ein Teil der Südmauer des Bas-
sins mit vorgelegtem Plattenpflaster, nördlich davon Reste ei-
ner Quermauer, an der Südwest- Ecke ein Stylobat. Im ersten
Stalle nach Osten ein weiterer Teil der Südmauer, im zweiten
Stalle ein Stück der Ostmauer.
Die Gesamtlänge der Schmalseiten des Bassins ist IS,?^",
die der Langseiten 19™. Die Masse beanspruchen keine abso-
lute Genauigkeit, da sie unter erschwerenden Umständen ge-
nommen sind.
Die nördliche und östliche Mauer und der nördliche Teil
der westlichen sind Stützmauern. Sie bestehen aus grossen
Quadern des grauen, megarischen Kalksteines, die mit Aus-
nahme der rohgelassenen Rückseite mit dem Spitzhammer
geebnet sind; die Seitenflächen haben Anschlussleisten. Die
Steine wurden in gleichhohen Schichten mit ziemlich regel-
DAS BRU^'NBNIIA[]S DES THEASENES 37
mäHsigem Fugenwechsel ohne Dübeiung versetzt ; einigemale
[ sind Quadern nicht ganz rechteckig geschnitten oder Keile in
den Ecken eingeschoben. Im Hause des Dimitrios Andren ist
die Mauer bis zur Höhe von neun Schichten = 5,50", sonst von
[ sechs bis sieben Schichten erhalten. Von der Art des Mauer-
werk» giebt Fig. 3 (Nopdwest-Ecke)eine Vorstellung. Die zwei
I
I
Fig. J.— Nordwest-Eüke des Bassios.
untern Schichten bis zur Hohe von 1,55" tragen einen fingep-
starken Oberzug aus feinem lestem hellrotlicliem Stuck, üar-
über legt sich eine dicke Sinlerschieht. Dicht bei der West-
ecke am oberen Rande des Sockels ergoss sich das Wasser der
Leitung durch einen handhohen vierseitigen Kanal in das
Bassin.
Der Boden stösst in ziemlich scharfem Winkel an den Fus3
der Mauer an, ohne den gerundeten oder schrägen Übergang,
der späteren Wasserbassins eigen ist. Er besteht aus einer
Stuckscbicht, die Über eine Lage von massig grossen Feldstei-
nen ausgebreitet ist. Über dem Stuck liegt nicht sehr starker
Sinter.
1,98° von der Nordwand, 2,10° von der Westwand fand
sich aufrecht der noch bis zu Brusthöhe reichende Stumpf ei-
28 R. DBLBRUBCK UND R. G. VOLLMOBLLBR
ner achtseitigen, 0,50*° starken Porossäule; 2,33"* östlich der
Stumpf einer zweiten; 2,33"* südlich die Standspur einer
dritten. Die Säulen sind fundamentirt mit quadratischen Po-
rosplatten; erst als sie versetzt waren, legte man die Stuck-
schicht, sodass nur der freiliegende Teil der Fundamentqua-
der von ihr bedeckt wird. Die Säulen selbst sind anscheinend
nicht stuck irtfSondern der dicke Sinter hat sich direct auf den
Porös setzen können. Es wurde die kleine obere Trommel ei-
ner Säule gefunden, die mit Stuck überzogen ist und keinen
Sinter hat. Auf der Oberfläche des westlichen Stumpfes sieht
man das bei der Verdübelung der Trommeln benützte qua-
dratische Loch.
Nach den erwähnten Massen sind sechs Querreihen von je
fünf Säulen mit Sicherheit zu ergänzen. Die siebente Quer-
reihe würde zu nahe an die Quermauer nördlich der Süd-
wand herangerückt werden müssen und ist darum in der
Zeichnung auf Taf. 8 fortgelassen. Über die Höbe der Säulen,
den Charakter ihres Kapitells, die Art der Bedachung des Ge-
bäudes ist nichts bekannt.
Bei der Nordwest-Ecke des Bassins, 1,40° von der West-
mauer entfernt, läuft in der Höhe der oberen Kante des stuckir-
ten Sockels eine gutgearbeitete Porosrinne von Norden nach
Süden, die nur in einer Länge von etwa 1 72" freigelegt wer-
den konnte.
Von der südlichen, der Fassadenseite, des Brunnenhauses
fand sich folgendes :
Zunächst der Stuckboden des Bassins in derselben Meeres-
Höhe und Ausführung wie im nördlichen Gehöft. Daran stösst
südlich eine schmale niedrige Porosmauer mit einer Kalk-
steinbrüstung. Die Oberfläche der untersten Schicht der Po-
rosmauer liegt etwas tiefer als der Bassin boden, dann folgt
eine Lage Orthostaten, darauf eine Lage niedriger Plinthoi,
endlich die Kalkstein brüstung; vgl. den Durchschnitt Fig. 4,
in welchem Porös einfach, Kalkstein kreuzweise schrafBrt ist.
Die Steine der Porosmauer sind geglättet und sorgfältig ver-
passt, aber nicht verdübelt. Die Aussenseite war von Erde ver-
DAS BHUNNI
i THEAGENES
liflächen der Sterne sind rauh gespitzL mit AnschlussleistRn. Das
deckt (s.u.); die Innenseite zeigt denselben Stuck wie der
Bassinboden, darüber dicken Sinter.
I Auf die Fuge zwischen der obersten Schicht der Poposmauer
und der KalksLeinbrüstung stösst an der Aussenseite des Bas-
sins ein Pflaster aus grossen Kalkplatten, das auf einer Fun-
damenlirung von schlechten Porosplatlen ruht. Die Seilen-
KALKSTEI N- B ftVST VN G-
T"
~1
:5
Fill. i.— 8chntlt durch den stidliclien Teil des Bassins.
l'Pflaaler kommt im nächsten siidliclien Gehöft im Keller wie-
■ dpr zum Vorschein. im Westen stiess es wol gegen den späler zu
l-erwühn enden West-Stylobat, die Ost-Grenze konnte nicht frei-
luelegl werden. Die Platten sind sehr stark ausgetreten, so sehr,
Idass da. wo sie an die Hrüstung anschliessen. ihre Fläche um
iHandbreite schräg ansteigt. In Abständen von je zwei Schrit-
lien. dicht vor der Mauer, sind kleine un regelmässige Gruben
I in den Stein gehöhlt, wie als sei dort Wasser lange Zeit herab-
I gelallen. Die Abnützung der Platten, die Schmalheit und Nie-
l^drigkeit der Mauer, die sich nur um Kniehöhe über das Pfla-
Isler erbebt, beweisen, dass man von hier aus das Wasser des
I Bassins benutzte. Die auf eine Länge von S" wolerhalliMie
Kalksleinbrüetung zeigt des Näheren, wie das geschah.
30 B. DBLBRUBCK DND X. O. TOLLMOELLBR
Vom Platten pflaster aus steigt dieser Stein an der AuBsenseite
bis zu Kniehölie senkrecht auf, daran schliesst sich eine hand-
breite Abschrägung. Die ganze Flache ist rauh gespitzt gewesen
und dann stark abgenützt worden. An der Nord-Seite, der
Innenseite des Bassins, ist die Mauer in der Höhe von 1 ^f"
sichtbar; die Oberkante der Kalksteinbrüstung lag also nur
0.25° über dem Wasserspiegel. Die Fläche dieser Seite fällt von
der Oberkante aus zunächst gerundet ab ; 25*" tiefer zieht sich
die Quader rasch ein wenig ein und ist von da ab ziemlich eben.
Etwas vorstehend finden sich dicht über der Unterkante der
Quader Stellen, die rauh gespitzt sind und Spuren von Stuck
aufweisen. Die ganze übrige Fläche ist glatt, aber leicht und
unregelmässig bewegt. Dicht aneinander, oben nur durch Stege
oder Grate getrennt sind hohle Geleise in die Fläche geschlif-
fen, die verschieden tief beginnend, z. T. noch in der Poros-
quader, von schmalem flachem Anfang sich verschieden stark
erbreitern und vertiefen, von denen die tiefsten sogar in die
Vorderfläche der Steine einschneiden. Die Abbildung Fig. 5
zeigt die Brüstung mit diesen Ausschleifungen vom Inneren
Fig. 5.— Brüstung Tom lonem des Bassios ber gesehea.
HAUS DES THEAGENES 31
ftdeB Bassins her gesehen, links Brüstung und Erdreich durch-
Kichnitten. Am Westabhange der Burg in Athen ist eine Kalk-
laleinquader ausgegralien worden, in deren Oberkante in ganz
lahnlicher Weise die Geleise einer jetzt verlorenen ausgeschlif-
Ifenen Brüstung übergreifen'.
Es wird so sein, dass die ganze Quader anfänglich rauh ge-
iBpitKt war, wie an der Vorderseile und an der Rückseite dicht
rliber der unteren Fuge. Lange Zeit hindurch kamen wasser-
l'holende Frauen an das Bassin, traten die Platten des Pflasters
|Bh, glätteten durch die Reibung ihrer Kleider die rauhe Aus-
lenseite der Brüstung, zogen die schweren Krüge an der In-
Inenseile des Steines herauf, sodass Stuck unil Kalk abgeschlif-
IIbd wurden und jene Geleise entstanden. Die starke gleich-
I massige Auswaschung der unleren Hälfte der Quader wird sich
I daraus erklären, dass das oft bewegte Wasser des Bassins dort
■anschlug. An der tiefsten Stelle der tiefsten Geleise spülte das
I Wasser über die Brüstung und es entstanden im Pflaster davor
tan diesen Stellen die kleinen Gruben, von denen gesprochen
rwurde. Da diese Gruben, und also vermutlich sehr tiefe Ge-
lieise, in bestimmten Abständen wiederkehren, könnte man
denken, dass dort den Geleisen vorgearbeitet gewesen sei.
Man schöpfte das Wasser nicht aus dem grossen Reservoir,
sondern aus einem Vorbassin; 1 *j^° hinter der Brüstung v\'urde
L an zwei Stellen eine nur bis zu Mannshöhe erhaltene starke
I Quermauer aus Porosquadern freigelegt, die an beiden Seiten
[ mit Stuck und bis zur Wasserhöhe mit Sinter bedeckt ist (vgl.
[Fig. 4), Sie muss Offnungen gehabt haben, durch die das
f Wasser des grossen und des kleinen Bassins in Verbindung
[ stand. Über den weiteren Aufbau dieser Schranke ist nichts
bekannt; man könnte die zum Teil während der Ausgrabung
[gefundenen, zum Teil in die Häuser verhauten Halbsäulen
I vermutungsweise hierher beziehen,
An der Sudseite befanden sich ferner zwei Wasserabflüsse
Lzur Entleerung des Bassins. Erhalten sind am ßassinhoden
• Vgl, Athen, Mitth. 189-2 S, 443. t
&
32 R. DBLBRUBCK UND R. 0. VOLLMOBLLBR
Lager für die Hähne an der West-Ecke und etwa in der Mitte
der Front ; das westliche Lager zeigte noch grüne Oxyd-Spu-
ren und der Besitzer erzählt, dass dort ein eherner Gegenstand
von sieben Oka ( = fa8t 9 Kilogramm) Gewicht herausgenom-
men worden sei. Das Wasser lief ab in mannsbreiten Poros-
gängen, die aus Bodenplatte und zwei Seitenplatten bestan-
den; am West-Ausfluss ist nur die Bodenplatte erhalten ; beide
Gänge sind etwas schräg zur Front gestellt. Sie liegen heute
unbedeckt, ob ursprünglich das Platten pflaster darüber hin-
ging, ist nicht gewiss zu sagen, doch höchst wahrscheinlich.
Am West-Ausfluss ist etwa in Pflasterhöhe ein kleiner Poros-
balken mit Kalk rechtwinkelig an die Porosbalken der Süd-
wand angesetzt; der Balken und die Wand sind mit dickem
schlechtem Stuck bedeckt.
Bis hinunter zu der allein erhaltenen Bodenplatte des West-
ausflusses war diese Stelle mit der grauen Masse gefüllt, die als
Abfall entsteht, wo mit Asche gewaschen wird. Man hat dort
wol, als der Bau nicht mehr gepflegt wurde, Platten heraus-
genommen und eine Grube für den Abfall hergestellt.
Am Südende liegt der Westwand des Bassins eine 1 Y2"
breite Schicht aus zwei in einander greifenden Reihen starker
Porosplatten an, von der ein kleines Stück freigelegt werden
konnte. Sie reicht nach Süden um 1,75°* über die Ecke hin-
aus; ihre Oberfläche liegt 5"° tiefer als das Platten pflaster;
an der Westseite haben die Platten Anschlussfläche. Nach
Westen tritt unter dieser Schicht eine zweite ähnliche zu Tage.
Im Süden stösst die obere Schicht an eine in gleicher Höhe
liegende von Westen kommende Reihe nur 0,80" breiter Po-
rosquadern ; die östlichste Quader dieser Schicht greift um
Handbreite über die Ostseite der breiten Schicht über; dies
übergreifende Stück ist etwas breiter als die übrigen Steine
der schmalen Schicht. Es scheint als habe hier die Ante einer
Säulenreihe gestanden, die zu Schutz und Schmuck der schma-
len Südseite vorgelegt war. Elf Meter nach Westen von der
Ante entfernt findet sich im Souterrain des heutigen Hauses
in gleicher Höhe eine zweite, 2,15"* breite Schicht aus mehre-
DAS BRUNNENHAUS DBS THEAGBNES 33
ren Reiben starker Kalksteinplatten, die der Westwand des Bas-
sins parallel läuft. Die Schicht ist eine Platte tief. Die Seiten-
flächen haben nach Osten Anschlussfläche, nach Westen sind
sie roh gelassen, enden also im Terrain Die Ausdehnung die-
ses Pflasters nach Norden ist unbekannt; Säulenspuren sind
nicht vorhanden, doch möchte man glauben, dass die star-
ken Platten eine Halle getragen hätten. Herr Dörpfeld hält es
für möglich, dass an der llinterwand dieser Halle, der West-
wand des Bassins, das Wasser aus Röhren geflossen sei.
15*° südlich des Bassins (bei G) fanden sich fünf kleine
Rohre aus rotem hartem Thon nahe nebeneinander von Nor-
den nach Süden laufend. Sie müssen als Abzugsrohre oder
zur Fortleitung des Wassers in andere Stadtgegenden gedient
haben.
Nach Beendigung unserer Grabungen stiess man gelegent-
lich städtischer Erdarbeiten auf das Scböpfbassin eines zwei-
ten, viel kleineren Brunnenhauses, das ähnlich wie der Brun-
nen des Theagenes aus stuck irten Quadermauern besteht und
an der einen Seite die ganz erhaltene Kalksteinbrüstung auf-
weist. Das Gebäude liegt am Westfusse der Burg des Alkathoos;
auch seine völlige Aufdeckung soll später versucht werden.
RICHARD DELBRÜCK
KARL GUSTAV VOLLMÖLLER
-i>-^^m^-^
ATHEN. MITTHBILUNOEN XXV.
DAS PSEPHISMA DES ARCHINOS
Die wichtige athenische Urkunde, die Ziebailh in diesen
Mittheiluugen 1898 S. 27 £F. veröffentlicht hat, bedarf, sowol
was den Text wie was seine Verwertung angeht , einer er-
neuten Behandlung. Ich lege zunächst (S. 35) das Ergebniss
meiner Vergleichung der Inschrift vor und zwar nur in Um-
schrift, da eine Wiederholung in epigraphischen Charakteren
nicht nötig scheint, ich bemerke dabei, dass die Lesung mit
Ausnahme einiger durch Corrosion halb zerstörter, undeut-
licher Buchstaben, die durch untergesetzte Striche gekenn-
zeichnet sind, überall gesichert ist, auch da, wo Ziebarth ab-
weicht oder gar nichts verzeichnet. Buchstaben, die noch
zum Teil erhalten sind, habe ich durch untergesetzte Punkte
bezeichnet. Die Zahl der fehlenden Buchstaben ist durch
Punkte angedeutet. Auf Seite a sind die beiden ersten, auf
der vorspringenden Profilirung stehenden Zeilen, auf Seite b
das Wort AiYr.iSo; Kol. II, 10 durch grössere Buchstaben als
Überschriften gekennzeichnet. Für die Ergänzung ist zu
beachten, dass aus eben dieser Überschrift AlymiSo;, die Zie-
barth entgangen ist, eine der ersten erhaltenen noch vorher-
gehende Kolumne auf Seite b mit Sicherheit erschlossen wer-
den kann. Denn den Phyleten der Erechtheis müss so gut wie
denen der Aigeis der Name ihrer Phyle vorangesetzt gewesen
sein. Dieser fehlt aber im Anfang von Kolumne I, welche also
nicht die erste des Namenverzeichnisses gewesen sein kann,
jedenfalls aber die zweite, nicht erst die dritte oder vierte ge-
wesen sein muss. Entsprechend fehlt auf Seite a rechts von
dem letzten A in Z. 4 die Breite einer Kolumne, d. h. etwa
12 Buchstaben.
Im Einzelnen ist nur noch zu bemerken:
a: Z. 4 Ende: xocteX wahrscheinlicher als xaraX. Z. 9 ist
nach 'AOiQvaiot; ein Buchstabe getilgt; nach to; Si folgte u oder t*.
b: 1,2 AEPTINNS:.
DAS PSBPHI8MA DBS ARCHINOS
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36 H. VON PROTT
Dass diese Urkunde mit der litlerarisch überlieferten He-
lohnung der Männer von Phyle irgendwie zusammenhängen
muss, liegt auf der Hand : Aischines 111,187 ev toivuv töi uly)-
Tpco'.cüt Tcapa to fiou^iuTy.piov y)v ISots Scüpsiv toi< otTco 4>u^>i; ^lu-
yovTa Tov Syiulov xaTayayoödtv fdriv iSitv. 7)v piiv yip 6 t6 ^Yj^njua
Ypi^a; xai viKYiaa^ 'Apj^^ivo; 6 ix Koi>y);, il< tcov xaTayayövTCöv tov
Stiulov, £ypa(|/€ Si TrpcoTOv |jt,€v auTOi; ci; Ouaiav xai ava6rj|i.xTa ^oO-
vai '^i^tag Spa^pidt; ( xai tout' sariv IXaTTOv y) Sexx Spaj^^ftai xar*
avSpa ExacTOv), iTrsiTa xcXeuci aTi^avoudOai Oa^XoO aTe^dtvci)*. aurcov
exxiTOv iXK O'J jf^pucwf tÖts (xev yip iqv 6 toö öaX^oö axc^avo^ ti-
(xioc, vuvt Se xxt 6 )rpvi9oOg ;caTa7r6fpövY)Tat. xai ouSe toOto flx^Ji
TTps^^ai x£>.€U6t iW axpiSü); tyiv ßouXY)v f;x£i{/a|xevY)v, oaoi auTcov £7cl
<I>u>yii e770^iopxy]4v)aav, ct£ AaxsSai^iiövioi xxi ol Tptaxovra 7rpoa£«
6a»ov ToC< xara^aSouai *I>uXr)v 190 iva hi u.*/) aTCOTC^avö u{i.a<
iwo Tvi^ UTCoOe^EO);, ivayvcooriTai uaiv 6 ypa[/.a,aT6u; to £xiypau.|xa
0 iTCiyeypaTCTat toi; iizo <I*'j^Yi; tov SYJaov xaTayayo»'<Jiv.
SniFPAMMA
toütS' ap£T9i; £V£xa nT£^avoi< £y£patp£ 7ra^aij(^6ci)v
Svipio; 'AÖTOvaicöv, oi 7roT£ tou^ aSixoi;
0£<;uLOt< ap^avTa; 7rpd>T0i Trö'Xfb); xaTa7uxu£iv
"^p^av xiv^uvov 9(i>u.a9iv apdcfjifvoi.
Nach Ziebarth wäre wahrscheinlich auf dem Stein der Anfang
dieses Psephismas erhalten. Dieser enthalte dieVerleihung des
Bürgerrechtes an die Phyle -Kämpfer ( 'AÖY)vaioi; Ivai auTolc
xai dxyovoi; auicüv ) und getrennt davon die Verleihung ver-
mutlich der Isotelie an die Munichia- Kämpfer (Z. 9 [evat H
auTot; laoTAiiavl xa6x:r£[p 'A6jY)vatot?. Da die Neuordnung der
Verhältnisse sich nqch 7Avei Jahre hinzog, sei es erst im Jahre
401 unter dem Archon Xenainetos (Z. 2 E£vatvfiT]o<; ripx«), dem
einzigen unter den Archonten dieser Jahre, dessen Name auf
-elendige, zu dem endgültigen IJeschlusse gekommen, 'für
den eben die genauen Unterscheidungen unter den zu Be-
lohnenden charakteristisch gewesen zu sein scheinen*.
Durch diese Darstellung wird der Zusammenhang mit der
litterarischen Überlieferung eigentlich wieder zerrissen und in
I
Frage g<^9telll und sie ist an sich nicht folgerichtig. Die Über-
lieferung bei Aischinessagt nichts von (lüpgeri-echtsverleihung.
Den Phyle-KÜmpfern konnte zutiein mit clieser [""nrniel das
Hürgerrechl gar nicht verliehen werden, da sie, zum grossen
Teile wenigstens, Düfger waren. Die Unleracheidung jener
beiden Kategoi-ien der Belohnten wird ohne Giiind in die In-
schrift hineingetragen Sehr auffallend endlich wäre, wenn
«owot die wackeren Patrioten über zwei Jalire auf ihre ver-
diente Auszeichnung als die Golthell auf den Dank der Men-
schen hatte warten müssen. Es war also mindestens die
Frage aufzuwerfen, ob nicht die Urkunde aus dem Jahre der
ävxpx'^' (^04/3), dem ArcliontaL des Pythodoros, statt aus dem
Jahre der endgültigen SialOim; ( 'lOI/'iOfl). dem Archonlat des
Xenainetos. stammen könne.
Mir scheint in der Thal unzweil'plhat't, dass dieser Iteschluss
unmittelbar nach der Itückkelir des Demos gefasst ist Noch
unter dem Archontat des Pylhodoros landen die vorliiuligen
8iiMätY«i ' statt und wurden die ipx*' t'^- ß) eingericlilet
(Xen. 'B». lt. 4, 4.1), denn von diesem Jahre an rechnet
Ariatoleles ('Mr,i. nak. 41,1) sogar die neue Verfassung. Die
vjv&ijAxt der Parteien unrl die i^nUtimt; der Oligarchen fanden
erst unter Kukleides statt im Jahre 403/2 ("Aftuv. no\. 39, 1).
Damals erwarb sich Afchinos durch die kluge Massregel der
Beschränkung der .Anmeldungsfrist l'iir die e^oixTiiri; das Ver-
dienst, viele Bürger in Alben zurück zu halten. Erst nachher
(l>;»T«. Tot'jTJt Aristoteles] slellle Thriisyhiilos den Antrag. allen
tnU CA riEipx'üc. unter denen sich sogar Sklaven befanden, das
BUrgpiTPcht zu erteilen, ein .\nlrag. den .\i'chinos mit Krfolg
durch dieypät9Yi .tkp«vö;/(i)w bekümpfle ('AOjiv, :tiX. 40.2. .Aisch.
lll.t95.jPlut.]ßioiSi"Ä« pviT. 835 F. Maximus Planudes zu Her-
mogenes V 343. Walz) Auf dasJahr 104/3 könnte in der In-
• Dies isl der technische Aiisilnick. <lcr Z. 9 sich liiiiJcl: Isokr. XVIII,
I IT und 3h: öiaXXa^ii Xen. 'EXX. II, i, :m: SiiXXixixl Ai'istut. 'Afliiv. r.tiX.
|3S, 1. Der delinilitc Vertrag heissl auvUijKai. Is»kr. XVIll, l'.lir. Arl-stul.
rAln* Koi. 31). 1.
38 H. VON PHOTT
Schrift auch die allerdings ganz ungewöhnliche Formel inZ. 5
i^n^its^cLi *A(hQvaioi< ZU deuten scheinen ; dass i^n^lts^cn nicht
absolut stehen und nicht mit Ziebarth *A6Dvaiot( ilvai aurol; xal
ixyovoi^ konstruirt werden kann, ist klar. Aber aus dieser For-
mel auf einen noch ungeordneten politischen Zustand, etwa
auf ein Fehlen der ßou^io zu schliessen ist nicht gestattet. Denn
eben Archinos brachte den Antrag des Thrasybulos zu Falle
Sia t6 aTcpoSoü^euTov etoaj^OTivai. Vielmehr hat sich die stets
hervorgehobene Mässigung der Athener bei der Wiederherstel-
lung der Verfassung auch darin gezeigt, dass sie die bestehen-
den Organe der Regierung zunächst nicht antasteten , und so
haben sie auch ruhig die neuen Beschlüsse nach dem oli-
garchisch gewählten Archonten datirt, dessen Namen man spä-
ter nicht gern als eponym brauchte (Xen.*EXX. II, 3, 1 ; vgl.
Lysias VI 1,9). Für die Ergänzung des Namens des Pythodo-
ros ist auch ein äusserlicher Anhalt vorhanden. Die Über-
schrift ist (TToi;^Y)S6v angeordnet und man wird gern annehmen,
dass die kürzere zweite Zeile symmetrisch unter die erste
gestellt war.
Die ersten Zeilen der Urkunde handeln von der Verleihung
einer Auszeichnung an die, odot <ruvxaTTi>6ov iico ^uXv)(. Das
sind sicher nicht die Männer von Phyle, welche in einem
Psephisma nur als o<roi xaTtiXOov itzo ^uX^; bezeichnet werden
konnten ^ vielmehr die, welche sich ihnen angeschlossen hat-
ten, also Nichl-Athener, die daher in den die Begründung
für die Auszeichnung enthaltenden Zeilen 7-8 als oufxaa/oi be-
zeichnet werden. Gemeint können damit nur Metöken sein
und diesen Metöken kann nur das Bürgerrecht verliehen wor-
den sein. Denn die auf der Rückseite verzeichneten Männer
— unzweilelhatt dieselben, von denen das Psephisma handelte —
sind nach Phylen geordnet, also Bürger, unter ihnen aber ist
< Bei Aristoteles 'AÖ7)v. noX. 40, 2 ev Jii fxsr«6^8oü xij; noXitiia; jsaai xot; «x
Utipanita^ dUYxaxcXOoüai ist 9uv natürlich durch einen in Gedanken zu er-
gänzenden Dativus {cL^xfbi d. h. 0paau6ouX(oi ) gerechtfertigt, wie Aiscb. III,
195 0paau6ouXov - - eva tcuv au^xaTcXOdyTcov aOttji diicö <^uX^(.
DAS PSBPHISMA DBS ARGHINOS 39
doch wol der aicafiofopo; (?) Bendipbanes (Kol. II, 1 ) ein ehe-
maliger Metöke. Von diesem Anfange der Urkunde, der Ver-
leihung des Bürgerrechtes an die bei der ersten Besetzung
Pbyles beteiligt gewesenen Metöken, berichtet Aischines nichts,
weil es ibm nur auf die Hauptsache, die Auszeichnung der
ganzen Schaar, ankam. Diese, nämlicb die Bekränzung der
Phyle - Kämpfer , die Anweisung von Geld für Opfer und
Weihgeschenk, wol an Athena (vgl. Xen. 'EXk. II, 4, 39),
die Anordnung der Untersuchung über die Teilnehmer des
Zuges wird in der That. wie Ziebarth vermutet, den wegge-
brochenen Scbluss der Inschrift gebildet haben. Auf der Rück-
seitewaren die Namen der Teilnehmer und zwar, wie es scheint,
getrennt, zuerst die nur nach dem Berufe bezeichneten Neu-
bürger,dann die anderen verzeichnet und darunter blieb reich-
lich Platz nicht nur für Kränze sondern auch für das Epi-
gramm, das auf Stein kaum anders als unter dem Namenver-
zeicbniss der Bekränzten gedacht werden kann.
Athen.
H. VON PROTT.
^>*vf^o^
DIE JONISCHEN AUGENSCHALBN
Aitaftt «otjovtai »ulixväv äita Tniä».
Wenn ich dem im Folgenden behandelten Materiale zur Ge-
schichte <ler griechischen Keramik den Vers des Atkaios als
Motto vorgesetzt hahe , so geschah es nicht, weil ich in den
Augenschalen die teischen mit Sicherheit wiedergerunden zu
hahen glaubte, aus denen der Dicliter getrunken hat. Ich halte
es heute noch für unlhunlicli schwarzßgurige ostgriechische
Gefässgattungen italischen Fundorts einer bestimmten Stadt
zuzuweisen. Nur den Kulturkreis wünschte ich zu bezeichnen,
.innerhalb dessen die Heimat der Augenscbale zu suchen ist.
Sie ist ein echtes Kind der jonischen Sonne. Jonisch ist
die Erfindung der schönen Form, die sich zu den vorher üb-
lichen Trinkgelassen, namentlich multerländischen Gebrauchs,
etwa wie ein edles venezianer Glas zu einem schweren deut-
schen Humpen verhält. Jonisch ist der Geschmack der Deko-
ration, die Freude an der Buntheit, an der Zierlichkeit, das
Zurücktreten des inhaltliehen Interesses gegenüber dem for-
malen. Joniscb ist, wie der Schmuck des Trinkgelässes dem
Preise des Dionysos gilt, und echt jonisch ist. wo sie einmal
zu ihrem Rechte kommt,die Erzählung mit ihrem alle Schran-
ken durchbrechenden Naturalismus, ihrer wahrhaHen terri-
bilitä. Gern denken wir uns Schalen wie die unsrigen in den
Händen joniseher Herrn hei der bunten Pracht und dem un-
gebändigten Lehen ihrer Symposien.
4 AUCENSCHALEN
Wie kaum eine andere Schöpfung verkörpert sie uns i
I den 1
ichenden Einfluas j
. In Italic
weitreichi
neben lien attischen ErieugniBsen lange lien Markt behauptet.
In Attika selbst l'and sie Ein<;ang, und ganze Werkslälten
müssen mit der Nachahmung liir den Export beschättigt ge-
[ wesen sein. Sie bürgert unter den ersten die dionysische Male-
I rei in Attika ein, sie bringt die Geiässtorm nach Attika. welche
die Werke der grossen Vasen maier des Zeitalters der Perser-
kriege tragen sollte. Ja bis an die ostaeiatischen Küsten ist sie
gedrungen und hat hier, wenn wir Kennern glauben dürfen.
[ zu ornamentalen Neubildungen in der chinesischen Kunst An-
las» gegeben '.
Wie wichtig für die attische Keramik die Augcnschalen
' seien, bat zuerst Löschcke ausgesprochen ( Horeas und Orei-
thyia S. 8). Ihm war damals von jonischen Originalen nur
I die Phineusschale bekannt. Wolters und mir gelang es, in den
Sammlungen zu Würzburg, München und Berlin mehrere
, weitere unzweifelhaft aus jonischen Werkstätten herrührende
Exemplare aufzufinden , deren Behandlung und Verötfent-
' lichung ich nach gemeinsamer Verabredung übernahm^, in-
f zwischen Ist die berliner Schale ( unten S. 30 Nr. "i j liinzuge
I kommen, und Eadt bat in den heiträgen zur jonischen Va-
Benmalerei S.3'i ff. neben der E^hineusschale dieser sowie der
1 von Löschcke bei liulle. Silene S. 7 Anm. I und S. 8 Nr. I 4
angegebenen tlorentlner Schale und castellaniscben .\inpbora
[ Beine Aufmerksamkeit gewidmet. Ich stelle im Folgenden die
I Woltersund mir liekannt gewordenen jonischen Originale und
1 die attischen Kopien der Typen xiisummen, die uns in joni-
echen'Uriginalen nicht erhalten sind In der /usammenstellung
[des Materials stimmen wir ü herein : die Verantwortung für
[idie daran geknüpften Bemerkungen habe ich allein su trageii
■ P. Wickhoir in den Festgalien lU Ehren M, Büd]ngers,[nnsl>ruckl898,
[. 8. 464. Auf der Ton ihm abgebildeten altcbinesischen Vase werden iilirigcns
I dieselben Kunkenmotivc »envandt, wiu auf der Amiihura mit dea Aujseii im
[ British Museum B, 154.
■ Vgl. Graef, Arch. Anzeiger 1893 S. IT-
1
42 J. BOBHLAU
I. Schalen von der Form der Phineussehale.
Der Körper der Schale ist randlos. Die Henkel, die am An-
sätze thonfarbig gelassen sind, befinden sich dicht unter der
Mündung. Der eigenartig gestaltete niedrige Fuss wird durch
einen meist rot bemalten Wulst mit dem Körper verbunden.
Mit einem Stern bezeichne ich die Schalen, deren Herkunft
aus der jonischen Fabrik zweifellos ist.
* 1. Das wichtigste Stück der Gattung ist die aus Vulci
stammende Schale inWürzburg,UrlichsNr. 354, die nach einer
Darstellung der Innenseite die Phineussehale genannt wird ^
Sie ist gleich ausgezeichnet durch ihre Grösse wie durch den
Reichtum ihres malerischenSchmuckes.Die Inschriften machen
sie für die Geschichte der antiken Keramik vollends wertvoll.
Leider hat das seltene Gefäss schlimmere Schicksale gehabt
als irgend ein anderes der auf uns gekommenen.
Der Thon, aus dem es besteht, ist sehr weich und mürb.
In Folge dessen ist die Oberfläche überall da, wo sie nicht
vom Firniss gedeckt war, von der Bodenfeuchtigkeit stark an-
gegriffen, so dass sich die Figuren und Inschriften jetzt in
flachem Relief vom Grunde abheben. Dass Sittl in dem Anm.
1 angeführten Programm hier eine neue keramische Technik
erkannte, ist nicht sein grösstes Vergehen an der Schale ge-
* Die Innenseite der Vase ist Monum. deWinsi. X Taf. 8 publicirt worden
(danach in den Wiener VorlegeblAltern Serie C Taf. 8, Baumeister III S.
1331 u. ö.) und, in einer Photographie, bei Sittl. Dionysisches Treiben und
Dichten. Würzhurg 1898, Taf. 1 ; die Aussenseite mit dem Pantberkopfe
bei Bndt, Beitrage zur jonischen Vasenmalerei S 34 Abb 14. Sie ist be-
sprochen von Brunn, lluUeiiino \%^h S. 50 ff. ; Fiasch, Annali 1874 8.
182 fl'., Arch. Zeitung 1880 S. 138; Duhn, Festschrift zur karlsruber Philo-
logen Versammlung verlasst von den phil. Coilcgen der heideiberger Univer-
sität, 1882| S. 114 ir.; Sittl, Die Phineussehale und ähnliche Vasen mit be-
malten Flachreliefs, Würzburg 1892. Zu den Inschriften sind ausser den
Genannten zu vergleichen: Urlichs, Beiträge zur Kunstgeschichte S. 30;
Duhn, Arch. Anzeiger 1892 S. 133 (dessen Angaben Studniczka, Jahrbuch
1896 8.268 Anm. 111 bestätigt); Kretschmer, Griechische Vaseninschriflen
8. 55.
I
I
DIE JOMISCHEN AUQBNEICHALEN 43
wesen. Die erwähnte Besch äffen he it des Thons verursachte
nämlich bei der Grösse der Scliaie, deren Durchmesser 38,4™
beträgt, wiederholte Brüche. Schon im Allertume war sie zer-
brochen und war in der üblichen Weise mit Klammern ge-
flickt worden ( Sitll glaubte die Klammerlöcher für Fäden
zum Aufhängen der Schale bestimmt); im Grabe oder beim
Ausgraben aerhrach sie aufs Neue. IJie Flickarbeit der ita-
lienischen sravatori hielt die weit ausladenden Wandungen
nur Dotdürrtig zusammen ; zwei weitere Reparaturen sind noch
durch Sittl veranlasst worden, nicht zum Vorteil der Schale.
Ihr Zustand ist traurig. Längs der Brüche ist viel zerstört
worden, und die verschiedenartigen zur Verwendung gekom-
menen Bindemittel decken dort die alle Oberfläche.
Von einer Neuaufnahme der sämtlichen Darstellungen, wie
sie durch die Bedeutung des Stückes und durch die Mangel-
haftigkeit der bisherigen Publikationen notwendig gemacht
wird, habe ich unter diesen Umständen abgesehen. Für die-
sen Zweck müsste die Schale von berufenen Händen noch-
mals auseinander genommen, vom Unräte der Flickereien ge-
reinigt, untersucht und zusammengesetzt werden. Ich habe
mich für jetzt mit der Wiedergabe der Aussenseiten begnügt
{Fig. 2 und 3). Diese ebenso wie die Gesamtansicht Fig. I
46 J. BOBHLAU
sind von Herrn Reichhold gezeichnet, dessen Aufnahmen Bulle
und ich revidirt habend Die Aussenseiten schienen uns bei
der Spärlichkeit des Materials, das zur Beurteilung der Ma-
lerei in der Heimat der Augenschalen zur Verfügung steht,
zu wichtig, um sie wegen des anslössigen Inhalts zu unter-
drücken oder auch nur zu verstümmein, wie das den Sile-
nen des Amasis (J.H.S. 1899 Taf. 5) und aus Daphnä (Jahr-
buch X, 1893, S. 43) widerfahren ist.
Die Verteilung der Figuren auf den Aussenseiten erhellt aus
der Gesamtansicht Fig. 1 . Auf der gegenüberliegenden Seite
wird die Nase durch einen offenen Palmettenfächer bekrönt,
derauf den volutenförmig auslaufenden Augenbrauen ruht;
zu den Seiten stehen dort menschliche Ohren mit einem run-
den, mit Rosette geschmückten Scheibchen (s. Fig. 2 und 3).
Da ich das Zeugniss der Inschriften für die Herkunft der
Schale nicht missen mochte, habe ich sie eingehend unter-
sucht. Ich durfte mich dabei der treuen und hingebenden Hilfe
Bulles erfreuen, dem das grösste Verdienst an der Feststellung
der zweifelhaften Buchstaben zukommt. Für die gegebene Le-
sung stehen wir beide ein ; Bulles Fig. 4 ff. wiedergegebene
Facsimilia suchen zu verdeutlichen, was wir sahen. Ich gebe
einen kurzen Kommentar zu den einzelnen Inschriften.
1. Frau hinter Phineus. Brunn und Flasch: ERIXOß.
Urlichs, Verzeichniss Nr. 354: '(a?)nRIAO, der erste Buch-
stabezerstört, der zweite und vorletzte deutlich'. Urlichs, Bei-
^ Zur Technik ist zu bemerken, dass das Weiss der Hornhaut der Augen
unmittelbar auf den Tbongrund gesetzt ist, sonst auf schwarzen Firniss. Es
ist an den Augen verschwunden, aber mit Sicherheit aus dem inneren Rande
der schwarzen Einfassung der Hornhaut zu erschliessen. Auf der einen Seite
der Vase ist dieser nämlich auf i-1 ^jj*^^ glänzend schwarz,währender sonst
hier rot geworden ist, auf der anderen ist er aussen glänzend schwarz, in-
nen matt. An dieser Stelle schützte also eine Deckschicht den Firniss, und
da der schmale Rand nicht zweifarbig gewesen sein kann, muss dies über-
greifendes Weiss von der Hornhaut gewesen sein. Auch diese Tbatsache,
die Bulle beobachtet bat.zeugt für die Bemalung des Gefässes auch mit den
Deckfarben Yor dem Brand (vgl. Jahrbuch 1898 S. 23). Bemerkenswert ist
die ausgedehnte Verwendung von feinster Vorzeichnung für die Gravirungen.
Fig. 4
DIE JONISCHEM AUGENSCHALEN l7
träge: PRIXOn. Charakteristisch Sittl (Phineusschale, 1892,
S. 19): "deren gelalschten Namen Erichtho der Weingeist ver-
flüchtigte' Auch Duhn, Studniczka und Endl glaubten noch
'Kpi;(öu lesen zu können, 1884 habe ich noch alle sechs Buch-
Btaben des Namens gelesen; heute hat die Arbeit an dem durch
den Namen gehenden Bruch und die Be-
handlung mit Weingeist die zwei minieren
Buclistaben verdorben, aber EP.-Ofi ist
deutlich zu'erkennen, vgl. Fig. 't.
Dies Resullat wird durch die Überein-
stimmung namentlich mit Brunns und
Flaschs Lesung bestätigt, mit der sich im Grunde auch die
von Urlichs in den Beiträgen mitgeteilte deckt. Es ist als zwei-
fellos zu bezeichnen, dass der Name 'Epi^öu hier stand. Den
abgehenden Strich des Rlio zu finden, ist uns nicht geglückt,
wir lasen P, hier wie unten Fig. G. Da Brunn mehr gesehen
haben kann, muss diese Frage unentschieden bleiben.
*2. Phineus, Brunn: L' iscrizione . benche guasla ,
0..EVS. Plasch ; presso la testa di Fineo Brunn ancora
äislinse Ire letlere del nome <p..E^i; ora anche queste
sono impiastrale. Siltl: 'von der griechischen Bei-
schi'ift ist nur der erste Buchstabe geblieben '. Auch ns ,
Endt sah nur diesen.
Unflere Lesung giebt Fig. 5. An der Stelle des E
steht noch ein Stückchen Firniss und eine unklare Spur.
.3. Frauen vor Phineus. Wir konnten feststellen, dasa
beiden Frauen Namen beigeschrieben waren. Leider spotteten
die Spuren des bisher übersehenen der zweiten, unmittelbar
vor Phineus stehenden , jedes Versuches der Deutung. Der
Name endete oder begann dicht oberlialb des Zopfendes und
beschrieb einen Bogen, der sich dem stumpfen Winkel ein-
Bchmiegte, in welchem Fuss und Unterschenkel des liegenden
Phineus zusammenstossen. Die Spuren bestehen aus schwa-
chen, formlosen Erhöhungen, deren Aussehen und regelmäs-
sige Abstände aber über die Thalsache keinen Zweifel Hessen,
dass sie von einer Inschrift herrühren. Diese füllte übrigens
Fig. :
48 J. BOEHLAU
den leeren Uaum an dieser Stelle vortrefflich aus und war
schon nach Vergleich der entsprechenden Function der übri-
gen Beischriften vorauszusetzen.
Über den Namen der vorderen Frau sagt Brunn : si po-
trebbe rawisar il nome delle Ore; ma restano alquanto in^
certe la seconda^ terza e quinta lettera. Er giebl, was er
zu sehen glaubte, so wieder: HOPAC. Flasch führt aus. der
Name der Hören sei durch moderne Restauration verdorben :
H sei modern, weil der Firniss anders und der Buchstabe ohne
Belief sei , O sei neugemalt und bedecke wol ein ursprüng-
liches n, weil unten die Kurve des antiken Buchstabens nicht
mit der des modernen stimme. Unter dem ganz modernen letz-
ten Buchstaben sehe er keine antiken Beste ausser einer Ver-
tikalhasta. So schlägt er vor ßPAl zu lesen, lässt aber auf der
Tafel der Monumenti HOPAO drucken. Urlichs im Ver-
zeichniss liest: 'HOAAO ^ der zweite und dritte Buchstabe
teilweise neu gemalt, vielleicht ""Qpai)'. Sittl : H. 'welches bei
Betupfung sofort verschwand ; dann folgte ein hellerer Fleck,
wol die Spur einer Säure. Was dahinter sonst noch deutlich
war, ist auch jetzt erhöht stehen geblieben nämlich Ol. wobei
von der Spitze der Masta rechts ein kurzer diagonaler Strich
auszugehen scheint'. Er denkt an ein N und schlägt (XI)ON(H)
oder (XO)ON(IA) vor. Duhn und Studniczka glaubten HOPAO
zu erkennen. Unsere Lesung giebt Fig. 6 ;
^ ^ wir ergänzen MOP[4>ß].
' * Flasch und Urlichs bezeugen eine Überma«
Fig. 6 'ung, die Brunn anscheinend entgangen war.
Die Fälscher haben offenbar die schon damals
schwer deutbaren Buchstabenreliefs ihrer Arbeit zu Grunde
gelegt. So erklärt sich die auf der Tafel der Monumenti
wiedergegebene Form ihres H, welches dem von uns er-
kannten M entsprach, und das, frei entworfen, wol eine an-
dere, natürlichere Form bekommen hätte Auch die Interpre-
tation des letzten Buchstabens seitens der Fälscher streift an das
nichtige, wenn unsere ülrgänzung stichhaltig ist (O statt n).
Nur ihr A (an Stelle des <t>) würde eine freie Erfindung sein.
biK JoMscHEN ^hGenscHalBn 49
Auf lier Schale konnlen wir irolz eifVigeti Sucliens niclit mehr
als die drei ei'sLen Buclislahen lesen, die wir aber als sicher
bezeichnen können. DieOberIläche isl hinler dem P so ungleich
verwittert, das» zahlreiche Elrhühutigen vorhanden sind, die
' sich hei län^ert^r Beli-achtung bald hier bald da zu Buchalaben
I xusaminen zu Tügen scheinen '.
4. Boreaden. Ihre Namen sind am besten erhalten.
Noch heule liest man KAAAU, wie es Brimn und Plasch
sahen, nur ist der (Querstrich des Alpha
verschwunden. Vgl. Fig. 7. Urlichs KAUAIS ^^ j, , j
ist wol nur ein Druckfehler. Bndt jjiebt mit
BestJmmlbeiL an, dass das Sigma dreistrichig Fig. i
, geschrieben sei, wir müssen seine Angabeaber
nach wiederholter Prüfung, zu der sein Buch veranlasste, als
irrig bezeichnen.
Den Namen desZetes lasen wir wie Brunn und Flasch. Was
Fig. 8 gietit ist, wie überall, das sicher Br-
kennbare; gelegentlich scheinen die drei mitt-
leren Buchstaben deutlicher, Urlichs ?]ETOZ ' ' ' r /
' wird wieder ein Druckfebler'sein. Sittl über- Fig. 8
I gebt den Namen.
* Map9u isl bekaniillicli ilet Beinaini^ einer Apliiodite. in Spitrta (Paun.
[ in, 15. 1 1 1. D^r Name wird von Tümpel wol riclillg mit (lapfvö; und Mop-
I ftiii zusammengebracht und aur eine chlhoni^che Gottheit gedeutet. wo7u
L die Fuüsfenseln uml der Schleier des Kultbildes .iriinmcn (Sam Wide, La-
[ konische Kulte 8. HOf. |. Für das Auftreten der Morpho im Phtneusmjthus
I ist es wichtig, dass sie nach Lykophron 449 am Kap Zerjntho« in Thralticn
\ verehrt wurile (Wide 8.358). Die 'Dunkle' passl zur Erichtfao |Chlhonia),
I die nach TüpITers einleuchtender Bemerkung auf der Sehale als Tochter des
Lfioreat steht ( Attisch e^Genealogie S. II5,?|. demnach al« Frau des Phineus,
■ vwieauch ihre isolirte Stellung beneist, und als solche an Statt der sonst tie-
J kaonten Frau des Pbineus. der Boreastochler Kleopalra. Morph» wie Eri-
I ehiho sind als chthonischu Gesiallen in der Nähe der Winddümonen ver-
ständlich (Wilamowiiz, Herakles* II S. 3G?). Aus Erichtbo wird 'jene
r Tampjrartige Zauberin undTolenl)escbwi)rerin Brichlho Lucans (Pliarsalica
I VI, 503II.I, welche hei Pharsalus dem S. Ponipeius erscheint und aus To-
I tenmund die Wahrheit kund Ihut' ( Duhn. Fesiscbrin S. 1-23), Danles Eri-
ttoneruda und Gölhes 'düstere Eriehlho". Morpho und deren Gefährlin
I «erden der Erichtho und des l'hineus Töchter sein, der Maler kannte also
ATHEN. «ITTHBILUNÜEN SSV. 4
50 J. BOEHl-At)
5 Harpyien. Bcunn und Flasch stimmen in iler Lesung
API überein. und Brunn bemerkt, dass der dritte Buchstabe
kein fragmentirlps Pi sondern ein lola zu sein scheine A und
ein 'dreieckiges Hlio' hat auch Sittl gesehen I rliehs hat die
Inschrift übersehen. Bndt hat nur das .\lpha erkannt Wir
können das AP bestätigen. Das Iota, d. h. die dritte vertikale
Hasla. würden wir anzweireln, wenn nicht ümnn sie f^ele-
sen hätte, der möglicherweise noch Firniss darauf sah Es
laufen hier so viele zulällige Erliuhungen über den Grund,
dass äusserste Vorsicht geboten ist Die Frage, ob die Hasta
der Rest eines Pi gewesen sei, muss jedenfalls offen bleiben.
6. Auf der Rückseite haben wir das einstige V'orlianden-
sein einer Namensbeischrift beim vordersten Silen.den Frauen
zunächst, konstatirt. Sie läuft von links nach rechts auf
sein Knie zu; leider sind die Spuren undeutbar. Dass auch
die anderen Figuren benannt waren , erscheint
danach sicher. Fig. 9 gebe ich, was wir vom
Namen des Dionysos lasen, hauptsächlich auch
zur Widerlegung von Endts Behauptung, dass dir
Sigma der Schale dreistrichig geschrieben seien.
Berlin; Inv. Nr. 3282. Aus Vulci, Arch. Anzeiger 1895
S. 35, 23. Die Aussenseiten ab-
gebildet bei Gndt, Beiträge S.
3") Abb. 15; nach der für Endt
ausgefiihrlen und von ihm gü-
tigst zur Verfügung gestellten
Zeichnung Lübkes sind die Fi-
guren zwischen den Augen Fig.
lU und 1 1 wiederholt.
Innen: thonfarbiges Hund in
der Mitte. Die Figur jeder Aus-
senseite steht zwischen Augen,
f'ig- '" Menschenohren mit kleinen ro-
Fig. 9
die Version vom Frevel Aku Phineui an seiner ersten GaUiii und deren Söh-
Den als Ursache der Blindheit niciit.— Zunn Phiaensmjlhus vgl. die ^ctiönen
AusrühruQgen von Mannhardt.Wald- und Feldkulle II S. 900". und S. 306.
ten Knöpfen im Läppchen und von den Henkeln ausgehenden
Palmetten '.
Nach der gut erhaltenen Schale müssen wir uns die Wir-
kung; der Phineusschale vergegenwärtigen. Die Buntheit und
vor allem die zierliche und sulilile Ausführung kommt hier
besser zur Geltung. Ein Kabinetstück ist in dieser Hinsicht die
Mänade. Koloristisch ist die überlegte Anordnung des schwar-
tig. I
I zen Mantels bemerkenswert, der mit dem Haar und dem Saume
I Tusammen einen wirkungsvollen Rahmen fürden hellen Körper
■ bildet Uie Körperformen sind unter den Gewändern in feiner
rGravirung ungegeben. Details wie das Halsband, das Schlüs-
Iflelbein-, Ohren, Augen, der Mäander am Sanme des Chitons
Isiml gleichfalls sauber eingeritzt- Gelb sind die Tupfen des
^Chitons, rot ausser dem Cbiton die Sandalen, Armbänder, Obr-
■ Eiim a)H mil iler berliimr slilialisch ütiereiiislirniiieiid gesuliilderte iSubale
I einer Mänaile in gutüpfcIlL-iii Gewainlt; aur der eiiieji Seile war tS93 im
Ulieiiischon Kuntthaiidcl und kam naoli England.
ein zweites Halsband mit einer tutla. wie es auT da|ihnüi^elien Va-
MD häutig «üciiomnil. isl nicht xu denken, da die Ausbiegung stets jaueb
UirderPhiiieussehalePig.2.3l uaeboben uireii isl. Aucb wüie Jasmelallcnc
VAnhäng^el wnl rot gemalt worden, wie die Armbänder. Für das obere eng-
Kwliegende fadenarlige Halsband vgl. Alben. Mitth XXIIl. IR!t8, Taf. 6
tnd Antike Denkmäler II Tat. 31.
5^ i. BOBrtLAÜ
scheibchen und der Haarreif, aber auch der Augapfel und die
Lippen sind rot angegeben — und auf der Backe sitzt ein unver-
kennbares rotes Schönheitspflästerchen. Mir ist eine derartige
Angabe der Lokalfarben wie hier an der Lippe aus der Vasen-
malerei nicht bekannt. Es ist einleuchtend, dass sie bei den
kleinen Figuren der Gefässe wirkungslos ist und nur stört,
da sie die Linien des Mundes verdeckt. Deshalb vermeidet sie
selbst ein sonst so ins Einzelne gehender Maler wie der des klazo-
menischen Sarkophages Denkmäler II Taf. 26. Es ist eine
Übertragung aus der grossen Malerei ; von dort hat sie unser
Maler entlehnt/. Der Kopf auf der Würzburger Schale Nr. 5
Fig. 13 zeigt dieselbe Eigentümlichkeit. Das Schönheits-
pflästerchen ist in der archaiscfien Kosmetik bisher noch nicht
nachgewiesen worden , ist aber kaum eine überraschende
• ■ ' ...
Neuheit für uns. Wenn irgend wo, so ist es im jonischen Osten
an seinem Platze, für dessen aSpoauvrj es ein charakteristischer
Zug ist.
*3. Schale in Florenz, Museo Etrusco Schrank XI. Von
Löschcke bei Bulle, Silene^S. 8, Anm. 1 nachgewiesen. Mir liegt
eine von Zahn freundlichst zur Verfügung gestellte Skizze vor.
Im Inneren nur ihonfarbiger Kreis. Aussen zwischen Palmet-
ten und Tierohren je ein geduckt hüpfender Silen.
Die Ohren sind abweichend von dem sonstigen Brauche nach
aussen gewandt und gefleckt. Bei den Palmetten setzt derBo-
gen mit dem Fächer nicht auf die Ranken, sondern auf ein
breites wulstiges rotes Zwischenglied auf.
* 4. Fragment einer Schale im Akademischen Kunstmuseum
zu Bonn. Fig. 12 nach einer Zeichnung Lübkes im Masslabe
von 5:6 abgebildet. Löschcke bin ich durch die liberale Über-
sendung der Scherbe zu besonderem Danke verpflichtet.
* Cäretaner Gemälde Arch. Zeitung XXX, 1871, Taf. 68; cornetaner Grab-
gemälde aus der tomba del citaredo: Annali 1863 Taf. M, 1. Ob das Rot auf
den Backen der Frauen auf diesem Gemälde die Carnation andeuten soll,
oder etwa auch als Schönheitspflästerchen aufzufassen ist, lässt sich nach
dem einen Kopfe nicht entscheiden.
DJE JONISÜHEN AüllENSCHALEN 53
Der Süen ist der rechte Briitler des von der berliner Schale,
mit dem er die Stellung, Körperbildunj» und Physiognomie
gemein hat. Auch Einzelheiten wie die Haar- Bnden . die
hinter dem rtiicken zum Vorschein kommen, das Ansetzen
dcrScliwanzhaure an die Wurzel un^l die Zeichnung der linist-
wnrzen stimmen uhercin.
Würzburger Schale aus Vulci; Urliclis Nr. .'i'iO. Höhe
9™, Durchmesser 38'". Innen kleiner ihonfarbiger Kreis in
I der Mitte. Die eine Aussenseile Fig, 13. der Kopf nach ei-
' ner Pause Hulles Fig. \'d^ in grösserem Masstabe wiederholt.
' Auf der anderen Seile steht zwischen den Augen eine Nase
mit einer Lotosblume gekrönt.
Der Kopf ist ausserordentlich zierlich in der Ausfuhrung.
Der Helm in der Form einer dem Oberkopfe eng anliegenden
Kappe mitliohein Röhrenbusch, oline Schirm, an Stelle des
9ilo! mit einer Bliite über der Stirn geschmückt, ist aus der
' jonisch beeioßusslen archaischen atliscben Vasenmalerei be-
kannt'. Das Schönlieilspflästerchen wurde S. 52 erwähnt. Be-
sonders wichtig sind für uns die beiden oberen Enden grosser
Sehullerflügel, die rechts und links vom Kopfe uhei- dem
Fig. 13
Rande des Bildfeldes sichtbar werden. Die Deutung des Kopfes
auf Alhena wird dadurch sichergestellt', und wir gewinnen
damit einen weiteren Ueleg für den Ty-
)L pus der geflügelten Athena, den Savi-
ij^mXik gnoni auf einem bellgrundigen schwarz-
/^^BMilf ligurigen Napfe nachgewiesen hat, der
\.^_/^t^^^^ in enger Beziehung zu unseren Augen-
schalen steht ^.
'6. Münchener Schale aus Vulci; Jahn
Nr. 1316. Höhe 6.1"", Durchmesser 16 6". Abbildung der
Seite mit dem Blatte bei Ijüu Taf. 17,4. Der Pusswulst ist
schwarz. Innen kleiner thonfarbiger Kreis.
Die eine Seite ist fast Zug um Zug eine Wiederholung der
llauptseite der Würzburger Schale Nr. 5 ; sie zeigt zwischen
Palmetlen.Tierohren und Augen den behelmten Kopf einer ge-
flügelten 4thena. Die Rückseite mit dem Blatte giebt Fig. 14
wieder. Im Ausschnitte isl ein Durchschnitt durch den Puss
■ TliierscIi.TyrrheniNche Ainpliurcii S. 127; 'Bf^iiKi-U >p/,. 1886 Taf 8, 3.
' Bine Athenabüsie iiiil Helin.ÄgJK und gezücktem Speer kommt auf der
attiAcheii AiigiMisciialu Müiicliuii 1008 Jahn voc.
ä Rom. Millli. XII, 1897, Taf. 13; »gl. u^lcn fi. 7'J Anm. I.
lENBCHALEN
gezeichnet. Das Blatt ist entweder ein Feigpnliliiltoder ein Wein-
Matt; Botaniker pflegen in der Bestimmung nictu zu schwan-
ken und erklären sich einstimmig lur die Deutung auf ein Fei-
gi^nhlutt Die genau liliereinstimmenden Hlütter auf den
Dtaulimen von Idyma in Karien werden auch allgemein als
Feigenblätter aufgefasst'. Aber die Stilisirung der VVeinblätter
an der Rebe über der Quelle auf der Phineusschale ist trotz
Abweichung in der Zahl der Einschnitte sehr ähnlich in der
rundlichen Lappung des ßlaltes. Es bleibt also die Möglich
keit otTen, dass ein VVeinblatt gemeint ist,
7. Müncliener Schale aus Vulci; Jalm Nr. .)5;i Höhe 9,5"".
Durchmesser ?7,rj'". Die Henkel setzen tief an und sind bis
zum Ansätze scliwarz. Innen ein bärtiges Gorgoneion. Die
eine Seile giebt Fig. 15; die andei'e ist dieser gleich Paralle-
len zu der Art. wie hier die Augen auf die Flügel gesetzt sind
und deren äussere Umrisse itecken, bieten eine Hydria des Bri-
tish Museum B,3'i''2 und eine Amphora bei Micali, Sloria Taf.
85.4, auf denen durch Ansetzen von Köpfen. Vogelschwänzen
und Beinen die Augen in Sirenen verwantlelt sind.
• Inilinof Btiiirier und Ivrlkr. TIiIt- I fllaiiz^iiliil'ler »nf Münzen und
Gammen, 1889, Tar.9, Vi. \\. Iiiilioiir-Ulumer (veUl r<^igeL]l>lätler nucli auf
Münien tun Khoiüos nach-
'8. Münchener Schale aus Vulci ; Jahn Nr. 7)1. Höhe
10, l"°, Durcliinpsser 'i?6.Ö™. l>ie Henkel sind bis zum Ansalze
schwara. Innen ihonfarbiger Kreis. KineGesanilunsicIit gicbl
Fig. 16; die andere Seite ist gleicli dekorirl.
^^^ DIE lONiSCHEN AUr,KNSCH*LEN 57
9. Schale in der Vtlla di Papa Ginlio zu Rom von der Form
der Phiiieusschale, Hie Wollers 1895 ootirle, ohne sie unter-
suchen zu können. Auf der AuFsenseJte bellnden sieh Augen
mil einer rudimentiir gezeichneten Nase und Lolosknospe, zu
heiden Seilen stall der Oliren Flügel, die aus dem uiileren
Rande des llildleldes hervorwuehsen. Von den Henkeln gelien
Palmellen aus Wollers hemerkl. d:iss die Zeichnung keinen
BicherenSchluss auf die lleikimlt iuis einer jonischen Werk-
elatl zulasse; die scliwiirze Fürluing der (lornhaut spricht
sogar dagegen ' .
10, Münchener Scliale. in Scherben, die aber eine sichere
Ergänzung erlauben, von Arndt in dem Keller der Glyplolliek
:.rahrl.ueh 1895 S, 151) gelnuden. Abgebildet Fi- 17. Die
Henkel sind Itis zum \nsalze scInvar'K und selzen lief iin. Die
beiden Seiten sind_'gleielt dokorirt. Der 'l'lion isl der i^leiclie,
1
1
' Ausser dieser glebt es noch eine, wol echt ionische Augenschalc dersel-
ben Form in der Samailung, die sich Zahn notirt liatte : weisse Augen,
Nase und nieosclilicbe Ohren (Schrank XI, H Nr. 774).
tnürbp. den EinflüRsen dps Bodens jjegenülwr wenig wider-
sLunilKliihige wie bei der Phmeusschalp, doch \&l er heller.
Die Ausschmückung des Fusses tnil der jonischen Epheuguir-
lande isl sit'giilür. Eine Neuerung, die ausgedeh liiere \'er-
wetidutig geluriden hat, isl der Slrahlenkorli. Vgl. zu Nr. 1 1
It. Münchener Schale aus Vulci ; Jalin Nr. 1057. Abge-
bildet bei Micali, Moniim. ined. Tal. h^^A und hier Fig 18
Höhe 1 1°" Durchmesser 30,3'". Henkel und Fubs schwarz ge-
iirnisst. Die Henkel setzen tief an. Im Inneren ein bärtiges
Gnrgoneion. Die niclil abgebildete Seite zeigt efoenlalls eine
Dionysosmaske. Die Hornhaut der vVugen isl ttionrarbig.
Bei gleicher Form mit Nr. 1-9 zeigt diese Schale ein ande-
res Dekorationssystein.das erheblicher wie das der Nr, lü von
dein dei' obengenannten abweicht. Der schwarze Firiiiss-Slreif
verschwindet vollständig, vom Fussansatze wachsen helle und
dunkle Straiden auf, und zwisclien dem Strahlenfeld und dem
Bildfeld bleibt nur ein schmaler heller Streifen. Gleichsam
zum Ersatz sind nicht nur die Henkel, wie öfters, sondern ist
aueti der sonst stets hell gelassene Fuss geOrqisst. Die Obrer»
UJE JOMSI.HEN AUGENSCHALEN M
sind forlgeblieben, dafür sind die Augen vergpösaerl. Ausser-
dem isl der Raum unter den Henkeln, welchen von den uns
Ijekannten Schalen nur die PliineuBschale rnil einem leicht
hingeworfenen Motiv bedachte (Eule und Rosette), mit einem
in der bekannten Weise sich veiilec blenden Weinslocke ge-
füllt, dessen Heben sowol in das Feld unter dem Henkel, wie
in das Bildfeld hineinwachsen und hier den Umriss des Au-
ges bis zur Thränendrüse begleiten, wo sonst die Spirallinie
von der Nase zum Ohre liiuft. Über das VerhäUniss dieser De-
koration zu der Dekoration der vorher angeführten Schalen
s. weiter unten.
II. Schalen anderer Form.
Der Korper bleibt stets randlos. Nur die l'orm des Fusses
ist eine andere, als bei den unter I aufgezählten Schalen,
" 12. Münchener Schale ausVulci; Jahn Nr. 1239. Höhe 8-,
Durchmesser 19. .V". Abbildung bei Lau Tal. 17,5.
Der Fuss der Schale isl eclnnusförmig. Die Henkel sitzen
hoch. Puss und Henkel sind schwarz geßrnisst. Der Schalen-
körper ist wie auf Nr. 1 ff. eingeteilt. Innen ein rundes thon-
farbiges Feld , aussen beiderseits zwischen Palmetten und
Ohren Augen und Nase mit einer Lotosblume gekrönt.
*I3. MünchenerSchale; JahnNr. 428. Höhe 6,7", Durch-
messer 15,8"".
Die Schale hat einen hohen stieltörmigen Fuss, der schwarz
geGrnisst ist. Die Henkel setzen hoch oben an, und sind bis
auf eine kurze Strecke am Ansätze schwarz gefirnissl. Die
Einteilung des Schalenkörpers ist wie bei Nr. I ff. Innen ein
thonfarbiges liund, aussen beiderseits Nase mit aufgesetzter
Blüte zwischen Augen, Tierohren und PalmeLlen.
\'i. MünchenerSchale aus Vulci ; Jahn Nr. 61)0. Abgebil-
det bei Micali, Mnnuni. iiied. Taf. 43.5. Fig. 19-20 geben
die Gesamtansicht und die aufgerollte andere Seite, die Vi-
gnette S. 40 das Gorgoneion des hinenbildes.
Wie auf Nr. II so sind auch hier die Ohren durch die über-
gross gebildeten Augpn venlrännl Die Fiopnliaiit ist thonnrun-
tlipr. Unter t!en Hprikeln strlini PulineUen sehr lockerer For-
s5N|||^^HH
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mengebiiiig; Weiiireljen wachsen uiiorganisch ins Bildfeld
hinein.
bIK IONISCHEM AUIENSCHALKN C.i
Mit dem Kriegerkopfe der Rückseite, dessen Unbehnlfen-
heil zu der flotten Zeiclinuns; namenllicli des Plioboskopfes der
Vonlerseile nicht stimmt, musa es seine hesonileie Bewandt
niss haben. Vielleicht ist er von SchUlerliand nach einer
Frauenbüste wie der Nike Fi<;. tr» kopirt und ungeschickt in
I eine Kriegerbüsle iinigemodelt. Wenigstens passt der Heim
I schlecht zum Motiv des Blumenhaltens und zum Annband
und sitzt schlecht auf dem Kopf, und auch der Bart wächst
nicht recht organisch aus dem Gesicht lieraus.
15. Berliner Schale; Kiirtwängler Nr. ?[)56. Höhe 7,5".
Durchmesser 17. S'". Abgeb. bei Gerhard. Akademische Ab-
' handlungen Taf. 67. 4. 5 und hier Fig. 21 . 22 sowie in der
I Vignette am Schiiiss dos Aufsalzfs
Fig. -21
Der Rückgang des dekorativen Gefühls macht sich in der
nüchternen Ode des Gesamteindrucks und in dem Missverliült-
niss zwischen den Teilen der Dekoration zu einander und die-
ser zum Ganzen bemerkbar. Dabei ist das Gelass durcbaus
eorglältig bemalt. Palmetten, Ohren und Banken unter den
Augen fehlen, die llurnhaul der Augen ist schwarz gefirnisst.
Zu den hinter einander gesetzten Büsten der Vorderseite,
für die wol an Dionysos mit Semele oder Ariadne zu denken
sein wird, ist die reiche Schale Bull. Napoletano N. S- VI,
1858. Taf. 13 zu vergleichen, welche durch die Inschriften
als attisch gesichert scheint.
16. Berliaer Schale; Purtwängler Nr. 1803. Höhe 11, 5~,
Durchmesser "JO, 5"". I''ig. 'iJ3 und "^^i. Innen itionfarbiges Rund.
Die Abbiltiun" Pig ?'i gielil die niclit ergänzte Seite, auf der
nach Purtnüiiglei's Angabe nur derOhning ilurch einen Scha-
den Tveggefallen zu sein scheint.
DiePuhnelten haben eine andere Form aU die gewöhnlichen,
DIR lUVISCHEN AlifiENRrHAl.EN üä
Dhren und Augen sinJ weggefallen So erinnerL die Schale
bn Welke der Kleinmeisler. von denen sie sicli aber durch die
l'orm und dureli die Wiichtigkeil und Schwere der Ookora-
Ktiou deullicU unterscheidet. Sie repräsentirt das lilnde der
Bntwickelung. die durch das Fortlassen der Ohren und der
{Nase eingeleitet wird Ähnlich venlrängen die Uaratellungeii
auT Schalen wie Nr. 17 die Augen: vgl. die schöne münchener
ESchale mit den schlangenleibigen Nymphen Philologus LVII,
11898. S. 513.
Wenn die Schale attischer Fabrik sein sollte, woran ich
■ iweille, so ist sie doch eine Kopie nach einem jonischen Vor-
^ bilde, denn die Palmetlen in den Händen der Frauen sind
unattisch Vgl. weiter unten 'S, 87.
17. Berliner Schale, Furtwängler Nr. 205'i. Höhe 11,5"".
Durchmesser 30, .'s™. Fig. ^-'j und '36.
Ich bilde das sicher attische Stück hier ab. einmal um den
[ geläufigen Typus der attischen Augenschale zu zeigen, für den
I jonische Vorbilder uns fehlen , andererseits wegen des Or-
I oaments des Inneren , das unattisch ist Vgl. weiter unten
;■ S. 88.
Ein Fragment möge am Schlüsse unserer Zusammenstellung
vegen seines Fundortes, der athenischen Akropolis, ei'wühnt
' werden, mit Resten des Auges, des Ohres und der verbinden-
, den Ranken. Oh es Jonischer oder attischer Fabrik ist, lüsst
sich bei der Geringfügigkeil des Erhaltenen nicht bestimmt
, sagen, docli scheint mir der Umstand, dass das Bildfeld weiss
grundirl ist, ferner eine gewisse Laxheit der Zeichnung eher
für späteren attischen Ursprung zu sprechen. Durch die weisse
Grundirung hildet es ein weiteres lland zwischen den Augen-
schalen und den S. 79 Anm. 1 erwähnten Gelassen.
Zu der im Vorstehenden gegehenen Auswahl ' habe ich Fol-
gendes zu bemerken. Eine Entscheidung, ob ein jonisclies Ori-
ginal oder eine altische Kopie
vorliegt, lässtsicb nicht immer
trefTen. Sie hängt im letzten
Grunde ausschliesslich von der
Beurteilung des Materials, des
Tbons und des Firnisses , ab,
und diese ist wiederum Sache
der Erfahrung, bleibt also sub-
jektiv. Technischen und stili-
stischen Beobachtungen darf
aber so lange kein ausschlagge-
bender Wert zugemessen wer-
den,als wir die Geschichte der Fabrik der Augenschalen nicht
kennen. und in Folge dessen die Grenzen nicht abzuschätzen im
Stande sind, innerhalb deren Zeit und Person liclikeit der Ma-
ler dilTerenzirend gewirkt haben können^.
Wir müssen uns unter diesen Umständen da, wo auf unsere
Frage nur dieOrigiaale antworten können, auf diejenigen Stü-
cke beschränken, deren jonischer Ursprung durch ihre Über-
einstimmung miteinander und mit der inschriftlich als jo-
Kig. 26
< Scherben von zwei Augensuhaleii jonisclier Fabrik berinilen sich auch
in der Sammlung in Heidelberg, worauf mich It. Zahn freundlichst hinweist.
* Gewiss sind die oben aurgeführlen technischen Besunderheilen, wie die
Bildung des Fusses auf Nr. 1 1I., der hohe Henkelansati, das ungelirnissle
Slück am Henkelansatz wichtige Merkmale. Aber einerseits finden sich
Abweichungen auf sicher junischen B\emplaren (ich erinnere an den Fuss
von Nr. I2und 13) und andrerseits ahmen attische Töpfer diese Besonder-
heilen nach (vgl. den Fuss von Fig. 18; hochsilzende Henkel an der sicher
attischen späten Schale Jahn Nr 1308). Selbst, dass die Hornhaut^auf Fig.
18 und 19 Ihongrundig gelassen ist, scheint mir kein Beweis gegen jonischen
Ursprung, da der Schritt von der wei«si)berzogenen thongrundigen Horn-
haut zur ihonfarbigen nahe liegt. Erst wenn sie schwarz gelirnisst wird, ist
wol der attische Ursprung sicher.
DIB JONISCHBN AUGENSGHALEN 65
iiisch beglaubigten Phineusschale zweifellos gemaebl wird.
Das sind 1-6 und 8 \on der ersten, 12 und 13 von der zwei-
ten Gruppe; 9 konnte nicht untersucht werden, 10 ist zu zer-
stört, um ein Urteil zu ermöglichen.
Dass man an dem jonischen Ursprung der Sehale Nr. 7 mit
dem Nikekopfe und der stilverwandten Nr. l\ mit dem Krie-
gerkopfe zweifeln wird , erwarte ich, obwol ich beide nach
wiederholter Prüfung für jonisch halte.
Nr. 11 mit der Dionysosmaske ist attisch, denn sie ist aus
derselben Hand hervorgegangen wie die Amphora in Berlin ,
FurtwUngler Nr. 3997, die sich aus der attischen Reihe nicht
herausnehmen lässt. Ebenso ist Nr. 17 sicher attisch, da sie
sich durch nichts von der Masse der sicher attischen Augen-
schalen unterscheidet, und Nr 15 gebe ich als wahrscheinlich,
Nr. 16 als möglicherweise attisch Preis.
Die zweifelhaften und die sicher attischen Stücke habe ich
aufgenommen, damit sie uns die Dienste thun, welche Kopien
verlorener Originale thun können; sie sollen unsere Vorstellung
von den Motiven und der Syntax der Dekoration innerhalb
der Fabrik der Augenschalen erweitern. Interpolationen brau-
chen wir nicht zu fürchten. Es ist gegen die Gewohnheit der
archaischen altischen Keramik ohne bestimmten Zweck an dem
überlieferten Typus zu ändern, und die Thatsache, dass die
Augenschalendekoration auf die randlosen Schalen beschränkt
ist, dass aber diese sie ausschliesslich verwenden, erhöht für
unseren Fall die Sicherheit. Vielfach bestätigt auch die Ana-
lyse der Dekoration diese Voraussetzung.
Die Schalenform.
Im 7. Jahrhundert ist in Attika die Schale noch nicht hei-
misch. Man trinkt aus dem Skyphos,der in der letzten früh-
altischen und in der Keramik, welche wir nach Vurva be-
nennen, vorkommt, und aus einem primitiven Kantharos, der
sich aus geometrischen Vorstufen herleiten lässt V Daneben
< Alhen. MiUh. XV, 1890, Taf. 10.
ATHEN. MITTHBILUNOEN XXV.
.'*.
66 J. BOEHLAU
sind die niedrige ^liXr) syrischen Ursprungs und das Hörn
in Gebrauch. In Korinth dient als Trinkgeschirr gleichfalls
der Skyphos, der inn Mutterlande zuerst inn peloponnesi-
schen Kreise, unmittelbar nach denn Rnde der mykenischen
Periode auftritt, aber ohne dass Vorstufen für ihn nach-
zuweisen wären. Neben denn Skyphos und der ^laXr, be-
nutzt man einen Napf tiefen, gewölbten Körpers, mit ab-
setzender, steiler Lippe, zwei wagrechten Henkeln und ei-
nem niedrigen, teils echinusförmigen teils konischen Fusse:
die sog. korinthische Schale. Sie ist ein wurzelecht festländi-
sches Gewächs, ihr unmittelbarer Vorläufer ist der protoko-
rinthische Napf fast identischer Gestalt, der wieder im For-
menschatze der Dipylonkeramik so nahe Verwandte hat, dass
an gemeinsamer Abhängigkeit von einem Vorbilde nicht zu
zweifeln ist. Dass chalkidische oder eretrische Kunst andere
Trinkgefässe gestaltet haben soll, wie das Festland, ist nicht
wahrscheinlich, auch deshalb nicht, weil wir von diesen dann
Spuren in der attischen oder böotischen Töpferei haben würden.
Lange haben auch die kleinasiatischen Griechen keine andere
Schalenform besessen als eben diesen korinthischen Napf.
Sie kehrt in einer der ältesten Vasengattungen dort wieder,
deren Eigentümlichkeit die polychrome Malerei auf schwarzem
Grunde ist*. Als der Bucchero seine Formen aus Kleinasien
ableitet, ist dort eine andere Schalenform noch unbekannt,
denn er verwendet nur die napfartige korinthische. Und wäh-
red diese im Mutterlande inzwischen längst durch die neuen
Bildungen abgelöst ist, spielt sie in deren Heimat, in Jonien
noch eine Rolle: noch um 520 ist sie auf Samos neben den
anderen nachzuweisen.
Im Anfange des 6. Jahrhunderts kommen zwei Schalenfor
men nach Attika^. Neben dem alten korinthischen Napf ver-
* Aus ionischen und italischen Nekropolcn S. 89 fT.
^ Es lassen sich durch Beohach Lungen der Schah'.ndurchschnitte wichtige
Aufschlüsse für eine Geschichte der Schale gewinnen. Hier soll nur so viel
gegeben werden, dass das Verhältniss der randlosen Form zu den übrigen
und ihre Entstehung hervortritt.
DIB JONISCHBN AUGENSCHALEN 67
wendet sie schon Exekias: die randlose Form unserer Augen-
schale (Wiener Vorlegeblätter 1888 Taf. 7, 1) und eine an-
dere hochfüssige mit absetzendem Kande. Diese unterscheidet
sich aber von der korinthischen durch das Profil des Randes,
der bald mehr, bald weniger eingezogen ist, und durch den Um-
stand, dass — in den ausgebildeten Exemplaren des Typus —
die Wandungen des Schalen körpers sich oberhalb des llen-
kelansatzes nicht zusammenziehen, sondern hier kurz und
scharr absetzen. Die Durchschnitte Fig. 27-29 (nach Lau,
Fig. 27 Fig. 28 Fig. 29
Korinthische Schale. Attische Schale. Augenschale.
Taf. 7,2. 16,2 und 17, 5) veranschaulichen den Unterschied.
Varianten dieser Form sind es, wenn der Schalenkörper ohne
Absatz in den Rand übergeht, und sich das Profil der Schale
somit unzerschnitten im Rande ausschwingt, oder wenn der
Rand, die Profilführung des Körpers wiederholend, nicht ein-
gezogen, sondern ausgebogen ist wie bei der korinthischen
Schale.
Das gleichzeitige Auftreten der beiden neuen Formen macht
es wahrscheinlich, dass sie aus der Fremde eingeführt sind,
und Zeit und Umgebung, in der sie auftreten, lässt nur an
Jonien als ihre Heimat denken. Beide gehören sie wol zu dem
Gute, das die Handwerker aus dem jonischen Osten mitbrach-
ten, weiche das durch Solons Gesetze verheissene Bürgerrecht
zur Ansiedelung im attischen Kerameikos bewogen hatte.
Gesonderte Beobachtungen an beiden scheinen unseren
Schluss zu bestätigen.
Die Schale mit dem geschwungenen Rande tritt, vielleicht
etwas früher als in Attika, schon in Korinth auf, aber erst im
68 J. BOEHLAÜ
Bereich der rolthonigen Keramik, die ihre technischen Neue-
rungen und mit ihnen, wie gewöhnh'ch, manche Formen vom
Osten enllelmt hat. Sie ist ferner die weitaus heliebteste Form
der zahlreichen undekorirten jonischen Schalen, wie sie sich
massenhaft in der samischen Nekropole fanden und von Klein-
asien aus nach Naukratis und nach Italien exportirt wurden.
Wir fanden sie weiterhin in der kleinen jonischen Gruppe in
Gebrauch, die ich Nekropolen S. 133 herühit habe, mit der
altertümlich reichen Dekoration durch gehäufte niedrige Or-
namentstreifen. Nach Jonien gehören die gleichgebildeten
münchener Schalen Jahn Nr. G70 und 1171, die sich am be
sten an die Gruppe der Northampton - Amphora anschliessen
dürften. Endlich sind die Metallschalen.die auf den ausschliess-
lich jonisch beeinflussten älteren Grabfresken in Cornelo be-
nutzt werden, von derselben Form*.
Der Schritt von der allkorinthischen Schale zu der jünge-
ren jonischen Randschale ist kein grosser, und der bindende
Beweis, dass er nicht schon im Mutterlande in korinlhischcn
Kreisen geschehen sei, lässt sich nicht erbringen. Für die
randlose Schale machen aber die erhaltenen und oben aufge-
zählten jonischen Vorbilder den jonischen Ursprung gewiss.
Denn die jonischen Schalen als von attischen V^orbildern beein-
flusst aufzufassen, verbietet sich schon durch das Verhältniss
der Formen. Die der jonischen ist altertümlicher, wie die hoch-
sitzenden Henkel beweisen, und in der Gestallung des Fusses
individuell. Den ihr ganz fremden Fuss ahmt die altische Ke-
ramik gelegentlich nach (vgl. Nr. 11), durchgehends aber er-
setzt sie ihn durch die ihr geläufigen Formen, und den höchst
* Übcreinslimmeiid scliildeni die Bilder uns die Sclialeii als weit ausla-
dend mit energisch cinliiegeiideni Hände, hohem Fusse und zwei Ileiikeln,
deren Schwung wir an unseren Thonschalen wo! nur deshalh nicht wieder-
gegeben linden, weil er ihrer Technik zu grosse Schwierigkeiten bot. Der
Grabherr in der zu den ältesten Gräbern gehörenden lumba della leonessa
hall eine solche Mclallschale , die den Vorbildern der altischen Klein-
meister einzureihen ist: zwischen den llenkelpalmetten sind zwei auf ein-
ander zu fliegende Vögel zwischen Löwen dargestellt.
DIB JONISCHEN AUGENSCHALEN 69
bezeichnenden alterlünnlichen Zug der hochsilzenden Henkel
finden wir schon an den älleslen allischen Exemplaren, wie
z. B. der Schale des Exekias (Wiener Vorlegeblälter 1888 Taf.
7,1 ) nicht mehr.
Dass die Henkel an unseren Schalen unmillelbar unter dem
Kand ansetzen und diesen beträchtlich überragen, ist gegen
den sonstigen. ofTenbar auf statischen und ästhetischen Erwä-
gungen begründeten Brauch der antiken Keramik. Bei deren
anerkannt konservativem Charakter ist es notwendig, für diese
Abweichung eine Erklärung zu suchen Sie liegt in der Ent-
stehung dieser Schalenform. Die Henkel sind nämlich bei den
Augenschalen genau an der Stelle des Körpers angebracht, an
der sie sich auch bei den übrigen Schalen zu beßnden pfle-
gen, an der Stelle der weitesten Ausladung des Schalenkörpers,
nur dass den Augenschalen eben der Rand fehlt, der sich bei
jenen dann oberhalb dieser Stelle entwickelt. So hat es den
Anschein, als ob die Form der Augenschale durch Unter-
drückung des Randes aus der älteren Form entstanden sei.
Mit dieser hängt sie auch durch die Henkelpalmetlen zusam-
men, welche für die Randschalen charakteristisch sind, und in
deren Dekoration hineinpassen, während sie zu der Ausstattung
mit Augen, Ohren und Nase schlecht stimmen und neben die-
ser sich wie ein mitgeschlepptes Ornament ausnehmen.
Wer die grosse Rolle bedenkt, welche in der Geschichte der
Gefässformen das Hinzufügen und Abnehmen acccssorischer,
für die Bestimmung des Gelasses nicht wesentlicher Bestand-
teile spielt, wird diese Erklärung nicht von der Hand weisen.
Dass man nach der Veränderung der Form die Henkel nicht
sofort hinabrückte, ist zum Teil auf Rechnung des Beharrens
beim alten F3rauche zu setzen, zum Teil mag es seinen Grund
darin haben, dass man die dadurch bedingte Störung der De-
koration vermeiden wollte, welche neue, erst später gelöste Pro-
bleme stellte.
Selbstverständlich ist die randlose Form nicht zufällig in
Folge willkürlichen Experimentirens aus der älteren entstan-
den. Vielmehr muss der Einfluss einer anderen Form im
70 J. BOEHLAU
Spiele gewesen sein, die zu Versuchen in dieser Richtung an-
regte, und als solche bietet sich ungesucht die (fiiX-n dar, die
flache Trinkschale, deren Herkunft uns die erhaltenen phöni-
kischen Schalen bezeugen und deren Verbreitung und Be-
liebtheit als Trinkgeschirr die Vasenbilder beweisen. Die Au-
genschale ist eine Kreuzung der Randschale und der tfxk'kr,,
jene hat den Aufbau des Körpers, diese die freie Endigung
der Wandung dazu gegeben. Wieder liefert die Dekoration
einen Beleg für den Zusammenhang der Augenschale mit der
fiieXY), mit der sie allein von allen Schalen die concentrische
Ausstattung des inneren Schalenrundes gemeinsam hat (vgl.
unten S. 75 ).
Als Vorstufe zu unseren jonischen randlosen Augenschalen
hätten wir also Randschalen mit Augen und dem übrigen
Schmuck an Nase, Ohren u.s.w. vorauszusetzen. Damit würde
sich eine Anschauung bestätigen, die mir Wolters von An-
fang an nahe zu legen suchte: dass die randlose Schale nicht
ursprünglich die Trägerin der Dekoration gewesen sein könne,
weil ihre Form fast am wenigsten von allen Gefässformen den
Verhältnissen eines menschlichen Gesichts entspreche. Der
Rand, der sich wie eine Stirn über Augen und Nase aufbaut,
würde dem im Wesentlichen abhelfen ; die tiefere Wölbung
der Schale in älterer Zeit würde das Übrige thun.
Die schöne Form der Augenschalen, die uns aus dem Werke
der grossen Schalenmaler so geläufig ist, erscheint vielleicht zu
einfach und zu selbstverständlich, als dass man nach ihrem
Werden fragen dürfte. Aber eine Umschau unter den auf uns
gekommenen Resten älterer griechischer Keramik belehrt uns
eines Anderen. Die randlose Schale von der Gestalt eines Ku-
gelsegments fehlt unter ihnen vollständig.
Wie in jeder primitiven Keramik so sind auch in der troi-
schen, k}'prischen , und in der von den Kykladen randlose
halbkugelförmige Trinkgeschirre üblich gewesen, aber sie sind
mit ihren Kulturen verschwunden, ohne zu neuen Bildungen
Anregung zurückgelassen zu haben. Dasselbe gilt von der be-
kannten altböotischen Schale, D^nn taucht gegen Gnc|e 4er
DIE J0NI8CMEN AUGENSCHALEN 71
geomelrisclien Periode, etwa den protokorinthischen Gefässen
mit mythologischen Darstellungen und den trühal tischen gleich-
zeitig, eine Art randloser Schalen auf, heiderseits verziert
mit einem stehenden Vogel zwischen Metopen mit Rhomben-
füllung ^aber &ie ist ausgesprochen napfartig.mit Wandungen,
die oberhalb der Henkel nach innen umbiegen. Zeitlich nicht
weit von dieser geometrischen Schüssel, der Form nach eher den
böolischen ähnlich, stehen die grossen randlosen, halbkugel-
fiirmigen bowls aus Naukratis,die sich in ihrer Dekoration als
unmittelbare Fortsetzung altmilesischer Keramik zu erkennen
geben. Ihnen hat K. Gardner wegen ihrer ähnlichen Technik
zwei Gruppen von Trinkgefässen angereiht, die er mit den
grossen Schüsseln als Eye -bo^d type zusammenfasst (Nau-
kratis II S. il)^. Sie haben aber in der Form weder mit die-
sen noch mit unseren Augenschalen zu thun. Die eine Gruppe
wird durch den Doppelnapf vertreten, den Rhoikos im Te-
menos der Aphrodite weihte (Naukratis II Taf. 7,1). Es ist
ein Napf wie die oben erwähnten geometrischen Vogelschalen,
mit denen er auch durch die ganz geometrische Einfassung des
Bildfeldes zusammenhängt. Auch die Häufung der Getässe ist
eine im Dipylonstile nicht
seltene Spielerei ^. Die andere
Gruppe ist, wieFig 30 (nach
Naukratis I Taf. 10,11 er-
gänzt) zeigt, den Vogelscha-
len wie der Rhoikos -Schale
in der Form verwandt. Ihre häufigste Dekoration ist nach Gard
"^r
« Pallat, Athen. Mitth. XXII, 1897, S. 272.
2 Vgl. dazu auch Murray, Sraith, Walters, Excavaiions in Cyprus S. MO.
3 Die Reste über der oberen Schale, die auf dem Lichtdrucke Gardners
sichtbar werden, rühren, wie aus einer von A. S. Murray mir gütigst mit-
geteilten Skizze hervorgeht, wol nicht von einem Rande sondern von einer
dritten Schale her. Auf diesen Resten sind nämlich die Enden der vertica-
len Einfassungsstriche des Bildfeldes, wie sie auch auf den unteren Scha-
len sich finden, siqhtbar.
72 J. BOEHLAU
nep a.a.O. ein Augenpaar, r»//^/i wit/i a conventional arran"
gement of spirals between them to reprcsent a nose. Sie sind
uns also wertvolle Zeugen für die frühe lieliebtheitder Augen-
dekoralion im Osten; mit der Form unserer Augenschalen
stehen sie in keinem Zusammenhange.
Vor dem 6. Jahrhundert fehlen alle Spuren einer randlosen
Sehaleni'orm. Was wir aber aus dem 6. Jahrhundert be-
sitzen, von den jonischen Augenschalen und ihren attischen
Nachahmungen abgesehen, ist ganz vereinzelt. Mir ist nichts
bekannt geworden ausser der Schale des Ergotimos Wiener
Vorlegeblätter 1888 Taf. 4,2, mit der die spätkorinthische
Moniimenli X Taf. 52 in der Form übereinstimmt, und den
chalkidisch beeinflussten Museo Gregoriano II Taf 72,1 ( =
Taf. 68,1 Ausgabe B) und Lau, Taf. 18,1 (München,Jahn Nr.
335) mit den Knopfhenkeln. Es ist, als ob man die neue Er-
findung als fremdes Eigentum respektirt habe. Das gilt be-
sonders von den attischen Werkstätten, die weder die Form
noch die Dekoration zu eigenen Versuchen benutzen, son-
dern sie fast zwei Generationen hindurch bewahren , wie
sie überkommen war. Weder haben sie auf die randlose
Schale andere Dekorationen verpflanzt, noch die Dekoration
der Augenschalen auf die mit Rand versehenen. Für letzteres
erinnere ich mich nur einer Ausnahme, die ich 1895 im Nea-
peler Museum sah, aber die Augen sassen auf dieser Schale
zu beiden Seilen der Henkel und waren seitwärts gerichtet.
Für Übertragungen einer anderen Dekoration auf die Augen-
schale aber karm ich nur wenige Beispiele anführen, so Mu-
seo Gregoriano II Taf. 08,2 ( = Taf. 6i,2 Ausgabe Ä) ni-
kosthenischer Art und 72,2 (= 68,2), die berliner Schale
oben Nr. 16 und die nikoslhenischen Wieniu* Vorlegeblätter
1889 Taf. 7,1.2 und 1890/91 Taf. 5,2.3. Von diesen ist
die erste möglicherweise noch selbst jonisch, und die übri-
gen linden eben ihre Erklärung darin, dass sie von dem un-
bereclienbaren und stets zum Experimentiren aufgelegten Ni-
kosthenes herrühren. Übrigens zeigen drei von ihnen wenig-
DIE JONISCHEN AUGENSCHALBN 73
stens in der Innendekoration den Zusammenhang mil den
Augensehalen (vgl. unten S. 74)*.
Schliesslich muss noch des eigentümlichen Pusses der Au-
genschalen gedacht werden, wie er an den meisten jonischen
Exemplaren, aber auch an einer attischen Nachahmung (Nr. 1 1 ,
vgl. Nr. 9) auftritt. Seine Form erklärt sich, wenn man an
ringförmige Untersätze wie die gläsernen jonischen aus Samos
(Nekropolen Taf. 15 16) oder die höheren thönernen für Am-
phoren (Hartwig, Meisterschalen Taf. 7) denkt. Denn aus
einem Untersatze wird wol dieser Fuss sogut wie so viele an-
dere herausgebildet sein. Auch für Mündungen wird eine
ähnliche Form in östlichen Kreisen gebraucht, so an einer un-
verzierten archaischen Amphora aus Rhodos im British Mu-
seum, an der kleinen Kanne in Kassel, Arch. Anzeiger 1898
S. 191 Fig. 9 und an einer Gruppe bauchiger Lekythen mit
farbigen Streifen auf schwarzem Grunde z. B. Berlin, Furt-
wängler Nr. 1127. 1128; andere Exemplare in Würzburg,
Wien (aus Skopelos) u.s.w.
Die Dekoration.
Am vollständigsten veranschaulicht die Phineusschale den
reichen Schmuck, welchen die jonischen Künstler für die
jüngste in der Beihe der Schalenformen bereit hatten.
Innen eine apofropäische Maske in der Mitte, am Bande
herum ein Bildstreifen. Die Maske kommt ausser auf der Phi-
neusschale, wo ein spitzohriger Silenskopf in Stabeinfassung
dafür gewählt ist, nur noch auf den wahrscheinlich jonischen
Schalen 7 und 14 (mit dem Nikekopf und dem Kriegerkopf)
* Nicht uninleressant ist, wie der Maler der pscudo-cäretaiier Kanne,
die aus der Sammlung Fonlana nach Götlingen gekommen ist — ich ver-
danke ihre Kcimlniss Dillheys Güte — die gesamte Dekoration von einer
Augenschale auf die Kanne üherträgt, die Augen, in deren Milte die öilens-
inaske, und zwischen Augen und Maske einmal ein Gewächs, das andere
Mal einen Jüngling, dessen Herkunft aus einem dionysischen Thiasos man
noch an den grossen (Reh)zweigen merkt. Auch der Maler der ohen 8. 05
erwähnten attischen Amphora entlehnt seine Dekoration natürlich voneinef
Augenschale.
74 J. BOEHLAU
vor, WO sie die gewölmliche Form einer Phobosmaske hat; der
hildstrcif findet sich nur auf der Phineusschale. Sonst zeigen
namentlich die jonischen Exemplare als einzige Belebung des
Inneren das thonfarbige Hund in der Mitte (2,3,5,6, 12, 13).
OITenbar giebt uns aber die Phineusschale nicht eine Aus-
nahme, sondern das, was für die grossen, sorgfältigen, für den
attischen Markt bestimmten Stücke die Kegel war. Denn die
Phobosmaske, das Gorgoneion, ist ein beliebter Schmuck der
attischen schwarzfigurigen Augenschalen, und gern wird ihr
inneres Uund zu fij^urenreichen , concentriseh angeordneten
Darstellungen benutzt. Ich erinnere an die nikosthenischen
Beispiele mit den Schilderungen des Ackerbaus, der Wein-
lese, der Palästra (Wiener Vorlegeblatter 1889 Taf. 7,1.2.
1890/91 Taf. 5,3), an die aus seiner Werkstatt stammende
grosse Schale des Cabinel des Medailles mit der Heerschau
{Monum. deW Inst, IX Taf. 9-11; Walters B, 426), an die
londoner Schale B, 427 mit dem Thiasos, die münchener
Jahn Nr. 185 mit den (Tu[jL7rX£y[jLaTa, nicht zuletzt an Exekias
gross gedachtes Bild der Ankunft des Dionysos (Wiener Vor-
legeblätter 1888 Taf. 7,1 a), wo dem Gegenstand zu Liebe die
concentrische Anordnung aufgegeben wird.
Das Gorgoneion wird für das Innenbild der Schale schon
in der hellthonigen korinthischen Keramik benutzt*. Aber leb
glaube kaum, dass die Dekoration der Augenschalen auf diese
Anregung zurückzuführen ist, denn der korinthische Vorgang
ist, soviel ich sehe, bis auf die Augenschalen ohne Nachfolge
geblieben. Und vollends fremd ist der archaischen Schale der
innere Bildstreifen. Er verbot sich von selbst durch die tiefe
Wölbung der alten Schale, und wenn die jüngere ihn hin
und wieder auch angenommen hat'^, so bleibt bei ihr doch
« Pernice, Jahrbuch XIII, 1898, Taf. 12 S. 200.
^ Mir sind nur wenige Beispiele bekannt. So aus korinthischen Kreisen
Monum. XI Taf. 41, aus Kyrene Bulletin de corr. helLXYU, 1893, S. 227,1.
238,6 Dazu kommen die Silberschalen des 5. Jahrhunderts Complercndu 1881
Taf. 1,3-5. Durch die Analogie der rhodischen Teller ist die Ausstattung der
Schüssel Naukralis JI Taf.fj mit der concenlrischcn InnendcKoratign zu er-
Klären.
DIE JONISCHEN AUGENSCHALEN 75
die Beschränkung auf das Mittelfeld Regel, das durch eine
Sehne zur Aufnahme vertikalen figürlichen Schmuckes her-
gerichtet wird.
Beides, Gorgoneion wie Bildstreifen, wird von den Relief-
schalen entlehnt sein, die in der Art — und unter dem Ein-
flüsse— der syrischen Metallschalen mit einem Mittelornament
und concentrischen Streifen verziert waren. Schon Löschcke,
Arch. Zeitung XXXIX, 1881, S. 37 hat beide in Verbindung
gebracht. Unser Denkmälervorrat weist keine genau überein-
stimmenden Beispiele auf, aber wir können ihre Existenz für
das 7. und 6. Jahrhundert nachweisen. Vor allem am Schilde
des Herakles und seines gleichen, den uns StudnJczka aus dem
Wüste von Missdeutungen herausgeholt hat^ Er bezeugt die
Dekorationsart mit dem Medusenhaupte in der Mitte und den
Figurenfriesen ringsherum für die Metallurgie des frühen 7.
Jahrhunderts. Für das 5. haben wir die ^laXai vom Zeustem-
pel zu Olympia und aus dem Schatze derBrauronia CJ.A. II
652,/? Z. 6 und 660 Z. 54/55, ohne andere Verzierung als
eine Medusenmaske in der Mitte ^. Zwischen diesen beiden
Grenzpunkten liegt die Innendekoration der Augenschalen, d.h.
ihr Vorbild. Auch die archaische Omphaloeschale kommt
hier in Betracht mit ihren Friesen im Inneren der Schale um
den oa(pa\o; herum, der die Stelle der Maske einnimmt. Sie
ist schon in der altkorinthischen Keramik bekannt, wie das
prächtige Exemplar des athenischen Nationalmuseums (Nr.
536)beweist, mit den zwei Innenfriesen, dem einen tanzender
Frauen, dem anderen ausgelassener bakchischer Dämonen.
Und die grosse Zahl der aus allen Zeiten antiker Kultur bis
zum Canoleius hinab erhaltenen Beispiele derOmphalosschale
trägt den Bildschmuck innen in concentrischer Anordnung
um den Omphalos herum '\
« Stria Harieliana S. 50 ff.
* Benndorf, Über den Ursprung der Giehelakroterien , Jahreshefte des
öslerr. arch. Inst. II, 1899, S. 8f.
* Um bei den Beispielen des 6. und 5. Jahrhunderts zu bleiben, erinnere
fch an die capuaner Schale Arch. Zeitung 1881 Taf. 5, an die bronzene|[)
76 J. BOEHLAU
Standes Gorgoneions haben altisclie Augenscbalen gelegent-
lieh ein centrales Ornament im Mittelrund so unsere Nr. 17 ^
oder auch einzelne Figuren, so die münchener Schalen Jahn
Nr. 561, 1170, 1236 u.a. Letzteres wird eine Übertragung von
der Dekoration des Mittelrundes der Randschalen sein, und
es ist nicht zu entscheiden, übrigens auch ohne ßelang zu wis-
sen, ob sie gelegentlich schon in jonischen Werkstätton vorge-
nommen worden ist. Ersteres halte ich bei dem entschieden
unattischen Charakter des Ornaments Für einen Zug, den wir
dem Bilde von der Dekoration der jonischen Schale einfügen
können ^.
Bssind oßenbar die Aussenseiten gewesen, die durch ihren
eigenartigen Schmuck des weithin leuchtenden weissen Au-
genpaars unseren Schalen ihre Beliebtheit und ihre Verbrei-
tung verschafTt haben. Der Schmuck ist alt, und ist von den
Malern unserer Schale wol zuerst dekorativ voll ausgenutzt,
aber nicht von ihnen erfunden worden.
Sein Zweck ist ursprünglich ein apotropäischer. Das unbe-
lebte Ding wird sehend gemacht, um seinen Besitzer und Trä-
ger vor Zauber schützen zu können. Denn mit Augen versehen
EULTcaXiv SeSopxc, wie der Phobos am Heraklesschilde nach Stud-
niczkas treffender Interpretation, und man hat sich gegen sei-
nen Blick zu schützen. Ein Auge genügt für diesen Zweck :
olympischen Olympia IV Taf. 52, 880 - 88*2, die mit den Silensköpfen aus
dem Kul -Oba Compte-rendu 1876 Taf. 4, 9. 10 und die sciiwarzgrundigen
mit bunter Dekoration, wie sie in und ausserhalb Athens sich finden. Da-
neben kommt auch die Dekoration der Aussenscite vor, so bei den spätko-
rinthischen Schalen in Kassel, Arch. Anzeiger 1898 S. 191 Fig. 6,7, der
Schale aus Olympia IV Taf. 52, Nr. 883 und namentlich häulig an den auf
Vasenbildcrn dargestellten, meist mit Blatt - oder Kno^penwcrk verzierten
9i«Xai, z. B. Monum. I Taf. 5i und unendlich oft auf Darstellungen von
Symposien.
' Ähnlich Lau Taf. 17.3, von einer Schale in der Form unserer Augen-
schalen, die aber aussen schwarz gelirnisst ist.
2 Kaum attisch sondern wol aus einer jonischen Werkstatt hervorgegan-
gen ist die wundervolle silberne Omphalosschale Antiquiics de la ScytUieTaL
29,211'., die um die Wende des 5. zum i. Jahrhundert anzusetzen ist. Auch
sie ist nur mit einem Mittelornament reichster Aui>bildMng verziert.
DIE JONISCHEN AUGEN8CHALKN 77
nur eins tragen häußg die Schilde, so der des Kriegers auf ei-
ner der schönen hellgrundigen milesischen Scherben aus Nau-
kratis im British Museum \ und des Jünglings auf der weiss-
grundigen attischen Lekythos Bonner Studien Taf. 12^. Aber
wo die Form des auszustattenden Gegenstandes die symme-
trische Anbringung zweier Augen ermöglicht, wird die Ge-
legenheit benutzt, ihn dadurch einem lebenden Wesen ähn-
licher zu machen. Seit dem 8. Jahrhundert fängt die Kunst
an, sich die Sitte in ausgedehnterem Masse zu Nutze zu ma-
chen^. Ihr ist es kaum mehr um den schützenden Zauber
zu thun, sondern sie benutzt den Vorwand, um mit einem
unverkennbaren Humor Lebloses zu beleben und durch im-
provisirte Interpretationen längst gewohnten Formen neue
Reize abzugewinnen. In der Keramik ßnden sich Augen
zuei*st neben den sog. Schnäbeln der Kannen mit blattför-
mig gestalteter Mündung, so an der frühattischen Oinochoe
Jahrbuch IL 1887, S. 46 Fig. 6, an der böotischen Jahrbuch
III, 1888, S. liO Fig. 21, an kyprischen Kannen phöni-
kischer Zeit wie Pottier, Vases du Louvre Taf. 8, A 114, an
* HofTontlich erfahren die Bruchstücke, von denen NaukraiisW Taf. 5,4-6
nur eine ungenügende Vorstellung gehen, hald eine sorgfältige Bearbeitung
und Verönenllichung. Sie sind nicht nur technisch und stilistisch hervor-
ragende Leistungen jonischer Kunst, sondern auch inhaltlich wichtig. Für
das Naukratis \\ Taf. 5,4 ahgehildetc Fragment finde ich keine andere Deu-
tung als die auf eine Danaide mit dem ahgcschlaj^enen Haupte ihres Bräu-
tigams. Auf einem anderen scheint Paris oder Aincas Rettung durch Aphro-
dite dargestellt, den AngrifT des Peleus auf Thelis und Abenteuer desOdys-
seus glaube ich auf anderen zu erkennen.
^ Es könnte dies für einen Zusammenhang mit dem ägyptischen Amulet
des Osirisauges sprechen, an das auf den Augenschalen auch die spiralig
sich einrollende Ranke unter den Augen erinnert.
^ Ich kenne von mykenischen Monumenten kein Beispiel, wenn nicht die
Umgestaltung des Rankenendes zu einer ArtVogelkopf Myken. Vasen Taf.
30,36^1 hierher gehören sollte. Fraglich ist, ob die runden ÖHnungen am
Bug der DipylonschifTe als Augen gemeint sind, oder nur dem praktischen
Zwecke als Ankerklüsen dienen. Sonst wäre das Rammschiff von der Ari-
slonophoftvasc der erste Beleg für die bekannte Schilfsverzierung. Ungeheu-
erliche Konsequenzen hat diese unter etruskischen Händen gehabt: vgl.
Pottier, Vases du Louvre Taf. 34, D 150.
78 i. BOKHLAU
milesischen, samischen, an schwarzgrundigen mit polychro-
mem Schmuck. Hier hat die schnabelartige Form des Ausgusses
die Augen herbeigezogen. Bei den melischen Amphoren wie
Jahrbuch II, 1887, Taf. 12, 'E971ÜL6PI; ip^. 1893 Taf. 12 war
die Henkelform, auf dem Euphorbosteller das Ornament die
Veranlassung*. Der Maler der samischen Amphora Nekropolen
S 54 Fig. 12 interpretirt in ebenso überzeugender wie sicherlich
bewusst humoristischer Weise den Hals der Amphora durch
Augen und Nase als Gesicht, das nun unmittelbar und ohne
Vermittelung eines Halses auf dem dicken Körper steht; ihm
ahmen die Maler der attischen , aber stark jonisch beein-
flussten Polyphem-Amphora British Museum B, 154 und der
attischen Amphora ^wä^o Gregoriano II Taf. 36,1 (=29,1
Ausgabe B) nach. Jonischen Kreisen gehören — direkt oder
indirekt — wie die Mehrzahl der eben genannten Gefässe,
auch die oben S.71 ff. besprochenen nauk ratischen Näpfe an,
zu deren hoher rundlicher Form die Ausstattung mit Augen
nicht übel passt. Man empfindet diesen Beispielen gegenüber
deutlich, wie missverstanden und unorganisch die Augen auf
Schulter und Bauch attischer Amphoren, Hydrien oder gar
Lekythen angebracht sind.
Wir haben gesehen, dass unsere Schalen mit dem Augen-
schmuck verziert waren, als ihre Form in ihren Verhältnissen,
namentlich dem der Höhe zur Breite, besser dem menschlichen
Gesichte entsprach. Aber den antiken Markt hat sich die Augen-
schale in der Form erobert, die unsere Exemplare zeigen, einer
Form die von allen am schlechtesten zu Versuchen anthropo-
morpher Bildung taugte. Wir müssen daraus schliessen, dass
sich das Interesse nochmals geändert hatte, welches man der
Augendekoration entgegenbrachte. Das alte inhaltliche an dem
wirksamen Zauber war durch ein formales abgelöst worden,
wie wir sahen, dies formale hatte sich mittlerweile zu einem
* A. S. Murray verdanke ich den Hinweis auf zwei andere Teller der
gleichen Zeil aus Kamiros im British Museum (A.OOT. 698), die, dereine
mit zwei,der andere mit vier Paar Augen und Nasen dazwischen ornamen-
tirt sind.
DIK JONISCHEN AUfiENSCHALEN 79
ausgesprochen maleriselien gewandelt, dem alles an einer be-
friedigenden Verteilung von Hell und Dunkel lag. Man ver-
gleiche ein einTaches Beispiel wie Nr. 8. Das Weiss der Augen
hält die dunkeln Stellen des Feldes zusammen, die sich sym-
metrisch auf beiden Seiten wiederholen: die Augensterne
und die Palmettenfächer. Zwischen diesen Flecken spielt, den
Grund belebend, ein lebendig loses Liniengeschlinge, die ran-
kenartig gezeichneten Ohren, Nase, Augenbrauen. Dem fein
abgewogenen Wechsel von Weiss, Rot und Schwarz auf dem
gelblich -rötlichen Grunde lässt sich ein koloristischer Reiz
nicht absprechen.
Mit dieser Richtung des Interesses des Malers erklärt es sich
auch, wie die llenkelpalmetlen von der Randschale her bei-
behalten werden konnten, die zu der Ausstattung mit Augen,
Nase lind Ohren so wenig passen. Der Maler des 7. Jahrhun«
derls hätte sie der vollständigeren Illusion wegen wol unter-
drückt oder zu ersetzen gewussl^
* Es giehl noch zwei oder drei Vasenfonneri dieser Zeit, die ähnlich kon-
stant wie unsere Schale an dein Schmucke der Augen festhallen, der auf die
anderen —Amphoren, Ilydrien u.s.w. — nur gelegentlich übertragen wird.
Das sind in erster Linie die Kelle oder Schöpftasse mit hohem, meist pla-
stisch ausgestalteten Henkel , modern gewöhnlich xuaOo; genannt ( Micali,
Müiutm. ined. Ta f. 99,4-0. Lau Taf. 19, L Furtwängler,Berliner Katalog Nr.
2089-20981 sodann der sog. jxaard; ( Micali ebenda Taf. 99,2. Lau Taf. 19,4,
München.Jahn Nr. 355. Wurzburg, Urlichs Nr. 427. British Museum,
B. 681 ; das älteste mir bekannte Beispiel der Form, dies natürlich ohne
Augen, ist das altkorinthische im athenischen Nationalmuseum Nr. 025 )
und endlich der Napf mit abstehendem Rande, mit oder ohne Henkel, z. B.
Köm. Mitth. XH, 1897, Taf 12. Lau Taf. 19,0. Maslos und Napf verzichten
häutiger als die Tasse auf die Augen. Diese drei Gefässfornien, besonders
die beiden erstgenannten haben auch das miteinander und mit der Augen-
schale gemein, dtiss sie ihre Figuren oder ihre Darstellungen, welche die
Augen gelegentlich verdrängen, meist dem dionysischen Krei.se entneh-
men, und dass sie viel Gebrauch von den Rebzweigen machen, wie unsere
Nr. 11,14 u.a. Der Rom. Millh. XH, 1897, Taf. 12 abgcbildele Napf trägt
das stark jonisch anmutende Bild einer genagelten Athene. Die Form der
Tasse wird von Nikosthenes gepflegt, der zwei selbst signirt ( Klein ^ Nr.
54.55), und Nikosthenes steht auch sonst in Beziehungen zu der Fabrik
der Augen.schalcn. Der Schluss liegt nahe, dass alle drei Formen dieser
entstammen, es ist mir aber nicht gelungen, ihn durch den Nachweis eines
unzweifelhaft jonischen Exemplars bündig zu machen.
ÖO J. BOEHLAU
Den vollen Schmuck der Augen, Nase und Ohren tragen
hei weitem nicht alle Schalen : fünf zeigen ihn auf beiden Sei-
ten (M, *8, 10, *12, M3), eine auf der Rückseite (*5). Auf
der Vorderseite von *5 sowie auf den beiden Seiten der übri-
gen wird die Nase durch einen Kopf, eine Maske oder eine
Figur ersetzt (*2,*3,*6, 7, 11, l'ifl'.). Die Phineusschale (M)
schiebt figürliche Darstellungen an Stelle der Henkelpalmetten
em. Es wiederholt sich hier also der Vorgang, den wir in der
korinthischen Keramik und an den samischen Fikelluravasen
beobachten können, dass eine ursprünglich rein ornamentale
Dekoration durch Einfügen von figürlichen Darstellungen ge-
sprengt wird, die einem grösseren Zusammenhange entnom-
men sind. Der Process, welcher sich schon auf den sicher
jonischen Originalen anspinnt, vollendet sich auf den attischen
Augenschalen, wie Nr. 17 sie repräsentirt. An Stelle der Ein-
zelfigur werden kleine Darstellungen in der Mitte eingeschoben
und ihnen zu Liebe die Augen zur Seite gerückt und die
Ohren beseitigt. Schon der grossen Masken wegen (11 und
14) war zu diesem Auskunftsmittel gegrilTen. Schliesslich
weichen unter Umständen auch die Augen der über das ganze
Bildfeld ausgedehnten Schilderung. Wieweit hier noch joni-
sche Vorbilder massgebend waren, muss zunächst zweifel-
haft bleiben. Jedenfalls ist unter den sicher jonischen Schalen
keine, die eine mehrfigurige Darstellung zwischen den Augen
aufwiese. VVol kann das Beispiel der Phineusschale dazu er-
mutigen auch das Einschieben von solchen schon für die jo-
nische Fabrik vorauszusetzen, und es giebt Bilder auf attischen
Augenschalen, die man gern auf Vorlagen von derselben Stelle
jonischer Schalen zurückführen möchte. Ich erinnere an den
auf dem Seepferde reitenden Nereus bei Gerhard, A.V. Taf. 3,
der als Schutzherr des Weines für Attika eine ungewöhnliche
Darstellung ist, erinnere an die genrehaft aufgefasste Scene,
wie Herakles im Ölwalde den nemeischen Löwen abhäutet,
Gerhard, A. V. Taf. 133. 134, i.2 und Jahn Nr. 563= Lau
Taf, 17,1 : man suche in attischen Kreisen eine Parallele zu
dem Realismus in der Schilderung des grünenden und des ver-
DIE JONISCHEN AUGENSCHALEN 81
trockneten Ölbaums auf dem münchener Exemplar ^ Aber
andrerseits fällt doch die Zurückhaltung auf, mit der die jo-
nische Malerei die ursprünglichen Bestandteile der Dekoration
der Augenschale durch figürliche ersetzt. Eis scheint, als ob
diese im Wesen der jonischen Kunst begründet liege
Man hat für den geschilderten Vorgang der Sprengung ei-
nesornamentalen Zusammenhangs durch figürliche Darstellun-
gen in der korinthischen Malerei wol die Erklärung gefunden,
dass das Ornament in Folge der aufkommenden Erzählungs-
lust allmählich durch die immer reicheren figürlichen Dar-
stellungen verdrängt worden sei. Die Erfahrung, dass ein
Neues in der Kunst sich nicht tropfenweise einstellt, hätte vor
diesem Irrweg bewahren sollen. Auch handelte es sich in der
korinthischen Malerei nicht um etwas Neues, um die er-
wachende Lust am Schildern und die herangereifte Fähigkeit
dazu, sondern um den Ausgleich zweier verschiedener Deko-
rationsstile. Analog ist das Auftreten der Figuren auf den
Pikellura- Amphoren und auf unseren Augenschalen zu be-
urteilen; die Figuren sind aus einem anderen Zusammenhange
entlehnt, nur dass wir die Quellen vorläufig nicht kennen,
aus denen die Maler sie geschöpft haben. Nicht naive Er-
zählungslust ist es also, welche die Figuren auf die Aussen-
seiten unserer Schalen bringt, sondern ein wol überlegtes Expe-
riment. Die leeren Innenseiten grade der jonischen Schalen,
von der Phineusschale abgesehen, beweisen zur Genüge, dass
die Erzählungslust nicht so gross war. Auch wissen wir jetzt,
dass die Jonier in ihrer dekorativen Kunst, die wir bisher allein
* Ähnlich roöchte Ich heute über die Tür Anika zu ungewöhnlichen schlan-
genleihigen Nymphen und die Ziegen im Weinberge auf der raünchener
Schale 468 Jahn (Philologus LVII, 1898,8.513) urleilen. Das häufigere Vor-
kommen von Darstellungen, die von den allischen Bildern in der Auflassung
oder im Inhalt abweichen. innerhalb einerVasengallung beslärkl den Ver-
dacht fremder Herkunft, der sich für jede einzelne schwer beweisen lässl.
Den obigen Beispielen wäre vor allen der Silen auf der münchener Schale
601 Jahn anzureihen, der auf einem Felsen in Vorderansicht sitzend die
Doppelflöte bläst.
ATHBN. MITTHBILUNGEN XXY. 6
82 J. BOEHLAU
kennen, von nichts weiter entfernt waren, als von dem Wun-
sche zu erzählend Auf den klazomenischen Sarkophagen sind
die oberen Felder kaum etwas anderes als Ornamentstreifen,
deren Element die menschliche Figur ist; jeder noch so scharf-
sinnige Versuch einer Deutung musste hier scheitern. Danach
sind auch die Rüder auf den Aussenseiten der Augenschalen
zu beurteilen. Der Maler versucht auf den nicht nur für
den heimischen Markt, sondern auch für den Export berech-
neten Schalen die Eintönigkeit zu vermeiden, indem er die
alten Bestandteile der Dekoration durch malerisch gleichwer-
tige aber inhaltlich reichere ersetzt. Er könnte auf diesem
Wege natürlich auch bis zur Einführung von Darstellungen
gelangt sein. Aber dies zu erhärten mangelt das Material.
Mit Bestimmtheit können wir dagegen eine andere Durch-
brechung des ursprünglichen Dekorationssystems als schon in
lonien erfolgt ansprechen, nämlich die Anordnung der Strah-
len um das Unterteil der Schale, wie sie Nr. 10 und 11 zeigen,
und wie sie dem weitaus grössten Teile der attischen Augen-
schalen eigentümlich ist. Die Veranlassung zu ihrer Einfüh-
rung ist verständlich. Sobald die Henkel wieder tiefer am
Körper der Schale angebracht wurden, dem wolbegründeten
Brauche der griechischen Keramik entsprechend (s. oben S.
69), vergrösserte sich auch der Bildstreifen. Dies geschah
aber auf Kosten der schwarz gefirnissten unteren Hälfte, die
nun in ein Missverhältniss zu dem oberen hellen Teile kam,
das durch den üblichen, das schwarze Feld schneidenden thon-
farbigen Streifen eher verschlimmert als verbessert wurde.
Fig. 19 giebt eine gute Anschauung davon. Man half sich,
indem man den unleren Teil dekorirle: man setzte die Schale
in einen Blattkorb, d. h. umgab den Fussansatz mit Strahlen.
Dass dies schon in den jonischen Werkstätten geschehen ist,
beweist die von aller attischen Art abweichende und dennoch
bei den Augenschalen fast unverbrüchlich beibehaltene Art der
Strahlen. Sie sind nämlich nie alle schwarz gefirnisst, sondern
« Vgl. Winler im Arch. Anzeiger 1898 S. 176 f.
DIE JONISCHEN AUOENSCHALEN 83
entweder alle thongrundig, oder, und das ist die Regel, ab-
wechselnd schwarz und thonfarbig, gefirnisst und konturirt.
Es ist eine echt jonische Zierlichkeit oder besser gesagt Freude
an lebhaftem Farben Wechsel, deren nächste Parallele die ab-
wechselnd schwarz weiss und roten Strahlen der cäretaner
Hydrien sind. In der attischen Keramik ist diese Behandlung
der Strahlen ebenso ungewöhnlich wie etwa der doppelte
* Strahlenkorb'. Ich kenne sie wenigstens nur von attischen
Augenschalen und ausserdem bezeichnender Weise von zwei
Rannen desNikosthenes (Wiener Vorlegeblätter 1890/91 Taf.
4,1.2), deren eine auch in ihrer Ornamentik entschiedene
Anklänge an die der Augenschalen zeigt ^
Gleichfalls durch die heruntergerückten Henkel bedingt und
deshalb ebenso gewiss wie die Strahlen schon ein jonisches De-
korationselement sind die VVeinstöcke, die unter dem Henkel
aufwachsend durch ihre Reben sowol den neu entstandenen
leeren Raum über dem Henkel füllen, als auch, die Henkel-
palmette ersetzend, zwischen Augen und Henkel sich füllend
einschieben (Nr. 11, 14, 17). Die geschickte und anmutige
Verwendung des pflanzlichen Motivs fügt sich gut in die Vor-
stellung, die wir nach dem Bilde der Rückseite der Phineus-
schale mit seiner reichen Schilderung vegetativen Lebens, dem
Palmbaum und der epheubeschatteten Quelle, von der iMale-
rei ihrer Heimat machen müssen. Auch das Feigenblatt ge-
hört in diesen Zusammenhang (Fig. 14), und unwillkürlich
richtet sich der Blick wieder auf die Bäume der münchener
Augenschale Jahn Nr. 563 (Lau, Taf. 17,1), den grünenden
und den vertrockneten Ölbaum, in der attischen Malerei des 6.
Jahrhunderts beispiellose Erscheinungen. So zeugen auch die
Reste der jonischen Kunst, die uns hier beschäftigen, lür den
* Vgl. unten S. 88. Keinen unmiltelharen Zusammenhang mit den Strah-
len unserer Schalen haben die abwechselnd hellen und dunklen Strahlen
auf der frühaUischen Dose Jahrbuch 11, 1887, S. 55 Fig. 19. Für sie ist das
hell und dunkle Flechtband des münchener frühattischen Kännchens Lau
Taf. 7, 1 und die äginetische Kanne Athen. MiUh. XXII, 1897, S. 3*25 mit
dem wechselnd hell und dunklen Halsornament, die Aristonophosvase mit
ihren Rosetten u. a. zu vergleichen.
84 J. BOEHLAU
stark realistischen Zug, der uns so oft an ihr überrascht. Es
ist. als ob das Interesse der mykenischen Periode auch an den
niederen Organismen, ^^ie an Pflanze und Muschel, in der jo-
nischen Kunst weiterlebte, während es im Mutterlande durch
die geometrische Periode mit den Wurzeln ausgerottet ist.
Und noch für etwas anderes ist der Weinstock auf den Au-
genschalen charakteristisch: es ist echt jonisch die Trinkge-
tässe mit dem Preise des Gottes Dionysos und seiner Gabe
zu schmücken.
Wol ist man auch im Mutterlande frühzeitig auf den Ge-
danken gekommen, die für das frohe Gelage bestimmten Ge-
tässe anders zu dekoriren als mit den Schilderungen des Her-
renlebens, mit den immer wiederholten Thaten der lieben
Heroen , mit den ermüdend eintönigen Tierreihen. Aber
man kam aus den stofflichen Grenzen nicht hinaus, in de-
nen sich die Kunst nun Jahrhunderte lang bewegte. Schil-
derungen der Zechgelage im stets wiederholten Typus der auf
ihren Klinen lagernden Männern mit den Tischen vor sich, die
Schalen in der Hand, und Darstellungen der hässlichen dä-
monischen Tänzer grotesker Bildung und bäurischen Hu-
mors, in den stereotypen Bewegungen des xöpXa^: das ist al-
les, was die mutterländische Kunst zum Preise des Weines zu
sagen weiss. So war es in Korinth : ich brauche keine Bei-
spiele anzufühlen. So in Attika, wo wir auf den Vasen aus
Vurvä die erste Darstellung eines Gelages finden (Athen.
Milth. XV, 1890, Taf. 12, 2), und wo die tyrrenischen Am-
phoren uns die Komostänze in zahlreichen Beispielen vor-
führen. So scheint es anfangs auch in der jonischen Kunst
gewesen zu sein. Wir treffen die gleichen Tänzer auf den sa-
mischen Kikellura-Amphoren, auf dem spätmilesischen Teller
Naukratis W Taf. 11, l.^, und auf den grossen Kesseln
(den sog. Deinoi), die zur Gattung der Northampton - Amphora
gehören ^ Aber in lonien ist zum ersten Male der Bann alter
Tradition durch einen neuen Gedanken durchbrochen. Man
< Nach Pottier. B. C. U. 1893 S. 424 bei Endt, Beiträge S. 21.
DIE JONiSCHEN AUGENSCHALEN 85
Stellte den Spender des Weinstocks, den Herrn alles Wer-
dens und Wachsens in der Natur, den Gott Dionysos selbst
dar, begleitet von der wilden Jagd derSilene und der von die-
sen unzertrennlichen Nymphen ^ und die Scene ihres Trei-
bens, vorher kaum bezeichnet, wird jetzt durch die Weinstöcke
und Reben als des Gottes eigenstes Gebiet, die Weinfelder
draussen, charakterisirt. Die neue dionysische Malerei, um sie
kurz so zu bezeichnen, hat dem freudlosen Wesen der fest-
ländischen Dickbäuche ein rasches und gründliches Rnde ge-
bracht. Ihre Wirkung in ihrem ganzen Umfange zu ermessen
und zu würdigen, ist heute noch nicht möglich. Aber dass sie
gross war, fühlen wir, wenn wir etwa die dionysischen Sce-
nen der Phineusschale mit den besten Darstellungen der Ko-
mostänzer vergleichen oder wenn wir sie mit der Krzählung
der Phineusgeschichte auf der einen Hälfte der Innenseite zu-
sammenhalten^. Dort nichts, was nicht ein chalkidischer oder
attischer Maler ebensogut dargestellt hätte: die ganze unper-
sönliche,konventionelle Feierlichkeit archaischer Darstellungs-
weise, hier frischestes, ungebundenes Leben, rasch aufgefasst
und keck geschildert. Wie selbst ein Amasis lebendig wird,
den sonst die Fesseln der Konvention und der oEavoTm; am
engsten umschliessen, wenn er von Dionysos und seinen Ge-
treuen erzählt, zeigt die Würzburger Amphora, die Karo im
/. H. S. XIX, 1899, Taf. 5 veröffentlicht hat. In den dio-
nysischen Scenen war der Malerei ein Stoff geschenkt, an dem
sie ihre Kräfte frei und voll entfalten konnte. Hier hatte noch
* Es ist eine interessante Beobachtung Thierschs (Tyrrhenische Ampho-
ren 8. 23 f.), dass auf den älteren tyrrenischen Vasen noch die Frauen feh-
len, und dass gleichzeitig mit den Krauen auch die Silene erscheinen. Auch
in der korinthischen Malerei kommen tanzende aber bekleidete Frauen
in Gesellschaft der Komasten erst auf den späten Schalen vor (ebenda
S. 29 Anm. 1). Diese dämonischen und menschlichen Komasten dienen
ihrem Herrn — denn das ist Dionysos, der auf dem Teller Nankratis II Taf.
11, 1. 2 unter ihnen weilt, und den sie auf Löschckes jonischein Am-
phoriskos begleiten — anders, einseitiger als ihre jonischen Veitern.
^ Ähnlich ist der Unterschied auf der voii Löschcke nachgewiesenen ca-
slellauischen Amphora aus der Fabrik der Augenschalen, s. unten S. 95.
86 J. BOEHLAU
keine Tradition den Typus jeder Scene festgelegt, von der
AulTassung des Moments bis zu den Motiven der handelnden
Personen. Und eine Fülle dankbarer Aufgaben, einen Reich-
tum an Motiven barg er in sich, die zu schöpfen und zu ge-
stalten Generationen von Künstlern vollauf genug hatten.
Wo diese neue dionysische Malerei zuerst aufgekommen ist,
wissen wir heute noch nicht. Jedenfalls aber hatte die Heimat
unserer Augenschalen keinen geringen Anteil an ihr. Die Sce-
nen auf der Phineusschale gehören zu dem Besten, was. uns
von jonischer Malerei erhalten ist. Und keineswegs überall
in Jonien h.itte die Kunst volles Verständniss für den neuen
Stoff oder Kraft genug, ihn sich anzueignen. So unterscheidet
sich das Gebahren der Silene auf dem Kessel B. C,H, XVII,
1893, S. 424 Fig. 1 trotz der eingefügten Nymphen wenig
von dem der Komasten,die eigentlich auf der Gattung zu Hause
sind (Endt, Beiträge S. 21, Nr. XII, XIII, XV). Und auch
auf den dionysischen Durstellungen der unten (S.98 Anm. 1)
zusammengestellten, wo! ostgriechischen Vasenklasse, und auf
denen der seh warzßgurigen Vasen ist nicht viel von dem Realis-
mus zu spüren, der die Malereien der Augenschalen durchweht.
Wo wir aber den Ursprung der neuen Malerei auch zu su-
chen haben, wir werden sie nicht auf den Gelassen entstan-
den und ausgebildet denken, sondern auf den Wänden eines
Dionysoslempels und der Bankelthallen der Vornehmen Eine
Malerei wie die, von welcher die Augenschalen zeugen, ent-
wickelt sich nicht an rein dekorativen Aufgaben, und ilie jo-
nische Kunst hat an dem dekorativen Charakter der Gefäss-
malerei stets festgehalten. Die detaillirte farbige Ausstattung
der Köpfe auf Nr. *2, *5 wies uns schon über die Gefäss-
malerei hinaus.
Von der Ornamentik der Heimat unserer Schalen können
wir nur schwer eine Vorstellung gewinnen weil wir zunächst
noch auf die ausschliesslich mit den Augen verzierten Scha-
len angewiesen sind Zweierlei liisst sich feststellen, was bei
vermelirlem Materiale einmal zur Lokaiisirung der Schalen
beitragen könnte.
DIE JONISCHEN AUGENSCHALBN 87
Einmal der Gebrauch einer ungewöhnlichen Lotosblumen -
form, die sich auf 16 und 17 findet. Da sie unaltisch ist, auf
zwei mit den jonischen Augenschalen zusammenhängenden
attischen Schalen — wenn 16 attisch sein sollte — auftritt,
und da ausserdem Nikosthenes sie gleichfalls auf einer Au-
genschale verwendet ( Vorlegeblätler 1890/91 Taf. 5, 3). so
dürfen wir sie wol der jonischen Heimat der Augenschalen
zuschreiben. Sie unterscheidet sich von der gewöhnlichen da-
durch, dass sie in den äusseren Kelch einen zweiten inne-
ren setzt, und in diesen ein Mittelblatt, oder ein Mittelblalt
zugleich mit raumfüllenden losen Palmettenblättern zwi-
schen den Kelchblättern. Rrsteres findet sich auf der Niko-
sthenesschale , letzteres auf der Fig. 23 abgebildeten Seite
der Schale Nr. 16 deutlich, weniger klar auf dem Innenor-
nament von Nr. 17. Die Fig. 24 abgebildete Seite von Nr.
16 unterdrückt den zweiten Kelch und das Miltelblatt und setzt
die füllenden Palmetten blätter unverständlich genug isolirt in
den Hauptkelch: die andere Seite hilft diese Abkürzung ver-
stehen. Es ist die Frage, ob diese Form mit der besonders aus
der Ornamentik der milesischen Vasen uns geläuGgen fünf-
blätterigen Lotosblume zusammenhängt. Diese ist im 7. und 6.
Jahrhundert nicht eben häufig, kommt aber grade in joni-
schen Kreisen hier und da vor, z. B. auf den cäretaner und
auf den pontischen Vasen. Daneben ist aber eine andere Mög-
lichkeit zu erwägen, nämlich, dass der äussere Kelch aus ei-
ner Behandlung der äusseren Kelchblätter hervorgegangen sei,
wie ihn z B. eine cäretaner Hydria (Endt, Beiträge S. 14 Abb.
7). die selinunter Simen(Dörpfeld, Verwendung von Terrakot-
ten am Geison und Dache griech. Bauwerke Berlin 1881, Taf.
2, 2 3) u. a. zeigen, wo der untere Teil dieser Kelchblätter
vom oberen, auch durch die Farbe, getrennt und selbständig
gemacht ist. Die Form unserer Augenschale kommt wieder
vor auf den manierirten Amphoren, für Lotosblumen sowol
wie für den Donnerkeil des Zeus'. Auch hierdurch werden
Derartig stilisirte Blumen Gnden sich auf den Amphoren München 72
wir auf den Osten gewiesen, zu dem diese Vasenklasee die
ailernächsten Beziehungen liat. In Attika kann ich sie nur noch
einmal nachweisen, nämlich auf der Sima von der Akropolis
Denkmäler I Taf. 38, B.2.
Wichtig für die Charakteristik der ornamentalen Richtung
der Kunst in der Heimal der Augenschalen ist nelten der Lo-
toslilume die eigentümliche Itankenführung, wie sie auT Nr.
17 seillich von den gegenständigen Blumen spielt'. Sie ßndel
iliresglerchcn in den Henke In rnamenten einer kleinen Gruppe
weissgrundiger Oinnchoen , welche der Werkslatl des Nikn-
sllienes entstammen uder doch in nUclisli^r Verbindung mit
ihr stehen, gleichzeitig aber durch ihre hellen und dunklen
Strahlen sich zu unseren Augenschalen stellen^. Dazu kommt
von dem mir erreichbaren Matcriule ein Ma-
slos des British Museum (ß, 681) und die
Fig. 31 abgebildete Kanne des berliner Mu-
seums Furtwängler .Nr. 1922, deren un-
gewöhnliche Form und Dekoration es nahe
legt, in ihr die Nachbildung eines fremden
Fabrikates zu sehen Wir linden hier ttberull
die langen , meist fadenartig gezeichneten
Ranken , die in sehr weiten Schwingungen
von ihrer Wurzel ausgehend eine kleine Lo-
Fig. M tosblule auf der Spitze tragen .Charakteristisch
für sie ist.dass sie in ihren Einbiegungen sel-
ten spiralige Einrollungen oder Palmelten ansetzen lassen ^
IKaro J.ll.S. XIX IH99, Ö. MiO (T. II, Ifii und etimn Fragment im Museo
inunicipau zu Orviel.i ( Kaici a. a. U. II, l.")?|; ein gleirli slilisirtes Blitz-
biinilel auf Her .nvieUner Amphora in \-'U>mn ) Kan. I, 1 [.
' Furlwjliigler fim lierlinprKalaldg' vergleicht damit richtig das Miltelor
nainenl ■ler allisehen Aiigcnschale Lau Taf. 17, :f rias ebenfalls ionisirl.
Von den Itanken al.gesehon ciilspriclit die Slilisiriing der lüio&pen der auf
dem y. 79 Atiin. t genannten Mastos.
' Es sind die von Nikasthenes slgnirtcn Uinochoen Wienpr Vorleiieblät-
ler t8M('JI Taf. -1, I und 2. dann die Leiden nichl signirten londoner B,fi30
\=J.H.S. I Taf. 2j uud <,i\ und die merkwürdige Kanne GolUrMon. A. Ca-
sUtlani. 1881, Taf, t mit der l.owiii, die den Eber niederreisst.dor üäugcn-
30 ttekomml dos Ornament etwas LpRres, FnHenartiges. Iüp
Linie lier Ranke wir'l aU das llaupiplemenl empfdntlpn und
liehandell, und diesen Bindruek versliirkt die nebensiichüclie
Bfliandliin^ und Kleinheit der krönenden UliUen, Das kleine
fl
Henkelornament auf Fig. 10. 'i(l stimmt gut, damit liberein.
und es will mir scheinen, als oh die rankenarli>;e Zeichnung
um die Augen lierum, wie sie sorjitältige Exemplare zeigen,
besonders die Verbindung der Ohren unter den Augen hin-
weg in diese Itiohtung der Ornamentik hineinpasse.
Die Analogien zu diesen Bildungen sind bekannt. Die Hunke,
nicht nur in einseitiger ülntwickelung als Slreifenornament, son-
dern aueh in mehrseiliger, als von einem Punkte ausgehendes
Centralornamenl, Ist ein Tlieiiia, über das sieh die griectiisclie
Ornamentik sctinn im 8. aber namentlich im 7. und 6 .latir-
hundert in unendlichen Variationen ergeht'. Unter diesi'n
den Kub. dein nii-geiiilun Adler und dem naluralislijii'hvn Bniim, der auch
auf B, ri20 sich lindel. Die Uaiiken kuuimeti auf den beiden londoner und
auf der pariser Nikoslheties- Oinuclioe vur. Gf^mciii.iatn ist diesen Kannen
mit den r^- 7'J Anni. I •iiil'gezüldle.n Gerässun übrigenü die Vuilietit! Tür pla-
sljscbc Venicrimg durub Küptc, äcblangcn u.s.w. die sich auch auf der al-
tischen Angensebnle in Derlin l-'urlwangler Nr. '21)52 in singui&rer Weise
äussert; zwiüebeii l-'uns und Korper der Mehalc ixt bier ein niännlicbes Glied
plastisch angebracht.
• Mildem von einem Mi ttclpunklaux iwei- uder vierseitig sieb culwickela-
90 J. BOEHLAU
nehmen die oben zusammengestellten, welche wir der Fabrik
der Augenschalen zuschreiben zu körtnen glauben, einen sehr
bestimmten und durchaus charakteristischen Standpunkt ein.
Zeit und Heimat.
Die zeitliche Ansetzung der Augenschalen wird durch ihr
Verhältniss zur attischen Keramik erleichtert. Ihre Entste-
hung, d. h. die des Typus, muss spätestens in den Anfang des
6. Jahrhunderts fallen, da nicht lange darauf Exekias ihn
schon vorfindet und verwendet. Dieser Ansatz stimmt zu den
Schätzungen , welche für die Reste jonischer Keramik heute
ver3uchl werden können, und die im Wesentlichen auf der Da-
tirung der griechischen Ansiedelung in Daphnä und auf dem
V^ergleich der klazomenischen und attischen Malerei beruhen ^
Die erhaltenen jonischen Augenschalen bestimmten Jahrzehn-
ten des Jahrhunderts zuzuweisen, fehlt jeglicher Anhalt. In
Altika ist der Typus besonders von der Generation des Niko-
sthenes gepflegt worden. Seiner Werkstatt oder doch seiner
Richtung gehört die grosse Masse der erhaltenen attischen Au-
genschalen an. Der Kreis des Epiklet übm*nimmt sie nach ihm
als einen der Maupttypen seiner Erzeugnisse
Weniger bündig ist, was sich über die Heimat der Augen-
schalen feststellen lässl.
Alphabet und Dialekt der Inschriften der Phineusschale
lehren in unwidersprechlicher Weise, dass sie in einer joni-
schen Werkstätte entstanden ist^. Dort sind also auch die oben
als sicher jonisch bezeichneten Schalen gefertigt, und dort ist
der Typus überhaupt geschaffen worden.
Das in Frage kommende Gebiet hat Endt, Beiträge S. 37
einzuschränken versucht, indem er die Huchstabenformen für
inseljonisch erklärte. Nach Bulles und meiner Revision (oben
den Ranken mil Falmetlen und BlumenfüUung und Krönung hängt auch
die Henkelpalmetlc zusammen, die von jenem abgeleitet ist. Ich hofle dem-
nächst ausführlich auf die Frage zurückzukommen.
• Zahn, Athen. Mitlh. XXIIl, 1898, S. 54. 77.
2 Krctschmer, Griechische Vaseninschriflen S. 55 f.
DIE JONISCHEN AUGENSCHALEN 9!
S. 47 ff.) fallen die Gründe für diese Behauptung fort, vor al-
lem der einzig wichtigere, dass Rta in HOPAO. als Hauch-
zeichen gelte. Wir lasen ferner P (nicht R), und ^ (nicht f).
Warum aber die Form des X für die Inseln Ausschlag geben
soll, gestehe ich nicht zu begreifen.
Weiter als die Inschriften helfen uns die stilistischen Beo-
bachtungen zunächst nicht. Was wir bei der Untersuchung
der Dekoration der Schalen an charakteristischen Eigentüm-
lichkeiten beobachteten, ist für uns. bei unserem Unvermögen
die einzelnen jonischen Stile zu unterscheiden, noch Eigentüm-
lichkeit der jonischen Kunst überhaupt So die Buntheit der
Erscheinung, die uns in des Asios Versen nicht minder wie an
den chiotischen Koren und auf der Northamplon- Amphora als
wesentlicher Zug des Ausseren jonischer Kultur entgegentritt.
So auch die pretiöse Zierlichkeit, die dem Schmuckbedürfniss
alle Bücksicht auf organischen Zusammenhang opfert, eine
xßpoTÜvyj wie sie sich auf unseren Schalen z. B. in der Auf-
lösung von Nase und Ohren zu Banken, in der Krönung der
Nase mit einer zierlichen Knospe oder in der Einfassung der
Panthermaske auf Fig. 1, in den Schönheitspflästerchen und
zahlreichen Dingen mehr äussert. So endlich auch der Bealismus
und, wo sie ihr Feld flndet, 'die rücksichtslose Kraft der Cha-
rakteristik, welche die jonische Kunst zum Sauerteig von ganz
Hellas werden Hess* (Löschcke, Athen. Mitth. XIX. 1894,
S. 512). Eigenschaften die sich neben der vorhergenannten
oft so schwer verstehen lassen. Alles das ist für uns gemein-
jonisch. Und gemeinjonisch ist auch, was wir an nicht atti-
schen,nicht festländischen Einzelheiten beobachten: die pferde-
füssigen Silene, die Doppelflügel der Dämonenpaare auf der
Phineusschale, die Beflügeiung der Athena auf der Würzbur-
ger und <ler münchener Schale, die Haartracht, der Panther-
kopf, das achtspeichige Wagenrad, der Tisch des Phineus mit
dem lebendig stilisirten dritten Beine ^ u.a.m.
• Biumner, Die Speisniische der Griechen, Arch. Zeitung XLII, 1884, S.
I85,4-7,cilirt für diese Form noch ein chalkidischcs Beispiel, von der Adre-
slosvase Arch. Zeitung XXIV, 186()/raf. 206, 1, und zwei von cornelaner
92 J. BOEHLAU
Einige trachtgeschichtliche Besonderheiten scheinen uns in-
dessen in bestimmtere Richtung zu weisen. Die Chitone der
Roreaden sind unterhalb der Gürtel und an der Schulter ebenso
stilisirt wie die kurzen Männerchilone auf den chalkidischen
Vasen ; dasselbe gilt auch von den Chitonen der Harpyien,
mit den rechts und links über den Gürtel herabhängenden koX-
7717X01; auch die Gestalt der Morpho mit ihrer ßlume sowie
die ihrer Genossin und die der Erichtho haben nahe Pa-
rallelen aiuf chalkidischen Vasenbildern. Dazu kommt, dassauf
unseren Schalen das iMännerauge in der abgekürzten Weise wie-
dergegeben ist, wie wir es auf Bildern des Mutterlandes aus-
schliesslich zu sehen gewohnt sind, und dass die Sille,die dar-
gestellten Personen mit Inschriften zu versehen, dem Mutter-
lande eigentümlich ist, nicht dem jonischen Osten. Aus diesen
Gründen, wie ich vermute, nimmt Studniczka, Jahrbuch XI,
1896, S. 268 an, dass die Phineusschale 'zur Zeit des mei-
stens unterschätzten mutterländischen Einflusses' im Osten ent-
standen sei. Von anderen Fachgenossen wird sie dagegen vom
asiatischen Jonien auf eine der jonisch redenden Kykladen
versetzt, unmittelbar in das Einflussgebiet, wie man meint,
der chalkidischen Kunst.
Der stark chalkidisirende Stil wenigstens der Darstellung
des Phineusabenteuers ist unleugbar ^ Auch seine Erklärung
durch chalkidischen Einfluss auf die Pabrikstätte ist nach un-
serer heutigen Kennlniss wahrscheinlich, und es ist eines der
wertvollsten Daten für deren Bestimmung, dass 'intensive Be-
ziehungen zu Chalkis durch die politischen und Handelsver-
hällnisse für sie nicht ausgeschlossen sein dürfen. Die weiter-
gehende Folgerung aber, welche die Augenschalen dem asia-
tischen lonien abspricht, müssen wir als unbeweisbar ablehnen.
Wol sind die Beischriflen selten auf oslgriecliischen Vasen,
Grabfiesken, Miisco Gregonatw II Taf. 94. Do (= l Taf. lOl. 102 Ausgabe B).
Ich kann kein weiteres hinzufüpcii Die Form für speciell ehalkidiseh an-
zusprechen reicht das Material nicht aus.
' Noch starker äusscrl sich die Verwandtschaft auf der unten S. 95 Anm.
2 angeführten Amphora aus der Fabrik der Augensclialen.
DIE JONISCHEN AU6ENSCHALBN 93
aber es ^iebt doch nicht abzuleugnende Fälle ^ und schliess-
lich könnten wir in den Beischriflen so gut wie in der Stili-
sirung der Gewänder chalkidischen ßintluss zu sehen haben.
Dasselbe gilt für das in der Weise mutlerländischer Kunst
gezeichnete Männerauge. Überdies ist es mindestens verfrüht,
dies der Malerei des asiatischen Joniens abzusprechen; im Ge
genteil, da allem Anscheine nach diese Abkürzung, die Thiersch
(Tyrrhenische Amphoren S. 109) richtig auf technische^Gründe
zurückgeführt hat, gleich auf den ersten schwarzßgurigen Ma-
lereien des Festlandes auftritt, so ist es wahrscheinlich, dass
sie nicht erst dort aufgekommen ist, sondern schon in den
kleinasiatischen, in schwarzfiguriger Technik arbeitendenWerk-
Stätten üblich war.
So bleibt es bei dem weiteren Kreise, innerhalb dessen wir
die Heimat der Augenschalen zu suchen haben, und die Vor-
stellungen, die wir im Laufe der Untersuchung von ihr ge-
wonnen haben, sind mit wenigen Ausnahmen so allgemeiner
Natur, dass wir nur raten, nicht bestimmen können. Eine
jonische Stadt des asiatischen Festlandes oder der Inseln, im
Besitze einer hoch entwickelten Kunstthätigkeit . in regem
Verkehr mit Chalkis, wahrscheinlich ein Mittelpunkt des Dio
nysosdienstes.der den rechten Boden für die ßntwickelung der
dionysischen Malerei gab, vielleicht nicht ohne Beziehungen
zur nordischen Kolonisation, worauf das Interesse am Phineus-
mythus hinzuweisen scheint: es bleiben genug Sriidte , die
diesen Bedingungen nach unserer Kenntniss soweit gerecht
werden , dass sie auf die Augenschalen Anspruch machen
könnten^. Samos und Milet nur scheinen mir nicht in Frage
• Es sind der Ruphorbosteller, die naiikralische Scherl^e IVnukralis II
Taf. 5, 6 inil unverständlicher Beischrlfl. der Aryhallos inil dem troischen
y Pferd Jahrbuch VII, 1892, Taf. 2 (vgl. Dihnmler, Arch Anzeij,'er 1892
S. 75), dessen Beischriflen gleichfalls verdorben sind, und die vulcenter
Amphora Gerhard, A. V. Taf. *2()5, 3. 4. Die keTsche Amphora Monumenii
VI VII Taf. 78 lasse ich als 'inseljonisch ' aus dem Spiel, die Arkesilas-
schale könnte in dieser Beziehung unter korinthischem Einflüsse stehen.
3 Duhn benutzt in der oben 8.42Anm. i citirten Festschrift die Bestim-
mung der nördlichen Vegetationsgrenze der Palme, wie sie Tb Fischer in
94 J. BOBHLAU
zU kommen, dieses wegen seiner erbillerten Feindschaft mit
Chalkis, die kulturelle Berrührungen doch wo! ausschloss, je-
nes, weil bei den habichschen Ausgrabungen in der polykra-
tischen Nekropole sich unter Tausenden von Scherben grade
von Schalen nur von einer Aujgenschale Fragmente im Schulte
gefunden haben (Nekropolen S. 51).
Finer ansprechenden Kombination muss aber zum Schlüsse
gedacht werden, dip mir Wolters nahelegte: dass wir in un-
seren Augenschalen vielleichl dieTr/i«i xu^i/vat des AJkaios vor
uns haben. Freilich müssen wir uns die Schalen, aus denen
beim Koltabos die Tropfen flogen , wol von Metall gefertigt
denken, denn der angeklebte ihönerne Henkel hätle den An-
forderungen,die das Spiel an seine Haltbarkeit stellte, schwer-
lich genügt. Damit ist aber der Anspruch unserer Augenscha-
len auf die alkäische Frwähnung nicht erledigt. Ihr oben dar-
gelegter Zusammenhang mit den «piicXat (xcoöfxfaXoi in der Form
und mit Kyathos und Mastos in der Ornamentik, drei ausge-
sprochenen Metallformen, spricht für eine intensiv betriebene
Metallurgie in ihrer Heimat, und wie es zweifellos metallene
Tassen und Näpfe der oben S. 79 Anm. 1 beschriebenen Art
gab, so gewiss auch metallene Augenschalen, deren Schmuck
für reich eingelegte Arbeiten wie berechnet ist. Metallene Scha-
len, in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts in Gebrauch, in
ihrer Figenart nach Form und Schmuck vom gleichzeitigen
Handwerk durch ganz Hellas anerkannt: das setzen die Al-
Petermanns Mitt«Mlimf»:en,Ei^änzungsl)an(!XIV, 1880 1881 Nr.(U festgeslellt
hat, um die in Fia|>e koinrnendeii Mögliclikeilen zu v<*riingerii. Fischer lässl
sie nördlich von Milet und nordöstlich von Sanios vorühor durch Chics
(Siraho XIV, I, 35) auf Euhöa zugehen. Die Phineusschale rnil ihrem an-
schaulich geschilderlen Palmenhain müsste also in Milet gemacht sein. Ich
glaube nicht, dass man dieseGrenzhestimmung so ^'cnau nehmen darf. Wenn
Ephcsos auf seine Münzen ein Palme setzt ( Imhoof-Blumer und O. Keller,
Thier- und Pllanzenhilder Taf. 2, 3G). so folgt daraus doch wol, dass eine
solche dort an einem Heiiigtume oder sonst an hervorragender Stelle stand,
und Palmen kommen heute noch in Smyrna fort. Überdies konnte der Ma-
ler die Palmen auch ausserhalb seiner Heimat gesehen haben. Endl a.a.O.
macht darauf aufmerksam, dass auch auf dem klazomenischen Sarkophage
n Dresden eine Palme vorkommt.
DIE JONISCHEN AUGENi^CHALEN 95
kaiosverse voraus, und das trifft auf die Augenschalen zu. Und
Teos entspricht auch den oben skizzirlen Vorst^^llungen von
ileren Heimat in besonderer Weise. Eine reiche Stadt im Mit-
telpunkte jonischer Kultur, der Sitz eines hochberühmten
Dionysoskultus, war sie mit Chalkis durch Bande der Slam-
mesverwandtschaft verbunden , deren Gedächtniss nicht nur
die Gründernamen sondern auch staatsrechtliche Benennungen
aufrecht erhielten ^ Die Kolonisation von Abdera und Phana-
goria aber, die in der Zeil der ersten Persernot erfolgte, setzt
voraufgegangene längere Beteiligung an dem norilischen Handel
voraus. Natürlich wird durch dies Zusammentreffen Wolters
Kombination nicht über die Geltung einer Hypothese erhoben.
Wer des Alkaios xuXij^vai in einer der zahlreichen Arten der
Randschalen sehen will, z.B. den zierlich ornamentirten Scha-
len der Kleinmeister oder deren jonischen Vorbildern, ist nicht
zu widerlegen. Für unsere Untersuchung hat sie aber jeden-
falls den Wert, dass sie deren Resultate in bündiger und kon-
kreter Weise zusammenfasse
Verwan dtes.
Eine Fabrik, welche die Höhe technischer Meisterschaft er-
reicht hat, die unsere jonischen Augenschalen bezeugen, hat
sich gewiss nicht auf die Herstellung einer Getässgattung be-
schränkt. Und da der Vertrieb ihrer Waren nach der verhält-
nissmässig nicht unbedeutenden Zahl auf uns gekommener
Augenschalen ein reger war, so ist zu hoffen, dass sich unter
der Masse schwarzfiguriger Vasen italischen Fundortes noch
manche ihrer sonstigen Erzeugnisse finden. Auf die Wahr-
scheinlichkeit - wir können noch nicht sagen Gewissheit — ,
dass Kyathoi und Mastoi mit der Dekoration der Augenscha-
len in deren Heimat gefertigt seien , habe ich oben S. 79
Anm. 1 hingewiesen. Ferner hat Löschcke ^ eine heute ver-
schollene Amphora mit der Rückführung des HephaistosderFa-
* Busolt, Griech. Geschichte I S. 217,7(8.312,1 der zweiten Auflage),
a Bei Bulle, Silene S. 8, 14; Athen. Mitlb. XIX, 1894, 8. 512.
98 J. BOEHLAti
brik der Aiif(enschalen zugewiesen. Icli liulie auf die Publika-
liüii der mir giUigst ziii' Vpff'iigimg ijesiclltpn Pausen verzrchtel,
da Zulin aus deulsi-lif>n und ilulis(?lK'ii Museen eine grossere
Anzahl von Ani|i)iiiren zitKainrnengebraclil liat, die ei gleicii-
l'alts auf unsere Kaliiik zurückfüliren zu können glaubt. .Seine
VerolTentlicIiuiig slelil bevor.
So beschränke ich mich heute darauf, die Rlinwirkiing iin-
si'iTi' Augensehaien auf eine andere joniache Fabrik unfzuzei-
geii. Ich linile eine solche in den Fig. 35-34 abgebildeten
Ainplioren ans Munclicn und Leiden. zu denen eine dritte lei-
dt-ner kiiniilit. die un Stelle des DelphiiiM aul Fig. 34 einen
Masen setzt'. Der Kinlluss der Augensehaien scheint mir un-
■ h'iit :t;' iiiiil :j;i tiildni Hio iniinchoiicr Aiupliora Jabn Nr. 1008 ab. Fi^.
'A\ dit> leitlener Ainphora. äie sind, wie dit! leidener mil dem Hasen, toii
Ulidl, BeitrUgv S. 6:; urw^hnl. Imt; ist dessen Angabe: 'Sanimluug S\\',
verkennbap- Niclil nur in der Verwendung der Augen. Die
Art wie diellörner der 'rierkiijire anf dei" miincliener und die
Scltlanffen aui'der leidener Amplinra dureli ihre Linie die Au-
genbrauen ersetzen, wie auf jener tlie Zweige, auf dieser die
Schlangen den unteren L'nirigs des Aiij^es begleiten, erinnert
an die Verwendung der Weinreben auf den Schalen Fig. l8-"30.
Oie Knospe über dem liucksltopfe gemahnt an die ständige
Krünung der Nasen auf unseren Scbalen, und zu dei' Anbrin-
gung der Tierkopfe überhaupt wäre der Mantherkopf von der
Pbineiisscbale zu vergleichen. Keinesfalls sind die Amphoren
Originale aus der Fabrik der Augenscbulen, dagegen spricht
schon die ganz verschiedene, sehr minderwertige 1'ecbnik der
dickwandigen schweren Gelasse mit ihrer stumpfen Tbonfarbe
und ihrem ungleiehmässigen Firniss. B» sind auch kaum Ko-
pien von Amphoren aus unserer Fabrik. Die Dekoration ist
zu schwer, und die Ail wie der Maler der münchener Am-
pliora durch llinzurügcn der Stirnlocken und des Diadems
etwas pedantisch eine weitere Anähnlichung an das mensch-
liche Gesicht versucht hat, entspricht wenig der überlegenen
Leide Amphoren tiefiiidiTi sicli im leidener Altertuinsmu-ieuni. .Stall Mün-
chen In». 284 ist bei ihm zu lesen; Jahn Nr. 1008. Die Photographie der
leidener Amphora Terdanke ich J. Six. die Brlaubniss zur Piihlikalion Di-
rektor Pleyle Vorder- und Riickseile der leidener Amphoren ist gleich.
ATMEN. MlTPHBII-UMiEN XXV. 7
Hantniabiinp der Formen auT tieii Augcnschaten '. Wo) aber
knrinle man sil-Ii denken diiss eine Überlra><un^ slallj^eriinden
Audi die AnswalM Her Tiere, die auf den Amphoren
verwendet werden, lallt in den SlalTkreis der Augensclialen.
' Ich halte es fdr wahrscheinlich, dass Endt sie tnJl Rechl Hi^r jonischen
VasviigHtlunK ziiReteill hat, deren IlnuptTcrlretet die hcritncr Aniphorft
Furl«äni;:lRr 1676 uiil dem Tiilon und dem siUciiden Dionjüus nnd Apollon
I Gerhard A. V. Tnr. 9, tSndt S. 63. Bk Ahh. \2 und 43 I und die munchc-
ncr Jahn 105(> tnil dem Bilde des Odysscus unter dem Widder (Micali.Sluna
Taf. Itgjüi ist. Charakteristisch für sie <iind die laufenden Oeslallen (Min*
ner, Jünglinge, Frauen) mit grossen Epheuhlallern an spiralig gerollU
Slilcn, die dekorativ eine von den Figuren ganz unahhängige Rolle spid
Vgl. ausser der Abbildung bei Micali Hauser im Jahrbuch 189S 8. 178 N)4
DIE JONlSCHtN AUGKNSCHALBN 99
Stier und Bock, Schlange und — in Jonien ! — Delphin sind
des Dionysos heilige Tiere, und den Hasen sehen wir so oll
in der Hand seiner Begleiterinnen, der Mänaden.dass wir wol
nicht fehl gehen, wenn wir auch ihn für dionysisch erklären.
Zu einem Bedenken an dieser Deutung könnte der dreieckige
Fleck auf der Stirne des Stierkopfes der münchener Amphora
veranlassen, das Zeichen des Apis, dessen Gegenhild man als
den Bock von Mendes zu erklären versucht sein könnte. Aber
der ganze Zusammenhang, namentlich auch die leidener Am-
phoren mit Hasen, Delphin und Schlangen sprechen dagegen.
Dass in der Gestaltung des Stirnflpckens, vielleicht auch in
der Bildung der Hörner eine Reminiscenz an ägyptische Apis-
bilder vorliegt, wäre natürlich möglich, und hei den Beziehun-
gen Joniens zu Ägypten auch nicht verwunderlich.
J. BÖHLAU
Zu den von Endt aufgezählten kann icli l)inzufügen, siclieilich ohne dami.
den uns erhaltenen Bestand zu erschöpfen : zwei Tassen München, Jahn
1046. iÜ48, einen einhenkligen Kantharos ohne Fuss ebenda Jahn i067, ei-
nen eltensolchen mit Fuss Neapel 905, alle mit laufenden Frauen mit Blät-
tern. Ferner die Würzburger Amphora Urlichs 339: Dionysos zwischen Mä-
nade und menschenfüssigem Silen,Rückseite: Hephaislos (ohne Andeutung
der Verkrüppelung) auf Maultier sitzend zwischen zwei Männern, deren ei-
ner (Dionysos?) das Tier am Zügel führt; eine florentiner Amphora: Dio-
nysos, laufend zwischen zwei menschenfüssigen Silenen und Nymphe t
Rückseite: Mann und gezäumtes Pferd; eine Amphora in Bonn: gleichfalls
mit Dionysos, Silen und Manade, Rückseite: sitzende umschauende Sphinx,
Mit den 'pontischeo* Vasen hat die Klasse nichts zu thun. Sic gehört ei-
ner Richtung an, die etwa derjenigen der Northampton -Amphora und ihrer
Verwandten parallel ist.
Nr. 15
HIPP0STRAT08 VON MILET
(Hierzu Tafel IV)
In dem vorlaufigen Bericht über die von den Königlichen
Museen begonnenen Ausgrabungen in Milet hat R. Kekule
von Stradonitz bei der Besprechung der gefundenen Inschriften
ein lllhrendekret des Bundes der lonier für Hippostratos, Hip-
podemos Sohn aus Miiet, erwähnt'. In der Aprilsitzung der
berliner Archäologischen Gesellschaft habe ich dann die nähe
ren Mitteilungen über den Pund gemacht, welche im Folgen-
den wiedergegeben werden.
Die Inschrift steht auf einer stattlichen Stele von bläulichem
Marmor, welche oben und unten mit Profilen geschmückt ist;
ihre Höhe beträgt 1,94'", ihre Breite oben 0,55, unten 0,61,
die Dicke 0,24. Die Höhe der Buchstaben schwankt zwischen
0,01 und0,014, der Zeilenabstand ist 0,013. Das obere Pro-
fil ist 0,085, das untere 0,10 hoch. Die Erhaltung ist bis auf
Verletzungen an diesen und geringe Versinterung gut. Auch
der Einsatzzapfen (Höhe 0,13) ist erhalten. Nach einem leeren
Baume von 0,11" Höhe folgt das Dekret (vgl. Taf. 4); der
untere Teil der Stele von 0,698" Höhe ist leer geblieben.
1 "ESo^sv 'Iü)v(i)v Töi xoivo)t* eTvciSy) 'l7C7c6<JTpaT0; 'Itctco-
pii^^ou xat orpaTToyo; im töv ttöXküv töv ^Icovcüv
xaraoTadci; oixcio); xai ^ i>av9pü>7U(i); xal ihioa i-
5 xde9T7)i T(i)pL ;c6>e(i)v xxi xotvyit "Icoot ^ptbjjLevo; Sia-
* Silzungsberichle der Kgl. preussischen Akademie der Wissenschaften
zu Berlin 1900 S. lll f.
• • - ■ • •
HIPPOSTRATOS VON MILET fOi
TiXsl' iyaOfit Tujf^tjt* XeXöj^^öat tcöi x-otvcot twi 'Icb-
vaiv cTcaivcoat *l7c?v6oTp.aTOv *I7c?voSt)|jiou api-
TTi; evcxc xal suvota; y}v e^^ci^v SiaTC^cI Tcpo;
TO xoivov t6 'I<i)v<i)v xai «ivai autov iitXri tcävtwv dv (roil^y
10 wöXsai Tai; 'Icovwv ri auri Xi ÖTcctp^siv 'IicTcoaTpct-
TCi)i auT(i5t xal ixyovoi;' ffTYi^ai hi auToO xal cixöva
]^aXx>)v ff* iTviPOu c|Ji navi(i>via>i* dXeo6ai ii icöXsic
Suo in^Y) aiTive; ciri|jisXT)O0VTai otcü)^ av y) cixcov
7} 'iTCTCO^Tp&TOu dTaOijt xara TCtj^oc, iva xai ol XoitcoI
15 TcavTs; ciS(iäotv ort "Icüvs; tou; xaXou; xai aya-
dou; avSpa; xal ypiiont. ?vap6]^0|jievou< Tai; iPoXi-
Ol Tt(A(iäoi {üipiai; Tai; irpooYixou^aic* airevfiYxsiv Sc
Exd:oTOu; Tc&pt. ßouXsuTciäv ra 8YV(i>(T|jiEva ''Icüotv
fi( Toc; iSia; iröXfi;, oipü); uirap]^Y)i iv toi; {y}|jio9ioi;
20 avaycYpaiAfAiva Ta 8yvci)a|Jicva uwo 'Iwvwv
TO Se SöyiAa töSc avaYpöc^at ci; to ßd:9pov ty); ci-
xövo; TY); *l7C770OTpaT0u i(i. navia>vi(i)i xal exd:o-
TYiv Töv ir6X6(i)v icapi auTTji ii; aTYiXtiv Xi9t-
vYjv. woXct; T}tpi6irio:av MiXtoto; 'Apaivosia.
25 inl TcXeoiou IlavyiiAOu.
TO ^if)fto|jia TO ix riavtaivtou xupcüdiv iSo^c t^i
Sifluait avayp^^at ii; to Sioftoaiov T)pe9r,oav Ss
xal iTctaTotTai tu; stxövo; t^; 'IwicodTpdTOu toö
'IwwoXyifAOu xaTa to ^r)fiaji.a tö \|;y)9i<j6cv utco 'Iü)-
30 va>v 'Ap]^iSY}[i.o; ^ApiOTOxpetTOu, ^ApLstvta; KpaTeoi>.
67cl TcXsffiou AY}vat(iävo;.
eSo^i TÜt ßouXtii* npa>TÖfAa^o; IluXiou eiwiv owü);
al Ti(i.ai al ^'lOf loOit^ai *l7r?vo(7TpaTCi)i Ta>i *l7ciroSY)u.ou
ÜTCO TOÖ XOIVOU TOU 'IwVWV (TUVTsXo^VTai XttTa TOt-
35 j^o; ScSoj^ftat tyii ßoi/XiJi tou; teij^otcoioÜ; ctci-
|AEXT)9^vai xal a770fi.toO(i>oai tt]v spytt^iav tt);
9TY)Xt}; xal tt}v avaypafTjv töv yvwaöevTWV
102 C. FREDRICli
Rtwa 21 Zeilen des Dekretes waren schon durch das ent-
sprechende Exemplar von Sinyrna bekannt, welches im Jahre
1872 nach Athen gelangte und sich jetzt im *E6vtx6v Mou<rctov
befindet ( Diltenherger, 5>///o^^^ 189) Der 0,40"* hohe, ebenso
breite und 0,14 dicke Stein stamml von einer Stele blauen
Marmors; er zeigt nur noch links die ursprüngliche Bearbei-
tung, sonst ist er in späterer Zeit glatt abgearbeitet und zwar
oben und rechls ausserdem noch stark ausgeschlis^'en. Da eine
neue Vergleichung des Originales durch II. von Prolt,dem ich
auch die vorstehende Beschreibung des Steines verdanke, eine
Reihe von Verbesserungen ergeben hat und die Ergänzungen
sich mk Hilfe des milesischen Stückes richtiger gestalten las-
sen, so mag der ganze Text noch einmal hier stehen:
1 ^'ESo^cv *Ia>v(i>v rm xoivc&i to^v Tpc[toxai-
jjLOu Mi>Y)(iio^ (piXo; civ tou ßa<TtXca>[; Auci-
5 Tcjv 'Ii:S(i)v xaTa^Tadei; oixeia>; x[ai fi-
>.avOp(i>77a>; xai iSiai iKOLOTfii To^fA ir[öXc(i)v
xat xoivYii "1(1)^1 ^püpiEvoc Siare^ei' aya[6Tii tü-
j^TOr Si86)^6ai täi xoivcii iwaiveoai *l7rTCÖ[aTpa-
Tov 'l7r7ro8y)[JLou' Mi^t)«5iov ipsTri; 6vix[6 jtat
10 lOvoiag T)v [eJx^^ StaTg^ei wpo; to )toiv[6v t6
*Ia)v(t)v Kxi eivat au rov ireXT) tc&vtwv d, v Tai?
TcöXeat Tai; töv 'Iwvcov TauTa Se o;cap[j^iiv
'l7C7C0TTp[d]T(i>'. auTcJi xat ix.yövo\;' aTyi(ia[t Sc au-
* Zwischen [i iiml o befand sich schon bei der Einmeisselun^ des Dekre-
tes ein Riss von der Breite eines Buchstabens; er hat auch in den folgenden
Zeilen einzelnen Buchslaben geschadet.
HIPPOSTRATOS VON MILET i03
TOÖ XÄi eUöva j^aXxYJv i^' itctuou ifx navici)[vtci>f
ffovTai OTccü^ av t} sixcjv t} *lTCWoaTp«To[u «jTa-
9y)i xaxi Taj^o;, iva xai ot Xoiwot wavTe; [etöö-
(jiv OTi *'Ia)ve; tou^ xaXou; xat aya9oii[;
20 <Ji Tipiödt Scopcai; rat; TCpo<J7)xou«jat;' [aTrevEy-
X61V Se ixdtdTOO; TÖJI. ßouXlUTÖV xi 6y[v<i)(JüL6-
TOi; Sioiiootoi^ ivaY6Ypa{i.ji.6va Ta 6[yvü)<j-
ji.6va uTiro 'Iü)vci>v to Si 86y|/a ToSe [ivaypa-
25 ^a]i ei; t6 ß&9pov ty5; etitovo? ttj; 'I[7C7iro<JTpx-
TOu i][L nravi]ü)[v]tü)[i xai] 6Jt[x]aTY}[v t<üv ttöXiwv
• • • ■ • •
[icapa auTTii si; (jttj^iqv Xi6ivy)v.]
Bei einer Vergleichung der beiden Texte machen sich eine
Reihe redaktioneller Verschiedenheiten bemerkbar, am mei-
sten wo! der Zusatz in dem Exemplar von Smyrna töv Tp6[i<i-
xaijScxa woXcwv zu der gewöhnlichen Sanklionsformel tSoSev'Io)-
va>v Töt xotvöt. Man darf vermuten, dass er mit einem gew^is-
sen Stolze nur in dieser Stadt gemacht worden ist, deren Wie-
deraufnahme in den Bund nach Beendigung der Neugründung
derselbe König Lysimachos bewirkt hatte *. Die neue Urkunde
giebtunsdie Bestimmung über die Niederschrift des Beschlus-
ses auf Stein für alte Bundesslädte, wie sie auf dem Ehren-
dekret für König Antiochos II steht (Michel, Recueil Nr.
486), und die Namen der beiden Städte, welche die Ausführung
des ehernen Reiterstandbildes im Panionion besorgen sollen:
Milet, die Vaterstadt des Geehrten, und Arsinoeia, die be-
deutendste Neugriindung seines hohen Gönners, das verlegte
Ephesos. Slrabo (XIV, 640) und Stephanos von Byzanz (s.v.
' E.s müsslß bei Vilniv IV, 1: cuins iSielites] (oco postea regis Aiiali pi
Arsinoes heneficio Smyrnaeorum civilas inier fonas est recepta für reyis
AlUiU vielmehr regis Lysimaclii heissen. Vgl Dillcubergei a.a.O. Antn. 1.
104 C. FBEDRICH
''Efcoo;) nennen sie 'Ap<nv6in, während auf Münzen nur die
Abkürzung 'Apai vorkommt' ; hier erseheint der Name in der'
üblichen hellenistischen Form.
Dem Beschlüsse des xoivov hat das Volk, von Milet unter
dem Archon Telesias im Monat Panemos zugestimmt. Es
beschliesst die Eintragung der Ehrung ihres Mitbürgers in die
städtischen Akten und wählt zwei Männer, welche gemäss
dem der Stadt zugefallenen Ehrenamle mit zwei anderen aus
Arsinoeia die Commission für das Reiterdenkmal bilden sol-
len, Archidemos, Aristokrates Sohn^, und Ameinias, den
Sohn des Krateas.
Der dritten Forderung, weiche der Bundesbeschluss enthält,
konnte offenbar der Rat allein, ohne das Volk zu fragen, nach-
kommen. Er hat sich dieser — ihm wol pekuniär lästigen —
Pflicht erst im Monat Lenaion unter demselben Archon erin-
nert, hat sie dann aber sofort erfüllt. Auf Antrag des Proto-
machos, Pylios Sohn, beschliesst der Rat, die Tet^oicoioi sollten
die Angelegenheit in die Hand nehmen, die Arbeit der Stele
und die Aufschrift der Beschlüsse verdingen ; die Ausgaben
solle ihr Schatzmeister des laufenden Monats aus seiner Kasse
(tol Tftxoiroixa) bestreiten. TsixoTcoioi kann es in jeder befestigten
Stadt im Bedarfsfalle gegeben haben; bezeugt waren sie bisher,
soviel ich sehe, nur in Athen und Oropos (Ditlenberger, Äy/-
loge^ 516). In Milet haben sie seit dem Jahre 334 sicherlich
öfter zu ihun gejiabt. Ihr Schatzmeister leistet in diesem
Falle aus seiner noch gefüllten Kasse die Zahlung, wie in
Athen der tcl^ax^ töv aTpaTicüTtxöv ähnliche Ausgaben seit dem
vierten Jahrhundert so häufig auf die seinige übernimmt.
Wieviel Zeit zwischen dem Volks- und dem Ratsbeschlusse
« L. Müller, Die Münzen des thracischen Königs Lysimachus. Kopenhagen
1858, S. 80. Head, Coinage of Ephesus, Numismatic chronicle 1880 S. 124 ff;
1881 S. 18 f.
^ Ein Aristokrates (vielleiclil derselbe) kommt auf einer Didrachrae von
Milet aus der Zeit zwischen 300 und l»50 vor: Catalogue of Greek cotm in
tke BrilisU Museum, lonia JS. 191 Nr. 81.
HIPP0STRAT08 VON MILET 105
veifloss, lässt sich noch nicht mit Bestimmtheit sagen. Neun
sicher milesische Monatsnamen sind mir bekannt, aber ihre
Reihenfolge ist noch unsicher. Doch entspricht vermutlich
der Panemos, der noch auf einer Bauinschrift in Didyma vor-
kommt*, dem attischen llekatombaion , der Lenaion dem
Gamelion.
Als Zeitgrenzen für die Abfassung des Ehrendekretes hat
Dittenberger die Jahre 295 und 287 angegeben. Letzteres, weil
der Bund der lonier dreizehn Städte zähle und von diesen Le-
bedos und Kolophon bei Gelegenheit der Neugründung von
Ephesos durch Lysimachos zerstört worden seien (Paus. L 9,8;
Vll, 3, 2). Zu der Neugründung scheint der König aber nach
den politischen Verhältnissen erst im Jahre 287 etwa Zeit ge-
habt zu haben ^. Das neue vollständige Exemplar zeigt, dass
dieser Schluss nicht das Richtige traf: Arsinoeia besteht, und
der Bund zählt dreizehn Städte. Den Ausweg, der Beschluss
sei in einer kurzen Zwischenzeit zwischen der Gründung von
Arsinoeia und der Eroberung von Lebedos und Kolophon ge>
fasst worden, wird man nicht suchen wollen. Man wird viel-
mehr folgern, dass die beiden Städte zwar genommen, aber
nur um einen Teil ihrer Bewohner geschwächt worden sind.
Ebenso sind, um nur ein Beispiel zu nennen, die Nachbarorte
zu Gunsten von Lysimacheia behandelt worden. Lebedos und
Kolophon sind infolge derV^erluste im Kampfe und durch die
Oberführung von zahlreichen Bürgern thatsächlich für einige
Zeit vernichtet und für immer geschädigt worden, aber sie
blieben als Gemeinden bestehen^, und die heilige Zahl von
dreizehn Bundesstädten blieb bis auf Aurelian^ und lunger
erhalten. Da nun das Jahr 287 ungefähr als Gründungszeit
* Revue de phil. 1899 S. 2. Haussoullier hat sich mehrfach mit dem Ka-
lender ?on Milel l)escliäfligl (a.a.O. S. 4 f ; 285 f ).
' Hohde, Der griech. Homaii S. 75 Anm. Droysen, Gesch des Helle-
nismus II, 2 S. 258.
» Vgl. auch Schuchhardl, Alhcn. MiUh. 1886 S. 414 fT.
* Vgl. Lenscbau, De rebus Prienensium (Leipziger Studien XII, 1890)
S. 183.
106 C. FHEDRICH, HIPPOSTBATOS VON MILBT
von Arsinoeia. soweit man jetzt urteilen kann, viel für sich
hat, so rückt das Ehrendekret für llippostratos' in die Pe-
riode zwischen 287 und 281, das Todesjahr des Königs Ly-
si machos ^.
C. FREDRICH
»<- 4SHK4uK SF^^^ *>-»
* Luders hat gemeint {BulleUino deW Imttüuto 1872 S. 248 PT.), derselbe
Hipposlratos habe schon unter Antigonos eine Rolle gespielt (im Jahr 317/6.
F)iodor XIX, 40, 5). Das muss unsicher bleiben (vgl. Dittcnberger a.a.O.);
aber ein Nachkomme von ihm Swa^^Tpato; 'IjrKo«Tp»toü ist tajxia; in Didyma
gewesen (C. l. G. 2857= Haussoullier, Revue de phil. 1897 S 130).
2 Eine kleine Serie von Münzen mit der Aufschrilt EupoSixIcov und dem-
selben weiblichen Kopfe, den die oben erwrthntcn von Arsinoeia tragen, hat
fallet in Verbindung mit Ephesos gebracht, weil ein Stück dort gefunden
ist und als Beizeichen die Biene hat (Beschreibung der antiken Münzen der
Kgl. Museen zu B<Tlin 11,1889, 8 Sl t. Calnlogue ofGreek coins in ihe nnlixh
Museum^ lonia S. .^fi). Sie lassen die Vermutung aufkommen, Lysimachos
habe das langwierige Werk der Neugründun^ schon nach der Eroberung
von 295 begonnen und die Stadt nach seiner Tochter Eurydikc benannt;
nach der Ver.^tossung der Tochter aber und der nachmaligen Eroberung der
Gegend durch Demelrios um 288 die Neugründung in ruhigeren' Zeiten fort-
geselzl, beendigt und seiner einnussreichen Gemahlin zu Ehren Arsinoeia
getnufl. Nach dem Tode des Königs nahm die Stadt sofort wieder den allen
Namen Ephesos au (Steph. Byz. s. v. "B^ptoo;; Michel, Recueil Nr. 486).
INSCHRIFTEN AUS RHODOS
(Vgl. obenXXIII S. 390 ff.)
106. 'Eic pLiyi'JfO'j XiOo'j ^aioö, KavoviKci^; TSTpa^oou «i; Tpowov
&«T« vo(i.i96t8v av Ti; Tcpiovt SiaipeOyivai ty}v o'X-nv imypa^f.v 6i< tcoX-
>i; jtotpa;. "ExaaTOv (jToij^eiov eyei iJij;og 0,02, tc^tjv toö (\>, e^^v-
To; 0.025 xat toö O, eyovTo; 0,015. Mvixo; toö XBou 0,98, wU-
T0< 0,27, 3cat TuÄj^o; 0 50. 'A7Ci)ta>u(p6ir) Se iv Tq> iyp«!^ ''^oö XaTC^i
'Aj^jicT, x(i(i.6V(p 6v xoLlt; 'Evvia 'OSoi; ( Doqus Soqaq). 'Eypa^p'n
ötaxoctou^ aj^eSov EviauTOÜ; xpo XptaToö.
....a . Yop'')v Au(jt(jTpaTo[u IljcSiaSa'
9Tef avcüOei^av owo tocv ßouXdiv icXcovaxi; XP^'
oeoi; <7TEf dcvoi^ xai avSptavTcov xat TCp09(i>77(i)v
apyupECüv avaOeaeoi xai viicdciaoav 'A>6ta (Tuva>piSt
7r(i)>tx^, <TT€fav(i)6i(7av (so) Se xai owo AivSiwv xa? 'la^u^iwv
xal Ka|ji.ipeci)v xai u?v6 Toiv evic^eovtcov ev toi^ af pa-
y-TOi; A'jffidrpaTo; 'AyyjaitvSpou [IeSku; xat 'AwoX-
Xa>via *AwoX>ü)viou 'Apysia Tav OuyaTepa xai
Hieraus ergiebt sich mit Hilfe der Insclirifl LG. Ins, 1214
{=^Gr D.I. III 3888) folgender Stammbaum:
'AyY)aav8poc 'Atco^wvio; I
Au<TiaTpaTO; rieSieu; — 'Axo^^wvix 'Apysta 'Av8pö[vtxo;]
i)-ayöpir) lleSiä; 2) 'AwoX'Xwvio; II lleSieu^ — 'AvSpov[txa] Bpaaia
DieVerbindung der Namen Lysistralosund Apollonios wurde
erst durch die Ehe des Lysistratos mit der Tochter des Apol-
* In Z. 1 sind die Buchstaben mit weiteren Abständen geschrieben.
108 F. HILLER VON 6AERTR1N0BN UND ST. 8ARIDAKIS
. ionios hergestellt; also ist ein Mann, der beide Naaien ver-
einigt,frühestens ein Sohn dieses Pares. Nebenbei gehören die
drei verschiedenen Demotika sämtlich zu Lindos.
107. 'E>7]f9y) ix. 9feXaT0C >cuxoO (i.ap[i.dpou, etTCOxa^iifdsvTo; iv
TYJ e^vauXci 'Avaaraaiou Ay)|Ay)TpideSou, c(i.icöpou, Tcapa toi Ko<7Xivoo.
MY))to^ Toö >i9ou 0,52, x^&To; 0,52, izikjo^ 0,40. ^ExaaTov Yp«pi.(AÄ
ijii (JiYixo; 0,01 wX-nv TOÖ (|), ovTo; (xaxpoTipou. *0 Xiöo; ^cpsi Xuo
xupia; wpo<j6iJ/€t;. 'Ewi ty}; [xift; (A) «idtv iy'^cxoXapt.iiLevot Suo iTe-
'favoi ex fu»a>v cXaia; , xai u?vö tou; 9T€favou; y) pLSyaXy) cici-
Ypa^T). 'Eict Xe tri; CTtpa; (B) 7cpo9Öij/«<iii;, ty); OTCtaSev tyj; 6ipY}[iLe-
VY);, etdi Suo STcpoi oTE^avoi, 6 (xev ix 9a»oO, 6 $e ix fu»a>v >füxY}(,
(b; icTtv cixa<sai aTco toö ajf^Y)|jiaTo;. 'Two Si tou; (iti^&vou; toütou;
Y) auvTopio^ YiXi iTTiypa^Y)'
(B) A'.ovu<TO$ci>pou 'A>i^avSpe(i); apj^ipavtoTa.
(A) 'lax^ou xai Atovo90$(i>pou *AXs^av$p£(i)v luspYiT^v
Ti(xaO£vT(i)v xjTco TOÖ xoivoö Eu£pYi9tai xai
«TiXciai xavT(i>v Sta ßiou, xai OTefavcüOevroiv
C7caiv(i)i, OaX>oö (TT6fd:v(i>i, TiptadevTO^ Si
5 Aiovu<ToSa>pou xai utto toö xoivoö toö 'AXiaaTav
aTcXstai TC&vTwv Sii ßiou xai ivayopeu^st täv ti-
fxav i^i TC&v totcoiv xai 9T6fav(i>0evTo; STcaivoi;
«Tci Töv TOTcwv ci^ Tov asi ^pövov Tiji.a6cvT0;
Se xai UTCO toö xotvoö toö AiovuoiaaTav cucpYcai-
10 ai xai aTcXciai TcdevToiv Sia ßiou, xai OTfifavcoOcv-
To; (7uaivü>t ^puaecüi 9Tefav(i>i ctc' apeTfti*
xai Aiovudiou 'AXs^avSpeü); xai 'I6axY)c SoXiSo;.
'AfAfOTfipai al iTCiypafai af opo^^iv 6i< tov 'AXs^avSpea AioviiaoSo)-
pov, Tcspi 00 Y^^ß'fÄt jxaxpo; ^öyo; iv riri iwiYpa^YJ I.G.Ins. I 155.
Eiai Si 9?vou$aiai octe TY}pY)(jaaai yj(jiiv Ta xupia ov6|xaTa "laxj^o;
xai lOxxY), ocTcep TcpwTO^avY) iv Tat; 'PoStaxat; «TiriYpa^ai;. No|AiC<)>>
de ü); 6 f/.6v 'laxyo? iSeX^o; Tuy^o^^'^ 'fOÖ AiovudoSwpou TcpioSuT«-
pO;, Y) Ö€ 'I6xXY) y\)'47] TOÖ AlOVUaoScOpOU, 6 8i iv T<j) 12. ^Tl^<p Aio-
vuaio^ uiö; ^atvsTai toOtou.
INSCHRIFTEN AUS RHODOS 109
Auf Grund dieser Inschrift wird es sich verlohnen, die zeit-
liche Folge der auf dem erwähnten Steine /. G. Ins. I 155
(z=Gr. D. /. III 3836) angebrachten Urkunden nochmals zu
untersuchen, nachdem Ziebarth^ im Verein mit U. von Wi-
lamowitz,gegen die in den 1,0. Ins. angenommene Reihenfolge
Bedenken erhoben hat. Abgesehen davon , dass sich jener
Stein ausschliesslich auf die Person des Dionysodoros bezieht,
nicht auf seine Angehörigen , enthält er erheblich mehr , so
den Beschluss der Paniasten (IM 74fr). Es entsprechen in
unserer Inschrift den betreffenden Urkunden des bekannlen
Steines, soweit als Dionysodoros in Betracht kommt :
Z. 1-4 = /. G. Ins. I 155. 105 IT. ( = c).
Z. 4-8 = /. G. Ins. l 155, 1 IT. { = d)
Z 8-11 = /. G. Ins. I 155, 40 IT. ( = a).
Dieses dürfte damit endgiltig als die richtige Zeitfolge der
drei Urkunden c% d, a festgestellt sein.
108. Dunkler Stein, lang 0,63, hoch 0,3^2, tief 0,75, Buch-
stabenhöhe 0,01. Formen: O O ft, n, Z, M und M, <j) usw.,
Querstriche an den Enden. Ein grosser Teil der Schrift ist
zerstört durch eine im oberen Teile des Steines angebrachte
hebräische Grabinschrift. Auf dem Judenfriedhof von Sari-
dakis vor einiger Zeit abgeschrieben.
(Der Anfang fehlt).
)^«»j;, EuaTp&Ta McdupLvata ( corr. Mn- oder Ma-) %%\ 'Apia-
SvY) xiv a[v6ij/iav, TtpLaOfioav ji.Jv]
IV rat; ouvöSot^ xai iv xai; a>Xai; xaO' [exo^ wavayüpeot (?) lu-
xai aperdl; evcica xxl cuvoia; xal f iXoSo^ia; [a; e^^ouda SiarcXei
*A9x>a7CiaaTxv Ntxa(Ti(Dv({(i)v '0Xu|ji7ria<TTav [xoivov, Ticxadsioav Se]
5 xa{ UTPO SapLoOpcfxiaoTav 'Af poSi(aix)<;Tav [xoivou
(2 Zeilen fehlen)
duvftuTÄv -----------
( 2 Zeilen fehlen )
* Das griech. Vereinswesen S. 45.
110 INSCHRIFTEN AlJS RHODOS
11 (uipycdia; [tÄ^ {; (f*^) ^itpajv riv 'EpaxtSav - - -
[Ti|xa6it(iav Si xai] ^puoeü>i arcfavcüi xat [«ix6vi(?) - - -
Z. 11 hat Saridakis nur eine Lücke von 6 Buchslaben an-
gegeben .
Das xoivov *Ao)c>a7rta9Täv Nixaoicovticov 'OXu(i.77iaoTdtv ist VOn
einem Nikasion und einer Olympias gestiftet. Da uns in der
Urkunde /. G, Ins. I 127 das Verzeiclmiss von Stiftern und
Wolthätern eines xomv vorliegt, unter denen ein Nikasion I
und seine Gemahlin Olympias 1 und seine Kinder Nikasion II
und Olympias II vorkommen, nach welchen letzteren zwei
Phylen des xoivov genannt sind , liegt es nahe und ist es fast
unabweisbar, für beide Steine denselben Aufstellungsort an-
zunehmen , der sich jetzt allerdings nicht mehr feststellen
lässt,da beide weit verschleppt gefunden worden sind Der neue
Stein liefert uns nunmehr den Namen der Genossenschaft.
Zu Z. 8 (luvSüTiv könnte man aus /. G. Ins. I 157,5 'Po-
SiadTäv i7ciSxpLtx<iT<2v ergänzen, was zu dieser meist aus Frem-
den zusammengesetzten Gesellschaft gut passen würde.
Zu Z. 11 'EpaTiSav vergleiche man t6 'EpxTjiSctoiv xotviv
LG. Ins. I 40,3 und Pindar Ol. VII 93 Böckh das iaiysische
Geschlecht der 'EpariSav.
Thera und Rhodos.
F. HILLER VON GÄRTRINGEN
STYLIANOS SARIDAKIS.
►*^
THB APAMEIAN EÄEMPLÜM OF THE ASIAN CALENDAU
INSCRIPTION
In eililing ihe lext of ihe Priene inscriplion relaling lo ihe
inlroduclion of tlie Asian Calendar {Mitth. XXIV p. 288 ff.),
Prof. Wilamowilz- Moellendorff noles several tJiscrepancies
belweeii il aiul ihe Apameian exeniplum (asgiven inC.f.G.
3957 Z> aiid B.C.H. XVII p 315) aiid reinarks ihal die Ab^
Schriften sind in der Anordnung ungenau. The fault lies
willi M lierard's copv, wliich is allogether slrangeiy inaccu-
rale. In 1897 1 made copies. and look invpressions, of both
stones; and as my Version differs considerably from that of
M. Berard and conßrms two or ihree of Prof. VVilamowitz*s
resloralions, il seems worlh puhiicalion here. Cohimns II and
III were inscribed on ihree blocks, Iwo of which survive,
white the ihird seems lo have perished. The firsl contains
the beginnings of the lines of col. II, the second ihe ends of
these lines and the beginnings of the lines of col. UM. The
first pari of eol. II need not be repealed in ils enlirely, as il
is correcüy given in C.I.G., except for the Omission of some
letters at the edge of the slone, which are here given in their
correct position.
Col. III
;k
10
Col. H
ifr- //Äf//////\IINTHITQN
'///// /////BOIMENKAIEI
^/ Y X I A I A n E I
AANOPeai EN
INHAI ITAANAE
QNEYTYXHMAEnE
AABOITOYTOATOI
lOEITINnEPAI
>ITAIKAIEnEIOYAE
•ITOIAIONEKAI
MAZHTHZnAllN
NEITONAYTONTAIZ
/ffiPXHNElIOAOY
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IX
lO
T
O
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NN
IE
OP
AI
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AHAONOTIKATATINAGEIANl
nPOTETYnnMENHIINAA<l>OPMh
TONTIMHIKA.IEnEIAYIKOAON
AYTOYEYEPrETHMAIINKATII
PEKAITAEniNOHZAIMENTPOn
A ^illlimiimiiimk^ ©pohoithnko
mamwii0iimimt^oKEmo\uAiQ.
ZAPOZa|//#AIONEKEINHTEnANT
HTIZEZTINnPOENNEAKAAANAQN
TEPONTIMHGHinPOZAABOMENI//)
MAAAONnAZINTEINHTAirNnP
* The stone is used as a base lo support a wooden pillar in Ihe verandah
of a house; hcnee the gap in (he middle of (hc inscriplion.
112 LITTERATUR
Col. I. L. 1 TTii, as required. L. ? uTc[o\&]6otpnv. The B can
just be deciphered on the impression. L. 3 SiaTreiTrrov. L. 7
ATOI sie,
Col. II. L. 1 xari Ttva Ociav ; )ta[Ta Tiv]a Oioav Pr. L. 3 rt-
piü;; TiijxTi; Pr. Ewet; ifffitSri Pr. L. 6 NOPOITOIT sie for
[iJvOpwTCoi;. L. 10 ixetvY) ; exiivriv Pr. Jj. 12 Ttu.Y)6rii ; T6t|X7)67i Pc.
L. 13 ycivTjTai; '^hri-zoLi Pr.
J. G. C. ANDERSON
-^^m^^'
LITTERATUR
^aoXoyiJco; auUoyo; rixpvaaaö;. EllETllPli: IV, Athen 1900.
Darin u. a. S. 104. M. Xpuioj^öoi;, 'H SeoiAiiXT) ('OppLuXix). —
S. 114. A. Sxwc;, Suu.6oXal et; tyjv xoTcoypa^iav tyi; Bokdtix;. —
S. 140 r. 2(i>TY)ptiSTri;, Ilipt TYi; TOTCoypa^i«; töv ap}^ai(i>v Ön-
6<Jiv. — S. 191. A. Xp7j<jTO(i.dvo;, riavdcp^aia pL£TaXX« [Analysen
von antikem Blei].
n. KaBüaaias, T6 lepov toO 'AoxXiqtpioO ev 'EivtSaüp({> xxl t)
Ocpa??ciat TG)v aoOcvo^v. Athen 1900.
n. A. KOMNHNOS, 'ApxaSuck TCpoou.Yipi)ta xat yüjpoypa^t« wpoü-
GTopucYj; 'ApxaSta;. 1. Athen 1900.
r. AaMIIAKIIS, *H (jlovyj Aa9vtou p.6Ta ra; ^tckijciu«;. Athen
1899.
H. G. LoLLiNG, KaxaXoyo; tou Iv 'A6y)vai; eTCiypa^ixoC Mou-
Tctou. 1. 'Apj^aUat avaOioaaTDcai iTTtypa^at. Athen 1899.
N. r. nOAlTIIS, MfiXcTai Tcepl tou ßtou )cai tyj; yXwaar; toö
'EXXtjvixoö >aoö. IlapoifjLiat. I. Athen 1899.
E. StaMATIAAHE, 'E7C6TY)pi< ty); *Hy6fiL0via< 2ä|jlou Siot to Ito;
1899. Samos 1899.
Darin S. 60 kurzer Bericht über das Museum in Valhy.
A. STEPriorAIAHE, Kaxd^oyo; töv utto ty!; A. T^. toC ivTi-
SaatXcci); TTj; AiyoicTOu XeXiJLYi A66a; rfaiadi $(i>pv)0ei(T(i5v aiyuTCTia-
xcäv apj^atOTY)T(i)v it; t6 pLOuditov tou iv Sdc|xq) IluSacyopeiou yu|xva-
aiou. Samos 1900.
LltTEBAtUÄ iiä
AdHNA, ffuyypoffXfxa w8pioSi)c6v tt); iv 'A6r)vai; eiri9TY)(i.ovtXYic
iraipsiac XI, 4. XII. 1, 2. Athen 1899. 1900.
Darin U. a. S. 65. 11. N. UaKayitap^ion, Kupiac Bea^ Mac dtvcxijTOu {jCT}xdou
vao« cv *E$looT) Tj MsxfSovixTj (BoScvoU). — S. 89. Derselbe, BEaaaXov'xij^ oxto*
ivsiciYpafa avayXufa avixSora.
Apmonia, «Tci'jTiopLovDtov ircpio^Dcov cuYYpÄM-jA** I» 1-6. Athen
1900.
Darin u a. S. 6. W. Barth, *Ap/,aioXoyixa l^r^xi^[kaxa, 1. T6 laupctov «Tjjia. —
S. 19. K. M. KcovsTavTo'icouXoc, 'AvixSoTOt iTCiypa^ai i^ciiujjiCtoi y^p igt lavixoiv '/po-
vtüv. — S. 65. I. !I26opövo{, 'Amxov XaVxov TjjjLEpoXdyiov, »j ^ciio^dpo^ toö 'Ay. 'E-
Xiüe«p/oü.— S. 202. n. KotpoXCS»)?, 'H lopxT) Töv fddüiv.— S*. 222. K. F. Zijaio«,
Kt^aXXv^v^ac /^pioTtavtxai apy^aidTi^xEc. — S. 263. B. <l>iXa8£Xyiü5,'IoTOpia täv 'A6tj-
vü>v uTco TO'j 'AOijvaiou $iSa7xö^Xo'j 'Icuavvo'j MicsviCAou. — 8. 306. W. Barlh, *Ap-
-/^aioXoyixa C^iiJ^xaioi. 2.'H ctiixtJScio; oTCOvdiJ. — S. 316. K. M. KcovotavtdnouXoc,
At {jciYpa^ai TOü Muoipa. — S. 352. F. Kcüvitoivtiviöt)?, 'Eisiypa^r] if 'Axapvavia^
[Aus A. Vassilios, Thyrreion, wird folgendes Epigramm mitgeteilt:
Ou[6]^ jcatijp [u, ^Etvoi, 6 8tiO(i.opO( ou8i pis (JiaTY)p
vujx^iSicov OaXö^(ji(i>v iSpoixov aicTdfJiivov,
aXXa 7:aip6( $ia vuxxa xaia :cTÖXiy "ApsV Xu^pty
ocoTOg ujco aiuyipa; ouXöfiEvov icaXapiac,
EtxodirEvTa^TT); ^l ydvog jcivjtoTo Sivtovoc
Nixoip'/^o; (xuaToiic «[jljxiyoi vatiiacuv
ouBe Y^v^^^t dtnoSouc X^P^^ . . . co (Jt^yoic "AtSa
tÖv pLE xaiTaxT£(vavTa aii<|>a xaTaaxopioaii(.
In V. 1 ist zu Anfang OYME überliefert; in V. 5 ist keine Lücke ange-
geben.
AeaTION TT); iv 'AXpiupcp ^tXapj^aiou eTatpita; a tyj; "Oöpuo; »
Tiöxo« A' (Volo 1899). B' (Athen 1899).
Der 1896 gegründete Verein j^iebt im ersten Heft kurzen Bericht über
seine Thätigkeit, Erwerbungen, Vorträge, archäologische Ausfluge und die
Ausgrabung eines Tumulus in Alos, im zweiten veröffentlicht er die bisher
gesammelten Inschriften.
AiEBNHS E^HMBPis ty); vojXKTfiLaTUTi^ ap^aioXoyia;. Journal in-
ternational d'arch. numismatique. II, 4. III, 1. Athen. 1899.
1900.
Darin u. a. S. 303. M.P. Vlaslo, Les monnaies d'or de Tarente.— S. 341.
I. N. L6opu>vo;, Bu^av7iaxä vojxia^jiaiixä C^iiJjJiaT«. — S. 1. E. D. J. Dutilh,
Historique des collections numismatiques du Mus^e Grdco - Romain d'Ale-
ATUBN. MITTHBILUNGEN XXV. 8
ii4 PUNDfi
xandrie. — S. 37. 1. N. S6opu>vo(, SxCpo«. — S. 51. Derselbe, No|ii<jj4aTa töv ev
Ai|X(i) 'A67)vai(ov xX7)pou)(^a>v. — S. 55. ü. KaaTptcoTT];, EtoijTiJpiov xou ap)^a(ou Oeok-
tpoü T^c MsYaXojcdXfo);. — S. 59. I. N. S6occuvo{, Koipavo( 6 Flaptof xoti x6 Koi-
pavciov. — S. 93. J. Six, Biographie de M. J. P. Six.
E^HMEPiE APXAiOAoriKH, 1899 Heft 4. Athen 1899.
Darin: S. 177. A. N. S«««, 'Ejciypa^al 'EXfioalvo«.— S.221. K. Koupouvtci-
TT)«, T«9oi xx{jiapa>Toi 'Epctpia«. — S. 234. Derselbe, Bü|iiaTi[pia ; — S. 237
A. N. Sxtöc;, *AOT)va\'xal iTCiyps^al It:! ßpa/^ou.
Nachrichten des russischen archäologischen Instituts in
Konstantinopel. IV. V, 1. Sophia 1899. Odessa 1900. [Rus-
sisch].
Darin u. a. IV, 1 S. 152. B. Pharmakowsky, Die Lesche der Knidier in
Delphi.— IV, 2 S. 9. J. Pargoire, Hieria. — IV, 3 S. lüG. M. Roslowzew,
Inschriften aus Makedonien.
To ÜEPIOAIKON MAE, I, 1-7. Piräus 1900.
Darin u. a. S. 10. I. ApayaTa?)?, 'O «p/^ato? IlsipatEu;. — S. 25. Derselbe,
rhipaVxai dp/^aioTTjTg?. — S. 57. Derselbe, 'H EixoaiiwvTaciTjpi« Toi3 YEpjxavixou 'Iv-
atiiouTOü. — S. 114. Derselbe, M^a eVaxc^J't« ^U tov äp/atov 'EXXtjvixöv Nau-
oiaOjJiov.
FUNDE
In Attika wurde wieder einmal angeblich das Grab des
Sophokles entdeckt. Diese Nachricht, die nicht nur in Tages-
blätter ihren Weg gefunden hat (Berliner phil. Wochenschrift
1900 S. 703, allerdings mit sehr berechtigter Skepsis) beruht
nur auf einem Aprilscherz, der an die wirklich in der Nähe
des Kolonos vorgenommenen Ausgrabungen anknüpfte (vgl.
diese Mittheilungen 1899 S. 349).
In Leonidi (Kynuria) hat sich in dem Geschäftshause des
Xp. Aa(xic(j)to; ein krugförmig gearbeiteter Stein gefunden, der
auf der gerundeten Oberfläche eine Heliefdarstellung (sitzende
und stehende Person) zeigt. Uort ist auch ein Sarkophagdeckel
mit der Inschrift
NOS AXAPNETS nAPXAPIQN
gefunden worden. ("'AaTu 16 Noeuß. 1899). Man kann sich des
Verdachtes nicht erwehren, dass beide Slücke attischen Ur-
fUNDb
115
Sprunges seien, ersteres als Grabvase, letzleres wegen des De-
inotiknn. Sie müsslen dann, im Altertum oder in der Neuzeit,
verschleppt wurden sein.
Beim Dorfe Aq-jouXk (SiaiiXx) im Gebiet des atten Andan ia
ist ein Mosaik rumiscber Zeit von etwa 6"" Länge und 5™ Breite
gefunden worden, in dessen Mitte ein Tiergefecht. zehn ver-
scliiedene wilde Tiere und zwei Tierkämpfer , dargestellt ist
Die ornamental verzierte R^infassung umschliesst acht kleinere
Bilder, vier weibliche Brustbilder und die viermal wieder-
kehrende Darstellung eines jugendlichen Kriegers aul' einem
von Panlbern gezogenen Wagen. Bei diesen Kriegei'n stehen
Beischriften: EivoüÜ«!, Eiinviwv, 'Ic'puvo;, die vierte ist nie hl
zu lesen. In der Nalie des Mosaiks ist ein grosser Peribolns
aus i-egel massigem Quaderwerk erhalten. Kavvadias ist ge-
neigt hier das Karnasion zu suchen. Ausgrabungen sind
beabsichtigt und bringen hoffentlich die Bestätigung dieser
Vermutung ('Aa-ru '38 Mjtlou 1900). Weitere vorläufige Un-
tersuchungen haben an derselben Stelle noch Reste von zwei
anderen Mosaikböden festgestellt. (*A»tu 16. 20 'louviou 1900).
Im Uorfe S^oCXi ( Demos Lyknsura) ist eine Stele mil stark
beschädigter Inschrift (es wird nur vom Ende das eine Wort
'Epixita; ange(ührt) durch N. Mflrofitpos entdeckt und der Be-
hörde übergeben worden. {'EiTia '29 'ATcpiXiou 1900. "Aot-j 30
'ÄTcpiUQu 1900).
Im Dürfe TiiyytXt bei Almyros wurde beim Ackern ein
ü beriebe nsgrosser bärtiger Murmorkopf gefunden und in das
Museum in Almyros überführt. Das Gesicht ist zerstört, der
Hinterkopf ist mil GewantI in regelmässigen Fallen bedeckt,
die Arbeit wird als archaisch bezeichnet. ('Aotu 17 Mxh'j
1900).
Aus Eretria wird der zulällige Fund zweier Gräber im
Acker des X. Kocpotii)? berichtet. Der Inhalt war ärmlich. Im
einen fand sich eine Thonlampe und ein Brnnzespiegel, im an-
dern vier Thongelässc, 'Sctupuppöai'. Die Funde übernahm die
Behiirde. ('Aotu 19 4>s€p. 1900).
Wichtiger sind die Ergebnisse der diesjährigen Ausgrabun-
116 PUNDE
gen des Herrn K. Kuruniolis. Elr hat das Heiliglum des *A-
:u6>X(i)v .Aa9vTri<p6po; fesigeslellt. Leider ist es sehr zerstört, vom
Tempel ist nur der Unterbau und wenige architektonische
Glieder aus Porös erhalten. An Einzelfunden sind ausser In-
schriften zu nennen: zwei archaische männliche Köpfe und ein
Urkundenrelief, Artemis und Apollo beim Omphalos. CA^tu
30Matou 1900).
Im ätolischen Üorfe Xpuaoßixaa (bei Agrin ion ) fand ein
Hauer zulällig etwa 200 Terrakotten ; die meisten stellen Mäd-
chen mit Gelassen auf dem Haupte dar. Ausserdem fanden sich
etwa 100 ganz kleine Gefässe verschiedener Form; nur eine
grössere Lekylhos war dabei. Der Fund ist der Behörde über-
geben ("Aaru 21 MapTiou 1890). Der Berichterstatter nimmt
an, dass die Fundstelle, am steilen Abhang unterhalb des
Dorfes, darauf führe, dass hier eine Töpferei gewesen sei.
Nach der Schilderung würde man eher an die VVeihgeschenke
eines Heiligtums denken.
In Volo sind bei der Fortsetzung der Arbeiten zur Entfer-
nung der Reste der ehemaligen Festungswerke prähistorische
Gräber entdeckt worden. Sie werden als viereckig, aus Plat-
ten von Schist zusammengesetzt, geschildert, lagen in grosser
Tiefe, bis zu 8'" unter den Fundamenten der Kastellmauern,
und fanden sich im ehemaligen Feslungsgraben von der VVest-
bis zur Ost- Seile.
Die Leichen lagen darin gekauert, die Beigaben waren spär-
lich, nur einzelne Gelasse fanden sich. Ein reicheres Grab
enthielt neun Gelasse und verschiedene Schmucksachen; als
Epoche wird die vormykenische genannt. Da die Funde durch
Herrn Tsundas untersucht worden sind, dürfen wir von ihm
wol einen genaueren Bericht erhoffen, und wir führen diese
Entdeckungen nur an, weil sie Veranlassung zu Erörterungen
auch über frühere Funde in Volo geworden sind, die unseres
Wissens sonsl keine Erwähnung gefunden haben ( P. Aposto-
lidis in der ^wvyj toG Xaoö, Volo 7-28 'ATcptXiou 1900 und N.
Jannopiilos in dev Qtaaoi'kioL, Volo 18 'ATcpiXiou 1900 mit Bück-
verweisung auf dieselbe Zeitung vom 14 Sstut. 1895 und 18
FUNDE H7
Nofijjt.6. 1898). Die Befestigungen sind darnach z. T. schon
byzantinisch gewesen; beim Bau der Kirche "Ay. ösöSopoi im
nordöslhchen Teil des Kastells stiess man darunter auf Reste
einer byzantinischen, aus antiken Werkstücken bestehenden
Kirche. Diese und andere Baustücke bezieht Herr Jannopulos
auf den hier vorausgesetzten Tempel des Apollon i[L&xmo<; oder
ixTaio;. Aus römischer Zeit stammte eine als *Bad ' bezeichnete
BuineanderStrasse,die vom Kastell zur Bahnstation führt, nahe
bei dem Haus des Metropoliten. Es war nach der Beschrei-
bung ein aus guten Ziegeln gebautes Hypokauston mit runden
Stützen. Eine Thonröhren - Leitung, die sich im Festungs-
graben bemerken liess , führte auf diesen Bau hin; sie
mag mit ihm in Beziehung gestanden haben, auch wenn es
nur Beste eines Wohnhauses gewesen sein sollten. Mehrfach,
zuerst am nördlichen Vorsprung des Kastells, dann 188^1 am
nordöstlichen Ende des Festungsgrabens, wurden auch römi-
sche Gräber entdeckt, gebildet z. T. aus einem, z. T. aus je
zwei, mit der Öffnung aneinander geschobenen Pithoi (andere
Beispiele dieser Bestattungsweise bei P. Schadow, Attische
Grablekythos S. 8, ausserdem z. B. AsXtiov ipj^. 1888 S. 109.
129. 130. 'E9Y}(X6pl(; ipx. 1898 8.92. 208-210. HpaxTDci 1897
S. 21).
In Saloniki wurde 1892 im Friedhofe der ayta napaay.euT)
eine 1,21" hohe, 0,47 breite und 0,18 dicke Stele mil fol-
gender Inschrift gefunden, deren Mitteilung wir der Güte des
Herrn P. Papageorgiu verdanken:
'AyflcOrit Tityrii'
A'jprjXiov OuaXevTei-
vov Tov Sia(yYijx6Ta-
TOv TpißoOvov Barao-
5 v(i>v xai SieTcovra Ta
|jL€pY) TU; yiYßjJ^o-
vta;' TOV xTiaTYiv
7) XaüLTCpOTaTY)
6e<T(iaXov6ix^(üv
118 FUNDE
[[ri]] ttÖXk ^
C
B«Ta6|v(üv scheint, wie Herr Papageorgiu bemerkt, ein Stein-
metzfehler für BaTaoücüv zu sein.
In Samothrake hat Herr N. B. Phardys den unteren Teil
der von Conze, Reise auf den Inseln des thrakischen Meeres
S. 66 veröffentlichten Inschrift in einem 0,38" breiten, 0,42
hohen und 0,12 dicken Bruchstücke entdeckt, das 1895 in
den Trümmern der Kirche der navayoOSa töv 'AXwviwv gefun-
den jetzt über der Thür dieser neu aufgebauten Kirche einge-
mauert ist. Der Text lautet nunmehr (das neue Stück nach
Abklatsch und Abschrift von Phardys):
«iTTSV iTrci^Y) nTo\«|xa[i-
0<] *A(X8tVlOU FopTtiviO; [wpöSl-
Xa](;) TCapsj^OfjLevo; [ SiaTi-
T(i)(jt. 7coXiTc«)[v iSiat, Y) %\ ßouXri
1 0 :7p]oSfi6ou[X£uxcv
lY MI I [TTpogigou-
^iuxiv auTo^i xat iYYÖvoi[;] wipl i-
Tcatvou xai ??o>iTiia;, S£So[]^6at
15 pJwTYjaai Ty)v ixxXviaiav xaroc tov [v6-
jiLOv, ei Soxsi SoOvai xo^iTiiau. IIto[>s-
uatcoi 'Aaiiviou FopTuvicüi xai ijcyö-
vlot;, xai iiv S6^Y)t, ffuvTiXiffai
xjai TYjv i{;Y)^o^optav iv Tyi(t) xaÖTQXoii-
FUNDE 119
vai aoTOu; TroXira; [A8T€3^ovTa[€
ivavTcov (bv xoii ol aXXoi luoXiTai
(xsTej^ouctv. avaypi^ai Si töSi t[6
^7)^ ia|xa flc aryiXiQv xai dcvaOii-
25 vai ii; TÖ ispov tt); 'AOriva;.
Z. 5 noAEnx^ Conze. 6 htapex Conze. Z. 11 , die erste,
sie, schlecht erhaltene des unteren Stückes, scliliesst möglicher-
weise niclit direkt an Z. 10, die letzte des oberen Stückes, an.
Auf der zu den Hekatonnesoi bei Lesbos gehörigen Insel
Daskalio sind nach Mitteilung des Herrn 'E(jt.a. AaSlS in Ky-
donies bei einem dort erhaltenen mittelalterlichen Kastell man-
cherlei alte Beste gefunden (Nea 'Efr^oiEpi;, Konstantinopel 21
MapTtou 1900):
Säulen und Kapitelle, eine Sonnenuhr, deren Stunden mit
Buchstaben bezeichnet sind, eine kleine Grabstele mit Inschrift,
ein Belief und Architekturglieder; auf diesen letzteren seien
Inschriften vorhanden gewesen, aber zerstört worden. Der
Berichterstatter teilt nur einige andere Inschriften mit, die er
selbst abgeschrieben habe: die letztgenannte befinde sich jetzt
im Gymnasium.
Marmor 1,81 lang, 0,37 breit:
lATPOI TQN nA0QN IIPESBETSATE
Vor der Inschrift die drei Buchstaben 1X1.
Auf einem Marmor 1,36 lang, 0,30 breit:
APEIKIOr 20A0MQN02 EI1I*ANIA02
IIANTQN TUN TENAMEN
Nach dem zweiten und dritten Wort ein Zeichen wie ein
Schluss- Sigma. Auf der anderen Seite desselben Marmors
steht: rAIlINOY SrN
Auf einem Marmor von 0,90'" Länge und 0,37 Breite:
OSIÖN riATEPÜN EPENONTO^
Am Schluss dieser Inschrift steht: XMT4>0 (f).
Auf einem Marmor von 1,30 Länge und 0,35 Breite:
Eni^ANlOY MIZOTEPOr
FUNDE 121
Rasur von 10 Buchstaben ty) irpocTaaia
TT);] lupdc^so); Töv Upd)v
10 iyto)v]<i>v ToC XaixwpOT&TOu
Tojv TiiiifJiv *OvYi^i(iLo[u
t]ou auvyßvou;.
frei
In ßunarbaschi bei Smyrna befinden sich zwei stark zer-
hauene Marmorslücke, das eine in einem Garten, das andere
in der Schule, die nach G. Webers iMilleilung eine viereckige
Basis bildeten, auf deren vier Seiten die Inschrift zweizeilig
angebracht war (Fontrior,Co//rr/>r de Sniyirne 24 März 1900).
DANOYCAAe
KAHZ-
ONO
lAF
AAHMHÄAONexeiNTO
IAG)MlKYnPIC
Aü)
Z. 1 ENOA statt ONO F. AAHMHAONEXElNIOEAn F.
Z. 2 KAHZO F.
In einem türkischen Friedhofe bei ßunarbaschi liegt ein
über 2™ langer Marmorbalken mit Zahnschnilt , dessen In-
schrift nach G. Webers Abschrift lautet (ungenauer Fontiier,
Cüurrier de Smyrne 24 März 1900):
XÄpioTa ncpiyevou;
vipcoa.
Sardes. Rings gebrochener Marmorblock, noch 0,32'° breit
und 0,30™ hoch, verbaut in einem Hause in dem Juruken-
dorf bei dem sogenannten Kybeletempel. Abschrift von G.
Weber.
OlXlOVa £771^
7ro>?]iTriV xal ipj^i6pYiT[iü<javT0t
V. 'rrpovo'naa[(iLiv •
422 FUNDK
• ßiou Etaty6v[ou
)c]ai fftpaTTQyo
<{f»friou -ro[ö
In Urganli, einer Station zwischen Kassaba und Sardes,
ist eine Marmorplatte gefunden und nach Kassaba gebracht
worden , welche die übliche Verzierung einer viereckigen
SchrifttaFel mit seitlichen trapezförmigen Ansätzen und darin,
aber mehrfach unregelmässig über die Elinrahmung hinaus-
greifend, folgende Inschrift zeigt, die wir nach einer freund-
lichst überlassenen Photographie Herrn P. Gaudins mitteilen:
' Av6uwdcT<i> E AO A A - - -
«ßacTTj. Aip. Mirjvö^avTO;' 'E(JW£pi[(i>vo]<
xal Aup. Eüpieveia* xaTi9xsua9[av
t6 Y)po)Ov auTOi;* xat* Aup. MYjvo9[a]v-
5 Tu) xai' Aup. Zo)ai[i.ü> toi; tcxvoi;
xat Aup. MTQvo^ivTO)' tö iyyövw
[[lyyova lyyovo;]]* (xsTa Se touto
[i.Y)Sivi e^ov earat xsO^vai I<j[ü>
TT); Oüpa;' co; cav Zcotdco; }cai
10 'ETCixTTQai; Ta 9pijJL(xiTta 7capa(iL6i-
vci)(ii |xoi, xai auTa TtOridOVTai eao),
(XToSfivo;* ej^ovTo;* e^oudtav xei-
vYiaoii Tiva töv StawoTcäv, y^
0 )(civ7)aa; 9y)(i6i i; t6 iip<«)Ta[TOv
15 Tatxgiov Sy)viepia Sia^^eiXia 7eevTaxö<j[t]a*
xa[ijTpo^i(i.(i> T(ü aSfiXfiSfii töv TCai8to)[v] c[uve-
j^copyjaa ga^OY — S Ü*^ . tyS; 6üp[a; et] S[e ti;
TOUTOu; ßid(je[Tai] eT6p[o; --- ------
Philadelpheia. 1. Platte mit Rahmen, unten abgebrochen,
0,47"* breit, 0,16 dick, noch 0,50 hoch. Abschrift von G.
Weber.
'AyaO^ii TÜj^TTii. I Aup. NetJCTjTiov Aia|SouuLtvou ini t6 | r,8fi
5 xai ßiou 06av6|Ty)Tt Jtai tudTaOeia || gTiaiviOevTa, ipyu|pOTa[x.ieu-
FUNDE 123
10 aavT« Tou I asfiLvoTdcTOu 9uvi|{piou TV)< ycpouGia^ | . xi [AJiaSou-
(xivo; Ns II ...]6poü xcd 'louXia | [ 'Pjou^iivia | -----vt
2. In der Oberstadt, auf einer Grabstele, deren Relief weg-
gebrochen ist. Abschrift von G. Weber.
xal I (ACTtTceiO' UpY) pLiQTiop aci>|T£ipa vi(i)v avSpcov tc Yuvaijxcov.
3. Marmorblock hei Nikolaos Persenoglu, 0,98"' hoch, 0,60
breit, 0,40 dick. Elegante verschnörkelte Buchstaben von 3""
Höhe. Abschrift von G. Weber.
'H ßouXT) )cal 6 S'yi[i.o( | xai ri yspouaia iT6i|(iLYiaav A. 'Av-
5 Tb>vtov I ^AyocOÖTUoSa avSpa | xaXov xal ayo^Oov || xoupaTopiu-
oavTa I Ssxa7rpü>T€U9avTa j T^avioyopiap^rTitTavTa j ctycovcov xoi-
10 vä)v TT); 'AJGia; fiXoTitpiü); xat || avaOevTa ty] piev ßou|XYi K'a^
15 xai TT) ycpou|ffia K'ar irpo; to tov | iw' auTöv toxov Sia|v€(iLi-
90x1 TOi; ßouXcu II ralc )cal yipouGtadTai;.
4. Marmorblock in demselben Hause, l,40"hoch, 0,65 breit,
0,55 dick. Abschrift von G. Weber.
['H ßou^y; xai 6 ^>]|xoc] j xoci ol *P(i);xaio( xal y) yslpouaia iTsi-
5 (A,ir)9av I TiTOv ^Xaouiov | ^AOiQvö^copcv £vSpa | GTE<pavY)f opixov ||
TiTOu $Xaou(ou riamou j ulov ivSpo; (JT6'pavY)[^6pou ix "icpoyö-
10 v(üv xai I ?r£9av fiXoTCiuiav a7Uo{Se$(i>x6TO; tyI eauTOu jj Tua-
xpiSi, TOV ^i 'AOY)vöS(ü|pov xai auTOv fiXoT6{|X(i); | xvaaTpafev-
15 Ta TT) iauToG ] TuaTpiSi, ^exaTupcüTtüaavTa | xai Ta[xiiü(TavTa*
T7)v ^k II TSiiXTiv aveoTviasv KAau|Sia 'ApwTÖxXcia ri (x.7)Ty,p | au-
TOU ix TC&V l$((üV Eu|9€6y)XÖTI [XI TeXVü).
Die erste Zeile muss auf einem anderen Blocke gestanden
haben.
5. Marmorblock in demselben Hause, von derselben Grösse
wie Nr. 3; nach Abklatsch von P. Gaudin.
i24 FUNDE
r. 'louXiov MaxeSova | AupioXtavov avSpa xaXov | xai ayocOov
5 TTipi T£ TIJV I TraTptSa )Cal TTJV tepCi)TÄ|[[Ta]]TYlV ßQU^YIV EV TC
ap II j^ai; xai XciTOupYiai^ | Soxi(xcl)TaTOV , j^peofujXx^avTa, xou-
10 paTopiü((javTa, Ta|xi[[aT]]6ÜaavTa | iv iyopäi[[a]], TcavyjYupiap-
3^7)||aavTa iv xotvci^ ty); 'Adia; j iy*^^*» «tjövridavTa, wi^avj
15 ra wap^ iauToö, 6i(jayc«)yc[a ye]|v6u.ivov )cxi iv aXXoi; icXetojitv
«uj^piOCTOv y€v6[X6vov II KCLi üTCirjpeTTQffxvTa T>i waTp[t]8i, iva(JT[Y)]-
GavTa Si Tov I avSp[i]dcvTa Ik tcov iSicov.
Zu reij/avTa in Z. 12 vgl. Lcbas III 647 utcco Tui^sd); T){xepcüv ie.
6. Im Hause des Abaji Karisi ; nach Abklatsch von P.
Gaudin.
SJevTiÄV IlX<üTt|[a]v, 'Ep|xoy6VY)v xai M|[Y)]vö^tXov tov>; ulou; [
5 [aJuTTj^ 'Ep(xoyivri; My,|[vo]^iXou iTcoiYjaev K || • . ^taSi ttj iSeX-
91S1 I pLvsia; yJcpi^Sclr
7. Im Hause des Hussein Moussout. Nach Abklatsch von
P. Gaudin.
'Ovy)<ji[x|o; 4>Xa6(a j [XYiTpi i8i|a jxvia^ j^|apivj^
8. Ehemals verbaut in der Mauer des Hauses von Persen-
oglu, jetzt im Hofe desselben Hauses. Nach Abklatsch von P.
Gaudin.
'AyaOyji Tuyjni. | M. Aup. 'ApTcp-wv ( p toö 'Io'jäouvJSo'j 6 xpi-
5 Tiaxo; | auviQyopo; toö jj UpoiTÄTOu Ta(X£t|o'j 'AX6^av8p6t|a; kolI
10 AiyuTCTOu I TCicdY); xai At6ü|y)< Mapjxapixyi^ || Aip. MY)voy6|viSa
Ty)v yXujxuTiTTiV Ou|yaTcpa.
Offenbar identisch mitLebasllI 651, wol auch tn\i B.C.H.
1877 S. 85 (Cyriacus), wo rfie unmögliche 6. Zeile durch fal-
sche Wiederholung des Anfangs zu erklären sein wird. Der-
selbe Mann auch MAI. 1895 S. 2ii.
9. Aufgedeckt im Keller von Persenoglu. Nach Abklatsch
von P. Gaudin.
[•] 'IoüX(Ov no|[ff]ii8(oviov I [x]*^^'*PX^^ I [A]uyov<jTOu | 6 StifiLo;.
PüNDE iSö
Dass zu Anfang nur ein Buchstabe fehlen kann, geht auch
aüs der symmetrisch gesetzten Unterschrift o ^Tipio; hervor.
Wie unter diesen Umständen das Rätsel der vierten Zeile zu
lösen ist, wo der Abklatsch sicher Yl OYZTOY giebt, aber
AJuyoiJaTou nicht verbietet, ist schwer zu sagen.
Die Herren M. Pappakonstandinu und G. Weber schicken
uns Zeichnungen eines 1'" hohen, runden, mit drei Bukranien,
Rosetten undGuirlanden verzierten Altares aus weissem Mar-
mor von 0,65'" Durchmesser, der in Tralles am Südahhange
des Burgberges gefunden und in die Sammlung des türkischen
Gymnasiums Idadie in Smyrna überführt worden ist (veröf-
fentlicht von Fontrier, Courrier de Smyrne 3ü März 1900).
KöivTo; KatxiXio;
STpaTOVlÄOU ulo; AYl(Jt.Y)TptO;,
*Epu.o)cX7i; *Ep|XOX>6lOUC
•JipO)^ J^pY)(ITk X^^P^'
I^aSaiOi; *Ep[i.O}c>£Ou;,
SapaTuicov 'ExaTopivco
Herr M. Pappakonstandinu sendet uns die Zeichnung einer
viereckigen profilirten Basis, die sich an der Cisterne des Gar-
tens AiXYiaavw^Y) im Dorfe Kara-ular beßndet, wohin sie wol
aus Alabanda verschleppt ist. Unter der Inschrift in Relief
ein nackter Athlet und neben ihm ein Palmzweig und ein
Widder.
pia; 7rp(]l)T7)< - - - -
rioXuveixYi; 6 Opaou^ Sö^av f^^v IvotcXov
TCöcdav ETcap^itav Iv CTaSioi; to^^v aXsiTCTO;
stxoaTOv TCuxTguaa;,
t^yjfX TE^vY) Xst^Sst;,
iXkk v£o; yspapov a(5-
[Aa xaTitpyavaTO.
Derselbe sendet uns die Zeichnung eines aus Alabanda in
i26 Pvsbk
den Besitz des Bischofs Tarasios in Thyateira gekommenen
römischen Grahreliefs (Büste eines Jünglings mit Vögeichen
darunter) mit der Inschrift:
P. schreibt ab APXEPATIKH, liest aber selbst 'Ap^iipaTixY).
Im Courrier de Smyrne 10 März 1900 veröffentlicht A.
Fontrier neue Inschriften aus der Kayster-Ebene corrigees
et avec des restitiitüins plus ou moins certaines, faule
d'en avoir des copies et des estampages.
1. In einer Hausmauer im Dorfe Adigüme östlich von Tire:
Atov]u9ioc MsvcxpetTOu
2. In einer Hausmauer im Dorfe Ouzgour, nordwestlich von
Tire, hoch O/iO™, breit 0.60'".
T6 Y)pG)ov {[gtIv
Ko. Ka^Tcoupviou
B xai Tou-
ye[ivY)5 *Hp]a>Sou, yu-
vaixoc auTOÖ, xal i-
TCi^iuOcpcüv auTciüv.
SITZUNGSPROTOKOLLR
Am Winckelmannstage des Jahres 1899 waren fünfund-
zwanzig Jahre verflossen, seit 0. Luders die athenische Zweig-
anstall des Deutschen Archäologischen Instituts durch die
erste öfl^entliche Sitzung feierlich eröffnete. Leider hatte der
Bau des neuen Saales nicht zeitig heendet werden können,
und die erste Sitzung des Winters, durch welche auch diese
Erinnerung gefeiert werden und zugleich der Neubau einge-
weiht werden sollte, mussle bis zum 12. März 1900 verscho-
ben werden.
S. Majestät der König der Hellenen war leider im letzten
Augenblick durch eine Erkrankung verhindert worden, zu er-
scheinen, dagegen beehrten I. Königliche Hoheiten der Kron-
prinz und die Kronprinzessin sowie Prinz Nikolaos das Institut
durch Hire Gegenwart. In der grossen Festversammlung durf-
ten wir auch das griechische Ministerium, die diplomatischen
Vertreter der fremden Mächte und die einheimischen wie frem-
den Gönner, Freunde und Collegen des Instituts dankbar he-
grossen. Zuerst nahm der erste Sekretär, Herr W. Dörpfeld,
das Wort:
'Endlich ist der Tag gekommen, nach dem wir lange aus-
geschaut, der für uns so wichtige Tag, an dem das Kaiser-
lich Deutsche Archäologische Institut im neuen Saale sein
fünfundzwanzigjähriges Jubiläum feiert'.
'Ihr überaus zahlreiches Erscheinen ist uns ein Beweis
Ihrer sympathischen Teilnahme und verpflichtet uns zu leb-
haftem Danke. Insbesondere schulden wir Euren Königlichen
Hoheiten aufrichtigen Dank, wird doch durch Ihr Erscheinen
unserer Feier eine besondere Weihe verliehen. Auch den Mi-
nistem dieses schönen Landes, dessen Gastfreundschaft wir
15Ö SitÄUNÖSPROtOKOLLE
geniessen, und den zahlreichen offiziellen Vertretern vieler
fremden Nationen habe ich unseren verbindlichen Dank da-
für auszusprechen, dass Sie durch Ihre Gegenwart die Be-
deutung unserer Feier heben. Und auch Ihnen allen, die Sie
unserer Einladung als Vertreter einheimischer Gesellschaften
und Vereine oder fremder Anstalten, als alte oder neue Freunde
unseres Instituts, als Kenner oder Verehrer des klassischen
Altertums Folge geleistet haben, rufe ich ein herzliches Will-
kommen zu*.
'Schon am verflossenen 9. Dezember, als am Geburlstage
VVinckelmanns, hätte das Jubiläum des Instituts gefeiert wer-
den müssen. Wenn wir das Fest bis heute hinauszuschieben
genötigt waren, so ist der Anlass in sofern ein erfreulicher
gewesen, als wir jetzt den Ehrentag des Instituts im eigenen
Hause und in diesem stattlichen Saale feiern können. Die
Deutsche Regierung und der Deutsche Reichstag haben nicht
nur die Mittel zum Ankauf dieses von Schliemann erbauten
und vom Institut bisher nur mietweise bewohnten Hauses,
sondern auch noch eine genügende Summe bewilligt, um den
grossen neuen Bibliotheksaal zu bauen, der heute, obwol er
wegen der knappen Bauzeit noch nicht seinen vollen künstleri-
schen Schmuck erhalten hat, wenigstens provisorisch benutzt
und eingeweiht werden kann*.
'Fünfundzwanzig Jahre sind im menschlichen Leben ein
langer Zeitraum ; nur Wenigen ist es vergönnt, nach einer
Entwicklungszeit von fünfundzwanzig Jahren, noch länger als
ein Vierteljahrhundert in voller Kraft thätig zu sein. Für eine
öffentliche Anstalt , für ein Institut, sind sie dagegen eine
kurze Spanne, feiert doch z. B. die Berliner Akademie, mit
der unser Institut in enger Beziehung steht, in diesen Tagen
ihr zweihundertjähriges Jubiläum und sieht auch unsere ältei*e
Schwester, das deutsche Institut in Rom, bald auf eine er-
folgreiche Thätigkeit von 75 Jahren zurück*.
'Gleichwol bezeichnet der heutige Tag für unser Athener
Institut einen wichtigen Abschnitt. Hinter uns liegt das erste
Vierteljahrhundert, die Jahre der Entvvickelung,die Jahre der
81TZUN68PROTOKOLLB 429
ersten Arbeilen. Vor uns liegt iiorTentlicIi ein langer Zeitraum
gewissen hafler und ergebnissreicher Thätigkeit zum Wohle
unserer Wissenschaft*.
*Der heutige Tag, ein Markstein in der Geschichte des In-
stituts, legt uns die Pflicht auf, einen Rückblick zu werfen
auf seine bisherige Thätigkeit, rückwärts zu schauen auf den
zurückgelegten Weg und zugleich vorwärts zu blicken auf die
noch vor uns liegende Arbeit, hinaus in eine hofTentlich se-
gensreiche Zukunft*.
*Am Geburtstage Winckelmanns des Jahres 1828 traten
mehrere Gelehrte und Künstler verschiedener Nationen in Rom
zusammen, um eine Anstalt zu begründen, die ein Centrum
bilden sollte für die archäologischen Studien und Beobachtun-
gen. Neben ßduard Gerhard, dem eigentlichen Begründer des
Instituts, sehen wir Deutsche, wie Bunsen und Kestner,
Franzosen, wie den Duc de Luynes, Italiener, wie Fea und
Borghesi und den bekannten dänischen Künstler Thor-
valdsen als Mitglieder der neuen Anstalt. In dem kunst-
sinnigen preussischen Kronprinzen, dem späteren Könige Frie-
drich Wilhelm IV., fand das Institut von Anfang an einen
warmen Protector. Durch seine huldvolle Vermittelung erhielt
es bald eine Unterstützung von der preussischen Regierung, und
tiat am Ende der fiinziger Jahre in eine festere Beziehung zum
preussischen Staate, der ihm einen jährliehen Zusehuss be-
willigte. Zehn Jahre später wurde noch von E. Gerhard selbst
der Antrag an die preussisehe Regierung unterzeichnet, das
durch seine hervorragenden Arbeiten schon bewährte Institut,
das allmählich zu einer Hochschule für die deutschen Archäo-
logen geworden war, zu einer preussischen Staatsanstalt zu
machen. Der Antrag fand wohlwollende Aufnahme und am
18. Juli 1870 genehmigte der dem Institute stets wolge-
sinnte König Wilhelm I. die Übernahme des Instituts auf das
Ordinarium des preussischen Staatshaushaltes. Die Central-
direction hatte ihren Sitz in Berlin, das Centrum der wis-
senschaftlichen Thätigkeit war Rom*.
'Nicht lange blieb die Anstalt eine preussisehe. Bald nach
ATHEN. MITTHBILUNOEN XXV. 9
130 SlTZUNGSPHüTOKOLLE
der Einigung Deutschlands unter dem ruhmvollen Kaiser-
scepter der Hohenzollern wurde auch das Institut im Jahre
1874 zu einer Reiehsanstalt, zu einer gemeinsamen archäolo-
gischen Hochschule alier deutschen Stämme. Zugleich trat noch
eine andere Veränderung ein ; neben Rom wurde als zweiter
Mittelpunkt der archäologischen Arbeit Athen gewählt. Dem
älteren römischen Institut entstand in der athenischen Zweig*
anstatt eine jüngere Schwester*.
'Schon lange vorher war die Wichtigkeit der Altertümer
des eigentlichen Griechenlands für alle Gebiete der Archäo-
logie, für die Kunstgeschichte und die allgemeine Geschichte,
für Philologie und Architektur allen Beteiligten klar gewor-
den. Die Arbeiten griechischer und fremder Gelehrten hatten
die unerschöpfliche Fundgrube erkennen laesen , die der Bo-
den Griechenlands für die archäologische Wissenschaft bot.
Neben der hochverdienten griechischen Archäologischen Ge-
sellschart war schon im Jahre 1847 ein französisches Institut,
r
dieEcole fran^aise, in Athen gegründet worden, deren fünfzig-
jähriges Jubiläum wir im vorigen Jahre feierten. Und auch die
preussische Regierung hatte schon seit langer Zeit ihrer Ge-
sandtschaft in Athen einen Archäologen als Sekretär beigege-
ben Als solche waren thätig A. v. Velsen, dessen Bibliothek
den Grundstock unserer Institutsbibliothek bildet, C. Wachs-
muth , der Verfasser des wertvilen Buches über die Stadt
Athen im Altertum, und U. Köhler, der hervorragende Epi-
graphiker und Historiker*.
'Den Gedanken, in Athen, im Centrum der alten griechi-
schen Cultur, ein volles deutsches Institut zu gründen, hat
neben U. Köhler zuerst Ernst Curtius vertreten und zu ver-
wirklichen gesucht, Ernst Curtius, der begeisterte Kenner und
begeisternde Lehrer des klassischen Altertums, der Erzieher
des hcchsinnigen unvergesslichen Kaisers Friedrich. Sein Ge-
danke fand nicht nur lebhaften Anklang bei der Centraldirec-
tion, sondern auch beim Deutschen Reichstage und bei der
Reichsregierung. Nachdem die Mittel bewilligt und Otto Lü-
ders, unser jetziger hochverehrter Generalconsul, zum ersten
I
SITZUNÖ3PHOT0K0LI.G 131
SeLrelur ernannt war, koniile Jas neue Institut um 9. De-
iemlier t87'i reierlicli eröfToel «erden '.
'Mit grossem Wolwollen uur^^rnommen von den {^rJeclii-
schen ßehünlen , mit anlriclili^er Preude begriisst von den
^riecliischen Archäniogen, als ebenbürtige Schwester willkoni-
Dien gelieissen von dem schon in der Arbeit bewährten IVaniö-
sischen Institute, bat sich die neue Anstalt schnell entwickelt,
zur Freude ihrer Gründer und luni Nulzen der Wissenschaft,
Sie ist im Laufe der Jahre ein festes Band geworden, düs nicht
nur die deutschen AiThiioiogun mit Griechenland und seinen
Altertümern, sondern, wenn ich so sagen darf, auch Deutsch-
land mit Griechenland verbindet, ein Band, das schon maii-
clieni Sturm geliotzl und hoBentlich nicht nur hallen, sondern
nur noch stärker werden wird'
'Die äussere Entwicklung des Instiluts ist mit wenigen Wor
ten geschildert Leider legte 0 Luders bald seine Stelle nie-
der, weil er andere Ptlichlen übernahm, fand aber in U. Köh-
ler, der Athen und seine Ruinen schon kannte, einen vorzüg-
lichen Ersatz. Neben ihm wurde ich 1885 als zweiter Sekretär
angestellt. Nachdem Kohler im Jahre 1886 einem Rufe nach
Uorlin gefolgt und vorübergehend Eugen Petersen sein Nach •
'fttlger geworden war. wurde ich 1887 zum ersten Sekretär und
'Paul Wolters zum zweiten Sekretär ernannt. Es ist mir Be-
dUrfnrss. es hier auszusprechen, in vsie treuer und selbstlostir
Weise mein College seine hervorragende .Arbeitskraft dem In-
stitute und seinen Arbeiten gewidmet hat'.
Neben den Leitern des Instituts verdient aber auch nncli
lin Mann genannt zu werden, der als wissenscbaftliclier Hilfs-
arbeiter lange Jahre gewissenhaft und erfolgreich für das In-
alitut gearbeitet bat, H. 0. Lolling. Seine epigrajihischen
und to(Kigrai»hisclien Arbeilen haben ihm einen hervorragen-
den Platz uuler den .\rchäohigen gesichert. Wie ein tapferer
Soldat ist er mitten aus seinen Arbeiten, leider zu fi'iih,dahiii-
ijjüratTt worden. Als sein Nachfolger ist seit zwei Jahren ein
längerer Eachgenosse H. von PrutL am Institute als wissen-
ihafiliulier Hilfsarbeiter thktifj'.
J
i 32 SITZUNOSPROTOKOLLE
Meli kann natürlich nicht daran denken, Ihnen heute ein
genaues Bild zu entwerfen von der vielseitigen Thätigkeit des
Instituts im Laufe der 25 Jahre , oder Ihnen auch nur die
wichtigsten Arbeiten aufzuzählen , die von den Mitgliedern
des Instituts ausgeführt oder in seinen Schriften verölTentlicht
sind; ich muss mich darauf beschränken, nur eine kurze
Übersicht zu geben über die haupsäehlichen Gebiete seiner
Thätigkeit \
*Drei Aufgaben sind dem Institute vor allem gestellt:
1. Die HerbeischafTung und Veröllentiichung neuen archäo-
logischen Materials durch Beobachtungen, Reisen und Aus-
grabungen, A\q praktische Thätigkeit.
2. Die Vornahme von Studien und Forschungen auf dem
weiten Gebiete des Altertums, die wissensc/ia/tliche Thätig
keit.
3. Die Belehrung und Anleitung der jüngeren Fachgenos-
sen, die Lehrthätigkeit\
'Die erste Aufgabe haben wir zu erfüllen versucht durch
zahlreiche Reisen und durch vielfache Ausgrabungen. Fast
alle Länder der altgriechischen Welt sind von Seiten des In-
stituts durch Reisen erforscht und an vielen Orten sind Aus-
grabungen ausgeführt worden. Um nur von den letzteren zu
reden, erinnere ich Sie an die Ausgrabung des Kuppelgrabes
von Menidi, das uns zum ersten Male grössere Reste der my-
kenischen Cultur in Attika zeigte, an die teilweise Aufdeckung
der Tempel von Tegea, Sunion und Korinth , an die Auf-
findung und Freilegung des höchst interessanten Heiligtums
der Kabiren bei Theben, an die Ausgrabung hier in Athen
an der alten Agora und an der Enneakrunos, eine Arbeit,
durch die eine der wichtigsten Fragen der athenischen Stadt-
geschichte gelöst wurde, an dje Ausgrabungen in Lesbos, an
die Erforschung des Theaters in Pleuron, an die ergebniss-
reichen Grabungen in Paros , und schliesslich an die jüngst
ausgeführte Ausgrabung in Megara, die zur Auffindung des
berühmten Stadt -Brunnens des Theagenes geführt hat*.
*Aber neben diesen Arbeiten hat das Institut auch an den
SITZUPOSPBOTOKOLLE 133
grossen Ausgrabungen des Deutschen Heiches, an denen der
könijjliehen Museen von Berlin iinrl an denen unseres berühm-
len Landi^mannsSchliemann regen Anteil genommen. Icli brau-
che Sie iiicbl erst an das grosse Werk der Aufdeckung von
Olympia zu erinnern, dessen glänzende und wertvolle Funde
Ibnen bekannt sind. Ich nenne Ibnen nur die Ausgrabungen
von Pergamon, Tralles, Magnesia am Müander und Priene.
bei denen Mitglieder des Instituts in verschiedener Weise wert-
volle Hülfe geleistet baben. Audi Herr Scbliemann bat sich
bei seinen epocbemacbenden Ausgrabungen in Troja , Ti-
ryiis, Orcbomenos und an anderen Orten stets die Mitwirkung
der Leiter und Stipenilialen des Instituts erbeten, Audi den
Grabungen amlerer deutsclter Altertumsl'nrsdiei', wie denen
des Herrn lliller von Gartringen in Thera und der Herren
Schreiber und Sieglin in Alexandrien liat das Institut gerne
seine Unterstützung zu Teil werden lassen'.
'Dass es den Mitgliedern des Inslituls auch stets eine beson-
dere Freude gewesen ist. den anderen archäologischen Insti-
tuten oder der griechischen Archäologischen Gesellschaft oder
der griechischen Kpborie der Alterlilrner bei ihren Ausgra-
bungen und sonstigen Arbeiten in irgend einer Weise behilflich
zu sein, versteht sich bei dein schönen collegialischen Verhält-
nisse, das zwischen uns besteht ganz von selbst'.
'Die Resultate aller dieser Ausgrabungen und sonstigen Ar-
beiten des Instituts sind teils in den athenischen Mittbeilun-
geu. teils in anderen Zeitschriften oder auch in besonderen
Bücbein vernITenllidit worden. Die Zeilschrift des athenischen
Instituts, die genannten Mittbeilungen, enthalten daneben
noch eine lange Heibe wissenschaftlicher Untersuchungen über
Bauwerke und Sculpluren. über Vasen und Terrakotten, tiber
Inschriften und Münzen und über manche andere Gebiete der
Archäologie. Dass alle älteren Jahrgänge dieser Zeitschrift
jetzt von neuem haben gedruckt werden müssen, ist ein gutes
Zeichen für den wissensdiaftlicben Wert ihres Inhaltes Ue-
dacteur der Mitlheilungen war anfangs Ulrich Kubler, jetzt
mein College Wolters".
i 34 SITZUNGSPROTOKOLLE
* Ausser dieser Zeitschrift sind noch mehrere besondere
Bücher von dem Institute oder seinen Sekretaren herausge-
geben worden oder werden demnächst erscheinen. Unter ihnen
verdienen hier erwähnt zu werden: das grundlegende Werk
über die mykenischen Vasen von Furlwängler und Löschcke,
das WerJc über'Lesbos und seine Altertümer von Roldewey,
die VeröfTenllichung über das Kuppelgrab von Menidi von
Loliing, die Landeskunde Griechenlands von demselben, und
endlich das Buch über das griechische Theater von Reisch
und mir. Im Druck oder in der Vorbereitung sind Bücher
über das Kabirion, über die auf der athenischen Akropolis
gefundenen Vasen und über die Ausgrabungen von Troja*.
'Neben der litterarischen Thätigkeit sind hier noch die öf-
fentlichen Sitzungen zu nennen, die während der 35 Jahre
regelmässig abgehalten worden sind. Sie dienten zu Mit-
teilungen über die ausgeführten Ausgrabungen und zur er-
sten VeröiTentlichung wissenschaftlicher Studien. Wir haben
die Freude gehabt, neben den deutschen namentlich die öster-
reichischen und griechischen Collegen oft als Vortragende in
diesen Sitzungen zu sehen*.
* Auf die Lehrthätigkeit der Sekretare ist seit der Gründung
des Instituts mit Recht grosser Wert gelegt worden. In den
Museen und vor den Monumenten Athens haben wir regel-
mässig Vorträge gehalten, die sich eines steigenden Besuches
zu erfreuen hatten. In den letzten fünfzehn Jahren sind diese
Vorträge auch auf die übrigen Gegenden Griechenlands aus-
gedehnt worden. In grösserer Gesellschaft pflegen wir in je-
dem Frühjahre den Peloponnes und Delphi, sodann die Inseln
des ägeischen Meeres und neuerdings auch Troja zu besuchen.
Dass sich Archäologen aller Nationen zu diesen Reisen zusam-
men finden, um gemeinsam die wichtigsten Ausgrabungs-
plätze zu besuchen, ist ein schlagender Beweis für das gute
und harmonische Verhältniss , das zwischen allen fremden
Instituten und unseren griechischen Fachgenossen besteht*.
Doch alle diese Arbeiten, die das Institut im Laufe seines
fünfundzwanzigjährigen Bestehens ausgeführt hat , sind nur
SITZUNGSPROTOKOLLE 135
ein kleiner Bruchteil der gewaltigen Arbeit, die auf dem Gebiete
der classischen Archäologie und auf dem weiteren Gebiete der
Erforschung der alten und ältestenCulturgeschichte der Mensch-
heit in gemeinsamer Arbeit aller Nationen geleistet worden
ist. Welche wertvollen Arbeiten hat, um nur von den in Athen
befindlichen Anstalten zu reden , allein die griechische Ar-
chäologische Gesellschaft aufzuweisen. Die Akropolis und die
Stadt von Athen, Eleusis und Rpidauros, Mykenai *und Ly-
kosura, Oropos und Rhamnus und viele andere Orte mit ihren
aufgedeckten Ruinen, Kunstwerken und Urkunden, sind be-
redte Zeugen ihrer erfolgreichen Thätigkeit. Ebenso verkün-
den Delos und Delphi, das Ploon und Mantinea neben ande-
ren Orten den rastlosen Eifer des französischen Instituts. Für
die Amerikaner sind Assos undSikyon, Argos mit seinem He-
raion , Eretria und Korinth dauernde Ruhmestitel einer er-
folgreichen Thätigkeit. Das englische Institut hat sich durch
seine Ausgrabung in Megalopolis und Melos, in Cypern und
Ägypten den Dank aller Fachgenossen erworben, und end-
lich bat auch das junge österreichische Institut sich durch
die Grabung in Lusoi in Arkadien die ersten Sporen ver-
dient'.
* Dankbar und neidlos blicken wir alle auf die schönen
Resultate der anderen Institute und Gesellschaften. Jeder freut
sich, wenn der andere einen Erfolg erringt*.
'Gelrennt marschiren und vereint schlagen! Das gilt auch
für unsere Arbeit. Jedes Institut dringt auf seinem eigenen
Wege vor, alle aber haben wir ein und dasselbe Ziel, die
Auffindung der Wahrheit zur Förderung unserer gemeinsa-
men Wissenschaft".
'Aber eines dürfen und wollen wir heute nicht vergessen.
Wir fremden Institute (und ich glaube dabei im Namen mei-
ner Collegen sprechen zu können) sind der griechischen Re-
gierung aufrichtig dankbar für die weitgehende Liberalität,
die uns Fremden gegenüber bei der Erteilung von Erlaubniss
zu Grabungen und zu anderen Arbeiten geübt wird. .MIe grie-
chischen Museen mit ihren reichen Schätzen stehen den Frem-
i36 SITZUNOSPROTOKOLLB
den zum Studium und zur Publikation offen. Wichtige antike
Orte, selbst die Centren des antiken Lebens und der antiken
Gotlesverehrung, werden den Fremden zur Ausgrabung bereit-
willigüberlassen. Gewiss birgt der Boden Griechenlands und
des Orients noch für Jahrzehnte, ja Für Jahrhunderle hinaus
reichliches Material zu Grabungen und Studien, und daher ist
für lange Zeit hinaus nicht nur für die griechischen Archäolo-
gen,sondern auch für Fremde noch genügend, ja viel zu viel
zu thun. Aber gleichwol erkennen wir es mit grossem Dank
an.dass uns die Gelegenheit zu archäologischen Arbeiten in so
reichem Masse und in so liberaler Weise gewährt wird. Diese
Liberalität hat schon reiche Früchte getragen. Die fremden Ar-
chäologen sind in grosser Zahl nach Athen gekommen, die
Institute wachsen und blühen, neue Institute werden gegrün-
det, Athen wird so immer mehr zu einem wichtigen Centrum
der klassischen Studien, zu einer allgemeinen Hochschule für
die archäologische Wissenschaft*.
'Lassen Sie mich den Festvortrag schliessen mit dem Wun
sehe, dass die schöne Harmonie des gleichen Strebens und der
gleichen Gesinnung auch in Zukunft unter den fremden und
griechischen Archäologen bleiben möge. Dann werden die hier
bestehenden Gesellschaflen und Institute auch fernerhin blühen
und gedeihen, zjm Wohle der Wissenschaft, zum Wohle aber
auch des gastfreundlichen, von uns herzlich geliebten Grie-
chenlands*.
Hierauf richtete der Generalephoros der Altertümer Herr
P. Kavvadias uls Vertreter der griechischen Regierung fol-
gende Anspriiehe an die Versammlung:
M£Ta Ty)v 7i£VTy]xovTa£Ty]piSa ty^c raXXixyj; SyoX'^^, ocXXy]
TtaXtv iopTY] TeXeliat (ji][KEpov iv 'AOrjvat;, Iv T(j> Fepfjiavixüi
TOÜTtO OlXtO iTtl TY) (TU[Jl7rXy]paiT£l £tX0CJt7r£VTa£Tia^ OCTTO ifi^ £V-
TaOOa töpü(j£(o; xoö r£paavtxoO 'ApyatoXoytxoö IvaTtTOUTOu.
Kai etve ^Titdyjg Si£Ovy); xal tq iopTY) auTV) , TipcoTocJTaTOüVTwv
8ITZÜNG8PROTOKOLLE i 37
h aÖT^ Toüv 4p3^aioXoyix(5v xaOtSpu[jLaT(i)v xal Tfjc xe dirtoTQ-
[JLOU xal T^c tStCDTixYJc; 'EXXaSo^, tjtk;, autJLTraOco^ irapaxoXou-
ÖYjaaaa Tot epya toö 'IvdTtxoüTOu, [xstoc y^apa^ (JUfjLfjieTej^ei tyj?
crri[jLepov iopx^^ xal eO(ppo(iüv(üj; j^atpeTtCet toüs SieuOuvtoc; xal
eTaipoü^ Toö xXetvoO toütou iSpüfJiaTOc;.
'AXXa Tt ai iiravetXT]UL[jL£vai auiat iv 'AOrjvai^ iopral Sy]-
Xoöai; Ty]v iiravTr)(Jtv ei; t6 £pwTy][Jia toOto eStoxev tqSy] izpi
£t(ov 6 'Epveaxo? Ko'jpTio;. 'Ev 'EXXaSt, elire, «die Archäo-
logie ist zu Hause». 'AXX' av tq 'ApjratoXoyta £v8y][jLeI uap'
TQjjiTv, av TO äXXoTe £v *P(ü[Jlt) xevTpov töüv apj^aioXoytxoiv o-irou-
Scov (jL£Ty]V£j^Oy] irXeov £{; 'AOrivat;, i^opay] toütou iyevexo oOj^l
Saa apjr^aioXoytxa epya tq [Atxpa 'EXXa; dSuvrjOy] va dxTeXeoT),
aXX' ayaOr) OeXrjdti; xal eödTo^rot; ävepyeia toO 'EXXy]vtxoO
Kpaxoti^. Xapiv T^(; iiridTrjfjLyij;, J^apiv t^i; ayaOfjt; OTroXiQ^ecü^
^al T^; ?^(A^^ '^^? 'EXXaSo; iv tco TreiroXiTiafjievti) x6(I[jl(i), tq
*EXXy]vixr) KuSepvTQdic; a^yjxe xaxa [xepo^ Traaav xax(ü(; Suva-
(JL6VTQV vi ^vvotjOt) i6vixy)v (piXoTt[JL(av, xal ixaXeae iravTa xa
7cpö(; avaxaX'j'];tv xal a7rouSy]v tcüv Xet^avwv toO apj^atou iro-
XtTia(JLoO £vSia®ep6[jL£va eOvr) , fva (JüvepyaaOcoai 'irpö(; toOto
(iieO' iQ(Ji(3v Tüiv 'EXXrjvcDv , irapejr^ouaa el(; TiavTa(; aStaxpiTox;
TYjv aOTYjv (juvSpofjLTQv xal Ta aiixa Sixai(i>(jLaTa irpoi; ixTeXeatv
ivaaxa^cov xal izpo^ o"irouSY)v, airetxovKJiv xal 8y](Jioo'ietia'iv tcSv
4p)^aiOTTQT(i)V.
Tito to xpaTO? TOiauTTjc; apy^aioXoytx^; laoTtoXiTEia^, oötcü;
etireTv, tq 'EXXa; (/.eTeSXrjOy) tl(; «xTaStov SieOvoö; ä7rta'Ty][Jiovixyj(;
ipyaata^, SioTt eit; Ty]v *EXXy)vixy]v Apj^atoXoyixyjv'ETatpetav,
rJTi^ aTco ToO 1837 £l)^£v avaXi^et Ty)v ava<jxa^y]v xal iTiKTTy]-
(JLOvixy]v £p£uvav tcov apy^aioTrjTcov 7rpo(j£T£6y]cjav aüv tcS ypo'^a^y
xal yfcvvaito^ Tcap' iQfjLlv £oya*CovTai, tc£vt£ xa6tSp'J[jLaTa, ri FaX-
XtxY] Sy^oXiQ, TÖ r£pjjLavtx6v IvdTiToOTOv, Y^ AyyXixY] xal ri
'A[jL£ptxavtxy] SjroXy] xal to AOaTpiaxov 'IvottitoOtov. MEyaXyj
0£ £x toÜtou £y£V£TO £$ap(Jt^ Tcüv apy^aioXoytxcov £pyaart(J5v.
'EirioTQijLOt apy^aioXoyixol totcoi , TcXif]p£t^ apj^atoXoyixdiv xal
438 ftlTZÜNGSPROTOKOLLB
OprjdxeuTixcüv avafxvTQaewv, aveaxa^yjo'av , Trept^av^ [jLVY)(i.eTa
T^^ *EXXy)vtx^(; liyyri^ i7r£xaXii^0y]aav, a(p&ova Se xal dxirXy)-
xTtxi vjp'i][i.OLiOL i$rjj^6y](iav £x täv iy^^'^^^ '^^'^ Y^^» ^^' ^^
TrXouTtaOevTa xi Mouaela tq[ji(üv dyevovxo (/.ovaSixa iv T(ji x6-
a(jLtp, ai 'AO^vat (JLeTeSXYj&yjaav eU 8te0vk(; apj^^aioXoyixov Hav-
SiSaxTTjptov, xal tq 'EXXi^ xaOoXou iyeveTO 7:po<jxuvy]TT)pto;;
'ZOTzo^jtlt; 6v Tcavxay^oOev toO xodfjioti TrpoaepyovTat xax' exo; ot
eU '^V '^^X.^'O^ ^*^ '^V ^i^t^yTTjijLrjv iridTot, fva airoOaufJLaacoTt
Ta Xet'j^ava T'^c 'EXXy)vtx"^(; [xeyaXo^ut^a? xal aTroxto'toai ^opov
eOyv(i)[jLoaüvy](; eU Trjv y^v twv xXaaatxoiv ava(Jivrja£(i)v.
Tr)v eü£py6Ttxr)v Ta'JTrjv iv *EXXa8t Spaaiv tcov apyaioXo-
yixdüv ipyaatcüv euXoycD^ avaTcoXel ita^ Tt^ (nr)(JLepov xaxa tyjv
T£Xou(JL6vr)v iopTYjv xa6iSpu(jLaT0(;, 6TC£p iTcpa)Taya>vt(jTY)(j£v iv
TOtauTaK; ipyaaiai? xal £Xx£i Ty]v xaTaycüyyjv i$ aXXou ira-
XaioO xal 8£8o$aa(jL£vou 'IvaTtTOüxou, 5ir£p iv ocXXt) xXaacnxtj
j(^(opa iSpuOy]; iv iirojfTJ, xaO' y]V ölv OTcyjpy£v 'EXXyjvtxov Ba-
aiXfitov Tva ijizoityßri xal $£viaT) aOxo, Sioti t6t£ [jloXi^ tq iX£ü-
0£pia OTC£^(üax£ xal iyxaOtaiaTO iv *EXXa8i.
lipo 130 Ti£p(Tco»j iTüiv 6 IcüavvY]; BiyxfiXfJiav, uio^ ivo^
TiTcojroO OTcoSrjfJLaToiroioö ix t^(; BpavS£(jLSotJpyy](; , iy£V£TO ö
iSpuTT); t:^; i'iria'TT)(JLy]; t^^ 'Apy^atoXoyta;. Tov ix toutou 6k
irapayOivTa ivGoucnaauiov xal Ty)v y£vo(jL£vy)v iTriSocriv £U ap-
/aioXoyixa^ (/.eXsTa^ xal ipyaa"(a^, 5t£S£y0y) aOv tco ypovto V]
(T'jvata-Oyjo't^ T/j^ avayxY); tv]^ i7i£^£pyaa"(a; xal T£X£to7:onr](Tc(o^
TOO £pyOU TOO B(yX£XuLav. ToiOÖTOV 0£ (JXOTTOV, Ty)v T£X£io'iro(y)-
aiv ToO i'pyou toö ß{yx£X(jLav, i7r£8t(o$av xupico^ £ÜapiOuLO'. r£p-
[jLavol ao^ot, iv Tal^ xXao-cTtxaTc cTrouSat^ avaT£OpauL[Ji£voi xal
Otto ivO£ou aXyjöco^ (rjXou (jnip t:^^ apyatOTYiTO^ xaT£iXy)(/.a£-
voi, otTtv£; ropuaav Ttji 1828 iv PtopiTj 'ApyatoXoyixov Ivctti-
T0QT0V,TUy6vT£^ Ttpo^ TOOTO iTTKpaVOÖ^ Xal layupOÖ TTpOCTTaTOU,
ToO t6t£ BacTtXixoO AtaSoyou tyj^ Ilpcoaata^ <i^p£iS£ptxou Fou-
Xi£X,aou, 0£p[jioO ^tXou Ttov ypa[/.aaT(ov xal t^^ T£yvy)(;.
*H aüvTOvo^; ipyaaia tcüv iSpuTÄv toQ iv P(ü(i.Yj Ivdrixoti-
SITZUNGSPROTOKOLLB 139
TOti xai iStcüC "fi (JLeyaXy] xapxepta xal e^oyo^ Stavoia toO apj^y]-
yeTou TOüTüJv 'EöouapSou Gerhard, irap£xauL'];av toc eU xa^irpoi-
tag epYaaia; toö 'Ivcjtitoütou irap6[jL6aXX6[jLeva 7rpo(ix6(jL(jLaTa
xai aveSet^av aOxo aiv x(^ xpovto xaOiSpu[jLa Trept^avs^, t6 xaT'
e^oyrjv iv toI? tote j^povoK; dpya'Copievov y^^vatco; Oirep t^; ap-
)(^aioXoYix^(; iirtdTTJtJLy)!; 8ia T^g iv aOT(ji auvepyaaia!; oj^t (jlovov
Tcov £v Fepixavia, aXXoc xal tcüv iv FaXXia xal £v IxaXta xal
iv 'AyyXta ao^üiv. Kai ö (/.Iv Tre^coTiaijLevo; x6a[jioc ^TiexpoTei
eU'rV Spaciv TatiTyjv toö iv *Pco[jnrj 'Iv(TTtTO'JTOu,TQ de Fepfiiavia
oixat(o(; iaeixvüvtTO. 'A^' o'j Se aÖTY) evcDOaaa iroXtTtxoi^ t^^Y*
4y£veTo Kpiio^, irtaTY] eU Tat; irpo^ OepairetavTi^c; iTriaTrj[jLy](; xal
T^(; T6j(^vr)^ TcapaSoaei; t^; FepiJLavix^c; uaTpt^o^, aveXaSe t6
'IvaTiTOöTOv Oito TY)v afxeaov eauTTJ; upodTaaiav xal ixYjpu^ev
aOTO i7iiay)[JL0v xaOiSpu[/.a toö Fepjxavtxoö KpaToug eyov eSpav
T^; Sioixrj(j£to(; atiTOö iv BepoXtvto. "Extot£ (JTaOiov iiit(TTy](JLO-
vtx^^ lpyoL<7ioL^ öia ttqv F£paavtxy]v ßaOiivoiav xal ^tXoTiovtav
a7C0TeX£T xupitog tq *EXXag, Sioti TipwTOv xal a[jL£aov 6LTzoxtki-
(j[X0L T^c; iTCEXOoüdrjg iv T(ji 'IvdTtTO'JTcp £Ot'jj(^oö(; [jL£Ta6oX^(;
i^To TQ iv 'AOrjvai; tSpudK; T(ji 1874 TrapapTTjjjiaTO^ toö 'Ivcjti-
TOÜTOu xal (juyj^povcix; aj^^eSov tq Otto toö F£p[jLavtxoö KpaTOug
yevoaevY) (jL£yaXy] avaaxa^r) t^c; 'OXu(jLir(a(;,ot'YJ(; via TC£piooo(;
[jieOoöixdiv avaaxafCüv xal iTitaTYiiJLOvixüiv ipi\jy(x)v iSy](jitoup-
yrjÖY) iv 'EXXiSi.
To v£apöv iv 'AOrjvai^ xal £ü£X7ii Ivo-titoötov £Tuy£v £v t£
T^ iuioTjijLto xal TT) iSicüTixT) *EXXaOi ivöipfjioti Oiioooyrj^ xal
itacTYjc; SuvaT:^^ (piXo$£v(a^, ö^£iXo[jL£vy]^ £t(; xa6tOpu(jia 67i£p
£(JL£XX£ (jTcouSaiwg vi ipyadOyj Oiikp Tf^^ i7ii(jTrj[Jiy]<; xal i^y£v
6i(; a(jL£(iov Tcpo^ tyjv *EXXaoa iTitxotvcoviav toü; iv F£püLavta
(xo^O'j;. 'Ev 'AOrjvatc; OTr^pj(^£ t6t£ Vj EXXyjvtxy) 'ApyaioXoytxy]
*ETatp£ia ipyaJ^O[Ji£vy] aiio toö 18^]? OTr£p tcüv ap)raioTY]Tcov,
xal TQ FaXXtxY] apyaioXoyixy] SyoXr), t]TI^ oltzo toö 1847 tSpu-
|/.evY)y i^£T£X£t iv 'AOir]vat<;, 6,ti to ApyaioXoytxov Ivcjtitoö-
Tov iv Tcüjjng, xai oi' eOaToj^cov ipyadiciv (TüV£j^tJ^£ tö iiciaTy)-
i40 SITZUNGSPROTOKOLLE
(jLOvixov epyov, oO Tivo^ ifi FaXXia tocjoÖtov £v86$(ü<; xaTTQp^aTO
iv *EXXa8t Sta t^c; Expedition scientifique de Moree. BOye^Yii;
äfxiXXa £v t^ ipyaaia, TrXr)pr)<; Se aii(jLTcvota xal a[JL0t6ata iv-
Oappuv(it(; direxpaTYiae (/.exaSi* täv i8pu(jLaT(üv TOtiTa)v,xai itpo-
Oü(jLO(; exocdTOTe irapeajreOr) eU aÜToc tq auvSpofjnr] t^(; ipyato-
Xoyix^^ ÖTryipeaia; toO KpaTOti(;.
Tito totaÜTa^ TreptaTaeiei^ tc 'AOyjvalxov irXeov FcpiJLavixov
'Iv^TtTOÖTOv xaT^XOev £ppto(jL6V(ü; £v T(ji dTaSiC}) Tüiv apj^aio-
XoYixcüv ipya(Ti(3v, eüo'T6j^(ü(; 5k xal 7ce^(üTia(JL£V(ü^ Sieu&uvo-
(jievov xal ixa(jLaTOUj; eTatpoü(; xal au'^zpyoLXOL^ x£XTy](/.£vov,
iroXXa(; xal litiuyii^ ava tyjv *EXXa8a avaaxa^ac; xal £p£»jva^
i^t'zi'kiai xal Ipya £Sy](xoat£U(i£v l'^oj^a, St' (üv (jL£YaX(ü^ (iuv£-
6iX£T0 £1^ TTr]v itpoxoiry]v t"^; apj^aioXoytx^c; £Tri<TTTf)[JLy](; xal £U
TYjv [Ji£)rpi TooS£ ye'^^P'S'^yi^ E^apaiv tcov apj^atoXoyixtSv £v 'EX-
XaSi ^pyaatüiv xal (jl£X£T(üv.
TaOxa Toc Ipya toO 'Iv<jtitoütou dTriaxoircüv o7)(X£pov 6 'n£-
^(i)Tt(j(jL£vo^ x6(i(jL0^ öfjLopcüvov a7ro9a(v£Tai yvco(jiy]v, Sioxi, •n£pl
spycüv Otc^p tcov tSavtxcöv ti^^ av0p(üir6Ty]TO(; 'npox£t(ji£vy]g t^«;
xp((T£(ü(;,T6 MavT£lov TCOV A£Xf(ov Skv yaXXiJ^£i, oOS' oi &£ol
T^(; 'OXu(jLTc(a(; y£p(JiaviJ^oua"tv, aXX' ai MoOaat, TQyou(ji£vyi^ tyj^
'A6y]va^, c^aipouori toc y£v6(ji£va xal i^ufjLvoOat TTrjv i7rtT£uj^9£T-
(jav vtxYjv iv T({3 Onip ty); d7ri<jTrj[jLy]; xal t^; '^£)C^^^ ayÄvt.
'Ex T/j^ ifipac; j^oipa; Tyj(; ''AXt£(0(;, yjti^ toüc; aOtriv ava-
axdfvj^avTaj; xal d$£p£uvTia'avTa(; FEpfjLavoü; av£S£i5£v 'OXüultcio-
vtxa<; iv ty) £7rtaT*ri(JLT), yjti^; ^ttI ttXeov xal £l(; Tyjv £UTüj^(av toö
'IvdTtTOüTou TOUTOu auv£T£X£(T£v , auTT) avaS£i$ao'a TOV vöv
iTra^tox; aOio 6i£uOüvovTa, £1; tov ötioTov oi 'OX'jfxiriot 0£ol
iSia^oudav £Övotav £7i£5c{$avTO xal ayaOyjv Tujryjv , avTa^tav
T% £0^u^a; xal xapxEpia? auTOö, dyopYiyyjdav, £x t:^; l£pa(;,
Xiyto, y(x>poL(; t*^^ "AXt£(o; ö TTfi^coTicraevo^ x6(T(jlo; öp£7r£i arj-
(jL£pov xoTivov, xal toOtov irpocj^£p£t £t; TÖ £opTat^ov IvaTiToO-
Tov (b^ ßpa€£tov. Toto'jTOv Si ßpa6£Tov i7rio-Ty][Jiovixyj^ ap£T^^
etv£ t6 'j'l'iTTOv TÄv ßpa?£ia>v, Stoxi Siv Si£y£tp£t avTiJ^yjXtav iq
SITZUNGSPROTOKOLLG 141
^öovov, iXXa irpoxaXel eöyvoDiJLOo-üvyiv, iv6ouaiao-(jLOv xai iy-
xapSia (Tuy/ßpri^ripiOL.
Sodann begrüssle Herr Th. Ilomolle, Direktor der Französi-
scjien Schule, zugleich im Namen der übrigen fremden ge-
lehrten Anstalten unser Institut :
*Les solennites semblables ä celles-ci sont toujours assurees
de votre faveur, et c'est justice: elles sont les plus helles des
f£tes, par ce qu'elles sont les plus humaines, par ce qu'elles
repondent au plus nohle de nos besoins, la verite, et quelles
realisent le plus allirant, peut-£lre helas ! le plus decevant de
nos rdves, la paix universelle; elles sont aussi les plus con-
formes aux antiques traditions comme au röle präsent de celle
ville, qui inventa la lilterature, la philosophie, Kart, dans les-
quels communie Thumanite, qui devient et sera de plus en plus
le cenlre des etudes classiques, qui se vanlail jadis d'ßtre Tecole
de la Grece, et pourrait bien se dire aujoiird'hui Tecole des
deux mondes*.
'II y a deux anä, mon eher Coil^gne, ä Toccasion du jubile
cinquanlenaire de notre Ecole, vous vouiiez bien au nom de
linstitul archeologique allemand et par d^legalion des Ecoles
et Insliluls etrangers d'Alhenes. ni'exprimer des felicitations
et dos voeux, dont la chaude et sincfere cordialile reste pour
nous comme un des meilleurs Souvenirs de celle föle\
*C>8t pour moi un grand honneur et un plaisir verilable
d*apporler aujourd'hui ä votre Institut, en presence comme
alors de LeursAltesses Royales, au milieu du mSme concours
sympalhique de la sociele athenienne, lefralernel hommage de
TEcole americaine, de TEcole anglaise,de Tlnslilul autrichien
»
et de TEcole fran^aise d^Athenes*.
*Unis les uns aux autres par Tamour commun de la Grece,
par le culle de la science, par les liens mutuels de la courtoi-
sie et de Tamitie, nous nous r^jouissons tous ensemble des suc-
0^8 et du bonheur de chacun. Aussi le vingt-cinquieme anni-
versaire de la fondation de votre Institut ne pouvait pas 6tre
142 8ITZUN6SPROTOKOLLB
une c^remonie toute priv^e; nous vous remercions de nous y
avoir convies, nous nous associons de tout coeur ä votre alie-
gresse et ä votre fierte; car ces annees, pour vous si honora-
bles, ont ele pour nous avantageuses par vos d^eouvertes li-
b^ralement communiquees ä tous, autant qu'agr^ables par un
conslapt behänge d'afTectueuses relations*.
*L'olivier d'Olympie abrita votre Institut dans son berceau,
il a grandi avec vous, il a ^tendu sur vous son ombre aussi
loin que se sont port^es vos entreprises ; ses rameaux vous ont
couronn^s, et son feuillage toujours vert est la promesse des
couronnes de demain, le Symbole de la perp^tuit^ de votre
Ecole, toujours rajeunie par Tardeur des g^nerations nouvelles
et par Tind^Gni progr^s de la scienee*.
*Comme nous applaudissons aux triomphes d'hier.nous ap-
pelons de nos voeux ccux de demain et du plus lointain ave-
nir; reeevez, mon eher Collegue, pour Tlnstitut d'Athfenes, et
veuillez transmettre au glorieux Institut que vous representez
ici, rhommage de notre admiration et de nos souhaits recon-
naissants'.
*Laissez-moi vous dire aussi combien d'estime personnelle,
combien de Sympathie se mftle et s'ajoute aux sentiments que
nous ^prouvons pour Tlnslitut que vousdirigez, M. Wolters et
vous. Vous avez suj'un et Tautreaccroltre le riebe patrimoine
scientifique qui vous a ele eonfie; vous n*avez pas reccueilli
avec moins de sollicilude Theritage de loyale, liberale et cour-
toise bonne gräee que vous avaient transmis MM. Petersen,
Koehler et Lüders. L'harmonie qui nous unit tous a 6te gräce
ä vous aussi faeile qu'elle est charmante a pratiquer; et, dans
la joie de cetle föle, nous sommes parliculi^rement heureux de
saluer vos propres succes et de serrer vos mains amies'.
Zum Schluss nahm noch einmal HerrW. Dörpfeld das Wort
um ausser den Auszeichnungen und Ernennungen , die aus
diesem festlichen Anlass erfolgt sind, die Adresse mitzuteilen,
welche die Centraldireclion des Instituts an den Generalepho-
ros Herrn P. Kavvadias gerichtet hat, und den herzlichsten
SITZUNGSPHOTOKOLLE 143
Dank für die allgemeine Beteiligung an der Feier auszusprechen,
die auch in einer grossen Anzahl schriftlicher und telegraphi-
scher Glückwünsrhe zum Ausdrucke gekommen war. Von
diesen ist \or allem die Adresse der Griechischen Archäologi-
schen Gesellschaft zu nennen, welche S. K. Hoheit der Kron-
prinz von Griechenland als deren Präsident unterzeichnet
hat, sodann die Glückwünsche S. Excellenz des griechischen
Unlerrichtsministers, Herrn Evtaxias , des Demarchen von
Athen, Herrn Merkuris,.des 6T)6au6( £üvSc(;|jio(, der 'loToptx-n
xai iÖvoXoyixYi iratpita ty;; *EXXaSo(,des Vereines Hapvaoao; und
seiner archäologischen und philologischen Section, der Xpi-
aTiavixT) dpj^atoXoyix'o ^ratpiia. Der Staatssekretär des Auswär-
tigen Amtes S. Excellenz Herr Graf von liülow hatte den
Kaiserlich Deutschen Gesandten Herrn Grafen von Plessen-
Cronslern mit dem Ausdruck seiner Glückwünsche betraut,
telegraphisch liefen solche ferner noch ein von dem K. K.
Osterreichischen Archäologischen Institut in Wien , der Ge-
neralverwaltung der Kgl. Museen zu Berlin, der Archäologi-
schen Gesellschaft in Berlin , der Centraldirektion des Insti-
tuts sowie einer Anzahl von Freunden des Instituts. Herr Mi-
chaelis hatte auch das Titelblatt seiner neuen Bearbeitung der
Pausaniae descriptio arcis Athenarum übersandt, welche
er dem athenischen Deutschen Institut und der Griechischen
Archäologischen Gesellschaft zusammen widmet, ein äusseres
Zeichen für die freundschaftliche Gemeinschaft, in welcher
auf dem gastfreien attischen Boden die Archäologen aller Län-
der mit den einheimischen Gelehrten zusammen zu forschen
glücklich sind.
14. März 1900. VV. Doerpfeld und P. Wolters geben ei-
nen Überblick über die Besultate der Ausgrabungen 0. Ru-
bensohns in Paros, ersterer besonders über die Tempelanlage
auf der Akropolis, letzterer über das Heiligtum der delischen
Gottheiten, die Nekropole, und daran anschliessend über die
durch F. Hiller von Gärtringen entzifferte auf Archilochos be-
144 ERNENNUNGEN
Zügliche Urkunde. — R. Zahn berichlele sodann über die prä
historischen Funde von der Akropolis in Faros.
28 März 1900. J. Kromayer berichtet über einige Ergeb-
nisse seiner [Untersuchungen in Chäroneia. — R. Zahn, Prä-
historische Wohnungen in Thera. — R.Delbrueck, Das Brun
nenhaus des Theagenes in Megara. — W. Doerpfeld, Ithaka.
ERNENNUNGEN
Es wurden ernannt zu Ehrenmitgliedern des Instituts die
Herren H. Lehmann in Halle a.S., I. Gr^f von Plessen-Cron-
stern in Athen und A. von Swenigorodskoi z Z. in Meran,
zu ordentlichen Mitgliedern die Herren J. Picker in Strassburg
i. E., G. Kaibel in Göltingen, E. Meyer in Halle a. S., B.
Niese in Marburg, H. Lehner in Bonn, H. Graf WalderdorlT
in Regensburg, zu correspondirenden Mitgliedern die Herren
E. Assmann in Berlin , Chr. Blinkenberg in Kopenhagen,
R. Bodewig in Oberlahnstein, C. Eredrich in Berlin, P. Herr-
mann in Dresden, C. Konen in Bonn, K L. Kohl in Worms,
Marques de Monlsalud in Madrid, J. Navpliotis in Paros, G.
Oberziner in Genua, l\. ühler in Grosslichlerfelde, Persichetti
in Rom, O. Rubensohn in Berlin, H Schmidt in Berlin, D.
Tsopotos in Volo, E. V^assiliu in Thera, D. Vikelas in Athen,
VVeckerling in Worms, B. J. Wheeler in Ithaca U. S. A.,
W. Wilberg in Wien.
BERICHTIGUNG
Oben S. 12, Anm. 1 ist zu lesen:
Ph)flarch (um 220 vor Chr.). Aelian (II. Jahrhundert nach
Chr.).
-» ■^•»- ««
Geschlossen 5. Juli 1900.
■■I«
ANTIKE SCULPTUREN IN 8AH0S
iHienii Tafel XU. Xlll)
Durch das vorliegende Verzeicliniss der zu Valliy (genauer
Ai^v]v B&Oioc), der samischen Hauptstadt, im Pylhagoras-
Gymnaaium vorhandenen Marmorsculpturen möchte ich diese
interessante Sammlung vor dem Schicksal so mancher Local-
museen liewahren, aus denen nur die Dauptstücke bekannt
werden, wahrend der in der Regel recia bemerkenswerte Rest
in desto tiefere Vergessen heil sinkt.
Auf die Sleinsculpturen habe ieli mich beschränkt, weil alles
Epigraphische seine Bearbeitung im Corpus der griechischen
Inschriften finden wird und weil ich bei den wenigen Wer-
ken der KleinkunsL nicht in jedem Falle feststellen konnte, ob
sie zum älteren Bestände der Sammlung oder zu den Ergeb-
nissen der Ausgrabungen J. ßöhlaus (1894) geliören. Diesem
verdanke ich die Brkubniss, Hie beiden archaischen Slatuen-
fragmente Nr. '2 und Nr. 3 auffuhren zu dürfen. Für die von
ihm entdeckten , präclilig ornamenlirten archaischen Grab-
slelen verweise ich aufsein Werk: Aus jonischen und itali-
schen Nekropoien S. 3"2 Taf. 1.
Den ersten Anstoss zur Gründung einer öffentlichen Sninm-
lung in Samos gaben die Ausgrabungen Guerina t85Ü (Ötfsc/v/i-
tion de t'ile de Samos. Paris 1856. S. 305 ff.), deren Funde
unter der Fürsorge <ier damaligen Fürsten 'Ico. T-nUni (1853)
und MiXTidtSv); 'ApioTotp/YK im Garten des Verwaltungsgebäudes
in Chora mit Werken anderer Herkunft vereinigt wurden.
Anderes wurde in Vatliy in der ßou>Ti aufbewahrt (C Curtius,
Inschriften und Studien zur Geschichte von Samos S. I); nach
der Erbauung des 'Hyiiiovtxöv Meyapov (begonnen 1875, vgl.
2to:fjiotTii8n(, 'Etcnr,pl< i8'76 S, 118) wurden in den unteren
Räumen des ijsj^iioifjXaKsiov und im zugehörigen Garten Alter-
tümer gesammelt (Fabricius. Alben. Mittli. 1884 S, 192).
Über die Gründung und den Bestand jenes ersten Museums
in Chora giebt E. Kp^iTixiSvi; in seinem 1867 erschienenen
ATHEN. MlTiHKILUNUEN KXV. lO
446 TH. WIEGAND
Schpiftchen 'Ap^^aioi vaol ttj; Sifiiou S. 23 Nachriebt. Er führt
als aus den Ausgrabungen am Heraion stammend folgende
Stücke an (S. 27):
1 . 'AvdcYXu^)Ov wapi<JT&vov avSpa y)[i.iyu(iivov u7co$e)(^6fJLfvov ap-
XTOv lOTafiiEviov ft; tou; OTTiodiou; ivöSa;, (a* uTToypotfnv MEAIH.
2. 'AvJtY^'^90v ftj^ov yiyXu(ii|xevov avSpa loTCtfiisvov xa2 l^rovra ttjv
u^v (Aiav T(5v j^ftipo^v u<}/ou(iievy}v , ttjv ö er^pav Tcpo; ra xdtT(i>.
3. ^AvxY^^?^^ TcapiOTdevov avSpa xaraxfxXipLevov inl loTp(i>fi.{jLevou
axipiTcoSo; ( xpaSSocTOu ) xal avTixpu2[ovTa Tupo; yuvaixa xaOY)jjLevY}v
if * iScüXtou, d^v Ta Trpcocoira lialv 'y)}cp(i>Ty)ptaa(ji£va £v (lepti.
4. ^AvdtY^v^fOv Traptori^vov avSpoc xxi y^^^^'^^ laTa(ii£vou; xal xuva
avopOou{jLf vov .
5. 'AviyXu^ov wapiaravov y)|xiyupLvov yuvaiÄa xa07)pLevY)v If ' iS(i>-
Wou xal ej^ouaav tyjv ^i^tav x*'P* •'^^ '^^^ yovaro; ttj;, pie tyjv ipi-
OTipav xpaTft OTccdpav, vjv ^epit ivpo; t6 YivKpyfiievov OTÖtxa rn; xat
aTTCvavTi TauTTo; laraTai ixcpa yuvyj xpaTOöoa xavioTpov wXyipi; otcw-
pü>v, oTTtoOiv Si TauTY}; M xoppioO SevSpou faiverai 091; £pir(i>v.
6. T}xyi|xa vixpDCY); <tty)X7J5 ijodfjin^ fityjxo; ivo; FaX^ixoC tcoSo;
wipiTTOu );*! xoji,^|/yjv itti jci^aXTj; yXu^yjv yi tyjv l7fiypa^)yjv Ta'jTYjv
Tio; AoXou 'Poö-
905 vipw; ypY)-
7. Xilp yuvaixeia xa^XtTS^vo^ airo toO cSuiou f^e^^pt tg>v SaxTuXcov
v))cpoTiQptao{Xfvo>v ovTG>v iv (/.epii.
8. ^AvayXufov Tuepuj^ov £vSpa )C9CTa)C€}cXiu.evov ItpI <i)ctpL7roSo;,ouy-
xixafjijiiftvou; Ij^ovTa tou; TToSa; xal Ta; X^^P^^ ^'^^ '^^^ <iTy)9ou<, Suo
yuvaixa; xaöiQiiieva; ?cap' aur^ xai xpiTinv oTTioBev auTCüv xal av(i>Ofv
ToO dcv^po; faivcTai y)pit)C8X0[iL(jievY) o^aipa.
9. KifxXy} yuvaijciia xaXXiT8/vo; tx^vKia dXucosiSo); ty)v xöfiiiQv
ioTpx{A(AEVY)v xai 7rp6; toi otcioo) ippiu,evY)v.
10. ^Av&yXu^ov l^ov av^pa xaTaxejcXiaevov xal iwtdTTQpiJ^ovTa ttjv
xffaXy)v im tyJ; apiaTipol; X^^P^^'
1 1. KffaXy} yuvaixo; xaXXiTex^o; 7)}(p(i>TY}pia9(A£VY) jcari tt)v pivoc,
aTÖfAa xal yvdcöov.
12. 'AviyXu^ov TcapiaTdcvov yuvaijca xa6Y)(X£V7)v d^' iScüXiou, xvSpa
tnui.PTITHKN 1
ridiTixvjv xpocTOüvTSL Jtiviotpov fflviöi;
I TC^yjotov Tou xai Suo [iiipdcKtoi TCpQs-
(>i; Xüxov Sd:K^
t ßoo;
OTcuptäv, Yuvc(.ixa(. Tcpo€iSY]xuia
6ii;tovT(x itpO( T« Tptx TaiÜToi iTOjx«,
13. MceppLocpov öyxüSc; icBpiUTd^voi a
[IpodSTiOvnav S) (V otuTiji xflii ai xati t» Äduti« xai T^iyäiviov
avaxalufSfiaai 7cipia<TÖTipxt Jictypotfai, nip! div noiVi^w ^oyov fv -rri
ij(SoÖv)TO[*(*vi ToicoYpatpi« t^ii; vtiiou, xni tiv« ävstYluyst etviupiQtvTX
xstT« t6 itpo; SuofiLä; tiii; Xiip«; ipj^aiov vtxpota^iiov '.
hl der ToTCoy^aKpia ttj? Süeiaou S. 'iS spricht Kritikidls dann
noch vün Funden, die hei der Anlage der Strasse von 'I'ij^ani
nach Cltora gemacht und in die Sammlung verhracht wur-
den : Ol ecÜTOi (py^rai divixxlui{'av aÜTÖOi Suo vixp<iiTY)piX4(j;ivoi(
xi^ocüf Kvi^pixvTiiiv xai yuvaixiiav xaXii-Tfyvon yiipx, «Wlvi; ixo-
noöiTYiÖTiaxv iv Ttj^ ty){ Xup«; äp^aioXoyixiii MiJUiTiitp, und spricht
S. 75 allgemein von Funden, welche die Bewohner von Ti-
gani bei Anlage ihrer Häuser gemacht und z. T. dem Mu-
seum überwiesen hätten.
Die Vereinigung aller Altertümer im Pytiiagoras- Gymna-
sium geschalt am 19. November 1895 (Slamatiadia, 'Eni-rripi^
1896 S. 67) auf Betreiben des Gymnasiarchen Herrn Aristo-
raenis Stergioglidis und wurde erleichtert durch das Fntge-
genknmmen des damaligen Fürsten Georgios Verovitz, der die
im "HY«fJiovix6v Mi'YXfov und dessen Garten befindlichen Alter-
tümer sämtlich der neuen Sammlung überwies, darunter den
archaischen Sarkophag Nr. I'23 und das schöne Weihrelief
Nr. 43. Anderes kam aus allen Kreisen der Bevölkerung als
Geschenk hinzu, ferner wurden die Reste der Sammlung des
britischen Consuls Üionysios Luimark erworben und einver-
leibt. Das Museum ist innerhalb von fünf Jahren so gewoch-
sen, dass das kleine zweistöckige Haus im Hofe des Gymna-
siums niclit mehr ausreicht und ein Neubau geplant wird
[Stamatiadia. 'EitiTY)!:!« 1898 S. 69).
' Von oljigem Verzeichiiiss eiiLsprichlNr, 1 unserer Nr. 107,Nr.l3 unserer
Nr. 110; die übrigen Glücke lassen sich nlL-ht mit Sicherheil identificiren,
doch könnte Nr. 8 mit unserer Nr. 69 Jdetiliscli sein.
148 TH. WIEOAND
Den grössten Teil meiner Aufzeichnungen und photogra-
phischen Aufnahmen habe ich mit Unterstützung des zum Di-
rektor der Sammlung ernannten Herrn Aristomenis Stergio-
glidis sowie des Professors Gerasimos Smyrnakis und des
Epistaten Alekos K. Georgiadis in der Weihnachtswoche des
Jahres 1896 gemacht. Hans Schrader verdanke ich eine im
Frühjahr 1897 vor den Originalen vorgenommene Revision,
mehrere Hinweise und Mitteilungen den Herren Prof. ßenn-
dorf. Studniczka und Wolters, der mich auch bei der Biblio-
graphie upd mit Nachrichten über die Entstehung der Samm-
lung unterstützt hat. Aus den epigraphischen Scheden E. Pa-
bricius, die sich bei der Akademie in Berlin befinden, zog
Herr Prof. Conze freundlichst die uns angehenden Fundnotizen
aus. Im Oktober 1897 trug ich bei einem erneuten Aufent-
halte in Vathy noch einige neue Erwerbungen, welche Herr
Stergioglidis bei einer Rundreise durch die Insel gemacht
hatte, nach.
Einige photographische Aufnahmen , die Herr Stergiogli-
dis schon früher von verschiedenen Liebhabern hatte anferli-
gen lassen, glaubte ich benützen zu sollen, obwol sie z. T.
wenig gelungen sind ; immerhin geben sie mehr als eine Be-
schreibung. Für eine grössere Anzahl von Aufnahmen habe
ich sodann C. Fredrich zu danken, der im Anfang des Jahres
1900 eigens zu dem Zweck einen Aufenthalt in Samos nahm,
und bei dieser Gelegenheil meinem Verzeichniss noch einige
Erweiterungen und Verbesserungen angedeihen liess. Seine
Platten sind der photographischen Sammlung des athenischen
Instituts einverleibt, auf welche ich weiterhin überall Bezug
nehme. Wo die photographischen V^orlagen sieh gar nicht zur
Wiedergabe eigneten, sind durch Herrn E. Gillieron darnach
einfache Skizzen hergestellt worden.
Eine Katalogisirung hat die Sammlung bisher ausser einer
Anzahl ägyptischer Altertümer (Stergioglidis, KaraXoyo; täv
OTTO TYJ^ A. YW. ToO avTiSaotXeo); tyj; AiyoTCTOu XcXjAt 'A66a<
lloL(sa3t S(i)pT)Octa(ü)v aiyuTTTiaxöv ipj^aiOTYiTwv, Sa mos 1900) nicht
erfahren, dagegen besteht ein Inventar. Die zu Anfang der
ANTIKE SCULPTUREN IN SAMOB 119
Besprechung jedes Slückes stellende, der Inventarzabl voraus-
gehende, Nummer ist von mir eingeTührL
Für die Bibliojiiraphie verweise ich auf C. Curtrus, InscIiriT-
ten unil Studien zur GeBchichle von Samos, Lübeck 1877.
S. 9. L BurL'bner. Das ionische Samos I, 1. Amberg 1892,
S. 41T. I.'?. München IS96, S. 5. A. Mnliotpinn^, NmXX>i-
vixi] fHitypoL^tKri ftlo^LOYia S. 90, tl. Srflt^oLTLiiSYj^, ^otuListxdc, er-
ste Auflage: Alben I86'2, Eweitc: Samos 1881. Berichte und
Nutizen über Funde finden sich ausser in dem schon genann-
ten Schriftehen des E,-Kp>iTiiti87i(,'Ap;(aioi vstol Tüf £x^ou,Syra
18fi7 und deftselben Toitoypanpi» tu; Si(Aou, S^ra I8fi9, in Sta-
matiudia seil 187ö wenn auch uiit Unterbrechungen heraus-
gegebener 'Ejcitnpi; T^s "HytjAovi*; Siito'j. Inventar und Zu-
gänge der Sammlung wurden veröITentlicbt in der 'B}fT)|iLipU tru
'Hyty.wixi i;4[i.o'j vom 19. April 1895 (Nr. 99) ab, vgl. Slama-
liadis. 'EtctTYjpit 1898 S. 68. Über einige ältere, nach Paris
gelangle Funde vgl. BnlletUno deW i/isftltilo 1830 S. 225.
Kpr,TtxtS»(, TowoYpatyi« tvii 2i(i.ou S. 28. Über den Fund der
Cheramyes- Figur: Slumatiadis, 'IilncTT)pi( 187,') S, lfi6.
I. Beste archaischer Figuren.
I. (Inv. Nr. 25.) Männlicher Torso, gefunden 1800 an
der Glyphada bei Tigani ; vgl. 'Ettix 1890 Beiblatt Nr. 2&
(nach der saniischen Zeitung ^di[j.o;}; spiiler im etp^ito^uXxKitov,
■Ey7)[i.ipU TÜ( *Hj-iu,ovioi< Sif^iou 1895 Nr. 55 S 2ifi. Wolters.
Athen. Mittli. XVIII. 1893, S. '2->'i. Hohe lO'i'-. Breite der
Schultern 'i8"". Abgebildet Taf. 12. Photographie des Insti-
luls. Sainus Nr. 1 i. 12 Grau verwi Hefter, grosskürniger Mar-
mor, tier indes» dem na.\ischen nicht zu gleichen scheint. Die
Figur zeigt die fast allen allon 'Apolloliguren' gemeinsamen
Rigenschal'ti'n : das gewidinliidie archaische Schrittschema mit
vorgesetztem linken Bein, beide Fäuste wie an die Oberschen-
kel gepresst, die Zeigefinger im letzten Glied eingekrümmt, die
Arme nach auswärts verdreht Das Haar lallt in zwölf halb-
langen Locken in den Nacken, horizontal und in Spitzen en-
\bO TH. WIEGAND
digend. Mit ihrer sehr geringen Modellirung — man beachte
z.B. die ungeschickte Art, wie Oberarme und Fäuste nur durch
Rillen vom Körper getrennt sind — bietet die Figur das Bei-
spiel einer recht flauen, sorglosen Manier, ein besonderes In-
teresse gewinnt sie aber durch die auf dem linken Schenkel
von oben nach unten laufende alljonische Inschrift, die hier
nach einem Abklatsch wiedergegeben wird :
Sie wird am einfachsten dabin zu verstehen sein, dass Leu-
kios dem Apollo ein Agalma stiftete, nicht etwa sein eigenes
Bild. Wir haben hier eines der ältesten Beispiele der Anbrin-
gung einer solchen Dedicationsinschrift auf einer grossen Figur
(vgl. die weibliche Figur vom Ptoion, Gollignon, Histoire
de la sculpture grecque I S. 122 Fig. 61. ferner die Sitz-
figur des Ghares von Teichiussa, ebenda IS. 170 Fig. 77 und
die von Gheramyes geweihte samische Hera, ebenda I S. 163
Fig. 73), für die seit VVinckelmanns Zeit die Figur vom He-
lenenberge als klassisches Beispiel angeführt zu werden pflegt.
Über Inschriften an Figuren, insbesondere auch am Schenkel,
vgl. R. von Schneider, Die Erzstatue vom Helenenberge,
(Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Kaiserhauses,
Wien, XV) S. 20f., wo jedoch übersehen ist die reifarchai-
sche Jünglingsstatue vom Ptoion, R, C. H. 1887 Taf. 13, 14
S. 275, und der Apollo cuius in feniore litteris minutis no-
men Myronis erat insvriptum, Cicero Verr IV, 43,93 bei-
des, wie in unserem Fall, keine blossen Giaffitti, auf die Schnei-
der den Gebrauch beschränken wollte.
2. (Inv. Nr. 56.) Mann lieber Torso, gefunden von J. Böh-
lau 1894 im nördlichen Friedhof des alten Samos (Tigani).
Für die Fundumstände vgl. sein Buch: .Aus jonischen und
italischen Nekropolen S. 32. Höhe 87'". Im Nacken Reste
gleich langer, regelmässiger Locken. Die Gestall ist offenbar
ANTIKS SKULPTUREN IN SAMOS lÖl
von einer gesell ick leren Hand {jefertigt als die Weihung des
Leukios, der sie aher an Rrhiiltunu; eriiebücli nachstellt; es
ist hier nielit nur dfn naliirliehen Proportionen, z. Lt. durch
' grössere Höflbreile, Reclinung gelragen, sondern auch weil
mehr Sorgfall auf die Einzelheiten der Weichteile, und zwar
mit eiilschiedenem Versländniss. verwendet Ptiolo^ra(itiie des
Inslituls, Sfimns Nr. l.'l. l'i.
.S. (Inv. Nr. 57.) Fragmenteines ähnlichen Torso. Ge-
funden zusammen mit Nr. 2. ü rosskörniger. sUirk blüulicher
Marmor. Nur Oberüclienkel und Glulaen sind erliallen.
'i. (Ohne Invenlürnummer.) Arehaisclies Porosköpfchen.
Höhe etwa 10"'°. Nase. linkes .\uge und Mund hestossen und
verwilterl. Gefunden ( nacli Milleiluiig von Siergioglidis) hei
der Glyphada, links von dem Weg, der von Chora nach Tigani
führt, dann mit andern AllertUmern für das Museum ange-
kault: 'E9yi[isf)i<; T>is 'HYinovi»; Säjiou 1897 Nr. Lifi S. 706,
325,4. Das Köpfchen ist der einzige Reprüsenlunl der archai-
l sehen Porosplaslik auf der (nsel. tÜs fällt durch ernsten Aus-
druck,durch ein sehr kurzes Kinn und fast horizontal stehende,
flache Augen auf, deren Brauen durch RJtzlinien angedeutet
Bind. Die Kopfbedeekung besieht in einer Tein carrirlen MülEe
mit zwei halbovalen, aufgebundenen Seilenklappen Im Na-
cken ßel (las Haar in langem, dickem Schopf herab. Geringe
Fteslc von Ohrringen lassen das Köpfchen als vermutlich weib-
lich er&uheinen Stilistisch stellt es zwischen derSamierin der
Akropolis, ColligDon I S. IfiO.die Sauer, Athen. Millh. I8!)-?
S. 'lO l'iir Na\os in Anspruch nimmt, und der samischen
Bronze 0!}'mpia IV Taf. 7.7't, naher iler letzteren. Manches
erinnert an kyprische Sculpluren, wol auch die Mütze, b z B.
Cesnola -Stern , Cyprus Taf. '?7. ^S, 4ü. vgl. Ohnefalsch-
hichter. KyproB. die Bibel und Homer Taf. 9I,Ö und die Köpfe
im Museum zu Knnslanlinopel Nr. ^178, Nr. 29. 96,97 und
4'i.'i. Doch wird ja die kyprische SculpLur als nichts prima-
reB, sondern als Ableger namcnliicli der Östlichen anzusehen
sein. Pliolügrapitie des Institut», Samos Nr. ir>. IG.
.^. (Inv. Nr. 117.) Fragment eines lebensgrossen marmor-
nen Krauen kopfes aus reit' archaischer Zeit. Höhe etwa '24"*.
Die ganze linke Gesichlshäirie nebst Nase und Stirn ist zer-
ANTIKE SrULPTlill
schlagen, desgleichen der grösste Teil des einen ernBten Aus-
druck verratenden Mundes. Kriiftiges.volles Kinn, aber knappe.
fast männliche Wangen sind noch zu erken-
nen. Die Augen warpn eingeselzL Das Haar
ist am Ohf^rkopf gar niclil ausgedrückt, nur
die vor das Ohr gekämmten Locken sind
durch leiclit gesch weilte Itilzlinien unter-
schieden. Das sehr lebendig gebildete grosse
Ohr zeigt ein Bohrloch im Läppchen Tür ein-
eiigen Sclimuck , auch der Gehörgang ist
durch ein i3ohrlnch gekennzeicimet.
6. (Inv. Nr. '30.) Männlicher Toiso. flefnnden beim lle-
raion. Mit der bekannten, vim Clierarnyes geweihten Slatue
/usatnineii wurde in einer ICntt'ei-niirig Min Tfi Sehrillen von
der siebenden Säule des Ileraiun ein männlicher Torso gefnn-
i54 TH. WIEOAND
den CEm-zfifU 1876 S. 165. B,C H. 1880 S. 483, 2), dessen
Beschreibung im allgemeinen mit diesem Torso stimmt, ohne
dass sich die Identität zweifellos ergäbe. Grober, bläulicher
Marmor, Höhe HO"". In der langen Entwicklungsreihe männ-
licher archaischer Figuren nimmt diese eine der höchsten Stel-
len ein und leitet über zu Gestalten wie dem * Apollo auf dem
Omphalos', welche die Schwelle des Archaismus bereits über-
schriUen haben. 0er breitschulterige Körper, der mit seinen
vernachlässigten Seiten immer noch etwas Vierkantiges verrät,
hat, mit den vorhergehenden Figuren verglichen, an richtiger
Proportion viel gewonnen, auch äussert sich ein weit grösse-
res Streben nach ausführlicher Darstellung, wobei manches,
wie die allzuharte Abgrenzung der Bauchpartieen, übertrie-
ben wird. Einen besonders starken Gegensatz zu den vorher-
gehenden Figuren zeigt sie in der Bildung des fast halb-
kreisförmigen unteren Rippen randes, der die Vorstellung
erweckt als atme die gewölbte Brust hoch auf. Auch das
starke Hervortreten der Adern auf den Armen und die eigen-
tümliche Bildung des Schamhaars, die sich bei einem Frag-
ment auf der athenischen Akropolis wiederholt (Kalkmann,
Jahrbuch VII, 1892, S. 131 Abb. 3 und S. 136), ist be-
merkenswert Sehr ähnlich ist die Bildung bei einem auch
sonst verwandten Torso zu Syrakus, Arndt, Einzelaufnah-
men Nr 754 und bei einem nach archaischem Original gear
beiteten Torso hinter Villa Borghese, von dem eine römische
Institutspholographie existirt, zu vergleichen ist auch der
Jünglingslorso aus Chaidari bei Daphni im athenischen Na-
tionalmuseum Nr. 1605 (American Journal ofarchaeo^
logjj IX raf.9 S. 53, vgl. X S. 50). Das Glied war besond-
ers eingesetzt und mit einem Stift von oben befestigt — die-
selbe Art, wie der vorgestreckte Unterarm der athenischen Kö-
pai befestigt zu sein pflegt.
ANTIK B SCULPTUREN IN flAH03
II. GötlPrfij^uren,
7. (Inv. Nr. 196.) Resl einer Zeusstaluette. Höhe 9".
Erhalten isl der nackte rechte Unterschenkel des siehenden
Zeus, daneben der Adler, ohne Kopf.
8. (Inv. Nr. 38.) Kopf einer AthenaslatuetLe, GrosskÖr-
nijE;er, sehr verwitterter Marmor. Höhe 19, 5'*. Alhena in ko-
rinthischem Helm mit herahwallendem Haar. Typus der Athena
von Velletri.
9. (Inv. Nr. 63.) Apollokopf. Höhe 27"°. Grau verwit-
tert; Nase und ganze untere Gesichtshäifte fehlt. Hohe Frisur
wie die des belvederischen Apoll. Späte, geringe Copislen-
arbeit.
10. (inv, Nr. 8 ) Unterteil einer Apol iostatuette. Höhe
38™. Der nackte Oberkörper lehnte sich mit der linken Seite
auf die Leier, welche auf dem Omphaloe steht. Wenn auch
die Bntbiössung männlicher Gestalten bis unter die Scham
schon im V. Jahrhundert vor Chr. dargestellt ist (vgl. das
Relief aus Laurion im athenischen Nationalmuseum, Kawa-
dias, rXuBTi Nr. 794. Friederichs -Wolters Nr. 1013, Conze,
Attische Grahretiels 'l'af. 186 und die von Hartwig, Meister-
schaten S. 351, 1 zusammengeslelUen Bei-
spiele von Vasen), so wird sie doch erst be-
sonders häufig in römischer Zeit, in der un-
sere Statuette entstanden ist. Die Art der
Entblössung findet ihre Analogie in dem von
Winckelmann so hoch gepriesenen Dionysos
der Villa AJbani (Gesch. der Kunst V. 1,23.
Gerhard, Antike Bildwerke Taf. 105. 1,
Text S. 348, vgl. ebenda auch Taf. 113,1,
Relief im Belvedere) . Sie ist nahe ver-
wandt mit der berliner Dionysosslatuette Nr. 94, welche,
wie die Beschreibung mit Recht bemerkt , ebensogut als
Apollo hätte ergänzt werden können. Auch Anordnungen wie
die des berliner Salyrknaben. Beschreibung Nr. 252, gehören
hierher.
11. (Inv, Nr. 3.) Ariern isstatuette. Höhe 91. ö", Kopf
gebrochen. Gefunden im Jahr I8.i8 oder 1859 am Abhang
der Aslypalaia im Acker des 'A. Maypoytupyn; zusatniiien mit
der Dion^'susstaluelle Nr. 15 und von dem damaligen Fürsten
von Samos 'Iw. PftUa; erworben; die abgebroclienen Köpfe
waren in seinem IJesilz verblieben und sind ersl neuerdings
wieder mit den Torsen vereinigt worden. ICTajjiaTiiSvi!, Sst-
[iiasÄ' S. iy', 41, KpTiTixiSiK. 'Apjr^aioi vaoi ty)? Sifiou S. 'i5.
Tdtcoyp»?!« TTi( 2a(*o'j S. 45. Als kopf-
los werden ilie Statuetten noch auf-
gerührt in der 'Efvit/ipi; trii "Hyipio-
via( SifAO'j IS'.)5 Nr. .'i5S.2'i5, I. 2.
Die Göttin ist in kurzem Jagücosttim
nach links eilend, mit liuben Schuhen
und dem Köcher auf dem Itücken
dargestellt in dem Moment, wo sie
sii^h nach Erlegung eines Wildes ei-
nem anderen Objecle zuwendet. Um
ihren nackten linken Oberarm hat
sich die wehende Chlamys geschlun-
gen Der Hund hinter ihr ist im He-
grilT, sich auf ein kleines, niederge-
ilucktes Jugdtier zu werlen.von dem
nur d!el'"ii8se erhalten sind. Während
dessen gi'ilT die Göttin mit der Itech-
teii nach dem Köcher (ein l'unlello auf der Schulter beweist
PS), die gesenkte Linke ( Puntcllo in der lluftgegend) hielt
offenbar ilen Bogen Am nächsten verwandt in der Ballung
ist die vaticanische Artemis. Miiller-Wieseler II Taf. 15 Nr.
159. ebenfalls naIiesLehcnd. aber keine Bepliken.aind die Fi-
guren im f'alazzo Bospigliosi , Aj'ndl, Dinzelaufnabmen Nr
112, ferner in Neapel, Inv. Nr. 6279, im Louvre Photographie
Giraudon I 172. Auf diese drei Beispiele maclile micit P.Arndt
aufmerksam. Photographie des Instituts, Samos Nr. 17.
ANTIKE SCULPTUBEN IN SAMOS
I
I
12. (Inv. Nr. 124,) Ailemislorso. Höhe 03'°" . Schulter-
breite 33". Die vorwärts eilende Ge-
stalt tragt das gleiche Coslum wie die
vorhergehende, nur dass an Stelle der
nackten Arme halblange Ärmel zu
Beben sind. Aul dem linken Unter-
arm liängt die wehende Chlamys.
Auf dem Rucken Rest eines Kücliers.
Für die IJewegung. namentlich auch
die Haltung der Arme, vgl. Müller-
Wieseler, Denkmäler II Taf 5 Nr.
i^a.CAarac.Miise'e de sctilpture IV
Taf. 564 C. Nr. 1-2 18 C. — Römi-
sche Handwerkerarbeil.
13. (Inv. Nr. l"36. ) Torso einer A rlem isstal nette. Höbe
34"°, Seil ulter breite "25™. Die Gestalt glich in der Bewegung
der vorigen. Das ähnlich gegürtete Gewand, über dem das
Kücberband liegt, wird durch die Bewegung links an den Kör-
per gepreast, rechts tällt es in ruhi-
gen Falten berab . Der Kopf war
aufgesetzt. Hinten abgeschlagen.
Photographie des Instituts, Samus
Nr. 18. [FredhichJ.
14. (Inv. Nr, W'l.) Dionysos-
lorso ? Höbe etwa 64'", Grosskör-
niger, grau versinlerter Marmor.
Die Gestalt war iiaeb ihrer rechten
Seile geneigt, der linke Arm lag
nahe am Körper, worauf ein An-
satz an der linken Hüfte hindeu-
tet. Von den Locken ist auch im
Nacken einHest siebtbar. DerKörper
leigl ein edles Fhenmass, schwel-
lendeMusculatur und weiche Übergänge. Vorzüge, die namenL-
licb bei dem auch seitlich fein gewölbten Thorai aulTatlen und
an den neapeler Dionysos (Brunn, Denkmäler 'l'af. 300, 'i)
158
erinnern, OassetliP. gill jedoch nicht für den in derKreuzgegenil
slark eingezßirfnen Itlitiken. Im liewegiingsrnotiv stimmt iler
Torso mil dem berliner (Beschreiimng Nr. 8ö) ziemlich iiher-
ein. so daas wir uns aus ihm eine annühernile Vnrslelliing von
der Bewegung der Oberschenkel und der Haltung der rechten
Schuhen machen können. Sehr vet'wandl scheint mir ein
Torso von der Via Appia, Man. del Miiseo Torlonia I, I
Taf. 1. 1. IJer samische Torso machte mir den Eindruck ei-
nes Originals des IV. .lalirhunderts vor Chr.
15. (Inv. Nr ^i.) Dionysosstaluelle. Höhe 78.5". Ge-
funden 1858 oder 185yam Abbang der Aslypalaia.vgl. zu Nr.
II. Der Kopf und die jetzt fehlenden Unterarme waren mit
ICisenstiften angesetzt. Die Kigur ist beim Anaatz der Ober-
schenkel gebrochen und mil zwei Eisenklammern auf der
Rückseite zusammengehalten. An der linken Schuller ein
schräg eingetriebenes ßobrlocli ; ein ähnliches in der Gegend
des rechten Knies, von unten eingetrieben. Der Gott,
ANTIKE SCITF.PTUBRN W SAMOS
159
Füsae mit kreuzweise verschniirlpn Sandalen bekleidet sind.
ruht auf dem reclilen Bein und stützt sich mit dem linken
Arm auf eine Stütze, die im Voi-bilde wol einen Haiimslunfipf
darstellte. Er trägt ein lanfjes, dünnes weiliis(;lies Gewand,
das den Ibis Trei lässt und von der rechten Schulter lierali-
geglitten ist. Um die Hüften ist ein Mantel geschlagen (vgl, die
Ansicht der Rückseite), dessen einer Zipfel vom linken Arme
in reichen Palten herahhiingt Den Hals umschliesst eine dicke
vorn im sog. Heraklesknoten geknüpfte Kette, die Stirn eine
schmale Kopfbinde. Darüber liegt der lüpheukranz, dessen
Blätter über den Schläfen ruhen, während über der geschei-
telten Mitte des Hauptes nur die zusammengedrehten Stengel
des Kranzes sichtbai' sind. In der Ohrgegend setzen einige
kurze gedrehte Locken an. die aber im Nacken, wo das Haar
im Knoten aufgebunden ist, verschwinden. Über den Ropfty-
pus lässt sich bei der Kleinheit dieser geringen Aibeit wenig
sagen, dagegen gewinnt die Figur dadurch ein bedeutenderes
Interesse, dass sie in der Gewandung eine starke Ähnlichkeit
mit Gestalten zeigt wie die von Furtwängler (Meisterwerke
S. 652 Fig. 129 und 130) publicirten im Palazzo Vaientini in
Rom oder mit der aus Vespasians Zeit stammenden Victoria
von Brescia (Friederichs-Wolters. Bausteine Nr, 1453; Furt-
wängler Meisterwerke S. 630 f, für die Wiederholungen),
deren Schwestern auf zahlreichen Münzbildern bis in die spä-
teste Kaiserzeit wiederkehren. Wie bei diesen, so reicht auch
hei unserer Figur das Vorbild bis in phidiasische Zeit hinauf
und vermutlich war, worauf mich Herr Prof Benndorf auf-
merksam macht, dieses Vorbild eine Aphrodite der Art wie
die von Kekule, Fine weibliche Gewandslatue aus der Werk-
statt der Parthenongiebel, Berlin IS9'i. puhlicirte,
16 (Inv. Nr. 93 ) Fragment einer überlebensgrossen Dio-
nysosstatue. Höhe etwa 95'". EtpriuipU -rij; ■HyejAOvias Sxfiou
1896 Nr, 79 S. 390. 100. Grosskörniger Marmor. Erhalten
ist nur der mittlere Teil des rechten Beines mit dem sehr
gute Arbeit verratenden Knie (Slandbein). Bechts wird das
Bein gestützt durch einen mit einem Lammfell bedeckten
r
160
■
^H^^^Hj^l
Haunistumpf;
daneben ein Panther, dessen Kopf und reclitep '
^^^
Vorderfuss ( b
B auf die Tutze) fehlen.
^^^^^
17. (luv. N
r. 125
.) Dionvsosküpfchen. Höhe lt"°. Gc-
^^^^H
sieht last völlif^verriehen, Hinterkopf ab-
^^^^^
^I^^T^^
gearbeitet. Imllaar ein nipheukranz Späte
^^^^^^1
^-^ -M
^ Arbeit. |
^^^^H
P'fi
1
18. (Inv. Nr. U 1.) ■E9V)fi.pk tvjs'Hy«-
^^^^^^1
' f.Qv(«( E«f«u 1897 Nr. 135 S. 620. 187.
^^F
Von Ui'. Sarre in Tigani gekauft und
^^p
d
em Museum geschenkt. Kopf einer bar- 1
^^
tigen Hernie. Höhe 15,5™. Im Haar {
e
ne Tanie. Vgl. z. B. Arndt, Ghjptothe- 1
gue Ny Carhberg '
'af. 13-16. .1
19
(Inv. Nr. 15] Jugendliche Hermen- 1
/*7^"H
hiisle. Höhe 21"". l)ioii}8os mit bekränztem M
f-/'^^
Haupt und langen Locken. Gesicht stark he* 1
X'*^]»?
slossen , Hinlerkopf abgearbeitet. Spute Ar- |
'R'^^
heil.
1
^•^^-^Icß
20.
(Inv. Nr. 87.) Kleiner Panlorso. Höbe 1
29".
ürwübnt: 'Eipin|i(pi( ttj; 'Hyiiioviai Siuou 1
1896 Nr. 7y S, 390. 93. Vom recitlen Hein ist iIpp in ein zot- J
tiges Bocksbein übergebende Ober- fl
schenke! erhalten. Im Itücken ein ■
Schwänzchen. Der linke Ai-m und fl
ilaslinkeHein waren starkgehnben. ■
t^
->■
her in seiner muskulösen Schlank- V
Hb'
htii und Beweglichkeil an den be-
kiiiinlen tanzenden Satyr in Het-lin
^lie8cln■eibung Nr. 262) erinnernde
Torso mag wol aus pergamenischer
Zeil stummen. Photograpliie des In-
stituts. Stimos Nr. 19.
21. (luv. Nr. 96 ) Fragment ei-
ner Salyrstatuelte 'E^TjfAipU tf.i
■Hviao^ia; Sijiou 189b Nr. 81 S.
398, 167 Hnnde Basis von 21™
Durchmesser, darauf Reste zweier
1
d
*NTIKK SCL'I.PTUIIGN I« SAMOS i6l
nackter Pusse und t>ines ßaumslammes rnil der Tatze eines
Rauiitierlelles. 'VVol von einem tanzenden Satyr. Der linke
Fuss ist vorgesetzt und rulit nur aul den Zeilen, der rechte
nach auswärts gedreht und dicht hinler den linken gesetzt.'
[ScHn.\DeR].
2?. (Inv. Nr. 84.) Aphrod itekopF. Höhe 19. ;V-. Trotz
der starken Verletzungen sind die Umrisse von Stirn, Wangen,
Augen und Oberlippe gut erkennbar. Bei aller Anmut zeigt
der Kopf, besonders im Proßl , einen ernsteren Zug als er
praxilelisclien SchöpTungen eigen ist. Die Augen waretn iefer
gebettet, das untere Augeulied ist kräl'lig modellirl, so dasa
mun den Typus eher in der Uichtung der Schule des Skopas
einzuordnen versucht ist
n. (Inv. Nr. 436.) A phrod i LeköpFclien . Mühe I4-.
Der Hinterkopf fehlt Das Köpfchen war zum ßinsetzen in
eine Slatuelle gearbeilet. In dem in der Mitte gescIi ei teilen
Haar befinden sich kleine ICinbohrungen für einen Kranz oder
. MITTHEIJ.UNGEN XXV.
II
dprgleiclien. Spälliellenistisr^li. Pliüti^grapliie iles Insllluls.
Samos Nr. 20.
'^'^. (Inv, Nr. 'id'J,) KriigniPiil eineiAplnoiliteshU nette.
Höhe 13.5"". ßrhallen ist nur ihr 'l'ei! von lien lldflen l>is zu
den Knieen mit einer Spur der linken, die Scliam liedecken-
den Hand.
ä SCULPTUHEN IN 8A^
III. Sonstige Rundbildwerke.
^3. (Inv.Nr.50.) Rnabentorso. Höhe 53'". Weisser Mar-
mor von miltlerem Korn, braun versintert. Die Geslalt rulite
auf dem rechten nein und war nach ihrer rechten Seite vor-
geneigt,der linke Arm 'zurückgenommen. Auf der linken Schul-
ter ein liohrloch von 2"° Durchmesser. Der Itiicken ist kräftifi;
eingezogen. Die massig hewcgle. einst vielleicht aufgestützte
Figur dürfte ein Original des IV. Jahrhunderts vor Chr. sein,
dessen Typus wiederzufinden mir leider aus Mangel an Hülfa-
mitteln z. 7.. unmöglich ist. Der Eindruck der Weichlichkeit
wird durch das Fehlen der rechten Schulter, die den an sich
nicht übermässig entwickelten Brustkorb noch schmaler und
die Hüflen breiter erscheinen lässt, gesteigert.
164
TH. WIKGAND
26. (Inv. Nr. 107.) Knabenlorso. Höhe 49*"". Marmor von
millelgrossem Korn. Auf den
Schultern Reste kurzer Locken.
Der linke Arm hing herab (An-
satz am linken Oberschenkel).
Zu vergleichen sind jene wenig
bewegten Gestalten wie die Ero-
ten von Petersburg bez. Sparta
(A. Flasch, Areh. Zeitung 1878
Taf. 16). Mittelmässige Arbeit
griechischer Zeit.
27. (Inv. Nr. 113.) Frag-
ment eines Hermaphrodi-
ten. GeFunden in Tigani. Höhe
37*". Grosskörniger Marmor
von bräunlicher Verwitterung.
Die linke ßrust ist stark be-
stossen. Die Gestalt war, wie
ein Ansatz der ausgebogenen linken Hüfte beweist, nach ihrer
rechten Seite geneigt, wie der
berliner Hermaphrodit ( Be-
schreibung Nr. 193, S. Rei-
nach , Revue nrcheologique
1898, I S. 324,7). aber im Ge-
gensinne zu dem pergameni-
schen in Konstantinopel [Ca-
talogue des sculptures Nr.
06). Ein langer, schmaler Bruch
an der linken Seite beweist,
dass liier der Arm anlag; der
rechte scheint etwa bis zur
Schulterhöhe erhoben gewesen
zu sein. Die Jugendlichkeit der Büste ist mit ebensolcher Fri-
sche zum Ausdruck gebracht, wie die sehr bestimmt sich ab-
grenzenden männlichen Kürperformen von der Brust abwärts.
Die Deutung verdanke ich Herrn Prof. Studniczka.
^S (Invenlai-nummer fehlt.) Itesl einer weiblichen Colos-
sa Islat iie aiis^robköi'ni^em Mui'mor.llühe elwuS-V". AusTi-
^ani. Vielleicht identisch inil dein vi^icu kxtu [At^o^ kvSjiijcvto;
üirip^'jijixoG jAiYtOo-j; svptöiv IfinpOdOt^ JKKiviiTtSio'j repo T>i( itcöSo'j (t(
TyiYavmv apiaTipo. xtp liTtpj^^oyLt'vii). 'Efii[jiip!t T^i; 'Hyty.'jwix.i ^iy.w
l897Nr.1'i5S 660. 18. Nur die langbekleideten Unterschenkel
sind erhallen, auf einer Itasis tnit rundlich profilirLern Pusb.
Itückseite vernachlässigt. I>as reichfalti^e, am Uoden nach-
schleppende Gewand, welches ^anz mit kleinen Kräuaelfallrn
durchzogen ist, erinnert an pergamenischc Werke. [SchradebJ.
29. (Inv. Nr. 35-2.) OherLeil einer weiblichen Statuette,
Höhe i^'", Die nackte, etwas nach links gewendete Figur ist
bis KU den Hüften erhalten; Kopf und Anne fehlen, doch er-
kennt man, dass der linke Arm gehoben, der recble gesenkt
war. Über die linke Schulter fällt ein um Halse befestigtes
Stück Mantel herab.
30. Ilnv. Nr 1-3.) Staluetlenfragmenl einer Rallipygos.
Hölie 36"°. Gefunden in Tipani. E^injAipi« rriz 'HYtjio^i«; '!^i-
(io>j 189.') Nr, '(■; S. 177, '(1. Vorn vernachlässigt. Man ver-
gleiche die ähnlich enlblossLe Gestalt der auf griecbische
Vorbilder zurückgehenden peruginer
Aschen kiste des llerlim-r Museums .
Heschreibung Nr. 1-270 S. 'lUft. Pbo-
lographiedes Instituts, Samos Nr. -21.
31. (Inv. Nr. .19.) Weiblicher
Kopf. Höhe W". Gesicht fast völlig
verriebeil ; halbe Lebensgrösse. Das
Haar war in der Mitte leicht geschei-
• telt und nach beiden Seilen, über der
■ Stirn aber nach oben gestrichen, lun-
L len aufgenommen. Hei Jedocli teilweise
f wieder zum Nacken herab. Vor jedem
) Ohr ein Haarlöckchen Hellenistisch.
3-2. ( I n ventarnummern teilt erkenn ■
ar.) Fragment eines jugendlichen gefUigeUen Köpfchens
' aus hartem Kalkslein- Höhe lü'". Unter dem Kinn gebrochen.
1
166 TH. WIEGAND
Nase und rechte obere Gesichlshälfte mit den Augen fehlen, des-
gleichen der Hinterkopf bis zu den Ohren ; Kinn und Lippen
beslossen. Die Lippen waren leicht geöiTnet. die Wangen zart
gerundet, vor dem Ohr zogen sich kleine Haarlocken her.
Ober der linken Schläfe Ansatz eines Flügels mit schuppen-
arligen Federn. Jugendlicher Hermes? Hypnos? Sorgfältige
Arbeit etwa pergamenischer Zeit. Photographie des Instituts,
Samos Nr. 22.
33. (Inv. Nr. 86.) Jugendliches Köpfchen von lächeln-
dem Gesichtsausdruck. Höhe 12,5^*. Das Gesicht ist ver-
scheuert. Um den Hinlerkopf ein erhöhtes Band, etwa eine
Flechte ?
34. (Inv. Nr. 37.). Kinderköpfchen. Gefunden in Ti-
gani, 'E9Y)|inpU tyj; 'HYiii-ovia; SdcjAou 1895 Nr. 51 S. 223, 69,1.
Höhe 15^. Nase und Wangen stark bestossen. Halblange, in
der Mitte gescheitelte Locken. Das Köpfchen war leicht nach
links geneigt. Römische Zeil.
35. (Invenlarnummer fehlt.) Rest eines männlichen Kin-
derlorso. Höhe 22,5'", Breite 16, 5**. Erhalten sind nur die
beiden Oberschenkel und ein Teil der Glutäen.
36. (Inv. Nr. 116.) Weiblicher Porträtkopf. Gefunden
bei der Anlage der grossen Strasse nach Chora. Etwa natür-
liche Grösse. Sehr zerstört: nur die linke Wange und ein
Rest der leicht geöffneten Lippen, der Hals, das rechte Ohr
und der Haaransatz im Nacken sind erhallen. Der Kopf war
zum Einsetzen in eine Figur bestimmt. Hellenistisch oder
früh- römisch.
37. (Inv. Nr. 26.) Römischer Porträtkopf. Höhe 27'-.
Nase, Kinn, Stirn und Ohren stark beslossen. Am Halse ge-
rade abgearbeitet. Bartloser, noch jugendlicher Mann von fe-
stem Gesichtsausdruck, der durch eine gewisse, die llauptge-
sichlsknochen überall hervortreten lassende Magerkeit unter-
stützt wird. Namentlich stark betont ist der Bau der flachen
Stirn, auffallend klein das Ohr. Der Blick ist nach rechts und
aufwärts gerichtet. In einzelnen Strähnen tällt das kurze Haar
leicht in die Stirn. Wenn nicht Auguslus selbst, so ist doch
NTIKE SCULPTUBEN IN SAMOS
BJcher ein Angeltöriger des julisclien Kaiserlianses dargestellt.
Vgl. z. B. den jipUsclifn Kopf bei Furtwänirlei', Sammlunj^ Sa-
>'*Ȁ\'-.^,
bouroff I 'l'af. 43 und einen in Berlin ( liesclireibung Nr. 344).
38 (Inv.Nr. 101 .) Weiblicher Porträtkopl. Grosskörni-
ger Marmor. NaLUrMcbe Grös-
se. Das Gesiclil islselir beslos-
sen. der Hinlerkopr fehlt Der
Kopf trug eine hiiulienlünni
ge. in drei Reihen um die Stirn
gelegte Frisur, In der MitU'
der Slirn ein schmalem agruT
fenartiges Band, dua die drei
Reihen zusammenfassl Die
Ohren sind verdeckt, hinter
ihnen geht der Sclirnuck in
ein glattes Band über. Alin-
lich ist der Kopfputz derCiau-
TH. WiEGAND
dia Olynipias im British Museum: Ancient Marbles XI Taf.
?9. Photographie des Instituts, Samos Nr. 23.
39. (Inv. Nr. 13.) Jünglingskopf. Höhe 18,5". Hinten
eine gepickte Flache. Derbes Gesicht
von mürrischem Ausdruck , der na-
mentlich durch zwei tiefe verticale
Stirnfalten und din vorgeschobene
Oberlippe hervorgerufen ist und — rein
lihysingnnmisch genommen — fast an
den olympischen Faustkämpfer erin-
nert, nur ins Jugendliche üherselzt.
Schlecht (punkruliastiscli?) sind die
(unrichtig ansitzenden) Ohren gebil-
det, uuFfullend ist die in steife Locken
aufgelöste Ilaarmasse, die auf eine l^rneuerung archaischer
Formen hindeutet, wie wir sie schon bei dem Kopf der Ar-
temista desMaussoteums linden (Brunn, Deiikmüler Taf. ?4?,
vgl. auch den Ko|)f aus Priene , Antif/uities of Jtmia IV
Tuf. 20).
'tO (Inv. Nr. 85.) Jünglingskopf mit Siegerbinde.
Ilalhlebensgross. Höhe i"!"". Die Nuse fehlt, Lippen und Stirn
sind sehr hestossen. Dei'her Gesichtsausdruck, niedrige Slirn.
Das Haar ist nur leicht angelegt. Flüchtige hellenistische Ar-
beit.
iL (luv. Nr. '(3?.) Hechle Arml)puge einer Marmoriigur.
Höhe 16, ."■/". Grosskörniger Mai'mnr. I'^lwas unter Lehens-
grosse .
')2. (Inv Nr. i3'i.) Fragment einer ii bcrli-bensgiiissen
Hand Vielleicht identisch mit der von Kprptiwür.j, ToTtoypx-
fia T^; ^xiAou S. 'i,~> ei'wuhnteii Hand, die ix-i der .\iilag(> dei'
grossen Strasse von Tigani nach Cliora gehinden wuiile. Lange
I0"°. Alle Finger fehlen. An der Handwurzel glaiL ühgeselinil-
ten und mit Stillloch versehen.
ANTIKE SCCJLPTUnKN I
IV. Weilireliefs
(.lusgcnomiiicn Tglpniiinlil- Darstellungen)
43. (Inv. Nr. 18.) WeihrelieT an Hera? Gefimden nach
Ep. Stumatiailis ('bliciTYipt; 1889 S. 197) i888 in der Nähe
vnn Chora ; später im ipyiioyuXxKiiov zu Vathy; 'E^vifiipif rra
'HYi}iovij4 2»Liou 1895 Nr. 55 S. 215,51, wo der Jünglinj? für
Anlinoos erklärt isl. Als früherer Besitzer wird 'luiwti; Kox-
M<,Mi i*. MaiupaTCatttdv genannt, ebenda 1896 Nr. 71 S. 346.
Das Inventar bezeichnet den Fundort einfach aU xtü.ix« Kouk-
KOÜlYi. Vgl. Wolters, Athen. Mitlh. XV, 1890, S. 226; die
irrtümliche, von Stamatiadis über<
nommene Bezeichnung als Grabre-
lief istAthen. Milth.XVlII, 1893, S.
224, wo Wollers das Relief nach ei-
gener Anschauung bespricht, richtig
■gestellt. Höhe 172'", Breite 68,
Dicke der Platte 20, Relieftiefe 4,5"°
Vgl. ausser nebenslehenderSkizze die
Abbildung auf Taf. 13, welche nach
einer Herrn L. Polluk verdankten Auf-
nahme hergestellt ist. Photographie
des Instituts, Samos Nr. 6. 10. 54.
Die ganze linke Hälfte ist abgearbei-
tet. Man erkennt nocli den Hest ei-
ner nach rechts sitzenden Gestalt,
von der die lang bekleideten Schen-
kel (ohne die Küsse), die rechte, auf
dem Schooss ruhende Hand und
der erhobene, entblösste linke Arm
(ohne Hand), der einen Stab hielt, erhallen sind. Dieser Ge-
stalt zugekehrt ist der nackte Jüngling, dessen Körper leicht
auf dem rechten Bein rulit. In der Linken hall er eines jener
oft auf Grabreliefs vorkommenden viereckigen Kästchen, dem
ßr eine Tänie entnommen hat; ep bot sie mit der gesenkten
i70
TH. WIEG AND
Rechten der sitzenden Gestall dar. Das rundliche Ende dieser
Tänie erscheint zwischen seinem vorgestreckten Unterarm und
der ruhenden rechten Hand der sitzenden Gestalt. Sein mit
grossen, flach modellirten Locken bedecktes Haupt mit den
leicht geöffneten Lippen neigt sich leise; eine Hand, welche
sich von links über die sitzende Gestalt hinwegstreckt, will
eine Tänie darauf herabsenken. Wol-
ters glaubte statt der Hand einen
Thyrsos zu erkennen, von dem die
Binde herabhänge. Dass es aber in der
That eine (jetzt stark abgesplitterte)
Hand* war, wird die nebenstehende
Skizze beweisen.
Die Umrahmung des Bildwerkes trug
an den inneren Randern ein aufgemal-
tes feines Eierstabmuster, dessen Vor-
zeichnung noch überall erkennbar ist,
wenn auch die Farben geschwunden
sind.
Das Relief, dessen hohe Schönheit
schon Wolters a. a. O. S. 224 hervorhob, ist ein glänzender
Repräsentant jonischer, vom Geiste der attischen Kunst be-
rührter Reliefplastik des ausgehenden V. Jahrhunderts vor
Chr. In der Modellirung erinnert der Körper des Jünglings
sehr an das bekannte Ephebenrelief von Pella in Konslanti-
nopel [Catalogue des sculptures Nr. 45); vgl. auch die at-
tische Grabslele bei Müller- Wieseler, Denkmäler I Taf. 39
Nr. 127, ferner Conze, Attische Grabreliefs Taf. 175, Taf. 187
Nr. 938. Taf. 192 Nr. 935.
Die Deutung scheint durch die Tänie über dem Haupt des
Jünglings gegeben: Es ist ein Sieger dargestellt, der, vermut-
lich vonNike^, in dem Augenblick geschmückt wird, in dem
* Genau so abgesplittert ist eine Hand auf dem Grabrelief einer sitzenden
Frau im athenischen Nationalmuseum Nr. 818.
^ Nike mit Tänie: Paus. V, 11,1, vgl Jüthner, Jahreshefle 1, 1§98, S. 48.
ir.ULPTUhEN IN 5AMOS
er an die ecepterlragende, thronende Gestalt, gewiss die grosse
Hera der Sumier, herantritt, um ilir seine Ruhmeszeielien in
den SehooHs zu legen. Zwei zeillieh auf einander folgende Mo-
mente, die Schmückung des Siegers und die Weiliung drs
Schmuiikes an die Göttin, hat der Ki'instler hier zu gleicher
Zeil zum Ausdruck gehracht'. lüine in
der Anordnung verwandle Scene ßndel
sich auf einer Adonisvase [Monumeriti
deW Inst. IV Taf. 'n). wo dieser mit
einem Kranze vor der sitzenden Apliro
dite steht.
44. (Inv. Nr. 78,) Weihrelief an
Hera. Höhe '15", Breile?n Links, ohen
und unten Itruch, rechtsoben Ansatz ei
nPBProfils, vielleicht voneinerglebellör-
migen BekrÖnung. Hera, mit der Rech-
ten den Schleier fassend , steht nach
links, hinter ihr auf einer schlanken,
uncanellirten Säule ein Pfau nach links,
ganz in der Art der Hähne auf panathenaischen Preisamphoren.
Zu den Pfiiuen im lleraion vgl. Hoscher im Philologus 1808 S.
215- ßürclmer, Das ionische Samos I, 1 (Amherg, I895}S. 47.
45. (Inv. Nr. 68.) Höhe 46.5, Breite 31. ,V. Ohen und
links gebrochen . rechts ein
3'/.™. unten ein T/>"° breiter,
glatter Streif. Zwei Männer in
langen Gewändern und ein Kna-
be stehen nach rechts vor ei-
nem viereckigenGegenstand.Uer
Kopf des ersten Mannes ist zer-
stört, der des zweiten ist sicher
unhärtig. Der Knabe trägt ein
schüptlörfelartiges Gerät. Der er-
ste Mann legt eine Tänie auf der
viereckigen Erhebung nieder ,
< Zu vgl. Kind Darstellungen wie die des Arch. Anzeiger 18!t6 ä. 40 er-
wälmtep Reliets ; Pliolograpbie des Instituts. AkrofuUs Nr. 287.
172 TH, WIEGAND
auf der eich bereJls melirere befinJen. Dasselbe ibal eine von
rechts kommende Person, von der nur nocb der rechte Un-
terarm erhalten ist. Photographie des Insliluls.Sowio« Nr, 54.
46. (Inv. Nr. 16.) Jugendliches Köpfchen mit plirygi-
scher Mütze, von einer Kulle lockigen Haares uin>;eben.
Aus Maralhokampos. Höhe 16, ■'>"". Ein Ansatz an der rechten
SiMte beweist, dass es von einem Relief slanimt. Nase febll, Ge-
sicht boalossen. Paris? Ganvmedi' Flotte, bellenislisclie Arbeil.
47. (inv. Nr. 67.) Höhe" -Jfi '/./■". lireiLe 35. Rrwahnl ■E^ti-
f«pU TT)! ■HYinoviatüstfLou 18%Nr. 79 S. 390,70. Drei lang-
hekleiiiete Frauen mit Mantel und Schleier stehen neben
einander in der Vorderansicht. Die mittlere zieht den Schleier
von rechts nach links über das Uniergesicht. Alle Gesichter
sind stark verletzt. Späthellenistische, gewöhnliche Arbeit.
Photographie des Iii.slilMts, S<itin>s Nr. 25
48. (Inv. Nr. 71.) Früher beim Consul Luimark in Valhy
(Fabricius). Weihrelief an Deloptes. Höhe.S3. BreiteSfi-
Graii verwitterter Marmor Die einfache Darstellung ist ein-
gerahmt von zwei l'arasladen und einem horizontalen Gebälk
mit Ziegeldach. In der 4rl des ,\sklepioä auf seinen Stab (der
nur gemalt war) gestiitzt, sieht Deluples n. r vor einem AI
tar. Davor rechts ein .\durant. .\uf dein R[)istyl liest man
den von Wolters gedeuteten Inschril'trcst ;
Hl OZAHAOPTH,,,/ , 'Hfw« AtiXoät^;
Deloptes findet sieb zusammen mit ßendis auf einer von De-
d
ANTIKE SCÜLPTURKN IN SAMOS i73
mapgne B, C. H. 1899 S. 370 (T. veröffentlichten Inschrift
aus dem Piräus. Demargne bezog den Namen auf den bär-
tigen, auf einen Stock gestützten Gott, der auf dem Relief der
Sammlung Jacobsen (Hartwig, ßendis Taf. 1) neben Bendis
steht (vgl. Perdrizet, Revue des etudes anciennes II, 1900,
S. 267). Das samische Relief bestätigt diese Annahme.
49. (Ohne Inventarnummer.) Relieffvagment aus weissem
Marmor. Hohe 13'-, Breite 16, Dicke 9. Ober
körper eines mit gegürtetem Chiton beklei-
deten Mädchens in Vorderansicht. Das Ge-
sicht ist abgeschlagen. Auf dem ausgestreck-
ten linken Arme hält es ein grosses Tym-
panon. der rechte war gesenkt. Gute grie-
chische Zeit. Photographie des Instituts, Samos Nr. 53. Vgl.
zu der Art das Tympanon zu tragen Conze, Grabreliefs Nr. 95.
kavvadias, FXuTCTa Nr. 1030. [Fredrich].
50. (Inv. Nr. 36.) Dreiseitiges Hekataion; früher im
ipy^iio^'Aaxiiov, 'E^Yjfxipi^ Tri< 'Hygpiovia; S&ülou 1895 Nr. 55
S. 245,17. Höhe 39,5'", Breite jeder Seite etwa 9; an den drei
Ecken abgekantet. Oben Bruch nahe der Stelle, wo die eckige
in die Büstenform übergeht, jedoch sind noch Spuren der
Locken des abgebrochenen dreifachen llekatekopfes vorhan-
den. Stark verwittert, alle Gesichter zerstört. Der dreiseitige
Schaft ist von drei Mädchenfiguren umgeben:
a) Langbekleideles Mädchen in Vorderansicht stehend, lin-
kes Standbein. Ein Zipfel des Mantels fällt von der rechten
Schulter herab. Die linke Hand ruht auf der Hüfte, die rechte
ist zum Kinn erhoben. Das Haupt scheint eine hohe Kopf-
bedeckung (Kalathos?) getragen zu haben.
b) Dieselbe Gestalt in ähnlicher Haltung, jedoch etwas be-
wegter. Die linke Hand fasst einen Zipfel des Mantels.
c) Langbekleidetes Mädchen , in gemessenem Tanzschritt
nach rechts schreitend. Der rechte Arm, mit ausgestrecktem
Zeigefinger, ist auf die Schulter zurückgebogen, der linke Arm
vom Körper etwas abgestreckt, so dass der Reliefgrund sicht-
bar wird, der Kopf aufgerichtet.
174 TH. WIEGAND
Insofern weicht die Darstellung von den üblichen ab, als
zwei der Figuren stehen und nur die dritte, in leicht ange-
deuteter archaischer Manier, tanzt. In der Regel pflegen alle
drei im Tanzschritt von links nach rechts dahinzuwandeln
(vgl. Petersen, Arch-epigr. Mittheilungen aus Österreich V
S. 26 IT.).
51. (Inv.Nr. 109.)Kybele-Relief. Höhe24«", Breite 23.
Kybele sitzt auf dem Thron in V^orderansicht, in der Rechten
eine Schale, in der Linken ein grosses Tympanon haltend.
Schlechte Arbeit.
52. (Inv. Nr. 54.) Nike vor einem Tropaion. Höhe
50*", Breite etwa 52. Die obere Hälfte fehlt, links und rechts
Bruch. Links Nike in langem, unter der Brust gegürtetem Ge-
wand. Eis fehlt der ganze Oberkörper mit dem rechten Arm.
Die linke Hand hält ein quer über den Körper gezogenes Man-
telende. Von den Flügeln ist nur das untere Knde des linken
erhalten. Links von der Göttin die Reste des Tropaions: ein
grosser Rundschild und zwei nur noch z. T. erhaltene Bein-
schienen. Rohe Arbeit der späten Kaiserzeit.
53. (Ohne Inventarnummer.) Weihung an Aphrodite.
Höhe 21«, Breite 15. Gefunden bei Chora ('EwiTy.pU 1889 S.
129, vgl. Athen. Millh. XIV, 1889, S. 103), dann im ipxcio-
9u>ajteiov, 'E^yipiepi; ty); 'HyioiovCa; Säülou 1895 N. 55 S. 245, 16.
Weiblicher Unterleib, von den Hüften abwärts, und ein Teil
der Oberschenkel mit der Weihinschrift:
Buchstaben ÄA. Eine ähnliche Weihung befindet sich im
Berliner Museum (Beschreibung Nr. 721), andere, z. T. aus
dem Aphroditeheiligtum bei Daphni, in Athen, vgl. ClI.A.
II, 1569. IV, 2, 1558 ff. HpaKTixi 1892 S. 12.
54. (Inv. Nr. 55.) Etwa lebensgrosser Fuss in Relief.
Höhe 37"", Breite 21. Der Fuss ist mit Sandale bekleidet. Die
sich wol manchem Beobachter aufdrängende Vermutung, das
Fragment könne zu dem Relief Nr. 43 gehören, kann nicht
bestehen, weil der Reliefrand anders gearbeitet ist als dort.
ANTIKE SCÜLPTUREN IN SAMOS 175
V. Tolenmahlreliefs.
Die Totenmahlreliers bilden einen Hauplbeslandleil der
Sammlung. Wenige freilich erheben sieh in gegenständlicher
oder künstlerischer Beziehung über das Gewohnte, diese aber
Fallen durch zahlreiche, den Reliefgrund ganz oder teilweise
ausfüllende Beigaben von Waffen, Hausgerät und dergleichen
auf. In der ausführlichen Wiedergabe solcher dem gewöhnlich-
sten Gebrauche, dem Schmuck oder der Behaglichkeit dienen-
den, mitunter auch den Beruf des lleroisirten durch ein charak
teristisches Mandwerksgerät andeutenden Gegenstände, dürfen
wir eine besonders im Osten der griechischen Welt verbrei-
tete Gewohnheit erblicken, ßs findet sich unter den zahlrei-
chen, ihrer Mehrzahl nach vom griechischen Pestland stam-
menden Totenmahlreliefs in Athen nichts derartiges, während
aus Chios ein Exemplar durch eine Skizze Studniczkas
(Athen. Mitth. XIII, 1888, S. 193) bekannt ist, und andere
Beispiele sich im Museum zu Konstantinopel finden (Joubin,
Monuments funeraires'^ Nr iQ{=^ Revue arch. 1877, I
Taf. 2, aus Byzanz selbst, Nr. 104. HO).
55. (Inv. Nr. 55.) Höhe 50'", Breite 67. Oben Bruch. Auf
einer Kline liegen drei Männer nach links, von denen der
vorderste mit der Rechten ein Rhyton emporhebt, die Linke
hält eine Schale. Der hinterste Mann hält an beiden Henkeln
einen Skyphos Auf dem löwenfüssigen Speisetisch vor der
Kline liegt in der Mitte ein flaches Brot (?), daneben Grana-
ten und pyramidenförmige Kuchen. Unter dem Tisch wird
der Vorderkörper eines fressenden Hundes sichtbar. Der Mund
schenk rechts neben dem Speisetisch trägt die langärmelige
Sklaventracht mit Hosen, derben Schuhen und spitzer Mütze
(vgl. Furtwängler, Sammlung Sabouroff I Text zu Taf. 15ff.);
er ist im Begriff, mit einer oivo^^öy) aus einer grossen Amphora
zu schöpfen, welche am Schulteransatz die an den apulischen
Amphoren übUcliPii Scliwünenköpr« zeigt. Die verselilelcrle
der Klii
uf ffepolslerlem. mit Fraozen
garnirlem Sessel, iler uuT einem niedrigen Podium sLelil, ilire
POsse ruhen auf einem Schemel Das sich links
liren Ses-
sel anlehnende kleine Madehen sclteinl in der Linken einen
Kranz, in der Rechten ein Alabastron zu halten Das Haar ist
im Knoten (odei' Nesl?) aufjjiebunden. Der Knalle, zu welchem
das Miidclien den KopT zurückwendet, lrä»t auT der linken
Schulter
liegender
sondereir
links der
hlaltlose
Trinklior
daneben,
Inschrift
ben geful
Schild. V
seinen gelällellen Mantel. In der Höhe der Kiipfe <lei
I Personen zieht sicli das obere l^nde einer mit tie-
I itande versehenen Mauer her. Darüber erscheint
Pferdeko|)r, dann der in drei llauplüsle ausgeliende
Baum, von dem sich die härlige Schlangt' zu dem
n des zu vordersl liegenden Mannes neigt. Rechts
libei- dem letzteren, steht die z. 'I'. weggemeisselle
K'jSi^xi; ( Ituclistaben : AS!), der noch einige Itiiclista-
ilgl zu sein scheinen. Am rechten IDnde ein Itund-
-i
liotographie des Instituts, Sanws Nr. "1
A\TIKE 9CÜI.PTÜIH
56. (Inv. Nr. 118.) Höhe 3'.'
llreite 4(J. Der Stein war
[zum Eintassen in eine Wand besliinint. Die Kopfe fehlen. Di
■chilek tonische Umrahmung Hes Biltlfeldei
ii'd durch zw
Pfeiler und ein Epistyl gebildet. Der erste der beiden Männer
auf derKline hält eine Schale in der Linken. Vor ilinen ein Spei-
setisch . npben dem rechts der Mundsctienk am Schenktisch
9tplit; letzterer hat dieselbe Form wie auf Nr. 59 60, auf ihm
belinden sich drei umgekehrte Schalen , deren mittlere der
Mundschenk gerade ergreift; dahinterwird ein grosseres Miscli-
geläss, ein grosser KanLharns und eine Schüssel sichtbar. Auf
dem unleren Knde der Kline sitzt nach rechts eine verschleierte
Frau.links hinter iliralehtein zuschauendes Mädchen. In Kopf-
höhe derMännererscheintder horizontale Mauerabschluss, dar-
auf links über der Frau das Kästclien und der Korb, dann ein
Panzerscliurz, Scliild und ( rechts in der Ecke) der Pferdekopf.
Gewöhnliche Arbeil, Photographie des Instituts. Samos Nr. 29.
57. (Inv. Nr. 'i9.) Höhe ''i'3,5'-. Breite 58, Sehr verwittert.
Das linke obere Ende ist abgebrochen; alle Köpfe sind zer-
stört. Auf der Kline zwei Heroisirte nach links, von denen
der erste eine Schale empoihält, der zweite mit beiden Hän-
den einen Kantharos gefusst hat, Ihnen zugekehrt, an beiden
Enden der Kline, je eine Frau, Zwischen dem vorderen Ge-
aTHEN. MITTHBILUNOEN XXV, 12
178 TH. WIBGAND
lagerten und der bei ihm sitzenden Frau erscheint der Ober-
körper eines Knaben, links hinler der Frau ein Mädchen mit
einem Kästchen in den Händen. Zwischen dem zweiten ge-
lagerten Mann und der bei ihm sitzenden Frau ein Mädchen
mit hochgebundenem llaarschopf. Auch von ilir ist nur der
Oberkörper sichtbar. Rechts ein Mundschenk im Chiton am
Schenktisch. In der Kopf höhe der beiden gelagerten Männer
läuft im Hintergrund der horizontale Mauerrand. Vor der
Mauer steht am linken Rande ein Baum mit einer aus der Schale
des ersten Mannes trinkenden Schlange. Über der Mauer er-
scheint rechts der Pferdekopf und ein Korb, dann von oben
herabhängend Schild, Panzerschurz und Helm. Mittelgute Ar-
beit hellenistischer Zeit. Photographie des Instituts, Samos
Nr. 28.
58. (Inv. Nr. 94.)^Höhe 53*", Breite 60, Dicke etwa 23.
'E9Y)(iL«pi; TYi; 'HYeixovia; Sdcfxo'j 1896 Nr. 79 S. 390, 101. Oben
ein Dübelloch in der Mitte, daneben ein Stemmloch, an bei-
den Seiten Klammerspuren, also war der im Ganzen viereckig
begrenzte Stein einer Wand eingefügt. Zwei Männer liegen
nach links auf der Kline, der erste erhebt mit der Rechten
ein Trinkhorn, der zweite hält in der Linken eine Schale. In
der Mitte ein viereckiger Speiselisch mit vier Speisen; zu
beiden Seiten, der Kline zugekehrt, je eine sitzende Frau und
dahinter stehend je ein kleines Mädchen. Oben ein durch die
zwei Seilenpfeiler getragener Giebel, in dem folgende Gegen-
stände dargestellt sind : Panzer, Helm, ein Käslehen, zwei un-
kenntliche Gegenstände und der Pferdekopf. Photographie des
Instituts, Samos Nr. 30.
59. (Inv. Nr. 60.) Höhe 72^", Breite 38, Reliefliefe 4"-.
Gelbbraune Patina. Früher in Tigani,im Magazin der Gebrü-
der Luimark (Fabricius). Beschrieben 'E(pY)|X£pt; xri; *Hy£|xovia;
laoLou 1896 Nr. 79 S. 390, 66. Der bärtige Mann auf der
Kline hält in der Rechten den Kantharos. Vor ihm ein run-
der Speisetisch mit drei Lövvenfüssen. Der Mundschenk, in
kurzem Leibrock, hält den SdiöpflölTel in der Rechten. Auf
dem Schenklisch stehen ausser einer tiefen Schale zwei um-
ANTIKE PCÜLPTUREN IN SäMi
gekehrte kleinere Schalen, ein Kanlliaros und eine pntera
umbilicata darüijei'. Die auf ilem linki*n linde iler Kline
sitzende versclileierle Frau liält in der Rechten einen kleinen
eiförmigen Gegenstand, Auf dem Mauerrand stellt links über
der Frau das Kästchen. Ein Feldliuhn sitzl darauf und pickt
an einem Granatapfel, danehen steht der Korh. Zwischen bei-
den Gegenständen windet sich die Schlange dem Haupte des
Mannes zu. Über diesem liegt auf der Mauer ein pickelhau-
benartiger Helm mit Backenklappen, wie er sich übereinstim-
mend auf zweien der pergainenischen VVuffenreliefs findet (Aus-
grabungen von r^ergamon II Taf. 44, Texlband II S. 103,
H. Droyaen ). Daneben blickt vnm rechten Rande der Pferde-
kopf herein. Von oben herab hängen links zwei Ueinschienen,
in der Mille der Unierteil des Panzers, rechts etwa da« Vier-
tel eines Riindscliildps in das Bild lipj'pin. Unter der Darstel-
liii
t stellt
r na:
an der Stelle einer alteren Inschrift:
Aal; 4>civixo; Tiptutvvi ^''tpi- Photographie des Instituts. Samos
Nr. 31.
60. (Inv Nr. 61.) Höhe 4?'-, Breite 66. Die Darstellung
ist eingefasat von zwei PTeilern und einem Architrav, der jetzt
stark heschädigt ist. Die Seitenflächen sind abgeschrägL (so
dass die Beliel'platte an ihrer Hinterflüclie langer ist als an der
Vorderfläche) und rauh gepickt, das ganze Stück bestimmt,
in eine Mauer eingelassen zu werden.
Der bärtige Mann auf der Kline hält einen grossen Rantlia-
ros in beiden Hunden; vor ihm stellt ein li'iwenfüssigerSpeise-
liscli. Zu jeder Seite der Kline sitzt eine verschleierte Frau dem
Gelagerten zugekehrt \m linken l£nde des Iteliefs steht zuschau-
end ein iangbekleidetes Miidchen. am anderen der Oinoclioos
am Scbenktisuli, letzterer wie auf Nr. r)6.r)9 gebildet. Vom
rechten Knie des lleroisirlen windet sich die Schlange der links
sitzenden Fi'auzu. welche ihr mit der Rechten eine Speise dar-
leicht. Im Hintergrund, in KopfhÖhe iler Frauen, der Mauer-
rund, darüber rechts der Pferdekopf, links der Kalatbos. Von
idien lierab hüngt der Itundschiht und ein Helm. Photogra-
phie des Instituts, Samon Nr. 3'.^.
ANTIKE SCLLPTUREN IN SAMOS 181
61. (Inv. Nr. 35.) Höhe 58^", Breite 62,5. Gefunden bei
Tigani an der Glyphada ( 2Tap.aTiiSy);, Saataxa ^ S. 206), spä-
ter im apj^ito'puXaKgiov ('EyioiAipi; tyi; 'Hysi^ovia; Sajxou 1895 Nr.
55 8.245,7). Stark verwittert. Auf der Kline, vor der ein Spei-
setisch steht, ruht ein Mann nach links. Der rechte Arm und
das linke Bein fehlen. In der Linken hält er eine Schale, aus der
die Schlange trinkt. Bechts darunter der kleine nackte Mund
schenk mit gekreuzten Beinen, in der gesenkten Linken die
Kanne, die rechte Hand auf die Schulter legend, den Kopf
nach links gewandt, illin Schenktisch ist nicht vorhanden.
Dem Manne zugekehrt und zu ihm aulblickend sitzt am unteren
Knde der Kline eine verschleierte Krau, zu der ein liegender
Hund empor sieht Hinter ihr steht ein kleines Mädchen, das
Kinn mit der Linken stützend. Üben links, auf erhabenem
Felde, ein eingerahmter Pferllekopf, rechts Panzersbhurz, Bein-
schienen, Helm und Schild. Auf dem unteren Streifen des zwei-
teiligen Architravs die Inschrift Siixxxwv 2to9o\j NiJtwv MyivoSco-
poj 7is(>)(;. Späthellenistisches Stück; die Haltung der Frau ist
recht ausdrucksvoll. Photographie des Instituts, Samos Nr. 33.
62. (Inv. Nr. 51.) Höhe 34^», Breite 36. Das Relief ist aus
einer kleinen jonischen Säulenbasis herausgearbeitet, deren
Ränder z. T. noch erhalten sind. Bärtiger Mann nach links,
in der aufgestützten Linken einen Skyphos haltend. Vor ihm
ein tierfüssiger Speisetisch , auf dem in der Mitte ein flacher
Kuchen, links und rechts je ein Granatapfel und ein spitzer Ku-
chen liegt, rechts daneben der Mundschenk. Am unteren Ende
der Kline sitzt auf einem Stuhl eine verschleierte Frau mit
einem kleinen Gegenstand in der Rechten. Im Hintergrund,
auf der üblichen Mauer, links ein Kästchen, am rechten Binde
ein Pferdekopf; in der Mitte erkennt man noch die Backen-
klappen eines Helmes. Gewöhnliche Arbeit.
63. (Inv. Nr. 75.) Höhe 33^", Breite 40,5. Stark versin-
tert, alle Köpfe zerstört. Auf der Kline liegt nach links ein.
Mann mit einem Kantharos in der Linken. Rechts davon sitzt,
ihm zugekehrt, eine Frau (ob verschleiert ist nicht mehr fest-
zustellen j; ein Mädchen bietet ihr einen flachen Korb dar. Vor
182 TH. WIEGAND
der Kline ein tierbeiniger, dreifüssiger Speiselisch; an dera
minieren der drei Beine windet sich die Schlange empor.
Daneben ein nackter Mundschenk mit einem SchöpflöfTel.
Oben im Felde links- ein umrahmter Pferdekopf, hierauf
Helm, Panzer, Beinschienen, Schild und Schwert. Derbe,
flache Arbeit. Photographie des Instituts, Satnos Nr. 34.
64. (Inv. Nr. 103.) Höhe 37*-, Breite 49,5. Oben gebro-
chen. Nach links gelagerter Mann, ihm zugekehrt, auf einem
Stuhl ohne Lehne, eine verschleierte Frau , hinter der ein
langbekleidetes Mädchen in der Vorderansicht steht. Vor der
Kline ein stierfüssiger Speisetisch, rechts daneben ein nack-
ter kleiner Mundschenk ebenfalls in Vorderansicht, neben ihm
der Schenktisch, auf dem Gefässe in drei Reihen stehen. Im
Hintergrund links Rest eines Baumes mit Schlange, daneben
Beinschienen, Schild, Panzer und Schwert. In der rechten Ecke
der Pferdekopf. Sehr handwerksmässig. Photographie des In-
stituts, Samos Nr. 35.
65. (Inv. Nr. 102.) Höhe 56*-, Breite 42. Beiderseits ist
die Darstellung eingefasst von 5*- breiten Anten mit 2*" Re-
lieferhebung. Der Mann auf der Kline hält eine Trinkschale
in der Linken, das kleine Mädchen hält ein Kästchen. Der lö-
wenfüssige Speisetisch lässt einen flachen Kuchen, zwei Gra-
natäpfel und zwei TiupajxiSs; erkennen. Von dem linken Fuss
des Tisches windet sich die Schlange empor, auf welche der
Mann die rechte Hand legt, während sie von der Frau gefüt-
tert wird. Rechts\om Lager füttert ein Knabe im Mantel ein
anspringendes Hündchen, weiter rechts steht der Mundschenk
in beschaulicher Haltung. Im Hintergrund erscheint die halb-
hohe Mauer, in der sich links ein überragender Thorbau mit
Giebeldach erhebt, auf dem die Lagen der Dachziegel ange-
geben sind. Auf der Mauer, nahe dem Kopf der Frau, steht
der Kalathos und ein niedriges Kästchen. Links vom Haupte
.des Mannes hängt im Bildfelde ein Helm, ähnlich denen auf
Nr. 57, 59, 60, rechts ein grosser Rundschild. Die rechte
Ecke zeigt den üblichen Plerdekopr Photographie des Insti-
tuts, Samos Nr. 36.
Der giebelgekrönle Tliorbau gielil uns zum ersten Male ei-
nen bestimmten Anball, wo sich dieTolenmahl-Scenen abzu-
spielen pflegen: Eh ist ein Hol' ilapgeslellt, und zwar der Ilof
des Wohnhauses, der auf der Strassenseite von einer niedri-
gen Mauer, in welcher der Eingang liegt, begrenzt ist. Alle
die /^uge des taglichen Lebens, die Beigaben an Hausgerät,
Waffen und Werkzeug, die Anwesenheit von Haustieren, die
nur schwer verständlieh war hei der Annahme, dass sieb
der Vorgang in einem Heroon oder gar Grahperiholos ab-
spiele, erklaren &icli damit muhelos. Vgl. Nr. 8'2.
m. (Inv. Nr. 51.) Höhe 'iV", Breite 6fi; früher im ip^iio-
^yXoixiiQv, 'E(pr,(itpi; tii( 'HYifjLovix; SÄ;jioy 1895 Nr. S.*! S. 245,8.
Das ganze Helief ist gleichmassig mit einer lierbraunen Sin-
terschicht überzogen. Der bärtige Mann auf der KMne hält
in der aufgestützten Linken einen Skyphos. mit der Itechten
nimmt er eine Speise vom Tisch, an welcher die sich an einem
Tischbein emporwindende Schlange nagt. Iteehts daneben der
kleine Mundschenk vor dem xuXijitiov. Die verschleierte Frau
am linken Ende der Kline scheint in der rechten Hand einen
tu TH. WIEQAND
Granalaprel zu hallen. Mintei- ilir sieben zwei Mädchen; i)as
vnnlerstp Iräjjl ein Kastchpii- Ülmr der gunzen Darslelliin^
erhehl. sich iiuf schmalen Pfeilern ein sleiler GieUel, der in
der Milte auf 30" unLerbrocIien isl. In dein Zwischenraum
Nlelien. ^leiehsam auf einem Speiclier. in der Mille zwei ku-
8lenarlij;e MfWiel . über dem llaupl des Mannes ein Anker,
ober der Frau zwei Schuhe Über ilein reciilen Giebebikrote-
rion isl derPferdekoiif eingeitwäuijt Das« der Anker die see-
miinniscbe hegebüru^un^ des lleruisirleri amleulel. wird wnl
nicht zweirelhaft sein Auf anderen Relier» wird dieser ReruT
vielleicht durch einen Kahn aus<;edriickl, v^l. Hoschers Le-
xikon I Ö- 2577, Priederichs- Wollers, Bausteine Nr, 1057.
dagegen allerdings Useiier , Religionegescbicbtlicbe L'nler-
suchunf{cn IM, Die Sintllulhsagen. S, 2171' Symbolisch (vgl.
dnrl S. 225) kann der Anker hier aber docli nicht sein.
67. {Inv. .\i. i3.) Höbe 5'.", llreilefiS. Gefunden bei Ti-
j^ani an der GIvphada (2tät(,t«TiiS7i;, i;at|iistxx- S. 20fi. 280),
späler im dip^iio^uXaicdov aulbcwalirt, 'EfTiuspi; ttj; 'Hyt[jiDvi«(
Sipiou 1895 Nr. 55 S. 2'i.j, 5. Oben mehrere Giiaskanäle.
ningsuiiiein eintacber Itand.unlen breiler. Aul' der Künezwei
nach links gelagerte Manner, vun denen der erste einen Kan-
iharos mit beiden Händen ball, der andere einen Skyplios in der
ANTIKE 3C0LPTUHEI
18.^
Linken. Die rechte Hand legi er auf die Schulter einer auf
Hem linken Ende der Kline sitzenden, ihm zugekehrten ver-
schleierten Frau. Hinter dieser ein Müdclien mit Küstchen
nach rechts. Vor der Kirne steht ein lierfüssiger Spcisetisith.an
ilessen raclitem Fuss sich die Suhhmge empoi'windet. Ein
reclits stehender kleiner Mundschenk mit kurzem Chiton reiuht
ihr mit der Hechten die Scliale dar.wührend er in der Linken
einen Krug hält Links ohen der Plerdekopf Sehr haniiwerka-
mässige, liellenistische .\rlieit Unter der Darstellung, etwiis
nach rechts gerückt, so duss sie unter den lieiden Männern
stellt, die Inschrirt:
A-n|iTiTpio; "AySp5f/.*;(ou ■npw[(]
Pliolograpliie des Instituts. Samos Nr. 37.
68. (Inv Nr. 69.1 IIöIh! 39"". lireite 50. Ohen zwei Kin-
aiheitungen- Zwei hurtige Männer liegen nach links auf der
Kline; ihnen zugekehrt sitzt an jedem Ende der Kline eine
verschleierte Frau. In der Mitte ein tiei-füssiger Speisetisch.
Am linken Ende des RelieFs steht der kleine Mundschenk nach
rechts, am andern Ende ein Mädchen nach links. Oben rechts
im Hildfeide der Pterdekopl'. Schlechte Arbeit. Photographie
des Instituts. Samtis Nr. .'i9.
69 { Inv. Nr. 19.) Höhe .""»?, ,V-, Breite 66. Cefunden ver-
mutlich am Iteraiiin, vgl. ohen S. IH, 1. Das Iteliet' n'ar.
wie die roiien Seitenllächen zeigen, zum Einlassen in eine
Mauer bestimmt Siiiiimtliche Küpfe und viele Einzelheiten
fehlen. Gelagerter Mann nach links, den Kantharos in bei-
den Händen, daneben rechts der Mundschenk, dessen Gestalt
bis auf das rechti' Bein und die rechte Ihind mit der Kanne
ebenso zerstört ist wie der Speisetisch. Links folgen zwei
Frauen, die eine auf einem gewöhnlichen Sessel, die unilere
auf einem thronartigen Lehnsessel sitzend, dreiviertel nach
rechts gewendet . endlich links ein stehendes Mlidchen mit
einem Korb. Links am Hände, im Hintergrund, der Baum mit
der Schlange, dann, hinlerden Frauen ein ausgespanntes Tuch.
186 TH. WIEGASD
Über dem Mann ein grosser Rundscliild. Gewöhnlinlie Apbeil.
Photographie des Inslituls, S^mo.s Nr. 40.
10. (Inv. Nr. '.0.) Hohe il"". Breit« 55. Fleckige Palina.
teilweißer Kalküherzug. Ohne ai'chileklonische Umrahmung.
Bärliger Mann nach links auf der Kline, einen grossen Kan-
iharoH haltend, davor ein löwenlussiger Speisetisch und ein
empor witternder Hund mit Halsband. Link» daneben ein ganz
ahnlicher Tisch, neben dem ein liefer Korb oder Skyptios auf
dem Boden steht. Hinter dem Tisch, auf dem ausser zwei um-
gekehrten Schalen eine weite Schüssel stellt, leert ein bekleide-
lerMundschenk eine Spitzampliora in die letzlere aus, wahrend
ein zweiter nackter Oinochoos, in der Vorderansicht stehend,
mit einem kleinen Gelaas ein in seinem linken Arm ruhendes
Hörn füllt. Über den beiden Sclienken erscheint in fenslerar-
tiger Umrahmung der Pferdekopf nach reelils. Hinter dem Ge-
lagerlen ein ausgespanntes Tuch- Hellenistische Zeil. Photo-
graphie des Instituts, Samus Nr. ''i I .
71. (Inv. Nr. 73.) Höhe 4?"", Breite 32. Links abgearbei
tet. Auf der Kline ein gelagerter Mann, in der Linken eioe
ANTJKB SCtuPTUBEN IN B
Scliale ballend, ihm zugekelirl, uuf einem Stuhl sitzend, eine
klei
verschleierte Frau, die in der rechten llanil ein
nicht näher erkennbaren Gegenstund hüb. Vor der
lierrüssiger S|)eiseliscb, danchen rechts ein kurz g«
Mundschenk von vorne, nben im Pelde eine sich
Schlange. Sehr rohe. s|)äle Arbeil. I'hotogrupliie
tulH, Sanios Nr. 1?,
7?. {Inv. Nr. Ö?.) Höhe 'iS", Hreite 38. Die Um
und die Köpfe sind zerstört. .\uf der Kiine ein gelagerter Mm
nach links, vor ihm ein Speiseliscb. ant unleren Fnde der
Klineeine verschleierte Frau, dahinter links der Hest einer klei-
neren Figur (Mädchen?). Es fehlt in der Darstellung sowol die
limung
uhlic
! Schlai
als der Pferdekopf; letzterer isl vielleicht
;en. Schlechte Arbeit. PhoLograplii
ilange als
links verloren gegi
Instituts, Samos Nr.
73. (Inv. Nr 76.) Höbe ■29™, IJreile 42. An den lländern
beschiidigt. Bärtiger Mann nach links auf der Kline, mit der
hechten ein Trinkborn hoch emporhebend, in der Linken eine
Scliale. Auf dem unteren lilnde der Kline sitzt eine ihm zu-
gekehrte verscbleicile Frau, dahinter sLeliL ein lang bekleide-
tes Mädchen, in der Linken ein Küstchen tragend. Der Spei-
setisch vor der Kline ist grüsslenteils zerstört; daneben der
Mundschenk. Links oben die Sclilange, rechts oben der Pl'er-
dekopf. Späte, fliichlige Arbeil, Photographie des Instituts.
Samos Nr. Vi.
Tl. (luv. Nr. lOi ) Fragment von roher Arbeit. Man er-
kennt noch das obere I^^nde einer Kline und einen tierfussigen
Speiseliscb. Nach links sitzt auf einem Stuhl eine Frau, liin-
ler ihr steht der Mundschenk in kurzem Chiton in Vorderan-
sicht. Photographie des Instituts, Samos Nr. 'iß.
75. (Inv. Nr- 7t», 80 und 81.) Drei Fragmente, zusammen
33'" hoch, 41 breit. Unten ein Finlasszapfcn. Die Darstellung
war seitlicli von Pleilern um! oben von einem .\rcliitrav. über
dem man die .\ndeutiing von Dachziegeln erkennt, umschlossen
Rechts ein bärtiger Mann auf der Kline, in der aufgestützten
Linken eine Schale, in der erliobenen Kechten ein Tiinkborn
188 TH. WIEGAND
haltend. Ilim zugekehrt, aufder Kline sit/.end, eine Frau, die
einen viereckigen Gegenstand emporhält. Zu ihren Füssen liegt
ein Kind. Hinter der Frau links die stark verwitterte Gestalt
des Mundschenken nehen dem Schenktisch und am linken
Ende des Reliefs eine weibliche Gestalt in Vorderansieht, mit
der Rechten eine Truhe auf dem Kopfe haltend. Photogra-
phie des Instituts, Sanios Nr. 45.
76 (Inv. Nr. 31.) Fragment; Höhe 22^", »reite 33, links
Rruch. Aufder Kline nach links gelagerter iMann mit Kan-
tharos in der Linken, davor ein Speisetisch der viereckigen,
auf attischen Vasen üblichen Form. Der Mann wendet sich zu
einer hinter ihm auf einem niedrigen hadiron sitzenden Frau.
Gewöhnliche, späte Arbeit.
77. (Inv. Nr. 48.) Rechtes linde eines Totenmahls. Höhe
36"", Breite 31. Alle Köpfe fehlen. Links Oberkörper eines
gelagerten Mannes, davor ein löwenfüssiger Speisetisuh. Rechts
davon eine verschleierte Frau in der Vorderansicht, sowie, am
rechten Rande des Reliefs, ein kurz gekleideter Mundschenk
mit Schenktisch wie auf Nr. 56, zu seinen Füssen ein knie-
hoher Skyphos. Über dem Kopf des Knaben der Mauerrand.
Spät hellenistisch. Photographie des Instituts, Samos Nr. 4G.
78. (Inv. Nr. 29.) Linkes Ende eines Totenmahls. Höhe
35"". Rreite 18. Oben und rechts Rruch Rest einer nach links
sitzenden Frau im Schleier und eines lang bekleideten Mäd-
chens, über dessen Kopf der Mauerrand sichtbar wird.
79 (Inv. Nr. 105.) Höhe 29"", Breite 27,5. Linke obere
Ecke einer Totenmahldarstellung aus guter Zeit. Links ein
Pfeiler und Rest eines Architravs mit Gesims. Oberkörper ei-
ner nach rechts gewendeten verschleierten Frau,hinter ihr links
ein Mädchen in ärmellosem Gewand mit schmalem Brustgurt,
in der Linken einen herzblattlörmigen Fächer tragend. Beide
Köpfe zerstört. Über den beiden Frauen ein vvolgebildeter
Pferdekopf in einem rechts von einem kleinen Pfeiler begienz-
len Fenster. Photographie des Instituts, Samos Nr. 'j3.
80. (Inv. Nr. \1 .) Höhe 21,5^"", Breite 20. Fragment, oben
und an den Seiten gebrochen. Kurz gekleideter Mundschenk,
ANTIKE SCULPTUREN IN SAMOS 189
der einer vom Boden aufsteigenden Schlange eine Schale reicht.
Kopf, rechter Unterarm und Füsse des Knaben fehlen.
81. (Inv. Nr. 65.) Fragment; Höhe 28^", Breite 16. Rechtes
oberes Fnde eines Totenmahls. Erhalten ist das obere Pfeiler-
ende, die Giebelecke mit Akroterion und der Pferdekopf nach
links.
82. (Inv. Nr. 142.) Höhe 29*='", Breite 26. Rechte untere
Ecke einer Totenmahldarstellung; sehr verrieben. Links ein
Stück der Kline und der Oberkörper des gelagerten Mannes
mit Schale in der Linken. Vor ihm der Speisetisch , rechts
der Mundschenk; neben diesem (vor dem Pfeiler der Umrah-
mung) der Schenktisch mit unerkennbaren Gefässen, dahinter
eine grosse Amphora. Hinler dem Schenken ein Thorbau; vgl.
Nr. 65. Photographie des Inslituts, Samos Nr. 47. [Fredrich].
83. (Inv. Nr. 138.) Höhe 22'-, Breite 45. Fragment eines
Reliefs, vielleicht eines Totenmahls. Über einer 8,5'^'" breiten
Leiste der Unterkörper einer langbekleideten, nach rechts sitzen-
den Frau ungefähr von den Knieen ab; der rechte Fuss ruht
auf einem Schemel. Vor ihr Rest der Kline? In einiger Ent-
fernung hinter ihr der linke Fuss einer knieenden (weib-
lichen?) Person; zwischen beiden das untere Ende eines aus-
gespannten Tuches Photographie des Instituts, 5öWf>Ä Nr. 18.
[Fredrich].
84. (Inv. Nr. 70.) Höhe 36^", Breite 44. An den Seiten die
Pfeiler; der Architrav fehlt. Links auf einer Kline zwei Män-
ner mit Schalen in der Linken, vor ihnen der Speisetisch.
Am unteren Ende der Kline sitzt nach rechts die Frau. Hin-
ter ihr eine Dienerin, über dieser in der linken oberen Ecke der
Pferdekopf. Schlechte, sehr zerfressene Darstellung. [Fredrich].
85. (Inv. Nr. 137.) Höhe 37^-\ Breite 36. Bruchstück ei-
nes sehr hohen Reliefs (bis zu 6,5""). nur unten der Rand er-
halten, die Köpfe fehlen. Rechts eine nach rechts sitzende Frau,
hinter ihr eine kleine Dienerin mit Kästchen, dann eine grosse
Amphora; auf diese schreitet von links der Oinochoos zu mit
einer Schale in der Linken. Hellenistisch. Photographie des
Instituts, Samos Nr. 47.
190 TH. WIBGAND
86 (Ohne Inventarnumraep.) Höhe 2I**, Breite 15. Rechte
untere Ecke. Neben dem Pfeiler der Mundschenk mit vor dem
Leibe gekreuzten Händen. Vor ihm der rechte vordere Puss
der Kline.
87. (Inv. xNr. 135.) Höhe 41« Breite 31. Gefunden 1862
auf dem Acker des F. Ka>v9TavTol; am Abhang der Astypalaia,
vgl. E. KpiQTtxCSY);, 'Ap}^a7oi vaoi t9i; Sdcaou S. 45, dann in My-
tilini beim Besitzer (Fabricius). 'EfY)|Acp(< tyI; 'Hysiiovia; 2)a[iou
1897 Nr. 144 S. 656. 291. Gewöhnliche Einrahmung durch
Pfeiler und Architrav. Zwei bärtige Männer auf der Kline,
der erste mit Skyphos in der Linken, der zweite mit Kantha-
roR in beiden Händen, vor ihnen der Speiseti3ch, von dem der
erste mit der Rechten einen Kuchen nimmt. Von links win-
det sich die Schlange zum Tisch empor. Neben ihr der Mund-
schenk mit Kanne in der Rechten. Auf dem Architrav die In-
schrift :
Eu|AavY); Ni:vva Yipo); yjsilfi.
Auf der unteren Leiste die spätere Inschrift:
Rohe, römische Arbeit. Photographie des ln«lituts, Samos
Nr. 48. [Fredrich].
*NTIKB Si; ULKT ÜBEN IN &AMoa 191
VI. Gpjibreliefs.
_J. (Inv. Nr. 62.) Gefunden 1873 in Tigani. spater bei Diony-
sios Luimark in Vaüiy ( Fabricius )- Höhe 47", Breite 33. Auf
einem Felsen sitzt nach links ein nackter trauernder Jünf{-
iing- Der gpsenkte linke Unterarm ist in die Fallen eines kur-
zen Mantels geliüllt. der auch den Rücken bedeckt. Das von
zwei sebmalen Pfeilern eingefasste Itild wird von einem roll
überarbeiteten Giebfl gekrönt, über dessen borizontale Glie-
der sieb die später eingegrabene Insebrift ziebt :
'ApTipLIdiaC OÜfl[tQtJ
OÜpiQi; 'ApTifii[a£ou
X_aipiT(.
Eine allere, jetzt ausgemeisselle, Inschrift stand zu Füssen
der Darstellung ; diese gleicht jener des bekannten Grabsteins
des unglücklichen Seefahrers Demokleides in Athen (Kavva-
dias, n-JST« Nr. 7ü2. Conze. Grabreliefs 11 Nr. 673), der
19^ TH. WIEßAND
traurig auf dem SchifTsvordertejt sitzend darj^eBtellt ist, in
einer Hallung, die man mit Reclil mit der am Grabe trauern-
der Gestalten verglichen hat ( Furtwängler, Sammlung Sa-
bourofr I Tar. 15. Beschreibung der Skulpturen in Berlin Nr.
498; hierzu kommt die Figur in Athen, Kavvadias, PlunTäNr.
752). Eine ähnliche Gestalt findet sich auf einer Schmalseite
des Sarkophags mit den Klagefrauen, am Deckel, Jahrbuch
IX. 1894. S. 234 Fig. 7 (SLudniczka).vgl. auch Ü.llamdy-bey
und Tb. Rcinach, Une necropole Royale ä Sidon, Text
S. 244 f.). Noch genauer stimmt die ganze Klasse jener Grabre-
liefs,welche man als die von Schiffbrüchigen anzusehen pflegt,
während Usener (Religionsgescliichtliche Untersuchungen III.
Die Sintfluthsagen, S. 217) sie aus der Vorstellung vom leu-
kadiscben Felsen erklären möchte; vgl. die von Usener vervoll
sländigle Aufzählung von Michaelis. Arcli, Zeitung XXIX,
1871. S. 142f.' Photographie des Instituts. Samos Nr. 49.
89. {Inv. Nr. 34.) Höhe 61,5'", Breite 33. Oben roh ge-
pickt, unten Bruch. Das Bildfeld
nimmt die obere Hälfte des Steines
ein, auf der unteren steht die In-
schrift. Zwei lang bekleideteFrauen,
von donen die linke verschleiert ist.
die rechte einen liorzblatlförmigen
Fächer trägt, reichen sich die Hand.
Zwei Pfeiler füllen rechts und links
den Hintergrund, der eine tlach und
breiL, der andere schmaler und er-
habener. Darunter :
& "_ "^'^'■' ^ --1 'ApwTiov 'PoSöxiiix
%[.. ' ' ^'■.-. '■' ■=>. ■ i nioiarpoiTOi; (so) ZmU
|i_";,i^i-^.-^rJ^^iP^ai' 'AvSpO[xtv7i( ■ApTi}*i<Tio[i;]
dcuSä^ 'AvTioyi(
vipuK X"'P'"f'-
Gefunden bei Tigani, B.C.H. 188t S. 49Ü (P. Girard), spä-
ter im äpj^iiofuXaxiiov, 'EipTi^iipli; -riJ! 'Hytjxovias Sotfiou 1895 Nr.
55 S. 246, 26.
ITTCATOE Zflir
'-r.yPIX'-XXAlVE.rfr
193
S S*MOS
il» 38. Gel'unden bni Ti-
lotijiiaitä' S. ?Ü0}, dann
90. (Inv.Nr. 100.) llijlip 37"". Br
gani an der Glyplinda (^i^TocuaTtiiS'n;,
in \'nlliy in der Wand reclila vnm Kingan^ in das ip^^do^uJa-
Kiio'* ein}jemauept (Kabriciiis). später im fürslliclien Garten auf-
bewahrt ('EipY)(«pU T^( "HYifiiviac SAfxQ-j 1896 Nr. 81 S. 398).
Händerzieinlicli rob beaibeilel; unlen eine l.,eisLe. Siebender
Knabe im Mantel von vorn, an dem reelils ein Hündchen eni-
pnrspringt. Links, ibm zu^ekebit. ein Sklave in kurzem Rock,
die Münde über einander lei'eml. Links oben die InscbriTt '
LwitaTpoi; t
(öou Yipu; /aipi,
wol eine späte Zutliat, denn die seiilicble. gule Darstellung
stimmt nieht mit itii-em Cbarakter übepein, Photoj^raphie des
Insliluts. Somo.i Nr. 50.
91. (luv. Nr. 99.) Hübe .-»5™, Breite 33: früher links vom
Einjiangdesip/iio^'jiotmiov in dieWand eiiigehisHen(Fabricius),
dann im fürstlichen Garten aufltewabrt.'Eijuiijitptc tvJ! 'HyejAo^ioLj
Sifto,. 1896 Nr. 81 S. 398. Stele, deren Giebelmitto mit einem
Hundscliild geziert hl. Im 6"° tiefen Bildfelde stellt eine lang
bekleidete Trau in iManlel und Schleier in Voi'deransiebl, den
linken Unterarm zum (jetzt abgesplitterten) Gesiebt erhoben; die
ATHEN. MITLHEIIUNOEN XXV. 13
Itpctite ruill auf Ji>i- linken »iilie, /ai jeiter Seite stellt ein Inn^
IjclileidetesKind; das /.iir Ueclilfii liiill ein Kastelien.das andere
erhebt die Heelile zum Kinn und
legt die Linke aul' die Üruat. Im
Ilinterjji'und eine von zwei Pfei-
lern eiiiyeiiilnnleNiHclie, aul' deren
olteretn Itande linkt) eine 'l'rnlie
^li-ltl, dann ein Kasten, auf dem
lin liej'zrörmijter Fächer Iiej(l ,
«eiler lerlils ein Krup, snw ie ein
Kiirl). Anf dem Airhilruv sieht:
Ali^ivSaa EIubSio'^, Späthelleni-
slisvli PliDlu^rajdiie des Insti-
luts, Saums Nr 51
92.ilnv.Nr-45,)Gefundeiiaut
dem i(.Ti^[j;»KouxxoOXio(v{;l Nr.43l.
Iliilie H-1": Breite 49- Durcli die
Milte <:elit ein Hrneli. Das Itild-
l'eld ist seilliclt einjresühlo»sen \nn
zwei 'i.'}"" hi-eilen Preilei'n,die einen mit einem Rundsehild ge-
sclimiickled Giebel [ra<^cn. Unten die Inschrift, darunter ein
Abiaurprotll.das auch Hufdie Schmalseiten des Steines iiber-
greifl. Aid' der Unterfläche ein abgebrochener Zapfen. Stehen-
der bärtiger Mann im Untergewand und Mantel, von vorn
Die Hechte reicht er einer links sitzenden sehr viel kleiner
gebildeten Frau. welche sie mit beiden Händen umfasst. Zwi-
schen beiden hebt ein kleines Mädchen einen gefiditen Korb
empor. Auf der anderen Seile des Mannes ein Knabe im kur-
zen Gewand mit Mantel. In Scliultertiöhe des Mannes ein lio-
rizonlaler Mauerrand, davor ein Uaum mit Schlange. Oben
links ein viereckiger Kasten, rechts ein Pferdekopf. Inschrift:
ANTIKE SCULPTUHEN IN HAMOS 195
93. (Inv. Nr. 30.) Hülie 73"", Bi-eile 32,5. Oben Giebel-
krÖDung. «. T. gebrochen, unten Ablauf und Vei-saU-Zajjlen.
Hölie des Bildfeldes 27,5'". Breite 24.5. Links ein ateliemler
Mann, im Mantel, von vorne , rechts daneben ein kleiner
Skluve, ebenfalls in der Vorderansicht, in kurzem Chiton. In-
schrift :
Myivö^iXo; "ApioTOu -liptu^ ^pviOTt x*'p'-
Spätbellenisliscli. Gefunden bei Tigani in der Nahe des lle-
1-aions. vgl. 'ETctTiipii lS7(j S. 163. S-rxft.a.-ziiim. Sa^Ltaxa-S.
"JOT. Dann in der Hütle des Photioit Katzidakis von Myti-
lini, westlich vom Kastni des Logotlielfn (Fabricius).
94. (Inv, Nr. 7'i,) Früher in Vatliy bei DionysJos Luimark
(Fabricius). Ilnhe 38™. Ri-eite :i(l.r.. Oben j;ebrochen. Die
Darslpllung ist eingerahmt
Min z\\pi ri"° breiten Prei-
b'in. Sitzende verschleierte
Flau nach links, davor ein
Mädchen inärmelloacin Ge-
wand, in der Linken ein
Kästchen lialtend, dem dio
Frau etwas entnimmt. Die
InschriTt darunter: Mtitjiw
9.^- (Inv. Nr. C ) Höhe
.">8'", Breite 'il. Grau ver-
witterter Marmor; frübei
im ap^iiQfitXotxBtov aufbe
wahrt, EfünjAfpU tu; 'Hj-(y.ovia( Eiuiou 1890 Nr. ."iri S. ■J'iG.S'i
Die Dnrsteltung ist 3'i
hoch, -Jfi.r» breit. Den obe-
ren Abschluss hihlet ein
einfaclies K^ma mit Abu-
CU8 darüber. AuT der obe-
ren Randfläche drei kleine,
viereckige LüchermilGuss-
kanülen. Unten Hest eines
ZapfenH. Der anscheinend
hartioae IMann stülKt ilen
linken Arm auf den Arm-
zapron einer härtigen, auf
niedrigem Po-slamenl ste-
henden Herme. Der link«
Unterarm isterhohen, die
Linke hielt einen jetzt ab-
gesplillerlen Gegenstand; vielleicht sollte die Herme bekrünzt
werden, Mit der Itechten liebkost der Mann einen von links an-
springenden Hund. Links daneben steht ein Knabe in kurzem
ANTIKE aCOLPTllilEN
Gewand bei einem Baum, von dem sich eine Sciilange dem
Iteroisirlen ziiwinJet. Welchen Goll die Herme darateilte, ist
nicht meiir zu erkennen^ in den meisten Falten waren es ja
lleiüliles oder Hermes, die zwei üblichen Ephebengötler. Das
Auflegen der Hand auf den Kopf oder die Schulter der Herme
würe dann wol auf die paliistritisclie Tbütigkeit des lleroisir-
len zu deuten (vgl, Brückner, Athen. Millh. XIII. 1888. S.
3«n). Inschrift:
AiöSidpo? 6*o/_p»iiTOu
96 (Inv, Nr. 7.) Höhe 67,5"", Breite 3?. Früher im ip-
vi«5SiuLoul895Nr. 59 8.968,39-
Das Ablaufprofil am unleren Ende
greift aucli auf die Sehmalseileii
über. An der Interfläche Best
eines Zapfens.
Im 3"° verlieflen Bildfeld steht
reclits ein Jüngling in Vorderan-
sicht, in kurzärmeligem Unlerge-
wand und Mantel, und reicht einer
von links kouimendi>n verschleier-
ten Frau die Heclile. Untei' der
Darstellung steht, auf der linken
Hälfte des -Steins, die s|>äte In-
schrift 'AvTiox'S AwSwpou -»ipiiiivr,
^aipi an der Stelle einer älteren,
von der ich nur noch x*]'P' '♦'S'""
konnte.
97. (Inv. Nr. :i->.) Hohe H'-i'".
Breile^:!.5,DiisBild ii^t nor ilüch
tig ungelegt. .Man erkennt rechts einen .lungling.di'r einer von
links auf ihn zitscljreilenden verschleierten Krau die Hechle
köpf, eine Schlange und ein Kästchen erkennt Die (luchlig
eingekratzte Inschrift konnte nnr bei ungünstiger Beleuchtung
gelesen werden. Kredricli las so:
NeiKOAAOCHPWCXPHCT
OCXAIPEePMIONHHPOC(l?|NH
INHKAPniAh4ieXAIP€eP
MIONH
98. (Inv. Nr. 28.) Höhe 77,5™, Breite 49. Sehr verwittert;
Köpfe zerstört Hechla und links Ansciilussfläche zum lilinsatz
in eine Miiiier Höhe iles Bildfeldes 'M"°, Breite ;i".'. In der
Mille siUl eine verschteierle Frau auf einem tlironartigen
ANTIKE SGULPTURBN IN SAM08 i99
Lehnstuhl, halb nach rechts gewendet. Ihr zugekehrt rechts
ein iMädchen in ärmellosem Chiton, den rechten Unterschenkel
iU)er den linken geschlagen, die linke Hand in die Hüfte ge-
stolzt, mit der rechten einen herzblattförmigen Fächer hoch
emporhaltend. Links von der Frau ein zweites Mädchen mit
einem Korb. In Kbpfhöhe der Frau, im Hintergrund, ein ho-
rizontaler Mauerrand, von dem sich rechts die Schlange her-
abwindet; daneben ein Kalathos. Späthellenistisch.
99. (Inv. Nr. 97.) 'E9y)(X6pU tyS; 'Hyiaovia; Saaou 1896 Nr.
81 S. 398, 168. Höhe 37^". Breite 30. Die linke Seite ist sehr
bestossen, vielleicht gebrochen. Unten eine Leiste mit Inschrift,
sonst kein Rand. Über den Köpfen ist der Reliefgrund nicht
ganz fertig geglättet. Eine verschleierte Frau sitzt auf einem
Stuhl ohne Lehne nach rechts, die Rechte auf den Stuhl ge-
stützt, mit der Linken einen Vogel auf dem Schoss haltend,
etwa eine Ente. Hinler ihr ein Mädchen in Vorderansicht,
mit beiden Händen einen flachen Korb erfassend. Vor ihr ein
Knabe im Chiton und Mantel, der mit der Rechten ein auf-
springendes Hündchen füttert. Zwischen dem Knaben und der
Frau steht der Baum mit Schlange. Die Inschrift, z. 1\ zer-
stört, lautet:
SKYOAINI^... ^AI(|>PnNAHMHTPIOY
Da in der Mitte nur 3-4 Buchstaben fehlen ist etwa zu lesen:
100. ( Inv. Nr. 66.) Höhe 49^", Breite 44. Unten und rechts
gebrochen, oben ein Profil, darin zwei Löcher. Der Heroisirte,
ein jugendlicher bartloser Mann, mit Chiton und Mantel be-
kleidet, steht in Vorderansicht. Rechts von ihm eine jugend-
lich gebildete Herme. zu deren Füssen eine sehr viel kleinere,
verschleierte Frau sitzt. Ihre Gestalt ist stark zerstört L'nks
vom Heroisirten blickt ein kleiner Diener zu ihm auf, von
dem nur der Oberkörper vorhanden ist. Im Hintergrund ge-
wahrt man auf einer niedrigen Mauer die Schlange und den
PFerdekopf, dessen Hals fehlt.
101. (Inv. Nr. 42.) Höhe 39-, Breite 63. Oben und rechts
gehrochen, eämintliche Kopie zerstört. Das Relief war zum
Einsetzen in eine Mauer hestimmt. Die Darstellung ist von
einem etwa Ö'* breiten Rande umrahmt. Links sitzt eine ver-
hüllte Fran nach rechts, ihr zugekehrt eine zweite in ärmel-
losem Chiton mit hochgefülllem flachem Korb, dahinter rechts
ein Baum mit Schlange. Rohe Arbeit später Xeit.
102. (Inv. Nr. 14.) Oberteil eines trauernden Genius der
bekannten, auf römischen Gräbern sooft verwendeten Art ;
vgl. z.B. S. Reinach, Repertoire de la statuaire I, 358. 5.
360,2. II, 489, 6 ff. Gefunden in Tigani, 'E^r.tKpi; tru'^^t-
fiovi«; 25tf*o« 1895 Nr. 37 S. 1.53, 3. Höhe 18™. Am Hucken
Reste von Flugein. Der Slah, auf dem die Rechte ruht, wird
gevviss einer Fackel angehören. Photographie des Instituts,
Samos Nr. 52.
103. (Inv. Nr. I 17.) Grabstein aus weisseui Marmor. Höhe
37"". lireite 22, Dicke 5. GeUindeii in Vatliy, vermutlich ver-
sclile|>|it. vgl. 'K^njxipii r^? 'H-ctuLovioii ^k^w 1897 Nr. 14Ö
ANTIKE Sr.L'LPTtJBEN IN SASIOS
S. 660, 16. Fi-iilier bei Aristotelis Stamaliadis (vgl seine Ix-
ti ' S jj.«', 56). Unten und links oIipo gebroülien In
flachen) fliicliligem RelieT sind Sei-
tenpleiler mit einem bekrönenden
Giebel angej^elien . in diesem eine
Schule. In dem Itildfeldt; oben die
Uüste eines Junj^eti Mannes, darunter
ZfJL\lflV*l0(.
Photographie des Instituts , Santos
Nr. 53
104. (Inv. Nr. 57.1 Höhe '.3'-.
Breite 28. Oberer und rechter seitlicher Ranil z, T. zerstört
Dargestellt war die Porlrülbüstc der PoiixtK'i) ZuoijjLoij in einem
bis zum Halse reichenden Unter-
gewanil und Mantel. Spälrömisch.
Die inschriri ist M\\p.n. Mitth. IX.
1884, S. 263 vpröffenllictil. wo
als Fundort das Dorf Pliurni bei
Karlovasi angegeben wird ; später
im ip/_«tci9'AatitiiQv , 'Hlfr,^tfii Trii
'HyifjLovia« Sifidij 1895 Nr 55 S-
345,6. Zu der Jahresangahe vgl.
Fabricius, Athen. .Mitth. IX. 1884,
S. 258. Küstner, De aen'x guae
ab imp. Caes. Ovtuvtnni const.
iiutium duxerint S. 34.
105. (Ohne Inventarnummer.)
Bruchstück eines Grabreliets!" Überall gebrochen. Höhe 17"°,
Breite 38, Dicke 4,5 OI*eikor|ier eines iiuch rechts gewand-
ten IM'erdet) mit einem gepanzerten Heiler, dessen Kopf fehlt.
Rühe, späte Darstellung. [Fhedricu].
VII. Decorative Sculpturen, Geräle.
106. (Ohne Iiivenlarnuminer.) Fliissgoll. Das Heltef ist
auf lier SeilenQäclie einer alleren Basis sa angebrachl, dass
<lei-en iicsprungliuli oben und uiiLen attachtiesscnde Profile
jelzl rechls und links an der vorderen und an der oberen
Fläclie eraiilieinen. Höhe 30"", Breite 81, Dicke iJ 3. Gelager-
ter bärtiger^ Flussgott mit nacktem Oberkörper. Der linke Arm
ist uuf eine liegende L'rne gestutzt, aus der Wasser strömt.
Der rechte ruht auT dein emporgezogenen rechten Knie und
halt einen Zwei^. Gefunden im Heraion, Eine alinliclie Dar-
stellung, die auf späteren Münzen von Siimos nichl selten ist,
wird wol mit Recht für Imbrasos erklärt. Photographie des
Instituts, Sfimos Nr. 26. [Fhedrich].
107 (Inv-Nr. ■',',.) Tierk ampf. Hölip 6"!"°. Breite 59 Ge-
runden hei den Ausgrabungen des lleraion, vgl oben S, 1 H.l ;
spüter im iaj^uo^njiotKiiov, 'EifTifiipi; ins 'Hytiiovian Siftou 189."i
JS'r. 50 S. 3i6,50 Oben roh prolilirtc. tinks gebrochene, rechts
abge.irbeitete Platte. Viui linkseilt ein Mann in langen Hosen
und kuiKcmdie Hüften breit umgürtendem Rock einem ansprin-
getidi'ii llaulilicrontgegen. beide Münde nach ihm auasti'eckenü.
Der Kopl' sein ::it mileineranliegenden Kappe bedeckt zu sein.
ANTIKE SCULPTUBEN IN SAMOB 303
I Das rechte Bein Telill, das Geglclit isl zerstört. Links hinter
I ihm, in RuckenliÖlie. ist der Hesl einer kleinen Relieferlie-
I .bunj,' sichtbar- Die \\'a(Tenloaigkeit lässl indem Dargeslelllen
t eher einen bestinriii.i ula einen i-enalor erkennen, vgl. Fried-
länder. Sittengeschichte -11 S. 'i89. Pauly-Wissowa III S.3fiO.
Olien im Keliefgrnnd : Melni;. Späte, iiusserst rohe Darstel-
lung. [Photographie des Instituts, Snmos Nr. 54. Abgeh. bei
I L. Bürcbner, Das ionische Samos I,? Tilellilutt: er bezeichnet
l(S. 48) ohne niiliere Regründung die Platte als Metope viim
Tempel des Uion^'sos Ke^^vü; und halt ilen bestiarius Melpis
für identisch mit dem in Libyen einmal von einem Löwen an-
geralleni'ii Samiei' lill|iis (Plinius n h. VIII, 57), dessen wahren
I Namen er in Melpis entdeckt zu haben glaubt. Diese unhalt-
l'bare Mj'potheäe gebt auC E. Stamutiudis (lajxigtxoi' S. 325.
P S. 278 zurück).
108. (Inv. Nr. 9H- ) Jagdrelief. Ilolie Ö?*-", liroile -28.
f Rings Bruch. Dargestellt islein nach links eilender Mann in
r kurzem Gewund, [üxomis und llalbsliereln, in der Linken den
204 TH. WIEGAN D
Rest eines stabartigen Gegenstandes, wo! den Jagdspiess, hal-
tend; Kopf, rechter Unterarm und ein Teil des rechten Fusses
fehlen. Von rechts eilt zu ihm ein grosser Jagdhund, von
dem nur der Kopf und die linke Vorderpfote erhalten sind.
Sehr rohe, spätrömische Arbeit.
109 110. (Inv. Nr 53 und 22.) Tierfries.
(Inv. Nr. 53.) Höhe 26'", Breite 35. Rechts, oben und un-
ten Schnittfläche, links Bruch. Auf einer gewöhnlichen niedri-
gen Wandquader, die einer Läuferschicht angehörte, erkennt
man den nach links gewendeten Kopf eines Rehbocks. Der
rundliche Hintergrund ist wol als der Hinterleib eines voran-
eilenden Tieres zu deuten.
(Inv. Nr. 22.) Gefunden bei Ausgrabungen am Heraion;
vgl. oben S. 147,1. Höhe 27*-, Breite 57,5. Ebensolche Wand-
quader mit dem Rest «ines nach links gerichteten Löwen,
der ein Rind zerfleischt. Nur die Köpfe beider Tiere sind
erhalten.
Beide Fragmente gehören zu ein und demselben Tierfries,
der sich in beträchtlicher Länge über zahlreiche Quadern einer
hellenistischen, ohne Mörtel und mit U-(örmigen Klammern
(i — ») errichteten Wand hinzog. Der rohe Charakter des Frie-
ses lässt keinen Zweifel, dass er erst spät auf dieser Wand
angebracht wurde.
m. (Inv. Nr. 116.) Fragment vom Kopfe eines See-
drachen. Höhe 17'''", Länge 17,5. Nur der Rachen, mit star-
kem Gebiss bewehrt, ist erhallen. Vielleicht von einer Brun-
nendecoraiion, vgl. E. Curlius, Plastik der Hellenen an Quel-
len und Brunnen , Abhandlungen der Berliner Akademie
1876 S. 149.
112. (Inv. Nr. 1.) Hermenlörmige, sich nach unten leicht
verjüngende Marmorslütze eines Tisches oder dergl ,mit
jugendlichem Dionysoskopf, Höhe 100,5"". Gefunden beim so-
genannten UoTO>cx)ci, 'E-pyjixepi; rfi; *Hy6u.ovia< Sxkou 1896 Nr.
71 S. 346, 101,1. Die Stütze steht auf einer besonders gear-
beiteten, 28,5"° breiten, 34 langen, |)rofilirten Basis, die hin-
ten rauh gelassen ist Die Armbossen und das männliche
'IIBEN IN SAMOS
Glied waren liesonders eingesetzt. Oben eine viereckige Dir
ähnliche Ti sei i stutze zeigt
ti
w
«rbeitung
das nenenlings wieder von
Szanto , Jahreshefte I S.
yS Pig, 3y veriilTenllichte
Stuckrelief eines Grabes
bei Cninae.
113 (Inv. Nr. 110.)
Tischbein mit Diony
soskopr. HölieHO"".'E(pvi-
\i-tfU "CTit "HYS(*.Ovia; SifAO'j
IS!I7 Nr. 13:. S n'iU. [H'A.
Gerunden nach Mitteilung
des Herrn L. Bürchner
im Frühjahr 1896. in Ti-
gani auf einem Staats-
griindslück im Norden des
Fleckens , da wo man an
derZuleitiingderGenässei'
der grossen Quellen der
Ajädes (die ehemals die Wasserleitung des Eupalinos speisten)
arbeitete. Die an drei Seiten proPilirte,!] inten unbearbeitete Basis
besieht. ebenso wie der sich nach oben etwas erbreilernileSelrnft
der Hermo aus tleiscl)-
f'arbigem Marmor .der mit
Saure neuerdings gereinigt
worden ist, Uie Armbos-
sen und das Glied waren
besonders eingesetzt.
114. (Inv. Nr. Iü.)0ber-
teil einer ähnlichen StU-
>. Höhe 43".
115. (Inv. Nr. 11.) Des-
gleichen Höbe 26,5™.
1 16. (Inv. Nr. 64.) Desgleichen Höhe 43"",
117. (Inv. Nr. 2.) Tischbein, gelunden beiri
206
TH. WIBGAND
ten noTOKi:xi, 'E9Y)fAipU ttj; •HY«fxov{x; 2«(jlou 1895 Nr. 71 S.
346. 101,2, >vo der Körper irrlümlich als weililicli bezeichnet
ist. Höhe 78"". Der sieh nach oben er-
breilernde eckige Schaft endet in einem ju-
gendlichen, männlichen Körper. Die linke
Körperhälfte bedeckt ein Ziegen feil, dessen
einer Fuss in der linken Hand der Gestalt
ruht. Im linken Arm trägt sie einen Gra-
natapfel, eine Traube, eine Birne und zwei
Apfel. Die rechte Hand unterstützt diese
Last. Die profilirte Standplatte ist aus ei-
nem besonderen Stück gearbeitet. Späte,
schlechte Arbeit.
118. (lnv.Nr.114.) Tischfuss. Gefun-
den bei der Anlage der grossen Strasse nach
Chora. Höhe 48"", Breite 15,5. Unten Lö-
wenfuss,oben Löwenkopf Schlechte Arbeit.
119. (Inv. Nr. 123.) Cylinderförmiger Altar oder Sta-
tuenbasis aus hartem Kalkstein Höhe 88''"'. Das obere Ende,
einst wol ähnlich profilirt wie der Puss, ist gebrochen. Der
Stein ist geschmückt mit vier untereinander verbundenen
Fruchtguirlanden, von deren tiefster Stelle jedesmal eine
Traube herabhängt (ganz ähnlich wie auf dem Sarkophag von
Nysa, Jonian antiquities I, Kopfbild zu Cap. II), und vier
da/wischen hängenden Bukranien. Unter jedem derselben ist
in Umrisslinien je ein Werkzeug dargestellt:
^ "?7 A [^
120. (Ohne Inventarnummer.) Fragmente eines späten Bu-
kran ionaltars. Weisser Marmor. Höhe 38"", Breite 13.
121. (Ohne Inventarnummer. j. Altar aus weissem Mar-
mor Oben und unlen vorspringender Hand. Höhe 70'", Breile
63, Tiefe 35. Gefunden bei Tigani (vgl. Ilapvacco; 1881 S.
ANTIKB 9CUI.PTUBEN IK SAMOS
733. B C H. 1884 S. 467) später im ifx^oij.'ilaicitov. 'Eifn-
(iipU TT,! 'Hyiftoviat( Siaou 1897 Nr. 157 S. 710. 326 Vorn
und an den S<>iten (rechts abgeschlagen) Lorbeerge winde auf
drei SlJerschädcIn von schlechter römisclier Arbeit. Darunter
vorn
ö S^uD; rai««{i] OüiStui noaTÖ}i[ui]
In der zweiten und dritten Zeile ist der ScbluBS bis auf geringe
Reste getilgt. Zu der Persönliclikeit des C. Vibius Postumus
vgl. Prosopograpliia III S. 423. 392: danach fällt diese In
schrill etwa 16 nacb Chr. [Fbedrich].
1?2. ( Inv. Nr. 92.) Platte eines Messlrsches. Lange 61",
Breite 34. Früher im Garten des britischen Consuls Oionysios
Luimark in Vathy. Die Platte hat rings erhöhten Hand von
508 TH. WiEGAND
2-3'". Sie zeigt drei in einer Reihe liegende, schalenartige,
rauhe Verliefungen, deren jede an der tiefsten Stelle ein Loch
hat. Der Durchmesser der drei Vertiefungen betrügt, von rechts
nach links gerechnet, etwa 14, 10 und 8"". Alle drei hatten
einen erhöhten iMarmorrand, der bei den zwei grösseren weg-
gebrochen wurde, als man die Metallschalen, welche die Ver-
tiefungen ausfüllten und mit Bronze- Stiften an den Rändern
befestigt waren , herausriss. Reste dieser Bronzestifte und
Löcher dafür sind noch vorhanden. Bei der kleinsten der drei
Schalen trug der Rand keine Stifte. Die Bronzeschale war
statt dessen unlen mit Blei vergossen, wie das Loch im Bo-
den ( Dm. 0,5"") zeigt. Am linken Knde der Platte befindet
sich eine H.o'" lange, 4.5 breite, etwa 1,5 liefe rechteckige
Einarbeitung. Zwischen der zweit- und dritlgrössten Schale
steht oben eingemeisselt : m , unten: ^ .
VII. Sarkophage und Architekturfragmente.
123. (Ohne Inventarnummer.) Archaischer Marmorsar-
kopbag. Gefunden bei Tigani in der sog. Astypalaia nahe
dem nach Vatliy führenden Weg, etwas unterhalb der Quelle;
später im ipj^eioyu^aicitov, 'E^yijxipl; ttj; 'Hy6|jL0via; Sx(jlou 1896
Nr. 71 S. 345,59. Höhe mit Deckel 102^". Länge 217, Breite des
Giebels (ohne Akroterien) 99, Dicke der Wände 10'", Reliefer-
hebung 4"'". An den Ecken innen eine V^erslärkung in Gestalt
eines Viertelslabes Der in sechs Stücke zerschlagene Deckel
ist nur 8,5*^°' dick. Erwähnt ist der Sarkophag von Wolters,
Athen. Millh. XVIII, 1893, S. 224; Bölilau, Aus ionischen
und italischen Nekropolen S. 9. 14, vgl Tb. Reinach, AV-
cro/jole de Sidon S. 243 Anm. I.Wegen Raummangels steht
das hervorragende Stück leider im Freien. Photographie des
Instituts, Samos Nr. 8.
Diese Nachbildung eines niedrigen, giebelgekrönten, von
ANTIHB SCULPTUnEN IN SAMO S 209
zehn jonisclien Säulen getragenen Bauwerks isliJas Ültesle Bei-
spiel für einen, nacli echt griecliisclier Weise durah slreng ar-
chitektonischen Aufbau ausgezeichneten Sarkophag, der nnir
in seiner festen Geschlossenheit weit eher das 'monumentale
Grahhaus', als den leichten Prothesisbaldachin darzustellen
scheint'. Er ist zugleich der älteste bis jetzt bekannt gewor-
dene Verwandte des sidonischen Sarkophags der Klagefrauen,
der gewiss nicht zufällig ebenfalls dem griechischen Osten ent-
stammt, wie der ihm etwa gleichalterige Holzsarg von Panti-
kapaion (zuletzt abgebildet bei Harndy-Bey und Th. Reinach,
Nevropole de Sidon, Text S, 249). Sarkophage mit sti'eng
dorischen Formen scheinen im grieuhischen Westen bevorzugt
worden zu sein. Zwei Beispiele birgt dasMuseum in Girgenti,
die noch dem fünften Jahrhundert vor Chr. angehören könn-
ten ; mit ihnen verwandt ist wiederum der Sarkophag des
ScipioBarbatus, Baumeister, Üenkmäler IIIS. 1557 Abb. 1621.
Die vier Wände des eigentlichen Behälters sind von einer
10"* breite Leiste umrahmt. In den dadurch geschaffenen Bild-
feldern stehen auf den Schmalseilen je zwei, auf den Lang-
seiten je drei Säulen in gleichen Zwischenräumen, deren tra-
pezförmig nach oben verjüngte Basen von der kanonisch at-
tischen und jonischen Form ebenso verschiedeo sind, als sie
' teil halle damit an Sludtiicxkas ersler Meinung K^gen dessen zw
Jaljrbuch IX, 1894. S. 234 fest.
ATHEN. HITrHBILUNaEN XXV. 14
?I0
TH. WIEOAND
sich der zuerst beim Heraion in Samos beobachteten Form
nähern, deren Unterteil aus einer leicht eingezogenen, bori-
Eontal canellirten Scheibe besteht. Ausser in l^cri ßpizephy-
rii (Petersen, Rom. Mitth. V, 1890, S. 178 fT.) sind solche
Formen seitdem von W. Wilberg in Jeniköi bei Troja (an der
Hauptstrasse, als Brunnenstein benutzte Scheibe) und von mir
in Myus gefunden worden. Bei unserem Sarkophag freilich
fehlt den Basen das polsterartige obere Glied, sie bleiben des-
halb ohne genaue Analogie. Ähnlicher ist die Basis der joni-
schen Säulen des Tempels von Phigalia, wo der Tofus sehr
niedrig erscheint (Mauch, Stilordnungen Taf. 37,8).
i^^/^^^^^^My^^
Bei der Gesammtproportion der Säule und des Capitells liat
man die Darstellung olTenbar sehr gekürzt. Der 4*" über
den Kasten vorspringende Dach rand, dessen vertikaler Teil mit
einem steifen Blaltslab geschmückt ist, bietet ein vorzügliches
Beispiel für jene Verkleidungsleclmik, deren hervorragendste
Beispiele bisher namentlich in Sicilien, Olym-
pia, Thermon , weniger in Kleinasien festge-
stellt wurden Jedes zweite Blatt dieses Rand-
schmuckes ist rot bemalt. Rote Farbspuren
zeigen auch die Akroterien. Die ohne Zweifel
einst vorhandene blaue Farbe ist überall geschwunden. Nicht
ausgeschlossen ist , dass sich in den Intercolumnien Male-
reien befanden, wie bei dem erwähnten Holzsarge aus der
Krim^ sichere Spuren davon habe ich jedoch nicht entdecken
können.
ANTIKE SCUl.PTtniEN IN S^MO!' 'Hl
Die votutRRlÖi'inigen Akroleriea an i]pri Ecken mit ihren
r kleinen /wii;kel|)ulmettcn, der strenge KiiHlscIiinitck, <lie siib-
f lile Technik iles linear arbeitenden Meisseis, finden üii-e Ana-
I logien an altisolien Biiuresten aus dem Persersohutt (vj^l. z.B.
Antike Denkmäler I Tat 50, Dorm, llaukunst Jer Griechen^
■ S 157), zu denen auch einige auf Bchwar^figurigen Vasen des
I VI. Jahrltunderls ahgehildete Bauwerke, namentlich Brun-
' nenliauser ( vgl, z B. Antike Denkmäler II Tat. 8) stimmen.
I In das sechste Jahrhundert vor Chr werden wir auch diesen
! Sarkophaji; setzen, der uns somit ein schönes Beispiel für die
Sepulkralplastik der Zeitgenossen des Polykrates liefert.
I?4. ( Inv, Nr. '21.) Rechteckige Aschenkiste von Mar-
mor, aus MiTulr^oiiot. Höhe 29"". Länge 49.5. Tiefe 34.5. Oben
in dei- Mitle der Schmalseiten eine vertikale flache Einarbei-
tung von G™ Lange mit einem Loch am unteren Ende. Römi-
sche Zeit. An drei Seiten mil plumpen, gänzlich unausge-
führten Guii'landen umgeben, an der vierten nicht decorirt. Der
Deckel fehlt. .\n der vorderen Langseite über der Guirlande:
'AYa6TiLiipo( {t)oü
Unter der Guirlande, später als die obere Inschrirt:
*H(iax>ta 'AXtou /_9i,o(.
Vgl. KpTiTiiti^-ni;, ToTtOYpst^ia ttj? 2i[jiov S. 75,4 (bei 'A. Nmo-
Xiou in MiTu^yjvaiQi}; die 'Ey>iuipt( -tu? 'Hyiuovigt; ^«(aou 1895
Nr. 40 S. 165, 14, 2 giebt irrtümlich Tigani als Fundort an.
£T«fji!«Tii8Ti:, Satfiiaotit' S. u.'. 5'2 (damals in seinem Besitz).
195. (Ohne Inventarnummer.) RniehsLück eines Frieses
(oder Sarkophages) aus weissem IMarmor. Oben ein Stück des
Randes. Höhe 40"°. Breite 52, Dicke 10. Schwebender ßros
zwischen den Ansätzen von Guirlandea aus Blutlern und
Früchten, die ülier seinem Kopfe durcli eine Tänie zusam-
mengehalten werden. Ilellenistiscb. [Fbedbich].
126. (Inv. Nr. 131 } Fiagment eines Ornamentfrieses.
Höhe etwa 25'", Liinge etwa 70. Links AnschlussUäche, rechts
212 TH. WIEfiAND
Bruch. Eine wellenförmige Rlätlerranke von flolter Zeich-
nung ziehl sich unter einem HüersUh mit Aslragal her, wel-
che den nberen Hund ubscliliesst. Jedesmal in dem sioh nach
unlen Öffnenden Uogen der Ftunke eine Blüte in Oheransichl-
Vermullicli noclt hellenistisch und ursprünglich wol uIr Ar-
ehilrav oder Thllrumralimiing verwendet.
l'il. (Inv. Nr. l'iy. ] Platte von einem längeren Ürna-
mentfries. Ilölie 36,5™. Länge 9"J, Dicke 13 (abgearheitetj.
Oben links Rest einer U-förmigen Klammer (i 1). Das
rechts oben gebrochene Fragment war später als Schwelle ver-
mauert lind ist daher Stack abgetreten. Aus einer ßlätterstaude
springen zwei sieh nacli links und rechts bogenförmig nei-
gende Ranken auf. Verschiedene Rosetten, tulpen- und ara-
ceenartige Blüten setzen sich an. Im Zwickel zwischen den
beiden Ranken eine grosse Blüte mit zwei Knospen. Das
Rankenwerk, oben und unten von schmalen Leisten eingefasst,
setzte sich beiderseits auf die Nacbbarplatlen fort. Gute, grosse
ä
ANTIKE SCULPTCBEN
fZeicIinung, wol hellenistiBch. Die Abbildung giebL recbts
V.oichL ilie j^anze erbultene l^änge wieder.
1?S. (Inv. Nr. SU.) Frügment eines jonischen Capitelis.
Die MiLle dci
Polsters
ngezogenei
n'izonlül sieb entwickelnden Hankenspi-
ralen, die von zwei gedpeblen, verlical verlaufenden, seilar-
tigen Släben eingel'usst sind. Von da nacb den Rändern bori-
PBEontale, lange AkantbusblüUer. Die ganze Lange des seitlicben
Polsters betrug etwo 96"° Die Canüle der Volute sind sebr
tief, auf Scballenwirkung berecbnel, eingescbnitlen, das Auge
dagegen ist völlig llach. Vielleicbl nocb hellenistiscb.
129. (Inv. Nr. 100.) Korinlbiscbes Capilell- Höhe
39'°"- Die ovale Form des Halses beweist die Zugehörigkeit zu
einem Pfeiler. Römisch.
130. (Inv. Nr. 33. 106. 115.) Drei Simen- Frag-
mente. Gefunden heim Mau der grossen Strasse nucli Chora.
i
214 ANTIXB ST-ULPTOniN IN BAIIOS
!) Höhe 18-, Länge 44. 2) Höbe 21-. Länge 23 3) Höhe
13—, Länge 38. Es sind Pragmenle von späten Gebäuden,
elwa in der Art der rohesten ReparaturstQcke der Sima dps
olympischen Zeustempels.
131. (Inv. Nr. 91.) Joqisches Gapitell aus i^miseher
Zeit. Breite 40—, Tiefe 35,5. Der obere Säulendurchmesaer
betnig 28—. Braune Patina. Kyma sehr Qach. Das Polrler ist
mit Schilfblältern decorirt. Die Caoäle der Volute sind senk-
recht eingemeisselt, nicht rundlich gehöhlt.
132 und 133. ( Inr. Nr. 88 und 90.) Korinthische Ca-
pilelle BUS Bpätrömisch-byzanlinischer Zeit. 1) Ilöhe23,5— ,
Breite 26,5, Halsdurchmesseretwa 17. 2) Höhe 21,5-, Breite
31, Halsdurchmesseretwa 21.
THEODOR WIEGAND
NEUE UNTERSUCHUNGEN IN ALEXANDRIEN
(Hierzu Tafel IX- XI)
1.
Die am 18. Oktober 1898 begonnenen Untersuchungen auf
dem Boden des alten Alexandreiu, die Mitte März 1899 vor-
läufig unterbrochen wurden*, hallen zunächst den Zweck,
Auskunft über die Bodenbeschaffenheit, über Lage und Zu-
stand etwa noch vorhandener Ruinen, sowie eine deutlichere
Vorstellung des von Mahmoud el Falaki festgestellten Strassen*
netzes^ zu gewinnen. Es war schwer, sich in (logarths pessi-
mistische Anschauung, dass von der Stadt der Ptolemäer gar
nichts mehr zu erfahren sei, widerspruchlos zu finden, zumal
seine Sondirungsschachte hauptsächlich der mutmasslichen
Stelle des Alexandergrabes gegolten hatten und er in dem ei-
gentlichen Bereich der Königspaläste nur wenig gearbeitet
hatte ^. Auch die Ausgrabungsthätigkeit Bottis , des regsa-
men und verdienstvollen Conservators des alexandrinischen
Museums, hatte sich, nach wenigen resultatlosen Versuchen auf
diesem Gebiet, in letzter Zeit ganz auf das *Serapeum' bei der
* S. Arch. Anzeiger 1899 S. 133: erster Bericht von Th. Schreiber über
ff
die Ausgrabungen, und dessen Vortrag in den Verbandlungen der 45. Ver-
sammlung deutscher Philologen S. 344.
2 Vgl. den Artiicel 'Alexandreia* bei Pauly-Wissowa I (Puchstein). Eine
Originalzeichnung des mahmoudschen Planes in Bleistift befindet sich in
Bottis Besitz im Museum zu Alexandrien. Die Strassenbezeichnung gehr
auf Mahmoud zurück: Ra , Ra u s. w. sind Querslrassen westlich von det
Hauplstra<>se Ri ( Süd -Nord), La , La u. s. w. Längsstrassen, nördlich von
der kanopischen Strasse (Ost-West).
3 fieporl on prosperts vf excavation in Alexandria. Egypl Exploration Fund,
Arch. Report 1806. Vgl. jelzt auch Hogarths Bemerkungen Journal of
Hell, studies 19 S. 326.
'Pompeiussäule' Concentrin. Mahmoud el Palaki aber hatte
zwBF einen grundlegenden Plan gescbalFen, Jedoch übpr das
genaue VerhallniBS dieses schon von ihm als späi erkannten
Sli-assennetzes zur helleniBtischen Stadt hatte er keine Auf-
klärung gesucht und sich auf wenige andeutende Bemerkun-
^n beschränkt- Auch von der BescbaiTeDbeit des Strassen-
körpers wünschte man sich ein deutlicheres Bild zu machen,
als es sein Memoire sur Vantique Atexandrie, Kopenbugen
1872, S. 26 ff. geben konnte. Über die Bautechnik in gi-ieclii-
scher Zeit war noch alles zu lernen; denn dass Aluxandrien
ausschliesslich tstne Backstein Stadt gewesen sein sollte . witt
Trüher behauptet wurde, war doch eine reine Hypothese und
nach dem, was wir an anderen Orten von der Bauweise des
Hellenismus gelernt hatten, auch wenig einleuchlesd.
Die Frage, wo der Spaten angesetzt werden sollte, war nicht
einfach zu entscheiden. Die Untersuchungen sollten im altes
Bruchium auf dem Gebiet der Paläste beginnen, die acbon zu
Strabons Zeit den dritten oder vierten Teil der Stadt einnah-
men*. Mehr als die Hälfte davon ist heute von den neueraa
Stadtteilen bedeckt, und im Obrigen sind Reste monumenta-
ler Bauten an alter Stelle, von wenigen Quadersetzungen und'
Backsteinruinen am Ufer' abgesehen, nicht sichtbar. Die Lage
der grossen Bauwerke in ihrer Auleinanderfolge von der Halb-
insel Locliias bis zum Heptasladion ist zn'ar durch Strabon
klar gegeben, jedoch bleibt hei der grossen Entfernung zwi-
schen diesen äussersten Punkten für fast jedes Denkmal im-
merhin noch ein weiter Spielraum.
'Eunof>iov, ittaittiauii, viu^tx liegen unter den Häusern des
' mrabon793.
' Die grossen ßackkleiiisubsiructionen am nordösllicben Pusse des Ports
Kom-El-Dik, Ton denen aus lloKarUi seine .^tulten ins Innere des Hügels
trieb, gehören wol kaum mehr in den Bereich des Bruchiums, ds destea
Süilgrenzc die kanopische Strasse war.deren Linie im allgemeinen die heu-
tige Rue Üosette iDnegehalteii bat. Uuttis Anselzung der Hauptstrasse Weiler
südlich und ausserhalb der arabiscbeii l-'es tu ngs werke ( im Plan de la vilU
d'AUxandrie, Mimotre pri^enU i't la »ucifif archeologiijue d'Alexandrie 1899)
bat mich nicht überzeugen können.
NEUE ÜNTEBSt^CHtNr.EN IN A
\ Boulevard Ramie' und den wesllich davon gelegenen Quar
L tieren für alle Zeil liegcaben. Das Caesareum ist dank der An -
Lgabe des PlJnius ilui'cli die Iteiden Obelisken wenigstens ei-
Inigerfnassen fixirl-. Wie weil aber seine Mallen, Säle, Haine
Bund Wohnungen nach Osten reichten und ins Innere der Sladt
I griffen, ist schlechterdings nicht leslzustellcn \ Ausser der
LLochiashulbinsel bleibt dann nur die Stelle «les Theaters*
annähernd bestimmbar. Nach Strabon lag es zwischen den
Palästen (ta tvSoTtpu paiiina) und dem Caesareum. und man
wird es uline Zweifel d;i zu suchen haben, wo noch lieute
die einzige stärkere Itodenerhebung zwischen ileptastadion bez.
Caesareum (d. b. etwa Babnhol' Itamleh) und Lochia» liegt.
• Die Qranil - und Porpliyrsäulen. die Ilogarth bei seinen dtirligen Un-
EersuchuntiCL'n fand ( a.a.O. S. 10. 11 1 müssen in jenen Anlagen gohörl ha-
ben. Die Veränderungen in diesen Oegendun slammen iura grossen Teil
erst aus der jüngsten Zeit. Vor ^25 und 30 .laliren standen auT der Linie des
Boulevard HamU KalFeeliäuser — am UTer. Das Meer reichte noch bis in die
Nähe der Place Mohamed-Aly.
' Plin. 3ö, Gn. Über die Reste grosser Quaderfundatnente, die 1874 zwi-
schen dem Standort der Übehsken und der Synagoge bei Gelegenheit von
Neubauten gerunden wurden, von denen aber leider keine Aul'nahiiie exi-
stirt, vgl. NeruulsDK, L'nncienne Alexaniiri«, 1888, S. H II. Vaujannj, ein frei-
lich elwai« zweirelhafler Gewährsmann, hat dort an der Küste seihst, im Was-
ser, Soudirungeu vorgenommen und weiss von starken Kalksteinmauern
3-4o> unter Wasser zu berichten. Br verfolgte die Reste bis zu 1?0<" ins
Meer hinaus, gerechnet von dem arabischen Feslungstnrm beim Ramleh-
Bahnhuf (Vaujann;, Rtcherches lur l'aiin
H 10. \i\. Die niHcbtigeu Geisa aus Nui
trommein und andere Baureste, die heule
neben dem genannten Turm liegen, geradi
liskeii standen .kann man elgenllicb nur mit dem Caesareum in Verbindung
bringen. 189'3)D3 bat auch Butti hier gegraben, ohne grossen Erfolg.
^ Man ist bei der Anlage der neuen Strassen und Häuser südlich vom
liamleb' Bahnhof natürlieh sehr häulig auf antike Fundamenle geslossen.
An der (stelle, wo die deutsche Schule steht, wurde ein Gebäude gefunden,
voll dem, dank dem luleresse, das Herr H. Bindernagel an den archäolo-
gischen l-'orsehungen in Alexandrien nimmt, weiiig^teus eine l'lanskixie
evistirt. tls lag südlicli von der Strasse Li in der Ecke, den diese mit
R( bildete. Rt lag etwas westlich vom Gebiet der deutscheu Schule.
* Paulj-Wissowa I 8. 1385, 16.
Aleianiirie tl la basae bggple
itilen-Kalksteiu, die Säuten-
Ufirr unmittelbar südwestlich
der Stelle, wo einst die Übe-
2!8 F. noax:k
Ks ist der Flügel, dessen südlichen Teil das Gebiet des Gou-
vernement-Hospitals bedeckt, während der nördliche Teil, der
von jenem durch den Einschnitt der Ramleh- Eisenbahn ge-
trennt ist und das Gebäude der Küsten wache trägt, bis an
die Küste reicht. In seinen obersten Schichten ist er ziemlich
neuen Datums. Denn er wurde vor 100 Jahren mit napoleo-
nischen Festungswerken bedeckt, durch welche die arabische
Stadtmauer verstärkt werden sollte*. Wie die Wälle, so ha-
ben auch die Gräben der Franzosen das Terrain gewiss stark
umgestaltet und umgewühlt, aber sie sind doch nur wieder
in Schuttmassen eingedrungen, die sich hier schon in alter
Zeit angehäuft haben müssen. Denn für die ursprüngliche
Höhe des natürlichen Hügels haben wir jetzt wenigstens zwei
feste Anhaltspunkte: er erhebt sich jetzt im südlichen Teile
des llospilalgebieles 8.16™ über dem Meere, in dessen nörd-
licher Ecke 3.5™2. Beide Punkte liegen etwa 350*" von einan-
der,und innerhalb dieser Entfernung lässt sich ein wesentlich
stärkeres Ansteigen des ursprünglichen Rodens nicht anneh-
men. Wenn sich nun gerade an dem nordwestlichen Abhang
dieses Hügels Schutlmassen bis zu mehr als doppelter Höhe
(etwa 18'") anhäufen konnten, so möchte man das am lieb-
sten den Ruinen eines besonders hoch aufragenden Bauwer-
kes, eben des Theaters, zuschreiben. Immerhin hat man auch
da noch mit solchen Ausdehnungen zu rechnen, dass ein Auf-
finden der thatsächlichen Lage des Theaters, wenigstens heute
noch, nur einem glücklichen Zufall verdankt werden kann ^.
* Für das Studium dieser Veränderungen haben uns die Karlen der Mu-
nicipalität gute Dienste geleistet. In Zukunft wird nur die Anhöhe mit der
Victoriasäule im Hospitalgailen, zu der die am weitesten nach Osten vor-
springende Basti'in benutzt worden ist. eine Erinnerung an jene Befestigun-
gen bewahren. Auch über das Schicksal der übrigen— arabischen— Festungs-
werke ist schon entschieden: sie werden der sich überall mächtig ausdehnen-
den Stadt weichen und demnächst abgetragen werden. Das wird eine
der wen igen, aber um so w ich l i geren Gelege n hei teii sc in, wo ar-
chäologische Beobachtung zur Stelle sein muss.
2 Nach meinen Nivellements in unseren Versuchsgräben lii und E.
^ In E fand sich, nicht viel über dem gewachsenen Boden ein verhällniss-
NEUE UNTERSUCHUNGEN IN ALEXaNDRIEN 319
Unter dieBen Umständen hätte nun wol an der Hand von
Mahmouds Aufnahmen mit einer neuen Untersuchung der
Strassenanlagen der Anfanjt gemacht werden können, wenn
sich nicht ein bestimmter Punkt dargeboten hätte, wo mit der
Arbeit zu heginnen sich aus verschiedenen Gründen emp-
fahl (vgl.Taf. 9). Es handelte sich um den Siidrand des llo
spitalgebieles.vvo im Jahre vorher zumZweck der Steingewin-
nung für einen Mauerbau 'l'iefgrabungen vorgenommen wor-
den waren. DieBe Arbeiten zerstörten zunächst die arabischen
Festungswerke ( Festungsmauer und ausgemauerten Graben)
von der Westgrenze des Hospilals an ostwärts bis über den
Platz der im Sommer I899uufgerichtetcn Gedenksäule für den
Sieg beiOnidurman '. Südlich vom Festungsgrahen und unter
der Keslniigstnuucr slicss m^n auf langgestreckte antike Qua*
derfundamente die noch im Februar 1898 von Dörpfeld gese-
llen wurden. Sie wurden zerstört, leider ohne dass sie vorher
aufgemessen und pliotograpliirt worden wären. Bolti hat nur
eine kurze Noliz darüber gebracht'.- Les restes d'iin grand
massig langer (^.^S"! und sclimaler |0,34"), iweiseiliger Archilrav aus
hläiilicliein Marmor. Doppelle Fit«cie, Plätlchen und Kjma als Abschluss-
leisle. Die zahllosen Mamiorspliller in seiner Umgebung lassen veimulen.
dass der Siein an dieser SIelle bearbeilel worden oar. Nicbis aber deulete
auf die unmitlelbaie Nälie irgend eines antiken Gebäudes.
' Eine pritale Anlage des Herrn Dr. Scliiess - Bej. Siiule, Kapilcll und
plastischer Sjchuiiick sind antik.
» ßutlelin de ia sotUU anMologiifue d\4lexandrie (, 1898, S. 57,
220 F. NOACK
^difice en grands blocs de calcaire furent mis au jour : ä
ce qnil me fut permis de voir ie'difice snivait Valigne-
ment de la nie L2 * // etait decore de colonnes en calcaire
compact ; on etait ä 0 mctres au-dessous du niveau de la
rue Gallici^Bey, Ich füge hinzu, was ich durch Ausfragen
der verschiedenen bei dem Unternehmen beteiligten Personen
erfahren konnte. Die Quadern sollen z. T. von solcher Grösse
gewesen sein, dass man sie an Ort und Stelle zerschlagen
musste, um sie wegschaffen zu können, d. h. etwa Quadern
von der Grösse, wie sie in unseren Gräben gefunden wur-
den. Wenn aber die aus dem so gewonnenen Material erbaute
neue llospitalmauer Lage und Richtung des allen Gebäudes
bezeichnen soll, so steht das im Widerspruch zu Bottis An-
gabe. Die Richtung der alten Strasse L2 ist nach Mahmouds
Aufnahmen und unseren weiter östlich gemachten Funden
eine andere als die der neuen llospitalmauer und der jetzt
Rue des Allemands genannten Strasse [Rue Gallici-Bey):
die antike und die moderne Strasse convergiren nach Osten.
Jene 1898 zerstörten Fundamentreste müssen, im südwest-
lichen Winkel des Hospitaigebietes« etwa 30"* südlich von der
antiken Strasse gelegen haben; längere Quermauern sollen
von ihnen nachNorden, d.h. nach der Strasse L2 hin, abgegan-
gen sein. Die moderne Zerstörung hat also gerade das Innere
eines von der arabischen Befestigung noch leidlich verschon-
ten Gebäudes betroffen, dazu noch gerade den Kreuzungspunkt
von L2mit der Querstrasee R3 . Um so mehr ist es zu bekla-
gen , dass zu jener Zeit die wissenschaftliche Beobachtung
eine so ungenügende war. Unter den Fundstücken befinden
sich zahlreiche, ziemlich dicke Säulenstümpfe aus rotem und
grauem Granit, die zunächst — ebenso wie in den noch erhal-
tenen arabischen Mauerreslen weiter östlich — in derFestungs-
mauer verbaut gewesen sein mögen. Sie gingen durch die
ganze Dicke der Mauer wie mächtige Binder, und wirkten
zugleich in regelmüssigen Abstünden mit ihren kreisrunden
Schnittflächen als Dekoration der Aussenseite. Doch beweist
diese sehr späte Verwendung der Säulen sehr wenig für ihren
NEUE IlVTEHSUrHUrjflEN IM Al.EXANDBIEN 221
ursprünglichen Standorl ; sie können ehenso gut verschleppt
sein. Man hat noch ganz andere Koloase von Säulen. Basen
und Kapitellen auf grosse Rntfefniinven durch die Stadt tl'ans-
poi'tirl'. Darf man hei jenem Fundament also nicht an eine
Halle denken, die. sich an der Strasse selbst entlang /.Oft, so
gehörte ej doch vielleicht zu einem grösseren l*eristyl, wenn
man aus anderen Funden dieser Stelle schMessen darf. Es ge-
hören niimlicli zu diesen, die Herr Dr. Sehiess -Rey, der Di-
rektor des Hospitals, dem Museum geschenkt hat, zwei kösl-
liclip Kalksteinkapitelle mit gut erhaltener lehhafler Polyehro-
mie. Das eine Kapitell ist rein korinthisch, das andere eine
Umsetzung ins Ägyptische der Art, dass an die Stelle der
Akunihushiätter ein doppelter Kranz von Papjrushiüten ge-
treten ist, und dass auT der einen, dadurch als Vorderseite ge-
kennzeichneten, Seite je eine Uraeussclilange, die sich auf ei-
ner kleine Blüte erhebt, den Raum zwischen den Stengeln
der innenvolulen und der Mitlelbtüte lullt. In den Zwickeln
zwischen den naturalistisch behandelten Innenvoluten und
den stilisirten Kckvoluten hüben zwei Seiten Ulüten, zwei da-
gegen Rosetten. Auf jede Seite des Ahakus ist die gellügelte
Sonnenscheihe gemall*. Höhe des Kapitells 0,37'", unlerer
Durchmesser 0,535, oberer 0,'39"'. In der Nälie dieser Fund-
stätte nach weiteren Überresten zu suchen, schien daher das
Gegebene, zumal Herr Dr. Sehiess- Hey uns in freundlichster
und höchst dankenswerter Weise entgegenkam und uns auch
für die ganze Dauer der Arbeiten dieses Winters ein lielles
< Am Regierungshafen liegen 11 grosse jünisclie Saulenbasi;ri aus ruteiii
Granit; PtiDtlie, Turi und Holilketile aus einten Stück. Die l'liDlhe 1,()35'-
laog und tireit, dieganxB Basis (3,üS'" lioch. Auf ilerOberllächeisl die Stand-
spur iler Säule durch eini^ Ftiulinie marklrl : dunacli war der unleie SSu-
lendurcltniesscr 1.17°. Bine dazu passende t^üule liegt in der Nülin am
Ufer. Vollkoramen gleich isl alter die Basis, auf der die Oni<lurinan$üule
stell! ; diese soll, Basis, Sllule und KapileJI, aus dem Üereicli der nahen
licole Menasce slammen. Da sind also einmal solche gewaltige Qructislücke
de<^selhen Baues durch die ganze Stadt verschleppt worden t
> Kurz erwähnt von Bissing, Arch. Anzeiger 1899 S. 58. und heschriehen
Ton Bolti, tiutUlin 1, 1898, S. 60. Nr. 14. 15.
'-J
222 P. NOACK
geräumiges Zimmer in dem llospilal zur Verrügung stellte So
wurde denn der Hospitaihngel zur Basis unserer Unterneh-
mungen. Dass uns auch Flerr Dr. Botli, Herr A. M. de Zogheb
und die Municipaliläl, besonders die Herrn Dielricb-Bey und
Arkudaris durch mancherlei Aufklärungen und Mitteilung
ihres wertvollen Kartenmateriales. sowie die englische Kom-
mandantur der Küslenwache auf das Freundlichste entgegen-
kam, sei auch an dieser Stelle dankend hervorgehoben. Von
der Behörde in Cairo war der Permess zu Sondirungsarbei-
ten bereitwillig gegeben worden.
2.
Von dem llospitalhügel ausgehend , wurden die Untersu-
chungen während der fünf VVintermonale über ein Gebiet, das
sich etwa durch die mahmoudschen Strassen Ri und R3 im
Osten und Westen, L2 im Süden und durch die Küstenlinie
einschliesslich der Lochiashalbinsel umschreiben lässt — nur
im Süden wurde diese Grenze an einer Stelle überschritten — ,
also über einen sehr beträchtlichen Teil des alten Bruchiums
ausgedehnt. Im Vergleich zu den grossen Entfernungen —
grösste Längsausdehnung etwa 1200™, grösste ßreitenaus-
dehnung etwa 600™ — waren die einzelnen Versuchsgräben
natürlich nur sehr beschränkt, haben aber immerhin die Bo-
denverhältnisse an sehr verschiedenen Stellen kennen gelehrt.
Es lag im Verlauf der Arbeit begründet, dass die Untersu-
chimgen sich immer mehr auf die Frage nach i]ev Strassen-
führung concentrirten. lürst damit wurde es möglich, Anhalts-
punkte für die relative Datirung der einzelnen Bauschichlen,
die wir gefunden hatten, zu gewinnen. Denn wenn auch aus
dem jammervoll durchwühlten Boden kaum irgendwelche be-
merkenswerten Einzelfunde zu Tag gefördert wurden, so wird
die folgende Übersicht doch so viel zeigen können, dass die
oft recht mühevolle Arbeit nicht unbelohnt geblieben ist.
Ich schicke ein kurzes Verzeichniss der einzelnen Versuchs
graben voraus (vgl. dazu Taf. 9).
NEUE UNTERSUCHUNGEN IN ALKXANDRIEN 223
I. Hospilalhügel. Graben A und B\ , zwischen 50™ und 80™
nördlich von der neuen Südmauer des Hospitals und der Rue
des Allemands. Graben A bahl zu Gunsten von B\ aufgege-
ben. B{ : grössle Ausdehnung (Nord-Süd) etwa 28'"; höchste
Erhebung des modernen Bodens 20™ über dem Meer; der
ursprüngliche Felsboden wurde bei 6,5™ Meereshöhe er-
reicht.
El etwa 20™ nördlich von B{ , von Osten nach Westen ge-
führt, 16™ lang und 6™ breit. Moderne Bodenhöhe etwa 17™
über dem Meer, Tiefgrabung bis zu 7,5™ Meereshöhe.
C-Fam nördlichen Abhang zwischen Hospital und Eisen-
bahn-Einschnitt.
C: Kichtung von SO nach NW. Moderne Bodenhöhe etwa
17™, Tiefgrabung bis 8,24™.
Dl Hechtwinkelig zu C, an dessen nordwestlichem Ende,
der natürliche Felsboden wurde bei 6,5™ erreicht.
E: Nördliche Ecke des Hospitalgebietes, nahe dem Bahn-
übergang. Heutige Bodenhöhe 13,28™ (Südwest- Ecke) bez.
11,73™ (Nordost- Ecke), bei 3,48™ natürlicher Boden. Ge-
samtlänge 21™.
F: Nahe dem nordwestlichen Abhang der 'Victoriasäule',
bald aufgegeben.
G: Grabungen hart an der neuen Südmauer des Hospitals.
Auf einer Slrecke von 70™ längs der Mauer wurde an drei
Stellen — zusammen fast 40™ lang — gegraben. Es gelang nicht,
noch etwaige Beste des oben erwähnten antiken Fundamentes,
wie man nach den gesammelten Aussagen hoffen konnte, zu
finden, obwol bis zu 8™ Tiefe und bis die neue Mauer gefährdet
erschien, gegraben wurde. Doch fällt auf einige Mauertrüm-
mer, die wir hier fanden, durch den Vergleich mit den Fun-
den in B{ etw^as Licht.
II. Bauplatz unmittelbar östlich von der icote Meuasce
und dem Garten des Museums, von dem Besitzer, Herrn Ni-
kolas E Tambaco freundlichst zur Verfügung gestellt, ein
Rechteck von 62 zu 50™, inmitten der von den mahmoudschen
S34 P. NOAClt
Strassen Li L2 R2 R3 begrenzten Insula ^ Heutige Bodenbölie
14,6" (Süd), 13.73" bez. 13,52" (Nord). Der natürliche Bo-
den wird im südlichsten Graben {H^) bei 10,36" erreichl,
fällt schon hier nach Norden zu rasch um 3", liegt in der Mitte
des Terrains (^4 . Schacht) nur noch 4,2" über dem Meere,
und am Nordrand {Hz) werden nach einer Tiefgrabung
von 12,5" einige Quadern in alter Lage bereits im Grund-
wasser gefunden, etwa 1" über dem Meere.
III. Nördlich, östlich und nordöstlich vom HospitalhOgel..
J: östlich von der Omdurman -Säule, zwischen liue des Al^
lemam/s und der arabischen Festungmauer z. T. in und un-
ter dieser selbst. Heutige ßodenhöhe durchschnittlich 13". Der
Felsboden wird bei 4" -3,8" eri*eicht, Boden des Felskanals
1,4" über dem Meer.
iT (an der Küste): Ki östlich von Lochias am Uferabhang
abgegraben bis zum Pflaster der (bei Mahmoud nicht verzeichne-
ten) nördlichsten antiken Strasse, 5,5" über dem Meere ^.
K2: Verschiedene kleine Untersuchungen innerhalb des
Forls Silsileh (Lochias).
1) Nordost-Seite: Pflaster von Ri freigelegt, 5,2" über dem
Meer. Darunter Rest eines Kanals, daneben cylindrische Ci-
sterne; die erhaltenen Pflaslerreste reichten nicht mehr über
sie hinaus.
2) und 3) Nordwest- Seite und West-Seite. Kleine Reste rö-
mischen Mosaikbodens aus Agath und anderen edeln Steinar-
ten, 4,5" und 5" über dem Meer.
4) Beim Eingang zum Fort, hinler späterem Mörtelmauer-
werk einige Quadersetzungen ohne Verband, hellenistisch, im
Meeresniveau.
K3: Bei der Ableitungsröhre des Hospitals im Ufersand
wurde ein längeres Fundamentmauerwerk, Reste von Säulen-
basen und ein jonisches Kapitell freigelegt, im Meeresniveau.
* Ra ist unter dem Museumsgebäude, die uördliche Fortsetzung in Bi und
Di gefunden worden.
' Auf Taf. 9 ist diese Strasse nicht angegeben. Bei Fortsetzung der Ar-
beiten müsste diese Stelle eingehender untersucht werden.
■t ALEXANDRIRN
A'4 : Grieeliisclies Quaderwerk oline Verband in der Nord-
OBt-lilcke des lluinenvorsprungs (des sog, römischen Turms
unlerlialb der Kiislenwaclie) '. im Meeresniveau, 5-6 Scliieli-
len liocli. von uns nur auf wenige Meter freigelegL; es fülii't
nacli Westen und Süden in die liier besonders liocb aufra-
genden Erd- und ScIiuUmassen hinein und verdiente verfolgt
zu werden.
L\ Graben etwa 32"' lang, in der Hiclilung und neben der
Strasse R-j und elwas südlich von dem Kreuzungspunkl mit
der Mahmoud gleichfalls unbekannten Strasse La. Heutige
Bodenhöhe 6,3"; die antiken Fundamente verfolgt bis zum
Grundwasser.
M: Kleinerer Einschnitt, etwa 50" östlich von J. hart an
der Sudseile der Festungsmauer. Bei 8,25"" Meeresliöhe das
mahmoudsche Pflaster gefunden.
• Diese Ruinen müssen es sein, die George Visconti Valenlia. rojrogei
and IraveU tu India ISOQ'tSOG ril S. Hl lieschreibl. in denen ferner H.
Ton Minuloli | Abhandlungen veimisclileii Inhaltes. II Cjclus 1, 1831, S. 15
Anm. t) AufräumunKsarbeilen Tomehmen lies», in denen er ein Gebäude
für Mepr- und amlere Büiler erkannte iValentia hatte Thonröhren inHürlel-
betten gefunden ), und an deren einer Seite ein kleiner Hafen zu erkennen
sei. Die Mauenüge, die diesen gebildet haben üollen, sind auf der West-
seite allerdings heute noch im Meere zu erkennen, aber sie gehören sicher
nicht zu einem Hafenabscbluss, da dieser ganze jeUl vum Meer bedeckte
Küstenslreifen mit all seinen unter dem Wasser noch sichtbaren (Juadcr-
selzungen im Altertum trocken gelegen hat. Diese Ruinenresle bestehen
aus römischem Backstein- und eisenhartem Gussmauerwerk, an das sich
landeJLwärls eine sehr regelmässig geschichtete — arabische— Quadermauer
mit rötlichem Mörtelverband anschliesst. Dazwischen ist jedoch landerOsl-
seitei noch der Rest von griechischem Mauerwerk aichlbar, aus gewalligen
Quaderblöcken {durchschnilllich 1" buch und l» breit, in drei Schichten
erhallen) ohne Verband. Sie ruhen auf einem Fundament von z. T. noch
grösseren Blöcken, die jetzt im Wasser liegen. Wichtig ist, dass dieser of-
fenbar hellenistische Mauerresl in seiner Richtung mit den langen Quader-
linien correspondirt, die einerseits an A't anschliessen, andererseits bis K»
z. T. im Wasser zu verfolgen sind, und mit den fundamenlen A'i selbst.
Oliwul diese sämmtlichen Quadergefüge. wie noch gezeigt wird, älter sind,
als die mahmoudsche Strassenanlage, so muss doch constatirt werden, dass
sie genau ebenso orienlirl sind wie diese überall da, wu ich deren
Orientirung nachprüfen konnte.
ATHEN. UlTTHi£lLI]Nr>i;N XKV. 15
226 P. NOAGK
iV^i.4: Kleinere Einschnitte östlicli von der Nordost -Ecke
des alten Lazarets, um Ri zu finden. Heutiger Boden Tföl"*-
6,32" Meereshöhe; bei 3,61'" noch immer Schultschicbten ;
in A^i spärliche Mauerreste, in A^3 der Oberrest eines Mosaik-
bodens (4,12*" über dem Meer).
iVb: Graben gegen 22"* lang (etwa SW nach NO). Heutige
Bodenhöhe 7". Das Pflaster von Ri 5'° über dem Meere, da-
neben bei 2,4'" feuchter Sand.
Schon aus diesen kurzen Angaben ist ersichtlich, dass wir
es mit ausserordentlich hohen Schuttanhüutungen zu ihun
haben; teils gehören sie in neuere und neueste Zeit, teils ge-
hen sie noch in das Altertum zurück. Während Schiciilen
richtigen Gerölles, die schon leichten Schlägen der Hacke
nachgeben, sich fast nur in den oberen Teilen finden und sich
aus z.T. modernen Ablagerungen erklären (H\ , G, D, E, J)^
IrefTen wir in grösserer Tiefe ofl in sehr dichter Aufeinander-
folge— schon aufS- 4*" senkrechten Abstand — zehn und mehr
Schichten aus massenhaften Geläss- Scherben gröbster Sorte, oft
vermischt mit Asche und Knochenreslen (C,D). Gewöhnlich
wird der Boden, je näher man den ältesten, hellenistisch -rö-
mischen Schichten kommt, um so fester und reiner (^^1,3,4, £*),
doch giebl es auch hier Ausnahmen und einzelne antike Ge-
bäudereste stecken inmitten höchst unerfreulicher Scherben-
und Schultmassen (//teilweise, L). Häufig stössl man auf
richtige Stollengänge, teils schriig in die Tiefe getrieben, teils
horizontal mit kürzeren seitlichen und verticalen Abzweigun-
gen (/1,Ä,Z). Die Lücken in den wenigen antiken Mauerzügen,
die wir gefunden haben, zeigen nur zu deutlich, dass dieRaub-
grahei' mit Erfolg gearbeitet haben. Ein besonders drastisches
Beispiel dafür bietet L, wo einige Säulenstütnpfe umstürzten,
* Durch das Aufwerfeii der hVstungsgräben sind jfiossi» Strecken gänz-
lich umgewühll worden, su dass alte Ablagerungen mit Scherben rüinisclien
Glases und römischer Thongefasse jetzt oft über Schutt und Müll aus die-
sem Jahrhundert lagern M, Ü),
als
NEUE ÜNTERSUCHUNOKN IN ALKXANDHIEN ?27
j f)is zum Fiisse freij^eiefit warpo.weil die Stylobat- und
i:
Fundamenlqiiadern darunter längst lieiaus^ebroclien waren.
Ein wictitiges lÜrgebnifs unsererUnlersucliungen ist, dasa
e ersren und ältesten BauresLe auf dem gewachse-
nen Felsboden rulien. Dessen BeHcbaffenlieit stimmt an
allen Beobachtungsstellen (öl .[D,E]. H-i ,J)m\i der Beschrei-
bung der Geologen überein. Kraas. Aus dem Orient S. 175f. '
beschreibt ilm als 'einen feinen Kalksandstein, der lediglich
aus Bruchteilen von Muschelschalen und wenig feinem farb-
losem Quarzsand besieht. . . anscheinend ist dies nichts wei-
ter als ein verbürteter Dünensand' und in der Thal lösen sich
die einzelnen Bruchstücke durch Zerreiben leicht in feinen
Sand auf. Wir dürfen also sagen, dass Alexandreia [wenig-
stens in seinen nordüstlicben Teilen) auf den nackten, nicht
einmal überall von Humusschichten Ledeckten iJünenboden
gehaut war. Die Ablagerungen der Hirten- und Küslenwächter-
Kolonie Rbakolls hallen sich soweit nicht ausgedehnt.
Wenn die von einzelnen Geologen begründete Vermutung
richtig ist'', so war selbst noch in fcühhistoriscber Zeit die
Mareolis ein offener Meerbusen, den nur eine Reihe von In-
seln aus härterem, gröberem Kalkstein [als der Bodenkalk von
Alexandreia) vom offenen Meer und der Pharosinsel trennte,
und die Tagereise, die Menelaos zurückzulegen bat, um von
Pharos nach Ägypten zu kommen (3 356), wäre durch die
[Liitfernung dieser Insel von dem ägyptischen Festland, d. h.
den südlichen oder i'istlichen Ufern der Mareolis zu erklären.
Die Zwischenräume zwischen diesen Inseln waren dann sowol
durch die Hebung der Küste wie auch durch die Ablagerun-
gen des feineren und auch geologisch jüngeren Kulksteinsan-
• Mir nicht zti^ängliul]. Das Cilal bd Janko. Das Della des Nil, Buila-
[lest 1890, Separalalidruok aus 'Milleiliingen aus dem Jahrbuclie der kgl.
Ungar, guolog. Aiislalt ' 111, 9. Die Kennlniss der Schrin verdanke ich R.
Lppaius, der sie mir nach Alexandrien schickle, und (ileichzeitig wurde sie
Diir auL-h Tun G. Scliweinfurlli als das beule, was in neuerer Zeit Qher das
Delta geschrieben sei, genanni.
» Janko a.a.O. S. 2<J0/JO(l. 330 f.
IJ
228
F. NOAGK
des geschlossen worden. Giebt es doch Beweise dafür, dass
derartige Veränderungen noch in neuerer Zeil am Gestade des
Della sich vollzogen haben, bei Cap Abuki^^ Auch in Alexan-
drien kann man an den meist senkrecht abgestürzten Ufer-
hängen des Osthafens vielfach beobachten, dass oft in beträcht-
licher Höhe über dem Ufersand und über zahlreichen Schich-
ten mit antiken Vasenscherben und fragmentirten Bauglie*
dern schmälere und breitere Schichten ganz feinen und rei- .
ncn Dünensandes abgelagert sind, die sich von dem natür-
lichen Boden , wie wir ihn in unsern Gräben erreichten ,
qualitativ nicht unterscheiden. Und in unsern Gräben selbst
trafen wir gelegentlich auf so harte und schwer zerstörbare
Sandsehichten, dass die Versuehun^'nahe
lag, nicht tiefer in diesen 'gewachsenen*
Boden hinabzugraben (Z?i , C, E) — und
doch lagen auch hier antike Kulturschich-
ten und Mauerreste und der wirkliche
ursprüngliche d. h. vor der menschlichen
Besiedelung vorhandene Felsboden oft
'ig 1 noch mehrere Meter tiefer. Da hierfür
jede Beobachtung von Wert ist, nenne
ich auch eine Stelle in Sidi-Gaber (zweite Station der Ramleh-
bahn); vgl. Fig. 1. Geht man dort an der malerischen Moschee
des Sidi -Gaber vorbei nordwärts der Küste zu, so trifft man
nach wenigen Schritten Beste der mit Basaltblöcken ge-
ptlaslerlen römischen Strasse (a), die sich eine Strecke weit
über dem hier senkrecht abfallenden und, wie man auf den
ersten Blick sagen wird, gewachsenen Felsen hinzieht. Sieht
man aber näher zu. so erkennt man am Fusse dieser felsen-
harlen Wand (A) und in einem etwa einen Meter in diese ein-
dringenden Einschnitt (c) zahlreiche ganz schmale SehicIUen
mit V^asenscherben. Auch hier hat man es also nur mit gros-
sen Massen abgelagerten und verhärteten Dünensandes zu thun,
der etwa in frührömischer Zeit (nach dem Pflaster zu schlies-
* Janko a.a.O. S. 329.
NKUR ['NTi
ll.RXANDillEN
) hiei'hfir geworfen wurde. In den meislen Füllen wir
m Dunen
bildu
Igen
durch den vom Wind tierlieisefiltir-
len Sanii han<leln. Doch sinil auch Rieinenlare Überschwem-
mungen im Stanite [gewesen, solche Veränderungen herbeizu-
fiihren. Wir wissen davon durch dieschriflMche Überlieferung.
Bei der Kaluslrophe des 'J I.Juli 365 z B. Aran^ die Flut bis
zu den im Süden der StadL gelegenen Scherhenhngeln. so dass
SchilTe unil harken an diesen (tivi tiüv «ipiaia») fealsassen'.
Von dem Dünensandst^in unlersclieidet sich der Kalkslein
aus den nahen Steinbrüchen von Me\,aus dem schon das llau-
malerial der antiken Stadt zum grossen Teil genommen wurde,
nur ganz wenig. El" ist etwas härter, im Brucli weisslicher unti
mit kleinsten nHlicIien und schwärzlichen Körnchen durch-
setzt. In Brocken geschichtet und zerstampft hÜdet er. viel-
leicht mit /usat7, von Wasser, einen festen Beton, der »uf den
ersten Blick sich von Steinplatten kaum unlersclieidet; wir
werden ihm in den Schichten des Strassenkiirperü begegnen.
Ausser diesem Kalkslein von Mex wurde — von den edlen Ge-
steinen natürlich abgesehen — als Baunialerial verwendet vor
allem der Nummiditenkalkstein. der am Mokailamgebirge bei
Cairn gebrochen wird. Er wurde zu Maueifiuadern, Grenz-
steinen der Strassen iJ], Säulenbasen und Kapitellen (im Ein-
schnitt der Ramlehbahn, A':{ und im Museum) und sogar, oh-
wol er gehr wenig dazu geeignet scheint, zu Skulpturen* ver-
• Neroulsos, faneitant Atexandrie S. 36 f.
* Die neuesten Fiinilo aus diesem MalerJEil stammen aus dem weslliclien
Vorort Gabtiari. der sich ütier der allen hei lenlsliseli - römischen
Westnekrupule (npoiicuov) ausdehnt (Strabon 7<J5. Ncroutsos a.a.O.
ä. 75. MinuLoli a. a. 0. S. I IT.). (:>ch()ti vur einiger Zeit hat durt die Soei^f
arcMoiogiqutit'Attxanilrie Grabungen veraii.'italten lassen und I3otti hat u. a.
auch ein grosseres Pelscugral) freigelegt, dessen Reslu conservirl werden :
Eine rechteckige GraUkamiucr mit ßach gewölbter Decke halle an iler einen
Schmalseite drei suhmale lange Grabkammern für je eine Leiche, wührend
eine längere Nische an der östlichen Laiiuseite von dem Millelraiira durch
i«ei aus dem l-'elsen gehauene durische i?) Säulen twischeii Antenprei|Brn
getrennt war. Die westliche Langseile war wol ebenso gestaltet ; erhalten
ist hier nur der nünlliche Pfeiler und der uulerble Teil der nüchslen S&ule.
Die in den Felsen der Küste angelegten Orahkammcrn sind auf eine weile
?30 F. NOACK
arbeilet. Ferner diente Uasalt, und zwar wirklicher Basall, als
Strassen pflasler, ebenso wie ein äusserst harter heller Kalk-
Sirecke westlich vom grossen Hafenmolo. wo die KohlenschifTe anlegen, im
Winler 1898/99 gesprengt und völlig zerstört worden, um Raum für neue
Quaianlagen zu gewinnen. Zahlreiche dieser Katakomben waren lange be-
kannt und schon früher erwähnt. Minutoli a. a. O S. 14 spricht von den
zierlich bemalten Wänden einzelner Kammern ; von einigen ausgedehnten
Anlagen hat er Planskizzen gegeben, darunter auch von den sogenannten
'Bädern der Kleopatra\die gleichfalls jenen Neubauten zum Opfer gefallen
sind. Viele Gräber sind durch die Sprengungen zum ersten Mal geölTnet,
viel mehr aber dadurch unmittelbar vernichtet worden. Soweit mir selbst liei
der sehr rasch fortschreitenden Zerstörungsarbeit Beobachtungen möglich
waren, handelte es sich meist um Grabanlagen, bestehend aus einem nicht
allzuhohen (2-4") viereckigen Mittelraum, an dessen Seilen die im Quer-
schnitt wiederum viereckigen Nischen für die Leichen gewöhnlich in zwei
Reihen über einander angebracht waren. Mehr als vier solcher Nischen
neben einander habe ich nicht gesehen. Die Mehrz«ihl war völlig schmucklos.
In einem Grabe, dessen unterer Teil verschüttet war ( hier lag ein kleiner
Rundaltar (0.46 hoch) aus Kalkstein), war an drei Seiten je eine Nische,
davon zwei mit dekorativer Umrahmung aus Stuck. Bei der einen Nische
waren links und rechts flache Pfeiler mit Kapitell, den oberen Abschluss
bildete ein schmaler zweigeteilter Architrav und ein Gesimse aus mehreren
Kymatien. Die zweite, die nicht in der Mitte, sondern in der linken Ecke
der Wand sass, zeigte statt der Pfeiler kleine Ilalbsäulchen mit papyrusar-
ligeni Kapitell ; die obere Hälfte des Architravs zeigte eine geflügelte Son-
nenscheibe (die Flügel gemalt); ein kleines Zahiischniltgesimse trug einen
flach gewölbten Giebel. Zur bemalung dienten Hol,\Veiss und Schwarz Ein
reicheres Grab zeigte eine flacii gewölbte Decke im Mitlelraiiin,an der einen
Seile nur zwei Nischen, die aber höher waren als sonst (etwa 1,2'° I. neben
einander, mit Stuckumrahmung, und im Sockel darunter vier, nicht gleich-
breite einfache Nischen ; Spuren der monochromen Wandbemalimg waren
spärlich erhalten. Endlich konnte eine kleinere Grabknnimer, die in ge-
wöhnlicher poinpeianisclier Manier vierten S|iU»s ausgemalt war, eine Vor-
stellung gelien von den 'zierlich Ijcmallen' Grabern, von denen Minutoli
a.a.O. S. 14 sprielil.
Die meisten Kammern waren nur für eine l.eiclie l)eslimml, doch kamen
auch grössere Kammern vor. Auch in den Källen. wo eine vorhergehende
Durchwühlung kaum denkbar war, k(»nnle ich ausser den Überresten des
Skeletts nur Bruchstücke von Thongelässen gewöhnlichster Art entdecken.
Einmal fand sich eine zerbrochene kleine Anipliora mit flüchliger, rein or-
namentaler Bemalung, ein au'lermal eine sein gut erhaltene, grosse, dick-
bauchige Alabaslervase mit Deckel, ohne Inhalt, und ein etwa 30*=" hoher
Vogel aus demselben Malerial. Von den (»ben erwjihnlen Skulplurfragnien-
len sind hervorzuheben ein stark lebeiisgrosser, niännliclier, bartloser Kopf,
NEUE UNTERSUCHUNGEN IN ALEXaNDRIEN 231
Stein, der aus Oberägyplen stammt, welcher aber auch zu
Säulentrommeln und Quadern (L) gebraucht wurde. Für
Fundamente seheint man gewöhnlich den einfachen Kalkstein
aus Mex genommen zu haben.
3.
Die Zuverlässigkeit des mahmoudschen Strassenpla-
nes liess sich im allgemeinen durch unsere Grabungen bestä-
tigen. Freilich ist an vielen Stellen. wo Mahmoud noch unbe-
hindert sondiren konnte, jetzt jede Spur des alten Pflasters
verschwunden ; so sind die Strassen östlich und südlich
vom Wasserwerk ' durch moderne Bauten vernichtet, eine
wichtige Stelle, die Kreuzung von L'2 mit Rt ist durch die
Kairo-Bahn gänzlich umgestaltet^, und in den Schutthügeln
im Nordosten, dem einstigen Judenviertel, wird heute noch
so viel lieimlich gegraben und gewühlt, dass von den alteh
Strassenzügen nur noch wenig zu finden ist^. Ich konnte trotz
mit knapp anliegender Melinkappc und tiöchst individnellerOesicIitslHldung,
stark verletzt, mehrere Bruchstücke (Hände, Arm und Kifssi von Kolossal-
slatuen und der Torso eines Tieres mit langhaarigem Fell. Diese I3ruQh-
slückc stammen nicht aus den Grähcrn selbst, sondern sind, nach Boltis
Angabe, zu Tage gekommen, als infolge der Sprengung der Kelsmassen der
darauf ruhende Schult mit jenen zusammenstürzte. Eine interessante, besser
erhaltene Grübanlage in den Uferfelsen bei Sidi Gaber (Nikopolis) müsste
an der Hand der von mir gemachlen Aufnahmen besprochen werden, sei
deshalb hier nur erwähnt. In ihrer Umgebung linden sich zahlreiche Kata-
komben ähnlich denen von Gabbari.
Über zwei umfangreiche Grabaulageu der römischen Kaiserzeil, die erst
im Dezember 18911 frei gelegt wurden, hat jetzt II. Thiersch berichtet: //w/-
lelin de In sorirtf arch. (V Alexandvie W. Auch hier hat sich in dem einen
centralen Räume, um den sich die Grabnischen gruppiren, ein Altar und
ein Wasserbehäller für sakrale Zwecke gefunden. Die architektonische und
dekorative Ausstattung, z.T. in Stuckrclief,crinnert an ähnliche Details der
oben genannten Gräber.
' l^umpstalion der Compagnie des Eaux ausserhalb der arabischen Fe-
stungswerke
2 L'o ir. bezeichnet die Strassen südlich von Li , der kanopisehen, R'2 (T.
die Strassen östlich von Ri .
•^ Die bei soIcIkm" heimlichen Schatzgräbcpei überraschten Araber pflegen
232 F. NOACK
häufiger Orienlirungsgänge nur noch einen spärlichen Rest
von L2 finden , der offenbar die Stelle einer mahmoudschen
Sondirung bezeichnet ^
Auf Grund unserer Beobachtungen füge ich hinzu, dass die
llauptstrasse Ri sich bis auf die Halbinsel Lochias (K2) fort-
setzte, wie es Mahmoud wol annahm. aber nicht durch Grabun-
gen feststellte. L« (Mahmoud unbekannt) setzte sich über Ri
nach Westen fort: Reste des Pflasters sind an dem steilen Ab-
stura der Küste mehrere Meter über dem Meer (und über den
Fundamenten K3), zwischen R2 und R3 nocli sichtbar. Das
Strassenpflaster an der Küste zwischen Ri und R'2 (A^l ) kann
nur von einer weiteren Längsstrasse L5 . die Mahmoud nicht
kennt, herrühren, die von L\ etwa so weit nach Norden ent-
fernt war, wie die Zwischenstrasse südlich von L'3 von
dieser.
Es geht aus der Konstruktion dieser Strassen (vgl.
die Durchschnitte auf Taf. 11) hervor, dass sie sämtlich zu
demselben einheitlichen Strassennetz gehörten, das also auch
das Quartier der Königspaläste unerbittlich überzog. Die Stras-
sen dieser Anlage waren gepflastert. Mahmoud hat in seinem
Memoire S. 28 die Pflasterung kurz beschrieben : ce sont
des blocs noirs ou f^risdlres dune vingtaine de Centime-
tres d'epaisseur sur une longneur et une largeur, qui ca-
nent de 30 ä 50 ctrs .... tres compactes et fort du res.
Dabei darf man jedoch nicht an irgendwie regelmässig be-
hauene Steine, am wenigsten an einen regelmässigen Plalten-
belag denken. Es sind vielmehr ganz unregeirnässig hehauene
Blöcke, die an der Oberfläche zwar einigermassen geglättet
sind, zusammen aber ein keineswegs immer sehr ebenes Pfla-
dann ihrem Unbehagen, heobachtcl zu werden, dadurch Ausdruck zu ge-
hen, dass sie einen höchsl harsch und |)oli^eimäs^ig anfahren, was man
hier zu suchen hahe.
♦ In den zahheichen Schichten unter diesem l^naster waren viele Vasen-
scherhen, auch einzelne Stückchen sog. iigvplischcn Porzellans sichtbar.
Auf dem PHaslrr erhohen sich weitere Schichten, unmitlell»ar darauf lag ein
Estrich aus Zicgclhiockcn und Mörtel.
NEUE UNTEHSliCHUNGEN 1
alexandhibn
sler abgeben ; von Testem Geillicliem Anscliluss kann niclit die
Rede sein: sie werden eben so diclil aneinander gefugt, als es
die noldüiflige liearbeiUing der Kanten gestaltet. Das Volu-
men der Steine ist sehr verscbieden unti in<ig sich im Durcb-
scbnill in den von Malimuud angegebenen Grenzen halten.
Nur die Dicke lässt sieb nicht auf einige 20 Centimeter be-
schranken; gar manche lllöeke sind bis zu 35 und 4fl'" dick.
Sie haben überbauiiL keine einheitliche UnterHüche und wer-
den je nach deren zackiger oder ebener Form mehr oder we-
niger in die künsUiche StrassenheLtung eingesenkt Diese Art
der Itebundlung erklärt »ich aber durch das Material, das. wie
erwähnt, der Dauerhaftigkeit wegen aus den hattesten Gestei-
nen (Basalt und harter Kalkstein) gewählt ist. die man nur
soweit bearbeitete, als unbedingt nötig war.
Spuren von iladgeieiaen haben sich nicht nachweisen lassen,
Vüllig undeutlich bleibt bei Mabmoud, das» dieses mäcli-
tige Pllaster an den Seiten fest eingefasst war durch eine un-
unterbrochene Reibe oblonger Quadern. Denn aus seiner l<]r-
nähnung der deu.r bords du pm^nge ist keine klare Vor-
stellung zu gewinnen. Wo wir diese Pllastergienze noch an
alter Stelle fanden, liegt sie entweder [D\ , !i» , K\ ) in nahezu
ganzer Hohe über dem Strassen nivcau und bildet einen er-
höhten Hand, oder ihre Oberiläclie liegt im Niveau des Ptla-
fiters {J, N's): wo sie etwas tiefer liegt, ist eine nachträgliche
Senkung anzunehmen. Die einzelnen Quadern sind nicht alle
gleich lang (().8(>-l ,3.V"J ; ihre Breite betragt stets 0,50-0, 55™.
ihre Höhe 0,30-0.35'". Das Material ist entweder einfacher
Kalkstein von Mex (iVs, Bi) oder Nummulilenkalk vom Mo-
kattain (/, B\). Einer der Grenzsteine in J zeigte an der Un-
terQüche zwei rechteckige Dübellücber, halte also vorher schon
anderweitige Verwendung gehabt.
Sehr wichtig war eine Revision der Strassen breiten. Da
in / der grössere nörriliehe 'feil der Strasse durch die Fe-
stungsmauer zerstört war, und auch in B\ keine Aussicht
war, die jenseitige ( östlictip) Strasseiigrenze noch zu finden,
wurde der Quergraben B-i begonnen und in diesem nach we-
fi
234 r. NOACK
nigen Tagen die Strasse R3 in ganzer Breite mit der beidersei-
tigen Kalksteingrenze gefunden (vgl. Fig. 4). Die genaue Breite
des Pflasters innerhalb der Grenzsteine beträgt hier 5,55", mit
denGrenzquadern zusammen 6,65'"; letztere sind hier also je
0,55™ breit. Mahmoud giebt als Breite der Nebenstrassen 7"
an. Bei der Hauptstrasse gelten seine Masse für das Pflaster
innerhalb der Grenzsteine; wollte man für die Nebenstrassen
dasselbe Verfahren annehmen , so würde der Widerspruch
(5,55'" statt 1"") noch auffallender werden. Allerdings weicht
auch an einer anderen Stelle unser Befund von seinen Angaben
bedeutend ab. An der HauptquerstrasseRi ,die von den Palä-
sten der Lochias quer durch die Stadt zu dem Hafen am Nil-
kanal führte und die sich schon durch die besondere Breite von
[^"'entre les deux bords du //at'ag^^? auszeichnete, hebt Mah-
moud noch eine weitere Eigentümlichkeit hervor. Sie zeige
nämlich zwei Teile du meme niveau et d'egale largeur, de-
ren östlicher gepflastert war, wie die anderen Strassen, also
als Pahrstrasse diente, während der westliche nur chaussirt
war : er zeigte une sorte de magonnerie composee de chaux^
de terre, de petUs cailloux et de petits niorceaux de moäl-
Ions. Getrennt seien beide Teile, Reit- und Fahrweg durch
einen 1'" breiten Humusstreifen ; es habe hier also gewiss eine
Baumreihe gestanden*. Kine Nachprüfung dieser Angaben,
die, soweit ich sehe, allgemein angenommen worden sind und
bereits zu mancherlei Schlussfolgerungen geführt hatten^,
' Mahmoud. Mhnoire S. 23, jetzt auch citiit von Botli, Le Plan de la
ville d' Alex a mir ie S. 1.
2 Bulti z. B a.a.O. S. 2 verglich damit Strabons Worle : anaaa jisv oiSv
(:cdXi() oBoI; xaTaTe[iv7]Tai innrjXaToic xai ap(xaT7)XaToi; und scliioss daraus, und
weil die Hauplquerslrasse über ein Plelhron breil gewesen wäre ( Slra-
bon ), dass diese von Mahmoud feslgestellle Strasse sich von den übrigen
Strassen nieht ausgezeichnet habe, und er giebt infolgedessen allen Ne-
benstrassen auf seinem Plane dieselbe Breite, d. h. 1.5,43" einschliesslich
der Trottoirs — ein willkürlicher Schluss, der schon durch unseren Befund
in II widerlegt wird. Ausserdem setzt schon (Caesars Bericht l)ell. civ 3,H2,7
enge Gassen im Bruchium voraus. Die Nebenstrassen in Friene sind nur 4"
breit (Arch. Anzeiger 18H7 S. 181 ), die Hauptslrassen 0 • 7"». Eine Sirasse
im Piracus ist 14 - 15" breit ( in dieser Zeitschrift IX S. 281 ).
NEUI^ UNTEEIHUCHUNGEN I\ ALRXAMDRIEN 23o
niuBSte sich daher besondei's interessant gestalten. Nachdem
die Grabungen in Nt-i zu keinem Ergebniss geführt halten,
wurde der Graben JVh begonnen und schon nach wenigen
Stunden dasStrassenpflaster erreicht (vgl. Fig. 2. 3). Aber das
Fig 5.— Öchnitl durcli Sliasse Ri in N.
1: 200
''^-^
Fi)C. 3.— Plan der Strasse Ri in ,V.
Pflaster hat hier nur eine Breite von '4,7". obwol es in ganzer
Brette erhalten ist. Denn erhallen ist zunächst auch die west-
liciieGrenzsteinlinie mit 0,50'" breiten und 0,30-0,35'" hoben
.Quadern. Auf der Oslseile Teblen zwar diese Grenzsteine.aber
duB Pflaster hört in einer so scharfen, der westlichen Grenze
genau parallelen Linie auf. dass fiir mich kein Zweifel war,
dass sich in dem mit lockerem Schutt gelullten Räume dane-
ben einet eine gieiclie Steinsetzung befunden habe. Für die-
ses Pflaster würde sich dann eine Gesamtbreile von 5,7™ (ein-
schliesslich der Grenzsteine) ergeben. Diese Annahme findet
dadurch ihre Bestätigung, dass der für die östliche Steingrenze
?36 F.' NOAGK
verfügbare Raum überhaupt nicht viel breiter, höchstens 0,75--
0,80"* breit ist. Dann folgt schon wieder ein fester Estrich, der
selbst das Niveau des Pflasters erreicht, und der nach Westes
d. h. nach dem Pflaster zu, noch etwas breiter gewesen sein
kann. Es ist also in der That nur der Platz für die Grenz-^
steine frei, der vermutlich, als man diese herausriss, ostwärto
durch Verletzung der ursprünglich anstossenden Estriebschiebt
etwas verbreitert wurde. Auch deren äussere Begrenzung dureb
Quadern ist zerstört worden. Der Estrich Hess sich nämlieh
bis zu einer Breite von 7,3'° verfolgen ; hier schloss er in ge«
rader, der Strassengrenze paralleler Linie ab, weiterhin faod
sich nur lockei*er Schutt. Zu der Annahme, dass der geradli-
nige Abschluss auch hier durch eine ursprünglich vorhandene
Grenzsteinsetzung seine Erklärung finde, glaube ich durch den
Fund bestand auf der Westseite der gepflasterten Strasse be*
rechtigt zu sein. Denn dort stösst unmittelbar an die Grenz-
quadern ein gleicher 'Estrich an, der nach einer Breite v<m
5,75"* selbst wieder durch eine 0,55"* breite Quaderlinie eb-^
geschlossen ist*. Beide Estrichsti*eiren steigen vom Niveau der
gepflasterten Strasse (5,1*8*°) nach aussen zu gleicher Höbe
(5,38"* bez. 5,40'" übei* dem Meere) an. Also ein Fahrweg mit
Pfl::8ter in der Mitte und links und rechts je ein leicht an-
steigender, chaussirter Weg: das scheint doch eine zu ein-
heitlich erdachte Anlage zu sein, als dass sie durch die un-
gleiche Breite der beiden Nebenwege 6,3" bez. 7,3° (mit
Quadergrenze 7,8"*) unwahrscheinlich gemacht werden könnte.
Übrigens würde auch das Pflaster als östliche Hälfte zusam-
men mit der chaussirlen westlichen Hälfte (12™) hinter dem
mahmoudschen Masse bedeutend zurückbleiben ^.
* Hier habe ich unter den Estrich hinunter gegraben (im Durchschnitt
Fig. 2 ist durch liellere Schraflirung der ausgegrabene Teil angedeutet):
die stufenartigen Quadersetzungen an der Weslgrenzc, die sich unter dem
Estrich fanden, weiss icli nicht zu erklären.
' Noch weniger freilich stimmt dazu Strabons Breilcnangabe ( 793) : über
ein Plethron breit. Nur in der relativ grösseren Breite im Vergleich zq
Eine Ubei-eiiistiin<niing mit Malimoiuls An^ulte liisst sich
I also auf keinen Fall erzielen. Auch der von ihm zwischen Plla-
ster und wesllieliem Kstricli gefundene ' llumusslreifen' lässt
sicli nielit finden. Dei- Beton, auf dem das Pflaster ruht, setzt
sich nämlich ununterhroclien nach Westen undOslen Tort,
so dass nirgends eine genügende Wui'zeltipfe für Büume vor-
handen wäre. Es lileihl dalier nur die Vermutung übrig, dass
IMuhmoud bei seinen Sondirungen auf Stellen traf, wo die
westlichen Grenzquadern des Pflasters — gleichwie in JV-, die
ostlichen — geraubt waren und der so enlslandene leere Uaum
mit lockerer Krde gehillt erschien. In derStrassenmitte mochte
er eine Begrenzung mit Quadern für überflüssig und die an
ihrer Stelle vorgefundene Füllung fiir einen beabsichtigten
'llumusstreifen' halten. Auf die Baumallee müssen wir also
verzichten !
Versuchen wir schliesslich noch die bei der Untersuchung
gewonnenen thatsäcliliclien Masse mit den antiken Massen zu
vergleichen, so ergieht sich, dass nur der italisch-makedoni-
sche Fuss (0,'275 hez. 0,27T") in Betracht kommen kann.
Ich stelle die Masse aus B-i und Nj zusammen :
l| Hl Bt'fLiiid : OrenMleiii Pnaater Grenzstein:
0.55 + 5,55 + 0,55 = V-.Hb-
in Füssen lu U,1'75: 3i0,53| + Mla.JO) + ■2l0,55[ =(6,li(t» 1 S;'
in Füssen tu 0,277: 2l0,55<) -\- 20(5,54) -f 2|Ü,554) = (0.648« | 24 '
5) Ift Befund :
Greuislein Estricli Orenzsl. Pflaster |0reni8t,| Eslricli (Grenz.it.)
0,55 +5.75 +0,5 + *,7 + (0,55) -»- 7,25 + 10,55) r= 19,85"
in Füssen zu 0.275- :
2(0.551 2l|5,775l 2|0,55) iHi.SK) 2(0,55) 26(7,151 2(055) =(19,80)72-
in Füssen zu 0,977- :
2i0,55i) 2115,817) 2(0.554) 17(4.709) 2)0..55M 36(7,302) 2(ö,55i|=)19.944)79'
Diese nahezu völlige Übereinstimmung scheint mir wenig-
stens soviel zu beweisen, dass das Fundergebniss in N^ für
sich bestehen kann, bestätigt aber auch, dass Erdmann [Zur
Kunde der hellenistischen Slüdtegründungen , Sirassburg
den andern Parallelslrassen liegt die Ubeieiustiinm
Wert ist.
i
238 F. NOACK
1883, S.12ff.) Mali moud gegenüber Recht beliält, und weder
der griechische noch der philetärische Fuss in Frage kom-
men. Unerklärt bleibt freilich, weshalb die Breite der beiden
Seitenwege so ungleich ausgefallen sein sollte. Schon darum
wäre eine Nachprüfung des Befundes an einer oder mehreren
anderen Stellen derselben Strasse sehr wünschenswert gewe-
sen. Leider hat sich gerade auf dieser Strecke in den letzten
Jahrzehnten so vieles verändert, dass die Zahl solcher Stellen
sehr beschränkt ist. Um so mehr war zu bedauern, dass die
Untersuchung an einem Punkte im südlichen Stadtteil, zwi-
schen L'3 und L'4 , wo noch obendrein der antike, noch heule
in Gebrauch befindliche Süsswasscrkanal , der die Ostseite
von Ri begleitet, sichtbar ist, an dem Einspruch des Besitzers
des Terrains scheiterte. Die Controlle kann hofTentlich unter
günstigeren Verhältnissen nachgeholt werden.
Wir wenden uns zu dem Strassenkörper unter dem
Pflaster (vgl Taf. 11) Die Grenzquadern ruhen auf ei-
nem nicht immer gleich starken Füllwerk aus Bruchstei-
nen. Die Pflastersteine selbst sind in einer loseren Anschüttung
(Beton) von Erde und kleinsten Steinbrocken gebettet, die
aber nur soweit, als zu diesem Zweck gerade nötig ist, hinab-
reicht. Unmittelbar darunter beginnt eine Reihe fester weis-
ser Schichten, die durch verschieden hohe Auflullungen aus
Erde, Scherben, Ziegel-, Marmor und Sleinbroeken von einan-
der getrennt, in beträchtliche Tiefen reicht: in / bis 1,2"* un-
ter das Pflastern iveau, in B'i wurtlen sie wenigstens ebenso
weit verfolgt. Diese weissen Schichten, deren Dicke nicht im-
mer dieselbe ist \ bestehen, wie schon erwähnt, aus Kalk-
stein von ]Vlex,der offenbar in Brocken aulgeschichtet und, viel
leicht unter Zusatz von Wasser, zu einer sehr dichten und
steinharten Masse zusammengestampft ist^. Er ist ganz rein
' Sie bewegt sich zwischen 3-r)<='» und 10 15"°; in Ih sechs und in J fünf
dickere und ausserdem mehrere dünnere .^chieliten.
2 Ähnlich konslruirl war die Hauplslrasse in l^^rene { Merckel, Ingeni-
curlechnik im AlterUim S. 439).
NEUE UNTERSUCHUNGEN IN ALEXANDRIEN 239
und unvermiscilt ; nur selten ist einmal eine V^asenscherbe
oder ein Stückchen bemalten Kalksteins hineingeraten. Diese
künstlich hergestellten Schichten dürfen also nicht mit den
vielen z.T. ausserordentlich dünnen Schutt- und Ablaj'erungs-
schichten verwechselt werden, die man z. H. am Absturz der
Küste Studiren kann. Andererseils ist es undenkbar, dass eine
derartige, mitunter über 4'" hohe künstliche Schichtung einzig
nur wegen der grossen geptlasterten Anlage hergerichtet wor-
den sei. Es muss vielmehr von vornherein angenommen wer-
den, dass man zu verschiedenen Zeiten den Strassendamm er-
neuert und soweit nötig angeliöht habe. Auf einer Unterlage
von Schutt- und Füllmasse wurde in der nun einmal übli-
chen Weise, die man übrigens noch heute in Alexandrien
anwendet, der feste Estrich aus Steinbrocken bereitet. Er
hat Jahrhunderte lang als Strassen belag genügt, bis man end-
lich einmal über dem stark emporgewachsenen Terrain einen
durchgreifenden Strassenneubau mit Pflaster und Grenzsteinen
vorgenommen hat. Mahmoud nennt diesen römisch, weil er
1"* und mehr über dem sol primitif'\\^^^ und von diesem in
den nordöstlichen Stadtteilen durch de la terre de demoliüon
getrennt sei. Wenn wir heute sicherer urteilen können, so ist
das durch die Untersuchungen in B und J ermöglicht wor-
den. Dort liegen nämlich in der Tiefe auf beiden Seiten des
Strassenkörpers die Reste mehrerer Bauperioden übereinander.
4.
Der Thutbestand ist folgender (vgl. Taf. 11 und Fig. 4).
1) B\ westlich von der Strasse R3 :
a) Auf einem Abhang des natürlichen Felsbodens, der nach
Norden ansteigt, liegen die spärlichen Reste eines grossen Ge-
bäudes (flf, im Plan kreuzweise schraffirt); der Fels ist für die
Aufnahme einzelner Quadern erst geglättet worden. Conti-
nuirlich erhalten ist ein Mauerzug, der auf 1 1,5'" freigelegt ist;
nordwärts setzt ersieh in dem etwa 7"* hoch anstehenden Erd-
reich fort. Am südlichen Ende biegen einige Quadern im
I'"ij,'. 4.— Plan vuii Ih uiiil üi .
(Querschnitt s. auf Taf, II. unlen).
I
I
NEUE ÜNTBIISUCHUNOEK IN ALESANDÜIEN 2H
rechten Winkel nach Westen um und zu diesen parallel und
etwa '2,5'" sudlicli von ihnen liegen noch mehrereQuadern ' in
zwei Schichten übereinander an ihi-er Stelle. In diesem 2,5"'
breiten Haume steigt der dreifacli abgestufte Felsboden \on
6,ijy zu 7,11'" ubei' dem Meere. Offenbar lagen hier weitere
Quaderaelzungen. so dass einst ein sehr massives Mauerwerk
steh hier erlioben haben mnss. Die Erklärung fur die fast
gänzliche Zerslürung gieht ein grosser Stollen, den man von
Süden her gerade in das Massiv dieser Mauer gelrieben
hat — wol zur Zeit eines l'rülieren Festungsbaues. Was da-
bei ausser den südlichsten Quaderseizungen von der Mauer
erhalten blieb, ist jener Mauerzug auf dem noch weiter bis zu
H,-i'i"' Meereshöhe ansteigenden Felsboden, ür besieht heute
aus einer Ausgleichäscliiclit von Steinen verschiedener GrÜBse
und Hübe und drei bez. vier darüber geschichteten Lagen von
hochkantig gestellten Ltlöcken mit starker Huslica.in scharfem
\erbandlosem Anschtuss. So derb die Wandiläche erscheint,
Bo kann sie doch nicht zu einem lief hinahgefülirten und ur-
spriingiich im Boden verborgenen Fundament gerechnet wer-
den: dass sie sichtbar war, geht aus einer Abarbeitung her-
vor, die an einem Teil der Rustica (bei a) einmal vorgenom*
men war. Die so gewonnene glatte Fläche war leicht gerillt,
um als Grund für eine dünne Sluckverkleidung zu dienen,
die einfarbig blaugrün bemalt und unten mit einem 10™ brei-
ten roten Streifen sockelarlig geschlossen worden ist.
b) In diesem Zustande der Zerslörung,wie ersieh lieutenoch
zeigt ^, muss sich die Mauer befunden haben, als das nächste
grössere Gebäude von Osten her an sie angebaut wurde, im
gleichen Niveau, auch auf dem gewachsenen Felsen {0. im Plan
einfach scbrallirt), Dass es jünger ist als jene Mauer, ist zwei-
fellos : die Querwände stossen an die alte Mauer nur an, ohne
' l-l.l^ lang, l),50-ll.5j'» lirt-il uiiU (1,37-OJI*" , die oberste Schicht
Ü.Ö'IS- hoch.
* Die oben erwähnte Zerstörung durch Raubbau hat nur die vreütlichen
ujid südlichen Muuerslücke Kcli'oH'eii und kommt lür das Übrige nichl wei-
ter in Betracht.
ATHEN. MITTHEILUNGEN XIV. 16
!^42 F. NOACK
einzubinden ; ausserdem setzt sich der erwähnte Stuckbelag
hinter der einen Querwand fort, war also vor dieser schon
vorhanden. Da ferner der Überrest des älteren Mauerwerkes
auf eine sehr starke, massive Anlage schliessen lässt und die
Zerstörung seiner oberen Teile, die der zweite Bau voraus-
setzt, eine sehr gründliche gewesen sein muss, wird zwischen
der Errichtung beider Anlagen eine beträchtliche Zeit ver-
strichen sein. Dazu kommt die ganz andersartige Konstruk-
tion des Gebäudes der zweiten Periode. Dessen Fundament
wird von kleinen regelmässig geschichteten VVürfelsleinen '
gebildet mit ziemlich starkem Verband^ aus reinem Lehm
und Sand, die zugleich bei dem stark ansteigenden Boden als
Ausgleichsschichten dienen. Darauf liegt eine durchgehende
Quaderschicht von 0,5'" Höhe und 0,8" Breite. Ihre obere
Fläche (8,27-8,29'" über dem Meere) bezeichnet auch die
Höhe der (einmal erhaltenen) Thürschwelle und die Fussbo-
denhöhe der einzelnen Räume des Gebäudes. Die etwa 0,1"
hinter der Flucht der Sockelquadern aufgehende Wand hdl
die Stärke einer durchgehenden Quader. Die einzelnen Wände
sind nahezu gleich dick^; auch die Höhenmasse der einzelnen
Schichten unterscheiden sich kaum voneinander^; die letzte
ren bleiben meist ein wenig unter dem Zweifachen des itali-
schen Fusses, die Breitenmasse stehen z. T. ein wenig darüber.
Doch können wir nach dem ganzen Charakter des Gebäudes
keine bis auf die kleinsten Masse exakte Technik verlangen
und dürfen daher wol sagen, dass im allgemeinen auch hier
der italisch- makedonische Fuss als Kinheit erscheint.
Das Material ist Kalkstein von Mex. Die Quadern schlies-
sen mit ganzer FIcäche und ladellosen Fugen aneinander, ohne
jeden Verband. Sowol aussen wie innen sind sie mit einem
dünnen Verputz überzogiMi, der durchschnitilich 5""" dick ist,
* Höhe 0,18-0,19™ . Vgl. Taf. II unlen. Gleiche Masse und Technik bei
einem Mauerresl in G ( s. u. ).
2 Dicke 0,01 -(KOlo«».
3 Je einmal 0,5'), 0,57, 0,585 und O,!'»«! .
* 0,/47-0,i8; 0,i9-(),50; 0,50'".
NEUE UNTEIISUCHUN6EN IN ALEXaNDRIEN 243
im Bruch weiss, ohne Spur von rotem Ziegelstaub; blassblaue
Farbspuren erinnere ich mich nur an einer Stelle gesehen zu
haben. Wo der Verputz fehlt, ist der zu seiner Aufnahme
durch schwache Killen hergerichtete Mauerkern sichtbar.
Das Gebäude ist am stärksten im Süden zerstört, und zwar
offenbar durch neueren Raubbau. Auch die Nord-Ecke hat un-
ter einem Raubstollen gelitten. Die Fortsetzung des Baues
aber muss, ebenso wie die des älteren Mauerzuges in der Erd-
masse im Norden gesucht werden. Von der Plananlage zu er
kennen ist ein grösserer Raum (7,85'" zu 4,8'") und minde-
stens drei kleinere Gemächer. V^on den Thüröffnungen sind
zwei (ij/, (i>) mit den beiderseitigen an die VVandquadern an-
gearbeiteten Laibungspfosten, Thüranschlag und Riegelbalken-
löchern 1"' bez. 1,5'" hoch über der Schwelle erhalten; von
einer dritten nur geringe, aber sichere Reste. Ob die fast 15™
lange Ostmauer Aussenmauer war, wird dadurch fraglich,
dass gegenüber der Thür des grössten erhaltenen Raumes an
der Aussenwand ein schwächerer Thüranschlag (6) gleichfalls
aus der VVandquader herausgearbeitet ist. Da das Gebäude
mit dieser Langseile nahe der Strasse lag, liesse sich höch-
stens eine Parallelmauer dicht bei der erhaltenen, d. h. ein
langer schmaler Corridor mit einem Zugang an dieser Stelle
annehmen, wenn nicht ein grösserer Teil des Gebäudes ei-
ner erst nachträglich angelegten Strasse zum Opfer gefallen ist.
Kleinere Reparaturen und Einbaulen können in diesem Be-
richte übergangen werden. Nur eine stärkere Veränderung be-
dari der Erwähnung, weil sie für eine längere Benutzung die-
ses Gebäudes spricht. Den mittleren Teil hat nämlich ein Ge-
werbetreibender mit Anlagen zu Wäschereien oder dergleichen
versehen (Fig. 5. 6). Zwei Thüren (^, <i>) sind zugemauert,
vor der dritten eine (Querwand x gezogen, an zwei Stellen sind
in die Quaderwand flache Nischen {y,yi )*, eine davon {y) bis
zum Boden reichend 2, eingehauen worden. Dieser letzteren
* Die kleinere, apsisarlige ( Fig. ü,*/i ) bal vor sich einen kleinen Trog.
2 1,03« hoch, 0,63 breit, 0,52 lief.
^44
F. NOACK
gegenüber ist ein kleine» Bassin (r), 0,5"" hoch* aus Brocken
dicker Thongelässe aufgemauert. Der Boden vor der Nische ist
erhöht und ist ebenso wie deren untere Hälfte und das Innere
des Bassins mit einer dicken Schicht hydraulischen Mörtels
überzogen. Zwischen den beiden zugemauerten Thüren ist der
Fig. 5.— Durchscliiiill.
I'it;:. li. — Gnindriss.
Kiiihaulcii in iler 2. Bauporiode von // I (durch liorizonlale
SchralVirung hervorgeliobon ).
Boden fast 0,5™ liefer gelegt, zwei Stufen führen hinab, und
an den westlichen Thürpfeiler der südlichen Thür ist eine
dünne Querwand (tr) angebaut, die nur eineO, 4'" schmale Thür-
'- 0,86"» zu 0,5i.
iEUE UNTEBSltCHl
•I ALEXANDHIÜN
Öffnung nach dem kleinen Naclibarraum freiliissl. Dieser isl
durch den weiteren lüinhau eines kleinen (3assins Ui )'. Iiinlec
der oben erwälinLen gnisseren Nische, noch verengert wor-
j den Doch ist das, wie sich aus der Abfolge der verscliiedenen
StuckBchichlen ergiebl, hereils wieder eine nachträgliche Ver-
änderung der ersten Einbauten. Auch hier ist der Boden und
der Fu89 der Wände z. T. mit demselben rötlichen Mörtel
tiberzogen, alle übrigen Wandtläehen mit einer zweifachen
-3-3""" dicken Sluckschicht (i'). die jetzt weiss erscheint Nur da.
wo diese bei dem Abschluss des zuletzt erwähnten Bassins mit
hydraulischem Mörtel tiberstrichen war, hat sie eine dunkle
graublaue Farbe bewahrt. Auf beiden Sluckschiciilen sind
durch scharfe, in den noch weichen Stuck gezogene Linien
Quadern' imitirt: die obere Schicht ist also bereits eine Re-
paratur der ersten darunter befindlichen und geht andrerseits
selbst wieder der iMnftigung des letzten Bassins (::|) zeitlich
voraus. Irgend welche Spuren von Ab- und Zuleitungsröhren
sind nicht vorhanden.
Als man derartige Einbauten vornehmen konnte, muaste
das Gebäude endgültig aufgehört haben, seinem ursprünglichen
Zweck zu dienen.
c) Die zunächst zu erwähnenden iV]auei'?:üge setzen wieder
eine völlige Zerstöiung aller Anlagen der zweiten Bauperiode
voraus. Deren siimtliche Mauern waren bis zur dritten bez.
zweiten Quaderschieht hinab zerstört, als man darüber ein
neues Gebäude errichtete (im Plan unterbrochen schraflirl).
Erhalten waren davon nur einige wenige Mauerreste, die wir
im weiteren Verlaufe der Grabung abbrechen mussten. Sie
benutzten die älteren Mauern als Fundament, Hessen sich von
diesen aber deutlich scheiden, am besten da, wo sie auf dem
Mauerrest des ältesten Gebäudes a. das ja auch in der zwei-
ten Periode gedient hatte, errichtet waren. Hier lag zuerst eine
z.'l'.aus der Maiierllucht beträchtlich vorspringende Schicht un-
' 0,85 lu 0,93», 0,8 hoch.
" Vuu 0,24-0.-2y- Hülie uuU Ui-iS-O/JU-" Uieile.
246
F. KOACK
regelmässiger Steine und erst auf diesen wieder in drei Schich-
ten besseres Quaderwerk, das jedoch bezüglich der Sorgfalt
der Technik mit den Mauern von b nicht zu vergleichen war.
Verschiedene Quermauern teilten kleine Kammern ab. Dar-
unter ist eine Zwischenmauer c\ bemerkenswert, die auf kei-
ner älteren Mauer errichtet war und zu deren Pundamenti-
rung man ältere Baustücke verwendet hatte. Diese boten ein
überraschendes Bild : es waren nämlich neben einander ge-
schichtet 8 Säulentrommeln (Durchmesser 0,42'°) und Pfei-
lerstücke mit Viertel- und Halbsäulen, alle mit einer kräfti-
gen Schicht sehr feinen Stucks überzogen. Kleine Bohrlöcher
und vertikale Rillen, in die der Stuck beim Aufstreichen ein-
drang, dienten dazu, ihn auf dem Sleinkern festzuhalten. Der
Stuckmantel war weiss gemall, nur die unteren Trommeln
und Pfeilerstücke waren ganz oder teilweise mit einer zweiten
Stuckschicht überzogen, die an allen gerundeten Flächen rot,
an den ein- und ausspringenden Ecken gelb bez. schwarz be-
malt war. In technischer Hinsicht ist interessant, dass durch
ein auf der Oberseite der Steine eingeritztes
Netz paralleler und sich rechtwinklig schnei-
dender Linien die für die Form des Steines
massgebenden Punkte bezeichnet waren (Fig.
7. Die eingeritzten Linien sind punktirt, die
Stuckverkleidung ist schraflirt). Ein ähnliches
Verfahren liess sich auf der Oberfläche eines
grossen Kapitells korinthischen Stilsaus Num-
muliten-Kalkstein im Einsclniilt der Ramleh-
Bahn beobachten. Das Gebäude, aus dessen
Trümmern diese, an besle pompeianische
Technik gemahnenden Bauglieder hierherge-
schleppt und verbaut wurden. stand gewiss noch unversehrt,
als auf einer seiner Säulen einige Gratfiti eingeritzt wurden.
Ich vermag nicht völlig sicher zu entscheiden, ob diese so
fundamentirte Mauer noch zu dem Gebäude der dritten Pe-
riode gehörte, oder bereits zur folgenden, letzten.
d) Denn eine vierte Bauperiüde anzunehmen zwingt uns der
1: 20
Fig. 7. — Pfeiler
aus ti in \l\ .
NEUE UNTEBSUC HÜNGEN IN ALEXANDRIEV
Rest
einer Mauer, i
sich unmitlelbar wesllich von den bisher
erwähnten Ruinen von Süden nacli Norden erstreckl
nd ihr«
Forlselzung ebenfaüs in den im Norden anstehenden Erdmas-
sen hat (im Plan mit Punkten gefüllt). Höhenlage und Technik
geben die Rnlscheidung über ihi" V'erhiiltniss zum Übrigen. Sie
benützt nicht mehr diealten Mauerzüge. sondern liegt ausserhalb
dieser (vgl. Taf. II) Ihre sehr flüchtige Fundamenlirung aus
Bruchsteinen reicht kaum tiefer hinab, als die höchsten erhalte-
nen Wandquadern des vorletzten Gebäudes: dessen höchster
Punkt ist 1 1. \'2"' über dem Meer, jene ragen bis 15,68'" auf.
r Dazu ist es die erste Malier mit hartem Kalkmörtelverband, .^n
diesem in breiten Zügen aufgetragenen Mörtel giebt sich auch
eine Quermauer im Norden und eine ostwärts gegenüber He-
gendeQuaderschicIit als zugehörig zu erkennen: auch sie greift
über die Mauern der älteren Gebäude hinaus und erhebt sich auf
den etwas bi-eiteren Grenzquadern der gepilasterten Strasse.
Eis ist das erste, Gebäude, dessen Ortentirung genau
derjenigen der Strasse folgt; es beachtet die unter ihm
liegenden Biiureste nicht mehr und braucht sie nicht mehr als
Fundamente, schon deshalb nicht, weil es dadurch zu einer
von der Strasse etwas abweichenden Richtung gezwungen
worden wäre. Nun sind in einem Rest massiven Mauerwerks,
das seil an der westlichen Längsmauer dieses Gebäudes erhal-
len hat, über dem oben genannten Raubstollen bei a. auch noch
zwei Säulen- bez. Pfeilerstilcke mit bemalter Suickverkleidung
verbaut worden. Der naheliegenden Annahme, dass auch die
oben erwähnte Fundamentmauer c\ . in der die zugehörigen
Baustüükc verbaut waren, erst im Zusammenhang mit dem letz-
ten grösseren Gebäude errichtet worden sei. steht die viel tie-
fere Lage jener Mauer entgegen, lüs bleibt daher das wahr-
scheinlichste, dass für dieses letzte spateste Gebäude wiederum
die Trümmer der darunter liegenden Schicht benutzt und in-
folgedessen auch einzelne der schon in t'i verbauten alten Bau-
glieder in d zum zweitenmal verbaut wurden. Demnach müs-
sen wir die fintslehungszeit der genaiiiUen Graffiti als vor-
250 - P. NOACK
ten Tiergrabung westlich von der Strasse in B^, vorfanden,
können ihrer Höhenlage nach (10,261 IjOT"* über dem Meere)
nur mit den Bauresten der dritten Periode in B\ gleichzeitig
sein. Bedeutender sind, trotz starker gewaltsamer Zerstörung, die
Reste auf der Ostseite. Denn sie stammen von einem stattlichen
Quaderbau, von dem noch einige Quadern in sechs Schichten
übereinander erhalten sind. Technisch und nach der Höhen-
lage* gehört (las Gebäude noch in die 2. Bauperiode. Bei ei-
nem zwischen diesem Gebäude und dem Strassen körper ein-
gebauten Kanal (i) späterer Zeit' finden wir zum erstenmal in
diesem ganzen Baucomplex von B\ und B^ quadratische*^
flache Backsteine verwendet.
Schliesslich seien noch zwei (oder drei?) Schachte (0 er-
wähnt, die in Bi hart an der Grenze des Pflasters hinab zu
dem' Kanal geführt sind und die Grenzsteine der mittleren
Strasse (Sj, da sie vor die Flucht der oberen Grenze vortreten,
durchschneiden Sie sind sehr flüchtig und schlecht gebaut
und so durchlässig gewesen, dass die Rrd- und Schuttmassen
und die Steine der nächsten Umgebung die Spuren der Durch-
setzung mit den Abwässern deutlich zeigen. Da sie nur zu den
spätesten Bauanlagen gerechnet werden können, beweisen sie
wenigstens.dass man im Altertum nie aufhörte, den alten Ka-
nal in der Tiefe zu benutzen, was nicht, wie wir gleich se-
hen werden, an allen Stellen der Stadt der Fall war. Trink-
wasser hat man sich zuletzt durch einen ziemlich tiefen * Brun-
nen (y)) verschafl't. Inmitten des grössten Raumes von Bi war
ein solcher von quadratischem Querschnitt aus kleinen Wür-
felquadern und festem rötlichem Kalkmörtel erbaut; der sau-
ber gemauerte Schacht liess sich bis zu '2,5'" in den gewachse-
nen Felsen verlolgen, wo das immer wieder stark andringende
Grundwasser eine weitere Untersuchung unmöglich machte;
* Die Ot>crkaiUe der untersten Quader B.OQ" ülter dem Meere.
^ Sein Boden liegt erst bei 10,28«" Meereshöhe.
^ 0,20-0,22'» breit und lang ( s. unten bei y |.
* Fast 7« tief.
NEUE UNTERSUCHUNGEN IN ALEXANDRIEN 251
der obere Rand der Cisterne fand sich schon im Niveau des
obersten Gebäudes d ( 11,79'° über dem Meere).
Die Beobachtungen in B gestatten nun auch über einen
kleinen an der südlichen Hospitalmauer freigelegten Mauer-
rest in G zu urteilen ; in seiner Konstruktion aus kleinen
Würfeln ist er den Fundamentmauern der zweiten ßaupe-
riode in B nah verwandt und hat vermutlich einst, wie
jene, eine starke aufgehende Quadermauer getragen. Dazu
passt die Beobachtung Bottis über die hier im vorigen Jahr
zerslörten Mauern vortrefflich {Bulletin a. a. O. S.57): unter
einer Mauer formee de grands blocs de calcaire du
pays fand man plus bas . . . des murs f'ormes de peiils
moellons de calcaire en assises re'gulieres. Nur dürfen wir
diese nicht, wie es Botti thut, für byzantinisch halten und die
grossen Quadern darüber für arabisch. Mauerwerk aus der
Zeit der 2. Bauperiode von B wird und muss in dieser Ge-
gend, etwa 50™ von B entfernt, am Abhang und tiefer liegen
als dort. Nun liegt der tiefste Punkt, zu dem die Mauer aus
Würfelsteinen in B hinabreicht, 6,3™, ihre oberste Schicht
7,8"" über dem Meer, in G geht das gleichartige erhaltene
Mauerwerk von etwa 5,5™ bis 6,9™ Meereshöhe empor; das
stimmt also zu unserer Voraussetzung. Nehmen wir lerner das
Niveau der heutigen Strasse an dieser Stelle G (13,93™ xMeeres
höhe) zum Ausgangspunkt, so liegt die VVürfelmauer 7™-8 V"
tiefer. Darauf folgte unmittelbar — Botti a.a. 0. sagt 9™ unter
dem Strassenniveau — das oben (S. 220) erwähnte Fundament
aus grossen Kalksteinblöcken. Diese Abfolge stimmt nun wie-
der so genau mit dem Befund in B überein, dass ich glaube,
dieses grosse Fundament, den starken Mauerresten der dorti-
gen ältesten Bauperiode (rt' entsprechend, in hellenistische Zeil
setzen zu dürfen. Dies als richtig vorausgesetzt, so könnte der
ursprüngliche Felsboden — den wir im westlichsten Teile von
G bei 8™ unter dem Strassenniveau noch nicht erreicht hat-
ten (vgl.Taf 10,111) — ktium höher als 4™ über dem Meer, d.h.
etwa ebenso hoch wie in /, gelegen haben. Dieses Mass aber
fügt sich wieder vortrefflich in die Linie ein, die der Abhang
des urapräDglicben Hügels besehreibt. Id 0 selbst Gel, wie
oben gezeigt.der gewacbseoe Boden von 8,27" bis ni beinifae
6*" Meeresböhe; 130" weiter südlich, in //s , liegt er BefaoQ
unter dem Niveau des Gruodwaasers, d.h. sicher nocb etwas
unter 0,5" Meeresböhe: dazwischen nun in G, 50" von B,
80" von ff3 , lag er etwa bei 4" Über dem Meer.
So hat sich auch dieser, wie es schien, ganz aussicbtsloseo
Stelle doch noch ein positiver Gewinn entringen lassen.
'Wir wenden uns zu dem Graben /, dessen Befund bestäti-
gend und ergänzend zu demjenigen von B hinzutritt. Vgl.
fig. 8 und Taf. 11 oben.
Hier stand die nach kurzer Grabung unmittelbar sQdlich
neben der arabischen Festungsmauer gefundene Sli-asse L? von
Anfang an im Vordergrund der Untersuchung. Auch hier fan-
den sieb neben der südlichen, durch die an alter Stelle erhal-
Fig. 8.— Plan *üii /.
( QuerscbniU s. auf Taf. 1 1 üben ).
tenen Quadern kenntliclten Strassen grenze Gebäudereste, die
bis zum gewachsenen Boden reichten und verschiedenen Zeiten
angehörten.
NEUE UNTEnSüCHUNGEN IN ALEXANDRIEN 253
Auf dem Felsboden (3,97" über dem Meere) war hier zu-
nächst ein Kanal (9) aufgemauert; grössere Kalksteinplatten
bilden den Boden und die Seitenwände, Platten deckten ihn
(wie den Kanal in Bi) horizontal ab. Nach dem Ansatz an
den Wänden war es der Kanal für die Abwässer, wie in
B{ auf der linken Seite der Strasse. Daneben, noch nicht 0,9"
entferntf erhebt sich ein Gebäuderest (A), etwa 6" lang, auch
auf dem nalürlichen Boden ; eine Fundamentschicht mit So-
ckel , dessen obere Kante mit der Deckplatte des Kanals in
nahezu gleicher Höhe (etwa 5" über dem Meere) liegt. Die auf-
gehende, nicht sehr sorgfältig, aber ohne Kalkmörtel geschich-
tete Wand reicht bis 1,7'" über dem Boden. Der Kanal wurde
einmal reparirt, wobei auf die seitlichen Platten zwei Schich-
ten schmaler Steine aufgesetzt und die Deckplatten dadurch
um rund 30*" höher gelegt wurden. Etwa in der gleichen Höhe
beginnen die untersten festen Kalksteinschichten im Sirassen-
körper daneben. Diese Heste repräsentiren eine Bauperiode für
sich. Über jener Mauer lagerte sich , als der obere Teil zer-
stört war, Schutt; auf diesem errichtete man eine Art Funda-
ment aus kleinen Bruchsteinen und Steinbrocken und erbaute
darauf — bei 6,65'" Meereshöhe — ein neues Gebäude (c), von
dem noch drei Quaderschichten, die unterste sockelartig 0,05"
vortretend, auf 6" Länge erhalten sind (unterbrochen schraf-
firl) '. Die Wand war eine Quader (0,55") stark und trägt an
der Innenseite noch Reste bemalten Verputzes mit eingeritzten
Quaderlinien, an diejenigen der Einbauten in B[ erinnernd.
Der obere Rand des Sockels liegt bei 7" über dem Meere, in
gleicher Höhe aber erscheint gegenüber im Strassen körper eine
horizontale längere Quaderlinie (/), der sich eine besonders
starke^ weisse Kalkschicht anschliesst. Der gleichartige Be-
fund in B\ (S) berechtigt zu dem Schlüsse, dass es die Grenze
der damaligen Fahrstrasse gewesen sei. Zwischen ihr und der
< Die Sockclschiclit 0.35, die folgcndrn 0,15 und 0 oO™ hoch. Südwärts
gehl eine Quermauer ab.
2 Etwa 0,20'» dick.
254 F. NOACK
Häuserflucht wäre dann ein 2™ breites Tpotloir anzunehmen,
ßs ist gewiss kein Zufall , dass das Niveau dieser Strasse
ungefähr ebensoweit unter der gepflasterten Strasse liegt
(2"), wie in B\ die erwähnte Strassengrenze der 3. Periode
(1,9™). Denn das aus demselben harten Stein wie in B{ her-
gestellte Pflaster (r/) liegt in / bei 9,04" Meereshöhe. Die
Strasse (L2) steigt von Osten nach Westen. Denn in Af (50™
östlich von /) ist das Pflasterniveau bereits auf 8,35™ Meeres-
höhe gesunken, und noch 340'" weiter, bei der l\reuzung mit
Ri ist es bis beinahe 5™ gefallen: in A^5 liegt das Pflaster
von Ri 5,18™ über dem Meere, und nach Mahmouds Aufnah-
men muss diese Strasse in ihrer stanzen Linie ziemlich hori-
zontal verlaufen sein. Nach der andern Seite, bis zur Kreu-
zung mit R3 , muss unsere Strasse noch beträchtlich gestiegen
sein. Selbst wenn R3 in demselben Masse, wie es sich zwi-
schen Z?2 und B[ beobachten lässt, weiter lallt, so kann das
Pflaster am Kreuzungspunkt nicht unter 1 1™ Meereshöhe gele-
gen haben. Dazu stimmt die Steigung von L2 sehr gut; wir
brauchen noch nicht einmal ihre ganz gleichmässige Fort-
setzung anzunehmen, damit L2 an jener Stelle dieselbe Höhe
erreicht ( Taf . 10. I).
Aus später Zeil— denn sie liegen bereits über dem Niveau*
der Strasse / — rühren die Reste eines giebellörmig gedeckten
Kanals (jt) von sehr flüchtiger, derjenigen der Schächte in B{
vergleichbarer Technik her. Er muss schon zur Periode der
Pflasterstrasse gerechnet werden. Früher als in B[ ist demnach
in dieser Gegend der alte Abflusskanal in der Tiefe ausser Ge-
brauch gekommen.
Bei der grossen Übereinstimmung in der Reihenfolge der
einzelnen Bauperioden m J mit denen in B{ , möchte man
gerne noch einen Überrest haben, der mit der ältesten Anlage
(a) in Bi verglichen werden könnte. Ich glaube ihn in dem
grossen Felskanal ([x) erkennen zu dürfen, der gerade noch
* Die Steine der uurdlielieii Wand ruhen auf den Grenz(iuadern dieser
Strasse.
NEUE UNTERSUCHUNGEN IN ALEXANDRIEN 255
vor Abschliiss der Grabungen gefunden ' und noch, soweit
möglich, verfolgt wurde. Da er ganz in den Felsen gehauen
ist, beschreibt er keine völlig gerade Linie, sondern weist
leichte Krümmungen auf. Im Grossen und Ganzen aber folgt
er auf der untersuchten Strecke (27™) der Richtung der Strasse
und läuft, wenn wir dieStrassenbreite zu rund 7" (einschliess-
lich Grenzsteinen) annehmen, unter der nördlichen Pflasler-
grenze entlang^. Er ist begehbar, 0,^17-0,50*" breit, bis zu
1,65 hoch, endet oben spitzbogig , der Scheitel liegt etwa
2,52'" über dem Meere und höher, der Boden 1,4". Ein deut-
liches Gefälle liess sich bei den sehr schwierigen Verhältnissen
nicht erkennen, doch ist es am natürlichsten auch hier die
Richtung nach Osten anzunehmen.
Auf dem Boden des Kanals liegen die Thon röhre der
Leitung noch an ihrer Stelle. Die einzelnen Glieder, 0,51-
0,52"* lang, griffen mit Muffe und
Schwanz io einander und waren mit fei-
nem Gips gedichtet ( Fig. 9 ). Solche
Tlionrohrleilungen kennen wir jetzt aus
Pergamon, Laodicea und Smyrna; die
beiden ersten sind mit Sicherheit auf ' " *^ '
hellenistische Zeit zurückgetührt^. Es darf aber auch daran
erinnert werden, dass die alle Eupalinos- Leitung auf Samos
dieselbe Konstruktion der Rohrleitung zeigt, wie unser Fels-
kanal; auch der äussere Durchmesser der Rohre ist der
gleiche (0,26'"); und da es sich weder in Samos noch in
* Wir verdanken seine Kcnntniss nur dem Unislande, dass im Anscliluss
an unsere Grabungen sofort an der 1 freilich längsl wertlosen) Festungs-
mauer tüchtig Haubbnn gelrieben wurde, der so rüstig vorwärts schritl.dass
in kurzer Zeit die in eisenhartem Verband sitzenden Steinmassen über den
Bereich unserer Grabung J hinaus bis auf den Felsboden entfernt waren.
Und gerade unter der Mauer lief der Kanal entlang !
* Die ältere Strasse i wurde nur mit ihrem nördlichen Trottoir über den
Felskanargereicht haben.
3 Jahrbuch XIII S. 5. XIV S. 15. Über Pergamon vgl. Merckel, Inge-
uieurlechnik S. 508. Athen. Mitlh 1899 S. 103 ff. 123 fl*.
Alexandreia um Druekleilungen handelt , so sind aadi die
Waadungen der Rohre beidemal düDoer*. Der FortsebriU too
zwei Jabrbuaderlea liegt
alsonicbtsowol in derVer-
vollkommnuDg der Tech-
nik im Einzelnen, ala viel'
mebr in der s^ratemati-
scben Verwendung aolcher
Stollen und Rohrleitucgeo
zur Kanalisation ganzer
Städte. Bin solches um-
rassendes Sjstem war aber
erst in Verbindung mit
einer planmässigen Stadt-
'anlage, also nicht vor H-ip-
podamos von Milet denk-
bar, und scheint andrer-
seits so notwendig zu ei-
ner solchen Anlage zu ge-
boren, dass man es gerne
schon auf die Lehre dM
Hippodamos zurückfahren
möchte. Für die Stadt-
gründungen des Helleni'
smus verstand sich seine
Anwendung dann schon
von selbst.
Ra ist daher begreiflich, dass nucli noch andere Einzelhei-
ten des archaischen Kanalbaues sich auf ulexandrinisehem Uo-
den finden. Wir kehren damit nieder zu J zurück. In regel-
Fig. 10.— Quersalinill durch Slollen
und Schachl 6.
< Alhen. Millheilungen IX Taf. 8, Nicht ganz gleich , aber ahotrch ancb
die Thonrobre der pisi^lralischen Leiluhg in Alhen. In den Resten der 3.
Baiiperiode in ffi war auch eine Riihre aus Stein mit Muffe an der einen
Seile verbaut. Sie stand senkrecht auf uiner l'lalle unU unter dieser befand
sich der untere Teil eines Gefässcs aus grubcm Thon, ohne Inhalt,
NEUE UNTERSUCHUNGEN IN ALEXANDRlfiN
257
massigen Absländon führen Schachte, deren oberer aufge-
mauerlerTeil durch die Feslungsmauer zerstört worden ist, zu
dem Kanal hinab. Die beiden westlichsten (1 .2)sind cylindrisch,
\: 50
Fig.il. — Längsschnitt durch Stollen und Schacht 6.
der 3. rechteckig* neben einem 4., vielleicht älteren, mit ei-
ner 1,5" langen Quader überdeckten Schacht; der 5. ist qua-
dratisch^, mit je vier Einsteigelöchern an derOst- und West-
wand, und führt an der Seite des Kanals hinab; durch eine
oben spitzbogig begrenzte Öffnung von 1,15" Höhe wird die
Verbindung zwischen Schacht und Kanal hergestellt. Der 6.
östlichste Schacht, der wieder rechteckig ist, unterscheidet
sich von den anderen dadurch, das seine Seitenwände aus
kleinen Würfelsteinen aufgemauert sind ^. Ausserdem ist er
— ebenso wie der 3. Schacht nach Westen zu — beiderseits
gegen den Kanal durch ein 0,8" hohes Mäuerchen abgeschlossen
(Fig. 10-12). Die Thonrohre durchsetzen dieseQuerwand noch,
enden dann aber sofort und stehen nicht in Verbindung mit
* 0,68 zu 1,1-.
3 1,05 zu 1,05" . Der Kanal ist hier 1,5» , der Schacht etwa 2.2* hoch.
Einige Steinsetzungen an seinem oberen Rande waren noch an ihrer Stelle;
er war also noch künstlich aufgehöht.
* 0,7 zu 1,26* . Als man die arabische Festungsmauer baute,hat man ihn
mit Blöcken Tom Strassenpflaster zugeschüttet und darauf die Quadern der
Mauer fundirt. Die kleinen Querwände sind 0,16* dick.
ATHBN. MITTHBILUNGEN XXT. 17
258 F. NOACK
einander; auch correspondiren ihre MQndungen zu wenig. aU
da88 sie innerhalb dieses Schachtes jemals hätten verbunden
sein können. Die unleren Teile der Schachtwände sind mit ei-
nem dOnnen Verputz aus Kalk und Ziegelstaub Aberzogen,
der auch noch die Oberkante der kleinen Quermauer bedeckt
und dadurch den Beweis liefert, dass nicht auch etwa der
1:50
Fig. 12.— Horiiontaler Schnitt durch Stollen and Schacht 6.
obere Teil der Ranalöffnung nach dem Schacht hin vermauert
gewesen wäre. Mit demselben Cberzug sind auch im ganzen
flbrigen Kanal der Boden und die Seitenwände bis zu 0,8"
Höhe versehen. Ob derselbe zur ursprünglichen Anlage gehört?
Da sich an einzelnen Stellen Reparaturen deutlich erkennen
lassen und da die Schachte 1, 2, 4 und 5 einen wesentlich
einfacheren und älteren Eindruck machen, glaube ich in ihnen
die zürn alten Felskanal mit Thonrohrleitung gehörigen
Schachte zu erkennen, während 3 und 6 mit irgendwelchen
Umbauten zusammenhängen ; bei einer solchen Gelegenheit
wol würde dann auch der ganze Kanal in seiner unteren Hälfte
verputzt worden sein.
Kurz sei hier nur noch erwähnt, dass auch diese stattliche
Leitung einmal, als der Boden sich zu stark angehöht hatte,
ersetzt werden musste durch eine höher liegende und beque-
mer zu erreichende Anlage. Von einer solchen haben sich
nämlich etwas höher auf dem natürlichen Pelsboden Reste
(X) gefunden. Sie gehört in verbältnissmässig späte Zeit. Denn
inSUCHtJNOEN
ALKXANDHIEN
man musste den Raum dafür ans dem schon liocli angewach-
senen Slpassenkörppi- erst herausschneiden: die Abarbeitun-
gen an ihm lassen deutlich die
Rücksichtnahme auf die giebeU
lörmige Deckung dieses jüngeren
Zuleilungskanals erkennen (vgl.
Fig laundTaf. 11, oben). Dieser
wurde dann aus kleinen Wörfel-
sleinen mit lockerem, sandigem
-| >• jl Verband aufgemauert und mit
-|| jl giiisseren Platten giebelfürmigge-
— **^ imr*' I deckt.V'or die gemauerten Wände
i"^, . , . , , sind innen bis zu 0,52" Höbe
Pig, 13— McliuiU durch . 1,1. I
denTrinkwasser.KanatspülwZdl. ^^ei Reiben quadratischer dun-
ner Ziegel gesetzt und diese so-
wie der Boden mit einer 1.5'*drcken Schichtgrauen Verputzes
üherz-ogen. Höhe des Bodens '■i,S'"< des Scheitels 5.36° über
dem Meere'. Auch dieser Kanal wurde durch die arabische
Mauer grösstenteils zerstört.
F
Ich lasse noch einmal die lj)rgebnisse kurz zusammen.
) Von Gebäuden, die mit der gepllasterten Strasse gleichzeitig
ren, haben sich nur in B Reste gefunden ; es sind die ein-
zigen, die Kalkmörtel als Bindemittel verwenden. Schachte
am Slrassenrand ermöglichen die Benutzung eines Abfluss-
kanais älterer Zeit ; Trinkwasser liefert ein gemauerter Brun-
nen. In /dagegen legt man, nicht viel unter dem Strassen-
niveau, einen neuen dürftigen Kanal an, dem auf der Nordaeite
eine im Strassen kürper selbst eingebaute Zuleitungsanlage zu
entsprechen acheint. 2) Rund 2° unter der Strasse liegt, in B
und J, eine ältere Strasse, auch von Quadern eingefaast, aber
ohne Steinpflasterung; zugehörige Hausmauern, Quaderwerk
Kide 1,1 hoch. Die Ziegel 23.5 );u 23,5" uod -2,5-3" dick.
des Kaoals im unterea Teil 0,4o.
U
260 P. NOACt
auf fladuiger und nichl tiefgelionder FundamenüruDg, haben
sich inB und / gefunden. In B sind damals die ßauglieder
eines mit bemaltem Stuck verzierten älteren Gebäudes (Graffiti)
verwendet worden. 3) Darunter, von den oberen Bauten als
Fundament benutzt, liegen ältere Gebäude, in B viel statt-
licher und massiver als in/, alier auch durch lüinbauten sehr
entstellt. Die Fundamente ruhen beidemale auf dem natür"
liehen Boden. I£in ursprünglich flach gedeckter, aus Platten
aufgemauerter Abflusskanal, mit Spuren späterer Reparaturen
und Veränderungen (in B giebelformige Deckung), gehört
schon dieser Periode an. 4) Spuren eines ältesten, aus starken
Quadern bestehenden Itauwerks, als Ruine von d^n Erbauern
des 2. Gebäudes benutzt, in Bi , und ein begehbarer, in den
Felsboden getriebener Stollen mit Thonrohrleitung und Ein-
steigeschachten in /.
Die Thatsaohe der verhältnissmässig späten Ab«^
läge des Strassennetzes mit Pflasterung, die sich aus
B und /ergiebt, lässt sich auch durch andere Beobachtun*
gen bestärken. Eine solche Abfolge verschiedener Bauschich*
ten wie dort Hess sich freilich nicht wieder constatiren. Dafür
aber liegen die sonst erhaltenen Baureste, die ich für griechi-
sche halten muss, etwa ebenso tief (4-5"*) unter den ge-
pflasterten Strassen, wie in B und / die Oberreste der älte-
sten Bauperioden (a und b).
So ist z. B. etwas nördlich von unserem Graben L ( vgl.
Taf. 10,11) die Spur des Betons der Längsslrasse Loi und an
einzelnen Stellen auch etwas von ihrem Steinpflaster erhalten.
Die Strasse steigt von Ost nach West ; das Pflaster lag gerade
hier rund 6"* über dem Meer. In L selbst waren Teile vom lang*
gestreckten Fundamente und Sockel eines Monumentalbaues
erhalten (Fig. 14). Auf der für uns im Grundwasser ^ erreich-
baren untersten Schicht (1,45"* breit) erhoben sich drei wei»
tere Schichten (zusammen 1,4" hoch), deren unterste (1,33*
* Seine Höhe ist in Fig. 14 durch die unterbrochene Linie angegeben.
SBUE UNTER^UCHUNGKN IN ALP-XaNDBIEN 361
hreil) wieder einen H-Z" vorspringenden Sockel für die bei-
den oberen Schichten ( 1 .^T™ Ijpeil) bildete. Die Sterne, ab-
wechselnd als Läufer und Bin-
der übereinander geschichtet,
sind starke Quadern aus Kalk-
slein von Mex'. Der ursprüng-
ticlie Zweck dieses Unterhaus,
der seine Pronl nach Osten hatte
und genau in der Itichtung der
gepflasterten Querstrassen liegt,
ist durch starke Umbauten ver-
wischt worden. Mit altem Bau-
material verbreitert und erhöht
— wobei Kalkmörtel i-eiclilicli
verwendet ist — hat er später
als Stylobat für eine Reihe von
in nicht ganz gleichen Abstän-
den errichteten Säulen gedient.
Diese Süulen sind ebenso wie
drei, in dem IJmbaii hoclikan-
tig aufgestellte, sorgfältig bear-
beitete Quadern, aus demselben
harten Material wi<^ die hellen
Blöcke des Strassenpflusters ,
undgehöivnsicher zu einem äl- ' * "" pjg i4._Bauin t
tereii Bau, vermutlich zu dem-
sellteii, dessen Unterbau hier noch vorhanden ist. Die drei
Quadern stimmen nur in der Höhe (0,70'°), niclit aber in
Dicke und Liing« überein; sie werden daher als Reste des
< Zwischen U 50 und O.GO" liri/it. O.ib und 0,49 hoch. Ihre [Ange \»l durch
4ip Bieitu dci 8i:hiclit<-ii gegchcn. Beiuerkenswerl ist nuch tiezüglich der
Technik : Jede Quader hat in der Mille dßr einen seiikrechlen Langseite
eine von oben bis unten reichende Einkerbung i Kig. ti bei den Üindern
angcduulet). ilic heitii Vi;iselien eine llolle gcspiell hilicn mnss. Dieselbe
Votkehrung lindet sich bei einzelnen Quadern Inn aller Ktellej ai) d^r
Küste, östlich von Hains Zuro,
262 F. NOACK
Sockels einer aufgehenden Wand zu verstehen aein, ao etwa
wie man in helleniatischer Zeit in Athen auf weicherem Stu-
ienmaterial Orthostaten aus Hymettosmarmor errichtetet Be-
merkt sei schliesslich noch, dass von dieser etwa 30" langen
Ruine weder das nördliche noch das südliche Ende mit Sicher-
heit erreicht wurde. Ebensowenig Hessen sich irgendwelche
Spuren von Quermauern — wenigstens nicht in der Tiefe des
ursprünglichen Baues — erkennen.
Worauf es aber zunächst am meisten ankommt, ist die
Tief läge der Fundamente. Die Oberkante der obersten
Stufe liegt nur 2,27* über dem Meere, diejenige der untersten
vorspringenden Schicht 0,87". Irgendwo dazwischen muss
das Niveau der gleichzeitigen Strasse gelegen haben. DasStras-
senpflaster von La liegt demnach über 4" höher an dieser
Stelle — und diese Strasse steigt, wie wir sahen, nach Westen
noch weiter an (Taf. 10, I. III ). Ihr höchster Punkt ist jetzt
an dem jäh abstürzenden Uferrand, gegen 250" westlich von
Z/, an der von Basaltblöcken gebildeten dunkeln Linie zu er-
kennen ; er ist mit etwa 9" Meereshöhe eher zu tief als zu
hoch bemessen^. Tief darunter aber im Ufersand und im-
mer wieder vom Meer überspült, liegt nur wenige Schritte
nach Westen zu ein ausgedehnter ßaurest, dessen Fortsetzung
sich bei ruhiger See weithin unter dem Wasser verfolgen lässt
(K^). An zahlreichen Stellen liegen die stattlichen Quadern
noch heute in haarscharfem Pugenschluss, ohne jeden Ver-
band. Dasselbe gilt von den oben erwähnten Resten in K\,
deren unterste Schicht gleichfalls unter Meeresniveau hinab-
reicht, und von der gewaltigen, S. 225 Anm. 1 genannten
Quadermauer, die sich nahe dabei aus dem Wasser erhebt.
Wenn irgendwo in Alexandrien , so haben wir hier überall
Werke aus griechisc her Zeit zu erkennen , die lange
* Halle hinler der Skene des Dionysoslhealers,Sloen des Altalos und Eu-
menes.
^ Mehr kann ich leider nicht sagen, da gerade dieser Funkt in meinen
Niveüeinents fehlt.
NEUE UNTEltSfCHUNOEN IN ALEHANDHIEN 263
vor den hoch über sie hinweggehenden gepflastepten
Strassen ' vorhanden waren. Und wenn über die litchtig-
keil eines solchen Verhältnisses noch Zweifel beal^^hen konn-
ten, so sind diese durch die Thalsachen in B und J heute er-
ledigt.
An dieser Stelle kiinn eine kurze 1<] i-örle i'ung der chro-
nologischen Frage nicht umgangen werden, soweit sie
durch unsere Ausgi'abungen gefördert worden ist.
Die Beobachtungen der verschie-lensten Stellen slininien
derart überein. dass die Gei'ahr. durch /Cuiälligkeiten irrege-
leitet zu werden, ausgeschlossen zu sein scheint-
Gberall ist die grptlasterte Strasse von den ältesten Baure-
sten durch einen lliibenunterscbied von mindestens ^~W" ge-
traiint. Daraus allein folgt schon, dass diese Strassen mit den
Gebäuden der ersten Blütezeit Alexandi'iens nicht mehr ge-
rechnet haben können. Dazu tritt das /eugniss der Grafriti in
B. Mit Sicherheit llisst sich allerdings nur sagen, dass sie
keinesfuUs mehr der ptoiemaisclien Zeil ungehören - Das Ge-
biiude, auf dessen einer Säule jene Kritzeleien standen, kann
also frühestens im Laufe desersten Jahrhunderts nach Chr.
zum Abbruch gekommen sein. Seine Bauglieder wurden dann
z *r. in die Fundamente eines Gebäudes (c) verbaut, das erst
selbst wieder Vfillrg. d. h. bis auf die drei oder zwei unter-
sten Quaderscbrcliten zerstöit sein mussle, ehe darübei' die
gepflasterte Strasse und das ihr gleichzeitige Gebäude [d] an-
gelegt wurde. Bei der völligen und unleugbaren Einheitlich-
keit des die ganze Stadt in weitester Ausdehnung übi^izieben-
1^
iilier <lie Höhenlage dus Pdasters j
ind
Vgl. was n\\en 8,
fi , K'i gesagt isl,
Ek ist zu liedaiiern, ilass liis jeizt nur ein so scliwer Itercchenliares Da-
ingsmiltel lierauKetngen werden kaun. Zwei in epi^raphischen Prägen
koinpelenle Freunde, denen iiih den Aliklatscli vorlegle. sliinmen. unab-
han):ig Tun einander, darin i'ilitMeiii.dass derGrnflilo nicht vor ilein l.Jahr-
linnderl nauh Clir. anzusetzen sei, er kiinne eher noeli später sein; von ei-
ner Seile wird eine flüchtige Abreclinuiig |elwa von Lohnarbeitern) darin
termutet. Ich dsrf Jedoch nicht verschweigen, Aam man auch an der Mög-
liohkeit einer Dalirung überhaupt geiweitell bat.
264 F. NOACK
den Strassennetzes gewinnt jenes Ergebniss allgemeine Bedeu-
tung und wird für das ganze Strassennetz verbindlich, und es
bleibt, soweit ich sehe, kaum eine Möglichkeit es \orhadriani- «
scher Zeil zuzuweisen; seine Anlage kann eher noch in viel spä-
tere Zeil gehören. Die Veranlassung dazu möchte man in einer
besonders schweren Katastrophe suchen, die eine umfassende
Neuordnung der Strassen notwendig erscheinen liess. Wir
wissen, dass unter Traian das Judenquartier, also der ganze
Osten der Stadt, östlich von Lochias. verwüstet wurde, was
aber nicht ausschliesst, dass er in <ler Folgezeit wieder besie-
delt wurde, ebenso wie die nach dem caesarischen Krieg
verödete Pharosinsel '. Von Antoninus Pius heisst es, dass er
den Spopio; gebaut habe (e)cti<ts, Malalas S. 280 Konn), d. h.
die ilauptlängsstrasse. wie aus der Erwähnung der sie be-
schliessenden beiden Thore im Osten und Westen hervorgeht^.
Das kann sich nur auf eine, wol sehr gründliche, Erneuerung
beziehen Unter Aurelian wird, 274 nach Chr., das Bruchium
eines grossen Teiles seiner Gebäude beraubt, und man könnte
es verstehen, wenn damals auch die von Caracalla dui*cli die
Stadt gezogene Mauer mitsamt den Kastellen gefallen wäre^.
Die Stadt bleibt ja auch dann von imponirender Stärke und
Diocietian kann sie nur dadurch zur Übergabe zwingen, dass
er die iNilkanäle abschneidet. Die Strafe, welche folgte, war
freilich schwer, aber noch im 4. Jahrhundert konnte die
Pracht der llauplstrassen mit ihren Säulenhallen , wie uns
Achilles Tatius (V, 1 ) beweist, den Hesiicher der Stadt ent-
zücken. Von der Auffassimg ilieser Stelle hängt viel ab.
' WachsmuU), lUieiii. Museum ^887 (42) S. /i63.
- KiiKMi zweilcii Droujos in Alevandricn s. Uhelii. Museum 1888 (43) S.
306 und Waelisumlh, Stadt Allieii 11 S. 281. Puclislein hei Pauly -Wissowa
1 S. 1384, 32 ir. Auch ich sehe keinen Aiilass, Eulmann ( Zur Kunde der
hellenistischen i^tädlej^iündiin.Lcen, Strasshui.u:. 1883, S. 17), darin bei-
zupflicht(!n, dass das S<ninenlliiH am Sü(h*nde der Hauplnuerslrasse Ri
anzusetzen sei. Vgl. jetzt AusIVhlt, Rhein. Museum 1900 (55) S. 363 f. (mir
ehen erst hekannt geworden).
^ Üher Caraealla s. iJio Cass. 77, 23 ( vgl. jrdoeh Waehsmuth, Rhein.
Museum 1880 i35) S. 452). Ammian. Marc. 22, 16. 15.
4 ALEt.<NDtl1EN
Tian sie versteht, wie Waclisimitli u. a. '. denen ich
Bipfliolile, so beslanrl itamals noch der Dmmns in seir
i-gan
al)e
zftn Aus<lehnung vnm knnopisclien Tliore un. Diimit wäre al)ei'
icht nur sehr wahrsclieinlich gemachl, iIühs dumals mich dus
iihrige nmiimoitdsche Slrassennelz noch im Osten der Sliidt
f bestand, sondern auch die Mögliclikeil ge^t-hen. dass es tiher-
haupt erst in verhlillnissmlissi'; spater /eil ungelegL worden
wäre.
Ülter Mu^lichkeiten hinaus kommen wir aber nicht, so lange
icht in diesen Gebenden, in den Schullhiigeln östlich von
der heutigen Sladl, aiiscIilieRsend an irgend einen Mest des
tnulunoudschen Slras8enpna)>ters.'l'ier<j;n)hiingen seitwärts vom
_ Strasse nkörper mit genauester IteobuchLung der lüinz-elfnnde
^^unternommen werden. Rs ist keine sehr verlockende Arlieil,
^Bwllein sie wird von der Wisgenschalt gelordert^.
^B /uversichtliclier (hirfen wir dagegen in den B-iureslen der
^KlR'sten und zweiten l'eriode in U (und J) Werke der plnle-
■■ maischen /eil und insbesondere in allen auf dem gewachsenen
Boden errielilelen bez. von dengepllasterten Strassen durcli 4"
hohe und tiöbere Anschfillungen geirriiiileii Ruinen Werke
der frühhellenislischen Zeit erkennen. Die Hauweise stimmt
vorzüglich dazu.
Durch diese Darlegungen haben wir nun soweit festen Kuss
gewonnen, duss die .AufHlellung der auf Tal'. 10 gegebenen
Höhenlinien nicht zu kühn eisclieint^n wird Mit llillc der
dui'ch Nivellement uml ßei'ecbnung gewonnenen Punkte (+)
lässl sich nicht allein d:is Steigen und Phallen des iii'spiüng-
I
■ Rhein. Museum 1897 |43) S. 465.
* Iclt hatie riiirL tiirgendü mehr irgenilwclchc Gcliiiudcieslp liniliTi kiin-
iiftn. Bemerkens wnrl sind aiisgwiel'iile Ci.-I«rnen an lagen. .Miillich von der
Strosse uanli ärili Gahcr und Knmieh. luit Weg zum iliirtigen arahischen
Priedhor. elwa 300" nördlich von der Cnmpagnif äei Eaux Cjh'ndriiiehe
Ellinsiejgcitchficlile rühren setikreclit hinalj ziieiiiem hntiziintaleii Kanal, die-
ser münilcl in einisn t'ri'sseren hfliien Raum. Mümllii'lie Teile .sind mit
diciiem hydraulischen MÜrlcl iitierzo^^ii. Alinlichc Aiila)(en. alle (li|rcli Ka-
näle verbunden, in der Nähe.
266 F. noack
lieben Bodens im Bereiche des Bruchiums erkennen, wir
sehen auch, wie diese z. T. starken Höhenunterschiede im
Laufe der Zeilen sich verminderten, so dass die gepflaster-
ten Strassen zuletzt viel geringere Terrainschwierigkeiten
zu überwinden hatten. Die Linienführung des beutigen Bo-
dens ist gerade in diesem Gebiet wesentlich durch die
arabischen und französischen Festungswerke bestimmt wor-
den. Bei einer Fortsetzung der Untersuchungen sollte auch die
Feststellung solcher Punkte weiter im Auge bebalten werden.
7.
Wir kommen zu der Frage, inwieweit von dieser spä-
ten , auf jeden Fall römischer Zeit angehörenden
Strassenanlage auf diejenige des Deinokrates ge-
schlossen werden darf.
Die Frage ist durch unsere Untersuchungen, wenn icb nicht
irre, im Prinzip beantwortet. Da der Strassen körper keine
Einheit ist. sondern sich nach und nach angeböht bat,80giebt
uns das gepflasterte Slrassennetz im Allgemeinen auch noch
die Richtung und Lage der Strassen früherer Jahrhunderte
an. Im Einzelnen sind natürlich Abweichungen denkbar;
manche Strasse moclile nicht ganz ausgezogen sein in Rück-
sicht auf ein monumentales Gebäude oder auf eine Anlage wie
das Paneion ; freie Plätze mögen sie hie und da unterbrochen
haben u.s.w. Zu dem allgemeinen Ergebniss stimmen die Ein-
zelbeobachtungen. Die Baureste A und c* und die Kloake in /ha-
ben dieselbe Richtung wie die Längsslrasse L2 darüber. Genau
dieselbe Richtung aber haben sämtliche Mauerresle und Qua-
derlinien an der Küste, sogar die Fugen der rechtwinkeligen
Quadern sind alle genau ebenso orienlirl. und selbst die
beiden einzelnen, im Schacht Hs an ihrer Stelle gefundenen*
Quadern weichen von dieser Richtung nicht ab. Diese Reste
sind aber sämtlich älter als die gepflasterten Strassen und ge-
' Ihre Unterinauerung liegt im Grundwasser,
NEUE UNTERSUCHUNGEN IN ALEXANDRIEN ?67
hören {mit Ausnahme von b, v in /) der ältesten erreichba-
ren ßaupei'iode der Stadt, an. Nach Malimouds Plan schnei-
den ferner die Querslrassen die übrigen Strassen im rechten
Winkel. Das wird durcli diu Dichtung derOuerstrasse Rt .die
wir in TVö I'estgestel ll haben, beslatigl. Aber auch das lange
Fundamcnl in L ist ebenso orientirt und liefert damit den
Bewt^is , dass die einat mehrere Meter darüber in gleicher
Richtung laufende Querslrasse R'^ auch nur der Slrassenllucht
einer viel älteren Zeit gefolgt ist. Die Strasse R3 isl uns in B
gegeben; sie zeigt dieselbe Richtung, und die tiefer liegenden
Gebäudereste in B^i scheinen wenigstens auf der Ostseite sämt-
lich die gleiche Linie einzuhalten. Von den Resten der drei
ersten Bauperioden ' in tft, westlich vom Strassenkörper.mues
dagegen noch einmal gesagt werden. dass sie in der Längsrieh-
tung von derjenigen der Pllasterstrasse (und der Mauerlinien
der 4. Periode) nach Norden zu ein wenig divergiren, und
zwar auf 10,5" um 0,30- (1,35"". Die Abweichung von der
Nordlinie nach West ist V grösser als in allen andern Fällen.
Das will nicht viel sagen, wenn es sich um ein einzelnes Ge-
bäude handelt; sollte dieses aber die Hichtung der älteren
Strasse bezeichnen, so wurde der .\usschlag ein sehr emplind-
licher sein und würde die Annahme, dass die Strasse R3 der
alteren Fluch lli nie gefolgt sei, aussuli Hessen. Dass auch der auf
dem Felsboden errichtete Abtiusskanal hier weniger von der
alten GebHudelUicht als von der späten Strassenlinie abzuwei-
chen scheint, mochte ich viel weniger betonen, da bei diesen
unterirdischen Anlagen gelegentliche geringe Schwankungen
vorkommen können: bei dem Felskunal in / sind sie noch stär-
ker, ohne dass seine Gesamtrichlung dadurch alterirt wiirde.
Ich glaube aber auch nicht, dass wirdem abweichenden That-
bestand In U\ einen anderen grösseren Wert beimessen sol-
len als den einer die Begel bestätigenden Ausnahme. Üafür
spricht schon die an allen andern Orten übereinstimmende
Reobachlung und die wiederum hierzu passende Orientirung
' Die Mauern der 3. benutzten die der 2. Periode als Fundament.
?68 F. NOACK
I
der Baureste im Oslen von B2, und endlich dieTbaCsache,
dass doch auch in B\ und B2 das späte Pflaster auf dem. wie
sonst auch, allmählig angehöhten älteren Strassen körper liegt.
Auch war schon durch die fortgesetzte Benutzung und Beibe*
hallung der zu den älteren Strassenan lagen gehörigen Kanäle,
wie sie gerade für B und (wenigstens his zur dritten Bau-
periode) Tür / erweisbar ist. die Fluchtlinie für die späteren
Strassen vorgezeichnet. Sind doch einzelne Strassen dieser
Linie der alten Kanäle bis in die neueste Zeit treu gebiielien!
Die Strasse L2 (in J) hält noch die Uichtung des KelskanaU,
mit dem sie schwerlich mehr in Verbindung stand (s.o.)f oio,
und ebenso ging R| über dem gleichfalls viel älteren aber
noch heule Wasser führenden Kanal entlang.
Es wird mit diesen Beobachtungen nicht nur schon Altlie-
kanntes wiederholt. Wir gewinnen vielmehr erst jetzt durch
sie das Recht, das mahmoudsche Strassensystem auch bei der
Rekonstruktion der hellenistischen Stadt zu verwenden. Wir
wussten. dass diese beroils von einem Netze sich rechtwinke-
lig kreuzender Strassen durchzogen war: &ivao«t (y) ip6Xtc)6Xo(;
)taT«TlT|AT)Tai (dies der technische Ausdruck schon bei Aristo-
teles) . . . ai St) iijijai xal xpoc opOdb^ TCfAvouotv aXXViXac (Strabon
793). Dass die mahmoudschen Strassen jenen genau gefolgt
sind, dürfte durch die an drei Querstrussen und einer Längs-
slrasse gemachten Beobachtungen erwiesen und darnach der
Schluss auf das ganze Strassensystem berechligt sein'.
Eine Fortsetzung der Untersuchungen auf alexandrinischem
Boden ist beschlossen und wird holTenllich bald, schon zur
Conlrolle und Bestärkung der Ergebnisse der ersten Campa-
gne, wieder aufgenommen werden. Auf wertvolle Einzelfunde
wird miin auch in Zukunft nicht rechnen dürfen; nur ein be-
sonders glücklicher Zufall könnte uns derartiges wiederschen-
ken. .Aber dass für die Geschichte der Sladt der Boden noch
* So kommen topograpliLscIie Untersuchung und Kritik der Ubeilicferung
(Ausfeldt, Kliein. Museum 1900 (55) b. 360 T ) unahliängig vun einander
^um s^ll>en Ziel.
NEUK ÜNTEHUUCHUNGEN IN *l.E3A\DlirEN -'09
mimche werlvoUe Autkläpun;; geben kann, das weiiigalens lia-
lieii unsere Vei-uHclisf^rülien iliieli hewieaeii. Damit ibI zur
Geiiiij;c iiesui;! iIubs die I''oibc1iuiil; hier nicht Uult maelien
dai-r.
8.
^.
|K,,|£a sei geslallet in fineiii Zusatz liier eine Ki-afje kurz zu le-
'"röhren, obschon sie durch unsere üiahungeii nicht uninillel-
liar auTgeworfen wird. Aber die vorstelieiideii Unleisuchun-
geii kommen ilir beieils zu gut, und ausserdem j(ielil sie Ge-
legenheit, noch einer l'iir die lojiü<{raphische Porschung in
Alexaiidrien wiclitigen 'l'halsache zu {<edenken.
Das Prinzip der Stadlanlage. die streng regelmässige 'Zer-
äclineidung' des Stadtgebietes durcli die Strassen, geht he-
kannllicli auf llippodamos von Milet zurück. Zwei im rechten
Winkel sicii schneidende Hauplslrassen gaben die enlsclrei-
denden iÜchlungen an. Die Wahl ihres Schnittpunktes war
wichtig, ila ilunli ihn zugleich die Lage des Marktes ('Inno^ii-
fxeio; äyiifi) beslimnit war'. Als llippodamos von Perikles
berufen wurde, im l'iraeus seine Theorie zu verwirklichen,
liess er sich durch die (gewiss schon vorhandene) äyop« am
Hafen ^ nicht ablialten. im Mittelpunkt seines Systems einen
zweiten regelmässigen Marktplatz, eben die nach ihm be-
nannte ircpa ayopa (Paus. I, 1, 3] anzulegen.
Das hippodamische System verrat Zeit und Ort seines Ent-
stehens deutlich: nicht mehr tlie Akropiilis, die llerrenbiirg,
ist das Centrum, sondern der Markt, das Uei'z des bürgei-
lichen Lebens. Aber es bewährte sich auch, und selbst die
grossen Baumeister Alexanders und der Diadochen haben kein
bes^ieres an seine Stelle setzen können; man liess sich dnreb
die grössten Terrainschwierigkeilen nicht von seiner Durcli-
lührung zurückschrecken, wie uns jetzt Priene überraschend
I Vgl. AristophaDes Vogel 1005 f. mit d
Philologus 4! (188313.207 ff.
> Wacbsmulb, Stadt Athen H S. 105-
1 Kock und blrdniaDQ,
270 F. NOACK
deutlich zeigt ^ Auch der DOnenboden der I^ndengl) swt^
sehen der Mareolis und dem Meere, der, nach unseren Beob^
achtungen , womöglich noch unebener war als zur Zeit dbr
mahmoudschen Strassenanlage, wurde nun nach einem i^*
chen Schema zerlegt. Es ist auch nicht zweifeihaft,dassdte ht^
der beiden Haupistrassen, durch die von Mahmoud richligar*
kannten des späten Systems bestimmt sind. Will manr koB*
sequent sein, so muss man in ihrem Schnittpunkt den 8tild^«>
sehen Markt suchen. Mit der Bestimmung von denen lii^
war ein Hauptfactor der neuen Stadtanlage gegeben. MdMtr
verdient die Oberlieferung unseren Glauben, die auedrOdk*^
lieh hervorhebt, dass Alexander die Lage der ayopat b^Mtmoit
babe^.
Aber hatte Alexandreia , das von Anfang an als ein Bdi<»
porion grössten Stiles gegründet war, keinen Markt aro Ss«
fen? Wie es das Beispiel von Halikarnassos ^ und Rhodkü^
beweist und Vitruv, nach griechischen,, hellenistischen QmI«
* Arcb. Anzeiger 1897 8. 180 f.
' Arrian 111,1. ErdmanD,Zur Kunde der heUenistischen StädtegrüaduagMi
8. 18. Wie das (Uoov mhiw zu verstehen sei, ist bei unseren jetitgen Mil|flhi
nicht sicher zu entscheiden. Nicht weil xtBfov der Name der Hauptifiier-
Strasse wäre (Erdmann 8.17), sondern weil nach Fseudo-Kallisthenes 1,32
die Anlage der Stadt von einem Punkte ausgegangen war, der |Uaov xiSfiov
hiess, würde dieses eventuell mit der a^opk zu identiüciren sein. Der Name
würde passen; wo der Markt ist, ist auch der Mittelpunkt der Stadt, was
nicht immer streng mathematisch zu verstehen ist. In diesem Falle dürfte
man natürlich nicht (mit Erdmann S. 19) auch den nach Alezander be-
nannten xdizoi, von dem Achilles Tatius a. a. O. redet, mit derselben
Agora zusammenwerfen, da er deutlich vom {lioov 9Cffi(ov unterschieden ist.
Versteht man dagegen unter der vom Alexanderplatz ausgehenden Quer-
strasse bei Achilles Tatius die H a u p tquerstrasse der Stadt, so müsste man
umgekehrt hier die «y^^p« und das (/ioov mhiov anderwärts suchen. Schrei-
ber, Vorbemerkungen zu einer Typologie der hellenistischen Städtegrün-
dungen (Festschrift für H. Kiepert S. 343) will für Alexandrien keine cen-
trale Agora annehmen.
» Vitruv II, 8, 11.
^ Rhodos, ebenso wie der Piraeus,also nach hippodamischem System an-
gelegt: Strabon 654. Erdmann, Philolo^s 42 (1883) S. 224.
NEUE ÜNTEII8UCHUN0EN IN *tGX*NDlllEN 571
len ' betont (1.7.1)- war bei Küsten -und llandelssläilten
diircb prakliscbe RUcksicIiten ein Markt am llaFen f^prordorl:
area. übt forum constitttntur, eligenda prnxime partum.
Wie er im Piraeiis i^eldieben ist trotz der zweiten bippndii-
miscben i.-^nfit, so konnte er in Alesandrien kaum fehlen Ist
PS nun ZufalLdass gerade da, wo Ost- und VVesthafen an ein-
ander Blossen, am Südende des lleplastadions, schon in Cae-
sars Zeil eine areii' j-enannt wird ? Als Verbindung zwischen
den beiden Malen, dem Spö[j^i>; des HepLasladions^ und der
llauptlano;sstrasse war hier ein freier Platz, der zugleich lla-
fenmaikt war. vorzügticli angebracht. Lassen doch noch die
mahmoudschen Strassen hitr einen grösseren Kaum frei *. Aber
schon der Stadtplan des Deinoki'ales mussle an dieser Stelle
auf besonders starken Verkehr Rücksicht nehmen. Uenn die
Idee, das Heptasladion hier anzulegen und durch die Verbin-
dung mit Pharos die Lage der neuen Stadt erst wirklich aus-
zunützen, wird man schwerlich vom Grundungsplane trennen
dürfen. Er ist nicht nur der Kühnheit des Üeinokrates wür-
dig', sondern rückt auch durch die Person seines lürbauers
Dexiplianes. dessen Sohn Sostralos unter Ptolemaios Pliila-
delphos etwa zwischen "290 und '^6(J seine Wirksamkeit ent-
faltete, in die Frühzeit der Stadt hinauf^. Audi das üSpayw-
■ ' Nissen, Templum 3. 58. Zu Vitruvs starker AlihätiKigkeit von grie-
pefaisclien Quellen vgl. auch meine Bemerkungen l'hilolugus 1899 S. 1 ir.
r ' Bell. alex. 19,6.
> Rbein. Museum |43| 1888 Ö. SUti f.
' Vgl. Kieperls Plan, ZeiUchritl für Erdkuode 7 B. 33 f. und Bolti. U
Plan d'Alexandrie, beide naeli Mabmuuds Originalaurnahnie. Hierzu |iassl
auch die Marktstrasse (^Rs ) bei Pseudo - Kallisthenea 31,3 (in der Bear-
beilung B|. vgl, Ausfeldt, a.a.O. B. 364 f.
■ Ein ätinliuhes Wageslilek war der 4 BUdien lange Damin nacb Tjros
gewesen, der unmillelbare Vorläufer des Heptastadions.
^ Fttrabon 791 und Slepb. Byt. s. v. 4>äpa; (InscbriTt des Sos|ralos am
Leuchllurml. Nach Perdriiels Nacliweis (fleiiue deiitudti anciennes I,t8it9,
ä.'2<J1) hiit SoBlratos den Turm gegen 380 bereits vollendet. Er wird also wol
kaum nach 320 geboren sein; seinen Valer können wir uns demnach sehr
gut unler den Baumeistern Alexanders denken. Ausserdem bat die Aus-
führung des Üründungsplanes in allen seinen Eimel heilen Jahre in Anspruch
Tli P. NOACC
yiov, das durch diesen gewaltigen Damm nach der Insel ge*
leitet wurde, weist, wie das ganze Leitungssystem der Stadt,
auf diese erate Zeit. Zumal hier auf der nackten Düne, wo
eine Grasstadt gleich im weitesten Umfange (Amm. Mare.
32, 16, 15) aus dem Nichts geschaffen werden sollte, mussle
die Frage der Wasserversorgung eigentlich eine Lösung achoD
gefunden haben,als man sich zur Gründung entschlösse Alex,
ander hatte ja einen competenten Berater auch hierfür in Uei-
nokrates in seinem Gefolge ( Vitruv II praef. 4) und dasselbe
kann mit Krates Tafp^pu^oc der Fall gewesen sein.
Diese ayopa am Heptastadion lag nahe Im den SchiiTswerf-
ten (Strabon 794). Wenn nun ein diesen hinderlicher Obelisk
(Plin. 36,9) vom Arsinoeion nach dem forum versetzt wird,
so kann damit ebenso gut der nahe gelegene Platz, wie der
Markt in der Stadtmitte gemeint sein ; mehr beweist diese
Stelle jedenfalls nicht ^.
Das Vorhandensein zweier Marktplätze entspricht schliess-
lich vollkommen der Doppelaufgabe, die Alexandrien erfüllen
sollte und in den ersten drei Jahrhunderten auch erfüllt hat:
es war ebensowol die erste Handelsstadt der Welt, deren xyopx
natürlich an den Hafen gehört, wie die königliche Residenz',
*die Festung Königs Alexander I ', die unabhängig von den
commerciellen Einflüssen das Bild einer in sich geschlossenen,
glänzenden Stadtanlage geben sollte.
getioininen. Die Verbindung des Dexiphanes mit Kleopatra ist naturlich
' legendarisch * (Pauly-Wissowa i S. 1384, 1); schon nach Caes. beU. ei?.
Hl, 112 ist das Heptastadion a prioribus regibus errichtet.
* Süsswasser ist allerdings im Boden vorhanden ( Kiepert a. a. O. 340).
Caesar grub Brunnen, bell. alex. 8,1. 9,2. Für die Versorgung der ganien
Stadt aber halte den Erbauern die feste Verbindung mit dem Nil zuver-
lässiger geschienen. In den grossen, noch jetzt erhaltenen Cisternenanlagen
(Vgl. jetzt auch Merckel, Ingenieurtechnik S. 512 f.) sind zum grossen Teil
Bauglieder (Säulen, Kapitelle) spätester antiker und byzantinischer Zeit
verwendet. Ihre Decken liegen da, wo ich es controlliren konnte, höher
als die gepflasterten Strassen des mahmoudscben Systems.
* Erdmann, Zur Kunde der hellenistischen Stadtgrüadungen 8. 18 führte
sie gegen eine kxo^k am Hafen an.
> Rhein. Museum 35 S. 451.
NEUE UNTERSUCHUNGEN IN ALEXANDRIEN 273
Wird aber diese ganze Erörterung nicht dadurch hinfällig,
dass der Platz, den die Kreuzung der beiden Haupistrassen
der a/opa zuzuweisen scheint, in einer durchaus sumpfigen
Niederung gelegen haben würde? Bekanntlich haben Mah-
mouds Aufnahmen festgestellt, dass die Hauptquerstrasse Ri
nahezu in ihrer ganzen Länge eine zwischen 300 und 400"
breite tiefe Einsenkung durchzieht. Und Mahmoud hat ge-
glaubt— und andere sind ihm darin gefolgt — , dass damit
der Platz für die palus a meridie interjecta des bell. alex.
I, 4 gefunden sei. Nun ist die Niederung ja in der That vor-
handen, aber man wird bei ihrer Beurteilung eine wichtige
Thatsache nicht mehr ausser Acht lassen dürfen, die Sen-
kung des Bodens in nachklassischer Zeit!
Es ist das Verdienst von Jankö in seiner oben (S. 227,1) ge-
nannten Abhandlung S. 323 ff. auf diese Senkung nachdrück-
lich hingewiesen zu haben. Nur unterdieser Voraussetzung er-
klärt sich die Verkümmerung der Halbinsel Lochias, das gänz-
liche Verschwinden von Antirrodos und Timonion*; nur so
versteht man, dass die ausgedehnten Quaderlager heute vom
Ufer des Osthafens aus sich viele Meter weit unter Wasser auf
dehi Meeresboden hinziehen, dass die Stufen des einen der bei-
den Obelisken vor demCaesareum2' und tiefer uriter Meeres-
niveau gefunden wurden^, dass zahlreiche Katakomben der
westlichen Nekropole(s o.S.229 Anm. 2) vom Meere durchspült
werden und einzelne Kammern nur noch in halber Höhe da-
raus emporragen, dass endlich die Fundamentreste stattlicher
Gebäude heute im Grundwasser liegen (Z und/^3). Dann dür-
fen wir aber auch für jene Niederung südlich von Lochias
dieselbe Veränderung annehmen, und es fällt die Ungeheuer-
lichkeit weg, dass die Hauptquerstrasse, mehrere Meter un-
ter der Pflasterstrasse (5,18'" Meereshöhe), und der zu ihr
< Janko a.a.O. S. 325 IL
* Die Angabe verdanke ich einer freundlichen MiUeilung Dr. Schwein-
furths, der schon daraus den richtigen Schluss auf die Bodensenkung (von
mindestens 2*" ) gezogen hat.
ATHEN. MITTHEILUNQEN XXV. 18
274 F. NOACK
gehörige Hauptwasserkanal im Sumpfe angelegt worden wä-
ren. Der Anlage der Agora stellte sieb also in dieser breiten
Niederung keine elementare Schwierigkeit entgegen.
Wo bleibt dann aber die palus a meridie interiecta?
Zwei Auffassungen stehen sich gegenüber. Die eine ist von
Wachsmuth * so formulirt worden : 'zu jener Zeit (Caesars)
drang also noch die palus Mareotis, der SumpFsee, so vom
Süden her in das Stadtterrain ein, dass er dasselbe in zwei
Hälften zerlegte, welche nur durch einen verhältnissmässig
schmalen Streifen mit einander in Verbindung standen : eben
diese tief eingreifende Einbuchtung der Mareotis ist es offen-
bar, welche von Strabon XVIII S. 793 als 6 Xia-riv 6 >tuvato<
genannt und in seiner lebhaften Frequenz geschildert wird*.
Im Gegensatz dazu nimmt z. B. Judeich im Anschluss an
Drumann und Mommsen an ^, dass einfach die Mareotis selbst,
nicht ein solches in die Stadt eingreifendes Sumpfgebiet ge-
meint sei. Beide Auffassungen scheinen mir Richtiges und
Falsches zu vereinigen. Wir müssen uns die Situation Caesars
vergegenwärtigen.
Seine Stellung ist durch bell. civ. ill, 112 annähernd be-
stimmt. Elr beherrschte das Theater und den anschliessenden
Teil der Paläste, also den Hügel des heutigen arabischen
Hospitals mit seinen Abhängen : der von ihm besetzte Ufer-
streifen reichte bis zu den navalia\ in der Stadt mag seine
Position durch die Strassen R5 oder R/j im Westen, Li (kano-
pisclie Strasse) im Süden und R2 als alleräusserste östliche
Grenze zu umschreiben sein ^. Dazu kommt bell.alex. 1,4,5.
Die Stadt würde in zwei Teile zerfallen sein, wenn es ihm
geglückt wäre , durch vorgeschobene Verschanzungen den
• Rhein. Museum 35 S. 453. 42 S. 403, 1; ebenso Mahmoud, Kiepert,
Luinbroso.
2 Judeich. Caesar im Orient (1885) S. 86. Vgl. auch Fuchslein bei Pauly-
Wissowa I S. 1382, 45 und jetzt Jung, Caesar in Aegyplen (Progranirai
Mainz 1900) S. 15. 23-25 (mir eben erst bekannt geworden).
5 So ungefähr auch bei Judeich a.a.O. auf der kleinen Karte von Alexan-
drien.
NEUE UNTERSUCHUNGEN IN ALEXANDRIEN 275
schmalen Staditeil zu besetzen, der durch das Eingreifen der
palus von Süden her gebildet war. Dem Wortlaut des Be-
richtes, der m. E. unbedingt dazu führen muss, eine Ver-
engerung des Stadtgebietes an einer Stelle der Südseile
anzusetzen, wird von den Vertretern der zweilen AufTassung
gar keine Hechnung gelragen : der gewöhnliche Verlauf des
Nordufers der Mareolis würde nirgends innerhalb des Stadt-
gebietes pine pars angustissima herbeigeführl haben. Es
ist dann weiter unzweifelhaft, dass bei einem solchen Ein-
treten der palus in die Stadt nur jene ausgedehnle Nie-
derung in Betracht kommen kann (VVachsmuth a. a. O.).
Dagegen halle ich die Ansicht, dass es sich um einen dauernd
in der Stadt vorhandenen Zusland handele, nicht für genü-
gend begründet. Veranlasst ist sie ganz wesentlich durch die
weile nördliche Ausdehnung der von Mahmoud festgestellten
Niederung. Doch gilt deren gleichmässige Tiefe mit
Sicherheil nur für die Zeit des gepflaslerlen Slrassennelzes.
Nicht folgt daraus, dass der Boden in älterer Zeil überall
gleich tief darunter gelegen habe. Unsere Untersuchungen
haben erkennen lassen, dass der Boden der hellenistischen
Stadt gelegentlich viel stärkere Höhenunterschiede aufgewie-
sen hat, die bis zur Zeil der Pflasleranlage nicht unbeträcht-
lich vermindert worden waren. Wir besitzen also keine Sicher-
heit dafür, dass das einmal in den südlichen Teil dieser Nie-
derung eingetrelene Wasser der palus Mareolis bis nahe an
die Lochias herangekommen sei. Wir können folglich die
angustissima pars oppidi quam palus . . . efficiebat auch
nicht einfach mit der schmalen Erhebung im Norden der Sladt
zwischen Lochias und der mahmoudschen Niederung gleich-
setzen. Es ist schon an sich sehr wenig glaubhaft, dass nahezu
ein Drittel des Stadtgebietes während der ganzen ersten und
glänzendsten Jahrhunderte durch eine breite Sumpfgegend
— die strategisch zu verwerten war, also wirklich unpassirbar
gewesen sein müsste — bis auf einen kleinen Verbindungs-
streifen abgetrennt geblieben wäre. Grösseres Gewicht als diese
Überlegung dürfte das Ergebniss unserer Untersuchungen ha-
ben, wonach eino fitr die Einteilung des ganzen Stadtgebietea
entscheidende Strassenlinie von Anfang an gerade diese Nie-
derungdurcfazogen haben muss — ganz unabhängig d^von, wie
man »icU über ilie Lage der ifttfk entscheidet. Zudem denke
iiiiin sicii in C.üi-saraLage. Oatlicbvon seiner Stellung bis zur
Locliitis delinlen sich dieltönigtichen Paläste der verschiedenen
Zeilen »iis : er liutte sich ihrer nicht oder doch nur zum klein-
sten Teil bemücliligen können. Ebendort hielten aber die Alex-
andriner auch Jen befestigten königlichen Privatbafeo wäh-
rend lU'.v ganzen Dauer der Kämpfe besetzt (bell. atex. 13.
SiL'uljoti 7<l'i ). (laesar hatte demnach nach dieser Seite wenig
Aussicht auf tirfolg. Und wie würde ihm eine solche Aktion
die Verproviantirung erleichtert haben, wonach doch sein
Ilauptstreben ging? War die paltts ein seit Jahrhunderten
hier stehender Sumpf, so bot sie ihm weder aqua noch pa-
bulum ; heisst es aber unmittelbar darauf, dass diese selbe
paUis ihm beides reichlich verschaffen konnte, so kann sie
eben nur die Mareotis (mit ihren Ufern) gewesen sein*. Wir
müssen uns dabei erinnern, daas noch zu Strabons Zeit dieser
See durch Nilkanäle gefüllt wurde (Strabon 793), also trink-
bares Wasser enthielt und an der Nilschwellung Teil nahm '.
Damit gewinnen wir eine, wie mir scheint, befriedigende
Erklärung. Wenn das Wasser der Mareotis einerseits in das
Stadtgebiet eingetreten sein muss, allerdings lange nicht so
weit, wie Wachsmulh u. a. meinen^, andererseits der An-
nalime einer dauernd vorhandenen patus sich begründete
Schwierigkeiten entgegenstellen, so bleibt die Möglichkeit,
dass mit dem Steigen des Nils, an dem die Mareotis Teil nahm,
auch der südliche Teil der vielbesprochenen Niederung (die,
wie wir sahen, nach Süden zu tiefer gewesen sein kann) re-
> Judeich a.a.O. S. 86.
» Vgl. Paulj-Whsowa I S. 1383, 1 f.
3 Die ursprüngliche Hauplquerslrasse wird deshalb (damil wird Wachs-
muths Präge Rbein. Museum 35 S.455 heule zu heantworlen »ein) nicht gani
soweil über die Kreuzungsslelle hiuausgegangen sein, nie es die t^ondirun-
gCQ MahiQOuds für die spälc fflasleislrassc darüber Cestgestellt haben.
NEUE UNTERSUCHUNGEN IN ALEXANDRIEN 277
gelmässig und so lange überschwemmt wurde, bis ( in nach-
christlicher Zeit) ihr Boden sich stärker angehöht hatte.
Zwischen dem von Caesar besetzten Stadtteil im Norden und
dieser überschwemmten Niederung im Süden (bez. Südosten
von ihm) blieb jene angustissima pars oppidi, quam pa-
Ins a meridie interiecta efficiebat. Der Nil beginnt im
Sominer (fast immer am 10. Juni) zu steigen, am 7. Oktober
erreicht er seine grösste Höhe*. Im November wird die ste-
lige Abnahme noch sehr wenig gespürt. Wir haben das Recht,
ja ich dächte die Pflicht, damit auch in unserem Falle zu
rechnen: die hier in Frage kommenden Ereignisse, besonders
der Vorstoss Caesars nach der palus Mareotis , fallen aber
genau in die Monate des höchsten Nilstandes und die allererste
Zeit des Abnehmens^. Das passt also sehr gut zu der hier
vorgetragenen Auflassung und darf vielleicht auch als eine
nicht unwichtige Bestätigung der Richtigkeit unserer ganzen
Untersuchungen angesehen werden.
Für den Binnenhafen an der Mareotis , den Xi|Ay)v Xi|Avaio<
Strabons, gewinnen wir damit allerdings nur das negative Re-
sultat, dass er schwerlich gegenüber der Niederung gelegen
hat oder gar mit ihr teilweise zu identificiren wäre.
Die für die Geschichte des alexandrinischen Bodens so be-
deutungsvolle Senkung ist kein nur aus den oben angeführten
Thatsachen abgeleitetes Postulat geblieben. Es ist bewiesen
worden, dass eine so durchgreifende Wandlung an der Delta-
küste nur in gewalligen Erdbeben ihre Erklärung findet. Es
ist aber offenbar auch gelungen, das entscheidende elementare
Ereigniss in der geschichtlichen Überlieferung wiederzufinden.
Mit der Zusammenstellung dessen, was darüber ermittelt ist^,
möge daher dieser Bericht beschlossen werden.
* Jankü a.a.O. S. 253 ff.
2 Judeich a.a.O. S. 85 und sonst.
3 Zu Jankos kurzen Bemerkungen S. 324 triU jetzt M. van Berchem,
Comples ' rendus de Caeademie des inscriplions 1898 (26) S. 329-345. Damit
z. T. übereinstimmende, z. T. ergänzende Angaben ( bes. über das Brdbe-
ben selbst) verdanke ich der Freundlichkeit meines Kollegen Herrn Prof.
Völlers.
578 F. NOACK
Die betreffenden Mitteilungen der arabischen Historiker
knüpfen sämtlich an den Pharosleuchtturm an. Noch im
Jahre 1303 befand sich in ihm ein arabischer Betrau m ^ In
demselben Jahre, am 7. August (dem 23. Dzulkigga 702 ara-
bischer Rechnung) trat ein gewaltiges Erdbeben in Aegyplen
und den umliegenden Ländern auf; am heftigsten wütete es io
Aiexandrien selbst, es zerstörte die Mauern, die Türme (Forts
oder Kastelle) und eine Seite des Pharos, natürlich auch den
darin befindlichen Betraum, der aber im folgenden Jahre wie-
der hergestellt wurde. Das Meer drang in die Stadt ein und
überschwemmte die Gärten 2. In Kairo stürzte die Al-Azhar-
Moschee in Trümmer u. s. f. Schon 1326 bestätigt Ibn Ba-
tütah^nach eigenem Augenschein, dass die eine Seite des Pha-
ros darniederlag; als er 1349 die Stelle zum zweiten Mal be-
suchte, war er vollkommen zerstört [Voyages I S. 29 f.). Die
starke Senkung des alexandrinischen Bodens hat man daher,
wie es scheint, mit gutem Grund, derselben Katastrophe zu-
geschrieben , welcher das Wunderwerk des Sostratos zum
Opfer fiel. So sah noch 1440 ein anderer Augenzeuge Qaiqa-
chandi nur dieTrümmerdes mächtigen Baues (M. van Berchem
S. 342). Im Jahre 1477/8 besuchte der Sultan Qäitbäi während
seiner Anwesenheit in Aiexandrien auch die Stelle des alten
Pharos und befahl auf seinen alten Fundamenten ein
Fort zu bauen. Als er zwei Jahre später 1479/80 wiederkam,
konnte er bereits den fertigen Bau inspiciren ^. Wiederholt
• Es war cinlacli ein Raum im Pharos zu dieser 'Moschee' hergerichtet
wordeu. Erwähnl in iMakrizis (Jhilat I, 158, 5 IF.
2 Von der Moschee ahgesehen , stehen alle diese Angaben in Ihn Ijas
ägyptischer Clironik 1 (Kairo 1311) S. 140,5 f. Weil, Gesch. der Chalifen
IV S. 264 lässt ^dw am Pfiaros angerichteten Scliaden unerwähnt.
3 Ihn Ijas II ö. 173 (f. 181). Sowol S. 17i, 1 wie I81),5 wird ausdrücklich
helont, dass das Fort auf der Stelle des allen Pharos gelegen habe,
nicht, wie Weil a.a.O. V ö. 358 sagt, es sei (ein Jahr später, li80/8i ) an
der Seite des früheren Leuchtlurms errichtet worden. Der Bau des neuen
Forts wird als ein Wunder in seiner Art heschrieben. Auf steinernen Bögen
ruhte ein bedeckter Gang, der von der Küste (der Pliarosinsel ) in das Meer
hineinlief und im Fort endete. Damit vgl. Janko 8.323: 'der Molo, der die
NEUB UNTERSUCHUNGEN IN ALEXANDRIEN 279
wird gesagt, dass das Fort auf der Stelle des alten Pharos
lag. Unter diesen Umständen verdient es auch Beachtung,
dass die Seitendes mächtigen viereckigen Mittelturmes des ara-
bischen Forts genau der Längenangabe entsprechen (==31"),
die über ein Jahrhundert vor dessen Erbauung Ihn Batülah
von einer Seite des Pharos giebt^ Hiernach wird die, wie es
nach den neueren Karten scheint, ziemlich allgemein ange-
nommene Ansetzung des Pharos auf den Klippen östlich von
Qäitbäi doch noch einmal zu revidiren sein.
Jena.
FERDINAND NOACK.
W»' dß ■•K
einstmalige Leuchtturm- Insel mit der einstigen Pharus - Insel verbindet,
ist heute ca. 300"* lang und in Hinsicht darauf, dass er aus Granit- und
Marmor - Brückenköpfen (?), aus wagrecht gelegenen Säulen und andern
Resten des alten Alexandriens zusammengetragen ist, können wir seinen
Ursprung höchstens in die Zeit der arabischen Herrschaft versetzen, und ich
glaube,dass er wahrscheinlich mit dem an Stelle des alten Leuchtturms ge-
setzten Fort-Quait-Bey gleichalterig ist, da die Gründung desselben ur-
sprünglich die ständige Verbindung dieser Insel mit der grossen Insel not-
wendig machte ... In der Nähe der Lcuchtlurm-Insel fand ich im Meere
alte Mauerüberresle, ausserdem Säulen die abgebrochen dastehen,derenFuss
abervom Meeressand bedeckt ist; die Folgerung, dass all dies einst über
der Oberfläche des Meeres war, und wir hier also das Sin-
ken der Küsten konstatiren müssen, ist unausbleiblich. Auch die
ausdruckliche Betonung dessen, dass 1349 on ne pouvait plus y enirety ni
mime aiUindre jusqu'ä sa porte bei IbnBatütah, dürfte dafür sprechen, dass
vor dem Erdbeben die Stelle des Pharos mit der Pharos-Insel zusammen-
hing; dann erst war die künstliche Verbindung nötig geworden.
* M. van Berchem a.a.O. S. 343.
DER 'APOLLO STROGANOPF'
In diesen Mittheilungen 1899 S. 468-484 macht 6. Kie-
seritzky einen Versuch, die Achtheit der als Apollo Strc^ooff
bekannten Bronzestatuette der Sammlung Stroganoff in St. P^
tersburg zu erweisen. Er teilt allerlei Beobachtungen über
den Zustand der Bronze mit, er macht viele Worte und spricht
viele Beteuerungen aus; allein vergebens suc^ man als Bo«
densatz von all diesem auch nur die Spur von etwas» das ab
Beweis dienen könnte.
Die Bronze ist eine Fälschung, und dies ist dermassen deot-
lieh und unverkennbar, dasses, wenn die Figur allgemeinerer
Betrachtung zugänglich gemacht würde, Niemand, der sich
wirklich Erfahrung in alten Bronzen erworben hat, je be-
zweifeln wird. Sie gehört in eine Klasse von Fälschungen, die
keinem Kenner unbekannt ist. Das Charakteristische der
Klasse besteht besonders darin,dass es nicht kleine Statuetten»
sondern relativ grosse und hohlgegossene Figuren sind» die
sich meist an bekannte Statuen anschliessen, und dass diesel-
ben durch mehr oder weniger grosse und zahlreiche Guss-
fehler und deren teilweise Ausbesserung den Anschein beschä-
digten Altertums zu erwecken suchen. Es sind mir im Laufe
der Zeit im Kunsthandel eine Reihe solcher Figuren vorge-
kommen ; eine solche, einen Herakles, habe ich schon Mei-
sterwerke S. 661 angeführt. Hier sei nur auf zwei in öffent-
lichen Sammlungen befindliehe Stücke dieser Art hingewie-
sen. Im Museo civico zu Verona sieht eine 0,325 hohe, 1885
gekaufte Bronzestatuelte, die eine flaue moderne Nachbildung
der Amazone des matteischen Typus, der Springerin, ist •
* H. Bulle hatte die Gefälligkeil, die Figur kürzlich nochmals gründlich
zu untersuchen ; seine Beobachtungen liegen dem Folgenden zu Grunde.
,1.0 3TR0GAS0FF
(Arndl-Amelung, Einzelaufnahinen Nr. 8; vgl.Meislprwppke
S. 297, Anm. I). Sie ist holil gegossen und zelgl eine Reilie von
Gussl'ehlern; ein solcher, ein grober liiss auf dem Rucken des
reclilen Fusses ist niclu verbessert; an den anderen Stellen liat
der Fälscher um die durchGussfehler entstandenen Lücher herum
dieOberlläche rechteckig eingeschnitten, um den Anschein zu
erwecken, dass diese Stellen nach antiker Art durch Flicken
zugedeckt gewesen wären. Kieserilzky will (S. 481 ) aucli am
Apollo Stroganoff eine rechteckige Ptlaslerspur bemerkt ha-
ben; auch wenn diese heobachtung richtig ist, beweist sie
nach der an der veroneser Figur zu machenden Erfahrung
nichts Für die Ächtheit jenes Apoll. An der veroneser Ama-
zone waren ferner der linke Fuss und die Hallte des Unter-
schenkels niemals vorhanden. Die jetzige Rndigung des Un-
terschenkels ist kein Bruch , sondern auf Dreiviertel des
unteren Randes deutlich ein Schnitt, der z. T. mit moderner
Patina bedeckt ist; das übrige Viertel ist unregelmässig rauh,
aber nicht von einem Bruch, sondern mit stumpfen Rundun-
gen, wie sie entstehen, wenn sich das Metall heim Gusse
streckt. Ganz gleichartig ist die sog. Aegis des Apoll, die nie
vollständiger war; die untere Fläche zeigt einerseits, wie Kie-
serilzky (S. ^183) angicht, Schnitt, andrerseits eben jene rauhe
GuBsHäche , die Kieserilzky lälschlich als wirklichen Bruch
ansehen will. Ein sinnloses Attribut, analog jenem Stück
Tuch, der sog. Aegis, nämlich eine runde Scheibe hat der
Fälscher auch der linken Hand der veroneser Figur gege-
ben. Auch der Ring in der rechten Hand der Amazone ist
ganz sinnlos; die Finger sind unverständlicher Weise darin
gespreizt; zwischen dem Ring und dem Haar ist ein unsinni-
ger Klum|)en Metall vom Gusse her stehen gelassen. Die dicke
Patina ist modern aufgetragen, das Metall darunter ist intakt.
Die zweite analoge Fälschung in einer üfTenlliclien Samm-
lung steht dei' stroganolTschen Figur aucli durch den Gegen-
stand besonders naiic : es ist auch ein helvederischer Apoll,
eine Bronze von etwa :iO"° Hübe im Museum zu Stuttgart (wo-
hin sie aus einer älteren Privalsammlung gekommen sein soll}-
282 A. FURTWABNaLBR
Auch hier zeigt der hohle Guss allerlei Löcher, die ausge-
bessert sind. Die aufgestrichene Patina ist modern. Wie an
der stroganoffschen Figur fehlt auch hier der Köcher, ausser«
dem ist aber das ganze Gewand, das im Gusse Schwierigkei-
ten machte (vgl. Meisterwerke a.a.O.), weggelassen. Der Kopf
ist freier nach der belvederischen Pigur copirt, als am stroga-
noffschen Exemplar ; in der Linken ist der Bogenrest von der
t>elvederischen Statue beibehalten. Die Stütze ist auch hier, wie
beim Apollo Stroganoff, weggelassen ; doch während letztere
Figur in sklavischer Abhängigkeit von der belvederischen Sta-
tue auch den l>ei der Bronze ganz unnützen Sockel unter dem
linken Fusse vom Marmor übernommen ^hat,liess der Fälscher
des Stuttgarter Exemplares diesen konsequenter Weise ebenso
wie die Beinstütze weg. Auf andere an den belvederischen
Apoll anschliessende Fälschungen, wie die von mir Meister-
werke a.a.O. genannte Figur in Zaragoza oder den ebenfalls
offenbar gefälschten sog. Apollo Puls<ky sei hier wenigstens
hingewiesen ^
Die stroganoffsche Bronze reiht sich mit allen ihren Ei-
gentümlichkeiten in eine bestimmte Klasse von Fälschungen
ein. Sie hatte besonders zahlreiche Gussfehler und die dadurch
entstandenen Löcher sind mit Blei ausgegossen, wie dies auch
an der S. 380 genannten HeraklesGgur geschehen ist. Wie das
Ausgiessen mit Blei und das teilweise Füllen der Lönher
mit Bronzeblech gemacht worden ist, hat Kieseritzky ge-
nauer verfolgt; allein sein Versuch, die Annahme antiken Ur-
sprungs der Figur zu reiten, ist gänzlich missglückt. Kr giebt
zu, dass die ganze Patina der Figur modern und künstlich über-
gestrichen ist. Allein er stellt die Vermutung auf, es möge
darunter einmal eine ächle Palina gewesen sein, die man ent-
fernt habe. Diese Vermutung ist nicht nur gänzlich halllos, son-
* Dabei sei gelegentlich bemerkt, dass der tanzende Satyr von Bronze aus
Sammlung Balamanca in Madrid, den Pierre Paris in Betaue des Hudes an-
ciennes 1900 Taf. I S. 57 als griechisch publicirl,der Photographie nach of-
fenbar auch unter die Fälschungen gehört.
I .............
^tdcrn sie wiitl auch durch den Tiiatbestaiid als unmui^licli er-
lu wiBBen. Nach Kieserilzky soll die Figur einsl von einer 'slark
ohiorhalligen Palina' bedeckt gewesen sein, welche die Ober-
fläche ganz zerliessen habe: die durch Guaslehler enlslande-
neii, dieser Sorte von Fälscluingen eigenen Löcher seien viel-
mehr vom Oxyd durcligefreasene Stellen ; die Bronze sei durch
Oxydation 'stellenweise siebartig durchlöchcrl' gewesen. Kie-
serilzky hat offenbar gar keine Ahnung davon, wie eine wirk-
liche, dermassen von Oxyd zerfressene lironze nach erfolgter
Reinigung aussieht. Wenn er sich belehren wUl.müge er das
Atelier des Chemikers des berliner Museums aufsuchen, der
hunderte solcher Uronzen behandelt hat. Kieseritzkys Hypo-
these beruht auf einfacher Unkennlniss; sie wird durch die
glatte, glänzende, unter der modernen Patina intakte Oherllache
des Metalls der stroganoffsclien Figur sofort widerlegt; eine
Oxydation . wie sie Kieseritzky voraussetzt, hätte nach der
Reinigung nur einen rauhen, zerfressenen Grund hinterlassen
können. Dass die kleinen Goldresle, die Kieseritzky (S. 479)
bemerkte, nichts für die Entsteh ungszeit beweisen, bedarf kaum
der Erwähnung Es ist ein beliebter Kniff der Fälscher, durch
dergleichen Reste ( ähnlich wie bei den Terrakotten) die Täu-
schimg zu versuchen.
Es ist nur noch ein Punkt in Kieseritzkys Ausführungen zu
berühren, derjenige, mit dem er beginnt und den er mit be-
sonderer Wichtigkeit behandelt, wie er denn schon vorher
llelhig (Führer- 1 S. 501 ) davon Mitteilung gemacht halte,
der'Stützkeit' unter dem linken Fusse. Kieseritzky meint, ich
hätte die Bronze eben wegen dieses 'Slützkeils' für modern
erklärt; er giebt sich der Illusion hin, dass er sie retten und
als anlik erweisen könne, wenn er nur jenen Punkt erschüt-
tert habe. In Wirklichkeil habe ich diesen aber gar nicht ein-
mal bemerkt, als ich das Original in Sammlung Slroganoff
als Fälschung erkannte: ur fiel mir erst später auf und schien
nur geeignet. Anderen den modernen Ursprung deutlich zu
maclien, da er sich einfach und kurz in Worte fassen lässt,
was bekanntlich durchaus nicht der Fall ist mit jener unend-
M
284 A. FURTWAENGLER
liehen Summe von Formen Wahrnehmungen, auf denen eigent-
lich das Urteil über Ächtheit oder Fälschung zu beruhen
pflegt, jenen Imponderabilien des Kunstwerks, zu denen Kie-
seritzky freilich gänzlich das aufnehmende Auge zu fehlen
scheint.
Ich hatte behauptet, man könne den modernen Ursprung
der stroganoffschen Bronze schon daran erkennen, dass sie
unter dem linken Fusse den Sockel von der Marmorstatue co-
pire, während Stützen dieser Art bei den antiken Bronzen
nicht vorkämen. Kieseritzky behauptet im Gegenteil, diese
Stützkeile seien an allen Bronzen etwas ganz gewöhnliches;
er spricht, als ob man beim ersten Blick in jeder Bronzen-
sammlung eine Menge Beispiele Qnde und nur ein der Denk-
mäler gänzlich Unkundiger dies nicht wissen könne. Der
Sachverhalt ist gerade umgekehrt. Richtig ist nur, ich hätte
nicht sagen sollen, 'niemals' fänden sich jene Stützen bei al-
ten Bronzen. Allein die wenigen Ausnahmen, die vorkommen,
bestätigen gerade die Regel. Ich habe jüngst Gelegenheit ge-
habt, die ungeheuer reichen Sammlungen antiker Bronzesta-
tuetten daraufhin durchzusehen, die sich in Paris befinden:
hier sind zahllose zurückgesetzte Füsse , die in Marmoraus-
führung alle Stützkeile haben würden , die Bronzen aber ent-
behren derselben. Nur zwei Beis|)iele römischer Zeil konnte
ich (im Cab. des mc'daiUes, Babelon und Blanchel Nr. 10. 237)
entdecken, wo kleine Slülzkcile vorkommen, und eines davon
fällt noch weg. da der Fuss modern ist. Die von Kieseritzky
angeführten Beispiele aus dem British Museum hatten Arthur
H. Smith und E. Sellers-Strong die Gefälligkeit nachzuprüfen,
wovon letztere mir das ResuUaL milleilLe. Die ersten vier Stü-
cke sind sehr geringe, rohe römische Arbeiten (statt 1602 ist
1520 zu lesen) und der Stützkeil scheint teilweis modern (an
1265 sind die Füsse ergänzt nach Walters); von den anderen
Beispielen waren an 1389, dem mit beiden Füssen nur mit
den Zehen aufruhenden tanzenden Satyr Stützkeile sogar not-
wendig wegen der besonderen Stellung, die von der norma-
len abweicht. Bei den schönen Bronzen aber, bei denen Kie-
DER APOLLO STHOGANOFF 285
seritzky (S. 471) einstige Slützkeile vermuten zu dürfen meint,
fehlt nach Zeugniss der Genannten jeder bestimmte Anhalt für
diese Annahme, die daher nach allen Analogien als gänzlich
unwahrscheinlich abzuweisen ist. Auch das British Museum
zeigt an zahllosen Beispielen zurückgesetzter Füsse, wie der
Brauch bei Bronzen von dem bei Marmorstatuen verschieden
war. In der gleichfalls reichen Bronzensammlung zu München
ist nur ein römischer Mercur (Nr. 130) mit einem kleinen,
* Stützkeil' und ein tanzender Lar (Nr. 359), wo die Stütze
unter dem hoch gehobenen Fusse nötig erschien; alle die vie-
len zurückgesetzten Füsse in der Art des Apoll sind sonst auch
hier ohne Stütze.
Der Fälscher der oben (S. 281 ) genannten Stuttgarter
Apollo-Bronze kannte den antiken Brauch also besser alsKie-
seritzky und der Fälscher der stroganoiTschen Figur, der sich
von seiner Vorlage, der belvederischen Marmorstatue nicht
losmachen konnte und auch den dem Marmorstil eigenen
Stützkeil unter dem linken Fusse mit copirte.
Auf das, was Kieserilzky S. 483 f. noch über den belvede-
rischen Apollo selbst vorbringt, einzugehen, können wir der
Mühe wert nicht erachten. Wer sich zu behaupten getraut, die
Aegis sei 'mit Sicherheit' (!) zu ergänzen, und wer den Bo-
gen in der Linken des Gottes Mächerlich' findet und sich
dabei um die ganze vorangegangene Litteratur, um alle dieje-
nigen, welche die Unmöglichkeit der Aegis und die einzige
Berechtigung des Bogens erwiesen haben, nicht kümmern zu
dürfen glaubt, mit dem lohnt es sich nicht zu rechten ; wir
könnten höchstens das Wort Mächerlich' zurückgeben und es
auf den Apollo beziehen, der zugleich Jen Sühnwedel in der
Rechten und die schreckende Aegis in der Linken, der den
Köcher, aber nicht den Bogen tragen soll.
München
A. FURTWÄNGLER.
■ ■ »»i»^ « ■
ZUM APOLL VOM BELVEDERE
Veranlassung zu diesen Zeilen giebt mir die körzlich an,
eben dieser Stelle (1899 S. 468 ff.) Tan Kieseritzky veröffent-
lichte Verteidigung der Echtheit des ApoUon Stroganoff. Über
die Berechtigung dieser Apologie , soweit sie sich auf den
äusseren Zustand der Bronze bezieht, sind die vorstehenden
Bemerkungen Purtwänglers S. 280 ff. zu vei^leichen. Mir sei
zu diesem Punkte nur eine kurze Bemerkung gestattet.
Kieseritzky schreibt S. 477 in Betreff der Obereinstimmung
der Statuette mit dem Apoll vom Belvedere: * Stimmt der
Mantel doch auch sonst mit dem der belvederischen Statue in
der Anlage der Palten um den Hals, in der Klammer, wel-
che die rechte Seite des Mantels auf dem Röcken zu-
sammengeschoben hält, so überein . . . ' In einer Anmer*
kung gesteht er, sonst an keiner Figur eine derartige 'Klam-
mer' zu kennen. Sehr begreiflich, da es sich bei dem Apoll
vom Belvedere gar nicht um eine * Klammer*, sondern um ein
Stück des Köcher-Riemens handelt; er ist hier wie vorne ein-
fach umrändert. Augenscheinlieh hat der Künstler angenom-
men, der Köcher sei durch die heftige Bewegung der Figur
über den Rand des Mantels geworfen worden.
Der Köcher ist, soweit er jetzt erhalten ist, ganz antik und
war niemals gebrochen. In der unteren Bruchfläche ist ein
rundes Loch, das wol von einer ehemaligen Ergänzung des
unteren Endes in Gips herrührt. Oben ist ein Teil des oberen
ausgeschweiften Teiles links abgebrochen ; eine Ansatzstelle
am Mantelrande links davon macht es zweifellos, dass hier
der aufgeklappte Deckel abgebrochen ist. Von dem Tragband
ist das eine Ende oben am Köcher sichtbar; es verläuft schräg
von links unten nach rechts oben , so dass es unzweifelhaft ist,
dass wir hier die direkte Fortsetzung des Teiles des Bandes
I APOLL VOM I
I
vor uns haben, das auf der Vorderseile ziilelzl dicht oberhalb
des Mantelknopfea sicIiLbar geworden ist. Das andere Ende
des Bandes greift weiter unten um den Mantel herum; es
sass an dem jetzt fehlenden, unleren Teil doa Köchers an.
Dieses Knde hat der Verferliger der ßronze wiedergegeben,
aber auch nur soweit, als es an dem Marmor erhalten ist; es
ist die vermeintliche Klammer. Das obeie Ende lialeraammt
dem Köcher unterdrückt. Kann man aber das einem antiken
Künstler zutrauen ? Oder hätte dieser dann nicht wenigstens
aucli das untere Rnde ilea Köcherbandes unterdrückt, das
in seiner Vereinzelung jetzt ganz sinnlos ist? Jedenfalls hat
dieses Stück Riemen nur da seine Berechtigung, wo der Kö-
cher vorhanden ist. Der Apollon Stroganoff aber bat keinen
KÖciier (Stepliani, Apollon Boedroinios S. 9). Sollen wir
wirklich annelimen. ein antiker Künstler habe dieses Detail
dem Originale nachgebildet, den notwendig dazugehörigen
Köcher aber fortgelassen i* Besonders stutzig tnuss es uns ma-
chen, dass an der Bronze eben gerade bu viel von dem Riemen
wiedergegeben ist, wie an der erhaltenen Marmtirreplik.
Günstig für die Echtheit der Statuette kann uns diese Beob-
achtung jedenfalls nicht stimmen. Doch auch sie würde sich
als nichtig herausstellen, falls durch den äusseren Zustand
der Bronze der antike Ursprung der Statuette aber jeden Zwei-
fel erhoben wäre; das letzte Wort darüber kann aber nur der
sprechen, der die Figur selbst gesehen bat. Der eigentliche
Zweck dieser Zeilen ist vielmehr, mit Nachdruck darauf Iiin-
zuweisen, dass diese ganze Frage und die Entscheidung da-
rüber, ob — die Echtheit der Figur angenommen — das Attri-
but ihrer Linken die Aegis gewesen sei oder nicht, wesenlos ist
für eine andere, weit wichtigere Frage: was für ein Attribut
die Linke des Apollon vom Belvedere und des griechischen
Originales gehalten habe.
Die Hechte des Apollon Slrnganoft ist leer; ebenso heute
die der vaticanisclien Figur. Dass sie es nicht ursprünglich
war, wissen wir durch Furtwängler, der — eine richtige Beob-
achtung üültichers aufgreifend — ein für allemal festgestellt
I
288 W. AMBLUNa
hat, dass die Rechte einen mit geknoteten Woilbinden um-
wundenen LfOrbeerzweig hielt, dessen Reste an dem anti-
ken Teil des Stammes ohne Weiteres deutlich erkennbar
sind (Meisterwerke S. 663). Kieseritzky geht auf diesen Punkt
gar nicht ein, ja er operirt am Schlüsse seines Aufsatzes im-
mer noch mit dem Argument, die Haltung des linken Armes
sei nicht die eines Bogenschützen, der schiesst oder eben ge-
schossen hat, trotzdem eben durch das Attribut der Rechten
diese Motive von vornherein ausgeschlossen sind, sie also auch
von niemand, der den Bogen in der Linken annimmt, voraus-
gesetzt werden können. Kieseritzky hätte aber allen Grund
gehabt, auf diesen Punkt einzugehen ; denn er ist, wie wir
sehen werden, nicht nur für die richtige Ergänzung des mar-
mornen Apolls von entscheidender Wichtigkeit.
Für diese gewiss. Wir könnten uns sehr kurz fassen: da
der Apoll ausserdem den Köcher trägt, darf der Bogen nicht
gefehlt haben; wir müssen ihn also in der Linken ergänzen.
Aber dieser einfache Schluss lässt sich noch tiefer begründen.
Wer die Masse der Darstellungen des Apollon , bei denen
die Attribute gesichert sind, überfliegt, wird bemerken, dass
sich der Lorbeeraweig entweder allein neben der Leier oder
neben dem Bogen findet^ und zwar ist diese letzte Verbin-
dung die häufigste. Folgende Beispiele sind mir bekannt:
1. Statue in Berlin; Beschreibung Nr. 51.
2. Reliefeines Sarkophagdeekels im Lateran mit Darstel-
lung der Schicksale des Oedipus; Benndorf-Schöne Nr. 387
S. 265; Robert, Sarkophagreliefs II Taf. 60, 183 (Bildsäule
des Gottes in Delphi).
3. Relief eines Altares im Museo Chiaramonli unter Nr.
636; Museo Chiaramonti I Taf. 18 (wo an den Lorbeer-
zweig unten aus Missverständniss eine Pfeilspitze gezeichnet
ist).
4. Münze von Metapont; Overbeck, Kunstmythologie,
Apollon, Münztafel 3, 9 S. 73 Nr. 9 und S. 77 f.
Furlwängler, Öauiinlung SabourolV l zu Tal. 8 .S. 3.
ZUM APOLL VOM BELVBDERE 289
5. Münze von Side in Pamphylien; a.a.O. 3, 52 S. 301
Nr. 35 und S. 309.
6. Münze von Athen; a.a.O. 4, 29 S. 303 Nr. 74 und S.
309
7. 8. Münzen von Palara; Catalogue of Greek coins of
Lycia S. 77 Taf. 16, 2. 3.
9. Gemme; Overbeck a.a.O. S. 318 Np. 18, Gemmentafel
Nr. 26.
Ferner sei auf die sehr wahrscheinliche Ergänzung der
Bronze Gr^au in Berlin bei Overbeck a.a.O S. 229 f. ver-
wiesen.
Die beigebrachten Beispiele beweisen, dass die Vereinigung
jener beiden Attribute im ganzen Bereich der antiken Welt
und bis in römische Zeit hinein üblich war. Dagegen habe
ich den Lorbeerzweig mit der Leier nur auf Münzen gefunden,
nie aber mit einem anderen Attribut verbunden.
Das Resultat dieser statistischen Untersuchung kann dem-
nach nur dazu dienen, den einfachen Schluss,den wir aus dem
Vorhandensein des Köchers zogen, zu unterstützen. Die Linke
des Apoll vom Belvedere hielt den Bogen; möglich, dass der
Mittelfinger einen Pfeil umschloss. wie bei der berliner Sta-
tue und sonst.
Was die Vereinigung dieser beiden Attribute bedeuten kann,
hat Purtvvängler ausgesprochen: die in dem einen Gott ver-
einigten Mächte zu vernichten und zu sühnen. Wenn aber die
Bildsäule in alter Zeit ruhig dastand, die Werkzeuge der Gott-
heit gleichmässig präsentirend, so ist hier die ganze Gestalt
in ausdrucksvolle Action versetzt, ohne dass eine bestimmte
Situation vom Künstler vorausgesetzt sein müsste. Nicht der
Bogenschütze sollte dargestellt werden, wie in der bekannten
Bronze aus Pompei, sondern das eigenartig doppelt entwickelte
Wesen dieserGottheitsollte vergegenwärtigt werden, wie es uns
in den Oedipus-Dramen des Sophokles in lebendiger Wirkung
vor Augen tritt. Allerdings scheint für das Motiv des erhobe-
nen Bogens auch eine etwas modificirte Deutung möglich, und
zwar im Anschluss an die wirkungsvolle Schilderung, in den
ATHEN. MITTHBILUNOEN XXV. 19
290 W. AMBLUNG
Argonautica des Apollonius Rhodius IV, 1694 ff. ^ Undurch-
dringliche Nacht umhüllt die Argonauten im kretischen Meere
mit all ihren Schrecken ; da erhebt Jason betend seine Stimme
zu Apollon:
1706 AYiTotSn, TüVY) il x.aLT oupavoö ixio werpa;
(DtfAfa MeXavTioii; apiYixoo;, cdz' ivi irövrcf)
invTat' Soia(i>v ii [aiyj; cfuircpOcv opouoa;,
Ss^tTSp^ j^puociov dcvjo^cOc; u^oOi tö^ov*
u.ap(AaperiV $' a7ü£Xa|x^c ßt6( Tccpl icavToOcv alyXiQv.
So wie der Gott hier mit dem Glanz des erhobenen ßogens
den Argonauten als Retter erscheint, kann er auch vom Künst-
ler der Statue gedacht sein. Dann erhöbe er also nicht dro-
hend, sondern zum Zeichen seiner allgegenwärtigen Hülfe den
Bogen. Aber man wird entgegnen, dem widerspreche der Aus-
druck des Gesichtes. Keineswegs: der Zorn und die Verach-
tung, die unverkennbar in diesen Augen und um diese Lip-
pen lagern, würden den dunkelen Mächten gelten, die der
Gott Willens ist mit seinem Bogen zu bannen. Beide Attri-
bute aber würden ihn als den Helfer, den smxoupto; erschei-
nen lassen, ich wage nicht, mich für die eine oder andere der
beiden Deutungen entschieden zu äussern. Jedenfalls ist alles,
wodurch Kieseritzky die Ergänzung mit dem Bogen zu dis-
crediliren sucht, lediglich subjecliv und hat gegenüber der
Klarheit der objectiven Gründe, die für diese Ergänzung
sprechen, nichts zu sagen. Ja, man könnte fragend erwidern:
wie steht es denn mit der künstlerischen Erfindung des Apol-
lon Stroganoff, angenommen er sei echt und halte die Aegis?
Dieses Attribut, in der linken Hand vorgestreckt, kann über-
haupt nur als Schild verstanden werden. Als Schreckbild könnte
sie nur von der activen Rechten erhoben werden. Apollon
aber bedarf keines Schildes, abgesehen davon, dass die Aegis
* Schon Heibig hat in der ersten Auflage des Führers I S.108 bei der Be
sprechung des Apoll vom Belvedere auf obige Stelle hingewiesen.
ZUM APOLL VOM BBLVEDERB 29l
in der vorauszusetzenden Form garnieht zur Deckung dienen
kann. Wie erklärt sich diese Aegis in der Linken? Dass
Apollon den Bogen drohend mit dieser Hand erhebt ist na-
türlich; die Aegis gehört in die Rechte.
Auch diese Überlegung ist nur geeignet, uns in dem zu be-
stätigen, vsras ich auszuführen beabsichtigte: gäben wir Echt-
heit und Aegis für die Bronze zu, so hätte doch dieser That-
bestand keine beweisende Kraft für den Marmor ; der Ver-
fertiger der Bronze würde durch Weglassung des Lorbeer-
Zweiges in der Rechten und Änderung des Attributes der
Linken eine Variation des originalen Typus hergestellt haben,
die gerade darin, dass die Aegis von der Linken, statt, wie es
natürlich wäre, von der Rechten gehalten wird, den Stempel
des Abgeleiteten deutlich trüge. Das Original der Figuren
kann in der Linken nur den Bogen, vielleicht Bogen und Pfeil
gehalten haben.
Rom.
W. AMELUNG.
■ t #1» I I «
ÜBER EINIGE GRABHÜGEL BEI AGIA TRIADA
Als die Gräbersirasse des athenischen Kerameikos freigelegt
wurde, hat man versäumt — und es ist verzeihlich — neben
den grossen Reliefs auch auf die Grabhügel der Armen zu ach-
ten, Grabhügel, die an der Kunst keinen Teil haben, aber in
immer gleicher Form lange Zeit dem einfachen Volke genügten.
Hier sollen die Reste solcher Anlagen , die sich im Schutt
von Agia Triada noch erkennen lassen, aufgezählt und be-
sprochen werden. Zur Feststellung des Vorhandenen waren
einige Aufräumungsarbeiten notwendig, zu denen die griechi-
sche Ephorie der Altertümer in liebenswürdigster Weise die
Erlaubniss erteilte.
A. Das Grabmal aus Lehmziegeln.
Auf dem Terrain, das sich südlich der Messen iergräber^
bergauf erstreckt, steigen zwei Reihen von kleinen Terrassen
empor, die durch niedrige Stützmauern gehalten werden. Die
Anlage ist in vorrömische Zeit zu daliren, denn die Stütz-
mauern sind zum Teil sorgfältig aus Breccia blocken herge-
stellt, und in der Erde der Terrassen sind nur Ziegelgräber
nachzuweisen. Die Särge aus rohen Steinplatten, denen rö*
mische Columellae zu entsprechen pflegen, stehen in einem
etwas höheren Niveau; unter der Aufschüttung, die sie um-
gab, müssen die älteren Grabmäler ganz verschwunden sein.
Auf der ersten Terrasse südlich und oberhalb der Messe-
niergräber stehen vier jener Piattensärge dicht aneinander ge-
rückt und neben ihnen liegen noch die vier römischen Colu-
mellae mit ihren Inschriften.
* Vgl. die Planskizze bei Conze, Die allischen Grabreliefs, Texlband I
S. 16, Nr. 41.
UEBER EINIGE GUitBHUEGEL BEI
In der Erde, auf clet' die Plattensürge stehen, liegen zwei
ältere Gräber, ein früher schon geöFTnetes Ziegelplatten^rab
und ein Erdgrab. Seine Grube ist 2™ lang. O.eO™ breit und
0.30'" lief in den Mergelgrund eingeschnitten. Oarin lag, den
Kopf nach Norden, ein stark zerfallenes Skelett von feinen
mittleren Fnrmen. deaen Becken leider zerstört war, sodass
sich über das Geschlecht des Toten nichts sagen liess'. Zu Füs-
sen fanden sich kleine Reste eines ganz zerfallenen eisernen
Gegenstandes, und rechts und links des Schädels lag je eines
der sleifgpformten , thönerncn öltläselichen. wie sie in spät-
griechischer und römischer Zeit in den Gräbern an die Stelle
von Lekylhen getreten sind. Die Grube war ganz gefüllt mit
der weissen, reinen, sandigen Erde, aus der die rohen Lehm-
ziegel hergestellt werden; aus dieser Erde war ilarüber auch
noch ein kleiner Hügel aufgeschüttet, und in allmählich sich
verlierender Schicht verbreitete sie sich ringsum über den
Mergelboden, in dem Hügel steckten schief nach oben zwei
grosse Geisonziegel. in gleicher Flucht der Axe des Grabes
entlang, sich an den Anschlussllächen noch berührend, so wie
sie einmal herabgestürzt waren, und später durch die Erde ge-
halten wurden, welche die römischen Plaltensärge umgab.
(siehe Figur t.2). Diese Reste genügen für eine ungelähre Re-
konstruktion des Grabmales (Figur 3}, Über der Grube erhob
sicli ein kleiner Lehmziegelbau von rechteckigem Grundriss,
der mit zwei Geisonziegeln abgedeckt war: au der Rückseite,
wo die für solche, Zwecke nicht fabrizirten Ziegel keineWas-
aernase haben, konnte der Hegen einwirken, und nach dort-
hin brach denn auch der Mau zusammen.
Solche und ähnliche Denkmäler haben im Kerameikos viele
gestanden ; denn die Ziegel linden sich in grosser Anzahl, mit
denen sie gedeckt waren, und für die eine andere Verwendung
auf der Gräberstrasse nicht nachzuweisen ist. Es sind meist
Traufziegel der abgebildeten Art; Geiaonfläche und Wasser-
nase rot gefirnisst. darauf ist weisses Ornament gemalt, ein
■ Photographie des Instituts AlUn, OauUn Itig.
B. DBLBRDICK
MäanderiDOtiT ao der Wa8Sf>rnaBe, ein PalmeitonlotuBband an
der Unterfläche desGelBOD. Die breiten flüchtigen Ornamente
entsprechen etwa dem, was man auf späten böotiscben und at-
tischen Schalen sieht. Auch Akroterien mit f;emalten und ge-
pressten Mustern, finden sich. Von einem grösseren Bau wird
^T
iiH Fig. 1
ein Stück stammen, das in eine aufgebogene, soi^fältig ver-
zierte Sima endet. Und zu grösseren Denkmälern gehörten
vielleicht auch einige Ziegel aus oberen Reihen.
1 : »0 Fig. 2 ' ■ *> Fig. 3
Solche Grabmäler waren leicht aufzubauen, wol meist durch
die Hinterbliebenen selbst, ohne Zuhillenahme von fremden
UBBBR EINIGE GRABHUE6EL BEI AGIA TRIADA 295
Arbeitern; nur die Ziegel musste man kaufen. Man wird das
Recht haben eine noch einfachere Form als Anfangsglied der
ganzen Kette zu ergänzen, einen Brdbau, der nur durch Rei-
^'S g%^" ^^s Eindringen der Feuchtigkeit geschützt war
(s. u. S. 303).
B. Die Platform^
Stattlicher und dauerhafter konnte das Denkmal werden,
wenn man seinen Körper aus Bruchsteinen aufbaute und mit
Stuck überzog.
Dieser reicheren Art gehört vor allen das Bauwerk an, auf
dessen Rücken die Familie des Agathon später ihre Denkmä-
ler errichtet hat. Es ist ein Massif, aus ziemlich grossen rohen
Steinen aufgeführt und an den Seiten mit Stuck verkleidet,
daher an den Kanten gerundet, an der freiliegenden Seite
8,10'" lang (0,60'" sich über den heutigen Erdboden erhebend),
im Ganzen 1,70'" hoch.
Ein Teil der Schmalseiten — die westliche ist 3,40" weit
messbar — und die Rückseite sind unter Schutt und vielen
späteren Gräbern verborgen. An der freiliegenden Langseite
und den Schmalseiten fin-
den sich an ihrer alten Stelle
die Fragmente einer Reihe
von grossen Deckziegeln mit
Wassernase , deren Salinas
noch mehr zeichnen Hess
(siehe Figur 4). In der Mitte
i.ao Fig. 4 sind die Ziegel verschwun-
den ; man wird sie ausge-
brochen haben, als man zuerst die rohen Fundamentblöcke,
dann die Basissteine und endlich die marmornen Grabmäler
der Familie des Agathon hier aufbaute; möglich ist auch,
dass über dem Ganzen ein Erddach angeschüttet war, aus dem
/ ,„ nj-— —:j^ zLL
* Antonio Salinas, / }iionumenti sepulcrali presso la chiesa di Santa Tri-
nitä in Atene, Turin 1863.
nur die Wassernasen der Ziegel am Rande herausraglen. Der
Hau ist nicht elwa der Sockel für die heute darauf siehenden
Grahmäler; zuniichgt ist es schwer denkbar, dass nnuii einen
solchen Snck«! aus Biucheleinen sollte hergestellt hahen. und
dann heweisL ehen das Vorhamlensein der loh gelassenen
Fnndamentblöeke, dass späteslens mit ihrer Versetzung der
ßau (inier die tÜrde kam ; nirgends sonst im Kerameikos war
dii3 Kundamenlirung der Denkmäler sichtliar: man liess sie
fort, wenn man die Grabrelii-t's auf der Kante der hohen StQlt-
mauern aufstellte.
Hiermit ergibt sich eine annälmrnde Datirung für den hau.
Zur Zeit des A^uthou war das atatlliche Denkmal bereits so
vergessen, dass man es verschtUt«n konnte ; also muss es spii-
leslens im Fünften Jahrhundert entstanden sein, Scliwerlich
kann es über dem Grabe eines Einzelnen, eher über dem ei-
ner Familie stehen ; vielleicht dass die Vorfahren des Agathon
darunter begraben liegen.
C. Das bemalte Grab.
In spätgriecliischc oder fruhrömisclie Zeit scheint ein Denk-
mal zu gehören, das zum grössten Teile von den südlichen
Pundamentmauern der Kirche Agia Triada überbaut ist. E)b
ist eine rechteckige Anlage mit gerundeten Seitenkanten in der
Arides Agathonmassirs.aber kleiner. Sichtbar ist jetzt nur die
Südseite und je ein Teil der östlichen und westlichen ; die
Breite der freiliegenden Seite beträgt 1,15°, die erhaltene
Höhe durchschnittlich 0,50™ (siehe Figur 5V
Der Kern des Baues bestellt aus ziemlich grossen Bruch-
steinen mit Lehmverband; die Unebenheilen dieses Gemäuers
sind an den Aussenseilen durch groben Kalkputz aus-
geglichen, und über diesen ist eine Schicht feinen Stuckes
gelegt. Deckziegel sind nicht mehr vorhanden und der obere
Rand der Seitenflächen ist stark ausgebrochen. Doch ist eine
Bedachung sicher zu ergänzen, weil auf die Stuckoberfläche
gemalt ist, und diese Bemalung sich gut erhalten hat. Die
Feld zwischen den beiden Streifen ist eine dünne Guirlande
^'emalt, die in tlactiem Bogen hängt, aus kurzen SUickchen in
den Farben rol, gelb, blau, grün bestehend, dann sind noch
Reste eines blauen, flatternden liändebens zu sehen. Geringe
gmente einer ähnlichen Malerei finden sich an der Ost-
seite.
Über die Flache der Südseile' sind Bilder der Dinge verteilt,
welche die Frauen im Leben brauchten und die man ihnen
ins Grab legte: in der Mitte ein Wollkorb aus Stroh, stark
von oben gesehen; der Umriss ist ockergelb ausgefüllt, das
Flechtwerk dui'cb ein UautenmusLer aus dunklergelben Stri-
chen angedeutet, die Schatten durch sehr dunkles Gelb. Links
ein Handspiegel mit dünnem, langem Grifl' aus starkem Draht,
der oben mit zwei Perlen verziert und umgebogen ist, so dasa
man den Spiegel aulbängen kann ; der Griff endet mit einem
kräftigen Ring gegen die flache dünne Scheibe, Die Bronce-
< Vgl. Photographie des iDstiluls Athen, Bauten 167.
^98 R. DBLBRÜBCK
Scheibe des Spiegels ist ockergelb mit rotem Schatten , der
Ansatzring ebenfalls gelb mit einem weissen Licht und einem
Reflex des Stieles, der rot mit dunkler rotem Schatten gehal-
ten ist. Oberhalb des Spiegels flattert ein blaues Bändchen.
Rechts von dem Wollkorbe ist ein Klappspiegel zu sehen, aus
zwei Hälften bestehend, die durch ein Band zusammengehal-
ten werdend Nur eine Hälfte ist vollständig erhalten, von der
zweiten fehlt der grösste Teil. Das Mittelfeld des ganz erhal-
tenen Teiles ist dunkelgrün mit roten Schatten, der ringsum
laufende breite Ring ist weiss gelassen, durch eine rote Linie
vom Grund getrennt und mit einer Reihe roter Punkte— Nä-
gelköpfe— besetzt. Im unteren Teile der Bildfläche , zu den
Seiten des Korbes, erscheinen zwei Granatzweige, deren Blät-
ter grün, deren Früchte — jeder trägt eine — rot gemalt
sind.
Das bei dieser Malerei verwendete purpurne Rot ist eine
ziemlich dick aufgetragene trübe stumpfe Farbe, die sich leicht
verwischt. Das Gelb, unserem Ocker ähnlich, ist dünn auf-
getragen, rein durchscheinend und von glatter Oberfläche.
Das Grün war in zwei Nuancen vorwendet, dunkel für den
Spiegel, heller für die Blätter der Granatzweige. Beide Far-
ben sind trüb geworden. Das Blau hat sich ins Graue ver-
färbt.
Die Malereien sind ohne Vorzeichnung in breiten leichten
Strichen von einer etwas kalligraphisch flotten Hand auf den
Stuck aufgetragen. Ihre Wirkung ist heute bei Sonnenschein
sehr ruhig, heiter und frisch, durch die einfache schwebende
Komposition, die lichte Lebendigkeit der auf dieselbe Inten-
sität gestimmten, durch den weissen Grund erhellten Farben,
endlich durch den bei aller Routine raschen weichen und zier-
lichen Strich.
* Ein solcher Spiegel ist abgehildet 'EfTjixcpi; 1899 Taf. 2 (TerrakoUe aus
Eretria).
UEBEH EEMnE GDABHUEßEL BEI AT.lA THIADA SOS
I). Die frührominchen Grabhügel
Einige Schrille südlicb des Grabsteines der llegeso liegen
die Trümmer eines bei den Ausgrabungen zersliirten Baues
(Carl Curtius. Der attische F'riedhof vor dem Dipylon, Arch.
Zeitung XXIX, 1871. Taf. « S. ?;i Nr. 49). Erhalten ist
ein Mauerviereck aus grossen Bruchsleinen mit Lehmverband,
dessen Inneres mit Si;butt gcrüllt ist. Uie Länge der Seilen
beträgt 1,60'" und 0.90"". Curtius wurde berichtet, dass der
Bau im Osten schmaler sei, was heute nicht mehr zu consla-
liren ist. Von der Oberkante der 0,40"" hohen Seilenwände
setzl sich das tiachgewölbte Dach scharf ab. Es mag am l'irsl
elwa 0,60°' hoch gewesen sein. Die Flüchen des Baues sind
durch einen Überzug aus grobem Kalkputz geebnet und darüber
weiss stuckirl. Am VVestende liegt die unlere Hallte eines klei-
nen Hachen Grabsteines aus weissem Marmor, der an allen
vier Seiten Spuren von Kalk trägt; er war also wol aufrecht-
stehend in das Gebäude eingelassen. Curtius teilt mit, dass
die obere Hälfte dieser Siele den Namen 'AönvöSwpo; llvösii;
getragen habe.
Die Trümmer eines Baues von gleicher Technik und glei-
chen Dimensionen liegen wenige Schrille östlich der Messe-
niergräber.
Man wird die zwei Denkmäler in hellenistische oder früh-
römische Zeit datiren müssen, weil sie schon die Form der
sicher römischen Bauten haben und doch die Steine noch nicht
mit Kalkmörtel zu einem festen Kerne verbunden sind.
E. Die späteren römischen Bauten.
Die historisch letzten der hier zu besprechenden Denkmäler
gehören späteren römischen Zeiten an. Sie stehen alle im
höchsten Niveau des Friedhofes; als sie gebaut wurden, wa-
ren die Stelen der griechischen Zeit schon bis zur Hälfte un-
ter die Erde gekommen,
300 n. DBLBRDBCK
Alle zeigen die Gestalt eines kastenartigen Auibaues. dessen
Decke in nachem, steilem Bogen verläurt. Der Kern bestehl
.1US Keldsleinen untermischt oiil Trümmern üllerer Rauten,
die durch viel Kalk eu einer feslen Masse verbunden sind In
einem Falle isl der Kein aus Ziegeln aufgebaut. Der Überzug
besteht aus Stuck, meist van gelbroter Farbe. Deckziegel sind
nie mehr angewendet; der feste, mit Kalk gemauerte Kern
macht sie cnlbehrlicb.
Im Ganzen sind Tunf Denkmäler dieser Art mehr oder we-
niger vollsliindig erhalten
Sildlich von den Griihern der agallionischen Familie, etwa
wo aul'dem Plane von CiirliuB der Ruchelabe E stellt, liegt
ein vvolerhaltenes Grabmal (siehe Pigui-6), dessen Kern
Fig-S
sorgfältig aus flachen Ziegeln mit viel Kalk aufgemauert und
mit gelblichem Stuck überzogen ist. der an der unteren Kante
umbiegend auch ein wenig auf den Erdboden übergriff. Der
Bau ist LTO"" lang, 0,90" hoch, die Seitenflächen sind 0,75"
hoch. Im Vergleich zu den frührömischen Anlagen ist er also
schmal und steil, und sein Dach flacher geschwungen. Dicht
daneben sind die Trümmer eines ganz identischen Baues zu
sehen.
Etwas westlich liegen Heste eines dritten Baues (siehe Fi-
gur 7) von ähnlichen Proportionen; die Breite beträgt 0.95",
die erhaltene Höhe 0.70'", die erhaltene Länge 1 ,40'". Der Kern
ist aus Feldsteinen aufgemauert, der Stuck Überzug fleischrot ge-
färbt. Das Individuelle des Denkmales ist, das es an seiner Nord-
UBBBR EINIGE aBABHtlBOBL BEI AflIA TBIADA 301
seile eine breileNische trägt; ihre Schwelle und Seitenwandun-
gen sind stuckirt, nach innen stösst ein Porosblock an, in den
eine rechteckige, der Nische an Grösse und Tiefe entsprechende
Höhlung (zur Aufnahme eines Reliefs) eingearbeitet ist. Eine
ältere institutspholograpbie {Athen, Bauten 30) zeigt das Re-
lief tbalsächlich noch an seiner Stelle; im vertieften Felde
Fig. 7
trägt es die harstellung einer nach rechts gewandt sitzenden
Frau im Ärmelchiton, den Mantel umgeschlagen; in der er-
hobenen linken Hand hält sie den Hlattfächer, die rechte liegt
auf dem Rande des Wollkorbes, der auf einer von der Schmal-
seite gesehenen Truhe steht, der Sessel —auf dem ein Kissen
liegt — hat gedrehte Beine, zwischen denen xiovuSöv die In-
Q
schrift E steht. Auf dem oberen Ilorizontalbalken des starken
z
unprofilirten Rahmens steht die Inschrift KopvTiXia MttXviffia
rxOxuvo; YuvT). Die Abbildung 7 zeigt den Bau nach der Insti-
tutsphotographie. Der grösste und besterbaltene aller dieser
Grabhauten endlich liegt im südlichsten Teile der Nekro-
pole. ein Bau, der in seinen Gesamtproportionen , mit seinen
niedrigen Seitenwänden und dem hoch geschwungenen Dach
sich dem Aufbau der frührömischen Bauten nähert. Die Masse
sind verbal tnissmäss ig bedeutende; Länge 2,6ü, Breite 1,60t
3Ü2 B. DEIBRUKCK
Höhe der Seitenwände 0,40, Gesamthöhe l™. Dei" Kern be-
steht aus. einem Gemisch von ßruchsteinen und Ziegeln, die
Stuckdecke ist ^elbrot gelärbl. in die Südäeite ist eine sehmale
Tafel aus grauem Marmor eingelassen, in welche die Um-
risse einer Aedicula und darin eine Inschrift eingegraben sind
(siehe Figur 8. 9).
'öA.1>Mor\
Endlich ist noch zu erwähnen, dass die Schmalseite eines
noch grösseren Baues am Westende der Ausgrabungen un-
^ ler den Fundamenten des Gebäu-
des des Tramway zum Vorschein
kommt.
Die aufgezäiilten Hauten ver-
teilen sich über die Zeit von etwa
sechs Jahrhunderten, während de-
rer der Typus sich nicht wesent-
lich geändert hat. Immer bleibt
es ein Aufbau von rechteckigem
Grundriss, der auf verschiedene
Weise gegen das Einwirken der
Feuchtigkeit geschützt wird und
immer ist die Form undeutbar
einfach; nur von alteren und kla-
reren Beispielen ausgehend kann man versuchen, zu einer Er-
klärung zu gelangen.
Üas Vorhandensein ähnlicher, aber reicher geschmückter
Fig. 9
UEBBR EIMUK ünABKL'EGKL BEI AOlA TBIADA 303
Denkmäler in Attikü im secliBten Jahrhundert wird bewie-
sen tlurcli die irtvauE;, denen Wolters zuerst ilire Stelle dn
Bauten aus Erde und Holz angewiesen hat', und es wird ge-
rechtfertigt sein, mit Wolters die Notiz des Cicero (de legi-
bus 11.26) auf solche Bauten zu beziehen : dass Solon für die
Herstellung von Grabdenkmälern nur eine geringe Zeil ge-
stattet und die Verwendung von Stuck verboten habe.
Ka ist ferner möglich, noch für das siebente Jahrhundert
die besprochene Denkmalform zu belegen ; unter dem Tu-
mulus von Vurva fand sich ein rechteckiger Bau* aus i^ebm-
ziegelmauern 4'° zu 2,5" gross, im Innern mit Schutt gefüllt,
aussen mit Lehmpulz überzogen, oben durch eine Deckscbiclit
aus Lehm geschützt, die in einen Ablauf endet und mit Feld-
steinen belastet ist. Durch diese Feldsteine wird ursprünglich
das vorauszusetzende Beisigdach des Baues belastet gewesen
sein. Ringsum war der Boden noch einen Schritt weit mit
LehmtUnche überzogen. Unter dem Denkmale lag das Brand-
grab.
Auch Exemplare aus festerem Material , aus Firuchstei-
nen, standen schon in den ältesten attischen Nekropolen ; ei-
nes ist in Vurva ^ und zwei sind in Velanidesa* gefunden.
Im fünften Jahrhundert sind zwei Massengräber nachzuwei-
ren, die vielleicht in grösseren Verhältnissen die Formen der
Agathon- Platform besassen. Das eine ist das sicher unter at-
tischer Leitung angelegte Massengrab von Hheneia.in dem bei
der Reinigung der Insel Delos die Beste der dort I^estatteten
vereinigt wurden ', ein grosser von niedrigen Stützmauern um-
gebener Bezirk, dessen Inneres noch bei der AulVindung ganz
mit Erde gefüllt war. Über die einstmalige Abdeckung des
Baues ist nichts bekannt.
* 'Erii|iipi( äpx. 1889 ä. IS1. HirscIiTeld, Festschrift für Overbeck, Leipzi^r
[8Ü3, ä. i.
* Stals, AHiea. MiUh. XV S. 319 Taf. 9. 13. XVI a. 388, 1,
» Atlien. MiUh. XV 8. 320 Taf. 13. 3, B,
t i.liiov«fn. 1890 S. 17 Taf. 1.
« Atben. MiUh. XXlil 8. 3G1.
^
■<l die
uf dem Rilcken die-
304 B. DKLBHUKCK
Das zweite. das MasHengrab von Thf»piii liesiUl elienTalU eine
AiifscIiiiUiing von IIV" im Oiiaiirjit, deren Umfan}? durch eine
Schiclil von Porosplaltcn bezeichne! wird — da»
Eulhynteriii eines Lehmziegelbaus sein
aes Baues laj-dann der Löwe (flfiaxTixi 1882 S. 67 fr.). Immer-
hin sind beide Bauten so zerstiirt.dass man nicht sagen kann,
ob sie nicht etwa bloss die Sockel grosser Tumuli sind'.
Dass die besprochene Grabmalform nicht allein dem fest-
ländischen Grieciienland eigentümlich ist, ergab die Erfor-
Bciiun^ der samischen Nekropnic : zwei Dsemplare wurden
gefunden, freilich sehr zerstört (ßöhlau, Aus jonischen Ne-
kropolen S. 27. 28).
Die Form entstand also spätestens im siebenten Jahrhun-
dert; ehe man lernte in Marmor zu bauen, wurde so viel Lu-
xus auf sie verwendet, dass die soloniscben Gesetze eingriffen.
Später, als die Reichen Marmor uod schöne Formen zur Ver-
fügung hallen, blieb sie wahrend der griechischen Zeit den
armen Leuten überlassen; erst in Bpätrömischer Zeit machte
man den allen Typus durch solide Ausfülirung in grossen
Massen wiederum zum Luxusbau. Nur einmal, so scheint es,
wirkte er auf den Kreis der Kunst.
Demetrios von Plialeron wählte die Denkmalertypen. die er
den Athenern gestattete, aus der Menge der vorhandenen aus.
Die kleinen Kundaltäre, die columellae, haben, wie sich aus
den llöhenverhältnissen bei Agia Triada erweisen lässt, schon
früher in den attischen Nekropolen gestanden, und die labella
am Eingang der Heroenbezirke; so scheint auch die Form
der mensae hergenommen zu sein von Bauten der hier be-
sprochenen Art, die sich für die Marmorkünstler zu schönen
Basen umformten, mit Standfläche. Profilen und schützender
Platte ausgestattet'. Denn Altäre sind die mensae nicht; von
* Nur im Grundriss Ähnlich ist das Puljaiidrion lon Chairaneia, eine
grosse, flache Ausscliachlung, deren Seitenwände durctie Stützmauern ge-
tiallen werden ; ob diese Orutie al.« monumentaler poOpo« olTen blieb, ob sie
mit Erde gerüllt war, ob ein Tumulus darüber lag, mus« dahin geitelll
bleiben (igl.'AB>{«iio> 1879 S. 476 IT. Frazer VS. 210 zu Pausanias IX,40,10).
* Siebe Hirscbfeld a a.O. S. ]2.
UEBBR EINIGE GRABHUEGEL BEI AGIA TRIADA 305
denen haben sie weder die äussere Ausstattung mit Voluten,
noch besonders die Proportionen.
Die Thatsache, dass man die besprochenen Bauten in die
indifferente Form der Basis übertragen konnte^zeigt, dass man
in ihnen eine bestimmte Bedeutung nicht mehr erkannte. Diese
Bedeutung wird sich nur finden lassen, wenn man fragt, in
welchem Verhältniss das älteste Exemplar, das von Vurva,
zu den deutlichen Typen atiischer Grabdenkmäler überhaupt
steht. Eis ist klar, dass Beziehungen nur vorhanden sind zu
der Form des Heroon, des Totenhauses, wie man es in die
Wände der Berge grub oder auf den Friedhöfen aufbaute, da-
bei immer der Architektur des Tages in der Wahl der For-
men sich anschliessend.
Das Grabmal von Vurva wiederholt nun ein Haus der grie-
chischen Urzeit: vier Wände aus Lehmziegetn, mit Lehm-
tünche verputzt, mit Reisig abgedeckt, noch ohne Säulen und
Ziegeldach, und es wiederholt die Form nur in ihrem We-
sentlichsten, in ganz ähnlichem Sine wie die Tiere auf den
Schalen von Vurva gezeichnet sind ^
So enstand vielleicht die Form, und sie hielt sich immer,
wenn auch verkümmert und entstellt, weil man sie einmal
«gewöhnt war, und weil man sie leicht herstellen konnte,
auch als die vornehmen Heroa längst die Gestalt des Tempels
angenommen hatten und die marmornen Bilder der Toten
darin standen.
RICHARD DELBRÜCK
• Anders Böhlau S. 29, der die besprochenen Bauten für etwas dauer-
hafter ausgeführte Orahhügel erklärt, eine Erklärung die ohne Weiteres
anzunehmen wäre, wenn es sich nur um Denkmäler des freien künstleri-
schen loniens handelte, aber es handelt sich um eine im alten Multerlande
fejtgewachsene Form, für die eine mehr religiöse Erklärung zu linden we-
nigstens versucht werden muss.
ATHEN. MITTHBILUNGEN XXV. 2ü
EPIGRAMM AUS DELPHI
Das kürzlich im B.C H. 1899 S. 383 veröffentlichte Epi-
gramm, von dem mir durch Th. HomoIlesGüte ein Ahklatsch
vorliegt, wird schwerlich anders als wie folgt ergänzt werden
können :
Eixöva TY)v$]c TuaTTip *AYY)9i7vöXet f tXd^i ulo&t
na[u|aocvta^ av]e6iQK6' *EXXa; V apcTocv 6(/.oq>(i>vsi.
Dass der Name Hagesipolis in das Königshaus der Agiadon
weist, hat Homolle hervorgehoben , aber nicht gewagt, das
Denkmal auf einen der bekannten Träger des Namens zu be-
ziehen, da ihm bestimmende Anhaltspunkte zu fehlen schie-
nen. Solche sind durch obige Herstellung gegeben. Der Name
IIa[u|(iavia;. dessen erste Silbe, wol um zwei nahezu gleich
lange Zeilen zu erzielen, noch in der ersten steht, fügt sich
ungezwungen in den Vers und lehrt, dass, wenn überhaupt
von einem Fürsten die Rede ist — und dies legt der stolze
Nachsatz denn doch von vorneherein nahe — nur der erste
König Hagesipolis gemeint sein kann, der nach seines Vaters
Pausanias Verurteilung und Verbannung noch unmündig ne-
ben llagesilaos im Jahre 395/4 vor Chr. auf den Thron er-
hoben wurde und nach nur vierzehnjähriger Herrschaft iin
Jahre 381/0 auf einem Feldzuge in der Chalkidike einem hit-
zigen Fieber erlag ^
Seine uns bekannten VVaffenthaten, der Überfall von Argos
im Jahre 388/7, die Eroberung von Mantineia 385, der erfolg-
reiche Zug gegen die chalkidischen Städte, rechtfertigen den
Nachruhm, den das Gedicht in strenger wortkarger Altertüm-
lichkeit wirkungsvoll verkündet. Da König Pausanias im Jahre
385 noch am Leben war — damals erbat er von Hagesipolis
* Was über ilio bekaniil ist, slelll B. Niese zusammen: l^aiil)* - Wissowa
1 S. 805.
EPIGRAMM AUS DELPHI 307
für die ihm befreundeten Demokralen von Mantineia freien
Abzug — , haben wir keinen Grund anzunehmen, dass er ge-
rade in den nächstfolgenden Jahren verstorben sei. Im Gegen-
teil, die Jugendlichkeit seines Sohnes macht es geradezu
wahrscheinlich, dass Pausanias des Hagesipolis Ende noch er-
lebt hat. Das Gedicht aus Delphi bringt den Beweis: aus sei-
ner Fassung allein — dem mit iveÖYiJcev verbundenen Dative —
geht unweigerlich hervor, dass das geweihte Standbild einem
Toten galt. Dem aus seiner Königsherrlichkeit in der Blüte
der Jugend dahingerafften Heldensohne hat der aus der Hei-
mat verbannte Vater im Heiligtum von Delphi ein Denkmal
treuer stolzer Liebe errichtet.
Zu diesem Ergebnisse scheint freilich die Schrift des Ge-
dichtes nicht stimmen zu wollen. So schwerlällig breite, an
den Enden der Linien mit starken Verdickungen ausgestattete
Buchstaben, wie sie nach Homolles Aussage in den Anfang
des zweiten Jahrhunderts vor Chr. weisen, sind für die ur-
sprüngliche Weiheinschrift schlechterdings undenkbar. Ganz
andere, feine und elegante Züge zeigt die darunterstehende
Künstlerinschrift:
nach Homolle aus dem Ende des vierten Jahrhunderts. Kann
sie älter sein ? Für die VVeiheinschrift ist jedenfalls spätere Er-
neuerung anzunehmen, wenn auch der Abtdatsch keine Spu-
ren eines älteren Eintrages zeigt. Sland sie, von der Künstler-
inschrift getrennt, erst auf einer anderen Seile der Basis?
Vielleicht ergibt neuerliche Untersuchung des Denkmals Auf-
klärung. Trotz dieser Bedenken scheint mir seine Beziehung
auf König Hagesipolis, den Sohn des Königs Pausanias, be-
gründet genug, um öffentlich ausgesprochen zu werden.
Athen.
ADOLF WILHELM.
FUNDE
Athen. An der Südseite der 'OSo; Vapo|i7)XiYYOw (^gl-
Athen. Mitth. 1893 Taf. 6, 1) wurden auf einem, ungefähr
dem von Brückner beschriebenen Teil der Nekropole gegenüber
gelegenen Grundstück des Herrn 0. Russopulos Gräber des
fünften und vierten Jahrhunderts aufgedeckt, als man im Au-
gust 1900 die Fundamente eines Kellers tief in den Boden
hinabführte. Eine vollständige Durchforschung des Grund-
stückes konnte nicht stattfinden, nur einzelne Gräber wurden
geöffnet und ihr Inhalt vorläufig in das Museum überführt.
Die wichtigsten Funde waren etwa folgende.
1. Die Krepis eines grossen Tumulus(?), östlich davon ein
mit Porosplatten gepflasterter, durch eine Stützmauer gehal-
tener Auftritt. Freigelegt wurde die eine Seite der vermut-
lich quadratischen Krepis und je die ersten Blöcke der zwei
anstossenden Seiten. Die Stützmauern bestehen aus je einer
Schicht grosser roher Blöcke, die nur an der Aussenseite et-
was bearbeitet sind. Das Porospflaster trat als gelbe Schicht
im Erdreich hervor. Die Stützmauer des AufIritis ist den
Stützmauern der Krepis technisch gleicharlig. Masse: Seiten-
länge der Krepis V", Breite des Auftritts 4'". Die Mauern lie-
gen 4'" unter der Strasse.
2. Ein ,ööÖpo;. 4,5'" unter der Strasse ist in den Mergel
eine Grube geschnitten, in der vier Skelette liegen, zwei nach
SO, zwei nach SVV gerichtet. Einem davon waren zwei Le-
kythen des fünften Jahrhunderts beigegeben, mit Epheuran-
ken um den Körper der V^ase. Dicht über den Skeletten liegt
eine Brandschicht aus Tannenkohle. darin ausser calcinirten
Tierknochen Scherben einer weissgrundigen Lekythos , auf
denen eben noch Beste streng-schöner Zeichnung zu erkennen
sind. Durch handhoch aufgeschüttete Erde getrennt folgen
zwei andere, viel slarkere Brandschicliteo von ähnlicher Be-
FUNDE SM
whaffenheit ; die Kohlenreste und die Verbrennunfi des Rrd-
IreicheB lassen erkennen, dass die Grube, in der cIuh Feuer
■ brannte, etwa einen Meter lief und anderllialb breit war. In
l der Grube, oberhalb der Brandschichlen . liegen zwei leere
Spitzamphoren der gewölinliclien Art Die Grube, die Spuren
der drei Opfer, die Amphoren müssen sich auf die darunter
begrabenen Toten beziehen Ob der pööpo; offen blieb oder
zugeschüUet wurde, isl nicbl mehr zu ermitteln.
Dicht liber den Amphoren folgt ein Grab aus gewölbten
ZiegelplalLen, ohne hodenplatte, 1,45"' lang; darin lag. den
Kopf nach Osten, auf seiner rechten Seite das etwas zusammen-
gekrUmmle Skelett, unter dem Ko|)fe ein grosser Stein. zu Füs-
sen ein Alabaslron der Form FurtwÜngler Nr,'3'iO, mit einer
Palmetle des ■'». Jalirhunderls. In gleicher Höhe lag ein aus
Steinen zusatnmengeseLztes Grab, ohne Beigaben; einer der
verwendeten Steine isl eine rohe Tafel hymelliachen Marmors,
die auf der gespitzten Schrifllläche die Inschrift trägt :
0 A I A ■;: o /^
A V S: I T P AT
O A X A P /^ E
V£
Die Buclislaben gehören der ersten Iliilfle des 5. Jahrliun-
derts an; bei der Aiiltindung war ihre rote Farbe noch ganz
erhallen.
In noch höherem Niveau liegt der Tlion- Sarkophag eines
Kindes, obiie Beigaben.
.S. Mehrere Thonsarkophage mit Rinderskelellen. An Beiga-
ben enthielten sie Spielgescliirr. ScbÜlchen (Furtwängler Form
930), Näpfchen (ebenda 'K-iü), Känncben. Die Keramik dalirt
sie in das vierte Jahrhundert, dem entspricht auch ihre Hö-
henlage, durchschnittlicli 1'" über dem Grunde des floSpo;.
4. Amphoren mit Kinderskeletten ; eine davon enthielt zwei
Näpfclien, einen kleinen Skypbos.ein Tropfgeläss (Furlwäng-
ier Form ?i3, jedoch weniger flach gebaut).
3i0
PUNDB
Eb sind noch zu erwähnen die Reste eines vollkommen un-
verständlichen Lehmziegelbaus, der nur zum Teil aüfgedeekl
werden konnte; einen Durchschnitt, wie er durch die Za«
fälligkeit der Erdarbeiten entstand und so erst die Existenz des
Baues verriet bietet die Skizze. Der ßau liess sich in gleiebtt
fester Boden
Breite, 1,40", über 2™ lang feststellen, war aber noch langer.
Seine beiden schrägen Flächen rechts waren stuckirt, aber
nicht die senkrechten oder horizontalen; das oberste abge-
schrägte Stück links bestand aus mergeliger Erde, die auch
als Bindemittel der Lehmziegel verwendet war Ein zweiseitig
beschriebenes Bleiblech, dessen Inschrift nach erfolgter Rei-
nigung vielleicht besser lesbar sein wird, scheint Verwünschun-
gen in dorischem Dialekt zu enthalten und dem vierten Jahr-
hundert anzugehören. Endlich wurde im Schutt die kleine
bemalte Grabstele eines Sosibios gefunden ; sie zeigt einen
Jüngling im Himation nach rechts, im Stile des vierten
Jahrhunderts (Fleisch braunrot, Himation gelb, Palmette
schwarz).
Auf dem Friedhof vor dem Dipylon wurde bei Gelegen-
FUNDB 311
heit der oben|S. 292 erwähnten Aufräumungsarbeiten ein klei-
ner Tumulus (Nr. 79 auf dem Plan Arcli. Zeitung XXIX,
1871, Taf. 42) geöffnet. Bs zeigle sich, dass er über einer
quadratischen Terrasse von 4™ Seilenlänge aufgeschüttet
war, deren Krde nach der Seite, wo das Terrain fällt, durch
zwei Stützmauern gehalten wird. Die Erde ist ganz er-
füllt von Ziegelplattengräbern und Kindersarkophagen aus
Terrakotta; einige wurden geöffnet. Als fJeigaben lagen bei
den Skeletten einmal eine eiserne Stiengis, einmal ein mar-
mornes Alabastron, einmal zwei Kantharoi der Form Robin-
son, Boston vases Nr. 4H, ein Schüsselchen und ein thö-
nernes Fläschchen, alle schwarz gefirnisst; die Formen wie-
sen in das vierte Jahrhundert. Die Kindersarkophage enthiel-
ten keine beigaben. Über diesen Gräbern war der niedrige,
2'" breite Tumulus aus reiner Erde aufgeschüttet und mit
Stuck verkleidet. Der Tumulus wurde zum grösslen Teil ste-
hen gelassen, weil die Gräber nicht wichtig genug schienen,
um seine Zerstörung zu rechtfertigen.
Die Aufnahmen von beiden Ausgrabungsslellen sind beim
Institut in Athen, Photographien des Tumulus dort Athen,
Bauten '^v. 169-172 [R. Dklbrukck].
In Eretria liess die Archäologische Gesellschaft den Som-
mer über unter Leitung des Herrn Kuruniotis graben. Am
Westabhang- der Akropolis wurde ein Terrakottendepöt ge-
funden,das wolerhaltene Statuetten aller Epochen enthielt. Der
Tempel im Süden der Stadt wurde zur Hälfte frei gelegt; es
fanden sich Fundamente einer Cella, die durch eine Säulen-
reihe in der Mitte geteilt war. und ihrer Peristasis; dieser
Bau hatte etwa die Dimensionen des alten Athenatempels auf
der Akropolis. Von seinem Aufbau weiss man bisher nur,
dass er dorisch war; ein Kapitell mit weit geschweiftem Echi-
nus, ein Stück Triglyphon , fand sich, alles aus Porös mit
Stuckresten.
Unter den Fundamenten liegen Reste eines älteren Baues,
daneben die Fundamente einer elliptischen Anlage, dicht am
Tempel Fundamente von Altar bauten. Von den Giebelgrup-
peo des jüngerea TempeU fandea sich erbeliliehe Aest« : Ein
jQogiing, die Cblamys um die Schulter, im Kni^^f , um*^
fassi eine Frau in kuraem Chilon, beide haben kunM Haar:
man drakt an Atalante; Pferdetorsen.eine boekende Pifdii* im
kurzen Chiton, die wol die Zügel der Pferde hielt; eineStaod-
platte mit den Füssen eines Kämpferpaai'es, mehrere Kopfe;
alles das ist beinahe lebensgross aus parisehem Marmor mit
bdebster nesiotischer Technik gearbeitet, im Stile etipra des
Kopfes B. C. H. XVII Taf. 12 Die Erhaltung ist ausge-
zeichnet [R. Dblbbubgk].
Geschlossen 21. Sept. 1900.
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XIII
EINE THONSCHERBE MIT DEM TEXTE DES VATERUNSER
Im athenischen Nalionalmuseum befindel sich als Nr. 12227
eine unscheinbare aber recht interessante Thonscherbe. Sie
stammt aus Megara, wo sie ihrem Finder, einem Knaben,
um wenige Pfennige abgekault wurde; ihr Käufer schenkte
sie dann, nachdem ihre Bedeutung erkannt worden war, dem
griechischen Nalionalmuseum. Fälschung ist bei dieser Sach-
lage von vornlierein ausgeschlossen. Das Stück ist nur ein
Fragment, 13, 5'"" hoch, 12*" breit, 2*" dick, von rotbrauner
Farbe, oben und links gebrochen. Die Schrift ist so herge-
stellt, dass die Buchslaben mit dem Griffel in den noch wei-
chen Thon, wie in eine Wachslafel, eingegraben und dann
durrJi Brennen des Thons fixirt wurden; die Tafel ist also
gleich von Anfang an für den Zweck, Träger ihres Textes zu
sein, hergestellt, und nicht erst später, nachdem sie anderen
Zwecken gedient hatte, als SchreibslolT verwendet worden,
wie dies bei den vielen mit Tinte beschriebenen Scherben der
Fall ist, die uns erhalten sind und von denen wir eine später
noch etwas näher kennen lernen werden (vgl. U. Wilckens
Griechische Oslraka, Einleitung).
Das Fragment enthält auf 8 Zeilen Teile des Vaterunser
nach dem Malthäuslexte (Mt. 6,9-13), und zwar vertei-
len sich die Bruchslücke des Textes auf Worte zwischen
^]7riou(j'.ov und -nrowipoG Die Buchstaben der ersten erhalte-
nen Zeile sind zum Teil am oberen Bande noch elwas be-
schädigt (vgl. die Abbildung). Mit :covr,poO schliessl der
Text des Vaterunser, wie ihn unsere Tafel giebl; die nächste
Zeile, die letzte des Ganzen, mit der wir uns nachher noch
beschäftigen werden, enthält, wie auf den ersten Blick zu er-
kennen ist, keine Worte des Vaterunser mehr. Ergänzt man
die links abgebrochenen Zeilen des Fragmentes zu ihrer vollen
ATHEN. MITTHEILUNGEN X.^V. 21
3H II. KSOPF
l^ün^e , so Prhiilt man eine ui-Hpriin^licIif Zcilenlängp vor
(iurctisclinitllicii 18 Buchstaben. lügiitizl man weilei' inelmlicf
liin lue felilenden Zeilen, so k:iiiii iniiii ilie otipn iili^elimt^lii*-
nen etwa 109 Buclistalien auf weitere 6 Zeilen verteilen, wo-
bei natürlich das Binzelne unsicher bleiben muss, besonders
da wir nicht wissen, welclte N'urianten etwa in den l'elilenden
Zeilen noch vorkamen , und da wir ferner aus den erhalte-
nen 't'extworten den Schluss ziehen müssen, dass die Recht-
schreibung des V'erferti^ers eine recht willkürliche gewesen
ist. Die jianze 'l'afel uinfasate deingeniass ursprünglicli l'*
Zeilen des Vatcrunsertextes und eine Schlusszeile. Setzen wir
den links abgebrochenen Teil der Tafel als etwa 6,5™ breit
an und das oben fehlende Stück als etwa 9"° hoch, so erbal-
ten wir für die ursprüngliche Tafel eine Breite von 18.5" und
eine Höhe von mindestens "J^.S", wobei unentschieden bleibt,
EINK THONSCHERBE MIT DEM TEXTE DES VATERUNSEH
315
ob die Tafel nicht vielleicht noch über dem Texte des Valer-
unser einige andere Worte oder ein Ornament oder Sym-
bol oder Monogramm zeigte. Stellen wir uns nach dem er-
haltenen Fragmente den vollen Text her, so ergiebt sich etwa
folgendes :
1
2
3
4
5
n
7
8
9
10
11
12
13
14
15
TTATePHMUJNOeNTOlCOY
PANOlCAriACeHTUUTOO
NOMACOYeAeATUUH BA Cl
AeiACOYreNHeHTuüToee
AHAAACOYUJCeNOYPANUJ
KAieni THCTONAPT O N H
MUJ N T O N S'-TT I O Y C't OtTA 0"C
H M I N C H A^/e PONKAIA<|)eC
HMI NTAo/Y<|>eAHMATAei
M Uü N LUC K/AieMeiNA<|>iaMeN
TOICO<t>€l/l(HTece I /AON KAI
MHeiceNeKHceMAceic
neiPAcAoNAAAAPYceei
M A C A(nOTOYnONHPOY
pie -E
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Vergleichen wir den erhaltenen Text der Tafel mit der Über-
ieferung iler Handschriften, so ßnden wir wenig Abweichun-
gen, wie dies ja bei einem so kurzen und im Ganzen recht
bald feststehenden Texte natürlich ist.
Z. 4 liest die Tafel äfiopitv (mit DGLAH** u.a. ) < äfii(«.iv
i<° üKMSUn* u. a. und iif^Kx^wt S* BZ u. a.
Texljvritisch wichtiger ist das Fehlen der Doxologie am
Schlüsse des Gebetes. Auf der Tafel hat sicher die Doxologie
von Anfang an gefehlt. Z. 8 endet der eigentliche Text mit
iToviopoü, Z. 9 ist die Schlusszeile der ganzen Tafel, und auch sie
weist keine Doxologie auf, auch keine abgekürzte, wie sie etwa
die Didache in c. 8 hat. Dies Fehlen der Doxologie.was ohne
FraRe das Ursprüngliche ist, teilt unsere Tafel mit einem
Zweige der Überlieferung, nämlich mit BN Z, 1.17. 118. 130,
'i09. D und der abendländischen Überlieferung [den meisten
Ualabandschriften und der Vulgala ), der koptischen Über-
setzung Die weitaus liberwiegende Zahl der Handschriften
und Übersetzungen hat dagegen hinter itQvrpoü die Doxolo-
gie ( RGIiLMSUVÄll .... die Minuskeln fast ausnahmslos,
einige Italaliandsehriften , die syrischen und andere Über-
setzungen).
Im Übrigen zeigt die Tafel nur noch einige orlhograplii-
sche llesonderlieilen, Vei'schreibungen. die nichl in dasGeliiet
der eigentlichen Varianten fallen.
Z. 3 lesen wir [o]i(p(>Ti(i«T0i statt ö^tiXTifAfliTa ; für Ver-
wecliselunjj von ou und o, welche durch die Ausspraclie ver-
anlasst wurde, vgl. C. I. O. W 9U(iU (etwa 3.-G. Jahrhun-
dert) Z. 3 Tä SoiojJiiÜvTOs. auch Z. '^ oroeu? statt oto^. ferner
O&ijiptv.'O'Mpiv neben einander in Wünschs Sethianisclien Ver-
fliicliungstafeln Nr. I'2, Z. I'J und Nr. 13, Z. 1'2. sowie das
nxpK^eiSo'JUi statt ::ixp«üt$o;ji«t in l\r. Hi. Z. 38.
'IlaiEi und seine Formen, die fünfmal wiederkehren, schreilit
die Tafel ziemlich willkiirlich. In den paar Zeilen lesen wir:
i{[}iäv] (Z. 3), itf^Sv (Z.5. 0 und u wird ja oft verweclisell) und
lifpct] (Z. 7) neben i^tU (statt yi^aiE; Z. \) und iuS« (Z. 6). Zu
dieser Art von Vokal Verwechselung kommt noch oiipilnfioiT«
(Z. 3) stall öfiiXtii^ara und öf<t>Titic (Z. 5) statt öfiiltTKi«. Die
Verwechselung vnn n und t), allenfalls auch von i und tt ist aus
Inschriften, Papyri und Handschriften ganz geläufig. Vigl selte-
ner ist die Verwechselung von t und -n, die in spaterer byzan-
tinischer Zeit unerhört ist. Fälle dieser Verwechselung von vi
und 1 in Papyri der Ptolemäerzeit vgl. hei Mayser, Gramma-
tik der griechischen Papyri aus der Ptolemäerzeit, Programm
Leipzig 1898. I, S. 10, für spätere Zeit vgl. Grenfell und
Hunt Oxyrhynchus Papyri I, Nr. 71, 1 Kot. Z. 10 f. i-xX
iitoiTipioi T^ T|[jiiT(p¥ ( Papyrus aus dem Jalire 303 nach
Chr.} und dann die schon oben erwähnte Tafel C. 1. G. IV,
^
EINE THONSCMEHBE MIT DEM TEXTE DES VATEHUNSEH 317
9060, wo wir z. B. lesen Tr.aTroTYx; (Z. 3), ive6XiQi|»sv (Z. 4),
Y)>£y,<TOV (Z. 8).
Z. 6 der Tafel sieht [€i<Ts]v£xv);slalt [eicrejvcyxy);. Zu diesem wol
auch durch die Aussprache, nicht durch ein blosses Schreib-
versehen veranlassten Fehler vgl. Oxyrhynchus Papyri I
Nr. 121, Z. 17 f. roü; xXaSouc evijcov (== tvcyjcov) st; ty)v oXov
(3. Jahrhundert), ferner Nr. 119. Z. 3 iTrevcjcxeiv slatt iwevcy-
xav und Z. 8 aTrevcxai slatt iwsveyxai (2-3. Jahrhundert).
Z. 7 endlich bringt die bekannte V^erwechselung von i und
ai, die auch Z. 5 (o(piiXy)Tc;) vorliegt: pöers statt pöerai.
Aus der Zahl dieser Fehler und V^erschreibungen müssen
wir den Schluss ziehen, dass der Schreiber der Tafel ein we-
nig gebildeter Mann war. Allzu grosse Flüchtigkeit möchte
man ihm nicht zur Last legen, denn die Tafel sieht eher dar-
nach aus, als habe ihr Anfertiger sich's sauer werden lassen
bei ihrer Herstellung. Die Zeilen sind etwas krumm, das et;
in Z. 6 steht z. B. um einen halben Buchstaben tiefer als die
übrigen Zeilen, aber die Buchstaben sind doch mit Sorgfalt
und Mühe eingeritzt.
Nach diesen allgemeinen Bemerkungen über den Sachver-
halt wird es weiter unsere Aufgabe sein, das Alter der Tafel
zu bestimmen und sodann einige Worte über ihren Zweck
und über die Bedeutung des Fundes überhaupt zu sagen.
Über das Alter hat zunächst die Paläographie zu urteilen ^
Die Form der Schrift lässt es m. E. ohne weiteres zu, den
Fund ins 4. Jahrhundert zu selzen. Man könnte nach den
Buchstabenformen sogar versucht sein, ihn einer noch frühe-
ren Zeit zuzuschreiben. Doch dies ist aus einem anderen
Grunde unmöglich, wie wir sogleich sehen werden.
Ins 4. Jahrhundert weist uns nämlich das Monogramm
• Für die Schrifthesliminunj; gilt auch hier die Schwierigkeil, die Wünsch
a.a.O. 8. 54 erwähnt. Die Technik, in der diese Tafel hergestellt ist, wird
weder von der Paläographie noch von der hipigraphik behandelt, sie steht
in der Mitte zwischen dem Einineisseln und dem Schreiben. Doch hat wol
die Paläographie mehr Hecht gehört zu werden als die Epigraphik.
318 R. KNOPF
Christi am Ende der Tafel, das in der Form der sogeoannteo
crux monogrammaiica auftritt (-p-, Kreuz mit aufgesetztem
Oberteil des P). Dieses Zeichen lässt sic)i von der zweiten
Hälfte des 4. Jahrhunderts an nachweisen und trat zu Anfang
des 5. Jahrhunderts im Abendland und Morgenland fast ganz
zurück. Im Jahre 355 erscheint diese crux zum eisten Male
(auf einem römischen Grabsteine), bald nach 400 wird sie sehr
selten ^Das P ward nämlich später aus diesem Signum Christi
entfernt.so dass nur das einlache un verhüllte Kreuz {-^-.crux
quadrata et immissa) übrig blieb. Das Auftreten der crux
monogrammaiica weist uns demnach auch ins 4., spätestens
an den Anfang des 5. Jahrhunderts. Und dass dieser Ansatz
nicht zu früh ist, dafür lässt sich noch zweierlei anführen. Ein-
mal die Rechtschreibung oder vielmehr die Schlechtschreibung
der Tafel. Sie ist bereits charakterisirt worden. Für uns kommt
hier in Betracht die Vertauschung von c, y\ und tt. Der Schrei-
ber'scheint die Lautgleichung t = v) = tt zu haben, hingegen
nicht die des entwickelten Itacismus » = 11 = 1 (=:u = ot). Es
ist schwer, nach dem 4. Jahrhundert die Verwechselung von
Ttund s anzunehmen. Bis ins 4. Jahrhundert hinein hat dasv)
noch stellenweise seinen ß-laut bewahrt(Blass, Aussprache
des Griechischen^ S. 35fr., vgl. auch die schon oben ange-
führten Beispiele). Von unseren alten Handschriften zeigt uns
der Alexandrinus (5. Jahrhundert) bereits einen recht ent-
wickelten Itacismus. Die sethianischen Tafeln Wünschs wei-
sen nur zwei Fälle von m für e auf: JcaTToer/TiTc für KaLxtfsyijniit,
das allerdinj^s sehr oft vorkommt (vgl. den Index), und xaTTj-
oxfi^oLTi Nr 28 Z. 18. Beide Fälle betrelTen das Augment.
Je weiter wir bei der Datiriing der Tafel vom 4. Jahrhundert
abwärts gehen wollen, desto unverständlicher wird uns die
Orthographie des Verfassers.
Endlich ist diesem verhältnissmässig frühen Ansatz das
schon erwähnte Fehlen der Doxologie am Ende des Textes
günstig. Dadurch wird die Tafel zu den alleren guten Zwei-
« Vgl. dazu Vi\ X. Kraus, Geschichle der cliristliclieii Kunst I. 1896 S. !3L
EINE THONSCHERBE MIT DEM TEXTE DES VATERUNSER 319
g;en der Überlieferung gestellt, den R. N, Z, wenige Minuskeln
sowie die abendländische Überlieferung (I) und die Latei-
ner) repräsenliren. In den Gemeinden des griechischen Ostens
muss sich die Doxologie sehr bald durchgesetzt haben und
ntiuss stark ins Gemeindebewusstsein eingedrungen sein, be-
sonders da sie im liturgischen Gebrauche doch schon sehr
früh an den eigentlichen Körper des Gebetes herantrat (vgl.
z. B. die kurze Üoxologie Didache 8). Je später wir die Tafel
ansetzen, desto mehr wird uns das Fehlen der Doxologie in
Verwunderung setzen. Also auch von dieser Überlegung aus
empfiehlt es sich, mit der Datirung möglichst weit hinauf-
zugehen. Vielleicht ist es gestaltet, aus dem Fehlen der Do-
xologie den Schluss zu ziehen, dass der Text der Tafel aus
einem Codex abgeschrieben wurde. Wenn jemand den Text
nach dem Gedächtniss niederschrieb, so musste er geneigt
sein, die Doxologie, die er sicher beim liturgischen Gebrauche
des Gebetes oft hörte, hinzuzusetzen.
Welches war der urspüngliche Zweck der Tafel ? Wir wissen
aus verschiedenen Fällender ersten Jahrhunderte, dass auch in
christlichen Kreisen längere Texte aufgezeichnet und als Zau-
bermittel verwendet wurden. Hier sei an erster Stelle erinnert
an die rhodische Bleitafel mit dem eingeritzten Texte des 80.
PsalmsV eineTafel, die im 3. oder 4. Jahrhundert angefertigt
wurde und nach Hiller von Gärtringens ansprechender Vermu-
tung zum Schutze des Weinberges ihres Besitzers dienen sollte.
Hingewiesen sei ferner auf den Gebrauch des Abgar- und
Jesusbriefes. Nach alten Berichten war der Text der beiden
Briefe über den Stadttoren von Edessa angebracht: 'ESiaoYi-
voi Se a'jTo (nämlich die unechte Schlussverheissung des Cliri-
stusbriefes , die Stadt Edessa werde niemals eingenommen
werden, die Eusebios noch nicht hat) ^'jv tyI siiKJToXvi eupcoöai
^aaiv, w(jT6 ajxeXgi xai av&ypaTUTOv outco t>iv Itcictto'Xtiv ivr' iX-
Xo'j Tou (puXajCTYipio'j tv Tai; tyJ^ iroXeco; 7C67coiy)VTai TruXai; (Procop.
' Ilillervun Gärtringen, Über eine jüngst auf Rhodos gefundene Bleirolle,
enllialiend den 80. Psalm, Silzungsbericlite der berliner Akad. 18988.58^,
330 B. KNOPF
bell. Pers. II, 12), und neuerdings hat Heberdey den Text der
beiden Briefe auf der Unterseite des Thörsturzes eines Hauses
in Ephesos gefunden ^ Die Inschrift ist so angebracht, dass sie
dem zur Thür Eintretenden zu Häupten steht, und Heberdey
schreibt ihr mit Recht apotropäischen Zweck zu. Die Form
der Buchslaben weist die Inschrift in nicht viel jüngere Zeit
als unsere Tafel, ins 4. -5. Jahrhundert (vgl. auch Dob-
schütz, 'Zum Abgarbrief * in der Theologischen Literaturzei-
tung 1900 S. 380 f.)- Endlich sei noch verwiesen auf die
bereits erwähnte ägyptische Thonscherbe, deren Text C.LG.
IV. 9060 abgedruckt ist und über die ausführlicher Egger
gehandelt hat^. In barbarischer Sprache und Schreibart er*
wähnt sie in den ersten vier Zeilen Wunderheilungen Jesu
nach dem Johannesevangelium und leitet dann über in
die durch einige Zusätze erweiterte heilige und alte Formel
der griechischen Liturgie, in das sogennanle Trishagion (£ytoc
6 Osoc, äyio; lox^pöc, Ay^oc a6xvaT0<, iXf-noov J)(a2Lc)^. Egger hat
mit Recht in der Scherbe ein Amulett vermutet.
Die soeben erwähnten Texte zeichnen sich auch dadurch
aus, dass auf ihnen wie auf unserer Tafel heilige Symbole der
Christen erscheinen: auf der rhodischen Bleirolle steht ein Kreuz
vor dem Texte, vielleicht stand auch eines an dem jetzt fehlen-
den Ende. Fleberdeys Fund weist je am Anfange und am Ende
des Abgarbriefes und des Christusbriefes Kreuze auf, auch steht
* Vgl. Vorläufiger Bericht über die Ausgrabungen in Ephesos von Heber-
dey in den Österr. Jahresheflen III. Beiblalt S. 83 (T , auch abgedruckt im
Anzeiger der philos. - histor. Klasse der Kais. Akad. der Wiss. zu Wien
vom 7 Febr. 1900 Nr. V.
*■* Observalionx snr quelques fragments de poterie aniique in den M^moires
de l'InsLilut Iinp. de France, Acad. des Jnxrr. et Beiles Letires, 1857. Egger be-
stimmt, ohne genauere Feststellung, das Alter der Tafel als 3.-7. Jahrhun-
dert. Sie ist wol von einem Barbaren, und zwar einem Kopten geschrieben.
^ Der Text lautet :sv ko otoXoa^i. npoositxr) xoXu[JL6f)6p[a] ovo(xa auioic cCpac^xtv
ßyjOoai'da £up7)0s o x; £v tt) orooux lo XoXo(xa)vio; tuprfti o i7)9};oiii; lov «vOp xocta-
YCt{x£vo; apyov 7,0Epaneu9Ev xat lov o-j^Xov aveoXrj^Ev oOev xat 'J(XEt; aaia tov (xp/ay-
yfXov Tov a|^(ü(jiairi)v avao'üvi« xai yExpaxovTa xai XEyovxE^ ayio; o Oeo; o avjuvi -ra
ycpou6iv xai Tcpovxuvou? [ | o( ocyio^ ta/^upov EvSo^aaaot o '/,opo( lov al^cofiaiov
«YT'^o^ l^T^o^ aOavjaioc ov ^[(livfjlTov aXoyov "j^vopioOEis «jXsTjaov u(xa(.
EiNß THONSCHEHBE MIT DEM TEXTE DES VATERUNSER 3^1
a
noch vor der Überschrift des Christusbriefes ein Kreuz (also 5
Kreuze auf dem Steine). Die Scherbe C. L G. IV, 9060 hat
vor dem Text eine crux monogrammatica (wie sie unsere
Tafel am Ende zeigt) und am Ende den Buchstaben T, der
schon in der Gematria Barn. 9,8 auf das Kreuz gedeutet wird:
OTi Vi 6 ffTa'jpo; iv T(ji Tau yifxsXXev ej^siv ttiv X^piv, ^eysi xai xpia-
xooiou; (vgl. auch Tertullian adv. Marc. III, 22). Die heili-
gen Texte werden aufgezeichnet und als Zaubermittel aufbe-
wahrt, sie sollen Haus und Stall, Mauer und Thor, Garten
und Weinberg unversehrt erhallen, den Besitzer des Amuletts
vor Krankheit schützen, dem Teufel und den Dämonen Ein-
gang und Wirksamkeit verwehren. Mit einem solchen Zauber-
texte haben wir es wol auch hier zu thun. Man kann annehmen,
die Tafel sei ein * Maussegen' gewesen, sei irgendwo im Hause,
an der Thür, unter der Schwelle, an der Lagerstätte oder im
Garten aufbewahrt worden'. Für ein Körperamulett war sie
natürlich zu gross und unförmlich. Eine andere Möglichkeit ist
die, dass die Tafel bei einem ganz bestimmten Anlass zu ir-
gend einer Beschwörung oder Zauberei hergestellt und benutzt
wurde; dann müsslen wir uns der Zaubertafeln , vor allem
der Defixionen erinnern, die ja in immer grösserer Zahl be-
kannt werden, und denen in neuester Zeit so genaue Beachtung
geschenkt wird.
Eine magische Tafel im weitesten Sinne, sei es ein für län-
geren Gebrauch bestimmtes Phylakterion, was mich das bei
weitem Wahrscheinlichere dünkt, oder eine füreinen bestimm-
ten Einzelfall hergestellte Zaubertafel, haben yvir wol in unse-
* Hier möge noch eine Noliz Perdrizets stehen, auf die Hiller von Gär-
tringen a.a.O. hinweist: Dans le Hauran et la Syrie du Nord^ dans les monts
d'El-Darra, du Djebe.l-Ala et du Djehel-Simän, on Irouve souvenl sur le lin-
teau des maisons ou des s^pulcres un texte de la liible, pris assez souvent
dans les Psaumes, mais toujours assez court. ( B.C.H, 1896 S. 350 f.) Perdri-
zet macht keine Angabe über die Zeit, aus der die Aufschriften stammen.
Vgl. übrigens auch Egger a. a. O. S. 406 : On a retrouve^ particulierement
en Alg^rie^ de versets de Ificriture ainsi gravis sur des murailles avec une
intention pieuse ( zu vergleichen Clarac : Inscripiions du Mus6e du Louvre
(SuppUment) Tafel 89).
322 B. KNOPF
rem Funde zu erkennen. Dass gerade der Text des Vaterun-
ser für die Magie benutzt wurde, darf uns gar nicht wundern,
im Gegenteil verwunderlich ist eher, dass sich bisher noch
keine Spur einer Verwendung gerade dieses Textes im spät-
antiken Zauberwesen hat nachweisen lassen. Wir wissen,
welche Bedeutung das Vaterunser im Kulte der Christen hatte.
Es ist das heilige, vom Herrn selbst gelehrte Gebet; für die
bedeutsame Stellung des Vaterunser in der christlichen Ge-
meinde sei nur hingewiesen auf die Art, wie Didache 8 und
Conslilt. Apost. VII, 24 die Benutzung des Gebetes angeord-
net wird : dreimal am Tage soll man das Vaterunser beten
(vgl. auch Tertullian de orat. 10 und 25). Üas Vaterunser hat
auch seine feste Stellung in den uns überlieferten Liturgien
und es wurde beim Exorcismus angewandt. Und noch auf ei-
nes sei hingewiesen. Jede Zauberei kommt auf einen Götter-
oder Gotteszwang hinaus. Wesentlich für das Gelingen die-
ses Golteszwanges ist, dass die richtige Formel und die rich-
tigen Namen angewandt werden, Kenntniss der Namen und
Kenntniss der Formel machen die Kraft des Zaubers aus. Nun
ist das Vaterunser vom Herrn selbst gelehrt und Christus
selber hat Aussprüche gelhan wie diese: Tcpöaeu^ai rcji waTpi
ffOU 6V TCJ) XpuTTTCJ) Xal 6 TCaTTQp CTOU 6 ßX£7C(i)V 6V T(j> xpUTCTÖ aTCoScO-
<T6t croi (der Spruch steht fast unmittelbar vor dem Vaterun-
ser Mt. 6,6), und er hat dem Gebete der Gläubigen und na-
mentlich dt^n Gebete in seinem Namen li]rhörung verheissen
(vgl. Ml 18, 19; 21. 22 und sonst, auch Job. 15, iß) Hei
dieser Sachlage musste sich ja die Heligiosilät zweiter Ord-
nung des llerrengebetes bemächligen. Hier war ein Gebet
von einem Gotle gelehrt, mit der Verheissung der Erhörung
ausgestattet: ein GotterÄwang stärkster Art. Kein Wunder
also, dass Magie und Aberglauben sich diesen Text angeeignet
haben.
Fassen wir unsere Tafel als einen Zaubertext im weitesten
Sinne auf, ohne etwas liber ihre liesondere Verwendung fest-
zulegen, so wird uns auch die Ergänzung der letzten Zeile
nicht schwer fallen. Wir lesen deutlich die erhaltenen Buch-
EINE THONSCHERBE MIT DEM TEXTE DES VATERUNSER 323
Stäben PI 6, davor den Längsstrich eines Y, also ohne Zwei-
fel xopte. Vor xCpig ist Raum für allerhöchslens 7 Buchstaben,
denn der Schreiber hat natürlich nicht besonders eng geschrie-
ben, da er ja nach rechts hin noch freien Raum Hess. In Frage
kommt ein Segenswunsch oder eine Anrufungsformel. Als
Segenswunsch empfiehlt sich am ehesten pOaai (oder vielmehr
pOae) 1X6, das den Wunsch der letzten Bitte nochmals eindring-
lich wiederholt. Mit iXei^dov ^xe, das sich mit Hinblick auf die
Häufigkeit dieser Formel und ihre liturgische Verwendung
nahelegt (vgl. auch das tiXctq^tov u|xä; = iXe-nerov r^LOi^ \\\C.LG.
IV, 9060 am Knde), kommt man nicht aus: es sind zu viel
Buchstaben. Zur Auswahl steht noch crcodöv {jls oder «Tcoaai [tc.
Stand eine Anrufungsformel da , so kommt in Betracht ok
}caXd), da (St E7utxaXou[xai zu lang wird.
Zum Schlüsse möge noch einen Augenblick der Fundort
der Tafel unsere Aufmerksamkeit fesseln. Es ist Megara.
Nun wird unter den von Wünsch veröffentlichten Defixio-
niun Tabellac Atticae {C. f. A. Appendix) S. XIII eine
Fluchtafel besprochen, die aus iVlegara und zwar aus der Zeit
des I. -2. Jahrhunderts stammt. In ihr heisst ^s Z.ilff. : (wir
verfluchen . . . .) Xöyoi; exaTixioi^ 6pxi<j[ji[a|<ji] te AßpaUoi;
(Sixai?)T| . . . oü<; Tri •Exäty) ...ou(; Auf dieser Tafel ist höchst
wahrscheinlich das zweimalige verstümmelte... ou; in Iiqoou;
zu ergänzen (vgl. Wünsch, Rhein. Museum LV S. 258) und
in demT am Ende von Zeile 12 haben wir wol auch das be-
reits erwähnte Kreuzsymbol zu erkennen. Die Tafel ist indess
sicher nicht christlichen Ursprungs, sondern ein Produkt der
göttermengenden Magie. Immerhin aber ist sie uns interessant,
weil sie aus demselben Orte wie unsere Thontafel stammt und
in diesem für eine bedeutend frühere Zeit die Verwendung
christlicher Motive in der Zauberei bezeugt.
Dies wäre das Wichtigste, was über den Fund, sein Aller,
seinen Zweck zu sagen ist. Das Stück ist uns wertvoll, weil
es ein Unicum ist — ein inschriftlich überliefertes Vaterunser
besitzen wir noch nicht — weil es als Textzeuge (Fehlen der Do-
xologie) neben unsere besten Codices tritt, weil es aus einer
326 C. ROBB KT
ZU Grunde liegt, dieselbe, die Sophokles in seinen NCicTpa be-
handelt, wenn nicht gar geschaffen hal ^ so finden wir auT
dem neuen Relief den Vorgang genau nach der Erzählung
des T 308 ff. dargestellt. Bei der Hauptgruppe, Odysseus und
Burykleia, ist der enge Anschluss an die Worte des Epos, zu-
mal bei einem iiildwerke des fünften Jahrhunderts, fast ver-
blüffend. Die Alte, welche eben die Narbe am Oberschenkel
des Odysseus gefühlt hat, lässt das Bein in das Waschbecken
niederfallen. Die schlafT herabhängenden Arme verharren noch
in der Stellung, in der sie kurz vorher das Bein des Odys-
seus gefasst hatten. Aber der Oberkörper richtet sich aus sei-
ner gebückten Haltung ein wenig empor und der Blick —
das glaube ich aus der auch in dem Bruchstücke noch deut-
lich erkennbaren Kopfhaltung schliessen zu dürfen — ist auf
Penelope, nicht auf Odysseus gerichtet. Damit vergleiche man
die Verse T 467-417
yvd^ y li7i(jia99a|AivY), icoioL ii rpoeiQxs fepioOai.
Sl'^ 2* Mfi^a ixXtOY)* t6 i' iirl ^6ov6; l^iyy^^ uSup.
TY)v 2* &{Aa X^PK'^ ^^^ Sikyo^ tkt f peva, toi ^i ol 099s
^axpuöfi TT^vidOsv, OaXsp'n ii oi e^x^TO fcovif).
a^ajAcvY) Sk yevstou 'OSuddiia Tcpo^utTcsv*
ri [L&V 'OSuercrsuc idcri, ^i>ov rexo^* ouSe o* fywyi
Trpiv eyvcDv, Trpiv TrdevTa avocxT* s|i.ov aa<pcrfdeaoOat.
ri^ xai IliQvsXoTrstav idc^paxev of OaXpLOtatv,
TtsfpaSuiv cOeXouaa fiXov Troaiv evSov eovTa.
Mit Kecht hat der Künstler davon Abstand genommen das
Umstürzen des Waschbeckens darzustellen, wodurch die Scene
etwas ünruiiiges und Aufgeregtes bekommen haben würde.
Er hat gefüiilt, dass wir es wol dem epischen Dichter glau-
* U. V. Wilainowilz- MülleiidürlT, Homer. Unlers. S. 194; Robert, Ma-
rallionschlaclit (XVIII. Hallesches WiiickelmaiinsprOoM'.) S. 79.
; DES 0DVB9EU!
ben können, wpnn er Pi-nelope das GitÜuscIi des umstürzen-
den Gi^liissea iilierliiiren lüsst — tvj yip "AÖYivaiTi vöov iTpamv — ,
hingefjen es kaum erliiigen würden wenn im Bilde die un-
millelliar neben der Fuaswaschung stellende Penelope eine
solche liirmende Unterhrpcliun^ der Tliäli^keit der Amme
niclil zu liemei'ken sirliiene. Deshalb spielt si(;h auf dem
kernschen Keüef die lürkennungsHcene so geräuschlos wie ir-
gend mü^licb ab. Dus Mnliv. duss Eurj'kleia das Knie ihres
Herrn berührend ihn anredet, ist fallen gelassen. ÜerKiinstler
springt gewissermassen von V. 4(i9 gleich zu V. 476 über,
indem Cur^'kloia sofoit, nachdem sie Odysseus erkannt hat,
sich an Penelope wendet, um dieser ihre Entdeckung mit-
zuteilen. Aber Odjsseus alrecki die rechte Hand mit ge-
spreizten Kingern aus, um ilir die Keble zuzuhalten, auch
dies ganz im Einklang mit der Odyssee: t 479 «ÜTäp 'OSui-
oiü; }([{p' (niiiL«97S(^tvoc f&puyo; "Ki-^i St^i-ripfi'piv. Dabei beugt
er sich etwas vor, während er sich mit der Linken an dem
Hände des Siuhles festhält. Kurz vorher wird seine Rechte
ebenso den Stulilrand der anderen Seite angefasst haben,
um den Körper bei frei vorgestrecktem rechten Bein im
Gleichgewicht zu erhalten. Der linke Arm des Odysseus hat
alsn, ebenso wie dJe beiden Arme der Burykleia. noch die
Stellung von dem unmittelbar vorhergehenden Moment be-
wahrt, und wieder ist Verzieht geleistet auf das von der
Odyssee gegebene Motiv, dass Odysseus mit der Linken die
Amme näbei- zu sich heranzieht und ihr Schweigen gebietet.
Geredet darf eben bei der unmittelbaren Nahe der Penelope
überhaupt nicht werden.
Nielit die gleiche massvolle Zurückhaltung ist auf den jün-
geren lleliel's beobachtet, welche dieselbe Scene der Odyssee
oilenbiir nuch einer gemeii.sanieii Vorlage, vielleicht einem
Gemälde, mit geringfügigen Variationen zur Darstellung brin-
gen. W ir linden diesen spiileren Typus auf einem in mehre-
ren Exemplaren erhaltenen 'reriacottarelief der campanaschen
Classe tOverheck, llei. Call. 'I'af 33,5 vgl, S.S05,Anm.2.
Museo Campana IV, 4 Nr. 237] und zweimal auf Sarkopha-
K8 G. BOBBRT
gen,einein Guirlandensarkophage der besten Zeit ( Sarkophag-
Reliefa ii 1396) und einem späten giebelförmigen Deckel
(ebenda II 903). Dem jüngeren Kunstgescbmack entsprechend
ist hier der Voi^ng weit dramatischer gestaltet, auch ein et-
was späterer Moment gewählt. Odysseus hält der Burykleiaden
Mund zu, um sie am Sprechen zu verhindern« nicht die Kehle,
wie in der Odyssee. Es fehlt auch nicht das umgestürzte
Waschbecken. Zweimal ist, wie auf dem cbiusiner Skyphos,
Bumaios, zweimal der Hund Ai^;os bei dem Voi^ange zuge-
gen. Ebenso aufgeregt ist die Darstellung auf zwei Gemmen,
die aus der Schilderung der Odyssee ein anderes Motiv, die
Anrede der Eurykleia (T474f. ) und die Erwiderung des
Odysseus (r 482-490) herausgreifen; die erste, eine braune
Paste der berliner Sammlung (4349 bei Purtwängler), zeigt
Eurykleia noch am üoden kauernd, mit erhobener Linken
ihre Kede begleitend, während Odysseus mit vorgestrecktem
Arm ihr Schweigen zu gebieten scheint, auf der anderen, ei-
nem Smaragdplasma der Sammlung Dehn (Tischbein-Heyne,
Homer nach Antiken S.22; danach wiederholt bei Inghirami,
Galleria omerica III Taf. 116, Overheck, Her. Call. Taf.
33,4 vgl. Conze, Annali deW Instituto 1872 S. 203), hat
sich Eurykleia aufgerichtet und hehl gesticulirend die Rechte,
Odysseys aber fasst wie auf dem kernschen Ueliel mit der
Hand nach ihrer Kehle. Auch das umgestürzte Waschbecken
und den Hund Argos finden wir auf dieser Gemme wieder.
Wie hoch über diesen jüngeren Gestaltungen das Relief aus
Gompboi mit seiner vornehmen Ruhe steht, wird jeder em-
pfinden.
Odysseus trägt einen kurzen (Chiton un<i ein Mäntelchen,
das über die rechte Schulter vorgenommen wie eine Schärpe
quer über die Rrust läuft und dann über den linken Unterarm
und den Rand des Stuhles herabfällt. Sehr verschieden von
dem vornehmen ilimation, mit welchem Odysseus auf der
chiusiner Vase bekleidet ist, wo er nicht verwandelt gedacht
wird, soll diese Tracht ohne Zweifel» wie sonst die ßxomis,
den Bettler be/.eichnen. 'Ajx-pl li (xiv p&jco? aXXo xaxov ßxXsv Y)5i
^iT£ivK,piiiYK>i« jiuTtouvtflt.xax^ |ii(*öpuyi*ev« x«n'v<^ lieissl es von
Alliena v 't3'i f. Auch liier haben wir also strikte Anlehnung
an den Text der Odyssee*. Und so wird auch dei' Pilos, den
er auf dem KopTe trägt, hier nicht wip auf der \'ase der Hei-
seliüt, sondern die Kopfbedeckung des armen Mannes sein.
L'nler dem Stuhle sieht der Speisekorb, die oit^^pi;. und weiter
nach rechts eine kleine Kanne, wol für Ül.Aueh den Korb trai(l
der Üdysseus der Vase neben Weinsctilaueh und Täsehclien
an einem 'l'rageholz über der Schulter. Dort enthält er den
Mundvorrul des Reisenden, hier vertritt ei' den Itanzen. in
welchen der IJelllei' die von den Freiern gespendeten Almosen
sammelt; v 437 Sük* Se oi ix^nTpov xai itmin irVipTiv, nuxvöc
pwYÄVi-Kiv, vgl. p 197. 111, 5 108-
In der Odyssee sitzt Penelope während der Fusswascliung
unthätig am Heerd, während Üdysseus sielt weiter abseits ge-
setzt hat und in das Dunkel blickend ihr und dem Feuer den
Itücken wendet. Und so zeigen denn auch die campanaschen
Reliefs auf der anstossenifen Platte die sinnend dasitzende Pe-
nelope. allerdings im Widerspruche mit dem lüpos dem Odys-
seus zugewandt. Der Verfertiger des kernschen Reliefs aber
hat sehr richtig empfunden, dass er uns Penelope. um ihre Un-
aufmerksamkeit glaubhaft zu machen, in irgend einer Thätig-
keil vorführen müsse. So zeigt er sie uns denn am Webstuhl.
In ihre Arbeit vertieft kehrt sie dem IJesucher den Rücken.
Allerdings wendet sie bei dem Geräusch, das der plötzlich
losgelassene Fuss des Odysscus beim Herabsinken in dasBek-
ken verursacht, den Kopf ein wenig navh links, aber wir ha-
ben die [<)mplindung, dass sie dem Vorfall nur als einem be-
deutungslosen Intermezzo keine weitere Reaclitung schenken
und alsbald in ihrer Arbeit fortfahren wird. 'H S' oüt' iöpü-
oai 8uv«t' ivTtn oyri voTJoctr T'p yäp 'Aönvoti-fl vöov ÜTpaicfv lieissl
es in der Odyssee t 'i78. Dass der Kiinstler das doch nur un-
< Auch III der in ilen Briefen des Faeudu-Diogeno« VII \ S. 337 Horclier |
ülH^riiererteii Variante fipoi ^i* sl npa:* /itüvb ti i'iut' liuxi würde die
Darslellung des Reiieri; passen.
ATHEN. UITTHBU.UNQEN ISV.
330 G. ROBERT
vollkommen darstellbare Eingreifen der GoUheii ganz wegge-
lassen und an Stelle der völligen Apathie ein momentanes
Hinschauen hat treten lassen, kann man nur als einen höchst
geschickten Griff bezeichnen. Die Handhabe für seine glück-
liche Lösung bot ihm die Odyssee selbst in der Geschichte
vom Leichentuch des Laertes ß 931?.= « 128(T.
IvOa xal 'niAoctdo |i.€v ufaCvcoxiv fLiya,^ taröv,
vuxTxc S* aXXucoxcv, Irrci Saf^ac icapa6eiT0.
Denn darum , dass nach der weiteren Erzählung schon vor
dem Zeitpunkte, wo die Odyssee einsetzt, die List entdeckt ist
und Penelope notgedrungen das Gewebe vollendet hat, braucht
sich der Künstler natürlich nicht zu kümmern. Am liebsten
möchte man denn auch^glauben, dass Penelope hier nicht mit
der Herstellung, sondern mit der Auflösung des Gewebes be-
schäftigt sei. Es fragt sich nur, ob die Manipulation, in der
wir sie sehen, sich mit dieser Annahme verträgt. Darauf muss
die Prüfung der dargestellten Webegeräte die Antwort geben.
Wir sehen zunächst den Webstuhl, wie wir ihn bereits von
dem chiusiner Skyphos, dem *E9io[A4pU «px* ^^^^ '^'^^- ^^ ^^'
gebildeten Epinetron, den beiden böotischen Kirke- Vasen
(J.H.S, XIU Taf. 4 und S. 81) und dem Fries des Nerva-
Forums {Monumenti delC Inst, X Taf. 41. Ua; Hrunn,
Denkmäler Taf. 489) kennen. Von dem Querbalken ist hier
nur der oberste mit dem aufgerollten Gewebe, 'der Tuch-
baum \dargestellt. Ob die unteren, zur Fachbildung dienenden
Querstäbe nur gemalt oder überhaupt nicht wiedergegeben
waren, muss dahingestellt bleiben. Die Weberin hält in der
bis über die Schulter erhobenen Rechten, und zwar zwischen
Daumen und Zeigefinger, die mit dem Einschlag umwickelte
Spule, ganz ähnlich gestaltet wie auf der einen der oben er-
wähnten böotischen Vasen {J.H.S. XIII S. 81), durch die
wir dies Gerät zum ersten Male kennen gelernt haben ^ Die
* Vgl. A. Riegl, Der antike Webstuhl, in den Millheilungen des K. K.
! Fl.'SSWASCm
ausserordentliche Breite des Webfiliilils, die sicti aucli bereils
uuf Hein Skyplios aus Ciiiiisi constutiren liess, mussle es der
Weberin unmoglicli muclien, die Spule in einem Schuss durcli
die ganze Ueilie der Reitenläden durcItzulViliren oder durcli-
zuwerfen. Vielmelii" mussle sie wieilerlioll inil der einen Mand
durcli die vordere Ketlenreihe in das Fach liineingreifen ',
ösLerreiuli. MuMuins ffir Kunst und Industrie N. F. IV 189i/3 S, 200, Das*
ich (tiesen wicliligi^u AufsaU einsehen koiinle, virdnnkR ich der Gefällig-
keit 0. Benndorfs.
* Es JKt daher ganz ausgeschloisen. daüa die Weberin dasQuerboli.durrh
deAlien Vorziehen lUs sog. küusiliche Tach gehildet wurde, ^vährend üev
Webens mit der Hand restgehallen halte, wie man dies Tieirach auf Qrund
einer sehr anrechlbaren Interpretation von Iliax W TßOlV. angenoiiiinuii hat.
Vielmehr musü dies, wie auch Blümiier, Techiiulogie I 6. 'W) allerdings
noch zweiTehid Temiutel hat, durch eine mechanische Vurrichtung be-
wirlit worden sein, wie sie sich auch an detn liereils von Conze vergliche-
nen norwegischen Wehstuhle (ain besten abgebildet bei Bieg! a.a.O. 8. 299,
lindel. Die erwähnte Interpretaiion jener lüasverse ii^t zuerst von Schnei '
der Sriiplnrei rti runticae S.37I) aurgeslelll und später namentlich von Mar-
i)uardl, Privatleben der Römer I? VM ( = ,Vüt der Bearhejiung vi>n Mau)
und Hlüuiiier a.a.O. S. I3L> Aniii. \ verfui-hleii worden. OJys>eus. Iieissl es
diirl, ist dem Aias so diclit auf den ['ersen
il>< Sil ti< tt Y""»""' EuEiiivoio
i[)]viav JE'^tDuoa itapiit [ittov, ■TiC'^' ''' '^"
Hier soll iciivfav die Spule, xavbiv der Querbalken und {liiot die Lilzen sein,
durch die die Kellenfilden an diesem Querbalken befestigt sind. Gegen dir
leUlere Deutung hat tiereils U. Schröder lArch. Zeitung 1884 S. ITO f.)
Ginspruoh erhoben; sein Nachweis, dass ^im nur die KeltenTäden hedeulen
knnne, lässt sich noch durch den Mitos der Kabiren mjsterieii |0. Kern
Hermes XXV S. 7|. die Häuiigkeil von |j.'io; als Compcnent in Spitznamen
für fadendünne Menschen ( Bechtel, Spilinauen ti. I.'i ) nnd das leltiscbe
Wort nieti, das gleichfalls die Ketle hezeicbuet, stülzeii, worauf mich Uech-
tel hingewiesen bat (vgl. Prellwilz.Bl^m. Würlerhucb ä. 301). Aber auch die
AulTasgiing von xavtiv als Querbalken ist unhaltbar; nicht nur weil dieser,
wie eben gezeigt, während des Webens nicblmil der Hand fi^slgchalten wer-
den konnte, sondern auch weil nichl niiviov SiAxauaa, sondern miviov lEiXxauaa
dasteht, wudurch unzweideutig der Moment bezeichnet wird, wu die Spule
nach dem letzten Wurf ans Ende der Kette gelangt, der Einschlagfaden
also herausgezogen wird. Dann wird die Weberin den Paden noch eininiil
stramm anziehen, ehe sie ihn mit der llulzspalel, der axii^, feslsoblügt.
NaturgemiLss stellt sie licli dabei seitwärts neben die Ecke des Web-
3^ C- BOKIBT
um die mit der aodereo Ha»d ^wof4eoe Spule aaEEafangeo,
worauf dann der Wurf miederboii warde^ bis sie zur Ecke des
WebsUibles ^bngte. Nur so erk&t sidi das bekanote imrim
iv»ifjtd%9s und nur ao m^ar es uberfaaupl maglicfa , Mosier zu
webend
Mit weieber Operalioo ist nun die Peoelope des keroschen
iieii^fs besetiirtigt ? Wir seben sie mit der Rechten die Spule
hoeb ballen, mährend die Linke, etwa bis zur Scbulterhöhe
erhoben, halb geschlossen und die Pinger, wenn ich die Bruch-
spuren richtig verstehe, so gestellt zu sein scheinen , als ob
sie einen Faden hielten ( vgl. die nachstehende Skizze Gillie-
rons, welche die Hände in 7^ der naturlichen Grösse wieder-
geben). Wenn das Bild, das wir eben von der Operation des
Webens entworfen haben, richtig ist, wüsste ich nicht, in wel-
chem Moment die Hände der Weberin in dieser Weise be-
schäftigt sein sollten. Wie aber, wenn es sich um das Auf-
«lublf, und damit erledigt sieb auch das Bedenken Blümners gegen die
Auffaftettrig fon xava>y als Wet>e6cbifrcben, dass nämlicb die Kettenfa-
den der Bruftt der Weberin näher seien als dieses, ein Einwand, der sieb
übrigen« ebenso gut gegen die AufTassung als Querbolz machen Hesse.
Die allere, v(»n Blumner bekämpfte Interpretation verdient also vor der
neueren bei weitem den Vorzug. Sie sieht in dem xavwv das WebescbilT-
cben, die y.ipy.U, oder corrceter dessen primitivere Form, die vermutlich aus
lüjbr gefertigte Spule, in dem nr^viov den um diese gewickelten Einschlag-
faden. 8ü hat auch Nonnos die Iliasverse aufgefa$sl,dem Blumner mit Un-
recht Llnklarheit vorwirft. OTa xavoiv aWovoto iziXn (ujo; sagt er XXXVII,
631 ; die Weberin kann wol das Webeschiflehen oder die Spule, nun und
nimmermehr aber den Querslab des Webstuhles zwischen ihreBrüsle drük-
ken. Und VI, 15'2 setzt er direkt xepx'; für xavoSv ein :
G^aivc de xEpxtSi xoupr)
rrjviov l^iXxouia napU (xiiov.
Aueli Aristophanes Thesm. 822 und 825 gebraucht oHenbar xavtuv synonym
mit xcpx('c und unterscheidet es ausdrücklich vom Querholz, dem cvtiov. Dem
gegenüber können die späteren von Bhimner S. 130 Anm. 1 gesammelten
Stadien, wo xav«.iv das iviiov bezeichnet, nichts besagen. Beiläulig bemerkt,
die an«Or) wird man doch wol in dem Stabe erkennen dürfen, mit dem Mi-
nerva auf dem Fries des Nerva- Forunis die Ar.iehne bedroht { Monimienti
(Uli Inst. X Taf. ^il, 21, Brunn, Denkmäler Nr. 48'J), die Län}<e des Geräts
wird durch die Hreile des Webstuhles bedingt.
< 0. Hchriider a.a.O. S. 173.
DIE FUSSVVASCHUNG DES ODYSSEUS
333
lösen des Gewebes handelt? Es liegt auf der Hand, dass Pe-
nelope sich dabei, um sich nicht zu verraten, jedes gewalt-
samen Eingriffs enthalten musste. Sie wird sich also auch
beim Auflösen der Spule bedient haben, nur dass sie diese
jetzt in umgekehrter Richtung, wie vorher, durch die Kette
durchführt. So oft sie an das Ende des Webstuhls gelangt ist,
wird dann der herausgezogene Einschlagfaden lose herabhän-
gen. Sie muss ihn also aufspulen, und hiermit sehen wir sie,
wenn ich richtig deute, auf dem Relief beschäftigt.
Diese Abschweifung in das Gebiet der antiken Webetechnik
kann uns also nur in der oben empfohlenen Annahme bestär-
ken, dass uns der Künstler Penelope beim Auflösen des Ge-
webes vorführen wollte. Je mehr auch hierin die Fähigkeit
hervortritt, eine Scene des Epos bis ins kleinste Detail charak-
teristisch zu gestalten, um so mehr überrascht es, dass bei
der Composition auf jede symmetrische Anordnung verzichtet
ist. Zwar ist Odysseus mit Bedacht in die Mitte gesetzt. Aber
zu der majestätischen Figur der Penelope bildet die gebückte
Amme kein genügendes Gegengewicht. Es wird dies beson-
ders fühlbar, wenn man die gegenständlich am nächsten ver-
wandten Monumente, die Orpheus-, Peirithoos-, und Peliaden-
Reliefs und das neuerdings von Savignoni und Amelung be-
334 C. ROBEKT
handelte Relief des Museo delle Terme* vergleicht. Und wenn
wir uns zur Malerei wenden — denn dass dem kernschen Re-
lief ein Gemälde zu Grunde liegt, ist, wenn auch nicht un-
bedingt notwendig, so doch wenigstens möglich — so zeigt
von den hier zunächst in Betracht kommenden Marmorbildern
aus Herculaneum nur die Tragödienscene eine ähnliche Gleich -
gilligkeit .gegen die Gesetze der Symmetrie, während diese
z. B. bei den Astragalenspielerinnen durchaus beobachtet sind.
Hinsichtlich der Compositionsweise stellt sich das kernsche
Relief vielmehr zu den Votivreliefs im engeren Sinne , die
keine mythische Scene, sondern eine rituelle Handlung in Ge-
genwart eines Gottes darstellen ; mit ihnen hat es auch die
Art der tektonischen Umrahmung gemein. Ohne Zweifel liegt
hier ein principieller Gegensatz der attischen und thessalischen
Plastik vor, denn thessalisch ist der Stil des Reliefs durchaus.
Es reiht sich unmittelbar an die kleine Gruppe von Grabre-
liefs,die zuerst von Brunn 2, dann von Wolters und Kougeres ^,
zuletzt von Heberdey^ besprochen und gewürdigt worden sind;
aber es ist jünger und entwickelter als alle diese, denen noch
durchaus der Charakter des Archaischen anhaftet. Trotzdem
giebt sich die thessalische Tradition noch in der mehr maleri-
schen als plastischen Formgebung zu erkennen, falls hier die
schlechte l^rhaltung nicht täuscht, ganz unzweideutig aber in
der Gewandbehandlung, die trotz unverkennbarer Fortschritte
noch deutliche Reminisccnzen an die schematischen wulstigen
Falten jener archaischen Reliefs zeigt. Besonders charakte-
ristisch ist die Behandlung der Gewandung der Penelope, die
auch eine eigentümliche Ürapirung des Obergewandes aufweist.
Der Bausch des Chitons tällt ziemlich tief herab; ob auch ein
Apoptygma vorhanden ist, lässt sich nicht mit Si^cherheit con-
• null. rumunaU di Roma 1897 Taf. 5, S. 7311. Uürn. MiUti. ISül) Taf. l,
:?. 1 ir.
2 SiUungsbericIitß der inüiicljcner Akad. 1876, I S. 315 und in dieser
Z«Mlschrirt 188:1 S. 81 II.
3 hl dieser ZeiLschritl 1887 S. 73 IV. U.C.ii. XII ^S. 171)11.
^ In dieser Zeilschrift 1890 S. 199 fl'.
waschum; des odyssbos
335
statireD. Das linke Bein isl cleutlicli als Spielbein behandelt
und zugleich, wenn ich riehlig sehe, ein wenig nacii links ins
Proli! geslelU ; die Faltengebung isl liier überraschend gut.
IJas Obergewand isl ein kurzes MÜntelchen, dessen einer Zipfel
über die linke Schulter zurückgeworten ist. Bei der Gewandung
der Eurykieia. die aus Chiton und aus einem schurzartig um-
gelegten Mantel besteht, erinnert nur noch der abstehende
Bausch am Hals an die archaische Faltengebung ( vgl. diese
Zeilschrift XVTaf. G. 1 . 7),er ist aber hier durch die Beugung
des Oberkörpers motivirt. Nach allem diesen werden wirnicht
fehlgehen, wenn wir das Relief in die zweite Hälfte des fünf-
ten Jahrhunderts datiren.
Auf eine etwas ältere Darstellung der Fusswaschung des
Odysseus hat mich Paul Wolters aufmerksam gemacht. Sie
findet sich auf einem der sog. melischen Tbon - Reliefs , das
in Korinlli gefunden, jetzt gleichfalls im atbenistihen Nalional-
museum aufbewahrt wird'. Wollers hat das Mihlwerk auf
unserer Tafel etwa in halber Grösse abbilden lassen. Die Platte
ist rechts unvoitsländig. Auf dem erhaltenen Teil sieht man
Odysseus, welcher, sicli etwas zurücklehnend, der vor ihm
knieenden Eurykieia den linken Fuss hinhält, wobei er das
Bein unter der Kniebeuge mit beiden Händen unterstützt. Am
Boden erkennt man einen Best des Waschbeckens mit den
üblichen Löwenfüssen (vgl. Aesch. Fragm. 22riN.. die The-
seusschale des Euphronios u. a.}. Von Eurykieia ist nur der
auffallend jugendlich gebildete Kopf und die rechte Schulter
erhalten. Den zwischen ihr und Odysseus stehenden jungen
Mann, der die Linke auf die Hüfte, die hoch erhobene Rechte
auf den Speer stülzt, wird man als Telemachos deuten kön-
nen. Es ist hier ein etwas früherer Moment gewählt, als auf
dem kernsehen und den übrigen Reliels, Noch hat Eurykieia
tlie Narbe nicht gefühlt, die Erkennung steht also noch he-
< Nr. 0753. Schenkung Andropulos Die Proveriieni ist nicht ganz sicher,
vgl. AiXi.'ov ipi- 1«91 S. 10,42. Höhe m, grossle Breite 153. Dicke 4-8™";
rötlicher Thon, Spuren von weisser Deckrsrbe.
336 C. ROBERT
vor. In dieser Hinsicht trifft das Relief mit dem Skyphos von
Chiusi zusammen, der aber hier nicht in Betracht kommt, da
er eine andere Sa^enversion darstellt. Auf einem kleinen
Smaragdplasma der berliner Sammlung (Nr. 2483 bei Furt-
wängler), das in der Hauptgruppe eine entschiedene Ähnlich-
keit mit dem Thon-Helief zeigt, ist die Handlung schon ein
wenig weiter fortgeschritten, indem der Moment dargestellt ist,
wo Eurykleia eben die Narbe berührt. Die Rechtswendung
des Odysseus scheint übrigens typisch zu sein. Sie kehrt auch
auf der Vase, auf der oben besprochenen Gruppe späterer Re-
liefs und den Gemmen wieder. Die einzige Ausnahme macht
das kernsche Relief, das auch in diesem Punkte seine Selb-
ständigkeit documentirt.
Üass das Thon -Relief, wie eben stillschweigend vorausge-
setzt, die Scene der Odyssee darstellen will, zeigt die Tracht
des Odysseus. Ausser dem Pilos oder richtiger der xuvt) trägt
er ein Tierfell, das auf der Brust geknotet zu sein scheint;
einer der durch die Beine gebildeten Zipfel scheint über den
Rand des Stuhles herabzufallen. Damit soll doch wol das
Hirschfell, das ihm Athena umgelegt hatS gemeint und Odys-
seus als Bettler bezeichnet sein. Die Einführung des Telema-
chos ist ganz im Sinne der älteren Kunst, die gerne alle Haupt-
personen des Mythos auch gegen die poetische Quelle zur Dar-
stellung bringt. Von einer weiteren Person ist hinler der lin-
ken Schulter des Telemachos der vorgestreckte rechte Arm er-
hallen. Der Vergleich mit der Vase aus Chiusi und den Gam-
panaschen Reliefs macht es wol am wahrscheinlichsten, dass
liierEumaios dargestellt war. Penelope scheint gefehlt zu ha-
ben. Denn für eine fünfte Figur reichte die Breite der Platte,
die sieh aus der Stelle des Bohrlochs einigermassen berechnen
lässl, schwerlich aus. Auch aul der oben verglichenen berli-
ner Gemme ist hinler Eurykleia noch eine Figur angebracht,
die den Arm in ähnlicher Weise erhebt wie der mutmass-
liche Eumaios, wol eine Dienerin, gewiss nicht Penelope.
* Vgl. V h'M'} : ai\kff\ Sc (iiv [icya 5tp(xa xa-^iir^i £aa' iXoc^oio tJ^iXöv.
DIE FUSSWASCHUXÖ DES
337
Ausser dem gegenstündliühen Interesse hat iIqr Thonrelief
noch ein kiinslhistorisches, dtirchdieunvepkennbareAlmlich-
keit, welclie die Gestalt (lesTelemattlios in Stellung und Ordpi-
riing mit dem sog. Oinomaos aus dem Oslfi;iebeI von Olympia
zeigt. Nur das» durch die Vertauschung der Seiten und die Kopf-
wendung nach der Seite des Standbeins hin Telemaclios un-
vergleichlicli kral'tiger wirkt aU der etwas unsicher dastehende
Oinomaos. Auch beim Od^sseus erinnert die Behandlung des
von der Schuller zum Gesäss lierablaufenden Pellrandes an die
Art, wie sich bei dem 'sitzenden Knaben' desselben Giebels
der Mantel 'in einem dünnen und Ilachen, wie angeklebten
Rande über das linke Bein hinzieht' (Treu), und die Eury-
kleia können wir uns ganz gut in der Stellung des 'knieenden
Miidchens' ergänzen. Hui der Frage nach der Herkunft der
Olympia-Skulpturen wird daher auch dieses Thonrelief eine,
wenn auch besclieidene Berückaichligung beanspruchen diip-
len, oder vielmehr, da diese F'rage meines Brachtens bereits
durch Furt^ängler zu Gunsten von Paros entschieden ist',
dürfen wir umgekehrt nun die sog. meiischen Reliefs dem
Kunslkreise der ionischen Inseln zuversichtlich zuweisen, wie
das jetzt nach Furlwünglers Vorgange auch ohnehin wol mei-
stens geschietit.
Da wir auf dem Thonrelief Telemachos bei der Fusswaschung
gegenwärtig linden, könnte die Frage aufgeworfen werden,
ob nicht auch die Rückseite des chiusiner Skyplios. die be-
kanntlich Telemachos im Gespräch mit der nachdenklich vor
dem Webstuhl dasitzenden Penelope zeigt, mit der Üurstellung
duiNiptia auf der Rückseitezu einer Scene zusammenzufassen
sei. Ich erwähne die Möglichkeit einer solchen Folgerung nur,
um vor ihr zu warnen. Der intime Charakter des Gesprächs
zwischen Mutter und Sohn, und damit der llauptreiz der
Durstellung, würde vollständig gestört werden, wenn Odys-
seus. Eurykleia und liumaios zugegen wären. So wird es also
irgeliiatiil S. tiTir, lu «Ipii TlioinflJers H-irl
338 C. ROBBRT, DIB FÜ88WA8CHUNG DES 0DTS8BUS
dabei bleiben, dass wir es hier mit einer besonderen Scene,
dem Prolog der sophokleischen NdrTpa, zu thun haben, nur
dass dieses Stück mit Rücksicht auf das Alter der Vase, die
ich früher xu spät angesetzt hatte^ wol etwas höher hinauf-
zurüeken sein wird als es von mir geschehen ist.
Halle.
CARL ROBERT.
* Marathonschlacht S.81, vgl. Monumenti aniichi dei LinceilX S. 27.
FRÄlllSTOniSClIE IDOLE AUS BLEI, II.
Als ich in diesen Miuheilungen 1898 S. 462 die IDchlheit
des einst von Finlay besessenen, jetzt im griechischen Na-
lionulmuseum befindlichen Bleifigürchens vom Typus der be-
kannten prähistorischen Marmoridole bestritt, konnte ich nur
vermuten, dass Pinlay es auf los erworben habe, und dass es
demnach mit dem von Uoss als verdächtig erwähnten Exem-
plare identisch sei. Diese Vermutung kann ich jetzt dank der
Fieundlicbkeit R. C. Bosanquets beweisen. Mit Finlays Hi-
bliolliek und den Resten seiner Sammlungen sind auch seine
Tagebücher kürzlich in den Besitz der hiesigen British school
übergegangen, und in einem dieser, dem Journal of n tnur
ti> several islaiids of ihe Archipetaga in August and Se/j-
tember 1831 findet sich S 'i'2 unfr dem '2. September bei der
Erzählung des Autentlialtes in los tbigender Abschnitt, auf
den mich Bosanquel gütigst aufmerksam maclite: 'The ex-
treme heat of the day confined us io the house and I pur-
eliased some antiquilies found in tlie lombs in different parts
of the Island, particularly some of the rüde marble figures
conjeetured by Professor Thiersch to be llie production of the
Carians. I procured a similar ligure in lead and some inter-
esling Utensils in marble' Weiterhin S. 97 zählt dann Fin-
lay nochmals seine Erwerbungen auf; "los. Several marble
ligurea iif rüde workmanship like imilalions of mumies,
tbouglit by Thiersch to be Carian. A marble bowl and iwo
Cups. A maible rudder. A small marble skaphe. 2 broken
black vases and '? lamps. I lead figuif Carian? ' Vorhanden
sind in der ßnlayscben Sammlung noch drei Marmoridole von
verseil tedener Grösse, eine grössere und zwei kleinere Mar-
morschalen : das Huder, d. b. eines der geigenförmigen Idole
(wie 'K?TiuL6pi( ä.ff^. 1898 Taf. II) hat Finlay spater an J.
Paläologos überlassen, wie sein handschriftliches Inventar an-
340 P. WOLTERS, PRABHI8T0RISCHE IDOLE AUS BLEI. II.
giebt^ Das Bleifigürchen ist aus seiner Sammlung ins grie-
chische Nalionalmuseum gelangt; seine Herkunft aus los ist
jetzt gesichert, und damit seine Identität mit dem von Ross
genannten und schon angezweifelten Cxemplare.
Athen.
PAUL WOLTERS.
-►-o>»2gSMo--
* VUev dies Stück äusserte sich Ftnlay auch in einem Brief an Leake (im
finlayschen Nachlasse) vom 18. Okt. 1837, nach einer handschriftlichen
Bemerkung des lelzlcren read before ihe Royal Society Der. Vi. 1838, Es ist
vielleicht identisch mit dem in der raykenischen Sammlung des griechi-
schen Nalionalmuseums Nr. 3935 vorhandenen Exemplare.
I. GpsoliicIiLp (tpr wIsseriRcIiafllichen Erforscliung von Paros.
I Hierin Tiifel V und VI)
Die Gescliidite der uissenscIiaCtlichen Erfoi'Bctiung von Pa-
ros beginnl für uns erst mJl der Neuzeil. Aus dem Allerlum
hl ausser dein diirrtigen Auszug bei Sleplianos von Ryzanz auf
litterariscliem Wege von den Arbeiten der antiken Geseliiebts-
forschung über Paros niclils auf uns gekommen. Das ist sebr
bedauerlicb, denn es bat im Altertum niebl an Männern ge-
feblt. die sieb mit der Gescbicbte von Paros befasst liaben.
An ihrer Spitze ist Arcliilochos zu nennen, der in seinen
Gedicbten vielfacb Sagen- und Zeilgeschicitte seiner Hei-
mat beliandelt bat. Wären uns des Arcbiinctios Gedicbte
in einer besseren Gesmlt erballen, so würden wir über die
pariscbe Sagengescbiclile, über Ereignisse wie insbesondere
die Kolonisirung von 'rhasos und die verscliiedenen Kriege
zwiscben Ikaros und Naxos zur Zeit des Archiloclios besser
unterricbtet sein. Einen leider nur zu geringen Xuwaclis zu
dem bisbcr bekannten Erbe des grossen Dicblers lial der
scliöne Eund Hilleriä von Gärtringen gebracbt, über den oben
S. I ff. l)ei'iclitet worden ist. Die wenn aucli recht geringe
[iiM'eicberung, die uns trotz der Zerstörung des Steines für die
Gescbicbte von Paros noch zu teil geworden ist, fülirl uns
deullieb vor Augen , wie viel wir mit des Arcbilocbos Ge-
dichten lür die Erkennlniss der parischen Gescbicbte verloren
haben.
Mit kui-zen. kaum nennenswerten Bemerkungen geben die
grossen Historiker des 5. Jabebunderts an Paros vorbei. Nur
die Miltiades- Episode gieiit llerodot Gelegenheit, sieb mit
Paros zu befassen. Die lledner sind wenig ergiebig. Isokrales
hat in einer seiner Keden (Aiginelikos XIX, 18) uns eine
342 O. RUBBNSOHN
kurze, aber immerhin interessante Mitteilung über Paros er-
halten, sein flapiaxoc XÖYoc ^ ist verloren gegangen. Dasselbe
Schicksal hat der Abschnitt aus Aristoteles' Politieen gehabt,
der sich mit Paros befasste; die wenigen Satze, die uns in des
Heraklides Fragmenten erhalten sind, besagen nichts.
Nach dem Muster aristotelischer Forschungsweise hat, wie
lliller von Gärtringen oben S. 8 T. ausgefahrl hat, jener l>e-
meas gearbeitet,den uns die Inschrift des Archilochos kennen
gelehrt hat. Er ist der eigentliche llistoriograph von Paros
gewesen, denn wir können wol mit Sicherheit aus der in«
Schrift entnehmen, dass sein Werk ein löyoc von Paros und
nicht etwa ein ß{o; des Archilochos gewesen ist^. Ob auf dem
Wege litterarischer Oberlieferung von des Demeas Werk et-
was auf uns gekommen ist und wieviel, lässt sich nicht mehr
entscheiden. Möglich ist, dass in den Notizen über des Archi-
lochos Leben, die in engster Verbindung mit der Geschichte
von Paros uns überliefert sind, sich Gut des Demeas erhalten
hat, und so könnte man z. B. auf die Vermutung kommen,
dass die Nachrichten über die Gründung von Thasos und des
Archilochos Beteiligung an dieser, wie sie besonders von Oi-
nomaos von Gadara ( Eusebius praep. evang. V, 33 S. 227 )
überliefert sind, in Zusammenhang mit dem Werke des De-
meas stehen. Tritt doch gerade in ihnen die auf Schlüssen aus
Archilochos' Getlichten aufgebaute Verknüpfung des Archilo-
chos mit diesem Ereigniss besonders hervor. Leider lässt die
trümmerhafte Überlieferung hier weiteres Vordringen nicht zu.
So ist eigentlich das Einzige, was uns einigermassen zu-
sammenhängend über Paros aus dem Altertum überkommen
ist, der überaus dürftige Artikel im geographischen Lexikon
des Stephanos von Byzanz, der uns ausser dem Ephoros-Citat
über des Miltiades Zug gegen Paros nur sehr wenig und auch
nur zum Teil verwertbare Nachrichten übermittelt hat. Im-
* Vgl. Bio; 'I^ojcpitoü; 8. 5,3*2, ed. Bailer - Sauppe (bezog sich vielleiclit
auf Parion ).
^ Mau könnte auch an eine xTi^t; von Paros und Thasos denken.
PA HÖR I 343
inerliin werden wir itin neben ilen jjple^pnllrclien Anfjaben Itei
Historikern um! aiidpren antiken Sciiririslellcrn imserei' Dar-
stellung der piirisclien Gescliiclile zu Grunde zu lefjen haben.
Die byzunlinisclie Epoche ist, wenigstens was die Ülterari-
selie Überlielepung betrifft, last spurlus an Paros vorübei'ge-
^angen ; erat mit der beginnenden Neuzeit hebt die wissen-
schaftliche Erforsciiung wieder an.
Cliristoforo Buoniielmonte, der Hf)rentiniBclie Presbyter, der
Vorläufer desCyriacus, ist der erste, welcher hier genannt
werden muss. Sein Hauptwerk, der im Jahre 1 'i?0 abge-
schlossene Über insulnrum Archipeta^i, in dem die erste
uns bekannte Karte und Beschreibung der Insel Paros erhal-
ten ist, liat ein eigentümliches Geschick gehabt. Die Originat-
ilandsclirirt, die der Verfasser an den Cardinal Giordano I r-
sini übersandt hat, ist verschollen. Ebenso verschollen ist ein
etwa vorhanden gewesenes Conzept von der Hand üuomiel-
montes. Wir besitzen nun eine grosse Anzahl mehr oder we-
niger guter Abschrii'ten, die allesamt in letzter Linie auf ein
Exemplar des Über insntarum zurückgehen, das den beiden
eben genannten Handschriften gegenüber einen stark redigir-
len Te\t enthielt, und aus solchen redigirten Handschriften
hat im Jahre lS'2'i 1,. von Sinner das Werk des Buondel-
monte herausgegeben. Auf ein äbnliclies redigirtes Exemplar
des ßuondelmonte -Testes geht aucli die griechische Über-
setzung des Über insularuin zurück, von deren Vorbanden-
sein in der Seruilbibliothek zu Konstantinopel weiteren Krei-
sen zuerst S. Keinach Nachricht gegeben hat { lievue arche'ol.
1883 S. 7.'.fr. "EUviviKOi yiXol. Sii>XoYoj 1888 S. 181-187)
uufl die jetzt Legrand seiner umfangreichen Ausgabe iles li-
ber inxularurn (Paris 1897) zu Grunde gelegt hat'.
' Das Verliällniss dieser redigirLeii Handscliriflen tu dcai uniiriiaKÜulien
Te«te lässt sicli am besten am Beispiel eines anderen Werkes ile<>selben
Auiors erläulerii. Wir besitzen von Buondelmonle ausser ilem Ubei- innila-
riim eine dncriplii) insulae Crelar. Dieses Werk ist uns in »wei Redaktio*
iien erhalten. Die eine wird repräsenlirl durch den Laurcnlianiis codex lat.
hi plut. 21J, [lic andere ist nichrfacli erhalten, u. a. auch in dem berliaer
344 O. RURBNSOHN
Wir besitzen nun aber auch eineCopie des nicht redigirten
Textes des liber insularum, die uns vollen Ersatz für die
verschollenen Originalhandschrifien bietet. Diese findet sich
in einer Handschrift der Ambrosiana (codex A 13, 219 inf.
Charta bombaccina 15. Jahrhundert) ^ Es ist bedauerlich, dass
Legrand diese Handschrift, der gegenüber die gedruckten
Buondelmonte -Texte völlig hinfällig sind, nicht gekannt hat.
Aber es ist hier nicht der Platz, die Bedeutung dieses Codex
für die Textgestaltung des liber insularum zu erörtern, es
möge genügen darauf hinzuweisen, dass fast jede Inselbe-
schreibung eine Bereicherung an einzelnen geographischen
Beobachtungen, an historischen Bemerkungen oder an Schil-
derungen von Reiseerlebnissen erfährt. Weniger bedeutsam
ist der Zuwachs an Mitteilungen über Ruinenstätten und
Antiken ; dass aber auch dieses uns hier in erster Linie in-
teressirende Gebiet nicht ganz leer ausgeht, das lehrt uns in
besonders eindringlicher Weise die Beschreibung von Paros,
die überhaupt als Probestück für die Umgestaltung des Buon-
delmonte -Textes durch unsere Handschrift gelten kann^ Sie
BuondelmoQlecodex. Die TextredaktioQ des Laurentianus geht direkt auf
das Original des Buoiidelinoute zurück, das dieser an Niccolo Niccoli,dein
das Werk gewidmet ist, gesandt hat (es ist vielleicht der Originalcodex).
In der anderen Redaktion ist alles irgendwie Persönliche, die Ueiseer-
lebnissü u. s. w. getilgt; die Schrirt ist, wie ich früher glaubte, von einem
Redaktor, wie ich jetzt nach Emil Jacobs' Vorgehen annehme, von Buon-
delmonte selbst für den Buchhandel hergerichtet und darum stark gekürzt.
* Auf fol. i der Klein • Foliohandschrift ist die Notiz angemerkt : Über
scholae (//lt. Hier. Calchi. Die sehr flüchtig und schlecht geschriebene Hand-
schrift hat also als Schulbuch gedient; die Calchi unterhielten um 1500 in
Mailand eine bekannte Schule. Ich habe die Handschrift vor Jahren in
Mailand bei einem vorübergehenden Aufenthalt untersucht und von einigen
Kapileln selbst Abschrift genommen. Eine Copie des ganzen Codex hat mir
dann die Bibliotheks-Verwaltung in liebenswürdigster Weise besorgt und
die Ausführung überwacht. Den Passus über Faros hatte Herr Domenico
Bassi die Güte noch einmal zn vergleichen.
3 Die ausserordentlich wichtigen Nachrichten für die sonstige Buondel-
monte- Forschung, die sich in unserer Handschrift finden, haben in FL
Jacobs, einem Kenner dieser ganzen Periode, einen Bearbeiter gefunden.
Durch gesperrten Druck ist im folgenden alles das gckenrizeichnel, was dor
Ambrosianus als Sondergut gegenüber den anderen Handschriften besitzt.
PAtiofl r 345
lautet folgendermassen:SequilUPjnrdane paterutnostrum
ad insuiam Paros navi^inm transferramiis- que allieüo
nimia coram Naxoa Jnsula ampliatur. Est igilur fiec una
ex cycladibus dieta. que oürn plalea ab ampliLudine nuncu-
pahalur, deinde. minoia a civitate Jbi magnifica ampüata'.
Sed Parcantes Pluti filius, quem ibidem i'pgnasse aiunt et op-
pidum constru\isse ipsam insulain et oppidum Paron a suo
nomine nuncupavil^ quegignit marmor adeo candidissimum
iiL a longe videnlibus nivjs in eius monlibus esse credant, in
medio aulem montium huiiis insule est mons alüs sublimior
vocalus Marpessus^ qui candidus omnibus remanet tem-
poribiis, a quo naute transfretantes signum capiiint
ignorate vie*. Circuit elenim marmorea bec insula miliaria
Xl-,[a, longitudo ejus de Oriente ad occiduum prolun-
gatup prope XIIIlo" miliaria, in qua longiludine ver-
sus trionem planus extendiliir ab una usque ad alle-
ram extrem itatem insule: per totum ilaque vertendo
ad meridiem monles erlgunlur asperi alque sine fru-
ctu cultivationis; in quibus quidcm montibus in ali-
quibuslocistantaestaibedoillorumlapidum.quod
' Plinius N. H. IV. '22 (12) Faros cum oppido ab Delo XXXVIU mill.
marinore nobilis, quam [irimo Plaleam poslea Minoida vücarunl. Die redi-
glrlcn Handüchrjttan haben bier noch den Zusatz. dass die Stadt tüh Mlii»s
gegründet sei,
' Parcantes i-;t achreibrehler für Pareanlcs, das die redigirlen Hand-
schriften haben, Die griecbiache Übersetzung bat Paros. Parcas, der in dem
verderblen Pareantes steckt, ist der Sohn dos Jasiou, Gründer von Parion ;
er heissl auch Parios. Paros, der 'Gründer" von Paros. ist der Sohn des
Parrasius. Wie Jacobs bei Hiller von G&rlringeQ, Thera S. 378 schon an-
gemerkt hat, ist diese Überlieferung aus des Isidorus Eljmolngieeii durch
Gocaccio, de eenealogia deorum (ed. Micylli p. ^39] zu Buondeliiionie ge-
kommen.
3 Die grieuhische Ühersetzun»; hat Kapniagiat, die sinnurschen Hand-
schriften haben Oarpcssus, die Vurdertiuiss gcbl also auf das beiden xu
Grunde liegende Original zurück.
* Statt des gesperrt gedruckten Öalies bieten die redigirlen Handschriften
eine Bemerkung über den Quellcnrcichlum des Marpcssos, die bei uns
fehlt.
ATHEN. MITTHB11.UNBEN XXV. 23
346 0. RUBBN80HN
iu media nocle luslrum per totum ampliatur^ a con-
spectu ilaque Apollinis insula civitas maxima ampliebatur^,
iD qua quidem mille et plus columpne marmoree miraban-
tur^ ibique marmoreum usque nunc immaculatum templum
circumquesivimustotum, in quo Latini jam diu in novis-
simis sacrifitiis posuere ritum et metropolim paren-
sem apelavere^. hec itaque Minoia urbs munitissima
nominata a patribus erat, que in viribus olim erecta
strages suisnavigiis multis dederat partibus, cum
omnia in tabula marmoreaLatinorum queGrecorum
videmus inpressa charactere^. A leva autem juxta radi-
* Diese Beschreibung stimmt ▼ortrefilich. Mit der Ebene sind offenbar die
breiten Strandebenen Ton Naussa und Paroikia und die sie verbindende
Thalmulde zwischen dem Kunadosberge und den nördlichen und nordost-
lichen Strandbergen gemeint, deren ehemals berühmter Bestand an Ölbäu-
men den Venetianern zum Opfer gefallen ist. ( vg). Ross, Reisen l S. 45 ).
* Solinus XI, 26: Marmore Faros nobilis,ab Delo oppido frequentissima,
prius tamen Minoia quam Faros dicta.
' Wenn auch Delos von Faroikia aus direkt nicht sichtbar ist,so kann doch
kein Zweifel darüber obwalten, dass Buondclmonte diese Stadt beschreibt.
Mit den mehr als tausend Säulen kann nur das ganz aus antiken Werk-
stücken erbaute Tcnetianische Schloss gemeint sein, in das besonders viele
Silulen trommeln eingebaut sind. In früheren Zeiten muss der Anblick der
auch heule noch imposanten Ruine viel eindrucksvoller gewesen sein, als
die in gleichem Stile erbaule Mauer an der Scescite der Akropolis noch
erhalten war. Diese ist vor nicht gar zu langer Zeit abgerissen worden. Von
ihr rühren die zahlreichen Säulenlrommeln (meist dorische) her, die am
Fusse des Akropolishügels im Meere liegen.
* Das ist wol dieHekatontapyliani,die grosse Fanagia-Kirche von Faroi-
kia, ein höchst interessanter Bau, der mit seinem kreuzförmigen Taufbassin
wol noch in byzantinische Zeit zurückreicht. Wir würden dann aus dieser
Bemerkung Buondelmonles lernen, dass die Kirche in der fränkischen Fe-
riode dem katholischen Kultus geöHnel war. Ausgeschlossen ist jedoch
nicht, dass er die Falaslkirche im fränkischen Schloss im Auge hat, einen
auch noch als Ruine imposanten Bau. zu dem mehrere antike Gebäude das
Baumaterial geliefert haben, und auf den der Ausdruck * marmoreum* viel-
leicht noch besser angewendet werden konnte als auf die Ilekatontapyliani.
' Der Name Minoia ist ausser in den oben angeführten Flinius- und So-
linusstellen bei Slephanus aus Nikanors Melonomasien für die ganze Insel
überliefert, eine Stadt dieses Namens hal es nie auf Faros gegeben. Derar-
tige Localisirung mylliischer Namen hal Buondcliuonle oft geübt. Die Be-
merkung über die tabula marmurea ist ganz singulär. Es ist eine der weni-
FAROS 1 347
cem montis oppirium vetustum paucis columpnis erigitur et
(ie magnis lapitlJbus coinpilatum '. Poatea ad trionem Paron
castrum cum molo et portu paucis civibuslial»rLur.ibiquepmpe
fons emanat nimis, in (jun si album lineum vel corium gala
madefactutn posueris nigerrinium ellicilur et ab habundan-
lia illius aque inolendina trilurant -. Circa medium insule
cfiram Naxos castedum sublime nimis Cbefalo dictum vide-
mus, cuius asscensus tanta eal dificullas propter venLorum im-
peius, quo nullua nisi esset timor infidelium pirrbatarum
habitaret^' in quo quidem es laborioso ilinere macilente nimis
gen Stellen, in denen BuondeluimiLe auf hHchrifleii Bezug niminl. Wir
kennen nur wenige bilingrue InscIiriTten vuu Patos. ilarunter vor allem die
Iipa Ypä(i|i(iTa aus dem Jabre 20\ n- Chr. iDillenberger, S;ll.* 4l5:Ös(err.
Jahresherte S S. 75 IT.). Dieser Stein kann aber seines Inhaltes wegen un-
niÜRÜch bier in Betraclit kommen. Wer deiikl bei dieser Bemerkung alier
nicht zuerst an das Marmor Parium? Wie wir in iliesem Falle die Angaben
Buondelmontes zu versieben haben, kann ich nicht angeben. Da wir aus
der Demeas- Inschrift und dem Marmor Pariuin eine gewisse Vorliebe der
Parier für die Aufzeichnung von Chroniken auf Stein erkennen, so in mög-
lich, dass er von einer uns unbekannten Inschrift Ähnlichen Charakters
spricht.
■ Das ist iweiTelsohnc das Asklepieton, da der Ausdruck a leva die Lage
ausserhalb der Stadt, die Worte juxla railictm moitlU die speciello Situa-
tion des Heiligtums unverkennbar angeben.
* Der Abschnitt von ptsiea bis Iriluraitl enthält die Beschreibung von
Naussa. Daran darf BHundelmünlos Angabe 'Parun «wlrum' nicht irre ma-
chen. In der Namengcbung sind ihm sehr oft Versehen unlergelauren. In
Naussa befindet sich noch beute das kleine venetlanische Kastell am Meer,
unmittelbar verbunden mit der Schulzmauer für den kleinen Hafen. Die
Umgebung von Naussa ist sehr wasserreicb. eine der Quellen liefert auch
beule noch genügend Wasser zum Betriebe einer Wassermühle, einer Sel-
tenheit auf den meistens so wasserarmen Inseln. Wenige Schritte üsUich
der Stadt entspringt eine Mineralquelle, deren heilkräftiges Wasser mir ge-
rühmt wurde; ob es die von Buondclmonte | und nach ihm von allen spate-
ren Reisenden) gerühmten Wirkungen auf Leinwand und Leder ausübt,
habe ich nicht untersucht. Die Vorschrift, den zu färbenden Sloll' mit Milcli
anzufeuchten, lindet sieh in den redfgirleu Handschriften nicht.
' Dem beute von der Bevölkerung M. Antonios genannten Bergkegcl an
der Ostküste von Paros, auf dessen Höhe das ton Nlkolo I. da Sominaripa
fU(i5-15ÜG) zur Residenz erhobene venetianische KaslcU liegt, habeich
einen kurzen Besuch abgestattet. Antike Spuren Dniten sieb hier oben nicht.
Die veneti anlachen Reste oulbehrcn nicht des Interesses. Die dicht nebeu
3lft 0. nUDBNHOHN
rij^ose aniiH rjue ail decrepilam elalem convalcscenles sarcinam
usqiie ad suminiim sine suilore cnndiicunl et ad qiiin(|uaj;pssi-
mum annum prolem concrpiimt. Ciiinqiie jiixla Gnein insule
ad oi'ientem prnpinquavimus portus tutiia inier monUculoa ap-
parel, qul a vonlia »ine lahoic seciiriis existil'- itec el alie
cii'cuinslanlcs insule erant qiie suiil a Turcis opprcsse nimis et
in desolationen sepe sepias redacle, quas cum ßasait Tur-
coruni imperalor ad deslruendas claKse maxirna per-
venircl, dux laeobusCrispus navigiissuisab liac in-
Bula usque üalipoliin Turcos tugavit el victor in pa-
tria remeavit*. Die lle8ctireibiinj;BuondelmonU;s giebl uns,
wie man siebl, ein anscbaulicbe» und (lurcbaus ricbliges nild
der Insel. Es ist nur zu bedaiicm, dass der l'lorenliner Pres-
byter nicbt eingehender in der Scliilderung der antiken RestH
gewesen ist und sieb mit blossen Andeutungen begnügt hat.
Viel weniger ergiebig ist die Ivarlc, die auT ilin zurückgelil.
Die Karten der Mailänder llandscbrirt sind sehr scldecbt aus-
geTührt und aucli wegen ibrer scbleciilen Crballung nicht zur
Keproduktion geeignet. Unsere Tafel V wiederholt daher die
Karle von Paros aus der Handschrift der Laurenliana, die,
soweit ieb die Codices des Über insularum kenne, die am
besten ausgeführten Karten enlhült. Wie man siebt, bietet die
Karte ein vüllig verzerrles üild der Insel l'aros. Das scbwäob-
II. Antonios liegende Berghölte Anlikeplialo halie ich leider nicht besuchen
können.
' In den redigirten Texten heisst der Hafen Partus piralarum. Gemeint
ist sieherljeh der an der äüdoslküste geleficne Hafen von Trio, der als vor-
züglicher Hafen bekannt ist und der türkischen Flolte in früheren Jahrhun-
derten als Flotten Station diente. AufBenutzung in antiker Zeit weisen zahl-
reiche Pelsbearbeitungcn und die nahe gelegenen Ueste eines antiken
Wachtturnies.
* Diese Bemerkung geht aut die Sehlaehl von Galipoli am 2'J. Mai 1116,
in der die Venetianer unter Pictro Loredano die lürktsche Flotle l>esieglen
und an der GiacomoCrispi, der 2. Herzog aus der Herzogsfaniilie derUrispi
rühmlichen Anteil nalim. Die Ciispis waren die Lehnsherren von Faros,
1414 war Crusino I da Sommaripa von Giacomo I. Crispi, Herzog von Na-
xos, mit Faros belehnt worden. Giacomo ist 1418 gestorben (vgl. Hopf,
Sitzungsberichte der wiener Akad. 16 S. M\.
sie daran ist, wie bei allen Scliöpfunfien Buondelmonles, die
Orienlirung. Sehr bemerkenswert sind die Abweichungen ge-
gen den Text. Uubei isl eins hervorzuheben : der Name Nuussa
fehlt im Text, sowohl unserer wie der redigirlen Handschriflen.
t)in Blick auf die Karle lehrt, dass die ßeischrift Ausa zu dem
Kastell auf der Nordseite eine Korrektur ist. Ursprünglich war
zu dem Kastell die BeischriTt gesetzt: ' Chefalum castruni
hoc altissimum', wie sie z. B. auch im Buondelmonte-Codes
in Havenna (sehr sorgfüllige Karten) lautet In der mailÜnder
Handschrift steht einrach Cbefalo Das Kastell Zephilon der
Laurentianus-Karle findet sich auf der Karte des Ambrosia-
nus überhaupt nicht. Als porlits piralarum ist in letzterer
nicht der Hafen der Ostküste sondern der an der Nordküstc,
in welchem der Flusslauf mündet, bezeiclinel. Ks ergiebt sich
aus diesem Tiialbest3nde,dass auch die Karten des Buondel-
monle uns in verschiedenen Redaktionen vorliegen, auch hier
vertritt der Ambrosianus die dem ursprünglichen Zustande
und zugleich dem Texte näher stehende Passung.
Dass Minoia auf unserer Karte nur als Buinenslätte ange-
geben ist (so in allen Handschriften), während es im Texte
deutlich als bewohnte Stadt bezeichnet wird, darf uns nicht
irre machen. Ähnliches finden wir in vielen Buondelmonte-
Karlen, da der Zeichner auf das besondere Hervortreten der
Ruinenslätten grossen Wert gelegt mi haben scheint. Vi'xti Mt-
noia vii'itas der Karle ist nach dem oben liemerklen Paroi-
kia, 'Faros' mit 'fons'\?X Naussa, Chefatos castrnni{Ausa)
ist Kephalos. Im Übrigen lernen wir aus der Karte nichts.
Sie ist wie alle Karten ßuondelmontes ein inleressantes Denk-
mal der Kartographie, für Paros isl sie als der erste uns be-
kannte Versuch, das Bild der Insel graphisch festzulegen, von
historischem Interesse und auch darum wichtig, weil sie Jahr-
hunderte lang für die Darstellung der Insel massgebend ge-
blieben ist.
Kurze Zeil nach IJuondelmonto betrat den Boden von Paros
ein zweiter Italiener, der für die Erforschung der Altertümer
dieser Insel ungleich Wichtigeres geleistet hat: Cyriacua von
360 n. HUBCNSUHK
Ancona. Er ist zweimal in Faros gewesen. Zum ersten Mal
hat er es im April des Jahres 1 Vi5 betreten und ist dünn im
Dezember desselben Jahres nocli einmal dahin zurückgekehrt
(vgl. Mommsen, CLL. III, f S. 130). Der ßei-icht ü bei- sei-
nen Aufenthalt ist uns im CoJes Vaticanua ö-;53 und im Co
dtix Monaccnsia liil. 71G erhalten, und BruchsLückt! daraus
sind schon mehrfach veröffentlicht worden. Ich wiederhole
hier den Auszug aus den Commenlareii desCyriacus, der uns
im münchener Codex, dem liber Uartmanni Scliedel (vgl.
darüber 0. Jahn BitUetino deW Inslilulo IS6I S. 180 ff)
erhalten ist'. Üie Auszüge aus desCyriacus Inselcommentar
'Cycladuni nobilia nwnunienta fö/?!/??/-^«' ' beginnen auf
fol. i?9 dieser Handschrift; der uns allein hier interessirende
Abschnitt über Faros hebt fol. 41 & an und lautet folgender-
massen : "Ex Naxea inaula et civitale praeclara miram Paron
venitur, claram et morigenam illam vatum memorem et cele-
berrimam insulum. Et primuin ad maritimam Pariaepolitanae
civil, col,, quam iyaTav -i dicunl, Cursivum Summaripa, Opti-
mum loci (Jahn a.a. O-?), ubi tam ingentia et nobilia veren-
diasime velernilaLis monumenta videntur. Videtur namque
suis 0 candenti marmore ampliss(imia)el eonspicuis maenibus
udhuc suo (irdinti partim rjuoijue turrilam exlare.
Sed quis diceret eximia et ornatissima olim tante urbis edi-
ficia undique solo coUapsa, imniensis vel confusa ruinis, ma-
ximas templorum ruinas, statuas innumeras et miro ordiae
arteque perspicuas, tamelsi magna ex parte longinqua ve-
tUBtate et cultoruin ignavia hominum defectas soluque obru-
tas conspicitur. Quia et innumeru illa marmoi-ea sepulchra
memora(ret) epistiliumque et immanium columnarum Trag-
< Vgl. auch O. Jahn, Aus der Aller lim ms wisKcnschaft S. 348 ir Ich
konnte durch die güljgo VermiUelung Emil Jacolis den Codex längere Zeit
in der Königticheii Bibliolliek in Berlin benutzen.
* Im Valicanus laulel die Übersclirin 'Egei pelagi monumenta fragmenta-
gue rtperta'.
' Die Beileulung dieses Namens in Paros isl dunkel. Aus antiker Über-
lieferung kann er ntciii gesehöpfl sein.
FAROS I 351
menta, bases et nobilibus litteris epigrammata, nee non he-
roum CaesQrumque priDc(ipum) nostrorum trophealia ingen-
tia pleraque candenti de marmore ornamenta. Quorum ad
marmoream niveamque a posteris et vetustis operibus recon-
ditam Pariepolitanam arcem ad magnam et ornatissimam
listam hoc in dtvum Augustum Atticis litteris epigramma coni-
peritur:
AuTOxpxTopi Kaiiapi
Cursinus S(omma) R(ipa) Parius Andrius R. B. M. prin-
ceps Pariepolitane arci restituit Kiriaco succurente^.
Videtur et ad prefatam marmoream arcem ad magnam sta-
tuarum basim antiquissimis litteris epigramma:
NapSou MErr MvYiatOeoii
*Ia<«>x(p)iTOu(<) (so) noXu}c(X)60ii;
*A7uo»o9avou(<) 4>iXov(i)t)cou ^
* C.I.G. 2325 sieht die Inschrift, worauf mich Hiller von Gärtringen auf-
merksam machte, contaminirt mit einer naxischen Inschrift aus Apianus,
d. h. also auch aus Oyriacus (s. u. ). Riemann B. C, H. 1877 S. 135 hat die
Inschrift aus der Cyriacus - Handschrift der Riccardiana herausgegeben.
Heute ist sie verschollen. Gesehen aber hat sie noch im Hof eines Privat-
hauses Olympios ('AOiIvaiov V S. 32 Nr. 25). Nach seiner Angabe war sie
auf einem jonischen Epistylbalken eingehauen, wozu des Gyriacus Ausdruck
* magna ei ornalissima lista* vortrefllich passt.
^ Dieser unvermittelt innerhalb des Textes stehende Satz enthält eine In-
schrift« die uns zeigt, dass der vielgewandte Italiener seinem fürstlichen
Gönner auch in bautechnischeu Fragen Hülfe lieh. Dass es sich um eine
beliebige Ausbesserung am venctianischen Schlosse handele.ist wenig glaub-
lich. Die Inschrift bezieht sich wol auf die Einfügung des Epistyls mit der
Kaiserinschrift in den Bau des parischen Schlosses, dem einen solchen
Schmuck eingefügt zu haben Gyriacus und der Fürst nach Auffassung der
Renaissance für eine besonders rühmenswerte That halten mussten.
3 Die Inschrift hat Ziebarlh M.A.L 18% S. 406 nach unserem Codex und
dem Vaticanus herausgegeben. Wie er dazu kommt, an der parischen Her-
36S 0. nUBBNSOHIt
Fol. 'ila Exinde ad occiduam abditam ei eminenliorem
ci(vilali8) partem non longe a lilloi'e magoas et insignes vi-
dciilur lÜsculapii LemplJ reüquie et parietis marmoreae
partes colosaeique insigne dei fragmeatum simulacri, cuius
amp(liim) peclus ad V pedum lal(iDoruin) consLal. Bl suam
ad maximam basim magnis et velustis litteris eumperilur epi-
gramtna :
Kictu, 'Ayri3iioj[0(
T-^ Oapiuv xöXti *
Videnlur et ibidem plercque oiusdem ad honorem dei si-
kunU dieser sowol wie der voran^'clicndcn iDschrift lu zweifeln, ist mir
uotiegroi flieh, die Bemerkung ubinam fuerit iUa arx praefala' Vatita-
nus nun docel, in paginis anUcertiUntihus Moaaeemü (kscribilur quidnn
insula Naxoi angesichts de»lückeulüsen und klaren Te\(eii sehr seltsam.
Wir haben die Inschrift wiedergeliindcn , ds wo sie Cjriacus gesehen
hat, in die Süd - Ostseite dos Turmes im Tcnetianischen Schless einge-
baut, in solcher Höbe, dass wir sie nur mit Fernglas vom Uach eines be-
noch harten Hauses auslesen konnten. Sie steht auf einem Kpistylbluck,
der auf der von der Inschrift eingenommen en Seite amohcren lland durch
ein einfaches Rundprolil abgeschlossen wird. Auf der enigegengescittcn
Seite, die vom Inneren des Turmes aus erreichbar ist — siclilbar ist nur ein
geringer Teil, doch kann man das übrige durch einen schmalen Spalt ab-
tasten—ist die Quader als dorischer Gpistylbalken mitTropfonteislen bear-
beitet. Auch auf dieser Seite trägt sie eine Inschrift. Die Angabe des Cjria-
cus, dass der Inschriflstein eine ätatuenbasis sei, ist also falsch; das mahnt
zur Vorsicht ähnlichen Bemerkungen des Reisenden gegenüber. Die In-
schrift der äusseren Seile lautet
N<ipSou
xat
'I]aDxpätou
(so)
MErr MvjioiOfou
noXuxUotit xi
wiimmw,
Für alle weiteren Angaben und für die Inschrift der anderen Seite verweise
ich auf die Herausgabe im Corpus.
< Mit fol. 42a beginnt die Beschreibung des Asklepicion, |Tgl. unten).
Die Inschrift bat schon Jahn a.a.O. S. IS8 nach unserem Codei:, Riemann
B.C.H. 1877 ö. 134 nach der Handschrift der Hiccardiana abgedruckt.
Coloss und Inschrift sind verschollen.
FAROS I 353
mulacrum bases solo magna ex parte suffossas et no-
viler in lucem deductas. Tale comperlum epigramma
(Z)a)aiao; 'OvTiai^wvTo;
xal TpeiT(ovl( uTcep toG ulou
*OvYi<jt^d)iiTo; 'Aaxkinm^
Fol. 42 6 Ad alias eiusdem imaginis bases epigrammata:
riauoavia; *AOyi<(i^vo)cX60u<
xai EIA As^txpdcTOii; uTvip
Tou uiou üaii^aviou
' Auf die hier crwäliiilen Ausgrabungen komml Cyriacus in dem weiter
unten mitgeteilten Briefe noch einmal zu sprechen ( vgl. die Bemerkungen
S. 357. Die jetzt verschollene Inschrift, die auch von Rieraann a. a. 0. Nr.
43 aus dem Riccardianus als parisch veröfTentlicht ist, war von Böckh
C. I. G. II S. 249 nach Apianus Angaben den Cycladen zugeschrieben wor-
den. Ross. Inscr. incd. II S. 42 hat sie Faros zugewiesen (vgl. LeBas II
2075). Im münchener Codex stehl die Inschrift in einer Umrahmung,
wie sie sich in Faros bei gleichartigen Weihinschriften aus dem Askle-
pieion und dem ßileithyiaheiligtum in der Regel ünden. Bei Apianus tindet
sich die Inschrift in derselben Umrahmung wie in unserer Handschrift
(vgl. die Bemerkung zur folgenden Inschrift). Auch sonst bat Apianus
mancherlei Gut des Cyriacus mit unserer Handschrift, die er aber nicht be-
nutzt hat, gemeinsam.
^ Vgl. Riemann a. a. 0. Nr. 44. Ausserdem sieht die Inschrift noch im
berliner Buondelmontecodex (vgl. Jakobs M,A,I, 1897 S. 113 Anm.) Hier
steht die Inschrift in einer gleichartigen Umrahmung wie die eben betrach-
tete im Über Ilarimanni Scliedel, Offenbar hatte Cyriacus in seinen Com-
mentaren alle diese Weihinschriften aus dem Asklepieion mit solchen
Umrahmungen versehen, die dann von den Ausschreibern z. T. weggelas-
sen wurden. Es ist das ein Beweis für die Sorgfalt, mit der Cyriacus seine
Abschriften anfertigle. Kai ist in der münchener wie in der berliner Hand-
schrift l< geschrieben, was sich Öfters in parischen Inschriften ßndet. In
EIA steckt vielleich Etaiov oder la^a, Namen die in Faros häufig sind,
Riemann sieht eta als Endung eines Frauennamens an.
Diese einzige aus Cyriacus in den berliner Buondelmonte versprengte
parische Inschrift ei klärt sich, worauf mich Jakobs aufmerksam macbt,aus
354 O. RUBBN80HK
ToO uloG *AvTif ivou toO 6pxa»vt(Sou)
*AffxXiQict(j^ xal Tyu ((f '
KT1Q9ttV^*ApiaT0f(c&)vT0( lud ^pu-
vioa KXfoSie|i.oivTO< ümf toO
ulou KXsoSa|i.xvTO< *AaxX7iiK4^ nud
Ao(u))ito; MtaoQ Bue(X)o< xal FloXXa
'Ap^^iXdcou \}mf ToG ulou niiou
*AaxXY)iv($ xal "Vyiiiq: '
'E7p(a)fp6SiTO( 2c6oxXso(u)c uivip toO
ulou 'Ewiyövou 'AoxXdici4^ xal T(yi)Ei^ *
Afuxioc Ba6üXXio( "Epe^c
xal BaSüXXa 2cxo(ü)vSa uivep
ToG uloG xal Acüxioc Ba(>uXXioc
'ETraf pöSiTo; uivip
ToG OpiTTTOu AuXou BaSuXXiou
Kp(a(w)ou ^
dem Interesse, welches der frühere Eigentümer dieser Handschrift, Antonio
Venieri, an Paros nahm. Er war ein Verwandter des Niccolo II Venieri,
des Herzogs von Paros 1520-1531.
* Vgl. Riemann a.a.O. Nr. 45, mit dem Zusatz 'ibidem ad aliam basim*.
Hiller von Gärtringen. der für 0paau>v{ou dcsRiccardianus das richtige Sp«-
ofuviBou einsetzt, macht mich darauf aufmerksam, dass unser Antiphanes
wol mit dem Künster LGJns. III 12i2 identisch ist. Der Adoptivvater hiess
wol 'AyaXXCwv nicht 'AyytXUü^.
^ Vgl. Riemann a.a.O. Nr. 46, mit dem Zusatz 'ibidem ad aliam basim^.
Riccardianus um! Monaccnsis haben 4>puvt(ja, das also Cyriacus selbst zur
Last fällt. Dagegen hat der Riccardianus richtig 'Api9T09a>vT0(,dcr Monacen-
sis bietet 'Aptaio^avioc.
' Vj;l. Riemann a.a.O. Nr. 47.
< Vgl. Zicbarlh M. A. I 181)7 S. 409. Das Patronymikon ergänzt er zu
ScSaatoxXeouc Die Angaben der Folionummern bei Ziebarth sind falsch.
' Vgl. Riemann a.a.O. Nr. 48. Z. 3 hat der Riccardianus xou ulou AuXou,
FAROS 1 355
Der Rest von fol. 52 6 ist leer. Auf fol. \^a sieht im freien
Feld am oberen Rande : ' Aanlum^ K%i 'Y^uix , darunter ist
eine grosse Basis mit oberem und unterem Profil gezeichnet,
auf der in einem Kranz die Inschrift sieht: r, ßouTiTi | xal o
8^1/0? I OTi^avoi XP^hv np«(£i)«>(oi aT|{ipiv()i (so) llpai(S)ixj>toi»(()
utov TÖv I ipiXöicatpiv I xai rov (äoct») | tcävt» Tpö^rov TtoleiT[u6|A[vov ' .
Unter der Basis im freien Felde steht ein Kranz und darin:
rt flouiii Kxi ö Svifio; OTfipavoi xpuo{(ii) oTt^ivt)) 4>i\ipyofov Ttpojioi-
pw( ßiMuavtot (unpublicirt).
Fol. 43 6. Den grösseren Teil der Seite nimmt die Zeichnung
eines Hundallars mit ßukranien- und GuirlanJenfries ein, zu
dem die Bemerkung gefügt ist; 'ad magntim aliud se~
pidchrum'. Auf der Guirlande des Grabaltars sitzen Vögel.
an der Guirlande hangt eine Trauhe, und zu beiden Seilen
der Traube steht die InBclirift : Mipxoo KomroyTiou '.
Unter dem Bundallar sieht im freien Feld: [Zwjuifi-n KXtojji-
6p6|Tou j^pYi^TT) yo-ifi ■'.
Rs folgt auf fol, 44 n der Bericht über die Marmorbrüche.
Dieser ist von Jahn und anderen abgedruckt und bleibt daher
hier unberücksichtigt. Fol. 44Ä bietet die Zeichnung einer
Basis ohne Inschrift. Auf den nächsten 17 Seilen des Mona-
censis schlicssen sich nun die Copieen nach Zeichnungen des
Cyriacusan, die wir auf Tafel VI wiedergeben*. Zu deren
am Schluss 'AüxXTjRiia ml TyiEi;. Der Gemahlin unseres Aulos Babjllios
gilt das Epigramm auf dem von Lüwy, Arcbäul.-epigr. Miltheiluugen aus
Oslurr. XI .S. 1S1 publicirlen Sarkophage.
< Unpublicirt. Der Cod» bietet n^aiaUirj. npafixliic isl ein häuliger
Name in Faros. Vgl. C.I.G. 2310 [M.A.l. I8'J8 S. k'i'i) und C.I.G. 2376. Man
könnte auch au IliaixXijf denken, vgl. Le Bas II l'0i)2.
» Vgl. Zieharlh Ü.A.l. 1897 8. 409. Mü Hinblick auf den Künstler M«p-
M( KaaaoÜTto! Klfltoi | Kai bei I.G.Sie. II. 2?4<J) könnte man Terminen, dass
der Ton CyrJauus copiite Stein inil dem Rundallar mit Bukranionrries in
Naussa (in der Kirelie Hag. Alhanasios|,aurdem die Inschrift KfpSuv'Qfi-
Uuvoc ifTtiti jaXpi stein, Isü noch ton Boss liucr. ineäilae gelesen, heule
selir zerstört) identisch »ei. Es steht aber keine weitere Inschrift auf dem
Kundaltar von Naussa und hat auch keine darauf gestanden.
» Vgl. Ziebarlh a.a.O. Nr. 13.
' Die Aurei'tigung der fhutographieen verdanke ich meinem Freunde W.
Theobald.
O. BUBENaOHJ
Efläuterung diene Folgendes. Die 3 ersten Zciclinungen —
fol. -45 ß, Ä. -ißn — beziehen sicli auf da» Nymplienrelief am
Eingange zu den Marmorbrüclien. Über diese Zeiclmungeo
hat auflfülirlich O.Jahn ISuUrfmo deW Instiliilo 1861 S.
189 ff. gehandelt, auf den ich verweise. Da die Beschreibung
des llelieFs bei Cyriacus rein saeblich ist — 'equidem ad ha-
fum primariam ad fauces el ipsum ante vestibulum Hercuüs
Nympharuni Faunumque simulacra solida in rupe mira el ve-
tusta manu fahre sculpla videntur, et sub eis täte doclu et
vrtustissrmis charaeteribus epigramma consculplum patet '
(folgt die Adamas-Insclirift) — so iiahen wir anzunehmen, dass
die abenteuerliche Verunstailuiig des Iteliers in den Zeichnun-
gen dem Copislen und nicht etwa dem Cyriacus zur Last
iällt'.
Die nun folgenden Skulpturen und Inschriften stehen in
der Handschrift durchaus ohne llerkuoftsnoliz. Aber da O.
Jahn von dem aul fol, 53 A abgebildeten Kenlaurenkampfe
nachweisen konnte, dass er Skulpturen des sogenanlen Tlie-
seion in Athen wiedergiebt, ghiuble er, und hat man seitdem
meistens angenommen, die Mehrzahl weaigülens derSkuIplu-
ren sei von Cyriacus naeli athenischen Ori^iniileii liczi'itlmet.
I']inmal ist nun — was auch Jahn schon gellujiJ guiiiachl Lal —
hervorzuheben, dass zwischen der Kentauromachie und der
nächst vorangehenden Zeichnung sich zwei leere Seilen befin-
den, fol. 52 6 und 53 a, ausserdem lässt sich aber auch mit
Sicherheit von einer ganzen Anzahl der wiedergegebenen Bild-
werke und Inschriften beweisen, dass sie von Paros herrühren.
Für die Inschriften ergeben eich diese Beweise aus den Bei-
schrillen zu den Cyriacus-Copieen im Hiccardianus und zum
Teil auch im Vaticanus 5252 (vgl. Ziebarlh M.A.I. 1897 S.
' So urteilt auch 0. Jahn. Der nürnberger Mcisler verrät sich in jeder
Linie der Zeichaung, in der Gewandung u.s.w. Die Bedeutung der Zeich-
nungen rür die deulüche Kunstgcsclitcbtc kann liier naliirlicli nicht er-
örtert werden. Ins Auge springend ist beispielsweise — worauf mich Jacobs
aufmerksam machte — die Verwandtschaft unserer Zeichnungen uiit den
Abbildungen in Scheduls Weltchronik.
I AOÖ IT.). Für die Skulpturen erhringt sie ein Brief des Cyria-
, der im codex Targioni (49) der Nalional-Bililintliek in
Florenz auf fnl. 68r erliallen ist'.
Gesclirieben ist er 'Claro et elegaritissimn viro Andr. Ja-
stininno nmico optimo et jociindissimo' und lautet fidgen-
I dermassen :
'Posteaquam ex Naxo ß. T. uUiinas ad In litteras dediiniis,
' Jocundissime Andrcole , Niveam Paron ilerum revisere pla-
cuprat, nam et praeclara sua atque nobiliti aimo sue veterni-
tatis monumenta non aemel vidrsee salis est, sed juval usque
I m[i)rari. At et cum una suo cum principe Gursino pleraque
t prius comperta IcLn quidein animo revisissem.nünnuilos quo
I que vivos de marmore vullus vivaque et peregrinis
armisornata delaplde nitidisBimo corpora nuper Cui-
Bino ipso curiosissimo curanle principe defossa perquam jocun-
dum conspexi.et potissime letatus sum Trasyxeni ingenlis olim
delubri statuarumquc cl nobüiutn plurigenum operum condi-
loria nomine cnmperto; nee equidem ingralius vidi ipso in
pario portu onustam jam navim, expolitia plerisque Pario
ipso de lapide lislis Cbyensi precl(are) Colonie veslre in-
fliftni decori et ornamenlo fuluria et cum Ins dictis te jam
valcre finemque epiatote imponere voluissem, ipso in porlu
magna bylaritaLe Nereydea cana niLrco de gurgite capila al-
liora lollenles . talia lepidn idiomatc nostro Pnrie cecinere
Sirene et tu utique Cl. Paridi Clarentieque ss. conjugi na-
ligque et ceteris tua de domo tuia ex me sal(utatiunes) da-
bis K. A. T.
' Er gcliüi't zu der von Targioni - Toxxetli Reiasiuni il' aletini viagyi fallt
in diveul parti ätlla Tuscana V YcrÖirunllicIUeii Hammlutig. Aufnierk^aiii
Komacht mit ihn hnt mich zuerst Zietiartli ; dasK der Brief vod Hupt,
SitzuiigRlierichlc der wiener Akad. 31, 1856,8.% nieder abgedruclil »I, er-
fuhr ich durch E. Jacobs, der mir tür alle den Cjrriacus IwtrelTende Fragen
■eine worlvolle Unterslülzung gewährt hat. Ich drucke den Brier ab nach
einer Abschrift, die ich durch Verniillelung des Deutsclien aruliäologisctien
Institutes in Rom Vitellis eigener Hand Tordanke.
4
O. RDBBNSOHN
Nivea Faros de marmor candente
Cycladum decuB equoris Egei
HoDor delli heroi magni et delli dei
Sicchel moDdo di te si fa spendenle
Ornasti Apollo in cielo ello Oriente
Per Cyro et per Aleide Indi et Thebei
Minerva Athene et love e ithampj Alphei
Alexandro Auslro et Cesar 1' occidente.
üi Pbydia et Polycleto il gran valore
Mostro quäl fussi da natura ornata
Da te Lysippo e gl' allri ebbor splendore
Et da Minos Mynoa dicta et guidata
Ma Cursino Somma ripa hör che! minore
Ti re^ et se tra I' altre piu beata.
{vuoto) hora con sua penna grata
L' Anchonitaoo ti ciercba et per lo mondo
Rianovera it tue oome almo et jocundo.
ö 'H^Ktn-rt ö Mupft
Ex eadem cl. Pario VIII Kai. JanuariJ fauslo sereno et hu-
manati Jovts natalicio solempni et celeberrimo die. Recipe a
portilore A. Galapbalo caput unum marmoreum unumque
crus et bina de cupresso scriniola pannis involuta hoc sub
signo K.I.A.
Von den lyrischen Ergüssen, die der Brief enthält , dürPen
wir wol absehen. Im übrigen aber bietet er uns ausserordenl-
' Über diese beiden Inschrillcn, die in der Handschrift links unil rechts
neben dem aediuhl sieben, vgl. Ziebarlh «. A. I. 18ST S. hW.
licli wiclilif-e Nachriclilen. Milden 'ivca et peregrinis ar-
mis ornata de lapide nitidissimo corpora' sind, daran kann
kein Zweirel sein, die auf Toi. 49 n und 50 b wiedergef^ebenen
Torsen.wie es sclieint von Statuen rümiaelier Kaiser im Pan-
zer, gemeint, und die Inschrift des Thpasyxenos, die Cyria-
cus in solche Befjeisterung versetzte, liegt auf fol. 51 vor.
Das delttbrum ist das Askicpieion und die Ausgrabungen,
deren der Brief gedenkt, sind dieselben, die in dem Bericble
des Monacensis als im Asklepieion veranstaltet erwähnt wer-
den. Wir sehen also, der Bericht und die Zeichnungen des
Monacensis stehen in engstem Zusammenhange mit dem Briefe
des CyriacuSiSie erganzen einander. Ausser diesen drei Zeich-
nungen sind noch sicher parisch die drei Inschriften und
Zeichnungen fol. '166, das Epigramm fol. M n und das Epi-
gramm lol. 51 Ä'. Und ebenso wie diese stehen im Iticcardiu-
nus als parisch ausdrücklich bezeichnet die beiden von uns
nicht abgebildeten Inschriften, die auf fol. '1 7 6 eingetragen
sind: I) tj ^n'ik-n \ xai ö S(^)ftot | A.cijkcov Aüüvtov ripinKOv (in
einem Kranz) -= B. C. H. 1877 S. 135 Nr. 5U und 21 V]
pOUjlYl I xai ö Sü[JlO; 1 lI(ü.)>l«V MvOlOlj(i)x ipiTÜi Kvi|ftIV X3lt(«l)<d-
(ppooüv7i( {auch in einem Kransi)=ß.6\//. 1877 S. 135 Nr.5l.
Da wir so sehen, dass von den beschriebenen I 4 Seiten des Mo-
nacensis von fol. 'iha bis fol. 52« {\o\.'i')b ist leer) — wenn
wir von den Zeichnungen der beiden letzten Seilen, fol. 53 A
und h\b, zunächst einmal absehen — neun sicher parisches Gut
enthalten, werden wir auch den Inhalt der uhrigen Seiten
Paros zusprechen. Die Kentauromachie auf fol. 53 & scheint
nun allerdings dem Pries des Theseion entnommen zu sein.
Und damit wird scheinbar auch jeder äussere .'\nlass hintällig,
den Inhalt von fol. 5-''i b mit Paros in Verbindung zu bringen ^.
< Zu 47 c Tgl. Riemann a, a. O. S. \'ii> Nr. 52, zu den übrigen Zieliarlh
a.«.0. S. 410.
* Die obere Gruppe auf fol. 53 6=Sauer, Das sogenannte Theseion Taf.
IV 3, 5, ß, 7; die untere Gruppe liHt3=Taf.lV 1,-J, rechls=l2, IJ. Die Be-
walTnung, üie Keule und der eigeulümliclie Schild.tindel sich in gani glei-
obec Weise iu Scliedels Wellcbrouili S. 13 in der Abbildung recht« unten.
360 0. hdbbnsohn
Für tli(! Zeichnungen dieser Seite bat Jahn in den Aufsätzen
aus (1er Alterüiuinswissenscliafl bekanntlich eine Vermutung
aufgestellt, in der er den Knaben auf dem Delphin mit dem
Fries des Lysilcpales-Denkmals in Zusammenhang bringt-
Mehr als eine Vermutung ist das Dicht, es lasst sich ihr ge-
genüber jetzt [eicht eine andere aufstellen, die ich wenigstens
nicht ganz unterdrüclten muclue. ZiC; pamudi, dessen Kultus
in Athen wenigstens bisher unbeieugt ist. wurde auf Paros
verehrt. Eine Inschrift, die einen Priester dieses Gottes nennt,
hat als Tliürschwelle im Eingänge der heule zerstürlen Kapelle
des llug. Dimitrios gelegen und ist da von früheren Heisenden
gesehen und abgeschrieben worden'. Sie kann also auch dem
C)'i'iacus bekannt geworden sein und eine Erinnerung an
diese Inscbrilt könnte man in dem Ziü ßa^iXcC iloiQt auf fol.
5'iÄ erkennen. Wäre aber dies der Fall, dann dürften wir
auch für den Detpliinreiter in dem oberen Teil der Seile in
Paros das Original suchen, und wo wir es hier zu suchen
hatten, darüber könnten wir keinen Augenblick im Zweifel
sein. Gehört der Üelpliinreiler nach Paros, dann ist es Koi-
ranos, der erst kürzlich durch Hiller von Gäriringens Ent-
deckung zu neuem Leben erweckte. Daran dass in der Zeich-
nung der Heiler ein Knabe ist, darf man keinen Anstoss neh-
men. Schon Jahn bat darauf hingewiesen, dass Schedels
Zeichnung keine sehr gelreue Wiedergabe der Vorlage tod
der Hand desCyriacus ist; Apianus z. B., dem die Zeichnung
aus einer anderen Quelle, nicht aus Schedels Handschrift, zu-
geflossen ist, zeichnet in den lascriptiones sacrosanctae ve-
tustalis der Unterschrift entsprechend einen auf dem Delphin
sitzenden Arion mit der Leyer im Arm. Für die Umwandlung
des Koiranos in Arion braucht man aber bei Cyriacus, dem
die entlegene parische Sage schwerlich bekannt w3r,wol kaum
Gründe namhaft zu machen. Wir müssten dann also anneh-
men, dass der Koiranosmytbos in Paros eine bildliche Dar-
' Thiersch, Paros und parische Inschriften 9, 637; C.I.G. II 2385, add.
. 1076.
PAnos I 36i
Stellung gefunden hätte und dass uns von dieser in der Skizze
llartmann Schedels, die ja bekanntlich von Dürer weiter ver-
wertet worden ist, ein Reflex erhalten wäre. In wie weit diese
Annahme der Wirklichkeit näher kommt als die 0. Jahns,
mag dahin gestellt bleiben. Im einzelnen ist zu den abgebil-
deten Inschriften und Skulpturen zu bemerken, dass sich kein
einziges der von Cyriacus gezeichneten oder beschriebenen
Denkmäler heute mehr nachweisen lässt. Fol. 46 6, 47 a und
51 b zeigen uns, dass die Zahl der minderwertigen Grabreliefs
aus spätgriechischer oder römischer Zeit auf Paros früher noch
grösser als heutzutage war. Zu den drei Reliefs auf fol. 46 6
vgl. Ziebarth MAL 1897 S. 409 IT.
Das Epigramm auf fol. 47 « ist identisch mit C. /. G. II
2308, wo Böckh es nach Gruter als ^ ex Delo translatum
Venetias in aedes Frid, Contnreni' bezeichnet und dem-
gemiiss als delisch behandelt hat Wie unsicher eine derartige
flerkunftsbestimmung ist, ist hinlänglich bekannt. Sie kann
gegenüber der bestimmten Angabe des Riccardianus (vgl. oben
S. 359 Anm 1) und dem Zeugniss des Monacensis nicht in
Betracht kommen.
Fol. 48 rt Mann mit Füllhorn? Fol 49 « Panzerstatue; sie
slammt ebenso wie die fol. 50 6 abgebildete aus dem Askle-
pieion, wie aus dem Briefe des Cyriacus zu entnehmen isl.
Fol. 50^7 scheint das Unterteil einer Heraklesfigur zu sein.
Fol 51 a ist das bei weitem interessanteste Blatt der ganzen
Folge. Die obere Hälfte des Blattes nimmt der Torso einer,
wie es scheint, sitzenden männlichen Figur ein und duruhter
steht die Inschrift öpaati^evo; öp&acovo; iSpuaaTO Tüj^(y)) iya6(Yi).
Ob die Inschrift zu dem Denkmal gehört, ist nicht sicher;
indessen wissen wir aus Cyriacus' Brief, dass sich eine Weih-
inschrift dieses Thrasyxenos auf mehr als ein Denkmal beziehen
konnte; wird er doch genannt * ingentis deluöri, statuarum
et nobiliuni plurigenuni operuni conditor\ An dieser An-
gabe des Cyriacus zu zweifeln , haben wir keine Veranlas-
sung. Er wird wol inschriftliche Belege für seine Behauptun-
gen vor Augen gehabt haben. Wir haben es olTenbar mit ei-
ATHEN. MITTHEILUNOKN XXV. 24
O. nURENSOMN
1
nem Manne zu (iiun . der, ähnlich wie beispielsweise die
Kephiaier Diokles ( Diltrnberger 5y/^o^e 558) und Sokrates
('AÖrivaiov V S. 527; M.A. l. 1877 S. 17'.) sich um das
atheniscIiR Asklepieion verdient gemaeht haben, sich und
sein Vermögen in den DiensL des parischen Asklepios gestellt
halle. Rr gehörte einer angesehenen parischen Familie an, von
der z. U. ein Mitglied als Archonl sich so ausgezeiclmet hat,
dass ihm die htichslen Ehrentitel, die das parisclie Gemein-
wesen verleihen konnte, zuerkannt sind { C /. G. II -2377) ',
und wir besitzen auch heute, glaube ich, nncli ein I)enkni;il
seiner Munificenz. gegen die Götter in der von Löwj, Archaol -
epigr. Millheilungen aus Österreich \l S. 186 Nr. '6 verölTent
lichten Inschrift, die, wenn ich die erste Zeile riclitig ergänze,
lautet:
'A(p[foSiT»i TJtftoij^«^
Die InscbriTt steht auf der Vorderseite einer grossen vierecki-
gen Basis, die unten auf drei Seiten mit einem profilirlen Ab-
lauf veiselien ist; dass die viereckige Aushöhlung des Innern
der ßasis in ihrer ganzen Tiefe antik ist, scheint mir nicht
sicher. Jedenfalls trug die Basis eine Weihung an Aphrodite
(das Epilheton ist singulär, aber wol sicher), und wir erse-
hen daraus, dass Tbrasj'xenos seine Stiftungen auch anderen
Gottheiten zuwandte. Die Inschrift zeigt A neben älteren Buch-
slabenformen, sodass sie von U>wy richtig in das 3. Jahrhun-
dert gesetzt sein wird. Damit wäre eine ungelähre Zeitbestim-
mung für Thrasyxenos gewonnen^. Zu Fol. 51 b vgl. Ziebarth
M.A.I. 1897 S. 410, Nr. 18; Kaibel, Rhein. Museum 1879
' Ein anderes Mitglied dieser Familie s. C.I.G. II 2398 c.
* Hopf, Sjliungsherichte der wiener Akad. 21, 1856 S. 2:)3, der die Id-
scbrilt des Monacensis nicht liannte, hielt den Thrasy^enos auf Orund des
Gyriacusbrieres für einen Künstler von Paros, dachte auch an IdentKication
mit 6pMuiii{Si|c 'Ap'rv<uTau bei Paus. 11.27,2. Das Richtige hat, ohne tue
Inschrift zu kennen, S. Heinach B. C. H. (893 S, *2I f. gesehen. Thrasjxe-
nos für einen Küni^ller zu hallen, haben wir nicht den geiingslen Anlass.
PAHOä J 363
S. 183; Riemann B.C.H. 1877 S. 135 Nr. 53. Ob wir auf
Grund der Zeichnungen des Cyriacus liier aowol wie bei den
fol. ■'ißÄ oben gezeiclinelen Reliefs die liereclitigung haben,
an Sarkopliage wie die von Löwy veröfFenllichLen zu denken,
ist niclit mit Bestimmllieit zu sa^^en. iJuss Marmnrsarkophage
auch schon früher in Parns über dfm Erdboden sichtbar wa-
ren, ergiebt sich aus Heinerkungen Tlievenots und anderer
Heisenden.
Mil fol. h'ib. von dessen Inhalt oben die Rede war, schliessl
der Bericht des Cyriacus im Monacensis, Nach einem leerge-
lassenen Blatte folgen Inschriften aus Oelphi Im Riccardia-
nu8 stehen noch einige parische Inschriften mehr als im Mo-
nacensis, die Riemann in dem öfters erwithnlen Aufsatz im
D C.H. abgedruckt bat — es sind: Nr. 5^i (die Demeter- und
Knra-lnschrift) und Nr 55 = ^.7 G. 238'i —und damit
sind die Nachrichten über Paros. die wir Cyriacus verdan-
ken, erschöpft'.
Wie wir sehen, kommen die Notizen des rührigen Italie-
ners vor allem dem Askiepieion zu gute, liier bat er noch
viel mehr gesehen, als heute und zu Rnss' Zeiten erhalten
war, nicht nur an einzelnen Weihungen, Inschriften sowol
wie Bildwerken, sondern auch an baulichen Anlagen. Insbe-
sondere interessiren uns dabei die ' panctis inarmoreae par-
tes', (leren er unter den 'magnae et insignes Estmlapii lem-
pli reliquiae' ausdrücklich Erwähnung tbut. Wir werden
uns mit dieser Angabe bei der Betrachtung des Askiepieion
besonders zu befassen haben und bemerken hier nur, dass wir
diese Marmorwand vielleicht in enge Verbindung mit den von
Cyriacus auf fol. 12 i ff, angeführten VVeiliinsehriften an
Asklepios zu setzen haben, da genügender Grund zu der An-
nahme vorliegt, dass diese Inschriften nicht auf einzelnen
* Die Inschrift r..l,r,. II 'j:i'.>(i. (lie.wji! ZieliaiUi M.A.I. IHllT S.illi Amii. )
bemerkt, im Valicaiiu.s ö'^Öi als parisch sielit, lindol sicli im Monacensis.
auf ful. ^9 ohne lIcrltunDsangabe, wir<l alter wol pariscli sein. Zu C.l.d. 11
in^ vgl. ulien 8. 351.
364 O. RUBBN80HN
Weihungen sondern auf einem Gebäude eingetragen waren.
Eine Ruinenslätte war freilich das Asklepieion auch schon im
Jahre 1445 und zwar eine Ruinenstätte, an der es sich schon
damals verlohnte, Ausgrabungen zu veranstalten. Diese sjnd
unternommen worden auf Betreiben des damaligen Herrn von
Faros, des Herzogs Cursino I. da Sommaripa, dem Cyriacua
selbst das Zeugniss ausstellt, dass er curiosissimus gewesen
sei.
Mit seinem lebhaflen Interesse fQr die Antike ist dieser
Par8t,der48 Jahre (1414-1462) Herrscher von Paros war, eine
Ausnahme unter den Fürsten der Insel. Cr hat durch sein
Verhalten einigermaassen gesühnt, was seine Vorfahren aus
dem Hause der Sanudi, die Erliauer des Schlosses von Paroi-
kia, durch ihr schonungsloses Verfahren gegen die Allerlfi-
mer der Insel gesündigt hallen. Ob dem Asklepieion die Aus-
grabungen aber zum Heile gei*eicht haben, kann wol als frag-
lich bezeichnet werden. Blinmal auf diese Fundstätte alter
Steine aufmerksam gemacht haben die späteren Bewohner
von Paroikia das Heiligtum als Steinbruch benutzt; fast in
jedem Hause des Städtchens finden sich Steine aus dem Askle-
pieion und so ist es in den traurigen Zustand gei-aten, in dem
es sich heute befindet ^
* Bemerkenswert ist noch, worauf schon Hopf, Sitzungsberichte der wie-
ner Akad. 21. S. 233 hinweist, dass, wie wir aus dem Briefe des Cyriacus
ersehen, damals noch Marmorbrüche auf Paros in Betrieb waren. Dass es
nicht die antiken Brüche beim Kloster des H. Minas waren, die den Mar-
mor lieferten, gehl aus der Beschreibung des Cyriacus im Monacensis her-
vur. Es giebt in Paros ausser diesen, den bekanntesten, noch mehrere
Steinbrüche aus antiker Zeit. Einen bisher unbekannten Bruch mit sehr
feinkörnigem weissen Marmor fand ich bei dem Dorfe Koste. Es ist ein zu
Tage li^ender Bruch, der viereckig in den Berg eingeschnitten ist. In dem
olFenen Viereck ist ein mächtiger oblonger Block stehen geblielien. an dem
man die antiken Sprengflachen und Aliarbeitungen sehr schön beobachten
kann. Wegen >einer entfernten Ähnlichkeit mit einem SchilT trägt der
Felsblock im Volksmund den Namen Ka.oa6( touKcuiiou. Benutzung der Mar-
morbrüche von Paros im 15. Jahrhundert erwähnt auch, wie Hopf a. a. O.
bemerkt, Felix Falter in seinem Evagatoriuvi Terrae Sanclae, einem Werk,
das zwar für Paros sonst nichts Erwähnenswertes bringt, für andere Inseln
Ganz unberticksiciutgt lassen können wir bei dieser Über-
sicht die nücbsten Naclilbl^er des Cyriacus in der Erfor-
scbuiii;si{escbiuble von Pat'os. Es sind dies die Kompilatnren
des 16. und 17. Jubrbunderls, über die wir jetzt eine vor-
tielBiulic Zusammenslellung in Hiller von Giirtringcna 'l'liepa
S. 7 ff. mit der Gi'giinzun<{ von E, Jacobs S. 375 IT. liesilzen
Alle diese bieten im Wesentliclien nur Angaben, die auf Ikion-
delmonles libcr insulanmi zurückgeben. Was sie etwa mehr
haben als ßuondelmonte, ist aus den auch uns vorliegenden
antiken Quellen geschupft. Eine besondere Erwähnung unter
ihnen verdient nur Francesco Piacenza. Der Abschnitt über
Paros in seinem L' Egeu redU'U'o ist ein Musterbeispiel für
die Arbeitsweise dieses gründlichsten aller jener Kompilatoren.
Er ist seihst in Paros gewesen. Das beweist die Heinerkung am
Scbluss der Beschreibung von Cliios: 'Escono fmalmente da
quest' (sota (Chios) f'amosi Giuocatori di Svacchi, ha-
vendo io specialmente in qtiella di Paro isperimentato di
an tat Signor Georgia Lesckini Sciotto in piii giiise il
tatcnto, Benche non senzn suo gran rossore ne hnvcssi io
medesimo poscia di l^i Qnadrupedi la palmn della viltoria
riportato'. Piacenza hat sich also auf Paros in ein Schach-
turnier mit dein Chiolen Leschini eingelassen. In seiner Be<
Schreibung von Paros erwähnt er diesen Aufenthalt auf der
Insel und diese Episode mit keinem Wort, giebt vielmehr so
viel wie möglich für jede topographische Angabe, die er macht,
eine Quelle an. Er weiss indessen von einzelnen Vorgängen,
die sich im Jahre 1660 bei Anwesenheit der venetianischen
Flotte auf Paros — die Insel war, wie uns Piacenza mitteilt,
während des türkisch-venetianischen Krieges Krankenstation
für die Venetiancr — ereigneten, so vielerlei zu erzählen, dasa
wir auch oline die bestimmte Angabe am Sctiluss des Kapitels
über Cliios gezwungen wären, persönliclies Zugegensein des
aher,i.B. Rhudus unit Kreta, lieleinleressanle Nachrichten enthalt (heraus-
ge);eben von C. D. Has^ler. Bibliothek des liu. Vereins in Slutlgart, Band
IV, Tgl. S. 299; in l'aros «ar Kaber am 23. November )i83).
366 O. RUBINSOHM
Piacenza bei diesen Ereignissen anzunehmen. Da wir zude
wissen, daSB Piacenza an dem erwähnten Kriege teilgenoi
' men hat. so kann es keinem Zweifel unterliegen, dasa er 16
auf Paros gewesen ist. Unter diesen Umständen gewinnt (
einzige ohne Quellenangabe gemachte Bemerkung an Bede
long, die uns von der noch wolerhaltenen Ruine (in buoi
parte in essere) eines Tempels des Ares auf einer Felsenklip
zwischen Paros und Antiparos berichtet (S. 357): 'E pa
11^ ticolarmente neW interspatio dt Paris e Antiparis u
altro fra lanti , si vago , e delitioso Scoglio . che c
11^ tetla qttalunque riguardante a frairlo col soggiorno: C
servandosegli netla piu ortental sommita in oltre ,
bitona parte, in essere per ancke rsistente, un' angust
öencA' altrelanto ben costrutto Tempio gia^ com' essi t
cono, a Marte, dopo i molesti disturbi da' Romani a
portatigli, per loro difesa eretto e consecrato *. Von d(
Vorhandensein einer solchen Ruine auf einer der zahlreich
Klippen oder Felseninseln zwischen Paros und Antiparos ha
ich trotz vielfacher Erkundungen niemals etwas in Erfahru
bringen können. Nicht unmöglich aber wäre es, das dii
Angabe in Verbindung steht mit der von Ross notirten u
auch mir berichteten Überlieferung der Schifferbevölkeru
über eine versunkene Stadt im Meer an der Westküste v
Paros, Antiparos gegenüber in der Avyssos genannten Buc'
einer Überlieferung, der sowol Tsiindas wie Hiller von Gi
Iringen und ich nachgegangen sind, und von deren llaltloei
keit wir uns alle überzeugt haben. Vielleicht liegt auch ei
Verwechselung mit den Ruinen auf Despotiko vor (vgl. z.
Bursian, Geographie von Griechenland II S. i82)'. Jedf
falls möchte ich die Angabe Piacenz,-i8 nicht für völlig a|
kryph halten.
Alle seine anderen topographischen Bemerkungen hat P
'Ahnliclic Kabeicien wie ülier Avyssos gishen aucli iilier eine mellc
. Meere, zwischen Dtjspoliku uhil Anliparus bui der Fiseberlicvülkerung i
vgl. Tsuniias 'E^il^'F't "P/.- 1898 Ö. 17(1.
cenza mit mogüclisl zahlreichen Zeiif^niBBen zu belegen sich
bemüht, unii unter der grossen Zahl citirler Quellen figuriren
auch verschiedene jener unbekannten und anonymen Autoren,
von denen es in seinem 13uclie wimmelt, An ihrer Spitze
erscheint als Hauptzeuge füi* alles, was zur Antike in Oezie-
hiing steht, jener rätselhafte Nikostratos, über den ich niich
im Archiiologiectien Anzeiger 1896 S 35 f. geäussert habe'.
Neben Nikostratos steht als nicht minder dunkle Persönlich-
keit der dreimal citlrle llortensio, ein Scliriflsleller, dessen
Existenz yanz in der Lull schwebt, dessen Werke aber, von
Piacenza bald opusc{idurn) mar{Uimuni) (S, 94), bald in
Aeg{aeo) (S. 92, wol ein Untertitel des ersteren), bald An-
tichifa dt Grecitt ( S. 67) genannt, immerhin unser In-
teresse wachrufen. Das gleiche gilt von Aulenotti und sei-
nem Werke ' Novilunä', das von Piacenza vielfach benutzt
ist. Nur scheint liier soviel festzustehen, dass wir es bei
dem Namen mit einem ausgesprochenen Pseudonym des Ver-
fassers zu tliun Ilaben, der sein Werk den Noctes atticae
nachbildete^. Unter den übrigen Citaten des Paroskapitels
ßnden sich zwar noch sehr entlegene Namen, aber sie lassen
sich doch alle nachweisen. Die Darstellung von Paros, die
auf dieser gesamten Kompilation und den dabei milbenutz-
ten persönlichen Erfahrungen sich autbaut, ergieht für die
Altertümer, abgesehen von dem oben besprochenen Falle,
' Bezeiciinender Weise stellt NikosUatos im Absclinill ülier Paros als
Zeuge nicht nur Tür verschiedene antike oder antik sein sollende, zum Teil
liöchst fragwürdige Namen von Faros oder den umliegenden Inseln son-
dern beispielsweise auch Tör die Wassermühlen von Naussa . «on denen
Buundelinonle erzählt, und ffir die neben Nikostratos noch Bordoni, Hör-
caechi und Aulenotti angerührt werden. Sichere Anhaltspunitte ülier diese
merkwürdige Erscheinung in der Litleralur hal>e ich auch seitdem niclit
gerunden. Die wenigen Beiträge, die ich zu der Erforschung dieses '.^u-
lure greco ed aiUieu' seit 1896 habe beibringen können, werden an anderer
Stelle gelegentlich bekannt gegeben werden.
' Nichts ta thun haben mit diesem Werke die flocUs atiiuol Paritinae al-
lieii Geilii nuelibui invigilatae des H. Ulephanos ( Cam 1585). Das Werk
beweist uns nur, dass solche Nachahmungen des Gellius in jener Zeil nicht
selten waren.
368 0. HUBBNSOHN
Dichte Neues mehr, aber einige richtige topographische An-
gabeD über moderne Ortelagen zeichnen Piacenza noch vor
den früheren Schriftstellern aus. Auffallend wenig weiss er
von Paroikia, er erwähnt weder die Hekalontepyiiani noch
das Schloss noch das Asklepieion. Dies liegt wol daran, dass
er mit der venetianischen Flotte sein Standquartier bei Naussa
hatte, wo er denn auch ausgiebige Lokal -Kenntnisse verrät.
Wichtig ist, dass er ausser den drei Hauptorten — Paroikia,
Naussa (Agosta) und Kephalo — noch 12 Ortschaften auf der
Insel kennt. Die Namen freilich, die er einigen beilegt, sind
höchst fragwürdiger Natur. Immerhin ist aus dem Gesagten
zu erkennen, dass Piacenzas Buch von nicht zu unterschätzen-
dem Werte für die Erforschung von Paros ist. Es darf bei
keiner Arbeit über die griechischen Inseln unberücksichtigt
bleiben.
Ober das, was nun noch folgt, können wir schnell hinweg-
gehen. Es sind die Beschreibungen der Insel in den Reisewerken
der modernen Griechenlandforscher^die in aller Händen sind ^
Bei den älteren dieser Reiseaden genügt eine kurze Erwäh-
nung. Thevenot {Relation d'un voyage faii au Levani)
* Absichtlich habe ich im Texte Tbevets Oosmograpkie universelle (Paris
1575} übergangen, in der Faros t. I. Buch VII S. 235 f. behandell ist.
Thevets Glaubwürdigkeit wird mit Recht lebhaft in Frage gestellt. So wird
auch die Erzählung von seinem Besuche in Paros, den er mit allerlei Epi-
soden auszuschmücken weiss, mit Vorsicht aufzunehmen sein. Imuierhio
verdient erwähnt zu werden, dass er bei der Nennung von Kephalos be*
merkt: 'Du cosU de ce chasleau est la rivUre que lex anciens nommoient
Asope^ laquelle descendanl des monis et par les pröcipices des rochers se va
rendre en iner du cosU du Midy\ Ob die Lokalisirung des von Strabo
VIII, 382 nur gclegenllich erwähnten Asopos von Paros zutreflcnd ist,
und nicht vielmehr der unweit der Marmorbrüche entspringende und in
die Bucht von Naussa mündende grösste Flusslauf von Paros als Asopos
in Anspruch zu nehmen ist, mag fraglich erscheinen. Es ist jedenfalls be-
merkenswert, dass sich die Berücksichtigung dieser ziemlich versteckten
Slrabonotiz unter allen Modernen nur bei Thevet Gndet. Nur hinweisen
möchte ich in diesem Zusammenhang auf Coronellis Ailanle venelo, Ve-
nedig 1688, wo ö. 235 von Paros die Rede ist, aber nur wenig Zeitge-
schichllichcs aus Eigenem gegeben und im wesentlichen Piacenza ausge-
schrieben wird.
brinj-l nur einif^e Druckzeilen übrr Parns. in (ienen er den
Iteiclilitm an Antiken besonders liervrjrliebL und bemerkt, dass
viele derselben pnr un Gentilhomrne anglois geraubt seien,
wie von anderen Inseln (eine viel verbreitete Tradition). Von
dem Aufentball des Marquis de Noinlel auf Paros (1673) sind
leider keine eingebenden Berichte verülTenllichl, die vorhan-
denen Publikationen bescliäftigeii sieb last uiisscbliesslich mit
der Schilderung des Hesuclies der Grotte von Antiparos (so
auch jetzt Albert Vandal VOdtßsee d'un anibnssadeur, Pa-
ris 1900 S. 127 ff ), In Tourneforls Relation >l'im voyaf;e du
Levant ( 1700) nimmt die Behandlung von Paros zwar einen
breiten Baum ein. aber der gescbicblliche Abriss aowol der
allen wie der späleren Zeit ist konfus und besonders für die
spätere Zeit aucli reicb an Fehlern, der topograpbiscbe Teil
erjiiebt für die Antiken fast nicbls, für die modernen Verbiilt-
nisse ist er insofern von Wichtigkeit, als hier zum ersten Mal
sich die modernen Ortsnamen zusammen linden (Coslou,
Leplichis, Marmara, Chepido, Dragoula) und die wichtigeren
Kirchen namentlich aufgeführt sind.
Im russisch-türkischen Kriege 1768-1774 lag die russische
Flotte unler Alexoi Orlow längere Zeil (um 1770) im Hafen
von Naussa. Das lenkte die Aufmerksamkeil auf die lange
vernaehiässigte Insel, und so sehen wir kurz hintereinander
die lleisenden von Bietlesel. Pasch van Krienen, van Kins-
t)ergen in Paros. Kinsbergens Buch über den Arcbipelagos
verfolgt nur militürisch- nautische Zwecke, kann deshalb von
uns füglich unbeaehlel gelassen werden. Die Beschreibung in
Pasch van Krienens Buch ist unbedeutend; sie beruht zwar
in der Beschreibung von Paroikia, Naussa und Kephalos auf
Autopsie, alles auf Antike und Gescliichte Bezügliche isl aber
entlehnt; besonders ist Tourneforls Werk, vielleicht auch
die Schrift Hiedesels benutzt. Dieser letztere, der in den
Jahren 1767-1770 den Archipel bereiste, hatte Sinn für die
Antike, er beschreibt eine Anzahl Skulpturen, die er auf Pa-
ros gesehen hat, ferner erwähnt er die antiken Quadern des
venetianischen Schlosses, teilt auch eine der dort eingemauer-
37Ö 0. RUBBN80HN
ten InschrifleD mit (C.J. G. II 2399) und widmet den Mar-
morbrüchen einige Worte. Der sonstige Inhalt aber ist unbe-
deutend. Dies Urteil gilt auch von dem betreffenden Kapitel
im Werke Choiseul-Gouffiers, in dem eigentlich nur die An-
gaben über den Aufenthalt der Russen in Naussa für uns von
Interesse sind. Auch seine Karte des Hafens vonTfaussa dient
vornehmlich der Erläuterung seiner Scliilderung über die
Standorte der russischen Armee. Ausfuhrlich schildert er wie
Tournefort die Grolle von Antiparos, von deren Eingang er
eine Ansicht giebl. Die Karte von Faros, die sich in seinem
Prachlwerke findel, bedeutet zwar einen grossen Portschritt
gegen Piacenzas und Bordonis Zerrbilder, sie ist aber trotz-
dem reich an Fehlern; Koslo liegt z. B. ganz im Süden und
zwischen Kosto und Paroikia ßgurirl noch Buondelmontes Mi
noa^ Von den alleren Arbeiten des 19. Jahrhunderts seien
hier nur genannt Daniel Clarke Travels in Various Coiui'-
tries of Europa^ Asia und Africa II. 2, S* 411 ff. (mit
Karte), Leake, Travels in the Northern Greece III. S. 851T.,
Expe'dition de More'e III. S. 11 und S. 44 (hier die In-
schriften von Paros), von Prokesch-Oslen, Denkwürdigkeiten
II. S. 20 ff. und S. 52 ff. (mit einigen wichtigen Nachrichten
über das Asklepieion ).
Die eigenllich wissenschaftliche Arbeil über Paros beginnt
mit F. Thiersciis Abhandlung über Paros und parische In-
schriften (Abhandlungen der bayerischen Akad. der Wissen-
schaden 1834, I S. 583 ff.). Er hat einige wichtige topogra-
phische Fragen erledigt und eine Anzahl unbekannter In-
iichriflen publizirl, darunter vor allem die wichtige Inschrift
CLG, II 2374 e, deren ausführliche Behandlung den Haupt-
inhalt seiner Arbeit bildet. Sein nächster Nachfolger, wenn
wir von Fiedler absehen, ist Boss, den seine Beisen im Jahie
1835 nach Paros führten. Leider hatte er nur wenige Tage für
* Sauvebceiifs Uoiscwerk isl mir weder in der Original -Ausgabe iuksIi in
der Uberselz.uiig zugänglich. Teil II, S. 191 f. der deulscheu Ausgabe wird
Paros bebandelt.
PAiios I 371
lien Aufenlhall iibi'if^. Seine klai-e topograpliisclie Skiize (Rei-
sen auf den griecliisclien Inseln I S. 'i^i IV.) ist irolzdcm das
BesLe.wus über Puros j^esclit'ieben ist, und noob heute das beste
llitfsmiltel für den Itesuchei' dei' Insel. Itoss' Aufsatz konnte
Vatei' nielit mehr milbenutzen, der bei ISrsch und Gruber.
Seution III, Teil XII in ausfuhrlicligter Weise alles zusam-
mengestellt bat, was wir aus alter und neuer Zeit über Paros
wissen, und auf Grund des damaligen Wissens ein geschieht-
liebes Bild der Insel zu entwerfen versucht hat. Vaters aus-
serordentlich sorgfältige Arbeit giebt uns im Zusammenhang
mit doss' Aufsatz eine vollständige Zusammenfassung alles
dessen, was um die Mitte des 19. Jahrhunderts über Paros
bekannt war. fJckkers Dissertation <te Paro insttla kann
duneben auf Beachtung keinen Anspruch erheben. Ausser-
ordentlich wichtiges Material für die Geschichte von Paros in
der Zeil der frünkiscben Herzöge bat aus ilalischen Urkunden
Hopf beigebracht, das in den Silziingsherichlen der wiener
Akademie von 1855 und 1856 {Rand 16 und 21) zur Ge-
scbicble von Andros veröffenllichl ist. Für die Karle von Pa-
ros haben die noch beute muassgebende Grundlage die cngli-
sclien Seeolliziere geschaffen, deren Seekarte die einzige ge-
naue topographische Aufnahme der Insel ist.
Der parischen Inschriften haben sieb seitdem angenom-
men; Vidua, Le Bas, Gonze, Michaelis, Olympios, Ktispi,
de Ridder, Pernice, Wilhelm, lliller von Gäriringen. deren
.\rbeilen hei den betreffenden .Abscbnillen RrwÜlinung finden
wei'dcn, die erhabenen Skulpturen von Paros hat Löwy in den
Archiiol.-epigrapb. Mittbeilungen aus Österreich XI S. \'il IT.
'behandelt. Die prähistorischen Grabanlagen hal Tsundas un-
tersucht. Zu eingehenderen Forschungen hat seil Ross nie-
mand wieder die Insel belleten. Die immer noch zahlreichen,
über dem Boden liegenden oder von Zeil zu Zeil auflauchen-
den .Mlerlümer der Insel gingen allmählich dem Untergange
entgegen, uud ihre Zerstörung wäre nocli vollständiger ge-
worden, wenn nicht laden letzten Jahrzehnten einsichtige
Itewohner der Insel sich der AllertUmer angenommen hätten.
37? O. BUBBNfiOHN, PAnoS 1
Ufiler diesen vertlicnl vor ullun Mlcliael Krispi genannt zu
wenien, der ßnlileckcr dita neuen Fragmentes tlits Mui'iiior
l'iinum, <liirtili deäsen eifrii^e MeinUliun^en eine Men^e Aller-
tiimer vom Unterj^an^e ^rettel oder wenigstens in Aliscliririen
oder Heschreibungen erhallen worden sind. Dank sei iliiii wie
den übrigen Männern der Insel uucli liier fiir die unci^cii-
nillzigp Unlerstülzung ^esiigL, die sie uns bei unseren Arbui-
len haben zu Teil werden lassen.
Berlin.
O. UUBENSOHN.
lilNE AIIUIIA[KCIIK JIINGI.INORKIOUR UE9 AKRüPOLIS-
MUSEUMH
iTaffl XV und XVI
ßesclireiliiin<^ der Slutue,
Die auf Tufel XV abgebildete, füsL lebensgrosse Jünglings-
slatue befinileL sieb im Akropolismuseuni zu Atlieii (Nr. 692)
und wird liier mit püliger Krlaubniss der Epborie vemlTent-
Ijcbt. Der Torso wurde im Sommer 1900 durch den Knpf
und den recliten Unterarm ergänzt. Die Figur beslebl aus
weissem, selir durchscheinenden parischen Marmor, der slurk
geschichtet ist ; lange enge Kalkspaldrusen durchziehen ihn
vijti rechts unten nach links oben, eine davon ist an der lin-
ken Schuller als liefet* Spalt siclilbar. Ks sind nur wenige,
kleine Glimmereinsprengungen vorhanden; einige Sprünge,
in die später eisenhaltiges Wasser eingedrungen ist, treten als
braune Linien hervor. Die Vorderseile der Figur ist vnllstan-
dig bearbeilel und leicht polirt, an der Rückseile sind noch
Meisselstricbe und Spuren der Uaspel und des Bohrers zu er-
kennen.
Der Hals ist nahe über der llalsgrube gebrochen, der linke
Arm fehll vim der Mitte des Biceps. der reclile von der Mitle
des Unterarmes an und isl ausserdem dicIiL über dem l'^llen-
bogen gebrochen. Die Unterschenkel und Püsse relilen. Die
Geschlechtsteile sind abgebrochen. Am Kopfe fehlt die hintere
Hälfte, vnm binleren fiande der Ohren ab; der obere lirueb
des Halses verlauft etwa in Fingerbreite unler dem llalsanaalz,
der unlere dicbl über der llalsgrube; das zwischen dem obe-
ren und dein unleren Bruch fehlende Stück isl niclil wieder-
gefunden worden.
i
374 B. DBLBRUECK
Auf dem Schädel dicht vor dem Wirbel und dicht ttber dem
Stirnhaar befindet sich je ein centi meterbreites, nicht tiefes
Bohrloch; das hintere wird den Vogelschirm getragen haben,
in das vordere war wol ein Marmorzapfen eingesetzt, um
einen Fehler des Blockes zu verbessern.
Die Oberfläche des Torso ist im Ganzen gut erhalten, die
des Kopfes zeigt die ursprüngliche Glätte nur noch auf der
rechten Wange; Haar, Ohren, Augen, Mund, Kinn sind stark
bestossen, die Nase ganz verschwunden, ausserdem die linke
Kopfseite verwittert. Farbspuren sind nicht zu konstatiren,
doch scheinen das Haar und die Augenwimpern durch Rau-
hen der Oberfläche für die Aufnahme von Farbe vorbereitet
zu sein; der Mund ist zu sehr bestossen, um die BeschafTen-.
heit der Oberfläche erkennen zu lassen. Bei der Aufstellung
wurde, um das Aussehen des Kopfes zu heben, das Haar mit
Lehm leicht getönt.
Die wichtigsten Maasse der Figur sind in der folgenden
Tabelle enthalten :
Maasse des Kopfes*
wirkliche« Mmm KanonitcbM Maa«
*. Kalknaon, Prwportioncn S. 30.
Gesichlshöhe 0.129 Ü,i26
Wirbel - Haargrenze der Stirn 0,129
Haar- Auge 0,042 0,042 (modulus=0.0042)
Auge-Mund 0.048 0,046
Mund Kinn 0,039 0,0378
Auge-Nase 0,034 0,0336
Na.se - Mund 0,014 0,0126
Alhstand der inneren Augenwinkel.. 0,022
» der äusseren Augenwinkel. . 0,082
» der Wangenbeine 0,i01
» der Ohransätze 0,iiO
Augenlänge rechts 0,026
» links 0,027
* Die Maasse entsprechen denen des Apollon Piombino bis in die Ab-
weichungen vom Kanon; abor der Apollon Piombino ist leider kein loka-
lisirtes oder datirtes Kunstwerk.
BINB ARCHAISCHE JUBNOLINGSFIGUH 375
Maasse des Körpers
Vermutliche Gesamthöbe 1,37 ^ = zweimal Scheitel-Gliedansatz)
Kinn - Halsgrube 0,048 ( ergänzt )
Höbe bis zum Gliedansatz 0.685
Halsgrube - Scbwerlfortsatz 0,169
Halsgrube - Gliedansalz 0,462
Erste- zweite Inscription 0,044
Zweile-drilte Inscription 0.077
Nabel-Gliedansatz 0. 106
Oberschenkellänge 0,40
Scbulterbreile 0,29
Abstand der Brustwarzen 0,18
» der Darmbeinstachel 0,133
Die Haltung der Figur isl bewegt. Das vorgesetzte linke
Bein ist im Knie etwas gebogen, wie der genügend erhaltene
Kontur der Kniekehle sicher beweist. Der Kopf ist nach links
gedreht; diese Bewegung sichert der Verlauf der Kopfnicker
über der llalsgrube und die Schwellung des rechten Kopf-
nickers am Ohr. Bei der Zusammensetzung ist er etwas nach
rechts geneigt worden wie am Knaben des Kritios. Die Arme
sind an den Schultern zurückgenommen , der rechte etwas
mehr; der rechte Unterarm ist etwas gehoben, für den linken
wird dasselbe anzunehmen sein. Die Hände müssen Attribute
oder Weihgaben gehalten haben ; sie sind nicht wiederge-
funden worden.
Die Zugehörigkeit des Kopfes ist im Vorhergehenden nicht
weiter bewiesen worden; sieergiebt sich aus der Übereinstim-
mung in den Maassen , der Marmorqualität, dor Art der
Bearbeitung und endlich der gleichen Funktion der Kopf-
nicker an Torso und Kopf.
Der Jüngling trägt das Haar des Vorderkopfes in leicht ge-
wellten, engen Strähnen nach vorne gekämmt. Diese Strähne
sind durch gravirte Linien in die glatte Fläche eingezeichnet;
am Rande legen sie sich etwas auseinander, uud es kommen
die unteren Strähne zum Vorschein, deren tiefere Lage aber
nicht plastisch ausgedrückt ist. Das Haar ist bis über die
376 n. DBLBnuBCK
Ohren nach vorne gekämmt; es endet in drei übereinander-
liegenden Reihen buckelartiger Löckchen, die sich im liogen
von der einen zur anderen Schläfe ziehen und deren oliere
Keihen gegen die unteren etwas zurückliegen. Am Hinterkopr
kann das Haar nicht lang herabgefallen sein, sonst müsste
sich im Nacken der Schopf Gnden. Man kann die Frisur ver-
schiedenartig ergänzen, etwa in der Art des B, C. H. XI Taf.
13. 14 publicirten Jünglings aus dem Ptoion.
Die Figur stellt einen heranwachsenden Jüngling dar, der
kaum das sechzehnte Lebensjahr dürfte überschritten haben.
Alle Teile des Körpers sind schmal und lang, die Knpchen
fein, die Muskeln noch nicht athletisch entwickelt, mit Fett
und zarter flaut überzogen, die am Spalt sich sogar einmal
in Fettfalten legt.
Die Beine sind in der Gesamtform richtig aufgefasst, aber
sehr weich ausgebildet, die einzelnen Formen sehr flüssig ver-
bunden ; nur am Knie tritt die Struktur deutlieh hervor. Die
Glutäon sind für ein archaisches Werk nicht stark entwickelt,
das Kreuz nicht tief eingesenkt. Die Beckenlinie verläuft der
schlanken Anlage des Körpers entsprechend sehr steil von den
als weiche Hügel vortretenden Darmbeinstacheln aus. Der
Oberkörper ist lang, schmal und flach, ein wenig vorgebeugt,
glatt und leicht fallen seine Konture bis zu dem schmalen Bek-
ken, kaum dass die Schwellungen des schrägen Bauch muskels
bemerkbar sin<l. Der Brustmuskel ist schmal und flach, seine
Erhebungen und Grenzen kommen nur als Wellen zur Erschei-
nung, das Brustbein tritt kaum hervor, auch nicht die Grenze
gegen den Deltamuskel zu. Die Arme sind weich und rund,
aber nicht mädchenhaft, wie denn die Figur nichts Weibliches
in der Erscheinung hat. Der Brustkorb ist nicht sehr tief; die
Muskulatur der Bauchdecke ist völlig ausgeführt und in eigen-
tümlicher Weise stilisirt. Die weisse Linie ist kenntlich vom
Schwertfortsatz bis zum Nabel, die Grenzen zwischen dem ge-
raden und schrägen Bauchmuskel sind sehr nach aussen ge-
schoben, und dementsprechend greifen die Darmbeinstacliel
nicht weit in die Baucbgegcnd hinein ; die obere Grenze des
RINE AHCHAISniE JUKNOE.tsr.SFiGUR ÜTT
Bauches ist belonl durch Wiedergabe des Schwertforlsalzes
und des Verlaufes dfr erslen Inscription, die zu beiden Sei-
ten des SehwerlForlsaLzes erst lÜllt und dann wieder ansteigt.
Der Rrtislkorbrand ist üherhaiipL nicliL dargestellt: die zwei
unteren Inscriptionen sieben an der richtigen Stelle
Der Kopf ist hoch und schmal. Von der Mittellinie des Ge-
sicbteH biegen die Fliicben rasch nach Irinlen um; in der Sei
lenansiclit erkennt man, dasa er auch viel Tiefe liat, dass seine
Wangen und Schläfen vollkommen ausgebildet sind. Seine
Selilankheil wird hervorgelioben durcli den breiten Kranz der
Stirnlocken-
Dle glatte, hohe Stirm^ biegt scharf nach den Seiten um,
die Brauen verlaufen in ganz flachem Bogen gegen die Schlü-
Fen imd tlie glatten, knappen Wangen. Die nicht grossen Au-
gen stehen fast horizontal, massig gröfTriet schauen sie gemde-
aus; an den fleischig aufgefassten breiten Lidern ist die Thrä-
nendrüse genau ausgefülirt. Die Nase war schmal und setzte
mit einer kraftigen Wurzel in das Fleisch ein. Der Mundspnlt
verläuft fast gerade und ist ganz einfach gezeichnet, oline
Scliwingungen und Feinheiten. Die Lippen sind nicht stark
und treten nicht viel aus der Flache hervor. Modi und wo!
gerundet ist das Kinn. Die Ohren sitzen an der reclilen Stelle
und sind fein durchmodellirt in der cliiotischen Art.
Die Figur bat einen tiefen, dauernden Heiz, Kine grosse
naive Begabung hat in ihr Vieles ausgedrückt, was zu analy-
airen man vergebens versuchen würde: die physische Fein-
heit einer südlichen Aristokratie, eine organische Schönheit,
in der alles stabil und leicht, fest und schlank gebaut ist wie
an l.uxustieren, das kindlich Zarte eines gepflegten Knaben
mit blondem Maar, eine frische und doch gehaltene Bewegung,
das Jugendliche und Altererbteeines vornehmen griechischen
Kindes.
?. Herkunft der Statue.
Die Jünglingsfigur von der Akropolis ist wichtig, weil der
Besitz einer grossen Kunstschule der Vergangenheit in ihr
ATHBN. HITTIIEILUNGEN XXV. 25
3^8 ll. bELBttUECk
enlhalten ist, und ihr Slil wieder stark und dauernd auf die
Folgezeit gewirkt hat.
Sie steht in der Tradition der s&misch-naiischen Kunst,
und muss etwa ein halbes Jahrhundert später entstanden sein
als die Jünglinge vom Ptoion und von Megara, weil sie viel
eleganter und anatomisch korrekter istV Ein Vergleich des
ptoischen Apollon {B C.H. XTaf. 4) mit der Akropolis-
figur lässt die samischen Elemente des jüngeren Werkes er-
kennen.
An beiden Körpern sind die Glieder lang und zart, und
werden alle Kanten und Grenzen von fettreicher Haut über-
zogen, so dass nirgends die Muskeln fest umschrieben sind
und die Knochen selten deutlich hervortreten. Dem Gesamt-
umrisse und den einzelnen Formen liegt dieselbe Vorstellung
vom Körperbau zu Grunde; man vergleiche die Oberschen-
kel, die Zeichnung des Kniegelenkes, den Umriss von Kopf
und Schultern, den Armansatz und halte dagegen etwa den
Apollon von Thera oder von Tenea. Selbst ein Maass hat sich
erhalten, das dem schlanken Körper und der schmalen Brust
entspricht, die Brustwarzen- Distanz ist halb so gross als die
Entfernung von der Halsgrube bis zum Nabel. Die Köpfe
ähneln sich in wesentlichen Dingen; in der schmalen Ge-
samtanlage, darin dass die Flächen von der Mitte des Gesich-
tes rasch nach hinten umbiegen, im Umriss der Stirn, in der
Stellung und Form der schmalen Augen, den knappen Wan-
gen und der Zeichnung des ernsthaften Mundes. Wie die Haar-
strähne sich am Rande der Frisur auseinanderlegen und die
tieferen Schichten sehen lassen, findet sich das Haar zum er-
sten Mal bei einem jüngeren naxischen Frauenkopfe ange-
ordnet (Musees d'Athdnes Taf. 9).
Vor allen Dingen aber die grossen, weichen, langen Linieü
• Vgl. Sauer U,A,I. XVll S. 37 fr. Furlwänglcrs Kritik, Meislerwerke S.
713 fl*. wird zum grossen Teile bestätigt durcii die neueren Funde, vgl. Wie-
gand,oben S. 151, Nr. 4. Im Einzelfalle wird man allerdings oft zweifelu,
was samisch, was naxiscli ist.
BISE AllCHAISr:HE JUENÜLINGSPiCL'H 379
beiller Stutuen sind sJcli verwanül und die Fläclien mit den
gliillen Übpi'gün^en, die niclit ganz das Objekt wiedergeben,
sondern melir so verlaufen, dass sie JasAufiC gern auiniinnil
und leiclit versLebl, weil sie den baniioiiisirenden Tausoliungen
entgegenkommen, die erilsleben, wenn die Welt von einem
naiven Geiste aufgenommen wird. An der jüngeren Figur fin-
den sieb muncbe Neigungen des älteren Stiles nocli verstärkt,
und finden sieb aucli wieder Elemente, die auf seine Auflö-
sung hinwirken. IJie Slalue von der Akropolis eraclieinl in
Körper und Ausstattung noeb jugendlicher als die vom Ptoion;
sie macht einen schlankeren Kindruck, weil die Seilen weni-
ger eingezogen sind, und idso die Scbultern scbmaler aus-
sehen. Als etwas Jugendliches darf die Frisur aiifgefassl wer-
den ; spielenden, laufenden Knaben wird mun das liuar im
Nacken aufgebunden haben, wie man es die Mädchen in Hau-
ben tragen Hess oder den kleinen Kindern über der Stirn in
eine Locke schlang.
Neben dieser Weiterbildung des alten Mesitzes zeigt sieb
ganz Noues; Linie und Form sind doch niclil mehr ausschliess-
lich so wiedergegeben, wie sie dem naiven Menschen in Erin-
nerung bleiben, sondern die füblende Hund und bewusste Be-
trachtung haben vieles viTbesserl. so dass alles sieb mannig'
faltiger und zugleich knapper darstellt, (ieulliclier in Linien
und Winkein, aber weniger gross. Die Beckenlinie ist rich-
tig und sicher gezogen, noch selir steil und schlank, aber
doch sehr verschieden von der willkiirlicben Zeichnung der
nai^iscben Figuren, deren Künstler überhaupt die Inncnzeicb-
nung weniger interessirle als der grosse Umriss der ganzen
Gestalt. Die Zeichnung des Bauches ist von der samiscli-na-
xischen dadurch grundsatidicb getrennt, dass die ganze Flä-
che vom Brustmuskel bis zum Gliedansalz durchgearbeitet
und in ein Bild gebracht ist, während die naxiscben Jüng-
linge nichts als im unteren Teile des Bauches ein Feld zeigen,
in das einige sich kreuzende Linien eingetragen sind.
lOer Kopf ist schmäler und präziser in den Formen; die
Augenbrauen sind llaclier und fester gezugen. die Lider ec-
scheinen lletBcliig und die 'riiränenJriise isl dargeslellt ; die
VVanj^eri sind durch eine Hache Furche zu heiden Seilen des
Mundes niodcIliH. die Ohren Tein durchgehihlel : die Ppopor-
lionen des Kopfes hahen sich verändert, das Kinn isl verliäll-
nissmüssig höher, das Obergesiciil sclimüler gewonler. als an
samisch-naxischen KüpTen'.
Von allem Älteren unterscheidet sich die Figur am slark-
slen durch ihr freies Bewegung» in oliv ; das linke ßein ist vor-
j^eselzl und im Knie gehogen ; zum ersten iMale in der ata-
tuarisclien Plastik trill hiermit organische Ponderation an die
Stelle der mechanischen. Der nach links gedrehte Kopf und
der i'cchls starker zurückgenommene Arm bringen einen Ge-
gensatz in die Bewegung, der die FrontatiUit uulheht.
Unter den erlialtenen Slutuen exislirl kein älteres ltcis|iiel
Fiir dieses Bewegungsmotiv, und man kann deutlich sehen,
dass die Künstler erst im Begriffe sind es zu verarheiten ; sie
herücksiclitigen noch nicht, dass, wenn der Mensch eine pnti-
derirte Stellung einniml. seine Wirhelsiiulc sich biegt uml
die Muskulatur des Bauches sich verschiebt. Noch Anderes
hängt mit der Neuheil des Molives zusammen Alle Breilen-
maasse der abgewandlen KopTseite sind etwas grösser, das
Haar liegt weiler zurück, die Flache von tier Mittellinie des
Gesiclites bis zum Ohr verläuft sanfler als an der rechten
Seite. Diese Abweichungen arbeiten der Verkürzung entgegen.
Das linke Auge soll nicht zu klein, die Wange nicht zu schmal
und nicht zu hart begrenzt erscheinen, das Haar der Mittelli-
nie nicht zu nahe liegen. Alles wirkt dahin zusammen den
neuen Eindruck eines im Dreiviertelprord gesehenen Kopfes
dem alten bekannten Bilde des von vorn gesehenen anzu-
nähern; aus einem ähnlichen Grunde ist das Haar an der lin-
< Die tamischen Köpfe haben saitischc Prupnrlion; in Reakliun gegen
das allzu kleine Kinn lies ägyptischen Tj'pus hat dann <lic Inselkunst eine
Zeil lang das Kinn sehr hoch dargestellt; dieser Feliler ist im ietilen der
nesiotisch ionischen Proporlionssjstenie, dein ton Olympia, wieder ausge-
glichen. Unser Kopf steht auf der miUlcien Enlttickelungsslufe wie der
Apollon Piombino und der Kolossal köpf Ludovisi.
CIIK JUBNfiLINGSFIGün
keil, gehobenen Seile des Kopres lierer herabgefülirt. Als die
j;iifcliiselieil Rünsllei' anfingen, ilii'e Slatuen zu bewegen, ha-
ben sie noch eine Geni-ruLion lang siuli bemüht, das neue Bild
ilem ultbekannlen anzugleichen; auch der Knabe des Kritios
zeigt dieselben enrylhrnischen Veränderungen wie die liier
besprochene Slatue. Die Olympiagiebel lassen eine Änderung
des Geschmackes erkennen. iJie lüigenlümlichkeilen des Drei-
viertelprollls werden von dort ab im Bilde verstärkt, weil man
den Anblick nun gewohnt ist und seine Sciionheit verslanden
hal, Wie das die jüngere Zeit erreichte, hal B. Griif in der
Festschriri für Heibig S. I{J3fT. beschrieben.
Abaiclillich ist ein älteres Werk des samisch - naxischen
Kreises zum V'ergleich benutzt worden, um die innere Ver-
wundlschart und zugleicii den Gang der Elntwickelung deut-
licher darstellen zu könni^n. Bs gibt aber Kunstwerke, welche
den Apollon vom Ptoion mit der Akropollsfigur verbinden.
Schon der jüngste der naxischen Apullines, der von Megara
(Nntionalmuseum Nr. 13), hat eine deullicher und richtiger
ausgeruhrte Muskulatur als seine VorläuTer; die Schlüsselbeine
und die Art, wie sie am Bruslbelne ansetzen, sind genau dar-
gestellt, die Symphysen der Brustmuskeln, die Bauchmusku-
lulur; die Beckenlinie ist schon bis an die Grenze der Pigur
herangeführt, wenn auch die Darmbcinslacliel noch nicht an-
gegeben werden. Dabei sind Umriss und Proportionen un-
verändert geblieben.
Eine andere Figur des Nationalmuseums (Nr. 12; B.C.H.
Xt Tal'. 8) ist noch weiter entwlckell ; sie ist schlanker, die
Seilen des Oberkörpers sind vuller, die Üarmbeinstachel sind
dargestellt, und die Beckenlinie richtig gezogen; der Brust-
muskel endet in einer annähernd horizontalen Linie. Tasl nur
die Bauchmuskulatur zeigt, dass die Slalue auf einer etwas
früheren Stilslule steht als der Jungling von der .XkropoMs*.
< Pulgeuilcrmuas.seii entwickelt sich die Darstellung dun Bauches io der
Insel Kuii«t. AiiTangs kopirl msn fllu utwa in der Kurtn eiues spjlzwinkeli-
Ijen Dreiecks tou den Weichen bis über deu Nabel emporre ichende KelUn-
382 H. DBLBntJBCX
Durch die Eigenlümliclikeilen, in denen sich unsere Figur
voD der naliscben Plastik entfernt, vorbindet sie sich mit der
jüngeren Kunst iler Inseln.
Die sehr schlanke Gestalt, die Pormen des Körpers und des
Kopfes, die Neigung das Haar aufgebunden zu tragen teilt sie
mit dem Nympbenrelief von Thaaos* ; dort kebrt aucli neben
anderen neuen ßewegungsinotiven das Motiv des vorgesetzten
und entlasteten FuBses wieder. Das Nymphenrelief mag etwa
10 Jabre jünger sein als die Statue. Das Relief von Inee-
Blundell-Ilall, das Purtwängler zuerst und mit Recht zur In-
selskulplur in Beziehung gesetzt bat ^, kommt ihr zeitlich noch
bäufung, die dem sailiscben Menscfienljpus eigenlümlich isl; msD bopirt
■ie entweder wirklich plastisch oder hioss durch lineare Angabo ihrer Gren-
rT"?
len (Apollon vnm Ptoion li.C.H.X Tar.4. Torüo Ton Aktion. Arndl-Bnieh-
mann TU links; Fig. 1). In das so entstandene Keld trägl man die wcixse
Linie und die drei Iniicriptiunen ein, von deren Vurlia'ndcnsein man weiss;
um das llild der Natur auzuäliiicln, vcrlireilert [|ian das unisuh rieben e Feld,
erweitert es nacli oben und giebt itiiii eine mehr rechleckige Gestalt (vgl.
Apollon von Megara; Fig, 3). Wurde das Feld noch mehr verbreitert und
erhöht, su bekamen alle Linien der Zeichnung eine neue Bedeutung; die
seiUichen Grenzen gaben die Furche zwisclien geradem und schrägem
Bauchinuskel an. die ubere Querlinie den Brustkorbraud oder die erste In-
seripUon (Torso, National inusonm Nr. i2; Fig. 3). Dann waren aber vier
Inscriptionen da; wenn eine davon fortgelassen und der obere AbschluKs
des Feldes entweder deutlich als Brustkorbraud (Wiegand.oben ä. 153 Nr 6)
oder als erste Inscription (Figur der Akropolis) dargcsielll wurde, so war
die Hlilsture dür liier bes]>rochencn Statue erreicht.
* Arndt- Bruckmann 61.
» 'Zu den ol^rnipiscbeti Skulpluren', Archäologische Studien H. ßnino
dargebracht S. 67 ff. "
EINE AltCltAISCHE JU'ENGLISGSFE^iOR It^il
näher. Die wesenlliclien Resiillale seines grundlegenilen Auf-
sulzes erfahren eine erneule Besläligunj? durch den Umstand,
dass auf Paros bei Jen vorjährigen Ausgiahungen des Insli-
lules ein dein Typus dür Olympiagiebel sehr nahe stehendes
Köpfchen gefunden wurde; und ein Marmorkopf in Paros
wird nicht impurlirt sein. Als etwa gleichzeitig mögen die äl-
teren inelischen TlionreÜefs zu beLraclUen sein, z. B. Hayet
Monuments de l'art II Taf. Ti ; auch die jüngsten der meli-
schen Thonreliefs zeigen noch Formen, die sich in gerader Li-
nie aus denen der AkropolisfigurherausenLwickelt haben kön-
nen. Man vergleiche z. 13 den stehenden Mann des auf Tafel
XIV dieses Jahrgangs abgebildeten Exeinplares; es ist keine
schlanke und sclimale, sondern eine hohe, starke Gestalt; in
straffen, nachdrücklichen, scharf umbiegenden Linien sind
Umriss und Innenzeichnung angegeben ; Typus und Auffas-
sung haben sieh verändert ins Miinnüche, aber dennocli sind,
um etwas FassMclies zu nennen, das Proßl und die Zeichnung
des liauches im Wesentlichen gleich geblieben. Die Unter*
schiede lassen sich ganz wol versieben, wenn man annimmt,
dass auf den Inseln die Neigung zum Studium und zur be-
stimmten Daistellung des Körpers stetig zugenommen habe,
noch bosser, wenn man sich mit Furtwängler ' die spätere
Kunst der Marmorinseln , deren Bildhauer so viel reisten,
vom peloponnesi sehen Bronceguss beeinflusst denkt. Diesen
jüngsten melisclien Thonreliefs ist der bologneser Niobiden-
krater Monumcnti dclV Inst. XI, 38-40 auf das Nächste
verwandt, den man zu Polygnot in Hcziebung zu setzen pllegt.
niines scheint sich mit Sicherheit zu ergeben ; die Figur der
AkropoiJs gehört der Kunst an, deren Grundlagen sich von
Samus aus über die Inseln verbreitet haben, und verbindet
die älteren Denkmäler jener Gegenden mit den jüngeren, den
Koloss von Delos mit den Olympiagiebeln. t)lwas Bestimmte
res über ihre Heimat wird kaum zu ermitteln sein; nur die
Beobachtung mag iintnerhin ausgespiochen werden, dass der
' SiUungsljericble der
icbeuei' Akad. 1699 S. 583.
384 R. DELBRUECK
Eindruck, den sie hinterlässl, sich am meisten dem des Nym-
phenreliefs von Thasos zu nähern scheint. Da Thasos eine
parische Kolonie ist, und Paros in spätarchaischer Zeil die
Führung in der Inselkunst übernahm, soll der Stil der Figur
im Folgenden kurzweg 'parisch* genannt werden ^
3. Beziehungen der Statue zu anderen Werken
der archaischen Plastik.
Es ist möglich, einigermaassen den Platz der besprochenen
Statue in der samisch-nesiotischen Entwickelung festzustellen
und auch noch zu ermitteln, dass diese Entwickelung eine
kontinuirliche gewesen ist. Weniger sicher kann man sich
darüber äussern, ob die samische Kunst Tür das übrige lonien
vorbildlich gewesen ist, oder ob die Entwickelung im ganzen
ionischen Gebiete selbständig und gleichzeitig forlschritt. Vor-
läufig könnte man sich die Dinge vielleicht so zurechtlegen,
dass man den Apollon Piombinound ihm Verwandtes als sa-
misch betrachtete und den Jüngling aus dem Ptoion (National-
museum Nr. 20) der gleichzeitigen chiischen Entwickelung zu-
wiese. Etwas klarer scheinen die Verhältnisse in Attika zu
liegen.
Es ist schwer zu sagen, in welcher Form, von welchem
Centrum aus die Kunst des Ostens zuerst auf die attische ge-
wirkt hat; sicherlich ist die naxische an der Bildung des Sti-
les der Typhongiebel unbeteiligt, sind diese weit eher ephe-
sischem, milesischem oder chalkidischem verwandt. Es folgt
eine Periode vorherrschend chiischen Einflusses, und erst als
der jüngere *parische' Stil sich ausgebildet hatte, begann die
samisch nesiotische Kunst Einfluss auf Attika auszuüben, je-
nen Einfluss, dessen letzte Phase Polygnots Wirksamkeit in
Athen bezeichnet. Neben dem Unfassbaren, was macht, dass
rine * parische* ShUue neben einer chiotischen sich ausnimmt
* Ein in Faros selbst gefundener Torso ( Pholographien des Instilules Pa-
rus 110. 111 ) zeigt viele Alinliclikeiten, er ist etwas älter.
EINE ARCHAISUHE JUENGLlNGSFiOUll 385
wie das ausdrucksvolle VVorl eines Kindes neben einem pre-
tiösen UedicIiL, besilzt sie ejworbene Kenntnis^ und bewussles
Wollen, sie versieht den Körper ricblig darziislellen und ihre
sclilanken Fipuren zu bewegen. Üurcb diese Dinge hal sie
das Ausgehen des attischen Männertypus sehr verlindert.
Man erinnere sich zunächst, wie die allattisclie Plastik den
Mann darstellte, wie ungeheuer stark der Kalbtragep ist mit
seinen schweren Schullern und Armen , seinen mächtigen
Schenkeln, wie rund und breit^der gescbeule, lächelnde Kopf
mit den langen Haaren, Aber die Kenntniss des Körpers haftet
noch an der Oberfläche: die harten deutlichen Gelenke und
dünnen Sehnen sind näher darge»telll. aber aus den grossen
Massen des Fleisches und den breiten Flächen haben die Künst-
ler nncli kein lebrbares , verstandenes Ganze gemacht, in
dem die Kenntniss des Thatbestandes und das Wissen von
iliT Funktion sich mit dem llildmiissigen verbände. So ist die
Bauchmuskulatur wie bei den naxischen Figuren nur durch
ein Schema von Linien angegeben, in dem man wol den Ver-
lauf des Drustkorbrandes, der weissen Linie, der drei In-
Bcriptionen hat angeben wollen, aber die nichts sind als ein
kalligraphisches Schema, das etwas Unverstandenes symboli-
sirl'. IJer Reiz des Figuren liegt in anderen Dingen; vgl,
M.A.I. 1897 S. 99 ff. (Schrader).
Auf diesen Typus wirkte zuerst die chiische Kunst neuernd
ein, mit ihren schlankeren Figuren und Köpfen, ihrer Mar-
mortechnik und ihrem Gewandstil. Das Hesultat dieser Mi-
schung zeigen der Alkmäonidengiebel in Del[)lii,dieetwas jün-
gere Antenorfigur, endlich der Giganlengiebel. Schrader hat
mit grossem Hecht darauf hingewiesen, wie wenig sich dessen
Figuion im Grunde von denen des Typhongiebels unterscliei-
den, das» sie wol ein wenig schlanker sind und das Gewand
der Atliena nach chiischer Art stilisirl ist, dass aber die nack-
ten Körper der Giganten durchaus auf der Stufe des Kalb-
trägers stehen.
' Vgl. den Reiter Mui^es d'AiUines Tar. 12.
386 R. DBLBRUBCH
Etwas schlanker gebaut, etwas tiefer modellirt, aber Dicht
wesentlich abweichend ist der Männertorso des Alkmäonideii-
giebels und ein Torso im Magazin des Akropolismuseuiiis.
Hieraus ist zu schliessen, dass die chiische Plastik ihrer Al-
tersstufe entsprechend männliche Figuren etwa so darstellte
wie die spätere samisch^naxische. Der Strich und die Art (1er
Plächenfübrung wird eine andere gewesen sein, die lehrbare
Grundlage aber dieselbe.
Am Ende des sechsten Jahrhunderts verbreitet sich aber
die ganze attische Kunst eine andere Darstellungsweise drs
Nackten, die der *parischen' durchaus entspricht, also falls
man nicht eine parallele, rein attische Entwickelung anneh-
men will, von der ^parischen' oder einer ihr gleichzeitigen
Kunst abhängig gedacht werden muss. Das beste Beispiel die-
ser Richtung in Athen ist auf Tafel XVI abgebildet. Studniczka
soll sich froher mit der Figur beschäftigt haben, sie wird
darum im Texte kurz *der studniczkasche Jüngling' genannt.
Die Figur besteht aus parischem Marmor guter und gleich-
massiger Qualität; die Oberfläche ist etwas verwittert, aber
kaum verletzt , an einigen Stellen durch Rauch geschwärzt,
sie ist vorn und hinten gleichmässig glatt gearbeitet, aber
nicht polirl; das Sebamhaar war durch Rauhen der Marmor-
oberflächo mit dem Spitzeisen angedeutet und wird gemalt
gewesen sein. Stützen scheint die Figur trotz der freien Be-
wi*gung nicht gehabt zu haben. Die wichtigsten Maasse sind
folgende :
Grösste erhaltene Höhe 0,50
Halsgrube- Seh wertfortsatz 0,12
Schwertfortsatz - erste Inscription 0 05
Erste Inscription -Nabel 0,05
Nabel - Gliedansatz 0,08
Halsgrube - Gliedansatz 0,30
Die Figur ist unvollständig erhalten ; es fehlen das rechte
und linke IJein vom Ende des Oberschenkels ab, der rechte
und linke Arm von der Mitte des Biceps, der Kopf.
EfNE AHCHAtSUIIK JUl^NCLI.Vr.SFIdUR ^^1
Das linke Bein ist elwas vor^eBelzt , der Kopf war nach
reclila ^edrelil, wie die Kopfnicker zeig<>n . der rechte Arm
holt hoch nach rückwärtB aus, so slaik. dass der Oberkörpcp
sich nach rcclita hinuberdreht. der linke greÜt nacli vorwärts
und ahwiirls. Da kein Schopf in den Nacken herabhängt. mu&a
die Figur kurzes Haar gelragen haben. Auf die linke Scliul-
ler greift von hinten und unten her eine schmale rechte Hand
mit dünnen, langen Fingern.
Das Motiv der Gruppe liJssl »ich mit Wahrscheinlichkeil er-
gänzen ; die linke Hand drückte einen Feind nieder die rechte
holte zum Stoss oder Schlag aus ; der stürzende Gegner grifl'
in seiner Angst mit der waFTenlosen Rechten auf die Schulter
des Siegers.
Im Ganzen erinnert die Komposition an die Athenagruppe
des Gigantengiehels. Unter den Fragmenten aus dem Perser-
schutl lassen sieli kleine Reste mindestens dreier ähnlicher
Gruppen des gleichen Maassstabes und Stiles nachweisen, die
jetzt in einem der Schränke des Museums zusammengelegt
sind; es scheint sich auch hier um Giganlenkümpfe zu han-
deln; leise Stilunlerschiede lassen aber ratsam erscheinen, sie
nicht in einen Cyclus zusammenzulassen, sondern als verein*
zelte VVeihungen anzusehen.
Ein Vergleich der beiden Tafeln lehrt, dass die attische Fi-
gur mit der 'parischen' die holte Statur, die schlanken Glie-
der, die Proportionen, das Sj'slem der Zeichnung, die starke,
vcrstanilene Bewegung gemeinsam hat und sich in eben diesen
Dingen von den früheren attischen Denkmälern unterscheidet.
Wie die Verliältnisse liegen, kann sie nur von der 'parischen'
abhängig sein, aber abhängig nicht wie eine römische Slatue,
sondern wie eine attische; die Zeichnung ist einfacher gehlie-
ben, besonders in der oberen Partie des Rauches, die Bewe-
gung der Flächen ist starker, schneller und schärfer biegen
sie um. Das Fleisch erscheint wie die harten Muskeln eines
Rennpferdes. Dom festen, geübton Körper kommt die heflige
Bewegung zu.
Der attische Bildhauer interessirt sich nicht für die Dar-
388 R. DBLBRUECK
Stellung der jugendlichen Haut mil ihren weichen Übergän-
gen, sondern sucht und findet feste Linien, um den Rau der
Muskulatur darzustellen. Der Naturalismus der ionischen Sta-
tue ist grösser, ist reifer, weil Konstruktion nnd Erscheinung
des Körpers mit gleicher Sorgfalt beobachtet sind; in der feu-
rigen Intensität der Auffassung liegt das Überlegene des atti-
schen Werkes.
Diese Figur, deren Künstler von den Pariern gelernt und
doch nichts Attisches verloren hat, ist in Athen das beste Bei-
spiel für eine ganze Periode der attischen Plastik, die haupt-
sächlich durch die Metopen des Athenerschatzhauses in Del-
phi vertreten wird; in ihren kühnen, die Fläche überall durch-
brechenden Bewegungen , in der Körperbildung und der
Führung der Fläche stehen sie dem studniczkaschen Jüngling
am nächsten; in seine Nähe gehören auch die Schreibersta-
tuen, die Furtwängler M.A.f. VI S. 174, Taf. 6. veröffent-
licht hat. Ein Vergleich der Abbildungen macht die ausführ-
liche Begründung entbehrlich.
Der Torso aus Daphni,den Richardson im American Jour-
nal of Arch. IX Taf. 11 veröffentlicht hat, steht bereits auf
einer erheblich jüngeren Stufe als die eben znsammengefassten
Werke. Die Kenntnisse der Bildhauer haben sich vermehrt;
es sind die Sägemuskeln und Rippen angegeben in der frühen
Art, die Kalkmann (Jahrbuch des Inst. VII S. 130) erörtert
hat; die Bauchmuskulatur ist mehr nach der Mitte koncentrirt
und in äginelischer Art durchgearbeitet, der Bruslkorbrand
richtig eingetragen Schon am studniczkaschen Jüngling biegt
die obereGrenzlinie des Bauches von den Endpunkten der ersten
Inscription im Bogen nach unten um, während an der pari-
schen Figur die horizontalen und vertikalen Linien senkrecht
aufeinander zulaufen. Am Torso von Daphni ist der Bauch
nach oben zu durch zwei Linien begrenzt, die vom Schwert-
fortsatz nach rechts und links abwärts in leichtem Bogen bis
zu den Endpunkten der zweiten Inscription verlaufen. Es ist
also der knöcheine Brustkorbrand als Grenze hervorgeho[)en,
nicht mehr die erste Inscription, eine Auffassung, die Kennt-
eine: ABCHAlSCilE lUENGLIfGSFIGÖIl Zä'J
niss des Skelettes voraussetzen lässt, währenil die partsche
Slili8h'UR<r mehi' aus der Beobachtung des lebenden Körpers
hervorgegangen scheint.
Der Torso von Daphni steht auT der Stüstufe der ägineli-
Mchen Plastik; was Kalkmann a.a.O. von dieser gesagt hat,
lässt sich ohne Weiteres auf ihn anwenden, Anf zweierlei Art
liisät sich diese enge Übereinsllmmung erklären; man kann
die attische SlaLue von der äginelisclien Kunst abhängig den-
ken, oder an beiden Orten eine parallele tlntwickelung an-
nehmen. Die letztere Möglichkeit ist von vornherein wahr-
scheinlicher und liislorisch durchaus möglich, da sicti die
formen des Torso aus denen des studniczkasclien Jünglings
sehr wol herausbilden konnten'. So bleibt in der attischen
Kunstgeschichte kein Haum mehr für den üginetisclien Dinlluss,
Die Fortsetzung dieser Kunst in das V. Jahrhundei'l hinein
bilden die von Winter veröffentlichten Heiter Weihgeschenke
(Jahrbuch des Inst. VIII S, ri2-145, Teufiguren). die alle-
ren Metopen des Parthenon und die m^i'onischen Broncesta-
tuen ; der allgemeine Uinriss der Formen des Diskobols ist
bereits in den Figuren des ALhenerschatzliauses vorgezeiclmet,
seine Bewegung schon damals vollkommen möglich.
■ ßs entslehl die Frage, oli die verwandlen äginelischen Formen nidit
auch ihrerseiti^ sich aus ionisch -ncsiotischen heraiisgeliildet haben müssen,
Es scheint etident, dass der äginetische Körper mildem poioponnesixclien,
wie wir ihn nun kennen von den Oljinpiahroncen his auf f'oljklel, fast ^ar
niclili gemein hat. Diese peloponnesisclic ItichLung hat höchstens in ihren
frühen Anrängen von der ionisclicn gelernt und gehl ?on da ati mit anderen
Mitteln auT andere Ziele zu. Kann man sich die äginetisclie Plastik von
Anfang an tnit der ionischen Kunst eng Terwauhsun, ihre Entwiekelung
gant analug denken ? Das ist nicht möglich; sie mOsstB die Kunsl des na-
hen Altika stärker und früher ionisirt haben. Es bleibt also nur die Mög-
lichkeiI,Ägina eine ähnliche Bnlwickelung durchmachen lu la&sen wie Al-
tika; das einzige, xichere Monument frühäginetitcher Plastik spricht für
diese Annahme; der Kupf des Nalionalmuseunis Nr. 48 hat Formen, die
dem weichen grossen Stil etwa desGiganlengiebels verwandt sind. Solange
es nicht mehr sicher äginelische Denkmiiler gilit, wird man freilich niobl
weiter gehen dürfen als aut die liistorisuhe Wahrscheintiehkcit der ange-
deuteten Hypolhese hiniuweisea.
1
390 R. DELBBUKCK
Wir haben im Vorhergehenden so gesprochen, als ob nur
die *parische' Kunst auf die Darstellung des Mannes in der
altischen Plastik ßinfluss geübt habe. Gewiss kann nnan diese
Formulirungeinseilig nennen; aber wir besitzen in Atlika keine
Männerstatuen der jüngeren chiischen IVichlung, vorläußg ist
also nicht nachzuweisen, dass sie vorhanden gewesen seien.
Sobald sie gefunden wären, würde man anzunehmen haben,
dass die ionische Körperbildung ganz im allgemeinen die at-
tische in der besprochenen Weise beeinflusst habe; dass diese
Form der Hypothese mehr Wahrscheinlichkeit hat, soll nicht
geleugnet werden.
Der Künstler des studniczkaschen Jünglings oder sein Mei-
ster nahm in der atiischen Plastik eine ähnliche Stellung ein
wie Euphronios in der Vasenmalerei. Es ist längst anerkannt,
dass in einer kurzen raschen Entwickelung, zu rasch als dass
sie ganz selbständig könnte gewesen sein der epiktetische
Stil vom euphronischen abgelöst wurde. Man wird in der Va-
senmalerei und in der Plastik den Einfluss desselben Landes
annehmen müssen, wenn der gleiche neue Körpertypus in
beiden erscheint, ohne dass eine lange Entwickelung ihn mit
Früherem verbände. Und so liegen die Dinge. Die früheren
Werke des euphronischen Kreises* haben dieselbe Körper-
bildung wie der sludniczkasche Jüngling und sind ebenso
heftig bewegt. Wenn einmal «lie Metopen des Alhenerschalz-
hauses publizirt sind, wird man den Vergleich auch mit den
Kompositionen der euphronischen Malerei bis ins Einzelne
durchführen können. Es stände dann die euphronische Ma-
lerei zu der vorpolygnotischen der Inseln in demselben Ver-
hältnisse wie der sludniczkasche Jüngling zum *parischen*.
In den späteren Werken nähert sich dann Euphronios der
Körperbildung des Torso von Daphni^. Die Entwickelung der
Plastik und der Malerei ist also eine parallele gewesen, und
seit einmal der neue Typus und das neue Wissen aufgenom-
* z. B. Hartwig, MeiNlerschaleii Taf. 44.
*«» Vjjl. den Antaioskraler, Wiener Vorlegel)läller V, 4
EINE AHCHAISCHB JUENGLINOSFIGUB ä9i
men waren, eine Zeit lang eine selbständig attische, in der
sich das attische Temperament so deutlich äussert wie im Ty-
phongiebel oder den Giganten.
Aus der altischen Vasenmalerei endlich kann man versu-
chen eine Datirung der 'parischen' Statue zu gewinnen. Die
Früheren euphronischen Werke werden um die Jahrhundert-
wende entstanden sein, die späteren wären also etwa 490-480
zu setzen, in dieselbe Zeit der Torso von Daphni. Man käme
dann mit der parischen Figur bis frühestens in das zweite
Jahrzehnt des VI. Jahrhunderts.
Athen.
R. DELBRÜCK.
^.pilt48M5-^o^
zu DEM EHRENDEKRET FÜR DIE PHYLEKÄMPFER
Das Verständniss des wicliligen von Ziebartli zuerst in dieser
Zeitschrift (1897 S. 27 fr.) veröfl'entiicliten Volksbeschlusses
zu Ehren Td)v (xuY)caT£X96vT(k)v aico 4>uXyic ist durch die sorg-
fältige Neuhehandlung Protts (oben 8. 34 IT.) wesentlich ge-
fördert worden. Es gelang ihm dem schwer lesbaren Steine
Manches abzugewinnen, was der erste Herausgeber nicht hatte
entzifTern können, und auch seine sachlichen und grammati-
schen Einwände gegen Ziebarths Interpretation treflen sicher-
lich meist das Richtige. Wenn ich, ohne den Stein gesehen
zu haben, noch einmal auf die Inschrift zurückkomme, so
wird das durch ihre hohe Bedeutung für die athenische Ge-
schichte gerechtfertigt. Ziebarth und Prott stimmen in der
Ansicht überein, dass uns hier der Anfang jenes Psephisma
des Archinos zu Ehren der Helden von Phyle erhalten sei,
welches Aischines Hl 187 als Muster weisen Maasshaltens im
Spenden von Ehrungen anführt. Die von Aischines aufge-
zählten Ehren, eine kleine Geldspende für Opfer und VVeih-
geschenk und ein Laubkranz, kommen freilich auf dem Stein
nicht vor, aber sie könnten nach Ansicht der Herausgeber auf
dem weggebrochenen Stücke gestanden haben, während um-
gekehrt Aischines den uns erhaltenen, für ihn unwesentlichen
Anfang übergangen hätte. Üiese Annahme führt aber zu sehr
verwunderlichen Folgerungen. Der erhaltene Anfang des De-
krets beschäftigt sich nicht mit den attischen Bürgern, die
von der Bergfeste aus das Vaterland befreiten, sondern aus-
schliesslich mit Nichtbürgern, die an jener ruhmreichen That
Anteil hatten* (oaoi «uvxaTYiXUov aTuo 4>uXYi<) und eben deshalb
* Richtig bemerkt Prott gegen Ziebarth S. :J8,dass die Milnner von Phyle
in einem Psephisma nur als ojoi xarTjXÖov ar.6 (i>Af^; bezeichnet werden
konnten, die auvxaTsXOdviE^ also die Nichlalhener sein müssen, die sich ihnen
angeschlossen hatten.
zu DEM RHllENDRKRUT FUEIl DIE PHYLEKAEMPFER ^51^
mit ilfim Bürgerrecht besclifinkt werden. Wie ist rs nlier (lenk-
bar, <Ia99 Arcliinos in (lern feierlielien Elirendekret für die
Helden von Pliyle den Nielilljürgem den Vortritt vor den
Bürgern gestattet hätte? Der meines Eraclitens scOion durcli
diese Erwägung aufgedrängte SchUisa. dass die Insclirift gar
niclit das von Aischines besprochene Psephisma enthält son-
dern ein verwandtes, das für die Metöken dasselbe leistete, was
Archinos den Bürgern gewährte, wird nun durch eine Be-
trachtung der Liste auf der Bückseite des Steines bestätigt.
Aufgezählt werden hier Bürger, denn sie sind, wie Prolt er-
kannte, nach Phylen geordnet; nahezu drei Spalten füllten
Bürger der Erechtheis, dann ist uns die Überschrift Ai-piSo?
und eine Anzahl stark verslümnseltei- Namen erhalten. Nun
ainii aber von den *20 kenntlichen Milgliedern der ersten Ph)'le
19 nach ihrem Gewerbe als yti^aioi, [iiyttpoi, teätovi;, d^iukq-
uLOi U.S.W, bezeichnet, nur hei einem Namen 'E^tpoi! fehlt ein
solcher Zusatz. Eine derartige Charakterisirung durch das
Handwerk ist aber in einer Liste attischer Bürger ganz uner-
hört, um deren Gewerbe kümmern sich ofllzielle Urkunden
nicht, nur Demos und Vatersname könnten in einem regulä-
ren Barger verzeichniss erwälint sein. Dagegen liebt man es,
die Metöken durch Angabe ihres Berufs genauer zu kenn-
zeichnen'. Es scheint mir deshalb sicher, dass die Liste aus-
schliesslich gewesene Metöken enthält, eben jene Männer, die
durch den Volksheschluss auf der anderen Seite der Stele mit
dem Bürgerrecht beschenkt worden sind ihre Zahl ist nicht
klein, erhalten sind aus der Erechtheis W Namen, und da links
eine Spalte fehlt (vgl. oben S. 34) und dei' Stein auch unten
nicht vollständig ist, muss die erste Phyle mehr als 30 Neu-
bürger aufgenommen haben-. Von den 7 Kolumnen, die auf
dem Stein vorauszusetzen sind, nahm sie etwa ein Drittel ein.
der Zudrang der Neubürger war also zu ihr besonders stark.
I Vgl. Iiesonders C.I.A. It 768-77fi.
> Die dritte arg ven>U''iinincl(e Columne haL 14 Zeilen, die erste raus« aUo
iiiich AI>xuK der grüssor geschriebenen Uberscbrifl mindestens 12 Namen
phlLallcn haliun, tcimutlicL enthicll sie aber erltcblich mehr.
ATHEN'. MITTHEIMINORN XXV. 36
^^^A r^.,tJ
39i ALFRED KOEHTE
Leidf!!' lässt sich die Gesamtzahl auch nicht annähernd ff^st-,
stellen, schwerlich war sie geringer als 80, sie kann aber
auch doppelt bo gross gewesen sein.
Wer das Psephisma eingehrachl hat, entzieht sich unserer
Kenntniss. Möglich ist es ja, dass Archinos seihst in einem
zweiten Antrag Tür die iMetüken sorgte, aber wir haben nicht
mehr das Recht seinen Namen in Zeile 3 einzusetzen. Kur den
ersten Satz des Antrages scheint sich mir im Anschluss an
Proll folgende Ergänzung zu ergeben: ö Stivat eiitiv Öitwi äv tu;
xaT£>[9öii Tüv noXiTtäv iSöOv] ' - - - - ], l^r\fio^a.\. 'AÖTivotion tY«i
aÜToi< xott ixy6i[tni TCO^iTciav KCti tf^krti xott Sti|ao kocL fpetTpi«; -fii
äv pöXüiVTixt,] vifjLOK 8i lali «Ütqi^ nipl «üräv tÖc; ^PX''^ yj)[-»i'jfl«i
tiU xKi TCspi "Aewaiiöv. Es folgte die Begründung des Antrages
durch eine Aufzählung der Verdienste, wie Protl erkannt hat.
Als erster Grund war jedenfalls ihre Teilnahme an der Be-
setzung und Verteidigung Pliyles genannt, als zweiten le-
sen wir Z. 7 ouvEjiij^Tiofltv Si T'Jju. ^iyiTii ttjjji Movij^iotffty , der
mit Tov Sl eingeleitete dritte Punkt betraf die Zeit Öti ai SiaX-
Xocyal tY^'vovto und hinzugerugt wird endlicli Koii {notov tx npoo-
To:T[TÖfJiiva. Wäre uns die Motivirung des Antrages ganz erhal-
ten, so wiirde die Frage nacli der iJatirung des Steins wol
mit grösserer Sicherheil zu beantworten sein als jetzt mög-
lieb ist. Uen Archontennamen in Z. 2 ergänzt Ziebartb zu
SivaiviTJo; (401/0), während Prott nuÖöSwplo« (404/3) vorzieht,
andere Arcbonten sind durch die Endung -o< ausgescblossea.
Protl führt (S. 37) zu Gunsten der früheren Datiruog äussere
und innere Gründe an. Einmal würde in der «toixiiSöv ange-
ordaeten Inschrift die Symmetrie der zwei ersten Zeilen durch
den Namen Pjthodoros besser als durch Xenainetoa gewahrt
sein. Aber diese Beobachtung ist niclit ausschlaggebend, da der
Längen unterschied beider Namen ja nur einen Buchstaben
beträgt. Ferner findet er es sehr auffallend, 'wenn sowol die
* Die ungescilickle Wortstellung ist auirallcnd, die Kunstruktion scheiol
mir alter durch das Erballene guüichert zu sein.
XII DEM GUKRNDEKBET PtlEH Dil; PHVLEKAEMPKF.n 39."!
wackeren Patrioten über zwei Jalire auf ihre Auszcielinung alx
tue GoUheiL auf den Dank der Menschen halle warten müs-
sen'. Auch diese ü^rwägnn^ lialle icli nivhL für entscheidend
gegenüber den schweren Bedenken, die seinem Ansatz entge-
genstellen; wie lange sich in Zeiten revolutionärer Unruhe
die Erledigung der Dankespttichl gegen Gölter iinil Menschen
hinziehen kann, ist gar nicht zu bestimmen, und den entgül-
tigen Abschluss fanden die Krisen des Staates ja docli erst
unlor Xenainetüs durch die Verträge mit den Kleusiniern
('AÖTiv. soX. 10, 'i).
Mir scheint nacli den sicher üherlieferlen Daten unter Pylho-
dorna kein Platz mehr für unser Psephisma zu sein. Phitarch,
de glor. Athen, 7 S. 3'i9 erzählt nach vorzüglichen Quellen:
T^ Si StiiSiKXTri (toü ^or<Spo^tüvQ() j^ctpiiTTipia töuov l\t'j9tfixi- iv
Uiiiri yip ot iwo ^'jXü; xaTTiXöov, Der Einzug der Männer vom
Peiraieus und Phyle fand also erst im Bnediomion des Jahres
403 unter dem Arclion Elukleidcs stall, und dieser Einzug ist
die unerlässliche Vorbedingung für die Ehrung der Pliylekam-
pfer. Wenn sich Proll auf Aristoteles 'Aöt]v. tcoI. 'ii,l beruft,
wo sogar die Verfassung nach Pythodoros dalirt werde, so
kann ich ihm nicht beistimmen denn an dieser Stelle ist
zweifellos mit Kaibel und Wilamowilz eine Lücke anzuneh-
men, in der etwa gesagt war, dass Pythodoros sein Amt noch
zwei Monate über die gesetzliche Zeil geiübrt habe, aber nicht
als Kponym gerechnet werde' (vgl. Kaibel, Stil und Text der
7to>. 'AÖnv. S. 201 ). Die SioiWost;, durch welche die demo-
kratische Restauration doch erst rechtskräftig wurde, verlegt
auch Aristoteles in das Jahr des Eukleides ('A6r)v. ■tzhX. 39,1
vgl. Andok. 1.87 ff.}. Selbst wenn man annehmen wollte, was
an sich wenig wahrscheinlich ist, dass der oflizielle Gedenk-
tag später nicht der Tag des Einzugs der Demokraten in die
Stadt, sondern der des Abschlusses der Verträge gewesen sei,
< Nicht unmöglich scheint e.« mir auch, dass ein wesentlich anderer Gu
(liiiiku ausjjerallen ist, ini llu6oSiupOL> [ilv Ipx,"*'^* t^{ Bri^KpaTisE utiaXuSilaiit,
int EiixXiliou St iebXiv xsTaataBilaijs.
ll-FUfin «OEBTK
SO bleibt die Datirung unter P^lhodoros noch immer sehr hi--
deuklicb. Denn mai; auch Prolls Sclipiiltinj; der SiaiXctyoti von
den oj.OÄtat berecliligl sein, sicherlich war der Zwischenraum
Kwischen beiden von den spartanischen SKxXlowtai geleiteten
Massnahmen nur ganz kurz ( 'Afinv. icoV. 38. -'i vgl, Andok.
I,öü), und in dieser Zwischenzeit IkU man für lleaclilüssr zu
lühi-on veniientRr Metriken gewiss keine Müsse gehabt. Audi
die Worte des Psepliisma selbst sprechen gegen seini' Ent-
stehung in jenen Tagen, die Zeilbestinimung öt* al XiaüaY»!
i-^iwvza liisst diese Vorgänge als der Vergangenheil angeliü-
rtg ersclieinen.
Su verdient meiner Oberzeugung nach der Ansatz unter
Xenainetos unbedingt den Vorzug. Dann müssen wir freilich
auch das Psepliisma des Archinos, mit dem das unsrige so eng
zusammengehört, in jene Zeit herabrücken, und dorn steht,
so viel ich sehe, nichLs im Wege. Rine genaue Zeitbestimmung
ictt ans Aiscliines' Angal>en nicht zu gewinnen, aber eine Ein
zethcit deutet doch darauf hin. dass der lieschluss nicht un-
miUelbar nach den Kämpfen zu Stande kam. Wir lesen Aisch.
III, 187 x«t oüSi 10ÖTO lix^ wpä^at «>iutt, *>>' ri>cpt^iac riir ßov~
Ji^r axt^aii(ri}y , Öiot int *tii\r, iTco>iopKT|Oiiaav, Öti AaxE^aif^oviot
xoci ot TpiocKovToi Ttpoai6aX>ov TOi! ««Tx^aSoöit 4*uXtiv. Snrglältige
Ermittelungen des Rats über die Teilnahme an der Verteidi-
gung Phjrles waren weniger nötig, wenn die Belohnung
den Thatea auf dem Fuase folgte, als wenn seitdem eine ge-
raume Zeit verstrichen war. Die Besorgniss, dass die Zahl der
Phylekämpfer nachträglich etwa so anwachsen könnte wie in
unseren Tagen die Zahl der Veteranen und Krieg^rwaisen
aus dem amerikanischen Secessionskriege, war gewiss be-
gründet, .
Beide Beschlüsse, der des Archinos für die Bürger und der
von ihm oder einem Gesinnungsgenossen eingebrachte für die
Metöken stehen in deutlichem Gegensatz zu den radikalen P^-
nen des Thrasybulos. Dessen vom Volke zunächst gebilligten
Antrag, xct^t roi; iK niipxtcb); nuyKaTiXBouai das Bürgerrecht zu
geben, hatte Archinos durch die Klage icapavö^ndtv zu Falle ge-
zu DEM EHRBNDEKRET FUER DIB PHYLBKAEMPFER 397
bracht S aber für eine angemessene Belohnung der Würdigen
treten er und seine Partei ein. Die Zahl der mit dem Bürger-
recht Beschenkten war, wie wir sahen, keineswegs klein, aber
tür einejn Mann, der so gern Bürger geworden wäre, bot der
vorliegende Beschluss keinen Raum, für den Bedner Lysias.
Mochte er auch für die Sache des Demos Geldopfer gebracht
und von Megara aus gewirkt haben (Plut. vita Lys. 7), zu den
Metöken o<rot auvxaTYjXSov ixtco ^uXy); gehörte er nicht, und eio
ist er trotz aller Anstrengungen^ Isotele geblieben.
Greifs wald.
ALFRED KÖRTE
» t<<#.»t
* Auch der Antrag des Thrasybulos ist nicht genau datirbar ; nach Plu-
tarch im liCben des Lysias 8 könnte es scheinen, als sei er vor Eukleides
eingebracht,abcr dem widersprechen des Aristoteles bestimmte Angaben,der
*A07)v. xoX. 40 erst einen klugen Schachzug des Arcbinos aus dem Jahre des
Eukleides erzählt und dann seinen Widerstand gegen Thrasybulos mit {isia
lauTa einführt.
^ Später interessirte man sich für den Streit zwischen Thrasybulos und
Arcbinos hauplsächlich um des Lysias willen und deshalb wird die Sache
bei Plutarch a.a.O. so hingestellt, als habe Thrasybulos nur für Lysias das
Bürgerrecht beantragt; das wird von den Rhetoren dann noch weiter zu-
gespitzt Ivgl. Maxim. Plan, schol. in Hermog. V, 3i3 Walz). Erst des Ari-
stoteles Schrift vom Staat der Athener hat den Sachverhalt aufgeklärt,
den gewiss schon Lysias selbst in der Rede icipl xcäv i8i(i>v iuipYiauov ge-
flissentlich Terdunkelt hatte.
KLEINASIATISCHE STUDIEN. VI.
Inschriften aus Pfarygien.
^ Die Veröffentlichung dieses Restes meiner 1893-95 gesam-
melten Inschriften ist durch die von meinem Bruder Gustav
und mir im letzten Sommer in Gordion unternommenen Aus-
grabungen länger als ich wünschte verzögert worden. Die
ziemlich geringe Zahl neuer Inschriften, welche wir beide
auf der Durchreise in Dorylaion und Pessinus abschrieben,
habe ich unter Nr. 42-49 und 63-69 zu den älteren hinzu-
gefügt, weil sie mit dem eigentlichen Zweck unserer Expedition
nicht zusammenhängen und in die von uns geplante Publi-
kalion sich nicht recht einfügen lassen.
Indem ich hiermit die Reihe der Studien abschliesse, wel-
che durch die Liberalität der Generaldirektion der Anatolischen
Eisenbahn ermöglicht wurden, drängt es mich, den bei ihrem
Beginn vor 6 Jahren ausgesprochenen Dank für diese gross-
herzige Förderung wissenschaftlicher Arbeit noch einmal zu
wiederholen. An erster Stelle gilt mein Dank Herrn General-
direktor Otto V. Kühlmann, der in seinem regen wissenschaft-
lichen Interesse den Enlschluss der Gesellschaft veranlasst und
meine Studien stets mit wahrhaft väterlichem Wohlwollen
unterstützt hat.
1. Aizanoi (Tschawdyr-hissar) auf dem Acker nahe dem
Dorf. Grosser Block aus blaugrauem Halbmarmor, wol der
Wand eines Gebäudes entnommen. Höhe 0,96", Breite 1,42",
Dicke 0,28". Buchstabenhöhe 0,03-0,035". Feine vorgeritzte
Linien.
6 So6s!; uTTcp Tou (xeviv ispea
'ApJcsaiXdcou.
KLElNASlATrSCHE STmiEN. Vt. 31)9
5 'Aypfi TOÖTOv 11t' öpio Qofi j^api
TDV ßols(T)lO(JLÖV ,
[/,«, TQIOI ftpElU.
Die Schrift ist sni-glällig; tiiil ihren elwas j-ezierten Formen
— Eund H mil frei sciiwebenilem Querstrich, P mit Schiieckpn-
winiliing — gleicht sie der des Avidiiis Quielus- Briefes um
Zeuslempel', ial aber niciit ganz so fein und gleichmässig.
Voraussieiillich gehört der Stein dem zweiten Jahrhundert
nach Chr. an.
Den achten Huctisluben der Z. 6 hielt ich , als ii:h im
Oktober 1893 den Stein bei strömentiein Hegen abschrieb, für
ein etwas bescIiäiligleB S. liei einem zweiten Hesuch des Or-
tes im Juni 1895 fand ich die Platte zwar noch am alten Platz,
aber zum Abtrittstein zugehauen. Das Loch hatte den zweifel-
haften Buchstaben verschlungen, und einer der umherliegen-
den Splitter enthielt zwar die drei folgenden Huchstaben.aber
gerade auf dem wichtigen hatte derSleinhauer seinen Meissel
angesetzt. Da ich bei der ersten Abschrift did Worte eum Teil
nicht verstand, möchte ich mir lieber einen Ijcsefehler zu-
trauen als dem Dicliter oder Schreiber die Form ßolsaiiuLov
auldriingen.
Das Orakel liat der Priester Demetrios des Arkesilaos Sohn
durch einen gefälligen üotl erteilen lassen, damit er Priester
des Ktistes. wol über die gesetzliclie Zeit hinaus, bleiben
könne. Wer als Grüniier der Stadt verehrt wurde, können wir
nicht sagen, denn in dem Artikel 'At^Kvot des Stephanos von
Byzanz, der uns allein über Sagen rler Stadt berichtet, wer-
den zwei mythische Gründer genannt. Stephanos citirt I'ur
die Form At^avoi ^ statt 'Ai;»voi eine Stelle llerodians [Li icpw-np
< Vgl. die facsimilirte Probe in der Feslschrin Ttir Benndorr S. 213 Fig. I.
' Diese Form herrscht ausscliliesslich in den Urkunden und Münzen der
Siadi, aber der xur Zeil der asianischen Kalenderreform amlirende äp^u-
fiijt T^{ 'Ailoif lieisst nur aurdemtSlein von Ap»meia A!i;iavI;T|{, auf dem
von Priene*. .4. /. 18'J« a. eS'J Z. 3i und 71) "AtaiviiiK beiw, ■A^wyilr.n,
das Schwanken des Naiuens isl also alt.
■REU KOEriTE
voi. Daneben erzühlL er ausCülirlich nach Hermogenes eine an-
dere AtileiLung des Sliidtenamensaus den phr^gisclien Wörtern
oÜKvoüv (F'uclis) und j^iv (Igel). In Zeilen einer Ilungerenot
versölinteßu[)liorl)08die Götlerdureh Opfereines Fuchses und
eines Igels, deswegen wählten ihn die dankbaren Umwohner
zum Priester und Anführer und die StadL empfing den Namen
'E^Quivoyv 'Igelliichs', woraus allmählich die Form 'A^iviov ent-
stand, Gerade weil der Name tluphorbos mit dem Sladtnamen
nicht zusammenhängt, wird dieser Einzahlung destlermogenes'
eine Lokalsage zu Grunde liegen, (Jer von Menelaos erlegte
(POff.)Panthoide Eluphorbosheissl bei Nomer freilich l>ardaner
(11807), aber schon Kallimachos hatte ihn Phryger genannt-
und es ist wol möglich, dass eine phrygische Stadt den durch
Pythagoras berühmt gewordenen Helden für sich in Anspruch
nahm. Dbenso gut kann freilich ein alter phrygischer tleroen-
name in Fuphorbos gräcisirt sein, gab es doch auch eine
Stadt lüuphorhioo im südwestlichen Phrygien (vgl. liamsay
Cilies and bishoprics of Phrygia I 75(j).
Das Orakel, dessen Verstandniss mir Merr Geheimrat Diels
erschlossen hat, ist absichtlich dunkel und in altertümlichen
Formen abj^eCasst: 'Auf. mache Dich mit schneller Hand an
diesen Fischzug, emsig bemüht; denn er wird reichen Ertrag
geben denen, welchen ich (der Gott) ihn verleihe'. Es ist wof
zweifellos , dass der Dichter das Bild des Fischzuges dem
berühmten Orakel entlehnte, mit dem der Akarnane Amphi-
lytos vor der Schlacht von Pallene den Peisistratos zu raschem
Vorgehen antrieb (Her. I, 63):
'Gppiicrai S' 6 ßöXo<, tÖ Si Sixtuov iKicintTaaTCti,
' Das Fragment steht bei Müller F.H.G, III 52^ unter Hermo^nes Ton
Tarsos, at>er ungleich näher liegt es doch, es den 'Kalm xiiosic des Herino-
genes von Smyrna zuzuweisen, die wir aus der in!ichrirt(^./.G. II 33t 1 ken-
nen. Es ist erfreulich, diesen nur durch die In^chrin als Historiker bekann-
ten Arzt auch in der LlLteratur einmal aniutreftcn.
' Oalliro. fr. 83* Schneider=Diog. l.aert. I, i,3, ebenso nennt iliD Jani-
blichos de Pylhag. mla 63.
KLEINASIATISCHE STUDIEN. VI. 401
Im Einzelnen bedürfen einige neugebildete Wortformen einer
Krklarung. Von ßtilo^ Pischzug ist zunüchst ßolito; eine ganz
richtige Weilerbildung. wie xoniTÖ; neben köxo;, tokitö; neben
TÖxo; steht, von diesem, vielleicht nur zutiillig in der LitLera-
lur nicht nachweisbaren Subslantiviim ist dann weiter dus
Verbum ßolniCw 'einen Fischzug ibun" abgeleitet, und des-
sen VerbalsubstanLivum haben wir in ßo>iTi(ifjiö(. In der Ite-
deulung weicht diese künstliche Neubildung von dem ein-
fachen ßD>o( kaum ab, aber sie widerstrebt wenigstens den
Gesetzen der Sprache nicht während die Form ^tpEtt» unbedingt
sprachwidrig ist, eine falsche Analogiebildung zu den epischen
Conjunctiven Sx;ji,itw, Mf_%ibi u. s. w. Ob TeuTotsauv eine der le-
benden Sprache angehörige Nebenform zu tiuTÄi^cuv ist, so
wie [Jpiaau und ßpi^w neben einander stehen, oder ob auch
diese Bildung nur spruchlicher Ziererei ihr Dasein verdankt,
wage ich nicht zu entscheiden. Wahrscheinlicher ist wol das
Lelzlere-
2. Ebenda in einer Hausmauer. Rings beslossene Platte
aus Malbmarmor, die linke Seite sehr verwittert. Höhe 0.31"',
Breite l.iO"". Dicke 0.56'". ßuchsLabenhöhe 0,02".
f////,Tn^OSMn//;i/////iEYTYXEZTATATHnOAEtHMßN//rA/Ai/M,{Al
'/KA10NKM7APAAPOY20NrEPMANlKONTONYION(I>Y;i;(EIO-:AZ|ü
///,:./,jyZTn\'/f ;N2EBAZTnN^*iKnEfH't>IZAT0STE*ANHd;;;PH/i;/;Ai
•:?f//Äitti't^^A'""^"^ ^' '^ laSAZIONMENOMISASAKAITAYTiffif
5 fflÖ'ÄOMnZTANAYOeEnNMlAnP0rPA*HMIAATEAHAfi{i)
HKAF^ —
. . . TÜ KDSfJiu [xai] tÜTUj^iffraT« tä itoXti Tiftdlv .......
Ntpuva K\aiJ]Sioii KKiisp» Äpoüoov TipjiaiviKov tqv utöv ipü[3]£i [Qi]«(['AYptwitiivr,(
. . TIÜ [MYi](ITül[l (?) TÜv] StSaOTÜV [oiJKU, El|lYJ^{aXTO TT£^KV)5^[D]p>i[o]*[l
..... xai] iv iyüoiv o[[jL]Qi(ü;; ä^iov [ae vojAt-jaoa xoel TaÜT[in t^( Tiftfl^
ü)5t' ätv (?) Suo 6i(Lv [jLt£ jtpoypaip^ [xtä otT e^Tiot
, . , , . . 7) Kict IV
403 ALFItBD XOKRTB
Die Scilpift ist acliarf nnd fein, mit grossen geschwung-
nen Apices an den Rnden der Hasten, der Querstrich des ©
isL f^anz durchgezogen.
Der Stein ist offenbar ein neues Bruchstück der von Lo Bas-
Waddington Hl 857-59 behandelten Urkundenreibe. Rin um
den Kuh der Kaiser von Augustiis bis Claudius durch reiche
Schenkungen verdienter Mann hat erst ein Ebrendekrel der
Gemeinde von Aizanoi ( Le Bas - Waddingtoo 857) und dann
einen Brief an die Panegyriarchen und den Finanzhcamten
der Stadt in Stein hauen lassen. Der Gedanke liegt nalic. tias
neue Fragment in diesen Brief, in dem der Wolthäter seine
Verdienste mit echt asiatischem Wortschwall preist, zwischen
die Nummern 858 und 859 einzuschieben, aber eine Ein-
zelheit macht es wahrscheinlicher, dass dies Bruchstück ei-
nem zweiten Briefe desselben Mannes angehört. In dem Ein-
gang des ersten Briefes nennt sich der Schreiber Priester des
Claudius und des ßritannicus', Nero wird ebenso wenig ge-
nannt wie in einer gleichzeitigen Weihung des Menogenes
Nannas' Sohn (a.a.O. 85ß) an den Kaiser. In dem neuen
Bruchstück ist dagegen die Beziehung des Namens in Z. 9
auf Nero sicher, denn nur er führte seit der Adoption die Na-
men Claudius Caesar Urusus Germanicus^. Es scheint also,
dass Nero nach der Adoption in den Kaiserkult der Stadt mit-
aufgenominen ist, und ausser ihm auch seine Mutter. Agrip-
pina heissl in derlnschrin selbst Oiet, wenn, wie kaum zu be-
zweifeln, meine Ergänzung der Z. 3 richtig ist — da Neros
leiblicher Vater nicht zur kaiserlichen Familie gebort, wird
nur die Mutter genannt. Die Kulte von Mutter und Sohn sind
anscheinend zu gleicher Zeit gestiftet, denn der Verfasser der
Inschrift rübmt sich Z. 5 durch einen Beschluss zweier Göl-
ter Priester geworden zu sein. Dann ist diese Inschrift ein
* WaddJDgtons ErgäniUDg 858 Z. 5 f. Ti6if>T'Du KXauGisu Kaf[aapot Bpttw-
viioS ist sicher.
* So auf dem Bogen des Claudius CLL. VI 9SI, 4uDd6'. /. G. Sept. 168,
vgl. Prosopugraphia imperii Homani 1 3G'J. Dem alleren Drusus fehlt der
Beiname Caesar.
KLB1NASIATI8CHB STUDIEN. VI. 403
Nachtrag aus dem Jahre 50 nach Chr. zu dem ersten zwischen
43 und 50 anzusetzenden Brief. Der loyale Priester, vermut-
lich der in Nr. 856 und auf Münzen genannte Menogenes
Nannas' Sohn, hat gegen gebührende Ehren auch die Last der
beiden neuen Priestertümer auf sich genommen. Leider fehlt
zu viel, um den Wortlaut der Inschrift herzustellen.
3. Ebenda im Flussbett des Rhyndakos. Staluenbasis aus
Halbmarmor. Höhe 1,80'", Breite 0,80", Dicke 0,80™. Buch-
stabenhöhe 0,04™.
*H] ßouXy) xai 6 StipLO;
S(i>]pov MiQVOf iXou
VSü)]x6pOV TOO iAlO<
5 £vS]pa f iXoTTotTpiv
TLQLi] f iXÖTStpLOV
£v ffTjpaTYjyiat; xal
£V >i]aTaa>isuai;
7coX]Xy)i TYii we[pt
10 T7)v TTajTpiSa iuvo(ai
[XpTQ<X(fe(X£VOv].
Meine Abschrift enthält keine Notiz darüber, ob die Inschrift
vollständig ist, doch scheint mir ein Participium alsAbschluss
kaum zu entbehren.
4. Ebenda in einer Mauer. Giebel einer Grabstele aus blau-
em Halbmarmor.
Im Giebel neben einem Krater:
£TOu; (ioß',
auf der unteren Giebelleiste:
AY)(i.Y)TpCiO< 'Afitb) TY) |il.Y)Tpil [i.VY)|il,Y)< eVCx[|V.
* Seit 43 beissl des Claudius Sobn Brilannicus, ins Jahr 50 fällt Neros
Adoption.
404 ALra»D EOBRTB
Die BuchBiaben seigen unregelmiw^^ Porfiieo« aiiffiiUeiid
s. ß. Ä mit überragendem recbteo Scheokel.
Seitdem Buresch (Aus Lydien S. 20 CT.) die Geltung einer
Ära voD Actium neben der sullaniacben für Lydien erwie-
sen hat, muss man die Möglichkeit einer Datirung nach der
jüngeren Ära auch für Aizanoi in Betracht ziehen, and die
orthographischen Seltsamkeiten dieser Inschrift AnftnTptuK, ftn-
Tpii lassen, ebenso wie die Buchstabenformen, die Entetehung
im Jahre i 42 nach Chr. glaublicher erscheinen als 88 nach Chr.
Ein sicheres Urteil ist aber m. E. nicht möglich, bevor niebl
unanfechtbare Beispiele der actischen Aera aus der Aizanilis
beigebracht sind.
5. Ebenda in einer Mauer. Weisser Kalkstein, links ge-
brochen. Höhe 0,07", Breite 0,35".
aiKl [AviofAtic 2v]iiuv ^9 Itou^ ^ p^vi' (168).
Den Schriftformen nach könnte die Inschrift ebensogut ins
Jahr 84 nach Chr. wie ins Jahr 138 nach Chr. gehören.
6. Ebenda im Pluss. Altar; vorn in einem Kranz ein
aufgerolltes Blatt Papier, darauf die Inschrift. Buchstaben-
höhe 0.02".
n. Arx(ioc)
Bü)Xav6c
xat My)v6-
5 £ü)ai:vSp«
a Nii>iO(x«
Xfd^ vo-
10 £t(io) X«'.
In Z. IQ 9tebt das E über dem T.
KLBINASIATISCHB STUDIEN. Vf. 405
7. Rbenda im Fluss. Altar aus llalbmarmor. Höhe 1.10".
Breite 0.65'",Dieke 0,65'". Buclistabenhöhe 0,025".
AaS-nc Ato(i.Y)!(y) uo) (!) p.[vY)»
8. Ebenda am Waschplatz. Kalkstein-Stele in Form einer
Doppelthür mit Giebeln über Rundbögen. In den Bögen je
ein Adler, auf den Bogenleislen die Inschrift. Höhe 1.10",
Breite 1,36". Dicke 0.027". Buchstabenhöhe 0,02".
Auf dem linken Bogen: Auf dem rechten:
9. Hadschi-köi. 4^ nordöstlich von Tschawdyr-hissar, im
Ort gefunden. Altar aus Halbmarmor. Höhe 1,22", Breite
0,59", Dicke 0,46". Buchstabenhöhe 0,03". Buchstabenfor-
men ¥o.
Aup. *Aa)cXt}TCideS[Y)<
XX<i>v (!) Töv wa6Y)(i.aT[<i)v
5 1970) (ASTOC
In Z 1 ist das A nachträglich klein eingeschoben. Am
Ende von Z. 2 fehlt nichts, es stand also nicht äico [icojXXov
auf dem Stein , was auch mit dem Artikel nicht vereinbar
wäre.
10. lladschi-Mahmud-köi,5'" östlich von Tschawdyr-hissar,
am Brunnen. Doppelthür aus Marmor mit Adler und Frucht
korb verziert. Höhe 1". Breite 1,50". Buchstabenhöhe 0,03".
Ta T^KVa ExiTQfOL^ioL piY)Tpi Kai
EuT[ux]tXa waTpi (i.vY)(i.t}c X*P'^*
406 ALFRED KOBRTB
11. Auschar, etwa 9^ östlich von Tseliawdyr-bisaar, im
Minareh. Kalicsteinplatte. Höhe ± 0,20", Breite d= 1,00".
Buehstabenhöhe 0,035".
A-i-Ki-KAAYAlANHAIKI iwY4>fiiiA I
k-l-OYNIAMAPKIANHMHTPIk
AIKI NIOCAPTEMIAaPaTfAn
4>IANaYlaK KAnETfiAINfiK'O
5 K MAPKIANfiHPfiCINK-EAYTH
ZaCA
Aixt(v{oi) KXoiuStoiyy) Aixi(v{q) [*P]ouftt Mft[Tp]t
xk *Iouv{a Mapxtcivi) |AV)Tpt xe
Atxiviog *ApTf[AiS6^pcd i[(S] *Air«
f tavc& ul(ä xf KaircTCdXivcd x[i] *Po[uf ca
5 xi Mapxtavc& vipttotv xl iotuTi)
Da AixtvCa KXauStavv) nach Ausweis von Z. 4 f. allein den
Stein setzt und zwar ihren Eltern, ihrem Sohn und drei an-
dern männlichen Verwandten, die sämtlich als rifm^ bezeich-
net werden, muss in Z. 3 ein Irrtum des Steinmetzen vorlie-
gen, der für Atxtvto) den Nominativ einsetzte.
12. Tauschanly, etwa 60*"" nordwestlich von Tschawdyr-
hissar. Reiche Grabthür aus Halbmarmor. An den Seiten-
pfeilern Rankenwerk, auf dem Thürgesims Bukranien zwi-
schen Blumengehängen, im Thorbogen die Inschrift auf einer
Platte mit keilförmigen Ansätzen. Höhe 1,80*", Breite 1,10",
Dicke 0.30". Buchstabenhöhe 0,02".
'AvTixXiig 'Ap-
T6(JLiSü>p(i> «-«
KLEINASIAT18CHB STUDIEN. VI. 407
13. Ebenda, an einem Brunnen. Grablhür aus Halbmar-
mor. Im oberen linken Thürfeld Spiegel, im rechten Schloss,
im Thorbogen Arbeitskorb, darüber im Giebel Granatapfel.
Höhe 1,00", Breite CTO"*. Buchstabenhöhe 0,025"*.
OpsipLo; xal TdcTstov piv2Tps[i
14. Maimul, eine halbe Stunde von Tausciianly, an einem
Brunnen. Marmorstele in Form einer dreifachen Thür, das
linke Drittel fehlt In den Giebeln Korb und Adler. Höhe
1,42™, Breite 1,25°". Buchstabenhöhe 0,015".
An der mittleren Thür •
an der rechten Thür:
15. Ebenda in der Mauer eines Pischweihers. Altar, zur
Hälfte im Boden. Breite 0,55", Dicke 0,50". Buchstaben-
höhe 0,03'".
AYCINTEKNOICINTHNATTO
EYKTEANXAPINvUTHPAYFPA
TOYTOYCErEhWMKATAENA
©AHTwAEOMGYrON EYCI
5 XPHCTOIAECnOTAICITElMl
Suaiv Texvotaiv rov airo|€uxTeav X^P^^
(XYimp Xuypd I , TOUTOu^ ^yivoiv (!) xaToc eva, | OdeirTOi
ii opLOu' Yoveudt I xp^<^^oii SiO7V0Tat<Ti Tc{[xt[ot.
Der unglücklichen Mutter, die ihre beiden einzeln geborenen
Kinder zusammen begrub, sind die versuchten Trimeter nicht
recht gelungen ; der jetzt nicht sichtbare Teil des Steins ent-
408. ALPRED KOBRTE
hielt noch einige Lobeserhebungen der von Ellern und Herren
geschätzten Kinder.
16. Ebenda. Altar, zunrTeil im Boden. Hohe 0,55*", Breite
0.45"". Buchstabenhöhe 0,02".
"EJtou; tSi' [xiqvoc Se6a<iTo[ö
xaT«[axiüa<i€v Te-
Xia^opo; "Atutty) (xiQTpl Y^[u-
xuram (Avifipiioc X^P^^
5 x]l Ao|iLtT((i> Au(devovT[i,
& <iuvl2^'n«v Ti "Attttttj xa-
>]ö? Ity) 16 ', xal Ti^iff-
[f6p(i> Tä^ iSicd 7raTpt](?)
Bei dieser Inschrift ist kaum ein Zweifel möglich, dass die
Datirung auf das Jahr 312 nach der sullanischen Ära = 228
nach Chr. zu berechnen ist. Denn nach der actischen würde sie
ins Jahr 282, d. h. in eine Zeit fallen, der äusserst wenig In-
schriften Phrygiens angehören. Bemerkenswert ist die Be-
zeichnung des Stiefvaters, mit dem die Mutter, vielleicht ohne
rechtsgültige Ehe, zusammenlebte. Die Zahl der Jahre dieses
Zusammenlebens ist unsicher; es folgte offenbar der rechte
Vater Telesphoros.
17. Ebenda. Marmorne Stele in Form einer Doppelthür.
Rankenwerk an den Seitenpfeilern, Blumengewinde in den
oberen Thürfüllungen, Arbeitskorb und Adler in den Thor-
bögen, darüber im Giebel links ein Spiegel, rechts eine Pal-
melte. Höhe 1,00"*. Breite 1,30™, Dicke 0,20"*. Buchslaben-
höhe 0,02"*.
Am linken Bogen :
'Apiavo; xai Tiiuo)cpaTYi; xai BipovcixiQC
am rechten Bogen :
|XY)Tpi xai Tcarpt J[(i>v(T)t Yoveuat yXrjy.rjTxxoi^ (/.vy)[jiLY); X^P^^
Statt des t in ZJcovti steht irrtümlich ein y.
KLEINASIATISCHB STUDIEN. VI. 409
18. Girei-Tschalköi, zwisclien Tschawdyr-hissar und Al-
tyntasch. Stele aus weissem Marmor in ein Haus eingemauert;
in einer Bogennische steht eine Frau in Chiton und Man-
tel, die Rechte vor der Brust, in der Linken Rocken und
Spindel, der Kopf ist abgesplittert; neben ihr am Pfeiler eine
kleine Büste mit abgeschlagenem Gesicht. Höhe 1,50"*, Breite
0,60'". Buchstabenhöhe 0,02™.
•A ? xi Tdcraxo? xi (A)u(ia.
XaptC «Wcqy' (293).
Das OL hat stets die Form A. Den ersten Buchstaben des
letzten Namens in Z. 1 las ich A. aber das wird ein Irrtum
sein. Der Frauenname in Z. 2 bleibt unsicher.
Nach sullanischer Ära ist das Datum 209, nach actischer
263,ersteres ist wol wahrscheinlicher. Bs verdient Beachtung,
dass die in Lydien so sehr übliche Datirung der Grabsteine
sich in Phrygien last nur westlich einer etwa durch die Ei-
senbahn Kutaja-Afiunkarahissar bestimmten Linie findet.
19. Bunarbaschi, 20*"" östlich von Tschawdyr-hissar. Mar-
morsäule, zum Teil in der lirde. Durchmesser 0,40". Buch-
stabenhöhe 0,025'".
'AxuXio; yLtxX Ta T6>cva
aUTOÖ AI ßpOVTÖVTl
Diese Inschrift ist wiederum eine nichtsepulkrale Weihung
an Zeus Bronton^ Cumont hat in dem Artikel *Bronton* in
Pauly- Wissowas Realencyklopädie III 891 die Ansicht ge-
äussert, Dorylaion sei Hauptkultstälte dieses Gottes gewesen.
Das scheint mir irrig zu sein. Allerdings ist die Zahl der in
Dorylaion gefundenen VVeihungen an ihn recht gross, mir
< Vgl. M.A.L 1899 S. ^43; elienda S. 4'i2 auch über die Form A(.
\THBN. IIITTHEILUNGEN XXV. 27
410 ALPHEb KOERTB
sind deren 13 bekannt', aber Dorylaion lial überhaupt mehr
Inschriften geliefert als die meisten anderen Sladte Pti rygiens;
mit den unten veröETenllichten steigt die Summe auf 10?.
Zeus Brooton war aielier riiclit die am liöclisten in Uorylaion
?eralirte Gottheit, denn nicht die nach ihm^. sondern die
nach derGöttermutter benannte Ph}'le rühmt sich die erste zu
sein'. Der Kultus des GoLLes wird, weil siel) an ihn so ^ern die
Verehrung der Toten ünachliesst. überall in den Üürlern nicht
weniger eifrig gepflegt als in den Städten; als sein Mauptgu-
biet wird man den Landslricli ansehen dürfen, der im Norden
durch den Mittellauf des Sangarioa^, im Osten durch dessen
Oberlauf und die Haimaneb, im Süden etwa durch die GrenEe
von Lykaonien und Plirygien, im Westen durch den Rhyn-
dakoa umschlossen wiid. Dieser Bezirk ist zugleich das Ge-
biet, in dem sich dsB phrygisclic Volkstum am reinsten und
kräftigsten erhalten hat.
20. Tschakyrsas, 2^ nordöstlich von Allyntasvh. Marmorne
Platte, unten gebroclien. Höbe O.G-i"", Breite 0,52", Dicke
0,38". BuchsUbeabdhe Ü,Ü3'".
Auf der oberen Kante des Rahmens, der die SchrifiQache
umgiebt, steht die Inscbrirt des Steinmetzen:
Aüp. *AÖt)vöKoto; Äoxt[tiü{ ti-
Im eingerahmten Felde .
Tov 6töv uol (I) [XY] ä$ix'r)ot((!)
■ Cunionls Autzälilung isl leider irrerülirend. Von den rürif durch Donia-
siewski, Arch.-cpigr. Mitlheil. 1883 vcrüfTcntlichlcn Steinen, die er anführt,
gehüren vier nicht nach DuryUion, ihre Fundorte sind his 75^ von jener SUdt
entrernl; auch C.I.G. 38IT h stammt nach Gerhard. Arch. Anz. 1848 S. 107
mir aus der Gegend von Durylaion. Zu ttadels Sammlung | En PUrygU Nr.
Xir.l sind hinzugekommen GÖUingische gel. Anzeigen 1897 S. 408 (T, Nr
52. 53, 54. 56 und M.A.l. 1900 S. 120.
* Götlingische gel. Anzeigen 1897 S. 400 f ; dass der Zeus, nach ileni sie
Alis heisst, ehen der Brontun ist, wird man annelimun dürfen.
3 Ebenda B. 400 Nr. 45.
* U.A.I. 1899 S. 442.
KLB1NAS[*TISCHE STUDIEN. Vi.
Tpd!pi|/ci( 'AiiTtp(iiTO(, 05 I ffOipJn xal Y^(i(iTi xstl sitio|Ty)[jtY) l
10 7c«Tp{|SQ5 7rpOliTi|jLivo( poulii || xoti Y¥Ü[i.ii ajtavxuv
nXvjpbijaa; tk ftri, dtTcip öiö; üptjatv ocvTä,
Oie Scliriflzüge sind ungcwölinlieli fein und sorgläUig, die
Zeilen durch vorgeritzte Linien begrenzt. In Z. 10 ist das v
von Yvufx,yi nachtriiglich übergeschrieben.
Aureltos Athenodotos aus dem 50"^ entfernten Dokimion,
wo der nach der (landfilssladlSynnada benannte Marmor ge-
brochen wurde', hat seine Kunst, auf die er so stolz ist, aus-
schliesslich durch die Schrift helhütigt; im Gegensatz zu den
in dieser Gegend üblichen, reich ausgeslalLelen Grabthüren
ist dieser Stein ganz schmucklos. Da die KiinsLlerinschrifl
dasselbe unglückliche Bestreben Verse zu schmieden zeigt
wie die eigentliche Grabschrifl, wird Athenodotos auch für
die lilterarische Form des Denkmals verantwortlich sein.
Auch abgesehen von der das Metrum nicht herückBichligenden
Ginschiebung des Namens in den zweiten Vers ist keiner der
fiinf Hexameter fehlerfrei. Der letzte Vers, der einen hübschen
Gedanken der populären Moralphilosophie enthält {vgl. PJut.
cnnsoi. ad Apoll. 106F, Kaibel Epigr.Gr. G13, 6) lallt
ganz aus der Konstruktion. Die spracliliclien Barbarismen,
vor allein loi jav) iSiKTian für 00 (iT) iSixTiiTi; im Verein mit dem
Aurelicp- Namen des Steinmetzen nötigen, den Stein jünger
anzusetzen, als man es nach dem Schriftchar^ikter ihun würde;
er wird kaum erheblich vor ?Ö0 nach Chr. verfertigt sein.
21. Fbenda. Starke Marmorplatte mit Giebel, die Schrift-
flüche umgeben von einem gut gearbeiteten Maanderband. Höbe
1,1"'°, Breite 0,9»'", Dicke 0,55'". Buchstabenhöhe O.O'i'".
Auf der oberen Leiste:
COlMHAMKHCIC
< Vgl. SlrabuXlliTT.
412
ALFRED KOBRTE
Auf *ler umrahmten Schrififläche
mm'mmmmmm'/mmm'iio tt o n
..Mmmm/ifsmmii h a e n e
5 rhisie\cmimWimmiM a n h p e N,§A
A e K I T A I Äi«»»S^NO C ß K A
TAKITAIZgSC XPONONHMI
TeAHCACKOPff(^fenßNY
MlHCKeKAHMeNOCeNMePO
10 necciNogenofHceoeoN
AlTTßNTONKOCMONATTANTA
TTOAY I iMlOCeNOAAeKITAI
CYNKOYPIAIHTAAOXßAMAPAN
THCeMNOTATHI^YIßKYPIAAß
15 TAXYaf/OirßOC0A»f;ieOC
AYnH CeN AerONICkTHNCYN
reNIANATTACANANAPAMlAIXION
KeYKAeAf SAiAAof c foAenAn
niKIOCK-OeOAOTOCeTIZßN
20 TeCMNHMOCYNONenOlHCANe
AYTOICCYNTAICrYNAlZlN
KMATPßNHAA A Ai^'/If^e K N AAYTßN
KYPIAAOC'^eYTYXIOCl^nATPIKIO/i
§1 AnniKIOSii ;IHCANMNHMHC
Die Sclii'ifl war anscheinend weniger sorgläUig als bei dem
vorigen Stein, sie ist ungemein stark verwittert. In den ersten
Zeilen konnte ich vor dem Stein nur vereinzeile Buchslaben
entziffern, auch der Abklatsch versagt hier.
/. 24 sieht ausserhalb der umrahmten Schriftfläche auf
dem unteren Hände des Steins.
Die erste Zeile liisst sich nach der vorigen Inschrift ergän-
zen Tov Oeov] <joi |i.T) iiSticr)<Ti? Die Wiederkehr derselben Sprach-
lehler lasst an gleichen Verfasser denken, auch die Form des
Steins und gewisse Wendungen der barbarischen Verse führen
KLEINASIATISCHE STUDIEN. VI. 413
darauf, dies Denkmal ebenfalls dem * Künstler' Aurelios Athe-
nodolos von Dokimion zuzuweisen, aber Abweichungen der
BuchsLabenformen, vor allem ß statt (&), sprechen dagegen.
Z. 3 YjSg 7Cl|[w]p(i)[u.6]v[0V
Z. 4 T]ri\i I yvcüOtff
Z. 5 avr)p iv[6]4t|S6 xirai
Z. 6 -w vodü) ycaJTOfJciTai Cfw^i]? XP^^^^ 7)(JLt|T6^r,aa5
10 Kop[va^(] i77<i)vu{oLiY); (!) )cs)c>Y)acvo; iv pL6po|TCiaoiv,
o[;] 6:rö[8]Ti<T6 Osov, I ^iTToiv Tov x6<T(xov awavTa, |
ffUV XOupiSlY) T* a>6^(i> 'AüLapXvJTIO <II|JLV0T&TY) tü
15 ulw KupiXXoi I Tay u[(iL]oip(i) , o; 6de[vi v]eo;*
>ü7UY)a6v Se yovi; xi t7)v (yuvlygviav awaffav,
oLvSpa (jLiXi^tov I xe suxXea [iv] 'AiSao.
...0 Se Ila7c{7rix.io( xk deöSoTO; eri C<<>vKs<
20 ,u.vY)|x6iuvov fc7uotyi<Totv 6|auT0l; ouv Tat; yuvat^iv |
)C6 MaTpwvY)' iXkcL [>C6 Ta TJexva auTöv |
KupiXXo; )ce Eutu^io; xi IIaTpixio[; | xe
n]a:rwixio[; iwo]ir,(yav |xv7)[jly)( | [x^P^v].
Die selbst für ein spätes phrygisches (Jrabepigramm unge-
wöhnlich schlechten und verworrenen Verse gehen von Z. 12
an ganz aus den Pugen. Z 12 ist ein llexameterschluss, zu
dem der erste llalbvers fehlt. Die folgenden Zeilen sollen trotz
des überschüssigen cuv unJ der metrischen Schnitzer offenbar
Hexameter sein. Z 17 f. ist ein ganz für sich stehender Vers,
der dem Verfasser aus irgend einer anderen Grabinschrift
in iilrinnerung geblieben war; der Raum gestattet nicht, ihm
durch lllinschiebung von ts hinter avSpx und das epische fiv
für ev metrisi^h aufzuhelfen. Selbst die folgenden Namen müht
sich der Verfasser in Verse zu zwängen, wie namentlich Z. 20
(xviopLoouvov iTcotYiaav zeigt; dann giebt er die Sisyphosarbeit auf
und fügt den Rest der zahlreichen Sippe, die an dem Grabe
Anteil hatte, in Prosa hinzu.
Man könnte aus V. lOf. vielleicht schliessen, dassderVer-
414 ALFRED KOERTE
storbene, der die Welt verlüsst, um zu Gott einzugeben, Christ
gewesen sei^ aber bei dem Fehlen jedes christlichen Abzei*
chens möchte ich das doch nicht für wahrscheinlich halten.
Uass der Tote zur Gottheit eingeht, sich mit ihr vereinigt, ist
alter phrygischer Glaube^.
22. Kutaja (Kotyaion), bei dem neuen Gefängnis, vielleicht
aus Aizanoi verschleppt'. Altar aus blauem Halbmarmor.
Höhe 1,20°', Breite 0,45", Dicke 0,40^ Buchstabenhöhe
0.03".
Aup. rXuxMv
Mdtpxo iroiTpl [xi
njotoXlf) |AV)Tpl
23. Ebenda im Griechenviertel. Säulenstumpf aus Kalk-
stein. Höhe 0,45", Durchmesser 0,30". Buchstabenhöbe
0,04».
+
*A«x«vi-
OU [AV1Q-
fiV|XT)? (!)
Xipiv.
+
Dss O hat eckige Form o
24. Beim Bahnbau zwischen Akkaja und Sapundschi-bunar
bei km. 36 gefunden und nach Elskischehir geschafft. Altar aus
grauem Marmor. Höhe 0,88'", Breite 0,39™, Dicke 0.27".
Buchslabenhöhe 0,02".
< Auch die dem Epigramm vorangeschickte Warnung, wenn ich sie rich-
tig nacli der vorangebenden Inschrift ergänzt habe, giebt beiden Steinen
scheinbar ein christliches Gepräge.
2 Vgl. besonders Ramsay n.CJI. 1898 S. 236.
3 Das Gefängnis ist 1893/4 meist aus den Sitzslufen des Theaters von Ai-
zanoi erbaut, auf meinen Bericht hin hat aber Exe. Hanidy-ßcy dafür ge-
sorgt, dass den Provinzialbehördcn die fernere Verwüstung der schönsten
Ruiuenstätte Phrygiens energisch verboten worden ist.
KLBINASIATISCHE STUDIEN VI. 415
Vorn oben eine weibliehe (?) Büste, im Hauptfelde Diony-
sos mit dickem Epheu (?)-Kranz auf dem Haupt, emem schär-
penartigen Gewandstück schräg über den Bauch, einer Traube
in der Linken und einem einfachen Stab in der Rechten. Ne-
bris undThyrsos sind von dem sehr ungeschickten Steinmetzen
offenbar missverstanden. Auf der rechten Schmalseite oben
Bukranion, unten Schlange, auf der linken weibliche Gestalt
mit Traube, wol als Mänade gedacht; auf der Rückseite Wein-
stock, aus einem zweihenkligen Gefäss herauswachsend. Die
kindlich unbeholfene Arbeit gleicht der von Nr. 28. Photo-
graphie in der Sammlung des athenischen Instituts AT/ema-
sienl^v. 54.
Vorn links von Dionysos die Inschrift:
Zo-
'AvÄp-
eou
5 uircp
iauT-
TOÖ (!)
xal T-
00 Bde-
10 x^^O)^-
AlOVUffCi)
Die abscheuliche Zeilenabteilung ist durch die Rücksicht
auf die Figur des Dionysos verschuldet. Obwol noch jetzt an
den verschiedensten Orten des phrygischen Hochlandes Wein-
hau mit vortrefflichem Krfolge betrieben wird und wir das
(ileiche wol für das Altertum voraussetzen dürfen, sind doch
in diesem ganzen Gebiet Weihungen an Dionysos ausseror-
dentlich selten ^
< Vgl. CJ.G. 3858 f. ( Allynlasch) und Annali deW insL 186t S. 188 Nr.
39(Aiwaly).
4i6 ALFRED KOBRTB
25. Akkaja, an der Bahnlinie Eskischehir-Kutaja bei km. 30.
Platte von einem byzantinischen Marmorsarkophag mit Rau-
tenmuster,links gebrochen. Höhe 0,90", Breite 0,70", Dicke
0,13". Buchstabenhöhe 0,02". Späte verschnörkelte Buchsta-
benformen.
Ka])iavStb>vou( (!) StaKÖvou x,i Aopivou Staxo-
vou
xi T-
oiv
t(i>V
auT-
t
26. Gümbet am Wege Kataja-Inönü, etwa 20^ von letz-
terem, jetzt mit der falschen Provenienzangabe Sögüd in das
Museum im Tschinlikiosk geschaflt. Marmorner Altar, flöhe
0,64", Breite 0,31", Dicke 0,21". ßuchstabehhöhe 0,02".
Vorn oben Mondsichel, auf der Hauptfläche bärtige, langge-
lockte Büste des Zeus, unten halbrund abgeschnitten, die
Rechte sieht aus den Falten des Mantels heraus, auf der rech
ten Schulter sitzt ein Adler. Auf der Rückseite zwei Stier-
köpfe und darunter ein Pflug, wie sie noch jetzt in Anatolien
mitunter vorkommen. An den Schmalseiten Vasen und Wein-
stock. Photographie in der Sammlung des athenischen Insti-
tuts Kleinasien Nr. 106.
iyaO ( Mondsichel) ri Tuyyj
Ai[i] ßpovTövTi M6v[r,;
Büste
dtv] Tou Oeoö.
Für die beiden letzten Ruchslaben in Z. 2 ist nur unter der
Voraussetzung Platz, dass sie untereinander und mit N ligiert
KLE1NASIATI8CHB STUDIEN. VI. 4i7
waren; auf dem .Abklatsche plniibe icli den Ansatz der Quer-
hasta des H am Schenkel des N zu erkennen. In Z. 3 ist TC
ligiert. Interessant ist das Vorkommen der Mondsichel an ei-
nem Denkmal des Zeus Bronton. ein neuer Reweis für den
zugleich himmlischen und chthonischenCharakter des Gottes.
27. Hügel zwischen Kowaldscha und Inönü. Altar aus
Marmor. Höhe 1,05"*, Breite 0.38", Dicke 0,38". Buchsta-
benhöhe 0,025".
Auf der linken Seite ßukranion , auf der rechten Pflug.
Von der stark verwitterten Inschrift konnte ich nur die letzte
Zeile entziffern : Au ßpovTü)vT[i.
28. Inönü vor dem Konak (jetzt im Museum in Konstan-
tinopel). Altar aus Kalkstein; Höhe 0,95", Breite 0,42",
Dicke 0,35". Buchslabenhöhe 0,02-0,03".
Vorn auf dem obersten etwas ausladenden Teil des Altars
die bärtige, langgelockte Büste des Zeus unter einer Guir-
lande. Darunter auf der Profilleisle aya6^ '^^X^- -^^^ ^^^ Haupt-
fläche vorn Hermes, nackt mit KopfHügeln, einen Beutel in
der Hechten, ein Kerykeion in der Linken. Hinter ihm, zum
Teil von ihm verdeckt, ein nach rechts schreitender Widder,
rechts von diesem ein bekränzter Altar, darauf ein Adler mit
einem Blalt im Schnabel. Auf der linken Nebenseite oben
ein Weinstock, der aus einem zweihenkligen Gefässe heraus-
wächst, im Hauptfelde zwei Bukranien, darunter ein Pflug.
Auf der Hückseite ein Löwe.
Am Sockel der Vorderseite:
All ßpOVTÖVTl ewYj-
xöo) 6<(ü) AaSä( AapLä
CUV TOt; T£)cvot; '0-
vr}ot|iL(i> xai AtoSia (?)
5 K%i Xpuoiü) uirep tcü^v
ijSicdv EujT'nv iveaTY)<iav.
Der auffallend reiche figürliche Schmuck ist ebenso roh
ausgeführt wie die Schritt. Z. 2 giebt Krelschmer, Einleitung
4f8 ALFRED KOBRTB
in die Geschichte der griechischen Sprache S. 337 den
Namen nach meiner Abschrill Äx^ft^Äate. aber auf dem Ab*
klatsche erkenne ich jetzt den vorletzten Bachstaben mil Si^
cherkeit als fA.
29. Ebenda. Altar aus Kalkstein. Höhe 0,70", BreiteO,32*,
Dicke 0,32". Buchstobenhöhe 0,035". Auf der ROckseile eio
Adler und darüber ein sehr zerstörter Kopf, wol Zeus Bron-
ton.
All ßpovTdv«
Ti Mivvv)c 0-
5 xvotc iMLxk i-
wiTaynv 4v-
30. Ebenda, an einer Brücke. Altar aus Marmor, oben und
rechts beschädigt. Höhe 1,20", Breite 0,60", Dicke 0,47".
Buchstabenhöhe 0,02". Ober der Inschrift HeraieB mit Beu-
tel in der Rechten und Kerykeion in der Linken, rechts von
ihm eine Figur im Mantel.
•E]waya6{(i>v *
Töv tXi(i>v Z[<iTioffe
9UV aSfXf ä^ Ai[i ßpov-
5 [twvti].
Von dem ersten 6 in Z. 1 glaube ich auf dem Abklatsche
einen Rest zu sehen. In Z. 4 ist möglicherweise am Schluss
der Name des Bruders zu ergänzen, doch vermisst man un-
gern den Namen des Gottes, auch glaube ich schwache Spu-
ren einer fünften Zeile zu erkennen.
31. Ebenda, an einem Brunnen verbaut, schwer lesbar.
Von Domaszewski unvollständig veröffentlicht Archäol.-epigr.
Mittheilungen 1883 S. 176. Altar aus Kalkstein; Höhe0,87°>,
KLEINASIAT18CHB STUDIEN. VI. 419
Breite 0,38/", Dicke 0,30™. Buchstabenhöhe 0,02". Auf der
linken Schmalseite ein Adler, auf der rechten zwei Bukranien
und ein Kranz, auf der Bückseite ein Weinstock.
Eui^Hio; *Iaxiv- (!)
Oou TTepl auToO
AI Ti^iof 6p(t>
32. Ebenda, in einem Hause. Altar aus Kalkstein; Höhe
0,96", Breite 0,42", Dicke 0,41". Buchstabenhöhe 0,025".
All l^ au^Yic i-
Ol OaTTol xal Faiou
x>T)povd|xoi Oirlp 'Aff-
5 x>T)7ViaSou TOG Aa«
|xa ulou tu]^Y)v
SovTi; xal Tcpievou;
&7rip auTOu t& 0<(5
1 0 xai To xcbiAT) aTTtxa^
^ß xal i'
eivcxa eiX(t>a fj^tv tov
Ocov.
In Z. 4 ist das letzte o von x^mpovofAoi nachträglich über das
[i. gesehrieben. Z. 12 und 13 stehen unten am Sockel.
rCs ist mir nicht gelungen alle Rätsel zu lösen, die dieser
Stein aufgiebt. Den Ziu^ i^ oLx/kin^ könnte man als den 'Epxcio^
auiTassen, aber dann bleibt die Präposition il aufTallend. Ich
möchte deshalb eine andere Erklärung vorschlagen. VVila-
mowitz hat kürzlich ^ den auf Münzen von Magnesia am Mäan-
Götliiigische gel. Anzeigen 1900 S. 573 Anm. 3.
420 ALFRED KOERTB
der vorkommenden Apollon Aulaites mit dem von Pausa-
nias X 32,6 dort erwähnten Apollon in einer Hoble idenlifi-
cirt und den Namen jener Kullstätte aus *r^xi in A'!*Xat ver-
bessert. Der Höhlengolt heisst also Aulaites. Ferner gab es in
Arkadien ein Heiligtum des Pan, das nach Alian nat. an,
XI 6 den Namen AuXyj führte und offenbar eine Höhle war.
Endlich ist auXiov, das Deminutivum von auXr}, im Sinne von
Höhle ganz gebräuchlich *. So glaube ich auch den Zsu^ i;
auXy); als Höhlen -Zeus auffassen zu dürfen, obwol ich für
das Substantivum au^V) diesen Gebrauch sonst nicht nach-
weisen kann. Besonders empfohlen wird diese Erklärung
durch die Thalsache, dass die Inschrift ganz in der Nabe ei-
ner grossen Höhle gefunden ist 2, nach der die moderne Ort-
schaft Inönü ( Höhlen- Vorderseite) benannt ist Genauer ge-
sagt sind es zwei von weither am Felsen unmittelbar über
dem Dorfe sichtbare Höhlen. Die obere, durch einen steilen
Schacht mit der unteren verbunden, scheint sich tief in den
Berg hinein zu erstrecken; ich konnte sie nur etwa 50" weit
bis zu einem klaren und anscheinend tiefen Wasserbecken
verfolgen. Die geräumige, etwa 15™ hohe imtere Höhle ent-
hält vorn Reste einer mitlelalterlichen Abschlussmauer und
auch sonst Spuren menschlicher Arbeit, aber nichts, was sie
als antike Kultslällo erwiese. Viellei(;ht liegen antike Hesle
unter der dicken Schutlschiclit verborsjen. Dass der Platz zur
Kultslälte wie geschaffen ist, liegt auf der Hand.
Ist meine Kombination richtig, so war der Zeus aus der
Höhle gewiss kein anderer als der hier und in der Umgegend
so viel verehrte Bronlon"^, zu dessen chthonischem Charakter
der Wohnsitz in der Höhle so gut passl.
Warum die Erben des Papas und Gaios dies Weihgeschenk
nicht in ihrem eigenen oder der Erblasser Namen darbringen,
sondern für Asklepiades, der nicht etwa ein vorzeitig ver-
< Ar. Lys, 721, Soph. Phil. 19, Eiir. %*'• 3i'i, Sleph. Byz. s.v. AUy\,
2 Photographie des Aussitcii in ilci alhciiistheu Instituts - Saiiiinlung
Kleinasien Nr. 170.
3 Vgl. Nr. 26-30, 33 und 34.
KLEINASIATISCHB STUDIEN. VI. 421
slorbenes Kind eines der Krblasser, sondern Sohn eines l)a-
mas isl, das entzieht sieh meinenfi Versländniss. Ebensowenig
vernfiag ich den Genitiv Tiutvou; zu erklären ; man würde ihn
am liebsten als genilivusparlilivus von arTixot^ abhängen lassen
und ein P^läcbenmaass dazu ergänzen, aber ich halte i'ür ganz
unwahrscheinlicb, dass die ixiixai etwas anderes sein können
als Spa^rfxai ^ In Z 12 ist die böse Form Ei>b>a gewiss als Miss-
bildung von iXfo; zu verstehen. Das e ist von dem u ver-
sclilungen und iXo; dann nach Analogie von Yipo; deklinirt;
in der Aussprache jener Zeit stehen beide Worte sieb ja laut-
lich besonders nahe.
33. Tsehukurhissar , letzte Eisenbahnstation vor Eski-
schebir. Unterteil einer ziemlich roh gearbeiteten Marmor-
stole,mit anderen Steinen eine Slunde westlich vom Dorf ge-
funden, jelzt Treppenstufe in einem Hause. Höhe 0,75"*, Breite
lOÜ*", Dicke 0,20'". Buchstabenhöhe 0,03'".
UimiiliMIlii^ N K A p n n § ,nj.BP\fm
mmm i z t a x y e z z i t e e h ah T/Zi/^^i?/; \
.y|f///MHTPEOAnPOZErnAITOMAIKPO
IIAAZEYAM<t>lTEOISBnMOIZINETTHP
5 PATAOYMATAPEZAN
ZAABiniOYAlANAKAIKA
ATTOYPNIAN ATTEIZANIY
HAT O IZ
jcapww [ö«]<o< ßfi[öiri | x*i iv]{ <iT«xwt«<it tiÖtiXt).
T[aOt]* [dt] MYiTpiöSwpo« «yw XtTC,(*at, Kpo|[v]iSa Zsü,
5 iiAipi Tjoi; ßwpiolotv titrip||paTa (!) $u|iaTa pe^wv.
£a>€tb> 'louXtavw xal Ka-
Xwoupvtavö (Itiocüvi ü-
wirot« ( 175 nach Chr.).
< Aitixai uliiiu Zusatz von op«xi*«l finden sich z. B. in Hicrapolis, Jahi-
hiich des Inst., Ergänzungshefl IV Nr.UT, 149, 341 ; auch Josephus de bell,
lud. II 21,2 gebraucht das Wort so.
42t ALFRBD KOBBTB
Die loschrift ist io mehrfacher Hiosicht interessant. Vor
allem durch ihre Datirung nach den Consuln, wofür mir
kein Beispiel unter den phrygischen Weihinschriften von Pri-
vatleuten bekannt ist. Die Analogie der römischen Formel
Salvio Pisone consuUbus hat den Dedikanten zu einem grie-
chischen dativus absoiutus verführt. Dass der Stein den Con-
suln gewidmet und der Dativ hierdurch gerechtfertigt sei, ist
ja nach Inhalt und Fundort ausgeschlossen, denn was hatte
ein phrygischer Bauer mit den consules ordinarii in Rom zu
tbun? Die Namen der Consuln sind nicht genau wiedergege-
ben, sie beissen P. Salvius Julianus und L. Calpurnius Piso,
nicht Caipurnianus (vgl. Prosopographia imp, Rom. III
166 und I 285). Von dem Epigramm, das in Wortwahl und
metrischer Form für ein phrygisches Dorf auffallend sorgtäl-
tig ist, scheint nur der erste Vers mit Ausnahme der letzten
Buclistaben zu fehlen. Dass er eine Bitte an Zeus, sicherlich
den Bronton, enthielt, die Erde mit Regen zu befruchten, wird
durch das Folgende klar. Heute wie einst hängt auf der Hoche-
bene von Slärkeund Dauer der Frühlingsregen Alles ab ; regnet
es im Mai noch kräftig, dann strotzt auch heute die Erde von
Baum fruchten und prangt in Ähren. Z. 1 hat etwas weitere
Büchstabensleilung als die folgenden Zeilen. Vorgeschwebt
hat dem Dichter wol Hom. t 112. In Z. 3 veranlasste der
Zwang des Metrums die Unform MyiTpcöSwpo;.
34. Ebenda, in einem Hause. Viereckiger Kalksteinpfeiler,
die Inschrift links zum Teil ausgemeisselt. Höhe 0,48™, Breite
0,22'", Dicke 0,24™. Buchstabenhöhe 0,02"\
IlpoxXa
dOv] TOl<
T6x]vOi;
5 iv£](JrY)ff6V
Alt ßpoJvTü)-
Das letzte v in Z. 5 steht über dem i.
KLEINAStATISCHB STUDIEN. VI. 4?3
35. Ebenda. Zwei anpassende Bruchstücke eines Grab-
steins, ein drittes ist als Basis eines Holzpfeilers benutzt.
Breite 0,75™; Buchstabenhöhe 0,025".
36. Hamidieh, 8^ südwestlich von Eskischehir, am Pusse
von Karadscha-schehir auf einem antiken Friedhof. Stele aus
Marmor; Höhe 1,00"*, Breite 0.62™, Dicke 0,18'". Buchsta-
benhöhe 0,04™. Über der Inschrift rohe Büsten eines Mannes
und einer Frau.
AupT)XlOt EuTU-
jicL 'A7VoXX(i>viSY)
5 v6U(7iv 9UV Aup.
Z<i)TtXb) T(i& avS-
pi (xou All ßpovT-
Dieser und die folgenden Steine kamen im Sommer 1895
beim Umgraben des Ackers zum Vorschein. Wie mir die
Bauern versicherten, lagen sie auf und bei alten Gräbern. Da
eine ältere türkische Niederlassung an dieser Stelle nicht nach-
weisbar ist und das jetzige Dorf erst vor etwa zehn Jahren von
Sultan Abdul Hamid am Fusse der ältesten Osmanenburg für
verarmte Nachkommen Osmans erbaut wurde, werden wir
für das spätere Altertum und die byzantinische Zeit hier eine
Ansiedelung voraussetzen müssen (vgl. Göttingische gel. An-
zeigen 1897 S. 388 f.).
Der braven Eutychia ist die Abfassung des Textes offenbar
etwas sauer geworden: Der Stein ist, wie so viele in Phry-
gien, zugleich ein Anathem für Zeus Bronton — daher die
Überschrift iyaOri toj^t) — und ein Grabstein für die verstor-
benen Eltern der Eutychia. Als sie anfing AupT^Xtoi, beabsich«
tigt« stp ihren Mann n^bfii sich im NominaliT anxoführpn,
sie täilt dann aber aus der Konstruktion, weil die Weihung
an die Eltern einsesehoben und der Anteil des Galten auf die
Weihung an den Gott beschrankt wird.
37. Bl>en<la. Marmorne Stele mit Giebel, in diesem Bukra-
nion und Trauben, über der Inschrift Kranz. Höhe 0,34",
Breite 0,5^*, Dicke 0,11*. BuchsUbenböhe 0,03*.
*Epp.f^ xScli^T
Xp*j?tM au All ßpo*
TÄ>Ti (!) üjxy-
38. Elienda. Altar aus Marmor: Höhe 1,?5", Breite 0,55",
Uicke 0,35". Buchstaben höhe 0.03".
5 TO'3 yxp xxi I dcio; Sw^jnK Upc\»( | «ov tcv^cv iJlyoiXpLa
Die durch Einschiebung des Namens Sosthenes ganz aus
den Fugen gegangenen Verse sind in ihrer Unl>eliolfenheil
schwer versländlich. Sie I>esagen wol: 'iDemGoll) dessen Bild-
säule ja auch der Oheim Soslhenes als Priesler Dir stiftete,
errichtete Diomeiles.eben der welcher die Inschrift selzte. ei-
nen Allar*. Also der Dedikant Diomedes und sein Oheim, der
Priester Sosthenes. haben sich beide um einen nicht genann
len Gott verdient gemacht, der eine durch Weihung des Kult-
bildes, der andere durch Errichtung des Altars. Das Wort
r\i$ im Sinne von Inschrift findet sich auch im benachbarten
Dorylaion in finer Weihung an .\rlemis ( Göttingische gel.
Anzeigen 181i7 S. 'i07). Der Gehrauch ist wol so zu erkläi-en,
dass Insclirillen viellach auf besonders eingefügte Steinplat-
ten geschrieben wurden. Die späten Pelsgräher von Japuldak
tragen besonders NJele Spuren von solchen. Dieser AlUir isl
ofTcnbar erst uüclilräglich, wol in christlicher Zeit, als Grab-
blcin benutzt worden.
KLElNASIAtlSCHE STUDIEN. VI. 425
39. Ebenda. Marmopplatte; Höhe0,72'", Breite 0,35", Dicke
0,15™. Buchstabenhöhe 0,03".
MoOaa ut-
Gi Mouaai-
40. Ebenda. Oberteil einer Giebelstele aus Marmor; Höhe
0,75'", Breite 0,60", Dicke 0,10". Buchstabenhöhe 0,03".
Teifxaio; ''Aypi (!)
AaSa (AYiTpl Y)S
Der barbarischen Mischung griechischer und lateinischer
Deklination entspricht die rohe Schrift (uj). In Z. 2 ist der
letzte Buchstabe sicher A, der vorletzte N oder H, die Er-
gänzung ist mir nicht gelungen. Vor xl^^cptv ist für [i.vy)(XY]; kein
Platz, die geringen Buchstabenreste vor A lassen sich auch
schwer mit X vereinigen. Der Rest der Zeile von xai an ist
mit kleineren Buchstaben nachträglich hinzugefügt.
41. Ebenda. Antike Marmorstele, in christlicher Zeit um-
gedreht und neu verwendet. Höhe 1,35", Breite 0,56", Dicke
0,20". Buchstabenhöhe 0,06". Über der Inschrift rohes Kreuz.
Das 6 hat eckige Form B, ou ist ligirt ^ .
IvOa
)taTdXY)T£
'I(i)dcvv7i;
üaTepvou.
Dorylaion. (Nr. 42-49).
42. Eskischehir im Tataren viertel. Bruchstück einer grossen
ATHEN. MITTHEILUNGEN XXV. 28
üb ALl^RBD KOBRtft
Basis aus graublauem Marmor, oben gebrochen ; Höhe 0,98*«
Breite 1°*. Buchstaben höhe 0,05°*.
im|a\v)Omoc tv!c ava*
ordctffwc Ma^(|i.ou Eutuj^ou.
Form, Abmessungen und Inhalt machen es so gut wie
sicher, dass auch dieser Stein einst ein ehernes Bild des C.
Voconius Aelius Stratonicus Acamantius trug, dem im An-
fang des IM. Jahrhunderts alle Phyien der Stadt Statuen er-
richteten (vgl. Göttingische gel. Anzeigen 1897 S. 399 IT.).
Zu den sieben durch diese Widmungen bekannten, nach der
Göttermutter, Zeus, Poseidon, Serapis, Apollon, Aphrodite
und Augustus benannten Phyien von Üorylaion kommt nun
als achte die Artemisias.
43. Schar-öjük, im W. des Burghügeis verbaut in eine
Mauer. Marmorbasis mit den Pussspuren einer Statue. Höhe
1,75", Breite 1". Dicke 0,70". Buchstabenliöhe 0,05-0,085-.
Tov iwi^avcGTaTOv
Ka{9apa M. Aupy)[Xiov
Ma^tpLiavov
5 Eudcßü EuTuj^ri 286(a(JT0v)
YiyijXOVIUOVTO; TOÖ
SiaoYipLOTaTOu 'lou(Xtou).
Die Buchstaben von Z. 4 und 6 sind beträchtlich grösser
als die der anderen Zeilen. Von Buchstabenformen ist nur ¥
hervorzuheben. In Z. 1 ist das Iota adscriptum halb so gross
als die anderen Buchstaben Das letzte N in Z. 2 ist in O ein-
geschrieben, dasselbe ist am Schluss von Z. 3 vorauszusetzen.
KLBINASIATISGHB STUDIEN. VI. 427
'lou (Z. 8) ist offenbar die sehr häufige Abkürzung für 'lou-
X(ou und die übrigen Namen des Mannes werden auf der mir
nicht zugänglichen Rückseite gestanden haben.
44. Eskischehir, bei einem Neubau nahe dem Bahnhof,
von Schar-öjük verschleppt. Stele aus grauem Marmor, links
beschädigt, über der Inschrift Girlande, an der rechten Ecke
Widderkopf, unter der Inschrift Spiegel, Spindel, Rocken,
Arbeitskorb und zwei Sandalen. Höhe 1,32", Breite 0,55",
Dicke 0,17". Buchstabenhöhe 0,03".
MtvjavSpo; Zivgxid)-
vo;] MiXiTivT) yuvai-
xl y]XuxuTaTYi auv2[r)-
adcoY)] Ity) -x- y)S£cüc xal
5 a(x]e(i.T;TCü( auv ti-
xvo]i( Ti6sp((i> xal AaSa
xall Nsixo[jly)Sy) xal Pop-
yi]x OavouoT) M 5i-
Vier überlebende Söhne sind in dieser Zeit der unfrucht-
baren Ehen schon ein ungewöhnlicher Kinderreichtum, der
aber doch durch die lebenden Kinder einer andern Grabschrift
aus Oorylaion (Göttingische gel. Anzeigen 1897 S. 413) noch
weit übertroffen wird.
45. Ebenda. Stele aus grauem Marmor, links bestossen.
Höhe 1 ,77",Breite 0,60", DickeO, 16". Buehstabenhöhe 0,035".
Sorgfältige Schrift mit vorgeritzten Linien und wenig Liga-
turen (V W).
n. AiXid) 'AaxXiQTVtdeSy)
N]stxo(i.Y)Se(i>v ßouXsu-
TiTT{a ApouatavT)
5 9U|i6toc Tü^ Y^^^^'^^*
tu] avSpl Tov ß(i>(xov
av]iaT7)aiv (xvT2(iiY)c
428 AtPRBD KOBftTB
In Z. 1 Steht die Spitze einer wagerechten Hasta so nahe
an dem Ansatz einer senkrechten, dassTT allein möglich ist;
dahinter ein Punkt. Dass der in Dorylaion, also in der Pro-
vinz Asia, bestattete Asklepiades ßouXiurvK einer bithynischen
Stadt ist, fällt auf, ist aber nicht ohne Beispiel. In den Got-
tingischen gel. Anzeigen 1897 S. 412 Nr. 64 ist der Grabstein
eines Mannes veröfFentlicht, der gleichzeitig dem Rat von
Dorylaion und Nikaia angehörte. Zu beachten ist die Bezeich-
nung des Grabmals als ßb)(iiö<(Z. 6), obwol es nicht die Form
eines Altars hat- Umgekehrt werden mitunter Steine in Altar-
form Oupai genannt*. Das Thor, durch das der Tote zu den
Göttern eingeht, und der Altar, der seine Göttlichkeit bezeugt,
sind die beiden üblichsten, aus der gleichen Vorstellung vom
Wesen des Toten erwachsenen Formen phrygischer Grabdenk-
mäler; daher werden beide Bezeichnungen unterschiedslos für
Grabmal gesetzt.
46. Schar-öjük in der Süd-Mauer. Schlanke Marmorstele,
die Spitze beschädigt, über der Inschrift Kreuz, im Giebel
Rosette. Höhe 2,95", Breite 0,93", Dicke 0,25". Buchstaben-
höhe 0,035".
5 (jinc x^P^^
Die durch ihre Höhe auffallende Stele zeigt späte Buchsta-
benformen für (i> und C- Vor 'IöXyj ist ein Punkt, um den Na-
men des mitweihenden Vaters von dem der verstorbenen
Mutter zu trennen.
47. Ebenda. Allar aus graublauem Marmor. Höhe 1,23",
Breite 0,85". Buchstabenhöhe 0,04".
OuiYysXXiwi 7ca-
« Vgl. Ramsay Journal of liellenic studies 1884 S. 251 und Cities and bi-
shoprics of Phrygia I S. 367.
KLEINASIATISCHE STUDIEN. Vf. 429
Tpl xal OuiyyiXXi-
5 a< x*P'^-
Hervorzuheben ist an der sorgfältig geschriebenen Inschrift
riie dreimalige Anwendung des Iota adscriplum.
48. Eskischehir, bei einem Barbier gegenüber dem Bahn-
hof. Stele, unten gebrochen, über der Inschrift Adler mit
Blitz in den Fängen. Höhe 0,95", Breite 0,63'". Buchslaben-
höhe 0,04".
•EXTCiSia Ma-
ivou ivXpl yXu-
xuTjaTö) [xvripLyi^
Späte Buchstabenformen 2 Q.
49. Ebenda. Stele mit Giebel, in diesem rohe Büste, über
der Inschrift Tänie. Höhe 1,15", Breite 0,54". Buchstaben-
höhe 0,035".
OioytVYj; 01-
oy^vou; 'Pou-
f (I) Texvo) ivpo-
[jLo(p(i> xal EuTip-
5 ?ry) [XY)Tpi 2[(i><ry)
aveaTYiaiv.
In Z. 2 ist das N vom Steinmetzen aus H verbessert.
50. Karadscha-öjük, 8*^" östlich von Eskischehir, auf dem
Friedhof. Unten gebrochene Giebelstele aus blauem Marmor,
über der Inschrift Lorbeerkranz. Höhe 0,74", Breite 0,52
Dicke 0,19". Buchstabenhöhe 0,045
t3 u,i^ , urciic u,c»/c",
m
6Ti{(xr)9av
STpaTOvsixY)
430 ALFRED KOBRTE
(x[lT]a TtXVCÜV
Aup. 23T]paT6v-
stxov].
Diese Inschrift ist schwerlich von Dorylaion verschleppt,
denn dicht bei dem Dorfefand ich Spuren einer alten Ansiede-
lung, Topfscherben und Ziegel brocken. Überhaupt muss man
mit der Annahme von Verschleppungen in diesem Teile des
Hochlandes sehr vorsichtig sein, denn die Dörfer waren im
Altertum hier sehr zahlreich und wolhabend genug, um Grab-
und Votivsteine in Menge zu setzen.
51. Tschaulum , 18^ östlich von Eskischehir. Giebelstele
aus Marmor, in der Vorhalle der Moschee als Pflasterstein
benutzt, sehr abgetreten. Höhe 1,35", Breite 0,48°. Buch-
slabenhöhe 0,045".
. . . A A . . M . . •
[ ouv yu-]
vatxi 'ApLfita xe
tJcxvwv (?) *Ep(i.o-
5 y6]v[6t iajuTOi; xe
Ai ßp[o]vTöv[Tt
Der letzte Buchstabe von Z. 4 könnte auch Q sein. Am An-
fang der Z. 5 las ich "^ C. Da es einen griechischen Namen,
der mit Nspfxo- beginnt, nicht giebl, habe ich dem Steinmetzen
lieber den Fehler Ttxvwv für texvg) zugetraut.
52. Kara-öjük (Midaion?), 30*™ östlich von Eskischehir.
Stele aus blauem Marmor, oben gebrochen, sehr abgetreten,
als Pflasterstein im Hof der Moschee benutzt. Höhe 0,88*", Breite
0,60'". Buchslabenliöhe 0,04'".
V
.... TOUV
. . . twtJy)-
-•«■ * . ^A- ^
KLEINASIATISCHE STUDIEN. VI. 43i
5 v] AI ßpov-
TÖVTl «UJ^-
Am Schluss der Zeile 3 las ich NH, aber das wird ein Irr-
tum sein. In Z. 6 ist CaJ^ ligirt.
53. Alpu köi, zweite Station der Eisenbahnlinie Eskiscbebir-
Angora, auf dem Friedhof. Altar aus bläulichem Marmor.
Höhe 1,35", Breite 0,44", Dicke 0,47". Buchstabenhöhe
0,025". Über der Inschrift rohe weibliche (.?) Büste, an der
rechten Seite Stierkopf.
MivavXpo; xe 'A7Co[X-
X(i>vioc Ol aSsXf [oi
xaxa xiXiudtv i[7vl
TÜ; uY(a; XI a<«)Tr)p[i-
5 a];.
Am Schluss der Z. 3 ist 61 ganz deutlich auf dem Ab-
klatsch zu lesen, l%\ also wol sicher.
54. Baschören, 45^ nordöstlich von Eskischehir, ebenso
wie die folgenden Steine im Orte selbst gefunden. Stele aus
Kalkstein. Höhe i,iO", Breite 0,37". Dicke 0,27". Buchsta-
benhöhe 0,025". Vorn oben in vertiefter Nische bärtige Büste
ohne Attribute, also wol menschlich, im Hauptfelde Reiter
mit Strahlenkranz, mit der Linken die Doppelaxt schulternd.
Auf der linken Schmalseite ein Krater, auf der rechten oben
ein Adler, darunter ein Stierkopf.
Unter der Büste :
Unter dem Reiter:
MavY); xat 'AaxXof;
oC A6(xvou Oeid) xai
'AwöXXwvi euj^riv 0-
432 ALFRED KOKRTB
Plumpe Schrifl fast ohne Ligaturen. 9»iu ist nach dem Ab-
klatsch ganz sicher, das naheliegende 'O^tu ausgeschlossen.
Mir ist sonst kein Beispiel Tür appullativischen Gebraucli von
Ötio; bekannt; auC einer VVeihung aus Phanagoria(C./.<7. 2119)
l<r/yf<^ Qsiip EavipytE xxi 'A^Tscpif ist 0(ii)( sicher adjeclivtscli zu
fassen, fn unserer Inschritt ist das Adjectivum jjenau so zum
Götternamen geworden wie so oft öoio; mit oder ohne Sinato; '.
Wenn ausser Theios auch noch Apullon genannt wird, so sind
das parallele liezeiehnungen, die beide das Wesen des über
der Inschrift dargestelUen Gottes nicht erschöpfen. Dieser Rei-
ter mit Strahlenkranz und Doppelaxt ist jener alte im In-
nern KIcinasiens soviel verehrte GoLt. dessen Wesen in allen
griechischen Namensliüllen doch immer seine barbarische
Eigenart bewahrt Mag er ApoUon heissen, wie hier und z.B.
auf zwei aus Kula (Koloe) ins berliner Museum gelangten
neliefs*, oder .Ares, wie auf der Felswand von Zekeria-köi^,
oder "Ooio; x«i Aixato;, wie iß der folgenden Nummer, in Do-
rjlaion und anderwärts *. oder mit dem besonders beliebten
Namen StiiCwv bezeichnet werden-'', er bleibt doch immer der
Gleiche", Dies prolei »che Wesen tritt meist als Einheil auf,
kann ahfr auch in zwei Personen gespalten werden. Mordl-
mann a a.O. hat bereits auf dii^ Qioi 'O^ioi «ai äikxi&i einer
phrygischen Inschrift C.I.G 3830 hingewiesen; auf dem in
' 'Oiioj alleia iii iwei »od J. H. MorcHmaim M.A.I. 1885 S. II f. gut bc-
htindelteh Inschririeii.
* Beschreibung der anlikcii Skulpturen des berliner Museums 680 und
ßgl ; Tgl. auch Henndorr, Reisen in Ljkicn und Karlen S. 153 und M.A.I.
1887 8. 350.
3 Vgl. Sarre, Archäol.-epigr. Mittlieilungen 10% 8. 48 ff-
* In Durylaion Areliäul.-epi/i'. MiUheilungcn 1883 S. 177 Nr. %\, Gotlingi-
sche gel Anzeigen 1897 S. 408 Nr. 50, sonsl ?gl. Mordtruaun a.a.O.
'' Über 8ozon handeln am ausrührljclislen Rarosa; Cilies and bishoprietof
Phnjgia I ü. 203 IT. und Usencr, Göllernamen 8. 174 ff. Uamsajs Einfall,
£^C<"v sei eine griechische Umbildung vun ^suaCio; wird von Usener sicher-
licli mit Hecht ahgclclint, aber irrtümlich Lanckoronski zugeschrieben. Über
diis Vorkommen des Sozon auf Münzen vgl. auch Drexicr, Numismatische
ZeilschriftlSSr. S.3:(i.
* Nocli andere Gleichungen bei l-anckoronski,Slüdle Pisidiens und Pam-
phjliens IIa. 8 f.
KLEINASIATISCHE STUDIEN. VI. 433
den GoUingischen pel. Anzeigen 1807 S. 108 besprochenen
Stein aus Dorylaion ist ein Reiter mit Slralilenkranz iinii Beil
und aussenlem ein Golt mit Strahlenkranz und Fiickel auf
dem Viergespann dargeälelll, oliwol die Inschrift 'Ooicü Äw(w
gilt'. Äbnlich werden in einer von Hamsay Journal of hell,
sludies ]88'i S. 253 veröffentlichten Inschrift 'Ooio; Aixio;
und *H>to; Küpio; zusammen angemren, und in unserer In-
schrift stehen 9)io; und 'AtöMuv neben einander, obgleich nur
ein Gült abgebildet ist. Hlin besonders gutes Beispiel für die
Spaltung des Gottes, das auch das Ineinandertliessen allrr Na-
men und Beinamen vortrefnich erläutert, i^t endlich das un-
ten Nr. 76 mitgeteilte Epigramm uiia Pliilomelion. Dem A»i-
To(87ii; ^b)![<üv gilt die Weiliung und dem 'HIhh ßaailiü;, und
beide zusammen sind die Oiot SmaiÖTa-toi xai öoioi : Soznn ist
zum Sohn der Leto, also zu Apollon geworden, oder wenn
man lieber will, Apollon bat den Namen jenes GoLles als Bei-
namen angenommen; er ist vereinigt mit dem König Vlelios
und jene lüigensehaften werden ihnen beiden geliehen, die so
oft aliein zur Benennung der Gottheit ausreichen^,
55. Ebenda. Stele aus llalbmarmor. Höhe I'", Breite 0,34"*,
Dicke 0,27'". Buchstabenhöhe 0,025'". Über der Inschrift ein
stellendes Götterpaar in Vorderansicht: Der rechts stellende
Jüngling in kurzem Chiton mit Slralilenkranz auf dem Haupte
und Speer in der Linken fasst mit der Rechten die Linke der
neben ihm stehenden Göttin (?), die gleichfalls einen kurzen
Chiton und den Strahlenkranz in den langen Locken trägt;
ihre Rechte hält eine brennende Fackel. An den Schmalseiten
Biikranien.
< Auch \\ci Bunridorr. Reisen in Ljkien und Karlen Fig. 77 (vgl, 8. 15.1)
glaube ich beide JiInglinKe, auch den silienden, TGr Göller hallen zu itiü.ssen.
* Aus dem Angcrüljrlen gehl «ol xiir Genüge hervor, daxs Puehstein auf
Talsdiem Wege ist ( ReiHtn in Klelnasien und NordHjrien S, 341 ). wenn er
dcnSsiDt Si'xiiaiin PhrjgiBii und I^jdien mildem Milhras'gleichselil. Woder
Milhraskull eindrang, kann nulürlich auch dieser Gott dem allen Klcinasia-
len gleichgesetzt werden lieiw, seine Beinamen übernelimon (vgl. Mordt-
munn a a.0,|, aber bekannllicli spielt Mithras in Phrjgieii eine sehr unbe-
deuteode Elolle,
434 ALFRED KOBRTB
ToG xal Tü^v stSi-
5 *Oal(d xal Atxicü
Ob das Y am Schluss der Z. 2 geschrieben war oder die
häußge Form iaTou vorliegt, ist nicht sicher zu entscheiden.
In Z. 3 ist (0 mit N ligirt. Ober ""Oeno; xal Atxaio; vgl. das
zur vorigen Nummer Gesagte; nachzutragen bleibt nur, dass
dieser Name in Dorylaion offizieller Kultname ist, denn ein
Helief ist dort von den ^pcdroiepct; Hermedion und seiner Frau
Nana geweiht (Gott. gel. Anzeigen 1897 S. 408). Auffallend
ist, dass auf unserem Stein die eine Gottheit anscheinend weib
lieh gedacht ist * ; dem « Künstler b hat wol das Paar Apol-
lon und Artemis vorgeschwebt.
56. Ebenda auf dem Friedhof. Sehr verwitterter Altar, über
der Inschrift zwei stehende, kaum erkennbare Figuren. Höhe
0,92"*, Breite 0,38", Dicke 0,35". Buchstaben höhe 0.03".
//
///; AANOüCO
'//amiuiiii
^f/llOLd xi Aup. TdeT[iov(?)
5 eJTCuJav xk Ai[i
ßpojVTCÄVTl O
mm oeoc
a/iBi/m ivea8[E
In der übel zugerichteten Inschrift, von der ich keinen Ab-
klatsch nehmen konnte, ist nur die Erwähnung des Zeus
Bronton sicher.
* Bei der rohen Arbeil ist eine sichere Entscheidung kaum möglich ; ich
habe mir aber vor dem Stein die Figur als weiblich nolirl und die Photo-
graphie scheint diese Notiz zu bestätigen.
KLEINASIATISGHE STUDIEN. VI. 435
57. Ebenda in einer Hausmauer. Rings gebrochene Platte
aus Kalkstein. Höhe 0,50"°, Breite OriS*". Buchstabenhöhe
0,025". Viele Ligaturen.
Aup. AY)pLY)Tpta Tü^ a[vSpl
*A]'KoXk(Asm XI OuyaTYjp [Bt-
pJoviixT) xi ya(x.6po; *A7roXX[(i)-
58. Ebenda. Stele aus Kalkstein mit Giebel und Seiten-
pfeilern« über der Inschrift ein Kranz. Höhe 0,81", Breite
0/i9", Dicke 0,18". Buchstabenhöhe 0,02". Zahlreiche Li-
gaturen. darunter N und A in Z. 6.
MdevY)v TOI Texva
'AtsxkoL^ xi Ma-
vy)( xe Nava(,
5 iTii[jLY)9av ulov
'AXe^avSpov
Tcarnp M[r)v]69[iX]o<.
59. Hügel am Sary-su, 5*" von Boja-Tokat. Beim Bau der
Chaussee Eskischehir- Tschifteler 1894 gefunden. Oben ge-
brochener roher Säulenstumpf aus Marmor. Höhe 0,50
Durchmesser 0,25". Buchstabenhöhe 0,03-0,045
m
HC u,ou
in
V Ouil6[lOU
Tps6(i>vta-
voO r&XXou
xal Ouei6{ou
rdeUou Ouo-
Xo99iavoG
Zs66(a9Td^v)
436 ALFRBD EOBhTB
Die Schrift nimmt auf VerleUun^'en des Sleins Rücksicht,
daher sind nach den dritten ßuchslaben der Zeilen 1, 3 und
7 kleine Lücken. Aus der kurzen Re^ining der beiden Kai-
ser C. Vibius Trebonianus GalluB und C. Vibius AGoius Gal-
luBVeldumDianusVoluBianuB(251 -953) sind verbältnissmässif;
viele Meilensteine erhalten, von den kleinasiatischen Provinzen
jedoch nur in Kappadokien (vgl. Prosopographia Imperii
Romaai III S. 418f. und 426 f.). Die Schreibung Oioiowa-
vö< für Volusianus kehrt auf Münzen von Tarsos wieder'. Die
Strasse, zu welcher der sicherlich nicht weit verschleppte,
wahrscheinlich sogar in situ gefundene Stein gehört, ging
jedenfalls, wie die heutige Chaussee, von Dorylaion aus. Als
Ziel würde man nach dem Gang der modernen Strassen gern
Pessinus annehmen, aber das ist durch die bestimmte An-
gabe der Peutingerschen Tafel ausgeschlosseo, dass der Weg
von Dorylaion nach Pessinus über Midaion fQhrte. Midaion
lag nach Ausweis der Münzen am Tembris (Porsuk)^, aller
Wahrscheinlichkeit nach bei Kara-öjük, 30^ östlich von Do-
rylaion^, und zwischen diesem Punkt und dem Fundorte der
Inschrift -liegt der unwegsame Odschak-dagh. Ich halte es des-
wegen für höchst wahrscheinlich, dass die Inschrift einem di-
rekten Weg Dorylaion-Amortonangehört.der in der Peutinger-
schen Tafel fehlt, aber von Ramsay Historical geography of
Asia Minor S. 198 mit Recht vorausgesetzt ist. Die Verwir-
rung in der Peutingerschen Tafel, die auf Pessinus Abroslola-
Amorion-Abrostola folgen lässt, erklärt sich, wenn in der
Vorlage zwei gesonderte Strassen Dorylaion- Pessinus und Do-
rylaion-Amorion in Abrostola zusammentrafen^. Der Ort, auf
den sich die Meilenangabe 1? (:^l7,76''')bezicht, ist nicht zu
ermitteln.
■ [mhoof- Blumer. Zeitschri» fürNumismalik (876 S. 3h\.
> Head Historia nummoram S. 567.
^ Vgl. Ramsay Historical geography of Asia .Vinor 8.239 und oben S,430.
^ AriderK ltaln^a; a. a. O. H. ?37, dessen spälfire Argumenlation mir
jniger einleiichlct als seine frühere Ansicht.
KLBIKASIATISCHE STUDIEN. VI. 437
60. Ebenda. Altar aus Kalkstein. Höhe 0,98", Breite 0,41",
Dicke 0,28™. Buchstabenhöhe 0,03".
MY)v6fiXo;
ou All ßpo-
VTÖVTl IUJ^7)V.
61. Ebenda. Marmorner Altar, sehr abgescheuert; Höhe
0,98", Breite 0,35", Dicke 0,30". Buchslabenhöhe 0,03".
Oben an der Vorderseite Gefass mit Trauben, auf der Rück-
seite Stierkopf, auf der rechten Stern, auf der linken Traube.
riouaa ffuv te-
xv[o]i; avSpl
kI A[li ßpo]vTd^V-
Tl lOj^TQV.
62. Ebenda. Marmorne Giebelstele, unten gebrochen. Höhe
0,36", Breite 0,28", Dicke 0,05". Buchstabenhöhe 0,025".
AaSY)<
MlQVOfd^-
V05(!) UTCCp
Pessinus (Nr. 63-69).
63. Siwrihissar, auf dem armenischen Friedhof. Marmor-
platte; Höhe 0,77", Breite 0,46", Dicke 0,20". Buchstaben,
höhe 0,017-0,02".
TiSeptov KXauSiov ''Attciv (cpea
'Hpat ulov Kupiiva AYiiorapov, {va-
Tov (AiTflt Tov apj^upca, T^rap-
Tov il FaXard^v, xal ii^ ^PX^^*
438 ALFRED KOBRTB
5 pca Td^V SlSa9Tü)V TOU XOl-
TOf aVTY)V 'ÄTTaSoxftoi ol
TC&V TVi^ 6C0U |AUaTY)p{cüV
ouvjAuaTai tov iaurd^v f {-
10 Xov xftl iuipytmv iptTTJc e-
vixiv xal luvoiac tti^ itc i-
xou Mayiou NfixiQföpou.
Sorgfältige ziemlich einrache Schrift, E und H mit frei-
schwebendem Querstrich.
Die Inschrift ist eine wertvolle Ergänzung zu dem M.AA,
1897 S. 38 Nr. 23 veröfTentlichten Steine, durch den wir die
Attabokaoi zuerst kennen gelernt haben. Die neue Inschrift
gilt dem Sohne des dort geehi*ten, von dessen Namen auf je-
nem Stein nur die Tribus Quirina und das Cognomen Heras
erhalten sind, den wir nun aber Tiberius Claudius Heras wer-
den nennen dürfen. Die militärische Laufbahn des Vaters hat
der Sohn nicht betreten, auch communale Ehrenämter erwäh-
nen die Mysten bei ihm nicht, aber die geistlichen Ämter sind
bei beiden ziemlich dieselben. Neben der Würde des flamen
Augustalis und der des Oberprieslers im Kaiserkulte der
Provinz, welche der Vater sechsmal, der Sohn zweimal be-
kleidet hat, nahmen beide auch einen Rang in der Hierarchie
der pessinuntischen Göttermutter ein. Ramsays Folgerungaus
der älteren Inschrift ^ dass die alten phrygischen Familien
die Prieslerstellen der Göttermutter mit den galatischen Ero-
berern geteilt hätten, wird durch die jüngere Urkunde glän-
zend bestätigt. Nach dem Oberpriester gab es zehn Priesterstel-
len, von denen die fünf ersten den Phrygern blieben, wäh-
rend die fünf folgenden den Galatern zufielen. Heras hatte die
zehnte Priesterstelle d.i. die fünfte der Galater inne, sein Sohn
* Vgl. Wochenschrift für klass. Philologie 1898 S. 3 und Ramsay tiisio-
rical commenlary on ihe Epistle to the Galatians S. 62.
KLELNASlATISCHÜ STUDIEN. VI. 439
Deiotaros ist eine StuTR höher genickt. Besonders wiclitig ist
die Art dei- Namengeljung: 'Att« !ipiü( ist ein Teil des Na-
mens, ein>{erückt zwischen den Geschlt^chtanamen und den
Valeranamen, dem dann noch Tribus und Beiname folf^en.
Üamil ist ein neuer klarer Beweis türdle Hieronymie der pea-
sinunlischen Priester gegeben'. Allerdings legt in der Zeit
unserer Inschrilt der Priester seinen alten Namen nicht mehr
zu Gunsten des Gottesnamens ab, wie das im zweiten Jahr-
hundert V. Chr. der Fall gewesen zu sein scheint^, aber da-
für ist der Name Atlis auch nicht auf den Oberpriester be-
schränkt, auch alle zehn Priester nacli dem Archiereus sind
anscheinend in gleicher Weise 'AttiSh;.
Da der eigentliche Hufname des Mannes Deiotaros ist, liegt
es nahe, in ihm einen Spross der alten Kiinigsfamilie zu sehen.
ÜV [<)benda. Fünl' Bruclistücke eines marmornen gut gear-
beiteten Architravs- Buchstabenhöhe 0,180"".
a b. c.
AjÜTQxpaTQJpt TiTbi 0[üi]Ticgi<ita[v(ü S,^&a.aT€^
d. e.
'AvTi[Yoy]o((?)Ni. ..
Dass in den Bruchstücken d und e Teile des Stifternamens
enthalten sind, ist sehr wahrscheinlich, die von mir gegebene
Verbindung freilich willkürlich. iJie Ausdehnung dieses dem
Kaiser Titus gewidmeten Gebäudes muss ziemlich gross ge-
wesen sein.
üö. Ebenda. Grabstein in Altarform; Höhe O.HJ", Bieile
0,31". Buchstabenhöhe 0,025-0, 03™.
SotTOupvtvD!
■Aiigav8piü(
' Vgl. M.A.l. 1897 S. IC.
> Uie AUalidenbriere balicn nur die
'AtuEi i(|3(t] x^'P"*- ^^^^ f'^'i Midasfelse
vavaXaFa;; «gl. IT. A. I. 1898 B. 97.
esse B«iail(ü( . . . "AmSi [odi-r
cilil der *At<{ 'ApuaiFai« *Am-
440 ALFRED KOfiRTlS
5 afiivt) Im
.xy'. Supa av£-
amfffv (xvtj-
Ungewöhnlich ist bei Inschriften dieser Gegend die Angabe
der Heimai. Saturninos, der sein Leben selbst als einen Peld-
zug bezeichnet, mochte auf seine Herkunft aus Alexandreia
und die seiner Kameradin aus Syrien stolz sein.
66. Ebenda. Gesimsblock eines grossen Grabmals, an bei-
den Seiten unvollständig. Höhe O.W^, Breite 1,50*°. Buch-
stabenhöhe 0,025°*.
xa{ "HXio; xal Aiftvl; Ai(x.v^ct> x& IoutSv icaxpi (i.vi{(ai)c X^P*^ ^^ ^
Das c von "Hliioc ist über der Zeile nachgetragen.
In dem Nominativ Aipivi; für Atpcoc (Aipivaiog) ist die En-
dung -ftioc, -fo; gerade so in -i; verschlifTen wie die Endung
-io( schon seit dem ersten Jahrhundert vor Chr. in Kleinasien
mitunter in -i; verschlifTen wird (vgl. besonders Buresch, Aus
Lydien S. 73 und M, A, I. 1899 S. 419 Anm. 1).
67. Balahissar, Nekropole auf einem Plateau im S.O. des
Dorfes. Aufrechlstehende Marmorplatte, zum Teil in der Erde
steckend, verziert mit zwei sorgfältig ausgeführten Thüren,
auf denen Schlösser und Zugringe angegeben sind, zwischen
den Thüren ein Weinstock. Sichtbare Höhe 1,28™, Breite
2,10™, Dicke 0,44™. Buchstabenhöhe 0,03™.
Das letzte A ist in E eingeschrieben.
Dieser und der folgende Stein scheinen noch in situ zu
stehen, sie sind erst kürzlich von Steinhändlern freigelegt
worden; ein dritter derselben Form, dessen Standort noch
erkennbar ist, wurde nach Siwrihissar gebracht und nach Aus-
meisselung der Inschrift in die Fassade einer neuen Schule
eingelassen.
KLEINASIATISCHE STUDIEN. VI. 441
68. Ebenda, gegenüber der vorigen Nummer in Entfer-
nung von l^SO*". Die Weinrebe zwischen den beiden in glei-
cher Weise ausgeführten Thüren ist etwas reicher. Sichtbare
Höhe 1 ,08™, Breite 1 ,80", Dicke 0,44". Buchslabenhöhe 0,02"^.
AiOY^VT)« SayapCou lautco l^cov [xaxJEaxEuaacv tov xi^ov xai tij lau[ioG] yuvexi<I>ciXi7:^Si(!)
Es verdient Beachtung, dass in Stein- und Münzinschriften
der phrygische PIuss und die von ihm abgeleiteten Namen,
so viel ich sehe ausnahmslos, mit einem y geschrieben wer-
dend Die auch in der Litteratur vertretene Form ^ Sagaris,
die dem modernen Namen Sakaria näher steht, hat also min-
destens ebenso viel Berechtigung wie die bei Homer (P 187,
n 719) vorkommende und schon deshalb in der späteren Lit-
teratur ^ vorwiegende Sangarios.
69. Ebenda, in derselben Nekropole. Marmorne Grabthür,
grösstenteils in der Erde. Breite 1,63". Buchstabenhöhe 0,02".
FouvEpto;^ 'Ayadoipouc 7raiäovö{xo( J^o^v iipöiQ^fv
iauTG^ xal 'Ayi^Oir) avfi|/(at (jLvif)|AY)< xdepiv (!) ^
Nakoleia (Nr. 70-75).
70. Sidi-Gasi, Friedhof oberhalb des Derwischklosters.
Sorgfältig gearbeiteter Altar aus bläulichem Marmor; Höhe
0,84'", Breite 0,35", Dicke 0,24". Buchstabenhöhe 0,02".
Viele Ligaturen.
''Atüc nXouaiou
CUV Texvoi; 'OvYi-
(i]{(xou(!) mk XaptSY)-
f^^^^-) (Kraler) '^^ ''^,'^-
TTCpl lauTüiV X£
Td>v iSi(i>y Tcdcv-
* Vgl. den Index des C, 1. G. und Head Historia nummorum S. A\3.
2 Ovid. fast. IV, 229, ex Ponlö IV, 10. 47, Plin. nai. hisl. VI, 1, 4, Etym.
Mag. s. V.
3 Polyh. XXII, 20, Slrabo oft, Liv. XXXVIII, 18 und sonst.
* Doch wol r. Ou(aXHpio«.
ATUBN. MITTUBILUNGEN XXV. 29
, KLEINASUTIPCHE STUniBN.
AifilToiST) Sw^ovTi x«l 'MtÄcbi ß«oi>f/i
iü£jaTQ ßidiiov iirif uiö; 'EndrififUi
i(f]ov «öoiviTOiai Mi¥toTpaTO(, Öv Ät-
oSupof] O^xt SiKOitOTiTOt! Ti8' öaiowi 0ioi^(.
Am Schliiäs der /eile 'i sind die liuclisfaben Oioi durch ein Ver-
selion des Steinmetzen Ibrtgefallen, die Ergänzung ist sicher.
Ülior die religionsgescliichtliclie Bedeutung des Steins habe
icli oben zu Nr. 5'i gehandelt. Obwol am Anfang jeder Zeile
nur wenige Buciistaben fehlen, kann man über die Ergänzung
imZweifel sein. Ich bin von der Erwägung ausgegangen, dass
zu den beiden Verben -»to und flüxi verschiedene Subjecle ge-
liiiren müssen, und dass 'Sohn des Epalorix' als Bezeichnung
des Weihenden nicht ausreicht. Dann muss Menestratos eben
der Sohn des Epatorix sein, und der Name des Voltzietiers
des Gelübdes mit M- beginnen (Diomedes und Diodoros sind
gleich möglich). Das Vorkommen des echt keltischen Namen
Epatoris* in der nicht mehr zu Galaticn gehörenden, aber
freilich der Grenze dieser Provinz sehr nahe liegenden Stadt
verdient Beachtung.
77. Ebenda . bei der armenischen Kirche. Marmorne
Grabthür; Höhe 0,70", Breite 0,50"". Dicke 0,1 i'°. Buchsla-
benhöbe 0,02™.
"AxTaitK 'ApiffToS^nfow . . .
-ot ÄMÖipä ^irniTA
XApw.
Der Name der Schwiegermutter kann nur vier Buchstaben
enthalten, Tix«, Näv« oder dergleichen.
Greifawald.
ALFRED KÖRTE.
< In Iloliler^ Allkellisclmm Sprachschatz hndet sich der Name nicht, wul
aber Gpalon und IJpaticcus; er isl mit dem hekannlcn SufTu -rei\, -rix ge-
bildet und entspricht deiu Sinne nach ziemlich genau dein griechisehen
'insoKfiiTiK. Ich bemerke liicrbei.dass Holder den Aiiiri» der Allulideiibriere
(Archäoltigiseh-eiJJBr. Milllieil. 1881 ö. 95 ir.) überselieu lial.
BlI.INGtJlS AUS DOHYLAION
Rei gele|<enLlic)i erneuLem Sludium der BiÜnguiB von Do-
['vlaion, die in diesen Mitteilungen XXIIl 8.36'? nacli Ab-
schrift und Aliklalsch von '1. MtiXi6tcou>o; veröiTentliclit ist.
pi'gaii sich mir eine teilweise veränderte AnfTaBsung des phry-
gischen Textes Z, 8 glauhe ich die aus den phrvi^isclien Gtali-
schi'irten römischer Zeit bekiinnte Verbalform «SSxkit ei'ken-
nrn zu müssen. Da nun durch die von Cliantre, Missimi eii
Ctifiparluce , Paris 1K98, S. I'iö mitgeteilte allphrygische In-
schi'iCt, wie ich in der Wiener Zeitsclirift für die Kunde des
Morgenlandes XIK S. 35!) dargelegt Imbe, erwiesen ist, dass
pbrygiscbes »e griechiscbem zt, lateinischem qiie, skr. vn ent-
spricht und enkliliscli nachgestellt wird, ^o muss EvaTocpv(n)
SouuQ Z 0/7 das letzte der durch ks veibundenen Glieder sein.
Ich schlage also vor Z. 5 IT. zu lesen:
EvOTOlpV«-
(Pj Sou|a(I XI. Otou6
In MiTpK<^ocToc, Ma(TiupoYiio;, nDuvT0L<iSgc; sind doch wol nicht
vergötterte Tote, sondern wirkliche fttoi zu erkennen , denn
itapiöifjiTiv entspricht doch sonstigem 7coc{iKS{S(ij[At, das die For-
mel einleitet, mit der ein Grab dem Schutz der unterirdischen
Gölter anempfohlen wird, z. li. C.I.A. III Wr.i: IIap«SiSw|*i
Tof; KaTa^O&vioi; Otoi( toÖto to vipüov yuiiootiv, II^qütuvi x»i At)-
(iviTpi x«i llepUE^ovTi x«i 'EpiwOiiv xoii Tciiiv toU xctTCtj^Oovion 6(oi(.
Auch könnte M«; TsupDyiioc, Genitiv von M« Ttitpoyti; (gebil-
det wie BxStt^ Einleitung in die Gesch. der griech. Sprache
S H30. Ä«Stii 337. MaptfW! 338, Tätjh S'iM. Btt!;..; u.s.w.),
'der Ma vom Tembrogius-Flusse' bedeuten. Mirpoc^KTa (oder
446 P. KRBTBCHIIBB, BILIN6DI8 AUS DORTLAlON
MiTpaf ftTfli[;] ?) erinnert in seinem zweiten Teil an den Bei-
namen des Mithra, Cautopates. Unklar ist mir, ob nouvra^
Ba< (vgl. Ba< Einleitung S. 336) oder nouvraoSo« abzuteilen
ist; letzteres wQrde an den reitenden Oso^ Kaxao6o< in Lykien,
an KiXXi9ipo(, Herzog, Koische Forschungen S. 86, sowie an
die iranischen Namen auf - o^/ia = skr. a^i^ erinnern.
Da im griechischen Text zu toCc ippoYiYpa[A|avoic Ocolc hinzu-
gefügt ist x(al) Tü xioffcY), so wird man auch im pbrygiscben
Text eine Erwähnung der zuftY) suchen und in dem letzten
der mit xs verbundenen Glieder, Ev^xapva SoupiO erkennen dür-
fen. Sonderbar und im Wortauslaut wenig glaublich erscheint
in dem zweiten Wort die Konsonantengruppe \A. Vielleicht ist
Q verschrieben für O oder Q. und Soufto, Sou[u* oder dergleichen
zu lesen : dann wäre hier das phrvgische SoufAo; zu erkennen,
das auf einer Inschrifl aus Maionia vom Jahre 173 nach Chr.
in der Bedeutung 9ÜvoSo<, ouyzXvito;, 9U(tS{u9ic vorkommt und
zu got. dbms 'Satzung, 6ericht' = asl. duina *Rat* gehört
( Bezzenbergers Beiträge XIV S. 51. Kuhns Zeitschrifl 34 S.
53). Hier müsste es x&\Lrk entspi*echen oder etwa 'Gemeinderat,
Gemeindeversammlung' bedeuten und EvarapvocT^ ?] dann der
Name des Ortes sein.
Über den Schluss des phrygisohen Textes OtouOSftv aSSxxcr
opouav lässt sich wol nur soviel sagen, dass er vielleicht dem
Schluss des griechischen Paralleltextes Taö6' 6 waxiip 'AaxXtj-
moc entspricht, aSSaxer also ein hier fehlendes und zu ergän-
zendes Verbum in der Bedeutung 'hat feslgeselzt, angeordnet*
wiedergiebt.
Wien.
PAUL KRETSCHMER.
-^-C^W^^itl^^'^
ZUR P0R0S8TATUE IN MÜNCHEN
[Allieo. Mittuilungen lljt% Taf. I)
Die in dJusen Miltelluni^en IHUfi Taf. I. ab^;ebj|(lete und
von FuPtwängler S. i (T. besjirouhene Porosslatue eines Krie-
<;ers in München, in der er ein allgriecblsclies, walireclieinlicli
aus M^kenai stammendes Werk der Zeit um 600 erkennt, ist
bereits vor ihm verülTentlictit gewesen und stammt ansCIiiusi.
Der durch seine Arbeiten auf dem Gebiete rümisch-germani-
. seher Fürscliung und durcli seine Bczieliungen zu vielen be-
rülimteti Miinnern seiner Zeil bekannte Ilofrat Dorow be-
Hclireibt in seinem 1829 in Paris erschienenen Buche Vai/age
arc/ieoiogiquf äans Vancienne Elrurie die Statue eines Krie-
{^ers aus 'l'ufTstein, die er in Ctiiusi als daselbst gefunden im
August des Jahres I8'27 erworben hatte, und bildet sie in
zwei Ansichten nacii einer ergänzten Zeiclinung des Malers
Luciierini, der ihn auf seiner Iteise begleitete, auf Taf. \l
Fig. I ab. Zur besseren Veranscliauüehung gebe ich die bei-
den Ansichten wieder{S. ■'i'iS). [Jie Beschreibung S. 20 f. lautet
folgendermaassen : Dans la troisieme de ees chambres sepul-
cralcs. il y avait une statue gätee entierement par le temps et
i'bumidile . . . Dans la collectiun de M. Paolozzi, on voit une
Statue semblable; j'ai obtenu la possesston de la t^oi8i^me de
ce genre qui ail ete trouvee ä Chiusi. Gette dernitre reprc-
sente je crois ua guerrier; cVtait aans doute aussi un monu-
menl sepulcral, peul-ötre destine ä aervir de gardien aus tom-
beaux . . . Ce soldat a un casque pareil ä celiii des guerriet's
qui sont representes sur les vases noirs. II tient devanl sa poi-
trine un bouclier avec la t^te de Meduse, et de la main droite
une lancB qui ressemble de m^mo ä Celles r|ue Tun voit sur
les anciens vases. C'est d'apri's ces modMes que j'ai futt re-
staurer cette slatue de guerrier, (Voyez la pl. XI, (ig. I ) ; il y
est. comme dans l'original, diFforme et mal fail. II regne dans
loutes les parties de cette tigure un manquc absolu de propor-
418 c. WATüisoKn
lions: je crois que. de in^me quR les dcux autres de Chtusr,
eile n'a pas eu de jambes, que \ä stutue n'eLnit travaill^e (\ue
jiisqu'n la pnrlie inferienre du Ironr, el qiie plus has eile se
leiminait en Hermes, ou plutul (ju'elle ppuL avoir servi de
eoLvprclc ä iiiip urnr. Pln^fciirs ainan«; de ■''liiM-ru-i- (in( voiilit
i'fCMiiiiaiUi: [i[i l'i'oö' daii:^ cetle ligure ; mais je ne puis par-
taper ceLlo opinion. (^)uoi(]u'il en puissc filre, le Iravail me
semble »pparlenic au temps le plus ancien. La Tigure a jus-
qu'au nombrJI dix - liuJt pnuces six lignes. Die Identität der
Pornsstatue in München und der TulTütalue in Doraws Besitz
sprinf^t oline Weiteres in die Auf^en. Die Grösse von TiO'", die
rurtwän<^lGr an<j;iebL, ist dieselbe wie 18 Zoll 6 Linien bei
Ddi'ow ; der Bruch des Schildes mit dem Gorf^oneion stimmt
^enuu Uherein. In der Wiedergabe der f;an/.en Figur hat d«r
Zeichner zerstossene und beschädigte Teile, z. II. die LunKen-
spitze soweit ergänzt, als sieh die ßrgän/.ung mit Sicherlioil
geben Hess. Bei dem Schilde, dessen Ergänzung er in fei-
neren Slriclien ausfülirt. giebt er die Linie des Bruches an.
I)u!4 Material der Staliie. das Dorow hier nicht besonders, aber
in der Beschreibung der Tafeln als Inf bezeicimet, ist eben-
falls dasselbe. Denn (]er Stein, den man in Italien mit grie-
cliiachem Lehnwort tof'us nennt, pllegl in Griechenland Tcwpot
zu heissen. Die von Lepsius featgestellLe Übereinstimmung
mit m^kenischem Gestein ist daher rein zulültig, und man
sieht daraus, wie gelührlich es isL, aus solchen Ühereinstim-
mimgen weitgehende Schlüsse ru ziehen. Dass die Statue aus
Cliiusi stammt und wenn nicht dort, so doch sicher in fülru-
rien gefertigt ist, wird man also keinen Grund Italien zu bc-
zweiteln. Denn wälii'end das Werk in der altgriechischen Kunst
trotz der Beziehungen, die l'urlwangler findet, bisher ganz iso-
lirt gestanden hat, ordnet es sich unter die Werkeelruskischer
Kunst ohne Schwierigkeil ein. Abgesehen von dem unge-
schickten und plumpen Gesamleindruck, den bereits Dorow
liei'vorgehoben hat. hat die llelmform gerade in Kirurien die
besten Analogieen'. Am nächsten scheint mir der Kriegerkopf
aus Orvielo (abg. JVof/s/*- 1887 Taf. Vll.9)im Museum zu Flo-
renz zu stehen, bei dem auch der plumpe breite Hals und. das
stark vortretende Kinn sich wiederßnden. Mit der Bildungdes
Gorgoneions auf dem Schilde kann man ebenfalls elruskische
Denkmäler vergleichen. Der breite Wulst über den Augen und
die Locken, die auf den von Furtwängler citirlen griechischen
Denkmälern nicht erscheinen, kehren ganz entsprechend auf
der Ptruskischen Vase bei Micali Mnniimenti antichi ineilili
Taf. X.XXVI und auf der bei Dorow a. a. O, Taf. W Fig. 2 h
abgebildcLen IteMcfaltasche wieder. Iis bleibt also nur die von
l'urtwüngler S. 8 hervorgehobene sLiMstische Üliereinslimmiing
• WA- den Iti-Iin inil Buscli auf tter Siele des Aiib Elu^kn.s in VUm'.tn
Nolitte 1887 Taf. VIT. 9 Uixl den Helm niil Nni«enKcliJrm und BukcIi ituf ei-
ner Keliefhlele auaOrtJelu hui Martha L'art rirustfue H. SlüKIg. I6i. lUulIg
sitiil ganz entüproi^hendo lldine mit Biisuh l>ei dun Itcliurii^ur«!! vun Kii»-
gcrii auf BiichorovaHoii, vgl. Micali Uoituiiunli per lervire at'a ntnria Taf.
XXII, Durow. a.a.O. Taf. IX lig. 1.3. il. Ätinlich, aher iiiil '{U ad rat! schein
Aiisschiiilt vurselien sind die Holme bei Micaü Monummli antichi i/itdlli
Taf. XXV, i.
450 C. WATZINGER, ZUR P0R0S8TATUE IN MUENCHEN
mit dem Relief von Chrysapha übrig, die sich mir am ein-
fachsten aus dem Material der Statue zu erklären scheint, das
man wie Holz mit Messer und Säge bearbeiten kann.
Zusammen mit der Kriegerstatue hat Dorow in Chiusi drei
etruskische ReliefTragmente erworben S über deren Verbleib
ich nichts habe feststellen können. Seine Vasensammlung hat
er an den Maler Magnus verkauft, aus dessen Besitz sie in
das berliner Museum übergegangen ist^. Dort befindet sich
jetzt auch der Taf. XV Fig. l,ab abgebildete BroncespiegeP
und ein kleiner Bronceeimer, von dem die eine Maske Taf.
XVI Fig 4 abgebildet ist V Dagegen ist die Taf. IV Fig. 10
wiedergegebene Bronceschale nicht in das berliner Museum
gelangt^. Wann Dorow die TufTstatue verkauft hat und auf
welchem Wege sie schliesslich in das Nationalmuseum gelangt
ist, wo Furtwnngler sie wiederentdeckte und zu allerdings all-
zu hoher Ehre gebracht hat, haben auch Nachforschungen in
Dorows übrigen Schrillen nicht feststellen können. Jedenfalls
aber bleibt das Ergebniss bestehen, dass die Statue in München
aus der Reihe der altgriechischen Porosskulpturen zu strei-
chen ist.
Athen.
CARL WATZINGER.
* Es sind: 1) Taf. X Fip. 3 (= Inghiiami Gallcria omerica 11 Taf. 2\9 )
zwei slelicnile und zwei sitzende Krieger, sich unlcrhallcnd, von Inghirami
auf die llias bezogen, in Oveibecks Sagenkreis nicht erwiihnl ; 2) Taf. XII
Fig. 1, a.b.c. Lager, an dem sich vier Frauen helinden, auf den Seilen-
flächen noch je eine Figur; [\) Taf. Xll Fig. 2 (=:Micali Monutnenti per
servile alla storia Taf. LIM,'» ) Silen und Mänade.
2 Vgl. Furlwängler, Kalalog der Vasensaninilung im Antiquariuui, Ein-
leilung 8. XVI und die dorl cilirle Lilleralur.
3 Vgl. Friederichs, Berlins anlike Bildwerke II S. r>4 Nr. 51 ; Gerhard,
Elruskische Spiegel I Taf. 90.
* Vgl. Friederichs a.a.O. S. 278 Nr. 1323* .
'' Alle diese Broncegefässe stammen aus einem Grahe in Chiusi. das
kurz vor der Ankunft Dorows geölVnet worden war ( Dorow S 28). Ausser-
dem fanden sich darin ein Tigerkopf aus Br<Hice, zwei korinthische Ary-
halloi. ahg.'hihlel Taf. IV Fig. \), jelzl in Berlin (Furlwängler a.a.O. 1235.
I23<i mit der falschen FrovenienzangalM^ Vulci ) und eine protokorinlliische
Lek.vthos, ahgehildel Taf. IV Fig. II, jetzt ehenfalls in Berlin (Furlwängler
a.a.O. 1208 mit dcrselhen Provenicnzangahe).
LITTEHATUR
A. S. Arvanitopullo, Questioni di diriito attico. I. —
A. r. ApBANITOUOTAAOS, ZiQTTQfAaTa toö Ättixoö SiJtaiou. II.
Athen 1900.
nos EN EAaaai. Athen 1900.
B. AorSMANHS, napftTif)pif)(rci( ire\ toG ippooSiopiO|iioO toO tciSioo
fLxyrfi^ p.eTa^ü üojAicYtiou xal Kaioapo; iv BcaoaXicf. Athen 1900.
E. I. Apakos, Ae^iSiaxa TOxoYpafixa xal cxxXYiaiaaTixd. 11,1.
Athen 1899.
n. KaBBAAIAS, *l9Topia TT); apj^atoXoyixii; *ETaipciac aipo t7)c
h Itii 1837 iSpüoeü); auTi}? |jL€>pi tou 1900. Athen 1900.
r. A. KaPAMANOS, Ti *ApxaSixa irco töv ap^atOTdcTCüv j^pö-
vwv (Ac^pt Töv xaö' 7)(i.Ä5. Tripolis 1900.
n. N. IlAnArEüPrior, Aöyoc pioOcU «J^I toi; iyxaiviot; TOÖ U-
poO vxoO TT); 'Ayia; napaaxiuij; toO ev T(j^ vexpoTafeic}) Tti; opOo-
So^ou xoivoTTQTo; öftoffaXovixYig. Athen 1900.
N. r. IIOAITHS, MiXeTfti w«pl TOÖ ßioü xal ttj; yXwacrjc toö
*EXXy)vixoö Xaoö. napo((Aiai. II. Athen 1900.
AbHNA, auyypafx-jxa irfptoStxov Ttj; iv 'AO/|Vaic iTctaTYtjjLOvtxY);
cTaipiia;. XII, 3, 4. Athen 1900.
Darin u. a. S. 285. F. N. Xatl^tSaxi, IIcpi xou ax.7]{Aatta(i.ou tuiv 6vo(i.aib)v eis
-1« -IV «Vit -10« -lov IV Tj (lETaYtvEatipot *EXXT|vixfj. — S. 344. Derselbe, Ilipt
TOU tovi9(jLOU TcDv ouvO^xiüV St; -0$ ovo|i.aicuv. — S. 360. S. MsvapSou, FaXXixai (as-
aaicüvixai "ki^iii iv Kuicpc^.
ApMONIA, i7CiffTYj(AOvixov wipioSixov <juyypa(x(xa. 1,7-12. Athen
1900.
Darin u.a. S. 401. W. Barth. 'H ^liTipix^j 'lOaxi).— S. 436. 6. ^iXaSfX^tu«,
Tot üspadEiaia xai 6 ^[^.oi Bax?i. — 8. 464, 584 und 631. Nachtrag zur In-
schrift aus Thyrreion (vgl. oben S. 113). — S. 504. K. M. KwvaTavtoKouXow,
'Apx,iisxroviXT) TOU vaou sv x^ |iovj} Aafvtou. — 8. 529. I. Xaxl^($axt, 'Ap/^atoXo^i-
xal IpEüvai iv Kpiix^). — 8. 633. N. I. FtavvojcouXou, 'H 'Ticoixrj xaxa xi)v ap'/jn6-
xrixa. — 8. 705. K. M. KwvaxavxoJCOuXou, ^i)fi$caxa Aa^Vtou. — 8. 742. I. ^j.
£appij, MeX^xt) Tcipt XO0 KoptvOiaxou xöXtcou.
Ahi FL'NQK
liuLLBTiH de la 8oci(*U5 arcWolüyiiiue il'AIexandne, reilige
[lar le D' G. Botli. III. Miindica 1<.I0(I.
Ilarin II. Thiersch. Zwei Grillier der riiinischen Kaisurieil in Gahbsri
(A1e\an<lria). Mit 8 Tctlabbildungen, 9 TAfcIn und I üclitdruck.
AEATtON TTti iv 'A>^up(^ f ilgip^^oLiou iT«ipii«5 a TÜt '09puO( ■
TiC^os r'. Athen 1900.
Nach dem Bfificiil über lii-n Verein leriilTenllicIit N. l. rtavvditoulo« neue
thessalisclie Iiisclirifleii — S. 32. I'hoifiikisclje In-^clirift aus Plalatios.
AKATION THE ISTOPIKIIS KAI EeNOAOriKHS ETAIPIAL THS
EAAA40E. V, 1 (10). Atlien 1900.
Naciuiichtü» (Ibb rusäisclien archäulogischen Instituts ia
Konslantinopel. VI 1. Soptiia 1900. [Uussiscli].
llPAKTiKA TTit äp^ato>oY*''^< 'Etaipit«! toü (tou? 1899- Athen
1900.
To llGPloAiKüN MA£. I, 8--2'i. Piraiis 1900. 19Ü1.
In Athen sliess man beim Fundamentgralien in der Nähe
des Lysikrates-Dcnkmals auf ein antikesGrab, über dem eine
Marmorslele mil Inschrift lag. In dem Grabe ist nichts von
üedeulung gefunden worden. ('AaTu, 27. SiicTiuSptou 1900).
Der Merkwürdigkeit halber sei auch erwähnt, dass he) der
Restauration des Purllienon zwischen Marmorhiöcken am Gie-
bel eine Hyxis, die nocli Itcste ruLer Farbe enthielt, und ein
Bi-oiice- Uniersatz für ein Gerass entdeckt wurden.die wol noch
aus der Zeit des Parthenon baues stammen. ('Aotu, 28. '^ijc
Tijxgpiou 1900).
Wichtiger ist ein grosser VasenTund, den ein Privatmann
in einem versehültelen Brunnen gemacht hat und von dem
Proben in das Museum gelangt sind. ICr besteht in mehr als
hundert Geliissen mcisl römischer '/.dl, deren Formen an die
von Grcnfell und Hunt im Fayiirn gefundenen römischen Ge-
fasse erinnern und zum Teil nocli mit heutzutage gehrauchten
formen übereinstimmpn. Als Ornamente dienen eingegrabene
geometrische Muster; nur ein Stück macht eine Ausnahme,
(las mit geih und brnim aufgemalten Ornamenlen verziert ist
und zur Klasse der sog. koptischen Vasen gehiirt.die bis jetzt
nur aus Ägypten bekannt sind.
Bei den südwestlich von Athen gelegenen Sclilachthiiiisern
hat mit Erlaubniaa derRegirung ein Privatmann Ausgrabun-
gen veranstaltet, die zur AuTdeckung eines grossen Kriedhores
geführt haben. Dieser Friedhof befindet sich am llissos an der
Stelle, wo die mittlere lange Mauer den FIuss kreuzte, west-
lich von dem Ausläufer des Museionlii'igels, an dessen Siid-
uhhang ein grosses Felsengrab liegt (vgl. Curtius, Atlus von
Athen Bl. 111, A.Ö. Bt. VII, 1.2). Nach den bisherigen Fun-
den ist er in das Ende des V. und den Anfang des IV. Jahr-
hunderts zu setzen. Die Toten waren bestattet in llolzkis-
ten, von denen sich noch die Rroncenügel erhalten haben,
in Thonladen länglicher und viereckiger Form oder einfach
innerhalb eines von Marmorquadern gebildeten Rechteckes.
Zur Aufnahme der Asche dienten innen ausgehöhlle Mar-
morgelässe, die bald die Form von Kesseln bald von Süu-
lentrommeln haben. In diesen Behältern liegt gewöhnlich ein
Bronce-oder Terrakottakessel, der die Asche enthält. Die
Hauptmasse der in den Gräbern gefundenen Vasen bilden Le-
kythen, Aryballen und Pyxiden mit den gewöhnlichen Dar-
stellungen. Dazu kommen Lutrophoren . unter denen zwei
von besonderer Grösse und mit grossei), die ganze Bildhöhe
einnehmenden Figuren geschmückt sind. Auf der einen ist
ein Amazonenkampf, auf der anderen sind stehende Krieger
dargestellt. Unter den Kesseln tragt der eine um den Rand ein
weiss aufgesetztes Lorbeerband, der andere ist mit einem aus-
gesparten Bpheithand verziert, ein dritter zeigt das Bild eines
Flötenbläsers im langen Chiton, umgeben von tanzenden Cho-
reuten mit Schurz um die llüRen. Kine Pelike zeigt den Kampf
desTlieseus mit dem marathoniscben Stier. Unter den Terra-
kotten sind hervorzuheben kleine vergoldete Scheiben mit Ro-
seilen oder Medusenköpfen, ein knieendep Silen, ein eyrinx-
blasenJer Pan , ferner eine l\eilie kleiner Vöjjel und Hunde,
die aus einem Grabe stammen sollen, und ein schöner Lö-
wenkojif.
Gegenstände aus ßronce sind die schon erwähnten Kessel,
Spiegel oline Darstellungen, zwei PläUclien mit den (nschriHten
NIKOTEAH« und APOAAOiiOPO«
AXAPNEY« XOAAEI(St);)0Y.
Ausserdem Fanden sich drei BleiplÜttchen mit Vertlucliungs-
inschi'ifLen. Über den Gritbern »tiinden bisweilen Sielen oder
Marmorgeiiisse , mit Darstellungen in Malerei oder llelief
oder nur mit Inschriften. Dazu kommt ein kleiner rechtecki-
ger Stein mit der Inschrift Öpo; [jtvT)[/.ocTOt . Inschriften finden
sich auf folgenden Stelen und MarmorgefÜssen:
1) Stele, darauf sitzende Frau, die einem vor ihr stehenden
Jiingling die Hand reicht; blauer Grund. Über dem Jüngling
steht 0IAINO«. «her der Frau ATNOf TPATH.
2) Stele, deren Darstellung gemalt war und jetzt vollkom-
men verschwunden ist. Oben TPITIA« links, KH't>l<0't>QN
rechts.
3) Kleine Stete, oben die Inschrifl :
'AnolliiSbipot I Si[i(avo; | KuO>)ppto(.
-4) Lekylhos, vorn sitzender Mann, der einer vor ihm stehen-
den Prau die Hand reicht, hinler ihm und hinter der Frau steht
noch je eine Frau. Oben die Inschrift
iinksOAlNOMAXH rechts POAYNIKH.
AY^IAEO«
5) Lekythos, die Bemalung ist verschwunden. Oben nur
noch die Inschrift (A)Y€IAEn< MYPPINH, sehr flüchtig
eingehauen. Dazu kommt eine Lekythos, die nur mit dem
Relief von zwei stehenden sich die Hände reichenden Mädchen
verziert ist, Grund rosa.
Die Ausgrabungen, die TorLgesetzt werden sollen, verspre-
chün nocli lnleressanle ßrgebnisäe. Da die Aufdeckung dieses
wichligen Priedhofes in den Händen eines Privatmannes liegt,
der auf Grund des neuen Anlikengesetzes dazu die Erlaubniss
erliallen hat, so läset sie in der Sorgfalt des Grabens und in
der Beobachtung der Fundumstiinde leider Manches zu wiin-
sclien übrig. (Vgl. die Berichte in der Wochenschrift für
klass. Pliilol. 190(1 S. 1413 und in der Deutschen Litteratur-
zeilung 1900 S. 3331).
Im P i r ä u 9 ist beim Fundamentgraben in der öS6(
TofJLitÄC^ eine antike Wasserleitung gefunden worden. Sie
hat drei Abzweigungen und erhielt ihr Wasser vermutlich
von de» Hügeln der Halbinsel, an deren Abbüngen schon l'rü-
hcr Spuren von Wasserleitungen entdeckt worden sind. {'Aotu,
30. £(irTiii€j3(ou 1900). Ebenda wurde in einem Privalbause
ein rÖmischesGrabrelief mit Beschlag belegt, das eine siehende
Krau in langem Gewand darstellt. Es i»t gut gearbeitet, die
obere Hülfte mit dem Knpf der Prau ist abgebrochen. ('Aotu,
5:.. ■iQ^iQu 1900).
In Keratea hat ein Bauer in seinem Acker eine mar-
morne Grabliydria und ein grosses Grabrelief mit Giebel ge-
funden, die beide in das Nalioaalmuseum gelangt sind. Auf
der Hydria, deren Hals und Fuss fehlen, ist in Beliel ein auf
einem Lehnsluhl sitzender Mann dargestellt, vor dem auf-
recht stehen ein Mann, ein Kind und eine Frau. Ober dem
Relief bellndet sich die Inschrift :
NAYtirTTOAEMH A YKOPrO^IEPOTTTO
if AiNinnH lEPonTH«
Aufdem Grabrelief,das zur Hälfte erhallen Isl, ist eine sitzende
Frau dargestellt, hinter der eine Dienerin steht. Oben steht
die Inschrift
H AHMArOPA
Rechter Unterarm und Beine vom Knie an waren auf der a
456 vonhb
deren lliilflp. auT der nacli dem RiichülabenresL links sielt nocli
pjne zwt!ile Frou licfand. Ili-idp Slückc «iiiil {jiit goarbellel und
gehören in die eifle llülfb! de<) IV. Jidirliunderts. ( vgl. 'Evriz,
93. 'looliou li(0O).
In dprPii nsgpriil p am l'arni's lial der Epliopos Skia« Aus-
praliunpen vpi-anslidlet, die Ibrt^esetzl wenlen soMfin. Bis jrtü
»ind VVciliinscIirifH'». ein Heliet' und iti den Tropfclprn ein-
^escliintteinn eine ^oldenK Ciltudc und «ine winzige {{oldenc
Klinc gtiunden, lieides oiTenbar \\'eiliej;aben.
In l^relria liaL der I^piioros Kuruniolis seine er^ebnissrci-
clicn Ausgrubungen fortgeseUl (vgl. ulien S. 311 f.). Neui*
Gi'über sind uufgedeckt worden, aus denen Lekyllicii des V,
JululiunderU zu Tage kamen, Audi Goldfunde wurden darin
gemacht, darunter zwei Hulskellen, deren Glieder die Form
von Ciclieln haben; in der Mitte der einen beßndei »licb ein
kleiner l.iiwcnko|)r,der anderen ein Slierkopf; fernorein l)ia-
liem, verziert mit Sphingen, Pegasoi u. s. w in Helief. und
Kwei güldene Fingerringe. An einer anderen Stelle entd»:kte
man Graher des V 1 1 . Jahrliiinderts, in denen unter anderem zwei
alterelriaelie Amphoren gefunden wurden. InGnibern im Nor-
den der Stadt. diuebenralU der älteren Zeit angehören, wurde
eine grosse geomeliische Amphora mit der Darstellung eines
Leichenzuges, Wagen und Kriegern gefunden Ein vierlerFried-
liol', aus dem Ende des V. oder dem Anfang des IV. Jahrhun-
derts, spendete eine ganze Anzahl prachtvoll erlialtener weiss-
und braungrundiger Lekytben, von denen einige Ueiscliriflen
tragen. Die eine zeigt die Darstellung von Hypnos und Tliana-
los. Begonnen ist mit der Aufdeckung eines grossen römi-
schen Bades, das am Ende desSommers gefunden wurde. Bis
jetzt sind xwei kreisrunde Räume mit niedrigen Sitzen aus
Ziegeln ausgegraben, deren Fussboden mit weissem Mosaik
belegt ist. Kanäle aus 'riionrohren,die das Wasser zuführten,
und marmorne Wannen haben aicli noch erhalten. ("Aoru, 30.
'lovitou, 7. S:(jtTiu.6piou 1900). Im Osten von Erelria in einer
Magula geuimnten Gegend ist ein weiblicher Kopr( Artemis?)
gefunden : mau vermutet daher in dieser Gegend das lang
b
I
gesuchte Meitigtum der Arlemis Am.irj'sia. PJn Teil der bis
jet/.l in Eretria gemachten Funde wird später in dem Museum
in Chalkis AursLellung finden. ("Avtu, 17. ^tKi^^fiw 1900).
In Chalkis ist ein grosses Mosaik entdeckt worden, das
zum Pusshoden eines Gymnasions gehörte. AuT ihm sind
Paustkämpfer und andere Athleten in den verschiedensten
athletischen Ühungen dargestellt. ('Aaru, 54. 'louiiou 1900).
Die Nachrichten von der Entdeckung eines mykenischen
Kuppelgrahes in der Nahe von Megalopolis und des Gra-
hes des Aipytos hei Pheneos haben sich aU irrtümlich her-
auKgestetll. (Vgl "Autu, •^. SiTtTiiißp. und U. Noinßp, 1900).
An der Nordkiisle von Antikythera hatten am Ende des
Jahres 1900 Taucher, die auf dem Meeresgrund nacli Schwäm-
men suchten, in einer Tiefe von etvsa HO"' einen Schatz von Mar-
mor- undBroncestatuen entdeckt und zum Beweise derClaub-
wUrdigkeit ihrer Angahen eine Uroncehand hervorgeholt und
nach Athen gebracht. Die Anfangs mit hegreillichem Miss-
tranen aufgenommene Nachricht veranlasste die griechische
Regirung, von den Tauchern an der von ihnen bezeichneten
Stelle mit Unterstützung zweier Kriegsschiffe Hergungsarbeiten
vornehmen zu lassen, die bis jet/.t von grösstem Erfolge wa-
ren. Eine ganze Reibe von Statuen aus Bronce und Marmor,
die zuerst dem Meere entrissen wurden, waren leider voll-
kommen zerstört ; ausser den allgemeinsten Umrissen der
menschlichen Figur war nichts mehr an ihnen zu erkennen.
Dagegen ist der grösste Teil der seitdem gefundenen Stucke
vortrefllich erbalten. Von einzelnen Fragmenten aus Marmor
ist zu nennen ein grosser Halbmond, ein Knabenfuss mit
SlfUze unter der Ferse und dem Best der Marmorbasis, auf
der er stand, Hinterbeine und Füsse eines r*ferdes. Diese
Teile sind ofTenbar von den Statuen abgebrochen und im
Sande vor dem Sccwasser gesebützt wol erhalten geblieben.
Nur eine Marmurstatue ist fast unverBehrt gefunden wurden.
Der linke Arm, das linke Bein und die linke Körperseile sind
stark zerfressen; dafür ist der grösste Teil des Kopfes, der
Kücken und die ganze rechte Körperseite vollkommen frisch
ATHÜN. HITTHEILUNnUN XX\. 30
J
und f^latt erliahen. Der Oberkopr ist angCBttlckt. Die Suiue
»Ii^Hl fineii Jtlngliiig liar mit ausgerorilenlÜc^h kraftvoilein
rnuskuliisen Kürfter, der sich ^un?, ziisammonijuckt und in die
Kiiipe iierunterlässt Der rechte Arm hänjit schhifF und unths-
li(^ hift iidinalifi auT die Krdc herult. der iiiike war nat;h vorn
iiusgPHLrAckt I>{^r Knpf ist ziiriirkgcnomnien, dnr hlick richtet
Mi(;h iicharr in die Höhe, der Kichtniig des linken Armes ent-
Hprcehenil, Unter dem rechten KnicRwisehen dem reclilen Ann
und dem rechten Ohersclienkel , zwischen Daumen und Xei-
gelin<{er der rechten Hand sind Stützen angebracht. Kesunders
aulTallend ist die Itililunf; des Kopfes: die nieilrige Stirn, der
ptull gedrückte Oherküpf, das vierecki|i;e, plumpe und bau ■
riache GesicliL erwecken den Kindruck eines realistiachen Por-
trats Das Haar ist ^anz kurz und liegt fest am Kopf an bis
auf eine kreisrunde Stelle am Hinterkopf, wo es länger ge-
lassen ist und einen etwa 1'* hiilien Wulst bildet. Von den
bisher vorgebraclilen Deutungen scheint die auf einen Pao-
kratiasten den Vorzug zu verdienen ; für sie spricht die Hal-
tung, die au die Slattie eine Uingers im Konservalorenpatast
Nr. ^.:j(llelbig Führer'' I. 59'2. ab^A\ Biii/rtrino cummunaie
1876 Taf. 1 1) erinnert, bei der die Haltung der Arme umge
kehrt und der Körper nicht so stark ^.usammengedrückt ist.
Ferner spricht für sie der Ihiarwulst am Hinterkopf, deryiel-
leicbt mit dem cirriis der Pankratiasten identißcirt wnrden
darf, wie ihn Visconti auf einem Athleten-Rellet [Museo Pio
Clementini' V Taf. 36) wiedererkannt bat. Wegen der etwas
trockenen Behandlung des Marmors, wegen der an Gravirung
erinnernden Ausführung der Haare und der vielen, zum Teil
sehr bässlich wirkenden Stützen scheint das Werk kein srie-
chisches Original, sondern die sehr getreue Kopie einer Bronce
Statue hellenistischer Zeit zu sein. Der schlaff herabhänj^ende,
vielleicht durch einen Schlag gelähmte rechte Arm weist wol
darauf hin. dass der dargestellte Pankratiast der unlerliesende
ist und dass zu ihm ein siegreicher Gegner zu ergänzen ist.
Viel reicher als die Funde aus Marmor sind die aus Bronce.
Von einzelnen Hruchslücken, die besser erhalten sind, sind zu
I
epwälinen dür rechle Puss und ilie Sohle eines linken Fusses.
di« mit .Stiefeln bekleidet waren, und drei Paui- Fliase mit
Sündalen von drei versi^liiedeneti Statuen . die mit Bleiver-
Huss in steinerne tiasen eingelussen waren. Die eine Stalue
ist nacdi dem olien erhaltenen Gewandrest eine Gewiindstatui;
gewesen. Kerner fanden sich zwei Schwerter, eine kleine
bronceoe Leier, zwei kleine Lönenkö[)fe, die an den noch
in Resten erlialtenen Seitenlehnen eines Thrones ans Bronce
mit gravirten und eingelegten goldenen Ornumenten ange-
bracht waren, dann drei rechte Arme, unter denen einer
durch vortrelTliche blrliakun;; und Feinheit der Arheit her-
vorragt, und der linke Arm eines Fauslkämprers mit dem
Riemengedecht um Unterarm und Mand Dieser Arm gehört
vielleicht zusammen mit einem bärtigen Porträlkopf. dessen
Arheit auf das 11. Jahrliundert vor Chr hinweist Fast un-
versehrt ei'haiten sind drei etwa -40'" Ituhe Statuetten und
eine überleliens^rosse Statue. Die eine Statuette stellt ein Mäd-
clien dar. das lest auf dem rechten Bein steht, das linke
Bein etwas zuiückzielu und mit einem langen dorischen
Chiton mit Überschlag bekleidet ist. Der linke Arm hängt
herab, die vorgestreckte olTerie linke Hand hielt vielleicht
eine Schale. Die Statuette gehört noch in die erste llälfte
des V. Jahrhunderts, die Arbeil ist nicht hervorragend. Die
vordere HüllYe <les Kopfes ist leider nicht gefunden ; das
Haar ist fiinten in einen Knoten gebunden und nur durch
flilchtige, gravirte Striche angedeutet. Weit feiner Ist die Sta-
tuette eines Jünglings aus dem Knde des V. Jahrhunderts mit
linkem Standbein und rechtem Spielbein, das etwas zur Seite
gestellt ist. lÜr bückt gerade aus, iiielt auf der ein wenig vor-
gestreckten rechten Mand wahrscheinlich eine Sehale und in
der gesenkten linken ebenfalls einen Gegenstund (Bogen?),
von dem noch ein Best erhalten ist. Brustwarzen, Lippen.
Augen waren wie bei der Rroncrestatuelle des Hermes mit dem
Widder (Jahrbuch des Inst. 1887 Titf. 9) aus anderem Ma-
terial, wol Silber, eingesetzt. In der Haltung steht die Sta-
tuette der kleinen Bronce aus der Nähe von Curium (abg.
460 FUNDE
Ceswola CyprusS. 345), die vielleicht einen Apollon darstellt,
am nächsten. Die dritte Statuette aus hellenistischer Zeit stellt
einen Jüngling dar im Motiv des münchener Diomedes mit
rechtem Standbein und linkem etwas zurückgezogenen Spiel-
bein. Der Kopf ist nach links gewandt, über der linken Schul-
ter hängt die Chiamys. In der rechten, etwas vorgestreckten
Hand ist wol ein Schwert zu ergänzen, der linke Arm ist im
Ellenbogen gekrümmt und etwas zurückgezogen. In mehrere
Stücke gebrochen, aber sonst wol erhalten ist die überlebens-
grosse Statue eines nackten Jünglings, der auf dem linken
Bein steht, während das rechte Bein ein wenig zur Seite ge-
stellt ist. Der linke Arm hängt herab; in der Hand hielt er
einen Gegenstand, dessen Ende nach unten gerichtet war. Der
rechte Arm ist weit ausgestreckt, die Hand hielt wie die Stel-
lung der Pinger deutlich zeigt, einen runden Gegenstand, also
etwa einen Apfel oder einen Ball. Der Kopf ist nach rechts
gewandt, der Richtung des rechten Armes entsprechend. Die
Statue, die man bei der Auffindung als einen zweiten Hermes
des Praxiteles begrüssle, ist nachpraxitelisch und wol in das
Ende des IV. Jahrhunderts zu setzen. Je nach der Ergänzung
des runden Gegenstandes in der rechten Hand könnte man an
einen Sieger, der den Apfel als Siegespreis erhalten hat, den-
ken (vgl. Furvvängler, 50. berliner Winckelmannsprogramm
S. 132 f.) oder sich erinnern, dass die Athener einmal dem Ari-
stonikos aus Karystos, dem Ballspielgenossen Alexanders des
Grossen , wegen seiner Kunst eine Statue errichtet haben (Athen.
1, 34). Doch ist damit die Reihe der Möglichkeiten nicht er-
schöpft.
Mitden bisher beschriebenen Antiken zusammen fanden sich
auf dem Meeresgrunde Gegenstände, die der römischen Zeit
angehören, mehrere Scherben von Glasgefässen, eine kleine
Alabasteramphora mit eckigen Henkeln, ein kleines Thon-
fläschchen, mehrere Spitzamphoren und eine thönerne Flasche.
Wegen der guten Form des Amphoriskos und der Wiederkehr
der gleichen Flaschenform in ptolemäischer Zeit im Fayum
(vgl. Grenfell und Hunt Fmjoum /ofv/z^Taf. XI, b, Fig. 15)
wird man mil der Datirung dieser Funde nicht unter das er-
ste vorclirislliclie Jalii'lmnüert lierunlei'gelien können. In die-
ser Zeit ist also ein rümisclies SehilT bei Antikytiiera ^eslrun-
det, das aus dem {griechischen Osten gerauhte, von ihren Po-
stamenten herab}i;enommene Slaluen mit sich führte. Nach
Liikian (Zeuxis 3) soll ein SchitTdes Sulla, das ausser ande-
ren Kunstscliälicen auch die berühmte Kentaurin des Zeuxis
aus Athen weggenommen hatte, in der Gegend des Vorgebir-
ges Malea untergegangen sein, lüin von Griechenland kom-
mendes Schiff kann sehr wol vom Nordsturm an die Nord-
küBle von Antikythera getrieben und dort gestrandet sein ßs
bleibt allerdings auch die Möglichkeit bestehen, dass die hier
gefundenen Slaluen aus dem Osten stammen, da Anlikjftliera
auf der direkten Verbindungslinie von Ithodos oder dem süd-
lichen Kleinasien mit Italien liegt.
Da die Bergungsarbeiten fortgesetzt und sclion wieder neue
Funde gemeldet werden, stehen wol noch weitere Überraschun-
gen bevor, (Vgl. 'Aar«, vom 0 Noi(*6ptou 1900 an; Bericht
von Bui^KVTivö; in der Zeilschrifl llavaOrivata, Athen 1900 S.
198, 22'.. 278, 316, 358 mit Abbildungen).
AufTliera nahm Hiller von Gartringen seine Ausgrabun-
gen im Gebiet der alten Stadt wieder auf und führte sie in
den Monaten Mai und Juni 1900 zu einem gewissen Ahscliluss.
Es wurde vor allem die Oberstadt zwischen dem Platze vor
dem Plolemäergymnasium, der ßasilikeStoa, dem Heiligtum
des Apollon P^lhios und dem steilen Südwestahhang fast voll-
stündig ausgegraben. Slaatsgebaude.die man benennen könnte,
und grössere Heiligtümer fanden sich in diesem Bereich nicht,
wol aber eine .Anzahl von Privathäusern, deren Grundrisse
trotz vielfacher späterer Umbauten noch herzustellen sein wer-
den. Für die Aufnahme dieser Mauern ist durch Landmesser
P. VVilski auch diesmal wieder der Grund gelegt, doch wird
liier auch der Architekt noch manche lohnende Aufgabe lin-
den, bis das Neben- und Nacheinander aller Mauer/,üge auch
nur einigermaassen gesichert ist. Besonders interessant dürlte
ein sehr stattlicher Komplex sein, der nördlich an den höhe-
reo Platz vor dem Gjmoasiun) grenil. im Soden durcb
freieD Hof und eine StnUmauer g^ra das benachbarte
tiefere Gniodslüek abgescbloseeo , im Osten und Non
dureil Strassen begrenzt wird, während am Abbange
gel^i^ne Zimmer angrenzen, deren eines wol w^;en I
Verscliüttuog noch eine AosabI guter bellenisttscher 1
kollen bewahrt bat. Im Hof li^ eine grosse Cistenie.
teilweise noch erhaltenes Uach von sechs Säulen get
wurde. Von den Zimmern sind namentlich zwei gross«
bemerkenswert, deren Wände mit bematlem Stuck geschn
waren. Leider gelang es nicht diesen unversehrt zu erha
doch hatWilski von E. Preuneruaterstützt genaue Aufnal
angefertigt. Der erste pompejanisclie Stil dürfle in mal
Beziehung die nächste Analogie bilden . Auch ein beson<
Abt ritt, wieder an der Strasse, fehlte diesem Bau nicht. \\
südlich sclieinl eine kleine un regelmässige Heilanstalt g
sen zu sein, nach einer Inschrift wol des 111 nachchristli
Jahrhunderts zu schliessen: 61»« juydiXwv txuxöwt 'A«xli
'TKaTatMw(Beziehung auf dasöläischell^pala wie in Faros
Epidauros). Ostlich davon liegt eine kleine, im GegensaU
Nachbarschaft stark südöstlicli orientirte Kirchenruine,
etwas tiefer nach Osten ein Bau. aus zwei grossen Itaumen
einer Doppelkammcr bestehend. Der Mittelraum hateinM(
auä iVIannorsteinrn, die eine Kummer eine bogenlürmig a
sclilossene Wandnische. Niclit innerhalb, aber samtlich ii
iNälie sind gefunden: 1) zwei Artemisstatuetten, 2) ein .
mit ApTifjuto;, 3) ein Fragment:
['AX(i^t]o; (?) 'AY^w^iv^M
[Tf^oSiiTU frei
["ApT4]{iiLv (V Q|}tvK[4> tlta.xa oder älmlich].
'1) eine kleine Basis :
FUNDE 463
Noch weiler nach Süden ist ein unerklärter, nach Norden
und Süden von hochalterlümlichen Polygonalmauern begrenz-
ter Bau, mit Innenhof und kleinen Zimmern an den Seiten.
Die Umgehung der grossen byzantinischen Kirche wurde ge-
säubert und dabei rine Basis gefunden, die man wegen der
marmornen, 1896 in derselben Gegend ausgegrabenen Diosku-
renkappe vielleicht ergänzen darf:
IlaaiTCTCO^ noX[uou^ou Upeu;]
Sia Y^vou; Aio[9xoupoi;j.
Rechts vom llauptwege zum Ptolemäeraltar liegt ein Bau mit
zwei grossen Räumen, deren innerer, an der dem Eingang ge-
genüberliegenden Seite, einen profilirten Marmorsockel hat,
der sich an der rechtenWand in gleichartigen erhabenen Stuck
fortsetzt. Links (nordöstlich) in derselben Strasse wurde eine
Seitongasse verfolgt, um hier womöglich die Ausdeimung der
Stadt nach unten festzustellen. In einem durcii späte Umbauten
entstellten Hause fanden sich29 Silbermünzen desKaisersTheo-
philos (829-842) und eine Goldmünze des Kaisers Michael
(842-867). Man könnte denken, dass die Münzen zur Zeit des
Sarazeneneinfalls von 864 ( vgl. MioXiapdexY);, KuxXaSixdS. 371)
vergraben seien. Jedenfalls liefert der Fund ein späteres Da-
tum für die Bewohnung der Stadt als die sonst so natür-
liche Annahme von Wolters (Arch. Anzeiger 1899 S. 187),
der an den furchtbaren vulkanischen Ausbruch von 726 erin-
nert Noch weiter unterhalb, zwischen den Ackerterrassen
über dem Evangelismos, wurde ein thurmartiger, zweistöcki-
ger Bau mit vielen kleinen Gemächern freigelegt. Darin fanden
sich viele Bruchstücke von Statuetten, ein Ptolemäeraltar und
mehrere kleine Mausaltäre, so: 'E^Tia; xal Zy)v6c ScüTÜpoc, Zii»;
Kty)(9io;). Überhaupt haben sich diesmal sehr viele solcher
Altäre gefunden, welche ganz offenbar die Bedürfnisse des
privaten Kultus erfüllten, meist aus hellenistischer oder rö-
mischer Zeit. Sehr häufig ist vertreten *E<jTta<, 'Ayaöoö Aat-
p.ovo;, Tu;^a;, auch diese beiden kombinirt; ferner Aio; 2a>TÜ-
464 FONDE
poc xal 'AyaOoG Aai^uovo^. Neu sind KoupY)a[i?]|77eXav[oc],2Tpofco;
(das ist *Ep(AYic STpofocio;). Jener 'Thurm' bescbeerte auch
einen archaischen Gewichtstein mit Inschritt, über den C P.
Lehmann im Hermes 1901 S. 115 fT. berichtet bat.
Wie im Herbst 1899 die Gegend unterhalb der Agora, so
wurde diesmal der Weg von der Agora nach der Nekropo-
lis auf der Seilada genau untersucht. Das erste Ergebniss
war, dass die Agora nicht aus einer, sondern aus drei durch
Wege getrennten Terrassen bestand und eine Gesamtaus-
dehnung von HO Metern von Süden nach Norden besass. An
der mittleren Terrasse liegt der hohe Unterbau des Ptolemäer-
und Cäsaren tempels, an der nördlichen fanden sich drei tem-
peltörmige rechteckige Exedren, welche Denkmäler von rei-
chen Privatpersonen etwa aus der augusteischen Zeit dar-
stellen. Eine Inschrift diene als Probe:
*0 Sacp.o; iTeip.aaev
riavTde^ivov MiXiiicTCOu, avaorocaavTO^
'ApiaTOfdevou; toG ElpicpTOu, )caO' uloOioiav Se [lavTac^e-
vou xocTOC T72V TcOeiaoiv uiv' auTOU Siadri^cnv .
Dieser Platz war nach Norden wol ehemals durch ein Thor
abgeschlossen. Da wo die Strasse ihn verlasst, sind zwei hohe
Pfeiler gefunden, deren einer eine Ehreninsclirift für einen
Syrakusaner und den Anfang einer Liste von Proxenoi enthält;
der andere bringt die Fortsetzung der Liste, die wol aus dem
II. Jahrhundert vor Chr. stammt. Unter den Proxenoi befin-
den sich besonders viele TopTÜvioi, auch je ein oiler mehrere
KuS(i>vid^Tai, Md:Xioi (Melos). *lÄTai, AtyiÄ^CK» *Ap)ciaiv6t^, Na-
^loi, Ttqvioi, KviStoi, Kü>ioi, ein(?) 'Pwpiaio; u.s.w.
Von dieser Stelle geht der Weg in Zickzacklinie bergab, um
ein gleichmässigesGetalle zu sichern. I^ald nach V^erlassen der
Agora nimmt er den sleilen, geraden Stufenweg auf, der di-
rekt von der sogenannltMi Kaserne oder Konimandanlur der
Ptolemiier herabkomnU. Ein wenig oberhalb des 1899 ganz
erforschten Temenos des Arlemidoros, zu dem eine schmale
unregelmässige Treppe hinabführle, ^eht er auf die Kapelle
iIp8 H. StBptianos zu, rJeren Lage einen nalOrllchen. von den
alten Tlieriiern obendrein noch lieresliglen Tliurm ilarstelll.Von
(loit }<elit nun, wie erst jelzt klar geworden isl, eine zwar in
liyzanLiniacber Zeil vielfach erweiterte und veränderte, aber
im Kern sehr alte Derestigungsmauer am Westubliange berum
bis etwa unterhalb des Christos, um den Zugang noch schwie-
riger zu machen. Die Strasse überwindet auch hier in grossen
Kurven das Gelälle und Hess den antiken Wanderer sehr viel
bequemer auT die Sellada kotnmen.als es dem modernen ver'
gönnt ist Wilski, dem diese Kntdeckung verdankt wird, hat
sie praktisch verwertet, indem er einen bequemen SaumpTad
auf das iüliasklosler absteckte und zu einem Drittel als Probe
für den Demos Kailiste selbst bauen liess. Seine Untersu'diun-
gen haben sich aber aucl) auf die Zugänge zur Sellada von den
anderen Seiten ausgedehnt. Am Nordostabhangedes Bliasber-
ges liegt eine ausgedehnte Nekropole, Plagades genannt, mit
zahllosen in den Felsen eingehauenen Grabstätten. Der Ver-
messung musste hier eine kurze Reinigung vorangehen, welche
die Aüfrindung einiger hellenistischen Vasen und Inschriften
ergab. Zu dieser Anlage führte eine Strasse von der Sellada
her an der llauptquelle der ganzen Insel, der ZuoSoyo; nny^,
vorbei. An der Strasse fand sieb zwischen der Quelle und ei
ner schroffen Felswand, an der der Weg künstlich durch Stu-
fen hinaufgeführt war und jetzt giinzlich unterbrochen ist, ein
ganzes Nest archaischer Pelsinsebriften, von denen die wichtig-
ste in jambischen Trimetern eines von Agioteles veranstalte-
ten harneenmahles gedenkt ( vgl. //ez-mes 1901 S, 13^i).
Die Darstellung des gesamten Stadtbildes, wie es sich nach
den beiden letzten Ausgrabungen zeigt, ist einem kleineren,
dritten Itande des Thera- Werkes vorbehalten. Schliesslich sei
noch erwähnt, dass diesmal die Kurven des Luftdrucks, der
Temperatur und der relativen Feuchtigkeit während der Mo-
nate Mai bis August durcli selbstregistrirende Apparate auf-
gezeichnet und durch unabhängige Beobachtungen kontrollirt
sind, so dass unsere meteorologischen Terminbeobachtungen
466 FUNDE
vom Sommer 1896 eine Ergänzung erfahren werden. Die Be-
mühungen um den Bau eines Lokalmuseums sind wegen ört-
licher Schwierigkeilen noch zu keinem Abschluss gediehen,
doch ist ein solcher für das Jahr 1901 sehr zu erhoffen.
[F. V. Hiller].
In Siphnos ist von Herrn Dragatsis ein kleines Museum
zur Aufnahme der heimischen Altertümer gegründet worden.
Unter den Inschriflen befinden sich 4 bisher noch nicht be-
kannte; unter den übrigen Altertümern werden ein Hermes-
relief und eine Jünglingsstatue als besonders wertvoll hervor-
gehoben. Herr Dragatsis beabsichtigt, im nächsten Jalire Aus-
grabungen auf Siphnos zu veranstalten.
Bei Ausgrabungen in Chania auf Kreta ist man auf zwei
mykenische(?), in den Felsen gehauene Gräber gestossen, von
denen das eine ein Frauenskelelt enthielt. Die Beigaben be-
standen in zwei goldenen Fingerringen, einem grossen Bronce-
spiegel, Bronceringen, einem Steingefäss und drei zerstörten
Broncegefässen. In derselben Gegend hat man auch römische
Gräber aufgedecktjn denen ausser Vasen und broncenen Fin-
gerringen nichts Nennenswertes gefunden worden ist. ('Aorv,
28. 'OxTcogpiou 1900).
Bei Karditsa in einem ''Ayto; IcodewT); genannten Bezirk
des Demos FofiL^ot ist eine wolerhallene Apliroditestatue ge-
funden, die in das dortige archäologische Museum gebracht
werden soll. ("Aaru, 6. 'louXtou 1900).
Aus Konstanza in Rumänien kommtdie Nachricht von dem
Funde eines grossen Grabes mit Wandgemälden, über das in
der *EaTia(30.'Iouvtou 1900) genauer berichtet wird Es besteht
in einer rechteckigen 2,2'° langen, 1 ,4™ breiten und 1 ,05™ hohen
Kammer, deren vier Seitenwände je durch eine grosse Stein-
platte gebildet sind. Das Dach ist aus zwei giebelförmig gestell-
ten Platten zusammengesetzt, von denen dieeine eine Inschrift
tragen soll. Die Wände sind stuckirt und mit Gemälden ver-
ziert, die leider durch das eingedrungene Wasser zum grossen
Teil zerstört sind Innerhalb des Grabes wurden die Knochen
eines männlichen Leichnams, eine griechische Münze und eine
FUNDE 467
kleine Thonvase gefunden ; es war wol schon im Altertum
geplündert. Auf der dem Eingange gegenüberliegenden Wand
sind noch drei Figuren erhalten, Herakles mit Keule und Lö-
wenfell, links neben ihm eine stehende Frau mit Rolle in der
rechten Hand und erhobener Linken und eine auf einem Thron
sitzende Frau, hinter der sich ein Elefant beßnden soll. Von
den anderen Darstellungen sind noch zwei geflügelte Niken,
ein neben einem SchilT sitzender und mit dem Doppelbeil
hantirender Jüngling und ein Knabe vorhanden, der auf dem
Rücken einen Korb mit Früchten trägt Aus der unvollkom-
menen Beschreibung lässt sich leider kein Urteil über die
Zeit bilden.
Im Folgenden veröffentlichen wir im Anschluss an den oben
S. 398 fl*. abgedruckten Aufsalz Körtes noch einige phrygi-
sche Inschriften, die bis auf die zwei letzten von G. Weber
im Sommer 1899 abgeschrieben worden sind.
Akmonia. Marmornes Grabmonument in Gestalt einer
Thür, 1,65™ breit, 0 SO'" hoch, 0,62" dick, mit Palmetten,
Rierslab und Perlenschnur reich verziert, aus Ahatkiöi nach
Uschak gebracht, wo es als Brunnentrog dient.
^\. T«\iOpavTl; l[öaa eauTtit xai 'EpjxoYe'vei 'Epjxoycvou; tö avSpi
t6 ixviQiJLiiov )caTi9xiua9iv, I (JLCTX Si TO Tou; Suo TiOi^vai et ti;
ivoi($)€i ri iwiSouXfüaci, 2 '^ O N itiapoOv ii<ii>6ov tov oixov.
Z. 2 AN 0 12 El Weber Für die Fluchformel verweist We-
ber auf die ähnliche bei Ramsay CiUes and bishoprics of
Phrygia S. 565 und 652.
Temenothyrai (Uschak). 1) Kushunu Djami ; Block
1,10" lang, 0,50™ breit, rechts gebrochen, in der Mauer ver-
baut. Das Wort tcoXi; ist radirt.
II <j 6 6a <i T O N T O N yti; xal
OAAACChCAeCnO TYjv
HAAMnPOTATHTH (iievo
OYPecüNnoAic
46t< rUNDK
'?) Grabislein in GeeUlt eines Thores, an einem lirunn«;n;
die liiBcliril't auf «inem Täfelcben über dem Thore.
KtX]. M^iptü; (?) «ai K>.
■ f ■ . öftT) KX. Kro-
Kotyaeion (Kutatiia). 1) Grabstelp in Geslall einer Tfaür
an einem Brunnen als Facado verwendet.
f f I A N 1 1 A O C xoti 'Ati[ita H^vf iXt» Oü xal Tiprk t^
2) GrabBtele mit dem Relief eines Maanes in der arme-
nischen Kirche.
[TaJreU TktAv kkI BotSoCv Y^viic iTii|U)-
«IV l-n CAvTft ( so Weber).
[5](av<p>o«i.
T.TÄ, xal
«it xiip« -rii-
TRTtov i}(-
V p«^ü?9o- Relief
« tf»»» |t-
VOV, 0ÜTti>(
VTlIlOOliv-
«<ipoi; Ttipc
t] 8xxpüu[v].
Ät(<r)oiTO ffu-
[lijfOfttii.
Z. 3 CANnoCOI und Z. 8 neAOlTO Weber.
3) Grabsiele in Gestalt einer Thür, neben der vorigen. Der
Schluss fehlt.
'Av$pö|jLoc^o( xi (T]«Tii( 'A>«5«*^po* töv
exuTüv utov xi toiuToüi Cti I^üvti;
(Tit(iT)<iav xt 'Eniviixo; tou; y^^'^t "' "">
Z. 1 MATeiC Weber.
FUNDE 469
In dem idadieh-Garten von Rutahia befinden sich eine An-
zahl Grahstelen «die kürzlich aus dem Mudiriet von Altintasch
in Tscherkesskiöi (an der Strasse von Kulahia nach Afiun-
Karahissar) dorthin gebracht wurden.
1) Grabstele, l^SO^^hoch, oben 4(ranz mit Kreuz, dann
Relief von Mann und Frau, darunter die Inschrift, ganz un-
ten sechs Ochsen in flachem Relief.
Aup. ''AicTCVK avSpi Tpof {|pL(i) T(& xe Kpdeoo) y^^xurdelTd) xi tol
Tcxva auTo>v Tp6ft|pLo; %l Nixöpia^o; xal A6|(xva xt "Anitin^ ncLXfl
x£ piia|Tpi ^öaYjv (!) j^pTQffTiavoi ]rpY)|<rTtavd^.
2) Grabstele mit Relief von Mann und Frau.
Tov pi^i
6f- iii-
6v XTQ- ''AtCWYI MlQVOf iXd) ivSpt X£ EuTUJ^Ci) ^T^6Xv(<i)) xt ioLXJ'
oo(u)oi(- TT) 2[ü>oa xe toi texv« auTcovTaTta xe Nf txdevcüp xe *A(A|ita
; vuvfY) xi TcipiöOio; ycL\&fO^ CTfipiY)oav pivy)(AT)( X^P^^-
Z. 1 KEYTYXWEKNOKEAI® Weber.
3) Grabstele 1,30*° hoch ; Relief von Mann und Frau, dar-
unter:
'AJdxXot; 'Apiia (ruvSio) xt eeiuTfa^ In 2[cäv xe toc rfxva au-
T(üv Tpöf t[ii.o; xi Aöpiva ^ xal Nuv^ ai[o{ xa!
Na]vdt{ x.i Ad[iLva ireifiYKiav (iivYipiio^ X^P^^*
Vom Dindymon (Muräd- Dagh) stammen folgende zwei
Grabstelen in Thürform mit Reliefbüsten von Mann und Frau
in einem Bogen darüber« die auf der Station Kütschük-kiöi
von Herrn Gaudin photographirt sind (nach freundlich über-
lassener Photographie und Abklatsch Gaudins):
1 . Ma6io; Tarta ouvStca xe laurd^ ^«üv x.i Aapiac | tou^ lauToG
2. Auf dem Raod des Bogens über dem Relier; ^t^ETipo;
»i Tpöfttioc Ki AioySc - - - fi
Unter dem Relief: AioyS ««Tpl ü 4otü<m) (tuTpt Iti Zi^an \
Kvwv au^puv icipt|icJvo(TO ouvfOpaC<.
Unter der ThOiTüllung rectils von einem von zwei Stieren
I Pfluge :
Z. 3 «posR^^i.
Endlich ist zu erwähnen, dass ein nachträglich zugeschick-
ter Abklatsch als richtige Lesung in der Inscbridohen S.417
Nr. 28 'Ormifiu xai Atopl ei^iebt.
SITZÜNGSPROTOKOLLE
5. Dez. 1900. Festsitzung zur Feier von Winckelnianns Ge-
burtstag W. DÖRPFELD gieht eine Obersicht über die Thälig-
keit des Instituts im abgelaufenen Jahre. — P. Kavvadias, Neue
Ileil-Inschriften von ßpidauros. — VV. Dörpfeld, Pergamon.
ERNENNUNGEN
Es sind ernannt worden zu ordentlichen Mitgliedern die
Herren J. Üragatsis im Piräus, V. Leonardos in Ahen, V.
Stais in Athen, Chr. Tsundas in Athen, zu correspondirenden
Mitgliedern die Herren G. Boni in Rom, G. Byzantinos in
Athen, A. SchitT iu Athen, P. Wilski in Liegnitz, R. Zahn
in Berlin.
Geschlossen 14. Miirz 1901 .
TAFELN
I. Grabstein der Slertinia und PontiaSuccessa in Faros. . . 4
II. in. Arcbiloehos - Inschrift in Faros 3
IV. Ehrendekret für Hippostratos aus Milet 100
V. Karle von Faros nach Buondelmonte 348
VI. Farische Reliefs nach Zeichnungen des Cyriacus . . . 355
VII. Ubersichtsplan der Wasserleitung des Theagenes in Megara 23
VIII. Brunnenhaus des Theagenes 26
IX. Ausgrabungen in Alexandrien ; Ubersicbtsplan .... 223
X. Alexandrien ; Querschnitte durch das Stadtterrain . . 265
XI. Ausgrabungen in Alexandrien ; Querschnitte . . . . 239.252
XII. Apoltontorso in Samos, Weihung des Leukios .... 149
XIII. Volivrelief in Samos 169
XIV. Reliefs mit der Fusswaschung des Odysseus 325
XV. XVI. Jünglingsslatuen von der Akropolis . 373
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PEIN ANETPOHA AOPA- AWPKETHr-
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Ful. ■]:('' (unten ).
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VERZEICHNISS
DER MITGLIEDER
DES
KAISERLICH DEUTSCHEN
ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUTS
DEZEMBER 1900
)%
CENTRALDIR EKTION
n
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V
T
•n
Herr A. Gonze, Geiieral-Sekretar
„ 0. Ilirschfcld
R. Kekule von Stradonitz
A. Kirclihofif
Graf von und zu Lerchcnfeld
R. Schöne
U. von Wilaniowitz-Möllendorff
F. Ilettner in Trier.
G. Körte in Rostock,
A. Micliaelis in Sfrassburff i, E.
0. Puchstein in Freiburg /. Br.
in Berlin.
T
SEKRETARIAT
I\ ROM
IX ATHEN
Herr E. Petersen, Erster Sekretär.
^ Ch. Hülsen, Zweiter Sekretär.
Herr W. Dürpfeld, Erster Sekretär
Zweiter Sekretär felilt zur Zeit.
MITGLIEDER DES INSTITUTS
I
EHREN-MITGLIEDER
Ihre Hiyestiit die Kaiserin und Königin Friedrich.
Seine Kaiseriichie und Königliche Hoheit Erzherzog Rainer.
Seine Königliche Hoheit Prinz Ropprecht Ton Bayern.
Seine Hoheit der Erbprinz von Sachsen-Meiningen.
Seine Hoheit Prinz Friedrich Kari Ton Hessen.
Seine Durohlaacht der Fftrst Johann ron und zo Liechtenstein.
Seine Dorehlancht Fürst Ton Radoün, Paris.
Herr R. von Keodell, Berlin,
9 H. Lehmann, HalU a. S,
0 Graf Ton und za Lerchenfeld, Berlin.
Donna Ersilia Caetani, contessa Lovatelli, Rom.
Herr Graf von Plessen-Cronstem, Athen.
J. • von Radowitz, Madind,
A. von Swenigorodskoi, Aacheti,
7)
II
ORDENTLICHE MITGLIEDER
Herr F. Adler, Berlin, Herr M. R. de Berlanga, Malaga,
Conte A. Antonelli, Tervacina,
B. Arnold, München,
E. Babclon, Pari^,
F. Barnabei, Rom,
Barone G. Barracco, Rom,
A. de Barthelemy, Pans.
n J. J. Bemoulli, Basel,
^ IL Blümner, Zürich,
„ J. Boehlau, CasseL
^ L. Borcbardt, Cairo,
„ E. Bormann, Wien,
„ R. Borrmann, Berlin,
0. Renndorf, \Vie7i, . „ M. Botkin, St, Petersburg.
5
Herr
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K. l^rizio, Bologna.
A. Brückner, Berlin.
F. Biiclieler, Bonn.
F. Hulic, Spalato,
K. Cagnat, Pan\s.
F. Calvert, Dardanellen,
A. Castellani, 7?ow?.
G. Caldcrini. /?o///.
W. von Christ, München.
March. B. C'Iiid. ^>iena,
M. Collignon. Paris.
S. Colvin, London.
A. Conze, Berlin.
F. Cumont, G<7?^
II. Dessan, Berlin.
H. Diels, Berlin.
C. Dilthey, Göttinf/en.
W. Dittenbcnjrer, iy«//(? a. S.
W. Dürpfeld, Athen.
A. von Domaszewski, Heidelberg.
0. Donner-von Richter, Frank-
jHii. a. M.
J. Dragatsis, Pira'u.s.
St. Dragumis, Athen.
II. Dressel, Berlin.
L. Duchesne. i?o?;2.
F. V. Dulin, Heidelberg.
F. Ehrle, /?o;/<.
R. Engelmann, Berlin.
A. Erman, Berlin.
A. J. EvanS; Oj^jord.
E. Fabricius. Freibura i. Br.
J. Ficker, Strassburg i. F.
A. Flascb, Frlangen.
R. Fr»r.ster, Breslau.
P. Foncart, Paris.
M. Franko!. Berlin.
L. Fricdländer. Strassburg i. F.
W. FrÖhner, Paris.
A. Furtwängler, München.
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Herr R. Giidecbens, J^na.
,, (1. F. Gamurrini, ^/vc^o.
., E. A. Gardner, London.
„ P. Gardner, Oxford.
^ (J. Gatti, i?öyy2.
G. Glierardini, Padua.
AV. AV. (Joodwin, Cambridge,
Maas.
11. Grimm, Berlin.
W. Gnrlitt, Graz.
0. Ilamdy-Bey, Konstantinopel.
J. llampel. Budapest.
A. Ilarnack, Berlin.
AV. von Ilartel, HV^n.
B. Ilanssoullier, Paris.
B. V. Ilcad. London.
R. Ilcberdey, Smyrna.
.1. L. Ileiberg, Kopenhagen.
W. Hclhii.', Äom.
Th. von lleldreich, Athen.
E. von Herzog; Tübingen.
F. Hottiier, Trier.
li. Hcnzey, Paris.
F. Ililler von Gärtringen, Berlin.
0. llirschfeld, Berlin.
A. Holwerda, Leiden.
Th. HomoUe, yl<A<?n.
E. Hübner, Berlin.
Ch. Hülsen, i^o//«.
L. .lacobi, Homburg v. d. H.
F. hnhoof-Bhimer, Winterthur.
('. Justi, Bonn.
0. Kail)el, Göftingen.
E. Kaiinka, (.'zernomtz.
A. Kalk mann, Berlin.
P. Kavvadias, Athen.
\\. Kekulc von Stradonitz, Berlin.
F. Kenner, iriVn.
G. von Kieseritzky, S^ Peters-
burg.
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A. Kirehhoff,
W. Kldn, J^ng.
U. EOhler, Berlin.
F. Koeppy MS$uier t. W.
0. KMe, Rmioek.
R. Koldeweyi Berlin.
A. Kondostavlos, AAen.
W. KoUtschek, Wien.
Sp. Lambrcw, illlAai.
R. A. Ltneianl, Rom.
Qnt G. LanekoroDsU,
B. LatyBcheT, St. Petersburg.
H. Lefaner, Boim.
F. Leoy GSüingen.
V. Leonardos, ile&ai.
G. LQeehcke» iSoftn.
£. Ldwy, Rom.
0. LGden, ^til«ii.
G. Lumbroso, Rom.
0. Mamcehii üom.
6. Haspero, Parte.
A. MaOy Rom.
A. Meletopulos, Piräue.
E. Meyer, £a/b a. iS.
A. Michaelis, Straaahurg i. E.
L. A. Milani, Florenz.
A. Milchhüfer, KieL
A. Mommsen, Hamburg.
Th. Mommsen, Berlin,
0. Montelius, Stockholm.
J. II. Mordtmann, Salonik.
R. Mowat, Pam.
N. Muller, Berlin.
E. Muntz, Paris,
A, S. Murray, LomUm.
K. Mylonas, ^fA^.
G. Niemann, W^t^.
B. Niese, Marburg,
II. Nissen, Bonn,
eil. E. Norton, Cambridge, Mass,
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F. OUenscUagery Alänehen.
J. Oppert, Parw.
P. Orsi, Syrahu.
J. Fandasidia, Athen.
E. Paia, Neapd.
F. C. P^roae, London.
E. Pemiee, Berlin.
G. Penrot, PörJa.
E. Peteraen, jRont.
G. de Petra, Neapel.
Flindera Petiie, London.
D. Philioa, Athen.
L. Pigorini, jRom.
W. Pleyte, Leiden.
C. Popp, München.
E. PottiOT, Airis.
A. Praehov, Kiew.
0. PachateiD, Freibwrg u Br.
W. M. Ramaay, Aberdeen.
E. Reisch, Wi^.
R, Richardaon, Athen.
0. Richter, B^tn.
C. Robert, Haue a. S.
H. von Rohden, Hagenau.
E. de Ruggiero, Rom,
A. Salinas, Palermo.
R. von Schneider, Wien.
R. Schöne, Berlin.
Th. Schreiber, Leipzig.
J. Schubring, Lübeck.
K. Schuchhardt, Hannover.
II. Schuermanns, Lüttich,
C. Schumacher, Karlsi^ie,
L. von Schwabe, Tübingen.
A, II. Smith, London.
Cecil H. Smith, London.
A, Sogliano, Neapel,
W. Soldan, Darmstadt,
V. Stais, Athen,
F. Studniczka, Leipzig,
— 7 —
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Uerr L. von Sybel, Marlmnj i. IL
„ G. Tocilesco, Bukarest,
A. Trendelenburg, Berlin,
G, Treu, Dresden,
Ch. Tsundas, Athen,
II. Usener, Bonn,
L. Ussing, Kopenhagen,
J, Vahlen, Berlin,
A. Heron de Villefossc, Paris.
G. Vitelli, Florenz,
Graf M. de Vogüe, Pan^,
C. Wachsmuth, Leipzig,
E. Wagner, Karlsruhe,
Graf H. Walderdorflf, Regenshurg ,
Cb. Waldstein, Cambridge,
G. Weber, Srnt^ma,
Herr
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I ^
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R. Weil, Berlin.
C. Wescher, Paris.
J. W. White, Cambridge y Mass,
Th. Wiegand, Konstantinopel.
F. Wickhofif, HVtf/i.
U. von Wilainowitz-Möllendorif,
Berlin.
A. Wilhelm, Athen,
A. Wilmanns, Berlin.
J. Wilpert, /?07n.
II. Winnefeld, Berlin,
F. Winter, Innsbtnick,
G, Wisse wa, //aZfe a. S.
P. Wolters, Würzburg.
C. Zangemeister, Heidelberg,
III
COKKESPONDIKKNDE MITGLIEDER
Brüssel:
Gent:
Sofia:
Varna :
1. Belgien.
Herr A. vanBranteghem.
„ J. Vollgraff.
„ A. van Ceuleneer.
2. Balgarien.
Herr W. Dobrusky.
„ H. Skorpil.
j. K. Skorpil.
Berlin :
•n
3. Dänemark.
Kopenhagen: Herr Ch. Blinkenberg.
^ C. Jacobsen.
„ S. Muller.
4. Deutschland.
Berlin: Herr E. Assniann.
r, C. Bardt.
„ Ch. Beiger.
Bamberg:
Bonn:
' Braunschu:eig:
■' Breslau:
Herr C. Fredrich.
B. Graf.
F. von Luschan.
L. Pallat.
0. Rubensohn.
H. Schmidt.
H. Schrader.
li. Stern.
R. Zahn.
J. Führer.
C. Konen.
H. Lehner.
A. Philippson.
H. L. Strack.
A. Wiedemann.
P. J. Meier.
C. Masner.
P. Weizsäcker.
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Hm F. BdiMider.
Mün^^:
Herr P. TOn Edber.
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F. wdwr.
F. Ton TUanefc.
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P. Hmmaim.
B. L. Driidu.
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F. Haltscb.
E. Bodewil.
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L. Otto.
Oldenburg:
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C. WSmuiin.
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R. ScMUbu^
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L. HaiteH.
Sottook:
0. Kern.
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A. HsmiMnn.
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F. Schlio. ■
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G. KaweraD.
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J. ZidHai.
Stnmb«iyi.E
B. Keil.
IMhirffüBr,
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F. Buogwten.
K. Schwarti.
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J. ScUambecger.
Stuttgart:
G. von Alten.
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Br. Sunr.
J. Merz.
GUcknadt:
D. Dfläeben.
E. Paulus.
Ootka:
B. Pick.
G. Siit.
C. PBIgOld.
Tübingen:
K. Lange.
Oöttingm:
W. Meyer.
Wietbadgn:
E. Ritterling.
Gni/noald:
A. Geroke.
Wittenberg:
H. Gohraner.
A. K6rto.
Womu:
C. L. Koehl.
A. Prran«.
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A. Weckeriing.
Gr. IMhUr-
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B. Dehler.
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H. RBhL
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H. Graeven.
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Herr H. Daumet.
Jena:
H. Geizer.
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P. Decharme.
F. Noack.
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S. Reinach.
Karhi'uhe:
H. Luckenbach.
Algier:
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St. Gsell.
Kiel:
A. ScbÖDC.
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V. Waille.
Königsberg i.P
0. Rossbach.
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C. Jnllian.
Leipzig:
E. Kroker.
F. Marx.
Conatantine:
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A. Ponlie.
A. Schneider.
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J. Roman.
Liegnitz:
P. Wilski.
Clermont-
Lübeck:
C. Curtins.
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E. Maass.
de D6me):
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A. Tardieu.
Metz:
B. Keane.
Lyon:
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P. Dissard.
C. Wichmann.
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M. Hollcaux.
München:
P. Arndt.
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H. Leebat.
^
E. Bodensteiner.
Mottiim:
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A. Bertmiid.
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H. Bulle.
Narbonne:
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Herr F. Brun.
„ C. de la Croix.
. li. Audiat.
^ E. Esperandicu.
Oriechenland.
Herr D. Vikelas.
•, Vvzantinos.
- M. Deffner.
M. Dimitsas.
E. Gillieron.
K. Karapanos.
P. Kastriotis.
^ J. Kokidis.
^ K. Kuruniotis.
- J. A. Londos.
ys A. Pliiladelplievs.
N. G. Pülitis.
H. von Prott.
A. Scliiff.
A. Skias.
0. Sotiriadis.
J. N. Svorunos.
E. Zilier.
A. Matsas.
A. Kondoleon.
« \). Stavropulos.
J. Navpliotis.
P. ScrleiulLs.
^ A. V lastos.
^ E. Vassiliu.
„ M. Krispis.
., N. Stepliaiiopulos.
London:
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N. Georgiadis.
1). Tsopotos.
7. Orossbritannien.
London: Herr J. Tliacher Clarke.
Sir J. Evans.
Cambridge:
Manchester:
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O.v/ord:
Salishiin/:
South'Shields
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Herr F. M. Nichols.
„ P. le Page Renouf.
„ W. C. Perry.
Sir R. C. Jebb.
Miss J. Harrison.
Herr E. L. Hicks.
„ T. Hodgkin.
- F. Haverfield.
^ J. Wordsworth.
: „ R. Blair.
« G. C. Rcnouard.
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R. Anibrosi.
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W. Amelung.
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G. Calderini.
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D. Gius. Cozza
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I). Farabulini.
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A. Galli.
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G. B. Gioveiiale.
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F. Halbhcrr.
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P. Hartwig.
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A. de Lorenzo.
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E. Piccolomini.
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L. Pollak.
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L. Savignoni.
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G. Toinassetti.
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, Conte A. Silveri-
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, St. Grosso.
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„ V.. Maitiiielli.
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„ C. Ciavarini.
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, S. Strujipo.
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, N. Pereichetü.
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^ J. Falchi.
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, A. Mcomurtini.
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„ L. Haggiulli.
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^ G. MantovHiii.
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, A. yolirguJBiion.
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„ L. Frau.
, Principe F.CoIomia-
„ A. ZaiiDoiii.
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, P. da Poule.
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„ P. RiMini.
„ C. Hancini.
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^ G. Ncrve|{iia.
„ G. Patroni.
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» F. NiBsa^li.
„ M. SpmeUl, Prio-
^^^^^_ Caiasio:
„ G. Pnr&ODe.
cipe di Scslcs,
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, K. CavaroccU.
, P. Stettiner.
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. P. Bonei-Casuccini.
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^ March. G, Efoü.
V £Vf«:
, A. Prosdocimi.
Nocera ümhm
; , R. Cariievaü.
■ /'7on>n;:
^ D. Comparetti.
Oreieto:
„ Conte E. Faina.
„ F. Conuzini.
^ R. Maaciui.
„ G. Pellegrini.
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„ G. Cecconi.
^ SlarcL. Ridoili.
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, F. Cordenons.
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^ (i. Mazzatinti.
I'aUrmo:
„ L. Mauceri.
., A. Saiitarelli.
PaUstHna:
^ V. Cicercliia.
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„ A. Rubini.
Pai-ma:
^ G. Mariotti.
^ A. Vernarecci.
Paoia:
„ G. Caona.
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, ü, Oberainor.
„ L. Mariani.
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, F. Catono.
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„ G. Belhicci.
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„ Conte G. B. Rossi-
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„ D. Santoro.
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„ G. Piconc.
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, Mnrch. G. Anlaldi.
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Volterra :
G. Cauiiniti.
A. de Lorenzo.
V. Poggi.
A. Jutta.
0. Lucciola.
F. Morlicciüo.
F. Lombardini.
G. Porri.
F. Donati.
L. Zdckauer.
G. Sordini.
F. B. Castiglioni.
A. de Nino.
L. Viola.
P. Tanipoiii.
E. Ferrero.
A. Calabrese.
A. Lupatelli.
F. S. Palazzetti.
S. Vitali.
A. Spagmiolu.
K. Solaini.
9. Niederlande«
Haag: Herr .1. Hutgers.
Amsterdam: ^ J. Six.
Groningen: „ U. Hoissevaiii.
10. Österreich-Ungarn.
Wien: Herr S. Frankfurter.
-, M. Hörn CS.
^ P. Kretschmer.
P K. Keinisch.
. A. Kiegl.
. A. Si'liindler.
• V.. Szanl«).
Wien:
Budapest:
Cittavecc/iia:
Czernoicitz:
Görz :
Graz:
Klagenjurt:
Prag:
Ragusa :
Sarajevo:
Triest :
Zara :
Herr W. Wiiberg.
. F. Zamboni.
^ V. Kuzsinskv.
., S. Ljubic.
„ H. Dell.
„ W. Judeich.
„ II. Majonica.
. F. Pichler.
^ J. Strzygowski.
, K. V. Hauser.
. H. Swoboda.
^ G. Gelcich.
„ C. Patsch.
- A. Puschi.
- G. Alacevic.
- L. Jelic.
11. Portugal.
Lissabon: Herr A. Coelho.
• J. L. de Vascon-
cellos.
Braga: « J. J. da Silva
Pereira C'aldas.
Guimaraerts: - F. Martins Sar-
mento.
- J. de Vasconoellos.
Oporto:
St. Pipers-
Imrg:
12. Russland.
Herr J. .lernstedt.
- N. Kondakoff.
- K. Lö]»or.
. A. Pajiadopulus
Keranievs.
., Puniialuwskv.
- M. Koslowzcw.
« A. Stsoliukareft'.
., T. Zielin>kv.
DerpiU:
Herr H. Ililubeil.
17
TSrllei.
IIMnifm
; , B. Gimr.
Qmila».
Motka^:
„ Bariaieff.
tinapd:
Heit Halll-Edliem.
Ate«:
. k. muw;.
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AWn:
., ILPappa-KoDstjui-
dinn.
18. S«bv8den nnd Horwegen.
Alaamdrim:
, 0. Botd.
Vf^a:
Herr 8. Wide.
Artala:
, N. Linnioa.
. J. Ceitennll.
Barul:
, P. Sebrtider.
Cairo:
, F. TOD Biaalng.
14. Sckmii.
Candia:
, J. Cbatzidaklj.
Batd:
HeiT E. Bethe.
Oam:
, 0. N. Aakitte.
. B. Dngeiidorfr.
CUo,:
, Q. J. Solotaa.
, J. Vuknninl.
Ka^/m^:
, V. K. Paten.
8t. Bemliard: , H. Ligoii.
Biadm:
, i. Caaim.
L<mmne:
. W. Cell.
, St. SatIdaUi.
Same:
. Th. aopbeUs.
U. hcUcD.
. A. Stergieglidia.
B^lr^d:
Ben IL Wiltnirili.
. E. Stanatiadia.
Samoaratt:
, N. B. Phaidya.
la. ipuinL
arnfma:
, A. Pontrier.
Mddrii:
Herr K. P. lUel Fite.
, P. Gaudln.
. l. B. Kellda.
, 0. SoUrio. '
. Ihi<|o<i de Hbo-
salnd.
18. Tuii.
, 1. F. Riano.
Cartlutso:
Herr A. L. Delattre.
n E. Saavedra.
Tunia;
„ P. Gaucltler.
Barcelona:
„ A. Elias de Molins.
Coda:
, F. A. Vera.
19. Tereimgte Staaten von Ameiika.
Elch,:
, P. Ibam y RiiU.
Berhlti,:
Herr B. J. Wbeeler.
Granada:
, M. 0. Moreno.
Chicago:
„ W. G. Haie.
Hhlwn:
. S. D. 0. Llabrf.1.
Meadcilk,
Malaga:
, 0. lonng.
Pmm.:
„ G. F. Comfort.
Medina St
Am/ietst, Mata
:„ J. R. Sterrett.
donia:
. M. Paido de Fi-
Pnnceton,
gueroa.
K J.:
„ Ä.I.. Frotbirgham.
ViHiyria:
„ F. Baraibar.
Washington:
, van Matter.
1>l
Publikationen
des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts.
h. I*. = h«-rjil)i;i-s»"t/,trr l'ifis 'iiur bi" auf \Vi-lt«-r«-«{ 4;iiltij;.:.
A. Periodische Publikationen.
1. *Monum»'nti iiioilili. li>Hrin<lr. Ilom 1S21)— 18S:>. Siipplemeiilo H»'rliii ISJ^l.
Or. Folio. H»Tliii, (ü^uij^ UeinuT. — .U'd»T Jalii|,':iii«( l»is 18<)Ü ^I. 12, h. 1*.
M. C, von 1861 — ISSf) M. *20, li. 1». M. 10. Dun Sii|4»loimMitlirft M. 40, li. l\
M. 20. Die -lui/.c Sorir M. 411.
2. *Aniiali. .j4 nfiudi'. Uom 1820— 188.'). 8". Berlin, (iforg Keimer. — Jeder
Jalirgaujr ],is 1800 .M. 8, li. W M. 4, m.ii 18r,l iU, M. 15, h. P. M. 7,r)0. Die
<;arize iScrif M. .*>().*>,.')().
3. ♦Biillottiiio. .'>:> HäiMlo. Kum 1829 -ISS.-). 8\ Berlin, Oeorf: Keimer. —
Jedt^r JahrjL(au^' bis 18(10 .M. 4, h. V. M. 2, vcn ISOI al> M. 5, h. P. M. 2,50.
Die j^^uze Serie M. 122,.'i().
Annali, Bulletiiio und Monuinenti 1851 u. 1855. — Je M. 24, h. P. M. 12.
Annali und Monunienti 185<>. — M. 24, ii. P. AI. 12.
4. •licpertorio universale (Inimltsverzeirhnis zu 1, 2, 3). Berlin, Georg Reimer.
— Band I, Rom 18;J4— 1843. 8". M. 8, h. P. M. 4. Band II, Rom 1^44—
1853. 8ö. M. 8, h. P. M. 4. Band 111, Rom 1854-185«. Folio. M. 2,40,
h. P. M. 1,20. Band IV, Rom 1857— 18P3. 8". M. 4,80, h. P. M. 2,40.
Band V, Rom 1864—1873. 8^ M. 5,(;0, h. W M. 2,80. Band VI, Rom 1874
—1885 und Supplement, Berlin 181)1. 8^ M. 4,G0, li. P. M. 2,30.
5. ♦Memorie. Rom 1832. 8«'. Berlin, <ieurj( Reimer. — M. 12, h. P. M. G.
ü. *Xuove Momorie. Leipzig: 18G5. 8**. Berlin, Georg Reimer. — M. 18, h. P. M. 1).
7. Archäologische Zeitung. Berlin, (reorg Reimer. 1843 — 1885. 43 Bände.
4". — Jeder Jaiirgaiig M. 12, soweit noch vorhanden. Die ganze .Serie M. 600.
Register dazu 188G. M. 12.
8. Antike Denkmäler. Berlin, Georg Reimer. 18SG ff. Imp.-Folio. — Jedes
Heft M. 40. Bisher erschienen Band I, lieft 1—5. Band 11, Heft 1—3.
9. Jahrbuch und Anzeiger. B(?rliii, Georg Reimer. 1886 ff. 8'*. — Jeder
Jahrgang M. 1'*», Der Anzeiger von 18l)G an allein M. 3; ah 1901 Jahrbuch
M. 20, Anzeiger M. 4.
10. Jahrbuch, Krgänzungsiiefte. Berlin, Georg Reimer.
1, J. Strzygo>\ski, Die Calenderl)ilder des Chronographen vom Jahre 354.
1888. ^^ M. 30.
U, R. Bohn, Alterthümer von Aegae. 1889. 8". M. 24.
III, li. Winnefeld, Die \ illa des lladrian. 1895. 8". M. 20.
* Einzelne Bände und Kinzelserien nur naeji Massgabi; des Vorraths.
IV, G Hnnaan, C Cidioriiu, W. Jadeicl^ F. Winter, AttorthSmer tob
HimfMdit. 1898. 8*. H. S4.
11. ÜfttheilnnKen. Bömiielia Abthdluog (BidMÜno, SedoiM Romaaa). Rtn,
LoMchw A Conp. 188« ff. 8*. — Jadsr Jitugug H. 18.
18. llittli«iliiiigeiL AlhenUclie Abtheanog. AUmd, Kari WBberg. 1876 ff. 8*.
— Jahrgasg I-X H. 15. Jahrgang XIC H. 18.
18. BphemerU epigraphlea, Corpons iiiset^Üoimm Laliiuntm SapplementttB,
«dita inam butitiitt AnkaMlogicI BomaaL 8 Bind«. Bcriin, G«org Seimar.
I8TS S. - Band I, M. 6. Band n, M. 8. Band lU, M. 10. Band IV, 11. Ifi.
Band T, M. 90,3a Band VI, H. & Band VII, H. 18. Band Vm, H. 85.
B. Serien-PubUkationen.
14. I BilieTi delle Urn« Etrngche. Band I TOn H. Brunn. Rom 1870. V.
Beriin, 0«org Bainia-. — IL 60, h. P. H. 40. — Band II, 1 Ton G. K6rte.
Berlin 1890, Qeorg Beimer. 4*. — ■. 40, h. P. M. Sa — Band II, 8 ron
Q. Körte. Beriin 1896. H. 40.
15. E. Gerhard, Etrngkiache BpiegeL Band V, b«ai4>eit«t Ton G. Körte nnd
A. Klfigmann. Beriin, G«>rg Reimer. 1884—1897. 4*. H. 144.
16. R. KekuU, Die antiken Terrakotten. Berlin nnd Stuttgart, W. ^Mmaan.
Fol. Band I, Die Terrakotten Ton Ponpeji, bearbeitet von H. von Sohden.
1880. H. ea — Band II, Die Terrakotten von Sidlien, bearbeitet r<m
R. KeknR 1684. M. Ib.
17. C. Robert, Die antiken Sarkopbagreliefa. Band U, Hythologisclte CjkleB.
Berlin, Orote. lS9a Fol. H. 895. — Band m, errte Abtheilung. 1837.
Fol. II. 16a
18. A. Fnrtwlngler nnd Q. Loeicheke, Mykeniache Thongefksae. Berifa,
1879. Georg Reimer. Fol. H. 4a h. P. M. Sa
19. A. Furtw&ngter und G. Loeschcke, Hrkcnische Vasen, Torbellenische
ThongeHisse aus dem Gebiete des Hittelmeeres. Berlin, 1886. Georg Reimer.
Fol. M. 115, h. 1'. M. 75.
20. K. Curtius und J. A. Kaupcrt, Karton von Attika. Berlin, Üietrich
Reimer. Gr. Fol. 1881—1895. — Heft I, mit Text von E. Curtius, G. von
Alten und A. MilchhGfer, U. U. Heft 11, mit Text von A. Uilchhöfer,
M. 16. Heft HI, U. U. Heft IV, M. la Heft V, M. 8. Heft VI, mit Tert
zu HeftlU-VI vou A. Milchhöfer, M. 7. Heft VII, SI. 6. Heft VIII, M. 15.
Text zu Heft Vit- VIII \ou A. Uilchhöfer, M. 3. Heft IX (Cbemcht- und
Gesamtkarte von Attika) im Mansstab 1 : 100000. Mit Text und Register.
M. 17.
C. Einzelwerke.
21. Steffen, Karten von Mykeuai. Berlin, Dietrich Reimer. 1884. 4°. Text von
Steffen und Lolling. - Uk. 12.
22. R. Koldewey, AntiLe Baureste der Insel Lesbos. tlit 99 Tafeln und Text-
al>bilduiigou, 2 Karten von H. Kiepert. Berliu, Georg Weimer. 1890. Fol.
M. 80, h. i'. M. 40.
— 15 —
23. Das Kuppelgrab von Meiiidi. Athen, Wilberg. 1880. 4o. — M. 8.
24. G. B. de Rossi, Piante Iconograficho o Prospetticlie di Roma anteriori al
Secolo XVI. Roma 1879. 4«. Berlin, Georg Reimer. M. 32, h. F. M. 18.
25. R. Schöne, Le Antichita del Museo Bocchi di Adria. Roma 1878. Berlin,
Georg Reimer. 4^. M. 24, h. P. M. 12.
2C. Kellcrmann, Vigilum Romanorum latercula duo Caelimontana. Roma 1835.
40. Berlin, Georg Reimer. M. 6,40, h. P. M. 3,20.
27. W. Henzen, Scavi nel bosco sacro dei Fratelli Arvali. Roma 1868. Fol.
Berlin, Georg Reimer. M. 16, h. P. M. 8.
28. IL Jordan, Do formae Urbis Romae fragmento novo. Roma 1883. 49. Berlin,
Georg Reimer. M. 1,60, h. P. M. 1.
29. A. Michaelis, Geschichte des Deutschen Archäologischen Instituts 1829 bis
1879. Berlin 1879, Georg Reimer. 8". M. 6, h. P. M. 3. — Italienische
Ausgabe M. 4,80, h. P. M. 2,40.
30. J. Lessing und A. Mau, Wand- und Deckenschmuck eines rumischen Hauses
aus der Zeit des Augustus. Berlin 1891, Georg Reimer. Fol. M. 40, h. P. M. 25.
2*1. Alexander Iwanoff, Darstellungen aus der heiligen Geschichte. 14 Liefe-
rungen zu je 15 Blatt. Berlin, Georg Reimer. Fol. — Jede Lieferung
M. 80, h. P. M. 20. (Lieferung 2 ist vergriffen.)
32. Sergius Iwan off. Architektonische Studien, lieft I. Aus Griechenland. Mit
Text von R. Bohn. Folio und Quart. 1892. M. 96. — Heft IL Aus
Pompeji. Mit Text von A. Mau. Folio und Quart. 1895 Dazu Nachtrag.
Folio und Quart. 1898. M. 40. — Heft IIL Aus den Thermen des Cara-
calla. Mit Text von Chr. Hülsen. Folio und Quart. 1898. M. 120.
33. M. Botkin, Biographie A. Iwanoff's. Berlin, Georg Reimer. 1880. 4^
M. 10, h. P. M. 5.
34. A. Mau, Katalog der Bibliothek des Kaiserlich Deutschen Archäologischen
Instituts in Rom. Band I. Rom, 1900. Loescher & Co. 8^ M. 6.
D. Schul-Wandtafeln.
35. Grabstele der Hegeso.
36. Sog. Alexander-Sarkophag aus Sidon.
37. Augustus-Statue von Prima Porta.
Deutsche und österreichische rnterrichtsanstalten, welche ihre Bestellungen
an den Generalsekretär des Instituts (Berlin W. Corneliusstr. 2) richten, erhalten
jede dieser Tafeln zum Preise von 5 Mark 80 Pfennigen (einschliesslich der Ver-
packung, ausschliesslich des Porto) direkt von der N'erlags-Anstalt Fr. Bnickmanu
AG.-München zugesandt, an welche dann auch der Preis direkt einzuzahlen ist. Bei
Bestellung mehrerer Kxemplarc für dieselbe Adresse ermässigt sich der für Ver-
packung berechnete Betrag.
If
Bei BARTH & von HIRST in Athen
JOURNAL INTERNATIONAL
D'ARCHEOLOGIE NUiMISMATIQUK
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Jtiliilicb 4 Hi-rto in a- Miil miiiJu^inH« ;
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